Bankpolitik, finanzielle Unternehmensführung und die Theorie der Finanzmärkte: Festschrift für Hans-Jacob Krümmel zur Vollendung des 60. Lebensjahres [1 ed.] 9783428465118, 9783428065110


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German Pages 511 Year 1988

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Bankpolitik, finanzielle Unternehmensführung und die Theorie der Finanzmärkte: Festschrift für Hans-Jacob Krümmel zur Vollendung des 60. Lebensjahres [1 ed.]
 9783428465118, 9783428065110

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Bankpolitik, finanzielle Unternehmensführung und die Theorie der Finanzmärkte Festschrift für Hans-Jacob Krümmel

Bankpolitik finanzielle Untemehmensfiihrung und die Theorie der Finanzmärkte Festschrift für Hans-Jacob Krümmel zur Vollendung des 60. Lebensjahres

herausgegeben von

Hemd Rudolph und Jochen Wilhelm

Duncker & Humblot · Berlin

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Bankpolitik, finanzielle Untemehmensfiihrung und die Theorie der Finanzmärkte : Festschr. für Hans-Jacob Krümmel zur Vollendung d. 60. Lebensjahres I hrsg. von Bemd Rudolph u. Jochen Wilhelm.- Berlin: Duncker u. Humblot, 1988 ISBN 3-428-06511-5 NE: Rudolph, Bemd [Hrsg.]; Krümmel, Hans-Jacob: Festschrift.

Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, für sämtliche Beiträge vorbehalten. © 1988 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Satz: Fotosatz Klaus-Dieter Voigt, Berlin 61 Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISBN 3-428-06511-5

Inhalt Bernd Rudolph und Jochen Wilhelm Bankpolitik, finanzielle Unternehmensführung und die Theorie der Finanzmärkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9

Theorie und Politik der Bankunternehmung

Günter Ashauer Personalentwicklung als Instrument des Bankmanagements

13

Achim Bachern, Bernhard Korte und Rainer Sehrader Mathematische Modelle für Bausparkollektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 MichelHitz Kreditvergabe und Verschuldung bei Risikoscheu. Eine risikotheoretische Analyse der Beziehungen zwischen Bank und Kreditnehmer . . . . . . . . . . . . . . 67 Karl-Heinz Forster Niedrigere Bewertung nach § 253 Abs. 4 HGB, § 26 a Abs.1 KWG und Art. 37 Abs. 2 Bankbilanzrichtlinie unter dem Aspekt der Bewertungsstetigkeit sowie Überlegungen zu den Rückstellungen für allgemeine Bankrisiken (Art. 38 Bankbilanzrichtlinie) .............................................. 107 Walther Radding Nachrangige Verbindlichkeiten bei öffentlichrechtlichen Kreditinstituten .... 121 Martin Hellwig Kreditrationierung und Kreditsicherheiten bei asymmetrischer Information: Der Fall des Monopolmarktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 Manfred Hieber Anmerkungen zum Konzept der ,unvermeidlichen' Preissteigerungsrate der Bundesbank ...................................................... 163 Bernd Rudolph Grundlagen einer kapitalmarktbezogenen Ermittlung bankgeschäftlicher Perioden- und Spartenergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177

Inhalt

6

Hermann Sabel Bankmarketingo Unsinn, Wirklichkeit oder Notwendigkeit

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197

Hartmut Schmidt Einzelkredit und Kreditportefeuille oo oo oo oo

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245

Geschichte und Politik der finanziellen Unternehmensführung Wolfgang Lücke Scratch-Line-Budgetierung o o o 0

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263

Manfred Perlitz Wird der Finanzmanager der mächtigste Mann im Industrieunternehmen?

309

HansPohl Zwischen Kreditnot und Kapitalerhöhung: Zum Finanzierungsverhalten eines Unternehmens der metallverarbeitenden Investitionsgüterindustrie nach der Währungsreform, der Felten & Guilleaume Carlswerk AG o o 337 0

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Uwe Ho Schneider Kollektive konzernexterne und konzerninterne Patronatserklärungen

351

Theorie und Struktur der Finanzmärkte Dieter Bös and Wolfgang Peters Privatization, Efficiency, and Market Structure

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Werner Ehrlicher und Hans-Hermann Francke Zum Phänomen überproportionaler Geldvermögensbildung im Finanzierungssystem der Bundesrepublik Deutschland ooo 393 0

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Wilhelm Krelle und Heinz Welsch Simultane Bestimmung der Wechselkurse der wichtigsten Währungen

409

Dieter Sondermann Option Pricing with Bounds on the underlying Securities

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Johannes Welcker und Joachim Brutscher Entwicklung und Test einer operationalisierbaren Point & Figure-Anlagestrategie 443 0

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Inhalt

7

Jochen Wilhelm Erwartungsstruktur und bestandsökonomische Darstellung aus kapitalmarkttheoretischer Sicht ................................................. 475

Bibliographie Verzeichnis der Veröffentlichungen von Hans-Jacob Krümme!

503

Verzeichnis der Autoren ............................................... 509

Vorwort der Herausgeber Bankpolitik, finanzielle Unternehmensführung und die Theorie der Finanzmärkte Die Finanzierungstheorie, die im weiteren Sinn die Theorie der Bankunternehmung und die Theorie der finanziellen Märkte mit umfaßt, hat seit Beginn der sechziger Jahre entscheidende Impulse erhalten. Zum einen konnte das Entscheidungsverhalten finanzieller Institutionen auf der Grundlage allgemeiner ökonomischer Ansätze nachgezeichnet und modelliert werden, woraus sich wichtige Aspekte für das Bankmanagement und die Unternehmensführung ergaben. Zum anderen wurden die einzelwirtschaftlichen Ansätze zur Planung und Kontrolle finanzieller Bestände in kapitalmarkttheoretische Zusammenhänge integriert. Diese konnten die für die Finanzmärkte typischen Interdependenzen zwischen den ErtragsRisiko-Charakteristika der Finanztitel und ihren Marktwerten aufdecken. Standen am Anfang der finanzmarktorientierten Überlegungen insbesondere die Gleichgewichtspreise von Eigenkapitaltiteln im Vordergrund des Interesses, so erwiesen sich im Gefolge auch wieder Fragen der Kreditfinanzierung unter mehr individuell entscheidungsorientierten Gesichtspunkten als besonders fruchtbar. Beide Stoßrichtungen- die Gleichgewichtsanalyse und die Orientierung am individuellen Entscheidungskalkül- finden heute in den modernen Arbitrageüberlegungen sowie in den Modellansätzen und konkreten Ausformungen finanzielle,r Steuerungs- und Kontrollsysteme ihren Niederschlag. Sie haben aber auch dazu beigetragen, daß sich die Finanzierungstheorie zu einem in gewisser Weise ebenso geschlossenen wie ausbaufähigen theoretischen Konzept entwickeln konnte, das als gedankliches Fundament die Basis für die Führung und Rechnungslegung finanzieller Institutionen, das praktische Finanzmanagement der Unternehmen sowie die Organisation und Regulierung der Finanzmärkte bildet. Hans-Jacob Krümmel, der am 22. Oktober 1988 seinen sechzigsten Geburtstag feiert, konnte zu dieser Entwicklung des Faches in vielfältiger Weise beitragen. In Veröffentlichungen und wissenschaftlichen Beiträgen, als Herausgeber und Gutachter, in fachlichen Stellungnahmen und Vorträgen, als Mitglied wichtiger Kommissionen sowie schließlich, aber nicht zuletzt als akademischer Lehrer gab und gibt er seinen Rat. Der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität hat er in seiner Fakultät, in zahlreichen Gremien und Ämtern sowie als Rektor gedient. Kollegen, Freunde und

10

Vorwort der Herausgeber

Schüler nahmen seinen Geburtstag gern zum Anlaß des Dankes und widmen ihm die in diesem Buch zusammengestellten Beiträge zu den zentralen Fragen seiner Forschungs- und Publikationstätigkeit, zur Bankpolitik, zur Finanziellen Unternehmensführung und zur Theorie der Finanzmärkte. Bernd Rudolph und Jochen Wilhelm

Theorie und Politik der Bankunternehmung

Personalentwicklung als Instrument des Bankmanagements Von Günter Ashauer A. Rahmenbedingungen der Personalentwicklung I. Personalstruktur

II. Ziel- und Wertsysteme III. Institutsbezogene Gegebenheiten

B. Ziele, Aktionsparameter und Träger der Personalentwicklung I. Ziele II. Aktionsparameter III. Träger C. Planung, Organisation und Evaluation der Personalentwicklung I. Planung der Personalentwicklung II. Organisation der Personalentwicklung III. Evaluation der Personalentwicklung

Es besteht ein merkwürdiges Mißverhältnis: Zum einen: Die Personalkosten machen rund 70% aller Betriebskosten der Kreditinstitute 1 aus 2 , Banken sind personalintensive Unternehmungen par excellence, und die Qualifikationssteigerung durch Aus- und Fortbildung wird vom gesamten Kreditgewerbe als wichtigste Maßnahme zur Steigerung der ökonomischen Effizienz bezeichnet3. Zum anderen: In der bankwissenschaftlichen Literatur spielen personalwirtschaftliche Fragen eine völlig untergeordnete Rolle. Selbst in Monographien, die sich mit der Führung oder dem Management von Banken befassen, kommt das Personal so gut wie nicht vor4. 1 Die Begriffe "Kreditinstitut" und "Bank" werden im folgenden synonym gebraucht, und zwar zur Bezeichnung der in der Bundesrepublik Deutschland üblichen Universalbank. 2 Vgl. Ifo-lnstitut für Wirtschaftsforschung: Mittelfristige Entwicklung von Beschäftigung und Arbeitsproduktivität im Kreditgewerbe-Tendenzen und betriebliche Maßnahmen, Kurzfassung der Ergebnisse der Ifo-Umfrage vom Juli 1987, München, Januar 1988, Tabelle 1, S. 2. 3 Vgl. Ifo-lnstitut Übersicht 1, S. 4. 4 Oswald Hahn widmet in seinem Buch "Die Führung des Bankbetriebs", Stuttgart 1977, dem Personal knapp zwei von 270 Seiten (S. 69f. und S. 72f.). In der Veröffentlichung von Joachim Süchting "Bankmanagement", 2. Auflage, Stuttgart 1987, 432 S., geht es nur auf einer Seite um die Personalreserve (die "Springer"; S. 43) und auf einer weiteren um das Profil und um die Vergütung der Bankverkäufer (S. 402).

14

Günter Ashauer

Nun kann man freilich die Auffassung vertreten, die Personalwirtschaftslehre sei eine funktionsbezogene Betriebslehre und untersuche ihr Erkenntnisobjekt branchenübergreifend. Es ist aber doch wohl so, daß die Spezifika eines Bankbetriebs, insbesondere die typische Ausprägung der Bankleistung, bei der sich häufig Produktion und Absatz in einer Person verbindens, auch personalwirtschaftlich bedeutsam sind. In diesem Beitrag sei der Versuch unternommen, Personalentwicklung (PE) als Instrument des Bankmanagements darzustellen. Unter PE wird im folgenden der Komplex aller Maßnahmen verstanden, durch die systematisch die Qualifikation der Mitarbeiter im Hinblick auf die Verwirklichung der Unternehmensziele verbessert werden solls. Dieserwohl in Anlehnung an die gebräuchlichen angelsächsischen Begriffe Management Development und Organizational Development- seit Mitte der 70er Jahre gebräuchliche Begriff ist relativ weit. Er umfaßt nicht nur die berufliche Aus- und Weiterbildung einschließlich der beruflichen Umschulung, sondern auch alle sonstigen Aspekte der Mitarbeiterförderung, und es geht bei PE nicht nur darum, die Fachkenntnisse zu erweitern oder zu vertiefen, sondern auch darum, Fähigkeiten und Fertigkeiten, Einstellungen und Verhaltensweisen zielorientiert zu verändern. PE wird als eine geschäftspolitische Aufgabe des Bankmanagements verstanden, die wie die übrigen Managementaufgaben strategisch und operativ anzugehen ist und alle Managementfunktionen umfaßt. Unter Management wird im folgenden nicht nur die Geschäftsleitungsebene der Kreditinstitute verstanden. Zum Management einer Bank gehören alle Führungskräfte; sie sind zugleich für PE verantwortlich und selbst Objekt der PE: Im Zentrum der PE in Kreditinstituten steht nämlich, wie auszuführen sein wird, Management Development. Im folgenden seien zunächst die Rahmenbedingungen der PE in Kreditinstituten, anschließend die Ziele, Aktionsparameter und Träger der PE und schließlich die Einbindung der PE in die Managementfunktionen Planung, Organisation, Kontrolle und Führung

5 Vgl. Süchting, Joachim: Unternehmensführung in Banken und Sparkassen, in: DSGV, Hrsg.: Standortbestimmung, Entwicklungslinien der deutschen Kreditwirtschaft, Stuttgart 1984, S. 307- 325, hier S. 311. 6 Vgl. Conradi, Walter: Personalentwicklung, Stuttgart 1983, S. 3; Jansen, Peter: Personalentwicklungsmanagement bei Universalbanken in der Bundesrepublik Deutschland, Frankfurt 1984, S.19; Mentzel, Wolfgang: Personalentwicklung, Handbuch für Förderung und Weiterbildung der Mitarbeiter, Freiburg 1980, S.15; Thom, Norbert: Personalentwicklung als Instrument der Unternehmungsführung, konzeptionelle Grundlagen und empirische Studien, Stuttgart 1987, S.l.

Personalentwicklung als Instrument des Bankmanagements

15

dargestellt. In einer Schlußbetrachtung sei versucht, PE als Antwort auf Herausforderungen zur strategischen Entscheidung darzustellen. A. Rahmenbedingungen der Personalentwicklung

Rahmenbedingungen der PE sind teils vom Bankmanagement zu beeinflussen, teils nicht. Solche Rahmenbedingungen liegen in der Personalstruktur und in den Ziel- und Wertsystemen der Kunden und der Mitarbeiter. Daneben bestehen jeweils institutsspezifische Gegebenheiten, z.B. Größe, Automationsgrad und Gruppenzugehörigkeit. Schließlich spielen der rechtliche Datenkranz (z.B. KWG, Arbeitsrecht), die demografische Entwicklung u. a. eine Rolle; auf letzteres wird im folgenden nicht näher eingegangen. I. Personalstruktur

PE heißt, das derzeit vorhandene und das zu beschaffende Personal systematisch und zielorientiert zu qualifizieren, und zwar sowohl die Individuen als auch Teams und Funktionsgruppen7 • Die Personalstruktur und die Möglichkeiten, sie zu ändern, sind zugleich das Potential und die Limitierung der PE.

1. Vorbildungsstruktur Banken beschaffen ihre neuen Mitarbeiter aus dem Bildungssystem und (seltener) vom Arbeitsmarkt. Die entscheidenden Rekrutierungsquellen sind die Schulen und die Hochschulen, wobei Banken durchaus "Qualitätsraster" anwenden, d. h. bestimmte Institutionen beim "recruiting" bevorzugens. Die mit Abstand bedeutsamsten Wege des "trainings into the job", d.h. der beruflichen Erstausbildung, sind die Berufsausbildung zum Bankkaufmann (für Schulabsolventen) und Traineeprogramme (für Hochschulabsolventen). Was die schulische Vorbildung der Auszubildenden anbelangt, so steht heute das Abitur oder ein vergleichbarer Bildungsabschluß (Fachhochschulreife, Abschluß der Höheren Handelsschule) im Vordergrund, gefolgt von der Realschule. 7 Im gesamten bundesdeutschen Kreditgewerbe waren Ende 1986 613 400 Personen incl. Lehrlinge beschäftigt, davon 188500 bei privaten Kreditbanken, 248450 in der Sparkassenorganisation und 14 7 400 in Kreditgenossenschaften. Die Zahl der Beschäftigten nahm von 1982 bis 1986 im Durchschnitt um 2,2% p. a. zu. Für die Jahre 1987- 1991 wird eine Zunahme von 1,2% prognostiziert. Vgl. Ifo-Institut, S. 2. 8 Vgl. Schmidt, Albrecht.· ·zur Planung des Personalbedarfs und der Personalbeschaffung, in: Österreichische Sparkassenzeitung vom 31. Dezember 1987, S. 501 504, hier S. 503.

Günter Ashauer

16

Schultsehe Vorb•ldung der Auu:ub•ldenden

-S.nkUufmann / SparUssenUutmann• •n den

'.C'C

S~riulaaen

~:

ohne Handelsschule (Yorallem Hauptschuten

mot Abschluß e•ner Handelsschule

mot Abschluß e1ner Reetschule mot Abschluß emer HOheren Handelsschule

Quelle: Backhaus I Wagner, Ausbilder-Taschenbuch 1988, 5.. :2:!\o..

Die vorstehende Abbildung und die Zahlentafeln lassen erkennen, welche Strukturverschiebungen sich in den letzten Jahren ergaben: Die Abiturientenquote hat zu Lasten aller übrigen Schulabschlüsse stark zugenommenein von den Banken meist ungewolltes Ergebnis der allgemeinen staatlichen Bildungspolitik seit der Mitte der 60er Jahre9. Was die von Banken rekrutierten Hochschulabsolventen anbelangt, so handelt es sich sowohl um Abgänger von wissenschaftlichen Hochschulen 9 Von 1960 (100%) bis 1986 ist die Zahl der Hauptschulabgänger auf 80% (von 355 000 auf 285 000) gesunken, die der Realschüler auf 336% (von 117 000 auf 394 000) und die der Abiturienten auf 519% (von 57 000 auf 291 000) gestiegen. Quelle: Kultusministerkonferenz; vgl. Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Grund- und Strukturdaten 1987/88, S. 70 f.

Personalentwicklung als Instrument des Bankmanagements

17

Vorbildungsstruktur der Auszubildenden "Bankkaufmann" in den Kreditgenossenschaften/ Zentralbanken (in%) 1983

1984

1985

1986

Hauptschule

0,8

1,4

0,8

1,0

Hauptschule mit Berufsgrundbildungsjahr

1,2

0,5

0,3

0,2

Hauptschule mit mindestens 2jähriger Handelsschule

13,3

11,2

11,1

8,8

Realschule oder gleichwertiger Abschluß

49,1

42,9

35,9

35,6

Abituroder gleichwertiger Abschluß

35,6

44,0

51,9

54,4

Quelle: Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken.

Vorbildungsstruktur der Auszubildenden "Bankkaufmann" im privaten Bankgewerbe (in %) 1980

1982 1

1984 2

19862

19872

Hauptschule

0,3

0,2

0,1

0,1

0,1

Hauptschule mit Berufsgrundbildungsj ahr

0,0

0,0

0,3

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Hauptschule mit mindestens 2jähriger Handelsschule

6,4

5,4

4,3

2,6

1,9

Realschule und gleichwertige Abschlüsse

46,3

50,0

29,8

26,0

26,3

Abiturund gleichwertige Abschlüsse

47,0

44,4

65,5

71,3

71,7

100,0

100,0

100,0

100,0

100,0

Quelle: Arbeitgeberverband des privaten Bankgewerbes.

1 Bis 1982 beziehen sich die Zahlen zur Vorbildungsstruktur auf den Gesamtbestand an Ausbildungsplätzen im

Ausbildungsberuf ,.Bankkaufmann". 2 Ab 1984 beziehen sich die Zahlen zur Vorbildungsstruktur auf die jährlichen Neueinsteilungen beim Ausbildungsberuf ,.Bankkaufmann".

als auch von Fachhochschulen für Wirtschaft. Bei der ersten Teilgruppe dominieren die Wirtschaftswissenschaftler (Diplom-Kaufleute, DiplomVolkswirte, Diplom-Ökonomen, Diplom-Handelslehrer}, mit Abstand gefolgt von Juristen und von Absolventen sonstiger Fachrichtungen (Informatiker, Philologen u.a.)10. 2 Festschrift für H.-J. Krümme!

18

Günter Ashauer

Über die schulischen Bildungsabschlüsse des Bankpersonals liegen keine Statistiken vor. Dies erscheint auch nicht notwendig, weil nach dem Eintritt als Lehrling oder als Angestellter in ein Kreditinstitut unerheblich ist, ob ein Mitarbeiter z.B. die Mittlere Reife oder Abitur besitzt. Die Aufstiegschancen hängen davon höchstens sehr indirekt ab; entscheidend sind im Zweifel die Leistungen am Arbeitsplatz und das erkennbare Leistungspotential. Bedeutsamer sind ferner die Abschlüsse der bankspezifischen Aufstiegsweiterbildung, insbesondere der Abschluß des Sparkassenfachlehrgangs an einer der elf regionalen Sparkassenschulen/Sparkassenakademien11 (Sparkassenbetriebswirt) der Abschluß des Lehrinstituts für das kommunale Sparkassen und Kreditwesen-Sparkassenbetriebswirt (dipl.)- und von Fachseminaren der Deutschen Sparkassenakademie, Bonn12 - Der Abschluß des bankbetrieblichen Hauptseminars der 14 regionalen Genossenschaftsschulen (Genossenschaftlicher Bankbetriebswirt)13 - Der Abschluß des genossenschaftlichen Bankführungsseminars der Deutschen Genossenschaftsakademie, Montabaur (Diplomierter BankbetriebswirtADG)14 - Der Abschluß des Bankfachwirt-Lehrgangs der Bankakademie, Frankfurt (Bankfachwirt)l5 - Der Abschluß des Managementlehrgangs der Bankakademie, Frankfurt (Bankbetriebswirt)l6.

1o Die Akademikerquoten in den bundesdeutschen Kreditinstituten sind sowohl im internationalen Vergleich als auch im Vergleich mit anderen Wirtschaftszweigen relativ niedrig. Sie dürften bei den Großbanken zwischen 5 und 8% liegen. Bei den Sparkassen betragen sie 1,2%, bei den Landesbanken/Girozentralen 11,4% (jeweils Hochschul- und Fachhochschulabsolventen zusammengefaßt; Stand 31.12.1986). Beim Vergleich der Sparkassenorganisation mit den übrigen Institutsgruppen ist zu berücksichtigen, daß in den Sparkassen- und Giroverbänden die Quote bei 29,2% liegt. u Sieben Monate Vollzeitunterricht; rund 800 Stunden. 12 Lehrinstitut: Elf Monate Vollzeitunterricht, rd. 1000 Stunden (aufbauend auf dem Sparkassenfachlehrgang); Fachseminare: Fünf bis acht Wochen Vollzeitunterricht, verteilt über sechs bis zwölf Monate (aufbauend auf dem Sparkassenfachlehrgang). 13 Mit den vorangegangenen Seminaren ca. 20 Wochen Vollzeitunterricht 14 16 Wochen aufbauend auf den Lehrgängen der regionalen Genossenschaftsschulen. 15 Drei Teilzeitsemester (abends und samstagsvormittags), rund 500 Unterrichtsstunden. 16 Vier Teilzeitsemester, rd. 480 Stunden, aufbauend auf dem Fachwirtlehrgang (Unterricht samstagsvormittags und an fünf Arbeitstagen je Jahr).

Personalentwicklung als Instrument des Bankmanagements

19

Bildungsstatistiken wurden nur für die deutsche Sparkassenorganisation veröffentlicht. Im folgenden werden die Quoten in % des Gesamtpersonals der Sparkassen angegeben.

2. Geschlechtsstruktur Bei den Instituten, die vor allem im Mengengeschäft tätig sind und zahlreiche Geschäftsstellen unterhalten, besteht die Mehrheit der Belegschaft aus Frauen. Bei den Sparkassen betrug z. B. ihr Anteil am Gesamtpersonal Ende 1986 57,3% 17. Bei den Großbanken dürften die Quoten unter 50% liegen18 •

3. Altersstruktur Die Belegschaft der Kreditinstitute besitzt ein relativ niedriges Durchschnittsalter. In der Commerzbank z.B.liegt es bei 36 Jahren. Zwei von fünf Mitarbeitern sind in dieser Bank jünger als 30 Jahre19 • In den Sparkassen liegt das Durchschnittsalter bei 34 Jahren. Zwei von fünf der Mitarbeiter (40,7%) sind ebenfalls unter 30 Jahre alt2o. Bei den unter 30jährigen haben die Frauen die deutliche Mehrheit, darüber die Männer21 • Qualifikationsniveau der Sparkassenmitarbeiter (in % des Gesamtpersonals) Jahr (31.12.)

Lehrinstitut

Hochschule

SparkasBankkaufsenfach- mann/Sonst. prüf.!Fach- Abschlußhochschule prüfung % %

ohne Abschlußprüfung

Personal insgesamt

%

%

1961

0,4

0,4

18,0

30,0

51,1

70452

1970

0,5

0,4

15,7

54,5

28,9

116838

1980

0,6

0,5

18,4

64,7

15,8

152 763

1987

0,7

0,9

20,2

67,1

11,1

170 633*

%

• dauernd bankspezifisch Beschäftigte; ohne Mitarbeiter, die ohne Bezuge freigestellt sind. Quelle: DSGV.

Vgl. Jahresbericht des DSGV 1986, S. 75. Bei der Dresdner Bank betrug die Quote der Mitarbeiterinnen Ende 1986 47,6% (vgl. Geschäftsbericht 1986, S. 71). 19 Vgl. Jahresbericht 1986, S. 40. 2o Vgl. DSGV-Jahresbericht 1986, S. 74. 21 Vgl. die Abbildungen im Geschäftsbericht 1986 der Commerzbank, S. 40, der Dresdner Bank, S. 72. 17

18

2•

20

Günter Ashauer

Das Durchschnittsalter hat sich in den letzten Jahren tendenziell nach oben verschoben, wohl deshalb, weil die Nachwuchskräfte in relativ höherem Alter rekrutiert werden (mehr Abiturienten, mehr akademische Nachwuchskräfte) und weil die Fluktuation (insbesondere auch bei den jüngeren Frauen) nachließ.

4. Vergütungsstruktur Bei allen Instituten dominieren mit großem Abstand die mittleren Vergütungsgruppen. Ihr Anteil an allen Vergütungsgruppen ist, wie die beiden folgenden Abbildungen erkennen lassen, seit Anfang der 70er Jahre zwischen 50 und 60% etwa konstant geblieben. Übernommen aus Krümmel Hans-Jacob: Finanzinnovationen und Wandel der Beschäftigungsstruktur im Kreditgewerbe von 1948 bis zur Gegenwart, Mitteilungen aus dem Institut für das Spar-, Giro- und Kreditwesen an der Universität Bonn Nr.19, August 1986, S. 29 und 30 (mit Ergänzungen für 1986).

Im gleichen Zeitraum haben die unteren Vergütungsgruppen- insbesondere infolge der Rationalisierung und Automation des Zahlungsverkehrs, der Belegbearbeitung und der Sachbearbeitung - an Bedeutung verloren, die oberen Vergütungsgruppen und- im privaten Bankgewerbe- der außer-

Tarifgruppenstruktur Sparkassen 100 90 80 70

...c

60

Cl

N

!!

50

.5

40

Q.

30 20 10 0 1970

IZZI

A1-AS

1973

lSSI

A6-A8

1976

1979

Jahr

tziZj A9 -A 11

1982 ~

1986 A15.A16,B

Quelle: Mitgeteilt vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband e. V., Bonn.

Personalentwicklung als Instrument des Bankmanagements

21

Tarifgruppenstruktur private Banken

...c

I!

e

a.

.s

19731974197519761977197819791980198119821983198419851986

IZZJ

TC 1-3

ISSI

Jahr

TC 4-6

~

TC 7-9

Quelle: Mitgeteilt vom Arbeitgeberverband des privaten Bankgewerbes e. V.

tarifliche Bereich, an Bedeutung gewonnen (qualifizierte Kundenberatung, Stabsfunktionen). Die Deutsche Bank veröffentlichte für 1976 und 1986 folgende Vergütungsstrukturen: Vergütungsstruktur in der Deutschen Bank 1976 in%

1986 in%

14,2

16,4

Obere Tarifgruppen

(7- 9)

13,2

20,2

Mittlere Tarifgruppen

(4- 6)

54,1

55,0

Untere Tarifgruppen

(1- 3)

18,5

8,4

AT-Personal

Quelle: Geschäftsbericht 1986, S. 61.

n. Ziel- und Wertsysteme Bisher wurde sozusagen das Mengengerüst der PE skizziert. Daneben spielen Ziele und Wertvorstellungen der Kunden und der Mitarbeiter eine wichtige Rolle.

22

Günter Ashauer

1. Ansprüche der Kunden Bei den Bankkunden ist zu beobachten, daß sie im Durchschnitt umfassender und besser informiert sind, daß sie höhere Ansprüche an ihre Finanzberatung stellen und daß die Bankloyalität nicht mehr so selbstverständlich ist wie früher. Zu einem Teil ist das auf den insgesamt gestiegenen Bildungsstand, daneben auch auf die Möglichkeiten, sich zu informieren (Medien!) und auf die gestiegene Markttransparenz zurückzuführen. Die vier Jahrzehnte seit der Währungsreform des Jahres 1948 haben -bei real stark gestiegenen Masseneinkommen-zu einer beachtlichen, breiten Vermögensbildung geführt. Die Zahl der vermögenden Kunden ist stark gewachsen. Allein schon deshalb sind die Ansprüche an die Kreditinstitute (und an die mit ihnen konkurrierenden Non- und Near-banks) gestiegen.

2. Ziele der Mitarbeiter Was die Ziele der Mitarbeiter anbelangt, so ist zunächst darauf hinzuweisen, daß der allgemein zu konstatierende Wertewandel an ihnen nicht vorübergegangen ist. Anscheinend (oder scheinbar?) befinden sich die "westlichen Gesellschaften" weithin in einer Phase des Übergangs von einer leistungsbezogenen zu einer hedonistischen Lebensorientierung und von Pflicht- und Akzeptanzwerten zu Selbstentfaltungswerten. Konkret sind in diesem Zusammenhang die veränderte Einstellung zur Autorität (personale Autorität statt Amtsautorität) und die Emanzipation und das geänderte Rollenverständnis der Frau zu nennen22. Hermann Lübbe konstatiert des weiteren folgendes23: - Der Stellenwert der Berufsarbeit in der modernen Lebensorientierung hat abgenommen, d.h. die Wochen-, Jahres- und Lebensarbeitszeit ist rückläufig. - Es wird nicht nur weniger, sondern auch weniger gern gearbeitet. Trotz Verbesserung der Qualität der Arbeitsplätze hat die Arbeitsfreude abgenommen. - Die berufliche Mobilität, d. h. die Bereitschaft, aus Karrieregründen den Wohnort zu wechseln, hat abgenommen. Zugleich ist die übrige Mobilität gewaltig angestiegen (Reisen!). 22 Vgl. Ingelhardt, R.: The Silent Revolution. Changing Values and Political Styles among Western Publics, Princeton 1977; Kages, Helmut: Wertorientierungen im Wandel, Frankfurt /New York 1984; Knecht, Heinz: Management Development im Bankbetrieb, Bern und Stuttgart 1981, S. 93ff. 23 Vgl. Lübbe, Hermann: Selbstverwirklichung im sogenannten Wertewandel, in: DSGV (Hrsg.): 10. Berufspädagogische Arbeitstagung 1984 (Tagungsbericht), S. 7690; ders.: Wertewandel und Arbeitsmoral, in: IBM-Nachrichten, Dezember 1984, s. 7- 11.

Personalentwicklung als Instrument des Bankmanagements

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- Die Jahresarbeit wird auf die "kostbarste Zeit des Jahres", den Urlaub hin, mediatisiert, analog die Wochenarbeit auf das Wochenende hin. Hermann Lübbe ist der Auffassung, daß diese Phänomene des "sogenannten Wertewandels" auf ein ausgeprägtes Streben der Individuen nach Selbstverwirklichung zurückzuführen sind und daß bei einem hohen Wohlfahrtsniveauder Grenznutzen weiterer Wohlstandssteigerungen gesunken ist. Die Mitarbeiter einer Bank sind langfristig sicher am Wohlergehen (d.h. an der Verwirklichung der Unternehmensziele) ihres Instituts interessiert, hängen davon letztlich doch die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes und die Aufstiegsmöglichkeiten ab. Das Sicherheitsziel ist jedoch nur Teil des Zielsystems der Mitarbeiter, zu demdaneben - der Wunsch, Entwicklungs- und Aufstiegschancen zu realisieren, - der Wunsch, das Einkommen zu erhöhen, - das Streben nach Verbesserung der Arbeitsbedingungen (kürzere Arbeitszeit, bessere Gestaltung des Arbeitsplatzes, höheres Ausmaß an Selbständigkeit, angenehmere, vielseitigere und/oder leichtere Arbeit) und als Voraussetzung für die genannten Ziele - die Erhöhung der Sachkompetenz (Erweiterung und Vertiefung der beruflichen Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten) und - die Erhöhung der Sozialkompetenz (kommunikative Fertigkeiten und Fähigkeiten) gehören können. In der betriebspsychologischen und betriebssoziologischen Literatur werden Ziele dieser Art häufig in allgemeine "Bedürfnispyramiden" eingeordnet24. Daneben wird die Unterscheidung zwischen Hygienefaktoren (Arbeitsbedingungen, Betriebsklima, Gehalt, Führungsstil, zwischenmenschliche Beziehungen) und motivierenden Faktoren (Leistungsbefriedigung, Anerkennung, Verantwortung, Berufschancen, Herausforderung) genannt. Die Motivation wird seit einigen Jahren in ihrer Abhängigkeit vom erwarteten Anstrengungs-Ergebnis und der Ergebnis-Belohnung beschrieben2 5 •

24 Maslow, Abraham H.: Motivation and Personality, New York 1954. Maslow unterscheidet - aufeinander aufbauend und einander voraussetzend - Grundbedürfnisse, Sicherheitsbedürfnisse, soziale Bedürfnisse, egoistische Bedürfnisse (Unabhängigkeit, Kompetenz, Prestige, Status, Macht u.a.) und schließlich idealistische Bedürfnisse (Selbstverwirklichung, Selbstentfaltung). 25 Vgl. Herzberg, Frederick, Work and the Nature of Men, New York 1966. Vgl. Lawler, E. E.: Motivation in Work Organizations, Belmont 1973.

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Günter Ashauer

Schließlich wird die Diskussion von Mitarbeiterzielen subsumiert unter Typologien von Menschen. Hier seien exemplarisch die Unterscheidung von David Riesman

- traditionsgeleiteter Typ (mit ausgeprägtem Sicherheitsstreben) außengeleiteter Typ (Streben nach sozialer Anerkennung) und innengeleiteter Typ (Streben nach Selbstverwirklichung) und Douglas McGregor mit seiner Unterscheidung zwischen Theorie X (Menschen mit Abneigung gegen Arbeit) und Theorie Y (Menschen, die Arbeit als natürliche und beglückende Aktivität empfinden) genannt26. PE wird diese Ziel- und Normvorstellungen und die Typologien der Bankmitarbeiter als Rahmenbedingungen zu beachten haben.

m.

Institutsbezogene Gegebenheiten

Schließlich sind institutsbezogene Faktoren als Rahmenbedingungen für die Möglichkeiten und die Ausgestaltung der PE zu nennen.

1. Institutsgröße Die durchschnittliche Kreditgenossenschaft besitzt derzeit eine Bilanzsumme von rund 120 Millionen DM, die durchschnittliche Sparkasse von 1,2 Milliarden DM27. Das Bilanzvolumen der Deutschen Bank belief sich Ende 1986 auf 160 Milliarden DM (Konzernbilanz: 257 Milliarden DM). Es versteht sich von selbst, daß allein schon von der Institutsgröße die Möglichkeiten und Grenzen der PE abhängen. Wo innerbetriebliche Arbeitsteilung ausgeprägt ist, wo neben den Generalisten Spezialisten tätig sind, wo zahlreiche unterschiedlich große Geschäftsstellen existieren, wo der Personenkörper durch Fluktuation und Versetzungen "atmet", wo tief gestaffelte Hierarchien vorhanden sind, wo Funktionen im eigenen Haus wahrgenommen werden und nicht auf Zentralinstitute oder Verbände ausgelagert sind, bestehen andere Möglichkeiten der PE als bei kleinen Banken.

26 Vgl. Riesman, David: Die einsame Masse, Berlin 1955; McGregor, Douglas: The Hwnan Side of Enterprise, New York 1960. Übersichten über diese Ansätze befinden sich u.a. in folgenden Veröffentlichungen: Stöber, Adolf Maria I Bindig, Rudolf I Derschka, Peter: Kritisches Führungswissen. Emanzipation und Technologie in wissenschaftssoziologischer Sicht, Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz 1974, S. 78ff. und Livy, Bryan L. (Hrsg.): Management and People in Banking, London 1980, S. 47ff. 27 Vgl. Jahresbericht '86 des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken, S. 25, und DSGV-Jahresbericht 1986, S. 74 und S. 77.

Personalentwicklung als Instrument des Bankmanagements

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2. Organisationsstruktur, Rationalisierung und Automation Organisation (insbesondere Aufbauorganisation) und Personalpolitik hängen eng zusammen. Organisationsentwicklung und Personalentwicklung sind teilweise kongruent. Es ist bedeutsam, wie groß z.B. die Geschäftsstellen und damit die Führungsspannen der Geschäftsstellenleiter sind, ob Niederlassungsleitungen und Geschäftsstellenleitungen monokratisch oder kollegial gestaltet sind, inwieweit Kompetenzen delegiert wurden. Wenn, wie in verschiedenen Banken üblich, in den Marktbereichen Akquisition und Sachbearbeitung getrennt sind oder wenn Zielvereinbarungssysteme eingeführt sind, impliziert dies wiederum Konsequenzen für die PE. Schließlich ist die PE auch eine Resultante der Rationalisierung und Automation. Besitzt ein Kreditinstitut ein eigenes Rechenzentrum, oder ist es an eine Buchungsgemeinschaft (z.B. an ein Verbandsrechenzentrum) angeschlossen? Inwieweit sind die Arbeitsplätze terminalisiert? In der Dresdner Bank identifizierte man die Terminalisierung als das größte Weiterbildungsprojekt in der Firmengeschichte2B. Inwieweit werden Personalcomputer eingesetzt? Ist computerunterstützte Sachbearbeitung eingeführt? Inwieweit sind die Kundenselbstbedienung (z.B. über Geldautomaten und Kontoauszugdrucker) und "Electronic Banking" realisiert? All das hat Konsequenzen für die PE.

3. Unternehmensphilosophie, Gruppenzugehörigkeit, Rechtsform Als Unternehmensphilosophie werden die allgemeinen Zielvorstellungen einer Unternehmung angesehen, das unternehmerische Leitbild, zu dem neben ökonomischen Zielvorstellungen auch ethische Ziele gehören 29. Letztlich ist die Unternehmensphilosophie eine Antwort auf die Frage nach der Daseins- und Soseinsberechtigung einer Unternehmung. Seit der Mitte der 80er Jahre wird neben dem Begriff "Unternehmensphilosophie" oder anstelle dieses Begriffs das Wort Unternehmenskultur gebraucht. Darunter ist ein "Muster von Grundüberzeugungen" zu verstehen, "das eine gegebene Gruppe in einem langen Lernprozeß erfunden, entdeckt oder entwickelt hat, um mit den Problemen der externen Anpassung und der internen Integration fertig zu werden"3°. Es geht um den "Geist 28 Vgl. Morgen, Kurt: Terminalisierung in einer Großbank, in: Schneider, Heribert und Muthesius, Peter (Hrsg.): Bankmitarbeiter und die neuen Informationstechniken, Chancen und Aspekte, Frankfurt 1986, S. 59 - 65, hier S. 63. 29 Vgl. mrich, Hans: Die Unternehmung als produktives soziales System- Grundlagen der allgemeinen Unternehmungslehre, 2. Auflage, Bern I Stuttgart 1970.

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eines Hauses", um angewandte "basic beliefs" und die daraus resultierenden gemeinsamen Antworten auf Herausforderungen. Seit einigen Jahren wird schließlich für die Identifikation der Mitarbeiter einer Unternehmung mit der Philosophie und der Kultur ihres Hauses auch gern der Begriff Corporate ldentity gebraucht. Indizien für die Beschaffenheit der Unternehmenskultur sind - die Art und Weise, wie man miteinander kommuniziert, - wie man Konflikte austrägt, - ob die Mitarbeiter vorwiegend allein oder im Team arbeiten, - wie stark Titel und Hierarchien betont werden, - wie man vom Kunden spricht und sich ihm gegenüber verhält, - insbesondere, wie sich die "ersten Ansprechpartner" (z. B. Telefonistinnen, Sekretärinnen) den Kunden gegenüber verhalten, - wie sich die Führungskräfte in Sitzungen verhalten, - wie man von "seiner" Firma im Freundes- und Bekanntenkreis spricht u.a.31. Zur Unternehmensphilosophie gehört auch die geschäftspolitische Grundausrichtung. Ob das Mengengeschäft und/oder das Individualgeschäft betrieben wird, ob Geschäftsstellen unterhalten werden oder nicht, ob das Ziel eines Allfinanz-Konzerns angestrebt wird oder eine Spezialisierung, ob ein auf Provisionsbasis arbeitender Außendienst vorhanden ist oder nicht: All das hat Rückwirkungen auf die erforderliche Qualifikation des Personals und damit die PE. In der Bundesrepublik Deutschland besteht offensichtlich weitgehend Einigkeit darüber, daß hard-selling im Kreditgewerbe nicht infrage kommt, sondern die langfristige Sicherung der Kundenbeziehung intendiert wird. Das schließt ein aktives Zugehen auf Kunden und potentielle Kunden nicht aus. Die Sparkassen und die Kreditgenossenschaften treten als Verbundsysteme den Wettbewerb an. Beide Institutsgruppen besitzen eine je eigene institutsübergreifende Unternehmensphilosophie. Bei den Sparkassen ist dies der in den Sparkassengesetzen und in den Satzungen verankerte öffentliche Auftrag, der der allgemeinen kommunalen Daseinsvorsorge entspringt32. Bei den Volksbanken und Raiffeisenbanken ist es der im Genossenschaftsgesetz begründete Förderauftrag 33 den Mitgliedern gegenüber. 30 Schein, Edgar: Organizational Cultur and Leadership, San Francisco 1985, hier zitiert nach: Wever, Ulrich A.: Unternehmenskultur- was ist das? (Interne Broschüre der Hypo-Bank), München 1987, S. 3. 31 Vgl. Wever, Ulrich A.: S. 6.

Personalentwicklung als Instrument des Bankmanagements

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Die Tragfähigkeit oder Brüchigkeit einer solchen Grundausrichtung hat verständlicherweise starken Einfluß auf die PE. Wenn z.B. ein Sparkassendirektor sich als verhinderter Bankdirektor erlebt, ist diese Grundbefindlichkeit nicht nur sein persönliches Problem, sondern kann zur Leitbildkrise für das gesamte Institut werden. Wenn Volksbanken, wie z.B. in Stuttgart und in Essen, von der eG in eine AG umgewandelt werden, könnte dies darauf zurückzuführen sein, daß die genossenschaftliche Idee der Mitgliederförderung in diesen Häusern nicht mehr als zeitgemäß angesehen wird. Auch in der Bank für Gemeinwirtschaft könnte die Aufgabe der gemeinwirtschaftlichen Grundüberzeugung nach dem Gesellschafterwechsel ein "philosophisches Vakuum" geschaffen haben. Schon die Rechtsform und die Eigentümerverhältnisse beeinflussen also die PE. Sparkassen können z. B. ihre Mitarbeiter nicht zu Mitgesellschaftern machen, wie die Kreditgenossenschaften, deren Angestellte häufig zugleich Mitglieder sind, und wie die Aktienbanken, die im großen Umfang Belegschaftsaktien ausgegeben haben. Sparkassen können auch keine Handlungsvollmacht oder Prokura erteilen. Die Gruppenzugehörigkeit erleichtert z.B. das Training on-the-job in Zentralinstituten (genossenschaftliche Zentralbanken, Landesbanken/ Girozentralen) und konstituiert günstigere Möglichkeiten der gruppenspezifischen überbetrieblichen Weiterbildung (in den Genossenschafts- und Sparkassenschulen/-akademien). Abgeschwächt gilt dies auch für die Zugehörigkeit zu internationalen Kooperationen: Die ABECOR-Gruppe (zugehörig: Dresdner Bank, Hypo-Bank) unterhält z.B. ein Schulungszentrum in Bad Homburg. 4. Führungsgrundsätze

Ein besonders enger Zusammenhang besteht zwischen Führungsgrundsätzen (Führungsleitlinien u.ä.) und PE. Führungsgrundsätze sind Teil eines Führungskonzeptes, das aus Unternehmensgrundsätzen abgeleitet und auf die Umsetzung der Geschäftsstrategie gerichtet ist. Als Führungsgrundsätze werden z. B. in der Hypo-Bank Zielbildung (Führungshandeln orientiert sich an Zielen), Delegation (Führungshandeln setzt Delegation voraus) und 32 Vgl. Dehe, Hans-Günther: Öffentlicher Auftrag, in: Handwörterbuch der Sparkassen, Band 3, Stuttgart 1982, S. 210- 218. 33 Vgl. Aschoff, Gunther; Henningsen, Eckhardt: Das deutsche Genossenschaftswesen, Entwicklung, Struktur, wirtschaftliches Potential, Frankfurt 1985 (insbesondere S. 64ff.); Hahn, Oswald: Die Unternehmensphilosophie einer Genossenschaftsbank, Tübingen 1980; vgl. auch Stützel, Wolfgang: Bankpolitik heute und morgen- ein Gutachten, 2. Auflage, Frankfurt 1964.

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Günter Ashauer Unternehmensgrundsätze

Führungskonzept

Quelle: Das Führungskonzept der Hypo-Bank, S. 3.

Kommunikation (Führungshandeln bedeutet Kommunikation) beschrieben. Führungsgrundsätze sind sozusagen die offizielle Vorstellung über die Gestaltung der Vorgesetzten-Mitarbeiter-Beziehungen34 . Nachdem es offensichtlich Mode geworden ist, Führungsgrundsätze zu besitzen, scheint man in manchen Kreditinstituten solche in den Personalressorts aufgestellt und durch Vorstandsbeschluß inkraft gesetzt zu haben. Nicht selten findet man dann viele Gemeinplätze in ihnen, was die Führungsgrundsätze verschiedener Kreditinstitute beinahe austauschbar macht. Ein Vorstandsbeschluß ist sicher notwendig. Wenn es einem Institut jedoch gelingt, zuvor möglichst viele Mitarbeiter, zumindest alle Führungskräfte, in die Erarbeitung von Führungsgrundsätzen einzubeziehen, dann ist das bereits Personalentwicklung und erhöht die Chancen der Durchsetzbarkeit entscheidend35. B. Ziele, Aktionsparameter und Träger der Personalentwicklung I. Ziele

PE dient dazu, Unternehmensziele der Kreditinstitute zu verwirklichen. Als solche Unternehmensziele werden traditionell - Rentabilitätsziele, Vgl. Thom, Norbert, S. 347. Beispiele für Führungsgrundsätze im Nicht-Banken-Bereich: Vgl. Wiesner, HerbeTt: Techniken des Personalmanagements, Wiesbaden 1980, S. 358ff. 34 35

Personalentwicklung als Instrument des Bankmanagements

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Marktanteilsziele und - Wachstumsziele, daneben - Aufrechterhaltung der Liquidität, - Streben nach Sicherheit und - Verbesserung des Rufes (der Reputation, des "Standing") genannt36 • Hier sei nicht die Auseinandersetzung wiederholt oder auch nur referiert, die in den 60er und 70er Jahren über die Frage geführt wurde, ob (langfristige) Gewinnmaximierung allgemeines Ziel der Kreditinstitute, keineswegs Ziel der Kreditinstitute, nur Ziel der privaten Kreditbanken oder doch auch Ziel der Sparkassen (mit ihrem öffentlichen Auftrag) und der Kreditgenossenschaften (mit ihrem Förderungsauftrag) sei3 7 • Inzwischen hat sich weitgehend eine Unterscheidung der Ziele in - Ober- und Unterziele (Sicherungsziele) oder in - Haupt- und Nebenziele, d.h., die Einordnung der Einzelziele in ein hierarchisch geordnetes Zielsystem durchgesetzt, und es ist allseits anerkannt, daß langfristiges Gewinnstreben auch bei gemeinnützigen und bei förderungswirtschaftlich orientierten Kreditinstituten möglich oder sogar notwendig ist38 • Es entspricht dem Controlling-Ansatz, der seit einigen Jahren auch in Kreditinstituten Einzug hält, Ziele zu operationalisieren, weil nur so ex post kontrolliert werden kann, inwieweit Ziele erreicht wurden 39. Es besteht nun 36 Vgl. u. a. Eilenberg er, Guido: Bankbetriebswirtschaftslehre, Grundlagen -Internationale Bankleistungen- Bank-Management, München 1982, S. 300ff.; Mülhaupt, Ludwig: Einführung in die Betriebswirtschaftslehre der Banken, Wiesbaden 1977, S.113ff.; Süchting, Joachim: Bankmanagement, 2. Auflage, Stuttgart 1987, S. 277ff. Abweichend: Matteis, Helmut: Rahmenbedingungen und Grundsätze der Untemehmungspolitik, Zielkonzeptionen, in: Obst I Hintner: Geld-, Bank- und Börsenwesen, herausgegeben von Kloten, Norbert I von Stein, Johann-Heinrich, 37. Auflage, Stuttgart 1980, S. 539 bis 578, hier: S. 572ff. 37 Vgl. hierzu Krümmel, Hans-Jacob: Bankzinsen. Untersuchungen über die Preispolitik von Universalbanken, Köln, Berlin, Bonn, München 1964, S.183ff.; Kolbeck, Rosemarie: Bankbetriebliche Planung. Planungsmöglichkeiten bei Kreditbanken, Sparkassen und Kreditgenossenschaften, Wiesbaden 1971, S. 65ff.; ausführliche Darstellung bei Mülhaupt, Ludwig, S.113ff. 38 Vgl. Matteis, Helmut: S. 547ff.; vgl. Süchting, Joachim: Bankmanagement, 2. Auflage, S. 277ff. 39 Vgl. Kolbeck, Rosemarie (Hrsg.): Bank-Controlling als Managementaufgabe, Frankfurt 1987 (insbesondere in dieser Veröffentlichung den Beitrag von Zügel, Walther: Ausrichtung einer Bank an ihrem langfristigen Ziel unter Berücksichtigung erwarteter Veränderungen im Umfeld, S. 73 bis 94); Mülhaupt, Ludwig I Schierenbeck, Henner I Wielens, Hans: Controlling in Banken und Sparkassen, Frankfurt 1981.

Günter Ashauer

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freilich kein eindimensionaler Zusammenhang zwischen PE und Zielverwirklichung. PE ist immer nur eine Komponente in einem System von Maßnahmen, zu dem daneben insbesondere alle Instrumente des Marketing (z.B. Konditionenpolitik, Werbung, Verkaufsförderung) und die Gestaltung der Aufbau- und Ablauforganisation gehören. ll. Aktionsparameter

1. Instrumente der Personalauswahl Es ist schwer, aus einem introvertierten einen extravertierten Mitarbeiter zu entwickeln, aus einem "Einzelkämpfer" einen Teamangehörigen zu machen. Mit der Personalauswahl werden also entscheidende Voraussetzungen für die Möglichkeiten der Personalentwicklung geschaffen. "Ein Quentehen Auswahl kann auch durch ein Kilo Ausbildung nicht aufgewogen werden40." Vor diesem Hintergrund wird verständlich, daß die Kreditinstitute versuchen, bei der Personalauswahl Instrumente einzusetzen, die- in der Sprache der Psychologen- objektiv, valide und reliabel sind 41 • Daneben ist auf Praktikabilität, Akzeptanz seitens der Bewerber und Kostengesichtspunkte zu achten. Bei der externen Personalbeschaffung steht am Anfang i. d. R. das Studium der Bewerbungsunterlagen. Wie die nachstehende Tabelle erkennen läßt, liegen die Validitätskoeffizienten sehr niedrig42 • Insbesondere sind die in den Zeugnissen und Diplomengenannten Noten zu hinterfragen: Gleiche Fachbezeichnungen (z.B. "Mathematik" im Gymnasium und in der Handelsschule) meinen Unterschiedliches. (Hoch-)Schulen haben ein unterschiedliches Niveau. Auch innerhalb vergleichbarer Schulen und Hochschulen gibt es unterschiedliche Notenusancen in verschiedenen Fächern und Fachbereichen. Ein Zentralabitur (z.B. in Bayern) führt zu anderen Notendurchschnitten als schulindividuelle Reifeprüfungen (wie z.B. in Nordrhein-Westfalen). Viele Kreditinstitute messen den Noten in den Fächern Deutsch und Mathematik eine hohe Prognosequalität für Vgl. Schütte, Martin, in: dialog, Magazin der Nixdorf Computer AG 1/88, 8.16. Ein Verfahren ist objektiv, wenn verschiedene Anwender zu verschiedenen Zeiten ein bestimmtes Ergebnis gleich bewerten. Ein Verfahren ist valide, wenn es das Merkmal mißt, das es zu messen vorgibt. Ein Verfahren ist reliabel, wenn es das Merkmal zuverlässig und genau mißt, das es messen soll. 42 Vgl. Schuler, Heinz I Backhaus, Jürgen: Vorstudie zum Forschungsprojekt "Standardisierungshilfen für Einstellungsgespräche bei Bewerbern um Ausbildungsplätze im Ausbildungsberuf ,Bankkaufmann'", in: Mitteilungen Nr. 25 der Gesellschaft zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung über das Spar- und Girowesen e. V., S. 37 bis 51, hier S. 40. 40 41

Personalentwicklung als Instrument des Bankmanagements

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Validitätskoeffizienten Prädiktortyp

Vorstellungsgespräch Persönlichkeitstests Schulnoten Universitätsstudium Berufsausbildung Bewerbungsunterlagen Arbeitsproben Biographische Fragebogen Assessment Center Probezeit Kognitive Fähigkeitstests

Kriterium: Ausbildungserfolg

Kriterium: Berufserfolg

0,10

0,14 0,15 0,15

0,46 0,37

0,30

0,18 0,30 0,37 0,37 0,44

0,54

0,45

Quelle: Mitteilungen der Gesellschaft zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung über das Spar- und Girowesen e. V. Nr. 25, Bonn 1987, S. 40.

den Ausbildungserfolg und auch für den Berufserfolg als Bankkaufmann bei43. Große Bedeutung haben- insbesondere bei der Einstellung von Auszubildenden -psychometrische Eignungstest erlangt, mit denen z.B. die allgemeine Intelligenz, Arbeitstempo, Arbeitssorgfalt, Konzentrationsfähigkeit, aber auchRechtschreib-und Zeichensetzungssicherheit gemessen werden. Am weitesten verbreitet dürfte in der deutschen Kreditwirtschaft der Eignungstest Bankkaufmann sein, der in der gesamten deutschen Sparkassenorganisation (in Parallelformen) eingesetzt wird und mit dem bis Anfang 1988 über 500 000 Probanden getestet wurden44 . Der z.B. in der Versicherungsbranche gelegentlich zur Rekrutierung des Außendienstes eingesetzte biographische Fragebogen hat sich - wohl vor allem aus Gründen der Akzeptanz und aus juristischen Gründen (Schutz der Intimsphäre)- im Kreditwesen nicht durchgesetzt 45 • 43 Vgl. Gesellschaft für wirtschafts- und sozialpsychologische Forschung e. V.: Zweite Untersuchung der Prognosekraft des Eignungstests "Bankkaufmann", Man. Köln 1983, S. 21ff. 44 Vgl. Backhaus, Jürgen I Wagner, Rudolf: Ausbildertaschenbuch 1988, Stuttgart 1987, S. 261 bis 293. 45 Beim biographischen Fragebogen wird die bisherige Biographie in einem standardisierten Verfahren exploriert, um daraus Schlüsse für künftiges Verhalten zu ziehen. Es handelt sich um einen Persönlichkeitstest. Vgl. Stehle, Willi: Zur Konzeption eines Personalauswahlverfahrens auf der Basis biographischer Daten, Diss. Hohenheim 1983.

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Günter Ashauer Ergebnisse des Eignungstests Bankkaufmann Eignung nach ausgewählten Vorbildungsgruppen 1986 (in%) Abitur

Mittlere Reife (allg.)

Mittlere Reife (berufsb.)

mangelhaft geeignet

5,0 7,2 32,6 31,7 23,5

52,9 18,6

52,8

bedingt geeignet befriedigend geeignet gut geeignet sehr gut geeignet

Note

22,6 4,9 1,0

18,3 22,9 5,2 0,8

Quelle: Ausbildertaschenbuch 1988, S. 263.

Letztlich entscheidend für viele Einstellungen ist das Vorstellungsgespräch, das in vielfältiger Form (als Einzelinterview, als Gruppengespräch mit mehreren Bewerbern und/oder mehreren Vertretern der Bank) durchgeführt wird. Es besitzt bei den Bewerbern eine hohe Akzeptanz46. Zugleich ist es aber hinsichtlich seiner Prognosequalität sehr niedrig einzustufen. Bemühungen gehen dahin, Objektivität, Validität und Reliabilität durch Teilstandardisierung zu verbessern. Insbesondere bei der Einstellung von Trainees hat sich in großen Kreditinstituten seit der Mitte der 70er Jahre das Assessment Center-Verfahren durchgesetzt47 . Bei ihm handelt es sich um eine Kombination von Übungen, Tests und Sirnutationen mit einer Gruppe von Bewerbern zur Feststellung von Verhaltensleistungen und -defiziten in Bezug auf vorher definierte Stellen- oder Funktionsanforderungen. Die Bewerber werden während i.d.R. ein- bis zweitägigen Seminaren in verschiedenen Situationen von geschulten "Assessoren" beobachtet. Die Ergebnisse werden schriftlich und in standardisierter Form ("Ratings") festgehalten und den Bewerbern häufig unmittelbar anschließend in Einzelgesprächen mitgeteilt. Das Assessment Center ist ein aufwendiges, jedoch auch relativ treffsicheres Verfahren. Es wird außerdem von den Bewerbern recht gut akzeptiert, und zwar auch von denen, die einen Negativbescheid erhalten.

2. Instrumente der Potentialanalyse Das Assessment Center eignet sich nicht nur zur Beurteilung von externen Bewerbern, sondern auch zur Potentialanalyse von Mitarbeitern. 46 Nach einer Befragung an der Universität Hohenheim lag es eindeutig auf Platz 1 vor allen anderen Verfahren. Vgl. Schuler, Heinz I Backhaus, Jürgen: S. 44. 47 Vgl. Jeserich, W.: Assessment Center als Beitrag der Weiterbildung zur Personalauslese, Wuppertal; Schuler, Heinz I Stehle, Willi (Hrsg.): Assessment Center als Methode der Personalentwicklung, Stuttgart 1987.

Personalentwicklung als Instrument des Bankmanagements

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Nachdem Sachbearbeitung und Abwicklung (insbesondere des Zahlungsverkehrs) weitgehend automatisiert wurden, was zu entsprechenden Personaleinsparungen in diesen Bereichen führte, haben Kreditinstitute in großem Ausmaß Personalbedarf für die Besetzung gehobener Spezialisten- und Führungspositionen. Insbesondere geht es um die Identifikation und anschließend die Entwicklung potentieller Führungskräfte (Management Development). Ein Problem ist dabei, zu vermeiden, daß diejenigen Mitarbeiter demotiviert werden, die nicht in den "Pool" der besonders zu fördernden Führungsnachwuchs- und Führungskräfte aufgenommen werden. In manchen Branchen wird - etwas rabulistisch - zwischen förderungswürdigen und besonders förderungswürdigen Mitarbeitern unterschieden. Zu jenen gehören grundsätzlich alle Mitarbeiter; auf diese wird das besondere Augenmerk der Geschäftsleitung und insgesamt der Personalverantwortlichen gelegt. Ein weiteres Verfahren, das in vielen Kreditinstituten regelmäßig und umfassend angewendet wird, ist die schriftliche Personalbeurteilung. Beurteilt wird jeweils- meist in (teil-)standardisierter Form- durch die unmittelbaren Vorgesetzten. In die Beurteilung werden Leistung und Verhalten der Mitarbeiter einbezogen. Grenzen für die PE werden dadurch gesetzt, daß Personalbeurteilungen i. d. R. retrospektiv sind. In Beurteilungsgesprächen, d.h. in Vier-Augen-Gesprächen zwischen dem Vorgesetzten und dem Mitarbeiter nach der vorgenommenen Beurteilung und vor deren Weiterleitung werden die Stärken und Schwächen des Mitarbeiters erörtert, die Bewertungskriterien offengelegt, Erwartungen artikuliert, Arbeitsziele vereinbart und mögliche weitere Entwicklungsmaßnahmen besprochen. Die Beurteilungen gehen in die Personalakte ein und sind wichtige Unterlagen bei Entscheidungen über Versetzungen und Beförderungen. Auch das innerbetriebliche Vorschlagswesen besitzt- neben dem Hauptzweck der Verbesserung der Organisation- personalpolitische Bedeutung. Es läßt erkennen, wer mitdenkt, wer ggf. über seinen eigenen Arbeitsbereich hinausblickt, wer kreativ und an der positiven Entwicklung seiner Bank interessiert ist. In einem- heute überwiegend DV-gestützten- Personal-InformationsSystem werden alle relevanten Informationen über die einzelnen Mitarbeiter zusammengeführt48. Gespeichert werden neben den persönlichen Daten die berufliche Entwicklung, die Gehaltsentwicklung, die Teilnahme an Maßnahmen der Personalentwicklung, z.B. an Seminaren und Lehrgängen, Hinweise auf besondere Kenntnisse bankfachlicher und sonstiger Art (z.B. 48 Vgl. Rebe, Gerhard (Hrsg.): Personalinformationssysteme, Stuttgart 1979; Thom, Norbert: S.195ff.; Wohlgemuth, Andre C.: Informationssystem zur Beurteilung von Bankdirektoren, in: Schneider, Heribert I Muthesius, Peter: S. 205- 215.

3 Festschrift für H.-J. Krümme!

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Fremdsprachen) u. a. Es ist umstritten, inwieweit der Datenschutz solche Systeme begrenzt. Insbesondere in großen Kreditinstituten sind sie unverzichtbar.

3. Instrumente der Personalförderung Im Zentrum der PE stehen Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung, die teils am Arbeitsplatz, teils "off the job" durchgeführt werden. In der Lehrlingsausbildung und in der Trainee-Ausbildung besitzt die Ausbildung am Arbeitsplatz, das Training on the job, eine besondere Bedeutung. Der Auszubildende schaut dem Fachmann "über die Schulter", hospitiert bei Kundengesprächen und bei internen Besprechungen, nimmt Hilfsiunktionen wahr, liest Anweisungen und Rundschreiben, versucht sich am Arbeitsplatz-Terminal, bedient- vertretungsweise- das Telefon und lernt im Laufe der Zeit, immer mehr Funktionen zu übernehmen, zunächst unter unmittelbarer Beobachtung des Stelleninhabers, später auch selbständig. Dieses Training on the job ist häufig eingebettet in ein Job-Rotation-Programm. Bei Lehrlingen schreibt die Ausbildungsordnung Bankkaufmann49 vor, welche Kenntnisse und Fertigkeiten während der Berufsausbildung zu vermitteln sind5°. Auf der Basis des Ausbildungsrahmenplans wird für jeden Lehrling ein individueller Ausbildungsplan erstellt, aus dem der geplante Abteilungs- und Geschäftsstellendurchlauf ersichtlich ist51. Bei Trainees sind die Kreditinstitute hinsichtlich des Umfangs und der Tiefe der zu vermittelnden Kenntnisse und Fertigkeiten und damit auch der Gestaltung des Ausbildungsplanes von staatlichen Vorschriften frei. Hier kann von Anfang an eine Spezialisierung- z.B. in Richtung Wertpapiergeschäft, Kreditgeschäft, Auslandsgeschäft, Firmenkundengeschäft - angestrebt werden. Zumindest wird im letzten halben Jahr einer z. B. 18-monatigen Trainee-Ausbildung - meist in Abstimmung mit den Tätigkeitsinteressen des Trainees - eine individuelle und spezielle on the job-Ausbildung verabredet52. Nach dem Abschluß der beruflichen Erstausbildung wird vielfach weiterhin PE "on the job" betrieben, wenn dann verständlicherweise auch nicht mehr das Training, sondern die produktive Arbeit im Vordergrund steht. In 49 Vgl. § 3 Ausbildungsberufsbild, § 4 Ausbildungsrahmenplan und die Anlage zu § 4 mit einer detaillierten Aufzählung der zu vermittelnden Kenntnisse und Fertigkeiten. 5o Freilich ist es zulässig, diese Kenntnisse und Fertigkeiten, wo nötig, auch off the job zu vermitteln. 51 Vgl. § 5 der Ausbildungsordnung. 52 Zur Trainee-Ausbildung vgl. Förderreuther, Rainer: Traineeprogramme und Auswahl von Hochschulabsolventen bei Banken und Sparkassen, Stuttgart 1988.

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vielen Instituten wird die systematische Job Rotation insbesondere für potentielle künftige Führungskräfte fortgeführt. Zum Teil hat man dafür "Modellkarrierepfade" entwickelt, auf deren Basis eine individuelle Karriereplanung vorgenommen wird 53 . Ein Training on the jobkommt auch bei befreundeten Kreditinstituten- z.B. bei Zentralinstituten des eigenen Verbundsystems, innerhalb der supranationalen Bankengruppe, der ein Kreditinstitut angehört54, oder bei Korrespondenzbanken-in Frage. Üblicherweise wird die Beendigung von Ausbildungsabschnitten in Rotationsprogrammen mit Beurteilungen und Beurteilungsgesprächen verknüpft. Traditionell fand in Kreditinstituten beruflicher Aufstieg in der Vergangenheit über Stabsfunktionen, z.B. die Revisionsabteilung oder das Vorstandssekretariat, statt. Inzwischen hat man erkannt, daß die Vernachlässigung des Marktbereiches, in dem inzwischen immerhin bis zu 70% aller Mitarbeiter tätig sind, bei der PE falsch ist. Vor allem die besonders zu fördernden künftigen Führungskräfte, die "Leistungs-" oder "Hoffnungs-Träger"55, die in den Pool (Förderkreis) aufgenommen (und darin belassen) werden, erhalten Marktverantwortung und müssen sich am Markt bewähren. In ihr Entwicklungsprogramm werden daneben die Wahrnehmung von Sonderaufgaben sowie häufig die nebenberufliche (innerbetriebliche) Dozentenund Trainertätigkeit einbezogen. Auch eine vorübergehende hauptberufliche Tätigkeit in der betrieblichen Weiterbildung als Teil des individuellen Karriereprogramms wird praktizierts 6 • In Management-Development-Programmen spielen schließlich Job Enrichment und Job Enlargement, die (Vorstands-)Assistenten-Tätigkeit und die Stellvertretung eine Rolle. Der künftige Geschäftsstellenleiter vertritt den zweiten Mann in einer Geschäftsstelle während dessen Urlaub, später auch den ersten, ehe er auf Dauer entsprechende Leitungsfunktionen übernimmt. Ziel des Management Developments ist auch die Schulung der (künftigen) Führungskräfte für PE. Es ist nämlich empirisch belegt, daß die Produktnutzungsquoten in einem engen Zusammenhang mit dem Führungsverhalten der Geschäftsstellen- oder Abteilungsleiter stehen. Management Development besteht infolgedessen wesentlich darin, die (künftigen) Führungskräfte zu befähigen, ihre Mitarbeiter zielorientiert zu lenken und anzureizen 57. 53 Vgl. Franke, Adolf: Systematische Personalentwicklung von Führungskräften in der Praxis, in: Sparkasse, Heft 411986, S. 172 bis 176, hier: S.175 f. 54 z. B. Ebic, ABECOR, Europartners. 55 Wever, Ulrich A.: Die Mitarbeiter sind unser wertvollstes Kapital (Hypo-Bank), 2. Auflage, München 1987, 8.12. In der Westdeutschen Landesbank spricht man von "Potentialkandidaten" (vgl. Franke, Adolf, Systematische Personalentwicklung, S.173). 56 Vgl. Wever, Ulrich A.: Die Mitarbeiter ... , S. 8. 5 7 Vgl. Gebert, Diether I Steinkamp, Thomas I Wendler, Erwin: F{ihrungsstil und Absatzerfolg in Kreditinstituten, Stuttgart 1987, S. 97ff. und S.126ff.

3•

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In einigen Häusern wird- z. T. unter der (nicht sehr glücklichen) Bezeichnung Supervision- eine besondere Form des Trainingsam Arbeitsplatz (on the job-observation) praktiziert58 • Hierbei geht es um Verhaltensänderungen beim Kundenkontakt. Ein Trainer nimmt- dem Kunden gegenüber als "Kollege" des Beraters eingeführt- an Beratungs- und Verkaufsgesprächen teil und analysiert diese anschließend im Gespräch mit dem Berater unter vier Augen. Besonders sinnvoll erscheint diese Observation on the job nach dem Besuch von Seminaren, in denen Verhaltensweisen trainiert wurden, um den Transfer des Gelernten vom Lernfeld in das Funktionsfeld zu verbessern und zu erleichtern. Augenfälliger als das Training on the job sind Maßnahmen des Trainings oft the job, also die Entsendung zu Lehrgängen und Seminaren. Seitdem sich der Markt der deutschen Kreditinstitute um die Wende der 50er zu den 60er Jahren von einem Verkäufer- zu einem Käufermarkt veränderte, haben die Banken das System der beruflichen Weiterbildung stark ausgeweitet. Die großen Aktienbanken und die Landesbanken/Girozentralen führen permanent regional und zentral innerbetriebliche Seminare für ihre Mitarbeiter durch. Die Kreditgenossenschaften und die Sparkassen wickeln neben innerbetrieblichen Seminaren einen großen Teil ihrer Weiterbildung überbetrieblich ab, was hier eher möglich ist als bei den Kreditbanken, die miteinander im Wettbewerb stehen. Schulungsvorsprung wird durchgängig als Wettbewerbsvorsprung angesehen. In den 60er und 70er Jahren sind Bank- und Sparkassen-Bildungszentren entstanden, die ihresgleichen suchen. Die Großbanken haben in Kronberg (Deutsche Bank), Königstein (Dresdner Bank) und Glashütten (Commerzbank) Bildungszentren errichtet, die Bank für Gemeinwirtschaft in Oberursel. Die Sparkassenorganisation verfügt über elf regionale Sparkassenschulen/Sparkassenakademien und die Deutsche Sparkassenakademie in Bonn. Die Kreditgenossenschaften unterhalten 14 regionale Genossenschaftsschulen und die Akademie deutscher Genossenschaften in Montabaur. In den Genossenschaftsschulen werden aufeinander aufbauende mehrwöchige, in den Sparkassenschulen und -akademien bis zu elfmonatige Lehrgänge der Aufstiegsweiterbildung mit Prüfungen und Zertifikaten durchgeführt. Daneben existieren hier- wie bei den privaten Kreditbanken- mehrtägige bis einwöchige Seminare der Anpassungsweiterbildung, in denen es häufig zugleich um anwendungsbezogene Wissensvermittlung und um Verhaltenstraining (Akquisitions- und Managementtraining) geht.

Daneben wird der Besuch von Kursen außerhalb der Arbeitszeit gefördert, z. B. die Teilnahme an den Lehrgängen der Bankakademie und an sa

Vgl. Summers, Donald E.: Personnel Management in Banking, New York 1981,

s. 381ff.

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Sprachkursen. Besonders förderungswürdige NachwuchskräHe werden während der Arbeitszeit zu renommierten externen Seminaren, z.B. dem Universitäts-Seminar der Wirtschaft (USW), oder zu Intensiv-Sprachkursen entsandt. Bis in die 70er Jahre hinein stand bei der Anmeldung zu Seminaren vielfach der Belohnungs- oder Belobigungscharakter im Vordergrund. Seit Beginn der 80er Jahre wird planmäßig Trainingsbedarfsanalyse betrieben, und es wird zunehmend versucht, durch entsprechenden Einbezug der Vorgesetzten in die Auswahl und in die Auswertung der Seminare den Transfer des Gelernten vom Lernfeld in das Funktionsfeld zu verbessern. Die Großbanken machen z.B. für 1986 in ihren Geschäftsberichten folgende Angaben:

Deutsche Bank 1986 wurden 1216 Seminare für 20 820 Mitarbeiter (von 50 590 Mitarbeitern im Konzern) mit über 1300 Praktikern als Referenten durchgeführt. Die Aufwendungen für die Ausbildung betrugen 70 Millionen, für die Weiterbildung 69,5 Millionen DM. Im Ausland bestehen inzwischen Trainingszentren in Buenos Aires (25 Seminare mit 256 Teilnehmern) und in Singapur (30 Seminare mit 425 Teilnehmern).

Dresdner Bank 1986 wurden 1036 Seminare für 9730 Mitarbeiter (von 28549) durchgeführt. Die Aufwendungen für die berufliche Erstausbildung betrugen 57 Millionen, für die Weiterbildung 29 Millionen DM.

Commerzbank 1986 wurden für die Berufsausbildung 48 Millionen und für die Weiterbildung 33 Millionen DM ausgegebens9.

Sparkassenorganisation Die Sparkassenorganisation beziffert ihre Aufwendungen für die Ausbildung 1986 auf 645 Millionen und für die Weiterbildung auf 180 Millionen DM6o. Ein bedeutsames Instrument der PE stellen in vielen Banken Projektgruppen und Ausschüsse dar. Diese werden zwar nicht um der PE willen gebildet, sondern um markt- und betriebsbezogene Entscheidungen vorzubereiten. Doch ist der Nebeneffekt nicht zu unterschätzen, der dadurch entsteht, daß Mitarbeiter aus verschiedenen Abteilungen und Bereichen und von ver59

so

Vgl. die GeschäftsberichteS. 58ff., S. 70ff. und S. 40ff. Interne Ermittlungen des DSGV.

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Kosten der beruflichen Aus- und Weiterbildung in ausgewählten Kreditinstituten (Geschäftsjahr 1986) Kosten Kreditinstitut

Deutsche Bank Dresdner Bank Commerzbank Bankfür Gemeinwirtschaftb) Hypo-Bankh) Sparkassenorganisation

Ausbildung %•) Mio.DM

Verhältnis

Weiterbildung %•) Mio.DM

AusWeiterbildung · bildung

70

3,1

69,5

3,1

57

3,9

29

1,9

64: 36

48

4,0

33

2,8

59: 41

12,5

2,5

14,5

2,4 4,7c) 2,0d)

180

2,0c) 1,1d)

78: 22

645

50: 50

a) % der Lolm- und Gehaltskosten olme Sozialabgaben. - b) Geschäftsjahr 1985. - c) Sparkassen. d) Landesbanken/Girozentralen. Quelle: Geschäftsberichte, eigene Bereclmungen.

schierlenen Hierarchieebenen mit unterschiedlichen Interessen, Begabungen, Denkgewohnheiten und Wissensgebieten zusammenwirken. Quality Circles haben bisher in Kreditinstituten kaum Bedeutung erlangt. Schließlich muß bei der Betrachtung von Aktionsparametern der PE kurz auf sonstige Anreizsysteme eingegangen werden, die in den Kreditinstituten bisher nur teilweise verwirklicht wurden, deren Bedeutung aber tendenziell weiter zunehmen dürfte. Maßnahmen der erfolgsabhängigen Vergütung, wie die Zahlung von ATZuschlägen, Tantiemen, Leistungsprämien, Provisionen und Remunerationen, sind im privaten Bankensektor weit verbreitet. Im öffentlichen Kreditwesen sind sie bisher nur in engen Grenzen vorhanden, Provisionszahlungen z. B. im Zusammenhang mit Mitarbeiterwettbewerben oder im Zusammenhang mit dem Abschluß von Verträgen für Verbundpartner (Bausparkassen, Versicherungen). Die Herausstellung besonderer Leistungen in Betriebszeitungen, neuerdings auch in externen Publikationen, muß ebenso erwähnt werden wie die Verleihung von Sozialprestige (über die Arbeitsplatzgestaltung, Kompetenzerweiterung, Verleihung von Vollmachten, Titeln u.a.). Incentives, wie die Gewährung von Sonderurlaub oder Belohnungsreisen, sind den Kreditinstituten bisher kaum bekannt geworden. Mit dem "spontanen" Ausstellen eines Gutscheines für "Essen zu zweit" (Gutschein für Restaurant- oder Theaterbesuch über 100 oder 200 DM) seitens des unmittelbaren Vorgesetzten soll in der Hypo-Bank zusätzliches Engagement

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(verbunden mit Belastungen der Familie oder von Freunden) honoriert werden 61 .

m. Träger Die Initiative und Zuständigkeit für Personalentwicklung liegt gemäß folgendem Schaubild auf fünf Ebenen.

Geschäftsleitung Nächsthöherer Vorgesetzter Unmittelbarer Vorgesetzter

Personal(entwicklungs-) Abteilung

Jeder Mitarbeiter

Grundsätzlich gilt zunächst die Eigenverantwortlichkeit. Personalentwicklung ist keine Bring-, sondern eine Holschuld. Das Interesse am Vorwärtskommen, das viele Mitarbeiter besitzen, wird insofern ausdrücklich anerkannt und einbezogen. In der WestLB tritt die "Selbstmeldung" (zumindest äußerlich) gleichberechtigt neben die Förderungsempfehlung des Vorgesetzten62. Der jeweils unmittelbare Vorgesetzte trägt die primäre Verantwortung für die Entwicklung seiner Mitarbeiter. Ihm obliegen (allein oder in Abstimmung mit anderen Stellen) - die Mitarbeiterauswahl, - Beurteilungen und Fördergespräche, die Karriereberatung und -planung, die Identifikation und Förderung von Talenten, die Trainingsbedarfsermittlung, die Vor- und Nachbereitung von Seminaren, insbesondere die Unterstützung beim Transfer vom Seminar in den beruflichen Alltag (Umsetzung, Neugestaltung, Verbesserung). 61 Vgl. Broschüre DIE HYPO. Eine Bank- ein Wort. Informationen zum Arbeitsplatz HYPO-BANK, S. 17. 62 Vgl. Franke, Adolf: Systematische Personalentwicklung, 8.174, Abb.l.

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Der nächsthöhere Vorgesetzte trägt die Gesamtverantwortung für die Entwicklung der Führungskräfte und Mitarbeiter seines Bereiches. Er hat sicherzustellen, daß die ihm unterstellten Führungskräfte ihre PE-Verantwortung wahrnehmen. Er unterstützt, überwacht und fördert die Führungskräfte dabei. Der Vorstand (die Geschäftsleitung) hat aktiv dafür Sorge zu tragen, daß die PE den gebührenden Stellenwert innerhalb der gesamten Geschäftspolitik des Instituts erhält und daß die PE eingebettet wird in die gesamte Unternehmenskultur. Der Vorstand ist ferner dafür verantwortlich, daß die oberste Führungsebene mit fachlich und menschlich geeigneten Personen besetzt wird, die sich zugleich als Repräsentanten ihrer Bank nach außen und als Führungskräfte nach innen verstehen. Die Personal(entwicklungs-)abteilung hat sicherzustellen, daß alle Maßnahmen der PE mit dem Ziel koordiniert werden, zum richtigen Zeitpunkt den richtigen Mann (die richtige Frau) am richtigen Platz verfügbar zu haben. Sie hat die innerbetrieblichen Assessment Centers zur Identifikation der künftigen potentiellen Führungskräfte durchzuführen. Sie hat schließlich den Standard der PE-Maßnahmen und ihre Fortentwicklung (z.B. Verbesserung der Seminare, der Auswahlverfahren, der Beurteilungsverfahren) sicherzustellen und die Führungskräfte in der Wahrnehmung ihrer PE-Aufgaben zu unterstützen. Alle fünf bisher genannten Träger sind gemeinsam dafür verantwortlich, zu erkennen, welche Veränderungen sich am Markt, in der Teclmik, in der Gesellschaft, in den Werte- und Zielsystemen der Kunden und der Mitarbeiter vollziehen, so daß rechtzeitig die nötigen Konsequenzen für die PE gezogen werden können. Der Organisationsabteilung kommt dabei hinsichtlich der organisatorischen und der technologischen Fortentwicklung der Bank und ihrer rechtzeitigen Abstimmung mit der PE eine wichtige Stabsfunktion zu. C. Planung, Organisation und Evaluation der Personalentwicklung

PE ist- von der eigenen Verantwortung der Mitarbeiter einmal abgesehen - Managementaufgabe und insofern Teil der Managementfunktionen Planung, Organisation und Kontrolle. I. Planung der Personalentwicklung

Planung umfaßt die gedankliche Vorwegnahme künftigen Geschehens und das Aufstellen von Normen (Soll-Werten), die für künftige Maßnahmen verbindlich sein sollen.

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Teil der Unternehmensplanung ist die Personalplanung. In so personalintensiven Unternehmungen wie Kreditinstituten kommt ihr zentrale Bedeutung zu. Diese Personalplanung hat die Personalentwicklung sowie die Teilbereiche - Personalbedarf, - Personalbeschaffung, - Personaleinsatz, - Personalverwaltung und - Personalkosten zu umfassen. Im folgenden wird nur auf die Planung der PE eingegangen.

1. Aufgabenanalyse (Was ist zu entwickeln?) Ausgehend vom Ziel der PE ist zunächst die Frage zu beantworten: Was ist zu entwickeln? D.h.: Welche Kenntnisse und Fertigkeiten, welches Können und welches Verhalten der Mitarbeiter sind derzeit und in Zukunft erforderlich? In Stellenbeschreibungen finden Aufgabenanalysen ihren normativen Niederschlag. Sie enthalten- oft eingebettet in stellenübergreifende Organisationspläne, Dienstanweisungen u. ä. - neben der Stellenbezeichnung und den Über- und Unterstellungsverhältnissen eine Zusammenstellung der Aufgaben und der Kompetenzen und können insofern als Basis für Anforderungsprofile gelten. Anforderungsprofile enthalten darüber hinaus Angaben darüber, wie häufig Tätigkeitsarten vorkommen, wie gewichtig und wie schwierig sie sind63.

2. Adressatenanalyse (Wer ist zu entwickeln?) Die Aufgabenanalyse läßt die Profile der in einem Kreditinstitut derzeit und zukünftig zu besetzenden Stellen erkennen. Die Adressatenanalysebasierend auf Mitarbeiterbeobachtungen und -beurteilungen, Befragungen der Mitarbeiter und ihrer Vorgesetzten, Assessment Centers u. a.- gibt Aufschluß darüber, welches Eignungsprofil einzelne Mitarbeiter besitzen. 63

Vgl. Wiesner, Herbert: Die Technik des Personalmanagements, Wiesbaden 1980,

S.17ff.

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Häufig werden die (Anforderungs-)Profile der Stellen und die (Eignungs-) Profile der Stelleninhaber oder künftiger potentieller Stelleninhaber nicht kongruent sein. Die Differenz stellt den vorhandenen PE-Bedarf dar.

3. Planung der PE-Maßnahmen (Wie ist zu entwickeln?) Auf der Basis der Aufgaben- und der Adressatenanalyse wird schließlich die PE selbst geplant, d. h. es werden - Job-Rotationsprogramme und - Seminarprogramme aufgestellt, - Modellkarrierepfade und individuelle Karrierepläne entwickelt, - externe Bildungsmaßnahmen ausgewählt usw. Zur PE-Planung gehören neben der Festlegung der PE-Instrumente auch die Durchführungsplanung, bei der es langfristig um Kapazitätsplanung, kurzfristig z. B. um - die Gewinnung und das "Briefing" von Dozenten, - die Zuordnung von Zeiten, Räumen und Medien, - die Festlegung und eventuell die Entwicklung von Methoden (Fallstudien, Rollenspiele, Planspiele), aber auch - das Aufstellen von Vertretungsplänen u. v. a. geht.

4. Budgetierung Schließlich werden auch die Kosten der PE zu planen und vorzugeben sein, wobei man häufig keine Vollkostenrechnung (unter Berücksichtigung der Gemeinkosten und der Opportunitätskosten) durchführt, sondern nur die direkt zurechenbaren Kosten berücksichtigt. 5. Planung der PE-Evaluation

Schließlich ist auch von Anfang an die Evaluation von PE-Maßnahmen zu planen. Sie ist schwierig und wird deshalb oft vernachlässigt. Näheres wird dazu weiter unten ausgeführt.

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II. Organisation der Personalentwicklung

Zur Führungsaufgabe "Personalentwicklung" gehört auch ihre Organisation, d.h. die zielorientierte, dauerhaft gültige Ordnung (als Tätigkeit und als Zustand) von sozio-technischen Systemen64 •

1. Festlegung der Aufgabenträger Wenn auch- wie erwähnt -letztlich alle Funktionsträger einer Bank für PE verantwortlich sind, so sind doch Zuständigkeiten und Kompetenzen festzulegen. Z.B. sind die Aufgaben und Kompetenzen der Organisationsabteilung, der Personalabteilung und des Vorstandssekretariats gegeneinander abzugrenzen, und es ist festzulegen, wer über die Aufnahme in den Förderkreis (Pool) künftiger Spitzenführungskräfte entscheidet, wer daraus zur Besetzung von Spitzenpositionen auswählt (der gesamte Vorstand oder einzelne Vorstandsmitglieder?) usw. Eine in der Bankpraxis unterschiedlich gelöste Frage ist die Einordnung und Kompetenzausstattung der PE-Abteilung. Zum Teil wird sie neben der Personalabteilung dem Vorstand unmittelbar unterstellt, zum Teil wird sie in eine (Haupt-)Abteilung Personal integriert.

2. Formalisierung Um Improvisation, Redundanzen und PE-Defizite möglichst zu vermeiden, kommt man um eine weitgehende Formalisierung der PE nicht herum. Es müssen Zeitvorgaben gemacht (wie oft sollen z.B. Mitarbeiter beurteilt werden), Vordrucke und DV-Programme entwickelt, Informationen regelmäßig über bestimmte Kanäle betriebsintern weitergegeben werden usw.

3. Rechnungslegung Schließlich muß die Rechnungslegung von PE-Maßnahmen organisiert werden, d.h. die Erfassung der Ist-Kosten und der Vergleich mit den zuvor budgetierten Plankosten.

m. Evaluation der Personalentwicklung Am Beispiel von Seminaren sei aufgezeigt, welche verschiedenen Kontrollebenen und zugehörigen Maßnahmen bestehenss.

64

Vgl. Schmidt, Götz: Organisation im Bankbetrieb, Gießen 1987, 8.13.

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1. Beurteilung der PE-Maßnahmen Seminarteilnehmer erhalten die Möglichkeit, sich in Form eines Stimmungsbarometers während eines Seminars zu artikulieren und/oder in Form der Manöverkritik am Seminarende ihr Urteil über das Seminar abzugeben. In der Praxis werden durchgängig daneben oder anstatt der genannten Methoden Beurteilungsbögen verwandt, in denen die Teilnehmer ihre Auffassung zur Relevanz der Seminarinhalte, zu den Methoden, zum Lehrgeschick der Dozenten, zur Verständlichkeit der Medien und der Seminarunterlagen, zur Zeitplanung, zur Ortswahl usw. abgeben können. Eine Befragung der Teilnehmer und ihrer Vorgesetzten einige Zeit nach Seminarabschluß wird ebenfalls praktiziert.

2. Messung des Lernerfolgs Tests vor einem Seminar und Tests nach einem Seminar lassen- im kognitiven Lemzielbereich - den Wissenszuwachs erkennen. Größere Beurteilungssicherheit erhält man, wenn man Testergebnisse einer Seminargruppe den Testergebnissen einer vergleichbaren Gruppe gegenüberstellt, die nicht am Seminar teilgenommen hat. Schwer ist das Messen von Verhaltensänderungen im Funktionsfeld. Hier werden in der Literatur

- Verträge zwischen Teilnehmemund Vorgesetzten, - Interviews (mit Teilnehmemund Vorgesetzten) und - Beobachtungen am Arbeitsplatz (On the job-observation) genannt 66 •

3. Messung des "Investitionserfolgs" In Kreditinstituten, die sich in einem marktwirtschaftliehen System im Wettbewerb befinden, zielen alle PE-Maßnahmen aus der Sicht der Geschäftsleitung letztlich auf eine Verbesserung des Markterfolgs.

Die Zurechnung von Kosteneinsparungen und/oder Erlössteigerungen auf Maßnahmen der PE ist äußerst schwierig, weil in der Realität zugleich zahlreiche Faktoren auf Kosten und Erlöse einwirken. Anhaltspunkte für die wirtschaftlichen Erfolge von PE-Maßnahmen können wiederum Interviews (vor allem mit den Vorgesetzten), systematische 65 Vgl. Backhaus, Jürgen: Erfolgskontrolle, in: Fachbegriffe der Berufs- und Wirtschaftspädagogik (hrsg. von Ashauer, Günter, u.a.), 3. Auflage, Stuttgart 1987, 8.116- 119, hier S.118f. 66 Vgl. Summers, Donald E., S. 381ff.

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Kundenbefragungen und Testkäufe 67 geben. Seit den 60er Jahren wurde insbesondere in den USA darüber hinaus die Methode des Human Resource Accounting (HRA) entwickelt, nach der PE als Investition in Humanvermögen aufgefaßt wird und die "Human Assets" aktiviert und abgeschrieben werden, was dann Vergleiche (z.B. Zeitvergleiche, zwischenbetriebliche Vergleiche) zuläßt6B. Schlußbetrachtung Hans-Jacob Krümme! hat 1982 in einem beachtlichen Referat über "Bankwirtschaftliche Perspektiven für die 80er Jahre" ein Plädoyer für strategisches Denken in Kreditinstituten gehalten69. Er skizzierte im Hauptteil dieses Vortrages "sieben Felder der Herausforderung zur strategischen Entscheidung". In formaler (und z. T. auch inhaltlicher) Anlehnung daran seien abschließend im folgenden sieben Felder genannt, auf denen bundesdeutsche Banken in den 90er Jahren herausgefordert werden: (1) Veränderungen im Bildungssystem und im Bildungsverhalten (mehr Abiturienten, mehr Hochschulabsolventen) (2) Veränderungen im Kundenverhalten (gestiegene Ansprüche, geringere Bankloyalität) (3) Wandlungen in den Ziel- und Wertvorstellungen der Mitarbeiter (Streben nach Selbstverwirklichung) (4) Technologischer Fortschritt (Automation, Terminalisierung, Kundenselbstbedienung, Telekommunikation) (5) Besonderheiten der Bankleistung (Erklärungsbedürftigkeit, Imitationsfähigkeit, Zusammenfallen von Produktion und Vertrieb) (6) Finanzinnovationen (große Zahl von Produkt- und Prozeßinnovationen) (7) Zunehmender Wettbewerbsdruck (Käufermarkt, steigende Markttransparenz, Deregulierung, wegfallende Grenzen zwischen Banken und Nicht-Banken) Eine Antwort auf diese strategischen Herausforderungen der Banken heißt: Personalentwicklung. Die Bank, der PE am effizientesten gelingt, dürfte im Wettbewerb der Zukunft einen strategischen, komparativen Vorteil besitzen. Vermutlich 67 z. B. Eröffnungen eines Girokontos, wobei der Kundenberater nicht weiß, daß es sich nur um einen fiktiven Neukunden handelt. 68 Vgl. Ashauer, Günter: Investitionspolitische Aspekte der Berufsbildung, in: Cansier, Dieter I Kath, Dietmar (Hrsg.): Öffentliche Finanzen, Kredit und Kapital, Festschrift für Werner Ehrlicher, Berlin 1985, S. 287 bis 304, hier S. 295ff. 69 Vgl. Krümme!, Hans-Jacob I Rudolph, Bernd (Hrsg.): Strategische Bankplanung, Vorträge und Berichte der Tagung Strategische Bankplanung am 30. September 1982, Frankfurt 1983, S.13- 30, hier S.16ff.

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hängt vom Erfolg oder Mißerfolg der PE langfristig sogar das Überleben eines Instituts am Markt ab, der sich nicht nur zu einem europäischen Binnenmarkt (1992!) entwickelt, sondern der zunehmend global ausgerichtet ist. Kapitalausstattung, Entwicklung der Produktpalette, selbst die technologische Effizienz treten zurück vor der Bedeutung qualifizierter, motivierter und engagierter Mitarbeiter. Sie sind für die Dienstleistungsunternehmungen Kreditinstitute das wichtigste Aktivum. Eigentlich müßten sie in den Bankbilanzen auf Platz 1 aktiviert werden. Literatur Ashauer, Günter: Aus- und Weiterbildung als Instrument der Personalpolitik in Kreditinstituten, in: DSGV (Hrsg.) Standortbestimmung, Entwicklungslinien der deutschen Kreditwirtschaft, Stuttgart 1984, S. 343- 362.- Ashauer, Günter: Berufsbildung im deutschen Kreditgewerbe, Stuttgart 1980.- Ashauer, Günter (u. a.): Fachbegriffe der Berufs- und Wirtschaftspädagogik, 3. Auflage, Stuttgart 1987. -Ashauer, Günter: Investitionspolitische Aspekte der Berufsbildung, in: Cansier, Dieter I Kath, Dietmar: Öffentliche Finanzen, Kredit und Kapital, Festschrift für Werner Ehrlicher zur Vollendung des 65. Lebensjahres, Berlin 1985, S. 287- 304.- Backhaus, Jürgen: Erfolgssicherung - das Weiterbildungsproblem - Gedanken zum Lerntransfer, in: Sparkasse 211983, S. 47- 50. - Backhaus, Jürgen: Methoden und Instrumente der Lernerfolgskontrolle, in: Betriebswirtschaftliche Blätter 1211986, S. 542 - 546. Backhaus, Jürgen I Seckler, Hans-Otto: Möglichkeiten der Planung und Kontrolle von Personalentwicklungsmaßnahmen, in: Sparkasse 811980, S. 263- 267.- ter Beest, Hans H.: Personalentwicklung als Wettbewerbsinstrument, in: Sparkasse 1/1986, S. 9- 12. - Benölken, Heinz: Langfristige Personalplanung im Kreditinstitut, Berlin 1976.- Bergler, Reinhold: Psychologie in Wirtschaft und Gesellschaft- Defizite, Diagnosen, Orientierungshilfen, Köln 1982.- Bergrath, Detlef: Personaleinsatz im Bankbetrieb, Grundlagen und Probleme des qualitativen Personaleinsatzes in Bankbetrieben, Köln 1978.- Berndt, Günther u.a. (Hrsg.): Personalentwicklung, Ansätze- Konzepte- Perspektiven, Köln 1986.- Balten, Günter: Nutzen externer Weiterbildung für Banken und ihre Mitarbeiter, in: Die Bank 2/1984, S. 70 - 73. - Boschert, Dieter: Zukunftorientierte Personalentwicklung und -förderung in einer Großbank, in: Berufliche Bildung bei veränderten Bewerberstrukturen und neuen Qualifikationsanforderungen, Jahrestagung 1986 der kaufmännischen Ausbildungsleiter, Hrsg. Kuratorium der Deutschen Wirtschaft für Berufsbildung, Bonn 1986, S.19- 27.- Conradi, Walter: Personalentwicklung, Stuttgart 1983.- Dettmann, Uve: Das Fortbildungssystem der Westdeutschen Landesbank Girozentrale in: Zeitschrift für Organisation, März 1980, S.102- 111. - Dettmann, Uve I Kolvenbach, Horst: Der Einsatz von Assessment-Centers bei der Bewerberauswahl, in: Betriebswirtschaftliche Blätter 2/ 1985, S. 45- 50. - Dielmann, Klaus: Betriebliches Personalwesen, Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz 1981. - Förderreuther, Rainer: Trainee-Programme und Auswahl von Hochschulabsolventen bei Banken und Sparkassen, Stuttgart 1988. -Franke, Adolf: Bestimmungsfaktoren der Führungsspanne im Sparkassenbetrieb, Würzburg 1976.Franke, Adolf: Personalentwicklung- ein Schwerpunkt bankbetrieblicher Personalinvestitionen, in: Betriebswirtschaftliche Blätter 12/1986, S. 521- 525. - Franke, Adolf: Systematische Personalentwicklung von Führungskräften in der Praxis, in: Sparkasse 411986, S. 172 - 176. - Gebert, Diether I Steinkamp, Thomas I Wendler, Erwin: Führungsstil und Absatzerfolg in Kreditinstituten, Stuttgart 1987.- Gesell-

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Günter Ashauer

die neuen Informationstechniken, Chancen und Aspekte, Frankfurt 1986.- Schütte, Martin: Erfahrungen mit der Personalentwicklung, in: Die Bank, Dezember 1987, S. 652 - 654.- Schuler, Heinz I Stehle, Willi: Assessment Center als Methode der Personalentwicklung, Stuttgart 1987.- Stehle, Willi: Zur Konzeption eines Personalauswahlverfahrens auf der Basis biographischer Daten, Hohenheim 1983.- Stöber, Adolf Maria I Bindig, Rudolf I Derschka, Peter: Kritisches Führungswissen, Emanzipation und Technologie in wissenschaftssoziologischer Sicht, Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz 1974.- Süchting, Joachim: Bankmanagement, 2. Auflage, Stuttgart 1987.- Summers, Donald B.: Personnel Management in Banking, New York 1981.- Thom, Norbert: Personalentwicklung als Instrument der Unternehmungsführung, Konzeptionelle Grundlagen und empirische Studien, Stuttgart 1987. - Wagner, Rudolf: Wie kann geschäftspolitisch bedeutsames Handeln der Mitarbeiter beeinflußt werden?, in: Sparkasse 1111981, S. 418- 423. - Wever, Ulrich A.: Personalentwicklung in einer Bank, in: Personalführung 311986, S.106- 111. - Wever, Ulrich A.: Die Mitarbeiter sind unser wertvollstes Kapital, 2. Auflage, München 1987.- Wever, Ulrich A.: Unternehmenskultur- Was ist das?, München 1987.- Wiesner, Herbert: Techniken des Personalmanagements, Wiesbaden 1980. -Zander, Ernst: Taschenbuch für Führungstechnik, 6. Auflage, Heidelberg 1982.- Jahresberichte des BVR.- Jahresberichte des DSGV. -Geschäftsberichte verschiedener Banken und Sparkassen. -Interne Schriften verschiedener Banken.

Mathematische Modelle für Bausparkollektive Von Achim Bachern, Bernhard Korte und Rainer Sehrader A. Einleitung B. Bausparmathematische Modeliierung C. Das Formelmodell D. Das ökonometrische Modell E. Das Simulationsmodell F. Markovsche Übergangsmodelle G. Schlußbemerkungen

A. Einleitung Jede ökonomische Entscheidung, sei sie nun unternehmenspolitischer oder gesamtwirtschaftlicher Art, setzt eine genaue Kenntnis des Ist-Zustandes und zusätzliche Erwartungen an die Zukunft voraus. Bezogen auf das Bauspargeschäft, das uns in diesem Beitrag interessieren wird, bedeutet dies zum einen eine exakte Analyse des Bausparkollektivs, das durch die Gemeinschaft aller Bausparer, die sich entweder in der Spar- oder in der Tilgungsphase befinden, gebildet wird. Da das Bausparen durch staatliche Reglementierung im Bausparkassengesetz, durch steuerliche Rahmenbedingungen und durch detaillierte Vereinbarungen in den allgemeinen Vertragsbedingungen relativ genau festgelegt ist, liegt es nahe, das Bausparkollektiv durch mathematische Modelle abzubilden und seine Entwicklung unter zusätzlichen exogenen Prämissen in die Zukunft fortzuschreiben. Aus einer verläßlichen Prognose etwa der Liquiditäts- und Ertragslage können wichtige Erkenntnisse für geschäftspolitische Entscheidungen der einzelnen Bausparkassen gewonnen werden. Hierzu zählen beispielsweise die Disponierung freier Mittel, Refinanzierungsmaßnahmen, Steuerung der Mindestbewertungsziffern oder Produktmodifikationen in Form von Änderungen der Gebührenstruktur, von Zinswahlverfahren oder von einer freien, d. h. vertraglich nicht festgelegten Bausparsumme. Aber auch unter gesamtwirtschaftlichen Aspekten scheint ein zuverlässiges Prognoseinstrument wünschenswert. Mit einem Anteil von fast einem Fünftel am Spareinlagenbestand und am Baukreditgeschäft spielt das Bausparsystem in der Bundesrepublik eine nicht zu vernachlässigende Rolle im Finanzsystem und eine 4 Festschrift für H.-J. Krümme!

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Achim Bachern, Bernhard Korte und Rainer Sehrader

wesentliche Rolle als Finanzierungsinstrument im Wohnungsbau. Auch im Hinblick auf fiskalpolitische Überlegungen, Vermögensbildung und Wohnungsbauförderung ist eine brauchbare Prognose des Bausparsystems wünschenswert. Schließlich profitiert auch der einzelne, am Bausparkollektiv beteiligte Sparer von einer geeigneten mathematischen Modeliierung des Kollektivs und seiner Entwicklung. Sie ermöglicht dem Bausparer über die Vorhersage des Zuteilungszeitpunktes eine genauere Planung seines Bauvorhabens, und erlaubt dem Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen in Szenarien die Sicherheit der Spareinlagen der einzelnen Sparer zu überprüfen. In diesem Beitrag wollen wir uns mit verschiedenen Modellierungsansätzen für das Bausparkollektiv und entsprechenden Prognoseverfahren für seine Entwicklung beschäftigen. Wir greifen dabei auch auf Erfahrungen zurück, die wir bei der Konzipierung von Prognosemodellen für die Landesbausparkassen/Öffentlichen Bausparkassen haben sammeln können.

B. Bausparmathematische Modellbildung

Eine mathematische Modeliierung des Bausparkollektivs muß im wesentlichen zwei Grundkriterien erfüllen. Zum einen müssen die Beziehungen und Abhängigkeiten der rein bauspartechnischen Größen exakt wiedergegeben werden. Zum anderen müssen die Verhaltensalternativen der Sparer, des einzelnen Unternehmens sowie der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen in ihrer Interdependenz und in ihren Auswirkungen auf das Bausparkollektiv möglichst genau erfaßt werden. Mit der Entwicklung der Bausparmathematik- ein der Finanz- und Versicherungsmathematik verwandtes Gebiet - relativ kurz nach Beginn des kollektiven Bausparens (zu Beginn dieses Jahrhunderts) ist es gelungen, ein mathematisches Instrumentarium zur Modeliierung der Zusammenhänge zwischen den einzelnen bauspartechnischen Bestands- und Flußgrößen bereitzustellen. Damit ist eine gemeinsame Grundlage für alle vier, von uns im weiteren vorgestellten Modeliierungstypen und Prognoseansätze gelegt worden. Eine genauere Beschreibung der einzelvertraglichen und kollektiven Kenngrößen wird im nächsten Abschnitt gegeben werden. Während somit die erste Forderung an eine erfolgversprechende Modeliierung des Bausparens durch definitorische und funktionale Beziehungen der Bausparmathematik als gegeben angesehen werden kann, stellt die Berücksichtigung der drei Einflußfaktoren Sparer, Bausparkasse und ökonomische Rahmenbedingungen ein größeres Problem dar. Vereinfachend können wir sagen, daß die Liquiditäts- und Ertragslage einer Bausparkasse wesentlich durch zwei Gruppen von Faktoren geprägt

Mathematische Modelle für Bausparkollektive

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sind. Erstens sind es die Spar- und Tilgungsleistungen der einzelnen Bausparer bzw. deren Aggregate die Spar- und Tilgungsintensität als kollektive Kenngrößen; zweitens sind es die Höhe und die Struktur der realisierten Neugeschäftsabschlüsse. Da die Entwicklung eines Bausparvertrags durch allgemeine Vertragsbedingungen und gesetzliche Regelungen relativ stark determiniert ist, bildet das individuelle Sparverhalten über seinen Einfluß auf die Entwicklung der Bewertungszahl das wesentliche Instrument des einzelnen Sparers zur Durchsetzung seiner Zielvorstellungen. Es ist allerdings wohl kaum möglich, das Sparverhalten unter den verschiedensten gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen endogen zu erklären oder mittelfristig exakt vorherzusagen und zu einer Sparerleistung des Bausparkollektivs zu aggregieren. Eine ähnliche Unsicherheit gilt für die Prognose der Höhe und der Struktur der Neugeschäftsabschlüsse. Da das Bausparen nur eine unter verschiedenen Anlagen bzw. Finanzierungsformen darstellt, ist das Neugeschäft stark geprägt durch unternehmenspolitische Entscheidungen und ökonomische Randbedingungen. Die Einflüsse des Unternehmens beruhen unter anderem auf der Güte des angebotenen Produkts (Zuteilungsdauern, Verzinsung, Wartezeiten, Höhe der Gebühren etc.) wie auch auf Akquisitionsbemühungen und Marketingstrategien etwa in Form von Vor- und Zwischenfinanzierungsmodellen. Zu den entscheidenden ökonomischen Einflüssen gehören sicherlich die Situation auf dem Baumarkt, die Höhe des Zinsniveaus, steuerpolitische Maßnahmen sowie Förderungsprogramme des Bausparensund der Vermögensbildung. Die genannten Faktoren und ihre Interdependenz haben entscheidenden Einfluß auf die Entwicklung des Bausparkollektivs. Sie müssen daher in einem brauchbaren Prognoseansatz hinreichend genau abgebildet werden. Die vier im folgenden vorgestellten Verfahren unterscheiden sich grundlegend in der Modeliierung der letztgenannten Verhaltensparameter. C. Das Formelmodell

Das Formelmodell stellt den ursprünglichen Modellierungsansatz von Bausparkollektiven dar, wie ihn die klassische Bausparmathematik entwikkelt hat. Das Formelmodell faßt das festgelegte Sparverhalten in deterministische mathematische Gleichungen, die formelhaft die Zusammenhänge in Bausparkollektiven wiedergeben. Der folgende Abschnitt führt kurz die wichtigsten bauspartechnischen Kenngrößen ein und erläutert die funktionalen Beziehungen zwischen ihnen. Der Abschluß eines Bausparvertrags erfolgt über eine gewisse Summe, die

Vertragssumme. Wir können diese Summe ohne Beschränkung der Allge4*

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Achim Bachern, Bernhard Korte und Rainer Sehrader

meinheit als 1 annehmen, da alle folgenden Größen entweder unabhängig von der Höhe der Vertragssumme sind oder durch Skalierung berechnet werden können. Mit Abschluß des Bausparvertrags wird unter Umständen eine Abschlußgebühr erhoben, die in einigen Tarifen verzinst und bei Nichtinanspruchnahme des Darlehens zurückgezahlt wird. Viele Bausparer zahlen bei Vertragsabschluß einen größeren Betrag als Soforteinzahlung auf ihr Bausparkonto ein, um die Abschlußgebühr zu decken und ihre Zuteilungsaussichten günstig zu beeinflussen. In den allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge sind monatliche Regelsparbeiträge festgelegt. Da die Einhaltung dieser Regelsparbeiträge im allgemeinen nicht überwacht wird, kann der Bausparer in der Praxis seinen Ansparvorgang weitestgehend selbst bestimmen. Tatsächlich haben Stichproben bei Bausparkassen ergeben, daß bis zu 5% aller Verträge innerhalb der ersten zehn Jahre nicht bespart werden. Zusätzlich zu regelmäßigen Sparzahlungen kann der Bausparer Sonderzahlungen erbringen, etwa um zum nächstmöglichen Termin in die Zuteilung zu gelangen. Das Bausparguthaben wird mit einem Zinssatz verzinst, der je nach Ausgestaltung des Tarifs zwischen 2,5% und 4,5% liegt. Die Zuteilung eines Bausparvertrags kann erst erfolgen, wenn die vertraglichen Mindestbedingungen in Form einer Mindestwartezeit und eines Mindestanspargrades erfüllt sind. Die Zuteilungen der Bausparer erfolgt nach dem Zeit-mal-Geld-System, das denjenigen Bausparer als ersten zuteilt, der dem Bausparkollektiv die meiste Liquidität in Form seines Bausparguthabens zur Verfügung gestellt hat. Diese Sparerleistung SL zum Zeitpunkt T ergibt sich idealerweise als Integral über die Bauspareinlagen BSE des Sparers:

I T

SL (T)

=

BSE (t) dt .

0

Da bei jeder Änderung der Bauspareinlagen in Form von Einzahlungen, Zinsgutschriften oder Gebührenabzügen die Sparerleistung neu berechnet werden müßte, wird in der Praxis die vom Sparer zur Verfügung gestellte Liquidität nicht nach der obigen Formel berechnet, sondern durch Bewertungszahlen BWZ approximiert. Üblicherweise werden die Bewertungszahlen zu vertraglich festgelegten Bewertungsstichtagen als gewichtete Summe aus den Saldensummen SS(T) des Bausparvertrags, des aktuellen Bausparguthabens BSE(T) und der akkumulierten Zinsen ZS(T) nach folgender Formel berechnet: BWZr = a SSr + b BSEr + c ZSr ,

wobei sich die einzelnen Tarife durch verschiedene Faktoren a, b, und c unterscheiden.

Mathematische Modelle für Bausparkollektive

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Zuteilungsreife Verträge, d.h. Verträge, die die vertraglichen Mindestbedingungen erfüllt haben, werden in der Reihenfolge ihrer Bewertungszahlen zugeteilt. Die Bewertungszahl des letzten so zugeteilten Bausparers heißt Zielbewertungszahl, über deren Wahl die Bausparkasse die Zuteilung steuern und ihre liquiden Mittel verplanen kann. Das Guthaben eines zugeteilten Vertrages sowie das entsprechende Darlehen können nach Ablauf von gewissen Wartezeiten abgerufen werden. Dabei werden vereinbarte Darlehensgebühren, Agios oder Disagios verrechnet. Nach Auszahlung des Baudarlehens hat der Bausparer bis zur Tilgung des Darlehens vertraglich festgelegte konstante Zins- und Tilgungsbeiträge zu erbringen. Diese Beiträge werden in den Zinsanteil für das jeweilige Restdarlehen und den Tilgungsanteil aufgespalten. Im Unterschied zu den Spareinzahlungen werden die Tilgungsbeiträge eines Bausparers überwacht, so daß die vertraglich festgelegte Tilgungsleistung nicht unterschritten wird. In Analogie zur Sparphase gibt die Kassenleistung KL als Integral über die verauslagten Baudarlehen BDZ die Gegenleistung des Kollektivs an den einzelnen Bausparer wieder:

I T

KL (T) =

BDZ (t) dt .

0

Die Kassen-zu-Sparerleistung als Quotient der beiden Liquiditätszahlen ermöglicht eine Beurteilung der kumulierten Liquiditätswirkungen. Ist diese Maßzahl etwa größer als eins, so bedeutet dies, daß die Liquiditätsleistung des Kollektivs an den Bausparer größer ist als die von ihm erbrachte. Neben dem bisher beschriebenen üblichen Verlauf eines Bausparvertrags gibt es Sonderformen, die in der Vergangenheit 20% bis 30% aller Bausparverträge betrafen. Dies sind insbesondere Kündigungen von Verträgen in der Sparphase, Darlehensverzichte von zuteilungsreifen Verträgen, bei denen nur das Guthaben ausgezahlt und auf das Darlehen verzichtet wurde, sowie Fortsetzungen von zuteilungsreifen Verträgen, die höher als der vertraglich vereinbarte Mindestanspargrad angespart wurden. Da bei diesen Sonderformen das Darlehen nicht oder nur zum Teil in Anspruch genommen wird, haben diese Sparertypen einen positiven Einfluß auf die Liquiditätslage einer Bausparkasse. Die sich insgesamt in den letzten Jahren verschlechternde Liquiditätslage aller Bausparkassen ist zum Teil darauf zurückzuführen, daß der Anteil der oben beschriebenen Sparertypen am Bausparkollektiv rückläufig ist. Das Formelmodell beschreibt die Kenngrößen eines einzelnen Sparers in Form von funktionalen Gleichungen. Es unterstellt, daß sich alle Bausparer des Kollektivs gleich verhalten und konstante Regelsparbeiträge und Tilgungsleistungen erbringen. Ferner ändert sich das Neugeschäft um einen konstanten Faktor Wund die Zuteilung erfolgt entweder über eine fest vor-

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Achim Bachern, Bernhard Korte und Rainer Sehrader

gegebene Zielbewertungszahl oder über den Anlegungsgrad, der sich als Verhältnis aus verauslagten Baudarlehen und vereinnahmten Bauspareinlagen ergibt. Zur Illustration betrachten wir den Spezialfall W = 1 d. h. konstantes Neugeschäft und eine Zuteilung nach einer festen ZielbewertungszahL Da in jeder Periode identische Bausparverträge mit gleichen Vertragssummen abgeschlossen werden, wird der Gesamtbestand an Bauspareinlagen ein konstantes Niveau erreichen, sobald die ersten Bausparverträge zugeteilt sind. Der Bauspareinlagenbestand hat damit seinen statischen Beharrungszustand erreicht. Eine analoge Aussage gilt für den Bestand der Baudarlehen. Sobald der erste Bausparer sein Darlehen getilgt hat, hat auch der kollektive Baudarlehensbestand seinen statischen Beharrungszustand angenommen. Ab diesem Zeitpunkt bleiben sämtliche Aggregate des Bausparkollektivs auf dem erreichten Niveau konstant. Dieser Zustand heißt der statische Beharrungszustand eines Bausparkollektivs. Das Formelmodell erlaubt es, auch für den Fall W =I= 1 (dynamischer Beharrungszustand) die kollektiven Kenngrößen zu berechnen. Da jede Sparerschicht, als separates Kollektiv betrachtet, auf lange Sicht bei konstanten Verhältnissen ihren eigenen spezifischen Beharrungszustand erreicht, bietet sich dieser als Beurteilungskriterium für eine Bausparerschiebt an. Die kollektiven Kenngrößen dieses Zustands geben unter anderem Aufschluß darüber, ob ein Bausparkollektiv, das nur aus dieser Sparerschicht besteht, unter den vorgegebenen Rahmenbedingungen überlebensfähig ist. Wird die Zuteilung nicht über eine konstante Zielbewertungszahl, sondern über einen konstanten Anlegungsgrad A = BDZIBSE

als Quotient aus kollektiven Baudarlehen BDZ und kollektiven Bauspareinlagen BSE gesteuert, so stellt sich wiederum ein Beharrungszustand ein. Der Anlegungsgrad gibt Aufschluß über den Refinanzierungsbedarf bzw. über die Höhe der freien Mittel. Unter den getroffenen Annahmen der konstanten Veränderungsrate des Neugeschäfts und gleichbleibender Spar- und Tilgungsleistungen können mit Hilfe des Formelmodells Aussagen über Anspardauer, Verweilzeit im Kollektiv und Tilgungsdauer des einzelnen Sparers gemacht werden und die Auswirkungen dieser Sparerschicht auf das Kollektiv analysiert werden. Wir wollen im folgenden kurz die Berechnung der Wartezeiten bis zur Zuteilung erläutern. Wir unterstellen dabei das übliche Quartalsmodell, d.h. 4 Verzinsungszeitpunkte. Die Verzinsung im Formelmodell erfolgt mit dem Faktor

Mathematische Modelle für Bausparkollektive T =

(1

+ To) 114

55

,

wobei r 0 der tarifliche Guthabenzins ist. Dieser Verzinsungsmodus wird gewählt, da er eine bedeutende Vereinfachung des in der Bausparrealität üblichen Verzinsungsverfahrens darstellt und eine gute Approximation liefert, die lediglich unterjährige Effekte nicht exakt abbildet. Bei Abschluß des Vertrags werde eine Abschlußgebühr AG erhoben, der Sparer leiste eine Soforteinzahlung SE und spare mit einer regelmäßigen Sparrate SR 0 • Die Spareinzahlungen werden u. a. zur Deckung der laufenden Bearbeitungsgebühren BG verwendet. Im Formelmodell wird diese Verrechnung durch die korrigierte Sparrate SR berücksichtigt, wobei SR = SR 0

-

BG(r- 1)/r0

ist.

Die Abschlußgebühr wird mit der Soforteinzahlung verrechnet. Falls AG> SE, sei k die kleinste ganze Zahl, für die AG :S SE

+

k · SR

und sei R

=

SE + k · SR - AG

der in der k-ten Periode nicht zur Deckung der Abschlußgebühr verbrauchte Rest. Dann gilt für die Bauspareinlage BSE (t) dieses Sparers zum Zeitpunkt t: Tt-k- 1 BSE(t) = max {SE-AG, 0} rt-l + Rrt-k + S R - - - r- 1

Für die Saldensummen SS(t) ergibt sich damit SS (t)

=

Tt-k+l_1 (

r-1

SR

--

r-1

+ max {SE - AG, 0} rk- 1 + R

)

-

SR (t- k)

r-1

+R

Die Zinssummen errechnen sich dann als Differenz aus dem Guthaben

BSE(t) und der Summe aller geleisteten Einzahlungen sowie der Gebühren,

die dem Guthaben entnommen wurden. Somit gilt: ZS(t) =SR ( rt-k-l r-1

t)

+ max {SE-AG,O} + Rrt-k- SE+ AG

Aus diesen drei Kenngrößen läßt sich die Wartezeit berechnen, die der Sparer bis zur Zuteilung durchlaufen muß. Sie ergibt sich als das Maximum

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Achim Bachern, Bernhard Korte und Rainer Sehrader

aus der vertraglich festgelegten Mindestwartezeit und der Zeit t zur Erreichung der Zielbewertungsziffer BWZmin· Dieser Zeitpunkt läßt sich unter Berücksichtigung der obigen Formeln durch Auflösen der Gleichung BWZmrn = a SS (t)

+ b BSE (t) + c ZS (t)

nach t bestimmen. Analoge Formeln ergeben sich etwa für die Bestimmung der Tilgungsdauer oder für die Verweilzeit im Kollektiv. Der idealisierte Ansatz des Formelmodells in Form von konstanter Veränderung des Neugeschäfts und fester Spar- und Tilgungsleistungen hat sich insbesondere für die Tarifgestaltung in Form von Merkmalen wie Sparrate, Tilgungsrate, Mindestanspargrad, Zins- und Kapitalfaktoren in der Berechnung der Bewertungsziffer und der Festlegung der Zinsen bewährt. Ebenso findet das Formelmodell Anwendung beim staatlichen Aufsichtsamt zur Liquiditätskontrolle im Kollektiv. Für Untersuchungen jedoch, die über statische bzw. komparativ-statische Betrachtungen hinausgehen, und für Prognosen erscheint der im Formelmodell realisierte Ansatz wenig nützlich. Die Entwicklung des Bauspargeschäfts in den letzten Jahren hat gezeigt, daß das Neugeschäft sehr großen Schwankungen unterliegt und auch die Spar- und Tilgungsleistungen Veränderungen unterworfen sind. Die entscheidenden Nachteile des Formelmodells liegen in der Beschränkung auf einen Sparertyp bei konstanter Neugeschäftsentwicklung, dessen Verhalten darüber hinaus im Beharrungszustand analysiert wird, also unter Vernachlässigung der Zusammensetzung des real vorliegenden Kollektivs. Es eignet sich daher nur dazu, Effekte einer Sparerschicht zu untersuchen, und ist für prognostische Zwecke unbrauchbar. Das im Abschnitt E vorgestellte Simulationsmodell stellt eine Weiterentwicklung des Formelansatzes dar, bei dem versucht wird, mehrere Sparerschichten gleichzeitig zu betrachten und darüber hinaus die Historie des Kollektivs abzubilden. D. Das ökonometrische Modell

Während für Tarifuntersuchungen ein Formelmodell wertvolle Hilfe leisten kann, versagt es jedoch gänzlich bei langfristigen Prognosen unter Einbeziehung von ökonomischen Randbedingungen. Hier leistet ein ökonometrischer Ansatz weit mehr. Die Autoren haben einen solchen ökonometrischen Ansatz für die öffentlichen Bausparkassen für eine Reihe von Fragestellungen erfolgreich nutzen können. Das ökonometrische Modell basiert auf Zeitreihen, die zentrale Größen des Bausparerkollektivs beschreiben, und auf Verhaltensparametern, die entweder global ökonomischen Statistiken entnommen oder innerhalb von Partialmodellen entwickelt wurden. Es ermöglicht eine konsistente Analyse und Systemprognose für ein Bausparerkollektiv.

Mathematische Modelle für Bausparkollektive

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Der ökonometrische Ansatz dieser Prognoseverfahren zeichnet sich dadurch aus, daß ein Kausalzusammenhang zwischen einer zu prognostizierenden Größe y und bestimmten (bauspar-)ökonomischen Größen x(l), x(2), ... , x(n) angenommen und seiner funktionalen Form nach spezifiziert wird. Die als zeitlich invariant vorausgesetzten Parameter dieser Funktion werden dann mit Hilfe von ökonometrischen Methoden geschätzt, und zwar auf der Basis vonZeitreihen-oder Querschnittsdaten für die betrachteten Größen y, x(l), ... , x(n). So lassen sich beispielsweise die reinen Tilgungen (ohne Zinsen), abgekürzt mit RT als Funktion der gesamten Zins- und Tilgungsleistungen ZT erklären. Unterstellen wir, daß in allen betrachteten Jahren t ein linearer Zusammenhang zwischen den Größen RT und ZT besteht, so gelangen wir zu einer Funktion der folgenden Form: RT (t) = a(l)

* ZT (t) +

a(2)

Die Parameter a(l) und a(2) der Funktion sind unbekannt und müssen daher aufgrundvon Beobachtungswerten von RT und ZT geschätzt werden. Wertet man die Zeitreihen RT und ZT graphisch aus, so ergibt sich ein sogenanntes Streudiagramm, das einen annähernd linearen Zusammenhang zwischen den beiden Größen wiedergibt; die Beziehung wird also durch Störeinflüsse überlagert, die in einer Zufallsvariablen U(t) zusammengefaßt werden können. Der ökonometrische Ansatz der oben angegebenen Funktion lautet dann: RT (t)

= a(l) * ZT (t) + a(2) + U (t) .

Für die Schätzung der unbekannten Parameter a(l) und a(2) werden ökonometrische Schätzverfahren, wie z.B. die Methode der Kleinsten Quadrate (Ordinary Least Squares Method = OLS), die nichtlinearen Methoden der kleinsten Quadrate (Nonlinear Least Squares Method = NLLS) oder die Maximum-Likelihood-Methode (ML) verwendet. Theoretisch sollte das Absolutglied a(2) der Schätzung Null sein, da kein autonomer Tilgungsanteil an Zins- und Tilgungsleistungen existiert. Jedoch haben die in den verschiedenen Jahren aufgetretenen unterschiedlichen Anteile der reinen Tilgungen an den Zins- und Tilgungsleistungen bei der von uns verwendeten Methode der Minimierung der Quadratabstände zu einem konstanten Glied geführt, das im Verhältnis zur Größe von RTund ZT verschwindend gering ist und als Ausgleich der verschiedenen Störungen aufzufassen ist. Der Versuch der Falsifikation einer solchen Hypothese wird i. a. durch die Berechnung von Prüfgrößen (Durbin-Watson-Prüfgrößen, Bestimmtheitsmaß, T-Test, F-Test) unternommen.

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Das von uns entwickelte Modell benutzt 10 exogene Zeitreihen (Vertragsabläufe, Auflösungen, Bruttosozialprodukt in Preisen von 1962, Bruttosozialprodukt nominal, Fortsetzerreserve, eingesetzte Fremdmittel, Vertragskündigungen, Neuabschlüsse und Zuteilungsindex) und erklärt 40 endogene Variable durch ein System von 40 nichtlinearen Gleichungen. Es würde den Rahmen dieses Aufsatzes sprengen, wenn wir alle diese Gleichungen hier vorstellen. Um die Vorgehensweise zu verdeutlichen, wollen wir jedoch einen typischen Vertreter dieser Systemgleichungen herausnehmen und genauer betrachten. Die Bauspareinlagen sind die Summe aller Guthaben der Bausparer. Entsprechend der üblichen Statistik werden die Bauspareinlagen definiert durch den Bestand der Bauspareinlagen am Beginn des Kalenderjahres zuzüglich der Sparbeiträge, der gutgeschriebenen Wohnungsbauprämien, vermögenswirksamen Leistungen und der Zinsgutschriften und abzüglich der Auszahlungen nach Zuteilung, der Verrechnungen bei Zuteilung zur Ablösung von Vor- und Zwischenfinanzierungskrediten, der Verrechnung bei Zuteilung zur Ablösung von sonstigen Darlehen, der Rückzahlungen nach Kündigung, der Teilzahlungen ohne Kündigung und des Saldos der sonstigen Zu- und Abgänge. Die Schwierigkeit bei der Aufstellung von Schätzhypothesen besteht darin, die wesentlich determinierenden Größen herauszufiltern und insbesondere nur solche Größen in die Betrachtung aufzunehmen, die nicht von kurzfristigen unternehmenspolitischen Entscheidungen der Bausparkassen determiniert sind. Solche Größen, die sich im allgemeinen einer ökonomischen Erklärung entziehen, sind z.B. fast alle Größen, die das Vor- und Zwischenfinanzierungsgeschäft betreffen. Natürlich könnte man entsprechend der vorhandenen Statistiken die Bauspareinlagen über eine Definitionsgleichung exakt erklären. Dabei müßte man dann aber sämtliche unwichtigen Zeitreihen in das Modell mitaufnehmen und ökonomische bzw. bauspartechnische Erklärungen für ihre Entwicklung im Zeitablauf finden. Dies hätte dann zur Folge, daß man auch das gesamte Vor- und Zwischenfinanzierungsgeschäft mit in die ökonometrische Gleichung einbeziehen müßte, was sich jedoch aufgrundder starken Schwankungen, die z. T. von kurzfristigen unternehmenspolitischen Entscheidungen der Bausparkassen verursacht werden, nicht empfiehlt. Wir haben deshalb einen anderen Weg gewählt und einige endogene Variable (wie hier z.B. die Bauspareinlagen) durch eine Verhaltensgleichung erklärt. Als wesentliche Faktoren haben wir dabei den Bauspareinlagenbestand des Vorjahres BSE (1), die Sparbeiträge SPE, die eingegangenen Wohnungsbauprämien WOP, die den Bausparkonten gutgeschriebenen Zinsen ZG, die Zuteilungen ZVS und die Kündigungen KVS gewählt. Es ist

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daher zu vermuten, daß die Koeffizienten der in der Regression vorkommenden Variablen nicht den zugehörigen Koeffizienten der Definitionsgleichung entsprechen. Das Intervall, aus dem die Koeffizienten für diese Verhaltensgleichung entnommen werden, variiert natürlich nur schwach um den Wert des Koeffizienten aus der Definitionsgleichung. Durch diese Abweichung wird die Vernachlässigung der unwesentlichen Zeitreihen ausgeglichen und das Verhalten des Gesamtkollektivs widergespiegelt. Für die Bauspareinlagen haben wir z.B. die folgenden vier Gleichungen als mögliche Ansätze geschätzt: (1)

BSE = .90276* BSE(1) + .79934* SPE + WOP + ZG- .20031 * ZVS.64961 * KVS + 200

(2)

BSE= BSE(l) .47861 * KVS + 327

(3)

BSE = .90082 * BSE(1) + .83309 * SPE + WOP + ZG - .21016 * ZVS.64135 * KVS + 96

(4)

BSE= BSE(1) .49762 * KVS + 253

+ .83911 * SPE + WOP + ZG - .49624 * ZVS -

+

SPE + WOP + ZG- .60319 * ZVS-

Man erkennt an den verschiedenen Schätzungen, daß die Bauspareinlagen des Vorjahres BSE(1) nicht notwendigerweise mit 100% in die Regression eingehen, sondern meist bei 80- 100% liegen. Wie statistische Tests ergeben haben, darf dieser Wert nicht wesentlich überschritten werden, da z.B. in der Gleichung (1) die Bauspareinlagen des Vorjahres mit einem Anteil von ca. 70.6% in die Regression eingehen. Hier hat z.B. der T-Test der entsprechenden Variablen einen Wert von 16.34 ergeben, und die Streuung des Koeffizienten ist mit .05525 recht gering. Dies hat sich auch bei der Variation der Zeitperioden (Gleichung (3) wurden über einen anderen Zeitraum geschätzt) als recht stabil erwiesen. In Gleichung (4) findet man eine Variation, die sich eng an die Definitionsgleichung anlehnt. Hierbei haben wir den Koeffizienten der Variablen BSE (1), SPE, ZG und WOP jeweils auf eins gesetzt. Für die Zuteilung und die Kündigungen gibt es natürlich a priori keine festen Koeffizienten, da von Jahr zu Jahr der Anspargrad der zugeteilten Verträge schwankt. Man erkennt, daß der Koeffizient von ZVS bei -0.6 liegt, was bedeutet, daß der Anspargrad der zugeteilten Verträge stets kleiner als 60% ist. Analog ergibt diese Betrachtung einen Wert von .49 für die Größe KVS, d.h. die gekündigten Verträge haben einen Anspargrad von durchschnittlich 50%. Die statistischen Tests dieser Regressionen haben mit einem T-Wert von 8.9 gezeigt, daß der Variablen ZVS in der Gleichung (4) ein wesentlich stärkeres Gewicht zukommt, als z.B. der Variablen KVS.

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Insgesamt zeigen diese Schätzungen, daß man mit diesem Ansatz eine maximale Abweichung von 0.9 (d.h. einen maximalen ex-post-Prognosefehler von weniger als 0.9%) erhält. Wir haben mit diesem ökonometrischen Ansatz in 1976 ex-ante-Prognosen für die Jahre 1977 bis 1985 aufgestellt. Die Abweichungen waren bei Einsatz der realisierten exogenen Größen i.a. kleiner als 5- 10%. Den starken Einbruch in der Neugeschäftsentwicklung bei den Bausparkassen in den 80er Jahren konnte dieses Modell natürlich nicht vorhersagen. Ein solches ökonometrisches Modell erlaubte jedoch, durch entsprechende exogene Vorgaben der Rahmenbedingungen der Ökonomie (Bruttosozialprodukt, Marktzinssätze etc.) langfristige Effekte im Kollektiv zu verdeutlichen. E. Das Simulationsmodell

Das im dritten Abschnitt beschriebene Formelmodell eignet sich im wesentlichen nur zur Analyse des Beharrungszustandes von Bausparkollektiven, die aus identisch abgewickelten Verträgen unter konstanter Veränderungsrate des Neugeschäfts bestehen. Im Unterschied zu ökonometrischen Ansätzen, bei denen durch geeignete Spezifikationen der Verhaltungsgleichungen und der Schätzung ihrer Parameter der innere Zusammenhang des Bausparsystems erfaßt und abgebildet werden soll, versucht das folgende Simulations- oder Schichtenmodell, die weitgehend determinierte Struktur der Spar- und Tilgungsverhalten einzelner Sparerschichten auszunutzen. Bei der Abbildung des realen Bauspargeschehens im Simulationsmodell wird versucht, Bausparkollektive durch Überlagerung der Effekte von verschiedenen Sparerschichten zu beschreiben. Der Versuch, realistische Aussagen über ein Kollektiv und seine Zukunft zu machen, kann nur dann zu einem befriedigenden Ergebnis führen, wenn die Sparerschichten, die bei den Simulationsrechnungen verwendet werden, dem tatsächlichen Sparverhalten nahe kommen. Analysen von realen Bausparkollektiven zeigen, daß typische Sparverhalten durch die folgenden Größen charakterisiert sind: - Höhe der regelmäßigen Spar- bzw. Tilgungsrate - Abhängigkeit der Sparleistungen von Marktzinsen - Höhe der Soforteinzahlung - Höhe einer Zuzahlung vor Zuteilung - Fortsetzung des Vertrages - Kündigung/Darlehensverzicht - Einstellung der Sparleistungen bei einem bestimmten Anspargrad. Durch geeignete Kombination der genannten Charakteristika lassen sich die in der Praxis beobachteten Ansparverhalten gut nachbilden.

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Bei der Simulation wird das Neuabschlußvolumen eines jeden Jahres auf die verschiedenen antizipierten Sparerschichten aufgeteilt. Neben dieser horizontalen Gliederung in Sparerschichten wird eine vertikale Gliederung in Abschlußquartale vorgenommen. Zu jedem in der Simulation betrachteten Quartal und zu jeder Sparerschicht werden Konten in Form von Zeitreihen angelegt, die wie in der Realität fortgeschrieben werden und eine Vielzahl von Bestandsdaten enthalten. Diese Konten geben wie im Formelmodell Auskunft über die Charakteristika der einzelnen Sparerschichten. Zusätzlich können durch geeignete Aggregation eine Reihe von kollektiven Kenngrößen berechnet werden. Die Auswahl der in die Simulation einbezogenen Sparerschichten und deren prozentuale Zusammensetzung sind die wesentlichen Determinanten der Simulationsergebnisse. Durch Einbeziehung von immer mehr Sparerschichten in eine Simulation wird das Ergebnis zwar realitätsgetreuer, jedoch steigt der Rechenaufwand sehr stark an. Zusätzlich läuft man Gefahr, daß bei Einbeziehung zu vieler Sparerschichten die Stabilität des Modells verloren geht. Daher kommt der Auswahl geeigneter Sparerschichten und der Unterstützung dieser Auswahl durch empirische Untersuchungen eine wesentliche Bedeutung zu. Als exogene Vorgabe erhält das Simulationsmodell die Höhe des Neugeschäfts in jedem Quartal des betrachtenden Zeithorizontes und die jeweilige Zusammensetzung dieser Abschlußvolumina aus verschiedenen Sparerschichten. Zusätzlich zu dieser Aufteilung des Neugeschäfts werden die Entwicklungen der Marktzinsen und der Zielbewertungszahl vorgegeben. Mit diesem Simulationsansatz ist eine entscheidende Schwäche des Formelmodells überwunden worden, bei dem ja jeweils nur eine Sparerschicht betrachtet werden konnte. Wie in diesem Einschichtenmodellläßt sich das mehrschichtige Kollektiv des Simulationsansatzes unter Annahme der konstanten Veränderungsrate des Neugeschäfts und einer fixierten Aufteilung des jeweiligen Neugeschäfts auf die betrachteten Sparerschichten in einen statischen oder dynamischen Beharrungszustand bringen. Es ist zweifelsfrei, daß die Untersuchung von bauspartechnischen Fragestellungen anband des Beharrungszustandes für die Beurteilung der Funktionsfähigkeit von Bauspartarifen oder von Verhaltensmustern im Bausparkollektiv von entscheidender Bedeutung ist. Hierbei stehen jeweils die langfristigen Auswirkungen im Vordergrund. Dabei wird jedoch abstrahiert von der konkreten Situation, in der sich die Bausparkasse befindet. Da langfristig wünschenswerte Effekte sich in Kombination mit einem real bestehenden Bausparkollektiv kurz- und mittelfristig sehr negativ auswirken können, reicht es für geschäftspolitische Entscheidungen im allgemeinen nicht aus, langfristige Wirkungen an Hand des Beharrungszustands eines Bausparkollektivs zu analysieren.

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Achim Bachern, Bernhard Korte und Rainer Sehrader

Für die Liquiditäts- und Ertragslage einer Bausparkasse im kurz- und mittelfristigen Bereich (bis zu 10 Jahren) spielt der Altbestand im Bausparkollektiv eine wesentliche Rolle. Das Neugeschäft, in dem sich geänderte Rahmenbedingungen niederschlagen, macht je nach Umschlaggeschwindigkeit nur 10% bis 20% der Vertragssumme aller noch nic~t zugeteilten Verträge aus. Dementsprechend gering ist der Einfluß in den ersten Jahren eines einzelnen Neugeschäftsjahrgangs auf die Aggregate des Bausparkollektivs wie Bauspareinlagen, Baudarlehen, Spargeldeingang usw. Die bauspartechnischen Bestandsgrößen reagieren also nur träge auf Änderungen im Neugeschäft. Im kurz- und mittelfristigen Bereich einer Prognose werden Liquiditäts- und Ertragslage in hohem Maße vom Altbestand bestimmt. Das Simulationsmodell muß daher sinnvollerweise um ein Konzept erweitert werden, mit dem das bestehende Kollektiv erfaßt und in eine Prognosesimulation eingebracht werden kann. Ausgehend von der Funktionsweise des Simulationsmodells kann der vorhandene Altbestand dadurch in Prognosen einbezogen werden, daß im Simulationsmodell Bausparkonten für Sparer aus dem Altbestand vorgesehen werden, die gemeinsam mit dem exogen vorgegebenen zukünftigen Neugeschäft abgewickelt werden. Dabei stellt sich das Problem, die Sparerschichten und deren jeweilige Neugeschäftsanteile in zurückliegenden Jahren so zu wählen, daß sich das aus ihnen ergebende Kollektiv ähnlich verhält wie der reale, unbekannte Altbestand der Bausparkasse. In einem ersten Schritt, der Bestandsanpassung, muß somit eine geeignete Kombination von Sparerschichten ausgewählt werden, durch deren Simulation die realen Bestände einer Bausparkasse hinreichend genau abgebildet werden. Im zweiten Schritt werden dann die durch diesen Altbestand induzierten Zeitreihen mit den entsprechenden Zeitreihen des durch exogene Vorgaben definierten Anschlußkollektivs zur Prognose aggregiert. Ziel eines Verfahrens zur Bestandsanpassung ist es daher, die Bausparkonten eines Bestandes so zu erzeugen, daß ihre Struktur mit der des realen Bestandes möglichst gut übereinstimmt. Da uns bei der Prognose nur die kollektiven Kenngrößen interessieren, reicht es aus, daß die gesuchte Sparerschichtenstruktur die kollektiven Größen wie Bauspareinlagen, Bauspardarlehen, Anlegungsgrad usw. der Vergangenheit möglichst gut approximiert. Im folgenden wird ein Optimierungsansatz vorgeschlagen, mit dem die relative quadratische Abweichung in den genannten Zeitreihen minimiert werden soll. Für jede Sparerschicht j = 1, ... , n und jedes Kalenderjahr t = 1, ... , T, die in die Bestandsanpassung mit einbezogen werden, werden Simulationen mit einer Einheit Neugeschäft durchgeführt, wobei die Zuteilung über die realisierte Zielbewertungszahlenreihe erfolgt. Durch diesen Ansatz ist die Abwicklung einer einzelnen Sparerschicht unabhängig von

63

Mathematische Modelle für Bausparkollektive

denen anderer Sparerschichten. Bezeichnen wir mit x;1 das unbekannte Neugeschäft der Sparerschicht i, die zum Zeitpunkt t einen Vertrag abschließt, so ergeben sich deren Zeitreihen und damit deren Beiträge zu den kollektiven Kenngrößen als das x;1-fache der normierten Zeitreihen. In unserem Modell versuchen wir k Zeitreihen ZR 1 , ... ZRk (z.B. Bauspareinlagen, Baudarlehen, nicht zugeteilter und zugeteilter Vertragssummenbestand, Spargeldeingang und Anlegungsgrad) in einem Zeitraum der Jahre T 0 bis T1 durch die entsprechenden kollektiven Aggregate Ji (x 11 , ... , XnT) anzupassen. Das Optimierungsproblem der kleinsten quadratischen Abweichung läßt sich dann wie folgt zusammenfassen min

± ~ (Ji

i=

I

t=

(x) -ZR{

To

ZR{

s. t.

)2 i

Ix;,

-

X;,,+

1

I :S

n

~

i= 1

X;t =

NVS,

e;, i

= 1, ... n,

t

= 1, ... T

= 1, ... , n, t = 1, ... , Tt

1

= 1, ... , T

Die Nebenbedingungen, unter denen das Minimum zu wählen ist, besagen dabei, daß das Neugeschäft NVS 1 eines Jahres auf die Abschlußvolumina x;1 der einzelnen Sparerschichten aufgeteilt wird. Zusätzlich können untere Schranken U;, und obere Schranken 0;, für die prozentualen Neugeschäftsanteile vergeben und die Schwankungen einer Schicht in aufeinanderfolgenden Jahren beschränkt werden. Die Schranken und Schwankungsbeschränkungen wurden in konkreten Modellrechnungen durch Stichproben aus den realen Beständen ermittelt. Der Modellansatz führt bei realistischen Anpassungen sehr schnell auf ein Problem mit mehreren hundert Variablen und Nebenbedingungen. Da darüber hinaus die Funktionen Ji zum Teil nichtlineare Funktionen der Kollektivaggregate darstellen, ergibt sich ein komplexes nichtlineares Optimierungsproblem, das nur mit wesentlichem methodischen und numerischen Aufwand gelöst werden kann. Zur Anwendung bei realen Fragestellungen mit Daten der öffentlichen Bausparkassen gelangten hier Koordinatenabstiegs- und konjugierte Gradientenverfahren. Wir haben in der folgenden Graphik das Ergebnis einer Modellrechnung im Vergleich zu den realisierten Daten am Beispiel der Zeitreihe Bauspareinlagen dargestellt. Da im allgemeinen nicht davon auszugehen ist, daß durch einen solchen Ansatz die wahre Kollektivzusammensetzung der Vergangenheit abgebildet wird, sondern bestenfalls die Zukunftswirkungen dieses Kollektivs richtig erfaßt werden, ist es notwendig die Prognosequalität des Bestandsanpas-

Achim Bachern, Bernhard Korte und Rainer Sehrader

64 8

7 6

c,.... en Dl"t:!

oc -o Cn

5

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10

:gt.

4

3

2

1965

1970

R

1975

1980

1985

= realisierte Daten, A = angepaßte Daten.

sungsmodells zu überprüfen. Zum einen wurde durch Variation der Parameter T 0 und T1 die Stabilität der gefundenen Lösung hinsichtlich zeitlicher Veränderungen getestet. Zum anderen muß durch ex-ante-Prognosen die Abbildung der Wirkungsstruktur des Altbestandes überprüft werden. Die bisher gemachten Erfahrungen mit dem Simulationsmodell und der vorgeschalteten Bestandsanpassung zeigen, daß dieser Ansatz durchaus zu befriedigenden bis guten Prognoseergebnissen kommt. Das Verfahren hat sicherlich große Vorteile gegenüber dem Formelmodell und dem ökonometrischen Ansatz. Eine entscheidende Einschränkung liegt jedoch immer noch darin begründet, daß die in die Simulation einbezogenen Sparerschichten von Anfang an determiniert sind und daher ihr Verhalten nicht ändern können. Diese Determiniertheit entspricht nicht den in der Realität einer Bausparkasse beobachteten Sparverhalten, bei denen Sparer gewöhnlich flexibel auf exogene Änderungen reagieren. Insbesondere im kurzfristigen Prognosebereich, der wie eingangs geschildert fast ausschließlich durch den Altbestand bestimmt wird, ist die Determiniertheit des Sparverhaltens ein großer Nachteil. Wir werden daher im abschließenden Kapitel einen Modellierungsansatz vorstellen, der sich verändernde Sparerverhalten erlaubt. F. Markovsche Übergangsmodelle Übergangsmodelle basieren auf der Fortschreibung aller Bausparkonten einer realen Bausparkasse. Durch diesen Ansatz werden die Wirkungen des

Mathematische Modelle für Bausparkollektive

65

bestehenden Kollektivs exakt abgebildet. Die Fortschreibung fußt auf der Prämisse, daß die Verteilung des Spargeldeingangs innerhalb homogener Gruppen im Kollektiv für die nächsten Jahre konstant bleibt. Die Charakteristika einer solchen homogenen Gruppe sind dabei etwa gegeben durch die Höhe der Bausparsumme, den Anspargrad, das Vertragsalter und gegebenenfalls demographischer Zusatzinformationen. Aus den realen Konten der Bausparkasse eines Jahres können die Histogramme des Spargeldeinganges der einzelnen Gruppen ermittelt werden. Ebenso lassen sich die Wahrscheinlichkeiten berechnen, mit der Mitglieder einer Gruppe Sonderzahlungen leisten, den Vertrag kündigen, ihn über den Mindestanspargrad hinaus besparen oder auf das Darlehen verzichten. Auf der Basis dieser Verteilungen und unter der Annahme ihrer Konstanz lassen sich dann die Konten der einzelnen Bausparer in die Zukunft fortschreiben. Dabei wird für jedes einzelne Konto und hier für jedes Jahr des Prognosezeitraums ermittelt, in welche Gruppe das Konto fällt. Dieses Konto wird mit der aus der Historie ermittelten Wahrscheinlichkeit gekündigt bzw. weitergespart. Im Falle der Weiterbesparung wird ein Spargeldeingang unterstellt, der der ermittelten Verteilung dieser Gruppe genügt. Diese relativ schwache Konsistenzannahme in Verbindung mit der genauen Erfassung der Kenngrößen des bestehenden Bausparkollektivs läßt vermuten, daß der Übergangsansatz insbesondere im kurzfristigen Bereich sehr gute Prognoseergebnisse liefert. Die statistische Auswertung des bestehenden Bausparkollektivs im Rahmen einer Vollerhebung ermöglicht es darüber hinaus Erkenntnisse für typische Anspar- und Tilgungsverhalten zu gewinnen, die dann wiederum in das Schichtenmodell einfließen können. Neben diesem eher bauspartechnischen Effekt erlaubt die Vollerhebung aber auch eine bessere Beobachtung des Kollektivs und der angebotenen Tarife, die sich unmittelbar in Bestandspflege und Marketingmaßnahmen niederschlagen können. G. Schlußbemerkungen

Die Erfahrungen der Autoren mit mathematischen Modellen für Bausparkollektive haben deutlich gemacht, daß nur mit mathematisch recht anspruchsvollen Ansätzen mittelfristig gute Prognosen erreichbar sind. Das Formelmodell bzw. seine Varianten sind allenfalls für einige theoretische Abschätzungen brauchbar. Andererseits zeigen ex-ante-Prognosen mit dem Schichtenmodell, daß kurzfristige Prognosen sehr stark vom Bestand determiniert sind. Das Markovsche Übergangsmodell scheint diese Trägheit in den Bestandsgrößen zu überwinden, erfordert jedoch einen erheblich größeren Rechenaufwand, da hier im Grunde das gesamte Kollektiv einer Bausparkasse auf Basis aller Einzelkonten fortgeschrieben wird. 5 Festschrift für H.-J. Krümme!

66

Achim Bachern, Bernhard Korte und Rainer Sehrader

Insgesamt können wir feststellen, daß die mathematische Behandlung von Bausparkollektiven mit den hier - leider nur kurz - skizzierten Modellen wesentliche Erkenntnisse bringt und für die Steuerung eines Kollektivs sowohl unter geschäftspolitischen als auch unter bankenaufsichtsrechtlichen Aspekten sehr nützlich ist. Mit diesen Instrumentarien können schon jetzt befriedigende und gute Prognosen für die Fortentwicklung von Bausparkollektiven gemacht werden, die wesentlich in eine Vorausschau der Gewinn- und Verlustrechnung und in eine Planung der Ertrags- und Liquiditätslage eingehen können. In der Vergangenheit ist die Produktpalette der verschiedenen Bauspartarife und Vertragskonditionen wesentlich erweitert worden, was unseres Erachtens in besonderem Maße aus Marketing-Gründen forciert wurde, aber nicht unbedingt immer zu einer Stabilisierung und Verbesserung der Kollektivsituation beigetragen hat. Mit den hier skizzierten Modellen konnten wir relativ genau Auswirkungen, die durch die Einführung neuer Tarife entstehen können, analysieren und quantifizieren. Die Effekte solcher neuen Tarife können mit genauenmathematischen Analyseinstrumenten wesentlich besser abgeschätzt werden, als mit groben formelmäßigen Berechnungen. Unseres Erachtens konnten durch solche Analysen geschäftspolitische Fehlentscheidungen vermieden werden und nur diejenigen Tarife neueingeführt werden, die sowohl für den Bausparer als auch für die Stärkung des Kollektivs vertretbar und richtig waren.

Kreditvergabe und Verschuldung bei Risikoscheu Eine risikotheoretische Analyse der Beziehungen zwischen Bank und Kreditnehmer Von Michel Bitz A. Einordnung und Gegenstand des folgenden Beitrages B. Ein einzelwirtschaftliches Modell der Beziehungen zwischen Bank und Unternehmung I. Die Ausgangssituation 1. Aktions- und Ergebnisparameter 2. Die Präferenzfunktionen li. Die Bestimmung des Kreditvolumens aus der Sicht der Bank 1. Der Verlauf der Präferenzfunktion 2. Zur Beurteilung 100%iger Fremdfinanzierung aus der Sicht der Bank III. Die Bestimmung des Verschuldungsvolumens aus der Sicht des Unternehmers 1. Der Verlauf der Präferenzfunktion 2. Der Akzeptanzbereich des Unternehmers a) Die grundlegenden Vorteilhaftigkeitsbedingungen b) Der Akzeptanzbereich bei hinlänglichen Eigenmitteln (Falll) c) Der Akzeptanzbereich bei nicht ausreichenden Eigenmitteln (Fall2) d) Zwischenergebnis IV. Vergleich der Akzeptanzbereiche von Bank und Unternehmer 1. Zur Antimonie der Zielvorstellungen 2. Das Einigungsfeld bei Risikoneutralität 3. Das Einigungsfeld bei Risikoscheu 4. Möglichkeiten zur Einengung des Einigungsfeldes auf effiziente Lösungen C. Zusammenfassung

A. Einordnung und Gegenstand des folgenden Beitrages Die Finanzierungstheorie im deutschen Sprachraum war in den letzten zwei Jahrzehnten, in Rezeption einschlägiger Ansätze aus dem amerikanischen Schrifttum, im wesentlichen durch die Entwicklung zu einer Art Gleichgewichtstheorie von Märkten für risikobehaftete Finanztitel gekennzeichnet. Die Akteure auf diesen Märkten beurteilen zukunftsbezogene Zahlungsansprüche hinsichtlich der risikomäßigen Auswirkungen auf ihr sonstiges Portefeuille. Die daraus folgenden Angebots- und Nachfragetransaktionen führen zu Gleichgewichtspreisen für die entsprechenden Finanztitel, die jeweils genau das ihnen innewohnende systematische, d. h. durch Portefeuillebildung nicht weiter reduzierbare, Risiko reflektieren. 5*

68

MichelBitz

Die Frage, in welchem Ausmaß sich ein Unternehmen mit Fremd- oder Eigenkapital oder irgendwelchen Übergangsformen zwischen diesen beiden entgegengesetzten Endpunkten des Kontinuums alternativ möglicher Ausgestaltungsformen von Kapitalpositionen finanziert, ist dabei für den Wohlstand des Unternehmens und seiner Finanzgeber unerheblich. Risikounterschiede zwischen verschiedenen Kategorien von Finanztiteln werden durch Gleichgewichtspreise für entsprechend risikobehaftete Zahlungsansprüche vermögensmäßig neutralisiert. Den einschlägigen Arbeiten von Lintner (1965), Mossin (1966), Sharpe (1964) und zahlreichen anderen Autorenl kommt zum einen das Verdienst zu, in Verknüpfung und Weiterentwicklung der portefeuilletheoretischen Ansätze von Markowitz 2 und der Arbitrageüberlegungen von Modigliani! Miller 3 in systematischer und formalisierter Weise risiko- und gleichgewichtstheoretische Überlegungen in die Finanzierungstheorie eingebracht zu haben. Das Capital-Asset-Pricing-Modell (CAPM) als Frucht dieser Bemühungen in allseinen Varianten vermittelt außerdem wichtige Erkenntnisse über Eigenschaften, Determinanten und Funktionsmechanismen effizienter Kapitalmärkte und liefert damit auch Einblicke in die Rahmenbedingungen, die für das Finanzmanagement solcher Unternehmen maßgeblich sind, die sich weltweit auf hochorganisierten Finanzmärkten bewegen. Mit der Rezeption dieser Ansätze im deutschen Schrifttum wurde zugleich die weitgehende Beschränkung der Finanzierungslehre auf eine reine Institutionenkunde überwunden, wie sie- von einzelnen Ausnahmen abgesehen4 -bis in die 70er Jahre üblich war und in etlichen Lehrbüchern, Lexika und Handwörterbüchern noch heute anzutreffen ist. Mit zunehmender Weiterentwicklung und Verfeinerung des CAPM und immer neuen empirischen Überprüfungen seiner Aussagen und Prämissen5 wich die anfängliche Euphorie jedoch immer mehr einer sehr viel nüchterneren Einstellung. Neben grundlegenden methodischen Problemen 6 war dafür auch der Umstand maßgeblich, daß in der Welt des CAPM für eine Vielzahl in der Realität tatsächlich anzutreffender Gegebenheiten wie z. B. Finanzintermediäre, Gläubigerschutzregelungen, Kreditsicherheiten etc. Vgl. z.B. Fama (1968) oder Rubinstein (1973). Vgl. Markowitz (1952) und (1959). 3 Vgl. Modigliani I Miller (1958) und (1959). 4 Vgl. Arnold (1964), Krümmel (1966), Stützel (1966) und (1970) oder Welcker (1968). s Vgl. zu den einzelnen Teilaspekten Lintner (1969), Brennan (1971), Black (1972), Mayers (1973), Roll (1973), Blume I Friend (1973), Gonedes (1976), Brito (1977) oder Turnbull (1977). Zur Arbitrage Pricing Theory und ihrer Beziehung zur CAPM-Theorie vgl. Ross (1976), Roll I Ross (1980) sowie Wilhelm (1981). Zur empirischen Überprüfung des CAPM vgl. Black I Jensen I Scholes (1972), Fama I Macbeth (1973) oder Friend I Westerfield (1981). s Vgl. Roll (1977). 1

2

Kreditvergabe und Verschuldung bei Risikoscheu

69

eigentlich überhaupt kein Raum mehr war. Insofern war es keineswegs überraschend, daß die Finanzierungstheorie in den letzten zehn Jahren zunächst im angelsächsischen, anschließend auch im deutschen Schrifttum, in Anknüpfung an die ganz allgemein grundlegende Arbeit von Akerlof (1970) und die speziell finanzierungstheoretisch ausgerichtete Weiterentwicklung durch Jensen/Meckling (1976) mit der Einbeziehung asymmetrischer Informationen verschiedener Kapitalgebergruppen, Principal-Agentund Moral-Hazard-Problemen sowie Transaktionskosten in Abkehr von der vollkommenen Welt des CAPM neue Impulse erhalten hat?. Es kann allerdings durchaus als fraglich angesehen werden, ob die einschlägigen Modellansätze, insbesondere der Theorie des "signalling" 8 , mit ihrer wiederum ganz dominanten Ausrichtung auf die Analyse von Gleichgewichtsbedingungen den für die betriebswirtschaftliche Finanzierungstheorie fruchtbarsten Weg eingeschlagen haben. Der folgende Beitrag jedenfalls ist in bewußter Abkehr von derartigen gleichgewichtstheoretisch ausgerichteten Beiträgen dem Ziel gewidmet, in Wiederaufnahme stärker einzelwirtschaftlich orientierter Ansätze, wie sie schon früh - insbesondere mit dem sogenannten bestandsökonomischen Ansatz im Kreis um Stützel und Krümmel - in das deutschsprachige Schrifttum eingebracht wurden 9 , die Beziehung zwischen Bank und Unternehmung in einer gerade nicht durch perfekt funktionierende, allokationseffiziente Kapitalmärkte geprägten Umwelt unter risikotheoretischen Aspekten näher zu analysieren. Es wird davon ausgegangen, daß sich Bank und Kreditnehmer in einer Verhandlungssituation gegenüberstehen, in der der Kreditzins eine beiden Parteien vorgegebene Größe ist, das Kreditvolumen hingegen den zentralen Verhandlungsparameter darstellt. Die Analyse des entsprechenden Modells wird u. a. zeigen, daß die Bank keineswegs davon ausgehen kann, daß sie das aus ihrer Sicht optimale Kreditvolumen durchsetzen kann, andererseits jedoch je nach dem Ausmaß an Risikoscheu ein breites Spektrum anderer Kreditbeträge für die Bank immer noch vorteilhafter sind als der Verzicht auf die Kreditvergabe. Dabei kann u. U. sogar die 100%ige Fremdfinanzierung eines Unternehmens mit zu den für die Bank akzeptablen Verhandlungsergebnissen gehören. Für den als potentieller Kreditnehmer betrachteten Unternehmer auf der anderen Seite wird 7 Stellvertretend für eine Vielzahl von Abhandlungen zum Problembereich der Finanzierung unter Berücksichtigung asymmetrischer Informationsverteilung, Principal-Agent- und Moral-Hazard-Problemen vgl. Leland I Pyle (1977), Stiglitz I Weiss (1981}, Barnea I Haugen I Senbet (1985) sowie Arrow (1985); für Deutschland Schmidt (1981a) und (1981b) sowie Swoboda (1986). 8 Vgl. z.B. Ross (1977) und (1978), Leland I Pyle (1977), Bhattacharya (1979) und (1980) sowie Campbell I Kracaw (1980). 9 Zum bestandsökonomischen Ansatz und seiner Weiterentwicklung vgl. Krümmel (1966) und (1976), Stützel (1966}, Engels (1969), insbes. S. 47- 72, Rudolph (1974), Wilhelm (1977) sowie in jüngster Zeit Bitz I Hemmerde I Rausch (1986), insbes. S. 13 115 oder Fischer (1986), insbes. S. 74- 94.

70

MichelBitz

sich zeigen, daß er je nach der Ausstattung mit eigenen Mitteln und dem Ausmaß an Risikoscheu eventuell gar nicht bereit sein wird, sich zu Konditionen, die für die Bank akzeptabel sind, auf einen Kreditvertrag einzulassen. Die aus der Sicht des Untemehmers optimale Kapitalstruktur wird- im Widerspruch sowohl zu dem einleitend bereits angesprochenen Irrelevanztheoremlo als auch zu der traditionellen Gegenthesen-jenach Konstellation der sonstigen Einflußgrößen entweder in einer möglichst hohen oder aber in einer möglichst niedrigen Verschuldung, auf jeden Fall also in einer extremen Randlösung, bestehen. Dem Modell liegen vergleichsweise enge Prämissen zugrunde, von denen etliche jedoch ohne nennenswerte Beeinträchtigung der Analyseergebnisse weniger streng gefaßt werden könnten. Dabei wäre insbesondere daran zu denken, die Möglichkeit asymmetrischer Informationsverteilung in das Modell einzubeziehen. Für den vorliegenden Beitrag mußte allerdings allein schon aus Raumgründen auf derartige Erweiterungen verzichtet werden. Nichtsdestoweniger ist jedoch keineswegs auszuschließen, daß Prämissen und Ergebnisse der nachfolgenden Modellanalyse von der tatsächlichen Situation zahlreicher kleiner, oftmals weitgehend an eine Hausbank gebundener, Untemehmen keineswegs weiter entfemt sind als die der verschiedenen zuvor angesprochenen Gleichgewichtsmodelle. B. Ein einzelwirtschaftliches Modell der Beziehungen zwischen Bank und Unternehmung I. Die Ausgangssituation

1. Aktions- und Ergebnisparameter Wir betrachten einen Untemehmer A, dem im Zeitpunkt t = 0 liquide Mittel von L Geldeinheiten zur Verfügung stehen. Er kann diese Mittel einerseits in beliebigen Teilbeträgen für eine Periode zum Zinssatz i (i~O) sicher anlegen. Altemativ hat er die Möglichkeit, eine neu zu gründende Kapitalgesellschaft mit Eigenkapital in Höhe von E (E:5L) auszustatten. Im Rahmen dieser Gesellschaft könnte eine Investition im fest vorgegebenen Volumen von C Geldeinheiten durchgeführt werden, die im Zeitpunkt t = 1 zu einer nicht sicher vorhersehbaren Rückzahlung von D führt. Dabei wird angenommen, daß die Zufallsvariable D zwischen 0 und einem positiven Betrag M gleichverteilt ist. 10 Vgl. Modigliani I Miller (1958), Stiglitz (1969}, Hax I Laux (1969}, S. 266- 268, Franke (1974), Miller (1977) sowie Fama (1978). 11 Vgl. Durand (1952), Schwartz (1959}, Solomon (1963), S. 92 - 98, Robishek I Myers (1965), S. 29 - 34 oder Drukarczyk (1980), S. 168- 170.

Kreditvergabe und Verschuldung bei Risikoscheu

71

Die zur Durchführung der Investition über die Eigenkapitalausstattung E hinaus benötigten Mittel (C-E) können innerhalb bestimmter Grenzen grundsätzlich durch Aufnahme eines Bankkredits F (also F = C- E) gedeckt werden, der zu dem Zinssatz r zu verzinsen und im Zeitpunkt t = 1 einschließlich Zins zurückzuzahlen ist. Der Unternehmer hat unter diesen Rahmendaten zu entscheiden, ob er die Investition überhaupt durchführen und in welchem Umfang er ggf. Fremdkapital aufnehmen soll. Dabei können diese beiden Teilentscheidungen im vorliegenden Fall nicht unabhängig voneinander getroffen werden. Dem Unternehmer steht als potentieller Kreditgeber eine Bank B gegenüber, die die Risikostruktur des genannten Investitionsprojektes in gleicher Weise einschätzt wie der Unternehmer, und zu entscheiden hat, in welchem Umfang F dem Unternehmen ggf. ein Kredit zu den bereits genannten Konditionen gewährt werden soll. Die dafür benötigten liquiden Mittel kann sich die Bank selbst fristenkongruent zum Zinssatz i beschaffen. Da die Haftung des Unternehmens auf das vorhandene Vermögen beschränkt ist, läuft die Bank im Falle einer Kreditvergabe Gefahr, einen Teil des ausgeliehenen Betrages zu verlieren. Unterstellt man nun, daß der Kreditzins r - aus welchen Gründen auch immer - von der Bank nicht als Aktionsparameter, sondern als Datum angesehen wird, so wird sie nicht bereit sein, dem Unternehmen unbegrenzt Kredit zu gewähren, sondern wird das Kreditvolumen limitieren. Wodurch die entsprechenden Limits bestimmt werden, ist im folgenden näher zu untersuchen. Dabei sollen über die bisherigen Annahmen hinaus folgende weitere Prämissen zugrundegelegt werden. Zum ersten wird unterstellt, daß der Kreditzins r größer als der sichere Alternativzins i ist. Zum zweiten wird angenommen, daß die erwartete Rendite der Investition M/2- C r* = - - -

(1.1)

C

größer als der Kreditzins, jedoch kleiner als 100% ist. Insgesamt wird also unterstellt, daß (1.2)

1 > r* > r > i

~

0

bzw. damit gleichbedeutend (1.3)

2 C > M/2 > C · q > C · p

~

C

gilt, wobei q: = 1 + r und p : = 1 + i die zu den beiden Zinssätzen korrespondierenden Zinsfaktoren bezeichnen. Zum dritten schließlich soll die Möglichkeit einer Kreditvereinbarung, deren Volumen F über die benötigte

MichelBitz

72

Investitionssumme C hinausgeht, von Anfang an außer Betracht bleiben. Für die nachfolgenden Ausführungen gilt somit, auch wenn dies nicht an jeder Stelle explizit erwähnt wird, stets die Begrenzung F=:;;c

(1.4)

In der betrachteten Situation stellt das Kreditvolumen F aus der Sicht beider Vertragspartner den entscheidenen Aktionsparameter dar. Mithin kann nicht eine Partei alleine den Wert dieses Parameters fixieren. Vielmehr bedarf es einer Übereinkunft, die nur dann zustande kommen kann, wenn sich beide Parteien dadurch besser stellen als bei Vertragsverzicht. Um festzustellen, unter welchen Voraussetzungen dies möglich ist, gilt es als nächstes, die Zielfunktionen beider Parteien zu verdeutlichen. Dabei gehen wir davon aus, daß beide Seiten die im Zeitpunkt t = 1 gegenüber der Unterlassensalternative eintretende Vermögensdifferenz als primäre Zielgröße betrachten, an der sie Erfolg oder Mißerfolg ihrer Entscheidungen ablesen. Positive Ausprägungen dieser Zielgröße sollen im folgenden auch als Gewinn, negative als Verlust bezeichnet werden. Für den (unsicheren) Betrag RB, der im Zeitpunkt t = 1 an die Bank aus dem betrachteten Kreditengagement zurückfließt, gilt

RB

=

{

F·q,fürD o

(10B.3)

a FB* 1 a i < o

(10B.4)

a FB* 1 a M > o


0

Demnach kommen für die Bank zunächst einmal alle F- Werte im Bereich 0 < F < F8 + als grundsätzlich akzeptable Lösungen (Akzeptanzbereich) in Frage, wobei das aus Bankensicht optimale Kreditvolumen F 8 * genau in der Mitte des Akzeptanzbereiches liegt. Aus (lOB.l) bis (10B.4) erkennt man

Kreditvergabe und Verschuldung bei Risikoscheu

79

weiterhin, daß der Akzeptanzbereich um so schmaler und das aus Bankensicht optimale Kreditvolumen dementsprechend um so niedriger ist - je größer die durch b indizierte Risikoscheu ist, - je höher die Refinanzierungskosten i sind, - je niedriger der maximal mögliche Rückzahlungsbetrag der Investition M und damit gern. (1.2) zugleich deren Renditeerwartung r* ist, - je niedriger der vorgesehene Kreditzins r ist. Bezogen auf den Optimalwert FB* decken sich diese Ergebnisse- bis auf die Aussage über den Einfluß der Risikoeinstellung- mit den Schlußfolgerungen, zu den bereits Freimerl Gordon (1965) auf der Basis eines dem hier vorgestellten, in gewissen Bestandteilen sehr ähnlichen, Modellansatzes gelangt waren. So stellt auch der Optimalwert FB* gern. (9B.2) für b = 0 mit (9B.2')

FB*

M

= (q- p ) . -

q2

nichts anderes dar als einen Spezialfall der von Freimer I Gordon abgeleiteten Formel zur Bestimmung des für einen risikoneutralen Geldgeber optimalen Kreditvolumensl6. Die Schwachstelle des Modells von Freimer/Gordon besteht allerdings nicht in der Beschränkung auf den Fall der Risikoneutralität, sondern in der von ihnen überhaupt nicht problematisierten stillschweigenden Prämisse, daß es der Bank stets gelingen wird, genau das aus ihrer Sicht optimale Kreditvolumen FB* zu realisieren. Dabei bleibt die Frage völlig unberücksichtigt, ob der Unternehmer überhaupt bereit ist, sich gerade dieses Versehutdungsvolumen vorschreiben zu lassen. Immerhin ist es ja denkbar, daß der aus der Sicht des Unternehmers optimale Kreditbetrag deutlich von FB* abweicht und er infolgedessen absolut nicht bereit ist, FB* zu akzeptieren. In einer solchen Situation könnte es für die Bank im Vergleich zum völligen Kreditverzicht u. U. immer noch vorteilhaft sein, dem Wunsch des Unternehmers zu entsprechen oder sich auf eine Kompromißlösung einzulassen. Ob es überhaupt zur Vergabe eines Kredits kommt und welches Volumen dieser ggf. haben würde, kann also aus der Betrachtung der für die Bank maßgeblichen Präferenzfunktion (9 B) allein noch gar nicht abgeleitet werden. Hierzu gilt es vielmehr zunächst auch noch die Situation für das kreditsuchende Unternehmen zu analysieren.

16

Vgl. Freimer I Gordon (1965), S. 401, Fonnel (7).

MichelBitz

80

b) Zur Beurteilung 100%iger Fremdfinanzierung aus Sicht der Bank Immerhin kann jedoch an dieser Stelle schon auf die Frage eingegangen werden, ob die Bank, sofern der Unternehmer dies wünscht, u. U. bereit sein könnte, sich auf eine 100%ige Fremdfinanzierung einzulassen oder ob dies eventuell sogar der eigenen Optimallösung entsprechen könnte. Formal bedeutet dies, zu überprüfen, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen Fn +

> C bzw. Fn*

= C

gilt. Aus (9B.4) in Verbindung mit (9B.2) kann abgeleitet werden, daß F8 + genau dann größer als C ist, wenn

c. p

2. (q- p). (1 - b). p

-- r > i ~ 0; 1 > b > 0) gilt stets 0 < w 0 < 1, d.h. es existiert auf jeden Fall ein zulässiger Wert für die Obergrenze w 0 • Weiterhin kann man zeigen, daß d w 0 I d b < 0, d w 0 I d p < 0 und d w 0 I d q > 0 gilt. Die maximal tolerierbare Verlustwahrscheinlichkeit w 0 ist also c.p. um so größer, je niedriger die Werte von b und i sind bzw. je größer r ist. Das aber heißt, die Chance dafür, daß eine 100%ige Fremdfinanzierung überhaupt im Bereich der für die Bank grundsätzlich akzeptablen Kreditbeträge liegt, ist tendenziell um so größer - je geringer die Risikoscheu der Bank ist, - je niedriger ihre Refinanzierungskosten sind, - je höher der vorgesehene Kreditzins ist und

Kreditvergabe und Verschuldung bei Risikoscheu

81

- je kleiner die Verlustwahrscheinlichkeit w-, dementsprechend auch der Quotient zwischen Investitionssumme und maximalem RückzahlungsbetragMund damit zugleich je größer die erwartete Investitionsrendite r* ist.

Weiterhin läßt sich zeigen, daß gern. Prämisse (1.2) bzw. (1.3) stets w- > w 0 /2 gelten muß. Das bedeutet, daß selbst bei Risikoneutralität und erst recht bei steigender Risikoscheu F 8 * < C gilt. Im Rahmen des hier vorgestellten Modells ist es also durchaus möglich, daß eine Bank bei rationalem Verhalten bereit ist, ein Unternehmen ausschließlich mit Fremdmitteln zu finanzieren1 7 , ohne daß dies allerdings ihren Optimalvorstellungen entsprechen würde. Andererseits sind aber ebensogut Konstellationen denkbar, in denen C >

F8 + gilt, die Bank also eher auf jegliches Kreditengagement verzichten würde, als ein Unternehmen zu 100% fremdzufinanzieren 18.

m.

Die Bestimmung des Verschuldungsvolumens aus der Sicht des Unternehmers

1. Der Verlauf der Präferenzfunktion Unter Berücksichtigung der Dichtefunktion für D gern. (6) und der Zielgröße des Unternehmens gern. (2 A) erhalten wir für den Erwartungswert vonZA

I M

eA = -(C-F)· p

+

(D - F. q) .

~

dD

F·q

woraus nach Integration und geeigneter Zusammenfassung folgt (7A)

(M- F· q)2 _ ____:__- (C-F)· p

2M

Auch dieser Ausdruck erlaubt eine anschauliche ökonomische Interpretation. Der Bruch stellt nämlich das Produkt aus

17 Die Präferenzfunktion YB (F) erreicht in diesem Fall das obere Ende ihres Definitionsbereichs 0 :S; F :S; C bereits bei einem positiven Ordinatenwert 18 Dabei ist es bei hinlänglich starker Risikoscheu (b) und/oder hinlänglich hohen Refinanzierungskosten (i) sogar möglich, daß die Obergrenze des Akzeptanzbereichs der Bank (FB +)auch bei einem noch so hohen Zinsgebot (r) die benötigte Investitionssumme (C) nicht erreicht, also ein Fall definitiver Kreditrationierung auftritt. Vgl. mit ähnlichem Ergebnis Freimer I Gordon (1965), S. 402f.

6 Festschrift für H.-J. Krümme!

82

MichelBitz

- der Wahrscheinlichkeit W (D > F · q) = (M- F · q)/ M für einen den Kapitaldienst übersteigenden Rückzahlungsbetrag aus der Investition und - dem in einem solchen Fall von dem Unternehmen zu erwartenden Rückzahlungsbetrag (M- F · q)/2, also den Erwartungswert des Rückzahlungsbetrages dar. Zieht man davon den mit dem sicheren Alternativzins auf den Zeitpunkt t = 1 aufgezinsten Eigenkapitalansatz (E = C- F) ab, so ergibt sich der erwartete Vermögenszuwachs gegenüber der Unterlassensalternative. Aus (2A) folgt weiter, daß A genau dann einen Gewinn erzielt, wenn D den Wert N: = F · q +(C-F)· p übersteigt. Mithin ergibt sich die Gewinnerwartung eAG aus M

eAG=

J (D-N)· ~

dD,

N

woraus nach Integration und geeigneter Umformung folgt: [M- F · (q- p)- C · p)J 2

(BA)

2M

Aus (7 A) und (8 A) läßt sich gern. (5.3) schließlich die für den Fall der Investitionsdurchführung geltende Präferenzfunktion YA(F) ableiten. Nach geeigneten Umformungen erhält man einen Ausdruck der Form (9A)

c2 P2

(1 - a) ·X- a · - M M --C·p

X:

=

c1:

= (q- p) ( 1- 2a : )

c2 :

= - - · [q · (1- a)

2

1 2M

2

+ 2 ap (2 q- p)]

Diese Funktion weist folgende formale Eigenschaften auf: (9A.1)

YA (F = 0)

=

Co ; co > 0 , falls a < ao mit

M·X

Kreditvergabe und Verschuldung bei Risikoscheu (9A.2)

83

0, wenn F =FA* mit (q- p).

M-2aX q2 - a (q2

+ 2 p2-

4 pq)

> 0

(9A.3) (9A.4) (9A.5)

(1- a) ·

(M- Cq) 2

2M

> 0

Außerdem läßt sich unter Berücksichtigung von (1.2) bzw. (1.3) zeigen, daß stets (9A.6)

gilt. Die Präferenzfunktion des Unternehmers hat also den Verlauf einer nach oben geöffneten Parabel, wie er durch die in Abb. 3 dargestellten Kurven verdeutlicht wird: - Für F = 0 ist YA positiv, sofern die Risikoscheu den kritischen Wert a 0 nicht überschreitet (Kurven I und II in Abb. 3). Bei höherer Risikoscheu gilt hingegen YA (F = 0) < 0 (Kurve III in Abb. 3). - Anschließend hat YA unabhängig vom Ordinatenschnittpunkt zunächst einen mit steigendem F fallenden Verlauf, bis im Scheitelpunkt FA* das Minimum erreicht wird. Dabei kann YA (F =FA*) je nach der Wertekonstellation der Parameter p, q, a, C und M auch bei positivem Ordinatenschnittpunkt durchaus einen negativen Wert annehmen (vgl. Kurve II in Abb. 3). Für a = 0 gilt allerdings stets YA (F =FA*)= eA (F =FA*)> 0. - Nach Überschreiten des Scheitelpunktes FA* geht YA dann in einen steigenden Verlauf über und erreicht am oberen Ende des Definitionsbereichs, also für F = C, auf jeden Fall einen positiven Wert. - Dabei ist es möglich, daß YA bereits innerhalb des Definitionsbereichs für F =FA+ den Wert des Ordinatenschnittpunktes (c 0 ) erreicht, also FB + < C gilt (vgl. Kurven II und III in Abb. 3). Ebensogut ist aber auch .die entgegengesetzte Konstellation FB + > C möglich (vgl. Kurve I in Abb. 3). Für die nachfolgenden Untersuchungen ist außerdem festzuhalten, daß (lOA.l)

a Co I a a

(10A.2)

a FA* I a a
0 ist die Bedingung individueller Rationalität für Typ 2

bindend.

Beweis: Wenn Bedingung (13) für Typ 2 nicht bindend ist, dann gilt r 2*

< R 2 und V 2*(r 2*, C2 *) > Va*· Dann kann man den Zins r 2 erhöhen, ohne

eine der Nebenbedingungen (13) - (17) zu verletzen. Diese Erhöhung erhöht G(p 2 ; r 2 , C 2 *) und somit für ll2 * > 0 auch den Durchschnittgewinn (12). Q.E.D.

In Anbetracht der Aussagen 1 und 3 schreibt man die Anreizverträglichkeitsbedingung (14 b) vereinfacht als: (14b*)

Diese Bedingung wird durch Aussage 2 nicht überflüssig. Das dort gegebene Argument zeigt lediglich, daß die Bank am Punkt r 1 = R 2 kein Interesse hat, r 1 und r 2 auf anreizverträgliche Weise zu senken. Wie man noch sehen wird, könnte die Bank an diesem Punkt aber sehr wohl ein Interesse haben, bei Konstanz von r 2 und C 2 den Zins r 1 und die Wahrscheinlichkeit nl zu senken; daran wird sie durch (14b) bzw. (14b*) gehindert. Aussage 4: Für eine optimale Kreditangebotspolitik [(r 1 *, C1 *), (r 2*, C2 *),

nl *' ll2*] mit ll2* > 0 ist die Anreizverträglichkeitsbedingung (14a) für Typ 1 bindend.

Beweis: Wenn C 2 * > 0, dann benötigt man die Anreizverträglichkeitsbedingung (14a), um die Möglichkeit auszuschließen, daß- analog zu Aussage 1- der Gewinn der Bank G(p 2 ; C 2, r 2) durch Senkung von C 2 und Erhöhung von r 2 bei Konstanz von V 2*(C 2, r 2 ) erhöht wird. Wenn C 2 * = 0, dann folgt aus Aussage 3 r 2 * = R 2 • Wegen ll2 * > 0 und wegen (14a) muß dann gelten r 1 * < R 1 ; daher benötigt man die Anreizverträglichkeitsbedingung (14 a) mit Gleichheit, um eine Erhöhung von r 1 auszuschließen.

Q.E.D. Aussage 5: Für eine optimale Kreditangebotspolitik [(r 1 *, C 1 *), (r 2*, C2*), ll1 *, ll2*] mit ll2* > 0 gilt G(p 2; r 2*, C 2*) 2!: 0 und r 2* > il. Beweis: Wegen C 2* :5 iw < il gilt G(p 2; r2*, C2*) = P2r2* + (1- P2)C2* - il < p 2(r 2* - ii). Aus G(p 2; r 2*, C 2 *) 2!: 0 folgt somit unmittelbar r 2* > il. Wenn Aussage 5 falsch ist, gibt es eine optimale Politik mit ll2 * > 0 und G(p 2 ; r 2 *, C 2 *) < 0. Man betrachte eine Senkung von ll2 • Hierdurch wird

keine der Nebenbedingungen (13)- (17) verletzt, denn (i) wegen (13) und Aussage 4 sind beide Seiten von (14a) größer oder gleich Null, (ii) wegen Aussage 3 ist die linke Seite von (14 b) unabhängig von ll2 gleich Null, und

150

Martin Hellwig

(iii) die linke Seite von (16) wird verringert. Bei G(p 2; r 2*, C 2*) < 0 wird aber durch eine Senkung von II2 der Durchschnittsgewinn (12) erhöht. Es ergibt sich ein Widerspruch zu der Annahme, daß die Ausgangspolitik [(ri *, CI*), (r2*, C2*), III*, ll2*] mit II2* > 0 und G(p 2; r 2*, C 2*) < 0 den Durchschnittsgewinn (12) maximiert. Q.E.D.

Aussage 6: Für eine optimale Kreditangebotspolitik [(ri*, CI*}, (r 2*, C2*), > 0 gilt C2* > 0 und r 2* < R 2.

III *, II2*] mit ll2*

Beweis: Wenn Aussage 6 falsch ist, dann gibt es eine optimale Politik mit II2* > 0 und C2* = 0. Aus Aussage 3 folgt dann r 2* = R 2. Wegen (14a) gilt ferner III * > 0 und TI* < RI. Man betrachte eine gleichzeitige Erhöhung von ri und C2, verbunden mit einer Senkung von r 2, so daß (i} die Anreizverträglichkeitsbedingung (14a) weiterhin mit Gleichheit gilt und (ii) die Bedingung V2*(r 2, C2) = Vo* weiterhin gilt. Aus (18) und (19) sieht man, daß die betrachtete Veränderung des Vertrags (r 2, C2) für Unternehmer mit Projekten vom Typ 2 den Bankgewinn G(p 2; r 2, C2) bis auf Effekte zweiter Ordnung unverändert läßt, da am Punkt (R 2, 0) die Grenzrate der Substitution zwischen rund Cfür den Unternehmerwie für die Bank genau- (1- p 2)/p 2 beträgt. Die gleichzeitige Erhöhung von ri hat aber einen positiven Effekt erster Ordnung auf den Bankgewinn G(pi; r1. 0) bei Unternehmern vom Typ 1. Da III * > 0, ergibt sich ein Widerspruch zu der Annahme, daß die Ausgangspolitik [(ri *,CI*), (r 2*, C2*), III*, II2*] den Durchschnittsgewinn (12) maximiert. Q.E.D.

Das vorstehende Ergebnis zeigt, daß die Monopolbank praktisch immer ein Interesse daran hat, die beiden Typen von Unternehmern auseinanderzusortieren. Dahinter steht die Beobachtung, daß der Unternehmer vom Typ 2 am Punkt r 2 = R 2, C 2 = 0 keinem Risiko mehr ausgesetzt ist. An diesem Punkt ist er daher bezüglich einer marginalen Erhöhung seines Risikos indifferent. Wenn die Bank eine kleine Kreditsicherheit fordert, so muß sie den Zins - bis auf Effekte zweiter Ordnung - nur so weit senken, daß der Erwartungswert p 2r 2 + (1 - p 2 )C 2 unverändert bleibt. Da die Risikoallokation am Punkt r 2 = R 2 , C2 = 0 effizient ist, sind die Effizienzverluste einer kleinen Abweichung von diesem Punkt vernachlässigbar. Andererseits gibt die Kreditsicherheit C2 > 0 für Unternehmer mit Projekten vom Typ 2 der Bank die Möglichkeit, den Unternehmern mit Projekten vom Typ 1 einen höheren Zins abzuverlangen. Die Kreditsicherheit ermöglicht somit eine Art Zinsdiskriminierung, vermittels derer die Bank die unterschiedliche Zinszahlungsbereitschaft der verschiedenen Unternehmer ausnutzt. Ein Kreditangebot mit C2 = 0 kann für die Bank nicht optimal sein, weil an diesem Punkt C 2 = 0 der Grenzertrag der Zinsdiskriminierung durch eine Erhö-

Kreditrationierung und Kreditsicherheiten

151

hung von C 2 positiv ist, während die Grenzkosten der Verschlechterung der Risikoallokation gerade Null sind. Ein optimaler Wert der Kreditsicherheit C2 wird sich dort ergeben, wo der Grenzertrag zusätzlicher Zinsdiskriminierung gerade den Grenzkosten der verschlechterten Risikoallokation bei einer Erhöhung von C2 entspricht. D. Das optimale Kreditvertragsangebot: Wann kommt es zur Kreditrationierung?

Es ist an dieser Stelle zweckmäßig, mit Hilfe der bisherigen Ergebnisse das Optimierungsproblem der Bank inhaltlich näher zu beschreiben. Zur Veranschaulichung verweise ich auf Schaubild 1. Die Kurven 11 und 12 in diesem Schaubild bezeichnen jene Kombinationen von r und C, bei denen die Unternehmer mit Projekten vom Typ 1 bzw. vom Typ 2 gerade indifferent sind, ob sie einen Kredit aufnehmen und ihr Projekt durchführen oder nicht. Wie leicht ersichtlich, müssen diese Kurven durch die Punkte (R 1 , 0) bzw. (R 2 , 0) gehen. Die Bank wählt nun einen Vertrag (r 1 , 0) auf dem Achsenabschnitt zwischen (R 2 , 0) und (R 1 , 0) und einen weitem Vertrag (r 2 , C 2 ) auf der Kurve 12 . Diese Verträge- sowie die Wahrscheinlichkeiten II1 und II2 - müssen so gewählt werden, daß der Unternehmer mit einem Projekt vom Typ 1 gerade indifferent ist, ob er den Vertrag (ri. 0) oder den Vertrag (r 2 , C2 ) beantragt. Für II1 = II2 erfordert dies, daß der Vertrag (r 2 , C 2 ) genau auf dem Schnittpunkt der Indifferenzkurve ! 1 ' des Unternehmers vom Typ

r. Schaubild 1

c

152

Martin Hellwig

1 durch (rit 0) mit der Indifferenzkurve 12 des Unternehmers vom Typ 2 durch (R 2 , 0) liegen muß. Für die Festlegung des Zinses r 1 ist somit folgende Abwägung maßgeblich: Je höher r 1 im Intervall [R 2 , RI] angesetzt wird, desto mehr verdient die Bank auf den Unternehmer vom Typ 1. Andererseits macht ein höherer Zinssatz r 1 es nötig, daß die Bank den Vertrag (r 2 , C2 ) für den Unternehmer vom Typ 1 weniger attraktiv macht, indem sie entweder C 2 erhöht und r 2 senkt oder die Annahmewahrscheinlichkeit IJ2 senkt; beides kann- je nach Parameterkonstellation- den Gewinn der Bank senken. Für die Möglichkeit der Kreditrationierung kommt es nun darauf an, ob die Bank den Zins r 1 für Unternehmer vom Typ 1 trotz der möglichen Nebeneffekte auf den maximal möglichen Wert R 1 setzt oder ob sie es vorzieht, ihre Monopolmacht nicht voll auszuspielen und r 1 unterhalb von R 1 zu halten, um ihre Gewinne auf Unternehmer vom Typ 2 nicht zu sehr zu beeinträchtigen. Wenn die Bank einen Kreditzins r 1 < R 1 wählt und wenn sie außerdem -etwa wegen Mittelknappheit- für Kreditanträge beim Vertrag (rit 0) eine Annahmewahrscheinlichkeit IJ1 < 1 festsetzt, dann liegt Kreditrationierung vor. In diesem Fall steht sich ein Unternehmer vom Typ 1, der abgelehnt wird, streng schlechter als einer, der angenommen wird. Der Unternehmer vom Typ 1, der abgelehnt wird, wäre prinzipiell sogar bereit, einen höheren Zins zu bezahlen, als die Bank verlangt. Die Bank verlangt diesen höheren Zins aber nicht, weil sie um die Profitabilität des anderen Vertrages (r 2 , C 2 ) fürchtet. In allen anderen Fällen kann man nicht von Kreditrationierung sprechen. Für r 1 = R 1 ist der Unternehmer mit einem Projekt vom Typ 1 indifferent, ob sein Kreditantrag angenommen oder abgelehnt wird; er wäre jedenfalls nicht bereit, noch einen höheren Zins zu zahlen. Desgleichen sind nach Aussage 4 die Unternehmer vom Typ 2 bei dem von der Bank gewählten Vertrag (r 2 , C 2 ) gerade indifferent, ob ihre Kreditanträge angenommen werden. Selbst wenn IJ2 < 1, kann man auch bei ihnen nicht von Kreditrationierung sprechen. Diejenigen Unternehmer vom Typ 2, die abgelehnt werden, wären auch zufrieden gewesen, von vornherein gar keinen Antrag zu stellen9. Die Möglichkeit der Kreditrationierung ist trivialerweise ausgeschlossen, wenn p 2 R 2 ~ il und- a fortiori- p 1 R 1 < il. In diesem Fall setzt die Bank IJ1 * = IJ2 * = 0 und vergibt keine Kreditelo. Setzt sie z.B. r 1 * = R 1 und r 2 * 9 Aus der Sicht der Bank wäre dies allerdings unerwünscht, denn die dann erforderliche Erhöhung der Annahmewahrscheinlichkeit II 2 hätte negative Anreizeffekte auf Unternemer vom Typ 1. 1o Aus II 2* > 0 würde wegen Aussagen 3 und 6 die Ungleichung p 2 R2 > P2T2* + (1 - P2) C2* und wegen Aussage 5 die Ungleichung P2r2* + (1 - P2) C 2* ~ il folgen;

Kreditrationierung und Kreditsicherheiten

153

= R 2 , so haben die Unternehmer auch kein Interesse an einem Kredit. Im folgenden sehe ich von diesem uninteressanten Fall ab und nehme durchweg an, daß die Ungleichung

(20)

erfüllt ist. Ungleichung (20) hat zur Folge, daß die Bank grundsätzlich immer am Geschäft mit einem Unternehmer vom Typ 2 interessiert ist. Bei vollständiger Information würde sie diesen Unternehmer mit dem Vertrag (R 2, 0) bevorzugt bedienen und ll 2 = min (1, (w + D)/(1 - q)I) setzen. Bei unvollständiger Information läßt sich dieser Gewinn zwar nicht mehr erzielen, doch kann man ihm nahekommen, wenn q, der Anteil der Unternehmer vom Typ 1, hinreichend klein ist. Im einzelnen wird die Kreditangebotspolitik der Bank für kleine Werte von q durch folgendes Ergebnis beschrieben. Satz 1: Für qe(0,1) sei [(r 1 *(q), C1 *(q)), (r 2*(q), C2*(q)), ll 1 *(q), ll 2*(q)] eine optimale Kreditangebotspolitik Dann gilt:

a: lim

(r 2* (q), C2* (q)) = (R2, 0) .

b: lim

ll 2 * (q) = min [1, (w

q-->0 q-->0

wenn w

+ D)/I]

+ D;::: I, dann gilt ll2* (q) = 1 für hinreichend kleine q.

c: Für hinreichend kleine q ist r 1* (q) von R 1 weg beschränkt; wenn w + D;::: I, dann gilt lim r 1 * (q) = R 2 • q-->0

d: Für hinreichend kleine q ist ll 1 * (q) von Null weg beschränkt; wenn w + D;::: I, dann gilt lim ll 1 * (q) = 1. q-->0

Beweis: Wegen der Nebenbedingung (13) gilt offensichtlich (21a)

qlll* (q) G (pl; TJ* (q), cl• (q)) :S:

+

(1- q) I12* (q) G (p2; r2• (q), c2• (q))

[p2R2-il}min[l,w+D)/I]

für alle q. Ferner betrachte man die Angebotspolitik [(R 2 , 0), (R 2, 0), ll 1 'll 2 '] mit ll 1 ' = ll 2 ' = min[1, (w + D)/I]. Der Durchschnittsgewinn (12) beträgt bei dieser Politik { [qpl

+ (1 -

q) P2l R2 -

il} min [1, (w

+ D)/ I]

es ergäbe sich also p 2 R 2 > il. Aus p 2 R 2 :s: ilfolgt daher I1 2 * dann auch I1 1* = 0 optimal.

= 0. Wegen p 1 R 1 < il ist

Martin Hellwig

154

Da die Nebenbedingungen (13)- (17) dabei offensichtlich erfüllt sind, muß der Durchschnittsgewinn einer optimalen Politik mindestens so groß sein, d.h. für alle q gilt die Ungleichung: (21 b)

qilt* (q) G (Pt; Tt* (q), Ct* (q)) 2: {[qp1

+

(1- q) Ilz* (q) G (pz; Tz* (q), Cz* (q))

+ (1- q)pz] Rz- ii} min [1, (w + D)ll]

Aus (21 a) und (21 b) folgt unmittelbar (22)

lim {qilt* (q) G (Pt; r1* (q), Ct* (q)) +

q--->0

+

(1- q) Ilz* (q) G (pz; Tz* (q), Cz* (q))}

(pz Rz- ii] min [1, (w

+ D)II]

und somit (22a)

lim G ((pz; Tz* (q), Cz* (q)) = Pz Rz - il

q--->0

und (22b)

lim Ilz* (q)

q--->0

=

min [1, (w + D)/ I] .

Behauptung (a) folgt jetzt aus (22 a) und der Bedingung (13) für t = 2. Der erste Teil von Behauptung (b) entspricht (22b). Zum Beweis des zweiten Teils von Behauptung (b) betrachte man für TI 2 < 1 (und gegebenes (T 2 , C2 )) die Auswirkung einer Erhöhung von TI 2 in Verbindung mit einer Erhöhung von TI 1 und/oder einer Senkung von T 1 derart, daß die Nebenbedingungen (13)- (17) weiterhin gelten. Für w + D 2:: I kann die Finanzierbarkeitsbedingung (16) außer acht gelassen werden, d.h. für die induzierte Veränderung von T 1 und TI 1 kommt es auf die Anreizverträglichkeitsbedingung (14 a) an. Die betrachtete Maßnahme beeinflußt den Maximanden (12) (i) unmittelbar nach Maßgabe des Gewinns G(p 2 ; T 2 C2 ) auf einen Vertrag mit einem Unternehmer des Typs 2 und (ii) mittelbar aufgrundder induzierten Veränderung in qTI 1 G(p 1 ; T1t CI). Für q hinreichend klein und (T 2 , C 2 ) = (T 2 *(q), C2 *(q)) ist wegen Behauptung (a) der unmittelbare Effekt der Erhöhung von TI 2 signifikant und positiv, der mittelbare Effekt aber klein. Für w + D 2:: I und q hinreichend klein kann es somit nicht optimal sein, TI 2 *(q) < 1 zu setzen. Behauptungen (c) und (d) schließlich folgen unmittelbar aus Behauptungen (a) und (b), Aussage 2 und der Anreizverträglichkeitsbedingung (14a)l1. u Satz 1 zeigt, daß man das Maximierungsproblem der Bank global analysieren muß. Wenn z.B. p 1 R 1 < il und u (0) = - oo, dann werden die lokalen Bedingungen erster Ordnung für dieses Problem immer am Punkt Tt = Rt, Ct = 0, Ilt = 0, (Tz, Cz) = (f2, Cz) (Schnittpunkt der Indifferenzkurven It und Iz in Schaubild 1), Il2 = 0 erfüllt.

Kreditrationierung und Kreditsicherheiten

155

Q.E.D. Für kleine Werte von q stellt die Politik der Bank überwiegend darauf ab, daß sie mit einem Vertrag nahe bei (R 2 , 0) die Erträge der Unternehmer mit Projekten vom Typ 2 für sich appropriiert. Dazu ist es nötig, daß sie den Unternehmern mit Projekten vom Typ 1 einen Teil ihrer Erträge läßt und r 1 * < R 1 setzt. Aus der Sicht der Bank ist dies sinnvoll, weil für q nahe bei Null die Unternehmer mit Projekten vom Typ 1 für die Bank nahezu bedeutungslos sind.

Ob man in dieser Situation von Kreditrationierung in dem oben beschriebenen Sinn reden kann, hängt davon ab, ob die Annahmewahrscheinlichkeit TI 1 * kleiner oder gleich Eins ist. Bei der Wahl von TI 1 *geht es für die Bank nicht nur darum, welche Mittel ihr zur Verfügung stehen. Wenn etwa p 1 R 1 < il, dann ist auch zu berücksichtigen, daß die Bank den Unternehmern mit Projekten vom Typ 1 eigentlich gar keine Kredite geben möchte und daß sie sich nur durch die Anreizverträglichkeitsbedingung (14a) dazu gezwungen sieht. In diesem Fall ist die Frage, ob es für die Bank vorteilhafter ist, bei einem niedrigen Zins, z.B. bei r 1 * = R 2 , eine niedrige Annahmewahrscheinlichkeit TI 1 * < 1 oder bei einem etwas höheren Zins die Annahmewahrscheinlichkeit TI 1 * = 1 zu wählen. Das folgende Ergebnis zeigt, daß je nach Parameterkonstellation beide Alternativen möglich sind und daß es somit auch bei Mittelüberfluß zur Kreditrationierung kommen kann. Satz 2: Es sei w

+ D ~ I. Für q t:(0,1) sei [(r 1 *(q), C 1 *(q)), (r 2 *(q), C2 * (q)),

TI 1 * (q), TI 2 * (q)] eine optimale Kreditangebotspolitik.

a: Wenn (p 1R 2 - il)u'(iw + R 1 - R 2 ) + pJ[u(iw + R 1 - R 2 ) - u(iw)] s 0, dann gilt r 1 *(q) = R 2 und TI 1 *(q) < 1 für hinreichend kleine q. b: Wenn (p1R 2 - il)u'(iw + R 1 - R 2 ) + PI[u(iw + R 1 - R 2 ) - u(iw)] > 0, dann gilt r 1 *(q) > R 2 und TI 1 *(q) = 1 für hinreichend kleine q. Beweis: Gemäß Satz 1 sei q hinreichend klein, so daß r 1 *(q)

< R 1 und 0, r 2 * (q), C 2 * (q), TI 2 * (q) definiere man eine Funktion r 1 ~ TI 1 (rJ) vermittels der Anreizverträglichkeitsbedingung TI 1 * (q)

> 0. Für die gegebenen Werte von C 1 * (q)

nl (ri) PI [u (iw

+ Rl- TJ)

llz* (q) [PI u (iw

+ R1 -Tz* (q)) +

-

=

u (iw)] (1 - pt) u (iw - Cz* (q)) -

Es gilt

+ R1 - ri)

dll1

ll1 (rt) u' (iw

dr 1

u (iw + R1 - r1) - u (iw)

u (iw)] .

156

Martin Hellwig

Nun ist das von der Bank gewählte Paar (r 1 *(q), II 1 *(q)) eine Lösung des Maximierungsproblems Max rrl (TI) (PI Tl TJ

-

ii)

mit

Tl

2::

R2 und rrl (TJ)

:5

1

0

Die Lösung dieses Maximierungsproblems ist nicht schon durch die Randbedingungen r 1 ::s R 2 und TI 1 (r 1) vorgegeben, denn es gilt II 1 (R 2) < 1 :Nach Aussage 6 ist C 2 * (q) > 0. Nach Aussage 3 ist der Unternehmer vom Typ 2 zwischen den Verträgen (R 2 , 0) und (r 2 * (q), C 2 * (q)) gerade indifferent. Der Unternehmer vom Typ 1 würde daher den Vertrag (R 2 , 0) streng vorziehen. Die Gleichheit in der Anreizverträglichkeitsbedingung (14a) impliziert daher II1 (R2) < 1. Die Steigung der Gewinnfunktion r 1 ~ I1 1 (r 1) (p 1 r 1 - ii) beträgt: (21)

= IIJ(TJ)

(PI T1 - il) u' (iw + R1 - TI) + P1 [u (iw + R1 - R2) - u (iw)] --------------------------------------------u (iw + R 1 - TI) - u (iw)

Der Zähler dieses Ausdrucks läßt sich auch schreiben als (p 1 R 1 - ii) u' (iw + R 1 - ri) + P1 [u (iw + R1- ri)- u (iw)- (R1- r1) u' (iw + R 1 - ri)]. Für p 1R 1 ;:::: iiund r 1 < R 1 ist dieser Ausdruck und somit auch die Steigung (21) streng positiv; in diesem Fall muß daher gelten r 1 * (q) > R 2 und II 1 * (q) = 1, im Einklang mit (b). Für p 1R 1 0, dann ist die Steigung (21) für alle r 1 nahe bei R 2 streng positiv; gemäß Satz 1 gilt dann Il 1 * (q) = 1 und r 1 * (q) > R 2 , nahe bei R 2 für alle hinreichend kleinen Werte von q. Damit ist auch Behauptung (b) bewiesen.

Q.E.D. Eine Kreditrationierung bei Mittelüberfluß wird nicht vorkommen, wenn p 1 R 1 ;:::: il, d.h. wenn auch Projekte vom Typ 1 prinzipiell akzeptabel sind. Dieses Phänomen kann nur auftreten, wenn p 1 R 1 < ii und die Bank eigentlich gar keine Projekte vom Typ 1 finanzieren möchte. Auch die Bedingung p 1 R 1 < ii ist nur notwendig und bei weitem nicht hinreichend für eine Kreditrationierung bei Mittelüberfluß. Anders verhält es sich bei Mittelknappheit. In diesem Fall bedeutet jeder Kredit für einen Unternehmer vom Typ 1, daß ein Projekt vom Typ 2 weni-

Kreditrationierung und Kreditsicherheiten

157

ger finanziert wird. Da die Projekte vom Typ 2 grundsätzlich profitabler sind, befindet sich die Bank von vornherein in der Lage, daß sie Projekte vom Typ 1 eigentlich gar nicht finanzieren möchte und sich nur durch die Anreizverträglichkeitsbedingung (14a) dazu gezwungen sieht. Die Abwägung der Bank folgt dem gleichen Muster wie in Satz 2. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß I1 1 und I1 2 nicht mehr unabhängig voneinander bestimmt werden können, sondern daß sie- für gegebene Werte von Tb Cl> T2, c2 - simultan durch die Anreizverträglichkeitsbedingung (14a) und die Finanzierbarkeitsbedingung (16) bestimmt werden. Analog zu Satz 2 ergibt sich nunmehr:

Satz 3: Es sei w + D 0, so daß (23) und somit für hinreichend kleine q auch (22) für alle r 1 e [R 2 , f 1 + e] streng positiv ist. Da r 1 * (q) wegen der Anreizverträglichkeitsbedingung (14a) für hinreichend kleine q in eben diesem Intervall [R 2 , f 1 + e]liegen muß, so folgt für diesen Fall (c), daß r 1 * (q) für hinreichend kleine q auf den höchstmöglichen Wert mit II 1 * (q) = 1 festgesetzt wird. Die Konvergenz r 1 * ~ f 1 ergibt sich aus Satz 1 in Verbindung mit der Anreizverträglichkeitsbedingung (14a). Im Fall (b) schließlich zeigt man mit denselben Argumenten wie in (a) und (c), daß es für jedes e > 0 ein q (e) > 0 gibt, so daß für q < q ( e) der optimale Zins r 1 * (q) nicht größer als f + e und nicht kleiner als f - e sein kann, weil die Steigung (22) für r 1 > r + e streng negativ und für r 1 < r - e streng positiv ist. Q.E.D. Man beachte, daß auch im Falle p 1 R 1 > il eine Mittelknappheit der Bank nur notwendig, nicht aber hinreichend für das Auftreten von Kreditrationierung ist. Dies liegt daran, daß für q nahe bei Null der Finanzbedarf der Unternehmer vom Typ 1 unabhängig von der Wahl der Rationierungswahrscheinlichkeit II 1 die Mittel der Bank kaum belastet. Solange die Bank die Wahl hat, ob sie die Finanzierung der Unternehmer vom Typ 1 oder die der Unternehmer vom Typ 2 einschränkt, ist eine Rationierung der Unternehmer vom Typ 1 nicht allein aus der Finanzierbarkeitsbedingung (16) abzuleiten. Fall (Sc) zeigt vielmehr, daß es sinnvoll sein kann, die Unternehmer vom Typ 1 nicht zu rationieren, sondern lieber ihren Zins heraufzusetzen; in diesem Fall geht die Mittelknappheit insgesamt zu Lasten der Unternehmer vom Typ2. Wie steht es aber mit der Kreditrationierung, wenn q nicht nahe bei Null liegt? Das folgende Ergebnis zeigt, daß man die Möglichkeit der Kreditrationierung immer ausschließen kann, wenn q nahe bei Eins liegt. In diesem Fall verlangt die Bank von einem Unternehmer mit einem Projekt vom Typ 1 immer den Zins r 1 * = R 1 , oder sie gibt ihm keinen Kredit. In letzterem Fall, wenn II 1 * = 0, kann man trivialerweise auch r 1 * = R 1 setzen, so daß die Unternehmer mit Projekten vom Typ 1 sich nicht wirklich rationiert fühlen.

Satz 4: Für q e (0,1) sei [(T 1 * (q), C 1 * (q)), (r 2 * (q), C 2 * (q)), II 1 * (q), II 2 * (q)] eine optimale Kreditangebotspolitik.

Kreditrationierung und Kreditsicherheiten

159

a: Für q hinreichend nahe bei Eins gilt T1* (q) = R 1 oder II 1* (q) = 0; insbesondere gilt I1 1* (q) = 0, wennp 1R 1 < ii, und T1* (q) = R 1, wennp 1R 1 > il. In letzterem Fall gilt lim I1 1* (q) = min [1, (w + D)/I] q--+1 b: Für q hinreichend nahe bei Eins gilt entweder I1 2* (q) = 0 oder (24)

P1

u (iw

+ R1 -

r 2 * (q))

+

(1 - p!) u (iw

-C2*

(q)) = u (iw)

undp2T2* (q) + (1- p 2) C 2* (q) 2:= ii, wenn w + D 2:= I, bzw. P2T2* (q) (1 - P2) C2* (q) 2:= max [ii, P1Rd, wenn w + D 0 für alle k. Aus Aussage 4 folgt dann I1 2* (qk) > 0 und p 1 u (iw + R 1 - T 2 * (qk)) + (1 - pi) u (iw - C2* (qk)) > u (iw) für alle k. Wenn C2* (qk) < iw für beliebig hohe k, dann kann man für die entsprechenden, hinreichend hohen k den Durchschnittsgewinn (12) erhöhen, indem man T1 erhöht und gleichzeitig T 2 und C 2 so anpaßt, daß sowohl die Bedingung individueller Rationalität für Typ 2 als auch die Anreizverträglichkeitsbedingung (14a) weiterhin gelten. Wenn dagegen C 2 * (qk) = iw für beliebig hohe k, dann kann man für die entsprechenden, hinreichend hohen k den Durchschnittsgewinn (12) erhöhen, indem man T1 erhöht und gleichzeitig II 2 so anpaßt, daß die Anreizverträglichkeitsbedingung (12) weiterhin gilt. In beiden Fällen ist für k hinreichend hoch und qk nahe bei Eins der positive Effekt von T1 auf den Gewinnterm qk I1 1* (p 1T1 - ii) signifikant, der negative Effekt von (T 2 , C 2) bzw. II 2 auf den Gewinnterm (1 - qk) Il2 (p2T2 + (1 - P2) C2 - ii) dagegen vernachlässigbar. Die Hypothese, daß der erste Teil von Behauptung (a) falsch ist, führt somit zu einem Widerspruch. Für q nahe bei Eins muß gelten I1 1* (q) = 0 oder T1* (q) = R1. Wenn aber p 1 R 1 < ii, so kann eine Angebotspolitik mit II 1 > 0 und T1 = R 1 nicht optimal sein. Da der Unternehmer vom Typ 1 indifferent ist, ob er den Vertrag bekommt oder nicht, so kann die Bank die Annahmewahrscheinlichkeit für diesen Vertrag auf Null reduzieren, ohne die Anreizverträglichkeitsbedingung (14a) zu beeinträchtigen. Für p 1 R 1 < ii erhöht sie dadurchihren Gewinn, d.h. im Optimum gilt für q nahe bei Eins I1 1* (q) = 0. Für p 1R 1 > ii dagegen zeigt das umgekehrte, völlig symmetrische Argument, daß eine Politik mit II 1 = 0 nicht optimal sein kann: Zum einen gilt für q nahe bei Eins die Ungleichung 1- q < (w + D)/ I, d.h. selbst wenn I1 2* (q) = 1 ist, gibt es noch freie Mittel; zum anderen ist die Vergabe des Vertrages (R1. 0) mit positiver Wahrscheinlichkeit genauso anreizverträglich wie eine Politik mit II 1 = 0. Für p 1R 1 > il setzt man II 1* (q) daher auf den höchstmöglichen Wert, d.h. auf Eins oder auf (w + D)/ I - (1- q) Il2 * (q).

160

Martin Hellwig

Zum Beweis von Behauptung (b) bemerkt man: (i) Wenn ll 1 * (q) = 0 oder

r 1 * (q) = R 1 , dann kann wegen der Anreizverträglichkeitsbedingung (14a) ll 2 * (q) > 0 nur gelten, wenn (24) erfüllt ist. (ii) Nach Aussage 5 kann ll2* (q) > 0 nur gelten, wenn P2T2* (q) + (q- P2l C2* (q) ;::: il ist. Wenn

p 1 R 1 > il, dann verschärft sich diese Bedingung dahingehend, daß es auch

nicht profitabel sein darf,

n2 zu reduzieren, und nl zu erhöhen.

Q.E.D. Für q nahe bei Eins ist der Anteil der guten Risiken an der Gesamtpopulation so klein, daß die Bank sie bei der Gestaltung ihrer Angebotspolitik weitgehend vernachlässigt. In diesem Fall stellt die Bank zunächst darauf ab, daß sie ihr Geschäft mit den Unternehmern vom Typ 1 optimiert, sei es indem sie ihnen keine Kredite gibt (für p 1 R 1 < il) oder indem sie ihnen den höchstmöglichen Zins abverlangt (für p 1 R 1 > il). Ob es in dieser Situation überhaupt noch Kredite für die Unternehmer vom Typ 2 gibt, das hängt davon ab, ob ein Sortieren durch Kreditsicherheiten überhaupt noch möglich ist und ob das Sortieren durch Kreditsicherheiten nicht so ineffizient ist, daß sich dieses Geschäft für die Bank nicht mehr lohnt. Bedingung (24) erfordert, daß es einen Vertrag (f2, C2) mit c2 :5 iw gibt, bei dem der Unternehmer unabhängig von seinem Projekttyp indifferent ist, ob er sein Projekt durchführt oder nicht. Diese Bedingung ist in Schaubild 1 erfüllt, es gibt aber Konstellationen der Modelldaten, bei denen ein solcher Vertrag (f 2 , C2 ) nicht existiert, beispielsweise weil das Vermögen w zu klein ist, um bei r 1 = R 1 effektives Sortieren durch Kreditsicherheiten zu ermöglichen. 12 Selbst wenn es wie in Schaubild 1 den erforderlichen Sortiervertrag (f 2 , C2 ) gibt, ist die Möglichkeit nicht auszuschließen, daß die Bank dem Unternehmer bei diesem Vertrag einen so hohen Risikoabschlag auf den Zins r 2 geben muß, daß der erwartete Gewinn G (p 2 ; f 2 , C2 ) niedriger ist als der Gewinn G (p 1 ; Rb 0) im Geschäft mit dem Unternehmer vom Typ 1 oder daß der erwartete Gewinn G (p 2 ; f 2 , C2 ) sogar negativ ist. In diesen Fällen wird die Bank auf das Geschäft mit dem Unternehmer vom Typ 2 verzichten, wenn sie ihre Mittel anderweitig besser verwenden kann. Wenn allerdings der erforderliche Sortiervertrag (f 2 , C2 ) existiert und wenn G (p 2 ; f 2 , C2 ) > max [0, G (p 1 ; Rb 0)], dann wird die Bank für q nahe bei Eins auch bei Mittelknappheit immer die Unternehmer mit Projekten vom Typ 2 bevorzugt bedienen und ll 2 * (q) = 1 setzen. Es ist nicht klar, wie sich der Übergang zwischen den in den Sätzen 1- 3 charakterisierten Lösungen für q nahe bei Null und der in Satz 4 skizzierten Lösung für q nahe bei Eins vollzieht. Ich vermute, daß der Zins r 1 * (q) für 12 Bester (1987) zeigt, daß ein Sortieren immer möglich ist, wenn u (0) = - oo. Für u (0) > - oo dagegen ist ein Sortieren möglich, wenn und nur wenn ceteris paribusdas Anfangsvermögen w hinreichend groß (aber immer noch kleiner als I) ist.

Kreditrationierung und Kreditsicherheiten

161

Unternehmer mit Projekten vom Typ 1 im ganzen Intervall [0, 1] mit q ansteigt. Im Fall des Mittelüberflusses, w + D;::::: I, läßt sich dies auch mit einem einfachen Argument offenbarter Präferenzen zeigen; im Fall der Mittelknappheitsteht ein Beweis aus. Außerhalb des Geltungsbereichs von Satz 4 sind für die Annahmewahrscheinlichkeit ll 1 * die hinter den Sätzen 2 und 3 stehenden Abwägungen maßgeblich. Im Fall der Mittelknappheit muß man bei signifikant positiven Werten von q mit der komplizierten Formel (22) statt mit (23) arbeiten. Eine allgemeine Strukturaussage scheint daher kaum möglich. Die Analyse der optimalen Kreditangebotspolitik wird weiter auch dadurch erschwert, daß das Optimierungsproblem der Bank nicht konvex ist und daß die Menge der optimalen Kreditangebotspolitiken nicht notwendigerweise stetig von q abhängt. Die Bedeutung der möglichen Unstetigkeit zeigt sich sehr klarim-vergleichweise einfachen- Fall w + D;::::: I, p 1 R 1 < ii. In diesem Fall zeigt das Argument im Beweis des Satzes 2, daß es einen Zins r e [R 2 , Rt) gibt, so daß für jede optimale Angebotspolitik [r 1 * (q), C 1 * (q)), (r 2 * (q), C 2 * (q)), ll 1 * (q), ll 2 * (q)*] mit ll 1 * (q) > 0 der Zins r 1 * (q) nicht oberhalb VOn T liegen kann und daß ferner r1 * (q) 0

t,

wobei t 1 ein bestimmter Zeitpunkt in der Zukunft ist. n, steht für die Inflationsrate in der Periode t, u, für die Arbeitslosenquote in t und u ist die ,natürliche Arbeitslosenquote', von der anzunehmen ist, daß sie sich in den letzten 15 Jahren in der Bundesrepublik mehrfach verändert hat. ,Natürliche Arbeitslosenquote' meint jene Arbeitslosenquote, die von konjunkturellen Einflüssen unmittelbar unabhängig ist. Aufgabe ist es nun, diese Zielfunktion der Geldpolitik unter Nebenbedingungen, die durch die Struktur der Wirtschaft gegeben sind, zu maximieren. Den vorstehenden Überlegungen zum Begriff der, unvermeidlichen Preissteigerungsrate' ist zu entnehmen, daß die Bundesbank für den Fall einer restriktiven Geldpolitik zur Verminderung der Inflationsrate mit dem Auftreten von Beschäftigungsrisiken rechnet. Die Erwartung von Beschäftigungsrisiken ist gerechtfertigt, wenn davon auszugehen ist, daß sich die Inflationserwartungen nur mit Zeitverzögerungen an die Entwicklung der tatsächlichen Inflationsrate anpassen. Von solchen zeitverzögerten Anpassungen der Inflationserwartungen geht die Bundesbank offenbar aus, wenn sie "gradualistisch" vorgeht, indem sie die als ,unvermeidlich' angesehene Inflationsrate stets unter der für die betreffende Periode prognostizierten Inflationsrate festlegt, um auf diesem Wege Inflationserwartungen zu korrigieren. Im einfachsten Fall kann die Struktur der Wirtschaft unter diesen Bedingungen mit Hilfe zweier Gleichungen wiedergegeben werden. Dabei handelt es sich (Gleichung (2)) um eine Phillipskurvenbeziehung, bei der die Geldpolitik auf lange Sicht ohne Einfluß auf die konjunkturelle Arbeitslosigkeit ist, sowie (Gleichung (3)) um eine Hypothese der Inflationserwartungsbildung vom ,error-leaming'-Typ . (2)

.11't

0



.11't

=

n,• - ß(u,- ü)

ß>

=

y(n,- n;)

0 < y< 1

(3)

n* (to) = n~

> 0

0

n* (tt) = nr

0

172

Manfred Hieber

Die in Gleichung (2) wiedergegebene Phillipskurvenbeziehung hat die folgenden Eigenschaften: Ist die erwartete Inflationsrate einer bestimmten Periode t gleich der für diese Periode erwarteten Inflationsrate n* ~. so herrscht Vollbeschäftigung in dem Sinne, daß die tatsächliche Arbeitslosenquote mit der natürlichen übereinstimmt. Eine Geldpolitik, die in t, ausgehend vom Gleichgewicht, disinflationäre Effekte erzeugt, führt zu Beschäftigungsverlusten und damit zu Abweichungen der Arbeitslosenquote von der natürlichen Arbeitslosenquote, sofern die Inflationserwartungen nicht sofort und in vollem Umfange mit der Korrektur der Inflationsrate ebenfalls korrigiert werden. Eine weitere Korrektur wäre im Falle streng rationaler Erwartungen anzunehmen, wenn Wirtschaftseinheiten eine von der Zentralbank gezielt unternommene Verminderung der Inflationsrate korrekt antizipierten. Bei adaptiver Inflationserwartungsbildung, wie sie in Gleichung (3) unterstellt wird, paßt das Publikum seine Inflationserwartungen auf der Grundlage einer "error-learning"-Prozedur in Abhängigkeit und proportional der Größe des Fehlers der Inflationserwartung in t an. Wir gehen aus von einer Situation der Vollbeschäftigung im obigen Sinne bei gleichzeitiger Existenz von Inflation, wobei unterstellt wird, die Inflationserwartungen hätten sich der tatsächlichen Inflationsrate völlig angepaßt. Die Lage ist dann stabil. Es liegen Verhältnisse vor, die offensichtlich gesamtwirtschaftlich nicht optimal sind, da der Wirtschaft aus der Sicht der Zentralbank in jeder Periode volkswirtschaftliche Verluste infolge der Inflation entstehen. Die Zentralbank wird sich unter diesen Voraussetzungen bemühen, geldwertstabile Verhältnisse herzustellen und für die Zukunft zu sichern. Eine Geldpolitik, die durch restriktive Maßnahmen (solche Maßnahmen sind im Modell nicht explizit abgebildet) die Inflationsrate vermindert, muß dem volkswirtschaftlichen Gewinn der Erhöhung der Geldwertstabilität den im obigen Modell notwendigerweise auftretenden Verlust aufgrundeiner Zunahme der Arbeitslosenquote gegenüberstellen. Da dieser Verlust ceteris paribus um so größer sein wird, je stärker die Senkung der Inflationsrate ist, wird das Ergebnis ein Kompromiß sein. Bei Minimierung der gesamten volkswirtschaftlichen Verluste wird auf eine sofortige vollständige Beseitigung von Inflation verzichtet. Die Ausgangsbedingungen seien charakterisiert durch n* (t 0 ) = n* 0 > 0; Ziel der Zentralbank ist es, ab einem bestimmten Zeitpunkt t1. n* (t 1) = 0 zu verwirklichen. Mit nT = 0 kann die Zentralbank unter den Bedingungen des Modells den optimalen Zustand mit Geldwertstabilität und Vollbeschäftigung realisieren. Der Weg dahin präsentiert sich als der optimale Zeitpfad, von dem sich zeigt, daß er durch eine schrittweise Reduktion der Inflationsrate sowie durch die systematische Unterschreitung der Inflationsraten der jeweiligen Vorperiode und der für die Periode erwarteten Inflationsrate gekennzeichnet ist.

Konzept der ,unvermeidlichen' Preissteigerungsrate der Bundesbank

173

Formal ergibt sich die Lösung des dynamischen Optimierungsproblems auf folgendem Wege: Man formuliere die zum obigen Problem gehörende Hamilton'sche Hilfsgleichung mit (4)

wobei 'f/1 eine sog. costate-Variable ist. Als notwendige Bedingungen für ein Maximum ergeben sich .

(5)

.

:rr

(6)

aH a:rr

(7)

aH a:rr•

=

y:rr- y:rr



2a • -2:rr(1+;2)+ -ß2: r r + 2a ß2

:rr

2a • + -:rrß2

1/JY

=0

1/Jr=-ip

Als Lösung für die Kontrollvariable ::rr (t) sowie für die Zustandsvariablen des Problems folgt: (8)

:rr (t)

(9)

(10)

u (t) wobei

ist.

Diese Lösungen lassen sich unter Verwendung zulässiger und mehr oder weniger plausibler Werte für die verschiedenen Parameter für mehrperiodige Zeithorizonte der geldpolitischen Planung graphisch veranschaulichen. In Grafik 1 ist das Zeitprofil der Inflationsrate und der Inflationserwartungen bei optimaler Geldpolitik auf der Grundlage des zugrundeliegenden Modells, in Grafik 2 das Zeitprofil der Arbeitslosenquote dargestellt. Die Grafiken lassen erkennen, daß das Lösungsmuster des Modells in bezug auf das Zeitprofil der Inflationsentwicklung im wesentlichen das tatsächliche Verhalten der Bundesbank bei der Festlegung der ,unvermeidlichen' Preissteigerungsrate in den einzelnen Jahren recht gut widerspiegelt.

174

Manfred Hieber

:: (t) ll*(t)

Grafik 1

' '

'

' '

' (t)

0

u (t)

'' '

'

''

,n*(tl

'

t

Grafik 2

ü

t

Die von der Geldpolitik im Modell für eine Periode angestrebte Inflationsrate liegt grundsätzlich unter der verwirklichten Inflationsrate der jeweiligen Vorperiode. Sie ist außerdem niedriger als die für diese Periode prognostizierte Inflationsrate. Die optimale Geldpolitik auf der Grundlage des gekennzeichneten Modells findet Ausdruck in der schrittweisen, ,gradualistischen' Verminderung der Inflationsrate über die Zeit bei gleichzeitiger systematischer Revision der Inflationserwartungen unter zeitweiliger Hinnahme höherer Arbeitslosenquoten. D. Läßt sich die gekennzeichnete Geldpolitik tatsächlich als optimal qualifizieren? Die auf der Grundlage einer einigermaßen plausiblen Zielfunktion abgeleitete Geldpolitik kann als optimal selbstverständlich nur dann angesehen werden, wenn die unterstellte Struktur der Wirtschaft zutreffend ist. Die Frage, ob dies der Fall ist, kann natürlich nicht grundsätzlich beantwortet werden. In einer speziellen Hinsicht jedoch gibt es Anlaß zu Zweifeln an der Korrektheit der Annahmen des Modells aus besonderem Grund. Es handelt

Konzept der ,unvermeidlichen' Preissteigerungsrate der Bundesbank

175

sich um die Annahme der Bildung von Inflationserwartungen des Publikums auf der Basis eines "error-learning"-Prozesses. Es ist im Kern diese Hypothese, die die allmähliche, schrittweise Verminderung der Inflationsrate mit dem Ziel der Herstellung von Geldwertstabilität bei optimaler Geldpolitik begründet. Eine Bildung von Inflationserwartungen unter ausschließlicher Verwendung aktueller und vergangeuer Inflationsraten kann unter gewissen Voraussetzungen dann rational sein, wenn die Wirtschaftseinheiten über weitergehende, für die künftigen Inflationsraten wichtige Informationen nicht verfügen16 oder die mit der Informationsbeschaffung und -Verwertung entstehenden Kosten zu hoch sind, gemessen an dem erwarteten Vorteil besserer Inflationserwartungen. Diese Voraussetzung aber ist, wie man, und zwar gerade aufgrunddes Verhaltens der Bundesbank, annehmen muß, in der Bundesrepublik nicht erfüllt. Die Bundesbank teilt in voller Absicht ihr jeweiliges Geldmengenziel für das folgende Jahr dem Publikum mit und liefert gleichzeitig noch die Begründung für die Ableitung des Geldmengenziels mit. Element dieser Begründung ist die von der Bundesbank festgestellte ,unvermeidliche' Preissteigerungsrate.für das betreffende Jahr, also die Mitteilung über die Inflationsrate, die die Bundesbank über die Durchsetzung ihres Geldmengenziels zu verwirklichen beabsichtigt. Geht man davon aus, daß die Bundesbank beim Publikum das Vertrauen genießt, diese von ihr ins Auge gefaßte Inflationsrate in der Regel zu realisieren, dann wäre es offensichtlich nicht rational, würde das Publikum diese Ankündigung der Bundesbank nicht ernst nehmen und darauf verzichten, ihre Inflationserwartungen auf die festgestellte ,unvermeidliche' Preissteigerungsrate zu gründen. Dies zu erreichen ist ja das erklärte Ziel der Bundesbank. Ihr Bemühen, ein einmal vorgebenes Geldmengenziel auch tatsächlich durchzusetzen, wird maßgeblich dadurch motiviert, daß sie bemüht ist, die Erwartungen des Publikums nach Möglichkeit nicht zu enttäuschen. Nimmt man nun an, daß die Bundesbank tatsächlich mit ihrer Feststellung der ,unvermeidlichen' Preissteigerungsrate und der Verkündigung dieser Feststellung die Inflationserwartungen der Wirtschaftseinheiten bestimmt, dann könnte die auf der Grundlage der Hypothese adaptiver Inflationserwartungsbildung abgeleitete Politik offensichtlich nicht als optimal gelten. Sie würde sich auf eine in einem entscheidenden Punkt unzutreffende Theorie über die Struktur der Wirtschaft stützen. Dies läßt sich leicht deutlich machen, wenn man sich die Gleichung (2) des obigen Modells vor Augen führt und davon ausgeht, daß der in dieser Formel erfaßte Zusammenhang weiterhin Gültigkeit besitzt. Die Inflationsrate n 11 die für die Periode t von der Bundesbank als ,unvermeidlich' festgelegte 1s Vgl. hierzu Ramser, H. J., "Rationale Erwartungen und Wirtschaftspolitik", in: ZgS Band 134 (1978) S. 57ff.

176

Manfred Hieber

Inflationsrate, würde dann der vom Publikum für diese Periode t erwarteten Inflationsrate :;r* t entsprechen, wenn das Publikum die von der Bundesbank angekündigte unvermeidliche Preissteigerungsrate zur Grundlage ihrer Inflationserwartungen machen würde. Wenn dies der Fall wäre, dann wäre notwendigerweise, der Gleichung (2) zufolge, die tatsächliche Arbeitslosenquote in t der natürlichen Arbeitslosenquote gleich. Soziale Kosten als Folge von Beschäftigungsverlusten im Falle eines Prozesses der Binnenwertstabilisierung des Geldes durch die Bundesbank würden dann nicht in Erscheinung treten. Die Folge wäre, daß die von der Bundesbank betriebene Politik zu lange zu hohe Inflationsraten tolerieren würde und insoweit die Maximierung ihrer Zielfunktion verpaßte. Die Vermutung einer in diesem Sinneinoptimalen Geldpolitik der Bundesbank wird gestützt durch die Ergebnisse der empirischen Untersuchung von Richter und Diener für die Bundesrepublik. Für die Zeit von 1975- 1985 gelangen Richter und Diener nämlich zu dem Ergebnis, daß es einen systematischen ,trade-off' zwischen der Inflationsrate und Beschäftigung in der Bundesrepublik nicht gegeben hat1 7•

17

Richter, Rudolf und Diener, Frank, "Phillips Curves in West-Germany

s. 352.

... " ,

Grundlagen einer kapitalmarktbezogenen Ermittlung bankgeschäftlicher Perioden- und Spartenergebnisse Von Bernd Rudolph A. Problemstellung B. Grundkonzepte der Erfolgsspaltung I. Der Kapitalwert von Kredit- und Einlagengeschäften II. Die traditionelle bankgeschäftliche Erfolgsspaltung III. Das Konzept der kapitalmarktbezogenen Teilzinsspanne C. Die marktbezogene Teilzinsspanne bei nicht flacher Zinsertragskurve I. Annahmen über die Zinsertragskurve II. Terminzinsbezogene Spartenerfolgsrechnung bei nicht flacher Zinsertragskurve Ill. laufzeitzinsbezogene Spartenerfolgsrechnung D. Zusammenfassung

A. Problemstellung Die besonderen Probleme der bankbetrieblichen Kosten- und Erlösrechnung resultieren zum einen daraus, daß sich der überwiegende Teil der Kosten des technisch-organisatorischen Bereichs, insbesondere die Personalkosten, gegenüber Beschäftigungsänderungen fix verhalten, so daß mögliche Weiterentwicklungen oder Anwendungen von Teilkostenrechnungsverfahren kaum Perspektiven für einen wesentlichen Infonnationsgewinn zeigen. Zum anderen führt das bekannte Zurechnungsproblem im liquiditätsmäßig-finanziellen Bereich der Kreditinstitute dazu, daß nur in Ausnahmefällen ökonomis.ch relevante Beziehungen zwischen den Bankaktiva und den sie finanzierenden Bankpassiva bestehen: "Enthält das Inventurverzeichnis einer der beiden Bilanzseiten mehr als einen Posten, dann kann man keinem Aktivposten seinen Passivposten zurechnen und umgekehrt!." Wenn die von vielen Bankpraktikern und Wissenschaftlern geteilte Ansicht, daß die Grundprobleme der bankbetrieblichen Kosten- und Erlösrechnung prinzipiell unlösbar sind, richtig ist, dann müssen die Mängel dieser Rechnungen bei allen Verfeinerungen und Differenzierungen des Rechnungsaufbaus und der Rechentechnik notwendigerweise erhalten blei1

H.-J. Krümmel, Bankzinsen, Köln- Berlin- Bonn- München 1964, S. 223.

12 Festschrift für H.-J. Krümme!

178

Bernd Rudolph

ben. Hier stellt sich die Frage, ob insbesondere ein neueres Verfahren, nämlich die sog. Marktzinsmethode, die seit einiger Zeit mit gewissen Modifikationen von einer ganzen Reihe von Kreditinstituten bei der Kalkulation im liquiditätsmäßig-finanziellen Bereich angewandt wird, diese prinzipiellen Mängel behebt, oder ob diese Methode auch nur als Verfeinerung bzw. Differenzierung eingestuft werden muß, die der grundsätzlichen Kritik an der bankbetrieblichen Kosten- und Erlösrechnung ausgesetzt bleibt. Mit dem Vorschlag der Marktzinsmethode 2 ist nach Ansicht etlicher Praktiker ein Durchbruch bei der Weiterentwicklung der bankbetrieblichen Kosten- und Erlösrechnung erreicht worden, weil dieser marktorientierte Ansatz das Zurechnungsproblem im liquiditätsmäßig-finanziellen Bereich durch eine strikte Trennung der Aktivgeschäfte von den Passivgeschäften umgeht: "Die Marktzinsmethode kalkuliert jedes Kundengeschäft unabhängig davon, ob es aus einem Aktiv- oder Passivgeschäft besteht, getrennt voneinander. Sie interpretiert nicht die Passivseite als Kosten- und die Aktivseite als Ertragsfaktor, sondern unterstellt, daß jedes einzelne Kundengeschäft, sei es eine Kreditvergabe oder eine Einlagenannahme, einen eigenständigen, unabhängigen Beitrag zum Gesamterfolg einer Bank leistet3." In Abbildung 1 ist der Grundgedanke des Marktzinsansatzes für den Einperiodenfall grafisch veranschaulicht.

Der Erfolgsbeitrag jedes Kredit- bzw. Einlagengeschäfts ergibt sich als Erfolg durch Konditionenvorteile (Margen) im Kundengeschäft gegenüber einer alternativen Anlage bzw. Aufnahme der Mittel am Kapitalmarkt. Die Summe dieser Erfolgsbeiträge ergibt das Zinskonditionenergebnis der Bank. Von diesem Zinskonditionenergebnis zu unterscheiden ist das Ergebnis, das durch die Fristentransformation entsteht, wenn beispielsweise bei normaler Zinsstruktur der Marktzinssatz mit wachsender Zinsbindungsfrist 2 Die Grundgedanken dieses Ansatzes wurden entwickelt von R. Flechsig und H.-R. Flesch, Die Wertsteuerung-EinAnsatz des operativen Controlling im Wertbereich, Die Bank 10/1982, S. 454- 465 sowie K. D. Droste, H. Faßbender, B. Pauluhn, P. F. Schlenzka und E. v. Löhmeysen, Falsche Ergebnisinformationen-HäufigeUrsache für Fehlentwicklungen in Banken, Die Bank 7/1983, S. 313- 323. 3 H. Schierenbeck, Ertragsorientiertes Bankmanagement, 2. Aufl., Wiesbaden 1987, S.102. Zur Weiterentwicklung und für Spezialprobleme der Marktzinsmethode vgl. u. a. R. Banken, Die Marktzinsmethode als Instrument der pretialen Lenkung in Kreditinstituten, Frankfurt a. M. 1987, U. G. Baxmann, Opportunitätskosten zur Erfolgsspaltung im Bankbetrieb, Wirtschaftswissenschaftliches Studium 4/1987, S. 209212, J. Blattmann, Stand der Theorie-Diskussion zur "Marktzinsmethode", Die Bank 11/1987, S. 621- 627, H.-R. Flesch, F. Piaskowski und J. Seegers, Marktzinsmethode bzw. Wertsteuerung-NeueThesen und Erkenntnisse aus der Realisierung, Die Bank 9/1987, S. 485- 494, W. v. Schimmelmann und W. Hille, Banksteuerung über ein System von Verrechnungszinsen, in: H. Schierenbeck und H. Wielens (Hrsg.), Bilanzstrukturmanagement in Kreditinstituten, Frankfurt 1984, S. 47- 65.

Ermittlung bankgeschäftlicher Perioden- und Spartenergebnisse

179

ansteigt und die Bank durch den Aufbau eines Aktivüberhangs (einer offenen Zinsposition) ein positives Struktur- bzw. Transformationsergebnis erwirtschaftet4. Zinssatz im Kundengeschäft

j

Marktzinssatz

Marge Einlagengeschäfte Kreditvolumen

Einlagenvolumen

Abb. 1: Konditionenerfolge im Kundengeschäft

Im folgenden Beitrag wird untersucht, wie sich das Konditionenergebnis aus dem gesamten Zinserfolg einer Bank isolieren läßt, unter welchen Voraussetzungen diese Form der Ergebnisermittlung einwandfrei möglich ist und welche Steuerungsinformationen eine solche Rechnung für das Bankmanagement beinhaltet. Die Erfolgsrechnung wird dabei aus einem investitionstheoretischen Modell entwickelt, so daß Entscheidungs- und Kontrollüberlegungen aus einem einheitlichen Rechenwerk ableitbar sind. Es wird gezeigt, daß die Marktzinsmethode eine Erfolgsziffer im Sinne des sog. "Residualgewinns" ermittelt, einer Erfolgsgröße, deren Maximierung unter geeigneten Bedingungen zu einer Geschäftspolitik führt, die den Interessen der Bankeigner entspricht. Allerdings setzt die Anwendbarkeit der Methode im strengen Sinne Kapitalmarktbedingungen voraus, die in vielen Fällen nicht als realistische Beschreibungen des Entscheidungsfeldes der Kreditinstitute gelten dürften.

4 Die Planung des Transformationsergebnisses bzw. der offenen Zinsposition wird hier nicht behandelt. Vgl. hierzu u.a. S. D. Deshmukh, S. I. Greenbaum und G. Kanatas, Interest Rate Uncertainty and the Financial lntermediary's Choice of Exposure, Journal of Finance 1983, S.141- 147; D. M. Jaffee, Term Structure Intermediation by Depository Institutions, Journal of Banking and Finance 1986, S. 309 - 325; B. Rolfes, Die Steuerung von Zinsänderungsrisiken in Kreditinstituten, Frankfurt a. M. 1985; B. Rudolph, Zinsänderungsrisiken und die Strategie der durchschnittlichen Selbstliquidationsperiode, Kredit und Kapital1979, S. 181 - 206.

12*

180

Bernd Rudolph

B. Grundkonzepte der Erfolgsspaltung Zur Herleitung der Systematik einer auf dem Marktzinskonzept basierenden Erfolgsermittlung gehen wir von einer Beispielrechnung aus, die dem traditionellen Kalkulationsverfahren der Bankkostenrechnung entspricht. Ein Problem der Zurechenbarkeit von Erfolgskomponenten auf unterschiedliche Aktiv- und Passivpositionen entsteht in unserem Beispiel nicht, weil die Aktiv- und Passivseite nur jeweils eine einzige Bilanzposition aufweisen. Die Ermittlung des Gesamterfolgs und die Aufteilung dieses Erfolgs auf die Geschäftsperioden und Geschäftssparten basiert auf dem Rechenansatz zur Ermittlung der Vorteilhaftigkeit der Kundengeschäfte. Bei allen Berechnungen werden sichere Erwartungen bezüglich der Konsequenzen (Ein- und Auszahlungsströme) der Geschäftsabschlüsse unterstellt. I. Der Kapitalwert von Kredit- und Einlagengeschäften

Betrachtet sei eine Bank, die zu einem einheitlichen Marktzins von i = 10% (praktisch) beliebig hohe Beträge für beliebig lange Laufzeiten anlegen oder aufnehmen kann und der sich darüber hinaus die beiden folgenden bankgeschäftliehen Handlungsmöglichkeiten bieten: Die Bank kann in t = 0 ein Kreditgeschäft A mit einem Effektivzinssatz von r A = 15% und folgender Zahlungscharakteristik tätigen:

t

0

-200

1

2

3

30

130

115

Die Bank kann darüber hinaus in t = 0 eine Einlage P mit einem Effektivzinssatz rp = 8% und folgender Zahlungscharakteristik hereinnehmen:

t

0

200

1 -16

2

-16

3 -216

Da neben diesen Kundengeschäften die Anlage- bzw. Geldaufnahmemöglichkeiten zum Marktzinssatz i bestehen, kann die Bank das Kreditgeschäft grundsätzlich ohne das Einlagengeschäft tätigen und sich stattdessen zum Zinssatz i am Kapitalmarkt refinanzieren. Ebenso kann sie das Einlagengeschäft ohne das Kreditgeschäft tätigen, indem sie die Einlage zum Kapitalmarktzins i anlegt. Das Kreditgeschäft und das Einlagengeschäft sind bei den unterstellten Kapitalmarktbedingungen also isoliert durchführbar und somit auch isoliert bewertbar. Zur Beurteilung der Vorteilhaftigkeit der bei-

Ermittlung bankgeschäftlicher Perioden- und Spartenergebnisse

181

den Handlungsmöglichkeiten im Kundengeschäft bietet sich bei den geltenden Annahmen die klassische Methode der Investitionsrechnung bei vollkommenem Kapitalmarkt an, die Kapitalwertmethode. Über den offensichtlichen Widerspruch, daß einerseits zur Berechnung der Vorteilhaftigkeit eines Bankgeschäfts von der Annahme eines vollkommenen Kapitalmarktes ausgegangen wird und andererseits die mögliche Vorteilhaftigkeit des Kredit- oder Einlagengeschäfts die Erwirtschaftung einer Marge und damit die Existenz von Kapitalmarktunvollkommenheiten impliziert, muß dabei hinweggegangen werden5. Kundengeschäfte der Banken werden wie Realinvestitionsalternativen in der industriellen Investitionsrechnung behandelt. Investitionsprojekte mit einem positiven Kapitalwert sind somit nicht ausgeschlossen. Im Gegenteil sollen die Sparten gerade Kredit- und Einlagengeschäfte mit einem positiven Kapitalwert abschließen. Der Einfachheit halber vernachlässigen wir in unseren Beispielrechnungen die Kosten des Arbeits- bzw. technisch-organisatorischen Bereichs der Kreditinstitute, obwohl die Existenz solcher Kosten den Vergleich mit den Realinvestitionen der Industrieunternehmen eigentlich erst sinnvoll erscheinen läßt. Der Kapitalwert des Kreditgeschäfts T

(1)

CAo = - aAo

+

L eAt (1 + i)t 1

1

~

ist beim Marktzins i = 10% positiv (CAo = 21,11), so daß das Kreditgeschäft für die Bank eine vorteilhafte Handlungsmöglichkeit darstellt. Ebenso ist der Kapitalwert des Einlagengeschäfts (2)

Cpo

=

T

epo -

L1 aPt (1 + i)-

1

t~

bei einem Marktzinssatz von i 10% positiv (Cpo = 9,95). Auch das Einlagengeschäftstellt sich als für die Bank vorteilhafte Handlungsalternative dar 6 . 5 Bei einer Übertragung der Annahme des vollkommenen Kapitalmarktes auf den Fall unsicherer Erwartungen muß berücksichtigt werden, daß erst das (auch durch die Kundengeschäfte) erworbene Standing die Annahme rechtfertigt, daß die Bank Zugang zum (angenommen vollkommenen) Kapitalmarkt besitzt. Es wird dann deutlich, daß die in der Marktzinsmethode wie in der Investitionsrechnung unterstellte Annahme der alternativen Anlage- bzw. Geldaufnahmemöglichkeit am Kapitalmarkt in der Realität immer nur approximativ gelten kann, so daß also die strengen Konsequenzen dieser Annahme auch nicht ad absurdum geführt werden dürfen. 6 Wir lassen hier die Kritik von Slevogt, daß es für Kundeneinlagen wegen ihres qualitativen Unterschieds zu den aufgenommenen Geldern prinzipiell keine alternativen Marktzinssätze geben kann, unberücksichtigt. In der Argumentation von Sievogt müßte man diese Kritik streng genommen auch auf den Kreditbereich ausdeh-

182

Bernd Rudolph

Man kann die Kredit- und Einlagengeschäfte zusammenfassend betrachten und die Summe der Kapitalwerte aus dem Kredit- und Einlagengeschäft als bankgeschäftsbedingten Reinvermögenszuwachs der Bank in t = 0 interpretieren. Für unser Beispiel ergibt sich (3)

Co

=

CAo

+

Cpo

= 21,11 + 9,95 = 31,06.

Gefragt wird nun erstens nach einer plausiblen und für die Banksteuerung geeigneten Zurechnung dieses im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses berechneten Reinvermögenszuwachses auf die einzelnen Perioden, in denen die Kredit- und Einlagenbestände gehalten werden, d.h. gefragt wird nach den Periodengesamterfolgen 1 • Gefragt wird zweitens nach einer plausiblen und anreizkompatiblen Aufteilung der Periodenerfolge auf den Aktiv- und Passivgeschäftsbereich der Bank, d. h. gefragt wird nach den periodenbezogenen Spartenerfolgen des Kredit- und Einlagengeschäfts. Der Antwort der traditionellen bankgeschäftliehen Erfolgsrechnung auf diese Fragen in Abschnitt 2.2. stellen wir die Rechnung auf der Basis des Marktzinsansatzes in Abschnitt 2.3. gegenüber.

ll. Die traditionelle bankgeschäftliche Erfolgsspaltung

Die traditionelle bankgeschäftliche Ermittlung des Erfolgs im Einlagenund Kreditgeschäft geht von der Berechnung der Zinsspanne, deren Halbierung und der Zurechnung der jeweils halben Spanne auf den Kredit- und Einlagenbereich der Bank aus. Zur Durchführung dieser Berechnung werden die Periodenbestände BAt und B Pt des Kredit- und Einlagenbereichs sowie die abgerechneten Zinsaufwendungen und Zinserträge im Kundengeschäft benötigt. Die Bestandsentwicklung sowie die Zinserträge und Zinsaufwendungen der drei Perioden lassen sich aus folgender Staffelrechnung der Kundengeschäfte entnehmen: nen. Im Kern beinhaltet die Kritik die Aussage, daß Kundengeschäfte auch bei einem (kalkulatorischen) Kapitalwert von Null für die Bank vorteilhaft sein können. Zur Begründung vgl. im einzelnen H. Slevogt, Entscheidungsorientierte Kundenkalkulation auf der Grundlage von Strukturnormen, Opportunitätszinsen und Standardkosten, Manuskripte aus dem Institut für Betriebswirtschaftslehre der Universität Kiel Nr. 192, Kiel1987, S. 11 ff. sowie H. Slevogt, Wider die falschen Opportunitätszinsen, Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen 3/1988, S.104- 106. 7 H. Laux und F. Liermann, Grundlagen der Organisation, a.a.O., S. 548, weisen darauf hin, daß die Kapitalwerte der Investitionsprojekte selbst keine geeigneten Bemessungsgrundlagen für Prämienzahlungen an die Spartenleiter darstellen, da insbesondere die Gefahr besteht, "daß Prämien für Kapitalwerte gewährt werden, die nicht in der betreffenden Höhe realisiert werden". Im Kundengeschäft der Kreditinstitute bezieht sich diese Gefahr insbesondere auf vorzeitige Tilgungen sowie Abschreibungserfordernisse im Kreditgeschäft und auf vorzeitige Abhebungen im Einlagengeschäft

Ermittlung bankgeschäftlicher Perioden- und Spartenergebnisse

183

Tabelle 1: Zeitpunkt

t=O

Zahlungs- und Zinsreihe des Kreditgeschäfts A 200 30

BAO rABAO

230 30

(l+rA)BAQ eA1

200 30

BA1 rABA1

230 130

(l+rA)BA1 eA2

100 15

BA2 rABA2

115 - 115

( l+rA)BA2 eA3

216 - 216

(1+rp)BP2 ap3

0

8 A3

0

Bp3

-t=1

--

-t=2

--

--

t=3

Zahlungs- und Zinsreihe des Einlagengeschäfts p

--

200 16

Bpo rpBpo

216 16

(1+rp)Bpo ap1

200 16

BPl rpBp1

216

( l+rp)BPl ap2

200 16

Bp2 rpBp2

--

---

- 16 --

---

Im Zeitpunkt t = 2 wird ein Betrag von 100 des Kreditbestandes getilgt. Eine vollständige Periodenrechnung wird, da der zukünftige Marktzinssatz i als sicher bekannt unterstellt wird, davon ausgehen, daß die Bank den Tilgungsbetrag von 100, den sie noch nicht für eine Rückzahlung der Einlagen benötigt, für die dritte Periode zum Kapitalmarktzins i anlegt und daraus einen Zinsnutzen von 10 erzielt, der in t = 3 als zusätzlicher Ertrag zu berücksichtigen ist. Bei Gültigkeit dieser Annahme ergeben sich die in Tabelle 2 zusammengestellten Zinsaufwendungen und Zinserträge.

Tabelle 2: Periode

Zinserträge

1

30

16

14

2

30

16

14

16

9

3

15+10

Zinsaufwendungen

Zinsüberschuß

184

Bernd Rudolph

Da die traditionelle Zinserfolgsrechnung von der Zurechnung der halben Zinsspanne auf die beiden Erfolgsbereiche Kredit- und Einlagengeschäft ausgeht, ergibt sich folgender periodenbezogene Erfolgsausweis: Tabelle 3: Ergebnis des Kreditund Anlagengeschäfts

Periode

Ergebnis des Einlagengeschäfts

Zinsüberschuß

1

7

7

14

2

7

7

14

3

4' 5

4,5

9

Tabelle 3 zeigt, daß die Halbierung der jeweiligen Zinsüberschüsse in unserem Beispiel in allen Perioden zu jeweils gleichen Spartenerfolgen für den Kredit- und Einlagenbereich führt. Intuitiv möchte man aber dem Kreditbereich eine höhere Ergebnisziffer zuordnen, weil dort eine höhere Marge (verglichen mit dem Marktzins von 10%) durchgesetzt wurde als im Einlagenbereich. Intuitiv möchte man auch die Kreditergebnisziffer in der dritten Periode stärker absinken lassen als im Einlagenbereich, weil immerhin die Hälfte des Kreditbestandes in t = 2 getilgt worden ist. Da Banken als Finanzintermediäre die Funktion der Bestandshaltung von Vermögens- und Schuldtiteln gegen Entgelt wahrnehmen, liegt es nahe, die Erfolge der Funktionserfüllung an der jeweiligen Höhe und zeitlichen Befristung der Aktiv- und Passivbestände entsprechend ihrem Beitrag zum Reinvermögenszuwachs der Bank zu bemessen. Das im folgenden Abschnitt 2.3. skizzierte Konzept der Marktzinsmethode trägt diesen Anforderungen Rechnung.

m.

Das Konzept der kapitalmarktbezogenen Teilzinsspanne

Wenn die Annahme, daß die Bank zum Marktzins i = 10% beliebige Beträge anlegen und aufnehmen kann, wirklichkeitsgerecht ist, dann bietet sich folgende Vorgehensweise der Periodenerfolgsermittlung an. Sowohl das Kreditgeschäft als auch das Einlagengeschäft werden auf der Basis des Marktzinssatzes von i = 10% bewertet. Abrechnungsbasis sind die Effektivzinssätze der Kredite und Einlagen und die Bestandsvolumina der einzelnen Perioden. Aus den beiden auf den Marktzins bezogenen Geschäftserfolgen muß sich durch Addition der Gesamtperiodenerfolg der Bank ergeben.

Ermittlung bankgeschäftlicher Perioden- und Spartenergebnisse

185

Das Schema zur Berechnung des Krediterfolgs lautet demnach: (4)

i)

GAt

Krediterfolg der Periode

KreditEffektivbestand* ( zinssatz des Kredits der Periode

Markt- ) zinssatz

Für unser Beispiel ermittelt man den Konditionenerfolg des Kreditgeschäfts der Bank in den Perioden t = 1, 2 und 3 mit: 200 (0,15 - 0,10) 200 (0,15 - 0,10) 100 (0,15 - 0,10)

10 10 5

Die Daten für die Kreditbestände lassen sich der Zahlungs- und Zinsreihe des Kreditgeschäfts in Tabelle 1 entnehmen. Die Marge ist in allen Perioden gleich hoch, weil in unserem Beispiel sowohl der Effektivzins als auch der Marktzins im Zeitablauf konstante Größen sind. Der Krediterfolg GPt entspricht dem sog. Residualgewinn, der wie folgt definiert ist:

"Residualgewinn der Periode t = laufender Einzahlungsüberschuß im Zeitpunkt t ./. Abschreibungen für Periode t ;/. kalkulatorische Zinsen auf die (Rest-)Buchwerte der Investitionsprojekte zu Beginn der Periode ta." Setzt man diese Definition in die entsprechenden Bezeichnungen für das Kreditgeschäft der Bank um und identifiziert die Periodenabschreibungen mit den Kredittilgungen, so erhält man (5)

Da sich der Kreditbestand einer Periode stets aus dem Bestand der Vorperiode unter Berücksichtigung der verrechneten Zinsen und der Kreditnehmerzahlungen ergibt, so daß (6)

gilt, folgt aus der Definitionsgleichung (5) die Gültigkeit von (4). Für das Einlagengeschäft ergibt sich der Gewinn der Bank dadurch, daß die niedrig verzinslich hereingenommenen Gelder zum Marktzins angelegt werden können. Das Schema zur Berechnung des Konditionenerfolgs im Einlagengeschäft lautet also:

a H. Laux, Tantiemesysteme für die Investitionssteuerung, Zeitschrift für Betriebswirtschaft 1975, S. 597 - 618, hier S. 606.

Bernd Rudolph

186 (7)

GPt

BPt-1

Einlagenerfolg der Periode

Einlagenbestand* der Periode

(

(i

Tp)

Marktzinssatz

Effektivzinssatz der Einlagen

)

Wenn man die Bestände wieder der Zahlungs- und Zinsreihe des Einlagengeschäfts der Tabelle 1 entnimmt, kommt man auf folgende Spartenerfolgsziffern für das Einlagengeschäft: 200 (0,1 - 0,08) 200 (0,1 0,08) 200 (0,1 - 0,08)

4 4 4

Die getrennt vorgenommenen Berechnungen des Kredit- und Einlagengeschäfts werden zum Gesamterfolg der Bank addiert, woraus die in Tabelle 4 zusammengestellte (marktzinsbezogene) Übersicht der Periodengewinne resultiert.

Tabelle 4: Periode

Ergebnis des Kreditgeschäfts

Ergebnis des Einlagengeschäfts

1

10

4

14

2

10

4

14

3

5

4

9

Zinsüberschuß

Die ausgewiesenen Ergebnisse der Geschäftssparten haben sich im Vergleich zur traditionellen Methode deutlich geändert. Der Kreditbereich weist wegen der höheren Marge nun auch deutlich höhere Erfolgsziffern aus als der Einlagenbereich. Wegen der Halbierung des Kreditbestandes in der dritten Periode wird dort (bei gleicher Marge) auch nur noch der gegenüber den Vorperioden halbierte Krediterfolg ausgewiesen. Darüber hinaus ist festzustellen, daß der Barwert der Zinsergebnisse der Geschäftsbereiche gleich dem Kapitalwert der Zahlungsreihen dieser Geschäftsbereiche ist. Das läßt sich für den Kreditbereich in allgemeiner Form zeigen, wenn man die folgende Bestandsentwicklung der Kredite berücksichtigt:

Ermittlung bankgeschäftlicher Perioden- und Spartenergebnisse

187

Unter Verwendung dieser Bestandsbezeichnungen erhält man (8)

+

CAo = - «Ao

T

L

t= I

et (1

+ i)-t

T

-

BAo

+L

t= I

[(1 +TA) BAt-!- BAd (1

T

2:

t= I

BAt-! (TA- i) (1

T

L

=

GAt(1

t= I

+ i)-t

+ itt

+ itt

Der Kapitalwert des Kreditgeschäfts ist also gleich dem Barwert der Ergebnisse des Kreditgeschäfts. Analog zu (6) erhält man für den Einlagenbereich T

(9)

Cpo

= L

t =I

BPt-! (i- Tp) (1

+ i)_t.

und für das gesamte Kundengeschäft der Bank T

(10)

Co =

L

t=l

[BAt- I(TA- i)

+

BPt- J(i- Tp)] (1

Im oben entwickelten Beispiel berechnet man 10

10

5

1,1

1,1

4

4

4

1,1

1,1 2

1,1 3

1,1

+ - -2 + - -3

= 2111 •

für den Kreditbereich und

--+--+ für den Einlagenbereich.

9,95

CAo

+ i)-t

.

188

Bernd Rudolph

Die Barwerte der Zinsergebnisse im Aktiv- und Passivbereich addieren sich zum bankgeschäftliehen Reinvermögenszuwachs C0 • 14 1,1

+

14 1,1 2

+

9

1,1 3

= 31,06 = Co

Das Konzept der marktbezogenen Teilzinsspanne führt also erstens zu einer intuitiv befriedigenderen Aufteilung der Periodenerfolge auf die Geschäftssparten als das traditionelle Verfahren der Zinsspannenhälftelung. Das Konzept ist formal und inhaltlich mit dem Grundansatz der Investitionsrechnung bei vollkommenem Kapitalmarkt kompatibel und entspricht darüber hinaus dem Postulat einer margen- und bestandsproportionalen Periodenerfolgszurechnung 9 • C. Die marktbezogene Teilzinsspanne bei nicht flacher Zinsertragskurve

Die in der industriellen Investitionsrechnung übliche Annahme der Existenz eines einheitlichen Marktzinsfußes zur Diskontierung zukünftiger Zahlungsüberschüsse ist nur dann gerechtfertigt, wenn am Kapitalmarkt eine flache Zinsertragskurve zu beobachten ist, so daß die Verzinsungen der Kapitalmarkttitel nicht von ihrer Fristigkeit abhängen. Diese Annahme ist aber, wie Überblicke über die Zinsstrukturkurven am deutschen Kapitalmarkt zeigen, unrealistisch10 und muß zumindest in den Investitions- und Erfolgsrechnungen der Finanzintermediäre durch Annahmen ersetzt werden, die den tatsächlichen Kapitalmarktgegebenheiten besser entsprechen. Die Frage, wie eine nicht flache Zinsertragskurve im Rahmen der Marktzinsmethode berücksichtigt werden kann, ist Gegenstand dieses 3. Abschnitts. Wie im 2. Abschnitt unterstellen wir für alle Größen, also auch für die Marktzinssätze der zukünftigen Perioden, sichere Erwartungen. I. Annahmen über die Zinsertragskurve

Gegeben sei die folgende Entwicklung der Terminzinssätze am Kapitalmarkt: 9 H. Laux, Tantiemesysteme für die Investitionssteuerung, Zeitschrift für Betriebswirtschaft 1975, S. 597- 618, hier S. 606ff. hat gezeigt, daß der sog. Residualgewinn bestimmten Bedingungen genügt, die diese Größe als Bemessungsgrundlage für ein Prämiensystem geeignet erscheinen lassen, das zu Investitionsentscheidungen führt, die den Zielen der Anteilseigner entsprechen. Zum Vergleich und zur Gegenüberstellung mit anderen Gewinnkonzepten vgl. auch H. Laux und F. Liermann, Grundlagen der Organisation, Berlin e.a. 1987, S. 547ff. 1o Vgl. beispielsweise die Überblicke in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank, Aprill978, S.ll- 21 und Jan. 1983, S.14- 26.

Ermittlung bankgeschäftlicher Perioden- und Spartenergebnisse (11)

io1

189

5%

Der Zinssatz für einjährige Titel betrage also in der ersten Periode 5%, in der zweiten Periode 10% und in der dritten Periode 15%. Im allgemeinen sind die Zinssätze i 12 und i 23 nicht unmittelbar bekannt, sondern müssen aus den am Markt notierten Laufzeitzinssätzen bestimmt werden. Bei sicheren Erwartungen lassen sich die Terminzinssätze im allgemeinen leicht aus den am Markt notierten Laufzeitzinssätzen ableiten. Bei solchen Ableitungen wird wieder ein vollkommener Kapitalmarkt vorausgesetzt, der impliziert, daß Finanztitel mit einer Laufzeit von über einem Jahr eine der Terminzinsentwicklung (11) äquivalente Effektivverzinsung aufweisen müssen 11 . Betrachtet man beispielsweise endfällige Finanztitel ohne zwischenzeitliehe Zinszahlungen (Zerobonds, Diskontpapiere), dann müssen bei vollkommenem Kapitalmarkt solche zweijährigen Titel einen Effektivzinssatz z 02 aufweisen, der aus

mit

Zo2

(1,05. 1,1) 112

-

1

=

7,47%

berechnet wird. Der Zinssatz z 02 wird als Laufzeitzinssatz bezeichnet, weil er die Durchschnittsverzinsung des Bestandes während der Gesamtlaufzeit des Finanztitels angibt. Analog berechnet man für einen dreijährigen Zerobond einen Zinssatz z 03 von zoa = (1,05 • 1,1 • 1,15) 113

-

1 = 9,92% .

Betrachtet man statt der Diskontpapiere andere Finanztitel, so müssen auch die Effektivzinsen für Finanztitel unterschiedlicher Fristigkeiten neu berechnet werden. Nehmen wir beispielsweise Titel mit gleichbleibendem jährlichen Koupon an, so müssen bei Gültigkeit von (11) für zweijährige Titel Zinssätze c 02 gezahlt werden, die sich aus 11 Die Verwendung der (aus den Laufzeitzinssätzen ableitbaren) Terminzinssätze erlaubt die Umgehung des Problems der "richtigen" Effektivzinsberechnung bzw. strukturadäquaten Kongruenzannahme. Vgl. hierzu im einzelnen H.-R. Flesch, F. Piaskowski und C. R. Sievi, Erfolgsquellensteuerung durch Effektivzinsen im Konzept der Wertsteuerung, Die Bank 8/1984, S. 357- 366, H. Schierenbeck und B. Rolfes, Effektivzinsrechnung und Marktzinsmethode, Die Bank 1/1987, S. 25- 33, H.-R. Flesch, F. Piaskowski und C. R. Sievi, Stellungnahme zu dem Aufsatz von Schierenbeck I Rolfes, Effektivzinsrechnung und Marktzinsmethode, Die Bank 4/1987, S.190193, H. Schierenbeck und B. Rolfes, Zur Diskussion um das opportunitätsgerechte Effektivzinskonzept, Die Bank 6/1987, S. 328- 335.

Bernd Rudolph

190

mit

Co2

=

1,05 * 1,1- 1 1 + 1,1

=

7,38%

ergeben. Analog ist für ein dreijähriges Kuponpapier ein Laufzeitzinssatz Co3 aus

mit c 03 = 9,612% zu berechnen. Die Zinssätze Cot für kupontragende Titelliegen in unserem Beispiel unter den Zinssätzen Zot für vergleichbare Zerobonds, weil die Wiederanlage der Kupons wegen der angenommenen zeitlichen Zinsstruktur zu steigenden Zinssätzen erfolgt. Andere Zahlungscharakteristiken für Kapitalmarkttitel führen zu jeweils unterschiedlichen Effektivzinssätzen. Die Annahme des vollkommenen Kapitalmarktes besagt, daß die Kapitalwerte aller am Markt (also nicht im Kundengeschäft) emittierten Finanztitel unter Zugrundelegung der in (11) vorgegebenen Terminstruktur der Zinssätze Null sein müssen. Nur in diesem Fall sind Arbitragegewinne durch die Umschichtung von Kapitalmarkttitelngleicher Laufzeit ausgeschlossen12 • ß. Terminzinsbezogene Spartenerfolgsrechnung bei nicht flacher Zinsertragskurve

Eine zunächst naheliegende kapitalmarktbezogene Zinsspannenrechnung wird davon ausgehen, daß Kredit- und Einlagengeschäfte bei Vertragsabschluß zu dem durch (11) beschriebenen Spektrum von am Markt geltenden einperiodigen Terminzinssätzen abgerechnet werden. Akzeptiert man diesen Ausgangspunkt und betrachtet wieder die im Abschnitt 2.1. beschriebenen Aktiv- und Passivgeschäfte A und P, so lassen sich die folgenden terminzinsbezogenen Perioden- und Spartenerfolge berechnen. Der Krediterfolg der Periode t kann analog Gleichung (4) berechnet werden, wobei der jeweilige Marktzins der Periode, der Terminzinssatz der Zinsstruktur (11) berücksichtigt wird. 12 Bei unsicheren Erwartungen ergibt sich das Problem festzulegen, ob die (aus den Laufzeitzinssätzen abgeleiteten) Terminzinssätze gute Schätzungen der in Zukunft erwarteten Einperiodenzinssätze sind oder ob beispielsweise mit zukünftig erwarteten Zinsen gerechnet wird, die wegen der angenommenen Gültigkeit der Liquiditätstheorie in der Regel unter den Terminzinssätzen liegen, weil diese eine Liquiditätsprämie enthalten. In diesem Fall muß die Bank festlegen, ob die geltenden Terminzinsen oder die von ihr erwarteten zukünftigen Zinsen als "Marktopportunitäten" herangezogen werden sollen. Die im Rahmen der Marktzinsmethode fast ausschließlich geforderte alleinige Berücksichtigung der geltenden Marktzinsen kann dann zu Fehlentscheidungen führen.

Ermittlung bankgeschäftlicher Perioden- und Spartenergebnisse GA!

= 200 (0,15 - 0,05)

20

GA2

200 (0,15 - 0,10)

10

GA3

100 (0,15 - 0,15)

0

191

Für die dritte Periode wird kein Erfolg ausgewiesen, weil sich für die Bank gegenüber dem Periodenzins i 23 keine Marge ergibt. Der'Barwert der Krediterfolge beträgt 20

10

1,05

1,05. 1,1

- - + - - - - = 27,71

(12)

und stimmt mit dem Kapitalwert des Kreditgeschäfts überein. (13)

CAo = -200

30

130

1,05

1,05 . 1,1

+ -- +

115

+

27,71

1,05 . 1,1 . 1,15

Analog kann man den Erfolg des Einlagengeschäfts berechnen, wobei die Marktzinssätze nun als Anlagenzinssätze benutzt werden. Gp 1

200 (0,05 - 0,08)

GP2

200 (0,10 - 0,08)

Gp 3 = 200 (0,15 -

-

6 4

0,08)

14

Der Kapitalwert der Einlagenerfolge beträgt -6

4

1,05

1,05 . 1,1

-- +

(14)

+

14 1,05 . 1,1 . 1,15

=

8,29

und stimmt mit dem Kapitalwert des Einlagengeschäfts überein. (15)

Cpo

=

200 -

16 -- 1,05

16 1,05 . 1,1

-

216 1,05 . 1,1 . 1,15

=

8~9

In der ersten Periode wird ein negativer Erfolg ausgewiesen, der daraus resultiert, daß die zu 8% hereingenommenen Einlagen nur zu 5% angelegt werden können. Wegen der angenommenen steigenden Zinsertragskurve wird dies in den Folgeperioden allerdings wieder mehr als ausgeglichen.

Bei der in diesem Beispiel unterstellten Zinsstrukturkurve und den angenommenen Kredit- und Einlagengeschäften ergeben sich die in Tabelle 5 ausgewiesenen Bereichserfolge.

192

Bernd Rudolph

Tabelle 5: Periode

Ergebnis des Kreditgeschäfts

1

20

2 3

Ergebnis des Einlagengeschäfts

-

Zinsüberschuß

6

14

10

4

14

0

14

14

Ein Vergleich der Spartenerfolge bei der im Beispiel angenommenen steigenden Zinsertragskurve zeigt für das Kreditgeschäft stark fallende und für das Einlagengeschäft auffallend steigende Periodenergebnisse. Diese typische Ergebnisentwicklung resultiert aus der Bewertung der Kredit- und Einlagenbestände zu den für die Bestandsperioden jeweils geltenden Perioden terminzinssä tzen. Die vorgenommene Bewertung der Aktiv- und Passivgeschäfte steht allerdings im Gegensatz zu der in der Bankpraxis gepflegten Übung, Kundenzinssätze für die gesamte Laufzeit der Engagements als konstante Größe festzuschreiben. In diesem Fall steht in jeder Periode der mit dem Kunden vereinbarte längerfristige Festzinssatz einem Einperiodenmarktzinssatz gegenüber, so daß sich auch ohne Bestandsänderungen mit den Periodenzinssätzen wechselnde Kredit- und Einlagenergebnisse ergeben. Diese Berechnungsweise der Periodenerfolge erscheint demnach unbefriedigend. Der Festzinssatz ist nämlich im Hinblick auf die Gesamtlaufzeit des Engagements kalkuliert und am Markt durchgesetzt worden, so daß eine plausible Anforderung an den Erfolgsausweis darin bestehen dürfte, die Periodenergebnisse proportional zu den auf die Gesamtlaufzeit der Engagements bei Vertragsabschluß bezogenen Margen anzusetzen. Dies kann man erreichen, wenn nicht die Terminzinssätze (11) sondern die jeweils äquivalenten Laufzeitzinssätze als Abrechnungsgrundlage herangezogen werden.

m. Laufzeitzinsbezogene Spartenerfolgsrechnung Zur Berechnung der Spartenerfolge für das Kreditgeschäft wird ein (abgeleiteter) konstanter Marktzinssatz iA (für das einzelne Kreditgeschäft) ermittelt, dessen Ansatz bei der Barwertberechnung des Kreditgeschäfts zum gleichen Kapitalwert führt wie die Abzinsung der Zins- und Tilgungszahlungen mit den jeweiligen Terminzinssätzen. Aus

Ermittlung bankgeschäftlicher Perioden- und Spartenergebnisse 200 (0,15 - iA)

200 (0,15 - iA)

1,05

1,05 . 1,1

------+

(16)

+

100 (0,15 - iA)

193

= 27,71

1,05 . 1,1 . 1,15

folgt der dem geltenden Terminzinsspektrum für das realisierte Kreditgeschäft äquivalente Laufzeitzinssatz iA = 8,69%

Mit Hilfe dieses Laufzeitzinssatzes iA berechnet man die Laufzeitmarge (0,15 - 0,0869) = 0,0631 und damit die folgenden Periodenergebnisse: GAl

200 (0,15 - 0,0869)

12,624

GA2

200 (0,15 - 0,0869)

12,624

GA3

100 (0,15 - 0,0869)

6,312

Der Barwert der Kreditergebnisse (17)

12,624

12,624

1,05

1,05 . 1,1

--- +

+

6,312 1,05 . 1,1 . 1,15

= 27,71

stimmt wegen der in (16) beschriebenen Berechnungsweise von iA mit dem Kapitalwert des Kreditgeschäfts bei der herrschenden Terminstruktur der Zinssätze überein. Die Periodenergebnisse fallen erstens proportional zu den Periodenbeständen und zweitens proportional zu den Laufzeitmargen an. Der Kapitalwert des Kreditgeschäfts wird in der Form der Residualgewinne auf die einzelnen Bestandsperioden verteilt. Auch für das Einlagengeschäft wird ein (abgeleiteter) konstanter Laufzeitzinssatz ip ermittelt, bei dessen Ansatz der Barwert der Einlagenerfolge gleich dem Kapitalwert des Einlagengeschäfts ist. Aus (18)

Cpo =

200 (ip- 0,08) 1,05

+ folgt

+

200 (ip- 0,08) 1,05 . 1,1 . 1,15

200 (ip - 0,08) 1,05 . 1,1

=

8,29

ip = 9,612%'

so daß im Einlagenbereich eine durchschnittliche Marge von 1,612% erwirtschaftet wird. Die Einlagenergebnisse der einzelnen Perioden betragen 13 Festschrift für H.-J. Krünunel

194

Bernd Rudolph 200 (0,09612 - 0,08)

3,224

200 (0,09612 - 0,08)

3,224

200 (0,09612 - 0,08)

3,224

und der Barwert der Einlagenergebnisse 3,224

3,224

1,05

1,05 . 1,1

--+

(19)

+

3,224

- - - - - = 8,29

1,05 . 1,1 . 1,15

stimmt mit dem Kapitalwert des Einlagengeschäfts überein. Zusammengefaßt ergeben sich die in Tabelle 6 zusammengestellten Periodenergebnisse des Kredit-, Einlagen- und Gesamtgeschäfts. Tabelle 6: Periode

Ergebnis des Kreditgeschäfts

Ergebnis des Einlagengeschäfts

Zinsüberschuß

1

12,624

3,224

15,848

2

12,624

3,224

15,848

3

6,312

3,224

9,536

Die mit den Terminzinssätzen diskontierten Zinsüberschüsse addieren sich zum Reinvermögenszuwachs der Bank in t = 0 . (20)

15,848

15,848

1,05

1,05 . 1,1

--- +

9,536

+ - - - - - = 27,71 + 8,29 = 36 1,05 . 1,1 . 1,15

Damit sind alle wesentlichen Elemente einer marktzinsbezogenen Ergebnisermittlung und Ergebniszurechnung bei nicht flacher Zinsertragskurve zusammengestellt. D. Zusammenfassung und weiterführende Probleme

Es wurde gezeigt, daß sich die Marktzinsmethode der bankbetrieblichen Kosten- und Erlösrechnung aus dem investitionstheoretischen Ansatz der Kapitalwertmethode begründen läßt. Ein positiver Kapitalwert weist bei flacher ebenso wie bei nicht flacher Zinsertragskurve die Vorteilhaftigkeit von Einlagen- oder Kreditgeschäften aus. Bei nicht flacher Zinsertragskurve können die Kapitalwerte auf der Grundlage der Terminzinssätze, die

Ermittlung bankgeschäftlicher Perioden- und Spartenergebnisse

195

aus den am Kapitalmarkt zu beobachtenden Laufzeitzinssätzen abgeleitet werden können, berechnet werden. Die periodenbezogene Ergebnisverteilung auf die Sparten folgt dem Konzept des Residualgewinns. Die Übertragung dieses Konzepts weist allerdings die Besonderheit auf, daß die kalkulatorischen Zinsen bei nicht flacher Zinsertragskurve nicht auf der Basis der Terminzinssätze sondern auf der Basis der für das jeweilige Geschäft äquivalenten (zu einem gleich hohen Kapitalwert führenden) Laufzeitzinssätze abgerechnet werden. Die Barwerte der den einzelnen Perioden zugerechneten Zinskonditionenerfolge der Kredit- und Einlagengeschäfte ergeben folglich wieder die Kapitalwerte der entsprechenden Kredit- und Einlagengeschäfte. Setzt man vom gesamten Zinsergebnis einer Periode das Zinskonditionenergebnis ab, so erhält man das Struktur- bzw. Transformationsergebnis als Residualgröße. Mit dem Nachweis der formalen Äquivalenz von Marktzins- und Kapitalwertmethode ist bewiesen, daß die Marktzinsmethode bei Gültigkeit der Annahmen, die auch die Anwendung der Kapitalwertmethode zur Beurteilung der Vorteilhaftigkeit von Investitionsprojekten begründen, zu logisch richtigen Ergebnissen und somit zum richtigen Entscheidungsverhalten führt. Die Kapitalwertmethode führt stets dann zu richtigen, d.h. im Interesse der Investoren liegenden Entscheidungen, wenn die Annahme vollkommener Kapitalmärkte Gültigkeit besitzt. Müssen aber Kapitalmarktunvollkommenheiten berücksichtigt werden, so läßt sich nicht mehr ohne weiteres vom Ausweis eines positiven Kapitalwertes auf die Vorteilhaftigkeit des entsprechenden Geschäfts schließen. Die Anwendbarkeit der Kapitalwertmethode ist aber nicht auf den Fall der Existenz eines vollkommenen Kapitalmarktes beschränkt. Beispielsweise lassen sich bei beschränktem Kapitalmarkt, wenn also Obergrenzen oder Zugangsbeschränkungen für die Inanspruchnahme des Kapitalmarktes berücksichtigt werden müssen, die Programmplanungsansätze zur Bestimmung eines optimalen Investitions- und Finanzierungsprogramms bei unvollkommenem Kapitalmarkt verwenden. Gemeinsam mit dem optimalen Investitions- und Finanzierungsprogramm ergeben diese Berechnungen die sog. endogenen Kalkulationszinsfüße. Diese endogenen Kalkulationszinsfüße sind zugleich die Basis für den Ansatz der kalkulatorischen Zinsen bei der Berechnung der Periodengewinne. Allerdings heißt das auch, daß bei Kapitalmarktunvollkommenheiten die Opportunitäten, die für die Verwendung der Marktzinsmethode benötigt werden, erst aus der Lösung eines Gesamtplanungsansatzes abgeleitet werden müssen. Obwohl die Geld- und Kapitalmärkte, an denen Banken Mittel beschaffen oder anlegen können, im Vergleich zu anderen Märkten als besonders "vollkommen" gelten dürften, sind erhebliche reale Abweichungen vom Modell 13*

196

Bernd Rudolph

des vollkommenen Kapitalmarktes zu konstatieren (Eigenkapital-, Liquiditäts- und Mindestreservevorschriften, beschränkte Emissionsmöglichkeiten, Transaktionskosten etc.). Diese werden im allgemeinen den Programmplanungsansatz notwendig werden lassen und die von der Marktzinsmethode angestrebte eindeutige Meßbarkeit des Kundengeschäfts an der laufzeitäquivalenten Kapitalmarktalternative verhindern. Die Berücksichtigung unsicherer Erwartungen über die zukünftigen Geschäftsmöglichkeiten wie über die zukünftige Marktzinsentwicklung führt darüber hinaus zu Pro,blemen wie beispielsweise der Berücksichtigung von Risikoeinstellungen, die mit dem Instrumentarium der Investitionsrechnung bei Sicherheit nicht mehr bewältigt werden können.

Bankmarketing Unsinn, Wirklichkeit oder Notwendigkeit Von Hermann Sabel* A. Einleitung

B. Bankmarketing in Literatur und Wirklichkeit I. Urteile über Bankmarketing in der Literatur 1. Zur Literaturauswahl 2. Zu den Urteilen Il. Bankmarketing in der Wirklichkeit 1. Zur Marketing-Orientierung 2. Zum Nachweis der Notwendigkeit von Marketing als Antwort auf Wettbewerb C. Nachweis der Marketing-Konzepte durch empirische Befunde I. Statisches Marketing 1. Segmentierungen und Positionierungen bei Privatkunden 2. Segmentierungen und Positionierungen bei Firmenkunden Il. Dynamisches Marketing 1. Diffusionsprozeß und Lebenszyklus 2. Erfahrungskurve und Portfolio III. Internationales Marketing: Globalisierung D. Schluß

A. Einleitung Wenn man sich als Nicht-Bankbetriebswirt zur Ehrung eines Bonner Kollegen, der einer der bedeutendsten Vertreter des Faches Bankbetriebslehre ist, zu einem Beitrag zu dessen Forschungsgebiet aus der eigenen Fachperspektive entschließt, so muß man mit einer Reihe von Schwierigkeiten rechnen, insbesondere mit zweien, die sich in einer dritten zusammenfassend ungünstig auswirken. Wie man im einzelnen auch immer zu der soziologisch bedingten Kuhnschen Wissenschaftstheorie des Paradigmenwechsels von Theorien stehen

* Der Verfasser dankt Herrn Diplom-Volkswirt Colin Smith, Herrn Diplom-Volkswirt Christoph Weiser und Herrn Andreas Sahl für ihre Hilfe und Unterstützung bei den empirischen Recherchen, der Auswertung der Daten und der Anfertigung der Tabellen und Graphiken.

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Hermann Sabel

mag 1 , so ist doch zumindest ein Umstand daran von nicht zu leugnender Bedeutung. Jedes Fach hat seine eigene Sichtweise für Forschung und Praxis und führt damit bei gleichem Untersuchungsgegenstand zu unterschiedlichen Interpretationen der gleichen Wirklichkeit. Zum zweiten kann ein Fachfremder auch bei kurzfristig intensivster Lektüre der Beiträge zu dem anderen Fach niemals den Wissensstand erreichen, über den Fachvertreter und Praktiker verfügen, ja er kennt sich vielleicht nicht einmal richtig in der Fachterminologie aus. Aus diesen beiden Schwierigkeiten gemeinsam resultiert eine dritte. Andere Paradigmen, einfacher Sichtweisen, können, sollten die daraus abgeleiteten Ergebnisse bisher nicht gesehen worden sein, zu Irritationen führen, die gerade der verursacht, der gar nicht über die Fachkenntnisse verfügt, weshalb der Vorwurf der Anmaßung leicht erhoben werden kann. Im bankbetrieblichen Sinne resultiert aus allen dreien, daß ein Autor, der sich mit Bankmarketing aus der Marketingperspektive beschäftigt, ein hohes Risiko eingeht und gemäß der bankbetrieblichen Perspektive einen hohen Preis zahlen müßte bzw. erzielte. Wollte er Strategien der Risikobegrenzung in Form von aktiven und passiven Portefeuillestrategien im Sinne des zu Ehrenden und seines Schülers Rudolph 2 wählen, wäre er gut beraten, die Dokumente zu sichten und in Literatur- und Empirieauswahl präzise zu sein. Daraus resultiert der Aufbau des folgenden Beitrages. In einem ersten Abschnitt werden zunächst die Urteile über Bankmarketing gesichtet, die Quellen derselben selektiert sowie eine Wertung versucht und die Notwendigkeit von Bankmarketing als Antwort auf Wettbewerbsentwicklungen abgeleitet. In einem zweiten Abschnitt wird der Versuch unternommen, auf der Grundlage empirischer Befunde zu zeigen, daß sich die Konzepte des Marketings auf bankbetriebliche Fragen übertragen lassen. Dabei gelten als Beobachtungsbereich des Bankmarketing die deutschsprachige betriebswirtschaftliche Teildisziplin und vorwiegend die deutschen Banken.

I Vgl. Kuhn, Th. S.: Die Struktur wissenschaftlicher Revolution, 2. revidierte und um das Postskriptum von 1969 ergänzte Aufl., Frankfurt am Main 1978. 2 Vgl. z.B. Krümmel, H. J.: Finanzierungsrisiken und Kreditspielraum, in: ZfB, 36. Jg., 1. Ergänzungsheft, April 1966, S.134- 157 und Rudolph, B.: Innovationen zur Steuerung und Begrenzung bankbetrieblicher Risiken, in: Krümmel, H. J. und B. Rudolph (Hrsg.): Bankmanagement für neue Märkte. Vorträge und Berichte der Tagung Bankmanagement für neue Märkte am 10. September 1986, Frankfurt am Main 1987, S.17- 45.

Bankmarketing

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B. Bankmarketing in Literatur und Wirklichkeit I. Urteile über Bankmarketing in der Literatur

1. Zur Literaturauswahl Bei der Literaturauswahl steht man neben der Schwierigkeit, nur formaler Kenner der Literatur, etwa im Sinne der heutigen Computerauswahlsysteme von Titeln sein zu können3 , vor der weiteren, Theorie und Praxis gleichermaßen erfassen zu müssen. Deshalb muß man mit einer Hypothese arbeiten, die der zu Ehrende durch seine Konzeption wissenschaftlicher und praktischer Arbeit eindeutig stützt. Wenn Theoretiker für Praktiker schreiben, etwa in einer Festschrift für einen zu ehrenden Praktiker, so kann angenommen werden, daß sie von den Theorien, Modellen, Konzepten sprechen, die gerade erst oder noch Bedeutung in Theorie und Praxis haben, oder von denen sie hoffen, daß sie in der Zukunft Bedeutung haben werden. Und wenn, wie es der Fall ist, der Kreis der Fachvertreter der Bankbetriebslehre noch klein ist, so werden sich tendenziell Beiträge von jedem in jeder Festschrift finden. Es genügt deshalb, eine zu wählen. Die Festschrift, die dem Autor bei Anfertigung des Beitrages auf den Tisch kam, ist die von Krumnow und Metz herausgegebene Festschrift zum 65. Geburtstag von Dr. Klaus Mertin aus 19874, zu der viele Theoretiker und Praktiker beigetragen haben. Die Hypothese, daß aus dem Zusammenspiel von Theorie und Praxis der Werkzeugbestand einer Disziplin aufleuchten muß, hat insbesondere der zu Ehrende durch seine Konzeption der Bonner September-Tagungen deutlich gemacht, bei denen Theoretiker und Praktiker seit 1982 in zweijährigem Abstand über aktuelle Fragen der Bankbetriebslehre diskutieren. Drei Tagungsbände liegen vor5. Sie stellen in hervorragender Weise auswertbares Material dar, da sie den "state of the art" repräsentieren und damit auch den wissenschaftlichen Anspruch der Repräsentativität erfüllen. Besondere Bedeutung muß einem Werk zukommen, das kürzlich erschien und den Titel trägt: "Handbuch des Bankmarketings" 6, insbesondere wenn Die Literaturzusammenstellung befindet sich am Schluß dieses Beitrages. Krumnow, J. und M. Metz (Hrsg.): Rechnungswesen im Dienste der Bankpolitik, Festschrift für Klaus Mertin zum 65. Geburtstag, Stuttgart 1987. 5 Krümme!, H. J. und B. Rudolph (Hrsg.): Strategische Bankplanung. Vorträge und Berichte der Tagung Strategische Bankplanung am 30. September 1982, Frankfurt am Main 1983; Krümme!, H. J. und B. Rudolph (Hrsg.): Innovationen im Kreditmanagement. Vorträge und Berichte der Tagung Innovationen im Kreditmanagement am 27. September 1984, Frankfurt am Main 1985; Krümme!, H. J. und B. Rudolph (Hrsg.): Bankmanagement für neue Märkte (1987). s Süchting, J. und E. van Hooven (Hrsg.): Handbuch des Bankmarketing, Wiesbaden 1987. 3

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dessen Herausgeber die Bedeutung dieses Werkes wie folgt sehen: "Was fehlt, ist eine umfassende Auseinandersetzung mit den Problemen des Bankmarketing. Die Herausgeber versuchen, diese Lücke zu schließen, und sprechen deshalb auch vom ,Handbuch des Bankmarketing"'7. Daß mit dieser engen Auswahl einzelnen, insbesondere einsamen Rufern in der Wüste, Unrecht getan werden kann, muß hingenommen werden, kann es aber auch, wenn man den der Bankbetriebslehre nicht so fernen juristischen Standpunkt der "herrschenden Lehre" bezieht.

2. Zu den Urteilen Nimmt man als erste die genannte Festschrift für Mertin, zu der viele Praktiker und Professoren beigetragen haben, so zeigt sich ein sehr merkwürdiges Bild. Praktiker sprechen überhaupt nicht von Marketing. Der Beitrag von Büschgen mit dem Titel "Controlling und Marketing" geht dagegen ausdrücklich auf Marketing ein8 . Schaut man aber in das Stichwortverzeichnis9, so kommt das Stichwort "Bankmarketing" nicht vor, wohl aber neun Stichworte in Verbindung mit "Bank". Nun könnte man dies dem Rahmenthema des Bandes "Rechnungswesen im Dienste der Bankpolitik" im Sinne einer engen Themenauslegung zurechnen. Sieht man aber die Beziehungen zur Bankpolitik, so kann man schon den Bezug zum Marketing schlagen, wie es Büschgen auch getan hat. Nimmt man allerdings dessen Aussage zum Marketing, so versteht man, daß zwar Marketing, aber nicht Bankmarketing im Stichwortverzeichnis zu finden ist: "Sowohl das Marketing als auch das Controlling in ihrer Gänze sind in diesem Sinne auch nicht als administrative Stabsfunktionen zu verstehen, sondern als wichtige Instrumente der Unternehmenssteuerung, die sich in ihrer Funktion komplementär zueinander verhalten und im Zusammenwirken ihre Aufgaben zum Nutzen der Bank erfüllen" 10 , obwohl doch vorher ausgeführt worden war: "Der Kunde soll Ausgangspunkt und Ziel der Unternehmensphilosophie sein ... " 11 . Das darin liegende Problem wird dadurch gelöst, daß es zwar Marketing, aber kein Bankmarketing gibt. Geht man von den Titeln aus, so müßte man von den drei Tagungsthemen der Bonner September-Tagungen mehr erwarten. Handelt es sich doch um Themen, die auch die Autoren dieser Bände in Zusammenhang mit Marketing sehen: "Strategische Bankplanung" (1982), "Innovationen im Kreditmanagement" (1984), "Bankmanagement für neue Märkte" (1986). 7 Vgl. Vorwort der Herausgeber in: Süchting, J. und E. van Hooven (Hrsg.) (1987), 8. 7. 8 Büschgen, H. E.: Controlling und Marketing, in: Krumnow, J. und M. Metz (Hrsg.) (1987), 8. 343 - 349. 1o Büschgen, H. E. (1987), 8.179. u Büschgen, H. E. (1987), 8.163.

Bankmarketing

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Da die Bände keine Schlagwortverzeichnisse aufweisen, kann man keine quantitative, vielmehr nur eine qualitative und sicherlich auch angemessenere Auswertung vornehmen. Tut man dies, so läßt sich feststellen, daß in den einzelnen Aufsätzen typische Fragestellungen, Konzepte und Methoden des Marketing behandelt werden, und zwar von Tagung zu Tagung mehr, und mehr von Praktikern als von Professoren, daß aber von Marketing kaum, von Bankmarketing überhaupt keine Rede ist, und wenn von Marketing gesprochen wird, dann eher in einem abwertenden Sinne. Solche typischerweise dem Marketing oder strategischen Marketing zuzuordnende Themen sind in den einzelnen Tagungsbänden unter anderem die folgenden je Tagungs band: "Strategische Bankplanung": Marktanalysen, Kundengruppen, Portfolio, Lebenszyklus, Zielgruppen, Erfahrungskurve, strategische Preispolitik, Marktsegmentierung, Wettbewerbsszenario; "Innovationen im Kreditmanagement": Produktinnovationen, Markenartikel, Branchenkostenkurven, Preisbänder, Portfolio, Konzernbetreuer, Internationale Kunden, Produktmanagement; "Bankmanagement für neue Produkte": Neue Wettbewerber, Emanzipation der Firmenkunden, Kundenbedürfnisse, internationaler Wettbewerb, Internationalisierung, Präsenz, Account-Manager, Polarisierung von Kundenbedürfnissen, Preis- und Service-Konkurrenz, Marketing-Konzept, Marketing-Manager, Marketing-Effizienz, Bankkonkurrenten, Marketing-Strategie, Verdrängungswettbewerb, Marktsegmente, Innovationen, Marketing-Ausstrahlung, Firmenkunden-Marketing. Jeder mit Marketing im Konsumgüter- oder Investitionsgüterbereich Vertraute müßte nach diesen langen Listen annehmen, daß man die genannten Probleme und Ansätze als solche des Bankmarketing in diesen Tagungsbänden bezeichnete. Weit gefehlt. Offenbar gilt vom Atmosphärischen her Marketing in der Bankwelt noch immer als "demi". Die Beiträge, die hauptinhaltlich von Marketing im Bankbereich handeln, stammen deshalb auch weder von Professoren noch von Bankpraktikern, vielmehr aus der Feder von Unternehmensberaterni2. Die Erklärung für diesen Umstand ist dann einfach, wenn man, wie der Verfasser, der Hypothese folgt, daß Marketingdenken eine Antwort auf Marktentwicklungen ist. Unter dieser These hat der Verfasser schon an 12 Vgl. z.B. die Beiträge von Seifert, W. G.: Versicherungen und Banken als Anbieter von Financial Services, in: Krümmel, H. J. und B. Rudolph (Hrsg.) (1983), S. 63 82 oder Schlenzka, P. F.: Ansätze zur Mindestmargenkalkulation bei der Steuerungdes Kreditgeschäfts, in: Krümmel, H. J. und B. Rudolph (Hrsg.) (1985), S. 42- 60 oder Gömmel, M.: Erfahrungen mit der Bildung strategischer Geschäftsfelder in einer mittelgroßen Bank, in: Krümmel, H. J. und B. Rudolph (Hrsg.) (1987), S. 182 - 205.

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Hermann Sabel

anderer Stelle 13 nachgewiesen, daß die Ideenausbreitung des Marketing als Diffusionsprozeß zu sehen ist, zu dem sich Einkommen und Wettbewerb parallel entwickelt haben, mit der Folge, daß die Konsumgüterindustrie als erste- seit Ende dersechziger-den Marketingaspekt sich zu eigen gemacht hat, während die Banken und Versicherungen als letzte folgen. Haben doch die Zinsabkommen als Kartell und die weitgehenden Regulierungen aggressiven Wettbewerb zunächst ausgeschlossen und späteres stetiges Wachstum ihn eher entbehrlich gemacht. In anderer Weise läßt sich der Diffusionsprozeß des Bankmarketing auch darin erkennen, daß die dem Marketing entsprechende Entwicklung von Innovationen in dem Diffusionsprozeß derselben von den Vereinigten Staaten ausgeht, wo Wettbewerb im Bereich der Finanzmärkte an der Intensität der Pleiten14 gemessen werden kann. Sieht man auch in der Bundesrepublik die Marktverhältnisse so, daß sich auch auf dem Tätigkeitsfeld der Banken der Wettbewerb international intensiviert, so müßte jetzt die Stunde des Bankmarketing gekommen sein. Die letztjährige Bonner Tagung gesteht dies zwar im Titel ein: "Bankmanagement für neue Märkte". Die Situation ist auch verstanden, daß aber Bankmarketing die Antwort sei, wird noch nicht akzeptiert, obwohl es nötig wäre. Nimmt man den Anspruch der dritten Gruppe von Literaturfundstellen, also den des Handbuchs des Bankmarketings, so müßte man hier eigentlich erwarten, daß Bankmarketing zentrales Thema sei. Und so finden sich auch tatsächlich fast alle Marketing-Termini in den vielen Beiträgen des Handbuches, doch nur in wenigen eine Marketingorientierung. Interpretiert man den Schlußbeitrag von Hoovens 15 , dessen Titel "Standortbestimmung und künftige Entwicklungslinien im Bankmarketing" lautet, als im Sinne der Herausgeber abschließend wertenden Beitrag, so wird Bankmarketing auf der Strecke bleiben: "Ausgangspunkt jeder Marketing-Strategie sind die effektiven und potentiellen Bedürfnisse der Kunden (Karsten, S. 132). Daneben müssen aber auch die institutseigenen Stärken und Schwächen, das Verhalten der Wettbewerber und nicht zuletzt Rentabilität und Risikogehalt der Geschäfte in die Marketing-Entscheidungen einbezogen werden 16 ."

13 Vgl. Sabel, H.: Absatzstrategien deutscher Unternehmen seit 1945, in: Absatzstrategien deutscher Unternehmen Gestern - Heute - Morgen, Beiheft 23 der Zeitschrift für Unternehmensgeschichte, Wiesbaden 1982, S. 47- 66. u Vgl. etwa o. V.: US-Banken: Ein Meer roter Tinte, in: Wirtschaftswoche, 40. Jg., Nr. 8 vom 14. 2.1986, S. 134 - 138 und o. V.: US-Banken: Das lange Sterben, in: Wirtschaftswoche, 40. Jg., Nr. 42 vom 10.10.1986, S.138- 143. 15 van Hooven, E.: Standortbestimmung und künftige Entwicklungslinien im Bankmarketing, in: Süchting, J. und E. van Hooven (Hrsg.) (1987), S. 477- 494. 16 van Hooven, E. (1987), S. 490.

Bankmarketing

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Die Frage kann deshalb nicht lauten, ob es eine konsequente Marketingorientierung bereits gibt, wird vielmehr lauten müssen, ob eine solche erforderlich ist. ll. Bankmarketing in der Wirklichkeit

1. Zur Marketing-Orientierung

Die Übernahme des Terminus Marketing aus der amerikanischen in die deutsche wie in andere europäische Sprachen als Lehnwort legt nahe, daß es um etwas anderes als Absetzen, Verkaufen, Vertreiben, Verteilen, Vermarkten, Verleihen geht. Es geht um die in ihrer Aussage einfache, in ihrer radikalen Durchsetzung so schwierige Umkehr der Betrachtung aller Probleme anstatt aus eigener Sicht aus der des Kunden unter Berücksichtigung der Konkurrenten, d. h. aus der Sicht des Marktes, für den das Angebot gilt, und nicht aus der Sicht der Firmen, die es gestalten. Erstaunlicherweise oder auch nicht, kommen einem die Konkurrenten eher ins Visier als die Kunden. Das macht auch der Untertitel des 86er Bonner Tagungsbandes deutlich: "Chancen und Risiken der Banken an Finanzmärkten mit neuen Produkten und neuen Wettbewerbern". Von letzteren ist dann auch im Tagungsband vielfältig die Rede, von den Kunden dagegen sehr viel weniger und in einer eigenartigen Verkennung der Lage. Konfrontiert man die Marktorientierung als Außenorientierung gegen die Innenorientierung der Firmensicht, so liefert der zitierte Tagungsband vielfältige Beispiele für starke Innenorientierungen und unter ihnen ein glänzendes Beispiel für die Vernachlässigung der Kundenorientierung der Banken in einer zweifachen Weise. Unter dem Titel "Wettbewerb im Privatkundengeschäft" mit dem Untertitel "Kreditkartengesellschaften, Versandhandel und Automobilhersteller als Bankkonkurrenten"1 7 beschäftigt sich der Sparkassendirektor Rühle unter diesen Konkurrenten zunächst mit den Kreditkartengesellschaften, wagt auch noch in der Überschrift 2.2. die Frage: "Schläft das Bankgewerbe?", beantwortet diese Frage aber mit folgendem ersten Abschnitt, dessen spätere Analyse zeigen wird, daß das Geschäft der Kreditkartenanbietervon den Banken noch immer nicht verstanden wird: "Was hat das deutsche Bankgewerbe dieser Gefahr entgegenzusetzen? Nun, die Basis für ein Bestehen im Wettbewerb wurde bereits geschaffen. Das deutsche Kreditgewerbe hat ein eigenes Produkt als Kreditkarte bzw. als T. und E.-Karte kreiert: die Eurocard. Sie wird von GZS Frankfurt - Gesellschaft für Zah17 Rühle, K.: Kreditgesellschaften, Versandhandel und Automobilhersteller als Bankkonkurrenten, in: Krümmel, H. J. und B. Rudolph (Hrsg.) (1987), S. 83 - 99.

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Hermann Sabel

lungssysteme - initiiert. Und die GZS ist die gemeinsame Zahlungsverkehrsgesellschaft der drei Hauptsäulen des deutschen Kreditgewerbes, nämlich des privaten Bankgewerbes, der Sparkassen und der Kreditgenossenschaften. Abb. 2 zeigt die Beteiligungsverhältnisse auf; die Sparkassenorganisation und das private Bankgewerbe sind mit jeweils 40%, die Kreditgenossenschaften mit 20% an der GZS beteiligtlB.'' Diese technische Beschreibung ist so auf die interne Sicht fixiert, daß man kaum erwarten kann, daß sie irgendeinen Kunden interessieren wird. Und wenn sich auch die Eurocard durch die Marktpräsenz der beteiligten Institute einen respektablen Anteil an dem Kreditkartengeschäft gesichert hat, so haben die meisten deutschen Banken doch noch nicht erkannt, auf welche Bedürfnisse die Kreditkarte antwortet: z.B. auf das weltweit jederzeitige bequeme gefahrlos sichere Zahlenkönnen, neben vielem anderem. Wer für den deutschen Markt diese Kundenorientierung verstanden hat, zeigt die Entwicklung der Kreditkartenausbreitung (vgl. Abb.l), und daß Wettbewerb herrscht, zeigt die Tatsache, daß vom "Krieg der Karten" die Rede istl 9 • Wie die deutschen Banken das Problem weiter lösen wollen, hat die jüngste Entwicklung gezeigt. Der Weg ist nicht Kundenorientierung sondern Monopolisierung. So jedenfalls sehen es Nichtbanker, wie die Wirtschaftswoche: "Massenweise schlechte Presse erntete die Kreditwirtschaft, als sie als Reaktion auf die deutsche Kreditkarte des Handels eine eigene Multifunktionalkarte präsentierte. Die Banker nutzten ihre wettbewerbsrechtlichen Privilegien damit ein weiteres Mal aus, denn innerhalb der Branche wird Konkurrenz erneut ausgeschlossen- die Gesetzgebung macht es möglich. ,Das Kartenkartell wird vor diesem Hintergrund die Diskussion um das Bankenprivileg beleben', orakelte die FAZ"20. Hat man keinen Wettbewerb, braucht man den Kunden nicht zu verstehen. Hätten die Banken das Anliegen, den Zahlungsvorgang für den Kunden so auszugestalten, wie oben beschrieben, so würden sie ihre Schecks mit größerer Sicherheit ausgestalten und die Kulanzfragen bei abhandengekommenen Schecks strategisch anders betrachten, was sie bis heute nicht tun, obwohl sie es schon könnten, wie auch diese Zahlungsart der Kriminalität in USA gefahrloser entziehbar ist, z.B. durch Namenseindruck Würde man den Namen auf den Schecks eindrucken, wie heute die Kartennummer, und die Vorlage eines Reisedokumentes- Personalausweis, Rei1s Rühle, K. (1987), S. 86.

o. V.: Zahlungssysteme: Kampf der Karten, in: Wirtschaftswoche, 41. Jg., Nr.17 vom 17. 4.1987, S. 48- 65; Schubert, T.: Krieg der Karten, in: Manager Magazin, 17. Jg., Nr. 5, 1987, S. 246-252. 20 Balzer, A.: Deregulierung (III): Macht statt Markt, in: Wirtschaftswoche, 41. Jg., Nr. 45, vom 30.10.1987, S. 62ff. hier S. 68. 19

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Abb. 1: Kreditkartenentwicklung (Stück in Tausend)

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Quelle: Zeyer, Fred: Der deutsche Kreditkartenmarkt wächst rasch, in: Blick durch die Wirtschaft, 29. Jg., Nr. 200 (17. Oktober 1986 S. 3. Telefonische Auskünfte von Am.exco, Diners, Visa, Eurocard.

sepaß oder sonstiges -verlangen, was natürlich die Scheckkarte entbehrlich machte, so wären Kunden, Banken und bankeigene Versicherungen gesichert, unabhängig davon, ob die Kunden sich nun nach den durch die Geschäftsbedingungen der Banken nahegelegten Verhaltensempfehlungen gerichtet hätten oder nicht. Und folgende Notiz, jedenfalls der in ihr berichtete Umfang des Verlustes, gehörte der Vergangenheit an: "Der von Scheckbetrügern angerichtete Schaden ist 1987 rund 10% auf 60 Mill. DM gestiegen21." Wie sehr Banken auf das eigene Geld bedacht sind, sieht man auf einem anderen Feld, wo sie Verluste durch gesicherte Geldtransporte und gesicherte Schalter verhindern. Aber Kundenorientierung fällt halt schwer. Nicht nur der genannte Beitrag Rühles selbst, sondern auch die Diskussion dazu zeigt, daß man sich über die Bedeutung dieser Kundenorientierung noch gar nicht im Klaren ist. Bringt doch die Zusammenfassung der Diskussion von Meyer zu Selhausen22 ein sehr widersprüchliches Bild, das nur daraus resultieren kann, daß man die Kundenbedürfnisse noch nicht ernst nimmt: 21 o. V.: Eurocheque- Betrug in Höhe von 60 Mill. DM, in: Handelsblatt, Nr.15/3 vom 22./23.1.1988, S. 9.

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Einerseits:

Hermann Sabel

"Die neue Wettbewerbssituation wurde übereinstimmend .als für die Banken noch wenig bedrohlich erachtet."

Andererseits: "Die Nichtanpassung der Banken an geänderte Kundenbedürfnisse wurde übereinstimmend als Gefahr für die Marktstellung der Banken angesehen." Fazit:

"Die Artisten in der Zirkuskuppel- ratlos!"

Auch in anderen Branchen geht man gerne den Weg, den Markt neu, d.h. kleiner zu definieren, wenn er verschwunden ist, solange man auf dem Restmarkt noch große Gewinne macht. Eine strategische Antwort war es nie. Diese Aussage gilt natürlich nicht nur für die Kreditkarten, vielmehr auch für das Geschäft, das bei den anderen Konkurrenten, wie sie in dem Beitrag untersucht werden, wie Versandhandel und Automobilindustrie, verschwunden ist, vielleicht auch deshalb, weil die Banken diese Marktentwicklungen nicht beachtet haben, weil ihnen die Marketingorientierung fehlte. Im übrigen gilt dies nicht nur für die Bundesrepublik. Auch in den USA haben, trotz anderen Bankensystems der Trennbanken, die Banken als Gruppe Konkurrenten gefunden, die ganz andere Zusammenschnitte von Leistungsbündeln anbieten, die für jeweils andere Segmente geeignet sind, so daß die folgende Abb. 2 zunächst in einer Publikation der Citibank den Namen trug "Who does what", dann im WallStreet Journal den provokanten Titel erhielt: "What Banks are upset about" und so in der Zeitschrift Long-Range-Planning zitiert wurde 23 • Hier wird die Originalfassung der Citibank übernommen. Sieht man die Kommentierung dieser Aufstellung in dem Beitrag von Rudolph24, der sich auf die Fassung in Long-Range-Planning bezieht, in dem 86 Bonner Tagungsband, so ist es schon erstaunlich, daß in diesem Zusammenhang zwar von dem Sterben von Banken in USA die Rede ist, daß aber der Zusammenhang mit fehlendem Marketing im Sinne konsequenter Kundenorientierung nicht gesehen wird.

2 2 Meyer zu Selhausen, H.: Diskussionsergebnisse des Arbeitskreises Al, in: Krümmel, H. J. und B. Rudolph (Hrsg.) (1987), S.100- 102, hier S.102. 23 Citibank/Citicorp: Old Bank Robbers' Guide To Where The New Money Is, New York 1980; Salomon, J.: Bankers Getting Increasingly Upset About Unregulated Status of Rivals, in: The WallStreet Journal, 5. Oct. 1981, S. 11 und Sontheimer, K. C. and R. S. Thorn: Competitve Strategies in U.S. Banking, in: Long Range Planning, Vol. 19, No. 1, February 1986, S. 113 - 120, hier S. 114. 24 Rudolph, B.: Innovationen zur Steuerung und Begrenzung bankbetrieblicher Risiken (1987), S. 29ff.

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Quelle: Citibank/C iticorp: Old Bank Robbers' Guide To Where The New Money Is, New York 1980, S. 23.

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Cash Manage ment Account

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Casualty lnsuranc e

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Sec u rities

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2. Zum Nachweis der Notwendigkeit von Marketing als Antwort auf Wettbewerb Geht man von der elementaren Voraussetzung aus, daß die Notwendigkeit zum Denken in Kundennutzen für die Angebotsseite nur dann erforderlich ist, wenn Wettbewerb um die Kunden besteht, dann muß man prüfen, ob es bereits Wettbewerb gibt, oder ob Wettbewerb zu erwarten ist. Dabei ist man nicht erst seit Porter25 sondern bereits seit Machlup26 gut beraten, zwischen Wettbewerb in der Branche, Wettbewerb von Substituten, Kunden und potentiellen Wettbewerbern zu unterscheiden, ohne zu vergessen, daß in den meisten Fällen nur über den Wettbewerb in der Branche nachgedacht wird. Ob im deutschen Universalbankenbereich Wettbewerb herrscht oder nicht, wird im politischen Feld unterschiedlich gesehen. Banker sehen im Kontext des Kreditkartengeschäfts die intendierte Kreditkarte als Gemeinschaftsmarketingund werten es wie folgt: "Gemeinsames Marketing ist hier kein falsches Etikett für den angeblichen Ausschluß von Wettbewerb. Niemand hat ein Interesse daran, daß der lebhafte Wettbewerb im Kreditgewerbe etwas von seiner Intensität einbüßt27." Politiker sehen das anders: "Lambsdorff warf den Banken ein ,merkwürdiges Verständnis von Wettbewerb' vor. Matthias Wissmann, wirtschaftlicher Sprecher der CDU/CSUBundestagsfraktion, verkündete, daß eine Novellierung des Kartellgesetzes gute Chancen hätte, noch in dieser Legislaturperiode durchgesetzt zu werden. Dabei solle gegen ungerechtfertigte Wettbewerbsprivilegien bei Kreditinstituten vorgegangen werden2a." Ökonomen schauen nicht auf die vorgetragenen Argumente, vielmehr auf die erzielten Resultate. Und dort spricht vieles dafür, daß es innerhalb der Branche zumindest nicht den Wettbewerb gibt, der sich sonst auf den Märkten abspielt. Wie anders wäre der vom Rheinisch Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung festgestellte Sachverhalt zu erklären als durch fehlenden Wettbewerb: "Während die Kapitalrentabilität der Gesamtwirtschaft von 1970 bis 1985 jahresdurchschnittlich um 1,8 Prozent zurückging, nahm sie bei Kreditinstituten und Versicherungen um 2,3 Prozent zu29." Wie glücklich sich das Fehlen starken Wettbewerbs im Inland auswirkt, sieht man auch an den ungebrochenen Entwicklungen des Geschäftsvolu2 5 Vgl. Porter, M. E.: Competitive Strategy: Techniques for Analysing Industries and Competitors, New York 1980; Porter, M. E. (ed.): Competition in Global Industries, Cambridge Mass. 1985; Porter, M. E.: Competitive Advantage, New YorkLondon 1985. 26 Vgl. Machlup, F.: Wettbewerb im Verkauf. Modellanalyse des Anbieterverhaltens, deutsche Übersetzung des Originals "The Economics of Seilers Competition" durch H.-W. Gerhard, Göttingen 1966. 27 van Hooven, E. (1987), S. 483. 2s Balzer, A. (1987), S. 68/69. 29 Balzer, A. (1987), S. 63.

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Bankmarketing

mens der Banken insgesamt wie der einzelnen Gruppen der Großbanken, der Sparkassenorganisation sowie der zusammengefaßten Restgruppe der Banken, bei der die Genossenschaftsbanken einen großen Anteil haben. (Vgl. Abb. 3) Abb. 3: Entwicklung des Geschäftsvolumens (mit Auslandsfilialen) (in Billionen DM) 4~----------------------------------------------~

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DB = Deutsche Bank, DrB = Dresdner Bank, C = Commerzbank, GSpK = Girozentralen und Sparkassen. Quelle: Geschäftsberichte; Monatsberichte der Deutschen Bundesbank, 1973 - 1986; Statistische Beihefte zu den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank, Reihe 1, 1973- 1986; Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, 26. Jg.39. Jg. (1973- 1976).

Nun hat in dem genannten Handbuch Juncker eine Analyse geboten, wonach es Wettbewerb zwischen den einzelnen Sektoren des Bankenbereiches gibt, da sich die Bankanteile in einem speziellen Bereich, nämlich im Bereich des Kredits an Unternehmen und wirtschaftlich Selbständige, stark verschoben hätten3o. (vgl. Abb. 5) Das ist wohl richtig, läßt sich aber auch anders verstehen. Da diese Kredite nur ein gutes Viertel des Geschäftsvolumens ausmachen, muß bei insgesamt gleichbleibenden Marktanteilen eine Verschiebung zwischen den einao Vgl. Juncker, K.: Von der Marktsegmentierung zum strategischen Bankmarketing, in: Süchting, J. und E. van Hooven (Hrsg.) (1987), S. 225- 247, hier S. 227.

Bankmarketing

211

Abb. 5: Marktanteile im Kreditgeschäft mit inländischen Unternehmen und wirtschaftlich Selbständigen

Marktanteile in'!•

40

'----l

35 30

~

Genossenschafubanken

Sparkassen

Kreditbanken

--------

'

25

40

35 30

1---

25 20

20

~

15 10

70

72

74

76

78

so•

15

82

84

10

• Umstellung der Kreditnehmerstalistik Quelle: Juncker, Klaus: Von der Marktsegmentierung zum strategischen Marketing im Firmenkundengeschäft, in: Süchting, Joachim und Eckard van Hooven (Hrsg.) (1987), S. 227.

zeinen Geschäften stattgefunden haben. Dies zeigt sich sehr schön, wenn man das Geschäftsvolumen sukzessive aufbaut. Dann gibt es zwar durch die einzelnen zusätzlichen Geschäfte jeweils kleine Verschiebungen, im Geschäftsvolumen aber zeigt sich ein mehr oder minder konstanter Marktanteil der drei Bankengruppen. So muß wohl eine jeweilige Schwerpunktverschiebung unter den einzelnen Bankbereichen stattgefunden haben, was zu einer weiteren Verringerung des Wettbewerbs führt, jedenfalls was die Konkurrenz inländischer Anbieter auf dem Inlandsmarkt betrifft. Nun könnte es aber internationalen Wettbewerb geben. Den gibt es sicher auch auf den internationalen Märkten, nicht dagegen auf dem nationalen Markt, wie die erschreckend kleinen Anteile ausländischer Banken zeigen, die um die 2% schwanken31, und damit entschieden niedriger liegen als die Marktanteile ausländischer Wettbewerber auf den Waren- und sonstigen Dienstleistungsmärkten. 3! Vgl. Statistische Beihefte zu den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank, Reihe 1: Bankenstatistik nach Bankengruppen, 1971- 1986.

14•

212

Hermann Sabel Abb. 6a: Marktanteile der Großbanken (ohne Auslandsfilialen) (in Prozent)

50~------------------------------------------------~

20-

0~--~--~--~~--~~~~~---~~--~~~~-~~--~--~~--~---r--~

1Q70

1Q80 *

1Q7l5

Jahr Abb. 6 b: Marktanteile der Sparkassen und Girozentralen (ohne Auslandsfilialen) (in Prozent)

40

-

V

20

-

10

0

1870

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...

~

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~

~

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I

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~

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I

I

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1875

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-

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1880*

+

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I

6

5

4

3

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2

1 "..

I

I

213

Bankmarketing

Abb. 6c: Marktanteile Rest (ohne Auslandsfilialen) (in Prozent)

--->L

'T

--..~

40

30

-

--

..

-

_.6

.....-

--*

c..>

Bankmarketing

237

Abb. 12a: Stützpunkte der Deutschen Bank im Ausland (Stand: 1986)

1975 1976 1977 1976 1979 1980 19B! !982 1983 1984 1985 1986

Jahre

=============== ========================================================================

Repraeser.tanzen

15

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lB

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18

18

19

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instituten

Ga von Qit Eletei l1 gunger. V{tn :lehr a'• 5üi! Stuetzpunkte 0 z

291

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22 > 0 z 0 26 > 0 z 15 13 > 0 z 17 13 > 0 z 23 0 0 z 26 4 > 0

maximaler Zielwert!

292

Wolfgang Lücke

1

e1a e14

}

Bedingung nicht erfüllt.

32

z 10 20 > 0 16 1 z 7 > 0 19 0 z 11 > 0 25 1 z -2 < 0 0

e 11 aus d 6 für DP4

z

-11 < 0

Bedingung nicht erfüllt.

aus d 7 entfallen (Bedingungen nicht erfüllt).

e15 e1s

} au'd"

Die Abbildung 16 faßt das Ergebnis der Berechnung zusammen. Der optimale Weg ist markiert worden.

) whence it has to consider the market equilibria and the production hyperplane of the firm. Moreover, the privatization body knows that the firm adjusts prices and netputs to any extent of privatization, depending on the bargaining power of the various representatives at the board. Hence the privatization body's selling of shares is restricted to the set S. As for the incomes rh, it is important to note that the shares are sold at a fair price which equals the expected dividends. So the privatization does not cause direct income effects, whence rh is functionally independent of E> • However, indirect income effects may occur in the model. The increasing efficiency of the privatized firm will imply increases in the national income which are redistributed to the consumers along the overall financial equilibrium (6). As in our model there is no redistribution of the lump-sum incomes rh, the indirect income effects arenot dealt with. I. Piecemeal versus optimum policy

The actual carrying-out of privatization turns out to be rather complicated because the ability of the private capital markets to absorb the relevant shares issues is restricted in the short run. In practice, therefore, privatization is usually carried out in a series of steps. A theoretical description of such a step-by-step procedure applies a piecemeal policy approach instead of an optimum theory (Hatta (1977), Peters (1985)). The government starts from a given percentage of shares which is publicly owned and searches for small changes in the ownership which increase welfare. The privatized firm adjusts prices and netputs to any chosen extent of privatization. Theinformation requirements are lower for a piecemeal policy than for an optimum policy. A government which tries to achieve an optimum in a onceand-for-all policy has to have full information on market demand functions of the privatized firm, on supply functions of its competitors, and on cost functions of the firm. Even a well-informed government will have knowledge of these functions only in the neighborhood of its present situation. Therefore, it seems natural to choose a piecemeal policy instead of an optimum policy.

379

Privatization, Efficiency, and Market Structure

Moreover, dealing with piecemeal policy allows us to consider the whole path of possible ownership relations, i.e. the whole path of e from zero to unity. Starting from full public ownership, we move along the trajectory of welfare improving sales of shares. Somewhere along this path we will obtain a welfare optimum. The government cannot be sure that it is a global optimum. It might be a local optimum only, whence it would be worthwhile to proceed in selling shares even if welfare is reduced for some part of the path. However, if the government stops at a local optimum, it has improved welfare compared with the starting point which is a good policy although it is not the globally optimal policy. Moreover, if there is local information only, and one does not know where the global optimum lies, stepwise improvements are the only policy at all which can be chosen by a rational policy maker. ll. The privatization body and the board of the firm: coordination and decentralization

Directly and indirectly, three agents are involved in the decision upon the extent of privatization. There are (a) the representatives of the private shareholders at the board of the firm, (b) the representatives of the government at the board of the firm, and (c) the privatization body. All three agents are restricted to the set S . As the dual approach of the private shareholders is equivalent to the prima! approach of the government representatives, we can choose a unique representation of the optimization approach at the board of the firm. This unique representation consists of maximizing welfare, where the optimum prices and netputs have to be feasible, and the profit Ievel refers to the bargaining solution. The privatization body chooses welfare improving sales of shares which also have to be in the set of bargaining solutions S . Therefore its decision can be represented by stepwise improvements along the same welfare function which is applied by the board, restricted to the same set S . Hence, both the decision at the board and the decision of the privatization body can be treated within one and only one approach, described by the Lagrangean (18)

L = W(·) -

L i

a, [

Lh

xih(·)- z,

-L j

Y•;(·)]- ßg(·)- y[II(·)-

L i

p,z;].

For any given extent of privatization, the board of the firm applies the primal approach of the government representatives (or, equivalently, the dual approach of the private representatives) and chooses

380

Dieter Bös and Wolfgang Peters

(19.1) (19.2)

L. = 0

The privatization body is informed about the decision rules (19) of the board. Hence it can use these rules as the basis of the decision whether to sell further shares. It chooses a piecemeal policy on privatization (20.1)

;;::: 0

(20.2)

dE>

(20.3)

1 - e ;;::: de

The first inequality above describes the welfare improving changes of e, restricted to the set S. The second inequality describes the direction of changes: we only deal with privatization, i. e. selling of shares, and not with nationalization, i. e. buying of shares. The third inequality is a simple stopping rule: only so many shares can be sold, dE>, as still are in public ownership, 1- e. In the mathematical formulation, the decision at the board and the decision of the privatization body are treated by the same Lagrangean function. However, the decisions are decentralized, the board choosing optimal prices and netputs, the government selling shares so as to improve welfare. Let a particular extent of privatization be given. On the basis of this e, the board sets prices and quantities. As the board adjusts to E>, it is the "follower" in our model on privatization. The privatization body, knowing the decision rules of the board, decides on some further sale of shares dE> . As the privatization body exploits its full knowledge of the board's decision rules, it is the "leader" in our model. A further sale of shares, dE> > 0, changes the extent of privatization e whence the board will adjust prices and netputs to this new e' and so on.

m.

The extent of privatization

The privatization body concentrates on the trade-off between efficiency gains and profit increases which are brought about by selling further shares. This can be seen after explicitly differentiating L with respect to e. We obtain (21)

LadE> = - (ßga

+ yiie) dE> .

g 9 measures the efficiency changes, TI 9 the profit changes. We know from the preceding sections that g 9 < 0 means efficiency gains, g 9 > 0 effi-

Privatization, Efficiency, and Market Structure

381

ciency losses. Ile > 0 results from the bargaining at the board. The efficiency changes and the profit increases are weighted by the Lagrangean multipliers ß > 0 and y ;?: 010. Thesemultipliers measure the welfare valuation of relaxing the technology constraint and the bargaining constraint on profit. Hence, the efficiency-profit trade-off is measured in terms of welfare. The Lagrangean multipliers ß and y also depend on the decisions of the firm and reflect the feedback of pricing on privatizationll. There are three different policies which the privatization body can choose. (i) No privatization Consider a public firm (8 = 0) . As there is no bargaining power of the private shareholders, the profit of the firm is at its minimum, and the board operates at a welfare optimum without binding profit constraint. The Lagrangean parameter y 0 . Thus shares would be sold only if (22)

Le = - ßge > 0

or equivalently, (23)

9e < 0.

Otherwise, if (24)

9e ?: 0

there are no possible efficiency increases from selling any shares whence the firm remains in public ownership. Note that the sale of the first share only depends on efficiency. It is not relevant how the sale of the first share influences the profit of the firm. If the efficiency of a public firm can be increased by selling the first share, it should be done. Public ownership will fully be retained only if the sale of the first share leads to efficiency losses or leaves the efficiency unchanged. (ii) Partial privatization Here the efficiency effect (- ßg 9 ) and the profit effect ( yi1 9 ) have to be traded-off. If efficiency gains are weighted higher than profit increases, the government sells shares. It will stop at that extent of privatization where the

° For the signs of ß and y see Dreze I Marehand (1976).

1

The firm's pricing rules can be solved explicitly for y/ ß. Then, after dividing (21) by ß, we can substitute the pricing rules into (21). 11

382

Dieter Bös and Wolfgang Peters

efficiency effect and the profit effect are equated. This is a welfare optimum, at least locally. Partial privatization is obtained if at such an optimum there arestill shares which are publicly owned. Wehave (25.1)

- ßge > riTe

(25.2)

riTe

for 0 < 0 < ·0* for 0* < 1 .

(iii) Total privatization It is possible that along the whole path of 8 from zero to unity the efficiency effect out-weights the profit effect. Then all shares of the firm are sold to the public. Wehave - ßge > riTe

(26.1)

for 0 < 0 < 1 .

What about the sale of the last share? As long as there is at least one share in public ownership we still can describe the bargaining solution at the board by the primal approach of the public shareholders. Accordingly, the last share is sold if for 0* = 1 .

(26.2)

Once again an efficiency and a profit effect are traded-off. IV. Privatization efficiency

The production is privatization efficient if it is impossible to increase efficiency by changing the extent of privatization. Then the firm produces at the envelope of the sets g (z, 8) :5 0. The netput vectors z, which lie on the envelope, by definition are technically and privatization efficient. These vectors are elements of the following set (27)

E

= {z I G (z) =

0}

Privatization efficiency implies that any arbitrarily chosen netput vector z* e E can only be produced at a special set of extents of privatization q;. It is plausible that privatization efficiency is given for a whole range of extents of privatization, not only for a unique 8*. Privatization efficiency may, for instance, be given if more than 80% of the shares are sold. For 8 II q; the vector z* is not attainable. Therefore either 8 or

E

qJ

and g (z*, 9)

0 (privatization efficient)

8 f q; and g (z*' 9) > 0 (privatization inefficient).

Privatization, Efficiency, and Market Structure

383

Hence, privatization efficiency can be described by the following optimization approach g (z•, 9) (28)

s. t.

e:::;

~

min e

1.

The minimization results in the set-valued function (29)

!p

(z•)

= {e I g (z•, E>) =

arg min (28); z• e

E

E}

The Kuhn-Tucker conditions 12 yield the following properties of privatization efficiency for

e•

(30.1)

9e

(30.2)

9e = 0

for 0
=O.

Dieter Bös and Wolfgang Peters

384

The condition for no privatization (24) is identical with the corresponding condition for privatization efficiency (30.1). Hence it is privatization efficient to leave the firm in public ownership unless efficiency can be increased by selling the first share. (ii) Partial privatization If at the optimum not all shares are sold to the public, condition (25) implies (31.1)

9e < -(ylß)Ile < 0

(31.2)

9e

=

-(y/ß)Ile < 0

for 0
between zero and unity. Clearly the corner solution e = 0 will be chosen by the privatization body. The efficiency increases, however, can imply falling prices and therefore partial or total privatization may be welfare optimal. A typical case is illustrated in figure 1 b. The maximum welfare is attained at some interior solution, point A . Figure 1 b can be used to exemplify the interaction of the privatization body and the firm. The changing prices p (E>) describe the firm's response to the changing extent of privatization. At point A, therefore, the privatization body achieves maximum welfare given the price responses of the firm. The price trajectory from p (0) top (1) can be divided into two parts. In the part between p (0) and the optimum A, welfare is improved by selling shares. This part of the path describes the government's privatization policy. In the part between A and p (1) welfare is improved by buying shares. This part of the path could be used to describe a nationalization policy of the government.

W'

w' fig. Ia

fig. I b

However, a looping as illustrated in figure 2 cannot be excluded from the analysis of the price trajectories. In that case the result of a piecemeal policy depends on the starting point of the policy and on the information the privatization body possesses. If at any step the privatization body only is informed about the neighborhood of its present situation, and its starting 25 Festschrift für H.-J. Krümme!

386

Dieter Bös and Wolfgang Peters

position is somewhere between p (0) and A, it will sell shares until it achieves a local welfare maximum at point A. If the locally informed privatization body starts somewhere between A and B, it will buy shares to come to A. The global welfare optimum D will be achieved if the locally informed privatization body starts somewhere between Band p (1). Now consider a privatization body which is informed of the whole price trajectory. This information would enable the privatization body to apply an optimum policy. However, assume that political reasoning suggests the choice of some step-wise course which is less exposed to criticism by the opposition and the media. Economically, the privatization body fears the disturbance of consumption habits by abrupt policy changes. The starting point of the piecemeal policy may be p (0). The privatization body knows that it should proceed until Ais reached, and then pass through the upwardsloping part of the price trajectory, AB, because the implied welfare losses are transitory only. After passing B the privatization body will take advantage of the welfare improvements from B to D. Thus by piecemeal policy the privatization body will be able to achieve the global welfare optimum D . There is another policy which should be applied by a globally informed privatization body which does not want to rearrange ownership from p (0) to D in one large step, but which does not stick to a policy of only choosing very small steps.

Such a privatization body could start from p (0) in small steps, sell a large bulk of shares in point C, and then proceed in small steps until D is obtained. The point C can be reached by welfare-improving steps dE>, starting from p (0). It can also be reached by infinitesimal welfare-improving steps dE>, starting from B. Hence there are two different values E> 1 < E> 2 ,

Privatization, Efficiency, and Market Structure

387

which are associated with C, each for one of the two curves which intersect in C. The globally informed privatization body knows that C is a point of intersection13. Hence it can sell a large block of shares 8 2 - 8 1 so as to avoid the Iooping. VI. Stability of the welfare improving path of privatization

Let us consider the Iooping in figure 2. The path of privatization converges towards local maxima as given by points like A and D. If the policy maker chooses welfare improving steps only, he will approach a maximum, and he will stop there because welfare is decreasing everywhere in the neighborhood of the maximum. Hence the local maxima are stable equilibria. Local minima, like point B, are unstable with respect to piecemeal policy. Everywhere in the neighborhood of the minimum welfare is increasing whence the policy maker will always leave the local minimum. If there exists a unique maximum of the Lagrangean function with respect to the extent of privatization, the negative of L is a Liapunov function14. Therefore the welfare improving path of privatization guarantees a globally stable equilibrium.

A piecemeal policy maker, who sells shares, has yet another problern to deal with. Welfare is improved, according to (20.1), if L 9 d8 > 0. If L 9 > 0, the policy maker knows it is welfare improving to sell shares. However, there will be various paths d8 which correspond to L 9 d8 > 0. How many shares shall be sold at a particular point of time if L 9 > 0? A first candidate for such a time path of privatization is always to follow the steepest ascent of the objective function 15 • If the gradient of the objective function with respect to 8 is high, then high welfare gains can be attained by selling shares and therefore many shares should be sold. This time path of privatization is characterized by the differential equation (33)

e (t)

=

La

=-

ßge - yiie .

Note that in such a policy the gradient L 9 plays two roles. (i) The sign of L 9 determines the direction of the piecemeal policy according to (20.1). Welfare improving privatization takes place if Le is positive. Welfare improving nationalization should take place if L 9 is negative. (ii) The value of L 9 determines the speed of adjustment because the number of new shares sold to the consumers depends on the size of the gradient. Hence, in the neighborhood 13 The locally informed privatization body, when coming from p (0) to C does not realize that Cis a point of intersection. 14 See Varian (1984), p. 333. 1 ~ See Luenberger (1973), pp. 247- 254.

25'

388

Dieter Bös and Wolfgang Peters

of an equilibrium, the speed of adjustment typically will decrease and the piecemeal policy path will slowly converge to the maximum. To follow the gradient of the objective function is but one possible time path (t). A more general formulation of possible privatization paths is as follows:

e

(34)

El (t)

= II' (E>)

sign La with II' (E>) > 0 .

The function signL 9 determines the direction of the piecemeal policy, regardless of the size of the gradient Le . lf the sign is positive, shares are sold. The function 'V (8) is an arbitrary positive function which describes how many shares should be sold in one step if any. It measures the step length of the piecemeal policy. This step length is bounded from above because too extensive privatization activities disturb the capital markets, lead to intensive political opposition, and require more knowledge of global economic data than the locally informed policy maker will have. At the same time the step length is bounded from below because too small privatization activities willlead to low welfare improvements only. VII. Privatization and market stmcture

Models in the Boiteux tradition typically deal with a price setting public firm. Economies of scale are not excluded from the analysis whence the public firm may be a natural monopoly. However, private firms are assumed to exist. Their supply of, or demand for, netputs is described by Y; (p). Hence, competition between private and public firms is not excluded. However, perfect competition cannot be treated in the Boiteux model, because it deals with a firm which sets prices and is instructed to bring about the market equilibria in all markets. lf the economy is perfectly competitive, prices and equilibria are determined by the market. The firm takes prices as given and adjusts quantities. It maximizes profit, given its technology where increasing retums to scale are excluded. Profit maximization in that case is welfare maximizing and we obtain a first best optimum. Let us now consider a model of the privatization of a perfectly competitive public firm which can be compared with the privatization model in the Boiteux framework. In that case the bargaining at the board is replaced by the operation of the market forces. Increasing privatization does not enable the private shareholders to increase the profit. Wehave (35)

rrmax

=

rrmin

for all

e .

The Pareto frontier is reduced to one point which can be characterized by wmax and nmin.

Privatization, Efficiency, and Market Structure

389

Given the identity of welfare and profit maximization, we can describe the policy of the privatization body by the Langrangean L =

(36)

L p; z; i

- ßg(z, E>) .

The market clearing conditions need not be considered explicitly. They hold because of the perfect competition. Increasing returns to scale are excluded. There is no need to introduce a welfare constraint because the Pareto set consists of one point only. All prices are given by the markets. Therefore the optimization approach is solved with respect to z and e. We obtain Lz,

(37)

(38)

=

(p;- ßg;)

=

0

LadE> = - ßgedE> 2: 0

The stopping rules (20.2) and (20.3) holdas usual. The equations (37) characterize the netput policy of the privatized firm. Inputs and outputs are chosen so as to equate the ratios of marginal productivities to the price ratios. All inputs, therefore, are chosen in a costminimizing way, all outputs are chosen so as to guarantee the identity of prices and marginal costs: if all prices p; are proportional or equal to the shadow price vector ß g;, we can identify this shadow price vector with the marginal costs. The latter interpretation can be found explicitly in Boiteux (1956, 1971)16.

The extent of privatization is characterized by (38). There is no trade-off between profit increases and efficiency increases, because the profit is held down by competition. Hence we obtain a very simple rule: competitive public firms should be privatized if efficiency gains can be expected. As the empirical studies on efficiency of private and public firms hint at a superiority of private firms, we can conclude as follows. Most probably the total privatization of a perfectly competitive public firm will be welfare optimal. No privatization or partial privatization are only optimal if at some point the efficiency is reduced by selling further shares. Needless to say that in any case privatization efficiency is given. The result of the preceding paragraph seems to corroborate the value judgements of many conservative policy makers. However, the reader should recall that the result holds for perfectly competitive markets only. If there is monopolistic competition in the economy the result does not hold, but the trade-off between profit increases and efficiency increases becomes relevant. For the practice of privatization cases of natural monopalies and of 16

Fora detailed analysis see Peters (1988).

390

Dieter Bös and Wolfgang Peters

monopolistic competition seem tobe of higher relevance. Even the accentuation of free market entry will not naturally bring about a state of perfect competition in many of the markets where privatization has been discussed. E. Conclusion

This paper develops a theory of the privatization of public enterprises. There is a privatization body which sells shares of a formerly public firm. In doing so, it considers the adjustment of the privatized firm. This adjustment is brought about by a bargaining process at the board of the firm, where the representatives of the government and of the private shareholders negotiate about the welfare-profit trade-off which can be achieved by the firm's price and quantity policy. The more shares are sold, the higher the bargaining power of the private shareholders and the more important the emphasis on the profit motive in the firm's policy. Therefore it might be welfare-optimal not to sell all shares of the formerly public firm in spite of possible increases in the productive efficiency which could be gained from further sales of shares. Typically privatization increases the productive efficiency of the firm. The efficiency increases can be used to increase both welfare and profit of the firm. So, at first, the welfare interests of the government and the profit interests of private Shareholders point into the same direction. Only if the private shareholders become too influential, profit increases will always reduce welfare. In that situation the government privatization body will stop selling shares. In particular we have obtained the following results:

i) If selling the first share does not lead to efficiency increases, the firm should remain public, regardless of whether the sale of the first share increases or decreases the profit of the firm. ii) Shares should be sold as long as the social valuation of the efficiency increases exceeds the social valuation of the profit increases which are brought about by the sale. iii) In the case of perfect competition typically the firm should fully be privatized. Note however, that in practice monopolistic or oligopolistic competition are the usual market structures where the result ii) holds and partial privatization often will be welfare optimal. iv) Partial privatization is not privatization efficient. The firm does not work at the overall production possibility frontier. The efficiency losses are accepted because unwanted profit increases can be avoided by selling less than 100% of the firm.

Privatization, Efficiency, and Market Structure

391

v) The piecemeal privatization policy converges to local maxima which are stable equilibria. Local minima are unstable and will be left by the policy maker. vi) There is no definite answer to the question of how prices change if

privatization proceeds. The welfare increases of privatization will be brought about by price reductions. However we cannot generally conclude which prices will be reduced or increased. References

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Zum Phänomen überproportionaler Geldvermögensbildung im Finanzierungssystem der Bundesrepublik Deutschland Von Werner Ehrlicher und Hans-Hermann Francke A. Problemstellung

B. Definitorische Grundlagen der Geldvermögensbildung I. Die Entstehung von Geldvermögen II. Voraussetzungen überproportionaler Geldvermögensbildung C. Zur weltweiten Entwicklung der Geld- und Realvermögensbildung I. Merkmale der längerfristigen Entwicklung II. Ursachen überproportionaler Geldvermögensbildung D. Zur Entwicklung der Geld- und Realvermögensbildung in der Bundesrepublik Deutschland I. Überproportionale Geldvermögensbildung als Entwicklungsphänomen des realen "Unterbaus" II. Überproportionale Geldvermögensbildung als Phänomen eigenständiger Wachstumskräfte des finanziellen "Überbaus"

A. Zur Problemstellung

Die Entwicklung der Vermögensbildung und ihrer Finanzierung ist in der Wirtschaftsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland von einem dominanten Charakteristikum geprägt: dem - gegenüber der Realvermögensbildung- überproportionalen Wachstum der Geldvermögensbildung. Während der Realvermögensbestand (in konstanten Preisen, ohne Grundstücke) heute nur auf das 25fache von 1950 veranschlagt werden kann, ist das Geldvermögen im gleichen Zeitraum auf den 65fachen Wert gestiegen 1 • Dieses Phänomen überproportionaler Geldvermögensbildung erscheint in dreifacher Hinsicht bemerkenswert: erstens ist es nicht auf die Bundesrepublik beschränkt, sondern es handelt sich dabei um eine- allerdings nur in säkularer Dimension- weltweite Erscheinung. Zweitens weist es in der Bundesrepublik- im Gegensatz zur weltweiten Entwicklung- bestimmte Abweichungen auf, insbesondere eine höhere Geschwindigkeit. Schließlich - aber dies gilt für die Bundesrepublik nur in veränderter Form- scheint es gegenwärtig an Bedeutung zu verlieren, d.h. die überproportionale Geldvermögensbildung ist zu einem gewissen Stillstand gelangt. 1

Schlesinger, 1987, S. 17 f.

394

Werner Ehrlicher und Hans-Hermann Francke

Wir wollen uns im folgenden mit diesem Problemkreis, der in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung bisher vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit gefunden hat, beschäftigen, indem wir ihn in drei Schritten diskutieren. Zunächst werden die theoretisch-definitorischen Merkmale der Entstehung von Geldvermögen sowie die Voraussetzungen überproportionaler Geldvermögensbildung systematisiert. Dann sollen die weltweiten säkularen Erscheinungsformen dargestellt werden. Schließlich sollen deren besondere Ausprägungen in der Wirtschaftsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland aufgezeigt werden. B. Definitorische Grundlagen der Geldvermögensbildung I. Die Entstehung von Geldvermögen 1. Realvermögen entsteht, wenn Wirtschaftssubjekte einen Teil ihrer Einnahmen nicht konsumieren, sondern investieren, indem sie Produktionsgüter erwerben oder bereits entstandene reale Güter lagern. Die Summe der in den vergangenen Perioden getätigten Nettoinvestitionen (Bruttoinvestitionen abzüglich Werteverzehr bzw. ökonomische Abschreibungen) ergibt den gegenwärtig verfügbaren Realvermögens bestand.

Voraussetzung der Entstehung von Geldvennögen ist dagegen zunächst, daß Wirtschaftssubjekte Budgetungleichgewichte realisieren, d. h. entweder mehr ausgeben als sie in der Periode einnehmen, also ein Budgetdefizit hinnehmen, oder aber einen Budgetüberschuß aufweisen, weil sie mehr einnehmen als ausgeben. Ersteres impliziert, daß sich Wirtschaftssubjekte verschulden. Weil in einem Wirtschaftssystem der Einnahmen-AusgabenSaldo eines Wirtschaftssubjektes definitorisch dem Ausgaben-EinnahmenSaldo der übrigen Wirtschaftssubjekte entsprechen muß, haben Budgetüberschüsse von Wirtschaftssubjekten Einnahmeverringerungen anderer Wirtschaftssubjekte zur Folge. Wenn diese ihre Ausgabetätigkeit nicht einschränken wollen, müssen sie sich verschulden2 • Die Summe der in den vergangenen Perioden erfolgten Neuverschuldung (Bruttoverschuldung abzüglich Tilgungen) ergibt den gegenwärtig verfügbaren Geldvennögensbestand (im weitesten Sinne). Während die Entstehung von Realvennögen das Resultat einer bestimmten Ressourcen- bzw. Güterverwendung ist, wird Geldvennögen gebildet, wenn neue Schuldverhältnisse zwischen den Wirtschaftssubjekten entstehen. Realvennögensbildung impliziert einen entsprechenden Konsumver2 Die Darstellung der definitorischen Zusammenhänge zwischen dem EinnahmenAusgabenverhalten der Wirtschaftssubjekte sowie wichtiger Konsequenzen desselben für die Vermögensbildung findet sich in der Habilitationsschrift von W. Stützel, Volkswirtschaftliche Saldenmechanik (Stützel1958).

Überproportionale Geldvermögensbildung im Finanzierungssystem

395

zieht, also zusätzliche reale Ersparnisse, unabhängig davon, ob diese geplant oder unfreiwillig entstehen. Geldvermögensbildung ist dagegen nur möglich, wenn Gläubiger der Bonität ihrer Schuldner vertrauen, also freiwillig monetäre Ersparnisse anderen überlassen, die bereit sind, Budgetdefizite zu realisieren. 2. In der ökonomischen Analyse wird der Begriff Geldvermögen in unterschiedlicher Abgrenzung verwendet. Von wesentlicher Bedeutung sind die Begriffe "privates Netto-Geldvermögen" und "Brutto-Geldvermögen der finanziellen und nicht-finanziellen Sektoren". Formale Unterscheidungskriterien sind die Sektorale Zugehörigkeit der Geldvermögensgläubiger bzw. -schuldner sowie die Konsolidierung von Forderungen und Verpflichtungen. Der Sinn dieser Begriffsdifferenzierung resultiert aus verschiedenen analytischen Zielstellungen. Da jeder monetären Forderung eine größengleiche monetäre Verpflichtung entspricht, ist in einem geschlossenen Wirtschaftssystem der monetäre Netto-Forderungsbestand gleich Null. Entsprechend ist der Netto-Geldvermögensbestand der gesamten Welt gleich Null, der einer offenen Volkswirtschaft entspricht dem monetären Netto-Forderungssaldo gegenüber dem Ausland. Die inländischen Sektoren können im Sinne der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung in private (private Haushalte, Unternehmungen und private Finanzierungsinstitute) und öffentliche (staatliche Haushalte und Notenbanksystem) unterteilt werden. Der Begriff "inländisches privates Netto-Geldvermögen" umfaßt dann die Summe der monetären Netto-Forderungsbestände dieser inländischen privaten Sektoren. Da die innerhalb der privaten Sektoren bestehenden Brutto-Forderungen und -Verpflichtungen gegeneinander aufgerechnet werden, entspricht das inländische "private Netto-Geldvermögen" dem Netto-Forderungsbestand der inländischen privaten Sektoren gegenüber dem Staat und dem Ausland. Die analytische Zielstellung dieser Begriffsabgrenzung besteht darin, den wechselseitigen Einfluß öffentlicher und privater Vermögensdispositionen untersuchen zu können. Insbesondere sollen im Rahmen dieses "privaten Netto-Vermögenskonzepts" Möglichkeiten der monetären Stabilisierungspolitik zur Beeinflussung der privaten Investitionstätigkeit analysiert werden 3 • Wenn es jedoch darum geht, die wechselseitigen Beziehungen zwischen realem Investitions-Sparverhalten und Finanzierungsdispositionen zu untersuchen, bzw.- mit mehr institutioneller Fragestellung- die Bedeutung des "finanziellen Überbaus" für Art und Umfang der Realvermögensbildung aufzuklären, dann sind "Brutto-Geldvermögenskonzepte" der adäquate Analyserahmen. Bei der Definition des Brutta-Geldvermögens wird 3 Das "private Netto-Vermögenskonzept" wurde maßgeblich von J. Tobin entwikkelt und zur Analyse derartiger Probleme verwendet (Tobin, 1963 und 1969). Zu den lmplikationen vgl. auch Francke, 1982, S. 15ff.

396

Werner Ehrlicher und Hans-Hermann Francke

auf eine Konsolidierung von Forderungen und Verpflichtungen verzichtet, so daß der Umfang und die Struktur der Finanzierungsvorgänge in den zu analysierenden Geldvermögensvariablen enthalten sind 4 • Dabei treten konzeptionelle Schwierigkeiten bezüglich der Behandlung des Sektors der Finanzierungsinstitute (private Kreditinstitute, Finanzintermediäre und Notenbanksystem) auf. Im Gegensatz zu den anderen Sektoren verfügen Finanzierungsinstitute nur über relativ geringe Realvermögensbestände, so daß die Summe ihrer monetären Forderungen weitgehend denen ihrer monetären Verpflichtungen entspricht, d.h. ihr Netto-Geldvermögensbestand ist nahe Null, weil sie sich wesentlich darauf beschränken, für die anderen Sektoren Finanzierungsdienstleistungen zu übernehmen. Die damit verbundenen Risikolasten sind die wesentliche Ursache dafür, daß die Finanzierungsinstitute untereinander vielfältige Forderungs- und Verbindlichkeitspositionen zum Zwecke der Risikoverteilung aufgebaut haben. Dadurch wird der Brutto-Geldvermögensbestand der Finanzierungsinstitute erheblich "aufgebläht"\ und es muß entschieden werden, ob bei der Berechnung des Brutto-Geldvermögensbestands eine Konsolidierung von intrasektoralen Forderungen und Verpflichtungen der Finanzierungsinstitute erfolgen soll oder nicht. Allerdings ist dies mehr ein Niveauproblem, welches bei längerfristiger Betrachtung, in der vor allem die Veränderungen des Geldvermögensbestands interessieren, an Bedeutung verliert. ll. Voraussetzungen überproportionaler Geldvermögensbildung

1. Die Darstellung der Entstehungsvoraussetzungen und unterschiedlichen Definitionskonzepte der Geldvermögensbildung ermöglicht eine grundsätzliche Systematisierung der Bestimmungsgründe der Geldvermögensbildung. Weil Geldvermögen immer dann entsteht, wenn Budgetungleichgewichte realisiert werden, können als primäre Bestimmungsgründe Budgetdefizitbildungen und Budgetüberschußbildungen unterschieden werden. Zusätzlich kann als sekundärer Bestimmungsgrund die Tätigkeit der Finanzierungsinstitute abgeleitet werden.

Budgetdefizite werden vor allem von den privaten Unternehmungen und dem Staat gebildet. Häufigster Anlaß sind dabei Investitionen zur Realver4 Das für die Statistik der "Vermögensbildung und ihrer Finanzierung" von der Deutschen Bundesbank entwickelte Konzept erlaubt sowohl die Berechnung der sektoralen Netto- als auch Brutto-Vermögensbildung. Diese Statistik wird halbjährlich von der Bundesbank in ihren Monatsberichten veröffentlicht. 5 So wurde für 1986 die Brutta-Geldvermögensbildung der" Nichtfinanziellen Sektoren" in der Bundesrepublik Deutschland mit 4286 Mrd. DM angegeben, während die aller Sektoren 7924 Mrd. DM betrug. Der Beitrag der finanziellen Sektoren belief sich also auf 3638 Mrd. DM, hatte also einen ähnlichen Umfang wie der der nichtfinanziellen Sektoren.

Überproportionale Geldvermögensbildung im Finanzierungssystem

397

mögensbildung. Die über die Einnahmen hinausgehenden Ausgaben werden dabei direkt oder indirekt (über Finanzierungsinstitute) von den anderen Sektoren kreditiert, wobei deren Geldvermögensbestand immer uno actu steigt. Budgetüberschüsse werden überwiegend von privaten Haushalten realisiert. Sie werden den Defiziteinheiten meist über Finanzierungsinstitute angeboten. Ob es dabei zur Geld- und Realvermögensbildung kommt, hängt davon ab, ob die Verschuldungsbereitschaft der potentiellen Investoren, z.B. wegen sinkender Kreditkosten, im notwendigen Umfang vorhanden ist. Wenn dies nicht der Fall ist, dann wird wegen des insgesamt sinkenden Ausgaben-Einnahmen-Niveaus in den Folgeperioden auch ein Abbau der Budgetüberschüsse erfolgen, so daß die anfängliche Erhöhung der Geldvermögensbildung wieder reduziert wird. Die Tätigkeit der Finanzierungsinstitute, die - neben ihrer Mittlerfunktion zwischen Defizit- und Überschußeinheiten - durch wechselseitige intrasektorale Verschuldung gekennzeichnet ist, trägt in zweifacher Hinsicht zur Geldvermögensbildung bei. Zum einen ist die Vermittlung neuer Kredite mit einer Ausweitung der finanziellen Verflechtung der Finanzierungsinstitute untereinander verbunden, die den Geldvermögensbestand erhöht. Zum anderen werden sich die Forderungen und Verbindlichkeiten im Sektor der Finanzierungsinstitute ausweiten, wenn die erwarteten Risikolasten eines bestehenden Kreditvolumens steigen. 2. Die Systematisierung der Bestimmungsgründe der Geldvermögensbildung ermöglicht zugleich eine Klassifizierung der Voraussetzungen überproportionaler Geldvermögensbildung im Verhältnis zur Realvermögensbildung; d. h. die denkbaren Ursachen dafür, daß die Geldvermögensbildung schneller erfolgt als die Realvermögensbildung, können wiederum in solche unterschieden werden, die auf Entscheidungen der Defiziteinheiten, der Überschußeinheiten oder der Finanzierungsinstitute zurückgehen. Überproportionale Geldvermögensbildung resultiert zunächst dann, wenn neue Kredite von Defiziteinheiten nicht investiver, sondern konsumtiver Verwendung zugeführt werden. Dies ist insbesondere beim Staatskredit und Konsumkredit privater Haushalte der Fall. Aber auch private Unternehmungen benutzen Kredite zur Finanzierung von Aufwendungen, ohne daß dabei eine Ausweitung des Realvermögensbestands erfolgt. Darüber hinaus tritt überproportionale Geldvermögensbildung auf Initiative von Kreditnachfragern auf, weil diese nicht nur neu zu bildendes Realvermögen finanzieren, sondern auch das bereits vorhandene Realvermögen neuen Verwendungen durch Umdisposition zuführen wollen. Derartige Vorgänge sind vor allem durch Technologiefortschritte bei Gütern und Produktionsverfahren, aber auch durch ständige Veränderungen der Besitzverhältnisse, der Erweiterung zwischenbetrieblicher Kapitalverflechtung und den Drang nach Ausweitung wirtschaftlicher Macht begründet. Der dabei auftretende Finanzie-

398

Werner Ehrlicher und Hans-Hermann Francke

rungsbedarf führt häufig zur Geldvermögensbildung, aber nicht zur zusätzlichen Realinvestition 6 • Überproportionale Geldvermögensbildung aufgrundvon Entscheidungen der Budgetüberschüsse bildenden Geldvermögensdisponenten tritt seltener auf. Gleichwohl ist auf zwei wichtige Möglichkeiten hinzuweisen, die in der jüngeren Vergangenheit vermehrt Bedeutung erlangt haben. Zum einen ist im Zuge der Internationalisierung des Kapitalverkehrs die Anlage inländischer Ersparnisse im Ausland nicht mehr das Privileg weniger großer Vermögensdisponenten, sondern wird auch von immer mehr eher mittelständischen privaten Haushalten praktiziert. Unabhängig von der Verwendung dieser Mittel steigt dabei das inländische Geldvermögen ohne eine entsprechende Zunahme des Realvermögens, wenn die betreffenden Volkswirtschaften Netto-Kapitalexporteure sind. Zum anderen benutzen auch große Unternehmungen ihre Budgetüberschüsse häufig- in ähnlicher Weise wie Banken- für Finanzinvestitionen, bei denen nur Geldvermögen entsteht. Die Finanzierungsinstitute tragen zur überproportionalen Geldvermögensbildung bei, wenn die von ihnen durchgeführte finanzielle Intermediation zunimmt. Dies geschieht, wenn entweder neu entstehende SchuldnerGläubiger-Transaktionen über sie abgewickelt werden oder aber bestehende Kreditbeziehungenangesichts gestiegener Risikoerwartungen innerhalb des Sektors der Finanzierungsinstitute zur Ausweitung der Intermediation führen, weil Risikolasten und-prämieneffizienter allokiert werden sollen. C. Zur weltweiten Entwicklung der Geld- und Realvermögensbildung I. Merkmale der längerfristigen Entwicklung

1. Untersucht man die Entwicklung des Verhältnisses von Geld- und Realvermögensbildung weltweit und in längerfristiger Perspektive, so zeigt sich eine relativ zunehmende Geldvermögensbildung zunächst als Merkmal marktwirtschaftlicher Entwicklungsprozesse. Dieser Schluß resultiert, wenn das Verhältnis des in der Welt vorhandenen Realvermögens und Brutto-Geldvermögens für Ländergruppen verglichen wird, die sich bezüglich des Entwicklungsstandes und der Wirtschaftsordnung unterscheiden (Tab. 1).

Die von R. W. Goldsmith7 dazu kürzlich vorgelegte umfängliche statistische Analyse nationaler Vermögensbilanzen zeigt, daß der Anteil des inländischen Brutto-Geldvermögens am Volksvermögen mit dem Entwicklungsstand einer Volkswirtschaft steigt und zugleich in Marktwirtschaften erhebs Ehrlicher, 1956, S. 18ff. 7

Goldsmith, 1987.

Überproportionale Geldvermögensbildung im Finanzierungssystem

399

Tabelle 1: Weltvermögensstruktural (Relationen in v.H. für 1978) Realverm.

Geldverm.

Netto-

insges.

Auslf.

Entwickelte Marktwirtschaft

50,8

46.4

2,8

100

Unterentw. Marktwirtschaft

65,0

35,0

-

100

Entwickelte Zentralverw. Wirtschaft

77,6

22.4

-

100

Unterentw. Zentralverw. Wirtschaft

91.4

8,6

-

100

a) Quelle: Goldsmith, 1985, S. 4f.

lieh größer ist als in Zentralverwaltungswirtschaften. Der umgekehrte Zusammenhang gilt für den Anteil des Realvermögens (wenn darin auch Grundstückswerte enthalten sind). Der positive Einfluß beider Bestimmungsfaktoren, Entwicklungsstand und marktwirtschaftliche Ordnung, erscheint unmittelbar plausibel. Daß eine entwickelte industrielle Volkswirtschaft eines entwickelten finanziellen "Überbaus" bedarf, legen bereits unsere o.a. Überlegungen zu den grundsätzlichen Beziehungen zwischen Geld- und Realvermögensbildung nahe. Dabei erscheint bemerkenswert, daß die positive Verknüpfung von allgemeinem Entwicklungsstand und Geldvermögensanteil am Volksvermögen im Prinzip auch für Zentralverwaltungswirtschaften gilt, auch wenn in diesen der finanzielle Sektor- gemessen an marktwirtschaftliehen Verhältnissen- unterentwickelt und bezüglich seiner allokativen Lenkungsfunktion nicht unmittelbar vergleichbar ist. 2. Das Phänomen überproportionaler Geldvermögensbildung ist jedoch in historischer Sicht kein kontinuierlicher Prozeß, sondern tritt in Entwicklungsschüben auf. Dies zeigt sich, wenn die längerfristige Entwicklung der Vermögensstruktur der wichtigen europäischen Industrieländer untersucht wird (Tab. 2). Das allgemeine Muster dieses schubweisen Entwicklungsprozesses besteht darin, daß zu Beginn einer Entwicklungsphase ein schneller Anstieg der Geldvermögensbildung im Verhältnis zur Realvermögensbildung erfolgt. Die zunächst ausgeprägte überproportionale Geldvermögensbildung schwächt sich jedoch im Zeitverlauf zunehmend ab und kommt schließlich vollständig zum Erliegen, so daß am Ende der Phase Geld- und Realvermögen mit ähnlicher Rate wachsen. Man kann daher eine Art "ertragsgesetzlichen Verlaufs" überproportionaler Geldvermögensbildung innerhalb historisch abgegrenzter Entwicklungsphasen diagnostizieren. Die Trennung dieser aufeinanderfolgenden Entwicklungsphasen erfolgt dabei

Werner Ehrlicher und Hans-Hermann Francke

400

Tabelle 2: Entwicklung der Vermögensstruktur europäischer Industrieländeral (Relationen in v. H.) Realvermg.

Geldvermg.

Netto-Auslf.

insges.

1850

75,2

23,5

1,4

100

1875

62,9

31,9

5,2

100

1895

48,4

43,2

8,4

100

1913

49,3

42,2

8,5

100

1929

52,7

43,7

3,6

100

1939

49,5

47,3

3,1

100

1950

56,8

43,0

0,3

100

1965

47,9

50,3

1,8

100

1978

50,9

51,1

4,3

100

a) Quelle: Goldsmith, 1985, S. 16ff.

durch die beiden Weltkriege, durch die der finanzielle "Überbau" jeweils stärker geschädigt wurde als deren realer "Unterbau". ll. Ursachen überproportionaler Geldvermögensbildung 1. Obwohl also die Veränderungen der Geld-Realvermögensrelation in allen drei Entwicklungsphasen (vor dem ersten Weltkrieg, zwischen beiden Weltkriegen und nach dem zweiten Weltkrieg) ein ähnliches Muster aufweisen, sind doch die einzelnen Bestimmungsfaktoren der Geld- und Realvermögensbildung innerhalb der Phasen von unterschiedlichem Gewicht gewesen. Dazu hat Goldsmith in seiner bereits zitierten Untersuchung statistische Regressionsanalysen angestellt. Eine grobe Vorstellung des phasenbezogenen Bedeutungswandels vermittelt die folgende Tabelle 3.

Abhängige Variable ist der Quotient aus Geld- und Realvermögensbestand ("financial interrelations ratio"). Als tautologische Bestimmungsfaktoren werden Geldvermögensbildungskomponenten (jeweils im Verhältnis zur Sozialproduktsentwicklung), Sozialproduktswachstumsfaktoren, der Kapitalkoeffizient und eine (in unserer Darstellung nicht aufgeführte) Niveaukomponente berücksichtigt. Der Geld-Realvermögensquotient wird durch die Geldvermögensbildungskomponenten positiv beeinflußt; die Wachstumsfaktoren und der Kapitalkoeffizient- beide wirken direkt auf die Realvermögensbildung- sind mit dem Quotienten negativ verknüpft. Vergleicht man den Einfluß der Bestimmungsfaktoren in den drei Entwicklungsphasen miteinander, so fällt zunächst auf, daß die Bedeutung der Geldvermögensbildungskomponenten relativ kontinuierlich zugenommen

Überproportionale Geldvermögensbildung im Finanzierungssystem

401

Tabelle 3: Bestimmungsfaktoren durchschnittlicher Geld-Realvermögensrelationen von entwickelten Industrienationen in unterschiedlichen historischen Entwicklungsphasen•> 1876-1913

1914-1950

1951-1978

0,96

0,99

0,88

1.Geldvermögensbildungskomponenten

0,173

0,291

0,466

davon: - inländ. private Verschuldung

0,063

0,075

0,162

- inländ. öffentl. Verschuldung

0,014

0,070

0,047

-lnländ. Aktienemission

0,026

0,036

0,036

- lnländ. Finanzierungsinstitute

0,051

0,095

0,183

- Ausländ. Verschuldung

0,019

0,015

0,038

2. Sozialproduktswachstumsfaktorenbl

19,7

12,7

9,0

3. Kapitalkoeffizient

0,22

0,25

0,23

Durchschnitt!. Quotient Bestimmungsfaktoren

a) Quelle: Goldsmith, 1985, S. 43ff. sowie Tab. 21. b) Zusammengofaßt sind die Wachstumsraten des realen Sozialprodukts pro Kopf, der Bevölkerung und des Preisniveaus.

hat, die der realen Wachstumsfaktoren zurückgegangen ist und die des Kapitalkoeffizienten gleich geblieben ist. Dabei wird das zunehmende Gewicht der Geldvermögensbildungskomponenten durch die inländische private Verschuldung, das Wachstum der finanziellen Intermediation durch Finanzierungsinstitute sowie die wachsende Kreditvergabe an das Ausland herbeigeführt. Dagegen ist der Beitrag von Aktienemissionen nahezu konstant geblieben. Der in der mittleren Phase (1914- 1950) zu beobachtende Bedeutungsanstieg der öffentlichen Verschuldung steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Kriegsfinanzierung. 2. Die Beobachtung des längerfristigen Bedeutungswandels der statistischen Bestimmungsfaktoren des Geld-Realvermögensquotienten legt es nahe, einige Erklärungshypothesen für die weltweite überproportionale Geldvermögensbildung zu formulieren: (1) Wenn es zu überproportionaler Geldvermögensbildung gekommen ist, dann wurde dieser Prozeß dominant vom Finanzierungsverhalten privater Kreditnehrner und dem Wachstum der Intermediationstätigkeit der Finanzierungsinstitute bestimmt. Dies gilt im wesentlichen für alle drei 26 Festschrift für H.-J. Krümme!

402

Werner Ehrlicher und Hans-Hermann Francke

Entwicklungsphasen. Nur durch die Kriegsfinanzierung hat die Staatsverschuldung besondere Bedeutung für die Geldvermögensbildung erlangt. Die Kreditvergabe an das Ausland hat erst in der Nachkriegsphase-imZuge der Ausweitung des Welthandels bei wachsenden Zahlungsbilanzungleichgewichten - zur überproportionalen Geldvermögensbildung beigetragen. (2) Der abnehmende (negative) Einfluß realer Wachstumsfaktoren auf den Geld-Realvermögensquotienten mag dahin interpretiert werden, daß dieser immer unabhängiger vom realen Wachstum geworden ist. Anders gesehen und pointiert: die Entwicklung des finanziellen "Überbaus" wird immer unabhängiger von der realen Basisstruktur, bzw. wird sie stärker von eigenständigen Wachstumskräften bestimmt. (3) Dementsprechend ist auch die innerhalb der Entwicklungsphasen festgestellte ("ertragsgesetzliche") Veränderung des Geld-Realvermögensquotienten für die jüngere Vergangenheit stärker durch spezifische Wachstumskräfte des finanziellen "Überbaus" als des realen "Unterbaus" zu erklären. Relativ schnell zunehmende und sich dann wieder verlangsamende Geldvermögensbildung resultiert also in wachsendem Ausmaß aus Veränderungen im privaten Finanzierungsverhalten und Strukturwandlungen des finanziellen Sektors selbst. D. Zur Entwicklung der Geld- und Realvermögensbildung in der Bundesrepublik Deutschland I. Überproportionale Geldvermögensbildung als Entwicklungsphänomen des realen "Unterbaus" 1. Die weltweit zu beobachtenden Merkmale des Verhältnisses von Geldund Realvermögensbildung sind auch für die Bundesrepublik Deutschland relevant. Allerdings gilt es dabei auf zwei Besonderheiten hinzuweisen. Die erste besteht darin, daß der Prozeß zunächst zunehmender, sich dann aber im Verhältnis zur Realvermögensbildung verlangsamender Geldvermögensbildung sehr viel schneller abläuft. Infolgedessen tritt das Phänomen überproportionaler Geldvermögensbildung in der Bundesrepublik vorübergehend auch sehr viel deutlicher auf als in vergleichbaren Ländern. Die zweite Besonderheit äußert sich dadurch, daß nach einer länger andauernden Abschwächungsphase des überproportionalen Geldvermögenswachstums - der weltweit zu beobachten ist- keine Konvergenz auf einen Gleichgewichtswert hin auftritt, sondern ein erneuter Prozeß sich relativ beschleunigender Geldvermögensbildung einsetzt.

Die folgende Tabelle 4 dokumentiert diese Veränderungen im Anstiegstempo des Quotienten aus Geld- und Realvermögensbildung. Er verdoppelt

Überproportionale Geldvermögensbildung im Finanzierungssystem

403

Tabelle 4: Entwicklung der Geld- und Realvermögensbestände der inländischen nicht-finanziellen Sektoren in der BRD•l (inMrd. DM) Realvmg.bl

Geldvmg.

1950

228

57

1960

707

310 889 1536

1970

1905

1975

3037

1980 1985d)

4697 5891

Quotientcl

NettoAusi.-Ford.

(Sp.2 + 3/Sp.1)

-5 17 43

(0,46)

73

(0,24) (0.49) (0,53)

2350

34

(0,51)

3360

84

(0,58)

a) Quelle: Sch!esinger, 1987, S. 40, Tab. 3 sowie eigene Berechnungen. b) Im Unterschied zu den Berechnungen von Goldsmitb sind Grundstücke hier nicht enthalten. c) Abweichungen zu Sch!esinger, 1987, ergeben sich, weil die Netto-Auslandsforderungendem Geld- und nicht dem Realvermögen zugeordnet wurden. d) Vorläufige Werte.

sich im Zeitraum von 1950- 1960. In den folgenden 20 Jahren findet dann nur noch eine unwesentliche Erhöhung statt. Aber zu Beginn der 80er Jahre tritt wieder eine deutliche Zunahme auf. 2. Die Periode des besonders ausgeprägten Anstiegs des Geld- und Realvermögensquotientenstand ohne Zweifel in engem Zusammenhang mit der schnellen Beseitigung der Kriegsfolgen nach der Währungsreform. Zwar wies auch die Realvermögensbildung in diesen Jahren die höchsten Zuwachsraten in der Wirtschaftsgeschichte der Bundesrepublik auf, doch nahm die Geldvermögensbildung noch schneller zu, weil nach der Zerstörung des finanziellen "Überbaus" durch den verlorenen Krieg und die folgende Währungsreform ein besonderer Nachholeffekt auftrat. Die Währungsreform spielte dabei insofern eine bedeutende Rolle, als durch sie nicht nur die Geldbestände fast vollständig abgewertet wurden, sondern auch alle übrigen monetären Forderungen- öffentliche und private8 • Zugleich expandierte der Sektor der Finanzierungsinstitute in den 50er Jahren mit besonders hoher Rate, weil die nach dem Krieg von den Siegermächten verfügten institutionellen Beschränkungen aufgehoben und so aufgestaute Erweiterungspläne rasch durchgeführt wurden. Das Angebot an finanziellen Dienstleistungen traf dabei auf eine entsprechende Nachfrage, weil nicht nur Bedarfe bei der Finanzierung der Realvermögensbildung bestanden, sondern auch weil in diese Zeit die Einführung neuer Finanzdienstleistungen, insbesondere beim bargeldlosen Zahlungsverkehr, fiel. Die dann folgenden 20 Jahre, in denen der Geld-Realvermögensquotient gegen einen stabilen Wert (ca. 0,5) zu konvergieren scheint, vermitteln zwar a Einen kurzen Überblick über die Geschichte und die Merkmale der Währungsreform geben Francke I Hudson, 1984, S. 26ff. 26•

404

Werner Ehrlicher und Hans-Hermann Francke

das Bild einer angepaßten Entwicklung des finanziellen "Überbaus", die fast im "Gleichschritt" mit der realen "Basis" zu erfolgen scheint. Tatsächlich finden in diesen Jahren jedoch wichtige Strukturwandlungen statt, durch die der Beitrag der Sektoren zur Geld- und Realvermögensbildung erhebliche Veränderungen erfährt9. Die 60er Jahre stehen zunächst noch im Zeichen der Konsolidierung der vorhergehenden Wiederaufbauphase. Zwar sinken die Wachstumsraten der Realvermögensbildung, doch liegen sie immer noch über dem durchschnittlichen Niveau der folgenden Perioden. Wichtige Veränderungen treten jedoch im Bereich der Finanzierung und der Geldvermögensbildung auf. Während in den 50er Jahren der Wiederaufbau vor allem durch Gewinnthesaurierungen der Unternehmen, die der Staat steuerlich förderte, sowie durch öffentliche Kreditvergabe finanziert wurde, entwickelt sich in den 60er Jahren die bis heute typische Struktur des deutschen Finanzierungssystems. Im Zuge der beginnenden Einkommensexpansion nimmt die Sparfähigkeit der breiten Masse privater Haushalte erheblich zu, so daß ihr Anteil an der gesamtwirtschaftlichen Spartätigkeit deutlich steigt, während der der privaten Unternehmungen und der des Staates entsprechend zurückgeht. Die bei weitem vorherrschende Anlageform sind Bankdepositen. Die Finanzierungsinstitute treten als Intermediäre zwischen den Überschüsse bildenden privaten Haushalten und den Defizite realisierenden Unternehmungen auf. Mit der Rezession von 1966/67 setzt dann eine Periode beschleunigten Strukturwandels ein. Zur Konjunkturbelebung beschließen die staatlichen Entscheidungsträger umfangreiche Budgetdefizite, so daß der staatliche Finanzierungssaldo zum ersten Mal nach dem Kriege wieder negativ, d.h. der Staat Netto-Kreditnehmer, wird. Damit beginnt eine Entwicklung, die bis Anfang der 80er Jahre anhält. Angesichts im Trend rückläufigen Wachstums privater Realvermögensbildung, die durch die beiden Ölschocks 1974/ 75 und 1979 zusätzlich negativ beeinflußt wird, findet eine partielle Substitution privater Kreditnachfrage durch öffentliche statt. Die seit den 50er Jahren existierende Netto-Gläubiger-Position des Staates wird in den beiden Haushaltsperioden 1974/75 in eine Netto-Schuldner-Position umgekehrt. Da sich aber auch der Staat - wie die privaten Unternehmungen überwiegend nicht direkt bei den privaten Haushalten, sondern bei den Finanzierungsinstituten verschuldet, wird die bisher vorherrschende Struktur der Geldvermögensbildung weiter verfestigt, d.h. das Geldvermögen besteht überwiegend aus Forderungen privater Haushalte gegenüber Finanzierungsinsti tuten. Im Lichte der eingangs vorgenommenen Systematisierung der Entstehungsursachen der Geldvermögensbildung sind daher sowohl die Wieder9

Francke, 1982, S. 122ff.

Überproportionale Geldvermögensbildung im Finanzierungssystem

405

aufbauperiode der 50er Jahre als auch die folgende Strukturwandlungsperiode der 60er und 70er Jahre dadurch geprägt, daß das Wachstum der Geldvermögensbildung eher von der Kreditnachfrage der defizitbildenden Sektoren getragen wird. Zu erheblicher überproportionaler Geldvermögensbildung kommt es nur solange, wie - in der Wiederaufbauperiode Nachholeffekte bei der Entwicklung des finanziellen "Überbaus" bestehen. Als dann der Wiederaufbau abgeschlossen und konsolidiert ist, bleibt der Geld-Realvermögensquotient relativ konstant, auch wenn Substitutionsprozesse zwischen den Entscheidungsträgern stattfinden, die durch ihre Kreditnachfrage·das Wachstum der Geldvermögensbildung bestimmen. ll. Überproportionale Geldvermögensbildung als Phänomen eigenständiger Wachstumskräfte des finanziellen "Überbaus"

1. Dagegen scheint der erneute Anstieg des Geld-Realvermögensquotienten in den 80er Jahren in einem anderen Ursachenzusammenhang erklärbar. Da das Wachstum der privaten Realvermögensbildung und -Kreditnachfrage weiterhin auf einem- in längerfristiger Perspektive- abgeschwächten Trend verharrt und auch die öffentlichen Haushalte um Konsolidierung bemüht sind, liegt es nahe, die überproportionale Geldvermögensbildung nun auf eigenständige Wachstumskräfte im finanziellen "Überbau" zurückzuführen. Im Sinne unserer Systematik sind dies einerseits Verhaltensänderungen bei überschußbildenden Geldvermögensdisponenten und andererseits Verhaltensänderungen bei den Finanzierungsinstituten.

Obwohl diese Verhaltensänderungen im Finanzierungssystem der Bundesrepublik erst in den 80er Jahren deutlicher werden, haben sie sich bereits in der zweiten Hälfte der 70er Jahre entwickelt, nämlich auf den expandierenden Off-shore-Finanzmärktenlo. Weil diese im Gegensatz zu nationalen Finanzierungssystemen von geldpolitischen und bankenaufsichtliehen Regulierungen weitgehend frei sind, haben sich hier neue Anlage- und Transaktionsformen frühzeitiger ausbreiten können, die auf veränderten Bedürfnissen und Verhaltensweisen von Geldvermögensdisponenten und Finanzierungsinstituten gründen. In den nationalen Finanzierungssystemen haben diese- zum Teil auch unter dem Terminus "Finanzinnovationen"- erst später Bedeutung erlangt, nachdem ihr Umfang immer offenkundiger wurde und man sich zur Liberalisierung der gesetzlichen Rahmenbedingungen des finanziellen "Überbaus" durch Deregulierungsmaßnahmen entschlossen hatte. In das deutsche Finanzierungssystem sind derartige Entwicklungen erst relativ spät eingedrungen, weiles-im Vergleich zu anderen- bereits liberaler war und weil der schon 1o Zu den Ursachen und der Bedeutung der Entwicklung der Off-shore-Finanzmärkte vgl. Ehrlicher, 1984.

406

Werner Ehrlicher und Hans-Hermann Francke

länger innovativ tätige Teil des finanziellen "Überbaus" seine Aktivitäten auf die- auch geographisch nahegelegenen-Euro-Finanzplätze Luxemburg und London verlagert hatten. 2. Daß es sich dabei für die Erklärung überproportionaler Geldvermögensbildung um eigenständige Wachstumskräfte des finanziellen "Überbaus" handelt, zeigt sich, wenn man wichtige Merkmale und Motive dieses veränderten Verhaltens analysiert. Bei den überschußbildenden Geldvermögensdisponenten ist zum einen auf das immer mehr nach Portfoliodiversifikation zielende Anlageverhalten hinzuweisen, welches aus risikobewußter Ertragsorientierung resultiert. Hier ist bemerkenswert, daß zunehmend auch große Unternehmungen selbst wie Finanzintermediäre tätig werden und einen wachsenden Anteil ihrer Aktiva in Form monetärer Forderungen unterhalten12. Zum anderen ist die Internationalität kennzeichnend für das Anlageverhalten, d. h. in zunehmendem Maße werden Forderungen gegenüber ausländischen Schuldnern erworben, um internationale Ertragsdifferenzen auszunutzen und sich gegen unerwartete Veränderungen der Währungsparitäten zu schützen bzw. von erwarteten zu profitieren. Beide Merkmale veränderten Anlageverhaltens tragen zu überproportionaler Geldvermögensbildung bei.

Die Finanzierungsinstitute haben nicht nur auf diese veränderten Bedürfnisse ihrer Kunden reagiert, sondern sind ihrerseits innovativ tätig gewesen13. Ein wesentliches Motiv ist dabei das Bemühen um eine effizientere Allokation von Risikolasten gewesen, die im Zusammenhang mit der Überschuldung von Entwicklungsländern 14 aber auch unerwarteten Wechselkursänderungen gewachsen sind. Dazu wurden einerseits die wechselseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten innerhalb des Sektors der Finanzierungsinstitute ausgeweitet. Andererseits wurden Finanzierungsinstrumente entwickelt, die auch neue Wirtschaftseinheiten in den Intermediationsprozeß mit einbezogen. Es trat also sowohl eine innersektorale Verflechtung als auch sektorale Ausweitung des finanziellen "Überbaus" (bei unklarer werdender Abgrenzung) auf. Wiederum führen beide Veränderungen zu überproportionaler Geldvermögensbildung. Ob es sich dabei nur um einen kurzfristigen Wachstumsschub des Geld-Realvermögensquotienten handelt, oder ob hier erneut längerfristige Prozesse überproportionaler Geldvermögensbildung begonnen haben, ist gegenwärtig nicht überschaubar.

n Hintergründe und geldpolitische Bedeutung von Finanzinnovationen werden analysiert in: Francke, 1988. 12 Schlesinger, 1987, S. 23. 13 Einen guten Überblick kontrovers diskutierter Probleme des internationalen Bankgeschäfts vermittelt Krümmel, 1985. 14 Eine vorläufige Bestandsaufnahme und alternative Lösungsvorschläge findet sich in Gutowski, 1986.

Überproportionale Geldvermögensbildung im Finanzierungssystem

407

Literatur Ehrlicher, W. (1956), Geldkapitalbildung und Realkapitalbildung, Tübingen 1956.Ehrlicher, W. (1984), Entstehung und Rechtfertigung der Off-shore-Märkte, in: Bruns, G. I Häuser, K. (Hrsg.), Off-shore-Kreditmärkte, Kolloquium-Beiträge, Schriftenreihe des Instituts für Kapitalmarktforschung an der Universität Frankfurt, Bd. 26, Frankfurt, 1984, S. 122ff. - Francke, H.-H. (1982), Portfolioeffekte öffentlicher Kreditnahme, Berlin 1982. - Francke, H.-H. (1988), Zur Wirkung von Finanzinnovationen auf den Transmissionsprozeß monetärer Impulse, erscheint demnächst, in: Gutowski, A., Schriften des Vereins für Socialpolitik, Bd. 170, S. 113ff.- Francke, H.-H. I Hudson, M. (1984), Banking and Finance in West-Germany, LondoniSydney 1984. - Goldsmith, R. W. (1985), Comparative National Balance Sheets. A Study of Twenty Countries, Chicago 1985. - Gutowski, A. (Hrsg.) (1986), Die internationale Schuldenkrise, Schriften des Vereins für Socialpolitik, Bd. 155. - Krümmel, H.-J. (Hrsg.) (1985), Internationales Bankgeschäft, Beihefte zu Kredit und Kapital, H. 8, Berlin 1985.- Schlesinger, H. (1986), Kapitalmarkt, Kapitalbildung und Kapitalallokation, in: Schneider, D. (Hrsg.), Kapitalmarkt und Finanzierung, Schriften des Vereins für Socialpolitik, Bd. 165, S. 17ff.- Stützel, W. (1958), Volkswirtschaftliche Saldenmechanik, Tübingen 1958. - Tobin, J. (1963), An Essay on the Principles of DebtManagement, in: Report of the Commission on Money and Credit, Englewood Cliffs, N. J./Prentice Hall1963, S. 143 ff.- Tobin, J. (1969), A General Equilibrium Approach to Monetary Theory, in: Journal of Money, Credit and Banking, No. (1969), S. 15ff.

Simultane Bestimmung der Wechselkurse der wichtigsten Währungen Von Wilhelm Krelle und Heinz Welsch A. Einführung und Problemstellung

B. Das System der Zahlungsbilanzgleichungen. Ableitung der Schätzgleichungen für die Wechselkurse C. Empirische Wechselkursschätzungen D. Schlußbemerkungen

A. Einführung und Problemstellung Die Wechselkurse haben einen bedeutenden Einfluß auf die wirtschaftliche Entwicklung offener Volkswirtschaften. Die Erklärung ihrer Bewegungen ist leider außerordentlich schwierig. Kurzfristig erscheinen Wechselkursbewegungen (ähnlich wie die Bewegung der Aktienkurse) statistisch gesehen als reine Zufallsschwankungen; andernfalls würden die Ökonomen, ausgestattet mit einer prognostisch gut arbeitenden Wechselkurstheorie, durch Devisenspekulationen bald alle reich werden können. Ganz langfristig, sozusagen säkular, erklärt die Kaufkraftparitätentheorie den Trend der Wechselkursentwicklung recht gut. Dazwischen liegt der eigentlich interessante Bereich. Gesamtwirtschaftlich ist die Entwicklung der jährlichen Durchschnittskurse von Bedeutung. Diese wollen wir hier erklären. Dabei setzen wir einen Ansatz fort und verfeinern ihn, den wir schon früher benutzt haben; vgl. Krelle und Sarrazin (1983), Krelle und Welsch (1985), Welsch (1988). Er gehört zum Typus der Zahlungsbilanztheorie der Wechselkurse, vgl. z.B. Krelle und Welsch (1985) und die dort angegebene Literatur: Angebot und Nachfrage nach Devisen und die Arbitragebedingungen bestimmen simultan alle Wechselkurse. Dieser Ansatz bietet sich für ökonometrische Prognosemodelle größerer Art an und ist wirklichkeitsnäher als andere, mehr monetaristisch bestimmte Ansätze. Im folgenden leiten wir zunächst die Schätzgleichungen für die Wechselkurse aus diesem Ansatz ab. Dann geben wir die Ergebnisse der Parameterschätzungen an, und zum Schluß zeigen wir die Prognosegenauigkeit an Hand einer dynamischen ex-post-Simulation und statistischer Testwerte.

410

Wilhelm Krelle und Heinz Welsch

B. Das System der Zahlungsbilanzgleichungen Ableitung der Schätzgleichungen für die Wechselkurse Wir betrachten eine Weltwirtschaft, die aus n Ländern besteht, die durch Güter- und Kapitalströme miteinander verflochten sind. Jedes Land hat eine eigene Währung. Es bestehe vollständige Arbitrage, d.h. der Betrag einer fremden Währung, den man durch Hergabe einer Einheit der eigenen Währung erhält, ist gleich, unabhängig davon, ob man direkt oder auf irgendeinem Umweg über andere Währungen tauscht. Von Arbitragekosten wird abgesehen. Dann kann man alle Transaktionen in der Währung eines Landes, sagen wir: des Landes 1, ausdrücken. Das System der Zahlungsbilanzgleichungen aller Länder läßt sich dann schreiben als: 1

A22

e21

- A2a

1 ea1

-

0

0

0

0

0

0

- A2n

-

+

-

1

enl

=

A21

=

Anl

(1) 1

-An2

e21

-

Ana

-

1

e3l

-

Ann

1

e,.l

Hierbei bedeuten: A;;

Deviseneinnahmen des Landes i in heimischer Währung durch Güterexporte in und Kapitalimporte von allen übrigen Ländern.

A;;, i =I= j = Devisenabfluß in Währungdes Landesj von Land inachLandj. e;;

Wechselkurs der Währung des Landes i gegenüber der des Landes

j, = Preis der Währungseinheit des Landes j in Währung des Lan-

des i.

Die Wechselkurse aller Länder untereinander sind wegen der Arbitrageannahme aus den Wechselkursen zum Land 1 zu bestimmen: (2)

Die erste Gleichung des Systems (1) besagt einfach, daß der Devisenzustrom zum Land 2 in Währung des Landes 1 bezahlt werden muß durch Devisenahstrom in alle übrigen Länder, ebenfalls in Währung des Landes 1 gerechnet. Da die Welt als Ganzes ein geschlossenes System darstellt, kann die Zahlungsbilanzgleichung für ein Land (hier: das Land 1) fortgelassen werden. Sie ist automatisch erfüllt. Da nach Definition An

__ ~

LJ A;1

; =2

A;;

und eil

=

~ A;; ' LJ ; = 1 eil j'fl:i

2, ... , n ,

Simultane Bestimmung der WechselkUrse der wichtigsten Währungen

411

folgt durch Addition aller Gleich'Wlgen des Systems (1) die Zahlungsbilanzgleichung für Land 1:

1 - A1a 1 - ... - A1n -1

- Au

{3)

= Au

Die Wechselkurse aller Länder spielen sich genau so ein, daß die Gleichungen des Systems (1) befriedigt sind, weil eben nur zu diesem Kurs alle Verkäufer bestimmter Devisen auch Käufer finden und umgekehrt. Die Deviseneinnahmen A;; des Landes i entstehen erstens aus der Bezahlung von Güterlieferungen X;; an alle übrigen Länder j, wobei die gelieferten Güter den Preis Px, ii in heimischer Währung haben; zweitens aus der Bezahlung von "Kapitallieferungen" K;; von i nach j (d.h. z.B. durch Aktienverkäufe von i nach j, allgemein: durch Kapitalimport von i), wobei ein Preis (=Kurs) PK, ii gilt, und schließlich durch "Geldlieferungen" M;; von i nachj, wobei es sich um Geld des Landes i handelt, i =f:. j . Somit gilt n

A;; =

(4)

L

j=l

(X;;Px,;;

+ K;;PK,ii + M;;), i

= 1, ... , n .

j:fl:i

Analog ist {5)

A;; = X;;Px,;;

+

K;;PK,ji

+

M;;,

j =F i .

Die A;; und A;; hängen natürlich im allgemeinen selbst von den Wechselkursen e 21 , ••• , en 1 ab, so daß (1) im allgemeinen ein System impliziter Gleichungen ist. In dem Sonderfall, daß die A;; und A;; unabhängig von den Wechselkursen sind (was höchstens für die ganz kurze Frist zutreffen könnte), erhält man die Wechselkurse aus (1) einfach durch Matrixinversion. (1) läßt sich schreiben als {6)

1 A ·- = a

e

mit A . _

(

A22 ... -A2n) -An2 ··· Ann

Dann ist {7)

-

1

e

:=

( 1/~21) 1/enl

a :=

(A:21) Anl

412

Wilhelm Krelle und Heinz Welsch

falls IA I =F 0, was wir annehmen dürfen. Tatsächlich sind die A;; und A;; Funktionen der Wechselkurse. Man müßte also die Größen in (4) und (5) als Funktionen der Wechselkurse und anderer Größen (Zinsen, Einkommen, Preisrelationen ... ) schätzen und das System (1) iterativ nach den Wechselkursen lösen. Das ist leider so nicht möglich, weil die Statistiken über die bilateralen Kapitalströme zwischen den Ländern fehlen oder unvollständig sind. Hier kann man nun folgenden Ausweg finden. Wir betrachten jedes Land einzeln vis-a-vis allen übrigen Ländern und schreiben somit (1) als

mit

e21 A21eu

A2e2

e,.1

A,.e,. = A,.1eu

+

A23

+ An2

e21

e21

e31

e,.1

e,.1

+ ... + An.n-1

- + ... + A2,.-

e21

e,.1

--e,. -1.1

'

wobei e 11 : = 1 ist. Hierbei ist e; der Wechselkursindex des Landes i gegenüber allen übrigen Ländern und A; ein passend gewählter Index für alle Devisenabflüsse in ausländischer Währung. Somit ist e2

(9)

=

Az2 " -= L ; =1 A2 i*2

e,.

A,.,.

= -- = A,.

A2; Az

-e21 e;1

.

e,.1 A,.; -- L i=1 A,. e;1

i*"

Für die Wechselkursindizes der wichtigsten Welthandelsländer gibt es Statistiken. Wie sie erklärt werden können, kann man aus der Theorie einer 2-Länder-Welt (Inland und Ausland) ableiten, vgl. Krelle und Welsch (1985). Auch hier muß man approximieren, um zu schätzfähigen Funktionen zu gelangen. Am Ende gelangt man zu der Schätzgleichung (vgl. Krelle und Welsch (1985), S. 383, und Welsch (1988): (10)

P•

- - (aoi PFi

+ ali :lf; + a21 (!; + a3; €!•. - 1 + a4; (!;. - 1 :lf;

Simultane Bestimmung der Wechselkurse der wichtigsten Währungen

413

wobei die a 0 ;, ••• , a 7 ; zu schätzende Parameter sind und

= das Preisniveau des Landes i ,

p; PFi

das Preisniveau des Auslandes (mit Bezug auf das Land i)

n;

die Kaufkraftdisparität die Zinsdisparität = bedeutet

(!;

L1wy;

L1wM;

Wp; 1

= wpFi -

r;, wobei rFi den Zinssatz im Ausland

TF; -

die Disparität der Wachstumsraten des realen Sozialprodukts = WyFi - Wy;, wobei WyFi die Wachstumsrate des ausländischen Sozialprodukts ist = die Disparität der Wachstumsraten der Geldmenge =

wMFi- WM;

die relative Schulden- bzw. Gläubigerposition des Landes i = das Verhältnis von Auslandsschulden (bzw. -guthaben) zum Sozialprodukt des Landes i. Dabei werden die Auslandsschulden durch Aufaddierung des Leistungsbilanzsaldos approximiert.

A.;

Die Parameter der Gleichung (10) wurden für die wichtigsten Welthandelsländer geschätzt (s. u.). Wie man an der Gleichung (10) sieht, gilt die Kaufkraftparitätentheorie des Wechselkurses, sobald Kaufkraft- und Zinsdisparitäten, die Differenz der Wachstumsraten und die relative Schuldenbzw. Gläubigerposition eines Landes konstant (z.B. Null) sind. Hat man die Wechselkursindizes aller Länder geschätzt, kann man von ihnen auf die einzelnen Wechselkurse zurückschließen. Das System (9) kann man wie folgt umschreiben:

.i

(11)

;~

A;; . _1_' 1 A; e;1

1, ... , n

j'Jf:i

(die Gleichung gilt auch für Land 1 wegen e 11

•-

1).

Damit kann man die Wechselkurse aller Länder i, i = 2, ... , n, relativ zum Land 1 erhalten durch i = 2, ... , n ,

(12) n

L

mit

1 i.,i

; z

1

W:r

Es bedeutet stets =

X-X-1 X-1

W:r

b;; -

1 e;1

und b;; :

=

A;;IA; ,

die Wachstumsrate der Größe x, also im diskreten Fall

im kontinuierlichen Fall w"'

X X

Wilhelm Krelle und Heinz Welsch

414

nämlich:

(13)

Leider treten hier wieder die b;; = A;;f A; auf, die wir, wie oben gesagt, nicht beobachten können. Somit müssen wir wieder approximieren. Wenn die b;;, also die Länderstruktur der Devisenabflüsse, einigermaßen gleich bleiben, so läßt sich (13) approximieren durch eil

(14)

ei

= -

e1

·

~ ;

L.. C;; e;1 ,

=1

. t

=

2, ... , n .

Die Parameter c;; werden empirisch geschätzt, s. u. Dann können die einzelnen Wechselkurse e 21 , .•• , en 1 simultan bestimmt werden durch (15)

C · e

=

c 1 - -

e2 e1

mit

c22 -

e2

-

c2a

e1

c=

e =

also

Im folgenden Abschnitt wird dieser Ansatz empirisch überprüft.

Wir betrachten die entwickelten Marktwirtschaftsländer, nämlich USA, Bundesrepublik (FRG), Japan (Jap), Frankreich (Fra), Großbritannien (UK), Italien (Ita), Niederlande (Neth), Belgien und Luxemburg (Bel) und Kanada

Simultane Bestimmung der Wechselkurse der wichtigsten Währungen

415

(Can). Zunächst werden in Tabelle 1 die geschätzten Parameter aoi, ... , a 7 i der Gleichungen (10) für die Wechselkursindizes ei wiedergegeben. Die Schätzung erfolgte im Rahmen des Bonn-IIASA Research Project on Economic Growth and Structural Change und wird hier aus Welsch (1988) übernommen. Die Einzelheiten sind dort nachzulesen. Die Zahlen in Klammern sind hier und bei den folgenden Tabellen die t-Werte. Insignifikante Parameter wurden Null gesetzt. Die Referenzperiode ist jeweils 1970- 1982. Es wurden jährliche Durchschnittskurse betrachtet. Die Parameter haben die erwarteten Vorzeichen (soweit man darüber a priori etwas sagen kann), mit Ausnahme des Parameters a 3 für die USA. Der Grund dafür ist nicht klar. Hier müßten weitere Überlegungen angestellt werden. Die Testzahlen R2 und DW sowie die t- Werte der einzelnen Parameter zeigen, daß die Anpassung gut ist und die Schätzwerte gesichert sind. Natürlich muß man bei Wechselkursschätzungen, wie zu Anfang erklärt, eine größere Varianz als bei Schätzungen anderer ökonomischer Größen in Kauf nehmen. So gesehen sind die R2 -Werte nicht schlecht. Nunmehr müssen die Parameter Ci; in Gleichung (14) geschätzt werden. Dabei wurden wieder insignifikante Parameter Null gesetzt. Die folgende Tabelle 2 gibt die Ergebnisse wieder. Auch hier sind die Ergebnisse, statistisch gesehen, befriedigend. Über die Vorzeichen der ci läßt sichapriorinichts aussagen. Sie sind ja durch Linearisierung der Funktion (13) entstanden, und da können alle Vorzeichen auftreten. Nun kommt der eigentliche Test. Kann man die tatsächliche Entwicklung der Wechselkurse auf diese Weise, d.h. durch Lösung des Systems (15) erklären? Wir haben hierfür eine dynamische ex-post-Prognose aller Wechselkurse von 1970 bis 1982 vorgenommen, indem das System (15) Jahr für Jahr gelöst wurde, wobei für die Wechselkursindizes die nach (10) geschätzten Werte, nicht die tatsächlichen eingesetzt wurden. Tabelle 3 gibt die absolut genommenen prozentualen Abweichungen von tatsächlichem von den geschätzten Wechselkursen der Währungen der betreffenden Länder zum US-Dollar wieder sowie die zugehörigen üblichen Fehlermaße. Das aussagefähigste Fehlermaß ist hier der MAPE (= mean absolute percentage error), also der Mittelwert der in der Spalte darüber stehenden Werte. Wie man sieht, vermag das System die mittleren Jahreswechselkurse der wichtigsten Welthandelsländer relativ zum Dollar mit einer Genauigkeit zwischen 2.4 und 5.3% für die Referenzperiode wiederzugeben. Bei exante-Prognosen kommen natürlich noch die Fehler bei der Prognose der hier exogenen Größen (Zinsraten, Wachstumsraten ... ) hinzu. Um einen visuellen Eindruck von der ex-post-Prognosequalität des Systems zu geben, sollen hier jedenfalls für die Bundesrepublik die Zeitrei-

--

-.016 (2.54)

a4

.:15

a6

2.80

1. 72

.

--

1.45

.874

-6.72 (5.20)

--

.961

--

-.024 (4. 68)

• 671

-4.51 (3. 55)

--

-.023 (4. 68)

L _ __

--

-

2. 23.

.914

-2.50 (3.63)

1.97

• 874

-3.75 (5.96)

--

-.015 (1. 55)

--

-.002 (2.00)

--

1.93

.993

-1.10 (2.38)

-.006 (4. 53)

--

-.001 (2. 33)

--

--

.014 (2.08)

.042 (2.44)

.008 (1. 28)

-.016 (4.06)

.925 (24.39)

Ita

--

--

.863 (20.30)

UK

--

1.57

.829

2. 9 3

.782

-3.00 (8.29)

-.008 (2.34) -1.64 (7.39)

--

--

--

.016 (1.19)

-.025 (4.10)

1. 40 (22. 37)

Bel

--

.007 (6. 06)

--

(2. 69) . ~ 2t.02B 1. 84)

~{ .039

--

1. 40 (20. 71)

Neth

1.67

.841

-3.35 {4. 38)

-.004 (1. 41)

--

--

--

.028 (1. 64)

--

1. 31 (18.33)

Can

1. 70

.580

-5.93 (2. 20)

-.009 (1. 45)

--

-.026 ( 2. 37)

--

.036 (1. 26)

--

.433 ( 1. 75)

Oth

Bemerkungen: Für die Niederlande ersetzten wir den Tenn a 2 i!.'i durch a 21 rFi + a 22 ri. Oth =alle übrigen Marktwirtschaftsländer zu einer Grupppe zusammengefaßt.

DW

a2

a7

----

--

.057 (5.32)

-.050 (6 .01)

a3

-

--

--

• 043 (2.88)

.011' (1.46)

a2

.005 (2. 87)

--

--

--

--

a,

1.07 (40.30)

.872 (9.73)

2.32 (8.19)

0

Fra

1 • 11 (61. 30)

a

Jap

FRG

USA

Tabelle 1: Geschätzte Parameter der Wechselkurs-Index-Gleichung (10)

"'g.

~

N



~

p..

§

~

~

~

~

0>

..... """

~

r

Ä

:>:

ii'

~

...., i

--

-.362 (9 .1 5)

c6

DW

2.73

4 (Fra), 5 (UK), 6 (Ita).

2.98 2. 74

.998

.359 (16.33)

.093 (10. 90)

2.42

.996

--

-. 311 (5.89)

1.002 (5. 80)

-.208 (3.69)

-.680 (4 .14)

1. 1 85 (16. 37)

UK

2.58

1.000

--

-.355 (8.76)

.426 (17.67)

.102 (6. 20)

-.320 (10.62)

1 • 141 (22. 32)

Ita

2.64 =

.999

-.525 (13.92)

.132 (10.88)

-.065 (3.29)

-.281 (10.15)

• 399 (22.75)

1.338 (28.68)

Neth

Bemerkung: c; bezieht sich auf den Einfluß des Wechselkurses des Landes i, mit i

'-----·

.996

-.238 ( 1. 80)

.137 ( 2. 9 3)

es

.999

--

1. 21 s (3.09)

.103 (4.20)

c4

ii2

-.373 (8.69)

-.060 (2.06)

.140 (2.50)

C3

-.223 (6. 68)

-1 . 061 ( 3. 34)

-.229 (7.79)

c2

1.140 (23. 30)

Fra

1.144 (25. 23)

Jap

1. 216 (29.39)

c1

FRG Bel

2.91

.991

--

[ --

ol>-

........

I

~ ~

~

~.

g

~

Q.

(1)

~

fr

~ ~

I ~

I:Jj

[

Ul

[

-.101 (12. 61)

-.153 (3. 48)

-.130 (4.64)

1. 390 (53.63)

Can

1 (USA), 2 (FRG), 3 (JAP),

2.60

.998

--

-.418 (7 .02)

.086 (7.00)

-.356 (1. 37)

.460 (16.07)

1.232 (18.29)

Tabelle 2: Geschätzte Parameter der Wechselkurs-Gleichunge n (14)

418

Wilhelm Krelle und Heinz Welsch Tabelle 3: Absolute prozentuale Fehler der Wechselkursschätzungen verschiedener Währungen (Wechselkurs zum US-Dollar) FRG

Jap

Fra

UK

1970

2.75

2.96

3.25

1.20

.84

5.54

.17

3.34

19 71

3. 51

• 70

2.09

3.32

4.78

5.09

4.59

7.8o

1972

2.34

5.14

3.19

1. 97

2.83

3.65

3.65

5.32

1973

7.60

.98

7.88

.36

10.34

8.67

5.29

4.84

1974

.57

5.28

7.53

6.72

1.40

4.17

4.33

• 21

1975

3.12

3.99

1. 47

6.82

3. 39

.10

1.93

.04

1976

• 86

3.87

3.22

2.88

1 • 11

2.97

.66

3.94

7.24

2.22

.88

8.12

Ita

Neth

Bel

Can

1977

2.48

3.'13

5.41

11.4 7

1978

.16

7.86

3.15

2.44

6.74

3. 36

1. 31

.27

1979

4.00

3.15

1. 32

2.16

1. 40

1. 81

1.09

3.59

1980

2.03

11.36

6.51

6.46

5.43

6.78

2.97

. 3. 80

1981

4.12

.56

2.02

4.49

3.27

4.77

.47

3.46

1982

4.06

19.09

1. 32

2.37

4.00

.23

4.25

4.26

MA?E

2.89

5.28

3.72

4.05

4.06

3.80

2.43

3.77

m:AN

-.001

.007

.000

.006

.003

!002

-.002

-.001

R.'iSE

.038

.057

.048

.054

.060

.051

.034

.048

MAE

.031

.045

.042

.043

.050

.042

,027

.040

Anmerkung: MAPE MEAN RMSE MAE

= = = =

mean absolute percentage error. mean error. root mean squared error. mean absolute error.

hen des tatsächlichen und des geschätzten Wechselkurses DM/$ graphisch dargestellt werden, siehe Figur 1. Wie man sieht, ist die Anpassung gut. Insbesondere ist zu erkennen, daß die aufgrunddes hohen DW-Wertes von 2.98 zu vermutende Autokorrelation der Fehler nicht zu starken Verzerrungen führt. Bei einigen anderen Ländern gibt es gelegentlich Ausreißer: 1980 und 1982 für Japan, 1977 für Großbritannien, 1973 für Italien. Hier müßte man den speziellen Gründen nachgehen. Es ist klar, daß es durch staatliche Eingriffe oder exzeptionelle Erwartungen Abweichungen von den "Normalwerten" geben kann.

Simultane Bestimmung der Wechselkurse der wichtigsten Währungen

419

Wechselkurs DM/$

3.75 3.5

• beobachtet

3.25

,. geschätzt

~.0

;,:

2.5 2.25

1. 75

19'0 71

72

73

74

75 76

77

78 79 90

81

82

Jahr

Figur 1: Tatsächlicher und geschätzter Wechselkurs DM!$

D. Schlußbemerkungen Wir haben gezeigt, daß es möglich ist, die Wechselkurse der wichtigsten Währungen simultan so zu bestimmen, daß die Arbitragebedingungen erfüllt sind. Dabei hängen die Wechselkurse von den Preisrelationen der Länder, von den Kaufkraftdisparitäten, den Zinsdisparitäten, den Sozialprodukt- und Geldmengenwachstumsraten-Disparitäten und den relativen Gläubiger- bzw. Schuldnerpositionen der einzelnen Länder ab. Aus statistischen Gründen wurde zunächst der Wechselkursindex jedes Landes gegenüber allen übrigen Ländern bestimmt und anschließend aus den Wechselkursindizes die einzelnen Wechselkurse gegenüber einer Basiswährung (dem Dollar) zurückgewonnen. Die ökonometrischen Ergebnisse sind zufriedenstellend. Ein Test für die ex-ante-Prognose steht noch aus. Literatur Krelle, Wilhelm und Sarrazin, Hermann: Capital Flows and the Exchange Rate in the Bonn Modelll, in: L. R. Klein and W. Krelle (ed.), Capital Flows and Exchange Rate Determination, Zeitschrift für Nationalökonomie/ Journal of Economics, Supp27'

420

Wilhelm Krelle und Heinz Welsch

lernenturn 3, Wien I New York (Springer) 1983, S.163- 201. - Krelle, Wilhelm und Welsch, Heinz: Exchange Rate Determination for Interdependent Economies, Zeitschrift für Nationalökonomie/ Journal of Economics, Vol. 45 (1985}, S. 373- 393. -Welsch, Heinz: ModeHing Exchange Ratesand Foreign Trade of Developed Market Economies, Chapter 8, in: W. Krelle (ed.), The Future of the World Economy; erscheint 1988 im Springer-Verlag, Berlin I Heidelberg I New York I London I Paris I Tokyo I Hongkong.

Option Pricing with Bounds on the underlying Securities By Dieter Sondermann A. Introduction B. The Binomial Option Pricing Model with Bounds C. Passage to the Limit D. Valuing Puts E. Lower Bounds F. Hedgeratio and the Gamma-Factor

A. Introduction

The Black-Scholes formula and the so-called "6-hedging" has found practical applications to the hedging of portfolios of options on securities with uncertain returns, like stock options (cp. Cox-Rubinstein [1]) or currency options (cp. Sondermann [6], [7], [8]). This kind of hedging is riskless only if the following conditions are met: (i)

no transactions costs

(ii) the prices of the underlying security follow a geometric Brownian motion (iii) the volatility of the underlying hedge-instrument is constant and pre-

dicted accurately, and

(iv) the hedge-ratio is adjusted instantaneously. Conditions (i), (ii) and (iii) will always be more or less violated in practical applications. The cost and riskiness of 6-hedging will increase with the degree of deviation from these assumptions underlying the Black-Scholes model, but if these deviations arenot too large the model may still produce acceptable results. Condition (iv), however, refutes any practicability since continuous 6-hedging in the Black-Scholes world results in an infinite transaction volume in any arbitrarily small time interval. Hence, the better one tries to approximate condition (iv) in practice, the more the transaction volume increases, so that finally even very small transaction costs make 6hedging obsolete.

422

Dieter Sondermann

Hence, c5-hedging in practice requires a discrete model. The simplest such model is the Binomial Option Pricing Model of Cox-Ross-Rubinstein (3], which is also the starting point of this paper. Another possibility is to apply simple trading strategies to the Black-Scholes model or to some other continuous modelas studied e.g. by Cox and Ross [2] or Föllmer and Sondermann (4]. In any case, adjusting the hedge-ratio in discrete steps introduces additional risk which increases with the elasticity of the c5-factor with respect to security prices. Forthis reason it has been suggested to control also the socalled "y-factor", i.e., the second derivative of the option price with respect to security price. This can be achieved by adjusting the composition of the option portfolio. A smaller y-factor means smaller price elasticity of the c5-factor. However, also the y-factor is very price sensitive, as all the higher derivatives of the Black-Scholes formula are highly non-linear. Thus controlling the y-factor would require a permanent reshuffling of the option portfolio, which is even more problematic than simple c5-hedging. This paper studies another possibility to reduce the risks of c5-hedging. In many practical applications one can quite safely assume that during the life time of an option the security price will not reach a certain upper or lower bound, even if its present volatility is high. We derive the exact formula for the Binomial Option Pricing Model of Cox-Ross-Rubinstein (3], given apriori upper or lower bounds. This formula can be simplified for small grid sizes. Letting the grid size go to zero, by the Central Limit Theorem we obtain the analogon of the Black-Scholes formula for option pricing with bounds. As expected these formulas reduce to the Black-Scholes formula if the upper bound goes to infinity, resp. the lower bound approaches zero. The formulas in this paper apply to European calls and puts. The techniques developed for the Binomial Option Pricing Model is, however, easily adopted to value also American calls and puts under given bounds, by using the same device as in Cox-Ross-Rubinstein [1, section 5.9]. This is an advantage of the discrete approach to option pricing over the continuous BlackScholes approach. The reader familiar with the martingale approach to option pricing (cp. Harrison-Kreps (5]) will be interested to observe that the option price is the expectation of the contingent claim under that equivalent probability measure which makes the process absorbed at the boundary a martingale. Since this martingale measure represents the expectation of the risk-neutral investor, it means the risk-neutral investor behaves as if the process once hitting the boundary will never come back. This is a surprising result. The practical consequences of the results in this paper are the following: (i)

lmposing either an upper or a lower bound always reduces both the value of a call and of a put by the same amount.

Option Pricing with Bounds on the underlying Securities

423

(ii) Imposing an upper bound decreases the is small and T large. Furthermore we can restriet ourselves to the case K :5 M, since otherwise clearly lrM = 0. Then by (7) we have (13)

and (14)

In order to compute P *, the distribution of Z, we apply the reflection principle to the stochastic process U, (w) defined as the number of u's in w = (w 1 , . . . , w 1 ). Then we get (15)

P [Zr = M] = P [max W, 2: M] t E
0, ybecomes negative when x

Proof: According to (68), y is negative iff (69)

Using relation (64) this is equivalent to (70)

1

m,

n (c)

x

n(g)

sup { x, K,}, this expression is strictly smaller than one, but approaches one with x approaching M,. Similarly one proves the relation (72)

-

m, n (c) { 2 - - = exp - 2 - ln (x Im,) ln x n (g) a s

(m, I K,) }

Again for m, < inf { x, K,} this expression is strictly less than one, but goes with x approaching m,. Now, since both terms of the sum in (70) are positive, therelation (70) holds whenever x approaches one of the boundaries. References [1) Cox, J. IM. Rubinstein, "Option Markets", 1985 Prentice-Rall, New Jersey. [2) Cox, J. I S. Ross, "The Valuation of Options for Alternative Stochastic Processes, 1976, Journal of Financial Economics, 3, 145- 166.- [3) Cox, J. I Ross, S., M. Rubinstein, "Option Pricing: A Simplified Approach", 1979, Journal of Financial Economics, 7, 229- 261.- [4) Föllmer, R. I D. Sondennann, "Redging of Non-Redundant Contingent Claims", 1986, in: Contributions to Mathematical Economics, NorthRolland (Ed.: Rildenbrand, W.A. Mas-Colell).- [5) Harrison, J. I D. Kreps, "Martingales and Arbitrage in Multiperiod Securities Markets", 1979, Journal of Economic Theory, 20, 381 - 408. - [6) Sondennann, D. I "Currency Options- Theory and Practicability", 1982, Paper presented at the Deutsche Bundesbank on occasion of the Meeting of Project Link, Frankfurt, September 1982, unpublished manuscript. [7) Sondennann, D. I "Kurssicherungsverfahren: Redgen von Optionen", Krelle: Ökonomische Prognose-, Entscheidungs- und Gleichgewichtsmodelle, 1986, Weinheim, Verlagsgemeinschaft mbR.- [8) Sondennann, D. I "Currency Options: Redging and Social Value", European Economic Review, Vol. 31, 1987, 246 - 256.

Entwicklung und Test einer operationalisierbaren Point & Figure-Anlagestrategie Von Johannes Welcker und Joachim Brutscher A. Ziel der Untersuchung

B. Untersuchungsgegenstand und Grobskizze des Tests I. Aktienauswahl li. Verglichene Strategien III. Spesen IV. Untersuchungsperioden V. Chartmaterial VI. Vorgehensweise bei der Point & Figure (P&F)-Strategie VII. Dividendenbereinigung C. Erläuterungen der dem Test zugrunde liegenden Strategien I. Die Buy & Hold (B & H)-Strategie II. Die Point & Figure (P&F)-Strategie 1. Die Auswahl der Aktien a) Bedingungen, die an den Chart gestellt werden b) Bedingungen, die an das Chartmaterial gestellt werden 2. Die Kauf- und Verkaufkriterien 3. Kurszielbestimmung 4. Die zulässigen Geschäfte 5. Glattstellen eines Engagements 6. Festlegung der in eine Aktie investierten Summe 7. Der Wechsel von einer Aktie in eine andere D. Die schrittweise Ausführung des Tests I. Auswahl der Aktien, die zu Beginn der Anlageperiode gekauft wurden II. Beobachtung des Chartverlaufs 1976 - 1983 III. Beispiel 1. Allied Corp. mit Leerverkäufen 2. Allied Corp. ohne Leerverkäufe E. Präsentation der Ergebnisse I. Zahl der Ergebnisse und Vergleichsmöglichkeiten II. Vergleich der jährlichen Anlageergebnisse 111. Vergleich der Ergebnisse über längere Perioden IV. Die Auswirkung unterschiedlicher Spesensätze V. Die Zahl der Verlustoperationen F. Testprobleme I. Prinzipielle Probleme des Tests von Anlagestrategien 1. Realitätsnähe 2. Probleme eines hypothetischen Tests li. Skalierungsprobleme III. Behandlung von Dividenden

444

Johannes Welcker und Joachim Brutscher 1. Vernachlässigung von Dividendenausschüttungen bei Chartierung 2. Vernachlässigung der Dividenden beim Anlageergebnis a) Konsequenzen der Vernachlässigung der Dividenden für den Vergleich der B&H-Strategie mit den P&F-Strategien b) Die Behandlung von Dividenden bei Leerverkäufen c) Die Ermittlung der Dividenden IV. Die Budgetrestriktion

A. Ziel der Untersuchung

Ziel der Untersuchung ist es, eine operationalisierbare Point & Figure (P&F)-Strategie zu entwickeln und zu testen. In den üblichen Darstellungen der P&F-Analyse werden die einzelnen Elemente der P&F-Anlagestrategie im großen und ganzen isoliert dargestellt. Dabei wird nicht ersichtlich, wie sie zu einer Anlagestrategie zusammengefügt werden sollen. Soweit Ratschläge für eine Anlagestrategie gegeben werden, skizzieren sie diese in groben Zügen, ohne auf die in der Praxis auftretenden Schwierigkeiten und Zweifelsfälle einzugehen. Solche Schwierigkeiten und Zweifelsfälle ergeben sich aus der Tatsache, daß einzelne Elemente der Strategie, wie z. B. Analyse von einzelnen Formationen, Kurszielberechnung, Trendanalyse und stoploss-Regeln und viele andere miteinander zu einer geschlossenen Strategie verbunden werden müssen. Die Probleme der Formulierung einer konsistenten Strategie werden insbesondere dann deutlich, wenn man einen empirischen Test durchführt. Andererseits braucht man eine solche geschlossene Strategie, wenn ein empirischer Test der P&F-Analyse gerecht werden soll. Bisherige Tests 1 haben stets nur einzelne Elemente der P&F-Strategie wie z.B. die relative Stärke2 , Formationen3 oder Kursziele 4 getestet. Wenn dann die Ergebnisse nicht befriedigend sind, so ist das nicht unbedingt ein Beweis dafür, daß die P&F-Strategie zur Gewinnerzielung an den Märkten untauglich ist. Die Formulierung einer operationalisierbaren Strategie und ein Test der P&F-Strategie ergänzen sich gegenseitig. Einmal wird im Verlauf eines Tests deutlich, welche Elemente der Lehre von der Technischen Analyse in eine P&F-Strategie integriert werden müssen und auf welche Weise dies zu geschehen hat. Zum anderen zeigt die Durchführung eines Tests, - welche Strategieelemente zur Formulierung einer Strategie erforderlich sind, - welche sich für das Gesamtergebnis besonders günstig auswirken und - welche von geringerer Bedeutung sind. Schiller (1971), Thomas I Aby (1975). Levy (1968). a Hockmann (1979), Davis (1965). 4 Hockmann (1979). I

2

Operationalisierbare Point & Figure-Anlagestrategie

445

Die Formationen der Bar-Chart-Analyse werden nicht berücksichtigt. Der Grund dafür ist, daß es sich für einen intersubjektiv überprüfbaren Test, der auch ohne spezielle Kenntnis der Chart-Analyse verständlich sein soll, kaum eignen, da sie subjektive Interpretationen erfordern. Subjektive Interpretationen schließen interpersonelle Überprüfbarkeit nicht aus. Vielmehr sind subjektive Interpretationen auf vielen Gebieten erforderlich, um nur zwei Beispiele zu nennen: Beim Lesen einer Handschrift wird ständig subjektiv interpretiert, welche Buchstaben mit den Schriftzügen gemeint sind; ein Arzt interpretiert die Krankheitssymptome und subsumiert diese unter ein ihm bekanntes Krankheitsbild. Weder beim Lesen noch bei ärztlichen Diagnosen schließt die Tatsache, daß subjektive Interpretation im Spiel ist, die intersubjektive Überprüfbarkeit aus. Allerdings kann die intersubjektive Überprüfung nur durch jemanden erfolgen, der auch lesen kann bzw. die ärztliche Kunst beherrscht. Nur wer die Chart-Analyse beherrscht, könnte chartanalytische Urteile überprüfen. Die Arbeit richtet sich aber gerade auch an den Kreis derjenigen, die der Chart-Analyse skeptisch gegenüberstehen.

B. Untersuchungsgegenstand und Grobskizze des Tests I. Aktienauswahl

Die Analyse beschränkt sich auf die 30 im Dow-Jones-Industrial-Index enthaltenen Aktien. Da die Zusammensetzung dieses Index sich im Laufe der Zeit ändert, mußte die Zusammensetzung an einem Stichtag gewählt werden. Dabei wurde die im Herbst 1983 gültige Zusammensetzung gewählt. Von der Dow-Jones Company wurde für Herbst 1983 folgende Zusammensetzung mitgeteilt: -

Allied Corp. Aluminium Co. of America American Brands. Inc. American Can Co. American Express Co. American Tel. & Tel. Co. Bethlehem Steel Corp. DuPont (E.I.) de Nemours & Co. Eastman Kodak Co. Exxon Corp. General Electric Co. General Foods Corp. General Motors Corp. Goodyear Tire & Rubber Co. Inco Ltd.

-

IBMCorp. International Harvester Co. International Paper Co. Merck & Co., Inc. Minnesota Mining & Mfc. Co. Owens-Illinois. Inc. Procter & Gamble Co. Sears, Roebuck & Co. Standard Oil of California Co. Texaco Inc. Union Carbide Corp. United Technologies U. S. Steel Corp. Westinghouse Electric Corp. Woolworth (F. W.) Co.

446

Johannes Welcker und Joachim Brutscher ll. Verglichene Strategien

Verglichen werden die folgenden Strategien: 1. Buy & Hold (B &H)-Strategie, bei der ein bestimmter Geldbetrag zu glei-

chen Teilen in den Aktien des Dow-Jones-Industrial-Index angelegt wird;

2. a) Geldanlage in Aktien, die nach der P&F-Strategie ausgewählt wurden, wobei nur das Halten von Aktien oder das Halten von unverzinslicher Kasse in Betracht kommt. 2. b) Das Halten von Aktien, die nach der P&F-Strategie ausgewählt wurden sowie short positions (Leerverkäufe) und Kasse. 3. Anlage in Treasury Bills.

In den USA ist nicht nur die Spekulation a la Hausse sondern auch die Spekulation a la Baisse möglich. Bei der Spekulation a la Baisse leiht sich der Spekulant die Aktien von seinem Broker und verkauft sie per Kasse. Zu einem späteren Zeitpunkt kauft der Spekulant die Aktien per Kasse zurück und tilgt die Forderung auf Aktien, die der Broker innehatte. Dieses "short selling" genannte Verfahren ist in den spekulativen Funktionen mit Leerverkäufer an der Börse nahezu identisch. Im Unterschied zu Leerverkäufen an der Börse ist der Baisse-Spekulant beim short selling einerseits an keine bestimmte Frist gebunden, andererseits können aber die Aktien vom Broker auch jederzeit zurückgefordert werden, wenn der Broker-Kunde, dem die Aktien gehörten, sie verkaufen will. Insofern spielt die Größe des BrokerHauses für das short selling eine bedeutende Rolle. Bei den 30 im DowJones-Industrial-Average vertretenen Werten dürfte aber der Broker stets in der Lage sein, die Aktien auszuleihen. Die Verkaufserlöse aus den verkauften Aktien werden zinslos beim Broker hinterlegt. Zusätzlich müssen eigene Mittel in Höhe von 50% der leerverkauften Aktien vorhanden sein. Im Test wurden 50% des Kurswertes der leerverkauften Aktien als Kasse gehalten. Sofern die Kurse steigen, müssen Nachschüsse geleistet werden. Während der Zeit des Leerverkaufs anfallende Dividenden müssen vom Leerverkäufer geliefert werden.

m.

Spesen

Die Vorgehensweise bei den beiden Strategien besteht darin, daß die Aktien hypothetisch gekauft und hypothetisch verkauft werden. Dabei wird mit Spesensätzen von alternativ 1 oder 2% jeweils für den Ankauf und für den Verkauf gerechnet. In der Praxis sind die Spesensätze und die Gestaltung der Spesentabellen von Broker zu Broker unterschiedlich. Der Spesensatz von 2% entspricht für Anlagen von etwa 10 000 Dollar der Realität.

Operationalisierbare Point & Figure-Anlagestrategie

447

IV. Untersuchungsperioden

Als Untersuchungsperioden wurden die Zeiten von - Anfang 1976 bis - Ende 1976, -Ende 1977, - Ende 1978, - Ende 1979, - Ende 1980, - Ende 1981, - Ende 1982, - Ende 1983 gewählt. Für die P&F-Strategie wurden dieselben Untersuchungsperioden zugrunde gelegt. V. Chanmaterial

Die P&F-Strategie stützt sich auf die Charts der Chartcraft, Inc., 1 West Avenue, Largemont, N.Y. 10538, USA. Verwendet wurden die Long-Term P & F -Chartbooks - Winter 1979/80 Edition, - Winter 1980/81 Edition und - Winter 1983/84 Edition Die Charts weisen, gemessen an den für einen Test idealen Bedingungen, folgende Mängel auf: 1) Sie sind nicht dividendenbereinigt. 2) Der Maßstab ist arithmetisch, d.h. die Charts sind nicht logarithmisch skaliert. Das führt zu der Notwendigkeit, die Aktien bei einem Splitting neu zu chartieren. Insofern liegen der Analyse u. U. mehrere Charts zugrunde, die auch unterschiedliche Chartbilder ergeben können. Die arithmetische Skalierung hat weiterhin Konsequenzen für die Kurszielbestimmung, für die Formationen und für Transaktionen, die aufgrund einer Drei-Punkt-Umkehr erfolgen. Diese Mängel mußten in Kauf genommen werden. Dafür ist das Chartmaterial dasselbe, mit dem der Anleger wirklich operieren mußte. Als Beispiel wird der Chart der ALLIED CORPORATION abgebildet (Abb.1). Anhand dieses Charts wird in Gliederungspunkt IV die Vorgehensweise bei der P&F-Strategie erläutert. In dem Chart sind die folgenden Signale eingezeichnet:

448

Johannes Welcker und Joachim Brutscher

Kaufsignale wurden bei - Anschaffungen mit K - Eindeckungen von Leerverkäufen mit E bezeichnet. Verkaufssignale wurde bei - Verkäufen mit V - Leerverkäufen mit LV bezeichnet. Fehlsignale wurden zusätzlich mit einem F gekennzeichnet. Soweit Dividenden benötigt wurden, wurden diese dem SRC Blue Book of 5-Trends Cycli-Graphs der Security Research Company, 208 NewburyStreet, Boston, Mass. 02116 entnommen. VI. Vorgehensweise bei der Point & Figure (P&F)-Strategie

Der Test wurde insofern realitätsnah durchgeführt, als die Vorgehensweise eines Technikers simuliert wurde. Der Techniker betrachtet laufend die Charts und trifft aufgrundder Chartbilder seine Dispositionen. Entsprechend wurde von Jahr zu Jahr simuliert, ob der Chartist im Laufe des Jahres in der Aktie eine Disposition getroffen hätte. Dabei wurde der nachfolgende Kursverlauf abgedeckt. Die Verfasser waren sich der außerordentlichen Versuchung bewußt, die darin liegt, bei der Simulation eine Kauf- oder Verkaufsentscheidung aufgrundeiner nachfolgenden günstigen Kursbewegung zu treffen. Sie glauben, daß sie dieser Versuchung nicht erlegen sind. Die postulierten Regeln wurden strikt angewendet, wodurch viele äußerst günstige Kursbewegungen "versäumt" wurden. Die Verfasser glauben ausschließen zu können, daß der nachfolgende Kursverlauf sie bei ihren Entscheidungen beeinflußt hat. VU. Dividendenbereinigung

Aus der praxisnahen Orientierung an den Charts der Chartcraft, Inc. folgt, daß die verwendeten Kurse nicht um Dividenden bereinigt sind. Das kann zum einen Konsequenzen für die Formationen haben, zum anderen aber auch für das Anlageergebnis. Für das Anlageergebnis hätte es dann Konsequenzen, wenn die durchschnittliche Dividende aller im Dow-JonesIndustrial-Averag enthaltenen Aktien sich wesentlich von dem durchschnittlichen Ertrag der Dividende des P&F-Depots unterschieden hätte. Unterschiede könnten sich dadurch ergeben, daß die in einzelnen Aktien

449

Operationalisierbare Point & Figure-Anlagestrategie

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29 Festschrift für H.-J. Krümme!

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450

Johannes Welcker und Joachim Brutscher

investierten Beträge sich im B&H-Portefeuille von den im P&F-Portefeuille unterscheiden oder daß sich der durchschnittliche Ertrag des DowJones-Industrial-Average wesentlich von dem unterschieden hätte, was man bei den P&F-Strategie bei Anlage nicht investierter Erträge etwa in einem Geldmarktfonds hätte erzielen können. Uns scheint bei Berücksichtigung dieser Probleme die Vernachlässigung von Dividenden im vorliegenden Test vertretbar zu sein. Dies wird in Kapital VI. näher begründet. Soweit im P&F-Portefeuille mit Leerverkäufen Leerverkäufe erfolgten, wurde die Lieferung anfallenden Dividenden simuliert. C. Erläuterungen der dem Test zugrunde liegenden Strategien I. Die Buy & Hold (B&H)-Strategie

Bei der B&H-Strategie werden alle 30 Aktien des Dow-Jones-IndustrialIndex im Januar 1976 gekauft. Das Anfangskapital beträgt ca. 90000 $,so daß in jede einzelne Aktie ungefähr 3000 $investiert werden können. Da ein Spielraum für die Spesen bleiben muß und da wegen der unterschiedlichen Kurse nicht immer ein runder Dollarbetrag für die in einer Aktie angelegten Mittel herauskommt, ergibt sich ein Portefeuillewert von 86 543,40 $. Zusammen mit den Spesen von 865,43 $ (1 %) und 1730,86 $ (2%) ergibt sich ein Portefeuillewert von 87 408,83 $ (1% Spesen) bzw. 88 27 4,26 $ (2% Spesen). Bei der Berechnung der jährlichen Rendite wird von dem jeweiligen Portefeuillewert einschl. Spesen ausgegangen. Als Anlagekurs wird der Kurs gewählt, der sich im P & F -Chart als erster Kurs des Jahres 1976 darstellt. Die in dieser Annahme steckende Problematik wird in Kapitel VI. näher erläutert. Die Aktien werden zu Beginn der Jahre 1977, 1978 ... 1983 und im Dezember 1983 zum jeweils herrschenden Kurs verkauft. Als Verkaufskurs wurde wiederum jeweils die erste Eintragung im neuen Jahr bzw. die letzte Eintragung im Jahre 1983 gewählt. Es ergeben sich auf diese Weise sechzehn Ziffern für den Anlagenutzen: 1. Der Anlagenutzen jeweils vom Beginn des Jahres 1976 bis zum Beginn des Jahres 1977, 1978 ... 1983 und bis Dezember 1983, insgesamt acht Werte und

2. die jeweiligen Ergebnisse für die einzelnen Jahre, insgesamt auch acht Werte. Der Anlageerfolg wird gemessen als jährliche Rendite R gemäß der Formel R = (

{f - 1) ·100 ,

wobei Ka das Anfangskapital, Kn das Endkapital und n die Anzahl der Jahre bedeuten.

Operationalisierbare Point & Figure-Anlagestrategie

451

Wie der in Abbildung 2 dargestellte Dow-Jones-Industrial-Average zeigt, war der Stand dieses Index zu Beginn des Jahres 1976 860 und am Ende des Jahres 1983 1280. Da der Index über die Gesamtperiode erheblich gestiegen ist, mußte sich ein für die Buy & Hold-Strategie relativ günstiges Ergebnis herausstellen. Für die Zeit bis September 1982 ergibt sich eine Seitwärtsbewegung, die durch zwei größere Aufschwünge zu Beginn des Jahres 1976 und von April bis August 1980 gekennzeichnet ist, sowie durch zwei Abschwünge von Januar 1977 bis Februar 1978 und Juni 1981 bis August 1982. In den Jahren 1978 bis 1980 kann man von einer ausgesprochenen Seitwärtsbewegung sprechen. Ab August 1982 bis Ende 1983 ergibt sich ein größerer Aufschwung. Die Entwicklung des Marktes im Testzeitraum wird hier dargestellt, weil in der Literatur die Meinung vertreten wird, daß eine unterschiedliche. Entwicklung des gesamten Marktes das Testergebnis beeinflussen könnte. ß. Die Point & Figure (P&F)-Strategie

Weitaus problematischer als bei der B&H-Strategie ist das Vorgehen bei der P&F-Strategie. Allein schon die Tatsache, daß man den Kursverlauf der Aktien von 1976- 1983 kennt, mag dazu führen, daß man sich die gewinnträchtigsten Aktien heraussucht und dadurch auch phantastische Gewinne bzw. Renditen erzielt5. Um dies zu verhindern, bedarf es einer genau festgelegten Vorgehensweise, die subjektive Kriterien ausschließt. Es muß daher genau festgelegt werden: 1. die Auswahl der Aktien

2. die Kauf- und Verkaufkriterien 3. die zulässigen Geschäfte 4. die Summe, die in eine Aktie investiert werden soll 5. der Wechsel von einer Aktie in eine andere. 1. Die Auswahl der Aktien

a) Bedingungen, die an den Chart gestellt werden Um einen Vergleich der B&H-Strategie und der P&F-Strategie zu ermöglichen, werden aus der Grundgesamtheit der 30 Dow-Jones-Industrial Aktien solche ausgewählt, die nach der P&F-Strategie besonders erfolgversprechend zu sein schienen. Da die P&F-Strategie im Gegensatz zur B&H5

Auch Hockmann kritisiert diesen Punkt bei der manuellen Analyse durch Herlitz.

Hockmann (1979), 8.134. 29•

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2 %Spesen

T B PL PK PL

B T PL

> PL > > T > B > T > T >B > B > PK > PL > T > PL > PK > B > PK > PK PL

> > PK > PK > T > PK > B > T > B

PK

T B PL PL PL

B T PL

Dieses Bild der Gleichwertigkeit der Strategien wird erst durch die Berücksichtigung längerer Anlageperioden korrigiert.

m.

Vergleich der Ergebnisse über längere Perioden

Geht man davon aus, die Portfeuillesumme sei vom Januar 1976 an nach den einzelnen Strategien angelegt worden, und betrachten wir das Anlageergebnis nach 1, 2 ... 8 Jahren, so ergibt sich ein völlig anderes Bild. Nicht nur die Treasury Bill Rate sondern auch die P&F-Strategien können in allen Jahren ein positives Ergebnis aufweisen. Bei der P&F-Strategie mit Leerverkäufen (bei 2% Spesen) sind dabei in drei Jahren die Ergebnisse höher als bei Anlage zur Treasury Bill Rate, in fünf Jahren niedriger. In den fünf Jahren, in denen die P&F-Strategie mit Leerverkäufen niedrigere Ergebnisse liefert, dürfte die P&F-Strategie mit Leerverkäufen aber dennoch überlegen sein, wenn man berücksichtigt, daß auf die Aktien Dividenden anfallen und auf die Barbestände eine Verzinsung in einem Geldmarktfonds. Für den gesamten Zeitraum von acht Jahren ist das Ergebnis der P&F-Strategie mit Leerverkäufen unter Berücksichtigung der Dividenden und Zinsen auf die Barbestände deutlich besser als die Anlage zur Tresury Bill Rate. Das gilt für eine Periode ausgesprochen hoher kurzfristiger Zinsen. Für die P&F-Strategie ergibt sich bei 2% Spesen für dengesamten Untersuchungszeitraumkein negatives Ergebnis, bei der B&H-Strategie jedoch für vier Perioden. Bemerkenswert ist dabei, daß die B&H-Strategie ein Portefeuille mit 30 Aktien umfaßt, die beiden P&F-Strategien aber häufig nur ein Portefeuille mit zwei bis vier Aktien und mit maximal acht Aktien bei der P&F-Strategie mit Leerverkäufen. Trotzdem ist das Portefeuille mit der wesentlich größeren Diversifikation weniger sicher in dem Sinne, daß sich möglichst in keiner Periode Verluste ergeben sollten. Die Variationskoeffizienten der Renditen über 1, 2 ... 8 Jahre sind:

467

Operationalisierbare Point & Figure-Anlagestrategie - bei der B&H-Strategie mit 2% Spesen . . . . . . . . . . . . . .

3,70

- bei der P&F-Strategie mit Leerverkäufen und mit 2% Spesen

0,74

- bei der P&F-Strategie mit 2% Spesen . . . . . . . . . . . . . .

0,59.

Drittes Testergebnis: Die P&F-Strategie mit Leerverkäufen bringt das im Zeitablauf sicherste Anlageergebnis, die B & H-Strategie das unsicherste. Dies ist um so erstaunlicher, da Leerverkäufe als besonders riskant gelten13. Bildet man ein Ranking der Strategien, so ergibt sich bei Betrachtung der zwischen einem und acht Jahren variierenden Gesamtanlageperiode ein völlig anderes Bild als bei Betrachtung der jährlichen Anlageperioden: Während bei Betrachtung der jährlichen Anlageperioden keine Strategie besondere Vorteile zu haben schien, erweist sich bei Betrachtung der Gesamtanlageperiode über 1, 2 ... 8 Jahre, daß die P&F-Strategien der B&H-Strategie eindeutig überlegen sind. Zweimal steht (bei 2% Spesen) die P&F-Strategie mit Leerverkäufen, zweimal die P&F-Strategie auf Platz 1. Die B&H-Strategie dagegen nimmt siebenmal Rang vier ein, einmal Rang drei (Tabelle 2). Tabelle 2: Ranking der Strategien nach der durchschnittlichen jährlichen Rendite 1 %Spesen Jan. Jan. Jan. Jan. Jan. Jan. Jan. Jan.

76 76 76 76 76 76 76 76

-

Jan. Jan. Jan. Jan. Jan. Jan. Jan. Dez.

77 78 79 80 81 82 83 83

PK PL PL

T T T

PL PK

> > > > > > >, >

PL PK

T PL PL PL PK PL

> B > T > T >B > PK > B > PK > B > PK > B > PK > B > T > B > T > B

2 %Spesen PK PL

T T T T

PL PK

> > > > > > > >

> B > T > T >B > PK > B > PK > B > PL > B > PK > B T > PK > B T > PL > B

PL PK PL PL PK PL

Viertes Testergebnis: In jeder der acht betrachteten Perioden stehen sowohl die P&F-Strategie als auch die P&F-Strategie mit Leerverkäufen vor der B&H-Strategie. Damit kann man sagen, daß die P&F-Strategien auf mittlere Sicht derB & H-Strategie eindeutig überlegen sind. 13 Diese Studie widmet sich allein der Performance verschiedener Strategien. Aus diesem Ergebnis ist aber wirtschaftspolitisch unmittelbar die Forderung nach Zulassung von Leerverkäufen herzuleiten, da sie es den institutionellen Investoren ermöglichen, mit einer Kombination aus Aktienkäufen und Leerverkäufen sicherere Ergebnisse zu erzielen als bei Anlagen in festverzinslichen Wertpapieren und somit den Anforderungen etwa des VAG besser als derzeit gerecht zu werden.

30*

468

Johannes Welcker und Joachim Brutscher

Die P&F-Strategie ist eine Strategie, die auf mittlere Fristen Erfolg verspricht, nicht wie häufig irrtümlich behauptet, eine Strategie für die kurzfristige Anlage. Als Anlageergebnisse über acht Jahre ergeben sich für die P&F-Strategie 9,3%, für die P&F-Strategie mit Leerverkäufen 8,5% und für die B&HStrategie 5,2 %.

Fünftes Testergebnis: Der Anlagenutzen bei den P&F-Strategien unterscheidet sich deutlich von dem Anlagenutzen der B&H-Strategie. Er ist bei den P&F-Strategien ca. 4%-Punkte oder ca. 80% höher als bei der B&HStrategie. Erhöht man das Anlageergebnis um ca. 5% Dividenden, so betragen die Anlageergebnisse ca. 14% für die P&F-Strategien und ca. 10% für die B&H-Strategie, der prozentuale Unterschied mithin 40%.

Tabelle 3: Portefeuillewerte des B&H- und des P&F-Portefeuilles mit und ohne Leerverkäufe und deren Veränderungen in Prozent gegenüber dem Vorjahr und gegenüber Januar 1976 sowie Treasury Bill Rate B & H-Strategie Bestand in US-$

P & F-Strategie

Prozentuale Veränderung gegenüber dem Vorjahr

gegenüber Januar 1976

Bestand in US-$

Prozentuale Veränderung gegenüber dem Vorjahr

in %p.a.

Spesen

Spesen

gegenüber Januar 1976

in%p.a.

Spesen

Spesen

Spesen

Spesen

1%

2%

1%

2%

1%

2%

1%

2%

1%

2%

1%

2%

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

Jan. 76

87408,83

88274,26

-

-

-

-

90000,00

90000,00

Jan. 77

94285,62

93333,24

7,9

5,7

7,9

5,7

-

-

-

-

106757,67 102773,88

18,6

14,2

18,6

14,2

Jan. 78

77 724,31

76 939,21

17,6 r-17,6 -5,7

-6,6

102893,12

97948,79

-3,6

-4,7

6,9

4,3

Jan. 79

85562,23

84697,96

10,1

10,1 -0,7

-1,4

103264,35

95953,24

0,4

-2,0

4,7

2,2

1,2 -0,2

-0,7

100257,19

91976,94 -2,9

0,5

85723,54

1,2

-4,1

2,7

Jan.81 102 812,49 101773,98

18,7

18,7

3,3

2,9

118047,13 107224,80

17,7

16,6

5,6

3,6

Jan.82

88030,46

13,5

13,5

0,3

-0,0

123019,40 110329,35

4,2

2,9

5,4

3,5

Jan.83 110050,88 108939,25

23,8

23,8

3,3

3,1

177113,41 160333,41

44,0

45,3

10,2

8,6

Dez.83 133452

21,3

21,3

5,4

5,2

203 516,95 183471,51

14,9

14,4

10,7

9,3

Jan.80

86598,27

88928,73

132104

Operationalisierbare Point & Figure-Anlagestrategie

469

Tabelle 3 (Fortsetzung) P & F-Strategie mit Leerverkäufen (50% gedeckt) Bestand in US-$

Prozentuale Veränderung gegenüber dem Vorjahr

gegenüber Januar 1976

Treasury Bill Rate Jahresdurchschnitt

in%p.a. Spesen

Spesen

in%p.a. Spesen

1%

2%

1%

2%

1%

2%

13

14

15

16

17

18

-

Jahresdurchschnitt Jan. 76Jan ....

19

20

Jan. 76

90000,00

90000,00

-

-

-

-

-

Jan. 77

99966,43

96608,23

11,1

7,3

11,1

7,3

5,0

5,0

Jan. 78

126539,53

121117,42

26,6

25,4

18,6

16,0

5,3

5,1

Jan. 79

113480,49

103 319,21 -10,3

-14,2

8,0

4,9

7,2

5,8

Jan.80

112640,82

98984,90 - 0,7

- 4,7

5,8

2,4

10,0

6,9

Jan.81

119944,24

103 857,30

4,9

5,9

2,9

11,6

7,8

Jan.82

139302,91

118559,71

16,1

14,2

7,6

4,7

14,1

8,8

Jan.83

198240,83

173 219,89

42,3

46,1

11,9

9,8

10,7

9,1

Dez.83

202779,95

172559,28

2,3

- 0,4

10,7

8,5

8,6

9,0

6,5

IV. Die Auswirkung unterschiedlicher Spesensätze

Beim Vergleich der jährlichen Renditen der einzelnen Strategien, wirken sich unterschiedliche Spesensätze von 1 - 2% nur wenig auf das Ranking der Strategien aus. Beim Vergleich der Anlageergebnisse der einzelnen Strategien über längere Fristen wirkt sich der Spesensatz in keinem Falle zugunsten der B&H-Strategie aus. Die P&F-Strategie rückt dagegen in einem Falle (im Jahre 1981) aufgrundder höheren Spesen vor die P&F-Strategie mit Leerverkäufen. Auch der Vergleich der Höhe der Renditen der P&F-Strategie einerseits und der B&H-Strategie andererseits wird durch Spesensätze nur unwesentlich verändert. Dies sieht man z.B. bei Vergleich der Anlageergebnisse für die Anlageperioden von acht Jahren: Bei 1 und 2% Spesen sind die Anlageergebnisse:

470

Johannes Welcker und Joachim Brutscher

- der B&H-Strategie

5,4 und 5,2%

- der P&F-Strategie

10,7 und 9,3%

- der P&F-Strategie mit Leerverkäufen

10,7 und 8,5%.

Sechstes Testergebnis: Die unterschiedlichen Spesensätze von 1 und 2% beeinflussen das Testergebnis nur unwesentlich. V. Die Zahl der Verlustoperationen

Bei der P & F -Strategie tätigten wir einschließlich der Liquidation des Portefeuillesam Ende der Anlageperiode 30 Käufe und Verkäufe, insgesamt als 60 Geschäfte. Jeweils ein Kauf und ein Verkauf bringen in 20 Fällen einen Gewinn, in zehn Fällen einen Verlust. Bei der P&F-Strategie mit Leerverkäufen tätigen wir einschließlich der Liquidation des Portefeuilles am Ende der Anlageperiode 48 Käufe und 48 Verkäufe, insgesamt also 96 Geschäfte. 25mal verkaufen wir mit Gewinn und 23mal mit Verlust. Dieses zeigt, daß wir uns bei der P&F-Strategie mit Leerverkäufen im spezifischen Sinne unserer Strategie fast ebenso oft geirrt haben wie wir richtig lagen. Daß das Anlageergebnis trotzdem so positiv ist, ist anscheinend auf die stopp-loss-Regel bei 10% zurückzuführen. Bei der Buy & Hold-Strategie ergeben sich auch über die Anlageperiode von acht Jahren bei fünf von dreißig Aktien Verluste.

Siebentes Testergebnis: Die Regel "Verluste begrenzen, Gewinne laufen lassen" scheint sich zu bewähren. F. Testprobleme I. Prinzipielle Probleme des Tests von Anlagestrategien

1. Realitätsnähe Der vorliegende Test bemüht sich um möglichst große Realitätsnähe, ein Ziel, das nur über individuelle Experimente am Aktienmarkt erreicht werden kann. Drei wesentliche Gründe verhindern, daß diese Experimente, die ständig in sehr großer Zahl stattfinden, zurückgegriffen werden kann. (a) Bei Befragungen kann auf die Auskünfte der Marktteilnehmer nicht vertraut werden, da die Anleger ihre Wertpapiergeschäfte lieber vertraulich behandeln. (b) Es besteht Unklarheit darüber, wieviele Personen sich bei ihren Anlageentscheidungen ausschließlich nach Kriterien der Technischen Analyse richten.

Operationalisierbare Point & Figure-Anlagestrategie

471

(c) Es besteht Unsicherheit darüber, ob sich jemand ausschließlich von den Anlagekriterien der Technischen Analyse leiten läßt.

2. Probleme eines hypothetischen Tests (a) Eventuell hätte man zum "Kaufkurs" oder "Verkaufskurs" nicht abschließen können, da die eigene Order den notierten Kurs verändert haben kann. Die von uns unterstellten Anlagebeträge dürften bei der großen Markttiefe der in den Test einbezogenen Papiere allerdings kaum ins Gewicht fallen. (b) Möglicherweise ist der "Kauf"- oder der "Verkaufskurs" gar nicht notiert worden.

n. Skalierungsprobleme Skalierungsprobleme treten auf, da die Skalierung der verwendeten Charts keine logarithmische ist, sondern eine arithmetische. Eine gegebene Kursbewegung erfordert - je nach Skalierungsmethode - eine unterschiedliche Zahl von Zeichen, wodurch andere Formationen entstehen können mit andern Signalen.

m. Behandlung von Dividenden 1. Vernachlässigung von Dividendenausschüttungen bei der Chartierung In den verwendeten Charts erfolgt keine Dividendenbereinigung. Da der Anleger in der Praxis mit den P&F-Charts der Charteraft Corp. Inc. arbeiten muß, entspricht es unseren Bemühungen um Realitätsnähe der Tests, daß die Charts nicht um Dividenden bereinigt werden. (Nur Großanleger können auf P&F-Charts der Firma DATASTREAM zurückgreifen.)

2. Vernachlässigung der Dividenden beim Anlageergebnis a) Konsequenzen der Vernachlässigung der Dividenden für den Vergleich der B&H-Strategie mit den P&F-Strategien Wenn sich die Vernachlässigung von Dividenden bei der Chartierung vertreten läßt und im Interesse der Realitätsnähe sogar geboten erscheint, so müssen Dividenden dennoch bei der Berechnung der Anlageergebnisse berücksichtigt werden. Tatsächlich wurden bei dem Test Dividenden nicht berücksichtigt. Daher sind die Anlageergebnisse sowohl derB & H-Strategie

472

Johannes Welcker und Joachim Brutscher

als auch der P&F-Strategie um ca. 5% p.a. nach oben zu korrigieren. Dieser Prozentsatz ist der während der betrachteten Periode durchschnittlich auf die betrachteten Aktien gezahlte Dividendensatz. Eine Benachteiligung der P&F-Strategie gegenüber der B&H-Strategie entsteht durch die Tatsache, daß bei der B&H-Strategie der durchschnittliche Dividendensatz auf alle 30 Werte zum Anlageergebnis hinzukommt, bei der P&F-Strategie dagegen neben den Dividenden- soweit Aktien gehalten wurden- auch die Verzinsung des Geldes in einem Geldmarktfonds- soweit keine gehalten wurden- und daß die angenommene Verzinsung des Geldes (Treasury Bill rate) im Durchschnitt höher lag als die durchschnittliche Dividende. Die Dividenden der im P&F-Portefeuille enthaltenen Aktien wurden mit der durchschnittlichen Dividende der im B&H-Portefeuille enthaltenen Aktien verglichen. Ein Vergleich zeigt, daß die im P&F-Portefeuillle enthaltenen Aktien keine unterdurchschnittliche Dividende hatten. Damit dürfte sichergestellt sein, daß eine Berücksichtigung der laufenden Erträge aus den Anlagen nicht zu einem besseren Abschneiden der B&H-Strategie führen würde. b) Die Behandlung von Dividenden bei Leerverkäufen Bei Leerverkäufen müssen die Dividenden vom Leerverkäufer an denjenigen geliefert werden, von dem er sich die Aktie geliehen hat. Die vom Leerverkäufer zu zahlenden Dividenden werden vom Anlageergebnis der Leerverkäufe jeweils abgezogen. In diesem Falle wurden die Dividenden im Gegensatz zur üblichen Praxis der Untersuchung berücksichtigt, damit sich keine Bevorzugung der P&F-Strategie mit Leerverkäufen ergeben kann. c) Die Ermittlung der Dividenden Die Dividenden wurden dem SRC Blue Book of 5-Trend Cycli Graphs 168th Quarterly Edition, Oktober 1984, Boston, Mass. 1984, entnommen. Die Kurse und die Dividende sind um Stocksplitts bereinigt. Die Dividenden in Prozent des Kurswerts sollten daher mit den effektiven Dividenden in Prozent des Kurswerts in diesen Jahren übereinstimmen, obwohl die absolute Höhe der im Blue Book angegebenen Dividenden nicht mit der absoluten Höhe der tatsächlich gezahlten Dividende übereinstimmt. IV. Die Budgetrestriktion

Die Budgetrestriktion betrug 90 000 $. Da keine Bruchteile von Aktien ins Portefeuille aufgenommen wurden, und weil mit unterschiedlichen Spesen-

Operationalisierbare Point & Figure-Anlagestrategie

473

sätzengearbeitet wurde, kam es zu geringfügigen Verletzungen der Budgetrestriktion. Dies dürfte nicht problematisch sein, wenn man annimmt, daß ein Anleger mit einem Portefeuille von 90 000 $ weitere Geldbeträge ohne weiteres zum internen Zinsfuß des Portefeuilles anlegen oder ausleihen kann. Literatur Davis, R. E.: Profit and Profitability. Technical Analysis of the Price Fluctuations of Common Stocks By the Point and Figure Method. Cincinatti, Ohio 1965. Hockmann, H.: Prognose von Aktienkursen durch Point and Figure-Analysen. Wiesbaden 1979.- Levy, R. A.: The Relative Strength Concept of Common Stock Price Forecasting. Larchmont, New York 1968.- Malkiel, B. G.: A Random Walk Down WallStreet. Rev. ed. New York 1975.- Schiller, W.: Technische Aktienanalyse. Chart Reading. München 1971.- Thomas, A. R.; Aby, C. D.: Stock Price Trendsand Point & Figure Charting: An Empirical Evaluation. In: The Financial Review. Vol.10 (1975), S. 45- 47.- Welcker, J.: Technische Aktienanalyse. 5. Aufl., Zürich 1988.

Erwartungsstruktur und bestandsökonomische Darstellung aus kapitalmarkttheoretischer Sicht Von Jochen Wilhelm A. Einführung

B. Das ursprüngliche Konzept der Erwartungsstruktur in der bestandsökonomischen Darstellung C. Arbitrage-Theorie und risikoneutrale Verteilungen D. Die revidierte Erwartungsstruktur und einige ihrer Eigenschaften E. R-N-Verteilungen und Marktwerte bedingter Titel in einer Klasse von Spezialfällen F. Eine Einschätzung der Tragfähigkeit des revidierten Konzepts der Erwartungsstruktur

A. Einführung

Die sogenannte bestandsökonomische Darstellungsform von unsicheren Vermögenspositionen ist, soweit ersichtlich, nur im deutschsprachigen Schrifttum und zwar mit finanzwirtschaftlichem oder bankbetrieblichem Bezug zu finden und vor allem im wissenschaftlichen Kreis um Wolfgang Stütze! und seine Schüler als Mittel zur graphischen Verdeutlichung theoretischer Zusammenhänge verbreitet. Es ist vor allem diese Darstellungsform, die das von Krümme! entwickelte Konzept des Risikohorizonts 1 als jenes durch den Kreditgeber gerade noch tolerierbare Ausfallrisiko besonders plastisch macht, sowohl was die noch hinzunehmende Wahrscheinlichkeit des Kreditausfalls als auch was die dabei zu gewärtigende Verlusterwartung betrifft. In der bestandsökonomischen Darstellung wird nämlich eine Vermögensposition graphisch durch eine Kurve- die sogenannte "Erwartungsstruktur"- repräsentiert2, die, zu jeweils betrachteten Wahrscheinlichkeits1 Krümmel, H.-J., Finanzierungsrisiken und Kreditspielraum, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft 36 (1966), 1. Ergänzungsheft, S. 134- 157; wiederabgedruckt in: H. Hax, H. Laux (Hrsg.), Die Finanzierung der Unternehmung, Köln 1975, S. 200 223; ders., Finanzierungsrisiken und Kreditspielraum, in: H. E. Büschgen (Hrsg.), Handwörterbuch der Finanzwirtschaft, Stuttgart 1976, Sp. 491 - 503. 2 Für Beispiele und Detailfragen sei der Leser auf nachfolgende Abschnitte verwiesen. Interessanterweise ist jüngst- in etwas anderer Gestalt- die Erwartungsstruktur Gegenstand eines neuen entscheidungstheoretischen Ansatzes geworden, der sogenannten "dualen" Entscheidungstheorie von Yaari, M. E., The dual theory of choice

476

Jochen Wilhelm

ziffern, anzeigt, welcher Mindestvermögensbetrag am Zeithorizont mit genau dieser Wahrscheinlichkeit vorhanden sein wird. Dabei erweist sich die Fläche zwischen diesem Kurvenzug und der Nullinie gerade als betragsgleich mit dem (mathematischen) Erwartungswert des betreffenden Vermögens. So gesehen enthält diese Form der Graphik die wesentlichen Informationen zur isolierten Beurteilung der in Rede stehenden Vermögensposition. Der Zweckmäßigkeit einer isolierten Beurteilungsprozedur einzelner Vermögenspositionen stehen aber Erkenntnisse entgegen, die die Entwicklung der Portfolio-Theorie und, in ihrem Gefolge, der Kapitalmarkttheorie mit sich gebracht haben: Chancen und Risiken einer Vermögensposition lassen sich zunächst einmal nur im Rahmen ganzer Portefeuilles einzelner Vermögenspositionen angemessen einschätzen; kumulative Verbindung (Risikogleichlauf), Redging (gegenläufige Einzelrisiken) und Diversifikation (Risikominderung durch Streuung der Risiken) sind Effekte, die den Risikogehalt einer Gesamtposition nicht mehr additiv auf ihre isoliert ermittelten Einzelrisikokomponenten rückführbar machena. Einerseits wird daher folgerichtig auch der Risikohorizont bei der Kreditvergabeentscheidung der gesamten Haftungsmasse des Kreditsuchenden-also einer Gesamtvermögenspositiongegenübergestellt 4 . Auf der anderen Seite verschließt diese Vorgehensweise allerdings den Blick auf die Stellung der Kreditposition im Portefeuille des Kreditgebers, d.h. auf die Wirkung des Kreditrisikos im Gesamtzusammenhang der Vermögensposition des (potentiellen) Gläubigers. Der Übergang von der individuellen Portfolio-Theorie zum Kapitalmarktgleichgewichtsgedanken hat die Abhängigkeit der Risikowirkung einer einzelnen Vermögensposition vom Portefeuillezusammenhang in eine Abhängigkeit des Marktwertes einzelner Positionen von ihrer Stellung im Marktzusammenhang transformiert. Nach diesen Überlegungen ist der Wert einer Einzelposition grundsätzlich nicht aus ihrer Erwartungsstruktur - d.h. der isolierten Wahrscheinlichkeitsverteilung -, sondern nur im Marktkontext zu ermitteln. Damit scheidet das Konzept der Erwartungsstruktur in der bekannten Form als adäquates Hilfsmittel zur Darstellung und Bewertung von Vermögenspositionen aus: der in der Erwartungsstruktur besonders einleuchtend ablesbare (mathematische) Erwartungswert einer Position determiniert nur in Ausnahmefällen ihren Marktwert. Der vorliegende Beitrag setzt sich zum Ziel, die bestandsökonomische Darstellungsform neu zu beleben. Sie wird dahingehend zu variieren sein, daß die angesprochenen Bewertungszusammehänge auf der Marktebene under risk, in: Econometrica 55 (1987), S. 95- 115; vgl. dazu auch im Detail Wilhelm,

J., Eine Einführung in Probleme einer Theorie der Entscheidungen bei Risiko,

Arbeitspapier 1/88, Universität Passau 1988. 3 Vgl. dazu auch Krümmel (1966). 4 Ebenda.

Erwartungsstruktur aus kapitalmarkttheoretischer Sicht

477

darstellbar werden. Ein Instrument zur Darstellung von Risiken im Portefeuillezusammenhang wird, um es vorauszuschicken, dabei nicht mitentwickelt; das ist insofern auch kein Nachteil, als es leistungsfähigere analytische Verfahren der optimalen Kombination von einzelnen Vermögenspositionen zu Gesamtpositionen gibt 5 • Die hier vorgeschlagene Neukonzeption der Erwartungsstruktur stützt sich auf Resultate eines jüngeren Teilgebietes der Kapitalmarkttheorie: die Arbitrage-Theorie. Diese Theorie erlaubt es, den Marktwert einer Vermögensposition als diskontierten Erwartungswert bezüglich einer von der empirischen Verteilungsfunktion zu unterscheidenden sogenannten "risikoneutralen" Verteilung (im folgenden: R-N-Verteilung) darzustellen; diese Eigenschaft ist der Kernpunkt der Neukonzeption. Die revidierte Erwartungsstruktur wird im wesentlichen diese R-N-Verteilung widerspiegeln. Im Gegensatz zum ursprünglichen Konzept wird die Fläche zwischen (revidierter) Erwartungsstruktur und Nullinie nicht mehr dem Erwartungswert, sondern dem Marktwert der Position entsprechen. Die revidierte Form der Erwartungsstruktur wird in ihrer graphischen Ausformung der ursprünglichen Form sehr ähnlich sein und einige Struktureigenschaften mit ihr gemeinsam haben. Aus diesem Grund wird zum Zwecke der Geschlossenheit der Darstellung zunächst kurz auf die ursprüngliche Form eingegangen. Daran ausschließend wird die revidierte Form der Erwartungsstruktur aus dem schon angesprochenen Ansatz der Arbitrage-Theorie entwickelt: aus der (unterstellten) empirischen Verteilungsfunktion wird die zugehörige risikoneutrale R-N-Verteilung abgeleitet, aus der wiederum durch Diskontieren eine als "Pseudoverteilung" bezeichnete Funktion hervorgeht; der Ausdruck Pseudoverteilung rechtfertigt sich aus der Tatsache, daß diese Funktion nicht den Wert 1 als Maximum erreicht, sondern den Wert des betreffenden Diskontierungsfaktors e-vT. Durch Umsetzen der Pseudoverteilung in eine entsprechende Graphik entsteht die revidierte Erwartungsstruktur. Die Form der Pseudoverteilung wird für einige empirische Verteilungsfunktionen ausschließlich analytisch hergeleitet. Besonders einleuchtend lassen sich in diesem Konzept bedingte Titel- das sind Finanztitel, deren charakteristische Zahlungsströme funktional vom Wert eines oder mehrerer anderer Titel, den Basistiteln, abhängen - wie Optionen oder Gläubigeransprüche darstellen und bewerten. Dazu werden einige Ergebnisse vorgeführt. Den Abschluß bildet der Versuch einer Einschätzung der Leistungsfähigkeit des Ansatzes mit einer Erweiterung des analytischen Instrumentariums auf bedingte Titel, die von mehr als einem Basistitel abhängen.

5 Die Grundlagen dazu finden sich bekanntlich bei Markowitz, H. M., Portfolio selection, in: Journal of Finance 7 (1952), S. 77- 91 und ders., Portfolio Selection. Efficient Diversification of Investment, New York u. a. 1959.

Jochen Wilhelm

478

B. Das ursprüngliche Konzept der Erwartungsstruktur in der bestandsökonomischen Darstellung

Für Gläubiger, deren Zahlungsansprüche an ihre Schuldner in aller Regel fix sind, d.h. nicht vom Eintreten bestimmter Ereignisse abhängen, ist bei der Beurteilung der Werthaltigkeit ihrer Position die Frage nach dem (mit bestimmter Wahrscheinlichkeit) mindestens- im Haftungsfalle- vorhandenen Schuldnervermögen eine plausible Fragestellung. Bei Kenntnis dieses Zusammenhangs zwischen jeweiliger Mindesthaftungsmasse und der Wahrscheinlichkeit, mit der sie zur Verfügung steht, läßt sich zu jedem Gesamtverschuldungsumfangdes Schuldners die Wahrscheinlichkeit angeben, mit der ein Kreditengagement ganz oder teilweise auszufallen droht. Setzt man an die Stelle der Haftungsmasse den Kurs einer Aktie, so läßt sich in derselben Darstellungsform ablesen, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine Kaufoption auf diese Aktie ihre Ausübung wert ist. Aussagen dieser Art sind auf der Grundlage des Konzeptes der Erwartungsstruktur möglich. Zur Herleitung der Erwartungsstruktur geht man von einer zufälligen Größe X aus, deren empirische Verteilungsfunktion mit Fbezeichnet werde. Die Erwartungsstruktur von X soll nun zu jeder Wahrscheinlichkeit p denjenigen Betrag S (p) angeben, der mit Wahrscheinlichkeit p mindestens durch X realisiert wird. Formal hat man wie folgt zu definieren: (1)

S (p) = sup { w E R

I prob

{X~

w}

~ p} ,

wobei prob {} für die Wahrscheinlichkeit des in geschweiften Klammem beschriebenen Ereignisses steht. Offensichtlich ist die ErwartungsstrukturfunktionS an der Stelle p = 0 nicht definiert (d.h. gleich+ oo) und kann für p = 1 gegen - oo abfallen. Wegen der Identität prob {X~ w} = prob {X = w} + 1 - F (w) folgt für stetige Verteilungsfunktionen (prob {X= w} = 0) sofort:

s (p)

(2)

=

r

1

(1-

p) ,

d.h. die Erwartungsstruktur geht aus der Inversen der impirischen Verteilungsfunktion hervor. Erwartungsstrukturen haben daher in graphischer Darstellung den in Abbildung 1 gezeigten typischen Verlauf. Es gilt nun der folgende interessante Sachverhalt für die Fläche zwischen Erwartungsstruktur und Abszisse, wobei unterhalb der Abszisse liegende Flächenstücke negativ zählen. 1

(3)

J S(p)dp

E (X)

J

wdF(w)

Erwartungsstruktur aus kapitalmarkttheoretischer Sicht

4 79

wobei E der Erwartungswertoperator ist. Der Beweis folgt sofort aus (2) durch Variablensubstitution z = r 1 (1- p) und dp = - F' (z) dz. Es gilt also: Der Erwartungswert der Größe X kann graphisch als die Fläche unterhalb ihrer Erwartungsstrukturfunktion ermittelt werden. Interpretiert man nun X als die im Haftungsfall vorhandene Haftungssumme eines Schuldners, so kann man graphisch sehr einfach Ausfallwahrscheinlichkeit und Ausfallerwartung einer Gesamtverschuldung mit der Rückzahlungsverpflichtung Z ermitteln (vgl. Abbildung 2: 1- p* ist die Ausfallwahrscheinlichkeit, die schraffierte Fläche ist die Ausfallerwartung; die Fläche unterhalb von Z und S (p) ist die Rückzahlungserwartung aus dem Kredit). Interpretiert man X als Kurs einer Aktie und Z als Basispreis einer Kaufoption auf X, so ist p* die Wahrscheinlichkeit dafür, daß es sinnvoll ist, die Kaufoption auszuüben; die Fläche zwischen S (p) und Z entspricht dem Erwartungswert des Nettoausübungserlöses 6 •

s

p

0

Abb. 1: Verlaufsform einer typischen stetigen Erwartungsstruktur

s

z

Abb. 2: Ausfallwahrscheinlichkeit 1 - p* bei dem Gläubigeranspruch Z und der Erwartungsstruktur der Haftungsmasse S (p) 6 So gesehen erweist sich die Untersuchung Krümmels (1966) der von der Gesamtposition des Schuldners funktional abhängigen Kreditposition als frühe Analyse eines ,bedingten' Titels (,contingent claim').

480

Jochen Wilhelm

Der Informationsgehalt der Erwartungsstrukturfunktion ist, was die isolierte Kennzeichnung der Position X betrifft, vollständig, insofern als die gesamte Verteilungsfunktion aus ihr ablesbar ist, insbesondere kann der Erwartungswert direkt als Fläche abgelesen werden. Sowohl für die entscheidungsorientierte Beurteilung als auch, damit in innerem Zusammenhang stehend, für die marktorientierte Bewertung enthält sie allerdings wesentliche Elemente nicht: Wünscht man Aufschluß darüber, ob die Übernahme der Position X zu einem bestimmten Preis unter Präferenzgesichtspunkten zweckmäßig ist oder nicht, ist im allgemeinen die Kenntnis der stochastischen Zusammenhänge zwischen X und der schon bestehenden Position des Erwerbers notwendig. Wünscht man Aufschluß über die Frage, ob ein für die Position X geforderter Preis angemessen (marktkonform) ist oder nicht, ist im allgemeinen nicht die Kenntnis des Gesamtrisikos von X von Bedeutung, sondern nur jenes Teils, der sich durch Diversifikation nicht beseitigen läßt (systematisches Risiko), da wegen der Möglichkeit individueller Diversifikation der Markt für unsystematische Risiken keine Prämie verlangt. Im nachfolgenden Abschnitt wird eine Möglichkeit eröffnet, den Marktbewertungsaspekt in die Darstellungsform der Erwartungsstruktur zu integrieren. C. Arbitrage-Theorie und risikoneutrale Verteilungen

Arbitrage-Theorie befaßt sich mit der Modellierung von Finanztitelmärkten, an denen Fehlbewertungen, die (risikofreie) Arbitragemöglichkeiten eröffnen, so schnell wegarbitriert werden, daß man die dort herrschenden Preissysteme auf theoretischer Ebene zulässigerweise durch Arbitragefreiheitsannahmen charakterisieren kann 7 • Für den Fall der Bewertung von Bezugsrechten hat Krümmel von dieser Methode Gebrauch gemacht, indem er neben die klassische Argumentation über den Ausgleich von Vermögensverlusten den arbitragetechnischen Bewertungsansatz gestellt hat 8 . Kennzeichnet man Finanztitel durch die mit ihrem Besitz verbundenen stochastischen Rückzahlungsströme zu einem bestimmten Zeitpunkt T, dem Horizont, und durch die zu ihrem Erwerb notwendigen Auszahlungen im Bewertungszeitpunkt 0, so ist das Portefeuille i durch die Gesamtzahlungscharakteristik (-Pi,Xi)

7 Es sei vor allem auf die beiden Originalaufsätze Ross, S. A., A simple approach to the valuation of risky streams, in: Journal of Business 51 (1978), S. 453- 475 und Harrison, M. J./Kreps, D., Martingalesandarbitrage in multiperiod securities markets, in: Journal of Economic Theory, 20 (1979), S. 381 - 408 verwiesen. Eine zusammenfassende Darstellung findet sich bei Wilhelm, J., Arbitrage Theory, Berlin u.a. 1985. B Vgl. Krümme!, H.-J., Kursdisparitäten im Bezugsrechtshandel, in: BetriebswirtschaftlicheForschung und Praxis 16 (1964), S. 485- 498.

Erwartungsstruktur aus kapitalmarkttheoretischer Sicht

481

charakterisiert, wobei das Portefeuilleiden Rückzahlungsstrom X; erwirtschaftet und den Marktpreis P; kostet. Die Gesamtzahlungscharakteristik beschreibt die zusätzlich in den Zeitpunkten 0 und T verfügbaren Mittel, wenn man das Portefeuille i am Markt realisiert. Bezeichnet man mit Y die Gesamtheit der am Markt realisierbaren Gesamtzahlungscharakteristiken, so können folgende Arbitragefreiheitsbedingungen formuliert werden: (4) Zwei Portefeuilles i undj können gleichzeitig realisiert werden; für das resultierende Portefeuille k gilt: (4a) (4b)

(5) Jedes Portefeuille ist beliebig teilbar; für das Portefeuille ia, das das Portefeuille i auf dem Niveau a realisiert, gilt: (5a)

a ·X;

(5b)

a · P;

In einer Welt ohne bedeutsame Transaktionskosten und ohne rechtliche Beschränkungen würde eine Verletzung der Bedingungen (4) und (5) zur Ausbildung von Finanzintermediären führen, die von einer Divergenz von linken und rechten Seiten risikofrei profitieren könnten.

(4) und (5) schließen noch nicht aus, daß durch Realisierung zusätzlicher Gesamtzahlungscharakteristika gewisse Marktteilnehmer ihren Nutzen unbegrenzt steigern können. Das ist z. B. dann der Fall, wenn für ein Portefeuille i * die Relation (6)

gilt; (6) bedeutet, daß der Preis für i* nicht positiv, der Rückzahlungsstrom von i * nicht negativ ist und daß der Preis sogar negativ oder der Rückzahlungsstrom (mit positiver Wahrscheinlichkeit) positiv ist. In Verbindung mit (5) ist dann eine beliebige Nutzensteigerung möglich. Diese Möglichkeit wird durch die folgende Arbitragefreiheitsannahme ausgeschlossen9: (7) Es gibt wenigstens eine konkave, stetige und streng monoton steigende Nutzenfunktion, die auf Y ein Maximum besitzt.

9 Vgl. zu dieser Annahme und ihren Implikationen Wilhelm, J., Arbitrageorientierte Bewertung von Finanztiteln: eine Neuformulierung, Arbeitspapier 4/87, Universität Passau 1987.

31 Festschrift für H.-J. Krümme!

482

Jochen Wilhelrn

Man überzeugt sich sofort (in Verbindung mit (5) und der strengen Monotonie der Nutzenfunktion), daß (7) die Möglichkeit von (6) stets ausschließt10. Unter der zusätzlichen Annahme, daß die Rückzahlungsströme aller Portefeuilles endliche Varianzen besitzen, folgt aus (4), (5) und (7) das zentrale Ergebnis der Arbitrage-Theorien: (8) Der Preis eines Portefeuilles i läßt sich stets nach Gleichung (8) darstellen: P; = E ( Q · X;) ,

wobei Q eine mit Wahrscheinlichkeit 1 positive Zufallsvariable mit endlicher Varianz ist, die von i nicht abhängt und daher als stochastischer Diskontierungsfaktor bezeichnet werden kann.

In dieser Darstellung erweist sich der Preis eines Portefeuilles (speziell eines Finanztitels) als erwarteter diskontierter Rückzahlungsstrom. Wir unterstellen für das folgende die Existenz einer risikofreien Anlageform in Y. Formal: (9)

Hierbei bezeichnet~ den (durchschnittlichen) risikofreien Zinssatz; es gilt nämlich nach (8): e-eT=E(Q),

(10)

d.h.

~

=-

log (E (Q)) T

Auf der Grundlage von (8) können wir nun das Konzept der Pseudoverteilung und das der risikoneutralen R-N-Verteilung des Portefeuilles i einführen. Dabei bezeichnen wir mit (11)

I. (w) =

{

1

für w:Sv

0

sonst

die Indikatorfunktion für das Intervall(- oo, v] .

10 Aus bestimmten technischen Gründen reicht es für die angestrebten Implikationen nicht aus, lediglich den Ausschluß von (6) zu fordern, wie es in der arbitrage-theoretischen Literatur bisher üblich war; vgl. dazu: ebenda. u Zum Beweis vgl. Wilhelm (1987) in Verbindung mit Wilhelm (1985).

Erwartungsstruktur aus kapitalmarkttheoretischer Sicht

483

Definition: Die Pseudoverteilung der Größe X wird durch die Funktion: Gx(v)

=

E (Q ·I. (X))

definiert. Die R-N-Verteilung der Größe X wird durch die Funktion: Hx (v) = eeT · Gx (v)

definiert.

Man findet sofort durch Einsetzen: (12a)

Gx(- oo)

0

(12b)

Gx (oo)

(13a)

Hx(- oo) = 0

(13b)

Hx(oo)

=

1

Beide Funktionen sind monoton steigend; Hx hat also die Eigenschaften einer Wahrscheinlichkeitsverteilung. Der Zusammenhang mit der empirischen Verteilung Fx ist durch: Fx (v) = E (1. (X))

gegeben. Man sieht also, daß die R-N-Verteilung bzw. die Pseudoverteilung die Information über das stochastische Verhalten der Größe X simultan mit der Information über das stochastische Verhalten der Marktgröße Q beinhalten. Gleichung (8) geht mit der Definition dieser Verteilungen in: (14a)

P =

Jwd Gx(w)

bzw. (14b)

P

=

e-eT

JwdHx(w)

über. Insbesondere (14b) weist nun aus, daß die Bewertung eines Finanztitels stets in risikoneutraler Form (d.h. als risikofrei diskontierter Erwartungswert) erfolgen kann, wenn man die empirische Verteilung des Titels durch die korrekte R-N-Verteilung ersetzt (das Integral auf der rechten Seite von (14b) ist der Erwartungswert bezüglich der R-N-Verteilung von X).

31•

Jochen Wilhelm

484

D. Die revidierte Erwartungsstruktur und einige ihrer Eigenschaften

Die revidierte Erwartungsstruktur der Größe X wird nun mit Bezug auf die Pseudoverteilung Gx eingeführt; wir bezeichnen sie mit SQ (p), um die Abhängigkeit von der durch den Diskontierungsfaktor Q beschriebenen Marktumgebung zu dokumentieren. Unter Benutzung dieser Symbolik definieren wir: Definition: Die revidierte Erwartungsstruktur der Größe X ist durch die Funktion: SQ(P) = sup {wERjdGx(w)

(15)

+

(e-QT- Gx(w)) ~ p}

gegeben, wobei dGx(w)

gilt.

( lim Gx (y)) - Gx (w) y-+w y>w

Im stetigen Fall gilt wieder (dGx (w) = 0): (16)

Es gilt auch hier, daß SQ (0) nicht definiert ist und daß SQ (e-PT) gegen -oo abfallen kann. Revidierte Erwartungsstrukturen haben den in Abbildung 3 gezeigten typischen Verlauf.

0

e

-pT

p

Abb. 3: Verlaufsform einer typischen stetigen revidierten Erwartungsstruktur

Die Verwendung der Pseudoverteilung anstelle der ebenfalls denkbaren R-N-Verteilung wird durch zwei Argumente motiviert; zum einen erlaubt die Pseudoverteilung den Vergleich von Positionen, deren Rückzahlungsströme zu verschiedenen Zeitpunkten T1 bzw. T2 anfallen. Je nachdem ver-

Erwartungsstruktur aus kapitalmarkttheoretischer Sicht

485

schiebt sich die obere Grenze der Verteilung von e-p,T, auf e-pzT•. Zum anderen ist in dieser Darstellung die Fläche unter der Kurve der revidierten Erwartungsstruktur wieder interpretierbar. Es gilt nämlich mit der Variablensubstitution und daher wegen Gx(z)

e-pT-

w und

die folgende Identität

·-" [ G]/ (w) dw = - [ z

d~x

· dz =

dGx

dz

dz

dw

L d~x z·

dz

- 1

=

Jz dGx

(z)

P

Die Fläche unter der Kurve der revidierten Erwartungsstruktur entspricht dem Marktwert der betreffenden Position, so wie sie im ursprünglichen Konzept dem Erwartungswert der betreffenden Position entsprach. In ganz analoger Weise lassen sich nun die Verhältnisse bei Kredittiteln und anderen bedingten Titeln deuten. In Abbildung 4 findet man die Gesamtverschuldung Z in die revidierte Erwartungsstruktur eingetragen. Die Fläche Z 0 unter Z und der Kurve der revidierten Erwartungsstruktur entspricht dem Marktwert der Gesamtverschuldung. Die schraffierte Fläche Z * kennzeichnet den Marktwertentgang, der durch die Risikobelastung der Verschuldung entsteht. Es gilt Z

e-PT

und daher

=

Z0

Z 0 = Z · e-pT

+ -

Z

*

Z

*

z

0

Abb. 4: Der Gläubigeranspruch Z in der revidierten Erwartungsstruktur der Haftungsmasse SQ (p). Z 0 ist der Marktwert des Gläubigeranspruchs. Z* ist der Marktwertentgang durch Ausfallrisiko Zo = e-PT - Z* bzw.

z

z

Jochen Wilhelm

486

Mit dem Nominalzinssatz r für den Kredittitel gilt wegen Zo = e-r·T

_

z

bzw. (17)

Z* } Z. e-eT

log { 1 r =

(! -

T

Der risikoadäquate Nominalzinssatz wird also c.p. durch das Verhältnis der Fläche Z * zur gesamten Rechtecksfläche unter Z bestimmt. Dieser Nominalzinssatz ergibt sich aus dem risikofreien Zinssatz (} durch einen Risikoaufschlag (der Logarithmus ist negativ für Z* > 0). Der Risikoaufschlag wächst mit wachsendem Anteil von Z * an der Gesamtfläche Z · e-eT, also z.B. mit sinkenden durchschnittlichen Konkursquoten. Für den Abszissenabschnitt e-eT - p* ist ebenfalls eine Interpretation angebbar, allerdings keine, die am Wahrscheinlichkeitskonzept anknüpft: der Ausdruck e-eT - p * stellt den Marktwert eines hypothetischen Finanztitels dar, der genau im Insolvenzereignis des Schuldners eine Geldeinheit verspricht. Multipliziert mit der durchschnittlichen Zahlung an die Gläubiger im Insolvenzereignis ergibt sich die Fläche unter der Erwartungsstrukturkurve zwischen p * und e-eT.

Wir fügen noch ähnliche Beobachtungen für die Europäische Kaufoption auf einen Titel mit der Rückzahlung X an. Abbildung 5 stellt diesen Sachverhalt graphisch dar. Der Basispreis ist B. Die schraffierte Fläche stellt den Marktwert der Kaufoption C dar. Es ergeben sich unmittelbar die folgenden Restriktionen für C, die allein auf der im vorigen Abschnitt formulierten Arbitrage-Theorie fußen 12: Der Optionspreis ist nicht-negativ und kann den Marktpreis P oder Aktie nicht überschreiten; bei einem Basispreis von B = 0 ist der Optionspreis C gleich dem Marktpreis P der Aktie: C = P. Der Optionspreis kann nicht unter den Wert max { P - B · e-eT, 0} absinken, denn es gilt C

bzw.

+

(B · e-eT- B*] = P

C = P - B · e-eT

+ B*

12 Vgl. die arbitrage-bedingten Restriktionen für Kaufoptionen bei Merton, R. C., Theory of rational option pricing, in: Belljournal of economics 4 (1973), S. 141 - 183.

Erwartungsstruktur aus kapitalmarkttheoretischer Sicht

487

p

Abb. 5: Der Basispreis B einer Europäischen Kaufoption in der revidierten Erwartungsstruktur des Aktienkurses SQ (p). C ist der Marktwert der Kaufoption

Wegen B * ~ 0 und der Feststellung C ~ 0 gilt die Behauptung. Schließlich sieht man unmittelbar, daß mit sinkendem Basispreis der Optionspreis steigen muß (genauer: nicht sinken kann). In qualitativer Form läßt sich offensichtlich eine ganze Reihe von Aussagen auf der Grundlage der revidierten Erwartungsstruktur machen. Selbst bei qualitativer Sicht stellt sich allerdings die Frage, wie denn die Pseudoverteilung, die alle relevanten Informationen für die Bewertung bedingter Titel enthält, zu gewinnen sei. Auf der anderen Seite stellt sich auch die Frage nach einer quantitativen Bewertung der in Rede stehenden bedingten Titel. Beide Fragen werden im folgenden Abschnitt aufgegriffen, der den Zusammenhang zwischen empirischer Verteilung und Pseudoverteilung, der bisher ja recht lose ist, für einige empirische Verteilungsformen klären wird. E. R-N-Verteilungen und Marktwerte bedingter Titel in einer Klasse von Spezialfällen I. Zu einer ganzen Klasse von Spezialfällen lassen sich die R-N-Verteilungen, die Pseudoverteilungen von Basistiteln und die Marktwerte bedingter Titel besonders einfach herleiten. Zu dieser Klasse gehören vor allem die Fälle, die mit dem Black-Scholes-Ansatz eng verwandt sindl3. Zur Darstellung ist die Einführung einiger Bezeichnungen erforderlich; zur besseren Lesbarkeit wiederholen wir gewisse schon verwendete Symbole; wir beschränken uns zunächst auf die Abhängigkeit von nur einem Basistitel: 13 Black, F./Scholes, M., The pricing of options and corporate liabilities, in: Journal of Political Economy 81 (1973), S. 637 - 659.

Jochen Wilhelm

488

T

Zeithorizont

X

Wert des Basistitels im Zeitpunkt T, auf den sich der betrachtete bedingte Titel bezieht

p

Wert des Basistitels im Betrachtungszeitpunkt 0

h(·)

charakteristische Funktion des bedingten Titels (z.B.: Kaufoption: h (z) = max { z - B, 0} mit dem Basispreis B)

c

Wert des bedingten Titels im Betrachtungszeitpunkt 0

Q

Marktdiskontierungsfaktor für Zahlungen im Zeitpunkt T

n (z)

1 1 Dichtefunktion einer Gaußsehen Einheitsvariablen = - - e- 2 z'

N

Verteilungsfunktion einer Gaußsehen Einheitsvariablen

f?

risikofreie durchschnittliche Momentverzinsung für den Zeitraum [0, T]

l g

ein geeignet dimensionaler Vektor, dessen Komponenten gleich Eins sind

f

(fast) beliebige Funktion in K Argumenten

b

K-dimensionaler Vektor reeller Zahlen

E(q)

reelle Zahl

V2ii

K-dimensionaler Vektor unabhängiger Gaußscher Einheitsvariablen

Wir nehmen nun die folgende Art der Randomisierung für Q und X an14 : Q

und

=

eq

mit q

=

b' g

+

E (q)

X = f(g) .

Wir unterstellen also, daß der Marktdiskontierungsfaktor logarithmischnormalverteilt ist (der Logarithmus q von Q hat den ErwartungswertE (q) und die Varianz b' · b), während der Wert des Basistitels Funktion von K normalverteilten Größen ist (Beispiele für dieses Verhalten werden nachfolgend betrachtet). Nach dem oben entwickelten arbitrage-theoretischen Ansatz ergibt sich nun für den laufenden Wert des BasistitelsPund den laufenden Wert des bedingten Titels C: 14 Ein anderer Zugang führt über die Annahme eines repräsentativen Investors mit bestimmten Nutzenfunktionstypen; in diesem Zusammenhang ist dann Q als der Grenznutzen dieses Investors zu integrieren. Diesen Zugang wählen Rubinstein, M., The valuation of uncertain income streams and the pricing of options, in: Belljournal of economics 7 (1976), S. 407 - 425, Brennan, M. J., The pricing of contingent claims in discrete time models, in: Journal of Finance 24 (1979), S. 53- 68 und Stapleton, R. C.!Subrahmanyam, M. G., The valuation of multivariate contingent claims in discrete time models, in: Journal of Finance 39 (1984), S. 207 - 228. Wir ziehen den Zugang über eine direkte Verteilungsannahme bezüglich der unbeobachtbaren Größe Q vor, da die Konzeption eines repräsentativen Investors wenig überzeugend erscheint.

Erwartungsstruktur aus kapitalmarkttheoretischer Sicht P

=

489

·X}

E {Q

=I ... I

eb'·r+E(q) • f(x) n

(xJ) ...

n

(xK) dx1 ... dxK

~ K-mal

bzw. C

=

E { Q · h (X)}

=I ... I

eb'·r+E(q) •

h [f(x)]

n

(xJ) ...

(xJ) ...

n

(XK) dx1 ... dxK .

n

(XK) dx 1 ... dxK

~ K-mal

und

f ... J

=

eb'·r+E(q> n

~ K-mal

Nun gilt aber eb'·:r+E(q)

=

exp {

i~I b;x;

TI K

+

eE.

E(q)}

i

=1

eb;:r;

und (mit Hilfe quadratischer Ergänzung) eb;:r; •

n (x;)

1 = Vfi

l

'

eb;:r;- 2 :r;

=

l

'

e- 2 b; •

n (x;- b;)

folglich gilt: C

=

j ... j ~ K-mal

exp {

E (q) +

~ i~I b~}

· h [f(x)] n (x1- bJ) ... n (xK- bK) dx1 ... dxK

Jochen Wilhelm

490

bzw. nach Variablentransformation: C

=

exp {E(q)+

~ ;~1 b~} · j ... j h[f(x+b)]n(x!) ... n(xK)dx

1 •••

dxK

~ K-mal

exp { E (q) +

~ ;~1 b~} · E {h [f(g + b)l}

Aus der Spezifikation h = 1 ergibt sich

und daher (18)

Die Spezifikation h (y) = y ergibt: (19)

Der Marktwert C des (bedingten) Titels ergibt sich also in der hier untersuchten Klasse von Spezialfällen -wie nach den vorhergehenden Abschnitten nicht weiter überraschend ist- durchgehend als diskontierter Erwartungswert. Die Variable, über die die Erwartung gebildet wird- ihre Verteilung ist die R-N-Verteilung-, unterscheidet sich von dem (bedingten) Titel selbst nur dadurch, daß die zufallserzeugenden Größen g um den Vektor b verschoben sind; sie bleiben wie zuvor normalverteilt mit gleichbleibender Varianz, aber sie gehen von einem Erwartungswert von Null auf einen Erwartungswert von b über. Welche Wirkung das auf die R-N-Verteilung des Aktienkurses selbst hat, wird im folgenden zu prüfen sein. die Pseudoverteilung - Grundlage der revidierten Erwartungsstruktur - ergibt sich durch Spezifikation von h zur Indikatorfunktion: lv (w)

= }

1

fürw:sv

0

fürvT, E (s) und abestimmen, wobei E (s) bzw. aderErwartungswert bzw. die Standardabweichung der erzeugenden Normalverteilung (des Logarithmus des approximativen Aktienkurses) sind. Der Marktwert eines bedingten Titels wird zu:

32 Festschrift für H.-J. Krümme!

498

Jochen Wilhelm

Für die Kaufoption gilt dann unter denselben Voraussetzungen wie oben: (34)

C= e-pTi~'X; [N cogz,:E(s) - b*)- Ncogz;-~-E(s) - b*) J

Es fällt auf, daß auch in den diskreten Analoga (32) und (34) zu den nominalverteilten bzw. logarithmisch normalverteilten Titeln (25) und (28) der marktbestimmte Parameter b zugleich mit den Erwartungsgrößen E (s) grundsätzlich eliminierbar ist, da die Formeln nur von ab + E (s) abhängen. Die Formeln für die Kaufoption enthalten also auch hier grundsätzlich genauso viele Parameter wie die Black-Scholes-Formel. F. Eine Einschätzung der Tragfähigkeit des revidierten Konzepts der Erwartungsstruktur

Betrachtet man das revidierte Konzept der Erwartungsstruktur ausschließlich in seiner graphischen Ausprägung, so endet seine Leistungsfähigkeit dort, wo graphische Möglichkeiten grundsätzlich ihre Grenzen haben: die Aussagemöglichkeiten bleiben grundsätzlich im Illustrativen und im Ordinalen (d.h. eher qualitativ). Im Rahmen dieser Grenzen bietet das revidierte Konzept aber eine gute Analysemethode für die Behandlung einfach strukturierter Titel: das ist im Abschnitt D ansatzweise unter Beweis gestellt worden. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse im AbschnittE sind die korrekten Formen der Pseudoverteilungen im Rahmen der Prämissen vergleichsweise leicht zu spezifizieren; auf ihrer Grundlage sind dann die Bewertungsverhältnisse für bedingte Titel recht einfach erkennbar. In der graphischen Ausprägung wird das Konzept an Attraktivität verlieren, wenn komplexere bedingte Titel, insbesondere Titel, die sich auf mehrere Basistitel beziehen, studiert werden sollen. Hier muß man auf die analytische Version zurückgreifen. Wir werden abschließend kurz zeigen, wie sich dieser Fall behandeln läßt. Im Unterschied zu AbschnittE betrachten wir hier X als einen Vektor der Rückzahlungsströme von m Basistiteln: X= (X1 , •. , Xm) '. Entsprechend ist f als Vektorfunktion aufzufassen! (x) = (/I (x), ... , fm (x))' ebenso wie P als Vektor von laufenden Marktpreisen für die m Basistitel zu konzipieren ist. Die Indikatorfunktion für das Intervall

Erwartungsstruktur aus kapitalniarkttheoretischer Sicht

499

mit v = (v 1 , ... , Vm)' ist analog zu früher gegeben. Dann ist sofort ersichtlich, daß in dieser Interpretation die gesamten Ableitungen des Abschnitts E.I. bis in die Bezeichnungsweise hinein ungeändert gültig sind. Insbesondere gelten die Beziehungen: (18a)

C = e-PTE{h[f(g+b)J}

e-pT E {h [ft(g

+ b), ... ,Jm (g + b)]}

und (19a)

p = e-PTE{J(g+b)}, d.h. P; = e-PTE{J;(g+b)} für i=l, ... ,m.

Den Fall normalverteilter Basistitel erledigt man nun wie folgt1 7 : (35)

f(x)

= r. x + E (X)

und daher f(g)

=

X

mit einer (m x k)-Matrix r. Aus (19) folgt dann: P = e-PTE{T(g+b)+E(X)} = e-PTE{f(g)+Tb}

d.h. (36)

r. b = ePT . p

- E (X)

Man entwickelt (18) mit Hilfe von (35) zu: C = e-PTE{h[X+Tb]}

Einsetzen von (36) zeigt die Eliminierbarkeit der Größen b: (37)

Im Unterschied zu (24) ist in (37) sowohl X wie E (X) als auch Pein Vektor von m Basistiteln. (37) kann u. U. numerisch aufwendig auszuwerten sein, bestimmt aber grundsätzlich den Wert eines jeden bedingten Titels auf m normalverteilten Basistiteln.

Genauso unproblematisch ist der Fall logarithmisch normalverteilter BasistiteL Hier giltla (38)

17 18

32•

f;(X)

ec; ·:r + E (s;)

Vgl. die korrespondierenden Ergebnisse bei Stapleton/Subrahmanyam (1984). Ebenda.

500

Jochen Wilhelm

Aus (19) folgt: e- pT E { ec;. g + E (s,) + c;. b}

P;

ec; ·b · e-pT E (X;)

und daher cj · b = (JT

(39)

+ log

P; E(X;)

Entwickelt man (18) mit Hilfe von (38), so erhält man:

Einsetzen von (39) führt auf: (40)

(40) ist das Black-Scholes-Analogon für den Fall von m logarithmisch normalverteilten Basistiteln. Man sieht im übrigen unmittelbar, daß sich beide Fälle kombiniert erfassen lassen: gilt X = r · g + E (X) und Y = exp (A · g + E (s)) (die Exponentiation ist komponentenweise zu verstehen), dann gilt mit der charakteristischen Funktion h (X; Y): (41)

C=

e-pTE

{h [X-E(X)+ePTPx;~ePTpy, ... ,~ ePTpy ]} E (Yt) ' E (Ym) m

(41) faßt (37) und (40) zusammen. Die Bewertungsgleichungen (37), (40) und (41) eignen sich grundsätzlich zur Behandlung komplexer bedingter Titel wie Optionen auf Investmentfondanteile, Optionen auf Aktienindizes und Kredittitel mit dinglicher Sicherung, um nur einige Beispiele zu nennen. Naturgemäß sind solche Konstruktionen einer graphischen Behandlung nicht mehr zugänglich.

Bibliographie

Verzeichnis der Veröffentlichungen von Hans-Jacob Krümme! 1. Monographien Bankzinsen. Untersuchungen über die Preispolitik von Universalbanken. Armales Universitatis Saraviensis, Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Abteilung, Heft 11, Köln, Berlin, Bonn, München 1964. Öffentliche Bankpolitik und Wirtschaftsforschung, Bonner Akademische Reden 51, Bonn 1980. · Bankaufsichtsziele und Eigenkapitalbegriff, Frankfurt 1983, 104 S.

2. Aufsätze in Zeitschriften, Sammelwerken, Tagungsbänden und Festschriften Sparkassenrechtliche Grundlagen des Sparkassengeschäfts, in: Bankakademie, 4. Ergänzungsheft, 1960, S.169- 180. Zur Bewertung im Kreditstatus, in: Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung, 14. Jg. (1962), Heft 3, S. 137 - 151. Kursdisparitäten im Bezugsrechtshandel, in: Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis, 16. Jg. (1964), Heft 9, S. 485 - 498. Ansätze zu einer Theorie der Bankpreispolitik, in: Zeitfragen der Kreditwirtschaft, Bank für Gemeinwirtschaft AG, Frankfurt (Hrsg.), 1964, S. 79 - 115, wiederabgedruckt in: Deppe (Hrsg.), Texte zur wissenschaftl. Bankbetriebslehre II, Göttingen 1981, s. 609- 646. Grundsätze der Finanzplanung, in: AGPLAN, Unbewältigte Probleme der Planungsrechnung, Wiesbaden 1964, S. 56 - 71. Finanzierungsrisiken und Kreditspielraum, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 36. Jg., 1. Ergänzungsheft April1966, S.134- 157. Wiederabgedruckt bei Hax I Laux (Hrsg.), Die Finanzierung der Unternehmen, Köln 1975, S. 200- 223. Preisuntergrenzen-ein Wettbewerbsargument?, in: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, Heft 1/1967, S.14- 15. Preispolitik der Banken im Spannungsfeld des Geld- und Kapitalmarkts, in: 14. Kreditwirtschaftliche Fachtagung, Deutscher Raiffeisenverband e. V., Neuwied 1967, s. 25-45. Liquiditätssicherung im Bankwesen, in: Kredit und Kapital, Heft 3/1968, S. 247- 307 und Heft 1/1969, S. 60 - 110. Management im Bankwesen - Überlegungen zu neueren Entwicklungen, in: Blätter für Genossenschaftswesen, Heft 5/1970, S. 73 - 79 und Heft 6/1970, S. 92 - 96.

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Veröffentlichungen von Hans-Jacob Krümme!

Zur Rentabilitätspolitik der Kreditinstitute, in: Kredit und Kapital, Heft 1/1972, S.1 - 27, (überarbeitete Fassung von "Zinsen, Kosten, Leistungsangebot"). Der Zins in der modernen Wirtschaft, in: Der langfristige Kredit, Heft 1/1972, S.1-13. Bankpolitische Normen und ihre Wirkungen auf das Bankgeschäft, in: Kredit und Kapital, 8. Jg. (1975), S. 524 - 548. Planung in Kreditinstituten, in: Tagungsband des Hessischen Sparkassen- und Giroverbandes, Frankfurt/M. 1975, S.101 - 116. Zur Theorie der Kapitalkosten, in: Investitionstheorie und Investitionspolitik privater und öffentlicher Unternehmen, Albach, H. und Simon, H. (Hrsg.), Wiesbaden 1976, S.145- 166. Probleme der Einführung der Planung in Kreditinstituten, in: Bank-Betrieb, 16. Jg. (1976), Heft 6, S. 236 - 241. Die Begrenzung des Kreditrisikos im Kreditwesengesetz aus der Sicht der Kredittheorie, in: Österreichisches Bank-Archiv, 24. Jg. (1976), Heft 5, S.181 - 199, wiederabgedruckt in: Bonner Reden Bd. 9 der Schriftenreihe der Betriebswirtschaftlichen Vereinigung Bonne. V., Bonn 1976, S.181 - 199. Wettbewerb und Konzentration im deutschen Bankwesen (Stand Ende 1974), Beitrag zum Hauptgutachten 1973/75 "Mehr Wettbewerb ist möglich" der Monopolkommission, Baden-Baden 1976, S. 191 - 243. Konzentration und Bankwettbewerb, in: Tagungsband des Schleswig Holsteinischen Sparkassentags, Kiel1976, S.17- 33. Konzentration und Bankwettbewerb, in: Sparkasse, 93, Jg. (1976), Heft 12, S. 432437. Perspektiven des Wertpapiergeschäftes, in: Kredit und Kapital, 11. Jg. (1978), Heft 1, S.109- 138. Bankbeteiligungen oder über eine nützliche Anstrengung des Begriffs, in: Österreichisches Bank-Archiv, 26. Jg. (1978), Heft IV, S.114- 128. Innovation und Rentabilität- Gedanken zur Erfolgswirksamkeit der Sortimentspolitik der Kreditinstitute, in: Lernen und Entscheiden, Festschrift der Sparkassenakademie, 50 Jahre Lehrinstitut 1928- 1978, Stuttgart 1978, S.171- 196. (mit G. Erner): Konzentrationsgrade im deutschen Kreditgewerbe und ihre Veränderung (1961- 1975), Mitteilungen aus dem Bankseminar der Rheinischen FriedrichWilhelm-Universität, Nr. 32, Juli 1978. Bedingungen für die Schwankungen der Goldpreise im Spiegel der Marktberichterstattung, in: Kredit und Kapital, 12. Jg. (1979), S. 245- 260. German Universal Banking Scrutinized- Some Remarks Concerning the GesslerReport, in: Journal of Banking and Finance, Heft 4/1980, S. 33 - 55. Bankwirtschaftliche Perspektiven für die 80er Jahre, in: Krümme!, H.-J., Rudolph, B. (Hrsg.): Strategische Bankplanung, Frankfurt/M. 1983, S.13- 30, wiederabgedruckt in: Bd.ll der Schriftenreihe der Betriebswirtschaftlichen Vereinigung Bonne. V., Bonn 1983, S. 1 - 18. (Als Mitautor in einer Professoren-Arbeitsgruppe): Die Erfolgswirkung der Eigenkapitalsurrogatein der Kreditwirtschaft- Versuch einer Quantifizierung, in: Die Betriebswirtschaft, 43. Jg. (1983), S. 27-47.

Veröffentlichungen von Hans-Jacob Krümme!

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Nachrangiges Haftkapital als haftendes Eigenkapital im Bankenaufsichtsrecht, in: Zeitschrift für Wirtschaftsrecht,- ZIP- 4. Jg. (1983), Heft 12, S.1518- 1525. Von der Eigenfinanzierung zur Fremdfinanzierung - Der Beitrag der Kreditwirtschaft zur Unternehmensfinanzierung, in: Standortbestimmung- Entwicklungslinien der deutschen Kreditwirtschaft, hrsg. vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband anläßlich seines 100-jährigen Bestehensam 6. Dezember 1984, Stuttgart 1984, S.186- 216. Schutzzweck und Aufsichtseingriffe - Über den Run auf die Bankschalter und seine Verhinderung, in: Kredit und Kapital, 17. Jg. (1984), Heft 4, S. 474- 489. Internationales Bankgeschäft, Beiheft Nr. 8, Kredit und Kapital, 1985, S. 7- 25. Produktinnovationen und Prozeßinnovationen im Kreditgeschäft, in: Innovationen im Kreditmanagement, Krümme!, H.-J. und Rudolph, B. (Hrsg.), Frankfurt am Main 1985, S. 11 - 20. Einige Probleme der Konstruktion bankaufsichtlicher Risikobegrenzungsregeln, in: Forster, K.-H. (Hrsg.), Bankaufsicht, Bankbilanz und Bankprüfung, Festschrift für Walter Scholz, Düsseldorf 1985, S. 91 - 117. Bedeutung und Funktionen des Eigenkapitals in der modernen Kreditwirtschaft, in: Österreichisches Bank-Archiv, 33. Jg. (1985), Heft 6, S.187- 198. Finanzinnovationen und Wandel der Beschäftigungsstruktur im Kreditgewerbe von 1948 bis zur Gegenwart, Vortrag gehalten auf dem 1. Wissenschaftlichen Kolloquium, Institut für bankhistorische Forschung e. V., Frankfurt: Innovationen und Wandel der Beschäftigtenstruktur im Kreditgewerbe, am 10.6.1986 in München, Vorabdruck in: Nr. 19 der Mitteilungen aus dem Institut für das Spar-, Giro- und Kreditwesen, August 1986. Neue Finanzierungsformen und aufsichtsrechtliche Strukturnormen, in: Neuere Entwicklungen auf den Finanzmärkten, Band 34 der Schriftenreihe des Instituts für Kreditwesen der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Hrsg. Henner Schierenbeck, Frankfurt 1987, S. 39- 76.

3. Handbuchartikel Artikel "Sparkassen", in: Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, 3. Aufl., 1960, s. 4973 - 4983. Artikel "Sparkassen", in: Staatslexikon, 6. Aufl., 1962, S. 490- 496. Artikel "Rentabilität", in: Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, 1964, S. 797 802. lnvestitionsplanung, in: Handwörterbuch des Rechnungswesens, Stuttgart 1970, Sp. 709 - 713. Betriebliche Finanzpolitik, in: Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, 4. Aufl., Stuttgart 1974, Bd. I, Sp.1483- 1495. Börsen und Börsengeschäfte, in: Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, 4. Aufl., Stuttgart 1974, Bd. I, Sp. 969- 986. Finanzierungsrisiken und Kreditspielraum, in: Handwörterbuch der Finanzwirtschaft, Büschgen, H. E. (Hrsg.), Stuttgart 1976, Sp. 491 - 503.

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Veröffentlichungen von Hans-Jacob Krümmel

Liquidität, in: Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft (HdWW), Band 5, 1980, S.47-54. Geldmarkt und Kapitalmarkt, in: Handwörterbuch der Sparkassen, Band I, Stuttgart 1981, S.164- 179.

4. Buchbesprechungen Giese, Robert W.: Die Bankkalkulation in der Praxis, Wiesbaden 1962, in: Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung, 15. Jg. (1963), Heft 5/6, S. 314- 315. Jacob, Herbert: Preispolitik (Price Policy). Die Wirtschaftswissenschaften, Nr. 55/56, Reihe A, Beitrag Nr. 17 (The Economic Sciences, No. 55/56, Series A, Contribution No. 17) ed. by Prof. E. Gutenberg, Wiesbaden 1963, in: The German Economic Review, Vol. 3 (1965), Number 1, p. 35- 36. Mönnich, H. J.: Die genossenschaftlichen Teilzahlungsbanken. Veröffentlichungen des Instituts für Genossenschaftswesen an der Philipps-Universität Marburg, Band XXIV, Marburg 1962, in: Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliehe Forschung, 17. Jg. (1965), Heft 5/6, S. 319-320. Lücke, Wolfgang: Betriebs'- und Unternehmensgröße, Betriebswirtschaftliche Studienbücher, begründet von Hans Seischab, Reihe I: Grundlagen, Stuttgart 1967, in: Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis, 20. Jg. (1968), Heft 3, S. 186187. Stahl, Hans: Aktien vor und nach Kapitalerhöhungen, Frankfurt/M. 1969, in: Zeitschrift für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, 92. Jg. (1972), Heft 2, S. 249251. Finanzstrategie der Unternehmung- Beziehungen zwischen Kapitalgeber und Kapitalnehmer, Arbeitskreis Unternehmensfinanzierung Nürnberg (Hrsg.), HerneBerlin 1971, in: Kredit und Kapital, 5. Jg. (1972), Heft 3, S. 369- 371. Schneider, Günter: Zur Planung von Bankportefeuilleentscheidungen, Frankfurt/M. 1970, in: Kredit und Kapital, 6. Jg. (1973), Heft 1, S. 75- 77. Schneider, Günter: Zur Planung von Bankportefeuilleentscheidungen, Frankfurt/M. 1970, in: Zeitschrift für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, 93. Jg. (1973), Heft 4, s. 503. Kittel, Hermann: Marktstrategien im Hypothekarkreditgeschäft- Der Wettbewerb zwischen den Hypothekarkreditinstituten in der Wohnungsbaufinanzierung. Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen, Abteilung A: Wirtschaftswissenschaft, Fritz Voigt 1 (Hrsg.), Bd. 75, Berlin 1974, in: Kredit und Kapital, 7. Jg. (1974), Heft 4, S. 573- 575. Bieg, Hartmut: Bankbilanzen und Bankenaufsicht, München 1983, in: Zeitschrift für Wirtschaftsrecht,- ZIP -, 6. Jg. (1985), Heft 16, 8.1031- 1032. Priewasser, E.: Die Banken im Jahre 2000, Frankfurt 1985, in: Kredit und Kapital, 20. Jg. (1987), Heft 2, S. 268 - 270. Wossidlo, Peter Rütger (Hrsg.): Die Finanzierung mittelständischer Unternehmungen in Deutschland (1. Bayreuther Symposium für Betriebswirtschaft), Berlin 1985, in: Zeitschrift für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, 107. Jg. 1987, Heft 2, s. 283-286.

Veröffentlichungen von Hans-Jacob Krümme!

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5. Working Papers (soweit die Texte nicht später an anderer Stelle veröffentlicht sind) Bankbeteiligungen-Referat für die Studienkommission "Grundsatzfragen der Kreditfragen" -,Mitteilungen aus dem Bankseminar der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität, Nr. 49, Nov. 1982, 94 S. Herausforderungen der Kreditinstitute von morgen aus der Sicht der Wissenschaft, in: Mitteilungen aus dem Institut für das Spar-, Giro- und Kreditwesen an der Universität Bonn, Nr. 8, November 1982, S. 2 - 24. Perspektiven des Internationalen Finanzgeschäfts, in: Mitteilungen aus dem Institut für das Spar-, Giro- und Kreditwesen an der Universität Bonn, Nr. 23, Mai 1987, s. 2- 12.

6. Sonstige Schriften Buchungsmaschinen für den Sparkassenbetrieb, in: Betriebswirtschaftliche Blätter für die Praxis der Sparkassen und Girozentralen, 1954, Sonderheft 3, S. 1 - 8. Aktuelle Probleme der deutschen Sparkassen, in: Österreichische Sparkassenzeitung, 46. Jg. (1959), Heft 15, S.167- 170. Junge Akademiker für die Sparkassen, in: Student im Bild, 3. Jg. (1959), Heft 8, s. 22-23. Die Fertigung dem Absatz anpassen- aber wie?, in: WM, 1959, Heft 19, S. 883 - 86. Von der Cash-Flow-Rechnung zur Liquiditätsplanung- Das amerikanische Rechnungswesen als Führungsinstrument (XVI), in: Blick durch die Wirtschaft, 20. Dezember 1965, S. 5. Schacher um Schachteln, Fragen eines Outsiders, in: Capital, 5. Jg. (1966), Heft 5, s. 78- 79. Gedenkrede auf Herbert von Beckerath, in: Alma Mater, Beiträge zur Geschichte der Universität Bonn, Nr. 24, Bonn 1968, S. 5 - 6. Macht der Banken?, in: Österreichisches Bank-Archiv, 22. Jg. (1974), Heft VI, S.196201. Gedanken zur Betriebswirtschaftslehre im Lehrinstitut, in: Sparkasse, 95. Jg. (1978), Heft 5, S. 148 - 150. Bankseminar der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universtität Bonn, in: Die Bank, 21. Jg. (1981), H. 8, S. 390- 391. Herbert Grünewald zum 60. Geburtstag, in: Bonner Universitätsblätter, Jg. 1981, S. 3-5. Das Institut für das Spar-, Giro- und Kreditwesen an der Universität Bonn, in: Sparkasse, 100. Jg. (1983), Heft 3, S.107- 110. Keine Alternative zu "heroischem Optimismus" - Staatskredite sind keine Lösung der internationalen Verschuldungskrise, in: General-Anzeiger Bonn v. 9. 9.1983, S.13. Wolfgang Stütze! zum 60. Geburtstag, in: Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche rorschung, 37. Jg. (1985), Heft 2, S.178 - 179.

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Veröffentlichungen von Hans-Jacob Krümme!

7. Herausgeber /Mitherausgeber von Büchern, Sammelwerken und Tagungsbänden Strategische Bankplanung - Konzepte, Erfahrungen und Perspektiven der langfristigen Unternehmensplanung bei Banken, Vorträge und Berichte der Tagung des Bankseminars der Universität Bonn am 30. September 1982, Frankfurt 1983 (Hrsg. mit B. Rudolph). Innovationen im Kreditmanagement - Entscheidungshilfen, Serviceaufgaben und Controlling im Firmenkundengeschäft der Banken, Vorträge und Berichte der Tagung des Bankseminars der Universität Bonn am 27. September 1984, Frankfurt/M. 1985 (Hrsg. mit B. Rudolph). Internationales Bankgeschäft, Beiheft Nr. 8, Kredit und Kapital1985. Bankmanagement für neue Märkte, Vorträge und Berichte der Tagung des Bankseminars der Universität Bonn am 10. September 1986, Frankfurt/M. 1987 (Hrsg. mit B. Rudolph).

8. Herausgeber I Mitherausgeber von Zeitschriften und Schriftenreihen Kredit und Kapital, seit dem 10. Jg. (1977), Berlin. Mitteilungen aus dem Bankseminar der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität seit 1973, bisher Nr.1- 66. Mitteilungen aus dem Institut für das Spar-, Giro- und Kreditwesen an der Universität Bonn, seit 1978, bisher Nr.1- 23. Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen, Abteilung A: Wirtschaftswissenschaft, (Hrsg. mit G. Ashauer, W. Ehrlicher und F. Voigt), seit Bd. 117 (1984).

Verzeichnis der Autoren Prof. Dr. Günter Ashauer, Leiter der Deutschen Sparkassenakademie, Buschstraße 32, 5300 Bonn 1 Prof. Dr. Michael Bitz, IFAB, Fernuniversität- GH, Abteilung für Bankund Finanzwirtschaft, Postfach 940, Feithstraße 140, 5800 Hagen 1 Prof. Dr. Dr. Dieter Bös, Dr. Wolfgang Peters, Institut für Gesellschaftsund Wirtschaftswissenschaften, Aderrauerallee 24- 42, 5300 Bonn 1 Prof. Dr. Werner Ehrlicher, Institut für das Spar-, Giro- und Kreditwesen an der Albert-Ludwigs-Universität, Güntertalsstraße 49, 7800 Freiburg im Breisgau Prof. Dr. Karl-Heinz Forster, Mitglied des Vorstandes der TREUARBEIT AG, Bockenheimer Anlage 15, 6000 Frankfurt am Main 1 Prof. Dr. Hans-Hermann Francke, Universität der Bundeswehr Hamburg, Institut für Finanzwissenschaft, Postfach 70 08 22, 2000 Harnburg 70 Prof. Dr. Walther Hadding, Johannes Gutenberg-Universität, Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, Postfach 39 80, 6500 Mainz Prof. Dr. Martin Hellwig, Wirtschaftswissenschaftliches Zentrum der Universität Basel, Petersgraben 51, Postfach, CH-4003 Basel Prof. Dr. Manfred Hieber, Auf dem Romert 17, 5340 Bad Honnef 6 Prof. Dr. Bernhard Karte, Institut für Ökonometrie und Operations Research, Rheinische Friedrich-Wilhelms Universität, Nassestraße 2, 5300 Bonn 1; Prof. Dr. Achim Bachern, Mathematisches Institut der Universität zu Köln, Weyertal86- 90, 5000 Köln 41; Prof. Dr. Rainer Schrader, Institut für Ökonometrie und Operations Research, Rheinische Friedrich-Wilhelms Universität Bonn, Aderrauerallee 24 - 42, 5300 Bonn 1 Prof. Dr. Drs. h. c. Wilhelm Krelle, Institut für Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften der Universität Bonn, Aderrauerallee 24- 42, 5300 Bonn 1; Dr. Heinz Welsch, Energiewirtschaftliches Institut an der Universität zu Köln, Albertus-Magnus-Platz, 5000 Köln 41

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Verzeichnis der Autoren

Prof. Dr. Wolfgang Lücke, Institut für Betriebswirtschaftliche Produktionsund Investitionsforschung, Georg-August-Universität Göttingen, NikolausbergerWeg 5c, 3400 Göttingen Prof. Dr. Manfred Perlitz, Institut für Mittelstandsforschung der Hochschule Lüneburg, Lessingstraße 1, 2120 Lüneburg Prof. Dr. Hans Pohl, Historisches Seminar der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Konviktstraße 11, 5300 Bonn Prof. Dr. Bernd Rudolph, Lehrstuhl für Kreditwirtschaft und Finanzierung, Johann Wolfgang Goethe-Universität, Mertonstraße 17- 25, 6000 Frankfurt/M. Prof. Dr. Hermann Sabel, Institut für Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften der Universität Bonn, Aderrauerallee 24 - 42, 5300 Bonn 1 Prof. Dr. Hartmut Schmidt, Institut für Geld- und Kapitalverkehr, Universität Hamburg, Von-Meile-Park 5, 2000 Harnburg 13 Prof. Dr. Uwe Schneider, Am Elfengrund 39, 6100 Darmstadt-Eberstadt Prof. Dr. Dieter Sondermann, Institut für Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften der Universität Bonn, Aderrauerallee 24-42, 5300 Bonn 1 Prof. Dr. Johannes Welcker, Dipl.-Volksw. Joachim Brutscher, Fachbereich Wirtschaftswissenschaft der Universität Saarbrücken, 6600 Saarbrücken Prof. Dr. Jochen Wilhelm, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Finanzierung, Universität Passau, Postfach 25 40, 8390 Passau