Aufsteigende Sicherheiten im Konzern: Eine Problematik zur Rekapitulation des Vermögensschutzes in der abhängigen Kapitalgesellschaft [1 ed.] 9783428583126, 9783428183128

Mit dem MoMiG 2009 lockerte der Gesetzgeber die Kapitalerhaltung, indem das gebundene Kapital seither nur bilanziell zu

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German Pages 336 Year 2021

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Aufsteigende Sicherheiten im Konzern: Eine Problematik zur Rekapitulation des Vermögensschutzes in der abhängigen Kapitalgesellschaft [1 ed.]
 9783428583126, 9783428183128

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Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 180

Aufsteigende Sicherheiten im Konzern Eine Problematik zur Rekapitulation des Vermögensschutzes in der abhängigen Kapitalgesellschaft

Von

Maximilian Hirschfeld

Duncker & Humblot · Berlin

MAXIMILIAN HIRSCHFELD

Aufsteigende Sicherheiten im Konzern

Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Hamburg Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen

Band 180

Aufsteigende Sicherheiten im Konzern Eine Problematik zur Rekapitulation des Vermögensschutzes in der abhängigen Kapitalgesellschaft

Von

Maximilian Hirschfeld

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Universität Passau hat diese Arbeit im Wintersemester 2020/21 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2021 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: CPI buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 1614-7626 ISBN 978-3-428-18312-8 (Print) ISBN 978-3-428-58312-6 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2020/21 von der Juristischen Fakultät der Universität Passau als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur konnten bis August 2020 berücksichtigt werden. Mein erster Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Holger Altmeppen. Zu danken habe ich nicht nur für die Betreuung dieser Arbeit und die konstruktiven Gespräche während ihrer Entstehung, sondern auch und vor allem für die wunderbare Zeit an seinem Lehrstuhl. Die Zusammenarbeit hat mich gelehrt, sich trotz vermeintlich gefestigter Ansichten nicht von der konsequenten Anwendung juristischer Methodik abbringen zu lassen und die historischen Hintergründe nie aus dem Blick zu verlieren. Sie war fachlich und persönlich eine unglaubliche Bereicherung. Herrn Prof. Dr. Michael Beurskens, LL.M. (Chicago) danke ich für die zeitnahe Erstellung des Zweitgutachtens samt den darin enthaltenen, anregenden Hinweisen. Für die Aufnahme der Arbeit in die Reihe der „Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht“ bin ich den Herausgebern, Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Holger Fleischer, LL.M. (Michigan), Herrn Prof. Dr. Gerald Spindler und Herrn Prof. Dr. Hanno Merkt, LL.M. (Chicago), sehr verbunden. Meinen Kollegen und Freunden Frau Lisa Heller, Herrn Dr. Julian Hageböke, Herrn Maximilian Gerhold und Herrn Quirin Thomas danke ich für die Durchsicht des Manuskripts und die wertvolle Diskussion. Ich danke Frau Leonie Weirich, die in allen Phasen des Promotionsverfahrens an meiner Seite stand und mir den Rücken gestärkt hat. Danken möchte ich auch meinem Großvater, Herrn Dipl. Ing. Gerhard Hirschfeld, für die großzügige Übernahme des Druckkostenzuschusses. Es sind meine Eltern, denen ich zu guter Letzt diese Arbeit widmen möchte. Sie haben mir nicht nur in finanzieller Hinsicht eine sorgenfreie Ausbildung mit einem weit überdurchschnittlichen Lebensstandard ermöglicht. Sehr viel bedeutender ist ihr unermüdlicher und selbstloser Einsatz, mich auf meinem Lebensweg zu unterstützen und mir in jeder Lage mit Rat und Tat beiseite zu stehen. Danke! Passau, im Februar 2021

Maximilian Hirschfeld

Inhaltsübersicht Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 § 1 Die praktische Bedeutung aufsteigender Sicherheiten in Konzernverhältnissen . . . . . A. Rechtliche und wirtschaftliche Motivation der Bestellung aufsteigender Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Aufsteigende Sicherheiten im Cash Pool . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Aufsteigende Sicherheiten bei fremdfinanzierter Unternehmensübernahme (sog. Leveraged Buyout) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

§ 2 Grundthese und Gang der Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Anlass der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Grundthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Gang der Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45 45 47 47

§ 3 Der Darstellung zugrunde liegende Konstellationen der aufsteigenden Besicherung . A. Begrenzung des Themas auf den faktischen Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Von der Arbeit erfasste Sicherungskonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Der Begriff der Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Fortexistenz der abhängigen Gesellschaft im Sicherungsfall . . . . . . . . . . . . . . . . .

49 49 63 65 67

27 32 35

Teil 1 Aufsteigende Sicherheiten einer abhängigen AG

69

Kapitel 1 Aufsteigende Sicherheiten unter dem Blickwinkel des konzernrechtlichen Schädigungsverbots gem. § 311 AktG

69

§ 1 Der durch §§ 311, 317 AktG vermittelte Vermögensschutz im faktischen Konzern . . 69 A. Dogmatik der Haftung gem. §§ 311, 317 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 B. Reichweite des Vermögensschutzes der §§ 311, 317 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 § 2 Aufsteigende Sicherheitenbestellung im Tatbestand der §§ 311, 317 AktG . . . . . . . . A. Die Abhängigkeit von einem herrschenden Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Das veranlasste Rechtsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Nachteile infolge der Bestellung aufsteigender Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . . D. Der nachträgliche Ausgleich der durch die Sicherheitenbestellung manifestierten Nachteile gem. § 311 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Die Exkulpation der veranlassenden Geschäftsleiter gem. § 317 Abs. 2 AktG . . . F. Die Schadensfolge der nachteiligen Sicherheitenbestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

97 97 99 103 153 156 160

Kapitel 2 Aufsteigende Sicherheiten und die aktienrechtliche Kapitalerhaltung

162

§ 1 Sicherheiten zugunsten eines Dritten als Leistung an den Aktionär . . . . . . . . . . . . . . 162

10

Inhaltsübersicht

§ 2 Die Auswirkungen des MoMiG auf die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit aufsteigender Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 A. Zur Rechtslage vor dem MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 B. Zur aktuellen Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 § 3 Die relevanten Zeitpunkte von Leistung und vollwertigem Rückgewähranspruch . . . 171 A. Der Zusammenhang zwischen Auszahlungszeitpunkt und Vollwertigkeitsprüfung 171 B. Analyse der möglichen Leistungsakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 § 4 Die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Der Rückgewähranspruch i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG bei aufsteigenden Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Vollwertigkeitskriterien im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Vollwertigkeit von Rückgewähransprüchen bei aufsteigenden Sicherheiten im Cash Pool . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Die Vollwertigkeit von Rückgewähransprüchen bei aufsteigenden Sicherheiten in der Akquisitionsfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

197 197 201 221 224

§ 5 Sonstige Anhaltspunkte für eine Einlagenrückgewähr im Rahmen der aufsteigenden Besicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 A. Einlagenrückgewähr durch Vermögensbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 B. Stehenlassen des Rückgriffsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 § 6 Fazit zu aufsteigenden Sicherheiten im Kapitalerhaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 Kapitel 3 Weitere Zulässigkeitsschranken der aufsteigenden Besicherung

231

§ 1 Wirksamkeit der Sicherheitenbestellung nach dem allgemeinen Zivilrecht . . . . . . . . A. Kapitalerhaltungsverletzung als Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot i.S.d. § 134 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Sittenwidrigkeit der Sicherheitenbestellung nach § 138 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . C. Evidenter Missbrauch der Vertretungsmacht des handelnden Geschäftsleiters der sicherungsgewährenden Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

231

§ 2 Verbot der financial assistance gem. § 71a Abs. 1 S. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Der Doppelzweck des Verbots der Finanzierungshilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Aufsteigende Sicherheiten im Tatbestand des § 71a Abs. 1 S. 1 AktG . . . . . . . . . C. Die Rechtsfolge bei verbotener Besicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Das Verhältnis des § 71a Abs. 1 S. 1 AktG zum Kapitalerhaltungs- und Konzernrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

242 242 244 246

231 233 239

249

§ 3 Aktienrechtliche Treuepflicht und § 53a AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 Kapitel 4 Vermögensschutz durch Koexistenz von Konzern- und Kapitalerhaltungsrecht 253 § 1 Präventiver Vermögensschutz in der aufsteigenden Besicherung durch die Kapitalerhaltung und das konzernrechtliche Schädigungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 § 2 Kurativer Vermögensschutz durch Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Haftung des herrschenden Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Haftung der Geschäftsleiter des herrschenden Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . C. Haftung des Vorstands der besichernden AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

254 255 260 261

Inhaltsübersicht

11

D. Aufsichtsratshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 E. Haftung der Sicherungsnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 § 3 Folgerungen für den Vermögensschutz einer abhängigen AG im Allgemeinen . . . . . 269 Teil 2 Übertragung der Ergebnisse auf die aufsteigenden Sicherheiten einer abhängigen GmbH

273

Kapitel 1 Aufsteigende Sicherheitenbestellung im Kontext des § 30 GmbHG

273

§ 1 Unterbilanz durch Sicherheitenbestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 § 2 „Teilweise Vollwertigkeit“ des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs . . . . . . . . . . . 276 § 3 Die Bedeutung der limitation language . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 Kapitel 2 Aufsteigende Sicherheiten aus der Perspektive des GmbH-Konzernrechts § 1 Das Konzernrecht der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Eine Bestandsaufnahme des GmbH-Konzernrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Der unzureichende Schutz über § 826 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die analoge Anwendung der §§ 311, 317 AktG in der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . .

280 280 280 282 284

§ 2 Übertragung der zum Aktienkonzernrecht aufgestellten Grundsätze der Sicherheitenbestellung auf die GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 Kapitel 3 Weitere Zulässigkeitsschranken der aufsteigenden Besicherung einer abhängigen GmbH

288

§ 1 Zivilrechtliche Wirksamkeit und Treuepflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 § 2 Kreditgewährung aus Gesellschaftsvermögen (§ 43a GmbHG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 § 3 Sicherheitenbestellung als verdeckte Gewinnausschüttung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 Kapitel 4 Der zweigliedrige Vermögensschutz in der abhängigen GmbH

291

§ 1 Die Haftung des herrschenden Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 A. Die Erstattungspflicht nach § 31 Abs. 1 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 B. Die Schadensersatzhaftung nach §§ 311, 317 Abs. 1 S. 1 AktG analog . . . . . . . . . 293 § 2 Die Haftung der Geschäftsführer der abhängigen GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 A. Die Haftung nach § 43 Abs. 3 S. 1 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 B. Die Haftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333

Inhaltsverzeichnis Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 § 1 Die praktische Bedeutung aufsteigender Sicherheiten in Konzernverhältnissen . . . . . A. Rechtliche und wirtschaftliche Motivation der Bestellung aufsteigender Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Einfluss des Gesellschafters bei Abhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die fehlende bzw. unattraktive Sicherungsmöglichkeit durch den Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Aufsteigende Sicherheiten im Cash Pool . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zweck und Funktionsweise des Cash Pooling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Bedeutung der Sicherheitenbestellung im Cash Pool . . . . . . . . . . . . . . . . C. Aufsteigende Sicherheiten bei fremdfinanzierter Unternehmensübernahme (sog. Leveraged Buyout) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der wirtschaftliche Anreiz einer LBO-Transaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Bestellung aufsteigender Sicherheiten im LBO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Aufsteigende Sicherheiten im LBO – eine Frage des Konzernrechts? . . . . . . . IV. Alternative Besicherungsmöglichkeiten in der Akquisitionsfinanzierung . . . .

27

§ 2 Grundthese und Gang der Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Anlass der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Grundthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Gang der Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45 45 47 47

§ 3 Der Darstellung zugrunde liegende Konstellationen der aufsteigenden Besicherung A. Begrenzung des Themas auf den faktischen Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Suspendierung der Kapitalerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bestand der Kapitalschutzvorschriften bei nicht vollwertigem Verlustausgleichsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kein strenges Schädigungsverbot im Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausnahmen vom umfassenden Weisungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Weisungen außerhalb des Konzerninteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vollwertiger Verlustausgleichsanspruch als Grundlage des Weisungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Voraussetzungen der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs . . . . . . . . 1. Die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs im Allgemeinen . . . . . .

49 49 50 50

27 27 30 32 32 34 35 35 36 39 42

50 54 54 55 55 56 58 58

14

Inhaltsverzeichnis 2. Der vollwertige Verlustausgleichsanspruch bei Bestellung aufsteigender Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Differenzierung nach Art des Vertragskonzerns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zum Vertragskonzern mit Beherrschungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zum isolierten Gewinnabführungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Von der Arbeit erfasste Sicherungskonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Konstellation 1: Kreditgeberin als Sicherungsnehmerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Muttergesellschaft als Darlehensempfängerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Andere Tochtergesellschaft als Darlehensempfängerin . . . . . . . . . . . . . . . . II. Konstellation 2: Muttergesellschaft als Sicherungsnehmerin . . . . . . . . . . . . . . C. Der Begriff der Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Personal- und Realsicherheiten in der Konzernfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . II. Differenzierung nach dem Zeitpunkt des Vermögensabflusses und der Bilanzwirksamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Fortexistenz der abhängigen Gesellschaft im Sicherungsfall . . . . . . . . . . . . . . . . .

59 60 60 62 63 63 63 63 64 65 65 66 67

Teil 1 Aufsteigende Sicherheiten einer abhängigen AG

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Kapitel 1 Aufsteigende Sicherheiten unter dem Blickwinkel des konzernrechtlichen Schädigungsverbots gem. § 311 AktG § 1 Der durch §§ 311, 317 AktG vermittelte Vermögensschutz im faktischen Konzern A. Dogmatik der Haftung gem. §§ 311, 317 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. §§ 311, 317 AktG als verschuldensunabhängige Veranlasserhaftung . . . . . . . . II. §§ 311, 317 AktG als culpa-Haftung für Fremdgeschäftsführung . . . . . . . . . . III. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Folgen der Haftungsdogmatik der §§ 311, 317 AktG für die weitere Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Reichweite des Vermögensschutzes der §§ 311, 317 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Vermögensschutz in der unverbundenen AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Objektive Reichweite der Kapitalbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schutzrichtung der aktienrechtlichen Kapitalbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gläubigerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schutz von (Minderheits-)Aktionären . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Minderheitenschutz durch formalisiertes Ausschüttungsverfahren bb) Minderheitenschutz durch Verbot verdeckter Vermögenszuwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Minderheitenschutz als Telos der Zweiten Kapitalrichtlinie . . . . . . . c) Ergebnis zur Schutzrichtung des § 57 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69 69 69 70 71 72 75 75 76 76 78 78 79 79 80 82 83

Inhaltsverzeichnis

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3. Funktion der aktienrechtlichen Kapitalbindung nach dem MoMiG . . . . . . . a) Auswirkungen des MoMiG auf die objektive Reichweite der Kapitalerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Auswirkungen des MoMiG auf die Schutzrichtung der Kapitalerhaltung II. Der Vermögensschutz in der abhängigen AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Objektive Reichweite des durch §§ 311, 317 AktG vermittelten Vermögensschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bestimmung des objektiven Schutzbereichs der §§ 311, 317 AktG . . . . aa) Wortlautvergleich von § 57 AktG und §§ 311, 317 AktG . . . . . . . . . bb) Systematik des Konzernrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Historische Entwicklung der Schutzvorschriften zum faktischen Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Telos der §§ 311, 317 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Ergebnis zum objektiven Schutzbereich der §§ 311, 317 AktG . . . . b) Faktischer Konzern und Kapitalerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Nur von §§ 311, 317 AktG erfasste Geschäftsvorfälle . . . . . . . . . . . bb) Von § 57 und §§ 311, 317 AktG gleichermaßen erfasste Geschäftsvorfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schutzrichtung der §§ 311, 317 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis zum Vermögensschutz durch §§ 311, 317 AktG . . . . . . . . . . . . . .

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§ 2 Aufsteigende Sicherheitenbestellung im Tatbestand der §§ 311, 317 AktG . . . . . . . . A. Die Abhängigkeit von einem herrschenden Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Abhängigkeitsmerkmal im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Besonderheiten der Abhängigkeit im Falle aufsteigender Sicherheiten . . B. Das veranlasste Rechtsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Veranlassung im Haftungstatbestand der §§ 311, 317 AktG . . . . . . . . . . . 1. Veranlassung als Verbindung zweier eigenverantwortlicher Verhaltensweisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Voraussetzungen der Veranlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die veranlasste Sicherheitenbestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Nachteile infolge der Bestellung aufsteigender Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . . I. Feststellung eines Nachteils i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abhängigkeitsfolge als Nachteilskriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bemessung des Nachteils im Sinne einer (drohenden) Vermögensauswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bilanzielle Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter als Vergleichsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vergleich mit dem hypothetischen Ertragswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Maßstäbe der verdeckten Gewinnausschüttung, Drittgeschäfte etc. . . . . e) Objektiver Nachteilsbegriff als Maßstab der Pflichtwidrigkeit . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis 3. Verhältnis Nachteil – Ausgleich – Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Übernahme des Haftungsrisikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zeitpunkt der Übernahme des Haftungsrisikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Konkretes oder abstraktes Haftungsrisiko als Nachteil i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Ausgleich des Haftungsrisikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeine Anforderungen an den Nachteilsausgleich i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Mit der Sicherheitenbestellung einhergehende Gegenansprüche der abhängigen AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Rückgewähranspruch aus der Sicherungsabrede . . . . . . . . . . . . bb) Der auftragsrechtliche Freistellungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Der auftragsrechtliche Rückgriffsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Folgerungen aus den Gegenansprüchen für die Differenzierung nach Art des Sicherungsgegenstandes zur Bestimmung der Nachteiligkeit c) Ausgleich durch Freistellungs- und Rückgriffsanspruch . . . . . . . . . . . . . aa) Abstrakte Eignung des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs als ausgleichender Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Freistellungsanspruch als ausgleichender Vorteil . . . . . . . . . . . . (2) Rückgriffsanspruch als ausgleichender Vorteil . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Vollwertigkeit des Rückgriffsanspruchs (Haftungsbefreiungsanspruchs) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die alternative Vollwertigkeitsdefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Vollwertigkeit durch Prognose der sicheren Darlehensrückzahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Grundlage der Rückzahlungsprognose . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Zeitliche Grenze der Rückzahlungsprognose . . . . . . . . . . . . (c) Prognosegrenze durch das Geschäftsrisiko? . . . . . . . . . . . . . (3) Vollwertigkeit durch (besicherten) Rückgriff . . . . . . . . . . . . . . . (a) Art und Werthaltigkeit der Gegensicherheit . . . . . . . . . . . . . (b) Insolvenzfestigkeit der Gegensicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Vorrangige Besicherung der Hauptforderung . . . . . . . . . . . . . . . cc) Fazit zum vollwertigen Rückgriffsanspruch als ausgleichender Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ausgleich durch Limitation Language . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Ausgleich durch Zahlung einer Avalprovision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Besonderheiten bei der Sicherheitenbestellung im Cash Pool . . . . . . . . . aa) Übernahme eines unkalkulierbaren Haftungsrisikos? . . . . . . . . . . . . bb) Ausgleich durch vollwertigen Rückgriffsanspruch . . . . . . . . . . . . . . (1) Ausgleich des durch Realsicherheiten verursachten Haftungsrisikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Ausgleich des durch Personalsicherheiten (insbes. Schuldmitübernahme) verursachten Haftungsrisikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ausgleich durch empfangene Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis dd) Ausgleich durch Entbehrlichkeit externer (entgeltlicher) Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Besonderheiten bei der Akquisitionsfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Ausgleich durch § 302 AktG im isolierten Gewinnabführungsvertrag III. Verwertung der Sicherheit als Nachteil i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . IV. Nachteile durch die Vermögensbelastung aufgrund der Sicherheitenbestellung 1. Bonitätsherabstufung durch Vermögensbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausgleich der gestiegenen Finanzierungskosten wegen Bonitätsherabstufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Besonderheiten bei der Belastung von betriebsnotwendigem Vermögen . . . V. Nachteile durch bürokratischen Aufwand der aufsteigenden Besicherung . . . D. Der nachträgliche Ausgleich der durch die Sicherheitenbestellung manifestierten Nachteile gem. § 311 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zur Dogmatik des Nachteilsausgleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der (nachträgliche) Nachteilsausgleich bei Bestellung aufsteigender Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Die Exkulpation der veranlassenden Geschäftsleiter gem. § 317 Abs. 2 AktG . . . I. Die Rolle des § 317 Abs. 2 AktG im Haftungstatbestand der §§ 311, 317 AktG II. Der Verschuldensmaßstab des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer unabhängigen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Exkulpation im Fall der nachteiligen Sicherheitenbestellung . . . . . . . . . . F. Die Schadensfolge der nachteiligen Sicherheitenbestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Kapitel 2 Aufsteigende Sicherheiten und die aktienrechtliche Kapitalerhaltung

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§ 1 Sicherheiten zugunsten eines Dritten als Leistung an den Aktionär . . . . . . . . . . . . . . 162 § 2 Die Auswirkungen des MoMiG auf die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit aufsteigender Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Zur Rechtslage vor dem MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zum Meinungsstand bis zum „November-Urteil“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zur sicherungsgewährenden AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abweichungen für die sicherungsgewährende GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zum Meinungsstand nach dem „November-Urteil“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Zur aktuellen Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das MoMiG als Wendepunkt in der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit von Kreditleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der verbleibende Anwendungsbereich für das Drittvergleichskriterium . . . . .

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§ 3 Die relevanten Zeitpunkte von Leistung und vollwertigem Rückgewähranspruch . . . 171 A. Der Zusammenhang zwischen Auszahlungszeitpunkt und Vollwertigkeitsprüfung 171

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Inhaltsverzeichnis B. Analyse der möglichen Leistungsakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zeitpunkt der drohenden Inanspruchnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begründung für die Heranziehung der drohenden Inanspruchnahme . . . . . 2. Kritik an der Anknüpfung an die drohende Inanspruchnahme . . . . . . . . . . . a) Stetige Unzulässigkeit der aufsteigenden Besicherung im Leistungszeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Keine Anwendung bilanzieller Grundsätze zur Bestimmung der Leistung i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Fehlender Leistungsakt seitens der besichernden AG . . . . . . . . . . . . . . . II. Zeitpunkt der tatsächlichen Inanspruchnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begründung für die Heranziehung der tatsächlichen Inanspruchnahme . . . 2. Kritik an der Anknüpfung an die tatsächliche Inanspruchnahme . . . . . . . . . a) Einwände gegen einen bilanziellen Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erneut fehlender Leistungsakt der AG im Zeitpunkt der Verwertung . . . c) Keine freie Verfügbarkeit des Sicherungsgegenstandes bis zur Verwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Fehlerhafte Rückschlüsse aus BGHZ 173, 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Keine Unmöglichkeit der Praxis der Akquisitionsfinanzierung . . . . . . . III. Bestellung der Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begründung für die Heranziehung des Bestellungsakts . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vermögensentzug zulasten der Gesellschaftsgläubiger . . . . . . . . . . . . . . b) Wirtschaftliche statt bilanzieller Betrachtungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . c) Wertungsparallele zum aufsteigenden Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kritik an der Anknüpfung an die Sicherheitenbestellung . . . . . . . . . . . . . . . a) Kein endgültiger Vermögensverlust vor Verwertung . . . . . . . . . . . . . . . . b) Widerspruch zur im MoMiG eindeutig angelegten bilanziellen Betrachtungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Unklarheiten für Personalsicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Fehlende Vergleichbarkeit zum aufsteigenden Darlehen . . . . . . . . . . . . . aa) Kein Kündigungsrecht gem. § 490 Abs. 1 BGB im Falle der wesentlichen Vermögensverschlechterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unterschiedliche Zwecksetzung von Besicherung und Darlehen . . . cc) Bilanzielle Unterschiede bei aufsteigenden Besicherungen und Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Verpflichtung zur Bestellung der Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begründung für die Heranziehung der schuldrechtlichen Verpflichtung . . . 2. Kritik an der Anknüpfung an die Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung V. Abschließende Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung als maßgebliche Leistung i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Weitere Leistungsakte nach der Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung a) Weiterer Leistungsakt in der (drohenden) Verwertung . . . . . . . . . . . . . . b) Separater Leistungsakt in der (dinglichen) Sicherheitenbestellung . . . . .

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c) Änderungen beim Sicherungsumfang als weitere Leistung i.S.d. § 57 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 § 4 Die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Der Rückgewähranspruch i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG bei aufsteigenden Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Freistellungsanspruch nach BGHZ 213, 224 und BGHZ 214, 258 . . . . . . II. Der rechtliche Ursprung des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs . . . . . . . III. Gegenleistungsanspruch aus Darlehensvertrag mit Aktionär . . . . . . . . . . . . . . B. Die Vollwertigkeitskriterien im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Unwahrscheinlicher Ausfall des Darlehensrückzahlungsanspruchs . . . . . . . . . 1. Die Vollwertigkeitsprognose nach BGHZ 213, 224 und BGHZ 214, 258 a) Der Zusammenhang zwischen Freistellungsanspruch und Darlehensrückzahlungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kritik an der Vollwertigkeitsprognose nach BGHZ 213, 224 und BGHZ 214, 258 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der maßgebliche Wahrscheinlichkeitsgrad der Darlehensrückzahlung . . . . a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Maßgeblichkeit bilanzieller Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die richtige Anwendung der einschlägigen bilanziellen Maßstäbe 3. Indikatoren zur Beurteilung einer wahrscheinlichen Darlehensrückzahlung 4. Vollwertigkeit trotz wahrscheinlicher Inanspruchnahme der Sicherheit . . . 5. Auswirkungen nachträglicher Bonitätsschwankungen auf die Vollwertigkeitsprognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verzinsung des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Erforderlichkeit einer Avalprovision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Vollwertigkeit von Rückgewähransprüchen bei aufsteigenden Sicherheiten im Cash Pool . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vollwertigkeitsprognose bei laufend schwankendem Cash Pool Saldo . . . . . . II. Pauschalwertberichtigung wegen eines „Klumpenrisikos“ . . . . . . . . . . . . . . . . III. Avalprovision im Cash Pool . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Die Vollwertigkeit von Rückgewähransprüchen bei aufsteigenden Sicherheiten in der Akquisitionsfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 5 Sonstige Anhaltspunkte für eine Einlagenrückgewähr im Rahmen der aufsteigenden Besicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Einlagenrückgewähr durch Vermögensbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Belastung von betriebsnotwendigem Vermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bonitätsherabstufung und gestiegene Eigenfinanzierungskosten . . . . . . . . . . . B. Stehenlassen des Rückgriffsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 6 Fazit zu aufsteigenden Sicherheiten im Kapitalerhaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230

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Inhaltsverzeichnis Kapitel 3 Weitere Zulässigkeitsschranken der aufsteigenden Besicherung

§ 1 Wirksamkeit der Sicherheitenbestellung nach dem allgemeinen Zivilrecht . . . . . . . . A. Kapitalerhaltungsverletzung als Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot i.S.d. § 134 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Sittenwidrigkeit der Sicherheitenbestellung nach § 138 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . I. Sittenwidrigkeit wegen Gläubigergefährdung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Sittenwidrigkeit wegen Übersicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Evidenter Missbrauch der Vertretungsmacht des handelnden Geschäftsleiters der sicherungsgewährenden Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 2 Verbot der financial assistance gem. § 71a Abs. 1 S. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Der Doppelzweck des Verbots der Finanzierungshilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Aufsteigende Sicherheiten im Tatbestand des § 71a Abs. 1 S. 1 AktG . . . . . . . . . C. Die Rechtsfolge bei verbotener Besicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Das Verhältnis des § 71a Abs. 1 S. 1 AktG zum Kapitalerhaltungs- und Konzernrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. § 71a Abs. 1 S. 1 und § 57 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. § 71a Abs. 1 S. 1 AktG und §§ 311 ff. AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

231 231 231 233 233 236 239 242 242 244 246 249 249 250

§ 3 Aktienrechtliche Treuepflicht und § 53a AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252

Kapitel 4 Vermögensschutz durch Koexistenz von Konzern- und Kapitalerhaltungsrecht 253 § 1 Präventiver Vermögensschutz in der aufsteigenden Besicherung durch die Kapitalerhaltung und das konzernrechtliche Schädigungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 § 2 Kurativer Vermögensschutz durch Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Haftung des herrschenden Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Schadensersatzhaftung gem. §§ 311, 317 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Haftung wegen Einlagenrückgewähr gem. § 62 Abs. 1 S. 1 AktG . . . . . . . . . . 1. Anspruchsinhalt vor der Sicherheitenverwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anspruchsinhalt nach der Sicherheitenverwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. § 62 Abs. 1 S. 1 AktG bei nicht ausreichender Avalprovision . . . . . . . . . . . III. Haftung wegen schädlicher Einflussnahme gem. § 117 Abs. 1 S. 1 AktG . . . . IV. Regelmäßige Wertlosigkeit der Haftungsansprüche gegen das herrschende Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Haftung der Geschäftsleiter des herrschenden Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . C. Haftung des Vorstands der besichernden AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Haftung nach § 93 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 AktG und das Recht der faktischen Konzerne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

254 255 255 256 256 257 258 259 259 260 261 261

Inhaltsverzeichnis

21

II. Haftung wegen Fehlverhaltens bei Sicherheitenbestellung . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Haftung wegen Einlagenrückgewähr gem. § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG . . . 2. Die Haftung wegen sorgfaltswidriger Geschäftsführung gem. § 93 Abs. 2 S. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Haftung wegen Fehlverhaltens nach Sicherheitenbestellung – Überwachungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Aufsichtsratshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Haftung der Sicherungsnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

262 262 263 264 267 268

§ 3 Folgerungen für den Vermögensschutz einer abhängigen AG im Allgemeinen . . . . . 269

Teil 2 Übertragung der Ergebnisse auf die aufsteigenden Sicherheiten einer abhängigen GmbH

273

Kapitel 1 Aufsteigende Sicherheitenbestellung im Kontext des § 30 GmbHG

273

§ 1 Unterbilanz durch Sicherheitenbestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 § 2 „Teilweise Vollwertigkeit“ des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs . . . . . . . . . . . 276 § 3 Die Bedeutung der limitation language . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278

Kapitel 2 Aufsteigende Sicherheiten aus der Perspektive des GmbH-Konzernrechts § 1 Das Konzernrecht der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Eine Bestandsaufnahme des GmbH-Konzernrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Der unzureichende Schutz über § 826 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die analoge Anwendung der §§ 311, 317 AktG in der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Übertragung des grundsätzlichen Pflichtenprogramms der §§ 311, 317 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die notwendigen Modifikationen der §§ 311, 317 AktG in der abhängigen GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

280 280 280 282 284 284 286

§ 2 Übertragung der zum Aktienkonzernrecht aufgestellten Grundsätze der Sicherheitenbestellung auf die GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287

22

Inhaltsverzeichnis Kapitel 3 Weitere Zulässigkeitsschranken der aufsteigenden Besicherung einer abhängigen GmbH

288

§ 1 Zivilrechtliche Wirksamkeit und Treuepflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 § 2 Kreditgewährung aus Gesellschaftsvermögen (§ 43a GmbHG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 § 3 Sicherheitenbestellung als verdeckte Gewinnausschüttung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289

Kapitel 4 Der zweigliedrige Vermögensschutz in der abhängigen GmbH

291

§ 1 Die Haftung des herrschenden Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 A. Die Erstattungspflicht nach § 31 Abs. 1 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 B. Die Schadensersatzhaftung nach §§ 311, 317 Abs. 1 S. 1 AktG analog . . . . . . . . . 293 § 2 Die Haftung der Geschäftsführer der abhängigen GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 A. Die Haftung nach § 43 Abs. 3 S. 1 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 B. Die Haftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333

Abkürzungsverzeichnis a.A. a.a.O. Abs. AcP ADHGB a.E. a.F. AG AktG Allg. allg.M. Alt. amtl. Amtl. Begr. AnfG Anh. Anm. Art. ARUG Aufl. BB Bd. BeBiKo BeckHdB BeckOGK BeckOK Begr. BGB BGBl. BGH BGHZ bspw. BT-Drucks. bzgl. bzw. DB ders. dies. Diss. DJT DStR

anderer Ansicht am angegebenen Ort Absatz Archiv für die civilistische Praxis (Zeitschrift) Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch am Ende alte Fassung Aktiengesellschaft; Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift); Amtsgericht Aktiengesetz Allgemein allgemeine Meinung Alternative amtlich Amtliche Begründung Anfechtungsgesetz Anhang Anmerkung Artikel Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie vom 30. 07. 2009 Auflage Betriebsberater (Zeitschrift) Band Beck’scher Bilanz-Kommentar Beck’sches Handbuch Beck-online Großkommentar Beck’scher Onlinekommentar Begründung; Begründer Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungssammlung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen beispielsweise Bundestags-Drucksache bzgl. beziehungweise Der Betrieb (Zeitschrift) derselbe dieselbe(n) Dissertation Deutscher Juristentag Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift)

24 DZWiR ebda. EBJS HGB evtl. EWiR f.; ff. FG Fn. FS gem. GesRZ GG ggf. GHEK GmbH GmbHG GmbHR Großkomm AktG GS Habil. HdB HGB h.L. h.M. Hrsg. Hs. i. d. F. i. d. R. i.E. insbes. InsO i.S.d. i.S.v. i.V.m. jew. JZ KapGesR KG KölnKomm krit. Lfg. LG lit. Ls. MHdB AG MHLS GmbHG Mio. MittRhNotK

Abkürzungsverzeichnis Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht ebenda Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn Handelsgesetzbuch Kommentar eventuell Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) folgende; fortfolgende Festgabe Fußnote Festschrift gemäß Der Gesellschafter (Zeitschrift) Grundgesetz gegebenenfalls Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff (Aktienrechtskommentar) Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau (Zeitschrift) Großkommentar zum Aktiengesetz Gedächtnisschrift Habilitation Handbuch Handelsgesetzbuch herrschende Lehre herrschende Meinung Herausgeber Halbsatz in der Fassung in der Regel im Ergebnis insbesondere Insolvenzordnung im Sinne des/der im Sinne von in Verbindung mit jeweils Juristenzeitung Kapitalgesellschaftsrecht Kammergericht; Komanditgesellschaft Kölner Kommentar kritisch Lieferung Landgericht litera Leitsatz Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Band 4: Aktiengesellschaft Michalski/Heidinger/Leible/Schmidt GmbHG Kommentar Million(en) Mitteilungen der Rheinischen Notarkammer (Zeitschrift)

Abkürzungsverzeichnis m.N. MoMiG MüKo m.w.N. NBW n.F. NJW Nr. NZG NZI OLG RegE RG RGZ Rn. Rspr. Rz. S. s. sc. sog. str. teilw. Tz. u. a. UHL GmbHG unstr. usw. v. v. a. vgl. VGR WM WuB z. B. ZGR ZHR Ziff. ZInsO ZIP ZPO zust. zutr.

25

mit Nachweisen Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23. 10. 2008, BGBl. 2008 Nr. 48 vom 28. 10. 2008, S. 2026 Münchener Kommentar mit weiteren Nachweisen Neue Betriebswirtschaft (Zeitschrift) neue Fassung Neue juristische Wochenschrift Nummer Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für Insolvenzrecht Oberlandesgericht Regierungsentwurf Reichsgericht Entscheidungssammlung des Reichsgerichts in Zivilsachen Randnummer Rechtsprechung Randzeichen Satz; Seite siehe scilicet sogenannte streitig teilweise Textziffer unter anderem Ulmer/Habersack/Löbbe Kommentar zum GmbHG unstreitig und so weiter vom; von vor allem vergleiche Gesellschaftsrechtliche Vereinigung Wertpapier-Mitteilungen (Zeitschrift) Entscheidungsanmerkungen zum Wirtschafts- und Bankrecht zum Beispiel Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Ziffer Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zivilprozessordnung zustimmend zutreffend

Einführung § 1 Die praktische Bedeutung aufsteigender Sicherheiten in Konzernverhältnissen A. Rechtliche und wirtschaftliche Motivation der Bestellung aufsteigender Sicherheiten Aufsteigende Sicherheiten (auch upstream securities oder upstream guarantees) sind eine Form der Kreditsicherung, die eine Gesellschaft zugunsten ihres Gesellschafters entweder ihrem Gesellschafter selbst oder Kreditgebern des Gesellschafters (meist Banken) bestellt. Dabei drängt sich jedenfalls in letzterer Konstellation unweigerlich die Frage auf, warum die Gesellschaft Sicherheiten für ein Darlehen bestellen sollte, bei dem sie weder Vertragspartnerin des Darlehensvertrags noch unmittelbare Empfängerin der ihrem Gesellschafter zufließenden Darlehensvaluta ist. Diese Frage ist in zwei Schritten zu beantworten:

I. Der Einfluss des Gesellschafters bei Abhängigkeit Zunächst liegt in derartigen Sicherungskonstellationen regelmäßig Abhängigkeit der Gesellschaft von ihrem Gesellschafter und eine mit der Abhängigkeit einhergehende Einflussnahme des Gesellschafters auf die Gesellschaft vor. Vielfach wird verkannt, dass ein Mehrheitsgesellschafter, also ein Gesellschafter, dem mehr als 50 % der Anteile gehören oder die Mehrheit der Stimmrechte zusteht1, mit der Gesellschaft in der Regel einen Konzern bildet, sobald der Mehrheitsgesellschafter den sehr weitgehenden Unternehmensbegriff des § 15 AktG erfüllt.2 Vereinigt ein unternehmerisch tätiger Gesellschafter die Mehrheit der Anteile an einer Gesellschaft oder die Stimmenmehrheit in der Gesellschaft auf sich, ist es eine in Mehrheitsbesitz stehende Gesellschaft (§ 16 Abs. 1 AktG), deren Abhängigkeit vom 1

Anteilsmehrheit und Stimmenmehrheit fallen in der AG i. d. R. zusammen und sind daher erreicht, wenn dem Aktionär eine Stimme mehr als die Hälfte der Gesamtzahl der Stimmen zusteht, so Emmerich, in: Emmrich/Habersack, § 16 AktG Rn. 2, 23. Zu Fällen, in denen Anteils- und Stimmenmehrheit auseinanderfallen, vgl. Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 16 Rn. 4 sowie Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 16 Rn. 2. 2 Siehe nur Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 49 ff.; vgl. zum Unternehmensbegriff Bayer, in: MüKoAktG, § 15 Rn. 7 ff.; für Anwendung des Konzernrechts schon bei Anteilsbesitz von 25 %, unabhängig von der Unternehmereigenschaft, siehe Flume, Aktienrechtsreform, S. 46 f.

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Einführung

Mehrheitsgesellschafter vermutet wird (§ 17 Abs. 2 AktG). Das wiederum begründet die Konzernvermutung (§ 18 Abs. 1 S. 3 AktG), ohne dass einheitliche Leitung i.S.d. § 18 Abs. 1 S. 1 AktG nachgewiesen sein muss. Vielmehr liegt es dann an der Konzernspitze, also dem Gesellschafter, darzulegen, dass keine einheitliche Leitung ausgeübt wird.3 Sofern der Gesellschafter und die beherrschte Gesellschaft keinen Beherrschungsvertrag nach § 291 Abs. 1 S. 1 AktG abschließen oder die Eingliederung nach § 319 Abs. 1 S. 1 AktG beschließen, was ohnehin eine unwiderlegliche Konzernvermutung auslöst (§ 18 Abs. 1 S. 2 AktG), liegt zwischen ihnen ein faktisches Konzernverhältnis vor. In diesem gilt es zu beachten, dass die konzernrechtlichen Schutzvorschriften zugunsten der abhängigen Gesellschaft bereits bei bloßer Abhängigkeit i.S.d. § 17 AktG greifen, ohne dass überhaupt auf die widerlegliche Konzernvermutung des § 18 Abs. 1 S. 3 AktG rekurriert werden muss (vgl. § 311 Abs. 1 AktG). Bei Mehrheitsbeteiligung die Abhängigkeitsvermutung (§ 17 Abs. 2 AktG) zu widerlegen, wird der herrschenden Gesellschaft schwer fallen, sofern sie sich nicht ihrer Einflussmöglichkeiten, bspw. durch Stimmrechtsbeschränkungen, zu einem großen Teil entledigen will.4 Infolgedessen wird die mit Mehrheit beteiligte Gesellschaft im Regelfall nicht auskommen, das Recht der faktischen Konzerne zu beachten.5 Im faktischen Konzern steht dem herrschenden Gesellschafter zwar keine für die Tochtergesellschaft verbindliche Leitungsmacht nach Maßgabe des § 308 AktG zu, jedoch geht das AktG selbst davon aus, dass das herrschende Unternehmen einen Einfluss auf die abhängige Gesellschaft hat, den es ausüben wird, indem es die abhängige Gesellschaft zu schädlichen Handlungen veranlasst (vgl. § 311 Abs. 1 AktG).6 Dieser Einfluss rührt insbesondere aus dem personalpolitischen Kalkül des Vorstands der abhängigen AG her, dessen Posten vom Aufsichtsrat der beherrschten Gesellschaft abhängt. Dieser ist wiederum bis zur Hälfte mit Mitgliedern der herrschenden Gesellschaft besetzt, sodass das Vorstandsamt mittelbar vom Willen der beherrschenden Gesellschaft bestimmt wird. Hinzu kommt, dass Vorstände in abhängigen Tochtergesellschaften nicht selten den Wunsch hegen, in das Management der herrschenden Muttergesellschaft aufzusteigen, womit in der Regel auch eine der Muttergesellschaft wohlwollende Geschäftsleitung der Tochtervorstände einhergeht, obwohl sie nach § 76 Abs. 1 AktG

3

Bayer, in: MüKoAktG, § 15 Rn. 46 ff.; Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 18 Rn. 40. Zur Widerlegung der Abhängigkeitsvermutung siehe Bayer, in: MüKoAktG, § 17 Rn. 98 ff. 5 Wegen der Rechtsformneutralität des Mehrheits- und Abhängigkeitstatbestands ist es unerheblich, ob das in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen in der Rechtsform der AG oder der GmbH oder einer anderen Kapitalgesellschaft betrieben wird, dazu Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 16 AktG Rn. 4. Welche Schutzvorschriften das jeweilige Recht der faktischen Konzerne konstituieren, wird jedoch an gegebener Stelle zu klären sein. 6 Zur Frage, ob und inwieweit das in § 311 Abs. 1 AktG normierte Schädigungsverbot auch auf die faktisch abhängige GmbH Anwendung findet, vgl. die Ausführungen unter Teil 2 Kapitel 2 § 1 C. Die analoge Anwendung der §§ 311, 317 AktG in der GmbH, S. 284 ff. 4

§ 1 Bedeutung aufsteigender Sicherheiten in Konzernverhältnissen

29

nur dem Wohle ihrer beherrschten AG gegenüber verpflichtet sind.7 Treffend beschreibt deshalb Flume bereits nach Erscheinen des RegE zum AktG 1965 die faktische Abhängigkeit als „menschliches Problem“.8 Offensichtlich wird der Einfluss der Muttergesellschaft im Fall von weit verbreiteten Vorstandsdoppelmandaten: Handelt auf Seiten der Mutter- und der Tochtergesellschaft dieselbe Person, ist einheitliche Leitung (§ 18 Abs. 1 S. 1 AktG) evident. Aus diesen Gründen ist es sogar gerechtfertigt zu vermuten, dass alle nachteiligen Maßnahmen bei der abhängigen Gesellschaft im Zweifel durch die herrschende Gesellschaft veranlasst wurden:9 Wenn nach der oben dargestellten Vermutungskette zum Konzerntatbestand einheitliche Leitung vermutet wird (§§ 18 Abs. 1 S. 3, 17 Abs. 2, 16 AktG) und die Konzernvermutung nicht widerlegt ist, ist davon auszugehen, dass die abhängige Gesellschaft keine freie Entscheidung mehr getroffen hat, sondern unter dem Einfluss der einheitlichen Leitung durch die herrschende Gesellschaft stand, die dann auch die nachteilige Maßnahme i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG veranlasst hat. In der beherrschten GmbH kommt ein der Gesellschafterversammlung, deren Mehrheit die herrschende Gesellschaft statuiert, zustehendes Weisungsrecht gegenüber der Geschäftsführung der faktisch abhängigen GmbH (vgl. §§ 37 Abs. 1, 46 Nr. 5 und 6 GmbHG)10 hinzu, wodurch sich die Möglichkeit der herrschenden Gesellschaft, auf die Geschäftsleitung der abhängigen Gesellschaft Einfluss zu nehmen, geradezu aufdrängt. Im Konzern strebt vor allem die Konzernspitze (Muttergesellschaft) stets nach optimaler Ausnutzung aller über die Tochtergesellschaften zur Verfügung stehender Ressourcen. Dazu gehört auch, dass die Muttergesellschaft von ihrer abhängigen Tochtergesellschaft im Konzerninteresse die Sicherheitenbestellung verlangt, um ein Defizit an Kreditsicherheiten ihrerseits oder auf Seiten einer anderen Tochtergesellschaft auszugleichen. Ob sie dies, insbesondere aus konzernrechtlicher Perspektive, ohne Weiteres darf oder ob dem nicht vielmehr die rechtliche und wirtschaftliche Eigenständigkeit der Tochtergesellschaft entgegensteht, ist erst im Laufe dieser Arbeit zu erörtern. Jedenfalls aber ist das bei Bestellung aufsteigender Sicherheiten im Regelfall vorliegende Abhängigkeits- bzw. Konzernverhältnis und die damit einhergehende Einflussnahmemöglichkeit der herrschenden Gesellschaft der wesentliche Antrieb für die abhängige Gesellschaft, ihr Vermögen zugunsten eines Dritten zu belasten.

7

Zu den personalpolitischen Zusammenhängen bereits Altmeppen, ZIP 1996, 693 (694); Schmidt-Hern, Der Schutz der außenstehenden Aktionäre, S. 24 f. 8 Flume, Die konzernrechtliche Gestaltung im Aktienrecht, in: Jakobs/Knobbe-Keuk/Picker/Wilhelm, Gesammelte Schriften Bd. II, S. 169 (176). 9 Dazu Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 90 m.w.N.; a.A. Grigoleit, in: Grigoleit AktG, § 311 Rn. 27; Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 311 Rn. 13. 10 Vgl. nur Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 37 Rn. 3 ff. und § 45 Rn. 2, 15; Liebscher, in: MüKoGmbHG, § 45 Rn. 81; Römermann, in: MHLS GmbHG, § 45 Rn. 31, 35 jew. m.w.N.

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Einführung

Damit ist geklärt, warum sich eine an einem Darlehensverhältnis unbeteiligte, rechtlich selbstständige Gesellschaft dazu hinreißen lässt, für einen Dritten, nämlich die Kreditgeberin der herrschenden Gesellschaft, eine Sicherheit zu bestellen.

II. Die fehlende bzw. unattraktive Sicherungsmöglichkeit durch den Gesellschafter Die sich daran anknüpfende Frage besteht darin, warum nicht die herrschende Gesellschaft selbst für ein ihr zufließendes Darlehen ihrer Kreditgeberin Sicherheiten bestellt. Die Antwort hierauf fällt denkbar einfach aus: Sie hat meist kein von der Bank zur Kreditsicherung akzeptiertes Vermögen. In Konzernstrukturen ist die Konzernspitze häufig eine Holding-Gesellschaft, deren unternehmerische Tätigkeit sich nur auf die Beteiligung an den operativ tätigen Tochtergesellschaften beschränkt. Selbst bei eigenem operativen Geschäft weist eine Konzernobergesellschaft in der Regel kein so umfassendes sicherungsfähiges Vermögen auf, dass sie großvolumige Kredite zur Konzernfinanzierung ohne die zusätzliche Sicherheitenbestellung durch Tochtergesellschaften ausreichend, also den Anforderungen der Banken entsprechend, besichern könnte. Im Extremfall handelt es sich bei der darlehensnehmenden Muttergesellschaft nur um ein mit Mindesthaftungskapital gegründetes Vehikel, das ausschließlich den Zweck verfolgt, die Tochtergesellschaft von einem anderen Gesellschafter schrittweise zu übernehmen und diese Übernahme fremdfinanziert, wofür es schwerlich eigene Sicherheiten aufbringen kann.11 All diesen Konstellationen der vermeintlich vermögenslosen darlehensnehmenden Muttergesellschaften lässt sich nun entgegenhalten, dass sie jedenfalls doch die Anteile an der Tochtergesellschaft in ihrem Vermögen haben, die sie mittels Anteilsverpfändung als Sicherheit zugunsten ihrer darlehensgewährenden Bank einsetzen könnten.12 Eine solche Sicherungskonstellation ist für die Sicherungsnehmerin aber in mehrfacher Hinsicht nachteilig: Zunächst hat die bis auf die Gesellschaftsanteile vermögenslose Muttergesellschaft ohne eigenes operatives Geschäft den Darlehensrückzahlungsanspruch vollständig aus Mitteln, die ihr von der Tochtergesellschaft zufließen (insbesondere Jahresüberschuss), zu leisten. Bei finanzieller Schieflage der Tochtergesellschaft ist die Muttergesellschaft ebenfalls nicht mehr in der Lage, das Darlehen zurückzuzahlen. Eben für diesen Fall wären die Kreditsicherheiten bestellt. Sind aber lediglich die Anteile an der Tochtergesellschaft verpfändet worden, die infolge der miserablen finanziellen Situation der Tochter11 Zu diesem Fall sogleich unter § 1 C. Aufsteigende Sicherheiten bei fremdfinanzierter Unternehmensübernahme (sog. Leveraged Buyout), S. 35 ff. 12 Dazu Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 6 Rn. 8 und § 41 Rn. 6; Philippi/Fickert, DB 2008, 223 (224); zum Vorteil der einfachen Verwertbarkeit (single point of enforcement) siehe Ingenhoven/Eisen, in: Hölters HdB Unternehmenskauf, Rn. 4.10.

§ 1 Bedeutung aufsteigender Sicherheiten in Konzernverhältnissen

31

gesellschaft stark im Wert sinken, ergibt sich eine äußerst missliche Sicherungssituation für die Bank.13 Hinzu kommt, dass im Fall der Insolvenz der Tochtergesellschaft die Gesellschafter nur nachrangig nach allen Gläubigern der Tochtergesellschaft befriedigt werden würden (§ 199 S. 2 InsO i.V.m. § 271 Abs. 1 AktG, §§ 72 S. 1, 73 Abs. 1 GmbHG). Folglich würde auch die Bank aufgrund der Anteilsverpfändung, aus der keine weiteren als dem Gesellschafter selbst zustehenden Rechte herrühren können, nur nachrangig befriedigt werden, womit in der Praxis meist kein Geld mehr aufzubringen sein wird (sog. struktureller Nachrang).14 Auch die europarechtlichen Anforderungen an Eigenkapitalquoten der Banken machen eine Kreditsicherung durch Anteilsverpfändung für die Kreditinstitute unattraktiv: Mit dem Bankenregulierungspaket „Basel III“ wurden die Anforderungen an die Eigenkapitalquoten der Kreditinstitute erhöht und bestimmen sich nunmehr anhand der Bonität der Darlehensnehmer, sprich dem Kreditrisiko.15 Banken versuchen daher, das Kreditrisiko möglichst zu mindern, wofür das Bewertungsverfahren der Eigenkapitalquote sog. Kreditrisikominderungstechniken anerkennt, zu denen insbesondere die Besicherung zählt. Eine Besicherung wird jedoch nur zur Risikominderung und damit mittelbar zur Herabsetzung der Eigenkapitalquote anerkannt, wenn sie den Voraussetzungen von Art. 194 der Kapitaladäquanzverordnung (CRR)16 entspricht. Nach Art. 194 Abs. 3 lit. a CRR sind dabei nur solche Vermögenswerte zur Besicherung anerkannt, die in den Art. 197 – 200 CRR genannt sind. Gesellschaftsanteile der herrschenden Gesellschaft an der beherrschten Gesellschaft gehören nur dann zu den anerkannten Sicherheiten, wenn es sich um Aktien handelt, die nach Art. 197 Abs. 1 lit. f CRR in einem Hauptindex vertreten sind oder nach Art. 198 Abs. 1 UAbs. 1 lit. a CRR wenigstens an einer anerkannten Börse gehandelt werden. Im Übrigen könnten Aktien oder GmbH-Anteile allenfalls als sonstige Sachsicherheit i.S.v. Art. 199 Abs. 6 CRR anerkannt werden, wofür es aber in aller Regel an der raschen Verwertung aufgrund eines bestehenden liquiden Marktes sowie allgemein anerkannten, öffentlich verfügbaren Marktpreisen fehlen wird.17 Banken können daher eine Anteilsverpfändung durch die darlehensnehmende Muttergesellschaft regelmäßig nicht als Sicherheit zur Kreditrisikominderung und damit zur Minderung ihrer gesetzlich geforderten Eigenkapitalquote anrechnen. Sie werden folglich nach Möglichkeit darauf drängen, Sicherheiten von der Tochtergesellschaft zu erhalten, die bezüglich ihrer Durchsetzbarkeit und Verwertbarkeit den Anforderungen der Art. 194 ff. CRR entsprechen. 13

So auch Kramer, Kapitalerhaltung, S. 27. Dazu grundlegend U. H. Schneider, ZGR 1984, 497 (503); referierend Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 6 Rn. 9; Fridrich, Fremdfinanzierte Übernahme, S. 164; Link, ZIP 2007, 1397 (1398); ausführlich Möller, Upstream-Kreditsicherheiten, S. 31 ff. 15 Orthmann/Weber, BB 2012, 1039 (1039); Schmitt, BB 2011, 105 (106). 16 Capital Requirements Regulation, VO (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der VO (EU) Nr. 646/2012, ABl. EU 2013 Nr. L 176, S. 1. 17 Vgl. dazu Steinhauer, WM 2014, 1264 (1265) mit Fn. 4. 14

32

Einführung

Damit ist klar, aus welchem Spannungsfeld heraus sich die Motivation zur Bestellung aufsteigender Sicherheiten entwickelt. Im Folgenden gilt es, die enorme praktische Bedeutung aufsteigender Sicherheiten anhand ihrer häufigsten Anwendungsbereiche zu verdeutlichen.

B. Aufsteigende Sicherheiten im Cash Pool I. Zweck und Funktionsweise des Cash Pooling Im Cash Pool wird die gesamte im Konzern vorhandene Liquidität aller teilnehmenden Konzerngesellschaften zusammengefasst und nach Bedarf verteilt. Dazu werden am Ende eines jeden Bankarbeitstages, also nach Abschluss der Einzelbuchungen, die Überschuss- und Unterdeckungsbeträge auf den Unterkonten der teilnehmenden Konzerngesellschaften auf einem Zentralkonto zusammengeführt. Werden positive Salden der Unterkonten vollständig abgeschöpft und negative Salden vollständig ausgeglichen, sprich die Konten „auf Null gestellt“, handelt es sich um das sog. Zero-Balancing.18 Üblich sind auch Gestaltungen, bei denen ein bestimmter Betrag des positiven Saldos auf einem Unterkonto belassen wird bzw. ein negativer Saldo nicht nur auf Null, sondern auf den festgelegten Betrag aufgefüllt wird (sog. Conditional Balancing oder Target-Balancing).19 Inhaberin des Zentralkontos ist meist die Konzernmutter, die daneben häufig als reine Holding-Gesellschaft fungiert, oder eine nur als Betreibergesellschaft des Cash Pools gegründete Finanzierungsgesellschaft (Treasury).20 Diese verteilt nun die Liquidität innerhalb des Konzerns, damit Liquiditätsüberschüsse bei einer Konzerngesellschaft nicht ungenutzt bleiben, wenn bei einer anderen Konzerngesellschaft Kapitalbedarf besteht. Ergänzend nimmt die Betreibergesellschaft extern Darlehen bei der sog. konzernfinanzierenden Bank21 auf, wenn auf dem Zielkonto insgesamt ein Negativsaldo verbleibt (Regelfall) und leitet dies wieder an die teilnehmenden Konzerngesellschaften mit Kapitalbedarf weiter. Die Aufnahme dieser Darlehen der Betreibergesellschaft bei der konzernfinanzierenden Bank erfolgt mittels eines Kontokorrentverhältnisses, in dessen Rahmen der Ausgleich des Gesamtsaldos auf dem Zielkonto der Betreibergesellschaft in der Regel am Ende des Tages automatisch erfolgt, sofern eine vorab vereinbarte Kreditlinie noch nicht ausgeschöpft ist.22 Die Vorteile des Cash Pooling ergeben sich aus dem geringeren Fremdkapitalbedarf durch konzerninternen Ausgleich von Liquiditätsüberschuss und -bedarf, 18

Altmeppen, NZG 2010, 361 (361); ders., ZIP 2006, 1025 (1025). Siehe dazu Ammelung/Kaeser, DStR 2003, 655 (657); Gärtner, Cash Pooling, S. 53 f. 20 Altmeppen, NZG 2010, 361 (361); ders., ZIP 2006, 1025 (1025). 21 Zum Cash Pooling als Ertragsquelle der finanzierenden Bank siehe Wand/Tillmann/ Heckenthaler, AG 2009, 148 (149). 22 Altmeppen, ZIP 2006, 1025 (1026); Ammelung/Kaeser, DStR 2003, 655 (657 f.). 19

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wodurch marktübliche Kreditzinsen erspart werden.23 Indem die Betreibergesellschaft des Cash Pools die Nachfrage des gesamten Konzerns nach Fremdkapital bündelt, erhält sie und damit jede teilnehmende Konzerngesellschaft bessere Kreditkonditionen.24 Letztlich führt die Konzentration der Liquiditätssteuerung zu einer effektiven Kontrolle der Finanzverfassung des Konzerns und erspart gegenüber einer eigenständigen Finanzierung jeder einzelnen Konzerngesellschaft in hohem Maße Verwaltungskosten.25 Das Risiko des Cash Pooling besteht darin, dass Konzerngesellschaften all ihre Liquiditätsüberschüsse ungesichert an die Betreibergesellschaft abführen, die keine einem Kreditinstitut vergleichbare Bonität aufweist (sog. „Klumpenrisiko“). Sie ist für ein funktionierendes Cash Pooling darauf angewiesen, dass jede teilnehmende Konzerngesellschaft die ihr zugeflossene Liquidität bei geringerem Kapitalbedarf wieder zurückzahlt und einen möglichen Liquiditätsüberschuss abführt, um die Ansprüche anderer Konzerngesellschaften zu befriedigen. Fällt nun eine Konzerngesellschaft mit diesen Zahlungen aus, kommt zu einem „Dominoeffekt“, bei dem die Krise eines Pool-Teilnehmers unweigerlich Auswirkungen auf gesunde PoolTeilnehmer hat.26 Die missliche Lage der Betreibergesellschaft spitzt sich zu, wenn man bedenkt, dass sie nicht nur mit Forderungen gegen schwächelnde Cash PoolTeilnehmer ausfällt, sondern, wenn das Cash Pooling von der Konzernspitze aus betrieben wird, die Betreibergesellschaft auch die Anteile an der kriselnden Tochtergesellschaft abzuschreiben hat.27 Ein in dieser Situation nicht unwahrscheinlicher Zusammenbruch des Cash Pools hätte fatale Auswirkungen auf die verbleibenden Cash Pool-Teilnehmer, deren Ansprüche gegen die Betreibergesellschaft auf Liquiditätszufluss ins Leere gingen, was im schlimmsten Fall ihre unmittelbare Zahlungsunfähigkeit zur Folge hätte.28 Trotz dieser Risiken gilt das Cash Pooling als effektivste Ausdrucksform eines konzernweiten Cash Managements und ist aus der Praxis der Konzernfinanzierung nicht mehr wegzudenken.29 Die ökonomische Bedeutung des Cash Pooling erkannte auch der Gesetzgeber in der Regierungsbegründung zum MoMiG und beabsichtigte, vor allem international tätige Konzerne durch die Neufassung von § 30 GmbHG bzw. 23 Engert, BB 2005, 1951 (1956); Gärtner, Cash Pooling, S. 54; Vetter/Stadler, Haftungsrisiken beim konzernweiten Cash Pooling, Rn. 8. 24 Vetter/Stadler, Haftungsrisiken beim konzernweiten Cash Pooling, Rn. 8. 25 Altmeppen, NZG 2010, 361 (361); Gärtner, Cash Pooling, S. 54 f. jew. m.w.N. 26 Dazu Gärtner, Cash Pooling, S. 55 ff.; Spliedt, ZIP 2009, 149 (150); allg. zu diesen Konzernrisiken Kocher, GmbHR 2012, 1221 (1221); Kramer, Kapitalerhaltung, S. 98. 27 Wand/Tillmann/Heckenthaler, AG 2009, 148 (157). 28 Verstärkt wird dies dadurch, dass die am Cash Pool teilnehmenden Konzerngesellschaften häufig gar keine eigenen Bankverbindungen mehr unterhalten und daher ihren Liquiditätsbedarf nicht kurzfristig anderweitig decken können. Dazu Gärtner, Cash Pooling, S. 57; Krieger, in: MHdB AG, § 70 Rn. 64. 29 So statt vieler Mülbert/Leuschner, NZG 2009, 281 (281); Wirsch, Der Konzern 2009, 443 (443).

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§ 57 AktG im Jahre 2008 von den bis dato bestehenden Rechtsunsicherheiten zu entlasten.30

II. Die Bedeutung der Sicherheitenbestellung im Cash Pool In der oben beschriebenen typischen Cash Pool Konstellation fungiert als Betreibergesellschaft entweder die Konzernspitze, die als Holding-Gesellschaft ohne operatives Geschäft regelmäßig kein weiteres Vermögen außer den für bankübliche Sicherungszwecke unattraktiven Anteilen an den Konzerngesellschaften aufweist. Alternativ wird ein eigens als Betreibergesellschaft gegründetes Vehikel eingesetzt, das jedoch, ungeachtet der aus dem Cash Pooling resultierenden Darlehensgewährungs- und -rückgewährungsansprüche, mit noch weniger Vermögen ausgestattet ist. Dennoch nimmt die Betreibergesellschaft im Rahmen des Kontokorrents mit der konzernfinanzierenden Bank laufend Darlehen auf, die die Bank angesichts der unzureichenden Bonität ihrer unmittelbaren Vertragspartnerin besichert haben will. Mangels sicherungsfähigen Vermögens der Betreibergesellschaft bestellen daher die teilnehmenden Konzerngesellschaften der Bank Sicherheiten. In der Regel verpflichten sie sich gegenüber der Bank für den Kontokorrentsaldo der Betreibergesellschaft zu haften.31 Dabei handelt es sich um eine Schuldmitübernahme (Schuldbeitritt), die eine persönliche Sicherheit darstellt.32 Daneben bestellen die Konzerngesellschaften nicht selten auch dingliche Sicherheiten, wenn die konzernfinanzierende Bank die Schuldmitübernahme für nicht ausreichend hält.33 Freilich wird der oben beschriebene „Dominoeffekt“ durch die Bestellung von Sicherheiten potenziert: Gesunde Konzerngesellschaften leiden nun nicht mehr nur an dem ausfallenden Liquiditätszufluss wegen fehlender Bonität der Betreibergesellschaft, sondern können von der konzernfinanzierenden Bank unmittelbar, möglicherweise sogar durch die Verwertung von betriebsnotwendigem Vermögen, für den gesamten Kontokorrentsaldo des Konzerns in Anspruch genommen werden.34

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Vgl. Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140 vom 25. 07. 2007, S. 41. Cahn, ZHR 166 (2002), 278 (282); Gärtner, Cash Pooling, S. 440; Goette, in: Goette/ Habersack MoMiG, Rn. 9.30; Maier-Reimer, in: FS Rowedder, S. 245 (247); Vetter/Stadler, Haftungsrisiken beim konzernweiten Cash Pooling, Rn. 80. 32 Statt aller Heinemeyer, in: MüKoBGB, Vor § 414 Rn. 10. 33 Dazu Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 259; ders., ZIP 2009, 49 (52); Wand/Tillmann/Heckenthaler, AG 2009, 148 (148). 34 So Gärtner, Cash Pooling, S. 56 f.; Kramer, Kapitalerhaltung, S. 32. 31

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C. Aufsteigende Sicherheiten bei fremdfinanzierter Unternehmensübernahme (sog. Leveraged Buyout) Praktische Bedeutung erlangen aufsteigende Sicherheiten auch im Bereich der fremdfinanzierten Unternehmensübernahme (Leveraged Buyout = LBO).

I. Der wirtschaftliche Anreiz einer LBO-Transaktion Ein LBO ist eine Unternehmensakquisition, bei der in erheblichem Umfang Fremdkapital (ca. 60 bis 90 % der Gesamtfinanzierungssumme) eingesetzt wird.35 In seiner einfachsten Ausprägung gründen Finanzinvestoren, häufig Private Equity Fonds36, eine Kapitalgesellschaft, die einzig den Zweck hat, die Anteile der zu übernehmenden Gesellschaft (Zielgesellschaft) schrittweise zu erwerben. Die als reines Akquisitionsvehikel dienende Erwerbsgesellschaft besteht wegen der fehlenden Satzungsstrenge (§ 23 Abs. 5 AktG) meist in der flexibleren Rechtsform der GmbH37 und fungiert als Haftungsbegrenzung für die Eigenkapitalinvestoren, die – häufig vermittelt über eine übergeordnete Holding (sog. Parent) – entsprechend ihrem Investment die Anteile an ihr halten. Die Erwerbsgesellschaft nimmt nun Darlehen bei Banken auf, die wegen des Transaktionsvolumens und aus Gründen der Risikoverteilung meist als Bankenkonsortium, also einem zweckgebundenen, zeitweiligen Zusammenschluss im Übrigen selbstständiger Kreditinstitute, einen sog. Konsortialkredit vergeben.38 Zusammen mit dem geringen Eigenkapitalanteil, der meist bereits zur Deckung der Transaktionskosten verwendet wird, erwirbt die Erwerbsgesellschaft anschließend die Anteile an der Zielgesellschaft, um diese i. d. R. nach wenigen Monaten bis Jahren wieder gewinnbringend zu verkaufen. Der Wertzuwachs der Geschäftsanteile resultiert regelmäßig aus einer vielschichtigen Umstrukturierung der Zielgesellschaft (z. B. durch Delisting, Rechtsformwechsel, Rationalisierungsmaßnahmen etc.) nach den Vorstellungen der Investoren, wodurch ihre zukünftige Rentabilität erheblich angehoben wird. Es kann sich jedoch ebenso um ein Investment handeln, mit dem auf die Wertsteigerung der Zielgesellschaft als 35 Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 1 Rn. 6; Kaplan/Strömberg, Leveraged Buyouts and Private Equity, S. 6; Riegger, ZGR 2008, 233 (233 f.); Söhner, ZIP 2011, 2085 (2086). 36 Im Gegensatz zu strategischen Investoren, die die Zielgesellschaft zur Ergänzung ihres bisherigen Geschäfts erwerben und wegen der beabsichtigten langen Haltedauer der Anteile den Erwerb vorwiegend aus Eigenmitteln finanzieren, kommt es den Finanzinvestoren lediglich auf eine möglichst hohe Eigenkapitalrendite durch schnellen Wiederverkauf der Gesellschaft an, vgl. Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 1 Rn. 20; Eidenmüller, DStR 2007, 2116 (2116 ff.). 37 Koppensteiner, ZHR 155 (1991), 97 (99); Meyer, Besicherung, S. 58 f. 38 Eingehend dazu Scholze, Das Konsortialgeschäft der deutschen Banken (Erster Halbband), S. 3, 100 f.

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solcher aus ihrer eigenen Kraft, bspw. wegen ihrer Innovationsfähigkeit, gesetzt wird. Entscheidend ist nur, dass die so erreichte Wertsteigerung der Anteile über den zu zahlenden Darlehenszinsen samt sonstiger Kosten der Fremdfinanzierung liegt, damit durch die Differenz zwischen Kosten des Fremdkapitals und Wertsteigerung der Anteile an der Zielgesellschaft die Eigenkapitalrendite steigt.39 In der durch das Fremdkapital herbeigeführten Möglichkeit, überhaupt in diesem Umfang im Wert steigende Anteile zu erwerben, deren gestiegener Wert nach ihrem Verkauf und der Rückzahlung des Fremdkapitals samt Zinsen bei den eigenkapitalgebenden Investoren verbleibt, liegt die namensgebende Hebelwirkung (Leverage). Eigenkapitalrenditen von über 30 % sind bei solchen Transaktionen keine Seltenheit, was die Attraktivität dieses Finanzierungsmodells für Investoren erklärt.40

II. Die Bestellung aufsteigender Sicherheiten im LBO Zu klären bleibt, welche Bedeutung aufsteigende Sicherheiten in LBO-Transaktionen erlangen. Zweifellos hat das Bankenkonsortium, das in großem Umfang Fremdkapital zur Verfügung stellt, ein Interesse an der Besicherung des Rückzahlungsanspruchs gegen die darlehensnehmende Erwerbsgesellschaft. Diese selbst ist aber als reines Akquisitionsvehikel weitgehend vermögenslos und kann zur Sicherung daher allenfalls ihre im Zweifel gar nicht bestehenden Mängelansprüche gegen den Verkäufer der Zielgesellschaft aus dem Unternehmenskaufvertrag oder gegen die Ersteller der Due-Dilligence (z. B. Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte, Steuerberater) abtreten und allen voran freilich ihre Anteile an der Zielgesellschaft verpfänden.41 Die Unattraktivität von letzterer Sicherungskonstellation für die Banken wurde bereits umfassend dargelegt.42 Daher wird das Bankenkonsortium regelmäßig auf die Sicherheitenbestellung durch die Zielgesellschaft, bspw. auf Grundpfandrechte, Sicherungsübereignungen des beweglichen Anlagevermögens, Globalzession aller Forderungen aus Lieferungen und Leistungen oder Sicherungsabtretung oder -verpfändung gewerblicher Schutzrechte, drängen.43 Bestellt die Zielgesellschaft dem Bankenkonsortium die geforderten Sicherheiten geschieht dies zugunsten ihrer darlehensnehmenden Gesellschafterin – der Erwerbsgesellschaft – und stellt damit eine aufsteigende Sicherheit dar.44 39

Dazu einführend Eidenmüller, ZHR 171 (2007), 644 (649 ff.; 655 ff.). So Riegger, ZGR 2008, 233 (234); vgl. dazu auch die Beispielrechnungen bei Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 1 Rn. 15 f.; Kramer, Kapitalerhaltung, S. 22. 41 Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 41 Rn. 4 f. 42 Siehe § 1 A. II. Die fehlende bzw. unattraktive Sicherungsmöglichkeit durch den Gesellschafter, S. 30 ff. 43 Vgl. die Auflistung bei Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 41 Rn. 7. 44 Sicherungsnehmer sind meist nicht die das Bankenkonsortium statuierenden Kreditinstitute, sondern ein durch sie gebildeter Sicherheitenpool, der die gleichmäßige Befriedigung aller Kreditgeber im Verhältnis ihrer Konsortialanteile bezweckt und die Übertragung eines 40

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Bei ihrer Bestellung vor Übertragung der Anteile auf die Erwerbsgesellschaft stellt sich jedoch folgendes praktisches Problem: Ohne wirksame Bestellung der Sicherheiten werden die Konsortialbanken – sofern sie nicht anderweitig durch die Erwerbsgesellschaft bzw. die hinter ihr stehenden Investoren gesichert sind – meist nicht die Darlehensvaluta zur Kaufpreiszahlung für die Anteile der Zielgesellschaft auszahlen. Umgekehrt wird der Verkäufer der Anteile die Anteilsübertragung auf die Erwerbsgesellschaft von der aufschiebenden Bedingung der Kaufpreiszahlung abhängig machen. Handelt es sich bei der Zielgesellschaft um eine börsennotierte AG, deren Aktien größtenteils im Streubesitz sind, kommt hinzu, dass die Erwerbsgesellschaft für das Übernahmeangebot (§ 29 Abs. 1 WpÜG) eine Finanzierungsbestätigung von den Konsortialbanken einzuholen hat, wofür diese bereits gem. § 13 Abs. 2 WpÜG in die Haftung geraten können. Ist die Erwerbsgesellschaft mangels Anteilsübertragung noch nicht Gesellschafterin der Zielgesellschaft geworden, kann sie grundsätzlich noch keinen Einfluss auf diese ausüben, zu ihren Gunsten den Konsortialbanken Sicherheiten zu bestellen.45 Von sich aus wird eine unabhängige Zielgesellschaft zugunsten einer unbeteiligten Erwerbsgesellschaft vor der Anteilsübertragung freilich keine Sicherheiten bestellen.46 Je nach Einstellung der Zielgesellschaft zu der Übernahme werden folgende Lösungen vorgeschlagen: Unterstützt die Geschäftsleitung der Zielgesellschaft grundsätzlich die Übernahme, kann die Bestellung der Sicherheiten durch die Zielgesellschaft von der aufschiebenden Bedingung abhängig gemacht werden, dass sie von der Erwerbsgesellschaft eine hierauf gerichtete, bindende Weisung erhält. Gleichzeitig soll im Darlehensvertrag zwischen den Konsortialbanken und der Erwerbsgesellschaft die Verpflichtung der Erwerbsgesellschaft aufgenommen werden, die Weisung zur Sicherheitenbestellung zu erteilen.47 Die Vertreter dieser Lösung erkennen zwar, dass eine bindende Weisung allenfalls möglich ist, wenn es sich bei der Zielgesellschaft um eine GmbH handelt, da der Vorstand einer AG keinen Weisungen der Hauptversammlung unterworfen ist (§ 76 Abs. 1 AktG). Jedoch wird verkannt, dass auch in der GmbH eine Weisung der Gesellschafterversammlung an die Geschäftsleitung nur bindend ist, wenn diese rechtmäßig ist.48 Insbesondere in LBO-Konstellationen, bei denen der Nutznießer der Sicherheitenbestellung die Erwerbsgesellschaft – ein weitgehend vermögensloses Akquisitionsvehikel – ist, liegt es nahe, dass die angewiesene Sicherheitenbestellung gegen Maßgaben des Anteils am Konsortialkredit ohne neue Sicherheitenbestellung ermöglicht. Umfassend dazu Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 52 Rn. 1 ff. 45 Zur Problematik Kramer, Kapitalerhaltung, S. 24; Meyer, Besicherung, S. 84 f. 46 Dazu oben § 1 A. I. Der Einfluss des Gesellschafters bei Abhängigkeit, S. 27 ff. 47 So Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 6 Rn. 11; Kramer, Kapitalerhaltung, S. 24 f.; Meyer, Besicherung, S. 85; Steinbeck, WM 1999, 885 (886). 48 Vgl. BGHZ 31, 258 (278) = NJW 1960, 285 (289); BGH NJW 1974, 1088 (1089); OLG Naumburg ZIP 1999, 1362 (1362) = GmbHR 1999, 1028 (1029); siehe auch Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 37 Rn. 6 sowie § 30 Rn. 132; Beurskens, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 37 Rn. 38 ff.; Wicke, GmbHG, § 37 Rn. 5.

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GmbH-Konzernrechts oder die Kapitalerhaltung verstößt. Die Rechtmäßigkeit einer derartigen Weisung erscheint daher mehr als zweifelhaft.49 Eine rechtswidrige Weisung muss der Geschäftsleiter der Zielgesellschaft nicht befolgen, sodass im schlimmsten Fall die Konsortialbanken nach Valutierung des Darlehens an die Erwerbsgesellschaft unbesichert blieben. Daher funktioniert die vorgeschlagene Lösung nur, wenn bereits im Zeitpunkt der durch die bindende Weisung der Erwerbsgesellschaft bedingten Sicherheitenbestellung der Zielgesellschaft feststeht, dass die Weisung zur Sicherheitenbestellung ohne Verstoß gegen Konzernrecht und Kapitalerhaltungsrecht erfolgen kann. Lehnt hingegen die bisherige Geschäftsleitung der Zielgesellschaft die Übernahme und ihre Mitwirkung hieran ab, wird vorgeschlagen, dass eine künftige Geschäftsleitung als Vertreter ohne Vertretungsmacht mit den Konsortialbanken im Namen der Zielgesellschaft die Sicherheitenbestellung vornimmt und das Geschäft nach erfolgreicher Übernahme von der Zielgesellschaft, vertreten durch die dann ins Amt gebrachten Geschäftsleiter, nach §§ 177 Abs. 1, 184 Abs. 1 BGB genehmigt wird.50 Dieses Vorgehen ist zwar aus Sicht des BGB heraus unproblematisch, da auch der zunächst ohne Vollmacht agierende Vertreter entsprechend dem Rechtsgedanken des § 108 Abs. 3 BGB das Geschäft genehmigen kann, wenn ihm später Vertretungsmacht erteilt wird.51 Aufgrund der Rückwirkung der Genehmigung (§ 184 Abs. 1 BGB) gelten die Sicherheiten zudem als zu einem Zeitpunkt bestellt, an dem die Zielgesellschaft noch nicht (mehrheitlich) im Eigentum der Erwerbsgesellschaft stand, sie aber trotzdem zu ihren Gunsten Sicherheiten bestellte. Man könnte daher zunächst annehmen, dass auf diese Weise die Sicherheitenbestellung die Hürden der Kapitalerhaltung und des Konzernrechts umgeht. Jedoch führt erst die von der Erwerbsgesellschaft veranlasste Genehmigung zur sicheren Vermögensbelastung und der Übernahme des Haftungsrisikos bei der Zielgesellschaft. Für die Frage, ob die Sicherheitenbestellung bei der Zielgesellschaft kapitalerhaltungs- und konzernrechtlich unbedenklich ist, gilt es daher auf den Zeitpunkt der Maßnahme „Genehmigung“ abzustellen. Werden die aufsteigenden Sicherheiten den Kreditgebern erst nach Erwerb der Anteile durch die kreditnehmende Erwerbsgesellschaft bestellt, wird sich die Zielgesellschaft zwar einer dahingehenden „Weisung“ ihrer herrschenden Erwerbsgesellschaft – ggf. nach vollzogenem Personalwechsel in der Geschäftsleitung – beugen. Allerdings müssen sich die Kreditgeber auf einen derartigen Aufschub der Sicherheitenbestellung auf einen Zeitpunkt weit nach Ausschüttung der Darlehensvaluta erst einmal einlassen. Dies werden sie nur, wenn ihnen vor Darlehens49 Siehe bspw. zum Kapitalerhaltungsverstoß durch Besicherung der Akquisitionsfinanzierung unter Teil 1 Kapitel 2 § 4 D. Die Vollwertigkeit von Rückgewähransprüchen bei aufsteigenden Sicherheiten in der Akquisitionsfinanzierung, S. 224 f. 50 Kramer, Kapitalerhaltung, S. 25; Meyer, Besicherung, S. 85. 51 BGH WM 1960, 611 (611 f.) = BB 1960, 574; BGHZ 79, 374 (378) = NJW 1981, 1213 (1214); vgl. auch Mansel, in: Jauernig BGB, § 177 Rn. 6; Schubert, in: MüKoBGB, § 177 Rn. 30.

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valutierung andere werthaltige Sicherheiten von der Erwerbsgesellschaft zur Verfügung gestellt werden (z. B. Vorabverpfändung der erwarteten Anteile an der Zielgesellschaft, die mit Anteilserwerb der Erwerbsgesellschaft wirksam wird oder Verpfändung ihrer eigenen Anteile durch eine der Erwerbsgesellschaft übergeordnete parent-Gesellschaft) oder sie das Risiko einer regresslosen Finanzierung hinnehmen.52 Außerdem unterliegt die Erwerbsgesellschaft als Gesellschafterin der Zielgesellschaft nach dem Anteilserwerb allen Restriktionen des kapitalgesellschaftsrechtlichen Vermögensschutzes, wenn sie nun die Zielgesellschaft zur Besicherung der Kreditgeber und damit zur Absicherung ihres eigenen Kredits veranlasst. Es zeigt sich also, dass die eigentliche Schwierigkeit bei der Sicherheitenbestellung im Rahmen eines LBO nicht in der Reihenfolge der zu ergreifenden Maßnahmen liegt. Diese können durch die oben genannten Bedingungsgefüge verknüpft oder durch temporären Verzicht auf aufsteigende Sicherheiten bis zu einem nach der Anteilsübernahme liegenden Zeitpunkt verschoben werden. Vielmehr liegt die Herausforderung darin, vor und nach der Anteilsübertragung sicherzustellen, dass die Sicherheitenbestellung der Zielgesellschaft nicht gegen das Konzern- und Kapitalerhaltungsrecht verstößt.53

III. Aufsteigende Sicherheiten im LBO – eine Frage des Konzernrechts? Unproblematisch ist, dass die Erwerbsgesellschaft ab Übernahme der Anteile – unabhängig von ihrer Beteiligungsquote – Adressatin der Kapitalerhaltungsregelungen ist und diese bei der Bestellung aufsteigender Sicherheiten für ihren Akquisitionskredit zu beachten hat. Dies gilt auch, wenn sie die Zielgesellschaft bereits vor Übertragung der Anteile zur aufsteigenden Besicherung bewegen kann. Die zu ihren Gunsten erfolgende Besicherung des Akquisitionskredits stellt eine Leistung dar, die im engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zum Anteilserwerb steht und gerade mit Rücksicht auf ihre künftige Eigenschaft als Gesellschafterin erfolgt. Sie hat daher auch bereits die Grenzen der Kapitalbindung einzuhalten.54

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Vgl. Ingenhoven/Eisen, in: Hölters HdB Unternehmenskauf, Rn. 4.10. Siehe dazu Teil 1 Kapitel 1 § 2 C. II. 3. g) Besonderheiten bei der Akquisitionsfinanzierung, S. 144 ff. sowie Kapitel 2 § 4 D. Die Vollwertigkeit von Rückgewähransprüchen bei aufsteigenden Sicherheiten in der Akquisitionsfinanzierung, S. 224 f. 54 Vgl. BGHZ 173, 1 (5 f.) = NZG 2007, 704 (705) – Rz. 12; BGH NZG 2008, 106 = AG 2008, 120 (121) – Rz. 13; Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 113; Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 Rn. 54; Canaris, in: FS Fischer, S. 31 (32 f.); Drygala, in: KölnKomm AktG, § 57 Rn. 119; Habersack, in: FS Röhricht, S. 155 (162 f.); Henze, in: Großkomm AktG, § 57 Rn. 80, § 62 Rn. 27; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 57 Rn. 18; Nodoushani, NZG 2008, 291 (291 f.); Schall, EWiR 2008, 545 (545 f.); Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 33. 53

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Nicht auf den ersten Blick klar ist jedoch, warum die Sicherheitenbestellung im Rahmen einer Akquisitionsfinanzierung auch eine Frage des Konzernrechts darstellen kann. Namentlich wurde bezweifelt, ob die Erwerbsgesellschaft überhaupt Unternehmen i.S.v. § 18 AktG sei, da sie außer dem Anteilserwerb an der Zielgesellschaft keine eigene unternehmerische Tätigkeit ausübe und es daher am typischen Fall des Interessenkonflikts zwischen Gesellschafter und Gesellschaft fehle.55 Dem ist richtigerweise entgegenzuhalten, dass sich der beschriebene Interessenkonflikt bereits daraus ergibt, dass die Erwerbsgesellschaft das eigene Ziel des gewinnbringenden Anteilsverkaufs verfolgt, wofür sie unabhängig von der unternehmerischen Tätigkeit der Zielgesellschaft Darlehen aufnimmt, zurückzahlt und durch die Zielgesellschaft besichern lässt. Die entgegengesetzte Interessenlage zweier juristisch wie unternehmerisch unabhängiger Körperschaften drängt sich hier geradezu auf.56 Entscheidend ist damit die Frage der Beteiligungsquote der Erwerbsgesellschaft. Offensichtlich wird die Konzernkonstellation, wenn die Erwerbsgesellschaft nach Übernahme der Anteile bereits mehrheitlich an der Zielgesellschaft beteiligt ist (§ 16 AktG). Dann ist das für § 311 AktG ausreichende Abhängigkeitsverhältnis gem. § 17 Abs. 2 AktG zu vermuten und die Erwerbsgesellschaft unterliegt dem dort bezeichneten Schädigungsverbot. Doch kann es auch bereits während des Beteiligungsaufbaus zu einer Situation kommen, die in ihrer Wirkung der Herrschaftsmacht mittels Stimmenmehrheit so nahe steht, dass dem Geschäftsleiter der Zielgesellschaft eine einflussunabhängige Unternehmensleitung nicht möglich und damit auch ohne Mehrheitsbeteiligung ein beherrschender Einfluss i.S.d. § 17 Abs. 1 AktG zu bejahen ist.57 Eine solche Situation, in der die Zielgesellschaft auf Veranlassungen der Erwerbsgesellschaft so reagiert, als ob sie bereits rechtlich an ihr beteiligt wäre, bezeichnet man als vorwirkende Abhängigkeit (= Abhängigkeit vor dem rechtlichen Übergang der den beherrschenden Einfluss vermittelnden Beteiligung). In der Erwerbssituation besteht jedoch häufig noch Abhängigkeit vom Veräußerer der Anteile der Zielgesellschaft, sodass ihre Geschäftsleitung Einflussnahmen eines potentiellen Erwerbers nicht Folge leisten wird, zumal da die Interessen von Veräußerer und Erwerbsgesellschaft regelmäßig gegenläufig sind.58 Wirken die Parteien bei der Akquisition ausnahmsweise zusammen und koordinieren ihren Einfluss auf die Zielgesellschaft, beispielsweise um die Finanzierung der Transaktion zu ermöglichen, so ist die Zielgesellschaft temporär von beiden abhängig.59 Der tatsächliche Übergang des herrschenden Einflusses ist Frage 55

So Wittkowski, GmbHR 1990, 544 (551). In diese Richtung bereits Wiedemann/Martens, AG 1976, 197 (201); zust. Kerber, WM 1989, 513 (516); Kühbacher, Darlehen an Konzernunternehmen, S. 127 m.w.N. 57 So Bayer, in: MüKoAktG § 17 Rn. 28; i.E. auch Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 17 Rn. 9. 58 Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 68, § 312 Rn. 32. 59 Vgl. dazu Bayer, in: MüKoAktG, § 17 Rn. 58; Lutter, in: FS Steindorff, S. 125 (134); Weber, ZIP 1994, 678 (686). Bei gemeinsamer Veranlassung haften sie folglich gesamtschuldnerisch gem. § 317 AktG, vgl. Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 14, 26; Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 317 Rn. 41; ausführlich dazu Maul, NZG 2000, 470 (472). 56

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des Einzelfalls. Eine vorwirkende Abhängigkeit in der Erwerbsphase vollständig zu verneinen60, ist zumindest nicht mehr haltbar, wenn man davon ausgehen kann, dass der Geschäftsleiter der Zielgesellschaft sein Handeln auf den künftigen „Herrscher“ ausrichten werde.61 Dies ist der Fall, wenn der Beteiligungserwerb sicher oder zumindest wahrscheinlich erscheint. Denn ab diesem Zeitpunkt wird der Geschäftsleiter, um seine Position für die Zukunft zu sichern, den Wünschen des künftigen Mehrheitsgesellschafters nachkommen.62 Spätestens mit Abschluss eines oder mehrerer Kaufverträge zum Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung ist der Übergang auf die Erwerbsgesellschaft – unabhängig von noch ausstehenden (kartell- oder aufsichtsrechtlichen) Genehmigungen63 – so wahrscheinlich, dass sich die Zielgesellschaft vorrangig auf die Absichten des Erwerbers einstellen wird.64 Werden nach diesem Zeitpunkt auf Veranlassung der Erwerbsgesellschaft aufsteigende Sicherheiten zur Besicherung des Akquisitionskredits bestellt, hat sich diese Maßnahme ohne Einschränkung am konzernrechtlichen Schädigungsverbot des § 311 AktG zu messen. Die Erwerbsgesellschaft (sowie ihre Geschäftsleitung) macht sich bei nicht ausgeglichenen Nachteilen schadensersatzpflichtig nach § 317 Abs. 1, 3 AktG, zumindest dann, wenn es sich bei der Zielgesellschaft um eine AG handelt. Nicht ausgeschlossen ist es, dass bereits vor Abschluss des Kaufvertrags der Beteiligungsübergang feststeht und sich die Zielgesellschaft damit bereits nach den Absichten des Erwerbers richtet. Ergreift sie daher Maßnahmen, die vom Erwerber ausgingen, seinen Interessen entsprechen und denen des Veräußerers gegenläufig sind – so typischerweise bei Belastung des Vermögens der Zielgesellschaft durch aufsteigende Sicherheiten –, ist anzunehmen, dass der beherrschende Einfluss bereits vor Vertragsschluss bestanden hat. Die Vermutung der Abhängigkeit, vermittelt über die Mehrheitsbeteiligung gem. § 17 Abs. 2 AktG65, ist dann durch den festgestellten früheren Übergang der Beherrschungsmacht widerlegt.66 Im Ergebnis erlangt das Konzernrecht neben dem Kapitalerhaltungsgrundsatz in den meisten LBO-Transaktionen erhebliche Bedeutung. Unabhängig davon, ob aufsteigende Sicherheiten zur Finanzierung der Übernahme vor oder nach dinglicher 60

So erstmals Krieger, in: FS Semler, S. 503 (505 ff.): allenfalls mehrfache Abhängigkeit aufgrund von koordiniertem Verhalten der Erwerbsgesellschaft und dem bisherigen herrschenden Gesellschafter (S. 512 f.); ders., in: MHdB AG, § 69 Rn. 44; ihm folgend OLG Düsseldorf AG 1994, 36 (37) = ZIP 1993, 1791 (1793 f.); Fridrich, Fremdfinanzierte Übernahme, S. 363. 61 So Lutter, in: FS Steindorff, S. 125 (132 f.); Weber, ZIP 1994, 678 (687 ff.); Noack, Gesellschaftervereinbarungen bei Kapitalgesellschaften, S. 90. 62 Zutreffend Bayer, in: MüKoAktG, § 17 Rn. 54. 63 Eine Ausnahme wird logischerweise gelten, wenn die Erteilung der notwendigen Genehmigungen sicher und von vornherein ausgeschlossen ist, da es offensichtlich an einer oder mehreren Genehmigungsvoraussetzungen fehlt; ähnlich Weber, ZIP 1994, 678 (687 f.). 64 Altmeppen, in: MüKoAktG, § 312 Rn. 36. 65 Hierauf bezüglich des Übergangs der Beherrschungsmacht abstellend OLG Düsseldorf AG 1994, 36 (37) = ZIP 1993, 1791 (1793 f.). 66 Zutreffend Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 68, § 312 Rn. 37.

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Übertragung der Mehrheitsbeteiligung an der Zielgesellschaft bestellt werden, haben sie sich an konzernrechtlichen Grundsätzen und der Kapitalerhaltung zu messen. Wie das Konzernrecht hierbei mit dem Kapitalerhaltungsrecht und dem Verbot der Finanzierungsgeschäfte nach § 71a Abs. 1 S. 1 AktG im Verhältnis steht, wird zu klären sein.

IV. Alternative Besicherungsmöglichkeiten in der Akquisitionsfinanzierung Neben den aufsteigenden Sicherheiten der Zielgesellschaft suchen die Beteiligten einer Unternehmensübernahme laufend nach alternativen Möglichkeiten zur Besicherung der Akquisitionsfinanzierung. Dies liegt unter anderem daran, dass durch umfassende Vereinbarung von Verwertungsbeschränkungen (sog. limitation language) im Sicherungsvertrag aufsteigende Sicherheiten für die Konsortialbanken immer unattraktiver geworden sind.67 Regelmäßig ist nach ihnen die Inanspruchnahme des Sicherungsgebers dann nicht möglich, wenn dadurch in das geschützte Kapital (§ 30 GmbHG, § 57 AktG) des Sicherungsgebers eingegriffen, insbesondere im Fall der sicherheitsgewährenden GmbH eine Unterbilanz herbei geführt werden würde. Dies ist für die sicherungsnehmenden Konsortialbanken vor allem deswegen nachteilig, weil die ausbleibende Darlehensrückzahlung durch die Erwerbsgesellschaft in der Regel mit einer angespannten finanziellen Situation bei der Zielgesellschaft, die durch Gewinnabführung an die Erwerbsgesellschaft mittelbar auch die Darlehensrückzahlung finanziert, zusammenfällt. Daher kann eine Sicherheitenverwertung regelmäßig nicht mehr aus ungebundenem Vermögen erfolgen.68 Dennoch entspricht ihre Vereinbarung der gängigen Praxis bei der Bestellung aufsteigender Sicherheiten, wenn es sich bei der sicherungsgewährenden Zielgesellschaft um eine GmbH handelt. Bei der AG ist durch die strenge Kapitalbindung des § 57 Abs. 1, 3 AktG ohnehin kein freies Vermögen außerhalb des Bilanzgewinns und der freien Rücklagen vorhanden.69 Alternativ wird daher die Besicherung durch Verpfändung der Anteile der Erwerbsgesellschaft an der Zielgesellschaft (bzw. der von einer parent-Gesellschaft gehaltenen Anteile an der Erwerbsgesellschaft) erwogen, deren Nachteile bereits

67 Freitag, Der Konzern 2011, 330 (330 f.); Kramer, Kapitalerhaltung, S. 25; Sutter/Masseli, WM 2010, 1064 (1064). Dazu mehr unter Teil 2 Kapitel 1 § 3 Die Bedeutung der limitation language, S. 278 ff. 68 Kramer, Kapitalerhaltung, S. 26. 69 Um der strengen Kapitalbindung des § 57 AktG zu entgehen, wird eine erworbene Aktiengesellschaft nach Anteilsübernahme regelmäßig in die Rechtsform einer GmbH umgewandelt, sodass post-akquisitorische aufsteigende Sicherheiten mit weniger Restriktionen möglich sind, vgl. Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 6 Rn. 15.

§ 1 Bedeutung aufsteigender Sicherheiten in Konzernverhältnissen

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umfassend erläutert wurden.70 Da Gewährleistungsansprüche der Erwerbsgesellschaft gegen den Verkäufer der Anteile der Zielgesellschaft oder Haftungsansprüche gegen die Ersteller einer Due Dilligence im Normalfall gar nicht bestehen, scheidet ihre Sicherungsabtretung als echte Alternative zu aufsteigenden Sicherheiten der Zielgesellschaft ebenso aus.71 Um aufsteigende Sicherheiten nicht an den Kapitalerhaltungsregeln scheitern zu lassen, wird außerdem vorgeschlagen, dass Erwerbsgesellschaft und Zielgesellschaft nach dinglicher Übertragung der Anteile einen Beherrschungsvertrag (§ 291 Abs. 1 AktG) abschließen, wodurch die Kapitalbindung gem. §§ 57 Abs. 1 S. 3, 291 Abs. 3 AktG bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 GmbHG suspendiert wird.72 Man könnte zunächst annehmen, dass die Verquickung der Erwerbsgesellschaft mit der Zielgesellschaft über einen Unternehmensvertrag dem Ziel, die Erwerbsgesellschaft nach gewisser Zeit gewinnbringend abzustoßen zuwiderlaufen könnte, müssten doch derartige Verträge zunächst mit erheblichem Aufwand wieder gekündigt werden. An dieser Stelle liegt die entscheidende Bedeutung der regelmäßig zwischen den Investoren und der Erwerbsgesellschaft stehenden parent-Gesellschaft, die zum Ende des Investments auf der Veräußererseite die Anteile der Zielgesellschaft, vermittelt über ihre Anteile an der Erwerbsgesellschaft, veräußert.73 Die eigentliche Problematik dieser Konstruktion liegt vielmehr darin, dass die Kapitalerhaltung durch den Beherrschungsvertrag nach den bezeichneten Vorschriften nur aufgehoben wird und ein Recht zu nachteiligen Weisungen gem. § 308 Abs. 1 S. 2 AktG nur besteht, wenn der Verlustausgleichsanspruch gem. § 302 AktG am Geschäftsjahresende vollwertig ist.74 Bei einer – von den Anteilen der Zielgesellschaft abgesehen – weitgehend vermögenslosen Erwerbsgesellschaft bedarf ein gegen sie gerichteter Verlustausgleichsanspruch genauerer Untersuchung.75 Selbiges gilt, wenn aufsteigende Sicherheiten dadurch vermieden werden, dass die Erwerbsgesellschaft die Zielgesellschaft anweist, den Akquisitionskredit schuldbefreiend zu übernehmen (sog. debt push down)76 und sie damit Sicherheiten für eine eigene Verbindlichkeit bestellt.

70 Siehe § 1 A. II. Die fehlende bzw. unattraktive Sicherungsmöglichkeit durch den Gesellschafter, S. 30 ff. 71 Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 6 Rn. 8; Kramer, Kapitalerhaltung, S. 27. 72 Dampf, Der Konzern 2007, 157 (168 f.); Tillmann, NZG 2008, 401 (405); Sutter/Masseli, WM 2010, 1064 (1064); das Konzept bezweifelnd Hollstein, in: Bormann/Kauka/Ockelmann, Hdb. GmbH-Recht, Kap. 5 Rn. 266 mit Fn. 437. 73 Vgl. dazu die Übersicht bei Ingenhoven/Eisen, in: Hölters HdB Unternehmenskauf, Rn. 4.9. 74 Zu dieser umstr. Anforderung sogleich unter § 3 A. I. 2. Bestand der Kapitalschutzvorschriften bei nicht vollwertigem Verlustausgleichsanspruch, S. 50 ff. 75 Dazu § 3 A. III. 2. Der vollwertige Verlustausgleichsanspruch bei Bestellung aufsteigender Sicherheiten, S. 59 f. 76 Ausführlich Ingenhoven/Eisen, in: Hölters HdB Unternehmenskauf, Rn. 4.95.

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Einführung

Letztlich wird erwogen, Erwerbs- und Zielgesellschaft zur Umgehung der Kapitalerhaltung zu verschmelzen (Upstream oder Downstream Merger).77 Hierbei fallen jedoch erhebliche Transaktionskosten an und Minderheitenrechte aus dem UmwG bringen Rechtsunsicherheiten mit sich.78 Zu beachten ist ferner – ebenso wie bei der Möglichkeit, die Erwerbs- und Zielgesellschaft durch einen Beherrschungsund Gewinnabführungsvertrag wirtschaftlich zu verschmelzen – die Rolle der parent-Gesellschaft: Vor der Verschmelzung war die Erwerbsgesellschaft Darlehensschuldnerin und Eigentümerin der Anteile an der Zielgesellschaft. Durch den gewinnbringenden Verkauf der Anteile hätte sie die ausstehende Darlehensschuld tilgen und so den LBO-Prozess abschließen können. Ist nun aber die aus der Verschmelzung von Erwerbs- und Zielgesellschaft hervorgegangene Gesellschaft Darlehensschuldnerin, haben die hinter der verschmolzenen Gesellschaft stehenden Gesellschafter (parent-Gesellschaft) den Akquisitionskredit zurückzuzahlen, denn sie erzielen den Verkaufserlös der Anteile. Einer dahingehenden Zahlungsabrede im Darlehensvertrag bzw. eine nachträgliche Anpassung dessen bedarf es wegen § 267 Abs. 1 BGB nicht. Abschließend ist gegen die Umgehung der Kapitalerhaltung durch Unternehmensvertrag oder Verschmelzung einzuwenden, dass es sich hierbei nur um postakquisitorische Umstrukturierungsmöglichkeiten handelt, die mangels Stimmenmehrheit der Erwerbsgesellschaft in der Zielgesellschaft nicht vor dem Beteiligungserwerb eingeleitet werden können. Verlangen die Kreditgeber aber bereits vor Anteilsübernahme oder jedenfalls vor Durchführung der beschriebenen Umstrukturierungen aufsteigende Sicherheiten, ist die Kapitalbindung im Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung gerade noch nicht aufgehoben. Ist die Zielgesellschaft später Teil eines Unternehmensvertrags oder verschmilzt sie mit der Erwerbsgesellschaft, ändert dies freilich nichts mehr daran, dass die vorherige Sicherheitenbestellung konzernrechtlich unzulässig gewesen ist oder gegen die Kapitalschutzvorschriften verstoßen hat und daraus bereits Haftungsansprüche gegen die Erwerbsgesellschaft oder beteiligte Geschäftsleiter erwachsen sind. Insgesamt ist festzuhalten, dass die Praxis rechtliche Konstruktionen entwickelt hat, aufsteigende Sicherheiten für einen Akquisitionskredit zu bestellen, ohne die Schranken der Kapitalerhaltung oder des Rechts der faktischen Konzerne beachten zu müssen. Entscheidend für sämtliche Gestaltungen ist aber, dass die Kreditgeber bereit sind, den Akquisitionskredit auszuzahlen, damit die Erwerbsgesellschaft die Anteilsmehrheit übernehmen kann, ohne bereits werthaltige Sicherheiten der Zielgesellschaft zu erhalten. Die Bestellung aufsteigender Sicherheiten vor Durchführung der genannten post-akquisitorischen Umstrukturierungen unterliegt sowohl den

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Dazu umfassend Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 48 Rn. 2 ff.; Drygala, Der Konzern 2007, 396 (401 ff.). 78 Vgl. hierzu die Ausführungen bei Drygala, Der Konzern 2007, 396 (403 f.); Kramer, Kapitalerhaltung, S. 28 f.

§ 2 Grundthese und Gang der Darstellung

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Grenzen der Kapitalerhaltung als auch dem konzernrechtlichen Schädigungsverbot des § 311 AktG (bzw. den Restriktionen des GmbH-Konzernrechts).

§ 2 Grundthese und Gang der Darstellung A. Anlass der Untersuchung Bei der Problematik der aufsteigenden Sicherheiten handelt es sich um eine seit langer Zeit andauernde Diskussion, die sich mangels anderer einschlägiger Regelungen ausschließlich im Bereich der Kapitalerhaltung abspielte.79 Obwohl es seit 1965 im AktG ein Sonderrecht für konzernverbundene bzw. abhängige Unternehmen gibt, wird die Thematik auch heute ganz überwiegend als Problem der Kapitalerhaltung behandelt. Der Ausgangspunkt monographischer Untersuchungen zu aufsteigenden Sicherheiten ist auch heute noch die Kapitalerhaltung, von der aus auf das Konzernrecht allenfalls als Nebenproblem in deutlich geringerem Umfang eingegangen wird.80 Ein Grund dafür scheint zu sein, dass nach dem MoMiG und dem MPS-Urteil des BGH81 das Verhältnis des allgemeinen Vermögensschutzes durch Kapitalerhaltung zum Konzernrecht unklar geworden ist. So soll die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit einer Konzernfinanzierungsmaßnahme gleichzeitig die Nachteiligkeit i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG ausschließen, mithin auch konzernrechtlich zulässig sein.82 Dass die h.M. damit dem Recht der faktischen Konzerne tatbestandlich jeden eigenen Anwendungsbereich bei Finanzierungsgeschäften entzieht, überrascht vor allem deshalb, weil sie gleichzeitig aufgrund einer vermeintlichen Privilegierungsfunktion allgemein ein Vorrangverhältnis des Rechts der faktischen Konzerne vor den Kapitalerhaltungsvorschriften konstatiert.83 Aus der Privilegie79

Siehe bereits RGZ 136, 260 (263 ff.); RGZ 146, 84 (92); RGZ 168, 292 (295 ff.). Siehe exemplarisch Gärtner, Cash Pooling S. 440 ff.; Kramer, Kapitalerhaltung, S. 33 ff. und S. 197 ff.; Meyer, Besicherung, S. 93 ff. und S. 265 ff.; Möller, Upstream-Kreditsicherheiten, S. 49 ff. und S. 214 ff. 81 BGHZ 179, 71 = NZG 2009, 107 – MPS. 82 BGHZ 179, 71 (76 f.) = NZG 2009, 107 (108) – Rz. 12 f. (MPS); ausführlich zu dieser Deduktion m.w.N. unter Teil 1 Kapitel 1 § 1 B. Reichweite des Vermögensschutzes der §§ 311, 317 AktG, S. 75 f. 83 Jedenfalls solange noch die Möglichkeit zum Nachteilsausgleich nach § 311 Abs. 2 AktG besteht, vgl. BGHZ 141, 79 (87) = NJW 1999, 1706 (1708); BGHZ 179, 71 (76 f.) = NZG 2009, 107 (108) – Rz. 11 (MPS); BGHZ 190, 7 (24 f.) = NJW 2011, 2719 (2724) – Rz. 48 (Dritter Börsengang); OLG Hamm ZIP 1995, 1263 (1271); OLG Frankfurt a. M. AG 1996, 324 (327); OLG Jena NZG 2008, 275 (278); Drygala, in: KölnKomm AktG, § 57 Rn. 105; Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 82 ff.; Henze, in: Großkomm AktG, § 57 Rn. 194; ders., BB 1996, 489 (499); Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 311 Rn. 161 f.; Krieger, in: MHdB AG, § 70 Rn. 52, 74; Rieckers, in: MHdB AG, § 16 Rn. 78; Schäfer, in: FS Hoffmann-Becking, S. 997 (1004); Ulmer, in: FS Hüffer, S. 999 (1007 ff.); Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 311 Rn. 117; a.A. Bälz, in: FS Raiser, S. 287 (314 f.); Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 64 ff.; 80

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rungsfunktion folgern wiederum andere, dass eine Maßnahme, die wegen ihrer Nachteiligkeit i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG bereits konzernrechtlich unzulässig ist, gleichzeitig einen Verstoß gegen den vermeintlich strengeren Kapitalerhaltungsgrundsatz begründen müsse.84 Eine tatbestandliche Abgrenzung beider Schutzinstrumente scheint damit jedenfalls bei Finanzierungsgeschäften nicht mehr vorhanden zu sein, weshalb auch eine vertiefte Auseinandersetzung mit aufsteigenden Sicherheiten im Konzernrecht – losgelöst von den zur Kapitalerhaltung aufgestellten Prämissen – bisher unterblieben ist. Wie oben gezeigt85 handelt es sich bei der Bestellung aufsteigender Sicherheiten um ein Phänomen, das sich praktisch ganz überwiegend in Konzern- bzw. Abhängigkeitskonstellationen zeigt. Fälle, in denen wegen fehlenden beherrschenden Einflusses des Gesellschafters oder dessen Unternehmereigenschaft keine Abhängigkeit i.S.d. § 17 Abs. 1 AktG vorliegt und folglich der Anwendungsbereich des Konzernrechts (insbesondere § 311 Abs. 1 AktG) nicht eröffnet ist, werden die Ausnahme bilden.86 Vor allem die wirtschaftlich bedeutsamsten Ausprägungen der Bestellung aufsteigender Sicherheiten, namentlich im Rahmen von Cash Pool Konstellationen und fremdfinanzierten Übernahmen, zeigen sich nahezu stets in Abhängigkeitsverhältnissen.87 Dass dem Sonderrecht der verbundenen Unternehmen für die bedeutsame Thematik der aufsteigenden Sicherheiten bisher noch kaum Aufmerksamkeit gewidmet wurde, ist ein Missstand, den diese Arbeit beseitigen will. Dafür wird es nötig sein, mit der verworrenen vorherrschenden Auffassung aufzuräumen, die einerseits eine tatbestandliche Gleichschaltung der Schutzsysteme der Kapitalerhaltung und des Konzernrechts und andererseits ein Spezialitätsverhältnis zwischen beiden annimmt. Aufbauend auf dem entwirrten Normverhältnis gilt es, die Anforderungen beider Normkomplexe an die aufsteigende Besicherung zu erarbeiten. Insbesondere die Untersuchung der aufsteigenden Sicherheiten anhand der konzernrechtlichen Schutzvorschriften soll Erkenntnisse hervorbringen, die die stetige Diskussion um die Zulässigkeit der Bestellung aufsteigender Sicherheiten und ihre möglichen Haftungsfolgen um bisher unbeachtete Aspekte bereichern.

Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 Rn. 137; Mestmäcker, in: FG Kronstein, S. 129 (140); Wackerbarth, Grenzen der Leitungsmacht, S. 127. 84 So Blasche/König, GmbHR 2009, 897 (900). 85 Vgl. die Ausführungen unter § 1 A. I. Der Einfluss des Gesellschafters bei Abhängigkeit, S. 27 ff. 86 Ein solcher Fall lag z. B. der Entscheidung BGHZ 213, 224 = NZG 2017, 344 zugrunde. 87 Siehe dazu bereits oben § 1 B. II. Die Bedeutung der Sicherheitenbestellung im Cash Pool, S. 34 f., sowie § 1 C. III. Aufsteigende Sicherheiten im LBO – eine Frage des Konzernrechts?, S. 39 ff.

§ 2 Grundthese und Gang der Darstellung

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B. Grundthese Die Arbeit wird zeigen, dass die konzernrechtlichen Vorschriften, namentlich die Haftung wegen Veranlassung zu nachteiligen Handlungen (§§ 311, 317 AktG), ein von den für alle Kapitalgesellschaften geltenden Kapitalerhaltungsregeln zu trennendes Schutzsystem für abhängige Gesellschaften bilden. Sie sollen der besonders exponierten Situation der Abhängigkeit von einem anderen Unternehmen mit eigenen wirtschaftlichen Interessen (Konzerngefahr) Rechnung tragen, der die Kapitalerhaltungsvorschriften allein nicht gerecht werden können und auch nicht müssen. Folglich kann aber auch das auf eine besondere Situation zugeschnittene Recht der faktischen Konzerne nicht tatbestandlich durch die für die allgemein geltende Kapitalerhaltung aufgestellten Maßstäbe eingegrenzt werden. Die Untersuchung der aufsteigenden Sicherheiten aus der Perspektive beider Schutzsysteme isoliert nacheinander wird erstens zeigen, dass das konzernrechtliche Schädigungsverbot höhere Anforderungen an ihre Zulässigkeit stellt als die durch eine bilanzielle Sichtweise geprägte Kapitalerhaltung, die nur ein unzureichendes Schutzkonzept für die besonderen Risiken der aufsteigenden Besicherung bietet. Zweitens wird erkannt werden, dass auch die Haftungsfolgen aus Konzernrecht bzgl. der Haftungsadressaten und der Haftungshöhe umfangreicher sind als bei der kapitalerhaltungsrechtlichen Rückabwicklung. Als unantastbares Minimum des kapitalgesellschaftsrechtlichen Vermögensschutzes genießt die Durchsetzung der Kapitalerhaltung jedoch besondere Aufmerksamkeit sowohl im AktG als auch im GmbHG, sodass ein umfassender Schutz der abhängigen Gesellschaft, die aufsteigende Sicherheiten bestellen soll, erst durch die Koexistenz beider Schutzsysteme erreicht wird. Zwischen den aus ihrer jeweiligen Missachtung folgenden Haftungsansprüchen gegen das herrschende Unternehmen und die auf beiden Seiten beteiligten Geschäftsleiter besteht Anspruchskonkurrenz. Zudem werden die beiden kapitalgesellschaftsrechtlichen Schutzsysteme in Einzelfällen durch gesellschaftsrechtliche Sondertatbestände sowie durch die allgemeinen Grenzen rechtsgeschäftlichen Handelns aus dem BGB flankiert.

C. Gang der Darstellung Nachdem im ersten Teil des Einführungskapitels bereits die wirtschaftliche Bedeutung aufsteigender Sicherheiten, insbesondere ihre Rolle im Cash Pool und bei fremdfinanzierten Unternehmensakquisitionen, aufgezeigt und dabei die unterschätzte Stellung des Konzernrechts herausgearbeitet wurde, soll im zweiten Teil die Untersuchung – nach kurzem Blick auf den Vertragskonzern – auf faktische Konzernverhältnisse begrenzt, sowie die der Untersuchung zugrunde liegenden Sicherungskonstellationen definiert werden. Die Untersuchung der Zulässigkeit aufsteigender Sicherheiten erfolgt zunächst nur für den Fall der abhängigen AG (Teil 1). Anschließend sollen die erarbeiteten

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Einführung

Grundsätze an die Besonderheiten bei der Sicherheitenbestellung einer abhängigen GmbH angepasst werden (Teil 2). In Kapitel 1 des ersten Teils geht es um die Frage, welche Schranken die §§ 311, 317 AktG der Sicherheitenbestellung einer abhängigen AG setzen. Dafür wird zunächst umfassend die Schutzwirkung des den §§ 311, 317 AktG zugrunde liegenden Schädigungsverbots in Abgrenzung zu dem durch §§ 57, 62 AktG vermittelten Vermögensschutz erarbeitet, um das tatbestandliche Verhältnis beider Schutzsysteme abzugrenzen. Anschließend wird die aufsteigende Sicherheitenbestellung unter den Tatbestand der §§ 311, 317 AktG subsumiert, um die genauen Voraussetzungen herauszuarbeiten, die ein herrschendes Unternehmen bei Meidung eigener Haftung zu beachten hat, wenn es seine abhängige AG-Tochter zur Sicherheitenbestellung für seine eigenen Verbindlichkeiten veranlasst. Kapitel 2 widmet sich der aktienrechtlichen Kapitalerhaltung und den von ihr gesetzten Grenzen einer zulässigen aufsteigenden Besicherung. Nachdem der umfassende bisherige Diskussionsstand zur Zulässigkeit aufsteigender Sicherheiten zusammengefasst wurde, wird sich der Verfasser vor allem mit dem Meinungsstand seit den Urteilen BGHZ 213, 224 und BGHZ 214, 258 aus dem Jahre 2017 auseinandersetzen, die die derzeitige Diskussion um die kapitalerhaltungsrechtlichen Schranken einer aufsteigenden Besicherung maßgeblich prägen. Kapitel 3 erweitert die Arbeit um sonstige Zulässigkeitsschranken der aufsteigenden Besicherung neben der Kapitalerhaltung und dem Konzernrecht. Es sollen erstens die allgemeinen zivilrechtlichen Wirksamkeitsgrenzen der §§ 134, 138 BGB sowie der evidente Missbrauch der Vertretungsmacht mit dem Thema dieser Arbeit in Verbindung gebracht werden. Zweitens wird die Bedeutung des Verbots der finanziellen Unterstützung gem. § 71a AktG im Kontext der aufsteigenden Sicherheiten erörtert. In Kapitel 4, dem letzten Kapitel des ersten Teils, werden die Ergebnisse der vorstehenden Kapitel zu einem Vermögensschutzkonzept zusammengefasst. Besondere Bedeutung kommt an dieser Stelle der Frage zu, wer in welcher Höhe haftet, wenn entgegen der erarbeiteten Grundsätze aufsteigende Sicherheiten bestellt werden. Aus dem Zusammenspiel von den präventiv wirkenden Verboten, die von den einschlägigen Vorschriften ausgehen, und ihren Haftungsfolgen wird ersichtlich, dass die abhängige AG vor der spezifischen Gefahr bei Finanzierungsmaßnahmen wie der aufsteigenden Besicherung erst durch das Zusammenwirken von Kapitalerhaltungsrecht und Konzernrecht angemessen geschützt wird. Kapitel 1 des zweiten Teils dieser Arbeit behandelt die Besonderheiten des Kapitalerhaltungsrechts der GmbH verglichen mit den zu § 57 AktG aufgestellten Grundsätzen. Die kapitalerhaltungsrechtliche Prüfung wird hier um das Tatbestandsmerkmal der Unterbilanzverursachung oder -vertiefung erweitert und die sich hieraus ergebenden Besonderheiten für die aufsteigenden Sicherheiten, insbesondere auch die verbleibende Bedeutung der sog. limitation language, erarbeitet.

§ 3 Konstellationen der aufsteigenden Besicherung

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Kapitel 2 beinhaltet eine Untersuchung des GmbH-Konzernrechts. Zunächst wird ausgehend von einer Bestandsanalyse des ungeschriebenen Schutzsystems die analoge Anwendung der §§ 311, 317 AktG als angemessene Lösung für die abhängige GmbH begründet. Entsprechend der Besonderheiten des GmbH-Rechts werden die notwendigen Modifikationen einer solchen Übertragung der aktienrechtlichen Normen dargestellt. Schließlich wird gezeigt, wie sich diese GmbH spezifischen Modifikationen auf die ursprünglich zu §§ 311, 317 AktG erarbeiteten Grundsätze der Bestellung aufsteigender Sicherheiten auswirken. Kapitel 3 setzt sich mit weiteren Grenzen der Sicherheitenbestellung auseinander, die sich möglicherweise daraus ergeben, dass es nun um eine besichernde GmbH geht. Jedoch werden sich hier keine Abweichungen zu den in Kapitel 3 des ersten Teils aufgestellten Grundsätzen ergeben, von der Nichtgeltung des § 71a AktG abgesehen. Ein zusätzliches Schutzinstrument besteht in der mehrgliedrigen GmbH in der unzulässigen Gewährung von Sondervorteilen. In Kapitel 4 werden die Besonderheiten der Haftungsansprüche der abhängigen GmbH bei unzulässiger Sicherheitenbestellung sowohl aus Kapitalerhaltungsrecht als auch aus Konzernrecht dargestellt, wobei der Fokus auf den GmbH spezifischen Abweichungen zu den Ansprüchen einer abhängigen AG liegt. Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der gewonnenen Erkenntnisse.

§ 3 Der Darstellung zugrunde liegende Konstellationen der aufsteigenden Besicherung A. Begrenzung des Themas auf den faktischen Konzern Die Untersuchung beschränkt sich auf die Bestellung aufsteigender Sicherheiten in Konzernkonstellationen. Dass aufsteigende Sicherheiten auch außerhalb von Konzernkonstellationen bestellt werden, bestreitet der Verfasser damit nicht.88 Jedoch zeigen sich – wie einführend dargestellt – aufsteigende Besicherungen ganz vorwiegend in Abhängigkeits- bzw. Konzernverhältnissen, sodass die in der Arbeit gefundenen Ergebnisse auf den Großteil der Sicherheitenbestellungen zugunsten eines Gesellschafters Anwendung finden. Des Weiteren soll sich die Kernuntersuchung auf faktische Konzernverhältnisse beschränken. Kurzum fehlt es nämlich im Vertragskonzern regelmäßig an den entscheidenden Hürden für die Bestellung aufsteigender Sicherheiten, nämlich an den Grenzen der Kapitalerhaltung und einem konzernrechtlichen Schädigungsverbot entsprechend § 311 Abs. 1 AktG. Dennoch ist eine Sicherheitenbestellung aus dem Vermögen der vertraglich konzernierten Tochtergesellschaft nicht ohne jede Rücksicht möglich. Genauer: 88

Siehe hierzu nur die Entscheidung BGHZ 213, 224 = NZG 2017, 344.

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Einführung

I. Suspendierung der Kapitalerhaltung 1. Grundsatz Bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags i.S.d. § 291 AktG findet der umfassende Kapitalschutz in der AG (§ 57 Abs. 1 und 3 AktG) gem. §§ 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 1, 291 Abs. 3 AktG keine Anwendung. Entsprechendes gilt für die GmbH, für die § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 GmbHG im Vertragskonzern die Auszahlung des zur Erhaltung des Stammkapitals notwendigen Vermögens erlaubt. Damit stellt die Kapitalerhaltung, die die h.M. als primäre Maßgabe für die Sicherheitenbestellung im Konzern heranzieht, in Vertragskonzernverhältnissen keine Zulässigkeitsschranke mehr dar. 2. Bestand der Kapitalschutzvorschriften bei nicht vollwertigem Verlustausgleichsanspruch Zu klären bleibt dennoch, ob das bloße Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags für die Suspendierung der Kapitalerhaltung während der Vertragsdauer ausreicht, oder ob sie von weiteren Kriterien, namentlich einem vollwertigen Verlustausgleichsanspruch abhängt. Die herrschende Meinung bestreitet, dass die Aufhebung der Kapitalschutzregeln von der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs abhängt.89 Dafür stützt sie sich auf den Wortlaut des § 57 Abs. 1 S. 3 AktG bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG. Diese postulieren nur in ihrer zweiten Alternative, nämlich der Deckung der Auszahlung durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch, das Vollwertigkeitskriterium, lassen hingegen in der ersten Alternative das bloße Bestehen eines Unternehmensvertrags ausreichen. Systematisch betrachtet soll für die erste Alternative der genannten Vorschriften kein Anwendungsbereich verbleiben, weil sich bei einem vollwertigen Verlustausgleichsanspruch die Befreiung von den Kapitalerhaltungsvorschriften regelmäßig schon aus der zweiten Alternative ergebe.90 Zudem wollte der Gesetzgeber des MoMiG gerade keine Vollwertigkeitsprüfung bzgl. des Verlustausgleichsanspruchs einführen, da es den Leistungsaustausch im Konzern erheblich erschweren würde, wenn der Geschäftsleiter der Tochtergesellschaft bei jedem Geschäft mit der Muttergesellschaft zunächst deren Solvenz zu 89 Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 137; Ekkenga, in: MüKoGmbHG, § 30 Rn. 270; Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 57 Rn. 37; Habersack, in: UHL GmbHG, § 30 Rn. 89; ders., in: FS Schaumburg, S. 1291 (1298 f.); Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 30 Rn. 48; Pentz, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG, § 30 Rn. 62 jew. m.w.N. Siehe aus der Rspr. das obiter dictum des OLG Frankfurt am Main NZI 2014, 363 (365). 90 Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 137; Ekkenga, in: MüKoGmbHG, § 30 Rn. 270; Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 57 Rn. 37. Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 Rn. 136 behaupten hingegen, dass § 57 AktG inkl. seinem Abs. 1 S. 3 im Vertragskonzern wegen § 291 Abs. 3 AktG überhaupt nicht zu beachten sei und daher Erwägungen zur Vollwertigkeit fern liegen.

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prüfen hätte.91 Die gebotene Rechtssicherheit lasse sich nur erreichen, wenn der Tochtergesellschaft erst ab (fristloser) Kündigung des Unternehmensvertrags wegen eines zweifelhaften Verlustausgleichsanspruchs ein Leistungsverweigerungsrecht zustehe.92 Diesbezüglich habe der Geschäftsleiter der Tochtergesellschaft aber laufend zu prüfen, ob er den Unternehmensvertrag nach § 297 AktG kündigen muss, weil die Muttergesellschaft voraussichtlich zur Zahlung des Verlustausgleichsanspruchs außerstande sein wird.93 Nach der zutreffenden Gegenansicht hängt die Suspendierung der Kapitalerhaltung im Vertragskonzern sehr wohl von der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs ab, der als Überlebensgarantie für die abhängige Tochtergesellschaft gilt und damit nur funktioniert, also das vertragskonzernrechtliche System als Geschäftsgrundlage trägt, wenn er vollwertig ist.94 Bei dem Einwand, der Gesetzgeber habe in § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 1 AktG bzw. in § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 GmbHG im Gegensatz zur jeweils zweiten Alternative ausdrücklich auf das Vollwertigkeitskriterium verzichtet, handelt es sich um eine bloße Unterstellung: Weder in den genannten Vorschriften noch in den Gesetzesmaterialien taucht der Verlustausgleichsanspruch ausdrücklich auf. Mithin überrascht es kaum, dass auch keine Anforderungen an ihn im Gesetzeswortlaut zu finden sind. Mit der ersten Alternative des § 57 Abs. 1 S. 3 AktG bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG hat der Gesetzgeber lediglich zum Ausdruck gebracht, dass im Vertragskonzern – auch bei Geschäften mit anderen, nicht am Unternehmensvertrag beteiligten Gesellschaftern – kein unmittelbarer, vollwertiger Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch für die konkrete Zahlung i.S.d. zweiten Alternative vorliegen muss.95 Damit hat er jedoch keine Aussage zum Vollwertigkeitskriterium bzgl. des Verlustausgleichsanspruchs im Rahmen der ersten Alternative getroffen.96 Darüber hinaus zu behaupten, für die erste Alternative bleibe kein Anwendungsbereich, wenn man für sie einen vollwertigen Verlustausgleichsanspruch 91 So Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 137; Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 Rn. 136; Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 57 Rn. 37. 92 Dazu Fleischer, in: Henssler/Strohn GesR, § 30 GmbHG Rn. 8; Hommelhoff, in: Lutter/ Hommelhoff GmbHG, § 30 Rn. 48. 93 Siehe nur Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 AktG Rn. 64; Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 57 Rn. 37; Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 30 Rn. 49. 94 So bereits Altmeppen, in: MüKoAktG, 2. Aufl. 2000, § 302 Rn. 38; ders., in: MüKoAktG, § 302 Rn. 41, § 308 Rn. 127 f.; ders., in: FS E. Vetter, S. 1 (6 ff.); ihm folgend Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 Rn. 45; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 57 Rn. 21; Langenbucher, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 291 Rn. 71; Mülbert/Leuschner, NZG 2009, 281 (287); Schluck-Amend, in: FS Marsch-Barner, S. 491 (492); Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 75. 95 Vgl. dazu die Begründung zur Ursprungsvorschrift des § 291 Abs. 3 AktG, Begr. RegE BT-Drucks. IV/171 vom 03. 02. 1962, S. 216, abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz 1965, S. 378: „ohne Rücksicht darauf, ob die Gesellschaft eine Gegenleistung erhält“. 96 So Altmeppen, in: FS E. Vetter, S. 1 (7).

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voraussetze, da ein solcher dann immer unter die zweite Alternative falle, ist mit der Systematik der Vorschriften unvereinbar: Der Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch i.S.d. zweiten Alternative steht im unmittelbaren Zusammenhang mit der geleisteten Zahlung i.S.d. Abs. 1 S. 1, hingegen zielt der Verlustausgleichsanspruch auf einen Pauschalausgleich aller angelaufenen Verluste, unabhängig von bestimmten Geschäftsvorfällen. Die Arten, auf die die Aufhebung der Kapitalerhaltung kompensiert wird, sind also in Alternative eins und zwei völlig unterschiedliche. Zudem setzt die Befreiung von der Kapitalbindung nach der zweiten Alternative ausweislich des Gesetzeswortlauts einen mit Erbringung der Leistung bereits entstehenden Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch voraus. Der Verlustausgleichsanspruch, der Rechtsgrund der Befreiung von der Kapitalerhaltung in der ersten Alternative ist, entsteht hingegen erst am Bilanzstichtag.97 Dennoch ist die unterjährige Leistung an den Gesellschafter gem. § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 1 AktG bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 GmbHG ohne Verstoß gegen die Kapitalerhaltung zulässig. Würde man den Verlustausgleichsanspruch gem. § 302 AktG als Gegenleistungsbzw. Rückgewähranspruch gem. § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG einordnen und die erste Alternative der genannten Normen außer Acht lassen, wäre eine unterjährige Leistung an den Gesellschafter trotz Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags aus Kapitalerhaltungssicht stets unzulässig und nur bei sofortigem Ausgleich durch konkreten Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch möglich, da ein sofortiger Verlustausgleichsanspruch unmittelbar nach jeder Zahlung denklogisch ausscheidet. Ein solches Ergebnis läuft dem Interesse, den Leistungsaustausch im wirtschaftlich fusionierten Vertragskonzern zu erleichtern, elementar zuwider. Zu beachten ist weiter, dass bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags die Kapitalerhaltung auch dann keine Rolle spielt, wenn bei einem Geschäft mit einem am Unternehmensvertrag unbeteiligten Gesellschafter kein vollwertiger Gegenleistungsanspruch für dieses Geschäft vorliegt. Ebenso wenig bedarf es seit der Neufassung des § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 1 AktG bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 GmbHG eines konkreten, vollwertigen Rückzahlungsanspruchs gegen das herrschende Unternehmen, wenn Leistungen an Dritte, wie z. B. an andere Konzernunternehmen oder an mit dem herrschenden Vertragsteil in Geschäftsbeziehung stehende Unternehmen erbracht werden, die als mittelbare Leistung an das herrschende Unternehmen zu werten sind. Die Aufhebung der Kapitalerhaltung ist damit in § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 1 AktG bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 GmbHG nicht auf die Vertragsparteien des Unternehmensvertrages beschränkt.98 Vor der vom Ge97 BGHZ 142, 382 (384 f., Ls. 1) = NJW 2000, 210 (211); BGH ZIP 2005, 854 (855) = AG 2005, 397 (398); Altmeppen, in: MüKo AktG, § 302 Rn. 72; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 302 Rn. 40; Hirte, in: Großkomm AktG, § 302 Rn. 36; Kleindiek, ZGR 2001, 479 (485); Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 302 Rn. 13; Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 302 Rn. 52; K. Schmidt, ZGR 1983, 513 (520 f.); Veil, in: Spindler/Stilz AktG, § 302 Rn. 20. 98 Vgl. Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zum MoMiG, BT-Drucks. 16/9737 vom 24. 6. 2008, S. 56; siehe auch Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 135; Cahn/v. Spannenberg,

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setzgeber des MoMiG angeordneten bilanziellen Betrachtungsweise99, nach der eigentlich jeder Zahlung aus dem geschützten Kapital eine Gegenleistung gegenüber zu stehen hat, lässt sich eine Aufhebung der Kapitalbindung nur rechtfertigen, wenn der Rückfluss des geschützten Kapitals anderweitig sichergestellt ist. Eben dies ist nicht schon der Fall, solange nur ein Unternehmensvertrag besteht. Vielmehr muss die sich aus ihm ergebende Pflicht zum Verlustausgleich aus Gläubigerschutzgründen auch einwandfrei funktionieren, mithin der Verlustausgleichsanspruch vollwertig sein.100 Wenn die h.M. schließlich behauptet, der Leistungsaustausch im Vertragskonzern sei erheblich erschwert, wenn sich der Geschäftsleiter der Tochtergesellschaft stets vor jedem Geschäft über die Solvenz der Muttergesellschaft vergewissern müsste, werden die entscheidenden Pflichten der beteiligten Personen verdreht: Eine Kontrollpflicht hinsichtlich der Solvenz der Muttergesellschaft trifft nur die dort tätigen Geschäftsleiter.101 Sie haben die abhängige Gesellschaft unverzüglich zu informieren, wenn die Solvenz, insbesondere in Bezug auf den jährlichen Verlustausgleichsanspruch, zweifelhaft erscheint, damit die Tochtergeschäftsleiter die Durchführung des Unternehmensvertrags hieran anpassen können, nämlich ihn ggf. kündigen, jedenfalls aber keine weiteren Handlungen mehr durchführen, die das geschützte Kapital der abhängigen Gesellschaft gefährden könnten.102 Schließlich bleibt im Falle der mangelnden Solvenz der Muttergesellschaft nur noch das geschützte Kapital der Tochtergesellschaft, um ihre Gläubiger zu befriedigen. In dieser Situation ein bis zu einer fristlosen Kündigung des Unternehmensvertrags fortbestehendes Recht der Muttergesellschaft anzunehmen, ihre Tochter zu Handlungen anzuweisen, die ihr geschütztes Kapital angreifen, ist mit der Konzeption des Gläubigerschutzes in der Kapitalgesellschaft unvereinbar. Anzuerkennen ist aber, dass der Geschäftsleiter der Tochtergesellschaft auf die Informationen der Muttergesellschaft zu ihrer finanziellen Lage grundsätzlich vertrauen kann, solange keine konkreten Anhaltspunkte die Solvenz der Muttergesellschaft in Frage stellen.103 Für falsche bzw. unterbliebene Informationen bzgl. ihrer Solvenz haften die Muttergesellschaft und ihre Geschäftsleiter der Tochtergesellschaft nach § 309 Abs. 2 S. 1 AktG (analog).104 Mit diesem richtigen Verständnis der Pflichten zur Solvenzkontrolle ist auch die von der h.M. befürchtete erschwerte Durchführung der Unternehmensverträge unbegründet: Dass die Geschäftsleiter der Muttergein: Spindler/Stilz AktG, § 57 Rn. 136; Kiefner/Theusinger, NZG 2008, 801 (803); Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 57 Rn. 21. 99 Vgl. Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140 vom 25. 07. 2007, S. 41. 100 Zum Ganzen Altmeppen, in: FS E. Vetter, S. 1 (6 ff.). 101 Altmeppen, in: MüKoAktG, § 302 Rn. 41, § 308 Rn. 127 f., § 309 Rn. 61; ders., in: FS E. Vetter, S. 1 (11); siehe auch Klein, ZIP 2017, 258 (261 f.): Umfang der Informationspflichten der herrschenden Gesellschaft hängt von ihren Publizitätspflichten ab. 102 Altmeppen, in: MüKoAktG, § 302 Rn. 41, § 309 Rn. 61; ders., in: FS E. Vetter, S. 1 (12 f.). 103 Altmeppen, in: MüKoAktG, § 302 Rn. 41, § 309 Rn. 61; ders., in: FS E. Vetter, S. 1 (11); Habetha, ZIP 2017, 652 (654). 104 Zutreffend Altmeppen, in: MüKoAktG, § 309 Rn. 61.

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sellschaft deren Solvenz zu kontrollieren und die abhängige Gesellschaft hierüber zu informieren haben, stellt wohl kaum ein Durchführungshindernis dar. Folglich sind die Kapitalschutzvorschriften im Vertragskonzern nach §§ 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 1, 291 Abs. 3 AktG und § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 GmbHG nur suspendiert, solange ein vollwertiger Verlustausgleichsanspruch nach § 302 Abs. 1 AktG besteht.

II. Kein strenges Schädigungsverbot im Vertragskonzern 1. Grundsatz In vertraglichen Konzernverhältnissen mit Beherrschungsvertrag105 ist das herrschende Unternehmen berechtigt, dem Vorstand der abhängigen Gesellschaft hinsichtlich der Leitung der Gesellschaft Weisungen zu erteilen (§ 308 Abs. 1 S. 1 AktG). Entscheidend ist, dass auch Weisungen zu befolgen sind, die für die abhängige Gesellschaft im Ergebnis nachteilig sind, wenn sie im Konzerninteresse liegen (§ 308 Abs. 1 S. 2 AktG). Das Weisungsrecht erstreckt sich auf „den gesamten Bereich, in dem der Vorstand die Gesellschaft nach § 76 Abs. 1 AktG zu leiten hat“106, mithin unstreitig auch auf die Belastung des Gesellschaftsvermögens zur Besicherung zugunsten der herrschenden Gesellschaft. Zwar ist es möglich, zum Vermögenserhalt, insbesondere zum Erhalt stiller Reserven der abhängigen Gesellschaft, das Weisungsrecht bzgl. Verfügungen über das Anlagevermögen im Beherrschungsvertrag auszuschließen107, jedoch finden sich derartige Klauseln in der Praxis kaum.108 Folglich ist das für die Zulässigkeit der Sicherheitenbestellung im 105

Im Regelfall treten Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zusammen auf: Da der Schutz außenstehender Aktionäre nach §§ 304 f. AktG und der Gläubigerschutz nach §§ 302 f. AktG bereits bei Abschluss von einem der beiden greift, „kostet“ der Abschluss des jeweils anderen das herrschende Unternehmen nicht mehr. Dennoch führt erst das Nebeneinander beider Verträge zur effektiven Konzernführung, die sich aus Gewinnabführung, verbunden mit steuerlicher Organschaft, und legaler Nachteilszufügung im Konzerninteresse ergibt, dazu Altmeppen, in: MüKoAktG, § 291 Rn. 54 f.; ders., ZHR 171 (2007), 320 (324 ff.); Langenbucher, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 291 Rn. 10, 13; Veil, in: Spindler/Stilz AktG, § 291 Rn. 8; E. Vetter, ZHR 171 (2007), 342 (370). Auch der RegE sah bereits den gemeinsamen Abschluss beider Verträge vor, vgl. Begr. RegE BT-Drucks. IV/171 vom 03. 02. 1962, S. 214, abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz 1965, S. 374. Im Folgenden setzt der Begriff Vertragskonzern daher den Abschluss beider Verträge voraus. 106 Begr. RegE BT-Drucks. IV/171 vom 03. 02. 1962, S. 227, abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz 1965, S. 403. 107 Altmeppen, in: MüKoAktG, § 308 Rn. 140; Hirte, in: Großkomm AktG, § 308 Rn. 30; Veil, in: Spindler/Stilz AktG, § 308 Rn. 29. 108 Dies liegt erstens daran, dass das herrschende Unternehmen seine mit dem Beherrschungsvertrag einhergehenden Pflichten nicht anpassen kann und daher kein Interesse an der Einschränkung seiner Weisungsbefugnis hat, so Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 308 Rn. 58; Kropff, ZGR 1984, 112 (122). Zweitens besteht keine Ausgestaltungspflicht des Beherrschungsvertrags, mit der der Tochtergeschäftsleiter die Interessen seiner Anstellungskör-

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faktischen Konzern maßgebliche Kriterium, die Nachteiligkeit für die abhängige Gesellschaft und deren Ausgleich, bei der Sicherheitenbestellung im Vertragskonzern unbedeutend, was eine Untersuchung des „ob“ und „wie“ der aufsteigenden Sicherheiten erheblich einschränkt. Dies sowie die folgenden Ausführungen gelten ebenso für den GmbH-Vertragskonzern, in dem § 308 AktG analoge Anwendung findet.109 2. Ausnahmen vom umfassenden Weisungsrecht Dennoch gilt es zwei Fälle zu beachten, in denen das umfassende Weisungsrecht des herrschenden Unternehmens nicht zu Nachteilen bei der abhängigen Gesellschaft führen darf, bzw. es überhaupt nicht ausgeübt werden kann, mithin trotz eines Beherrschungsvertrags ein strenges Schädigungsverbot besteht. a) Weisungen außerhalb des Konzerninteresses Vermögensmäßig schädliche Weisungen an die abhängige Gesellschaft sind nur zulässig, wenn sie den Belangen des herrschenden Unternehmens oder mit ihm verbundener Konzernunternehmen dienen (§ 308 Abs. 1 S. 2 AktG). Diese Einschränkung des Weisungsrechts folgt aus der wirtschaftlichen Fusion der Konzernunternehmen im Vertragskonzern, in dem die Interessen der einzelnen Konzernunternehmen mit denjenigen des „Gesamtunternehmens“ verschmelzen.110 Schädigungen sind daher auch nur im Gesamtinteresse (Konzerninteresse) hinzunehmen. In Bezug auf aufsteigende Sicherheiten, die insbesondere der Finanzierung des herrschenden Unternehmens bzw. der Konzernfinanzierung im Allgemeinen dienen, wird man das Konzerninteresse zwar durchweg bejahen können. Dennoch ist der Fall denkbar, dass das herrschende Unternehmen ein Einzelkaufmann ist, der das Vermögen der von ihm beherrschten Gesellschaft nutzt, um ein Darlehen für seinen nicht unternehmerischen Lebensbereich zu besichern. In diesem (absoluten) Ausnahmefall steht dem herrschenden Unternehmen zwar grundsätzlich ein Weisungsrecht i.S.d. § 308 Abs. 1 S. 1 AktG, auch bzgl. der Bestellung von Sicherheiten, zu, jedoch darf eine dahingehende Weisung nicht zu einem Nachteil bei der abhängigen Gesellschaft führen.

perschaft gegenüber der Muttergesellschaft durchzusetzen hätte, dazu umfassend Altmeppen, in: MüKoAktG, § 291 Rn. 65 ff. m.w.N. 109 Ganz h.A., siehe nur Emmerich, in: Scholz GmbHG, Anh. § 13 Rn. 171. 110 So bereits Geßler, ZHR 140 (1976), 433 (437); Immenga, ZHR 140 (1976), 301 (304 ff.); Mestmäcker, in: FG Kronstein, S. 129 (134): Konzern als unternehmerische Einheit.

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b) Vollwertiger Verlustausgleichsanspruch als Grundlage des Weisungsrechts Ferner hängt auch das gesamte vertragskonzernrechtliche Weisungsrecht des § 308 Abs. 1 AktG von der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs der abhängigen Gesellschaft gegen die herrschende Gesellschaft gem. § 302 Abs. 1 AktG ab. Ist der Verlustausgleichsanspruch nicht vollwertig, besteht kein Weisungsrecht, mithin erst recht kein solches, das auch zum Nachteil der abhängigen Gesellschaft ausgeübt werden kann. Insoweit kann auf die oben zur Suspendierung der Kapitalerhaltung geführte Diskussion verwiesen werden.111 Es geht bei ihr nämlich nicht lediglich um die Frage der aufgehobenen Kapitalerhaltung. Vielmehr ist die mit ihr einhergehende entscheidende Frage, ob die Durchführung eines Unternehmensvertrages mit all den Vertragspflichten der Tochtergesellschaft (§§ 291, 301, 308 AktG) von der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs abhängt. Die Suspendierung der Kapitalerhaltung ist dafür aber der relevante Aufhänger, denn nur durch die Aufhebung der Grenzen der Kapitalerhaltung ist die vom Gesetz vorgesehene Leitung in Vertragskonzernverhältnissen, die vor allem durch die Erlaubnis nachteiliger Weisungen (§ 308 Abs. 1 S. 2 AktG) geprägt ist, möglich. Im Ergebnis besteht daher nur ein Weisungsrecht der Muttergesellschaft gegenüber der Tochtergesellschaft nach § 308 AktG, solange der Verlustausgleichsanspruch vollwertig ist.112 Eine Weisung, die die Muttergesellschaft trotz mangelnder Solvenz erteilt, ist rechtswidrig und für den Geschäftsleiter der Tochtergesellschaft nicht zu beachten. Damit entlarvt sich auch die umstrittene Frage, ob das Weisungsrecht nach § 308 Abs. 1 AktG seine Grenze in existenzvernichtenden Weisungen findet113, als Scheinproblem: Darf das Weisungsrecht nur ausgeübt werden, wenn ein vollwertiger Verlustausgleichsanspruch besteht, kann keine noch so nachteilige Weisung die Insolvenz der weisungsempfangenden Tochtergesellschaft herbeiführen und sie mithin in ihrer Existenz gefährden.114 Selbst wenn die Tochtergesellschaft durch eine Weisung derart in finanzielle Schwierigkeiten gerät, dass sie nicht mehr den Ver111

Siehe oben unter § 3 A. I. 2. Bestand der Kapitalschutzvorschriften bei nicht vollwertigem Verlustausgleichsanspruch, S. 50 ff. 112 Altmeppen, in: MüKoAktG, § 302 Rn. 41, § 308 Rn. 126 f.; ders., in: FS E. Vetter, S. 1 (6 ff.); Mülbert/Leuschner, NZG 2009, 281 (287) mit Fn. 76; Schluck-Amend, in: FS MarschBarner, S. 491 (492); i.E. ebenso Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 AktG Rn. 64. 113 Dafür erstmals Geßler, in: GHEK AktG, § 308 Rn. 55; ders., ZHR 140 (1976), 433 (439 f.); Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 150 f.; Immenga, ZHR 140 (1976), 301 (303 ff., 306); Krieger, in: MHdB AG, § 71 Rn. 153 f.; Semler, in: FS Stiefel, S. 719 (750 f.); Zeidler, NZG 1999, 692 (695). Jedenfalls für eine Existenzgarantie während des Bestehens des Beherrschungsvertrags Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 AktG Rn. 60 ff.; Hirte, in: Großkomm AktG, § 308 Rn. 42; Langenbucher, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 308 Rn. 31 ff.; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 308 Rn. 19. A.A. Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 308 Rn. 50; ders., in: FS Ostheim, S. 403 (432); ders., AG 1995, 95 (96); Veil, in: Spindler/Stilz AktG, § 308 Rn. 31. 114 Altmeppen, in: MüKoAktG, § 308 Rn. 122 ff., § 302 Rn. 37 ff.; ders., in: FS E. Vetter, S. 1 (9); Clemm, ZHR 141 (1977), 197 (204 ff.).

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lustausgleich am Jahresende abwarten kann, hat sie unterjährig Anspruch auf acontoZahlungen zur Beseitigung des Insolvenzgrundes.115 Eine existenzgefährdende Weisung kann es daher bei Bestehen eines Beherrschungsvertrags nicht geben, wenn das Weisungsrecht nur ausgeübt wird, sofern dessen Korrelat, der Verlustausgleichsanspruch, vollwertig ist. Damit verbleibt lediglich die Frage, ob Weisungen erteilt werden dürfen, die die Existenz der Tochtergesellschaft nach Beendigung des Beherrschungsvertrags gefährden. Der Gesetzgeber selbst hat 1962 erkannt, dass die Überlebensfähigkeit einer Tochtergesellschaft nach Beendigung der Unternehmensverträge und der damit zusammenhängenden wirtschaftlichen Fusion, zweifelhaft sein kann.116 Daher besteht ein besonderes Sicherungsrecht der Gläubiger nach § 303 AktG. Zudem ist der letzte Verlustausgleichsanspruch bei ersichtlicher Existenzgefährdung der Tochtergesellschaft zu Liquidationswerten gem. § 252 Abs. 1 Nr. 2 Hs. 2 HGB zu berechnen.117 Durch die Verlustausgleichspflicht soll lediglich sichergestellt werden, dass die Tochtergesellschaft zu Beginn und nach Beendigung des Unternehmensvertrags bilanziell dasselbe Vermögen aufweist.118 Eine Pflicht, darüber hinaus ihre Überlebensfähigkeit zu sichern, lösen die Unternehmensverträge nicht aus. Vielmehr sollte durch § 308 Abs. 2 S. 2 AktG gerade die Diskussion über die Existenzbedrohlichkeit einer Weisung im Zeitpunkt ihrer Erteilung vermieden werden.119 Eine Einschränkung des Weisungsrechts nach § 308 AktG für Weisungen, die nach Beendigung der Unternehmensverträge die Existenz der Tochtergesellschaft gefährden könnten, ist angesichts dieser klaren gesetzgeberischen Konzeption nicht angezeigt. Mit dem richtigen Verständnis des (vollwertigen) Verlustausgleichsanspruchs nach § 302 Abs. 1 AktG erfährt daher das umfassende Weisungsrecht nach § 308 AktG keine Einschränkung durch das Kriterium der Existenzgefährdung.

115 Altmeppen, in: MüKoAktG, § 302 Rn. 38 f., 73; ders., DB 1999, 2453 (2455 f.); Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 302 AktG Rn. 41; Hennrichs, ZHR 174 (2010), 683 (696 f.); Nodoushani, NZG 2017, 728 (730); Priester, ZIP 1989, 1301 (1307 f.); Schenk, in: Bürgers/Körber AktG, § 302 Rn. 20; Seibt/Cziupka, AG 2015, 721 (727); a.A. Deilmann, in: Hölters AktG, § 302 Rn. 23; Hentzen, AG 2006, 133 (140 f.); Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 302 Rn. 57; Krieger, in: MHdB AG, § 71 Rn. 75; Liebscher, ZIP 2006, 1221 (1221 f.); Sassenrath, in: FS Huber, S. 931 (933 f.). 116 Vgl. Begr. RegE zu §§ 303, 305 AktG 1965, BT-Drucks. IV/171 vom 03. 02. 1962, S. 223, 225, abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz 1965, S. 393, 397. 117 Altmeppen, in: MüKoAktG, § 302 Rn. 42; ders., DB 1999, 2453 (2455 f.); Koppensteiner, in: KölnKomm, § 302 Rn. 37; Krieger, in: MHdB AG, § 71 Rn. 67; K. Schmidt, ZGR 1983, 513 (532 f.); ders., in: FS Werner, S. 777 (794); Stephan, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 302 Rn. 39. 118 Siehe bereits Begr. RegE BT-Drucks. IV/171 vom 03. 02. 1962, S. 214 f., 221, abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz 1965, S. 375, 388; dazu auch Altmeppen, ZIP 2006, 1025 (1032 f.); ders., DB 1999, 2453 (2455 f.): Bestandsgarantie. 119 Zum Ganzen Altmeppen, in: MüKoAktG, § 302 Rn. 42 f.

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III. Voraussetzungen der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs Kann die Muttergesellschaft nachteilige Weisungen ohne Rücksicht auf die Kapitalerhaltung nur erteilen, wenn der Verlustausgleichsanspruch vollwertig ist, fragt sich, welche Anforderungen an ihre Solvenz zu stellen sind, um zu diesem Ergebnis zu gelangen.

1. Die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs im Allgemeinen Sofern ein vollwertiger Verlustausgleichsanspruch als notwendige Voraussetzung des Weisungsrechts und der Aufhebung der Kapitalbindung gesehen wird, soll er vorliegen, wenn das herrschende Unternehmen voraussichtlich in der Lage sein wird, seiner Verpflichtung zum Verlustausgleich nachzukommen.120 Es ist daher bei Erteilung einer Weisung zweischrittig zu prüfen: Erstens gilt es festzustellen, welche Verluste bisher zum Jahresende erwartet werden. Zweitens ist zu prognostizieren, in welcher Höhe zusätzliche Verluste durch die schädliche Weisung bis zum Geschäftsjahresende entstehen werden. Die Summe der erwarteten bilanziellen Verluste ist der Betrag, den das herrschende Unternehmen am Geschäftsjahresende als Verlustausgleich aufzubringen hat. Ist es nach sorgfältiger kaufmännischer Beurteilung voraussichtlich in der Lage, diesen Betrag zu leisten, ist der Verlustausgleichsanspruch aus der gebotenen ex ante Perspektive vollwertig und die schädliche Weisung zulässig. Wird sich eine schädliche Weisung erst in einem späteren als dem auf sie folgenden Jahresabschluss oder auf mehrere aufeinanderfolgende Jahresabschlüsse auswirken, ist zu prüfen, ob bereits im Zeitpunkt der Weisung Zweifel bestehen, ob das herrschende Unternehmen diese zukünftigen Verlustausgleichsansprüche leisten können wird. In derartigen Fällen nur auf den nächsten Jahresabschluss und den mit ihm einhergehenden Verlustausgleichsanspruch abzustellen, wird dem Ziel, die Tochtergesellschaft über §§ 301 f. AktG für die gesamte Vertragsdauer bzgl. ihres Bilanzergebnisses neutral zu stellen121, nicht gerecht. Andererseits genügt es für die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs auch für kommende Jahresabschlüsse zu prüfen, ob die Vermögens- oder Ertragslage der Muttergesellschaft im Sinne einer vernünftigen kaufmännischen Beurteilung konkret gefährdet ist (§ 253 HGB). Eine über die bilanzielle Vollwertigkeit hinausgehende Prüfung des Verlustausgleichsanspruchs ist angesichts seiner eigenen Bemessung nach bilanziellen Grundsätzen nicht angezeigt. Zudem ist eine Tochtergesellschaft, die durch Zustimmung der Haupt- oder Gesellschafterversammlung zu einem Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag wirtschaftlich mit der Muttergesellschaft fusioniert, nicht mehr 120

Altmeppen, in: FS E. Vetter, S. 1 (4); Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 Rn. 45; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 75; Wicke, GmbHG, § 30 Rn. 14. 121 Begr. RegE BT-Drucks. IV/171 vom 03. 02. 1962, S. 214 f., 221, abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz 1965, S. 375, 388.

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in jeder Hinsicht vor deren Insolvenz und damit dem Ausfall ihres Verlustausgleichsanspruchs zu schützen. Die regelmäßig anschließende eigene Insolvenz der Tochtergesellschaft ist gerade Folge der wirtschaftlichen Fusion. Interessenbeeinträchtigungen der Außenseiter werden über §§ 303 ff. AktG vermieden. Verlustausgleichsansprüche sind daher nur im Fall des bereits konkreten Ausfallrisikos zu besichern, nicht jedoch gegen jedes (abstrakte) Ausfallrisiko aufgrund unsicherer Prognosen über die Solvenz der Muttergesellschaft in künftigen Geschäftsjahren. 2. Der vollwertige Verlustausgleichsanspruch bei Bestellung aufsteigender Sicherheiten Die Besonderheit bei der Bestellung aufsteigender Sicherheiten für Verbindlichkeiten der Muttergesellschaft besteht darin, dass sie sich zunächst gar nicht bilanziell auswirken (§ 251 S. 1 HGB) und erst bei drohender Verwertung durch Rückstellungen das Bilanzergebnis der Tochtergesellschaft negativ beeinflussen (§ 249 Abs. 1 S. 1 HGB).122 Sonstige Nachteile, wie z. B. eine herabgestufte Bonität der Tochtergesellschaft bei Kreditinstituten infolge der Belastung ihres Vermögens, schlagen sich regelmäßig gar nicht erst in der Bilanz nieder und sind daher für den Verlustausgleichsanspruch unbedeutend, zumal ein derartiger Nachteil häufig ohnehin über den Aufbau eines konzernweiten Cash Pools kompensiert wird. Droht bereits bei Bestellung der aufsteigenden Sicherheiten die Verwertung, wirkt sich die Besicherung auf die Bilanz der Tochtergesellschaft und damit auf ihren Verlustausgleichsanspruch aus. Eine Prüfung dahingehend, ob die Muttergesellschaft in der Lage ist, den insoweit gestiegenen Verlustausgleichsanspruch am Jahresende noch zu befriedigen, erübrigt sich mit der Überlegung, dass die Verwertung der aufsteigenden Sicherheit nur droht, wenn die Muttergesellschaft voraussichtlich nicht in der Lage ist, ihre eigenen Kreditgeber zu befriedigen. Denklogisch wird sie dann auch keinen Verlustausgleichsanspruch ihrer Tochtergesellschaft mehr erfüllen können.123 Die Bestellung aufsteigender Sicherheiten ist damit trotz Bestehen eines Beherrschungsund Gewinnabführungsvertrags unzulässig, wenn bereits bei Bestellung ihre Verwertung droht, da diese Situation in der Regel mit einem nicht mehr vollwertigen Verlustausgleichsanspruch nach § 302 Abs. 1 AktG einhergeht. Droht bei Bestellung keine Verwertung, wirkt sie sich nicht auf die Bilanz und damit den Verlustausgleichsanspruch der Tochtergesellschaft aus. Die Muttergesellschaft ist dann voraussichtlich in der Lage, ihre Kreditgeber selbst zu befriedigen und damit in der Regel auch fähig, der Tochtergesellschaft übrige Verluste – ungeachtet der Sicherheitenbestellung – auszugleichen. In dieser Lage erlaubt ihr der Beherrschungsvertrag, umfassend zur Bestellung aufsteigender Sicherheiten anzuweisen. Sind für anfänglich nicht verwertungsbedrohte Sicherheiten später Rückstellungen zu bilden, erhöht sich in diesem Zeitpunkt auch der Verlustausgleichsanspruch. Regelmäßig 122 Ausführlich dazu unten, § 3 C. II. Differenzierung nach dem Zeitpunkt des Vermögensabflusses und der Bilanzwirksamkeit, S. 66 ff. 123 Ähnlich Dampf, Der Konzern 2007, 157 (169).

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werden nun Zweifel bestehen, dass die Muttergesellschaft diesen wegen ihrer schlechten Bonität – ansonsten würde nicht die Sicherheitenverwertung drohen – erfüllen kann. Kündigt sich eine solche Lage aufgrund des regelmäßigen Informationsflusses über die Bonität der Muttergesellschaft durch ihre Geschäftsleiter an, müssen der Tochtergesellschaft rechtzeitig (insolvenzfeste) Sicherheiten für ihren bedrohten Verlustausgleichsanspruch gestellt werden. Dies folgt aus der Pflicht der Muttergesellschaft, über § 302 AktG das Überleben der Tochtergesellschaft bis zur Beendigung der Unternehmensverträge zu sichern.124 In der besonderen Konstellation, dass im Zuge einer Akquisitionsfinanzierung nach Übernahme der Anteile durch die Erwerbsgesellschaft und Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags mit der Zielgesellschaft aufsteigende Sicherheiten für den Akquisitionskredit bestellt werden, ist Folgendes zu beachten: Um festzustellen, ob die Sicherheitenverwertung droht und damit überhaupt Auswirkungen auf einen möglichen Verlustausgleichsanspruch vorliegen, ist bei der Fähigkeit der Erwerbsgesellschaft zur Rückzahlung des zu sichernden Akquisitionskredits zu berücksichtigen, dass die Mittel hierfür von der Zielgesellschaft stammen. Es ist daher eine Prüfung der Solvenz der Zielgesellschaft nötig125, um einerseits die drohende Verwertung der Sicherheiten zu verneinen und andererseits einen auszugleichenden Verlust am Jahresende insgesamt auszuschließen. Denn ist die ausgleichspflichtige Muttergesellschaft ein bloßes Erwerbsvehikel ohne eigenes Vermögen außer den Anteilen an der Zielgesellschaft, wird ein gegen sie gerichteter Verlustausgleichsanspruch regelmäßig ins Leere gehen. Einzig denkbar ist, dass sie nach dem Verkauf von Anteilen an der Zielgesellschaft über genügend freies Vermögen zur Zahlung des Verlustausgleichs verfügt. Jedoch wird sich ein Verkauf einer Minderheitsbeteiligung an einer verlustigen, unter Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag stehenden Gesellschaft als äußerst schwierig erweisen. Damit ist in dieser besonderen Konstellation ein vollwertiger Verlustausgleichsanspruch als Grundlage für die Suspendierung der Kapitalerhaltungsregeln und das Weisungsrecht aus § 308 AktG nur anzunehmen, wenn es im streitigen Zeitpunkt voraussichtlich gar nicht erst zu einem Verlust der vertraglich beherrschten Zielgesellschaft am Jahresende kommen wird.

IV. Differenzierung nach Art des Vertragskonzerns 1. Zum Vertragskonzern mit Beherrschungsvertrag Es lässt sich festhalten, dass sich die Bestellung aufsteigender Sicherheiten im Vertragskonzern mit Beherrschungsvertrag weder an den Kapitalerhaltungsgrundsätzen noch an einem konzernrechtlichen Schädigungsverbot zu messen hat. Ent124

Vgl. Altmeppen, ZIP 2017, 1977 (1982). Ausführlich zu diesem Zusammenhang unter Teil 1 Kapitel 1 § 2 C. II. 3. g) Besonderheiten bei der Akquisitionsfinanzierung, S. 144 ff. 125

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scheidendes Kriterium für diese Erleichterung ist jedoch die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs nach § 302 Abs. 1 AktG. Solange die Muttergesellschaft solvent und damit der gegen sie gerichtete Verlustausgleichsanspruch vollwertig ist, kann sie die Tochtergesellschaft ohne Weiteres zur Besicherung des Gesellschaftsvermögens zu ihren Gunsten anweisen. Ist die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanpruchs objektiv nicht mehr gesichert, so lebt ipso iure der Kapitalerhaltungsgrundsatz wieder auf, sodass sich eine Sicherheitenbestellung an diesem messen muss und allenfalls bei einem vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG zulässig sein kann, sofern der Wert der Sicherheit nicht aus freiem Kapital aufgebracht wird.126 Ein vollwertiger Gegenleistungs- und Rückgewähranspruch wird aber nicht mehr vorliegen, wenn man erkennt, dass die mangelnde Fähigkeit der Muttergesellschaft zum Verlustausgleich regelmäßig mit der sich abzeichnenden Sicherheitenverwertung einhergeht. Eine danach unzulässig bestellte Sicherheit ist nach § 62 Abs. 1 S. 1 AktG bzw. § 31 Abs. 1 GmbHG von der Muttergesellschaft zurückzugewähren, nämlich durch eine Freistellung oder Wertersatz im Falle der Sicherheitenverwertung. Sie wird hierzu angesichts ihrer angespannten finanziellen Lage jedoch nicht mehr imstande sein, womit die Frage der Haftung der beteiligten Geschäftsleiter virulent wird. Wie dargelegt besteht in der beschriebenen Situation kein Weisungsrecht der Muttergesellschaft i.S.d. § 308 AktG mehr, welches folglich auch nicht auf die Bestellung einer Sicherheit zugunsten der Muttergesellschaft gerichtet werden kann. Wie sich die beteiligten Geschäftsleiter haftbar machen, wenn sie trotz notleidendem Verlustausgleichsanspruch und damit regelmäßig unter Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften Sicherheiten bestellen und hierzu ggf. sogar anweisen bzw. eine derartige Weisung umsetzen, ist Gegenstand eigener wissenschaftlicher Untersuchungen127 und soll hier nicht vertieft werden, zumal da es nur um den Ausnahmefall geht, dass kein vollwertiger Verlustausgleichsanspruch bei Sicherheitenbestellung besteht. Sind bereits Sicherheiten bestellt worden, erlangt die oben beschriebene Solvenzkontroll- und Informationspflicht der Muttergesellschaft gegenüber der Tochtergesellschaft entscheidende Bedeutung: Ihre Geschäftsleiter haben die Tochtergesellschaft rechtzeitig über einen potentiell gefährdeten Verlustausgleichsanspruch aufzuklären, damit diese noch insolvenzfeste Gegensicherheiten bzw. Freistellung von der Sicherheit verlangen kann. Geschieht dies nicht und kommt es infolge der Sicherheitenverwertung zu einem Schaden der Tochtergesellschaft, der bei rechtzeitiger Aufklärung vermieden worden wäre, haften die Muttergesellschaft und ihre Geschäftsleiter mangels rechtzeitiger Aufklärung der Tochtergesellschaft jedenfalls nach § 309 Abs. 2 S. 1 AktG (ggf. analog).128 126 Zu diesen Voraussetzungen des Kapitalerhaltungsverstoßes bei der Sicherheitenbestellung, vgl. Teil 1 Kapitel 2 § 4 Die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs, S. 197 ff. sowie Teil 2 Kapitel 1 § 1 Unterbilanz durch Sicherheitenbestellung, S. 274 ff. 127 Siehe hierzu grundlegend Wimmer-Leonhardt, Konzernhaftungsrecht, S. 54 ff.; konkreter zur Haftung im Fall des nicht vollwertigen Verlustausgleichsanspruchs Altmeppen, in: FS E. Vetter, S. 1 (11 ff.). 128 Ansatzweise Altmeppen, ZIP 2017, 1977 (1982).

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Im Ergebnis stellt sich daher die Untersuchung der Zulässigkeit aufsteigender Sicherheiten im Vertragskonzern mit Beherrschungsvertrag keineswegs als völlig unproblematisch heraus.129 Es kommt entscheidend darauf an, ob im Zeitpunkt, zu dem die Muttergesellschaft zur Bestellung der Sicherheit anweist, der gegen sie gerichtete Verlustausgleichsanspruch – auch in den Folgejahren, sofern die Besicherung über das Geschäftsjahr hinaus geht – vollwertig ist. In der Regel besteht hierbei ein direkter Zusammenhang mit der Frage, ob sich die Sicherheitenverwertung bereits abzeichnet und die Tochtergesellschaft Rückstellungen zu bilden hat. Es lässt sich daher zusammenfassen, dass auch im Vertragskonzern die Bestellung aufsteigender Sicherheiten nur zulässig ist, wenn bei Bestellung der Sicherheit noch keine konkreten Anhaltspunkte für ihre spätere Verwertung bestehen. 2. Zum isolierten Gewinnabführungsvertrag Sollte sich ausnahmsweise das vertragskonzernrechtliche Verhältnis im Abschluss eines isolierten Gewinnabführungsvertrags erschöpfen130, gilt für die Suspendierung der Kapitalerhaltung das Vorstehende uneingeschränkt (vgl. §§ 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 1, 291 Abs. 3 AktG, § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 GmbHG): Diese steht der Bestellung aufsteigender Sicherheiten daher nur im Fall des bei Sicherheitenbestellung nicht vollwertigen Verlustausgleichsanspruchs gem. § 302 AktG entgegen. Im Fall des isolierten Gewinnabführungsvertrags steht dem herrschenden Unternehmen jedoch kein Weisungsrecht gem. § 308 AktG zu. Vielmehr hat es das strenge Schädigungsverbot mit seinen Haftungsfolgen nach §§ 311, 317 AktG zu beachten, unterfällt insoweit also dem Recht der faktischen Konzerne.131 In dessen Rahmen gilt es zwar zu beachten, dass eine Benachteiligung oftmals deshalb zu verneinen ist, weil die abhängige Gesellschaft ohnehin ihre Verluste am Jahresende ausgeglichen bekommt bzw. ihren Gewinn hätte abführen müssen132 und damit selbst eine Sicherheitenverwertung kompensiert werden würde. Allerdings wird der Verwertungsfall praktisch nur eintreten, wenn die herrschende Gesellschaft insolvent, mithin auch der gegen sie gerichtete Verlustausgleichsanspruch nicht mehr vollwertig ist. Selbst ohne Zweifel an der Bonität des herrschenden Unternehmens bei Sicherheitenbestellung ist zu beachten, dass es sich dabei um ein Geschäft handelt, bei dem zwischen der Bestellung und Verwertung der Sicherheit ein langer Zeitraum liegen kann. Da sich in diesem Zeitraum die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs gegen das herrschende Unternehmen möglicherweise ändert, kann ein Nachteil i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG und die Haftung der herrschenden Gesellschaft

129 So für die Vergabe aufsteigender Darlehen im Vertragskonzern jedoch Mülbert/ Leuschner, NZG 2009, 281 (287). 130 Zum Ausnahmefall vgl. Fn. 105. 131 Siehe nur Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 16 m.w.N. 132 So Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 186.

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sowie der beteiligten Geschäftsleiter nicht schlichtweg unter Hinweis auf die Verlustausgleichspflicht verneint werden.133

B. Von der Arbeit erfasste Sicherungskonstellationen Unter den Begriff der aufsteigenden Sicherheiten können grundsätzlich zwei verschiedene Sicherungskonstellationen fallen. Im Folgenden wird geklärt, welche Konstellationen der Untersuchung zugrunde liegen und auf welche weiteren Sicherungsgefüge ihre Ergebnisse übertragen werden können.

I. Konstellation 1: Kreditgeberin als Sicherungsnehmerin 1. Muttergesellschaft als Darlehensempfängerin Klassischerweise sind die Sicherungsnehmer bei aufsteigenden Sicherheiten der Tochtergesellschaft die Bank bzw. allgemein die Kreditgeber der Muttergesellschaft. Diese vergeben infolge der Besicherung ein Darlehen an die Muttergesellschaft, die daher die Nutznießerin der Sicherheitenbestellung ist, weshalb von einer aufsteigenden Sicherheit (von der Tochter- an die Muttergesellschaft) die Rede ist. Die Muttergesellschaft gilt dann als Empfängerin der Leistung der Tochtergesellschaft (Sicherheitenbestellung).134 Diese Sicherungskonstellation liegt der Untersuchung zugrunde. 2. Andere Tochtergesellschaft als Darlehensempfängerin Ebenso kann auch eine andere Tochtergesellschaft, die wegen mehrheitlicher Beteiligung von der Muttergesellschaft abhängig ist, Empfängerin des Darlehens sein. Zwar ist die Muttergesellschaft in dieser Konstellation nicht unmittelbare Empfängerin, jedoch wird ihr aufgrund der mehrheitlichen Beteiligung die Leistung an das Empfängerunternehmen (Tochtergesellschaft 2) zugerechnet, sodass die Muttergesellschaft selbst für die hier vorzunehmende Untersuchung als Empfängerin der Leistung der besichernden Tochtergesellschaft 1 gilt.135 Auch auf diese Sicherungskonstellation sind die Ergebnisse der Arbeit entsprechend anzuwenden. 133 Dazu genauer Teil 1 Kapitel 1 § 2 C. II. 3. h) Ausgleich durch § 302 AktG im isolierten Gewinnabführungsvertrag, S. 149. 134 Zu dieser Leistungszurechnung unter Teil 1 Kapitel 2 § 1 Sicherheiten zugunsten eines Dritten als Leistung an den Aktionär, S. 162 ff. 135 Siehe für die GmbH BGH NJW-RR 1986, 579 (580) = ZIP 1986, 456 (458); BGH NJW 1991, 1057 (1059) = ZIP 1990, 1593 (1595); BGH NJW 1992, 1167 (1168) = ZIP 1992, 242 (243 f.); BGH NJW 1996, 589 (590) = ZIP 1996, 68 (69); BGH NZG 1999, 939 (940) = ZIP 1999, 1314 (1315) sowie Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 43; zur AG Bayer, in: MüKo-

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Sollte die Tochtergesellschaft 2 auch die Vertragspartnerin des Darlehensvertrags sein, aus dem die zu besichernde Darlehensrückzahlungsforderung stammt, so ist für die Übertragung der hier erarbeiteten Grundsätze jedoch zu beachten, dass die Tochtergesellschaft 2 auch die Rückzahlungspflicht trifft: Fällt sie mit der Rückzahlung aus, so ist dies praktisch regelmäßig mit ihrer Insolvenz verbunden, nicht hingegen mit der der Muttergesellschaft, gegen die sich infolge der Veranlassung zur Besicherung mögliche Erstattungs- und Schadensersatzansprüche der Tochtergesellschaft 1 richten. Der Sicherungsfall geht in dieser Konstellation nicht zwangsläufig mit deren Wertlosigkeit einher.

II. Konstellation 2: Muttergesellschaft als Sicherungsnehmerin Unter den Begriff der aufsteigenden Sicherheit fällt aber auch eine ausschließliche Konzerninnenfinanzierung, bei der die Mutter- der Tochtergesellschaft ein Darlehen zur Verfügung stellt und sich den Rückzahlungsanspruch von der Tochtergesellschaft besichern lässt. Diese Sicherungskonstellation beleuchtet die Arbeit nicht genauer. Dies liegt erstens daran, dass sie in Konzernkonstellationen praktisch keine Bedeutung hat. Fürchtet die Muttergesellschaft wegen Solvenzproblemen der Tochtergesellschaft um ihren Darlehensrückzahlungsanspruch, kann sie die Liquidität der Tochtergesellschaft umfassend überwachen, indem sie ihre Geschäftsleiter zur Offenlegung der tagesaktuellen Finanzsituation veranlasst und in zugespitzter Lage die rechtzeitige Rückzahlung des Darlehens (ggf. nach Kündigung) fordert. Für eine Sicherheitenbestellung besteht dann schlichtweg kein Bedarf. Zweitens handelt es sich bei Darlehen der Mutter- an die Tochtergesellschaft um ein Aktionärs- bzw. Gesellschafterdarlehen i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 4 AktG bzw. § 30 Abs. 1 S. 3 GmbHG, dessen Rückgewähr ausdrücklich aus dem Regelungsgegenstand der Kapitalerhaltungsvorschriften ausgenommen ist. Gerade die Bestellung einer Sicherheit für ein Aktionärs- bzw. Gesellschafterdarlehen hat rechtsformübergreifend eine Regelung in § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO gefunden, nach der eine solche Sicherheitenbestellung allenfalls vom Insolvenzverwalter angefochten werden kann, hingegen nicht mehr der kapitalerhaltungsrechtlichen Rückgewähr nach § 62 Abs. 1 S. 1 AktG bzw. § 31 Abs. 1 GmbHG unterliegt. Da somit in dieser Konstellation Sicherheitenbestellungen vollständig aus dem Anwendungsbereich der Kapitalerhaltung ausgenommen sind, kann anhand von ihnen auch nicht das in dieser Arbeit untersuchte Zusammenspiel von konzernrechtlichem Schädigungsverbot und Kapitalerhaltung dargestellt werden.

AktG, § 57 Rn. 126 ff.; Canaris, in: FS Fischer, S. 31 (43 f.): jedoch nur quotale Leistung an die Muttergesellschaft je nach Höhe ihrer Beteiligung an der Tochtergesellschaft 2; Drygala, in: KölnKomm AktG, § 57 Rn. 124; Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 57 Rn. 31; Geßler, in: FS Fischer, S. 131 (148).

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C. Der Begriff der Sicherheit I. Personal- und Realsicherheiten in der Konzernfinanzierung Die Arbeit erfasst Personal- und Realsicherheiten gleichermaßen. Auf Seiten der Personalsicherheiten kann die Tochtergesellschaft die Gläubiger der Muttergesellschaft beispielsweise durch Schuldbeitritt, Garantie oder Bürgschaft besichern. Die in der Konzernfinanzierung immer noch beliebte Patronatserklärung soll von der Untersuchung ausgenommen werden. Mit einer (harten) Patronatserklärung begründet der Sicherungsgeber (Patron) seine rechtsverbindliche Pflicht, die Schuldnerin mit ausreichender Solvenz für die Darlehensrückzahlung auszustatten.136 Damit erklärt sich, warum die Kreditsicherung durch Patronatserklärung für die vorliegende Untersuchung ausscheidet: Die Tochtergesellschaft als Sicherungsgeberin kann keinen steuernden Einfluss auf die darlehensnehmende Obergesellschaft ausüben und diese aus eigenem Antrieb mit Liquidität zur Rückzahlung versorgen. Patronatserklärungen kommen daher nur als absteigende Sicherheit (Mutter- besichert Darlehen der Tochtergesellschaft) in Frage.137 Außerdem ist der Spielraum in der Ausgestaltung von Patronatserklärungen viel zu groß, als dass sich pauschale Zulässigkeitsschranken für diese Art der Kreditsicherung aufstellen lassen. Als Realsicherheit kommt zum Beispiel die Verpfändung einzelner Vermögensgegenstände, die Bestellung von Grundpfandrechten oder die Sicherungszession von Forderungen bzw. die Sicherungsübereignung in Betracht. Als Sicherungsmittel immer verbreiteter sind immaterielle Vermögensgegenstände, wie z. B. Patent-, Marken- oder Urheberrechte.138 Realsicherheiten haben den Vorteil, dass sie verkehrsfähig und daher im Vergleich zu Personalsicherheiten einfacher zu verwerten sind.139 Darüber hinaus sind Realsicherheiten im Gegensatz zu Personalsicherheiten in ihrem Wert kalkulierbarer: Der Wert einer Personalsicherheit hängt unmittelbar mit der finanziellen Lage des Sicherungsgebers – im Falle der aufsteigenden Sicherheit also der Tochtergesellschaft – zusammen. Deren Finanzausstattung hängt im Konzern jedoch maßgeblich von der Muttergesellschaft ab, die durch verschiedenste Maßnahmen (zum Beispiel überhöhte Gewinnausschüttung oder Veranlassung zur Einstellung eines profitablen Produkts) eine Schmälerung des Vermögens der Tochter herbeiführen kann.140 Derartige konzernbedingte Vermögensverschiebungen stellen für den Sicherungsnehmer ein unkalkulierbares Risiko dar, weshalb die Realsicherheiten im Rahmen der aufsteigenden Besicherung attraktiver er-

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So die Definition von Pickerill, NZG 2018, 609 (617); siehe auch Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 302 Rn. 8. 137 Merkel, in: Lutter/Scheffler/Schneider HdB Konzernfinanzierung, Rn. 17.83. 138 Dazu Orthmann/Weber, BB 2012, 1039 (1039 f.). 139 So auch Möller, Upstream-Kreditsicherheiten, S. 28. 140 Zum Ganzen Möller, Upstream-Kreditsicherheiten, S. 28 f.; U. H. Schneider, ZGR 1984, 497 (506); siehe auch Kühbacher, Darlehen an Konzernunternehmen, S. 7 f.

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scheinen.141 Nicht zu vergessen ist, dass durch eine Personalsicherheit die sicherungsnehmende Gläubigerin der Muttergesellschaft im Sicherungsfall nur einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Tochtergesellschaft hat und damit in ihrer Insolvenz gleichrangig mit allen anderen Gläubigern der Tochtergesellschaft – ggf. nur quotal – befriedigt wird. Ein im Falle der Realsicherheit bestehendes dingliches Recht gibt ihr hingegen einen vorrangigen Anspruch auf Befriedigung aus dem Sicherungsgegenstand (§§ 49 ff. InsO).142

II. Differenzierung nach dem Zeitpunkt des Vermögensabflusses und der Bilanzwirksamkeit Personal- und Realsicherheiten – sowie die Realsicherheiten untereinander – unterscheiden sich in einem relevanten Kriterium: dem Zeitpunkt, in dem zugunsten der Muttergesellschaft Vermögen von der Tochtergesellschaft abfließt. Grundlage jeder Besicherung ist zunächst die schuldrechtliche Sicherungsabrede, in der sich der Sicherungsgeber gegenüber dem Sicherungsnehmer zur Sicherheitenbestellung verpflichtet. Darauf folgt der Sicherstellungsvertrag, der die Sicherheit unmittelbar entstehen lässt.143 Bei Personalsicherheiten ist der Sicherstellungsvertrag erneut ein bloß schuldrechtlicher Vertrag, in dem sich der Sicherungsgeber zur Zahlung im Sicherungsfall (Ausfall des persönlichen Schuldners) verpflichtet.144 Ein tatsächlicher Vermögensabfluss bei der sicherungsgebenden Gesellschaft ist dadurch nicht zu verzeichnen. Dieser erfolgt erst bei Inanspruchnahme durch den sicherungsnehmenden Gläubiger. Bilanziell wirkt sich die Bestellung der Personalsicherheit bereits früher aus: Ist mit der Inanspruchnahme des Sicherungsgebers noch nicht ernsthaft zu rechnen, ist die Personalsicherheit nach § 251 S. 1 HGB nur unter der Bilanz zu vermerken. Andernfalls ist nach § 249 Abs. 1 S. 1 HGB beim Sicherungsgeber eine Rückstellung zu bilden.145 Bei Realsicherheiten besteht der Sicherstellungsvertrag in der dinglichen Einigung, die die sachenrechtlichen Beziehungen an dem Sicherungsgegenstand un141

Im Ergebnis ebenso Merkel, in: Lutter/Scheffler/Schneider HdB Konzernfinanzierung, Rn. 17.61. 142 Schön, ZHR 159 (1995), 351 (353); siehe zur Schlechterstellung der Gläubiger der Tochtergesellschaft durch Vermögensverschiebung auch Vetter, BB 2004, 1509 (1515 f.). 143 Vgl. Brünink, in: Lwowski/Fischer/Gehrlein Kreditsicherung, § 3 Rn. 1 ff. 144 Die schuldrechtlichen Verträge können auch zusammengefasst werden. So entspricht es für die Bürgschaft ganz h.A., dass diese ihren Rechtsgrund in sich selbst trägt, mithin keine separate Sicherungsabrede nötig ist, vgl. BGHZ 147, 99 (101) = NJW 2001, 1857: „Rechtsgrund in sich selbst“; BGHZ 174, 39 (46) = NJW 2008, 1070 (1071 f.) – Rz. 25; Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rn. 834; Gröschler, in: Soergel BGB, Vor § 765 Rn. 2, 9; Habersack, in: MüKoBGB, § 765 Rn. 3. 145 Statt aller Böcking/Gros, in: EBJS HGB, § 249 Rn. 15, 52.

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mittelbar verändert. Ob damit ein Vermögensabfluss beim Sicherungsgeber einhergeht, hängt von der Art der Realsicherheit ab: Bei der Sicherungszession oder der Sicherungsübereignung wird der Sicherungsgegenstand aus dem Vermögen des Sicherungsgebers dem Sicherungsnehmer mit der Sicherheitenbestellung übertragen. Sachenrechtlich verliert der Sicherungsgeber zwar dadurch vollständig seine Vermögensposition. Dennoch ist die Sicherungszession und Sicherungsübereignung wegen des fortbestehenden wirtschaftlichen Eigentums des Sicherungsgebers gem. § 246 Abs. 1 S. 2 HGB und des entgegenstehenden Freistellungsanspruchs gem. § 251 S. 1 HGB zunächst nur unter der Bilanz zu vermerken146 und erst bei drohender Inanspruchnahme als Rückstellung nach § 249 Abs. 1 S. 1 HGB bilanzwirksam. Im Falle einer Verpfändung von beweglichem Vermögen oder der Bestellung von Grundpfandrechten hingegen verlässt der Sicherungsgegenstand mit der Bestellung auch sachenrechtlich nicht das Vermögen des Sicherungsgebers. Allenfalls verliert er faktisch durch die Belastung mit einem fremden Recht an Wert. Folgerichtig ist die Sicherheitenbestellung wieder nur nach § 251 S. 1 HGB unter der Bilanz zu vermerken, bis mit der Inanspruchnahme der Sicherheit zu rechnen und daher gem. § 249 Abs. 1 S. 1 HGB eine Rückstellung zu bilden ist. Kommt es bei der Frage der Zulässigkeit der Bestellung aufsteigender Sicherheiten damit auf den tatsächlichen Vermögensabfluss bei der sicherungsgebenden Tochtergesellschaft an, ist daher zwischen Personal-, Real- sowie innerhalb der Realsicherheiten zu unterscheiden. Ist hingegen die Bilanzwirksamkeit als relevanter Zeitpunkt der Zulässigkeitsfrage entscheidend, bedarf es keiner Differenzierung, da stets nur der drohende Sicherungsfall durch Rückstellungsbildung bilanzielle Folgen nach sich zieht. Möglicherweise ist die Zulässigkeitsfrage aber bereits früher, nämlich bei Abschluss der schuldrechtlichen Sicherheitsabrede, zu stellen, womit eine Differenzierung innerhalb der möglichen Sicherungsarten obsolet wäre.147

D. Fortexistenz der abhängigen Gesellschaft im Sicherungsfall Für die Untersuchung soll davon ausgegangen werden, dass die sicherungsgewährende Gesellschaft auch nach dem Sicherungsfall, der regelmäßig mit der Insolvenz des herrschenden Unternehmens einhergeht, eigenständig fortexistieren kann. Auch wenn im besonderen Fall eines gemeinsamen Cash Pools die finanzielle Verstrickung zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft sehr hoch ist, stellt sich das

146 Siehe Ballwieser, in: MüKoHGB, § 251 Rn. 12; Böcking/Gros, in: EBJS HGB, § 251 Rn. 10; Grottel/Haußer, in: BeBiKo, § 251 HGB Rn. 45. 147 Dazu unter Teil 1 Kapitel 1 § 2 C. II. 1. Zeitpunkt der Übernahme des Haftungsrisikos, S. 112 ff. sowie Kapitel 2 § 3 B. V. 1. Die Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung als maßgebliche Leistung i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 1 AktG, S. 192 ff.

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Thema Konzerninsolvenz meist als ein Phänomen des Vertragskonzerns dar.148 Im faktischen Konzern ist die eigenständige Fortexistenz nach der Insolvenz einzelner Gesellschaften mangels wirtschaftlicher Fusion vielmehr der Regelfall. Infolgedessen wird sich diese Arbeit nicht mit dem Fall befassen, dass durch die (drohende) Sicherheitenverwertung die Insolvenz der besichernden Tochtergesellschaft herbeigeführt wird. Ob die aufsteigende Sicherheitenbestellung nach §§ 129 ff. InsO in der Insolvenz der abhängigen Gesellschaft anfechtbar ist149 oder inwieweit das herrschende Unternehmen, welches zur Sicherheitenbestellung veranlasst hat, wegen Existenzvernichtung haftbar gemacht werden kann und wie sich diese Haftung zu der Kapitalerhaltung bzw. §§ 311, 317 AktG verhält, ist daher an anderer Stelle zu beantworten.150

148 Vgl. Altmeppen, in: MüKoAktG, Einleitung §§ 291 ff. Rn. 32 f.; siehe auch Hageböke, Die Haftung im Fall der Doppelinsolvenz im AG-Vertragskonzern, Rn. 192 ff. 149 Hierzu Thole, ZInsO 2011, 1425 (1428 f.); siehe auch Heckschen/Kreusslein, RNotZ 2016, 351 (365); Hirte, in: FS Kreft, S. 307 (309 ff.); insbesondere zur Cash Pool Situation Klinck/Gärtner, NZI 2008, 457 (459 ff.). 150 Richtigerweise hat eine Existenzvernichtungshaftung in der faktisch abhängigen AG keine eigenständige Bedeutung, sodass weder § 826 BGB noch §§ 302 f. AktG analog zur Haftungsbegründung herangezogen werden müssen. Schadensersatz im Sinne einer Innenhaftung gegenüber der AG gewähren bereits §§ 311, 317 AktG, vgl. Altmeppen, in: MüKoAktG, Anh. § 317 Rn. 13 ff.; dagegen Habersack, in: Emmerich/Habersack, Anh. § 317 Rn. 1 f., 16, 29 f.; Krieger, in: MHdB AG, § 70 Rn. 142; H.-F. Müller, in: Spindler/Stilz AktG, Vor § 311 Rn. 25 ff.; Tröger/Dangelmayer, ZGR 2011, 558 (585 ff.).

Teil 1

Aufsteigende Sicherheiten einer abhängigen AG Kapitel 1

Aufsteigende Sicherheiten unter dem Blickwinkel des konzernrechtlichen Schädigungsverbots gem. § 311 AktG § 1 Der durch §§ 311, 317 AktG vermittelte Vermögensschutz im faktischen Konzern Um die Bestellung aufsteigender Sicherheiten in die Grenzen des § 311 AktG einzuordnen, bedarf es zunächst einer Analyse, wo das Schutzsystem des faktischen Konzerns abstrakt die Grenzen der Einflussnahme durch das herrschende Unternehmen zieht. Dafür bedarf es erstens einer Betrachtung der Funktionsweise des Vermögensschutzes, also des Zusammenspiels von nach § 311 AktG verbotenen Geschäften und der daran anknüpfenden Haftung nach § 317 AktG. Nachdem damit das „Wie“ des konzernrechtlichen Schutzes der abhängigen AG durch §§ 311, 317 AktG geklärt sein wird, ist die Frage nach dem Schutzgegenstand zu beantworten, mithin zu klären, in welchem Umfang die §§ 311, 317 AktG einen Vermögensschutz bei der abhängigen AG gewährleisten wollen.

A. Dogmatik der Haftung gem. §§ 311, 317 AktG Eine Untersuchung aufsteigender Sicherheiten allein daraufhin, ob und unter welchen Voraussetzungen das Recht der faktischen Konzerne – respektive § 311 AktG – sie gestattet, ist für sich genommen kaum zielführend, ohne die Konsequenzen bei unzulässiger Sicherheitenbestellung zu beleuchten. Dies liegt allen voran daran, dass eine nachteilige Einflussnahme gem. § 311 Abs. 1 AktG, z. B. zur Sicherheitenbestellung, für sich genommen ohne Konsequenzen bleibt, ein darauf beruhendes Rechtsgeschäft etwa nicht für unwirksam erklärt wird. Einzige Rechtsfolge der nachteiligen, nicht nachträglich ausgeglichenen und damit nach § 311 Abs. 1 AktG verbotenen Einflussnahme des herrschenden Unternehmens ist – abgesehen von der Berichtspflicht nach § 312 AktG – die Haftung im Scha-

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Teil 1, Kap. 1: Aufsteigende Sicherheiten und § 311 AktG

densfall (§ 317 AktG). Es ergibt sich daher ein einheitlicher, durch §§ 311, 317 AktG statuierter, Haftungskomplex.1 Für das richtige Verständnis von dessen Tatbestandsmerkmalen ist zunächst das Zusammenspiel beider Normen in Betracht zu nehmen.

I. §§ 311, 317 AktG als verschuldensunabhängige Veranlasserhaftung Die h.M. hält die Schadensersatzhaftung nach §§ 311, 317 AktG für eine verschuldensunabhängige Veranlasserhaftung.2 Ein Nachteil müsse seine Ursache in der Abhängigkeit von dem herrschenden Unternehmen haben. Dies sei der Fall, wenn die Schadensträchtigkeit der Maßnahme für die handelnden Geschäftsleiter ex ante erkennbar war.3 Daran anknüpfend sei die Frage zu stellen, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft das Rechtsgeschäft in Anbetracht der Vermögensauswirkungen vorgenommen hätte. Entscheidender Anknüpfungspunkt sei hierbei § 317 Abs. 2 AktG, bei dessen Vorliegen es bereits an einem Nachteil i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG fehlen soll.4 Auf ein Verschulden des herrschenden Unternehmens bzw. seiner Geschäftsleiter komme es für die Haftung nach § 311, 317 AktG nicht an, sodass auch keine Exkulpation nach § 317 Abs. 2 AktG erforderlich sei. Haftungsbegründend ist nach diesem Konzept allein der veranlasste Nachteil bei der abhängigen Gesellschaft. Die Bewertung des Nachteils erfolgt nach dieser Ansicht durch eine Gegenüberstellung von Chancen und Risiken, wie sie ein Geschäftsleiter einer unabhän-

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Zu Recht wurde daher sogar die Zusammenfassung beider Normen in einem einheitlichen Haftungstatbestand erwogen, der ein eindeutiges Schädigungsverbot erkennen lässt, in diese Richtung erstmals Flume, Aktienrechtsreform, S. 43 f.; daran anknüpfend Altmeppen, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel (Bd. II), S. 1027 (1043 f.) – Rn. 25; ders., in: FS Priester, S. 1 (8). 2 Fett, in: Bürgers/Körber AktG, § 317 Rn. 7; Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 317 Rn. 5, 7, 11; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 317 Rn. 5; Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 317 Rn. 14; Leuering/Goertz, in: Hölters AktG, § 317 Rn. 9; H.-F. Müller, in: Spindler/Stilz AktG, § 317 Rn. 4; Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 317 Rn. 7. 3 BGHZ 141, 79 (84, 88) = NJW 1999, 1706 (1707); BGHZ 179, 71 (75 f.) = NJW 2009, 850 – Rz. 8 f. (MPS); aus der Literatur Habersack, in: FS Hoffmann-Becking, S. 421 (425 f.); Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 311 Rn. 25, § 317 Rn. 11 jew. m.w.N. 4 BGHZ 179, 71 (75 f.) = NJW 2009, 850 – Rz. 9 f. (MPS); Fett, in: Bürgers/Körber AktG, § 311 Rn. 23; Fleischer, in: Großkomm AktG, § 317 Rn. 36; Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 40, § 317 Rn. 7; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 311 Rn. 25; Krieger, in: MHdB AG, § 70 Rn. 82; Leuering/Goertz, in: Hölters AktG, § 311 Rn. 52; H.-F. Müller, in: Spindler/Stilz AktG, § 311 Rn. 28; Rothley, in: Wachter AktG, § 311 Rn. 16; dagegen BGHZ 141, 79 (88 f.) = NJW 1999, 1706 (1708 f.): Haftungsausschlusskriterium; ähnlich BGHZ 175, 365 (368 f.) = NJW 2008, 1583 – Rz. 11 (UMTS).

§ 1 Der durch §§ 311, 317 AktG vermittelte Vermögensschutz

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gigen Gesellschaft für diese Szenarien je nach Wahrscheinlichkeit ihres Eintritts eingeschätzt hätte.5 Bezüglich des Schadens i.S.d. § 317 Abs. 1 AktG wird zwar angenommen, dass sich dieser nach §§ 249 ff. BGB bemisst, mithin die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands (§ 249 Abs. 1 BGB), andernfalls Ersatz in Geld (§ 251 Abs. 1 BGB) zu leisten ist.6 Jedoch soll auch bei positiver Entwicklung eines anfänglich (ex ante) als zu risikoreich und daher nachteilig beurteilten Geschäfts als Mindestschaden der Betrag des Nachteils zu ersetzen sein, obwohl die abhängige Gesellschaft (ex post) keine Vermögenseinbuße erlitten hat, die i.S.d. §§ 249 ff. BGB zu ersetzen wäre. Dies folge aus dem Normzweck des § 317 AktG und dem daraus resultierenden normativen Schadensbegriff, der der Vorschrift zugrunde liege.7

II. §§ 311, 317 AktG als culpa-Haftung für Fremdgeschäftsführung Eine im Vordringen befindliche Gegenauffassung erkennt in §§ 311, 317 AktG eine gewöhnliche Verschuldenshaftung für Fremdgeschäftsführung (negotiorum gestio).8 Die fremden Geschäfte sind dabei solche der abhängigen Gesellschaft, die von der herrschenden Gesellschaft bzw. ihren Geschäftsleitern durch ihre faktische Möglichkeit der Einflussnahme geführt werden können. Diese faktische Möglichkeit der Geschäftsführung verpflichte sie, bei Wahrnehmung ihres Einflusses die Grenzen ordnungsgemäßer Geschäftsführung einzuhalten, bei deren schuldhafter Überschreitung sie haften.9 Haftungsbegründend sei damit ein Verstoß gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung, der bei einem nicht ausgeglichenen (ob5

Vgl. Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 44; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 118 f.; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 311 Rn. 26; Krieger, in: MHdB AG, § 70 Rn. 82 f.; H.-F. Müller, in: Spindler/Stilz AktG, § 311 Rn. 34; Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 311 Rn. 45, 48; Wimmer-Leonhardt, Konzernhaftungsrecht, S. 114. 6 Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 317 Rn. 15 mit Verweis auf BGH NZG 2013, 298 (300) = ZIP 2013, 409 – Rz. 21; siehe auch Fleischer, in: Großkomm AktG, § 317 Rn. 25; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 317 Rn. 9; Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 317 Rn. 20 jeweils m.w.N. 7 Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 45, § 317 Rn. 17; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 317 Rn. 7; Krieger, in: MHdB AG, § 70 Rn. 130; H.-F. Müller, in: Spindler/Stilz AktG, § 317 Rn. 10; insoweit abweichend Fleischer, in: Großkomm AktG, § 317 Rn. 21; Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 317 Rn. 17; Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 317 Rn. 8. 8 Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 163 ff., 321; ders., in: FS Priester, S. 1 (12 ff.); ders., ZHR 171 (2007), 320 (330 ff.); ders., NJW 2008, 1553 (1554 f.); Brachvogel, Leitungsmacht und Verantwortlichkeit im Konzern, S. 94 f.; Fischbach, Die Haftung des Vorstands im Aktienkonzern, S. 179; Flume, Juristische Person, S. 89 f.; Hufnagel, Dogmatik der Haftung und Grenzen der Leitungsmacht, S. 98 ff., 105; Voigt, Haftung aus Einfluss auf die Aktiengesellschaft, S. 342 ff.; J. Wilhelm, Kapitalgesellschaftsrecht, Rn. 1328; ders., Rechtsform und Haftung, S. 223, 349 ff.; Will, Nachteilsausgleichsvereinbarungen, S. 46. 9 Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 320.

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jektiv festzustellenden) Nachteil für die abhängige Gesellschaft anzunehmen sei. Das Tatbestandsmerkmal der Veranlassung betreffe nach dieser Ansicht nur die haftungsbegründende Kausalität, die zwischen einem Handeln des herrschenden Unternehmens bzw. seiner Geschäftsleiter und der Geschäftsleitungsmaßnahme bei der abhängigen Gesellschaft bestehen müsse.10 Liegen ein nicht ausgeglichener Nachteil (Pflichtverstoß) und Veranlassung (Kausalität) vor, so werde das Verschulden der handelnden Geschäftsleiter der herrschenden Gesellschaft vermutet. Sie können sich nur exkulpieren, indem sie darlegen, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft ebenso gehandelt hätte, wie der durch sie beeinflusste Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft (§ 317 Abs. 2 AktG). § 317 Abs. 2 AktG enthalte somit eine dem § 93 Abs. 2 S. 2 AktG entsprechende Umkehr der Beweislast.11 Gelingt es dem Geschäftsleiter der herrschenden Gesellschaft nicht, den Beweis zu seiner Exkulpation zu führen, stehe die Haftung der herrschenden Gesellschaft (§ 317 Abs. 1 AktG) sowie des für sie handelnden Geschäftsleiters (§ 317 Abs. 3 AktG) dem Grunde nach fest. Der Inhalt des folglichen Schadensersatzanspruchs bestimme sich nach den §§ 249 ff. BGB. Ein Mindestschaden in Höhe des Nachteils, insbesondere bei als zu riskant bewerteten Geschäften, die sich wider Erwarten gewinnbringend entwickeln, sei entgegen der h.M. nicht zu ersetzen. Es komme daher auch bei ursprünglich angenommenem Nachteil mangels zu kompensierender Vermögenseinbuße bei der abhängigen Gesellschaft zu keiner Haftung der herrschenden Gesellschaft bzw. ihrer Geschäftsleiter gem. §§ 311, 317 AktG.12

III. Stellungnahme Die Enträtselung des Zusammenspiels von §§ 311, 317 AktG und damit auch der Frage nach der Dogmatik der aus ihnen folgenden Haftung ergibt sich, wenn man sich zunächst die Rolle der in faktischen Konzernverhältnissen beteiligten Akteure vor Augen führt und daran anknüpfend die historische Entwicklung der heutigen §§ 311 ff. AktG beleuchtet. Im faktischen Konzern stehen sich die Gesellschaften rechtlich gleichberechtigt gegenüber.13 Das bedeutet für den Vorstand der abhängigen Gesellschaft, dass er die Geschäfte eigenverantwortlich weiterführt, ohne dass er Einwirkungen seitens der Aktionäre (dem herrschenden Unternehmen) hinzunehmen hat (§ 76 Abs. 1 AktG). 10 Zum Ganzen Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 163 ff., 167; siehe auch § 2 B. Das veranlasste Rechtsgeschäft, S. 99 ff. 11 Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 163, § 317 Rn. 30; Flume, Juristische Person, S. 88 f.; J. Wilhelm, Kapitalgesellschaftsrecht, Rn. 1328. 12 Vgl. Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 183; ders., in: FS Priester, S. 1 (17 f.); Hufnagel, Dogmatik der Haftung und Grenzen der Leitungsmacht, S. 74 ff. 13 Vgl. nur Flume, Juristische Person, S. 124 ff.; J. Wilhelm, Rechtsform und Haftung, S. 221 ff.

§ 1 Der durch §§ 311, 317 AktG vermittelte Vermögensschutz

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Damit trifft der Vorstand der abhängigen AG grundsätzlich jede Entscheidung, auch solche zum Nachteil der AG, selbst und in eigener Verantwortung (§ 93 Abs. 2 AktG). Tatsächlich wird sich der Vorstand aber stets auch an den Interessen der herrschenden Gesellschaft, die ihn jedenfalls in personeller Hinsicht „in der Hand hat“, orientieren.14 An diese faktische Möglichkeit der herrschenden Gesellschaft, auf die Geschäfte der abhängigen Gesellschaft Einfluss zu nehmen, sie also in gewissem Maße – vermittelt über den Vorstand der abhängigen Gesellschaft – selbst zu führen, knüpfen die §§ 311, 317 AktG an: Die (faktische) Möglichkeit, die Geschäfte einer fremden juristischen Person, nämlich die der abhängigen AG, zu führen, geht freilich mit der Verpflichtung einher, bei ihrer Ausübung die Grenzen einer ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführung nicht zu überschreiten. Mithin begründen die §§ 311, 317 AktG ebenso eine Haftung für pflichtwidrige, schadensträchtige Geschäftsführung wie sie § 93 Abs. 2 AktG für den unmittelbar für die abhängige AG handelnden Vorstand anordnet, eben nur für die faktischen Geschäftsleiter in Person der Geschäftsleiter der herrschenden Gesellschaft. Die Einordnung als Haftung für pflichtwidrige Fremdgeschäftsführung bestätigt sich durch einen Blick in die Gesetzeshistorie des Rechts der faktischen Konzerne: Dass im Abhängigkeitsverhältnis die herrschende Gesellschaft ihre Interessen auch in der abhängigen Gesellschaft durchzusetzen versucht und daher die dortige Geschäftsleitung zu ihren Gunsten beeinflussen wird, ist für sich genommen bereits früh erkannt worden. Jedoch entsprach es bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts ganz herrschender Ansicht, dass die Einzelgesellschaft zugunsten der Gesamtheit Opfer bringen müsse und Minderheitsgesellschafter sich damit abzufinden hätten.15 Eine Usurpation der abhängigen Gesellschaft durch das herrschende Unternehmen war bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit (§§ 138, 826 BGB) zulässig. In Vorbereitung der Aktienrechtsreform 1965 zeigte sich im Referentenentwurf von 1958 die Tendenz, die Einflussnahme der herrschenden Gesellschaft auf die Geschäfte der abhängigen Gesellschaft gänzlich verbieten zu wollen, sofern sie nicht in Ausübung eines Beherrschungsvertrags erfolgt.16 Hierzu waren empfindliche Haftungsfolgen für das herrschende Unternehmen und die beteiligten Geschäftsleiter bei Missachtung vorgesehen (§ 284 RefE AktG). Infolge erheblicher Kritik an diesem Vorstoß17, der für mit der tatsächlichen wirtschaftlichen Situation unternehmerischer Verflechtungen unvereinbar gehalten wurde, sah der Regierungsentwurf von 1960 in §§ 300,

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Dazu unter Einführung § 1 A. I. Der Einfluss des Gesellschafters bei Abhängigkeit, S. 27 ff. 15 Vgl. Geiler, Die wirtschaftlichen Strukturwandlungen und die Reform des Aktienrechts, S. 20; Hachenburg, Die Beziehungen zwischen dem geltenden Aktienrecht und der heutigen deutschen Wirtschaft, in: Enquete-Ausschuß, 3. Arb.-Gruppe, Erster Teil, S. 44 (50); Haußmann, Grundlegung des Rechts der Unternehmenszusammenfassungen, S. 153. 16 Vgl. dazu Flume, Der Referentenentwurf eines AktG, S. 20 ff.; Hengeler/Kreifels, in: Beiträge zur Aktienrechtsreform, S. 11 (39 ff.). 17 Siehe die Nachweise in vorstehender Fn.

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306 RegE AktG weitgehend18 die den heutigen §§ 311, 317 AktG entsprechende Haftungsregelung vor. Zu diesen heißt es im Regierungsentwurf: [Die Lösung] geht davon aus, daß eine herrschende Gesellschaft – auch ohne das Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags oder einer 100 %igen Eingliederung der abhängigen Gesellschaft in die Obergesellschaft – Leitungsmacht gegenüber einer abhängigen Gesellschaft ausüben darf, soweit das von der abhängigen Gesellschaft verlangte Verhalten auch vom Standpunkt eines gewissenhaften Vorstands einer unabhängigen Gesellschaft nicht zu beanstanden wäre. Überschreitungen dieser begrenzten Leitungsmacht sollen die herrschende und die abhängige Gesellschaft sowie ihre Organe schadenersatzpflichtig machen.19

Die §§ 311, 317 AktG sind also vor dem Hintergrund zu verstehen, dass der herrschenden Gesellschaft bzw. ihren Geschäftsleitern eine faktische Leitungsmacht zusteht, die sie zur Geschäftsführung in der abhängigen Gesellschaft regelmäßig nutzen.20 Die Geschäftsführung darf jedoch nur so erfolgen, wie sie ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft auch ausüben würde. Die §§ 311, 317 AktG übertragen daher den Geschäftsleitern des herrschenden Unternehmens, die faktisch auch die Geschäfte in der abhängigen Gesellschaft führen können, bei ihrer dortigen Geschäftsführung das Pflichtenprogramm des § 93 AktG, der für sie nur mangels Organstellung in der abhängigen Gesellschaft keine Anwendung findet. Dies bestätigt der Regierungsentwurf, indem er bzgl. der Schadensersatzpflicht bei nachteiliger Einflussnahme im Konzern „die herrschende und die abhängige Gesellschaft sowie ihre Organe“ auf gleiche Stufe stellt, mithin einen gewissen Gleichlauf der Haftung der beteiligten Akteure aufstellen will.21 Für die Haftung der faktischen Geschäftsleiter, sc. die Geschäftsleiter des herrschenden Unternehmens, gem. §§ 311, 317 AktG kann daher nichts anderes gelten als für die Haftung des Geschäftsleiters gegenüber seiner eigenen Anstellungskörperschaft gem. § 93 Abs. 2 AktG: Sie haften für fehlerhafte Geschäftsführung, die bei §§ 311, 317 AktG in der Veranlassung zu einem nachteiligen Rechtsgeschäft besteht. Ganz im Sinne der Exkulpation gem. § 93 Abs. 2 S. 2 AktG können sich die Geschäftsleiter der herrschenden Gesellschaft ihrer Haftung nur noch gem. § 317 Abs. 2 AktG entziehen, indem sie darlegen, dass ein unabhängiger 18 Einzig der verzögerte Nachteilsausgleich gem. § 311 Abs. 2 AktG 1965 wurde erst nach kritischer Äußerung der Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft, die den zeitgleichen Ausgleich in engem wirtschaftlichem Zusammenhang für mit der Konzernpraxis unvereinbar hielten, aufgenommen. Dazu Altmeppen, in: FS Priester, S. 1 (11 f.). 19 Begr. RegE BT-Drucks. IV/171 vom 03. 02. 1962, S. 95, abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz 1965, S. 17. 20 Vgl. dazu auch die Begr. zur Vermutung der einheitlichen Leitung gem. § 18 Abs. 1 S. 3 AktG (§ 17 Abs. 1 S. 3 RegE), Begr. RegE BT-Drucks. IV/171 vom 03. 02. 1962, S. 101, abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz 1965, S. 33: „Im Wirtschaftsleben zeigt sich, daß herrschende Unternehmen ihren Einfluss in aller Regel zur Konzernbildung ausnutzen.“ 21 Der Gleichlauf der Haftung nach §§ 311, 317 AktG und § 93 Abs. 2 AktG bestätigt sich mit Blick auf die parallele Ausgestaltung von Verzicht, Verjährung und Vergleich, vgl. Altmeppen, in: MüKoAktG, § 317 Rn. 10.

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Geschäftsleiter ebenso gehandelt hätte, die fehlerhafte (faktische) Geschäftsführung daher unverschuldet ist. Die Haftung der herrschenden Gesellschaft selbst nach § 317 Abs. 1 AktG ist Folge davon, dass sie sich als Anstellungskörperschaft ihrer Geschäftsleiter, die faktisch Geschäfte bei der abhängigen Gesellschaft geführt haben, deren Fehlverhalten und Verschulden zurechnen lassen muss (§ 31 BGB).22

IV. Folgen der Haftungsdogmatik der §§ 311, 317 AktG für die weitere Untersuchung Es hat sich gezeigt, dass die zu untersuchende Problematik der aufsteigenden Sicherheiten nicht allein darauf geprüft werden kann, ob sie gem. § 311 Abs. 1 AktG nachteilig ist oder nicht. § 311 AktG stellt nur insoweit eine Schranke dar, dass eine hiernach wegen ihrer Nachteilhaftigkeit unzulässig bestellte Sicherheit zur Schadensersatzhaftung der beteiligten Akteure, insbesondere der Geschäftsleiter, führen kann. Die Sicherheitenbestellung ist daher in den gesamten Haftungskomplex der §§ 311, 317 AktG einzuordnen, um zu klären, wann die Akteure das Risiko der Haftung eingehen und sie daher von einer Sicherheitenbestellung absehen bzw. unter welchen Voraussetzungen sie diese vornehmen sollten. Es wird zunächst zu untersuchen sein, ob eine dem § 311 AktG unterfallende Abhängigkeitskonstellation vorliegt, das herrschende Unternehmen die abhängige Gesellschaft zur Sicherheitenbestellung veranlasst hat, die Sicherheitenbestellung nachteilig ist und der abhängigen Gesellschaft hierfür kein Ausgleich gewährt wurde. Diese Tatbestandsmerkmale führen dazu, dass es sich bei der Sicherheitenbestellung um ein nach § 311 Abs. 1 AktG unzulässiges Rechtsgeschäft handelt und sich die beteiligten Geschäftsleiter sowie das herrschende Unternehmen dem Haftungsrisiko ausgesetzt sehen. Letzteres realisiert sich, wenn der abhängigen Gesellschaft aus dem nicht ausgeglichenen Nachteil ein Schaden entstanden ist und sich die veranlassenden Geschäftsleiter des herrschenden Unternehmens nicht nach § 317 Abs. 2 AktG durch den Beweis, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter ebenso gehandelt hätte, exkulpieren können.

B. Reichweite des Vermögensschutzes der §§ 311, 317 AktG Infolge des MoMiG im Jahre 2008 und der darin enthaltenen Neuregelung des § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG (§ 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG), nach dem ein Verstoß gegen das Kapitalerhaltungsgebot bei solchen Leistungen abzulehnen ist, die durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gedeckt sind, scheint das Verhältnis von Vermögensschutz durch Kapitalerhaltung (§ 57 Abs. 1 und 3 AktG) und konzernrechtlichem Schädigungsverbot (§§ 311, 317 AktG), insbeson22

Zutreffend Altmeppen, in: FS Priester, S. 1 (8).

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dere bei Finanzierungsgeschäften, unklar geworden zu sein. Es trat die These auf, die bilanzielle Betrachtungsweise des § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG sei als ausschließliches Kriterium für die Prüfung eines Nachteils i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG heranzuziehen.23 Sofern Vollwertigkeit i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG vorliegt, fehle es bei Konzernfinanzierungsgeschäften auch an einem Nachteil i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG.24 Da die §§ 311 ff. AktG allgemein eine Privilegierungswirkung gegenüber den Kapitalerhaltungsregeln haben, können aus ihnen keine strengeren Voraussetzungen resultieren als aus dem reformierten Kapitalschutzrecht selbst. Ggf. seien die §§ 311 ff. AktG teleologisch zu reduzieren, sofern sie strengere Voraussetzungen aufstellen als die Kapitalerhaltung.25 Aus der Neuregelung zur Kapitalerhaltung soll sich daher auch eine Eingrenzung des Nachteilsbegriffs ergeben.26 Auch der BGH tendierte in seinem MPS-Urteil aus dem Jahre 2008 in diese Richtung, indem er behauptet, dass im Rahmen der als Privilegierung gegenüber § 57 AktG gedachten §§ 311, 317 AktG keine strengeren Maßstäbe gelten können, als jene, die die Neuregelung in § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG der Konzernfinanzierung vorgibt.27 Dieser vermeintliche Gleichlauf beider Vorschriften, der § 311 AktG im Rahmen der Konzernfinanzierung jeden eigenständigen Anwendungsbereich entziehen soll, ist genügender Anlass dazu, sich die Schutzzwecke beider Normen vor Augen zu führen. Nur mit dem richtigen Verständnis des Vermögensschutzes in der abhängigen AG im Vergleich zur unverbundenen AG, lässt sich die Bestellung aufsteigender Sicherheiten in das konzernrechtliche Schädigungsverbot gem. §§ 311, 317 AktG einordnen.

I. Der Vermögensschutz in der unverbundenen AG 1. Objektive Reichweite der Kapitalbindung Kapitalaufbringung und -erhaltung sind die grundlegenden Prinzipien der Kapitalgesellschaft, mithin auch die Wesensmerkmale der AG. Vor dem Hintergrund einer fehlenden persönlichen Haftung der Anteilseigner (§ 1 Abs. 1 S. 2 AktG) 23

So Drygala, in: KölnKomm AktG, § 57 Rn. 114; Drygala/Staake/Szalai, Kapitalgesellschaftsrecht, § 31 Rn. 24; Winter, DStR 2007, 1484 (1489): Umkehr des Spezialitätsverhältnisses zwischen § 57 AktG und § 311 AktG. 24 So jedenfalls für das Ausfallrisiko bei Konzernfinanzierungsgeschäften Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 47a, Rn. 83; ders., ZGR 2009, 347 (356 f., 359); Kiefner/ Theusinger, NZG 2008, 801 (806); Winter, DStR 2007, 1484 (1489); Wand/Tillmann/Heckenthaler, AG 2009, 148 (156 f.). 25 Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 179; Drygala, in: KölnKomm AktG, § 57 Rn. 114; ähnlich Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1293); i.E. ebenso Mülbert/Sajnovits, WM 2015, 2345 (2352). 26 So z. B. Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 46 Rn. 18; siehe auch Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 311 Rn. 29, der jedoch an selber Stelle einräumt, dass § 311 insbesondere wegen der mit dem Ausfallrisiko einhergehenden Selbstgefährdung der abhängigen Gesellschaft doch über § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG hinausgehende Anforderungen setzt. 27 BGHZ 179, 71 (77 f.) = NZG 2009, 107 (108) – Rz. 12 (MPS).

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rechtfertigen sie erst die eigene Rechtspersönlichkeit der AG und ihre Qualität als juristische Person (§ 1 Abs. 1 S. 1 AktG). Die zentrale Vorschrift der Kapitalbindung, § 57 AktG, umschreibt mit dem Begriff der Einlagenrückgewähr dieses Grundprinzip jedenfalls missverständlich. Es ist nicht verboten, das, was im Zusammenhang mit der Gründung oder Kapitalerhöhung als Einlagepflicht begründet und anschließend an die AG geleistet wurde, an die Aktionäre auszukehren. Es besteht nach § 57 Abs. 1 S. 1 AktG gerade kein gegenständlicher Vermögensschutz.28 Nach § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG verboten sind alle Leistungen an einen Aktionär, die nicht in der ordnungsgemäßen Ausschüttung des Bilanzgewinns erfolgen. Gleichgültig ist, ob dadurch das Grundkapital (§ 1 Abs. 2 AktG), die gesetzlichen Rücklagen (§§ 150, 300 AktG) oder die freien Rücklagen ohne wirksamen Ausschüttungsbeschluss (§ 174 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2 AktG) geschmälert werden.29 Vielmehr ist nach § 57 AktG das gesamte Vermögen der Aktiengesellschaft in seinem Wert gebunden.30 Folglich kann eine Einlagenrückgewähr nicht nur in der Auszahlung von Gesellschaftsvermögen bestehen, sondern ist bei jeder Leistung an einen Aktionär anzunehmen, der keine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht und daher das Gesellschaftsvermögen vermindern kann.31 Daraus lassen sich zwei Kategorien der nach § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG verbotenen Einlagenrückgewähr ableiten: Bei sog. offenen Ausschüttungen fließt im Rahmen einseitiger Rechtsgeschäfte Vermögen an den Aktionär, beispielsweise in Form von Dividendenzahlungen ohne wirksamen Gewinnverwendungsbeschluss bzw. ohne Dividendenrecht oder als Halte- bzw. Präsenzboni.32 Sog. verdeckte Vermögenszuwendungen vollziehen sich in Form von zweiseitigen Rechtsgeschäften zwischen Aktionär und AG, bei denen zugunsten des Aktionärs ein objektives Missverhältnis zwischen der Leistung der AG und der Gegenleistung des Aktionärs besteht. Entscheidend ist, dass § 57 AktG Austauschgeschäfte nicht verbietet, sie jedoch nur unter marktüblichem Leistungsaustausch gestattet, wobei eine Leistungsbewertung anhand von Marktpreisen, Wiederbeschaffungswerten oder anerkannten Bewertungsmethoden wie z. B. dem IdW Standard 1 vorgenommen werden kann.33 Ob der geleistete vermögenswerte Gegenstand in bilanztechnischer Hinsicht aktivierungsfähig bzw. aktiviert war, ist für § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG nicht maßgeblich, solange er nur seinem Werte

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Statt aller Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 10 f. Vgl. Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 8. 30 AllgM, vgl. Ballerstedt, Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften, S. 122 f.; Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 11; Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 Rn. 15 f.; Drygala, in: KölnKomm AktG, § 57 Rn. 16 f., 48 f.; Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 57 Rn. 2. 31 Vgl. bereits BGHZ 31, 258 (276) = NJW 1960, 285. 32 Siehe nur Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit AktG, § 57 Rn. 11. 33 Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 57 Rn. 10 m.w.N. 29

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nach vorhanden war und es anschließend nicht mehr ist.34 Für die Frage, ob der Leistung ein vermögensmäßig gleichwertiger Ausgleich gegenübersteht, soll es im Zuge des § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG hingegen sehr wohl auf bilanzielle Maßstäbe ankommen.35 2. Schutzrichtung der aktienrechtlichen Kapitalbindung Wer von der wertmäßigen Vermögensbindung profitieren soll, also welche Schutzziele sie verfolgt, ist umstritten. Während nach herkömmlicher Sichtweise die Kapitalbindung sowohl dem Gläubigerschutz als auch der Gleichbehandlung der Aktionäre dient36, zielt sie nach einer im Aufstreben befindlichen Auffassung ausschließlich auf den Gläubigerschutz ab, wobei andere Schutzsubjekte lediglich reflexartig erfasst werden.37 Um den Vermögensschutz des § 57 AktG von dem der §§ 311, 317 AktG abgrenzen zu können, bedarf die Schutzrichtung der Kapitalbindung nach § 57 AktG einer genaueren Untersuchung. a) Gläubigerschutz Konsens besteht zwischen den obigen Ansichten im gläubigerschützenden Zweck der aktienrechtlichen Kapitalbindung. Indem den Gläubigern der Gesellschaft durch das haftende Kapital eine Zugriffsmasse zur Verfügung steht, rechtfertigt sich die fehlende persönliche Haftung der Anteilseigner (§ 1 Abs. 1 S. 1 AktG).38 Insoweit ist die Kapitalbindung das Korrelat der rechtlichen Verselbstständigung von Vermögen in der Kapitalgesellschaft. Zwar wird vertreten, dass ausreichender Gläubigerschutz bereits durch die Bindung des Grundkapitals einschließlich der gesetzlichen Rücklage (§ 150 AktG) verwirklicht werde, mithin die freien Rücklagen keiner solch strengen Bindung 34 Siehe nur Henze, in: Großkomm AktG, § 57 Rn. 11, 57; vgl. auch Stimpel, in: FS 100 Jahre GmbHG, S. 335 (339). 35 Dazu sogleich unter § 1 B. I. 3. a) Auswirkungen des MoMiG auf die objektive Reichweite der Kapitalerhaltung, S. 84 f. 36 BGHZ 190, 7 (14 ff.) = NJW 2011, 2719 (2721) – Rz. 19 (Dritter Börsengang); Ballerstedt, Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften, S. 132 ff.; Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 2; Drygala, in: KölnKomm AktG, § 57 Rn. 13; Henze, in: Großkomm AktG, § 57 Rn. 7; Schön, in: FS Röhricht, S. 559 (560 ff.). Vorstehende Autoren erkennen als weitere Schutzziele zudem die Sicherung der aktienrechtlichen Organkompetenzen und die Gewährleistung eines zutreffenden Gewinnausweises an. 37 Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 12 ff.; ders./v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 Rn. 6; Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 57 Rn. 3; ders., WM 2007, 909 (910); Gross-Langenhoff, Vermögensbindung im Aktienrecht, S. 87 ff., 137; Kropff, NJW 2009, 814 (815); Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 38; ähnlich OLG Koblenz AG 2007, 408 (408 f.); OLG Hamburg AG 2010, 502 (504) – Rz. 73. 38 Statt aller Henze, in: Großkomm AktG, § 57 Rn. 7.

§ 1 Der durch §§ 311, 317 AktG vermittelte Vermögensschutz

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unterliegen müssen.39 Hieraus zu schließen, dass bzgl. der freien Rücklagen durch § 57 AktG nur die aktienrechtliche Kompetenzordnung und der Schutz des richtigen Gewinnausweises gewahrt werden soll, und dadurch der Norm in diesem Bereich ihren gläubigerschützenden Charakter abzusprechen, geht hingegen zu weit.40 Richtig ist, dass die freien Rücklagen jederzeit im Rahmen einer ordentlichen Gewinnausschüttung nach Beschluss der Hauptversammlung ausgeschüttet werden können, ohne dass die Gläubiger in der Lage sind, ein solches Vorgehen zu verhindern. Jedoch ist es gar nicht das Ziel von § 57 AktG, Vermögen über einen (zulässigen) Ausschüttungsbeschluss hinaus zu schützen. Vor einem solchen Beschluss, der zunächst mit der hinreichenden Mehrheit zustande kommen muss, bleibt hingegen sämtliches Vermögen, auch der Bilanzgewinn, in der AG zugunsten der Gläubiger gebunden. In dem streng formalisierten und publizitätspflichtigen Ausschüttungsbeschluss liegt gerade der Kompromiss zwischen den Vermögensinteressen der Aktionäre und den Sicherungsinteressen der Gläubiger, die auch vom freien Vermögen profitieren sollen, solange kein wirksamer Ausschüttungsbeschluss gefasst wurde. Wer argumentiert, die freien Rücklagen seien auch vor ihrer Ausschüttung nicht nach § 57 AktG gläubigerschützend, muss dies konsequent auch für das Grundkapital vertreten, das nach § 222 AktG mit entsprechender Mehrheit ebenso herabgesetzt und (teilweise) an die Aktionäre zurückgezahlt werden kann.41 Dass das aktienrechtliche Grundkapital und dessen Bindung durch § 57 AktG nicht gläubigerschützend sei, vertritt selbstverständlich niemand. Im Ergebnis entfaltet § 57 AktG damit hinsichtlich aller von ihm erfassten Kapitalpositionen eine gläubigerschützende Wirkung. b) Schutz von (Minderheits-)Aktionären Die Ansicht, die § 57 AktG den Zweck zuspricht, Minderheitsaktionäre zu schützen42, zieht vorwiegend drei Aspekte zur Begründung dieser Schutzrichtung heran. aa) Minderheitenschutz durch formalisiertes Ausschüttungsverfahren Zunächst wird vorgebracht, dass die strenge Vermögensbindung gem. § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG ausschließlich Zahlungen an die Aktionäre nach einem Ausschüttungsbeschluss erlaubt, der in einem formalisierten Verfahren in der Hauptversammlung zustande kommen muss. Durch diesen formalisierten Ausschüttungsprozess werde Transparenz hergestellt und damit eine Ungleichbehandlung von 39 Henze, NZG 2005, 115 (120); ders., WM 2005, 717 (721); Schön, in: FS Röhricht, S. 559 (563); grundlegend J. Wilhelm, in: FS Flume II, S. 337 (348 ff.). 40 So aber Schön, in: FS Röhricht, S. 559 (562 ff.): Gläubigerschutz als „Reflex“. 41 Eine entsprechende Sicherung der Gläubiger gem. § 225 AktG vorausgesetzt. 42 Siehe die Nachweise in Fn. 36.

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Aktionären bei der Gewinnverwendung vermieden.43 Jedoch wird eben dieses formalisierte Ausschüttungsverfahren in den §§ 172 ff. AktG geregelt, den man durchaus den behaupteten Schutzzweck zusprechen kann. Dass § 57 AktG das noch nicht ausgeschüttete Vermögen in der AG bindet, ist keine Ausprägung eines formalisierten Ausschüttungsverfahrens und damit des Aktionärsschutzes. Umgekehrt kommt in der Bindung auch des noch nicht ausgeschütteten, aber ausschüttbaren Kapitals zum Ausdruck, dass die Gläubiger hiervon noch solange profitieren sollen, bis das gebundene Kapital in einem rechtmäßigen Verfahren ausgeschüttet wird.44 Der durch das formalisierte Ausschüttungsverfahren durchaus bezweckte Minderheitenschutz wird daher allenfalls in Zusammenschau mit anderen Regelungsinstituten (§§ 172 ff., § 53a AktG) erreicht, ist allerdings nicht unmittelbar aus § 57 AktG abzuleiten. bb) Minderheitenschutz durch Verbot verdeckter Vermögenszuwendungen Ein in § 57 AktG liegender Minderheitenschutz soll sich weiter daraus ergeben, dass die Norm verdeckte Vermögenszuwendungen insgesamt verbietet und dadurch die Aktionäre bei der späteren Gewinnausschüttung vor der Ungleichbehandlung bewahrt werden, dass einzelne von ihnen bereits im Voraus durch verdeckte Vermögenszuwendungen Gewinn abgeschöpft haben.45 Ob aus dem Verbot der verdeckten Gewinnausschüttung tatsächlich ein eigener Minderheitenschutz zu folgern, oder ob die beschriebene Schutzwirkung für Aktionäre nicht vielmehr ein Nebeneffekt des zuvörderst intendierten Gläubigerschutzes ist, bedarf der Auslegung. Dafür ist zunächst die Gesetzeshistorie der Kapitalerhaltungsvorschriften zu beleuchten. Zur Aktienrechtsnovelle durch das HGB von 1897 sah § 180 des Ersten Entwurfs des Reichsjustizamtes von 1895 vor, dass Gesellschafter, die unzulässige Auszahlungen erhalten haben, in Höhe der empfangenen Leistungen den Gesellschaftsgläubigern gegenüber für Verbindlichkeiten der Gesellschaft unmittelbar haften. Die Begründung führte hierzu aus: Das Vermögen der AG bildet den einzigen Gegenstand der Befriedigung für die Gesellschaftsgläubiger, und wenn Theile dieses Vermögens in ungesetzlicher Weise, insbesondere durch Auszahlung eines in Wirklichkeit nicht erzielten Gewinns oder durch Rückzahlung von Einlagen, den Aktionären ausgeantwortet werden, so ist die Haftung der letzteren gegenüber den Gesellschaftsgläubigern gerechtfertigt; die Verantwortlichkeit der Gesellschaftsorgane reicht zur Sicherung der Gläubiger nicht aus.46

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So Servatius, in: Wachter AktG, § 57 Rn. 5; ähnlich Drygala, in: KölnKomm AktG, § 57 Rn. 18. 44 Ähnlich Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 31. 45 Henze, in: Großkomm AktG, § 57 Rn. 7; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 57 Rn. 1. 46 Begr. zum Entwurf des Reichsjustizamtes von 1895, abgedruckt bei Schubert/Schmiedel/ Krampe, Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, Bd. 2/1, S. 119.

§ 1 Der durch §§ 311, 317 AktG vermittelte Vermögensschutz

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Dieses Prinzip wurde in § 217 Abs. 1 HGB 1897 mit wortgleicher Begründung übernommen.47 Auch § 56 Abs. 1 AktG 1937 ordnete als Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die Vermögensbindung die unmittelbare Haftung des Empfängers den Gesellschaftsgläubigern gegenüber an.48 Dass die Vermögensbindung nach diesen Vorschriften ausschließlich dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger dienen sollte, ist mangels anderer von den Rechtsfolgen eines Verstoßes begünstigter Personenkreise offensichtlich. Erst zur Aktienrechtsreform 1965 wurde auf Vorschlag des Rechtsausschusses hin als primäre und einzige Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die Vermögensbindung ein Rückgewähranspruch der Gesellschaft selbst angeordnet (§ 62 Abs. 1 AktG 1965), der aber von den Gesellschaftsgläubigern durchgesetzt werden kann (§ 62 Abs. 2 AktG 1965). Die ursprünglich unmittelbare Aktionärshaftung wird somit auf die AG kanalisiert, damit die Zuwendung nach der Rückgewähr wieder der Gesamtheit der Gläubiger zum Zwecke ihrer Befriedigung zur Verfügung steht.49 Mit dieser Modifikation mag sich die Geltendmachung der Aktionärshaftung infolge einer verbotswidrigen Auszahlung geändert haben, nicht jedoch ihr ursprünglich einziges Anliegen, einen Haftungsfonds zur Gläubigerbefriedigung zu erhalten.50 Ob § 57 AktG eigene Elemente des Minderheitenschutzes enthält, wird mit Blick auf die Gesetzessystematik umso zweifelhafter. Bereits an § 271 Abs. 1 AktG wird deutlich, dass das (gebundene) Kapital der AG zuvörderst zur Befriedigung der Gläubiger einzusetzen ist, die Aktionäre erst nach vollständiger Befriedigung hiervon profitieren sollen. Darüber hinaus ist die hier aufgeworfene Problematik der verdeckten Vermögenszuwendung der Musterfall der Gewährung eines Sondervorteils für Großaktionäre.51 Für den Fall, dass Mehrheitsmacht zur Veranlassung nachteiliger Rechtsgeschäfte ausgenutzt wird, sieht jedoch das Konzernrecht in den §§ 291 ff. AktG, insbesondere die §§ 311, 317 AktG, die bei bloßer Abhängigkeit greifen, besondere Schutzmechanismen zugunsten der Minderheitsaktionäre vor, sodass es keines eigenen Minderheitenschutzes aus § 57 AktG bedarf. Für den Fall, dass eine verdeckte Vermögenszuwendung nicht auf die Veranlassung eines Mehrheitsgesellschafters zurückzuführen ist, ist sie dennoch nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG verboten und nach § 62 Abs. 1 AktG zurückzugewähren.52 Dass § 53a AktG ausschließlich zum Schutz der (Minderheits-)Aktionäre besteht, hingegen § 57 AktG auf den Gläubigerschutz abzielt, zeigt der Fall, dass eine verdeckte Vermögenszuwendung, beispielsweise ein Geschäft unter Marktpreis, mit 47 Vgl. dazu die Denkschrift zum Entwurf eines HGB, abgedruckt bei Schubert/Schmiedel/ Krampe, Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, Bd. 2/2, S. 1061 f. 48 Daneben ordnete § 56 Abs. 3 AktG 1937 als sekundäre Rechtsfolge bereits einen Rückgewähranspruch der Gesellschaft selbst an. 49 Vgl. Ausschussbericht zu § 62 AktG, abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz 1965, S. 83. 50 Zum Ganzen Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 Rn. 7 f. 51 Mestmäcker, Verwaltung, Konzerngewalt und Rechte der Aktionäre, S. 238. 52 Götze, in: MüKoAktG, § 53a Rn. 34; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 53a Rn. 12 jew. m.w.N.

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allen Aktionären gleichermaßen vorgenommen wird. Ein solches Geschäft ist mangels Benachteiligung nicht mehr nach § 53a AktG verboten, selbstverständlich trotzdem von § 57 AktG erfasst und die Leistungen nach § 62 Abs. 1 S. 1 AktG zurückzugewähren bzw. die Geschäfte an marktübliche Konditionen anzupassen, da andernfalls die Haftungsmasse zulasten der Gläubiger geschmälert wäre. Minderheitenschutz in Vermögenssachen erreicht das AktG somit primär über die §§ 291 ff. AktG sowie § 53a AktG, nicht hingegen über die Vermögensbindung nach § 57 AktG.53 Abschließend zur Gesetzessystematik zeigt der Blick auf die Rechtsfolgenseite eines Kapitalerhaltungsverstoßes, dass die Rückzahlungspflicht nach § 62 Abs. 1 S. 1 AktG nach § 62 Abs. 2 S. 1 AktG auch von den Gläubigern der Gesellschaft im Wege der Prozessstandschaft geltend gemacht werden kann, nicht jedoch von den anderen Aktionären.54 Hingegen sehen §§ 309 Abs. 4 S. 1, 310 Abs. 4, 317 Abs. 4 AktG durchaus ein Klagerecht der Aktionäre im Fall der verdeckten Vermögenszuwendung an einen dem Konzernrecht unterfallenden Mehrheitsaktionär vor.55 Damit ist klar, dass § 57 AktG auch den hier problematisierten Fall der verdeckten Vermögenszuwendungen allein aus Gläubigerschutzzwecken verbietet. Dass dadurch auch Aktionäre profitieren, die unter anderem höhere Bilanzgewinne erwarten können, wenn Vermögen nicht im Voraus verdeckt ausgeschüttet wurde, zeigt sich folglich als bloßer Reflex des beabsichtigten Gläubigerschutzes. cc) Minderheitenschutz als Telos der Zweiten Kapitalrichtlinie Letztlich ziehen die Befürworter eines eigenständigen Minderheitenschutzes in § 57 AktG die Zweite Kapitalrichtlinie56 und ihre bereits in den Erwägungsgründen erkennbare aktionärsschützende Zielsetzung heran. Besondere Betonung beim Thema Aktionärsschutz erfahren das Bezugsrecht bei Kapitalerhöhungen gem. Art. 33 RL 2012/30/EU und das Gleichbehandlungsgebot gem. Art. 46 RL 2012/30/ EU.57 Ob der deutsche Gesetzgeber im AktG diese aktionärsschützenden Vorgaben ausreichend umgesetzt hat, lässt sich nur anhand einer Gesamtbetrachtung der nationalen aktienrechtlichen Regelungen bewerten. Im deutschen Aktienrecht stehen 53

Ebenso Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 32 f. Ausführlich zur Rechtsverfolgung durch die Aktionäre Henze, in: Großkomm AktG, § 62 Rn. 54 ff. 55 Vgl. dazu Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 34. 56 Zweite Richtlinie 77/91/EWG des Rates vom 13. Dezember 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die die Mitgliedsstaaten den Gesellschaften im Sinne des § 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABl. EU Nr. L 26 vom 31. 1. 1977, S. 1 ff., geändert in die gleichnamige Richtlinie 2012/30/EU vom 25. Oktober 2012, ABl. EU Nr. L 315 vom 14. 11. 2012, S. 74 ff. 57 Vgl. dazu Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 2; Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, § 6 Rn. 4; Lutter/Bayer/Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, Rn. 19.4 jew. m.w.N. aus der Rechtsprechung des EuGH. 54

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neben dem Bezugsrecht nach § 186 AktG, das die Vorgaben des Art. 33 RL 2012/30/ EU sogar überschießend umsetzt58 und dem Gleichbehandlungsgebot des § 53a AktG auch die konzernrechtlichen Schutzvorschriften zur Verfügung, sodass kein Anlass besteht, den von der Kapitalrichtlinie intendierten Aktionärsschutz in die Vermögensbindung nach § 57 AktG hineinlesen zu müssen. Im Gegenteil spricht eine europarechtliche Auslegung des § 57 AktG sogar gegen eine Aufladung der Kapitalerhaltung mit aktionärsschützenden Zielen, wenn man bedenkt, dass Art. 17 Abs. 1, Abs. 4 RL 2012/30/EU nur eine offene Kapitalausschüttung verbietet. Die von den Befürwortern eines kapitalerhaltungsrechtlichen Aktionärsschutzes häufig herangezogenen verdeckten Vermögenszuwendungen sind, soweit sie § 57 AktG verbietet, ein Spezifikum des deutschen Rechts.59 Gerade in diesem überschießend umgesetzten Teil des § 57 AktG einen europarechtlich determinierten Aktionärsschutz erblicken zu wollen, erscheint widersinnig. Die allgemeine aktionärsschützende Zielsetzung der Kapitalrichtlinie kann angesichts ihrer Verwirklichung in zahlreichen anderen Normen des AktG daher nichts am richtigen Verständnis des § 57 AktG als Schutzvorschrift zum Erhalt einer Haftungsmasse zugunsten der Gesellschaftsgläubiger ändern.60 c) Ergebnis zur Schutzrichtung des § 57 AktG Durch die strenge, wertmäßige Vermögensbindung des § 57 AktG werden primär gläubigerschützende Zwecke verfolgt. Der vermögensmäßige Schutz von (Minderheits-)Aktionären ist Aufgabe anderer Vorschriften, beispielsweise des § 53a AktG bzw. des Konzernrechts (§§ 291 ff. AktG). Sofern auch Aktionäre von der strengen Vermögensbindung des § 57 AktG profitieren, insbesondere bei verdeckten Gewinnausschüttungen, ist dies ein bloßer Reflex des kapitalerhaltungsrechtlichen Gläubigerschutzes, nicht jedoch ein eigenständiger Schutzzweck. 3. Funktion der aktienrechtlichen Kapitalbindung nach dem MoMiG Um Gegenstand und Schutzrichtung der aktienrechtlichen Kapitalbindung abschließend determinieren zu können, bedarf es noch einer Analyse der neuesten, tiefgreifenden Änderung der Kapitalerhaltungsvorschriften durch das MoMiG.

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Siehe nur Schürnbrand, in: MüKoAktG, § 186 Rn. 18. Dazu Fleischer, WM 2007, 909 (911). Im Ergebnis ebenso Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 37.

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a) Auswirkungen des MoMiG auf die objektive Reichweite der Kapitalerhaltung Wie weiter oben dargelegt, kommt eine Einlagenrückgewähr in Form der offenen Ausschüttung und der verdeckten Vermögenszuwendung in Betracht. Während erstere stets unzulässig sind, galt es bei letzteren, sie von marktüblichen Drittgeschäften abzugrenzen. Zur Bewertung von Leistung und Gegenleistung sind Faktoren wie der Marktpreis oder anerkannte Bewertungsmethoden heranzuziehen, um damit das Geschäft mit dem Aktionär einem vergleichbaren Drittgeschäft mit einem Nichtgesellschafter gegenüber zu stellen (Drittvergleich).61 Der durch das MoMiG eingefügte § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG erklärt nun auch Geschäfte mit dem Aktionär, die nicht dem Drittvergleich standhalten, für mit der Kapitalbindung vereinbar, sofern die Leistung der Gesellschaft durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Aktionär gedeckt ist. Noch im „November-Urteil“ machte der BGH im Fall einer GmbH in der Unterbilanz klar, dass in dieser Situation eine Darlehensvergabe gegen die Kapitalerhaltung nach § 30 GmbHG verstoße, auch wenn ihr ein vollwertiger Rückzahlungsanspruch gegenüberstehe. Bei bestehender Unterbilanz sei ein Tausch von liquiden Mitteln gegen einen zeitlich verzögerten, schuldrechtlichen Rückzahlungsanspruch nicht mit der Kapitalerhaltung vereinbar, die in einer solchen Situation nicht nur den bilanziellen Wert des Gesellschaftsvermögen wahren, sondern auch dessen reale Substanz zusammenhalten soll.62 Der Gesetzgeber des MoMiG ordnete daran anknüpfend jedoch mit der Einführung des § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG bzw. des § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG zur Prüfung des vollwertigen Gegenleistungsanspruchs eine bilanzielle Betrachtungsweise an.63 Da dies aufgrund des dem deutschen Bilanzrecht zugrundeliegenden Vorsichtsprinzips64 zu deutlich hinter dem Marktwert zurückbleibender Buchwerte der veräußerten Vermögensgegenstände und damit auch zu geringeren Anforderungen an den Gegenleistungsanspruch führen kann, wird die bilanzielle Betrachtungsweise in Ausnahmefällen um einen Drittvergleich angereichert, um beispielsweise stille Reserven bei der Bewertung der Gegenleistung zu berücksichtigen (Paradigma: Verkauf eines abgeschriebenen PKW zum Buchwert).65 Nichtsdestoweniger negiert das MoMiG vollständig einen gegenständlichen Vermögensschutz und spricht der Kapitalerhaltung die ausschließliche Aufgabe zu, das Gesellschaftsvermögen rechnerisch, d. h. bilanziell, zu er-

61 Siehe oben B. I. 1. Objektive Reichweite der Kapitalbindung, S. 76 f. Ausführlich dazu Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 51 ff.; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 57 Rn. 8 ff.; insbesondere zum Drittvergleich Flume, ZHR 144 (1980), 18 (19 ff.). 62 BGHZ 157, 72 (76) = NJW 2004, 1111 („November-Urteil“). 63 Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140 vom 25. 07. 2007, S. 41; dazu Seibert, GmbHR 2007, 673: „Leitmotiv der Reform“. 64 Statt aller Tiedchen, in: MüKoBilanzR, § 252 HGB Rn. 47 ff. 65 Vgl. die Gegenüberstellung bei Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 47 ff.

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halten.66 Einen über den betragsmäßigen Kapitalschutz hinausgehenden Vermögensschutz gewährleisten die Kapitalerhaltungsvorschriften damit gerade nicht mehr. b) Auswirkungen des MoMiG auf die Schutzrichtung der Kapitalerhaltung Dass die gläubigerschützende Zielsetzung der Kapitalerhaltung gem. § 57 AktG durch die Neuregelungen des MoMiG aufgehoben wurde, liegt fern. Das MoMiG zielt darauf ab, die GmbH im Vergleich zu ausländischen Rechtsformen attraktiver zu gestalten, aber gleichzeitig den Missbrauch dieser Rechtsform durch das gezielte Ausnutzen des kapitalgesellschaftsrechtlichen Prinzips der Vermögensverselbstständigung zu Lasten der Gläubiger zu verhindern.67 Dass umgekehrt durch das MoMiG ein besonderer Schutz für Minderheitsgesellschafter begründet wurde liegt ebenso fern: Die Profiteure der gelockerten Kapitalbindung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG bzw. § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG sind ausweislich der Gesetzesbegründung Mehrheitsgesellschafter, die vor allem in Konzernkonstellationen zur sinnvollen Gestaltung der Konzerninnenfinanzierung berechtigt werden sollen.68 Bezüglich der Kapitalerhaltungsvorschriften wird die Position der Mehrheitsgesellschafter damit sogar gestärkt. Der ausschließliche Zweck der Kapitalerhaltung, Gesellschaftsgläubiger zu schützen, besteht damit nach dem MoMiG unverändert fort.

II. Der Vermögensschutz in der abhängigen AG 1. Objektive Reichweite des durch §§ 311, 317 AktG vermittelten Vermögensschutzes Um den Vermögensschutz durch die Kapitalerhaltung mit dem durch §§ 311, 317 AktG vermittelten Vermögensschutz vergleichen zu können, muss zunächst der Schutzgegenstand des konzernrechtlichen Schädigungsverbots herausgearbeitet werden. Anschließend ist das Zusammenspiel beider Schutzinstrumente zu beleuchten.

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Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140 vom 25. 07. 2007, S. 52 i.V.m. S. 41; vgl. zu diesem Schluss Drygala, in: KölnKomm AktG, § 57 Rn. 48 f.: Auf „materielle Aufladung“ ist zu verzichten. 67 Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140 vom 25. 07. 2007, S. 25. 68 Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140 vom 25. 07. 2007, S. 41.

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a) Bestimmung des objektiven Schutzbereichs der §§ 311, 317 AktG Besondere Bedeutung bei der Frage nach dem objektiven Schutzbereich der §§ 311, 317 AktG kommt der Abgrenzung zum objektiven Schutzbereich der Kapitalerhaltung zu. Wie dargestellt, sorgt die Kapitalerhaltung nach dem MoMiG lediglich für einen betragsmäßigen Kapitalschutz. Ihr ausschließlicher Schutzgegenstand ist das bilanzielle Vermögen der Gesellschaft, das es rein rechnerisch zu erhalten gilt.69 Die Abgrenzung und damit die genaue Determinierung des Schutzbereichs der §§ 311, 317 AktG erfolgt im Wege der Auslegung. aa) Wortlautvergleich von § 57 AktG und §§ 311, 317 AktG Nach § 57 Abs. 1 S. 1 AktG ist jede Einlagenrückgewähr verboten. Nach richtigem Verständnis der aktienrechtlichen Kapitalerhaltung gem. § 57 Abs. 1 und Abs. 3 AktG ist damit jede Leistung an einen Aktionär gemeint, durch die das Gesellschaftsvermögen verringert wird.70 Dem steht der Begriff des Nachteils in § 311 Abs. 1 AktG gegenüber. Nach dem natürlichen Wortsinn geht der Begriff Nachteil, durch den sämtliche negative Konsequenzen eines Geschäfts bzw. einer Maßnahme für die abhängige Gesellschaft erfasst werden, über den der Einlagenrückgewähr bzw. der Leistung aus dem Gesellschaftsvermögen, die lediglich eine rechnerisch erfassbare negative Auswirkung suggerieren, hinaus. Ohne an dieser Stelle eine Untersuchung zur genauen Feststellung eines Nachteils i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG vorzunehmen71, spricht allein die Verwendung von derart unterschiedlichen Begrifflichkeiten für einen von der Kapitalerhaltung abweichenden Schutzbereich der §§ 311, 317 AktG. bb) Systematik des Konzernrechts Ein weiteres Indiz für einen über die Kapitalbindung hinausgehenden Schutzbereich der §§ 311, 317 AktG ergibt sich aus der Systematik des Konzernrechts. Im isolierten Gewinnabführungsvertrag ist nach § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 1 AktG bzw. § 291 Abs. 3 AktG die Kapitalerhaltung suspendiert. Mithin dürfen Leistungen an Aktionäre erbracht werden, die das bilanzielle Vermögen der Gesellschaft schmälern. Gerechtfertigt ist dies durch den Verlustausgleich nach § 302 AktG, der die herrschende Gesellschaft zur Übernahme des ebenso bilanziell ermittelten Jahresfehlbetrags verpflichtet. Zu Beginn des neuen Geschäftsjahres besteht damit wieder das bilanzielle Vermögen in voller Höhe, sodass der von der Kapitalbindung beabsichtigte Zustand auch ohne die strenge Vermögensbindung des § 57 AktG gesichert ist. Bei isoliertem Gewinnabführungsvertrag gelten darüber hinaus die §§ 311, 317 69 Siehe B. I. 1. Objektive Reichweite der Kapitalbindung, S. 76 f. sowie B. I. 3. a) Auswirkungen des MoMiG auf die objektive Reichweite der Kapitalerhaltung, S. 84 f. 70 Siehe B. I. 1. Objektive Reichweite der Kapitalbindung, S. 76 f. 71 Siehe dazu § 2 C. I. Feststellung eines Nachteils i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG, S. 103 ff.

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AktG, deren Anwendung nur bei Bestehen eines Beherrschungsvertrags ausgeschlossen ist.72 Unabhängig davon, wie der Schaden i.S.d. § 317 AktG zu berechnen ist, wenn die herrschende Gesellschaft ohnehin den Verlust am Jahresende auszugleichen hat73, wird durch die Fortgeltung des konzernrechtlichen Schädigungsverbots trotz bilanzieller Verlustübernahme am Jahresende (§ 302 AktG) klar, dass die §§ 311, 317 AktG die abhängige Gesellschaft über die Erhaltung ihres bilanziellen Vermögens hinaus vor schädlichen Einwirkungen der herrschenden Gesellschaft schützen sollen. Ein Gleichlauf von dem bloß bilanziellen Vermögensschutz der Kapitalerhaltung mit dem durch §§ 311, 317 AktG vermitteltem Schutz der abhängigen AG ist daher nicht mit der Systematik des Konzernrechts vereinbar. cc) Historische Entwicklung der Schutzvorschriften zum faktischen Konzern Am Fuße der Entwicklung der heutigen §§ 311 ff. AktG sowie des gesamten dritten Buches des AktG steht der sog. Konzernkonflikt. Darunter versteht man, dass die herrschende Gesellschaft ihr unternehmerisches Interesse in der abhängigen Gesellschaft zur Geltung bringt und Letztere dadurch in ihrer unternehmerischen Autonomie beeinträchtigt wird. Damit einher geht die Gefahr, dass das herrschende Unternehmen das Vermögen der abhängigen Gesellschaft zu ihrem Nachteil, zum Nachteil ihrer Gläubiger und ihrer übrigen Aktionäre für seine eigenen Belange einsetzt.74 Diesem Konflikt wurde vor Ende des Zweiten Weltkriegs jedoch kaum Beachtung geschenkt: Unter Geltung der Aktienrechtsnovelle von 188475, die umfassende Machtbefugnisse der Generalversammlung, insbesondere ein Weisungsrecht gegenüber dem Vorstand, vorsah, urteilte das Reichsgericht, dass die Gemeinsamkeit der Interessen aller Aktionäre dem einzelnen Aktionär Gewähr dafür bietet, dass die von der Gesamtheit getroffenen Verfügungen über das Gesellschaftsvermögen auch seinem Interesse entsprechen.76 Infolgedessen seien auch schädliche Mehrheitsbeschlüsse der Generalversammlung hinzunehmen, da sich ihre innere Rechtfertigung aus dem Mehrheitswillen ergebe.77 In der Folgezeit entsprach es der herrschenden Auffassung, dass die abhängige Einzelgesellschaft zugunsten der Gesamtheit Konzern Opfer bringen und ihr Eigeninteresse aus

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Statt aller Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 16. Dazu Altmeppen, in: MüKoAktG, § 317 Rn. 86. 74 Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 1; siehe auch Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 4 f.; H.-F. Müller, in: Spindler/Stilz AktG, Vorb. zu §§ 311 – 318 Rn. 1; Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, Vorb. § 311 Rn. 2 ff. 75 Gesetz betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften vom 18. 7. 1884, RGBl. 1884 Nr. 22, S. 123. 76 RGZ 3, 123 (132) – Rumänische Eisenbahn. 77 RGZ 68, 235 (245 f.) – Hibernia; dazu Altmeppen, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel (Bd. II), S. 1027 (1032 f.) – Rn. 7 f. 73

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volkswirtschaftlichen Gründen zurückstellen müsse.78 Im AktG von 1937 fand sich dann die Generalklausel des § 101 AktG 1937, die es jedermann untersagte, seinen Einfluss auf die Gesellschaft oder deren Verwaltungsorgane auszunutzen, um gesellschaftsfremde Sondervorteile zu erlangen. Der Gesetzgeber war sich bewusst, dass ein solcher Einfluss auf die Leitungsorgane meist von (Groß-)Aktionären ausgehen wird79 und hätte mit § 101 Abs. 1 AktG 1937 so das erste konzernrechtliche Schädigungsverbot normieren können. Nach § 101 Abs. 3 AktG 1937 durfte der Einfluss aber dazu benutzt werden, um einen Vorteil zu erlangen, der schutzwürdigen Belangen dient. Welche Belange schutzwürdig sind und daher den Interessenvorrang genießen, war zwar grundsätzlich für den Einzelfall unter Abwägung der beiderseitigen Interessen festzustellen.80 Doch sah die amtliche Begründung selbst bereits das Konzerninteresse als schutzwürdigen Belang vor81, sodass es insbesondere vor dem Hintergrund der Auffassung, dass die Einzelgesellschaft zugunsten der Gesamtheit zurücktreten muss82, nicht verwundert, dass das Konzerninteresse bei der vorzunehmenden Interessenabwägung überwog.83 Nach dem Zweiten Weltkrieg änderte sich die konzernfreundliche Einstellung, da man wirtschaftliche Verflechtung, insbesondere durch Konzerne, als wettbewerbsfeindlich und damit als den Wiederaufbau hemmend angesehen hat.84 Im Referentenentwurf eines AktG aus dem Jahr 1958 erkannten die Verantwortlichen zudem, dass Aktionäre und Gläubiger gegen die mit Unternehmensverbindungen einhergehenden Gefahren und Nachteile besser geschützt werden müssten.85 Dem an dieser Stelle erstmals erkannten Konzernkonflikt sollte durch Einführung eines sog. „Weisungsvertrags“ (§ 270 RefE AktG) Rechnung getragen werden, durch den sich die abhängige Gesellschaft zwar in wesentlichen Fragen der Geschäftsführung dem herrschenden Unternehmen unterwirft, letzteres im Gegenzug aber zum Verlust78 Vgl. Geiler, Die wirtschaftlichen Strukturwandlungen und die Reform des Aktienrechts, S. 20; Hachenburg, Die Beziehungen zwischen dem geltenden Aktienrecht und der heutigen deutschen Wirtschaft, in: Enquete-Ausschuß, 3. Arb.-Gruppe, Erster Teil, S. 44 (50); Haußmann, Grundlegung des Rechts der Unternehmenszusammenfassungen, S. 152 f.; anders bereits Buchwald, Die wirtschaftlichen Strukturwandlungen und die Reform des Aktienrechts, in: Enquete-Ausschuß, 3. Arb.-Gruppe, Erster Teil, S. 89 (102 f.), der die zulässige Schädigung im Konzerninteresse von einer Abfindungszahlung an die Minderheitsaktionäre abhängig machen wollte. 79 Vgl. Amtl. Begr. zu § 101 AktG, abgedruckt bei Klausing, Aktiengesetz 1937, S. 87; siehe auch Schlegelberger/Quassowski/Herbig/Geßler/Hefermehl, AktG 1937, § 101 Rn. 1. 80 Lehmann, in: FS Hedemann, S. 399 (407 ff.); Schlegelberger/Quassowski/Herbig/Geßler/Hefermehl, AktG 1937, § 101 Rn. 10. 81 Amtl. Begr. zu § 101 AktG, abgedruckt bei Klausing, Aktiengesetz 1937, S. 87. 82 Vgl. dazu erneut die Nachweise in Fn. 78. 83 Siehe nur Schlegelberger/Quassowski/Herbig/Geßler/Hefermehl, AktG 1937, § 101 Rn. 10. 84 Vgl. zu diesen Vorstößen der sog. „Ordoliberalen Freiburger Schule“ Altmeppen, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel (Bd. II), S. 1027 (1040 f.) – Rn. 20 ff.; primär dazu Duden, BB 1957, 1230 (1230 f.). 85 Vgl. RefE eines AktG, veröffentlicht durch das Bundesjustizministerium, 1958, S. 387.

§ 1 Der durch §§ 311, 317 AktG vermittelte Vermögensschutz

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ausgleich (§ 276 RefE AktG) verpflichtet ist und den außenstehenden Aktionären Ausgleich in Gestalt einer Dividendengarantie oder Abfindung zu gewähren hat (§§ 280 f. RefE AktG).86 Der Gefahr, dass das herrschende Unternehmen seine Interessen in dem abhängigen Unternehmen durchsetzt und so seine unternehmerische Autonomie untergräbt, wurde schlichtweg durch Erlaubnis dieser Interessengleichschaltung begegnet, die aber freilich nur gegen Ausgleichszahlungen und Ausstiegsoptionen für Minderheitsaktionäre erteilt wurde. Außerhalb eines solchen Weisungsvertrags waren Einflussnahmen des herrschenden Unternehmens nach § 284 RefE AktG bei scharfen Haftungsfolgen verboten. Mithin wurde dem Konzernkonflikt bei fehlendem Weisungsvertrag durch ein schlichtes Verbot des sog. faktischen Konzerns Rechnung getragen. Infolge erheblicher Kritik an diesem Vorstoß87, der für unvereinbar mit der tatsächlichen wirtschaftlichen Situation unternehmerischer Verflechtungen gehalten wurde, sah der Regierungsentwurf von 1960 für den Fall der bloß tatsächlichen Abhängigkeit in §§ 300, 306 RegE AktG weitgehend88 die den heutigen §§ 311, 317 AktG entsprechende Haftungsregelung vor. Der Konzernkonflikt wird nach §§ 300, 306 RegE AktG dadurch gelöst, dass jedes vom herrschenden Unternehmen veranlasste Rechtsgeschäft einer Einzelbetrachtung unterzogen wird, nach der das Geschäft dem abhängigen Unternehmen keine Nachteile bringen darf. Es wird also von dem ursprünglichen Plan, eine faktische Konzernleitung vollständig zu verbieten (§ 284 RefE AktG), eine Ausnahme dahingehend gemacht, dass ausgeglichene Geschäftsvorfälle zwischen herrschender und abhängiger Gesellschaft zulässig sind, insoweit Konzernleitung also erlaubt ist. Geblieben vom § 284 RefE AktG ist aber der Gedanke, die abhängige Gesellschaft samt ihrer Gläubiger und Minderheitsaktionäre vor den unternehmerischen Interessen der herrschenden Gesellschaft und ihrer rigorosen Durchsetzung in der abhängigen Gesellschaft zu bewahren. Die Begründung zum RegE formuliert es als den „Leitgedanken“ der §§ 300 ff. RegE AktG, „die abhängige Gesellschaft vor einer Schädigung durch das herrschende Unternehmen, sei es in dessen Interesse, sei es im Interesse eines Konzerns, zu schützen“.89 Die Haftung nach § 306 RegE AktG soll verhindern, „daß ein herrschendes Unternehmen die mit einem Beherrschungsvertrag verbundene Leitungsmacht in Anspruch nimmt, ohne einen solchen Vertrag 86 Vgl. RefE eines AktG, veröffentlicht durch das Bundesjustizministerium, 1958, S. 390 f.; ausführlich Altmeppen, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel (Bd. II), S. 1027 (1041 f.) – Rn. 23. 87 Vgl. Flume, Der Referentenentwurf eines AktG, S. 20 ff.; Hengeler/Kreifels, in: Beiträge zur Aktienrechtsreform, S. 11 (39 ff.); Würdinger, DB 1958, 1447 (1447). 88 Lediglich der verzögerte Nachteilsausgleich gem. § 311 Abs. 2 AktG 1965 wurde erst nach kritischer Äußerung der Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft, die den zeitgleichen Ausgleich in engem wirtschaftlichen Zusammenhang nach § 300 Abs. 2 RegE AktG für mit der Konzernpraxis unvereinbar hielten, aufgenommen. Dazu Altmeppen, in: FS Priester, S. 1 (11 f.); ders., in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel (Bd. II), S. 1027 (1046 f.) – Rn. 28 ff. 89 Begr. RegE BT-Drucks. IV/171 vom 03. 02. 1962, S. 228, abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz 1965, S. 407.

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abgeschlossen zu haben“.90 Wenn es aber das ursprünglich erklärte Ziel der heutigen §§ 311 ff. AktG sein soll, dem Konzernkonflikt, also der Unterdrückung der eigenen unternehmerischen Interessen der abhängigen Gesellschaft durch das herrschende Unternehmen, in Abhängigkeitskonstellationen zu begegnen, genügt dafür nicht, wenn durch sie lediglich der Erhalt des bilanziellen Vermögens gewährleistet wird. Darüber hinaus muss die abhängige Gesellschaft in ihrem Eigeninteresse geschützt werden, ihre unternehmerischen Ziele eigenständig und unter Erhalt all ihrer dafür notwendigen Güter und Funktionsbereiche umsetzen zu können.91 Das Eigeninteresse beschreibt damit die Fähigkeit, als unabhängige Gesellschaft am Markt bestehen zu können. Wettbewerbschancen sind Teil des Vermögens einer Gesellschaft, wie sich bereits an der üblichen Unternehmensbewertung anhand von Ertragswerten zeigt, sodass das beschriebene Eigeninteresse nichts weiter als eine Ausprägung des durch §§ 311, 317 AktG vermittelten Vermögensschutzes darstellt.92 Insoweit geht dieser aber deutlich über den durch § 57 AktG vermittelten, rein bilanziellen Vermögensschutz hinaus. Zu behaupten, dass die durch das MoMiG in § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG eingeführte bilanzielle Betrachtungsweise nun auch zur Beurteilung des Nachteils i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG herangezogen werden müsse93, der durch §§ 311, 317 AktG vermittelte Vermögensschutz somit nicht mehr weiter als der kapitalerhaltungsrechtliche Vermögensschutz gehe, entbehrt jeder Grundlage aus der Entstehungsgeschichte des MoMiG: In den Gesetzesmaterialien finden sich nahezu keine Hinweise darauf, wie sich die Neuerungen im Bereich der Kapitalerhaltung auf die §§ 311 ff. AktG auswirken. Einzig im Referentenentwurf wird zur Änderung des § 57 AktG ausgeführt, dass mit dem neuen Satz 3 ein Gleichlauf zu den Änderungen des § 30 GmbHG hergestellt werden solle, die aber bei § 57 AktG weit weniger praktische Bedeutung haben, da im Fall der abhängigen AG die Problematik des Cash Pooling und der aufsteigenden Darlehen umfassend von den §§ 311 ff. AktG und der dort vorgesehenen Nachteilsausgleichspflicht erfasst werde.94 Der Gesetz90 Begr. RegE BT-Drucks. IV/171 vom 03. 02. 1962, S. 233, abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz 1965, S. 418. 91 Das Eigeninteresse wird heute allgemein anerkannt, vgl. Habersack, in: Emmerich/ Habersack, § 311 Rn. 1 f.; ders., in: FS Peltzer, S. 139 (141); Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, Vorb. § 311 Rn. 6; Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 274 f.; Semler, Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft, Rn. 286 mit Fn. 419; Strohn, Die Verfassung der Aktiengesellschaft im faktischen Konzern, S. 16 ff. Zur Abgrenzung des Eigeninteresses vom Vermögensinteresse der abhängigen Gesellschaft vgl. bereits die Untersuchungen zur Reform des Konzernrechts (Konzernrechtskommission), Bericht der Studienkommission des DJT 1967, Rn. 244. 92 Zutreffend Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 10. 93 So Drygala, in: KölnKomm AktG, § 57 Rn. 114; Drygala/Staake/Szalai, Kapitalgesellschaftsrecht, § 31 Rn. 24; v. Falkenhausen/Kocher, BB 2009, 121 (121); Habersack, ZGR 2009, 347 (356 f.); ähnlich Kiefner/Theusinger, NZG 2008, 801 (806); Winter, DStR 2007, 1484 (1489). 94 So die Begr. RefE zum MoMiG, veröffentlicht durch das Bundesjustizministerium, 29. 05. 2006, S. 75, abgedruckt bei Goette, Einführung in das neue GmbH-Recht, S. 357.

§ 1 Der durch §§ 311, 317 AktG vermittelte Vermögensschutz

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geber des MoMiG erachtete die §§ 311 ff. AktG somit als ein eigenständiges, von der Kapitalerhaltung losgelöstes Schutzsystem, das einen ausreichenden Rechtsrahmen für die Konzernfinanzierung bietet. Keinesfalls wollte er durch die Umstellung auf die bilanzielle Betrachtungsweise bei den Kapitalerhaltungsvorschriften (§ 30 GmbHG, § 57 AktG) hieran etwas ändern. Außerdem weist die Regierungsbegründung darauf hin, dass die Lockerungen durch § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG bzw. § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG vor dem Hintergrund anderer Schutzinstrumente des Gesellschaftsrechts zu sehen sind.95 Diese sollen gemeinsam mit der neu geregelten Kapitalerhaltung die Gesellschaft umfassend vor Kapitalabfluss schützen, die Lockerungen im Bereich der Kapitalerhaltung daher gewissermaßen kompensieren. Zu einer Einschränkung ihrer ureigenen Schutzwirkungen durch die Neuerungen im Kapitalerhaltungsrecht sollte es ausweislich dieses Verweises in der Regierungsbegründung gerade nicht kommen. dd) Telos der §§ 311, 317 AktG Der Zweck der §§ 311, 317 AktG besteht heute unstreitig darin, Gläubiger und Minderheitsaktionäre der abhängigen Gesellschaft vor den mit der Abhängigkeit einhergehenden Gefahren zu schützen (sog. Außenseiterschutz).96 Im Rahmen einer teleologischen Auslegung ist zunächst die Prämisse, also der Gesetzeszweck, zu ermitteln, bevor dieser in der Interpretation des Gesetzes verwirklicht wird.97 Es gilt daher, den hier feststehenden Zweck (Außenseiterschutz) in der Interpretation der §§ 311, 317 AktG möglichst effektiv zur Geltung zu bringen. Der durch §§ 311, 317 AktG vermittelte Vermögensschutz muss daher so weit gehen, dass eine Benachteiligung der Außenseiter nahezu ausgeschlossen ist. Der Ausschluss der Benachteiligung findet seine Grenze freilich darin, dass der Gesetzgeber des AktG 1965 den faktischen Konzern und die mit ihm einhergehenden wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der herrschenden und der abhängigen Gesellschaft anerkannt hat und für zulässig hält.98 Als Mindestmaß an Gläubigerschutz ist trotz allem zu fordern, dass diese nicht aufgrund der nachteiligen Einflussnahme seitens des herrschenden Un95

Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140 vom 25. 07. 2007, S. 41. So bereits die Begr. RegE BT-Drucks. IV/171 vom 03. 02. 1962, S. 94 f., 213 ff., 228 f., abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz 1965, S. 16 f., 373 ff., 407 f.; siehe auch Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 3; Grigoleit, in: Grigoleit AktG, § 311 Rn. 1; Habersack, in: Emmerich/ Habersack, § 311 Rn. 1; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 311 Rn. 1; Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 311 Rn. 1; Oechsler, ZGR 1997, 464 (478 ff.); Rothley, in: Wachter AktG, § 311 Rn. 1. 97 Vgl. Möllers, Juristische Methodenlehre, § 5 Rn. 8; Morlok, in: Gabriel/Gröschner Subsumtion, S. 179 (204); siehe auch Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 319: „Optimale […] Berücksichtigung der im Spiele befindlichen Interessen.“ 98 Heute ganz h.M., vgl. Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 8; Henze, BB 1996, 489 (498); Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 311 Rn. 3 f.; Krieger, in: MHdB AG, § 70 Rn. 22; Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 311 Rn. 6; a.A. noch Bälz, in: FS Raiser, S. 287 (316). 96

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ternehmens mit ihrer Forderung gegen die abhängige Gesellschaft ausfallen. Ihre betragsmäßig festen Ansprüche in Geld sind an sich auch über die Aufrechterhaltung des rein bilanziellen Vermögens der abhängigen AG abgesichert. Zu beachten sind jedoch die Minderheitsaktionäre, die keine fixen Ansprüche gegen ihre AG haben, sondern an dem Erhalt des Unternehmens in seinem vollen wirtschaftlichen Wert interessiert sind. Die Absicherung der Werthaltigkeit ihrer Einlagen erfordert daher ein höheres Schutzniveau als bei der rein gläubigerschützenden Kapitalerhaltung nach § 57 AktG.99 Der Minderheitenschutz nach §§ 311, 317 AktG erfordert somit, dass die abhängige Gesellschaft stets über ihre notwendigen unternehmerischen Funktionen verfügt, um auch nach Beendigung der Konzernabhängigkeit eigenständig lebens- und wettbewerbsfähig zu sein.100 Dass hierfür ein bloßer Erhalt des bilanziellen Vermögens nicht ausreicht, zeigt das Beispiel, dass sich der Verkauf einer betriebsnotwendigen Maschine unter Aufdeckung stiller Reserven sogar gewinnbringend in der Bilanz auswirken kann, jedoch eine eigene, profitable unternehmerische Tätigkeit der abhängigen Gesellschaft dadurch ausgeschlossen wird.101 Die Entwertung der Anteile der Minderheitsaktionäre ist die logische Konsequenz. Selbiges gilt für die Einstellung einer erfolgreichen Betriebssparte, die vorerst aufgrund von Kostenersparnissen zu einem besseren Bilanzergebnis führen kann.102 Vom Schutz der §§ 311, 317 AktG erfasst ist somit nicht nur der rechnerische Erhalt des Gesellschaftsvermögens, sondern auch dessen Zusammensetzung.103 Nur unter Berücksichtigung des vollen wirtschaftlichen Wertes der abhängigen Gesellschaft, einschließlich aller (auch nicht bilanzierungsfähiger) Chancen und Risiken, können die §§ 311, 317 AktG ihrem Ziel, Gläubiger und Minderheitsaktionäre gleichermaßen zu schützen, gerecht werden.104

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Zutreffend Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 57; ebenso Kramer, Kapitalerhaltung, S. 199 f. 100 So auch Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 10; Strohn, Die Verfassung der Aktiengesellschaft im faktischen Konzern, S. 16 ff.; gegen diesen Maßstab allerdings U. H. Schneider, ZGR 1980, 511 (544); v. Stebut, ZHR 143 (1979), 256 (259). 101 Vgl. zu dem ausgeführten Beispiel U. H. Schneider, in: FS Döllerer, S. 537 (544): Derartige negative Vermögensauswirkungen sind nicht von dem Schutz der Kapitalerhaltung umfasst. 102 Siehe zu diesem Beispiel auch Kropff, NJW 2009, 814 (815); H.-F. Müller, in: Spindler/ Stilz AktG, § 311 Rn. 30. 103 Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 311 Rn. 6; Strohn, Die Verfassung der Aktiengesellschaft im faktischen Konzern, S. 17 f. 104 Im Ergebnis ebenso Kropff, NJW 2009, 814 (815 f.); Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 74 f.; H.-F. Müller, in: Spindler/Stilz AktG, § 311 Rn. 30; Strohn, Die Verfassung der Aktiengesellschaft im faktischen Konzern, S. 17 ff.; Wackerbarth, Grenzen der Leitungsmacht, S. 126 f.

§ 1 Der durch §§ 311, 317 AktG vermittelte Vermögensschutz

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ee) Ergebnis zum objektiven Schutzbereich der §§ 311, 317 AktG Der objektive Schutzbereich der §§ 311, 317 AktG geht über den des § 57 AktG hinaus: Während durch die Kapitalerhaltung nach § 57 AktG das Vermögen der Gesellschaft nur rechnerisch erhalten bleiben soll, wozu bilanzielle Kriterien heran zu ziehen sind, wollen die §§ 311, 317 AktG das abhängige Unternehmen in seinem vollen wirtschaftlichen Wert gegen schädliche Einflussnahme absichern. Dabei ist nicht nur auf das bilanzielle Vermögen abzustellen, sondern auch auf seine Zusammensetzung sowie auf alle Chancen und Risiken der unternehmerischen Entwicklung der abhängigen Gesellschaft. b) Faktischer Konzern und Kapitalerhaltung Während nach §§ 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 1, 291 Abs. 3 AktG im Vertragskonzern die Kapitalerhaltung des § 57 AktG aufgehoben ist, besteht sie in Ermangelung solcher Befreiungstatbestände im faktischen Konzern fort.105 Zu klären ist daher, wie sich die Schutzsysteme der Kapitalerhaltung (§§ 57, 62 AktG) und des konzernrechtlichen Schädigungsverbots (§§ 311, 317 AktG) in Abhängigkeitskonstellationen zueinander verhalten. aa) Nur von §§ 311, 317 AktG erfasste Geschäftsvorfälle Wegen der soeben erörterten unterschiedlichen (objektiven) Schutzbereiche wird es Geschäftsvorfälle zwischen dem herrschenden und dem abhängigen Unternehmen geben, die vom konzernrechtlichen Schädigungsverbot, nicht aber von der Kapitalerhaltung nach § 57 AktG erfasst sind. Hier sind insbesondere nachteilige Veränderungen in der Zusammensetzung des Gesellschaftsvermögens oder das Eingehen unkalkulierbarer Risiken bei der abhängigen Gesellschaft zu nennen, die jedoch in bilanzieller Hinsicht keine nachteiligen Auswirkungen zeigen. Solche Geschäftsvorfälle sind nur nach §§ 311, 317 AktG, nicht hingegen aus kapitalerhaltungsrechtlicher Sicht, verboten und führen ggf. zur Haftung des herrschenden Unternehmens bzw. seiner Geschäftsleiter auf Schadensersatz gem. § 317 Abs. 1, 3 AktG. Eine Konkurrenzproblematik zum Schutzsystem der Kapitalerhaltung besteht in dieser Fallgruppe nicht. bb) Von § 57 und §§ 311, 317 AktG gleichermaßen erfasste Geschäftsvorfälle Die nach § 57 AktG verbotenen Zahlungen an Aktionäre werden für die abhängige Gesellschaft regelmäßig auch nachteilig i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG sein (Para105 Heute wohl unstr., vgl. Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 144; Drygala, in: KölnKomm AktG, § 57 Rn. 105; Ulmer, in: FS Hüffer, S. 999 (1007); Wand/Tillmann/Heckenthaler, AG 2009, 148 (155).

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digma: verdeckte Gewinnausschüttung durch Verkauf materieller Vermögensgüter an den Großaktionär unter Marktpreis). Sofern ein solcher Geschäftsvorfall aufgrund seiner bilanziellen Auswirkungen sowohl von § 57 AktG als auch von §§ 311, 317 AktG erfasst wird, stellt sich angesichts unterschiedlicher Rechtsfolgen die Konkurrenzfrage: Eine nach § 57 AktG verbotene Leistung ist vom Aktionär nämlich gem. § 62 Abs. 1 S. 1 AktG sofort zurückzugewähren. Hingegen räumt § 311 Abs. 2 AktG dem herrschenden Aktionär ein, den durch den Geschäftsvorfall entstandenen Nachteil bis zum Ende des Geschäftsjahres auszugleichen. Die Haftung des herrschenden Aktionärs bzw. seiner Geschäftsleiter nach § 317 Abs. 1, 3 AktG tritt dann auch erst bei fehlendem Ausgleich nach Ablauf des Geschäftsjahres ein.106 Die Auflösung dieser Rechtsfolgenkonkurrenz ist umstritten: Einer Ansicht nach ist im faktischen Konzern trotz der Möglichkeit des verzögerten Nachteilsausgleichs an der uneingeschränkten Geltung der Kapitalerhaltung einschließlich der sofortigen Rückerstattungspflicht des § 62 Abs. 1 S. 1 AktG festzuhalten.107 Dies ergebe sich aus dem Fehlen einer § 291 Abs. 3 AktG vergleichbaren Vorschrift für den faktischen Konzern sowie dem Widerspruch, dass die herrschende Gesellschaft für Zuwendungen, die sie nicht veranlasst hat, strenger haften würde als für von ihr veranlasste Leistungen der abhängigen Gesellschaft.108 Darüber hinaus sieht die Ansicht Inkonsistenzen, wenn auf Veranlassung einer Mutter-AG an eine Enkel-Gesellschaft von dieser Vermögen an die Mutter-AG fließt, ohne die Tochter-AG als Weisungsempfängerin gegenüber der Mutter-AG und als Weisungserteilerin gegenüber der Enkel-Gesellschaft zwischenzuschalten. Mangels Veranlassung der Tochter-AG stehe dieser kein Anspruch gegen die Mutter-AG aus §§ 311, 317 AktG zu, bei dem die Mutter-AG von dem verzögerten Nachteilsausgleich profitieren könnte. Vielmehr steht der Tochter-AG aufgrund der mittelbaren Beeinträchtigung ihres Vermögens durch Abfluss von Vermögen bei der ihr gehörigen Enkel-Gesellschaft ein sofortiger Rückforderungsanspruch gegen die MutterAG aus § 62 Abs. 1 S. 1 AktG zu. Ob die Mutter-AG bei Veranlassung einer EnkelGesellschaft zur Vermögenszuwendung von dem zeitversetzten Nachteilsausgleich des § 311 Abs. 2 AktG profitiert, hänge also vom willkürlichen Dazwischenschalten der Tochter-AG ab.109

106

Statt aller Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 317 Rn. 9 m.w.N. Bälz, in: FS Raiser, S. 287 (314 f.); Bommert, Verdeckte Vermögensverlagerungen im Aktienrecht, S. 181 ff.; Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 64 ff.; Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 Rn. 137; Schön, in: FS Kropff, S. 285 (288, 294 f.); Wackerbarth, Grenzen der Leitungsmacht, S. 127; Würdinger, DB 1973, 45 (46). 108 Vgl. Bommert, Verdeckte Vermögensverlagerungen im Aktienrecht, S. 182 f.; Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 65 f.; Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 Rn. 137 jew. m.w.N. 109 So Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 66, der jedoch verkennt, dass auch ohne aktive Zwischenschaltung der Tochter-AG diese einen Anspruch aus §§ 311, 317 AktG gegen die Mutter-AG hat, da das Veranlassungskriterium ein bloßes Kausalitätsmerkmal darstellt, vgl. dazu Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 459, 151 f. 107

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Die heute ganz h.M. hält die §§ 57, 62 AktG jedoch durch die §§ 311, 317 AktG im Wege der Spezialität für zeitweilig verdrängt.110 Zeitweilig bedeutet, dass solange der Nachteilsausgleich nach § 311 Abs. 2 AktG noch geleistet werden kann, eine auch gegen § 57 AktG verstoßende Leistung an die herrschende Gesellschaft nicht nach § 62 Abs. 1 S. 1 AktG sofort zurückzugewähren ist. Ist der Nachteil hingegen nicht bis zum Ablauf des Geschäftsjahres ausgeglichen, tritt neben die Haftung nach §§ 311, 317 AktG auch die Rückgewährpflicht nach § 62 Abs. 1 S. 1 AktG. Es besteht dann Anspruchskonkurrenz. Hauptargument für diese Ansicht ist, dass der verzögerte Nachteilsausgleich gem. § 311 Abs. 2 AktG in erheblichem Maße leer liefe, wenn das herrschende Unternehmen empfangene Leistungen ohnehin stets sofort nach § 62 Abs. 1 S. 1 AktG zurückzugewähren hätte. Der h.M. ist zuzustimmen, da sie zwei Postulate des Gesetzgebers in Einklang bringt: Zum einen sollte durch § 311 Abs. 2 AktG der ursprünglich in § 300 Abs. 2 RegE AktG vorgesehene sofortige Nachteilsausgleich in einem „wirtschaftlich einheitlichen Geschäft“ zu Gunsten größerer Flexibilität bei der Leitung faktischer Konzerne aufgelockert werden.111 Zum anderen war es nicht die Absicht des Gesetzgebers, durch die Zulassung eines Nachteilsausgleichs den beabsichtigten Außenseiterschutz einzuschränken:112 Der verzögerte Nachteilsausgleich, der die Kapitalerhaltungsvorschriften zeitweilig verdrängt, weicht den Gläubigerschutz keinesfalls auf, es geht nur um eine andere Form von dessen Durchsetzung. Während des Geschäftsjahres steht dem Vermögensnachteil der abhängigen Gesellschaft ihr Anspruch auf Nachteilsausgleich gegenüber und am Ende des Geschäftsjahres sind sämtliche Nachteile – insbesondere auch solche aus der zeitlichen Verzögerung des Ausgleichs – zu kompensieren. Wenn die abhängige Gesellschaft am Ende des Geschäftsjahres aber so steht, als hätte das Geschäft von Anfang an ihren Interessen entsprochen, bzw. es für sie jedenfalls neutral gewesen wäre, bedarf es aus Gründen des Außenseiterschutzes keines Rückgewähranspruchs nach § 62 Abs. 1 S. 1 AktG vor Ablauf des Geschäftsjahres mehr.113 Da im Ergebnis Aktionäre und Gläubiger der abhängigen Gesellschaft damit durch den verzögerten Nachteilsausgleich des § 311 110 BGHZ 179, 71 (77) = NJW 2009, 850 (851) – Rz. 11 (MPS); BGHZ 190, 7 (24 f.) = NJW 2011, 2719 (2724) – Rz. 48 (Dritter Börsengang); OLG Frankfurt AG 1996, 324 (327); OLG Jena NZG 2008, 275 (278); Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 146; Geßler, in: FS Westermann, S. 145 (154); Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 82; Koch, in: Hüffer/ Koch AktG, § 311 Rn. 49; Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 311 Rn. 161; Krieger, in: MHdB AG, § 70 Rn. 52, 74; Schäfer, in: FS Hoffmann-Becking, S. 997 (1004); Ulmer, in: FS Hüffer, S. 999 (1008 f.). 111 Vgl. die Änderungen des Rechtsausschusses zu § 300 Abs. 2 RegE AktG, AusschussB, BT-Drucks. IV/3296 vom 12. 04. 1965, S. 168, abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz 1965, S. 409 f. 112 Vgl. Begr. RegE BT-Drucks. IV/171 vom 03. 02. 1962, S. 229 f., abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz 1965, S. 408 f.; zutreffend Geßler, in: FS Westermann, S. 145 (149, 154); vgl. dazu auch § 1 B. II. 1. a) dd) Telos der §§ 311, 317 AktG, S. 91 ff. 113 Dazu ausführlich Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 459 ff. sowie Rn. 304 ff.; ders., ZIP 1996, 693 (695, 697 f.); ähnlich Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 147.

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Abs. 2 AktG nicht schlechter gestellt werden als im Falle einer unabhängigen Gesellschaft, sind auch die europarechtlichen Bedenken114 der erstgenannten Ansicht gegen den verzögerten Nachteilsausgleich unbegründet.115 Abschließend ist für diese Konkurrenzproblematik allerdings zu beachten, dass sie sich seltener stellen wird, als zunächst zu erwarten wäre: Sie wird nämlich nur bei Zulässigkeit des verzögerten Nachteilsausgleichs des § 311 Abs. 2 AktG virulent, also nur dann, wenn ein angemessener Ausgleich anders als zeitversetzt auf Grund der besonderen Umstände des Geschäftsvorfalls nicht zuverlässig erfolgen kann.116 Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so hat die herrschende Gesellschaft den Nachteil aus der veranlassten Maßnahme sofort auszugleichen und haftet andernfalls – gesamtschuldnerisch mit ihren Geschäftsleitern – nach § 317 Abs. 1, 3 AktG. Die daneben auch bestehende Rückgewährpflicht des § 62 Abs. 1 S. 1 AktG steht hierzu nicht mehr im Widerspruch.117 2. Schutzrichtung der §§ 311, 317 AktG Wie bereits eingehend dargelegt umfasst der Außenseiterschutz der §§ 311, 317 AktG gleichermaßen Gesellschaftsgläubiger und Minderheitsaktionäre. Mithin geht ihr Schutzbereich auch subjektiv über den des § 57 AktG hinaus. 3. Ergebnis zum Vermögensschutz durch §§ 311, 317 AktG Der Vermögensschutz der §§ 311, 317 AktG geht sowohl objektiv als auch subjektiv über den durch die Kapitalerhaltung vermittelten Vermögensschutz in der unabhängigen Gesellschaft hinaus. Sind durch ein veranlasstes Geschäft beide Schutzsysteme tangiert, stellt sich ein echtes Konkurrenzproblem nur bei Zulässigkeit des verzögerten Nachteilsausgleichs, andernfalls besteht von Anfang an Anspruchskonkurrenz zwischen §§ 311, 317 AktG und § 62 Abs. 1 S. 1 AktG. Entscheidend bleibt aber, dass von §§ 311, 317 AktG Fälle erfasst werden, die gar nicht unter die Kapitalerhaltungsvorschriften fallen und damit auch die Konkurrenzfrage in diesem Bereich entbehrlich wird. In Anbetracht dieses über § 57 AktG hinausgehenden Anwendungsbereichs des konzernrechtlichen Schädigungsverbots verbietet sich jedenfalls die Unterstellung eines völligen Gleichlaufs beider Schutzsysteme und die pauschale Negierung eines Nachteils im Falle eines voll114

So Schön, in: FS Kropff, S. 285 (294 f.) mit Verweis auf Art. 15, 16 Kapitalrichtlinie (Zweite Richtlinie 77/91/EWG vom 13. 12. 1976, ABl. 1976 L 26, 1), heute Art. 54, 55 Gesellschaftsrechtsrichtlinie (RL 2017/1132/EU vom 14. 06. 2017, ABl. L 169, 46). 115 So auch Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 148; Bezzenberger, Das Kapital der Aktiengesellschaft, S. 325. 116 Siehe dazu § 2 D. I. Zur Dogmatik des Nachteilsausgleichs, S. 153 ff. 117 I. E. dazu Kapitel 4 § 2 A. I. Schadensersatzhaftung gem. §§ 311, 317 AktG, S. 255 f., sowie Kapitel 4 § 2 A. II. Haftung wegen Einlagenrückgewähr gem. § 62 Abs. 1 S. 1 AktG, S. 256 ff.

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wertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruchs gem. § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG.118 Folgerichtig ist die nachstehende Subsumption der Bestellung aufsteigender Sicherheiten unter den Tatbestand der §§ 311, 317 AktG nicht zwangsläufig in Einklang mit den bereits zu § 57 AktG existenten Maßstäben einer aufsteigenden Besicherung zu bringen, sondern kann hiervon losgelöst auf der Grundlage der soeben erläuterten besonderen Schutzwirkung der §§ 311, 317 AktG erfolgen.

§ 2 Aufsteigende Sicherheitenbestellung im Tatbestand der §§ 311, 317 AktG Im Folgenden wird die Bestellung aufsteigender Sicherheiten unter die einzelnen Tatbestandsmerkmale der Haftung nach §§ 311, 317 AktG subsumiert. Dafür werden die Tatbestandsmerkmale jeweils zunächst abstrakt erörtert, um in einem zweiten Schritt die jeweiligen Besonderheiten der Sicherheitenbestellung herauszuarbeiten. Die Prüfungspunkte A. bis D. werden Auskunft darüber geben, ob und unter welchen Voraussetzungen die Bestellung aufsteigender Sicherheiten nach dem konzernrechtlichen Schädigungsverbot gem. § 311 Abs. 1 AktG verboten ist. Die Prüfungspunkte E. und F. sind notwendige Voraussetzung der in Kapitel 4 unter § 2 näher untersuchten Haftung bei konzernrechtlich unzulässig bestellten Sicherheiten, werden aber wegen des einheitlichen Haftungstatbestands der §§ 311, 317 AktG in einem Zuge mit den aus § 311 AktG folgenden Tatbestandsmerkmalen beleuchtet.

A. Die Abhängigkeit von einem herrschenden Unternehmen I. Das Abhängigkeitsmerkmal im Allgemeinen Einfluss i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG kann nur ein herrschendes Unternehmen ausüben, von dem die veranlasste Gesellschaft abhängig ist. Damit knüpft § 311 Abs. 1 AktG an die Abhängigkeitsdefinition des § 17 Abs. 1 AktG an. Um den Anwendungsbereich der §§ 311, 317 AktG zu eröffnen, muss das herrschende Unternehmen keine einheitliche Leitung (Konzernleitung) i.S.d. § 18 Abs. 1 S. 1 AktG ausüben, auch wenn dies freilich nach § 18 Abs. 1 S. 3 AktG zu vermuten ist. §§ 311, 317 AktG reagieren damit bereits auf die abstrakte Möglichkeit der Einflussnahme aufgrund eines durch Mehrheitsbeteiligung vermittelten Einflusses auf die Verwaltungsmitglieder der abhängigen Gesellschaft.119 Dass es sich bei dem beherrschenden (Mehrheits-)Aktionär um ein Unternehmen handeln muss, ergibt sich 118

So aber BGHZ 179, 71 (77 f.) = NZG 2009, 107 (108) – Rz. 12 (MPS) sowie die in Fn. 23 – 26 (S. 76) genannten Autoren. 119 Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 52; vgl. zu diesem Zusammenhang bereits oben Einführung § 1 A. I. Der Einfluss des Gesellschafters bei Abhängigkeit, S. 27 ff.

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daraus, dass er nur dann wirtschaftliche Interessen außerhalb der anhängigen Gesellschaft verfolgen wird, die stark genug sind, um die ernsthafte Besorgnis zu begründen, er könnte um ihretwillen seinen Einfluss zum Nachteil der Gesellschaft geltend machen.120 Ausreichend ist ebenso, dass der (Mehrheits-)Aktionär ohne eigene unternehmerische Tätigkeit an anderen Gesellschaften maßgeblich beteiligt ist – der soeben geschilderte Interessenkonflikt ist derselbe.121 Auf die Rechtsform des herrschenden Unternehmens kommt es nicht an, insbesondere sind auch Gebietskörperschaften mögliche Adressaten des konzernrechtlichen Schädigungsverbots.122 Schließlich darf zu der herrschenden Gesellschaft kein Beherrschungsvertrag bestehen, wohingegen ein isolierter Gewinnabführungsvertrag am konzernrechtlichen Schädigungsverbot nichts ändert.123

II. Die Besonderheiten der Abhängigkeit im Falle aufsteigender Sicherheiten Eine Gesellschaft wird ihr Vermögen nur dann zugunsten eines Dritten belasten, wenn dieser einen besonderen Einfluss auf die besichernde Gesellschaft hat. Eine nur für sich wirtschaftende Gesellschaft wird freilich für keinen Gesellschafter das Risiko eingehen, im Haftungsfall Vermögen zu verlieren, wenn dieser Gesellschafter keine besondere Machtposition innehat, durch die er die Geschicke in der Gesellschaft lenken kann, ohne selbst Verwaltungsorgan zu sein. Dass daher aufsteigende Sicherheiten ganz vorwiegend in Abhängigkeitskonstellationen bestellt werden, wurde im Einführungskapitel bereits umfassend dargelegt.124 Das Abhängigkeitsmerkmal wird somit im Regelfall erfüllt sein. Einzig in dem Fall, dass die Sicherheiten im Rahmen einer Akquisitionsfinanzierung vor Anteilsübernahme bestellt werden (insbesondere in Konstellationen des Leveraged Buyout), kommt es für die Haftung der Erwerbsgesellschaft darauf an, ob die Zielgesellschaft bereits vorwirkend von ihr abhängig ist, was regelmäßig anzunehmen ist, wenn sie die Zielgesellschaft trotz ihrer formellen Abhängigkeit zum

120 BGHZ 69, 334 (337) = NJW 1978, 104 – Veba/Gelsenberg; in diese Richtung bereits die Begr. RegE BT-Drucks. IV/171 vom 03. 02. 1962, S. 229, abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz 1965, S. 408. 121 BGHZ 148, 123 (125) = NJW 2001, 2973 (2974 f.) – MLP; dazu Bayer, in: MüKoAktG, § 15 Rn. 19 ff. 122 Ganz h.A., vgl. nur BGHZ 69, 334 (335) = NJW 1978, 104 (104 f.) – Veba/Gelsenberg; BGHZ 135, 107 (113 ff.) = NJW 1997, 1855 (1856) – VW/Niedersachsen; BGHZ 175, 365 = NJW 2008, 1583 – UMTS; ausführlich Bayer, in: MüKoAktG, § 15 Rn. 38 ff. m.w.N. 123 Dazu oben Einführung § 3 A. IV. 2. Zum isolierten Gewinnabführungsvertrag, S. 62 f. 124 Siehe oben Einführung § 1 A. I. Der Einfluss des Gesellschafters bei Abhängigkeit, S. 27 ff.

§ 2 Sicherheitenbestellung im Tatbestand der §§ 311, 317 AktG

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Veräußerer überhaupt zur Unterstützung der Transaktionsfinanzierung bewegen kann.125

B. Das veranlasste Rechtsgeschäft I. Die Veranlassung im Haftungstatbestand der §§ 311, 317 AktG 1. Veranlassung als Verbindung zweier eigenverantwortlicher Verhaltensweisen Entscheidend für die richtige Deutung des Tatbestandsmerkmals der Veranlassung ist zunächst die Erkenntnis, dass dem herrschenden Unternehmen ohne Beherrschungsvertrag kein Weisungsrecht gem. § 308 Abs. 1 AktG zusteht. Vielmehr handelt der Vorstand der abhängigen Gesellschaft eigenverantwortlich nach § 76 Abs. 1 AktG, ohne dass das herrschende Unternehmen ihm rechtsverbindlich die Ausübung seiner Leitung vorschreiben kann. Nimmt der Vorstand der abhängigen Gesellschaft ein für sie nachteiliges Rechtsgeschäft vor, so ist dies Werk seiner eigenen Leitungsverantwortlichkeit. Diese folgt im Fall der Abhängigkeit jedoch regelmäßig auf ein Verhalten des herrschenden Unternehmens, das die konkrete Ausübung der Leitungsverantwortlichkeit des Vorstands der abhängigen Gesellschaft vorgeprägt hat. Aufgabe des Tatbestandsmerkmals der Veranlassung ist es damit, das beeinflussende Verhalten des herrschenden Unternehmens und die beeinflusste Ausübung von Leitungsverantwortlichkeit des Vorstands der abhängigen Gesellschaft zu verbinden.126 2. Voraussetzungen der Veranlassung a) Meinungsstand Nach herrschender Ansicht muss das Verhalten des herrschenden Unternehmens so deutlich gewesen sein, dass der Vorstand der abhängigen Gesellschaft davon ausgehen konnte, dass eine bestimmte Ausübung seiner Leitungsverantwortlichkeit gewünscht ist, er es also als eine Art Handlungsanleitung auffassen musste.127 Innerhalb dieser Auffassung ist umstritten, ob die für das herrschende Unternehmen handelnden Personen bei ihrem beeinflussenden Verhalten ein Veranlassungsbewusstsein derart gehabt haben müssen, dass ihnen bewusst war, die abhängige Gesellschaft zu einem bestimmten Verhalten aufzufordern. Die Befürworter erkennen 125 Dazu unter Einführung § 1 C. III. Aufsteigende Sicherheiten im LBO – eine Frage des Konzernrechts?, S. 39 ff. 126 Ähnlich Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 80. 127 So ausdrücklich Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 311 Rn. 3; siehe auch Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 23; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 311 Rn. 13; H.-F. Müller, in: Spindler/Stilz AktG, § 311 Rn. 14 jew. m.w.N.

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in §§ 311, 317 AktG eine Veranlasserhaftung, wobei den Handelnden die Veranlassungswirkung mindestens bewusst gewesen sein muss, um Verantwortlichkeit begründen zu können.128 Zudem müssten unverbindliche Ratschläge im Konzern möglich sein.129 Die Gegner innerhalb der herrschenden Ansicht argumentieren mit dem Schutzzweck der §§ 311, 317 AktG und wollen das herrschende Unternehmen haften lassen, wenn objektiv eine Veranlassung vorliegt, was nur daran zu bemessen sei, ob sich die abhängige Gesellschaft veranlasst sehen durfte. Es handle sich bei der Veranlassung auch nicht um eine Willenserklärung, sodass gerade kein Erklärungsbewusstsein erforderlich sei.130 Die herrschende Ansicht verlangt darüber hinaus einhellig, dass die Veranlassung für die Maßnahme der abhängigen Gesellschaft ursächlich geworden ist, sieht also in der Kausalität ein eigenes Merkmal der Veranlassung.131 Eine andere Ansicht erkennt in der Veranlassung hingegen lediglich ein Kausalitätsmerkmal.132 b) Stellungnahme Um zum Kern des Tatbestandsmerkmals Veranlassung vorzudringen, gilt es, sich erneut vor Augen zu führen, dass es sich bei den §§ 311, 317 AktG um ein Selbstschädigungsdelikt des eigenverantwortlich für seine Gesellschaft handelnden Vorstands der abhängigen AG handelt. Dabei ist die konkrete Ausübung seiner Leitungsmacht vorgeprägt durch ein wie auch immer geartetes Verhalten des herrschenden Unternehmens, wobei die Veranlassung dazu dient, die beiden Verhaltensweisen auf Ebene der herrschenden und der abhängigen Gesellschaft zu verknüpfen.133 Es ist dabei nicht nötig, ein bestimmtes Verhalten des herrschenden Unternehmens auszumachen, da im Fall der Abhängigkeit ohnehin einheitliche Leitung – wie auch immer sie in concreto ausgeübt wurde – vermutet wird (§§ 18 Abs. 1 S. 3, 17 Abs. 2, 16 AktG). Daher bedarf es auch keiner Konkretisierung dieses Verhaltens dahingehend, dass z. B. ein Veranlassungsbewusstsein bestanden haben muss oder sich die abhängige Gesellschaft – im Gegensatz zu bloß unverbindlichen 128

Neuhaus, DB 1970, 1913 (1915 f.); Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 311 Rn. 27. Vgl. dazu Brüggemeier, AG 1988, 93 (100); Neuhaus, DB 1970, 1913 (1915 f.); kritisch Brachvogel, Leitungsmacht und Verantwortlichkeit im Konzern, S. 94 f. 130 Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 24; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 311 Rn. 13; Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 311 Rn. 5, 8; Krieger, in: MHdB AG, § 70 Rn. 77; Leuering/Goertz, in: Hölters AktG, § 311 Rn. 40 jew. m.w.N. 131 Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 38; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 311 Rn. 23; Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 311 Rn. 6; H.-F. Müller, in: Spindler/Stilz AktG, § 311 Rn. 23; siehe auch LG Bonn, AG 2005, 542 (543 f.). 132 Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 80; ders., in: FS Priester, S. 1 (6 f.); ders., ZHR 171 (2007), 320 (331 f.); ders., NJW 2008, 1553 (1554 f.). 133 Siehe dazu § 2 B. I. 1. Veranlassung als Verbindung zweier eigenverantwortlicher Verhaltensweisen, S. 99 f. 129

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Ratschlägen – dadurch verbindlich aufgefordert fühlen durfte. Denn mehr als unverbindliche Ratschläge kann das herrschende Unternehmen bei Fehlen eines Beherrschungsvertrages gar nicht erteilen.134 Was der Vorstand der abhängigen AG daraus macht, obliegt seiner Entscheidungsverantwortung. Kern der Veranlassung ist daher nur, ob irgendeine Art von Leitungsmacht des herrschenden Unternehmens durch die besondere Abhängigkeitssituation (also psychisch vermittelt) für die Maßnahme des Vorstands der abhängigen AG ursächlich geworden ist. Die Veranlassung beschreibt damit die psychisch vermittelte Kausalität zwischen (vermuteter) Leitungsmacht des herrschenden Unternehmens und (selbst-)schädigender Maßnahme der abhängigen AG.135 Der letztgenannten Ansicht ist folglich zuzustimmen. c) Beweislast Unabhängig von der unterschiedlichen Einordnung des Tatbestandsmerkmals der Veranlassung entspricht es ganz herrschender Ansicht, dass zu ihrem Nachweis Beweiserleichterungen greifen.136 Die wohl h.M. geht von einem Beweis des ersten Anscheins (prima facie-Beweis) aus, sofern die abhängige Gesellschaft zu ihrem Nachteil handelt.137 Andere stellen auf eine widerlegliche Veranlassungsvermutung im Fall von (nach § 18 Abs. 1 S. 3 AktG vermuteter) Konzernleitung ab.138 Erkennt man in der Veranlassung nur die psychisch vermittelte Kausalität zwischen der im Anwendungsbereich der §§ 311, 317 AktG regelmäßig vermuteten einheitlichen Leitung durch die herrschende Gesellschaft (§ 18 Abs. 1 S. 3 AktG) und einem nachteiligen Handeln der abhängigen Gesellschaft, drängt sich nahezu auf, das nachteilige Handeln im Falle der vermuteten einheitlichen Leitung ebenso als veranlasst zu vermuten: Die Vermutung der einheitlichen Leitung (§ 18 Abs. 1 S. 3 AktG) wurzelt gerade in der Annahme, dass der Vorstand der abhängigen AG die Interessen seiner Gesellschaft zugunsten von Konzerninteressen regelmäßig beiseite lässt. Einheitliche Leitung bedeutet, dass er mithin keine Handlung unbeeinflusst, ohne das Konzerninteresse vor Augen zu haben, vornimmt. Demnach wird es der Regelfall sein, dass auch und insbesondere eine für die abhängige AG nachteilige Handlung ihres Vorstands unter einem wie auch immer gearteten Einfluss des herrschenden Unternehmens vorgenommen wurde. Die Vermutung einheitlicher 134

Altmeppen, in: FS Priester, S. 1 (6 f.). Zum Ganzen Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 80; ders., in: FS Priester, S. 1 (6 f.). 136 Gegen jegliche Beweiserleichterungen jedoch Haesen, Der Abhängigkeitsbericht im faktischen Konzern, S. 90 f. 137 Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 33; Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 311 Rn. 10; H.-F. Müller, in: Spindler/Stilz AktG, § 311 Rn. 25; Vetter, in: K. Schmidt/ Lutter AktG, § 311 Rn. 30; siehe auch OLG Jena ZIP 2007, 1314 (1316); offenlassend hingegen BGHZ 179, 71 (79) = NJW 2009, 850 (852) – Rz. 14 (MPS); BGHZ 190, 7 (21 f.) = NZG 2011, 829 (833) – Rz. 40 (Dritter Börsengang). 138 Krieger, in: MHdB AG, § 70 Rn. 79; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 311 Rn. 20, der jedoch darüber hinaus einen dem Nachteil der Tochter korrespondierenden Konzernvorteil voraussetzt; zurückhaltender Grigoleit, in: Grigoleit AktG, § 311 Rn. 27. 135

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Leitung nach §§ 18 Abs. 1 S. 3, 17 Abs. 2, 16 AktG begründet damit auch eine (tatsächliche) Kausalitätsvermutung, die das herrschende Unternehmen widerlegen muss, bspw. durch Erklärung eigenständigen Handelns des Tochtervorstands im Abhängigkeitsbericht.139 Besteht neben dem Nachteil der abhängigen AG ein korrespondierender Vorteil der herrschenden Gesellschaft oder einer anderen Konzerngesellschaft, ist jedoch auch nach Widerlegung der Vermutung einheitlicher Leitung (Konzernvermutung, § 18 Abs. 1 S. 3 AktG) richtigerweise Raum für eine Beweiserleichterung zugunsten der abhängigen Gesellschaft.140

II. Die veranlasste Sicherheitenbestellung Für die Bestellung aufsteigender Sicherheiten durch die abhängige AG bedeutet dies, dass in der Situation der gem. §§ 18 Abs. 1 S. 3, 17 Abs. 2 AktG vermuteten einheitlichen Leitung die Veranlassung zur Besicherung durch die herrschende Gesellschaft, deren Verhalten auf ein entsprechendes Handeln des Vorstands der abhängigen AG hingewirkt hat, (tatsächlich) zu vermuten ist. In der Regel wird die Geschäftsleitung der herrschenden Gesellschaft selbst an den Vorstand der abhängigen AG herantreten, um die abhängige AG in die Konzernfinanzierung einzubeziehen, wozu auch die Bestellung von Sicherheiten zählt (Paradigma: Besicherung des Saldos bei der Cash Pool finanzierenden Bank), oder um auf die Finanzierung ihrer eigenen Übernahme (Paradigma: Leveraged Buyout) zu drängen. Dass es der herrschenden Gesellschaft dabei regelmäßig nicht gelingen wird, die Veranlassungsvermutung zu widerlegen, ergibt sich wiederum aus der Erkenntnis, dass eine nur in ihrem eigenen wirtschaftlichen Interesse handelnde AG ihr Vermögen nicht zugunsten einzelner Aktionäre belasten wird, die keine weiteren unternehmerischen Ziele verfolgen. Dass beispielsweise die Integration in ein Cash Pool System auch für die abhängige Gesellschaft trotz der Besicherung wirtschaftlich vorteilhaft sein kann, stellt nicht in Frage, dass sie regelmäßig zur Teilnahme hieran von der Konzernleitung veranlasst worden ist.141

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Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 90 ff. Vgl. i.E. die in Fn. 137 genannten Autoren. 141 Vgl. zur Abwägung der mit der Cash Pool Teilnahme einhergehenden Vorteile § 2 C. II. 3. f) Besonderheiten bei der Sicherheitenbestellung im Cash Pool, S. 138 ff. 140

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C. Die Nachteile infolge der Bestellung aufsteigender Sicherheiten I. Feststellung eines Nachteils i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG 1. Abhängigkeitsfolge als Nachteilskriterium Der BGH prüfte in seinen letzten Urteilen zu § 311 AktG den Nachteil zweistufig: Der Nachteil müsse erstens Folge des Abhängigkeitsverhältnisses sein und zweitens eine Vermögensauswirkung nach sich ziehen.142 Die Abhängigkeitsfolge könne sich aus dem Vergleich mit einem hypothetischen Drittgeschäft143 oder aus der Feststellung, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft das Rechtsgeschäft nicht zu denselben Konditionen vorgenommen hätte144, ergeben. Unabhängig davon, ob der Nachteil nun zweistufig zu prüfen ist, entspricht es jedenfalls ganz h.M., dass der Nachteil seine Ursache in der Abhängigkeit haben müsse.145 Derartige Kriterien sind jedenfalls missverständlich. Dass die durch ein Handeln der herrschenden Gesellschaft verursachte Vermögenseinbuße bei der abhängigen Gesellschaft eine Abhängigkeitsfolge darzustellen hat, ist selbstverständlich: Die herrschende Gesellschaft kann im faktischen Konzern nicht für negative Vermögensfolgen außerhalb ihrer Einflussmöglichkeiten haftbar gemacht werden. Dies ist jedoch keine Frage des Nachteils, also der Vermögenseinbuße selbst, sondern eine Frage der haftungsbegründenden Kausalität zwischen einem Handeln der herrschenden Gesellschaft und einer darauffolgenden Maßnahme der abhängigen Gesellschaft. Die Kausalitätsfrage ist richtigerweise bei der Veranlassung durch die herrschende Gesellschaft zu stellen, nicht hingegen bei der Feststellung eines Nachteils.146 Selbst wenn man die Kausalitätsprüfung auf die Ebene der Nachteilsfeststellung verlagern wollte, ist die vom BGH hierfür aufgestellte Prämisse, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft das Rechts142 BGHZ 179, 71 (75 f.) = NJW 2009, 850 (851) – Rz. 9 f. (MPS); BGHZ 190, 7 (20 f.) = NJW 2011, 2719 (2722 f.) – Rz. 37 f. (Dritter Börsengang). 143 BGHZ 179, 71 (75 f.) = NJW 2009, 850 (851) – Rz. 9 (MPS); ähnlich BGHZ 141, 79 (84) = NJW 1999, 1706 (1707) – Buderus, ohne jedoch ausdrücklich eine zweistufige Prüfung vorzunehmen. 144 BGHZ 179, 71 (75 f.) = NJW 2009, 850 (851) – Rz. 9 (MPS); BGHZ 190, 7 (21) = NJW 2011, 2719 (2723) – Rz. 38 (Dritter Börsengang), beide unter Verweis auf BGHZ 175, 365 (367 f.) = NJW 2008, 1583 – Rz. 9, 11 (UMTS). 145 Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 39 f.; ders., in: FS Hoffmann-Becking, S. 421 (425); Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 311 Rn. 25; H.-F. Müller, in: Spindler/Stilz AktG, § 311 Rn. 27 jew. m.w.N.; wohl auch Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 311 Rn. 38. 146 Dazu ausführlich oben, § 2 B. Das veranlasste Rechtsgeschäft, S. 99 ff.; i.E. ebenso Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 80; ders., ZHR 171 (2007), 320 (331 f.); ders., in: FS Priester, S. 1 (6 f.); ders., NJW 2008, 1553 (1554 f.).

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geschäft zu denselben Konditionen vorgenommen hätte, missglückt. Ob ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter das Geschäft ebenso getätigt hätte, lässt sich erst nach einer Gegenüberstellung aller aus dem Geschäft folgenden Vorund Nachteile für die betroffene Gesellschaft beantworten. Hierfür ist denklogisch der zweite Prüfungsschritt des BGH, die Vermögensauswirkung, vorzuziehen. Ohne die Auswirkungen des Geschäfts auf die abhängige Gesellschaft zu kennen, kann man nicht bewerten, ob ein ordentlich und gewissenhaft handelnder Geschäftsleiter diese, möglicherweise auch negativen, Auswirkungen aufgrund seiner Erwartung, das Geschäft werde langfristig Vorteile für seine Gesellschaft bringen, akzeptiert hätte. Der BGH vertauscht in seiner zweistufigen Prüfung damit die logische Reihenfolge der Prüfungsschritte, was zu einer unsubstantiierten Ablehnung eines Nachteils führen kann, ohne Letzteren überhaupt erfasst zu haben.147 Das Verhältnis zwischen einem Nachteil und dem Verhalten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters wird klarer mit der Erkenntnis, dass es sich bei §§ 311, 317 AktG um eine culpa-Haftung der Geschäftsleiter der herrschenden Gesellschaft für pflichtwidrige Fremdgeschäftsführung handelt.148 Was der BGH zur Feststellung einer Abhängigkeitsfolge heranzieht ist der von § 317 Abs. 2 AktG angeordnete Verschuldensmaßstab. Bei richtigem Verständnis des Haftungsgrundes der §§ 311, 317 AktG wirft die vom BGH geforderte Abhängigkeitsfolge den Verschuldensmaßstab mit der Kausalitätsfrage durcheinander, die sich zutreffenderweise nur bei der Veranlassung stellt. Es bedarf zur Feststellung des Nachteils somit im Ergebnis keiner Abhängigkeitsfolge nach den vorgenannten Kriterien. Es gilt ausschließlich, den Nachteil im Sinne einer (drohenden) Vermögensauswirkung festzustellen. 2. Bemessung des Nachteils im Sinne einer (drohenden) Vermögensauswirkung Nach allgemeiner Auffassung liegt ein Nachteil in jeder Minderung oder konkreten Gefährdung der Vermögens- und Ertragslage der abhängigen Gesellschaft ohne Rücksicht auf die Quantifizierbarkeit.149 Dabei ist auch die künftige Ertragslage zu berücksichtigen, die sich aus einer Gegenüberstellung aller Chancen und Risiken

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Aus diesem Grunde beließ es der BGH in BGHZ 141, 79 (84) = NJW 1999, 1706 (1707) – Buderus wohl noch bei einer einstufigen Prüfung. 148 Siehe ausführlich oben unter § 1 A. III. Stellungnahme, S. 72 ff. 149 Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 157; Grigoleit, in: Grigoleit AktG, § 311 Rn. 32 f.; Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 39; ders., ZIP 2006, 1327 (1330); Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 311 Rn. 24; Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 311 Rn. 40, 44. Vgl. aus der Rspr. BGHZ 141, 79 (84) = NJW 1999, 1706 (1707) – Buderus; BGHZ 179, 71 (75) = NJW 2009, 850 (851) – Rz. 8 (MPS); BGHZ 190, 7 (20 f.) = NJW 2011, 2719 (2722) – Rz. 37 (Dritter Börsengang), wobei nur im MPS-Urteil die Vermögensgefährdung explizit für ausreichend erklärt wurde.

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für die abhängige Gesellschaft ergeben soll.150 Eine derart weite Nachteilsdefinition hat den Vorteil, dass sie dem umfangreichen Vermögensschutz durch §§ 311, 317 AktG gerecht wird.151 Andererseits birgt sie die Gefahr, für die Rechtspraxis zu unpräzise zu sein, als dass sie Maßstäbe für rechtmäßiges Handeln der beteiligten Geschäftsleiter in Abhängigkeitskonstellationen aufstellen kann. In Literatur und Rechtsprechung werden daher verschiedene Möglichkeiten ihrer Konkretisierung erwogen. a) Bilanzielle Auswirkungen Indem einige Autoren152 sowie der BGH153 behaupten, dass im Fall eines vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewährsanspruchs gem. § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG stets kein Nachteil gem. § 311 Abs. 1 AktG vorläge, bemessen sie den Nachteil – jedenfalls für Kreditgeschäfte – nach bilanziellen Kriterien. Dass eine pauschale Negierung eines Nachteils bei fehlendem Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften aufgrund von § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG nicht mit den unterschiedlichen objektiven und subjektiven Schutzzwecken beider Institute vereinbar ist, wurde bereits umfassend dargelegt.154 Richtigerweise nimmt die ganz h.M. an, dass es für die Begründung eines Nachteils nicht auf die bilanzielle Erfassbarkeit der Maßnahme ankommt.155 Den Nachteil dann aber nach denselben Kriterien wie bei § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG zu bestimmen, dem eine bilanzielle Betrachtungsweise zugrunde liegt156, ist ein Widerspruch in sich. Darüber hinaus ergeben sich bei Anwendung bilanzieller Kriterien Friktionen mit der herrschenden Auffassung, dass ein Nachteil ex ante (aus wessen Perspektive auch immer) zu bestimmen ist157: Die handelnden Personen müssen im Zeitpunkt der Veranlassung absehen können, wie sich eine Maßnahme einschließlich der mit ihr einhergehenden, ausgleichenden 150

Statt aller Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 311 Rn. 40. Dazu § 1 B. II. 1. Objektive Reichweite des durch §§ 311, 317 AktG vermittelten Vermögensschutzes, S. 85 ff. 152 Drygala, in: KölnKomm AktG, § 57 Rn. 114; Drygala/Staake/Szalai, Kapitalgesellschaftsrecht, § 31 Rn. 24; v. Falkenhausen/Kocher, BB 2009, 121 (121 f.); Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 47a, Rn. 83; ders., ZGR 2009, 347 (356 f.); Kiefner/Theusinger, NZG 2008, 801 (806); Wand/Tillmann/Heckenthaler, AG 2009, 148 (156 f.); Winter, DStR 2007, 1484 (1489). 153 BGHZ 179, 71 (77 f.) = NJW 2009, 850 (851 f.) – Rz. 12 f. (MPS). 154 Dazu oben, § 1 B. II. Der Vermögensschutz in der abhängigen AG, S. 85 ff.; ebenso kritisch Bayer/Lieder, AG 2010, 885 (888 f.); Kropff, NJW 2009, 814 (815 f.); Mülbert/ Leuschner, NZG 2009, 281 (285 ff.); Thole, ZInsO 2011, 1425 (1426); Vetter, in: K. Schmidt/ Lutter AktG, § 311 Rn. 42, 61. 155 Siehe nur Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 188; Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 51; Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 311 Rn. 42 jew. m.w.N. 156 Dazu oben, § 1 B. I. 3. a) Auswirkungen des MoMiG auf die objektive Reichweite der Kapitalerhaltung, S. 84 f. 157 Vgl. BGHZ 179, 71 (78) = NZG 2009, 107 (108) – Rz. 13 (MPS); aus der Literatur Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 44 m.w.N. 151

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Vorteile auf das Vermögen der abhängigen Gesellschaft auswirkt. Selbst wenn sich eine nachteilige Maßnahme unmittelbar bilanziell auswirkt, gilt dies aufgrund des dem Bilanzrecht zugrundeliegenden Vorsichts- und Realisationsprinzips158 für mögliche Vorteile noch lange nicht.159 Die Bewertung, ob eine veranlasste Maßnahme für die abhängige Gesellschaft ausgeglichen ist, funktioniert im Zeitpunkt ihrer Vornahme bzw. Veranlassung daher nicht, wenn sich die Ausgeglichenheit nur nach bilanziellen Kriterien richten soll. Wirkt sich eine veranlasste Maßnahme oder ein Rechtsgeschäft negativ in der Bilanz aus, ist dies zwar ein starkes Indiz für die Nachteiligkeit. Umgekehrt hängt die Nachteiligkeit aber keinesfalls nur von bilanziellen Auswirkungen ab. b) Der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter als Vergleichsmaßstab Einer zu starken Einschränkung des Nachteilsbegriffs durch die bilanzielle Betrachtungsweise entgeht die h.M., indem sie den Nachteil – unabhängig davon, ob dieser ein- oder zweistufig zu prüfen ist – durch einen Vergleich der veranlassten Maßnahme mit dem hypothetischen Verhalten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer unabhängigen Gesellschaft bestimmt.160 Das unabhängige Vergleichsunternehmen muss sich dabei in der gleichen wirtschaftlichen und rechtlichen Lage – abgesehen von der Abhängigkeit – wie die veranlasste Gesellschaft befinden.161 Hätte der Geschäftsleiter einer solchen Gesellschaft sich anders verhalten als der Vorstand der abhängigen Gesellschaft infolge der Veranlassung durch das herrschende Unternehmen, soll ein Nachteil vorliegen. Die Bewertung hat aus einer ex ante Perspektive im Zeitpunkt der Veranlassung zu erfolgen.162 Bei allen Schwierigkeiten, die der Vergleich mit einem unabhängigen Unternehmen in gleicher Lage – die Lage der abhängigen Gesellschaft ist maßgeblich durch ihre Abhängigkeit geprägt – mit sich bringt, bietet er den Vorteil, dass sämtliche Chancen und Risiken einer Maßnahme – unabhängig von ihrer Quantifizierbarkeit – Be158

Dazu allgemein Böcking/Gros/Wirth, in: EBJS HGB, § 252 Rn. 25 ff. Zutreffend Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 71. 160 Fett, in: Bürgers/Körber AktG, § 311 Rn. 23; Fleischer, in: Großkomm AktG, § 317 Rn. 36; Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 40, § 317 Rn. 7; Hommelhoff, Die Konzernleitungspflicht, S. 118 f.; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 311 Rn. 25; Krieger, in: MHdB AG, § 70 Rn. 82; Leuering/Goertz, in: Hölters AktG, § 311 Rn. 52; Lutter, in: FS Peltzer, S. 241 (248); H.-F. Müller, in: Spindler/Stilz AktG, § 311 Rn. 28; Rothley, in: Wachter AktG, § 311 Rn. 16; Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 311 Rn. 40; siehe auch BGHZ 175, 365 (368 f.) = NJW 2008, 1538 – Rz. 9, 11 (UMTS); BGHZ 179, 71 (75 f.) = NJW 2009, 850 (851) – Rz. 9 f. (MPS), die die Prämisse aber lediglich als Eingrenzung des Nachteilsbegriffs „auf erster Stufe“ verstehen. 161 Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 41; Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 311 Rn. 44 f.; Krieger, in: MHdB AG, § 70 Rn. 82; H.-F. Müller, in: Spindler/Stilz AktG, § 311 Rn. 30 jew. m.w.N. 162 Siehe die Nachweise in Fn. 157. 159

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rücksichtigung finden können. Dennoch leidet diese Nachteilsdefinition darunter, dass das Verhalten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters nur abgeschätzt werden kann, nachdem die nachteiligen Vermögensauswirkungen bestimmt worden sind.163 Zu deren Feststellung ist die Abgrenzung der h.M. allerdings nicht geeignet, sodass sie allenfalls als Nachteilsausschlusskriterium, nicht aber zu dessen Bestimmbarkeit geeignet ist. Zudem ist nicht ersichtlich, warum die Abwägung von Chancen und Risiken aus der komplex konstruierten Sicht einer unabhängigen Gesellschaft in gleicher Lage und insoweit begrenzt erfolgen soll, anstatt das aus § 311 Abs. 1 AktG folgende Haftungsmerkmal Nachteil durch eine ungefilterte Abwägung herauszuarbeiten. Diese Begrenzung lässt sich nur mit der von der h.M. verkannten Haftungsdogmatik erklären. Das Konzept der h.M. („Veranlasserhaftung“) lässt unter Missachtung der Machtverhältnisse in Abhängigkeitskonstellationen und der Entstehungsgeschichte der §§ 311 ff. AktG die Grenzen zwischen Pflichtwidrigkeit (nachteilige Veranlassung) und Verschulden (Exkulpationsmöglichkeit nach § 317 Abs. 2 AktG) verschwimmen.164 Im Ergebnis ist es daher abzulehnen, § 317 Abs. 2 AktG als Maßstab zur Feststellung eines Nachteils i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG heranzuziehen. c) Vergleich mit dem hypothetischen Ertragswert Ein Vorstoß in der Literatur zur Feststellung eines Nachteils i.S.v. Vermögensauswirkung ging dahin, infolge einer veranlassten Maßnahme einen jährlichen Vergleich zwischen dem durch die Maßnahme beeinflussten, tatsächlichen Ertragswert der abhängigen Gesellschaft mit dem hypothetischen Ertragswert unter Ausschluss der Maßnahme anzustellen.165 Ein solches Vorgehen birgt jedoch die Gefahr, die auf Einzelausgleich ausgerichteten §§ 311, 317 AktG zu einer umfassenden Konzernhaftung auszuweiten, nach der das herrschende Unternehmen auch für nicht auf seiner Veranlassung beruhende Nachteile einzustehen hätte.166 Der haftungsbegründende Nachteilsbegriff hinge danach vom Erfolg bzw. Misserfolg der gesamten Konzernpolitik ab, mithin von einem Maßstab, der ausweislich der Begründung zum Regierungsentwurf167 nicht geeignet ist, als Haftungsgrundlage zu dienen.168 163

Dazu bereits soeben unter § 2 C. I. 1. Abhängigkeitsfolge als Nachteilskriterium, S. 103 ff. 164 Dazu bereits oben, § 1 A. III. Stellungnahme, S. 72 ff. 165 So Albach, NBW 1966, 203 (205 f.); ausführlich Wieland, Die Abbildung von Fremdeinfluß im Abhängigkeitsbericht, S. 223 ff. 166 Vgl. die Kritik bei Bachelin, Der konzernrechtliche Minderheitenschutz, S. 45 ff.; Geßler, in: FG Kunze, S. 159 (173 f.); Luchterhandt, ZHR 133 (1970), 1 (23). 167 Begr. RegE BT-Drucks. IV/171 vom 03. 02. 1962, S. 229 f., abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz 1965, S. 409. 168 Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 224; Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 311 Rn. 58.

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d) Maßstäbe der verdeckten Gewinnausschüttung, Drittgeschäfte etc. Häufig werden zur Prüfung einer nachteiligen Vermögensauswirkung die Bedingungen eines Drittgeschäfts oder Marktpreise als Vergleichsmaßstab herangezogen.169 Diese sind auch Ausgangspunkt für die Bewertung, ob aus steuerrechtlicher Sicht eine verdeckte Gewinnausschüttung an einen Gesellschafter (herrschendes Unternehmen) vorliegt, auf deren Maßstäbe zur Nachteilsfeststellung ebenso rekurriert wird.170 Diese Ansätze bieten den Vorteil, dass sie – ohne auf die für das Verschulden relevante Perspektive des § 317 Abs. 2 AktG abzustellen – unmittelbar Auskunft darüber geben, ob durch eine Maßnahme das Vermögen der abhängigen Gesellschaft vermindert oder seine Vermehrung verhindert wird. Problematisch ist jedoch, dass Marktpreise, Drittgeschäfte etc. nur Auskunft über die Angemessenheit von veranlassten zweiseitigen Rechtsgeschäften geben und damit nur einen Teil möglicher Veranlassungen durch das herrschende Unternehmen bewerten können. Zudem wird es vor allem bei konzernspezifischen Geschäften häufig an einem vergleichbaren Geschäft, dessen marktüblicher Leistungsaustausch herangezogen werden könnte, fehlen. Insoweit wird man durch die ausschließliche Heranziehung der Maßstäbe von Drittgeschäften dem umfassenden Schutzbereich der §§ 311, 317 AktG ebenso wenig gerecht wie beim bloßen Abstellen auf bilanzielle Kriterien bzw. – damit zusammenhängend – die Maßstäbe der verdeckten Gewinnausschüttung nach § 57 AktG. Wie Letztere sind aber auch Abweichungen von Bedingungen eines Drittgeschäfts und aus steuerrechtlicher Sicht festgestellte verdeckte Gewinnausschüttungen starke Indizien für einen Nachteil i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG. e) Objektiver Nachteilsbegriff als Maßstab der Pflichtwidrigkeit Um zur richtigen Auslegung des Nachteilsbegriffs vorzudringen, gilt es, sich erneut die Haftungsdogmatik der §§ 311, 317 AktG vor Augen zu führen. Es handelt sich um eine reguläre culpa-Haftung für Fremdgeschäftsführung.171 Folglich sind pflichtwidriges Handeln und Verschulden strikt zu trennen. Das pflichtwidrige Handeln ist dabei stets objektiv festzustellen.172 Es muss zuerst ein Pflichtenprogramm aufgestellt werden, bevor die Frage, ob die Haftungsadressaten hiergegen schuldhaft verstoßen haben oder angesichts der besonderen Umstände des Einzelfalls hiervon abweichen durften, folgen kann. Da sich der Verschuldensmaßstab typisiert aus § 317 Abs. 2 AktG ergibt, kann der dort enthaltende Vergleich mit dem 169 Vgl. Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 208 ff.; Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 55; Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 311 Rn. 62 ff.; Krieger, in: MHdB AG, § 70 Rn. 85 jew. m.w.N. 170 Grundlegend dazu Döllerer, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen bei Kapitalgesellschaften, S. 100 f., 124 f.; ders., BB 1967, 1437 (1437 f., 1445); Janssen, Verdeckte Gewinnausschüttungen, S. 397 ff. 171 Dazu ausführlich oben unter § 1 A. III. Stellungnahme, S. 72 ff. 172 Zutreffend im Kontext von § 280 BGB Riehm, in: FS Canaris I, S. 1079 (1090 f.).

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ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft nicht auch zur Festlegung des Pflichtenprogramms erfolgen. Dieses ergibt sich vielmehr aus § 311 Abs. 1 AktG und dem dort enthaltenden Postulat, dass die herrschende Gesellschaft keine Nachteile für die abhängige Gesellschaft veranlassen darf. Die dahinter verborgenen Handlungspflichten sind jedoch – wie regelmäßig bei einer culpa-Haftung173 – frei von subjektiven Vergleichsperspektiven rein objektiv festzulegen. Ausgangspunkt hierfür ist die gesetzgeberische Absicht, die abhängige Gesellschaft umfassend vor der nachteiligen Durchsetzung der Interessen des herrschenden Unternehmens in ihrem Tätigkeitsbereich zu bewahren. Bei den Interessen des herrschenden Unternehmens handelt es sich ebenso wie bei denen der abhängigen Gesellschaft und deren Aktionären stets um Vermögensinteressen.174 Indem § 311 Abs. 1 AktG die Nachteilszufügung verbietet, legt er dem herrschenden Unternehmen die Pflicht auf, bei seiner im Grundsatz zulässigen Einflussnahme in der abhängigen Gesellschaft jedenfalls eine nachteilige Vermögensauswirkung zu vermeiden. Pflichtwidrig i.S.d. §§ 311, 317 AktG und somit Grundlage einer Haftung ist daher jede Veranlassung einer Maßnahme, bei der ein Vermögensnachteil für die abhängige Gesellschaft nicht nach einer ex ante Prognose sicher ausgeschlossen ist. Dieser strenge Maßstab für das aus § 311 Abs. 1 AktG folgende Pflichtenprogramm rechtfertigt sich mit Blick auf seine Gesetzeshistorie: Ausgehend von einem vollständigen Verbot der Einflussnahme gem. § 284 RefE AktG entwickelte sich das strenge Schädigungsverbot des § 300 Abs. 1 RegE AktG, welches nur im strikten und unmittelbaren Einzelausgleich schädliche Einwirkungen erlaubte, womit im Ergebnis Vermögensnachteile gänzlich vermieden werden sollten. Dieses Schädigungsverbot wurde in § 311 Abs. 1 AktG 1965 übernommen, der nur hinsichtlich der Modalitäten des Nachteilsausgleichs in § 311 Abs. 2 AktG eine Modifikation zum Regierungsentwurf erfuhr.175 Ob ein Vermögensnachteil für die abhängige Gesellschaft sicher ausgeschlossen ist, ergibt sich aus einer Gegenüberstellung des aus einer Maßnahme Erlangten und des für ihre Umsetzung Aufgewendeten, ergänzt durch eine prognostische Risikoabwägung, in der ihre vermögensmäßige Entwicklung bei Durchführung der Maßnahme mit der hypothetischen Lage ohne Durchführung der Maßnahme zu vergleichen ist. Entscheidend ist, dass die hierfür einbezogenen Faktoren nur objektiv vorliegen müssen – auf ihre Erkennbarkeit für die handelnden Geschäftsleiter kommt es für die Feststellung des Nachteils und damit der Pflichtwidrigkeit nicht an. Dies ist eine Frage des Verschuldens und gesondert im Zuge des § 317 Abs. 2 AktG fest173 Siehe z. B. für § 93 AktG Spindler, in: MüKoAktG, § 93 Rn. 21; für § 280 BGB Ernst, in: MüKoBGB, § 280 Rn. 33 f.; für § 823 BGB Förster, in: BeckOK BGB, § 823 Rn. 5, 15. 174 Begr. RegE BT-Drucks. IV/171 vom 03. 02. 1962, S. 229, abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz 1965, S. 407. 175 Dazu bereits § 1 B. II. 1. a) cc) Historische Entwicklung der Schutzvorschriften zum faktischen Konzern, S. 87 ff.; vgl. auch Begr. RegE BT-Drucks. IV/171 vom 03. 02. 1962, S. 229 f., abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz 1965, S. 409.

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zustellen. Für die Gegenüberstellung können freilich die oben beschriebenen Konkretisierungen durch Marktpreise, Drittgeschäfte und bilanzielle Betrachtungen herangezogen werden. Sie begründen jedoch keinesfalls ein abschließendes Urteil dahingehend, dass durch ihre Beachtung ein Vermögensschaden für die abhängige Gesellschaft sicher ausgeschlossen ist. Große Bedeutung erfährt sowohl für die Gegenüberstellung von Erlangtem und Aufgewendetem als auch für die Risikoabwägung die Quantifizierbarkeit möglicher Nachteile. Nur wenn die relevanten Faktoren nach betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen (z. B. durch Investitions- und Wirtschaftlichkeitsrechnungen176) bezifferbar sind, sind sie für eine Abwägung geeignet, die zu dem Ergebnis kommen kann, dass kein Risiko einer Vermögenseinbuße für die abhängige Gesellschaft besteht. Unkalkulierbare Faktoren und Risiken, insbesondere bei spekulativen Maßnahmen, die nicht beziffert werden können, sind keinem vermögensmäßigen Ausgleich zugänglich und damit als potentiell riskantes Geschäft für die abhängige Gesellschaft nachteilig.177 Wird ein solches Geschäft dennoch veranlasst, liegt kein objektiv ausgeglichenes Geschäft vor, womit der Nachteil i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG zu bejahen ist. Durch die Veranlassung eines objektiv nachteiligen Geschäfts überschreiten die handelnden Geschäftsleiter des herrschenden Unternehmens das, was sie in Bezug auf die abhängige Gesellschaft tun dürfen, verhalten sich folglich pflichtwidrig. Ob sie hierfür neben ihrer Anstellungskörperschaft (§ 317 Abs. 3 AktG) in die Haftung geraten, ist dann eine Frage der subjektiven Erkennbarkeit der für die Nachteiligkeit entscheidenden Faktoren (§ 317 Abs. 2 AktG) und der tatsächlichen Schadensträchtigkeit der veranlassten Maßnahme.178 3. Verhältnis Nachteil – Ausgleich – Schaden Mit der eben beschriebenen Abwägung zur Feststellung des pflichtwidrigen Handelns wird das Verhältnis von Nachteil und Ausgleich klar: Was die abhängige Gesellschaft infolge der Veranlassung von dem herrschenden Unternehmen für die objektiv messbaren Vermögensabflüsse und Vermögensrisiken erhält, ist Nachteilsausgleich. Ist eine Maßnahme nach dieser Abwägung von vornherein ausgeglichen, so fehlt es insgesamt an einem Vermögensnachteil179 und damit am haf176

Dazu Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 221. Bei solchen Geschäften besteht allerdings die Möglichkeit, die abhängige Gesellschaft durch Garantien, z. B. in Form von Verlustübernahmevereinbarungen, abzusichern, die so hoch sind, dass für die abhängige Gesellschaft ein Eigenrisiko ausscheidet. Siehe dazu Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 66; Krieger, in: MHdB AG, § 70 Rn. 91; H.-F. Müller, in: Spindler/Stilz AktG, § 311 Rn. 52; ausführlich Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 311 Rn. 134 ff. 178 Im Ergebnis ebenso Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 175 ff., 190; ders., in: FS Priester, S. 1 (12 ff.). 179 Zutreffend Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 304; i.E. ebenso Rothley, in: Wachter AktG, § 311 Rn. 24; Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 311 Rn. 50 f., die jedoch zwischen 177

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tungsbegründenden, pflichtwidrigen Handeln der Geschäftsleiter des herrschenden Unternehmens. An dieser Stelle bedarf es schon der Erkenntnis, dass Nachteile im Zeitpunkt ihrer Zufügung bereits ausgeglichen sein müssen. Der gestreckte Nachteilsausgleich nach § 311 Abs. 2 AktG erfasst nur den besonderen Fall, dass der Wert des Nachteils bzw. der Risiken noch nicht genau bestimmt und damit kein hinreichender Ausgleich von Anfang an gewährt werden kann.180 Stellt sich nach Vornahme der Maßnahme heraus, dass sie trotz ausgleichender Faktoren doch zu einem Nachteil führt, ist zu differenzieren: Ist die Bewertung der Ausgeglichenheit den beteiligten Geschäftsleitern misslungen, z. B. dadurch, dass objektiv bestehende Risiken nicht hinreichend beachtet wurden, muss der Ausgleich unverzüglich nachgeholt werden. Kann die Maßnahme nicht mehr ausgeglichen werden bzw. ist die dafür allenfalls mögliche Jahresfrist des § 311 Abs. 2 AktG verstrichen, so kommt es zur Haftung nach §§ 311, 317 AktG, sofern die beteiligten Geschäftsleiter gem. § 317 Abs. 2 AktG die Risiken hätten erkennen können. War hingegen die Abwägung aller anfänglich vorhandenen Faktoren objektiv vollständig ausgeglichen bzw. konnte ein ordentlicher, gewissenhafter Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft ein sich erst entwickelndes Risiko zum Zeitpunkt der Vornahme der veranlassten Maßnahme ebenso wenig erkennen, entsprach die Veranlassung und deren Umsetzung ordnungsgemäßer Geschäftsführung und bringt niemanden in die Haftung.181 Strikt zu trennen von der Nachteilsfeststellung ist der zu ersetzende Schaden. Das Begriffspaar Nachteil und Ausgleich dient nur der Feststellung einer pflichtwidrigen Geschäftsführung als haftungsbegründendes Tatbestandsmerkmal. Ob infolgedessen nach §§ 311, 317 AktG Schadensersatz zu leisten ist, hängt davon ab, ob sich die Pflichtwidrigkeit tatsächlich in einem Schaden realisiert hat. Letzterer bemisst sich nach dem allgemeinen Schadensrecht (§§ 249 ff. BGB), wobei im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität die Adäquanz und der Schutzzweck der §§ 311, 317 AktG Berücksichtigung finden.182 Dass ein nicht ausgeglichener Nachteil, der für sich genommen nur die Pflichtwidrigkeit begründet, stets einen Mindestschaden in Höhe des Nachteilsausgleichs zur Folge hat, widerspricht nicht nur der in § 317 Abs. 1 AktG angelegten begrifflichen Unterscheidung zwischen Nachteil und Schaden, sondern führt zu dem abwegigen Ergebnis, dass die abhängige Gesellschaft aufgrund der Einflussnahme besser steht (sie erhält ohne einen Vermögensschaden Schadensersatz!) als bei unbeeinflusster Geschäftstätigkeit. Eine solche Privilegierung ist vom Normzweck der §§ 311, 317 AktG, die lediglich die Vermögensneutralität von veranlassten Maßnahmen bei der abhängigen Gesellschaft verfolgen, sog. Kompensationsgeschäften bei Vornahme der nachteiligen Maßnahme und dem Nachteilsausgleich differenzieren, wobei von Letzterem nur der nachträgliche Nachteilsausgleich nach § 311 Abs. 2 AktG erfasst sein soll. 180 Dazu ausführlich unter § 2 D. I. Zur Dogmatik des Nachteilsausgleichs, S. 153 ff. 181 Hierzu Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 329 ff. 182 Dazu unter § 2 F. Die Schadensfolge der nachteiligen Sicherheitenbestellung, S. 160 ff.

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nicht erfasst.183 Zudem führt sie zu Ergebnissen, die gegen das schadensrechtliche Bereicherungsverbot verstoßen. Steht damit nun fest, wie der Nachteil für die abhängige AG i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG zu ermitteln ist, gilt es, im Folgenden die verschiedenen Anknüpfungspunkte für einen Nachteil bei der Bestellung aufsteigender Sicherheiten zu untersuchen.

II. Übernahme des Haftungsrisikos In der Abwägung, ob die Sicherheitenbestellung für die abhängige Gesellschaft objektiv nachteilig ist, ist zu aller erst die mit ihr einhergehende Übernahme des Haftungsrisikos zu berücksichtigen. Gemeint ist die Gefahr, dass die bestellte Sicherheit zu Lasten der abhängigen Gesellschaft verwertet wird. Das Haftungsrisiko ist grundsätzlich über den Wert der gewährten Sicherheit – begrenzt auf die Höhe der gesicherten Forderung – quantifizierbar und daher ein Risiko, das überhaupt einem Ausgleich zugänglich ist und daher im Rahmen des § 311 Abs. 1 AktG eingegangen werden kann. 1. Zeitpunkt der Übernahme des Haftungsrisikos Eingangs ist zu klären, zu welchem Zeitpunkt die Übernahme des Haftungsrisikos als nachteiliger Faktor in die Abwägung einbezogen werden muss. Damit die abhängige Gesellschaft überhaupt in die Haftung geraten kann, ist es notwendig, dass eine zu sichernde Forderung der Sicherungsnehmerin gegen das herrschende Unternehmen besteht und eine Sicherheit wirksam bestellt wurde. Jedenfalls ab dem Zeitpunkt, in dem diese beiden Voraussetzungen vorliegen, besteht das Haftungsrisiko. Möglicherweise ist aber bereits früher, nämlich an die schuldrechtliche Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung in der Sicherungsabrede184 anzuknüpfen. Diese Erwägung basiert auf dem Gedanken, dass die abhängige Gesellschaft der Sicherungsnehmerin nach Abschluss der Sicherungsabrede keine Einwendungen wegen Bonitätsverschlechterung des herrschenden Unternehmens gegen die Be183

So aber Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 45, § 317 Rn. 17; ders., ZIP 2006, 1327 (1330 f.); Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 317 Rn. 7; Krieger, in: MHdB AG, § 70 Rn. 130; H.-F. Müller, in: Spindler/Stilz AktG, § 317 Rn. 10; wie hier: Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 178 f., 338; Schatz/Schödel, in: Heidel AktG, § 311 Rn. 66, § 317 Rn. 10; Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 311 Rn. 93, § 317 Rn. 8. 184 Vorausgesetzt, der Abschluss einer solchen ist überhaupt nötig. Bspw. der Bürgschaftsvertrag, aus dem der Gläubiger seine Forderung gegen den Bürgen erwirbt, trägt seinen Rechtsgrund in sich, vgl. BGHZ 147, 99 (101) = NJW 2001, 1857: „Rechtsgrund in sich selbst“; BGHZ 174, 39 (46) = NJW 2008, 1070 (1071 f.) – Rz. 25; Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rn. 834; Gröschler, in: Soergel BGB, Vor § 765 Rn. 2, 9; Habersack, in: MüKoBGB, § 765 Rn. 3 jew. m.w.N.

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stellung entgegenhalten kann. Insbesondere ist die Einwendung, dass die (dingliche) Bestellung gegen den Kapitalerhaltungsgrundsatz verstoßen würde gegenüber der Sicherungsnehmerin, die nicht Adressatin der Kapitalerhaltungsregeln ist, unergiebig.185 Vielmehr kann die Sicherungsnehmerin kraft des durch die Sicherungsabrede entstehenden Anspruchs auf Sicherheitenbestellung diese gerichtlich durchsetzen, wobei notwendige Erklärungen der sicherungsgewährenden abhängigen Gesellschaft ggf. nach § 894 ZPO als abgegeben gelten.186 Fraglich ist jedoch, ob mit der schuldrechtlichen Verpflichtung bereits das Haftungsrisikos als Nachteil i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG übernommen wird. Damit es überhaupt zu einer Haftung der abhängigen Gesellschaft kommen kann, bedarf es einer zu sichernden Forderung gegen das herrschende Unternehmen, i. d. R. ein Darlehensrückzahlungsanspruch der Sicherungsnehmerin gem. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB. Die Sicherungsnehmerin wird das Darlehen im Regelfall dem herrschenden Unternehmen erst valutieren, wenn sie hinreichend durch die abhängige Gesellschaft gesichert ist, was erst mit der Vornahme der seitens der abhängigen Gesellschaft erforderlichen Handlungen zur Sicherheitenbestellung der Fall sein wird.187 Der Valutierungsanspruch des herrschenden Unternehmens gem. § 488 Abs. 1 S. 1 BGB aus dem Darlehensvertrag kann insoweit aufschiebend bedingt sein. Kommt es nach Bestellung der Sicherheit nicht zur Valutierung gibt es keine Forderung, für die die abhängige Gesellschaft haften könnte, mithin auch kein Haftungsrisiko. Aus diesem Grunde die Übernahme des Haftungsrisikos durch die wirksame Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung abzulehnen, greift allerdings zu kurz: Ab der wirksamen schuldrechtlichen Verpflichtung zur Besicherung gegenüber der Sicherungsnehmerin kann diese die dingliche Bestellung notfalls gerichtlich durchsetzen. Etwaigen Einreden der Gesellschaft wegen Nichtvalutierung des Darlehens an ihren Aktionär kann sie einseitig durch Auszahlung der Darlehensvaluta begegnen. Die Valutierung stellt für sie kein Risiko mehr dar, wenn sie daran anknüpfend die werthaltigen Sicherheiten der abhängigen Gesellschaft durchsetzt. Dass die Kreditgeberin auf diese Weise gegen die Gesellschaft vorgehen würde, auch wenn sich der Aktionär bereits in finanzieller Schieflage befindet, weshalb die abhängige Gesellschaft die Sicherheitenbestellung gerade verweigert, liegt nicht fern: Wird ihre Darlehensrückzahlungsforderung ausreichend besichert, lässt sich die Kreditgeberin wohl kaum ein für sie wegen möglicherweise hoher Darlehenszinsen ertragreiches Geschäft entgehen. Ob sie vom Aktionär durch Zahlung oder über die Gesellschaft durch Sicherheitenverwertung gewinnbringend befriedigt wird, läuft für die Sicherungsnehmerin 185 So in Bezug auf einen Kapitalerhaltungsverstoß durch Abschluss der Sicherungsabrede Altmeppen, ZIP 2017, 1977 (1979 f.); Bayer/Lieder, ZGR 2005, 133 (146); Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 30 Rn. 8; Kleindiek, NZG 2000, 483 (485); Stimpel, in: FS 100 Jahre GmbHG, S. 335 (356 f.); Verse, GmbHR 2018, 113 (117). 186 Ausführlich zu dieser Problematik bei der Kapitalerhaltung unter Kapitel 2 § 3 B. IV. Verpflichtung zur Bestellung der Sicherheit, S. 190 ff. 187 Siehe nur Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 41 Rn. 10.

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wirtschaftlich auf das Gleiche hinaus. Die relevante Erkenntnis besteht folglich darin, dass sich das Haftungsrisiko zwar erst mit einer wirksam bestellten Sicherheit und nach Entstehung der gesicherten Forderung realisieren kann, diese Vorgänge aber ab wirksamer Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung gegenüber der Sicherungsnehmerin außerhalb des Einflusses der abhängigen Gesellschaft, mithin einseitig in der Hand der sicherungsnehmenden Kreditgeberin liegen. Folgerichtig übernimmt die Gesellschaft bereits im Zeitpunkt der wirksamen Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung in einer für sie unumkehrbaren Weise das Haftungsrisiko und handelt damit nachteilig i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG.188 Gänzlich unproblematisch ist das Abstellen auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Sicherungsabrede in den Fällen, in denen eine bereits bestehende Forderung der Sicherungsnehmerin gegen das herrschende Unternehmen besichert werden soll. Zu denken ist zunächst an den Fall, dass die Sicherungsnehmerin (Darlehensgeberin) infolge einer Stundungsvereinbarung oder neuen Fälligkeitsabrede mit dem darlehensnehmenden herrschenden Unternehmen zusätzliche Sicherheiten verlangt. Da das Haftungsrisiko nun nicht mehr von der Entstehung einer zu sichernden Forderung, der die dingliche Sicherheitenbestellung regelmäßig vorgelagert ist, abhängt, ist die Gefahr der Inanspruchnahme (ggf. nach gerichtlicher Durchsetzung der dinglichen Sicherheitenbestellung) für die abhängige Gesellschaft offensichtlich bereits mit Abschluss der Sicherungsabrede besiegelt. Selbiges gilt, wenn die Sicherheit zur Haftung für mehrere bzw. austauschbare Forderungen nach Wahl des Gläubigers haften soll, die nicht erst mit bzw. unmittelbar nach der (dinglichen) Sicherheitenbestellung entstehen sollen. Gedacht sei dabei an die Besicherung wiederkehrender Betriebskredite oder laufend schwankender Salden eines Kontokorrentkredits (Paradigma: Cash Pool Saldo). Bei diesen Kreditverhältnissen steht nämlich nicht fest, dass die Valuta erst mit wirksamer (dinglicher) Sicherheitenbestellung ausgezahlt wird und damit erst nach Sicherheitenbestellung der Rückzahlungsanspruch als Grundlage des Haftungsrisikos entsteht. Vielmehr ist es eine Frage des Zufalls, wann ein neuer Darlehensrückzahlungsanspruch entsteht oder ein bestehender seinem Umfang nach erweitert wird, sodass die Gesellschaft das Haftungsrisiko hierfür auch bereits mit der Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung übernimmt. Auch im Zuge sog. revolvierender Sicherheiten ist auf den Zeitpunkt der Sicherungsabrede abzustellen. Dabei handelt es sich um die Besicherung einer Forderung durch Abstellen auf eine gesamte Sacheinheit, die als solche nicht sonderrechtsfähig ist, bspw. Sicherungsübereignung aller in einem Warenlager befindlichen Gegenstände, Globalzession von Forderungen gegen einen bestimmbaren Kundenkreis oder Verpfändung von (künftigem) Kontoguthaben.189 Das Haftungsrisiko bezüglich der konkret betroffenen Gegenstände bzw. Forderungen entsteht zwar erst, 188 Diesen Zusammenhang übersehend Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 153 f.: „weitergehende Diskussion […] überflüssig“. 189 Siehe dazu Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 41 Rn. 7 sowie § 43 Rn. 32.

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wenn sie in das Eigentum der besichernden Gesellschaft gelangen. Dass die Gesellschaft insgesamt mit einer bestimmten Vermögensmasse für die besicherte Forderung einzustehen hat, steht aber – losgelöst von der Frage, welche konkreten Vermögensgegenstände dann davon betroffen sein werden – bereits in dem Zeitpunkt fest, in dem sie sich verpflichtet einen bestimmbaren Kreis an Vermögensgegenständen zukünftig als Sicherheit zu bestellen und die Sicherungsnehmerin infolge dieser Abrede das Darlehen ausbezahlt. Die Entstehung eines Rechts zugunsten der Sicherungsnehmerin an den konkreten Vermögensgegenständen kann die Gesellschaft nach Abschluss einer hierauf gerichteten Sicherungsabrede nicht mehr verhindern. Unabhängig von einer konkreten (dinglichen) Rechtsänderung an Vermögensgegenständen, die möglicherweise erst zukünftig Teil des Vermögens der besichernden Gesellschaft werden, übernimmt sie daher mit der Verpflichtung hierzu bereits ein Haftungsrisiko, das sich in seinem Umfang nach der Höhe der besicherten Forderung oder dem Wert der im Haftungsfall gerade besicherten Vermögensgegenstände, sofern dieser hinter der Forderungshöhe zurückbleibt, richtet. 2. Konkretes oder abstraktes Haftungsrisiko als Nachteil i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG Warum das mit der Sicherheitenbestellung übernommene Haftungsrisiko einen Nachteil i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG darstellen kann, wird klar, wenn in dessen Folge im Sicherungsfall die gewährte Sicherheit verwertet und das Vermögen der abhängigen Gesellschaft insoweit endgültig belastet wird. Dass für die Nachteilsabwägung bereits die Gefahr einer solchen Vermögenseinbuße genügt, wurde bereits dargelegt.190 Die im Fall des übernommenen Haftungsrisikos entscheidende Frage bleibt aber, wann die Übernahme als vermögensgefährdend und damit – vorbehaltlich möglicher Ausgleichsposten – als nachteilig gem. § 311 Abs. 1 AktG gilt. Abzugrenzen ist das abstrakte vom konkreten Haftungsrisiko: Das abstrakte Haftungsrisiko beschreibt das mit einer Sicherheitenbestellung immer einhergehende Risiko der Inanspruchnahme im Sicherungsfall. Das konkrete Haftungsrisiko liegt vor, wenn aufgrund einer prekären finanziellen Lage des herrschenden Unternehmens die konkrete Gefahr der Inanspruchnahme besteht. Ob ein konkretes Haftungsrisiko besteht, soll sich anhand einer (bilanziellen) Vollwertigkeitsprüfung des Rückgriffsanspruchs der abhängigen Gesellschaft bestimmen.191

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Dazu § 2 C. I. 2. e) Objektiver Nachteilsbegriff als Maßstab der Pflichtwidrigkeit, S. 108 ff. 191 Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 47, 47c; Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 311 Rn. 82; Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 156 ff.; Wand/Tillmann/ Heckenthaler, AG 2009, 148 (157); vgl. für Kreditrisiko bei unbesichertem Darlehen BGHZ 179, 71 (77 f.) = NJW 2009, 850 (851 f.) – Rz. 12 f. (MPS).

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Einer Ansicht nach genügt das nur abstrakte Risiko nicht für einen Nachteil i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG.192 Primär stützen sich die Vertreter dieser Auffassung auf § 311 Abs. 2 AktG, dem aufgrund des verzögerten Nachteilsausgleichs die Übernahme des Insolvenzrisikos des herrschenden Unternehmens inhärent sei.193 An dem Vergleich mit § 311 Abs. 2 AktG wird kritisiert, dass es bei der Sicherheitenbestellung nicht um die Vorleistung der abhängigen Gesellschaft für den begrenzten Zeitraum bis zum Geschäftsjahresende gehe, sondern die potentielle Haftung gegenüber einem Dritten die Leistung der abhängigen Gesellschaft darstelle. Relevanter Unterschied sei, dass im Sicherungsfall ein Rückgriffsanspruch der abhängigen Gesellschaft gegen das herrschende Unternehmen im Regelfall ins Leere gehen werde.194 Hingegen ist im Fall des fehlgeschlagenen verzögerten Nachteilsausgleich des § 311 Abs. 2 AktG die Insolvenz des herrschenden Unternehmens keinesfalls zwingend, sodass ein infolgedessen entstehender Schadensersatzanspruch nach §§ 311, 317 Abs. 1 S. 1 AktG gegen das herrschende Unternehmen nicht – wie typischerweise ein Regressanspruch nach Verwertung der aufsteigenden Sicherheit – ins Leere geht. Außerdem erweist sich die Behauptung, § 311 Abs. 2 AktG enthalte selbst die Übernahme eines abstrakten Insolvenzrisikos, dessen Übernahme bei anderen Rechtsgeschäften für die abhängige Gesellschaft daher noch keinen Nachteil darstellen könne, als zu pauschal, wenn man sich die von § 311 Abs. 2 AktG erfassten Fälle vor Augen führt: Es geht ausschließlich um den Ausgleich solcher Nachteile, bei denen der nötige Ausgleich nicht von Anfang an beziffert und vorgenommen werden kann.195 Das in diesem Ausnahmefall durch Vorleistung tatsächlich übernommene Insolvenzrisiko darf aber – wie der verzögerte Nachteilsausgleich insgesamt – nicht zum Nachteil der abhängigen Gesellschaft gereichen, sodass auch das einhergehende (abstrakte) Insolvenzrisiko ausgeschlossen sein muss (z. B. durch Besicherung, zum Nachteilsausgleich zweckgebundene Rückstellungen etc.). Anderenfalls wäre der verzögerte Nachteilsausgleich im Ansatz nicht zulässig.196 § 311 Abs. 2 AktG ist die Übernahme eines allgemeinen Ausfallrisikos damit keinesfalls „inhärent“, sodass die Norm auch nicht als Argument dafür herangezogen werden kann, dass ein abstraktes Haftungsrisiko bei der Sicherheitenbestellung keinen Nachteil i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG begründen könne. Des Weiteren führt die Beschränkung des möglichen Nachteils auf konkrete Haftungsrisiken, die ihrerseits anhand der Vollwertigkeit des Rückgriffsanspruchs zu bemessen sein sollen, zu einer unzulässigen Vermischung von Tatbestandsmerk192 Vgl. zum Kreditrisiko BGHZ 141, 79 (84) = NJW 1999, 1707 (1707); BGHZ 179, 71 (76) = NJW 2009, 850 (851 f.) – Rz. 10 (MPS); Cahn, Der Konzern 2009, 67 (77); Habersack, ZGR 2009, 347 (356); Habersack/Schürnbrand, NZG 2004, 689 (693); Hentzen, ZGR 2005, 480 (509 f.); Pentz, ZIP 2006, 781 (785). 193 Kramer, Kapitalerhaltung, S. 200 f.; Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 116 ff.; Zeidler, Zentrales Cashmanagement in faktischen Aktienkonzernen, S. 39. 194 Dazu insbesondere Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 311 Rn. 62 m.w.N. 195 Dazu ausführlich unter § 2 D. I. Zur Dogmatik des Nachteilsausgleichs, S. 153 ff. 196 Zutreffend Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 306, 323 f.

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malen. Nachteilig kann grundsätzlich erstmal jedes noch so geringe Vermögensrisiko für die abhängige Gesellschaft sein, welches sie ohne das veranlasste Rechtsgeschäft nicht tragen würde. Wird dieses jedoch von Anfang an ausgeglichen, begründet es im Ergebnis nicht mehr die Nachteiligkeit i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG als Grundlage einer pflichtwidrigen (übergeordneten) Geschäftsführung.197 Um zu diesem Ergebnis zu gelangen, bedarf es aber zunächst einer Abwägung aller Risiken mit dem, was die abhängige Gesellschaft im Gegenzug erhält, z. B. dem Rückgriffsanspruch im Haftungsfall. Erst hier wird die Frage um dessen Vollwertigkeit relevant.198 Die Übernahme des abstrakten Haftungsrisikos im Zuge der Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung reicht damit für die Nachteiligkeit i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG aus und begründet die Ausgleichspflicht.199 3. Der Ausgleich des Haftungsrisikos Die grundsätzlich nachteilige Übernahme eines Haftungsrisikos bedarf des Ausgleichs, um vor dem Hintergrund des § 311 Abs. 1 AktG zulässig zu sein. a) Allgemeine Anforderungen an den Nachteilsausgleich i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG Bei dem Nachteilsausgleich i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG handelt es sich um die Faktoren, die auf der Seite des durch die Maßnahme Erlangten in die Abwägung, ob eine Maßnahme bei ihrer Veranlassung nachteilig ist oder nicht, eingehen. Eine von vornherein ausgeglichene Maßnahme ist nämlich nicht nachteilig. Werden die aus ihr folgenden Nachteile jedoch nicht bereits im Zuge der Veranlassung ausgeglichen, sind sie nachträglich auszugleichen (§ 311 Abs. 2 AktG).200 Aus diesen zwei Ansatzpunkten des Ausgleichs folgern manche Autoren, dass mit dem veranlassten Rechtsgeschäft gewährte Gegenleistungen als Kompensation des Nachteils anderen Voraussetzungen unterliegen als der eigentliche Nachteilsausgleich aus § 311 Abs. 2 AktG, der nur einem abgeschlossenen, nachteiligen Geschäft nachfolgen kann.201 Die bis zum Abschluss des Rechtsgeschäfts bzw. der Durchführung der veranlassten Maßnahme erlangten Vorteile seien noch Teil der Nachteilsprüfung und daher unter dem subjektiven Blickwinkel eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer unabhängigen Gesellschaft zu bewerten. Hingegen sei der spätere Nach197

Siehe dazu § 2 C. I. 3. Verhältnis Nachteil – Ausgleich – Schaden, S. 110 f. Ähnlich Wackerbarth, Der Konzern 2010, 337 (342). 199 I. E. ebenso Schön, ZHR 159 (1995), 351 (372); Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 311 Rn. 62; Wackerbarth, Der Konzern 2010, 337 (342); in diese Richtung auch BGHZ 190, 7 (20 f.) = NJW 2011, 2719 (2722) – Rz. 37 (Dritter Börsengang): Belastung mit Haftungsrisiko ist bereits Vermögensminderung und nicht nur -gefährdung. 200 Siehe dazu bereits § 2 C. I. 3. Verhältnis Nachteil – Ausgleich – Schaden, S. 110 f. 201 Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 266 f.; Rothley, in: Wachter AktG, § 311 Rn. 24; Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 311 Rn. 50 f., 198

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teilsausgleich nur mit konkreten, quantifizierbaren Vorteilen möglich.202 Richtig hieran ist, dass schon mit der Vornahme der Maßnahme einhergehende Vorteile zur Ablehnung der Nachteiligkeit insgesamt führen können. Erkennt man jedoch, dass das Tatbestandsmerkmal Nachteil im Rahmen einer Abwägung aller Leistungen und Gegenleistungen bzw. Chancen und Risiken rein objektiv zu bestimmen ist203, so gilt dies natürlich auch für die in der Abwägung zu berücksichtigenden Vorteile. So müssen auch von Anfang an zur Kompensation erlangte Vorteile konkret204 und quantifizierbar205 sein, um die konkreten und quantifizierbaren Risiken (andere dürfte die abhängige Gesellschaft ohnehin nicht eingehen!) ausgleichen zu können. Aus dem das System des § 311 AktG prägenden Prinzip des Einzelausgleichs206 folgt, dass insbesondere kein Ausgleich durch allgemeine Vorteile, die sich aus der Zugehörigkeit zum Konzern ergeben (bspw. Reputation oder Rückgriff auf konzernweite Infrastruktur), möglich ist.207 Nachdem die Einschränkung des § 300 Abs. 2 RegE AktG 1965, dass nur Vorteile aus einem wirtschaftlich einheitlichen Geschäft ausgleichsfähig sind208, infolge von Protesten aus der Wirtschaft nicht in die endgültige Regelung des § 311 Abs. 2 AktG übernommen wurde209, ist davon auszugehen, dass kein innerer Zusammenhang zwischen der Leistung der abhängigen Gesellschaft und den erlangten Vorteilen bestehen muss.210 Ebenso wenig wie der Nachteil bilanziell erfassbar sein muss211, muss auch der Vorteil nicht bilanzie202

Diese Differenzierung vornehmend Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 266 ff. Dazu oben § 2 C. I. 2. e) Objektiver Nachteilsbegriff als Maßstab der Pflichtwidrigkeit, S. 108 ff. 204 D. h. nach Art und Zeitpunkt bestimmt, so BGH NZG 2012, 1030 (1032) = ZIP 2012, 1753 (1756) – Rz. 23 (HVB/Unicredit). 205 Vgl. dazu Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 198; Goette, in: FS Hopt I, S. 689 (701); Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 64; Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 311 Rn. 54; Krieger, in: MHdB AG, § 70 Rn. 90 f.; Liebscher, in: BeckHdB AG, § 14 Rn. 78; Lutter, in: FS Peltzer, S. 241 (255); Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 311 Rn. 86. 206 Vgl. Begr. RegE BT-Drucks. IV/171 vom 03. 02. 1962, S. 229 f., abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz 1965, S. 409. 207 Allg. Meinung, siehe nur Fett, in: Bürgers/Körber AktG, § 311 Rn. 48; Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 62; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 311 Rn. 39; Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 311 Rn. 116; Krieger, in: MHdB AG, § 70 Rn. 90; Leuering/ Goertz, in: Hölters AktG, § 311 Rn. 86; H.-F. Müller, in: Spindler/Stilz AktG, § 311 Rn. 50; Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 311 Rn. 85; einen solchen Ausgleich noch bedingt zulassend Leo, AG 1965, 352 (357 f.); Luchterhand, ZHR 133 (1970), 1 (56 ff.). 208 Vgl. Begr. RegE BT-Drucks. IV/171 vom 03. 02. 1962, S. 229 f., abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz 1965, S. 409. 209 Siehe Bericht des Rechtsausschusses BT-Drucks. IV/3296, S. 48 f., teilweise abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz 1965, S. 409 f.; dazu ausführlich Altmeppen, in: MüKoAktG, Vor § 311 Rn. 15 f.; ders., in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel (Bd. II), S. 1027 (1046 f.) – Rn. 28 ff.; ders., in: FS Priester, S. 1 (12). 210 Statt aller Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 346; Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 62 jew. m.w.N. 211 Siehe nur Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 188; Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 51; Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 311 Rn. 42 jew. m.w.N. 203

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rungsfähig sein.212 Schlägt sich der Nachteil jedoch bilanziell nieder, so verlangt die h.M., dass die bilanziellen Auswirkungen noch in dem Geschäftsjahr durch Vorteile neutralisiert werden müssen, in dem sich der Nachteil ausgewirkt hat.213 Diese Anforderung überspannt jedoch den von §§ 311, 317 AktG bezweckten Außenseiterschutz: Wann sich ein Vor- oder Nachteil bilanziell auswirkt, ist aufgrund der Eigenarten des Bilanzrechts meist schwer vorhersehbar. Insbesondere werden sich Vorteile wegen des sog. Realisationsprinzips (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) i. d. R. immer später auswirken als mit einem Geschäft verbundene Ausgaben und Risiken. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht wird sich die Entscheidung über die Vornahme eines Geschäfts daher nie streng an seinen bilanziellen Auswirkungen orientieren, sondern danach, ob die aus dem Geschäft resultierenden Vorteile die Nachteile überwiegen, unabhängig davon, wann sie sich bilanziell auswirken. Einzige Rechtfertigung einer noch im Geschäftsjahr hergestellten Bilanzneutralität wäre eine höhere Dividendenzahlung an Minderheitsaktionäre in dem betreffenden Jahr. §§ 311, 317 AktG schützen Minderheitsaktionäre aber nur insoweit vor dem Handeln der herrschenden Gesellschaft, dass ihnen im Ergebnis keine Vermögensminderung mit ihrer Beteiligung verbleibt, allerdings nicht dahingehend, dass sie möglichst schnell eine hohe Dividendenzahlung erlangen. Denn eine ordentliche, betriebswirtschaftlich sinnvolle Geschäftsleitung ist nicht ausschließlich auf schnellen Erfolg in Form von Dividendenzahlungen ausgerichtet.214 Es genügt für die Zulässigkeit einer Maßnahme daher, wenn den Nachteilen unmittelbar (bzw. im Fall des § 311 Abs. 2 AktG im Laufe des Geschäftsjahres) gewährte Vorteile gegenüberstehen, unabhängig davon, wann diese sich bilanziell auswirken, sofern nur feststeht, dass sie die (negativen) bilanziellen Auswirkungen überhaupt kompensieren werden. b) Mit der Sicherheitenbestellung einhergehende Gegenansprüche der abhängigen AG Um zu bewerten, ob das der abhängigen Gesellschaft auferlegte Haftungsrisiko ausgeglichen wird, ist zu untersuchen, was sie durch die Sicherheitenbestellung erlangt, mithin die mit der Sicherheitenbestellung einhergehenden Gegenansprüche. Zunächst gibt es einen auf Herausgabe des Sicherungsgegenstandes gerichteten Rückgewähranspruch aus der Sicherungsabrede. Zu beachten sind ebenso ein

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Siehe nur Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 311 Rn. 39; Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 311 Rn. 111 ff.; Krieger, in: MHdB AG, § 70 Rn. 90; H.-F. Müller, in: Spindler/Stilz AktG, § 311 Rn. 50. 213 Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 63; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 311 Rn. 39; H.-F. Müller, in: Spindler/Stilz AktG, § 311 Rn. 50; wohl auch BGH NZG 2012, 1030 (1032) = ZIP 2012, 1753 (1756) – Rz. 23 (HVB/Unicredit); dagegen für spätere Neutralisierung Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 351 ff.; Beck, BB 2015, 1289 (1290); Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 311 Rn. 112; Krieger, in: MHdB AG, § 70 Rn. 90; Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 311 Rn. 88. 214 Ausführlich dazu Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 351 ff.

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Freistellungs- und Rückgriffsanspruch bei (drohender) Verwertung. Zwischen den dreien ist wie folgt zu differenzieren: aa) Der Rückgewähranspruch aus der Sicherungsabrede Elementarer Inhalt einer jeden Sicherungsabrede ist die Verpflichtung der Sicherungsnehmerin, die gewährte Sicherheit im Fall der Tilgung der gesicherten Forderung zurückzugewähren.215 Ein solcher Anspruch besteht freilich nur, wenn es sich nicht um akzessorische Realsicherheiten handelt, die nach Erlöschen der Hauptforderung kraft Gesetzes wieder Teil des Vermögens des Sicherungsgebers werden216 oder mit ihr erlöschen.217 Auch bei Personalsicherheiten spielt ein Rückgewähranspruch aus der Sicherungsabrede keine Rolle: Meist liegt der Personalsicherheit schon gar keine Sicherungsabrede zugrunde.218 Jedenfalls ergibt sich aus der Akzessorietät der meisten Personalsicherheiten, dass kein Vermögensgegenstand des Sicherungsgebers belastet wird, sodass Entlastungsansprüche nach Erlöschen der gesicherten Forderung nicht nötig sind.219 Dadurch, dass der bezeichnete Rückgewähranspruch aus der Sicherungsabrede nur bei ausgewählten Sicherungsarten überhaupt besteht, folgt, dass er allenfalls bzgl. der durch diese Sicherungsarten übernommenen Haftungsrisiken einen Ausgleich darstellen könnte. Jedoch wäre eine dahingehende Annahme zirkulär: Ein Rückgewähranspruch, der tatbestandlich voraussetzt, dass sich das Haftungsrisiko nicht mehr verwirklichen kann, verkörpert nichts anderes als das Haftungsrisiko selbst. Der potentielle Rückgewähranspruch aus der Sicherungsabrede gegen die Sicherungsnehmerin ist daher kein vom Haftungsrisiko lösbarer Vermögensposten der abhängigen Gesellschaft und ist damit auch nicht geeignet, die mit dessen Übernahme verbundenen Gefahren vollständig aufzuwiegen, um die Nachteiligkeit i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG abzuwenden.

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Statt aller Lieder, in: MüKoBGB, § 1191 Rn. 147. Z. B. Erwerb der Hypothek durch Sicherungsgeber nach §§ 1163 Abs. 1 S. 2, 1177 Abs. 1 S. 1 BGB in Form der Eigentümergrundschuld. Allenfalls besteht infolgedessen ein Berichtigungsanspruch des Sicherungsgebers gegen die Sicherungsnehmerin (Paradigma: § 894 BGB). 217 Z. B. Erlöschen des Pfandrechts mit der gesicherten Forderung gem. § 1252 BGB mit folgendem Herausgabeanspruch des Verpfänders nach § 1223 Abs. 1 BGB. 218 Vgl. zur Bürgschaft Fn. 184. 219 Eine Ausnahme hiervon stellt die selbstständige Garantie (z. B. Garantie auf erstes Anfordern) dar, die dogmatisch als abstraktes Schuldversprechen ausgestaltet ist, das auf einer wirksamen Sicherungsabrede als schuldrechtlicher causa beruhen muss und wegen ihrer Unabhängigkeit von einer konkreten Forderung auch nach deren Erlöschen noch ein Haftungsrisiko birgt. Vgl. zu diesem Fall Habersack, in: MüKoBGB, Vor § 765 Rn. 27 ff. 216

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bb) Der auftragsrechtliche Freistellungsanspruch Das Verhältnis zwischen Sicherungsgeber und persönlichem Schuldner lässt sich regelmäßig als Auftrag gem. § 662 BGB qualifizieren.220 Folglich ist der persönliche Schuldner dem Sicherungsgeber gem. § 670 BGB mit Ausführung des Auftrags zum Ersatz von Aufwendungen verpflichtet. Ersatzfähige Aufwendungen sind in diesem Kontext die bestellten Sicherheiten221, von denen der Sicherungsgeber nach § 257 BGB zu befreien ist. Da es unsinnig wäre, wenn der Sicherungsgeber mit Bestellung der Sicherheit (Ausführung des Auftrags) bereits Freistellung hiervon vom persönlichen Schuldner verlangen könnte, sieht § 775 BGB eine Anpassung des Auftragsrechts an die Besonderheiten des beauftragten Bürgen vor.222 Der unbeschränkte Befreiungsanspruch aus § 670 BGB i.V.m. § 257 BGB wird danach auf Fälle beschränkt, in denen sich das Bürgenrisiko durch nachträgliche, wesentliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des persönlichen Schuldners (§ 775 Abs. 1 Nr. 1 BGB) erhöht. Letzteres ist der Fall, wenn der Rückgriff des Bürgen beim persönlichen Schuldner nach Inanspruchnahme der Bürgschaft gefährdet ist.223 Da dieser Gedanke auf sonstige Sicherheitenbestellungen in Dreipersonenverhältnissen zutrifft, zu denen keine normierte Einschränkung des auch hier zugrundeliegenden Auftragsrechts besteht, wendet die h.M. § 775 Abs. 1 Nr. 1 BGB auf den Freistellungsanspruch des Sicherungsgebers hier entsprechend an.224 Der Freistellungsanspruch ist auf Befreiung des Sicherungsgebers von der Haftungsverbindlichkeit gerichtet. Der persönliche Schuldner kann ihn durch Zahlung der gesicherten Forderung oder dadurch erfüllen, dass er die Sicherungsnehmerin zur Freigabe der Sicherheit bewegt.225

220 So Mülbert, ZGR 1995, 578 (582 f.); Schön, ZHR 159 (1995), 351 (354 f.); zustimmend Kramer, Kapitalerhaltung, S. 164. Die vorgenannten Autoren grenzen je nach Zahlung einer Avalprovision den Autrag von der entgeltlichen Geschäftsbesorgung ab, auf die jedoch gem. § 675 Abs. 1 BGB die Vorschriften des Auftrags entsprechende Anwendung finden. 221 Siehe dazu BGH NJW 1995, 1482 (1483) = ZIP 1995, 729 (730): Garantieerklärung; BGH WM 1955, 377 (380) = BeckRS 1954, 31375378: Hypothek; RGZ 59, 207 (208): Bürgschaft. 222 Habersack, in: MüKoBGB, § 775 Rn. 1; Rohe, in: BeckOK BGB, § 775 Rn. 1; Schön, ZHR 159 (1995), 351 (355); vgl. dazu auch RGZ 59, 10 (12); LG Meiningen, ZIP 1998, 991 (993). 223 Gröschler, in: Soergel BGB, § 775 Rn. 8; Habersack, in: MüKoBGB, § 775 Rn. 6; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, Rn. 444. 224 Brödermann, in: Prütting/Wegen/Weinreich BGB, § 775 Rn. 3; Ekkenga, in: MüKoGmbHG, § 30 Rn. 255; Habersack, in: MüKoBGB, § 775 Rn. 3; Schön, ZHR 159 (1995), 351 (355); Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 101. Die Gegenansicht stellt unter denselben Voraussetzungen auf ein Kündigungsrecht des Sicherungsgebers nach § 671 Abs. 1 BGB ab, nach dessen Ausübung der Freistellungsanspruch nach § 670 BGB i.V.m. § 257 BGB entstehen soll, vgl. Mülbert, ZGR 1995, 578 (584); ähnlich Horn, in: Staudinger BGB, § 775 Rn. 7. 225 Habersack, in: MüKoBGB, § 775 Rn. 11; Horn, in: Staudinger BGB, § 775 Rn. 4; Kramer, Kapitalerhaltung, S. 165 f.; Krüger, in: MüKoBGB, § 257 Rn. 4.

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Teil 1, Kap. 1: Aufsteigende Sicherheiten und § 311 AktG

cc) Der auftragsrechtliche Rückgriffsanspruch Losgelöst von der Problematik, ab wann der Sicherungsgeber (abhängige Gesellschaft) von dem persönlichen Schuldner (herrschendes Unternehmen) während des Bestehens der Sicherheit Befreiung verlangen kann, steht ihm jedenfalls nach Inanspruchnahme durch Verwertung der Sicherheit ein Rückgriffsanspruch nach § 670 BGB zu.226 Neben dem auftragsrechtlichen Rückgriffsanspruch besteht bei akzessorischen Sicherheiten im Falle der Inanspruchnahme des Sicherungsgebers zudem ein Anspruch aus der übergegangenen Forderung gegen den persönlichen Schuldner.227 dd) Folgerungen aus den Gegenansprüchen für die Differenzierung nach Art des Sicherungsgegenstandes zur Bestimmung der Nachteiligkeit An dieser Stelle wird bereits klar, dass es für die Bewertung, ob die Sicherheitenbestellung wegen der Übernahme des Haftungsrisikos für die abhängige Gesellschaft nachteilig ist, nicht auf die Art der Besicherung bzw. des Sicherungsgegenstandes ankommt.228 Unabhängig davon, ob es sich um eine Personal- oder Realsicherheit bzw. innerhalb Letzterer um zur Sicherung vollständig übertragene oder bloß belastete Rechte handelt, verlassen die Vermögenswerte erst bei Realisierung des Haftungsrisikos endgültig das Vermögen der abhängigen Gesellschaft. Ein Rückgriffsanspruch gegen das herrschende Unternehmen ist ungeachtet der Art der verwerteten Sicherheit nur auf Kompensation in Geld gerichtet. Bei drohender Verwertung richtet sich der Freistellungsanspruch bei jeder Sicherungsart auf die Befreiung von der Sicherheit. Ob hierfür je nach Sicherungsart nur eine Verzichtserklärung des Sicherungsnehmers oder ein Verfügungsgeschäft mit der abhängigen Gesellschaft nötig ist, spielt angesichts der gleichermaßen problemlosen Umsetzbarkeit solcher Erklärungen keine Rolle für die Nachteiligkeit aufgrund des Haftungsrisikos. Geboten ist damit nur eine abstrakte Abwägung von Haftungsrisiko und Freistellungs- bzw. Rückgriffsanspruch losgelöst von deren – je nach Art der Besicherung variierenden – konkreten Inhalten.

226 Habersack, in: MüKoBGB, § 775 Rn. 11; Krüger, in: MüKoBGB, § 257 Rn. 5; vgl. dazu auch OLG Celle NJW-Spezial 2018, 494. 227 Siehe z. B. §§ 774 S. 1, 1143 Abs. 1 S. 1, 1225 S. 1 BGB. 228 Zu den unterschiedlichen rechtlichen und bilanziellen Auswirkungen der möglichen Sicherungsarten im Einzelnen, siehe Einführung § 3 C. II. Differenzierung nach dem Zeitpunkt des Vermögensabflusses und der Bilanzwirksamkeit, S. 66 f.

§ 2 Sicherheitenbestellung im Tatbestand der §§ 311, 317 AktG

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c) Ausgleich durch Freistellungs- und Rückgriffsanspruch Als Gegenstück des Haftungsrisikos muss in die Nachteiligkeitsabwägung zunächst der mit jeder Bestellung von Drittsicherheiten einhergehende Freistellungsund Rückgriffsanspruch einbezogen werden. aa) Abstrakte Eignung des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs als ausgleichender Vorteil (1) Freistellungsanspruch als ausgleichender Vorteil Der auftragsrechtliche Freistellungsanspruch der sicherungsgebenden abhängigen AG gegen das herrschende Unternehmen ist gerichtet auf Befreiung von der Sicherheit gegenüber der Sicherungsnehmerin und entsteht bei wesentlicher Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des persönlichen Schuldners (§ 775 Abs. 1 Nr. 1 BGB – ggf. in analoger Anwendung). Mithin muss der Rückgriff des Sicherungsgebers beim persönlichen Schuldner nach Inanspruchnahme gefährdet sein.229 Daraus lässt sich erstens erwägen, dass nur der Freistellungsanspruch allein nicht das Haftungsrisiko ausgleichen kann: Seine Entstehung hängt von der erheblichen Bonitätsverschlechterung des herrschenden Unternehmens ab. In dieser Lage wird es weder den gesicherten Anspruch auf einmal tilgen, noch die Sicherungsnehmerin anderweitig von der Freigabe der Sicherheit überzeugen können. Gerade für diesen Fall ist die Sicherheit bestellt worden.230 Zweitens definiert sich die Entstehung des Freistellungsanspruchs über die Gefährdung des Rückgriffsanspruchs, also dessen mangelnde Vollwertigkeit. Der Freistellungsanspruch ist somit nur eine Art antizipierter Rückgriffsanspruch mit anderen Rechtsfolgen (§ 257 BGB). Bei der Frage, ob die abhängige Gesellschaft bei Sicherheitenbestellung einen ausgleichenden Vorteil erlangt, kommt dem Freistellungsanspruch neben dem Rückgriffsanspruch daher keine eigenständige Bedeutung zu. Sie bilden vielmehr einen einheitlichen Haftungsbefreiungsanspruch, dessen Inhalt sich durch das Ereignis der Verwertung ändert. Gelingt es dem herrschenden Unternehmen im Einzelfall die abhängige AG vor der Verwertung von der Sicherheit freizustellen, erfüllt es damit vorab seine Pflicht zum Haftungsausgleich, die es nach der Verwertung in Form eines Regresses getroffen hätte. Es genügt für die folgende Untersuchung daher, nur den Rückgriffsanspruch auf dessen Tauglichkeit als vollwertigen Ausgleich des Haftungsrisikos zu untersuchen.

229

Dazu bereits § 2 C. II. 3. b) bb) Der auftragsrechtliche Freistellungsanspruch, S. 121 f. So auch Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 160; Sutter/Masseli, WM 2010, 1064 (1069); zur Insuffizienz des Freistellungsanspruchs nach § 775 Abs. 1 Nr. 1 BGB auch Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rn. 959; Stadler, in: Jauernig BGB, § 775 Rn. 2; Winkler/ Becker, ZIP 2009, 2361 (2365); zur Wertlosigkeit des Freistellungsverlangens vor Verwertung siehe auch Kapitel 4 § 2 C. III. Haftung wegen Fehlverhaltens nach Sicherheitenbestellung – Überwachungspflichten, S. 264 ff. 230

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Teil 1, Kap. 1: Aufsteigende Sicherheiten und § 311 AktG

(2) Rückgriffsanspruch als ausgleichender Vorteil Der Rückgriffsanspruch nach Verwertung der Sicherheit kann sowohl aus dem Auftragsverhältnis zum persönlichen Schuldner (§ 670 BGB) als auch aus der übergegangenen Forderung bei akzessorischen Sicherheiten herrühren. Seiner Eignung als ausgleichender Vorteil zum Haftungsrisiko lässt sich entgegenhalten, dass er nur durch Verwertung der Sicherheit entsteht und im Zeitpunkt der Verwertung die Bonität des persönlichen Schuldners, der nicht mal die Hauptforderung tilgen konnte, soweit herabgesetzt sein wird, dass auch der Rückgriffsanspruch des Sicherungsgebers ins Leere geht.231 Es sei daher stets von seiner Wertlosigkeit auszugehen, womit er auch nicht als Ausgleich geeignet sei.232 Genau betrachtet besteht jedoch kein tatbestandlicher Zusammenhang zwischen einer Bonitätsverschlechterung des persönlichen Schuldners und der Entstehung des Rückgriffsanspruchs. Die Verwertung der Sicherheit ist nicht tatbestandlich an die Insolvenz des persönlichen Schuldners geknüpft.233 Da sich die Höhe des Rückgriffsanspruchs bei Realsicherheiten nach dem Wert der vollstreckten Sicherheit gedeckelt durch die Höhe der besicherten Forderung und bei Personalsicherheiten nur nach der Höhe der besicherten Forderung richtet, ist er zudem hinreichend konkret bezifferbar. Daher ist der Rückgriffsanspruch zunächst abstrakt geeignet das Haftungsrisiko aufzuwiegen. Dass faktisch die Verwertung der Sicherheit im Regelfall mit der Insolvenz des persönlichen Schuldners einhergeht und der Rückgriffsanspruch dann kaum mehr realisierbar sein wird, ist ein Problem seiner Vollwertigkeit, deren Untersuchung das Kernstück der Frage ist, ob der Rückgriffsanspruch gegen das herrschende Unternehmen das übernommene Haftungsrisiko i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG ausgleichen kann. Der Rückgriffsanspruch scheidet als tauglicher Ausgleich des Haftungsrisikos selbstredend aus, wenn sich die abhängige AG vorab gegenüber dem herrschenden Unternehmen im Rahmen einer sog. Subrogation Clause verpflichtet, die Durchsetzung des Rückgriffs – jedenfalls bis zur vollständigen Befriedigung der besicherten Kreditgeber234 – zu unterlassen.235

231 Diesen Zusammenhang besonders betonend Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 311 Rn. 62. 232 So Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, 19. Aufl. 2016, § 30 Rn. 36 (jedoch für die Vollwertigkeit i.S.d. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG). 233 Ähnlich Kiefner/Theusinger, NZG 2008, 801 (805). 234 Vgl. Ziff. 24.8 des Leveraged Finance Facility Agreement der Loan Market Association (Deferral of Guarantoors’ rights), dazu Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 97 mit Fn. 236. 235 Dazu Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1303).

§ 2 Sicherheitenbestellung im Tatbestand der §§ 311, 317 AktG

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bb) Die Vollwertigkeit des Rückgriffsanspruchs (Haftungsbefreiungsanspruchs) Nachdem geklärt ist, dass Freistellungs- und Rückgriffsanspruch einen einheitlichen Anspruch bilden, der darauf gerichtet ist, dass das herrschende Unternehmen die abhängige Gesellschaft von ihrer Haftung – zu welcher Zeit auch immer – vermögensmäßig zu befreien hat, ist die entscheidende Frage, wann dieser Anspruch vollwertig ist: Nur ein realisierbarer Gegenanspruch auf Haftungsbefreiung ist geeignet, das Haftungsrisiko auszugleichen. (1) Die alternative Vollwertigkeitsdefinition Zur Beurteilung der Vollwertigkeit eines Rückgewähranspruchs i.S.d. kapitalerhaltungsrechtlichen Ausnahmeregelungen § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG bzw. § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG verweist die Regierungsbegründung auf bilanzielle Grundsätze.236 Danach ist zu klären, inwieweit der Rückgriffsanspruch in der Bilanz der abhängigen Gesellschaft anzusetzen wäre. Die Sicherheitenbestellung selbst ist nur unter der Bilanz zu vermerken (§ 251 HGB), solange nicht wegen einer drohenden Inanspruchnahme eine Rückstellung zu bilden ist (§ 249 Abs. 1 HGB).237 Mögliche Rückgriffsansprüche können zunächst auch nur unter der Bilanz vermerkt238 und aufgrund des Vorsichtsprinzips erst mit ihrer Entstehung, also nach Verwertung der Sicherheit, als Anspruch in der Bilanz ausgewiesen werden.239 Ob das bereits mit der Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung übernommene Haftungsrisiko durch einen vollwertigen Rückgriffsanspruch ausgeglichen werden kann, erscheint schwer zu beurteilen, wenn Letzterer zu diesem Zeitpunkt bilanziell regelmäßig gar nicht existiert. Selbst wenn man die bilanzielle Deutung im Rahmen des § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG richtigerweise dahingehend vornimmt, zu untersuchen, ob im Bestellungszeitpunkt bereits eine Rückstellungsbildung (§ 249 Abs. 1 S. 1 HGB) erforderlich ist240, ist diese Momentaufnahme kein hinreichender Indikator dafür, dass das eingegangene, ggf. längerfristig bestehende, Haftungsrisiko für die abhängige Gesellschaft auch zukünftig keine Nachteile mit sich bringt.241 Es zeigt sich bereits hier, dass der Gesetzgeber des MoMiG bei der Neuregelung der Kapitalerhaltung aufsteigende Darlehen vor Augen hatte, den Fall der aufsteigenden Sicherheit mit seinen bilanziellen Maßstäben hingegen nicht richtig erfassen kann. 236

Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140 vom 25. 07. 2007, S. 41 i.V.m. S. 52. Dazu oben Einführung § 3 C. II. Differenzierung nach dem Zeitpunkt des Vermögensabflusses und der Bilanzwirksamkeit, S. 66 ff. 238 Vgl. statt aller Grottel/Haußer, in: BeBiKo, § 251 HGB Rn. 12. 239 Vgl. allgemein zur bilanziellen Gewinnrealisierung Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung, § 252 HGB Rn. 82; Böcking/Gros/Wirth, in: EBJS HGB, § 252 Rn. 30. 240 Dazu unter Kapitel 2 § 4 B. I. 2. b) bb) Die richtige Anwendung der einschlägigen bilanziellen Maßstäbe, S. 208 ff. 241 Vgl. die Kritik unter Kapitel 2 § 6 Fazit zu aufsteigenden Sicherheiten im Kapitalerhaltungsrecht, S. 230 f. 237

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Teil 1, Kap. 1: Aufsteigende Sicherheiten und § 311 AktG

Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Beurteilung, ob ein vollwertiger Rückgriffsanspruch im Rahmen des § 311 Abs. 1 AktG das übernommene Haftungsrisiko ausgleichen kann, ist der Grundsatz, dass der abhängigen Gesellschaft aus der Sicherheitenbestellung jedenfalls keine Vermögensnachteile entstehen dürfen. Der entscheidende Unterschied zwischen aufsteigenden Darlehen und aufsteigenden Sicherheiten liegt darin, dass Letztere erst zu einem endgültigen Vermögensabfluss bei der abhängigen Gesellschaft führen, wenn sie verwertet werden. Die Darlehensvaluta bei aufsteigenden Darlehen verlässt hingegen bereits mit der Auszahlung das Gesellschaftsvermögen. Es greift für aufsteigende Sicherheiten daher zu kurz, einen Gegenanspruch nur dann als vollwertig anzuerkennen, wenn der endgültige Vermögensabfluss (nach Verwertung) durch Rückzahlung kompensiert wird. Das übernommene Haftungsrisiko führt nämlich bereits zu keinem Vermögensnachteil durch Haftung der abhängigen Gesellschaft, wenn es sich gar nicht erst realisiert. Genauer: Ein Haftungsbefreiungsanspruch als entgegenstehender Vorteil zur Übernahme des Haftungsrisikos wird bereits dann vollwertig erfüllt, wenn die Haftungsbefreiung eintritt, weil das herrschende Unternehmen das besicherte Darlehen zurückzahlt. Kann hiervon über den gesamten Besicherungszeitraum sicher ausgegangen werden, so ist der einheitliche Haftungsbefreiungsanspruch (Rückgriffsanspruch samt vorausgehendem Freistellungsanspruch) vor dem Hintergrund des § 311 Abs. 1 AktG als tauglicher Ausgleich anzuerkennen. Alternativ ist er vollwertig, wenn er sicherstellt, dass der abhängigen Gesellschaft auch im Fall einer Sicherheitenverwertung kein Vermögensschaden aufgrund ihrer Haftung verbleibt, sie diesen vielmehr von dem herrschenden Unternehmen sicher kompensiert bekommt. Auch dann hätte ein sich realisierendes Haftungsrisiko der abhängigen Gesellschaft keine Auswirkungen auf ihr Vermögen und ist damit nicht nachteilig i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG.242 Es ist einzuräumen, dass der Nachteilsausgleich in der ersten Alternative des vollwertigen Haftungsbefreiungsanspruchs eher in der sicheren Prognose als solcher liegt als in einem Anspruch im Sinne einer durchsetzbaren Verpflichtung zu einem positiven Tun oder Unterlassen. Da sie jedoch ebenso zu dem Ziel der vermögensmäßigen Ausgeglichenheit (Haftungsbefreiung) führt wie der Rückgriff im Sinne eines Regresses, der ohne Zweifel die traditionelle Anspruchsdefinition erfüllt, soll sie zur sprachlichen Vereinfachung im Folgenden als eine Möglichkeit der Vollwertigkeit eines auf zwei Arten zu erfüllenden Haftungsbefreiungsanspruchs bezeichnet werden. (2) Vollwertigkeit durch Prognose der sicheren Darlehensrückzahlung Zunächst wird die erste Alternative der Vollwertigkeit des Rückgriffsanspruchs untersucht, in der mittels einer Prognose festzustellen ist, dass das herrschende

242 Zum Sonderfall der Besicherung von betriebsnotwendigem Vermögen vgl. § 2 C. IV. 3. Besonderheiten bei der Belastung von betriebsnotwendigem Vermögen. S. 152 f.

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Unternehmen den besicherten Darlehensrückzahlungsanspruch sicher tilgen können wird, sodass es gar nicht erst zum Sicherungsfall kommt. (a) Grundlage der Rückzahlungsprognose Für die Frage, ob das herrschende Unternehmen die besicherte Forderung bei Fälligkeit aus eigener Kraft tilgen können wird, kommt es entscheidend auf seine Bonität an. Zu deren Prüfung ist z. B. auf Jahresabschlüsse (insbesondere die Finanzierungsstruktur) und Lageberichte zurückzugreifen, wobei sich das Ausschöpfen von Kreditlinien, eine hohe Verschuldung oder absehbare Einnahmenrückgänge bis zur Fälligkeit der gesicherten Forderung besonders negativ auswirken.243 Auch Bewertungen von Rating-Agenturen sind einzubeziehen.244 Relevant sind ebenso bisherige Kreditverhältnisse zwischen dem herrschenden Unternehmen und der abhängigen Gesellschaft: In der Vergangenheit ausgebliebene oder verspätete Zahlungen des herrschenden Unternehmens wirken sich negativ auf die Bonitätsprüfung für das neue Kreditgeschäft in Form der Sicherheitenbestellung aus.245 Kommt es für die Bonitätsprüfung auf nicht öffentliche Informationen an, so hat das herrschende Unternehmen diese der abhängigen Gesellschaft offen zu legen, um ihr die Bewertung des Rückgriffsanspruchs als ausgleichenden Vorteil zu ermöglichen. Der ausgleichende Vorteil kann nämlich nur einvernehmlich festgelegt werden, sodass nicht offen gelegte, aber für die Bewertung relevante Informationen den Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft zur Ablehnung des Ausgleichs und damit der benachteiligenden Maßnahme insgesamt zwingen.246 Hat das herrschende Unternehmen zur Darlehensrückzahlung zweckgebundene Rücklagen gebildet, so ist dies ein starkes Indiz für die sichere Tilgung. Ist nach diesen Faktoren die Bonität des herrschenden Unternehmens bei Übernahme des Haftungsrisikos durch die abhängige Gesellschaft insoweit sichergestellt, dass es den besicherten Darlehensrückzahlungsanspruch tilgen kann und es daher sicher nicht zur Inanspruchnahme der Sicherheit kommt, so ist der Haftungsbefreiungsanspruch (Rückgriffsanspruch) vollwertig und damit geeignet, das übernommene Haftungsrisiko auszugleichen. Entscheidend ist, dass es für die Nachteilsfeststellung nur darauf ankommt, ob die in die Abwägung einzubeziehenden Faktoren um die finanziellen Verhältnisse des herrschenden Unternehmens bei Übernahme des Haftungsrisikos objektiv vorlagen. Ob diese von den handelnden Geschäftsleitern erkannt und in ihrer Abwägung richtig beachtet wurden, ist eine 243

Darauf in anderem Kontext abstellend Kramer, Kapitalerhaltung, S. 91 f.; Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 311 Rn. 58; Wirsch, Der Konzern 2009, 443 (447). 244 Siehe dazu Cahn, Der Konzern 2009, 67 (74 ff.); ders./v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 Rn. 143 ff.; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 86. 245 Dazu allgemein Kramer, Kapitalerhaltung, S. 92; Schubert/Berberich, in: BeBiKo, § 253 HGB Rn. 588; Wirsch, Der Konzern 2009, 443 (447). 246 So Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 426, der insoweit die Bedenken unzureichender Information der abhängigen Gesellschaft bei Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1301) ausräumt.

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Teil 1, Kap. 1: Aufsteigende Sicherheiten und § 311 AktG

Frage ihres Verschuldens (§ 317 Abs. 2 AktG), die von der Feststellung der Nachteiligkeit des Geschäfts zu trennen ist. Da aber auch ein ordnungsgemäß handelnder Geschäftsleiter bei umfangreichen Finanzierungsgeschäften die soeben bezeichneten (anerkannten) Faktoren einzubeziehen hätte, wird eine Exkulpation hier nur selten gelingen. (b) Zeitliche Grenze der Rückzahlungsprognose Entscheidend für die Ablehnung eines Nachteils durch Übernahme des Haftungsrisikos ist, dass ein Vermögensschaden der abhängigen Gesellschaft infolge ihrer Haftung sicher ausgeschlossen ist. Beurteilt man die Vollwertigkeit des Rückgriffsanspruchs anhand der zur Darlehensrückzahlung notwendigen Bonität des herrschenden Unternehmens, so besteht das zentrale Problem darin, diese langfristig zu prognostizieren. Im Zeitpunkt der Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung und damit der Übernahme des Haftungsrisikos lässt sich vielleicht sicher die derzeitige Bonität und damit die Vollwertigkeit bestimmen. Jedoch unterliegt die Bonität Schwankungen, sodass die Annahme, man könne bei langfristigen Besicherungen im Zeitpunkt der Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung sicher die Verwertung der Sicherheit und damit einen Vermögensnachteil ausschließen, realitätsfern ist.247 Man könnte daher erwägen, diesen Prognosenachteil dadurch auszugleichen, dass – analog zum Fall der aufsteigenden Darlehen – ein Informationssystem248 eingeführt wird, kraft dessen das herrschende Unternehmen die abhängige Gesellschaft laufend über Veränderungen in der ursprünglich festgestellten Bonität zu unterrichten hat. Im Falle der aufsteigenden Darlehen steht der abhängigen Gesellschaft bei Bonitätsverschlechterung ein Kündigungsrecht nach § 490 Abs. 1 BGB zu. Im Fall der aufsteigenden Sicherheit tritt an die Stelle eines Kündigungsrechts der Freistellungsanspruch nach §§ 670, 775 Abs. 1 Nr. 1 BGB.249 Wie weiter oben dargelegt entsteht Letzterer nur bei wesentlicher Bonitätsverschlechterung, durch die der Rückgriff im Falle einer Inanspruchnahme gefährdet erscheint. Der Anspruch auf Freistellung ist zu dieser Zeit regelmäßig nicht mehr realisierbar. Damit können durch diese einzige Reaktionsmöglichkeit der abhängigen Gesellschaft nach Übernahme des Haftungsrisikos die Unsicherheiten in der Bonitätsprognose nicht wirkungsvoll ausgeglichen werden. Da der abhängigen Gesellschaft im Übrigen keine Reaktionsmöglichkeiten auf Bonitätsverschlechterungen nach Sicherheitenbestellung bleiben, sie die Sicherheit insbesondere nicht von der Sicherungsnehmerin herausverlangen kann, die sie gerade für diesen Fall erhält250, ist ein Infor247

Zutreffend Altmeppen, ZIP 2017, 1977 (1980). Siehe dazu allgemein Altmeppen, NZG 2010, 401 (405); Bayer/Lieder, AG 2010, 885 (890 ff.); Cahn, Der Konzern 2009, 67 (79); Schäfer/Fischbach, in: FS Hellwig, S. 293 (306 f.); Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 311 Rn. 58 f. 249 Siehe dazu § 2 C. II. 3. b) bb) Der auftragsrechtliche Freistellungsanspruch, S. 121 f. 250 Auf diesen Zusammenhang verweisend BGHZ 213, 224 (230) = NZG 2017, 344 (345) – Rz. 15; BGHZ 214, 258 (262 f.) = NZG 2017, 658 (669) – Rz. 14. 248

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mationssystem über Bonitätsveränderungen im Nachgang der Sicherheitenbestellung überflüssig und als Ausgleich ungeeignet.251 Infolgedessen ist die sichere Darlehensrückzahlung als Grundlage der Vollwertigkeit des Rückgriffsanspruchs nicht für langfristige Besicherungen vorhersehbar. Somit können allenfalls kurzfristige Besicherungen über diese Art des vollwertigen Ausgleichsanspruchs als nicht nachteilig i.S.d. § 311 AktG qualifiziert werden.252 Fraglich bleibt damit, bis zu welcher Besicherungsdauer die Bonitätsprognose bei der Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung so zuverlässig erfolgen kann, dass die Vollwertigkeit des Rückgriffsanspruchs im Sinne einer sicheren Darlehensrückzahlung besteht. Abzustellen ist auf das laufende Geschäftsjahr: Soll das besicherte Darlehen noch innerhalb des laufenden Geschäftsjahres zurückgezahlt werden, liegt eine kurzfristige Besicherung von maximal einem Jahr Besicherungsdauer vor. Denn für das laufende Geschäftsjahr ist aufgrund vorangehender Jahresabschlüsse und einer detaillierten Budgetplanung die Finanzierungsstruktur des herrschenden Unternehmens und ihre Beeinflussung durch Einnahmen und Ausgaben insoweit sicher determiniert, dass sich zuverlässig absehen lässt, ob sie in dieser Rechnungsperiode das besicherte Darlehen zurückzahlen kann. Bereits aus der jährlich wiederkehrenden Pflicht zur Aufstellung des Jahresabschlusses (§ 253 Abs. 1 und 3 HGB) folgt, dass die mit ihm beabsichtige Informationsfunktion (sowohl für den Kaufmann selbst als auch für den Rechtsverkehr)253 nicht über den Zeitraum eines Geschäftsjahres hinaus erfüllt werden kann. Folglich kann über den Zeitrahmen eines Geschäftsjahres hinaus auch keine sichere Prognose über die finanzielle Lage des herrschenden Unternehmens (genauer: dessen Bonität in Bezug auf eine gesicherte Darlehensrückzahlung) erfolgen. Auch das Konzernrecht bietet Anhaltspunkte für diese Differenzierung, indem es über das Geschäftsjahr hinausgehende Kreditierungen im Verhältnis vom herrschenden zum abhängigen Unternehmen nicht vorsieht. Zu denken ist zunächst an den Verlustausgleichsanspruch im Vertragskonzern (§ 302 Abs. 1 AktG). Dieser entsteht jährlich am Bilanzstichtag der abhängigen Gesellschaft.254 Infolgedessen wird der abhängigen Gesellschaft nur für den Zeitraum von maximal einem Jahr die Last auferlegt, Verluste zu kreditieren, die sie für das herrschende Unternehmen 251 Dazu ausführlich Kapitel 4 § 2 C. III. Haftung wegen Fehlverhaltens nach Sicherheitenbestellung – Überwachungspflichten, S. 264 ff. 252 Vgl. zu dieser Differenzierung bereits Altmeppen, ZIP 2017, 1977 (1981); ders., in: MüKoAktG, § 311 Rn. 266; ders., in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 128. 253 Dazu allgemein Kleindiek, in: MüKoBilanzR, § 242 HGB Rn. 4 ff. 254 Allgemeine Meinung, vgl. BGHZ 142, 382 (384 f.) = NJW 2000, 210 (210 f.); Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 302 Rn. 40; Hirte, in: Großkomm AktG, § 302 Rn. 36; Kleindiek, ZGR 2001, 479 (485); Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 302 Rn. 13; Krieger, in: MHdB AG, § 71 Rn. 75; Müller, in: Wachter AktG, § 302 Rn. 8; Schatz, Die Sicherung des Gesellschaftsvermögens, S. 127.

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eingegangen ist. Umgekehrt ist der jährliche Verlustausgleichsanspruch für die abhängige Gesellschaft Anhaltspunkt dafür, ob sie Weisungen des herrschenden Unternehmens, insbesondere solchen gem. § 308 Abs. 1 S. 2 AktG, überhaupt Folge zu leisten hat. Das Weisungsrecht besteht nur bei vollwertigem Verlustausgleichsanspruch.255 Ähnlich zu der Situation, dass der Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft im faktischen Konzern bei Sicherheitenbestellung die Vollwertigkeit eines Rückgriffsanspruchs zu bestimmen hat, hängt sein Tätigwerden im Vertragskonzern bei Weisung des herrschenden Unternehmens von dessen Bonität zur Erfüllung des Verlustausgleichsanspruchs am Geschäftsjahresende ab. Auch hier mutet das Gesetz den beteiligten Geschäftsleitern256 keine über den nächsten Jahresabschluss hinausgehende Prognose zu. Ein Blick ins Recht der faktischen Konzerne bestätigt die Differenzierung anhand des Geschäftsjahres: Gem. § 311 Abs. 2 S. 1 AktG hat der Nachteilsausgleich innerhalb des Geschäftsjahres zu erfolgen, sofern die Nachteile nicht sofort ausgeglichen werden. Darüber hinaus soll der abhängigen Gesellschaft das Insolvenzrisiko des herrschenden Unternehmens nicht auferlegt werden. Selbst wenn der Ausgleich durch Einräumung eines Rechtsanspruchs erfolgt (§ 311 Abs. 2 S. 2 AktG), ist die damit einhergehende weitere Übernahme des Insolvenzrisikos – ggf. durch Sicherheiten – auszugleichen.257 Das Gesetz vermeidet damit Prognoseunsicherheiten bzgl. der Bonität des herrschenden Unternehmens, indem es Kreditierungen im Konzernverhältnis spätestens nach einem Geschäftsjahr neutralisiert. Es ist zweckmäßig, diesen Maßstab ebenso zur Vermeidung der Prognoseunsicherheiten bei Sicherheitenbestellungen zu übernehmen, mithin zwischen kurzfristigen (Fälligkeit des besicherten Darlehens innerhalb des Geschäftsjahres) und langfristigen Besicherungen (Fälligkeit nach Ende des laufenden Geschäftsjahres) zu unterscheiden. (c) Prognosegrenze durch das Geschäftsrisiko? Auch bei kurzfristigen Besicherungen, bei denen sich im Zeitpunkt der Übernahme des Haftungsrisikos noch prognostizieren lässt, ob das herrschende Unternehmen in der Lage sein wird, das bis zum Ende des Geschäftsjahres fällige Darlehen zurückzuzahlen, stellt sich jedoch die Frage, ob eine solche Prognose jemals als sicher gelten kann. Auch wenn alle Faktoren für eine ausreichende Bonität des herrschenden Unternehmens sprechen, verbleibt stets ein jedem geschäftlichen Kontakt innewohnendes Restrisiko der Zahlungsunfähigkeit des Vertragspartners. 255 Dazu ausführlich oben unter Einführung § 3 A. II. 2. b) Vollwertiger Verlustausgleichsanspruch als Grundlage des Weisungsrechts, S. 56 ff. 256 Im Vertragskonzern insbesondere den Geschäftsleitern des herrschenden Unternehmens, die die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs zu überwachen haben, siehe dazu bereits unter Einführung § 3 A. I. 2. Bestand der Kapitalschutzvorschriften bei nicht vollwertigem Verlustausgleichsanspruch, S. 50 ff. 257 Siehe dazu Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 382; Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 73; Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 311 Rn. 98; wohl auch Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 311 Rn. 115.

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Keine Prognose wird dieses Restrisiko, das sich im Fall von bei Geschäftsabschluss nicht bestehenden und unvorhersehbaren Ereignissen, z. B. Naturkatastrophen, Epidemien und daraus folgenden Wirtschaftskrisen, realisiert, ausschließen können. Dies zugrunde gelegt, gibt es damit gar nicht den Fall, dass das Haftungsrisiko als Nachteil insoweit ausgeglichen werden kann, dass der abhängigen Gesellschaft jedes denkbare Restrisiko abgenommen wird. Aus diesem Grund die Ausgleichsfähigkeit des Haftungsrisikos bei aufsteigender Besicherung generell zu versagen, ginge jedoch zu weit. In dieser Konsequenz müsste nämlich jeder geschäftliche Kontakt zwischen abhängiger und herrschender Gesellschaft im faktischen Konzern verboten sein, da jedem Leistungsaustausch ein nie mit absoluter Sicherheit auszuschließendes Ausfallrisiko des Vertragspartners immanent ist. Durch das Ausgleichssystem der §§ 311 ff. AktG erlaubt der Gesetzgeber ausdrücklich den geschäftlichen Kontakt im faktischen Konzern258 und akzeptiert damit auch ein immer verbleibendes Restrisiko für die abhängige Gesellschaft, das im Ansatz keinem Ausgleich zugänglich ist, aber auch keines Ausgleichs bedarf. Sprechen daher alle bei der Übernahme des Haftungsrisikos objektiv vorliegenden Faktoren dafür, dass das herrschende Unternehmen das besicherte, noch im laufenden Geschäftsjahr fällige Darlehen zurückzahlen wird, ändert auch ein immer bestehendes geschäftliches Restrisiko nichts an der sicheren Rückzahlungsprognose, die wiederum die Vollwertigkeit des Rückgriffsanspruchs im Sinne eines Haftungsbefreiungsanspruchs zu begründen vermag. Auch wenn man für die sichere Darlehensrückzahlungsprognose ein immer bestehendes Restrisiko des Geschäftsverkehrs ausklammert, wird der Fall, in dem alle oben beschriebenen Faktoren die Rückzahlung bei Übernahme des Haftungsrisikos als gesichert erscheinen lassen, selten sein. Dies ergibt sich aus der Notwendigkeit der Besicherung als solcher: Wären die Kreditgeber selbst zu 100 % von der Bonität des darlehensnehmenden herrschenden Unternehmens überzeugt, so würden sie von Anfang an keine Sicherheiten von Seiten der abhängigen Gesellschaften verlangen. Damit wird sowohl für kurzfristige Besicherungen, bei denen die Darlehensrückzahlung nicht sicher prognostizierbar ist, als auch für langfristige Besicherungen über das Geschäftsjahr hinaus, bei denen eine sichere Prognose von vornherein nicht möglich ist, die zweite Alternative der Vollwertigkeit des Rückgriffsanspruchs relevant: der werthaltige Regress bei Verwertung der Sicherheit. (3) Vollwertigkeit durch (besicherten) Rückgriff Die insbesondere mit langfristigen Besicherungen einhergehenden Prognoseunsicherheiten hinsichtlich der Darlehensrückzahlung lassen sich vermeiden, indem man zur Prüfung der Vollwertigkeit des Rückgriffsanspruchs den mit der Sicherheitenverwertung entstehenden Regressanspruch als zweite Spielart der Haftungs258 Siehe nur die Ausführungen bei Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 26; Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 8, 12; Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, Vorb. § 311 Rn. 10.

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befreiung in Betracht zieht. Dieser entsteht in derselben Höhe, in der die abhängige Gesellschaft in die Haftung genommen wird und kann ihren daraus entstehenden Vermögensnachteil daher vollständig kompensieren. Allerdings ist zu erkennen, dass es nur zur Sicherheitenverwertung kommt, wenn das herrschende Unternehmen selbst nicht mehr in der Lage war, das besicherte Darlehen zurückzuzahlen. Ein Regressanspruch der abhängigen Gesellschaft im Nachgang der Verwertung wird dann regelmäßig ins Leere gehen. Ein vollwertiger Rückgriff ist jedoch denkbar, wenn dieser von dem darlehensnehmenden herrschenden Unternehmen ausreichend besichert wird (Gegensicherheit).259 Häufig verlangen Banken Sicherheiten von der abhängigen Gesellschaft, da ihr Vertragspartner (herrschendes Unternehmen) nicht über von ihr anerkannte Sicherheiten, insbesondere Realsicherheiten, verfügt.260 Das bedeutet jedoch nicht, dass das herrschende Unternehmen kein sicherungsfähiges Vermögen für den Rückgriffsanspruch der abhängigen Gesellschaft, die im Gegensatz zur Bank keine spezifischen Vorgaben an die Art der Sicherheit stellt, vorweisen kann. (a) Art und Werthaltigkeit der Gegensicherheit Entscheidend dafür, dass die „absteigende“ Besicherung des Rückgriffsanspruchs das Haftungsrisiko gem. § 311 Abs. 1 AktG ausgleicht, ist wiederum, dass der Rückgriffsanspruch aus ihr vollständig befriedigt werden kann, sie also werthaltig ist.261 Einfach ist eine dahingehende Prognose bei dinglichen Sicherheiten an Sicherungsgegenständen mit stabilem bzw. vorhersehbarem Wert (bspw. Grundpfandrechte, Pfandrechte an Lagerbestand, Pfandrechte an langfristigen Patenten etc.).262 Da das herrschende Unternehmen, insbesondere, wenn es die Konzernspitze bildet, häufig nicht über solches Vermögen verfügt, kommt als Sicherungsmittel eine Verpfändung der Anteile an (anderen) Tochtergesellschaften in Betracht. Diese richten sich hingegen in ihrem Wert wieder nach der Ertragskraft der betreffenden Tochtergesellschaft, die freilich Schwankungen unterliegt. Daher ist bei diesen abweichend vom Verkehrswert bei Bestellung der Sicherheit ein Beleihungswert zu ermitteln, der immer noch so hoch liegen muss, dass er jedenfalls den Rückgriffsanspruch der abhängigen Gesellschaft263 deckt. Als Anhaltspunkt für dessen Er259

Dies erstmals im Kontext des § 311 AktG erwägend Altmeppen, ZIP 2017, 1977 (1981); ders., in: MüKoAktG, § 311 Rn. 266; ders., in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 128, 146. 260 Zu dieser, vor allem bei Holding-Gesellschaften auftretenden Problematik, siehe Einführung § 1 A. II. Die fehlende bzw. unattraktive Sicherungsmöglichkeit durch den Gesellschafter, S. 30 ff. 261 Ähnlich Canaris, in: FS Fischer, S. 31 (46) mit Fn. 44 (jedoch im Kontext der Kapitalerhaltung). 262 Soll es sich bei dem Sicherungsgegenstand um bewegliche Sachen handeln, sind diese aufgrund des gesteigerten Verwertungsrisikos mit zwei Dritteln ihres Schätzwerts anzusetzen (§ 237 S. 1 BGB). 263 Dieser wiederum bemisst sich bei Realsicherheiten nach dem Wert des besicherten Gegenstandes aus dem Vermögen der abhängigen Gesellschaft, begrenzt durch die Höhe der

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mittlung bei jeder Art von volatilen „absteigenden“ Sicherheiten können die Vorgaben der Art. 192 ff. der Kapitaladäquanzverordnung (CRR)264 über die Kreditrisikominderung dienen. Diese sind darauf ausgelegt, das von Banken übernommene Risiko trotz Besicherung des Darlehens zu beziffern und damit für die entsprechende Situation der Bewertung der Werthaltigkeit einer Gegensicherheit des herrschenden Unternehmens geeignet. Grundvoraussetzung für die Eignung als risikomindernde Realsicherheit ist nach Art. 194 Abs. 3 lit. a CRR, dass es sich um eine in den Art. 197 – 200 CRR genannte Sicherungsart handelt und diese ausreichend liquide und im Wert ausreichend stabil sind (Art. 194 Abs. 3 lit. a CRR). Bei Personalsicherheiten muss der Sicherungsgeber eine der in Art. 201 f. CRR genannten Parteien sein (Art. 194 Abs. 5 CRR), wobei insbesondere verbundene Unternehmen anerkannt werden, sofern diese eine qualifizierte Bonitätsbeurteilung durchlaufen haben (Art. 201 Abs. 1 lit. g CRR). Ist die Sicherheit grundsätzlich zur Risikominderung geeignet, enthalten die Art. 205 ff. CRR weitere an die jeweilige Art der Sicherheit angepasste Anforderungen. Bei Realsicherheiten, insbesondere im bereits angesprochenen Fall der Verpfändung von Anteilen an (anderen) Tochtergesellschaften durch das herrschende Unternehmen, ist schließlich noch der Kursvolatilität Rechnung zu tragen, sodass sich unter Berücksichtigung der Art. 224 – 227 CRR ein volatilitätsangepasster Beleihungswert ergibt (Art. 223 Abs. 1 UAbs. 1 CRR).265 Ist dieser immer noch mindestens so hoch wie der potentielle Rückgriffsanspruch, so ist dieser infolge der „absteigenden“ Gegensicherheit vollwertig und geeignet, auch das langfristige Haftungsrisiko auszugleichen. Zu beachten gilt, dass die an Kreditinstitute adressierte (vgl. Art. 1 Abs. 1 S. 1 CRR) Kapitaladäquanzverordnung ihrem Schutzzweck nach auf die Stabilität des Finanzmarkts abzielt, sodass ihre strengen Anforderungen an Besicherungen nicht vollständig auf die konzerninterne Besicherung übertragen werden müssen. Die Vorgaben der Art. 192 ff. CRR sind ein tauglicher Anknüpfungspunkt zur Bestimmung der Werthaltigkeit einer Gegensicherheit. Ist diese aber in sonstiger Weise sichergestellt, kann auch eine nicht der CRR entsprechende Besicherung einen tauglichen Ausgleich darstellen. Im Fall der Anteilsverpfändung von (anderen) Tochtergesellschaften des herrschenden Unternehmens müsste es sich nach Art. 197 Abs. 1 lit. f CRR um in einem Hauptindex vertretene Aktien oder alternativ um solche, die an einer anerkannten Börse gehandelt werden (Art. 198 Abs. 1 UAbs. 1 lit. a CRR), handeln. Andere Anteile, insbesondere GmbH-Anteile, würden mangels eines bestehenden liquiden Marktes nicht als taugliche Besicherung im Rahmen der

vollstreckten Forderung, bzw. bei Personalsicherheiten nur nach der Höhe der vollstreckten Forderung. 264 Capital Requirements Regulation, VO (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der VO (EU) Nr. 646/2012, ABl. EU 2013 Nr. L 176, S. 1. 265 Vertiefend dazu Achtelik, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, CRR-VO, Art. 223 CRR Rn. 2.

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CRR anerkannt werden.266 Bestehen für die Anteile einer Tochter-GmbH in concreto jedoch bereits über einen längeren Zeitraum konkrete Übernahmeangebote, so ist die Werthaltigkeit der Anteilsverpfändung keineswegs durch die mangelnde Verkehrsfähigkeit von GmbH-Anteilen eingeschränkt, womit diese durchaus als Gegensicherheit tauglich sind. Auch das Postulat des Art. 207 Abs. 2 UAbs. 1 S. 1 CRR, dass keine Korrelation zwischen der Bonität des Schuldners (herrschendes Unternehmen) und dem Wert der Sicherheit (Anteile der Tochtergesellschaft) bestehen darf, womit Besicherungen durch Wertpapiere desselben Konzerns gerade vermieden werden sollen267, ist für die Bewertung einer Gegensicherheit im Zuge des § 311 Abs. 1 AktG zu weitgehend: Bestehen im Einzelfall keine finanzielle Verstrickungen zwischen dem herrschenden Unternehmen und der betreffenden Tochtergesellschaft, insbesondere kein Unternehmensvertrag i.S.d. § 291 AktG sowie keine Teilnahme an einem gemeinsamen Cash Pool, ist die bloß rechtliche Zuordnung zum selben Konzern kein Ausschluss der Tauglichkeit der Tochter-GmbH-Anteile zur Besicherung des Rückgriffsanspruchs. Entscheidend ist allerdings die Erkenntnis, dass der Wert der zu verpfändenden Anteile ausschließlich von der Ertragskraft der jeweiligen Tochtergesellschaft abhängt, die denselben Prognoseunsicherheiten unterliegt, wie die Bonität des herrschenden Unternehmens selbst.268 Infolgedessen ist die Anteilsverpfändung als taugliche Gegensicherheit zur Absicherung des Rückgriffsanspruchs nur mit erheblich niedrigeren, volatilitätsangepassten Beleihungswerten anzuerkennen. Die Vorgaben der Art. 223 ff. CRR bieten für diese Anpassung eine taugliche Berechnungsgrundlage. (b) Insolvenzfestigkeit der Gegensicherheit Die Gegensicherheit für den Rückgriffsanspruch der abhängigen Gesellschaft ist zudem nur werthaltig, wenn sie insolvenzfest bestellt ist.269 Insolvenzfest soll nicht bedeuten, dass die Gegensicherheit sicher zur vollständigen Befriedigung des Anspruchs führt. Eine derartige Gewissheit lässt sich nur über eine Aussonderung (§ 47 InsO) erreichen, hingegen führen die in Frage kommenden Realsicherheiten nur zu Absonderungsrechten (§§ 49 f. InsO), die eine vorrangige, aber keine garantierte Befriedigung vermitteln. Insoweit ist das Insolvenzrisiko nie ganz auszugleichen, kann mithin aber auch keinen Nachteil begründen. Insolvenzfest bedeutet damit nur, dass die Gegensicherheit im Fall der Insolvenz des herrschenden Unternehmens nicht anfechtbar und gem. § 143 Abs. 1 S. 1 InsO in die Masse zurückzugewähren ist. Die Bestellung der Gegensicherheit fällt nicht unter den Begriff des Gesellschafterdarlehens i.S.d. § 135 InsO – es wird keine Darlehensforderung eines Gesellschafters 266 Dazu Steinhauer, WM 2014, 1264 (1265) mit Fn. 4; siehe auch Achtelik, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, CRR-VO, Art. 198 CRR Rn. 2. 267 Achtelik, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, CRR-VO, Art. 207 CRR Rn. 2. 268 Dazu oben § 2 C. II. 3. c) bb) (2) (b) Zeitliche Grenze der Rückzahlungsprognose, S. 128 ff. 269 Dieses Erfordernis betonend Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 190, jedoch im Kontext des § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG.

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gegen seine Gesellschaft nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO besichert, sondern umgekehrt der Rückgriffsanspruch der Gesellschaft gegen ihren Gesellschafter. In dieser Konstellation geht es nicht um die durch § 135 InsO zu vermeidende Krisenfinanzierung270 der Gesellschaft durch ihren Gesellschafter, sondern um einen Anspruch der Gesellschaft, die ihrem (insolventen) Gesellschafter als reguläre Gläubigerin gegenübersteht. Entscheidend ist daher, dass das herrschende Unternehmen im Zeitpunkt der Bestellung der Gegensicherheit nicht bereits zahlungsunfähig ist (vgl. §§ 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 132 Abs. 1 Nr. 1 InsO), was insbesondere bei späterer Besicherung des (potentiellen) Rückgriffsanspruchs an Bedeutung gewinnt, hingegen bei anfänglicher Besicherung des Rückgriffsanspruchs, also im Zeitpunkt der Besicherung des Darlehens an das herrschende Unternehmen seitens der abhängigen Gesellschaft, regelmäßig nicht der Fall sein wird: Die Bank wird einem anfänglich illiquiden Schuldner in der Regel kein Darlehen auszahlen, womit auch das aus der aufsteigenden Sicherheit rührende Haftungsrisiko der Tochtergesellschaft nicht endgültig entsteht und damit auch kein (potentieller) Rückgriffsanspruch als Grundlage der Gegensicherheit in der Welt ist. Liegt die Zahlungsunfähigkeit des herrschenden Unternehmens bei Bestellung der Gegensicherheit im Ausnahmefall vor, so wird die Kenntnis der abhängigen Gesellschaft hiervon aufgrund ihrer Stellung als nahestehende Person i.S.d. § 138 Abs. 2 Nr. 2 InsO nach einer Ansicht vermutet (§§ 130 Abs. 3, 132 Abs. 3 InsO).271 Richtigerweise ist aufgrund der beschränkten Informationsmöglichkeiten der abhängigen Gesellschaft über die Vermögensverhältnisse der herrschenden Gesellschaft272 nur von einer Eigenschaft als nahestehende Person i.S.d. § 138 InsO auszugehen, wenn sie tatsächlich die notwendigen Informationsmöglichkeiten gehabt hat, um die Zahlungsunfähigkeit ihrer herrschenden Gesellschaft festzustellen.273 Zu denken wäre letztlich an die Anfechtbarkeit der Gegensicherung als unentgeltliche Leistung i.S.d. § 134 Abs. 1 InsO. Allerdings ist der Empfang der Gegensicherheit für die abhängige Gesellschaft nicht unentgeltlich. Bei ihrem Rückgriffsanspruch handelt es sich um eine entgeltlich begründete – sie ist die Gegenleistung zur Befriedigung der Bank durch die abhängige Gesellschaft – Verbindlichkeit des Schuldners (herrschendes Unternehmen) gegenüber der abhängigen Gesellschaft, deren Besicherung stets entgeltlich ist.274

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Zu diesem auch nach dem MoMiG fortgeltenden Zweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen siehe Altmeppen, NJW 2008, 3601 (3602 f.); Bork, ZGR 2007, 249 (254 ff.); siehe auch Pentz, in: FS Hüffer, S. 747 (758 ff.). 271 Ganter, in: K. Schmidt InsO, § 138 Rn. 26, 29; Kirchhof/Gehrlein, in: MüKoInsO, § 138 Rn. 28. 272 Vgl. hierzu Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1301). 273 BGH NZI 2004, 449 (449 f.); BGHZ 131, 189 (194) = NJW 1996, 461 (461 f.); Hirte, in: Uhlenbruck InsO, § 138 Rn. 41 (mit Hinweis auf die Informationsmöglichkeiten aufgrund eines gemeinsamen Cash Pool Systems); Riggert, in: Braun InsO, § 138 Rn. 17; Ropohl, NZI 2006, 425 (428 f.). 274 Vgl. BGH NJW 2018, 3018 (3019 f.) = NZI 2018, 746 (748) – Rz. 16; BGH NJW-RR 2010, 1428 (1428 f.) = NZI 2010, 439 (439 f.) – Rz. 10; de Bra, in: Braun InsO, § 134 Rn. 30;

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Ebenso lässt sich als entgeltliche Gegenleistung der abhängigen Gesellschaft auf die Befriedigung der Bank in ihrer Rolle als Gläubigerin des herrschenden Unternehmens abstellen.275 (4) Vorrangige Besicherung der Hauptforderung Statt eine Gegensicherheit für den Rückgriffsanspruch zu stellen, ist es dem herrschenden Unternehmen ebenso möglich, der darlehensgewährenden Bank Sicherheiten einzuräumen, die gegenüber der Sicherheit der abhängigen Gesellschaft vorrangig sind. Sofern diese die vorstehend bezeichneten Kriterien erfüllen, also der Darlehensrückzahlungsanspruch aus ihnen vollständig befriedigt werden kann und damit eine Inanspruchnahme der nachrangigen Sicherheit der abhängigen Gesellschaft nahezu ausgeschlossen ist, kompensieren sie ebenso das Haftungsrisiko bei langfristigen Besicherungen.276 Da dieser Fall wohl nur theoretischer Natur sein wird – die Bank wird kaum zusätzliche Sicherheiten einer abhängigen Gesellschaft verlangen, wenn das herrschende Unternehmen selbst für ausreichende Besicherung des Darlehensrückzahlungsanspruchs sorgen kann – soll er hier nicht vertieft werden. cc) Fazit zum vollwertigen Rückgriffsanspruch als ausgleichender Vorteil Das mit der Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung übernommene Haftungsrisiko kann durch einen vollwertigen Rückgriffsanspruch ausgeglichen werden. Dieser ist als ein Haftungsbefreiungsanspruch zu verstehen, der – gleichgültig ob vor oder nach Sicherheitenverwertung – die abhängige Gesellschaft von den Folgen der Haftungsübernahme für ihr Vermögen befreien soll. Von der Vollwertigkeit des Rückgriffsanspruchs ist in zwei Fällen auszugehen: Erstens kann bei kurzfristigen Besicherungen (Fälligkeit des besicherten Darlehens bis Geschäftsjahresende) eine sichere Prognose der Darlehensrückzahlung den Haftungsfall ausschließen und damit die Vollwertigkeit des so zu verstehenden Haftungsbefreiungsanspruchs begründen. Zweitens ist er vollwertig, wenn er seinerseits werthaltig besichert und damit ein Regress der abhängigen Gesellschaft auch nach Verwertung der Sicherheit durchsetzbar ist. Liegt einer der beiden Fälle der Vollwertigkeit vor, gleicht der (ggf. besicherte) Rückgriffsanspruch das Haftungsrisiko aus, sodass dessen Übernahme

Gerhardt, in: FS Huber, S. 1231 (1242); Kayser/Freudenberg, in: MüKoInsO, § 134 Rn. 28; Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 459 f.; Wittig, NZI 2005, 606 (611). 275 Zur Gegenleistung an Dritte, vgl. BGH ZInsO 2018, 1841 (1844) = WM 2018, 1560 (1563) – Rz. 26; BGH NJW-RR 2017, 496 (500) = NZI 2017, 105 (109) – Rz. 42; Kayser/ Freudenberg, in: MüKoInsO, § 134 Rn. 18 jew. m.w.N. 276 Zur Möglichkeit der Bestellung vorrangiger Sicherheiten als Merkmal der Vollwertigkeit im Kontext des § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG, vgl. BGHZ 213, 224 (232 f.) = NZG 2017, 344 (346) – Rz. 21 f.

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keinen Nachteil i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG für die abhängige Gesellschaft mehr begründet. d) Ausgleich durch Limitation Language Verwertungsbeschränkungen in der Sicherungsabrede (sog. limitation language) sind zwar grundsätzlich geeignet, das Haftungsrisiko auszugleichen, müssten dafür aber soweit gehen, dass die sicherungsnehmende Bank überhaupt nicht auf die Sicherheit der abhängigen Gesellschaft zurückgreifen darf. Selbstverständlich wird sich darauf keine sicherungsnehmende Bank einlassen, sodass limitation language im Zuge des § 311 Abs. 1 AktG ebenso wenig Bedeutung erlangt wie im Fall der Sicherheitenbestellung durch eine AG allgemein: Aufgrund der strengen Kapitalbindung des § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG gibt es im Gegensatz zur Kapitalbindung nach § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG kein freies Kapital, bis zu dem eine Inanspruchnahme zulässigerweise vereinbart werden könnte.277 e) Ausgleich durch Zahlung einer Avalprovision Als Avalprovision bezeichnet man ein vom Darlehensnehmer an den Sicherungsgeber für die Besicherung gezahltes Entgelt entsprechend der Verzinsung eines Darlehens. Zur kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit aufsteigender Sicherheiten wird die Zahlung einer Avalprovision überwiegend für erforderlich gehalten.278 Einer verbreiteten Ansicht nach gleiche die Avalprovision (jedenfalls teilweise) das Haftungsrisiko aus.279 Folglich orientiere sich seine Höhe am Ausfallrisiko des Darlehensnehmers.280 Bereits im Zuge der Kapitalerhaltung ist das Ausfallrisiko keine taugliche Rechtfertigung für die Zahlung einer Avalprovision als Kriterium der Vollwertigkeit i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG, denn die Vollwertigkeit im bezeichneten Sinne liegt bei Bestehen eines sich näher abzeichnenden Ausfallrisikos im Ansatz nicht vor.281 Im Kontext des § 311 Abs. 1 AktG interessiert nur die Frage, ob die Zahlung einer Avalprovision geeignet ist, die mit der Sicherheitenbestellung verbundenen Nachteile auszugleichen. Für das 277 Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 138; Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 311 Rn. 63; vgl. daher Teil 2 Kapitel 1 § 3 Die Bedeutung der limitation language, S. 278 ff. 278 Bormann/Urlichs, GmbHR Sonderheft MoMiG 2008, 37 (48 f.); Ekkenga, in: MüKoGmbHG, § 30 Rn. 253; Eusani, Vermögensverlagerungen, S. 180 f.; ders., GmbHR 2009, 795 (799); Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 100; Winkler/Becker, ZIP 2009, 2361 (2367); a.A. Habersack, in: UHL GmbHG, § 30 Rn. 98 (siehe aber dagegen Rn. 106). 279 So Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 Rn. 62a; Heidinger, in: MHLS GmbHG, § 30 Rn. 100; Kuntz, ZGR 2017, 917 (945); ausdrücklich so im Kontext des § 311 Abs. 1 AktG: Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 311 Rn. 62. 280 So ausdrücklich Bormann/Urlichs, GmbHR Sonderheft MoMiG 2008, 37 (48); ähnlich Kuntz, ZGR 2017, 917 (945). 281 Zutreffend Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 129; Gärtner, Cash Pooling, S. 468; dazu ausführlich Kapitel 2 § 4 B. III. 2. Stellungnahme, S. 219 ff.

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hier in Frage stehende Haftungsrisiko gilt, dass es eines Ausgleichs bedarf, der die abhängige Gesellschaft sicher vor Vermögensnachteilen bewahrt. Denklogisch ist die Zahlung einer betragsmäßig geringen Avalprovision nicht geeignet, das Haftungsrisiko im Falle seiner Realisierung auszugleichen und damit der abhängigen Gesellschaft jedes Risiko aus der Sicherheitenbestellung abzunehmen. Insoweit ist sie weder tauglicher Ersatz für einen vollwertigen (ggf. besicherten) Rückgriffsanspruch noch ein Kriterium, das die Vollwertigkeit des Rückgriffsanspruchs bestimmt. Bedeutung erfährt die Avalprovision damit allenfalls als Ausgleich sonstiger Nachteile der Sicherheitenbestellung.282 f) Besonderheiten bei der Sicherheitenbestellung im Cash Pool Im Cash Pool besichern die teilnehmenden Gesellschaften den Anspruch der Cash Pool finanzierenden Bank gegen die Betreibergesellschaft aus dem Kontokorrentverhältnis. Üblich ist eine Schuldmitübernahme (Schuldbeitritt) aller teilnehmenden Gesellschaften. Zusätzlich bestellen sie häufig Realsicherheiten zur Absicherung der Bank.283 Die Betreibergesellschaft ist meistens die an der Konzernspitze stehende Gesellschaft, wovon im Folgenden ausgegangen wird.284 aa) Übernahme eines unkalkulierbaren Haftungsrisikos? Betrachtet man die möglichen Sicherungskonstellationen im Cash Pool, gilt es nach Art der Sicherheit zu differenzieren: Bestellt die abhängige Gesellschaft der Bank dingliche Sicherheiten zur Besicherung des Kontokorrentsaldos, so gilt das Vorstehende entsprechend. Das Haftungsrisiko beschränkt sich auf den Sicherungsgegenstand, sodass es sich konkret anhand des Werts des Sicherungsgegenstandes begrenzen lässt. Unabhängig von negativen Veränderungen des Cash Pool Saldos steigt das Haftungsrisiko für die abhängige Gesellschaft nach Sicherheitenbestellung nicht an. Im Cash Pool typischen Fall der Schuldmitübernahme hingegen richtet sich der mögliche Haftungsbetrag einer teilnehmenden abhängigen Gesellschaft nach dem jeweiligen Stand des Kontokorrentsaldos. Im Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung, also bei Erklärung der Schuldmitübernahme, übernimmt sie 282 § 2 C. IV. Nachteile durch die Vermögensbelastung aufgrund der Sicherheitenbestellung, S. 150 ff. 283 Ausführlich dazu bereits unter Einführung § 1 B. II. Die Bedeutung der Sicherheitenbestellung im Cash Pool, S. 34 f. 284 Besteht eine nur zum Betrieb des Cash Pools gegründete Betreibergesellschaft („Treasury“), gilt das Folgende entsprechend, sofern die Teilnahme der abhängigen Gesellschaft und damit ihre Sicherheitenbestellung zugunsten der Betreibergesellschaft nur vom herrschenden Unternehmen veranlasst worden ist. Ein zum Nachteil der abhängigen Gesellschaft korrespondierender (unmittelbarer) Vermögensvorteil beim herrschenden Unternehmen ist im Tatbestand des § 311 AktG gerade nicht nötig, vgl. statt aller Habersack, in: Emmerich/ Habersack, § 311 Rn. 37.

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damit ein für sie nicht kalkulierbares Risiko, was ihr im Rahmen des auf Einzelausgleich ausgelegten § 311 AktG gerade nicht erlaubt ist.285 bb) Ausgleich durch vollwertigen Rückgriffsanspruch (1) Ausgleich des durch Realsicherheiten verursachten Haftungsrisikos Das mit Realsicherheiten verbundene Haftungsrisiko ist von Anfang an anhand des Werts des Sicherungsgegenstandes bezifferbar und damit einem Ausgleich zugänglich. Der Ausgleich erfolgt durch einen vollwertigen Rückgriffsanspruch im Sinne eines Haftungsbefreiungsanspruchs. Genauerer Analyse bedarf bei der Cash Pool Besicherung dessen Vollwertigkeit: Als erster Anknüpfungspunkt der Vollwertigkeit könnte wieder eine sicher prognostizierbare Darlehensrückzahlung innerhalb des Geschäftsjahres dienen, wofür die Betreibergesellschaft sicher in der Lage sein müsste, den Cash Pool Saldo bei der konzernfinanzierenden Bank zu begleichen. Offensichtlich ist eine solche Prognose bei einem stets schwankenden Cash Pool Saldo nicht möglich. Man könnte daher zunächst erwägen, dass eine Prognose durch einen auf einen Maximalbetrag begrenzten Cash Pool Saldo ermöglicht werde. Eine Prognose würde dann dahin gehen, ob die Bonität der Gruppe, d. h. aller am Cash Pool teilnehmenden Gesellschaften, voraussichtlich ausreicht, auch diesen maximal ausgeschöpften Saldo im Geschäftsjahr zu begleichen. Allerdings kann eine Prognose gar nicht zu diesem Ergebnis kommen, wenn man bedenkt, dass ein negativer Cash Pool Saldo – und damit erst recht ein maximal negativ ausgeschöpfter Cash Pool Saldo – gerade bedeutet, dass die Liquidität der gesamten Gruppe nicht reichte, um ihren eigenen Kapitalbedarf zu decken. Die Annahme, sie könnte dann die Mittel aufbringen, um den Saldo zu begleichen, ist schlechterdings nicht denkbar. Alternativ kann damit allenfalls eine sichere Prognose die Vollwertigkeit begründen, die dahin geht, dass es gar nicht erst zu einem negativen Cash Pool Saldo bei der konzernfinanzierenden Bank kommt, die Bonität die die Cash Pool Teilnehmer aufbringen mithin sicher ausreicht, um den für das laufende Geschäftsjahr prognostizierten Kapitalbedarf der über den Cash Pool verbundenen Gesellschaften zu decken. Dagegen lässt sich einwenden, dass die Cash Pool finanzierende Bank in einer solchen Konstellation überflüssig wäre, ist sie doch gerade eingebunden, um externe Liquidität bereit zu stellen. Jedoch schließt die hier vorgeschlagene Prognose es nicht aus, dass zeitweilig Liquidität von der Bank bezogen wird, da eine temporäre Inanspruchnahme von externer Liquidität nicht gleich zur Vollstreckung des damit (zeitweilig) verbundenen negativen Saldos und somit zur Verwertung der von den 285

Ganz h.M., vgl. OLG Köln AG 2009, 416 (419) = ZIP 2009, 1469 (1471 f.); Grigoleit, in: Grigoleit AktG, § 311 Rn. 33; Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 43; Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 311 Rn. 54, 89; Krieger, in: MHdB AG, § 70 Rn. 84; H.-F. Müller, in: Spindler/Stilz AktG, § 311 Rn. 40; Ulmer, in: FS Hüffer, S. 999 (1003) jew. m.w.N.

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teilnehmenden Gesellschaften gewährten Sicherheiten führt. Entscheidend ist nur, dass die im Zeitpunkt der Übernahme des Haftungsrisikos die ermittelte Bonität der Gruppe so umfänglich ist, dass sicher feststeht, dass am Ende des Geschäftsjahres kein überschüssiger negativer Cash Pool Saldo verbleibt, der vollstreckt werden könnte. Bestellen die teilnehmenden (abhängigen) Gesellschaften damit Realsicherheiten für einen Cash Pool Saldo, der am Ende des Geschäftsjahres sicher nicht negativ sein wird, was wiederum anhand einer Bonitätsprognose aller teilnehmenden Gesellschaften nach den bereits erläuterten Maßstäben zu beurteilen ist, ist die Besicherung aufgrund des mit ihr einhergehenden Haftungsrisikos nicht nachteilig. Dies gilt jedoch ausschließlich, wenn die Besicherung auch nur mit Wirkung bis zum Ende des Geschäftsjahres und dem dann nicht negativen Cash Pool Saldo erfolgt. Für das neue Geschäftsjahr müssten die Sicherheiten für den neu anlaufenden Kontokorrentsaldo ausgehend von der beschriebenen Prognose erneut bestellt werden. Alternativ ist der zweite Anknüpfungspunkt der Vollwertigkeit des Rückgriffsanspruchs zu beachten, der im Fall eines werthaltigen Regresses der abhängigen Gesellschaft nach Inanspruchnahme ihrer Sicherheit vorliegt. Da die zur Besicherung veranlassende herrschende Gesellschaft als Betreibergesellschaft, die nicht in der Lage war, den Cash Pool Saldo zu begleichen in der Regel auch keinen Regress mehr leisten können wird, ist eine werthaltige (insolvenzfeste) Gegensicherheit nach den oben beschriebenen Grundsätzen nötig, damit die Bestellung der Realsicherheiten für den Cash Pool Saldo außerhalb des voranstehend beschriebenen Verfahrens nicht die Nachteiligkeit i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG begründet.286 Bei dieser ist jedoch zu beachten, dass sie nicht in der Verpfändung von Anteilen an weiteren am Cash Pool teilnehmenden Tochtergesellschaften bestehen sollte. Das Risiko im konzernweiten Cash Pooling liegt gerade darin, dass eine Gesellschaft auf die Liquidität der anderen angewiesen ist, um sie im Konzern zu verteilen. Fällt eine Gesellschaft in die Krise, wirkt sich dies unmittelbar auf die anderen Gesellschaften aus, die einen Liquiditätsverlust auffangen müssen und dadurch nicht selten selbst in die Krise fallen (sog. „Dominoeffekt“).287 Die Anteile an ihnen sind als Gegensicherheit freilich dann nichts wert, sodass das herrschende Unternehmen die besichernde abhängige Gesellschaft anderweitig (vorzugsweise durch sonstige Realsicherheiten, bspw. Verpfändung der Anteile an nicht am Cash Pool teilnehmenden Tochtergesellschaften) werthaltig abzusichern hat.

286 Die Besicherung des Rückgriffsanspruchs als Ausgleich erkennend Gärtner, Cash Pooling, S. 470, der eine solche jedoch erst in Betracht zieht, wenn Zweifel bestehen, dass die Betreibergesellschaft ihre Pflichten gegenüber der Bank erfüllen kann. Zu diesem Zeitpunkt wird sie aber kaum mehr in der Lage sein, werthaltige Gegensicherheiten aufzubringen. 287 Dazu bereits oben, Einführung § 1 B. I. Zweck und Funktionsweise des Cash Pooling, S. 32 ff.; dazu allgemein auch Gärtner, Cash Pooling, S. 55 f.; Hentzen, ZGR 2005, 480 (504); Kropff, NJW 2009, 814 (815).

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(2) Ausgleich des durch Personalsicherheiten (insbes. Schuldmitübernahme) verursachten Haftungsrisikos Das Haftungsrisiko bei Bestellung von Personalsicherheiten zur Besicherung des Kontokorrentsaldos, insbesondere durch eine übliche Schuldmitübernahme aller am Cash Pool teilnehmenden Gesellschaften, schwankt mit dem jeweiligen Stand des Saldos. Der Rückgriffsanspruch im Fall der Inanspruchnahme einer abhängigen Gesellschaft wäre insoweit hierfür ein tauglicher Ausgleich, als dass er sich in der Höhe nach dem tatsächlich geleisteten Haftungsbetrag richtet, also variabel ist. Das Kernproblem besteht jedoch darin, dass seine Vollwertigkeit – und damit das elementare Ausgleichsmerkmal – nicht bestimmbar ist. Wie soll bestimmbar sein, ob das herrschende Unternehmen als Betreibergesellschaft die am Cash Pool teilnehmende (abhängige) Gesellschaft von ihrer Haftung befreien kann – egal, ob durch pflichtgemäße Rückzahlung eines negativen Saldos oder durch besicherten (in welcher Höhe?) Regress nach Inanspruchnahme der Sicherheit – wenn nicht einmal eine mögliche Saldo- und damit potentielle Haftungshöhe im Raum steht? Das Haftungsrisiko ist damit nicht bezifferbar und kann damit bei seiner Übernahme durch die abhängige Gesellschaft nicht ausgeglichen werden. An dieser Stelle den § 311 Abs. 2 AktG ins Feld zu führen, mit dem gerade anfangs nicht bezifferbare negative Entwicklungen einem Ausgleich zugeführt werden sollen288, hilft ebenfalls nicht weiter: Der Kontokorrentsaldo läuft regelmäßig über den von § 311 Abs. 2 AktG vorgegebenen Zeitraum hinaus weiter, sodass im letztmöglichen Ausgleichszeitpunkt immer noch kein auszugleichendes Haftungsrisiko bestimmbar sein wird. Es lässt sich damit festhalten, dass die bisherige Praxis des Cash Pooling, in der die abhängigen Gesellschaften zu Beginn ihrer Teilnahme am Cash Pool eine umfassende Schuldmitübernahme für den Kontokorrentsaldo der Cash Pool finanzierenden Bank erklären, wegen der Übernahme eines unkalkulierbaren, nicht ausgleichsfähigen Risikos mit dem konzernrechtlichen Schädigungsverbot des § 311 Abs. 1 AktG nicht vereinbar ist. Wer diesem Ergebnis entgegenhält, der Gesetzgeber des MoMiG habe das Cash Pooling gerade privilegieren wollen289, sodass § 311 AktG keine weiteren Voraussetzungen an die teilnehmenden Gesellschaften stellen kann, als die neu geregelten § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG290, verkennt zwei Dinge: Erstens hat der Gesetzgeber des MoMiG weder den Fall der aufsteigenden Sicherheiten mit seinem schwer kalkulierbaren Haftungsrisiko bei der Neuregelung überhaupt beachtet291, noch hat er durch die Neu288

Dazu unter § 2 D. I. Zur Dogmatik des Nachteilsausgleichs, S. 153 ff. Vgl. Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140 vom 25. 07. 2007, S. 41. 290 BGHZ 179, 71 (77 f.) = NZG 2009, 107 (108) – Rz. 12 (MPS); Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 46 Rn. 18; Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 47a, Rn. 83; ders., ZGR 2009, 347 (356 f.); Kiefner/Theusinger, NZG 2008, 801 (806); Winter, DStR 2007, 1484 (1489); Wand/Tillmann/Heckenthaler, AG 2009, 148 (156 f.). 291 Hierauf zutreffend hinweisend Altmeppen, ZIP 2017, 1977 (1980); Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 132 f. 289

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regelung der Kapitalerhaltung irgendetwas an den konzernrechtlichen Schutzvorschriften ändern wollen. Im Gegenteil stellt der Referentenentwurf klar, dass der Regelungsbedarf bei § 57 AktG hinter dem des § 30 GmbHG zurückbleibt, da die Problematik des Cash Pooling und der aufsteigenden Darlehen umfassend von den §§ 311 ff. AktG und der dort vorgesehenen Nachteilsausgleichspflicht erfasst wird.292 Ihre Schutzwirkung sollte durch das MoMiG folglich nicht eingeschränkt werden.293 Zweitens macht der hiesige Befund die aufsteigende Besicherung im Cash Pool keinesfalls unmöglich. Abgesehen von den in ihrem Haftungsrisiko kalkulierbaren Realsicherheiten der teilnehmenden Gesellschaften, ist es ihnen weiterhin möglich, Personalsicherheiten zu stellen, sofern diese nur ein kalkulierbares Haftungsrisiko mit sich bringen. Konkret können sie auf einen bestimmten Betrag beschränkte Garantieerklärungen294 gegenüber der konzernfinanzierenden Bank abgeben. Sollte eine abhängige Gesellschaft mehr Liquidität aus dem Cash Pool benötigen, so können die Garantien sukzessive erweitert werden, stellen aber jede für sich ein kalkulierbares Haftungsrisiko für die sicherungsgebende Gesellschaft dar. Dieses Haftungsrisiko ist durch einen vollwertigen Rückgriffsanspruch ausgleichbar, wobei sich die Vollwertigkeit nach den zur Realsicherheit aufgestellten, an die Cash Pool Situation angepassten Maßstäben richtet. Daneben für die Schuldmitübernahme den gesamtschuldnerischen Ausgleich gegen weitere derartig besichernde Cash Pool Gesellschaften als Ausgleich des Haftungsrisikos in Betracht zu ziehen, ist kaum zielführend. Ein solcher Anspruch wird im Regelfall nicht mehr durchsetzbar sein, da die übrigen Gesellschaften ebenso keine Liquidität mehr haben, wenn sie diese vorher an die Betreibergesellschaft zur versuchten Deckung des Cash Pool Saldos abgeführt haben und darüber hinaus selbst durch Zusammenbruch des Cash Pools und der dadurch fortan fehlenden Liquidität zur Aufrechterhaltung ihres Geschäftsbetriebs in die Krise fallen. cc) Ausgleich durch empfangene Darlehen Zusätzlich kann das Haftungsrisiko im Fall von Besicherungen des Kontokorrentsaldos durch aus dem Cash Pool empfangene Darlehen ausgeglichen werden.295 Bezieht die abhängige Gesellschaft vom herrschenden Unternehmen als Betreibergesellschaft des Cash Pools Liquidität, so erlangt das herrschende Unternehmen gegen sie einen Darlehensrückzahlungsanspruch gem. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB. Haftet 292 Begr. RefE zum MoMiG, veröffentlicht durch das Bundesjustizministerium, 29. 05. 2006, S. 75, abgedruckt bei Goette, Einführung in das neue GmbH-Recht, S. 357. 293 Dazu ausführlich oben, § 1 B. II. 1. a) cc) Historische Entwicklung der Schutzvorschriften zum faktischen Konzern, S. 87 ff. 294 Zur Abgrenzung der Garantieerklärung von sonstigen Personalsicherheiten siehe Habersack, in: MüKoBGB, Vor § 765 Rn. 18; § 765 Rn. 61. 295 Vgl. für § 57 AktG: Bayer, in: FS Lutter, S. 1011 (1025); Henze, in: Großkomm AktG, § 57 Rn. 52 f.; Zeidler, Zentrales Cashmanagement in faktischen Aktienkonzernen, S. 61 f.; für den Ausgleich i.S.d. § 311 AktG Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 47c; Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 311 Rn. 64.

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die abhängige Gesellschaft aufgrund ihrer wie auch immer gearteten Sicherheit der Cash Pool finanzierenden Bank für einen negativen Kontokorrentsaldo, so erlangt sie gegen das den Cash Pool veranlassende herrschende Unternehmen einen Rückgriffsanspruch in Höhe der geleisteten Haftungssumme. Ist zu dieser Zeit auch das an sie ausgereichte Darlehen fällig296, so besteht die Möglichkeit der Aufrechnung mit ihrem Rückgriffsanspruch. Voraussetzung hierfür ist, dass die abhängige Gesellschaft das Darlehen insolvenzfest erhalten hat, da die Haftung für den Kontokorrentsaldo des herrschenden Unternehmens bei der Cash Pool finanzierenden Bank häufig mit dessen eigener Insolvenz einhergeht.297 Übersteigt das aufgrund betragsmäßig begrenzter Sicherheiten eingegangene Haftungsrisiko die Höhe des Darlehensrückzahlungsanspruchs, so wird es hierdurch natürlich nur zum Teil ausgeglichen. Besichert die abhängige Gesellschaft die Darlehensaufnahme des herrschenden Unternehmens außerhalb eines Cash Pools und wird die Darlehensvaluta vom herrschenden Unternehmen uneingeschränkt an sie weitergereicht, gilt das Vorstehende entsprechend mit der Einschränkung, dass hier regelmäßig keine betragsmäßige Abweichung von Haftungsrisiko und ausgleichender Aufrechnungsmöglichkeit besteht.298 dd) Ausgleich durch Entbehrlichkeit externer (entgeltlicher) Finanzierung Letztlich kann das Haftungsrisiko bei der Besicherung im Cash Pool durch die betriebswirtschaftlichen Vorteile des Cash Pooling, allen voran die Inanspruchnahme von zinsloser oder zinsgünstiger Liquidität, ausgeglichen werden.299 Es gilt insoweit, einen Vergleich zwischen den Kosten zur Deckung des Liquiditätsbedarfs der abhängigen Gesellschaft bei konzernexternen Kreditinstituten mit marktüblichen 296 Zum notwendigen zeitlichen Zusammenhang von Haftung und Darlehensfälligkeit Gärtner, Cash Pooling, S. 459. 297 Es könnte gem. § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO entweder die zur Aufrechnung berechtigende Darlehensausreichung an die abhängige Gesellschaft oder die Entstehung von deren Rückgriffsanspruch durch Befriedigung der Bank anfechtbar sein. Da es hier um den Fall der Insolvenz des herrschenden Unternehmens geht, ist § 135 InsO, der die Insolvenz der abhängigen Gesellschaft voraussetzt im Ansatz nicht einschlägig. Das Darlehen an die abhängige Gesellschaft müsste daher zu einer Zeit ausgereicht worden sein, als das herrschende Unternehmen bereits zahlungsunfähig war und die abhängige Gesellschaft hiervon Kenntnis hatte (§ 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 InsO). Jedenfalls Letzteres wird regelmäßig zu verneinen sein, da sie keine Einblicke in die Cash Pool Organisation des herrschenden Unternehmens erhält. Unentgeltlich i.S.d. § 134 Abs. 1 InsO ist der Empfang des Darlehens wegen der korrespondierenden Pflicht zur Liquiditätsabführung aus der Cash Pool Abrede auch nicht. Zum umgekehrten Fall der Insolvenzfestigkeit des Darlehens bei Insolvenz der abhängigen Gesellschaft siehe Heckschen/ Kreusslein, RNotZ 2016, 351 (360); Klinck/Gärtner, NZI 2008, 457 (459 ff.). 298 Vgl. dazu Bastuck, WM 2000, 1091 (1095); Bayer, in: FS Lutter, S. 1011 (1025); MaierReimer, in: FS Rowedder, S. 245 (255); Schön, ZHR 159 (1995), 351 (355). 299 So auch Gärtner, Cash Pooling, S. 469.

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Zinssätzen und den ersparten Zinsen für dieselbe Liquiditätszufuhr im Cash Pool anzustellen. In Höhe der ersparten Aufwendungen wird das mit der Sicherheitenbestellung für den Kontokorrentsaldo einhergehende Haftungsrisiko – sofern es überhaupt quantifizierbar ist – ausgeglichen. Auch hier ist zu beachten, dass die ersparten Aufwendungen als Ausgleich nicht ausreichen werden, um das sie im Regelfall deutlich übersteigende Haftungsrisiko vollständig aufzuwiegen, sodass sie allenfalls als ergänzender ausgleichender Faktor neben den erörterten Rückgriffsansprüchen in die Entscheidung zur Sicherheitenbestellung einzubeziehen sind. Mit dem Cash Pool geht aufgrund der Sicherheitenbündelung regelmäßig auch eine Steigerung der Kreditwürdigkeit aller Gesellschaften einher. Wer behauptet, dies könne einen Ausgleich für die mit der Sicherheitenbestellung einhergehenden Nachteile, insbesondere für das Haftungsrisiko darstellen300, verkennt, dass nur Vorteile, die bewertet und quantifiziert werden können, als Nachteilsausgleich geeignet sind.301 Allgemeine Vorteile aufgrund der Zugehörigkeit zum Konzern und damit auch die Zugehörigkeit zu einem zentralen Cash Management als solche sind kein tauglicher Ausgleich.302 g) Besonderheiten bei der Akquisitionsfinanzierung Bestellt die Zielgesellschaft Sicherheiten für das Darlehen der Erwerbsgesellschaft zur Finanzierung des Anteilskaufs, handelt es sich regelmäßig um eine den §§ 311, 317 AktG unterfallende Bestellung aufsteigender Sicherheiten, sofern sie nicht erst nach Aufhebung der Kapitalbindung in der Zielgesellschaft durch Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags erfolgt.303 Im typischen Fall des Leveraged Buyout erfolgt die Rückzahlung des Darlehens der Erwerbsgesellschaft mangels eigenen liquiden Vermögens aus Liquiditätsreserven oder operativen Erträgen der Zielgesellschaft, die in Form von Ausschüttungen oder aufsteigenden Darlehen an die Erwerbsgesellschaft ausgetragen und anschließend an die Kreditgeber zur Tilgung weitergeleitet werden.304 Der Sicherungsfall, in dem die Erwerbsgesellschaft den Akquisitionskredit nicht zurück zahlen kann, tritt daher stets ein, wenn die von der Zielgesellschaft erwirtschafteten Rückflüsse die Zins- und Tilgungslast nicht mehr decken können. Ein auf die Inanspruchnahme der Sicher300

So Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 47c. Dazu bereits § 2 C. II. 3. a) Allgemeine Anforderungen an den Nachteilsausgleich i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG, S. 117 ff. 302 Siehe Begr. RegE BT-Drucks. IV/171 vom 03. 02. 1962, S. 229 f., abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz 1965, S. 409; Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 342; Krieger, in: MHdB AG, § 70 Rn. 90; Leuering/Goertz, in: Hölters AktG, § 311 Rn. 86; H.-F. Müller, in: Spindler/Stilz AktG, § 311 Rn. 50; Schatz/Schödel, in: Heidel AktG, § 311 Rn. 65 jew. m.w.N. 303 Dazu ausführlich unter Einführung § 1 C. II. Die Bestellung aufsteigender Sicherheiten im LBO, S. 36 ff. sowie III. Aufsteigende Sicherheiten im LBO – eine Frage des Konzernrechts?, S. 39 ff. 304 Eidenmüller, ZHR 171 (2007), 644 (678 ff.); Fleischer, AG 1996, 494 (497); Hartung, Financial Assistance, S. 167; Schneider, NZG 2007, 888 (892 f.). 301

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heiten der Zielgesellschaft folgender Rückgriffsanspruch gegen die Erwerbsgesellschaft geht meist ins Leere, wenn man bedenkt, dass die Erwerbsgesellschaft in der Regel über kein anderes Vermögen außer den Anteilen an der Zielgesellschaft verfügt.305 Die entscheidende Frage besteht nun darin, wie das Haftungsrisiko der Zielgesellschaft bei der Bestellung von Sicherheiten im Rahmen einer Akquisitionsfinanzierung i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG ausgeglichen werden kann. Als Beispiel einer regelmäßig nicht vollwertigen Rückgriffsforderung i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG (bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG) nennt der Gesetzgeber des MoMiG ausdrücklich einen Anspruch gegen eine „mit geringen Mitteln ausgestattete Erwerbsgesellschaft“.306 Daran anknüpfend wurde in der Literatur regelmäßig ein Verstoß gegen den Kapitalerhaltungsgrundsatz angenommen, sofern die Sicherheitenbestellung zugunsten einer bis auf die Anteile an der Zielgesellschaft vermögenslosen Erwerbsgesellschaft erfolgt.307 Der Freistellungs- bzw. Rückgriffsanspruch bedürfe daher zu seiner Vollwertigkeit einer Besicherung.308 Dem wurde entgegengehalten, dass ein vorschneller Ausschluss der Vollwertigkeit einen erheblichen Vermögensgegenstand der Erwerbsgesellschaft, nämlich die Anteile an der Zielgesellschaft, außer Betracht lässt. Immerhin haben Anteile an solventen Tochtergesellschaften einen erheblichen Wert, aus dem im Sicherungsfall Rückgriff genommen werden könne.309 Parallel dazu bemesse sich schließlich auch die Bonität einer Holdinggesellschaft maßgeblich an der Ertragskraft der gehaltenen Tochtergesellschaften. Ließe man diese in einer Bonitätsprüfung außen vor, stelle dies auch Holdinggesellschaften vor erhebliche Finanzierungsprobleme.310 Außerdem sei ein pauschaler Ausschluss eines vollwertigen Rückgriffs gegen eine Erwerbsgesellschaft schon deshalb verfehlt, da diese in jedem Einzelfall auf ihr konkretes Vermögen, insbesondere ihr Eigenkapital, hin untersucht werden müsse.311

305 Auf diesen Zusammenhang treffend hinweisend Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 164; siehe auch Sutter/Masseli, WM 2010, 1064 (1065 f.); Tillmann, NZG 2008, 401 (405). 306 Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140 vom 25. 07. 2007, S. 41. 307 Berkefeld, Management Buy-Out, S. 151 f.; Ekkenga, in: MüKoGmbHG, § 30 Rn. 254; Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 Rn. 42, 62; Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 57 Rn. 47; Gehrlein, Der Konzern 2007, 771 (785); Heidinger, in: MHLS GmbHG, § 30 Rn. 192; Söhner, ZIP 2011, 2085 (2089); Tillmann, NZG 2008, 401 (404 f.); wohl auch Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 190. 308 Riegger, ZGR 2008, 233 (238 f.). 309 So Käpplinger, NZG 2010, 1411 (1412); Kramer, Kapitalerhaltung, S. 101; Scholz, in: Verse GmbHG, § 30 Rn. 87; dagegen Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 46 Rn. 23, der auf die einer Verwertung entgegenstehende regelmäßige Verpfändung dieser Anteile an die Kreditgeber hinweist. 310 Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 166; siehe dazu auch Merkel, in: Lutter/ Scheffler/Schneider HdB Konzernfinanzierung, Rn. 17.29; Messer, ZHR 159 (1995), 375 (375 f.). 311 Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 87.

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Teil 1, Kap. 1: Aufsteigende Sicherheiten und § 311 AktG

Der letzte Einwand ist insoweit richtig, als dass die Frage, ob die Erwerbsgesellschaft in der Lage ist, einen potentiellen Rückgriffsanspruch zu befriedigen bzw. den Kredit eigenständig zurückzuzahlen, stets im Einzelfall zu beantworten ist und sich dabei eine positive Bonitätsprognose aufgrund von weiterem Vermögen der Erwerbsgesellschaft außerhalb ihrer Anteile an der Zielgesellschaft ergeben kann. Im typischen Fall des LBO ist die Erwerbsgesellschaft als bloßes Akquisitionsvehikel jedoch weder über das Mindestkapital hinaus mit Eigenkapital ausgestattet, noch Inhaberin sonstiger Rechte, wie z. B. Anteilen an weiteren Tochtergesellschaften, sodass eine hieraus eruierende positive Bonitätsprognose die Ausnahme darstellen wird. Wer behauptet, gegen die Erwerbsgesellschaft könne ein vollwertiger Rückgriffsanspruch bestehen, weil sie immerhin die verwertbaren Anteile der Zielgesellschaft in ihrem Vermögen hält, verkennt die finanzielle Verstrickung zwischen Erwerbs- und Zielgesellschaft in der Akquisitionssituation: Mangels eigenen liquiden Vermögens oder Ertrag bringenden operativen Geschäfts ist die Erwerbsgesellschaft auf die Ausschüttungen der Zielgesellschaft zur Tilgung des Akquisitionskredits angewiesen. Es kommt also nur zum Sicherungsfall (Ausfall der Tilgungsraten), wenn die Zielgesellschaft nicht mehr über freies Kapital zur Ausschüttung an die Erwerbsgesellschaft verfügt, mithin selbst in der finanziellen Krise steht. In dieser Situation wird sich ein Anteilsverkauf als schwierig erweisen, bestenfalls zu einem regelmäßig geringeren als dem ursprünglich von der Erwerbsgesellschaft gezahlten Kaufpreis pro Anteil möglich sein. Eine Ausnahme hiervon besteht allenfalls, wenn die Zielgesellschaft unter der bisherigen Herrschaft der Erwerbsgesellschaft derart umfassenden Innovations- und Rationalisierungsmaßnahmen unterzogen wurde, die ihre Ertragsfähigkeit für die Zukunft deutlich zu steigern versprechen. Nichtsdestoweniger wird ein Verkauf von Anteilen an der Zielgesellschaft bis zur Höhe des Rückgriffsanspruchs312 problematisch, wenn damit nur der Erwerb einer Minderheitsbeteiligung einhergeht. Der neue Minderheitsgesellschafter profitiert von den nicht zukunftsgerichteten, andauernden Auszahlungen an die herrschende Erwerbsgesellschaft zur Tilgung verbleibender Akquisitionskreditraten nur in geringem Maße und partizipiert mit seinem Investment insbesondere nicht an dem von der Erwerbsgesellschaft beabsichtigten Hebeleffekt (Leverage), was eine Minderheitsbeteiligung an einer Zielgesellschaft eher unattraktiv macht. Der (teilweise) Verkauf von Anteilen an der Zielgesellschaft ist damit kaum geeignet, einen vollwertigen Rückgriffsanspruch im Sicherungsfall zu bejahen.313

312

Dieser bemisst sich wieder am Wert der von der Zielgesellschaft gestellten Sicherheit. Die Argumentation kann auch auf den Fall übertragen werden, dass der Akquisitionskredit erst nach vollständigem Verkauf der Zielgesellschaft, ggf. nach einer mehrjährigen Umstrukturierung, auf einmal fällig ist: Lässt sich die Zielgesellschaft am Ende der Investition nicht (gewinnbringend) weiterverkaufen und kann daher der Akquisitionskredit nicht getilgt werden (Sicherungsfall) hat die Zielgesellschaft kaum einen werthaltigen Rückgriffsanspruch gegen die Erwerbsgesellschaft wegen der noch in ihrem Vermögen befindlichen, nicht vermarktbaren Anteile an der Zielgesellschaft. 313

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Folglich soll sich die Vollwertigkeit gem. § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG in der Besicherung eines Akquisitionskredits danach bestimmen, dass es gar nicht erst zum Sicherungsfall kommt, die Zielgesellschaft mithin in der Lage ist, so viel an die Erwerbsgesellschaft auszuschütten, dass diese die Zins- und Tilgungsverbindlichkeiten gegenüber den Kreditgebern erfüllen kann. Entscheidend sei folglich eine Bonitätsprognose der Zielgesellschaft.314 Auch wenn der bilanzielle Vollwertigkeitsbegriff des § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG (bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG) nicht mit dem hier für den Ausgleich i.S.d. § 311 AktG verwendeten Vollwertigkeitsbegriff bzgl. des Rückgriffsanspruchs übereinstimmt, lassen sich die zur Kapitalerhaltung angestellten Überlegungen dem Grunde nach auf die Diskussion bei § 311 AktG übertragen.315 Für einen i.S.d. § 311 AktG vollwertigen Rückgriffsanspruch als Ausgleich muss entweder sichergestellt sein, dass es gar nicht erst zum Sicherungsfall kommt oder dass im Sicherungsfall ein Rückgriff der abhängigen Gesellschaft sicher durchsetzbar ist.316 Da Letzteres im Fall einer – abgesehen von den Anteilen an der Zielgesellschaft – vermögenslosen Erwerbsgesellschaft nicht in Betracht kommt, ist zunächst maßgeblich, ob der Akquisitionskredit pflichtgemäß getilgt werden kann, wofür zu klären ist, ob die Zielgesellschaft insoweit hinreichende Ausschüttungen an die Erwerbsgesellschaft leisten können wird. Zwar haben die Geschäftsleiter der Zielgesellschaft umfassende Einblicke in die Finanzen ihrer Gesellschaft, sodass sie auf hinreichender Tatsachengrundlage die Entscheidung treffen können, dass die Ausschüttung zur Tilgung des Akquisitionskredits gesichert ist.317 Infolgedessen wird es ihnen sogar möglich sein, über das Geschäftsjahr hinaus bewerten zu können, ob hinreichende Ausschüttungen möglich sein werden. Maßgebliche Kennzahlen sind bei dieser Beurteilung der Cashflow Cover und der Leverage, die abbilden sollen, ob die im Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung prognostizierten Erlöse, die an die Erwerbsgesellschaft weitergeleitet werden, ausreichen, um voraussichtlich alle Zahlungsverpflichtungen aus dem gesicherten Darlehen fristgerecht erfüllen zu können.318 Dennoch bestehen trotz aller präsenter Informationen Prognoseunsicherheiten, wenn die Zielgesellschaft Ausschüttungen über mehrere Jahre für langfristige Akquisitionskredite leisten muss. Kein Geschäftsleiter kann zuverlässige Aussagen über den genauen Stand des freien Vermögens in beispielsweise fünf Jahren treffen, sodass die 314

Becker, ZIP 2017, 1599 (1605 f.); Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1299 f.); U. H. Schneider, in: FS Döllerer, S. 537 (543, 546); Wand/Tillmann/Heckenthaler, AG 2009, 148 (157); Weitnauer, ZIP 2005, 790 (791). Da es nur auf das Vermögen der Zielgesellschaft ankomme, habe es auch keine kapitalerhaltungsrechtliche Bedeutung, wenn die Erwerbs- und Zielgesellschaft unmittelbar nach der Transaktion verschmelzen, so Freitag, WM 2017, 1633 (1634 f.); kritisch zu dieser Konstellation Priester, in: FS Spiegelberger, S. 890 (892 ff.). 315 So auch Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 172 f. 316 Dazu oben § 2 C. II. 3. c) bb) (1) Die alternative Vollwertigkeitsdefinition, S. 125 f. 317 Vgl. Käpplinger, NZG 2010, 1411 (1413); Vetter, in: Goette/Habersack MoMiG, Rn. 4.47. 318 Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1299 f.); allg. zu diesen Kennzahlen Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 22 Rn. 16 ff., 20 ff.

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Teil 1, Kap. 1: Aufsteigende Sicherheiten und § 311 AktG

Tilgung und mit ihr der Ausschluss des Sicherungsfalls bei langfristigen Akquisitionskrediten nicht sichergestellt und damit nicht von der Vollwertigkeit i.S.d. § 311 AktG auszugehen ist, nur weil die Zielgesellschaft die ersten Raten an die Erwerbsgesellschaft zur Tilgung ausschütten kann.319 Mit § 311 AktG vereinbar ist damit nur die Besicherung eines kurzfristigen Akquisitionskredits durch die Zielgesellschaft, wobei gesichert ist, dass sie zum Fälligkeitszeitpunkt über genügend freies Vermögen verfügt, welches sie an die Erwerbsgesellschaft ausschütten kann. Kann dies nicht sichergestellt werden bzw. ist der Akquisitionskredit auf langfristige Rückzahlung ausgelegt, so bedarf es einer Gegensicherheit für die Zielgesellschaft zur Absicherung ihres potentiellen Rückgriffsanspruchs.320 Da die Erwerbsgesellschaft selbst über kein sicherungsfähiges Vermögen verfügt, kommen insoweit Sicherheiten von der hinter der Erwerbsgesellschaft stehenden parent-Gesellschaft bzw. den dahinter verborgenen Investoren in Betracht. Insbesondere können diese anstelle der Absicherung eines potentiellen Rückgriffsanspruchs der Zielgesellschaft auch den Kreditgebern direkt vorrangige Sicherheiten stellen, sodass im Ergebnis eine Inanspruchnahme der Zielgesellschaft wieder ausgeschlossen und somit die Vereinbarkeit mit § 311 AktG gegeben ist.321 Eine Besicherung seitens der Investoren ist in der Praxis nach derzeitigem Stand zwar unüblich322, schalten sie die Erwerbsgesellschaft als Akquisitionsvehikel doch gerade aus haftungsrechtlichen Gründen zwischen sich und die Zielgesellschaft.323 Der Einwand der Unüblichkeit mag jedoch kaum die rechtlichen Grenzen überwinden, die das Konzernrecht der Erwerbsgesellschaft in der Akquisitionssituation setzt. Es müssen sich folglich entweder Kreditgeber finden, die bereit sind, langfristige Akquisitionskredite ohne aufsteigende Sicherheiten zu vergeben, oder die Sicherungsverantwortlichkeit auf diejenigen verlagert werden, die aufgrund des hohen Einsatzes von Fremdkapital den Sicherungsbedarf herbeiführen und im Fall eines erfolgreichen LBO auch die hohen Gewinne davontragen. Die Ausführungen gelten entsprechend, wenn anstelle des ursprünglichen Akquisitionskredits ein Darlehen zur Aufstockung der bestehenden (herrschenden) Beteiligung der Erwerbsgesellschaft durch aufsteigende Sicherheiten der Zielgesellschaft besichert werden soll.

319 So aber für die Vollwertigkeit gem. § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG Käpplinger, NZG 2010, 1411 (1413); Kramer, Kapitalerhaltung, S. 101. 320 So i.E. auch Hüffer, ZHR 172 (2008), 572 (591); referierend Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 173; siehe auch Seibt, ZHR 171 (2007), 282 (309): „abzugsfeste Sockelbeträge“. 321 Ansatzweise dazu § 2 C. II. 3. c) bb) (4) Vorrangige Besicherung der Hauptforderung, S. 136. 322 Vgl. Riegger, ZGR 2008, 233 (241). 323 Meyer, Besicherung, S. 57 ff.

§ 2 Sicherheitenbestellung im Tatbestand der §§ 311, 317 AktG

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h) Ausgleich durch § 302 AktG im isolierten Gewinnabführungsvertrag Bei Abschluss eines isolierten Gewinnabführungsvertrags gilt das konzernrechtliche Schädigungsverbot fort.324 Möglicherweise wird der in der Übernahme des Haftungsrisikos liegende Nachteil bei Bestellung aufsteigender Sicherheiten in einem solchen Fall dadurch kompensiert, dass die abhängige Gesellschaft am Jahresende ohnehin ihren Gewinn hätte abführen müssen (§ 301 AktG) bzw. ihre Verluste ausgeglichen bekommt (§ 302 Abs. 1 AktG).325 Dafür müsste der Verlustausgleichsanspruch geeignet sein, die mit dem Haftungsfall einhergehenden Vermögenseinbußen vollständig auszugleichen. Im absoluten Regelfall wird sich der Verlust eines in der Bilanz ausgewiesenen Vermögensgegenstandes infolge der Verwertung jedenfalls in Höhe seines bilanziellen Wertes326 unmittelbar auf das Jahresergebnis auswirken. Wird der Verlust der abhängigen Gesellschaft ohnehin vollständig übernommen, ist damit auch der um die Sicherheitenverwertung höhere Verlust und damit jede Vermögenseinbuße der abhängigen Gesellschaft aus der Sicherheitenbestellung kompensiert. Im Fall der aufsteigenden Sicherheiten für eine Verbindlichkeit des herrschenden Unternehmens wird es aber nicht zu einer derartigen Kompensation kommen: Kann das herrschende Unternehmen seine besicherte Verbindlichkeit nicht tilgen (Sicherungsfall), wird es auch nicht am Geschäftsjahresende noch in der Lage sein, sämtliche Verluste seiner abhängigen Gesellschaft und damit auch solche aus der Realisierung des Haftungsrisikos gem. § 302 AktG auszugleichen. Der Verlustausgleichsanspruch im isolierten Gewinnabführungsvertrag ist daher nicht geeignet, das übernommene Haftungsrisiko auszugleichen, wenn man bedenkt, dass sich das den Nachteil begründende Risiko praktisch nur in einer Situation realisiert, in der der Verlustausgleichsanspruch in der Regel wertlos ist. Es gilt daher auch im isolierten Gewinnabführungsvertrag, bei jeder Sicherheitenbestellung zu prüfen, ob ihr ein vollwertiger Rückgriffsanspruch gegenübersteht, der bei Besicherung langfristiger Verbindlichkeiten des herrschenden Unternehmens durch Gegensicherheiten abzusichern ist. Alternativ kommt eine (insolvenzfeste) Besicherung des Verlustausgleichsanspruchs in Betracht, die jedenfalls so hoch ist, dass sie auch die Verluste aus der Sicherheitenverwertung erfasst.

III. Verwertung der Sicherheit als Nachteil i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG Ein weiterer Nachteil infolge der Veranlassung zur Bestellung aufsteigender Sicherheiten könnte in ihrer Verwertung und damit in der endgültigen Vermögenseinbuße der abhängigen Gesellschaft liegen. Erstens liegt jedoch in der Verwertung 324

Siehe bereits Einführung § 3 A. IV. 2. Zum isolierten Gewinnabführungsvertrag, S. 62 f. Allgemein zu diesem Zusammenhang Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 186. 326 Ggf. liegt der Verlustzuwachs bei Neubeschaffung des verwerteten Gegenstandes sogar höher, wenn der Wiederbeschaffungswert über seinem in der Bilanz ausgewiesenen Wert liegt. 325

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Teil 1, Kap. 1: Aufsteigende Sicherheiten und § 311 AktG

neben der Übernahme des Haftungsrisikos kein eigenständiger Nachteil mehr. In der Verwertung realisiert sich nur letztgenannter Nachteil (Verwertungsrisiko), der im Fall einer kompensationslosen Verwertung offenbar nicht, wie von § 311 AktG vorgesehen, von Anfang an ausgeglichen wurde. Zweitens ist die Verwertung kein nachteiliges Rechtsgeschäft, zu dem die abhängige Gesellschaft vom herrschenden Unternehmen veranlasst wurde. Veranlasst hat das herrschende Unternehmen nur die Sicherheitenbestellung und den unmittelbar aus ihr folgenden Nachteil der Übernahme des Haftungsrisikos. Die spätere Verwertung ist zwar noch auf die veranlasste Sicherheitenbestellung zurückzuführen, aber ihr liegt kein neues haftungsbegründendes Verhalten des herrschenden Unternehmens und ihrer Geschäftsleiter zugrunde, sodass sie als weiterer Anknüpfungspunkt für eine Haftung neben der für Veranlassung zur Übernahme des Verwertungsrisikos unergiebig ist.

IV. Nachteile durch die Vermögensbelastung aufgrund der Sicherheitenbestellung Die Nachteiligkeit der Bestellung aufsteigender Sicherheiten kann nicht nur aus der Übernahme des Haftungs- und damit auch des Insolvenzrisikos des herrschenden Unternehmens, sondern vielmehr auch durch weitere Nebeneffekte der Besicherung begründet werden. Im Fall der aufsteigenden Darlehen unterschied auch der BGH zwischen dem Nachteil durch das Kreditrisiko, bei dem keine Unterschiede zu den Grenzen der Kapitalerhaltung bestehen sollen327, und dem durch unzureichende Verzinsung.328 Entscheidende Bedeutung bei der Bestellung aufsteigender Sicherheiten kommt dem Umstand zu, dass die abhängige Gesellschaft ihr besichertes Vermögen nicht mehr für eigene Finanzierungszwecke einsetzen kann.329 1. Bonitätsherabstufung durch Vermögensbelastung Kann die abhängige Gesellschaft ihr belastetes Vermögen nicht mehr für die Beschaffung eigener Mittel einsetzen, wird es für sie schwieriger werden, Darlehen von konzernexternen Kreditgebern, die allenfalls noch nachrangig besichert werden 327 Zur Unrichtigkeit dieser Gleichschaltung siehe unter § 1 B. II. 3. Ergebnis zum Vermögensschutz durch §§ 311, 317 AktG, S. 96 f. 328 BGHZ 179, 71 (80) = NJW 2009, 850 (852) – Rz. 17 (MPS); daran anknüpfend Habersack, ZGR 2009, 347 (359 f.); Kramer, Kapitalerhaltung, S. 200 ff.; die Differenzierung ablehnend Wackerbarth, Der Konzern 2010, 337 (343). 329 Auf diesen Umstand hinweisend Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 47c; Gärtner, Cash Pooling, S. 468; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 311 Rn. 29; Krieger, in: MHdB AG, § 70 Rn. 63; Leuering/Goertz, in: Hölters AktG, § 311 Rn. 63; Liao, Haftungsfragen der Kreditsicherung, S. 52; zu den in diesem Zusammenhang relevanten „negative-pledge-Klauseln“, die den Cash Pool teilnehmenden Gesellschaften verbieten, für den Kontokorrentsaldo bestellte oder zu bestellende Sicherheiten anderweitig einzusetzen, Reuter, NZI 2001, 393 (394).

§ 2 Sicherheitenbestellung im Tatbestand der §§ 311, 317 AktG

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können, zu erhalten. Regelmäßig werden die mangels Sicherungsmöglichkeit risikoreicheren Kreditgeschäfte mit höheren Zinsen verbunden sein als sie bei einer angemessen Sicherungsmöglichkeit zu zahlen gewesen wären.330 In den insoweit erhöhten Finanzierungskosten liegt eine Vermögenseinbuße und damit ein Nachteil i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG für die abhängige Gesellschaft aus der veranlassten Sicherheitenbestellung. 2. Ausgleich der gestiegenen Finanzierungskosten wegen Bonitätsherabstufung Die infolge der fehlenden Besicherungsmöglichkeit gestiegenen Finanzierungskosten der abhängigen Gesellschaft sind als konkret bezifferbarer Nachteil grundsätzlich einem Ausgleich zugänglich. In diesem Kontext wird die Zahlung einer Avalprovision relevant, die – ähnlich zu den Zinsen bei Darlehen – eine Entschädigung für die fehlende Nutzungsmöglichkeit des eigenen Vermögens darstellt.331 Soll sich die Höhe der Avalprovision an den gestiegenen Finanzierungskosten der abhängigen Gesellschaft bemessen, wird deutlich, dass sie noch nicht von Anfang an als den Nachteil ausgleichende Kompensation vereinbart werden kann. Vielmehr muss sich erst zeigen, inwieweit die abhängige Gesellschaft höhere Finanzierungskosten zu tragen hat, bspw. laufende Darlehen nur zu höheren Zinsen in Anspruch nehmen kann. Lassen sich die schädlichen Auswirkungen einer Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Vornahme noch nicht hinreichend bestimmen, handelt es sich um einen klassischen Fall des nachträglichen Nachteilsausgleichs gem. § 311 Abs. 2 AktG bis Geschäftsjahresende.332 Zeigt sich demnach bis zu diesem Zeitpunkt, dass die laufenden Finanzierungskosten um einen bestimmten Betrag erhöht sind, ist dieser durch Festlegung einer laufenden Avalprovision in Höhe des Unterschiedsbetrags zu den Finanzierungskosten bei hinreichender Besicherungsmöglichkeit der abhängigen Gesellschaft auszugleichen. Stehen Finanzierungskosten für die abhängige Gesellschaft erst nach Geschäftsjahresende im Raum, hat ihr das herrschende Unternehmen als Ausgleich einen Rechtsanspruch (§ 311 Abs. 2 S. 1 AktG) auf die Differenzzahlung einzuräumen. Dieser ist aufgrund seiner Fälligkeit mit der Darlehensaufnahme der abhängigen Gesellschaft und seines Inhalts (Unterschiedsbetrag der Finanzierungskosten) hinreichend bestimmt und damit als Ausgleich geeignet. Bestehen Unsicherheiten darüber, ob das herrschende Unternehmen dann in der Lage sein wird, den Differenzbetrag zu leisten, ist der Ausgleichsanspruch ausreichend zu besichern. Dass es sich bei der eingeschränkten Nutzungsmöglichkeit des Vermögens der abhängigen Gesellschaft für eigene Finanzierungsmaßnahmen um ein nicht quantifizierbares Risiko handle, weil der Ausgleich 330

Hierauf in anderem Kontext hinweisend Kuntz, ZGR 2017, 917 (946 f.) mit Fn. 119. Altmeppen, ZIP 2009, 49 (52); Kramer, Kapitalerhaltung, S. 98, 201; Leuering/Goertz, in: Hölters AktG, § 311 Rn. 64; wohl auch Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 311 Rn. 156. 332 Dazu sogleich unter § 2 D. II. Der (nachträgliche) Nachteilsausgleich bei Bestellung aufsteigender Sicherheiten, S. 155 f. 331

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der erhöhten Finanzierungskosten mit erheblichen Rechtsunsicherheiten verbunden sei333, ist nach dem hier vertretenen Konzept nicht nachvollziehbar. Alternativ zum Ersatz der erhöhten Finanzierungskosten der abhängigen Gesellschaft über die Zahlung einer Avalprovision kommt in Betracht, sie von konzernexterner Finanzierung völlig zu befreien, indem sie ihre Liquidität vollständig aus einem konzernweiten Cash Pool beziehen kann.334 Nimmt das herrschende Unternehmen die abhängige Gesellschaft in ein funktionierendes Cash Pool System auf, besteht für sie kein Bedarf mehr, sich am Kapitalmarkt zu refinanzieren, womit sich das Problem einer verteuerten Kreditbeschaffung wegen fehlender eigener Sicherungsmöglichkeiten nicht mehr stellt. Die Aufnahme in ein (zinsloses) Cash Pool System ist damit ein Ausgleich, der – soweit er gemeinsam mit der Sicherheitenbestellung erfolgt – bereits im Ansatz die Nachteiligkeit wegen Bonitätsherabstufung abwendet. 3. Besonderheiten bei der Belastung von betriebsnotwendigem Vermögen Werden im Rahmen der aufsteigenden Besicherung Vermögensgegenstände belastet, die für den Betrieb der abhängigen Gesellschaft unabdingbar sind (z. B. Grundstück mit Produktionsanlagen, für den Produktionsprozess notwendige Maschinen), erschöpfen sich die Nachteile der Vermögensbelastung nicht nur in der Nichtverfügbarkeit für eigene Finanzierungsmaßnahmen der abhängigen Gesellschaft. Vielmehr gilt es zu beachten, dass es entweder durch die Sicherheitenbestellung selbst (Besitzpfandrecht an Maschinen) oder jedenfalls durch die Sicherheitenverwertung zu Produktionsausfällen bei der abhängigen Gesellschaft, verbunden mit erheblichen Einbußen, kommen kann.335 Sofern der betroffene Sicherungsgegenstand nicht sofort wiederbeschafft werden kann, stellen sich die folgenden Produktionsausfälle als nicht quantifizierbarer Nachteil dar. Einen solchen darf die abhängige Gesellschaft gar nicht eingehen und damit auch nicht mit der Besicherung solcher Vermögensgegenstände das Risiko auf sich nehmen, dass es zu diesen Produktionsausfällen kommt. Stellen diese nämlich einen unkalkulierbaren Nachteil dar, ist auch das bloße Risiko ihres Eintritts eine nicht ausgleichsfähige Gefährdung des Vermögens der abhängigen Gesellschaft. Insbesondere ist auch eine Abrede, nach der das herrschende Unternehmen sich zur Übernahme sämtlicher Verluste aus dem Betriebsstillstand verpflichtet, kein tauglicher Ausgleich dieses Risikos: Im Fall des Betriebsstillstands ist es bereits zur Sicherheitenverwertung gekommen. Der Sicherungsfall hängt regelmäßig mit der Insolvenz des herrschenden

333 So Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 281, der nur die Rückführung des Sicherungsgegenstandes als Ausgleich zulassen will. 334 Auf diese Möglichkeit hinweisend Gärtner, Cash Pooling, S. 469. 335 Diesen Fall erkennend Kramer, Kapitalerhaltung, S. 202.

§ 2 Sicherheitenbestellung im Tatbestand der §§ 311, 317 AktG

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Unternehmens zusammen. In dieser Lage ist ein späterer Anspruch auf Verlustübernahme gegen eine längst insolvente Gesellschaft hinfällig.

V. Nachteile durch bürokratischen Aufwand der aufsteigenden Besicherung Ein letzter Nachteil infolge der Bestellung aufsteigender Sicherheiten wird darin gesehen, dass die abhängige Gesellschaft Ressourcen aufwenden muss, um die Bonität des herrschenden Unternehmens zu beobachten, um ggf. rechtzeitig Freistellung von der Sicherheit verlangen zu können.336 Auch wenn nach hier vertretener Auffassung der Nachteil aus der Übernahme des Haftungsrisikos losgelöst von der ohnehin sehr eingeschränkt möglichen Freistellung ausgeglichen werden muss337, ist im Ansatz richtig, dass der abhängigen Gesellschaft durch die Sicherheitenbestellung ein bürokratischer Aufwand, ggf. auch Kosten der Bestellung (insbesondere Notarkosten und Rechtsberatungskosten), entsteht, der auszugleichen ist. Es ist vom herrschenden Unternehmen entweder eine Aufwandsentschädigung in Geld (z. B. über eine dementsprechend erhöhte Avalprovision) zu leisten oder ein sonstiger Vorteil – wie auch die Teilnahme an einem zinslosen Cash Pool System338 – zu gewähren, der in seinem bezifferbaren Wert über dem ermittelten Aufwand der Sicherheitenbestellung liegt.

D. Der nachträgliche Ausgleich der durch die Sicherheitenbestellung manifestierten Nachteile gem. § 311 Abs. 2 AktG I. Zur Dogmatik des Nachteilsausgleichs In der Möglichkeit, die abhängige Gesellschaft zu nachteiligen Maßnahmen zu veranlassen und diese erst später, nämlich in der Frist des § 311 Abs. 2 AktG auszugleichen, wurde früher verbreitet ein „Schädigungsprivileg“ erkannt.339 Die kapitalerhaltungsrechtliche Vermögensbindung sollte durch die lockereren Regelungen der §§ 311 ff. AktG verdrängt werden.340 Die richtige Erkenntnis besteht heute 336

So Gärtner, Cash Pooling, S. 468. Siehe dazu § 2 C. II. 3. c) aa) (1) Freistellungsanspruch als ausgleichender Vorteil, S. 123 f. 338 Diesen Ausgleich erwägend Gärtner, Cash Pooling, S. 469. 339 Lutter, in: Hommelhoff Entwicklungen im GmbH-Konzernrecht, S. 192 (205); Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, 14. Aufl. 1995, Anh. § 13 Rn. 12: „Privileg der Schädigung“; Timm, AcP 193 (1993), 423 (442); Ulmer, in: Hachenburg GmbHG, Anh. § 77 Rn. 56. 340 Hefermehl/Bungeroth, in: GHEK AktG, § 57 Rn. 64; Hüffer, AktG, 3. Aufl. 1997, § 311 Rn. 49; Lutter, in: KölnKomm AktG, 2. Aufl. 1988, § 57 Rn. 80 f.; einschränkend bereits Lutter, in: FS Steindorff, S. 125 (148): „[…] Vorgang unter der Voraussetzung rechtzeitiger Leistung des Ausgleichs erlaubt […]; nicht aber soll die AG etwa schlechter stehen“. 337

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vielmehr darin, dass das Schutzsystem der §§ 311 ff. AktG mit ihrem Prinzip des Einzelausgleichs die beherrschte Gesellschaft umfassend vor Schädigungen aufgrund ihrer Abhängigkeit schützen soll341 und dieser Schutz aufgrund des Abhängigkeitsberichts deutlich wirksamer sichergestellt ist, als bei Geltung der (ohnehin in ihrem Schutzumfang geringeren)342 Kapitalerhaltungsvorschriften allein.343 Wenn heute noch von einer Privilegierungsfunktion gesprochen wird, ist damit lediglich die Möglichkeit des zeitversetzten Nachteilsausgleichs (§ 311 Abs. 2 AktG) gemeint, der die abhängige Gesellschaft jedoch unter keinen Umständen schlechter als bei sofortigem Ausgleich bei Vornahme der Maßnahme stellen darf.344 Nach allgemeiner Ansicht kann jeder Nachteilsausgleich bis zum Ende des Geschäftsjahres hinausgeschoben werden.345 Besinnt man sich jedoch darauf zurück, dass durch die §§ 311 ff. AktG jede Schädigung der abhängigen AG vermieden werden soll und darauf, dass ihr Vorstand seine Gesellschaft weiterhin eigenständig zu leiten hat (§ 76 AktG)346, mithin verpflichtet ist, jeden Schaden im Ansatz von ihr abzuwenden, ist es nicht zu rechtfertigen, warum mit dem Ausgleich einer nachteiligen Maßnahme stets bis zum Geschäftsjahresende zugewartet werden soll, wenn der Ausgleich bereits früher möglich ist. Wenn der Vorstand der abhängigen AG der Leitungsmacht des herrschenden Unternehmens nachgibt und grundsätzlich schädigende Maßnahmen für seine Gesellschaft einleitet, hat er vor ihrer Durchführung unverzüglich mit dem Geschäftsleiter des herrschenden Unternehmens eine Vereinbarung darüber zu treffen, durch welche Vorteile die nachteiligen Maßnahmen ausgeglichen werden sollen. Dass § 311 Abs. 2 AktG für den Nachteilsausgleich eine Höchstgrenze bis zum Ablauf des Geschäftsjahres setzt, soll lediglich dem Umstand Rechnung tragen, dass bei Vornahme der veranlassten Maßnahme, deren schädliche Auswirkungen noch nicht exakt, insbesondere in ihrer betragsmäßigen Höhe, absehbar sind und 341 342

S. 96 f.

Dazu unter § 1 B. II. 1. a) dd) Telos der §§ 311, 317 AktG, S. 91 ff. Zusammenfassend § 1 B. II. 3. Ergebnis zum Vermögensschutz durch §§ 311, 317 AktG,

343 Treffend Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 42; ders., Die Haftung des Managers im Konzern, S. 59 f.; ders., ZIP 1996, 693 (695 f.). 344 Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 2, 68; Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, Vor § 311 Rn. 5; Kropff, NJW 2009, 814 (816); H.-F. Müller, in: Spindler/Stilz AktG, Vor § 311 Rn. 2; Mylich, AG 2011, 765 (771); Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 311 Rn. 4. 345 Fett, in: Bürgers/Körber AktG, § 311 Rn. 55; Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 72; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 311 Rn. 46; Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 311 Rn. 126; Liebscher, in: BeckHdB AG, § 14 Rn. 78; Schatz/Schödel, in: Heidel AktG, § 311 Rn. 64 jew. m.w.N. 346 Infolgedessen ist der Nachteilsausgleich auch nur einvernehmlich festzulegen und kann nicht einseitig vom herrschenden Unternehmen bestimmt werden, vgl. Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 360 ff.; ders., Haftung des Managers im Konzern, S. 61; Grigoleit, in: Grigoleit AktG, § 311 Rn. 57 f.; Heidel, in: FS Meilicke, S. 125 (133); Kropff, in: FS Kastner, S. 279 (287); a.A. Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 71; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 311 Rn. 41; Leuering/Goertz, in: Hölters AktG, § 311 Rn. 89; Paul, Informelle und formelle Einflussnahmen des faktisch herrschenden Unternehmens, S. 117; Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 311 Rn. 102 jew. m.w.N.

§ 2 Sicherheitenbestellung im Tatbestand der §§ 311, 317 AktG

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daher mit der genauen Festlegung eines Ausgleichs bis Geschäftsjahresende abgewartet werden kann. Nur für diese Fälle ist der nachträgliche Nachteilsausgleich bis Geschäftsjahresende i.S.d. § 311 Abs. 2 AktG vorgesehen.347 Alle bereits bei Vornahme der veranlassten Maßnahme bezifferbaren Nachteile sind hingegen von Anfang an einem Ausgleich zuzuführen. Dabei gilt wieder, dass eine vermeintlich schädliche Maßnahme im Ergebnis schon nicht nachteilig i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG ist, wenn sie von Anfang an unter Berücksichtigung aller Risiken angemessen ausgeglichen wird.348

II. Der (nachträgliche) Nachteilsausgleich bei Bestellung aufsteigender Sicherheiten Mit der Erkenntnis, dass ein nachträglicher Nachteilsausgleich bis zum Ende des Geschäftsjahres nur möglich ist, wenn sich bei Vornahme der Maßnahme die Nachteiligkeit nicht genau bemessen lässt, gilt für die Bestellung aufsteigender Sicherheiten Folgendes: Betrachtet man die Vermögensgefährdung und damit den Nachteil, der in der Übernahme des Haftungsrisikos liegt, so ist Letzteres bereits im Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung genau bestimmbar und – wie weiter oben dargelegt – durch einen, bei langfristigen Besicherungen ggf. besicherten Rückgriffsanspruch ausgleichbar. Insbesondere bei langfristigen Besicherungen macht es keinen Sinn, bis Geschäftsjahresende abzuwarten und die Bonität des herrschenden Unternehmens zu beobachten, denn diese unterliegt laufend Änderungen. Gerade für den vollständigen Bonitätsverlust, also die Insolvenz des herrschenden Unternehmens, ist die aufsteigende Sicherheit bestellt. Damit ist ein Ausgleich, der sämtlichen Schaden aus der Sicherheitenbestellung von der abhängigen Gesellschaft abwendet, gerade unter Berücksichtigung der denkbar schlechtesten Bonität des herrschenden Unternehmens (Insolvenz) festzulegen. Dies ist durch den ggf. besicherten, vollwertigen Rückgriffsanspruch der Fall, der sich nach hier vertretener Auffassung jedoch von Anfang an, also bei Sicherheitenbestellung, als ausgleichender Wert festlegen lässt. Der hinausgeschobene Nachteilsausgleich gem. § 311 Abs. 2 AktG ist damit nicht nur dann ausgeschlossen, wenn bereits bei Bestellung ein konkretes Ausfallrisiko

347 Zutreffend Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 370; ders., Haftung des Managers im Konzern, S. 61 f.; ders., in: FS Priester, S. 1 (16 f.); ders., ZIP 1996, 693 (696); zust. Grigoleit, ZGR 2019, 412 (453 f.), der an die Neuregelungen zu Related Party Transactions (§§ 111a ff. AktG) anknüpft, in deren Anwendungsbereich, also bei abhängigen, börsennotierten Aktiengesellschaften, wegen des Veröffentlichungsgebots und des Zustimmungsvorbehalts nur ein anfänglicher Nachteilsausgleich möglich ist. Insoweit zust. Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 107. 348 Vgl. dazu § 2 C. I. 3. Verhältnis Nachteil – Ausgleich – Schaden, S. 110 f.

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besteht.349 In dieser Lage darf die abhängige Gesellschaft gar keine aufsteigende Sicherheit mehr bestellen, denn jede Einräumung eines vermeintlich ausgleichenden Sonderbefriedigungsrechts durch das herrschende Unternehmen (z. B. Gegensicherheiten) werden in dieser Lage kaum mehr insolvenzfest bestellt werden können. Vielmehr ist sein Anwendungsbereich für die Übernahme des Haftungsrisikos im Ansatz nicht eröffnet, lässt sich dieses doch von Anfang an beziffern und durch geeignete Maßnahmen ausgleichen.350 Der hinausgeschobene Nachteilsausgleich gem. § 311 Abs. 2 AktG erlangt daher nur Bedeutung bei den über das Haftungsrisiko hinausgehenden Risiken, namentlich einer erschwerten Finanzierung der abhängigen Gesellschaft aufgrund ihrer eigenen Bonitätsherabstufung mangels sicherungsfähigen Vermögens351 oder zur Feststellung des mit der Besicherung einhergehenden Verwaltungsaufwands.352

E. Die Exkulpation der veranlassenden Geschäftsleiter gem. § 317 Abs. 2 AktG I. Die Rolle des § 317 Abs. 2 AktG im Haftungstatbestand der §§ 311, 317 AktG Wie weiter oben erörtert handelt es sich bei §§ 311, 317 AktG um eine Haftung für die übergeordnete Geschäftsleitung des herrschenden Unternehmens bzw. seiner Geschäftsleiter in der abhängigen Gesellschaft aufgrund ihres faktischen Einflusses auf die dortige Geschäftsleitung.353 Macht das herrschende Unternehmen von seiner Geschäftsleitungsmacht Gebrauch, hat es bei der Führung dieses der abhängigen Gesellschaft zuzuordnenden Geschäfts dieselbe Sorgfalt wie jeder Fremdgeschäftsführer einzuhalten. Es schuldet damit dieselbe Sorgfalt wie der unmittelbar handelnde Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft, der selbst jedoch nur in die Haftung gerät, wenn seine Handlung nicht mehr mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar ist (vgl. § 93 Abs. 1 S. 1 AktG, § 43 Abs. 1 GmbHG). Folglich haftet auch das herrschende Unternehmen nur, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter die Maßnahme nicht oder anders durchgeführt hätte, mithin seinen unternehmerischen Ermessensspielraum überschreitet und ihm die nachteilige Geschäftsführung daher subjektiv vorwerfbar ist. 349 So aber Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 62a; Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 277 f.; ähnlich Habersack/Schürnbrand, NZG 2004, 689 (694); Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 311 Rn. 104. 350 Dazu insgesamt § 2 C. II. 3. Der Ausgleich des Haftungsrisikos, S. 117 ff. 351 Siehe § 2 C. IV. 2. Ausgleich der gestiegenen Finanzierungskosten wegen Bonitätsherabstufung, S. 151 f. 352 Vgl. § 2 C. V. Nachteile durch bürokratischen Aufwand der aufsteigenden Besicherung, S. 153. 353 Ausführlich dazu § 1 A. Dogmatik der Haftung gem. §§ 311, 317 AktG, S. 69 ff.

§ 2 Sicherheitenbestellung im Tatbestand der §§ 311, 317 AktG

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Dass § 317 Abs. 2 AktG als Vergleichsmaßstab auf einen sorgfältigen Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft abstellt liegt erstens darin begründet, dass dem herrschenden Unternehmen im Konzern keine Organstellung und keine Geschäftsleitungskompetenz zukommt und es damit schlichtweg keinen eigenen Sorgfaltsmaßstab für die bloß faktisch bestehende Geschäftsleitungsmacht gibt.354 Zweitens begegnet der Vergleich mit dem sorgfältigen Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft dem Konzernrisiko der Usurpation von rechtlich wie wirtschaftlich eigenständigen Gesellschaften aufgrund ihrer Abhängigkeit, vor dem die §§ 311, 317 AktG gerade schützen sollen. Ist im faktischen Konzern jede letztendlich nachteilige Einflussnahme verboten, die abhängige Gesellschaft also vermögensmäßig so zu stellen, wie wenn sie unabhängig agieren würde, ist dem herrschenden Unternehmen ein Vermögensnachteil bei der abhängigen Gesellschaft jedenfalls nicht vorzuwerfen, wenn ein sorgfältig handelnder Geschäftsleiter die Gesellschaft – unterstellt sie wäre von jedem Einfluss eines herrschenden Unternehmens frei – ebenso zu dem Vermögensnachteil gebracht hätte. Erkennt man diese Trennung zwischen objektiver Pflichtverletzung des herrschenden Unternehmens durch Nachteilszufügung einerseits und deren Erkennbarkeit für einen ordentlich handelnden Geschäftsleiter in unabhängiger Position andererseits, wird klar, dass es sich bei § 317 Abs. 2 AktG um eine subjektive Beschränkung der Haftung handelt, im Zuge derer dem herrschenden Unternehmen bzw. seinen Geschäftsleitern die jeder Fremdgeschäftsführung inhärente Möglichkeit der Exkulpation nach dem Vorbild des § 93 Abs. 2 S. 2 AktG gegeben wird.355

II. Der Verschuldensmaßstab des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer unabhängigen Gesellschaft Nach allgemeiner Ansicht muss sich das unabhängige Vergleichsunternehmen in der gleichen wirtschaftlichen und rechtlichen Lage wie die abhängige Gesellschaft, abgesehen von ihrer Konzernabhängigkeit, befinden.356 Dabei ist auch die wirtschaftliche, organisatorische und finanzielle Verflechtung zu beachten, in der sich die abhängige Gesellschaft zum herrschenden Unternehmen befindet.357 Da diese jedoch regelmäßig auf dem Konzernverhältnis beruht und bei einer unabhängigen Gesellschaft kaum zu finden sein wird, ist sie nur insoweit für die unabhängige Ver354 Dazu Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 164, § 317 Rn. 8, 10; siehe auch Hufnagel, Dogmatik der Haftung und Grenzen der Leitungsmacht, S. 97 f. 355 Ähnlich Altmeppen, in: FS Priester, S. 1 (8 f.) mit Verweis auf § 666 BGB. 356 Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 191; Fett, in: Bürgers/Körber AktG, § 311 Rn. 23, 39; Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 41; Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 311 Rn. 44 f.; Krieger, in: MHdB AG, § 70 Rn. 82; H.-F. Müller, in: Spindler/Stilz AktG, § 311 Rn. 30; Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 311 Rn. 41 jew. m.w.N.; siehe auch BGHZ 141, 79 (84) = NJW 1999, 1706 (1708). 357 Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 41; Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 276; Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 311 Rn. 41.

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Teil 1, Kap. 1: Aufsteigende Sicherheiten und § 311 AktG

gleichsgesellschaft zu unterstellen, wie sie sich in ihrem eigenen Interesse in eine solche Verflechtung begeben würde.358 Dem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter des gedachten Vergleichsunternehmens steht bei unternehmerischem Handeln ein Ermessensspielraum (§ 93 Abs. 1 S. 2 AktG) zu, in dessen Bandbreite mehrere Verhaltensweisen rechtmäßig sind. Er hat alle Chancen und Risiken eines Geschäfts abzuwägen und stets zum Wohle seiner Gesellschaft zu handeln, was bei einer zu erwartenden langfristigen Stärkung der Ertrags- und Wettbewerbsfähigkeit der Fall ist.359 Dass seine Gesellschaft in eine Konzernstruktur eingebunden ist und sich wegen der daraus ergebenden finanziellen und wirtschaftlichen Verflechtungen die Konzerninteressen häufig mit denen der AG einhergehen, muss er ebenfalls beachten.360 Die Grenze des vernünftigerweise noch zulässigen Handelns ist jedenfalls überschritten, wenn die Risiken in unverantwortlicher Weise falsch beurteilt worden sind361 oder nach dem Inhalt des Geschäfts gar kein (potentieller) Vorteil für die Gesellschaft ersichtlich ist.362

III. Die Exkulpation im Fall der nachteiligen Sicherheitenbestellung Hat nun das herrschende Unternehmen zur Bestellung aufsteigender Sicherheiten veranlasst und ist die Bestellung nachteilig und nicht – sofern überhaupt zulässig – nachträglich ausgeglichen worden, so führt diese im Grundsatz pflichtwidrige übergeordnete Geschäftsführung durch das herrschende Unternehmen nur zu dessen Haftung, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft die Sicherheiten nicht oder nur unter anderen Bedingungen bestellt hätte (§ 317 Abs. 2 AktG). Ihm steht dabei jedenfalls kein unternehmerisches Ermessen zu, wenn die Sicherheitenbestellung bereits gegen § 57 Abs. 1 AktG verstößt.363 Ein Kapitalerhaltungsverstoß stellt immer einen Bruch mit der Legalitätspflicht des Vorstands dar und ist daher im Ansatz keine unternehmerische Entscheidung.364 Auch wenn die Sicherheitenbestellung nicht schon gegen § 57 Abs. 1 AktG verstößt, soll sie einer Ansicht zufolge als Kreditgeschäft mit nahestehenden Personen wegen evidenten Interessenkonflikten vom unternehmerischen Ermessen 358 Diese Einschränkung vornehmend Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 191 mit dem Hinweis auf Lieferketten; ähnlich Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 41. 359 Vgl. Begr. RegE UMAG, BT-Drucks. 15/5092 vom 14. 03. 2005, S. 11. 360 So Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 445; Crezelius, in: FS Kropff, S. 37 (47). 361 So Bachmann, ZHR 177 (2013), 1 (9); Bürgers, in: Bürgers/Körber AktG, § 93 Rn. 15 f.; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 93 Rn. 23; ders., ZGR 2006, 769 (790); ähnlich BGHZ 190, 7 (19 f.) = NJW 2011, 2719 (2722) – Rz. 32 (Dritter Börsengang). 362 Vgl. Spindler, in: MüKoAktG, § 93 Rn. 54, 65: „evident fehlerhafte Leitung“ m.w.N. 363 Dazu in Kapitel 2 Aufsteigende Sicherheiten und die aktienrechtliche Kapitalerhaltung, S. 162 ff. 364 Drygala/Kremer, ZIP 2007, 1289 (1293); Kiefner/Theusinger, NZG 2008, 801 (805); Knapp, DStR 2008, 2371 (2372); Thümmel/Burkhardt, AG 2009, 885 (887); a.A. wohl v. Falkenhausen/Kocher, BB 2009, 121 (122).

§ 2 Sicherheitenbestellung im Tatbestand der §§ 311, 317 AktG

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des Vorstands ausgenommen sein.365 Richtig hieran ist allenfalls, dass der Geschäftsleiter ein treuhänderischer Verwalter des Gesellschaftsvermögens ist und daher weder sich selbst noch Dritten Vermögenswerte der Gesellschaft zuschieben darf.366 Jedoch hat jeder geschäftliche Kontakt in gewissem Maße eine Disposition über Vermögensgüter zur Folge, deren Chancen und Risiken abzuwägen gerade der Kernbereich des unternehmerischen Ermessens sind. Sofern nicht die Grenze der Kapitalerhaltung berührt ist, hat daher ein Geschäftsleiter auch bei der Sicherheitenbestellung zugunsten eines Gesellschafters einen Handlungsspielraum, in dem er im Rahmen betriebswirtschaftlicher Sorgfalt derartige Geschäfte vornehmen kann. Bedenkt man jedoch, dass sich nach hier vertretener Auffassung die Nachteiligkeit der Sicherheitenbestellung bereits aus einer umfassenden, objektiven Abwägung aller bezifferbaren Chancen und Risiken ergibt, so bleibt für den unternehmerisch handelnden, ordentlichen Geschäftsleiter wenig Raum zur Exkulpation. Denn auch ein solcher Geschäftsleiter würde eine derartige Abwägung im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsrechnung anstellen. Allenfalls können objektiv bestehende Risiken die Nachteiligkeit begründen, die bei Sicherheitenbestellung auch für den noch so sorgfältig handelnden Geschäftsleiter nicht erkennbar waren. Diese sollten allerdings die Ausnahme darstellen, wenn man bedenkt, dass der größte Risikofaktor, die Schwankungen in der Bonität des Gesellschafters, von jedem Geschäftsleiter in Betracht gezogen werden müssen: Jedes langfristige Kreditgeschäft erfordert von einem sorgfältig handelnden Geschäftsleiter Maßnahmen zur Sicherung der Ansprüche der Gesellschaft. Wird hierauf verzichtet, handelt es sich um spekulative Geschäfte, für die sich der Geschäftsleiter bei Fehlschlag dem Risiko der persönlichen Haftung aussetzt. Der entscheidende Unterschied bei dem Vergleich mit dem ordentlichen Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft liegt nur darin, dass dieser bei seinen Geschäften nicht stets auf die im Abhängigkeitsverhältnis von § 311 AktG vorgeschriebene strenge Quantifizierbarkeit von Vor- und Nachteilen Rücksicht nehmen wird. Daher ist eine Exkulpation in dem Fall möglich, dass die Gesellschaft durch die Sicherheitenbestellung zwar nicht quantifizierbare Risiken eingeht, denen aber (nicht quantifizierbare) Ertragschancen gegenüberstehen, deren Realisierung sehr wahrscheinlich ist und die für die Gesellschaft von entscheidender Bedeutung sind. Zu denken ist beispielsweise an die Teilnahme an einem Cash Pool ohne die oben aufgeführten Absicherungen, wenn der konzerninterne Liquiditätszufluss für die Gesellschaft mangels externer Finanzierungsmöglichkeiten notwendig ist.367 Ebenso kommt eine Exkulpation ausnahmsweise bei nachteiliger Besicherung einer Akquisitionsfinanzierung in Betracht, wenn es sich um eine freundliche Übernahme handelt, von der sich die Gesellschaft aufgrund der Kon365 So Spindler, in: MüKoAktG, § 93 Rn. 77 mit zweifelhaftem Verweis auf BGH NJW 1989, 1629 (1629 f.) = WM 1980, 162 (163); OLG Hamm ZIP 1995, 1263 (1266 ff.) = AG 1995, 512 (514 ff.); OLG Düsseldorf GmbHR 1995, 227 f., die allesamt die These nicht belegen. 366 Insoweit auch OLG Düsseldorf GmbHR 1995, 227 (227 f.). 367 Kritisch Bayer, in: FS Lutter, S. 1011 (1026): Fehlende Risikostreuung bei konzerninterner Finanzierung.

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Teil 1, Kap. 1: Aufsteigende Sicherheiten und § 311 AktG

zernintegration Entwicklungsmöglichkeiten, z. B. Zugang zu neuen Technologien, verspricht, ohne die ihre eigenständige Fortexistenz langfristig gefährdet erscheint.368 Entscheidend ist bei diesen Ausnahmen jedoch die Erkenntnis, dass das herrschende Unternehmen (bzw. seine Geschäftsleiter) die Beweislast für die exkulpierenden Umstände trägt.369 Dies wird umso schwerer fallen, je deutlicher bereits die objektive Abwägung von Chancen und Risiken bei der Nachteilsermittlung die grundsätzliche Unzulässigkeit der Maßnahme vor dem Hintergrund des § 311 AktG ergeben hat.

F. Die Schadensfolge der nachteiligen Sicherheitenbestellung Erkennt man in den §§ 311, 317 AktG eine reguläre culpa-Haftung für fehlerhafte, übergeordnete Geschäftsleitung des herrschenden Unternehmens, erübrigen sich die Unsicherheiten über die Feststellung der Schadenshöhe bei Vorliegen aller vorgenannten Voraussetzungen: Weder ist die Ersatzpflicht der Höhe nach durch den Wert des Nachteils begrenzt370, noch stellt der festgestellte Nachteil wegen eines normativen Schadensbegriffs einen jedenfalls zu ersetzenden Mindestschaden dar.371 Auch eine Differenzierung nach Schäden aufgrund der nachteiligen Veranlassung372 und solchen aufgrund des unterbliebenen Nachteilsausgleichs373 ist nicht notwendig. Zu ersetzen ist nämlich jeder durch die pflichtwidrige Geschäftsleitung adäquat kausal verursachte Schaden. Die pflichtwidrige Geschäftsleitung ist die nachteilige Veranlassung, die allenfalls bei angemessenem Ausgleich erlaubt gewesen wäre. Jeder aus ihr hervorgehende Schaden der abhängigen Gesellschaft, sofern sich in ihm noch die mit der pflichtwidrigen Geschäftsleitung verbundene Gefahr realisiert, ist nach den §§ 249 ff. BGB zu ersetzen.374 Folglich ist nach § 249 Abs. 1 BGB grundsätzlich Naturalrestitution zu leisten. Bedenkt man, dass der Schadensersatzanspruch bei Maßnahmen, die keinem nachträglichen Ausgleich gem. § 311 Abs. 2 AktG zugänglich sind, bereits mit deren Umsetzung entsteht375, bedeutet das für die aufgrund des Haftungsrisikos nachteiligen Sicherheitenbestellungen, dass diese 368 In anderem Kontext ähnlich Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 170; Riegger, ZGR 2008, 233 (242). 369 Dazu allgemein statt aller Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 317 Rn. 8, 21. 370 So wohl nur Möhring, in: FS Schilling, S. 253 (265). 371 So aber Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 317 Rn. 17; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 317 Rn. 7; Krieger, in: MHdB AG, § 70 Rn. 83; H.-F. Müller, in: Spindler/Stilz AktG, § 317 Rn. 10; a.A. Altmeppen, in: MüKoAktG, § 317 Rn. 40 f.; Fleischer, in: Großkomm AktG, § 317 Rn. 21; Grigoleit, in: Grigoleit AktG, § 317 Rn. 6; Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 317 Rn. 8. 372 Hierauf abstellend Geßler, in: FS Westermann, S. 145 (160, 163); Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 317 Rn. 8, 15. 373 So noch Leo, AG 1965, 352 (356); Luchterhandt, ZHR 133 (1970), 1 (36 ff.). 374 Dazu Altmeppen, in: MüKoAktG, § 317 Rn. 37, 39. 375 Siehe nur Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 317 Rn. 18.

§ 2 Sicherheitenbestellung im Tatbestand der §§ 311, 317 AktG

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rückabzuwickeln sind, also das Vermögen der abhängigen Gesellschaft wieder freizugeben ist. Abgesehen davon, dass sich hierauf die sicherungsnehmenden Kreditgeber des herrschenden Unternehmens nicht einlassen werden – aus welchem Grunde hätten sie sonst von Anfang an Sicherheiten der abhängigen Gesellschaft gefordert? – wird es zu diesem Fall praktisch nie kommen: Dass eine Sicherheitenbestellung nachteilig war, wird für das Vermögen der abhängigen Gesellschaft erst mit der Sicherheitenverwertung relevant. Erst dann werden die beteiligten Gesellschaften und ihre Geschäftsleiter realisieren, dass ihr Finanzierungskonzept nicht aufgeht und das Haftungsrisiko – bei fehlgeschlagenem Rückgriff – wohl nicht angemessen ausgeglichen war. An die Stelle der Naturalrestitution tritt dann ein Schadensersatz in Geld gem. § 251 Abs. 1 BGB in Höhe des Verkehrswerts des infolge der Vollstreckung aus dem Vermögen der abhängigen Gesellschaft ausgeschiedenen Vermögensgegenstandes. Sonstige Schäden der abhängigen Gesellschaft infolge der Sicherheitenverwertung, bspw. durch einen (teilweisen) Produktionseinbruch verursachte Schäden bei Verwertung von betriebsnotwendigem Vermögen, sind der Gesellschaft ebenfalls zu ersetzen. Selbiges gilt für bis dahin angelaufene höhere Finanzierungskosten aufgrund einer Bonitätsherabstufung infolge der Vermögensbelastung.376 Im selben Zuge hat sich die abhängige Gesellschaft – entgegen der h.M.377 – aber auch die Vorteile vollständig anzurechnen, die sie aufgrund der Sicherheitenbestellung erlangt hat. Insbesondere sind hier unzureichende (nachträgliche) Ausgleichsmaßnahmen des herrschenden Unternehmens sowie eine teilweise Befriedigung des Rückgriffsanspruchs der abhängigen Gesellschaft nach der Verwertung zu berücksichtigen. Steht der abhängigen Gesellschaft ein realisierbarer Rückgriffsanspruch gegen andere Konzerngesellschaften zu, mit denen sie gesamtschuldnerisch für die Verbindlichkeiten des herrschenden Unternehmens einzustehen hatte, ist dieser ebenfalls anzurechnen. Ein Mitverschulden der abhängigen Gesellschaft (§ 254 Abs. 1 BGB) kann jedenfalls nicht schadensmindernd berücksichtigt werden, sofern es um den Vorwurf der Ausführung der veranlassten, nachteiligen Maßnahme oder die fehlende Durchsetzung des Ausgleichs geht.378 Eben diese Pflichten legen die §§ 311, 317 AktG bei Meidung eigener Haftung dem herrschenden Unternehmen auf, wobei die Normen gerade die Konzerngefahr, dass ein Geschäftsleiter einer abhängigen Gesellschaft sich stets beugen wird, berücksichtigen. Umstritten ist, ob ein Mitverschulden der abhängigen Gesellschaft für das Ausmaß der Schadensentwicklung zu

376

Siehe dazu § 2 C. IV. 1. Bonitätsherabstufung durch Vermögensbelastung, S. 150 f. Vgl. die Nachweise zum normativen Schadensbegriff in Fn. 371. 378 So die ganz h.M., vgl. Fleischer, in: Großkomm AktG, § 317 Rn. 28; Grigoleit, in: Grigoleit AktG, § 317 Rn. 8; Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 317 Rn. 15; Schatz/ Schödel, in: Heidel AktG, § 317 Rn. 10; Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 317 Rn. 18 jew. m.w.N. 377

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Teil 1, Kap. 2: Aufsteigende Sicherheiten und Kapitalerhaltung

berücksichtigen ist (vgl. § 254 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 BGB).379 Da die abhängige Gesellschaft an der konkreten Schadensentstehung durch Verwertung der Sicherheit ohnehin nicht mitwirkt, ist der Streit in diesem Kontext nahezu entbehrlich. Allenfalls der Schaden aufgrund eines Produktionsstillstands infolge der Verwertung betriebsnotwendiger Mittel kann durch grundloses Zuwarten der abhängigen Gesellschaft mit einer Ersatzbeschaffung erhöht werden, wobei eine solche Schadensvermehrung nicht mehr vom Schutzbereich der §§ 311, 317 AktG, die nur die nachteilige Einflussnahme neutralisieren sollen, erfasst ist und daher in diesem Fall ein Mitverschulden zu berücksichtigen wäre. Die beim Schadensersatz gem. §§ 311, 317 AktG ohnehin nur in sehr engen Grenzen mögliche Berufung auf rechtmäßiges Alternativverhalten380 ist bei der ohne die Veranlassung des herrschenden Unternehmens nicht denkbaren aufsteigenden Sicherheitenbestellung und deren Verwertung irrelevant: Der hierauf beruhende Schaden ist stets vom Schutzzweck der das Konzernrisiko aufgreifenden §§ 311, 317 AktG erfasst. Kapitel 2

Aufsteigende Sicherheiten und die aktienrechtliche Kapitalerhaltung § 1 Sicherheiten zugunsten eines Dritten als Leistung an den Aktionär Die Besonderheit der dieser Arbeit zugrunde liegenden Konstellation aufsteigender Sicherheiten besteht darin, dass Sicherungsnehmer die Kreditgeber des herrschenden Unternehmens sind. Es erfolgt mit der Sicherheitenbestellung – sowie ggf. ihrer Verwertung – daher keine direkte Leistung an einen Aktionär, sondern lediglich an einen konzernexternen Kreditgeber. Die Leistung der AG an einen Dritten ist aber in einigen Konstellationen der Leistung an einen Aktionär gleichzustellen, um einer Umgehung des Kapitalerhaltungsrechts entgegenzutreten.381 So wird eine Zuwendung der Gesellschaft an Dritte dem Gesellschafter zugerechnet, 379

Dafür Fleischer, in: Großkomm AktG, § 317 Rn. 28; Leuschner, NJW 2011, 3275 (3276); Schatz/Schödel, in: Heidel AktG, § 317 Rn. 10; Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 317 Rn. 18; dagegen Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 317 Rn. 15 mit Verweis auf BGHZ 190, 7 (15 f.) = NJW 2011, 829 (831 f.) – Rz. 22 (Dritter Börsengang), wo es jedoch um die Haftung aus § 62 AktG und den Fall ging, dass sich ein übernommenes Risiko erst infolge weiterer Handlungen der abhängigen Gesellschaft realisiert hat, nicht jedoch um ein Mitverschulden bei der Schadensvertiefung nach Realisierung des als Auszahlung i.S.d. § 57 Abs. 1 AktG geltenden, übernommenen Risikos. 380 Dazu ausführlich Altmeppen, in: MüKoAktG, § 317 Rn. 42 ff. 381 Statt aller Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 112 ff. zu möglichen Konstellationen.

§ 1 Sicherheiten zugunsten eines Dritten als Leistung an den Aktionär

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wenn dieser dadurch entweder einen wirtschaftlichen Vorteil erhält382, oder er die Gesellschaft zur Leistung an den Dritten veranlasst hat.383 Eine Abgrenzung zwischen beiden Zurechnungstatbeständen wird meistens entbehrlich, erkennt man, dass eine kapitalerhaltungsrechtlich relevante Leistung nur vom Gesellschafter veranlasst ist, wenn seine Einflussnahme nicht durch betriebliche Gründe im Interesse der Gesellschaft, sondern durch betriebsfremde Erwägungen, bspw. einen eigenen finanziellen Vorteil, motiviert ist.384 Denn nur durch eine derartige Veranlassung kann er sich einen der Gesellschaft zustehenden wirtschaftlichen Vorteil zu Eigen machen, was seine kapitalerhaltungsrechtliche Haftung rechtfertigen würde. Dass die Bestellung aufsteigender Sicherheiten immer auf eine wie auch immer geartete Einflussnahme des herrschenden Unternehmens hin erfolgt, wurde bereits dargelegt.385 Weiterer Untersuchung bedarf jedoch, worin genau der wirtschaftliche Vorteil und damit die (zugerechnete) kapitalerhaltungsrechtlich relevante Leistung an den Aktionär liegt. Die Gesellschaft übernimmt mit der Sicherheitenbestellung in Bezug auf die gesicherte Forderung das Insolvenzrisiko des Aktionärs.386 Regelmäßig erlangt dieser das Darlehen erst durch die Besicherung seitens der Gesellschaft, sodass die Valutierung den erlangten Vorteil darstellen könnte.387 Umgekehrt kann man den wirtschaftlichen Vorteil des Aktionärs darin sehen, dass er sich selbst die Aufbringung einer Sicherheit (z. B. in Form von Garantieerklärungen anderer Kreditinstitute) erspart.388 Jedenfalls erhält er wegen der aufsteigenden Besicherung bessere Kreditkonditionen.389 Um zu bestimmen, was der Aktionär erhält, gilt es zu klären, was die Gesellschaft an ihn leistet. Denn anhand der verbotswidrigen Leistung bestimmt sich der Inhalt des Herausgabeanspruchs nach § 62 Abs. 1 AktG390 und damit das, was der Aktionär erhalten hat. Bei dinglichen Sicherheiten wendet die Ge382 BGHZ 190, 7 (22) = NJW 2011, 2719 (2723) – Rz. 42 (Dritter Börsengang); Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 120; Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 6; Henze, in: Großkomm AktG, § 57 Rn. 86 f.; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 57 Rn. 19 jew. m.w.N. 383 BGHZ 190, 7 (22 f.) = NJW 2011, 2719 (2723) – Rz. 42, 44 (Dritter Börsengang); OLG Frankfurt, BB 1996, 445 (447); Altmeppen, in: FS Kropff, S. 641 (650, 654); Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 124; Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 6, 19 ff.; Geßler, in: FS Fischer, S. 131 (145); Henze, in: Großkomm AktG, § 57 Rn. 88; kritisch Canaris, in: FS Fischer, S. 31 (39); Fleck, in: FS 100 Jahre GmbHG, S. 391 (404), die jedenfalls einen mit der Veranlassung einhergehenden mittelbaren wirtschaftlichen Vorteil für den Gesellschafter fordern. 384 Zutreffend Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 21 f.; ders., ZGR 2003, 298 (313 f.); ders./v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 Rn. 72; ähnlich Henze, in: Großkomm AktG, § 57 Rn. 89. 385 Vgl. dazu Einführung § 1 A. I. Der Einfluss des Gesellschafters bei Abhängigkeit, S. 27 ff. sowie Kapitel 1 § 2 B. II. Die veranlasste Sicherheitenbestellung, S. 102. 386 Siehe bereits Schön, ZHR 159 (1995), 351 (356, 360). 387 So Freitag, Der Konzern 2011, 330 (331); Michalski, AG 1980, 261 (267); Mülbert, ZGR 1995, 578 (580). 388 Hierauf abstellend Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 137 f. 389 Dazu Michalski, AG 1980, 261 (267); Mülbert, ZGR 1995, 578 (580). 390 Bayer, in: MüKoAktG, § 62 Rn. 51; Cahn, in: Spindler/Stilz AktG, § 62 Rn. 22; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 62 Rn. 7.

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Teil 1, Kap. 2: Aufsteigende Sicherheiten und Kapitalerhaltung

sellschaft dem Sicherungsnehmer entweder bei Sicherungsübereignungen den Wert des Vollrechts oder bei (Grund-)Pfandrechten jedenfalls den Beleihungswert des Sicherungsgegenstandes zu. Mit der Besicherung einher geht die Übernahme des Delkredererisikos (Ausfallrisikos), die die an den Aktionär adressierte Leistung darstellen soll.391 Diese Formulierung ist jedoch missverständlich, erkennt man, dass das Ausfallrisiko ihres Darlehensnehmers grundsätzlich die Kreditgeber trifft. Wird ihnen dieses durch Besicherung seitens der Gesellschaft abgenommen, ist dies eine davon zu trennende Leistung an die Kreditgeber. Vorzugswürdig ist daher von der Übernahme des Haftungsrisikos seitens der Gesellschaft zu sprechen. Diese Risikoübernahme betrifft genauer betrachtet aber nicht das Ausfallrisiko der Bank, sondern die Kreditverpflichtung des Aktionärs: Mit der Sicherheitenbestellung tritt die Gesellschaft mit ihrem Vermögen für die Schuld ihres Aktionärs ein. Nicht in dessen Vermögensgegenstände, sondern in diejenigen der Gesellschaft wird im Fall der ausbleibenden Darlehensrückzahlung vollstreckt. Der Aktionär erspart sich daher die Belastung seines eigenen Vermögens durch Besicherung vor der Darlehensauszahlung bzw. bewahrt sein Vermögen vor der Vollstreckung der Kreditgeber im Falle seiner Zahlungsunfähigkeit.392 Für Personalsicherheiten gilt der Gedanke entsprechend. Der einzige Unterschied zur Bestellung dinglicher Sicherheiten besteht darin, dass neben der Übernahme des Haftungsrisikos (an den Aktionär adressierte Leistung) mit der Sicherheitenbestellung keine separate Leistung (Einräumung eines dinglichen Rechts) der Gesellschaft an die Kreditgeber erfolgt.393 In der Übernahme des Risikos der Vermögensverringerung aufgrund der Schuld des Aktionärs, für die die Gesellschaft aufgrund der Besicherung einzustehen hat, liegt damit – unabhängig von der Art der Besicherung – der wirtschaftliche Vorteil, mithin die Leistung an den Aktionär. Dass dem Aktionär infolge der Besicherung erst das Darlehen valutiert wird und er hierbei ggf. sogar günstigere Konditionen erlangt ist ein bloßer Reflex hiervon, jedoch keine eigenständige Leistung der Gesellschaft. Unabhängig davon, worin man den Leistungsgegenstand erkennen möchte, ist die Zurechnung der technisch nur an den Kreditgeber erfolgenden Leistung an den Aktionär im Fall der aufsteigenden Sicherheit wohl unstreitig.394

391 So im Kontext des § 30 GmbHG Ekkenga, in: MüKoGmbHG, § 30 Rn. 130; Schön, ZHR 159 (1995), 351 (367 f.). 392 I. E. ebenso Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 137 f. mit Verweis auf die Haftungsübernahme als Leistung in BGHZ 190, 7 (13) = NJW 2011, 2719 (2720) – Rz. 16 (Dritter Börsengang). 393 Insoweit zutreffend Ekkenga, in: MüKoGmbHG, § 30 Rn. 130. 394 Zur Zurechnung der Sicherheitenbestellung bereits OLG Düsseldorf ZIP 1981, 186 = DB 1980, 2130; OLG Hamburg AG 1980, 275 (278) = DB 1980, 2437 (2438).

§ 2 Auswirkungen des MoMiG auf Zulässigkeit aufsteigender Sicherheiten

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§ 2 Die Auswirkungen des MoMiG auf die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit aufsteigender Sicherheiten A. Zur Rechtslage vor dem MoMiG I. Zum Meinungsstand bis zum „November-Urteil“ 1. Zur sicherungsgewährenden AG Einhellig wurde bereits nach alter Rechtslage die Sicherheitenbestellung einer abhängigen AG als kapitalerhaltungsrechtlich relevanter Vorgang angesehen. Dabei stellte bereits die Bestellung der Sicherheit – nicht erst ihre Verwertung – unter einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise eine Leistung aus dem Vermögen der AG an ihren Aktionär dar.395 Ein Verstoß gegen § 57 AktG war allenfalls zu verhindern, wenn die AG die Sicherheitenbestellung unter selben Bedingungen auch zugunsten eines Nichtaktionärs vorgenommen hätte (Drittvergleichskriterium). Da die AG im Fall eines Dritten das Haftungsrisiko in aller Regel nicht auf sich genommen hätte, hielt eine aufsteigende Besicherung einem Drittvergleich nach ganz h.M. jedoch nicht stand.396 Daran änderte auch die Zahlung einer Avalprovision nichts: Sie ist nur eine Frage der Ausgestaltung der Sicherheitenbestellung und von der – regelmäßig zu verneinenden – Vorfrage, ob die AG die Sicherheit überhaupt zugunsten eines Dritten bestellt hätte, zu trennen. Insbesondere sollte sie auch nicht das mit der Besicherung einhergehende „Klumpenrisiko“ beseitigen.397 Allerdings konnte der Verzicht der AG auf die Zahlung einer üblichen Avalprovision neben der ohnehin unzulässigen Sicherheitenbestellung einen eigenständigen Kapitalerhaltungsverstoß begründen.398 Ob der Sicherheitenbestellung ein vollwertiger Rückgewähr- bzw. Rückgriffsanspruch gegen den Aktionär gegenüberstand, war unerheblich und die aufsteigende Besicherung daher im Regelfall unzulässig.399 395 OLG Koblenz AG 1977, 231 (232) = DB 1977, 816; OLG Hamburg AG 1980, 275 (278) = DB 1980, 2437 (2438); OLG München AG 1980, 272 (273); Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 184; ders., in: FS Lutter, S. 1011 (1023 ff.); Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz AktG, 1. Aufl. 2007, § 57 Rn. 36; Henze, in: Großkomm AktG, § 57 Rn. 51; Lutter, in: KölnKomm AktG, 2. Aufl. 1988, § 57 Rn. 75. 396 OLG Hamburg AG 1980, 275 (278) = DB 1980, 2437 (2438); Bayer, in: FS Lutter, S. 1011 (1026); Henze, in: Großkomm AktG, § 57 Rn. 51; Schön, ZHR 159 (1995), 351 (370); Koppensteiner/Rüfler, GesRZ 1999, 86 (98). Eine Ausnahme sollte nach Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz AktG, 1. Aufl. 2007, § 57 Rn. 37 gelten, wenn die Erbringung konzerninterner Leistungen zum satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand der AG gehört. 397 Peltzer, GmbHR 1995, 15 (17); Koppensteiner/Rüfler, GesRZ 1999, 86 (99); MaierReimer, in: Lutter/Scheffler/Schneider HdB Konzernfinanzierung, Rn. 16.18; Peltzer/Bell, ZIP 1993, 1757 (1764); Schön, ZHR 159 (1995), 351 (367); a.A. Lutter, in: KölnKomm AktG, 2. Aufl. 1988, § 57 Rn. 75. 398 Mülbert, ZGR 1995, 578 (600); U. H. Scheider, in: FS Döllerer, S. 537 (546). 399 So Henze, in: Großkomm AktG, § 57 Rn. 51.

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Zwei Ausnahmefälle, in denen die Bestellung aufsteigender Sicherheiten für ein Darlehen des Aktionärs zulässig sein sollte, wurden allerdings erwogen: Im ersten Fall sei die aufsteigende Besicherung zulässig, wenn sie ein von der Konzernspitze zentral – und damit zu günstigeren Konditionen – aufgenommenes Fremddarlehen besichert und die Valuta jedenfalls in Höhe des Wertes der Sicherheit unmittelbar an die sicherungsgewährende AG weitergeleitet wird. Denn wirtschaftlich stelle sich diese Situation für die AG nicht anders dar, als wenn sie die Mittel selbst aufgenommen und dafür Sicherheiten gestellt hätte.400 Gleiches sollte gelten, wenn die von dem Aktionär aufgenommenen Mittel zur Finanzierung konzerninterner Maßnahmen verwendet werden, die auch der sicherungsgewährenden AG zugute kommen und sie insoweit eigene Aufwendungen erspart.401 2. Abweichungen für die sicherungsgewährende GmbH Auch wenn sie an dieser Stelle nicht Untersuchungsgegenstand ist, soll zum besseren Verständnis der Entwicklungen im Meinungsstand um die Zulässigkeit aufsteigender Sicherheiten kurz auf die GmbH geblickt werden. Dem Kapitalerhaltungsrecht der GmbH lag vor dem „November-Urteil“ eine bilanzielle Betrachtungsweise zugrunde. Da die Bestellung aufsteigender Sicherheiten bis zu ihrer drohenden Verwertung nur unter der Bilanz zu vermerken ist (§ 251 HGB)402, hielt die h.M. sie grundsätzlich für zulässig.403 Eine Auszahlung sollte daher erst bei Rückstellungsbildung wegen drohender Inanspruchnahme vorliegen, wobei auch diese aus gebundenem Vermögen zulässig sein sollte, wenn ihr ein vollwertiger Rückgewähr- bzw. Rückgriffsanspruch gegen den Gesellschafter zustand, der zu einem bloßen Aktivtausch führte, den Vorgang mithin bilanzneutral hielt.404 Die Gegenansicht sah in der bilanziellen Betrachtungsweise, die den Schutz durch die Kapitalerhaltung erst bei drohender Inanspruchnahme der Sicherheit beginnen 400 Bayer, in: MüKoAktG, 2. Aufl. 2003, § 57 Rn. 86; ders., in: FS Lutter, S. 1011 (1025); Maier-Reimer, in: Lutter/Scheffler/Schneider HdB Konzernfinanzierung, Rn. 16.20; Schön, ZHR 159 (1995), 351 (368 f., 370); kritisch zum Vergleich mit der eigenen Kreditaufnahme im Hinblick auf das Eigenkapitalersatzrecht Maier-Reimer, in: FS Rowedder, S. 245 (255 ff.); Peltzer/Bell, ZIP 1993, 1757 (1764 f.). 401 So Bayer, in: MüKoAktG, 2. Aufl. 2003, § 57 Rn. 86; ders., in: FS Lutter, S. 1011 (1025); insgesamt zum Vorstehenden Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 184 ff.; Gärtner, Cash Pooling, S. 442 f. 402 Dazu ausführlich unter Einführung § 3 C. II. Differenzierung nach dem Zeitpunkt des Vermögensabflusses und der Bilanzwirksamkeit, S. 66 ff. 403 Goerdeler/Müller, in: Hachenburg GmbHG, § 30 Rn. 66; Heidinger, in: Michalski GmbHG, 1. Aufl. 2002, § 30 Rn. 57; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 14. Aufl. 1995, § 30 Rn. 29; H. P. Westermann, in: Scholz GmbHG, 9. Aufl. 2000, § 30 Rn. 31a. 404 Peltzer/Bell, ZIP 1993, 1757 (1760 f.); H. P. Westermann, in: Scholz GmbHG, 9. Aufl. 2000, § 30 Rn. 31b; a.A. bzgl. der Bestellung in der Unterbilanz Heidinger, in: Michalski GmbHG, 1. Aufl. 2002, § 30 Rn. 59; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 14. Aufl. 1995, § 30 Rn. 31, die jedoch im Übrigen zustimmen.

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lässt, eine unzulässige Verkürzung des Anwendungsbereichs des § 30 GmbHG. Vielmehr sollte bereits im Zeitpunkt der Bestellung der Sicherheit bzw. der schuldrechtlichen Verpflichtung hierzu ein Kapitalerhaltungsverstoß ausgeschlossen sein.405 Eine weitergehende Ansicht ließ dafür aber auch einen vollwertigen Rückgewähr- bzw. Rückgriffsanspruch nicht genügen.406 Allenfalls sei sie in dem unwahrscheinlichen Fall zulässig, dass die Sicherheit unter denselben Bedingungen einem Dritten gewährt worden wäre407, wofür jedenfalls die Zahlung einer Avalprovision nötig sei oder die Ausführung von Kredit- und Sicherungsgeschäften zum Unternehmensgegenstand der sicherungsgewährenden GmbH gehören müsse.408

II. Zum Meinungsstand nach dem „November-Urteil“ Mit der Entscheidung des BGH vom 24. 11. 2003409 haben sich die unterschiedlichen Meinungsstände zur AG und GmbH egalisiert. Der BGH entschied, dass einer GmbH stets ein Mindestbetriebsvermögen in Höhe des geschützten Kapitals als Befriedigungsreserve verbleiben müsse. Damit sei es nicht vereinbar, wenn zulasten des gebundenen Vermögens Kapital zugunsten eines Gesellschafters entzogen wird und sie im Gegenzug nur einen zeitlich hinausgeschobenen schuldrechtlichen Rückzahlungsanspruch erlangt.410 Soweit gebundenes Vermögen betroffen ist, verlangt der BGH damit einen gegenständlichen Vermögensschutz („Stammkapitalziffer deckende Haftungsmasse“) und nicht bloß die Erhaltung einer „bilanzmäßigen Rechnungsziffer“.411 Diese Grundsätze wurden auf die Bestellung aufsteigender Sicherheiten übertragen: Die ganz h.M. erkannte nunmehr auch für die GmbH, dass die bilanzielle Betrachtungsweise aufzugeben, mithin bereits die Bestellung als Auszahlung i.S.d. Kapitalerhaltungsvorschriften zu verstehen sei. Aufsteigende Sicherheiten seien damit mangels Ausgleichsmöglichkeit durch einen werthaltigen Rückgewähr- bzw. Rückgriffsanspruch verboten, wenn sie zulasten des gebundenen Vermögens gehen.412 Vereinzelt wurde vertreten, dass auch unter Berücksichtigung 405

So Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, 3. Aufl. 1997, § 30 Rn. 59 ff. Bayer, in: FS Lutter, S. 1011 (1024 f.); Pentz, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG, 4. Aufl. 2002, § 30 Rn. 37: Rückgriffsforderung sei nämlich nicht mit ausgleichender Zahlung gleichzusetzen; Schön, ZHR 159 (1995), 351 (360 ff.). 407 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, 3. Aufl. 1997, § 30 Rn. 60; Meister, WM 1980, 390 (392); kritisch Schön, ZHR 159 (1995), 351 (367 f.). 408 Bayer, in: FS Lutter, S. 1011 (1025 f.); insgesamt zum Vorstehenden Gärtner, Cash Pooling, S. 441 f. 409 BGHZ 157, 72 = NJW 2004, 1111 („November-Urteil“). 410 BGHZ 157, 72 (76) = NJW 2004, 1111 („November-Urteil“) mit Verweis auf Stimpel, in: FS 100 Jahre GmbHG, S. 335 (352). 411 BGHZ 157, 72 (76) = NJW 2004, 1111 („November-Urteil“) mit Verweis auf Schön, ZHR 159 (1995), 351 (362). 412 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, 5. Aufl. 2005, § 30 Rn. 97 ff.: bereits Verpflichtung zur Bestellung sei sogar die relevante Auszahlung; Bayer/Lieder, ZGR 2005, 133 406

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des „November-Urteils“ nicht bereits die Bestellung, sondern allenfalls die drohende Verwertung als kapitalerhaltungsrechtlich relevanter Vorgang zu bewerten sei. In der Bestellung liege nämlich lediglich die Begründung für eine spätere Vermögensweggabe, was nicht mit der vom BGH untersuchten Darlehensvalutierung als realer Vermögensweggabe vergleichbar sei.413 Des Weiteren beschränkte eine Ansicht die Wirkungen des „November-Urteils“ auf die Bestellung dinglicher Sicherheiten. Die Bestellung einer schuldrechtlichen Sicherheit entziehe noch keine liquide Haftungsmasse, sodass hier auch allenfalls auf die (drohende) Inanspruchnahme mit der Pflicht zur Rücklagenbildung als Kapitalerhaltungsverstoß abzustellen sei.414 Für die Frage der Zulässigkeit aufsteigender Sicherheiten einer AG ergab das „November-Urteil“ keine Veränderungen: Es bestätigte vielmehr die bis dahin im Recht der AG vorherrschende Meinung, die aufsteigende Sicherheitenbestellung sei – ungeachtet der Art der Sicherheit – grundsätzlich unzulässig.415 Nach h.M. waren damit nach dem „November-Urteil“ sowohl im Recht der AG als auch der GmbH aufsteigende Besicherungen, die ihrem Wert nach das gebundene Vermögen betreffen, unzulässig, wenn sie nicht im unwahrscheinlichen Ausnahmefall einem Drittvergleich standhielten. Dass mit der Besicherung werthaltige Rückgewähr- bzw. Rückgriffsansprüche einhergehen können, war für die Frage nach einem Kapitalerhaltungsverstoß außer Betracht zu lassen.

B. Zur aktuellen Rechtslage I. Das MoMiG als Wendepunkt in der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit von Kreditleistungen In der Gesetzesbegründung zum MoMiG wird der durch das „November-Urteil“ herbeigeführte Meinungsstand zur Zulässigkeit von Darlehen und anderen Leistungen mit Kreditcharakter durch die GmbH an Gesellschafter ausdrücklich aufgegriffen. Indem § 30 GmbHG der heutige § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG angefügt wurde, sollen Rückerstattungsansprüche gegen den Gesellschafter sehr wohl wieder in der Prüfung der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit von Kreditleistungen Berücksichtigung finden. Der durch das „November-Urteil“ initiierte gegenständliche Vermögensschutz betreffend das gebundene Kapital soll durch eine bilanzielle Ausschüttungssperre ersetzt werden, womit das Grund- bzw. Stammkapital nur noch (145 f.); Grothaus/Halberkamp, GmbHR 2005, 1317 (1320 f.); Habersack/Schürnbrand, NZG 2004, 689 (696); Hentzen, ZGR 2005, 480 (525); Henze, WM 2005, 717 (722); Stein, DZWiR 2004, 493 (497). 413 So wohl Seidel, DStR 2004, 1130 (1135). 414 So Schilmar, DB 2004, 1411 (1415); Wessels, ZIP 2004, 793 (797); a.A. Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, 5. Aufl. 2005, § 30 Rn. 99 f.; Habersack/Schürnbrand, NZG 2004, 689 (696). 415 Zum Ganzen Gärtner, Cash Pooling, S. 445 f.

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seinem bilanziellen Wert nach geschützt ist. Für die Bewertung des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung bzw. Rückgewähranspruch i.S.d. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG sollen die allgemeinen Bilanzierungsgrundsätze gelten, sodass eine Leistung aus gebundenem Vermögen zulässig ist, sofern ihr ein vollwertiger Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegenübersteht und damit ein bloßer Aktivtausch vorliegt.416 Der im selben Zuge neu gefasste § 57 Abs. 1 S. 3 AktG stellt einen Gleichlauf mit der eben beschriebenen Regelung des § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG her, sodass Kreditleistungen in Bezug auf ihre kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit in GmbH und AG grundsätzlich gleich zu behandeln sind.417 Auch wenn sich der Gesetzgeber in der Reform nicht ausdrücklich zu aufsteigenden Sicherheiten geäußert hat, sind die zur Darlehensgewährung aufgestellten Grundsätze nach einhelliger Auffassung auf diesen Fall zu übertragen.418 Dies folge daraus, dass die aufsteigende Besicherung als Haftungskredit mit dem Fall der unmittelbaren Darlehensausreichung an den Gesellschafter vergleichbar sei: Die Gesellschaft trägt hier wie dort dessen Bonitätsrisiko.419 Die Sicherheitenbestellung soll daher zulässig sein, wenn mit der Inanspruchnahme gar nicht erst zu rechnen ist oder jedenfalls ein vollwertiger Rückgriffsanspruch besteht.420 Der eigentliche Streit um aufsteigende Sicherheiten im Kontext der Kapitalerhaltung besteht heute damit nicht mehr in deren allgemeiner Zu- bzw. Unzulässigkeit, sondern vielmehr in dem Verhältnis von Leistung und Rückgewähranspruch und ihren relevanten Bewertungszeitpunkten und -modalitäten.

II. Der verbleibende Anwendungsbereich für das Drittvergleichskriterium Das im früheren Recht diskutierte Drittvergleichskriterium, nach dem die Sicherheitenbestellung ausnahmsweise zulässig sein sollte, wenn sie unter denselben 416

Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140 vom 25. 07. 2007, S. 41. Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140 vom 25. 07. 2007, S. 52; siehe ferner Mülbert/ Leuschner, NZG 2009, 281 (281 f.). 418 Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 187; Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 Rn. 38 f.; Drygala, in: KölnKomm AktG, § 57 Rn. 79; ders., Der Konzern 2007, 396 (398); Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 57 Rn. 59 f.; Freitag, WM 2007, 1681 (1685); Gehrlein, Der Konzern 2007, 771 (785); K. Schmidt, GmbHR 2007, 1072 (1076); Schmolke, Kapitalerhaltung, § 30 Rn. 103 ff.; H. P. Westermann, ZHR 172 (2008), 144 (163); Winkler/ Becker, ZIP 2009, 2361 (2363). 419 So Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 187; Freitag, WM 2017, 1633 (1634); ähnlich Gärtner, Cash Pooling S. 447 f. mit Hinweis auf die dem Drei-Personen-Verhältnis immanenten Besonderheiten. 420 Siehe nur Drygala/Kremer, ZIP 2007, 1289 (1295); Flesner, NZG 2006, 641 (645 f.); Gehrlein, Der Konzern 2007, 771 (785); Kiefner/Theusinger, NZG 2008, 801 (805); K. Schmidt, GmbHR 2007, 1072 (1076); H. P. Westermann, ZHR 172 (2008), 144 (163): „über jeden Zweifel erhaben“. 417

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Bedingungen mit einem gesellschaftsexternen Dritten vorgenommen worden wäre421, geht in dem neu normierten Ausnahmetatbestand des § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG auf: Nach diesem ist eine Leistung aus dem gebundenen Vermögen zulässig, wenn sie durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gedeckt ist. Das Deckungsgebot bedeutet, dass der Anspruch gegen den Gesellschafter auch nach Marktwerten und nicht nur nach Buchwerten den geleisteten Gegenstand decken muss.422 Bedeutung erhält es insbesondere bei Leistungen der Gesellschaft, die von vorn herein nicht bilanzierungsfähig sind, z. B. selbst geschaffene, immaterielle Vermögenswerte oder Dienstleistungen und Nutzungsüberlassungen.423 Umgekehrt sind auch nicht bilanzierungsfähige Gegenleistungen des Gesellschafters, bspw. Geschäftsführerdienste, einem Marktvergleich zu unterziehen, um zu prüfen, ob sie eine werthaltige Gegenleistung darstellen.424 Insoweit spielt der Drittvergleich noch innerhalb des normierten Ausnahmetatbestands eine Rolle. Im Übrigen bedarf es jedoch nicht mehr der Frage, ob ein Geschäft mit einem Gesellschafter überhaupt mit einem Dritten abgeschlossen worden wäre, sofern sich wegen eines vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruchs keine bilanziellen Auswirkungen auf das Gesellschaftsvermögen zeigen. Einer Ansicht nach soll die Ausnahme des zulässigen Drittgeschäfts jedoch greifen, wenn zur Abwendung der Insolvenz Geschäfte zulasten des gebundenen Vermögens mit einem Investor eingegangen werden, sofern von diesem die „rettende“ Übernahme abhänge (Paradigma: Besicherung einer Akquisitionsfinanzierung). In dieser Situation würde die Gesellschaft ein „rettendes“ Geschäft auch mit jedem Dritten eingehen.425 Diese Argumentation führt den Grundsatz der Kapitalerhaltung ad absurdum. Ziel der Kapitalerhaltung ist es gerade, den Gläubigern eine Haftungsmasse zu bewahren, die vor spekulativen Eingriffen der Gesellschafter zu schützen ist. Dies gilt auch und insbesondere im Vorfeld der Insolvenz, denn nur im Insolvenzfall bedarf es der geschützten Haftungsmasse zur quotalen Befriedigung der Gläubiger. Die Grundidee der Drittvergleichsausnahme besteht darin, dass die Gesellschaft auch mit ihrem Gesellschafter Geschäfte durchführen können soll, die sie im üblichen Geschäftsbetrieb mit jedem Dritten ebenso vornimmt. Dieser Gedanke ist im Fall einer Übernahme in der Krise keinesfalls einschlägig: Die Über421

Dazu allgemein BGHZ 81, 311 (320) = NJW 1992, 383 (385); BGH NJW 1992, 2894 (2896) = ZIP 1992, 1152 (1154); zur Sicherheitenbestellung im Besonderen, vgl. die in Fn. 396 genannten Autoren. 422 Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140 vom 25. 07. 2007, S. 41; zur Überflüssigkeit der ausdrücklichen Normierung dieses Grundsatzes, der sich bereits aus dem Kapitalerhaltungsgebot als solchem ergeben soll, Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 75; Kiefner/Theusinger, NZG 2008, 801 (804): „bare Selbstverständlichkeit“. 423 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 76; Habersack, in: UHL GmbHG, § 30 Rn. 63, 107; Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 30 Rn. 32. 424 Vgl. Tasma, Gläubigerschutz, S. 161; Winter, DStR 2007, 1484 (1487). 425 So im Kontext aufsteigender Darlehen erwägend Söhner, Gläubigerschutz, S. 87 f., der i.E. dennoch zutreffend einen Kapitalerhaltungsverstoß annimmt.

§ 3 Relevante Zeitpunkte von Leistung und Rückgewähranspruch

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nahme einer Gesellschaft und deren Mitfinanzierung durch die Gesellschaft selbst ist stets ein individuelles Geschäft, für das es keinen Marktvergleich gibt. Die Bereitstellung finanzieller Mittel für eine Übernahme erfolgt gerade mit Bezug auf die (künftige) Gesellschafterstellung des Investors (causa societatis)426 und eben nicht losgelöst von der Rolle der Person des Geschäftspartners.427 Unnötig ist es ferner, die Ausnahme eines zulässigen Drittgeschäfts nach dem MoMiG anzunehmen, wenn die Sicherheitenbestellung unter werthaltiger Besicherung des Rückgriffsanspruchs gegen den Gesellschafter sowie mit einer attraktiven Avalprovision erfolgt. Die Annahme, die Gesellschaft hätte unter diesen Umständen auch die Verbindlichkeit eines Dritten besichert428, trifft erstens allenfalls zu, wenn derartige Finanzierungsgeschäfte zum üblichen Geschäftsgegenstand der Gesellschaft gehören. Zweitens bedarf es zur Feststellung ihrer kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit in einem derartigen Fall nicht der Drittvergleichsausnahme, wenn man bedenkt, dass eine solche Konstellation wohl stets von der normierten Ausnahmeregelung des § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG erfasst ist.429

§ 3 Die relevanten Zeitpunkte von Leistung und vollwertigem Rückgewähranspruch A. Der Zusammenhang zwischen Auszahlungszeitpunkt und Vollwertigkeitsprüfung Einige Autoren formulieren, dass es für die Frage, ob die in der Besicherung liegende Leistung der Gesellschaft an den Aktionär eine unzulässige Einlagenrückgewähr darstellt, entscheidend sei, ob mit der Inanspruchnahme der Sicherheit zu rechnen und ob bejahendenfalls der Rückgriffsanspruch der Gesellschaft gegen den Aktionär (§ 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG) vollwertig ist.430 Die Formulierung 426 Siehe zur alten Rechtslage OLG Hamburg AG 1980, 275 (278) = DB 1980, 2437 (2438); Bayer, in: FS Lutter, S. 1011 (1026); Henze, in: Großkomm AktG, § 57 Rn. 51; Peltzer, GmbHR 1995, 15 (17); Schön, ZHR 159 (1995), 351 (370); zur aktuellen Rechtslage Riegger, ZGR 2008, 233 (237). 427 Ähnlich Kramer, Kapitalerhaltung, S. 75. 428 So Kramer, Kapitalerhaltung, S. 75. 429 Dazu Kiefner/Theusinger, NZG 2008, 801 (806), die zutreffend darauf hinweisen, dass die Änderungen der Kapitalerhaltung in der AG durch das MoMiG einen im Vergleich zur GmbH eigenständigen Regelungsinhalt haben, da die vor dem „November-Urteil“ geltende Rechtslage in der AG erheblich strenger war als in der GmbH. 430 So Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 188; Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 Rn. 39; Drygala, in: KölnKomm AktG, § 57 Rn. 79; ders./Kremer, ZIP 2007, 1289 (1295); Eusani, GmbHR 2009, 795 (799); Kiefner/Theusinger, NZG 2008, 801 (805); Wicke, GmbHG, § 30 Rn. 12.

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Teil 1, Kap. 2: Aufsteigende Sicherheiten und Kapitalerhaltung

erweckt den Eindruck, dass zwei zu trennende Prüfungsschritte vermischt werden. Zur Klarstellung: Die Neuregelung des § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG (bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG) stellt einen Ausnahmetatbestand dar, unter dessen Voraussetzungen eine eigentlich nach § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG (bzw. § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG) verbotene Leistung erlaubt ist. Um zur Prüfung dieses Ausnahmetatbestands zu gelangen, bedarf es jedoch erst der Feststellung einer Leistung i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 1 AktG (bzw. Auszahlung i.S.d. § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG). Liegt schon keine Leistung (bzw. Auszahlung) vor, kommt der Einwand der Zulässigkeit nach § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG (bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG) gar nicht erst zum Tragen.431 Zwar nehmen die genannten Autoren432 eine zweistufige Prüfung vor, die jedoch zu dem Ergebnis kommen müsste, dass bei unwahrscheinlicher Inanspruchnahme bereits keine kapitalerhaltungsrechtlich relevante Leistung vorliegt, sondern erst, wenn mit der Inanspruchnahme zu rechnen ist, wobei zu diesem Zeitpunkt ein vollwertiger Rückgriffsanspruch trotzdem die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit herbeiführen könnte. Dennoch nehmen sie an, dass bereits in der Bestellung der Sicherheiten die kapitalerhaltungsrechtlich relevante Leistung (bzw. Auszahlung) liegen muss, indem sie – wie selbstverständlich – davon ausgehen, dass die zweistufige Prüfung im Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung zu erfolgen hat. Insoweit gilt es, sich noch einmal die durch das MoMiG eingeführte Systematik der Kapitalerhaltungsvorschriften zu vergegenwärtigen: Zunächst muss eine Leistung bzw. Auszahlung vorliegen. Diese ist dann (ausnahmsweise) zulässig, wenn sie durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gedeckt ist. Die viel diskutierte Frage, in welchem Zeitpunkt nun die Vollwertigkeit gegeben sein muss, ist denklogisch kongruent mit dem Zeitpunkt der Leistung der Gesellschaft an ihren Gesellschafter. Denn liegt (noch) gar keine Leistung vor, kommt es auf den Ausnahmetatbestand eines vollwertigen Gegenanspruchs nicht an. Die Enträtselung der Frage, wann ein Rückgriffsanspruch im Fall der aufsteigenden Besicherung vollwertig sein muss, liegt also in der Analyse des Zeitpunkts, in dem die aufsteigende Besicherung eine Leistung bzw. Auszahlung an den Aktionär bzw. Gesellschafter darstellt. Ob man in diesem Zeitpunkt den vollwertigen Rückgriffsanspruch dann zweistufig prüfen muss433, oder die Frage nach der Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme nicht schon Teil des Vollwertigkeitskriteriums selbst ist, wird sich zeigen.434 Auch der BGH ist in dieser Hinsicht unpräzise, wenn er formuliert, der mit der bilanziellen Betrachtungsweise zugelassene Aktiventausch schließe „nach § 30 431 So auch Kuntz, ZGR 2017, 917 (923 f.); siehe auch Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1294). 432 Vgl. die Nachweise in Fn. 430. 433 Siehe die Nachweise in Fn. 430, die im Zeitpunkt der Bestellung zunächst prüfen wollen, ob mit der Inanspruchnahme zu rechnen und anschließend, ob der Rückgriff vollwertig ist. 434 Dazu unter § 4 B. I. Unwahrscheinlicher Ausfall des Darlehensrückzahlungsanspruchs, S. 201 ff.

§ 3 Relevante Zeitpunkte von Leistung und Rückgewähranspruch

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Abs. 1 S. 2 GmbHG eine Bewertung [der Sicherheitenbestellung] als Auszahlung“ aus.435 Fehle es bei der Bestellung der Sicherheit an der Werthaltigkeit des Freistellungsanspruchs, liege „bereits darin die Auszahlung im Sinne von § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG“.436 Wie dargelegt, ist die Auszahlung (bzw. Leistung) getrennt vom vollwertigen Rückgriffsanspruch festzustellen. Dass der BGH trotz unscharfer Formulierung von dieser zutreffenden Systematik ausgeht, zeigt er in einem vorangegangenen Urteil zur Sicherheitenbestellung in der AG, auf das das eben zitierte Urteil grundlegend verweist.437 In diesem Urteil stellt der BGH klar, dass der Aktiventausch aufgrund eines vollwertigen Rückgriffsanspruchs nicht die Leistung durch die Sicherheitenbestellung als solche (§ 57 Abs. 1 S. 1 AktG), sondern nur die insgesamt durch § 57 AktG verbotene Leistung ausschließt.438

B. Analyse der möglichen Leistungsakte Für die Frage, wann im Zusammenhang mit aufsteigenden Sicherheiten eine Einlagenrückgewähr bzw. Leistung i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 1 AktG bzw. eine Auszahlung i.S.d. § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG vorliegt, kommen vier mögliche Anknüpfungspunkte in Betracht: die drohende und die tatsächliche Verwertung der Sicherheit, ihre Bestellung, sowie die schuldrechtliche Verpflichtung zur Bestellung. Die damit einhergehende Frage, wann ein Rückgriffs- bzw. Freistellungsanspruch vollwertig sein muss, um die Sicherheitenbestellung bzw. -verwertung kapitalerhaltungsrechtlich zulässig zu halten, ist von erheblicher Bedeutung: Da sich die Solvenz des Aktionärs, die Grundlage für die Vollwertigkeit des § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG ist, zwischen den in Betracht kommenden Zeitpunkten erheblich ändern kann, bedarf es eines konkreten Zeitpunktes, in dem die Bewertung verbindlich vorgenommen werden kann. An der Bewertung in diesem Zeitpunkt wird sich sowohl die vertragliche Gestaltung der aufsteigenden Besicherung (Stichwort: limitation language439) als auch die anzuwendende Sorgfalt der beteiligten Geschäftsleiter zur eigenen Haftungsvermeidung orientieren.440 Letztlich ist die Festlegung des Leistungszeitpunkts bei der aufsteigenden Besicherung für den Beginn der in § 62 Abs. 3 S. 1 AktG bezeichneten Verjährungsfrist relevant.441

435

BGHZ 214, 258 (264 f.) = NZG 2017, 658 (660) – Rz. 19. BGHZ 214, 258 (265) = NZG 2017, 658 (660) – Rz. 20. 437 Siehe nur BGHZ 214, 258 (262 f.) = NZG 2017, 658 (660) – Rz. 14. 438 BGHZ 213, 224 (232) = NZG 2017, 344 (346) – Rz. 19. 439 Dazu unter Teil 2 Kapitel 1 § 3 Die Bedeutung der limitation language, S. 278 ff. 440 Vgl. Kramer, Kapitalerhaltung, S. 39. 441 Siehe BGHZ 173, 1 (12 f.) = NZG 2007, 704 (707) – Rz. 26 ff. zu § 31 Abs. 5 S. 1, 2 GmbHG. 436

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Teil 1, Kap. 2: Aufsteigende Sicherheiten und Kapitalerhaltung

I. Zeitpunkt der drohenden Inanspruchnahme Ein nicht unerheblicher Teil des Schrifttums erkennt im Kontext aufsteigender Sicherheiten erst im Zeitpunkt der drohenden Inanspruchnahme der Sicherheit eine Leistung bzw. Auszahlung i.S.d. Kapitalerhaltungsrechts.442 1. Begründung für die Heranziehung der drohenden Inanspruchnahme Mit der drohenden Inanspruchnahme ist der Zeitpunkt gemeint, in dem nach § 249 Abs. 1 HGB eine Rückstellung zu bilden, die Sicherheit also nicht mehr nur nach § 251 S. 1 HGB unter der Bilanz zu vermerken ist.443 Folgt man der vom Gesetzgeber des MoMiG angeordneten bilanziellen Betrachtungsweise444, so sei die Zusage bzw. die Bestellung einer Sicherheit nicht bilanzwirksam und damit für das bloß bilanziell zu erhaltende Grund- bzw. Stammkapital bis zur drohenden Inanspruchnahme irrelevant.445 2. Kritik an der Anknüpfung an die drohende Inanspruchnahme Die Argumentation sieht sich vorwiegend drei Kritikpunkten ausgesetzt: a) Stetige Unzulässigkeit der aufsteigenden Besicherung im Leistungszeitpunkt Die Vertreter der Ansicht, dass die drohende Inanspruchnahme der maßgebliche Auszahlungszeitpunkt sei, räumen selbst ein, dass in diesem Zeitpunkt regelmäßig kein vollwertiger Rückgriffsanspruch i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG mehr das Geschäft ausgleichen kann. Die Inanspruchnahme des Sicherungsgebers würde nicht drohen, wenn der Aktionär über eigene ausreichende Bonität zur Rückzahlung des gesicherten Darlehens verfüge.446 Ein Kapitalerhaltungsverstoß ist dann unvermeidbar. Ist die Sicherheitenbestellung aber nur bilanzwirksam und damit eine 442 Dampf, Der Konzern 2007, 157 (167); Eusani, GmbHR 2009, 795 (799); Heidinger, in: MHLS GmbHG, § 30 Rn. 95, 207; Möller, Upstream-Kreditsicherheiten, S. 110 f.; Schäfer, Die GmbH als Target einer fremdfinanzierten Akquisition, S. 186; Söhner, Gläubigerschutz, S. 91 f.; Thiessen, in: Bork/Schäfer GmbHG, § 30 Rn. 43; Undritz/Degenhardt, NZI 2015, 348 (349 f.); Winkler/Becker, ZIP 2009, 2361 (2363); vor dem MoMiG bereits KG NZG 2000, 479 (481) = NZI 2001, 37 (38). 443 Statt aller Böcking/Gros, in: EBJS HGB, § 249 Rn. 15, 52. 444 Vgl. Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140 vom 25. 07. 2007, S. 41. 445 Siehe nur Heidinger, in: MHLS GmbHG, § 30 Rn. 95. 446 Vgl. Heidinger, in: MHLS GmbHG, § 30 Rn. 95, 207; siehe auch Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 30 Rn. 35a.

§ 3 Relevante Zeitpunkte von Leistung und Rückgewähranspruch

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Leistung i.S.d. § 57 AktG, wenn sie im Regelfall auch zu einem Kapitalerhaltungsverstoß führt, müsste sie nach den Vertretern dieser Auffassung stets unzulässig sein.447 So lässt sich tatsächlich erkennen, dass die Vertreter den besonderen Gläubigerschutz durch die Kapitalerhaltung darin sehen, dass diesem nicht einfach durch eine Prüfung im Zeitpunkt der Bestellung entsprochen werden kann, sondern wegen eines unvermeidbaren späteren Kapitalerhaltungsverstoßes derartige Haftungsrisiken von einem Vorstand, der selbst nach § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG in die Haftung geraten würde, gar nicht erst übernommen worden wären.448 Dies verkennt jedoch, dass der Gesetzgeber des MoMiG Leistungen mit Kreditcharakter an einen Aktionär nicht grundsätzlich für mit dem Kapitalerhaltungsgrundsatz unvereinbar erklären wollte, sondern es vielmehr seine Absicht war, diese – insbesondere im Zuge des betriebswirtschaftlich sinnvollen Cash Pooling, zu dem auch die Kreditbesicherung zählt – kapitalerhaltungsrechtlich zu privilegieren.449 b) Keine Anwendung bilanzieller Grundsätze zur Bestimmung der Leistung i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 1 AktG Die Ansicht unterstellt außerdem, dass es zur Bestimmung der Leistung i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 1 AktG einer bilanziellen Auswirkung bedarf. Richtigerweise hat der Gesetzgeber des MoMiG die bilanzielle Betrachtungsweise jedoch nur im Zuge der Neueinführung des § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG (bzw. § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG) zur Legitimation von Auszahlungen bei ausreichenden Gegenleistungen angeordnet.450 Nur zur Bewertung eben dieser Gegenleistung i.S.d. Ausnahmeregelung soll eine bilanzielle Betrachtungsweise gelten, nicht jedoch für die Frage, ob überhaupt eine Leistung i.S.d. Kapitalerhaltung vorliegt.451 Eine andere Bewertung würde dazu führen, dass nur Austauschgeschäfte mit dem Aktionär bzw. Gesellschafter an den Kapitalerhaltungsregeln zu messen wären, deren Gegenstand sich bilanziell erfassen lässt. Erbringt die Gesellschaft gegenüber ihrem Gesellschafter Dienstleistungen oder überträgt sie ihm immaterielle Wirtschaftsgüter, für die gem. 447

Dies zutreffend einwendend Habersack, in: UHL GmbHG, § 30 Rn. 110; ähnlich BGHZ 214, 258 (268) = NZG 2017, 658 (661) – Rz. 26. 448 In diese Richtung etwa Heidinger, in: MHLS GmbHG, § 30 Rn. 207 für die GmbH. 449 Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140 vom 25. 07. 2007, S. 41 i.V.m. S. 52. 450 Zutreffend Kuntz, in: Gehrlein/Born/Simon GmbHG, § 30 Rn. 36 f.; ders., ZGR 2017, 917 (923). 451 Für eine Leistung im kapitalerhaltungsrechtlichen Sinne ist gerade keine bilanzielle Auswirkung erforderlich, vgl. Ekkenga, in: MüKoGmbHG, § 30 Rn. 140, 198; Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 Rn. 61; Fleck, in: FS 100 Jahre GmbHG, S. 391 (399 f.); Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 57 Rn. 59; Freitag, Der Konzern 2011, 330 (335 f.); Habersack, in: UHL GmbHG, § 30 Rn. 48 ff.; Kramer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 145 f.; Kuntz, in: Gehrlein/Born/Simon GmbHG, § 30 Rn. 36; Verse, GmbHR 2018, 113 (115 f.); dagegen Böcker, DZWiR 2018, 101 (111 f.); Drygala/Kremer, ZIP 2007, 1289 (1292); Hommelhoff, ZGR 2012, 535 (547); Möller, Upstream-Kreditsicherheiten, S. 100 ff.; K. Schmidt, GmbHR 2007, 1072 (1075).

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Teil 1, Kap. 2: Aufsteigende Sicherheiten und Kapitalerhaltung

§ 248 Abs. 2 S. 2 HGB ein Aktivierungsverbot besteht, so stellten diese Geschäfte gar keine Leistung i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 1 AktG bzw. Auszahlung i.S.d. § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG dar, sodass man gar nicht mehr zu der Prüfung käme, ob sie ggf. nach § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG wegen einer vollwertigen Deckung zulässig sind.452 Wie dargelegt bestimmt sich der Zeitpunkt der Bewertung der Vollwertigkeit des Gegenleistungs- bzw. Rückgewähranspruchs nach dem Zeitpunkt der Leistung selbst. Bilanzielle Erwägungen haben daher nur in der Vollwertigkeitsprüfung Raum, der Zeitpunkt der Vollwertigkeitsprüfung hingegen ist bilanzunabhängig durch den Zeitpunkt der Leistung vorgegeben. c) Fehlender Leistungsakt seitens der besichernden AG Des Weiteren fehlt es im Zeitpunkt der drohenden Inanspruchnahme an einem von der AG veranlassten Leistungsakt. Dieser ist nach h.M. bereits wegen des Wortlauts der maßgeblichen Vorschriften (§ 57 Abs. 1 S. 1 AktG: „[…] zurückgewährt werden“ bzw. § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG: „[…] ausgezahlt werden“) erforderlich.453 Gegen die Erforderlichkeit wird angeführt, dass der Gesellschafter, der seine Gesellschaft bestiehlt, wegen der kürzeren Verjährung der maßgeblichen deliktischen Ansprüche besser stünde als der Gesellschafter, der sich nach veranlasster Leistung einem Anspruch aus § 62 Abs. 1 S. 1 AktG bzw. § 31 Abs. 1 GmbHG ausgesetzt sieht (Regelverjährung gem. §§ 195, 199 BGB statt Zehnjahresfrist gem. § 62 Abs. 3 S. 1 AktG bzw. § 31 Abs. 5 S. 1 GmbHG).454 Für die AG wird weiter der § 62 Abs. 1 S. 2 AktG angeführt, nach dem es außerhalb des Bezugs von Gewinnanteilen nicht auf subjektive Vorstellungen der Beteiligten ankommen soll.455 Der erste Einwand verkennt jedoch, dass nach § 852 BGB das vom „stehlenden“ Gesellschafter auf Kosten der Gesellschaft Erlangte auch nach Eintritt der Verjährung eines deliktischen Anspruchs herauszugeben ist und er damit im Ergebnis nicht privilegiert wird. Der zweite Einwand nützt allenfalls zur Begründung, dass auf Empfängerseite keine subjektiven Voraussetzungen für einen Anspruch aus § 62 Abs. 1 S. 1 AktG nötig sind, nicht hingegen für die Seite der leistenden Gesellschaft. Des Weiteren gilt es zu bedenken, dass die Kapitalerhaltungsregeln – auch nach dem MoMiG – gerade der besonderen Gefahrenlage von Rechtsgeschäften mit Gesellschaftern begegnen, also solche, die causa societatis erfolgen. Ohne Handlung der Gesellschaft erfolgt der 452

Vgl. Freitag, Der Konzern 2011, 330 (335 f.); Kramer, Kapitalerhaltung, S. 40 f.; Stimpel, in: FS 100 Jahre GmbHG, S. 335 (343 ff.); Verse, GmbHR 2018, 113 (115). 453 Zur GmbH: Ekkenga, in: MüKoAktG, § 30 Rn. 142; Habersack, in: UHL GmbHG, § 30 Rn. 56; Heidinger, in: MHLS GmbHG, § 30 Rn. 63; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 24; zur AG: Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 Rn. 27; Flume, ZHR 144 (1980), 18 (21); J. Wilhelm, in: FS Flume II, S. 337 (378 ff.). 454 So noch Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, 21. Aufl. 2017, § 30 Rn. 64 m.w.N. 455 So ausdrücklich Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 66; siehe auch zur Gegenansicht Henze, in: Großkomm AktG, § 57 Rn. 47; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 57 Rn. 11.

§ 3 Relevante Zeitpunkte von Leistung und Rückgewähranspruch

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Vermögenszuwachs beim Gesellschafter aber gerade unabhängig von diesem Schutzzweck.456 In der die wahrscheinliche Inanspruchnahme begründenden Bonitätsverschlechterung des Aktionärs liegt kein Akt der Vermögensübertragung. Es handelt sich vielmehr um einen außerhalb der Einflusssphäre der Gesellschaft liegenden Prozess. Insbesondere stellt die Aufnahme der Rückstellung in die Bilanz keinen Leistungsakt dar.457 Die Bilanz bildet nämlich nur eine bereits eingetretene Vermögensminderung (nachträglich) ab.458 Mangels Leistungsaktes im Zeitpunkt der drohenden Inanspruchnahme liegt in ihr im Ergebnis keine kapitalerhaltungsrechtlich relevante Leistung.459

II. Zeitpunkt der tatsächlichen Inanspruchnahme Eine weitere Auffassung im Schrifttum erkennt in der tatsächlichen Inanspruchnahme bzw. Verwertung der Sicherheit den kapitalerhaltungsrechtlich relevanten Leistungsakt.460 In einer Entscheidung zur Rechtslage vor dem MoMiG stellte zudem das OLG München auf diesen Zeitpunkt ab.461 Auch der BGH führte einst in einem Urteil von 2007 aus, dass jedenfalls durch den Akt der Verwertung der Sicherheit eine Zahlung an den Gesellschafter i.S.d. § 30 Abs. 1 GmbHG bewirkt werde.462 1. Begründung für die Heranziehung der tatsächlichen Inanspruchnahme Der Gesetzgeber des MoMiG sei ausdrücklich zur bilanziellen Betrachtungsweise zurückgekehrt. Damit habe er den vor dem „November-Urteil“ herrschenden Streit zwischen der sog. Vermögensgefährdungstheorie (Leistung im Bestellungszeitpunkt) und der bilanziellen Betrachtungsweise zugunsten Letzterer entschieden. Die Vertreter einer bilanziellen Betrachtungsweise stellten grundsätzlich auf den Zeit456

Zutreffend Kramer, Kapitalerhaltung, S. 62 f.; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 24. So aber Möller, Upstream-Kreditsicherheiten, S. 112. 458 Vgl. dazu Ekkenga, in: MüKoGmbHG, § 30 Rn. 243; Meyer, Besicherung, S. 126; Mülbert, ZGR 1995, 578 (594). 459 Zum Ganzen Kramer, Kapitalerhaltung, S. 63; i.E. ebenso Freitag, Der Konzern 2011, 330 (332); Vetter, in: Goette/Habersack MoMiG, Rn. 4.87. 460 Böcker, DZWiR 2018, 101 (107 f.); Früh, GmbHR 2000, 105 (108); Grigoleit/Rieder, GmbH-Recht nach dem MoMiG, Rn. 217 (neben dem Zeitpunkt der Bestellung); Komo, GmbHR 2010, 230 (233); Meyer, Besicherung, S. 154; Steinbeck, WM 1999, 885 (887); Sutter/ Masseli, WM 2010, 1064 (1068); Tillmann, NZG 2008, 401 (404); Vetter, in: Goette/Habersack MoMiG, Rn. 4.79 ff. 461 OLG München NZG 1998, 855 = ZIP 1998, 1438. 462 BGHZ 173, 1 (11) = NZG 2007, 704 (707) – Rz. 25. 457

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Teil 1, Kap. 2: Aufsteigende Sicherheiten und Kapitalerhaltung

punkt ab, in dem die Leistung erfolgswirksam wird.463 Dies sei erst mit dem tatsächlichen Abfluss von Mitteln im Zeitpunkt der Verwertung der Fall.464 Vor Eintritt des Sicherungsfalls bleibe der Gegenstand nach wie vor dem Vermögen der Gesellschaft zugeordnet, sodass diese den belasteten Gegenstand weiterhin für eigene Zwecke, insbesondere zur Besicherung eigener Kreditverpflichtungen, einsetzen könne.465 Außerdem wird geltend gemacht, dass die Besicherung einer Akquisitionsfinanzierung unmöglich werden würde, wenn auf den Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung abzustellen sei. Ein in diesem Zeitpunkt nur fiktiv bestehender Rückgriffsanspruch sei nämlich stets wertlos, weswegen die Leistung im Bestellungszeitpunkt nicht nach § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG zu rechtfertigen sei.466 2. Kritik an der Anknüpfung an die tatsächliche Inanspruchnahme a) Einwände gegen einen bilanziellen Ansatz Die oben ausgeführten Einwände, dass eine bilanzielle Betrachtungsweise eine aufsteigende Besicherung stets unzulässig mache, sowie dass die bilanzielle Betrachtungsweise im Ansatz nicht zur Bestimmung der kapitalerhaltungsrechtlich relevanten Leistung dienen sollte, greifen ebenso, wenn man auf den Zeitpunkt der Sicherheitenverwertung abstellen möchte. b) Erneut fehlender Leistungsakt der AG im Zeitpunkt der Verwertung Bezüglich des Einwands, es liege mit der Inanspruchnahme kein Leistungsakt der Gesellschaft vor, entgegnen die Vertreter dieser Auffassung, dass der relevante Leistungsakt in der Nichtabwendung der Sicherheitenverwertung bzw. der Leistung auf die Sicherheit zu erkennen sei.467 Im Falle von Personalsicherheiten liege in der Barzahlung bzw. Überweisung der Gesellschaft an den Gläubiger des Aktionärs ein Leistungsakt. Kommt die Gesellschaft ihrer schuldrechtlichen Verpflichtung nicht freiwillig nach, so gilt die Zwangsvollstreckung dennoch als Zahlung der Gesellschaft (§ 815 Abs. 3 ZPO).468 Im Falle von Realsicherheiten bestehe der Leistungsakt 463 Siehe nur Früh, GmbHR 2000, 105 (108) m.w.N.; vgl. auch OLG München NZG 1998, 855 = ZIP 1998, 1438. 464 Vgl. Böcker, DZWiR 2018, 101 (107 f.); Tillmann, NZG 2008, 401 (404). 465 So Dampf, Der Konzern 2007, 157 (164 f.); auf die weitere bilanzielle Zuordnung der Sicherungsgegenstände zum Gesellschaftsvermögen hinweisend Winkler/Becker, ZIP 2009, 2361 (2364). 466 Tillmann, NZG 2008, 401 (405). 467 Meyer, Besicherung, S. 126 ff.; im Ansatz ähnlich Meister, WM 1980, 390 (394): Aufrechterhalten der Sicherheit trotz absehbarer Verwertung als weiterer Auszahlungsakt. 468 Meyer, Besicherung, S. 127 f.

§ 3 Relevante Zeitpunkte von Leistung und Rückgewähranspruch

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darin, dass es die AG unterlässt, durch Zahlung auf die Schuld oder die Sicherheit deren Vollstreckung in Form eines „staatlichen Verwertungsakts“ abzuwenden.469 Hiergegen ist jedoch einzuwenden, dass die Abwendung der Sicherheitenverwertung durch Zahlung nur eine Handlungsalternative sein kann, wenn die Gesellschaft über ausreichend Liquidität hierzu verfügt. Dies ist insbesondere bei umfangreichen Besicherungen, bspw. eines Cash Pool Saldos, zweifelhaft.470 Die Bewertung eines Leistungsakts hinge dann von der schwankenden Liquiditätssituation der Gesellschaft ab471, sodass erst im Zeitpunkt der Verwertung feststehen würde, ob dies der kapitalerhaltungsrechtlich relevante Leistungszeitpunkt ist oder dieser nicht schon früher zu verorten gewesen wäre. Welche Sorgfaltsmaßstäbe wann einzuhalten sind, ist dann völlig unklar. Leistet die Gesellschaft durch Zahlung auf eine Personalsicherheit, liegt hierin zwar formal ein von ihrem Willen getragener Leistungsakt. Jedoch erfolgt dieser nicht – wie von der h.M. gefordert472 – gerade in Hinblick auf die Gesellschafterstellung (causa societatis) des letztlich profitierenden Aktionärs, sondern nur, weil sie sich einer früher eingegangenen Pflicht nicht mehr entziehen kann, dem Gläubiger insbesondere nicht den Verstoß der Zahlung gegen den Kapitalerhaltungsgrundsatz entgegenhalten kann. Erst recht im Rahmen der Zwangsvollstreckung erfolgen mögliche Zahlungen nicht wegen der Aktionärseigenschaft des begünstigten Aktionärs, der von seiner Schuld frei wird, sondern aufgrund von staatlichem Leistungszwang.473 Die Zahlungsfiktion gem. § 815 Abs. 3 ZPO ist als Argument für einen Leistungsakt verfehlt, da es sich bei ihr um eine bloße Gefahrtragungsregel, nicht jedoch um eine materielle Leistungsfiktion im Sinne eines Eigentumsübergangs handelt: Sie bewirkt lediglich, dass der Schuldner von seiner Leistungspflicht abweichend von § 270 BGB auch dann frei wird, wenn der Gerichtsvollzieher das Geld nicht beim Gläubiger abliefert, bspw. weil es ihm abhanden kommt oder von ihm unterschlagen wird, sodass der Schuldner nicht die Risiken des Verfahrensablaufs zu tragen hat, auf die er selbst keinen Einfluss hat.474 c) Keine freie Verfügbarkeit des Sicherungsgegenstandes bis zur Verwertung Das Argument, erst die Verwertung der Sicherheit sei der relevante Leistungszeitpunkt, da die Gesellschaft bis dahin noch frei über den Sicherungsgegenstand 469

Meyer, Besicherung, S. 128 ff. So Kramer, Kapitalerhaltung, S. 65 f. 471 Zutreffend Freitag, Der Konzern 2011, 330 (332 f.); Kramer, Kapitalerhaltung, S. 66. 472 Ausführlich zum Meinungsstand Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 Rn. 24 ff., 27 m.w.N.; siehe auch die Nachweise in Fn. 456. 473 Ähnlich Kramer, Kapitalerhaltung, S. 66. 474 Siehe nur Becker, in: Musielak/Voit ZPO, § 815 Rn. 4; Walker/Loyal, in: Schuschke/ Walker/Kessen/Thole Vollstreckung, § 815 ZPO Rn. 10a; hierauf zutreffend hinweisend Kramer, Kapitalerhaltung, S. 66. 470

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Teil 1, Kap. 2: Aufsteigende Sicherheiten und Kapitalerhaltung

verfügen, ihn insbesondere weiter besichern könne, geht rechtlich wie wirtschaftlich betrachtet vollständig fehl: Ist eine Forderung einmal zur Sicherheit übertragen oder eine Sache zur Sicherheit übereignet, kann die Gesellschaft mangels Berechtigung keine weiteren (wirksamen) Verfügungen über den Sicherungsgegenstand treffen. Sofern der Gegenstand „nur“ dinglich belastet ist, fällt bei einem Pfandrecht die Weiterverfügung mangels Besitzes der Gesellschaft aus. Immobiliarpfandrechte lassen sich nach einer eingetragenen Verpfändung nur noch nachrangig besichern, was ihre Werthaltigkeit für einen neuen Sicherungsnehmer erheblich einschränkt. Das wirtschaftliche Risiko des Aktionärs hat sich jedenfalls ab der Sicherheitenbestellung auf die Gesellschaft verlagert, deren Vermögen hiermit belastet ist. Ob der Sicherungsnehmer diese verwertet, liegt allein in seiner Hand. Um dieses Risiko ist damit das Vermögen der Gesellschaft vermindert, sodass es insoweit auch wirtschaftlich nicht zur weiteren Besicherung eigener Verbindlichkeiten anerkannt werden wird.475 d) Fehlerhafte Rückschlüsse aus BGHZ 173, 1 Wer darauf abstellt, dass der BGH in seinem Urteil aus dem Jahre 2007 angemerkt hat, dass jedenfalls die Verwertung der Sicherheit eine Auszahlung sei476, lässt außer Acht, dass der BGH die von ihm argumentativ umfangreich behandelte Frage, ob nicht in der Bestellung einer dinglichen Sicherheit schon die kapitalerhaltungsrechtlich relevante Auszahlung liege, nur offen ließ, da selbst wenn man auf die zeitlich dahinter liegende Verwertung abstellt, der Anspruch aus § 31 GmbHG im konkreten Fall bereits verjährt war. Selbst bei abweichender Interpretation des Urteils muss man erkennen, dass der zugrunde liegende Fall von der klassischen aufsteigenden Besicherung abwich: Gläubiger des Gesellschafters war nämlich kein gesellschaftsexterner Dritter, sondern zwei weitere Gesellschafter.477 Diese waren Adressaten der Kapitalerhaltung, sodass ihnen auch noch mit der Verwertung ein Verstoß hiergegen vorgeworfen werden konnte, der sie in die Haftung nach § 31 GmbHG gebracht hätte. Der BGH hatte sich folglich gar nicht mit der besonderen Vermögensgefährdung durch Bestellung einer Sicherheit, deren Verwertung nicht mehr unter Berufung auf die Kapitalerhaltung verhindert werden kann, auseinanderzusetzen.

475

Vgl. Kuntz, ZGR 2017, 917 (924). BGHZ 173, 1 (11) = NZG 2007, 704 (707) – Rz. 25; hierauf argumentativ zurückgreifend Tillmann, NZG 2008, 401 (404); Vetter, in: Goette/Habersack MoMiG, Rn. 4.86; Winkler/Becker, ZIP 2009, 2361 (2363). 477 Dies erkennend Kramer, Kapitalerhaltung, S. 37 f.; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 104. 476

§ 3 Relevante Zeitpunkte von Leistung und Rückgewähranspruch

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e) Keine Unmöglichkeit der Praxis der Akquisitionsfinanzierung Auch die Praxis der Akquisitionsfinanzierung erfordert nicht, dass die kapitalerhaltungsrechtlich relevante Leistung in der Verwertung der Sicherheit liegt.478 Indem die dies behauptende Ansicht ausführt, dass im Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung ein fiktiver Rückgriffsanspruch gegen ein meist vermögensloses Erwerbsvehikel regelmäßig nicht vollwertig sein wird, erkennt sie einerseits zwar die typische Gefahr der Akquisitionsfinanzierung, bei der die Kapitalerhaltung die Zielgesellschaft gerade vor der Ausplünderung schützen soll. Darin, dass die Kapitalerhaltung verhindert, dass die (Erwerbs-)Gesellschafter sich im Vermögen der Zielgesellschaft nach Belieben bedienen, liegt ihr allzuvörderster Zweck. Dieser kann nicht ignoriert werden, indem man die praktischen Bedürfnisse einer hoch riskanten Finanzierungskonstruktion betont.479 Andererseits wird aber verkannt, dass zur Bewertung der Bonität der Erwerbsgesellschaft und damit der Werthaltigkeit eines fiktiven Rückgriffsanspruchs gegen sie auch ihre Anteile an der Zielgesellschaft miteinzubeziehen sind.480 Hierin liegt im Ergebnis kein „Rückgriff der operierenden Gesellschaft auf ihre eigenen Vermögenswerte“481, sind die Anteile an ihr doch ein vom Gesellschaftsvermögen zu trennendes Recht mit eigenem Verkehrswert. Dass sich dieser mittelbar nach den Vermögensverhältnissen der Zielgesellschaft richtet, ist bei der Bonitätsbewertung der Erwerbsgesellschaft zwar angemessen zu berücksichtigen482, zwingt jedoch nicht dazu, ihn für einen potentiellen Rückgriffsanspruch gänzlich auszublenden. Sofern man die Praxis der Akquisitionsfinanzierung für einen schützenswerten Belang hält, steht ihr jedenfalls nicht entgegen, bereits auf den Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung als kapitalerhaltungsrechtlich relevanten Leistungsakt abzustellen.

III. Bestellung der Sicherheit Die h.M. nach dem MoMiG geht dahin, in der Bestellung der Sicherheit die kapitalerhaltungsrechtlich relevante Leistung zu erkennen.483 In einem Urteil von 478

So aber Tillmann, NZG 2008, 401 (404 f.). Ähnlich Weitnauer, ZIP 2005, 790 (792 f.). 480 So auch Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 54; Freitag, WM 2017, 1633 (1634 f.). 481 So aber Tillmann, NZG 2008, 401 (405). 482 Dazu bereits unter Kapitel 1 § 2 C. II. 3. g) Besonderheiten bei der Akquisitionsfinanzierung, S. 144 ff. 483 Für die AG: Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 187; Drygala, in: KölnKomm AktG, § 57 Rn. 79; Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 57 Rn. 59; Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1295); Laubert, in: Hölters AktG, § 57 Rn. 23; Wand/Tillmann/Heckenthaler, AG 2009, 148 (152); wohl auch Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 Rn. 39; für die GmbH: Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 32; Drygala/Kremer, ZIP 2007, 1289 (1295); Ekkenga, in: MüKoGmbHG, § 30 Rn. 140; Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, 479

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Teil 1, Kap. 2: Aufsteigende Sicherheiten und Kapitalerhaltung

1975 hat der BGH bereits im Parallelfall der Rückgewähr der Hafteinlage an einen Kommanditisten entschieden, dass die Bestellung einer dinglichen Sicherheit für eine Bankverbindlichkeit des Kommanditisten und nicht erst ihre Verwertung eine Rückgewähr der Hafteinlage i.S.d. § 172 Abs. 4 S. 1 HGB begründe.484 Im Jahre 2017 hat der BGH diese Rechtsprechung wiederholt und sowohl für die Verpfändung von Kontoguthaben485 als auch für die Belastung eines Grundstücks mit einer Grundschuld486 entschieden, dass die kapitalerhaltungsrechtlich relevante Leistung bereits in der Bestellung der Sicherheit liege. 1. Begründung für die Heranziehung des Bestellungsakts Die Begründungsansätze für die Maßgeblichkeit des Bestellungsaktes lassen sich in drei Kernargumenten zusammenfassen: a) Vermögensentzug zulasten der Gesellschaftsgläubiger Erstens führe bereits die Bestellung der dinglichen Sicherheit dazu, dass die übrigen Gläubiger der Gesellschaft im Umfang der Sicherheit nicht mehr auf das Gesellschaftsvermögen zugreifen können. Nach der wirksamen Bestellung haben weder die Gesellschaft selbst noch ihre Gläubiger die Möglichkeit, die Verwertung zugunsten des Sicherungsnehmers bei Fälligkeit zu verhindern487, da der gesellschaftsexterne Sicherungsnehmer nicht Adressat der Kapitalerhaltungsvorschriften ist.488 Umgekehrt erlangen die Aktionäre bzw. Gesellschafter bereits mit der Bestellung ihren Vermögensvorteil in Form der Besicherung ihrer Verbindlichkeit.489 Für die Zuwendung sei nämlich auf den Wert des Sicherungsgegenstandes bei unterstellter Verwertung im Zeitpunkt der Bestellung abzustellen.490 b) Wirtschaftliche statt bilanzieller Betrachtungsweise Dass sich die Bestellung einer Sicherheit wegen § 251 HGB im Regelfall noch nicht in der Bilanz niederschlägt, widerspreche nicht der Rückkehr zur bilanziellen Betrachtungsweise, wie sie der Gesetzgeber des MoMiG angeordnet hat. Dieser hatte § 30 Rn. 61; Freitag, Der Konzern 2011, 330 (331 ff.); Gehrlein, Der Konzern 2007, 771 (785); Kuntz, ZGR 2017, 917 (920); Philippi/Fickert, DB 2008, 223 (224); Séché/Theusinger, BB 2017, 1550 (1554); Sutter, WM 2018, 360 (362). 484 BGH NJW 1976, 751 (752) = WM 1976, 130 (131). 485 BGHZ 213, 224 (230 f.) = NZG 2017, 344 (345) – Rz. 15 f. 486 BGHZ 214, 258 (262 ff.) = NZG 2017, 658 (659 f.) – Rz. 13 ff. 487 Siehe nur BGHZ 213, 224 (230) = NZG 2017, 344 (345) – Rz. 15. 488 Heute ganz h.M., siehe nur Habersack, in: FS Schaumburg, S. 1291 (1302) m.w.N. 489 BGHZ 213, 224 (230) = NZG 2017, 344 (345) – Rz. 15; BGHZ 214, 258 (262 f.) = NZG 2017, 658 (659 f.) – Rz. 14. 490 BGHZ 214, 258 (265) = NZG 2017, 658 (660) – Rz. 20.

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nämlich nur aufsteigende Darlehen vor Augen, deren Auszahlung sich immer bilanziell auswirkt. In bestimmten Fallkonstellationen ist daher auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise auszuweichen, so wie es für den Fall der Veräußerung von Gesellschaftsvermögen zu Buchwerten, die unter dem Verkehrswert liegen, so gut wie unstreitig anerkannt ist.491 Eine solche wirtschaftliche Betrachtungsweise sei auch bei der Bestellung aufsteigender Sicherheiten geboten, da sich ansonsten der Großteil der Sicherheitenbestellungen zugunsten eines Gesellschafters bzw. Aktionärs in einer für die Gesellschaft unumkehrbaren Weise vollziehen könnte, ohne dass sie jemals am Kapitalerhaltungsgebot gemessen worden wäre.492 c) Wertungsparallele zum aufsteigenden Darlehen Das wohl meist angeführte Argument für das Abstellen auf den Bestellungsakt liegt in einer Wertungsparallele zum aufsteigenden Darlehen.493 Die Sicherheitenbestellung müsse wegen identischer Interessenlage zum aufsteigenden Darlehen in gleicher Weise behandelt werden. Sowohl bei der Sicherheitenbestellung als auch bei der Darlehensauszahlung übernehme die Gesellschaft das Insolvenzrisiko des Aktionärs bzw. Gesellschafters: im ersten Fall hinsichtlich des Freistellungs- bzw. Rückgriffsanspruchs, im zweiten Fall hinsichtlich des Darlehensrückzahlungsanspruchs.494 Die Sicherheitenbestellung stelle damit eine Art „Haftungskredit“ dar.495 Aus Sicht der im Schutzbereich der Kapitalerhaltung stehenden Gesellschaftsgläubiger mache es daher keinen Unterschied, ob eine Sicherheit für Verbindlichkeiten des Aktionärs bzw. Gesellschafters bestellt oder diesem unmittelbar ein Darlehen ausgezahlt wird. Es sei gleichgültig, ob die Gesellschaft mit ihrem Darlehensrückzahlungsanspruch oder ihrem Rückgriffsanspruch nach Verwertung der Sicherheit ausfällt. Im Gegenteil bestehe bei Letzterem noch die Chance, dass er mangels Verwertung überhaupt nicht entsteht, wohingegen beim aufsteigenden Darlehen das Kapital in jedem Fall sofort abfließt. Damit sei die Bestellung aufsteigender Sicherheiten jedenfalls nicht nachteiliger.496 Den Interessengleichlauf habe auch der Gesetzgeber anderer Normen erkannt, indem er sowohl in § 44a InsO

491 Dazu Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 154; Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 57 Rn. 43; Thümmel/Burkhardt, AG 2009, 885 (889); Wand/Tillmann/Heckenthaler, AG 2009, 148 (152) m.w.N. 492 BGHZ 213, 224 (231) = NZG 2017, 344 (345) – Rz. 16; BGHZ 214, 258 (263 f.) = NZG 2017, 658 (660) – Rz. 16. 493 BGHZ 214, 258 (263, 268) = NZG 2017, 658 (660 f.) – Rz. 15, 26; Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 50 ff.; Habersack, in: UHL GmbHG, § 30 Rn. 96; Kramer, Kapitalerhaltung, S. 50 ff.; Schön, ZHR 159 (1995), 351 (360); Verse, GmbHR 2018, 113 (114); ders., in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 99. 494 Kramer, Kapitalerhaltung, S. 50 ff.; Verse, GmbHR 2018, 113 (114). 495 Diesen Begriff prägend Mülbert, ZGR 1995, 578 (595); siehe auch Wessels, ZIP 2004, 793 (797). 496 Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 52.

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als auch in § 71a AktG beide Finanzierungsinstrumente gleich behandelt.497 Für den Fall der Darlehensvergabe habe der Gesetzgeber des MoMiG deutlich gemacht, dass kapitalerhaltungsrechtlich auf den Zeitpunkt der Darlehensausreichung abzustellen sei, also den Zeitpunkt der Risikoübernahme und nicht auf den, in dem sich das Insolvenzrisiko mangels ausbleibender Rückzahlung realisiert oder zu realisieren droht.498 Wegen der Wertungsparallele müsse dies auch für aufsteigende Sicherheiten gelten, deren Bestellung daher bereits die relevante Leistung bzw. Auszahlung darstelle. 2. Kritik an der Anknüpfung an die Sicherheitenbestellung a) Kein endgültiger Vermögensverlust vor Verwertung Gegen die Sicherheitenbestellung als kapitalerhaltungsrechtlich relevanter Leistungsakt wird zunächst eingewandt, dass der besicherte Gegenstand dem Vermögen der Gesellschaft bis zur Verwertung zugeordnet bleibe499, mithin auch noch für eigene Zwecke eingesetzt werden könne.500 Folglich fließe auch kein Vermögen von der Gesellschaft an den Aktionär bzw. Gesellschafter, womit die von § 57 AktG bzw. § 30 GmbHG beabsichtigte Trennung zwischen Gesellschafts- und Gesellschaftervermögen noch nicht tangiert sei.501 Dass das Argument, der besicherte Vermögensgegenstand stünde bis zu seiner Verwertung weiter zur freien Verfügung der Gesellschaft, völlig fehl geht, wurde bereits erörtert.502 Ob die Gesellschaft den belasteten Gegenstand im Einzelfall (bspw. Sicherungsübereignung) tatsächlich weiter nutzen kann, ist irrelevant, wenn man bedenkt, dass auch jede tatsächliche Verwendung des Gegenstands vom Nichteintritt des Sicherungsfalls abhängt, mithin einem Ereignis, auf das die Gesellschaft keinen Einfluss hat. Ihr ist es damit genommen, den Gegenstand für einen von ihr bestimmten Zeitraum in ihren Geschäftsbetrieb sicher einzuplanen. Die Behauptung, der von § 57 AktG bzw. § 30 GmbHG beabsichtigte Gläubigerschutz sei mangels endgültigen Vermögensabflusses noch nicht betroffen, lässt außer Acht, dass es bei der Kapitalerhaltung im Kern um die Abschirmung des Gesellschafts-

497

Freitag, Der Konzern 2011, 330 (333); Kramer, Kapitalerhaltung, S. 53 f. Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140 vom 25. 07. 2007, S. 41: „Spätere, nicht vorhersehbare negative Entwicklungen der Forderung gegen den Gesellschafter und bilanzielle Abwertungen führen nicht nachträglich zu einer verbotenen Auszahlung.“ 499 Winkler/Becker, ZIP 2009, 2361 (2363 f.). 500 So Dampf, Der Konzern 2007, 157 (164 f.). 501 Vgl. Dampf, Der Konzern 2007, 157 (164); Meister, WM 1980, 390 (392 f.); Meyer, Besicherung, S. 142 f.; Seidel, DStR 2004, 1130 (1135). 502 Siehe § 3 B. II. 2. c) Keine freie Verfügbarkeit des Sicherungsgegenstandes bis zur Verwertung, S. 179 f. 498

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vermögens vom Zugriff der Gesellschafter und deren Gläubigern geht.503 Das geschützte Kapital soll vor einem Zugriff der Gesellschafter bewahrt werden, die aufgrund ihrer Nähe zur Gesellschaft diese in einer Weise steuern können, wie es jedem Gläubiger unmöglich ist. In Höhe des geschützten Kapitals entziehen die § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG und § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG daher den Aktionären bzw. Gesellschaftern die Befugnis über Gesellschaftsvermögen (auch indirekt) zu disponieren. Indem ein (herrschender) Aktionär bzw. Gesellschafter die Geschäftsleitung zu einer Sicherheitenbestellung aus dem (gebundenen) Gesellschaftsvermögen für seine Verbindlichkeiten veranlasst, wird aber genau diese Vermögensabschirmung überwunden, womit der betroffene Aktionär bzw. Gesellschafter bereits mit der Bestellung seinen aus der Mitgliedschaft resultierenden Vorteil erhält.504 Des Weiteren haben die Kapitalerhaltungsvorschriften eine präventive Schutzfunktion. § 57 AktG und § 30 GmbHG sind nicht lediglich Tatbestandsvoraussetzungen der Rückforderungsansprüche gem. § 62 Abs. 1 S. 1 AktG bzw. § 31 Abs. 1 GmbHG, sondern enthalten ein eigenständiges Leistungsverbot, welches insbesondere durch Androhung der persönlichen Haftung der Geschäftsleiter (vgl. § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG, § 43 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 GmbHG) präventiv durchzusetzen ist. Der präventiven Schutzfunktion kann jedoch nur Rechnung getragen werden, wenn der relevante Leistungsakt in einem Zeitpunkt gesehen wird, in dem die Gesellschaft bzw. ihre Geschäftsleiter einen Kapitalerhaltungsverstoß noch effektiv verhindern können.505 Dies ist ab wirksamer Sicherheitenbestellung mangels Bindung des gesellschaftsexternen Sicherungsnehmers an die Kapitalerhaltungsvorschriften nicht mehr der Fall.506 b) Widerspruch zur im MoMiG eindeutig angelegten bilanziellen Betrachtungsweise Der Einwand, dass sich der Bestellungsakt – sofern nicht bereits eine Verwertung droht – nicht bilanziell auswirkt, der Gesetzgeber des MoMiG für Konzernfinanzierungsgeschäfte aber eine bilanzielle Betrachtungsweise angeordnet hat und daher eine bilanzielle Auswirkung notwendige Voraussetzung einer Leistung bzw. Auszahlung sei507, geht fehl: Die Anordnung der bilanziellen Betrachtungsweise gilt nur für die durch das MoMiG neu geschaffenen Ausnahmetatbestände des § 57 Abs. 1

503 Siehe nur Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 Rn. 10; Ekkenga, in: MüKoGmbHG, § 30 Rn. 15; Kuntz, in: Gehrlein/Born/Simon GmbHG, § 30 Rn. 1. 504 Ähnlich Kuntz, ZGR 2017, 917 (925 f.). 505 So Kramer, Kapitalerhaltung, S. 49; Tasma, Gläubigerschutz, S. 204; dazu sogleich genauer unter B.V. 1. Die Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung als maßgebliche Leistung i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 1 AktG, S. 192 ff. 506 Zutreffend Kramer, Kapitalerhaltung, S. 49. 507 Möller, Upstream-Kreditsicherheiten, S. 100 f.; Söhner, Gläubigerschutz, S. 91 f.; Sutter/Masseli, WM 2010, 1064 (1065 f.); Undritz/Degenhardt, NZI 2015, 348 (349 f.).

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S. 3 Alt. 2 AktG und § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG, nicht hingegen für die vorherige Bestimmung einer Leistung bzw. Auszahlung als solcher.508 c) Unklarheiten für Personalsicherheiten Gegen die Maßgeblichkeit der Bestellung der Sicherheit wird angeführt, dass sie jedenfalls bei schuldrechtlichen Sicherheiten nicht der kapitalerhaltungsrechtlich relevante Leistungsakt sein könne. Hier müsse die Verwertung maßgeblich sein, da – anders als bei dinglichen Sicherheiten – das Sicherungsgut nicht schon mit der Bestellung aus dem Gesellschaftsvermögen auszugliedern sei.509 Durch die Belastung eines Vermögensgegenstandes mit einer dinglichen Sicherheit erlange der Sicherungsnehmer bereits mit der Sicherheitenbestellung eine dingliche Rechtsposition, die seine Stellung gegenüber anderen Gläubigern verbessere. Insbesondere im Fall der Insolvenz der sicherungsgewährenden Gesellschaft stehe dem Sicherungsnehmer einer Realsicherheit das Recht zur abgesonderten Befriedigung gem. §§ 49 ff. InsO zu.510 Die Differenzierung zwischen Real- und Personalsicherheiten verkennt jedoch, dass auch durch Letztere die Haftungsmasse der Gesellschaft belastet und die Befriedigungsaussichten ihrer Gläubiger in der Insolvenz quotal geschmälert werden. Auch wenn die Sicherungsnehmer durch die Personalsicherheit nur den Rang eines normalen Gläubigers eingeräumt bekommen, ohne ein „exklusives“ Absonderungsrecht, sind die vom BGH betonten Gläubigerbelange511 beeinträchtigt.512 Auch die wirtschaftlichen Beeinträchtigungen einer mit erheblichen Personalsicherheiten belasteten Gesellschaft stehen denen einer Realsicherheit nicht nach: Kreditgeber der Gesellschaft werden deren Belastung mit Personalsicherheiten in ihre Risikobewertung ebenso einbeziehen wie bei Realsicherheiten, sodass die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft auch ohne formellen Vermögensabfluss ab der Sicherheitenbestellung – ähnlich zu den Erwägungen der tatsächlichen Verfügbarkeit eines dinglich belasteten Gegenstandes – eingeschränkt ist.513 Des Weiteren zeigt die Parallele zum Recht der aufsteigenden Darlehen, dass bereits die Bestellung von 508 Ausführlich dazu bereits unter § 3 B. I. 2. b) Keine Anwendung bilanzieller Grundsätze zur Bestimmung der Leistung i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 1 AktG, S. 175 f. 509 Ekkenga, in: MüKoGmbHG, § 30 Rn. 140; Kuntz, in: Gehrlein/Born/Simon GmbHG, § 30 Rn. 43, 48; Rahmann, in: FS Lüer, S. 277 (289 f.); wohl auch Becker, ZIP 2017, 1599 (1606 f.); vor dem MoMiG bereits Reemann, MittRhNotK 1996, 113 (120); Wessels, ZIP 2004, 793 (797). 510 Reemann, MittRhNotK 1996, 113 (120) unter Verweis auf § 48 KO. 511 BGHZ 213, 224 (230) = NZG 2017, 344 (345) – Rz. 15; BGHZ 214, 258 (262 f.) = NZG 2017, 658 (659 f.) – Rz. 14. 512 So Verse, GmbHR 2018, 113 (116); ders., in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 97; siehe dazu auch Freitag, WM 2017, 1633 (1635). 513 Kramer, Kapitalerhaltung, S. 45 mit Hinweis auf die insoweit unzutreffenden Ausführungen von Steinbeck, WM 1999, 885 (887): „Bei schuldrechtlichen Sicherheiten dagegen spürt die Gesellschaft von dem Bestehen der Sicherheit bis zum Zeitpunkt der Verwertung nichts.“

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Personalsicherheiten eine kapitalerhaltungsrechtlich relevante Leistung darstellt: Im Zeitpunkt der Darlehensausreichung übernimmt die Gesellschaft das Insolvenzrisiko ihres Aktionärs bzw. Gesellschafters. Eben dies tut sie auch, indem sie eine schuldrechtliche Sicherheit verspricht, deren Verwertung sie ab diesem Zeitpunkt nicht mehr verhindern kann.514 Selbst wenn der BGH in seinen Entscheidungen aus dem Jahre 2017 jeglichen ausdrücklichen Hinweis zu Personalsicherheiten vermeidet, gibt er einen Hinweis auf die hier vertretene Gleichbehandlung zu Realsicherheiten, indem er zur Feststellung, dass die Bestellung einer Sicherheit bereits eine Auszahlung darstellt, auf die Entscheidung „Dritter Börsengang“ verweist.515 In diesem Urteil stellt der BGH wiederum fest, dass die Übernahme des Prospekthaftungsrisikos eines Aktionärs mit der Sicherheitenbestellung für Verbindlichkeiten eines Aktionärs vergleichbar sei und stellt für den kapitalerhaltungsrechtlich relevanten Leistungsakt auch auf die Übernahme als solche, losgelöst von einer drohenden Inanspruchnahme, ab.516 Da die Gesellschaft auch im Fall der Übernahme eines Prospekthaftungsrisikos nur schuldrechtlichen Ansprüchen – ohne Absonderungsprivileg – ausgesetzt ist, kann für die Bestellung von Personalsicherheiten nichts anderes gelten.517 Letztlich ist auch ihre bilanzielle Gleichbehandlung durch § 251 HGB ein Indiz dafür, dass eine Differenzierung zwischen Personal- und Realsicherheiten nicht angezeigt ist.518 Dieselben Erwägungen, die soeben für Personalsicherheiten angestellt wurden, treffen auf die Bestellung sog. revolvierender Sicherheiten zu.519 Nach Abschluss einer hierauf gerichteten schuldrechtlichen Sicherungsabrede kann die Gesellschaft die Entstehung eines Sicherungsrechts an einem konkreten Vermögensgegenstand ebenso wenig verhindern wie die Verwertung der betroffenen Gegenstände im Sicherungsfall.520 d) Fehlende Vergleichbarkeit zum aufsteigenden Darlehen aa) Kein Kündigungsrecht gem. § 490 Abs. 1 BGB im Falle der wesentlichen Vermögensverschlechterung Gegen die Wertungsparallele zum aufsteigenden Darlehen wird eingewandt, dass die Gesellschaft bei aufsteigenden Darlehen auf eine wesentliche Verschlechterung 514

So Verse, GmbHR 2018, 113 (116); ähnlich Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 33; Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1296 f.). 515 BGHZ 213, 224 (230) = NZG 2017, 344 (345) – Rz. 15; BGHZ 214, 258 (262 f.) = NZG 2017, 658 (659 f.) – Rz. 14. 516 BGHZ 190, 7 (15) = NZG 2011, 829 (831) – Rz. 21 (Dritter Börsengang). 517 Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1296). 518 Freitag, Der Konzern 2011, 330 (336). 519 Ausführlich dazu bereits unter Kapitel 1 § 2 C. II. 1. Zeitpunkt der Übernahme des Haftungsrisikos, S. 112 ff. 520 Zutreffend Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 33.

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der Vermögensverhältnisse des Aktionärs bzw. Gesellschafters immerhin noch mit einer außerordentlichen Kündigung nach § 490 Abs. 1 BGB reagieren könne. Diese Möglichkeit bestehe bei der Sicherheitenbestellung nicht.521 Dieser Einwand lässt jedoch den Freistellungsanspruch aus § 775 Abs. 1 Nr. 1 BGB (ggf. analog) außer Betracht, den die Gesellschaft gegen ihren Aktionär bzw. Gesellschafter geltend machen kann, wenn sich dessen Vermögensverhältnisse wesentlich verschlechtert haben.522 Richtig ist zwar, dass dieser tatbestandlich die wesentliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des persönlichen Schuldners voraussetzt und daher regelmäßig nicht mehr erfüllt werden kann. Schließlich wird weder der Schuldner die gesicherte Verbindlichkeit zurückzahlen können, noch wird der Sicherungsnehmer in dieser Situation, für die die Sicherheit gerade bestellt wurde, die Sicherheit freigeben.523 Allerdings wird auch der nach Kündigung gem. § 490 Abs. 1 BGB entstandene Darlehensrückzahlungsanspruch in vielen Fällen aufgrund der finanziellen Schieflage des Aktionärs bzw. Gesellschafters, die gerade tatbestandliche Voraussetzung einer Kündigung gem. § 490 Abs. 1 BGB ist, nicht durchsetzbar sein.524 Auch der Einwand, der Freistellungsanspruch sei inhaltlich von einem Darlehensrückzahlungsanspruch nach Kündigung gem. § 490 Abs. 1 BGB verschieden, da er die Mitwirkung des Sicherungsnehmers in Form eines Verzichts auf die Sicherheit erfordert525, vermag nicht zu überzeugen. Der Aktionär bzw. Gesellschafter (persönlicher Schuldner) muss den Sicherungsnehmer nicht von einer Freigabe überzeugen, sondern kann ihn schlichtweg durch Tilgung seiner Schuld zur Freigabe der Sicherheit zwingen. Insoweit kann es aber keinen Unterschied machen, ob der Aktionär bzw. Gesellschafter den Freistellungsanspruch durch Zahlung an den Sicherungsnehmer, der infolgedessen die Sicherheit herausgeben muss, sofern sie nicht ohnehin ipso iure erlischt, oder den Darlehensrückzahlungsanspruch gegenüber der Gesellschaft erfüllt. In beiden Fällen droht bei Nichtleistung des Aktionärs bzw. Gesellschafters derselbe Vermögensverlust.526 Ein relevanter Unterschied zur Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung von aufsteigenden Sicherheiten und Darlehen in Bezug auf den Zeitpunkt, wann sie

521 Altmeppen, ZIP 2017, 1977 (1980); Grigoleit/Rieder, GmbH-Recht nach dem MoMiG, Rn. 217; Winkler/Becker, ZIP 2009, 2361 (2365); ähnlich Kollmorgen/Santelmann/Weiß, BB 2009, 1818 (1819); Sutter/Masseli, WM 2010, 1064 (1069); Undritz/Degenhardt, NZI 2015, 348 (350). 522 Dazu, insbesondere zur Anwendbarkeit auf andere Sicherheiten als die Bürgschaft, Kapitel 1 § 2 C. II. 3. b) bb) Der auftragsrechtliche Freistellungsanspruch, S. 121 f. 523 Insoweit zutreffend Altmeppen, ZIP 2017, 1977 (1980). 524 Habersack, in: UHL GmbHG, § 30 Rn. 98; Verse, GmbHR 2018, 113 (115); ders., in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 103. 525 So Winkler/Becker, ZIP 2009, 2361 (2365); ähnlich Undritz/Degenhardt, NZI 2015, 348 (350). 526 Zutreffend Kramer, Kapitalerhaltung, S. 56.

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geleistet werden, folgt aus den Unterschieden von Kündigungsrecht und Freistellungsanspruch damit nicht.527 bb) Unterschiedliche Zwecksetzung von Besicherung und Darlehen Des Weiteren wird gegen die Wertungsparallele vorgebracht, dass aufsteigende Sicherheiten stets nur für den Verwertungsfall bestellt werden, also im Gegensatz zum aufsteigenden Darlehen gerade auf den Fall einer wesentlichen Bonitätsverschlechterung des Aktionärs bzw. Gesellschafters ausgelegt seien.528 Folglich sei auch erst in der wesentlichen Vermögensverschlechterung die kapitalerhaltungsrechtlich relevante Leistung zu erblicken.529 Hiergegen wird jedoch zutreffend eingewandt, dass die Parteien eine aufsteigende Sicherheit allen voran mit dem Ziel bestellen, dass ein Darlehen überhaupt oder jedenfalls zu besseren Konditionen an den Aktionär bzw. Gesellschafter ausgezahlt wird. Die nachträgliche Verwertung ist nur eine Folge von Umständen, die die beteiligten Parteien nicht mehr unmittelbar beabsichtigen. Die aufsteigende Sicherheit verfolgt damit – ebenso wie die unmittelbare aufsteigende Darlehensgewährung – den Zweck der Kapitalbeschaffung für den Aktionär bzw. Gesellschafter.530 cc) Bilanzielle Unterschiede bei aufsteigenden Besicherungen und Darlehen Letztlich wird gegen die Wertungsparallele vorgebracht, dass sich die aufsteigende Besicherung bei ihrer Bestellung regelmäßig, d. h. solange bereits hier noch keine Verwertung droht, nicht in der Bilanz niederschlage (§ 251 S. 1 HGB). Folglich könne es beim Abstellen auf den Bestellungszeitpunkt als relevanten Leistungsakt dazu kommen, dass die Sicherheit später an den Kapitalerhaltungsvorschriften vorbei verwertet werden könnte, nur weil im Bestellungszeitpunkt der Rückgriffsanspruch in den meisten Fällen vollwertig gewesen sein wird.531 Dass auf diese Weise faktisch Verstöße gegen die Kapitalerhaltung hingenommen werden, ist allerdings bei aufsteigenden Darlehen nicht anders: Auch wenn sich ihre Auszahlung stets in der Bilanz niederschlägt, schadet eine spätere Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Aktionärs bzw. Gesellschafters und ein ausbleibender Rückzah527 Zu den relevanten Unterschieden bzgl. des Pflichtenprogramms des Geschäftsleiters der Sicherungsgeberin vgl. Kapitel 4 § 2 C. III. Haftung wegen Fehlverhaltens nach Sicherheitenbestellung – Überwachungspflichten, S. 264 ff. 528 Winkler/Becker, ZIP 2009, 2361 (2365). 529 Winkler/Becker, ZIP 2009, 2361 (2363, 2365). 530 So Kramer, Kapitalerhaltung, S. 55. 531 Vgl. zur Problematik Habersack, in: UHL GmbHG, § 30 Rn. 98: „rechtspolitisch angreifbar“; Peltzer/Bell, ZIP 1993, 1757 (1760 f.); Schön, ZHR 159 (1995), 351 (358): „bilanzrechtliches U-Boot“; Undritz/Degenhardt, NZI 2015, 348 (349 f.).

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lungsanspruch aus kapitalerhaltungsrechtlicher Sicht nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers des MoMiG nicht532, solange nur im Zeitpunkt der Auszahlung der Rückzahlungsanspruch vollwertig war. Ein unvermeidbarer Abfluss von geschütztem Kapital wird im Fall der aufsteigenden Darlehen daher ebenso hingenommen.533 Dass sich dieser wegen der bilanziellen Auswirkungen der Darlehensauszahlung im Gegensatz zur Situation bei der aufsteigenden Besicherung in publizitätswirksamer Weise ankündigt, lässt die Publizität durch einen Vermerk unter der Bilanz gem. § 251 HGB außer Acht. Bedeutung erfährt im Zusammenhang mit der Publizität des Haftungsrisikos durch Sicherheitenbestellungen insbesondere die Pflicht zur Begründung nach § 268 Abs. 7 i.V.m. § 285 Nr. 27 HGB im Anhang, in der konkrete Erwägungen anzugeben sind, warum die unter der Bilanz vermerkten Posten nicht zu passivieren sind.534 Es bestehen daher zwar durchaus Unterschiede in der Bilanzierung von aufsteigenden Darlehen und Sicherheiten. Sie gebieten jedoch keine Differenzierung hinsichtlich des Zeitpunktes der kapitalerhaltungsrechtlich relevanten Leistung.

IV. Verpflichtung zur Bestellung der Sicherheit Eine immer verbreitetere Ansicht sieht bereits in der schuldrechtlichen Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung – sofern eine solche dem dinglichen Bestellungsakt zeitlich vorgelagert ist – eine kapitalerhaltungsrechtlich relevante Leistung.535 1. Begründung für die Heranziehung der schuldrechtlichen Verpflichtung Der entscheidende Unterschied zwischen einem aufsteigenden Darlehen und einer aufsteigenden Sicherheit liege darin, dass der Sicherungsnehmer als Dritter nicht wie der Gesellschafter im Fall des aufsteigenden Darlehens an den Kapitalerhaltungsgrundsatz gebunden ist. Hat sich die Gesellschaft wirksam und einredefrei 532

Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140 vom 25. 07. 2007, S. 41 i.V.m. S. 52. Zutreffend Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 51 f.; Habersack, in: UHL GmbHG, § 30 Rn. 98; Kramer, Kapitalerhaltung, S. 58 f. 534 Hierauf in anderem Kontext hinweisend Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 140 f.; siehe auch Begr. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067 vom 30. 07. 2008, S. 74 f.; dazu ausführlich Grottel, in: BeBiKo, § 285 Rn. 790 ff. 535 Altmeppen, ZIP 2017, 1977 (1979); ders., in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 128; Bayer/Lieder, ZGR 2005, 133 (146); Habersack, in: UHL GmbHG, § 30 Rn. 96; Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 30 Rn. 8, 34 f.; Kleindiek, NZG 2000, 483 (485); Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 57 Rn. 12a; Kramer, Kapitalerhaltung, S. 59 ff.; Pleister, ZIP 2015, 1097 (1100); Stimpel, in: FS 100 Jahre GmbHG, S. 335 (356 f.); Verse, GmbHR 2018, 113 (117); Wilhelm/Hoffmann, DB 2018, 1387 (1390); siehe auch Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 266; wohl auch Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, § 43 Rn. 97. 533

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zur Sicherheitenbestellung verpflichtet, so kann sie die (dingliche) Bestellung nicht mehr unter Berufung auf einen dadurch eintretenden Kapitalerhaltungsverstoß verhindern.536 Vielmehr kann der Sicherungsnehmer die Sicherheitenbestellung nach wirksamer Kausalabrede mit der Gesellschaft ohne Rücksicht auf ihre Vermögensverhältnisse – ggf. unter Fiktion der dafür notwendigen Erklärungen nach § 894 ZPO – gerichtlich durchsetzen. Das Insolvenzrisiko ihres Aktionärs bzw. Gesellschafters übernimmt die Gesellschaft daher bereits mit der Eingehung der Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung gegenüber dem Sicherungsnehmer.537 Das Gleiche müsse gelten, wenn sich die Gesellschaft nur gegenüber ihrem Aktionär bzw. Gesellschafter zur Sicherheitenbestellung verpflichtet, dem Sicherungsnehmer aus diesem Vertrag aber ein eigener Anspruch auf die Sicherheitenbestellung eingeräumt wird (§ 328 Abs. 1 BGB).538 2. Kritik an der Anknüpfung an die Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung Gegen die Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung als kapitalerhaltungsrechtlich relevante Handlung wird angeführt, dass sie lediglich zu einer Vermögensgefährdung führe, nicht hingegen zu einem Entzug von Gesellschaftsvermögen. Erst mit der Bestellung der Sicherheit verlieren die übrigen Gläubiger den Zugriff auf den Sicherungsgegenstand, da die Gesellschaft ab diesem Zeitpunkt den Vermögensabfluss im Sicherungsfall nicht mehr unter Berufung auf die Kapitalerhaltung verhindern könne.539 Dieser Einwand verkennt jedoch, dass auch die Sicherheitenbestellung noch keinen tatsächlichen Vermögensentzug mit sich bringt, sondern nur dazu führt, dass ein solcher nicht mehr zu verhindern ist, da dem Sicherungsnehmer kein Kapitalerhaltungsverstoß im Verwertungsfall entgegengehalten werden kann. Damit liegt – auch wenn man auf den (dinglichen) Bestellungsakt abstellen möchte – die kapitalerhaltungsrechtliche Bedeutung in dem Entzug der Möglichkeit, einen Kapitalerhaltungsverstoß durch Vermögensabfluss im Sicherungsfall zu verhindern. Eben diese Erwägung greift aber bereits im Zeitpunkt der bindenden Verpflichtung zur Besicherung gegenüber dem Sicherungsnehmer: Dieser kann ohne Zutun der Gesellschaft und ohne, dass diese es verhindern könnte, die Sicherheit mittels gerichtlicher Durchsetzung zum Entstehen bringen. Dann befindet sich die Gesellschaft wieder in der auch von den Kritikern anerkannten Situation, in der ein Kapitalerhaltungsverstoß nicht mehr in ihrer Hand liegt. Die entscheidende Erkenntnis besteht also darin, dass sie die Möglichkeit, den Abfluss von gebundenem Kapital zu 536 Vgl. nur Altmeppen, ZIP 2017, 1977 (1979); Kramer, Kapitalerhaltung, S. 60 f.; Tasma, Gläubigerschutz, S. 204 f.; Verse, GmbHR 2018, 113 (117). 537 Altmeppen, ZIP 2017, 1977 (1979); Verse, GmbHR 2018, 113 (117). 538 Kramer, Kapitalerhaltung, S. 61. 539 So Kuntz, ZGR 2017, 917 (922).

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Teil 1, Kap. 2: Aufsteigende Sicherheiten und Kapitalerhaltung

verhindern, bereits mit der Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung aus der Hand gibt, mithin ab diesem Zeitpunkt auch für die übrigen Gläubiger feststeht, dass ihnen der betroffene Vermögensgegenstand bei Eintritt des Sicherungsfalls nicht zur eigenen Befriedigung zur Verfügung stehen wird.

V. Abschließende Stellungnahme 1. Die Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung als maßgebliche Leistung i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 1 AktG Abzulehnen sind zunächst die Ansichten, die auf die (drohende) Verwertung der Sicherheit als Leistungsakt abstellen. Zu diesem Zeitpunkt ist ein Kapitalerhaltungsverstoß nicht mehr zu verhindern, da Rückgriffsansprüche gegen den im Sicherungsfall regelmäßig insolventen Aktionär bzw. Gesellschafter wertlos sind. Auch eine Rückforderung der Sicherheit vor ihrer Verwertung in Form einer Freistellung als Rechtsfolge des Kapitalerhaltungsverstoßes (§ 62 Abs. 1 S. 1 AktG) geht dann ins Leere. Das kapitalerhaltungsrechtliche Schutzsystem, welches das geschützte Kapital gerade erhalten, also den Abfluss präventiv verhindern soll, versagt, wenn nicht bereits die Bestellung der Sicherheit an ihm zu messen ist. Allenfalls bleibt die Haftung der Geschäftsleiter der sicherungsgewährenden Gesellschaft wegen des Kapitalerhaltungsverstoßes (§ 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG, § 43 Abs. 3 S. 1 GmbHG). Diese hat ihren Ursprung aber in der Überlegung, dass die Geschäftsleiter bei Meidung ihrer persönlichen Haftung alles zum Erhalt des Grundkapitals tun werden (vgl. Art. 179 Abs. 1, Abs. 2 Hs. 2, 199 Abs. 4 Preußischer Entwurf ADHGB von 1857 bzw. Art. 217 Abs. 1 Hs. 2, 241 Abs. 2 S. 2 ADHGB 1861).540 Sie ist daher nicht primär darauf ausgelegt, das geschützte Kapital wiederherzustellen, sondern soll die Geschäftsleiter von vorn herein davon abbringen, über das geschützte Kapital zu disponieren.541 Dies bestätigt nur die präventive Funktion der Kapitalerhaltung, derer man nicht gerecht würde, ließe man den Zeitpunkt, in dem in unumkehrbarer 540

Vgl. Entwurf eines Handelsgesetzbuches für die Preussischen Staaten nebst Motiven, Berlin 1857, Erster Theil: Entwurf, S. 32 f., 37 f.; Zweiter Theil: Motive, S. 90, 96. Siehe auch Lutz, Protokolle der Kommission zur Berathung eines allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches, S. 311: „[…] Bestimmung, […] um die Gefährdung [der Gesellschaftsgläubiger] durch vorzeitige Kapitalheimzahlungen und durch Beseitigung aller Mittel für ihre Befriedigung ferne zu halten“. 541 Dies zeigt sich auch darin, dass erst zur Aktienrechtsnovelle durch das HGB von 1897 eine Vorgängerregelung zum heutigen § 62 AktG zur Wiederherstellung des abgeflossenen Kapitals eingeführt wurde: § 180 des Ersten Entwurfs des Reichsjustizamtes von 1895 sah vor, dass Gesellschafter, die unzulässige Auszahlungen erhalten haben, in Höhe der empfangenen Leistungen den Gesellschaftsgläubigern gegenüber für Verbindlichkeiten der Gesellschaft unmittelbar haften. Vor Einführung dieser kurativen Regelung existierte lediglich das präventive Verbot der Einlagenrückgewähr, welches effektiv durch Androhung einer Vorstandshaftung durchgesetzt werden sollte; vgl. Begr. zum Entwurf des Reichsjustizamtes von 1895, abgedruckt bei Schubert/Schmiedel/Krampe, Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, Bd. 2/ 1, S. 119 f.

§ 3 Relevante Zeitpunkte von Leistung und Rückgewähranspruch

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Weise über Gesellschaftsvermögen disponiert wird, kapitalerhaltungsrechtlich unbeachtet. Zudem ist eine Haftung der Geschäftsleiter schwer zu rechtfertigen, wenn sie im Zeitpunkt des Kapitalerhaltungsverstoßes, also der (drohenden) Verwertung, keine Reaktionsmöglichkeit gegenüber dem Sicherungsnehmer mehr haben: Wer gar nicht handeln kann, kann auch nicht pflichtwidrig handeln. Damit der Geschäftsleiterhaftung für Kapitalerhaltungsverstöße in Fällen der aufsteigenden Besicherung überhaupt ein sinnvoller Anwendungsbereich eröffnet wird, ist der offensichtlichste Anknüpfungspunkt für ein pflichtwidriges Verhalten wieder die Bestellung der Sicherheit. Ab diesem Zeitpunkt können die Gesellschaft bzw. ihre Geschäftsleiter die Verwertung und mit ihr den endgültigen Abfluss von geschütztem Kapital nicht mehr einseitig verhindern. Der präventive Zweck der Kapitalschutzvorschriften wird daher nur erreicht, wenn der letztmögliche Handlungszeitpunkt zur Vermeidung eines Kapitalerhaltungsverstoßes als Leistungsakt berücksichtigt wird. Eben dies ist jedenfalls die (dingliche) Bestellung der Sicherheit. Mangels triftiger Differenzierungsgründe gilt dies unabhängig davon, ob eine Real- oder eine Personalsicherheit bestellt wird.542 Richtigerweise wird der Gesellschaft und ihren Geschäftsführern aber bereits früher, nämlich mit der Verpflichtung zur Bestellung einer Sicherheit gegenüber dem Sicherungsnehmer die Möglichkeit genommen, einen Kapitalerhaltungsverstoß zu verhindern. Ab der wirksamen Verpflichtung zur Bestellung kann der Sicherungsnehmer die Sicherheit grundsätzlich einseitig zum Entstehen bringen und sie damit später für die gesicherten Verbindlichkeiten verwerten, ohne dass die Gesellschaft hiergegen vorgehen könnte. Wie soeben gezeigt ist damit auch der maßgebliche Gedanke der Gläubigerbenachteiligung bereits ab der wirksamen Verpflichtung einschlägig. Eine Ausnahme von dem Grundsatz, bereits auf die Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung abzustellen, gilt auch nicht für den Fall, dass die Auszahlung der Darlehensvaluta und damit die Entstehung der gesicherten Forderung im Darlehensvertrag durch die Vornahme der seitens der Gesellschaft notwendigen Handlungen zur Sicherheitenbestellung bedingt wurde: Zwar übernimmt die Gesellschaft das Haftungsrisiko erst, wenn sowohl die Sicherheit als auch die gesicherte Forderung zur Entstehung gelangt sind. Sowohl den Bedingungseintritt als auch die Forderungsentstehung kann der Sicherungsnehmer jedoch ab wirksamer Verpflichtung – ggf. gerichtlich – einseitig herbeiführen, sodass auch in dieser Konstellation das Risiko, für die Insolvenz des Aktionärs bzw. Gesellschafters einstehen zu müssen, bereits in einer unumkehrbaren Weise durch die wirksame Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung gegenüber dem Sicherungsnehmer begründet wird.543

542

Ausführlich dazu unter § 3 B. III. 2. c) Unklarheiten für Personalsicherheiten, S. 186 f. Zu diesem Fall bereits ausführlich Kapitel 1 § 2 C. II. 1. Zeitpunkt der Übernahme des Haftungsrisikos, S. 112 ff. 543

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Teil 1, Kap. 2: Aufsteigende Sicherheiten und Kapitalerhaltung

Letztlich sei angemerkt, dass die Differenzierung zwischen dem Zeitpunkt der Verpflichtung zur Besicherung und dem Bestellungsakt eher selten relevant sein wird: Erstens fallen beide Handlungen in der Finanzierungspraxis regelmäßig zusammen.544 Zweitens tragen schuldrechtliche Sicherungsinstrumente ihren Rechtsgrund in der Regel in sich, sodass eine vorgelagerte Sicherungsabrede ohnehin entbehrlich ist.545 Allenfalls begleitet die Sicherungsabrede in diesen Fällen die Bestellung zur Konkretisierung des Sicherungsumfangs.546 2. Weitere Leistungsakte nach der Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung Nachdem nunmehr geklärt wurde, dass im Grundsatz auf die Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung zur kapitalerhaltungsrechtlichen Prüfung abzustellen ist, bleibt die Frage, ob nachgelagerte Ereignisse, namentlich die Bestellung und die (drohende) Verwertung der Sicherheit, zu weiteren Leistungen i.S.d. § 57 AktG führen können. a) Weiterer Leistungsakt in der (drohenden) Verwertung Schnell zu verwerfen ist der Gedanke, man könnte neben der Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung zusätzlich auf die spätere Verwertung zur Begründung eines Kapitalerhaltungsverstoßes abstellen. Erstens bestehen weiterhin die bereits analysierten Einwände gegen die Verwertung als kapitalerhaltungsrechtlich relevante Handlung, insbesondere das fehlende veranlassende Verhalten seitens der Gesellschaft.547 Zweitens führte das zusätzliche Abstellen auf die Verwertung stets zu einem Kapitalerhaltungsverstoß, da Freistellungs- und Rückgriffsansprüche zu diesem Zeitpunkt regelmäßig nicht mehr vollwertig sein werden. Damit würde das Ergebnis einer kapitalerhaltungsrechtlichen Prüfung bei Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung mit ihren korrespondierenden Geschäftsleiterpflichten hinfällig werden, wenn man bedenkt, dass die aufsteigende Besicherung wegen unabwendbaren Kapitalerhaltungsverstoßes bei (drohender) Verwertung ohnehin stets unzulässig ist.548 Diese Unklarheiten im anzuwendenden Prüfungsmaßstab haben den 544 Vgl. Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, § 43 Rn. 97 mit Fn. 156; Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 26; Verse, GmbHR 2018, 113 (117). 545 Siehe beispielsweise zur Bürgschaft Habersack, in: MüKoBGB, § 765 Rn. 3 m.w.N.; vgl. zum abstrakten Schuldversprechen hingegen Habersack, in: MüKoBGB, § 780 Rn. 47 m.w.N. 546 Vgl. Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, § 43 Rn. 97 mit Fn. 156. 547 Siehe dazu § 3 B. I. 2. c) Fehlender Leistungsakt seitens der besichernden AG, S. 176 ff. sowie § 3 B. II. 2. b) Erneut fehlender Leistungsakt der AG im Zeitpunkt der Verwertung, S. 178 f. 548 Vgl. § 3 B. I. 2. a) Stetige Unzulässigkeit der aufsteigenden Besicherung im Leistungszeitpunkt, S. 174 f.

§ 3 Relevante Zeitpunkte von Leistung und Rückgewähranspruch

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Gesetzgeber des MoMiG im grundsätzlich ähnlich gelagerten Parallelfall der aufsteigenden Darlehen dazu bewegt, bzgl. eines Kapitalerhaltungsverstoßes nur auf den Auszahlungszeitpunkt abzustellen und spätere Entwicklungen, namentlich eine ausbleibende Rückzahlung, für kapitalerhaltungsrechtlich irrelevant zu erklären.549 Besteht bei Sicherheitenbestellung ein vollwertiger Freistellungs- oder Rückgriffsanspruch, so liegt ein nach der Konzeption des § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG zulässiger Aktiventausch vor, der keine verbotene Leistung darstellt. Eine nicht absehbare negative Veränderung in der Vollwertigkeit führt für sich nicht zu einer eigenen Leistung.550 Dieses Risiko hat – soweit möglich – vielmehr bereits in die ursprüngliche Vollwertigkeitsprüfung einzufließen.551 b) Separater Leistungsakt in der (dinglichen) Sicherheitenbestellung Sofern die (schuldrechtliche) Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung und der (dingliche) Bestellungsakt zeitlich auseinanderfallen, stellt sich die Frage, ob neben der Verpflichtung auch die Bestellung eine eigene kapitalerhaltungsrechtlich relevante Leistung darstellt, die Grundlage für einen Kapitalerhaltungsverstoß sein kann. Auch diese Problematik spielt vor allem eine Rolle, wenn sich die Vollwertigkeitsprognose hinsichtlich des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs gegen den Aktionär zwischen der Verpflichtung und der dinglichen Bestellung negativ verändert. Einer Ansicht nach liegt in der Bestellung der Sicherheit trotz mittlerweile fehlender Vollwertigkeit der Gegenansprüche kein Kapitalerhaltungsverstoß, wenn diese Entwicklung im Zeitpunkt der wirksamen Verpflichtung noch nicht feststellbar war.552 Nach der Gegenansicht fordert der maßgebliche Gedanke der Kapitalerhaltung, dass es zu keiner Zeit zu einer Begünstigung des Aktionärs bzw. Gesellschafters aus gebundenem Vermögen kommen darf, weshalb jedenfalls auch die dingliche Verfügung über den Sicherungsgegenstand eine Leistung i.S.d. Kapitalerhaltungsrechts sein müsse.553 Letztere Ansicht trifft insoweit zu, dass sämtliche Verfügungen über gebundenes Vermögen von der Kapitalerhaltung erfasst werden müssen. Erkennt man jedoch, dass einerseits weder mit der dinglichen Sicherheitenbestellung noch mit der Verpflichtung hierzu unmittelbar Vermögen abfließt und andererseits bereits die Übernahme des Haftungsrisikos und nicht erst die spätere Verwertung im besonderen Fall der aufsteigenden Besicherung den kapitalerhaltungsrechtlichen Schutz auslöst, so liegt in der (dinglichen) Bestellung der Sicherheit trotz inzwischen 549

Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140 vom 25. 07. 2007, S. 41 i.V.m. S. 52. BGHZ 214, 258 (265 f.) = NZG 2017, 658 (660) – Rz. 21; i.E. ebenso Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 53; Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 Rn. 43, 63; Gehrlein, Der Konzern 2007, 771 (785); Kuntz, in: Gehrlein/Born/Simon GmbHG, § 30 Rn. 45; siehe auch BGHZ 179, 71 (78) = NZG 2009, 107 (109) – Rz. 13 (MPS). 551 Siehe dazu unter § 4 B. I. 3. Indikatoren zur Beurteilung einer wahrscheinlichen Darlehensrückzahlung, S. 209 f. 552 So wohl Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 30 Rn. 36a. 553 Altmeppen, ZIP 2017, 1977 (1979). 550

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Teil 1, Kap. 2: Aufsteigende Sicherheiten und Kapitalerhaltung

mangelnder Vollwertigkeit des Freistellungs- bzw. Rückgriffsanspruchs gar keine weitere Vermögensverfügung. Die Übernahme des Haftungsrisikos erfolgt – wie umfassend dargelegt – in unumkehrbarer Weise bereits mit der wirksamen Verpflichtung zur Besicherung. In diesem Zeitpunkt verfügt die Gesellschaft über ihr Vermögen, da sie gegenüber dem Sicherungsnehmer die folgende (dingliche) Bestellung ohnehin nicht verhindern kann. Hat sich bis zur (dinglichen) Bestellung etwas an der Vollwertigkeit des Freistellungs- bzw. Rückgriffsanspruchs geändert, so realisiert sich für die Gesellschaft lediglich schon ein Teil des bereits übernommenen Haftungsrisikos554, wenn sie vom Sicherungsnehmer zur Bestellung gezwungen wird. Es erfolgt jedoch keine neue Vermögensverfügung, mithin auch keine neue Leistung zur Begründung eines Kapitalerhaltungsverstoßes. c) Änderungen beim Sicherungsumfang als weitere Leistung i.S.d. § 57 AktG Eine weitere kapitalerhaltungsrechtlich relevante Leistung nach der Sicherheitenbestellung könnte in der Änderung des Sicherungsumfangs liegen. Genauer: Ändert sich der Umfang oder die Art der besicherten Forderung könnte hierin eine von der ursprünglichen Sicherheitenbestellung zu trennende Leistung liegen. Handelt es sich um nichtakzessorische Sicherheiten (z. B. Sicherungsübereignung, Grundschuld, Garantie), so können die sich in Umfang und Art ändernden Forderungen durch bloße Anpassung der Sicherungsabrede, die das jeweilige Sicherungsrecht mit der besicherten Forderung verknüpft, in ihrer modifizierten Form in die Besicherung aufgenommen werden. Neue Forderungen können nach Erledigung des ursprünglichen Sicherungszwecks mit demselben Instrument besichert werden, sofern dieses unter Vereinbarung eines neuen Sicherungszwecks revalutiert wird.555 Derartige Änderungen stellen dann eine neue Leistung i.S.d. § 57 AktG dar, wenn sich im Vergleich zum Sicherungszweck bei der ursprünglichen Sicherheitenbestellung die Gefahr für das gebundene Kapital erhöht, mithin ein höheres Haftungsrisiko übernommen wird. Eine Risikoerhöhung ist aber nicht nur dann zu bejahen, wenn die Änderungen handelsbilanzielle Passivierungen nach sich ziehen würden.556 Es geht um die Frage einer erneuten kapitalerhaltungsrechtlichen Leistung, die gerade losgelöst von handelsbilanziellen Grundsätzen, die nur zur Prüfung des § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG Anwendung finden, zu beantworten ist. Es gilt daher zu fragen, ob das bisherige Risiko, dass im Sicherungsfall in geschütztes Kapital vollstreckt wird, in irgendeiner Weise ausgeweitet wird, z. B. aufgrund eines erhöhten Umfangs der besicherten Forderungen, wegen deren Stundung und damit 554 Die (teilweise) Realisierung des Haftungsrisikos drückt sich wegen der Solvenzprobleme des Aktionärs regelmäßig in Form einer ab mangelnder Vollwertigkeit der Gegenleistungsansprüche nötigen Rückstellungsbildung gem. § 249 HGB aus. 555 Vgl. Brünink, in: Lwowski/Fischer/Gehrlein Kreditsicherung, § 3 Rn. 34; Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1297). 556 So Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1297).

§ 4 Die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs

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einer Verlängerung des Haftungsrisikos oder jedenfalls bei Ersetzen einer beglichenen Forderung durch eine neue. Ist der vereinbarte Sicherungszweck hingegen ausreichend weit formuliert, sodass nachträgliche Änderungen in Bestand, Umfang und Laufzeit der besicherten Forderungen vom Sicherungsinstrument erfasst sein sollen, wird durch eine tatsächlich eintretende Änderung das Risiko für die Gesellschaft, das sie bereits mit der Sicherheitenbestellung unter einem derart weiten Sicherungszweck eingegangen ist, nicht erhöht, womit eine neue kapitalerhaltungsrechtlich relevante Leistung ausscheidet.557 Bei akzessorischen Sicherheiten (z. B. Pfandrecht, Hypothek, Bürgschaft) ist eine Änderung des Sicherungszwecks durch Austausch oder Modifikation der ursprünglich besicherten Forderung ohnehin nicht möglich. Jede Erweiterung im Bestand der ursprünglich besicherten Forderungen erfordert daher eine neue Sicherheitenbestellung – ggf. mit demselben Sicherungsgegenstand – die für sich genommen eine neue Leistung i.S.d. § 57 AktG darstellt.558

§ 4 Die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs A. Der Rückgewähranspruch i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG bei aufsteigenden Sicherheiten Nachdem festgestellt wurde, dass bereits mit jeder Verpflichtung zu einer Sicherheitenbestellung gegenüber den Kreditgebern des Aktionärs eine Leistung i.S.d. § 57 AktG erbracht wird, ist für ihre kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit zu klären, ob sie durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Aktionär gedeckt ist (§ 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG). Dafür gilt es zunächst, der Frage nachzugehen, worin ein solcher Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch in der aufsteigenden Besicherung bestehen kann.

I. Der Freistellungsanspruch nach BGHZ 213, 224 und BGHZ 214, 258 Nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH besteht der Rückgewähranspruch i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG gegen den mit der Besicherung begünstigten Aktionär darin, dass dieser die Gesellschaft von der Inanspruchnahme der Sicherheit bei Fälligkeit des Darlehens freizustellen hat.559 Dieser Freistellungsanspruch, der sich mit der Verwertung der Sicherheit in einen Rückgriffsanspruch gegen den 557

Insoweit zutreffend Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1297). Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1297). 559 BGHZ 213, 224 (231) = NZG 2017, 344 (345) – Rz. 18; BGHZ 214, 258 (264) = NZG 2017, 658 (660) – Rz. 18. 558

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Teil 1, Kap. 2: Aufsteigende Sicherheiten und Kapitalerhaltung

Aktionär wandelt und damit als bloße Fortsetzung des Freistellungsanspruchs gilt, ist der Rückgewähranspruch i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG.560 Bei allen Streitigkeiten um die Werthaltigkeitsprüfung scheint nahezu Einigkeit darin zu bestehen, dass dieser vom BGH bezeichnete Freistellungsanspruch der relevante Anknüpfungspunkt für § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG ist.561 Zwar wurde bestritten, dass § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG überhaupt auf den Fall der aufsteigenden Besicherung anzuwenden sei, da eine Freistellung von der Sicherheit bzw. ein Rückgriff nur in Betracht komme, wenn die Sicherheit droht, verwertet zu werden oder schon verwertet wurde. Dann gehe aber angesichts der finanziellen Situation des Aktionärs auch die Freistellung bzw. der Rückgriff ins Leere, sodass diese Ansprüche im Rahmen des § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG stets wertlos seien, mithin die Ausnahmeregelung gar nicht berücksichtigt werden solle.562 Diese Einwände greifen allerdings nicht: Richtig ist, dass es regelmäßig einen tatsächlichen Zusammenhang zwischen der Sicherheitenverwertung und der Insolvenz des Aktionärs geben wird, der infolgedessen auch nicht in der Lage ist, einem Freistellungs- und Rückgriffsanspruch nachzukommen. Diese besondere Problematik gilt es aber in der Ausgestaltung der Anforderungen an die Vollwertigkeit dieser Gegenansprüche zu berücksichtigen, mithin bei der Frage, wie diese Ansprüche als Gegenleistung anzuerkennen sind.563 Da ein latenter Freistellungsund Rückgriffsanspruch aber erstmal jeder Sicherheitenbestellung immanent ist, man seine (bedingte) Existenz564 daher nicht leugnen kann, besteht kein Grund, bereits die Frage, ob sie als Anknüpfungspunkt für § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG zu berücksichtigen sind, zu verneinen.

560

BGHZ 213, 224 (231) = NZG 2017, 344 (345) – Rz. 18 unter Verweis auf BGHZ 190, 7 (16 f.) = NZG 2011, 829 (832) – Rz. 24 f. (Dritter Börsengang). 561 Siehe nur Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 190; Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 47 ff.; Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1296); Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 57 Rn. 27; Kuntz, ZGR 2017, 917 (929 ff.); Séché/Theusinger, BB 2017, 1550 (1552); Verse, GmbHR 2018, 113 (117); Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 57 Rn. 59. 562 So Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, 19. Aufl. 2016, § 30 Rn. 36, der diese Position jedoch mittlerweile aufgegeben hat, vgl. Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 30 Rn. 35 ff.; Winkler/Becker, ZIP 2009, 2361 (2364). 563 Zur richtigen Vollwertigkeitsdefinition über die Nichtentstehung der Ansprüche, siehe § 4 B. I. 1. a) Der Zusammenhang zwischen Freistellungsanspruch und Darlehensrückzahlungsanspruch, S. 201 f. 564 Zur Frage, wann diese Ansprüche materiell entstehen, vgl. Kapitel 1 § 2 C. II. 3. b) bb) Der auftragsrechtliche Freistellungsanspruch, S. 121 sowie cc) Der auftragsrechtliche Rückgriffsanspruch, S. 122.

§ 4 Die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs

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II. Der rechtliche Ursprung des Freistellungsund Rückgriffsanspruchs Der BGH führt allerdings nicht aus, woher dieser Freistellungsanspruch gegen den Aktionär kommt. Vielmehr unterstellt er seine Existenz. In der dem Urteil folgenden Literatur wird ausgeführt, der Freistellungsanspruch folge aus dem Auftrag bzw. Geschäftsbesorgungsvertrag (abhängig von einer Gegenleistung des Aktionärs) mit dem Gesellschafter.565 Andere meinen, die Gesellschaft müsse vor der Sicherheitenbestellung in einer Sicherungsabrede mit ihrem Aktionär einen derartigen Anspruch auf Freistellung vereinbaren.566 Wie weiter oben dargelegt entsteht durch die Veranlassung der abhängigen Gesellschaft durch das herrschende Unternehmen zur Besicherung ihrer Verbindlichkeiten zwischen beiden in der Regel ein Auftragsverhältnis, aus dem unter den Voraussetzungen des § 775 Abs. 1 Nr. 1 BGB in analoger Anwendung ein Freistellungsanspruch und nach Verwertung der Sicherheit ein Rückgriffsanspruch gem. § 670 BGB herrührt.567 Die Entstehung des Freistellungsanspruchs setzt danach die wesentliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Aktionärs voraus – mithin eine Situation, in der es ihm regelmäßig nicht mehr gelingen wird durch vollständige Rückzahlung des Darlehens die Sicherheit seiner Gesellschaft freizugeben, also i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG zurückzugewähren. Die Leistung durch die Verpflichtung der Sicherheitenbestellung wäre dann typisiert betrachtet stets unzulässig. Umso entscheidender ist es, dass der BGH – im Gegensatz zu vielen Stimmen in der an das Urteil anknüpfenden Literatur – nicht nur auf den Freistellungsanspruch als Rückgewähranspruch abstellt, sondern diesen in einer Einheit mit dem Rückgriffsanspruch infolge der Verwertung betrachtet568, der zumindest tatbestandsmäßig keine Bonitätsverschlechterung des Aktionärs voraussetzt und die Leistung der Gesellschaft jedenfalls ihrem Werte nach i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG zurückgewähren kann.569 Einer trennscharfen Differenzierung zwischen Freistellungs- und Rückgriffsanspruch bedarf es nach der Ansicht des BGH zu ihrer Vollwertigkeit, die vorliegen soll, wenn der Ausfall des Aktionärs mit der Rückzahlung des gesicherten Darlehens unwahrscheinlich ist570, ohnehin nicht: Er bemisst 565

Séché/Theusinger, BB 2017, 1550 (1551); Verse, GmbHR 2018, 113 (117). So Kuntz, ZGR 2017, 917 (931) mit Fn. 57. 567 Ausführlich unter Kapitel 1 § 2 C. II. 3. b) bb) Der auftragsrechtliche Freistellungsanspruch, S. 121 sowie Kapitel 1 § 2 C. II. 3. b) cc) Der auftragsrechtliche Rückgriffsanspruch, S. 122. 568 BGHZ 213, 224 (231) = NZG 2017, 344 (345) – Rz. 18. 569 Ähnlich zum Ausgleich des Haftungsrisikos als Nachteil i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG mittels Freistellungs- und Rückgriffsanspruch als einem einheitlichen Haftungsbefreiungsanspruch unter Kapitel 1 § 2 C. II. 3. c) aa) (2) Rückgriffsanspruch als ausgleichender Vorteil, S. 124. 570 BGHZ 213, 224 (232) = NZG 2017, 344 (346) – Rz. 19; BGHZ 214, 258 (264 f.) = NZG 2017, 658 (660) – Rz. 19. 566

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Teil 1, Kap. 2: Aufsteigende Sicherheiten und Kapitalerhaltung

die Vollwertigkeit damit nämlich an einem Fall, in dem keiner der beiden Ansprüche überhaupt entsteht. Was den Anspruch der Gesellschaft gegen ihren Aktionär nach Verwertung (Rückgriffsanspruch) betrifft, kann für seinen rechtlichen Ursprung im Fall der Verwertung einer akzessorischen Sicherheit auch auf die übergegangene Darlehensforderung abgestellt werden.571

III. Gegenleistungsanspruch aus Darlehensvertrag mit Aktionär Sucht man nach Gegenansprüchen, die die Gesellschaft infolge der aufsteigenden Besicherung gegen ihren Aktionär geltend machen kann, um die Leistung vor dem Hintergrund des § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG zulässig werden zu lassen, könnten Ansprüche auf Auszahlung einer Darlehensvaluta aus einem Verbundkredit relevant werden. Nimmt das herrschende Unternehmen einen Großkredit auf, der an die Tochtergesellschaften, die hierfür Sicherheiten stellen, verteilt werden soll, folgen auf die Auszahlung an das herrschende Unternehmen Valutierungsansprüche der Tochtergesellschaften. Ähnliches gilt im Cash Pool, wenn das herrschende Unternehmen die Cash Pool betreibende Gesellschaft ist und der Cash Pool Saldo infolge der aufsteigenden Besicherung ausgeweitet wurde. Diese Darlehensvalutierungsansprüche basieren allerdings auf einem eigenen, von der Sicherungsabrede zu trennenden Rechtsverhältnis, nämlich einem Darlehensvertrag zwischen dem herrschenden Unternehmen und der abhängigen Gesellschaft bzw. der Cash Pool Abrede. Für § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG muss der Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch aber aus demselben Rechtsverhältnis herrühren.572 Den Valutierungsansprüchen stehen außerdem eigene Rückgewähransprüche (§ 488 Abs. 1 S. 2 BGB) des herrschenden Unternehmens gegenüber, sodass sie nicht isoliert für eine Kompensationsleistung i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG herangezogen werden können. Ihnen kommt angesichts einer Aufrechnungsmöglichkeit allenfalls Bedeutung bei der Vollwertigkeit des einzig im Zuge des § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG maßgeblichen Rückgriffsanspruchs zu.573

571 Siehe z. B. §§ 774 S. 1, 1143 Abs. 1 S. 1, 1225 S. 1 BGB; kritisch zur Heranziehung der übergegangenen Forderung Kuntz, ZGR 2017, 917 (931 f.). 572 Vgl. statt aller Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 Rn. 140; siehe auch Ekkenga, in: MüKoGmbHG, § 30 Rn. 230: „ausgleichendes Äquivalent“, Rn. 231: „Leistungsäquivalenz“. 573 Dazu unter § 4 C. I. Vollwertigkeitsprognose bei laufend schwankendem Cash Pool Saldo, S. 221 f.

§ 4 Die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs

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B. Die Vollwertigkeitskriterien im Einzelnen I. Unwahrscheinlicher Ausfall des Darlehensrückzahlungsanspruchs 1. Die Vollwertigkeitsprognose nach BGHZ 213, 224 und BGHZ 214, 258 a) Der Zusammenhang zwischen Freistellungsanspruch und Darlehensrückzahlungsanspruch Der BGH hält den Freistellungs- und Rückgriffsanspruch für vollwertig, wenn der Ausfall des Darlehensrückzahlungsanspruchs des Sicherungsnehmers unwahrscheinlich ist. Ist der Aktionär aus einer ex-ante Perspektive bei Sicherheitenbestellung voraussichtlich in der Lage, das besicherte Darlehen zurückzuzahlen, wird der Sicherungsnehmer voraussichtlich gar nicht auf die Sicherheit zugreifen.574 Es gelte daher, bei Sicherheitenbestellung zu untersuchen, ob nach einer vernünftigen kaufmännischen Beurteilung (§ 253 HGB) der Darlehensrückzahlungsanspruch gegen den Aktionär vollwertig ist.575 Bejahendenfalls liege nach der für § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG maßgeblichen bilanziellen Betrachtungsweise mit der Sicherheitenbestellung ein zulässiger „Aktiventausch“ vor.576 Diese Formulierung ist jedoch in zweierlei Hinsicht unscharf: Erstens passt der vom BGH herangezogene Begriff des „Aktiventausch“ nicht in die Situation der Sicherheitenbestellung. Das Haftungsrisiko im Fall der drohenden Inanspruchnahme wäre bilanziell als Rückstellung der Passivseite zuzuordnen, ein korrespondierender Freistellungsanspruch als Forderung auf der Aktivseite. Damit käme es allenfalls zu einer Bilanzverlängerung bzw. in dem Fall, dass kein korrespondierender Freistellungsanspruch zu aktivieren ist, zu einem außerordentlichen Aufwand, der das Eigenkapital schmälert.577 Bedenkt man, dass der BGH nur den Fall als vollwertig erachtet, in dem die Sicherheitenverwertung ohnehin unwahrscheinlich ist, taucht die Bestellung gar nicht in der Bilanz auf, sondern ist nach § 251 S. 1 HGB nur unter der Bilanz zu vermerken, sodass auch insoweit der Begriff „Aktiventausch“ verfehlt ist.578 Symbolisch passend ist die Verwendung des „Aktiventausches“ aber dahingehend, dass der BGH die Eventualverbindlichkeit aus der Sicherheitenbestellung durch einen potentiellen Freistellungsanspruch kompensiert 574 BGHZ 213, 224 (231) = NZG 2017, 344 (345) – Rz. 18; BGHZ 214, 258 (264 f.) = NZG 2017, 658 (660) – Rz. 18 f. 575 BGHZ 213, 224 (231) = NZG 2017, 344 (345) – Rz. 18 i.V.m. BGHZ 179, 71 (78) = NZG 2009, 107 (108) – Rz. 13 (MPS). 576 BGHZ 213, 224 (232) = NZG 2017, 344 (346) – Rz. 19; BGHZ 214, 258 (264 f.) = NZG 2017, 658 (660) – Rz. 19. 577 Becker, ZIP 2017, 1599 (1600); Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1296). 578 Verse, GmbHR 2018, 113 (117); siehe dazu auch Möller, Upstream-Kreditsicherheiten, S. 85; Sutter/Masseli, WM 2010, 1064 (1066).

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haben will, sodass es letztlich nicht zu einer Eigenkapitalschmälerung aufgrund eines außerordentlichen Aufwands bei Inanspruchnahme der Sicherheit kommt.579 Diese Ungenauigkeit aufgelöst, verbleibt jedoch zweitens das Problem, dass der BGH keine Aussage darüber trifft, wie wahrscheinlich die Darlehensrückzahlung durch den Aktionär sein muss, welche Anhaltspunkte hierfür heranzuziehen sind und überhaupt aus wessen Perspektive die wahrscheinliche Darlehensrückzahlung zu bewerten ist. Diesen Fragen soll im Folgenden noch nachgegangen werden. b) Kritik an der Vollwertigkeitsprognose nach BGHZ 213, 224 und BGHZ 214, 258 Gegen die Ansicht des BGH, die Vollwertigkeit des Freistellungsanspruchs nach der wahrscheinlichen Darlehensrückzahlung durch den Aktionär zu bemessen, wird eingewandt, dass die Vollwertigkeitsprognose des Freistellungsanspruchs aus einer anderen ex-ante Perspektive vorzunehmen sei als die bzgl. des Darlehensrückzahlungsanspruchs und daher die Verknüpfung von beiden fehlgehe. Genauer: Die Gesellschaft habe bzgl. ihres Freistellungsanspruchs eine andere Risikobeurteilung vorzunehmen als die Kreditgeber des Aktionärs, die ihre Ausfallrisiken nämlich stets ausgehend davon beurteilen werden, dass sie auf die Sicherheit zugreifen können.580 Zwar werden die Kreditgeber ein Darlehen nur vergeben, wenn sie damit rechnen, dass der Rückzahlungsanspruch bedient werde. Jedoch sei der Umstand, dass das Darlehen an den Aktionär vergeben wurde, nicht als Beleg für die Vollwertigkeit des Freistellungsanspruchs zu akzeptieren, da den Kreditgebern immer noch die Verwertung der Sicherheit bleibe und sie zudem ihr Kreditrisiko auf mehrere Darlehensnehmer streuen, mithin den Ausfall eines einzelnen Schuldners kompensieren können.581 Diese Kritik ist unbegründet: Richtig ist zwar, dass die Perspektiven von Darlehensgeber bei der Entscheidung zur Darlehensvergabe und der Gesellschaft vor der Sicherheitenbestellung unterschiedliche sind. Allerdings geht es dem BGH gar nicht darum, die Vollwertigkeit des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs stets zu bejahen, wenn das Darlehen lediglich an den Aktionär vergeben wurde und dieser Entscheidung eine positive Einschätzung der Darlehensrückzahlung durch die Kreditgeber zugrunde liegt. Es geht ihm vielmehr darum, wie ein Dritter aus der exante Perspektive der Gesellschaft bei Sicherheitenbestellung, also losgelöst von der konkreten Position der Kreditgeber, die geprägt ist durch Risikostreuung und die Kreditsicherheit, die Darlehensrückzahlungsforderung bewerten würde. Es gilt 579 Insoweit zieht der BGH die Parallele zum aufsteigenden Darlehen, in der die Valutierung bilanziell durch den Rückzahlungsanspruch kompensiert wird. Hierbei schlägt sich der Austausch im Gegensatz zur Sicherheitenbestellung aber in der Bilanz nieder, vgl. Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1296). 580 Kuntz, ZGR 2017, 917 (930). 581 Kuntz, ZGR 2017, 917 (931 f.).

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daher die Darlehensrückzahlungsforderung isoliert einer vernünftigen kaufmännischen Beurteilung zu unterziehen, für die es ausschließlich auf die Fähigkeit der Rückzahlung durch den Aktionär selbst, mithin auf dessen Bonität, ankommt, mögliche Sicherheiten für die Forderung jedoch auszublenden sind. Die dem BGH von dem Kritiker unterstellte Schlussfolgerung müsste lauten, der Freistellungsanspruch der Gesellschaft sei gerade deswegen vollwertig, weil die Gesellschaft eine Sicherheit für den Darlehensrückzahlungsanspruch bestellt hat. Dieser Zirkelschluss wird dem BGH wohl kaum zu unterstellen sein und ist durch richtige Deutung der vom BGH vorgenommenen Vollwertigkeitsprognose zu vermeiden. Eine bisher – soweit ersichtlich – nicht vorgenommene Kritik könnte vielmehr dahin gehen, dass es streng genommen unschlüssig ist, die Vollwertigkeit eines Anspruchs, also die Frage, ob dieser seinem gesamten Inhalt nach durchsetzbar ist, danach zu bestimmen, dass er gar nicht erst entsteht. Wie im ersten Kapitel jedoch bereits dargelegt wurde582, ist diese Definition der Besonderheit der Sicherungskonstellation geschuldet, in der erst mit der Verwertung tatsächlich Vermögen abfließt, die Gesellschaft aber bereits vorher mit einem dahingehenden Risiko belastet ist. Um dieses zu kompensieren, genügt die Haftungsbefreiung vor der Verwertung, die über die Befriedigung des Sicherungsnehmers erreicht wird. Folglich ist an sie auch für den Rückgewähranspruch i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG anzuknüpfen. Obwohl es bei der Vollwertigkeitsdefinition des BGH nur um eine tatsächliche Prognose geht, ist es dennoch zu ihrer verständlicheren Einordnung in das Kapitalerhaltungsrecht angebracht, sie bei der Vollwertigkeit des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs zu verorten. 2. Der maßgebliche Wahrscheinlichkeitsgrad der Darlehensrückzahlung a) Meinungsstand Wie wahrscheinlich die Darlehensrückzahlung durch den Gesellschafter sein muss bzw. wie konkret ein Ausfallrisiko sein darf, um die Vollwertigkeit des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs noch zu bejahen, lässt der BGH in seinen Urteilen aus dem Jahre 2017 offen. Einzig der Verweis in BGHZ 213, 224 auf das MPSUrteil bringt zum Ausdruck, dass eine mit Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit nicht erforderlich, die Darlehensrückzahlung vielmehr erst bei einem konkreten Ausfallrisiko gefährdet ist und folglich nicht mehr die Vollwertigkeit des Freistellungsanspruchs begründen kann.583 Es besteht daher Einigkeit, dass das allgemeine, nie ganz auszuschließende Risiko des Zahlungsausfalls die Vollwertigkeit nicht 582

Siehe unter Kapitel 1 § 2 C. II. 3. c) bb) (1) Die alternative Vollwertigkeitsdefinition, S. 125 f. 583 BGHZ 213, 224 (231) = NZG 2017, 344 (345) – Rz. 18 mit Verweis auf BGHZ 179, 71 (78) = NZG 2009, 107 (108) – Rz. 13 (MPS).

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entfallen lässt.584 Wo im Einzelfall die Grenze zwischen abstrakter und konkreter Ausfallgefährdung verlaufen soll, lässt sich aber auch dem MPS-Urteil nicht entnehmen. Einer Ansicht nach sind hierfür im Fall der aufsteigenden Sicherheiten dieselben Maßstäbe heranzuziehen, die auf der Passivseite für die Bildung einer Rückstellung gelten (§§ 251 S. 1, 249 HGB).585 Nach diesem Ansatz ist der Freistellungsanspruch erst dann nicht mehr vollwertig, wenn das Risiko einer Inanspruchnahme der Sicherheit so hoch ist, dass die Gesellschaft eine Rückstellung gem. § 249 HGB für ihre Haftung bilden muss. Zur Begründung führen die Vertreter dieser Ansicht an, dass die Wahrscheinlichkeit, dass der Aktionär mit der gesicherten Darlehensforderung ausfällt, nicht anders beurteilt werden könne als die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme der Sicherheit, da die Inanspruchnahme nur Reflex des Zahlungsausfalls sei.586 Wenn der Gesetzgeber des MoMiG zur Prüfung des § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 AktG eine bilanzielle Betrachtungsweise vorgibt587 und dem Bilanzrecht Maßstäbe zur Abbildung des Haftungsrisikos aus Sicherheiten im Zusammenspiel von § 251 S. 1 und § 249 HGB vertraut sind, müssen diese auch zur Bewertung der Vollwertigkeit des Freistellungsanspruchs herangezogen werden.588 Untersucht man nun, wann eine Rückstellung gem. § 249 HGB zu bilden ist, findet sich jedoch ein vielfältiger Meinungsstand: Die herrschende Meinung im Steuerbilanzrecht geht dahin, eine Rückstellung erst zu bilden, wenn mehr Gründe für als gegen die Inanspruchnahme sprechen, also eine überwiegende Wahrscheinlichkeit (50 % + x) vorliegt.589 Im handelsbilanzrechtlichen Schrifttum lässt es die überwiegende Ansicht für die Bildung einer Rückstellung ausreichen, wenn mit der Inanspruchnahme ernsthaft gerechnet werden muss, mithin eine Haftungswahrscheinlichkeit von 25 % + x vorliegt.590 An letztere Hürde wird tatsächlich auch für die Haftungswahrscheinlichkeit im Kontext aufsteigender Si-

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Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 Rn. 141; Habersack, in: UHL GmbHG, § 30 Rn. 104; Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 30 Rn. 28; Kuntz, ZGR 2017, 917 (935); Mülbert/Sajnovits, WM 2015, 2345 (2347); Schubert/Berberich, in: BeBiKo, § 253 HGB Rn. 569; Verse, GmbHR 2018, 113 (118); ders., in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 85 jew. m.w.N. 585 Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1296, 1300); Verse, GmbHR 2018, 113 (118). 586 Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1300); Verse, GmbHR 2018, 113 (118). 587 Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140 vom 25. 07. 2007, S. 41 i.V.m. S. 52. 588 Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 55; Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1296); Verse, GmbHR 2018, 113 (118); ähnlich zu diesem Zusammenhang bereits Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 139 f. 589 BFHE 142, 226 = DStR 1985, 123; BFHE 211, 475 = NZG 2006, 359 – Ls. 1; Hennrichs, in: MüKoBilanzR, § 249 HGB Rn. 50; Krumm, in: Blümich EStG, § 5 Rn. 795, 797a. 590 Altenburger, in: KölnKomm Rechnungslegung, § 249 HGB Rn. 59; Ballwieser, in: MüKoHGB, § 249 Rn. 13; Kleindiek, in: Staub HGB, § 249 Rn. 35; Moxter, DStR 2004, 1057 (1058).

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cherheiten angeknüpft.591 Ohne eine konkrete prozentuale Angabe zu nennen, formulieren andere, dass die Vollwertigkeit des Freistellungsanspruchs bereits bei konkret begründeten Zweifeln geringen Ausmaßes an der Darlehensrückzahlung entfallen müsse.592 Eine andere Ansicht deutet die Vollwertigkeitsprognose des BGH so, dass er von einem wahrscheinlichen Ausfall des Darlehensrückzahlungsanspruchs und damit einem nicht vollwertigen Freistellungsanspruch auch in Fällen ausgehen will, in denen das Ausfallrisiko nicht so hoch ist, dass die Gesellschaft für die potentielle Haftung aus der Sicherheit eine Rückstellung i.S.d. § 249 HGB bilden muss.593 Zur Begründung verweist die Ansicht auf das zur GmbH ergangene Urteil und die Textstelle zur Prüfung einer Unterdeckung. Diese sei bei fehlender Werthaltigkeit des Freistellungsanspruchs, also dem nicht unwahrscheinlichen Ausfall des Darlehensrückzahlungsanspruchs, „unabhängig davon, ob sie sich in einer Handelsbilanz abbilden würde“ zu ermitteln.594 Folglich will der BGH von einem wahrscheinlichen Ausfall des Darlehensrückzahlungsanspruchs, mithin von der fehlenden Vollwertigkeit des Freistellungsanspruchs, auch in Fällen ausgehen, in denen das Ausfallrisiko nicht so hoch ist, dass es die Bildung einer Rückstellung in der Handelsbilanz (§ 249 HGB) gebietet. Es sei daher ein deutlich höherer Wahrscheinlichkeitsgrad der Darlehensrückzahlung nötig als er für das Unterlassen der Bildung einer Rückstellung erforderlich wäre.595 Die Vollwertigkeit des Freistellungsanspruchs sei immer dann zu verneinen, wenn begründete Zweifel an der rechtzeitigen Darlehensrückzahlung bestehen, die auf einer konkreten Tatsachenbasis beruhen und damit das Ausfallrisiko spürbar höher als nur marginal ist.596 40 % Ausfallwahrscheinlichkeit seien jedenfalls zu hoch, um die Vollwertigkeit des Freistellungsanspruchs zu bejahen.597 Wieder andere versuchen – losgelöst von bilanziellen Grundsätzen – die voraussichtliche Darlehensrückzahlungsprognose als Grundlage des vollwertigen Freistellungsanspruchs nach denselben Maßstäben anzustellen, die für die drohende Zahlungsunfähigkeit i.S.d. § 18 Abs. 2 InsO gelten. Die Rückzahlungswahrscheinlichkeit müsse daher lediglich bei über 50 % liegen.598 591

Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1296, 1300). Vgl. Cahn, Der Konzern 2009, 67 (72 f.); Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 Rn. 142 f.; Mülbert/Sajnovits, WM 2015, 2345 (2347 f.); Verse, GmbHR 2018, 113 (118); wohl auch Kuntz, ZGR 2017, 917 (941). 593 Becker, ZIP 2017, 1599 (1601). 594 BGHZ 214, 258 (265) = NZG 2017, 658 (660) – Rz. 20. 595 So Becker, ZIP 2017, 1599 (1601, 1603). 596 Becker, ZIP 2017, 1599 (1601, 1602). 597 Becker, ZIP 2017, 1599 (1603). 598 So Nordholtz/Hupka, DStR 2017, 1999 (2003) unter Verweis auf Büßhardt, in: Braun InsO, § 18 Rn. 5; diesen Maßstab ebenfalls erwägend Becker, ZIP 2017, 1599 (1603); krit. Bormann, GmbHR 2017, 646 (646): bewusste Differenzierung in der Formulierung „voraussichtlich nicht“ und „nicht voraussichtlich“. 592

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Teil 1, Kap. 2: Aufsteigende Sicherheiten und Kapitalerhaltung

b) Stellungnahme aa) Maßgeblichkeit bilanzieller Kriterien Richtigerweise sind für die Bewertung der Vollwertigkeit eines Anspruchs gem. § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG (sowie auch § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG) bilanzielle Maßstäbe anzusetzen.599 Dies belegt bereits ein Blick in die Entstehungsgeschichte der genannten Ausnahmetatbestände: Nach § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG-RefE sollte eine Vorleistung an einen Gesellschafter zulasten des Stammkapitals zulässig sein, wenn die Leistung im Interesse der Gesellschaft liegt.600 Dieses Abgrenzungskriterium stammt aus einem obiter dictum des „November-Urteils“, in dem der BGH offen ließ, ob die Gewährung eines Darlehens aus gebundenem Vermögen ausnahmsweise zulässig sein kann, wenn die Darlehensvergabe im Interesse der Gesellschaft liegt, die Bedingungen einem Drittvergleich standhalten und die Kreditwürdigkeit des Gesellschafters selbst bei Anlegung strengster Maßstäbe außerhalb eines jeden vernünftigen Zweifels steht oder die Rückzahlung durch werthaltige Sicherheiten voll gewährleistet ist.601 Eben diese Kriterien greift die Begründung zum RefE auf und führt neben ihnen weitere Interessen-Indizien, u. a. die bilanzielle Vollwertigkeit des Gegenleistungsanspruchs, an.602 Die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit einer Leistung anhand des Interesses der Gesellschaft zu bestimmen, ist im Nachgang des Referentenentwurfs auf Kritik gestoßen: Das Kriterium wurde trotz der Indizien in der Begründung zum Referentenentwurf als „unscharf, weich und auslegungsbedürftig“ beschrieben.603 Es bedürfe eines objektiven, auch ex post nachprüfbaren Abgrenzungskriteriums, das angesichts des von der Kapitalerhaltung bezweckten Gläubigerschutzes in der Vollwertigkeit des zur Deckung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens liege. Gefordert wurde damit eine Beurteilung nach „bilanziellen Kriterien“.604 Diese Kritik annehmend, erkennt der darauffolgende Regierungsentwurf das Stammkapital als bloße „bilanzielle Ausschüttungssperre“, bei der bestehende Vermögenswerte durch vollwertige Gegenleistungs- oder Rückgewähransprüche getauscht werden können, wobei für die Berechnung der 599 Ganz h.M., vgl. zur AG Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 Rn. 142 f.; Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 57 Rn. 46 f.; Laubert, in: Hölters AktG, § 57 Rn. 18; zur GmbH: Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 112; Fastrich, in: Baumbach/ Hueck GmbHG, § 30 Rn. 42; Heidinger, in: MHLS GmbHG, § 30 Rn. 191 jew. m.w.N. 600 Vgl. Art. 1 Nr. 11 RefE MoMiG vom 29. 05. 2006, S. 5. 601 BGHZ 157, 72 (76) = NJW 2004, 1111 (1112) – „November-Urteil“. 602 Vgl. Begr. RefE MoMiG vom 29. 05. 2006, S. 54. 603 Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des DAV zum RefE MoMiG von Februar 2007, abgedruckt bei NZG 2007, 211 (216) – Rz. 48; ähnlich die Stellungnahme des zentralen Kreditausschusses zum RefE MoMiG vom 14. 09. 2006, abrufbar unter www.die-dk.de, S. 9. 604 Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des DAV zum RefE MoMiG von Februar 2007, abgedruckt bei NZG 2007, 211 (216) – Rz. 48, 50; siehe auch die Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des DAV zum RegE MoMiG vom 05. 09. 2007, abrufbar unter www.anwaltverein.de, S. 20 – Rz. 56.

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Gleichwertigkeit allgemeine Bilanzierungsgrundsätze maßgeblich sein sollen.605 Mithin geht der eindeutige Wille des Gesetzgebers dahin, einen Tausch „Vermögen gegen Anspruch“ unter bilanziellen Vollwertigkeitskriterien zuzulassen und für die Vollwertigkeit i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG (bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG) gerade keine weiteren, strengeren Anforderungen i.S.d. „November-Urteils“ zu stellen, von dem er sich ausdrücklich distanziert. Darüber hinaus sind handelsbilanzielle Kriterien nicht grundsätzlich ungeeignet, frühzeitig Risiken für das geschützte Kapital aufzudecken: Das dem HGB zugrundeliegende Vorsichtsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB: „alle vorhersehbaren Risiken und Verluste“) soll gerade dem Gläubigerschutz, mithin dem einzigen Ziel der Kapitalerhaltung, gerecht werden.606 Außerdem erscheint es für den grundsätzlich gleich zu behandelnden Fall der aufsteigenden Besicherung einer GmbH607 inkonsequent und in höchstem Maße verwirrend, wenn zur Prüfung der Vollwertigkeit des Gegenleistungs- und Rückgewähranspruchs andere Bewertungsmaßstäbe gelten sollen als bei der Prüfung, ob durch das Geschäft eine Unterbilanz herbeigeführt oder vertieft wird. Sieht man das geschützte Kapital als eine bilanzielle Ausschüttungssperre an, kann es nicht sein, tatbestandlich eine verbotene Leistung wegen eines nicht vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgriffsanspruchs anzunehmen, im nächsten Schritt aber einen Kapitalerhaltungsverstoß wegen eines bilanziell gleichwertigen Leistungsaustausches zu verneinen. Für das Kapitalerhaltungsrecht der GmbH liefen damit die strengeren, über die Bilanzierungsgrundsätze hinausgehenden Anforderungen an die Vollwertigkeit gänzlich leer. Im Übrigen ist der Rückschluss von Becker aus dem Urteil BGHZ 214, 258608 nicht zwingend: An der betroffenen Stelle des Urteils verknüpft der BGH den Vermögensabfluss durch eine Sicherheitenverwertung mit der Unterbilanz. Die Sicherheitenverwertung ist aber auch bei fehlender Vollwertigkeit des Freistellungsanspruchs im Bestellungszeitpunkt vorerst nicht tatsächlich gegeben, wird für die in diesem Zeitpunkt notwendige Unterbilanzrechnung vielmehr fingiert. Hierauf bezieht sich die von Becker aufgegriffene Parenthese, dass sich der Vermögensabfluss durch (noch nicht geschehene) Verwertung nicht in der Bilanz auswirken muss. Umgekehrt schließt dies nicht aus, dass aufgrund des nicht vollwertigen Freistellungsanspruchs bereits eine Rückstellung zu bilden ist, die zwar keinen tatsächlichen Vermögensabfluss bedeutet, dennoch bilanzielle Auswirkungen nach sich zieht. Dass infolgedessen für die Unterbilanzrechnung gar nicht auf eine fingierte Ver605

Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140 vom 25. 07. 2007, S. 41 i.V.m. S. 52. Siehe nur Tiedchen, in: MüKoBilanzR, § 252 HGB Rn. 47; Kleindiek, in: Staub HGB, § 252 Rn 27. 607 Genauer dazu unter Teil 2 Kapitel 1 Aufsteigende Sicherheitenbestellung im Kontext des § 30 GmbHG, S. 273 ff. 608 Siehe Becker, ZIP 2017, 1599 (1601) unter Verweis auf BGHZ 214, 258 (265) = NZG 2017, 658 (660) – Rz. 20; dazu oben Fn. 593 ff. 606

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Teil 1, Kap. 2: Aufsteigende Sicherheiten und Kapitalerhaltung

wertung rekurriert werden muss, lässt der BGH an dieser Stelle schlichtweg außer Betracht.609 bb) Die richtige Anwendung der einschlägigen bilanziellen Maßstäbe Ist nun geklärt, dass für den Ausnahmetatbestand des § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG auch im Fall der aufsteigenden Besicherung bilanzielle Prüfungsmaßstäbe anzusetzen sind, bleibt die Frage, wann der Freistellungs- und Rückgriffsanspruch i.S.d. Handelsbilanzrechts vollwertig ist. Zunächst ist zu erkennen, dass im maßgeblichen Prüfungszeitpunkt der Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung materiell weder ein Freistellungsanspruch, der eine wesentliche Bonitätsverschlechterung des Aktionärs nach der Sicherheitenbestellung voraussetzt, noch ein Rückgriffsanspruch, der erst mit der Verwertung der Sicherheit entsteht, existiert. Das Vorsichtsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 2 HGB) gebietet es folglich die rechtlich noch gar nicht existenten Ansprüche auch nicht als Vermögensgegenstand auszuweisen.610 Indem der BGH den Freistellungs- und Rückgriffsanspruch als vollwertig definiert, wenn es voraussichtlich gar nicht zum Sicherungsfall kommen wird611, umgeht er dieses bilanzielle Problem. Denn der Fall, dass es wegen ordnungsgemäßer Darlehensrückzahlung durch den Aktionär voraussichtlich gar nicht erst zum Sicherungsfall kommen wird, ist bilanziell dahingehend erfassbar, dass keine Rückstellungen für eine drohende Haftung der Gesellschaft mit der Sicherheit gebildet werden müssen. Zutreffend ist es daher, die (bilanzielle) Vollwertigkeit des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs darüber zu definieren, ob unmittelbar mit der Sicherheitenbestellung Rückstellungen gem. § 249 Abs. 1 S. 1 HGB in Vorbereitung des wahrscheinlichen Sicherungsfalls gebildet werden müssten.612 Damit die Gesellschaft wegen ihrer Verpflichtung zur Zahlung bzw. zur Duldung der Vollstreckung in ihr Vermögen eine Rückstellung zu bilden hat, muss der Sicherungsfall hinreichend wahrscheinlich sein. Auch in der bilanzrechtlichen Literatur ist man sich mittlerweile einig, dass diese Anforderung nicht sinnvoll durch eine starre Wahrscheinlichkeitsziffer (z. B. 50 % + x) quantifiziert werden kann, da die sie bestimmenden Erwartungen stets subjektiv geprägt sind.613 Es gilt vielmehr eine vernünftige kaufmännische Einschätzung des Risikos. Als Maßstab hat sich im Bilanzrecht die Faustformel entwickelt, ob ein vernünftiger 609 Zur richtigen Unterbilanzrechnung unter Teil 2 Kapitel 1 § 1 Unterbilanz durch Sicherheitenbestellung, S. 274 ff. 610 Diesen Zusammenhang erkennend Ekkenga, in: MüKoGmbHG, § 30 Rn. 255. 611 Vgl. BGHZ 213, 224 (231) = NZG 2017, 344 (345) – Rz. 18; BGHZ 214, 258 (264 f.) = NZG 2017, 658 (660) – Rz. 18 f. 612 So bereits Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 55 f.; Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1296, 1300); Verse, GmbHR 2018, 113 (118). 613 Ballwieser, in: MüKoHGB, § 249 Rn. 13; Moxter, Bilanzrechtsprechung, S. 85; Scheffler, in: Beck HdB Rechnungslegung (Band I), B233, Rn. 124 jew. m.w.N.

§ 4 Die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs

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Erwerber bei gedachtem Verkauf der Gesellschaft das Haftungsrisiko bei der Bemessung des Kaufpreises berücksichtigen würde.614 Da ein Erwerber wohl ziemlich jedes Risiko bei einem Unternehmenskauf kaufpreismindernd berücksichtigen würde, sind für die Rückstellungsbildung keine zu hohen Voraussetzungen zu verlangen. Jede Art von konkretem d. h. über das allgemeine Kreditrisiko hinausgehendem Zweifel an der Fähigkeit des Aktionärs zur Darlehensrückzahlung615 führt daher bereits zu einer Rückstellungsbildung. Die Indikatoren, die diese Zweifel begründen können, sind in einem nächsten Schritt zu untersuchen.616 Steht dem Grunde nach fest, dass eine Rückstellung nach § 249 Abs. 1 S. 1 HGB wegen der wahrscheinlichen Haftung der Gesellschaft für die Verbindlichkeit ihres Aktionärs zu bilden ist, schließt sich die Frage an, wie diese in der Bilanz auszuweisen ist. Nach § 253 Abs. 1 S. 2 HGB sind Rückstellungen in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrags anzusetzen.617 In Bezug auf das Haftungsrisiko bei der Sicherheitenbestellung bedeutet dies, dass grundsätzlich die Höhe der besicherten Forderung anzusetzen ist. Bleibt im Fall einer dinglichen Sicherheit der Wert des Sicherungsgegenstands hinter der Höhe der gesicherten Forderung zurück, so ist der in der Bilanz ausgewiesene Wert des Sicherungsgegenstandes anzusetzen.618 3. Indikatoren zur Beurteilung einer wahrscheinlichen Darlehensrückzahlung Der entscheidende Faktor bei der für die Rückstellungsbildung relevanten Frage, ob der Aktionär in der Lage sein wird, das Darlehen ordnungsgemäß zurückzuzahlen, ist dessen Vermögens- und Ertragslage und ihre voraussichtliche Entwicklung.619 Die derzeitige Finanzsituation lässt sich allen voran den vergangenen Jahresabschlüssen, den Lage- und Prüfungsberichten und ähnlichen Veröffentlichungen über die unternehmerische Situation des Aktionärs entnehmen.620 614

Ballwieser, in: MüKoHGB, § 249 Rn. 13; Kozikowski/Schubert, in: BeBiKo, § 249 HGB Rn. 33; Moxter, in: FS Forster, S. 427 (430). 615 Ebenso im Zusammenhang mit der Vollwertigkeit von Darlehensrückzahlungsansprüchen einer GmbH Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 113; Ekkenga, in: MüKoGmbHG, § 30 Rn. 244; Schickerling/Blunk, GmbHR 2009, 1294 (1296); Spliedt, ZIP 2009, 149 (151). 616 Dazu sogleich unter § 4 B. I. 3. Indikatoren zur Beurteilung einer wahrscheinlichen Darlehensrückzahlung, S. 209 f. 617 Der Maßstab eines vernünftigen Kaufmanns gibt bei unsicherer Haftungshöhe nur einen Höchst- und Niederstwert vor, vgl. Tiedchen, in: MüKo BilanzR, § 253 Rn. 28. 618 Insoweit zutreffend Becker, ZIP 2017, 1599 (1601); siehe auch Bormann, GmbHR 2017, 646 (647). 619 Vgl. zur Bonitätsprognose auch BGHZ 179, 71 (79 f.) = NZG 2009, 107 (109) – Rz. 16 (MPS). 620 Siehe nur Kramer, Kapitalerhaltung, S. 91 f.; Wirsch, Der Konzern 2009, 443 (447).

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Teil 1, Kap. 2: Aufsteigende Sicherheiten und Kapitalerhaltung

Sind keine ausreichenden Finanzberichte veröffentlicht, sind der sicherungsgebenden Gesellschaft die Dokumente zur Beurteilung der finanziellen Lage zur Verfügung zu stellen.621 Werden aus ihnen bereits eine erhebliche Überschuldung, Liquiditätsengpässe, nicht bediente Forderungen622 oder über einen langfristigen Zeitraum stark einbrechende Gewinne ersichtlich, so ist – je nach Höhe der Darlehensforderung – in der Regel bereits auf die zweifelhafte Einbringlichkeit zu schließen, die für die sicherungsgebende Gesellschaft eine Rückstellungsbildung zur Folge hätte. Ist die aktuelle Bonitätslage des Aktionärs unproblematisch, gilt es eine Prognose über ihre Entwicklung anzustellen. Hierfür sind der Unternehmensund Finanzplan zu untersuchen. Ergeben sich hieraus keine hinreichenden Einnahmen, um die zusätzliche Belastung durch den Darlehensrückzahlungsanspruch zu decken, ist die Einbringlichkeit in Zweifel zu ziehen. Ebenso kommt es auf das konkrete Geschäftsrisiko des Aktionärs an, das geprägt ist durch seine Branche, Marktposition, Produkte und Innovationskraft.623 Stellt der Aktionär beispielsweise ein Produkt her, dessen Produktion oder Vertrieb gesetzlich beschränkt oder erschwert werden soll, ist dies bei Fehlen geeigneter Geschäftsalternativen Anhaltspunkt, die zukünftige Bonität zu bezweifeln. Da es hier um die Ausfallwahrscheinlichkeit von künftig fälligen Ansprüchen geht, liegt es nahe, auf das Verfahren zurückzugreifen, das am Kreditmarkt zur Messung und Einschätzung eben dieser Ausfallrisiken verwendet wird: Im sog. Rating624 werden eine Vielzahl von Faktoren zur Abbildung des Geschäfts- und Finanzierungsrisikos des Schuldners sowie statistische Ausfallwahrscheinlichkeiten berücksichtigt.625 Bewertet ein derartiges Verfahren den Schuldner mit einem Investment-Grade erhält er üblicherweise von jeder Bank unbesicherten Kredit, sodass in einem derartigen Fall auch die Darlehensrückzahlungsprognose der sicherungsgebenden Gesellschaft positiv ausfallen kann. Bei einem Rating von „BB“ und darunter vergeben 621

Dazu bereits Kapitel 1 § 2 C. II. 3. c) bb) (2) (a) Grundlage der Rückzahlungsprognose, S. 127 f. 622 Zum Kriterium der Bedienung alter Forderungen Cahn, Der Konzern 2009, 67 (72); Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1299) mit Fn. 94; Mülbert/Sajnovits, WM 2015, 2345 (2347); Schubert/Berberich, in: BeBiKo, § 253 HGB Rn. 588; Wirsch, Der Konzern 2009, 443 (447). 623 Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 Rn. 148; Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1299). 624 Der Rückgriff hierauf setzt natürlich die Existenz eines Ratings für den jeweiligen Schuldner voraus. Existiert kein externes Rating, so ist unter Anwendung der Maßstäbe der Art. 142 ff. der Kapitaladäquanzverordnung (Capital Requirements Regulation, VO (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der VO (EU) Nr. 646/2012; ABl. EU 2013 Nr. L 176, S. 1) ein internes Rating durch die Kreditinstitute zu erstellen. Der Aktionär kann sich das über ihn erstellte Rating von seinem Kreditinstitut offen legen lassen und an seine Gesellschaft, die für seinen Kredit Sicherheiten stellen soll, weiterleiten. Die Bonitätsprognose mittels Rating ist somit für die sicherungsgebende Gesellschaft ohne großen Eigenaufwand möglich. Vgl. dazu Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 Rn. 143. 625 Dazu umfassend Cahn, Der Konzern 2009, 67 (74 ff.).

§ 4 Die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs

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Kreditinstitute Darlehen regelmäßig nur gegen Stellung von Sicherheiten, sodass in diesem Fall die ordnungsgemäße Darlehensrückzahlung in der Prognose der sicherungsgebenden Gesellschaft bezweifelt werden kann.626 4. Vollwertigkeit trotz wahrscheinlicher Inanspruchnahme der Sicherheit Einige Autoren vertreten, der Freistellungs- und Rückgriffsanspruch sei für sich ohnehin nicht geeignet, die Leistung durch Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit auszugleichen627 und halten umgekehrt die Bestellung einer Gegensicherheit für unausweichlich.628 Nach der hier vertretenen Auffassung kann sich die Vollwertigkeit des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs bereits aus der nach Bilanzierungsgrundsätzen erfolgten Prognose der wahrscheinlichen Darlehensrückzahlung ergeben. Die Bestellung einer Gegensicherheit bietet allerdings auch bei wahrscheinlichem Ausfall der Darlehensrückzahlung die Möglichkeit, von einem vollwertigen Freistellungsund Rückgriffsanspruch i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG auszugehen. Genauer: Wird die sicherungsgebende Gesellschaft mangels Darlehensrückzahlung durch den Aktionär in Anspruch genommen, so steht ihr ein Rückgriffsanspruch gegen ihren Aktionär zu. Freilich wird der Aktionär diesen regelmäßig nicht mehr bedienen können, wenn er zuvor nicht in der Lage war, seine Darlehensschuld gegenüber seinen Kreditgebern zu begleichen. Ist für diesen Rückgriff aber eine werthaltige Sicherheit bestellt, kann sich die Gesellschaft durch Verwertung dieser Sicherheit schadlos im Sinne einer Wiederherstellung des geschützten Kapitals halten. Unter welchen Kriterien eine Besicherung des Rückgriffs als werthaltig anzusehen ist, wurde bereits umfassend dargelegt.629 Bilanziell wirkt sich eine derartige Gegensicherheit dadurch aus, dass eine Rückstellung für die wahrscheinliche Inanspruchnahme der aufsteigenden Sicherheit nicht zu bilden ist. Zwar gilt grundsätzlich ein Saldierungsverbot in der Weise, dass künftige Vorteile, die mit der Erfüllung der drohenden Verpflichtung im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, die Höhe der Rückstellung nicht beeinflussen dürfen.630 Nach h.M. sind Rückgriffsansprüche – auch wenn sie noch nicht entstanden sind – aber durchaus rückstellungsmindernd zu berücksichtigen, wenn sie in 626

Ausführlich zum Ganzen Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 Rn. 143 ff. So Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, 19. Aufl. 2016, § 30 Rn. 35 f.; Winkler/Becker, ZIP 2009, 2361 (2364); dazu bereits oben unter § 4 A. I. Der Freistellungsanspruch nach BGHZ 213, 224 und BGHZ 214, 258, S. 197 f. 628 Vgl. Servatius, in: Wachter AktG, § 57 Rn. 26. 629 Dazu unter Kapitel 1 § 2 C. II. 3. c) bb) (3) (a) Art und Werthaltigkeit der Gegensicherheit, S. 132 ff. sowie (b) Insolvenzfestigkeit der Gegensicherheit, S. 134 f. 630 Tiedchen, in: MüKo BilanzR, § 253 HGB Rn. 31; siehe auch Brank/Hasenclever, DStR 2011, 637 (640 f.). 627

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Teil 1, Kap. 2: Aufsteigende Sicherheiten und Kapitalerhaltung

rechtlich verbindlicher Weise der Erfüllung der Verbindlichkeit nachfolgen und vollwertig sind.631 Der Rückgriffsanspruch im Fall der aufsteigenden Besicherung entsteht unmittelbar mit Verwertung der Sicherheit und ist vollwertig, wenn er seinerseits im beschriebenen Maße werthaltig besichert ist, die Gegensicherheit also mindestens die Höhe der gesicherten Forderung der Kreditgeber gegen den Aktionär, für die die Gesellschaft in die Haftung genommen wird, deckt. Der durch die Gegensicherheit besicherte Rückgriff der abhängigen Gesellschaft führt damit dazu, dass eine Rückstellung gar nicht erst zu bilden ist. Die Besicherung des Rückgriffs erhält außerdem Bedeutung, wenn nach der Prognose der wahrscheinlichen Inanspruchnahme zwar nicht mit einer Haftung der Gesellschaft für die Schuld ihres Aktionärs in voller Höhe zu rechnen, aber wegen teilweisen Ausfalls des Aktionärs mit der Rückzahlung jedenfalls von einer teilweisen Haftung der Gesellschaft auszugehen ist. Die Vollwertigkeit des einheitlichen Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs kann in dieser Konstellation dadurch herbeigeführt werden, dass in Höhe der wahrscheinlichen Haftung ein werthaltig besicherter Rückgriff von Anfang an vereinbart wird.632 Mittels Besicherung des Rückgriffs die Vollwertigkeit des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs herbeizuführen erwägt der BGH zwar nicht, zieht alternativ aber den Fall in Betracht, dass der Aktionär selbst eine „vorgehende“ Sicherheit für seine Darlehensschuld bestellt und damit die Inanspruchnahme der sicherungsgebenden Gesellschaft wiederum unwahrscheinlich ist.633 Auch wenn die praktische Relevanz dieser Konstellation fraglich ist, – Wieso müsste die abhängige Gesellschaft eine weitere Sicherheit stellen, wenn die Darlehensschuld bereits ausreichend durch eigene Sicherheiten des Aktionärs besichert wäre? – so ist die Bestellung einer werthaltigen vorrangigen Sicherheit, durch die die Inanspruchnahme der Gesellschaft aus einer ex ante Perspektive bei Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung ausgeschlossen ist, ebenfalls geeignet, die Vollwertigkeit des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs herbeizuführen, nämlich in der Weise, dass im Ansatz keine Rückstellungen für eine potentielle Haftung der Gesellschaft zu bilden sind. 5. Auswirkungen nachträglicher Bonitätsschwankungen auf die Vollwertigkeitsprognose Dass in der nachträglichen Verschlechterung der Bonität des Aktionärs keine neue Leistung i.S.d. § 57 AktG liegt, wurde bereits dargelegt.634 Fraglich bleibt an dieser Stelle damit nur, ob sich nachträgliche Veränderungen in der Bonität des Aktionärs 631

BFHE 170, 397 (402 f.) = DStR 1993, 870 (871); Tiedchen, in: MüKo BilanzR, § 253 HGB Rn. 31; dazu auch Günkel/Fenzl, DStR 1999, 649 (654 f.). 632 Allgemein zu dieser Konstellation Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 115. 633 Vgl. BGHZ 213, 224 (232 f.) = NZG 2017, 344 (346) – Rz. 21. 634 Siehe unter § 3 B. V. 2. a) Weiterer Leistungsakt in der (drohenden) Verwertung, S. 194 f.

§ 4 Die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs

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auf das Ergebnis der bei Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung angestellten Vollwertigkeitsprüfung auswirken. Aufgrund der bilanziellen Betrachtungsweise ist die Frage nach einer verbotenen Leistung abhängig von einer Momentaufnahme ausgehend von dem Zeitpunkt, in dem die Gesellschaft die Leistung erbringt und dafür einen ausgleichenden Anspruch bekommt. Ist dieser Anspruch in dem relevanten Zeitpunkt wegen guter Bonität des Aktionärs vollwertig, machen nachträgliche, anfänglich nicht vorhersehbare Entwicklungen diese Leistung nicht unzulässig.635 Eben dies ist Folge davon, dass der Gesetzgeber mit der bilanziellen Betrachtungsweise einen Tausch „Vermögen gegen Anspruch“ ausdrücklich zugelassen hat und damit einen Vermögensverlust nicht mehr durch den Kapitalerhaltungsgrundsatz um jeden Preis zu verhindern versucht.636 Es ist jedem Tausch eines Vermögensgegenstandes gegen eine Forderung immanent, dass Entwicklungen nach seiner Durchführung in die Risikosphäre des Forderungsgläubigers fallen und daher keinen Anspruch auf nachträglichen Wertausgleich begründen.637 Vor diesem immer bestehenden Risiko ist auch das geschützte Kapital nicht zu bewahren, sofern mit ihm – wie durch § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG klargestellt – überhaupt Leistungsaustauschgeschäfte zulässig sind. Eine gegenteilige Beurteilung ist außerdem nicht mit dem präventiven Schutzcharakter der Kapitalerhaltungsvorschriften und deren korrespondierenden Geschäftsleiterhaftungstatbeständen bei unzulässigen Leistungen vereinbar.638 In konsequenter Fortführung dieses Grundsatzes hat es der BGH abgelehnt, dass eine regelmäßige Prüfung der Bonität des herrschenden Aktionärs durch die Geschäftsleitung der besichernden Gesellschaft Voraussetzung für die Vollwertigkeit des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG sei.639 Aufgrund der beschriebenen Momentaufnahme ändert auch eine erhebliche Bonitätsverbesserung des Aktionärs, angesichts derer eine neue Prognose der Vollwertigkeit des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs nunmehr positiv ausfallen würde, nichts daran, dass die ursprüngliche Verpflichtung zur Bestellung bei fehlender Vollwertigkeit eine verbotene Leistung darstellte. Eine nachträgliche Bonitätsverbesserung ist damit lediglich eine Frage der Rechtsfolgenseite, also wie sich

635

Siehe bereits Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140 vom 25. 07. 2007, S. 41 i.V.m. S. 52; siehe auch BGHZ 214, 258 (265 f.) = NZG 2017, 658 (660) – Rz. 21 mit Verweis auf BGHZ 179, 71 (78) = NZG 2009, 107 (108 f.) – Rz. 13 (MPS). 636 Vgl. BGHZ 214, 258 (264 f.) = NZG 2017, 658 (660) – Rz. 19. 637 Zutreffend Kuntz, ZGR 2017, 917 (943). 638 Dazu bereits unter § 3 B. V. 1. Die Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung als maßgebliche Leistung i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 1 AktG, S. 192 ff. 639 BGHZ 214, 258 (266) = NZG 2017, 658 (661) – Rz. 22 mit Verweis auf BGHZ 179, 71 (79) = NZG 2009, 107 (109) – Rz. 14 (MPS); dazu noch unter Kapitel 4 § 2 C. III. Haftung wegen Fehlverhaltens nach Sicherheitenbestellung – Überwachungspflichten, S. 264 ff.

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Teil 1, Kap. 2: Aufsteigende Sicherheiten und Kapitalerhaltung

die neuen Umstände auf den Erstattungsanspruch des § 62 Abs. 1 S. 1 AktG bzw. die Geschäftsleiterhaftung auswirken.640

II. Verzinsung des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs Eine im Kontext aufsteigender Sicherheiten bisweilen vereinzelt gebliebene Ansicht bringt vor, dass die Solvenz des Aktionärs allenfalls zur Einbringlichkeit des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs führen könne, also dessen Durchsetzbarkeit, die aber lediglich Teil der Definition der Vollwertigkeit sei. Vollwertigkeit liege nur vor, wenn die Bonitätsrisiken zusätzlich durch eine Verzinsung des Vollwertigkeits- und Rückgriffsanspruchs ausgeglichen werden.641 Zur Begründung führt die Ansicht an, dass aufgrund des Deckungsgebots der Zahlungsanspruch nach Marktwerten zu bewerten sei, wofür das Bilanzrecht im Rahmen des § 253 Abs. 4 HGB Bewertungsmaßstäbe für Forderungen liefert, nach denen bei fehlender oder zu niedriger Verzinsung Abwertungen vorzunehmen sind.642 Da es nie ganz auszuschließen ist, dass ein Schuldner aufgrund zukünftiger Entwicklungen seine Kreditwürdigkeit verliert, sehe das Bilanzrecht nicht nur die Einzelabwertung zur Berücksichtigung konkreter Risiken für eine bestimmte Forderung vor, sondern biete mit der Pauschalabwertung die Möglichkeit, auch allgemeine, noch nicht bekannte Ausfallrisiken zu berücksichtigen.643 Das Bilanzrecht ordne damit an, die Wahrscheinlichkeit des Zahlungsausfalls bzgl. des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs zu schätzen und diese Wahrscheinlichkeit über einen Zins abzubilden. Der Zins diene aus Sicht eines Kreditgebers dazu, auf die Gesamtheit seiner Schuldner bezogen keinen wirtschaftlichen Verlust zu erleiden, auch wenn ein einzelner Schuldner ausfällt. Er schließe damit die durch das statistische Ausfallrisiko verursachte Lücke zum Nominalwert, sodass es ohne Zins keine vollwertige Forderung geben könne.644 Zunächst einmal wird bei der soeben referierten Argumentation nicht klar, wie ausgehend von dem Deckungsgebot Rückschlüsse auf die Vollwertigkeitsprüfung derart gezogen werden können, dass die Forderung nach Marktwerten und damit

640 Dazu unter Kapitel 4 § 2 A. II. 1. Anspruchsinhalt vor der Sicherheitenverwertung, S. 256 f. 641 Kuntz, ZGR 2017, 917 (930, 936 ff.) unter Berufung auf die Begr. RegE MoMiG, BTDrucks. 16/6140 vom 25. 07. 2007, S. 41: „Die Durchsetzbarkeit der Forderung ist Teil der Definition des Begriffs der Vollwertigkeit.“ 642 Kuntz, ZGR 2017, 917 (937); dieses Argument bemühen – losgelöst vom Kontext aufsteigender Sicherheiten – auch Brocker/Rockstroh, BB 2009, 730 (731 f.); Winter, DStR 2007, 1484 (1487); Wirsch, Der Konzern 2009, 443 (448 f.). 643 Kuntz, ZGR 2017, 917 (937) mit Fn. 82 unter Verweis auf Schubert/Roscher (mittlerweile Schubert/Berberich), in: BeBiKo, § 253 HGB Rn. 577. 644 Kuntz, ZGR 2017, 917 (939).

§ 4 Die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs

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gerade nicht nach Abschreibungswerten bewertet werden müsse.645 Das Deckungsgebot dient dazu, den von der Gesellschaft geleisteten Gegenstand mit Marktwerten und nicht mit Abschreibungswerten anzusetzen646, bezieht sich daher auf die Bewertung der Leistung der Gesellschaft und damit nur reflexartig auf die Höhe der Gegenleistung des Aktionärs, nicht jedoch darauf, ob die gegen ihn gerichtete Forderung nach bilanziellen Grundsätzen im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung abzuwerten ist. Vollwertigkeit und Deckungsgebot sind vielmehr strikt voneinander zu trennen.647 Zu den Bewertungsgrundsätzen des § 253 HGB gelangt man daher allenfalls über die Anordnung des Gesetzgebers, den Leistungsaustausch nach allgemeinen bilanziellen Grundsätzen zu bewerten.648 Die von Kuntz herangezogene Pauschalabwertung dient jedoch nicht dazu, das immer bestehende latente Ausfallrisiko einer Forderung bilanziell abzubilden.649 Dieses findet auch in der Bilanz nie Berücksichtigung.650 Vielmehr geht es darum, mit der Pauschalabwertung eine Gruppe von Forderungen aufgrund ihrer (auch in der Vergangenheit bereits) zweifelhaften Einbringlichkeit pauschal, also losgelöst vom Einzelfall abzuwerten.651 Der auch im Konzern nicht alltägliche Fall, dass zugunsten des herrschenden Aktionärs eine Sicherheit bestellt wird, wofür eine umfassende Prüfung sämtlicher Ausfallrisiken vorgenommen wird, die deutlich über eine Liquiditätsprüfung bei regulären Austauschgeschäften hinausgehen wird, passt nicht in das auf Forderungsgruppen ausgelegte Instrument der Pauschalabwertung. Abgesehen davon darf es für den Freistellungs- und Rückgriffsanspruch gar nicht erst zu irgendeiner bilanziellen Abwertung nach § 253 Abs. 4 HGB kommen: Sobald im Zeitpunkt der Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung irgendein begründeter Zweifel an der Fähigkeit des Aktionärs zur Darlehensrückzahlung besteht, darf die Sicherheit gar nicht gewährt werden. Eine Verzinsung kann nicht ein wie auch immer

645 So aber Kuntz, ZGR 2017, 917 (937), die von ihm in Fn. 76 herangezogenen Fundstellen Ekkenga, in: MüKoGmbHG, § 30 Rn. 248 und Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 81 stützen diese These nicht. 646 Siehe nur Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140 vom 25. 07. 2007, S. 41: „der Zahlungsanspruch gegen den Gesellschafter […] den geleisteten Gegenstand decken muss“. Vermögenswerte der Gesellschaft sollen nicht wegen bilanzieller Vollwertigkeit zum Buchwert erworben werden können, vgl. statt aller Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 75 m.w.N. 647 Vgl. Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 120; Cahn, Der Konzern 2009, 67 (71); Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 Rn. 139; Habersack, in: UHL GmbHG, § 30 Rn. 106; Mülbert/Leuschner, NZG 2009, 281 (282 f.); Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 94 jew. m.w.N. 648 Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140 vom 25. 07. 2007, S. 41 i.V.m. S. 52. 649 Siehe nur Schubert/Berberich, in: BeBiKo, § 253 HGB Rn. 584, die z. B. das allgemeine Konjunktur- und Geschäftsrisiko gerade von der Pauschalabwertung ausnehmen. 650 Dazu bereits oben unter § 4 B. I. 2. a) Meinungsstand, S. 203 ff. mit Fn. 584. 651 Schubert/Berberich, in: BeBiKo, § 253 HGB Rn. 576 f.; siehe auch Kleinle/Dreixler, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 6 EStG Rn. 566.

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Teil 1, Kap. 2: Aufsteigende Sicherheiten und Kapitalerhaltung

geartetes (konkretes) Bonitätsrisiko ausgleichen, denn es liegt im Ansatz keine Vollwertigkeit vor, wenn ein solches besteht.652 Schließlich geht die Forderung nach einer Verzinsung des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs aufgrund der besonderen bilanziellen Verhältnisse bei Bestellung aufsteigender Sicherheiten fehl: Die Vollwertigkeit des Freistellungs- und Rückgriffsanspruch wird gerade über den Fall definiert, dass das besicherte Darlehen vom Aktionär ordnungsgemäß zurückgezahlt wird, es also gar nicht erst zur Entstehung dieses Anspruchs kommt. Bilanziell findet dieser Fall dadurch Berücksichtigung, dass keine Rückstellung für die potentielle Haftung der Gesellschaft zu bilden ist.653 Wenn nach dieser Prognose aber gar kein Freistellungs- und Rückgriffsanspruch entsteht, ist dieser aufgrund des Vorsichtsprinzips (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) auch nicht als Vermögensgegenstand in die Bilanz aufzunehmen. Selbstverständlich kann eine Forderung, die gar nicht in der Bilanz auftaucht654 auch nicht Gegenstand einer Abwertung i.S.d. § 253 Abs. 4 HGB sein.655 Damit ist jedenfalls im besonders gelagerten Fall der Bestellung aufsteigender Sicherheiten kein Raum dafür, die (bilanzielle) Vollwertigkeit des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs von einer Verzinsung abhängig zu machen.

III. Erforderlichkeit einer Avalprovision 1. Meinungsstand Darüber dass die Gesellschaft ein angemessenes Entgelt für die Bestellung der Sicherheit zugunsten ihres Aktionärs zu erhalten hat, um dem Vorwurf eines Kapitalerhaltungsverstoßes zu entgehen, besteht weitestgehend Einigkeit.656 Umstritten 652 Vgl. Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 120; Fastrich, in: Baumbach/ Hueck GmbHG, § 30 Rn. 56; Gärtner, Cash Pooling, S. 468 f. (im Kontext der Vergütung durch Avalprovision); Habersack, in: UHL GmbHG, § 30 Rn. 106; Mülbert/Leuschner, NZG 2009, 281 (282 f.); Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 94. 653 Vgl. dazu § 4 B. I. 2. b) bb) Die richtige Anwendung der einschlägigen bilanziellen Maßstäbe, S. 208 f. 654 Der Freistellungs- und Rückgriffsanspruch ist bei wahrscheinlicher Darlehensrückzahlung durch den Aktionär allenfalls unter der Aktivseite der Bilanz zu vermerken (§ 251 S. 2 HGB). Hier hat er jedoch keine Auswirkungen auf das bilanziell zu erhaltende Grundkapital. Für den Fall, dass Gründe eintreten, die zu einer Abschreibung dieses Anspruchs gem. § 253 Abs. 4 HGB führen, ist die Sicherheit – und damit auch der ihr gegenüberstehende Rückgriffsanspruch – nicht mehr unter der Bilanz zu vermerken, sondern eine Rückstellung für die mögliche Haftung zu bilden. Dann ist ein potentieller Rückgriff bestenfalls rückstellungsmindernd anzurechnen (vgl. S. 211 f.). Den Fall, dass ein unter der Bilanz vermerkter Freistellungs- und Rückgriffsanspruch nach § 253 Abs. 4 HGB abzuwerten wäre, gibt es daher nicht. 655 Ähnlich Kramer, Kapitalerhaltung, S. 97. 656 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 129; Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 196; Ekkenga, in: MüKoGmbHG, § 30 Rn. 253; Eusani, GmbHR 2009, 795 (799); Fas-

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ist allerdings, woher das Erfordernis der Zahlung einer Avalprovision rührt und nach welchen Kriterien sich ihre Höhe richten soll. Nahezu einhellig wird noch angenommen, dass die Zahlung einer Avalprovision kein Kriterium der Vollwertigkeit i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG sei. Vollwertigkeit verlange nämlich lediglich bilanzielle Neutralität des Vorgangs, wovon die Frage der Vergütung einer Kreditleistung, die ohnehin allenfalls über eine Abzinsung des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs als Gegenleistung bilanziell erfassbar ist657, strikt zu trennen sei.658 Es gehe bei der Avalprovision darum, dass die Sicherheitenbestellung einem Drittvergleich standhält, da nur diese Handhabung marktkonform sei. Ihre Erforderlichkeit folge damit aus dem Deckungsgebot, dem gerade die Aufgabe zukommt, die Angemessenheit der Gegenleistung nach Marktmaßstäben zu prüfen.659 Wieder andere bringen vor, die Beurteilung der Angemessenheit des Leistungsaustausches zu Marktwerten folge bereits aus dem Verbot der verdeckten Gewinnausschüttung als solchem, sei also seit jeher unmittelbar aus § 57 Abs. 1 S. 1 AktG bzw. § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG abzuleiten, was das normierte Deckungsgebot redundant mache.660 Folglich sei in dem Verzicht auf Zahlung einer angemessenen Avalprovision eine eigene Leistung i.S.d. § 57 AktG bzw. Auszahlung i.S.d. § 30 GmbHG zu erblicken, die losgelöst von der Sicherheitenbestellung und dem ihr gegenüberstehenden (vollwertigen) Freistellungs- und Rückgriffsanspruch einen eigenen Kapitalerhaltungsverstoß begründen könne.661 Der Rückerstattungsanspruch aus § 62 Abs. 1 S. 1 AktG bzw. § 31 Abs. 1 trich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 Rn. 62a; Gärtner, Cash Pooling, S. 468; Kramer, Kapitalerhaltung, S. 96 ff.; Kuntz, ZGR 2017, 917 (944 ff.); Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 100; ders., GmbHR 2018, 113 (118 f.); Winkler/Becker, ZIP 2009, 2361 (2367); ablehnend Habersack, in: UHL GmbHG, § 30 Rn. 98 (in gewissem Widerspruch zu Rn. 106); Kiefner/ Theusinger, NZG 2008, 801 (806): allenfalls Pflicht des Vorstands aufgrund der allgemeinen Geschäftsleiterpflichten; siehe auch Vetter, in: Goette/Habersack MoMiG, Rn. 4.77: Avalprovision unbedeutend, da allenfalls bei prohibitiv hohen Beträgen zu berücksichtigen. 657 Zur Sinnlosigkeit der Abzinsung des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs, soeben unter § 4 B. II. Verzinsung des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs, S. 214 ff. 658 Vgl. zu diesem Zusammenhang Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 119; Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 Rn. 140 (zur Vergütung aufsteigender Darlehen); Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 Rn. 62a; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit AktG, § 57 Rn. 56; Habersack, in: UHL GmbHG, § 30 Rn. 106; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 94; ders., GmbHR 2018, 113 (119); a.A. Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 30 Rn. 30; Kuntz, in: Gehrlein/Born/Simon GmbHG, § 30 Rn. 61; zu undifferenziert diesbezüglich auch Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 57 Rn. 27: Vollwertigkeit kann durch entsprechende Avalprovision hergestellt werden. 659 Gärtner, Cash Pooling, S. 468; Kramer, Kapitalerhaltung, S. 98; Kuntz, ZGR 2017, 917 (944 f.); wohl auch Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 196; Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 Rn. 62a: „Sie deckt“. 660 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 75, 117; Habersack, in: UHL GmbHG, § 30 Rn. 107; Kiefner/Theusinger, NZG 2008, 801 (804); ähnlich Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 81. 661 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 129; Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, § 43 Rn. 105; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 100; ders., GmbHR 2018,

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Teil 1, Kap. 2: Aufsteigende Sicherheiten und Kapitalerhaltung

GmbHG infolge eines auf diese Weise verursachten Kapitalerhaltungsverstoßes richte sich dann lediglich auf die Erstattung einer angemessenen Avalprovision, führe aber nicht zur Rückabwicklung der Sicherheitenbestellung als solcher.662 Schließlich habe auch der BGH in seinen Urteilen aus dem Jahre 2017 kein Wort zur Notwendigkeit von Avalprovisionen verloren663, weshalb ihre Zahlung keine Voraussetzung für die Einschlägigkeit des § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG sein könne.664 Einige Autoren sehen in der Avalprovision einen Ausgleich für die Übernahme des Insolvenzrisikos des Aktionärs und halten daher die Schuldnerbonität für ein maßgebliches Kriterium zur Bestimmung der Höhe der „angemessenen“ Avalprovision.665 Sie decke nämlich ein verbleibendes Delkredererisiko ab.666 Im Übrigen soll sich die Höhe der Avalprovision nach der Art der Sicherheit (Personal- oder Realsicherheit) und der Laufzeit des besicherten Darlehens richten sowie ein Ausgleich für die Bearbeitungskosten der Gesellschaft und den Entzug ihres Vermögens darstellen.667 Die Bemessung ihrer Höhe an dem, was gewerbliche Sicherheitsgeber an Avalprovision verlangen, soll nicht geboten sein: Letztere erbringen eine versicherungsähnliche Leistung, mit der sie ihr Risiko auf eine Vielzahl ähnlicher Geschäfte verteilen und nehmen in ihre Berechnungen neben dem Bonitätsrisiko eine Provision im Sinne einer Gewinnmarge auf, die eine Gesellschaft, die nicht gewerblich Sicherheiten stellt, auch bei einem Geschäft mit einem Dritten nicht hätte erzielen können, womit es der Drittvergleich gebiete, diesen Teil der „marktüblichen“ Avalprovisionen unberücksichtigt zu lassen.668

113 (119); wohl auch Winkler/Becker, ZIP 2009, 2361 (2367); a.A. Ekkenga, in: MüKoGmbHG, § 30 Rn. 253. 662 Verse, GmbHR 2018, 113 (119); i.E. ebenso für die Erstattung einer unzureichenden Verzinsung bei aufsteigenden Darlehen Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 120; Gärtner, Cash Pooling, S. 488 (§ 242 BGB); Heidinger, in: MHLS GmbHG, § 30 Rn. 78; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 94. 663 BGHZ 213, 224 (231 f.) = NZG 2017, 344 (345 f.) – Rz. 17 ff.; BGHZ 214, 258 (264 f.) = NZG 2017, 658 (660 f.) – Rz. 18 ff. 664 So Verse, GmbHR 2018, 113 (118 f.). 665 Bormann/Urlichs, GmbHR Sonderheft MoMiG 2008, 37 (48 f.); Kramer, Kapitalerhaltung, S. 97; Kuntz, ZGR 2017, 917 (945); Rösler/Mackenthun/Pohl, HdB Kreditgeschäft, S. 230. 666 Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 Rn. 62a; Heidinger, in: MHLS GmbHG, § 30 Rn. 100; ähnlich Ekkenga, in: MüKoGmbHG, § 30 Rn. 253; dezidiert a.A. Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 129; Gärtner, Cash Pooling, S. 468. 667 Vgl. Gärtner, Cash Pooling, S. 468; Kramer, Kapitalerhaltung, S. 98; Kuntz, ZGR 2017, 917 (945). 668 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 129; Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 Rn. 35, 62a; Kuntz, ZGR 2017, 917 (945 f.).

§ 4 Die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs

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2. Stellungnahme Richtig ist zunächst, dass die Zahlung einer Avalprovision jedenfalls kein Kriterium der Vollwertigkeit des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs ist. Die Besonderheit bei Kreditgeschäften besteht darin, dass der Kreditgeber immer zwei Ansprüche gegen den Kreditnehmer hat, nämlich einen Rückzahlungsanspruch, der mit dem Totalausfallrisiko belastet ist, und einen Vergütungsanspruch in Form einer Verzinsung, der die Gegenleistung für die temporäre Kapitalüberlassung, insoweit also die Vergütung der von dem Kreditgeber erbrachten Dienste, darstellt. Die alternative Formulierung in § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG („Gegenleistungsoder Rückgewähranspruch“) müsste für Kreditgeschäfte daher kumulativ lauten.669 Übertragen auf die aufsteigende Besicherung bedeutet dies, dass der Freistellungs- und Rückgriffsanspruch ein gänzlich anderes Risiko für das geschützte Kapital abdeckt als der Vergütungsanspruch auf Avalprovision, sodass beide auch kapitalerhaltungsrechtlich streng voneinander zu trennen sind. Konsequenterweise kann dann aber auch die Ausfallwahrscheinlichkeit, die nur den Freistellungs- und Rückgriffsanspruch betrifft, kein Indikator für die Höhe der Avalprovision sein. Vielmehr führen konkrete Zweifel irgendeiner Art bereits wegen der Rückstellungsbildung zur mangelnden Vollwertigkeit des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs und damit zur Unzulässigkeit der Sicherheitenbestellung insgesamt.670 Ein immer bestehendes abstraktes Ausfallrisiko ist kapitalerhaltungsrechtlich unbeachtlich, sodass ein solches auszugleichen, auch nicht Aufgabe der Avalprovision sein kann. Schwierig erscheint es auch, in dem Verzicht auf eine angemessene Avalprovision eine eigene Leistung i.S.d. § 57 AktG zu sehen, die es dann durch Zahlung einer solchen auszugleichen gilt. Der Verzicht auf einen Gegenleistungsanspruch ist kaum eigene Leistung, wenn ein Verhalten der Gesellschaft auszumachen ist, welches den Gegenleistungsanspruch erst begründet hat. Eine solche Leistung besteht gerade in der Sicherheitenbestellung. Zum Rechtsgrund der Avalprovision dringt man nur vor, wenn man bedenkt, dass die Leistung „Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit“ zwei Leistungskomponenten hat: Einerseits stellt die Gesellschaft ihr Vermögen auf Zeit zur Sicherheit zur Verfügung. Dieser Leistungskomponente steht der (vollwertige) Freistellungs- und Rückgriffsanspruch als kapitalerhaltungsrechtlicher Ausgleich gegenüber. Andererseits erbringt die Gesellschaft ihrem Aktionär eine (Finanz-)Dienstleistung des Inhalts, dass sie die zur Sicherheitenbestellung erforderlichen Handlungen vornimmt und die Sicherungskonstellation verwaltet und überwacht. Dieser Leistungskomponente hat ein Gegenleistungsanspruch gegenüberzustehen, der diesen Aufwand vergütet. Da sich die Erbringung der beschriebenen Dienste nicht in der Bilanz niederschlägt, kommt für sie das Deckungsgebot zum Tragen, das genau dem Fall Rechnung trägt, dass eine Leistung der Gesellschaft (insbesondere auch Dienstleistungen) bilanziell nicht hin669 Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 Rn. 140; vgl. nunmehr auch dies., in: BeckOGK AktG, § 57 Rn. 142. 670 Vgl. dazu § 4 B. I. 2. b) bb) Die richtige Anwendung der einschlägigen bilanziellen Maßstäbe, S. 208 f.; zutreffend daher Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 129; Gärtner, Cash Pooling, S. 468.

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Teil 1, Kap. 2: Aufsteigende Sicherheiten und Kapitalerhaltung

reichend abgebildet wird.671 Die erbrachten Dienste sind der Gesellschaft damit nach Marktmaßstäben zu vergüten, wobei aber lediglich ihr tatsächlicher Aufwand (bspw. erhöhter Buchhaltungsaufwand, Rechts- oder Steuerberatungsbedarf und Notarkosten zur Sicherheitenbestellung) maßgeblich, nicht hingegen auf „marktübliche“ Avalprovisionen, wie sie von gewerblichen Sicherungsgebern verlangt werden, abzustellen ist. Letztere erhalten eine Gewinnmarge, die die abhängige Gesellschaft mangels ihrer Präsenz auf dem Markt der Anbieter von Kredit- und Sicherungsgeschäften ohnehin nicht hätte erreichen können, sie insoweit also auch nicht vergütet werden muss.672 Kapitalerhaltungsrechtlich nicht indiziert ist es, möglicherweise höhere Finanzierungskosten der Gesellschaft wegen einer Bonitätsherabstufung infolge der Belastung ihres Vermögens mit der Sicherheit oder Nutzungseinschränkungen am Sicherungsgegenstand in die Berechnung der Avalprovision aufzunehmen.673 Derartige mittelbare Folgen der aufsteigenden Besicherung mögen einen Nachteil für die Gesellschaft darstellen.674 Sie sind jedoch weder als Teil einer Rückgewähr von temporär überlassenem Vermögen im Rahmen des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs noch als Teil einer Dienstleistungsvergütung für „Sicherheitenverwaltung“ ersatzfähig. Die Dienstleistungsvergütung zieht ihre kapitalerhaltungsrechtliche Rechtfertigung daraus, dass der Aktionär einen Bestellungs- und Verwaltungsaufwand erspart, den er sonst hätte selbst vornehmen müssen. Die mittelbaren Folgen der Besicherung bei der sicherungsgebenden Gesellschaft haben hiermit im Ansatz nichts zu tun. Es ist zudem nicht Aufgabe der Kapitalerhaltung, jeden aus einem Geschäft langfristig herrührenden Nachteil zu kompensieren. Das Geschäft darf sich im Zeitpunkt seiner Vornahme lediglich nicht negativ auf das bilanziell zu erhaltende Grundkapital auswirken. Ein gegenständlicher Vermögensschutz, der auch Nachteile infolge des Abzugs bestimmter Vermögensgegenstände erfassen würde, ist nach der Konzeption der Kapitalerhaltung nach dem MoMiG („bilanzielle Ausschüttungssperre“) gerade nicht mehr beabsichtigt.675 Aufgrund der Trennung der Sicherheitenbestellung in zwei Leistungskomponenten ist es nicht angezeigt, bei Nichtzahlung einer angemessenen Avalprovision die gesamte Besicherung nach § 62 Abs. 1 S. 1 AktG bzw. § 30 Abs. 1 GmbHG rückabzuwickeln. Vielmehr ist nur die für die erbrachten Dienste errechnete Avalprovision nach den genannten Normen zu erstatten.676

671 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 76; Drygala/Kremer, ZIP 2007, 1289 (1294 f.); Winter, DStR 2007, 1484 (1486 f.). 672 Zutreffend daher Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 Rn. 35, 62a. 673 So aber Kramer, Kapitalerhaltung, S. 97 f. 674 Ihre Berücksichtigung in der Avalprovision ist daher durch § 311 Abs. 1 AktG indiziert, vgl. Kapitel 1 § 2 C. IV. 2. Ausgleich der gestiegenen Finanzierungskosten wegen Bonitätsherabstufung, S. 151 f. 675 So ausdrücklich Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140 vom 25. 07. 2007, S. 41 i.V.m. S. 52. 676 Zutreffend daher Verse, GmbHR 2018, 113 (119); für die Erstattung einer unzureichenden Verzinsung bei aufsteigenden Darlehen ebenso Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 120; Gärtner, Cash Pooling, S. 488 (§ 242 BGB).

§ 4 Die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs

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C. Die Vollwertigkeit von Rückgewähransprüchen bei aufsteigenden Sicherheiten im Cash Pool Bestellt die Gesellschaft Sicherheiten zur Absicherung des Cash Pool Saldos bei der konzernfinanzierenden Bank, gilt das Vorstehende entsprechend, jedenfalls sofern die Cash Pool Betreibergesellschaft und damit Kreditnehmer der herrschende Aktionär selbst ist. Ist eine eigenständige Betreibergesellschaft gegründet worden, ist eine zu ihren Gunsten bestellte Sicherheit als Leistung an den Aktionär anzusehen und damit das Vorstehende anzuwenden, wenn ihm diese zuzurechnen ist, sei es weil er den Cash Pool und damit einhergehend die Sicherheitenbestellung veranlasst hat oder er Mehrheits- oder Alleingesellschafter der Betreibergesellschaft ist.677 Mithin hat die Gesellschaft vor ihrer Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung, die i. d. R. mit dem Abschluss der Cash Pool Abrede einhergeht, grundsätzlich zu prüfen, ob die Betreibergesellschaft zur Rückzahlung des Cash Pool Saldos voraussichtlich in der Lage sein wird, sprich keine konkreten Umstände ersichtlich sind, die zu einer Inanspruchnahme der gestellten Sicherheit wegen eines nicht getilgten Cash Pool Saldos und damit zur Rückstellungsbildung bei der Gesellschaft führen. Es stellen sich jedoch bei der Vollwertigkeitsprognose in dieser besonderen Sicherungskonstellation zwei Probleme:

I. Vollwertigkeitsprognose bei laufend schwankendem Cash Pool Saldo Erstens unterliegt der besicherte Cash Pool Saldo laufend Schwankungen, womit die Frage, ob der herrschende Aktionär als Betreibergesellschaft zur Rückzahlung voraussichtlich in der Lage sein wird, schwer zu beantworten ist. Entscheidend ist die Erkenntnis, dass es gar nicht zur Sicherheitenverwertung kommt, wenn der Cash Pool Saldo auf lange Sicht ausgeglichen ist, mithin die Cash Pool finanzierende Bank im Rahmen der vereinbarten Kreditbedingungen stets rechtzeitig befriedigt wird. Hiervon ist auszugehen, wenn die durch alle am Cash Pool teilnehmenden Gesellschaften vorhandene und geschaffene Liquidität insgesamt ausreicht, um die im gesamten Konzern678 benötigte Liquidität zu decken.679 Temporäre Inanspruchnahmen des Cash Pool Saldos bei der konzernfinanzierenden Bank sind dabei unerheblich, solange nur insgesamt keine konkreten Zweifel daran bestehen, dass sich die Konzerngesellschaften über den Cash Pool selbst finanzieren können und keine nicht rückzahlbaren Kredite in Form eines dauerhaft negativen Cash Pool Saldos von der Bank benötigen. Anzuknüpfen ist hierfür an die Ertragskraft der am Cash Pool teilnehmenden Gesellschaften, die jeweils mit den weiter oben beschriebenen 677

Statt aller Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 124, 126 ff. Gemeint sind die über den Cash Pool verbundenen Konzerngesellschaften. 679 Dazu Kapitel 1 § 2 C. II. 3. f) bb) Ausgleich durch vollwertigen Rückgriffsanspruch, S. 139 ff. 678

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Teil 1, Kap. 2: Aufsteigende Sicherheiten und Kapitalerhaltung

Mitteln680 finanziell analysiert werden müssen, um auf diese Weise die Ertragskraft der Gruppe aller teilnehmenden Gesellschaften zu ermitteln.681 Steht aufgrund der Ertragskraft der Gruppe außer Zweifel, dass das Cash Pool System funktioniert, ist mangels wahrscheinlicher Inanspruchnahme der Cash Pool Sicherheiten von der Vollwertigkeit ihres Freistellungsanspruchs auszugehen. Alternativ kann die besichernde Gesellschaft ihr Haftungsrisiko durch die Bestellung dinglicher Sicherheiten oder in ihrer Höhe beschränkte Personalsicherheiten eingrenzen.682 Steht diesem kalkulierbaren Haftungsrisiko ein insolvenzfest besicherter und damit voraussichtlich durchsetzbarer Rückgriff gegenüber, so ist ebenfalls von Vollwertigkeit auszugehen und die aufsteigende Besicherung kapitalerhaltungsrechtlich unbedenklich.683 Wiederum alternativ zum besicherten Rückgriff ist zu bedenken, dass die besichernde Gesellschaft selbst Darlehen aus dem Cash Pool erhält und damit Darlehensrückzahlungsansprüche des herrschenden Aktionärs – sofern dieser den Cash Pool betreibt684 – gegen die Gesellschaft entstehen. Will die Gesellschaft nach ihrer Inanspruchnahme Rückgriff nehmen, so besteht grundsätzlich die Möglichkeit der Aufrechnung mit dem von ihr geschuldeten Darlehensrückzahlungsanspruch.685 Beschränkt die Gesellschaft ihre Sicherheiten und damit ihre mögliche Haftungshöhe daher auf ein Maß, in dem sie regelmäßig selbst Kredit aus dem Cash Pool erhält und steht dem herrschenden Aktionär als Betreibergesellschaft zur Zeit der Inanspruchnahme der Gesellschaft durch die Cash Pool finanzierende Bank ein Darlehensrückgewähranspruch gegen sie zu, so hat die Inanspruchnahme keine Auswirkungen auf das bilanzielle Vermögen der Gesellschaft.686

680 Vgl. die Maßstäbe, insbes. das Rating, unter § 4 B. I. 3. Indikatoren zur Beurteilung einer wahrscheinlichen Darlehensrückzahlung, S. 209 f. 681 Vgl. zur Ermittlung der Ertragskraft der Gruppe auch Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1300). 682 Ausführlich zu dieser Möglichkeit der Haftungsbegrenzung unter Kapitel 1 § 2 C. II. 4. f) bb) (2) Ausgleich des durch Personalsicherheiten (insbes. Schuldmitübernahme) verursachten Haftungsrisikos, S. 141 f. 683 Dazu bereits unter § 4 B. I. 4. Vollwertigkeit trotz wahrscheinlicher Inanspruchnahme der Sicherheit, S. 211 f. 684 Ein Darlehensrückzahlungsanspruch einer eigens gegründeten Betreibergesellschaft, die ggf. Schwestergesellschaft der besichernden Gesellschaft ist, hilft für die folgende Überlegung nicht weiter, da sie nicht Adressat des Rückgriffsanspruchs nach Inanspruchnahme der Sicherheit ist, zutreffend daher Gärtner, Cash Pooling, S. 460. 685 Allg. zur Aufrechnungsmöglichkeit bei „weitergereichten“ Darlehen Bastuck, WM 2000, 1091 (1095); Maier-Reimer, in: FS Rowedder, S. 245 (255); Schön, ZHR 159 (1995), 351 (355); siehe zu diesem Fall im Kontext des Nachteilsausgleich auch Kapitel 1 § 2 C. II. 3. f) cc) Ausgleich durch empfangene Darlehen, S. 142 f. 686 Da es sich hierbei um einen wohl eher theoretischen Fall handelt, zu Recht kritisch Gärtner, Cash Pooling, S. 459 f.

§ 4 Die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs

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II. Pauschalwertberichtigung wegen eines „Klumpenrisikos“ Zweitens ist der Freistellungs- und Rückgriffsanspruch in der Cash Pool Besicherung möglicherweise aufgrund sog. „Klumpenrisiken“ einer bilanziellen Pauschalwertberichtigung zu unterziehen. Unter dem „Klumpenrisiko“ versteht man das Risiko, dass die Gesellschaft – ungeachtet der Bonität ihres Aktionärs – ihr Ausfallrisiko nicht auf mehrere Schuldner verteilen kann und damit bei Ausfall ihres einen Schuldners einen möglicherweise vernichtenden Totalausfall erleidet.687 Dieses Risiko erfährt bei der Cash Pool Besicherung besondere Bedeutung, da regelmäßig ein empfindlich hoher Saldo als Schuld einer einzelnen Betreibergesellschaft besichert wird, die gleichzeitig die Liquiditätsversorgung der Gesellschaft sicherstellen soll. Zwar hängt die Bonität der Betreibergesellschaft von den am Cash Pool teilnehmenden Gesellschaften ab, jedoch findet insoweit für die besichernde Gesellschaft auch nur eine geringe Risikoverteilung auf die den Cash Pool konstatierende Unternehmensgruppe statt. Dieses Risiko soll einer Ansicht nach mittels einer Pauschalwertberichtigung des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs berücksichtigt werden, denn das Ausmaß der Gesamtverpflichtung, die nur ein Gesellschafter gegenüber seiner Gesellschaft zu erfüllen hätte, begründe einen konkreten Zweifel an seiner Fähigkeit zur Befriedigung des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs.688 Mit Verweis darauf, dass der Gesetzgeber das ökonomisch sinnvolle Cash Pooling gerade privilegieren wollte, schließen andere zwar die bilanzielle Berücksichtigung von „Klumpenrisiken“ in Cash Pool Konstellationen aus, wollen sie aber im Übrigen wegen nicht mehr zu verantwortender Risikokonzentration durch bilanzielle Abwertung abbilden.689 Dem wird entgegengehalten, dass es an einem bilanziellen Bewertungsmaßstab für Klumpenrisiken fehle690 und damit ihre Auswirkungen auf die Vollwertigkeitsprüfung mit erheblicher Rechtsunsicherheit belastet seien.691 Bedenkt man, dass jeder konkrete Zweifel an der Fähigkeit des Aktionärs zur Rückzahlung des besicherten Darlehens bereits zu einer Rückstellungsbildung und damit zum gänzlichen Entfall der Vollwertigkeit des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs führt, ist es im Ansatz 687 Kramer, Kapitalerhaltung, S. 98; Kropff, NJW 2009, 814 (815); Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 86; Vetter, in: Goette/Habersack MoMiG, Rn. 4.46; siehe auch Bayer/Lieder, AG 2010, 885 (892); U. H. Schneider, in: Lutter/Scheffler/Schneider HdB Konzernfinanzierung, Rn. 25.52. 688 Habersack, in: UHL GmbHG, § 30 Rn. 105; dazu auch Hentzen, ZGR 2005, 480 (504 f.); Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 30 Rn. 28 mit Fn. 102; Kropff, NJW 2009, 814 (815); U. H. Schneider, in: FS Döllerer, S. 537 (543). 689 Fleischer/Schmolke, ZHR 173 (2009), 649 (683 ff.); Söhner, ZIP 2011, 2085 (2088); ders., Gläubigerschutz, S. 88. 690 Ekkenga, in: MüKoGmbHG, § 30 Rn. 244; Kramer, Kapitalerhaltung, S. 100; Mülbert/ Sajnovits, WM 2015, 2345 (2349); Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 86; Vetter, in: Goette/ Habersack MoMiG, Rn. 4.46; kritisch auch Drygala, in: KölnKomm AktG, § 57 Rn. 70; Thole, ZInsO 2011, 1425 (1426). 691 Siehe zum Ganzen Kramer, Kapitalerhaltung, S. 99 f.

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Teil 1, Kap. 2: Aufsteigende Sicherheiten und Kapitalerhaltung

unrichtig, diesen „nur“ bilanziell abzuwerten, wenn aufgrund der „Klumpenrisiken“ ein sich konkret abzeichnendes Risiko besteht. Das immer bestehende und damit richtigerweise kapitalerhaltungsrechtlich unbeachtliche abstrakte Ausfallrisiko eines Schuldners wird nicht dadurch erhöht, dass er der einzige Schuldner der Gesellschaft ist. Die gravierenden Folgen derartiger Abhängigkeiten im Fall eines Ausfalls sind allenfalls für die Geschäftsleiterhaftung sowohl auf Ebene der Gesellschaft als auch des Aktionärs zu berücksichtigen, wenn ihr Aufbau nicht mehr mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Geschäftsführung vereinbar war.692 Abhängigkeiten zu unterbinden, ist jedoch nicht Aufgabe der Kapitalerhaltung, sodass ihre möglichen Auswirkungen an dieser Stelle unberücksichtigt bleiben müssen.

III. Avalprovision im Cash Pool Letztlich stellt sich die Frage, ob am Cash Pool beteiligte, sicherungsgebende Gesellschaften nach den aufgestellten Grundsätzen693 eine Avalprovision verlangen müssen. Nach der hA erlauben die mit der Teilnahme am Cash Pool einhergehenden Vorteile, allen voran der zinslose bzw. zinsgünstige Liquiditätsbezug, auf eine Vergütung für die Leistung der teilnehmenden Gesellschaft zu verzichten.694 Dem ist zuzustimmen. Stellt die Avalprovision nur die Gegenleistung für die von der Gesellschaft im Zusammenhang mit der Sicherheitenbestellung erbrachten Dienste dar695, so können diese auch anders als in Geld vergütet werden. Belaufen sich die ausgehend vom regelmäßigen Kapitalbezug aus dem Cash Pool errechneten Ersparnisse wegen des zinslosen Kapitalbezugs696 auf dieselbe Höhe, in der eine angemessene Avalprovision zu zahlen wäre, ist die Leistung der Gesellschaft bereits angemessen vergütet.

D. Die Vollwertigkeit von Rückgewähransprüchen bei aufsteigenden Sicherheiten in der Akquisitionsfinanzierung Dass der Gesetzgeber des MoMiG die Vollwertigkeit eines Rückgewähranspruchs gegen eine mit geringen Mitteln ausgestattete Erwerbsgesellschaft als regelmäßig 692 Ähnlich Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 229 f.: „unternehmerische Entscheidung, die nicht von § 57 Abs. 1 AktG hinterfragt wird“. 693 Vgl. dazu unter § 4 B. III. 2. Stellungnahme, S. 219 f. 694 Allg. zum aufsteigenden Darlehen im Rahmen des Cash Pools Altmeppen, in: Roth/ Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 120; ders., ZIP 2009, 49 (52); ders., NZG 2010, 401 (404); Ekkenga, in: MüKoGmbHG, § 30 Rn. 188; Klein, ZIP 2017, 258 (259 f.); krit. dagegen Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 95; Wirsch, Der Konzern 2009, 443 (449 f.); speziell zu aufsteigenden Sicherheiten bejahend Gärtner, Cash Pooling, S. 469. 695 Vgl. zur Herleitung § 4 B. III. 2. Stellungnahme, S. 219 f. 696 Ausführlich zu dieser Rechnung unter Kapitel 1 § 2 C. II. 3. f) dd) Ausgleich durch Entbehrlichkeit externer (entgeltlicher) Finanzierung, S. 143 f.

§ 5 Sonstige Anhaltspunkte für eine Einlagenrückgewähr

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nicht gegeben unterstellte697, steht der Besicherung einer Akquisitionsfinanzierung (Paradigma: Leveraged Buyout) nicht entgegen: Wie bereits ausführlich dargelegt ist angesichts der finanziellen Verstrickung zwischen Erwerbs- und Zielgesellschaft ausschließlich die Bonität Letzterer maßgeblich für die Frage, ob die Finanzierungsverbindlichkeiten der Erwerbsgesellschaft termingerecht erfüllt werden können.698 Es gilt daher auch im Kontext des § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG eine umfassende Analyse des Finanzierungskonzepts und der maßgeblichen Ertragskraft der Zielgesellschaft anzustellen. Für die Einzelheiten sei auf die Ausführungen beim Nachteilsausgleich verwiesen. Um Vollwertigkeit i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG zu erreichen, genügt – abweichend zum Nachteilsausgleich – die positive Rückzahlungsprognose im Zeitpunkt der Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung. Die bilanzielle Betrachtungsweise verlangt auch bei langfristigen Finanzierungskonzepten keine Absicherung des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs mittels einer Gegensicherheit, sofern nur im maßgeblichen Verpflichtungszeitpunkt an der planmäßigen Rückzahlung gem. dem Finanzierungskonzept keine konkreten Zweifel bestehen. Den besonderen Verhältnissen in der Akquisitionssituation trägt die Verlagerung der Vollwertigkeitsprognose auf die Ebene der Zielgesellschaft ausreichend Rechnung.699

§ 5 Sonstige Anhaltspunkte für eine Einlagenrückgewähr im Rahmen der aufsteigenden Besicherung A. Einlagenrückgewähr durch Vermögensbelastung I. Belastung von betriebsnotwendigem Vermögen Ist nun geklärt, wann die Bestellung einer Sicherheit eine unzulässige Einlagenrückgewähr darstellt, bleibt die Frage, ob sonstige im Zusammenhang mit der aufsteigenden Besicherung auftretende Vermögensnachteile einen Kapitalerhaltungsverstoß begründen können. In Betracht kommt hierfür zunächst die Belastung von betriebsnotwendigem Vermögen, durch dessen Entzug – spätestens im Ver697 Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140 vom 25. 07. 2007, S. 41; daran anknüpfend Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 190; Berkefeld, Management Buy-Out, S. 151 f.; Ekkenga, in: MüKoGmbHG, § 30 Rn. 254; Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 Rn. 42, 62; Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 57 Rn. 47; Gehrlein, Der Konzern 2007, 771 (785); Heidinger, in: MHLS GmbHG, § 30 Rn. 192; Söhner, ZIP 2011, 2085 (2089); Tillmann, NZG 2008, 401 (404 f.). 698 Ausführlich dazu unter Kapitel 1 § 2 C. II. 3. g) Besonderheiten bei der Akquisitionsfinanzierung, S. 144 ff. 699 Ebenso Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 131; Becker, ZIP 2017, 1599 (1605 f.); Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 54; Freitag, WM 2017, 1633 (1634 f.); Heerma/Bergmann, ZIP 2017, 1261 (1263 f.); Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1299 f.); Kramer, Kapitalerhaltung, S. 101 f.

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Teil 1, Kap. 2: Aufsteigende Sicherheiten und Kapitalerhaltung

wertungsfall – die Produktion der abhängigen Gesellschaft erheblich eingeschränkt oder gar unmöglich wird.700 Ob ein in besonderem Maße nachteiliger Vermögensentzug auch besonders von den Kapitalerhaltungsvorschriften erfasst wird, ist eine Frage von deren Schutzbereich. Nach der Reform der Kapitalerhaltungsvorschriften durch das MoMiG ist diesen nur noch ein wertmäßiger Schutz des Gesellschaftsvermögens zu entnehmen und – in klarer Abkehr von den restriktiven Aussagen des „November-Urteils“701 – jeder gegenständliche Schutzgehalt (bzw. Liquiditätsschutz) nicht mehr umfasst.702 Vielmehr ist ein Geschäft kapitalerhaltungsrechtlich unbedenklich, sofern nur die ausgetauschten Leistungen bilanziell gleichwertig sind bzw. die Konditionen einem Drittvergleich standhalten, bei dem auch lediglich Marktwerte zugrunde liegen, die nicht berücksichtigen, ob der Entzug des Leistungsgegenstandes einen besonderen Nachteil aufgrund der spezifischen Verhältnisse bei der leistenden Gesellschaft auslöst. Darüber hinaus steht dem besonderen Vermögensnachteil der Gesellschaft, die dem Gegenstand einen gesteigerten Gebrauchswert zumisst, keine Vorteilsgewährung an den Aktionär gegenüber, die über das bloße zur Verfügung Stellen des Gegenstandes zu Sicherungszwecken hinausgeht. Ein hiervon abgrenzbarer, selbstständiger Vorteil für den Aktionär ist aber gerade Voraussetzung dafür, infolge der besonderen Nachteile durch die Vermögensbelastung eine eigene Einlagenrückgewähr anzunehmen.703 Der Kapitalschutz durch Kapitalerhaltung hat nämlich nicht die Aufgabe, die hinter einem gleichwertigen Austauschgeschäft stehenden unternehmerischen Entscheidungen in die Bewertung einer Einlagenrückgewähr einzubeziehen.704 Diese können nämlich, soweit sie über die Forderungsbewertung eines ordentlichen Geschäftsleiters (§ 253 Abs. 4 HGB) hinausgehen, gar nicht rechnerisch zum Vermögenserhalt abgebildet werden. Ob die Belastung eines Vermögensgegenstandes aufgrund seiner herausragenden Bedeutung für die Gesellschaft entweder durch die Sicherheitenbestellung selbst (z. B. im Falle eines Besitzpfandrechts an einer betriebsnotwendigen Maschine) oder infolge seiner Verwertung empfindliche Nachteile mit sich bringt, ist nach diesen Grundsätzen kapitalerhaltungsrechtlich unbeachtlich, stellt insbesondere keine eigene verbotene Einlagenrückgewähr dar, wenn der Freistellungs- und Rückgriffsanspruch nach den weiter oben erörterten Maßstäben vollwertig ist.

700 Genauer zu diesem Fall bereits unter Kapitel 1 § 2 C. IV. 3. Besonderheiten bei der Belastung von betriebsnotwendigem Vermögen, S. 152 f. 701 Vgl. BGHZ 157, 72 (76) = NJW 2004, 1111 („November-Urteil“). 702 Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140 vom 25. 07. 2007, S. 41 i.V.m. S. 52; siehe auch Drygala, in: KölnKomm AktG, § 57 Rn. 51; Habersack, ZGR 2009, 347 (353 f.); Mülbert/ Leuschner, NZG 2009, 281 (283); Rothley/Weinberger, NZG 2010, 1001 (1005); Winter, DStR 2007, 1484 (1487, 1489); dazu ausführlich unter Kapitel 1 § 1 B. I. 3. a) Auswirkungen des MoMiG auf die objektive Reichweite der Kapitalerhaltung, S. 84 f. 703 Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 223 f. 704 Vgl. Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 226; U. H. Schneider, in: FS Döllerer, S. 537 (544).

§ 5 Sonstige Anhaltspunkte für eine Einlagenrückgewähr

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II. Bonitätsherabstufung und gestiegene Eigenfinanzierungskosten Kann die Gesellschaft infolge der Belastung ihres Vermögens mit der Sicherheit zugunsten ihres Aktionärs nicht mehr genügend Sicherungsmittel zu ihrer eigenen Finanzierung aufbringen und wird daher in ihrer Bonität herabgestuft bzw. ist höheren Kreditzinsen ausgesetzt, stellt dies für sie zweifelsohne einen Vermögensnachteil dar.705 Nach den vorstehenden Ausführungen zum Schutzbereich der Kapitalerhaltung stellen derartige Ausschüttungsfolgeschäden bei der Gesellschaft eine bloße Folge der in der Sicherheitenbestellung bestehenden Leistung dar, sind aber keine eigene bewertbare Vorteilsgewährung an den Aktionär und können damit keine eigenständige Einlagenrückgewähr begründen.706

B. Stehenlassen des Rückgriffsanspruchs Dass in der Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Aktionärs nach Sicherheitenbestellung, bei der noch ein vollwertiger Freistellungs- und Rückgriffsanspruch vorhanden war, keine neue Leistung i.S.d. § 57 AktG bzw. Auszahlung i.S.d. § 30 GmbHG zu erblicken ist, wurde bereits dargelegt.707 Mit einer wesentlichen Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Aktionärs geht jedoch die materielle Entstehung des Freistellungsanspruchs einher, der sich mit der Sicherheitenverwertung in einen Rückgriffsanspruch wandelt. Fraglich bleibt in diesem Fall, wie sich der Verzicht auf diesen Anspruch seitens der Gesellschaft oder auch dessen bloße Nichtgeltendmachung kapitalerhaltungsrechtlich auswirkt. Der BGH sieht im bloßen Unterlassen der Geltendmachung eines Freistellungsund Rückgriffsanspruchs keine eigene Leistung bzw. Auszahlung, im Verzicht auf diese Ansprüche hingegen schon.708 Der Anspruch, der schlicht nicht geltend gemacht wird, bestehe nämlich im Gegensatz zu dem Anspruch, auf den verzichtet wurde, fort. Außerdem komme in dem Verzicht eine andere Auszahlung zur Geltung als in der Bestellung der Sicherheit: Während der BGH die (kapitalerhaltungsrechtswidrige) Bestellung der Sicherheit wertmäßig mit der unterstellten Verwertung ansetzen möchte709, soll der Verzicht auf den Freistellungs- und Rückgriffsanspruch wertmäßig nur den liquiden Wert des wegen der Verschlechterung der Vermögenslage des Gesellschafters (Aktionärs) im Vergleich zum Zeitpunkt der Sicher-

705 Vgl. unter Kapitel 1 § 2 C. IV. 1. Bonitätsherabstufung durch Vermögensbelastung, S. 150 f. 706 Ebenso Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 226 f.; siehe auch Ekkenga, in: MüKoGmbHG, § 30 Rn. 26; Leuschner, NJW 2011, 3275 (3276). 707 Dazu § 3 B. V. 2. a) Weiterer Leistungsakt in der (drohenden) Verwertung, S. 194 f. 708 BGHZ 214, 258 (266 f.) = NZG 2017, 658 (661) – Rz. 23; zustimmend Séché/Theusinger, BB 2017, 1550 (1554). 709 BGHZ 214, 258 (265) = NZG 2017, 658 (660) – Rz. 20.

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Teil 1, Kap. 2: Aufsteigende Sicherheiten und Kapitalerhaltung

heitenbestellung wertgeminderten Freistellungsanspruchs umfassen. Verzichtet wird mithin auf die Differenz zu diesem ursprünglichen Freistellungsanspruch.710 Dem wird entgegengehalten, dass sowohl der Nichtgeltendmachung als auch dem Verzicht ein im Vergleich zur Sicherheitenbestellung abgrenzbarer wirtschaftlicher Vorteil für den Aktionär gegenüberstehe, der die Grundvoraussetzung einer Einlagenrückgewähr darstellt, wobei es nicht darauf ankommen könne, wie dieser neue Vorteil „verpackt“ sei.711 Des Weiteren berge die Differenzierung Unsicherheiten, bis wann das bloße Unterlassen der Geltendmachung kapitalerhaltungsrechtlich irrelevant ist, denn jedenfalls mit der Verjährung des Rückgriffsanspruchs sei der Vermögensposten für die Gesellschaft gleich wie bei einem Verzicht unrettbar verloren.712 Außerdem wird eine Parallele zur Rechtslage beim aufsteigenden Darlehen angeführt: Zwar führen auch hier einige Vertreter ausgehend von einem Umkehrschluss aus der Gesetzesbegründung713 an, dass das bloße „Stehenlassen“ eines Darlehensrückzahlungsanspruchs zwar zu einer Geschäftsleiterhaftung, nicht hingegen zu einer neuen kapitalerhaltungsrechtlichen Auszahlung führen könne.714 Die mittlerweile h.M. sieht jedoch nicht ein, zwischen einer unstreitig von der Kapitalerhaltung erfassten Prolongation des Darlehensrückzahlungsanspruchs und einer unterlassenen Geltendmachung des Rückzahlungsanspruchs zu unterscheiden, wenn Letztere eine bewusste Entscheidung des Geschäftsleiters trotz erkannter Berechtigung zur Rückforderung darstellt.715 Das bewusste Unterlassen der Durchsetzung einer Forderung habe immerhin auch der BGH bereits als Einlagenrückgewähr eingestuft.716 Übertragen auf den ähnlich gelagerten Fall der aufsteigenden Sicherheiten müsse dies bedeuten, dass auch hier bereits das „Stehenlassen“ und nicht nur der Verzicht auf den Freistellungs- und Rückgriffsanspruch eine kapitalerhaltungsrechtlich relevante Handlung darstellt.717 710 BGHZ 214, 258 (266 f.) = NZG 2017, 658 (661) – Rz. 23 unter Verweis auf Ekkenga, in: MüKoGmbHG, 2. Aufl. 2015, § 30 Rn. 224, der dies an der genannten Stelle jedoch nicht behauptet. 711 Kuntz, ZGR 2017, 917 (952). 712 Vgl. Kuntz, ZGR 2017, 917 (952). 713 „Es kann dann aber ein Sorgfaltspflichtverstoß des Geschäftsführers gegeben sein, der diese Forderung stehen ließ, obwohl er sie hätte einfordern können.“ – Begr. RegE MoMiG, BTDrucks. 16/6140 vom 25. 07. 2007, S. 41. 714 Engert, BB 2005, 1951 (1955); Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 Rn. 43; Vetter, in: Goette/Habersack MoMiG, Rn. 4.57. 715 Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 163; Ekkenga, in: MüKoGmbHG, § 30 Rn. 241, 243; Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 57 Rn. 57; Habersack, in: UHL GmbHG, § 30 Rn. 109; Heidinger, in: MHLS GmbHG, § 30 Rn. 79; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 88; Wilhelmi, WM 2009, 1917 (1920). 716 BGHZ 122, 333 (338) = NJW 1993, 1922 (1923): „tatsächliche Aufgabe des Forderungsrechts“ als Auszahlung i.S.d. § 30 Abs. 1 GmbHG; siehe auch BGHZ 179, 344 (357) = NJW 2009, 2127 (2131) – Rz. 42 (Sanitary). 717 So Kramer, Kapitalerhaltung, S. 70; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 101.

§ 5 Sonstige Anhaltspunkte für eine Einlagenrückgewähr

229

Zuzustimmen ist der letztgenannten Ansicht. Die Privilegierung des § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG endet in dem Zeitpunkt, wo die Vollwertigkeit des Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruchs nicht mehr gegeben ist. Dies für sich genommen begründet zwar keine erneute Leistung an den Aktionär. Es verpflichtet aber den Geschäftsleiter, alle Maßnahmen zu ergreifen, um eine Einbuße des geschützten Kapitals abzuwehren. Unterlässt er dies bewusst, obwohl er die Einbuße jedenfalls hätte minimieren können, so disponiert er bzgl. des zu minimierenden Teils (erneut) über geschütztes Gesellschaftsvermögen, womit er in die unverzichtbare Haftung nach § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG bzw. § 43 Abs. 3 GmbHG geriet718, der anders gewendet eine Einlagenrückgewähr zugrunde liegt. Wenn der BGH behauptet, der Verzicht auf den Freistellungsanspruch stelle eine andere Auszahlung als die Bestellung der Sicherheit dar, da sie nur auf die wertmäßige Verschlechterung des Freistellungsanspruchs im Vergleich zu seiner Höhe bei Sicherheitenbestellung gerichtet sei719, erklärt das erstens noch nicht, warum eine Differenzierung zwischen einem Verzicht auf den Freistellungsanspruchs und dessen bewusstem Stehenlassen, das einem faktischen Verzicht gleichkommt, geboten ist. Zweitens stellt der BGH mit dieser vermeintlichen Präzisierung seine eigenen Grundsätze zur kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit der aufsteigenden Besicherung auf den Kopf: Im Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung darf es materiell noch gar keinen Freistellungsanspruch geben. Dieser entsteht nur bei wesentlicher Vermögensverschlechterung, die – wenn sie bereits bei Sicherheitenbestellung vorläge – zur anfänglichen Unzulässigkeit der aufsteigenden Sicherheit führen würde: Wegen der prekären finanziellen Situation des Aktionärs bestünden Zweifel an dessen Fähigkeit zur Darlehensrückzahlung, mithin wären Rückstellungen zu bilden. Es gibt daher keinen Freistellungsanspruch bei Sicherheitenbestellung, der als Vergleichspartikel für einen Freistellungsanspruch im Zeitpunkt des Verzichts fungieren könnte. Die Anknüpfung an den Verzicht auf oder das Stehenlassen eines Freistellungs- bzw. Rückgriffsanspruchs erhält ohnehin nur Bedeutung in den Fällen, in denen sich die Bonität des Aktionärs nach einer kapitalerhaltungsrechtlich zulässigen Bestellung verschlechtert. Verstieß bereits die Bestellung der Sicherheit bzw. die Verpflichtung hierzu gegen den Kapitalerhaltungsgrundsatz ist ohnehin eine umfängliche Rückgewährpflicht des Aktionärs aus § 62 Abs. 1 S. 1 AktG sowie die Haftung des Vorstands aus § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG für alle aufkommenden Schäden begründet, sodass es gar nicht mehr nötig ist, zusätzlich auf den (faktischen) Verzicht auf den Freistellungs- bzw. Rückgriffsanspruch als weitere Einlagenrückgewähr zu rekurrieren. Erkennt man damit für den Fall der späteren Bonitätsverschlechterung des Aktionärs trotz anfänglicher Vollwertigkeit eine Einlagenrückgewähr darin, dass die Geschäftsleiter ab ihrer Kenntnis von bestehenden Freistellungs- und Rückgriffsansprüchen in welcher Form auch immer von deren Geltendmachung absehen, so 718

(54 f.). 719

Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 145; siehe auch ders., ZIP 2009, 49 BGHZ 214, 258 (266 f.) = NZG 2017, 658 (661) – Rz. 23.

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Teil 1, Kap. 2: Aufsteigende Sicherheiten und Kapitalerhaltung

besteht die kapitalerhaltungsrechtliche Leistung jedoch nur in der Höhe, in der sich die Gesellschaft durch den Freistellungs- und Rückgriffsanspruch hätte schadlos halten können. Da dieser angesichts der Bonitätsverschlechterung des Aktionärs jedenfalls hinter dem Wert ihrer Sicherheit zurückbleibt, regelmäßig sogar gar nicht mehr zu realisieren sein wird720, hat die Einlagenrückgewähr durch (faktischen) Verzicht auf diesen Anspruch in der Regel nur Bedeutung, wenn der Freistellungsund Rückgriffsanspruch selbst für die Gesellschaft werthaltig besichert wurde oder aufrechnungsfähige Gegenansprüche bestehen.

§ 6 Fazit zu aufsteigenden Sicherheiten im Kapitalerhaltungsrecht Auch wenn der Gesetzgeber des MoMiG den Fall der aufsteigenden Sicherheiten bei der Neuregelung der zulässigen Auszahlung von Grund- bzw. Stammkapital (§ 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG) nicht bedacht hat, führt die konsequente Anwendung der allgemeinen Bilanzierungsgrundsätze auch im besonderen Fall der aufsteigenden Sicherheiten zu einem in sich schlüssigen System. Dennoch ist dieses System nicht geeignet, alle Nachteile und Risiken, die mit der Besicherung einhergehen, angemessen abzubilden: Durch die Vermögensbelastung verursachte Bonitätsabwertungen der abhängigen Gesellschaft bleiben ebenso unbeachtet wie die möglicherweise existenzvernichtenden Folgen bei Verwertung von betriebsnotwendigem Vermögen. Des Weiteren bleiben Prognoseunsicherheiten unberücksichtigt, die mit der Besicherung langfristiger Darlehen einhergehen, indem zur Vollwertigkeitsprüfung ausschließlich der Zeitpunkt der wirksamen Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung maßgeblich ist. Das neue Kapitalschutzrecht lässt – in Abkehr vom gegenständlichen Vermögensschutz des „November-Urteils“721 – den Tausch „konkretes Vermögen gegen Forderung“ und die damit einhergehende Übernahme des Insolvenzrisikos ausdrücklich zu. Dass der Kapitalerhaltungsgrundsatz dadurch geschwächt wird722, ist konsequenterweise auch für den Fall der aufsteigenden Sicherheiten hinzunehmen, selbst wenn die unumkehrbare Übernahme des Haftungsrisikos durch Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit bei typischerweise langfristig besicherten Darlehen besondere Gefahren für die Gesellschaft birgt. Gleichzeitig zeigt dieser Fall aber auch die Insuffizienz des gesetzgeberischen Konzepts auf, mithin dass die Kapitalerhaltung allein nicht ge-

720

Vgl. dazu auch Kapitel 4 § 2 C. III. Haftung wegen Fehlverhaltens nach Sicherheitenbestellung – Überwachungspflichten, S. 264 ff. 721 BGHZ 157, 72 (76) = NJW 2004, 1111 („November-Urteil“). 722 Vgl. BGHZ 214, 258 (265) = NZG 2017, 658 (660) – Rz. 19: „Der Gläubigerschutz durch Kapitalerhaltung ist insoweit geschwächt.“

§ 1 Wirksamkeit der Sicherheitenbestellung nach dem allg. Zivilrecht

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eignet ist, die Vermögensinteressen einer abhängigen Gesellschaft umfassend zu schützen.723 Kapitel 3

Weitere Zulässigkeitsschranken der aufsteigenden Besicherung Nachdem geklärt ist, welche Schranken der aufsteigenden Besicherung durch das Konzernrecht und das Kapitalerhaltungsrecht gesetzt sind, gilt es, in diesem Kapitel übrige aktien- sowie allgemein zivilrechtliche Grenzen für die Sicherheitenbestellung zu untersuchen. Sofern sie zur Folge haben, dass die Verwertung der Sicherheit und damit ein Vermögensabfluss bei der Gesellschaft unterbleibt, bilden sie ebenso einen Teil eines umfassenden Vermögensschutzsystems und ergänzen insoweit den durch Kapitalerhaltung und Konzernrecht statuierten Vermögensschutz.

§ 1 Wirksamkeit der Sicherheitenbestellung nach dem allgemeinen Zivilrecht Von großer Bedeutung ist die Frage, ob die Sicherheitenbestellung nach dem allgemeinen Zivilrecht unwirksam sein könnte. Empfängt der Kreditgeber rechtsgrundlos die Sicherheit von der Gesellschaft oder ist deren Bestellungsakt unwirksam, sieht auch er sich Ansprüchen der Gesellschaft (§§ 812 ff., 985 BGB) ausgesetzt, die – im Gegensatz zu den häufig wertlosen gesellschaftsrechtlichen Ansprüchen gegen den Aktionär – aufgrund der Finanzkraft der Kreditinstitute für die sicherungsgebende Gesellschaft sehr ergiebig sein können.724

A. Kapitalerhaltungsverletzung als Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot i.S.d. § 134 BGB Verstößt die Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung gegenüber dem Kreditgeber des Aktionärs nach den oben beschriebenen Grundsätzen gegen § 57 AktG, könnte das Verpflichtungsgeschäft sowie die darauf beruhende (dingliche) Sicherheitenbestellung gem. § 134 BGB nichtig sein. 723 Zutreffend daher Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 146: „Die bilanzielle Betrachtungsweise versagt bei aufsteigenden Sicherheiten vollständig“; siehe auch ders., ZIP 2017, 1977 (1980). 724 Zu dieser Bedeutung der zivilrechtlichen Ansprüche auch Kramer, Kapitalerhaltung, S. 109; Möller, Upstream-Kreditsicherheiten, S. 38; Tasma, Gläubigerschutz, S. 257.

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Teil 1, Kap. 3: Weitere Zulässigkeitsschranken der Besicherung

Im Falle einer Einlagenrückgewähr sollten nach früher h.M. sowohl das Verpflichtungsgeschäft als auch das dingliche Vollzugsgeschäft nach § 134 BGB unwirksam sein.725 Infolge des nichtigen Vollzugsgeschäfts waren damit sowohl Herausgabeansprüche (§ 985 BGB) sowie Ersatzansprüche (§§ 987 ff. BGB) begründet, womit vor allem ein Aussonderungsrecht gem. §§ 47 f. InsO in der Insolvenz des Aktionärs erreicht wurde.726 Erfolgt die Leistung auf Veranlassung eines Aktionärs an einen Dritten, der selbst nicht Adressat der Kapitalerhaltungsvorschriften ist, sollte die Nichtigkeit der ihm gegenüber vorgenommenen Geschäfte jedenfalls dann gelten, wenn der Dritte von dem Verstoß gegen § 57 AktG Kenntnis hatte.727 Gegen die Nichtigkeitsfolge wird heute angeführt, dass der durch die Kapitalerhaltung bezweckte Vermögensschutz die Nichtigkeit der Rechtsgeschäfte gar nicht erfordert: Es gehe bei der Kapitalerhaltung um den rechnerischen Erhalt einer Vermögensmasse, nicht hingegen um den Erhalt bestimmter Vermögensgegenstände, die insbesondere im Insolvenzfall im Rahmen einer Aussonderung herauszugeben seien.728 Die Nichtigkeitsfolge führe zudem zu einer komplizierten Konkurrenzproblematik zu der vorrangigen Rückabwicklungsnorm des § 62 AktG729, die im Übrigen gar nicht die vollständige Rückabwicklung, sondern regelmäßig nur eine Korrektur der Konditionen des Rechtsgeschäfts erfordere.730 Der Streit um die Nichtigkeit infolge eines Kapitalerhaltungsverstoßes ist rechtshistorisch bedingt und richtigerweise heute überholt: Ein eigenständiger Rückgewähranspruch war vor der Einfügung des § 62 AktG im Rahmen der Aktienrechtsreform 1965 gar nicht vorgesehen. Die Aktionäre, die verbotswidrige Leistungen empfangen haben, hafteten den Gläubigern direkt für die Verbindlich725 RGZ 77, 71 (72); RGZ 107, 161 (166); RGZ 121, 99 (106); RGZ 149, 385 (400); Canaris, in: FS Fischer, S. 31 (33); Hefermehl/Bungeroth, in: GHEK AktG, § 57 Rn. 71, 75; Henze, in: Großkomm AktG, § 57 Rn. 206 ff., 211; Hüffer, AktG, 10. Aufl. 2012, § 57 Rn. 23; Lutter, in: KölnKomm AktG, 2. Aufl. 1988, § 57 Rn. 62 f.; Mestmäcker, Verwaltung, Konzerngewalt und Rechte der Aktionäre, S. 237 jew. m.w.N.; a.A. für verdeckte Einlagenrückgewähr Geßler, in: FS Fischer, S. 131 (140, 144): Nichtigkeit nur des Kausalgeschäfts. 726 Vgl. hierzu Canaris, in: FS Fischer, S. 31 (56); Hefermehl/Bungeroth, in: GHEK AktG, § 62 Rn. 25; Henze, in: Großkomm AktG, § 57 Rn. 223, 225, § 62 Rn. 62; Hüffer, AktG, 10. Aufl. 2012, § 57 Rn. 25, § 62 Rn. 10; Lutter, in: KölnKomm AktG, 2. Aufl. 1988, § 62 Rn. 29. 727 Canaris, in: FS Fischer, S. 31 (51); Hefermehl/Bungeroth, in: GHEK AktG, § 57 Rn. 77; Lutter, in: KölnKomm AktG, 2. Aufl. 1988, § 57 Rn. 74; weitergehend Michalski, AG 1980, 261 (269): grob fahrlässige Unkenntnis kann genügen; dagegen bereits BGHZ 138, 291 (298 ff.) = NJW 1998, 2592 (2594 f.): erst bei Überschreiten der Sittenwidrigkeitsgrenze ist von Nichtigkeit auszugehen, wofür Kenntnis vom Verstoß gegen § 30 GmbHG nicht reicht. 728 Erstmals so Ballerstedt, Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften, S. 128 ff.; ebenso Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 152; Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 231; siehe auch bereits Joost, ZHR 148 (1984), 27 (36). 729 Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 114 ff.; Flume, ZHR 144 (1980), 18 (24 f.); Joost, ZHR 149 (1985), 419 (422 f.); J. Wilhelm, in: FS Flume II, S. 337 (384 ff.). 730 Vgl. Altmeppen, in: MüKoAktG, § 292 Rn. 30 f.; Flume, ZHR 144 (1980), 18 (23 f.); siehe auch Bayer, in: MüKoAktG, § 62 Rn. 51 ff.

§ 1 Wirksamkeit der Sicherheitenbestellung nach dem allg. Zivilrecht

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keiten der AG (§ 217 Abs. 1 HGB 1897, § 56 Abs. 1 AktG 1937). Es bedurfte daher der Konstruktion zivilrechtlicher Herausgabeansprüche, um die Vermögensmasse der Kapitalgesellschaft wiederherzustellen.731 Seit Einführung des § 62 AktG schließt § 134 BGB bereits nach seinem Wortlaut („wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt“) seine eigene Nichtigkeitsfolge bei Kapitalerhaltungsverstößen aus.732 Ausgehend davon bestätigte 2013 auch der BGH, dass im Fall eines Verstoßes gegen § 57 AktG weder das Verpflichtungs- noch das Verfügungsgeschäft gem. § 134 BGB unwirksam sind733, womit aus praktischer Sicht die Diskussion endgültig als beendet angesehen werden kann. Für die besondere Konstellation der aufsteigenden Sicherheiten, in der unmittelbarer Leistungsempfänger die Kreditgeber, mithin Nichtaktionäre, sind, gilt nichts anderes734 : Zwar sind diese nicht Adressaten eines Erstattungsanspruchs gem. § 62 AktG, sodass sich eine Konkurrenzproblematik nicht stellt. Jedoch tun sie im Ansatz nichts Verbotenes, wenn sie Leistungen einer AG empfangen, die im Verhältnis zu ihrem Aktionär gegen den Kapitalerhaltungsgrundsatz verstoßen. Denn eben dieses Auszahlungsverbot richtet sich nicht an Dritte. Selbst bei Kenntnis des Dritten (Leistungsempfänger) vom Kapitalerhaltungsverstoß im Verhältnis der leistenden AG zu ihrem Aktionär ist es nicht angezeigt, mögliche Wertungsungereimtheiten über die Anwendung des § 134 BGB zu lösen und den Leistungsempfänger damit einer Regelung zu unterwerfen, die ausweislich der Stellung der Kapitalerhaltungsvorschriften im AktG und GmbHG nur verbandsinterne Wirkung hat.735

B. Sittenwidrigkeit der Sicherheitenbestellung nach § 138 BGB I. Sittenwidrigkeit wegen Gläubigergefährdung Unstreitig verfolgt die Kapitalerhaltung das Ziel des Gläubigerschutzes. Davon ausgehend nimmt eine sich vorwiegend mit dem GmbH-Recht befassende Literaturansicht an, dass eine nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrige Gläubigergefährdung vorliege, wenn dem Sicherungsnehmer bekannt ist, dass sein Schuldner Gesell731

Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 232; siehe auch Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 57 Rn. 74: „Dogmatisches Provisorium, solange das Aktienrecht noch keinen eigenständigen Rückgewähranspruch der Gesellschaft kannte.“ 732 Siehe nur Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, § 30 Rn. 153; ders., in: MüKoAktG, § 292 Rn. 30; zusammenfassend zu dieser Position Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 120. 733 BGHZ 196, 312 (316 ff.) = NJW 2013, 1742 (1743) – Rz. 15 ff.; ausführlich zu der Entwicklung hin zu dieser Rechtsprechung Witt, ZGR 2013, 668 (670 ff.). 734 Ebenso Kramer, Kapitalerhaltung, S. 111 f. i.V.m. S. 113 f.; Möller, Upstream-Kreditsicherheiten, S. 40 f. 735 Zutreffend daher BGHZ 136, 125 (129 f.) = NJW 1997, 2599 (2600 f.); BGHZ 138, 291 (298 ff.) = NJW 1998, 2592 (2594 f.).

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Teil 1, Kap. 3: Weitere Zulässigkeitsschranken der Besicherung

schafter der sicherungsgebenden Gesellschaft ist und er sich mindestens leichtfertig der Kenntnis von der Verletzung des kapitalerhaltungsrechtlichen Auszahlungsverbots verschließt.736 Modifiziert nehmen andere an, das Sittenwidrigkeitsurteil erfordere positive Kenntnis des Sicherungsnehmers von dem Kapitalerhaltungsverstoß.737 Durch die Nichtigkeit der Sicherheitenbestellung soll ein nicht schützenswerter Sicherungsnehmer sein Recht, ggf. sogar privilegiert in das Gesellschaftsvermögen einzugreifen, das grundsätzlich der Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger vorbehalten ist, verlieren. Seine Forderung gegen den Gesellschafter sei nämlich „strukturell nachrangig“, also im Gegensatz zu den unmittelbaren Gläubigern der Gesellschaft nicht durch Eingriff in das Gesellschaftsvermögen, sondern allenfalls über die Verwertung der Anteile des Gesellschafters zu befriedigen.738 Der BGH knüpfte in einem Urteil zur aufsteigenden Besicherung von Verbindlichkeiten eines GmbH-Gesellschafters den Vorwurf der sittenwidrigen Gläubigergefährdung an ein kollusives Zusammenwirken von Sicherungsnehmer und Sicherungsgeber zu Lasten anderer Gesellschaftsgläubiger.739 Dafür reiche auch ein bewusster Verstoß gegen den Kapitalerhaltungsgrundsatz nicht aus. Vielmehr müsse das Rechtsgeschäft besondere, über die Gläubigerbenachteiligung hinausgehende Umstände aufweisen. Solche könnten darin liegen, dass die Gläubiger darüber getäuscht werden, dass eine sicherungsgebende GmbH infolge der Sicherheitenbestellung nicht mehr über genügend freies Vermögen verfüge, die Gläubiger ihr infolge der Täuschung dennoch weiter Kredit gewähren und ihr Ausfall dabei mindestens billigend in Kauf genommen werde. Im besonderen Fall der Sicherheitenbestellung im Rahmen eines zentralen Cash-Managements solle Sittenwidrigkeit aber nur anzunehmen sein, wenn sich dem Sicherungsnehmer der bevorstehende Zusammenbruch aller am Cash Pool beteiligten Konzerngesellschaften aufdrängen musste.740 Die Ansicht der Literatur, nach der die Nichtigkeitsfolge des § 138 Abs. 1 BGB eintreten soll, wenn die Parteien von einem Kapitalerhaltungsverstoß Kenntnis haben bzw. in grob fahrlässiger Unkenntnis hiervon stehen, ist systematisch bereits deswegen abzulehnen, da andernfalls § 134 BGB leer liefe.741 Wenn jeder vorsätzliche Verstoß gegen ein Verbotsgesetz zum Sittenwidrigkeitsurteil führt, bleibt für § 134 736 Schön, ZHR 159 (1995), 351 (366 f.); sympathisierend Eidenmüller, ZHR 171 (2007), 644 (664). 737 Kühbacher, Darlehen an Konzernunternehmen, S. 71; Meister, WM 1980, 390 (396); Messer, ZHR 159 (1995), 375 (377); Mülbert, ZGR 1995, 578 (608 f.); noch strenger Seibt, ZHR 171 (2007), 282 (310): Kreditgeber muss aktiv an der solvenzgefährdenden Maßnahme in Kenntnis der tatsächlichen Umstände mitgewirkt haben. 738 Vgl. Schön, ZHR 159 (1995), 351 (352 f., 366). 739 BGHZ 138, 291 (298 ff.) = NJW 1998, 2592 (2594 f.); in diese Richtung bereits Fleck, in: FS 100 Jahre GmbHG, S. 391 (406); Sonnenhol/Stützle, WM 1983, 2 (5); Sonnenhol/Groß, ZHR 159 (1995), 388 (413 ff.); Stimpel, in: FS 100 Jahre GmbHG, S. 335 (356). 740 BGHZ 138, 291 (298 ff.) = NJW 1998, 2592 (2594 f.). 741 BGHZ 138, 291 (299) = NJW 1998, 2592 (2594); Kramer, Kapitalerhaltung, S. 116; Meyer, Besicherung, S. 193; Möller, Upstream-Kreditsicherheiten, S. 45.

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BGB kaum ein denkbarer Anwendungsbereich. Zudem hat der Gesetzgeber die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB ausdrücklich ausgeschlossen, wenn im Kontext des jeweiligen Verbotsgesetzes eine eigene Rechtsfolge angeordnet ist. Eben dies ist – wie soeben gezeigt – der Fall bei einem Kapitalerhaltungsverstoß mit der Rückabwicklungsfolge des § 62 Abs. 1 S. 1 AktG bzw. § 31 Abs. 1 GmbHG. Eine zu weitgehende Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB darf diesen Ausschluss in § 134 Hs. 2 BGB nicht umgehen.742 Darüber hinaus bedarf es keiner Sittenwidrigkeitskonstruktion zum Schutze der Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger: Bei Rechtshandlungen, deren Inhalt und Zweck darin besteht, andere Gläubiger zu benachteiligen, regeln allen voran die Sondervorschriften der Insolvenz- und Gläubigeranfechtung, unter welchen Umständen die übrigen Gläubiger zu schützen sind.743 Unumstritten ist aber auch die Position des BGH nicht, soweit er es für das Sittenwidrigkeitsurteil ausreichen lässt, dass die Beteiligten eine Schädigung der Gesellschaftsgläubiger billigend in Kauf nehmen. Hiergegen wird angeführt, dass die Schwelle damit unter den für § 826 BGB nötigen Schädigungsvorsatz rutsche und indirekt eine Prüfpflicht des Sicherungsnehmers im Hinblick auf die potentielle Schädigung anderer Gläubiger statuiert werde.744 Dieser Kritik ist nicht zuzustimmen: Es ist nicht ersichtlich, warum Kongruenz zwischen den beiden unterschiedlichen Tatbeständen einer vorsätzlichen, sittenwidrigen Schädigung gem. § 826 BGB und einem bloß sittenwidrigen Rechtsgeschäft nach § 138 Abs. 1 BGB bestehen muss. Das Sittenwidrigkeitsurteil erfordert zwar über die Schädigung Dritter bzw. deren Gefährdung hinaus ein besonderes Maß an Rücksichtslosigkeit bzw. eine verwerfliche Gesinnung der Teilnehmer des Rechtgeschäfts.745 Diese kommt nicht bereits zutage, wenn sie in Kenntnis eines Kapitalerhaltungsverstoßes und damit in dem Bewusstsein handeln, das zur Gläubigerbefriedigung reservierte Kapital zu verwenden. Sie müssen zudem davon ausgehen, dass dieses Kapital unrettbar verloren gehen kann und damit einen Schaden der übrigen Gläubiger billigend in Kauf nehmen. Dieser dolus eventualis genügt auch für § 826 BGB, sodass ein Auseinanderfallen nicht erkennbar ist. Dass eine erhebliche Prüfungspflicht der Sicherungsnehmer entstehen würde, um dem Vorwurf der billigenden Inkaufnahme einer Schädigung der übrigen Gläubiger zu entgehen, ist ebenfalls nicht zu befürchten: Jeder Kreditgeber wird ein Darlehen an den Aktionär bzw. Gesellschafter trotz der Kreditbesicherung seitens der Gesellschaft nur vergeben, wenn irgendein tauglicher Anhaltspunkt für eine Rückzahlung der Darlehensvaluta besteht. Wird dem Kreditgeber ein derartiges erfolgsversprechendes Finanzierungskonzept vorgelegt, 742 Kramer, Kapitalerhaltung, S. 116; Möller, Upstream-Kreditsicherheiten, S. 45; siehe allg. zum Verhältnis von § 138 Abs. 1 zu § 134 BGB Armbrüster, in: MüKoBGB, § 138 Rn. 4; Sack/Fischinger, in: Staudinger BGB, § 138 Rn. 161 f. 743 BGHZ 138, 291 (299) = NJW 1998, 2592 (2594); zustimmend Kramer, Kapitalerhaltung, S. 116; Meyer, Besicherung, S. 193. 744 Möller, Upstream-Kreditsicherheiten, S. 45 f.; wohl auch Guski, Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung, S. 72. 745 Siehe nur Armbrüster, in: MüKoBGB, § 138 Rn. 96 f.

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entgeht er bereits dem Vorwurf, er nehme eine Schädigung der übrigen Gläubiger billigend in Kauf, denn er steht in der Annahme, dass der Sicherungsfall nicht notwendigerweise eintreten und damit geschütztes Kapital abfließen wird. Wird eine Sicherheit im Ausnahmefall nur zum Zwecke ihrer baldigen Verwertung wegen eines von vorn herein aussichtslosen Darlehensrückzahlungsanspruchs gegen den Aktionär bestellt, um auf diese Weise einen Zugriff auf die Mittel der abhängigen Gesellschaft zu erlangen, wird es dem Sicherungsnehmer zu Recht nicht gelingen, den Vorwurf, er habe eine Schädigung der übrigen Gesellschaftsgläubiger mit dem Rechtsgeschäft billigend in Kauf genommen, zu widerlegen.

II. Sittenwidrigkeit wegen Übersicherung Führt ein Rechtsgeschäft zu einer derart umfassenden Einschränkung der wirtschaftlichen Freiheit des Betroffenen, dass dieser seine rechtsgeschäftliche Selbstständigkeit verliert, so verstößt es wegen Knebelung gegen die guten Sitten.746 Von einer solchen Einschränkung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit des Sicherungsgebers ist insbesondere dann auszugehen, wenn der Wert der Sicherheiten den des gewährten Darlehens übersteigt und dem Sicherungsgeber mangels weiterer freier Sicherheiten keine Möglichkeit zur anderweitigen Kreditaufnahme verbleibt.747 Die sittenwidrige Knebelung basiert daher typischerweise auf einer Übersicherung, die zwar bereits eigenständig die Sittenwidrigkeit des Sicherungsvertrags begründen kann, regelmäßig aber mit der Missachtung der wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit des Sicherungsgebers einher gehen wird.748 Zu unterscheiden sind nachträgliche und anfängliche Übersicherung: Unter nachträglicher Übersicherung verstand man früher, dass ein Sicherungsvertrag für den Fall der (teilweisen) Tilgung keine Freigabeklausel mit einer zahlenmäßigen Deckungsgrenze vorsah und infolge dessen der Wert der Sicherheiten die Restschuld deutlich überstieg.749 Nach einer Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen hat sich die Problematik der Sittenwidrigkeit wegen nachträglicher Übersicherung jedoch erledigt: Jeder Sicherungsabrede ist nämlich ein Freigabeanspruch immanent, der entsteht, wenn der Wert der Sicherheiten 150 % der (noch) gesicherten Forderung 746

Siehe nur Armbrüster, in: MüKoBGB, § 138 Rn. 71. Möller, Upstream-Kreditsicherheiten, S. 41 f.; vgl. auch Ganter, in: Schimansky/Bunte/ Lwowski Bankrechts-HdB, § 90 Rn. 348. 748 Armbrüster, in: MüKoBGB, § 138 Rn. 73; Möller, Upstream-Kreditsicherheiten, S. 42; vgl. auch Sack/Fischinger, in: Staudinger BGB, § 138 Rn. 309; freilich kann eine Übersicherung auch je nach Ausmaß Grundlage einer Gläubigergefährdung sein, sodass es insoweit auch Überschneidungen zu § 1 B. I. Sittenwidrigkeit wegen Gläubigergefährdung, S. 233 ff., geben kann, vgl. dazu Armbrüster, in: MüKoBGB, § 138 Rn. 73, 101; Schwab, WM 1997, 1883 (1891 f.). 749 Dazu noch BGHZ 109, 240 (246 f.) = NJW 1990, 716 (718); BGH WM 1990, 1326 (1327) = NJW-RR 1990, 1459; eingehend zu diesen umstrittenen Anforderungen Serick, NJW 1997, 1529 (1529 ff.); Trapp, NJW 1996, 2914 (2914 ff.). 747

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übersteigt, sodass es keiner Individualabrede über eine Freigabe von Sicherheiten mehr bedarf, bei deren Nichtvereinbarung von Sittenwidrigkeit wegen Übersicherung auszugehen wäre.750 Nachträgliche Übersicherung kommt daher nur noch bei explizitem Ausschluss dieses Freigabeanspruchs in Frage. Relevant für die Sittenwidrigkeit gem. § 138 Abs. 1 BGB ist damit primär die anfängliche Übersicherung. Eine solche liegt vor, wenn bereits bei Abschluss der Sicherungsabrede gewiss ist, dass im Verwertungsfall ein auffälliges Missverhältnis zwischen dem realisierbaren Wert der Sicherheit und der gesicherten Forderung bestehen wird.751 Die Deckungsgrenze von 150 % des Schätzwerts der Sicherheit soll dabei nicht streng gelten. Vielmehr könne auch eine darüber hinausgehende Besicherung vereinbart werden, um unübersichtlichen Marktentwicklungen und damit einhergehenden Bewertungsrisiken Rechnung zu tragen.752 Auch eine besondere Risikolage, insbesondere das sog. „Klumpenrisiko“, kann das Sittenwidrigkeitsurteil trotz eines unausgeglichenen Verhältnisses zwischen gesicherter Forderung und Wert der Sicherheiten verhindern. So hat der BGH entschieden, dass eine Cash Pool finanzierende Bank als Sicherungsnehmerin ein legitimes Interesse an einer umfassenden Besicherung durch alle am Cash Pool teilnehmenden Gesellschaften habe.753 Zwar kann sich die Bank nicht mehr auf ein legitimes Sicherungsinteresse berufen, wenn sie bewusst unter Verstoß gegen die Grenzen der Kapitalerhaltung der Tochtergesellschaften aufsteigende Sicherheiten empfängt.754 Jedoch stimmt die Deduktion des BGH insoweit, dass losgelöst von festen prozentualen Grenzen für die Bemessung einer sittenwidrigen Übersicherung die besonderen Risikolagen des Einzelfalls Berücksichtigung finden müssen. Außerdem ist in Cash Pool Konstellationen zu beachten, dass die besichernden Tochtergesellschaften mittelbar von dem besicherten Darlehen an die Cash Pool betreibende Gesellschaft profitieren: Jedenfalls ihr Zugang zu zinsloser bzw. zinsgünstiger Liquidität aufgrund ihrer bloßen Teilnahme am Cash Pool ist ein Ausgleich für ihre wirtschaftlichen Handlungseinschränkungen infolge der Sicherheitenbestellung, sodass auch bei umfassender Sicherheitengewährung bzw. Übersicherung nicht zwangsläufig von einer Knebelung der sicherungsgewährenden Tochtergesellschaft auszugehen ist.755

750 BGHZ 137, 212 (219 ff.) = NJW 1998, 671 (672 f.). Die 150 % Grenze orientiert sich dabei an dem Rechtsgedanken des § 237 S. 1 BGB. 751 BGH NJW 1998, 2047 (2047) = ZIP 1998, 684 (685). 752 BGH NJW 1998, 2047 (2047) = ZIP 1998, 684 (685); so auch Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rn. 1112; dagegen wollen Armbrüster, in: MüKoBGB, § 138 Rn. 101 und Schwab, JuS 1999, 740 (744 f.) diese Grenze aus § 237 BGB jedenfalls als Anhaltspunkt für die Übersicherung gelten lassen. 753 BGHZ 138, 291 (301) = NJW 1998, 2592 (2595). 754 Zutreffende Kritik daher bei Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 169; dazu sogleich unter § 1 C. Evidenter Missbrauch der Vertretungsmacht des handelnden Geschäftsleiters der sicherungsgewährenden Gesellschaft, S. 240 ff. 755 Möller, Upstream-Kreditsicherheiten, S. 42; ähnlich bereits Sonnenhol/Groß, ZHR 159 (1995), 388 (412 f.), die auf die trotz Besicherung fortbestehende Verfügungsbefugnis des

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Ist die Sicherungsabrede nach diesen Grundsätzen gem. § 138 Abs. 1 BGB wegen Übersicherung i.V.m. einer Knebelung des Sicherungsgebers unwirksam, stellt sich die Frage, wie sich dies auf die dingliche Sicherheitenbestellung auswirkt. Grundsätzlich bleibt das Verfügungsgeschäft unabhängig von der Unwirksamkeit der Kausalabrede wegen des Abstraktionsprinzips und der Neutralität dinglicher Verfügungsgeschäfte wirksam.756 Ausnahmsweise soll das Verfügungsgeschäft nach Auffassung der Rechtsprechung auch unwirksam sein, wenn gerade in ihm der Sittenverstoß liegt oder mit ihm die sittenwidrigen Zwecke verfolgt werden.757 Die Literatur präzisiert diese Ausnahme dahingehend, dass das in der dinglichen Verfügung liegende Verhalten gegenüber dem Vertragspartner gerade den Sittenverstoß begründen muss oder der Sittenverstoß gegenüber einem Dritten erfolgt, der gar nicht Vertragspartner der (unwirksamen) schuldrechtlichen causa ist und dessen Schutz die Unwirksamkeit der Verfügung erfordert.758 Im Falle der Übersicherung führt erst die Sicherheitenbestellung selbst dazu, dass der Sicherungsgeber in unsittlicher Weise in seiner wirtschaftlichen Handlungsfreiheit eingeschränkt wird oder die Gläubiger des Sicherungsgebers vom Zugriff auf die von der Übersicherung erfassten Vermögenswerte ausgeschlossen werden. Folglich nimmt die h.M. zu Recht an, dass eine Übersicherung der hier beschriebenen Art auch die Unwirksamkeit der dinglichen Sicherheitenbestellung gem. § 138 Abs. 1 BGB nach sich zieht.759 Letztlich wird vorgebracht, dass die Sittenwidrigkeit wegen Übersicherung nicht im Falle von Personalsicherheiten wie namentlich der Bürgschaft in Frage komme. Durch sie werde dem Bürgen kein Vermögen entzogen, das er sonst anderweitig als Sicherheit nutzen könnte, sodass eine Einschränkung seiner wirtschaftlichen Handlungsfreiheit von vorn herein nicht in Betracht komme.760 Zwar ist es unzutreffend, pauschal abzulehnen, dass der Bürge nicht infolge der Bürgschaft in seiner Sicherungsgebers über Umlaufvermögen im Rahmen des normalen Geschäftsbetriebs abstellen. 756 Ganz h.M., vgl. RGZ 109, 201 (202); BGH NJW 1990, 384 (385) = ZIP 1989, 1382 (1383); BGH NJW 2014, 2790 (2792) = WM 2014, 1964 (1966) – Rz. 20; Armbrüster, in: MüKoBGB, § 138 Rn. 165; Hefermehl, in: Soergel BGB, § 138 Rn. 50; Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 54 f. 757 RGZ 109, 201 (202); BGH NJW 1997, 860 (860) = ZIP 1997, 244 (244); BGHZ 210, 30 (42 f.) = NJW 2016, 2662 (2664) – Rz. 46; OLG Köln, ZIP 1999, 2092 (2096); siehe zur Verfolgung sittenwidriger Zwecke auch RGZ 145, 152 (154); BGH WM 1966, 1221 (1223) = BB 1966, 1323. 758 So Flume, Das Rechtsgeschäft, S. 385 ff.; Honsell, Die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte, S. 55 ff.; vgl. dazu insgesamt Armbrüster, in: MüKoBGB, § 138 Rn. 165. 759 BGH NJW 1998, 2047 (2047 f.) = ZIP 1998, 684 (685); Armbrüster, in: MüKoBGB, § 138 Rn. 101; Canaris, ZIP 1996, 1109 (1120); Möller, Upstream-Kreditsicherheiten, S. 43; Seeker, Die Übersicherung des Geldkreditgebers bei Sicherungsübertragungen, S. 43; Neuner, BGB AT, § 46 Rn. 70; a.A. Schwab, JuS 1999, 740 (745). 760 BGH ZIP 2008, 218 = DStR 2007, 2337; OLG Düsseldorf, ZIP 1997, 2005 (2006) = WM 1998, 169 (170); Armbrüster, in: MüKoBGB, § 138 Rn. 101; Sprau, in: Palandt BGB, § 765 Rn. 9.

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wirtschaftlichen Handlungsfreiheit eingeschränkt werden kann. Immerhin wird eine Bank bei der Bewertung seiner finanziellen Verhältnisse die Verpflichtung aus der Bürgschaft durchaus berücksichtigen.761 Jedoch ist eine Übersicherung im Sinne eines Missverhältnisses zwischen Wert der Sicherheit und Höhe der gesicherten Forderung bei akzessorischen Sicherheiten wie der Bürgschaft bereits grundsätzlich ausgeschlossen.762

C. Evidenter Missbrauch der Vertretungsmacht des handelnden Geschäftsleiters der sicherungsgewährenden Gesellschaft Eine Haftung des Sicherungsnehmers nach den allgemeinen Vorschriften lässt sich schließlich dadurch begründen, dass ihm die Berufung auf die Vertretungsmacht des Geschäftsleiters der besichernden Gesellschaft wegen evidenten Missbrauchs verwehrt und damit sowohl die Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung als auch der Bestellungsakt selbst unwirksam ist. Die Problematik wird bisher primär im Kontext der mittelbaren Stellvertretung diskutiert. Bei der mittelbaren Stellvertretung empfängt ein Dritter, der (auch wirtschaftlich) nicht Gesellschafter bzw. Aktionär ist, die Leistung der Gesellschaft und leitet sie aufgrund seiner Beziehung zum Gesellschafter an diesen weiter (§ 667 BGB).763 War der Kapitalerhaltungsverstoß im Verhältnis Gesellschaft zu Gesellschafter bzw. Aktionär für dessen mittelbaren Stellvertreter evident, so könne er sich nicht auf die uneingeschränkte Vertretungsmacht (vgl. §§ 78 Abs. 1 S. 1, 82 Abs. 1 und Abs. 2 AktG sowie §§ 35 Abs. 1 S. 1, 37 Abs. 2 S. 1 GmbHG) des ihm gegenüber auftretenden Geschäftsleiters berufen. Zur Begründung greift diese Ansicht auf § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG bzw. § 43 Abs. 3 GmbHG zurück, die es dem Geschäftsleiter im Interesse der Gesellschaft und ihren Gläubigern verbieten, Maßnahmen zu treffen, die gegen den Kapitalerhaltungsgrundsatz verstoßen. Aus ihnen ergebe sich eine Beschränkung der Handlungsbefugnisse der Geschäftsleiter i.S.d. § 82 Abs. 2 AktG bzw. § 37 Abs. 1 GmbHG. Ist die Überschreitung dieser Handlungsbefugnisse für den anderen Teil evident, so sei seine Berufung auf die (uneingeschränkte) Vertretungsmacht der Geschäftsleiter rechtsmissbräuchlich (evidenter Missbrauch der Vertretungsmacht).764 Dagegen wird angeführt, dass der Kapitalerhaltungsgrundsatz nicht die 761

Ähnlich Habersack, in: MüKoBGB, § 765 Rn. 30 a.E. Zutreffend Gröschler, in: Soergel BGB, § 765 Rn. 31; Habersack, in: MüKoBGB, § 765 Rn. 30. 763 Vgl. nur Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 37. 764 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 44, 155; ders., in: FS Kropff, S. 641 (646 f.); Pentz, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG, § 30 Rn. 57; Steinbeck, WM 1999, 885 (889 f.); J. Wilhelm, in: FS Flume II, S. 337 (364 f., 366 mit Fn. 109); ähnlich zur Vertretungsmacht der Liquidatoren K. Schmidt/Cziupka, in: Scholz GmbHG, § 70 Rn. 4; K. Schmidt, AcP 174 (1984), 55 (77). 762

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Zuständigkeitsordnung in der Gesellschaft betreffe, mithin auch nicht die Handlungsbefugnisse des Geschäftsleiters einschränke. Außerdem dürften die speziellen Rückabwicklungsvorschriften im Verhältnis Gesellschaft zu Gesellschafter bzw. Aktionär bei Kapitalerhaltungsverstößen (§ 62 AktG bzw. § 31 GmbHG) nicht durch Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften umgangen werden.765 Zwar handelt es sich bei der hier besprochenen Konstellation aufsteigender Sicherheiten nicht um einen Fall der mittelbaren Stellvertretung: Die Kreditgeber erhalten mit der Sicherheitenbestellung technisch eine Leistung (Wert des Sicherungsgegenstandes), die gleichzeitig eine davon zu trennende Leistung an den Aktionär bzw. den Gesellschafter in Form der Übernahme des Haftungsrisikos darstellt.766 Der Kreditgeber reicht nicht etwa das Erlangte weiter an den Gesellschafter. Dass der Kreditgeber etwas von der Gesellschaft erlangt, löst vielmehr erst eine neue Leistung seinerseits an den Gesellschafter (Darlehensvergabe) aus. Dennoch gelten die angeführten Erwägungen auch im Fall der aufsteigenden Besicherung. Es entspricht der allgemeinen Auffassung im Zivilrecht, dass sich der andere Teil eines Rechtsgeschäfts nicht auf die Vertretungsmacht des Stellvertreters seines Vertragspartners berufen kann, wenn er weiß, dass dieser seine Pflichtenbindung im Innenverhältnis überschreitet (§ 242 BGB).767 Ausweislich der §§ 57, 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG bzw. §§ 30, 43 Abs. 3 GmbHG ist es dem Geschäftsleiter im Verhältnis zu seiner Gesellschaft verboten, Leistungen an die Gesellschafter aus dem gebundenen Kapital zu erbringen. Weiß der Kreditgeber, dass das Rechtsgeschäft mit ihm gleichzeitig eine derartige Leistung an den Aktionär bzw. Gesellschafter darstellt, kann er nicht davon ausgehen, die Leistung wirksam zu erwerben. Unabhängig von dem durch § 62 AktG bzw. § 31 GmbHG bestimmten Rechtsverhältnis zwischen Gesellschaft und Aktionär bzw. Gesellschafter haftet der Kreditgeber dann auf Herausgabe nach den allgemeinen Vorschriften (§§ 985, 812 ff. BGB). §§ 57, 62 AktG und §§ 30, 31 GmbHG begründen eine auf die besonderen Verhältnisse der Kapitalgesellschaft zugeschnittene Rückabwicklung wegen einer unrechtmäßigen Vermögensverschiebung in dem Sonderverhältnis Gesellschaft zu Gesellschafter. Dass durch sie die Grundlagen des Stellvertretungsrechts, nach denen die evident rechtsmissbräuchliche Ausübung der Vertretungsmacht nicht zur durchsetzbaren Vertragsbindung des Vertretenen führt, außer Kraft gesetzt werden soll, ist kaum nachvollziehbar. Dies gilt insbesondere, wenn man bedenkt, dass das Leistungsverhältnis von der Gesellschaft zu ihrem Vertragspartner (Kreditgeber des Gesell-

765 Vgl. Ekkenga, in: MüKoGmbHG, § 30 Rn. 278; Habersack, in: UHL GmbHG, § 30 Rn. 122; Joost, ZHR 148 (1984), 27 (30 mit Fn. 10); Schön, ZHR 159 (1995), 351 (366 mit Fn. 59); Tasma, Gläubigerschutz, S. 259 f.; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 39, 123. 766 Vgl. dazu Kapitel 2 § 1 Sicherheiten zugunsten eines Dritten als Leistung an den Aktionär, S. 162 ff. 767 Siehe nur Flume, Das Rechtsgeschäft, S. 788 ff. m.w.N.

§ 1 Wirksamkeit der Sicherheitenbestellung nach dem allg. Zivilrecht

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schafters) nur durch das allgemeine Zivilrecht geprägt ist, sich also völlig außerhalb des Gesellschaftsrechts abspielt.768 Dass die Sicherheitsleistung im Verhältnis Gesellschaft zu Gesellschafter einen Kapitalerhaltungsverstoß begründet, muss für den Kreditgeber evident sein.769 Nicht zur Unwirksamkeit der Rechtsverhältnisses zwischen Gesellschaft und Kreditgeber nach den Grundsätzen des evidenten Missbrauchs der Vertretungsmacht führt dessen nachträgliche Kenntnis von dem Kapitalerhaltungsverstoß.770 Nichts anderes gilt bei der Besicherung im Rahmen eines Cash Pools: Das laut BGH schützenswerte Interesse der Kreditgeber an einer umfassenden Besicherung durch alle Konzerngesellschaften771 endet dort, wo diese unter Einsatz ihres gebundenen Vermögens handeln und dies für den Kreditgeber evident ist. Zwar muss er keine Nachforschungen anstellen, wie sich die Besicherung auf die Vermögensverhältnisse der einzelnen Gesellschaften auswirkt772, jedoch weiß jede Cash Pool finanzierende Bank, dass faktisch konzernierte Gesellschaften nur bei hinreichendem Ausgleich gem. § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG am Cash Pool teilnehmen und diesen besichern dürfen. Ist der Bank bewusst, dass diese Grenzen im Ansatz nicht beachtet wurden, wird man von Evidenz der Überschreitung der Kompetenzen der ihr gegenüber handelnden Geschäftsleiter ausgehen können.773 Stößt die Sicherheitenbestellung nur auf konzernrechtliche Bedenken (nicht ausgeglichene Nachteiligkeit i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG), führt dies selbst bei Kenntnis des sicherungsnehmenden Kreditgebers hiervon nicht zu einem evidenten Missbrauch der Vertretungsmacht. Im Gegensatz zu § 57 i.V.m. § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG bzw. § 30 i.V.m. § 43 Abs. 3 GmbHG beschränken die §§ 311 ff. AktG nicht die Befugnisse des Geschäftsleiters im Verhältnis zu seiner Gesellschaft: Sie stellen ein an das herrschende Unternehmen (Gesellschafter bzw. Aktionär) adressiertes Handlungsverbot dar, das diesem und nicht dem Geschäftsleiter der Tochtergesellschaft unmittelbare Handlungsanweisungen auferlegt.

768

Im Ergebnis ebenso Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 166; a.A. Kramer, Kapitalerhaltung, S. 117. 769 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 166; grobe Fahrlässigkeit genügt nicht, vgl. dazu i.E. Schön, ZHR 159 (1995), 351 (365 f.); Steinbeck, WM 1999, 885 (890): Vertragspartner verschließt trotz offenkundiger Umstände die Augen davor, dass Vertretung durch den Geschäftsführer pflichtwidrig und von der Gesellschaft nicht gewollt ist; a.A. Canaris, in: FS Fischer, S. 31 (49). 770 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 167. 771 Hierzu BGHZ 138, 291 (301) = NJW 1998, 2592 (2595). 772 Insoweit zutreffend BGHZ 138, 291 (301) = NJW 1998, 2592 (2595). 773 Zutreffend Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 169.

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§ 2 Verbot der financial assistance gem. § 71a Abs. 1 S. 1 AktG Besichert die Gesellschaft ein Darlehen eines (zukünftigen) Aktionärs, das dieser zur Finanzierung seines Anteilserwerbs aufnimmt, könnte diese Anwendung der aufsteigenden Besicherung zur Akquisitionsfinanzierung nach § 71a Abs. 1 S. 1 AktG nichtig sein.

A. Der Doppelzweck des Verbots der Finanzierungshilfe Das Verbot der financial assistance hat seine Wurzeln im englischen Recht, das mit dem Companies Act 1929 auf die vorwiegend spekulative Übernahmewelle nach Ende des Ersten Weltkriegs und die zahlreichen Unternehmenszusammenbrüche infolge der wirtschaftlichen Depression ab 1921 reagierte.774 Die englische Einschränkung der Akquisitionsfinanzierung wurde in Art. 23 Abs. 1 der Kapitalschutzrichtlinie von 1976775 übernommen, woraufhin § 71a AktG im Jahre 1978 ins deutsche Recht eingeführt wurde.776 Mittlerweile sind nach Art. 64 der Gesellschaftsrechtsrichtlinie777 Leistungen der Gesellschaft zur finanziellen Unterstützung Dritter beim Anteilserwerb zulässig, wenn sie unter Verantwortung des Vorstands unter fairen, marktüblichen Konditionen vorgenommen werden (Abs. 2 UAbs. 1), die Kreditwürdigkeit des Dritten angemessen überprüft wurde (Abs. 2 UAbs. 2), die Hauptversammlung die finanzielle Unterstützung genehmigt hat (Abs. 3) und trotz Bildung einer Rückstellung in Höhe des Betrags der gewährten finanziellen Unterstützung (Abs. 4 UAbs. 2) das gezeichnete Kapital zuzüglich der nicht ausschüttungsfähigen Rücklagen i.S.d. Art. 56 Abs. 1 der Gesellschaftsrechtsrichtlinie nicht betroffen wird (Abs. 4 UAbs. 1). Der deutsche Gesetzgeber hat diese möglichen Lockerungen des Verbots wegen der ungeklärten ökonomischen Wirkungen von Leveraged Buyouts nicht umgesetzt.778 774

Ausführlich zur Historie der financial assistance im englischen Recht Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 23 ff. 775 Zweite Richtlinie 77/91/EWG des Rates vom 13. Dezember 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen in Bezug auf die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Einhaltung und Änderung ihres Kapitals, ABl. EU Nr. L 26/1 vom 31. 01. 1977. 776 Gesetz zur Durchführung der Zweiten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts vom 13. 12. 1978, BGBl. I 1978, S. 1959; ausführlich zur Entstehungsgeschichte Habersack, in: FS Hopt I, S. 725 (725 ff.); Lutter/Bayer/Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, Rn. 19.151 ff.; Oechsler, ZHR 170 (2006), 72 (83). 777 Richtlinie 2017/1132/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts, ABl. EU Nr. L 169/46 vom 30. 06. 2017. 778 Vgl. BT-Rechtsausschuss zum RegE des ARUG, BT-Drucks. 16/13098 vom 20. 05. 2009, S. 38; siehe auch die Stellungnahme der Arbeitsgruppe Europäisches Gesellschaftsrecht vom 01. 03. 2003 ZIP 2003, 863 (873); kritisch Oechsler, ZHR 170 (2006), 72 (84).

§ 2 Verbot der financial assistance gem. § 71a Abs. 1 S. 1 AktG

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Das Verbot der finanziellen Unterstützung bezweckt erstens den Schutz vor Umgehung des nur eingeschränkt zulässigen Erwerbs eigener Aktien gem. § 71 AktG.779 Hiergegen wird vorgebracht, dass die Gesellschaft im Fall des § 71a AktG nicht den für den Erwerb eigener Aktien typischen Doppelschaden (Einbußen wegen negativer Geschäftsentwicklung werden verstärkt durch Vermögensverluste durch im Wert fallende Aktien780) erleiden kann, da gar nicht erst eigene Aktien in das Vermögen der AG gelangen.781 Dennoch ist die Gefährdungslage vergleichbar: Durch die Leistung einer finanziellen Unterstützung übernimmt die Gesellschaft das Insolvenzrisiko des Aktionärs. Wirken sich negative Geschäftsentwicklungen nachteilig auf den Börsenkurs aus, erhöht sich in spezifischer Weise das Ausfallrisiko der Gesellschaft gegenüber ihrem Aktionär, dessen Vermögen gerade aus diesen Aktien besteht.782 Des Weiteren wird gegen den Umgehungsschutz geltend gemacht, dass der Regelungsumfang des § 71a Abs. 1 S. 1 AktG als Umgehungstatbestand nicht weiter gehen könne als der der Grundnorm des § 71 AktG783 : Nach ganz herrschender Auffassung ist § 71a Abs. 1 S. 1 AktG nämlich auch in den Konstellationen anzuwenden, in denen § 71 Abs. 1 AktG den Erwerb eigener Aktien für zulässig erklärt.784 Hiergegen ist wiederum einzuwenden, dass § 71a Abs. 1 S. 1 AktG nicht eine Umgehung im technischen Sinne vermeiden, sondern vielmehr die hinter § 71 AktG stehenden Wertungen in Umgehungskonstellationen schützen soll: Nicht nur besteht in den Fällen des § 71a Abs. 1 S. 1 AktG eine zum Erwerb eigener Aktien ähnliche wirtschaftliche Gefährdungslage. Die AG ist zusätzlich im Rahmen einer funktionierenden corporate governance vor dem Einfluss der Verwaltungsorgane auf die Zusammensetzung der Aktionärsstruktur und damit ihrer eigenen Legitimation zu schützen.785 Die Einflussmöglichkeiten der Verwaltung sind bei § 71a Abs. 1 S. 1 AktG sogar höher einzuschätzen als beim Erwerb eigener Aktien, 779

Vgl. Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 71a Rn. 6; Lutter/Drygala, in: KölnKomm AktG, § 71a Rn. 6; Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit AktG, § 71a Rn. 3; Hassner, Finanzielle Unterstützung zum institutionellen Leveraged Buyout einer Aktiengesellschaft, S. 117 ff., 190; Merkt, in: Großkomm AktG, § 71a Rn. 2; Oechsler, in: MüKoAktG, § 71a Rn. 4; Seibt, ZHR 171 (2007), 282 (300 ff.); Wieneke, in: Bürgers/Körber AktG, § 71a Rn. 1. 780 Vgl. zu diesem Effekt Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 537 (539). 781 So Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 107. 782 Cahn, in: Spindler/Stilz AktG, § 71a Rn. 8; Habersack, in: FS Hopt I, S. 725 (733); Oechsler, in: MüKoAktG, § 71a Rn. 4. 783 So Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 71a Rn. 7; Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 109. 784 Siehe dazu bereits der RegE eines Gesetzes zur Durchführung der Zweiten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zu Koordinierung des Gesellschaftsrechts, BT-Drucks. 8/1678 vom 31. 03. 1978, S. 16; siehe auch Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 71a Rn. 7; Cahn, in: Spindler/Stilz AktG, § 71a Rn. 8, 61; Merkt, in: Großkomm AktG, § 71a Rn. 2; Oechsler, in: MüKoAktG, § 71a Rn. 48; Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 13, 109 jew. m.w.N.; dagegen Habersack, in: FS Röhricht, S. 155 (167 ff.); Werner, AG 1990, 1 (14); H. P. Westermann, in: FS Peltzer, S. 613 (625 f.). 785 Lutter/Drygala, in: KölnKomm AktG, § 71a Rn. 7 f.; kritisch Cahn, in: Spindler/Stilz AktG, § 71a Rn. 10; Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 108.

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Teil 1, Kap. 3: Weitere Zulässigkeitsschranken der Besicherung

da zusätzlich auf die Wahl des zukünftigen Aktionärs eingewirkt werden kann und zudem keine dem § 71b AktG entsprechende Vorschrift zur Einschränkung der Mitgliedschaftsrechte besteht, wenn ein Aktionär zwischengeschaltet ist, der seine Position nur der finanziellen Unterstützung seitens der AG zu verdanken hat.786 Unstreitig wird § 71a AktG zweitens eine kapitalschützende Funktion zugeschrieben.787 Im Gegensatz zum Kapitalerhaltungsgrundsatz und seiner Lockerung nach § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG gilt der Kapitalschutz des § 71a AktG unabhängig von (vollwertigen) Rückgewähransprüchen788 und schützt daher nicht nur den rechnerischen Erhalt des geschützten Kapitals, sondern das konkrete Vermögen und die Liquidität als solche.789 Es handelt sich mithin um einen abstrakten Gefährdungstatbestand. § 71a AktG begründet damit ein vorübergehendes Verbot der fremdfinanzierten Anteilsübernahme, nämlich solange bis der Erwerber über den Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags seine Übernahmekosten aus dem Vermögen der Gesellschaft durch Umschuldung (z. B. debt push down790) abgreifen kann (vgl. § 71a Abs. 1 S. 3 AktG).791

B. Aufsteigende Sicherheiten im Tatbestand des § 71a Abs. 1 S. 1 AktG § 71a Abs. 1 S. 1 AktG hat die Sicherheitsleistung ausdrücklich in seinen Tatbestand aufgenommen und erfasst daher jede Art von Sicherheit, durch die die AG das Ausfallrisiko eines Dritten, der dem potentiellen Aktienerwerber Kredit gewährt, übernimmt oder abmildert.792 Ob es sich um eine Real- oder Personalsicherheit handelt, ist gleichgültig. Ebenso wenig kommt es für das Verbot auf die wahrscheinliche Inanspruchnahme der Sicherheit an, da die Norm als abstrakter Ge786

Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 182. Vgl. Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 71a Rn. 9; Cahn, in: Spindler/Stilz AktG, § 71a Rn. 9; Freitag, AG 2007, 157 (162 f.); Laubert, in: Hölters AktG, § 71a Rn. 1; Lutter/Drygala, in: KölnKomm AktG, § 71a Rn. 9 ff.; Oechsler, in: MüKoAktG, § 71a Rn. 5 jew. m.w.N. 788 Mit der Einführung des § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG durch das MoMiG 2008 hat sich die Auffassung, § 71a AktG habe neben der Kapitalerhaltung nach dem Verständnis des „November-Urteils“ des BGH kaum bis keine Bedeutung (so Habersack, in: FS Röhricht, S. 155 (164 f.); zustimmend Freitag, AG 2007, 157 (163)) erledigt, vgl. nunmehr auch Habersack, in: FS Hopt I, S. 725 (727 ff.). 789 Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 183 f.; Servatius, in: Wachter AktG, § 71a Rn. 5. 790 Hierzu bereits unter Einführung § 1 C. IV. Alternative Besicherungsmöglichkeiten in der Akquisitionsfinanzierung, S. 42 ff. 791 Zutreffend Oechsler, in: MüKoAktG, § 71a Rn. 5 unter Verweis auf Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 107 ff. (113 f.). 792 Siehe nur Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 71a Rn. 2; Oechsler, in: MüKoAktG, § 71a Rn. 41. 787

§ 2 Verbot der financial assistance gem. § 71a Abs. 1 S. 1 AktG

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fährdungstatbestand pauschal den Einsatz von Vermögen der AG zur Finanzierung des Aktienerwerbs verbietet.793 Entscheidend ist aber, dass die Sicherheit zum Zwecke des Aktienerwerbs eingesetzt wird. Die Parteien müssen sich daher einig sein, dass die Mittel zum Aktienerwerb eingesetzt werden. Hierfür genügt es, dass die Leistung objektiv dem Aktienerwerb dient, die Parteien des Finanzierungsgeschäfts dies wissen und die Zweckverknüpfung zum Inhalt ihrer Vereinbarung machen.794 Die Zweckverknüpfung ist zu vermuten, wenn ein objektiver Zusammenhang, z. B. eine zeitliche Nähe von Aktienerwerb und Finanzierungsgeschäft, vorliegt.795 Nicht ausreichend ist, wenn die Finanzierung dem bloßen „Behalt“ der Aktien dient.796 Wird die Sicherheit im Zuge der Vergabe eines Akquisitionskredits gewährt, wird die Zweckverbindung kaum ein Problem darstellen. Für die Strukturierung einer Akquisitionsfinanzierung relevanter ist die Frage, ob § 71a Abs. 1 S. 1 AktG auch auf die Gewährung einer Sicherheit nach dem Erwerb der Aktien anzuwenden ist. Hiergegen spricht zunächst der Wortlaut („zum Zwecke des Erwerbs“).797 Besinnt man sich jedoch auf die Historie und den Zweck des § 71a AktG zurück, nach dem das Gesellschaftsvermögen vor der besonderen Gefährdungslage in einer fremdfinanzierten Übernahme (Paradigma: LBO) geschützt werden soll, muss die Norm zur effektiven Umsetzung ihres Ziels Besicherungen nach Erwerb der Aktien erfassen.798 Insbesondere in den LBO-Transaktionen ist es typisch, dass sich der Erwerber die zum Aktienkauf nötigen Mittel von einem Dritten verschafft und nach deren Übernahme seinen Einfluss auf die Gesellschaft zur Bestellung einer Sicherheit zugunsten seines Gläubigers nutzt oder einen nur zur Zwischenfinanzierung bei einem Dritten aufgenommenen Kredit nach erfolgreicher Übernahme durch Eingriff in das Gesellschaftsvermögen

793

Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 71a Rn. 3a; Kramer, Kapitalerhaltung, S. 124. BGHZ 213, 224 (235 f.) = NZG 2017, 344 (347) – Rz. 28; Bezzenberger, in: K. Schmidt/ Lutter AktG, § 71a Rn. 30; Cahn, in: Spindler/Stilz AktG, § 71a Rn. 36; Lutter/Drygala, in: KölnKomm AktG, § 71a Rn. 39; Oechsler, in: MüKoAktG, § 71a Rn. 44; eine echte rechtsgeschäftliche Einigung über die Zweckverknüpfung ist entgegen Bungeroth, in: GHEK AktG, § 71a Rn. 6 nicht erforderlich, da sie gerade nach § 71a Abs. 1 S. 1 AktG unwirksam wäre, vgl. Oechsler, in: MüKoAktG, § 71a Rn. 44; Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 202 f. 795 BGHZ 213, 224 (235 f.) = NZG 2017, 344 (347) – Rz. 28; Bezzenberger, in: K. Schmidt/ Lutter AktG, § 71a Rn. 30; Cahn, in: Spindler/Stilz AktG, § 71a Rn. 36; Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 203 f. 796 BGHZ 213, 224 (235 f.) = NZG 2017, 344 (347) – Rz. 28; Brosius, Die finanzielle Unterstützung des Erwerbs eigener Aktien, S. 91. 797 So Habersack, in: FS Hopt I, S. 725 (740 f.); dagegen Riegger, ZGR 2008, 233 (237). 798 BGHZ 213, 224 (235) = NZG 2017, 344 (346 f.) – Rz. 27; Bezzenberger, in: K. Schmidt/ Lutter AktG, § 71a Rn. 31; Hassner, Finanzielle Unterstützung zum institutionellen Leveraged Buyout einer Aktiengesellschaft, S. 403 ff.; Oechsler, in: MüKoAktG, § 71a Rn. 45; so auch bereits Fleischer, AG 1996, 494 (501); Lutter/Wahlers, AG 1989, 1 (9). 794

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Teil 1, Kap. 3: Weitere Zulässigkeitsschranken der Besicherung

ablöst.799 Dieses Ergebnis stützt eine richtlinienkonforme Auslegung des § 71a Abs. 1 S. 1 AktG, denn der dem § 71a AktG zugrundeliegende Art. 64 der Gesellschaftsrechtsrichtlinie spricht nur von Leistungen der Gesellschaft „im Hinblick auf einen Erwerb“ und nimmt damit keine auf den Zeitpunkt der Übernahme abstellende Begrenzung vor.800 Die Auslegung wird in systematischer Hinsicht gestützt durch § 71a Abs. 1 S. 3 AktG, der klarstellt, dass ein Investor nach Erlangung der Kontrolle über die Zielgesellschaft erst durch Abschluss eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags bzw. über den Weg der Verschmelzung auf ihr Vermögen zum Zwecke der Akquisitionsfinanzierung zugreifen kann. Im Umkehrschluss gilt das Verbot der finanziellen Unterstützung gem. § 71a Abs. 1 S. 1 AktG nach Übernahme der Anteile bis zu derartigen Umstrukturierungen fort.801 Dennoch muss auch bei Anwendung des § 71a Abs. 1 S. 1 AktG auf Sicherheitenbestellungen nach Übernahme der Anteile durch den Erwerber die Zweckverknüpfung zwischen Finanzierungs- und Aktienerwerbsgeschäft bereits im Zeitpunkt des Erwerbsgeschäfts bestanden haben, sodass es nicht genügt, wenn die AG erst Sicherheiten für eine spätere Verlängerung des ursprünglich anderweitig oder gar nicht besicherten Akquisitionsdarlehens stellt.802

C. Die Rechtsfolge bei verbotener Besicherung Nach § 71a Abs. 1 S. 1 AktG ist das Rechtsgeschäft, das eine finanzielle Unterstützung zum Gegenstand hat, nichtig. Der wohl h.M. nach betrifft die Nichtigkeit nur den schuldrechtlichen Finanzierungsvertrag bzw. die Sicherungsabrede.803 Dies folge aus einer systematischen Parallele zu § 71 Abs. 4 AktG.804 Die Gegenansicht sieht auch das Erfüllungsgeschäft, mithin die Leistung des Darlehens oder die dingliche Bestellung einer Sicherheit von der Nichtigkeitsfolge erfasst.805 Das 799

Kramer, Kapitalerhaltung, S. 125 f.; vgl. zu diesen Vorgehensweisen erneut unter Einführung § 1 C. IV. Alternative Besicherungsmöglichkeiten in der Akquisitionsfinanzierung, S. 42 ff. 800 Vgl. BGHZ 213, 224 (235) = NZG 2017, 344 (346 f.) – Rz. 27; Fleischer, AG, 1996, 494 (500); Kramer, Kapitalerhaltung, S. 125; Oechsler, in: MüKoAktG, § 71a Rn. 45; Tasma, Gläubigerschutz, S. 295. 801 So Oechsler, in: MüKoAktG, § 71a Rn. 45. 802 BGHZ 213, 224 (236) = NZG 2017, 344 (347) – Rz. 29; vgl. auch Oechsler, in: MüKoAktG, § 71a Rn. 45. 803 OLG Dresden NZG 2017, 985 (990 f.) = ZIP 2017, 2355 (2361) – Rz. 89; Bungeroth, in: GHEK AktG, § 71a Rn. 6; Lutter/Drygala, in: KölnKomm AktG, § 71a Rn. 50; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 71a Rn. 4; Merkt, in: Großkomm AktG, § 71a Rn. 48; Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 190; Oechsler, in: MüKoAktG, § 71a Rn. 49; Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 254. 804 Vgl. die in vorstehender Fn. genannten. 805 Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 71a Rn. 35; Cahn, in: Spindler/Stilz AktG, § 71a Rn. 50; ders., in: BeckOGK AktG, § 71a Rn. 52; Hassner, Finanzielle Unterstützung zum

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konkrete Vermögen und die Liquidität als Schutzgegenstand des § 71a Abs. 1 S. 1 AktG werden gerade durch die Übertragung betroffen, sodass ein effektiver Schutz vor den Gefahren der finanziellen Unterstützung einer Übernahme die Nichtigkeit auch des dinglichen Geschäfts erfordere. Außerdem habe sowohl das schuldrechtliche als auch das dingliche Rechtsgeschäft die Gewährung bzw. Leistung der finanziellen Unterstützung dem Wortlaut der Norm nach „zum Gegenstand“.806 Die richtige Auslegung tritt zu Tage, wenn der tatsächliche Empfänger der Finanzierungsleistung weder ehemaliger noch künftiger Aktionär, sondern ein außenstehender Dritter ist, so wie es auch in der Konstellation der Gewährung einer aufsteigenden Sicherheit an den Kreditgeber des (künftigen) Aktionärs der Fall ist. Liegt in dieser Konstellation der Bestellung der Sicherheit keine schuldrechtliche Vereinbarung zur Sicherheitenbestellung zwischen der AG und den Kreditgebern des (künftigen) Aktionärs oder ein Vertrag zwischen AG und ihrem (künftigen) Aktionär zugunsten der Kreditgeber zugrunde, so besteht zwischen AG und Kreditgeber (= Sicherungsnehmer) gar kein schuldrechtliches Rechtsgeschäft, das nichtig und nach h.M. gem. §§ 812 ff. BGB rückabzuwickeln sein könnte. Eine direkte Kondiktion der AG gegen den Kreditgeber gerichtet auf Herausgabe der Sicherheit wäre durch das bereicherungsrechtliche Subsidiaritätsprinzip gesperrt, denn die Nichtigkeitssanktion beträfe allein die zwischen AG und (künftigem) Aktionär bestehende Finanzierungsabrede, womit auch nur in diesem Verhältnis eine Rückabwicklung stattfinden dürfte.807 Einige Vertreter der h.M. sind daher der Auffassung, dass in dieser besonderen Konstellation ausnahmsweise auch die Bestellung der Sicherheit von der Nichtigkeitsfolge erfasst sein müsse.808 Andere wollen den bereicherungsrechtlichen Vertrauensschutz einschränken und ausnahmsweise eine Durchgriffskondiktion zulassen: Wer eine von einer AG gestellte Sicherheit für einen Anspruch erwirbt, der die Finanzierung eines Erwerbs der Aktien an eben dieser AG ermöglichen soll, könne aufgrund der kapitalschutzrechtlichen Sonderregeln bei derartigen Risikogeschäften nicht darauf vertrauen, am Ende nicht doch mit der AG selbst abrechnen zu müssen.809 Eine solche Durchgriffskondiktion setzt aber entweder voraus, dass neben der Finanzierungsabrede zwischen AG und ihrem (künftigen) Aktionär auch die Vereinbarung zwischen dem (künftigen) Aktionär und dem finanzierenden Dritten unwirksam ist, in der er sich verpflichtet seine Kreditschuld zu besichern, oder die Bestellung der Sicherheit der AG gegenüber dem finanzierenden Dritten nicht als Leistung dem (künftigen) Aktionär zugerechnet institutionellen Leveraged Buyout einer Aktiengesellschaft, S. 515 ff.; Zeyher, Einlagenrückgewähr und finanzielle Unterstützung im Fall erwerbsfinanzierender Fusion, S. 232 ff. 806 Cahn, in: Spindler/Stilz AktG, § 71a Rn. 50; ders., in: BeckOGK AktG, § 71a Rn. 52. 807 Vgl. Cahn, in: Spindler/Stilz AktG, § 71a Rn. 54; nunmehr ders., in: BeckOGK AktG, § 71a Rn. 56. 808 Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 255 f.; wohl auch Block, in: Heidel AktG, § 71a Rn. 11; Lutter/Drygala, in: KölnKomm AktG, § 71a Rn. 56 f. 809 So Oechsler, in: MüKoAktG, § 71a Rn. 41; ähnlich Brosius, Die finanzielle Unterstützung des Erwerbs eigener Aktien, S. 95 f.

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Teil 1, Kap. 3: Weitere Zulässigkeitsschranken der Besicherung

werden würde.810 Beides ist regelmäßig nicht der Fall, wenn man bedenkt, dass das Verbot finanzieller Unterstützung keinerlei Auswirkungen auf das Darlehensverhältnis zwischen (künftigem) Aktionär und finanzierendem Dritten hat, die AG die Sicherheit aber gerade im Hinblick auf die Aktionärsstellung des (künftigen) Aktionärs leistet.811 Diese bereicherungsrechtlichen Lücken für einen wirkungsvollen Schutz des Gesellschaftsvermögens vor einem Abfluss durch finanzielle Unterstützungen zum Aktienerwerb lassen sich vermeiden, wenn nach § 71a Abs. 1 S. 1 AktG auch das dingliche Geschäft von der Nichtigkeitsfolge erfasst wird, wovon im Folgenden auszugehen ist.812 Folglich können die sicherungsnehmenden Kreditgeber bei einer gegen § 71a AktG verstoßenden Besicherung keine Rechte aus der Sicherheit geltend machen, sondern sind vielmehr nach den allgemeinen Vorschriften verpflichtet, der AG erlangte Rechte herauszugeben. Zwar ist im Fall einer verbotenen finanziellen Unterstützung nach § 71a Abs. 1 S. 1 AktG auch ein Herausgabeanspruch gegen den Aktionär aus § 62 Abs. 1 S. 1 AktG denkbar, der im Verhältnis AG zu Aktionär trotz Nichtigkeit auch des Verfügungsgeschäfts die vorrangige Rückabwicklungsvorschrift für die erhaltene finanzielle Unterstützung darstellt.813 Allerdings ist im Fall der finanziellen Unterstützung durch Sicherheitsleistung an einen Dritten (Kreditgeber des Aktionärs) ein solcher Anspruch inhaltsleer: Erkennt man die relevante Leistung an den Aktionär in der Übernahme des Haftungsrisikos durch die AG814, so kann dieses im Ansatz nicht heraus gegeben werden, wenn es wegen Nichtigkeit der Sicherheitenbestellung gar nicht besteht.

810 Zur Konstellation des Doppelmangels oder der fehlenden Veranlassung des eigentlichen Vertragspartners als Voraussetzung für eine Durchgriffskondiktion Schwab, in: MüKoBGB, § 812 Rn. 83 ff., 91 ff. 811 Zum Ganzen Cahn, in: Spindler/Stilz AktG, § 71a Rn. 54; nunmehr ders., in: BeckOGK AktG, § 71a Rn. 56. 812 Im Ergebnis ebenso Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 71a Rn. 35; Kramer, Kapitalerhaltung, S. 128 f.; für akzessorische Sicherheiten auch Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 165 f., 255 f. 813 Auch bei finanziellen Unterstützungen handelt es sich um Leistungen, die Aktionäre entgegen der Vorschriften des AktG empfangen haben, vgl. Cahn, in: Spindler/Stilz AktG, § 71a Rn. 52; nunmehr ders., in: BeckOGK AktG, § 71a Rn. 54; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 71a Rn. 4; Oechsler, in: MüKoAktG, § 71a Rn. 50. 814 Dazu Kapitel 2 § 1 Sicherheiten zugunsten eines Dritten als Leistung an den Aktionär, S. 162 ff.

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D. Das Verhältnis des § 71a Abs. 1 S. 1 AktG zum Kapitalerhaltungs- und Konzernrecht I. § 71a Abs. 1 S. 1 und § 57 AktG Das Verbot der finanziellen Unterstützung geht in zweifacher Hinsicht über die Kapitalerhaltung nach § 57 AktG hinaus: Erstens statuiert § 71a Abs. 1 S. 1 AktG ein absolutes Auszahlungsverbot, welches im Gegensatz zum Kapitalerhaltungsgebot unabhängig davon gilt, ob der Leistung der AG ein vollwertiger Rückgewähranspruch gegenübersteht (§ 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG). Es wird also über § 57 AktG hinaus das Vermögen in seiner Zusammensetzung und nicht nur das bilanzielle Kapital geschützt und dies unabhängig von einer konkret feststellbaren Gefährdung.815 Zweitens schließt der Adressatenkreis des § 71a Abs. 1 S. 1 AktG im Gegensatz zu § 57 AktG auch finanzierende Dritte mit ein, die selbst keinerlei verbandsrechtlichen Bezug zur AG haben.816 Dementsprechend finden sich sowohl Ansichten, die eine Verdrängung des § 57 AktG durch § 71a Abs. 1 S. 1 AktG als lex specialis annehmen817, als auch solche, die eine parallele Anwendung beider Normen befürworten.818 Im Ergebnis ist diese Konkurrenzfrage ohne praktische Bedeutung819: Wenn § 71a Abs. 1 S. 1 AktG dem § 57 AktG als lex specialis vorgeht, so ist das Finanzierungsgeschäft ohnehin nichtig und im Fall der finanziellen Unterstützung durch Sicherheitenbestellung gegenüber dem Kreditgeber des (künftigen) Aktionärs im Verhältnis zu diesem nach den allgemeinen Vorschriften rückabzuwickeln. Will man § 57 AktG neben § 71a Abs. 1 S. 1 AktG zur Anwendung bringen, so wäre ein anspruchsrelevantes Ergebnis allenfalls, dass die Sicherheitsleistung im Verhältnis zum (künftigen) Aktionär wegen nicht vollwertigen Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs eine unzulässige Einlagenrückgewähr darstellt, sodass der Aktionär die empfangene Übernahme des Haftungsrisikos seitens der AG nach § 62 Abs. 1 S. 1 AktG zurückzugewähren hätte. Da dieser Anspruch aber inhaltsleer ist, hat der Kapitalerhaltungsverstoß ebenso 815 Vgl. Cahn, in: Spindler/Stilz AktG, § 71a Rn. 11; Servatius, in: Wachter AktG, § 71a Rn. 5; siehe auch Oechsler, in: MüKoAktG, § 71a Rn. 5 f.; ders., ZIP 2006, 1661 (1664 f.): abstrakter Gefährdungstatbestand. 816 Cahn, in: Spindler/Stilz AktG, § 71a Rn. 11; Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 191. 817 Hartung, Financial Assistance, S. 163; Kerber, DB 2004, 1027 (1028); Merkt, in: Großkomm AktG, § 71a Rn. 14; Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 116; wohl auch Nodoushani, NZG 2013, 687 (688); Oechsler, in: MüKoAktG, § 71a Rn. 13. 818 BGHZ 213, 224 (230 ff., 234 ff.) = NZG 2017, 344 (345 ff.) – Rz. 15 ff., 25 ff.; BGH NZG 2008, 106 (106) = WM 2008, 161 (161) – Rz. 7, 11; Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 71a Rn. 9; Brosius, Die finanzielle Unterstützung des Erwerbs eigener Aktien, S. 205 ff.; Cahn, in: Spindler/Stilz AktG, § 71a Rn. 11; Lutter/Drygala, in: KölnKomm AktG, § 71a Rn. 20; Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 193 ff. 819 Ähnlich, jedoch ausführlicher mit Streitentscheid zur Konkurrenzfrage Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 192 ff.

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Teil 1, Kap. 3: Weitere Zulässigkeitsschranken der Besicherung

wenig Bedeutung wie im Falle eines absoluten Vorrangverhältnisses des § 71a Abs. 1 S. 1 AktG. Die Konkurrenzfrage kann für den Fall der finanziellen Unterstützung durch aufsteigende Besicherung daher offen bleiben.

II. § 71a Abs. 1 S. 1 AktG und §§ 311 ff. AktG Es bleibt damit das Verhältnis von § 71a Abs. 1 S. 1 AktG zum Recht der faktischen Konzerne zu klären. Einer Ansicht nach habe diese Konkurrenzfrage nur Bedeutung im Fall der Anteilsaufstockung eines ohnehin bereits herrschenden Aktionärs, nicht hingegen im Beteiligungsaufbau.820 Zwar ist hieran richtig, dass das Recht der faktischen Konzerne keinen Schutz vor der Entstehung von beherrschendem Einfluss bietet, jedoch zwingt die Unbestimmtheit des Konzernbegriffs dazu, Schutzüberlegungen aus dem Rechtsverhältnis der faktischen Beherrschung bereits bei der Entstehung von Abhängigkeit anzustellen.821 Ist die besichernde AG bereits vorwirkend vom Erwerber abhängig, so hat dieser seine Handlungen in Bezug auf die Zielgesellschaft – dementsprechend auch deren Einbindung in die Akquisitionsfinanzierung – durchaus am konzernrechtlichen Schädigungsverbot des § 311 Abs. 1 AktG zu messen.822 Die Konkurrenzfrage kann sich daher sowohl im Beteiligungsaufbau als auch in der Anteilsaufstockung stellen. Einer Ansicht nach soll § 71a Abs. 1 S. 1 AktG durch § 311 AktG verdrängt werden bzw. jedenfalls dann verdrängt werden, wenn das nachteilige Finanzierungsgeschäft bis Geschäftsjahresende (§ 311 Abs. 2 AktG) ausgeglichen wird.823 Das Verbot der finanziellen Unterstützung habe keinen unantastbaren Schutzbereich, wie sich der Ausnahmeregelung des § 71a Abs. 1 S. 3 AktG entnehmen lasse. An seine Stelle treten die §§ 311 ff. die einen auf Abhängigkeitslagen zugeschnittenen, umfassenden Schutz für die betroffene AG bieten824, der dem Schutzniveau des § 71a Abs. 1 S. 1 AktG nicht nach stehe. Der Schutzbereich des § 311 AktG sei insbesondere in den Konstellationen des § 71a AktG regelmäßig eröffnet, da von der AG

820 Habersack, in: FS Hopt I, S. 725 (743); Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 196. 821 Zutreffend Altmeppen, in: MüKoAktG, Vor § 311 Rn. 33 f. 822 Ausführlich unter Einführung § 1 C. III. Aufsteigende Sicherheiten im LBO – eine Frage des Konzernrechts?, S. 39 ff. 823 Brosius, Die finanzielle Unterstützung des Erwerbs eigener Aktien, S. 230; Büscher, Das neue Recht des Aktienrückkaufs, S. 225 ff.; Fleischer, AG 1996, 494 (507); Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 82 ff.; ders., in: FS Hopt I, S. 725 (742 f.); ders., in: FS Röhricht, S. 155 (165); Merkt, in: Großkomm AktG, § 71a Rn. 22; Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 198 ff.; Riegger, ZGR 2008, 233 (240); Seibt, ZHR 171 (2007), 282 (306). 824 Vgl. dazu Habersack, in: FS Hopt I, S. 725 (742 f.); Riegger, ZGR 2008, 233 (240); Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 278 f.

§ 2 Verbot der financial assistance gem. § 71a Abs. 1 S. 1 AktG

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unterstütze Anteilsfinanzierungen im Regelfall zu nicht marktüblichen Konditionen vereinbart werden.825 Die Gegenansicht vertritt eine parallele Anwendung des § 71a Abs. 1 S. 1 AktG und des Rechts der faktischen Konzerne.826 Hierfür wird ein Umkehrschluss aus § 71a Abs. 1 S. 3 AktG sowie die weiteren Regelungszwecke des § 71a AktG über das Ausschüttungsverbot hinaus angeführt.827 Außerdem sei § 71a Abs. 1 S. 1 AktG in seinem Kernbereich außer Kraft gesetzt, wenn er bei (faktischer) Abhängigkeit nicht gelten soll. Abhängigkeit stelle sich in der Übernahmesituation nahezu immer ein, womit eine finanzielle Unterstützung im engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Aktienerwerb trotz der dem Normzweck zugrunde liegenden besonderen Gefährdungslage nicht mehr pauschal unzulässig wäre.828 Der letztgenannten Ansicht ist zuzustimmen. Tatbestandlich mag der Nachteilsbegriff des § 311 Abs. 1 AktG zwar regelmäßig auch die Konstellationen der finanziellen Unterstützungsleistungen des § 71a Abs. 1 S. 1 AktG erfassen. Die Rechtsfolge der nachteiligen Einflussnahme zur finanziellen Unterstützung ist jedoch lediglich eine Schadensersatzpflicht des herrschenden Aktionärs gem. § 317 AktG. Im Fall der finanziellen Unterstützungen unter Einbezug eines Dritten (sicherungsnehmender Kreditgeber des Aktionärs) betrifft die Nichtigkeitsfolge des § 71a Abs. 1 S. 1 AktG jedoch auch die unmittelbare Leistung der AG an den Dritten, mithin im Fall der aufsteigenden Besicherung die Sicherheitenbestellung, womit der AG auch gegen den Dritten Rückabwicklungsansprüche nach den allgemeinen Vorschriften zur Herausgabe unrechtmäßig empfangener Leistungen zustehen. Diese werden im Zweifel, insbesondere bei fehlschlagendem Finanzierungskonzept, werthaltiger sein als ein auf Befreiung von der Sicherheit oder Schadenskompensation gerichteter Schadensersatzanspruch gegen den herrschenden Aktionär. Umgekehrt können der AG aus der veranlassten finanziellen Unterstützung mittels Sicherheitsleistung auch Nachteile über den bloßen Verlust des Sicherungsgegenstandes bzw. der Sicherungsmittel aus ihrem Vermögen entstehen.829 Zur Kompensation dieser bedarf es wiederum neben § 71a Abs. 1 S. 1 AktG auch der Schadensersatzpflicht des zur Besicherung veranlassenden herrschenden Aktionärs gem. §§ 311, 317 AktG, sodass nur eine parallele Anwendung beider Normkomplexe 825 Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 198 ff. mit Verweis auf Freitag, AG 2007, 157 (163). 826 Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 71a Rn. 37; Cahn, in: Spindler/Stilz AktG, § 71a Rn. 22; ders., in: BeckOGK AktG, § 71a Rn. 24; Lutter/Drygala, in: KölnKomm AktG, § 71a Rn. 48; Klass, Der Buyout von Aktiengesellschaften, S. 138; Oechsler, in: MüKoAktG, § 71a Rn. 63; Zeyher, Einlagenrückgewähr und finanzielle Unterstützung im Fall erwerbsfinanzierender Fusion, S. 301 ff. 827 Siehe nur Oechsler, in: MüKoAktG, § 71a Rn. 63 m.w.N. 828 Cahn, in: Spindler/Stilz AktG, § 71a Rn. 22; nunmehr ders., in: BeckOGK AktG, § 71a Rn. 24. 829 Siehe dazu unter Kapitel 1 § 2 C. IV. Nachteile durch die Vermögensbelastung aufgrund der Sicherheitenbestellung, S. 150 ff. sowie V. Nachteile durch bürokratischen Aufwand der aufsteigenden Besicherung, S. 153.

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Teil 1, Kap. 3: Weitere Zulässigkeitsschranken der Besicherung

einen umfassenden Schutz der AG in der Finanzierung ihrer eigenen Übernahme sichert.

§ 3 Aktienrechtliche Treuepflicht und § 53a AktG Erwägen könnte man letztlich noch, dass sich aus der aktienrechtlichen Treuepflicht, die seit der Girmes-Entscheidung des BGH830 allgemein anerkannt wird, Beschränkungen für die Bestellung aufsteigender Sicherheiten ergeben. Jedoch handelt es sich bei den §§ 311 ff. AktG, die die Bestellung aufsteigender Sicherheiten umfassend erfassen, um eine Präzisierung des Verbots, die abhängige AG zu schädigen, sodass eine Treuepflicht des herrschenden Aktionärs für den hier interessierenden Fall in §§ 311 ff. AktG abschließend geregelt ist.831 Auch die Pflicht zur Gleichbehandlung aller Aktionäre hat im Fall der aufsteigenden Sicherheiten zugunsten eines herrschenden Aktionärs keine eigenständige Bedeutung: Das Gesetz trägt der besonderen Stellung des herrschenden Unternehmens im Vergleich zu anderen Aktionären mit besonderen Pflichten, namentlich §§ 311, 317 AktG, Rechnung, wodurch eine nachteilige Ungleichbehandlung vermieden wird. Der Gleichbehandlungsgrundsatz wird damit nicht außer Kraft gesetzt, sondern ihm wird spezialgesetzlich zur Geltung verholfen.832

830

BGHZ 129, 142 = NJW 1995, 1739 (Girmes). Vgl. Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 15; Bachmann, NZG 2001, 961 (971); Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 5, 89; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 311 Rn. 52; Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 311 Rn. 167 ff.; Mülbert, ZHR 163 (1999), 1 (26 f. mit Fn. 96); Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 311 Rn. 126; Wimmer-Leonhardt, Konzernhaftungsrecht, S. 68 ff., 134, 157 ff.; kritisch Tröger, Treuepflicht im Konzernrecht, S. 210 ff.; Voigt, Haftung aus Einfluss auf die Aktiengesellschaft, S. 317 ff.; Zöllner, ZHR 162 (1998), 235 (236 ff.). 832 Vgl. Götze, in: MüKoAktG, § 53a Rn. 26; Drygala, in: KölnKomm AktG, § 53a Rn. 48. 831

§ 1 Präventiver Vermögensschutz

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Kapitel 4

Vermögensschutz durch Koexistenz von Konzernund Kapitalerhaltungsrecht § 1 Präventiver Vermögensschutz in der aufsteigenden Besicherung durch die Kapitalerhaltung und das konzernrechtliche Schädigungsverbot Sowohl die Kapitalerhaltung nach § 57 AktG als auch das konzernrechtliche Schädigungsverbot gem. § 311 Abs. 1 AktG setzen der Bestellung aufsteigender Sicherheiten Grenzen. Vor dem Hintergrund der aktienrechtlichen Kapitalbindung ist eine aufsteigende Besicherung nur zulässig, wenn im Zeitpunkt der Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung keine konkreten Zweifel an der Fähigkeit des Aktionärs zur Darlehensrückzahlung bestehen und daher bilanziell keine Rückstellungsbildung für den Haftungsfall erforderlich ist. Der Freistellungs- und Rückgriffsanspruch als relevanter Rückgewährsanspruch i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG gilt dann als vollwertig. Alternativ kann die Vollwertigkeit dadurch hergestellt werden, dass der Rückgriffsanspruchs für den Sicherungsfall werthaltig und insolvenzfest besichert wird. Überdies fordert der Kapitalerhaltungsgrundsatz, dass der Aktionär der besichernden AG ihren Aufwand aufgrund der Bestellung und Verwaltung der Sicherheiten angemessen im Rahmen einer Avalprovision vergütet. Für § 311 Abs. 1 AktG gilt, dass jede Bestellung aufsteigender Sicherheiten wegen der Übernahme des Haftungsrisikos, die sich negativ auf das Gesellschaftsvermögen auswirken könnte, nachteiligen Charakter hat, der durch Gegenansprüche auszugleichen ist, sodass das Geschäft im Ergebnis (sicher) nicht mehr nachteilig für die abhängige AG ist. Im Gegenzug für die Sicherheitenbestellung erhält die AG einen Rückgriffsanspruch für den Sicherungsfall, der dann einen ausreichenden Ausgleich darstellt, wenn die Sicherheit wegen sicher prognostizierbarer (kurzfristiger) Darlehensrückzahlung gar nicht in Anspruch genommen wird oder er für den Regress der AG sicher werthaltig ist. Die dabei bestehenden Prognoseunsicherheiten, vor allem bei Besicherung eines Darlehens mit Laufzeit über das Geschäftsjahr hinaus, sind für die abhängige AG ein Nachteil, der nur durch insolvenzfeste Bestellung einer werthaltigen Sicherheit für ihren Rückgriffsanspruch kompensiert werden kann. Darüber hinaus verbietet § 311 Abs. 1 AktG unabhängig von Gegenansprüchen die Verwendung von betriebsnotwendigem Vermögen für die aufsteigende Besicherung, da das mit ihnen einhergehende Haftungsrisiko unkalkulierbare Nachteile für die AG nach sich ziehen kann, die im Ansatz nicht ausgleichsfähig sind. Was die Avalprovision betrifft, hat sie im Kontext des § 311 Abs. 1 AktG neben dem Verwaltungsaufwand auch gestiegene Eigenfinanzierungskosten der AG aufgrund von Bonitätsherabstufungen bzw. mangels verbleibender eigener

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Teil 1, Kap 4: Vermögensschutz durch Konzern- u. Kapitalerhaltungsrecht

Sicherungsmöglichkeiten zu berücksichtigen und diesen Nachteil zu kompensieren. Der hierdurch erfolgende Nachteilsausgleich durch Avalprovision ist dem gestreckten Nachteilsausgleich gem. § 311 Abs. 2 AktG bis zum Geschäftsjahresende zugänglich. Das konzernrechtliche Schädigungsverbot stellt also durchweg höhere Anforderungen an die Bestellung aufsteigender Sicherheiten als der Kapitalerhaltungsgrundsatz. Einzig in Bezug auf die Avalprovision verlangt § 311 Abs. 1 AktG zwar die Kompensation weiterer Nachteile, lässt aber den verzögerten Nachteilsausgleich (§ 311 Abs. 2 AktG) zu und lockert insoweit die kapitalerhaltungsrechtlichen Maßstäbe, die einen sofortigen Ausgleich der Leistung der AG erfordern würden. In besonderen Konstellationen wird der gesellschaftsrechtliche Vermögensschutz durch Kapitalerhaltung und Konzernrecht ergänzt durch die Grenzen rechtsgeschäftlichen Handelns des allgemeinen Zivilrechts (insbesondere § 138 Abs. 1 BGB und evidenter Missbrauch der Ver-tretungsmacht). Sie führen dazu, dass die Sicherheit den Kreditgebern des Aktionärs gar nicht erst wirksam bestellt wird, mithin die Gesellschaft von Anfang an kein Haftungsrisiko übernimmt. Daher generieren sie reflexartig auch eine Art präventiven Vermögensschutz für die abhängige Gesellschaft. Letztlich ist die Bestellung aufsteigender Sicherheiten gem. § 71a Abs. 1 S. 1 AktG gänzlich unzulässig, wenn sie zur Besicherung eines Akquisitionskredits zur Übernahme der besichernden AG erfolgen soll. Eine fremdfinanzierte Übernahme (Leveraged Buyout) ist in ihrer klassischen Form833 beim Erwerb einer AG daher ausgeschlossen.834

§ 2 Kurativer Vermögensschutz durch Haftung Halten die Beteiligten bei der Bestellung aufsteigender Sicherheiten die aufgezeigten Grenzen nicht ein, stellt sich die Haftungsfrage und zwar sowohl unmittelbar ab der Bestellung der Sicherheit als auch insbesondere nach Eintritt des Sicherungsfalls.

833 Zur üblichen Gestaltung der Besicherung im LBO siehe unter Einführung § 1 C. II. Die Bestellung aufsteigender Sicherheiten im LBO, S. 36 ff. 834 Vgl. zu alternativen Gestaltungsmöglichkeiten der Akquisitionsfinanzierung Diem/ Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 6 Rn. 15; Klass, Der Buyout von Aktiengesellschaften, S. 165 ff.

§ 2 Kurativer Vermögensschutz durch Haftung

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A. Haftung des herrschenden Unternehmens I. Schadensersatzhaftung gem. §§ 311, 317 AktG Hat das herrschende Unternehmen infolge einer nicht ausgeglichenen Übernahme des Haftungsrisikos Schadensersatz nach §§ 311, 317 AktG zu leisten, ist dieser vor Verwertung der Sicherheit im Wege der Naturalrestitution auf Befreiung der AG von der Sicherheit gerichtet. Dass die AG in diesem Zeitpunkt noch keinen Vermögensschaden im Sinne eines monetären Verlustes erlitten hat, spielt keine Rolle: Wer tatbestandlich zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat nach der Differenzhypothese den Zustand herzustellen, der ohne das haftungsbegründende Ereignis bestünde, also die Differenz zwischen dem realen Zustand und dem hypothetischen Rechtsgüterstand zu beseitigen.835 Die Belastung des Vermögens mit einer Sicherheit ist unabhängig von einem irgendwie messbaren monetären Verlust daher der zu beseitigende abweichende Rechtsgüterstand. Hypothetisch wäre ihr Vermögen nicht mit einer Sicherheit belastet, sodass das herrschende Unternehmen sie von dieser freizustellen hat, z. B. durch Rückzahlung der gesicherten Verbindlichkeit oder Stellung von alternativen Sicherheiten nach Absprache mit den Kreditgebern. Werden die Umstände, die die Sicherheitenbestellung ursprünglich wegen unausgeglichener Nachteilhaftigkeit gem. § 311 Abs. 1 AktG unzulässig gemacht haben, nachträglich beseitigt836, so ist dies im Zuge der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen. Ob der Schadensersatzanspruch auf Geld oder Naturalrestitution gerichtet ist, ist für die Anwendung des Vorteilsausgleichs unerheblich.837 Die abhängige AG kann nach diesem Grundsatz dann nicht mehr Befreiung von einem Haftungsrisiko verlangen, wenn ihr dieses zwischenzeitlich anderweitig, bspw. durch nachträgliche Gegensicherheiten, abgenommen wurde. Nach Verwertung der Sicherheit ist der Schadensersatz bei Realsicherheiten auf Wertersatz in Höhe des Verkehrswerts des verwerteten Sicherungsgegenstandes gerichtet, der infolge der Vollstreckung aus dem Vermögen der AG ausgeschieden ist. Entscheidend ist dabei der Verkehrswert im Zeitpunkt der Verwertung: Hat der Sicherungsgegenstand seit der Bestellung der Sicherheit an Wert verloren, so hätte er dies auch, wenn er unbelastet im Vermögen der AG verblieben wäre. Es entspricht dem schadensersatzrechtlichen Bereicherungsverbot838, dass die AG durch Aus835

Statt aller Oetker, in: MüKoBGB, § 249 Rn. 18 f. Nämlich durch erhebliche Bonitätsverbesserung des herrschenden Unternehmens, die eine positive Vollwertigkeitsprognose bzgl. des Rückgriffsanspruchs zur Folge hat, oder durch nachträgliche Besicherung des Rückgriffsanspruchs der abhängigen AG bei langfristiger Besicherung. 837 Lange/Schiemann, Schadensersatz, S. 498 f.; Oetker, in: MüKoBGB, § 249 Rn. 277; Schiemann, in: Staudinger BGB, § 249 Rn. 132 f. 838 Siehe zu diesem allgemein anerkannten Grundsatz BGHZ 118, 312 (343 ff.) = NJW 1992, 3096 (3103); BGH NJW 2001, 673 (674) = WM 2000, 1814 (1816); BGHZ 163, 180 (184) = NJW 2005, 2541 (2542); BGHZ 173, 83 (87) = NJW 2007, 2695 (2696) – Rz. 18; BGHZ 200, 350 (353) = NJW 2015, 468 (470) – Rz. 20; vgl. auch Ekkenga/Kuntz, in: Soergel 836

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gleich dieses Wertverlusts über den Schadensersatzanspruch nicht besser stehen darf, als wenn die zum Ersatz berechtigenden Umstände gar nicht eingetreten wären, mithin die Sicherheit nie bestellt worden wäre. Umgekehrt ist eine zwischenzeitliche Wertsteigerung durchaus zu berücksichtigen. Bei Personalsicherheiten bestimmt sich die Höhe des Schadensersatzanspruches nach der Haftungssumme. Folgeschäden der Sicherheitenverwertung, insbesondere wegen Abzugs bestimmter – ggf. betriebsnotwendiger – Vermögensgegenstände, sind ebenso zu ersetzen.839 Für unzureichende Avalprovision haftet das herrschende Unternehmen nach Ablauf des Geschäftsjahres in Höhe der Differenz zwischen dem gezahlten Betrag und dem tatsächlichen entstandenen (Mehr-)Aufwand der abhängigen AG sowohl bzgl. der Sicherheitenverwaltung als auch bzgl. etwaiger Mehrkosten der Eigenfinanzierung.

II. Haftung wegen Einlagenrückgewähr gem. § 62 Abs. 1 S. 1 AktG 1. Anspruchsinhalt vor der Sicherheitenverwertung Ist es bei der Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung nicht unwahrscheinlich, dass die Sicherheit in Anspruch genommen wird und folglich auch der Freistellungsund Rückgriffsanspruch nicht als vollwertig anzusehen, so empfängt das herrschende Unternehmen eine gem. § 57 Abs. 1, 3 AktG unzulässige Leistung, die es nach § 62 Abs. 1 S. 1 AktG zurückzugewähren hat. Da die empfangene Leistung in der Übernahme des Haftungsrisikos seitens der besichernden AG besteht, hat das herrschende Unternehmen die AG sie von diesem Risiko zu befreien, sei es durch Rückzahlung der besicherten Forderung oder dadurch, dass es die Kreditgeber von der Freigabe der Sicherheit überzeugt, indem es alternative Sicherheiten stellt.840 Lässt sich der sicherungsnehmende Kreditgeber auf beides nicht ein, so hat das herrschende Unternehmen die AG jedenfalls intern freizustellen, wozu sie den Rückgriff der AG werthaltig und insolvenzfest besichern kann.841

BGB, Vor § 249 Rn. 26 f.; Lange/Schiemann, Schadensersatz, S. 10; Oetker, in: MüKoBGB, § 249 Rn. 20; Stoll, Haftungsfolgen im Bürgerlichen Recht, S. 181 ff. 839 Ausführlich dazu bereits unter Kapitel 1 § 2 F. Die Schadensfolge der nachteiligen Sicherheitenbestellung, S. 160 ff. 840 Da das herrschende Unternehmen auch bei Realsicherheiten kein Recht unmittelbar an dem Sicherungsgegenstand erlangt, ist die Diskussion darüber, ob der Gegenstand in natura oder durch Wertersatz herauszugeben ist, im Falle der aufsteigenden Sicherheiten entbehrlich; dazu aber Kramer, Kapitalerhaltung, S. 136 ff.; ähnlich Meyer, Besicherung, S. 165. 841 Vgl. Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 164; Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 197; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 105.

§ 2 Kurativer Vermögensschutz durch Haftung

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Fraglich bleibt, was mit dem Anspruch aus § 62 Abs. 1 S. 1 AktG geschieht, wenn sich nachträglich die bei Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung bestehenden Umstände ändern: So können anfänglich bestehende Zweifel an der Fähigkeit des herrschenden Unternehmens, das besicherte Darlehen zurückzuzahlen, wegen Bonitätsverbesserung verschwinden, womit schließlich die Vollwertigkeit des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs hergestellt werden bzw. die handelsbilanzielle Rückstellungsbildung entfallen kann. Während nach alter Rechtslage angenommen wurde, ein einmal entstandener Anspruch auf Rückgewähr kapitalerhaltungswidriger Leistungen bleibe unabhängig davon bestehen, dass später die Voraussetzungen eines vollwertigen Gegenanspruchs vorliegen, dieser Gegenanspruch sogar erfüllt wird842, ist dies nach Einführung des § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG durch das MoMiG nicht mehr haltbar. Der Gesetzgeber lässt den Leistungsaustausch bei vollwertigem Gegenanspruch ausdrücklich zu, worin gerade die relevante Einschränkung des kapitalerhaltungsrechtlichen Gläubigerschutzes durch das MoMiG liegt. Treten die Voraussetzungen des vollwertigen Gegenanspruchs nachträglich ein, lässt sich ein Rückgewähranspruch aus Gläubigerschutzsaspekten heraus nicht mehr rechtfertigen. Ein Anspruch liefe dann dem Zweck der §§ 57, 62 AktG bzw. §§ 30, 31 GmbHG zuwider, sodass in dieser Konstellation die Ausnahmevorschriften des § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG bzw. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG jedenfalls analoge Anwendung finden sollten.843 Bedenkt man erneut, dass die von dem Aktionär gem. § 62 Abs. 1 S. 1 AktG herauszugebende Leistung der AG in der Übernahme eines kapitalerhaltungsrechtlich unzulässigen Haftungsrisikos liegt, wird dieses Ergebnis bestätigt: Besteht wegen nachträglicher Vollwertigkeit des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs gar keine kapitalerhaltungsrechtlich unzulässige Risikoübernahme mehr, kann das Kapitalerhaltungsrecht keine Befreiung von einem nach seinen eigenen Maßstäben zulässigen Risiko verlangen.844 2. Anspruchsinhalt nach der Sicherheitenverwertung Nach Verwertung der Sicherheit kommt eine Herausgabe der erlangten Übernahme des Haftungsrisikos nicht mehr in Betracht, sodass Wertersatz zu leisten ist. Wie viel die Übernahme des Haftungsrisikos wert war, ist nach dessen Realisierung leicht ersichtlich: Im Fall von Personalsicherheiten ist auf den Betrag abzustellen, auf den die AG von den Kreditgebern in Anspruch genommen wurde. Bei Realsicherheiten ist auf deren Erlös nach der Versteigerung abzustellen, der dem Verkehrswert des Sicherungsgegenstandes im Verwertungszeitpunkt entspricht. Er ist ggf. zu mindern, wenn die gesicherte Forderung ihrem Wert nach hinter dem Veräuße842

Siehe dazu BGHZ 193, 96 (104 f.) = NZG 2012, 667 (670) – Rz. 28 ff. So Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 31 Rn. 18; ders., ZIP 2015, 1657 (1661); ders., ZIP 2017, 1977 (1979). 844 I. E. ebenso Altmeppen, ZIP 2017, 1977 (1979); Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1298). 843

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Teil 1, Kap 4: Vermögensschutz durch Konzern- u. Kapitalerhaltungsrecht

rungserlös zurückbleibt. Das Argument, der rückgewährpflichtige Aktionär könne mit der Herausgabe der erlangten Leistung zuwarten bis diese im Wert sinkt und damit die Höhe seiner Wertersatzpflicht beeinflussen, weswegen zur Bemessung des Wertersatzes auf den Zeitpunkt der Leistungsgewährung abzustellen sei845, greift bei aufsteigenden Sicherheiten nicht. Wann sich das Haftungsrisiko realisiert und damit die Wertersatzpflicht auslöst, liegt kaum im Belieben des herrschenden Aktionärs, sondern ist vielmehr eine Frage der Fälligkeit der gesicherten Forderung und der dann bestehenden Liquiditätslage des Aktionärs. Des Weiteren wird dem Zweck der §§ 57, 62 AktG, das Kapital der AG dem Werte nach auf den Stand zu bringen, wie es ohne die unzulässige Leistung stünde, gerade dadurch Rechnung getragen, dass Wertveränderungen von Vermögensgegenständen auch im Vermögen der AG eingetreten wären846 : Die AG steht durch Ersatz des Wertes des Sicherungsgegenstandes im Verwertungszeitpunkt bzgl. ihres geschützten Kapitals so, als wäre die unzulässige Leistung nie an den Aktionär geflossen.847 Mehr soll durch die Kapitalerhaltungsregeln auch nicht wiederhergestellt werden. Insbesondere sind über die §§ 57, 62 AktG auch keine Ausschüttungs- oder Verwertungsfolgeschäden ersatzfähig.848 3. § 62 Abs. 1 S. 1 AktG bei nicht ausreichender Avalprovision Zahlt der herrschende Aktionär eine nicht den Anforderungen der Kapitalerhaltung entsprechende oder gar keine Avalprovision, so wird eine von der Sicherheitenbestellung zu trennende Leistung der AG an ihren Aktionär (Stichwort: Verwaltungsaufwand) nicht kompensiert, worin eine eigene unzulässige Leistung i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 1 AktG besteht.849 Diese Dienstleistung ist der AG über § 62 Abs. 1 S. 1 AktG dem Werte nach zu ersetzen, mithin eine Zahlung zu leisten, die den gesamten Aufwand der AG abdeckt und losgelöst von der Rückabwicklung der Sicherheitenbestellung als solcher steht.850 Zu beachten ist, dass dieser Anspruch wegen inhaltlich geringerer Anforderungen an die Avalprovision hinter dem aus

845

So Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 Rn. 90; Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 124; dagegen Hommelhoff, in: FS Kellermann, S. 165 (168); Joost, ZHR 148 (1984), 27 (54 mit Fn. 83); Ulmer, in: FS 100 Jahre GmbHG, S. 363 (378). 846 Vgl. dazu BGHZ 176, 62 (65) = NJW 2008, 2118 (2119) – Rz. 11 m.w.N. aus der Literatur. 847 I. E. ebenso Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1298); Kramer, Kapitalerhaltung, S. 140 f. 848 Insoweit zutreffend Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 Rn. 90. 849 Vgl. unter Kapitel 2 § 4 B. III. 2. Stellungnahme, S. 219 f. 850 Zum selben Ergebnis bei der Verzinsung aufsteigender Darlehen kommen Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 120; Gärtner, Cash Pooling, S. 487 ff. jew. m.w.N.

§ 2 Kurativer Vermögensschutz durch Haftung

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§§ 311, 317 AktG zurückbleibt und zudem zeitweilig, nämlich bis zum Ende des Geschäftsjahres (§ 311 Abs. 2 S. 1 AktG), durch diesen verdrängt wird.851

III. Haftung wegen schädlicher Einflussnahme gem. § 117 Abs. 1 S. 1 AktG Aufgrund des Einflusses des Mehrheitsaktionärs auf die Verwaltung der abhängigen AG kommt auch ein Anspruch aus § 117 Abs. 1 S. 1 AktG in Betracht. Dieser wird auch nicht etwa durch §§ 57, 62 oder §§ 311, 317 AktG verdrängt. Allenfalls im Anwendungsbereich des § 311 Abs. 2 S. 1 AktG, sprich im Fall der aufsteigenden Sicherheiten für die durch die Avalprovision auszugleichenden Vermögensnachteile, ist auch von einem zeitweisen Verdrängen auszugehen.852 Jedoch hat die Haftung des herrschenden Aktionärs nach § 117 Abs. 1 S. 1 AktG neben §§ 57, 62 und §§ 311, 317 AktG keine praktische Bedeutung. In ihrem Umfang geht sie nicht weiter als Letztere, setzt tatbestandlich mit dem notwendigen Schädigungsvorsatz aber höhere Anforderungen, sodass sie an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden soll. Bedeutung kommt § 117 AktG allenfalls zu, wenn nicht die Haftung des herrschenden Aktionärs, sondern die von dessen Angestellten, die nicht über § 317 Abs. 3 AktG analog haften853, oder Nutznießern der Beeinflussung, insbesondere der Sicherungsnehmerin, begründet werden soll.854

IV. Regelmäßige Wertlosigkeit der Haftungsansprüche gegen das herrschende Unternehmen Zwar folgt sowohl aus § 62 Abs. 1 S. 1 AktG als auch aus §§ 311, 317 AktG bei entgegen ihrer Anforderungen bestellten Sicherheiten ab Bestellung ein Anspruch auf Freistellung, jedoch wird dieser im seltensten Fall durchgesetzt werden. Dass die aufsteigende Besicherung nicht in Konformität mit den Grenzen der Kapitalerhaltung und des Konzernrechts vorgenommen wurde, wird vielmehr erst auffallen, wenn 851 Zu diesem Anspruchsverhältnis bereits unter Kapitel 1 § 2 D. II. Der (nachträgliche) Nachteilsausgleich bei Bestellung aufsteigender Sicherheiten, S. 155 f. sowie Kapitel 1 § 1 B. II. 1. b) bb) Von § 57 und §§ 311, 317 AktG gleichermaßen erfasste Geschäftsvorfälle, S. 93 ff. 852 Vgl. Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 88; Koppensteiner, in: KölnKommAktG, § 317 Rn. 52; Schall, in: Spindler/Stilz AktG, § 117 Rn. 10; Spindler, in: MüKoAktG, § 117 Rn. 90; ausführlich Ulmer, in: FS Hüffer, S. 999 (1010 f.). 853 Siehe bereits Begr. RegE BT-Drucks. IV/171 vom 03. 02. 1962, S. 234, abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz 1965, S. 419; vgl. auch Altmeppen, in: MüKoAktG, § 317 Rn. 117 unter Verweis auf Rn. 98 f.; Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 317 Rn. 52; Spindler, in: MüKoAktG, § 117 Rn. 92. 854 Vgl. Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 317 Rn. 52; Spindler, in: MüKoAktG, § 117 Rn. 92; Ulmer, in: FS Hüffer, S. 999 (1011); dazu unter § 2 E. Haftung der Sicherungsnehmer, S. 268 f.

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der Sicherungsfall eintritt und ein tatsächlicher Vermögensabfluss bei der abhängigen Gesellschaft stattfindet. Der Sicherungsfall wird allerdings regelmäßig mit der Insolvenz des herrschenden Unternehmens einhergehen, sodass unmittelbar gegen das herrschende Unternehmen gerichtete Ansprüche meist wertlos sein werden. Entscheidende Bedeutung erlangt dann die Haftung der beteiligten Geschäftsleiter.

B. Haftung der Geschäftsleiter des herrschenden Unternehmens Eine Direkthaftung der Geschäftsleiter des herrschenden Unternehmens gegenüber der abhängigen AG für die schadensträchtige Sicherheitenbestellung kommt über § 317 Abs. 3 AktG in Betracht, wenn das herrschende Unternehmen selbst nach §§ 311, 317 Abs. 1 S. 1 AktG zum Ersatz verpflichtet ist. Die Norm überwindet die fehlende Organstellung der von ihr adressierten Geschäftsleiter bei der abhängigen AG, in der sie kraft übergeordneter Geschäftsführungskompetenz dennoch Leitungsmacht ausüben können und infolgedessen auch persönlich zu haften haben, wenn sie hierbei die ihnen durch § 311 AktG gesetzten Grenzen ihres Geschäftsleiterermessens überschreiten.855 Bei mehreren gesetzlichen Vertretern tritt die Haftung des § 317 Abs. 3 AktG jedes einzelnen Vertreters nicht bereits kraft der aus §§ 18 Abs. 1 S. 3, 17 Abs. 2, 16 AktG abzuleitenden Veranlassungsvermutung856 ein, die nur gegenüber dem herrschenden Unternehmen als solchem gilt. Der einzelne Vertreter kann vielmehr durch Darlegung der Aufgabenverteilung in der Geschäftsleitung des herrschenden Unternehmens geltend machen, er habe mit der Veranlassung der abhängigen Gesellschaft zu der betreffenden nachteiligen Maßnahme nichts zu tun gehabt. Da es sich bei der Veranlassung lediglich um die Frage der haftungsbegründenden Kausalität handelt, kann andererseits auch ein Unterlassen des Einwirkens auf weitere Vertreter oder die abhängige Gesellschaft haftungsbegründend sein, wenn entsprechende Einwirkungsmöglichkeiten zur Vermeidung der nachteiligen Veranlassung bestanden hätten. Ist dies festgestellt, obliegt es jedem Vertreter selbst, sich vom Vorwurf der pflichtwidrigen (übergeordneten) Geschäftsleitung in der abhängigen Gesellschaft zu entlasten (§ 317 Abs. 2 AktG)857, was ihnen nur in engen Grenzen möglich ist858, wenn sie nicht alternativ darlegen können, dass sie angesichts der klaren Aufgabenverteilung in der Geschäftsleitung des herrschenden Unternehmens keine Kenntnis von der Veranlassung haben konnten.

855 Vgl. Altmeppen, in: MüKoAktG, § 317 Rn. 85; ders., Die Haftung des Managers im Konzern, S. 63 f.; Tröger/Dangelmayer, ZGR 2011, 558 (575 f.). 856 Dazu unter Kapitel 1 § 2 B. I. 2. c) Beweislast, S. 101 f. 857 Vgl. dazu Altmeppen, in: MüKoAktG, § 317 Rn. 93 ff.; Krieger, in: MHdB AG, § 70 Rn. 135. 858 Vgl. Kapitel 1 § 2 E. III. Die Exkulpation im Fall der nachteiligen Sicherheitenbestellung, S. 158 ff.

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Da die Haftung der Vertreter nach § 317 Abs. 3 AktG nur relevant werden wird, wenn die Sicherheit verwertet wurde und das herrschende Unternehmen wegen Insolvenz selbst nicht zum Ersatz in der Lage ist, richtet sie sich dann auf Wertersatz in Höhe des Verkehrswertes bei verwerteten Realsicherheiten bzw. auf die Höhe der Haftungssumme bei Personalsicherheiten sowie auf Ersatz möglicher Folgeschäden der Verwertung und der Differenz zu einer ausreichenden Avalprovision. Die drohende Haftung der Vertreter des herrschenden Unternehmens spielt im Fall der aufsteigenden Besicherung eine zentrale Rolle, denn nur sie wird die handelnden Vertreter davon abhalten, der abhängigen Gesellschaft durch Veranlassung zur Sicherheitenbestellung Ausfallrisiken aufzubürden, die ein vernünftiger Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft nie eingegangen wäre.859

C. Haftung des Vorstands der besichernden AG I. Die Haftung nach § 93 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 AktG und das Recht der faktischen Konzerne In faktischen Konzernverhältnissen haftet der Vorstand der abhängigen AG neben den Geschäftsleitern des herrschenden Unternehmens nach § 318 Abs. 1 S. 1 AktG als Gesamtschuldner, wenn er es unterlässt, das veranlasste nachteilige Rechtsgeschäft bzw. dessen mangelnden Ausgleich in den Abhängigkeitsbericht aufzunehmen. Diese Haftungsnorm knüpft an die Berichtspflicht des Vorstands nach § 312 AktG, mithin an sein erweitertes Pflichtenprogramm bei Bestehen eines Abhängigkeitsverhältnisses an. Selbstverständlich wird er durch Erfüllung dieser (zusätzlichen) Berichtspflicht nicht von seiner übrigen Sorgfaltspflicht als Geschäftsleiter freigestellt, sodass § 318 AktG keinesfalls die Haftung aus § 93 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 AktG im Wege der Spezialität verdrängt.860 Eine Konkurrenzproblematik ergibt sich auch nicht aus dem zulässigen verzögerten Nachteilsausgleich gem. § 311 Abs. 2 AktG: Handelt es sich ausnahmsweise um ein Rechtsgeschäft, dessen nachteilige Auswirkungen erst später festgestellt werden können und durfte der Vorstand der abhängigen AG davon ausgehen, dass das herrschende Unternehmen seine Nachteilsausgleichspflicht bis zum Geschäftsjahresende erfüllen wird, so liegt bereits keine Pflichtverletzung seinerseits vor, wenn der Nachteilsausgleich wider Erwarten ausbleibt.861 Bedeutung erlangt dieser tatbestandliche Zusammenhang beider Normen im Fall der aufsteigenden Sicherheiten nur für die (ausbleibende) 859

Zutreffend Altmeppen, ZIP 2017, 1977 (1981). BGHZ 179, 71 (79) = NZG 2009, 107 (109) – Rz. 14 (MPS); Habersack, in: Emmerich/ Habersack, § 318 Rn. 11; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 318 Rn. 9; Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 318 Rn. 10; Ulmer, in: FS Hüffer, S. 999 (1012 f.); dagegen Luchterhandt, ZHR 133 (1970), 1 (44 f.). 861 Ebenso Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 318 Rn. 10; Ulmer, in: FS Hüffer, S. 999 (1013 f.). 860

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Zahlung der Avalprovision, denn nur für sie ist der verzögerte Nachteilsausgleich i.S.d. § 311 Abs. 2 AktG im Ansatz einschlägig.862

II. Haftung wegen Fehlverhaltens bei Sicherheitenbestellung 1. Die Haftung wegen Einlagenrückgewähr gem. § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG Verstößt die Bestellung der Sicherheit wegen anfänglicher konkreter Zweifel an der Bonität des Aktionärs gegen den Kapitalerhaltungsgrundsatz, führt dies zur Haftung des beteiligten Tochter-Vorstands nach § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG. Da es sich bei der Entscheidung, ob eine Sicherheitenbestellung in das gebundene Kapital der AG eingreift, nicht um eine unternehmerische Entscheidung handelt (Legalitätspflicht), ist sie zwar voll gerichtlich nachprüfbar.863 Allerdings hat der Vorstand im Rahmen der Frage, ob der Freistellungs- und Rückgriffsanspruch nach einer vernünftigen kaufmännischen Betrachtung vollwertig ist, einen gewissen Beurteilungsspielraum, da es sich um einen ausfüllungsbedürftigen Rechtsbegriff handelt.864 Der Vorstand hat daher zunächst eine ausreichende Informationsgrundlage zu schaffen, um die Bonität des Aktionärs bewerten zu können. Hierfür sind sämtliche Finanzberichte des herrschenden Unternehmens, Ratingergebnisse sowie das Finanzierungskonzept bei Projektfinanzierungen einzuholen.865 Da der Vorstand der abhängigen Gesellschaft in der Regel keinen Anspruch auf Überlassung aller relevanten Informationen hat, ist er darauf angewiesen, dass sie ihm vom herrschenden Unternehmen bzw. mit dessen Zustimmung von dessen Kreditgebern und den Investoren einer Projektfinanzierung freiwillig überlassen werden.866 Umgekehrt hat er die Sicherheitenbestellung bei Meidung eigener Haftung aber bereits im Grundsatz zu verweigern, wenn ihm diese Informationen nicht zur Verfügung gestellt werden und er sich daher kein Urteil über die ausreichende Bonität des herrschenden Aktionärs bilden kann. Anschließend hat er aufgrund der Bonitätseinstufung zu bewerten, ob irgendein konkreter Zweifel an der Fähigkeit des Aktionärs, das zu be862 Vgl. Kapitel 1 § 2 D. II. Der (nachträgliche) Nachteilsausgleich bei Bestellung aufsteigender Sicherheiten, S. 155 f. 863 Kiefner/Theusinger, NZG 2008, 801 (805); Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 93 Rn. 16, 68; Wand/Tillmann/Heckenthaler, AG 2009, 148 (153); siehe auch Ziemons, in: MHLS GmbHG, § 43 Rn. 91; kritisch Tasma, Gläubigerschutz, S. 230 ff. 864 BGHZ 179, 71 (78) = NZG 2009, 107 (108 f.) – Rz. 13 (MPS): für aufsteigende Darlehen; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 116; Habersack, in: UHL GmbHG, § 30 Rn. 105; Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1299); Kiefner/Theusinger, NZG 2008, 801 (805). 865 Dazu bereits unter Kapitel 2 § 4 B. I. 3. Indikatoren zur Beurteilung einer wahrscheinlichen Darlehensrückzahlung, S. 209 f. 866 Vgl. Becker, ZIP 2017, 1599 (1604); Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1301); Séché/ Theusinger, BB 2017, 1550 (1554).

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sichernde Darlehen zurückzuzahlen, besteht, infolge dessen eine Rückstellung zu bilden wäre. In die Entscheidung sind alle möglichen Entwicklungen sorgfältig einzubeziehen, wobei der Vorstand zu einer Entscheidung kommen muss, die von einem sachverständigen Dritten nachvollzogen und gebilligt werden kann.867 Hierzu sind ggf. externe Berater hinzuzuziehen.868 Steht die Haftung dem Grunde nach fest, bemisst sich die Höhe der Ersatzpflicht nach dem Wertersatz für die verwertete Realsicherheit bzw. nach der Haftungssumme bei Personalsicherheiten sowie möglichen Folgeschäden der Verwertung.869 Nach Ablauf des Geschäftsjahres umfasst die Haftung auch die kapitalerhaltungsrechtlich unzureichende Avalprovision, sofern nicht bereits früher feststeht, dass dieser Nachteilsausgleich nicht mehr geleistet wird, wovon bei Verwertung der Sicherheit wegen ausbleibender Darlehensrückzahlung des herrschenden Aktionärs regelmäßig auszugehen sein wird. Dass der abhängigen AG auch Ansprüche gegen das herrschende Unternehmen und seine Geschäftsleiter zustehen, bleibt aufgrund der Schadensvermutung des § 93 Abs. 3 AktG für die Schadensberechnung solange außer Betracht, bis der Vorstand beweist, dass die AG nach Erfüllung dieser Ansprüche insoweit nicht (mehr) geschädigt ist.870 Eine weitere Verschärfung der Haftung aus § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG ergibt sich aus ihrer Unverzichtbarkeit (§ 93 Abs. 5 S. 2 und 3 AktG). Eine Haftung wegen vollständig gerichtlich nachprüfbarer Pflichtverletzung tritt nach § 93 Abs. 3 Nr. 3 AktG auch ein, wenn die Sicherheitenbestellung als verbotene finanzielle Unterstützung (§ 71a Abs. 1 S. 1 AktG) unwirksam war, sofern überhaupt ein Schaden entstanden ist.871 2. Die Haftung wegen sorgfaltswidriger Geschäftsführung gem. § 93 Abs. 2 S. 1 AktG Ist die Sicherheitenbestellung nicht kapitalerhaltungsrechtlich unzulässig, so kann sie immer noch einen (nicht ausgeglichenen) Nachteil i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG darstellen (bspw. wegen fehlender Gegensicherheit bei langfristiger Besicherung oder wegen der Belastung von betriebsnotwendigem Vermögen). In diesen Fällen haftet das herrschende Unternehmen nach §§ 311, 317 Abs. 1 S. 1 AktG, wenn es 867 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung, § 253 HGB Rn. 189; Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1300); siehe auch Schubert, in: BeBiKo, § 253 HGB Rn. 154 ff. 868 Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1301); Kiefner/Theusinger, NZG 2008, 801 (806); Nordholtz/Hupka, DStR 2017, 1999 (2003). 869 Insoweit geht die Haftung des Vorstands über die kapitalerhaltungsrechtliche Rückgewähr nach § 62 Abs. 1 S. 1 AktG hinaus, zutreffend Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 Rn. 90; Spindler, in: MüKoAktG, § 93 Rn. 263. 870 Vgl. Fleischer, in: Spindler/Stilz AktG, § 93 Rn. 258; Habersack/Schürnbrand, WM 2005, 957 (958); Link, in: Wachter AktG, § 93 Rn. 80; Spindler, in: MüKoAktG, § 93 Rn. 252; Thümmel/Burkhardt, AG 2009, 885 (890). 871 Siehe nur Spindler, in: MüKoAktG, § 93 Rn. 256 m.w.N.

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nicht ausnahmsweise darlegen kann, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer unabhängigen Tochtergesellschaft die Sicherheit ebenso bestellt hätte (§ 317 Abs. 2 AktG).872 Im Umkehrschluss führt die Überschreitung dieser Grenzen einer ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführung auch zu einer Haftung des beteiligten Tochtervorstands nach § 93 Abs. 2 S. 1 AktG. Zu beachten ist, dass es zur Begründung dieser Haftung einen weiten, nicht gerichtlich nachprüfbaren Gestaltungsspielraum unternehmerischer Entscheidungen (§ 93 Abs. 1 S. 2 AktG) gibt. Der Vorstand kann seine Haftung daher mit dem Einwand abwenden, dass er das veranlasste Geschäft trotz der objektiven Nachteiligkeit wegen nicht bezifferbarer, rentabler Entwicklungschancen für seine eigene Gesellschaft durchführen durfte. Insbesondere kann er darlegen, dass der über das herrschende Unternehmen vermittelte Konzernvorteil auch seiner eigenen Gesellschaft auf lange Sicht zugute kommen sollte.873 Sind für den Vorstand jedoch keinerlei derartige Vorteile zu erwarten, so wird man davon ausgehen dürfen, dass eine langfristige Besicherung aus dem AG Vermögen, deren Risiko sich nicht mehr klar prognostizieren lässt, sogar eine gröbliche Verletzung ihrer Geschäftsleiterpflichten darstellt, sodass ihre Haftung dann auch gem. § 93 Abs. 5 S. 2 und 3 AktG den Gläubigern gegenüber unverzichtbar ist.

III. Haftung wegen Fehlverhaltens nach Sicherheitenbestellung – Überwachungspflichten Bereits die Regierungsbegründung zum MoMiG sah es vor, dass anfangs nicht vorhersehbare, negative Bonitätsentwicklungen nach Darlehensvalutierung zwar keine neue Auszahlung darstellen sollen, den Geschäftsleiter der darlehensgebenden Gesellschaft aber Überwachungspflichten treffen: Ihm soll ein Sorgfaltspflichtverstoß zur Last fallen, wenn er die Forderung nicht mehr rechtzeitig einzieht, obwohl ihm dies möglich gewesen wäre.874 In seiner MPS-Entscheidung hat der BGH daraufhin ausdrücklich die Pflicht des Geschäftsleiters bestätigt, dass er laufend etwaige Änderungen des Kreditrisikos zu prüfen und auf eine Bonitätsverschlechterung mit der Kündigung des Kredits oder der Anforderung von Sicherheiten zu reagieren habe.875 Für sich nach der Bestellung aufsteigender Sicherheiten andeutende Bonitätsverschlechterungen hat der BGH eine eben solche Pflicht des Geschäftsleiters bejaht, der in die Haftung geraten soll, wenn er nicht durch rechtzeitige Anforderung von Gegensicherheiten oder Durchsetzung des Freistellungsanspruchs einen Scha-

872

Dazu Kapitel 1 § 2 E. III. Die Exkulpation im Fall der nachteiligen Sicherheitenbestellung, S. 158 ff. 873 Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 467; Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 282; dagegen Wackerbarth, Der Konzern 2010, 261 (269). 874 Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140 vom 25. 07. 2007, S. 41 i.V.m. S. 52. 875 BGHZ 179, 71 (79) = NZG 2009, 107 (109) – Rz. 14 (MPS).

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den infolge der Verwertung der Sicherheit abgewendet hat.876 Infolgedessen habe der Geschäftsleiter darauf zu bestehen, dass ein umfassendes Frühwarn- und Überwachungssystem eingerichtet wird, kraft dessen er von dem herrschenden Unternehmen rechtzeitig über negative Bonitätsentwicklungen informiert wird und selbst alle relevanten Informationen zur finanziellen Entwicklung einsehen kann.877 Je größer das Haftungsrisiko sei, desto umfangreicher müsse das Überwachungssystem ausgestaltet sein und könne sogar Zustimmungsvorbehalte der sicherungsgebenden Gesellschaft bei großvolumigen Kreditgeschäften des herrschenden Unternehmens erfordern.878 Insbesondere sei ein effektives Kontrollsystem erforderlich, wenn die Verwertung der Sicherheit die Existenz der sicherungsgebenden Gesellschaft gefährden würde.879 Richtigerweise sind diese Grundsätze, die ihren Ursprung im Recht der konzernweiten Darlehensvergabe haben, nicht auf die aufsteigende Besicherung zu übertragen. Die sicherungsgebende Gesellschaft kann zwar im Fall der wesentlichen Bonitätsverschlechterung beim herrschenden Unternehmen Freistellung von der Sicherheit verlangen, jedoch ändert dieser Anspruch – auch wenn er rechtzeitig erkannt wird – vorerst nichts daran, dass sie im Verhältnis zum Sicherungsnehmer verpflichtet bleibt. Kraft des Freistellungsanspruchs kann sie zwar verlangen, dass das herrschende Unternehmen die gesicherte Schuld tilgt und somit die Haftungsfreistellung herbeiführt oder die abhängige Gesellschaft wenigstens im Innenverhältnis besichert, jedoch stellt sich die Frage, wie erfolgsversprechend ein solches Verlangen sein wird. Bedenkt man, dass der Freistellungsanspruch erst entsteht, wenn sich die finanziellen Verhältnisse des herrschenden Unternehmens wesentlich verschlechtert haben880, ist ungewiss, ob es die liquiden Mittel für derart umfangreiche finanzielle Umstrukturierungen haben wird. Könnte das herrschende Unternehmen noch auf weitere werthaltige Sicherheiten zurückgreifen, so wäre eine Besicherung durch die abhängige Gesellschaft im Ansatz nicht notwendig gewesen.881 Insbesondere in den wirtschaftlich relevanten Konstellationen der Besicherung eines Cash Pool Saldos oder eines Akquisitionskredits wird das herrschende Unternehmen über keine Mittel verfügen, die ausreichen, um die besicherte Schuld auf einen Schlag zu begleichen. Im Gegensatz zu aufsteigenden Darlehen, bei denen 876

BGHZ 214, 258 (266) = NZG 2017, 658 (661) – Rz. 22. Vgl. Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 Rn. 39; Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 Rn. 63; Habersack, in: UHL GmbHG, § 30 Rn. 111 ff.; Grigoleit/ Rachlitz, in: Grigoleit AktG, § 57 Rn. 58; Kramer, Kapitalerhaltung, S. 172 ff.; Kuntz, ZGR 2017, 917 (947 ff.); Verse, GmbHR 2018, 113 (121); wohl auch Wilhelm/Hoffmann, DB 2018, 1387 (1389). 878 So Kuntz, ZGR 2017, 917 (949); dazu auch ders., Gestaltung von Kapitalgesellschaften, S. 567 ff. 879 So Habersack, in: UHL GmbHG, § 30 Rn. 112; Kuntz, ZGR 2017, 917 (950). 880 Vgl. unter Kapitel 1 § 2 C. II. 3. b) bb) Der auftragsrechtliche Freistellungsanspruch, S. 121. 881 Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1302); Sutter/Masseli, WM 2010, 1064 (1069); ähnlich Altmeppen, ZIP 2017, 1977 (1981); ders., in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 128. 877

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davon auszugehen ist, dass der Wert der ausgezahlten Valuta noch in irgendeiner Form im Vermögen des herrschenden Unternehmens vorhanden ist, sind die Mittel aus dem besicherten Darlehen in den beiden genannten Fällen entweder an verschiedene Konzerngesellschaften geflossen oder in den Anteilen der sicherungsgewährenden Gesellschaft (Zielgesellschaft) gebunden.882 Bei der Besicherung des Akquisitionskredits wird dieser Effekt dadurch verstärkt, dass das herrschende Unternehmen dann droht, mit der Rückzahlung des besicherten Darlehens auszufallen, wenn sich die abhängige Gesellschaft selbst in der finanziellen Krise befindet, mithin auch ihre Anteile nichts mehr wert sind.883 Den Geschäftsleiter der sicherungsgewährenden Gesellschaft bei Meidung eigener Haftung dazu zu verpflichten, unbedingt auf die Durchsetzung des Freistellungsanspruchs zu achten, erscheint wenig sinnvoll, wenn dieser, wenn er entsteht, bereits regelmäßig nichts mehr wert sein wird. Die entscheidende Erkenntnis besteht darin, dass die Überwachung und rechtzeitige Durchsetzung des Freistellungsanspruchs ohnehin hinfällig wird, wenn man die Pflichten des Geschäftsleiters der abhängigen Gesellschaft bei Sicherheitenbestellung richtig deutet: §§ 311, 317 AktG erlauben eine aufsteigende Besicherung, bei der nicht schon im Bestellungszeitpunkt die sichere Rückzahlung des lediglich kurzfristig besicherten Darlehens feststeht, nur bei werthaltiger Gegensicherheit. Werden derartige Gegensicherheiten von Anfang an bestellt, bedarf es einer (rechtzeitigen) Durchsetzung des Freistellungsanspruchs zum Schutze der abhängigen Gesellschaft nicht mehr. Werden sie nicht bestellt, gerät der Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft ohnehin für die Schäden infolge der Verwertung der aufsteigenden Sicherheit in die Haftung, sodass nicht mehr darauf abzustellen ist, ob er die Bonität des herrschenden Unternehmens im Nachgang der Sicherheitenbestellung nicht mehr ausreichend überwacht hat.884 Eine Überwachungspflicht trifft ihn damit nur insoweit, dass er einen werthaltig besicherten Rückgriffsanspruch rechtzeitig durchzusetzen hat bzw. im Zeitpunkt von bestehenden Gegenforderungen des herrschenden Unternehmens die Aufrechnung erklärt, um einen Schaden von der Gesellschaft abzuwenden. Setzt er ausnahmsweise vor Verwertung einen Freistellungsanspruch erfolgreich durch, kann er damit allenfalls noch seiner Haftung für eine anfänglich nicht hinreichend durch Gegensicherheiten abgesicherte aufsteigende Sicherheitenbestellung entgehen.885 Fehl geht letztlich die Forderung, das Überwachungssystem müsse umso umfangreicher sein, wenn das Haftungsrisiko für die Gesellschaft existenzbedrohend 882

Sutter/Masseli, WM 2010, 1064 (1065 f.). Vgl. zu diesem Zusammenhang Kapitel 1 § 2 C. II. 3. g) Besonderheiten bei der Akquisitionsfinanzierung, S. 144 ff.; ebenso Sutter/Masseli, WM 2010, 1064 (1066); Tillmann, NZG 2008, 401 (405). 884 Ebenso Altmeppen, ZIP 2017, 1977 (1981); ders., in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 128, 146 f.; wohl auch Sutter/Masseli, WM 2010, 1064 (1069). 885 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 147. 883

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ist.886 Vermögen, ohne das die abhängige Gesellschaft im Verwertungsfall nicht in der Lage ist, ihren Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten, darf sie ohnehin nicht mit einer aufsteigenden Besicherung belasten.887

D. Aufsichtsratshaftung Aufgrund ihrer Überwachungsaufgabe (§ 111 Abs. 1 AktG) können auch die Aufsichtsratsmitglieder in die Haftung geraten, wenn der Vorstand der abhängigen AG in unzulässiger Weise aufsteigende Sicherheiten bestellt (§§ 116 S. 1, 93 Abs. 2 S. 1 AktG). Für den Fall der aufsteigenden Darlehen hat der BGH eine (laufende) Prüfungspflicht des Aufsichtsrats hinsichtlich der Vollwertigkeit der Rückzahlungsansprüche zwar nur für die Zeit nach Auszahlung der Valuta ausdrücklich festgestellt. Dies lag jedoch nur daran, dass im Auszahlungszeitpunkt keine Vollwertigkeitsmängel feststellbar waren.888 Inwieweit sie den Vorstand bei der Bestellung aufsteigender Sicherheiten zu überwachen haben, ergibt sich aus der aktienrechtlichen Kompetenzordnung. Der Vorstand hat die Gesellschaft unter seiner Verantwortung zu leiten (§ 76 Abs. 1 AktG), insbesondere das Tagesgeschäft zu erledigen. Der Aufsichtsrat hat dabei alles zu überwachen, was unter diese Leitungskompetenz fällt, ohne dabei bei sämtlichen Angelegenheiten der Gesellschaft, insbesondere dem Tagesgeschäft mitwirken zu müssen (§ 111 Abs. 4 S. 1 AktG).889 Es handelt sich bei seiner Überwachungsaufgabe u. a. um eine Rechtmäßigkeitskontrolle des Vorstandshandelns, die darauf gerichtet ist, dass dieser die Grenzen des zulässigen Handelns sowie seine Sorgfaltsanforderungen (§ 93 Abs. 1 AktG) einhält.890 Daher muss der Aufsichtsrat bei beabsichtigter Bestellung aufsteigender Sicherheiten keine eigenständige Bonitätsprüfung unter Einholung eigener Informationen einleiten891, sondern nur darauf achten, dass der Vorstand auf ausreichender Informationsgrundlage zu einer nachvollziehbaren Entscheidung kommt, die trotz aller Risiken allen voran nicht gegen den Kapitalerhaltungsgrundsatz verstößt und auch im Übrigen keine Nachteile für die abhängige AG mit sich bringt. Hierbei sollte der Aufsichtsrat insbesondere auf eine Gegenbesicherung aufmerksam machen. Die vom Aufsichtsrat ausgehende Kontrolle hat umso intensiver zu erfolgen, je bedeutender sich die Besicherung für die Finanzierung der in den Gesamtkonzern ein886

So Habersack, in: UHL GmbHG, § 30 Rn. 112; Kuntz, ZGR 2017, 917 (950). Dazu unter Kapitel 1 § 2 C. IV. 3. Besonderheiten bei der Belastung von betriebsnotwendigem Vermögen, S. 152 f. 888 BGHZ 179, 71 (82) = NZG 2009, 107 (110) – Rz. 21 (MPS). 889 Vgl. nur Habersack, in: MüKoAktG, § 111 Rn. 19; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 111 Rn. 2; Mertens/Cahn, in: KölnKomm AktG, § 111 Rn. 16; Spindler, in: MüKoAktG, Vor § 76 Rn. 40 f. 890 Habersack, in: MüKoAktG, § 111 Rn. 53; Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 111 Rn. 14; Mertens/Cahn, in: KölnKomm AktG, § 111 Rn. 14. 891 Ähnlich Kramer, Kapitalerhaltung, S. 196; für aufsteigende Darlehen auch Habersack, ZGR 2009, 347 (363 f.). 887

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gebundenen AG darstellt. Insbesondere bei großvolumigen Besicherungen einer Akquisitionsfinanzierung ist eine genaue Prüfung der Vorgehensweise des Vorstands geboten. Handelt es sich bei der Sicherheitenbestellung zugunsten des Aktionärs kraft Satzungsbestimmung um ein zustimmungsbedürftiges Rechtsgeschäft (§ 111 Abs. 4 S. 2 AktG), so wird der Aufsichtsrat zwar eine eigene Vollwertigkeitsprüfung durchführen müssen, kann sich dabei aber auf die vom Vorstand hierfür beschafften Informationen grundsätzlich verlassen.892 Entspricht die Sicherheitenbestellung nicht den hier aufgestellten kapitalerhaltungs- und konzernrechtlichen Maßstäben, hat der Aufsichtsrat seine Zustimmung zu verweigern. Im Übrigen geraten die Mitglieder des Aufsichtsrats in die Haftung nach § 318 Abs. 2 AktG, wenn sie hinsichtlich der nachteiligen Sicherheitenbestellung ihre Pflicht zur Prüfung des Abhängigkeitsberichts und zur Berichterstattung gegenüber der Hauptversammlung verletzen.

E. Haftung der Sicherungsnehmer Zunächst sind die Kreditgeber (Sicherungsnehmer) wegen typischerweise gegenläufiger Interessen keine faktischen Aktionäre, womit die nur im Verhältnis AG zu Aktionär geltenden Kapitalerhaltungsbestimmungen ihnen gegenüber keine Rückgewährpflicht nach § 62 Abs. 1 S. 1 AktG auslösen, wenn Sicherheiten entgegen § 57 AktG bestellt werden.893 Ebenso wenig sind die Kreditgeber Adressaten des konzernrechtlichen Schädigungsverbots des § 311 Abs. 1 AktG, sodass sie auch nicht nach § 317 AktG in die Haftung geraten, selbst wenn von ihnen der entscheidende Druck auf ihren Schuldner, den Aktionär, zur Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit ausging.894 Eine Haftung der Sicherungsnehmer kommt damit vor allem in den Fällen in Betracht, in denen die Sicherheitenbestellung nach den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen, insbesondere wegen evidenten Missbrauchs der Vertretungsmacht, unwirksam ist. Sie schulden der AG bei Realsicherheiten die Rückübertragung des 892 Kramer, Kapitalerhaltung, S. 196; für aufsteigende Darlehen Habersack, ZGR 2009, 347 (364); vgl. hierzu auch Cahn, WM 2013, 1293 (1298 f.). 893 BGHZ 138, 291 (298) = NJW 1998, 2592 (2594): zur GmbH; siehe auch Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 70; Bayer, in: MüKoAktG, § 62 Rn. 18; Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz AktG, § 57 Rn. 94, § 62 Rn. 20; Habersack, in: UHL GmbHG, § 30 Rn. 121; Peltzer/Bell, ZIP 1993, 1757 (1762); Zimmerling, Kapitalerhaltung und Konzernfinanzierung, S. 124; a.A. Abramenko, GmbHR 1997, 875 (878 ff.); Meister, WM 1980, 390 (395): gesamtschuldnerische Haftung von unmittelbarem Leistungsempfänger (Sicherungsnehmer) und Gesellschafter. 894 Vgl. auch BGHZ 90, 381 (394 ff.) = NJW 1984, 1893 (1896 f.): wirtschaftliche Abhängigkeit vom Kreditgeber macht diesen nicht zum faktischen Gesellschafter, jedenfalls solange ihm durch atypische Ausgestaltungen keine Mitbestimmungsrechte zustehen; siehe auch BGHZ 119, 191 (195 f.) = NJW 1992, 3035 (3036 f.).

§ 3 Folgerungen für den Vermögensschutz einer abhängigen AG im Allg.

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Sicherungsgegenstandes nach den einschlägigen Vorschriften des BGB. Bei Personalsicherheiten ist wegen Unwirksamkeit der Haftungsabrede keine weitere Handlung zur Rückabwicklung nötig. Gleiches gilt, wenn die Sicherheitenbestellung infolge des § 71a Abs. 1 S. 1 AktG unwirksam ist. Einen daraus entstehenden Schaden haben sie nur zu ersetzen, wenn ihnen der Vorwurf der vorsätzlichen, sittenwidrigen Schädigung (§ 826 BGB) gemacht werden kann, also z. B. dann, wenn sie bewusst zum Schaden der anderen Gläubiger der AG die Sicherheit für eine aussichtslose Forderung gegen den Aktionär nur zum Zwecke der (sofortigen) Verwertung bestellt haben.895 Von Bedeutung ist letztlich die Haftung der Sicherungsnehmer nach § 117 Abs. 3 AktG, wenn sie den herrschenden Aktionär vorsätzlich veranlasst haben896, die abhängige Gesellschaft zu einer Sicherheitenbestellung zu bestimmen. Weiter müssen sie erkennen (bzw. hätten erkennen müssen897), dass das durch die Einflussnahme angestrebte Verhalten des Verwaltungsmitglieds pflichtwidrig und geeignet ist, einen Schaden der AG herbeizuführen.898 Nach den hier aufgestellten Grundsätzen genügt dafür, dass sie wissen, dass das herrschende Unternehmen bei längerfristiger Besicherung keine Gegensicherheiten stellen können wird. Darüber hinaus muss das herrschende Unternehmen bei Umsetzung der Veranlassung seitens der Kreditgeber mit Schädigungsvorsatz gegenüber der abhängigen Gesellschaft handeln. Die Schadensersatzpflicht umfasst neben der Aufgabe des Verwertungsrechts auch sonstige Schäden der AG aufgrund der zwischenzeitlichen Belastung ihres Vermögens mit der Sicherheit.

§ 3 Folgerungen für den Vermögensschutz einer abhängigen AG im Allgemeinen Es hat sich gezeigt, dass der Vermögensschutz durch Kapitalerhaltung im Fall der aufsteigenden Sicherheiten an seine Grenzen stößt. Weder wird das vor allem bei langfristiger Besicherung kaum prognostizierbare Haftungsrisiko mit der bilanziellen Betrachtungsweise angemessen kompensiert, noch werden überhaupt alle Nachteile und Risiken für die abhängige Gesellschaft infolge der Sicherheitenbestellung vom Tatbestand der Einlagenrückgewähr erfasst. Das konzernrechtliche Verbot, die abhängige Gesellschaft zu benachteiligen, geht damit bereits tatbe895

Vgl. zu diesem Fall Kapitel 3 § 1 B. I. Sittenwidrigkeit wegen Gläubigergefährdung, S. 233 ff. 896 Zum Bezugspunkt des Vorsatzes Voigt, Haftung aus Einfluss auf die Aktiengesellschaft, S. 252 f. 897 Insoweit soll Fahrlässigkeit genügen, vgl. Mertens/Cahn, in: KölnKomm AktG, § 117 Rn. 28; Spindler, in: MüKoAktG, § 117 Rn. 63. 898 Dazu Koch, in: Hüffer/Koch AktG, § 117 Rn. 11; Kort, in: Großkomm AktG, § 117 Rn. 229 f.; Mertens/Cahn, in: KölnKomm AktG, § 117 Rn. 28; Spindler, in: MüKoAktG, § 117 Rn. 63.

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Teil 1, Kap 4: Vermögensschutz durch Konzern- u. Kapitalerhaltungsrecht

standlich über die Grenzen der Kapitalerhaltung hinaus. Ihr Schutzbereich beginnt früher als der für alle Kapitalgesellschaften gleichermaßen geltende Schutzbereich der Kapitalerhaltung und wird damit der besonderen Exposition der abhängigen Gesellschaft vor dem schädlichen Einfluss des herrschenden Unternehmens (Konzerngefahr) gerecht. Es ist gerade die Abhängigkeitssituation, die erst zu Gefährdungslagen der abhängigen Gesellschaft wie bei der aufsteigenden Besicherung führt. In der unabhängig agierenden Kapitalgesellschaft wird es zu derartigen Fällen nicht kommen, sodass die Kapitalerhaltung allein diese Fälle nicht einer vollumfänglich vermögensschützenden Lösung zuführen muss, wenn in Abhängigkeitskonstellationen Vermögensschutz auch durch §§ 311, 317 AktG verwirklicht wird. Daher ist es weder nötig, unter den Tatbestand der Einlagenrückgewähr alle Nachteile und Risiken zwanghaft zu subsumieren, noch die Vollwertigkeitsanforderungen des § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG über die vom Gesetzgeber des MoMiG ausdrücklich angeordnete bilanzielle Betrachtungsweise hinaus anzuheben. Folgerichtig kann man dann jedoch nicht annehmen, dass alles, was kapitalerhaltungsrechtlich erlaubt sei, zugleich keinen Nachteil i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG begründen könne.899 Eine derartige Eingrenzung des Nachteilsbegriffs ist – wie gezeigt – gesetzessystematisch, historisch und vom Zweck des Konzernrechts her nicht haltbar.900 Auch auf Rechtsfolgenseite geht die konzernrechtliche Haftung für nachteilige Veranlassung über die allgemeine Rückgewährvorschrift des § 62 Abs. 1 S. 1 AktG hinaus: Nach §§ 311 Abs. 1, 317 Abs. 1 S. 1 AktG ist im Fall der Sicherheitenverwertung von dem herrschenden Unternehmen nicht nur Wertersatz für den Verlust des dadurch entzogenen Vermögens der sicherungsgebenden Gesellschaft zu leisten, sondern auch sämtlicher Folgeschaden zu ersetzen. Außerdem wird erst durch das Konzernrecht die im Fall der aufsteigenden Besicherung entscheidende Haftung der Geschäftsleiter des herrschenden Unternehmens (§§ 311 Abs. 1, 317 Abs. 3 AktG) ausgelöst. Die Deduktion, die §§ 311, 317 AktG stellen eine Privilegierung zum allgemeinen Kapitalschutz dar, erscheint nunmehr zweifelhaft. Zwar erlaubt § 311 Abs. 2 AktG im Gegensatz zur sofortigen Rückgewährpflicht nach § 62 Abs. 1 S. 1 AktG einen gestreckten Nachteilsausgleich. Allerdings ist diese verzögerte Kompensation erstens nur ausnahmsweise möglich, wenn die genaue Höhe des nötigen Ausgleichs im Zeitpunkt der nachteiligen Handlung noch nicht zu beziffern ist und darf zweitens im 899

So aber jedenfalls für die Übernahme eines Kreditrisikos BGHZ 179, 71 (77 f.) = NZG 2009, 107 (108) – Rz. 12 (MPS); Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 46 Rn. 18; Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 47a, Rn. 83; ders., ZGR 2009, 347 (356 f.); Kiefner/Theusinger, NZG 2008, 801 (806); Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1293); Winter, DStR 2007, 1484 (1489); Wand/Tillmann/Heckenthaler, AG 2009, 148 (156 f.); daher eine teleologische Reduktion erwägend Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 179; Drygala, in: KölnKomm AktG, § 57 Rn. 114; i.E. ebenso Mülbert/Sajnovits, WM 2015, 2345 (2352). 900 Insoweit ähnlich Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 65; Meyer, Nachteil und Einlagenrückgewähr, S. 298 ff.; Wackerbarth, Grenzen der Leitungsmacht, S. 126 f.

§ 3 Folgerungen für den Vermögensschutz einer abhängigen AG im Allg.

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Ergebnis die abhängige AG im Vergleich zur sofortigen Rückgewähr verbotener Leistungen nicht schlechter stellen. Anstatt eine Privilegierung zum allgemeinen Kapitalschutz darzustellen, ergänzen die §§ 311, 317 AktG diesen in der besonderen Gefährdungslage der Abhängigkeit. Damit entfällt jedoch in den meisten Fällen auch das Hauptargument, mit dem die h.M. die allgemeinen Vorschriften als durch die §§ 311, 317 AktG verdrängt ansieht.901 Zu einem solchen Schluss ließe sich eher noch mit der Argumentation gelangen, dass der kapitalerhaltungsrechtliche Schutz in dem durch §§ 311, 317 AktG vermittelten Vermögensschutz, der den Leistungen an (herrschende) Aktionäre sowohl tatbestandlich engere Grenzen setzt als auch in seinen Rechtsfolgen weitreichender ist, aufgeht. Allerdings ist auch eine solche Schlussfolgerung voreilig, wenn man erkennt, dass mit der Kapitalerhaltung gerade ein unantastbarer Bereich des Vermögens der Kapitalgesellschaft erfasst wird, dessen Schutz das Gesellschaftsrecht einen höheren Stellenwert zuschreibt als dem Schutz vor nachteiliger Einflussnahme durch Konzernrecht. Ein Verstoß gegen die Kapitalerhaltung ist im Ansatz nicht erlaubt und führt aufgrund ihrer Beweislastumkehr auch bei der Schadenshöhe und ihrer Unverzichtbarkeit902 zu einer scharfen Haftung der handelnden Geschäftsleiter, unabhängig davon, ob sie ihr Verhalten mit vermeintlichen Geschäftschancen i.S.d. business judgement rule (§ 93 Abs. 1 S. 2 AktG) rechtfertigen können (Stichwort: Legalitätspflicht). Überdies werden die Geschäftsleiter bei Kapitalerhaltungsverstößen regelmäßig wegen Untreue strafrechtlich belangt werden.903 Hingegen handelt es sich bei der Haftung nach §§ 311, 317 AktG nur um ein Einstehen für betriebswirtschaftlich unangemessenes Verhalten. Genauer: Das Konzernrecht setzt dem herrschenden Unternehmen bei der Ausübung seiner übergeordneten Geschäftsleitungskompetenz904 insoweit Grenzen, dass es sich gegenüber der abhängigen Gesellschaft nicht betriebswirtschaftlich unangemessen verhält, ihr also keine unausgeglichenen Nachteile auferlegen darf. Tut es dies dennoch, ist dies keine gesellschaftsrechtliche „Todsünde“, jedoch haben das herrschende Unternehmen und seine Geschäftsleiter über §§ 311, 317 AktG ebenso für das Risiko aus ihrer nicht ordnungsgemäßen Geschäftsleitung einzustehen wie der Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft im Zuge des § 93 Abs. 2 AktG. Man sollte daher nicht versuchen, ein Spezialitätsverhältnis zwischen Kapi901

Siehe bspw. für die Verdrängung des § 57 AktG BGHZ 141, 79 (87) = NJW 1999, 1706 (1708); BGHZ 179, 71 (76 f.) = NZG 2009, 107 (108) – Rz. 11 (MPS); BGHZ 190, 7 (24 f.) = NJW 2011, 2719 (2724) – Rz. 48 (Dritter Börsengang); OLG Hamm ZIP 1995, 1263 (1271); OLG Frankfurt a. M. AG 1996, 324 (327); OLG Jena NZG 2008, 275 (278); Drygala, in: KölnKomm AktG, § 57 Rn. 105; Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 82 ff.; Henze, in: Großkomm AktG, § 57 Rn. 194; ders., BB 1996, 489 (499); Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 311 Rn. 161 f.; Krieger, in: MHdB AG, § 70 Rn. 52, 74; Rieckers, in: MHdB AG, § 16 Rn. 78; Schäfer, in: FS Hoffmann-Becking, S. 997 (1004); Ulmer, in: FS Hüffer, S. 999 (1007 ff.); Vetter, in: K. Schmidt/Lutter AktG, § 311 Rn. 117. 902 Vgl. § 93 Abs. 5 S. 2 Hs. 1 i.V.m. S. 3 AktG sowie § 43 Abs. 3 S. 2 und S. 3 GmbHG. 903 Dazu statt aller Kaufmann, Organuntreue zum Nachteil von Kapitalgesellschaften, S. 80 ff.; zur Untreuestrafbarkeit bei dem der Sicherheitenbestellung ähnlichen Fall der aufsteigenden Darlehen im Cash Pool siehe Rönnau, in: FS Samson, S. 423 (437 ff.). 904 Dazu unter Kapitel 1 § 1 A. III. Stellungnahme, S. 72 ff.

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Teil 1, Kap 4: Vermögensschutz durch Konzern- u. Kapitalerhaltungsrecht

talerhaltung und Konzernrecht zu konstruieren, kraft dessen die Haftungsfolgen der Verstöße gegen das eine neben denen gegen das andere ausscheiden. Vielmehr sollten beide Schutzregime als Handlungsmaximen an verschiedene Personenkreise verstanden werden, die erst durch ihr Zusammenwirken einen umfassenden Schutz der abhängigen Gesellschaft erreichen, nämlich einerseits aufgrund der Sorge der Geschäftsleiter des herrschenden Unternehmens vor ihrer Haftung und derjenigen ihrer Anstellungskörperschaft für pflichtwidrige übergeordnete Geschäftsführung und andererseits aufgrund der Furcht der Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft vor ihrer nahezu unumgänglichen Haftung aus § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG und einer strafrechtlichen Sanktion, die ihre Inhabilität gem. § 76 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 lit. e AktG (§ 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 lit. e GmbHG) zur Folge haben kann. Dieser duale Vermögensschutz in der abhängigen AG wird in Sonderkonstellationen ergänzt um die §§ 71 f. AktG sowie die Nichtigkeitsfolgen des allgemeinen Zivilrechts. Letztere sind allerdings keine Besonderheit des spezifisch kapitalgesellschaftsrechtlichen Vermögensschutzes, sondern bilden vielmehr die Grenze jedes rechtsgeschäftlichen Handelns und erfassen damit auch Geschäfte der Gesellschaft mit ihren Gesellschaftern. Vermögensschutz bewirken sie daher allenfalls reflexartig.

Teil 2

Übertragung der Ergebnisse auf die aufsteigenden Sicherheiten einer abhängigen GmbH Abschließend gilt es, die zur AG aufgestellten Grundsätze auf die Sicherheitenbestellung einer abhängigen GmbH zu übertragen und mögliche Abweichungen aufgrund der Besonderheiten des Vermögensschutzes in der GmbH herauszuarbeiten. Kapitel 1

Aufsteigende Sicherheitenbestellung im Kontext des § 30 GmbHG Durch das MoMiG ist die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit von Kreditgeschäften mit dem Gesellschafter für GmbH und AG vereinheitlicht worden.1 Die bis dato bestehenden Unsicherheiten, insbesondere in Hinblick auf das „NovemberUrteil“2, sollten für Gesellschaften beider Rechtsformen durch die Einfügung der wortgleichen Regelungen des § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG und § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG beseitigt werden.3 Die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit aufsteigender Sicherheiten in der GmbH kann nach dieser Gleichschaltung nicht anders beurteilt werden als die Sicherheitenbestellung in der AG, sodass die obigen Ausführungen zur aktienrechtlichen Kapitalerhaltung – sofern sie nicht ohnehin bereits rechtsformneutral gehalten wurden – grundsätzlich für § 30 GmbHG ebenso zutreffen. Das Vermögen der GmbH ist im Gegensatz zum umfassend vor allen Abflüssen außerhalb der Gewinnausschüttung geschützten AG-Vermögen (§ 57 Abs. 1 und 3 AktG) jedoch nur insoweit geschützt, wie es zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlich ist. Eine Auszahlung aus dem Gesellschaftsvermögen ist daher nach § 30 Abs. 1 GmbHG nur verboten, wenn durch sie eine Unterbilanz herbeigeführt wird. Dieser zusätzliche Prüfungspunkt ist daher auch bei der Sicherheitenbestellung besonders zu würdigen. 1 Siehe nur Vetter, in: Goette/Habersack MoMiG, Rn. 4.121; ferner Kiefner/Theusinger, NZG 2008, 801 (804); kritisch Böcker, DZWiR 2018, 101 (112 f.). 2 BGHZ 157, 72 (76) = NJW 2004, 1111 („November-Urteil“). 3 Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140 vom 25. 07. 2007, S. 41, 52.

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Teil 2, Kap. 1: Aufsteigende Sicherheitenbestellung und § 30 GmbHG

§ 1 Unterbilanz durch Sicherheitenbestellung Es gilt auch im Kapitalerhaltungsrecht der GmbH, dass zunächst in jeder Verpflichtung zur Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit eine Auszahlung i.S.d. § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG zu erkennen ist, sodass es darauf ankommt, ob sie wegen eines ihr gegenüberstehenden vollwertigen Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs gegen den Gesellschafter (§ 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG) zulässig ist. Von der Vollwertigkeit des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs ist auszugehen, wenn im relevanten Zeitpunkt der Verpflichtung gegenüber der Sicherungsnehmerin keine konkreten Zweifel an der Fähigkeit des Gesellschafters zur Rückzahlung des zu besichernden Darlehens bestehen und daher keine Rückstellungsbildung (§ 249 Abs. 1 S. 1 HGB) für den sich andeutenden Haftungsfall erforderlich ist.4 Ist nach diesem Grundsatz eine Rückstellungsbildung erforderlich, ist die Sicherheitenbestellung nur dann nach § 30 GmbHG verboten, wenn durch sie eine Unterbilanz herbeigeführt oder vertieft wird, d. h. ein bilanzieller Zustand entsteht, in dem das Aktivvermögen das Fremdkapital (zzgl. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten) und das Stammkapital (§§ 3 Abs. 1 Nr. 3, 10 Abs. 1 S. 1 GmbHG) nicht mehr deckt.5 Entscheidend ist dann, in welcher Höhe auf der Passivseite ein Rückstellungsposten zu bilden ist. Wieder gilt § 253 Abs. 1 S. 2 HGB, nach dem Rückstellungen in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrags anzusetzen sind.6 In Bezug auf das Haftungsrisiko bei der Sicherheitenbestellung bedeutet dies, dass grundsätzlich die Höhe der besicherten Forderung anzusetzen ist. Bleibt im Fall einer dinglichen Sicherheit der Wert des Sicherungsgegenstands hinter der Höhe der gesicherten Forderung zurück, so ist der in der Bilanz ausgewiesene Wert des Sicherungsgegenstandes anzusetzen.7 Aufgrund des bilanzrechtlichen Vorsichtsprinzips (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 2 HGB) können die rechtlich noch gar nicht existenten Ansprüche auf Freistellung oder Rückgriff auch nicht als Vermögensgegenstand ausgewiesen werden8, abgesehen davon, dass sie aufgrund der sich andeutenden Haftung für das nicht zurückgezahlte Darlehen regelmäßig ohnehin wertlos sein werden. Aus dem selben Grunde sind sie im Regelfall auch nicht

4

Ausführlich dazu unter Teil 1 Kapitel 2 § 4 B. I. 2. b) Stellungnahme, S. 206 ff. Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 10; ausführlich Wilhelmi, Der Grundsatz der Kapitalerhaltung im System des GmbH-Rechts, S. 102 ff. 6 Zum Maßstab eines vernünftigen Kaufmanns vgl. Tiedchen, in: MüKo BilanzR, § 253 Rn. 28. 7 Becker, ZIP 2017, 1599 (1601); siehe auch Bormann, GmbHR 2017, 646 (647); Verse, GmbHR 2018, 113 (119 f.). 8 Vgl. zu diesem Zusammenhang Ekkenga, in: MüKoGmbHG, § 30 Rn. 255; dagegen Böcker, DZWiR 2018, 101 (107): Sicherheitenbestellung ist grundsätzlich bilanzneutral, da Freistellungs- und Rückgriffsanspruch als Forderungen zu aktivieren sein. Sein Verweis auf Heidinger, in: MHLS GmbHG, § 30 Rn. 207 ist unergiebig und stützt vielmehr den hier aufgestellten Zusammenhang. 5

§ 1 Unterbilanz durch Sicherheitenbestellung

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rückstellungsmindernd anzurechnen.9 Übersteigt die damit zu bildende Rückstellung die frei verfügbaren Rücklagen, Gewinn- oder Gewinnvortragspositionen, so wird durch die Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung eine Unterbilanz herbeigeführt oder vertieft, sodass sie nach § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG verboten ist. Der BGH behilft sich zur Prüfung, ob die Sicherheitenbestellung zu einer Unterbilanz führt, mit einer unterstellten Verwertung der Sicherheit im Zeitpunkt der Bestellung. Diese werde durch den Freistellungsanspruch nicht ausgeglichen, unabhängig davon, ob sie sich auch in einer Handelsbilanz abbilden würde.10 Wie weiter oben bereits dargelegt, verwendet der BGH diese Formulierung, um der Tatsache entgegenzutreten, dass die Sicherheit im Bestellungszeitpunkt – egal wie schlecht es um die Bonität des Gesellschafters steht – noch nicht verwertet ist, mithin noch kein realer Vermögensabfluss, der sich in der Bilanz abbildet, stattgefunden hat.11 Bei Lichte betrachtet besteht hierfür jedoch kein Bedarf, wenn man erkennt, dass man zum Prüfungspunkt der Unterbilanz nur gelangt, wenn der Freistellungsund Rückgriffsanspruchs nicht gem. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG vollwertig ist und in diesem Fall nach richtiger Anwendung des Bilanzrechts ohnehin bereits eine Rückstellung nach § 249 Abs. 1 S. 1 HGB gebildet werden muss, mithin sich auch eine Veränderung in der Bilanz zeigt, anhand derer die Unterbilanzprüfung vorgenommen werden kann. Im Ergebnis weicht die Herangehensweise des BGH allerdings nicht von der hier vertretenen Prüfung ab: Ob man den Verwertungsfall fingiert und auf der Aktivseite ein bestimmtes Vermögensgut ausbucht oder auf der Passivseite eine Rückstellung in Höhe der zu erwartenden Haftungssumme bildet, führt gleichermaßen dazu, dass das Aktivvermögen das Fremdkapital samt Rückstellungen und das Stammkapital nicht mehr deckt.12 Um zur kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit einer aufsteigenden Besicherung zu gelangen, muss also nicht stets im Zeitpunkt der Verpflichtung zur Bestellung ohne konkrete Zweifel feststehen, dass der Gesellschafter das besicherte Darlehen zurückzahlen können wird, damit ein vollwertiger Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs i.S.d. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG die Auszahlung rechtfertigt. Es genügt, dass die sicherungsgebende GmbH über ausreichendes, über das Stammkapital hinausgehendes Eigenkapital verfügt, das den Wert der Sicherheit – auch bei einer unterstellten Verwertung – vollständig abdeckt. Eine derartige Deckung muss prognostisch während der gesamten Laufzeit der Besicherung vorliegen, sodass der Geschäftsführer – ebenso wie er die voraussichtliche Bonitätsentwicklung des Gesellschafters bei Sicherheitenbestellung abzuschätzen hätte – auch die Prognose stellen kann, seine GmbH werde ohne (konkrete) Zweifel über hinreichend 9

Zum Fall der teilweisen Vollwertigkeit der Gegenleistungsansprüche sogleich unter Kapitel 1 § 2 „Teilweise Vollwertigkeit“ des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs, S. 276 ff. 10 BGHZ 214, 258 (265) = NZG 2017, 658 (660) – Rz. 20. 11 Dazu bereits Teil 1 Kapitel 2 § 4 B. I. 2. b) aa) Maßgeblichkeit bilanzieller Kriterien, S. 206 ff., gegen Becker, ZIP 2017, 1599 (1601). 12 Siehe hierzu die Vergleichsrechnung bei Verse, GmbHR 2018, 113 (119 f.).

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Teil 2, Kap. 1: Aufsteigende Sicherheitenbestellung und § 30 GmbHG

Eigenkapital verfügen.13 Ist nach dieser Prognose die Sicherheitenbestellung kapitalerhaltungsrechtlich zulässig, weil sie im Ansatz nicht das geschützte Kapital betrifft, so wird auch kein Kapitalerhaltungsverstoß dadurch begründet, dass später in unvorhersehbarer Weise eine Unterbilanz bei der sicherungsgebenden GmbH entsteht.14

§ 2 „Teilweise Vollwertigkeit“ des Freistellungsund Rückgriffsanspruchs Bestellt eine GmbH, bei der nur ein Kapitalerhaltungsverstoß vorliegt, wenn die Auszahlung zu einer Unterbilanz führt, aufsteigende Sicherheiten, so wird hier – im Gegensatz zur Sicherheitenbestellung einer AG mit ihrer umfassenden Kapitalbindung – auch die Frage relevant, wie es sich verhält, wenn der gegen den Gesellschafter gerichtete Freistellungs- und Rückgriffsanspruch nur teilweise vollwertig ist. Es geht um den Fall, dass die GmbH mit ihrer Sicherheit in die Haftung gerät, aber zum Teil Regress nehmen kann bzw. schon vorab von einem Teil der Sicherheit freigestellt wird. Denn möglicherweise führt der Teil, um den ihr Vermögen letztendlich verringert wird – im Gegensatz zur vollen Haftungssumme – nicht zu einer Unterbilanz. Einer Ansicht zufolge sind derartige Konstellationen bereits auf Ebene des § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG zu erfassen, sodass bei voraussichtlich teilweiser Befriedigung auch nur in Höhe des nicht von der voraussichtlichen Befriedigung erfassten Teils eine grundsätzlich verbotene Auszahlung vorliegt, die dann zu einer Unterbilanz führen müsse.15 Dies ergebe sich daraus, dass nach der für § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG maßgeblichen bilanziellen Betrachtungsweise Ansprüche bei zweifelhafter Bonität des Schuldners nicht immer mit Null, sondern mit ihrem handelsbilanziellen Wert anzusetzen seien.16 Nach der vorzugswürdigen Gegenansicht muss der Rückgewähranspruch im relevanten Zeitpunkt zu 100 % aktivierbar, die Solvenz des Gesellschafters also unzweifelhaft sein, um die Privilegierung des § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG zu

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Zutreffend Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 30 Rn. 35b f. BGHZ 214, 258 (265) = NZG 2017, 658 (660) – Rz. 20; Hommelhoff, in: Lutter/ Hommelhoff GmbHG, § 30 Rn. 36. 15 Blasche/König, GmbHR 2009, 897 (901); Diers, in: Saenger/Inhester GmbHG, § 30 Rn. 100; Ekkenga, in: MüKoGmbHG, § 30 Rn. 242; Habersack, in: UHL GmbHG, § 30 Rn. 103; Kramer, Kapitalerhaltung, S. 103 f.; Mülbert/Leuschner, NZG 2009, 281 (284); Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 91; Vetter, in: Goette/Habersack MoMiG, Rn. 4.51; Wilhelmi, WM 2009, 1917 (1922). 16 So Kramer, Kapitalerhaltung, S. 104; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 91. 14

§ 2 „Teilweise Vollwertigkeit“ des Freistellungs- u. Rückgriffsanspruchs

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erreichen.17 Argumentativ wird hierfür der Wortlaut (Voll- statt Teilwertigkeit) sowie eine Parallele zu § 19 Abs. 5 S. 1 GmbHG angeführt.18 Der ohnehin kapitalerhaltungsrechtlich bedenkliche Tausch von gebundenem Kapital gegen einen schuldrechtlichen Anspruch lasse sich nur rechtfertigen, wenn der Schuldner des Anspruchs uneingeschränkt solvent sei.19 Die zweite Ansicht bewährt sich im Fall der aufsteigenden Besicherung: Im Bestellungszeitpunkt existiert regelmäßig noch kein Freistellungs- und Rückgriffsanspruch, sodass dieser gar nicht bilanziell als Vermögenswert – sei es auch in herabgestufter Höhe – abgebildet werden darf (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 2 HGB). Es kann damit bzgl. seiner Vollwertigkeit nur eine „Alles oder Nichts“ Entscheidung geben, weil ein teilweises Ansetzen im Bestellungszeitpunkt bilanziell nicht geht.20 Aufgrund dieser besonderen Situation in der Sicherheitenbestellung ist der Freistellungs- und Rückgriffsanspruch als Gegenleistung zu dieser vielmehr immer dann ungeeignet, wenn der Haftungsfall bei der Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung nicht ohne konkrete Zweifel auszuschließen und daher eine Rückstellungsbildung erforderlich ist. Die dann grundsätzlich verbotene Sicherheitenbestellung muss anschließend noch zu einer Unterbilanz führen, wofür wiederum die Höhe der zu bildenden Rückstellung maßgeblich ist. Allenfalls hier kann ein teilweise aussichtsreicher Gegenanspruch berücksichtigt werden. Die Frage wird für aufsteigende Sicherheiten aber lediglich von untergeordneter Bedeutung sein, da mit dem Haftungsfall regelmäßig die Zahlungsunfähigkeit des Gesellschafters einhergeht. Dass man weit im Voraus, also bei Bestellung der Sicherheit, sicher absehen kann, dass ein Regress oder eine Freistellung in Höhe eines Teils der Haftungssumme möglich ist, wird wohl kaum vorkommen. Einzig denkbar ist eine solche Prognose, wenn der Regressanspruch der GmbH zum Teil werthaltig besichert ist. Dann ist eine Rückstellung für den Haftungsfall nur in einer um den gesicherten (Teil-)Rückgriff herabgesetzten Höhe zu bilden, die dann – im Gegensatz zum Ansatz der vollen Haftungssumme – möglicherweise nicht zur Unterbilanz führt, die Sicherheitenbestellung mithin kapitalerhaltungsrechtlich zulässig wäre. Liegt hingegen teilweise Vollwertigkeit in der Weise vor, dass von Anfang an feststeht, dass der Gesellschafter einen Teil der besicherten Verbindlichkeit erfüllen können wird, die GmbH aber für den anderen Teil mit der Sicherheit einzustehen hat, so liegt hierin allein – wie gezeigt – zwar keine (teilweise) Vollwertigkeit i.S.d. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG, jedoch kann diese hergestellt werden, wenn auch für den 17 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 114; ders., ZIP 2009, 49 (53); ders., NZG 2010, 401 (406); Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 Rn. 55; Gärtner, Cash Pooling, S. 402 f.; Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 30 Rn. 27; Spliedt, ZIP 2009, 149 (151 f.); Thiessen, in: Bork/Schäfer GmbHG, § 30 Rn. 77 ff. 18 Vgl. Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 114; ders., ZIP 2009, 49 (53); Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 30 Rn. 27; siehe auch die Gegenäußerung der Bundesregierung, Anlage 3 zur Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140 vom 25. 07. 2007, S. 76. 19 So Altmeppen, ZIP 2009, 49 (53). 20 A.A. Kramer, Kapitalerhaltung, S. 103 f.

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Teil 2, Kap. 1: Aufsteigende Sicherheitenbestellung und § 30 GmbHG

Teil, für den die GmbH in die Haftung geraten kann, der Regressanspruch werthaltig besichert wird. Dann liegt vollständige Vollwertigkeit des einheitlichen Gegenanspruchs vor, sodass eine Rückstellungsbildung ausscheidet, die Besicherung damit bereits nach § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG zulässig ist.21

§ 3 Die Bedeutung der limitation language Wegen des reduzierten Kapitalschutzes der GmbH wird bei ihnen als Sicherungsgeber die Vereinbarung von Verwertungsbeschränkungen mit dem Sicherungsnehmer (sog. limitation language) relevant. Hiernach steht dem Sicherungsgeber bei Personalsicherheiten ein Leistungsverweigerungsrecht zu, soweit durch die Zahlung an den Sicherungsnehmer eine Unterbilanz herbeigeführt werden würde. Im Fall von Realsicherheiten folgt aus der limitation language entweder ein schuldrechtlicher Unterlassungsanspruch gegen die Verwertung insgesamt oder ein Herausgabeanspruch auf den (teilweisen) Verwertungserlös, soweit es zum Ausgleich der Unterbilanz erforderlich ist.22 Ihre Vereinbarung entsprach in der Vergangenheit der regelmäßigen Kreditpraxis, um einen Kapitalerhaltungsverstoß durch die Sicherheitenverwertung effektiv abzuwenden und demnach auch eine Haftung des Geschäftsführers der sicherungsgebenden GmbH (§ 43 Abs. 3 GmbHG) zu verhindern.23 Nachdem der BGH neuerdings jedenfalls für dingliche Sicherheiten ausschließlich auf den Zeitpunkt der Bestellung abstellt, um zu bewerten, ob ein Kapitalerhaltungsverstoß vorliegt24, halten einige Autoren die Vereinbarung einer limitation language für überflüssig.25 Besteht für den besicherten Darlehensrückzahlungsanspruch kein konkretes Ausfallrisiko oder verfügt die sicherungsgebende GmbH ohnehin über freies Vermögen, das den Wert des Sicherungsguts übersteigt, so fehle es im maßgeblichen Zeitpunkt an den Tatbestandsvoraussetzungen der unzulässigen Auszahlung nach § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG.26 Da die limitation language nur die Sicherheitenverwertung beschränke, diese nach der neuen Rechtsprechung aber 21 Dazu bereits Teil 1 Kapitel 2 § 4 B. I. 4. Vollwertigkeit trotz wahrscheinlicher Inanspruchnahme der Sicherheit, S. 211 f. sowie allgemein Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 115. 22 Siehe nur Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 98. 23 Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 95; Kuntz, ZGR 2017, 917 (951): „faktisch verhindern“; zur Ausgestaltung siehe Bastuck, WM 2000, 1091 (1097 ff.). 24 BGHZ 213, 224 (230 f.) = NZG 2017, 344 (345) – Rz. 15 f.; BGHZ 214, 258 (262 ff.) = NZG 2017, 658 (659 f.) – Rz. 13 ff. 25 Freitag, WM 2017, 1633 (1634); Habersack, in: UHL GmbHG, § 30 Rn. 98; zuvor bereits Freitag, Der Konzern 2011, 330 (336); so jedenfalls für dingliche Sicherheiten, nicht hingegen für Personalsicherheiten Becker, ZIP 2017, 1599 (1606 ff.); Bormann, GmbHR 2017, 646 (647); Kuntz, ZGR 2017, 917 (951). Richtigerweise ist zwischen beiden nicht zu differenzieren, vgl. dazu Teil 1 Kapitel 2 § 3 B. III. 2. c) Unklarheiten für Personalsicherheiten, S. 186 f. 26 Becker, ZIP 2017, 1599 (1608).

§ 3 Die Bedeutung der limitation language

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keinen Verstoß mehr gegen § 30 GmbHG begründet, bestehe für sie keine Notwendigkeit mehr.27 Letztgenanntes Argument geht insofern fehl, dass es zwar nicht im Verwertungszeitpunkt, aber jedenfalls im Bestellungszeitpunkt darauf ankommt, ob die Sicherheitenbestellung das gebundene Kapital betrifft. Bedenkt man, dass bei absehbarem Verwertungsfall zu dieser Zeit bereits eine Rückstellung in Höhe der wahrscheinlichen Haftung gebildet werden muss, die dann zur Unterdeckung führen kann, so wird Letzteres durch die Vereinbarung einer limitation language dahingehend, dass durch die Verwertung kein Eingriff in das gebundene Vermögen erfolgen darf, bereits verhindert: Eine Rückstellung ist dann maximal in Höhe des freien Kapitals zu bilden.28 Bzgl. des ersten Arguments ist es zwar richtig, dass bei ausreichend verfügbarem freien Kapital oder einer unwahrscheinlichen Inanspruchnahme im Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung ein Kapitalerhaltungsverstoß und damit auch die Geschäftsleiterhaftung nach § 43 Abs. 3 GmbHG ausscheidet. Allerdings handelt es sich bei beiden Faktoren um Prognosen, die stets mit gewisser Unsicherheit behaftet sind. Um seiner Haftung bei nicht völlig eindeutigen Entscheidungen sicher zu entgehen, ist dem Geschäftsführer der besichernden GmbH daher weiter zur Aufnahme einer limitation language zum Schutz des gebundenen Kapitals zu raten.29 Dies gilt auch dann, wenn sein Pflichtenverstoß bereits darin liegt, dass er bei langfristiger Besicherung keine werthaltige Gegensicherheit gefordert hat und daher bei Verwertung der Sicherheit in das geschützte Kapital hinein nach § 43 Abs. 2

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So Bormann, GmbHR 2017, 646 (647). Heerma/Bergmann, ZIP 2017, 1261 (1263 f.); dies., ZIP 2017, 803 (806) stellen hingegen darauf ab, dass bei Vereinbarung einer limitation language entgegen der neuen Rechtsprechung des BGH der Auszahlungszeitpunkt nicht in der Bestellung der Sicherheit erkannt werden könne, da den übrigen Gläubigern der Zugriff auf das Stammkapital noch nicht entzogen werde. Dies geht fehl. Die limitation language ändert nichts daran, dass jedenfalls ab der Sicherheitenbestellung das betroffene Vermögen dinglich bereits entzogen ist und durch die limitation language allenfalls ein endgültiger Abfluss faktisch verhindert werden kann. Dies hängt aber davon ab, dass die sicherungsgebende GmbH die aus der limitation language stammende Einrede gegen die Verwertung tatsächlich geltend macht, der Sicherungsnehmer sie akzeptiert oder sich die GmbH rechtzeitig mit einer einstweiligen Verfügung gegen die Vollstreckung in ihr Vermögen wehrt. Ähnliche Unsicherheiten bestehen hinsichtlich der Rückzahlung des zur Deckung erforderlichen Verwertungsüberschusses. Die Position der übrigen Gläubiger ist also ab der wirksamen Verfügung über das Vermögen durch Sicherheitenbestellung trotz der limitation language erheblich geschwächt, zutreffend Kuntz, ZGR 2017, 917 (926 f.). 29 Ebenso Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 149 f.; Heerma/Bergmann, ZIP 2017, 1261 (1263); Kiefner/Bochum, NZG 2017, 1292 (1303); Längsfeld, WuB 2017, 454 (457); Séché/Theusinger, BB 2017, 1550 (1554); Verse, GmbHR 2018, 113 (122); Wilhelm/ Hoffmann, DB 2018, 1387 (1389, 1391). Die Aufnahme einer limitation language auch bei dinglichen Sicherheiten entspricht nach Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 96 damit auch nach den Urteilen des BGH aus 2017 der gängigen Praxis; kritisch Sutter, WM 2018, 360 (364). 28

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Teil 2, Kap. 2: Aufsteigende Sicherheiten im GmbH-Konzernrecht

GmbHG schadensersatzpflichtig wäre.30 Durch die limitation language lässt sich der Eingriff in das geschützte Kapital und damit der relevante Schaden, folglich auch die Schadensersatzpflicht des Geschäftsleiters, verhindern.31 Dennoch sollte bei allen Interessen der Geschäftsleiter der sicherungsgebenden GmbH nicht außer Acht gelassen werden, dass eine limitation language zu einer erheblichen Entwertung der Sicherheit führt: Betrachtet man bspw. Akquisitionsfinanzierungen, in denen die Rückzahlung des besicherten Darlehens durch die Erwerbsgesellschaft von den abgeführten Erträgen der sicherungsgebenden Zielgesellschaft abhängt, so wird der Sicherungsfall immer zusammen mit einer Unterdeckung der Zielgesellschaft eintreten, sodass die Sicherheit für die Kreditgeber wertlos ist.32 Ebenso kann die Feststellung, ob (genügend) freies Vermögen für die Sicherheitenverwertung vorhanden ist, durch Aufstellung einer Zwischenbilanz (ggf. unter Hinzuziehung eines Schiedsgutachters) erhebliche Zeit in Anspruch nehmen, nach deren Verstreichen möglicherweise bereits auch die Insolvenz der sicherungsgebenden GmbH im Raum steht.33 Bei unzweifelhafter Vollwertigkeitsprognose, insbesondere bei werthaltiger Besicherung des Rückgriffsanspruchs der GmbH gegen ihren Gesellschafter, entspricht es daher dem Interessenausgleich von Sicherungsgeber und -nehmer auf die Aufnahme einer limitation language zu verzichten. Kapitel 2

Aufsteigende Sicherheiten aus der Perspektive des GmbH-Konzernrechts § 1 Das Konzernrecht der GmbH A. Eine Bestandsaufnahme des GmbH-Konzernrechts Das GmbHG enthält keine eigenen Regelungen zum Konzernrecht. Da sie sich aufgrund ihrer Organisations- und Finanzverfassung eher noch als die AG zur Einbindung in einen Konzern eignet, ist sie dennoch häufig verbunden und damit

30 Zur Geltung des § 311 Abs. 1 AktG analog, aus dem die Notwendigkeit der Gegensicherheit folgt, sogleich unter Kapitel 2 § 1 C. Die analoge Anwendung der §§ 311, 317 AktG in der GmbH, S. 284 ff. 31 Ähnlich Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 149 f. 32 Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 99; ähnlich Bastuck, WM 2000, 1091 (1098): Kreditgeber treten mit ihrem Anspruch aus der Sicherheit hinter alle anderen Gläubiger zurück. 33 Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 100; Freitag, WM 2003, 805 (809).

§ 1 Das Konzernrecht der GmbH

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abhängig i.S.d. rechtsformneutralen §§ 15 ff. AktG.34 Sofern die abhängige GmbH durch einen Unternehmensvertrag mit dem herrschenden Unternehmen verbunden ist, finden nach nahezu einhelliger Auffassung die Vorschriften des aktienrechtlichen Vertragskonzernrechts (§§ 291 – 310 AktG) unter Beachtung jeweiligen strukturellen Abweichungen der GmbH von der AG entsprechende Anwendung.35 Die einleitenden Gedanken zur aufsteigenden Sicherheitenbestellung im Vertragskonzern, deren Zulässigkeit insbesondere von der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs (§ 302 Abs. 1 AktG) abhängt, gelten daher auch für die vertraglich konzernierte GmbH-Tochter. Das Recht der faktisch abhängigen GmbH war in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts maßgeblich bestimmt von der Rechtsprechung des qualifiziert faktischen Konzerns, zunächst im Sinne einer Durchgriffshaftung analog §§ 302, 303 AktG, anschließend als sog. Existenzvernichtungshaftung, die seit der TrihotelEntscheidung36 aus dem Jahr 2007 eine besondere Fallgruppe der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung gem. § 826 BGB sein soll.37 Ein Gesellschafter, der der GmbH planmäßig Gesellschaftsvermögen zum eigenen oder zum Vorteil eines Dritten entzieht und dadurch ihre Insolvenz herbeiführt, haftet danach der GmbH auf Schadensersatz – jedenfalls in Höhe eines Betrags, der zur Befriedigung der mittelbar geschädigten Gläubiger nötig ist.38 Wie im Fall einer „einfach“ faktisch konzernierten GmbH zu verfahren ist, in der ein herrschender Gesellschafter die GmbH zu nachteiligen Handlungen zu seinem Vorteil veranlasst, die jedoch nicht zwangsläufig die Insolvenz zur Folge haben, ist umstritten. Während eine Ansicht die §§ 311, 317 AktG analog auf die faktisch abhängige GmbH anwenden will39, lehnt die h.M. eine Analogie ab und bezieht sich 34

Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, Anh. § 13 Rn. 1; Beurskens, in: Baumbach/ Hueck GmbHG, Anh. GmbH-KonzernR Rn. 12; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Anh. § 318 Rn. 1. 35 BGHZ 105, 324 (330 ff.) = NJW 1989, 295 (297 f.) – Supermarkt; BGH NJW 1992, 1452 (1452) = GmbHR 1992, 253 (254); Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, Anh. § 13 Rn. 17; ders., in: MüKoAktG, Vor § 311 Rn. 78; Beurskens, in: Baumbach/Hueck GmbHG, Anh. GmbH-KonzernR Rn. 15, 94; Emmerich, in: Scholz GmbHG, Anh. § 13 Rn. 131; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Anh. § 318 Rn. 1; Liebscher, in: MüKoGmbHG, Anh. § 13 Rn. 640 („Leitbild der §§ 291 ff. AktG“); Kropff, in: FS Semler, S. 517 (518 ff.); Zöllner, ZGR 1992, 173 (174 ff.) jew. m.w.N.; die entsprechende Anwendung der §§ 291 ff. AktG insgesamt ablehnend Bitter, ZIP 2001, 265 (266 ff.); gegen die Übertragung der Grundsätze des Aktienkonzerns auch Schreiber, Konzernrechtsfreie Kontrolle, S. 102 ff. 36 BGHZ 173, 246 (255 ff.) = NJW 2007, 2689 (2691 f.) – Rz. 23 ff. (Trihotel); bestätigt durch BGHZ 176, 204 (209 ff.) = NJW 2008, 2437 (2438) – Rz. 10 ff. (Gamma); BGHZ 179, 344 (349 f.) = NJW 2009, 2127 (2129) – Rz. 16 (Sanitary). 37 Ausführlich zur Entwicklung der Rechtsprechung Altmeppen, in: MüKoAktG, Anh. § 317 Rn. 2 ff. 38 BGHZ 173, 246 (256 ff.) = NJW 2007, 2689 (2691 ff.) – Rz. 24 ff., insbes. auch Rz. 55 (Trihotel). 39 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, Anh. § 13 Rn. 152 f., 168 ff.; ders., in: MüKoAktG, Vor § 311 Rn. 80 f.; ders., Die Haftung des Managers im Konzern, S. 79 ff.; Kropff, in:

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Teil 2, Kap. 2: Aufsteigende Sicherheiten im GmbH-Konzernrecht

auf die Treuepflicht des Gesellschafters, die bei Schädigung der abhängigen GmbH verletzt sei und zur Haftung nach § 280 Abs. 1 BGB führe.40 Die Treuepflicht bzw. ein übergeordnetes Bestandsinteresse der GmbH soll auch bei Schädigung in der Einmann-GmbH zur Haftung führen.41 Losgelöst vom Konzerntatbestand wollen andere den Gesellschafter analog § 43 GmbHG als negotiorum gestor haften lassen, der sich an der organschaftlichen Leitung der GmbH beteiligt, insbesondere in Form der Ausübung seiner übergeordneten Geschäftsführungskompetenz aufgrund seiner Weisungsbefugnis gegenüber dem Geschäftsführer.42

B. Der unzureichende Schutz über § 826 BGB Einigkeit besteht jedenfalls insoweit, dass ein Schutz der abhängigen GmbH unterhalb des § 826 BGB ansetzen muss.43 Zwar lässt sich ein objektiver Sittenverstoß, der laut BGH in der Missachtung der Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens liegen soll44, im Fall der aufsteigenden Sicherheiten in der entzogenen Nutzungsmöglichkeit am Gegenstand selbst, einer durch die Besicherung beeinträchtigten Kreditfähigkeit der GmbH oder dem endgültigen Vermögensabfluss durch (objektiv vorhersehbare) Verwertung ausmachen.45 Jedoch muss sich im Fall FS Kastner, S. 279 (296 ff.); ders., in: FS Semler, S. 517 (536 ff.); Tröger/Dangelmayer, ZGR 2011, 558 (577 f.); J. Wilhelm, Kapitalgesellschaftsrecht, Rn. 1372 ff.; ähnlich Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, Anh. § 13 Rn. 15, 25, 41, der zwar ein strenges Schädigungsverbot und die Haftungsfolge des § 317 Abs. 3 AktG analog anerkennt, jedoch die Grundlage dessen immer noch in einer Treuepflicht des Gesellschafters sieht (Rn. 39, 41); dazu auch Hommelhoff, ZGR 2012, 535 (548). 40 Beurskens, in: Baumbach/Hueck GmbHG, Anh. GmbH-KonzernR Rn. 42 ff., 66; Casper, in: UHL GmbHG, Anh. § 77 Rn. 53 f., 88; Emmerich, in: Scholz GmbHG, Anh. § 13 Rn. 71 f., 85; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Anh. § 318 Rn. 24 ff., 30; Liebscher, in: MüKoGmbHG, Anh. § 13 Rn. 402 ff., 447 ff.; Tröger, Treuepflicht im Konzernrecht, S. 52 ff.; Wiedemann, GmbHR 2011, 1009 (1012) jew. m.w.N. 41 Casper, in: UHL GmbHG, Anh. § 77 Rn. 84; Emmerich, in: Scholz GmbHG, Anh. § 13 Rn. 68 (siehe aber dagegen Rn. 72, 90); dagegen Habersack, in: Emmerich/Habersack, Anh. § 318 Rn. 33; Liebscher, in: MüKoGmbHG, Anh. § 13 Rn. 405; Schnorbus, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG, Anh. § 52 Rn. 60. 42 Flume, Juristische Person, S. 88 f.; J. Wilhelm, Rechtsform und Haftung, S. 344 f.; ders., NJW 2003, 175 (178 f.); ähnlich K. Schmidt, ZIP 1988, 1497 (1506); Schön, ZHR 168 (2004), 268 (289 f.); im Ansatz ebenso, jedoch mit eingeschränktem Haftungsmaßstab Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 13 Rn. 123 ff.; ders., DB 2000, 657 (658 ff.); ders., ZIP 2001, 1837 (1843 ff.); ders., NJW 2002, 321 (323 f.); ders., ZIP 2002, 1553 (1562). 43 Vgl. Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, Anh. § 13 Rn. 168; Beurskens, in: Baumbach/Hueck GmbHG, Anh. GmbH-KonzernR Rn. 66 ff., 81 a.E.; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Anh. § 318 Rn. 3; Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, Anh. § 13 Rn. 24 ff.; Liebscher, in: MüKoGmbHG, Anh. § 13 Rn. 365, 447 ff. 44 BGHZ 151, 181 (186 f.) = NJW 2002, 3024 (3025) – KBV; BGHZ 173, 246 (252 f., 257 ff.) = NJW 2007, 2689 (2690, 2692) – Rz. 16, 18, 28 ff. (Trihotel); BGHZ 176, 204 (209 f.) = NJW 2008, 2437 (2438) – Rz. 10, 12 (Gamma). 45 Vgl. hierzu die gelungene Subsumtion bei Kramer, Kapitalerhaltung, S. 150 ff.

§ 1 Das Konzernrecht der GmbH

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des § 826 BGB der Vorsatz des Gesellschafters auch auf die Schadensverursachung richten46, sprich im Fall der Existenzvernichtungshaftung auf die Insolvenz der GmbH mit der Folge, dass unbefriedigte Gläubiger zurückbleiben. Dieser subjektive Tatbestand wird regelmäßig nicht zu beweisen sein, wenn die Gesellschafter darlegen, dass sie auf die reibungslose Durchführung ihres Finanzierungskonzepts, mithin auch die Nichtinanspruchnahme der Sicherheit, vertraut haben.47 Daher lässt sich regelmäßig nur von objektiven Umständen, wie einer überwiegend wahrscheinlichen Inanspruchnahme, für die bereits im Zeitpunkt der Weisung zur Bestellung konkrete Anhaltspunkte bestehen, darauf schließen, dass der herrschende Gesellschafter die Schadensfolge mindestens billigend in Kauf genommen hat.48 Hat der Gesellschafter hingegen eine Prüfung anhand der relevanten Finanzkennzahlen vorgenommen, diese aber unvollständig oder fehlerhaft durchgeführt, aber nach seinem Ergebnis darauf vertraut, dass es nicht zur Verwertung der Sicherheit kommen wird, so handelt er allenfalls fahrlässig49, sodass sich die Haftung aus § 826 BGB auf Extremfälle des unzulässigen Gesellschafterhandelns bei Sicherheitenbestellung beschränken wird.50 Das eigentliche Problem der Existenzvernichtungshaftung aus § 826 BGB liegt jedoch darin, dass der durch sie vermittelte Vermögensschutz erst an die Insolvenz der abhängigen GmbH anknüpft. Zwar wird zutreffend vorgebracht, dass im GmbHKonzernrecht Gläubigerschutz nur im Insolvenzfall relevant wird.51 Allerdings wird Gläubigerschutz immer – auch außerhalb des Konzernrechts – erst im Insolvenzfall relevant. Erst dann zeigt sich, ob die zur Befriedigung der Gläubiger reservierte Haftungsmasse, die die Grundlage der Existenz einer jeden Kapitalgesellschaft darstellt, ausreichend vorhanden ist oder durch unzulässige Eingriffe seitens der Gesellschafter geschmälert wurde. Selbst wenn Letzteres festzustellen ist, zeigt sich im Fall der aufsteigenden Sicherheiten schulmäßig, dass die Existenzvernichtungshaftung aus § 826 BGB keine wirksame Hilfe für ausgefallene Gläubiger mehr ist: Die abhängige Gesellschaft wird infolge einer unzulässigen Sicherheitenbestellung nur in die Insolvenz fallen, wenn diese verwertet wird. In dieser Situation ist aber auch im Regelfall der Gesellschafter als eigentlicher Rückzahlungsschuldner des besicherten Darlehens zahlungsunfähig. Ein gegen ihn gerichteter Anspruch aus § 826 BGB geht daher regelmäßig ins Leere. Wenn man zudem mit der h.M. eine Verantwortlichkeit des Geschäftsleiters des herrschenden Gesellschafters analog 46

Statt aller Wagner, in: MüKoBGB, § 826 Rn. 25 f. Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 47 Rn. 55; Verse, in: Hennsler/Strohn GesR, § 13 GmbHG Rn. 61; ähnlich Seibt, ZHR 171 (2007), 282 (309); Vetter, BB 2007, 1965 (1967). 48 Dazu insgesamt Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 47 Rn. 54 ff.; Kramer, Kapitalerhaltung, S. 162; Verse, in: Hennsler/Strohn GesR, § 13 GmbHG Rn. 61. 49 Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 47 Rn. 55 f. 50 Treffend daher Kramer, Kapitalerhaltung, S. 164: „nur ein Ventil für Extremfälle“; Tasma, Gläubigerschutz, S. 398: „ultima ratio-Instrument zum Schutz der Gläubiger“. 51 Altmeppen, in: MüKoAktG, Vor § 311 Rn. 79; ähnlich Hommelhoff, ZGR 2012, 535 (537). 47

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Teil 2, Kap. 2: Aufsteigende Sicherheiten im GmbH-Konzernrecht

§ 317 Abs. 3 AktG oder über § 830 Abs. 2 BGB ablehnt52, so stellt sich die Existenzvernichtungshaftung über § 826 BGB als stumpfes Schwert im Schutz gegen die Ausbeutung einer abhängigen GmbH durch Bestellung aufsteigender Sicherheiten heraus. Der immer erst im Insolvenzfall relevante Gläubigerschutz ist daher insbesondere im Fall der aufsteigenden Sicherheiten durch effektiven Schutz des Gesellschaftsvermögens zu Lebzeiten der abhängigen GmbH herzustellen. Der kapitalerhaltungsrechtliche Vermögensschutz nach §§ 30, 31 GmbHG ist dafür ebenso wenig ausreichend wie im Aktienrecht der von §§ 57, 62 AktG ausgehende Schutz, da erhebliche Risiken der Sicherheitenbestellung nicht erfasst werden. Es bedarf daher auch in der abhängigen GmbH eines konzernrechtlichen Vermögensschutzes im Stadium vor der Insolvenz und unterhalb der Schwelle des § 826 BGB.

C. Die analoge Anwendung der §§ 311, 317 AktG in der GmbH I. Die Übertragung des grundsätzlichen Pflichtenprogramms der §§ 311, 317 AktG Die analoge Anwendung der §§ 311, 317 AktG in der abhängigen GmbH vereint die Überlegungen der beiden weiteren Ansätze des Schutzes vor schädlicher Einflussnahme des Gesellschafters in sich und ist daher vorzugswürdig. Genauer: Es handelt sich bei den §§ 311, 317 AktG um eine gewöhnliche Verschuldenshaftung für (übergeordnete) Fremdgeschäftsführung53, die in der abhängigen GmbH aufgrund des Weisungsrechts der Gesellschafterversammlung erheblich leichter zu begründen ist als in der abhängigen AG, womit der Schutz der §§ 311, 317 AktG erst recht gefragt ist. Damit geht der Ansatz, eine Haftung für (übergeordnete) sorgfaltswidrige Geschäftsführung der Gesellschafter gem. § 43 GmbHG analog zu konstruieren54, in der Haftung nach §§ 311, 317 AktG analog auf. Bei Lichte betrachtet besteht auch inhaltlich kein Unterschied zur Haftung wegen Verletzung der Treuepflicht, aus der die h.M. ein Schädigungsverbot ableitet.55 Ein solches ist dem § 311 Abs. 1 AktG ausweislich seiner Historie und seines Normzweck immanent. Offensichtlich unnötig wird die Konstruktion einer Treuepflicht im Konzern, wenn sie mit der h.M.

52 Statt vieler Liebscher, in: MüKoGmbHG, Anh. § 13 Rn. 600 ff. m.w.N.; für analoge Anwendung des § 317 Abs. 3 AktG auf die Existenzvernichtungshaftung gem. § 826 BGB Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 13 Rn. 105; für Haftung des Konzerngeschäftsleiters unmittelbar aus § 826 BGB Tröger/Dangelmayer, ZGR 2011, 558 (578 f.). 53 Siehe nur Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, Anh. § 13 Rn. 169; dazu ausführlich bereits unter Teil 1 Kapitel 1 § 1 A. III. Stellungnahme, S. 72 ff. 54 Vgl. die Nachweise in Fn. 42. 55 Vgl. dazu die Nachweise in Fn. 40.

§ 1 Das Konzernrecht der GmbH

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inhaltlich mit dem Nachteilsbegriff des § 311 Abs. 1 bzw. insgesamt mit der zu §§ 311, 317 AktG entwickelten Dogmatik ausgefüllt werden soll.56 Sofern gegen die analoge Anwendung der §§ 311, 317 AktG in der abhängigen GmbH vorgebracht wird, dass für die GmbH keine Pflicht zur Erstellung eines Abhängigkeitsberichts als maßgebliches Durchsetzungsinstrument der Haftung bestehe57, so wird übersehen, dass dieser im isolierten Gewinnabführungsvertrag auch nicht angefertigt werden muss (§ 316 AktG), obgleich der Schutz durch §§ 311, 317 AktG selbstverständlich fortbesteht.58 Auch der Einwand, für die abhängige GmbH sei kein Privileg im Sinne eines zeitversetzten Nachteilsausgleichs (§ 311 Abs. 2 AktG) vorgesehen, ist kein taugliches Argument, ihr den Schutz durch §§ 311, 317 AktG analog zu versagen: Abgesehen davon, dass die Anwendung des gestreckten Nachteilsausgleichs einen begründungsbedürftigen Ausnahmefall darstellt59, privilegiert er das herrschende Unternehmen keineswegs. Es handelt sich nur um eine modifizierte Form der Umsetzung eines strengen Schädigungsverbots, das dem herrschenden Unternehmen über die allgemeinen Kapitalschutzvorschriften hinausgehende Restriktionen im Umgang mit der abhängigen Gesellschaft auferlegt. An diesem Schutz, der richtigerweise auch der abhängigen GmbH zugute kommen muss, ändert auch die Möglichkeit einer ausnahmsweise begrenzt zeitversetzten Nachteilskompensation gem. § 311 Abs. 2 AktG nichts.60 Wenn die h.M. die analoge Anwendung der §§ 311, 317 AktG auf die abhängige GmbH wegen der Strukturunterschiede beider Kapitalgesellschaftsformen gänzlich ablehnt61, zieht sie einen vorschnellen Schluss, der nicht nötig erscheint, wenn man die Rechtsfolgen der Haftung aus §§ 311, 317 AktG analog entsprechend den Besonderheiten der GmbH modifiziert.

56 Vgl. Emmerich, in: Scholz GmbHG, Anh. § 13 Rn. 73; Eschenbruch, Konzernhaftung, Rn. 3368; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Anh. § 318 Rn. 29; Liebscher, in: MüKoGmbHG, Anh. § 13 Rn. 418; Verse, in: Henssler/Strohn GesR, Anh. § 13 GmbHG Rn. 50. 57 Beurskens, in: Baumbach/Hueck GmbHG, Anh. GmbH-KonzernR Rn. 75; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Anh. § 318 Rn. 6; Hommelhoff, Die Konzernleitungspflicht, S. 253. 58 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, Anh. § 13 Rn. 168; ders., in: MüKoAktG, Vor § 311 Rn. 80; vgl. zur Anwendung der §§ 311, 317 AktG bei Bestehen eines isolierten Gewinnabführungsvertrags bereits Einführung § 3 A. IV. 2. Zum isolierten Gewinnabführungsvertrag, S. 62 f. 59 Vgl. dazu Teil 1 Kapitel 1 § 2 D. I. Zur Dogmatik des Nachteilsausgleichs, S. 153 ff. 60 Ähnlich Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, Anh. § 13 Rn. 168. 61 BGHZ 95, 330 (340) = NJW 1986, 188 (191) – Autokran; Habersack, in: Emmerich/ Habersack, Anh. § 318 Rn. 6; Hommelhoff, Die Konzernleitungspflicht, S. 253; Schnorbus, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG, Anh. § 52 Rn. 57.

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Teil 2, Kap. 2: Aufsteigende Sicherheiten im GmbH-Konzernrecht

II. Die notwendigen Modifikationen der §§ 311, 317 AktG in der abhängigen GmbH Erstens ist dem auf die Deckung des Stammkapitals beschränkten Vermögensschutz in der GmbH Rechnung zu tragen. Soweit die Gesellschafter in der GmbH freies Vermögen entnehmen können, dürfen sie dieses auch durch schädigende Maßnahmen in ihrer GmbH vernichten. Der Schutz durch die §§ 311, 317 AktG analog beschränkt sich also auf das im Rahmen der Kapitaldeckungspflicht Erforderliche.62 Infolgedessen ist die von §§ 311, 317 AktG analog geforderte Nachteilskompensation sowie der Schadensersatzanspruch im Falle der Nichtkompensation nur auf Wiederherstellung der Stammkapitaldeckung beschränkt.63 Es lässt sich hiergegen einwenden, dass die Beschränkung der Haftung auf die Stammkapitaldeckung dem herabgesetzten Gläubigerschutz entspreche, aber ein konzernrechtlicher Minderheitenschutz in der mehrgliedrigen GmbH, der auch der Schutzrichtung der §§ 311, 317 AktG (analog) entspricht, unberücksichtigt bleibt.64 Beruht eine veranlasste Leistung der abhängigen GmbH an den herrschenden Gesellschafter jedoch nicht auf einem Gesellschafterbeschluss, über den die Minderheit mitwirken konnte, so ist auch der über die Stammkapitaldeckung hinausgehende Teil der Leistung unzulässig gewährt worden und rückabzuwickeln65, sodass insoweit ein ausreichender Schutz von Minderheitsgesellschaftern gewährleistet wird. Zweitens gilt es, den Maßstab der Verzichtbarkeit der Ansprüche gegen den herrschenden Gesellschafter aus §§ 311, 317 AktG analog anzupassen.66 Grundsätzlich ist der Anspruch einer abhängigen AG aus §§ 311, 317 AktG gem. § 317 Abs. 4 i.V.m. § 309 Abs. 4 S. 3 und 4 AktG ihren Gläubigern gegenüber nicht disponibel. Der Verzicht auf einen Anspruch gegen den Vorstand der abhängigen AG aus § 93 Abs. 2 S. 1 AktG wirkt hingegen auch gegenüber den Gläubigern, sofern kein Pflichtenverstoß gem. § 93 Abs. 3 AktG vorlag oder die Geschäftsleiterpflichten gröblich verletzt wurden (§ 93 Abs. 5 S. 2 Hs. 1, S. 3 AktG). Ein Gleichlauf der Verzichtbarkeitsmaßstäbe von den Ansprüchen aus §§ 311, 317 und § 93 Abs. 2 S. 1 AktG ist in der AG nicht notwendig geboten, da dem herrschenden Unternehmen keine originäre Geschäftsführungskompetenz zusteht, seine Haftung mithin nicht parallel zu der des Vorstands der abhängigen AG ausgestaltet sein muss. Hingegen in der GmbH steht dem herrschenden Unternehmen über das Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung eine übergeordnete Geschäftsführungskompetenz kraft 62 Altmeppen, in: MüKoAktG, Vor § 311 Rn. 81; ders., in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 109. 63 Vgl. dazu, jedoch mit anderer Rechtsgrundlage, Assmann, JZ 1986, 928 (936); Stimpel, in: FS Goerdeler, S. 601 (614); Ulmer, AG 1986, 123 (129); ders., NJW 1986, 1579 (1584); Ziegler, WM 1989, 1041 (1042). 64 Ähnliche Einwände bei Kropff, in: FS Kastner, S. 279 (298). 65 Dazu unter Kapitel 3 § 3 Sicherheitenbestellung als verdeckte Gewinnausschüttung, S. 289 f. 66 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbH, Anh. § 13 Rn. 171.

§ 2 Übertragung der aufgestellten Grundsätze auf die GmbH

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Gesetzes zu.67 Da die Haftung des eigentlichen Geschäftsführers der GmbH bis zur Schwelle des § 43 Abs. 3 GmbHG disponibel ist, die Gläubiger also einen Haftungsverzicht unterhalb dieser Schwelle grundsätzlich hinzunehmen haben, kann nichts anderes für die Haftung aufgrund der vorgesehenen Geschäftsführung durch die Gesellschafter kraft ihres Weisungsrechts gelten. Es ist kein Schutz der GmbH um ihrer selbst Willen vor schädigenden Handlungen erforderlich68, sondern nur, soweit Gläubigerinteressen eine Verantwortlichkeit der handelnden Geschäftsleitungsorgane gebieten. Eben diese Schwelle sieht das GmbHG erst in der indisponiblen Geschäftsführerhaftung.69 Richtigerweise ist diese Schwelle jedoch nicht in § 43 Abs. 3 GmbHG, sondern in § 93 Abs. 5 S. 2 und 3 AktG analog zu erkennen. Den Ausschluss der Haftungsdisponibilität nur im Fall der gleichzeitigen Einlagenrückgewähr gem. § 30 GmbHG zu sehen (§ 43 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 GmbHG)70, greift zu kurz, da er im Ergebnis dazu führt, dass es in der Einmann-GmbH niemals zur Haftung selbst bei vorsätzlich sorgfaltswidriger Geschäftsführung kommt, sofern nur die Grenzen der Kapitalbindung und der Existenzvernichtung eingehalten werden. Vielmehr greift der unverzichtbare Gläubigerschutz bzgl. der Geschäftsleiterhaftung bereits, wenn diese ihre Pflicht zur sorgfältigen Geschäftsführung gröblich verletzen und ihre Haftung zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist (§ 93 Abs. 5 S. 2 und 3 AktG). Von einer Haftung wegen gröblich sorgfaltswidrigen Handelns soll sich niemand zulasten unbefriedigter Gläubiger befreien können, nur weil sein Handeln nicht gleichzeitig einen Kapitalerhaltungsverstoß begründet.71

§ 2 Übertragung der zum Aktienkonzernrecht aufgestellten Grundsätze der Sicherheitenbestellung auf die GmbH Infolge der analogen Anwendung der §§ 311, 317 AktG auf die abhängige GmbH gelten die zur AG erarbeiteten Grundsätze, wann die Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit nachteilig ist, entsprechend. Insbesondere ist das Risiko einer langfristigen Besicherung durch werthaltige Gegenbesicherung des Rückgriffsanspruchs auszugleichen. Ob der herrschende Gesellschafter bei seiner Veranlassung zur 67

Zur Herleitung vgl. statt aller Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 37 Rn. 3. Vgl. zu diesem Einwand Pentz, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG, § 13 Rn. 124. 69 Zur Argumentation Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 13 Rn. 124 ff. 70 So BGH NJW 2002, 3777 (3778) = DStR 2002, 2046 (2047 f.); BGH NJW 2010, 64 = NZG 2009, 1385 – Rz. 10; Beurskens, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 Rn. 100; Fleischer, BB 2011, 2435 (2436 ff.); Hasselbach, DB 2010, 2037 (2039); Paefgen, in: UHL GmbHG, § 43 Rn. 231; Schnorbus, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG, § 43 Rn. 102. 71 Ausführlich zur Übertragung der Maßstäbe des § 93 Abs. 5 AktG Altmeppen, in: Roth/ Altmeppen GmbHG, § 13 Rn. 123 ff.; § 43 Rn. 133; ders., DB 2000, 657 (658 ff.); ders., ZIP 2001, 1837 (1844 ff.); ders., NJW 2002, 321 (323 f.); zustimmend Burgard, ZIP 2002, 827 (839). 68

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Teil 2, Kap. 3: Weitere Zulässigkeitsschranken

nachteiligen Sicherheitenbestellung von seinem Weisungsrecht gegenüber dem Geschäftsführer Gebrauch macht oder diesem auf inoffiziellem Wege die Bestellung der Sicherheit nahelegt, ist für seine Haftung aus §§ 311, 317 AktG analog, sowie die seiner Geschäftsleiter (§§ 311, 317 Abs. 3 AktG analog), unerheblich. Ihre Haftung auf Schadensersatz ist jedoch begrenzt auf die Wiederherstellung der Stammkapitaldeckung. Sie können sich zudem durch Beschluss der Gesellschafterversammlung von ihrer Haftung auch mit Wirkung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern durch Verzicht befreien, sofern die Veranlassung zur Sicherheitenbestellung nicht auch einen Kapitalerhaltungsverstoß begründet hat oder als gröblich sorgfaltswidrige Geschäftsleitung zu klassifizieren ist. Letzteres wird man jedoch annehmen dürfen, wenn langfristige aufsteigende Sicherheiten ohne werthaltige Gegensicherheit bestellt werden, ohne dass damit erhebliche (ggf. nicht bezifferbare) Vorteile für die abhängige Gesellschaft einhergehen: Der Nachteil einer risikobehafteten Belastung von Gesellschaftsvermögen über einen prognostizierbaren Zeitraum hinaus und ohne werthaltigen Ausgleich drängt sich einem sorgfältig handelnden Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft geradezu auf. Kapitel 3

Weitere Zulässigkeitsschranken der aufsteigenden Besicherung einer abhängigen GmbH § 1 Zivilrechtliche Wirksamkeit und Treuepflichten Zieht man sonstige Schranken der aufsteigenden Besicherungen einer abhängigen GmbH in Betracht, so gelten die oben ausgeführten zivilrechtlichen Unwirksamkeitsgründe72, insbesondere die Unwirksamkeit der Sicherheitenbestellung gegenüber der Bank bei evidentem Missbrauch der Vertretungsmacht des handelnden Geschäftsführers, ebenso. Zwar haben Treuepflichten in der GmbH nochmal einen gegenüber der Situation in der AG gesteigerten Stellenwert, allerdings konkretisiert sich die Treuepflicht des herrschenden Gesellschafters bei der Anweisung zur Sicherheitenbestellung in der analogen Anwendung der §§ 311, 317 AktG, die keinen Bedarf für eine darüber hinausgehende Haftung wegen Treuepflichtverletzung belassen.

72 Vgl. Teil 1 Kapitel 3 § 1 Wirksamkeit der Sicherheitenbestellung nach dem allgemeinen Zivilrecht, S. 231 ff.

§ 3 Sicherheitenbestellung als verdeckte Gewinnausschüttung

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§ 2 Kreditgewährung aus Gesellschaftsvermögen (§ 43a GmbHG) Möglicherweise könnten aufsteigende Sicherheiten als Kredit an Geschäftsführer oder sonstige Vertreter gem. § 43a S. 1 GmbHG unzulässig sein, wenn sie aus gebundenem Kapital erfolgen. Zwar ist der Begriff des Kredits in § 43a GmbHG weit zu verstehen, sodass auch Sicherheitenbestellungen erfasst werden.73 Allerdings scheidet eine analoge Anwendung auf Gesellschafter als Leistungsempfänger aus.74 Ein grundsätzliches Verbot der Kreditleistung in der Zone der Unterdeckung ist jedenfalls unvereinbar mit der durch das MoMiG eingeführten Regelung des § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG, die gerade eine Kreditgewährung bei vollwertigem Rückzahlungsanspruch auch bei fehlender Stammkapitaldeckung zulässt.75

§ 3 Sicherheitenbestellung als verdeckte Gewinnausschüttung In der AG ist jede Leistung an einen Aktionär außerhalb der Auszahlung des ordnungsgemäß festgestellten Bilanzgewinns gem. § 57 Abs. 1 und 3 AktG unzulässig und nach § 62 Abs. 1 S. 1 AktG zurückzugewähren, sofern sie nicht nach § 57 Abs. 1 S. 3 AktG zulässig ist. In der GmbH sind Leistungen an die Gesellschafter jedoch auch außerhalb der Ausschüttung des Bilanzgewinns nicht verboten, sofern sie aus freiem Kapital erbracht werden können (§ 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG). Erhält der Gesellschafter jedoch durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste (verdeckte) Zuwendungen, so liegt auch oberhalb der Kapitalerhaltungsgrenze darin ein Verstoß gegen die verbandsinterne Kompetenzordnung, wenn sie ohne Gesellschafterbeschluss (§§ 29, 46 Nr. 1 GmbHG) erfolgen.76 Ausreichend soll aber auch das Einverständnis sämtlicher Gesellschafter außerhalb der Gesellschafterversammlung sein.77 Umstritten ist, wie 73 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 43a Rn. 2; Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 103; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 43a Rn. 7. 74 So aber U. H. Schneider, in: Scholz GmbHG, § 43a Rn. 63; ders., in: FS Döllerer, S. 537 (548 ff.). 75 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 43a Rn. 7; Bayer/Lieder, ZGR 2005, 133 (135 ff.); Beurskens, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43a Rn. 8; Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 104; Löwisch, in: MüKoGmbHG, § 43a Rn. 47; Vetter, in: Goette/ Habersack MoMiG, Rn. 4.97; siehe auch bereits BGHZ 157, 72 (74) = NJW 2004, 1111 („November-Urteil“). 76 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 29 Rn. 53 f.; Ekkenga, in: MüKoGmbHG, § 29 Rn. 264; Verse, in: Scholz GmbHG, § 29 Rn. 119; gegen einen Verstoß gegen die Kompetenzordnung Pentz, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG, § 29 Rn. 164. 77 Kersting, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 29 Rn. 75; Verse, in: Scholz GmbHG, § 29 Rn. 119.

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Teil 2, Kap. 3: Weitere Zulässigkeitsschranken

nun mit Leistungen an den (Mehrheits-)Gesellschafter umzugehen ist, denen kein derartiger Beschluss der Gesellschafterversammlung zugrunde liegt. Während einige fordern, der Gesellschafter habe das Empfangene nach Bereicherungsrecht zurückzugewähren, da das der Leistung zugrunde liegende Kausalgeschäft wegen des Kompetenzverstoßes zumindest schwebend unwirksam sei78, kommen andere zur selben Rechtsfolge, indem sie annehmen, das Kausalgeschäft sei wegen evidenten Missbrauchs der Vertretungsmacht des handelnden Geschäftsführers unwirksam.79 Beide Ansichten sind abzulehnen: Gegen die erste Ansicht spricht, dass selbst Leistungen, die gegen den absoluten Kapitalschutz für die Gesellschaftsgläubiger (§ 30 GmbHG) verstoßen, nicht unwirksam, sondern nach § 31 GmbHG herauszugeben, ggf. aber nur an angemessene Konditionen anzupassen sind.80 Die zweite Ansicht offenbart ihre Schwächen, wenn es nicht um Leistungen an den Gesellschafter direkt, sondern – wie auch im Fall der aufsteigenden Sicherheiten – um Direktleistungen an Dritte geht, die nur mittelbar dem Gesellschafter zugute kommen. Die betroffenen Rechtsgeschäfte werden nur zwischen der Gesellschaft und dem Dritten abgeschlossen, wobei sich diesem – im Gegensatz zu einem an einer mehrgliedrigen GmbH beteiligten Gesellschafter – nicht unbedingt aufdrängen muss, dass es um eine verdeckte Gewinnausschüttung, die ohne Zustimmung der übrigen Gesellschafter erfolgt, geht und der Geschäftsführer daher seine Kompetenzen im Innenverhältnis überschreitet. Richtigerweise ist eine verdeckte Gewinnausschüttung ohne Gesellschafterbeschluss daher mit einer dritten Ansicht über § 31 Abs. 1 GmbHG analog zu lösen.81 Das Vermögen in der mehrgliedrigen GmbH ist zum Schutze der übrigen Gesellschafter auch jenseits der dem Gläubigerschutz gewidmeten Masse vor Entnahmen geschützt. Damit ist auch das i.S.d. § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG freie Vermögen solange gebunden, bis ein Gesellschafterbeschluss (bzw. einhellige Zustimmung derselben) die Vermögensbindung in diesem disponiblen Bereich aufhebt.82 Dass und in welcher Form Gesellschafter Leistungen, die sie entgegen der Vermögensbindung von der Gesellschaft empfangen haben, zurückgewähren müssen, ergibt sich aus § 31 Abs. 1 GmbHG, der in der hier betrof78 Kersting, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 29 Rn. 76; Strohn, in: Hennsler/Strohn GesR, § 29 GmbHG Rn. 68; Verse, in: Scholz GmbHG, § 29 Rn. 125; i.E. ähnlich Ekkenga, in: MüKoGmbHG, § 29 Rn. 268: condictio indebiti wegen Leistung auf ein wirksames Kausalgeschäft, dem ein Erfüllungshindernis im Wege steht. 79 Müller, in: UHL GmbHG, § 29 Rn. 169; Pentz, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG, § 29 Rn. 164, 168, der zudem eine Rückerstattung als Schadensersatz infolge einer schuldhaften Treuepflichtverletzung in Betracht zieht; Schulze-Osterloh, in: FS Stimpel, S. 487 (492 f.). 80 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 29 Rn. 63, 66 f.; dazu bereits Teil 1 Kapitel 3 § 1 A. Kapitalerhaltungsverletzung als Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot i.S.d. § 134 BGB, S. 231 ff. 81 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 29 Rn. 67; Flume, Juristische Person, S. 294 f.; Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 29 Rn. 54; Winter, ZHR 148 (1984), 579 (589 f.). 82 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 29 Rn. 62 f.; J. Wilhelm, in: FS Flume II, S. 337 (374 f.).

§ 3 Sicherheitenbestellung als verdeckte Gewinnausschüttung

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fenen Fallgruppe des zugunsten der Gesellschaftergesamtheit gebundenen Vermögens analog anzuwenden ist. Bestellt die GmbH zugunsten ihres Mehrheitsgesellschafters eine aufsteigende Sicherheit, so stellt sie für diesen einen Sondervorteil dar, ganz unabhängig davon, ob sie kapitalerhaltungsrechtlich zulässig ist, weil ihr ein vollwertiger Freistellungs- und Rückgriffsanspruch gegenübersteht oder ihre (drohende) Verwertung aus freiem Vermögen aufgebracht werden kann. Dieser Sondervorteil verletzt das Mitgliedschaftsrecht der Minderheitsgesellschafter, sofern über die Sicherheitenbestellung kein Gesellschafterbeschluss gefasst worden ist oder die übrigen Gesellschafter ihr in sonstiger Weise einhellig zugestimmt haben. Eine ohne diese Zustimmung bestellte Sicherheit zugunsten des Mehrheitsgesellschafters hat dieser gem. § 31 Abs. 1 GmbHG analog durch Freistellung der GmbH von der Sicherheit herauszugeben oder im Falle der Vollstreckung Wertersatz zu leisten. Da es hier um das zugunsten der Gesellschaftergesamtheit gebundene Gesellschaftsvermögen geht, ist der Anspruch freilich nicht auf die Wiederherstellung der Stammkapitaldeckung beschränkt. Die Problematik um die Rückgewähr der als verdeckte Gewinnausschüttung empfangenen Sicherheit entfällt selbstverständlich vollständig in der EinmannGmbH. Kapitel 4

Der zweigliedrige Vermögensschutz in der abhängigen GmbH Auch die abhängige GmbH ist vor nachteiligen Einwirkungen ihres herrschenden Gesellschafters sowohl durch die Kapitalerhaltung als auch durch das durch §§ 311, 317 AktG analog statuierte GmbH-Konzernrecht geschützt. Die Kapitalerhaltung verbietet die Bestellung aufsteigender Sicherheiten, wenn im Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung bereits eine Rückstellung für die sich abzeichnende Verwertung gebildet werden muss und dies zu einer Unterdeckung führen würde. Der konzernrechtliche Schutz über §§ 311, 317 AktG analog greift früher und fordert, auch für die abhängige GmbH, grundsätzlich das Risiko langfristiger Besicherungen durch werthaltige Gegenbesicherung des Rückgriffsanspruchs auszugleichen sowie Finanzierungsnachteile infolge der Vermögensbelastung im Wege der gesteigerten Anforderungen an die Avalprovision zu kompensieren. Verstoßen der herrschende Gesellschafter bzw. die handelnden Geschäftsleiter gegen diese Grundsätze, gilt es, bei ihrer Haftung einigen GmbHrechtlichen Besonderheiten Rechnung zu tragen:

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Teil 2, Kap. 4: Der Vermögensschutz in der abhängigen GmbH

§ 1 Die Haftung des herrschenden Gesellschafters A. Die Erstattungspflicht nach § 31 Abs. 1 GmbHG Eine aufsteigende Sicherheit, die weder nach § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG zulässig ist, noch bzgl. ihrer sich abzeichnenden Verwertung aus freiem Vermögen erbracht werden kann, ist vom Gesellschafter durch Freistellung der GmbH gegenüber den Sicherungsnehmern herauszugeben. Nach der Verwertung ist der Anspruch auf Wertersatz nach den zu § 62 Abs. 1 S. 1 AktG ausgeführten Grundsätzen gerichtet.83 Angesichts des nur bis zur Deckungsgrenze des Stammkapitals geschützten Vermögens der GmbH stellt sich die Frage, ob sich der Anspruch aus § 31 Abs. 1 GmbHG darauf beschränkt, der abhängigen GmbH nur das Vermögen zu erstatten, das zur Wiederherstellung der Stammkapitaldeckung erforderlich ist. Eine derartige Haftungshöchstgrenze ist dem Wortlaut des § 31 Abs. 1 GmbHG jedoch nicht zu entnehmen und daher abzulehnen.84 Zu beachten ist allerdings, dass die Rückstellungen für die wegen sich abzeichnender Verwertung eigentlich verbotene Sicherheit möglicherweise zum Teil aus freiem Vermögen gebildet werden können. Hat die GmbH z. B. wegen eines Haftungsrisikos aus der Sicherheit von 100.000 E Rückstellungen in dieser Höhe zu bilden, jedoch 50.000 E freies Vermögen bis zur Deckungsgrenze verfügbar, so besteht eine nach § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG verbotene Leistung an den Gesellschafter nur in Höhe von 50.000 E. Auf diesen Teil ist die Rückabwicklung nach § 31 Abs. 1 GmbHG gerichtet, sodass Wertersatz nach Verwertung auch nur in dieser Höhe gefordert werden kann.85 Verlangt die abhängige GmbH vor der Verwertung Freistellung von der Sicherheit, so ist sie vom Gesellschafter insoweit freizustellen, dass ihre maximale Haftung gegenüber den Kreditgebern noch aus dem bei Sicherheitenbestellung vorhandenen freien Vermögen geleistet werden kann. Auf den einmal entstandenen Erstattungsanspruch aus § 31 Abs. 1 GmbHG hat es keine Auswirkungen, wenn im Nachgang der Sicherheitenbestellung die Stammkapitaldeckung auf sonstige Weise, sei es durch Gewinne, Auflösung von Rückstellungen etc., wiederhergestellt wird.86 Dies liegt erstens an der funktionellen 83

Vgl. unter Teil 1 Kapitel 4 § 2 A. II. 2. Anspruchsinhalt nach der Sicherheitenverwertung, S. 257 f. 84 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 31 Rn. 10; Ekkenga, in: MüKoGmbHG, § 31 Rn. 9; Habersack, in: UHL GmbHG, § 31 Rn. 22 jew. m.w.N.; siehe auch BGHZ 60, 324 (331) = NJW 1973, 1036 (1038). 85 Siehe nur Ekkenga, in: MüKoGmbHG, § 31 Rn. 8; Habersack, in: UHL GmbHG, § 31 Rn. 22. 86 BGHZ 144, 336 (342) = NJW 2000, 2577 (2578) – Balsam/Procedo; bestätigt durch BGH NJW 2003, 3629 (3631) = NZG 2003, 1116 (1117); BGHZ 193, 96 (104 f.) = NZG 2012, 667 (670) – Rz. 28 ff.; Benecke, ZIP 2000, 1969 (1972 ff.); Habersack, in: UHL GmbHG, § 31 Rn. 29; Thümmel, BB 2000, 1485 (1486); Verse, in: Scholz GmbHG, § 31 Rn. 25 jew. m.w.N.

§ 1 Die Haftung des herrschenden Gesellschafters

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Vergleichbarkeit des Erstattungsanspruchs mit dem Einlagenanspruch, der auch unabhängig davon besteht, ob das Stammkapital bereits in anderer Weise erreicht wurde. Zweitens würde eine Verwertung des Erstattungsanspruchs durch Abtretung für die GmbH unmöglich werden, wenn die zessionsgegenständliche Forderung jederzeit durch Schwankungen in der Stammkapitaldeckung erlöschen könnte.87 Zudem bestünde andernfalls ein Anreiz dazu, die Bilanzpolitik vorwiegend mit dem Ziel zu gestalten, den Erstattungsanspruch infolge einer wieder bestehenden Stammkapitaldeckung entfallen zu lassen.88 Allerdings ist die Aufrechterhaltung des Erstattungsanspruchs jenseits der Unterdeckung nicht mehr mit dem Gläubigerschutz, der in der GmbH nur hinsichtlich der Deckung des Stammkapitals besteht, zu rechtfertigen, sodass der (fortbestehende) Anspruch aus § 31 Abs. 1 GmbHG entgegen § 31 Abs. 4 GmbHG zur Disposition der Gesellschafter steht.89 Auch wenn die Sicherheitenbestellung von Anfang an die Stammkapitaldeckung nicht tangierte, stellt sie in der mehrgliedrigen GmbH einen unzulässigen Sondervorteil an den herrschenden Gesellschafter dar, der nach § 31 Abs. 1 GmbHG analog in das der Gesellschaftergesamtheit zustehende Vermögen der GmbH zu erstatten ist, sofern der Bestellung kein Beschluss der Gesellschafterversammlung oder jedenfalls das Einverständnis aller Gesellschafter zugrunde liegt.

B. Die Schadensersatzhaftung nach §§ 311, 317 Abs. 1 S. 1 AktG analog Stellt sich die Bestellung der aufsteigenden Sicherheit als ein für die abhängige GmbH nachteiliges Rechtsgeschäft dar, insbesondere wenn es bei langfristiger Besicherung an einer werthaltigen Gegensicherheit für den Rückgriffsanspruch fehlt, so ist der herrschende Gesellschafter nach §§ 311, 317 Abs. 1 S. 1 AktG analog schadensersatzpflichtig.90 Der primär nach der Verwertung relevante Schadensersatzanspruch umfasst zwar auch Verwertungsfolgeschäden sowie den Ausgleich sonstiger durch die Vermögensbelastung entstandener Nachteile der abhängigen GmbH. Jedoch ist er der Höhe nach auf die Wiederherstellung der Stammkapitaldeckung beschränkt. Dennoch stellt er eine wirkungsvolle Ergänzung des Vermögensschutzes durch Kapitalerhaltung dar: Erstens erfasst er tatbestandlich nachtei87 BGHZ 144, 336 (342) = NJW 2000, 2577 (2578) – Balsam/Procedo unter Verweis auf die Argumentation bei Hommelhoff, in: FS Kellermann, S. 165 (167 ff.); kritisch zu dieser Begründung Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 31 Rn. 13 ff.; ders., ZIP 2015, 1657 (1660 f.). 88 So Habersack, in: UHL GmbHG, § 31 Rn. 29; Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 31 Rn. 12. 89 Insoweit richtigerweise korrigierend Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 31 Rn. 15, 30. 90 Zum Inhalt des Schadensersatzanspruchs vor und nach Verwertung, vgl. Teil 1 Kapitel 4 § 2 A. I. Schadensersatzhaftung gem. §§ 311, 317 AktG, S. 255 f.

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Teil 2, Kap. 4: Der Vermögensschutz in der abhängigen GmbH

lige Auswirkungen, die durch die Kapitalerhaltung, die sich an bilanziellen Grundsätzen orientiert, gar nicht abgebildet werden können. Somit bestehen – unabhängig von der Haftungshöhe – jedenfalls bereits mehr Anknüpfungspunkte, um überhaupt eine Haftung des herrschenden Gesellschafters zu begründen. Zweitens gelangt man über die Haftung des herrschenden Gesellschafters aus §§ 311, 317 Abs. 1 S. 1 AktG analog auch zur inhaltsgleichen Haftung seiner Geschäftsleiter gem. § 317 Abs. 3 AktG analog. Diese ist im Fall der verwerteten aufsteigenden Sicherheit der entscheidende Anknüpfungspunkt, um der abhängigen GmbH Ersatz zu leisten, da die gegen den Gesellschafter selbst gerichteten Ansprüche regelmäßig nicht mehr werthaltig sein werden, nachdem er bereits die gesicherte Forderung nicht begleichen konnte.

§ 2 Die Haftung der Geschäftsführer der abhängigen GmbH A. Die Haftung nach § 43 Abs. 3 S. 1 GmbHG Entsprechend dem zu § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG Ausgeführten haftet der Geschäftsführer nach § 43 Abs. 3 S. 1 GmbHG verschärft, wenn bei der Verpflichtung zur Bestellung der aufsteigenden Sicherheit bereits feststeht, dass diese wegen notwendiger Rückstellungsbildung, die nicht aus freiem Vermögen erfolgen kann, kapitalerhaltungsrechtlich unzulässig ist. Verschärft ist die Haftung deswegen, weil erstens ein Schaden in Höhe der verbotenen Auszahlung vermutet wird und der Geschäftsleiter die Beweislast trägt, dass der durch sie entstandene Fehlbetrag endgültig in das Gesellschaftsvermögen zurückgelangt ist91, und zweitens § 43 Abs. 3 S. 2 GmbHG die Unverzichtbarkeit der Haftung festlegt.92 Da die Haftung des Geschäftsführers wieder erst nach Verwertung der Sicherheit relevant werden wird, hat er dann Wertersatz für den Vermögensabfluss zu leisten und zwar auch über die Wiederherstellung der Stammkapitaldeckung hinaus. Auch Folgeschäden der Verwertung hat er zu ersetzen, auch wenn für diese richtigerweise nicht der besondere Schadensbegriff des § 43 Abs. 3 S. 1 GmbHG gilt, durch den in Höhe der Auszahlung ein Schaden vermutet wird.93 91 Beurskens, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 Rn. 90; Paefgen, in: UHL GmbHG, § 43 Rn. 269, 271; Ziemons, in: MHLS GmbHG, § 43 Rn. 510 jew. m.w.N. 92 Siehe nur Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 43 Rn. 121, 128; Fleischer, in: MüKoGmbHG, § 43 Rn. 295; Paefgen, in: UHL GmbHG § 43 Rn. 272; zu den Ausnahmen bei Verzicht oder Vergleich durch den Insolvenzverwalter Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 9b Rn. 4. 93 So ist es zu verstehen, wenn einige Autoren meinen, über den Auszahlungsschaden hinausgehende Schäden seien über § 43 Abs. 2 und nicht nach § 43 Abs. 3 S. 1 GmbHG zu ersetzen, vgl. Beurskens, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 Rn. 90; Buck-Heeb, in: Gehrlein/ Born/Simon GmbHG, § 43 Rn. 98; Fleischer, in: MüKoGmbHG, § 43 Rn. 294; Paefgen, in: UHL GmbHG, § 43 Rn. 270.

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Wurde der Geschäftsleiter von der Gesellschafterversammlung zur Sicherheitenbestellung entgegen § 30 GmbHG angewiesen, ändert dies nichts an seiner Ersatzpflicht, wie sich bereits aus § 43 Abs. 3 S. 3 GmbHG ergibt. Ein hierauf gerichteter Gesellschafterbeschluss wird ohnehin in der Regel nichtig sein (§ 241 Nr. 3 AktG analog).94

B. Die Haftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG Liegt in der maßgeblichen Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung zwar kein Kapitalerhaltungsverstoß, könnte sie gem. § 311 Abs. 1 AktG analog nachteilig sein, wovon insbesondere bei der Besicherung von betriebsnotwendigem Vermögen sowie bei langfristiger Besicherung ohne werthaltige Gegensicherheit auszugehen ist. Der herrschende Gesellschafter haftet dann gem. §§ 311, 317 Abs. 1 S. 1 AktG analog (gesamtschuldnerisch mit seinen Geschäftsleitern, § 317 Abs. 3 AktG analog), weil ein derartiges Vorgehen in der Regel95 nicht mehr mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer unabhängigen Gesellschaft zu vereinbaren ist (§ 317 Abs. 2 AktG analog). Sorgfaltswidrig ist dann auch das Handeln des Geschäftsführers der besichernden GmbH, der folglich nach § 43 Abs. 2 GmbHG in die Haftung gerät. Seine Haftung, die sich nach der Verwertung der Sicherheit sowohl auf Wertersatz für den erlittenen Vermögensabfluss als auch auf Verwertungsfolgeschäden erstreckt, ist jedoch nicht auf die Wiederherstellung der Stammkapitaldeckung beschränkt.96 Basiert die Sicherheitenbestellung auf einer dahingehenden Weisung der Gesellschafterversammlung, scheidet eine Haftung des Geschäftsführers in der hier beschriebenen Fallgruppe, in der nicht zugleich ein Verstoß gegen § 30 GmbHG vorliegt, grundsätzlich aus.97 In der mehrgliedrigen GmbH ist zu beachten, dass eine Weisung allein durch den Mehrheitsgesellschafter ohne förmlichen Gesellschafterbeschluss für eine haftungsausschließende Weisung nicht ausreicht. Allerdings ist selbst bei einem formell rechtmäßigen Beschluss der Gesellschafterversammlung zu beachten, dass dieser wegen Stimmrechtsmissbrauchs des Mehrheitsgesellschafters, der mit der Bestellung aufsteigender Sicherheiten einen Sondervorteil an sich selbst verfolgt, fehlerhaft und anfechtbar ist (243 Abs. 2 AktG analog).98 Ein solcher muss 94

Zutreffend Fleischer, in: MüKoGmbHG, § 43 Rn. 278, 296; siehe auch Paefgen, in: UHL GmbHG, § 43 Rn. 272; U. H. Schneider, in: Scholz GmbHG, § 43 Rn. 124. 95 Zu den Ausnahmen, wann die Übernahme eines solchen Risikos ausnahmsweise doch ordnungsgemäße Geschäftsführung sein kann Teil 1 Kapitel 1 § 2 E. III. Die Exkulpation im Fall der nachteiligen Sicherheitenbestellung, S. 158 ff. 96 Vgl. nur Paefgen, in: UHL GmbHG, § 43 Rn. 178, 181. 97 Vgl. Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 43 Rn. 122; Beurskens, in: Baumbach/ Hueck GmbHG, § 43 Rn. 16; Paefgen, in: UHL GmbHG, § 43 Rn. 214 jew. m.w.N. 98 Dazu Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 37 Rn. 10; § 47 Rn. 82; Flume, Juristische Person, S. 213.

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vom Geschäftsführer jedenfalls vor Ablauf der Anfechtungsfrist nicht beachtet werden, wenn der Geschäftsführer die Unrechtmäßigkeit erkennen und die (baldige) Anfechtung annehmen konnte, wovon bei offensichtlicher Vorteilsgewährung nur an den Mehrheitsgesellschafter auszugehen ist.99 Bei Meidung seiner eigenen Haftung infolge einer für die GmbH nachteiligen Sicherheitenbestellung sollte er in dieser Situation die Weisung hierzu nicht ausführen.100 Sie ist kein Garant für seine Haftungsfreiheit. Grundsätzlich ist die einfache Geschäftsführerhaftung des § 43 Abs. 2 GmbHG disponibel (arg. ex. § 43 Abs. 3 S. 2, 3 GmbHG). Danach könnte die Gesellschafterversammlung, mithin unter maßgeblicher Mitwirkung des Mehrheitsgesellschafters, auf die Haftung des Geschäftsleiters verzichten, auch wenn sich die GmbH bereits in der Zone der Unterdeckung befindet und die Durchsetzung der Geschäftsführerhaftung zur Gläubigerbefriedigung notwendig ist.101 Dass hiermit ein Verzicht allein auf Kosten der Gläubiger erklärt werden kann, auch wenn die Geschäftsführer in grob sorgfaltswidriger Weise der GmbH Schaden zufügen, sie also nur in unverzichtbarer Weise haften, wenn ihr Handeln gleichzeitig einen Kapitalerhaltungsverstoß darstellt, ist wertungsmäßig, insbesondere nach den Lockerungen des Kapitalschutzes durch das MoMiG, nicht haltbar. Das Defizit der Disponibilität der Geschäftsführerhaftung im GmbHG ist daher durch analoge Anwendung des § 93 Abs. 5 S. 2 und 3 AktG zu kompensieren, sodass die Geschäftsführerhaftung auch der Disponibilität der Gesellschafterversammlung entzogen ist, wenn der Geschäftsführer gröblich sorgfaltswidrig handelt und die Durchsetzung der Haftung zur Gläubigerbefriedigung erforderlich ist.102 Bei der Bestellung langfristiger aufsteigender Sicherheiten ohne Besicherung des Rückgriffsanspruchs ist von einem solchen gröblich sorgfaltswidrigen Verhalten dann auszugehen, wenn keinerlei Anhaltspunkte für den Geschäftsführer ersichtlich waren, die er als (ggf. nicht bezifferbaren) Vorteil für seine Gesellschaft aus dem Gesamtkontext der Besicherung erwarten durfte und er dennoch das nicht prognostizierbare Risiko eingeht.

99 Vgl. Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 37 Rn. 10; Beurskens, in: Baumbach/ Hueck GmbHG, § 43 Rn. 19; Fleischer, in: MüKoGmbHG, § 43 Rn. 278. 100 Vgl. dazu Beurskens, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 43 Rn. 19: Befolgung ist ebenso wie Untätigkeit pflichtgemäß. 101 Vgl. BGH NJW 2002, 3777 (3778) = DStR 2002, 2046 (2048); BGH NZG 2003, 528 (528) = ZIP 2003, 945 (946); Fleischer, BB 2011, 2435 (2437 f.); Hasselbach, DB 2010, 2037 (2039); Paefgen, in: UHL GmbHG, § 43 Rn. 231; Schnorbus, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG, § 43 Rn. 102; abweichend noch BGH NJW 2000, 576 (576 f.) = ZIP 2000, 135 (135 f.); dazu zustimmend Lutter, GmbHR 2000, 301 (311), sofern Geschäftsführerhaftung zur Gläubigerbefriedigung notwendig. 102 Ausführlich zu diesem Ansatz Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 43 Rn. 126, 128, 139, 141; dazu bereits unter Kapitel 2 § 1 C. II. Die notwendigen Modifikationen der §§ 311, 317 AktG in der abhängigen GmbH, S. 286 f.

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Richtigerweise ist dann auch eine Weisung der Gesellschafterversammlung zu einer derartigen Sicherheitenbestellung für den Geschäftsführer nicht bindend, wenn ihre Umsetzung ihn in die unverzichtbare persönliche Haftung wegen gröblich sorgfaltswidriger Pflichtverletzung verstricken würde.103

103

Vgl. Altmeppen, in: Roth/Altmeppen GmbHG, § 43 Rn. 142.

Zusammenfassung 1. Aufsteigende Sicherheiten sind ein wesentliches Element der Konzernfinanzierung. Sie haben ihren Ursprung einerseits in dem aufgrund der Abhängigkeit bestehenden Einfluss des herrschenden Unternehmens auf das Vermögen der besichernden Gesellschaft und andererseits in der Absicht der Kreditgeber, den strukturellen Nachrang bei ihrer Befriedigung aus dem Vermögen der Tochtergesellschaften ihres Schuldners zu überwinden. Erhebliche Bedeutung kommt ihnen zur Besicherung des Cash Pool Saldos sowie des Akquisitionskredits in Übernahmekonstellationen zu. 2. Im Vertragskonzern bestehen für die Sicherheitenbestellung grundsätzlich weder die Grenzen der Kapitalerhaltung (vgl. § 291 Abs. 3 AktG sowie § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 1 AktG und § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 GmbHG) noch ein konzernrechtliches Schädigungsverbot (vgl. das umfassende Weisungsrecht gem. § 308 Abs. 1 S. 1 und 2 AktG). Jedoch gilt dies nur, wenn im Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung der Verlustausgleichsanspruch (§ 302 Abs. 1 AktG) vollwertig ist. Im Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung wird man aber nur von einem vollwertigen Verlustausgleichsanspruch ausgehen dürfen, wenn auch die Verwertung der Sicherheit unwahrscheinlich erscheint, da im Fall von Letzterer das herrschende Unternehmen auch nicht mehr aus der Verwertung entstandene Verluste der abhängigen Gesellschaft ersetzen können wird. Damit ist auch im Vertragskonzern die Bestellung aufsteigender Sicherheiten in der Regel nur zulässig, wenn aus einer vernünftigen kaufmännischen Betrachtung heraus keine konkreten Anhaltspunkte für die Verwertung der Sicherheit erkennbar sind. Insbesondere für die Praxis der Akquisitionsfinanzierung ist damit zu beachten, dass der post-akquisitorische Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags kein Freibrief für die unbegrenzte Besicherung des Akquisitionskredits des vermögenslosen Erwerbsvehikels aus dem Vermögen der Zielgesellschaft ist. 3. Ein Vergleich des Vermögensschutzes durch Kapitalerhaltung und durch das Recht der faktischen Konzerne zeigt, dass die §§ 311, 317 AktG in ihrer Reichweite einen über die ausschließlich gläubigerschützende Kapitalerhaltung hinausgehenden Schutz bezwecken: Während nach den Lockerungen der Kapitalerhaltung durch das MoMiG das Gesellschaftsvermögen über § 57 AktG nur rechnerisch (i.S.v. bilanziell) zu erhalten ist, berücksichtigen die §§ 311, 317 AktG auch die Vermögenszusammensetzung und damit den vollen wirtschaftlichen Wert der abhängigen Gesellschaft einschließlich aller (auch nicht bilanzierbarer) Chancen und Risiken. Eine echte Konkurrenzproblematik zwischen der Rückabwicklung verbotener Leistungen über § 62 Abs. 1 S. 1 AktG und den Schadensersatzansprüchen aus §§ 311, 317 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG stellt sich

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nur, wenn wegen der unterschiedlichen Schutzbereiche überhaupt ein Geschäftsvorfall von beiden Systemen erfasst wird und gleichzeitig ein Fall des nur ausnahmsweise zulässigen gestreckten Nachteilsausgleichs (§ 311 Abs. 2 S. 1 AktG) vorliegt. Die §§ 311, 317 AktG sollten daher eher als eine Erweiterung des kapitalerhaltungsrechtlichen Vermögensschutzes verstanden werden, anstatt in ihnen eine verdrängende Spezialregelung zu erkennen. 4. Die regelmäßig vom herrschenden Unternehmen veranlasste Bestellung aufsteigender Sicherheiten begründet für die abhängige Gesellschaft den Nachteil des Haftungsrisikos. Sie übernimmt dieses Risiko bereits mit ihrer wirksamen Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung gegenüber den Kreditgebern, sofern die Verpflichtung überhaupt von der Sicherheitenbestellung als solcher zu trennen ist und zeitlich einmal vorgelagert eingegangen wird. Das Risiko kann über einen vollwertigen Rückgriffsanspruch, der im Sinne eines Haftungsbefreiungsanspruchs weit zu verstehen ist, ausgeglichen werden. Hiervon ist auszugehen, wenn entweder bei Veranlassung sicher feststeht, dass das herrschende Unternehmen das zu besichernde Darlehen, das noch im laufenden Geschäftsjahr fällig ist, zurückzahlen kann, mithin es sicher gar nicht erst zur Haftung und damit einem endgültigen Vermögensabfluss bei der abhängigen Gesellschaft kommt. Alternativ hat das herrschende Unternehmen den Regressanspruch der abhängigen Gesellschaft nach Verwertung der Sicherheit werthaltig zu besichern, sodass ein Vermögensnachteil für die abhängige Gesellschaft trotz der dann regelmäßig eingetretenen Zahlungsunfähigkeit des herrschenden Unternehmens im Ergebnis vermieden wird. Die Umsetzung eines dieser beiden Konzepte schließt die Nachteiligkeit infolge des Haftungsrisikos (§ 311 Abs. 1 AktG) und damit eine potentielle Haftung nach §§ 311, 317 AktG im Ansatz aus. Weiter kann ein Nachteil der aufsteigenden Besicherung in der Vermögensbelastung und der infolgedessen fehlenden Sicherungsmöglichkeiten der abhängigen Gesellschaft liegen, wodurch ihre eigene Kapitalbeschaffung teurer wird. Dieser Nachteil ist über eine ausreichend hohe Avalprovision oder die Teilnahme an einem Cash Pool, aus dem die Gesellschaft ihren Kapitalbedarf vollständig decken kann, eine externe Finanzierung für sie daher entbehrlich wird, zu kompensieren. Schließlich ist die Sicherheitenbestellung und -überwachung mit einem Verwaltungsaufwand verbunden, der als Nachteil ebenfalls über eine die entstehenden Kosten deckende Avalprovision auszugleichen ist. Bzgl. der erforderlichen Höhe der Avalprovision, die möglicherweise bei Veranlassung zur Besicherung nicht genau ermittelt werden kann, ist der Anwendungsbereich des nachträglichen Ausgleichs bis zum Geschäftsjahresende gem. § 311 Abs. 2 AktG eröffnet. Ein nach diesen Maßstäben nicht ausgeglichener Nachteil begründet eine pflichtwidrige (übergeordnete) Geschäftsführung des herrschenden Unternehmens durch ihre Veranlassung zur Bestellung aufsteigender Sicherheiten. Eine Exkulpation nach § 317 Abs. 2 AktG wird im Ausnahmefall gelingen, wenn für die Bonitätsprognose des herrschenden Unternehmens bzw. für die Bewertung

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von Gegensicherheiten im Zeitpunkt der Abwägung objektiv vorhandene Faktoren, die den unzureichenden Ausgleich und damit den Nachteil begründet haben, auch für den noch so sorgfältig handelnden Geschäftsleiter nicht erkennbar waren. Ebenso ist eine Exkulpation möglich, wenn sich ein sorgfältig handelnder Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft langfristig mit der Sicherheitenbestellung einhergehende Ertragschancen versprochen hätte, deren Verwirklichung für den Fortbestand seiner Gesellschaft erforderlich gewesen wären (z. B. Teilnahme an einem Cash Pool bei fehlender externer Finanzierungsquelle). Gelingt den Geschäftsleitern des herrschenden Unternehmens die Exkulpation nicht, haften sie neben dem herrschenden Unternehmen (§ 317 Abs. 3 AktG) auf Schadensersatz. Es gelten die §§ 249 ff. BGB. Mithin ist kein Nachteilsausgleich als Mindestschaden zu leisten, wenn die Sicherheit – wider Erwarten – schließlich doch nicht verwertet wird (schadensrechtliches Bereicherungsverbot). Unzureichende Ausgleichsmaßnahmen sind auf die Höhe des Schadens anzurechnen. Die Schadenshöhe bemisst sich regelmäßig an dem Betrag, in dessen Höhe die abhängige Gesellschaft durch die Sicherheitenverwertung in Anspruch genommen wurde. Erst nach Verwertung wird sich nämlich aufdecken, dass die Veranlassung zur Sicherheitenbestellung nachteilig war und damit eine pflichtwidrige (übergeordnete) Geschäftsleitung des herrschenden Unternehmens darstellte. 5. Die kapitalerhaltungsrechtliche Relevanz aufsteigender Sicherheiten liegt darin begründet, dass sie – auch wenn sie technisch einem gesellschaftsexternen Dritten bestellt werden – eine Leistung an den Gesellschafter darstellen. Durch die Sicherheit übernimmt die Gesellschaft das Haftungsrisiko, tritt also für eine Verbindlichkeit ein, die eigentlich den Gesellschafter selbst treffen würde. Der Zeitpunkt, in dem die Leistung erfolgt, ist der der Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung gegenüber den Kreditgebern, sofern eine solche dem Bestellungsakt zeitlich vorgelagert ist. Ab diesem Zeitpunkt besteht für die Gesellschaft das unumkehrbare Risiko ihrer Inanspruchnahme, also dem tatsächlichen Vermögensabfluss im Sicherungsfall zulasten ihrer eigenen Gläubiger, auf dessen Eintritt sie keinen Einfluss mehr hat. Der Systematik der Kapitalerhaltungsvorschriften nach dem MoMiG konsequent folgend ist daher auch in diesem Zeitpunkt zu prüfen, ob die Leistung durch einen vollwertigen Gegenleistungs- und Rückgewähranspruch gedeckt ist (§ 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG). Dieser ist in dem jeder Sicherheitenbestellung immanenten Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs zu sehen. Dieser (einheitliche) Anspruch wird vom BGH entsprechend der Besonderheiten der Sicherungskonstellation als vollwertig erachtet, wenn der Gesellschafter voraussichtlich in der Lage sein wird, die besicherte Forderung zu erfüllen und es damit gar nicht zum Sicherungsfall kommt. Diese Situation ist mit der für § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG maßgeblichen bilanziellen Betrachtungsweise dahingehend zu erfassen, dass bei der besichernden AG keine Rückstellungen (§ 249 Abs. 1 S. 1 HGB) für ihre wahrscheinliche Inanspruchnahme zu bilden sind. Der Maßstab hierfür ist, ob ein vernünftiger Kaufmann das Haf-

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tungsrisiko im Fall eines fiktiven Verkaufs der AG kaufpreismindernd berücksichtigen würde, mithin ist ein konkret belegbares Ausfallrisiko notwendig. Ist nach dieser Prognose die Inanspruchnahme der AG nicht unwahrscheinlich, so hat sie hierfür Rückstellungen in Höhe der besicherten Forderung oder des im Wert dahinter zurückbleibenden Sicherungsgegenstandes zu bilden. Der Freistellungs- und Rückgriffsanspruch ist dann nicht vollwertig i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG, die Sicherheitenbestellung daher kapitalerhaltungsrechtlich unzulässig. Nachträgliche Entwicklungen in der Bonität des Aktionärs, die zu einer abweichenden Prognose der Darlehensrückzahlung führen würden, ändern an dem Ergebnis der bei der Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung erfolgten Einschätzung nichts mehr. Kann die Vollwertigkeit des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs nicht über die Prognose einer wahrscheinlichen (vollständigen) Darlehensrückzahlung herbeigeführt werden, so besteht die Möglichkeit, dass der Rückgriffsanspruch der besichernden AG von Anfang an werthaltig besichert wird. Im Fall ihrer Inanspruchnahme kann sie ihr geschütztes Kapital dann durch werthaltigen Regress wiederherstellen. Die Vollwertigkeit des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs hängt nicht zusätzlich von einer Verzinsung ab, mit der ein latentes Ausfallrisiko abgebildet werden solle. Ebenso wenig hängt seine Vollwertigkeit von der Zahlung einer Avalprovision ab. Sie ist nicht geeignet, ein verbleibendes Haftungsrisiko zu kompensieren. Besteht ein (konkretes) Haftungsrisiko, ist wegen notwendiger Rückstellungsbildung der Freistellungs- und Rückgriffsanspruch im Ansatz nicht vollwertig. Ihre Zahlung ist aber Gegenleistung für eine andere kapitalerhaltungsrechtlich relevante Leistung der Gesellschaft an ihren Aktionär, nämlich die Sicherheitenbestellung und -verwaltung. An dem hierdurch entstehenden Aufwand hat sich auch die Höhe der kapitalerhaltungsrechtlich gebotenen Avalprovision zu richten. Erfolgt die aufsteigende Besicherung mit betriebsnotwendigen Sicherungsgegenständen, so begründet dieser Nachteil für die Gesellschaft keine eigenständigen Einlagenrückgewähr, sofern nur der Freistellungs- und Rückgriffsanspruch nach den vorstehend beschriebenen Maßstäben vollwertig ist. Die Kapitalerhaltung schützt gerade nicht (mehr) die Zusammensetzung des Vermögens und damit nicht vor betriebswirtschaftlich unsinnigen Entscheidungen, die zu dieser Zusammensetzung führen. Dasselbe gilt für nachteilige Folgen einer an sich gegen vollwertigen Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs erfolgenden Besicherung, namentlich einer Bonitätsherabstufung der Gesellschaft verbunden mit höheren Eigenfinanzierungskosten. Hingegen führt der bewusste Verzicht der Gesellschaft auf einen werthaltigen (bspw. besicherten) Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs nach einer bei Sicherheitenbestellung nicht erkennbaren, erheblichen Bonitätsverschlechterung des Aktionärs durchaus zu einer eigenen Einlagenrückgewähr.

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6. Vermögensschutz für die abhängige Gesellschaft gewährleisten nicht nur das Konzernrecht und die Kapitalerhaltung. Im Einzelfall stehen auch Vorschriften des allgemeinen Zivilrechts sowie weitere aktienrechtliche Schranken der wirksamen Sicherheitenbestellung entgegen und verhindern so eine Verwertung zulasten des Gesellschaftsvermögens. So kann die Sicherheitenbestellung gegenüber den Kreditnehmern nach § 138 Abs. 1 BGB unwirksam sein, wenn sie die wirtschaftliche Freiheit der sicherungsgebenden Gesellschaft durch (anfängliche) Übersicherung missachten oder sie mit der Gesellschaft kollusiv zum Schaden ihrer Gläubiger das Grundkapital (bzw. Stammkapital) zu Sicherungszwecken verwenden. Ist ein Kapitalerhaltungsverstoß durch die beabsichtigte Sicherheitenbestellung für die sicherungsnehmenden Kreditgeber evident, so können sie sich zudem wegen evidenten Missbrauchs der Vertretungsmacht des für die Gesellschaft handelnden Geschäftsleiters nicht auf die wirksame Sicherheitenbestellung berufen. Letztlich führt in der besonderen Situation der Besicherung eines Akquisitionskredits § 71a Abs. 1 S. 1 AktG dazu, dass die Sicherheitenbestellung gegenüber den Kreditgebern unwirksam ist, sofern die besichernde Zielgesellschaft eine AG ist und eine Zweckverknüpfung zwischen dem Aktienerwerb und dem besicherten Finanzierungsgeschäft besteht. 7. Zieht man die Haftungsfolgen bei Bestellung unzulässiger aufsteigender Sicherheiten in Betracht, ergibt sich für die unterschiedlichen Haftungsadressaten Folgendes: Das herrschende Unternehmen hat bei einer entgegen der Anforderungen des § 311 Abs. 1 AktG bestellten Sicherheit nach §§ 311, 317 Abs. 1 S. 1 AktG Schadensersatz zu leisten. Vor Verwertung der Sicherheit ist dieser auf Haftungsbefreiung, nach Verwertung auf Wertersatz, der sich bei Realsicherheiten an ihrem Verkehrswert im Zeitpunkt der Verwertung bzw. einem dahinter zurückbleibenden Wert der besicherten Forderung bemisst, gerichtet. Zudem sind Folgeschäden der Verwertung (bspw. Produktionsausfall) sowie der (temporären) Vermögensbelastung zu ersetzen. Spätestens nach Ablauf des Geschäftsjahres ist Schadensersatz wegen einer Avalprovision, die die übrigen Nachteile neben dem Haftungsrisiko nicht ausreichend kompensiert hat, in Höhe der Differenz zu dem tatsächlich entstandenen Aufwand zu leisten. Verstößt die Sicherheitenbestellung gegen den Kapitalerhaltungsgrundsatz, so hat der herrschende Aktionär die AG gem. § 62 Abs. 1 S. 1 AktG vor Verwertung von dem übernommenen Haftungsrisiko zu befreien und nach Verwertung den Zeitwert des Sicherungsgegenstandes bzw. die Höhe der besicherten Forderung zu ersetzen. Eine nicht dem Kapitalerhaltungsgrundsatz entsprechende Avalprovision ist wegen § 311 Abs. 2 S. 1 AktG gem. § 62 Abs. 1 S. 1 AktG spätestens am Ende des Geschäftsjahres aufzufüllen. Da meist erst im Sicherungsfall erkannt wird, dass die Sicherheitenbestellung gegen das Kapitalerhaltungs- und/oder Konzernrecht verstoßen hat, werden die dann auf Wertersatz gerichteten Ansprüche regelmäßig erst nach Verwertung der Sicherheit relevant. Zu diesem Zeitpunkt sind jedoch Ansprüche gegen das herrschende Unternehmen wegen seiner in der Regel mit der Sicher-

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heitenverwertung zusammenhängenden Insolvenz nicht mehr durchsetzbar, sodass die Haftung der übrigen Beteiligten erhebliche Bedeutung erlangt. Eine zentrale Rolle spielt daher die persönliche Haftung der Geschäftsleiter des herrschenden Unternehmens nach §§ 311, 317 Abs. 3 AktG. Sie ist die Grundlage dafür, dass die Geschäftsleiter des herrschenden Unternehmens bei Meidung eigener Haftung ihre übergeordnete Geschäftsführungskompetenz in der abhängigen Gesellschaft gar nicht pflichtwidrig im Sinne einer Veranlassung zur nachteiligen Sicherheitenbestellung ausüben werden. Zudem stehen mit den Geschäftsleitern bzw. ihren D&O-Versicherungen nach Sicherheitenverwertung noch liquide Haftungsadressaten zur Verfügung. Der Vorstand der abhängigen Gesellschaft hat auch im faktischen Konzern weiterhin die Geschäfte eigenverantwortlich zu führen (§ 76 Abs. 1 AktG), also Schädigungen seitens eines herrschenden Aktionärs zu vermeiden. Er gerät in eine unverzichtbare Haftung nach § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG, der er nicht unter Berufung auf sein Geschäftsleiterermessen entkommen kann (Legalitätspflicht), wenn er unter Verstoß gegen § 57 AktG zugunsten des herrschenden Unternehmens Sicherheiten bestellt. Der Schaden in Höhe der verbotenen Leistung wird in diesem besonderen Haftungstatbestand solange vermutet, bis der Vorstand beweist, dass der AG die Leistung ihrem Werte nach zurückgewährt wurde. Begründet die Sicherheitenbestellung zwar keinen Kapitalerhaltungsverstoß, kann sie wegen des weiteren Anwendungsbereichs immer noch nachteilig i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG sein. Kommt es infolgedessen zu einer Haftung des herrschenden Unternehmens nach §§ 311, 317 Abs. 1 S. 1 AktG bzw. seiner Geschäftsleiter (§ 317 Abs. 3 AktG), die sich nicht nach § 317 Abs. 2 AktG exkulpieren können, führt dies regelmäßig auch zu einer Haftung des Tochtervorstands nach § 93 Abs. 2 S. 1 AktG, der durch die Umsetzung der Sicherheitenbestellung seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung, die gerade darin besteht, nachteilige Rechtsgeschäfte in eigener Verantwortung abzulehnen, verletzt. Eine Überwachungspflicht nach (zulässiger) Sicherheitenbestellung trifft den Tochtervorstand nur insoweit, dass er wert-haltig besicherte Rückgriffsansprüche, die die Besicherung erst zulässig gemacht haben, rechtzeitig durchsetzt. Eine Haftung des Aufsichtsrats der abhängigen AG ist denkbar. Jedoch muss der Aufsichtsrat sie nicht dadurch abwenden, dass er eigene Bonitätsprognosen zur Feststellung eines Kapitalerhaltungsverstoßes oder der Nachteiligkeit der Sicherheitenbestellung anstellt. Vielmehr genügt es, wenn er das Handeln des Vorstands in dem Besicherungsprozess auf betriebswirtschaftliche Nachvollziehbarkeit überwacht. Eine Haftung der Sicherungsnehmer kommt nur dahingehend in Frage, dass sie infolge einer gem. § 138 Abs. 1 BGB, § 71a Abs. 1 S. 1 AktG oder wegen evidenten Missbrauchs der Vertretungsmacht unwirksamen Sicherheitenbestellung zur Herausgabe erlangter (ggf. nur formeller) Rechtspositionen verpflichtet sind. Im Übrigen können sie die unwirksame Sicherheit schlichtweg nicht durchsetzen.

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8. Insgesamt zeigt sich, dass die §§ 311, 317 AktG im Fall der aufsteigenden Sicherheiten ein höheres Schutzniveau für das Vermögen der abhängigen Gesellschaft gewährleisten als die Kapitalerhaltungsvorschriften. Sie verlangen Kompensation für Risiken und negative Vermögensauswirkungen, die von § 57 Abs. 1 S. 1 und 3 AktG gar nicht erfasst oder durch die in § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG angeordnete bilanzielle Betrachtungsweise nur einem unzureichenden Ausgleich zugeführt werden. Infolge der regelmäßigen Wertlosigkeit des kapitalerhaltungsrechtlichen Herausgabeanspruchs gem. § 62 Abs. 1 S. 1 AktG nach Verwertung der Sicherheit erlangt die Haftung der beteiligten Geschäftsleiter erhebliche Bedeutung. Zur Haftung der Geschäftsleiter des herrschenden Unternehmens gelangt man jedoch nur über § 317 Abs. 3 AktG, der insoweit den Kreis der Haftungsadressaten über den Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft hinaus erweitert. Die Kapitalerhaltungsvorschriften allein werden – insbesondere nach ihrer Lockerung durch das MoMiG – den besonderen Rechtsbeziehungen einer Gesellschaft zu ihrem herrschenden Gesellschafter nicht gerecht. Die im Abhängigkeitsverhältnis begründeten Rechtsbeziehungen stellen häufig keine regulären Austauschgeschäfte mehr dar, die der Gesetzgeber des MoMiG bei der Einfügung des § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG vor Augen hatte. Sie sind mit besonderen Risiken für die abhängige Gesellschaft verbunden, die sie aus eigenem Antrieb kaum eingehen würde (Paradigma: aufsteigende Sicherheiten). Es ist jedoch auch nicht die Aufgabe der Kapitalerhaltung, die besonderen Rechtsbeziehungen im Abhängigkeitsverhältnis einer angemessenen Lösung zuzuführen. Hierfür sieht das Gesetz die besonderen Vorschriften des Konzernrechts, respektive die §§ 311, 317 AktG vor. Diesen ist dann aber auch ein Schutzbereich zuzugestehen, der über die für alle Kapitalgesellschaften gleichermaßen geltenden Kapitalerhaltungsgrenzen hinausgeht. Der Annahme der h.M., ein nach § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG erlaubtes Geschäft könne nicht nachteilig i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG sein, ist daher dezidiert zu widersprechen. Sie verkürzt den Schutzbereich der Normen, die der Konzerngefahr gerecht werden sollen, auf den der Kapitalerhaltung, die – wie in dieser Arbeit gezeigt – bestimmten konzernspezifischen Rechtsgeschäften und ihren Risiken für die abhängige Gesellschaft gerade nicht gerecht wird. Die von der h.M. zur Begründung herangezogene Privilegierungswirkung der §§ 311, 317 AktG gegenüber den allgemeinen Vorschriften besteht allenfalls in dem engen Anwendungsbereich, in dem ein verzögerter Nachteilsausgleich gem. § 311 Abs. 2 AktG ausnahmsweise zulässig ist. Dieser darf im Ergebnis jedoch nicht zu einer schlechteren Vermögenslage der abhängigen Gesellschaft führen als bei sofortigem Nachteilsausgleich, sodass ein echtes Konzernprivileg im faktischen Konzern gar nicht existiert. Vielmehr sind die §§ 311 ff. AktG als eine eigenständige Ergänzung zu dem allgemeinen Vermögensschutz durch Kapitalerhaltung zu verstehen, die der besonders exponierten Lage einer rechtlich wie wirtschaftlich selbstständigen Gesellschaft im Abhängigkeitsverhältnis Rechnung trägt. Die Grenzen der Kapitalerhaltung bestehen daneben fort und führen

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bei Missachtung zur scharfen Haftung des § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG (Schadensvermutung und Unverzichtbarkeit) des Vorstands der abhängigen Gesellschaft, mit der häufig auch eine Strafbarkeit wegen Untreue einhergeht. Umfassender Vermögensschutz für die abhängige Gesellschaft wird daher erst durch das Zusammenspiel von Kapitalerhaltungs- und Konzernrecht erreicht. Im besonderen Fall der Akquisitionsfinanzierung wird der Vermögensschutz um die Nichtigkeitsfolge des § 71a Abs. 1 S. 1 AktG erweitert. Überschreiten die Beteiligten die Grenzen, die das allgemeine Zivilrecht jedem rechtsgeschäftlichen Handeln setzt (insbesondere § 138 Abs. 1 BGB und evidenter Missbrauch der Vertretungsmacht) wird zudem Vermögensschutz reflexartig dadurch erzielt, dass es gar nicht erst zu einer wirksamen Vermögensbelastung, z. B. durch Sicherheitenbestellung, kommt. 9. Die erarbeiteten Ansätze sind grundsätzlich auf die Bestellung aufsteigender Sicherheiten einer abhängigen GmbH übertragbar. Entscheidende Bedeutung kommt jedoch der Begrenzung der Kapitalerhaltung auf das zur Deckung des Stammkapitals erforderliche Vermögen zu. Die Bestellung aufsteigender Sicherheiten ist daher kapitalerhaltungsrechtlich auch dann zulässig, wenn sich zwar im Zeitpunkt der Verpflichtung zur Bestellung bereits die Verwertung abzeichnet und die abhängige Gesellschaft Rückstellungen zu bilden hat, diese aber aus freiem Vermögen aufbringen kann. Die Vereinbarung einer limitation language zwischen sicherungsgebender GmbH und dem Sicherungsnehmer ist nicht mehr zwingend erforderlich, nachdem es zur Prüfung der kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit ausschließlich auf den Zeitpunkt der Verpflichtung zur Bestellung gegenüber dem Sicherungsnehmer ankommt. Sie hat dennoch Bedeutung, um bei unsicherer Prognose über einen vollwertigen Rückgriffsanspruch die Geschäftsleiterhaftung auszuschließen. In der faktisch abhängigen GmbH gelten die §§ 311, 317 AktG analog. Sie lösen den Konflikt, dass die anerkannte Existenzvernichtungshaftung (§ 826 BGB) nur für unzureichenden Außenseiterschutz sorgt und eine Haftung für übergeordnete Geschäftsführung in der GmbH angesichts des Weisungsrechts der Gesellschafterversammlung gegenüber dem Geschäftsführer besondere Bedeutung erhält. Die zur AG aufgestellten Grundsätze, wann eine aufsteigende Besicherung nachteilig i.S.d. § 311 Abs. 1 AktG ist, gelten daher auch für die abhängige GmbH. Eine Modifikation erfährt die aus §§ 311, 317 AktG analog resultierende Haftung allerdings dahingehend, dass sie nur auf Wiederherstellung der Stammkapitaldeckung gerichtet ist. Wenn Gesellschafter in der GmbH Vermögen bis zur Deckungsgrenze verteilen können, dürfen sie es insoweit auch durch nachteilige Maßnahmen vernichten. Zudem ist der Maßstab der Haftungsdisponibilität an den des § 93 Abs. 5 S. 2 und 3 AktG anzupassen. Ein Zugewinn an Vermögensschutz ist die analoge Anwendung der §§ 311, 317 AktG dennoch: Sie erweitert erstens wegen des über die Auszahlung i.S.d. § 30 GmbHG hinausgehenden Nachteilsbegriffs (§ 311 Abs. 1 AktG analog) die Anknüpfungspunkte

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für ein haftungsbegründendes Verhalten des herrschenden Gesellschafters. Zweitens wird durch sie über § 317 Abs. 3 AktG analog die im Fall der aufsteigenden Sicherheiten besonders bedeutende Haftung der Geschäftsleiter des herrschenden Gesellschafters begründet. In der mehrgliedrigen (abhängigen) GmbH wird Vermögensschutz zugunsten der Minderheit schließlich über die Grundsätze der verdeckten Gewinnausschüttung erreicht: Verstößt die Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit zwar nicht gegen § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG, da sie auch im Fall der (drohenden) Sicherheitenverwertung die Stammkapitaldeckung nicht beseitigt, so hat der herrschende Gesellschafter die GmbH trotzdem nach § 31 Abs. 1 GmbHG analog von dem Haftungsrisiko zu befreien, wenn der zu seinen Gunsten erfolgenden Sicherheitenbestellung kein wirksamer Beschluss der Gesellschafterversammlung zugrunde liegt. Nur ein solcher bzw. die einhellige Zustimmung aller Gesellschafter kann den ihm durch die aufsteigende Besicherung zugeführten Sondervorteil rechtfertigen.

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Stichwortverzeichnis Abhängigkeit 27 ff., 97 f. Akquisitionsfinanzierung 144 ff., 181, 224 f. siehe auch Leveraged Buyout Aktiventausch 166, 172, 201 Aufsichtsrat 267 f. Aufsteigende Darlehen 142, 150, 189 f., 267 – Wertungsparallele 183 f. Auftrag (zur Sicherheitenbestellung) 121 ff., 199 Außenseiterschutz 91 ff., 96 Avalprovision – im Cash Pool 224 – zur kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit 216 ff. – zur Nachteilskompensation 137, 151 f., 153 Beherrschungsvertrag 43, 54, 57, 60 ff., 87 Betriebsnotwendiges Vermögen 152 f., 225 ff. Bilanzielle Betrachtungsweise – Anordnung durch MoMiG 84 f., 90 f., 185 f. – nicht zur Leistungsbestimmung 175 f., 182 – vor dem „November-Urteil“ 166 f. – zur Bemessung des Nachteils 105 f. – zur Bestimmung der Avalprovision 216 ff. – zur Bestimmung der kapitalerhaltungsrechtlichen Vollwertigkeit 206 ff., 208 f. Bonität des herrschenden Gesellschafters – als Grundlage des vollwertigen Verlustausgleichsanspruchs 58 f. – Schwankungen 128 ff., 212 ff. – zur Prognose der sicheren Darlehensrückzahlung 127 f.

– zur Prognose der wahrscheinlichen Darlehensrückzahlung 209 f. Bonitätsherabstufung der besichernden Gesellschaft 150 f., 227 Bürokratischer Aufwand 153, 219 ff. Business Judgement Rule 158 ff., 271 Capital Requirements Regulation (CRR) 31, 133 Cash Pool – Bedeutung aufsteigender Sicherheiten 34 f. – Entbehrlichkeit der Avalprovision 152, 224 – kapitalerhaltungsrechtliche Vollwertigkeit von Rückgriffsanspüchen 221 ff. – Nachteilsausgleich 139 ff. – unkalkulierbares Haftungsrisiko? 138 f. – Zweck und Funktionsweise 32 f. Causa Societatis 171, 176, 179 Darlehenslaufzeit 128 ff. Darlehensvalutierung 38 f., 113, 163 f., 168, 200 Deckungsgebot 170, 214 ff., 219 Doppelschaden 243 D&O-Versicherung 303 Drittvergleichskriterium 84, 165, 169 f., 206, 217 f., 226 Eigenkapitalquote 31 Einmann-Gesellschaft 282, 287, 291 Ertragswert 90, 107 Existenzvernichtungshaftung 68, 282 ff. Exkulpation 72 ff., 107, 156 ff. Financial Assistance (§ 71a AktG) 242 ff. Freistellungsanspruch – als kapitalerhaltungsrechtlicher Rückgewähranspruch 197 ff., 201 f. – als Nachteilsausgleich 121, 123

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Stichwortverzeichnis

Gegensicherheit – Art und Werthaltigkeit 132 ff. – Insolvenzfestigkeit 134 f. – zur kapitalerhaltungsrechtlichen Vollwertigkeit 211 f. Geschäftsführung – culpa-Haftung 71, 104, 108 f., 160 – Fremdgeschäftsführung 71, 73, 104, 157, 284 – Sorgfaltsmaßstab 156 ff., 262 f., 264 ff., 294 ff. – Überwachungspflicht 264 ff. Gewinnabführungsvertrag 54 ff. – isoliert 62 f., 149 Haftungsdisponibilität 263 f., 271, 286 f., 294, 296 Haftungsrisiko – als Nachteil 115 f. – Ausgleich 117 ff. – unkalkulierbar 138 f. – Zeitpunkt der Übernahme 112 ff., 182, 192 ff. Insolvenz – der abhängigen Gesellschaft 56 f., 67 f., 143, 170, 283 f. – des herrschenden Unternehmens 124, 155, 260,

– Rolle der aufsteigenden Besicherung 36 ff. – vollwertiger Rückgriff 224 – wirtschaftlicher Anreiz 35 f. Limitation Language 42, 137, 278 ff. Minderheitenschutz siehe Außenseiterschutz MoMiG (Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen) 75 f., 83 ff., 90 f., 174, 177, 185, 206 ff., 224 MPS-Urteil 76, 203 f., 264 Nachteilsausgleich – Dogmatik 110 f., 153 ff. – Kompensationsmaßnahmen 108 ff. Nichtigkeit 231 f., 233 ff., 236 ff., 240 ff., 246 ff. November-Urteil 84, 165 ff., 177, 206 f., 226, 230, 273 Pauschalwertberichtigung 223 f. Personalsicherheiten 65 ff., 122 f., 141 f., 186 f., 278 Privilegierungsfunktion 45 f., 76, 153 f., 270 f., 285

Kapitalrichtlinie 82 f., 96 Klumpenrisiko 33, 165, 223, 237 Kollusion 234 Kompensation siehe Nachteilsausgleich Konzernfinanzierung 30, 33, 45, 65, 76, 91 Konzerninteresse 54 f., 88, 101, 158 Konzernkonflikt 87 ff. Kreditgewährung aus Gesellschaftsvermögen (§ 43a GmbHG) 289

Rating 127, 210, 262 Realsicherheiten 65 ff., 122 f., 139 ff., 186 f., 278 Regress siehe Rückgriffsanspruch Revolvierende Sicherheiten 114, 187 Rückgriffsanspruch – als Ausgleich des Haftungsrisikos 124 f. – als kapitalerhaltungsrechtlicher Rückgewähranspruch 199 f. – Besicherung 131 ff. – rechtliche Grundlage 122 – Stehenlassen 227 ff., 264 ff. Rückstellung 59, 62, 66 f., 116, 125, 174, 177, 201, 204 f., 208 ff., 274 ff., 294

Legalitätspflicht 262, 271 Leveraged Buyout (LBO) – Anwendbarkeit des Konzernrechts 39 ff. – freundliche Übernahme 37 f., 159 – Nachteiligkeit wegen Haftungsrisiko 144 ff.

Schädigungsverbot 40 f., 54 f., 62, 69 f., 85, 88, 98, 149, 253 f., 284 f. Schuldmitübernahme 34, 141 f. Sicherheitenpool 36 Sicherungsumfang 196 f. Sittenwidrigkeit 233 ff., 288

Jahresabschluss

58, 127 ff., 209 f.

Stichwortverzeichnis Solvenz siehe Bonität Sondervorteil siehe Verdeckte Gewinnausschüttung Stammkapitaldeckung siehe Unterbilanz Stehenlassen (des Rückgriffsanspruchs) 227 ff., 264 ff. Stille Reserve 54, 84, 92 Struktureller Nachrang 31, 234 Suspendierung (der Kapitalerhaltung) 50 f., 56, 60, 86 Teilweise Vollwertigkeit 276 f. Treuepflicht – in der AG 252 – in der GmbH 280 f., 284, 288 Trihotel-Urteil 281 Unterbilanz 42, 84, 207, 274 ff. Unternehmerisches Ermessen siehe Business Judgement Rule Unwahrscheinlicher Ausfall 126 ff., 201 ff. Veranlassung – Beweislast 101 f. – Kausalitätsmerkmal 100 f. – zur Sicherheitenbestellung 102 f. Verdeckte Gewinnausschüttung 80 ff., 94, 108, 217, 289 ff. Verlustausgleichsanspruch 50 ff., 56 ff., 149

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Vertragskonzern 49 ff. Vertretungsmacht – evidenter Missbrauch 240 ff., 268, 288, 290 – in der Übernahmesituation 38 Vollstreckung 124, 161, 164, 255, 291 – § 815 Abs. 3 ZPO 178 f. – § 894 ZPO 113, 191 Vollwertigkeit – des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs 125 ff., 201 ff. – des Verlustausgleichsanspruchs 58 ff. Vorsatz 234 f., 259, 269, 281, 283, 287 Vorsichtsprinzip 84, 106, 125, 207 f., 216, 274 Weisungsrecht – außerhalb des Konzerninteresses 55 f. – existenzvernichtende Weisung 56 f. – Umfang 54 f. – zur Sicherheitenbestellung 61 f. Zinsen – infolge einer Bonitätsherabstufung 151, 227 – Kreditzinsen 33, 36, 113, 144 – Verzinsung des Freistellungs- und Rückgriffsanspruchs 214 ff.