Allzu scharf macht schartig: Ein Schauspiel in 5 Aufzügen [Reprint 2019 ed.] 9783111642437, 9783111259581


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Personen
Erster Auszug. In des hofraths Kaufe
Zweiter Auszug . Den Madam Reichenstein
Dritter Auszug. In des hofraths kaufe
Vierter Auszug. Ben Madam Reichenstein
Fünfter Auszug. Den Madam Reichenstein
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Allzu scharf macht schartig: Ein Schauspiel in 5 Aufzügen [Reprint 2019 ed.]
 9783111642437, 9783111259581

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Allzu scharf macht schartig.

Ein Schauspiel in fünf Aufzügen,

Don August Wilhelm Jffland.

Leipzig, bey Georg Joachim Göschen, I 795-

Allzu scharf macht schartig. Ein Schauspiel in

fünf Aufzügen.

A

Perso nen. Hofrath NeLchensieL n. Madam Neichenstetn,

dessen Schwage-

1 Wilhelmine, j

£iciitcn6

Allzu schürf macht schartig.

Sidof. Weil so viele Knaben am Ge« rechtigkeitSschwctte hantieren, wollte er damit sagen. Philipp. Nun, das jüngste Gericht siht denn noch auf den heutigen Tag.

Sidof. Sehen Sie — gleich beißend. Man cxponirt sich, man kann nicht mit dem Menschen reden. Man setzt Leib und Leben in Fährlichkeit. Denn der Hehler ist wie der Stehler. Philipp. 0, hier sind mehr Stehler als Hehler.

Sidof hi!t die Ohi-a ju. RfTpice finem. — Adieu!

M. Neichen stein. Sie sind also ganz gegen tt? gedruckte Ehrenrettung meines Mannes?

Sidof. Ganz

Zweyter Aufzug. Philipp.

67

Es ist zu spät; ste ist ge.

druckt. Sidof.

Philipp.

Sidof. Philipp.

O wehr

Und wird schon au-gegeben. Schlimm!

Sie ist warm, aber ohne

Witz, geschrieben. — Freylich versteckt ste nicht-.

Sidof. dacht?

Philipp. Sidof.

Ist des Herrn Onkels darin ge­

Er ist nicht genannt. Mein Himmel!

Der Onkel

ist — Philipp.

Sidof.

Ein harter, böser Mensch. Ein Bißchen Spartanisch; das

will heut zu Tage die Jugend nicht. Philipp.

3n Sparta war man ehrlich;

Las ist der Onkel nicht.

E r

68

Allzu scharf macht schartige

Sidof. Sehen Sie, die erste Replik« habe ich dissimuliren wellen. Aber — Philipp. Darauf war sie nicht ringe« richtet.

Sidof. Aber die zweyte war zu vehement, Bedenken Sie, der Herr Onkel gilt hier et, war.

Philipp. Fünfzig tausend Thaler.

Sidof. Er hat Leute an der Hand — Philipp. Sagen Sie lieber, in derHand.

Er schießt vor.

Sidof. Eh bien! Die lassen ihn nicht stecken, aber Sie.

Also Zügel und Gebiß,

junger Herr. Mir ist die Zeit mehr werth,

als tauben Ohren zu predigen. — Gott beseh, len!

Ehrenrettung Seines

Vaters

im

Druck ist?

Philipp.

Eine Ehrenrettung

— eine

Entlarvung so genannter Ehrenmänner —:

wahr! H ofr-nh.

Daß ste von Ihm ist?

Philipp.

Wahr!

74

Mzrr scharf macht schartig.

Hofrath.

Wenn

ich

sie

zu

Gefickte

kriege — Philipp.

Hier ist fie.

H ofrath Mnere darin.

Gut,

gut!

da

haben wohl alle daran gearbeitet? Die Ma-

ma, der Lakai und die Jungfer Lieutenan» th?

Philipp.

Herr Onkel, ich sage Ihnen

mit aller Entschlossenheit, daß Sie nicht wie­ der in diese Thiire gelassen werden.

Hofrath.

Nun — wohl bekomm'euch

indeß das Miktagscssen.

Ächt.

Zweyter Aufzug.

75

Sechster Auftritt. Vorige ohne den Hofrath.

Philipp. Mama, das war'vorzusehen. Sehen Sie darüber weg.

Mir liegt nichts am

Herzen, als meines Bruders Versorgung. Das andere findet sich.

M. Reichenstein. Ach'mein Sohn — bedenke, daß ich nicht mehr viel zu verlieren habe.

Siebenter Auftritt. Vorige. Zakob. Jakob.

Um Vergebung, daß ich so kom­

me — aber ich bin eilig. Ich habe den Herrn heraus gehen sehen, da bin ich geschwind herein.

16

Allzu scharf macht schartig. Philipp. Und die Sache?

Jakob. Ist ein Freundsstück — wenn es Ihnen anders da aus dem Nocke nicht ju schlecht ist.

Philipp. Der ihn trügt, ist besser, als der ihn giebt. Jakob. Glaub's — mit aller Constderation für die Verwandtschaft, manchmal selbst.

M. Neichen stein. Und was will Er uns sagen? Jakob. Sagen — kann ich wohl nichts — nur so — Hinweisen, wo der Ranch her­ kommt ; bas Feuer müssen Sie dann aufsu­ chen. Sehen Sie — daß er einen Grimm auf Sie hat, ist gewiß. Daß der Prastdent Ihnen nicht das beste Loos wünscht — Habs

Zweyter Aufzug.

77

Philipp. Ich halte beide und beides nur für Rauch.

Rauch schwärzt doch. — Die

Zakok.

zwey Leute Hocken bey einander, der bringt ein Kelchen — der ein Hölzchen — der

Schwefel, der Feuerstein — wenn es nur erst glimmt, dann blasen beide, und invitircn mehr Blaser.

So meine ich daß es aus«

sieht. M. Re tch e n stekn. Mein Gott!

Zakob.

Zch habe auch mehr gehört.

Sie halten mich für zu dumm. Dumm bin

ich — aber, alles was recht ist— eselsdiimm bin ich doch nicht.

Wie gesagt» ich habe

viel gehört — aber ich sage nichts wieder.

Warnen

ist Christenpflicht.

Wiedersagen

wäre ein Spitzbubenstreich. — Wünsche wohl zu leben. A». M. Reichen stein gebt mit ifc.

78

Allzu scharf macht schartig.

Philipp. Dar er nur brüten mag, der theure Onkel? Meinetwegen! Das soll mich nicht an Schlaf noch Arbeit hindern. Meine Protektion — ist mein Herz. G-ht mtf »er Eette ab.

Achter Auftr'itt. WLlhe lmr'ne. Sie geht hastig nach dem Fettster.

Zch glaube, er kommt daher. — Za — gewiß, er kommt. Auf das Haus gerade zu. — Nein, doch nicht; er wendet — Und doch, La kommt er; ach, das ist entschlich. Aber ich kann ja nicht dafür, daß er scannt. Zch will die Mutter rufen. — Nein, das darf ich nicht. Der Bruder wollte ja nicht, daß ich etwas von dem Briefe sagen sollte;

Antworten will ich, wenn erfragt, aber ich will nicht mit ihm reden!

Neunter Auftritt.

Wilhelmine. Lkndenstekn. Wilhelniine.

Lieutenant Linden­ stein. Da ist ja meine gute

Wilhelmine. Ja — da bin ich —

Lindenstein. Sehen Sie mich doch an,

Allzu scharf macht schartig,

go

Wilhelmine. Zch — ich —

Linbenstekn. Nun? Wilhelmine. Ich darf nicht — Sie

haben mir — Es ist so allerley vorgefallen.

Lin den stein. Wilhelmine.

Vvrgefallen? Ich kann gewiß nichts

dafür.

L i n d e n st e i n. So reden Sie doch, lie­ bes Mädchen. Zhre Aufrichtigkeit har mich immer so entzückt; bin ich sie nicht mehr werth?

Wilhelmine. Mein Bruder Philipp — weint — und mein Bruder liebt mich so

herzlich — das wissen Sie. L i n d e n st e i n. Das weiß ich.

Wilhelmine. Wollen wir nicht zu mei­ ner Mutter gehen? L in-

Zweyter Aufzug.

Lindenflein. Was ist Zhnen? Sie vermeiden es, mich anzusehen l Haben SiMißtrauen in mich?

Wilhelmine. Auf der Welt keines! Linden stein. Sie sind so ängstlich!

Wilhelmine. Ach ja, recht sehr. Lindenstein. Din ich die Ursache?

Wilhelmine. Ich glaube nicht. — Lindenstein. Hat Ihre Familie —

Wilhelmine. Reden Sie doch mit niefe nein Bruder J

Lindenstein. bar.

Sie sind wir unerklär»

Wilhelmkne. Ach, mir ist alles uner« klärbar. Aber ich will niemand betrüben.

Lindenstein. Sie mich so sehr.

Und dennoch betrüben

F

82

Allzu scharf macht schartig-

Wilhelmine. Ach, das will ich gewiß nicht. Aber — kommen Sie doch zu meiner Mutter — Lind en stein. Da ist sie —

Zehnter Auftritt. Vorige.

Mad. Reichenstein.

Lin den stein. Wilhelmine wünscht Sie,

verlangt nach Ihnen. mir bleiben.

Sie will nicht bey

Habe ich durch mein Betragen

Ursache gegeben, baß sie —

M. Reichenstein. KeineSwcgeS. Aber kann man denn in dieser Welt, wie sie ein­

mal ist —

Zweyter Aufzug.

8z

Eilfter Auftritt. Vorige. Philipp. Philipp verbeugt sich gegenLmdenstem. §rüNZ

ist noch nicht zurück? M. Reichenstekn.1 „ > Nein. Wilhelmine. j

Philipp.

Das ist sonderbar. — Mama

— Er redet leise mit ihr.

Lin den stein.

Verzeihen Sie —

Sie haben Geheimnisse,

und ich bescheide mich, daß — Philipp.

Nein, ich ersuche Sie zu

öleiben. M. Reichenstein geht mit ihrer Tochter.

F-

Allzu scharf madjt schartig. Zwölfter Auftritt; Philipp.

Lieutenant Lindenstein.

Philipp.

Herr Lieutenant— vergeben

Sie mir, wenn ich meinen Vortrag jetzt we-»

der ordnen, noch gut eintleiden kann; mein Blut ist zu sehr in Bewegung.

Lindenstein. Das sehe ich, und es be,

ftemdet mich.

Philipp. Sie haben Freundschaft fut «116 alle bewiesen.

Linbenstein. Philipp.

Und empfinde sie.

Sie haben von den Arbeiten

meiner Mutter und Schwester so vieles selbst genommen, so vieles mit feiner Sorgfalt un-

tergebracht, baß Sie und Ihre Güte den Un­ terhalt meiner armen Familie vorzüglich be»

wirkt haben.

Lindenstein. Lassenwirdas —

Zweyter Aufzug. Philipp.

85

Nein, das muß ich sagen, das

weiß ich, das empfinde ich, und das soll die Stadt wissen; denn ich schäme mich nicht, fäv

Lebensunterhalt der theuren Menschen öffentlich dankbar zu seyn. Lin den st ein. Aber alles dieß, lieber Rek,

chrnstem Philipp.

Alles dieß, lieber Mann, hort

nun auf.

Lindenstein.

Warum?

Philipp. Redlichkeit im strengchenSin« ne, die Sache und auch der Schein sind das

einzige Kapital armer Leute.

Es muß nyvcy«

letzt bleiben. L i n d e n st e in. Und wer verletzt es? Philipp. Der Ruf, der Neid, die

Menschen. Ich weiß nicht wer, ich weiß

nicht in wie fern — ich weiß nicht, ob je,

86

Allzu scharf macht schartig.

mand dazu Anlaß gegeben hat; —- aber ich muß Sie bitten, Ihre Besuche elnzuschranken. Lindenstei'n.

Philipp.

Reichenstekn!

Uns nichts mehr abzukau«

fen.

Lindenstein.

Philipp.

Begreife ich Sie?

Nichts mehr.

Uns nicht

mehr zu sehen — Linbenstein.

Philipp.

Wie?

Und entfernt ton uns mit

unsern dankbaren Herzen fürlieb zu neh­ men l Linbenstein.

Mein Götti Aber ohne

Aufklärung?

Philipp.

Schweigen ist Dankbarkeit.

Glauben Sie mir das.

87

Zweyter Aufzug. Lindenstekn.

Sie, ZhrHaus undZh,

rer alle» Ruf sind über jeden Vorwurf.

Philipp.

Aber nicht über die Läste­

rung. Linden st ein.

Philipp.

Lästerung? Der hat—-

Forschen

Sie nicht

weiter

nach.

Lindenstein. Philipp.

Seiten.

Nicht?

Es ist Delicatesse von beiden

Ich bitte darum.

Lindensteiy.

Zn der That, das ist, das

scheint mir — — Philipp.

Vergeben Sie, wenn ich Zh.

nen unangenehme Gefühle mache. Linden stein.

In der That, das thun

Sie.

Philipp.

Ach, ich mußte es ja —

Mju scharf macht schartig»

88

Lin den stein.

Wahrlich, Sie geben mir

ein sehr unangenehmes Gefühl.

Philipp.

Herr Lieutenant-

Lin den stein.

Und ich will es nicht veri

bergen. Philipp.

Das sehe ich.

Lindenstein. Philipp.

Zch habeDluk.

Auch ich.

Aber ich habe auch

Pflichten gegen Sie, sanfte Pflichten.

L i n d e n st e i n.

Philipp.

Zch weiß er.

Lin den stein. und

Lästerung

Zch habe Ehrgefühl.

Auch mir kann Schein

nicht

gleichgültig seyn —

Wenn id) auch von keinem andern Interesse reden will — ich kann Ihr Haus nicht so verlassen. Philip p.

Herr Lieutenant —

Zweyter Auszug. Lindenstein.

89

Herr Reichenstein, wü­

then Sie mir das nicht zu.

Philipp.

Kann ein edelmäthkger Mann

wich so quälen?

Lindenstein.

Kann ein Mann von Ehre

meine Ehre so mißhandeln?

Philip p.

That ich das? Kann ich das

wollen?

Lin den st ein.

Es giebt Gefühle, über

die wir nicht hinaus können, und um einer

Schimäre, eines Geschwätzes willen lasse ich

mich nicht aus diesem Hause weisen, und von

Ihnen garnicht.

Philipp.

Von Ihnen? Was soll bas?

Wer bin ich Ihnen?

L i n d e n st e i n. Ein achtungSwertherMann,

aber unsere Bekanntschaft ist neu.

inlinukikions — daß ich

Stadtarrest hab?, sechs iGrojchen.

Sidof

giebt sie und nimmt das Papier.

Oer

Kanzteybothe geht.

Fünfter Auftritt,' Vorige ohne Kanzlepbothen. Sidof.

Ein Manusen'ptum gegen sechs

Groschen hin zu geben! Haben Sie denn gar keine Barschaft?

Philipp. Gar kein Geld. Diese AuS.

läge aber wird Ihnen morgen erseht seyn. Denn morgen, vielleicht heute noch, habe ich für eine Arbeit Geld einzunchmen. Sidof.

Brauche es nicht vor Ende deS

Monacs, wo ich meine Rechnungen schließe.

*56

Allzu scharf macht schartig.

M. Neichen stein.

Ach, mein Svhni

und du hast.HauSarrest?

Philipp. rettung!

Wegen meines Vaters Ehren­

Ach, ich möchte dieses Decret auf

die Brust heften, und jedem, der mich angafft, sagen: »es ist das Ordenszeichen des

Muths, ter Ehre, der kindlichen Liebe!« Sidos.

braves Herz.

Ein böses Maul — aber ein Za, hatte ich von des On­

kels Narrheit nicht so große Einnahme, ich möchte ihm die Meinung sagen.

Aber so

— sehen Sie wohl selbst, kann ich nicht. Nun, ich gehe, und will den Franz her­

schicken. M. N e i ch e n ste i n.

Eilen Sie, ich bitte

Sie; mit mütterlicher Angst bitte ich Sie. Sidof.

Wehl, wohl!

Aber — ich

sage es noch einmal — pracaviren Sie Sich — und denken Sie immer — daß wegen des Buches das Schlimmste noch

Vierter Aufzug.

is?

Nachkommen kann; denn alle Zungen sind gegen Sie!

Geht, Wilhelmine begleitet ihn.

Sechster Auftritt. Mad. Reichenstcin. Philipp.

Philipp.

Und gegen alle Zungen ist

mein Herz für mich.

M. Reichenstein.

sagen?

Was soll ich dir

Ich ehre deinen Muth, dein Herz

— aber ich fürchte für, dein Glück.

Philipp.

Soll ich unterlassen,

war

meine Ueberzeugung, meine Pflicht gebieten?

Sell ich entweichen, weil mein Vater un. glücklich war? weil wir arm sind? Soll ich kriechen, weil mein Onkel ein Bösewicht ist?

Niemand kann mich verachten, so lange ich

i;8

illlzu scharf macht schartig.

selbst mich achten kann.

Glücklich werde ich

wohl nicht — aber Drcd können die Hande eines

gesunden Mannes

immer

erwerben.

Kann ich Ihnen auch nicht mehr verschaffen, liebe Mutter — so essen wir das doch mit der Würde des Bewußtseyns.

M. Reichen stein.

Woher

wirst

tu

endlich noch Standhaftigkeit und Much neh­

men, mein Soß.r?

Philipp.

Wenn diese Arme mich seg­

nend umfassen — wenn hier Ruhe ist —

so bin ich reich.

M. Reichen st ein. und beschämst mich.

Du

erhebst mich

Es kommt jemand; ich

will mit diesen verweinten Augen nicht da bleiben.

Sehe.

Vierter Aufzug.

156

Siebenter Auftritt. Philipp. Lieutenant Lindenstekn.

Lindenstein.

Auf meinem Gesichte

muß Sorge und Bekümmerniß liegen —

also keine Vorrede, wo bas übrige schon spricht. Dein Buch hat alle Welt —

Philipp. Zch weiß es. Lindenstein. Du wagst wirklich, wo

du hier bleibst.

Man hat darauf angetra.

gen, es als eine ausrührerische, lästernde Schrift zu verbrennen, und dich elnzusetzen. Philipp. Dann muß ich beweisen, daß

ich Wahrheit sprach; und das wünsche ich.

Lindenstekn^ Wenn man dich nicht da. hin kommen läßt, wenn — Philipp. Wenn eine höhere Hand die

Bösewichter zu Schanden machen will?

i5o

Allzu scharf macht schart'g.

Wenn der, der mir Gefühl für Pflicht gab, mich schützen will? Was habe ich zu achten!

Lindenstcin, ein Unglücklicher auf der letzten Stufe — hat Majestätsrechte, und göttliche

Kraft seines unsterblichen Geistes wirkt dann aus ihm.

Laß mich den Augenblick erwar,

ten, und fest bleiben.

Lindenstein.

Es ist bey Gott schlim«

wer, als du glaubst; ich kann dir es nicht

verbergen! Philipp. Das sehe ich.

Ich sehe, daß

du fast zitterst — Wie sehr mußt du mich lieben! wie schon ist es, seiche Freunde zu

verdienen!

Wer von meinen Verfolgern

hat eine Seele, die in der Zeit der Noth sich so an ihn schließt!

Wie mich das er.

hebt, wie mir dieß Vertrauen auf meinen Werth giebt! Lindensiein.

Brauchst du Geld? Phi.

Vierter A u fz u g. Philipp.

Nein.

161

Aber wenn etwas

schlimm gehen sollte, und meine Mutter

sollte brauchen — so hat sie ja einen Sehn

in dir; dir übertrage ich meine Pflichten, und bin nun gefaßt auf alles. Sie zehen.

Strafe»

Achter

Auftritt,

Herr Früh berg in ärmlichem Neiseanzuge.

Wie sich das alles geändert hat.' — Zch bin so beklemmt, mein Blut ist in heißer Wallung — und meine Kniee wolfln mich

kaum noch tragen! Ach, die Freude, womit ich her geeilt bin, ist fast weg; ich bin klein-

wüthig. Wie mache ich es nur? wen frage

L

scharf macht schartig.

io2

ich? geradehin geben? das kann ich Nicht.

Was werde'ich hö:cn! Da gchr eine Thüre

au;.

Neunter Austritt. J&xi Frühberg^

Kammerrath Sidof.

Franz. Franz-

Ist es denn unmöglich, daß Sie

mich behalten? ganz unmöglich?

Sidof.

Ganz unmöglich!

Franz.

Und mein seliger Vater, der

Ihr Jugendfreund war! Sidof.

Sein Onkel will durchaus nicht.

Er drohet mir mit Klage, wenn ich es thue.

Zch kann nu'ch nicht nut dem Überwerfen! Nun, Er ist ein junger Bursche, der ja

Vierter Aufzug.

i6j

nicht an die Stadt und das Land copulirk ist! Ich will Ihm Necommendations''riefe geben; aber ich kann Ihn nicht nehmen. Franz. Sehen Sie, es liegt mir alles «nd alles daran, daß ich mich doch endlich einmal selbst unterbtachte. Mein Bruder hat schon so viel gethan, und ich noch gar nichts. Sidof. Nun Gott befohlen. Sehe himm tuiS macht das -Haus zu.

Zehnter Auftritt.

Vorige ohne Kammerrath Sidof.

Franz. Ach, um so eine Stelle bettelt wohl niemand! Mir wird sie versagt. 0 Gott!

164

Allzu scharf macht schartig.

Früh berg.

Der Mensch weint, was

mag ihm fehlen? Franz.

Was fall ich 'machen?

Heim

gehen za meiner Mutter, ohne Brod — ich

allein gar nichts verdienen kennen? Wenn mir doch Gott eingabe, was ich thun soll!

Ee geht hefüz auf und ab. Za ich will sott —Zn der Fremde sind vielleicht gutherziger-

Menschen.

Gute Nacht, Vaterland, Mut­

ter, Bruder und Schwester!

Ach, du gute

Wilhelmine, was wirst du sagen? Und meine Mutter, wenn der Platz am Tische leer ist,

rind sie weiß nicht, wo ich bin! Ach, wie eft wird sie die Hände nach ihrem Franz ausstrecken, und in Len Himmel hinauf wei­

nen ! Aber ich muß fort, sie läßt mich sonst

nicht, und ernähren kann sie mich doch nicht. Ich muß fort, ohne wieder nach Hause zu gehen.

Den Rock La, Len will ich schon

Vierter Aufzug. wieder her schicke».

165

Gott wird mir Hesse».

Mein Herz ist zerrissen, ich weiß nicht wo.

hin — Da — ja, da will ich gerade zum Thore hinaus gehen, wohin mich Goll führt!

Frühberg.

Halt da — junger Mann!

Wo hinaus? Franz.

In die weite Welt, Herr!

Frühberg.

Franz,

Warum das?

Ich muß.

Meine Mutter ist

arm; sie kann mich nicht mehr erhalten.

Frühberg. Franz.

Ja.

So? Da habe ich denn hier

wollen Bedienter werden, aber man will

mich nicht — Ach Gott! F r ü h b e r g. Franz.

ich nicht.

Er dauert mich.

Zu meiner Mutter heim gehe Ich kränke mich und schäme mich.

$66

Allzu scharf macht schartig.

Hier 6.'n ich einmal aöaewiesen, und nun versuche ich eS in der Sladt nicht wieder. F r ü h b e r g. Er hat ein gutes Gesicht.

Franz. Ich bin gut. Frühberg. Zch bin ein Fremder, ein Reisender. Er ist der erste Mensch, den ich in dieser Stadt spreche — Er ist unglücklich. Das jammert mich. Viel kann ich wohl nicht für Ihn thun, aber von einem raschen Entschlüsse möchte ich Ihn abhalten. Ich meine e# gut; verschiebe Er Seine Reise noch. Will Er das wohl?

Franz. Ach, lieber Herr-----Frühberg. Wer ist der Mann, bey dem Er hat Dienste nehmen wollen?

Franz. Herr Kammerrarh Sidrf.

Frühberg. Sidof? Das war der. der da mir Ihm heraus kam?

Vierter ilufjug. Franz.

167

Za.

Frühberg.

Nun, so übernehme Ec den

Weg für mich, und bitte Er ihn, einen Au-

ger>blick an die Hausthüre herab zu kommen.

Franz.

Wen soll ich melden?

Frähberg.

Einen Fremden.

Ditte

Er ihn, nur einen Augenblick herab zu kom­

men.

Franz.

Sehr wohl,

Frühberg.

seht hinein.

So bin ich doch dem Gafl

fen und Fragen im Hause nicht ausgesetzt. Er trocknet Nch die Augen und seufzt.

wie ist mir zu Murhe!

0 Gott,

i68

Mzu.scharf macht schartig.

Eilfter Auftritt. Kammerrath Sidof.

Voriger.

Franz. Sidof.

Do ist Der Herr?

Franz Deutet auf Herrn Frähberg.

verbeugt sich.

Frühberg Sidof.

Sie wellen mich sprechen?

Frühberg.

Erlauben Sie wohl, daß der

junge Mensch da in Ihrem Hause warte, bis wir gesprochen haben?

Sidof. Franz

Sidof.

Za.

gebt Wem.

Aber wollen Sie nicht lieber

mit hinein gehen? Frühberg. Luft.

Vergönnen Sie mir frische

Ich bin der Kaufmann Frühberg aus

Königsberg.

Vierter Aufzug. Sidof.

So?

i5z

Zch kenne Sie nicht.

Auf einer Geschäftsreise bin

Frühberg.

ich noch Algier verschlagen worden, und habe bett einen sehr unglücklichen Mann kennen

lernen, der von hier gebürtig ist.

Herr Nei«

chenstein nennt er sich — S id oft

Lebt der noch?

Frühberg.

Sido ft

Sehr elend.

Zu Algier haben Sie —

Frühberg.

Er ist dort harr gefangen,

und hat außer mir niemals Gelegenheit ge­

habt, Nachricht zu senden.

S id o f.

Nun, die Nachricht ist —

Frühberg. Sidof.

Frau und Kinder.

Frühberg. Sidof.

den.

Lebt seine Frau noch? Oja —

Ach Gott!

Und in erbärmlichen Umstan

Wenn Sie keine Wechsel milbrin.

All;» scharf macht schartig.

jyc

gen,

so behalten Sie die ganze Geschichte

für Sich.

Frühberg.

Sprechen muß ich sie; da­

habe ich dem armen Manne gelobt.

Sidof.

Sammer.

Sie kennen nichts erregen, ass Die Frau ist schwach,

ihr den Tod briitzen.

es kann

Thränen und ein Va-

tertinfer — mehr kann sie nicht geben. Früh berg.

Sidof.

Sind die Kinder----------

Gut, gut.

schickt und brav;

Der älteste ist ge»

aber ein böses Maul wie

der Vater, dessen Geschichte —

Frühberg.

Si dos.

Weiß ich.

Der hat

Welt ralsonirt,

auch erst über alle

das Bißchen ©einige ver­

than, und ist dann in alle Welt gelaufen.

Früh berg.

Das war schlecht.

171

Vierter Auszug.

Sidof.

Die ist er denn nach Algier

gcronrnicn? Frühberg.

Sid 0 f.

Von Korsaren aufgebracht,

So? Nun, da wird ihm der

Witz vergangen seyn. Frühberg.

Wollen Sie nicht die Frau

auf einen Besuch von mir vvrbereiten? Sidof.

Es ist ein Bruder von ihm

hier. Frühberg.

Er traute mehr auf Sie —

hat mir Sie als eisen alten Schulfreund ge. nannt.

Sidof.

So!

Schulfreund?

Du lie­

ber Gort! ja, damals hatten wir Cvnncifsance.

Das ist lange her.

viel Bekannte.

Da hat man

Wo sind die hin?

Ge­

storben —. verdorben — in alle Welt ge-

Allzu scharf macht schartig. Wenn Sie aber wollen, daß die

ganzen!

Fran präparirt wird, so will ich allenfalls — Aber was will ich denn?

Sie haben

ja da eben mit dem jüngsten Sohne gespro­ chen. § r ü h b e r g.

Didos.

Von dem Neichcnstekn.

Frühberg.

Skdof.

Mit dem Sohne von —*

Wo?

Der Sie gemeldet hat.

Wie

kcmnicn Sie zu tcm? Fröhbcrg.

Der bey Ihnen Dedienter

werden wollte? Sidof.

Za.

Früh berg.

Den Sie nicht genommen

haben? Sidof.

Ich konnte nicht.

Früh berg roenM f!d? fcitieärt#. So schicken

Sie —

Lr tonn nicht weiter reden:

Vierter Aufzug.

17?

Sidof. Ich sche, die Leute gehen Ihnen $u Herzen. Krüh berg tejahct e§.

Sidof.

Vielleicht employren Sie den

Sohn?

Frühberg »em-t-s. Sidof.

Ls ist ein guter Junge.

F r ä h b erg.

Sidof.

Schicken Sie ihn mir.

Ja, ja.

Nun — ich empfehle

Mich.

Früh berg twteugt n*. Sidof. Ihr Diener. E-he tinein.

Frühberg folgt ihm, und lehnt sich an dm Pfeiler der Tharr.

i74

Allzu scharf macht schartig.

Zwölfter Auftritt. Herr Frühb'etg. Franz. Frühberg umarmt Franzen, so wie er he-'aus kommt.

Franz. Zn welchen Gasthof soll ich Sie führen? Frühbekg. Hinaus — hinaus— in's §cli> — auf den Wall, vcr'6 Thor! hin^ aus —

Franz. Sie sind so traurig — was fehlt Ihnen?

Frühberg. Dey Si'dcf hast du De. bunter werden wollen? Franz. Die Mutte» hat bisher von ihrer Handarbeit gelebt. Ich kann's nicht langer anschen, daß ich mit davon zehre.

Vierter Aufzug.

i?5

Mein seliger Vater hat uns nichts hinterlassen. F r ü h b e r g faßt feine Hand. Selig iss Lein Vater jetzt? Franz.

Gewiß; denn er war gut, gab

aller Welt, bis er selbss nichts mehr hatte —

§ rühberg. Und davon taufen mußte?

Franz. deßhalb!

6, verachten Sie mich nicht Alle Welt läßt es meinen armeri

Drnder entgelten; mrch haben von der Schule

an Lie Kinder Lümit auLgelpottet; ach! und dec Vater soll so ehrlich und so gut gewei sen siyn.

Die Mutter weint immer, wenn

sie von ihm spricht — Wir hätten ihn alle in Ehren. Frühberg.

Co wird auch Gott t\d)

zu Ehren bringen- denn die Verheißungen, die er guten KmLern giebt, sind em sicher

vfi

Allzu scharf «nacht schartig.

reS Erbe! — Komm — umarm; mich — leg dein Herz dicht au das meinige, s« umarmt ihn. In deines armen Vaters Seele segne ich dich aus der Fülle meines Herzens. Der Vorhang fällt, indem fit gehen.

Fünf-

Fünfter Aufzug. Dey

Madam

Reichenstein,

Erster Auftritt. Fran». Wilhelmine frugt ihn».

Franz Must rasch fitrein, und redet im Ausbruche les höchsten Entzückens.

v^rft müßt ihr alle beysammen seyn; eher sage ich kein Wort von allem, was mir be­ gegnet ist. Er läuft in Philipps Zimmer. W!lhelmkne gebt zurück, und tust in die

Mute: Mama — kommen Sie doch — Las­

sen Sie alles stehen und liegen — Franz ist dal M

Allzu scharf macht schartig.

178

Franz komme zurück. Ach! nun ist doch

Philipp nicht hier!

Wilhelmine. Habe ich dir das nicht gleich gesagt?

So sag indeß nur mir,

was — Franz.

Komm zur Mama —

Wilhelmine.

Da ist sie —

Zweyter Auftritt. Vorige.

Mad. Reichenstein.

M. Reichenstein. Nun, Wilhelmine!

Ach, da bist du ja auch, guter Franz! Was habt ihr, Kinder?

Franz tauft ihr:in t« Lr-.n«. 2ch bin zur guten Stunde ausgegangen!

Fünf,ter Aufzug.

179

M. Reichen stein. Ach, mein Franz! Franz

fröhlich:

Sie wissen'» schon, daß

mich Herr SiVcf abgewiefen hat?

M. Reichen stein.

Leidet!

Franz

Das war gut; baß

springt herum.

war schön; das war herrlich; Wilhelmine. Ey, so erzähle doch — Franz. Es hat ein Ende mit Kragen und

Aufschlagen.

M. Re ich en stein.

Gott Lob, lieber

Junge, wenn'» anders seyn kann.

Aber

komm zur Sache.

Franz

freudig.

Als ich vom Herrn Sl,

dos weg ging — £>, dort hatte der Onkel

schon alles verderbt —

M. Reichenstein ungetmitig. Das weiß ich. M 2

k8c>

Allzu scharf macht schar!ig.

Franz. Wie umgewendet war der Herr Sidof. Als ich nun von ihm weg ging — c, der Onkel ist recht boshaft. Denn sehen Sie nur —M. Neichen stein. kel, guter Zunge.

Laß jeht den On


drückt! M. Neichen stein.

Hälfe in der höch­

sten Noth!

Franz.

So ist doch der Franz auch ein­

mal mit einer guten Dokhschaft nach Hause

gekommen. M, Neichenstein.

Za, mein Kind.

184

Allzu scharf macht schartig.

Franz. Nun, so seyn Sie doch auch lustig!

Ä?. Reichen stein. Du hast einen Dru» der, der —

Wilhelmine. Za, Franz, demPhilipp geht es recht übel. Franz. Philipp wirb schon auch einmal jemandem am rechten Flecke begegnen — Nun, daß ich's auserzähle: da sind wir denn vor'S Thor gegangen, der Fremde und ich. Zch wollte hinten nach gehen, aber er zog mich hervor und an seine Seite, daß mir der Arm weh that.

Wilhelmine. Er muß recht gut seyn. Franz. Auf dem Spaziergänge war's nun wieder recht kurios. Alle Augenblicke blieb er stehen und lehnte stch wo an. Zch rielh ihm endlich noch, er mochte sich unter einen

fünfter Aufzug. Daum Hinsehen;

185

dar that er auch, aber

nur einen Augenblick.

Gleich ging er wie.

der weiter — lauter Nebenwege mußte ich ihn fuhren, wo keine Menschen gehen.

Wilhelmine.

Mama,

das ijt gewiß

ein Lord!

Franz.

Bewahre! er spricht Deutsch —

Wo ein Hügel kam, da stieg er hinauf, und

sah die Stadt an

— lange sah er sie an.

So hat er sich endlich in das hohe Gras nieder gelegt) ich mußte ihm erzählen, von

Ihnen, von dir, von Philipp und von mir. Einmal fing er an,

recht kläglich zu wei.

nen, dann warf er sich mit dem Gesichte in das Gras — Ich mußte ihm das Haus

beschreiben, wo wir wohnen; er hat mich fort geschickt, und nun will er hierher kom­

men.

i86

Allzu scharf macht schartig.

M. Neichenst. } Zu uns? Wilhelmine,

j Hieher?

Franz. »Ich will deine Familie kennen lernen, gütet Zunge,» sagte er. Er kommt

gewiß her. Jetzt, liebe Mutter, habe ich eine

Commission für ihn, und gehe gleich — Wilhelmine. Was für eine Commis,

sion?

Franz g-h-imniß»»«. Es ist nichts klek, nes.

M. Reichenstein. Nun? Franz.

Er hat mir scharf verboten, da,

von zu sprechen.

M. R e i ch e n st e k n. Wenn du cs nur zu seiner Zufriedenheit ausrichten kannst.

Franz.

Gewiß will ich das.

M. R e i ch e n st e i n. Wenn du sonst Zwei­ fel hattest —

8unstet Auszug. Franz.

i8?

Ach, Mama, ich bin ‘o glück,

lkch. Laß jemand mich für voll ansicht. Wenn

ich LaS erste fremde Geschäft gut auScichtcn kann, so meine ich — es soll wohl gehen

mit mit, kn der Welt nämlich.

Nun, ich

laufe hin, und komme gleich wieder her.

Geht ab.

Auftritt.

Dritter

Vorige ohne Franz.

Wilhelmine.

Denken Sie, wenn der

Franz so fort in die Welt gegangen wäre!

M. Reichen stein.

Seinem seligen Va­

ter nach, und wir hätten ihn auch nicht wie.

der gesehen l

Siilju scharf macht schartig.

1S8

Auftritt.

Viertel Vorige.

Lieutenant Lin-en stein.

Lin den stein. dam



Wilhelmine



Ma­

für meine gute Absicht vergeben

Wilhelmine! lieben

Sie mir die Hastigkeit. Sie mich?

M. Reich en stein

v, sind in Verlegenheit. j

Wilhelmine Linden stein.

Antworten Sie nicht —

ich weiß, daß Sie mich lieben.

Es macht

das Glück, meines Lebens.

Meines Vaters

Geld hindert unser Glück.

Er lebe und ge­

nieße seine Schatze.

Hat Wilhelmine und

ihre Mutter Muth genug, kommen meiner Stelle

von dem Ein.

und

ihrem Fleiße

klein und glücklich zu leben,

so umarmen

Sie heute noch Ihren Gatten. chcnftciu:

Zn M. Rei-

Und Sie stützen Sich auf einen

fünfter Anf;ug. Cohn inehr!

ifg

Antworten Sie als Mutter,

als meine gütige Freundin. Wilhelmine terl-ctigt sich und gebt.

Lkndenstein.

Wilhelmine, Sie gehen,

und meine Frage geht Sie so nahe an?

Wilhelmine.

Ey — Cie sagen ja,

Sie wüßten alles, was ich meine.

Wenn

die Reihe an mich kcmmt, so antworten Sie nur für mich. Sie geht schnell ab.

Fünfter Auftritt. Mad. Reich en stein.

Lieutenant

Lind en stein.

M. Re ich en st ein.

Sie überraschen

mich. Lindenstekn.

Ist das alles, was Sie

über meinen Antrag denken
97

Wilhelmine. Sind wir noch unglnck. lich? — — Was haben Sie Lindenstein ge­ antwortet — M. Reichenstein. Ich habe unsern gu« ten Namen erhalten.

Wilhelmine. Ich denke auch, daß da« wohl nicht seyn muß, was er gesagt hat.

M. N e i ch e n st e i n. Es darf nicht.seyn. Wilhelmine. Ja, wenn der Papa leb, te, und es wäre alles noch, wie es sonst ge, wesen ist — M. Reichen stein. Du mußt daran nicht denken. Wilhelmine. Daß er aber ein recht guter Mensch ist ,daS ist gewiß.

M. Reichenstein. Gewiß. Wilhelmine süun >p>». Nicht wahr, e« thut Ihnen leid, baß cS nicht seyn kann?

ig8

Allzu scharf macht schartig.

M. Reichen steln. Wilhelmine schnell.

Es thut mir leid.

So darf ich doch

manchmal mit Ihnen davon sprechen, daß es

Schade darum ist?

M- Reichen stein. Wilhelmine.

Za, mein Kind.

Das ist gut,

Mama.

Das macht, daß ich weinen kann; denn ich

habe ihn recht herzlich lieb, und ich danke Ihnen, daß Sie es erlauben. Sie biet jemand kommen, trocknet sich die Augen- und geht hastig nehm Herrn Frühberg hinaus.

AchterAuftritk. M, Reichenstein. Herr Frühberg, Frähberg.

die Ehre —

Madam — ich — ichhabs

Fünfter Aufzug. M. Reichen sie i n.

199

Machen Sie mir

bekannt, wen ich das Vergnügen habe bey mir zu sehen.

Ach Gott — vielleicht —

§ r ü h b e r g nimmt ihre Hand.

Gewiß!

M.Reichenstein. Der Menschenfreund, ter meinen Sohn Franz — find Sie cs? Fr ü h b e r g.

Ihr Sohn ist bey mir, ja.

M. Reichen st ein.

nehmen

Sie

den

O mein Herr

Dank

einer

Mutter,

die —

F r ü h b e r g.

Wo find Ihre andern Kin­

der? M. R e i ch e n st e i n.

Mein e Tochter ging

rieben Ihnen hinaus.

F r ü h b e r g.

War das die Tochter?

M, R e i ch e n si e i n,

hat Geschäfte.

Mein anderer Schn

200

Allzu scharf macht schartig.

Frühberg ftijt «ich. Sie sind unglücklich, Madam?

M. Neichen stein.

— Ich bin nicht

glücklich. Frühberg steht auf. Sie sehen mich an 3

M. Neichenstein. Ihr Blick — Ihre Stimme — ruft eine traurige Erinnerung

hervor. Frühberg.

Eine traurige Erinnerung3

M.Netchenstein. Mein seliger Mann Frühberg.

Zst er todt?

M. Reichen stein.

Gewiß, uut gefatt«

leit Händen: gewiß!

Frühberg.

Ich höre/ er war so treulos

und verließ Sie.

.M. Reichen st«in.

Dringen Sie mich

nicht auf Las, ich bitte Sie.

Fünfter Aufzug.

301

Ich begreife, daß Sle un»

F r ü h b er g.

Herr Sidof wird Ihnen

gern davon reden.

gesagt haben, daß —

M. Neichen fieln.

Früh berg.

Was, mein Herr?

Har er Ihnen nichts von

mir gesagt?

M. Neichenstekn, Frühberg.

Ich

Kein Wort.

heiße Frühberg,

ein Kaufmann aus Königsberg.

bin

Ich muß

Ihnen sagen, daß ich vor zwey Jahren, durch einen Zufall —

Neunter Auftritt, Vorige. Wilhelmine. das Unglüch!

Wilhelmine.

Ach, Mama

Sie will leise mit ihr reden.

»ch,

202

Allzu scharf macht schartig.

M. Neichenstekn.

Rede laut, mein

Kind; wir kennen vor diesem großmüthige»

Manne kein Geheimniß haben. Wilhelmine.

ist draußen;

Der Buchhändler Reifeld

er har Gerichtspersonen bey

sich. M. Reichenstc«in.

Wilhelmine.

Gerichtspersonen?

Er hak für Philipp das

Buch »Ehrenrettung meines Vaters» ge< druckt. Frühberg.

Ist so ein Buch da?

M. Neichenstekn.

Mein armer Sohn

hat es geschrieben.

Wilhelmine. Und das ist jetzt von der Obrigkeit weg genommen,

F r ü h b e r g.

So?

Wilhelmine.

Für eine Schmähschrift

erklärt, der Drucker kn achtzig Thaler Strafe

verurthei.'t.

203

Fünfter Aufzug.

Mad. Reichcnstein.

Armer,

armer

Mann!

Wilhelmine.

Er hat über dreyßig

Thal.r Unkosten gehabt, sagte er; die sollen wir bezahlen, oder er will uns und unsre Sa­

chen arrctkren, und nicht eher von der Steve gehen. Früh berg.

Sie und Las Buch interes.

prcn mich; ich will mit dem Manne reden, gcht.

Zehnter Auftritt. Mad. Rekchenstein. Wilhelmine. M. Reich en stein.

Das Wesen, wel­

ches Uebel zulaßt, wird mir Fassung erhal­ ten und Auswege zeigen. — Mehr kann ich nicht denken * thun kann ich gar nichts.

304

Allzu scharf macht schartig.

Wilhelmine.

Ach Mama! Herr Nel-

seid ist entsetzlich aufgebracht über uns.

M. Netchenstein.

Wußte ich nur, wie

es deinem Bruder geht!

Eilfter

Auftritt.

Vorige. Philipp. Philipp.

Wer ist der Mann da draußen

bey dem Buchhändler?

M. Neichenstein.

Kaufmann Frühberg

aus Königsberg; er hat Franzen zu sich ge­ nommen, und will —

Philipp.

Er hat mich von dem Buch­

händler weg, und ungestüm hier herein ge­

wiesen.

Fünfter Aufzug. M. Neichenstein.

Wilhelmine.

^5

Ach, mein Sohn —

Wir sind arrerirt —

M Neichenstein.

Der Buchhändler ist

gestraft. Philipp.

Und ich bin aus dem Lande

gewiesen.

M. Reichenstein starr.

Philipp, waS

sagst du da? Philipp.

Zn GotteS Namen!

Was haben wir hiev?

Fort!

Erde, Luft, Waffek

und — Drod durch unsrer Hände Arbeit»

Wir finden eS überall.

M. N e i ch e n st e i n rs, HLsre tingtnt. Kann das nicht abgewendet werden?

Philipp.

Es kann nicht und ich —

Wilhelmine. der!

Ach

Bruder,

Allzu scharf -nach! schartig.

226

Philipp.

Und ich mag es auch Nicht.

Zch habe so geantwortet, daß daran nicht jit

denken ist. M. Neichenstekn.

nicht.

An mich denke ich

Aber an dich — dein Glück — 0, wie

beugt mich das!

Philipp. Hohe.

fen?

Wir sollen hier nicht in die

Denn was konnte man mir vorwer­

Schreibart, Ausdrücke — Man ent­

kräftete die hellsten Beweise mit Lhicanen, schob endlich alles auf meines Vaters Still­

schweigen.

Als ich dann sagte, daß doch —

kurz, man hat abgeunheilt, cs sey eine re­ bellische Schrift, ich ein unruhiger Kopf, und

— und — ich muß fort.

Fünfter Aufzug.

227

Zwölfter Auftritt. Vorige.

Früh berg

Philipp. Frühberg.

Herr Frühberg.

umarmt »Ijilipp.

Mein Herr — Du hältst deinen Vater iit

Ehren, junger Mensch.

Zu M. KcifrmftM

Der Mann ist auf eine Weile besänftigt. Philipp.

O, mein Herr —

wenn

Sie meines Vaters Schicksale wüßten! Wie

er hier weg kam — M. Neichenstcin.

Güte — Leicht­

sinn, Verbürgungen — er verwaisWechsel,

die er nie geschrieben hatte.

Meineid be­

stätigte sie, er sollte öffentlich— Mein Sehn, rede weiter —

Philipp.

Sein Witz galt für Laster —

2C8

Allzu scharf wacht schartig.

M. Reichenstein.

Ja, mein Herr,

Bonmots waren sein Unglück.

Der allge­

meine Haß gegen seine satirischen Einfalle

schärfte jedes Verfahren.

Siebzehn Jahre

lang weine ich über Bonmots, die ihm ein

Lächeln des Beyfalls,

mir Armuth und

Schande zugezogen haben.

Spötteley bat

mir einen Gatten, Meinen Kindern einen Vater geraubt, und dieser Cohn — diese

meine Hoffnung und mein Stolz — liebt seines Vaters Fehler. Früh berg ergreift rasch seine ^anv. Jun­

ger Mensch — die Hand, die dick jetzt saßt

— liegt vielleicht bald im Grabe.

Am Ende

des Lebens ist keine Täuschung mehr; nimm dich zusammen, und höre, was Erfahrung zu

dir spricht.

aber witzle nie.

Sage deine Meinung frey, Nenne das Laster — La­

ster, wo dein Gewissen dir befiehlt, laut zu seyn;

Funstet Aufzug. seyn;

209

aber spähe nicht nach Lächerlichkeit

len, du forderst das Auge der Welt auf dich — und der Mensch lebt nicht, der klar

befunden würde, wenn ihn die Menge sich, let.

Sagst du Witz — und du siehest Lä­

cheln des Beyfalls — so zittre; denke —

jetzt sähest du dein Haus versiegeln, dein

Weib am Bettelstäbe, deine Kinder hinaus

gestoßen, dich preisgegeben I

Laß mich dein

Herz wie deine Hand ergreifen, behalte dle

heilige Wahrheit: — «Da» Lächeln über Wiheleycn ist die Sterbestunde de» Glück»

und der Ehre, das Grab deiner Ruhe.«

Philipp.

Wenn Vorurtheil mir im

Wege ist, wenn Bosheit und Albernheit da»

Gute hemmen — Frühberg.

So handle.

Philipp. Der Einzelne kann selten han­ deln!

O

2io

fcs;uif macht schartig.

Frühbecg. Wo ec eS nicht kann, ist es Uebermuth, wenn ec es will.

Philipp. Durch Witz kann ec ausmeck. fallt machen, strafen —

Frühberg. Sich selbst! sich selbst! Wenige behalten gute Handlungen im Ee« dächtnisse, witzige Einfälle behalt ein jeder. Philipp. Fassen Sie meine Lage! Meine Zeit ist edel verwendet — ich komme nicht weiter. Meine Arbeiten werden ge­ liebt, und ich komme nicht weiter.

Frähberg. Ist jemand einmal in dem Ruft des Spötters — so ist das große Dand von Menschen zu Menschen — das Ver­ trauen — durchschnitt'n, er steht allein in der Welt; preiSgegeben. Co ging dein Va­ ter zu Grunde, so stehst du jetzt in der Welt allein da.

Fünfter Aufzug. Philipp.

211

Allein — aber bewußt.

Frühberg.

Bewußt?

Ich sage Nein.

Der Mensch, der seinen Geschwistern aller

gccpscrt hat — M. Reich en stein. Za, das hat er;

Gatten « und Vaterstelle vertreten.

war ihm zu viel, nichts zu geringe.

Nichts

Vor

ihm konnte ich ausweinen, bey ihm wieder Trost finden.

Das Zeugniß bin ich ihm

schuldig, so oft ein guter Mensch meine Schwelle betritt.

Frühberg.

Alles konntest du opfern —

nur den Witz nicht!

Mutter und Eeschwi,

(ter, die dein Talent in Wohlstand sehen

konnte, kümmerlich lassen — um nur nicht den Ton zu andern, der deiner Eigenliebe

Nahrung giebt!

0 s

2i2

Allzu schaif macht schartig.

Philipp.

Grausamer Wohlthäter —

mas gewinnen wir, was gewinnen Sie selbst, wenn Sie am Rente des Unglücks mir noch

Ungewißheit über mich geben?

Ach, wenn

ich in einer Livree steckte, wie mein Bruder, so könnte ich meinen Herrn verlassen, und

einen andern suchen.

Aber weil ich bin —

was ich nie hatte werden feilen, so werde

ich verbannt!

Ach, es war so väterlich,

daß ich meinem Bruder den Weg anwieS! k

Frühberg.

Und welchen Weg willst du

jetzt gehen? Philipp. Brod erwerben, für meine

Mutter und Schwester — Brod! Höher will

ich mein Kapital nicht anbringen.

Frühbera. Darfst du sagen, so viel will ich, und nicht mehr.

Ward dir dar.

nm Einsicht, Gefühl und Kenntniß verlie-

Fünfter Aufzug.

2'3

hen, daß du mit allem diesem richt mehr

ausrichten solltest, als der Tagelöhner? daß

du unnützer bist, als er?

Bist du allein ? —

ist nicht deine arme Mutter da — deine Geschwister?

Hast du nicht Vaterpstichten,

da dein Vater sie verlassen hat?

Seilen

diese hungern, damit du witzig bleibst — Philipp.

Sie sehen mich km schrecklichen

Lichte! O, mein Herr — Frühberg. Ich habe dich deinen Psiich.

ten gegenüber gestellt.

Kannst du mich an­

sehen und sagen, ich redete Unwahrheit?

Ach, daß du es doch für rühmlicher gehalten hattest, durch sanfte Tugenden die Menschen zu gewinnen, als durch Witz und Bitter­

keit sie zu beherrschen!

Aber in unsern Zei»

ten sehr man keinen Werth mehr darauf, zu nützen, jedermann will nur glanzen.

2i4

Astzu scharf macht scharlig.

Darum drehet alle« sich aus Lern Gleise,

darum welltest tu gleich der Erste — oder

ausgezeichnet der Unglücklichste fern.

Züng-

ling — ich erkenne, daß man dir zu viel thut, daß dein Herz leider; aber greif in

deinen Busen.

Es ist eine feinere Rache an

der Delt, daß du manches Uebel nicht heben wolltest, was du heben konntest; aber immer

ist es doch Rache.

Philipp. so

.0 mein Herr, haben Sie

viel Unglück gehabt als ich?

Sie einen Vater so verloren?

Haben

Ist Ih­

nen jeder Versuch so mißlungen; sind Sie so gemißhandelt als wir? Haben Sie

alle Moraen das Gesicht einer Mutter, die

von ihrer Hande Arbeit lebt, abnchmen, eine tugendhafte Schwester lästern, Ihre red. liebsten Plane vereiteln sehen?

O wahrlich,

wem Liese Dinge nicht Bitterkeit geben,

Fünfter Aufzug.

215

der hat weder Herz, Blut, noch Selbstge«

suhl! § r ü h b e r g. Denke an deinen Vater.

Philipp.

Kann ich seine Feinde seg­

nen?

Früh berg. Philipp. beschämen?

Beschämen! Die uns geplündert haben,

Die «ns necken, foltern, schma.

hen, beschimpft», zum Lande hinaus jagen,

beschämen?

Frühberg. du.

Die Menge ist mehr als

Du hast sie beleidigt — start sie aus«

zusohnen.

Philipp.

Nun dann — es ist gesche­

hen ; ich bin ein Baum, der mit Blatt und Blüthe heraus gerissen, und an die Straße

geworfen ist!

Nütze mich, wer da kann

und will! Haben Sie, mein Herr, ein Ee«

216

Allzu scharf macht schartig,

schäft —

eine Hantierung —

weit von

hier — in einem Winkel, wo nichts ist,, als

eine Hütte, Gras, Däume und Wasser — senden Sie uns hin. aus mir gemacht!

Ach, was haben Sie

Sie haben mich elend

gemacht; Sie, mein Herr!

M. Rekchrnstein.

Sohn, was thust

du?

Ehe ich Sie sprach, war ich

Philipp.

schuldlos — Sie haben einen fürchterlichen

Sturm in mir erregt; Sie haben mir dar Bewußtseyn genommen, daß ich gerecht

gehandelt hätte.

Nun erst bin ich elend.

Frühberg.

mußtest du.

Edler

Jüngling!

dahin

Du mußtest erst genau wissen,

was du bist, ehe du bestimmen kannst, was

du werden sollst.

Nun laßt uns von der

Fünfter Aufzug.

217

Zukunft reden. Z» M. R-ichenstn». Ich wollte

Ihnen sagen —

Dreyzehnter Auftritt Vorige.

Lieutenant Lindenstein.

L i n d e n st e i n.

Sag mir, lieber Reich en-

stein, was ist das?

Ist cs dein Wille,

daß dein Bruder Soldat werden soll?

£)'. 5l eichen st. ] Wilhelmine,

Philip p.

j

Franz? Ach, mein Bruder?

Nein, sage ich.

Lin den sie in.

Der Hcftalh hat er

nachgesucht, aber —

Philipp.

Das soll er nicht, baS darf

er nicht, das will ich nicht.

Allzu scharf macht schartig.

218

Lind en stein.

Ruhig!

Er wird

eS

nichr, wenn Sic nicht wollen.

Vierzehnter Auftritt. Kammrrrath Skdof.

Vorige.

Sido f ,u Philipp. nicht übel,

Nehmen Cie mir es

wenn ich eine Störung mache.

Sie wissen,

düst ich dem geheimen Rath

Lindenstein versprochen habe, ihn zu averli.

ren,

riage

wenn der Herr Sohn hier eine Ma. mit

Ihrer Schwester

präcipitircn

wollte. Philipp.

Hier von imö werden kein«

Sohne entführt. Linder stein.

Wenn S'e aber so dienst,

fertig im Aveniren sind, warum sagen Sie

Fünfter Aufzug.

219

diesen Leuten nicht. Laß Ihr Freund Hof.

rath Len Franz unter das Militär geben

will? Sidof.

Sie haben mir keine Com­

mission gegeben. Linden stein. Sidof.

Oder keine bezahlt.

Mit Geld in der Tasche lache

ich beide Parteyen auch die bezahlt, und die sich beklagt.

Lindenstein h-fliz. Aber meine Mey­

nung von Ihnen?

Sidof.

Ist Ihre Sache.

Linden stein.

Und Ihre eigne Ueber­

zeugung — Sidof.

Ist nicht Ihre Sache.

Genießen sind wir da.

Zum

Ich kann nicht ge­

nießen, wenn ich nicht habe; darum trachte

ich zu haben, damit ich genieße. — Genug,

220

Allzu scharf macht schartig.

wenn Sie hier heirathen wollen, bin ich be« vvllmächkigt, Sie zu hindern; deshalb komme ich, und das werde ich. L i n d e n st e i n. Wie, mein Herr? wie? Sidof. Das ist meine Sache!

Fünfzehnter Auftritt. Vorige. Hostach Reichen stein. Hofrath. ten!

Das sind schöne Geschich­

Philipp. Herr Onkel, was wollen Sie hier?

Hvfralh. Da ihr mich um Ehre und Würde bringt, meine Schande auf euren Kops fallen lassen.

Fünfter Aufzug.

221

Philipp. Mäßigen Sie Sich; Sie fth.n, wir sind nicht allein.

Hofrath. Was bald die ganze Stadt wissen wird, was mir den Tod fast zugezo. gen hat, mag hier jeder wissen, der nicht hin« aus gehen will?

Lindenstein. Sie haben den Franz «»werben lassen wollen?

Hofrath. Wollen? Za. Aber — Philipp. standen?

Sie haben Sich das unter,

Hofrath. Auf Seinen Knieen danke Er mir dafür. Auf Seinen Knieen bitte Er, daß das noch angchcnnwge. er wirft tm •Jut auf den Boden. Die Schande und unser ehrlicher Name! Da — das wird er seyn.

Allzu scharf macht schartig.

222

Sechzehnter Auftritt. Vorige.

Franz tritt mit einem Unteroffizier

ein. 2m Vorplätze fW man zwey Mann Wache. Wilhelmine.

Ach Mama!

M. Neichenst.

Mein Gott!

>Was ist das?

Philipp.

F r ü h b e r g. Lindenstein. Hofrath.

I

Mein Herr!

j

Herr Hofrath!

Nun, Bursche, nun rede!

Franz jn Herrn Frühberg.

Lieber Herr —

ich kann nichts dafür! Hvfrath.

Still! keine Beredung. Ich

frage euch, woher hat der Junge einen Orillantring von taufend Thalern?

Mad. Reichenstcin.

ring?

Einen Brill.rnt-

Fünfter Aufzug. Philip p. Frühbera.

223

Was ist Las, Franz ?

Von *—

Hofrath. Einen Drillantting, den er auf Las Leihhaus brachte, worauf er. sechs hundert Thäler verlangte; der dorr alles in

Schrecken setzte, well man wohl weiß, daß hier der Bettel zu Hanse ist; weshalb man

mich rufen ließ, und worüber ich noch an

Arm und Beinen zittere? Frühberg.

Den Ring hat er von mir,

mein Herr.

Hofrath.

Von Ihnen?

Der sind

Sie?

Sidof. Ja, apropos, ich habe verges­ sen, Ihnen zu sagen, daß —

Philipp.

Und Sie unterfangen Sich,

jemand von uns ein Bubenstück zuzutrauen?

224

Allzu scharfmacht schartig.

Von uns, die wir so oft mit ungefüllten: Hunger nnS auf unser Lager nicderwerfen?

Fra nz.

Mich wie einen Verbrecher über

die Gasse führen zu lassen? M. Reich en st. Mein Kind, mein Kindl Wilhelmine./ O du armer Fran;I

Lindenstein.

Wissen Sie, daß das so

schändlich ist, daß Sie — Hofrath.

O, nur gemach!

Man ist so

Wer ist der Patron dort,

furchtsam nicht.

dem der Ring angeblich gehört? Phil sp p.

Herr!

Hofralh.

Der sich hierher verkriecht und

Brillanten an einen svlchcnZungen zum Ver,

satz geben kann?

Philipp.

Sein Herr;

ein Fremder,

dessen Barmherzigkeit Sie beschämen sollte,

wenn

Fünfter Aufzug.

225

wenn Sie eines edlen Gefühls fähig wä-

ren! Hofrath.

Sein Prahlen hat in drey

Tagen ein Ende; denn da muß Er aus der Sc«Lt, das weiß Er.

Philipp.

Das ist dein Werk, Un­

mensch I

L i n d e n st e i n.

Za, elendes Geschöpf, bas

ist Wahrheit. Weil man keiner unedlen Seele den Adel hat ertheilen wellen, so möchtest tu glauben machen, um dieser edeln Men­

schen Armuth willen sey der Adel dir verwel-

gert worden.

Hofralh. Nun, Zungfer, so gefälltZhr der Herr Lieutenant ja wohl recht? Wilhelmine

Lindenstein

weinerlich.

Ach ja!

nimmt seinen Degen ab.

Erst

will ich diesen Degen weg thun, daß ich sicher

bin, ihn nicht an dir zu entehren — Nun

P

22Ö

Allzu scharf macht schartig.

zieh, daß ich deinen Degen zerbrechen, und die

Stücke dir vor die Füße werfen kann —

S i d o f hält ihn zurück. Herr Lieutenant!

Hofrath ft st. Ich fürchte nichts. Lindenstein. Das fühlen alle Unglück­

liche, die dich verfluchen! Hofrath

zu Herrn Zrühberg.

Der Ning ist

also Ihre? So gieb ihn hin, Bursche. Franz

giebt ihn Herrn Zrähhcrg.

Hofrath.

Nach Ihnen muß dann wei­

ter nachgcsorscht werden. Du aber marschire jetzt zum Regiments, Frühberg.

Hofrath.

Früh berg.

Hofrath. Unteroffizier:

Nein, sage ich.

Was? Du gehst gleich! Er bleibt hier.

Das wollen wir sehen! Zum

Herr!

Philipp.

Der Unteroffizier nähert sich.

Onkel!

auf ihn zu.

Fünfter Aufzug.

227

M. Nekchenst-1 Hallen ihn auf. Um Got« Wilhelmine/ tes willen!

§ r ü h b e r g reißt Franzen zu sich.

Mein ist

er- — mein! Mir nimmt ihn nur Gott.

Hofrath.

Weiß der Herr, daß ich seines

Vaters Bruder bin.? Früh berg.

Vater ist mehr als Vater«

Bruder, und sein Vater lebt noch. Philipp.

3

Lebt?

Iran;. Ach Gott! M.Neichenst.^ Lebt? Frühberg.

Lebt!

Ich selbst, ich habe

ihn vor zwey Jahren gesprochen —

?llle sammeln sich um ihn. M. Neichen stein.

Wo — um GotteS

willen — Wo? Frühberg.

§u Algier, wo ich

M. Reichenstekn.

Algier? —

Gott!

P 2

Ach

228

Allzu scharf macht schartig.

Philipp.

Auf — hin, hin, hink Dir

werden ihn erlösen.

Sitten haben die Bar­

baren nicht, aber Herzen.

Hier ist Dil-

dung, hier sind Sitten; aber Kraftlosigkeit in

den Gefühlen, Nacht und Barbarey in den Herze».

M. N ei ch e n st e i n stürzt auf dl« snice. Wenn er noch lebt, so segne ihn Gott, und stärke ihn,

daß er trage, leide, hoffe — gebe ihm Er« guickung, Geduld , Muth, Jahre, Freunde,

so viel frohe Stunden, als ich Thränen um ihn vergossen habe!

Philipp. Gott Lob, ich bin verbannt — hin nach Algier! Kann ich «hn nicht erlösen,

so kann ich doch seine Ketten für ihn tragen. Wußte er nichts von uns

Frühberg. Er war gefangen. M. Reich en st. 3 Gefangen? Wilhelmine,

j Ach Gott!

Fünfter Aufzug.

229

M. Neichenstein. Gefangen? Und wir klagen! Ach, wir waren doch frey! Was

haben wir zu verlieren?

Dir wollen alle

hinwallen.

Philipp.

1 Allel

Franz.

> Za, Mutter!

Wilhelmine,

j Ich auch, ich auch!

Ere umarmen die Mutter.

Sid 0 f.

Bedenken Sie —

M. Rcichenstein.

Es giebt Menschen,

die barfuß durch die Welt wallen, um Fremde, die sie nie sahen, deren Lächeln und Thränen sie nicht kennen, aus der Sklaverey zn.be-

freyen.

Laßtams an den Thüren aller Volker

umher gehen — das Weib, die Söhne und die Tochter, und sagen: »Gebt, was euer Herz will; es ist für einen Gatten und Va­

ter.» Frühberg.

Erhole dich —

Allzu scharf macht schartig.

2ZS

M. Reichenstein. Von dem Gedanke» des Wiedersehens? Ach, konnte ich doch dar. versterben! Siebzehn Jahre habe ich ihn nieder gekämpft, nun kann ich nicht mehr da­ von scheiden. Gott, der mein Herz so selig

belebt, wlrd mich erhören; wir sehen ihn wie­ der ! Kinder, ja — ich weiß, ich sehe ihn wieder.

Früh berg. Du wirst ihn Wiedersehen, du stehst ihn wieder! Amalie, mein Blick, — meine Stimme, Weib — Mutter! Ja, ich bkn'S, ich bin's — du hast mich wieder in

deinen Armen.

M. Reichen stein. ,'Allmächtiger Gott! Sie umarmen sich.

r

Philipp stii-jt zu s-inmFäk-n.

Wil helmkne

reitzt eine seiner Hände aus

der Umarmung, und hält sie fest an ihr Gesicht.

Fünfter Aufzug,

231

Franz umfaßt seinen Leib. 0 lieber Vater, sehen Sie uns an! Lindenstein sucht, wie die Kinder ihn frey lassen, ihn zu umarmen.

Hofrath sicht starr hin. Sidof faltet die -Hände. Eine Pause.

M. Reichenstein. Bist du es — bist du es? Doch noch glücklich, glücklich, glück« lichr

Früh berg.

Kinder, vergebt mir, daß

ich euch vaterlos gelassen habe.

Weib, vck«

gieb mir, vergicb wirk

M. Reichen stein.

Tausend Thränen

stossen, und du sähest ste nicht — Frühberg.

Ich habe kein IRccht an

euch — als was ihr mir großmüthig ge­ ben wollt.

Zch habe euch nicht erzogen.

Aber siebzehn Zahre lang habe ich in Kct«

2Z2

Allzu scharf macht schartig.

ten um euch geweint, in Sturm und Wel» len laut geweint.

Laßt meine Thränen mir

ju gute kommen, und mein Unglück! Wilhelmine

küßk sein« Han».

Franz! Sic schreyt laut aus:

Ach,

Sieh, sich, wie

die Ketten da eingedrückt haben 1

Franz küß, die andere Hand.

Darum ha­

ben Sie mich heute so geküßt und geseg­

net. Frühberg

umarmt alle drey.

Meine gü»

ten Kinder!

Hofrath. Frühberg.

Bruder —

Dir kann ich nicht sagen,

»komm an mein Herz.«

Die Natur wie-

meine Kinder an dich, und du hast sie ab­ gewiesen!

Reich komme ich zurück, alle«

wollte ich vor euch ausbreitcn — Sidos drückt ihm die Hand ernsthaft. Herz-

kich willkommen auf Europäischem Dodcn!

Fünfter Aufzug. §rühb erg.

233

An der Wonne der Un«

glückliche» tooffle ich mich laben', aber du hast den seligsten Augenblick meine« Lebens mit häßlicher Gewalt mir abgestürmt.

Hofrath. Aber nimm selbst, der Ring —

Frühberg. Sechzehn Jahre lag ich ge^ fangen; arbeitete in den Gebürgen, wohin kein Europäer kommt; konnte nichts wisse»

— euch nichts wissen lassen; schleppte meine

Ketten gegen die ausgehende Sonne, und

mit der untergehenden Sonne wieder in mei ncn Kerker.

M. Reichenstein.

Früh berg.

OGottl

Wunderbar rettete ich der

Tochter meines Herrn das Leben, ward frey, mit Geschenken überhäuft.

Zch komme

hierher — will dich schonen, euch kennenehe ihr euch reich wißt, finde euch kn drük»

kender, augenblicklicher Noth.

Meine Sa-

234

Allzu scharf macht schartig.

chcn sind noch zurück, ich will also auf den

Ning ein Capital nehmen, und — laßt

mich an euren Herzen das übrige vergessen. Er wird Don ter Truppe umarmt.

Philipp.

Nun fühle ich die Wahrheit

Ihrer Lehren zwiefach I

Früh berg.

Die Sucht, das Lächerliche

zu mahlen, hat keines Menschen Herz je so

theuer bezahlt als ich.

Mein Sohn, laß

es für den Denkstein des ersten Wiederse,

hens gelten, daß ich dich beschwöre, »nirgends Lachen zu erregen, aber Wohlwollen und Zufriedenheit, wo du weißt und

kannst.«

Dann öffnen sich dir alle Thüren,

alle Herzen; du giebst Frieden, und hast Frieden. M. Reichen stein.

Kommen Sie,

Linden stein. — Durch deine glückliche Wie-

dcrkunst wird dieß der Mann, der einst deine Wilhelmine glücklich machen wird.

F ä u fter Aufzug. Frühberg.

235

Meinen Segen über alle!

Lohnen kann ich niiits.

Aber jeden Wasser,

trunk, den eine gute Seele euch gereicht hat,

lohne (Lott mit Seelenfreude reich!

Hofrath.

Druder, Sott hat dich mir

Reichthum gesegnet — das freut mich. Laß uns —

Sid 0 f.

Mich freut tS wahrlich.

Wo

ich Ihnen dienen kann, dlsponiren Sie —

ich kenne alle. Gelegenheiten. Hvfrath.

Laß uns alles Mißverständ-

niß bey Seite legen —

Frühberg. Die Natur mag dir verge. ben, daß du ihre Stimme nicht verstehen

wolltest.

Hofrath.

Du kannst jetzt deiner Fa.

milie mit Gottes Hülfe wieder Eelat geben.

Ich will das Meine beytragen, und znm An­ denken deiner Defrcyung und Rückkunft, bei.

az6 Allzu scharf macht schartig. neu vorigen Uebelstand zu verbergen brüder­

lich Kelsen.

DaS Gesuch, kn den Adelstand

erhoben zu werden, will ich nicht nur für mich wiederholen — ich will es auch auf dich und

die Deinen mit extendlren.

Zch zweifle nicht,

wir erhalten es; alsdann —

Frühberg.

Druder, ich danke Gott,

baß ich wieder in den Vatcrstand erhoben bin. Nach siebzehn Zähren >- aus den Ketten

— wieder unter Frau und Kindern!

Laß

pnS erst meine Ehrenrettung von unserm gu­ ten Fürsten selbst betreiben; dann will ich nur leben, um auf dem Gesichte dieses edlen Wei­

bes Falten auszugleichen — ost meine Ket­ ten betrachten, und Golt danken, daß, von

aller Welt verlassen, mitten in Noth und Elend — diese guten Kinder den Adel ihrer

Seele so rein erhallen haben.

Er uinarme seine

Frau; tie Kinder rind Lindeiificiii ge »eite.

Fünfter Aufzug:

237

®töof hat sich auf seinen Stock gefüllt, und sicht zu. Hofrath hat den Stock am ?7dnnLe, spielt mit

5er Quaste, und sieht vor sich nieder. Der Vorhang flat.