A. W. Iffland’s dramatische Werke: Band 12 Selbstbeherrschung. Dienstpflicht. Allzuscharf macht schartig [Reprint 2020 ed.] 9783111567839, 9783111196299


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A. W. Iffland’s dramatische Werke: Band 12 Selbstbeherrschung. Dienstpflicht. Allzuscharf macht schartig [Reprint 2020 ed.]
 9783111567839, 9783111196299

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A. W. Jfflands

dramatische Werke Zwölfter Band.

Selb st beherrsch n ng. Dienstpflicht.

Allzuscharf macht schartig.

Leipzig, bey Georg Joachim Göschen.

1800

Selbstbeherrschung. Ei »Schau spiel in fünfAufzügen«

Baronin von Rosen stein, Wittwe.

Oberhofmeister von Werrthal,

ihr

Bruder.

Louise Selling, Gesell Constant, Haushofmeister

Willnang, Sekretär

Wadam Willnang,

Sophie,

seine Mutter.

ihre Tochter.

Assessor Willnang, Schwager der Madam Willnang.

Herrmann Schmidt,

ein Landman» von der

Herrschaft der Baronin.

Jakob, Bedienter der Baronin. Ein Jager der Baronin.

Aufzug.

Erster

Vorzimmer der Daronin von Rosenstein^

Erster

Louise.

Auftritt.

Jakob,



«>»m Pack Bach» Das« er immer dieses Wohlwollens

»ebenen Händen.

würdig blelbe l — fiebt sie en. Zch bin aber gar nicht ruhig über ihn.

Louise.

Wie so? Er lacht viel und gern.

Mad. Willnang. Er nimmt den Anlaß

und zu finden glaubt.

dazu, wo er ihn findet, Zhnen mache ich kein Ge,

heimniß daraus, daß er Anfangs sogar, nicht über die gute Dame — aber über manche Hofsttte an

ihr gelacht hat —Louise.

Ehe er kennen lernte,

Anfangs.

daß eS gewisse Förmltchkeiteu giebt, davon auch die edelste Seele in diesem Stande sich nicht loSr machen kann und darf.

Aber jetzt nicht mehr.

Mad. Willnang. Wie ernst habe ich ihm. das verwiesen! — Zch bin bekümmert darüber,

daß Uebelwollende der guten Dame dergleichen hinr terbringen könnten.

Louise.

Daö wäre freylich schlimm; indeß —

Mad. Willnang.

Und wie geht er mit den

Lächerlichkeiten deS Oberhofmeisters um?

Louise.

Das schadet nicht.

Mad. Willnang. Da aber jetzt die Zudringt lichkeiten seines Sohnes gegen meine Tochter 6c;

deutlich werden —

Louise.

Zn der That?

42

Selbstbeherrschung.

Mad. Willnang.

Sehr bedenklich! Wa§

rvird er sich nicht alles gegen Leute erlauben, die

er nicht achtet? L 0 U tse «greift di« Hand der Madam Willnang.

Die

Aeglde seiner Wohlthäterin schützt ihn gegen dieß alles.

Si« wcndet üch.ab.

Ach!

wer weiß, wohin

ei« sieht si« vrhmüthiz an.

sie ihn noch erheben wird,

Leben Ste wohl! Mad-

Willnang hält sie auf.

Louise!

Ihr

Ton sagt mir mehr als Ihre Worte. Acngstcn Sie Ihre mütterliche Freundin nicht mit Vermu/ shungrn! seyn Ste offen! Louise.

Ach!

Hier möchte mein Herz sich

Erleichterung verschaffen, — und wenn ich mir das gestatte, so verrathe ich die edelste Freundin.

Mad. Willnang.

Die Mutter bittet. Zch,

die ich euch beide meine Kinder zu nennen hoffe. Louise schüttelt den Kopf, und hält das Tuch vor die gingen.

Mad- Willnang.

Wie?

Louise ftütjt in ihre Arme.

Mad. Willnang. Louise.

Sie liebt ihn —

Wer?

Frau von Rosenstein liebt Ihren

Sohn.

Mad. Willnang tritt zurück. Louise.

Louise!

Er ist sür mich verloren.

Mad. Willnang.

Nimmermehr.

Selbstbeherrschung, Louise.

43

Sie kämpft weher mit dem Vcrurcheil

noch mit ihrem Entschluß.

Nur das zarte Gefühl,

faß ihre Zahre ihn unglücklich mad’cn würden, hat

sie bis daher abgehalten, seinen Namen zu traqctt. Mad. Willnang.

Louise.

Das wissen Sie gewiß?

Jede Stunde sehe ich sie in diesem

Gefühl vorwärts gehen, und mit jcbciti Auzeubl-cke

glücklicher werden.

Gesprochen hat sie nie darüber;

aber ihr Ton, ihr Auge entdeckt sich so oft, so gern, und sucht von jedem lebenden Wesen, das sie umr

giebt, Bestätigung ihres Planes, über den sie mit sich einig ist.

Mab. Willnang. Louise.

Nein.

Weiß das mein Sohn?

Zch glaube, nein.

Sorglos

und mit kindlicher Innigkeit geht er, von ihrem

Wohlwollen geleitet, seinen Weg fort. M a d. Willnang in tiefem Nachdenken.

Mein

Gott!

Er ist gut, er ist dankbar;

Louise.

wie

sollte er einem Glück aus dem Wege gehen, das sein Leben glänzend, und seine Mutter, die.er über

alles liebt, glücklich machen wird? Mad. Willnang. Louise.

Meine Tochter!

Er ist sür mich verloren.

ihn nicht an.

Ich klage

WaS weiß er von meiner Empfim

düng für ihn?

chen gelten, die

WaS lann ihm ein armes Mäd« nichte

für sich hat,

als eine

Liebe, die sie nicht überleben wird?-—> Was thue

44 ich?

Selbstbeherrschung. Vergeben Sie, daß ich in diesem Sturm

Ihr Herz umfasse. M a d. Willnang.

Mein Sohn liebt Sie.

Er liebt Sie innigst.

Louise. du viel leiden. Mad

Armer Adolph! so wirst

Gewiß?

Wir find für einander verloren.

Willnang.

Gewiß nicht.

Er kann

seine Stelle verlieren —

e- wird mir leid seyn; — aber seine Louise wird er nicht verlieren, wenn sie nicht selbst ihn aufopfern will. — Lieben Kin­

der! Zhr müßt eure Verbindung beschleunigen. Louise.

Wa« sagen Sie?

Mad. Willnang.

Ihr müßt euch beide

gegen Frau von Nosenstein erklären, ehe ste ihren

Willen ausgesprochen hat. Louise.

Mein Gott!

Mad. Willnang.

Ich fühle, was dieser

Augenblick kostet; — aber die Liebe überwindet

alles.

Ich bitte Sie darum, und ich werde es

von meinem Sohne fordern-

Louise.

Was wird die arme Frau dabey

leiden!

Mad. Willnang.

Zn den Zähren, worin

Frau von Rofenstein ist, und bey ihrem Edelmuth

hat der Kummer eine Würde, die bald auf die

rechte Stelle

bringt.

Offenheit seyd ihr beide

eurer Wohlthäterin schuldig. Louise.

DaS fühle ich.

Selbstbeherrschung.

45

Eure Verbindung darf

gjtab. Willnang.

Nicht ausgesetzt seyn. Louise..

Des schönen Traumes!

Mad. Wtllnang. nung. Louise.

Zch iebe in dieser Hoffe

Aber wenn das gekränkte Her; der

Frau von Nvsenstein sich zurückzieht, wenn wir beide

unsre Stellen verlassen lyüstlen?

Mad. Willuang.

So ist F au Von Rosene

stein nicht, was wir glauben, und ich werde Gott danken,

das; mein Schn aus den Weichlichkeiten

des vernehmen Lebens kommt.

Louise.

Wovon sollen wir leben?

Mad. Wtllnang.

Louise! Zch hatte nichts

mit unterschrieben, als ich bey melneü Mannes Tode

sein furchtbareo Schulbenregister in die Hände bekam. Zch gab alles Meinige her, rettete seinen Namen,

war reich im Selbstgefühl, und fragte nie, wovon werde ich leben? Zch und meine Kinder leben mit Ehre.

Reicht euch die Hände, und geht der Zu«

kunst mnthig entgegen l Der volle kräftige Menschen­ wille ist mehr als das Schicksal.

Louise. Herzen.

Es sey! Zch folge Zhnen und dem

Der Segen ruht auf diesem Hause, er

wird es nicht verlassen, wenn zwey mehr darin wohnen.

treue Herzen

Zch gehe dem schmerzlichen

Augenblicke, den mir die Freundschaft geben wird, mit dem Muthe entgegen, Liebe gewährt.

Sie geht «h.

den die Allmacht der

48

Selbstbeherrschung

Assessor. Sehen Die einmal; Und ist rin hübscher Dursrbe geworden, weiß, roth, lustig und behende. — Die gnädige Frau sind Wittwe?

Mad. Willnang.

Wie bekannt.

Assessor. Sind noch wohl konserviert. Eine steinreiche Dame, sehr gelitten bey Hofe. Durchlauchk Herzogin lieben fle apart, und vermöge»/ wie landkundig, alles überSerenissimum. Nun — da kann Gott bey Ihnen ctukekrcn, Frau Schwester! mit Renten Und Gefällen, Helm und Wappen. Zch gratuliere von Herzen. Mad. Willnang.

Zch verstehe Sie nicht.

Assessor. Ey, was wostten Sie nicht! Das Adölphchen ist ja alles in allem bey der Dame, fährt mit spazieren, Kat die Chatoulle, speist allein mit ihr, wenn er schon die Haare rund verschnitten hat; er regiert die Güter. Hm! Ich weiß ja, waS mir mein alter Freund, Herr Constant gesagt hat. Ver­ steht sich, sub rosa. Mad. Willnang. wie sehr Sie Sich irren.

Sie werden bald sehen,

Assessor. Ey, ey! Man ist auf der geheimen Kanzley schon auf das Adelsdiplom für den Herrn Adolph von Willnang gefaßt. Gratulor! Mad. Willnang. Bald wird mein Sohn ein braves, armes Mädchen helrathen.

Assessor steht a*f.

Das Gott verhüte!

Selbstbeherrschung. Mad. Willnang.

49

Sie

Verlassen

Sich

darauf! Dis wäre ein armer, dummer

Assessor.

Streich! Nein! — Jetzt 111 die Hetze getrieben, Frau Schwester! Jetzt leuchtet Ihr £ tcrii. Die Dame kann alles.

meine lieben Kinder

Sie können uns alle, nud)zu

hetzen Ehren

Sie ivervcn uns nicht hmtansehen.

brinün.

Wenn nicht

alles geschehen ist, wie ich wollte — mir retzmen Sie es nicht zu, mir gedenken Sie es n iht! Mein Weib, meine Kathrine ist Letzuld.

Aber

sie soll daher zu 51, tun tu turnen, und deprezier

ren —

Mad. Willnang.

Das verbitte ich sehr.

Ist ihr schon aiiiei legt.

Nun —

aber meine Kinder empfehle ich Ihnen.

Es sind

Assessor.

ja Ihre nächsten leiblichen Verwandten. — Sie soll.» auch kommen, und sich dem lieben Adolph

bestem» rckommandieeen. M a d. Willnang. alles!

Ersparen Sie Sich das

Mein Sohn heirathcr ein armes Mädchen,

und ich empfehle Ihnen sehr, teil Ngmen der

Fr,au von No>enüein zu respektieren, die bei- der Güte ihres grostmüthigen Herzens, gewiß nii.t an

das denkt, wao Ihre Spekulation zusammen ge­

träumt hakAssessor.

La, la, la!

Herr Konstant hat

offene Augen, der träumt nicht. Selbstbeherrschung.

Letzt folgen 4

zs

Selbstb eh errs chung

Sie meinem Nach,

verkaufen Sie den Adolph

theuer! Sie können auf meine Ehre de» Konto so theuer machen, als Sie wollen. Schreiben Sie nur: — Laus Deo! Ehrwürdige Falten, und graue Haare sollen für frische wohlkondü

tionierte Jugend an die Mama — und nun ge­ fordert, daß ihr die Augen übergehen —

Sie

können dennoch nachher darunter schreiben: — Zu

Danke vergnügt. Mad. Wtllnang.

Drechen Sie ab, —

oder Sie nöthigen mich —

Assessor.

Ey

was!

Und die Kleine —

das Töchterchen hat auch ihren Freyherr» an der Hand ¥ Mad. Wtllnang.

Assessor.

Unwürdig —

Ja, ja! Sie sind eine kluge Fran,

das habe ich immer gesagt. Mad. Wtllnang. verächtlich. Assessor.

Diese Klugheit ist mir

Hahaha!

DaS glaube ich nicht.

Nun — Cott hat den zwey Kindern hübsche Masken gegeben.- Jetzt davon profitiert, ehe sie verwittern.

Ich habe mehr solche Mädchen ger

sannt, die mit dem Flanellmäntelchen zur Schule

gegangen sind, und mit dem großen Hermelin­ mantel aufgehört haben. Mad. Wtllnang.

Herr Assessor —

Noch gestern habe ich zu meinen Söhnen gesagt: Lieben Kinder! habe ich gesagt. Assessor.

Selbstbeherrschung.

5i

tvenn euch ein kleines Mädchen begegnet, nackt und barfuß; daö aber ein bedenkliches Ange nn Kopfe hat — den Htit heunncr, ihr Tcnfrlsdrar tenj bis auf den Boden! — Kinder beuten lange — man kann nicht wissen; dergleichen hübsche Augen können euch dermal-mst Vmcn Schlag mit tem Zepter hinter die Obren geben, dass ihr das Aufstehen vergeßt. Habe ich nicht Recht? Mad. WLllnaNg nach einer Pause, darin sie ihn gemessen. Sie bleiben Sich gleich. Erlauben Sie, daß auch ich mir gleich bleibe! deßhalb dm ich genöthigt, Sie zu verlassen. Sie geht ab.

Assessor. Hahaha! Äle ist böse? das macht nichts. Ich habe mich doch nun mit Gewalt in ihr Geheimniß gesetzt. Wenn die Herrlichkeit loSr geht, müssen sie doch ehrenhalber einen Goldlapr pen mit auf uns werfen. Sie thut fein? Ich bleibe platt. Um meiner los zu werden, thun sie cm Ende doch, was ich will. Er geht ab.

5.3

Selbstbeherrschung.

Vierter

Sophie

mit fern

Auftritt.

Briefe

der

in der Hand,

kommt von

Leite.

Hier, liebe Mutier! — wo ist sie nur hin? Den da"f id> gewiß fortsd>icken, er sagt viel weniger, als ich gedacht habe, und er wird es dem Drrefe wehl nicht anmerken- wie viele Thränen ich dabey verschluckt habe.

Sie Übctsie'.t ter. Brief.

Fünfter

Auftritt.

Mad. Willnang. Sekretär Willnang. Sophie. Sekretär. Aber sagen Sie mir nur, was der alte Geitzhals bey Ihnen gewollt hat? Sophie reicht ihr.: Oie H. nd. Guten Tag, Adolph! Sekretär küßt ae. Grüße dich Gott, Sor pb lechen! Mad. Willnang Nichts von Belang hat er gewollt — einen Höflichkeitsbesuch. Sekretär. So hat er uns eben betrogen, oder er will uns betrügen.

S e l b st b e h e r r s ch u n g. Sophie giebt ihrer butter dm B^ief.

53

Hier, liebt

Mutter!

M ad. Wtllnan q

liest ilm.

S ekretär^ Wre ein qcpriiqcttcr Hund hat sich das alte Bild neben miv hmgeschlichen.

Sophie,

Sekretär. Sophie.

Wer?

Der Herr Onkel Assessor.

Ach, der widerwärtige Mann!

Mad. Willnan g qiebt dm Br!-»' zurück. Recht' gut. Siegle und mache die Adresse; Dein Drur der holt ihn hernach bey dir ab, und übergiebt ihn. Sophie langsam. Der soll ihn übergeben? 0 weh! Gebt. Sekretär.

Warum ruftSophicchen: Oweh!

über mich? Mad. Willnang. hernach mit ihr.

Darüber

sprechen wir

Sekretär. Es ist gar kein 0 weh in mir, und ich wollte, ich könnte machen, Paß es sn Nier mand wäre. Mad. Willnang. zu.Zeucn.

Es glückt dir ja wohl

Sekretär. Oft. Ich habe eine excellente Stelle. Der Minister ist cm armer Mann gegen, mich. Der muß ost nein sagen; ich darf mehr rentheils ja sagen. Hält auch ein pfl'.chrmaßiges Nein mir gegenüber, so darf ich doch eine Hoff;

tiung als Zuaabe »um Geleite geben.

Mutter!

Ich bin ein sehr glücklicher Mensch. M a d. W t l l n a n g. Sekretär. haft auS.

DaS freut mich, Adolph!

Aber Ihre Freude sieht so ernsts

Mad. Willnang. Die Zufriedenheit einer Mutter ist picht ohne Rührung.

Sekretär.

Da hoben Sie mein Ersparniß

von Einem Monate.

Em schöner Dukaten; aber

freylich kommt er allein; —

das ist mir recht

seid.

Mad. Willnang.

Dein

frohes

Gesicht

macht die Münze unschätzbar.

Sekretär.

Ich könnte Ihnen wohl dreusilg

vierzig solcher Dinger bringen, wenn ich alles annchr men wollte, was die gute Frau mir aufdringen will. Mad. Willnang.

Nein, mein Sohn! thu

nie mehr, als bisher! Dieß empfange ich gern. Mehr würde mich drücken. Sekretär.

Ich könnte Ihnen doch wohl

etwas mehr bringen;

aber die Frau von Rosenr

stein Hal mich in« Geben gebracht, und so geht

es denn fort an Blinde und Lahme.

ich

Auch habe

monatlich eine Pension zu geben. Mad. Willnang.

Sekretär.

An wen?

Von vier Dukaten.

düs hätte tch Nicht thUN sollen 1

Nick't wahr,

Er «greift schne«

Selbstbeherrschung. Ihre Hand.

55

Gewiß, das Mttc ich nicht thun sollen. Aber so geht cS mit

Zch bin böse auf mich.

manchen Dm,en. die a» sich gut sind, und die man doch hatte bleiben lassen sollen. Man fühlt das nicht eher, bis man vor denen sicht, die man sehr hoch halt und lieh hat.

Mad. Willnang.

Sey es, daß du zu frey­

gebig gewesen bist, um dieses Gefühls willen bist

du schon entschuldigt. Sekretär.

Sie müssen es missen.

Dor drey

Ein wunderschönes

Monaten gehe ich spazieren.

Mädchen sitzt an einem Baume und weint laut in die Welt hinaus. Natürlich frage ich sie, was ihr

fehle? Es kostet mir viel Worte und Zeit, bis ich heransbringe, daß sie die Tochter eines ehrlichen

Landpfarrers und mit falschen LiebeSversichcrungen von enicm reichen Betrüger aus ihrer Landhütte in die Stadt gelockt ist.

Der Unmensch hatte ihr weiß

gemacht, er bringe sie zu ihrer Tante, und seinen Kusinen. Er hat sie aber in rin heilloses Haus ge­

bracht. Nun kann sie weder zu ihren Aeltern zurück, noch in einen Dienst.

Das Herz schlug nur gewal­

tig ; ich sah die große Charoulle der Baronin vor

mir, und versprach ihr, bis sie in einen Dienst

tritt, monatlich vier Dukaten.

Die gebe ich ihr

pünktlich, erkundige nild> sorgfältig, und ich kann Ihnen sagen, sie lebt sehr |hl| und Ungezogen. Mad. Willnang.

Nosenstein?

Weist

das Fran vor»

56

Selbstbeherrschung

Sekretär.

fmen wölken,

Nein,

So oft ich es ihr habe

bin ich in Verlegenheit gerathen.

SVn/nm ni> nnd) geschämt habe, n^is; ich nubt.

es zu erzählen,

Aber aeschämt habe ich mich, und

zahle nun in Gottes Namen fort.

M a d. W i l l n a n g. Sekretär.

Ich erkenne dein Herz.

Geaen Fremde?

aber nicht den

Sohn aeg-m seine arme Mutter! das thut mir weh. Ein Bischen sind Sie wobt Schuld daran. Sie sagen

immer, ich habe genug, Sic fuiö immer zufrieden, und glücklich. Dae fremde Elend spricht lauter, da überlegt man denn Ntcht, und giebt hin. Ma d

Will» a n g.

Gieb immer hin, so lange

du aus solchem Herzen giebst! eo kommt uns doch wieder zu Gute.

Sekretär.

Wenn ich Nur die verdammte

Chateulle los wäre!

Ich bin nie ärmer gewesen,

als feit icd aus dem Kasten holen darf. — Man

weint, man sonnte und n ufne Ne Tbranen der bah

ben Welt auskaufen, wenn die todte goldne Maste

vor einem l;cgt. Mad

Dao geht denn doch nicht an.

W'llnang.

Sekretär.

Ach!

Freylich nicht. es werden mehr Thränen

gewe.nt unter dec Sonne, als Geldstücke geprägt werden können

Mad. Wtllnana.

gern nnd iriHtvi

Die gute Dame giebt so

das. es unrecht wäre, ihr alles

Elend ohne Auswahl vorzubrmgen.

Selbstbeherrschung. Sekretär.

Frerich.

57

Aber wenn denn, so ein

hagereö Knochenaebäude vor mir steht,

das eben

noch die Kraft hat, einen Genfer

vom Herzen

herauf zu bringen, und ich muf; bivb

fn^cn, —

dann brennt mich der CbatoullenschluM.an der Seite, wie heißes Bley.

Ich meine, er bewegte sich,

wollte aus der Tasche; mit Gewalt drücke ich ihn nieder, gebe, was ich vermag, wende mich nm,

laufe schnell von dannm, und singe so lange und so laut, bis ich über dem Getöse, das ich selbst mache, die Zammermelodien vergesse, die ich gehört habe.

M a d. WLllnang.

Zn solchen Angetegenhei-

ten frage deine Freundin utp Rath!

Lomse wird

dir rathen, was du thun mußt.

Sekretär lächelt.

Nein. Wenn ich ihrgegeuüber

bin, rede ich nicht von Jammer und Thränen.

Mad. Willnang.

Sekretär.

Guter Adolph!

Ich erzähle ihr von den Glücke

lichen, die wir gemacht haben, und lese die Beloh­

nung alles Guten, was wir geglückt ist, meine Zu­ kunft und mein Heil in ihren schönen Augen.

Mad. Willnang.

DaS freut mich.

Sekretär. So muß meine Mutter gewesen seyn, wie Sie noch Mädchen war. So wird meine

Louise seyn, wie meine Mutter ist.

Dann freue

ich mich der Gegenwart und der Zukunft.

Nicht

wahr, Mutter, Louise Selling wird meine Frau?

Selbstbeherrschung

58

Mad. Willnang. Sie werde es! umarmt ihn. Sekretär.

Ach jal

Mad. Willnang. Sekretär springt auf. Mad. Willnang.

Und bald! Ze eher, je lieber!

Bitte Frau von Rosem

stein um ihre Einwilligung! ihn das heute noch! Sekretär.

Sie wird sich gewiß freuen, daß

ich rhr LouiScden liebe.

gut.

Sie ist und beiden so

Sie glauben nickt, was sie auf und halt.

Mad. Willnang.

Desto unschicklicher wäre

ein längeres Geheimniß vor ihr, der ihr beide

alles zu danken habt. Sekretär.

Sie wird und bey sich behalten,

und —

Mad. Willnang. Sekretär.

Vielleicht.

O ganz gewiß.

Sie wird unsre Sie wird

Freuden, unsre Hoffnungen theilen.

wieder jugendlich empfinden, indem sie und froh

und glücklich sieht. Wer so reich ist, und allen Lebensgenuß kaufen kann, wie sie; was für eine Freude behält noch für ihn. die erste Neuheit? — keine als die, welche er andern gewahren kaun.

Mad. Willnang.

Auf diese Wahrheit baue

ich, mein guter Sohn! Sekretär.

Sie würde nicht ohne uns seyn ich möchte mcht glück-

können; und wahrhaftig!

59

Selbstbeherrschung. llch seyn, als in ihrer Nähe.

Wenn zwey «Stutts

den vorüber sind, ohne daß ich ihre angenehme

Stimme habe rufen hören: — titeln guter WM nang! so fehlt mir etwas.

Zch gehe ihr in den

Weg; ich mache mir ein Geschäft;

ich rnfe sie

ab, damit sie wieder meinen Namen nennen muß. Dann bin ich zufrieden.

Mad. Willnang.

Recht, lieber Adolph!

Ganz recht!

Sekretär. Ach Mutter! Mutter! Wenn Louisens Augen nach mir hersehen, — ihre Hand in meiner liegt, — Frau von Rosenstein mich

beym Namen ruft, und ihre Hand mich segnet — Dann wohnt eine ewige Glückseligkeit

in

mir,

und es ist nickt möglick, das, ich ein gemein guter Mensch bleibe; ich muß cS noch weit brim gen in allem, was edlen Seele» Gedeihen ver­ schaffen kann-

Mad. Willnang.

Du wirst es, und ich

segne dick von ganzer Seele, mit ganzer Kraft

des fröhlichen Mutterherzens, dem du tue eine andere Thräne gekostet hast, als Freudenthräne». Sekretär. Nun, so einen Paß hat doch auch nickt jeder l’-tirfche meines Alters. Aber

alles, was Sie sind, gethan und gelitten haben,

har mir anck

vorgeatbenet.

Wo ich nicht mehr und Herzen.

9$ath wußte, öffneten sich Thüren

ES ward plötzlich Licht, wo ich mich kümmerte

6o

Selbstbeherrschung.

Im Finstern, „Meine Mutter^ meine Mutter!" —

so hätte ick manchmal rufet) mögen, wenn ejne mächtige Hand mich ergriff,

und jm Wirbel vor

mein Glück dicht nnch hinsührte.

Mutter

hat das erworben!"



,Meine

hatte ich schreyen

niöß^L

M a d.

Willnang.

Deine

Dankbarkeit

schwärmt, mety Ritter Sohn! Sekretär.

Jammerm^nschen,

9Uche dem

der an dieser heiligen Oaie’ie sich nickt berauschen kann! — Ach, mir ist wohl — Adteu, Mutter!

Mad. Willnang.

Wohin schon?

Sekretär.

Mensckengedrange,

ZnS

ins

Freye — ins Feld, in den Wald, nur auS den

Mauern weg! M a d. Willnang. Nur wegen deiner Schwer ster noch ein Wort! Sekretär.

Nein, nicht mehr!

Ach nein!

es pasrr jetzt nicht hierher. Mad. Willnang.

So will ich dir schreiben.

Aber deine Schwester ist —

Sekretär.

Sie sagt:

O weh!

über mich,

und ich bedarf fröhliche Menschen. — Welch ein Augenblick!

Mutter und Geliebte reichen mir die

Hand; der holde Geist der Wohlthangkeit schwebt über un6.

Hinaus — hinaus!

Ich muß jauch/

zen im wilden Getümmel, oder laut singen, ganz

Selbstbeherrschung.

61

für mich allein, wo bie Lerche steigt, und das Lied der ewiaen Zngend und Fröhlichkeit singt. Er herzt sic.

2lölCll!

Er geht.

Adittt !

In ter Thüre.

Adieu!

M a d. W i u n a n g mit ausgebreiteten Armen ihm Adieu! Gen Himmel sehend. Und tVCIHt Stürme deiner warten — so halte dich die Kraft aufrecht, die mich geleitet hat. Gott schüh'e mei­ nen Einzigen! — Und wenn er leiden soll, — so sey mir verliehen, das; der Zuspruch des Mutt terherzens ihm Ruhe geben könne!

nachrufend.

Sie geht ab.

62

Quitte r

A u f z u g.

Vorzimmer der Baronin von Rosenstein.

Erster

Auftritt.

Baronin von Rosenstetn. Jakob.

Hernach

Baronin gebt entschlossn auf un» a5. $a! es bleibt dabey. Zu viel bat man in meinen Gefühlen schon gelesen. — Es ist Zeit, ich m ist mich erklär tert. ES soll ohne Rückhalt geschehe», und mit aller Entschlessenheit. Zakob tritt herein. Herr Constant wird gleich da seyn. Baronin. Und Herr Willnang? Jakob. Za, der ist nicht zu finden! der — der —

Baronin. Nun?

Selbstbeherrschung.

63

Der läuft wieder herum, hier, da,

Jakob.

dort — o lieber Gott! der ist keine Viertelstunde auf einer Stelle.

Da ist Herr Constant.

Auftritt.

Zweyter

Vorige.

Constant.

Gehl!

Daronin ruJak,-. Jakob geht.

Euer Gnaden haben doch nicht

Constant. etwa — Baronin.

Die Tafel besteht aus sechzehn Peri

Und was ste an Glanz, Pracht und Ueber-

fönen.

fluß noch gewinnen kann, werde ich Ihnen freyge­

big verdanken, Herr Constant! Constant.

Euer Gnaden sorgen nicht.

Er lieht nach 0er Uhr.

ist es nicht mehr früh;

Zwar

aber

Euer Gnaden kennen mich; — es soll brillant

hergehen. Baronin.

Constant.

Sinnreich brillant. Wie zu

des hvchfcllgen Herrn

Zeiten? Baronin.

stab!

Ja.

Für heute gelte der Maß­

Es sey wie sonst,

wenn mein verstorbener

Mann das Fest des großen JagdvrdenS feierte:

64

Selbstbeherrschung

Constant.

Gott sen gelobt! Das ächte Leben,

brr *.vn'uc Anstand kehrt zurück.

Wer sind, wenn

ich siibmissest fragen darf, die vier neuen Gäste? Baronin.

Ich —

Euer Gnaden —

Cvnstant vor v?omie beben d.

an der großen n. Sie heirathet ihn. Werrthal. Die Schmach ist nicht zu über/ winden. Constant. Darum erscheint sie mit der Cohue bey Tafel.

Werrthal. Weiß Er was? Constant. Excellenz!

Werrthal. Zch bin versteinert. Constant. Das ist sichtbar. Werrthal. Die Schande — Constant, Dey Tafel werden sie es deklae vieren. W errthal. Und der Verlust!

Constant, loten. Werrthal.

Die kostbaren Allodia sind veri Zch will aber nichts verlieren.

Constant. Es ist entschlich. Werrthal. Ich will alles haben. Constant. Non Rechtswegen0 Gott! Euer Excellenz find ja von Natur aus der nächste Erbe.

Selbstbeherrschung

go

Werrthal.

Auf die Manier aber kommt der

Bursche näher, als ich. Constant.

Man müßte ihn denn weit weg­

bringen»

Werrthal. Constant. Werrthal.

Constant. Werrthal.

Comment?

Za — so — weit weg. Aus der Welt?

Das ist kitzlich.

Besonders hier, wo

Freylich.

die rüden Gesetze kein Ansehen der Person respck» tiercn.

Constant. Werrthal.

Constant.

Es gäbe wohl andere Mittel-

Eli bien! Setzt sich. Parlez! Dey der gnädigen Frau muß man

ihn ins gehörige Lickt setzen, oder vielmehr in noth» dürftiges Llcht und konsiderablen Schatten. Werrthal.

Constant. Werrthal.

Was heißt das?

Em Bißcken schwarz machen. Nun ja! das thue Er!

Constant.

Zch ticfiere den Dienst.

Werrthal.

Zch stehe für allen Verlust.

Ka-

valierSparole!

Constant.

Euer Excellenz

Gnade Wunder erblicken. gern mehr hier.

sollen für diese

Ohnehin diene ich nicht

Es «st gar keine Hoheit mehr «in

Hause.

Werrthal.

G’est cela.

Lauter Niedrigkeit!

Selbstbeherrschung.

ßi

Constant. Sonst war cd genug, .dass ein tteuer Diener einen französische«« Namen hatte, um die Fidelität nebst der Elegante zu garantieren. Jetzt wollen sie alles mit Gewalt vaterländisch iincticrcn. Werrthal.

Das ist denn massiv genug.

Constant.

Könnte man denn den Wilinang

nicht wegkaufen? Ein guter Gedanke! Schließe Er

Werrthal.

den Handel! Euer Excellenz müßten selbst etwas

ConstaNt.

darin thun.

Werrthal.

Mit meiner Schwester reden?

Nein! Ich fürchte mein emxoitemenr.

Wir las«

sen einander allenfalls Sottisen sagen;

aber wir

sagen sie und Nicht selbst.

Constant.

Cela n’est pas re$u.

Nun wem« Euer Excellenz mit dem

Dnrschen reden wollte««.

Werrthal.

Der Knabe ist eine tlncture

amere. Constant.

Werrthal. Constant.

Werrthal.

Constant.

Werrthal. Constant.

Oder mit seiner Mutter? Eine Dettelsran?

So ziemlich. Gemeine Race ? Der Mann war Rath. So?

Oder mit seinem Onkel, dem alten

Assessor Willnang?

Selbstbeherrschung.

6

82

Selbstbeherrschung

Werrthal. Zch will mir einen aussuchen, nitt dem ich handeln will. Indeß thue Er, was Er kann. Die Erbschaft will ich nicht verlieren. Absolument nicht. Constant. Euer Excellenz sollten doch lieber bey Tafel erscheinen. Zhr Einsehen verbindert viel« leicht noch, daß die Heirath nid)t.eclatirt. Wcrr thal. Coiistant.

C'est vrai.

So ist doch Zeit gewönnen.

Werrthal. Mein Ansehen wird etwas thun. Sv ein gewisser Blick — so ein air von Indigna­ tion — Constankt. Euer Excellenz sinne» so einen sträflichen Blick hinauüwcrfen —

Werrthal. Par exemple — so — n’est cepas? Das war gräßlich. Constant. Affreux! Werrthal. Comment? Daö war falsch rxprimiert. Das Alfreuso ist klein! und ich habe nichts Kleines an mir. Das Gräßliche ist groß. Constant. So habe ich sagen wollen. Dero Aussehen hat mich konsterniert. So ein Blick, wie der vorhin war — et sieht w-,. O Gott 1 — den Marmor kann so ein Blick zermalmen.

Werrthal. Eh bien! Der Plan ist also gemacht. Er? lästert — Constant.

Unterthäiiigst —

Selbstbeherrschung Werrthal.

Ich?

83

Kaufe ab, und zermalme.

Er geht«

Constant. Werrthal.

Constant.

Darf ich Euer Excellenz begleiten?

Wozu? Den Plan vollends Ina Klare zu

bringen? Werrthal.

OuL — Gehe Er voraus, und

öffne Er mir die Thüre!

Constant. Zn tiefster Submission. DieThüren sind das Einzige, was Euer Excellenz ich öffnen kann; die Herzen sind Ihnen schon alle sperrwcit geöffnet.

Er «-he.

Werrthal.

Die Herzen? — He! — Con­

stant!

Constant. Werrthal.

Constant. Werrthal.

Excellenz!

Ecoutez! Befehlen!

Von den Herzen zu reden! —

Zch bin «in Bißchen verliebt. Constant faltet die Hände.

Werrthal.

Li fait.

Nicht möglich! Die Louise interessiert

mich. Constant.

Euer Excesienz beglücken das Mäd­

chen mit Dero Zuneigung? Werrthal. air de caprice.

O ja, ich will wohl.

Elle a un

lind man gefällt sich, so waS zu

überwinden und zu zerstören.

84

Selbstbeherrschung.

Constant.

Werrthal.

Scharmant!

Unsre Vorfahren haben Burgen

und Schlösser devastiert; wir devastieren Gemüther.

Constant.

Es ist immer was Großes in dem

Spiel.

Werrthal.

Freylich.

Constant.

Haben Sich schon huldreichst

klariert? Werrthal.

Constant.

Werrthal. Constant.

Nou.

Deklariere Er mich ihr!

Treugehorsamst.

Sie soll mit mir auf die Güter.

Zch wills versuchen.

Aber sie hat

so ihre Grundsätze — Werrthal.

Zch habe Geld.

Constant.

Sie ist, wie ich unterthänigst bei

merken muß, wirklich brav.

Werrthal. Nun, wie denn so Mädchens brav sind. Grimasse! Zch will Zhu in seinen An» trägen sekundieren mit Blicken: nicht mit dem zexmalmenden — sondern mit dem Blicke der douceur. Die Präsente kann Er aussuchen, kaufen und über­

geben ;

barern meliere ich mich nicht.

Nun —

voranc! Constant.

Euer Excellenz sollen merveilleu-

sement bedient, und Dero Zärtlichkeit gehörig admi­

nistriert werden.

Lr geht a-,

Selbstbeherrschung.

85

D) errthal ste! k einen QluaeiiSIh1?, nimmt eine Prise. C’est un bon Dinblr, ce Constant. Un maur vais Sujet, a ce qu« lrs aut res disent. Er steckt die Dos? ein. Je ne Je erpia pas, inoi. Er seht 5ch in Gang.

Sechster

Auftritt.

Oberhofmeister v. Wcrrthal. Sekretär. Sekretär. Ach! gnädige Excellenz!

da find Sie ja meine

W e r r t h a l. Freylich bin ich da.

Sekretär. Ich habe Sie gesucht, wie eine Stecknadel. Werrthal. Quelle comparaison! Einen Oberhofmeister Mit einer Stecknadel zu vergleichenSekretär. Zch vergleiche nicht. UebrigcnS erhalte ich eben einen Brief von meiner Mutter, und nach diesem Briefe sticht etwas von Ihrer Fa­ milie, wie eine falsche Nadel, und darüber ist mir unheimlich zu Muthe; deßhalb suche ut, Sie, als dies de fainllle.

Werrthal. Clief de famille. Ganz recht. Das ist nicht zu vergessen. Uebrigens redet man undeutlich.

86

Selbstbeherrschung

Sekretär. Nun denn, ganz deutlich. habe eine hübsche Schwester.

Jch

Werrthas.

Die kenne ich nicht,

Sekretär.

Aber Ihr Sohn kennt sie, leider!

Werrthal.

Mein Herr Sohn? Eh bien!

Sekretär.

Spricht von Liebe mit ihr.

Wirrthal. wegen.

Wenn sie hübsch ist — meinet-

Sekretär. So? Aber meinetwegen verlang» Ich, daß er das bleiben lasse. W e r r t h a l.

Mein Sohn ist hübsch.

Sekretär. Recht sehr-

WerrtHal. Also ist es natürlich, daß er dem Dinge gefällt. Man soll da kein Aufhebens davon macken. Sekretär. Man leidet nicht, daß man so von einem ehrbaren Mädchen spricht.

Werrthal.

Comment?

Sekretär- Wahrhaftig nicht. Hier übergebe ick Ihnen die Briefe Ihres Sohnes an meine Schwester. Sie sehen daraus, daß er nickt viel taugt. Also rathen Sie ihm, daß er jetzt wegbleibe; denn er hat sonst einen ärgerlichen Stand mit mir.

Werrthal. Ick rathe Jedermann, aus dem Respekte nicht zu weichen, der mir gehört.

Selb stbeherrschung.

87

Ich habe gefehlt, baß ich Ihnen

Sekretär.

nicht gemeldet habe,

daß die Rede von einer En»

führung frpn sollte.

Werrthal. Mein Sohn würde sich in aller Absicht galant betragen haben. Ich erzeige ihm die Achtung zu

Sekretär.

verlange», daß er sich ehrlich betragen soll.

Ehrlich?

Werrthal.

Er würde largement

Wir achten fern Geld, wenn

entschädigt haben.

wir lieben.

Sekretär.

Geld? — Wären Sie nicht der

unähnliche Bruder meiner edlen Gebieterin, würde

Ihnen

darauf eine

entsetzliche

ich

Antwort

geben. Man ist an und für sich schon

Werrthal.

ganz entsetzlich. Sekretär.

Bey meiner Seele, Ihr Sprach;

gebrauch zieht Handschuh an, mich zu berühren.

Werrthal.

Aber, wer ist Er denn, daß Er

sich unterfängt —

Sekretär.

Sohn einer Wittwe,

Bruder

einer Waise, und also in diesem Augenblick Vater!

Wissen Sie, daß das die erste Dignität in der Welt ist?

Werrthal.

Daß Er nach Dignitäten trachtet,

ist mir bewußt. — Aber —

88

Selbstbeherrschung.

Sekretär. in mir ist.

Zch trachte nach keiner, dienlcht

Wie viel oder wie wenig der Verrath

ist, mag versuchen, wer Lust hat.

W e r r t h a l.

Er kann heute noch den Hals bre­

chen. Sekretär.

Das kann jeder, der dieForm

eines Kopfes auf den Schultern trägt. Werrthal.

Kur; und gut!

Soll ich Ihm

wohl rathen, so nehme Er ein Päckchen Geld von mir an, und gehe Er hier aus dem Hause! Con­ stant wird 3hm das Nähere sägen. Geht Er nicht,

so wird Er auf die Straße geworfen.

Er gebt.

Sekretär gebt ibm nach und ergreift seine Hand.

Wcrrthal. WaSistdaö? Greift man mich an? Sekretär.

3H" Hand zittert! — Das giebt

mir die Besinnung wieder, daß ich mich nicht ver­ greifen darf. Er führt feine Hand an sein Herr. Fühlen

Sie, wie mein Herz schlägt, und sagen Sie 3hrem Sohne, daß ich deßwegen mit 3h»en spreche, Die weil ich nicht die Geduld mit ihm

Daronin tritt ein.

haben würde, die ich 3hrem Alter beweise. ihn tos.

Er laßt

Selbstbeherrschung.

Siebenter

Baronin.

89

Auftritt.

Vorige.

Werrthal ged, un» stößt cuf tle Daronin. Man attakicrt mich in deinem Zimmer, ma soeur!

Baronin ernst. Sekretär

teilt bereiten jutüct.

Werrthal.

Baronin.

Werrthal. einmal gerechnet.

Baronin. traut.

Willnang

Handgreiflich!

Waö unterstehen Sie Sich?

Die pikanten Redensarten nicht Das hätte ich Ihnen nicht zuger

Sekretär. Ich habe großes Unrecht, sobald Sie neben Ihrem Bruder stehen, ttcnrig. Ach gnä­ dige Frau! Wenn Sie nicht dicht neben ihm stehen, so kann man unmöglich glauben, daß Seine Erceklenz Sie nahe angeht.

Werrthal. Voyez vous? Baronin. Bitten Sie meinen Bruder, baß er Ihre Unart verzeche.

Werrthal. Voila, comme il saut, que Von traite ces polissons 1

90

Selbstbeherrschung, Gnädige

Sekretär.

nicht — Baronin.

Frau!

Sie

wissen

Bitten Sie meinen Bruder um

Verzeihung! Sekretär verneigt stch und sagt etwa» scheu.

Nein,

gnädige Frau! Baronin ,°rnig.

WIllnang!

Sie? will ich vor dem ganzen

Sekretär.

Hause auf den Knieen um Verzeihung bitten, wenn ich gegen Sie gefehlt habe.

Zch könnte nicht leben,

wenn ich wüßte, daß Sie zornig auf mich wären.

Aber den Mann bitte ich um nichts. Wcßhalb?

Baronin

)

tont«.

Werrthal.

)

Malheureux!

Sekretär.

Ich bin ein besserer Mensch, als

er, und ich erniedrige mich nicht. Baronin.

Ich befehle es Ihnen, meinen

Bruder um Verzeihung zu bitten. Sekretär betroffen. Werrthal.

Baronin,

Gnädige Frau! —

Et jo l'exige.

Sie sind in meinem Dienst. Ver,

gessen Sie das nicht! Sie haben zu gehorchen. Sekretär stehe sie wehmüthig an.

Sie

befehlen

mir, daß ich freywillig Schimpf aufnehmen soll?

Bin ich Ihnen bann werther, wenn ich eö thue? Baronin.

Wenn ich Ihnen etwas werth

wär-, so hätten Sie meinen Befehl nicht abge­

wartet.

Selbstbeherrschung.

91

Sekretär. Ha? C-bald Sie diesen Preis darauf sehen, — thue ick alles. Cr gebt rasch ,u Werrihal. Herr yberbosmcistcr' Ich bitte den Bruder meiner Wohlthäterin um Aerzcihung, wenn ick einen Augenblick auögeschen habe, aly hätte ich ihrer nickt gedacht. Werrthal,

Cela suffit pour ce moment. Er geht ab.

D a r 0 n i n geht unmuthig an die Sette» Sekretär rieht sich an die Thüre. Baronin lebhaft. Herr Willnang! Sekretär. Gnädige Frau! Dar 0 ttin. Wcßhalb gehen Sie 3 Sekretär. Weil Sie aufgebracht sind. Baronin. Sie werden warten, bis ich Sie gehen heiße. Sekretär verbeugt sich ehrerbietig, und tritt pieder zurück, j

DaronlN gebt lebhaft einige Schritte, Sekretär. Gnädige Frau! — Baronin. Was verlangen Sie? Sekretär. Gerechtigkeit, die Sie niemand versagen. Baronin. Appellieren Sie an meine schwache Güte! — Meine Gerechtigkeit könnte Zhnrn schwer fallen.

95

Selbstbeherrschung.

Sekretär. Mein Gott! — Sie sind sehr zornig. Daronin. Das haben Sie verdient. Sekretär. Ich glaube nickt Aber es thut mir eben so weh, als wenn tck es verdient hatte. Noch nie habe ich ein hartes Wort von Ihnen ge­ hört, nicht einmal emen rauhen Ton.

Darvnin. Möckten Sie das stet- bedacht haben, undankbarer Mensch! Sekretär. Sie werden immer unmuthiger gegen mich. Mein Anblick ist Ihnen zuwider. — Befehlen Sie, daß ich mich entfernen soll?

Baronin.

Sekretär.

Thun Sie nach Ihrem Gefühl! Sv bleibe ich hier.

Baronin. Ich wünsche, baß Sie dabey ger winnen können. Sekretär. verloren?

Baronin.

Habe ich-denn alles bey Ihnen Ja.

Sekretär mich. Alles? Baronin. — Vieles. Sekretär, zu Grunde.

Mein Gott!

Das richtet mich

Baronin. Der Witz wird Sie wieder auf­ richten. Sekretär. Er heißt Ihr Bruder — Ich hätte das freylich nie vergessen sollen. Aber wahr-

Selbstbeherrschung. lichl

93

Nie hat er für Sie empfunden, was der

empfindet — in dein Ihr Zorn jetzt nue einen ge,

meinen Diener sehen will. Baronin.

Es war eine Zeit, wo ich es nicht

für möglich gehalten hätte, was ich jetzt von Ihnen glauben muß. — Mögen Sie wissen, daß mein Erwachen mich schmerzt. Sekretär.

Aber Sie wissen nicht, wollen

gar nicht hören,

was mich so aufgebracht hat.

Sein Sohn will meine arme ehrliche Schwester entführen —Baronin.

Wie?

S ekretär.

Ich bat ihn um Abhülfe, und er

meinte, das wäre mit Gelde gut zn machen.

Da

schlug mir das Herz, das nicht für Geld schlägt, für die Ehre, und als er mir drohte, mich aus dem

Haufe werfen zn lassen, ergriff >ch feine welke Hand, und legte sie auf diese ehrliche Stelle. — D'aS ist

alles. Baronin.

Ist bas alles wahr?

Sekretär sieht sie eine Weile an, verbeugt sich, ant­ wortet langsam und bescheiden. Ja! Und gehr dann lang» sam fort. Baronin ruhig.

Willnang!

Sekretär ernst.

Gnädige Fran!

Baronin sanft.

Wohin?

Sekretär.

Zu meiner Mutter.

Baronin.

Was wollen Sie jetzt dort?

94

Selbstbeherrschung.

Sekretär. Meinen großen Verlust mit ihr beklagen. Ach! er ist unersetzlich. D a r o n i n. Meine Güte hat Sie verwöhnt. Sekretär traurig. Es kann seyn. Baronin, Worin- haben Sie über mich zn klagen? Sekretär. Wohlwollen ist eine freywillige Gabe; — man darf trauern, wenn sie zunickger nommen wird, wenn man auch nicht das Recht hat zu klagen. Baronin. Aufgebracht bin ich mit Recht. Hart — habe ich nicht seyn wollen. Sekretär. Hegte Morgen nannten Sie mich Zhren Freund — vorhin Ihren Diener — eben begegneten Sie mir, wie einem — ich spreche das Wort nicht aus Baronin. Ich habe die Wahrheit gefordert — nicht mehr. Sekretär. Haben Sie fe eine Frage an mich zweymal thnn müssen, weil Die der ersten Antwort nicht trauen konnten? Baronin. Nein! — Willnang! — Ich bist aufrichtig, ohne Falsch. Sekretär. Deßhalb liebe ich Sie so sehr. Baronin. ES ist wahr, Sie haben bey mir verloren. Sekretär. Das fühle ich wohl.

Selbstbeherrschung.

9Z

Daronin. der gewinnen.

Aber Sie können noch alles wie­

Sekretär. mir, wodurch?

Um Gottes willen! sagen Sie

D a r 0 n i n. Sekretär.

Durch Offenheit,

Stellen Sie mich auf die Probe-

Baronin.

Das geschieht.

Sekretär.

Wattn?

Baronin- Zn diesem Augenblick. Warben Sie mir die reine Wahrheit sagen, auch wenn sie zu Ihrem Nachtheil wär«? Sekretär. Za. Baronin. Geben Sie Zhr Wort nicht über­

eilt.

Sekretär. Zch kaun gefehlt haben — sonst konnten Sie verzeihen. Zch bin kein böser Mensch, weßhalb sollten Sie unversöhnlich seyn gegen einen ehrlichen Menschen, der Sie fast anbetet? Zch werde die Wahrheit sagen, und müßte ich alles dadurch verlieren. Baronin. Gut! — Willnang! ist es wahr daß Sie mir einen Deynamen gegeben haben?

Sekretär

feitet tlc Hände ,IN) steht nieder.

Baronin. Besinnen Sie Sich — seyn Sie ohne Angst — aber sagen Sie mir ehrlich, ist es wahr?

Sekretär nach eines Pause. Aa, tsttf ist wüHk,

96

Selbstbeherrschung,

Baronin.

Welchen?

Sekretär.

Ach! daraus war ich nicht gefaßt.

Gnädige Frau! — Baronin.

Welchen?

Sekretär.

Es war in den ersten zwey Wo,

chcn, wo Sie mir so kalk und stolz vorkamcn — nur in diesen ersten zwey Wochen.

Baronin.

Haben Sie mir Liesen gegeben?

Sle zeigt ihm die Karte.

Sekretär.

S sie zu lachen mache. Oui. Zm Lächerlichen verliert sich das

Criminelle. — Allons! — Constant lacht.

SS

wirb es gehen.

Vierter

Auftritt.

Louise. Constant. Louise.

Ach, Herr Constant! —

Constant.

Ach schönste Seele, allerfüßeste

Gestalt! Thun Sie mir die einzige Liebe, und lachen Mich souverainbment cm#-!

>48

Selbstbeherrsch ung. Sie sind zu beklagen, und ich kann

Louise.

in keinem Fall übet Sie lachen. Doch, doch!

Constant.

so verliebt in Sie bin.

Hahahai

Daß ich

Zch habe Unrecht; aber

tvas will man mache». Das Herz chicanitt de» Verstand. 91 un habe ich mich examiniert, hahaha!

und finde bey Gott — hahaha!

daß Herr Will«

uang Recht hatte — wie er mir die Expression

applizierte — von» Pavian. Hahaha! Zch habe allerhand Tensclskünste getrieben, um die Liebhaber

aus den» Wege, und mich in Ihren Besitz

zu

bringen.

Teufelskünste

Louise.

ganz recht. Constant.

Eh bien 1

— ja Mein Herr!

Was thut das? Eine

noble Seele, wie die Ihrige, welche zu einer Grcu

fenkrvne geboren ist — was will ich damit? — Eine Grafenkrone ist gegen Zhre unsterblichen Me< riten — ein Strohhnt. Fürsten - Königs- Kaiser­

krone gehört ans dieß elegante, spiriluöse Haupt. Louise.

Ein Ende, Herr Constant! Z>h eile.

Constant.

91nn, solch eine noble Seele haßt

nicht den, der sie liebt; au contiaire, sie Pardon, niert, und läßt einen Sonnenstrahl par Lazard

auf seinen jämmerlichen Scheitel falle». Daher tre­ ten Sie inS Himmels Namen mich als Liebhaber

mit schönsten Füßchen; aber konservieren Sie mich qua lustiges Thier. Geben Sic mir das Patent als Deco Pavian! Darum bitte id)
n «uf. Ein sogenannter civir

lisierter Bursche steht platt und unbeholfen da, wenn ein ehrlicher Kerl durch den jämmerlichen Vcrhack

der Fa 3e reglntet ihn.

Sechster

Auftritt.

Mad. Reichenstein. Philipp. Philipp.

Und gegen alle Zungen ist mein

Herz für mich. M a d. N e i ch en st e i n. Was soll ich dir sagen?

Zch ehre deinen Muth, dein Herz — aber ich fürchte für dein Glück.

96

Al l.z.u scharf macht schartig,

Philipp.

Soll ich unterlassen, was meine

Ueberzeugung, meine Pflicht gebieten? Soll ich entweichen, weil mein Vater unglücklich war? weil wir arm sind? Soll ich kriechen, weil mein Onkel ein Bösewicht ist?

Niemand kann mich

verachten, so lange ich selbst mich achten kaun.

Glücklich werde ich wohl nicht —

aber

Brok

können die Hände eines gesunden Mannes immer erwerben. Kann ich Ihnen auch nicht mehr ven

schaffen, liebe Mutter — so essen wir das doch mit der Würde des Bewußtseyns. Mad. 91 eid)/en(tein. lich

noch

Standhaftigkeit

Woher wirst du end­

und

nehmen,

Muth

mein Sohn?

Philipp.

Wenn diese Arme mich segnend

umfassen — wenn hier

Ruhe ist — so bin ich

reich.

Mad- Reich en stein.

beschämst mich.

Du erhebst mich und

Es kommt jemand;

ich will mit

diesen verweinten Augen nicht da bleiben. Sie geht ab.

Siebenter Philipp.

Auftritt.

Lieutenant Lindenstein.

Lindenstein.

Auf meinem Gesichte

Sorge und Dekümmerniß

liegen —

muß

also keine

Allzu scharf macht schartig. Vorrede, wo das übrige schon spricht.

97

Dein Buch

hat alle Welt —

Ich weiß eß.

Philipp.

Lindenstein.

hier bleibst.

Du wagst wirklich, wo du

Man hat darauf angetragen, es als

eine aufrührerische, lästernde Schrift zu verbrenr nen, und dich einjusctze». Philipp.

Dann muß ich beweisen, daß ich

Wahrheit sprach; und das wünsche ich. Lindenstein.

Wenn man dich nicht dahin

kommen läßt, wenn —

Philipp.

Wenn eine höhere Hand die Bö«

sewtchter zu Schanden machen will?

Wenn der,

der mir Gefühl für Pflicht gab, mich schützen

will?

Was habe ich zn achten!

Lindenstein, ein

Unglücklicher auf der letzten Stufe — hat Mar

jestätörechke, und göttliche Kraft seines nnstcrblir then Geistes wirkt dann aus ihm.

Laß mich den

Augenblick erwarten, und fest bleiben.

Lindcnstein. Es ist hey Gott schlimmer, als du glaubst; sch kann dsr es nicht verbergen!

Philipp.

Das sehe ich.

Zch sehe, daß du

fast zitterst — Wie sehr mußt du mich lieben! wie

schön ist es, solche Freunde zn verdienen! Wer von meinen Verfolgern hat eine Seele, die in der Zeit

'der Noth sich an ihn schließt! Wie mich das erhebt,

wie mir dieß Vertrauen auf meinen Werth giebt!

Lindensiein.

Brauchst du Geld?

A»j» scharf macht schartig.

7

Allzu scharf macht schartig.

98

Philipp.

Aber wenn etwas schlimm

Nein.

gehen sollte, und meine Mutter sollte brauchen —

so hat sie ja «inen Sohn in dir; dir übertrage ich

meine Pflichten, und bin nun gefaßt auf alles.

Sie gehen ab.

Achter

Auftritt.

Straße.

Herr Frühberg

in ärmlichem Nelseanzuge.

Wie sich das alles geändert hatl — Ich bin so

mein Blut ist in heißer Wallung — und meine Kniee wollen mich kaum noch tragen!

beklemmt,

Ach, die Freude, womit ich her geeilt bin, ist fast

weg; ich bin kleinmüthig.

wen frage ich?

nicht.

Wie mache ich es nur?

Gerade hin gehen?

das kann ich

Was werde ich hören! Da geht eine Thüre

auf.

Neunter

Auftritt.

Herr Frühberg. Kammerrath Sidof. Franz. Franz.

Ist cs denn unmöglich, daß Sie

Mich behalten? ganz unmöglich?

Sidof.

Ganz unmöglich!

Allzu scharf macht schartig. Franz.

Und mein seliger Vater,

99

der Zhe

Jugendfreund war!

Sidof.

Sein Onkel will

durchaus nicht.

Er drohet mir mit Klage, wenn ich es thue.

kann mich nicht mit dem überwerfen!

Ich

Nun, Er

ist ein junger Bursche, der ja nicht an die Stadt und das Land copuliert ist! Ich will Ihm Necome mendationöbriefe geben; aber ich kann Ihn nicht nehmen. Franz.

Sehen Sie, es liegt mir alles und

alles daran, daß ich mich doch endlich einmal selbst unterbrächte. Mein Bruder hat schon so viel gethan, und ich noch gar nichts.

Sidof. macht

Nun Gott befohlen.

Er

geht hinein unk

das Haus zu.

Zehnter

Auftritt.

Vorige ohne Kammerrath Sidof. Franz.

Ach, um so eine Stelle bettelt wohl

niemand! Mir wird sie versagt.

Frühberg.

O Gott!

Der Mensch weint, was mag

ihm fehlen?

Franz.

Was soll ich machen? Heim gehen zu

meiner Mutter, ohne Brot — ich allein gar nichts

verdienen sinnen ? Wenn mir doch Golt eingäbe, was ich thun soll! Er geht heftig auf und ad. Ja ich

ioo Allzu scharf macht schartig, tvill fort —* Zn der Fremde sind vielleicht gutherc zigere Menschen.

Gute Nacht, Vaterland, Mutr

ler, Druderund Schwester! Ach, du gute WtlheK mine, was wirst du sagen? Und meine Mutter,

wenn der Platz am Tische leer ist, und sie weiß nicht, wo ich bin! Ach, wie oft wird sie dieHände nach ihrem Franz ausstrccken, und in den Himmel hinauf weinen! Aber ich muß fort, sie läßt mich

sonst nicht, und ernähren kann sie mich doch nicht. Zch muß fort, ohne wieder nach Hause zu gehen. Den Nock da, den will ich schon wieder her schicken.

Holt wird mir helfen.

Mein Herz ist zerrissen, ich

weiß nicht wohin — Da — ja, da will ich gerade zum Thore hinaus gehen, wohin mich Gott führt l

Frühberg. hinaus? Franz.

Wo

Zn die weite Welt, Herr!

Frühberg.

Franz.

Halt da — junger Mannl

Warum das?

Zch muß.

Meine Mutter ist arm;

sie kann mich nicht mehr erhalten.

Frühberg.

So?

Da habe ich denn hier wollen Bedienter werden, aber man will mich nicht — Franz.

Za.

Ach Gott!

Früh berg. Franz.

Er dauert mich.

Zu meiner Mutter heim gehe ich nicht.

Zch kränke mich und schäme mich.

Hier bin ich

einmal abgewicsen, und nun versuche ich «S in der Stadt nicht wieder.

Allzu scharf macht schartig. ioi Frühberg. Franz.

Ich bin gut.

Frühberg. sender.

Er hat ein gutes Gesicht.

Zch bin ein Fremder, ein Rei­

Er ist der erste Mensch, den ich in dieser

Stadt spreche — Er ist unglücklich.

Das jammert

mich. Viel kann ich wohl nicht für Zhn thun, aber von einem raschen Entschlüsse möchte ich Ihn abhalten. Reise noch.

Franz.

Zch mcine.es gut; verschiebe Er Seine

Will Er das wohl? Ach, lieber Herr---------

Frühberg.

Wer ist der Mann, bey dem Er

hat Dienste nehmen wollen?

Franz.

Herr Kammerrath Sidof.

Früh berg.

Sidof?

Das war der, der da

mit Ihm heraus kam? Franz.

Za.

F r ü h b e r g.

Nun, so übernehme Er den Weg

für mich, und bitte Er ihn, einen Augenblick an

die Hanüthüre herab zu kommen. Franz.

Wen soll ich melden?

Frühberg.

Einen Fremden.

Bitte Er ihn,

nur einen Augenblick herab zu kommen.

Franz.

Sehr wohl,

Früh berg.

er geht hinein.

So bin ich doch dem Gaffen

und Fragen im Hause nicht ausgesetzt.

ßd) die Allgen und stufst. Muthe!

O Golk,

Er trockn«;

wie ist mir zu

los

Allzu scharf macht schartig

Elfter

Voriger.

Auftritt.

Kammerrath Stdof. Franz.

Sidof.

Wo ist der Herr?

Franz teiltet auf Herrn Zrühberg. F r ü h b e r g verbeugt sich.

Sidof.

Sie wollen mich sprechen?

Früh berg.

Erlauben Sie wohl,

daß der

junge Mensch,da in Ihrem Hause warte, bis

wir gesprochen haben?

Sidof.

Za.

Franz w hinein.

Sidof.

Aber wollen Sie nicht lieber mit hinr

ein gehen? Frühberg.

Vergönnen Sie mir frische Lust.

Zch bin der Kaufmann Frühberg aus Königsberg.

Sidof.

So? Zch kenne Sie nicht.

Früh berg.

Auf einer Geschäftsreise bin ich

nach Algier verschlagen worden. Sidof. So? Er reicht Ihm eine kleine Münze. Da.

Adieu! Er geht.

Frühberg.

Hören Sie mich doch —

Allzu scharf macht schartig. 103 Sidof.

Algier — Kelten — Attestate —

Pässe, Dcttelcy — das kenne ich auswendig.

Frühberg.

Erlauben Sie,

Hier ist Lhr

Geld zurück!

Sidof.

Waö?

Frühbcrg.

Sidof.

Erustlich, ich bedarf es nicht.

Larifari, das ist bloß eine changierte

Den Dreyer zurück gereicht um ein Goldstück heraus zu spekulieren? he! Das kenne ich. Her mit meinem Dreyer. So. Den

Manier im Vetteln.

nehme ich wieder, höre alles an und gebe nun doch

nichts. Frühberg.

Wenn mir lächerlich zu Muthe

wäre — so könnte ich wohl über Sie lachen.

Sidof.

Ganz recht-

Die ordinären Bettler

heulen, die neumodischen machen einen Schwank. Früh berg. Hören Sie mlch doch an, ich habe in Algier einen sehr unglücklichen Mann kennen lernen, der von hier gebürtig ist. Herr Reichem

stein nennt er sich —

Sidof.

Lebt der noch?

Frühberg. Sidof.

Sehr elend.

Zu Algier haben Sie —

Frühberg.

Er ist dort hart gefangen, und

hat außer mir niemals Gelegenheit gehabt, Nach«

richt zu senden.

Sidof. Frühberg.

die Nachricht ist —

Lebt seine Frau noch?

io4

Allz« scharf macht schartig.

Sidof.

Frau und Kinder.

Frühberg. Sidof.

O ja —

Ach Gott!

Und

in

erbärmlichen Umständen.

Wenn Sie keine Wechsel mitbringen, so behalten

Sie die ganze Geschichte sür Sich.

Frühberg.

Sprechen muß

ich sie;

das

habe ich dem armen Manne gelobt. Sidof. Sie können nichts erregen als Zanu wer. Die Frau ist schwach, es kann ihr den Tod

bringen.

Thränen und ein Vaterunser — mehr

kann sie nicht geben. Frühberg. Sidof.

Sind die Kinder---------

Gut, gut.

Der älteste ist geschickt

und brav; aber ein böses Maul wie der Vater, deft

sen Geschichte —

Frühberg. Sidof,

Weiß ich.

Der hat auch erst über alle Welt

raisoniert, das Bißchen Seiuige verthan, und ist dann in alle Welt gelaufen.

Frühberg.

Sidof.

Das war schlecht.

Wie ist er denn nach Algier g«

kommen? Frühberg. Von Korsaren aufgebracht, und — Sidof.

So? Nun, da wird ihm der Witz

vergangen seyn.

Frühcherg.

Wollen Sie nicht die Frau auf

einen Besuch vpn mir vorberelten?

Allzu scharf macht schartig, ios Sidof.

Es ist ein Bruder von ihm hier.

Ertränke mehr auf Sie — hat

Frühberg.

mir Sie- alö einen alten Schulfreund genannt.

Sidof.

So? Schulfrcnnd? Du lieber Gott!

ja, damals hatten wlr Connoissance. Das ist lange her. Da hat man viel Bekannte. Wo sind die hin? Gestorben — verdorben — in alle Welt

gegangen!

Wenn Sie aber wollen, daß die Frau

präpariert wird, so will ich allenfalls — Aber was will ich denn? Sie haben ja da eben mit dem jüngr (len Sohne gesprochen.

Mit dem Sohne von —

Frühberg.

Sidof.

Von dem Reichenstein.

Frühberg.

Wo?

Sidof. Der Sie gemeldet hat. Wie kommen Sie zu dem? Frühberg.

Der bey Ihnen Bedienter werden

wollte?

Sidof.

Ja.

Frühberg. Den Sie nicht genommen haben?

Sidof.

Ich konnte nicht.

Frühberg wendet sich seitwärts. Sie — Er kann nicht weiter reden.

Sidof.

So

schicken

Ich sehe, die Leute gehen Ihnen

zu Herzen.

Früh berg bejahet es. Sidof. Vielleicht cmployiren Sie den Sohn?

Früh berg bejahrtes.

io6 Allzu scharf macht schartig. Sidof.

Es ist ein guter Junge.

Frühberg. Sidof.

Schicken Sie ihn mir.

Ja, ja.

Nun — ich empfehle mich.

F r ü h b e r g iKtbeugt sich.

Sidof.

Ihr Diener.

Cr geht hinein,

Frühberg folgt ihm, und lehnt sich an »en Pfeiler ter Thüre.

Zwölfter

Auftritt.

Herr, Frühberg.

Franz.

Frühberg umarmt Franzen, so wie er heraiij kommt.

Franz. führen?

Zn welchen Gasthof soll ich Sie

Früh berg. Hinaus — hinaus — ins Feld — auf den Wall, vors Thor! hinaus — Franz. Ihnen?

Sie sind so traurig — was fehlt

Frühberg. werden wollen?

Dey Sidof hast du Bedienter

Franz. Die Mutter hat bisher von ihrer Handarbeit gelebt. Ich kannS nicht langer ansehen, daß ich mit davon zehre. Mein seliger Vater hat uns nichts hinterlassen. Frühberg faßt seine Hand. ter jetzt?

Selig ist dein Var

Allzu scharf macht schartig. 107 Franz.

Gewiß; denn er war gut, gab aller

Welt, bis er selbst nichts wehr hatte — Frühberg. Franz.

Und davon laufen mußte?

0, verachte» Sie mich nicht deß.'

halb! Alle Welt läßt es meine» armen Bruder ent­

gelten ; mich haben von der Schule an die Kinder

damit ausgespottet; ach! und der Vater soll so ehr­ lich und so gut gewesen seyn. Die Mutter weint immer, wenn sie von ihm spricht — Wir halten ihn alle in Ehre». Früh berg.

So wird auch Gott euch zu Eh­

ren bringen; denn die Verheißungen, die er guten Kindern giebt, sind ein sicheres Erbe! — Komm

— umarme mich — leg dein Herz dicht an das meinige.

Er umarmt Ihn.

Zn deines armen Vaters

Seele segne ich dich aus der Fülle meines HerjenS. Oer Vorhang fällt, indem sie gehen.

Fünfter A u f z u g. Dey Madam Neidenstein.

Erster

Franz. Franz

Auftritt. Wilhelmine wtbm.

läuft rasch, herein, 'und redet im AuSbruche de