Adam und Eva, oder die Geschichte des Sündenfalls: Ein humoristisches Epos in zwölf Büchern [Reprint 2020 ed.] 9783111470528, 9783111103624


193 95 13MB

German Pages 436 [444] Year 1826

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Table of contents :
Vorwort
Erster Theil
Zweiter Theil
Recommend Papers

Adam und Eva, oder die Geschichte des Sündenfalls: Ein humoristisches Epos in zwölf Büchern [Reprint 2020 ed.]
 9783111470528, 9783111103624

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Adam und Eva oder

die Geschichte des Sündenfalls.

Ein humoristischeSEpoS

in »«Slf Büchern

von

ZenS Immanuel Büggefen.

Leipzig, bei Georg Joachim Göschen, 1326.

Seiner Königlichen Hoheit, dem erhabenen Beschützer und Kenner der Wissenschaften und

Künste,

Christian Friederich, Prinzen von Dännemark,

ehrfurchtsvoll und

daukbar

gewidmet

von dem Verfasser.

Die Handschrift deS

und Eva,

Gedichtes:

Adam

übergab mir der Verfasser

in

der tödtlichen Krankheit, an der er wenige Tage hernach starb.

Mit diesem traurigen

Eretgntß wird der Leser die SolöciSmen in ein paar Versen entschuldigen.

Wäre

es möglich gewesen, so hätt' ich den Dichter (ein Däne von Geburt) auf diese Verse aufmerksam gemacht, und er würde sie »er-

bessert haben. Zum Unglück sind diese Fehler in den Reimen, und konnten ohne unbefugte

Abänderung ganzer Verse nicht weggeschafft

werden. Leipzig, im Oct. 1326.

Georg Joachim Göschen.

Adam

und

Erster

Eva.

Theil.

Adam

und Eva, oder

Die Geschichte deS Sündenfalls.

Erster Band.

— Utile dtilci.

Hör.

Historisch - kritische Ein leitung.

Die Weltgeschichte (wenn man so betiteln kann

Da- Tagbuch der Ameisenhaufen, Die sich auf einer Scholle raufen Seil gestern) ist für mich, und jedermann.

Der ernstlich sie beherziget, mitnichten So trocken, seicht, und unterhaltung-leer.

Wie es gewöhnlich glaubt, wer nur so obenher Den Dlick d'rauf wirft von ohngefähr.

Meint man, sie sey gar traurig, irrt man sehr;

Sie

strvht

im

Gegentheil

von

komischen

Geschichten,

Die kein Cervante- droll'ger würd' erdichten.

Zwar hieße sie dennoch mit gutem Fug Ein großes Trauerspiel.

Will man drama­

tisch gebe» DeS menschlichen Geschlechts biShrr'geS Leben, 5|t allerdings der Name passend g'nug;

Allein fürs Ganze bloß.

Stückweise sind

die Sachen Durchgängig, um sich todt zu lachenMir scheint ein Poffenspiel das Drama der

Natur, Wie'S spielt

und

wird gespielt auf unsrer

Erbeflur;

Das hohe Tragische liegt im Begriffe nur. Nicht im Begriffenen; die Sache paßt zum

Namen, Wie eines Bettlers Bild zu einem gold'nen Rahmen.

Der liebe Gott hat'S, scheint es, so gemacht,

Auf dieser Bühne, di» wir kennen,

(Denn andre können wir doch höchstens nur benennen)

So wie fein Shake-fpear — und mit Bedacht: Zm Welten »Drama und Planeten, Wovon die mehrsten, wie bekannt, Kometen,

Excentrisch, mit und ohne Schwan), Fast nimmer ausgebildet, rund, und ganz.

Giebt'« viel, das Aristoteles verboten, Und wimmelt e< zumal von Possen und von —

Zoten.

Die Sach' ist: Gott, auch Shakespear lieben nur

Die Kunst, als fchin're Tochter der Natur, Und sind, trotz scheinbar'«! Trivialitäten, Nichts wenigrr al« französische Poeten. Ich folge treu der erster» Spur,

Die letzten lassend sonst in allen Ehren;

Zch weiß so gut wie sie,

daß artig ist,

seh'«,

zu

Wie Lin und Zwei und Fünf geh'» auf in Zehn,

Nach mathematischer Kunstrichter Lehren;

Doch

lass'

ich

Gott

und Shakespear auch gewähren.

In ihrer Drei- und Vier- und Sieben, Wahl, Wenn Welten oder Dramen sie gebühren —

Und finde art'ger noch, daß, ohne sich zu kehren An Aristoteles und Decimal, Sie liefern was da zählt, anstatt der bloßen Zahl.

Die Weltg«schicht' ist also, wie gesagt. Mein Omne portans suutn secum,

Mein Waller - Scott, meht Vademecum,

Mein Ar istophaneS, und Plau tuS, und Horaz,

AesopuS, Holberg, Artost, Doccaz, Und Lucian und Swift und Sterne, Ja mein Jean - Paul sogar. Der Wahrheit sey'S geklagt,

Mit andern Studien hab' ich mich nie geplagt; Denn war mir nah' ist, such' ich nicht van ferne.

Ich schöpf' aus ungetrübter Quelle gerne.

Und lieb' in allem dir Frugalität, Tuch als Poet. Das Buch der Bücher, wie der Quell der Quellen

3(1 mir die mensch ltche Natur, Und ihr Dekameron, die Weltgeschichte, nur

Dreuch' ich, als Magazin, in allen Fällen, Wo't gilt was Lächerliches darzustellrn;

Sie geht mir über Don Quixote gar. Weil der am End' aus ihr geschöpft auch wer. Zhr Lexikon liegt vor mir immerdar;

Denn will ich etwas Drollige- erzählen,

äkann ich darin auf jegliche Gefahr Di« erste beste Seite wählen. Sie fängt, zum Beispiel, gleich mit einer an.

Die, als burleske Poss' im Droll'gen, über alles

(Bei weitem geht, wa« Rabelais ersann — Zch meine: die des SündenfalleS. Zn dem historischen Pankomikon,

DaS ich in Versen, spart mir Gott da« Lebe», Gesonnen bin herauSzugeben, Steh' an der Spitze sie! Wer nicht sie schon Gelesen wo, dem wird sie wohl erscheinen Alt - Eulenspiegelisch und er wird meinen „E< sey ein Mährchen," er wird rufen, „D«h! „Da< mache man mir weiß, daß je so was geschah! „Daß die Geschichte, die authentische Geschichte,

„Die wirkliche, die kein fantastische« Gedichte, „Die ächt urkundliche, die wahre — die „Da wandelt Hand in Hand mit der Chrono­ logie, „Gestützt auf die Geographie —

„Mit einem Wort: die Reihe der Geschäfte, „Der Strom von Handlungen und Thaten der Vernunft „3» jeder Klaff' und jeder Zunft —

„Die Offenbarung aller Menschenkräfte— „Die Folg' in der Entwickelung „Des Absoluten, ohne Lück' und Sprung — „Das freie Spiel in den Begebenheiten —

„Die Perfektib'lität — der Genius der Zetten —

„Das Leben, kurz des Zchs Historie — daß die „So angefangen!" — Lieber! eben fit!

Mein Mährchen ist ihr Anfang, wie die Fibel

Der Anfang aller Wissenschaft! Es steht Mit dürren Worten in der Bibel;

Und hat sogar der Kirch' Authorität,

Die (wie wir wissen) nimmermehr kann fehlen; Es ist der Welthistorie Beginn. Zch läugne nicht das Drollige darin;

Es ist zum Lachen — wie ich es erzähle. Von allen tollen Mährchen offenbar,

(Was ich ja. Theuerster, auch nicht verhehle,) Das tollste; doch eS ist, bei der Geschichte Seele! Historisch wahr.

Zwar weiß ich wohl, daß viel« von den

bloßen Historikern, (man weiß doch hoffentlich

Was bloß bedeutet in der Sprach' an sich) Zumal die alles zählenden Franzosen, Die Genest-, nach wörtlicher Kritik, Verwerfen, al- von keinerlei Gewichte —

Behauptend: dieser Anfang der Geschichte Sey nichts als Fabel und Metaphysik —

Und daß er uns kein wahres Wort berichte. Das glaub' ich selbst; allein das thut mir nicht- —

Auch macht im mindesten mich nicht verlegen Ein alter Einwurf von mir selbst dagegen,

Der nämlich: daß der Autor Jude war.

Mithin — die Folge wäre ziemlich klar; Denn die Prämisse läugn' ich, und behaupte. Daß nie die Genesis gelesen mit Bedacht,

Der immer glaubt (wenn er's auch einmal

glaubte) Ein Jude habe sie gemacht.

Dagegen streiten tnn'r' und äuß're Gründe,

Zumal der Jüdische Begriff von Sünde.

Wenn auch Spinoza zwar, und Mendelsohn.

Der erste gar zu weit, der letzte gar zu enge

Getrieben die Spekulation, Geschah'« im christlichen Gedränge;

Spinoza dacht' und schrieb, al« Benedikt,—

Was unser frommer Mose« war, al« halbe.

Nur erst mit ihm genommen, ganze Schwalbe, Sieht man au« dem Zacobischen Konflikt.

Ach! eine Schwalbe macht noch keinen Sommer,

Theurer! Und einer winzigen Ausnahme Spur

Macht mir die ungeheure Regel nur Gewissermaßen ungeheurer.

Ein Jude hätt' (e« kostet' ihm ja nicht«!)

Die Hauplverführung ander« eingerichtet. Und etwas rare«, goldenen Gewicht«,

Don Geldeswerth hlneingeschichtet,

Statt eine- Apfel- vom Erkenntnißbaum, Woran von Allem in des Garten- Raum

Ihm g'rade war am wenigsten gelegen; Zur Lockung hätt' er in dem Paradies Wo irgend aufgehängt ein goldne- Vließ! —

Auch hätt' ein Jude nicht, der Klugheit wegen, E- mit der Schlange so verdorben, wie

Der Autor — und vor Allem hätt' er nie Beim Ausgang (wenigstens ich kann's nicht passen

Mit ächter Juden - Phantasie) Dedellion und Gold und Onyx liegen lassen; Hätt' Adam auch davon er weggeschreckt.

Das Evchen hätte was zu sich gesteckt. Der Jude wird den Juden nie verhehlen.

Auch als Erzähler nicht, weil, wie er sinnt.

Er mahlt und darstellt.

Jüdische« Erzählen,

Und die Historie des ganzen Volk« beginnt Mit Schachern, und mit Schmuggeln, und mit

Stehlen.

Zn Zacob wird uns erst der Ursprung klar

Des Unkrauts, das noch wuchere immerdar

In vier Welttheilen, und zumal in Pohlen — Schon die Geburt des Volks, die erste,

war geflöhten — Zch frage jeden Juden: „Zst'S nicht wahr?-

Man wird mir hoffentlich die andern Gründe schenken.

Warum ich nicht die drei Kapitel, die Dom Sündenfall berichten: Was und Wie,

Betracht' als jüdisch« Kosmogonie. Schenkt man sie nicht, so geb' ich zu bedenken,

Daß der Verfasser, «er er sonst auch war.

Zu einer Zeit gelebt, da noch natürlich

Die Thiere redeten und nicht figürlich. Wie die Erzählung darrhut offenbar, —

Ein nachsündfluthlicher Erzähler, zweifelsohne,

Hätt' es erzählt in einem andren Tone. Es wundert Even im geringsten nicht,

Daß jener Wurm mit ihr geläufig spricht:

Ganz recht! Denn was wohl konnt' iHv offene baren.

Daß f i e nur und i h r M ann vernünftig waren? „Kann unser Eins," vermuthlich dachte |ic

In ihrer Unschuld so, „schon raisonniren, „Die wir von gestern her, ich weiß nicht wie,

„Erst hier im Garten h'rum spatzicren, „Warum sollt' eS nicht können auch ein Vieh, „Daö vor uns da war ? und vielleicht seit immer —

„Deß Haut von Kops zu Fuß ist nichts als Schimmer,

„Deß Wuchs ist so vollendet ganz, „So g'rade, glatt, und schlank, als wär' er

lauter Schwanz, „Und dessen ganzen Leib viel schöne Ringel

zieren ? " DaS alles lass' ich noch dahingestellt, (Dis weiter wenigstens, wenn's so gefallt) Allein, waö jeden Leser muß frappiren:

Auch der Erzähler findet ganz und gar Den Ursprungsdialog, den Pla 1 o' S und Jacobis

Nur commentiren, sowie TrimS und TobiS, Und alle folgende, nicht sonderbar! Man sage nicht: „Er habe sich enthalten „Zu äußern, was er selbst davon geglaubt, „Weil Reflexionen überhaupt

„Er, als Historiker, sich nicht erlaubt, „Und niemals pflegt sein Urtheil einzuschalten:

„Er sey beständig völlig objectiv, „AlS plastischer Darsteller und Enthüller, „Und lange nicht einmal so subjektiv „Wie sein Collega, Herr Johanne - Müller:

„ES stelle sich in ihm nur die Geschichte dar — „Drum sey er auch so groß, so g ö t h i sch tief und klar, „Weil stets mit seinem Glauben und Gewissen

„Sein eig'nes Zch bleibt hinter den Kulissen;" — Denn, mit Erlaubniß, daS ist gar nicht wahr!

Zwar geht der Urbericht vom Sündenfalle

Als Darstellung auch mir entschieden über alle; Zwar find' ich auch den Autor wundergroß; Allein, er giebt sich doch, als solcher, einmal bloß.

Er findet nehmlich kurios DeS ersten Paars natürliches Benehmen: Daß nackt sie gingen, ohne sich zu schämen;

Wär' auch zu seiner Zeit der Thiere Loos Brutal gewesen schon, ihr Maul gebunden. Und ihre Sprache ganz und gar verschwunden. Hätt' er die Schlangenrhetorik

Gewiß viel kurioser noch gefunden! Wer nur ein Nasenloch historischer Kritik Halb offen hat, riecht hier, schon als Primaner, Beim Duchstabiren seiner Genesis, Den unbefang'ne» Prädtluvianer.

Nun aber ist's historisch ganz gewiß, Daß Juden nach der Sündfluth erst entstanden —

Die wenigstens, die noch vorhanden — Mithin gehbrt (nachdem ich weggefegt Don der Historie gewohnten Eingang-thüren

Die Zweifel, die man hier und dort noch hegt. Ob sie jum Vorsaal oder Abtritt führen) Da- Abenteuer, da- ich hier

Denselben ganz gemäß berichte.

Zur wahren, ächten, klassischen Geschichte.

Wenn übrigens unchristlich sollte scheinen. Und lieblos, rlnem Zu den irgendwo Mein Nichtvielhalten von den Seinen,

Bemerk' ich, um ein möglich qui pro quo Bei diesem Anlaß zu vermeiden.

Daß man Hebräer wohl muß unterscheiden Und selbst Israeliten von den Heiden

Und Christen, die ich nenne so —

Ich meine nicht die Tridler in de» Duden, Ich mein' auch die Rothschilde nicht allein. Wenn tadelnd, und sogar mit einem Schein I. Band.

Don Hohn, ich spreche von den Juden; Ich meine zwar auch sie mit vollem Recht, Allein vorzüglich: die sogar noch unbeschnitten. Getauft und ungetauft, nicht ihre

Stra ft litten — Neun Zehntel nehmlich von dem mensch­ lichen Geschlecht — Und mein' e< selbst, trotz allem Reim-Getöse, Mit diesen armen Teufeln nicht so böse. Din ich doch selber, ach! (in meinem Sinn

DaS Schlechte nehmend, und das Jüdische darin) Vielleicht der schlimmste Jude trotz dem Schelten; Denn wenn auch Schätze mir von Gold Nicht eben über alle Schätze gelten, Din ich doch vielen andern Schätzen hold.

Die wohl, genau beseh'n, auf einer UnschuldS-

wiese. Dem Dichter viel gefährlicher alS diese.

Drum wiederhol' ich stets das Sprüchlein mir:

Sind auch die Juden nirgends

recht

zu

Haufe, Die Christen pilgern auch am Ende hier. Und schmausen, wenn sie ktnnen.

Wir sind

Wir;

Und vor dem Herrgott sind wir alle Schmause.

Zum Schluß der Dorertnnerung noch dies: Obgleich, der Sache nach, was ich in deutschen

Reimen

Versuchen werde hier der Lesewelt zu leimen. Man alles lesen kann in jener Genesis,

Weil ich das Factum selbst nicht umgestaltet —

Steht dennoch meine Schnurre dort

Natürlich nicht gerade Wort für Wort.

Zch habe die Urkund' entwickelt und entfaltet. Wie Herder, und wie Kant, poetisch, kritisch

schier.

Doch alles so auf eigene Manier, Wie mir die Laune kreuz und quer gewaltet:

Was innwärtS lag im Stoff' herausgekehrt — Kurz, der ^Geschichte Knollen klein gespaltet.

Was niemand dem Erzähler wehrt. Wenn er des Factums Holz nur nicht vermehrt. Auch hab' ich mich bestrebt in manchen Stellen, Wo etwa- dunkel, oder wenig klar, Das Vorsündfluthliche gehörig zu erhellen

AuS nachsündfluthlichen Erfahrungsquellen, Was eigentlich sehr leicht mir war —

Weil in der Welt, und in dem ganzen Weltlauf

alles. Non jenen großen Monarchien vier, Dis auf mein schlechte- Reimen hier.

Nichts ist, im Grund', als deutliche Bewährung, Entwickelung, Erweiterung, Erklärung,

Und öfters bloße Wiederholung schier. Des Sündenfalles.

Wer übrigens nicht viel für Untersuchung giebt. Und keine Gründlichkeit, kein tiefes Dringen

-------

21

Zn etwas, nicht einmal in'S Lächerliche, liebt. Kann diese Vorerinn'rung überspringen.

Ich hielt eS zwar für strenge Pflicht, Sie als historische Einleitmig anzubringen. Doch möcht' ich niemand sie zu lesen zwingen; Denn sie gefällt mir selber nicht. Wird die Erzählung selbst nicht angenehmer, Spahiere sie nur g'radeSwegS zum Krämer, Und komme wöchentlich mir, Stück nach Stück, Statt Tags » und Nachts - Journal von ihm zurück!

Der Geschichte deö Sündenfalls Erstes Buch.

Ex noto fictum carmen sequar. Hör.

Es war einmal im Anfang eine Zeit, Da gar nichts war auf Erden weit und breit, Zn Lüften und in Meeren und in Landen,

AIS bloßer Platz zu Allerlei vorhanden — Za dieser selbst, als Luft, und Meer, und Erde

kaum;

Weil alle drei, genau beseh'», bestanden

Zn einem dreifach -den Raum, Der weder trocken, naß, noch zwischen beiden.

Sich gar nicht von der Zeit ließ unterscheiden. Die ganze Welt war damals nur ein Traum,

Wie sie'S noch immer ist, nach Fichte — Und gab'S Natur - und Weltgeschichte, War sie prophetisch nur, wie mancher Nova list

Vermeint, daß sie noch sei.

Die Wahrheit ist,

(Wofern e< «ine giebt auf dieser Erdenscholle) Was vor der Schöpfung in dem Raume war. Es mag gewesen seyn was eS auch wolle. Spielt in der Zeit historisch keine Rolle, Auch dunkel nicht einmal, geschweige klar.

Um dennoch (weil wir sämmtlich immer fragen Nach dem Beginn des Anfangs, Sprung

und dem

Des Ursprungs) irgend was davon zu sagen —

Will ich, nach allem was ich aufgerafft

Don neuer deutscher reiner Wissenschaft, So gut ich kann, es zu beschreiben wagen. ES war, — ich muß mich erst besinnen, — >a!

Es war wa< apriorisches — ganz richtig! Was reines — eigentlich: «S war nicht da. E« war nur (dieser Unterschied ist wichtig!)

Es war nicht dies, es war nicht das.

Es war ein äußerst wunderbare« was: Was unterschiedliches, da» nicht zu unterscheide».

Zwar beides; aber kein- von beiden:

Was absolutes, das — wie war's doch? — das —

Das — (sinnen muß ich; doch, je mehr ich sinne,

Ze weniger, natürlich, werd' ich's inne. Weil's ganz unsinnig war), — ich wußt' es doch. Irr' ich mich

vor vierzehn Tagen

nicht,

noch,-------

ES war — eS war....

Du lieber Gott! wie

gab ich's Doch einmal auf französisch in Parts,

Als SieyeS frug — da Schelling ich ihm

pries — Nach dessen Grundprinzip? — Triumph! nun hab ich's!

„Idendität!"— Es war Idendität—

Zu Deutsch, damit ihr'S unrecht nicht versteht: Es war 'ne Selbigkeit der Nichtdasselbigkeiten, 'Ne große Nehmlichkeit der Unannehmlichkeiten,

DaS Nehmliche an sich, nur mit Pola­ rität — Indifferent kurzum — ein All voll Nullität, Das Zeit und Raum in sich unsichtbar hüllte, Indem «S Zeit und Raum, beweglich ruhend, füllte Mit einem lauten, fühlbaren Geruch Von dunkelhellem, jungen alten, Frostheißen, durchaus feuerkalten Und bittersüßen Widerspruch; Mit Worten, die zwar nicht so lief in» Leere dringen, Doch wenigstens ein bischen voller klingen:

Es war ein Wollen da, das niemals was gewollt,

Ein Sollen, das noch nichts bisher gesollt.

Ein Rollen, das noch nie herumgerollt. Zumal — weil alles Tolle, was auf Erden Nachher geschehn, daraus erklärt muß werden. Ein Tollen überhaupt, das nimmer noch getollt — Ein unbedingtes Wollen, Sollen, Tollen, Zm ew'gen, absoluten, reinen Rollen Des CirkelS a priori der Natur,

Wovon noch, wie natürlich, keine Spur;

Genug, es war ein rein erbärmlich Leben, Ganj so, wie die Professor-Elohim, Und die Student-Sophesemim, Die metaphysischen Weltschöpfer, heut' es geben. Ein Leben, gleich dem A gleich A, Entblößt von Liebe, Licht, rtcetera —

Mit einem Worte: gar nicht da. Wie aus dem allen leicht ist abzunehmen, Gab'S also weder Schalten selbst, noch Schemen.

Der Raum war nicht einmal Mathematik, Geschweige dann die Zeit Metaphysik;

Das All war höchstens voll von möglichen Sy­ stemen, (DaS heißt von Nichts, das sich zu Allem muß bequemen)

Ein Schrift- und Band- und Blätter-leeres Buch,

Worin man sucht' umsonst, wie bet der letzten Messe, In dem merkwürdigsten aus Mohr - und

Zimmers Presse, Nach einem einzigen soliden Spruch. Zch bin begierig wie, nach zwei, drei tausend Zähren,

Die Ueberseher meiner Genesis Zn Südamerika — die ganz gewiß Nicht Witz noch Mühe werden sparen,

Herauszubringen dieser Stelle Sinn — Wohl geben werden, und erklären

Das (unsre Schule sonst in allen Ehren)

Dann sicher Unverständliche darin?

Zch möcht' es lesen! ES wirb närrisch klingen,

Wenn sie'S versuchen zu erzwingen! Sie werden lang' erst drehen hin und her

Mich armen, dann uralten, äußerst schweren. Historischen HanSwurst - Homer! Zch kann Euch aber, liebe Wolf' und Dosse

Der künft'gen neuen Welt im Zahr

Viertausend hundert (oder später gar) Nicht helfen, nicht einmal mit einer Glosse.

Zwar lieb' ich und verehr' ich Euch recht sehr,

ES freut mich herzlich spat und frühe. Daß Zhr mich überseht — und in so weit

Din ich verbunden Euch für Eure Mühe, Denn sie befördert mein' Unsterblichkeit;

Allein, ich muß ja doch für meine Zeit Auch sorgen — ja noch mehr (vielleicht und

dennoch Deute

Der blind zutappenden Vergessenheit) Sogar für heute.

Drum wiederhol' ich meinen dunkeln Spruch: Die Welt war damals nur ein absolutes Buch. Indeß — (das giebt doch zu der spinnefeind'ste Hasser Des Wirklichen) — wenn erst ein Buch da ist,

Es sey auch noch so leer, giebt's einen Buch. Verfasser; Denn selbst die nichtigste Sophie, Dis auf die absolute Schel lingie, Setzt einen Soph voraus, weiß man auch gar nicht wie. Verdient als nichtig, auch das Nichts die Rüge,

Der Lügner ist gegeben mit der Lüge. Zum Glück war der damalige Sophist,

(Wie unsre neuesten Sophesemim ihn schelten, Die nur sich selbst als Sophen lassen gelten) Nichts weniger als Nihilist.

Dein erstes Geistgebot war nicht «in Sinnen-

schelten. Sein Kopfeinsegnen nicht ein HerzenSfluch, Er sprach nicht: „Werde Buch!" wovon nicht­

übrig bliebe, AIS der sinnlose, dunkle, leere Spruch:

ES werde Buch!

Er rief hingegen: „Werde Licht und Liebe!" Und schuf

Die Helle, volle Welt mit seinem Ruf. Kaum war sie da, mit allem fix und fertig. So war, wir jeder Leser eS gewärtig.

Die Erd' (ihr letzter, und fast kleinster Theil)

auch da

Mit Luft, und Meer, und Land, etcetera; Das heißt: zugleich mit Pflanzen und mit Thieren, Die gleich da fingen an, »ach ihrer Art,

Bald so, bald so, bald anders noch gepaart. Sich lustig zu multipliciren: I. Baad.

Kur; jedes Ding in seinem Fach War mit der Schöpfung da, dem Keim und Stamme nach —

Mithin (woran am meisten uns gelegen Der Erbschaft wegen) Ein allen Vätern nith'ger Urpapa, Und eine Müttern gleich nothwendige Mama, Die sich gleich schlechtweg Menschen nannten. Obgleich ste nur sich selbst, als solche, kannten. Sie fanden nehmlich sich nicht Thiere ganz, (Vermuthlich weil sie nackt, und ohne Schwanz) Und glaubten, anfangs, d'rum auf der Geschöpfe Leiter Die schon bekleideten, geschwänzten etwas weiter.

Man nennt den Stand der Unschuld diesen Stand,

Worin der Mensch sich von den Thieren Ließ tmponiren.

Weil er sich nackt und schwanzlos fand.

Er scheint noch immer, trotz gefcheidterem Verstand,

Thierdespotie so halb und halb zu lieben, (Beinah das etnz'ge waS von

Unschuld ihm

geblieben)

Und läßt sich imponiren vom Gebrumm

Der thierisch starken, thierisch ungenirten. Und thierisch prächtig auSstaffirten

Wachthabenden Gewalt, sey sie auch noch so dumm;

Doch heut'geS Tages ist es nicht darum:

Er weiß recht gut, der Schwanz sey nicht das Ganze,

Weil ganz man Thier kann seyn mit keinem Schwänze; Und was das Kleid betrifft, da geht er jetzo schier

So reich geputzt wie jedes andere Thier.

Das erste Menschenpaar, wovon die Rede hier.

Würd' erst nach allem übrigen erschaffen.

Viel später als die Pflanzen und die Thier', Und später noch sogar als daS Geschlecht der Affen —

Aus guten Gründen; weil in der Natur Sonst jede groß' unb. kleine Kreatur

M i t etwas von der Schöpfung ist zufrieden, Und wird von irgend einem Theile satt; Der Mensch hingegen Alles nöthig hat Zu seinem menschlichen Gedeih'n hicnieden. Sogar die Affen. Hätten die gefehlt. Wer weiß, ob in dem Unschuldstande, Trotz einem noch so süßen Liebesbande, Er je sich hätte bürgerlich vermählt?

Wer weiß, ob je er Pabst geworden wäre? Wer weiß, ob je er hätte manivrirt? Schildwachen ausgestellt? und seines Gleichen Zn Uniform, mit allen Affenzeichen Der Schadenfreud', ins Feld geführt? Er braucht, um das zu werde», was er ist. Um seine Blüthe völlig zu erreichen.

Nicht bloß die ganze Welt als Garten-Mist; Er braucht auch seines Gleichen schon im Garten,

Um sein zu pflegen und zu warten. Daß aber schon vor ihm der Affe war.

Beweist, daß falsch man diesen so benannt; Denn daraus wird hinlänglich klar

Daß diesem er, nicht ihm der Affe nachgeahmet.

Und daß man irrig hält in der Zoologie

De» Malbrouk für des MarlbouroughS Kopie.

Mit aller Achtung, die dem Generale Gebührt, bemerk' ich dies nur hier:

Die Affen führten eher Krieg als wir —•

Mithin sind sie, nicht wir, Originale. ES scheint mir überhaupt, wie man es seht versteht,

Mit der gepriesenen Originalität Zn jeder Wissenschaft, in jedem Fache,

Und jeder Kunst sogar, hier mitten in der Zeit, Ein' eigene zweideut'ge Sache:

Ich fürchte sehr, daß unsre Menschlichkeit Sich mach' in diesem Punkt auch viel zu breit.

Und daß, wie einst st« sich getäuscht in Wohnung, Bevor dieselbe Kopernik ermaß.

Sie auch sich irr' in selbstgesehter Thronung Durch ganz originalen Ernst und Spaß. Zn beiden wenigsten« sind wir zurückgeblieben.

Den Ernst hat schwerlich weiter je getrieben

Ein Metaphysiker, von Heraklit bi« Kant, Al« vor dem Menschen schon der Elephant —

Und wa« den Spaß betrifft, da möcht' ich unter Pfaffen

Und unter Gauklern sehn den allerjüngsten Lassen Den d'rtn nicht übertraf der ält'ste Sapajou.

Die heutige Kritik posaunt in jedem Nu, Wenn sich wa« plastische« und drastische« läßt

merken Don unerhörten neuen Wunderwerken —

Und viel ist unerhört, da- geb' ich ju, Allein original ist weder Topf noch Töpfer Zn dem gefammten All der endlichen Natur; Ein Cinz'ger, über sie Erhabner, ist es nur: Original ist ganz allein der Schöpfer.

Wie aber unser aller Großpapa Kam zu der damals jungen Großmama,

Hab' ich verzogen zu berichten — Ich finde nehmlich dies Ereigniß wichtig g'nug, Um eS, mit welthistorisch gutem Fug,

Ais wahren Anfang menschlicher Geschichten,

In einem neuen ganz einfält'gen Buch, Ohn' allen dunklen Reiz und klaren Widerspruch, Ein wenig ernster und ausführlicher zu schlichten.

Der Geschichte des Sündenfalls Zweytes Buch.

— Ut sibi quivis Speret idem, — Hör.

Der Leser schließt vielleicht aus dem, was schon gesagt Von dem Entsteh'« deS Himmels und der Erde,

Daß ihn und mich gemacht dasselbe große Werde,

DaS jene schuf; der Schluß ist zu gewagt.

UnS ha» der liebe Gott zwar auch hervorgerufen, Allein so wie wir find, mit Haut und Haar,

Er selber nicht unmittelbar. AuS der Urkunde fieht man klar, Daß mehrere den ersten Menschen schufen.

Der Schöpfung großer Meister gab sich nicht Mit dem Detail die Mühe — was mit Ellen

Sich messen ließ, sagt der Bericht, Das überließ er den Gesellen,

Die Er zu dem Behuf, als fertig war das All, Und schon der große Ningeltanz begonnen

Der Monde, der Planeten und der Sonnen, Herabgeschickt auf unsern kleinen Ball. Es thut mir leid für alle Spinozisten, Zdealisten oder Realisten;

Denn der Philosophie aus einem Stück Bricht dies im Mutterleibe das Genick. Zum wenigsten stört's mich gewaltig Sm Glauben an das Einmaleins-System. Wie kann man hoffen ein Philosophem Der absoluten Einheit, wenn so spaltig Der Mensch von Anfang ist, daß auch das Wesen gar,

Das ihn gebildet, mannigfaltig war? Es thut mir leid für's Ich, und seine großen Herren,

---------

45

Daß vor dem sum und cogito

Man fand auf Erden D u'en schon und L r'en; Allein es ist nun einmal so. Die Elohim (so hießen die Gesellen Des lieben Gotts) rathschlagten unter stch:

Ob nicht ein neu Geschöpf nach ihren Ellen, Ein Ueberthier, mit einem Wort: ein Zch,

Sich bilden ließ aus den gegeb'nen Sachen, Und wurden eins, daS ließe sich wohl machen. Sie nahmen etwas Koth — was giebt es da ju lachen?

Koth, sag' ich, eben Koth, wie jedermann.

Der selbst den Text studirt, sich überzeugen kann — Und fingen gleich zu modeln an. Nach ihrem «ig'nen Schnitt und Ebenmaße, Mit Händen, Füßen, Rippen, Mund und Nase, Mit Ohren und mit Augen, die Figur, Die wir (vermuthlich weil sie unsre) halte»

Für weit die fchinste der unzähligen Gestalten

Zn der unendlichen Natur. Da lag das Meisterstück der himmlischen Skulptur, Sie konnten'- nur nicht recht zum Stehen bringen; Es fehlte der vollkomm'nen Kreatur

Das Leben nur; Allein das konnten die Gesellen nicht erzwingen.

„Was ist denn noch dem Dinge Noth?"

So frugen sie sich, maßen, zählten

Die Glieder alle — keine fehlten; Und dennoch war und blieb das Männchen todt. „Wie Schade" sagten sie, „es ist doch ganz vollkommen, „Ganz nach dem Maaße, das wir von uns

selbst genommen,

„Proportionirt, und weiß und roth!" Nach viel vergeblichem Darüberraisoiinirrn

Spazierten sie davon, und sagten im Spazieren Einander keif' ins Ohr: „Mein Lieber! Koth

ist Koth!"

Da kam der Meister hergegangen

Zu sehn, was die Gesellen unterfangen.

Und sah DaS neue Kothfigürchen liegen da Zu seinen Füßen in dem Grase;

Der kleinste Wurm war schon von mehr Gewicht; Und, Gott sey Dank! und doch— zertrat Er'S

nicht; Er hob eS lächelnd auf mit seiner Hand,

Dließ in die Nase: Und sieh'! eS stand.

„Geh!" sprach Er, „sinn', und brauche den Verstand,

»Den Zch mit diesem Hauche Dir gegeben!"

Und er verschwand.

Der Kothmann fand sich kaum beweglich und im Leben, So fing er schon zu weinen an.

„Zu weinen?" Allerdings! Trotz allen Herrlich­ keiten, Die rings er sah im Nahen und im Weiten, Fehlt' immer etwas noch dem armen jungen Mann. Umsonst fand er genug ;» essen und zu trinken, Am Platze wo er sich befand.

Und Nahrung g'nug zugleich für den Verstand;

Es war ihm alles reichlich zugemessen Zum Glücklichleben auf dem Land; Und wo er ging, und wo er stand. War Hüll' und Fülle zum Genuß — indessen War er auf seinem Bett von Blumen-Stroh

Nichts weniger, al« herzlich froh. Zwar legt' er sich gleich anfangs auf's Studiren Des Physikalischen in Pflanzen und in Thieren,

Begann die ersten zu klassifieiren.

Um nach und nach allmählich auch Sich einen ordentlichen Sprachgebrauch Durch ihre Namen zu fixiren — Auch setzt' er sich wohl -fterS hin Auf einen Onyxstein im Grase Den Zeigefinger auf die Nase,

Und sprach bald laut bald leise so: Zch bin! — Zch setze mich! — ich denke! — cogito, „Und ergo sum — Ium, ergo cogito!“ — Umsonst! daS Alles half ihm nichts.

Er einte

DaS Mannigfaltige, fand alles ganz Nach seiner Untersuchung, wie nach KantS; Allein er fand sich selber halb — und weinte. Zch mag nicht hererzählen, was er sich Für Mühe gab vom Morgen bis zum Abend, Die Sinne so, bald so, bald anders labend. Ein wenig zu befriedigen sein Zch, DaS immer in deS Edens Ueberfiusse

Nach etwas suchte, das noch da nicht war, I. Band. 4

Und im Genuß des Guten immerdar Sich sehnte nach was Gutem im Genüße.

Oft ritt er in dem Garten wie ein Narr, Auf einem Aß; oft sucht' auf allen Vieren

Er wettjulaufen mit den Thieren — Oft lief er in dem nächsten Dach Gefahr Sich zu ersäufen, schwimmend nach den Schwäne» In einer Doppelfiut von Wasser und von Thränen.

Umringt von Blumen fiel ihm endlich ein, Ein Exemplar von jeder sich zu pflücken, Und aus der sämmtlichen Verein

Sich ein vollständiges Entzücken Selbst zu bereiten.

Anfangs schien ihm bas.

So wie der Straus allmählig wuchs an Zierde,

Das Räthsel der unschuldigen Begierde Nach einem kleinen Paradies Zm großen schön zu lösen.

„Ja, das war

„Was hier noch fehlte," murmelt' er im Gehen,

An Blume Blume fügend, bei'm Entstehen

Des neuen Werks, — „das ist es offenbar.

„Das Zdeal — zugleich für Aug' und Nase, „Und für ich weiß nicht was! Wie füllt's die Sinnen - Kluft „In meiner Aesthetik mit Schmelz und Duft,

„Der Zauber bringt mich schon fast gänzlich in Extase!

„Wie reizend und wie sanft! wie dunkel und

wie licht! —

„Nur noch die Schlanke, Weiße, Hohe, Reine AuS deren Blick der Unschuld Himmel spricht —

„Und die Verborgne hier, die Süße,

„Die lächelnd weint: Vergiß mein nicht! „Euch alle hab' ich nun im lieblichen Vereine; „Kein

Reiz,

kein' Anmuth,

keine

Wonne

fehlt — „Zn einem einz'gen holden Bund vermählt,

„Seyd, all' ihr mannigfaltigen, mir Eine! „Zum erstenmal drück' ich mit Herzenslust

„Der

Schöpfung

schönste

Zicrd' an

Brust!"

meine

Ach; Er zerdrückte fit! Sein heftiges Ent­ zücken Zerstörte die so zarte Harmonie:

Der schöne Straus zerfiel zu schönen Stücken — Und, eines nach dem andern, welkten die. Zwar fing er immer wieder an zu pflücken, Und baute sich sein Ideal auf« neu'. Und immer schöner schien es ihm zu glücken;

Doch keins bestand, der Straus ward immer Streu. Auch, der Anthologie stets eifriger beflissen, Fing er allmählig an, nach jeder neuen Wahl, Der Farben und der Düfte sonder Zahl Selbst an dem schönstgelung'nen Ideal, Trotz der Vollkommenheit, ein Etwas zu ver­ missen.

„Vermuthlich," seufzt' er, „giebl's dergleichen nicht, „Das meinem Zdeale ganz entspricht! „Was hilft's darnach zu laufen und zu gaffen? „Es ist am Ende nicht erschaffen. — “

Indessen lief, und gafft' er immerfort.

Bewährend schon auf seiner Blumen - Wiese: Daß wenig helfe, selbst im Paradiese, Zur weisen That ein weises Wort. Zch mag nicht, wie gesagt, erwähnen Was alles er gethan, so lang' er einsam war,

Zn diesem wahren Flegeljahr Des Unschuldstands,

um nicht sich tobt zu gähnen.

Genug: er aß und trank, und ging, und lief.

Und kroch, und schwamm, und streckte sich, und schlief,

Zn jeder Lag', auf allen Wegen, Mit seines Körpers und mit seines Geistes Kraft,

Mit seinem Muth, mit seiner Wissenschaft, Mit seiner Unschuld gar, — kurz mit sich selbst verlegen.

Der Meister sah's, und sprach: „Es ist nicht gut,

„Daß er alleine sey? hab' ich auch gleich ver­ nommen „Von Ewigkeit, waS sicher dann wird kommen,

„Ich werd' ihm geben, wat ihm nöthig thut.

„So geht eS nicht, eS ist in jedem Falle

„Dem Menschen besser, daß er stirbt, „Als daß er ganz und gar verdirbt — „WaS einer dann nicht wird, das werde» alle!

„Ich mach' ihm eine Hälft' an Liebe reich: „Aus seinem starken, festen Leibe

„Soll, während dort er schläft, ein Mädchen sanft, und weich,

„Und zart und anmuthSvoll, ihm sonst in Allem gleich, „Entspringen, und ich geb' es ihm zum Weibe!" Gesagt, gethan. Der Adam schlief — Da- Mädchen sprang empor, und lief

Zum nächsten Bach sogleich, und wusch die

schönen Haare.

Sie sieht sich selbst verwundert in der Fluth, Und lächelt, al< wenn ihr sich offenbare

Der ganze Himmel, wie er wirklich thut.

„Jetzt," sprach der Meister, der da« höchste Gut Dem Menschen gab:

„Jetzt erst ist Alle«

gut!" Mein Adam, der indessen ausgeschlafen.

Erwacht, umringt von Ziegen und von Schaafen

Und Tauben, und dergleichen Thieren mehr. Und gähnt, und spricht: „Ich schlief entsetz­

lich schwer,

„Unruhig, ängstlich hin und her, „Erhitzt, al« hätt' ich das gehabt, was Fieber „Man nennen wird einmal, wenn'« erst der,

gleichen giebt: „Mich dünkt, ich war zum Wahnsinn, gar

verliebt, „(Ja, wenn e« etwa« giebt, darüber)

„In etwas außer mir, ich weiß nicht wie:

„Doch schlief ich gerne wieder ei»;

denn lieber

„Ist mir ein solcher Traum, trotz der Philo­

sophie, „Als dies gelehrte Leben mit dem Vieh. „Was hilft mir mein selbstdenkendes Erwachen

„Hier unter diesen Nicht-ZchS-Siebensachen

„Von Strahlen, Schatten, Bäumen, Affen, und

„Was sonst sich hier thut meinen Sinnen kund? „Mil keinem von dem Allen kann ich scherzen.

„Zwar find' ich manches schön, gewandt, und stark, und klug,

„Zwar

brummt'S,

und zischt's,

und blökt's,

und schwaht's genug,

„Allein kein Einzig'« spricht zu meinem Herzen, „Selbst nicht mein bester Freund, der Hund;

„Auch er am Ende spricht nur mit dem Mund! „Zwar lern' ich was von ihnen alle Tage,

„Und sehe halb schon manches Was und Wie, „Doch niemals ein Warum? Wozu diegan^Plage

„Mit meinem Lexicon, mit der Zoologie, „Sammt der vergleichenden Anatomie „Von Physiognomien aller Affen,

„Die mich Studirenden begaffen. „Ich werde nie doch so gescheit, wie sie — „Nie sag' ich's, weil ichs meine — nie! nie! nie! — „Sie schränken sich auf etwas ein im Leben „Des Daseyns, sind zufrieden drücken sich „Dicht an einander, innig, frihliglich,

„Und überhaupt multipliciren sich, „Und ihre süße Lust — das nenn' ich Leben!

„Das ist gescheit, da sieht man einen Zweck;

„Doch meine Weisheit ist ein ewig Streben

„Nach dem, was nirgend ist, — nach allem. Keck „Behaupt' ich, wenn ich alles recht betrachte „Um mich herum, und dann mich selbst beachte: „Ein Himmel ist die Welt an jeder Eck' — „Ein Meisterstück im Großen und im Kleinen —

„In jedem Leben seh' ich einen Zweck — „Zn meinem nur, in meinem seh' ich keinen — „Ich bin allein der faule Fleck!"

Zn diesem Selbstgespräch ging er beständig weiter, (Denn er war schon im Gang) Den Dach entlang. Die Morgenluft- war ungewöhnlich heiter. Und alles hüpft' in Eden, sprang und sang, Und bot ihm freundlich guten Morgen Mit Zwitschern, Brüllen, und Gesumm;

Er aber sah fich gar nicht um.

Verdrießlich murmelnd: „ich bin stumm! „Schwatzt, was ihr wollt, Zhr Ohnesorgrn!

„3d) spreche heute wenigstens kein Wort!" Und ging, wie halb im Traume, weiter fort. So naht' er sich dem Platz, wo jene fand Sich selbst, und noch im Blick verloren stand.

(Gott Vater folgt' ihm mit dem Auge lange;

Denn er blieb, ohne Sie zu seh'», im Gange.) Auf einmal warf er. Arm in Arm verschränkt.

Den Kopf empor, den er gesenkt. Und rief: „0 Himmel, der du hell und heiter

„Dich über mir, und selbst der Sonne wölbst! „Din ich gestürzt denn auf der Wesen Leiter

„Seit gestern unter — gar mich selbst? „Ich weiß nicht, wie mir ist, ich finde kein

Behagen „Am Daseyn; alles ist mir nichts an sich, „Besonders heut' — an allen vor'gen Tagen

„Sonst liebt' ich wenigsten- doch mich „So halb und halb;

ich war mir gut, und

deckte, „So sehr ich konnte, mir die Augen zu „Für jeden Mangel, der mein Herz erschreckte."

Der Arme wußte nicht, daß in ihm steckt« Noch gestern ein gewisse- D u. Daß jeht herau-gerissen, eine Lücke

Gemacht — ein wahres Loch im Ich, — Und daß er jetzo nur mit einem Stücke Der Menschlichkeit herum im Garten schlich.

„0!“ rief er wild, „ich flieh', ich hasse mich," Und blickte vor sich hin mit starrem Auge, „Ich weiß gar nicht, wozu ich tauge „Mit meiner ewigen Metaphysik----------- “

Doch in demselben wilden starren Dlick Begegnet ihm die kaum erschaff'ne Rose,

Die junge Schönheit, jene süße Braut, Die wallend in der Ahndung dunklem Schoose

Sein sehnend Her; im Traum geschaut! Sie sahen sich zugleich, und sah'n nicht mehr die Sonne, Und sah'n nicht mehr den Dach, Sie glühten, bebten, zitterten vor Wonne, Und seufzten, staunend,

lächelnd,

weinend:

6i

Dann flogen sie zusammen, wieder wach.

Und hielten sich einander in den warmen. Weitausgestreckten, starken Liebesarmen,

Und sanken, Herz an Herz, und Drust an

Brust,

Dahin vor namenloser Lust; Sie zuckten wieder auf, und bebten immer wieder In seligen Entzückungen danieder.

Und sah'n sich wieder an so inniglich. Und drückten sich die Händ' — und — küß­ ten sich.

Die erste Menschenlust — den Gruß der Grüße —

Der Ur-Umarmung Urkuß aller Küsse — Der allerersten Liebe Himmelreich —

Den Ursprung aller wonnevollen Triebe —

Die Lieb' im Paradies: der Liebe Liebe,

Die stärkst' und die unschuldigste zugleich,

Noch vor dem Sündenfall — mit Worten zu

beschreiben — DaS laß' ich armer Sünder bleiben. Nach langem Taumel süßer Lust,

DaS All' vergessend, ihrer nur bewußt. Erwachten sie zu sanfterer Entzückung AuS der gen Himmel flammenden Entrückung; Und Adams Auge trank in langem Zug,

Die Reize der Umarmten still betrachtend. Auf jede Lieblichkeit besonders achtend,

Des schönen Anblicks seliges Genug.

„das ist es, was ich wähnte „Mir zu ergrübeln, und was immer wich: „O!"

rief er aus,

„DaS Schöne, Gute, Göttliche an sich, „Wonach ich mich umsonst im All der Schöpfung

sehnte —

„Das ist ein Zch, und doch nicht Ich!

„O Du! Du! Du! — o! nenne mich, Du Süße,

„Nur Du in jedem holden Nu!"

„Du!" sprach sie — Küsse folgten dann auf Küsse, Und Du auf Du. — „Nun glaub' ich erst an Gott!" rief Adam laut und weinte Vor Freude jetzt, „durch Dich, in Dir

"Wird, was mit Kirper Geist, und mich mit mir vereinte, „Erst fühlbar mir!"

D u war das erste Wort, das Adam Eva lehrte. Das zweite: Gott—und, als sie knieend sich

Umarmt, das dritte: Liebe!— „Liebst Du mich?" Frug er, und drückt' ihr Händchen inniglich. „Du du" antwortete sie ihm, und kehrte

Die Rofenlipp'ihm lächelnd, „liebet Dich!"

64

-------

So scherzten sie voll Unschuld, und die

Sonne, Die Vöglein und die Engel, Mond und Stern', Und alle Wesen sahen es mit Wonne, Und selbst der Liebe Schöpfer sah' es gern.

D er Geschichte des Sündenfalls Drittes Buch.

— Vocera Comoedia tollit.

II o r.

f>7

Sechs Tage — sechs Jahrtausende — sechs

Zeiten — Mit einem Wort — (denn's wäre toll.

Darüber eine Stunde nur zu streiten. Wie lang man Gottes Tage machen soll. Die Augenblicke sind zugleich und Ewigkeiten) — Sechs Tage hatte jetzt der Schöpfer zugebracht. Nach unserm vorsündfluthlichen Berichte,

Mit Schaffen, und die ganze Welt gemacht;

Er ruht am siebenten, und, alles wohl bedacht. Fängt erst mit diesem an die Weltgeschichte.

„Gesellen!" rief Er, „Elohim! „Ihr Saraphim! ihr Cherubim! „Ihr Genien! ihr Geister! Lichtgebor'ne!

6ti

„Worunter auch der jetzt in Sich verlor'ne:

„Jetzt ist'« an Euch. Ich hab' euch au« dem Nicht« „Hervorgerufen, und zahllose Welten, „Und jedem g'nug gegeben, wa« zu gelten;

,,E« ist eur' eigne Schuld, gebrich'ts. — Ihr habt getagwerkt treulich ohn' Ermatten,

„In mannigfalt'ger Arbeit, unter Mir, „Wetteifernd, durch Schtnbilden dort und hier,

„Mit Farben, Tönen, und dergleichen Zier,

„Die Mir entstrahlte Lichtwelk auSzustatten;

„Der Selbstgestürzte gar, trotz seinem argen Zweck, „Hat wenigstens, an mancher kleinen Eck'

„Im Raume, reichlich sie verseh'n mit Schatten

«„Fast bis zum tteberflusse!"" flüstert Zhr — „D a « zu entscheiden überlasset Mir! „Mein Reich gewinnt, wa« er verliert, beim

Dunkel, „Da« in derZeiknur hebt der Ewigkeit Gefunkel. „Er stürz', und stürz', und stürz', — und schatte

noch so keck.

„Er breitet doch den selbstgemachten Fleck „Nicht weiter aus, als Ich es will! Euch allen

„Sey's kund: Zhr seyd nicht Sklaven, ihr seyd

frei! „Doch eben d'rum, was steht, und steigt (was einerlei) „Dis zu dem Höchsten selbst, der hüte sich vor

Fallen! „Vergesset nie, wenn jetzt ein All entsteht, „Und in der Zeiten Füll' ein All vergeht:

„Daß nur Ein Einziger in Ewigkeit besteht! „Denn Sklaven könnt ihr werden — frei gewesen — „Wenn irgend einem Ding, wenn irgend einem Wesen „Dort unten, oder oben hier, >>3hr je gehorchet außer Mir — „Hört's, Freierschaff'ne!

Sklaven könnt «hr

werden,

7o

----------

„Sowohl in Himmeln wie auf Erden,

„Nichtswürd'ge Knechte, Sklaven von dem todten, „Dem freien Geist allein furchtbaren GrundDespoten,

„Von eurem eig'nen in Sich selbst versunk'nen

Ich! „Seht Jenen unter Euch, bedacht auf Leben­ morden,

„Um Löschen, wenn er könnte, jedes Licht„Im dunkeln Schlunde seines eig'nen Nicht-,

„Seht was er durch Sclbstspiegclung geworden l

„Seht, wie der einst so Hohe fällt— fällt — fällt

„Beständig tiefer in die Nacht der Dinge, „Seitdem vermessen er getreten aus dem Ringe,

„Der hier in Meiner Hand der Wesen Kette hält.

„Zerstreut euch jetzt in Sonnen und Planeten,

„In Satelliten, Monde, und Cometen — „Dort richtet was unendlichS endlich au-,

„Und haltet mit dem Ew'gen zeitlich Haus!

„Regiert, weil die Natur regiert nr.is; werden.

„Auf großen und auf kleinen Erden;

„Und jeder sey, (mir wäre das ein Spott,)

,,Den lebenden Vernunfken und Verstanden „Und Sinnen, die auf selbigen vorhanden, „Ein halb begreiflicher, und halb sichtbarer Gott! „Du Zehovah, der, unter jenen Geistern

„Des Sonnenkreise- dort, den Einfall erst gehabt, „Aus Koth ein menschliches Geschöpf ju kleistern,

„Da- ich mit Leben und mit Liebe jüngst begabt, „Regiere Du fortan die Erde!" Er sprach'- — und so verklang der ew'gen Schöpfung: Werde! Der Uranfängliche, der Namenlose, ruht.

Zum wenigsten weiß Niemand was er thut; Er schwand im unnahbaren Lichte Zehoven selbst aus dem Gesichte.

Der war also nunmehr der Erde Gott,

Genannt seitdem mit vielen Namen, So wie verschiedne Sprache» kamen.

El, Orm »zd, Odin, Allah, Brahma, Thott, Und Thrut und Jupiter und All und

Zch— was weiß ich? Der letzte Nam' ist meiner Meinung nach.

So schwach auch alle sind, am meisten schwach. Weil jeder Wicht auch sagen kann: „So heiß' ich!"

Zch bleibe bei dem ersten Namen hier.

Obgleich der Zudenklang darin mir widert schier. Er war, trotz spätern jüdischen Berichten,

Die Rache, Zorn und Neid versucht, ihm an« zudichten. Trotz den Zeloten, trotz Volta irrn S Spott,

Ein hoch vernünftiger und herzensguter Gott, Wie wir aus folgendem, wenn wir es recht verstehen, Schon werden sehen.

Das erste, was er nach der Gottbestallung that,

War, bei den Menschen mit gehörigen Gebühren Den heil'gen Eh'stand einjuführen. Wozu, wie wir gesehen, schon viele- war parat. Der Priester fehlte nur, daß Alles sey, wie'S sollte. Natürlich war im Stand der Unschuld keiner da, ES sann darüber nach der gute Zehovah, Und übernahm des Priesters Rolle. Er stellte sich am Sonntag, gleich den Zween, Und sprach: „Ich bin der Herrgott hier!"

Kein Grauen Befiel die Liebenden, den lieben Gott zu schauen.

Obgleich sie ihn bisher »och nie gesehn!

Sie freuten sich sogar von ganzem Herzen, Und dachten, weil so menschlich aus er sah.

Er wollt' als Dritter nur mit ihnen scherzen! „Willkommen!" lächelt' Eva. — Zehovah

Las der Unschuldigen naive Meinung

Von seiner ganz natürlichen Erscheinung, Und sagte zu sich selbst: „Zch merke schon,

„Ich muß mich übermenschlich offenbaren, „Sonst wird's doch nicht Religion."

Nahm an ein ernst Gesicht voll Majestät und

Würde,

Lud schnell sich auf der ganzen Hoheit Bürde Zn Miene, Ton, Benehmen und Gestalt, Und sprach mit crderschülterndcr Gewalt: „Es ist ein Gott!" Der ganze Garten bebte,

Fels,

Pflanze,

Thier,

was

in

den

Lüften

schwebte. Was in dem Wasser schwamm, und überhaupt Was um die Beiden war, und lebte —

Nur nicht die Beiden selbst. Froh, aller Furcht beraubt,

Sprach Adam, neigend nur sein Haupt: „Das hab' ich, lieber Gott, von je geglaubt,

„Zumal seit gestern; nur, daß er hienicden

„Von Angesicht zu Angesicht

,,Zu schauen sey — das wußt' ich nicht."

„Nun gut!" sprach Zchovah (zufrieden,

Daß btt, der Leben gab mit seinem Hauch, Den beiden Liebenden ursprünglich auch Mit Lieb' und mit Vernunft den Glauben schon beschieden) „Zch bin euch Sein' Erscheinung hier!

„Zch heiße Zehovah! Zhn Selbst könnt ihr nicht kennen, „Nicht sehen, nicht begreifen, und nicht nennen — „Liebt und verehret Zhn in mir!" Sie riefen beide laut: „Das wollen wir! „Wir wollen überhaupt gar nichts als lieben," Sprach Eva, die bishero still geblieben,

„Ze mehr je besser, uns, und Dich, und alles hier, Nicht wahr. Du lieber Gott! wir'?"

das dürfen

„Za!" rief er aus, „das dürft ihr! euch immer,

Liebt

„Und mich, und Alles! und vergesset nimmer,

„Was auch geschehen wird, der Liebe Ruf,

„DaS wahre Werde, das euch schuf!

„Liebt euch, und sucht bald mehrere zu werden, „Und herrschet über alle Thier' auf Erden! „Ihr habt Vernunft, Verstand und Sinne:

„Braucht ihr sie recht, und gebt ihr etwas Acht, „So werdet ihr'S von selbst schon inne!"

So segnet' er sie — und verschwand. Die Beiden, jetzt getraut, im hcil'gen Ehe­ stand,

Begriffen doch nicht gleich------------------- Daß

Keiner lache Der holde» Einfalt hier mit Hohn! Wir sind verdorben, wir begreifen's schon;

Doch mit der Unschuld ist's ganz, eine andre

Sache. —

Zch wiederhole, was man auch dagegen spricht:

Die Liebenden begriffen's lange nicht; Gerade, weil sie sich (obgleich sie manches übten.

Wodurch sich äußert Fleisch und Blut,

Und vieles thaten, was auch Lamm und Taube thut)

Ga»j anders, als die Thiere liebten.

Daß nie so tief herab sich ihre Liebe ließ.

Daß sie von jener nicht, trotz allem Sinnen­ weiden, Ein Engelblick konnt' unterscheiden. Darin, Du Sünder! just bestand ihr Para­ dies — Dadurch allein blieb ihre Liebe Liebe. Viel später — ach! ich sage spät. Ohn' alle weitere Autorität Als meines Wunsches inniges Gebet — Erst nach dem Fall sank sie herab zum Triebe. Wie lange dieser Stand der Unschuld hat gewährt.

Worin der Mensch nur was er wollte. Mithin nur das Vernünftige begehrt, Sagt unser Text uns nicht. Indessen sollte,

78

--------

Nach manchem Wink, ich doch ein halbes Zahl Vermuthen, oder wohl ein ganzes gar.

Es kommt nur darauf an, wie lange Gott ge­ wartet, Eh' er uns waS verboten; bis dahin Kam uns gewiß nichts Böses In den Sinn: —

Drauf hatte jener Dengel, deß Gewinn Verlust des Guten war, eS abgekartet. Genug — der Augenblick war endlich da. Am Fuß des LcbensbaumS, die Gattin auf

dem Schosse

Saß Adam einst entzückt, entzückt von einer Rose, (Die, wie er sagte, ganz Zhr ähnlich sah) Und machte die Bemerkung: wenn auch da Nicht and'res wär' in Eden fern und nah, Wie mehr, als g'nug doch sey, mit ihr im Schosse

Zn einem einz'gen Blatt der kleinsten Rose

Zum ewigen Halleluja! „Gott!" rief er auS, wie viel ist uns beschieden! „Unendlich viel!

ich bin unendlich auch zu­ frieden !“

Als Evchen plötzlich ausbrach: „Siehe da!

„Da kömmt der liebe Herrgott Zehovah!"

Allein, wie näher Er ihnen trat, bemerkten ste Was überaus ernsthaftes, das sie eher So deutlich wahrgenommen nie, Zn seiner ganzen Physiognomie. DaS Evchen fing schon ahndend an zu zittern, Er war es in der That.

Als konnte sie, was Lr zu sagen kam. Aus seiner bloßen Miene wittern;

Und Adam selber ward'S ganz wundersam. Sie standen Beide auf von ihrem weichen Moose, Und boten Zhm die wunderschöne Rose.

Fast mußt' Er lächeln, trotz dem hohen Ernst dabei.

Weil, eh' die Glocke noch geschlagen.

Der Herrgott aus dem bloßen Zagen Schon wußte, was die Glocke sey. „ES wird dem Fleisch und Blut am Ende nicht behagen!" Sprach Er in sich. „Sie zittern vor dem Nein, „Sn meinem Blicke schon; doch muß es seyn!

„Sie werden sonst, die armen Tröpfe, „Doch niemals ächt moralische Geschipfe. „Zwar werden sie nichts DöseS thun, allein

„Das thun die Thier' auch nicht; sie müssen weiter

„Hinauf, trotz der Glückseligkeit Gefahr, „Durch fight Freiheit auf der Wesen Leiter!“ Er sah indeß daS unschuldvolle Paar

Voll Mitleid an, — und dachte:

„Wenn sie

fallen?

„Soll je die Hand, die dort sich fröhlich hebt, „Verzweifelt gegen ihre Stirn sich ballen? „Soll dieser Dusen, der von Liebe bebt,

„Von Gram und Sorge schmerzlich wallen,

„Wenn sich ihr Will' einst frei verirrt?" (Er dachte lange, denn Er war die Güte selber. So streng Er schien, der gute Menfchenhirt)

„Doch! lieber das, als Schaafe nur und Kälber; „Es ist auch, wenn er fällt, und alles mit verwirrt, (Wie Haller sagen einst, und Kant citiren

wird)

„Nach diesem Fall die Welt mit allen ihren Mängeln

„Noch besser als ein Reich von

willenlosen

Engeln! “

Noch diesem göttlichen Entschluß, (Wofür Zhm jeder,— der nicht lieber mit den

Thieren

Glückselig Wiederkäuen mag auf Vieren, Als unglückselig Gott und Freiheit meditiren, l. Band.

6

Mit Haller, Kant, und mir, — von Herzen danken muß,) That Er die Lippen auf, und sprach mit einer Stimme,

Gleich fern von Zärtlichkeit und Grimme: „So spricht der Herrgott: horchet mir!

„Von allen Bäumen in dem Garten hier „Dürft ihr das Obst, die Nuss', und Beeren

essen;

„Nur esset nie von dem Erkenntnißbaum „Deö Guten und des D ö se n ! Rührt ihn kaum

„Gebt nie nach seiner Frucht dem kleinsten

Lüstchen Raum! „Denn an dem Tag, da ihr, vermessen,

„Trotz meinem warnenden Gebot, „Von diesem eßt, sterbt ihr den Tod.

„Dies ist mein einziges Verbot!"

„Ich werde das," sprach Adam, „nicht ver­ gessen" — Und merkte sich genau den Daum —

„Mein Evchen hüte Dich, nicht bloß ihn anzu­

fassen,

„Ihn auch nur anzusehn, auch nur im Traum! “ — „Das werd' ich,"

lachte sie, „wohl bleiben lassen! “

Don Herzen froh nach der bedrohenden Gefahr

In deS DerbieterS Blick, daß es nichts weiter war. Ob Zehovah zur Mahlzeit noch geblieben.

Nachdem Er mündlich so die erste Pflicht

Den Unbesorgten vorgeschrieben?

Wie sich am Abend d'rauf die Lieben

Die Zett vertrieben? DaS weiß ich nicht.

Der Geschichte veS SündenfallS VlerteS Buch.

(Jt ridentibus arrident. ita fleiitibii» adstint

Huimni vultui. —

Hör.

„Bisher war ziemlich trocken die Geschichte,

„Platt, seicht, erbärmlich, unterhaltungsleer,

„Viel ähnlicher dem traur'gen Lehrgedichte, ,,Als einer lust'gen Feenmähr;

„Langweilig ohne Maaß und Ziel und Ende,

„Mit einem Wort: phtlistermäßig schlecht!"

(Hör' ich Studenten klagen, und — mit Recht) „Wo bleibt das Drollige, daS Närrische, das

Tolle, „Worauf die Dorerinnerung gezielt?

„Der Adam, und sogar der liebe Herrgott, spielt „Fast ganz vernünftig jeder seine Rolle; „Das Ganz' ist unromanrisch, und es weht „Darin ein kalter Geist pedantischer Belehrung

„Doll ganz erbärmlicher Sentimentalität,

„Der Geist, mit einem Wort, der leidigen Aufklärung! “ Das, lieber Dichter, das ist alles wahr! Zch weiß so gut wie Du, daß in dem Allen Bisher nichts könne sonderlich gefallen; Allein, lies weiter nur auf die Gefahr!

Wir haben ja noch nichts vom Sündenfall ver­ nommen;

Der einzig löschen kann den genial'schen Durst; Der närrische romantische Hans-Wurst, Geduld ein wenig, wird schon kommen! Verzeihe, war ich Dir bisher zu wenig toll; Zch bin nicht jung, wie du; ich bin nicht flüchtig,

Zch werde langsam toll — erst wenn ich will und soll —

Doch, werd' ich's einmal, werd' ich's tüchtig. Wir ließen unser liebes Paar, Dem jetzo das Gesetz gegeben war.

Im vorigen Kapitel stehen.

Noch fern vom Baum de« TodeS,

Hand in

Hand, Beschlossen sie, nach flüchtigem Besehen Der Gegend, wo der schauerliche stand. Davon zu gehen. „Wir wollen anderswo ein Hüttchen uns von

Moos “ Sprach Adam, „wett davon erbauen;

„Wir haben Plah genug; die Erd' ist groß!" Und die holdseligste der Frauen Sprach: „Wie Du willst! Die grünen Auen

„Und Haine sind mir gleich auf Deinem SchooS. “

Sie gingen.

Unter vielem Raisonniren

Von Zehovah, von dem Verbot, Von dem zumal, was Er gedroht

Im Fall der Ucbertretung (denn der Tod

War Adam halb und halb bekannt von Puppen Thieren;

Allein der Eva nicht) gelangten sie Mit sammt dem Hund, der Adam nie Verließ, wohin er ging, an eine Quelle

Zu einer wunderbar romanrisch schönen Stelle, Die Beiden, Zhr besonders, so gefiel, Daß dem Spaziergang dort beschlossen ward

das Ziel, Um gleich sich eine Hütte zu bereiten

Mit allen möglichen Bequemlichkeiten. Wie dort sie ruhten, und von dort

Nachher besuchten manchen schönen Ort, An schönen Tagen, einem gleich dem andern. Doch ohne jemals weit davon zu wandern;

Wie dorr, Gott weiß, wie lange Zeit, Mir völliger Zufriedenheit Sie trieben ihr unschuldig Wesen — Kann man in Milton ganz unübertrefflich lesen; —

Ich sage nur mit einem Wort:

Sie lebten eine Zeitlang himmlisch dort;

Sie kannten wenigstens nicht die Beschwerden, Die uns e- sauer machen hier auf Erden. Denn so viel ist zum mindesten gewiß:

Sie hatten Nahrungssorgen keine; ES war kein Krieg noch da; und überdieß. Dringt sonst mir mancher Umstand ganz tn'SRrin« Die vbllige Beneidenswürdigkeit DeS Lebens während dieser Zeit. Nur der schon, daß sie ganz allein sich fanden.

Und gar kein Menschenpdbel noch vorhanden. Erklärt die Seligkeit, die Milton pries. Die Erde mußte seyn, wenn sonst auch ganz wie heute, Für jeden, der da kennt die reichst'» ärmsten

Leute,

Schon darum bloß ein Paradies. Sie kannten sie zwar nicht; allein, sie g a r n i ch t kennen, — Ist noch beneidcnswerther — wenn man nur

Ganz ungestört, unb ohne sich zu trennen, Zweisam besitzt die Fülle der Natur. Denn waS ist seliger als Lieb und Gegen­ liebe? Und, o! zu beiden braucht' es offenbar Nicht mehr, als nur ein einzig'- Menschenpaar, Wenn dieses nur beständig treu sich bliebe — DaS fühlt, wer je geliebt! Kurz, wie man« kehrt. Behält ihr Leben überird'schen Werth, Und war mit allem Recht ein himmlische- zu So lang es dau'rte.

nennen. Doch ich muß bekennen.

Lang' hat es nicht gedau'rt! Ohn' alle weit're

Spur, Verbürgt mir die- die menschliche Natur — D or dem Verbot, da lass' ich mir's gefallen, Und wenn ihr tausend Jahre woll't; Allein nachher ging's ihnen, wie uns allen — Wie ihr nunmehr erst sehen sollt.

Einst, Abend'-, als beim Untergang der Sonne, Nachdem ste Blindekuh gespielt den ganzen Tag, Das liebe Paar am Quell zusammen lag, lind lauschte seinem Murmeln, und dem Schlag Der Nachtigall: „ES ist doch «ine Wonne,"

Sprach Adam, „so gestreckt auf grüner Flur, „Gemächlich zu betrachten die Natur, „Wie schön sie ist — und nicht dem Auge nur, „Dem Ohr zugleich! — " indem er alle Glieder dehnte

Voll Wohlbehaglichkeit. — „Ja sie ist wunder­ schön, „Da- ist gewiß," stimmt Evchen ein — und gähnte. „Du gähnst, mein Engel? — " „Gähnt' ich?" seufzte sie — „Du seufzest gar? — “ „Ich bin, ich weiß nicht wie — „Ganz schläfrtch, ohne Schlaf. —“ „Du bist vom Blindekühen

„Vielleicht ein wenig müd', und möchtest ruhen?

„Das nicht," versetzte sie, „vielmehr daS Wi­ derspiel, — „Zch möcht' ich weiß nicht was, ich ruhe nur zuviel. —“ „Hörst Du das Abendlied auS allen Nestern? „Stimm ein, mein Evchen, mit der Nachti­ gall! — “

„Ich mag nicht Singen jetzt. —" Sieh dort das Aug' im All! „Es sinkt! Du siehst nicht hin? —“ Ich sah's ja gestern!" „Wohl; doch —“ „vorgestern auch —“ „Doch immer schön! „Zch kann's nicht müde werden, es zu seh'n, „So gleich Dir gehl es jeden Abend nieder, „Und —“ „Morgen, will ich wetten, kömmt es wieder —“ „Za, Gott sey Dank! —“ „Zch wollt' es käme nicht. —“

„WaS sprichst Du, Eva? Schau mir in'S Gesicht! „Du weinst? vor Wonne doch? —“ „Du nennst es Wonne, „Doch möcht' ich'S anders nennen! —“ „Sage noch,

„Warum wär's lieber Dir, wenn morgen nicht die Sonne „Heraufstieg? —“ „Hm! Veränd'rung wär' es doch! — “ „Komm Eva, küsse mich! —“ Sie that es, wie gezwungen; Dann seht' er sie auf seinen Schooß,

Und hielt sie fest von seinem Arm umschlungen; Sie wickelte sich aber wieder loS:

„Wir küssen auch zuviel! —“ DaS machte staunen Den guten Adam, der noch keine Launen Bisher bemerkt. „Mein Cvchen," rief er, „wie? „Bist Du nicht glücklich? liebst Du mich nicht länger? —

„Zch wollt', ich wär' unglücklich — “ seufzte sie. „Mein Gott!" sprach er, „Du machst mich immer bänger,

Ich fühlt' einmal so was.

Doch das kann

«S nicht seyn! „Du bist ja nicht, wie ich eS damals war,

allein." „Wir sind jeht Deid'allein!—“ „Und Sonne,

Mond und Sterne - —“ „Ach Adam! die sind alle gar zu ferne! —“ „Und unser guter Herrgott Zehovah, „Der uns einander gab? —" „Er ist so selten da! — “ „UndThier'und.Däumerings? —“ „SindThier' und Bäume. —“

„Und all'die Engelein?—“ „Das dünkt mich, sind

nur Träume. —“ „Und unsre Lieb'? —“ „Ist noch das Best'; allein „Man k-nnte was doch haben obendrein. —"

„Hör' Eva' — “ „WaS? — “

„Wir wollen

morgen gehen, „So weit wir können, alle vier,

„Und all das Uebrig« der Erde sehen! —“

„Mein Adam! da- versprichst Du mir?“

„Und halt' t