Abenteuerliteratur des 19. Jahrhunderts in Deutschland: Studien zu einer vernachlässigten Gattung 9783110914351, 9783484180727


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German Pages 309 [316] Year 1983

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Table of contents :
Einleitung
Die Initiation des Abenteuerhelden
Pilger in der Wildnis
Die Initiation
Weigerung und Aufbruch
Lähmung und Bewegung
Tod und Wiedergeburt
Der Übergang
Abgebrochene Brücken
Namens- und Kleiderwechsel
Leiden und Martern
Der Kampf mit dem Bären
Das Duell
Das Wettschießen
Rettung aus dem Elend
Gefährlich leben
Trügerische Ruhe
Die Westmannsrunde
Der Abenteuerheld
Der edle Wilde
Der Fluch des Goldes
Vertauschte Kinder
Die Rückkehr des Helden
Die Abenteuerlandschaft
Wunschträume
Die Schriftsteller
Charles Sealsfield
Friedrich Wilhelm Arming
Theodor Mügge
Sir John Retcliffe
Friedrich Gerstäcker
Frédéric Armand Strubberg
Otto Ruppius
Balduin Möllhausen
Ernst von Bibra, Johannes Scherr, Hans Wachenhusen
Sophie Wörishöffer
Friedrich Pajeken
Die Volks- und Jugendschriftsteller
Karl May
Robert Kraft
Anhang
Biographien
Bibliographie
Register
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Abenteuerliteratur des 19. Jahrhunderts in Deutschland: Studien zu einer vernachlässigten Gattung
 9783110914351, 9783484180727

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STUDIEN ZUR DEUTSCHEN LITERATUR

Band 72

Herausgegeben von Wilfried Barner, Richard Brinkmann und Friedrich Sengle

Bernd Steinbrink

Abenteuerliteratur des 19. Jahrhunderts in Deutschland Studien zu einer vernachlässigten Gattung

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1983

Für meine Familie

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Steinbrink, Bernd: Abenteuerliteratur des 19. Jahrhunderts in Deutschland : Studien zu e. vernachlässigten Gattung / Bernd Steinbrink. - Tübingen : Niemeyer, 1983. (Studien zur deutschen Literatur ; Bd. 72) NE: GT ISBN 3-484-18072-2

ISSN 0081-7236

© Max Niemeyer Verlag Tübingen 1983 Alle Rechte vorbehalten. Ohne Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus photomechanisch zu vervielfältigen. Printed in Germany Satz: pagina GmbH, Tübingen Druck: Allgäuer Zeitungsverlag GmbH, Kempten Einband: Heinr. Koch, Tübingen

Inhalt

Einleitung Die Initiation des Abenteuerhelden Pilger in der Wildnis Die Initiation Weigerung und Aufbruch Lähmung und Bewegung Tod und Wiedergeburt Der Übergang Abgebrochene Brücken Namens- und Kleiderwechsel Leiden und Martern Der Kampf mit dem Bären Das Duell Das Wettschießen Rettung aus dem Elend Gefährlich leben Trügerische Ruhe Die Westmannsrunde Der Abenteuerheld Der edle Wilde Der Fluch des Goldes Vertauschte Kinder Die Rückkehr des Helden Die Abenteuerlandschaft Wunschträume Die Schriftsteller Charles Sealsfield Friedrich Wilhelm Arming Theodor Mügge

1 15 15 18 21 23 28 36 39 41 44 47 49 51 52 56 61 63 66 72 74 77 79 81 88 91 91 112 114

Sir John Retcliffe Friedrich Gerstäcker Frederic Armand Strubberg Otto Ruppius Balduin Möllhausen Ernst von Bibra, Johannes Scherr, H a n s Wachenhusen Sophie Wörishöffer Friedrich Pajeken D i e Volks- und Jugendschriftsteller Karl May Robert Kraft

. . .

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Anhang

255

Biographien (Arming 255, Bibra 256, Gerstäcker 256, Goedsche 257, Kraft 258, May 258, Möllhausen 259, Mügge 260, Pajeken 261, Ruppius 262, Scipio 263, Sealsfield 263, Strubberg 264, Wachenhusen 264, Wörishöffer 265)

255

Bibliographie (Handschriften zu den einzelnen Schriftstellern 267, Primärliteratur 268, Literatur zu den Schriftstellern 288, Allgemeines Literaturverzeichnis 296)

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Register

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Einleitung

Sigmund Freud verglich die Schöpfungen des Dichters mit den Phantasien des »Träumer[s] am heilichten Tag«. 1 Den Charakter und die Verarbeitung von Tagträumen glaubte er am besten in der Literatur feststellen zu können, die die literarische Kritik seiner Zeit nicht sonderlich hoch einschätzte, 2 und so empfiehlt er, sich für eine Untersuchung dieses Zusammenhanges nicht jene Dichter auszusuchen, »die von der Kritik am höchsten geschätzt werden, sondern die anspruchsloseren Erzähler von Romanen, Novellen und Geschichten, die dafür die zahlreichsten und eifrigsten Leser und Leserinnen finden.« 3 In den Phantasien dieser Schriftsteller glaubt Freud den Tagträumer erkennen zu können, der sich seine unbefriedigten Wünsche erfüllt, indem er in der Phantasie eine Korrektur der Wirklichkeit vornimmt. 4 Ernst Bloch verweist ebenfalls auf diesen Zusammenhang und beschreibt den Traumgehalt der Kolportageliteratur des 19. Jahrhunderts. 5 In der Darstellung des Charakters der Träume tritt allerdings ein Unterschied zu Tage. Freuds Interesse gilt vornehmlich dem Nachttraum; er stellt zwar einige Unterschiede zwischen Tag- und Nachtträumen fest, kommt aber schließlich doch zu dem Resultat, daß der Nachttraum nichts anderes sei, »als ein durch die nächtliche Freiheit der Triebregungen verwendbar gewordener, durch die nächtliche Form der seelischen Tätigkeit entstellter Tagtraum.« 6 Sowohl der weniger be1

Vgl. Sigmund Freud, Der Dichter und das Phantasieren. In: Gesammelte Werke Bd. 7. Frankfurt/M. 1972 (5. Aufl.). S. 219. 2 Zu diesem Zusammenhang vgl. auch Hedwig Katzenberger, Der Tagtraum. Eine phänomenologische und experimentelle Studie. Erziehung und Psychologie Nr. 52. München u. Basel 1969. S. 45ff. 3 Freud, Der Dichter, S. 219. 4 Freud, Der Dichter, S. 216. 5 Vgl. Ernst Bloch, Erbschaft dieser Zeit. Gesamtausgabe Bd. 4. Frankfurt a. M. 1962. S. 169ff. u. Bloch, Literarische Aufsätze. Gesamtausgabe Bd. 9. Frankfurt a. M. 1965. S. 131ff. 6 Sigmund Freud, Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse. Gesammelte Werke Bd. 11. Frankfurt a. M. (5. Aufl.) 1969. S. 387/388.

1

achtete Tagtraum als auch der Nachttraum konstituieren sich - so Freud - aus anamnetischem Material und regredieren zumeist auf frühkindliche Entwicklungsphasen und infantile Erlebnisse. Auch Bloch sieht einen Zusammenhang von Tag- und Nachtträumen und läßt »die nächtlichen Labyrinthe als Keller unter dem täglichen Luftschloß« 7 liegen. Weit wichtiger als der Zusammenhang ist ihm aber die Unterscheidung. Speisen sich die Nachtträume »allermeist aus zurückliegendem Triebleben, aus vergangenem, wo nicht archaischem Bildmaterial« 8 , sosinddieTagträumezwarauch Wunscherfüllungen, aber Wunscherfüllungen anderer Art; »der Inhalt der Tagphantasie ist offen, ausfabelnd, antizipierend, und sein Latentes liegt vorn.« 9 Er resultiert aus einem Unbehagen an der erfahrenen Realität, in ihm schafft sich der Träumer ein besseres Leben. »Anders als der nächtliche Traum zeichnet der des Tages frei wählbare und wiederholbare Gestalten in die Luft, er kann schwärmen und faseln, aber auch sinnen und planen.« 10 Wenn Bloch die Kolportageliteratur des 19. Jahrhunderts als den nach außen gebrachten »Traum der unterdrückten Kreatur« bezeichnet, 11 so schließt das sicherlich die »Möglichkeit des Ineinander von Nacht- und Tagtraum« 1 2 ein, den Wert, den er dieser Literatur beilegt, bezieht sie aber gerade aus den Eigenschaften, die den Tagtraum charakterisieren, aus dem rebellischen, weltverbessernden Phantasieren. Als »Wildträume, gleichsam reißende Märchen«, bezeichnet er die Schriften Karl Mays, eines der bedeutendsten Vertreter des Genres, und hinter den wilden Träumen der Kolportage sieht er den Glanz der Revolution. 13 »Bloch versucht nicht, Mays Romane als epische Kunstwerke zu etablieren, sondern nennt sie Kolportage, die er deutlich von Dichtung abhebt, der er aber einen bestimmten literarischen Stellenwert sichert, der selbst oder gerade von hoher Dichtung nicht einzunehmen ist.«14 Er bezieht somit den Ausdruck »Kolportage« auf eine Literatur, die er neben die Hochliteratur setzt und nicht den üblichen Wertungskriterien unterstellt wissen will.

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Ernst Bloch, Das Prinzip Hoffnung. Bd. 1. Gesamtausgabe Bd. 5/1. Frankfurt a. M. 1959. S. 98; dort kursiv gedruckt. 8 Bloch, Prinzip Hoffnung, S. 97. 9 Bloch, Prinzip Hoffnung, S. 111; dort kursiv gedruckt. 10 Bloch, Prinzip Hoffnung, S. 96. 11 Vgl. Bloch, Erbschaft, S. 172. 12 Vgl. Bloch, Prinzip Hoffnung, Bd. 1, S. 115. 13 Bloch, Erbschaft, S. 170 u. S. 181. 14 Hermann Wiegmann, Ernst Blochs ästhetische Kriterien und ihre interpretative Funktion in seinen Literarischen Aufsätzen. Bonn 1976. S. 85.

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Der Ausdruck entstammt der Sprache des Buchhandels, er bezeichnet dort eine Vertriebsart; nacheinander erscheinende Lieferungen umfangreicher Werke, Kalender, Heftchen oder Magazine wurden durch hausierende Kolporteure vertrieben. Die Kolportage als Handelsform erstreckte sich auf Klassiker- und Bibelausgaben, umfangreiche Konversationslexika und Familienjournale, sie begann sich zu Mitte des letzten Jahrhunderts besonders zu entwickeln, 15 obwohl die Tradition der umherziehenden Buchverkäufer bereits deutlich weiter zurückreicht. 16 Auch Schriften Wachenhusens oder Sir John Retcliffes, später auch einige Romane Karl Mays und Robert Krafts, erschienen im Kolportagevertrieb, der Anteil dieser mit herkömmlichen Wertungsmaßstäben als trivial abgewerteten Literatur war aber nur »in den sechziger Jahren sehr beträchtlich, ging dann jedoch stetig zurück.« 17 Schon gegen Ende des Jahrhunderts betrug er nur noch etwa fünf Prozent. Dennoch hielt sich eben für diese spannungsreichen Romane, die oft in ferne Welten führten, die Bezeichnung Kolportageromane; gelöst von der buchhändlerischen Vertriebsform gewann der Begriff Kolportage eine zweite, eigenständige Bedeutung. Robert Kraft etwa schrieb im Jahre 1903 an den damaligen Besitzer des H. G. Münchmeyer-Verlages, Adalbert Fischer, er halte Karl Mays »>Waldröschen< für ein Meisterwerk in der Kolportage-Literatur«. 18 Er legte dabei sicherlich nicht den Maßstab der Klassikerausgaben zugrunde, die ja auch im Kolportagevertrieb erschienen, sondern gebrauchte den Begriff für die spannende, tagtraumhafte Literatur, die oft auch als »Schundliteratur« bezeichnet wurde, weil sie formal-ästhetischen Ansprüchen nicht genügte und einen Inhalt zeigte, dessen aufrührerischer Charakter schon den im »Komitee für Massenverbreitung guter Volksliteratur« engagierten Schriftsteller Dr. Heinrich Fränkel zu dem beunruhigten Urteil führte: »Der Held ist in der Regel durch die Schuld der >GesellschaftDie Ansiedler an den Quellen des Susquehanna< und auch mit seinen nachfolgenden Schriften in Europa, besonders aber in Deutschland, ein großes Publikum gefunden. Börne erklärte diesen Erfolg aus den deutschen Verhältnissen; die Vereinigten Staaten von Amerika erschienen in Deutschland als das Land, in denen die Forderungen und Hoffnungen, die durch die Metternichsche Restauration unerfüllt blieben, verwirklicht waren. Coopers Romane wurden als »amerikanische Romane« veröffentlicht, es fehlte nicht der Hinweis, daß »Cooper, der Amerikaner,« der Autor dieser Schriften sei. Deshalb stellte Börne fest: »Manche Deutsche kommen ihm gleich an Kunstfertigkeit; er hat nur vor ihnen voraus, daß er ein Amerikaner ist - versteht ihr? daß er ein Amerikaner ist. Das haben auch die deutschen Übersetzer seiner Romane gefühlt, und sie haben darum auf dem Titelblatte dem Namen Cooper das Beiwort Amerikaner vorgesetzt. Es 23

Hartmann von Aue, Erec. Mittelhochdeutscher Text und Übertragung von Thomas Cramer. Frankfurt a. M. 1972. S. 433 (9947/48). 24 Vgl. Ueding, Glanzvolles Elend, S. 70.

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ist ein Titel wie ein anderer, wie Doktor, wie Hofrat.« 25 Mag Amerika auch das politische Wunschland der Deutschen gewesen sein und dieser Umstand zur Wirkung der Schriften Coopers beigetragen haben, gelesen wurden sie in Deutschland nicht als politische Schriften, ja die politischen Aussagen Coopers, die in seinen frühen Schriften keimhaft vorhanden sind und in seinen späteren Romanen immer stärker betont werden, nahm das deutsche Publikum gar nicht zur Kenntnis. Cooper wurde in Deutschland als der Autor der Lederstrumpf-Geschichten gefeiert, wobei der »kritische sozialpolitische Aspekt in den LederstrumpfRomanen [...] vom deutschen Leser nicht rezipiert« wurde.26 Seine amerikanische Staatsbürgerschaft, nicht seine Romane, machten Cooper in Deutschland zum Repräsentanten des demokratischen Gesellschaftssystems - wider Willen, berücksichtigt man die tatsächlichen politischen Äußerungen. Nicht diese, sondern die Erlebnisse des Trappers im »Lande unermeßlicher Wälder, ungeheurer Seen und Ströme« 27 reizten das Interesse des großen Publikums. Sealsfield allerdings - mit den amerikanischen Problemen vertraut hatte die politische Tendenz Coopers klar bemerkt, er verstand sich als »alter Republicaner« konträr zum konservativen Cooper. Auch er schrieb den größten Teil seiner Schriften mit politischen Wirkungsabsichten und stellte dabei bewußt ein Amerikabild her, das mit der politischen Realität der Gesellschaft in den Vereinigten Staaten kaum etwas gemein hatte. Im abenteuerlichen Leben seiner Helden in der Wildnis verwirklichte er die Ideale bürgerlich-republikanischer Gesinnung. Doch auch dieser Aspekt wurde in der vormärzlichen Amerikabegeisterung nicht bemerkt. Sealsfield und Cooper hatten dadurch, daß sie im Traumland Amerika Handlungsorte schufen, die dem Leben der Trapper, Squatter, Abenteurer, Vermesser und Indianer in der von Gesetz und Ordnung unberührten Wildnis Raum boten, einen entscheidenden Einfluß auf die Entwicklung der Abenteuerliteratur in Deutschland. Sealsfield wollte politisch wirken und verstand das von ihm gezeichnete Amerika als Musterbild. Er achtete auf die Wahrscheinlichkeit des Geschehens, ein Zug, der bei den späteren Abenteuerschriftstellern zwar auch noch in der Verwendung der entsprechenden rhetorischen Mittel zu bemerken ist, der aber immer stärker hinter der traumhaften Wunscherfüllung im Abenteuerleben zurücktrat. 25 26

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Ludwig Börne, Kritiken. Sämtliche Schriften. Bd. 2. Düsseldorf 1964. S. 398. Karlheinz Rossbacher, Lederstrumpf in Deutschland. Zur Rezeption James Fenimore Coopers beim Leser der Restaurationszeit. München 1972. S. 104. Ludwig Börne, Sämtliche Schriften. Bd. 2, S. 698

Liest man die Lebensgeschichten der bekannten Abenteuerschriftsteller von Sealsfield bis May, so ist eine Tatsache ins Auge fallend: fast alle führten ein Außenseiterleben und bei fast allen finden sich Brüche in der Biographie; beim entlaufenen Mönch Karl Postl, der als Charles Sealsfield lebte, beim kauzigen Wissenschaftler Ernst von Bibra und bei Friedrich Gerstäcker, der unstet seine Abenteuerwelt suchte. Die Reihe setzt sich fort über Otto Ruppius, Frederic Armand Strubberg, Balduin Möllhausen und Sophie Wörishöffer, über Robert Kraft, der als Verlorener Sohn in die Welt ging, bis zu Karl May. Viele von ihnen verließen Deutschland, um in Amerika ihr Glück zu machen, gingen in die Prärien und Wildnisse und kehrten dann schließlich doch enttäuscht zurück. Die Wünsche, die sie mit ihrer Lebensweise dort an die Realität stellten, lösten sich nicht ein. In der harten Wirklichkeit erschien ihnen das Abenteuerleben schlecht ertragbar, sie litten unter der Wirklichkeit, erst nach der Heimkehr änderte sich das Erfahrungsbild, und in einem Phantasiebereich schufen sie sich eine Abenteuerwelt, in der sie ihrem Wunsche entsprechend als Abenteurer leben konnten - ohne die ständige, lästige Realitätserfahrung und als Ausgleich zu erfahrenen Zwängen der Umwelt. Von verschiedenen Schriftstellern ist bezeugt, daß sie sich in ihrem Arbeitszimmer mit exotischen Requisiten eine Umgebung aufbauten, die die Stimmung für ihre Tagträume schuf, die ihnen erlaubte, ihre Phantasiereise in die Abenteuerwelt wie real zu erleben. Friedrich Gerstäcker saß in exotischem Gewand am Schreibtisch, inmitten von Dolchen, Pfeilspitzen, Pulverhörnern, einen ausgestopften Vogel über sich schwebend und Jagdtrophäen um sich; von Bibras Zimmer, in dem er eine Sammlung seiner Reisemitbringsel untergebracht hatte, war bekannt in ganz Nürnberg. Auch Möllhausen hatte ein Zimmer, in dem die Erinnerungsstücke seiner Reisen ihn zu seinen Romanen und Erzählungen führen sollten, von Robert Kraft ist bekannt, daß er Vögel und Tiere in seinem Arbeitsraum hielt, um sich so die passende Arbeitsatmosphäre zu schaffen. 28 Die »abenteuerliche« Einrichtung der Villa Shatterhand, in der sich May eine exotische Welt schuf, bevor er je fremde Kontinente betrat, ist dem May-Interessierten bekannt. Ebenfalls ist von einigen dieser Schriftsteller überliefert, daß sie in •ihrer Traumwelt lebten, wie im realen Leben. Es müssen bei ihnen dabei Zustände völliger Geistesabwesenheit eingetreten sein. Gerstäcker glaubte seine Flußpiraten wirklich randalieren zu hören, trat aus 28

Lt. Aussage von Frau Charlotte Barenthin, der Tochter Krafts (persönliche Mitteilung). 7

dem Zimmer und beklagte sich, daß man doch bei diesem Lärm nicht arbeiten könne; 2 9 May unterhielt sich mit den Protagonisten seiner Romane wie mit wirklich existierenden Personen und Robert Kraft mußte beim Schreiben »fluchen und rasen und heulen und singen und lachen und weinen.« 30 Die Traumwelt trat bei diesen Schriftstellern an die Stelle der realen Welt, sie wurde zu einer zweiten Wirklichkeit, die einen Raum zur Entfaltung der eigenen Persönlichkeit bot. Es gehörte zur Illusion zu betonen, die geschilderte Welt sei eine reale Welt, eine Illusion, die durch den Wunsch der Schriftsteller, diese Welt möge real sein, oft von diesen selbst geglaubt wurde. Nicht etwa, daß die Autoren glaubten, sie hätten das in ihrer Phantasie Erlebte in der Realität erlebt, sie maßen ihren Phantasieerlebnissen aber einen solchen Grad der Wahrscheinlichkeit bei, daß sie sie dem real Erlebten gleichstellen konnten. Bezeichnend ist jedoch, daß die Begegnung mit den tatsächlichen Orten, die der Traumwelt zugrunde lagen, für fast alle Schriftsteller enttäuschend war. Schon bei Sealsfield zeigt sich ein großer Unterschied zwischen dem Amerikabild seiner Briefe und dem seiner Romane, 31 Gerstäcker litt unter den Strapazen seiner Reisen, und seine Briefe nach Hause lassen oft eher einen Reisemüden als einen Abenteurer erkennen, als May die Stätten seiner Orient-Romane besuchte, kam es zu einem Zusammenbruch seiner Traumwelt und damit auch seiner Persönlichkeit, die sich durch seine Romanhelden bereits dort eingerichtet hatte. Robert Kraft, der bereits vor dem Beginn seiner schriftstellerischen Arbeiten als Weltreisender versuchte, die Abenteuerwelt seiner Jugendlektüre zu erleben, zog sich in seine Arbeitswelt zurück und lebte in diesem »Reiche der Phantasie«. Die Schriftsteller versuchten ihrer Traumwelt Wahrscheinlichkeit und Glaubhaftigkeit zu geben, sie in ihrer Realität der täglichen Erfahrungswelt gleichzustellen; deshalb übernehmen sie Züge dieser Erfahrungswelt. Sie verarbeiteten naturwissenschaftliche, historische und geographische Details, stellten in Vorworten die Tatsächlichkeit des Geschehenen heraus und verwendeten erklärende Fußnoten, in denen sie auf tatsächlich geschehene geschichtliche Ereignisse verwiesen oder einen Kommentar zu Fachwörtern lieferten. »Der Verfasser giebt, was er hörte, sah und erlebte, giebt es ohne die Zuthat der ausschmückenden Phantasie oder der sinnenden Betrachtung.« 32 Diese und ähnliche 29

Vgl. diese Arbeit S. 139. Robert Kraft an Euchar A. Schmid, Brief aus Hamburg vom 8. 3. 1916; Original im Besitz von Herrn Roland Schmid, Bamberg, Karl-May-Verlag. 31 Vgl. diese Arbeit S. 96. 32 Philipp Hoffmeister, Vorwort zu Armand: Bis in die Wildniß, Bd. 1. Breslau 1858. ohne Seitenzählung. 30

8

Beteuerungen - wenn auch hier vom Herausgeber stammend - gehören zur prooemialen Technik des Abenteuerromans. »Don Manuel's ganze Erscheinung ist historisch, wie auch die Person van Geert's«, 33 so betont Wachenhusen in einer Fußnote, und auch Möllhausen greift diese Technik auf und setzt eine Fußnote mit der Bemerkung »Historisch«, als er mit einem Exkurs in die Geschichte die Abenteuerreise der Schatzsucher unterlegt. 34 Wenn das Geschehen in seinen Romanen gar zu unwahrscheinlich wurde, verwies Sir John Retcliffe in einer Fußnote auf nicht näher benannte, englische Parlamentsakten, damit man ihn »bei den nachfolgenden Szenen nicht etwa der Übertreibung« 35 beschuldige. Auch die Berufung auf Walter Scott und die Übernahme von Scott verwendeter Stilmittel wurde üblich; gerade die »frühen« Abenteuerschriftsteller beziehen sich auf den schottischen Romancier, Sealsfield stellt ihn ebenso als sein Vorbild dar wie Mügge. 36 Doch dieser Hinweis auf Scott und die eigene historische Darstellungsweise war in der Literatur der Zeit schon zu einem Gemeinplatz geworden. Auch der bekannteste Vertreter des historischen Unterhaltungsromans in Deutschland, Karl Franz von der Velde, der sich in keiner Weise als historischer Chronist verstehen konnte, wurde als »deutscher Scott« bezeichnet, 37 Cooper galt lange als »amerikanischer Scott« und auch Sheridan Le Fanu stellte im Vorwort zu seinem 1865 erschienenen Roman »Onkel Silas« fest, er beziehe sich auf Walter Scott. Er wollte dadurch den Eindruck des Sensationsromans von seinem Werk nehmen, weil »kaum jemand die Romane des Sir Walter Scott als >Sensationsromane< bezeichnen wird; dennoch findet sich in seiner wundervollen Sammlung der Waverley-Erzählungen nicht eine einzige, in welcher nicht Tod, Verbrechen und in verschiedenster Gestalt Geheimnisse vorkommen.« 3 8 33

Hans Wachenhusen, Rouge et Noir. Bd. 2, Berlin 1864 (3. Aufl.). S. 41, Fußnote. 34 Vgl. Balduin Möllhausen, Der Schatz von Quivira. Berlin 1880. S. 156. 35 Sir John Retcliffe, Nena Sahib oder: Die Empörung in Indien. Berlin o. J. [1906], 1. Bd. S. 580ff. 36 Vgl. Charles Sealsfield, Das Cajütenbuch oder nationale Charakteristiken 2. Thl. Gesammelte Werke 15. Thl. Stuttgart 1847 (Fotogr. Nachdr. Sämtliche Werke. Bd. 17. Hildesheim, New York 1977). S. 333f. und Sealsfield, Morton oder die große Tour. 1. Thl. Gesammelte Werke 7. Thl. Stuttgart 1846. (Fotogr. Nachdruck. Sämtliche Werke. Bd. 10. Hildesheim, New York 1975). S. 6; auch Theodor Mügge, Der Chevalier. Roman. Leipzig 1835. Bd. 1. S. III. 37 Martha-Maria Rabsahl, Die skandinavische Landschaft in den Werken von Theodor Mügge und in den Reisebeschreibungen und Romanen bis zur Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. Phil. Diss. Breslau 1941. S. 20. 38 Sheridan Le Fanu, Onkel Silas oder Das verhängnisvolle Erbe. Mit einem Nachwort von Norbert Miller. München 1972. S. 5.

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Die Verwendung eines wichtigen Stilmittels Scotts, das Realitätsnähe bezeugen soll, ist in zahlreichen Abenteuerromanen bis hin zu Karl May und Robert Kraft zu bemerken: eine Art »Mischsprache«. Aufgenommen wurde sie bereits durch James Fenimore Cooper. Scotts Baron von Bradwardine spricht als Jurist eine Mischung aus Alltagssprache und lateinischen Zitaten, ebenso nimmt der Autor in die Unterhaltung Waverleys mit Flora französische und italienische Sätze auf. 39 Auch Coopers Monsieur Le Quoi mischt in seine Unterhaltungen französische Sprachfetzen ein,40 in den Text übernommene Fachausdrücke aus der Trapper- und Indianersprache werden in Fußnoten erklärt. 41 Retcliffe läßt seine Gauner italienisch fluchen, 42 Pajeken läßt ein »How do you do dear friend« in »näselnder Yankeemundart« sprechen,43 und Karl May seinen Diener Hadschi Halef Omar vom Bülbül, Wadi, Scheik el Belet, Sandal und den Neßarah reden.44 Intendiert ist in allen Fällen, eine Glaubwürdigkeit herzustellen; die Übernahme von Ausdrücken fremder Sprachen soll den Personen und der Handlung, in die sie verflochten sind, Authetizität verleihen, der Reiz der fremden, andersartigen Welt, der in der Sprache zum Ausdruck kommt, soll sich mit dem Anspruch auf deren Realität verbinden. Die rhetorischen Mittel, deren sich die Abenteuerschriftsteller bedienen, um ihre Welt glaubhaft zu gestalten, sind äußerst vielfältig. Häufig ist das rhetorische Vorbeugen (anticipatio oder praeparatio). Mögliche Einwände oder Zweifel am Romangeschehen werden zerstreut, indem sie bereits vorweggenommen werden, so in einem Roman Friedrich Wilhelm Armings: »Die guten New-Yorker standen wie verblüfft, was sie da sahen und hörten, konnten sie nicht so schnell in ein Verständniß bringen, - Straßenkampf, - Zwei gegen ein Dutzend, - ein indianisches Weib getötet, - ein Kindesräuber ergriffen, das war zuviel auf ein Mal.« 45 Ebenso wird im Abenteuerroman oft betont, daß die 39

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Vgl. Walter Scott, Waverley oder So war's vor sechzig Jahren. Stuttgart 1828. 1. Thl. S. 75ff.; 2. Thl. S. 72ff.; vgl. auch Scott, Ivanhoe. Romane. Illustrierte Ausgabe. 2. Bd. Berlin 1876. S. 33, 160, 183 u. a. m. Vgl. bspw. James Fenimore Cooper, Die Ansiedler an den Quellen des Susquehanna. Amerikanische Romane. 3. Bd. Stuttgart 1842. S. 498; vgl. auch S. 562. Vgl. James Fenimore Cooper, Der letzte Mohican. Amerikanische Romane. 1. Bd. Stuttgart 1841, bspw. S. 26, 67, 122, 177. Retcliffe, Nena Sahib, Bd. 1, S. 270. Friedrich Pajeken, Bob der Millionär. Eine Erzählung aus dem Westen Nordamerikas. Leipzig 1903 (3. Aufl.). S. 37. May, Durch die Wüste, S. 7, 10, 115, 128, 183. Friedrich Wilhelm Arming, Van Hoboken. Erzählung aus der ersten Zeit der Kolonien in Nordamerika. 4 Bde. In: Album. Bibliothek deutscher Original-

Handelnden keine Romanfiguren seien, sondern der Realität entstammten: »Dieser Abdel Dschelil also ist keine Romanfigur, ebensowenig wie es der andere Araber war, den Snatcher als Monsieur Du Couret angeredet hatte.« 46 Oder: »Der junge Mann war kein Romanheld, weder ein sentimentaler noch ein heroisch aufgereckter.« 47 Betont wird auch, daß die »Wirklichkeit [...] oft alle Phantasiegebilde« 48 übersteige, wobei die Romanhandlung der Wirklichkeit gleichgesetzt wird. Die Grenzen von Realität und traumhafter Romanhandlung werden verwischt, die Unwahrscheinlichkeiten und Unmöglichkeiten der Handlung werden zu Möglichkeiten, die in der Realität vorhanden scheinen. Der Realität werden die Möglichkeiten des Traumes zugesprochen, dem Traum der Erfahrungswert der Realität: »Nun, es ist wahrlich ein Roman, den ich Ihnen zu erzählen habe, ein Roman, wie man ihn nicht sehr oft zu lesen bekommt.« 4 9 Der Held setzt seine Erlebnisse dem Geschehen in einem Roman gleich, der Realitätswert von Roman und Realität wird dadurch gleichgestellt. Ziel ist es, daß die Romanrealität an die Stelle der Realität treten kann, daß die Abenteuer der Protagonisten vom Autor und Leser wie wirkliche Abenteuer miterlebt werden können. Wird so der Phantasieumwelt ein Realitätsanspruch aufgebaut, so können in dieser neuen Realität die Geschehnisse wie im Traum ablaufen. Die Romanrealität wird zum »Land der Wunder«, 50 die Romanfiguren wähnen sich »in eine Märchenwelt versetzt« 51 oder »auf verzaubertem Grund und Boden«. 52 Das Abenteuerland wirkt wie ein Stück der Welt aus »Tausend und eine Nacht«, 53 dem Held ist wie im romane der beliebtesten Schriftsteller. 13. Jg. Bd. 4 - 7 . Prag und Leipzig 1858. Bd. 4. S. 36. 46 Robert Kraft, Loke Klingsor. Der Mann mit den Teufelsaugen. Roman. Heidenau bei Dresden 1927. Heft XIII. S. 779. 47 Johannes Scherr, Die Pilger der Wildnis. 3 Thle. In: Hannovera. Haus-Bibliothek für Unterhaltung und Wissen. Bd. 112. Hannover 1917. Bd. 3. S. 105. 48 Otto Ruppius, Prairieteufel. Leipzig o. J. (11. Aufl.). S. 59. 49 Karl May, Das Waldröschen oder Die Verfolgung rund um die Erde. Hildesheim, New York 1969 (Nachdruck einer frühen Münchmeyer-Ausgabe. Fotomech.). Bd. 1. S. 258. 50 Retcliffe, Nena Sahib, Bd. 2, S. 102; vgl. auch Robert Kraft, Um die indische Kaiserkrone. Erlebnisse eines Deutschen im Lande der Wunder. Illustrierte Ausgabe. Niedersedlitz-Dresden o. J. Bd. 1. S. 106. 51 Möllhausen, Schatz von Quivira, Bd. 2, S. 17. 52 Sealsfield, Cajütenbuch, 1. Thl., S. 59. 53 Vgl. Hans Wachenhusen, In der Nilbarke. Roman. Stuttgart und Leipzig 1877. S. 75; auch Karl May, Im Reiche des silbernen Löwen. Radebeul o. J. Bd. 1. S. 417.

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Traum zumute. »Es war wie im Traum. Seine Füße schwankten im Gehen wie auf den Wolken des Phantasiegebildes, als welches ihm alles soeben Erlebte vorkam.« 54 Führen die Abenteuerschriftsteller die Leser in ihre Traumwelt, so ist doch die Wahrscheinlichkeit des Geschehens bei den verschiedenen Schriftstellern unterschiedlich. Bei Retcliffe wird ein Indianer am Halse eines Kondors zu Tale getragen, eine Szene, die bei Sealsfield sicher nicht möglich gewesen wäre. 55 Eine Wandlung des Abenteuerromans, bei der der Wahrscheinlichkeitsanspruch sich immer weniger an die äußere Realität zu halten beginnt, ist nach der 48er Revolution und nach der Auswanderungsenttäuschung, die in Kürnbergers »Amerika-Müdem« ihren Ausdruck findet, bemerkbar. Arnold Hauser erkennt für die Zeit nach 1848 eine stärkere Zuwendung zu den »sachlichen, illusionslosen, die Erfahrung widerspruchslos hinnehmenden Naturwissenschaften. [...] Nach dem Versagen aller Ideale, aller Utopien hält man sich an die Tatsachen, an nichts als die Tatsachen.« 56 Es könnte ein Grund für die Mißachtung der Abenteuerliteratur gerade darin liegen, daß sie die Ideale und Utopien in sich bewahrte, sich dadurch aber mehr und mehr bemerkbar in Gegensatz zur Wirklichkeit setzte. Mügges Romane zielen noch auf politische Einflußnahme, die folgende Abenteuerliteratur aber hatte sicherlich keinerlei direkte politische Wirkungsabsicht, es entstanden vielmehr »private« Wunschphantasien. Doch gerade in ihnen wurden, wenn auch deformiert, die politischen Ideale des Bürgertums bewahrt, die längst in der Realität zerfallen waren. Der Abenteurer ist - cum grano salis - der von Sealsfield erträumte Citoyen, der in der Realität keinen Platz finden konnte und sich nun in den Prärien und Steppen Nordamerikas einrichten mußte. Die Ideale der Bürgertums gaben sich als allgemein-menschliche aus, in ihnen formulierte sich die Forderung nach Freiheit und Gleichheit für alle Menschen. Daß in der Realität nicht alle bedacht worden waren, findet sich in den Abenteuerromanen niedergeschlagen. Die Freiheit, die in der Realität nicht zur Wirklichkeit gelangte, wird verbogen zur Freiheit der Prärie, die in der Phantasiewelt erlebt werden kann, die von der Realität versagte materielle Gleichheit wird von den Westmännern erlebt, die vermögenslos durch die Prärien ziehen und sich ihren Ruf durch Tüchtigkeit schaffen. 54 55

56

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W a c h e n h u s e n , Nilbarke, S. 196. Sir J o h n Retcliffe. Puebla. Historisch-politische R o m a n e . Durchges. u. hg. v. Ernst G o e t z . Berlin o. J. 3. Bd. S. 395f. A r n o l d Hauser, Sozialgeschichte der Kunst u n d Literatur. M ü n c h e n 1958 (2. unveränderte A u f l . ; 1. Aufl. 1953). 2. Bd. S. 306.

In den fernen Prärien verwirklichen sich die Wünsche, die vom Leser und Autor an die nahe Realität gestellt wurden und dort unerfüllt blieben. Es ist bezeichnend, daß sich in fast allen Biographien der Abenteuerschriftsteller prägende Negativerfahrungen mit der Wirklichkeit finden, die einen wichtigen Rang in ihrer Lebensgeschichte einnehmen. Indem sie ihre persönliche Geschichte mit ihren Protagonisten in der Romanwirklichkeit neu beginnen lassen, verarbeiten sie ihre und ihrer Leser schlechte Erfahrungen zu einem besseren Ende. Ihre Leidensgeschichte wiederholt sich in der Prärie und Wüste, doch ist es ihnen dort möglich, nicht zu den Unterlegenen, sondern zu den Siegenden zu gehören und durch das Bestehen der Leiden, Fährnisse und Gefahren gewünschte Züge ihrer Persönlichkeit in ihren idealen Identifikationsfiguren herauszustellen, Züge, deren Entwicklung die Realität nicht erlaubte. So ist an den Abenteuerromanen zwar ein Geschichtsferne zu bemerken, nicht aber eine Ahistorizität. 57 Die persönlichen geschichtlichen Erfahrungen bekommen in der Traumwelt einen allegorischen Charakter, den Erfahrungen des Leidens steht die in der Realität bisher nicht erfahrene Erlösung gegenüber. Die Rettungs- und Erlösungsphantasien nehmen einen großen Platz in den Abenteuerromanen ein, sie beziehen sich auf literarische Vorbilder, knüpfen auch häufig an religiöse Erlösungsallegorien an und verarbeiten diese. Wenn die Abenteuerliteratur bei dem Unabgegoltenen der Geschichte ihr Erbe antritt, das in Märchen, Bibelgeschichten, Utopien und Robinsonaden ihren Niederschlag gefunden hat, und entsprechend auch ihre Handlung wählt, so kommt ihr auch die dort vorhandene Allegorik zu: Der Weg durch die Wüste und das Glück hinter den Bergen besitzen eine Allegorik, die nicht erst vom Abenteuerroman geprägt wurde, sondern biblischen Ursprungs ist. Die Aktualisierung der in der Literatur überlieferten Bilder der Erlösung und Befreiung ist begründet in der historischen Erfahrung des Autors, das Interesse, das sie finden, in der Erfahrung des Lesers. Sie deuten darauf, daß die Vorgeschichte noch nicht beendet ist, daß die politischen Umwälzungen des 18. und 19. Jahrhunderts eine Klasse von Menschen hinterließen, deren Realitätserfahrung im Ertragen von Leiden und unbefriedigenden Zuständen bestand. »So tragen Karl Mays Geschichten selber das Geschehen und den Traum der Geschichte, sind historische Allegorie, weil sie selber zur Vorgeschichte gehören und deren Züge aufweisen, und zugleich Sehnsucht 57

Vgl. dazu Gert Ueding, Der Traum des Gefangenen. In: Jahrbuch der Karl May Gesellschaft 1978. Hamburg 1978. S. 63f.

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der Geschichte, weil sie alle bisherigen historischen Erfahrungen nur in ihrer Vorläufigkeit, als Vorlauf eben einer neuen Geschichte anerkennen.« 58 Sicherlich waren die Leser, die sich mit Karl Mays Idealbild Old Shatterhand identifizierten, ich-schwache Menschen; diese IchSchwäche ist aber nicht allein Folge einer verfehlten Kindheitsentwicklung, sie ist bewirkt durch individuelle Erfahrungen mit der Gesellschaft (zu denen auch die Kindheitserfahrungen gerechnet werden müssen), die dem Ich die gewünschte Entwicklung nicht gestatteten und es zwangen, sich Traumräume (Wollschläger) in der Ferne zu suchen, um dort in einem traumhaften Initiationsprozeß ihre »eigentliche« Persönlichkeit zu entwickeln.

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Ueding, Traum des Gefangenen, S. 63.

Die Initiation des Abenteuerhelden

Pilger in d e r W i l d n i s Auf die Verwandtschaft von Bunyans >Pilgrim's Progress< mit Mays >Ardistan und Dschinnistan< hat Arno Schmidt schon früh hingewiesen; 1 der Hinweis war naheliegend, greift May doch zu Beginn des Werkes das Bild von den >zwei Wegen< auf, die nach Dschinnistan führen. Dieses Bild war in der religiösen Kunst verbreitet. Beide Wege wurden oft als gegensätzlich dargestellt, der eine führte den Pilger zu >Leben und SeligkeitTod und VerdammnisPilgrim's Progress< und die der Abenteuerromane ist geprägt durch die Initiationsthematik. Entscheidend ist bei der Pilgerreise nicht das Ziel, sondern die Reise selbst. Das Ziel gibt in dem sich in ihm offenbarenden Symbolcharakter, nicht durch sich selbst, der Reise ihren Sinn, die Pilgerreise stellt dabei eine Initiation des Pilgers dar. Als Christian Rosencreutz seinen Weg zurückgelegt hat und am Hofe angelangt ist, wird er gewogen: mit sieben Gewichten, jedes der Gewichte stellt eine Tugend dar, 15 die der 12

Retcliffe, Puebla, Bd. 3, S. 440. Retcliffe, Puebla, S. 439. 14 Retcliffe, Puebla, S. 439. 15 Vgl. Andreae, S. 65. 13

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Pilger erworben haben muß. Auch Bunyans Pilger verläßt die Stadt des Verderbens, um neue Erfahrungen zu suchen; was er verläßt »ist nicht wert, mit dem Geringsten von dem verglichen zu werden«, das er »zu genießen« 16 sucht. Der Held des Abenteuerromans im Anschluß an Cooper entflieht der Gesellschaft in die Wildnis einer Traumwelt, in der ihm die Probleme der Realität in anderer Weise als Initiationsprüfungen wiederbegegnen. Indem er hier seine unbefriedigende Wirklichkeit korrigiert, die Gefahren und Leiden noch einmal in traumhaft veränderter Weise erlebt und zu einem besseren Ausgang führt, konstituiert er eine neue Persönlichkeit. Ein Initiationsprozeß vollzieht sich, der am deutlichsten - im Werk Karl Mays - in Old Shatterhands Weg vom >Greenhorn< zum >Westmann< ausgedrückt ist,17 aber auch in den Prüfungen, denen der erfahrene Abenteurer sich immer wieder unterziehen muß.

Die Initiation Mircea Eliade hat darauf hingewiesen, daß die Initiationsriten, die er bei seinen Untersuchungen primitiver Religionen feststellte, nicht verschwunden sind, sondern sich im Lauf der Geschichte gewandelt haben und nunmehr in anderen Bereichen des geistigen Lebens zu finden sind: »Die Echtheit dieses halbbewußten und unbewußten Verlangens, an den >PrüfungenrettenCt

xiert.« So findet im Bereich der Fiktion die Konstituierung einer neuen Persönlichkeit statt, insofern ist für sie dieser Bereich von einem höheren Erfahrungswert als die Realität, die diese Entwicklung blockiert. Durch die Identifikationen mit dem Romanhelden, der die verschiedenen Stationen der Initiation durchläuft, entkommen Leser und Autor der hemmenden Realität, ihnen schließt sich ein neuer, bisher unbekannter Erfahrungsbereich auf. 21 »Mit der Vorstellung der Initiation übernimmt die Literatur auch deren Versinnlichungen, und so wie der Initiationsmythos den psychischen Ablauf als eine wirkliche Reise darstellt, auf der es gefahrvolle Abstiege zu wagen, Brücken zu überqueren und Felsfallen zu durchschreiten gilt, hebt auch der >Initiationsroman< das Unsichtbare in das Sichtbare und macht die Seelenreise zur konkreten Reise, läßt sich Bewegung des Inneren als Aufbruch in die Fremde, als Flucht, als abenteuerliche Reise, als Pilgerfahrt oder als Queste Gestalt annehmen.« 2 2 Durch die offenen »Tore anderer Welten« 23 hatte May schon die Leser seiner Reiseromane aus ihrer »Alltagswelt« in seine »Sonntagswelt« 24 geführt, aus der er selbst als Abenteurer Old Shatterhand und Kara Ben Nemsi zurückkehrte und sein »repariertes Ego dem geneigten Publikum« 2 5 präsentierte. 19

Vgl. Fritz-Wilhelm Neumann, Chaucer. Symbole der Initiation im TroilusRoman. Studien zur englischen Literatur. Bd. 17. Hg. v. J. Kleinstück. Bonn 1977. S. 1. 20 Neumann, S. 6. 21 Vgl. Johannes Kleinstück, Mythos und Symbol in englischer Dichtung. Stuttgart 1964. S. 36: »Die Symbolik der Initiation tritt überall dort auf, w o von einem Übergang in neue, bislang unbekannte Bezirke die Rede ist.« 22 Peter Freese, Die Initiationsreise. Studien zum jugendlichen Helden im modernen amerikanischen Roman. Kieler Beiträge zur Anglistik und Amerikanistik. Bd. 9. Neumünster 1971. S. 157. 23 Karl May, Im Reiche des silbernen Löwen. Freiburg 1912 (Illustr. Ausg.). Bd. 4. S. 183. Bd. 2 - 4 werden nach der illustr. »Fehsenfeld«-Ausgabe (Freiburg 1912) zitiert, Bd. 1 nach der sogenannten »Radebeuler«-Ausgabe (Radebeul o. J., 95. - 106. Tsd.). 24 Karl May, Mein Leben und Streben. Hildesheim, New York 1975 (Fotogr. Nachdr. der Ausg. Freiburg i. Br. o. J.). S. 317. 25 Helmut Schmiedt, Karl May. Studien zu Leben, Werk und Wirkung eines Erfolgsschriftstellers. Königstein/Ts. 1979, S. 42.

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Auch Robert Kraft berichtet, daß er sich beim Schreiben seiner Romane in eine Traumwelt begebe: »Es ist nicht anders als mit dem Träumen. [...] Bei mir ist es ein Träumen im wachen Zustande. Oder doch im halbwachen. Denn ganz wach bin ich nicht. Während des Schreibens weiß ich absolut nicht, was um mich her vorgeht, und wenn ich aufhöre, weiß ich nicht, ob ich fünf Stunden oder fünf Minuten geschrieben habe. Ja, es ist nichts weiter als eine Art von Träumen, dessen inhaltliche Ausgestaltung ich nur mehr in meiner Gewalt habe, so daß sich die Bilder nicht verzerren.« 26 Unter dem Pseudonym Harry Drake hatte Kraft schon im Jahre 1899 ein Heft unter dem Titel »Die TraumApotheke« herausgegeben, in dem er »auf ganz harmlose Weise« Anleitung zu gelenkten Träumen gibt, wie die Leser sich das, was ihnen »in Wirklichkeit fehlt«, im Traume ersetzen können. 27 Ein »ganz neues Gebiet« - so verspricht Kraft - wird dem Leser dadurch erschlossen, er gewinnt »ein neues, zweites Leben«, 28 dem Kraft einen die Realität übersteigenden Wirklichkeitswert beimißt. Wenn der Schriftsteller arbeitet, so erlebt er »alles in seiner Phantasie« 29 mit, wenn er Trapper oder Indianer spielt, »da wird er in seiner Phantasie wirklich zu einem Indianerhäuptling auf dem Kriegspfade oder auf der friedlichen Büffeljagd, und nichts kann ihn in dieser Einbildung stören. Und begegnet ihm ein sonntäglich gekleideter Spaziergänger, so sieht er diesen entweder gar nicht, oder im Nu verwandelt sich der moderne Anzug in ein ledernes Jagdkostüm und der Cylinderhut in einen Kopfputz aus den Federn des Seeadlers.« 30 Den Erlebnissen aus dem »Reiche der Phantasie« (Kraft) kommt ein Erfahrungswert zu, der neben dem der Realität steht, entsprechend m u ß sich die Wahrscheinlichkeit nicht nach den Grundsätzen des realen Geschehens richten, sondern sie kann sich immanent in der Phantasiewelt konstituieren und hat zu berücksichtigen, was der sich hier entwickelnden neuen Persönlichkeit als real und wirklich erscheint. Die »äußere Wahrscheinlichkeit«, die durch die Realitätserfahrung gegeben ist, wird ersetzt durch eine »innere Wahrscheinlichkeit«, die durch 26

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Robert Kraft, Eine kurze Lebensbeschreibung, von ihm selbst verfaßt. Als Einleitung zu dem Romanwerk >Die Augen der SphinxPrairieteufel< auf einem Terrain spielen, das er dort nie kennengelernt hatte, das aber das Wunschland der Abenteurer darstellt. Die Zweiteilung vom unfreien Deutschland auf der einen und vom freien Amerika auf der anderen Seite wird auch später übernommen, wenn auch der politische Aspekt der vormärzlichen Jahre mehr und mehr ins Hintertreffen gerät. Deutschland und die Verhältnisse in der alten Welt werden im Abenteuerroman zum Bilde der Alltagswelt, der Alltagserfahrungen; Amerika wird zur bunten Tagtraumwelt des Abenteurers. Der Konflikt des Abenteurers mit den heimatlichen Verhältnissen beginnt sich zu ändern, es sind nun mehr Zivilisationsgeschädigte, Männer, die irgendwie mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind oder eine andere dunkle Episode in ihrer Biographie haben, die sich in die Savannen und Prärien des Wilden Westens begeben. Nicht das Bild der politischen Verhältnisse Amerikas steht nun im Vordergrund, sondern die unberührte Natur wird zum Fluchtort des Abenteurers. Die Vorstellung von der unberührten Natur suggeriert Neubeginn, verhilft von vorn anzufangen, ein neues Leben zu beginnen. »Werde Mensch; du bist noch keiner«; 35 diesen Satz hat Karl Mays >DschirbaniRäudigefremde Pfadefreien Zeit< und in die Enge der Häuslichkeit gedrängt wurden, dort aber keine angemessenen Betätigungsmöglichkeiten fanden, weil der Bereich der Kleinfamilie, nachdem er »bereits als Grundlage der wirtschaftlichen Existenz an Bedeutung verloren« 42 hatte, »weitgehend funktionsentlastet« 43 war. Die >freie Zeit< wird zur Zeit der Untätigkeit, in ihr macht sich die Unfähigkeit bemerkbar, Besetzungsobjekte und -tätigkeiten für die eigenen Interessen zu finden. »Die freie Zeit bleibt der Reflex auf den dem Subjekt heteronom auferlegten Rhythmus der Produktion, der auch in den müden Pausen zwanghaft festgehalten ist.« 44 Untätig und 39

H e l m u t h Plessner, D i e verspätete Nation. Frankfurt a. M. 1974. S. 93. Böhme, S. 45. 41 Ueding, G l a n z v o l l e s Elend, S. 28. 42 Ueding, G l a n z v o l l e s Elend, S. 34. 43 Jürgen Habermas, Strukturwandel der Öffentlichkeit. N e u w i e d u. Berlin 1971 (5. A u f l . ; 1. A u f l . 1962). S. 192. 44 T h e o d o r W. A d o r n o , M i n i m a Moralia. Frankfurt a. M. 1971 (1. A u f l . 1951). S. 231. 40

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beängstigt steht das Individuum in einem von sinnvoller Tätigkeit entleerten, freien Raum. Bedrückend erscheint die nicht durchschaute, entfremdete Außenwelt, »das Resultat ist schreckliche Stagnation aller Kräfte im ganzen Menschen«. 45 Eine Handlungsunfähigkeit, eine Art Lähmung tritt ein und »läßt mehr und mehr die allgemeine Realität und besonders die menschliche Umwelt zu einer immer wieder vergeblich versuchten Bewältigungsaufgabe werden, deren Lösung immer unmöglicher wird«. 46 Die >freie Zeit< und die Häuslichkeit wird zur Sphäre, in der die eigene Untätigkeit ertragen werden muß und die Zeit »als lang« erfahren wird; das Gefühl der Langeweile stellt sich ein. »In dieser verzweifelten Lage bleibt [...] eine Primitivreaktion zur Verfügung, die Flucht, und sie beherrscht sinngebend das Geschehen.« 47 Auch der Abenteuerroman resultiert aus erfahrener Handlungshemmung in der Realität und der unerträglich gewordenen Langeweile. Autor und Leser flüchten in eine Phantasiewelt, die - mit diffiziler Architektonik aufgebaut - die Möglichkeiten bietet, die Stagnation der Kräfte< zu überwinden. Das Reisen verbindet sich mit rastloser Tätigkeit und wird zum Metier des Abenteuerhelden - Reisen, um der Betätigung des eigenen Selbst und der Abwechselung willen. Karl Mays Held erklärt: »Ich reise um des Reisens willen. [...] Der Grund, warum ich reise, ist ganz derjenige eines Spaziergängers, welcher es liebt, sein Auge an abwechselnden Bildern zu ergötzen.« 48 Eine zweite Realität, eine psychische Wirklichkeit, wird geschaffen, in der sich das Individuum durch befreite Tätigkeit neu aufbaut. Die Flucht des Individuums in diese Wirklichkeit erscheint als einzige Möglichkeit der Rettung vor den Zwängen der Realität. Insofern kommt dieser Flucht nicht nur der Charakter zu, durch ihre Möglichkeit dem Individuum die Realität erträglich zu machen, vielmehr liegt ihr Hauptzweck gerade in entgegengesetzter Richtung: der Rettung vor der völligen Vereinnahmung durch die Realität. Diese »Übung in selbstanerkannter Tätigkeit« (Ueding) ist eine stetige Infragestellung fremdbestimmter Tätigkeit in der Realität. Fast wie eine Allegorie auf diese Situation der Lähmung und Langeweile auf der einen, der bewegten Abenteuerwelt auf der anderen Seite klingt die Einleitung Robert Krafts zu seiner Heftchenserie »Aus 45

Arthur Schopenhauer, Parerga und Paralipomena: kleine philosophische Schriften. 1. Bd. 2. Teilband, Aphorismen zur Lebensweisheit. Züricher Ausgabe. Werke in 10 Bdn. Bd. 8. S. 362. 46 J. H. Schultz, Grundfragen der Neurosenlehre. München o. J. S. 256. 47 Schultz, S. 256. 48 Karl May, Am Rio de la Plata. Freiburg 1910 (Illustr. Reiseerz.). S. 48.

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dem Reiche der Phantasie«. Ein zwölfjähriger, lebensfroher Junge ist durch ein Unglück gelähmt. »Am Abend seines vierzehnten Geburtstages sitzt der sieche Knabe allein in der Stube, traurig und freudlos, kein Ziel mehr im Leben kennend. Da erscheint ihm eine Fee. Sie nennt sich die Phantasie«.49 Diese Fee hilft ihm, sich im Traum in eine Abenteuerwelt zu versetzen, in der er sich wieder bewegen und handeln kann, »und so findet der arme Knabe im Traume einen Ersatz für sein unglückliches Leben.«50 Bereits Willkomm läßt seine »Europamüden« von der Flucht aus diesem »Dasein thatenloser Langweiligkeit«51 träumen. Karl May sieht den Erfolg der Leihbibliotheken gerade darin, daß sie von der Bewegungslosigkeit befreien: »Die Seele des Lesers wendet sich von jeder Bewegungslosigkeit ab, denn diese bedeutet für sie den Tod. Welch ein Reichtum des Lebens dagegen in dieser Leihbibliothek! Und welch ein Eingehen auf die Eigenheiten und Bedürfnisse dessen, der so ein Buch in die Hände nimmt!« 52 Das bedeutet nun nicht, daß die Bewegungslosigkeit aus dem Abenteuerroman verbannt ist. Vielmehr wird sie traumhaft aufgenommen und immer wieder verarbeitet, sie erscheint im Bild der körperlichen LähmungGreenhorn< dem Westmannsgefährten nach bestandenem Abenteuer: »>Willkommen, willkommen, Sir! Das rufe ich Euch zu, denn Ihr kommt aus dem Reiche des Todes zurück, welchem Ihr unbedingt verfallen wäret. [...] Dick und Will, kommt doch mal her, und seht euch diesen deutschen Surveyor an! Was soll man aus ihm machen?< / >Einen Gesellen,< schmunzelte Stone. / >Einen Gesellen? - Was meinst du damit?< / >Er hat abermals bewiesen, daß er kein Greenhorn mehr ist, kein Lehrling. Wir wollen ihn zum Gesellen machen; später kann er dann Meister werden.Abreisen< ist eines der häufigsten und am besten zu begründenden Todessymbole«, erklärt Freud in seiner »Traumdeutung«, 6 0 was auch 57

May, Im Reiche des silbernen Löwen, Bd. 3, S. 67. Eliade, Das Mysterium der Wiedergeburt, S. 13/14. 59 Karl May, Winnetou. Bd. 1. Radebeul o. J. S. 286/287. 60 Sigmund Freud, Die Traumdeutung. Gesammelte Werke. 2. u. 3. Bd. Frank58

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in dem bekannten französischen Sprichwort festgehalten ist: »Partir, c'est toujours un peu mourir.« Abschiede und Abreisen sind in zahlreichen Abenteuerromanen verarbeitet, besonders deutlich wird das darin enthaltene Motiv von Tod und Wiedergeburt in der Auflösung und Wiederherstellung von Familienbeziehungen. Kleinstück stellte dieses Initiationsmotiv bereits bei Shakespeare fest; »er [Shakespeare] löst im Sturm, den er erregt, eine bestehende Ordnung und Gemeinschaft auf, trennt den Vater vom Sohn und läßt beide den anderen für tot, in den Wellen umgekommen, halten. Der neuen Ordnung geht also eine radikale Zerstörung der alten voraus.« 61 Auch im Abenteuerroman wird durch den Verlust eines Familienmitgliedes die Zerstörung der alten Ordnung dargestellt, oft wird der Vater durch Umstände oder Personen gezwungen, seinen Sohn zu verlassen, oder es wird ein Kind geraubt. Die Abenteuerzeit steht dann zwischen dem Abschied und dem Wiederfinden, das Wiederfinden geschieht auf einer anderen Stufe. Der Abschied stellt somit das Ende der alten Beziehungen, das Ende des alten Lebens dar, das Wiederfinden wird zum erlebten Augenblick des Neubeginns. »>Adieu, mein Jungeadieu, in vier Stunden bin ich wieder bei dir !< Und er ging fort, nicht ahnend, daß er seinen Liebling erst nach langer qualvoller Trennung am andern Pol der Erde Wiedersehen sollte.« 62 Zwischen Abschied und Wiederfinden liegt eine Reihe von Abenteuern. Der Vater wird unschuldig eines Verbrechens bezichtigt, er liegt ohnmächtig im Londoner Polizeigefängnis, er wird über das Meer gebracht; der Sohn versucht den Vater wiederzufinden und erlebt dabei eine Reihe von Abenteuern, bis er schließlich am Ende des Romans den Vater wiederfindet. Die Unschuld des Vaters ist erwiesen, der Sohn wird aber von diesem kaum wiedererkannt, weil aus »dem schlanken Jungen nun ein derber ausgewachsener Jüngling geworden war.« 63 Das Bild des Abschieds und des Wiederfindens spielt bei zahlreichen Abenteuerhandlungen mit, es ist damit Tod und Wiedergeburt, verlorenes und wiedergefundenes Glück ausgedrückt, wobei das wiedergefundene Glück ein anderes darstellt als das verlorene, da der dazwifurt a. M. 1973 (5. Aufl.). S. 390; bereits Goethe notiert in seinen Anmerkungen zu Wilhelm Tischbeins Idyllen diesen Zusammenhang. Vgl. Goethes sämtliche Werke. Hg. v. Karl Goedeke. Stuttgart u. Berlin o. J. Bd. 30. S. 221. 61 Kleinstück, Mythos und Symbol, S. 91. 62 S. Wörishöffer, Ein Wiedersehen in Australien. Bielefeld und Leipzig o. J. (4. Aufl.). S. 4. 63 Wörishöffer, Ein Wiedersehen, S. 550.

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schenliegende Abenteuerzug die Voraussetzungen dafür geschaffen, die Protagonisten verändert hat. Möllhausen greift das Motiv des Verlierens und Wiederfindens in seinem Roman >Die Mandanen-Waise< auf und läßt das Wiederfinden der Tochter mit der Errettung durch den Vater zusammenfallen. 64 Treller verarbeitet das Motiv in seinem Roman >Der Letzte vom Admiral· gleich mehrfach; sein Held Henrik Horsa wird aus einem Segelboot über Bord gestoßen und von einem Australienfahrer gerettet; Henrik wird von seinen Verwandten zunächst für tot gehalten; zwar erfährt der Vormund, sein Onkel, bald, daß er noch lebt, dennoch liegt vor dem Wiedersehen eine große Reise über die Weltmeere, die den Sohn an das Grab des verunglückten Vaters führt, bis er nach vielen Abenteuern zurückkehrt. Auch sein neu gewonnener Freund kehrt heim, er hat als Abenteurer seinen Familiennamen wiedergefunden, der ehemalige >Steuermann Findling< entdeckt sich als Heinrich Isenhoit und findet seine Mutter wieder. Auch von Karl May wird das Motiv oft verwendet, verwiesen sei nur auf die Trennung der beiden Baumanns in >Der Sohn des Bärenjägers< und auf den Förstersohn Brandt in >Der verlorene SohnFürst von Befour< wiederkehrt. Auch Sternau hat sich im >Waldröschen< von seiner Rosa zu trennen, bevor er als Herzogssohn zurückkehrt. »Die Menschen werden seit je allein geboren und sterben allein.«65 Sicherlich wird auch im Motiv des Rückzuges in die Einsamkeit der Wildnis das Initiationsthema von Tod und Wiedergeburt aufgegriffen. Bereits in der religiösen Überlieferung wird die Zeit der Einsamkeit im Zusammenhang mit der Initiation dargestellt. Dem Akt des Taufens läßt Christus einen vierzigtägigen Aufenthalt in der Einsamkeit der Wüste folgen, er fastet und erlebt noch einmal, was rituell bereits in der Taufe vollzogen war: Tod und Wiedergeburt. Die Initiation des Lebens in der einsamen Wildnis läßt sich auch bei Stämmen mit primitiven Religionen finden. Bevor eine Stammesaufnahme stattfindet, muß der Neophyt eine Zeit in der Einsamkeit leben.66 Schopenhauer notierte für »die Einsamkeit einen zwiefachen Vortheil: erstlich den, mit sich selbst zu seyn, und zweitens den, nicht mit Anderen zu seyn.«67 Er hob damit hervor, was Wolf Lepenies erst für 64 65 66 67

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Möllhausen, Die Mandanen-Waise, S. 328. Bloch, Das Prinzip Hoffnung, Bd. 2, S. 1125. Mircea Eliade, Mythen, Träume und Mysterien. Salzburg 1961. S. 276ff. Schopenhauer, Parerga und Paralipomena, S. 462.

das Entstehen der bürgerlichen Gesellschaft vermerkte, die Trennung von Einsamkeit und Gesellschaft. Lepenies konstatiert als Ursache für den Hang zur Einsamkeit: »Isolierung von der Macht und Verzweiflung an der Ordnung, die nicht zu durchbrechen ist.« 68 Die Erfahrungen in der Gesellschaft sind es auch, die den Abenteurer in die Einsamkeit der Wildnis treiben. Frederic Strubberg klagt: »Da lagen nun wieder alle Hoffnungen, alle Glücksträume zertrümmert hinter Armand, und vor ihm der einzige Balsam in seinem Leid, seinem Weh, seinem Schmerz - die Einsamkeit!« 69 Der Rückzug in die Einsamkeit stellt die Lossagung von der alten Erfahrungswelt dar. Er ist verbunden mit dem Abbruch der früheren sozialen Beziehungen und mit dem Tod des alten Ich. »Frei sein, absolute Einsamkeit, mich ernähren können, ohne irgendeinen andern Menschen nötig zu haben! Das war es, was ich wünschte, worin ich meinen dunklen Drang nach Glück befriedigen zu können glaubte,« 70 so zog sich Robert Kraft in die Einsamkeit des Wüstenjägerlebens zurück, ehe er die Traumwelt seiner Schriftstellerarbeiten entdeckte. Ob das, was Robert Kraft in seiner Selbstbiographie zu seinem Rückzug in die Einsamkeit der Wüste und der Begegnung mit seiner Traumwelt mitteilt, die mit der kleinen Steinfigur einer Sphinx symbolisiert wird, auch tatsächlich geschehen ist, ist höchst zweifelhaft und fraglich. Wahrscheinlich hat Kraft die Sphinx als touristisches Souvenir gekauft, ihr Herkunftsort ist vielleicht sogar in Österreich zu suchen. 71 Doch die Tatsächlichkeit des Geschehens ist in dieser Schilderung Krafts unwesentlich. Wichtig ist die erkennbar werdende Darstellung eines seelischen Prozesses der Umwandlung in der Einsamkeit, in der Tod und Wiedergeburt eindrucksvoll als Traumbilder erscheinen. Wichtig ist auch der Wert, den Kraft dieser Zeit der Einsamkeit für seine Persönlichkeitsentwicklung beimißt, der sich zum einen in der recht umfangreichen Schilderung dieses relativ kurzen Zeitraumes ausdrückt, zum anderen in der Stellung dieses Zeitraumes in seiner »Selbstbiographie« als Übergang zwischen dem Leben als verlorener Sohn und enttäuschter Weltenbummler und dem Leben in der Traumwelt des Schriftstellers. »Ich fühlte, ahnte, daß sich in meinem Innern eine gewaltige Umwälzung vorbereitete. Und so sollte es denn auch kommen.« 7 2 So berichtet Kraft von seiner Wüstenjägerzeit; das zentrale Erlebnis der Initia68 69 70 71 72

Wolf Lepenies, Melancholie und Gesellschaft. Frankfurt a. M. 1972. S. 86. Armand, Aus Armand's Frontierleben. Leipzig 1868. 3. Bd. S. 11. Kraft, Eine kurze Lebensbeschreibung, S. 13. Diese Auskunft verdanke ich Herrn Roland Schmid, Bamberg. Kraft, Lebensbeschreibung, S. 20. 31

tion, die allegorische Darstellung von Tod und Wiedergeburt, vollzieht sich dann - in einem Brutofen. Bei der Jagd nach einem Geier begibt sich Kraft in einen der in Ägypten üblichen Brutofen, die zum Ausbrüten von Hühnereiern benutzt werden. Er will dort den erlegten Vogel herausholen, bricht dabei aber durch eine Lehmdecke in einen tieferliegenden Raum ein. Während des Sturzes sieht er die roten, glitzernden Augen der steinernen Sphinx, die dort liegt. Der Sturz bewirkt eine Bewußtlosigkeit, in der Kraft ein Traum erscheint: »Und die Sphinx begann zu erzählen. [...] Dabei verwandelte sich fortwährend ihre Umgebung. Es ging zu wie in einem mechanischen Theater. Die Wüste verwandelte sich in Wald, Dörfer und Städte entstanden und verschwanden wieder, Schiffchen schwammen hin und her, Rudergaleeren wie Dampfer, Männchen zogen vorüber, [...] und die Augen der Sphinx erzählten mir immer, was das alles zu bedeuten habe, viele hunderttausende Jahre lang. [...] Sie hat mir vom ersten Anfange der Menschheit an erzählt bis hinauf zur Neuzeit, alles durch lebendige Bilder erläuternd. Endlich erwachte ich. Wie lange ich bewußtlos gelegen hatte, wußte ich nicht. Hunderttausend Jahre jedenfalls nicht. [...] Vielleicht eine Stunde. Oder auch nur fünf Minuten.« 73 Als Kraft aufwacht, sieht er sich zwischen »[ljauter Menschenknochen, überall grinsende Totenschädel, und dieses Knochenlager erstreckte sich noch viel weiter nach hinten.« 74 Um dieser Totenkammer zu entkommen, muß er die Knochen zu einem Haufen zusammenlegen und daraufsteigen, bis er schließlich durch den Brutofen in die Welt zurückfindet, jedoch gewandelt und mit neuen Plänen. Die Neukonstitution der Persönlichkeit wird oft auch durch die Übernahme des Geburtstraumes in das Romangeschehen dargestellt. Recht deutlich wird das Motiv von Karl May in seinem Roman >Durch die Wüste< bei der abenteuerlichen Rettungsaktion Kara Ben Nemsis für die gefangene Senitza verarbeitet. Der Held durchschwimmt einen Kanal, taucht unter Wasser, erlebt Beklemmung, Atemnot, Sauerstoffmangel und fühlt schon den »Tod mit nasser, eisiger Hand nach [s]einem Herzen greifen.« 75 Doch als der Tod nahe ist, erlebt er seine Rettung; es gelingt ihm, den Widerstand eines Hindernisses zu beseitigen und mit dem Kopf über die Wasseroberfläche zu kommen. Er befindet sich in einem Brunnen. »Ein langer, langer, tiefer Atemzug, der mir augenblicklich das Leben wiederbrachte.« 76 73 74 75 76

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Kraft, Lebensbeschreibung, S. 22/23. Kraft, Lebensbeschreibung, S. 23. May, Durch die Wüste, S. 140. May, Durch die Wüste, S. 141.

Schon Freud stellt die Geburtsträume als Rettungen dar: »Retten, besonders aus dem Wasser retten, ist gleichbedeutend mit gebären.« 7 7 Auch verweist er auf die Symbolik des Kanals, 7 8 ebenso ist die Bedeutung des Kopfes über der Wasseroberfläche und des Brunnens bereits bei Rank beschrieben. 7 9 Sicherlich kommen einige der Bedeutungen, die die Wiederholung des Geburtsaktes im Nachttraum impliziert, auch für die Szenen im Abenteuerroman zur Geltung, wie der von R a n k beschriebene Aspekt: » D i e Lebensgefahr aber, die sich so hinter der Geburt in ihrer Darstellung durch die Aussetzung verbirgt, ist j a tatsächlich im Geburtsakt gegeben. In der Überwindung aller dieser Hindernisse kommt auch der Gedanke zum Ausdruck, daß der zukünftige Held die größten Schwierigkeiten eigentlich schon mit seiner Geburt überwunden habe.« 8 0 Weniger bedeutsam für den Abenteuerroman erscheint die im Geburtstraum enthaltene Kind-Eltern-Beziehung, wichtiger die Bedeutung der Geburt im Rahmen der Initiation des Helden. In der Aufnahme des Geburtstraumes als Motiv des Abenteuerromans tritt das Wiedergeborenwerden als Allegorie für die Neukonstituierung des Ich auf. Krafts Helden Georg und Fritz müssen, bevor sie den Fuß in das Abenteuerland setzen, durch den wassergefüllten Kanal tauchen: »Es war doch ein sehr, sehr großes Wagnis, in diesen Kanal zu kriechen, dessen Länge sie nicht kannten, und sie wußten auch nicht, wie sie an seinem Ende in den senkrechten Schacht kommen sollten. Wenn sie nun versanken? [ . . . ] Langsam ging es vorwärts, auf dem Bauche liegend [ . . . ] Halbdunkel umgab ihn, sodaß er zunächst nichts weiter erkennen konnte. Er stieg also vollends heraus, half seinem Freunde, der unmittelbar hinter ihm auftauchte, [ . . . ] beide atmeten erst einmal tief.« 81 Hier wie bei May und in vielfältigen Variationen auch in anderen Abenteuerromanen deutet die Aufnahme des Geburtstraumes auf den Wunsch der Wiedergeburt als ein anderer in einer anderen Welt hin. Viele Motive des Abenteuerromans sind mythologischen Ursprungs, so auch das »Labyrinth«-Motiv. Das Eindringen in die labyrinthischen Gänge muß, nimmt man die thematische Unterteilung Mircea Eliades für die Initiation auf, als regressus ad uterum bezeichnet werden. »Tat77 78 79

80 81

Vgl. Freud, Traumdeutung, S. 409. Freud, Traumdeutung, S. 407. Otto Rank, Der Mythos von der Geburt des Helden. Leipzig und Wien 1922. S. 90ff. Rank, S. 112. Kraft, Loke Klingsor, Heft XV, S. 8 9 8 / 8 9 9 .

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sächlich kann man das Initiationsthema der gefährlichen Rückkehr ad uterum in folgenden Mythen finden: [...] in zahlreichen Mythen von der Durchquerung einer vagina dentata während der Initiation oder von einem gefährlichen Abstieg in eine Grotte oder eine Spalte, die dem Mund oder dem Uterus der Erdmutter gleichgesetzt wird, einem Abstieg, der den Helden in eine andere Welt führt«. 8 2 Auch dieses Motiv ist also als eines von Tod und Wiedergeburt aufzufassen, der regressus ad uterum »bezweckt ebenfalls die Erlangung einer Wiedergeburt, entweder um einen höheren Seinsmodus zu erreichen, [...] oder um sich von einer großen Verunreinigung reinzuwaschen«. 83 Der Abenteurer begibt sich in die Finsternis des Labyrinthes. Daß die Dunkelheit den Bereich des Todes bezeichnet, 84 ist schon durch die christliche Überlieferung bekannt. Hiob bezeichnet den Tod als ein Aufbrechen »ins Land der finsternis vnd des tunckels. Ins Land / da es stock dicke finster ist / vnd da keine ordenung ist / da es scheinet wie das tunckel.« 85 So stellt die Durchquerung des Landes der Finsternis und der Unordnung schon in der christlichen Mythologie eine Initiationsprüfung post mortem dar. Die Herrschaft liegt dort beim >Fürsten der Finsternis< und durch diese letzte Prüfung bereitet sich die Seele für das Paradies. Eine solche Tod und Wiedergeburt umfassende Initiationsprüfung liegt auch dem Aufbruch des Abenteuerhelden in ein unterirdisches Labyrinth zugrunde, wie neugeboren kehrt er jedoch mit neuem Ruhm und neuer Ehre in die Welt zurück. Mut hat der Initiand auf seinem Abstieg ins Labyrinth zu beweisen, wobei im Motiv der Stufen »auf den seelischen Wandlungsprozeß und dessen Peripetien« 86 verwiesen ist. Ebenso wie im >Lande des lebenden Todes< oder in Krafts Phantasieland >LemurienRobert, der Schiffsjunge^ übt sich im »Robinsonleben« 100 und auch Mays Kolportageheld Sternau wird auf einer Insel ausgesetzt. 101 Robert Kraft greift das Motiv des Schiffbruchs in seiner unter dem Pseudonym >Graf Leo v. Hagem erschienenen Serie >Aus allen Welttheilen< auf. Der Protagonist, ein Reporter, erleidet mit seiner Begleiterin Schiffbruch, sie kommen auf ein unbewohntes Eiland, das sich als schwimmende, umhertreibende Insel entpuppt, sie bestehen Abenteuer, schließlich retten sie sich von dieser Insel. »Wir kamen in Ambriz an, wo man uns schon als Todte betrauert hatte, und setzten die unterbrochene Reise fort, als wäre nichts geschehen.« 102 In diesem Heft zeichnet Kraft im kleinen das Grundmuster der Abenteuererlebnisse, das sich innerhalb der Romane wiederholt: Aufbruch Übergang zur Abenteuerwelt - Erlebnisse in der Abenteuerwelt - Rückkehr (Rettung als Neugeburt) - Aufbruch (erneut, »als wäre nichts geschehen«). Die Motive des Übergangs sind zahlreich und verschieden. Ein »Aufstieg im Ballon« 103 kann den Übergang in die fremde Welt des Abenteuers ebenso bewirken wie der Jagdritt in Sealsfields >Prairie am JacintoAdmiralDie schwimmende InselUm die ErdeCajütenbuchSeezigeuner< Richard Jansen springt in eine andere Welt. Wird Sealsfields Abenteurer Morse durch einen Mustang über die Schwelle zur Abenteuerwelt gelockt, so wird Jansen durch einen Ochsen dahingetrieben. »Dieser schneeweiße Ochse sollte es sein, der meinem Leben eine ganz andere Wendung gab, der mich zum Freibeuter und Piraten machte.« 106 Der künftige Seezigeuner wird durch das Tier verfolgt, springt über einen Bretterzaun und befindet sich plötzlich in einer ungewohnten, traumhaften Umgebung. »Es war ein parkähnlicher Garten, in dem ich mich befand; zwischen den Bäumen schimmerten in der Ferne weiße Häuser, und auf dem Kieswege, dicht vor mir, bewegte sich ein seltsamer Zug. / Ja, war ich denn durch den Sprung über die Bretterwand plötzlich in die klassischen Zeiten des alten Rom oder nach Griechenland versetzt worden?«107 Bei Kraft ist ein bekanntes Motiv mit ironischem Bruch verändert, ein Tier, der Ochse, treibt ihn aus der alten Welt, bei Sealsfields Mustang ist die überlieferte Bedeutung gewahrt, die in dem Tier einen Boten aus einer anderen Welt (der wilde Mustang steht für die Abenteuerwelt) sieht, der den Abenteurer in das andere Land lockt.108 Das Überschreiten der Schwelle zur Abenteuerwelt erscheint wie die Überfahrt über den Ozean, das Übersetzen über einen Fluß - etwa bei Möllhausens Fährmann mit dem mythologischen Namen Charon - 109 oder auch der Durchgang zu einem anderen Raum. Robert Krafts gelähmter Junge, der sich im Traum in die bewegte Abenteuerwelt versetzt (s. o.), muß in seiner Phantasie durch die Tür seines Zimmers hinausgehen: »In Richards Schlafzimmer befindet sich eine Kammerthür. Jede Nacht wird er erwachen (das heißt nur scheinbar), er soll aufstehen, jene Thür öffnen, und er wird sich stets dort befinden, wohin versetzt zu sein er sich gewünscht hat.«110 Nach dem Überschreiten 105

Gert Ueding, Traumliteratur. Über literarische Erfahrung und ihre Wirkung. In: Ernst Blochs Wirkung. Ein Arbeitsbuch zum 90. Geburtstag. Frankfurt a. M. 1975. S. 256. 106 Robert Kraft, Wir Seezigeuner. Niedersedlitz-Dresden o. J. (Illustr. Ausg.). Bd. 1. S. 12. ,07 Kraft, Seezigeuner, S. 16. 108 Vgl. dazu Campbell, Der Heros in tausend Gestalten, S. 58ff. 109 Vgl. Balduin Möllhausen, Der Fährmann am Kanadian. Roman. Stuttgart o. J. Bd. 1. S. 235; auch Bd. 2. S. 114. 110 Kraft, Aus dem Reiche der Phantasie, Auszug aus der erklärenden Einleitung, ohne Seitenzählung.

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der Schwelle befindet er sich in der Abenteuerwelt, »Im Lande des lebenden Todes«, auf einem schwimmenden Floß oder als Schiffbrüchiger auf einer Robinson-Insel. »Oeffne ich die Kammerthür, will ich am Strande dieser Insel stehen, eben aus dem Wasser kommen und meine Freunde Oskar und Paul vorfinden, mit denen zusammen ich eine Seereise gemacht und Schiffbruch erlitten habe.« 111

Abgebrochene Brücken Mit dem Übergang in die Abenteuerwelt bricht der Abenteurer die Brücken, die ihn an die Gesellschaft binden, ab. Wie die Symplegaden klappen die Felsen des offenen Durchgangs zu und trennen die Abenteuerwelt von der Alltagswelt, so bei Kraft: »Aber die Ecke war nicht mehr vorhanden! Der Gang wurde von einer festen Wand abgeschlossen! / >Da ist unterdessen eine Wand vorgeschoben worden !< / >Sehr interessante meinte die Olinda gelassen, als auch sie den Felsen betrachtete. / >Wir sollen hier nicht wieder heraus kommen!Loke Klingsorc »>Mensch - sind Sie wahnsinnig geworden?!< schrie Manuel Garcia auf. / Da war es bereits geschehen. / Krachend sauste der Stamm mitsamt den Seilen in die Tiefe. Der junge Jäger aber wendete sich um und sagte gelassen: >Damit sind für uns die Brücken zwischen hier und der übrigen Welt abgeb r o c h e n e «120 Weil die Abenteuerwelt strikt getrennt von der Alltagswelt ist, wird sie oft in ferne oder unerforschte Länder gelegt; die örtliche Ferne, die sich schließenden Felsen, die abgebrochenen Brücken und die Verlegung in ein unerschlossenes, schwer erreichbares Gebiet sind die Merkmale der Abgeschlossenheit und Andersartigkeit der Abenteuerwelt: »Ich will es kurz machen. So ging es sechs Tage fort, immer dem West zu, durch jenes Gebiet, in welchem der Kartograph nichts zu zeichnen hat - >unerforschtAm Rio de la PlataWaldröschen< in der Prärie zu »Matava-se«, zum »Fürst des Felsens«, geadelt durch seine Taten, nicht durch seine Geburt. »Mit der Namensänderung sind ihre Träger in eine neue Welt eingetreten, die alte haben sie mit ihrer europäischen Kleidung abgelegt. Das Neue und Verrückte dieser Welt besteht in ihrer Koordinatenlosigkeit, die Helden sind nicht mehr einem blinden Geschehen überantwortet, das ihren Platz in der Standesgesellschaft bestimmt, sondern sie sind Subjekte ihres Schicksals: der Ablauf ihres Lebens stimmt mit den inneren Möglichkeiten ihrer Person überein.« 133 Der Name wird in der Abenteuerwelt oft zum Signum individueller Fähigkeiten, der Kleiderwechsel kennzeichnet auch in der äußeren Erscheinung den Wechsel der Persönlichkeit. Bezeichnenderweise haben nur die »unpassenden Figuren« der Abenteuerwelt eine unpassende Kleidung. Mays Sir David Lindsay trägt einen hohen grauen Zylinderhut, graukarierten Schlips, Weste, Beinkleider und Gehrock, sein Lord Castlepool und Dr. Morgenstern versuchen sich zwar mit einem Kleidungswechsel anzupassen, doch ebenso, wie ihre Persönlichkeit sich nicht verändert, mißlingt auch ihr Kleidertausch zur Maskerade. 134 128

Mügge, Afraja, S. 234. May, Am Rio de la Plata, S. 465. 130 May, Im Reiche des silbernen Löwen, Bd. 1, S. 70. 131 Kraft, Loke Klingsor, Heft XXXVII, S. 2308. 132 May, Das Waldröschen, Bd. 1, S. 395. 133 Ueding, Glanzvolles Elend, S. 138. 134 Vgl. May, Der Schatz im Silbersee, S. 108ff.; May, Das Vermächtnis des Inka, S. 8ff. 129

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Nicht nur die Romanhelden wechseln dem Initiationsgeschehen des Romans entsprechend ihre Kleidung. Auch von Schriftstellern ist bekannt, daß sie, die Wirklichkeit ihrer Traumwelt damit betonend, sich exotische Kleider anzogen und sich so dem Publikum präsentierten. Der Wunsch, tatsächlich dem Romanhelden gleich zu sein, stand hinter dem Kleidungswechsel. Von Karl May ist bekannt, daß er als Old Shatterhand und als Kara Ben Nemsi für den Fotographen posierte, dem Publikum sogar die Narben zeigte, die er als Old Shatterhand angeblich empfangen hatte. Auch Gerstäcker kleidete sich gern als Westmann und verkehrte später sogar im Kreise des Herzogs Ernst von CoburgGotha in entsprechenden Kleidern. 135 Während seiner Arbeit kleidete er sich in ein exotisches Gewand und lebte in seiner Abenteuerwelt; er hatte sich ebenso wie May auch äußerlich zu einem Teil jener Welt gemacht. Und wie May sich als Shatterhand und Kara Ben Nemsi fotographieren ließ, so ließ Gerstäcker sich in ähnlicher Pose schon zuvor ablichten: als Gaucho sieht er mit verträumtem Blick in die Kamera, wie ein Abenteurer in jenem Brasilien, von dem er schon als Jugendlicher träumte. 136

Leiden und Martern Die Leiden und Martern des Abenteurers in der Wildnis sind vielfältig, sie gehören zum Initiationsszenarium des Abenteuerromans. Sicherlich ist auch in der Initiationstortur das zentrale Thema der Initiation, der rituelle Tod und die Wiedergeburt, deutlich erkennbar. Indem der Abenteurer den Martern standhält, beweist er, »daß er den alten Menschen, der er war, >getötet< hat, und daß er als ein anderer wiedererstanden ist, als ein neuer Mensch«. 137 In besonders starker Weise wird in der Marter das Sträuben des Individuums gegen die Anpassung an die Realität deutlich. »Solchen Menschen, welche mich Etwas angehn, wünsche ich Leiden, Verlassenheit, Krankheit, Mißhandlung, Entwürdigung - ich wünsche, daß ihnen die tiefe Selbstverachtung, die Marter des Mißtrauens gegen sich, das Elend des Überwundenen nicht unbekannt bleibt: ich habe kein Mitleid mit ihnen, weil ich ihnen das Einzige wünsche, was heute beweisen kann, ob Einer Werth hat oder nicht, - daß er Stand 135

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Vgl. Otto von Corvin, Erinnerungen aus meinem Leben. Leipzig 1880 (3. Aufl.). 2. Bd. S. 144/145. Das Bild befindet sich in meinem Besitz. Mircea Eliade, Mythen, Träume und Mysterien. Salzburg 1961. S. 290.

Αά'//.«138 So schreibt Nietzsche und deutet damit auf den Bestätigungscharakter der Martern und der Tortur. Mißtrauen in die von der Realität gesetzten Werte kennzeichnet diese Aussage, die der Realität alle Objektivität als Maß der Bestätigung der Persönlichkeit abspricht und nur noch im Leiden an ihr und im Standhalten den Wertmesser der Persönlichkeit findet. Bei den späteren Abenteuerschriftstellern, etwa bei May und bei Kraft, aber auch schon bei Retcliffe 139 und bei Sophie Wörishöffer, wird der Marterpfahl zu einem fast unentbehrlichen Requisit der Abenteuerwelt. Martern und Torturen mit dem Charakter einer Prüfung der Standhaftigkeit sind zwar für die Indianervölker Nordamerikas auch ethnologisch belegt 140 und das »Zu-Tode-Foltern« der Indianer, der Scheiterhaufen und der Marterpfahl spielen auch schon bei Chateaubriand, Cooper und Sealsfield eine Rolle, 141 im späteren Abenteuerroman kommt ihnen aber erst eine ausgeprägte Bedeutung im Rahmen der Initiation des Helden zu, die sich in der ständigen Wiederholung dieses Motivs äußert. Die Helden haben »schon oft am Marterpfahl gestanden« 142 und gezeigt, daß sie standhaft alle Qualen ertragen können, ohne sich dabei selbst aufzugeben. »Wer über Schmerzen klagt, wird verachtet«, weiß Karl May dem ethnologischen Brauch entsprechend zu berichten, »und je lauter die Klagen werden, desto größer wird die Verachtung. Es ist vorgekommen, daß gemarterte Weiße, welche sterben sollten, ihre Freiheit erhielten, weil sie durch ihre unmännlichen Klagen zeigten, daß sie Memmen seien, welche man nicht zu fürchten brauche und deren Tötung für jeden Krieger eine Schande sei.« 143 Die Leiden am Marterpfahl üben den Helden nicht im Erdulden, vielmehr ist ihm Gelegenheit gegeben, den Martern Trotz zu bieten, sich in den Leiden zu behaupten. Etwa bei Sophie Wörishöffer: »Der Alte stand kerzengerade, er sah unverwandt in das Auge des Vollmondes [Indianername] und blinzelte nicht einmal, als das Messer desselben mit der platten Seite sein Ohr streifte und schwankend wie ein Blatt im Winde mit der Spitze im Pfahl stecken blieb, er lachte und packte zwischen den kräftigen 138

Friedrich Nietzsche, Der Wille zur Macht. Werke. Bd. X. Stuttgart 1921. S. 139. 139 Retcliffe, Puebla, Bd. 2, S. 380ff. 140 Vgl. Walter Hirschberg, Wörterbuch der Völkerkunde. Stuttgart 1965. S. 272. 141 Vgl. Fran?ois-Rene de Chateaubriand, Atala. Rene. Stuttgart 1962. S. 21; Charles Sealsfield, Der Legitime und die Republikaner. Sämtliche Werke. Bd. 6. Hildesheim, New York 1973 (Fotogr. Nachdr. d. Ausgabe Stuttgart 1845). 1. Thl. S. 284/285; Cooper, Der letzte Mohican, S. 343 u. 369. 142 Kraft, Um die indische Kaiserkrone, Bd. 3, S. 69. 143 May, Der Schatz im Silbersee, S. 340.

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Zähnen die Waffe, um sie mit einem einzigen Ruck herauszuziehen und verächtlich auf den Boden zu werfen.>Da liegt die Fischgräte, Dakota, hole sie dir wieder und spieße Fliegen [. ..].Wasser0 Gott, erbarme Dich meiner, sende Deinen Engel!< / Da legte sich eine Hand auf seine Schulter. / Er konnte zwar niemanden sehen, aber er erschrak nicht. Er hörte nur das eine Wort: >Trinke!Das Waldröschen< versucht ein Protagonist durch Erlangen einer Ehrenerklärung »eine blutige Genugthuung zu vermeiden«,170 muß sich aber, durch die Umstände genötigt, doch auf ein Duell einlassen, begnügt sich dann aber damit (im Gegensatz zu seinen beiden hochadeligen Gegnern, die nach seinem Leben trachten), eine »genügende Züchtigung« zu erteilen. Deutlich zeigt sich eine zwiespältige Bewertung des Duells. Auf der einen Seite verschließt sich der Abenteuerroman nicht der zeitgenössischen pejorativen Beurteilung, auf der anderen Seite ist aber ein Festhalten am Duell spürbar, wie hier bei May, wo es schließlich dem von einem Westmann ausgebildeten Bürgerlichen gelingt, sich gegenüber gewöhnlichen Adligen sowohl physisch wie auch moralisch (er bietet zuvor eine unblutige Regelung an) als überlegen zu erweisen. Tatsächlich spielt die Verletzung eines Ehrenkodexes bei den Duellanten in den Prairien der Abenteuerromane nicht die entscheidende Rolle, eine Veränderung des Duells zu einem lebensgefährlichen, wettkampfmäßigen Kräftemessen zeigt deutlich den initiatorischen Bestätigungscharakter, den der Zweikampf für den Abenteuerhelden erhält. Zwar ist auch Retcliffes Held Graf Boulbon gezwungen, sich als Ehrenmann für einen von ihm verabscheuten Schurken mit einem anderen Ehrenmann zu schlagen (eines ehrenwortlichen Kontraktes wegen, der schließlich gilt), dennoch tritt der Anlaß des Zweikampfes gegenüber der sonderbaren Ausführung und dem Ausgang völlig zurück: die Duellanten begeben sich bewaffnet in eine dunkle Kammer, die für eine Stunde abgeschlossen wird. Als Sieger (der Gegner ist geschont, nur gebunden) tritt Boulbon, versehen mit stigmatischen Wunden, aus dem Bereich der Dunkelheit, des Todes, ins Leben zurück - eine Variation des Initiationsthemas »descensus ad uterum«. 171 Auch bei den Duellen von Mays Old Shatterhand tritt die Verletzung der Ehre zurück. Die Verspottung und Verhöhnung des Gegners gehört zwar auch zum »indianischen Duell«,172 dieses wird aber zumeist durch 168

Elisabeth Frenzel, Motive der Weltliteratur. Stuttgart 1976. S. 122. Alexandre Dumas, Der Graf von Monte Christo. Berlin, Kopenhagen, Malmö, Amsterdam o. J. Bd. V. S. 208. 170 May, Das Waldröschen, S. 1243. 171 Vgl. Retcliffe, Puebla, Bd. 2, S. 217. 172 Vgl. Karl May, Satan und Ischariot, Radebeul o. J. 2. Bd. S. 173; auch May, Winnetou, Bd. 1, S. 281. 169

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Racheansprüche oder Gefangennahmen ausgelöst und gestaltet sich zu einem Wettkampf, bei dem der siegende Held dem Besiegten gegenüber Milde walten läßt. Nicht die Verletzung eines Ehrenkodexes führt zum Duell, wohl aber konstituiert der Ausgang des Zweikampfes Ehre und Persönlichkeit des Abenteuerhelden. Mit überschaubaren, offenen Mitteln zu kämpfen, den Gegnern zumindest gleiche Chancen zu lassen und sogar selbst gezwungenermaßen oder freiwillig die schlechtere Ausgangsposition in Kauf zu nehmen, gibt dem Abenteurer Gelegenheit, sich als seinen Bedrängern überlegen zu zeigen. So nehmen die Szenen, in denen die Protagonisten ihre Westmannsfähigkeiten zeigen, oft den Charakter von Sportveranstaltungen an, der Ausgang des Wettbewerbes - und hierin zeigt sich wiederum die damit verbundene existentielle Bedeutung - entscheidet jedoch über Leben und Tod des Helden. 173

Das Wettschießen Das Motiv des Meisterschusses als Ausweis des Helden ist alt: Odysseus verfehlte mit seinen Pfeilen nicht die obersten Öhre der zwölf Äxte, auf die er zielte. Das Wettschießen, in dem sich die Westmänner der Abenteuerromane des 19. Jahrhunderts messen, wird allerdings auf James Fenimore Coopers »Truthahnschießen« in seinem bekannten und vielgelesenen Roman >Die Ansiedler an den Quellen des Susquehanna< zurückgehen, bei dem sich der Trapper Lederstrumpf vor den weißen Siedlern auszeichnet. 174 Auch in den Roman >Die Skalpjäger< von Mayne Reid, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in verschiedenen Bearbeitungen erschien und wahrscheinlich vielen Schriftstellern des Genres bekannt war, findet ein Wettschießen statt. Ein alter Jäger hält das Ziel, eine Muschel, der andere trifft auf sechzig Schritt Entfernung. »Ein solcher Schuß zeugt von der Sicherheit des Zielenden und von seiner Ruhe, dann aber von dem Vertrauen, das ein Anderer in seine Geschicklichkeit setzt.« 175 Beide erweisen sich durch solche Schießkunst als »Jäger erster Klasse«, und es kann nur ein »Teil-Schuß« sein, mit dem diese Leistung noch überboten wird. So legt der Indianer El Sol einen kleinen Präriekürbis auf das Haupt seiner Schwester und trifft ihn durch die Kugel aus seinem Gewehre. 176 173

Vgl. May, Winnetou, Bd. 1, S. 350, S. 280/281, S. 365, S. 379, auch May, Der Schatz im Silbersee, S. 344ff. 174 Cooper, Ansiedler, S. 242. 175 Mayne Reid, Die Skalpjäger. Frankfurt a. M. 1975. S. 100. 51

Retcliffe läßt seinen Kapitän Grimaldi schon das Kunststück vollbringen, einen achtzig bis neunzig Schritt entfernten Ring so zu treffen, daß die Kugel bei wohldosierter Pulvermenge in diesem Ring stecken bleibt. 177 Ein »Deadshot-Bill« in dem von Karl May beeinflußten Roman >Der Arrapahu< von Max Felde steht dieser Kunst kaum nach, wenn er auf sechzig Schritt Entfernung in die Öffnung einer hochgehaltenen Flasche trifft, ohne den Hals zu beschädigen. Mays Duellant Helmers trifft gar die gegnerische Kugel in der Luft, 178 und auch Old Shatterhands Schießkünste sind recht bemerkenswert. Die Schießkünste der Westmänner des Abenteuerromans sind tatsächlich erstaunlich; daß sie trotz ihres hohen Grades an Unwahrscheinlichkeit überhaupt glaubhaft wirken, liegt daran, daß eine Kontrolle der Möglichkeit der Umstände für Autor und Leser unwichtig ist. Die Aussicht, durch einen Schuß zum »Jäger erster Klasse« zu avancieren, schafft das Interesse, und gerade erst das Unwahrscheinliche der Umstände macht den Schuß zum Meisterschuß. Das scheinbar Unmögliche zu schaffen wird wieder zur Aufgabe des Helden, mit der Unwahrscheinlichkeit der Umstände wächst sein Ruhm. Das Schießkunststück stellt einen weiteren Schritt auf dem Initiationsweg des Greenhorns zum Westmann dar, und auch Mays Kara Ben Nemsi weiß sich in bedrängter Lage mit seiner Schießkunst Anerkennung zu verschaffen, so daß ihn ein Scheik danach achtungsvoll als mächtigen Helden ansieht. 179

Rettung aus dem Elend Mircea Eliade stellt in seinen Untersuchungen zur Initiation bei Romanlesern ein Verlangen fest, an Prüfungen, die den Helden konstituieren und ihn schließlich »retten«, teilzuhaben. 180 Tatsächlich messen auch Freud und Rank der Rettungsphantasie einen Initiationscharakter zu: das Gerettetwerden als Geburtsszene trägt - wie oben beschrieben - die Initiationsthematik. Im Zusammenhang mit dem »Aus-demWasser-Ziehen« bei der »Geburt des Helden« wurde dies von Freud und Rank beschrieben, aber auch der Rettungstat des Helden in der Phantasie legt Freud den Wunsch unter, der Träumer wolle dadurch 116

Reid, S. 104. Retcliffe, Nena Sahib, Bd. 1, S. 256ff. 178 May, Waldröschen, S. 1246 u. 1263. 179 Vgl. May, Im Reiche des silbernen Löwen, Bd. 1, S. 242. 180 Eliade, Das Mysterium der Wiedergeburt, S. 227/228. 177

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seinem eigenen Vater gleich sein; wenn er erkenne, daß er sein Leben den Eltern zu verdanken habe, möchte er sich »revanchieren«, um als Gleicher anerkannt zu werden. Freud reduziert allerdings die Initiationsthematik - seinem Erkenntnisinteresse gemäß - auf die Untersuchung der Beziehungen zu den Bezugspersonen der frühen Kindheit. 1 8 1 Die Rettung und die Rettungstat im R a h m e n der Initiation des Helden müssen aber im Zusammenhang mit der gesamten Erfahrungswelt des Tagträumers gesehen werden, der gegenüber sich die Abenteuerwelt als andersartig darstellt. In allen bereits untersuchten Motiven spielt die Rettung eine gewichtige Rolle. Die Abenteuerromane sind durchzogen von Rettungsszenen. I m m e r wieder rettet sich der Abenteurer aus gefährlichen Situationen, wird selbst zum Retter oder wird auf irgendeine Weise von seinen Verbündeten befreit. Bei Kraft wird ein Protagonist auf wundersame Weise gerettet, nachdem er schon durch ein Exekutionskommando zusammengeschossen worden war. 1 8 2 Die Lage, aus der der Abenteurer gerettet wird, ist zumeist hoffnungslos, der Held wird oft »in dem Augenblick gerettet, als er sich verloren glaubte!« 1 8 3 Diese Rettungen »in letzter Minute oder Sekunde« durchziehen die Abenteuerliteratur: »Morton schwang die Keule empor. Aber der tödliche Schlag fiel nicht. Hinter dem Felsen hervor krachte ein Schuß.« 1 8 4 Oder: »die Flammen stiegen schon empor - die Qual hatte begonnen. [ . . . ] Noch hörte man das Triumpfgeschrei der Feinde auf dem freien R ä u m e erschallen und die nahen Hügel es widerhallen, da knallten plötzlich wenigstens fünfzig Büchsen scharf, rasselnd wie der Kampfruf der Klapperschlange - und ein mächtiges Hurrah christlicher Stimmen und das Daherschießen einer Reiterschar verwandelte die ganze Scene in die des Staunens und Schreckens.« 1 8 5 Die schlagartige Veränderung der Situation kennzeichnet die Rettungsszene; plötzlich, in einem Augenblick, in dem die Bedrohung übermächtig wird und der Held sich schon fast aufgegeben hat, tritt das ein, worauf das Hoffen und Sehnen gerichtet war. Aus tiefer Verzweifelung wird der Held gerettet, er erlebt einen Augenblick, der als Beendigung seiner bisherigen Leiden und seiner Bedrängnis empfunden 181

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Sigmund Freud, Beiträge zur Psychologie des Liebeslebens. Gesammelte Werke. 8. Bd. Frankfurt/M. 1969 (5. Aufl.). S. 75. Vgl. Kraft, U m die indische Kaiserkrone, Bd. 3, S. 674. Wörishöffer, Robert der Schiffsjunge, S. 284. Scherr, Die Pilger der Wildnis, Bd. 3, S. 112. Robert Montgomery Bird, Der Waldteufel, Ein Roman aus Kentucky von Dr. Bird. Aus dem Englischen. Frankfurt a. M. 1841. Bd. 3. S. 150.

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wird. Der Autor und der Leser erleben mit dem Abenteuerhelden diesen Augenblick als den der Beendigung ihrer bisherigen Geschichte, das »Dunkel des gelebten Augenblicks« (Bloch) hebt sich auf im erlebten Jetzt. »Dieser Jetztakt gegen Vergangenes hat jenes Einschlagende in sich, das Zeit als bloßen Übergang und wieder Übergang unterbricht.« 186 In diesem erlebten Augenblick konzentriert sich die bisherige Geschichte zu einem Kulminationspunkt, in dem gerade das aufbricht, das bisher nicht zur Geltung kam und das durch den Rettungsakt zum Vorschein kommt: Neubeginn und Traum vom besseren Leben, Beendigung der Vorgeschichte und Beginn einer menschlichen Geschichte, aus der Leiden und Hoffnungslosigkeit verbannt sind. Bloch erkennt diesen erlebten Augenblick, der in den Rettungsszenen der Abenteuerliteratur zur Geltung kommt, im kolportagehaften Trompetensignal im >FidelioFidelioNena Sahibc »Hunter erkannte, daß er keinen Widerstand mehr leisten konnte, daß er verloren sei! Schon - - da - da - allmächtiger Gott! Rettung! Rettung! Trompeten schmetterten, der Hurraruf deutscher Reiter klang zu ihm herüber, Kommandoruf! und gleich den rächenden Blitzstrahlen funkelten die Säbel der braven Husaren im Flammenschein zwischen den nach allen Seiten flüchtenden Räubern.« 188 »Die Noth hat ja ein Ende.« 189 Das ist der Rettungstraum, den die Kolportage träumt, und so erzählt sie von Rettungen. Helden retten und werden gerettet. »[W]eine nicht, denn bei der fliehenden Sonne, die noch mit ihrem Blick das Eis der Gebirge röthet, gelobe ich es Dir, ich rette Dich, oder ich sterbe mit Dir.« 190 raunt der unverhoffte indianische Helfer der Protagonistin zu. Anderswo weht »es leise, leise, fast 186

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Ernst Bloch, Experimentum Mundi. Gesamtausgabe Bd. 15. Frankfurt a. M. 1975. S. 97. Bloch, Das Prinzip Hoffnung, Bd. 1, S. 186; auch in der Bibel ist der Trompeten- und Posaunenschall als Erlösungssignal überliefert (I Kor. 1 5 / 5 2 ) . Retcliffe, Nena Sahib, Bd. 1, S. 224. May, Der verlorene Sohn, Bd. 6, S. 2167. Armand, Aus Armand's Frontierleben, Bd. 3, S. 169.

unhörbar durch den Schleier: >Kurtar Senitzaja - rette Senitza!< 191 Und Kara Ben Nemsi befreit Senitza. Als Old Shatterhand in Fesseln liegt, hegt er »eine Hoffnung, eine Hoffnung, deren Name ein indianischer war, nämlich der Name Kolma Puschi.« 1 9 2 Und Kolma Puschi wird zur Erretterin. 1 9 3 »>Hands up, oder wir schießen! All hands up!< >Hands up, die Hände in die Höhe!< ist ein sehr gefährlicher Befehl, zumal im wilden Westen.« 1 9 4 erklärt Karl May. Wie im >Fidelio< Leonore Pizarro mit ihrem Terzerol in Schach hält, so hält sich Old Shatterhand mit dem Henrystutzen die Feinde vom Leibe, Rettung und Sieg verkündend. Die Abenteuerliteratur ist ein »Schauplatz von Rettungsepisoden«, 1 9 5 bevölkert mit Rettungsfiguren, mit Schutzengeln, die über den rettenden Helden schweben, und mit Maria- und Christusgestalten: der Fürst des Elends; Frater Jaguar, der Engel der Bedrängten; Marah Durimeh, die Herrscherin Sitaras - jedem May-Leser sind diese Gestalten bekannt. Auch Robert Krafts Clas van Guden, der durch seinen Namen bereits seine Zugehörigkeit zur Gruppe der Guten anzeigt, taucht wie ein rettender Engel auf und macht seinem Beinamen »Würgeengel« alle Ehre. 1 9 6 Oder: Eine »helle Gestalt, in triefende Gewänder gehüllt [ . . . ] stürzte auf den Gefesselten zu«, 1 9 7 Rettung bringend, und »über dem Ahnungslosen schwebte ein Schutzengel, der diesen M a n n noch zu anderen Rettungswerken gebrauchte.« 1 9 8 Rettung aus dem Elend und das Ende der Noth träumt die Kolportage, ihre Retterfiguren sind Helden, die die Wende bringen. So ist auch das »glückliche E n d e « in fast allen Abenteuerromanen zu finden. 1 9 9 Am Ende steht der Sieg der Helden, die Auflösung der Intrigen, die Niederlage der Bösen. Sicherlich erscheint auch dieses happy end des Abenteuerromans unangemessen gegenüber der tatsächlichen Geschichte und den politischen Verhältnissen; doch der AbenMay, Durch die Wüste, S. 110. " 2 Karl May, Old Surehand. 3 Bde. Freiburg i. Br. 1909 (Illustr. Reiseerz.). Bd. 3. S. 209. 193 May, Old Surehand, Bd. 3, S. 283. 194 May, Old Surehand, Bd. 3, S. 224. 195 May, Der verlorene Sohn. Hildesheim, New Y o r k 1972 (Fotogr. Nachdruck einer frühen Münchmeyer-Ausgabe). S. 1474. 196 Kraft, Vestalinnen, Bd. 5, S. 3 9 ; >Würgeengel< vgl. 2 Mos. 12, 23, der die Erstgeburt Ägyptens tötet; gemeint als rächendes Prinzip a m Bösen. 197 Kraft, Vestalinnen, Bd. 1, S. 743. 198 Kraft, U m die indische Kaiserkrone, Bd. 3, S. 1 0 / 1 1 . 199 Bei Retcliffes >Nena Sahib< findet es sich nicht, dennoch ist der R o m a n von »Rettungsepisoden« durchzogen und ist - trotz des ungewöhnlichen Schlusses - nicht anders aufgebaut. 191

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teuerroman suggeriert nicht das glückliche Ende in der bestehenden Gesellschaft, er verlegt das happy end in eine traumhaft veränderte Abenteuerwelt. Das »glückliche Ende« des Abenteuerromans bedeutet nicht das Sich-Abfinden mit dem Gegebenen. In seiner ganzen Unangemessenheit stellt sich »die dringende Hoffnung aufs gute Ende«200 dar, die sich, der undurchschauten Realität ausweichend, so einen Ausweg sucht, der jedoch nicht die Realität zur glücklichen verklärt, sondern in seiner ganzen Anlage widerspricht. Gefährlich leben »Denn glaubt es mir! - das Geheimniß, um die größte Fruchtbarkeit und den größten Genuß vom Dasein einzuernten, heißt: gefährlich leben! Baut eure Städte an den Vesuv! Schickt eure Schiffe in unerforschte Meere!«201 Nietzsche verkündet hier die Flucht aus der sicher erscheinenden Welt in eine Gegenwelt. Gefährlich leben! Eine Idee, die in der Gründerzeit Epoche machte. Die Abenteuerliteratur jener Zeit, aber auch schon die der Zeit der 50er und 60er Jahre, ist geprägt durch diese Thematik. Der Abenteurer begibt sich in Gegenden, »in denen er jeden Schritt breit den Jaguars, Pumas, Krokodilen und wilden Indianern abzukämpfen hat«, 202 in denen er hinter jedem Busch, jeder Talwelle und hinter jedem Felsen von einer Gefahr überrascht zu werden droht. »Über uns, um uns, in der leeren Luft, hinter jedem Busch lauert die Gefahr.« 203 Es ist ungewiß, »was die nächsten Minuten bringen«.204 »Das Leben hängt hier nicht stündlich, sondern in jeder Minute an einem Haar.« 205 Vielfältige Gefahren lauern in der Wildnis, dennoch fühlen die Protagonisten der Abenteuerromane sich gerade durch die Gefahren angezogen. Sie sind in die Wildnis getrieben »von einer hochromantischen Lust an Gefahr und Wagnis«,206 sie sehnen sich nach »Aufregungen, Abenteuern und Gefahren«. 207 »Gefahren schrecken mich nicht. Im Gegentheil, für mich haben sie einen verlockenden Reiz«,208 so behaup200

Bloch, Das Prinzip Hoffnung, Bd. 1, S. 515. Friedrich Nietzsche, Die fröhliche Wissenschaft. Werke Bd. VI, S. 241. 202 May, A m Rio de la Plata, S. 83. 203 Wörishöffer, Auf dem Kriegspfade, S. 545/546. 204 wörishöffer, Die Diamanten des Peruaners, S. 156. 205 May, Der Sohn des Bärenjägers, S. 65. 206 Scherr, D i e Pilger der Wildnis, Bd. 1, S. 26. 207 Ruppius, Prairieteufel, S. 25. 208 Möllhausen, Der Schatz von Quivira, Bd. 2, S. 164. 201

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tet Möllhausens Abenteurer, und auch Sophie Wörishöffer läßt ihren jugendlichen Helden Robert erklären: »Habe ich eine Gefahr hinter mir, dann sehne ich mich nach der nächsten; ist ein Kampf beendet, so denke ich an den zweiten.« 209 Karl Mays Helden ist »die Gefahr [...] so notwendig [...] wie dem Fisch die Flut des Wassers.« 210 Die Gefahrensituationen müssen dem gewohnten Leben entgegenstehen, sie werden gerade dadurch zum Prüfstein des Abenteuerhelden, daß sie nicht zur gewohnten Welt gehören. Robert Kraft erläutert: »Wollte man aber einen Zigeuner oder eine Rothaut abenteuerlich nennen, so trifft das gar nicht zu. / Der Junge, der Mann ist abenteuerlich veranlagt, der eine bequeme Heimat verläßt, um das Leben eines Zigeuners oder eines Indianers zu führen! Das ist ein gewaltiger Unterschied!« 211 Die Abenteuerromane sind durch diese Thematik bestimmt: der Held verläßt die sichere, gewohnte Welt und begibt sich in eine fremde, gefährliche, um dort Abenteuer zu erleben. Das Abenteuer verbindet sich mit dem Wagnis. Der Abenteuerheld erstrebt ungewohnte, für ihn gefährliche Situationen und verläßt dabei den Bereich, der ihm Sicherheit gewährte. Immer ist die Abenteuersituation geprägt durch Gefahr, die Größe des Wagnisses mißt sich am Abstand von dem Bereich, der Sicherheit gewährt, der »Nervenkitzel wird durch das Aufgeben und Wiedererlangen der Sicherheit« 212 erzeugt. Die Spannung ist umso größer, »je weiter wir uns von der Sicherheit zu entfernen getrauen, sei es räumlich, sei es durch Geschwindigkeit, oder indem man sich exponiert«. 213 Beim Abenteurer entsteht das Gefühl der Angstlust (Balint), die Sicherheit wird zugunsten einer Situation der Unsicherheit freiwillig aufgegeben, in der die Sicherheit durch das Bestehen des Abenteuers wiedergewonnen werden kann. Die Abenteuerromane vollziehen in dieser Weise ständig eine traumhafte Bestätigung. Kaschieren in der Gründerzeit »Repräsentationssucht und Rennomage [...] notdürftig die Angst vor der eigenen Unzulänglichkeit«, 214 so äußert sich gerade diese Angst auch in den Abenteuerträumen. »Die Sicherheit des bürgerlichen Daseins, die Ordnung und der Wohlstand der alten, auf Kalkül und Vertrauen gegründeten bürgerlichen Wirtschaft überschlägt sich in der Zeit der >GründungenGeheimnissen von Paris< hatten Einfluß auf fast alle Schriftsteller der Abenteuerliteratur. Diese Thematik verbindet den Abenteuerroman auch mit dem Detektivroman. So ist der eigentliche Held von Robert Krafts >Vestalinnen< der Detektiv »Nick Sharp«, er deckt die Intrigen des »Meisters« auf, dessen Ränke die »Guten« überall bedrohen. »Ich aber werde der Sache auf den Grund kommen, ganz allein, auf eigene Faust.« 242 Dunkle Machenschaften, die unterhalb des oberflächlich Sichtbaren liegen, dieses aber bestimmen, deckt der Detektiv und Abenteurer auf: Da gibt es in den Romanen die geheime Gesellschaft der Gaukler, die mordenden Thugs, die Mormonen Brigham Youngs, eine Moslembrüderschaft oder andere Geheimbünde; 2 4 3 kaum sichtbar agieren die Gegner, für deren Handeln das offenkundig Wahrnehmbare nur die Maske bildet. Die detektivische Entschlüsselung des nicht Offenkundigen, des NochVerborgenen, liefert auch das »Spurenlesen« des Abenteurers. Bereits 240

Balduin Möllhausen, Der Spion. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens. Jg. 1891. Stuttgart, Berlin, Leipzig. 4. Bd. S. 49, vgl. auch May, Der Sohn des Bärenjägers, S. 118. 241 May, Der verlorene Sohn, Bd. 5, S. 1772. 242 Kraft, Vestalinnen, Bd. 1, S. 138. 243 Vgl. etwa Kraft, Schlüssel zum Paradies; Retcliffe, Nena Sahib; Kraft, Um die indische Kaiserkrone; Möllhausen, Das Mormonenmädchen; Kraft, Vestalinnen; May, Im Land des Mahdi; May, Durch die Wüste (u. Folgeromane).

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Coopers Lederstrumpf und die beiden Indianer Uncas und Chingachgook verstehen sich auf das Fährtenlesen, 244 auch Bibras Indianer ist findig darin. 245 Retcliffes Helden entwickeln Fähigkeiten im Spurenlesen, 246 die nur von Mays Westmännern noch überboten werden. »Es ist genug zu wissen, daß Leute hier geritten sind.« 247 So versucht Hadschi Halef Omar über die gefundenen Spuren hinwegzugehen. »Es ist gut, zu wissen, welche Leute man vor sich hat.« 248 behauptet dagegen Kara Ben Nemsi, und die harmlose Tatsache, daß man Reiter vor sich hat, wird durch die Untersuchungen Kara Ben Nemsis zu einem Kriminalfall. Auch Old Shatterhand betätigt sich in den >01d SurehandDer Scout< darstellt und bei dem das Greenhorn noch einen wirklichen Lernprozeß mitmacht, 250 ist in der späteren >WinnetouBarbarWilder< und >Heide< sind Antonyme für das, wofür man sich hält«, 29 ' vermerkt Urs Bitterli treffend. Ob Aphra Behns »Oronooko«, Diderots Tahitianer oder Chateaubriands »Atala«: immer sind die edlen Wilden Projektionsfiguren, ebenso wie in der Abqualifizierung zum Barbaren durch den Amerikaner Robert Montgomery Bird (in seinem >WaldteufelDer Virey und die Aristokraten die Indianer als »gente irrationale« abtut), die Ideologie der sich ausbreitenden Zivilisation und das Selbstbewußtsein der landnehmerischen, amerikanischen »Pioneers« sich äußert. 292 Im Abenteuerroman des 19. Jahrhunderts ist zumeist der edle Wilde anzutreffen. Werden die Indianer negativ dargestellt, so führt der Autor das auf den verderbenden Einfluß der Zivilisation zurück. Schon Coopers Chingachgook bekennt seinen Verfall nach der christlichen Taufe: »John ist ein christliches Thier.« 293 Hinter seinen dicht gewachsenen, schwarzen Haaren verbirgt er »die Scham seiner edlen Seele, welche um den entschwundenen Ruhm trauert«. 294 Wie bereits die Abenteuerlandschaft in ihrer Abgetrenntheit von der realen Erfahrungswelt und durch die Verlegung in die Wildnis dem Helden den Neubeginn erlaubt, so birgt auch der »edle Wilde« als Motiv den Wunsch zum neuen Anfang. Seit Hesiod ist das Motiv des ursprünglichen goldenen Zeitalters bekannt, mit dem sich die Auffassung von der Geschichte als einem Niedergang verbindet. Doch die goldene Anfangszeit gibt auch immer wieder die Hoffnung auf die Beendigung des Niedergangs, auf die Wiederherstellung des goldenen Zeitalters als Ziel der Geschichte, wie es besonders in den Lehren der Sekten und Wiedertäufer des 16. und 17. Jahrhunderts zum Ausdruck kommt. 295 Auch mit dem edlen Wilden verbindet sich die Idee der Ursprünglichkeit. Ausgeschlossen von den Depravierungen der Menschen durch die Geschichte bleiben in ihm die »natürlichen Eigenschaften« erhalten, er wird zu einem menschlichen Idealbild, von dem alles abgelöst ist, 291

Urs Bitterli, Die >Wilden< und die >ZivilisiertenFür alle WeltDeasy, DeasyKomm, Geliebter, wir wollen mit Hassan [dem Hund] nach unserer stillen Farm gehen.Afraja< wählt seinen Wohnsitz ebenso zwischen Zivilisation und Wildnis wie Möllhausens Protagonist in der >Mandanenwaisesexische Schweiz< nach der anderen.« 338 So kennzeichnet Arno Schmidt Karl Mays Abenteuerlandschaften als Traumlandschaften, deren Gestaltung dessen verdrängten sexuellen Wünschen unterliege. Prägnanten landschaftlichen Merkmalen mißt Schmidt sexuellen Symbolgehalt bei, ihr Arrangement diene als Schauplatz, der eine ebenso symbolträchtige Population aufzuweisen habe. Schmidts Thesen wurden kontrovers diskutiert, eine Gegenschrift erschien; 339 man schien jedoch nicht bemerkt zu haben, daß Schmidt sich zu Ende seines Buches als »Klarglas-Witzbold« 340 zu erkennen gibt, und die ganze Schrift ist wohl eher als Satire zu betrachten, denn dem belesenen Autor dürfte die Unzulänglichkeit seiner »psychologischen« Methode nicht unbekannt gewesen sein. Das grob-schematische Reduktionsverfahren bot sich ihm für die satirische Wirkungsintention an, Wissenschaftlichkeit war gar nicht beabsichtigt, 341 geschweige denn eine ernsthafte psychologische Untersuchung, wie sie später von Hans Wollschläger begonnen wurde. Die signifikanten Merkmale, die Arno Schmidt als Eigentümlichkeiten der Mayschen Romane ausgibt, finden sich durchgehend in der Abenteuerliteratur seit Cooper. Die Beschreibungen von Talkesseln und Felsspalten - in denen Schmidt vorgibt, Mays erotische Interessen erkennen zu wollen - finden sich in häufiger Verwendung bei fast allen untersuchten Abenteuerschriftstellern. 342 Der Talkessel ist ein Teil der funktionellen Landschaft der Abenteuerromane und steht im Zusammenhang mit der abenteuerlichen Handlung. Er kann den Obenstehenden eine »beobachtende Stellung« 343 gewähren, ebenso kann er als Ge338

Schmidt, Sitara, S. 35. Vgl. Heinz Stolte u. Gerhard Klußmeier, Arno Schmidt & Karl May. Eine notwendige Klarstellung. Hamburg 1973. 340 Schmidt, S. 261. 341 Entsprechend sind auch die von Klußmeier bemerkten Abweichungen in den Zitaten (Stolte/Klußmeier, S. 23ff.) zu erklären. 342 Vgl. bspw. Ruppius, Prairieteufel, S. 192; Balduin Möllhausen, Das Mormonenmädchen. Illustr. Romane 2. Serie. 7. Bd. Leipzig 1911. S. 176; Wörishöffer, Robert der Schiffsjunge, S. 278; Carl Cassau, Samohaha und der Siouxkrieg. Berlin o. J. [1895], S. 11; Bibra, Ein Juwel, Bd. 2, S. 171. 343 Cassau, S. 11. 339

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fängnis dienen, der hinzuführende Felsgang kann zum Fluchtweg werden, der durch eine Sprengung den Verfolgern verschlossen wird, 344 auch kann er als Versteck dienen. 345 »Die Vieldeutigkeit der Zeichen garantiert die Spannung, von der die Kolportage lebt, und darüber hinaus legitimieren die Landschaftszeichen die Ereignisse, auf die sie vorausdeuten.« 346 Ob Talkessel oder Höhlen, die auch als Zuflucht oder Gefängnis dienen können, ob es Berge sind, die leicht in natürliche Festungen verwandelt werden können, oder Prärien, deren Wellen verbergen und offenbaren können: die Landschaft verbindet sich mit der spannenden Handlung, wiederkehrenden Handlungsverläufen entsprechend kehren auch die Landschaftsbilder immer wieder. Ein anderer wichtiger Aspekt der Landschaft ist, neben deren offenbarer Funktionalität, in der Mischung von Öde und Paradieslandschaft zu finden. »Bald findest du tiefe Schluchten voll Wald, tobende Wasser darin, bald nackte Spalten, schwarz zertrümmert und wie verbrannt [...]. Ich habe oft gehört, daß es in diesen Einöden solche kleine, liebliche Flecke geben soll, die wie das Paradies aussehen, ebenso wie Bücher erzählen, daß es mitten in dem Sandmeere der heißen Länder solche giebt.« 347 Diese »Mischlandschaft« (Mügge), geprägt durch schauerliche Wildnis, 348 öde Strecken 349 und paradiesische Flecken, findet sich in der gesamten Abenteuerliteratur bis hin zu Karl May und Robert Kraft. Bei letzterem etwa: »Dem fremden graust es. Mit flüchtigem Schritt eilt er durch die Schluchten, durch die Thäler, mit Steinbildern besetzt, geht mit zaghaftem Schritt auf schwankenden Bambusbrücken, die über stürzende Gießbäche führen, bis er endlich zwischen zwei nahe aneinander herantretende Felswände hindurch m u ß und siehe da - er tritt aus einer Wildnis in ein Paradies.« 350 Das plötzliche Auftreten paradiesischer Flecken inmitten der Wüste erscheint als grundlegendes Merkmal der Abenteuerlandschaft, bei Bibra tritt es ebenso hervor wie bei Retcliffe. Bibras Held Cerroviejo kommt aus einem »unheimlichen Thale« plötzlich an einen Ort mit Blumen und Cypressenbäumen, 351 bei Retcliffe »erblickte der Deutsche im lieblichen Lichte der Morgensonne mitten in dieser Wüste ein paradiesi344

Vgl. Retcliffe, Nena Sahib, Bd. 1, S. 283. Vgl. Retcliffe, Puebla, Bd. 3, S. 92. 344 Vgl. Ueding, Glanzvolles Elend, S. 104. 347 Mügge, Afraja, S. 256/257. 348 Vgl. Mügge, Afraja, S. 39. 349 Armand, Carl Scharnhorst. Abenteuer eines deutschen Knaben in Amerika. Hannover 1872 (2. Aufl.). S. 193. 350 Kraft, Vestalinnen, Bd. 1, S. 420. 351 Vgl. Bibra, Ein Juwel, Bd. 2, S. 167. 345

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sches Bild, wie es die Phantasie nicht herrlicher schaffen konnte, ein Zauberbild aus einem orientalischen Märchen mit aller Wunderpracht der tropischen Vegetation.«352 Auch der Karl-May-Leser kennt die paradiesischen Oasen in der Wüste, ein bekanntes Beispiel ist das Zuhause des »Bloody-Fox« im Llano estacado, »dieses kleine, mitten in der Wüste liegende Paradies«:353 »Sie blickten staunend rund umher. Was war das für ein Paradies hier mitten in der glühenden Wüste! Da stand ein von der Natur gebildetes, fast kreisrundes Becken, dessen Durchmesser vielleicht achtzig Schritte betragen mochte, bis an den Rand voll von hellem, köstlichem Wasser, über dessen Oberfläche die Sonne leuchtende Brillantblitze warf.«354 Überfluß an Wasser und Nahrung, schattige Bäume und ein Geborgenheit verheißender Platz werden dem Wüsten- und Prairieläufer zum Paradiese und zum »Ort der Erfrischung«. 355 Die aus Wüste und Paradies zusammengestellte »Mischlandschaft« entspricht der Intention des Initiationsprozesses, in ihr spiegelt sich das traumhaft wiederholte Bild der schlechten Wirklichkeit, das durchsetzt ist mit utopischen Wunschbildern der Erfüllung. Jorge Luis Borges schildert in einer Kurzgeschichte das »Labyrinth« des Königs der Araber: die Wüste. Ausgesetzt in der weglosen Wüste stirbt der König von Babylon an Hunger und Durst.356 Die Wüste gehört in der christlichen Mythologie zum Bereiche des Todes und der Vernichtung,357 sie ist eine Art Urbild des Mangels und des Darbens. Das Paradies dagegen erscheint als die Erfüllung aller Wünsche, Überfluß und Baumschatten laden den von der Wüste Erschöpften zur Rast. Auch Bunyan verarbeitet in seinem Pilgrim's Progress< das Oasenmotiv, »den Fluß [...], der diesseits der lieblichen Berge fließt, an dessen beiden Seiten herrliche Bäume wachsen [...], wo die Wiesen das ganze Jahr grünen und wo man in Sicherheit ausruhen kann.« 358 Die Oasen und Paradiesflecken in der Wüste und Wildnis bergen die utopischen Gehalte, die dem Pilgerzug und der Abenteuerreise ihre Zielrichtung geben: Bewältigung der Wüste und Be352

Retcliffe, Nena Sahib, Bd. 1, S. 492. May, Old Surehand, Bd. 1, S. 326. 354 May, Old Surehand, Bd. 1, S. 324/325. 355 Vgl. Heinz-Mohr, S. 231. 356 Vgl. Jorge Luis Borges, Labyrinthe. Erzählungen. München 1962. S. 7 u. 8. 357 Vgl. Othmar Keel, Die Welt der altorientalischen Bildsymbolik und das Alte Testament. A m Beispiele der Psalmen. Zürich, Einsiedeln, Köln, Neukirchen 1972. S. 66f.; vgl. auch Lurker, S. 364ff. 358 Vgl. Bunyan, Tl. 2, S. 343 u. 344; nicht nur in der christlichen Bildlichkeit gilt der Fluß mit den Bäumen als Paradiesort, auch in der islamischen (vgl. bspw. Koran, Sure 3, 130). 353

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ginn eines neuen Lebens in einer Umwelt, die Glück, Überfluß, Erfüllung und Sicherheit verspricht. Immer wieder verlassen die Abenteurer die Oase und vertauschen den Platz der Erfüllung mit dem Darben in der Wüste. Ständig wird dieser Ortswechsel wiederholt, so daß hinter dieser dauernden Wiederholung der Befreiung von Mangel und Darben in der Wüste durch das Erreichen der Oase unschwer der unerfüllte Wunsch zu erkennen ist, der der Realität ein besseres Dasein abverlangt. »Die Goldene Welt scheint wie ein Traum, eine Illusion sogar; es wäre schön, wenn es sie gäbe, aber es gibt sie nicht, und sie ist wohl auch nie dagewesen. Aber doch, irgendwo und irgendwie ist sie da, vielleicht nur als eine Möglichkeit in der Seele des Menschen, eine Möglichkeit, die sich gelegentlich, wenn auch nur für Augenblicke, verwirklicht.« 359 Die Zielrichtung des Initiationszuges ist gegeben durch die Hoffnung auf ein besseres Leben, bei Bunyans Pilgerzug steht als Symbol dessen der Berg Zion, 360 bei Mays Abenteuerwerk der Mount Winnetou und der Dschebel Marah Durimeh. In der von Adolph Mützeiburg verfaßten Fortsetzung des Dumas-Romans >Der Graf von Monte Christof >Der Herr der WeltPilger der Wildnis< spielt ein »Mount Hope« eine Rolle. 362 Willkomms Europamüde bringt die Brigg »die Hoffnung« ins Wunschland 363 und Krafts Abenteurer Hannes sticht mit dem Schiff »Hoffnung« zu neuen Abenteuern in See.364 Die im Initiationsprozeß angelegte Hoffnung auf ein besseres Leben spiegelt sich auch in den Bildern der »Mischlandschaft« wider. Gleichzeitig stellt die Oase oder der paradiesische Platz in der Wildnis einen Ort der Sicherheit dar, der dem Abenteurer Erholung bietet und ihn für neue Abenteuer vorbereitet. In diesen »Paradiesplätzen« »sammelt sich das Leben, um neue Kraft zu gewinnen, es zieht sich zurück, verbirgt sich, holt gleichsam Atem, um sich dann zu erneuern«. 365 Wie Michael Balint in seiner Abhandlung über »Angstlust« schreibt, 366 stehen sich beim Wagnis und Abenteuer zwei Bereiche entgegen, der 359 360 361 362 363 364 365 366

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Kleinstück, Mythos und Symbol, S. 98/99. Vgl. Bunyan, Tl. 2, S. 198. Vgl. Mützeiburg, Der Herr der Welt, Bd. 1, S. 10 und 11. Scherr, Die Pilger der Wildnis, Bd. 1, S. 83. Willkomm, D i e Europamüden, Bd. 2, S. 270. Kraft, Vestalinnen, Bd. 4, S. 91. Kleinstück, Mythos und Symbol, S. 103. Vgl. Balint, Angstlust und Regression.

Bereich der Sicherheit und der der Gefahren. Den ersten Bereich bezeichnet Balint mit »Haus« oder »Heim« (home), in ihm herrscht Sicherheit, im Abenteuerroman ist er repräsentiert durch Plätze wie Bloody Fox' Oase oder Helmers Home. Das Abenteuer und der damit verbundene »Nervenkitzel« hat nun das »Aufgeben und das Wiedererlangen der Sicherheit zum Thema«, 367 wobei die »Mischung von Furcht, Wonne und zuversichtlicher Hoffnung angesichts einer äußeren Gefahr [...] das Grundelement aller Angstlust«368 ist. Wie im Rahmen des Initiationsvorganges beschrieben, begibt sich der Abenteurer angesichts einer drohenden Gefahr - in den Bereich der Gefahren, mit der zuversichtlichen »Hoffnung, daß alles schließlich doch gut enden wird.«369 Der Abenteurer erhält die Bestätigung, die er zur Konstitution seiner Persönlichkeit braucht; dem angemessen ist die Landschaft: Bereiche der Sicherheit geben dem Abenteurer Zuflucht, Bereiche der Gefahr reizen zum Abenteuer und schaffen die Selbstbestätigung. Die Prärie gehört zum Bereich der Gefahr, es sind »eingefleischte Teufel, die da hausen, als wären sie just aus der Hölle heraufgestiegen«.370 Die Prärie entspricht der Einstellung des Gefahr-Suchenden, sie stellt sich dar in »freundlichen Weiten [...], die mehr oder weniger dicht mit gefährlichen und unvorhersehbaren Objekten durchsetzt sind.«371 Savanne und Prärie erscheinen als ein Spielraum für Gefahren, denen der Abenteurer sich selbstbewußt stellt. Sie werden als überschaubare, weite Landschaften dargestellt, der Abenteurer stellt sich auf die Gefahren ein. Wenn die Prärie wellenförmige »Erhöhungen des Bodens«372 aufweist, so kommt dieser Umstand der Überschaubarkeit oft entgegen. Der Abenteurer entdeckt so die Gefahr, bevor er selbst entdeckt wird. »Ganz zufällig bekam ich gleich in den ersten Augenblicken eine Gestalt vor das Glas, welche auf der Höhe einer der Bodenwellen saß«,373 berichtet Mays Abenteurer, und Sealsfields Helden konnten durch die wellenförmige Landschaft wahrnehmen, wie »sich Compagnie auf Compagnie nun in der Prairie aufrollte« und so »auch leicht ihre Stärke ermessen«,374 um sich auf die Gefahr einzustellen. 367

Balint, S. 23. Balint, S. 20/21. 369 Balint, S. 21. 370 Sealsfield, Das Cajütenbuch, Thl. 1, S. 208. 371 Balint, S. 30. 372 Vgl. Wörishöffer, Auf dem Kriegspfade, S. 541; auch Sealsfield, Das Cajütenbuch, Thl. 2, S. 32 u. May, Am Rio de la Plata, S. 310. 373 May, Am Rio de la Plata, S. 310. 374 Sealsfield, Das Cajütenbuch, Thl. 2, S. 32. 368

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Die Haltung, die der Prairieläufer zur Gefahr einnimmt, drückt Robert Kraft in einer Liedstrophe aus, die das Cowboyleben verherrlicht »und als das schönste« preist, »welches man sich erwählen kann«: 375 »Die Prärie unermeßlich / Selbstbewußt und stolz und kühn / Auf dem wilden Roß durchstreif ich, / Kenne weder Sorg', noch Müh'n, / Lach' dem Feinde ins Gesicht, / Meine Kugel fehlet nicht. Richterhand mich nicht erreicht, / Denn wer wagte mich so leicht / zu verfolgen? Hei, Lustig ist das Cow-boyleben !«376 Die bereits im Rahmen der Initiation dargestellte Zwiespältigkeit der Einstellung des Abenteurers, dessen Suche der Gefahr den Wunsch nach tatsächlicher Sicherheit ausdrückt, findet sich auch in den Landschaftsformen wieder. Nicht nur die »freundlichen Weiten«, in denen der Gefahr getrotzt und mit Kühnheit entgegengesehen wird, finden sich im Abenteuerroman, auch jene »furchterregenden Leerräume« (Balint), Irrgärten »voll runder Gänge und plötzlicher jäher Abgründe«, 377 die die Unsicherheit in der Realität spiegeln und den Wunsch nach Sicherheit und festem Halt ausdrücken. Etwa bei Sophie Wörishöffer: »Überall führten Schlupfwege zwischen Felsblöcken dahin, überall gähnten Schluchten und Abgründe, unübersehbar dehnten sich wildzerrissene Gebirge und Wald, Wasserfälle und tiefe dunkle Höhlen.« 378 Dark and bloody grounds! 379 Gert Ueding hat darauf hingewiesen, daß sich die »Naturauffassung der Kolportage der dynamisch-erhabenen Natur Kants« 380 nähere. Die Naturbeschreibungen sind nicht im mittleren Stil der gemäßigten Affekterregung gehalten, sondern im hohen Stil der starken, mitreißenden Affekte, die das System bürgerlicher Affektregulierung sprengen. »Wild türmten sich zu beiden Seiten des Pfades die Felsmassen auf; grundlose Spalten gähnten zu den Füßen der Reisenden; Wasserfälle stürzten rauschend von hoch oben herab, das zerstäubende Wasser benetzte noch die Gesichter der Wanderer, und schwankende Stege, eben stark genug, um die Postkutsche tragen zu können, führten über grau375

Kraft, Vestalinnen, Bd. 4, S. 467. Kraft, Vestalinnen, Bd. 4, S. 467. 377 Wörishöffer, Auf dem Kriegspfade, S. 69. 378 Wörishöffer, Auf dem Kriegspfade, S. 552. 379 Die durch May bekannt gewordenen »dark and bloody grounds« finden sich schon bei dem amerikanischen Schriftsteller Emerson Bennett, dessen Buch >The Phantom of the Forest< den Untertitel >A tale (später: romance) of the dark and bloody ground< trägt und 1867 in Philadelphia bei Claxton, Remsen & Haffelfinger erschien. 380 Ueding, Glanzvolles Elend, S. 107. 376

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senerregende Schluchten. Es waren jene wildromantischen Bilder, an denen der Westen Nordamerikas so überreich ist, Szenarien, bei deren Anblick der Reisende bald mit Schauer, bald mit Bewunderung erfüllt wird, während er sich selbst unendlich klein vorkommt.« 381 Der Abenteurer fühlt sich angesichts der überwältigenden Natur klein, er erkennt mit seiner physischen Unterlegenheit aber zugleich das Vermögen, sich »als von ihr [der Natur] unabhängig zu beurteilen, und eine Überlegenheit über die Natur«. 382 Es bleibt »die Menschheit in unserer Person unerniedrigt«, 383 ja die erhabenen Landschaftsschilderungen erhöhen »die Seelenstärke über ihr gewöhnliches Mittelmaß« und - so Kant - wir entdecken »ein Vermögen zu widerstehen von ganz anderer Art [...], welches uns Mut macht, uns mit der scheinbaren Allgewalt der Natur messen zu können.« 384 Die erhabenen Naturschilderungen, die in der gesamten Abenteuerliteratur zu finden sind, entsprechen dem Seelenbild des neukonstituierten Ich im Abenteuerhelden, der sich unerniedrigt in allen Gefahren bewährt hat: »[E]r ließ den Blick über die matterleuchtete, unabsehbare Fläche schweifen und ein Gefühl von schrankenloser Freiheit, eine Ahnung der Selbständigkeit, wie sie der einsame Jäger und Trapper in diesen Wildnissen empfinden muß, überkam ihn. / >Der Mensch ist so klein in dieser Unendlichkeit und fühlt sich doch so groß!< begann er.« 385 Nicht selten finden sich in den Landschaftsschilderungen der Abenteuerliteratur Detailbeschreibungen. Ein Beispiel: »Nirgends trat der Felsboden hervor, überall war fruchtbare Erde, überall wurzelten schöne, große Bäume, die Birke und die nordische Fichte zwar, doch nicht so schwarz und traurig, wie diese an den düsteren Fjorden stehen, sondern kraftvoll, buschig und grün, wie sie südlicher wachsen.« 386 Theodor Mügge schildert hier Einzelheiten der Vegetation eines Schauplatzes der Handlung. In zahlreichen Abenteuerromanen sind derartige, präzise Schilderungen zu finden, nicht allein über die Landschaft, historische und ethnologische Details sind ähnlich eingeschoben. Das Interesse der Ethnologen am Abenteuerroman wurde so erweckt; es wäre jedoch falsch, den Wert der Abenteuerliteratur an der Präzision solcher 381

Kraft, Vestalinnen, Bd. 4, S. 210/211. Immanuel Kant, Kritik der Urteilskraft. Werke. Bd. 8. Darmstadt 1968. S. 350. 383 Kant, S. 350. 384 Kant, S. 349. 385 Ruppius, Prairieteufel, S. 166/167. 386 Mügge, Afraja, S. 401. 382

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Schilderungen und am Faktenreichtum zu messen. Die Autoren werden durch diese detailreichen Beschreibungen zum einen ihrem Anspruch des Belehrens (docere) gerecht, den sie schon deshalb betonen, um ihr vielgeschmähtes Genre dem Ruch der bloßen Unterhaltungsliteratur zu entziehen. Zum anderen äußert sich so aber auch der Wunsch, die Romanrealität möge der Wirklichkeit gleich sein; schließlich sollte bedacht sein, daß gerade der Anschein der Authentizität dem Initiationsprozeß darin zupaß kommt, daß der Held ja nicht nur beansprucht, ein in Gefahren geprüfter Abenteurer zu sein, sondern auch ein welterfahrener Mann, ein Ideal, das die Reisen in fremde Länder und deren Kenntnis einschließt. Handlungs- und Landschaftsschilderungen müssen wahrscheinlich wirken. Cooper, der Ahnvater der deutschen Abenteuerliteratur, betont im Vorwort zum >Lionel LincolnPrairie< ebenso detailliert darzustellen, sie aber ziemlich frei zu erfinden, so daß die Nachprüfung das Bild einer vorgeblich »realistischen« Faktenwiedergabe zerstört. 388 Die Detailschilderungen stehen so unter dem Primat der Wirkung, nicht eine realistische, eine wahrscheinliche Darstellung ist beabsichtigt, die die Intentionen des Romangeschehens unterstützt.

Wunschträume Die Abenteuerromane sind Wunschträume, hinter denen der Wille des Individuums steht, sich nicht mit den Verhältnissen abzufinden. Bloch schreibt von der Kolportage, sie träume »doch letzthin Revolution«. 389 Damit ist jedoch keineswegs gemeint, daß hinter der Kolportage ein formuliertes politisches Programm stehe. Hingewiesen ist jedoch darauf, daß die Schriftsteller der Kolportage- und Abenteuerliteratur sich nicht mit der gegebenen Realität zufrieden geben. Sie schaffen sich vielmehr eine neue Traumwelt, die kein verklärendverschönerndes Zerrbild der Wirklichkeit ist, sondern eine ihren Äng387

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J. F. Cooper, Lionel Lincoln oder die Belagerung von Boston. Übers, v. Eduard Mauch. J. F. Cooper's Amerikanische Romane. 7. Bd. Stuttgart 1842. S. VII. Vgl. J. T. Flanagan, The Authenticy of Cooper's >The PrairieHalt! Toni, Klara, Tom .... nicht wahr, es ist eine recht kindliche Spielerei, die ich hier treibe?< / >0, Wichtelmann ....< / >Nicht?< / >Das gehört gewissermaßen zu deinem Beruf, das ist ....< / >Gut! Genug! Das seid ihr. So könnt ihr urteilen, weil ihr mich kennt. [.. .].Der Legitime und die Republikaner (1833) veröffentlichte, bereits einige Schriften verfaßt; journalistische Arbeiten, aber auch unter dem Pseudonym C. Sidons ein Buch über die Vereinigten Staaten, das er in seiner Vorrede auch Auswanderern empfiehlt. 2 Schließlich stellte sein erster deutscher Roman eine Übersetzung und Bearbeitung (bearbeitet sind besonders der 2. und 3. Band) des bereits in Amerika und England erschienenen >Tokeah, or the White Rose< dar.3 Charles Sealsfield, der anfangs anonym veröffentlichte und dem so der Scottsche Name des »Großen Unbekannten« zugeschrieben wurde, ist mittlerweile fast schon wieder ein »Großer Unbekannter« geworden. Obwohl es eine Sealsfield-Forschung gibt - reich an Veröffentlichungen - ist Sealsfield doch seit 1848 in Vergessenheit geraten. »Für jetzt«, so stellte Sealsfield schon im Jahre 1854 fest, »bin ich jedoch bei dem großen Haufen rein vergessen«.4 Auch die Diskussionen und Enthüllungen nach Sealsfields Tod erregten kaum das Interesse der Öffentlichkeit. Falls Sealsfield überhaupt noch genannt 'Harold Jantz, Amerika im Deutschen Dichten und Denken. In: Deutsche Philologie im Aufriß. Hg. v. W. Stammler. Berlin, Bielefeld, München 1972 (2. Überarb. Aufl.). S. 336. 2 Vgl. C. Sidons, Die Vereinigten Staaten von Nordamerika. Charles Sealsfield, Sämtliche Werke. Bd. 1. Hildesheim, New York 1972 (Nachdruck der Ausgabe Stuttgart und Tübingen 1827). Bd. 1. S. VI. 3 [Charles Sealsfield], Tokeah, or the White Rose. Philadelphia [1829]; die engl. Ausgabe erschien ebenfalls anonym unter dem Titel >The Indian Chief; or Tokeah and the white rose.< London [1829]. 4 Brief an Erhard (Heinrich Erhard, Besitzer der Metzlerschen Buchhandlung) v. 17. Juli 1854. In: Eduard Castle, Der große Unbekannte. Das Leben von Charles Sealsfield (Karl Postl) 2 Bde. Wien, München 1952 u. 1955. Bd. 2. S. 296.

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wird, so als Autor der >Prairie am JacintoKajütenbuchesDer Legitime und die Republikaner< erlebte zwar noch Neuauflagen (zumeist unter dem der englischen Ausgabe entlehnten Titel >Tokeah oder die Weiße RoseMorton oder die große Tour< wurde hin und wieder gedruckt, Sealsfield gewann aber in keiner Weise auch nur einen Teil jener Popularität wieder, die er im vormärzlichen Deutschland hatte. Nichtsdestoweniger gedieh ein wenig abseits die Sealsfield-Forschung. Nicht nur hier, sondern auch in Ausführungen in den Literaturgeschichten war die Beurteilung Sealsfields sehr unterschiedlich. Auf der einen Seite wurde seine Kunst der Landschaftsschilderung betont, er wurde als Realist bezeichnet, andere Arbeiten schrieben ihn der Tradition der Romantik zu; Fechter erklärt ihn zum ersten »Meister der Abenteuerliteratur«, 5 Muschwitz will davon wieder nichts wissen 6 und räumt ihm eine einzigartige Stellung in der Literaturgeschichte ein, die keinen Nachfolger hervorbrachte. 7 Faust will in Theodor Mügge den »Doppelgänger« Sealsfields sehen, 8 Djordjewitsch und Berger erkennen eine Reihe von Nachfolgern. 9 Schultz widerspricht der These Julian Schmidts, Sealsfield habe seine Kunst aus dem Traume gelernt; 10 kurz: mit einigen philologischen Bemühungen ist zu belegen, daß es kaum eine Äußerung über Sealsfield (sein Leben einmal ausgenommen) gibt, die nicht einer gegenteiligen gegenüberzustellen ist. In der Forschung wurde Sealsfield zumeist als »Realist« bezeichnet, wobei seinem angeblichen Realismus der Maßstab der genuinen Abbildung der res durch die verba, der Begriffe durch die Wörter, angelegt wurde, wenn auch Einzelne ihn abschwächend »weitgehend realistisch«" nannten und weiter differenzierten. 12 Norman L. Willey stellt fest, Sealsfields Realismus sei »eine stete Behauptung, welcher niemand 5

Paul Fechter, Geschichte der deutschen Literatur. Gütersloh 1952, S. 314. Vgl. Gerhard Muschwitz, Charles Sealsfield und der exotische Roman. Phil. Diss. Hannover 1969. S. 4. 7 Muschwitz, S. 233. 8 Albert B. Faust, Charles Sealsfield (Carl Postl) der Dichter beider Hemisphären. Weimar 1897. S. 14. 9 Milosch Djordjewitsch, Charles Sealsfields Auffassung des Amerikanertums und seine literarhistorische Stellung. Forschungen zur neueren Literaturgeschichte. Bd. XXIV. Weimar 1931. S. 118ff. u. Gottfried Berger, Das Bild der Vereinigten Staaten von Nordamerika in der deutschen Reiseliteratur des 19. Jahrhunderts. Phil. Diss. Wien 1945 (masch.). S. 50ff. u. 92ff. 10 Paul Schultz, Die Schilderung exotischer Natur im deutschen Roman mit besonderer Berücksichtigung von Charles Sealsfield. Münster 1913. S. 54ff. 11 Eduard Castle, Der große Unbekannte, Bd. 1, Wien 1952. S. 249. 12 Djordjewitsch, S. 108ff. 6

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zu widersprechen wagte«. 13 Er versucht zu zeigen, daß es sich bei Sealsfields Beschreibungen nicht u m die genuine Abzeichnung der Realität handelt, bei der der »Erzähler [...] seinen Blick auf die Landschaft wendet, fast wie eine Fotokamera, die das Bild festhält«. 14 Der sich an Willeys Aufsatz anschließende Philologenstreit mit Karl J. R. Arndt offenbart als Maß des literarischen Wertes die Realität: während ersterer fast hämisch auf den Chorismus von Realität und Fiktion bei Sealsfield deutet und versucht, die Fiktion mittels der Realität abzuwerten, will der andere diesen gar nicht wahr haben; einig sind sich beide in dem recht zweifelhaften Maß der Realität für die künstlerische Darstellung. 15 Einzig Castle erkannte in dieser Diskussion das Recht des Dichters an, »die natürlichen Gegebenheiten nicht mit der Elle zu messen, sondern zu poetischen Zwecken willkürlich zu steigern [...]. Darum darf er [Sealsfield] auch das spanische Moos vierzig Fuß herabhängen lassen, wenn es eine so großartige Wirkung tut wie beim >Patriarchen< im >KajütenbuchMortonVirey< hat er die Geschichtswerke eines Robinson, Mier und Zavala über Mexiko herangezogen, [...] im Vorwort zu >Süden und Norden< verweist er auf Clavigeros Geschichte von Mexiko [...] und im >Cajütenbuch< sogar auf das Staatsarchiv zu Washington. [...] Zugleich erweckt Sealsfield mit diesen Angaben beim Leser die Vorstellung einer großen Realitätsnähe; er suggeriert den Gedanken, daß nicht Phantastisches, frei Erfundenes, sondern real Existentes, Historie dargestellt werde. Bereits diese Quellennennung ist Teil der Fiktion und konstituiert den Rahmen der Roman-Illusion mit.« 22 Ist das bei Cooper erzeugte Bild von Amerika weniger durch die amerikanische Realität geprägt als durch sein politisches Weltbild, das die Entwicklungen in Amerika von einem konservativen Standpunkt aus kritisiert, so ist Sealsfields Amerikabild das eines »alten Republicaners«, der mit seinen Schriften »im Weinberge des Volkes« (Sealsfield) 23 arbeiten will. Amerika galt als Land politischer Freiheit, als Paradies und neues Eden, als Land, auf das sich die Hoffnungen der alten Welt konzentriert hatten; nicht ohne Grund also verlegte Sealsfield die Konstruktionen eines Idealzustandes, den er sich sicher schon während seiner Ausbildung beim freisinnigen Theologen Bernhard Bolzano erträumte, 24 nach Amerika - wie auch aus dem >Znaimer Nachlaß< hervorgeht: »Warum schreiben wir über Amerika, warum lieben wir die Amerikaner? um ihrer selbst willen? Pshaw! Das hieße, sich in das Unliebenswürdigste, Widerwärtigste verlieben. Nein, man verliebt sich nicht in die Nachkommen von Pickpockets, des Auswurfes Englands etc. Wir lieben aber Amerika, weil es die Freiheit des Menschengeschlechts lieben, den Fortschritt aller Zivilisation befördern heißt.« 25 Sealsfield stellt nicht das reale Amerika dar, an dem er schon nach seinem Aufenthalt 1837 die Mängel kritisierte. Cooper thematisierte diese Mängel in seinen Satiren und Staatsschriften, ebenso in seiner Utopie. >The MonicinsThe American Democrats und >Mark's Riff< zeugen da22

Fritz, S. 20. Sealsfield an Erhard, Brief v. 25. Apr. 1854 aus New York. In: Castle, Der große Unbekannte, Bd. 2, S. 285. 24 Vgl. Castle, Der große Unbekannte, Bd. 1, S. 38: »Unablässig war Bolzanos [Bernhard Bolzano, 1781 - 1848, Sealsfields Lehrer] Denken auf den >besten Staat< gerichtet, in dem die >Gesamteinrichtungen der Tugend und Glückseligkeit der Menschen so zuträglich sind, daß sie bei keiner der Beschaffenheiten zuträglicher sein könntenLittlepage Trilogie< und der »späte Lederstrumpf« - lassen die Kritik des konservativen Cooper erkennen, wenn dies auch in Unkenntnis der damaligen realen amerikanischen Verhältnisse vom deutschen Publikum kaum wahrgenommen wurde. Sealsfield hingegen hatte Cooper zur Kenntnis genommen und sehr genau verstanden, wenn er über ihn schrieb: »Er ist hier absoluter Aristokrat, stocksteifer Aristokrat, und so steif unsere Geldaristokratie ist, so, wie sie der Autor gerne haben möchte, ist sie zum Glücke noch nicht [...]. Es weht durch diese Bücher, wie gesagt, ein so starrer, unliebenswürdiger, j a inhumaner, exclusiver Geist, wie ich ihn selten gefunden, und der zur Ehre der Vereinigten Staaten auch durch eine allgemeine kalte Aufnahme des Buches gewissermaßen mißbilligt wurde.« 26 So schätzt Sealsfield Cooper nur als Autor von Seeromanen. Seine Kritik an Washington Irving ist auf ähnliche Ursachen zurückzuführen. 2 7 Sealsfield schreibt, bezeichnend für sein zwiespältiges Bild von Amerika - am Schluß seines Briefes an Erhard: »P. S. Machen Sie keinen Gebrauch von den Notizen [ . . . ] - Es schickt sich nicht für einen Bürger der V. S. sein Land herunter zu machen. Andere mögen es thun - wohl und gut wir aber nicht.« 28 Zuvor hatte er das »ganze Credit und Merkantil System der V. St.« als »durch und durch faul«, den »gegenwärtigein] Moralitäts Zustand in den V. St.« als »gräßlich« bezeichnet, 29 es ist eine Diskrepanz zwischen Sealsfields Amerikabild in den Schriften und Romanen und dem der Briefe, in denen er Kritik an den realen amerikanischen Zuständen übt, festzustellen. 30 Die Unterdrückung einer Amerikakritik ist nicht darauf zurückzuführen, daß Sealsfield sich vor der Feststellung scheute, auch nicht auf Unkenntnis; sie ist bedingt durch die deutschen Verhältnisse, in denen der »Amerikaner Sealsfield« politisch wirken wollte. Entsprechend seiner rhetorischen Schulung wählt Sealsfield (in der inventio) schon den Stoff seiner Romane unter dem Gesichtspunkt parteilichen Nutzens. So beurteilt Sealsfield dort die amerikanische Gesellschaft positiv, ohne jedoch überhaupt diese Verhältnisse darzustellen; seine Romane und Erzählungen spielen nicht in der amerikanischen Gesellschaft, sie spie26

Sealsfield, Morton, Bd. 1, S. 16. Vgl. Sealsfield, Morton, Bd. 1, S. 86. 28 Sealsfield an Erhard, Brief vom 17. Juni 1854 aus Pyrmont Ν. Y. In: Castle, Der große Unbekannte, Bd. 2, S. 297. 29 Castle, Der große Unbekannte, S. 295. 30 Vgl. dazu auch Muschwitz, S. 231 u. Sengle, Biedermeierzeit, Bd. 2, S. 863; wenn es auch die späteren Briefe Sealsfields sind, die diese Amerikakritik hervorbringen, so ist eine solche Haltung spätestens seit 1837, eventuell auch schon davor anzunehmen. 27

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len an der Grenze von Zivilisation und Wildnis und zeigen die Genesis der Gesellschaft. Anscheinend liegt aber in diesem Entstehungsprozeß für Sealsfield etwas verborgen, das in der entwickelten Gesellschaft nicht eingelöst wird. Sealsfield wählt als Schauplatz seiner Romane zumeist die Vereinigten Staaten und Mexiko, nicht jedoch die entwickelte Gesellschaft, sondern es zieht ihn (wie Gerstäcker) an die »Grenze zwischen Zivilisation und unberührter Natur«, 31 in »Embryorepubliken«, wie Sealsfield im >Nathan, der Squatter-Regulator< betont. Einzig der Roman >Morton oder die große Tour< findet seinen Handlungsschauplatz zum überwiegenden Teil in der Gesellschaft, deren Machenschaften er aufdeckt. Doch stellt er damit sozusagen die Kehrseite seiner anderen Romane dar. Wie schon im >Legitimen und die Republikaner< mit Jakob Hodges und im >Virey und die Aristokraten mit Don Manuel - im letzteren zwar nicht vollkommen ausgeführt, doch mit deutlichen Anleihen bei Scotts »Waverly« - so schafft auch Sealsfield mit der Figur des Morton den Scottschen »mittleren Helden«, durch dessen Verwicklungen und Abenteuer der Leser die auf diesen einwirkende Realität im Roman erfährt. Wie bei Scott so liegt auch hier bei Sealsfield eine Konzeption der Geschichte zugrunde, die eine »mittlere Linie« kennt, die »sich durch den Kampf der Extreme« durchsetzt 32 und die im Helden erfahrbar wird. So fühlt sich Morton sowohl abgestoßen vom Leben des Adels als auch von den Praktiken der Geldmänner Stephy und Lomond, obwohl er diese und die Macht ihres Geldes dazu benutzt, »die gekrümten Schleichwege der Staatsmänner zu erforschen, die verborgensten Falten der bürgerlichen Gesellschaft zu enthüllen, den Königssohn, den stolzen Herzog, den hochadeligen Baron, den Tapferen, den Listigen, die Schönste der Schönen in ihrer ganzen Nacktheit, in ihrer hilflosen Ohnmacht, vor sich auf den Knien liegend, zu schauen«. 33 Sealsfield läßt die Geldmänner für sich selbst »gegen die Aristokratie der Geburt« 3 4 kämpfen; darin sieht er durchaus positive Aspekte, 35 den Geldmännern selbst steht er jedoch weniger positiv gegenüber, 36 das »republikanische Prinzip« 31

Helmut Zimpel, Karl Postls (Charles Sealsfields) Romane im Rahmen ihrer Zeit. Frankfurter Quellen und Forschungen zur germanischen und romanischen Philologie. Heft 29. Frankfurt a. M. 1941. S. 21. 32 Vgl. Georg Lukäcs, Der historische Roman. Berlin 1955. S. 31. 33 Sealsfield, Morton, Tl. 2, S. 110. 34 Sealsfield, Morton, Tl. 2, S. 117. 35 Vgl. Karl J. R. Arndt, Einleitung. In: Sealsfield, Morton, Tl. 1, S. VIII. 36 Sealsfield, Morton, Tl. 2, S. 100.

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sieht Sealsfield sicherlich nicht in den Geldmännern verkörpert, er findet es, und da stellt sich wieder die Verbindung zu den anderen Romanen her, bei den Hinterwäldlern in der entstehenden, nicht in der entwickelten Zivilisation - dort leidet es eben an der »Krankheit« der »Selbstsucht, die da verzehrt, wie Rost das Eisen verzehrt«. 37 Während Cooper die Entwicklung in den Vereinigten Staaten schon früh kritisierte und von seinem konservativen Standpunkt aus diesen Prozeß auf die Geldwirtschaft zurückführte, wollte Sealsfield, selbst ein Parvenue, der darunter zu leiden hatte, daß er als Bauernsohn vom Adel nicht so recht akzeptiert wurde, und wahrscheinlich sich durch Geldspekulationen ein kleines Vermögen erwirtschaftet hatte, die Ursache der Wirtschaftskrise von 1837, die er selbst in den Vereinigten Staaten miterlebte, und den später kritisierten »schlechten, moralischen Zustand« nicht aus der Entwicklung der Gesellschaft erklären. Er betrachtete diese Zustände als Krankheit, die der Selbstsucht einzelner zuzuschreiben und durch Aufklärung zu überwinden sei. Deshalb läßt er seine Romane im Gegensatz zu Cooper zwar zu aktueller Zeit spielen, verlegt aber den Ort der Handlung an die Grenze von Zivilisation und Wildnis, um darzustellen, was der entwickelten Gesellschaft verloren gegangen ist. Der Roman Sealsfields, der die größte Annäherung an Cooper aufweist, ist >Der Legitime und die Republikaner^ 3 8 die Übersetzung und Bearbeitung von >Tokeah or the white roseTokeah< hält sich Sealsfield jedoch noch stärker an den Indianerroman in der Art Coopers; in der deutschen Fassung, die vier Jahre später erschien (1833), stellt sich Sealsfield klarer auf die Seite der weißen Ansiedler, sein politisches Engagement wird deutlich. Doch trotz dieser Bearbeitung ist noch viel vom alten >TokeahTokeahSpion< und >Der letzte Mohican< sehr erfolgreich gewesen waren. Er glaubte auf der Welle von Coopers Popularität mitschwimmen zu können, sein Vorhaben war jedoch ohne großen Erfolg. 40 Cooper hatte mit seinen »edlen Wilden«, mit Chingachgook, Unkas, Hartherz und Conanchet, Figuren geschaffen, die ihm zum Mittel der 37

Sealsfield, Morton, Tl. 1, S. 79. Kozeluh, S. 50ff., auch Muschwitz, S. 75, dieser will diese Aussage aber auf die amerikanische Fassung beschränkt wissen. 39 Vgl. dazu Eva Arns, Charles Sealsfield. Besonderheiten und Grenzen eines Schriftstellers. Phil. Diss, (masch.) Bonn 1955. S. 19. 40 Vgl. Kozeluh, S. 8. 38

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Zivilisationskritik wurden. Sie hatte die Natur vor der »Verderbtheit der Zivilisation« (Cooper) bewahrt, in ihnen ruhten Tugenden, Wünsche und Hoffnungen, die in der Realität der Gesellschaft abhanden gekommen waren. Cooper nimmt den Rousseauschen - ursprünglich guten - Naturzustand auf, der durch die Zivilisation zerstört wurde; im »edlen Wilden« ruht die »ächte Natur des Menschen«, 41 die Indianer sind zumeist aus ihrem natürlichen Leben gerissen und durch die Zivilisation verdorben. Auch Sealsfield stellt in Anlehnung an Cooper in seinem >TokeahLegitimen und die Republikaner< »edle Wilde« dar: Tokeah, dessen Tochter Canondah und El Sol; die geplante Verbindung El Sols und Canondahs weckt Erinnerungen an den »Hohe-Paar-Mythos«, einer jener Erlösungsmythen, die in der Abenteuerliteratur eine wichtige Rollen spielen. 42 Mit der Darstellung der Figuren dieser »edlen Wilden« und des Lebens der »weißen Rosa« mit ihnen, ist sicherlich eine Zivilisationskritik verbunden. Rosa fühlt sich unter den Weißen verlassen, sie vermißt die Stammesgemeinschaft der Indianer. Sie fühlt sich in eine Welt gesetzt, in der sie nichts wert ist. »Nichts werth sind bei den Weißen alle Diejenigen, die nicht viele Dollars oder viel Gold haben«, 43 kritisiert sie. Der Wert des Geldes wird vom Wilden ganz anders eingeschätzt, er ist bereit, alles Geld und Gold zu geben, »wenn es ein Lächeln auf ihrem [Rosas] Gesichte hervorbringt.« 44 Trotz dieser Zivilisationskritik und einer an Cooper erinnernden Kritik der Zeitungsschreiber 45 rühmt Sealsfield den positiven Einfluß der Zivilisation. Zwar sind Tokeah und El Sol noch unberührt davon, beim Naturkind Canondah hat der Einfluß der Zivilisation aber bereits erste Früchte getragen. »Sie hatte ihre Erziehung in einer jener vortrefflichen Anstalten erhalten, die der philantropische Oberst Hawkins unter den Creeks zum Beruf ihrer sittlichen und bürgerlichen Bildung errichtet, und hatte sich in vielen Zweigen der weiblichen Haushaltung auf eine Weise vervollkommnet, die sie zu einer trefflichen Hausfrau auch unter civilisierten Völkern gemacht haben würde.« 46 Durch Ca41

Cooper, Die Prairie, S. 530. Mayne Reid erwählt dann in offensichtlicher Anlehnung an diesen Mythos zum weiblichen Pendant El Sols eine Luna; vgl. Reid, Die Skalpjäger, S. 115; über die Plagiate Reids von Sealsfield vgl. Faust, Charles Sealsfield, S. 6f. »Ein auffallendes Plagiat findet sich in Mayne Reids >Wild Life< (1856), in welchem die Kapitel XVIII bis XXVII vollständig aus Sealsfields Kajütenbuch gestohlen sind.« 43 Sealsfield, Der Legitime, Tl. 3, S. 161. 44 Sealsfield, Der Legitime, Tl. 3, S. 160. 45 Sealsfield, Der Legitime, Tl. 3, S. 152. 46 Sealsfield, Der Legitime, Tl. 1, S. 114. 42

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nondah und die Begegnung mit Weißen hatte die Zivilisation auch schon ihre positive Wirkung auf den Stamm ausgeübt. »Die Mütter zeigten bereits mehr Milde in ihren Gesichtszügen; auf sie hatte der Verkehr und das gesellschaftliche Leben mit den Amerikanern offenbar eine humanisierende Wirkung geäußert«. 47 >Tokeah< ist Sealsfields erster Roman, der noch stark dem literarischen Vorbild Cooper folgt; der >Legitime und die Republikaner stellt schon eine Veränderung entsprechend der politischen Entwicklung Sealsfields dar; 48 doch der ursprüngliche Stoff des >Tokeah< wendet sich gegen eine Überarbeitung, so daß Risse auftreten: dem >Legitimen< wird der Anspruch auf sein Land streitig gemacht, für Sealsfield zeigen sich Schwierigkeiten in der Zeichnung der »edlen Wilden«, Schwierigkeiten, die in >Tokeah< noch nicht so deutlich hervortraten. Später beschreibt Sealsfield in seinem Roman >Der Virey und die Aristokraten< die Indianer nicht mehr als »edle Wilde«, sondern als »Halbmenschen«, 49 dem »Stumpfsinne« 50 verfallen, dem »gente irrationale« zugehörig. Die Position Sealsfields ist zwiespältig; bekennt er sich zur Entwicklung der Zivilisation, so flieht er mit seinem Protagonisten doch vor dem Ergebnis dieser Entwicklung. Er sucht das Traumland der Abenteurer und Staatsgründer, in das er gerade vor den Gesetzen der Gesellschaft flüchtet, deren Schaffung er sich dort zum Ziel setzt.51 Die unterschiedlichen politischen Ansichten Sealsfields und Coopers werden besonders bei einem Vergleich des Lederstrumpfromans >Die Prairie< und Sealsfields >Nathan, der Squatter-Regulator oder der erste Amerikaner in Texas< deutlich. Sicherlich hat Sealsfield den Namen »Nathan Strong« in Anspielung auf »Nathanael Bumppo« (»Lederstrumpf«) gewählt, gerade weil er, auf Cooper anspielend, sich von diesem absetzen wollte. Der »Squatter-Regulator« ist ein Gegenstück zum alten Trapper Lederstrumpf, aber auch zu Coopers Squatter in der >PrairieTokeahder große Geist hat die Erde für die weißen und rothen Männer gemacht, daß sie pflügen und bebauen, und von ihren Früchten leben mögen; er hat sie aber nicht zu einem Jagdgrunde gemacht, daß einige Hundert rothe Männer im faulen Daseyn einen Raum einnehmen, auf dem Millionen glücklich leben können.Tokeah< erschienen alle großen Werke zuerst in Deutschland (ausgen. natürlich auch >Austria as it isNathan, der Squatter-Regulator< das Entstehen einer republikanischen Staatsform vor, so versucht er dies auch im >Virey und die Aristokraten< - hier jedoch vollzieht sich der Prozeß unter ganz anderen Bedingungen und muß vorerst andere Ergebnisse zeigen -, schließlich auch in seinem bekanntesten Werk, im >KajütenbuchPrairie am JacintoPrairie am JacintoKajütenbuches< wiederholt. Es ist nicht zu bestreiten, daß als literarische Vorbilder für Sealsfields Landschaftsschilderungen Bernardin de Saint-Pierre und Fran901s Rene de Chateaubriand gelten müssen; auch wenn er an letzterem den starken Gebrauch der Emphase rügt - die er übrigens selbst gern gebraucht -, so sind Sealsfields Landschaftsschilderungen doch sehr an diesen Vorbildern orientiert, man vergleiche nur Chateaubriands >Atala< mit dem Schluß des >KajütenbuchesPrairie< an und das Spurenlesen (vgl. Retcliffe, Puebla, Bd. 2, S. 304f. u. 310f.) erinnert an den >Letzten MohicanRoten Hay< - Zerreißen zwischen zwei niedergebeugten Bäumen - wird als von Indianern angewandte schon bei Cooper beschrieben (vgl. J. F. Cooper, Satanszehe. Weimar o. J. S. 551; Guert ten Eycks farbiger Diener Pete wird so von Indianern umgebracht; Retcliffe, Puebla, Bd. 3, S. 435). 14 Volker Klotz, Abenteuerromane. München, Wien 1979. S. 121. 15 Retcliffe, Puebla, Bd. 1, S. 131.

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gen von Verbrechen, [...] Namen wichtiger in Berlin abgestiegener Gäste und Theaterkritiken [...], politische Enthüllungen aller Art, von demokratischen Verschwörungs- und Umsturzplänen über finanzielle und familiäre Verhältnisse politischer Gegner bis zu alkoholischen Ausschweifungen und Bordellbesuchen von Mitgliedern der demokratischen Partei.« 16 Goedsche war einer der übelsten Skandalreporter der Zeit, beim >Zuschauer< - so Varnhagen von Ense - die »Hauptperson in dieser Kothpfütze«. 17 Varnhagen spart nicht mit ehrenrührigen Bezeichnungen über den »Kläffer«, den »Schuft« und den »nichtswürdigen« Goedsche. »In dieser Zeit finden wir ihn außer im >Zuschauer< überall dort, wo die konservative Partei einen notfalls skrupellosen Agitator benötigte.« 18 So wurde Goedsches Name besonders im Zusammenhang mit dem Waldeck-Prozeß unrühmlich bekannt. Der Geheime Obertribunalrat Benedikt Waldeck war den Kreuzzeitungsleuten als Führer der Opposition 19 verhaßt. Aufgrund von Goedsches >Enthüllungen< in der Kreuzzeitung wurde Waldeck als angeblicher Mitwisser von (unter Todesstrafe stehenden) Umsturz- und Königsmordplänen angeklagt, mußte später aber freigesprochen werden, da sich die Vorwürfe als erfunden erwiesen. Die Informationen stammten von dem brotlosen Ladendiener Ohm, »der sich in Berlin umhertrieb, Versammlungen und Klubs besuchte, überall spionierte und die auf solche Weise gesammelten Nachrichten dem Enthüllungsfabrikanten der Kreuzzeitung, Goedsche, zutrug.« 20 Um den Informationen Gewicht beizulegen, erfand Ohm etliches hinzu, fingierte Briefe und Beweisstücke und tischte Goedsche »förmliche Romane« (so der Staatsanwalt im Waldeck-Prozeß) 21 auf, die dieser in Geheimnis- und Enthüllungsromanen Bewanderte als bare Wirklichkeit auffaßte: ein Don Quichotte als Reporter. Fontane, der neben Georg Hesekiel und Goedsche bei der Kreuzzeitung arbeitete, berichtet über Goedsche: »Es kam vor, daß Goedsche mit einem gewissen Feldherrnschritt auf der Redaktion erschien und hier, ohne daß das geringste vorgefallen war, ein ungeheures Ergriffensein über einen rätselhaften und vielleicht gar nicht mal existieren16

Neuhaus, Der zeitgeschichtliche Sensationsroman, S. 21. Karl August Varnhagen von Ense, Tagebücher. Zürich 1865. 8. Bd. S. 106. 18 Neuhaus, Der zeitgeschichtliche Sensationsroman, S. 23. 19 Vgl. Eduard Vehse, Illustrierte Geschichte des preußischen Hofes des Adels und der Diplomatie vom großen Kurfürsten bis zum Tode Kaiser Wilhelm I. Fortgesetzt von Vehse redividus. 2 Bde. Stuttgart o. J. 2. Bd. S. 349f. 20 Vehse, S. 349. 21 Vgl. Neuhaus, Der zeitgeschichtliche Sensationsroman, S. 29. 17

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den Hergang zur Schau stellte. Hesekiel sagte dann, um diesen falschen Rausch zu markieren, ruhig vor sich hin: >Goedsche hat heute wieder seine Zahntinktur ausgetrunken.Biarritz< zum Verkünder jener verhängnisvoll in der Geschichte wirkenden These von der »jüdischen Weltverschwörung«.23 Retcliffes Romane unterscheiden sich gegenüber denen seiner Vorläufer Sealsfield und Mügge nicht nur dadurch, daß ihr Verfasser von einem anderen politischen Standpunkt aus schreibt und dies auch an verschiedenen Stellen einfließen läßt; achteten Sealsfield und Mügge noch darauf, ihren Romanen poetische Wahrscheinlichkeit zu geben, indem sie Ereignisse und Handlungen so gestalteten, daß sie möglicher Realitätserfahrung nicht zu stark widersprachen, so finden Retcliffes Romane ihre Wahrscheinlichkeit in der von Wünschen, Hoffnungen und Ängsten geprägten Phantasiewelt des Autors und Lesers und bedürfen keinerlei Rechtfertigung durch die reale Möglichkeit - ob nun des Kreuzträgers silbernes Kreuz, das er unter dem Jagdwams trägt, die Kugel abwehrt und (wie auch später Conrad Ferdinand Meyers »Amulett«) dessen Leben bewahrt oder einer der Protagonisten mit einem Kondor die Felswand hinabfliegt, die Realität des Romans fügt sich dem abenteuerlichen Geschehen: »Der Trapper, zur Bildsäule erstarrt, sah, wie der Indianer hinaussprang in die Luft, wie seine Arme den Hals des Riesenvogels erfaßten - umklammerten - ein Kreischen - ein Schrei - eine formlose Masse wankte und schlug durch die Luft. Vor seinen Augen versanken der Mann und der Kondor.« 24 Äußerlich versucht Retcliffe mit gleichen Mitteln wie seine Vorgänger das Geschehen glaubhaft zu gestalten: mit der schon bei Scott verwendeten »Mischsprache«, 25 mit erklärenden Fußnoten und belehrenden Digressionen. 26 Bezeichnend ist jedoch, daß Quellenangaben in den Fußnoten 22

Theodor Fontane, Von Zwanzig bis Dreißig. Sämtliche Werke. Bd. XV. München 1967. S. 260. 23 Vgl. dazu Paul Arnsberg, Was sind die Protokolle der Weisen von Zion? In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. Nr. 225, v. 29. 9. 1970 und Robert Neumann, Die verbrecherischen Protokolle der Weisen von Zion. In: Süddeutsche Zeitung. Nr. 26, v. 30. 1. 1969. 24 Retcliffe, Puebla, Bd. 3, S. 395. 25 Vgl. Retcliffe, Nena Sahib, Bd. 1, S. 270. 26 Retcliffe, Nena Sahib, Bd. 1, S. 11 Of.

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sich oft auf andere Produkte seiner Feder oder auf verschollene, nicht erreichbare oder geheime Akten beziehen. Tatsächlich konnte Retcliffe mit manch erstaunlicher Nachricht aufwarten (hatte er doch in Louis Schneider einen Freund als Informanten, der bei Hofe in den besten Kreisen verkehrte und dort allerhand erfuhr), die große Anzahl jener durch wenig eindeutige Quellen ausgewiesenen »Informationen« in den Retcliffe-Romanen stammte hingegen aus Goedsches Feder. Fontane erzählt: »[E]r schrieb damals an seinen, vom buchhändlerischen Standpunkte aus berühmt gewordenen Sir John Redcliffe-Romanen [!], die, wie er selbst, eine Quelle beständiger Erheiterung für uns waren. Einer dieser Romane hieß >Nena SahibSiehe ParlamentsaktenIch muß die gnädige Frau dringend bitten, es nicht lesen zu wollen!angehender Postsecretair< seinen Dienst auf der vermutlich unattraktivsten Poststation, [...] im Grenzdorf Strzalkowo an der Chaussee von Posen nach Warschau [...]. Wenn auch durch fürstliche Protektion verschafft, mußte diese Stelle doch dem einstigen Spiel27 28

Fontane, S. 259/260. Vgl. Neuhaus, Der zeitgeschichtliche Sensationsroman, S. 11. Geburts-, Sterbedatum und Namensschreibung (Herrmann) sind dort zu korrigieren. Vgl. Goedsche-Handschrift i. d. Bayrischen Staatsbibl. München.

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gefährten fürstlicher Kinder als Sturz vom Olymp erscheinen, und so spiegelt sie sich auch in seinen literarischen Werken aus dieser Zeit, wo er sich als >einen der gefallenen Engel< sieht, ausgeschlossen von dem HimmelNeuen Preußischen Zeitung< (>KreuzzeitungSenor Gobernador/ sagte der Graf stolz, >die Männer, die ich anzuführen die Ehre habe, sind zwar Abenteurer - und ich nenne mich selbst einen solchen! - aber daß sie an Zucht und Ordnung gewöhnt sind, davon werden Sie sich alsbald überzeugen^« 3 9 Mag Retcliffe seinen Abenteurern auch preußische Tugenden zuerkennen wollen, so erweisen sie sich jedoch tatsächlich als Figuren, mit denen er gerade der bürgerlichen »Zucht und Ordnung« entkommt, die nicht »in die Städte« 40 und die Zivilisation passen. Retcliffe lebt mit seinen Helden außerhalb strenger Gesetze und der Moral, gerade so kann er Züge seiner Persönlichkeit entfalten, die in seinem Alltagsleben nicht zur Geltung kommen. Der Korsar, nach geltendem Recht dem Galgen verfallen, ist ein »tapferes und wackeres Herz«, 41 auch die mörderischen Thugs, Angehörge einer indischen Sekte, und der Seeräuber »Roter Hay« helfen - auch wenn sie zu den »Bösen« der Romane zählen - zur Entfaltung einer Seite von Retcliffes Persönlichkeit, die der ehemalige Postsekretär Goedsche zu verleugnen hat. »Bei Goedsche müssen sich früh stark erotische Interessen gezeigt haben, mit denen er auch in seinen Retcliffe-Romanen kokettiert [...] und die er gelegentlich auf seine Abkunft von den Kalifen zurückführt.« 4 2 Bei Retcliffe kommen nicht nur jene harmlos-publikumswirksamen Szenen der Kolportageliteratur vor, bei denen der »schöne Leib« in ein »leichtes weites Musselingewand« gehüllt ist, »das lange schwarze Haar [...] fessellos über den entblößten Busen« fällt, oder der »stürmisch wogende Busen« 43 durch den »frischen Hauch der Nachtluft« gekühlt wird; auch das in dem Genre immer wieder mit voyeuristischem Genuß verwendete Motiv der »verfolgten Unschuld« wird oft benutzt. Geradezu genüßlich aber weidet sich Retcliffe an den Darstellungen von Grausamkeiten, sieht mit sadistischer Lust dem Treiben der modernen Thugs zu, schildert bis ins Detail Schlachtorgien bei Men39 40 41 42 43

Retcliffe, Puebla, Bd. 2, S. 166. Vgl. Retcliffe, Puebla, Bd. 3, S. 424. Retcliffe, Nena Sahib, Bd. 1, S. 89. Neuhaus, Der zeitgeschichtliche Sensationsroman, S. 11. Vgl. Retcliffe, Puebla, Bd. 3, S. 266 und Retcliffe, Nena Sahib, Bd. 1, S. 676.

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schenopfern, 44 läßt Frauen massenweise vergewaltigen und dann den Haien vorwerfen, daß sich »aus der Tiefe des Wassers [...] ein heller purpurner Blutstrom« 45 hebt - die Schilderungen sexueller Perversionen und Brutalitäten sind bei Retcliffe mannigfaltig und häufig; der oft gedemütigte und zurückgesetzte Postsekretär weidet sich an den zugefügten Leiden und Demütigungen, mit geheucheltem Abscheu kühlt der Voyeur seine Lust an den Taten der »Bösen«, um diesen dann in gleicher Weise ein »gerechtes Ende« zu bereiten. 46 Goedsches Romane sind nicht allein jene spannungsreichen Abenteuerromane mit dem Hintergrund der Gegenwartsgeschichte; sie sind gleichzeitig ein Brevier der Grausamkeiten und Perversionen - und nicht nur »Enthüllungen« über die »jüdische Weltverschwörung« überlebten; bis 1945 war Retcliffe stets mit seinem gesamten Werk auf dem deutschen Buchmarkt vertreten. 47

Friedrich Gerstäcker Friedrich Gerstäcker gehört zu jenen wenigen Abenteuer-Schriftstellern des 19. Jahrhunderts, die auch heute noch bekannt sind. Immer wieder erschienen seine vielgelesenen Romane >Die Flußpiraten des Mississippi, >Die Regulatoren in Arkansas< und >Gold!< in Neuauflagen.1 Trotz der anhaltenden Bekanntheit dieses Schriftstellers entdeckte ihn die literaturwissenschaftliche Forschung noch nicht richtig, 2 die bisher erschienenen Arbeiten über Gerstäcker stammen zum größten Teil von Ethnologen und Historikern. Dem Forschungsinteresse dieser 44

Retcliffe, Nena Sahib, Bd. 1, S. 427. Retcliffe, Puebla, Bd. 1, S. 427, zuvor S. 416. 46 Retcliffe, Puebla, Bd. 3, S. 435. 47 Vgl. Neuhaus, Der zeitgeschichtliche Sensationsroman, S. 183. ' Wobei zu berücksichtigen ist, daß die Ausgaben zwischen den Erstausgaben, der Jenaer Costenoble- sowie der Berliner Neufeld & Henius-Ausgabe und den erst in neuerer Zeit wieder erscheinenden Originaltexten teilweise stark bearbeitet und gekürzt sind. D i e Werkausgaben, die bei Costenoble und später bei Neufeld & Henius seit den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts bis in die ersten Jahres des 20. Jahrhunderts hinein erschienen, sind, obwohl kleine Abweichungen gegenüber der Erstausgabe feststellbar sind, für wissenschaftliche Zwecke brauchbar; ich zitiere hier zumeist aus diesen Ausgaben. 2 Die Arbeit von Jacobstroer dabei einmal ausgenommen. Vgl. Bernhard Jacobstroer, Die Romantechnik bei Friedrich Gerstäcker. Phil. Diss. Greifswald 1914. Auch die Arbeiten über Gerstäckers >Germelshausen< (siehe Bibliographie). 45

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Fächer entsprechend ist so das Bild v o n Gerstäcker z i e m l i c h einseitig geprägt, so daß er kaum als Autor v o n A b e n t e u e r r o m a n e n Berücksichtigung findet. 3 Er erscheint für die Sekundärliteratur fast ausschließlich als »social chronicler«. 4 Dieser A u f f a s s u n g kam zupaß, daß Gerstäcker, e b e n s o w i e andere Vertreter des Abenteuerromans, das ethnologische, geographische und historische Detail als Stilmittel benutzt, nichtsdestoweniger ist aber eine Isolierung dieser Fakten v o m A b e n teuergeschehen und eine daraus f o l g e n d e Einstufung Gerstäckers z u m » R e a l i s t e n « kaum hinreichend für eine a n g e m e s s e n e literarische Interpretation. 5 Eine Betrachtung der späteren Reiseberichte Gerstäckers unter ethnologischen Aspekten erscheint zwar gerechtfertigt, als Ziel v o n N a c h f o r s c h u n g e n über >Die Regulatoren in Arkansas< das A u f f i n d e n des Hügels, »auf dem das Gericht der Regulatoren gehalten wurde« 6 , z u sehen, scheint allerdings höchstens für die Lokalgeschichte Arkansas', nicht aber für eine literarische Interpretation sinnvoll. A u c h Gerstäckers Schriften wird oft e i n Wert beigemessen, der sich a n der g e n u i n e n N a c h z e i c h n u n g der Realität orientiert, o h n e dabei literarische Aspekte in A n w e n d u n g g e l a n g e n zu lassen. 7 Ebenfalls ist bei 3

Obwohl Hermann Schollenberger bereits 1916 betonte: »Den Romanen vornehmlich, nicht den Reisewerken, verdankt Gerstäcker seine Beliebtheit, und hier wieder den in rascher Folge entstandenen frühesten Werken.« H. Schollenberger, Friedrich Gerstäcker. In: Neue Züricher Zeitung. 743. Zürich 1916. 4 Vgl. Clarence Evans, Fr. Gerstäcker, social chronicler of the Arkansas frontier. In: Arkansas Histor. Quarterly. 6. [1948]; S. 440 - 449. 5 Ein illustrierendes Beispiel dafür stellen Clarence Evans Bemerkungen zur Gerstäckers >Germelshausen< dar. Vgl. C. Evans, A cultural Link between 19. century Germany and the Arkansas Ozarks. In: Modern Language Journal. 35. 1951. S. 523 - 530. Die Rückführung von >Germelshausen< auf einen Aufenthalt in dem Ozarkgebirge von Arkansas ist nicht nur sehr spekulativ, überdies bringt sie zur Interpretation dieser an das Vineta-Sagenmotiv anknüpfenden Geschichte nichts ein. Auch die Arbeiten von J. T. Krumpelmann, Gerstäcker's Germeishausen and Lerner's Brigadoon. Monatshefte. 40. [1948]; G. R. Vowles, Gerstäckers Germeishausen und Lies Finneblod. Monatshefte. 41. [1949]; J. W. Thomas, William Gilmore Simms' Helen Halsey as the source for Gerstäcker's Germeishausen. In: Monatshefte 45. [1953] sowie Erich Hofacker, Über die Entstehung von Gerstäckers Germeishausen. In: The German Review. 3. New York 1927 sind nicht sonderlich aufschlußreich; lesenswert dazu sind die Nacherzählung und Bemerkungen in Ernst Bloch, Spuren. Gesamtausgabe. Bd. 1. Frankfurt 1969. S. 72 - 78. 6

Vgl. Prof. C. Evans an M. Gerstäcker, Brief v. 28. Nov. 1953 (vorhanden im Stadtarchiv Braunschweig). 7 Gerstäcker versuchte sich als Schriftsteller auf verschiedenen Gebieten: er schrieb Reiseberichte, Hilfsbücher für Auswanderer, Romane, kleinere Erzählungen, er versuchte sich - allerdings ähnlich erfolglos wie später F. A. Strubberg - als Dramatiker, auch als Librettist. Bei der Untersuchung der Schriften sollten die dem jeweiligen Genre angemessenen Kriterien berück132

einer literarischen Untersuchung die Person Gerstäckers stärker zu beachten, leider gibt es bislang aber keine dafür geeignete grundlegende wissenschaftliche Biographie. 8 Friedrich Lenz nennt Gerstäcker in seiner Schrift einen »Schüler« Coopers. 9 D o c h nicht nur Coopers R o m a n e und Defoes >Robinson CrusoeDie Quäkerstadt und ihre Geheimnisse^ den Gerstäcker 1845 unter eigenem Namen für das deutsche Publikum herausgab; 12 Emil Klauprecht schrieb im Jahre 1855 >Cincinatti, oder:Die Geheimnisse des WestensDie alte Brauerei oder Criminalmysterien von New YorkDas Vermächtnis des Pedlar< auch auf die Thematik der »Enthüllungsliteratur« zurück. Die »New Yorker Geheimnisse«, so legt Ruppius' Roman dar, findet man in Häusern, die »sich in nichts von den übrigen Wohnhäusern« unterscheiden, 13 oft ist es nur eine kleine Treppe, die hinunterführt in die Welt, die hinter der sichtbaren steht und diese bewegt. Hier werden die Ränke und Intrigen geschmiedet, mit denen die Kulissen der Welt geschoben werden. Kehrt man zurück in die »Oberwelt«, so erscheint alles wie zuvor, für den Außenstehenden nicht erkennbar: »Bill zündete das Talglicht an und verlöschte das Gas - und vorsichtig trat die Gesellschaft wieder den Weg nach der Oberwelt an.« 14 Die geheime Verbrecherwelt der Großstadt legt ihre Schlingen bis zu den Pflanzungen Alabamas. Die beiden >Pedlar-Romane< beziehen ihre Spannung aus dieser unter der Oberfläche liegenden Welt des Verbrechens; Gesetzesbruch und Aufklärung des Verbrechens liefern den Stoff des abenteuerlichen Geschehens. »Sagt einmal, Isaak, Ihr pedelt doch nicht, um Euer Leben zu machen?« 1 5 fragt ein Pflanzer den Pedlar, einen alten jüdischen Hausierer. Tatsächlich, Isaak war einst ein ehrbarer, gutsituierter Kaufmann, dessen berufliches und familiäres Glück durch einen jener Drahtzieher der Unterwelt zerstört wurde. Er nahm die Rolle eines Pedlars an, um die Intrigen des Bösewichtes aufzudecken, damit er ihn »in den Schlingen seiner eigenen Taten fangen« 1 6 kann. Geheimnisse der menschli12

Gerstäcker schrieb die Schuld daran seinem damaligen Verleger Otto Wigand in Leipzig zu und entrüstete sich; vgl. Gerstäcker an Costenoble, Brief v. 5. 3. 1870, Braunschweig. In: W. H. McClain u. L. E. Kurth-Voight, Gerstäckers Briefe an Hermann Costenoble. Archiv für Geschichte des Buchwesens (AGB). Bd. XIV. Lieferung 5 - 6 . Frankfurt/M. 1974, Sp. 1182f. (vgl. dort auch die Fußnote). 13 Ruppius, Der Pedlar, S. 26. 14 Otto Ruppius, Das Vermächtnis des Pedlars. Berlin, Leipzig o. J. S. 74. 15 Ruppius, Der Pedlar, S. 45. 16 Ruppius, Der Pedlar, S. 142.

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chen Gesellschaft, die er dazu erkunden muß, erfährt er als Pedlar, denn der »verkehrt mit den Dienstleuten wie mit den Herrschaften, und Verhältnisse, die in den Parlors oft als tiefes Geheimnis gelten, kann einer leicht in den Dienstbotenzimmern erfahren, wenn er dort zu Hause ist.« 17 Im >Vermächtnis des Pedlars< geht es ebenfalls um Intrigen und Gaunereien. Helmstedt, der Protagonist beider Romane, ist vom Pedlar zum Testamentsvollstrecker eingesetzt worden und deckt Ränke und Verbrechen auf, die wegen des Testaments des Pedlars geplant werden. Zu Unrecht vergessen und verschmäht ist ein Roman, der als wichtiger Abenteuerroman Ruppius' gelten muß, der >Prairie-TeufelWestermanns Monatsheften*. Dort werden gerade zwei spannende Abenteuergeschichten als Auszüge zur Vorstellung ausgewählt. 13 1860 hatte Möllhausen bereits einige Erzählungen in der >Gartenlaube< veröffentlicht; 1861 schrieb er, nachdem er seinen zweiten Reisebericht abgeschlossen hatte, zwei umfangreiche Erzählungen; die erste - >Der Halbindianer< - baute auf der durch Harriet Beecher Stowes >Onkel Toms Hütte< und den beginnenden Sezessionskrieg hervorgerufenen Aktualität der Rassenproblematik. Allerdings steht in Möllhausens Roman ein unehelich geborener Halbindianer im Mittelpunkt, der durch Intrigen um sein Erbe gebracht werden soll.14 Möllhausens zweiter Roman, >Der Flüchtlinge setzt zwar die vorangegangene Schrift fort, er stellt aber das Schicksal und die Abenteuer eines Auswanderers dar, der aus politischen Gründen Deutschland verlassen hatte und nach Amerika flüchtete. Wieder griff Möllhausen ein beliebtes Thema auf, das vor ihm schon Otto Ruppius in seinen beiden Romanen >Der Pedlar< und >Das Vermächtnis des Pedlar< behandelt hatte. 10

Vgl. Alexander von Humboldt, Vorwort. In: Möllhausen, Wanderungen, S. 5. Möllhausen, Wanderungen, S. 313ff. 12 Möllhausen, Reisen, Bd. 1, S. 219ff. und 245ff. 13 Möllhausen, Reisen, Bd. 1, S. 44ff. und S. 116ff.; vgl. Westermanns Illustrierte Monatshefte. Nr. 49. October 1860. S. 92ff. Der Grund dafür, daß das Werk nach der Titelangabe erst 1861 erschien, 1860 aber bereits dort vorgestellt wird, liegt wahrscheinlich darin, daß das Werk zur Michaelismesse 1860 mit Vordatierung auf das Jahr 1861 erschien, wie es im Buchhandel der Zeit durchaus üblich war. 14 Auch Armand griff das Rassenproblem kurze Zeit später auf (während des Sezessionskrieges). Vgl. Armand, Sclaverei in Amerika oder Schwarzes Blut. 3 Bde. Hannover 1862. 11

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Wie Gerstäcker, so fand auch Möllhausen in Hermann Costenoble den Verleger seiner Romane; doch Gerstäcker, der auch neben Möllhausen in der >Gartenlaube< veröffentlichte, war nicht begeistert von Möllhausens Schriften. Er schrieb an Costenoble: »Apropos die Möllhausischen Bücher, über die Sie von mir ein Urtheil wollten. Mein guter Costenoble, ich gebe Ihnen das nicht gern, da Η. M. gleichen Stoff mit mir behandelt, wenigstens ein gleiches Terrain hat. So viel kann und muß ich Ihnen aber sagen daß es meiner Meinung nach der reine Schund ist & ich meinen Namen nicht um vieles Geld unter einem dieser Bücher haben möchte. Ich will mich verbündlich machen einen solchen Roman einer Anzahl Stenographen in drei Tagen zu dicktiren. / Das aber natürlich nur unter uns. Die Leihbibliotheken werden sie kaufen, denn es ist deren Futter: Spieß & Cramer ins Amerikanische übersetzt, mit lauter unmöglichen Charakteren.« 15 Sicherlich rührt diese Äußerung Gerstäckers zu einem Teil vom Anblick der erwachsenden Konkurrenz; auch dürfte das Aufgreifen gerade populärer, aktueller Themen durch Möllhausen dazu beigetragen haben. Der wichtigste Grund dieses vernichtenden Urteils liegt aber im schriftstellerischen Selbstverständnis Gerstäckers: er räumt in seinen Romanen dem belehrenden Moment einen größeren Raum ein als Möllhausen, der in stärkerem Maße das abenteuerliche Geschehen in den Vordergrund stellen will, wenn er auch ebenfalls stets hervorhebt, »das unterhaltende Element mit dem belehrenden [. . ,]verbinden« 16 zuwollen. Während Gerst15

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Gerstäcker an Costenoble, Brief vom 6. 7. 1862 aus Rosenau. In: McClain, Kurth-Voigt, Gerstäckers Briefe, Sp. 1110. Vgl. Möllhausen, Mormonenmädchen; an dieser Stelle sei noch ein Wort zu den Ausgaben eingefügt. Ich beziehe mich hier zum Teil auf die »List-Ausgabe«, die in Leipzig erschien. Diese Ausgabe ist leicht bearbeitet, aber durchaus noch brauchbar; da die Erstausgaben Möllhausens zu den Raritäten gerechnet werden müssen, ist der Rückgriff auf diese Ausgabe oft unvermeidlich. Leider gehen auch die beiden im >Schmöker Kabinett< des Fischer-Verlags erschienenen Bände, >Die Mandanen-Waise< u. >Die Kinder des Sträflings< auf die List-Ausgabe zurück. Insgesamt ist zu den Möllhausenschen Texten zu bemerken, daß sie zwar nicht durch Verlagsangestellte verändert wurden, wie dies bei späteren Schriftstellern oft vorkam, doch die Ehefrau unternahm bei den frühen Schriften Eingriffe ins Werk (wie dies die Schwester Armands bei dessen Werk auch unternahm; vgl. Bennecke, Nr. 9, S. 135). Dazu vgl. Barba, Möllhausen, S. 59: »During these first years of his literary activity, the novellist found an able assistant in his wife, a woman of fine intellectual attainments and literary discernment.« Anm.: »In the course of a conversation with Frau Möllhausen, she remarked to the writer: >In den frühen Werken habe ich die Handschriften oftmals ausgebessert, besonders im Dialog, der oft zu sehr an den Urwald erinnerte! An seinen Schilderungen aber, blieb nichts zu verbessern. Die waren un[an]tastbar.>«

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äcker in stärkerem Maße seine Geschichten und Romane mit dem Stilmittel der geographischen und ethnologischen Detailschilderung verflechtet, nimmt Möllhausen seine Erfahrungen und Erinnerungen zum Anlaß, eine bunte Abenteuerwelt darzustellen, die in stärkerem Maße durch die Phantasie des Schriftstellers geprägt ist. Aufschlußreich erklärt er am Schluß eines seiner bekanntesten Romane (>Die Kinder des SträflingsDreilinden< zog ihn noch an, in der er - wie im Westmannskreise - seine Jagdabenteuer erzählen konnte. Seine Reisemitbringsel hatte Möllhausen in seinem Hause so aufgebaut, daß er in seinen Tagträumen von diesen umgeben seine Abenteuerromane erleben konnte. Eine Besucherin schildert Möllhausens Arbeitsstätte: »Ich hielt unwillkürlich Rundschau im Räume, Wände und Ecken waren mit Sammlungen der Erzeugnisse ferner Welttheile geziert. Indianische Waffen, Schmuck und Kleidungsstücke auf Panoplien zusammengestellt, sprachen von des Dichters Trapperzeit. Eine reiche Galerie von Aquarellen zeigte Landschaften von grotesker Wildheit oder Szenen

17

Balduin M ö l l h a u s e n , D i e Kinder des Sträflings. R o m a n . Frankfurt 1974. S. 425.

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von grosser Lebenstreue, Kämpfe und Tänze der Indianer oder deren Lagerstätten und Hütten darstellend. / >Lassen wir längst vergangene Zeiten,< sagte jetzt Herr Möllhausen, als wolle er aller hand [!] Erinnerungen abschütteln. Vergangenes kehrt nicht wieder - vielleicht in den ewigen Jagdgründen!< sprach er dann abspringend, >nicht eine ist dabei, die nicht eine Erinnerung brächtet / >Auch diese furchtbar bemalte Frau, die am Feuer?< fragte ich neckend. / >Auch die gute alte Squaw! Ihrem scharfen Ohre verdanke ich es, wenn ich in einer schlimmen Nacht nicht die Beute jenes Burschen wurde, dessen Schädel Sie da über meinem Schreibpulte erblicken !< / Wahrhaftig da lag ein grosser weisser Todtenkopf!« 18 Die Reiserelikte werden in Möllhausens Wohnung zu Romanen »erweckt«. »8 - 9 Monate schreibe ich, 3 - 4 Monate gönne ich mir Ruhe, d. h. ich beschäftige mich mit Aquarellen u. Ölmalerei«. 19 Als im Jahre 1879 der Tod seines zweiten Sohnes Richard, der als Seemann mit einem Schiff verscholl, ihn überraschte, zog er sich völlig in seine Welt der Erzählungen und Romane zurück. Im Jahre darauf erschienen drei umfangreiche Werke. Die ersten Romane Möllhausens spielen in Amerika, später läßt er sehr oft die eine Hälfte des Romans in Deutschland oder in der alten Welt, die andere Hälfte in der neuen Welt spielen. Diese Zweiteilung läßt sich auch in den Schriften Bibras, Armands und Wachenhusens finden, literarisches Vorbild Möllhausens könnte aber Morus' Utopia sein; auch dort werden in einer Hälfte des Werkes die verkommenen Zustände im alten England, in der anderen die idealen Zustände in Utopia beschrieben. Amerika erschien Möllhausen als ein Wunschland, zumindest die Prairien und die Wildnis, nicht die Städte. So werden in seinen Romanen die Intrigen und Ränke oft in der alten Welt gesponnen und in der neuen schließlich aufgelöst; hier herrscht Unglück und Leid, dort finden die Protagonisten ihr Glück; hier lebt der Gestrauchelte, dort der Reuige, Geläuterte. Die alte Welt ist die der Wucherer und des Beamten Leisegang, »dem es in seiner endlosen Gutmütigkeit ziemlich gleichgültig war, ob er einem Schurken vom reinsten Wasser diente oder einem Muster von Rechtschaffenheit, wenn er nur, wie ein gewissenhafter Beamter, zur rechten Zeit sein gutes Futter bezog«. 20 Der unredliche Kommissionsrat Wohlfeil regiert hier, und die irdische Gerechtigkeit ist käuflich, 21 der Bruch des Gesetzes kann 18

Frau v. d. R., An interview with Möllhausen. In: Barba, Möllhausen, S. 184f. (Name nicht aufgelöst). 19 Möllhausen, Handschriftlicher Lebensbericht. 20 Möllhausen, Die Kinder des Sträflings, S. 169. 21 Möllhausen, Die Kinder des Sträflings, S. 220.

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aus den »achtbarsten Gründen« der Welt erfolgen, 22 die Armen scheinen hier »dazu bestimmt, nur die schwärzesten Seiten des Erdendaseins kennenzulernen, gebrandmarkt, fluchbeladen, verachtet [...] durchs Leben zu wandeln«, 23 hier ist die Welt, in der man, »um Erfolge zu erringen«, sich »bücken und beugen muß«, 2 4 in der Leute niedrigen Standes »keine Ansprüche auf Nachsicht oder Theilnahme, noch weniger an Gerechtigkeit« 25 haben. Auch die Teile Amerikas, in denen die Kaufleute, Wucherer und Krämergeist herrschen, gehören zur alten, verdorbenen Welt. 26 Dieser Welt gegenüber stehen die Wildnisse und Prairien Nordamerikas, die die Erinnerung an vergangene »goldene Zeiten« wachrufen. »Eine Thräne der Wehmuth fließt jenen Tagen, in welchen die irdische Zukunft noch eine Unendlichkeit, die auf wilden Irrfahrten erprobten Kräfte unerschöpflich. Goldene Zeiten! Mit ihnen eint sich so manches Bild, vor welchem man auch in den glückseligen Jagdgefilden< noch bewundernd weilen möchte. Goldene Zeiten!« 27 In Amerika können die der alten Welt Entkommenen die »ungebundene Freiheit« 28 erleben, an der Grenze zur »pfadlosen Wildniß« 2 9 beginnt ein Neues Eden. Am Kanadian-Fluß lebt der Fährmann Charon; ein in der alten Gesellschaft Gescheiterter hat sich diesen mythologischen Namen zugelegt. Der Fluß trennt noch einmal zwei Welten. Auf der einen Seite jene, in der Zivilisation und Wildnis aufeinandertreffen und »Raub, Brand und Mord nicht zu den Seltenheiten« 30 gehören, also das Terrain, das dem aus der Gesellschaft entflohenen Abenteurer die Möglichkeiten zur Läuterung und Entwicklung seiner bislang verborgenen Eigenschaften gibt. Auf der anderen Seite des Flusses beginnt das Neue Eden. Wenn auch hier einige Abenteuer geschehen, so ist es doch ein Ort der Ruhe; jeder, den der Fährmann Charon übergesetzt hat, erfährt ein neues Leben in einer Märchenwelt, dem Reich der »liebliche[n] Tochter des Mondes und des Frühlingsthau's. Ich sehe sie vor mir, die geheimnisvolle Märchengestalt mit dem lang22

Vgl. Möllhausen, Der Fährmann am Kanadian, Bd. 1, S. 73. Möllhausen, Die Kinder des Sträflings, S. 195. 24 Möllhausen, Der Schatz von Quivira, Bd. 3, S. 247. 25 Möllhausen, Der Schatz von Quivira, Bd. 1, S. 333/334. 26 Möllhausen schrieb 1876 den Roman >Die Hyänen des KapitalsDolores, ein Charaktergemälde aus Südamerika< (1858 - 59; 3 Thle.), schrieb, an Heinrich Smidt »von Altona« (1798 - 1867), der außer seinen vom Seeleben erzählenden, oft abenteuerlichen Schriften auch Romane schrieb, »die auf den Antillen und an den Küsten des Festlands« 2 von Nordamerika spielen, man denke an den Grafen Stanislaus Grabowski (1828 - 1874), der neben Militärhumoresken und Soldatengeschichten auch die Novellen >Die Emigranten< (1859) und >Die Regulatoren von San Francisco< (1859) verfaßte, an Adolph Mützeiburg (1831 - 1882), der Dumas' >Der Graf von Monte Christo< mit seinen Romanen >Der Herr der Welt< (1856) und >Die Millionenbraut< (1868) fortsetzte, daneben noch den umfangreichen Roman >Kapitän Smith, der Abenteurer< (1854) und die Novelle >Pocahontas< (1867) schrieb, ja es lassen sich noch viele anführen, angefangen beim Lyriker und Novellisten Leopold Schefer (1784 - 1860), über den als Verfasser von historischen Romanen bekannten Karl Spindler (1796 - 1855) und den 39

Möllhausen, Der Spion, 2. Bd., S. 11/12. Möllhausen, Der Fährmann, Bd. 3, S. 182. 1 Vgl. Wolfgang Menzel, Deutsche Dichtung. Stuttgart 1859. 3. Bd. S. 454. 2 Jantz, Sp. 342; eine wissenschaftliche Untersuchung zu Heinrich Smidt wäre wünschenswert.

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Lustspieldichter Roderich Benedix (1811 - 1873), bis zu dem von Wilkie Collins und dem viktorianischen Kriminalroman beeinflußten Philipp Galen (d. i. Karl Philipp Ernst Lange; 1813 - 1899).3 Auch bei Ernst von Bibra, Johannes Scherr und bei Hans Wachenhusen spielen die Abenteuerromane innerhalb ihres Gesamtwerkes nur eine untergeordnete Rolle, innerhalb der Geschichte des Abenteuerromans im 19. Jahrhundert aber nehmen sie, bedingt durch die Traditionslinien, an die sie knüpfen, und durch ihre Wirkungen auf die spätere Abenteuerliteratur, einen festen Platz ein. Ernst von Bibra (1806 - 1878) begann erst recht spät als belletristischer Schriftsteller. Der fränkische Romancier hatte sich bereits zuvor als Naturwissenschaftler Meriten erworben, die Liste seiner Veröffentlichungen reicht von der >Chemische[n] Untersuchung verschiedener Eiterarten< (Berlin 1842) über andere chemische Erörterungen bis zu einer Abhandlung über >Die Krankheiten der Arbeiter in den Phosphorzündholzfabriken< (Erlangen 1847); er verfaßte die Schrift >Die narkotischen Genußmittel und der MenschFreimüthige Beleuchtung der gegenwärtigen Verhältnisse des Adels zu Fürst, Bürger und Bauer. Von Freiherr von Bibra, Dr. med. et. phil.Ein Juwel< werden nun all die Motive verwendet, die dem Leser von Abenteuerromanen bekannt sind: »Gefangenschaft und Flucht«, »der fluchbeladene Schatz«, die »verfolgte Unschuld«, die »Gratwanderung«, die Handlung führt hinaus nach Südameerika, unter Palmen, in »das Dickicht des Urwaldes« und in »felsige Schluchten«, um die sich »jugendliche Träume [...] drehten«. 12 Das Romangeschehen ist recht verwirrend, es geht von Südamerika nach Europa, führt wieder nach Südamerika, findet auf Jahrmärkten und im Gaunermilieu statt, da wird »aus einem Vagabunden plötzlich ein vornehmer Herr, aus einem armen Teufel ein reicher 7

Bibra, Freimüthige Beleuchtung, S. 13. Vgl. Bibra, Freimüthige Beleuchtung, S. 12. ' E m s t von Bibra, Reise in Südamerika. Mannheim 1854. 1. Bd. S. 137. 10 Vgl. dazu auch Rudolf Beissel, Ernst Freiherr von Bibra. Ein Naturforscher mit schöngeistigen Neigungen. In: Vom Lederstrumpf zum Winnetou. Hg. v. S. Augustin u. A. Mittelstaedt. München 1981. S. 40ff. " Vgl. dazu den Brief vom 23. 7. 1859 von Gerstäcker an v. Bibra (Staatsarchiv Wolfenbüttel). 12 Bibra, Ein Juwel, Bd. 1, S. 222. 8

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Grundbesitzer«, 13 da faßt den Grimpero, den Diamantensucher, die Leidenschaft fürs Abenteuerliche, fürs Gefahrvolle, ein Herr von Altenberg schließt mit seinem früheren Leben und wird ein Senor Cerroviejo, da geht es um meuchlerischen Giftmord und falsche Erbschaftsansprüche, bis schließlich der »Stein des Anstoßes«, der Juwel, mitsamt dem gaunerischen illegitimen Sohn Altenbergs im Meere versinkt. Kurz: ein bunter Kolportageroman, eine »Verfolgung rund um die Erde«. Ebenfalls um eine Erbschleicherei geht es im Roman >Hoffnungen in PeruE1 Paso des los AnimasIn Südamerika und in Europa< und >Wackere FrauenDie Abenteuer eines jungen Peruaners in Deutschlands >Die Kinder der GaunerTzarogyDie Auswanderungsfrage, vom religiös-socialistischen Standpunkt betrachtet die »Schmach, daß Menschen Menschen finden, um Menschen zu bedrücken«, daß »die Arbeit, dieses Himmelsgeschenk, Mittel sein muß, um Menschen zu Knechten und Sklaven zu machen« 15 und sieht in der Auswanderung nach Amerika, analog zum Auszug der Kinder Israel, den Aufbruch ins bessere, ins gelobte Land.16 13

Bibra, Ein Juwel, S. 91. Bibra, Hoffnungen in Peru, Bd. 1, S. 226. 15 Johannes Scherr, Die Auswanderungsfrage, v o m religiös-socialistischen Standpunkt betrachtet. Stuttgart 1845. S. 3. 16 Scherr, Auswanderungsfrage, S. 56. 14

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Im Jahre 1848 wurde er in die württembergische Abgeordnetenkammer gewählt, als diese am 8. August 1849 aufgelöst wurde, mußte Scherr, politisch verfolgt und in contumaciam zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt, in die Schweiz fliehen. Dort beschäftigte sich der einstige Tübinger Student besonders mit literaturwissenschaftlichen und kulturgeschichtlichen Studien, er habilitierte sich 1850 in Zürich, zog aber 1852 aus Familienrücksichten nach Winterthur. Erst 1860 wurde Scherr als Professor für Geschichte an das Polytechnikum nach Zürich berufen. Die Zeit zwischen 1850 und 1860 ist geprägt durch finanzielle Nöte. Scherrs politisches Interesse war erlahmt, seine Meinungen hatten sich geändert, vornehmlich beschäftigte er sich mit wissenschaftlichen Studien, von denen es sich aber nicht leben ließ. Seine Ehefrau Marie Susette, geborene Kübler, eine fleißige Volksschriftstellerin, mochte zwar einiges hinzuverdient haben, dennoch war es wohl auch die finanzielle Misere, die Scherr veranlaßte, nun Romane zu schreiben. Schon in den dreißiger Jahren hatte er einige Erzählungen verfaßt, Mitte der vierziger Jahre einen Roman. Ein großer Erfolg wurde jedoch der 1853 in Tabor bei Kober erschienene vierbändige Roman >Die Pilger der WildnisConanchet oder die Beweinte von Wish-ton-wishSkizzenbuch< bekannte »Metakom« oder »König Philipp von Pokanoket«. 17 Ebenfalls im Mittelpunkt des Geschehens steht ein alter Trapper, Groot Willem, der deutlich die Züge Lederstrumpfs trägt und mit seinen Aussprüchen - »Doch das ist Natur, und die muß ihr Recht haben« 1 8 - an den >Wildtöter< vom Glimmerglassee und den alten Fallensteller der >Prairie< erinnert, wie dieser auch vor der anrückenden Zivilisation in die weiten westlichen Wälder zieht 19 und dabei - in der ungewollten zwiespältigen Rolle des Abenteurers - der Zivilisation Bahn bricht. Die Skepsis gegenüber den Werten der Zivilisation und gleichzeitig auch das Dilemma der eigenen Vorkämpferrolle drücken sich im Typus des 17

Vgl. Irving, S k i z z e n b u c h , S. 343ff. Scherr, D i e Pilger der Wildnis. " S c h e r r , Pilger der Wildnis, Bd. 3, S. 170/171. 18

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»melancholischen Abenteurers« (Ueding) aus:»>Ich weiß nicht, wie sich so ein Versmacher ausdrücken würde, Kapitän, aber das weiß ich, daß es auf der Welt nichts Schöneres gibt als die Wälder, in denen ich leben und sterben will. - Ach,< setzte der Alte mit einem Anflug von Trauer hinzu, >es wird, furcht' ich, eine Zeit kommen, und sie mag nicht mehr so fern sein, wo all diese Waldherrlichkeit dem unersättlichen Beile der Kolonisten zum Opfer fallen wird. Aber ich danke meinem Schöpfer, daß meine Augen den Greuel der Verwüstung nicht mehr werden mitansehen müssen, daß ich schon lange unter dem Rasen liegen werde, wann die Verheerung von der Seeküste her allwärts tiefer ins Land vorschreiten wird.KajütenbuchPilgern der Wildnis< einen Roman, dessen Initiationsmotive in der Abenteuerliteratur besonders zu Ende des Jahrhunderts immer wiederkehren. Ebenfalls von Ausbruch und der Suche nach einem anderen Leben erzählte Hans Wachenhusen (1822 - 1898). Nach einer Buchhändlerlehre wollte ihm das geregelte Leben nicht mehr gefallen, er versuchte sich als Schriftsteller, bereiste Europa und Afrika und war als Berichterstatter für einige Zeitungen tätig. Als Sensationsreporter suchte er das Abenteuer. Er berichtete von Freischärlern und Kriegsfronten, er führte nach Widdin an die untere Donau, berichtete vom Krimkrieg und von den Freischärlern Garibaldis. Seine Erinnerungen bezeichnete er später als »Bild aller gewaltigen Konflikte, deren Schauplatz Europa während der letzten drei Jahrzehnte gewesen« ist, er berichtete von Orten, » w o Beute zu holen war, Flüchtlinge und Abenteurer [waren], die für guten Sold jedem Glauben dienten.« 30 Die Weltgeschichte wurScherr, Pilger der Wildnis, Bd. 2, S. 67. Scherr, Pilger der Wildnis, Bd. 1, S. 26. 28 Scherr, Pilger der Wildnis, Bd. 1, S. 25. 29 Scherr, Pilger der Wildnis, Bd. 2, S. 135 u. 26. 30 Hans Wachenhusen, Aus bewegtem Leben. Erinnerungen aus dreißig Kriegsund Friedensjahren. 2 Bde. Straßburg 1890. Bd. 1. S. 6. 26

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de bei ihm, ähnlich wie bei Sir John Retcliffe, eine Kulisse zur Darstellung des Sensationellen, des Abenteuerlichen. In seinen Reisebüchern steht ebenfalls stets »das abenteuerlich Phantastische des Unternehmens« 3 ' im Vordergrund, ob er nun einen Gewährsmann von den sagenumwobenen »schrecklichen Riesen« 32 Patagoniens berichten läßt (»freiwillig würde sich Niemand, auch der kühnste und wißbegiergiste Forscher nicht unter ein Volk begeben, von dem es Zehn gegen Eins anzunehmen ist, daß es ihn nebst seiner Reisebeschreibung eines Tages auffressen würde!«)33 oder ob er in der Manier des späteren Kara Ben Nemsi Karl Mays unter Lebensgefahr »in das Innere [...] des Harems der Prinzessin Nazly«34 eindringt, um dort zu einem Rendezvous einzutreffen. Die bereisten Gebiete werden bei Wachenhusen zum Terrain für abenteuerliches Geschehen. 1864 erschien einer seiner bekanntesten Romane, >Rouge et NoirGeheimnisse von Paris< in Mode gekommenen »Enthüllungs- und Sensationsromane« an, die bereits früh auf die Abenteuerliteratur gewirkt hatten 37 und deren Einfluß auch noch in einigen Kolportageromanen Mays und Krafts zu bemerken ist.38 In >Rouge et Noir< ist der angebliche »historische« van Geert, eine der Hauptfiguren, die Inkarnation des Bösen. Stets schwarz gekleidet wie der »Teufel selbst«,39 muß sich jeder von ihm »unwillkürlich zurückgestoßen fühlen.« 40 Er ist der Drahtzieher all jener undurchsichtigen Machinationen in einer nur äußerlich friedlich erscheinenden Gesellschaft 41 der Intrigen, die schließlich den Ausbruch des Protagonisten 31

Hans Wachenhusen (Hrsg.), Das Buch der Reisen. Die interessantesten neuesten Reiseabenteuer. Berlin o. J. [I860]. Tl. 2. S. 228. 32 Wachenhusen, Buch der Reisen, 1. Tl., S. 128; vgl. auch Antonio Pigafetta, Die Weltumseglung Magellans 1519 - 1522. Tübingen und Basel 1970 (2. Aufl.). S. 66ff. 33 Wachenhusen, Buch der Reisen, 1. Tl., S. 128. 34 Wachenhusen, Buch der Reisen, 2. Tl., S. 228. 35 Wachenhusen, Rouge et Noir, Bd. 2, S. 181. 36 Wachenhusen, Rouge et Noir, Bd. 2, S. 41 (Fußnote). 37 Vgl. hierzu die Ausführungen im Kapitel zu Otto Ruppius. 38 Bspw. Mays >Waldröschen< und Krafts >VestalinnenIn der NilbarkeRobinson< und Cortez' Berichte erwähnt, Coopers >Der letzte Mohicam, die Beschreibung der Fjorde legt eine Kenntnis von Mügges >Afraja< sehr nahe; Wörishöffer, Auf dem Kriegspfade, S. 303ff. u. 308ff. sowie Wörishöffer, Im Goldlande Kalifornien, S. 264f., hier besteht die Möglichkeit eines Einflusses von Scherr und Sealsfield, die Kenntnis von Retcliffes »Puebla« läßt eine Szene in Wörishöffer, Auf dem Kriegspfade, S. 610 vermuten (Baumfolter), ev. aber auch vermittelt durch Cooper (vgl. diese Arbeit S. 124, Anm. 13); die Kenntnis von Retcliffes >Nena Sahib< ist durch die Schrift >Kreuz und Quer durch Indien< hinreichend belegt.

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agogische Korrektheit. Bilderschmuck sorgfältig ausgewählt, in bester Holzschnittausführung, Ausstattung gefällig und dauerhaft. Robinsonaden, geographische und naturwissenschaftliche Werke für die reifere Knabenwelt.« 1 2 Die Bücher Sophie Wörishöffers erschienen stets in ausgezeichneter Ausstattung, die Erstausgabe von >Robert, des Schiffsjungen Fahrten und Abenteuer auf der deutschen Handels- und Kriegsflotte< (1877) enthielt mehr als 100 Holzschnitt-Illustrationen und kostete 9 Mark ein hoher Preis, der die Schrift von vornherein für ein anderes Publikum bestimmte als für jenes, bei denen die Kolporteure und Heftchenlieferanten Absatz fanden. 13 Kinder des Bürgertums, das mit dem Bismarck-Staat durch die außenpolitischen Erfolge versöhnt war, das nach 1871 dem »Hurrah-Patriotismus« der Zeit folgte und sich eine ihren Interessen folgende Kolonialpolitik wünschte, waren die Leser, auf die der Verlag rechnete. Entsprechend waren auch die »leitenden Gesichtspunkte« des Verlages gewählt, mit denen sich die Schriftstellerin arrangieren mußte. So verweist Sophie Wörishöffer auf »den Unterschied zwischen dem deutschen und dem welschen Blute«, 14 läßt einen Deutschen im Goldgräberdorf einen Toast auf »König Wilhelm, den Schirmherrn von Deutschland« 15 aussprechen und den Abenteurer alle persönlichen Interessen vergessen, als das »Vaterland [...] in Gefahr« 1 6 gerät; in Gefahren - so wird berichtet - verläßt »Gott [...] keinen Deutschen«, 17 der rechtschaffen für das »Ansehen des Deutschen Reiches« 18 zu sorgen hat und die »aufrührerischen Wilden« durch Waf12 13

Verlagskatalog von Velhagen & Klasing, zit. n. Klasing, S. 657. Die Heftchen in den Jugendbibliotheken kosteten zumeist 20 - 30 Pfennig, andere Abenteuerliteratur war auch billiger zu haben. Für Gerstäckers Werke zahlte man zu der Zeit für einen vergleichbar starken Band etwa 4 Mark, für einen Band Armands oder Möllhausens, die allerdings seitenmäßig schwächer ausfielen, ebenfalls etwa 5 Mark, wobei aber zu berücksichtigen ist, daß bei mehrbändigen Werken, die dann in der Seitenzahl den Romanen Wörishöffers gleichkamen, der Preis von 9 Mark überschritten wurde. Scipios Romane und Erzählungen kosteten ungefähr 3 Mark, die Pajekens um 5 Mark (dabei ist aber auch wieder der wesentlich geringere Umfang - nur etwa 1/3 zu berücksichtigen).

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S. Wörishöffer, Das Buch vom braven Manne. Bilder aus dem Seeleben. Leipzig 1883 (2. Aufl.) (dieses Werk ist zwar nicht bei Velhagen & Klasing erschienen, dürfte aber unter ähnlichen Bedingungen geschrieben sein). S. 77. 15 Wörishöffer, Robert der Schiffsjunge, S. 387. 16 Wörishöffer, Robert, S. 444. 17 S. Wörishöffer, Durch Urwald und Wüstensand. Berlin o. J. S. 288; leider mußte ich auch hier auf eine bearbeitete Ausgabe zurückgreifen. 18 Wörishöffer, Robert, S. 520. 181

fendemonstrationen belehrt, daß sie Übergriffe auf deutsche Handelsniederlassungen zu unterlassen haben.19 Auch die Schilderung der französischen Fremdherrschaft in dem Roman »Onnen Visser / Der Schmugglersohn von Norderney« mag dazu geführt haben, daß Sichelschmidt und einige pädagogische Schriftsteller meinten, einen »chauvinistischen Unterton« 20 feststellen zu können. Doch lassen sich ebenso entgegengesetzte Äußerungen finden; etwa wenn einer der Protagonisten differenziert, er hasse nicht das französische Volk, sondern »nur die Regierung«,21 oder der Schiffsjunge Robert erklärt, er schätze »den Mann nach seinem Verdienst, aber nicht nach seiner Hautfarbe«. 22 Tatsächlich sind aber »chauvinistische« Äußerungen selten im Gesamtwerk Sophie Wörishöffers zu finden; es scheint eher, als handele es sich bei dem von Heinrich Wolgast23 geprägten und seither von anderer Seite oft wiederholten 24 Urteil um ein kolportiertes Vorurteil. Völlig richtig urteilt daher Michael Koser: »Das Herumreiten auf dem deutschwelschen Kontrast entsprach dem Geist der Entstehungszeit (übrigens unter den zahlreichen deutschen Autoren, die sich in der patriotischen Hoch-Zeit nach dem Krieg von 1870/71 über die sogenannten Freiheitskriege ausließen, gehört S. Wörishöffer zu den gemäßigten); es erweist sich jetzt, fast hundert Jahre und viele historische Erfahrungen später, als eher belanglos, fast komisch.«25 Die politischen Äußerungen sind als Tribut zu verstehen, der vom Publikum, Verlag und Genre in dieser Zeit verlangt wurde; sie mögen der politischen Meinung Sophie Wörishöffers nicht entgegengesetzt gewesen sein, doch sie war keine Parteigängerin, sondern eine zurückgezogen lebende, unpolitische Frau. Die politischen Äußerungen sind in ihrem Werk nebensächlich, oft erscheinen sie sogar als aufgesetzt und unglaubwürdig, da sie der Handlung entgegenstehen. Auch ist es nicht richtig, in ihren Büchern eine Art Erziehungsbrevier »für wohlanständige und wohlhabende Bürger« zu sehen,26 »das sie (und vor allem ihre Söhne) unterhalten, belehren, '» Wörishöffer, Robert, S. 521. Vgl. Sichelschmidt, S. 202; vgl. auch Michael Koser, Nachwort. In: Sophie Wörishöffer, Der Schmugglersohn von Norderney. Frankfurt a. M. 1975. S. 159. 21 Vgl. Wörishöffer, Onnen Visser, S. 159. 22 Wörishöffer, Robert, S. 305. 23 Vgl. H. Wolgast, Das Elend unserer Jugendliteratur. Hamburg 1896. 24 Vgl. H. L. Köster, Geschichte der deutschen Jugendliteratur. München-Pullach, Berlin 1972. S. 312; Heinrich Pleticha, Abenteuer Lexikon. München 1978. S. 208; Sichelschmidt, S. 202. 25 Koser, S. 581. 26 Etwa wenn der Held >Robert, der Schiffsjunge^ zurückkehrt, um sein Abenteuerleben aufzugeben und zum Militär zu gehen. 20

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auf ihre Position und die Gefahren, die [ . . . ] drohten, vorbereiten« 27 sollte. Zwar sind die Protagonisten der Romane - hierbei spielt der Blick auf das Publikum sicherlich eine Rolle - zumeist Söhne bürgerlicher Familien. Doch ist Sophie Wörishöffer nicht die »höhere Tochter, die Schriftstellerin« wurde (Koser) und nun ihre jugendlichen Helden in sonntägliche Matrosenanzüge steckt, um sie dem Photographen zu präsentieren; ihre Helden sind oft »verlorene Söhne«, die von zuhause ausbrechen und zur See gehen, weil ihnen die häuslichen Umstände nicht behagen. Sie schildert die Konflikte und den Ausbruch und beleuchtet dabei Schule und Haus. »Wenn man es Vätern und Lehrern immer recht machen wollte, so müßte man zuletzt ein wahrer Philister werden«, 28 läßt sie einen ihrer Protagonisten bemerken. Das Zuhause und die Väter schränken die Wünsche und Bedürfnisse der Kinder derart ein, daß ihnen diese Welt zu klein und zu eng wird, daß sie sich nach der Fremde sehnen, fern von der Welt, die »so langweilig und so voll von Ärgernissen« 29 ist. »Warum mußte der Vater jeden Augenblick benutzen, um Moral zu predigen, warum konnte es in seiner Gegenwart keine Freude, keine Freiheit geben? Es drückte wie ein Alp, das ernste, grübelnde Wesen des Alten, der von den Wünschen und den Neigungen eines Jungen nichts mehr zu wissen schien, ja, der das alles vielleicht nie im Leben gekannt hatte.« 30 Der Vater Roberts (des späteren Schiffsjungen) ist ein Schneider, der seinen Sohn in den Handwerksbetrieb hineinwachsen lassen will. »>Könnte es so schön habenDen einen Jungen besitze ich nur, das Häuschen ist schuldenfreies Eigentum und die Kundschaft nährt ihren Mann, also was will der Robert weiter?< « 31 Sophie Wörishöffer läßt die Welt des Vaters mit der des Sohnes kollidieren. »Abenteuer möchte ich erleben, die ganze weite Welt sehen, wilde Tiere und wilde Menschen«, 32 das ist der Wunsch des Sohnes. Der fatale Hang Roberts, »mehr von der Welt sehen [zu wollen] als nur das kleine Pinneberg«, läßt den Vater zu strengen Erziehungsmaßnahmen greifen, so daß die Schriftstellerin beklagt: »Aber er [Robert, der Schiffsjunge] wußte es ja, einen mitfühlenden, freundlichen Vater hatte er nie gehabt, sondern nur einen strengen, unnachgiebigen Erzieher, dessen bürgerliche Ehre tadelVgl. Koser, S. 582. S. Wörishöffer, Durch Urwald und Wüstensand, S. 9. 29 S. Wörishöffer, Ein Wiedersehen in Australien. Bielefeld u. Leipzig o. J. (4. Aufl.). S. 111. 30 Wörishöffer, Robert, S. 56. 31 Wörishöffer, Robert, S. 6. 32 Wörishöffer, Robert, S. 16. 27

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los dastand, der aber nichts verzeihen und sich niemals in die Seele seines Kindes hineindenken konnte.« 33 Ob Robert Kroll, Johannes Winkelmann oder Benno Zurheiden, die Helden der Wörishöffer-Romane drückt ein ähnliches Leid. Sie lösen es auf gleiche Weise, sie brechen aus und fliehen in die Abenteuerwelt. Und gerade bei diesen Romanen Sophie Wörishöffers wird das deutlich, was auch andere Abenteuerromane auszeichnet: eine sich verselbständigende Lust des Protagonisten am Abenteuer, am Ausbruch aus der Ordnung. Der Abenteurer erfährt zwar Leiden, Mißgeschicke und Fährnisse, er erleidet sie jedoch nicht, um reuig in die verlassene Ordnung zurückzukehren, in der er seinen festen Platz hatte, er besteht sie und sehnt sich nach neuen Bewährungen. »Johannes schnippte mit den Fingern. >Ein neues Abenteuerk rief er. >Wir werden auch das besteh e n d «34 Gold suchen, mit den Indianern leben, die keinem Zwang gehorchen, nicht arbeiten und »die Würde von Fürsten« besitzen, 35 ein »bißchen Robinson spielen« 36 und die Freiheit eines Hafenrundgangs im fernen Amerika genießen: 37 das sind die Freuden des Abenteuerlebens. »Nur kein tatenloses Dahinleben, kein ängstliches Zurückbleiben in den Grenzen des Gewohnten, des Alltäglichen, nur kein Scheindasein«, 38 wie das Leben, das dem Abenteurer in der Gesellschaft bevorstand. Sophie Wörishöffers Romane sind Ausbruchsphantasien, eher Anleitung zum Ungehorsam gegen Zwang und strenge Anpassung als Erziehungslektüre für brave Bürgersöhne. Robert Kraft, selbst ein »verlorener Sohn« und späterer Abenteuerschriftsteller, berichtet von der Wirkung, die Wörishöffers Roman >Robert, der Schiffsjunge< auf ihn hatte. Zweimal war er von zuhause fortgelaufen und wiedergeholt worden, beim drittenmal gelang ihm der Ausbruch - er hatte zuvor >Robert, der Schiffsjunge< gelesen und es dem Protagonisten dann gleich getan. 39 »Alles in der Welt, aber kein Leben ohne Aufregung und Gefahr. Hinter den Pulten mag hocken wer da will, wir nicht.« 40 So läßt die Schriftstellerin am Ende des Romans ihren Abenteurer resümieren. 33

Wörishöffer, Robert, S. 391. Wörishöffer, Durch Urwald und Wüstensand, S. 373. 35 Wörishöffer, Robert, S. 423, 425 u. 428. 36 Wörishöffer, Robert, S. 108. 37 Wörishöffer, Robert, S. 168. 38 Wörishöffer, Robert, S. 178. 39 Kraft, Das Glück von Robin Hood, S. 93. 40 Wörishöffer, Auf dem Kriegspfade, S. 613. 34

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Allerdings hat nicht jede ihrer Geschichten ein solches Ende, andere Romane erscheinen da versöhnlicher. Robert, der Schiffsjunge, endet schließlich beim Militär: »Alles so sauber geordnet, so bis ins Kleinste hinein durchdacht und danach eingerichtet, das entsprach zu sehr seinen eigenen Neigungen, um nicht bei vorurteilsloser Betrachtung auch von ihm gewürdigt zu werden.« 41 Johannes Winkelmann, auch ein »verlorener Sohn«, sieht nach seinem Abenteuerleben den Vater wieder » - und es war ihm, als müsse er in dieser Minute auf seine Knie fallen und bitten: >Vergib mir die schwere, die ungeheure Schuld!Ich halte mich an Horaz und Homer, das ist mir vorläufig lieber.< β44 Auf den ersten Blick gesehen, scheint es, als ob die Helden zurückkehren, versöhnt mit der Ordnung, der sie entflohen. Doch gerade dieser versöhnende Schluß wirkt bei Sophie Wörishöffers Romanen unglaubhaft, geradezu aufgesetzt, um den Anforderungen zu entsprechen, die an einen Roman »für die reifere Jugend« vom Verlag gestellt wurden. Zu stark im Gegensatz zum Schluß steht das vorherige Geschehen, in dem Reumütigkeit, Hang zum geordneten Leben und ein »pater, peccavi« nicht angelegt sind. Noch kurz vor seinem Kniefall vor dem Vater erklärt der Held: »Nein! Tausendmal nein! Ich bin heimlich von Hause fortgegangen, das kann ich kein Vergehen nennen.« 45 Auch ein anderer Held rechtfertigt noch einmal vor Schluß sein Handeln: »Er [der Onkel und Vormund] wollte mich mit harter Hand zu dem erziehen, was er bürgerliche Ehrbarkeit nennt. Es war sicherlich seine Absicht, aus mir einen geizigen Philister heranzubilden«. 46 Der Schiffsjunge Robert denkt zwar oft an zuhause, nicht jedoch an einen Kniefall vor dem Vater oder an eine Rückkehr in die alten Verhältnisse. Gerade durch einen Brief der Mutter, den er auf seinen Reisen erhält und der vor dem Hintergrund von Roberts neuem Leben die Enge des 41

Wörishöffer, Wörishöffer, 43 Wörishöffer, 44 Wörishöffer, 45 Wörishöffer, 46 Wörishöffer, 42

Robert, S. 472. Durch Urwald und Durch Urwald und Die Diamanten des Durch Urwald und Die Diamanten des

Wüstensand, S. 418. Wüstensand, S. 422. Peruaners, S. 552. Wüstensand, S. 398. Peruaners, S. 525.

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kleinbürgerlichen Lebens karikiert,47 wird die Wahl des Abenteuerlebens durch Robert von der Schriftstellerin gerechtfertigt. Und Robert leistet schließlich keine Abbitte, sondern der Vater verbeugt sich: »Ich will den Seemann in dir anerkennen, da du doch zum Schneider ganz und gar verdorben zu sein scheinst. Das schneidet mir freilich fast das Herz ab und spricht allen meinen Wünschen ein Todesurteil, aber wenn sich die Welt dahin geändert hat, daß die Söhne eigenmächtig über ihr Schicksal entscheiden dürfen, nun, dann muß ich mich eben wohl oder übel fügen.« 48 Die jugendlichen Helden Wörishöffers kehren in die Gesellschaft nicht als geläutert zurück, durch das Abenteuerleben sind sie ihren alten Verhältnissen entwachsen. Die Versöhnungsversuche mit einem »geregelten und ordentlichen« Leben am Schluß der Romane klingen unglaubhaft und sind in sich brüchig. Das merkte auch die Schriftstellerin und begegnete möglichen Einwänden der Leser mit einer rhetorischen Vorwegnahme (praeparatio); Robert, der bei der Kriegsmarine zum Maat avancierte, konnte sich »kaum noch vorstellen, daß er einmal den Wunsch gehabt hatte, für immer in dem Indianerdorf zu bleiben.« 49 Den Gegensatz von Roberts Abenteuerleben und seinem Militärdienst versucht sie zu mildern und glaubwürdiger zu gestalten, indem sie ihm zunächst noch zugesteht, den Zwang und die Unterordnung als seiner »freiheitsliebenden Natur« widersprechend aufzufassen. » N u r daß der Einzelne kaum atmen durfte wie er wollte, sondern fast völlig Maschine war, das störte ihn immer noch äußerst empfindlich.« 50 Eine Einpassung - das wird deutlich - in ein geregeltes Leben ist nur durch eine Zurücknahme des vorher Geschilderten, eine Abkehr vom Abenteuerleben, möglich. Doch zu sehr hat sich Sophie Wörishöffer zuvor zur Anwältin des Abenteurers gemacht, um das glaubhaft vertreten zu können. So erklärt der an die Schulbank zurückgekehrte Held, die Schule sei ihm auch nur »vorläufig lieber« als das Abenteuerleben.

Vgl. Wörishöffer, Robert, S. 359. Wörishöffer, Robert, S. 465. 49 Wörishöffer, Robert, S. 489. 50 Wörishöffer, Robert, S. 472. 47

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Friedrich Pajeken Friedrich Pajeken war um die Jahrhundertwende und in den ersten beiden Jahrzehnten dieses Jahrhunderts als Verfasser von Abenteuererzählungen für die Jugend bekannt; er verfolgte mit seinen Erzählungen eine pädagogische Intention, der Verlauf des Abenteuers sollte bei Pajeken einen Erziehungsprozeß darstellen. Er versucht seine Erzählungen gegenüber den Jugendschriften der Zeit abzugrenzen. »Jede Übertreibung, welche so oft in Jugendschriften ähnlichen Inhalts die Veranlassung zu den irrigsten Vorstellungen giebt, habe ich streng vermieden.« 1 Er versucht - hierin greift er auf die frühen Abenteuerschriftsteller zurück - die Glaubwürdigkeit und den Wert seiner Schriften gegenüber anderen dadurch zu begründen, daß er sich als berichtender Augenzeuge gibt: »Während meines vierjährigen Aufenthaltes in Südamerika wurde oft der Wunsch in mir rege, euch eine Schilderung der dort zu staunendender Bewunderung hinreißenden, pflanzenüppigen und tierreichen Natur zu entwerfen und euch zugleich ein der Wirklichkeit entsprechendes Bild von dem Leben und Treiben der Menschen in den heißen Tropen zu geben. In der nachfolgenden Erzählung habe ich nun diesen Wunsch zur Ausführung gebracht und Land und Leute streng wahrheitsgetreu nach eigenen Anschauungen, Erlebnissen und Erfahrungen geschildert.«2 »Pajeken schildert seine Erlebnisse mit den Trappern, Ranchern (Viehzüchtern) und Indianern, in deren Dörfern er zeitweilig wohnte und ein buntbewegtes Leben führte« ;3 doch es ist weniger die vorgeblich »wirklichkeitsgetreue« Darstellung, mit der Pajeken seine jugendlichen Leser anspricht, sondern eher das »Buntbewegte« an diesem Leben, das er mit den überlieferten Motiven und Topoi der Abenteuerliteratur auszugestalten versteht. Daß er seinem selbst vorgegebenen Ziel, Realität »wahrheitsgetreu« abzubilden, in seinen Abenteuererzählungen nicht nachkommt, wird Pajeken selbst gewußt haben, so schreibt er etwa über die Darstellung von Indianern: »Eine ganz genau wissenschaftlich wahrheitsgetreue Schilderung des roten Volkes ist in einer Erzählung, die fesseln, und in der das rote Volk eine Hauptrolle spielen soll, nicht ausführbar; dazu bietet der Indianer selbst zu wenig Stoff, da er nichts weiter als ein menschliches Wesen ist, das auf der frühesten Stufe der Entwicklung steht.«4 1

Friedrich Pajeken, Der Schatz am Orinoco. Eine Erzählung aus den Tropen Südamerikas. Für die reifere Jugend. Stuttgart o. J. Vorwort, o. S. Pajeken, Der Schatz, Vorwort. 3 Verlagswerbung, Nachschaltblatt zu Friedrich Pajeken, Martin Forster. Erlebnisse eines Knaben im wilden Westen. Stuttgart o. J. [1898]. 2

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Wie auch die anderen Schriftsteller der Abenteuerliteratur im 19. Jahrhundert übernimmt Pajeken für seine Erzählungen die poetische Forderung des prodesse et delectare, er will »nicht nur durch spannende Fabeln einige angenehme Stunden [...] bereiten, sondern auch wieder in belehrender Weise [...] einwirken.« 5 Mit der Forderung des unterhaltenden Belehrens, die er an seine Erzählungen stellt, versucht Pajeken seine pädagogische Intention zu unterstützen. Er betont die Wahrhaftigkeit seines Berichtes, seine Augenzeugenschaft und das »tatsächlich Erlebte«; in Digressionen, in denen er geographische, kulturelle und historische Details verarbeitet, hebt er den Charakter des prodesse hervor. Auch ihm gilt die Scottsche Dialektsprache, das geschickt verwendete Fremd- und Fachwort und die Fußnote, in der ein erklärender Kommentar zum Erzählten gegeben wird, als Mittel, seinen Erzählungen Wahrscheinlichkeit zu verleihen. 6 Die Handlung und das Abenteuergeschehen - und darin unterscheidet sich Pajeken trotz des Hervorhebens der Wahrhaftigkeit des Erzählten keineswegs von den anderen Abenteuerschriftstellern seiner Zeit - nimmt ihre Wahrscheinlichkeit jedoch nicht aus der Möglichkeit des realen Geschehens, sondern ebenfalls aus der bunten, traumhaften Welt der Kolportage: die Landschaft hat sich oft dem Handlungsverlauf zu fügen, 7 ein schwer erkrankter Westmann, der schon dem Tode nahe war, ist in kurzer Zeit wieder genesen (da der Handlungsverlauf dies erfordert), 8 auf »höchste Not« 9 folgt die knappe Rettung - und könnten einmal Zweifel an der Folgerichtigkeit des Geschehens auftauchen, so »hatte der liebe Gott tüchtig mitgeholfen«.' 0 Die Vehemenz, mit der Pajeken in Vorreden die Wahrhaftigkeit seiner Erzählungen betont, rührt also kaum von dem tatsächlichen Gehalt des Erzählten her, sondern hängt vielmehr mit seiner pädagogischen Wirkungsintention zusammen. Tatsächlich will Pajeken erziehend auf seine jungen Leser wirken - und zwar entgegengesetzt zur gängigen 4

Friedrich Pajeken, Mitaha-sa das Pulvergesicht. Eine Erzählung a. d. Westen Nordamerikas. Stuttgart o. J. Vorwort o. S. 5 Fr. Pajeken, Der Mestize. Stuttgart o. J. Vorwort, o. S. 6 So läßt er bspw. in einer Fußnote einen Kriegsgesang der Arrapahoes abdrucken, in Indianersprache und mit Notenschrift (Ges-Dur); vgl. Friedrich J. Pajeken, Bob der Fallensteller. Eine Erzählung aus dem Westen Nordamerikas. Leipzig 1914 (9. Aufl.). S. 107. 7 Vgl. Pajeken, Martin Forster, S. 104 u. Pajeken, Mitaha-sa, S. 75. 8 Vgl. Pajeken, Martin Forster, S. 116. 9 Fr. Pajeken, Jim der Trapper. Eine Erzählung aus dem wilden Westen Nordamerikas. Stuttgart u. Leipzig o. J. S. 101. 10 Pajeken, Jim der Trapper, S. 136.

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Abenteuerliteratur seiner Zeit; durch die starke Betonung des angeblich »realistischen« Charakters seiner Erzählungen will Pajeken diese gegenüber den anderen zeitgenössischen Schriften des Genres aufwerten und den Abenteuerromanen und -erzählungen, die ihre Leser in eine freie Traumwelt ausbrechen lassen, ihre Traum- und Scheinhaftigkeit als Stigma anheften. Schon Sophie Wörishöffer sprach die Jugend an, doch erweckte sie Lust an Abenteuer und Ferne - erinnert sei besonders an den Roman >Robert, der Schiffsjungen In Wörishöffers Romanen klingt das »Vater vergib mir« des verlorenen und zurückgekehrten Sohnes jedoch wie das Credo eines Ungläubigen, der Abenteurer kehrt nicht in die verhaßten, kleinlichen Verhältnisse zurück, die ihn zum Ausbruch veranlaßten. Pajeken hingegen versucht das Abenteuer als Erziehungsprozeß zur Einpassung in zuvor verhaßte Ordnungen zu gestalten; er versucht mit den Motiven und Topoi der Abenteuerliteratur die Lust des jugendlichen Lesers am Abenteuer vergehen zu lassen, obwohl er gerade mit dieser Lust seine Leser unterhält und fesselt. Dieses Vorhaben versucht er durch seinen angeblichen Realismus zu untermauern. Wie Sophie Wörishöffer, Rudolf Scipio und andere Schriftsteller, die Abenteuererzählungen »für die reifere Jugend« schrieben, nahm Pajeken für seine Erzählungen einen jugendlichen Helden als Identifikationsfigur. »An den guten Eigenschaften meiner Helden, mehr oder weniger Altersgenossen von euch, nehmt euch ein Beispiel«, 11 empfiehlt Pajeken und greift vor: »Mit dem jugendlichen Helden der Erzählung unternehmt ihr eine Fahrt auf dem Orinoco. Ihr wandert durch den Urwald und kommt zu dessen Bewohnern, den Karaiben; dann lernt ihr das Leben in einer Handelsstadt an dem Riesenstrome, sowie die Goldminen Venezuelas kennen, während ihr die mannigfaltigen Abenteuer des Helden verfolgt.-« 12 Der jugendliche Held der Romane Pajekens ist zumeist ein Knabe, der sich nicht mit dem engen Zuhause abfindet und von der »Freiheit des Westens« träumt. »Wie herrlich mußte es dort sein und wie beneidete ich die Leute, welche ungehindert dorthin reisen durften, während ich zu Hause bleiben mußte und Schreiber werden sollte. - Als ich nachts in meinem Bette lag und jämmerlich über die Schläge weinte, welche der Vater mir unter seinen wunderlichen Reden abends abermals verabreicht hatte, schoß mir plötzlich der Gedanke durch den 11 12

Pajeken, Der Mestize, Vorwort, o. S. Pajeken, Der Schatz am Orinoco, Vorwort, o. S.

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Kopf, daß es bei der grausamen Behandlung, die mir ohne triftigen Grund zuteil wurde, keine Sünde sein könne, wenn ich auf und davon liefe. War es nicht der einzige Ausweg, den ständigen Quälereien zu entgehen? Auf einmal stand mein Entschluß fest. Ich wollte nicht länger in dem Hause bleiben, wo ich wie ein Sklave behandelt wurde - fort wollte ich, hinaus in die Freiheit, auch nach dem fernen, schönen Westen.«13 Pajeken gebraucht das Ausbruchsmotiv, das auch zahlreichen anderen Abenteuerromanen und -erzählungen zugrunde liegt, bei ihm wird der Ausbruch aber nicht durch den Fortgang des Geschehens gerechtfertigt. Wie verwerflich dieser Ausbruch ist, bemerkt der jugendliche Abenteuerheld, als er - die Strafe Gottes - als vermeintlicher Pferdedieb von Räubern vom Galgen gerettet und in die Obhut von zwei redlichen Fallenstellern übergeben wird. Nun beginnt ein Läuterungsprozeß. Einer großen Zahl der jugendlichen Helden Pajekens ist gemein, daß sie zu Anfang der Erzählung jene »Untugenden« aufweisen, die bewirken, daß sie nicht zu »brauchbaren Gliedern« der Gesellschaft werden können; einer der genannten Fallensteller moniert: »Das muß mit dem Jungen anders werden, sonst wird nie etwas aus ihm. Er ist faul, Jack, grundfaul, und das müssen wir ihm austreiben.« 14 Pajeken läßt einen Prediger die Verkettung jener Untugenden schildern, die den Weg aus der Gesellschaft markieren. »>Trägheit ist aller Laster Anfangs heißt sein [des Predigers] Text, und dann erzählt er dir, wie aus dem Faulen ein Trinker und Spieler, aus diesem ein Dieb und schließlich aus dem Diebe ein Mörder wird.-«15 Diesen Untugenden gegenüber betont Pajeken die Tugenden, die das literarische Beispiel dem Leser vermitteln soll: »Wenn ihr die Schicksale meines Helden verfolgt, welcher, von seinen Eltern getrennt, schon als Knabe in dem fremden Lande und unter fremden Menschen darauf angewiesen war, sein Brot zu verdienen, werdet ihr sehen, wie es ihm durch treue Pflichterfüllung, Fleiß, Ausdauer und Gottvertrauen gelang, sich seinen Weg zu bahnen«. 16 Zusätzlich verlangt Pajeken »Gerechtigkeit [...] Ehrlichkeit und drittens: Solidität in sämtlichen geschäftlichen Unternehmungen.« 17 13

Pajeken, Bob der Fallensteller, S. 18. Pajeken, Jim der Trapper, S. 69. 15 Pajeken, Jim der Trapper, S. 127. 16 Fr. Pajeken, Das Vermächtnis des Invaliden. Eine Erz. a. d. Nordstaaten Amerikas. Stuttgart u. Leipzig o. J. Vorwort, o. S. 17 Fr. Pajeken, Bob der Millionär. Eine Erz. a. d. Westen Nordamerikas. Leipzig 1903 (3. Aufl.). S. 26. 14

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Die Schwierigkeiten, die die Vermittlung dieser Tugenden mit den Interessen und Wünschen des jugendlichen Helden in seiner Erziehung bereitet, lassen diesen ausbrechen, doch in dem Terrain, in dem er glaubt, sein gewünschtes Glück finden zu können, lernt er die Tugenden schätzen. Doch es bereitet Schwierigkeiten, die Abenteurer zum Leben in Mühe und Arbeit zu bewegen, wenn sie das Leben der Westmänner und freien Jäger schätzen gelernt haben. »Die größte Freude empfand er [Jim, der Abenteurer] an der Jagd, und wenn es möglich gewesen wäre, hätte er am liebsten tagaus, tagein mit der Büchse die Berge nach Wild durchstreift.« 18 Da die Hinwendung zu »redlicher Arbeit« unter solchen Umständen nur schwerlich zu erzielen ist, müssen sich die beiden väterlichen Freunde des Abenteurers anders beraten: »>Das ist des Pudels Kern!< rief Jim Forester eifrig. >Die Lust an Thätigkeit überhaupt muß in ihm zuerst erweckt werden, ist sie vorhanden, so fragt er nicht mehr nach der Art der Arbeit, sondern findet in jeder Beschäftigung die Freude am Schaffen und somit auch an dem Lohn.< «19 Schließlich war es nicht mehr die Tätigkeit - wie bei der Jagd und Pirsch -, die dem Protagonisten Freude bereitete, es wurde ihm zum »Vergnügen, daß er seine Arbeit nicht nur fleißig verrichtete, sondern auch bei derselben redlich bis zum Abend aushielt. - Erschöpft, aber äußerst behaglich, streckte er sich auf sein Lager in der Höhle aus, und mit einem Gefühl der Befriedigung, welches ihm bisher fremd war, schlief er ein.«20 Für jene »Westmänner«, die von sich behaupten, in Sachen, die ihnen behagen, nicht faul zu sein, hat der gewandelte Held nur noch eine »verächtliche Miene« übrig.21 Pajekens Protagonisten führen in ihrer Abenteuerwelt nicht das Leben, das ihnen in der alltäglichen Welt versagt bleibt, sie befreunden sich nicht mit dem, was sie dort nicht können, sondern mit dem, was sie dort müssen. Hat der Held im Westen gelernt, »musterhafte Ordnung« in seiner Blockhütte zu halten,22 hat er Pflichterfüllung, Fleiß, Ausdauer und all' jene Tugenden erlernt, die ihm zuvor nicht vermittelbar waren, so kann er auch ins Leben der Gesellschaft zurückkehren und dort die Verlassenen um Aussöhnung bitten: »>0! Verzeihe mir den Kummer, welchen ich dir in unbedachtsamer Weise bereitete^ schluchzte Kurt 18

Pajeken, Jim der Trapper, S. 68. Pajeken, Jim der Trapper, S. 70. 20 Pajeken, Jim der Trapper, S. 77. 21 Vgl. Pajeken, Martin Forster, S. 89. 22 Vgl. Pajeken, Jim der Trapper, S. 15. 19

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und legte seine Arme um den Hals des Vaters. >Ich will mich bemühen, fortan immer gehorsam und fleißig zu sein; ganz habe ich es einsehen gelernt, wie schlecht und untauglich ich war.< Der Abenteurer wird ein »brauchbarer Mensch«, 24 ein einfügsames Glied der Gesellschaft. »Zu den ersten Bewohnern des Ortes gehörten auch unsere Freunde, Jim Forester, Jakob Waldmann und dessen Sohn, Richard. Sie hatten mit dem kleinen Vermögen, welches Jim einst von seinen Eltern erbte, und das sich während der Zeit seiner Abwesenheit im fernen Westen durch Zins und Zinseszins beträchtlich vergrößerte, ein Geschäft gegründet, und ihre streng rechtliche Sinnesart, sowie ihre Bereitwilligkeit, allen zu raten und zu helfen, verschaffte ihnen nicht allein die Bürger zu Kunden, sondern auch deren höchste Achtung und Freundschaft.« 2 5 Hat der Protagonist Gefallen an Familie und Haus 26 gefunden, so ist auch der Weg zurück nach Deutschland offen, hat doch der ferne Westen alle Attraktivität verloren. »>Ist es kein Traum?< stieß er mit zuckenden Lippen hervor. >Zurück zur lieben, teuren Heimat? [...] Zurück nach Deutschland! O, Lisbeth, Gretchen! Hört ihr es?< Zitternd vor Erregung, zog er seine beiden Lieben an sich. Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der Welt!Der Indianer steht auf einer sehr niederen Kulturstufe und unterscheidet sich vom Tier kaum durch die Vernunft,< fuhr Jim Forester fort. >Daran scheitern auch wohl hauptsächlich alle Versuche der Regierung, die Urbewohner Amerikas zu Staatsbürgern zu erziehen, und da sie sich der Civilisation nicht unterwerfen wollen oder können, müssen sie derselben weichen. Ihr trauriges Los ist Untergang, 29

Pajeken, Jim der Trapper, S. 104. Pajeken, Martin Forster, S. 30/31. 31 Pajeken, Bob der Millionär, S. 191. 32 Fr. Pajeken, Verloren und gerettet. Eine Erzählung aus dem wilden Westen Nordamerikas. Leipzig 1908. S. 62. 33 Pajeken, Mitaha-sa, das Pulvergesicht, S. 59: »Bei den Arrapahoes ist übrigens der fabelhafte Mut zu bewundern, an dem sich mancher Weißer ein Beispiel nehmen könnte.« 30

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und - wer weiß - nach hundert Jahren befindet sich vielleicht kein Indianer mehr —Bob der Fallenstellen, >Bob der Städtegründer< und >Bob der MillionärBob der Fallenstellen, >Bob der Städtegründer< sowie auch das 34

Pajeken, Jim der Trapper, S. 52. Pajeken, Jim der Trapper, S. 40. 36 Pajeken, Martin Forster, S. 55; vgl. auch Pajeken Mitaha-sa, S. 17 und Bob der Millionär, S. 62, auch Pajeken, Jim der Trapper, S. 151. 37 Pajeken, Martin Forster, S. 9. 38 Pajeken, Bob der Millionär, S. 191. 39 Pajeken, Jim der Trapper, S. 83. 40 Verlagswerbung zu Fr. Pajeken, Der Teufel vom Minnetonka-See. Leipzig 1913. S. 1. In: Pajeken, Bob der Fallensteller, Anhang. 41 Fr. Pajeken, Bob der Städtegründer. Eine Erz. a. d. Westen Nordamerikas. Leipzig 1892; die anderen beiden Titel siehe Anm. 6 u. 17. 35

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vorliegende Buch für die königlichen Prinzen-Söhne von mir entgegenzunehmen.« 42 Mit dieser Trilogie greift Pajeken auf Züge Sealsfields und dessen Schilderung des Abenteurers und Staatengründers zurück. »In >Bob der Fallenstellen schilderte ich euch den Gründer der Familie, den Vorkämpfer der Zivilisation, in >Bob der StädtegründerBob der Millionär< endlich findet ihr den Gründer des Staates. Viele Mühen hat auch er zu überwinden, bis er den Ranchern (Viehzüchtern) und Farmern eine gesicherte Zukunft geschaffen hat, bis es ihm durch Anlegung von Minen in den erzhaltigen Bergen gelingt, den Einwandererstrom in das Territorium, in das noch kaum von Weißen bewohnte, wilde Land zu lenken; auch mit dem zwar schon stark unterdrückten, aber trotzdem immer noch kriegslustigen roten Volke muß er noch einen Kampf bestehen, bis seine Aufgabe gelöst ist.«43 War Sealsfields Staatengründer aber ein Abenteurer, der dem Gesetz und der Ordnung entfloh, der im stets neuen Ausbruch aus der ihm folgenden Ordnung sein Glück fand und dieser dabei den Weg bereitete, so erscheinen Pajekens Staatengründer als Vertreter der Ordnung, die dem flüchtigen Abenteurer den Fluchtweg abschneiden und dabei ihre Abenteuer erleben, als Hüter der Ordnung.

Die Volks- und Jugendschriftsteller In den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts begannen die Buchverleger und -Verkäufer einen neuen Markt zu entdecken, der sich größtenteils bei den weniger vermögenden Bevölkerungsschichten auftat. »Buchhändler und Verleger, Herausgeber von Zeitungen und Wochenblättern bestimmen die Marktlage auf der einen, das Lesebedürfnis neuer Lesemassen - der Begriff ist erst von 1860 an berechtigt - auf der anderen Seite.«1 Die Entwicklung des Buchdruckes, des Papiers und der Buchherstellung führte dazu, daß kostengünstiger und in höheren Auflagen produziert werden konnte, somit die Drucke auch ärmeren Bevölkerungsschichten erschwinglich wurden. 2 Diese preiswerten Schriften wurden zumeist als Heftchen gedruckt und durch Kolporteure vertrieben; dieses Hausieren sollte dem Handel 42

Pajeken, Bob der Millionär, S. 3. Pajeken, Bob der Millionär, S. 3. 1 Vgl. Schenda, S. 63. 2 Schenda, S. 64; vgl. auch Sarkowski.

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die Bereiche erschließen, die dem bisherigen »stationären« Buchvertrieb verschlossen blieben. Die Heftchen mit Abenteuererzählungen stellten allerdings nur einen Teil des Umsatzes im Kolportagevertrieb dar, 3 dennoch finden sich zahlreiche Heftchenreihen und Heftchenromane, in denen die Themen der Abenteuerliteratur sich immer wieder nachweisen lassen. Diese Heftchen enthielten entweder Fortsetzungsromane, die in sechzig bis zu mehr als hundert Lieferungen erschienen, oder sie wurden als Einzelheftchen herausgegeben, die abgeschlossene Geschichten enthielten und einer Sammlung oder Serie eingereiht waren. Bauten die Lieferungsromane darauf auf, sich durch den Fortsetzungscharakter ein festes Publikum zu sichern, so nutzten die Einzelheftchen den Teil des Publikums, der nur gelegentlich Heftchen kaufte. Seit Ende der siebziger Jahre entstanden zahlreiche Reihen, in denen diese Einzelheftchen erschienen. Sie nannten sich >Volks-BibliothekVolks- und JugendbibliothekErzählungen aus Heimat und FerneJugendbibliothekenBibliothek interessanter ErzählungenVolksbücherVolks- u. Jugenderzählungen< - es gab zahlreiche Namen für diese Serien, die oft hundert oder tausend verschiedene Titel enthielten und zumeist druckbogengerecht - 32, 48 oder 64 Seiten, somit billig - geschrieben waren. Zahlreiche Autoren betätigten sich als »Volkserzähler« und erzählten Geschichten aus dem wilden Westen und von Indianern, von Piraten, Räubern, Goldminen und ungehobenen Schätzen: Eginhardt von Barfus (1825 - 1909), Fritz Brentano (1840 - 1914), Carl Cassau (1840 - 1909), Robert Eule (1864 - 1932), Andreas Heinrich Fogowitz (geb. 1858), Ludwig Foehse (geb. 1849), Wilhelm Frey (1833 - 1909), Maximilian Fuhrmann (1862 - 1916), Jakob Otzen Hansen (1842 1905), Julius Gustav Andreas Hasselblat (1849 - 1907), Gustav und Oskar Höcker (1832 - 1911; 1840 - 1894) und Karl Müller (1819 1889); die Liste der Autoren ließe sich mühelos und seitenfüllend fortführen, hier nur eine Auswahl der bekanntesten »Volkserzähler«. Diese Schriftsteller waren jedoch nicht immer unter ihrem Namen bekannt, ein sehr großer Teil der Autoren nahm sich als »Volksschriftsteller« ein Pseudonym. Carl Cassau veröffentlichte unter dem Namen »Carl Western«, »Carl Adelsberg«, »C. Carl«, »Carl Burg«, »Carl von Ilmenau«, »C. von Falkenburg«, »C. v. Wolfshagen« (neben seinem tatsächlichen Namen), der Studienrat und Professor Robert Eule nannte sich »Fritz Pistorius«, Jakob Otzen Hansen war besser als »Felix Lilla« und »Valentin Fern«, Α. H. Fogowitz als »Heinrich Herold«, 3

Diese Arbeit, S. 3.

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»Willibald Römer« und »M. Wirth« bekannt, Karl Müller (ein doch ohnehin unverfänglicher Name) ließ seine Schriften als »Franz von Elling« und - bekannter - als »Otfried Mylius« erscheinen. Bei den »Volksschriftstellern« wurde ein Versteckspiel mit Pseudonymen gespielt, das weder zur damaligen, noch weniger aber in heutiger Zeit durchschaubar zu machen ist. Das Schreiben der »Volksschriftsteller« wurde handwerksmäßig betrieben. »[I]ch stenographiere jetzt so ein Heft in drei bis vier Stunden zusammen«, 4 läßt Robert Kraft einen Volksschriftsteller behaupten. Verarbeitet wurden zum größten Teil bereits vorhandene oder flüchtig ausgearbeitete Versatzstücke abenteuerlicher Handlungen, auf Zetteln wurde entworfen, die dann numeriert und zusammengeheftet weiterverarbeitet wurden. 5 Die Schriftsteller, die hier schrieben, waren durchaus nicht immer Unbekannte, doch sie zogen es vor, in dieser Rolle für das Publikum unbekannt zu bleiben. Bei der Heftchenliteratur ließ sich ein gutes Nebenbrot verdienen; untersucht man das Versteckspiel hinter Pseudonymen in diesem Bereich, so gewinnt die Aussage Robert Krafts, der sich in diesem Metier ausgezeichnet auskannte, an Überzeugungskraft: hinter den Pseudonymen verbargen sich auch vereinzelt bekannte Schriftsteller, die aus pekuniären Gründen zur Kolportage getrieben wurden. »>Da kommt ein Herr zu mir, legitimiert sich, daß er von dem Verleger den Auftrag erhalten hat, nimmt den ganzen Schwamm - nämlich die hundert [bereits vorher gemalten] Bilder [zu denen Heftchentexte geschrieben werden sollten] - mit sich nach Hause. In fünf Wochen hat er dem Verleger die hundert Indianergeschichten geliefert, fix und fertig, bon, brillant, tadellos. Und wissen Sie, wer der Schreiber war?< / >Nun?< / Wichtelmann beugte sich vor und nannte flüsternd einen Namen. / >Das ist doch nicht möglich!!< / >Jawohl! Und warum soll das nicht möglich sein? Weil seine Romane auf jedem Salontisch liegen? Weil er eine gefeierte literarische Größe ist? Ja, sehen Sie! Da habe ich es erfahren. Der schreibt auch Schundromane. Und wie! Ganz fabrikmäßig. [...] Der hat eben immer ein halbes Dutzend Stenographen zu Hause sitzen.Das Blockhaus im Urwalde oder Ned Greenwood, der TrapperJohn Bradley, der Squatter. Eine Erzählung aus TexasNathan, dem Squatter-RegulatorOtaitsa, die Tochter des HäuptlingsLegitimen und die Republikaner (>Tokeah oder Die weiße RoseDer Apachenwürger< erinnert an Birds >WaldteufelUnter den GambusinosWaldläuferRobinson Crusoe. Eine schöne lehrreiche Geschichterowohlts monographien< (Bd. 104), Reinbek bei Hamburg 1965 mit zahlreichen Abbildungen. Zur Biographie vgl. ebenfalls Helmut Schmiedt, Karl May. Studien zu Leben, Werk und Wirkung eines Erfolgsschriftstellers. Königstein 1979. Als detailliertere biographische Untersuchungen sind auch die Arbeiten Hainer Plauls und Klaus H o f f m a n n s in den Jahrbüchern der Karl May Gesellschaft hervorzuheben. 3 Vgl. May, Mein Leben und Streben, S. 8. 4 Karl May, Ardistan und Dschinnistan. Bd. 1. Herrsching, Wien [Pawlak Verlag] o. J. S. 29. Es ist mittlerweile auch über den Kreis der May-Forscher hinaus bekannt, daß die sogenannte >Bamberger-Ausgabe< (Bamberg, KarlMay-Verlag, 1961 ff.) »durchweg bearbeitet« (Wollschläger) ist, »nicht nur die Verkürzungen, auch die zahllosen >Verbesserungen< verhindern das verläßliche Nachmessen MAY'scher Irrgänge.« Arno Schmidt, Sitara und der Weg dorthin. Frankfurt a. M. 1969. S. 12) Zu wissenschaftlichen Zwecken ist daher ein Rückgriff auf die sogenannte >Fehsenfeld-Ausgabebirkene HansOfentopfe< einzuweichen, u m ihn elastischer und also eindringlicher zu machen.« 6 Gleich nach der Geburt erkrankte May, er erblindete wahrscheinlich aufgrund mangelnder Hygiene in den ärmlichen häuslichen Umständen. 7 D i e Erblindung währte bis zu seinem vierten Lebensjahre; dann brachte ihn seine Mutter nach Dresden. Dort hatte sie eine Hebammenausbildung abgeschlossen und zwei Ärzte kennengelernt, die die Diagnose stellten und den Jungen auf diätetischem Wege 8 heilten. Der Vater wollte dem Sohn eine Erziehung geben, die diesen aus dem Weberelend herauskommen ließ, war sich aber über Mittel und Wege nicht im klaren, wie er dem Jungen die Tore zu e i n e m besseren Leben ö f f n e n könnte, die ihm verschlossen geblieben waren. O h n e Rücksicht auf seine Persönlichkeitsentwicklung wurde Karl May mit bearbeiteten Bände der >Radebeuler-Ausgabe< (Radebeul 1913 - 1945) ist zu verweisen (Bearbeitungsverzeichnis siehe Heinz Stolte, Der Volksschriftsteller Karl May. Bamberg 1979 [2. Aufl.; 1. Aufl. Leipzig 1936], S. 167f.). Es empfiehlt sich bei den anderen, nicht in dieser Ausgabe erschienenen Bänden eine Benutzung der in jüngster Zeit erschienenen fotogr. Nachdrucke (Olms Verlag, Graff/Karl-May-Verlag, Pustet-Verlag, Karl-May-Gesellschaft u. a.), auch die Neuausgabe der Werke beim Pawlak-Verlag, Herrsching/Wien o. J., die 74 Bände umfaßt, ist durchaus brauchbar und kann - wenn andere Ausgaben nicht verfügbar sind - zu wissenschaftlichen Zwecken verwendet werden, wenn auch, mit Rücksicht auf ein großes Publikum, die Orthographie der heutigen Zeit angepaßt wurde und die Fußnoten, die zur eigentümlichen literarischen Form zahlreicher Abenteuerromane gehören, in Klammern dem erläuterten Wort nachgesetzt wurden. 5 Wollschläger, May, S. 14. 6 May, Leben und Streben, S. 10. 7 Vgl. May, Leben und Streben, S. 16; näheres zur Augenerkrankung vgl. Hans Wollschläger, >Die sogenannte Spaltung des menschlichen Innern, ein Bild der Menschheitsspaltung überhaupt.< Materialien zu einer Charakteranalyse Karl Mays. In: Jahrbuch der Karl May Gesellschaft 1972/73. Hamburg 1972. S. 24f. Vgl. auch Arno Schmidt, Abu Kital. Vom Neuen Großmystiker. In: Dya na Sore. Gespräche in einer Bibliothek, Karlsruhe 1958. S. 159. Schmidt führt die Erblindung auf die Folge von Mangelkrankheiten zurück. 8 Wollschläger, Die sogenannte Spaltung, S. 24. 209

ungeordnetem Wissen überhäuft. Er berichtet: »Er [der Vater] holte allen möglichen sogenannten Lehrstoff zusammen, ohne zu einer Auswahl befähigt zu sein oder eine geordnete Reihenfolge bestimmen zu können. Er brachte Alles, was er fand, herbei. Ich mußte es lesen oder gar abschreiben, weil er meinte, daß ich es dadurch besser behalten könne. Was hatte ich da alles durchzumachen! Alte Gebetbücher, Rechenbücher, Naturgeschichten, gelehrte Abhandlungen, von denen ich kein Wort verstand. Eine Geographie Deutschlands aus dem Jahre 1803, über 500 Seiten stark, mußte ich ganz abschreiben um mir die Ziffern leichter einzuprägen. [...] Es war eine Verfütterung und Ueberfütterung sondergleichen.«9 Als anderen prägenden Einfluß auf die Entwicklung während seiner Kinderjahre, besonders auch aus den Jahren seiner Blindheit, erwähnt May immer wieder seine Großmutter. Sie erzählte Märchen und biblische Geschichten: »Großmutter erzählte eigentlich nicht, sondern sie schuf; sie zeichnete; sie malte; sie formte. Jeder, auch der widerstrebendste Stoff gewann Gestalt und Kolorit auf ihren Lippen. Und wenn zwanzig ihr zuhörten, so hatte jeder einzelne von den zwanzig den Eindruck, daß sie das, was sie erzählte, ganz nur für ihn allein erzähle. Und das haftete; das blieb.«10 Hier mag May ein erstes Mal auf die biblischen Geschichten getroffen sein, die ihm dann wieder begegneten, als der Vater neben zahlreichen anderen Büchern auch die Bibel geborgt hatte und der Sohn sie wiederholt durchlas.11 Doch der Einfluß der Großmutter mag gar nicht so groß gewesen sein, wie May angibt,12 auch der Einfluß eines bibliographisch nicht nachzuweisenden Buches mit dem Titel »Der Hakawati. d. i. der Märchenerzähler in Asia, Africa, Turkia, Arabia, Persia und India sampt eyn Anhang mit Deutung, explanatio und interpretatio auch viele Vergleychung und Figürlich seyn von Christianus Kretzschmann der aus Germania war. Gedruckt von Wilhelmus Candidus A.D.M.D.C.C.«, das Märchenbuch, aus dem nach Mays eigenen Angaben 13 im häuslichen Kreise vorgelesen wurde, wird eine spätere Erfindung Mays sein.14 Wahrscheinlicher klingen da schon Mays Erinnerungen an seinen Pa9

May, Leben und Streben, S. 53. May, Leben und Streben, S. 29. 11 So gibt May jedenfalls in seiner Autobiographie an. Vgl. May, Leben und Streben, S. 67. 12 Vgl. dazu Wollschläger, May, S. 16; diesem Urteil folgt Klaus Hoffmann, Zeitgenössisches über >ein unwürdiges Glied des LehrerstandesGeniestreichDr. Karl May, genannt Old ShatterhandVenustempelSchwarzen Buch / Verbrecher Gallerie< und dem >Buch der Liebe< (bei dem May die 3. Abteilung >Die Liebe nach ihrer Geschichte< geschrieben hat), 44 wohl zu treffen wußte. Nun beginnt Mays langer Weg vom Verfasser kleiner Dorfgeschichten, der unter zahlreichen Pseudonymen schreibt, bis zum Autor jenes allegorischen Spätwerkes, das ihm von Arno Schmidt die ehrende Bezeichnung des »letzten Großmystikers« 45 eintrug. Mays Weg geht über verschiedene Verleger; 1877 trennt er sich von Münchmeyer und gibt bei Bruno Radelli (Dresden und Leipzig) die Unterhaltungszeitschrift >Frohe Stunden< heraus, 1879 wird er Mitarbeiter bei der katholischen Familienzeitschrift >Deutscher Hausschatz< des Regensburger Verlegers Friedrich Pustet, bei dem er neben verschiedenen anderen umfangreichen Erzählungen das frühe Werk >Giölgeda padishanün< (7. Jg., 1880/81), aber auch - nach vorübergehender Entzweiung - das späte Werk >Der Mir von Dschinnistan< 46 veröffentlicht. Ebenfalls 1879 führt er mit seiner ersten Buchveröffentlichung, >Im fernen WestenSagen und Legenden vom Mississippi in einem Band bei Neugebauer in Stuttgart erscheint, zu den »dark and bloody grounds« des Westens. Ab Herbst 1882 schreibt May wieder für Münchmeyer, der sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet und May - wohl durch Beistand von dessen 1880 angetrauter Frau Emma - für die Niederschrift von fünf umfangreichen Lieferungsromanen gewinnt. 1887 bricht May allerdings mit Münchmeyer, es folgt eine Zeit der finanziellen Not, 47 obwohl er seit 1887 noch bei der Jugendzeitschrift >Der gute Kamerad< mitarbeitet; die dort veröffentlichten Erzählungen erscheinen ab 1890 beim Stuttgarter Union Verlag in Buchform. Im Jahre 1891 schließt er einen Vertrag mit dem Verleger Friedrich Ernst Fehsenfeid (Freiburg i. 43 44 45 46

47

Wollschläger, May, S. 46. Vgl. Wollschläger, May, S. 47. Schmidt, Abu Kital, S. 193. Erfreulich ist der Fotorepr. Nachdruck der >Hausschatz-Veröffentlichungen< Mays durch die Karl-May-Gesellschaft und die Buchhandlung Pustet, Regensburg 1976ff. Vgl. Maschke, Karl May und Emma Pollmer, S. 41.

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Br.), der seit 1892 die Reihe der Reiseromane (die später in >Reiseerzählungen< umgewandelt werden) mit der Buchausgabe des Zeitschriftenromans >Giölgeda Padishanün< unter dem Titel >Durch Wüste und Harem< (später: >Durch die WüsteIm Reiche des silbernen LöwenUnd Friede auf Erden!Ardistan und Dschinnistan< und >Winnetou IVIm Reiche des silbernen Löwen< und >Ardistan und Dschinnistandark and bloody grounds< kolportiert werden und Ruhm und Ehre der >Helden des Westens< begründen. Wenn die >Helden des Westens< zusammenkommen, ergibt sich so etwas wie eine >neue Artusrunde< von freien Westmännern, deren Taten jedoch nicht dem Ruhm eines gesellschaftlichen Standes zukommen, sondern dem einzelnen, der durch die Taten seine Persönlichkeit konstituiert. Der Westmann und der Wüstenläufer erfüllen dabei das Wunschbild einer Persönlichkeitsentwicklung, in die die Träume von Autor und Leser eingehen, die die Realität aber versagt. Als Pendant dazu erscheint Winnetou, der >rote Gentlemanedlen Wildem) eine vage Gesellschaftskritik in Form einer Zivilisationskritik andeutet; Winnetou erscheint als Träger der menschlichen Eigenschaften, die auch seinen Bruder Shatterhand in ähnlicher Weise auszeichnen, wobei diese bei Winnetou - als dem unverdorbenen Sohn der Wildnis - als naturgegeben, ursprünglich und allgemein menschlich erscheinen. May hatte seine Reiseschriften in der Ich-Form konzipiert. Dieses literarische Mittel, die phantastischen Abenteuerromane spannend und glaubhaft zu gestalten, bekam bald einen anderen Wert. Vom Publikum, das Kara Ben Nemsi und Old Shatterhand gern durch Wüsten 79

May, Winnetou, Bd. 1, S. 51. May, Old Surehand, Bd. 1, S. 88. 81 May, Old Surehand, Bd. 1, S. 86. 82 May, Durch die Wüste, S. 245/246. 83 May, Durch die Wüste, S. 245. 84 Vgl. May, Old Surehand, Bd. 2, S. 1/2; Bd. 3, S. 125. 80

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und Steppen folgte und sich fiktiv in der Identifizierung mit den Helden auch zu Wüsten- und Prairieläufern ausbildete, wurden die Protagonisten der Ich-Erzählungen mit May identifiziert. Die Person Karl Mays wurde zum augenscheinlichen Beweis der gewünschten Realität und so zum lebenden Agenten ihrer Reise in die wirkliche Traumwelt des Wilden Westens. May sah seine Aufnahme in die edle Runde der Westmänner nicht ungern. Die Verehrung und Erhöhung, die dem vielgeschmähten, leiderfahrenen ehemaligen Zuchthäusler damit zukam, überwand den Widerspruch; er »vermochte nicht der Versuchung zu widerstehen, die Zuneigung, die sich so jäh millionenfach seinen Ich-Idealen zuwandte, dem eigenen Ich zuzulenken.« 85 Doch es war nicht allein jener publikumsbezogene Aspekt, verbunden mit einer nicht weltfremden Geschäftstüchtigkeit, 86 der May bewegte nun auch in der Realität die Rolle seines Kara Ben Nemsi und Old Shatterhand anzunehmen; »er spielte diese Rolle nur, weil er selbst noch viel dringlicher zu sein begehrte, wie er sein Ich-Ideal gebildet hatte.« 87 So gab er sich alle Mühe, seinem Ich-Ideal auch in der Heimat gleich zu werden. Längst schon drückte sich die Gelehrheit Shatterhands in seiner eigenmächtig vorgenommenen Promotion zum Doktor der Philosophie aus; als er 1896 in die Villa Shatterhand in Radebeul umzog, richtete er sich dort mit Requisiten seiner Traumwelt ein, in der er zu leben begann. Sein Arbeitszimmer zierten Jagdtrophäen, Schießeisen, Felle, bunte Tücher und allerlei exotische Gegenstände. Hier schrieb er und lebte mit seinem Diener Hadschi Halef Omar und seinem Freund Winnetou. »Die momentane Identifizierung mit diesen Gestalten ging so weit, daß May nicht nur seine bürgerliche Erscheinung mit den IchSchöpfungen seiner Phantasie (Kara Ben Nemsi und Old Shatterhand) vertauschte, sondern auch mit seinen übrigen Figuren wie mit Lebenden sprach und lachte; es ist überliefert, daß er beim Erzählen in der Erinnerung an den Tod Winnetous tränenüberströmt und schluchzend innehalten mußte.« 88 Im Jahre 1896 läßt sich May in Jagdhemd und Wüstenkleidung als Old Shatterhand und Kara Ben Nemsi fotographieren, den Henrystutzen, einen Tschibuk und Winnetous Silberbüchse in der Hand. 89 85 86 87 88 89

Vgl. Wollschläger, Die sogenannte Spaltung, S. 53. Vgl. dazu Roxin, Dr. Karl May, S. 37. Roxin, Dr. Karl May, S. 36. Roxin, Vorläufige Bemerkungen, S. 80. Dem aufmerksamen Leser allerdings mußte May den Widerspruch erklären, wie denn die Silberbüchse zugleich in Winnetous Grab und der Villa Shatterhand sein könne. Im >01d Surehand< erfindet er so die Geschichte von der

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In einem Artikel stellt sich Dr. Karl May, genannt Old Shatterhand, resp. Kara Ben Nemsi, seinen Hausschatz-Lesern vor. Er berichtet von einem unverschämten Leser, den er Shatterhands Händedruck spüren läßt, 90 und von hinter ihm gehenden Realschülern, die tuscheln: »Er hat etwas krumme Beine; in dunklen Hosen sähe man es nicht so deutlich. Wahrscheinlich vom vielen Reiten; das drückt die Knochen rund!« 91 Auch die Bilder des West- und Wüstenmannes werden dort abgedruckt. Aus Mays >Reiseromanen< sind mittlerweile >Reiseerzählungen< und >-erlebnisse< geworden. May erreicht nun den Höhepunkt seiner Popularität. Im Jahre 1899 endlich will Kara Ben Nemsi seine Wirkungsstätten in der Realität kennenlernen, May tritt eine Orientreise a n ; aus Kairo erklärt er in einem Brief: »Jetzt gehe ich nach dem Sudan; dann über Mekka nach Arabien zu Hadschi Halef«. 92 Seinen Halef, Hanneh und den Stamm der Haddedihn hat er nie gefunden, vielmehr begegnete er einer ihm fremden Welt, die kaum etwas mit der Welt seiner Romane gemein hatte. »Was keine konstruktive Selbstkritik vermochte [...], ist aus der bloßen Begegnung mit der Realität gelungen: vor ihr hat May das Fürchten gelernt.« 93 Seinen Verehrern in Deutschland gegenüber gibt sich May noch als Kara Ben Nemsi, er verschickt Ansichtskarten, die seinen Orientaufenthalt belegen sollen. Seine Reise gestaltet er allerdings wie jene in seinen Romanen geschmähten Touristen und Sommerfrischler nach Baedekers Besichtigungsplan. 94 Nach außen versucht er noch sein Bild als Abenteurer und Weltreisender zu bewahren, eine Fassade, hinter der sich ein völliger Zusammenbruch verbirgt. Am 17. September 1899 schreibt er in Aden das Gedicht >Ich bin so müd, so herbstesschwer< und vermerkt: »Habe hierbei bitterlich, zum Herzzerbrechen geweint.« 95 Mit diesem Zusammenbruch, den Mays kunstvoll erbaute Abenteuerwelt durch den Anstoß der Realität auf seiner Orientreise Graböffnung durch die Sioux und der Sorge um abermalige Entweihung des Grabes, die ihn das Gewehr an sich nehmen ließ. (May, Old Surehand, Bd. 3, S. 328ff.) 90 Vgl. Karl May, Freuden und Leiden eines Vielgelesenen. In: Deutscher Hausschatz. XXIII Jg. 1896/1897. No. 1. S. 3. " May, Freuden und Leiden, Hausschatz, No. 2, S. 17. 92 May an Johann Dederle, zit. n. Hans Wollschläger u. Ekkehard Bartsch, Karl Mays Orientreise 1899/1900. Dokumentation. In: Jahrbuch der Karl May Gesellschaft 1971. Hamburg 1971. S. 169. 93 Wollschläger, May, S. 103. 94 Vgl. Wollschläger/Bartsch, S. 173. 95 Wollschläger/Bartsch, S. 182.

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1899/1900 erfuhr, fiel der Beginn einer in der Literaturgeschichte wohl beispiellosen Auseinandersetzung zusammen, die um die Person Mays geführt wurde und bis zu seinem Lebensende währte, ja noch darüber hinaus weiter ging. Übersät war diese Auseinandersetzung mit einer Vielzahl von Prozessen, Stück für Stück wurde die Vergangenheit hervorgeholt, der sich der mittlerweile angesehene Autor >frommer Büc h e s entkommen glaubte. Während Mays Abwesenheit 1899 hatte sich Fedor Mamroth, Feuilletonredakteur der f r a n k f u r t e r ZeitungKölnischen ZeitungIm Reiche des silbernen Löwen (Bd. 3 u. 4)Winnetou IV< und >Ardistan und Dschinnistan< den Faden der Reiseerzählungen auf und verwebt ihn (mit Anspielung auf seine Lebensgeschichte und die aktuellen Auseinandersetzungen um ihn) in eine allegorische Darstellungsweise, wobei die Aussage mehrdeutig wird. Das »Karl-May-Problem« erklärt der Autor dabei, »wie das Problem jedes anderen Sterblichen«, zum »Menschheitsproblem im Einzelnen«. 101 Zum Problem wurde es für May erst, als er erkannte, daß er »kein Ganzes mehr sei, sondern eine gespaltene Persönlichkeit, ganz dem neuen Lehrsatze entsprechend, nicht Einzelwesen, sondern Drama ist der Mensch.« 102 Diese gespaltene Persönlichkeit suchte ihre Identität, traumhaft wurden die Leiden der Realität im Zug durch die Wüste und die >dark and bloody grounds< 99 100

101 102

May, Leben und Streben, S. 141. Brief von May an H. Kirsch v o m 4. 4. 1901; abgedr. in den Mitteilungen der Karl-May-Gesellschaft. Nr. 2. Hamburg 1969. S. 16. May, Leben und Streben, S. 300. May, Leben und Streben, S. 111.

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wiederholt, der dort Besiegte wurde hier zum Sieger, den die Oasen in der Wüste und der Rettungsengel in Ardistan vor dem Verdursten bewahrten, indem sie durch die Behebung von Mangel und Darben einen Ausblick auf ersehntes Glück gaben. Die Suche nach dem Stern, der ihm leuchtet und den er noch nicht gesehen hat, tritt Kara Ben Nemsi im ersten Band von >Ardistan und Dschinnistan< an. »Denn nur derjenige Stern kann der deinige sein, den du selbst zu finden verstehst. Wenn Gott, der Herr, es will, wirst du ihn in Dschinnistan erblicken, sobald er dort über deinem Haupte steht.« 103 Übernimmt man diese Metaphorik der Identitätssuche, so ist die Suche nach dem Stern das Thema des gesamten Werkes Mays. In Dschinnistan, im >Reiche der EdelmenschenArdistan und DschinnistanArdistan und DschinnistanHakawati< May.

103 104 105 106 107

May, Ardistan und Dschinnistan, Bd. 1, S. 16. May, Ardistan und Dschinnistan, Bd. 2, S. 431. Vgl. dazu Ueding, Der Traum des Gefangenen, S. 83f. Vgl. Ueding, Der Traum des Gefangenen, S. 84. Vgl. May, Im Reiche des silbernen Löwen, Bd. 3, S. 564.

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Robert Kraft Oft wurde er mit Karl May verglichen. » E i n Autor im Range mindestens von Karl May, ihn an Erfindungsgabe noch übertreffend.« 1 Der Münchmeyer-Verlag warb mit ihm als einem »zweiten Karl May« und einem »deutschen Jules Verne« 2 (eine Bezeichnung, die ihm allerdings mißfiel), 3 seine Abenteuer des >Detektiv Nobody< wurden 1920/21 verfilmt, sein R o m a n >Die Rätsel von Garden-Hall< diente als Vorlage zu dem Film >Die Gespenster von Garden-HallVerlorenen SohnDie Vestalinnen< an. Als Vorzug des von Kraft 1895 verfaßten und beim Münchmeyer-Verlag erschienenen Erstlingswerkes preist der Verlag es gegenüber den R o m a n e n Mays als eine »Reiseschilderung, die nach wirklichen Erlebnissen geschrieben ist«. 5 Es wird die werbewirksame 1

Vgl. Dr. S. Friedländer, Wer ist Robert Kraft? Etwas vom Schmökern. In: 1. Beilage des Berliner Börsen-Courier. Nr. 31. Mittwoch, 20. Jan. 1926; ein ähnliches Urteil auch bei Klein, Die Krise des Unterhaltungsromans, S. 173 und bei Charlotte Bühler, Zur Psychologie der Volksliteratur. Karl May, Robert Kraft, Friedrich Gerstäcker, Alexander Dumas. In: Hochwacht. Jg. 1918. S. 3 1 9 ; im Gegensatz dazu aber das beim Vergleich zu May vernichtende Urteil bei Nemo [d. i. Dr. Franz Sattler]: Einer, vor dem man warnen muß. In: Österreichische Volkszeitung. Warnsdorf. Unterhaltungsblatt. Nr. 20. 1909.

2

Vgl. den Verlagsprospekt vom H. G. Münchmeyer-Verlag vom November 1907. Brief von Robert Kraft an Euchar A. Schmid, Hamburg, d. 27. Febr. 1916; im Besitz von Herrn Roland Schmid, Bamberg, Karl-May-Verlag. Der Grund dafür könnte in der von Albert Klein konstatierten »Misere der deutschsprachigen Abenteuerliteratur« liegen. Die Abenteuerliteratur konnte, »von wenigen Ausnahmen abgesehen, selten außerhalb des Kolportagebetriebs oder der Jugendliteratur Fuß fassen« (vgl. Klein, S. 173). Krafts Schriften sprachen ein überwiegend erwachsenes Publikum an und ließen sich weniger gut als Jugendbücher verkaufen (wie später die Schriften Mays). Kraft geriet als Kolportageschriftsteller (was vielfach mit »Schundschriftsteller« gleichgesetzt wurde) in Vergessenheit.

3

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5

Vgl. Verlagszirkular der Fa. H. G. Münchmeyer, Dresden-Niedersedlitz.

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Legende geschaffen, Kraft habe ein langjähriges Abenteuerleben hinter sich: »Wer aber dürfte sich mit mehr Recht als er an die Aufgabe wagen, eine Reiseerzählung zu schreiben? Welchem Schriftsteller dürfte der Leser so getrost vollen Glauben schenken, wie dem vielerfahrenen Robert Kraft?« 6 Es handelt sich nun bei dem angesprochenen Werk >Die Vestalinnen< nicht um eine Reiseerzählung, sondern um einen spannenden, umfangreichen, abenteuerlichen Kolportageroman. Und ebenso, wie die Charakterisierung dieser Schrift als Reiseerzählung unzutreffend ist, ist auch die Legende von einem j ahrelangen Abenteuer· und Vagabundenleben Krafts unzutreffend und übertrieben. Obwohl Kraft, als er sich der Schriftstellern widmete, bereits ein abwechslungsreiches und ungewöhnliches Leben hinter sich hatte, ist seine Zeit als Abenteurer und Weltenbummler bedeutend kürzer, als so oft vermutet. Kraft trug zu diesem Mißverständnis (wohl um die Verlagswerbung nicht zu beeinträchtigen) durch ungenaue und mißverständliche Angaben seinen Teil bei. Geboren wurde er am 3. Oktober 1869 in Leipzig. Sein Vater Emil war ein wohlhabender Mann. Die Kraftsche Weinstube >Der goldne Elephant< in der Hainstraße war schon lange in Familienbesitz. Dort verkehrten vorwiegend die in Leipzig ansässigen Offiziere und Militärs. Emil Kraft betrieb außerdem eine gutgehende Weinhandlung. Mögen so die materiellen Voraussetzungen der Familie gut gewesen sein, Kraft resümierte später, auf seine Kindheit zurückblickend: »Wirklich, solange ich mich noch zurückentsinnen kann, bis ins vierte und sogar dritte Lebensjahr, fühlte ich mich unglücklich.« 7 Robert Kraft war das vierte von fünf Kindern, nach der Geburt seiner jüngeren Schwester hatten sich seine Eltern scheiden lassen. Die Folgen beklagt er später: »Ich war immer, immer allein. Aber meine Mutter habe ich nicht mehr gekannt, mein Vater war zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt, es kam kein Mensch, der mich einmal mit anderen Augen betrachtet hätte«. 8 6

Verlagszirkular, im Beitext zu den Heftchen der >Vestalinnen< behauptet der Verlag gar, Kraft habe fast alle Personen des Romans, besonders die amerikanischen Damen, die sich auf die Abenteuerfahrt begeben, gekannt. 7 Kraft, Eine kurze Lebensbeschreibung, S. 5. 8 Kraft, Das Glück von Robin Hood, S. 93. Dieser Roman (einer der lesenswertesten) Krafts trägt stark autobiographische Züge. In den beiden Protagonisten Wichtelmann und Thomas Morrus ist Kraft wiederzufinden. Verschiedene Angaben sind allerdings mit großer Vorsicht zu betrachten. Notwendig ist hier - wie bei allen Kraft-Büchern - der Rückgriff auf antiquarische Ausgaben, falls sie zu wissenschaftlichen Zwecken benutzt werden sollen. Wie nahezu alle Kolportage-Schriften sind auch Krafts Werke vom Verlag schon in der Erstausgabe bearbeitet, dennoch ist ein Rückgriff auf die

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Neben den unglücklichen Umständen in seinem Elternhause, geprägt durch Familienstreitigkeiten, mutterlose Erziehung und einen strengen, unnachsichtigen Vater, hatte Kraft eine nicht minder unglückliche Schulzeit zu ertragen. Er kam zur Thomas-Schule in Leipzig. »Es war für mich eine unglückliche Kindheit; ich bin als Kind nicht in die Schule, sondern in die Strafanstalt gegangen, und wenn ich manchmal von meiner Schulzeit träume, so wache ich unter einem Angstschrei und unter Angstschweiß auf, und dann danke ich dem lieben Gott, daß es nur ein Traum war.« 9 Robert Kraft war in den Jahren seiner Kindheit stets isoliert und einsam, der wohlhabende Vater konnte sich nicht um ihn k ü m m e r n und ließ ihn durch eine Kinderfrau erziehen, die er aber wohl nicht recht mochte. Zuhause fühlte er sich überflüssig, in der Schule zog ihm ein stark bemerkbarer Sprachfehler, er stotterte und »stieß an«, den Spott seiner Mitschüler z u - »und w e n n mich jemand mit verständnisvollen Augen beobachtet hätte, so würde ihm schon das aufgefallen sein, daß ich nie, niemals einen Spielkameraden gehabt habe.« 1 0 Mit Trotz lehnte sich Robert Kraft gegen seine Umwelt auf, er versuchte dazu im Gegensatz eine eigene, entgegengesetzte Lebensweise aufzubauen, eine asketische, die den Verzicht auf sein Zuhause und auf frühen Ausgaben geboten. Doch ist zu beachten, daß ein Teil der unter Krafts Namen erschienenen Schriften in großen Teilen gar nicht von ihm verfaßt sind (bspw. >Detektiv Nobody< und >Loke KlingsorAus dem Reiche der Phantasie< entgegenzusehen, die der Karl-May-Verlag plant (lt. Auskunft von Herrn Roland Schmid, Bamberg). 9 10

Kraft, Das Glück von Robin Hood, S. 93. Kraft, Das Glück von Robin Hood, S. 93. 231

soziale Beziehungen ihm ertragbar machen sollte, indem sie Verzicht und Verachtung der dort erfahrenen Werte zur Tugend erhob: »Meine Verachtung schon als Kind erstreckte sich gegen das Leben und alles, was andre in diesem Leben begehrenswert finden. Ein artiges Kind erstrebt das Lob des Lehrers. Ich stellte mich in der Schule dümmer, als ich war, weil ich das Lob des Lehrers verachtete. Tatsache! Ich schwieg oft mit Absicht, machte mit Absicht Fehler. Wenn man müde ist, begehrt man das Bett, womöglich ein recht weiches. Ich legte mich mit Vorliebe neben dem Bett auf dem Fußboden nieder, weniger im Sommer, da ist das keine besondere Kunst, sondern im kalten Winter. Mein Butterbrot vertauschte ich in der Schule regelmäßig mit dem trockenen eines andern, nicht etwa aus Mitleid, sondern aus einem undefinierbaren Trotz, aus Verachtung gegen die Butter - >Habe ich ja gar nicht nötig !< Und das trieb ich bis ins kleinste. Mit Raffinement suchte ich alles aus, wogegen ich meine Verachtung zeigen konnte.« 11 Wahllos las der Junge Bücher, die ihm in die Hand fielen; im kindlichen Spiel konnte er sich eine Eigenwelt aufbauen, in der sich leben ließ. »Ich galt für einen unverbesserlichen Spielhans.« berichtet er. »War es auch. Ich malte in den Sand ein Schiff, da setzte ich mich hinein und fuhr nach Amerika, oder vielmehr auf Entdeckungsreisen, fand fremde Erdteile und Inseln, eroberte sie, kolonisierte sie — na, Sie verstehen doch. Ich hatte schon als kleines Kind eine lebhafte, um nicht zu sagen glühende Phantasie«. 12 Die Phantasiewelt früher Leseerfahrungen und kindlichen Spiels kollidierte aber immer wieder mit der Welt des Vaters, der ihn einen »faulen, dummen Spielhans« schalt, Kraft entwickelte eine »Doppelnatur« (Kraft); einerseits, dem Rückzug in seine Phantasiewelt entsprechend, »[e]insam, menschenscheu, träumerisch, schüchtern - und dann wieder wild bis zum Exzeß«, 13 dem Auflehnen gegen die Welt des Vaters und der Schule entsprechend, in der er unbeachtet und überflüssig blieb. Im zehnten Lebensjahre führte der ständige Konflikt mit seiner Umwelt zu einem Selbstmordversuch. »In meinem zehnten Jahre vergiftete ich mich mit Arsenik. Ohne Grund, ohne Vergehen, ohne Strafe fürchten zu müssen. Ich hatte die ganze Geschichte satt bis zum Ueberdruß. Ich wurde gerettet. Aber mein Charakter änderte sich nicht.« 14 11

Kraft, Eine kurze Lebensbeschreibung, S. 7. Kraft, Das Glück von Robin Hood, S. 42. 13 Kraft, Eine kurze Lebensbeschreibung, S. 4. 14 Kraft, Eine kurze Lebensbeschreibung, S. 6; der Selbstmordversuch könnte in der schlechten Beziehung Krafts zu seinem Vater seine Begründung finden. Kraft schildert eine Szene mit seinem Vater, die später stattfand: »>Junge, was willst du denn einmal werden ?< >Gar nischt!< lautete meine regelmäßige Ant12

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Robert Kraft kam zum Thomas-Gymnasium und fand sich dort auch nicht besser zurecht. 1883 lief er von zu Hause fort, das Glück suchend, »welches hinter den unbekannten Bergen wohnt.« 15 Er wurde aber sehr schnell wieder aufgegriffen und zurückgebracht; in der Untertertia wurde er konfirmiert. »Jetzt trat ich vor meinen strengen Vater hin: Ich will Seemann werden.-« 16 Als der Vater das ausschlug und ihn weiter zur Schule schicken wollte, damit er zumindest sein >Einjähriges< bekäme, brach Kraft 1885 ein weiteres Mal von zuhaus aus, diesesmal dauerte es vier Monate, bis er wieder heimgebracht wurde. Gegen seinen Willen wurde der Junge nun in eine Lehre bei einer Leipziger Maschinenbauanstalt (der Besitzer war ein Freund des Vaters) gebracht; im Frühjahr 1887 wurde er dann zur Technischen Staatslehranstalt in Chemnitz geschickt. Doch dort hielt es ihn wieder nicht lange. In den Sommerferien 1889 (er war wieder im ihm unerträglichen Zuhause in Leipzig) machte er erneut einen Versuch, nach Hamburg auszureißen - und diesesmal gelang es ihm. 17 Rückblickend bemerkt er über die Umstände: »>Unterdessen hatte ich auch die bekannte Jugenderzählung >Robert, der Schiffsjunge< gelesen, und nun wußte ich, wie man es macht. Na, was habe ich getan ?< / >Sie haben wohl einen Griff in des Vaters Kasse gemacht?< [ . . . ] / >Erraten! Man fing mich wieder auf dem Wege nach Hamburg ab, nahm mir das Geld ab, und — nun hatte ich erreicht, was ich wollte. Jetzt mußte der verlorene Sohn natürlich zur See. Dumme Menschen! Ich kam also auf einen Hamburger Segler. Es war eine harte Lehre, ich hatte gerade die besten Kunden erwischt, ich habe schmähliche Hiebe bekommen, aber [...] ach, war ich glücklich! [...] Nun wollte ich aber eigentlich kein biederer Seemann werden, [...] sondern Seeräuber — oder Indianerhäuptling. Denn mein Kopf war mit romantischen Jugendschriften vollgepfropft wie das Ei mit Dotter. Abenteuer wollte ich erleben.Robert, Robert, um dich habe ich schwere Sorge, wie du dich einmal durchs Leben schlagen sollst !< Und ich schmächtiges Bürschchen stand da, verschüchtert wie immer, stumm. Ach hätte mein Vater mir im Herzen lesen können, was für Pläne ich da hegte! Er hätte aber auch andre Ursachen zum Schreck oder Zorn gehabt. Nämlich, wie ich den guten, alten Mann im Innern meines Herzen auslachte!« (Kraft, Eine kurze Lebensbeschreibung, S. 9) 15 Kraft, Eine kurze Lebensbeschreibung, S. 9. 16 Kraft, Das Glück von Robin Hood, S. 93. 17 Vgl. diese Daten bei Roland Schmid, Kraft, Robert. In: Heinrich Pleticha, Abenteuer Lexikon. München 1978. S. 102. 18 Kraft, Das Glück von Robin Hood, S. 93/94.

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Doch das Abenteuerleben von Robert Kraft, dem Schiffsjungen, erwies sich nicht als das von ihm gewünschte und geschilderte zwanglose See- und Landzigeunerleben, auch dauerte es nicht sieben Jahre. 1 9 Sein Leben blieb eine Verkettung von Mißgeschicken. Von Hamburg entkam er mit einem englischen Schiff, in dessen Kielraum er sich als Blinder Passagier verkroch und erst auf hoher See wieder zum Vorschein kam. 20 In diesem Sommer (1889) tauchte er dann wahrscheinlich in London auf - mittellos - und ließ sich von der Heilsarmee rekrutieren. Im Herbst des Jahres ging er dann an Bord des Bremer Vollschiffes >ShakespeareStag< von North Shields, Kapitän Munrow. Auch er opferte drei, in das vierte ging Kapitän Munrow selbst und brachte es frei.« 21 Kraft wurde gerettet. Wie und wann er nun all die verschiedenen Orte erreichte, die er in seinen autobiographischen Schriften angab, ist schwer zu rekonstruieren. Läßt man Zweifel an den Angaben außeracht, so ergibt sich, daß Kraft eine Weltreise gemacht haben muß, bei der er zum Teil (wenn auch in umgekehrter Richtung) die Route von Jules Vernes Phileas Fogg und Passepartout benutzt haben muß. Kraft hatte Jules Verne gelesen, und es ist nicht unwahrscheinlich, daß er, wie er j a auch schon seinen Ausbruch von zu Hause einem literarischen Vorbild gemäß inszenierte, auch seine Reise an der der beiden Protagonisten Vernes ausrichtete. Und wie deren, so war auch Krafts Reise von Unrast bestimmt. 22 Zwischendurch 19

Kraft drückt sich da sehr mißverständlich aus; in der Selbstbiographie schreibt er: » U m dies alles durchzumachen, brauchte ich nur sieben Jahre« (vgl. Kraft, Eine kurze Lebensbeschreibung, S. 10), in >Das Glück von Robin Hood< spricht er von der »ersten Periode, welche sieben Jahre währte« (S. 94. Der Text legt nahe, daß der Leser diese Angabe auf Krafts Zeit als Seemann und Abenteurer bezieht (die gar nicht so lange währte, daß er - wie in späteren Verlagsprospekten vermerkt - Steuermann werden konnte), tatsächlich sind diese sieben Jahre aber auf die Zeit von 1883 bis 1890 (erstes Weglaufen von zu Hause bis zum Beginn der Militärzeit) zu beziehen.

Vgl. Kraft, Eine kurze Lebensbeschreibung, S. 9. ' Brief von Robert Kraft an Ε. A. Schmid vom 17. April 1916 aus Hamburg; im Besitz von Herrn Roland Schmid, Bamberg, Karl-May-Verlag. 22 Kraft, Das Glück von Robin Hood, S. 95. 20 2

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verdiente er sich immer wieder etwas Geld und besserte seine Reisekasse auf; er paschte an der nordamerikanischen Küste und - glaubt man seinen Angaben - wurde Pelzjäger und Fallensteller in Kanada. Die Reiseroute könnte nun weiter mit der Union Pacific durch Nebraska nach San Franzisko gelaufen sein, von dort reiste er mit dem Schiff über Samoa nach Australien und weiter nach Kalkutta. Zu Fuß will er die Strecke Kalkutta/Bombay zurückgelegt haben 23 - das mag zum Teil stimmen, doch ist bei der Distanz zu vermuten, daß er sich auch - wie die beiden Helden Vernes - auf die East-Indian Eisenbahn verließ. Von dort aus könnte es ihn nach Afrika, in die Nähe des Kilimandscharo verschlagen haben, dann durch den Golf von Aden, das Rote Meer und den Suez-Kanal in den Mittelmeerraum. Bei Landaufenthalten könnte er kurze Abstecher in das Gebiet des Sudan und über Kairo und die Oase Fayum an den Rand der Libyschen Wüste gemacht haben. Kraft mag, wie er erzählt, in Westaustralien nach Gold gegraben, Schwamm-, Korallen- und Perlenfischer, Kameltreiber, 24 Maurer, Zimmermann und auch Taucher auf einem englischen Kabelleger gewesen sein, 25 jedoch jeweils nur für ganz kurze Zeit, höchstens für ein paar Tage. »Lange aufhalten tat ich mich nirgends. Ich wollte ja nicht Geld verdienen, sondern ich wollte erleben, immer etwas Neues und immer etwas Neues.« 26 Im Juli des Jahres 1890 - seit seinem Ausbruch von zuhaus war also ungefähr ein Jahr vergangen - war Kraft in Suez. Er heuerte auf einem aus Bombay kommenden Dampfer, der >MalakkaTotenschiffDreijährig-Unfreiwilliger< (Kraft) zur Marine nach Wilhelmshaven in die Matrosendivision. »Aber gefallen hat's mir auch nicht«, 28 weiß Kraft später von dieser Zeit zu berichten. Daß die Militärzeit für den späteren Schriftsteller dennoch sehr nützlich wurde, verdankt er einem Zufall. Ein ihm wohlgesonnener Vorgesetzter beorderte ihn ab. »Und er sperrte mich in den Bodenraum der Kaserne, wohin die ausrangierten Bücher aus den Schiffsbibliotheken kamen. Da sollte ich Staub wischen. [...] Unter diesen Tausenden von alten Schwarten habe ich einsam meine ganze dreijährige Dienstzeit verbracht. Früh hinein und abends heraus. Konnte aber, wenn ich wollte, auch nachts drin bleiben. Frei von allem, brauchte nichts mitzumachen. Die Schiffsbibliotheken sind nur für die Offiziere bestimmt. Alle Klassiker, die beste Belletristik, auch alle Philosophen waren vertreten. Und das habe ich so ziemlich alles durchgeschmökert, von früh bis abends, auch manche Nacht durch bei der Lampe. Mit Ausnahme der drei Sommermonate. Da mußte ich als Schwimmlehrer fungieren, hatte mich dazu gemeldet. Ich war nun einmal eine geborne Wasserratte.« 29 Dieser Militärzeit zwischen angestaubten Büchern hat es Kraft zu verdanken, daß er als der wohl belesenste Kolportageschriftsteller seiner Zeit gelten muß. Wieder richtete sich Kraft auf dem Bücherboden eine Phantasiewelt ein, die ihm Ersatz bot für die anderen traurigen Erfahrungen während der Militärzeit. Es ist anzunehmen, daß der schwächlich erscheinende, schmächtige Bursche mit dem Mädchengesicht und dem Sprachfehler 30 unter dem Spott seiner Kameraden leiden mußte. Das trieb ihn dazu, kurz vor dem Abschluß seiner Dienstzeit 28 29 30

Kraft, Eine kurze Lebensbeschreibung, S. 11. Kraft, Eine kurze Lebensbeschreibung, S. 11/12. Kraft, Eine kurze Lebensbeschreibung, S. 5 u. 9.

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noch zu zeigen, was tatsächlich in ihm steckt. Wie der als >Bücherwurm< verspottete Gelehrte Reihenfels, einer seiner späteren Romanhelden, der eine dem Augenschein widersprechende Muskelkraft und Behendigkeit beweist, 31 so wollte wohl auch Kraft sein Alltags-Inkognito des schwächlichen >Bücherwurms< lüften. »Als er hörte, daß früher ein Marineoffizier bei Niedrigwasser die Jade durchschwömmen hatte, stach den seebegeisterten Weinhändlersohn aus Leipzig der Hafer. Er trainierte zwei Wochen und schwamm dann bei Hochwasser und Strömung durch den Jadebusen. Weil er sein Leben leichtfertig aufs Spiel gesetzt hatte, erhielt er drei Tage Arrest. Danach wurde er als vorbildlicher Sportler Kaiser Wilhelm II. vorgestellt [.. .]«.32 Auch nach der Militärzeit beklagte Kraft, er sei nach wie vor »ein unglücklicher Mensch, ohne zu wissen, warum.« 33 Der Gedanke, Schriftsteller zu werden, war ihm trotz anhaltender Lektüre noch nicht gekommen. Zunächst ging er, da sein Abenteuerleben gescheitert war, zurück zum Vater nach Leipzig. Vorübergehend nahm er im Leipziger Carola-Bad einen Posten als Bademeister an, doch zur Aussöhnung mit dem Vater kam es nicht, ja neue Zerwürfnisse mit dem Vater mögen es gewesen sein, die ihn wieder hinaustrieben aus dem Alltagsleben. Aber nach der letzten desillusionierenden Abenteuerzeit und dem wohl wenig erfreulichen Umgang mit den Kameraden beim Militär trieb es ihn diesesmal in die Einsamkeit; wie Gerstäcker und Strubberg träumte er von einem autarken, robinsonhaften Jägerleben. »Ich wollte freier Jäger werden, der sich nur von seiner Büchse ernährt.« 3 4 Kraft arbeitete sich als Matrose bis nach Port Said, fuhr dann nach Kairo, stattete sich als Wüstenjäger aus und zog an den Rand der Libyschen Wüste, in die Nähe der Oase Fayum. Fast ein halbes Jahr hielt er die Einsamkeit des Wüstenjägerlebens aus, bis er auch hier schmerzlich merkte, daß sein in der Phantasie erträumtes Jägerleben ein anderes war als das in der Realität erfahrene. Seine Tagtraumbilder der Jugendlektüre waren Wunscherfüllungen, in denen er sich das erträumte, was ihm sein trostloses Zuhause versagte. Ausbruch, freies Seemanns- und Abenteuerleben, Robinsondasein: das waren entworfene Gegenbilder zur Wirklichkeit des strengen Zuhause und der unerträglichen Schule, deren traumhafter Glanz nur als vorgestellte Erfüllung 31

Kraft, Um die indische Kaiserkrone, Bd. 4, S. 522. Jadebusen durchschwömmen - drei Tage Arrest. Zum 100. Geburtstag des Schriftstellers Robert Kraft - Ein abenteuerliches Leben. In: Wilhelmshavener Zeitung vom 3. 10. 1969. 33 Vgl. Kraft, Eine kurze Lebensbeschreibung, S. 13. 34 Kraft, Eine kurze Lebensbeschreibung, S. 13. 32

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im Gegensatz zur erlebten Versagung zur Geltung kam, ein Glanz, der in der Realität verblich. Kraft erlebte an der Oase Fayum die trostlose Einsamkeit des Wüstenjägerlebens, das robinsonhafte Dasein erwies sich als öde, langweilig und unerträglich. In der Einsamkeit begann er mit den wilden Tieren zu sprechen, ein Motiv, wie es in Heiligenviten (ζ. B. beim Hl. Franziscus) übertragen ist, das auf eine veränderte Einstellung zur Umwelt verweist.35 Entsprechend erklärt Kraft: »Und in dieser furchtbaren Einsamkeit vollzog sich meine seelische Umwandlung, wodurch ich endlich fand, was ich sonst auch hier vergeblich suchte: das Glück, welches nichts weiter ist, als die Erkenntnis seiner selbst.« 36 Kraft erkannte, daß er seine Traumwelt nicht in der Realität suchen konnte, sondern dort, wo er sie zuerst gefunden hatte, in der Literatur, in seinem >Reiche der Phantasien Schriftsteller wollte er nun werden. »Unter Menschen, und dennoch ganz einsam, in der Nähe einer großen Bibliothek« 37 wollte er sein, in der eigenen Phantasie- und Traumwelt lebend. Kraft kam zurück nach Europa und ließ sich in London nieder. Zuvor war er wahrscheinlich aber für kurze Zeit in Leipzig. Der verlorene Sohn hoffte, nachdem er von seinem Abenteuerleben Abschied genommen hatte, vom Vater wieder aufgenommen zu werden. Doch der Vater ließ sich nicht von den neuen Plänen des Sohnes überzeugen, einen Schriftsteller, einen >HungerleiderDie VestalinnenDie Vestalinnen< an den H. G. Münchmeyer Verlag; als Anfänger wußte er wahrscheinlich gar nicht, an welch übel beleumundeten Verlag sein Bekannter ihn vermittelt hatte. Der Roman wurde offenbar sehr gut abgesetzt, so daß Kraft ihn zu einem Umfang ausbauen mußte, der für das Erstlingswerk wahrscheinlich gar nicht geplant war. Krafts finanzielle Sorgen waren damit behoben. Am 27. Juni 1895 heiratete er in London die Deutsch-Engländerin Johanna Rehbein, Tochter des Weinhändlers Heinrich Rehbein. Und der Münchmeyer-Verlag wollte mehr aus seiner Feder. So konnte Kraft mit Frau, mittlerweile auch mit Kind und in geordneten finanziellen Verhältnissen, vor seinen Vater treten. 41 Er zog nun nach Leipzig und söhnte sich mit dem Vater aus. Noch 1896 trat er in Leipzig, seiner neuen Berufszugehörigkeit Ausdruck gebend, dem Schriftstellerverband bei. Er schrieb nun an dem zweiten umfangreichen Roman für Münchmeyer: >Die Fremde aus IndienNena Sahib< und riet Kraft, sich daran zu halten; der nahm das sehr genau und schrieb mit der Sorglosigkeit eines Anfängers gleich seitenweise ab, obwohl dieser Kolportageroman durchaus gelungen ist und das Vorbild übertrifft. Später, als der neue Verlagsbesitzer Adalbert Fischer diesen Roman 1904 noch einmal unter dem Titel >Um die indische Kaiserkrone< herausgeben wollte, weigerte sich Kraft zunächst und bezeichnete ihn als den »gröbste[n] Schundroman, auf Befehl der Firma H. G. Münchmeyer zusammengestohlen«, 42 gab dann aber dem Drängen des Verlegers nach. In den neunziger Jahren schrieb er noch zwei weitere umfangreiche Romane für Münchmeyer, unter dem Pseudonym >Dr. W a r n e n den Lieferungsroman >Vier Frauen und nur ein Mann< und - mit seinen Initialen R. Kr. bezeichnet - den mit autobiographischen Zügen versehenen Roman >Erlebnisse eines dreizehnjährigen KnabenIn der Dämmerstunden Daneben schrieb er für verschiedene Zeitungen. In Deutschland hatte Kraft offenbar gemerkt, mit welchem Verlag er sich eingelassen hatte. Er wollte sich von Münchmeyer lösen. Ein Neubeginn mußte gemacht werden und mit dem neubeginnenden Jahrhundert - nach des deutschen Kaisers Kalender - 4 3 zog er im Jahre 1900 wieder nach London, Woodford Green. 40

Brief von Kraft an Ε. A. Schmid, Hamburg, den 8. 3. 1916; Archiv Roland Schmid. Um seinen Versöhnungsbemühungen Nachdruck zu verleihen nannte er die Tochter nach seinem Vater: Emilie. 42 Vgl. Brief von Kraft an Fischer vom 13. 7. 1904; Archiv Roland Schmid. 43 In einem Brief erfreut sich Kraft darüber, daß der Kaiser »befehlen ließ, das 41

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Mochte Kraft sein Abenteuerleben beendet haben, mochte er auch Familienvater mit mittlerweile zwei Töchtern geworden sein, 44 so wurde er offenbar durch seine schriftstellerische Tagtraumwelt wieder veranlaßt, vor seinen Verhältnissen zu fliehen, auszubrechen und sein Glück in der Fremde zu versuchen. Nicht lange in London, ließ er Mitte 1901 seine Familie zurück, setzte über nach Frankreich, kam bis zur Riviera, kehrte dann aber nach einigen Wochen zurück. Im Jahre 1902 zog es ihn nach Monte Carlo; er nahm seine Familie mit und lebte dort fast ein Jahr, dann kehrte er nach London zurück und ließ sich für kurze Zeit in Sydenham nieder; 45 Ende 1903 zog er wiederum nach Deutschland, nach Klein-Zschachwitz bei Dresden. Doch auch hier blieb er nicht lange. Ab 1905 wohnte er in Friedrichshagen bei Berlin, im Spätsommer des Jahres 1907 zog er nach Bad Schandau, 1908 ging's nach Dresden, dann zog er im Frühjahr 1913 für wenige Monate zunächst nach Groß-, dann nach Klein-Zschachwitz in die Villa Elisabeth, wo er 1903/04 schon einmal lebte. Seit Oktober 1915 wohnte er dann in Hamburg in der Rosenhoffstraße. 46 Nicht nur die Unrast seiner dauernden Wohnungswechsel kennzeichnete Krafts ständiges Fliehen vor seinen Verhältnissen. Als im Jahre 1902 der Vater starb und er eine ansehnliche Summe erbte, wollte er zum Amazonas-Strome aufbrechen. 47 Der Plan scheiterte am Einspruch seiner Familie. Tatsächlich suchte Kraft aber stets nach einem ungestörten Leben in seiner Phantasiewelt, die Beziehungen zur Alltags-Realität wollte er auf das Nötigste beschränken. »In der Einsamkeit werde ich ganz meiner Fantasie leben und arbeiten, von nichts mehr abgezogen und bedrückt.« 48 So formuliert er seinen stetigen Wunsch. Wie verschiedene andere Abenteuerschriftsteller baute sich Kraft ein Arbeitszimmer zu-

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20. Jahrhundert mit dem 1. Januar 1900 anzufangen, was nämlich im Auslande viel Hohngelächter hervorgerufen hat«. (Brief von Kraft an Fischer vom 17. 9. 1906; Archiv Roland Schmid.) Die jüngere Tochter Charlotte wurde in Markleeberg bei Leipzig am 24. 7. 1899 geboren. Lt. Auskunft von Herrn Roland Schmid. Die Daten ergeben sich aus der Kombination von Vermerken in verschiedenen Jahrgängen von >Kürschner's LiteraturkalenderReich der Phantasien 50 Hier schuf er sich in »seiner eigenen großartigen Welt, die er als Fürst regiert[e]«,51 seine Kolportagehelden für den Ausbruch aus der Alltagswelt. Das ist der Detektiv Nick Sharp, der im Erstlingswerk >Die Vestalinnen< die bedrohlichen Intrigen der Bösen entlarvt; Reihenfels in >Um die indische Kaiserkrone^ 52 ein junger Gelehrter und Alleskönner, der die Züge von Karl Mays >Dr. Sternau< aus dem >Waldröschen< trägt; der allesüberragende Held Curt Starke aus dem M o d e r nen Lederstrumpf01d Shatterhand< auszuteilen weiß und deshalb im Wilden Westen >Deadly Dash< heißt; Gunther, eine >Räubernatur< in >Die NibelungenSeezigeuner< ein Abenteuerleben führt; >Der Herr der LüfteLoke Klingsor, der Mann mit den TeufelsaugenSkalden< gehört, über Einsichten in bislang unbekannte Naturgesetze verfügt und »alles Schlechte und Böse auf Erden« 55 vernichten will. 49

Kraft an Euchar A. Schmid, Brief vom 8. 3. 1916 aus Hamburg; Archiv Roland Schmid. 50 Nach Auskunft der Tochter Krafts, Frau Barenthin. 51 Kraft, Loke Klingsor, Heft IV, S. 251. 52 Die erste Fassung mit dem Titel >Die Fremde aus Indien< war leider für mich nicht erreichbar. 53 Die Erzählung >Die Nibelungen< erschien in der Zeitschrift >Für alle Welt< 8 (1902); ich beziehe mich auf die Buchfassung im Verlag Moewig & Höffner, zweibändig, mit den Titeln >Vulkan auf Galapagos< und >Das versunkene GoldschiffReich der Phantasie< und des Traumes, die Romane oder Erzählungen werden als Phantasiespiele dargestellt, wobei die Phantasiewelt der Realität als andere Wirklichkeit entgegen gesetzt wird.56 Wie der Protagonist der Heftchenreihe >Aus dem Reiche der Phantasie< begibt sich der Leser mit dem Autor in die Traumwelt; hat er erst einmal »die Schwelle der Thür« überschritten, dann soll alles »folgerichtig geschehen, der Traum nichts an Wirklichkeit einbüßen.« 57 Besonders deutlich tritt dieser Traumcharakter auch in dem zentralen Werk aus Krafts späterer Zeit, in den >Augen der SphinxSphinxQuadroneVestalinnen< erinnert die Szene bei den Pechuenchen stark an Gerstäckers Schilderungen in >Unter den PehuenchenDie beiden Sträflinge20000 Meilen unter Meer< erinnert die Schilderung in Kraft, Vestalinnen, Bd. 3, S. 148, S. 155ff. u. S. 176ff.

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So bspw. die »Wunder« der religiösen Gaukler im Werk >Der Schlüssel z u m Paradiese< oder auch die Darstellung technischer Erfindungen in zahlreichen anderen Werken. Vgl. bspw. Kraft, Der Herr der Lüfte. 63 Vgl. bspw. die Anlage von Robert Kraft, Loke Klingsor. Der Mann mit den Teufelsaugen. Heidenau 1926; auch wiederum Kraft, Der Herr der Lüfte. 64 Vgl. Kraft, Die Nihilit-Expedition, S. 174. 65 Kraft an Fischer, Brief vom 13. 7. 1904; Archiv Roland Schmid.

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üblich war), den Charakter des Selbsterlebten zu geben - wenn auch die Verlagswerbung nach alter Weise versuchte, ihm die Autorität des Augenzeugen zu verleihen. Kraft gab seine Romane als Phantasieprodukte aus und versuchte oft (Jules Verne wird das Vorbild gewesen sein) durch technische und naturwissenschaftliche Erfindungen einen neuen Abenteuerraum und eine neue Abenteuerwelt zu schaffen. Der Roman >Loke Klingsor< muß als letztes Produkt dieser Intentionen gelten, 66 dort ist es den Skalden möglich, der Zeit und dem Raum neue Dimensionen zu eröffnen. Mit der Aufhebung des Raumes und der Zeit wird jedoch oft auch die folgerichtige Handlung und damit die innere Strukturiertheit des Abenteuerromans aufgehoben - ein Versuch, der scheiterte. Andere Romane sind besser gelungen: >Die Fremde aus Indien (Um die indische Kaiserkrone)Der Schlüssel zum Paradies< und >Novacasas AbenteuerJesus< gegeben. 67 Und vollends als >ErlöserEngel der Barmherzigkeit oder >Fürst des Elendsverlorene Sohn< vorgekommen sein, wenn er abends >hilfebringend< zu den Armen Londons hinabstieg und den frühen Kolportagelohn verteilte. »Am Abend ging ich aus, durch Straßen, vor die Asyle und Herbergen, wo die noch standen, welche keinen Einlaß mehr fanden oder den nötigen Penny nicht besaßen, dort teilte ich aus und war nicht eher zufrieden, als bis ich selbst den letzten Schilling losgeworden. Morgens kam es ja wieder ein. Daß ich mich deswegen nicht rühme, das weiß jeder, der mich kennt. Sonst wäre ja auch mein Lohn dahin gewesen. Aber ich fand meinen Lohn. Ich tat es ja nur, weil es mir selbst Freude 66

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Krafts Tod verhinderte die Fertigstellung; aus Krafts Briefen geht jedoch hervor, daß er noch ein weiteres Werk plante, daß - so die Auskunft von Herrn Roland Schmid, Bamberg - >Die Mysterien des Magus< heißen sollte. Lt. Mitteilung von Herrn Roland Schmid, Bamberg; Kraft erwähnte dies gegenüber Herrn Dr. Euchar A. Schmid.

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bereitete. Es war mein einziges Glück.« 68 Auch später noch fühlte er sich mehr zu seiner Abenteuerwelt als zur Realität gehörig, mit der er zum Leid seiner Familie - nicht umzugehen verstand. Sollte beim Verleger der sauer verdiente Lohn abgeholt werden, mußte die Frau gehen, denn bei Kraft war niemand sicher, ob er das Geld auch heimbrächte und nicht an Bedürftige gäbe. Kurz vor seinem Tode gab er noch zuvor erhaltenes Honorar für wohltätige Zwecke, so daß er seine Familie fast mittellos zurückließ. 69 Mochte Kraft auch selbst zum Teil seiner Kolportagewelt geworden sein, immer wieder gab es Reibereien mit der Realität. Unbefangen, aber von Existenzsorgen bedrückt, ließ er sich zu Beginn seiner schriftstellerischen Tätigkeit in London nieder. Der erwähnte Bekannte, »der kolportierende Oberlehrer« (Kraft), besorgte die Expedition und stellte Verlags- und Zeitungskontakte her; Kraft schrieb ständig. Anfangs faßte er den damit verbundenen Geldgewinn sicherlich positiv auf, er meinte, sorglos leben, eine Familie gründen und sich so mit seinem Vater aussöhnen zu können. Als er nach Deutschland zurückgekehrt war, merkte er, auf was er sich eingelassen hatte: nicht nur über Ansehen und Praxis des Münchmeyer Verlages wurde ihm einiges klar, auch der Zwang, Woche für Woche das Manuskript für Hefte und Zeitungsfortsetzungen abgeben zu müssen, offenbarte sich ihm nach den ersten Erfolgen - und sicherlich litt er darunter, daß die Folgeromane weniger gefragt waren als sein Erstlingswerk >Die VestalinnenKürschner< fast ständig mit großen Annoncen vertreten. Er war der Herausgeber der >Feuilleton-Correspondenz< und des >Universal-RedakteursAus dem Reiche der Phantasie< mußte er abbrechen, da er sich ihr nicht genügend widmen konnte. In einem Brief an Fischer vergleicht er seine frühere Londoner Zeit, in der er begeistert schrieb, mit seiner jetzigen Situation: »Jetzt hat sich das geändert, jetzt schriftstellere ich handwerksmäßig, ich verdiene gut, - und habe keine Freude mehr daran. Ab und zu werde ich noch erfaßt, und da entstehen meine besseren Sachen. Seit Anfang dieses Jahres bin ich bei den Verlegern bekannt geworden, besonders durch meinen Roman >Schlüssel zum Paradies< und bekomme von allen Seiten Anfragen und Aufträge. Ich brauchte nur noch Feuilletonromane zu schreiben und stünde mich im Jahr auf 20.000 Mark. Jetzt erhalte ich jede Woche 270. Aber ich mag nicht. Ich mag keine Zeitungsromane schreiben. Es ist alles Schund. [...] Jetzt fehlt mir die Sorglosigkeit. Sorglosigkeit, Muße! Jetzt habe ich an Morgen zu denken, jetzt schleudere ich alles hin. Warum nicht? Es wird j a gerade so gut und im Verhältnis zum Zeitaufwand sogar noch weit besser bezahlt. Aber die Freude des Dichters ist weg. Das ist es!« 70 Kraft wollte loskommen von seiner bisherigen Schriftstellerei und offenbarte Fischer: »Ich möchte arm sein, nur eben so viel haben, um mich und meine Familie gerade ernähren zu können, aber das sicher. Dann würde ich allen diesen Schund an die Wand werfen, dichten und schreiben und unablässig feilen, aber ohne Verpflichtung. Denn dann schreibe ich - so wie früher - nur für mich selber, nicht für die anderen, ich selber will dabei lachen und weinen. [ . . . ] Ich suche einen Verleger, der sich mit mir befaßt. Ich wende mich zuerst an Sie, weil dies überhaupt der erste längere Brief ist, den ich schreibe. Einen Verleger bekomme ich sicherlich, besonders wenn ich erst meinen seltsamen Plan ganz offenbar. Denn ebenso sicher ist es, daß man bald allerorten von mir sprechen wird. Nur mache ich keine Reklame mit mir, das heißt ich habe keine Hintergedanken dabei; ich folge nur meiner Neigung; der Verleger mag dann mit mir machen, was er will. Der Vertrag wäre etwa folgender: Ich schreibe, so wie bisher, Erzählungen, Romane u. s. w., aber nur das allerbeste (jedoch für das Volk). Und dann völlig zwanglos, zu keiner Lieferung verpflichtet, zu nichts. Alles was ich schreibe, gehört dem Verleger zur beliebigen Verwertung, und hierfür zahlt er mir pro Woche 60 Mark Fixum für eine gewisse Zeit, vielleicht zunächst für zwei Jahre. Dann wird der Vertrag erneuert. (Für mich 70

Kraft an Fischer, Brief vom 3. 8. 1901; Archiv Roland Schmid.

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brauche ich so gut wie nichts mehr, nur meine Familie m u ß ich versorgen).« 71 Kraft bot Fischer für diese zwei Jahre eine Zeilengarantie von 60 000 brauchbaren Zeilen an, nur müsse ihm die Freiheit sichergestellt sein, vielleicht auch einmal ein halbes Jahr gar nichts zu schreiben. Diese Abmachung kam wahrscheinlich wegen der Einwände Fischers nicht zustande, der Vorschlag zeigt aber, wie sehr der Zwang der stetigen Manuskriptabgabe Kraft belastete. Mit seiner Erbschaft im Rücken hoffte Kraft dann ungezwungener arbeiten zu können. In Monte Carlo machte er sich Aufzeichnungen. Ende 1903 ist er aber wieder in der gleichen Situation - vielleicht hatte er das Geld, das ihm die notwendige finanzielle Freiheit gegeben hätte, in Monte Carlo verspielt, vielleicht gab es Schwierigkeiten bei der Auszahlung der Erbschaft. Nun wandte er sich an die Zeitung >Radwelt< und bot ihr einen Roman an; er veränderte dafür ein Manuskript, das bereits in Fischers Händen war, ihm aber zurückgegeben worden war. Bei diesem Roman ist die gezielte Berücksichtigung der Interessen der Zeitung augenfällig: der Protagonist radelt mit einer Dame durch die Prairien des Wilden Westens und auch im Wigwam eines Sioux findet sich ein Fahrrad. 72 Gerade für diesen schwächeren Roman fand Kraft einen angesehenen Verleger: Friedrich Ernst Fehsenfeid, den Verleger Karl Mays. Fehsenfeld kaufte die Rechte vom Verlag der Radwelt, der »Buchdruckereiund Verlagsanstalt >StraussEin moderner Lederstrumpf< erschienen war. Eben diese Ausgabe lag auch der zweiten, bei Fehsenfeid 73 erschienenen zugrunde. Auch zum Münchmeyer-Verleger Fischer hielt Kraft Verbindung; er meinte, Fischer wolle das Programm 7 4 neu und anspruchsvoller gestalten, und entnahm diese Vermutung besonders aus der Neuauflage der Lieferungsromane Mays. Nun glaubte er wohl 71

Kraft an Fischer, Brief vom 3. 8. 1901. Vgl. Robert Kraft, Ein moderner Lederstrumpf. Erzählung. Freiburg o. J. [1904] (2. Aufl.). S. 103 u. 263. Die Zeitschriftenfassung war mir leider nicht zugänglich. Wie der Protagonist Starke hatte auch Kraft einst eine Radtour vor, »in erster Linie zum eigenen Vergnügen, dann dachte ich dadurch bekannt zu werden, ehe der Verleger mit meinen Schriften erscheint.« (vgl. Kraft an Fischer, Brief vom 3. 8. 1901; Archiv Roland Schmid) 73 Bereits 1903 erschien Robert Kraft, Ein moderner Lederstrumpf. Roman. Berlin Buchdruckerei und Verlagsanstalt »Strauss« G.m.b.H.; in der ein Jahr später erscheinenden Fehsenfeld-Ausgabe ist - wie übrigens ja auch bei den Reisewerken Mays - aus dem »Roman« eine »Erzählung« geworden. Den Hinweis auf diese Ausgabe verdanke ich Herrn Walter Henle, Trier. 74 Vgl. Kraft an Fischer, Brief vom 3. 8. 1901 und 13. 7. 1904; Archiv Roland Schmid.

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in Verkennung der tatsächlichen Geschehnisse - mit Fischer und Fehsenfeid den Weg Mays gehen zu können, dessen Entwicklung vom Kolportageschriftsteller zum gutsituierten Reiseschriftsteller ihm Vorbild war. Kraft und May kannten einander persönlich. Da mag der belesene May-Kenner zunächst an jenen kauzigen Uncle Kraft denken, der plötzlich, wie May in den >Freuden und Leiden eines Vielgelesenen< berichtet, 75 in der Villa Shatterhand auftaucht. Die Beschreibung, die May dort gibt, trifft etwa auf Robert Kraft zu, auch hielt er sich zu dieser Zeit in Deutschland auf. Nur werden die Grüße, die er ausrichtete, nicht von Sir David Lindsay gekommen sein, sondern wohl eher von beider mehr oder weniger geliebten Bekannten aus dem Hause Münchmeyer. Ein Besuch beim Verleger mag Kraft genutzt haben, um beim verehrten Kollegen, dessen >Waldröschen< er sehr schätzte, 76 vorbeizuschauen. Doch die Schatten der Vergangenheit schienen May zu dieser Zeit noch nicht allzu bedrohlich; in weniger gute Zeiten fällt da schon das zufällige Zusammentreffen 1904 beim damaligen Besitzer des Münchmeyer-Verlages, Adalbert Fischer, 77 dem ein Besuch Mays bei den Krafts in Klein-Zschachwitz folgte. Es fällt leicht, Spekulationen über mögliche Gespräche anzustellen, ergibt sich doch ein gemeinsamer Bezugspunkt: die Firma Münchmeyer. Und ein weiterer: Kraft wollte den Weg Mays gehen und weg von den Lieferungsromanen und dem dauernden Produktionszwang. May nun hatte Beziehungen zum Verleger Fehsenfeid, ja es liegt so nahe, anzunehmen, daß er Krafts >Modernen Lederstrumpf< in den Verlag lanciert hat. Aber was konnte May von Kraft erwarten? Nun, es gab da noch Differenzen mit Adalbert Fischer wegen der Mayschen Kolportageromane. Zwar hatten sich beide im Jahre 1903 auf einen Kompromiß geeinigt, schon bald mußte May aber einsehen, daß Fischer »munter im alten nichtigen Nicht-Stil« 78 weiterdruckte. Kraft, mit den Wassern des Kolportage75

Vgl. Karl May, Freuden und Leiden eines Vielgelesenen. In: Deutscher Hausschatz in Wort und Bild. XXIII. Jg. 1896 - 97. No. 1. S. 6. 76 Kraft an Fischer, Brief vom 12. 10. 1903: »Dieses >Waldröschen< ist ein Meisterwerk in der Kolportage-Literatur.« (Archiv Roland Schmid). 77 Die Tochter Robert Krafts, Frau Charlotte Barenthin, erzählte mir von den Begegnungen Krafts mit May. Durch Rekonstruktion der Wohnorte und Aufenthaltszeiten Krafts bleibt nur das Jahr 1904 für die Treffen. Bei der Begegnung im Verlag soll May ziemlich ungehalten darüber gewesen sein, daß Fischer ihn (anscheinend trotz einer Verabredung) warten lassen wollte. Als Fischer ihn aufforderte, einen Augenblick zu warten, soll er die Augen zusammengekniffen haben, erklärt haben, der Augenblick sei nun vorüber, und das Verlagsbüro verlassen haben. 78 Wollschläger, May, S. 126.

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und Lieferungsbetriebs gewaschen, konnte nun sicherlich Aussagen machen, die May interessierten, Aussagen über die Bearbeitungspraxis des Münchmeyer-Verlages, über die er sich schon 1903 in Briefen an Fischer beklagte. Er verwies auf den unter dem Pseudonym >Dr. Warn e n erschienenen Roman >Vier Frauen und nur ein Mann< (1896/97). Der damalige Redakteur Pauline Münchmeyers, Walther, habe sich nicht einmal gescheut, erklärt er, Zitate zu »korrigieren«: »In den >Vier Frauen< zitiere ich einmal das bekannte Rheinlied, wo drin vorkommt: Und die Mädchen so frank, und die Burschen so frei, Als wär' es ein ander Geschlecht Dieses andere Geschlecht wollte nun dem alten Herrn nicht in den grauen Kopf, und wie das Heft fertig war, da hatte er daraus gemacht: Und die Mädchen so frank, und die Burschen so frei, Als wär'n sie dasselbe Geschlecht.« 7 9 Mochte Kraft so zwar die Bearbeitungspraxis bei Münchmeyer am eigenen Geist kennengelernt haben, zu einer Aussage gegen den guten Bekannten Fischer, den May ins Lager seiner »bittersten Feinde« 8 0 rechnete, konnte er nicht bewegt werden. Über Fischer gingen die Meinungen auseinander - und der >Moderne Lederstrumpf< blieb die einzige Veröffentlichung bei Fehsenfeld. Vielleicht hatte May sich besonnen und ein ernstes Wort mit diesem gesprochen, denn als Fehsenfeid als gemeinsamer Verleger Krafts und Mays auftrat, konnte auch Münchmeyer mit den Werken der beiden für die illustrierten Ausgaben ihrer Lieferungsromane zusammen werben. Die Nähe zu Kraft bedeutete so für May die Nähe zu seinen von ihm nun geschmähten Münchmeyer-Romanen, für May bedeutete sie Abstieg, solange sich Kraft nicht in die Reihe der Opfer des >Schundverlags und seiner Helfershelfer< einreihen ließ. Einen Bundesgenossen fand May in Kraft nicht. Der versuchte, bei Fischer Abstand zum Kolportagebetrieb zu gewinnen. Zuerst mit einer Serie >Schnelldampfer Mikrokosmos. Realistische BordnovellenDie Roulette. Realistische Novellen aus Monte Carlos Kraft glaubte nun dem Druck des Kolportage-Betriebs entkommen 79

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Vgl. Kraft an Fischer, Brief vom 10. 11. 1903; vgl. auch die in Anm. 8 aufgeführten Briefe. Wollschläger, May, S. 146. Das ungedruckte Manuskript drei weiterer Hefte liegt im Archiv Roland Schmid, Bamberg.

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zu sein, auch wenn er bei Fehsenfeid nicht Fuß fassen konnte. Aus Berlin (wahrscheinlich vom >Verlag Moderner LektüreRealistischen Novellen< sind nicht zu retten, seine Berliner Hoffnungen scheitern, und beim Berliner Verlag Moderner Lektüre schreibt er nur die Anfangshefte einer geplanten Serie >Im Zeppelin um die WeltDetektiv Nobody< erschien. Nicht ohne Bedenken, wieder Kolportagehefte schreiben zu müssen, schrieb er an Fischer: »Ich arbeite gegenwärtig an der Erzählung >Das Haus mit den zwei FichtenDer Prinz von Monte Carlounbrauchbar< zurückgewiesen wurde, brach Kraft kurzerhand mit dem Verlag. Von einem anderen Autor des Verlages (Johannes Jühling) wurden für die äußerst hohe Anzahl von Abonnenten Woche für Woche neue Fortsetzungen geschrieben.« 85 Nachdem Kraft jedoch mit seinen neuen Ambitionen gescheitert war, fand er mit der Erzählung >Das Haus mit den zwei Fichten< zurück zum >NobodyWir SeezigeunerDie Augen der Sphinx< und >Der Graf von Saint GermainDie neue Erde< bei einem spiritistischen Leipziger Verlag 88 untergebracht hatte, schrieb er für Theodor Remert und dessen >Dresdener RomanverlagAtalanta/Die Geheimnisse des SklavenseesDas Gauklerschiff< und >Das zweite Gesicht^ 9 0 Am Schluß seines Lebens gelang es Kraft, mit dem damaligen Kompagnon Fehsenfeids, dem Verleger Euchar A. Schmid, in Kontakt zu kommen. Kraft hatte Schmid 1910 in Dresden kennengelernt. Und mit ihm wollte er durch 85

Klein, S. 172. Kraft an Fischer, Brief vom 10. 3. 1906; Archiv Roland Schmid. 87 Dabei ist zu beachten, daß trotz der Einwände seitens Kraft bis zum Schluß der ersten Serie auch weiterhin >NobodyLoke Klingsor. Der Mann mit den Teufelsaugen< war ursprünglich für Theodor Remert geschrieben, mußte aber nach dem Tode Krafts von Johannes Jühling zu Ende geschrieben werden. Laut Auskunft von Herrn Roland Schmid, der das Manuskript zu diesem Roman besitzt, sind aber auch schon frühere Lieferungen von fremder Hand verfaßt. Das Werk erschien erst 1927 bei Freya in Heidenau. 86

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sein (allerdings äußerst schwach geratenes) Werk >Unterseeteufel< wieder ein wenig von der Kolportage loskommen - unter Pseudonym. Als Knut Larsen wollte er »für einen erstklassigen Verlag abenteuerliche Erfinderromane« 9 1 schreiben; gleichzeitig wollte er unter seinem Namen aber auch weiter für Theodor Remert arbeiten. Als Knut Larsen angesehen und geschätzt, wollte er die Vorurteile gegenüber dem >Schundschriftsteller< Robert Kraft bloßstellen - ein Plan, den er nicht mehr ausführen konnte, da er kurz nach der Abgabe der letzten Manuskriptseiten starb. Kraft sah sein Ziel als Schriftsteller darin, »Verfasser von Traumgeschichten« zu werden. 92 Er sah dieses Ziel immer wieder bedroht. Nach seinen ersten Erfolgen schien ihm die Kolportage anrüchig, Zeitungsromane sah er als »halbe Sache« an, da man nicht so schreiben konnte, »wie man will [...], es sind einem Fesseln aufgelegt« 93 und an die »Herausgabe eines Romans in sofortiger Buchausgabe« 94 wollte er sich nicht wagen, da er dann das Risiko mittragen mußte; das wieder, so Kraft, könne er sich nicht leisten, wo er doch »von der Hand in den Mund lebe«. 95 So blieb ihm nichts anderes übrig, als in der Kolportage sein Glück zu suchen. »Und ich wurde wieder glücklich. Durch diesen Entschluß bekam ich meine Seelenruhe wieder« 96 - wenn auch ein eigentümliches Verhältnis zur Kolportage blieb. Er wollte »gute Kolportage« schreiben und hegte seitdem den genannten Wunsch: unter Pseudonym schreiben, »jeder Gebildete muß es gelesen haben«, »dann werde ich die Maske lüften und sagen, daß ich jener Kolportageschreiber bin.« 97 Kraft lebte so zwar als »Verfasser von Traumgeschichten« in seinen Kolportageromanen, immer wieder stellte sich aber auch eine Distanz her. »Ich schreibe schon nebenbei an dem Schund pardon, an dem Schauer - oder noch richtiger Volksroman, der aber wirklich so schauerlich wird, daß mir manchmal meine langen Haare zu Berge stehen.« 98 Bereits in seinen frühen Schriften äußert sich diese Distanz in gelegentlicher Ironie gegenüber den genreüblichen Kolportagepassagen, die sich in Namen (ζ. B. »der hüpfende Büffel«, »der schluckende Geier«, Indianer in den >VestalinnenAlbum aus Oesterreich ob der Enns< heraus, eine jener wenigen Unternehmungen, womit [...] durch Verbindung von Geschichte und Poesie eine reellere Gattung von Taschenbüchern begründet werden sollte.« (Wurzbach, Arming, S. 66) 255

Im Jahre 1850 begann Arming das Studium der Medizin, das er mit seiner Promotion abschloß. Mit der Entwicklung der politischen Verhältnisse nach 1848 unzufrieden, wanderte er 1854 (so Wurzbach, Brümmer gibt, was jedoch unwahrscheinlicher ist, 1851 als Auswanderungsjahr an. Brümmer, Bd. 1, S. 75.) mit seiner Familie nach Amerika aus. Er ließ sich in Brooklyn als praktischer Arzt nieder und schrieb nebenher noch zwei Romane. Am 4. März 1864 starb er dort. BIBRA, E r n s t v o n

Ernst von Bibra wurde am 9. Juni 1806 im fränkischen Schwebheim, einem seiner Familie gehörigen Rittergute in der Nähe von Schweinfurt, geboren. Er entstammte einer alten Reichsritterfamilie; »da er frühe seine Eltern verlor, wurde er bei seinem Oheim, dem Freiherrn v. Hutter, erzogen.« (Brümmer, Bd. 1, S. 228) Nach dem Besuch des Gymnasiums immatrikulierte er sich an der Universität Würzburg als Student der Jurisprudenz. Er gab dieses Studium jedoch auf, um sich eingehender mit den Naturwissenschaften - besonders der Chemie - zu beschäftigen. Im Jahre 1842 gab er seine erste naturwissenschaftliche Veröffentlichung, eine >Chemische Untersuchung verschiedener Eiterarten< (Berlin 1842) heraus. (Zu den weiteren naturwissenschaftlichen Veröffentlichungen Bibras und den Stellungnahmen anderer Wissenschaftler vgl. Sigmund Günther, Der fränkische Naturforscher Ernst v. Bibra (1806 - 1878) in seinen Beziehungen zur Erdkunde. In: Festschrift der Naturhistorischen Gesellschaft zu Nürnberg. Nürnberg 1901, S. 1 - 16.) Dieser Schrift folgten noch zahlreiche andere, unter anderem zusammen mit dem damals bekannten Mediziner L. Geist und dem Physiologen Emil Harleß. Bibra erhielt zahlreiche Ehrungen als Naturwissenschaftler: den sogenannten Mouthyon Preis, vom König von Preußen eine goldene Medaille, für seine Arbeit über >Die Getreidearten und das Brot< (Nürnberg 1860) zeichnete ihn der russische Zar aus. Im Jahre 1848 trat Bibra mit einer politischen Schrift an die Öffentlichkeit, mit der er sich zwischen die politischen Fronten stellte. 1849 trat er eine große Reise an, die ihn zuerst nach Brasilien, dann ums Kap Horn nach Chile brachte. »Nach seiner Rückkehr [1850] siedelte er von Schwebheim nach Nürnberg über, wo er auch seine reichen naturhistorischen und ethnographischen Sammlungen, die er aus Amerika mitgebracht hatte, aufstellte.« (Brümmer, S. 228) Erst im Jahre 1863 begann er als Romanschriftsteller zu schreiben. Bibra war ein vielseitig gebildeter Mann; er besaß Kenntnisse in der Literatur, war ein ausgezeichneter Naturwissenschaftler (seine Werke waren für die Chemie und die Geographie lange Zeit maßgebend) und ein »begeisterter Alterthumsfreund« (Günther). Am 5. Juni 1878 starb Ernst von Bibra (S. Günther gibt - fälschlich - den 12. Oktober 1872 an; vgl. Günther, Bibra, Freiherr Ernst von. In: ADB, Bd. 42 (1878), S. 758f.; auch Johann Ludwig Klarmann, Der Steigerwald in der Vergangenheit. Gerolzhofen 1909, S. 209 gibt 1878 als Sterbejahr an.) GERSTÄCKER, F r i e d r i c h

Am 10. Mai 1816 wurde Friedrich Wilhelm Christian Gerstäcker in Hamburg geboren. Sein Vater war Opernsänger, seine Mutter Schauspielerin. Der Beruf der Eltern bedingte zahlreiche Ortswechsel, verschiedene Bühnenverpflichtungen führten die Familie von Hamburg nach Dresden und Kassel. Der Vater verstarb früh (1825), und der Sohn wurde bei Verwandten erzogen. Zuerst kam 256

Friedrich Gerstäcker nach Braunschweig, dann wieder nach Kassel, schließlich nach Leipzig, wo er das Nicolai-Gymnasium besuchte. Er schloß mit der mittleren Reife ab, fing eine kaufmännische Lehre an, gab diese aber auf und begann auf dem Rittergut Doeben bei Grimma eine landwirtschaftliche Ausbildung. 1837 verließ er Deutschland in Richtung Amerika, versuchte sich dort in verschiedenen Berufen, führte ein abenteuerliches Jägerleben und kehrte 1843 nach Deutschland zurück. Gerstäcker hatte in Amerika Tagebuch geführt und die Aufzeichnungen seiner Mutter übersandt, diese hatte die Unterlagen an einen Bekannten weitergegeben, schließlich erschienen sie, ohne Wissen Gerstäckers, in Robert Hellers Zeitschrift >RosenStreif- und Jagdzüge durch die Vereinigten Staaten von Nordamerika^ 1846 und 1847 folgten seine beiden bekanntesten Romane, »Die Regulatoren in Arkansas« und »Die Flußpiraten des Mississippi«. 1845 hatte Gerstäcker die Tochter eines Dresdener Kunstmalers, Anna Aurora Sauer, geheiratet, trotz dieser Bindung reiste er aber 1849 nach Südamerika, Kalifornien, Tahiti und Australien. 1852 kehrte er nach Deutschland zurück. Er bekam Kontakt zu Kreisen um Herzog Ernst II. von Coburg-Gotha und wurde diesem im Herbst 1853 vorgestellt. 1854 trat Gerstäcker dem literarisch-politischen Verein um den Herzog bei (siehe Gerstäcker-Kapital, Anm. 61). 1860 unternahm Gerstäcker eine weitere Reise nach Südamerika, die er nach seiner Rückkehr im Jahre 1861 literarisch verarbeitete (>18 Monate in SüdamerikaNeuen Preußischen Zeitung< ging Goedsche als deren Mitarbeiter nach Berlin (1848) und wirkte als übel beleumundeter, konservativer Skandaljournalist. Seit 1856 schrieb er als »Sir John Retcliffe« Lieferungsromane. Für die >Neue Preußische Zeitung< arbeitete er bis 1874. Mitarbeiter dieses Blattes, das unter dem Namen >Kreuzzeitung< bekannt war, waren auch Theodor Fontane, Georg Ludwig Hesekiel und der junge Otto von Bismarck. Nach seiner Tätigkeit bei dieser Zeitung zog sich Hermann Goedsche 1874 ins schlesische Warmbrunn zurück, wo er am 8. November 1878 starb, (wichtigstes Werk dazu: Volker Neuhaus, Der zeitgeschichtli257

che Sensationsroman in Deutschland 1855 - 1878. >Sir John Retcliffe< und seine Schule. Berlin 1980. Vgl. aber diese Arbeit S. 127, Anm. 28) KRAFT, Robert (Pseudonyme: Dr. Warner, R. Kr., Fred Barker, auch Frett Barkor, Harry Drake, Graf Leo von Hagen, Knut Larsen) Robert Emil Kraft wurde am 3. 10. 1869 in Leipzig als Sohn des Weinhändlers Emil Kraft geboren. Seine Eltern ließen sich früh (nach der Geburt seiner jüngeren Schwester; er hatte noch einen älteren Bruder und zwei ältere Schwestern) scheiden. Kraft wuchs sehr einsam auf. Er besuchte die Thomasschule und anschließend das Thomasgymnasium; er versuchte zweimal von zuhause fortzulaufen (1883, 1885). 1885 mußte er gegen seinen Willen eine Schlosserlehre beginnen, 1887 kam er nach Chemnitz zur Technischen Staatslehranstalt, 1889 lief er ein drittes Mal von zuhause fort, kam nach Hamburg, dann wahrscheinlich nach London, machte eine Reise um die Welt und hielt sich 1890 im Mittelmeerraum auf. Im Oktober wurde er erkrankt in ein deutsches Hospital eingeliefert (in Konstantinopel), wo er vom deutschen Konsulat auf seine Wehrpflicht aufmerksam gemacht wurde. Er kam nach Wilhelmshaven zur Matrosendivision, verbrachte aber die meiste Zeit seiner drei Jahre dort auf einem Kasernenboden, wo er für die Beaufsichtigung der ausrangierten Bücher der Schiffsbibliotheken zuständig war. Danach (1894) zog es ihn in die Einsamkeit des Wüstenjägerlebens nach der Oase Fayum am Birket el Kerun. Er hielt dieses Leben ein halbes Jahr aus und wollte dann als Schriftsteller neu beginnen. Wahrscheinlich zog er, um sich mit seinem Vater auszusöhnen, vorübergehend nach Leipzig, dann - als der Versuch fehlschlug - nach London, um sich dort als Schriftsteller niederzulassen (Ende 1894). Nach Anfangserfolgen bei Zeitschriften und dem Kolportageverlag H. G. Münchmeyer zog er 1896 nach Leipzig. Zuvor hatte er am 27. 6. 1895 die Tochter eines Weinhändlers, Johanna Rehbein, geheiratet. 1896, nach der Übersiedlung, söhnte er sich mit seinem Vater aus. Noch in London wurde ihm die erste Tochter (5. April 1896), in Leipzig/Markleeberg eine zweite (24. Juli 1899) geboren. Nach seiner Arbeit für den Münchmeyer Verlag versuchte er von der Kolportage loszukommen, mit der Übersiedlung nach London (1900) wollte er einen Neubeginn schaffen. 1901 reiste er von dort aus allein bis zur französischen Riviera und kehrte zurück. Nach einer Erbschaft von seinem Vater zog er 1902/03 nach Monte Carlo. 1903 kehrte er jedoch wieder nach London zurück, siedelte im Jahre 1904 nach Deutschland über, lebte zunächst in Klein-Zschachwitz bei Dresden, dann in Berlin/Friedrichshagen (1905), dann in Bad Schandau, schließlich in Dresden (1910), dann wieder in Klein-Zschachwitz (1913), schließlich zog er im Oktober 1915 nach Hamburg. Er starb bei einem Erholungsaufenthalt in Haffkrug am 10. 5. 1915 unerwartet an einem Magenleiden und wurde in Süsel begraben. (Das Grab wurde Anfang der 50er Jahre eingeebnet.) Kurz vor seinem Tode berichtete er seinem Verleger von seinem Merkbuch, in dem »bis heute Ideen für 7 große Kolportagewerke (noch unbenutzt), 184 vollständige Romane von 6-20000 Zeilen und gegen 600 Erzählungen und Feuilletons etc. markiert« sind (Robert Kraft an Euchar A. Schmid, Hamburg, den 8. 3. 1916; im Besitz von Herrn Roland Schmid, Bamberg). Da Kraft häufig f ü r Zeitschriften und unter Pseudonym schrieb, ist zu vermuten, daß ein beachtlicher Teil seiner Schriften noch gar nicht entdeckt ist. MAY, Karl (Pseudonyme: Emma Pollmer (Name der ersten Ehefrau), Capitain Ramon Diaz de la Escosura, Μ. Gisela, Karl Hohenthal, E. v. Linden, Latreaumont, P. van Löwen) 258

Am 25. 2. 1842 wurde Karl Friedrich May als Sohn des Webers Heinrich August May und dessen Ehefrau Christiane Wilhelmine (geb. Weise) als fünftes von vierzehn Kindern geboren. Nach seiner Schulzeit und Konfirmation bestand May 1856 die Aufnahme zum Lehrerseminar Waldenburg. Er wurde Anfang 1860 aufgrund eines relativ geringfügigen Vorfalls (er soll Kerzenwachs gestohlen haben) von der Anstalt verwiesen, durfte aber (aufgrund eines Gnadengesuches) seine Ausbildung in Plauen fortsetzen und beendete sie dort 1861. Er wurde zunächst Hilfslehrer in Glauchau, dann Fabrikschullehrer in Chemnitz. Am 26. 12. 1861 wurde er wegen eines ihm zur Last gelegten - von ihm allerdings immer glaubhaft bestrittenen - Uhrendiebstahls verhaftet. Er verbüßte eine Gefängnisstrafe in Chemnitz und mußte seine Lehrerlaufbahn aufgeben. Nach der Haftentlassung wurde er wieder straffällig und verbüßte von 1865 bis 1868 eine Strafe im Landesgefängnis »Schloß Osterstein< in Zwickau, von 1870 bis 1874 im Zuchthaus Waldheim. 1875 wurde er vom Verleger Münchmeyer als Redakteur einer Zeitschrift eingestellt. In seinen ersten Schriftstellerjahren schrieb er Erzählungen für verschiedene Familienzeitschriften, in den achtziger Jahren fünf Kolportageromane für Münchmeyer. Seit 1883 lebte er in Dresden, seit 1888 in Kötzschenbroda, 1890 zog er nach Nieder-Lößnitz, 1896 in die >Villa Shatterhand< nach Radebeul. Seit 1892 erschienen seine Schriften im Verlag Friedrich Ernst Fehsenfeids. 1899/1900 unternahm May eine Orientreise. 1903 ließ er sich von seiner ersten Frau Emma (geb. Pollmer) scheiden, mit der er seit dem 17. 8. 1880 verheiratet war, und ehelichte die Frau eines verstorbenen Freundes, Klara Plöhn. Durch die Erfahrungen seiner Orientreise beeinflußt, trat ein Wandel im Werke Mays ein, an die Stelle der Reiseerzählungen trat das mehr und mehr allegorische Spätwerk. Gerichtliche und öffentliche Auseinandersetzungen um die von ihm nicht gewollte Neuausgabe seiner Lieferungsromane und um sein Vorleben verfolgten May bis zu seinem Tode am 30. März 1912. (wichtigste Biographien: Hans Wollschläger, Karl May, Grundriß eines gebrochenen Lebens. Zürich 1976; Helmut Schmiedt, Karl May. Studien zu Leben, Werk und Wirkung eines Erfolgsschriftstellers. Königstein 1979.) MÖLLHAUSEN, B a l d u i n

Am 27. Januar 1825 wurde Balduin Heinrich Möllhausen in Bonn als Sohn des königlichen Baukondukteurs Heinrich Möllhausen geboren. Seine Mutter war eine Elisabeth Baronesse von Falkenstein. Beide Elternteile verstarben früh, Möllhausen wurde im mecklenburgischen Waren erzogen. Er besuchte dann ein Gymnasium in Bonn, wurde aber, 14jährig, nach Pommern geschickt, um eine landwirtschaftliche Ausbildung zu absolvieren. 1849 reiste Möllhausen nach Amerika, nahm dort an einer Expedition des Herzogs Paul Wilhelm von Württemberg teil und kehrte 1852 nach Deutschland zurück. In den Jahren 1853 und 1854 reiste Möllhausen erneut nach Amerika und nahm an einer Expedition zur Erforschung eines geplanten Eisenbahnweges teil. Nach seiner Rückkehr heiratete er 1855 Carolina Alexandra Seifert, die Tochter eines Reisebegleiters von Alexander von Humboldt. Möllhausen war nun Kustos der Bibliotheken der Schlösser bei Potsdam geworden. Noch einmal reiste er 1858/59 nach Amerika, um an einer Expedition zur Erkundung des Black Canyon, des Grand Canyon und des Colorado teilzunehmen. Nach seiner Rückkehr lebte er in Potsdam. 1879 unternahm er noch eine Nordlandreise mit dem Prinzen Friedrich Karl von Preußen. Im selben Jahre war der jüngere seiner beiden Söhne auf See 259

verschollen. Danach zog sich Möllhausen mehr und mehr in seine Arbeitswelt zurück und verlegte 1886, als der befreundete Prinz verstarb, seinen Wohnsitz nach Berlin. Dort starb er am 28. Mai 1905. (wichtigstes biographisches Werk: Preston Albert Barba, Balduin Möllhausen. The German Cooper. Americana Germanica Vol. 17. Publications of the University of Pennsylvania 1914, S. 37 ff.) MÜGGE, T h e o d o r

Der Name Theodor Mügge erscheint zum ersten Male 1832 in der Promotionsurkunde des späteren Schriftstellers. Geboren wurde er am 8. November 1802 (in allen Biographien - sogar auf Mügges Grabstein - wird ein anderes Datum angegeben; vgl. jedoch dazu die Richtigstellung von Hugo Willich, Theodor Mügge, ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Romans im 19. Jahrhundert. Phil. Diss. Göttingen 1923 (masch.), S. 6.) in Berlin als Friedrich Theodor Leberecht Mücke; zum einen könnte die vorgenommene Korrektur in der Namensaffinität mit dem Kleintier liegen, weshalb er auch noch später gehänselt wurde (vgl. dazu Karl Gutzkow, Rückblicke auf mein Leben. Berlin 1865, S. 179ff.), zum anderen könnte sie - ebenso wie die Veränderung seines Geburtsdatums - dazu dienen, seine Herkunft und »die unerquicklichen Familienverhältnisse des Elternhauses zu verschleiern.« (Willich, S. 6) Mügges Vater war Inhaber eines Krämerladens in Berlin und lebte nicht in den besten wirtschaftlichen Verhältnissen. Nach dem Scheitern seiner ersten Ehe lebte dieser zwölf Jahre lang in freier Ehe mit einer Kaufmannstochter, die ihm derweil vier Kinder gebar. Die Ehe wurde erst vor der Geburt des fünften - eben des späteren Theodor Mügge - geschlossen. Mügge wuchs mit seinen vier Geschwistern in wenig glücklichen und wirtschaftlich schlechten Umständen auf. Als Zehnjähriger wollte er mit einem Freunde von zuhause weglaufen und zu den Kosaken, um die Welt kennenzulernen. (vgl. Willich, S. 7) Doch er kam nicht weit; er mußte wieder zum Gymnasium gehen und die Verwandten, die nach dem frühen Tod seines Vaters (1814) die Erziehung übernahmen, steckten ihn überdies in eine Kaufmannslehre, wo er »Syrup messen und Düten drehen mußte« (Max Ring, Theodor Mügge, ein deutsches Schriftstellerleben. In: Westermanns Illustrierte Monatshefte. Bd. XIV, Braunschweig 1863, S. 365). Der Wunsch nach einem abenteuerlichen Leben ließ Mügge von der militärischen Laufbahn träumen, als dies nach anfänglichem Sträuben seines Vormundes wahr werden sollte, konnte er sich jedoch in Reih' und Glied »in den engen Verhältnissen der Erfurter Kadettenschule nicht wohlfühlen« (F. Hirth, Theodor Mügge. In: Berliner Börsen-Courier. MorgenAusgabe. 43. Jg., Nr. 83, Berlin, 18. 2. 1911, S. 4). Er verließ die Armee und faßte nun - 1825 - den »abenteuerlichen Plan« (Ring), nach Südamerika zu gehen, um den Kampf Bolivars zu unterstützen. In London erfuhr er die Siegesnachricht und kehrte um. Nun faßte er den Plan, die akademische Laufbahn einzuschlagen. Er machte in mühevoller Arbeit das Abitur und begann 1828 in Berlin das Studium der Philosophie, Geschichte und Naturwissenschaft. 1832 promovierte er in Jena (das Thema der Dissertation war nicht zu ermitteln; vgl. Willich, S. 9). An der politischen Bewegung der Zeit beteiligte er sich durch die Veröffentlichung zweier Schriften: Frankreich und die letzten Bourbonen< und >England und die ReformNationalzeitung< (Berlin). »Erst unter d e m D r u c k e der Reaktion der fünfziger Jahre schied M. aus dieser Stellung. Mit der Richtung, welche damals a m R u d e r des preußischen Staates stand, gerieth er durch seine Schrift >Die Censurverhältnisse in Preußen< in Conflict; polizeiliche u n d gerichtliche Plackereien waren der Lohn f ü r seine freimüthigen A e u ß e r u n g e n . « (Julius Riffert, Mügge, Theodor. In: ADB, Bd. 22, S. 455/456) A m 18. F e b r u a r 1861 starb Theodor Mügge in Berlin nach »achttägigem, [ . . . ] schmerzreichem K r a n k e n l a g e r [an] einer acuten K o p f k r a n k h e i t (Kopfrose)« (Nationalzeitung Nr. 84, Berlin, 19. 2. 1861). (wichtigste Schrift: Hugo Willich, Theodor Mügge, ein Beitrag zur Geschichte des deutschen R o m a n s im 19. J a h r h u n d e r t . Phil. Diss. Göttingen 1923.) PAJEKEN, F r i e d r i c h J .

A m 25. März 1955 wurde Friedrich P a j e k e n in B r e m e n als Sohn eines Kapitäns geboren. In Bremen besuchte er a u c h das Handelsgymnasium, um d a n a c h in den J a h r e n 1873 - 1876 in einem bremischen G r o ß h a n d e l s h a u s den k a u f m ä n n i schen Beruf zu erlernen. U m Handelsbeziehungen zu pflegen, schiffte sich Pajeken nach Venezuela ein, doch bereits w ä h r e n d seines vierjährigen Aufenthaltes dort n a h m er sich vor, Land u n d Leute zu studieren, um seine Eindrücke und Erlebnisse später literarisch zu verwerten. So gab er auch in Venezuela seinen Beruf auf und ging nach N o r d a m e r i k a , in den s a g e n u m w o b e n e n >Wilden Western und unter Indianer. Als P a j e k e n schließlich heimkehrte, ließ er sich zuerst in Bremen als Schriftsteller nieder; er siedelte aber schon bald nach H a m b u r g (1889) und heiratete im selben J a h r Agnes W i n k e l m a n n . 1879 verlegte er seinen Wohnsitz nach Charlottenburg. Als erfolgreicher Schriftsteller und mittlerweile Familienvater - seine Frau gebar schon bald zwei Söhne (1891 u. 1903) - schrieb er A b e n t e u e r r o m a n e f ü r die Jugend mit pädagogischer Intention. Er galt als National-Liberaler; später Schloß er sich der Deutschen Volkspartei an. Vor seinem Tode siedelte er wieder über in seine Geburtsstadt Bremen und verstarb dort a m 8. November 1920. POSTL, Karl siehe SEALSFIELD, Charles RETCLIFFE, Sir J o h n (Pseudonym) siehe GOEDSCHE, H. O. F.

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RUPPIUS, O t t o

Am 6. Februar 1819 wurde Otto Ruppius in Glauchau als Sohn eines Beamten geboren. Er besuchte in Langensalza die Schule und begann eine kaufmännische Lehre in Erfurt. 1839 ging er zum Militär; in dieser Zeit schrieb er >Das Taschenbuch für den preußischen Infanteristen< (1841) (so verschiedentliche Angaben in Biographien, bibliographisch ist die Schrift nicht mehr nachzuweisen). Nach Beendigung seiner Dienstzeit wurde er Buchhändler in Langensalza; er ging jedoch bereits 1845 nach Berlin, um dort, zusammen mit Adolf Ries, den >Norddeutschen Volksschriftstellerverein< zu gründen, der bezüglich der Landbevölkerung aufklärerische Ambitionen hegte. Im Jahre 1848 - zwei Jahre zuvor hatte er geheiratet - gründete er eine revolutionäre Zeitung, die >Bürger- und BauernzeitungNew Yorker Staatszeitung< und später der >Westlichen Blättere Schon einmal hatte eine Feuersbrunst ihn und seine ihm nachgereiste Familie um die Habe gebracht, nun bedrohte der Bürgerkrieg seinen Besitz im Grenzstaat Missouri. Ruppius kehrte 1861 mit seiner Familie nach Leipzig zurück; eine inzwischen erlassene Amnestie bewahrte ihn vor der Verfolgung durch die preußischen Behörden. Im selben Jahre noch wurde er Mitarbeiter bei der >Gartenlaube< schon bei Herausgeber Ernst Keils früherer Zeitschrift >Der Leuchtthurm< hatte er mitgearbeitet. In Aufsätzen und Erzählungen schlug sich seine Amerikaenttäuschung nieder. Er siedelte wieder über nach Berlin und gründete dort das >Sonntagsblatt für Jedermann aus dem VolkeVolkszeitung< (bei Duncker waren schon andere Schriften Ruppius' verlegt worden). In Berlin starb Ruppius am 25. Juni 1864 infolge einer Gehirnkrankheit. (wichtige Quelle: Theodor Graewert, Otto Ruppius und der Amerikaroman im 19. Jahrhundert. Phil. Diss. Berlin 1935 (gedr. Eisfeld i. Thür.)) SCHERR, J o h a n n e s

Am 3. Oktober 1817 wurde Johannes Scherr in Hohenrechberg (nahe der Stadt G m ü n d ) geboren; er war das zehnte Kind in der Familie, der Vater war Schulmeister. Die Mutter, eine strenggläubige Katholikin, wollte ihn zum Studium der Theologie bewegen. Der Einfluß des Bruders Thomas Scherr, eines bekannten Pädagogen der Zeit, war jedoch stärker; dieser holte Johannes Scherr in der Mitte der 30er Jahre zuerst einmal nach Zürich. »Von 1837 bis 1840 hielt sich Scherr als Student in Tübingen auf und beschäftigte sich dort mit philologischen und geschichtlichen Studien.« (J. Mähly, Scherr, Johannes. In: ADB, Bd. 31 (1890), S. 125.) Während dieses Studiums litt Scherr häufig wirtschaftliche Not. 1840 gab er zusammen mit seinem Bruder ein Buch über die Geschichte der religiösen und politischen Ideen heraus. 1843 ließ er sich in Stuttgart nieder und heiratete Susette Kübler, die - mit Erfolg - »um des lieben Brotes willen [...] f ü r die Hausfrauenwelt« schrieb. Scherr betätigte sich nun politisch. Er gab eine Streitschrift über >Württemberg im Jahre 1843< heraus und ließ sich in die Abgeordnetenkammer wählen. Nach dem Scheitern der 48er Revolution floh er 1850 in die Schweiz; er hatte in einigen öffentlichen Reden aus seiner politischen Meinung kein Hehl gemacht und zog es nun vor, das Gericht dessen

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Urteil darüber - 15 Jahre Zuchthaus - in seiner Abwesenheit fällen zu lassen. Die Anfangsjahre in der Schweiz waren durch wirtschaftliche Not gekennzeichnet. Seine Tätigkeit am Polytechnikum in Zürich (von 1849 bis 1852) reichte nicht zur Absicherung seiner Existenz, so daß er sich nebenher schriftstellerisch betätigte. »Scherrs litterarische Thätigkeit war materiell nicht so lohnend, als man meinen sollte, weil er durch die Fallimente zweier seiner Verleger um sein sauer erschriebenes Vermögen kam.« (J. Mähly, Nekrolog. In: Scherr, Johannes, Letzte Gänge (posthume Ausgabe). Berlin und Stuttgart 1887, S. 229; dieser Nekrolog liegt auch dem Aufsatz in der ADB zugrunde) Im Jahre 1860 erhielt Scherr eine Professur am Polytechnikum für Geschichte und Literatur. Nach dem Tode seiner ersten Frau heiratete er 1874 erneut. Als einer seiner besten Freunde verstarb, zog er sich in die Einsamkeit seines Studierzimmers zurück und gab seiner »hypochondrischen Anlage« (Mähly) Raum. Er litt bis zu seinem Lebensende unter zahlreichen Krankheiten. Am 21. November 1886 starb er in Zürich. SCIPIO, Rudolf (Pseudonym R. Waldheim) Scipio wurde am 24. Dezember 1837 in Menneringhausen im Fürstentum Waldeck als Sohn eines Pfarrers geboren. Der Vater bekam eine Landpfarre und unterrichtete den Sohn, zusammen mit einigen Beamtensöhnen, selbst. Danach fügte sich Scipio widerstrebend in eine Ausbildung zum Buchhändler, die er in der Residenzstadt des Fürstentums Waldeck, in Arolsen, absolvierte. Er versuchte sich als politischer Journalist und Novellist; eine erste Erzählung, >Waldelfe< betitelt, veröffentlichte er in dem von Friedrich Spielhagen geleiteten Ruppiusschen >SonntagsblatteKreuzherren vom rothen Stein< aufgenommen, er erhielt die Priesterweihe, und wurde schließlich Ordenssekretär. Die nun vorgezeichnete geistliche Laufbahn schien Sealsfield jedoch zu mißhagen, so daß er 1823, anläßlich eines Kuraufenthaltes in Karlsbad, dem Klosterleben entfloh. Wahrscheinlich entkam er durch die Hilfe freimaurerischer Freunde über Stationen in Österreich, der Schweiz und Deutschland in die Vereinigten Staaten von Amerika. Unter dem Pseudonym C. Sidons erschien 1827 ein erstes Buch mit dem Titel >Die Vereinigten Staaten von Nordamerika nach ihrem politischen, religiösen und gesellschaftlichen Verhältnisse betrachtete das bei Cotta in Tübingen erschien. Karl Postl lebte während seines Amerika-Aufenthaltes in Mexiko, Texas, in Ohio, den Neu-England-Staaten, New York und wieder im Südwesten der Vereinigten Staaten. Seit 1832 lebte Postl - mittlerweile als >Charles Sealsfield, Bürger der Vereinigten Staaten< - in der Schweiz. Im Mai 1837 reiste er wieder nach Amerika, kehrte aber, enttäuscht von den Verhältnissen in den Vereinigten Staaten, schon im November zurück. Nach der gescheiterten 48er Revolution geriet der

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Schriftsteller Sealsfield in Vergessenheit. 1853 reiste er noch einmal in die Vereinigten Staaten, lebte dort fünf Jahre und kehrte 1858 in die Schweiz zurück. Er ließ sich in Solothurn nieder und lebte zurückgezogen. Am 26. Mai 1864 starb er dort, (wichtigste biographische Schrift: Eduard Castle, Der große Unbekannte. Das Leben von Charles Sealsfield (Karl Postl). 2 Bde. Wien, München 1952 1955) STRUBBERG, Frederic Armand (Pseudonyme: Armand, Norwald) Geboren wurde F. A. Strubberg am 18. März 1806 in Kassel. Mit sechzehn Jahren ging er als Volontär in ein Bremer Handelshaus, mußte 1826 Deutschland wegen der Folgen eines Duells verlassen, ging nach Amerika, kam aber 1829 wieder zurück. Er ging Ende der dreißiger Jahre wieder nach Amerika, nach New Orleans, New York, Havanna, Richmond, Baltimore und arbeitete als Kommissionär im Tabakgeschäft. Wieder mußte er nach einem Duell, das für den Gegner tödlich ausging, fliehen; er zog nach Texas, verunglückte aber vor St. Louis; bei einem dort ansässigen deutschen Mediziner promovierte er 1844, ging dann in das Indianergebiet von Texas als Ansiedler, wurde 1846 Kolonialdirektor des Ortes Friedrichsburg, siedelte 1848 sich in Arkansas an. 1854 ging er wegen einer Augenkrankheit zurück nach Europa, kehrte aber nicht in die Vereinigten Staaten zurück. 1858 erfolgte die erste Buchveröffentlichung, 1860 zog Strubberg nach Kassel, 1885 nach Gelnhausen, wo er am 3. April 1889 starb. WACHENHUSEN, H a n s

Johann Wachenhusen wurde am 30. 12. 1822 als Sohn des Infanterie-Leutnants Johann Wilhelm Wachenhusen und dessen Ehefrau Appollonia Catharina Willnecker geboren. (Alle anderen Daten in den Nachschlagelexika sind falsch, diese Angabe bezieht sich auf die im Stadtarchiv Trier vorhandene Geburtsurkunde.) Biographisches Material über Hans Wachenhusen ist - trotz seines Buches >Aus bewegtem Leben< - nur recht spärlich vorhanden, obwohl sich seine verschiedenen Reisen anhand seiner Schriften datieren und partiell auch verfolgen lassen. Seine Eltern verstarben früh, sein Vormund wollte ihn zum Buchhändler machen; so ging seine Lehrzeit im Geschäft seines Verwandten in Wismar weniger auf den eigenen Wunsch als auf die Veranlassung des Vormundes zurück. Ihm fehlte »jeglicher Sinn für einen regelrechten Beruf; er studierte nun neuere Sprachen, versuchte es dann als Schriftsteller und ging schließlich [...] auf Reisen.« (Brümmer, Bd. 7, S. 291) Er lernte so die skandinavischen Länder kennen, Rußland und Amerika. Durch Übersetzungen versuchte er seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Bekannter wurde er jedoch als Zeitungsreporter. Stets dort zu finden, wo Unruhen und Kriege ausbrachen, ging er 1853 in das Lager der türkischen Truppen, um den Donaukrieg zu verfolgen; er berichtete vom Krimkrieg und zog sich nach dessen Beendigung 1856 nach Paris zurück, »von wo aus er seine ersten Pariser Schilderungen u. einige kleine, feuilletonartig gehaltene Pariser Lebensskizzen veröffentlichte, die in Hunderttausenden von Exemplaren verkauft wurden.« (Brümmer, S. 292) Von Paris aus reiste er über Spanien nach Afrika. Der Aufstand der Abstentionisten in Neuchätel ließ ihn jedoch in die Schweiz zurückkehren. Wachenhusen war nun überall dort zu finden, wo die Ordnungen durch Unruhen ins Wanken kamen. Er schrieb 1859 vom italienischen Kriegsschauplatz, auch vom marokkanischen Kriege von 1859/1860 be264

richtete er, 1860 begab er sich unter die Freischärler Garibaldis - er lernte in dieser Zeit Alexandre Dumas (pere) kennen (vgl. Hans Wachenhusen, Aus bewegtem Leben. Straßburg 1890, 1. Bd., S. 293), der hier auch als Berichterstatter tätig war - ; 1864 Schloß er sich dem preußischen Heer nach Schleswig an, reiste sodann wieder nach Afrika, nahm 1869 an der Eröffnung des Suezkanals teil und berichtete 1870/71 vom deutsch-französischen Krieg - das sind nur einige der Stationen im rastlosen Reiseleben Wachenhusens. Hatte er früher stets nur als Berichterstatter (zumeist für die >Kölnische ZeitungDer Hausfreund< herauszugeben. Er leitete es bis 1873. 1872 wurde er zum Hofrat ernannt; er ließ sich in Wiesbaden nieder. Am 23. März 1898 starb Wachenhusen in Marburg. WÖRISHÖFFER, Sophie (Pseudonyme: Sophie von der Horst, W. Höffer, K. Horstmann, S. Fischer, A. Harder, W. Noeldechen [unter den beiden letztgenannten Namen veröffentlichte der Verlag Velhagen & Klasing aus dem Nachlaß. Dazu: Hanns Klasing, S. Wörishöffer/Ein wohlgehütetes Verlagsgeheimnis. In: Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. Frankfurter Ausgabe, 17. Jg., 3. Mai 1961, 35, Aus dem Antiquariat IV.; Bestätigung auch nach brieflicher Rückfrage, Quelle ist dabei die Überlieferung durch Verlagsangestellte]) Sophie Wörishöffer wurde am 6. Oktober 1838 in Pinneberg bei Altona als Sophie Friederike Louise Andresen geboren. Väterlicherseits entstammte sie einer gutbürgerlichen Familie, der Vater, Otto Andresen, war Advokat am Untergericht in Pinneberg, der Großvater Rektor zu Uetersen, der Onkel Gymnasiallehrer in Altona und später Professor in Bonn. Die Mutter, eine geborene Clara Antoinette von Liliencron, entstammte der Familie des alten schleswig-holsteinischen Adels, der auch ihr bekannter Vetter Detlev von Liliencron angehörte; erzogen wurde Sophie Wörishöffer im evangelisch-lutherischen Glauben. 1851 starb ihr Vater und hinterließ neben der Witwe drei Kinder. 1857 ungefähr zog die Familie von Pinneberg nach Altona, wahrscheinlich wegen der Ausbildungschancen für die Kinder. Am 24. Februar 1866 heiratete Sophie Andresen den Architekten Albert Fischer Wörishöffer (22. 5. 1828 - 22. 1. 1870). Die Ehe war kurz und wenig glücklich. Der Mann verstarb nach 4 Jahren am 22. Januar 1870, der 1869 geborene Sohn Philipp verstarb mit anderthalb Jahren. Im Juli 1871 wurde ein weiterer Sohn geboren und auf den Namen Hugo Nicolaus Clarus Andresen getauft; der Vater ist nicht bekannt. Für den Lebensunterhalt schrieb Sophie Wörishöffer zunächst für Zeitungen (>Reform< und >DaheimPätz und Putz< oder die Lebensgeschichte zweier Bären. Leipzig 1865. - Wilde Welt. Erzählungen. 3 Bde. Leipzig 1865 - 1867. - Der Erbe. Roman. 3 Bde. Jena 1867. - Eine Mutter. Roman. 3 Bde. Jena 1867. - Unter den Pehuenchen. Chilenischer Roman. Jena 1867. - Hüben und drüben. Erzählungen. 3 Bde. Leipzig 1868. - Die Missionäre. Roman aus der Südsee. 3 Bde. Jena 1868. - Neue Reisen durch die Vereinigten Staaten, Mexico, Ecuador, Westindien und Venezuela. 3 Bde. Jena 1868 - 1869. - Das Loch in der Hose. Erzählung. New York (Steiger) 1869. - Das sonderbare Duell. Bibliothek f ü r Haus und Reise. Berlin 1869. - Irrfahrten. Bibliothek für Haus und Reise. Berlin 1869. - Kreuz und Quer. Erzählungen. 3 Bde. Leipzig 1869. - Ein Parcerie-Vertrag. Erzählung. Leipzig 1869. - Die Blauen und die Gelben. Venezuelanisches Charakterbild aus der letzten Revolution von 1868. 3 Bde. Jena 1870. - Die Franctireurs. Unterhaltungs-Bibliothek für Reise und Haus. Bd. 9. Jena 1870. - Nach dem Schiffbruch. Unterhaltungs-Bibliothek für Reise und Haus. Jena 1870. - Buntes Treiben. Erzählungen. 3 Bde. Leipzig 1870. - Das Wrack des Piraten. Unterhaltungs-Bibliothek für Reise und Haus. Jena 1870. - Kriegsbilder eines Nachzüglers aus dem deutsch-französischen Kriege. Unterhaltungs-Bibliothek für Reise und Haus. Bd. 8. Jena 1871. - In Mexiko. Charakterbild aus den Jahren 1864 - 1867. 4 Bde. Jena 1871. - Verhängnisse. Bibliothek für Haus und Reise. Berlin 1871. - In Amerika. Amerikanisches Lebensbild aus neuerer Zeit. Jena 1872. - Im Eckfenster. Roman. 4 Bde. Jena 1872. - Das Hintergebäude. Eine Erzählung. Leipzig 1872. - Ein Plagiar. Mexicanische Erzählung. Bibliothek für Haus und Reise. Berlin 1872. 272

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Der Tolle. Lustspiel. Unterhaltungs-Bibliothek für Reise und Haus. Bd. 14. Jena 1872. - Die Pampas-Indianer. Reise-Abenteuer in den Steppen der Argentinischen Republik von Südamerika. Dresden 1874. - Kleine Erzählungen und nachgelassene Schriften. 3 Bde. Jena 1879. Kraft, Robert: Die Vestalinnen. 103 Hefte oder 4 Bde. Dresden-Niedersedlitz (Münchmeyer) 1895. - Die Fremde aus Indien. 42 Hefte oder 4 Bde. Dresden-Niedersedlitz (Münchmeyer) o. J. [1896] (erschien 1904/05 in Lieferungen und 1905 als Buch unter dem neuen Titel >Um die indische Kaiserkrone< in einer neuen Auflage). Dr. Warner [d. i. Robert Kraft]: Vier Frauen und nur ein Mann. Dresden-Niedersedlitz (Münchmeyer) o. J. [1896/97]. R. Kr. [d. i. Robert Kraft]: Erlebnisse eines dreizehnjährigen Knaben. In: In der Dämmerstunde. Dresden-Niedersedlitz (Münchmeyer) 1897 - 1898. Kraft, Robert: Das Schwert des Damokles. In: Illustrierte Chronik der Zeit. Stuttgart 1899. - Der Medizinmann. Erzählung. In einem Heft erschienen mit Cassau, Carl: Osseo, der Wunderstern. Erzählung aus der Zeit der englischen Kolonien Nordamerikas. Dresden (Germania-Verlag) o. J. [ca. 1899 - 1902]. Graf Leo v. Hagen [d. i. Robert Kraft]: Aus allen Welttheilen. 5 Hefte. DresdenNiedersedlitz (Münchmeyer) o. J. [1899], Drake, Harry [d. i. Robert Kraft]: Die Traumapotheke, oder: Die Kunst, sich auf ganz harmlose Weise Träume zu erzeugen und ihren Inhalt nach Willkür zu bestimmen. Leipzig (Selbstverlag des Verfassers) 1899. Kraft, Robert: Aus dem Reiche der Phantasie. 10 Hefte. Dresden-Niedersedlitz (Münchmeyer) o. J. [1901], - Der Schlüssel zum Paradies. In: Für alle Welt. 7 Jg. Stuttgart 1901. - In der Kolonie. In: Freya. Illustrierte Wochenschrift für neue litterarische Erscheinungen. 2. Jg. Dresden 1902. - Die Nibelungen. In: Für alle Welt. 8 Jg. Stuttgart 1902. - Jochen der Taugenichts. Breslau (Schottlaender) 1902. - Die Templer vom Ringe. In: Für alle Welt. 9 Jg. Stuttgart 1903. - Ein moderner Lederstrumpf. Roman. Berlin (Strauss) ο. J. [1903]. - Sonnenkinder. In: Radwelt. Berlin 1904. - Schnelldampfer Mikrokosmos. 7 Hefte. Dresden-Niedersedlitz (Münchmeyer) o. J. [1904], - Die Roulette. Drei Novellen in einem Band. (»Im Paradies der Hölle«, »Monsieur Automate«, »Lila Nachtschatten«) Dresden-Niedersedlitz (Münchmeyer) o. J. [1904]. - Detektiv Nobodys Erlebnisse und Reiseabenteuer. 60 Hefte· oder 6 Bände. Dresden-Niedersedlitz (Münchmeyer) o. J. [1904/05]. - Detektiv Nobodys Erlebnisse und Reiseabenteuer. II. Serie, 50 Hefte oder 5 Bde. Dresden-Niedersedlitz (Münchmeyer) o. J. [1906], - Wir Seezigeuner. 52 Hefte oder 5 Bde. Dresden-Niedersedlitz (Münchmeyer) o. J. [1907/08], - Die Augen der Sphinx. Gesammelte Erzählungen. 60 Hefte od. 7 Bde. (I. Eine kurze Lebensbeschreibung, von ihm selbst verfaßt. Mit einem Portrait. Im Panzerautomobil um die Erde. II. Die Rätsel um Garden Hall. III. Die Wildschützen am Kilimandscharo. IV. Der Herr der Lüfte. V. Das Hohelied der 273

Liebe. VI. Die Nihilit-Expedition. VII. Novacasas Abenteuer.) DresdenNiedersedlitz (Münchmeyer) o. J. [1908/09], - Im Zeppelin um die Welt. 2 Bde. Berlin (Verlag moderner Lektüre) o. J. [1909], - Der Graf von Saint Germain. 60 Hefte od. 6 Bde. (I. Der Graf von Saint Germain 1. II. Der Graf von Saint Germain 2. III. Das Glück von Robin Hood. IV. Wenn ich König wär ... V. Die Arbeiten des Herkules. VI. Im Aeroplan um die Erde.) Dresden-Niedersedlitz (Münchmeyer) o. J. [1909/10]. - Die neue Erde. 1. Bd. in 2 Tin. Leipzig (Mutze) 1910. - Atalanta. Die Geheimnisse des Sklavensees. 60 Hefte od. 6 Bde. Dresden (Roman-Verlag) o. J. [1911]. - Das Gauklerschiff. Die Irrfahrten der Argonauten. 60 Hefte od. 6 Bde. Dresden (Roman-Verlag) o. J. [1912], - Das zweite Gesicht oder die Verfolgung rund um die Erde. 46 Hefte od. 5 Bde. Heidenau (Freya) o. J. [1913]. (od. Dresden: Roman-Verlag) - Die Abgottschlange. Roman aus den Kolonien vor Ausbruch des Krieges. In: Die Wochenschau. Heft 22 - 29. Essen, Düsseldorf, Berlin 1916. Larsen, Knut [d. i. Robert Kraft]: Unterseeteufel. Radebeul, Leipzig (Haupt & Hammon) 1918. Kraft, Robert: Loke Klingsor. Der Mann mit den Teufelsaugen. 60 Hefte oder 6 Bde. Heidenau (Freya) 1927. May, Karl: Carl May's gesammelte Reiseromane, (später: Reiseerzählungen). 33 Bde. Freiburg 1892 - 1910. Bd. 1: Durch Wüste und Harem (später: Durch die Wüste). Bd. 2: Durchs wilde Kurdistan. Bd. 3: Von Bagdad nach Stambul. Bd. 4: In den Schluchten des Balkan. Bd. 5: Durch das Land der Skipetaren. Bd. 6: Der Schut. Bd. 7 - Bd. 9: Winnetou, der rote Gentleman (später Winnetou). 3 Bde. Bd. 10: Orangen und Datteln. Bd. 11: Am Stillen Ocean. Bd. 12: Am Rio de la Plata. Bd. 13: In den Cordilleren. Bd. 14, 15 u. 19: Old Surehand. 3 Bde. Bd. 16 - Bd. 18: Im Lande des Mahdi. 3 Bde. Bd. 20 - Bd. 22: Satan und Ischariot. 3 Bde. Bd. 23: Auf fremden Pfaden. Bd. 24: Weihnacht. Bd. 25: Am Jenseits. Bd. 26 - Bd. 29: Im Reiche des silbernen Löwen. 4 Bde. Bd. 30: Und Friede auf Erden! Bd. 31 u. Bd. 32: Ardistan und Dschinnistan. 2 Bde. Bd. 33: Winnetou. 4. Band. - Im fernen Westen, (zus. mit Fr. C. Wickede, Sagen und Legenden vom Mississippi) Stuttgart o. J. [1879], Capitain Ramon Diaz de la Escosura [d. i. Karl May]: Das Waldröschen oder: Die Verfolgung rund um die Erde. Großer Enthüllungsroman über die Geheimnisse der menschlichen Gesellschaft. 109 Hefte. Dresden o. J. [1882 1884], 274

May, Karl: Die Liebe des Ulanen. In: Deutscher Wanderer. Illustrierte Unterhaltungsbibliothek für Familien aller Stände. 8. Bd. Nr. 1 - 86. 88 - 108. Dresden 1883 - 1885. - (anonym): Der verlorene Sohn oder Der Fürst des Elends. Vom Verfasser des Waldröschens. 101 Hefte. Dresden o. J. [1883 - 1885]. - (anonym): Deutsche Herzen, deutsche Helden. Vom Verfasser des »Waldröschen« und »der Fürst des Elends«. 109 Hefte. Dresden o. J. [1885 - 1886]. - Der Weg zum Glück. Roman aus dem Leben Ludwig des Zweiten. 108 Hefte. Dresden o. J. [1886 - 1887], - Der Sohn des Bärenjägers. Stuttgart, Berlin, Leipzig o. J. [1890]. - Der blau-rote Methusalem. Stuttgart, Berlin, Leipzig o. J. [1892]. - Die Sklavenkarawane. Stuttgart, Berlin, Leipzig o. J. [1893]. - Der Schatz am Silbersee. Stuttgart, Berlin, Leipzig o. J. [1894]. - Die Rose von Kai'rwan. Osnabrück 1894. - Das Vermächtnis des Inka. Stuttgart, Berlin, Leipzig o. J. [1895], - Der Ölprinz. Stuttgart, Berlin, Leipzig o. J. [1897]. - Der schwarze Mustang. Kamerad-Bibliothek Bd. 1. Stuttgart, Berlin, Leipzig o. J. [1899]. - Himmelsgedanken. Gedanken und Aphorismen. Freiburg 1900. - Erzgebirgische Dorfgeschichten. Karl Mays Erstlingswerke. Bd.l. DresdenNiedersedlitz o. J. [1903], - Babel und Bibel. Drama. Freiburg 1906. - Mein Leben und Streben. Selbstbiographie. Freiburg o. J. [1910]. Meister, Friedrich: Die Schatzsucher im Eismeer. Leipzig 1895. - Hung Li Tscheng oder Der Drache am Gelben Meer. Leipzig 1900. - Muherero rikärera! (Nimm dich in acht Herero!). Leipzig 1904. - Der Seekadett. Leipzig o. J. - Im Kielwasser des Piraten. Leipzig o. J. Möllhausen, Balduin: Tagebuch einer Reise vom Mississippi nach den Küsten der Südsee. Eingef. v. A. v. Humboldt. Leipzig 1858. (2. Aufl. erschien unter dem Titel: Wanderungen durch die Prairien und Wüsten des westlichen Nordamerika vom Mississippi nach den Küsten der Südsee im Gefolge der von der Regierung der Vereinigten Staaten unter Lieutenant Whipple ausgesandten Expedition. Eingef. v. Alexander von Humboldt. Leipzig 1860.) - Reisen in die Felsengebirge Nord-Amerikas bis zum Hoch-Plateau von NeuMexiko, unternommen als Mitglied der im Auftrage der Regierung der Vereinigten Staaten ausgesandten Colorado-Expedition. Eingeführt durch zwei Briefe von A. v. Humboldt. Leipzig 1861. - Der Halbindianer. Erzählung. 4 Bde. Jena/Leipzig 1861. - Der Flüchtling. Erzählung. 4 Bde. Jena/Leipzig 1862. - Der Majordomo. Erzählung. 4 Bde. Jena/Leipzig 1863. - Palmblätter und Schneeflocken. Erzählungen aus dem fernen Westen. 2 Bde. Jena/Leipzig 1863. - Das Mormonenmädchen. Erzählung. 6 Bde. Jena/Leipzig 1864. - Die Mandanenwaise. Erzählung. 4 Bde. Berlin 1865. - Reliquien. Erzählungen und Schilderungen aus dem westlichen Nordamerika. 3 Bde. Berlin 1865. 275

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Der Meerkönig. Erzählung. 6 Bde. Jena 1867. Nord und Süd. Erzählungen und Schilderungen. Jena 1867. Der Hochlandpfeifer. Erzählung. 6 Bde. Jena 1868. Das Hundertguldenblatt. Erzählung. 6 Bde. Jena 1870. Der Piratenleutnant. Roman. 4 Bde. Berlin 1870. Der Kesselflicker. Erzählung. 5 Bde. Berlin 1871. Das Finkenhaus. Roman. 4 Bde. Berlin 1872. Die Einsiedlerinnen. Roman. 4 Bde. Berlin 1873. Westliche Fährten. Erzählungen und Schilderungen. 2 Bde. Berlin 1873. Das Monogramm. Roman. 4 Bde. Berlin 1874. Die Hyänen des Capitals. Roman. 4 Bde. Berlin 1876. Die Kinder des Sträflings. Roman. 4 Bde. Berlin 1876. Der Reiher. Roman. 3 Bde. Berlin 1878. Vier Fragmente. 4 Bde. Berlin 1880. Der Schatz von Quivira. Roman. 3 Bde. Berlin 1880. Die Töchter des Consuls. Roman. 3 Bde. Berlin 1880. Der Fanatiker. Roman. 3 Bde. Berlin 1883. Der Leuchtthurm am Michigan und andere Erzählungen. Einltg. v. Th. Fontane. Collection Speemann. Bd. 35. Stuttgart 1883. Der Haushofmeister. Roman. 3 Bde. Jena 1884. Die Traders. Roman. 3 Bde. Berlin 1884. Wildes Blut. Erzählung. 3 Bde. Jena 1886. Das Loggbuch des Kapitains Eisenfinger. Roman. 3 Bde. Stuttgart 1887. Die Familie Melville. Roman. 3 Bde. Leipzig 1889. Das Geheimnis des Hulks. Roman. Collection Speemann. Bd. 309. Stuttgart 1889. Der Fährmann am Kanadian. Roman. 3 Bde. Stuttgart 1890. Haus Montague. Roman. 3 Bde. Jena 1891. Die beiden Yachten. Roman. 3 Bde. Stuttgart 1891. Die Söldlinge. Roman. 3 Bde. Stuttgart 1892. Kaptein Meerrose und ihre Kinder. Erzählung. 3 Bde. Leipzig 1893. Der Spion. Roman. 3 Bde. Stuttgart 1893. Der Talismann. Roman. 2 Bde. Jena 1894. Die Dreilinden-Lieder. Berlin 1896. Welche von beiden? Roman. 2 Bde. Stuttgart 1897. Der alte Korpsbursche. Roman. Kürschner's Bücherschatz. Nr. 77. Berlin 1898. Das Fegefeuer in Frappy's Wigwam. Roman. Kürschner's Bücherschatz. Nr. 222. Berlin 1900. Der Postreiter. Erzählung. Kürschner's Bücherschatz. Nr. 346. Berlin 1903. Die Verlorene. Die Bärenhaut. 2 Erzählungen. Kürschner's Bücherschatz. Nr. 389. Berlin 1904. Sankt Elmsfeuer und andere Novellen. Kürschner's Bücherschatz. Nr. 459. Berlin 1905. Der Vaquero. Roman. Stuttgart 1905.

Mügge, Theodor: Bilder aus dem Leben. Erzählungen und Novellen. (Das Herz des Feindes. - Die Aebtissin. - Estrella de la Conquista. - Die gute Gesellschaft.) Magdeburg 1831. 276

England und die Reform in ihren umwälzenden Folgen. Historischstaatsrechtliche Betrachtung. Leipzig 1831. Frankreich und die letzten Bourbonen. Uebersicht der Vorfälle in Frankreich von 1814 bis 1830. Berlin 1831. Der Chevalier. Roman. 3 Thle. Leipzig 1835. Leben Napoleons des Großen. Zur allgemeinen Belehrung dargestellt. Historisches Taschenbuch für die reifere Jugend. 1. Jg. Berlin 1836. Novellen und Erzählungen. 3 Bde. (Inh.: Deutsche Liebe in Kentucky. - Moderne Kämpfe. / Der Suliot. - Joachim Hennings - Der Ueberfall. - Der Verschmähte. - Das Mädchen von Cresivaudan. - Der große Baske.). Braunschweig 1836. Die Vendeerin. 3 Thle. Roman. Berlin 1837. Novellen und Skizzen. 3 Bde. (Inh.: Die Spanier in London. - Der Unversöhnliche. - Absicht und Zufall. - Der Candidat. / Die Brüder. - Rosinchen. / Streifzüge durch Belgien. - Der Retter.). Berlin 1838. Tänzerin und Gräfin. 2 Thle. Roman. Leipzig 1839. Toussaint. Roman. 4 Thle. Stuttgart 1840. Gesammelte Novellen. 1 . - 6 . Thl. (1. Angelica. - Die Emigranten. 2. Rosalie. - Zwei Bräute. Lebensmagie. - Paul Jones. 3. Neffe und Nichte. 4. Liebe in alter Zeit. - Der gefährliche Gast. - Swinemünde und Rügen. 5. Jakobine. Herz und Welt. - Das Medaillon. - Der Weg zum Glück. - Ein Abenteuer in Holland. 6. Das Gold Pinheiro's. - Simon.) Leipzig 1842/1843. Reise durch Skandinavien. 1. Abthlg.: Skizzen aus dem Norden. 2 Bde. 2. Abthlg.: Schweden im Jahre 1843. 2 Bde. Hannover 1844. Die Censurverhältnisse in Preußen. Denkschrift mit Bezug auf die beigefügte Petition den Mitgliedern des 9. Provinzial-Landtages der Mark Brandenburg und der Nieder-Lausitz gewidmet. Leipzig 1845. Neue Novellen. 6 Bde. (1. Die schwarze Dame. - David. - Sylvia. 2. Bilder der Zeit. - Der Voigt von Hiddensee. 3. Die gute alte Zeit. - Das Pfarrhaus in Grover. 4. Kreuz vom Borne. - Zu spät. - Der Weg zum Glück. 5. Eduard Montague. - Der Freischulz von Bolau. 6. Das Haus Reike. - Die Abenteuer einer Nacht.). Hannover 1845/1846. Streifzüge in Schleswig-Holstein und im Norden der Elbe. 2 Thle. Frankfurt 1846. Die Schweiz und ihre Zustände. Reiseerinnerungen. 3 Bde. Hannover 1847. König Jakobs letzte Tage. Eisleben 1850. Der Voigt von Silt. 2 Thle. Berlin 1851. Der Majoratsherr. Berlin 1853. Weihnachtsabend. Roman. Berlin 1853. Bilder aus dem Leben. Erzählung für das Volk. (1. Heft. Sam Wiebe. Ein Lebensbild aus den Marschen.). Berlin 1854. Afraja. Roman. Deutsche Bibliothek. Sammlung auserlesener Originalromane. Bd. 1. Frankfurt 1854. Die Erbin. Roman. 2 Thle. Berlin 1855. Erich Randal. Historischer Roman aus der Zeit der Eroberung Finnlands durch die Russen im Jahre 1808. Deutsche Bibliothek. Sammlung auserlesener Originalromane. Bd. 9. Frankfurt 1856. Neues Leben. Novelle. 3 Bde. Album. Bibliothek deutscher Originalromane. 9. Jg. Bd. 14 - 16. Prag 1856.

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Nordisches Bilderbuch. Reisebilder. Frankfurt a. M. 1857. Leben und Lieben in Norwegen. Vier Novellen aus dem norwegischen Volksleben. 2 Bde. (Der Schütz von Senjenoe. - Henrik Dartley. - Riukan Voß. Signa, die Seterin.). Frankfurt a. M. 1858. Verloren und Gefunden. Roman. 2 Bde. Frankfurt a. M. 1859. Täuschung und Wahrheit. Album. Bibliothek deutscher Originalromane. 15. Jg. Bd. 4. Prag 1859. Illustrierte Kriegsgeschichte von 1859. Frankfurt a. M. 1860. Arvor Spang. Roman. 2 Thle. Frankfurt a. M. 1860. Der Prophet. Historischer Roman aus dem Bauernkriege. 3 Bde. Leipzig 1860/1861. Romane. 5 Bde. Berlin 1857. 1. Bd.: Karl der Erste und Cromwell. 2. Bd.: Der Doppelgänger. 3. Bd.: Der Teil von Unterwaiden. 4. Bd.: Schloß Breitenstein. 5. Bd.: Gefangen und befreit. Romane. Neue Folge. 4 Bde. Berlin 1858. 1. Bd.: Die Standpunkte der Gesellschaft. 2. Bd.: Der Pfarrer vom See. Eine Lebensgeschichte. 3. Bd.: Die Dokumente. 4. Bd.: Adam und Eva. Romane. 3. Folge. 6 Bde. Berlin 1862. 1. Bd.: Romana. Historische Erzählung. 2. Bd.: Cosimo Vinci. Historische Erzählung. 3. Bd.: Der Propst von Ulensvang. - Vater und Sohn. Zwei Erzählungen. 4. Bd.: Die Erbin von Bornholm. - Am Scheidewege. Zwei Erzählungen. 5. Bd.: Die Auserwählte des Propheten. - Sigrid, das Fischermädchen. Zwei Erzählungen. 6. Bd.: Drei Freunde. - Alte und neue Welt. Zwei Erzählungen. Romane. 3. Folge. Bd. 7 - 10. Breslau 1865 - 67. 7. Bd.: Die böse Gräfin. - Rübezahl. Zwei Erzählungen. 8. Bd.: Fiat Justitia! - Alexander Petion. - Die Macht der Liebe. Drei Erzählungen. 9. Bd.: Romantische Studien. - Wer trägt die Schuld? Zwei Erzählungen. 10. Bd.: Eine Lebensfrage. - Anna. Zwei Erzählungen.

Pajeken, Friedrich: Aus dem wilden Westen Nordamerikas. Erlebnisse und Skizzen. Universalbibliothek Bd. 2752. Leipzig 1890. - Bob der Fallensteller. Leipzig 1890. - Das Geheimnis des Karaiben. Glogau 1891. - Im wilden Westen und drei andere Erzählungen aus Nord- und Südamerika. Stuttgart 1891. - Bob der Städtegründer. Eine Erzählung aus dem Westen Nordamerikas. Leipzig 1892. - Jim der Trapper. Stuttgart 1892. - Ein Held der Grenze. Leipzig 1893. - Das Vermächtnis des Invaliden. Eine Erzählung aus den Nordstaaten Amerikas. Stuttgart 1893.

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Am Orinoco. Erlebnisse und Skizzen. Berlin 1893. Andrew Brown, der rote Spion. Stuttgart 1894. Bob der Millionär. Leipzig 1894. Mitahasa, das Pulvergesicht. Stuttgart 1895. Der Mestize und drei andere Erzählungen aus Nord- und Südamerika. Stuttgart 1896. (Bearb.): Campe, J. H., Robinson Crusoe. Stuttgart 1896. (Bearb.): Ferry, G., Der Waldläufer. Stuttgart 1896. Unter heißer Sonne. Mülheim 1897. Martin Forster. Erlebnisse eines Knaben im wilden Westen. Stuttgart 1898. Bill der Eisenkopf. Erzählung aus dem Westen Nordamerikas. Stuttgart 1901. Die Skalpjäger. Erzählung aus dem Westen Nordamerikas. Stuttgart 1901. Wunderbare Wege. Erzählungen aus dem Westen Amerikas. Stuttgart 1901. Der Schatz am Orinoco. Erzählung aus Südamerika. Stuttgart o. J. [1902]. Ein Held wider Willen. Erzählung aus dem Westen Amerikas. Berlin 1904. Der gespenstische Reiter und andere Abenteuer aus dem wilden Westen Nordamerikas. Enßlin's interessante Bibliothek. Bd. 7. Reutlingen 1907. Verloren und gerettet. Eine Erzählung aus dem wilden Westen Amerikas. Leipzig 1908. Das Geheimnis des alten Hauses. Erzählung aus den Tropen Südamerikas, o. O. 1909. In Sturm und Not. Erzählung aus dem Westen Nordamerikas, o. O. 1910. Jagdabenteuer in den Tropen. In: Reclam's Novellenbibliothek Bd. 128 und Reclam's Universalbibliothek Bd. 5266. Leipzig 1911. Die Rache des Guarauno. (In einem Band mit Promber, Otto: Unter Pavianen.) Stuttgart 1912. Schicksale Walten. Drei Erzählungen aus dem Landleben. Volks- und Jugendschriften Sammlung des neuen preußischen Lehrer-Vereins. I. Sammlung. 4. Bd. Leipzig 1912. Der Teufel vom Minnetonka-See. Leipzig 1914. Auf eigene Faust. Eine Erzählung aus dem wilden Westen Nordamerikas. Jena 1915. Wie ist nach Friedensschluß ein gründlicher Aufschwung des Bremer ExportHandels zu ermöglichen? Ein zeitgemässer Vorschlag. Bremen 1918. Im Urwald und andere Erzählungen. Selbsterlebtes in den Tropen Südamerikas. Köhler's Volksbücher Nr. 4. Minden 1920.

Sir John Retcliffe, d. i. Hermann Goedsche: Armin, Theodor [d. i. Hermann Goedsche]: Der letzte Währinger. Historische Novelle aus den Tagen der Eroberung Constantinopels. Leipzig 1835. - Burg Frankenstein. Vaterländische Romaneske aus den Zeiten Kaiser Friedrich Barbarossas. 3 Bde. Nordhausen 1836. Goedsche, Herrmann [!]: Die Sage vom Ottilienstein. Suhl 1836. - Die steinernen Tänzer. Romantische Sage aus Schlesiens Vorzeit. 2 Bde. Meißen 1837. - Nächte. Romantische Skizzen aus dem Leben und der Zeit. Bd. 1. Leipzig 1838. Bd. 2. Altenburg 1839. - Schlesischer Sagen-, Historien- und Legendenschatz. 1. Bd. 4 Hefte. Meißen 1839/1840. 279

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Almanach für die Stadt Düsseldorf auf das Jahr 1844, hg. v. Herrmann [!] Goedsche und Joseph Stahl. Düsseldorf 1844. - Das todte Haus. Novelle. Düsseldorf 1845. - (anonym): Enthüllungen. Berlin 1849. Piersig, Willibald [d. i. Hermann Goedsche]: Mysterien der Berliner Demokratie. Berlin 1849. Goedsche, Hermann: Die Russen nach Constantinopel! Ein Beitrag zur orientalischen Frage. Berlin 1854. - Jagd Bilder. Sammlung der interessantesten und belehrensten Jagdbeschreibungen aus allen Zonen. Berlin 1856. Sir John Retcliffe: Sebastopol. Historisch-politischer Roman aus der Gegenwart. 4 Bde. Berlin 1855 - 1857. Bd. 1: Seine und Bosporus. Bd. 2: Die Reveille der Völker. Bd. 3: Von Silistra bis Sebastopol. Bd. 4: Ssewastopol. - Nena Sahib oder: Die Empörung in Indien. Historisch politischer Roman aus der Gegenwart. 3 Bde. Berlin 1858 - 1859. Bd. 1: Die Tyrannen der Erde. Bd. 2: Die böse Saat. Bd. 3: Der Sünden Ernte. - Villafranca oder die Kabinette und die Revolutionen. Historisch-politischer Roman aus der Gegenwart. 30 Hefte. 2 Bde. 3 Abthlgn. (Guiseppe Garibaldi / Minen und Zünder / Die Geißel der Zeit). Berlin 1860/1861. - Villafranca oder die Kabinette und die Revolutionen. Historisch-politischer Roman aus der Gegenwart. 2. Abschnitt: Zehn Jahre! 39 Hefte. 4 Bde. (Die Tricoloren / Zur Reaction / Das Erbe des Neffen). Berlin 1861 - 1864. - Villafranca oder die Kabinette und die Revolutionen. Historisch-politischer Roman aus der Gegenwart. 3. Abschnitt: Magenta und Solferino. 30 Hefte. 3 Bde. (Das Menetekel der Revolution / Frei bis zur Adria). Berlin 1864 - 1866. - Villafranca oder die Kabinette und die Revolutionen. 4. Abschnitt: Solferino. 10 Hefte. 1 Bd. Berlin 1866/1867. - Puebla oder die Franzosen in Mexiko. Historisch-politischer Roman aus der Gegenwart. 30 Hefte. 3 Bde. (Der neue Argonautenzug / Guyamas / In der Sierra). Berlin 1865 - 1868. - Biarritz. Historisch-politischer Roman aus der Gegenwart. 1. Abthlg.: Gaeta Warschau - Düppel. 80 Hefte, 8 Bde. (Masken ab! / Königthum und Revolution / Gaeta / Unter der neuen Aera! / Warschau). Berlin 1868 - 1876. S. J. R. [d. i. Hermann Goedsche, Sir John Retcliffe]: Des Casars Ende. 2 Bde. Berlin 1876. Sir John Retcliffe: Biarritz. Historisch-politischer Roman aus der Gegenwart. 2. Abthlg.: Um die Weltherrschaft. 46 Hefte. 5 Bde. Berlin 1876 - 1880. Ruppius, Otto: Vier Abende in Mutter Annens Spinnstube. Ein Volksbuch. Langensalza 1844. - Die Fahrt nach Griechenland. Skizze aus dem wirklichen Leben. Langensalza 1844. - Die Schlacht bei Leuthen. Sittenbild aus dem vorigen Jahrhundert. Berlin 1846. 280

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Hoch und Niedrig, oder so sind sie. Skizzen aus dem Leben der Gesellschaft. 1 Bd. (Aus Berlin. Aus dem thüringer Walde. Aus dem schlesischen Gebirge). Constanz 1847. Waldspinne. Ein Genrebild aus dem Südwesten. New-York 1856. Ausgewählte Erzählungen. Neue vom Verfasser durchgesehene Ausgabe. 2 Hefte. New-York 1857. Der Pedlar. Roman aus dem amerikanischen Leben. New-York 1857 (deutsche Ausgabe: Berlin 1859). Das Vermächtnis des Pedlars. Roman aus dem amerikanischen Leben. Berlin 1859. Geld und Geist. Roman aus dem amerikanischen Leben. Berlin 1861. Genre-Bilder aus dem deutsch-amerikanischen Leben. Berlin 1861. Prairie-Teufel. Roman aus dem amerikanischen Leben. Berlin 1861. Aus dem deutschen Volksleben. 2 Bde. Leipzig 1862. Im Westen. Erzählungen aus dem amerikanischen Leben. 2 Bde. (Bd. 1: Mary Kreuzer. - Buschlerche. Bd. 2: Auf Regierungslande. - Vermißt. - Unter Fremden.). Berlin 1862. Ein Deutscher. Roman aus der amerikanischen Gesellschaft. Leipzig 1862. Südwest. Erzählungen aus dem deutsch-amerikanischen Leben. Berlin 1863. Zwei Welten. Roman. Berlin 1863.

Scherr, Johannes: Die Auswanderungsfrage, vom religiös-socialistischen Standpunkt betrachtet. Stuttgart 1845. - Die Pilger der Wildniß. Historischer Roman. 4 Bde. Tabor 1853. - Nemesis. Roman. 2 Bde. Album. Bibliothek deutscher Originalromane der beliebtesten Schriftsteller. 9. Jg. Bd. 21 - 22. Prag 1854. - Die Tochter der Luft. 2 Bde. Album. Bibliothek deutscher Originalromane. 10. Jg. Bd. 19 - 20. Prag 1855. Scipio. Rudolf: Aus Nord und Süd. Land- und See-Bilder für die Jugend. Breslau 1874. - Zu Wasser und zu Lande. Erlebnisse eines Bremer Schiffsjungen auf dem Ocean, in den Pampas und in den Cordilleren. Der Jugend erzählt. Stuttgart 1875. - Durch Wald und Prairie. Eine Erzählung für die Jugend. Stuttgart 1877. - Am Rande der Wildniß. Eine Geschichte aus Texas. Der Jugend erzählt. Stuttgart 1879. (Später unter dem Titel: Unter den Komanchen oder am Rande der Wildnis. Berlin 1916.) - Durch Kampf zum Sieg. Eine Erzählung aus der Zeit des texanischen Befreiungskrieges. Stuttgart 1881. Waldheim, R. [d. i. Rudolf Scipio]: Grizzly-Bill, der Bärenjäger. Eine Erzählung aus Colorado. Hamburg 1881. Scipio, Rudolf: Jenseits des Oceans. Erlebnisse in den Prairien und Wildnissen des amerikanischen Westens. Der Jugend erzählt. Leipzig 1881. Waldheim, R. [d. i. Rudolf Scipio]: John Bradley, der Squatter. Eine Erzählung aus Texas. Hamburg 1881. - Der Geächtete. Eine Geschichte aus dem Revolutionskriege in Honduras. Stuttgart 1882. Scipio, Rudolf: Der Geächtete. Eine Erzählung aus Mexiko. Hamburg 1882. 281

Waldheim, R. [d. i. Rudolf Scipio]: Die Ansiedlung am Rio Pardo. Kleine Volkserzählungen Nr. 761. Mülheim o. J. [ca. 1877 - 1882], - Eduard Warton, der dankbare Texaner. Kleine Volkserzählungen Nr. 757. Mühlheim o. J. [ca. 1877 - 1882], - Ein stummer Zeuge. Die Galeerensklaven. Kleine Volkserzählungen Nr. 756. Mülheim o. J. [ca. 1877 - 1882], Scipio, Rudolf: Der Advokat aus Readersville. Erzählung aus Texas. Berlin 1883. Waldheim, R. [d. i. Rudolf Scipio]: Bis in die Wildnis. Eine Erzählung aus dem fernen Westen. Hamburg 1883. - Das Schloß im Argonner Walde. Eine Geschichte aus dem deutschfranzösischen Kriege. Neue Volksbibliothek. Bd. 179. Oberhausen 1883. - Ein blinder Passagier. Die Tigerin. Ein Seeabenteuer. (Zus. m. Lilla, Felix: Die Strandräuber von Hörnum) Kleine Volkserzählungen Bd. 1640. Mülheim o. J. [ca. 1883 - 1886], Scipio, Rudolf: Auf dem Kriegspfade. Eine Geschichte aus den Wildnissen des amerikanischen Westens. Reutlingen 1884. Waldheim, R. [d. i. Rudolf Scipio]: Das Blockhaus im Urwalde oder Ned Greenwood, der Trapper. Eine Erzählung aus dem Westen. Reutlingen 1883. Scipio, Rudolf: Vom Stamme der Inkas. Eine Erzählung aus der Zeit des Befreiungskrieges in Südamerika. Stuttgart 1884. Waldheim, R. [d. i. Rudolf Scipio]: Ein stummer Zeuge. Eine kleine Meuterei. Erinnerung eines Seemanns. Aus Heimat und Ferne Nr. 1915. Mülheim 1884. - Die Rache des roten Mannes. Volks- und Jugend-Erzählungen Nr. 375. Oberhausen o. J. [ca. 1884 - 86]. - Die Squatter von Red Maple. Volks- und Jugend-Erzählungen Nr. 366. Oberhausen o. J. [1884 - 86]. - Ein deutscher Ritter. Erzählung aus der Zeit des Bauernkrieges. Nach Hellers >Florian Geyer< für die Jugend bearbeitet. Ebhardt's Jugendbibliothek Bd. 6. Berlin 1885. Scipio, Rudolf: Auf freiem Boden. Stuttgart 1885. Waldheim, R. [d. i. Rudolf Scipio]: Otaitsa, die Tochter des Häuptlings. Reutlinger Volksbücher Bd. 385. Reutlingen o. J. [1885]. - Unter mexikanischen Banditen. Reutlinger Volksbücher. Bd. 378. Reutlingen o. J. [1885]. Scipio, Rudolf: Jürgen Wullenweber. Erzählung aus den Tagen der Hansa. Der Jugend gewidmet. Stuttgart 1886. Waldheim, R. [d. i. Rudolf Scipio]: Die Goldsucher oder der Farmer von Red Maple. Neue Jugendbibliothek Bd. 12. Styrum 1888. - (zus. m. R. Weitbrecht, A. Ohorn, A. Kleinschmidt): Stürmische Zeiten. Erzählungen aus der Zeit des Faustrechts. Stuttgart 1888. - Abenteuer unter den Apachen. Erlebnisse des Grafen Rousset-Boulbon in Kalifornien. Nach Reiseberichten erzählt. Volks- und Jugend-Erzählungen Nr. 403. Styrum o. J. [ca. 1888 - 90], - Der Afghanenspion. Erzählung aus der Zeit der jüngsten russisch-afghanischen Krieges. Volks- und Jugend-Erzählungen Nr. 394. Styrum o. J. [ca. 1888 - 90], - Allein in der Wildnis. Eine Erzählung aus Texas. Volks- und JugendErzählungen Nr. 394. Styrum o. J. [ca. 1888 - 90], - Der Apachenwürger. Volks- und Jugend-Erzählungen Nr. 499. Styrum o. J. [ca. 1888 - 90], 282

Das Blockhaus am Medina. Volks- und Jugend-Erzählungen Nr. 450. Styrum o. J. [ca. 1888 - 90], Buffalo-Bill, der Scout. Volks- und Jugend-Erzählungen Nr. 483. Styrum o. J. [ca. 1888 - 90], Ha-meh, der Blackfeet-Indianer. Volks- und Jugend-Erzählungen Nr. 496. Styrum o. J. [ca. 1888 - 90], Der Indianer-Agent. Volks- und Jugend-Erzählungen Nr. 487. Styrum o. J. [ca. 1888 - 90]. In Indianerhänden oder Schicksale einer Auswandererfamilie. Volks- und Jugend-Erzählungen Nr. 401. Styrum o. J. [ca. 1888 - 90], Die Kinder des Kabylenscheiks. Volks- und Jugend-Erzählungen Nr. 410. Styrum o. J. [ca. 1888 - 90], Die Königin der Prairie. Volks- und Jugend-Erzählungen Nr. 495. Styrum o. J. [ca. 1888 - 90], Das Lynch-Gericht oder Die Rache des Talequah. Erzählung aus dem westlichen Missouri. Volks- und Jugend-Erzählungen Nr. 451. Styrum o. J. [ca. 1888 - 90]. Die Perle von Terim. Eine Erzählung aus Arabien. Nach dem Tagebuch eines deutschen Seekadetten. Volks- und Jugend-Erzählungen Nr. 470. Styrum o. J. [ca. 1888 - 90], Die Prairie-Piraten. Eine Erzählung aus dem nördlichen Texas. Volks- und Jugend-Erzählungen Nr. 454. Styrum o. J. [ca. 1888 - 90], Der Schatz in den Casas Grandes. Volks- und Jugend-Erzählungen Nr. 453. Styrum o. J. [ca. 1888 - 90]. Die schwarze Maske. Volks- und Jugend-Erzählungen Nr. 670. Styrum o. J. [ca. 1888 - 90], Die Silberminen von Arizona. Szenen und Abenteuer aus dem fernen Westen. Nach einem Tagebuch erzählt. Volks- und Jugend-Erzählungen Nr. 402. Styrum o. J. [ca. 1888 - 90], Die Squatter von Oaks Valley. Eine Erzählung aus dem nördlichen Colorado. Volks- und Jugend-Erzählungen Nr. 471. Styrum o. J. [ca. 1888 - 90]. Unter den Gambusinos. Volks- und Jugend-Erzählungen Nr. 452. Styrum o. J. [ca. 1888 - 90]. Unter den Rangern. Volks- und Jugenderzählungen Nr. 488. Styrum o. J. [ca. 1888 - 90], Der Zug in das Goldland. Erzählung aus Kalifornien. Volks- und JugendErzählungen Bd. 489. Styrum o. J. [ca. 1888 - 90], Die Beatus-Höhle oder Unrecht leiden ist besser denn Unrecht thun. Eine lehrreiche Geschichte aus alter Zeit. Neue Volks-Erzählungen Bd. 16. Styrum 1890. Robinson Crusoe. Eine schöne und lehrreiche Geschichte. Neue VolksErzählungen Bd. 14. Styrum 1890. Rübezahl, der Berggeist des Riesengebirges. Neue Volks-Erzählungen Bd. 15. Styrum 1890. Die Ansiedlung am Rio Pardo. Kleine Volkserzählungen Nr. 2364. Mülheim a. R. 1891. Auf der Station. Kleine Jugendbibliothek Bd. 32. Styrum 1891. John Harward, der Pedlar. Kleine Jugendbibliothek Bd. 33. Styrum 1891. Der Kundschafter. Kleine Jugendbibliothek Bd. 42. Styrum 1891. 283

- Im letzten Augenblick. Kleine Jugendbibliothek Nr. 41. Styrum 1891. - Der Pelzjäger. Kleine Jugendbibliothek Nr. 34. Styrum 1891. - Der Wüstenräuber. Kleine Jugendbibliothek Nr. 35. Styrum 1891. Scipio, Rudolf: Aus fernen Zonen. Drei Erzählungen. (In den Arizona-Minen. Im brasilianischen Urwalde. - Der Schatz des Sklavenjägers.) Wesel 1892. Waldheim, R. [d. i. Rudolf Scipio]'.Der Bootsmann. Kleine Jugendbibliothek Nr. 51. Styrum 1892. Scipio, Rudolf: In der Wildnis. Eine Sammlung der schönsten Indianergeschichten. Stuttgart 1892. Waldheim, R. [d. i. Rudolf Scipio]: Der >SeeteufelAdmiralHammonia< nach den Besitzungen ihres Vaters in der Südsee. Bielefeld und Leipzig 1880. - Auf dem Kriegspfade. Eine Indianergeschichte aus dem fernen Westen. Bielefeld und Leipzig 1881. - Das Buch vom braven Mann. Bilder aus dem Seeleben. Leipzig 1883.

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Die Töchter des Advokaten. Erzählung. 1883 (Ort war nicht zu ermitteln, eventuell unter dem Pseudonym >Sophie von der Horst< veröffentlicht). - Kreuz und quer durch Indien. Irrfahrten zweier junger deutscher Leichtmatrosen in der indischen Wunderwelt. Bielefeld und Leipzig 1884. - Onnen Visser, der Schmugglersohn von Norderney. Bielefeld und Leipzig 1885. - Gerettet aus Sibirien. Erlebnisse und Abenteuer einer verbannten deutschen Familie. Auf Grund einer Erzählung von Amero und Tissot für die reifere deutsche Jugend bearbeitet. Leipzig 1885. - Durch Urwald und Wüstensand. Bielefeld und Leipzig 1886. - Verlorene Ehre. Erzählung. 1886 (Ort war nicht zu ermitteln, eventuell unter dem Pseudonym >Sophie von der Horst< veröffentlicht). - Lionel Forster, der Quateron. Eine Geschichte aus dem amerikanischen Bürgerkriege. Bielefeld und Leipzig 1887. - Ein Wiedersehen in Australien. Bielefeld und Leipzig 1888. Sophie von der Horst [d. i. Sophie Wörishöffer]: Von Geschlecht zu Geschlecht. Roman. 2 Bde. Görlitz 1888. Wörishöffer, S.: Die Diamanten des Peruaners. Fahrten durch Brasilien und Peru. Bielefeld und Leipzig 1889. - Unter Korsaren. Irrfahrten, Abenteuer und Kämpfe auf der Südsee und Erlebnisse von Christensklaven in Tripolis. Bielefeld und Leipzig 1890. Noeldechen, W. [d. i. Sophie Wörishöffer]: Wolf von Wolfskehl. Eine Erzählung aus dem Reformations-Zeitalter für die deutsche Jugend. Bielefeld und Leipzig 1890. Wörishöffer, S.: Im Goldlande Kalifornien. Fahrten und Schicksale goldsuchender Auswanderer. Bielefeld und Leipzig 1891. - Romane. 2 Bde. (Bd. 1: Der letzte Arnsteiner. Bd. 2: Sensitive.). Berlin 1891. W. Höffer [d. i. Sophie Wörishöffer]: Schwester Honora. - Die Insel im See. In: Vier Novelletten. Interessante Lektüre Bd. 1. Berlin 1892. Wörishöffer, S.: Der Väter Schuld. Erzählung. Bibliothek interessanter Romane Bd. 5. Berlin 1892. Noeldechen, W. [d. i. Sophie Wörishöffer]: Die Zwillingsbrüder. Eine Erzählung aus dem Zeitalter des 30-jährigen Krieges für die deutsche Jugend. Bielefeld und Leipzig 1892. - Unter dem roten Adler. Eine Erzählung aus der Zeit brandenburgischer Not und Erhebung für die deutsche Jugend. Bielefeld und Leipzig 1893. Wörishöffer, S.: Dämon Gold. Bibliothek interessanter Romane Bd. 6. Berlin 1893. - Das Geheimnis des Hauses Wolfram. Roman. Berlin 1897. Noeldechen, W. [d. i. Sophie Wörishöffer]: Lambert Hadewart. Eine Erzählung aus der Blütezeit der Hansa für die deutsche Jugend. Bielefeld und Leipzig 1897. Harder, A. [d. i. Sophie Wörishöffer]: Wider den Gelben Drachen. Abenteuer und Fahrten deutscher Jünglinge im Lande der Boxer. Bielefeld und Leipzig 1900. Wörishöffer, S.: Der Fluch der Schönheit. Roman. Wiemann's Hausbibliothek Bd. 7. Barmen 1901.

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Literatur zu den Schriftstellern zu

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Personenregister

Adelsberg, Carl, s. Cassau, Carl Adorno, Theodor W. 24 Andreae, Johann Valentin 15, 17, 36 Andresen, Hugo Nicolaus Clarus 265 Andresen, Otto 265 Angelrodt 160 Armand, s. Strubberg, Frederic Armand Armin, Theodor, s. Goedsche, Hermann Arming, Friedrich Wilhelm 10, 16, 66, 78, 112-114, 158, 255/. Arndt, Karl J. R. 93, 97 Arns, Eva 98 Arnsberg, Paul 126 Augustin, Siegfried 146, 170 Bach, Wolf-Dieter 47, 215 Bachofen, Johann Jakob 47 Bacon, Francis 37 Balint, Michael 57, 59, 84f. Barba, Preston Albert 145, 148ff., 159, 165, 260 Barenthin, Charlotte 7, 238, 240f., 245, 248 Barfus, Eginhardt von 196, 206 Barker, Fred (auch Barkor, Frett), s. Kraft, Robert Barthel-Winkler, Lisa 122 Baumann, Max 177 Bartsch, Ekkekard 225 Beck, J. 201 Behn, Aphra 72 Beissel, Rudolf 170 Benedix, Roderich 169 Bennecke, W. 147, 151 f. Bennett, Emerson 86

Berger, Gottfried 92 Berger, O. 199 Bernardin de Saint-Pierre, JacquesHenri 108, 134 Bibra, Ernst von 7, 59, 63, 76, 80ff., 150, 165, 168, 169-171, 176, 198, 256 Bird, Robert Montgomery 53, 72, 123, 198 Bismarck, Otto von 219, 257 Bitterli, Urs 72f. Blasius, Richard 253 Bloch, Ernst lf., 30, 54, 56, 77, 88, 103, 132, 220 Blücher, Gebhard Leberecht von 219 Blumenhagen, Wilhelm 112 Bock, A. 115 Böhme, Helmut 23f., 75 Börne, Ludwig 5f. Bolzano, Bernhard 95 Bonin, Werner F. 15 Bopp, Marianne O. de 111 Borges, Jorge Luis 83 Bosch, Ernst E. 59 Brehm, Alfred 257 Brentano, Fritz 196, 199 Brockhaus, Heinrich Eduard 104 Brown, Edgar 199 Brümmer, Franz 143, 255f., 264 Bühler, Charlotte 229 Bülow, Alexander von 145 Bunyan, John 15ff., 76, 83f. Burg, Carl, s. Cassau, Carl Campbell, Joseph 22, 38, 65, 79 Campe, Joachim Heinrich 134 Cardauns, Hermann 226 Carl, August 133 303

Carl, C., s. Cassau, Carl Carlyle, Thomas 68, 243 Cassau, Carl 81, 196, 202 Castle, Eduard 91ff., 95, llOff., 264 Cervantes Saavedra, Miguel de 42 Chateaubriand, Francois Rene, Vicomte de 45, 72, 108 Cicero, Marcus Tullius 106 Clavijero, Franciso Javier 95 Collins, William Wilkie 169 Cooper, James Fenimore 5f., 9f., 16, 18, 41 f., 45, 51, 63, 72, 80f., 88, 91, 94ff., 98ff„ 112f., 117ff., 124, 133f., 136, 138, 143, 145, 151, 158, 161, 172, 174, 180, 198ff., 222, 242 Cortez, Hernan 134, 180 Corvin-Wiersbitzki, Otto Julius von 44 Costenoble, Hermann 156, 163 Cramer, Karl Gottlob 163 Cramer, Thomas 5 Darwin, Charles 243 Dederle, Johann 225 Defoe, Daniel 66, 133, 151 Devrient, Ludwig 146 Diaz de la Escosura, Capitain Ramon, s. May, Karl Dickens, Charles 134 Diderot, Denis 72 Diederich, Benno 179f. Dingelstedt, Franz von 146 Djordjewitsch, Milosch 92, 115 Döger, Georg 145 Döring, Carl 138 Doering, Konrad 121 Drake, Harry, s. Kraft, Robert Duden, Gottfried 145 Dumas, Alexandre (pere) 50, 71, 123, 229, 265 Duncker, Franz 262 Eliade, Mircea 18, 28, 30, 34, 44, 52, 73 Elling, Franz von, s. Müller, Karl Erhard, Heinrich 91, 95f. Ernst II., Herzog von Coburg-Gotha 44, 140, 143, 170, 257 Eule, Robert 196 Evans, Clarence 132 Falkenburg, C. von, s. Cassau, Carl Falkenstein, Adelheid von 159 304

Falkenstein, Elisabeth von 159, 259 Faust, Albert B. 92, 99, 115 Fechter, Paul 92 Fehsenfeid, Friedrich Ernst 217, 247f.. 250, 259 Felde, Max 207 Ferry, Gabriel (d.i. Bellamare, Eugene Louis Gabriel de) 198f. Fern, Valentin, s. Hansen, Jakob Otzen Feval, Paul 121 Finkenstein, Graf von 128 Fischer, Adalbert 3, 226, 229, 231, 239f„ 243, 246ff. Fischer, S., s. Wörishöffer, Sophie Fitz-Berth, William, s. Arming, Friedrich Wilhelm Flanagan, John T. 88 Flügel, Ewald 136 Foehse, Ludwig 196, 202 Fogowitz, Andreas Heinrich 196f. Fontane, Theodor 124ff„ 129, 257 Forst-Battaglia, Otto 214, 216 Frankel, Heinrich 3f. Frankel, Ludwig 147 Freese, Peter 19, 42 Frenzel, Elisabeth 36, 50, 72 Freud, Sigmund lf„ 28, 33, 52f„ 89, lllf. Frey, Wilhelm 196, 199 Freytag, Gustav 140, 143 Friedländer, S. 229 Friedrich Karl, Prinz von Preußen 164, 259 Fritz, Hubert 93, 95 Fuhrmann, Maximilian 196, 199 Gaasbeek, Marie Luise Fischer van 257 Gaedertz, Karl Theodor 79 Galen, Philipp, s. Lange, Karl Philipp Ernst Garibaldi, Guiseppe 174, 176, 265 Geist, L. 256 Gerstäcker, Friedrich 7f., 16, 44, 66f., 73, 76, 80, 89, 97, 114, 124, 131-145, 150, 154ff„ 161, 163 f., 167, 170, 181, 199f„ 222, 229, 237, 242f„ 256f. Gerstäcker, Marie 132 Gerstäcker, Molly 138, 141 Gerteis, Walter 180

Gisela, Μ., s. May, Karl Glöckel, Rudolf 77, 115, 120 Goedeke, Karl 29 Goedsche, Hermann Ottomar Friedrich (Sir John Retcliffe) 3, 9ff., 17, 26, 36, 45, 47, 49f„ 52, 54f„ 62f., 68, 75, 82f„ 121-131, 175, 180, 199f„ 207, 239, 242, 257/., 261 Goethe, Johann Wolfgang von 29, 243 Goetz, Ernst 12 Goldfriedrich, Johann 3 Gotthelf, Jeremias (d.i. Bitzius, Albert) 94, 154 Gottschall, Rudolf 105 Grabowski, Graf Stanislaus 168 Gräcian, Baltasar 35 Graewert, Theodor 155, 157, 262 Griesinger, Theodor 156 Grimm, Jakob 16, 47 Grimm, Wilhelm 16, 47 Gronow 261 Günther, Sigmund 169, 256 Gutzkow, Karl 4, 119f„ 260f. Habermas, Jürgen 24 Hackel, Oskar 108 Hackländer, Friedrich Wilhelm 124 Hagen, Graf Leo von, s. Kraft, Robert Hamann, Richard 67 Hansen, Jakob Otzen 196 Harder, Α., s. Wörishöffer, Sophie Harleß, Emil 256 Harring, Harro Paul 168 Harte, Bret (eigentl. Francis Brett H.) 242 Hartmann von Aue 5 Hasselblat, Julius Gustav Andreas 196 Hatzfeldt, Mathilde von 127 Hatzig, Hansotto 214 Hauser, Arnold 12 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 119 Heine, Heinrich 146, 151 Heine, Salomon 146 Heinz-Mohr, Gerd 15f., 35, 65, 83 Heller, Robert 257 Henle, Walter 247 Hermand, Jost 67 Hermann, H. 64 Herold, Heinrich, s. Fogowitz, Andreas Heinrich

Hesekiel, Georg 123, 125f., 257 Hill, Carl Heinz 150 Hinterhäuser, Hans 150 Hirschberg, Walter 45 Hirth, F. 260 Hocke, Gustav Ren£ 35 Höck, Josef 222 Höcker, Gustav 196, 199 Höcker, Paul Oskar 196, 245 Höffer, W., s. Wörishöffer, Sophie Hofacker, Erich 132 Hoffmann, Klaus 208, 210 Hoffmeister, Philipp 8 Hohenlohe, Chlodwig Karl Victor, Fürst zu 257 Hohenthal, Karl, s. May, Karl Homann, Hans Joachim 129 Horst, Sophie von der, s. Wörishöffer, Sophie Horstmann, K., s. Wörishöffer, Sophie Houben, Heinrich Hubert 151 Huber, Armin O. 146ff. Huch, Marie 139 Humboldt, Alexander von 161 f., 259 Hutter, Freiherr von 256 Ilmenau, Carl von, s. Cassau, Carl Irving, Washington 79, 96, 109, 172 Jacobstroer, Bernhard 131, 133 Jantz, Harold 91, 168f. Jühling, Johannes 251 Jung, Carl Gustav 34 Kästner, Ferdinand 199 Kainz, Emanuel 218 Kaltenbrunner, Karl Adam 255 Kandolf, Fritz 177 Kant, Immanuel 86f. Karl, Prinz von Solms-Braunfels 145 Katzenberger, Hedwig 1 Keel, Othmar 83 Keil, Ernst 154, 262 Kellen, Tony 3 Kerenyi, Karl 35 Kern, Maximilian 207 Kirchner, Wilhelm 145 Kirsch, H. 227 Klarmann, Johann Ludwig 256 Klasing, Hanns 178, 180 Klauprecht, Emil 156 Klein, Albert 23, 69, 229 305

Kleinstück, J o h a n n e s 19, 29, 84 Klotz, Volker 124 Knetsch-Marburg, Karl 145 Knöller, Fritz 93, 107, 109, 111 Kochta, J o h a n n e s 2 1 6 Köster, H. L. 182 Koser, M i c h a e l 182f. K o z e l u h , A l f o n s 98, 100 Kraft, Emil 230 Kraft, Robert 3, 7f„ 10f., 20, 25ff„ 3 I f f . , 43, 4 5 f f „ 53, 55, 57ff„ 62, 66, 68ff., 77ff., 82, 84, 86f., 89f„ 150, 175, 184, 197f„ 200, 207, 229-253, 258 Krassow, Graf 159 Kretschmer, Robert 257 Kreuzer, H e l m u t 75 Krünitz, J o h a n n G e o r g 47 K r u m p e l m a n n , J. T. 132 Kübler, Susette 172, 262 K ü m m e l , H. 201 Kürnberger, Ferdinand 12, 114, 155, 167 Kurth-Voight, Lieselotte E. 156, 163 Laing, Ronald D. 6 4 Lamberg, Fürst G u s t a v v o n 255 Lange, Karl Philipp Ernst 169 Langer, Kurt 215 Larsen, Knut, s. Kraft, Robert Latreaumont, s. May, Karl Laube, H e i n r i c h 107f. Lausberg, H e i n r i c h 48, 108, 200' Lebius, Rudolf 226 Le Fanu, Sheridan 9 Lenz, Friedrich 133, 141 Lepenies, W o l f 30f. Lerner, A l a n Jay 132 Lewald, F a n n y 261 L e x o w , Rudolf 156 Lichtenstein, Martin Karl Heinrich 160 Lie, Jonas 132 Liliencron, D e t l e v v o n Liliencron, S o p h i e v o n Lilla, Felix, s. H a n s e n , Linden, E.v.d., s. May, Lippard, G e o r g e 156 Locke, John 74 Loew, H e r m a n n 148

306

178 178 Jakob Otzen Karl

L ö w e n , P. van, s. May, Karl L o n g f e l l o w , H e n r y Wadsworth 242 Losch, Ph. 145 Louis N a p o l e o n 151 Lowsky, Martin 75 Lukäcs, G e o r g 97 Lurker, M a n f r e d 46ff., 83 Lyser, J o h a n n Peter 179 Mähly, J o h a n n e s 173, 262f. Maler, A n s e l m 133f„ 141 M a m r o t h , Fedor 211, 226 Marchtaler, Hildegard v o n 178f. Marcuse, Herbert 74 M a s c h k e , Fritz 213, 217 Marville, Frederique Elise Prevöt d e 145 M a x i m i l i a n A l e x a n d e r Phillipp, Prinz zu W i e d 145 May, Christiane W i l h e l m i n e (geb. Weise) 259 May, H e i n r i c h August 259 May, Karl 2ff., 7 f „ 10ff„ 17ff., 21f., 25ff., 30, 32f„ 35ff., 39, 41 ff., 4 8 f f „ 5 4 f f . , 59ff., 6 2 f f . , 69ff., 73ff., 8 3 , 8 5 f . , 89, 139, 144, 150, 175, 177, 207, 208-228, 229, 241, 243, 2 4 7 f f „ 258/. M c C l a i n , W i l l i a m H. 156, 163 M e d i n g , Oskar 129 Meister, Friedrich 205ff. M e n z e l , W o l f g a n g 168 Metternich, C l e m e n s Lothar W e n z e l , Fürst v o n 5 M e u s e b a c h , H a n s Otfried v o n 147 Meyer, Conrad Ferdinand 126 M i e l k e , H e l l m u t h 129 M i e r N o r i e g a y Guerra, Jose S e r v a n d o Teresa de 95 Miller, Norbert 9 Mittelstaedt, A x e l 146, 170 Möller, Kai 179 M ö l l h a u s e n , Balduin 7, 9, 11, 21, 30, 38, 56f„ 61 f., 67, 76, 78, 80f„ 89, 150, 158-168, 176, 222, 259f. M ö l l h a u s e n , H e i n r i c h 159, 259 M ö l l h a u s e n , Richard 165 Moore, T h o m a s 151 Morus, T h o m a s 165 Mügge, T h e o d o r 4 , 9 , 21, 43, 77, 80, 82, 87, 90, 92, 114-120, 123, 126, 180, 199, 260f.

Mühlbach, Luise 261 Müller, Karl (Otfried Mylius) 146, 196f. Münch, Friedrich 145 Münchmeyer, Heinrich Gottlob (Münchmeyer-Verlag) 3, 217, 229, 239, 245ff„ 258f. Münchmeyer, Pauline 249 Mützeiburg, Adolph 71, 84, 168 Mündt, Theodor 261 Munrow 234 Murray, Charles Augustus 199 Muschwitz, Gerhard 92f., 96, 98, 108f. Mutze, Oswald 251 Mylius, Otfri(e)d, s. Müller, Karl Nemo, s. Sättler, Franz Neuhaus, Volker 121f„ 123ff„ 128, 130f„ 258 Neumann, Ernst 201 Neumann, Fritz Wilhelm 19 Neumann, Robert 126 Noeldechen, W., s. Wörishöffer, Sophie Nietzsche, Friedrich 45, 56, 58, 67f., 73, 243 Norwald, s. Strubberg, Frederic Armand Ohm 125 Ostwald, Thomas 133, 135, 137, 222, 257 Pajeken, Friedrich 10, 68, 181, 187-195, 261 Paul Wilhelm, Herzog von Württemberg 145, 160, 259 Philibert von Rouen 47 Piersig, Willibald, s. Goedsche, Hermann Pigafetta, Antonio 175 Pistorius, Fritz, s. Eule, Robert Plaul, Hainer 208, 226 Plessner, Helmuth 24 Pleticha, Heinrich 233 Plöhn, Klara 226, 259 Poe, Edgar Allan 26, 242 Pollmer, Emma 217, 226, 258f. Postl, Karl, s. Sealsfield, Charles Prahl, Augustus J. 133, 141 Pustet, Friedrich 158, 217 Quantz, Ludwig 133

Quintilian, Marcus Fabius 48, 94 Rabsahl, Martha-Maria 9, 119 Radelli, Bruno 217 Rahn, Helmut 48 Rank, Otto 33, 52 Rehbein, Heinrich 239 Rehbein, Johanna 239, 258 Rehfues, Josef von 112 Reid, Mayne 51 f., 99 Remert, Theodor 251f. Retcliffe, Sir John, s. Goedsche, Hermann Richter, Johann Friedrich 179 Ries, Adolf 262 Riffert, Julius 261 Ring, Max 260f. Robinson, William Davis 95 Römer, Ferdinand 145 Römer, Willibald, s. Fogowitz, Andreas Heinrich Rosenberg, Arthur 201 Rossbacher, Karlheinz 6 Rousseau, Jean-Jacques 73, 99, 102f. Roxin, Claus 213, 215f„ 218, 220, 222, 224 Rudert, Otto 60 Ruppius, Otto 7, 11, 21f., 39, 56, 61, 67, 72, 80f„ 87, 114, 153-158, 167, 175, 199f„ 262 Sättler, Franz 229 Samarow, Gregor, s. Meding, Oskar Sarkowski, Heinz 3, 195 Sattler, Antoinette 149 Sauer, Anna Aurora 257 Sauer, Marie 139 Scheff, Harry 251 Schefer, Leopold 168 Schenda, Rudolf 3, 195 Scherr, Johannes 11, 16, 53, 56, 68, 70, 80, 84, 111, 168f„ 171-174, 180, 262f. Scherr, Thomas 262 Schiller, Friedrich 243 Schindler, Julius Alexander 255 Schmid, Euchar Albrecht 229, 231, 234, 239, 241, 244, 25Iff., 258 Schmid, Roland 3, 31, 122, 222, 229, 231, 233ff„ 239, 240f„ 243ff„ 258 Schmidt, Arno 15, 69, 81, 208f„ 217f„ 222 307

Schmidt, Julian 92 Schmiedt, Helmut 19, 68, 208, 211, 216, 222, 259 Schnabel, Johann Gottfried 37 Schneider, Louis 124, 127 Schneider, Sascha 213f. Schollenberger, Hermann 132, 134 Schopenhauer, Arthur 25, 30, 49, 243 Schott, Richard 207 Schubert, Arthur 251 Schulte-Sasse, Jochen 75f. Schultz, Adolph Hermann 135ff. Schultz, J. H. 25 Schultz, Paul 92, 108 Schwinge, Erich 213 Scipio, Rudolf 181, 189, 198f., 201ff., 263 Scott, Walter 9f„ 94, 112, 123,126, 134, 188 Sealsfield, Charles 6ff., 1 If., 16, 37f„ 45, 66ff„ 72, 80, 85, 90, 91-112, 113, 115ff., 123 f., 126, 134, 144, 167, 173f„ 180, 195, 198ff„ 207, 255, 261, 263f. Sehm, Gunter G. 18, 145ff., 153 Seifert, Carolina Alexandra 160, 259 Sengle, Friedrich 94, 96 Seyfarth, Erich 133, 144 Shakespeare, William 29 Sichelschmidt, Gustav 112, 182 Sidons, C., s. Sealsfield, Charles Simion 143 Simms, William Gilmore 132 Smidt, Heinrich 168 Smidt, Heinrich 168 Spiegel zum Desenberg, Baron 149 Spielhagen, Friedrich 168 Spieß, Christian Heinrich 163 Spindler, Karl 168 Spinoza, Baruch de 243 Stadler, J. E. 238 Stammler, Wolfgang 91 Sternberger, Dolf 58f. Stolte, Heinz 209, 214, 216, 219 Stowe, Harriet Beecher 112 Strubberg, Frederic Armand (Armand) 7f., 16, 21, 31, 39, 54, 73f., 82, 132, 145-153, 162f„ 165, 176, 199, 202, 222, 237, 242f„ 255, 264 308

Stütz, Adalbert 177 Sue, Eugfene (eig. Marie-Joseph, S.) 62, 123, 155, 176 Tändler, Richard 245 Tauler, Johannes 243 Theden, Dietrich 89, 134 Thomas, J. W. 132 Thomas a Kempis (eig. Thomas Hemerken) 243 Thorbecke 149 Tischbein, Wilhelm 29 Traun, Julius von der, s. Schindler, Julius Alexander Treller, Franz 30, 37, 207f. Ueding, Gert 4, 12, 13f„ 24f„ 27, 38f„ 41, 43, 57, 59, 67, 69, 72, 82, 86, 88, 90f„ 109, 119, 173, 218, 220f„ 228 Uhl 140 Varnhagen von Ense, Karl August 125, 128f. Vehse, Eduard 125 Velde, Karl Franz von der 9, 112 Verne, Jules 229, 234, 242ff. Vowles, G. R. 132 Vulpius, Christian August 134, 214 Wachenhusen, Hans 3, 9, 11 f., 40, 61, 63, 124, 165, 168f„ 174-177, 206, 245, 261, 264f. Wachenhusen, Johann Wilhelm 264 Waldeck, Benedikt 125 Waldheim, R., s. Scipio, Rudolf Waldmüller, R. 143 Waither, August 249 Walz, Christian 106 Warner, Dr., s. Kraft, Robert Weiss, Walter 110 Weisspflog, Christian 211 Werner, Michael 151 Western, Carl, s. Cassau, Carl Wickede, Fr. C. von 217 Wiegmann, Hermann 2 Willey, Norman L. 92f. Willich, Hugo 115, 117, 119f„ 260f. Willkomm, Ernst 26, 73, 84 Willnecker, Appollonia Catharina 264 Winkelmann, Agnes 261 Wirth, M., s. Fogowitz, Andreas Heinrich Wislizenus, Frederick Adolphus 147

Wörishöffer, Albert Fischer 178f„ 265 Wörishöffer, Philipp 265 Wörishöffer, Sophie 7, 16, 29, 37, 39, 43, 45f., 48, 53, 56f„ 60f„ 71, 74, 80f„ 85f„ 90, 178-186, 189, 202, 207, 242, 265 Wohlbold, H. 133 Wolfshagen, C. von, s. Cassau, Carl

Wolgast, Heinrich 182 Wollschläger, Hans 14, 47, 81, 208ff„ 212ff., 224ff., 248f., 259 Wurzbach, Constant von 255f. Zavala, Lorenzo de 95 Zeise, Heinrich 179 Zimpel, Helmut 97

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