Wachstum, Krisen, Handlungsspielräume der Wirtschaftspolitik: Studien zur Wirtschaftsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts 9783666357084, 9783647357089, 9783525357088


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German Pages [304] Year 1982

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Wachstum, Krisen, Handlungsspielräume der Wirtschaftspolitik: Studien zur Wirtschaftsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts
 9783666357084, 9783647357089, 9783525357088

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KRITISCHE STUDIE N ZUR GESCHICHTSWISSENSCHAF T Herausgegeben vo n Helmut Berding , Jürgen Kock a Hans-Ulrich Wehle r

Band 5 0 Knut Borchard t Wachstum, Krisen , Handlungsspielräum e der Wirtschaftspoliti k

GÖTTINGEN • VANDENHOECK & RUPRECHT • 1982 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

© 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Wachstum, Krisen , Handlungsspielräume der Wirtschaftspoliti k Studien zu r Wirtschaftsgeschicht e des 19 . und 20 . Jahrhunderts von KNUT BORCHARD T

GÖTTINGEN VANDENHOEC K & RUPRECHT • 198 2 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

CIP-Kurztitelaufnahme de r Deutsche n Bibliothe k Borchardt, Knut :

Wachstum, Krisen , Handlungsspielräum e de r Wirtschaftspolitik : Studien zu r Wirtschaftsgeschicht e d . 19 . u. 20 . Jh. / vo n Knu t Borchardt . Göttingen: Vandenhoec k un d Ruprecht , 1982 . (Kritische Studie n zu r Geschichtswissenschaft; Bd . 50 ) ISBN 3-525-35708- 7 NE:GT © Vandenhoeck & Ruprecht, Göttinge n 198 2 - Printe d i n Germany . Ohn e ausdrückliche Genehmigun g de s Verlages is t es nicht gestattet , da s Buch oder Teile daraus auf foto- oder akustomechanischem Weg e z u vervielfältigen . Schrift 10/1l p Bembo , gesetz t au f Linotron 202 Syste m 3 (Linotype) Satz un d Druck : Guide-Druc k GmbH , Tübinge n Bindearbeit: Huber t & Co. Göttinge n

© 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Inhalt Vorwort 7 I. Wachstumsbedingungen i m 19. Jahrhundert 1. Europas Wirtschaftsgeschicht e — ein Model l fü r Entwicklungs ­ länder? 13 2. Zur Frag e de s Kapitalmangel s i n de r erste n Hälft e de s 19. Jahrhunderts in Deutschland 2

8

3. Regionale Wachstumsdifferenzierun g i n Deutschlan d i m 19. Jahrhundert unte r besondere r Berücksichtigun g de s West-Ost-Gefälles 4

2

4. Zum Proble m de r Erziehungs - und Ausbildungsinvestitione n im 19. Jahrhundert 6

0

II. Muster der

Entwicklung Deutschland s im 19. und 20. Jahrhundert 5. Wandlungen de s Konjunkturphänomen s i n de n letzte n hunder t Jahren 7

3

6. Trend, Zyklus , Strukturbrüche , Zufälle : Wa s bestimmt di e deutsche Wirtschaftsgeschichte de s 20. Jahrhunderts? 10

0

7. Die Bundesrepublik Deutschlan d i n de n säkularen Trend s de r wirtschaftlichen Entwicklun g 12

5

8. Die Erfahrung mi t Inflationen i n Deutschland 15

1

5 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

III. Die Strukturschwäch e de r Weimare r Wirtschaft und di e Handlungsmöglichkeiten i n de r Großen Kris e

9. Zwangslage n un d Handlungsspielräum e i n de r große n Welt ­ wirtschaftskrise de r frühe n dreißige r Jahre : Zu r Revisio n de s überlieferten Geschichtsbildes 16

5

10. Wirtschaftlich e Ursachen des Scheiterns der Weimarer Republik. 18 3 11. Zu r Frag e de r währungspolitische n Optione n Deutschland s in der Weltwirtschaftskrise 20

6

Abkürzungsverzeichnis 22

5

Anmerkungen 22

7

Verzeichnis der ersten Druckorte 29

5

Register 29

6

6 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Vorwort Die vorliegend e Sammlun g vereinig t Aufsätz e un d Vorträg e zu r Ge ­ schichte de r wirtschaftliche n Entwicklun g vornehmlic h Deutschland s i m 19. un d 20 . Jahrhundert. Si e sind i m Verlau f vo n zwanzi g Jahren entstan ­ den auc h al s Beiträg e z u de m s o wichtigen , abe r zugleic h schwierige n Programm, Wirtschafts - un d Geschichtswissenschaf t enge r zusammenzu ­ führen. Doc h wird der Leser an der Auswahl der Themen und der Art ihrer Bearbeitung gewi ß bemerken , da ß e s sich hie r u m wirtschaftsgeschichtli ­ che Studie n eine s Wirtschaftswissenschaftler s handelt . Tatsächlich ware n e s wiederhol t Anregunge n au s aktuelle n Probleme n der Wirtschaftswissenschaft , di e daz u führten , de n i n Red e stehende n Gegenstand einma l »i n historische r Perspektive « z u sehe n un d ga r z u fragen, o b und wa s ma n aus der Geschicht e lernen könn e (s o vor alle m i n den Beiträge n Nr . 1 , 5 , 11) . Abe r ma n lern t nich t nu r au s de r Geschicht e für di e Gegenwart. Ma n lernt immer auc h aus der Gegenwart fü r die Sicht der Geschichte . Auc h au f di e Gefah r hin , eine s unhistorische n Vorurteil s geziehen z u werden , möcht e ic h bekennen , da ß dies e Vermutun g de n meisten Untersuchunge n diese r Sammlun g zugrundeliegt . Unbeding t gil t es fü r di e Aufsätz e de s I. Teils, di e sic h mi t Wachstumsbedingunge n i m 19. Jahrhundert befassen , un d fü r di e Beiträg e de s III. Teils, de r de r Wirtschaftsgeschichte de r Weimare r Republi k gewidme t ist . Verändert e Gegenwartserfahrungen un d neu e wirtschaftswissenschaftlich e Einsichte n schienen jeweil s nahezulegen , auc h di e Geschicht e de s 19 . Jahrhunderts und diejenig e Weimar s ne u z u sehen . Wenn auc h di e Anläss e de r Entstehun g seh r verschiedenarti g gewese n sind un d sich auch die speziellen Interesse n un d Arbeitsweisen de s Verfas ­ sers im Zeitablauf verändert haben , s o verbindet di e vorgelegten Untersu ­ chungen doch ein sachlicher Zusammenhang. Si e haben alle die wirtschaft ­ liche Entwicklung zu m Gegenstand. Wirtschaftlich e Entwicklung , da s sind Wachstum, Wechsellage n rech t verschiedene r Art , Wande l vo n Struktu ­ ren, Veränderunge n de r sozialökonomische n Institutione n un d de r Wirt ­ schaftsordnung i m ganzen - alle s im Wechselspiel mi t anderen historischen Erscheinungen. Wirtschaftlich e Entwicklun g is t ein e kompliziert e Ge ­ schichte vo n Kollektivphänomene n un d vo n Handlunge n einzelner . Die s erlaubt, j a forder t rech t verschieden e Zugäng e un d gib t de n einzelne n Forschern di e Möglichkeit , ihre n komparative n Vorteile n entsprechend e Beiträge zu m arbeitsteilige n Proze ß de r Erkenntni s z u leisten . Wirtschaftliche Entwicklun g kann , j a mu ß vielfac h au f de m hohe n 7 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Niveau gesamtwirtschaftliche r Aggregatgröße n beobachte t un d analysier t werden. Wi e interessan t solch e Fragestellunge n un d di e sic h ergebende n Antworten auc h für den NichtSpezialisten sein können, hoffe ich mit den in Teil II und III veröffentlichten Beiträge n gezeig t z u haben. - Doc h erfor ­ dert ein e di e bewegende n Kräft e konkre t erfassend e Analys e de r wirt ­ schaftlichen Entwicklun g auc h di e tie f in s einzeln e vo n Sektoren , Bran ­ chen, Regionen , Funktionsgruppe n gehend e Aufgliederun g de r große n makroökonomischen Zahlengebilde . Dies e sin d ohnehi n imme r verdäch ­ tig, e s könn e sic h u m »unecht e Summe n un d Durchschnitte « ode r u m unhistorisch-künstliche Denkkonstrukt e handeln . Di e Sammlun g enthäl t auch Studien , di e in diese Richtung gehen , wen n auc h die Disaggregatio n hier i m allgemeine n nich t seh r wei t getriebe n wird . - Un d schließlich : Obgleich e s wirtschaftlich e Entwicklun g unzweifelhaf t weitgehen d mi t anonymen Kräfte n z u tu n hat , kan n un d mu ß auc h hie r di e Frag e nac h Leistung, Versage n un d Schul d gestell t werden , wei l e s imme r eine n freilich jeweils ers t z u erkundende n - Rau m fü r geschichtswirksam e Ent ­ scheidungen gibt . E s ist ein e faszinierende Aufgab e fü r de n Wirtschaftshi ­ storrker (wi e fü r de n Wirtschaftspolitiker) herauszufinden , wi e sich indivi ­ duelle Handlungsmöglichkeiten un d überindividuelle Determinatio n in der konkreten Situatio n zueinande r verhalten , wi e »machbar « Geschicht e ist . Hierzu enthäl t dies e Sammlun g ebenfall s mehrer e Beiträg e (vo r alle m i n Nr. 7 , 8 , 9 , 10 , 11) . Die hier wieder abgedruckten Arbeite n sind bis zu zwanzig Jahre alt. Di e Ergebnisse scheine n mi r noc h heute vertretbar, doc h entsprechen Beweis ­ führung un d Beleg e nich t unbeding t de m neueste n Stand . Abe r vo n de n Herausgebern geplan t un d vo n mi r auc h gewoll t wa r ein e Sammlun g vo n Studien, di e al s solch e scho n einma l vorgelege n haben , nich t ein e Samm ­ lung vo n neuen Beiträge n mi t den alten Titeln. E s haben gerade einige der älteren Aufsätze lebhafte Diskussione n ausgelöst . Dere n Zitate wären nicht mehr nachlesbar , wen n ma n di e Aufsätz e entsprechen d de m heutige n Stand durchgehend überarbeite n ode r gar neu schreiben wollte . S o blieben sie den n - vo n anlaß - un d zeitbedingte n Formulierunge n bereinig t - i m wesentlichen erhalten. Doc h sind stilistische Verbesserungen und Verdeut ­ lichungen vorgenomme n worden . Z u de n älteste n Arbeite n (Nr . 2 , 3 , 4 ) wurden Nachwort e geschrieben , di e auf die Forschungsgeschichte sei t der Veröffentlichung hinweisen . Gelegentlic h sin d Anmerkunge n ergänz t un d auch neu e eingefüg t worden , w o die s besonder s nützlic h erschien . Neu e Anmerkungen sin d au s de r durchgehende n Zählun g durc h ein e Ziffe r verbunden mi t dem Buchstaben a oder b herausgehoben, s o daß sie schnell als solch e identifizier t werde n können . Regeln de s Anstand s erforder n es , da ß de r Autor , de r ein e Sammlun g seiner Aufsätze un d Vorträg e vorlegt , erklärt , e r habe dies keineswegs au s eigenem Antrie b getan , hab e vielmehr de m Drängen geschätzte r Kollege n nachgegeben, di e scho n lang e ein e solch e Sammlun g vermiß t hätten . 8 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Solche Regel n gebe n nich t nu r de m Auto r di e Möglichkeit , sic h al s be ­ scheiden zu erweisen, sonder n erlauben es auch, di e Verantwortung fü r das Vorhaben zu m Tei l au f ander e abzuwälzen , wovo n ic h gern e Gebrauc h mache. Tatsächlic h habe n di e Herausgebe r de r »Kritische n Studie n zu r Geschichtswissenschaft« wiederhol t angefragt , o b nicht auch ich meine gar zu verstreuten Beiträg e zur Wirtschaftsgeschichte ihre r Obhut anvertraue n wolle. Un d verstreu t ware n di e meiste n ja wirklich , wi e da s Verzeichni s der erste n Druckort e ausweist , kau m i m direkte n Blickfel d vo n Histori ­ kern1. Wei l ic h imme r meh r au s de r Diskussio n mi t Historiker n gelern t habe un d wei l ic h hoffe , da ß sic h die s fortsetze n un d noc h intensiviere n wird, freu e ic h mic h jetzt übe r di e geboten e Möglichkei t zu r Veröffentli ­ chung i n de r s o wichtige n Reih e und bi n Helmu t Berding , Jürgen Kock a und Hans-Ulric h Wehle r fü r di e Eröffnun g de r Möglichkei t un d ihr e Ermunterung aufrichti g dankbar . Zu m Schlu ß möcht e ic h mic h be i mei ­ nen Mitarbeitern un d den Mitarbeitern de r Herausgeber bedanken, di e mir einen Großtei l de r Arbei t be i de r Herstellun g de r Druckvorlagen , de r Korrekturen un d de s Register s abgenomme n haben . München, i m August 198 1

Knut Borchardt

9 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

© 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

I. Wachstumsbedingungen im 19 . Jahrhundert

© 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

© 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

1. Europa s Wirtschaftsgeschichte ein Modell für Entwicklungsländer ? 1 Im Jah r 196 2 wa r di e amerikanisch e Nationa l Aeronautic s an d Spac e Administration (NASA) , di e gewohn t ist , Milliarde n Dolla r de r Erobe ­ rung de s Weltraums zuzuwenden , zu r Überzeugung gelangt , da ß sie nicht nur di e naturwissenschaftlich-technisch e Zukunf t z u gestalte n habe , son ­ dern auc h di e vermutlic h seh r weitreichende n gesellschaftliche n Konse ­ quenzen ihre s Tun s bedenke n sollte . S o zweigt e si e ei n wenige s ihre r Gelder - abe r natürlic h seh r viel , gemesse n a n de r übliche n finanziellen Ausstattung de r Geisteswissenschaften - hierfü r ab . Eine Forschungsorga ­ nisation übernah m die Mittel und gin g a n die Arbeit, u m herauszubekom ­ men, wi e sic h irdische Wirtschaft , Gesellschaft , Kultu r unte r de m Einflu ß der Weltraumtechni k vermutlic h veränder n werden . Die mi t de r Analys e Beauftragte n beganne n da s Unternehme n i n eine r Weise, di e de m Historike r schmeichel t un d ih n i n eine r Zeit , i n de r de r Geschichtsunterricht de r Schulen eingeschränkt wird, doc h noch als nützli­ ches Glied der Gesellschaft erscheine n läßt. U m ihre Spekulationen irgend ­ wie abzusichern , fragte n di e Forsche r nämlic h zuerst , o b sic h i n de r menschlichen Geschichte einigermaßen Ähnliche s nich t bereit s zugetrage n habe, als o ein e dramatisch e technisch e Neuerun g mi t erhebliche n Folge n für di e Organisation de r Gesellschaft. Unte r de n verschiedenen denkbare n Beispielen wählte n di e NASA-Leut e di e Einführun g de r Eisenbah n aus . Und d a wi r noc h imme r erheblich e Lücke n i n unsere r Kenntni s de r Wirtschafts- un d Sozialgeschicht e de s Eisenbahnzeitalter s haben , began n die Forschungsarbeit übe r die Bedeutung de r Weltraumfahrt fü r die Gesell­ schaft de r Zukunft . . . mi t de m Studiu m de s nu n scho n ei n Jahrhundert zurückliegenden Eisenbahnzeitalters 1. Vielen vo n un s wir d da s nai v erscheinen . Z u offenkundi g sin d di e Unterschiede, al s da ß da s Eisenbahnzeitalte r ein e wirklic h befriedigend e Blaupause fü r de n Gesellschaftswande l i m ausgehende n 20 . Jahrhundert abgeben könnte . Abe r Naivitä t is t auc h ei n Grundrech t de s Wissenschaft ­ lers, un d das Verfahren, au s Analogien zu schließen, is t ein unentbehrliches Instrument de r Erkenntnis . E s versetz t un s i n di e Lage , kompliziert e Systeme vo n Erscheinungen , di e wi r niemal s vollständi g i n ihre n Konse ­ quenzen übersehen können , verständlic h z u machen. Ma n heb t bestimmt e

13 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Eigenschaften herau s un d sucht , w o si e in einem anderen System , welche s bereits Ergebniss e gebrach t hat , ebenfall s z u finde n sind . Beispielsweis e verfährt s o de r Arzt , wen n e r ein e Krankhei t diagnostizier t un d au s de r Kenntnis de s Erfolg s vo n Medikamente n i m eine n Fal l de m andere n sei n Rezept verschreibt. Viel e Medikamente haben schon befriedigend gewirkt , obgleich di e Medizine r nich t vie l darübe r sage n konnten , waru m un d wieso. E s wa r einfac h ein e Erfahrungstatsache . Un d mi t solche n Erfah ­ rungstatsachen, mi t Ergebnissen , di e vo n eine m Syste m au f ei n andere s übertragen werden , habe n wi r e s auc h z u tun , wen n wi r sagen , »di e Geschichte lehrt « ode r »di e Geschicht e beweist« 2. Lasse n wi r zunächs t dahingestellt, o b der Gang der Geschichte wirklich etwa s im strikten Sinne beweist, s o ist doc h nich t z u leugnen, da ß der Mensch sic h immer i n de m Bestreben, di e Zukunf t z u erkenne n un d z u gestalten , a n der Vergangen ­ heit orientiert . Selbs t di e aufregendst e Utopi e entwickel t sic h au s Erfah ­ rungen, lern t au s de r Geschichte . Eines derjenige n Gebiete , i n dene n Geschicht e i n jüngster Zei t hefti g gebraucht wurde , is t di e Deutung de s Schicksals de r Entwicklungsländer . Man kan n kau m ei n Buc h übe r wirtschaftlich e Entwicklun g aufschlagen , ohne auf Lehren zu stoßen, di e die Verfasser au s der Geschichte der bereit s höher entwickelten Wirtschafte n ziehen . Allerding s lernen die Autoren au s ein un d derselbe n Geschicht e seh r Verschiedenes , ei n unbefriedigende r Zustand. Wi r wolle n diese m unbefriedigende n Zustan d i m folgende n einige Überlegunge n widmen . II Wer imme r behauptet , da ß di e europäisch e Wirtschaftsgeschicht e de r letzten 200 Jahre die Entwicklungsländer etwa s lehren könne, ha t mehreres zu beweisen. Da s erste wäre de r Nachweis , da ß Europ a un d die Entwick ­ lungsländer scho n i n der Ausgangslage, di e wir cu m gran o salis »vorindu ­ strielle Phase« nenne n wollen, vergleichba r ware n oder sind. Das ist die erste These! Un d sage n wi r e s gleich : E s fällt nich t schwer , ganz e Masse n vo n Tatsachen z u ihre r Widerlegun g in s Fel d z u fuhren 3. Und doch , höre n Si e bitt e de n folgende n Tex t un d versuche n Sie , sic h ein Bil d vo n de m Lan d z u machen , desse n Wirtschaf t hie r vo n eine m Sachkenner beschriebe n wird : »Es is t ein e Wirtschaf t mi t einfache n Produktionstechnike n i n kleine n Betriebsstätten; klein e Kaufleute un d Wucherer werde n ebenso gehaßt wi e sie notwendig sind . De r Fortschritt i n der Landwirtschaf t wir d durc h ein e veraltete Agrarverfassun g ernstlic h behindert . Di e chronisch e Unterbe ­ schäftigung de r Arbeitskräft e is t eine s de r Hauptprobleme , un d trot z moralischer Einwirkun g wir d i n de n Masse n kau m gespart . . . Di e Wirt ­ schaft häng t i n erhebliche m Umfan g vo m Auslan d ab , vo n w o besser e 14 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

gewerbliche un d landwirtschaftlich e Technike n un d auc h etwa s Kapita l eingeführt werden . Ausländischen Arbeitskräften un d Unternehmern wird aber mit Feindschaft begegnet. Ehrgeizige junge Männer ziehen oft Karrie­ ren i n de n freie n Intelligenzberufe n un d i n de r Verwaltun g de r private n Wirtschaft vor , und einmal erworbenes Unternehmervermögen wird allzu gern in Landbesitz angelegt. Die monetäre Stabilität ist periodisch bedroht, und manchmal ist die Währung schon durch törichte Regierungsmaßnah­ men gänzlic h ruinier t worden . . . Fortschrittlich e Mensche n setze n ihr e Hoffnung zunehmen d au f di e Industrialisierun g un d Maßnahme n wirt ­ schaftlichen Nationalismus , u m di e Problem e de r wachsende n Bevölke ­ rung aufzufangen ; abe r die Industrialisierung geh t zu langsam vora n und die Segnungen des wirtschaftlichen Nationalismu s (der Abschließung vom Weltmarkt und der Wirtschaftslenkung) erweise n sic h als umstritten.« Was ich Ihnen eben vorlas, war nicht die Schilderung des heutigen Indien oder eines südamerikanischen Staates , sondern die Beschreibung Englands im 17 . Jahrhundert, verfaß t vo n eine m hervorragende n Kenne r seine r Wirtschaftsgeschichte4. England erschein t hie r mi t alle n Kennzeiche n eine s unterentwickelte n Landes. Unbestritte n is t freilich, da ß England schon im 17 . und 18. Jahr­ hundert hinsichtlic h de r geistige n un d materielle n Kultu r übe r ander e Staaten und selbst über den heutigen Zustand vieler Entwicklungsländer in Asien un d Afrik a hinausgerag t hat 5. Abe r i n de m hie r entscheidende n Aspekt herrscht doch Übereinstimmung. Auc h im europäischen Nordwe­ sten war bis zum 18. Jahrhundert die Grundfrage noch nicht gelöst, a n der bislang all e anderen Kulturen des Orients und Okzidents gescheitert sind: wirtschaftliches Wachstu m einmal über den Rahmen hin fortzusetzen, de r einer Agrarwirtschaft gesetz t war. Das Lebensniveau hing im 18. Jahrhun­ dert auc h i n Europ a noc h imme r gan z überwiegend vo n der Meng e und Qualität de s verfügbare n Boden s ab , d a di e Mensche n fü r fas t all e ihr e Lebensbedürfnisse nahez u ausschließlic h au f organisch e Substanzen , au f Pflanzen un d Tiere, angewiese n waren . Eine r deutlic h sichtbare n Steige ­ rung der Produktivität und damit der Lebenshaltung standen die prinzipiell nur wenig beherrschbare n biologische n Prozess e des Pflanzen- un d Tier­ wuchses und die recht verschwenderischen Formen entgegen, in denen die Natur Energie n umwandelt 6. Vo m frühen Mittelalte r bi s in das 18 . Jahr­ hundert läß t sic h jedenfall s nu r ein e relati v gering e Vermehrun g de r durchschnittlichen Hektarerträg e de r Äcker nachweisen 7. In de m s o gekennzeichnete n technisch-wirtschaftliche n Milie u wa r Wohlstandssteigerung ei n sehr komplizierter und langwieriger Proze ß und sein Erfol g wa r imme r wiede r fraglich , zuma l ei n sic h au s welche n Gründen auc h immer ausdehnende r Lebensrau m nich t nur ei n Mehrpro­ dukt fü r di e Lebenden bereithielt , sonder n allzumeis t auc h dazu anregte , die Bevölkerungszahl z u erhöhen - womi t schließlich für die Masse nichts gebessert war: Armut hielt an 8. Da s ist die Welt, di e noch vor 18 0 Jahren 15 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

der Englände r Malthu s fü r schicksalhaf t gehalte n hat , i n de r Hunger , Seuchen un d Kriege die überflüssigen Esse r vom spärlic h gedeckte n Tisc h der Natu r entferne n mußten . Das war kein theoretisches Hirngespinst, sonder n auch in der Geschichte Europas bitter e Wirklichkeit . Wi r wisse n vo n riesige n Bevölkerungskata ­ strophen. Noc h u m da s Jahr 170 0 herum sin d i n einige n Gebiete n Frank ­ reichs schätzungsweis e bi s z u eine m Dritte l de r Bevölkerun g i n Hunger ­ jahren a n Seuche n umgekommen . Vo n andere n Regione n wisse n wi r Gleiches, beispielsweis e au s Danzig , w o i n de n Jahren 1709/1 0 zwische n einem Dritte l un d de r Hälfte de r Bevölkerung a n Seuche n im Gefolg e de s Hungers gestorbe n sind 9. Vo n eine m strahlenden , heitere n Lebe n i m Barock- un d Rokokozeitalter , wi e ei n allz u oberflächliche r Genu ß vo n Werken de r bildende n Kuns t un d Musi k un s suggeriert , kan n kein e Red e sein: Da s mement o mor i wa r unüberhörbar 93. Es ist ein allgemein verbreitetes, aber völlig ungerechtfertigtes Vorurteil , anzunehmen, ers t di e Industrialisierun g hab e di e Menschen , di e bis dahi n gesichert geleb t hätten , de r Unsicherhei t ausgesetzt 10. Gewi ß sin d fü r Unternehmer und Fabrikarbeiter neue Unsicherheiten aufgetreten, abe r die jahrtausendalte Lebensbedrohun g durc h di e Laune n de r Natu r wa r doc h beträchtlich größer . S o is t beispielsweis e nac h Mißernten , di e i n gan z Europa spürba r waren , de r Roggenpreis , als o de r Prei s für da s wichtigst e Nahrungsmittel, i n Leipzi g noc h i n de n Jahren 176 9 bis 1771 , also inner ­ halb vo n zwe i Jahren, au f da s Fünffach e gestiegen 11. E s gehört nich t vie l Phantasie dazu , sic h da s resultierend e Elen d vorzustellen . Ich möcht e e s bei diese n Bemerkunge n übe r di e vorindustriell e Gesell ­ schaft un d ihr e stagnierende Agrarwirtschaf t belassen , s o reizvoll e s wäre, in Ergänzun g de s a m Begin n diese s Abschnitt s verlesene n Zitat s noc h i n Einzelheiten vo r Auge n z u führen , i n wi e vielfältige r Weis e da s vorindu ­ strielle Europa einfach deshalb , wei l es der gleichen Grundsituation gegen ­ überstand, heutige n Entwicklungsländer n wi e Indie n oder der Vereinigte n Arabischen Republi k ähnlic h ist 12. Würde n wi r eine n Sta b vo n Entwick ­ lungshelfern i n da s Deutsch e Reic h de s 18 . Jahrhunderts entsende n kön ­ nen, e r würd e sic h wi e heut e ei n Reisende r nac h Indie n übe r di e große n Bettlerscharen wundern . E r würd e bemerken , da ß di e meiste n unsere r Voreltern nich t regelmäßi g arbeiteten , ja da ß sie - a n heutigen Maßstäbe n gemessen - woh l auc h fau l ware n un d jede Gelegenhei t zu m Festefeier n und beschauliche n Lebe n genützt , i m übrige n abe r de m Glüc k un d de r Magie meh r vertraut habe n als der Ratio 13 . Höher e Löhne haben sie kaum dazu anrege n können , i n Manufakture n z u gehen un d sic h meh r al s zuvo r anzustrengen14. Unser e Entwicklungshelfer würde n berichten müssen, daß es an unternehmerischem Geis t fehlte , d a di e Reichen sic h weigerten, ihr e Gelder i n Manufakturen , Bergwerke n un d andere n gewerbliche n Groß ­ projekten anzulegen , wen n dies e nich t erheblic h subventionier t wurden . Lieber habe n sie , wi e orientalisch e Kaufleute , i n Grundstücken spekuliert ,

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Warenhandel betriebe n und Geld zu hohem Zins an Fürsten ausgeliehen 15. Mit diese m Geld , s o würde n wi r erfahren , finanzierten di e Fürste n dan n kostspielige politisch e Abenteue r un d eine n bemerkenswerte n Luxus 16. Einer vo n ihne n ha t beispielsweis e da s Mannheime r Schlo ß baue n lassen , dessen Kosten , gemesse n a n de r Produktionskraf t de s Landes , vielleich t denen des Assuan-Staudamms i m heutigen Ägypten zu vergleichen wären . Unser Sta b von Entwicklungshelfern hätt e uns zu allem Überfluß vo n den Schwierigkeiten z u erzählen , de r Staatsautoritä t gegenübe r de n partikula ­ ren Interesse n traditionelle r Kräft e Geltun g z u verschaffen , un d e r müßt e von unglaubliche n Korruptionsfälle n Meldun g erstatten 17. A m erschrek ­ kendsten fänd e e r abe r vielleich t di e schreiend e Ungerechtigkei t de r Ein ­ kommensverteilung mi t eine r ganz schmalen, seh r hohen Spitz e der Pyra ­ mide un d eine r breite n Basi s de r Massenarmut 18. In wichtigen Aspekte n sin d also die vorindustriellen Verhältniss e Euro ­ pas den Zustände n heutige r Entwicklungslände r vergleichbar , mindesten s in jenen Ländern , di e - wi e de r vorder e un d fern e Orien t - scho n einma l höhere Kulturforme n erreich t haben . Dies e Ähnlichkei t is t letztlic h au f Übereinstimmungen de r technisch-ökonomische n Basi s diese r Gesell ­ schaften zurückzuführen . Mit diese m Ergebni s schein t di e erst e Voraussetzun g erfüllt , di e wi r benötigen, wen n wi r di e europäische Entwicklun g al s Analog-Model l fü r Entwicklungsländer ansehe n wollen : Wi r könne n sagen , da ß de r Patient , den wi r heut e mi t de m Ausdruc k »Entwicklungsländer « bezeichnen , cu m grano sali s a n de r gleiche n Krankhei t leidet , di e i n Europ a noc h vo r 20 0 Jahren geherrsch t ha t - oder , wen n e s nich t exak t di e gleich e Krankhei t gewesen sein sollte, wir d es sich doch um die gleiche Klasse von Krankhei­ ten gehandel t haben .

III Mögen Si e diese s erst e Ergebni s noc h bezweifel n wolle n - un d ic h bestreite nicht , da ß e s sehr vie l differenziertere r Darstellun g bedürfte , u m wirklich überzeugen d z u sei n -, s o führ t un s doc h de r zweit e Schrit t au f sicheren Boden . Wi r wissen , da ß Patiente n geheil t worde n sin d un d kennen da s Bil d eine r »gesunden « Entwicklung , da s heiß t da s Syste m wachsender Wirtschaften . Wa s »gesund « ist , zeig t un s nich t zuletz t di e europäische Geschicht e al s Modell . I n Europ a wurd e di e Barrier e de r Produktivitätsentwicklung durchstoßen , habe n di e Mensche n begonnen , in große m Umfan g de n riesige n Vorra t andere r al s pflanzliche r un d tierischer Energiequellen auszunütze n und Produktionsprozesse von erheb­ lich größerem technischen Wirkungsgrad al s zuvor anzuwenden 19. Hierfü r sind viele Faktoren maßgeben d gewesen . De r letzte Schlüsse l wir d abe r in der organisierte n Erfindungs - un d Neuerungstätigkei t gesehen , di e nac h

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1760 eine derartige Beschleunigun g erfahre n hat , da ß wirtschaftliche r un d gesellschaftlicher Wande l i n alle n Bereiche n erstmal s deutlic h erkennba r wurden un d nachhaltige s wirtschaftliche s Wachstu m eingesetz t hat 20. Bi s heute is t kein e neu e Barrier e de r Produktivitätsentwicklun g aufgetaucht , da di e organisiert e Schöpfertätigkei t de s Mensche n bislan g noc h - ander s als frühe r de r Bode n - unbeschränk t ausdehnba r erscheint . Es ist sicher , da ß di e Entwicklungsländer , wolle n si e de n Zustan d de r Stagnation überwinden , diese s Model l kopiere n müssen . Dami t is t abe r zugleich i n erheblichem Maß e der Weg i m Detai l festgelegt, de n sie gehen werden, wen n einma l Wachstu m eingesetz t hat . Wi e i n Europ a werde n dann stat t bishe r übe r 8 0 Prozent de r Mensche n relati v imme r wenige r i n der Landwirtschaf t täti g sein . Trotzde m wir d di e landwirtschaftliche Pro ­ duktion noc h steigen 21. Di e Mensche n i n de n Entwicklungsländer n wer ­ den, wi e seinerzei t di e Europäer, i n wachsende n Märkte n imme r speziali ­ sierter arbeiten , wofü r ei n entwickeltes Verkehrswesen , de r Handelsappa ­ rat un d di e Staatsverwaltun g bedeutend e Voraussetzunge n schaffe n wer ­ den. De r Anteil der disziplinierten un d geschulten Lohnarbeiterschaf t wir d wachsen. Wi e i n Europ a werde n di e Produktionsprozess e ein e Meng e Kapital brauche n un d zu r Befriedigun g de s Kapitalbedarf s wir d sic h ei n kompliziertes Finanzierungssyste m entwickeln . Wi e in Europa werde n di e Investitions- und Sparquot e steigen . Di e Bevölkerung wir d zunehmen d in Städten wohne n usw . usf . Anders al s di e NASA-Leut e könne n wi r de n Entwicklungsländer n als o ihren We g scho n relati v präzi s vorzeichnen . Di e Sicherhei t de r Prognose n wird selbstverständlic h au s de r Beobachtun g gleichartige r Tendenze n i n allen Ländern , di e sich bislang entwickel t haben , gewonne n - gleichgülti g ob auf dem kapitalistische n ode r sozialistische n Weg . De r Grund dafü r is t einleuchtend: Mi t de m moderne n Wachstu m zieh t erstmal s i n de r Ge ­ schichte eine Art »Welttechnik « überal l ein , ein e Technik, di e von regiona l unterschiedlichen natürlichen Bedingunge n relati v unabhängig ist 22. Dahe r gleichen sic h di e Lebensbedingunge n de r Menschen , w o si e auch wohne n mögen, imme r meh r an . Deshal b gebe n di e höhe r entwickelte n Lände r ganz zweifello s da s Model l fü r di e bislan g wenige r entwickelte n ab , wir d die Geschicht e zutreffen d al s Lehrmeisteri n benutzt . IV Aber e s wird hoh e Zeit, Wasse r i n de n Wei n z u gießen un d zuzugeben , daß ei n solches Model l zwa r nützlic h ist , jedoch entscheidende Frage n de s »ökonomischen Arztes« , de s Entwicklungshelfers , noc h nich t beantwor ­ tet. E r frag t zwa r auc h danach , wi e Wachstum , wen n e s einmal i n Gang gekommen ist , abläuft . Abe r diese s Proble m is t of t noc h weni g aktuell . Viele Entwicklungsländer müssen , bevo r in ihnen der Pfad des Wachstums 18 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

ein Gegenstan d de r Sorg e ist , zunächs t au f diese n We g gebrach t werden . Sie müsse n noc h di e erst e Medizi n erhalten , etwa s vie l Grundsätzlichere s lernen. Un d leide r geh t de r Unterrich t nich t schrittweis e vo m Leichte n zum Schweren , sonder n da s Schwerst e steh t a m Beginn . D a einerseit s Armut - au s viele n Gründe n - dahi n tendiert , chronisc h z u sein , un d andererseits einma l begonnene s Wachstu m unte r de n heutige n Bedingun ­ gen ebenfall s dahi n z u tendiere n scheint , chronisc h z u werden , is t e s offenbar da s Schwerste , vo n eine m chronische n Zustan d (de r Stagnation ) in de n andere n chronische n Zustan d (de s Wachstums) , i n de m dan n alle s zuvor Aufgeführt e stattfinde n wird , z u gelangen . So müsse n wi r nu n i m dritte n Schrit t fragen , o b un s be i de r Lösun g dieser Aufgab e di e europäisch e Wirtschaftsgeschicht e ebenfall s Anhalts ­ punkte vermittel n kann , o b sie Lehren enthält , di e fü r di e Entwicklungs ­ länder anwendba r sind 23. V Stellen wi r gleic h z u Begin n diese s 3 . Schritt s deutlic h fest , da ß di e Entwicklungsländer a m wenigste n au s de r Entwicklun g jene s Lande s lernen können , i n de m vo n 176 0 bi s 183 0 di e industriell e Revolutio n stattgefunden hat , vo n England . Englan d ha t nämlich ein e absolut einma ­ lige, nich t wiederholbare Sonderstellung , wa r es doch das einzige Land der Welt, i n dem - nac h einer recht langen Vorgeschichte und schließlich wohl als Ergebnis historischer Zufälle - ein e autochthone industrielle Revolutio n stattgefunden hat . Dami t wa r di e Wel t ei n fü r allema l verändert . Ein zweifacher Demonstrationseffek t is t von Englan d ausgegangen , de r es verhinder t ha t un d bi s heut e verhindert , da ß je ei n andere s Lan d de n englischen We g kopiere n könnt e ode r hätt e kopiere n müssen . Englan d bewies erstens, da ß wirtschaftliches Wachstu m möglic h ist, un d es vermit­ telte zweiten s zugleic h Kenntni s vo n gewisse n Verfahre n wirtschaftliche n Wachstums, di e die andere n Lände r nich t meh r selbständi g z u entwickel n brauchten. Au f ein Schlagwort gebracht : E s ist nicht meh r notwendig, di e Dampfmaschine z u erfinden, nachde m es sie einmal gibt. Somi t ist es nicht notwendig, i n irgendeine m Lan d gena u jen e Bedingunge n z u kopieren , unter dene n Dampfmaschine n erfunde n werden . Vielmeh r is t e s nu r notwendig, Umständ e z u schaffen , unte r dene n di e Kenntniss e de s Füh ­ rungslandes vo n de n weniger entwickelte n übernomme n werde n können . Genau dies ist heute das Problem der Entwicklungsländer. I m 19. Jahrhun­ dert wa r e s da s Proble m de r hinte r Englan d zunächs t zurückbleibende n Gebiete Europas , unte r dene n sic h auc h di e deutsche n Staate n befunde n haben. Dem »gebildete n Publikum« is t viel zu wenig bekannt , da ß Deutschland im frühe n 19 . Jahrhundert i n eine m erhebliche n Umfan g »Entwicklungs 19 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

hilfe« erhalte n hat , wobe i Kapitalimpor t nich t einma l ein e dominierend e Rolle gespielt hat. Vielmehr stand der Intelligenzimport, der auch heute für die Entwicklungslände r s o wichtig ist , a n erster Stelle . Ma n importiert e Maschinen und Apparate und hat sich an ihnen geschult und sie schließlich nachgebaut. Ein e bedeutende Zahl von englischen Techniker n und Kauf­ leuten hat im 19 . Jahrhundert i n unserem Land Industriebetriebe errichtet und gefördert 24. Di e erste Periode des deutschen Eisenbahnbau s ist ohne eine Würdigung de r englischen Beteiligun g überhaup t nicht zu verstehen. Drei Generationen lang war es geradezu selbstverständlich, da ß fortschritt­ liche Unternehme r un d auc h hoh e deutsch e Verwaltungsbeamt e nac h England gingen , u m sic h a n Or t un d Stell e z u unterrichte n un d nac h Möglichkeit hinte r di e Geheimniss e de r englische n Überlegenhei t z u kommen. Die deutschen »Entwicklungsspione« habe n aber nicht nur Apparaturen und Maschine n sowi e merkantil e Institutionen , etw a di e Aktiengesell ­ schaft, kopiert , sonder n auc h di e englisch e Gesellschaftsordnun g un d Sozialphilosophie bewunder n gelern t un d sic h dann a n der Übertragun g auf den Kontinent versucht. De r englische Individualismus un d Liberalis­ mus ist zur Gesellschaftslehre de r progressiven Elite n in Deutschland und anderen Länder n de s Kontinent s geworden . Bereit s i m »Stur m un d Drang« hatt e sic h j a di e deutsch e Intelligen z vo n de m französische n Vorbild der Hofkultur, dami t der Lebensform eine r absterbenden Gesell­ schaft, fort - un d de m englische n Menschenbil d zugewendet . Di e Rezep­ tion der englischen Dichtung , di e Verbreitung de s englischen Naturpark s im Gegensatz zum gestutzten Linealgarten der Franzosen, die Hinwendung zur englischen Mode, der Geniekult - da s waren Phänomene intellektueller Übertragungen vo n größte r Bedeutun g auc h fü r di e wirtschaftliche Ent ­ wicklung, habe n sie doch den Weg für die umwälzenden gesellschaftliche n Veränderungen un d auch für Reforme n geebnet , di e etwa in Preußen mit den Namen Stei n und Hardenberg verbunde n sind. Halten wi r fest : Europa s Wirtschaftsgeschichte zeigt , da ß nicht nur die Technik, sonder n auch soziale Veränderungen, vo n denen die erfolgreiche Imitation de s wirtschaftliche n Fortschritt s abhänge n sollte , vo n eine m Land auf das andere übertragen worden sind 25. In Preußen beobachten wir eine charakteristische Form der Übertragun­ gen sozialer Veränderungen , di e nach meiner Ansicht beanspruchen kann, noch heute von Interesse zu sein. Preußen war 1806 in der Doppelschlacht von Jena und Auerstädt von den Truppen Napoleons vernichtend geschla­ gen worden. Dies e Niederlage war mehr als eine der üblichen verlorenen Schlachten. Si e demonstriert e unmißverständlich , da ß da s Herzstück de s legendären Preußenstaats, di e Armee, den revolutionären Truppen Frank­ reichs nicht s entgegenzusetze n hatte . De r preußische Staa t gerie t i n ein e tiefe Krise . I n ih r gelan g e s einige n homine s novi , i n entscheidend e Machtpositionen einzudringen, di e ihnen unter regulären, d. h. traditionel20 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

len Umständen sicherlich nicht offengestanden hätten . Diese neue militäri­ sche un d politisch e Elit e hatt e begriffen , da ß di e politische Geltun g de s Staates nur zurückzugewinnen war , wen n sic h die Gesellschaft gründlic h wandelte, u m in Heer, Staatsappara t un d Wirtschaft latent e Kräfte freizu ­ setzen. Gerade weil man einen Gegner bekämpfen wollte, der offenkundig überlegen war , ha t man nicht umhin gekonnt , di e Ursachen de r Überle­ genheit weitgehend zu imitieren. In unserem Fall waren das Konstruktions­ prinzipien de r bürgerliche n Gesellschaft , wi e si e sic h i n Englan d un d Frankreich herausgebildet hatten. Hierzu gehörte die Emanzipation bislang unfreier Schichte n und die Beseitigung von Privilegien der Aristokratie im Zusammenhang mi t einer Agrarreform. I m Europa de s 19 . Jahrhunderts hat sich kein Land industrialisiert, ohn e zuvor eine Agrarreform, d . h. eine Veränderung de r politischen Ordnung au f dem Land und eine Umvertei­ lung des Landeigentums begonnen zu haben - dere n Fehlen heute in nicht wenigen Entwicklungsländern als entscheidender Hinderungsgrund für die nachhaltige Industrialisierun g angesehe n wird 26. Es ist nun sehr wichtig zu sehen, daß in Europa in verschiedenen Staaten und zu verschiedenen Zeite n die durch da s englisch-französische Vorbil d angeregten Reformen au s politischen Niederlage n heraus konzipiert wor ­ den sind , beispielsweis e auc h 186 1 i n Rußlan d nac h de m verlorene n Krimkrieg. Ma n könnte daraus die Lehre ziehen, da ß es offensichtlich ei n Grundmotiv de r Führungskräft e i n Entwicklungsländer n ist , sic h z u modernisieren, um fähig zu werden, sich gegen politische und wirtschaftli­ che Suprematie zur Wehr zu setzen27. Der Nationalismus ist eine gewaltige Triebkraft fü r sozialen Wandel und wirtschaftlichen Fortschrit t in zurück­ gebliebenen Ländern . Wi r sollte n vielleich t de n Nationalismu s i n de n Entwicklungsländern wenige r mi t de m schlechte n Gewisse n beurteilen , das un s unser e jüngste Vergangenhei t aufgibt , un d meh r mi t de m Ver ­ ständnis, das sich aus unserer eigenen längeren Geschichte ergibt. Nationa­ lismus is t offenba r ein e normal e Reaktio n au f Entwicklungsgefäll e un d vielleicht soga r ein e kau m ersetzbar e Antriebskraf t fü r di e vielfache n Wandlungen, di e wirtschaftlichem Wachstu m vorausgehen 273. Zusammengefaßt ergib t sich somit, da ß für die Entwicklungsländer das Studium jene r europäische n Staaten , di e sic h ers t späte r al s Englan d gewandelt haben , relevante r is t als das englische Modell. I n diesen Fällen können wir bereits studieren, wie und unter welchen Bedingungen sich der Anstoß z u wirtschaftliche m Fortschrit t un d wi e sic h di e Methode n vo n einem Land auf andere übertragen - un d darauf kommt es für die Entwick­ lungsländer an 28.

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VI Freilich dürfen wi r nicht die Augen davor verschließen, da ß die Übertra ­ gung vo n Techniken un d Institutione n innerhal b Europas im 19 . Jahrhun­ dert noc h relati v einfac h gewese n ist , d a di e Unterschied e de r Technike n und der sozialen Entwicklungsstufen noc h nicht von den gleichen Größen ­ ordnungen ware n wi e heute 29. 1. Heut e is t z.B . di e Kluf t zwische n de n fortgeschrittenste n Verfahre n und de n traditionellen Methode n riesi g groß , un d es gibt nur noch wenig e Brücken zwische n beide n - wi e e s si e noc h i m 19 . Jahrhundert gegebe n hat, d a de r geschult e Handwerke r al s Facharbeite r i n de r Fabri k ein e gefragte Kraft war 30 . Vo m Kanu zum Düsenflugzeug, vo n der Stammesor­ ganisation z u eine m moderne n Staatswese n un d zu r Aktiengesellschaft , vom Ritua l de s Medizinmann s zu m Penicilli n fuhr t deshal b siche r i m einzelnen ei n andere r We g al s der, de n di e europäischen Völke r seinerzei t genommen haben . Di e heutigen Entwicklungslände r müsse n viele Schritt e unserer eigene n Entwicklun g auslassen , d a si e nich t veraltet e Technike n übernehmen können , mi t dene n si e ebensoweni g konkurrenzfähi g wäre n wie mit den gegenwärtigen. Un d dennoch bleiben noch immer grundsätz ­ liche Problem e vergleichba r un d gib t da s Studiu m de r europäische n Ent ­ wicklung (abe r auch das der japanischen) zumindes t Anregungen , etw a bei folgenden Fragen : Wi e wurde n i n Europ a Arbeitskräft e disziplinier t un d ausgebildet31? Oder : Wi e is t ei n wirksame s staatliche s Abgabensyste m entwickelt worden 32? Ic h glaube , e s is t nich t unwichtig , auc h i n diese n Fällen da s europäisch e Model l z u studieren , un d se i e s nu r mi t de m Vorsatz, z u erfahren , welch e Schwierigkeite n z u überwinde n ware n un d wie ma n e s heute nich t mache n sollt e ode r kann 33. 2. Eine r de r aufregendste n Unterschied e i n den Entwicklungsbedingun ­ gen Europa s i m 18 . un d 19 . Jh. un d dene n manche r heutige n Entwick ­ lungsländer besteh t i n de r s o gänzlic h andere n Relatio n vo n Wirtschafts ­ wachstum un d Bevölkerungsentwicklun g frühe r un d jetzt. Wahrend i n Europ a di e Bevölkerun g ers t dramatisc h angewachse n ist , als wirtschaftliche s Wachstu m bereit s i m Gang e war , erlebe n einig e de r größten un d bereit s dichtes t bevölkerte n Entwicklungslände r heut e ein e Explosion, di e jedes zuvo r au s Europ a berichtet e Temp o übersteig t un d auch de m wirtschaftliche n Wachstu m zuvorläuft . Dami t is t ei n End e de s Elends in diese n Länder n i n weiteste Fern e gerückt 34. Dies e Länder habe n nämlich ein e hygienisch-medizinisch e Revolutio n erlebt , dan k dere r di e Sterberate rasc h gesunke n ist . E s sin d Teilelement e de s europäische n Fortschritts übernomme n worden , abe r noch immer habe n die Völker di e vorindustriellen Geburtengewohnheite n mi t seh r hohe n Geburtenraten , welche sich bislang kau m a n die neue Situation angepaßt haben 35. Demge ­ genüber habe n di e Völke r Nordwesteuropa s scho n lang e vo r de r indu ­ striellen Revolutio n ein e sozial e Regelun g gekannt , u m di e Geburtenrate n 22 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

einzuschränken, wan n imme r de r Lebensspielrau m sic h verengte 36. Be i weitem nich t all e Mensche n hatte n nämlic h di e Chance , ein e Famili e z u gründen37, un d diejenigen, di e es konnten, ware n dazu im allgemeinen erst in höherem Alter fähig al s heute, so daß die eheliche Kinderzahl, speziel l in Notzeiten, tendenziell herabgesetzt wurde38 . Die Steuerung der Heiratshäu­ figkeit un d de s Heiratsalters ha t zwa r auc h in Europa ni e ausgereicht, u m Menschenzahl un d Nahrungsspielrau m gena u aufeinandf r abzustimme n aber si e ha t doc h geholfen , da ß dies e Aufgab e nich t nu r de m Armutsto d überlassen werde n mußte . Un d vermutlic h ha t si e dazu beigetragen , da ß im europäische n Nordweste n scho n vo r de r industrielle n Revolutio n de r Wohlstand größe r al s au f dem Res t de s Kontinent s gewese n ist 39. I n den meisten Entwicklungsländern gib t es heute eine derartige soziale Steuerun g der Geburtenzahl nich t und sie läßt sich kaum noch einfuhren. Heut e kann und mu ß abe r auc h nich t di e Eheschließun g regulier t werden , sonder n wie i m moderne n Europ a - di e innerehelich e Geburtlichkeit . Fü r di e Entwicklungsländer is t ein Sprun g übe r Jahrhunderte hinwe g nöti g un d seit kurze m - offenba r doc h auc h möglich 40. 3. Bislan g haben wir zwei Komplikationen besprochen, di e eine einfache Übertragung europäische r Erfahrunge n de s 19 . Jahrhunderts au f di e Ent ­ wicklungsländer verhindern , ersten s di e viel größere n technische n Gefäll e und zweiten s di e bislan g unvergleichbar e Bevölkerungsentwicklung . Eine dritt e prinzipiell e Abweichun g ergib t sic h au s de r inzwische n gefährlich große n Diskrepan z de s Wohlstand s zwische n de n arme n un d reichen Ländern. Ein e gewisse Diskrepanz des Wohlstands ist eine wichtige Entwicklungsvoraussetzung fü r di e zurückgebliebenen Länder , di e anders kaum zu m Wachstu m angereg t würden 41. Abe r heut e läß t de r zu r Scha u getragene Reichtum der Länder Nordamerikas und Europas in den zurück­ gebliebenen auc h Wünsch e entstehen , di e unter ga r keinen Umstände n z u befriedigen sin d - un d wie im Leben des einzelnen, s o erzeugt dies auch im Leben politische r Gruppe n neurotisch e Situationen . Manch e Entwick ­ lungsländer sin d dieser Situatio n nich t gewachsen , zuma l si e in der Über ­ gangsphase ohnehi n eine r Vielzah l vo n innere n Belastunge n ausgesetz t sind, d a di e neu e Gesellschaf t nu r au s de m schmerzliche n Proze ß de r Zerstörung alte r Institutionen , Herrschaftsorganisatione n un d Moralvor ­ stellungen erwachse n kann 42. Es scheint mi r da s aufregendste Proble m fü r di e Entwicklungsländer z u sein, o b die gesellschaftszerstörenden Aspekt e des Fortschritts sic h radika ­ ler un d schnelle r durchsetze n al s die Segnungen . Da s europäische Model l sagt hie r relati v wenig . I n Westeuropa ha t die Steigerun g de s Lebensstan­ dards de r Masse n vo n de r Mitt e de s 19 . Jahrhunderts a n di e Spannunge n gemildert, di e mit de r Auflösung de r traditionalen Sozialordnun g un d der Konstituierung de r neuen verbunde n waren . O b sich mit einer Steigerun g des Lebensstandard s auc h i n de n Entwicklungsländer n di e Beruhigun g wiederholt, is t abe r keinesweg s sicher , wei l dor t di e Kenntni s vo n de n 23 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

besseren Lebensmöglichkeite n ja vie l schnelle r wächs t al s das Einkommen ein gänzlic h neue s Faktu m i n der Geschichte . Selbs t ei n geradez u unmög ­ lich schnelle s Einkommenswachstu m wir d dies e Lände r au f lang e Zei t hinaus im Vergleic h z u den höher entwickelten Gebiete n Europas, gan z zu schweigen vo n de n USA , ar m erscheine n lassen 43. Die s erzeug t ein e permanente Krisenstimmung . Hier vollzieh t sic h de r modern e Klassenkampf . Erziehun g un d Bildun g werden - wei l si e den Kontak t z u de n entwickelte n Länder n vermittel n eher noc h zu r Destabilisierun g al s zu r Stabilisierun g beitragen 44.

VII Es is t ei n phantastische r Irrtu m de r offizielle n amerikanische n un d europäischen Entwicklungshilfe-Ideologi e anzunehmen , da ß schnelle s Wachstum i n de n Entwicklungsländer n z u politische r Stabilitä t un d Frie ­ den beitrage n werden 45. E s ma g de r Wunsc h Vate r de s Gedanken s sein . Aber ei n Blic k i n di e europäisch e Geschicht e lehr t gan z anderes , nämlic h daß schnelle s wirtschaftliche s Wachstu m zunächs t gesellschaftliche n Wan ­ del voraussetzt 46 un d i n diesem Zusammenhan g ehe r ein destabilisierender Faktor ist, de r Revolutionen gebiert . Nich t zufällig sin d vom 18 . Jahrhun­ dert bi s heut e i n Europ a industriell e Entwicklun g un d politisch e Revolu ­ tionen vielfac h miteinande r verbunde n gewesen 47. Jedoch, un d da s schein t wiederu m vo n Bedeutung , wei l e s au f ein e gewisse gemeinsame Grundsituation hinweist, i n der das gleiche Heilmittel Wirkungschancen besitzt : Wi r beobachte n heute , wi e i n de n Entwick ­ lungsländern de r Nationalismu s daz u verhilft , di e Menschen , di e sic h i m Zerfall de r traditionellen Schichten - und Gruppenstruktur de r Gesellschaf t höchst unbehaust und , ohn e die traditionellen Normen , verlore n vorkom ­ men, wiederu m z u integrieren , z u befriede n un d i n neu e - modern e Herrschaftsstrukturen einzuordnen , se i es in die Herrschaftsstrukturen de s Marktes ode r de s Staatsapparates 48. Hierz u werde n national e Kult e erfun ­ den, di e nationale Geschicht e wird entdeckt 49. Abe r ist das so neu? Hat es das nicht auc h i m Europ a de s 19. Jahrhunderts gegebe n - un d ha t es nicht in Europ a zu r innere n Befriedun g de r Massen ebens o beigetrage n wi e di e Steigerung de s Lebensstandards ? Wir beobachten , wi e di e Entwicklungslände r sic h zu m Zweck e de r inneren Befriedun g auc h in der Handhabung sozialpolitische r Instrument e üben, die schließlich ebenfalls in Europa ihr förderliches Werk getan haben. Freilich sin d i n Europ a di e Sozialversicherung , di e progressiv e Einkom ­ mensteuer un d ander e Institut e de r soziale n Sicherhei t un d de r Einkom ­ mensumverteilung i m allgemeinen nicht schon in den ersten Dezennien des sozialen Wandel s entwickel t worden , sonder n Produkt e eine r spätere n Entwicklung. Hierau s habe n nich t wenig e Entwicklungshelfe r ein e fatal e 24 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Lehre gezogen und den Entwicklungsländern empfohlen , mi t sozialpoliti­ schen Programmen z u warten, bi s »si e es sich leisten können«, wi e es so schön heißt. Sozialpoliti k se i eine Art Luxus, setze einen gewissen Wohl­ stand voraus. Man meint vor allem, in den Entwicklungsländern bestünde die Gefahr, da ß gerade wegen der Sozialpolitik die Wachstumsrate geringer wäre al s theoretisc h möglich , wei l ma n z. B. Unternehmerprofit e scho n jetzt radikal besteuert, die man vor gut 100 Jahren doch noch toleriert habe. Niemand kan n jedoc h beweisen , wi e hoc h di e Wachstumsrat e i n de n Entwicklungsländern heut e wäre , wen n ma n de n ungehinderte n laissez ­ faire-Kapitalismus sic h auswirke n ließe ; nieman d kan n di e Vermutun g widerlegen, da ß in einem solchen Fall angesichts der so gänzlich gewandel­ ten Weltlage offene Konflikte ausbrechen würden, die das Wachstum dann prinzipiell i n Frage stellen. Ebensowenig wi e wi r de n Entwicklungslandern heut e Maschinen ver ­ kaufen können, di e dem technischen Stand von 1860 entsprechen, können wir ihne n ein e Wirtschaftsordnun g un d ein e Politi k verkaufen , di e wi r selbst schon lange nicht mehr dulden 50. Waru m sollten wir den Entwick­ lungsländern di e Tolerierun g vo n Übel n zumuten , nu r wei l wi r selbs t einmal früher unter ihnen gelitten haben? Das Rad der Geschichte läßt sich nicht zurückdrehen. Menschen , di e einmal etwas wissen, könne n nicht in den Stand des Nichtwissens zurückversetzt werden. VIII Genau genommen ist selbst dies, die schnelle Anwendung der Sozialpo­ litik i n de n Entwicklungsländern , kei n Versto ß gege n di e »Regeln « de r europäischen Wirtschaftsgeschichte . Di e modern e staatlich e Sozialversi ­ cherung is t charakteristischerweise nich t von dem Führungsland England entwickelt worden , sonder n i m zurückgebliebene n Deutschland . Gan z allgemein bemerke n wi r bei m Studiu m de r europäische n Wirtschaftsge ­ schichte des 19. Jahrhunderts, daß in aller Regel in denjenigen Ländern, die zunächst noch relativ rückständig waren, de r Staat eine erhebliche Bedeu­ tung fü r da s Wirtschaftswachstum hatte . Er erwies sich als um so bedeu­ tungsvoller, j e rückständige r da s Lan d zu m Zeitpunk t de s Beginn s de r Industrialisierung noc h war 51. Ich möcht e nich t noc h einma l au f di e allgemei n bekannt e Roll e de s Staates im sogenannten Zeitalter des Merkantilismus, also in der Vorberei­ tungszeit für die industrielle Revolution, eingehen . Diese ist bekannt. Viel weniger bekann t ist , da ß selbs t i n de m üblicherweis e al s kapitalistisch , privatwirtschaftlich geschilderte n Milieu des 19. Jahrhunderts die öffentli­ che Verwaltun g a n de r wirtschaftliche n Entwicklun g zurückgebliebene r Länder Europa s erheblic h beteilig t gewese n ist . Dies e Erfahrun g reich t gewiß nicht aus, um den heutigen Entwicklungsländern eine vollkommen 25 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

zentrale staatlich e Lenkun g z u empfehlen 52. Si e sollt e abe r jene Europäe r (und Amerikaner), di e gerne europäisch-amerikanische Lehrbuchidee n de s 19. Jahrhunderts exportieren , au f den Umstan d verweisen , da ß kau m ei n Land i n diese m Punk t strik t de m englische n Vorbil d gefolg t ist 53. I n Deutschland wi e i n andere n Länder n Europas , di e einma l hinter Englan d herhinkten, ha t de r Staa t i m 19 . Jahrhundert nich t nu r de n rechtliche n Rahmen geschaffe n un d Handelspolitik getriebe n sowie die Währungsord ­ nung entwickelt, sonder n auch das Gewerbe durch Rat und Tat gefördert 54. Im 19 . Jahrhundert is t nahez u da s gesamt e Erziehungswese n verstaatlich t worden - ei n Vorgan g vo n größte r Bedeutung . Ih m kann a n Gewicht di e staatliche Förderun g de s Eisenbahnbau s a n di e Seit e gestell t werden , wa r doch i m 19 . Jahrhundert de r Ba u de r Eisenbahne n di e zentrale Entwick ­ lungsaufgabe, u m di e heru m sic h di e Privatwirtschaf t dan n entfalte n mochte; der Kern war jedenfalls - auc h au f dem europäischen Kontinent ­ ein staatlicher 55. Es ist gewiß ein Problem der heutigen Entwicklungsländer, da ß sie mehr Industriewnternehmer haben sollten, abe r auch, wi e sie sich innerhalb kurzer Zeit eine n Beamtenappara t heranbilde n können , de r disziplinier t un d lei ­ stungsfähig ist 56. Di e Roll e de s Militär s is t vo n diese r Seit e he r besse r z u verstehen, habe n doc h di e Armee n auc h i n de n rückständige n Gebiete n Europas mannigfalti g al s Entwicklungskern e gedient 57. Viele Führe r de r Entwicklungslände r scheine n sic h nich t zuletz t au s einem Mißverständni s herau s vo n Westeurop a un d Amerik a abgewende t und de n sozialistische n Staate n zugekehr t z u haben , di e ihne n allei n dadurch, da ß si e de n Staa t al s strategische s Zentru m de r industrielle n Revolution akzeptieren , meh r Mu t machen . Unser e Entwicklungsdoktri n sollte vo n de r Vorstellun g abgehen , die s se i unbeding t ei n Sündenfall . Unsere eigene Geschichte, di e Geschichte Europas, gibt uns jedenfalls nich t das Recht dazu . IX Ich habe versucht, i n drei Schritte n einig e Gedanke n übe r die Verknüp ­ fung de r europäischen Wirtschafts - und Sozialgeschichte mit dem Schicksal der Entwicklungslände r vorzutragen . I m erste n Schrit t sucht e ic h z u zeigen, da ß di e vorindustrielle n Zuständ e meh r al s ma n gemeinhi n annimmt vergleichba r sind . I m zweite n Schrit t deutet e ic h an , wi e de r europäische Weg als Prognosemodell fü r die Gesundung der bislang arme n Länder verwende t werde n kann . I m dritten schließlic h sin d wi r de r Frage nachgegangen, o b die europäische Wirtschaftsgeschicht e auc h fü r di e ent­ scheidende Übergangsphas e Lehre n bereithält . Wi r habe n hier unter ande­ rem gesehen , da ß auc h innerhal b Europa s einma l Entwicklungsgefäll e bestanden habe n und dank de r Übertragung vo n Impulsen und Technike n 26 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

beseitigt worde n sind . I n diesem Zusammenhang is t es wichtig z u sehen, daß di e europäische n Entwicklungslände r i n manche r Beziehun g eine n anderen Weg genommen haben als England, s o wichtig auch das englische Modell gewese n ist . Entsprechen d werde n auc h di e Entwicklungslände r heute vielfac h eine n andere n We g al s ihr e Modell e gehe n könne n un d müssen. Ich hoff e aber , gezeig t z u haben , wi e anregen d dennoc h historisch e Betrachtung auc h fü r di e Lösun g vo n Gegenwartsaufgabe n ist . Dabe i möchte ich nicht so verstanden werden, als ob die Geschichte schnelle und einfache Lösunge n fü r di e Problem e de r Gegenwar t bereithielte . Mein e eigenen Überzeugunge n führe n mic h eher z u einem bescheidene n Resü ­ mee. Ic h meine , Geschicht e könnt e daz u beitragen , Problem e klare r z u erkennen, richtig e Frage n z u stellen und au f möglicherweise interessant e Antworten hinzuweisen . E s ist nicht der schlechteste Weg, di e Inspiration für Hypothese n au s der Beobachtung de r Geschichte zu holen58. Freilich : Keine vergangen e Erfahrung , wi e reic h si e auc h imme r sei , un d kein e historische Forschung , wi e gründlic h si e auc h imme r betriebe n werde n möge, kan n de r lebende n Generatio n di e schöpferisch e Aufgab e nehmen , ihre eigenen Antworten zu finden un d die Zukunft durch Entscheidungen zu gestalten.

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2. Zu r Frage des Kapitalmangels in der ersten Hälft e des 19 . Jahrhunderts i n Deutschlan d I Unter den Antworten au f die Frage, waru m Deutschlands 1 wirtschaftlich e Entwicklung bi s zu r Mitt e de s neunzehnte n Jahrhunderts 2 s o auffälli g hinter derjenigen Englands zurückgeblieben ist , spiel t seit je da s Argument eine vergleichsweise groß e Rolle, e s habe in Deutschland für die Industria ­ lisierung auc h a n Kapital gefehlt 3. Ih m ist nu r gelegentlic h un d dan n eher beiläufig widersproche n worden 4. Ei n gewisse s Vorurtei l i n diese r Rich ­ tung lege n woh l scho n di e Quellen nahe , vo r allem di e firmengeschichtli ­ chen Unterlagen . Ma n erfähr t selbstverständlic h vie l häufige r vo n Klage n über den Kapitalmangel al s vom Gegenteil. Doc h soll im folgenden gezeig t werden, da ß die These nicht selbstverständlic h richti g ist , da ß es vielmeh r gute Gründe gibt, si e zumindest seh r viel genauer zu fassen un d im ganze n wohl z u relativieren . Wenn ma n vo n ›Kapitalmangel ‹ liest , mu ß ma n gewärti g sein , da ß seh r Verschiedenes gemein t sei n kann. Hieri n liegt ein e Quelle große r Mißver ­ ständnisse, wei l viel e Autore n nich t kla r aussprechen , wora n si e jeweil s denken. Unte r Kapitalmangel (englisch : ›shortag e of finance‹ oder ›insuffi ­ ciency o f capital) kan n ma n verstehe n entwede r a) eine n z u geringe n Kaufkraftstro m ode r b) eine n z u geringe n Kapitalbestand . Je nachdem, welche n Stro m man betrachtet, kan n ma n urteile n hinsicht ­ lich de r Höh e 1. de r Gesamtersparni s i n eine r Volkswirtschaft , 2. de s Gesamtangebot s a n investierbaren Fond s ode r 3. de s Kreditangebots je i n eine r Periode . Spricht ma n vo n eine m Kapitalmange l i m Sinn e eine s z u geringe n Bestandes, s o mein t ma n entwede r 1. ei n z u geringe s Sachvermögen , vo r alle m a n Produktionsmitteln 5, 2. eine n z u geringe n Bestan d a n liquiden Anlage n ode r schließlic h 3. eine n z u geringe n Bestan d a n Zahlungsmitteln . Es ist im folgende n z u prüfen, unte r welchem Aspek t man für Deutsch ­ land i m frühe n neunzehnte n Jahrhundert vo n eine m Kapitalmange l spre ­ chen könnte oder ob diese Vorstellung nich t insgesamt aufgegeben werde n sollte. 28

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II In de r neuere n Literatu r zu r Erklärun g wirtschaftliche n Wachstums , speziell auch der Entwicklungsländer, wir d die Rolle der gesamtwirtschaft­ lichen Ersparnis als begrenzender Fakto r relativ star k betont 6. Doc h wird man in Hinblic k au f Deutschland di e Unterstellung ablehne n müssen , es habe in de r ersten Hälft e de s 19. Jahrhunderts di e Sparfähigkeit ode r die Sparwilligkeit umfangreicher e industriell e Investitionen als die beobachte­ ten und damit ei n schnelleres gesamtwirtschaftliches Wachstu m entschei­ dend begrenzt. E s sind im wesentlichen vie r Gründe, di e dagegen vorge­ bracht werden können. 1. Fü r das Ausma ß de r Investitionsvorhaben is t nich t nur heute, d a es einen entwickelte n Bankenappara t gibt , di e Höhe der freiwilligen volks ­ wirtschaftlichen Ersparni s nich t ausschlaggebend . Angesicht s de r da s Volumen der jährlichen Ersparnis gewiß weit übersteigenden Bestände an liquiden Mitteln, von denen ein beträchtlicher Teil sich in Horten befunden haben muß, wäre eine vorübergehende Ausweitung de r Finanzierung von (industriellen) Investitionen ohne gleich großen geplanten Konsumverzicht auch damal s möglic h gewesen , hätt e di e Investitio n e x ant e als o di e Ersparnis e x ant e übersteige n können 7. Di e Bereitschaft , freiwilli g z u sparen, sollt e di e Investitio n i n de n erste n Jahrzehnten de s neunzehnten Jahrhunderts vo n der Finanzierungsseite he r ebensowenig begrenz t haben wie später 8. 2. Selbs t wenn es aber auf die Sparquote angekommen wäre, s o scheint doch die Vermutung begründet , e s sei die Sparquote in der ersten Hälft e des neunzehnten Jahrhunderts nicht wirklich eine maximal hohe gewesen. Zwar wissen wi r über ihre Größe nicht genau Bescheid, abe r es gibt doch eine Reih e vo n Anhaltspunkte n dafü r anzunehmen , da ß si e hätt e höhe r (und da s heißt zugleich , da ß die Konsumquote hätte niedriger) sei n kön­ nen. Der Konsum war wohl noch relativ zu vermindern, ohn e im Durch­ schnitt Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Bevölkerung zu gefährden83. Hierfür könne n die nicht unbeträchtlichen Ausgaben für Güte r des nicht­ dringlichen Bedarf s dienen 9, ebens o di e Fähigkeit , zahlreich e Krise n z u bestehen, di e ein e notwendige Senkun g de s Konsums mit sic h brachten, und nicht zuletzt die Möglichkeit der Aufbringung vo n Mitteln in Kriegs­ zeiten sowie für sonstigen öffentlichen Verbrauch . Selbs t in armen Gesell­ schaften gib t e s noch solche (hypothetischen) Sparpotentiale 9a. 3. Abe r nicht einma l au f eine Absenkung de s Konsums wäre es unbe­ dingt angekommen, u m die Rate der Sachvermögensbildung (Realkapital ­ bildung) zu erhöhen. Angesichts der Tatsache, daß in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhundert s i n Deutschlan d sicherlic h kei n Zustan d de r Vollbeschäftigung alle r Erwerbsfähigen geherrsch t hat, hätte eine gewisse Mehrproduktion vo n (Investitions- ) Gütern ohn e Mehraufwan d fü r di e Versorgung stattfinde n können . Di e offe n ode r versteck t Arbeitslose n 29 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

nahmen ja ohnehi n am Konsum teil; sie innerhalb der landwirtschaftliche n und gewerbliche n Betriebe , dene n si e sozia l zugehörten , mi t investive n Arbeiten z u beschäftigen , hin g ehe r vo n institutionell-organisatorische n Lösungen a b al s vo n de r Meng e de r bereitstehende n Subsistenzmittel 10. 4. Abe r geh t e s überhaup t u m s o etwa s wi e di e volkswirtschaftlich e Sparquote, wen n ma n di e relativ z u niedrigen Investitione n i m industriel ­ len Sekto r erkläre n will ? Schließlic h sin d seh r beträchtlich e Mitte l fü r di e Kapitalbildung i n der Landwirtschaft, i m Handel, bei m Wohnungsbau un d für da s Verkehrswese n aufgebrach t worden . Industriell e Investitione n können nu r einen seh r kleinen Tei l de r volkswirtschaftlichen Gesamtinve ­ stitionen ausgemach t haben . Beispielsweise ha t noc h a m Anfan g de r fünfzige r Jahr e di e gesamt e Textilindustrie (di e bei weitem größt e Industrie in dieser Zeit, di e mehr als die Hälft e alle r Beschäftigte n umfasste 11) schätzungsweis e eine n Vermö ­ gensbestand in Anlage- und Umlaufvermöge n i n Höhe von etwa 19 0 Mill. Talern gehabt 12. Wa s ein solcher Betrag bedeutet , ermiß t man , wen n man ihn mit de m von W. G . Hoffman n un d H. Müller 13 geschätzten Volksein ­ kommen vergleicht. E r hätte etwa 7 v. H. des durchschnittlichen Volksein ­ kommens de r Jahre 1851/185 5 betragen . Selbs t wen n hie r noc h größer e Schätzfehler i n den Berechnungen berücksichtigt werde n müssen 133, is t das Ergebnis aufschlußreic h hinsichtlic h de r Größenordnung , u m di e e s be i den industrielle n Investitione n i m Vergleic h zu m gesamtwirtschaftliche n Produktions- un d Konsumtionspotentia l ging 13b. E s zeig t sich , da ß di e Textilindustrie, un d damit über 60 Prozent der Gesamtindustrie (gemesse n an de r Beschäftigung) , noc h i n de r Jahrhundertmitte unte r Zugrundele ­ gung normale r gesamtwirtschaftliche r Sparquote n hätt e i n eine m Jah r finanziert ode r verdoppel t werde n können . Tatsächlic h ha t sic h natürlic h die Finanzierun g diese s Bestande s übe r Jahrzehnte hingezogen , si e mußt e somit jährlic h nu r eine n marginale n Betra g de r Gesamtersparni s i n Anspruch nehmen . Einen vie l größere n Antei l a m gesamte n Investitionsvolume n hatt e damals di e Landwirtschaft , betru g doc h allei n scho n de r Wer t de s Vieh s wesentlich mehr als das Vermögen de r Industrie 14. Das landwirtschaftlich e Gesamtvermögen z u schätzen ist fü r unser e Zweck e allerding s nutzlos , wei l von ih m nich t au f di e Investitionsbeträg e geschlosse n werde n kann . I m landwirtschaftlichen Gesamtvermöge n sin d ja auc h al s erhebliche r Poste n die Grundstückswerte enthalten, * und sie sind wesentlich vo n den Schwan ­ kungen de r Preis e de r Ertragsgüte r abhängig 15. Deshal b is t auc h ein e Volksvermögensrechnung unte r Einschlu ß de r Bodenwert e fü r dies e Zeit wohl meh r ein e Spielerei 16. Doch könne n wi r un s noc h anhan d andere r Vermögensziffer n eine n Eindruck davo n verschaffen , welch e quantitativ e Bedeutun g selbs t be ­ trächtlich höher e industriell e Investitione n i m Vergleic h zu r Gesamtver ­ mögensbildung gehab t hätten . Beispielsweis e müsse n di e jährlichen Inve 30 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

stitionen i m Hausba u u m ei n Mehrfache s größe r gewese n sei n al s di e Beträge, di e die Industrie investiert haben kann. Bei einem Feuerversiche ­ rungs-Gebäudewert vo n run d 3, 2 Mrd . Taler n i m Zollverei n i n de r Jahrhundertmitte17 (de r eigentliche Gebäudewer t wa r siche r höher , doc h bleiben wi r absichtlic h be i diese r niedrigs t mögliche n Schätzung ) un d jährlich 1, 5 Prozen t Abschreibunge n un d Reparaturen , wurde n allei n mindestens 50 Mill. Taler der Reinvestition, de r Erhaltung des Bestandes, gewidmet. Übe r de n jährliche n Bestandszuwach s wisse n wi r relati v wenig. I n Sachsen soll er nach Engel um die Jahrhundertmitte rund 6 Mill. Taler betragen haben. Rechnen wir nach der Kopfzahl der Bevölkerung des Zollvereins auf die Mitgliedstaaten hoch, so erhalten wir einen Betrag der Nettoinvestition im Hausbau im Zollverein von ca. 90 Mill. Talern (= 270 Mill. Mark) 17\ Da s entspräch e als o meh r al s de r Hälft e de s damalige n Gesamtvermögens der Textilindustrie 1715! Derartige Zahlen zeigen an, da ß eine Steigerung de r industriellen Inve­ stitionen selbs t u m relati v beträchtlich e Summe n fas t noc h i m Rahme n einer nahez u konstanten Sparquot e möglich gewese n wäre . E s ging doc h um gesamtwirtschaftlich gesehe n noch recht kleine Beträge. Alles in allem scheint e s mi r gerechtfertigt , di e Kapitalmangelthese , welch e au f ein e notwendig z u geringe Ersparnis abstellt, fü r widerleg t z u halten. Deshalb müssen di e Gründ e fü r ei n Zurückbleiben de r industriellen Investitione n woanders gesucht werden. III Damit komme n wi r zu m 5. Grund , de r gegen di e Kapitalmangelthes e spricht: Ma n unterstellt e i n de r Wirtschaftsgeschicht e allz u lang e - un d nutzte dami t doc h nu r inzwische n überholt e Vorstellunge n de r Wirt ­ schaftswissenschaften - , da ß die Industrialisierun g vorzugsweis e ein Pro­ blem de r Bereitstellun g de r Kapazitäten , de s Produzierenkönnen s un d damit auc h weitgehend de r Technikgeschichte gewese n sei 18. Ma n unter­ stellte (meis t unbewußt) , e s hab e imme r ein e groß e Bereitschaf t zu r Investition bestanden, weshalb man dann - wi e auch A. Smith - nu r noch die Frage ins Auge faßte, ob die Investoren genügend Mittel zur Verfügung hatten. Eine solche Unterstellung ist aber weder durch die Theorie noch die uns bekannten Tatsache n begründet . E s wär e nu n allerding s übertrieben , wollte man demgegenüber geradezu das Gegenteil behaupten: Weil gespart wurde, weil also nicht mehr konsumiert wurde, fehlte es den Investoren an genügend große n Anreize n zu r Investition 19. Abe r e s kann kei n Zweife l darüber bestehen, da ß die wirtschaftliche Entwicklun g i n Deutschland im frühen neunzehnte n Jahrhundert nich t durc h ein e anhalten d star k wach ­ sende Nachfrage gekennzeichnet gewesen ist, so daß die Investitionsaktivi31 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

tät gleichsa m de r beständig entscheidend e Engpaßfakto r gewese n wäre . Immer wieder hat es große Anreize für liquides Sparen gegeben, somi t für eine Verminderun g de r Binnennachfrage . Imme r wiede r erwie s sic h di e Auslandsnachfrage al s instabil, stagnieren d oder gar schrumpfend 20. Auc h gab es längere Perioden, in denen die Nachfrage der öffentlichen Haushalte zu wünschen übri g ließ . Preuße n beispielsweis e tilgt e vo n 182 2 bis 1848 Anleiheschulden i m Gesamtbetrag vo n ca. 80 Mill. Talern 21. De r Getrei­ deexport nach England betrug 182 1 bis 1825 nur noch ca. 1 5 Prozent des Umfangs der Zeitspanne 1801-180522. Der Preisverfall landwirtschaftliche r Produkte bis in die Mitte der zwanziger Jahre hinein hatte in Deutschland nicht den Effekt, di e Produktionskosten des Gewerbes zu senken und ihm damit eine n Wettbewerbsvortei l z u verschaffen , sonder n vermindert e primär di e Nachfrag e de r Landwirtschaf t nac h gewerbliche n Produkten . In eine r Zeit , i n de r da s Wor t vo n Baumstark : »Di e Gewerk e un d de r Handel verdanken ihre Blüte dem Wohlstande der ackerbauenden Gesell ­ schaft. . ,« 23 noc h allgemei n gülti g war 24, ka m diese m Ereigni s größt e Bedeutung zu. Als 1827 die Roggenernte schwach ausfiel un d auch Frank­ reich Zufuhre n brauchte , jubelt e di e Handelskamme r Köln : »Ei n gute s Jahr! Der fast erloschene Mut des Landmannes hat sich dadurch aufs neue belebt, un d es ist erfreulic h z u sehen, wi e da s allmähliche Zurückkehre n des früheren Wohlstande s unte r den Bewohnern de s platten Lande s auch wohltätig au f die Städter wirkt.« 25 Erst in dem Augenblick, i n dem Ausland und Staat wieder als Nachfra­ ger eine größere Rolle spielen, setz t ein verstärktes Wachstum ein. - Un d interessanterweise ist dann auch das nötige Kapital vorhanden, vermindern sich in den Quellen auch mancherlei Klage n über den Kapitalmangel 26. In den vierzige r un d vo r alle m i n de n fünfzige r Jahre n (zunächs t bi s 1857 ) treffen dies e Umständ e dan n auch zusammen mi t den autonomen Ange­ botserhöhungen i n einige n Wirtschaftszweigen , alle n vora n natürlic h bei der Eisenbahn. Bis fast zur Mitte des neunzehnten Jahrhunderts sind jedoch noch die Industrien dauerhafter Massenkonsumgüte r di e führenden Indu ­ strien, un d si e bedürfe n de r Nachfrage , dami t i n ihnen kräfti g investier t wird - e s sei denn, es besteht die Chance, bei hohen Preisen Kostensenkun­ gen durc h Verbesserungsinvestitione n z u erzielen un d dadurc h entwede r einen Import überflüssig z u machen oder eine zukünftige Nachfragesteige ­ rung spekulati v vorwegzunehmen . Dies e Chanc e ha t abe r woh l fü r di e deutsche Textilindustrie nich t meh r bestanden . Si e ist vo r allem vo n der englischen Industri e genützt worden . Nachde m aber die hochentwickelte englische Pionierindustri e nich t nu r vorherig e Auslandsmärkt e de r deut­ schen Anbieter erobert hatte, sonder n auch auf dem deutschen Markt die Preise wesentlic h mi t beeinflußte , bo t da s Profitnivea u de n deutsche n Erzeugern vermutlich nicht mehr ausreichend hohe Anreize, um die erheb­ lichen Risiken der industriellen Anlage von Kapital zu rechtfertigen, regt e also nich t z u massenhafter Investitio n an 27. Wär e nu r ei n Kapitalmange l 32 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Grenze fü r industriell e Investitione n größere n Stil s gewesen , s o hätte n diejenigen, di e übe r ausreichend e Mitte l verfügte n - un d solch e ha t es natürlich auch gegeben -, erheblich e Gewinne erzielen müssen, da sie eine Quasimonopolstellung gehab t hätten. Da s ist aber in der Regel nicht vor dem Ende der von uns betrachteten Periode eingetreten. Den i m Durchschnit t noc h mäßige n Profitchance n stande n ehe r noch steigende Risiken gegenüber, die dann - un d darauf kommt es hier an - die Nachfrage auc h nach Fremdmitteln selbs t zu niedrigem Zins 28 sowie den Einsatz eigener Mitte l hemmten . I n der Industrie werden di e Risiken der Kapitalanlage geradez u kumuliert , vereinig t di e industrielle Anlag e doch (wenigstens fü r eine n Tei l de r Mittel ) i n sic h di e Langfristigkei t de r Bindung, wi e in der Landwirtschaft, mi t de n speziellen Marktrisiken des Handels- und Bankgeschäfts und schließlich mit dem Risiko des Ingangset­ zens technischer Apparature n sowi e ihrer Überholun g durc h de n techni­ schen Fortschritt . Al s 181 9 i n de r Münchene r Ständeversammlun g da s Projekt einer Bayerischen Nationalban k beraten wurde, hat der Abgeord­ nete Schäzler in einem berühmt gewordenen Urteil die Kreditfähigkeit der Fabriken skeptisc h gewürdigt : »O b auc h Fabrike n durc h di e Ban k mi t größeren Geldvorschüsse n unterstütz t werde n dürfe n un d sollen, is t eine Frage, di e noch große Erörterun g erheischt . Fabrike n sin d meh r als kein anderes Handlungsgeschäft , selbs t i m Augenblic k de s a m günstigste n scheinenden Zeitpunktes , große n mögliche n Gefahre n ausgesetzt , un d Realitäten einer ins Stocken geratenen Fabrik, hätte n solche auch noch so viel gekostet , fas t nicht s mehr werth.« 29 Angesicht s de r sehr erheblichen Schwankungen des jährlichen Produktionsvolumens noch bis in die fünfzi­ ger Jahre30 war di e Warnung Schäzler s wohl nich t unberechtigt, di e aber nicht nu r für die Gläubiger, sonder n auch für di e Schuldner beherzigens­ wert war . Insowei t Banke n un d ander e »Kapitalisten « sic h überhaupt an der Industriefinanzierun g beteiligten , beliehe n si e faktisch woh l ehe r den Warenverkehr der Unternehmen als das Anlagevermögen, selbs t wenn sie Hypothekenkredit gaben. Gerade in der Textilindustrie hat ja die Lagerhal­ tung auch noch eine sehr große Rolle gespielt31. - Zu m technischen Risiko gibt es viele Beispiele aus einer großen Zahl von Unternehmungsmonogra­ phien; auf Einzelnachweise kann hier verzichtet werden . Doch hielt, um das zu betonen, das Risiko nicht nur die Kreditgeber ab, begrenzte als o nich t nu r di e Verfügbarkei t de s Kapitals , sonder n beein ­ flußte auc h di e potentielle n Kreditnachfrager , di e Unternehmer . Selbs t dort, w o ihnen Kredit wirklich angeboten wurde, gelang die Transforma­ tion of t nicht . Hie r ist u. a. di e Erfahrung de r Bayerische n Hypotheken ­ und Wechselban k ei n Hinweis , i n dere n Festschrif t zu m fünfzigjährige n Bestehen e s 188 5 heißt: »De r erst e Erfol g ga b sonac h denjenige n recht , welche befürchteten, e s werde der Bank an Geschäften mangeln. . . Hand­ werker, welch e ihren Geschäftsbetrie b nich t vergrößern konnten und ihn auch nicht vergrößern wollten und deshalb Capital nicht brauchten. . .« 32 33 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Es heiß t weiter : »Ein e Ban k kan n auc h eine n Geschäftsverkeh r nich t hervorrufen, si e kann ih n nu r fördern, wenn di e nöthigen Bedingunge n desselben gegeben sind . . .« Schon di e Einstellun g zu m Verschuldungsproble m a n sic h behindert e die bereitwillig e Nutzun g eine s größere n Kreditangebots , gal t e s doc h noch lange als sehr ungewöhnlich, sich zu verschulden, fast unmoralisch33. Man mu ß ja auc h bedenken, da ß i n diese r Zei t ei n Schuldner , de r nicht zahlen konnte , al s unfähi g un d unmoralisc h au s de r Gesellschaf t ausge ­ schlossen wurd e und ' auch politisch e Recht e verlor. Di e gehemmte Ver ­ schuldungsbereitschaft is t abe r nich t - wi e hierau s geschlosse n werde n könnte - i n erster Lini e ein Problem mangelnde r »kapitalistische r Gesin ­ nung«, fehlende n unternehmerischen Denkens , wie es in der neueren von der Unternehmungsforschun g beeinflußte n Geschichtsschreibun g s o of t hervorgehoben wird. Da s kommt gewiß hinzu, doc h gab es genug objek­ tive Hemmungen , di e di e Investitionsnachfrag e begrenzten . Nebe n de n schon genannten ist noch zu erwähnen, da ß in einer Zeit so beträchtlicher Absatzschwankungen di e Unternehme r nich t unbeding t a n »produkti ­ ven«, abe r anlageintensiven Verfahren interessier t sind, die das Unterneh­ men de r Elastizitä t berauben . Angesicht s de r Möglichkeit , di e Zah l de r Arbeiter schnell der Konjunkturlage anzupassen, wog die mögliche Verbil­ ligung der Produktion in bestimmten Konjunkturphasen gewiß nicht viel. Jedenfalls beobachte n wi r noc h i n de r Mitt e de s Jahrhundert s ein e Zunahme der arbeitsintensiven Klein - und Kleinstbetriebe 34. IV Im Ergebnis scheint es also so, daß schon die Nachfrage von potentiellen Investoren nac h Fremdmittel n un d auc h di e Verwendung vo n Eigenmit ­ teln zu r Investitio n i n diese r Zei t begrenzte r waren , al s di e Thes e vom Kapitalmangel erkennen läßt. Ja wir beobachten nicht selten Desinvestitio ­ nen im industriellen Bereich , wobe i di e herausgezogenen Beträg e liquide gehalten wurden. Jeder, de r die Sachanlage scheute, wurde nämlich durch den im Deflationsprozeß bi s in die dreißiger Jahre steigenden Realwert der Kasse und der Forderungen und durch die Profite au s der Anlage in einer Vielzahl vo n in- und ausländischen Wertpapiere n belohnt 35. S o berichtet 1826 die Augsburge r Allgemein e Zeitung : »Da s anhaltend e Sinke n alle r Produkte, da s Darniederliege n unsere r Fabrike n . . . ha t zu r natürliche n Folge gehabt, daß alles den Papierhandel ergriff.«36 Die Effektiv Verzinsung war relati v seh r hoch, da s Risiko sei t Ordnung de s Staatsschuldenwesen s vergleichsweise gerin g un d der Kursgewin n i m Verlau f von zeh n Jahren schließlich gelegentlic h 10 0 Prozent! Alle s i n allem: ein e außerordentlich hohe Liquiditätsprämie , di e verständlich macht , da ß Gewerb e un d Indu­ strie gesamtheitlic h i n diese r Zei t bi s i n da s 5 . Jahrzehnt hinei n ihr e 34 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Gläubigerposition weite r ausbauten, al s Sektor also »Nettokapitalexport « betrieben, nich t - wi e in späteren Phase n der Industrialisierung - Haupt ­ schuldner waren. Hauptschuldner waren die öffentlichen Haushalte des In­ und Auslands, di e Landwirtschaft 37 un d schließlich dann die Verkehrsun­ ternehmen. O b ma n selbs t angesicht s de r Handelsbilanzüberschüss e de s Zollvereins bi s u m 184 0 abe r - wi e Brockhag e meint 38 - vo n eine m Nettokapitalexport au s Deutschlan d spreche n kan n (de r fü r Frankreic h unbestritten ist) , schein t mi r nich t sicher . Doc h schein t unbezweifelbar , daß ei n Kapitalimpor t i n de r erste n Hälft e de s Jahrhunderts 38a fü r di e Industrie noc h vergleichsweis e gering e quantitativ e Bedeutun g hatte , wenn auc h zuzugebe n ist , da ß ih m i n Einzelfälle n di e Funktio n de s Anregers von Pionierleistungen zukam. Doch gilt auch dies wohl eher für die Mitte des Jahrhunderts und dann mehr für de n deutschen Westen 39. Weil ma n i n de r Literatu r de n Kapitalbedar f de r Industri e of t über ­ schätzt, ha t man die Anlage in Wertpapieren, insbesonder e in Staatspapie­ ren, kritisier t un d al s Zeiche n unrationelle n Wirtschaften s seiten s de r Vermögenden jener Zeit verurteilt40, die damit »schuld« gewesen wären am langsamen Aufstieg der Industrie. Sie hätten die Verfügbarkeit de s Kapitals (availability) beschränkt , da s an sich vorhanden gewese n sei . Nu n wiesen wir bereits darauf hin, daß in jener Zeit die industrielle Nachfrage nicht so groß gewesen sei n kann, wi e oft unterstellt wird . Ma n darf nicht überse­ hen, daß der Erwerb von Papieren oft nicht die Ursache, sondern die Folge der geringen Entwicklung gewese n ist 41. Au f jeden Fall ist eine derartige Anlage selbs t ohn e Einrechnun g eine r hohe n Liquiditätsneigun g privat ­ wirtschaftlich seh r günsti g gewesen , beweis t gerad e »rationales « Verhal ­ ten. Dami t sol l nich t geleugne t werden , da ß e s auc h schichtgebunden e Anlagegewohnheiten gegebe n ha t - s o die Tradition de s Adels, Mitte l in Grundbesitz, Brauereien, Brennereien etc. zu verwenden42. Doch auch hier liegt of t auc h noc h eine rei n ökonomisch e Erklärun g näher . Di e Märkt e waren ja nich t transparent, da s Wissen der Kapitalisten sehr begrenzt und die Kontrollmöglichkeite n übe r fern e Anlage n z u klein. E s blieb nur der eigene beschränkte Lebenskreis für die Verwendung de r Mittel übrig. (S o kamen di e kleine n unverbundene n Kapitalmärkt e zustande , un d nu r der Markt für Staatspapiere war wirklich schon ein großer Markt 43.) Aus dem ursprünglich richtige n Prinzi p wurde wohl späte r eine Norm des Verhal­ tens, dere n historischer Ker n nicht mehr verstanden wurde. Das Kapital ist im Frühstadium der Entwicklung nich t für alle Verwen­ dungen un d zwischen alle n Persone n mobi l (wen n e s das je war) , e s gibt keinen allgemeine n Kapitalmark t mi t lebhafte r interregionale r un d inter ­ sektoraler Arbitrage . Doc h is t di e Ursach e nich t nu r i m Verhalte n de r Anbieter z u sehen . Angesicht s de r konjunkturelle n Situatio n un d de r strukturellen Unvollkommenhei t de s Geld - un d Kapitalmarkte s sin d weder Gläubiger noch Schuldner (von Ausnahmen abgesehen) zu umfang­ reichen Kreditoperationen bei fester Anlage der Gelder bereit, ha t der Zins 35 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

deshalb nu r eine n geringe n Einflu ß au f da s Investitionsvolumen 44. Ei r nationales Kreditangebo t wurd e fü r da s Wachstu m de r Industri e ers i relevant, al s eine entsprechende Nachfrage entfaltet wurde, un d diese hin§ nicht zuletz t vo n der Entstehung de s Banksystems selbs t ab 45, vo r allen: von den Interbankverbindungen un d den modernen Verkehrs- und Nach­ richtenmitteln, di e erst seit den fünfziger Jahren zur Verfügung standen 46, Nun ist aber der Kreditmarkt später nicht deshalb so entscheidend, weil die Banken selbst in großem Umfang längerfristigen Kredi t gaben. Wir wisser jetzt, da ß sie es viel seltener taten, al s verbreitet angenommen wird - und nach 1848 zunächst noch weniger als vorher 47. Vielmeh r deshalb, weil eir nationaler Liquiditätsfond s sic h entwickelte , desse n Teil e höchs t mob i wurden und somit etwas Ähnliches im ganzen System zustande kam, was im einzelne n selte n wa r un d blieb: di e Transformation de r Kreditfristen . Nun, d a di e Kreditgebe r auc h Refinanzierungsmöglichkeite n finden, als o nicht darau f angewiesen sind , i m Fall e individueller Schwierigkeite n de r Kredit zu kündigen, stellt sich auch der Nachfrager darauf ein, ist er bereit, das vermindert e Risik o de r Verschuldun g z u trage n (allerding s arbeite n Aktiengesellschaften noc h meist mi t Eigenkapital). S o stimuliert de r Kre­ ditmarkt nich t nu r ei n Angebot , setz t e s i n Bewegung , mobilisier t es , sondern e r stimulier t auc h di e Nachfrage , un d zwa r gerad e z u de m Zeitpunkt, a n dem auch die Güternachfrage sic h wesentlich erhöht . Wenn das obige richtig ist , is t es nicht korrekt, fü r die erste Hälfte des Jahrhunderts vo n eine m allgemei n mangelnde n Kreditangebo t z u spre ­ chen, den n nu r i n bezu g au f eine wirksam e Nachfrag e ha t e s Sinn , vo n einem mangelnden Angebo t zu sprechen. Daß in der ersten Hälfte de s Jahrhunderts die industriellen Kreditbezie ­ hungen noch unterentwickelt waren , is t nun aber keine Eigentümlichkei t Deutschlands, sonder n auc h i n höher entwickelte n Länder n so . Offenba r ist di e Ausdehnun g de r Kreditverbindunge n kein e conditio sin e qua non der wirtschaftlichen Entwicklung. I n allen Ländern ist es nämlich vor allem das Eigenkapital i n mancherlei Form , da s - wen n einma l Neigunge n zur Investition bestanden - hätt e Grenze der Investitionsmöglichkeit sei n kön­ nen. Der Kapitalist selbst verwandelte seine Fonds oder Profite in Sachver­ mögen, unte r Umstände n i n Gemeinschaf t mi t andere n be i de r Partner­ schaft ode r später in der Aktiengesellschaft 48. In de r erste n Hälft e de s Jahrhunderts wandert e deshal b wenige r da s Kapital, meh r der Kapitalist. Dami t war das eigentliche Problem der Zeit das der Mobilität der Kapitalisten. Sie war wohl schon größer als je vorher in Deutschland , abe r woh l geringe r al s di e Mobilitä t de r Kapitaliste n i n England am Ende des 18. und im 19. Jahrhundert. Als sich in der Mitte des Jahrhunderts di e Nachfrag e nac h Investitionsmittel n entfaltete , wa r di e Entwicklung de s Kreditwesen s ei n ausreichende r Ersat z fü r persönlich e Mobilität. E s begann de r sogenannt e »deutsch e Weg « de r Industrialisie ­ rung. 36 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

V Zwei Frage n bleibe n noch , un d mi t ihne n wir d wiede r di e Thes e de s Kapitalmangels i m Bestandskonzept angesprochen. Welch e Mittel ware n es, über di e de r mobil e Kapitalis t verfugte , un d wa s veranlaßt e schließlic h doch sein e - wen n auc h beschränkt e - Wanderung ? Zunächs t zu r erste n Frage. Da s entscheidende Mitte l de r Finanzierun g auße r de n Profite n de r vorhandenen Unternehmer - übe r die wir leider immer noch fast gar nichts im Zusammenhan g wisse n - sin d jen e liquide n Bestände , vo n dere n prämiierter Haltun g scho n gesproche n wurde : di e Zahlungsmittelbe ­ stände, di e Beständ e a n konsumti v genutzte n Edelmetallen , di e Forde ­ rungsbestände (vo r alle m gege n da s Ausland) un d die leicht liquidierbare n Warenbestände, Übe r ihren Einsatz sind wir wesentlich besser unterrichte t als übe r di e Höh e un d Verwendun g de r Profite , wei l au s de r Natu r de r Sache herau s di e Beweglichkei t de r Perso n i n de n Quelle n ander e Spure n hinterläßt: Konzessionen , Gründungsverträge , Auseinandersetzunge n usw. Di e erfolgreich e investiv e Verwendun g solche r Mitte l setzt e aller ­ dings voraus , da ß di e Nachfrag e auc h au f ei n elastische s Angebo t a n Produktionsmitteln stieß . Dara n wir d e s i m allgemeine n angesicht s de r steigenden Arbeiterzahle n un d de r Leistungsfähigkei t ausländische r Liefe ­ ranten nich t gefehl t haben . Di e Entwicklung de r Produktionsmittelpreis e bis 184 5 zeigt jedenfalls keine n Engpaß . Theoretisch ware n also mit den liquiden Beständen die Mittel verfügba r Es ist nu n allerding s di e Frage , o b si e nac h de n Napoleonische n Kriege r ausreichend gro ß waren . Da ß sic h viel e Individualvermöge n verminder­ ten, is t gan z unzweifelhaft, auc h da ß »Neureiche « ihr e Fond s beträchtlic h ausdehnen konnten 49. Vermutlic h ist selbst ein Nettosubstanzverlust i n dei ganzen Bevölkerun g eingetreten , doc h wär e e s wichtiger z u wissen, wel ­ che Änderung da s Vermögen be i jenen nahm , di e vor allem als industriell« Investoren hätte n handel n können , als o bei den Händlern un d bestimmte r Gewerbetreibenden. Darübe r wisse n wi r seh r wenig , wen n ma n vo r Einzelbeispielen absieht . Doc h wurde schon erwähnt, da ß nicht einmal di‹ - offenba r doc h vorhandenen - flüssige n Mitte l nach dem Ende der Krieg zur Anlag e drängten , d a di e Haltun g liquide r Beständ e gegenübe r de : Sachinvestition prämiier t wurde . Somi t kan n ma n mindesten s fü r di ‹ ersten fünfzehn Jahre nach den Kriegen, abe r wahrscheinlich auch für einer längeren Zeitraum , nich t davo n sprechen , da ß insgesam t di e Summ e d e liquiden Mitte l z u klein gewese n ist . Angesichts de r genannte n Tatsachen : gering e Investitionsneigung , geringe Verschuldungsbereitschaft , hoh e Liquiditätsneigung , se i einma l die Frag e erlaubt , o b nich t ei n leichte r inflatorische r Tren d di e Entwick ­ lung i n Deutschlan d begünstig t hätte , d a e r zude m ja offenba r durc h di e Erzeugung vo n Gewinnen die Investitionsmittel gleic h bei jenen verfügba r machte, di e sie hätten verwenden können , be i den Unternehmern - wi e E. 37 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Hamilton fü r Englan d nachzuweisen suchte 50. Ma n muß sich aber hüten, einen solchen Effekt innerhal b einer Agrargesellschaft un d bei elastischem Auslandsangebot überzubetonen 503. E s wäre nämlic h keinesweg s sicher , daß di e Industrie der entscheidende »Inflationsgewinnler « gewese n wäre . Alle Steigerungen vo n Preisindices in der Geschichte des 18. und 19. Jahr­ hunderts zeigen , da ß i n erste r Lini e di e Landwirtschaf t profitierte . Di e Nachfrage nac h Konsumgütern de r Industrie ist preis- und einkommens­ elastischer. Be i sinkendem Realeinkommen vermindert sich also die Indu­ strienachfrage. Theoretisc h hätt e e s zwa r möglic h sei n können , da ß di e Landwirtschaft nu n Gewinne an die Industrie als Kapital vermittelte. Aber das ist geschichtlich nicht in größerem Umfang nachweisbar, auch nicht in England51. Landwirte horten eher, wenn sie nicht gar bei steigenden Preisen ihrer Erzeugniss e ih r Marktangebo t einschränken . - Mi t eine r Inflatio n wäre aber auch die Basis für die späteren Exporterfolge entfallen, wi e man gerade an den unmittelbaren Kriegsfolge n studiere n kann. Was aber veranlaßte nun schließlich doch die Besitzer liquider Fonds zur industriellen Anlage? Neben der sich in den vierziger Jahren entwickelnden Nachfrage wa r e s woh l doc h auc h ei n Verwendungsdruck , de m da s Kapital schließlic h ausgesetz t war 52, wei l i n de n traditionelle n Verwen ­ dungszweigen die Expansion nur noch mit sinkenden Profitraten möglic h war, j a of t soga r allei n de r scho n vorhanden e Bestan d nich t meh r ein e gleiche Profitrat e erzielte . Hierfü r gib t e s einig e Gründe , di e woh l all e zusammengewirkt haben . 1. Bestimmt e monopolistisc h betrieben e Geschäft e erforderte n nu r ein gewisses Ma ß a n Größe und Kapital . Weiter e Gewinne wurde n nich t im eigenen Geschäf t verwendet , sonder n - etw a durc h Erbe n - i n andere n Bereichen investiert . 2. Mi t der Verbesserung des Transportwesens werden die Gewinnchan­ cen un d wir d zugleic h de r Kapitalbedar f i m Handelsgeschäf t kleiner . I n Köln hat der Rückgan g de r meis t mi t Kredi t verbundene n Speditionsge ­ schäfte Kapita l freigesetzt , a n vielen Plätze n is t ähnliche s zu beobachten . Da das Handelskapital noc h im Frühstadium de r Industrialisierung relati v recht gro ß ist , ergebe n sic h bedeutende Beträge zur industriellen Anlage , die in jedem Einzelfall noc h relativ geringe Summe n fordert 53. 3. De m ka m entgegen , da ß di e Entwicklun g de r Industri e prinzipiel l einen Bedeutungswande l de s Handels bewirkt e un d dami t fü r di e bisher unbestrittenen Herre n über die Produzenten di e Gefahr de r Abhängigkei t von de n größer un d selbständiger werdende n Einheite n de r Produzente n bestand. Hierfür haben wir in England sehr frühe Beispiele54. Eine derartige Abhängigkeit wa r zu vermeiden, wen n man vom Handel aus die vertikale Integration mi t der Produktion betrieb. 4. Schließlic h is t auc h di e Senkun g de r konjunkturelle n un d struktu ­ rellen Liquiditätsprämi e un d di e Steigerun g de s Realwerte s de r liquide n Bestände vo n große r Bedeutung . Da s anhaltende Steige n de r Kurs e der 38 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Wertpapiere, di e dami t verbunden e Senkun g de r Effektivverzinsun g au f etwa 3, 5 Prozent , di e i n viele n Staate n auc h Konversione n de r Anleihe n veranlaßten55, beseitigte n bei denen, die Alternativen nutzen konnten56, die Vorliebe für dies e Art der Vermögenshaltung. I n gleicher Richtung wirkt e bei allen Bankier s dieser Zeit der Rückgang de r Bedeutung de s Geldwech­ selgeschäfts. I n einer Stad t wi e Augsbur g läß t sic h klar erkennen , wi e di e ursprünglich prämiert e Liquiditä t schließlic h au s Mange l a n rentierliche r Nutzung i n di e industrielle Anlag e drängen mußte 57, zuma l feststand , da ß die Stadt im neuen politischen Verban d Bayern s un d angesichts der verän­ derten ökonomische n Bedingunge n nich t meh r erste r Finanz - un d Han ­ delsplatz bleibe n würde 58 . VI Was ergibt sic h nun au s dem Vorstehenden al s Antwort au f die gestellte Frage? In bezug au f die Gesamtersparnis kan n man , sovie l is t wohl sicher , vo n einem Kapitalmange l nich t sprechen . Di e gesamtwirtschaftliche Ersparni s war fü r de n Umfan g de r tatsächliche n Investitione n i n de r Industri e auc h im frühe n 19 . Jahrhundert vo n geringere r Bedeutung . O b ei n genügen d großes Aggregatangebo t investierbare r Kredit - un d Eigenmitte l vorhan ­ den war , is t fü r da s Ganze gesehen auc h nicht entscheidend , d a der Mark t unvollkommen war , e s an Kontak t zwische n Anbieter n un d Nachfrager n weitgehend fehlte . Zude m gib t e s gut e Gründ e dafür , da ß ma n sic h di e Investitionsnachfrage i m ganzen nicht allzu groß vorstellen darf und daß es wohl möglic h ist , ehe r vo n eine r begrenzte n Nachfrag e al s vo n eine m begrenzten Angebo t z u sprechen. S o ist auc h zu bezweifeln, o b im ganzen eine z u gering e Liquiditä t hätt e hemmen d wirke n können , obwoh l gan z zweifellos i n Einzelfälle n derartige s leich t nachweisba r ist . Bestimmte n Unternehmungen fehlte n - wi r wisse n e s - i n bestimmte n Situatione n Mittel. Un d wi e viel e Unternehmunge n au s Mange l a n Mittel n nich t in s Leben traten , werde n wi r ni e wissen . Abe r wi r wisse n andererseit s auch , daß Kreditgeber zu r gleichen Zeit nicht selten Mühe hatten, sicher e Schuld­ ner z u finden , di e eine n auc h nu r geringe n Zin s zahle n wollten . Banke n haben di e Annahm e vo n Deposite n abgelehnt , wei l si e fü r dies e Mitte l keine Verwendun g fanden , un d viel e Unternehmungen , di e mi t erhebli ­ chen Mittel n in s Lebe n traten , habe n keine n Bestan d gehabt , wei l si e keinen nachhaltige n Gewin n erziele n konnte n - wa s si e doc h hätte n tu n müssen, wen n tatsächlic h vorzugsweis e ei n Mangel a n Investitionsmittel n bestanden hätte . Dan n nämlic h hätte n di e bereit s bestehende n Unterneh ­ mungen ein e Quasimonopolstellun g a m Mark t gehabt . Die s is t den n vielleicht auc h gege n di e Jahrhundertmitt e z u i n einige n Zweige n z u beobachten, doc h i n andere n gan z siche r nich t vo r 1850 . 39 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Für ein abschließendes Urteil scheint überhaupt dies ein Problem zu sein: Welches Kriteriu m habe n wi r fü r di e Entscheidung unsere r Frag e ange ­ sichts so heterogener Entwicklungen in verschiedenen Gebieten und Sach­ bereichen, wi e wir sie beobachten - d a die Märkte unverbunden sind und die Mobilität der Kapitalisten beschränkt ist, man eigentlich immer nur mit Blick au f di e besondere n Umständ e urteile n kann . Wen n a n einige n Märkten ei n Angebotsdruck, a n anderen ein Nachfrageüberhang besteht , ist das Ergebnis nicht in eine Aussage zusammenzufassen, ohn e daß man die Bedeutung der einzelnen Märkte gewichtet 59. Dafü r gibt es aber keine quantitativen Anhaltspunkte , di e unumstritten wären. Di e hier vertretene Meinung is t die , da ß di e Bedeutun g de s Kapitalmangel s doc h i n alle n Aspekten in der Literatur überschätzt worden ist.

Nachwort

Seit dem Erscheinen des Aufsatzes (1961) ist das hier angeschlagene Thema in zahlreiche n Arbeite n behandel t ode r berühr t worden . Dabe i sin d di e Hauptthesen i m allgemeine n nich t kritisiert , vielmeh r - be i gewisse n Variationen i m einzelne n - bestätig t worden . (Sieh e u . a. H . Winkel , Kapitalquellen un d Kapitalverwendun g a m Voraben d de s industrielle n Aufschwungs in Deutschland, in : Schjb, Bd. 90, 1970, S. 275 ff; P . Coym, Unternehmensfinanzierung i m frühe n 19 . Jahrhundert - dargestell t a m Beispiel der Rheinprovinz und Westfalens, Diss . Hamburg 1971 ; R. Tilly , Zur Entwicklun g de s Kapitalmarktes un d Industrialisierun g i m 19 . Jahr­ hundert unter besonderer Berücksichtigung Deutschlands , in: VSWG, Bd. 60, 1973 , S . 146f f - wiede r abgedruck t in : R . Tilly , Kapital , Staa t und sozialer Protes t i n de r deutsche n Industrialisierung , Göttinge n 1980 , S. 77 ff; ders. , Capital Formation in Germany in the Nineteenth Century , in: CEHE, Bd. VII/1 , 1978 , S . 382 ff.). Allerdings zeigt inzwischen die internationale Forschung, da ß wesentli­ che Argumente, die hier für Deutschland im frühen 19. Jahrhundert vorge­ tragen worden sind, auf alle westeuropäischen Industrieländer in der Phase ihrer Frühindustrialisierung zuzutreffe n scheinen . (Sieh e hierzu F. Crouzet (Hg.), Capita l Formation in the Industrial Revolution, Londo n 1972; J. P . P. Higgin s u . S . Pollar d (Hg.) , Aspect s o f Capita l Investmen t i n Grea t Britain, 1750-1850 , Londo n 1971 ; P. Mathias , Capital, Credi t an d Enter­ prise in the Industrial Revolution , in : ders., The Transformation o f Eng­ land. Essay s i n th e Economi c an d Socia l Histor y o f Englan d i n th e Eighteenth Century , Londo n 1979 , S . 88ff. Gleichzeiti g mi t meine m Artikel wa r schon entstanden A. Brusatti, Unternehmensfinanzierung un d Privatkredit i m österreichische n Vormärz , in : Mitteilunge n de s Öster ­ reichischen Staatsarchivs, Bd . 13 , 1960, S . 331 ff). 40 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Der Aufsat z wurd e i m wesentliche n unveränder t abgedruckt . Doc h wurde di e Gelegenheit z u einigen stilistische n Korrekture n un d Verdeut­ lichungen genützt. Auch wurden relevante Ergebnisse von Detailforschun­ gen in die Anmerkungen eingearbeitet. De r Leser findet solch e Ergänzun­ gen vo r alle m i n de n mi t zusätzliche n Buchstabe n kenntlic h gemachte n Anmerkungen. W o Kritik bekannt geworden ist, wurden die entsprechen­ den Ausführunge n i n de r Rege l nich t geändert ; doc h gebe n auc h hie r Anmerkungen nu n entsprechende Erläuterungen . Doch sol l di e Chanc e genütz t werden , ausdrücklic h au f ei n Mißver ­ ständnis einzugehen, da s sich bei einigen Autoren findet. I m vorhergehen­ den Aufsat z is t nich t behauptet worden , industriell e Unternehme r hätte n keinen Mange l a n Kapita l gehab t - wen n ma n darunte r ihre n Wunsc h versteht, (mehr ) Finanzierungsmitte l z u niedrige n Preise n un d mi t de n vorhandenen (geringen ) Sicherheite n z u erhalten. Dies e Art vo n Kapital­ mangel kan n nieman d leugnen , wei l si e i n de n Quelle n massenhaf t erscheint. Abe r niemals hat es einen Kapitalmarkt gegeben, an dem jeder, der Finanzierungsmittel haben wollte, sie auch zu denjenigen Konditionen erhielt, di e ih m zusagten . (Ei n »vollkommene r Kapitalmarkt ‹ is t soga r denkunmöglich.) Die Eigenschaft, knap p zu sein, teilt Kapital mit Gütern, Diensten un d sonstige n wirtschaftliche n Leistungen ; als o gib t e s immer solche, di e vo n seine r Nutzun g ausgeschlosse n sind . Un d als o sin d di e Quellen vol l vo n derartigen Mitteilungen . Di e im Aufsatz gestellte Frage war primä r ein e volkswirtschaftliche : O b ei n (gesamtwirtschaftlicher ) Kapitalmangel ein e Wachstumsschrank e gewese n sei , de r ei n besondere s Erklärungsgewicht zukommt , wen n wi r di e Entwicklungsrückständ e bzw. di e zögernd e Industrialisierun g bi s zu de n vierziger bzw . fünfzige r Jahren de s 19. Jahrhunderts erklären wollen.

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3. Regional e Wachstumsdifferenzierun g in Deutschland i m 19 . Jahrhundert unte r besondere r Berücksichtigung de s West-Ost-Gefälle s I Es ist allgemeine Auffassung de r Wissenschaft, da ß sich im 19 . Jahrhundert im Zuge der Industrialisierung auc h in Deutschland regionale Wohlstands ­ gefálle gebilde t beziehungsweis e alt e Gefäll e i m Königreic h Preuße n ver ­ stärkt haben . Bekanntlic h sprich t ma n vo n eine m West-Ost-Gefäll e i m Königreich Preußen , vo n de r Entleerun g einige r ehemalige r Gewerbe ­ räume (etw a i n de r Eifel) , vo m relative n Zurückfalle n große r Teil e Fran ­ kens usw. Doc h fehlt es im Schrifttum immer noch an einer Quantifizierun g sowie a n systematische n Erklärungsansätze n fü r da s Gesamtphänome n de r regionalen Differenzierun g de s Wachstumsprozesse s i n Deutschland . Das ist nich t zufälli g so . De r gegenwärtige Stan d de r Forschun g reflek ­ tiert ei n bestimmte s Nivea u wissenschaftliche n Interesse s un d wissen ­ schaftlicher Möglichkeiten . E s gib t ein e groß e Füll e wichtige r Lokal- , Landschafts- ode r Branchenuntersuchungen , abe r si e sin d fas t all e unte r einem partikulare n Aspek t entstande n un d deute n nu r beiläufi g da s Pro ­ blem de r gesamtwirtschaftliche n Raumanalys e an . Es sin d vielleich t dre i äußer e Umstände , di e di e Wirtschaftshistorike r gegenwärtig daz u veranlassen , de m Proble m de r räumlichen Entwicklun g innerhalb de r hochindustrialisierte n Lände r gründliche r nachzugehen : 1. Di e s o aktuelle Beobachtun g de s internationalen Entwicklungsgefäl ­ les schärf t unsere n Blic k auc h fü r national e Entwicklungseefälle . 2. Di e Nationalökonomi e befaß t sic h meh r un d meh r mi t de r wirt ­ schaftswissenschaftlichen Regionalanalys e un d stell t ein e Reih e vo n inter ­ essanten Analysehilfsmittel n bereit , di e a n aktuelle m Materia l erprob t werden. 3. Ein e groß e Zah l nationale r Programm e zu r Entwicklun g vo n Not ­ standsgebieten lenk t de n Blic k au f di e Ursache n de r Entstehun g solche r Räume. D a dies e Ursache n of t historisc h wei t zurückliegen , wir d de r Wirtschaftshistoriker zu r Mithilf e be i de r Erklärun g aufgefordert . Di e Erklärung kan n abe r de r rein e Lokalhistorike r nich t befriedigen d leisten . Schon de r Begrif f »Notstandsgebiet « ha t nu r Sin n i m Zusammenhan g einer überörtliche n Konzeptio n vo n »Normalität « de s regionale n Wachs ­ tums. Of t genu g fehl t e s in regionale n Untersuchunge n a n einem solche n 42 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

deutlichen Bezug und kommt es vor, daß sie Behauptungen enthalten, die mit Behauptunge n fü r ander e Räume nicht kompatibel sind . E s fehlt also an einem »Kohärenztest « fü r die vielen Einzelstudien über regionale wirt ­ schaftliche Entwicklung . Ganz pointier t formulier t laute n einig e wichtige , de r Aufklärun g har ­ rende Fragen wie folgt : 1. Wi r diskutieren zu r Zeit die internationalen Übertragungsmechanis ­ men wirtschaftlichen Wachstum s von Ländern mit hohem Einkommen je Kopf auf Länder mit niedrigem Einkommen je Kopf. Wie funktionierte die Übertragung innerhal b Deutschlands , d a doch auc h da s deutsche Gebiet keineswegs auf einen Schlag und gleichmäßig i n den Entwicklungsprozeß hineingezogen worde n ist? 2. E s besteht begründet e Vermutun g dafür , da ß da s durchschnittliche Einkommen j e Kop f i n de n Teile n Deutschland s auc h u m 180 0 nich t gleichmäßig hoch war. Welche Gefälle bestanden und wie haben sie sich im Zuge der Industrialisierung entwickelt ? 3. E s kan n vermute t werden , da ß sic h Gefäll e (zunächst ) vergrößer t haben. W o aber und warum? 4. Gib t e s Regionen , di e eine n einma l eingetretene n Entwicklungs ­ (Einkommens-)Rückstand nicht mehr eingeholt haben, und gibt es Regio­ nen, di e Rückständ e einhole n konnten ? Wori n lieg t da s unterschiedlich e Schicksal begründet ? 5. E s is t z u vermuten , da ß di e Phase n de r Industrialisierun g einig e Bedeutung für die Entwicklung der regionalen Einkommensniveaus hatten und die einzelnen Regionen Deutschlands jeweils mit anderen Wirtschafts­ zweigen ihren »take-off« erlebten . Erweist sich das als richtig und warum? Man könnt e de n Katalo g de r Frage n noc h fortsetze n (un d ma n sollte auch nicht übersehen, da ß einige sich wohl überschneide n bzw . i n einem engeren Zusammenhan g stehen) . Kei n Zweifel , ei n s o formuliertes Pro ­ gramm ist eine Daueraufgabe de r Forschung, kei n Thema eines einzelnen Beitrags. Hier sol l e s zunächst u m di e Ermittlun g vo n Indikatore n de r regional unterschiedlichen Entwicklun g i m 19. Jahrhundert gehen. Sodann möchte ich mi t erste n Hypothese n zu r Erklärun g regionale r Differenzierun g de s Wachstums in Deutschland beitragen. Unte r Wachstum soll hier in Über­ einstimmung mi t de r neueren Wirtschaftswissenschaf t ein e Zunahme des realen Sozialprodukt s je Kop f verstande n werden . Wen n als o regional e Gefälle behaupte t werden , s o müssen Unterschied e i n der Höhe und der Entwicklung de s Sozialprodukt s j e Kop f i n verschiedene n Regione n Deutschlands nachweisbar sein. Die Abschnitte II und III dieser Arbeit sind dem Material un d einer Diskussion der Quellen gewidmet, de r Abschnitt IV enthält einige Hypothesen zur Erklärung de r Phänomene.

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II Das Nächstliegende ist selbstverständlich eine sorgfältige Ermittlung des Sozialprodukts je Kopf in den einzelnen Regionen Deutschlands im Zeitab­ lauf des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts. Leider steht uns derartiges Material nur sehr beschränkt zur Verfügung, d a das Einkommensteuersy­ stem i n de n einzelne n Staate n Deutschland s rech t junge n Datum s ist . Tabelle 1 enthäl t die von Hoffmann-Müller ermittelte n Ergebnisse . Tabelle 1: Das Volkseinkommen je Kopf in Deutschland in den einzelnen Bundesstaate n (i n Mark) in ausgewählten Fünfjahres - bzw. Dreijahresdurchschnitten

Deutsches Reic h Preußen Sachsen Hamburg/Bremen Hessen Baden Württemberg Bayern 2

1871/75

1881/85

1891/95

1901/05

1911/13

364 352

381 369 402 790 343

445 428 549 877 407 474

538 516 655 1011 515 561

716 698 870 1261 634 708 688 635

812 310a

1872-75.

Quelle: W . G . Hoffmann/} . H . Müller , Da s deutsche Volkseinkomme n 1851-1957 , Tübinge n 1959, S . 2 0 f.

Ein wesentlicher Nachtei l diese s Materials besteht darin, da ß die politi­ schen Grenzen ganz unterschiedlich große Räume umschließen und Preu­ ßen, welches 1871 etwa 60 v. H. aller Bewohner des Reiches umfaßte, nur mit eine r Durchschnittszah l erscheint . Somi t is t da s vor allem interessie­ rende West-Ost-Gefälle zwischen den preußischen Provinzen nicht erkenn­ bar. Ma n bemerkt nur die relativ gut e Position de r norddeutschen Stadt ­ staaten, die Sonderstellung des Königreichs Sachsen, den schwachen Rück­ stand Württembergs un d einen stärkeren Bayerns. Für die Jahre 1900, 190 7 und 1913 liegen Schätzungen der »Unbenchtig ­ ten Einkommen « i n de n preußische n Provinze n un d einige n deutsche n Bundesstaaten vor , di e ein e etwa s genauer e Betrachtun g de r regionale n Gefälle gestatten 1. Si e sind aus Tabell e 2 zu entnehmen, i n deren Spalte 4 auch da s amtlic h geschätzt e Volkseinkomme n j e Kop f aufgenomme n wurde. Tabell e 3 zeigt au s de r gleiche n Quell e di e reale n Zuwächs e de s Einkommens je Kopf, wobei zur Deflationierung de r Nationaleinkommen 44 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Tabelle 2: Unberichtigte Einkommen je Kop f der Bevölkerung und Volkseinkommen je Kop f der Bevölkerung i n ausgewählten Jahren VE/ Unberichtigte Ein ­ kommen je Kop f der Kopf Bevölkerung i n Mar k in Mar k

Preußen Ostpreußen Westpreußen Pommern Posen Schlesien Berlin Brandenburg Berlin/Brandenburg Provinz Sachse n Schleswig-Holstein Hannover Westfalen Hessen-Nassau Rheinprovinz/Hohenzollern Königreich Sachse n Württemberg Baden Bayern Hamburg a

Unberichtigte Ein ­ kommen i n v. H. des preußische n Durchschnitts

1900 1

1907 2

1913 3

1913 4

1900 5

1907 6

1913 7

447 321 302 347 302 396 834 479 613 442 447 422 445 549

516 342 327 380 319 437 945 637 747 494 524 467 508 625

599 399 390 469 375 492 957 793 847 564 626 563 582 723

747 486 480 576 465 603 1254 962 1058 700 763 697 735 899

100,0 71,8 67,6 77,6 67,6 88,6 186,6 107,2 137,1 98,9 100,0 94,4 99,6 122,8

100,0 66,3 63,4 73,6 61,8 84,7 183,1 123,4 144,8 95,7 101,6 90,5 98,4 121,1

100,0 66,6 65,1 78,3 62,8 82,1 159,8 132,4 141,4 94,2 104,5 94,0 97,2 120,7

488 509 422 870

570 587 510 548 1010

657 719 576 612 1115

832 897 672 710 629 1313

109,2 113,9a 94,4 194,6

110,5 113,8 98,8 106,2 195,7

109,7 120,0 96,2 102,2 186,1

1899 .

Quelle: Da s deutsch e Volkseinkomme n vo r un d nac h de m Kriege , Einzelschrifte n zu r Statistik des Deutschen Reiches Nr. 24, Berlin 1932, S. 72 Tab. 12, S. 73 Tab. 13, S. 76 Tab. 15.

ein für das Reich einheitlicher Preisindex verwendet worden ist. Darauf ist noch zurückzukommen. Leider stehen uns aus früheren Jahren ähnlich detaillierte Angaben noch nicht zu r Verfügung . Da s Bil d de r vorliegende n Zahle n is t - be i alle n Bedenken gegenübe r ihre r Genauigkei t i m einzelne n - i m wesentliche n eindeutig. E s wird da s Ergebni s de r Tabell e 1 in de n Tabelle n 2 und 3 (soweit möglich) bestätigt. Innerhalb Preußens besteht aber, wie Tabelle 2 zeigt, ei n gan z erhebliches Einkommensgefälle . Berli n un d Brandenbur g ragen weit heraus . Brandenburg is t u, a. deshal b exponiert, wei l die noch 45 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Tabelle 3: Veränderun g de s unberichtigte n Einkommen s je Kop f der Bevölkerun g 191 3 gegenüber 190 0 in Preise n vo n 191 3 in v.H . Preußen Ostpreußen Westpreußen Pommern Posen Schlesien Berlin/Brandenburg Provinz Sachse n Schleswig-Holstein Hannover Westfalen Hessen-Nassau Rheinprovinz un d Hohenzoller n Königreich Sachse n Baden Hamburg

+7 0 +3 +8 -1 -1 +11 +2 +12 +7 +5 +5 +8 +13 +16 +2

Quelle: Das deutsche Volkseinkomme n vo r und nach dem Kriege, S . 74, Tabelle 14.

nicht eingemeindete n Vorort e Berlin s statistisc h i n diese r Provin z erfaß t wurden. Sieh t ma n vo n diese m en g begrenzte n lokale n Zentru m Berlin s ab, s o erschein t da s West-Ost-Gefäll e rech t deutlich . All e Ostprovinze n liegen wei t unte r dem Staatsdurchschnitt . Meh r noch: in Tabelle 3 kommt zum Ausdruck , da ß die Ostprovinzen, mi t Ausnahm e Pommerns , unmit ­ telbar vor dem Erste n Weltkrieg soga r noch weiter gegenüber de m Durch ­ schnitt zurückgefalle n sind . Freilic h besage n di e bislan g verwendete n Zif ­ fern »Nominaleinkomme n j e Kopf « un d auc h da s Realeinkomme n vo n Tabelle 3 , deflationier t mi t eine m reichseinheitliche n Preisindex , noc h nicht allz u vie l fü r di e genaueren Wohlstandsunterschiede . Ersten s schein t gerade in ländlichen Bezirken das Nominaleinkommen systematisc h unter ­ schätzt worde n z u sein, un d zweitens wär e für ein Wohlstandsgefälle nich t der Nominaleinkommensunterschied, sonder n der Realeinkommensunter ­ schied maßgebend . Di e Deflationierun g mi t eine m reichseinheitliche n Preisindex is t mi t a n Sicherhei t grenzende r Wahrscheinlichkei t hierfü r unkorrekt. Di e Preise waren regiona l unterschiedlic h hoc h und habe n sich in de n einzelne n Regione n unterschiedlic h entwickelt . Tatsächlic h habe n die Preis e der Konsumgüte r i m Deutsche n Reic h ein deutliches regionale s Profil mi t z. T. erhebliche n Gefällen gehabt , insbesonder e zwischen Agrar ­ zonen und Konsumzentren. Woh l haben Zollverein, Eisenbah n und andere Faktoren ein e gewiss e Nivellierun g bewirkt , abe r si e is t be i weite m nich t vollständig gewesen 2. Leide r habe n wir . noch kein e Möglichkeit , interre 46 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

gionale Preisindexvergleich e anzustelle n un d di e regionale n Nominalein ­ kommen auf vergleichbare Realeinkommen umzurechnen. Doch scheint es so zu sein, daß insbesondere in jenen Bezirken, in denen die durchschnittli­ chen Nominaleinkommen besonder s niedrig waren , auc h die wichtigsten Konsumgüterpreise unte r de m Reichsdurchschnit t lagen . Somi t werde n die Realeinkommensgefäll e i m allgemeine n kleine r gewese n sei n al s di e Nominaleinkommensgefälle. I n welche m Ausma ß sic h dies e Hypothes e einmal bestätige n läßt, mu ß abgewartet werden 3. Wie scho n gesagt , is t ein e de r größte n Lücke n de r Tabell e 1 , da ß Preußen und andere Bundesstaaten al s undifferenzierte Einheite n erschei­ nen. Di e Tabellen 2 und 3 beheben diese n Mange l woh l etwas , abe r sie reichen zeitlich nicht weit genug zurück, u m ein Studium des eigentlichen Industrialisierungsprozesses zuzulassen. Für die besondere Einkommensart der Arbeitslöhne besitzen wir au s wesentlich weite r zurückliegenden Zei­ ten eine Vielzahl vo n verstreuten Angaben und sogar einige amtliche und nichtamtliche systematische Erhebungen regionaler Lohngefälle 4. Be i ent­ sprechender Ordnun g de r Regione n ergib t auc h da s Materia l vo n R . Kuczynski und G. Bry für gelernte und ungelernte Arbeiter ein West-Ost­ Gefälle un d i m Weste n ei n - schwache s - Gefäll e vo n Nor d nac h Süd . Doch bleibe n Lohnvergleich e fü r Angehörig e einzelne r Beruf e vielfac h bedenklich. Weiter zielt der Lohnvergleich Grumbach-Königs, da er Bran­ chendurchschnittslöhne i n verschiedenen Regione n erfaßt. Leide r sind die Verwaltungsgrenzen de r Erhebungseinheite n scho n i m Urmateria l seh r unterschiedlich definiert un d wurden in den Berufsgenossenschaften meis t viel zu große Regionen zusammengefaßt. Immerhi n ergibt sich sowohl in der Textilindustrie wie bei Eisen und Stahl ein sehr erheblicher Rückstand der Löhn e Schlesien s gegenübe r de m Gebie t Rheinland-Westfale n i m ganzen Zeitraum vo n 188 8 bis 1913. Sehr viel differenzierter i n bezug auf den Raum ist eine Lohnstatistik, die dem Vollzug de r §§ 6 und 8 des Krankenversicherungsgesetzes vo n 1883 zu verdanken ist. Das Gesetz schrieb vor, daß die Höhe des Krankengeldes sich nac h de n gewöhnliche n örtliche n Tagelohnsätze n fü r Tagelöhne r richten sollt e - un d s o setzte n di e höhere n Verwaltungsbehörde n dies e Lohnsätze nac h Anhöre n de r Gemeindebehörde n fest 5. Abb . 1 zeigt al s Beispiel das Raumbild der ermittelten Lohnsätze 1906. Auch dieses Mate­ rial ergibt ein deutliches Gefälle zum Osten hin. De r Wert dieser Statistik ist allerding s au s viele n Gründen , di e hie r nich t z u erörter n sind , rech t kritisch einzuschätzen. Im übrigen ersetzt eine Lohnstatistik ja niemals eine Einkommensstatistik, d a der Lohn nur eine Einkommensart unte r mehre­ ren ist . Auc h führt e un s dies e Lohnstatisti k zeitlic h wiederu m nu r ei n kleines Stück zurück. Noch etwa s weite r zurüc k reiche n di e sehr wei t regiona l spezifizierte n Nachweise der preußischen Klassensteuer, de r klassifizierten Einkommen ­ steuer un d der Einkommensteuer, speziel l di e Erhebung de r Zensiten im 47 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Abb. 1 : Ortsübliche Tagelöhn e gewöhnliche r Tagearbeite r Stand: 1 . Januar 190 6 Verhältnis zu r Gesamtbevölkerun g eine r Region . D a di e Einkommen ­ steuer nu r von den Bezieher n höhere r Einkomme n geforder t wurde , kan n der Antei l de r Einkommenstcuerzahle r a n de r Bevölkerun g al s Wohl ­ standsindex einer Region aufgefaß t werden 6. Di e Ergebnisse sind - verein ­ facht - i m Königreic h Preuße n di e folgenden : 1. Gan z allgemein ware n i m ganze n Zeitrau m di e Anteile de r Einkom ­ mensteuerzahler in den Städten größer als auf dem Land, weshalb städterei­ che Regione n i m Prinzi p jeweils al s wohlhabende r erscheine n mußte n al s ländliche. 2. I m allgemeine n ware n di e Anteil e i n de n mittlere n un d westliche n Provinzen i m ganze n überschaubare n Zeitrau m höhe r al s i m Oste n bemerkenswerterweise sowoh l im Vergleic h de r Regierungsbezirke insge ­ samt al s auc h de r reine n Stadt - un d reine n Landbezirk e je untereinander . Unter den ungünstigsten zeh n preußischen Regierungsbezirke n finde t sic h schon 187 5 nu r einer , de r nich t zu m Oste n gehört , un d unte r de n erste n sieben Regierungsbezirke n is t keiner , de r zu m Oste n gehört . Allerding s setzte sic h u m dies e Zei t da s s o gemessen e Gefäll e nich t übe r de n ganze n Staat hi n fort . Zwa r fiel de r Oste n deutlic h ab , abe r di e mittlere n Regie ­ rungsbezirke ware n nich t deutlic h vo m Weste n unterschieden . 3. I m allgemeine n wuch s de r Antei l de r Einkommensteuerzahle r i n

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Preußen vo n der Mitt e de s 19 , Jahrhunderts bi s zum ersten Weltkrie g i n jenen Regierungsbezirken , di e schon eine relativ günstig e Ausgangsposi ­ tion hatten, schneller als in den östlichen Provinzen. Das wird insbesondere deutlich, wenn man ausgesprochene Aufschwungperioden betrachtet. 1896 bis 190 1 lagen di e neun Regierungsbezirke mi t der geringste n Erhöhun g des Anteil s de r Einkommensteuerzahle r a n de r Gesamtbevölkerun g i m Osten63. Nun sagt die Zahl und der Anteil der Zensiten noch nicht allzu viel aus, falls di e Möglichkei t besteht , da ß wenig e Zensite n eine s Gebiete s seh r erheblich größere Einkommen zu versteuern hatten als viele Zensiten eines anderen. Da s ist für de n preußischen Osten in der Jahrhundertmitte nicht eindeutig auszuschließen . 186 7 zahlten die tatsächlichen Einkommensteu ­ erzensiten in Ostpreußen z. B. durchschnittlich mehr Steuern als die Zensi­ ten in der Provinz Sachsen, aber ihr Anteil war doch um ein Beträchtliches kleiner, s o da ß da s Durchschnittseinkomme n de r Bevölkerun g i n de r Provinz Sachsen höher gewesen sein wird als in Ostpreußen. Um 1822 lag der Betrag de r Klassensteuer je Zensit in Ostpreußen gar über dem in der Rheinprovinz! D a di e Klassensteue r abe r kau m di e wirkliche n Einkom ­ mensverhältnisse reflektierte , brauch t diese m Ergebni s kein e Bedeutun g zuzukommen. Doc h erweist sic h die Aufgabe imme r dringlicher , einma l genau z u ermitteln, a b wann die östlichen Provinze n Preußen s al s relativ »unterentwickelt« bezeichne t werden können. Fassen wir da s Bisherige zusammen : Di e regionale Einkommensstreu ­ ung i n Deutschlan d i m 19 . Jahrhundert läß t sic h au s viele n Gründe n bislang nich t annähern d gena u im längeren Zeitablau f studieren. E s fehlt weitgehend a n Material . Fü r da s ausgehende 19 . Jahrhundert sin d einige allgemeine Aussagen möglich. Sie sind so interessant, daß versucht werden sollte, au f anderem Wege weiter voranzukommen . III Es lieg t a n diese r Stell e nahe , be i de r Materialbeschaffun g fü r weite r zurückliegende Zeiträum e nac h Umwege n z u suchen , wen n scho n de r direkte We g übe r di e Steuerstatisti k nich t möglic h ist . Vo n de r Vertei ­ lungsseite is t a n das frühe Einkomme n de r Regionen nich t heranzukom ­ men, vo n de r Entstehungsseit e selbstverständlic h auc h nicht . Abe r viel ­ leicht gelingt es, von der Verwendungsseite her auf die Einkommensunter­ schiede zu stoßen. Dies ist dann möglich, wen n man bestimmte Ausgabe­ kategorien findet, die 1 . deutlich mi t de m Einkommen je Kop f wachsen und 2 . statistisc h i n genügende r regionale r Aufspaltun g verfugba r sind . Beide Anforderungen werde n - sowei t ich sehe - kau m von bestimmten Ausgabearten erfüllt. Wi r haben in Deutschland bei statistisch erfaßbaren , relativ einkommenselastischen Verbrauchs- und Gebrauchsgütern beachtli49 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

che regionale Unterschiede der Konsumgewohnheiten, s o daß ein regiona­ ler Querschnitt kaum Auskunft übe r Einkommensgefálle gebe n kann. Hier soll deshalb einmal der Versuch unternommen werden , au f solche Ausgaben indirek t z u schließe n un d zwe i rech t eigenartig e Indikatore n vorzustellen: di e Arztdichte und die Dichte der Schüle r höhere r Schulen . Wiewohl jedem Leser sofort eine Vielzahl von Gründen einfallen wird, die das Vorhaben suspekt erscheinen lassen, unterstellen wir zunächst bis zum Beweis des Gegenteils, daß die Arztdichte und die Schülerdichte Funktionen der Durchschnittseinkomme n eine r Regio n sei n könnten . Tatsächlic h bestand i n de n Jahren 1908/191 3 ein e erstaunlic h hoh e Korrelatio n zwi ­ schen der Arztdichte und der Höhe des Volkseinkommens je Kopf in den Provinzen (r = 0,8511). Noch besser war sie, wenn man nur die Rangziffern der Provinzen hinsichtlich der Arztdichte und der Höhe des Volkseinkom­ mens je Kop f korrelierte . (De r Rangkorrelationskoeffizien t nac h Spear ­ man-Pearson betru g 0,9. ) Einzi g Westfalen s un d Hannover s Arztdichte ­ rang weichen jeweils beträchtlich vom Rang in der Einkommensreihe ab, wobei Hannove r nac h de r Arztdicht e z u gu t un d Westfale n nac h de r Arztdichte zu schlecht erscheinen. Das Rheinland hat in der Arztdichte eine etwas schlechter e Einstufun g al s i m Einkommen , Pommer n ein e etwa s bessere (siehe Abb. 2). Leider ergab sich hinsichtlich der Verwendbarkei t dieses Indikators in anderen Teilen des Reiches eine viel schlechtere Über­ einstimmung, weshal b au f ein e regiona l erweitert e Anwendun g vora b verzichtet wurde, bis die Gründe für diese Unterschiedlichkeit geklärt sind. Daß di e hoh e Korrelatio n zwische n Arztdicht e un d Volkseinkomme n je

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Kopf i n Preuße n nich t ei n zufällige s Ergebni s de r Jahre 1908/191 3 ist , ergibt die ebenfalls sehr hohe Korrelation der regionalen Verteilung beider Größen i m Deutsche n Reic h (Lände r un d preußisch e Provinzen ) i n den

Tabelle 4: Rangfolge de r einzelnen preußischen Provinzen hinsichtlich der Zahl der Einwohner je Arzt in ausgewählten Jahren 1849

Rangziffer

1825

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

Ostpreußen OP Westpreußen Pos Posen WP Pommern Pom Rheinland3 Schi Brandenburg Brdbg Schlesien Rhl Westfalen Wf Sa Sachsen Stadtkreis Berlin- Be

a

1861

1867

1882

1902 u. 1908

OP Pos WP Pom Schl Brdbg Wf Rhl Sa Be

Pos OP WP Schl Pom Brdbg Sa Wf Rhl Schleswig-H Hannover Hessen-N Be

Pos OP WP Brdbg Schl Pom Sa Wf Rhl Ha SH HN Be

Pos WP OP Wf Schl Pom Sa Rhl Ha SH Brdbg HN Be

Mi t Hohenzoller n

Quellen: Siehe Anmerkung 7.

Tabelle 4 stellt die Rangfolge der preußischen Provinzen hinsichtlich der Zahl der Einwohner, di e auf einen Arzt kommen, dar 7. Si e enthält einige auffällige Aussagen . Als erstes bemerkt man die dauerhafte Schlechterstel­ lung de r dre i Ostprovinze n Ost - un d Westpreuße n sowi e Posen . Woh l verbessert sich Ostpreußen im Verlauf und rückt Posen an die erste Stelle, die ja ei n Minimu m de r Arztdicht e anzeigt , abe r das Hauptgefälle bleib t erhalten. Di e beiden andere n östliche n Provinzen , Pommer n un d Schle ­ sien, änder n ihre Rangordnung seh r charakteristisch. Da s noch im frühen 19. Jahrhundert relati v hoc h entwickelt e Schlesie n läß t bi s zu r Zählun g 1867 Schritt für Schritt nach und endet in wesentlich schlechterer Position als zu Beginn. Pommern hingegen kann seine ursprünglich recht schlechte Position in der zweiten Jahrhunderthälfte verbessern. Sehr plausibel ist die Bewegung de r Rheinlande . Si e entspricht ziemlic h gena u de m Gegenteil der Entwicklung Schlesiens . Die dramatischen Veränderungen der Positio­ nen von Brandenbur g un d Westfalen i n der letzten Period e erklären sich vielleicht daraus, daß in diesem Zeitabschnitt die brandenburgischen Rand51 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Tabelle 5: Vergleich der Rangfolge preußische r Provinze n hinsichtlich der Zahl der Einwohner je Arz t und je höheren Schüle r Rangfolge nac h Einwohner n je Arz t (1908 )

Rangfolge nac h Einwohner n je Schüle r eine r höheren Anstal t (1910 )

Posen Westpreußen Ostpreußen Westfalen Schlesien Pommern Sachsen Rheinland und Hohenzollern Hannover Schleswig-Holstein Brandenburg Hessen-Nassau Berlin

Posen Schlesien Westfalen Ostpreußen Westpreußen Sachsen Pommern Rheinland un d Hohenzoller n Hannover Schleswig-Holstein Hessen-Nassau Brandenburg Berlin

Quelle für Arztdichte Tabelle 4. Quelle für die Schülerdichte: Stat. Jb. f. d. Preuß. Staat, 9. Jg. 1911, S . 365 ff.

Städte Berlins reich an Ärzten werden, wohingege n in Westfalen di e stark proletarische Bevölkerungsexpansio n i m Ruhrgebie t nich t sogleic h Ärzt e anzieht. Ma n bemerk e auc h di e hoh e Arztdicht e de r 186 6 erworbene n Gebiete, die also den preußischen Durchschnitt kräftig verbesserten 7*. Mir scheint, daß die eben beschriebenen Tatsachen im großen und ganzen recht plausibel sind und mit dem übereinstimmen, wa s wir über die wirtschaftli­ che Entwicklung de r Gebiete wissen. In ähnlicher Weise wurde versucht, di e Entfaltung de s Schulwesens als Wohlstandsindikator der Regionen Preußens zu verwenden. In verschiede­ nen Stichjahre n erga b sic h nämlic h ein e rech t gut e Übereinstimmun g zwischen de r Rangfolg e de r Arztdicht e un d de r Rangfolg e de r Schüler ­ dichte (Schüle r höhere r Lehranstalten). Tabell e 5 führt dies e Übereinstim ­ mung der letzten Erhebungen vor dem ersten Weltkrieg optisch vor8. Auch die Rangkorrelation zwischen Schülerdichte und Volkseinkommen je Kopf (gemäß Tabell e 2 , Spalt e 2 ) wa r noc h ziemlic h gut , wi e de r Spearman ­ Pearson-Rangkorrelationskoeffizient vo n 0,81 anzeigt. Woh l ist de r Indi­ kator der Dichte der höheren Schüler aus naheliegenden Gründen weniger gut für Wohlstandsvergleiche geeignet, aber es scheint doch keine erwiesen unsinnige Unterstellung z u sein, einen Zusammenhang zwische n regiona­ lem Einkommensniveau un d Schülerdichte anzunehmen . © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Die Ergebnisse sin d i n Kürz e folgende: Scho n in der erste n greifbare n Übersicht vo n 182 2 (nach Engel, sieh e Anmerkung 8 ) liegen di e Ostpro­ vinzen Posen , Ost - un d Westpreuße n sowi e Pommer n hinsichtlic h de r Zahl de r Einwohne r je Schüle r eine r höhere n Anstal t auffallen d a n de r Spitze. Sachsen, Berlin-Brandenbur g un d Schlesien weisen eine beachtlich höhere Schülerdichte auf Da s Rheinland befindet sic h noch in der Mitte. Damit ist eine sehr überraschende Übereinstimmung mi t der Arztdichte­ rangfolge (vo n Tabelle 4) gegeben. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts ändert sich dann aber das Bild zugunsten einiger Ostprovinzen . Worau f das zu­ rückzuführen ist , kann ohne nähere Untersuchung schwerlic h gesagt wer­ den. Möglicherweis e is t dafü r da s sehr viel größer e Bevölkerungswachs­ tum i m Oste n verantwortlich , fall s sic h mi t dem wachsende n Antei l der Jugendlichen auch der Anteil der Schüler erhöht hat. Vielleicht wirkte sich in den höheren Einkommensschichten aber auch die Agrarkonjunktur aus. Auf jeden Fal l ist die Rangordnung i n dieser Zeit doch recht anders als in der Arztstatistik. Auch die Neuerwerbungen von 1866 passen nicht so ganz nahtlos hinein, ha t doch Schleswig-Holstein - ander s als in der Arztdich­ testatistik - zunächs t i n de r Schülerdicht e noc h eine n niedere n Rang 8a. Nach 189 5 is t jedoc h di e besser e Positio n einige r Ostprovinze n zu m großen Tei l wiede r verschwunden . Di e Reihenfolge i n der Schülerdicht e ist vo n den schlechtesten z u den besten Provinze n i m Jahre 1896 : Posen, Ostpreußen, Schlesien , Westfalen , Westpreußen , Pommern , Branden ­ burg, Sachsen , Schleswig-Holstein , Rheinland , Hannover , Hessen-Nas ­ sau, Berlin . Da s West-Ost-Gefälle ist , vo n Berli n abgesehen , i m großen und ganzen deutlich erkennbar. Wenn die hier begründete Annahme, daß nämlich die Arztdichte und die Schülerdichte Wohlstandsindikatore n sind , wirklic h trägt , s o belegen die mitgeteilten Tatsache n di e Vermutung , da ß i m Königreic h Preuße n das West-Ost-Gefälle bereit s vor der industriellen Revolutio n bestande n hat . Lediglic h

Schlesien ha t unte r de n Ostprovinze n ein e höher e Wohlstandspositio n besessen, si e dan n abe r i m Zug e de r industrielle n Revolutio n verloren . Hierfür kan n ma n ein e Reih e vo n Gründe n angeben . Vermutlic h is t i m Verlauf der Industrialisierung das Einkommen der traditionellen Bezugsre­ gionen schlesische r Gewerbeerzeugniss e langsame r gewachsen , d a de r europäische Oste n sichtlic h hinte r de r Entwicklun g zurückgebliebe n ist . Zum westlichen Markt hatten schlesische Waren einen schlechten Zugang, zumal de r We g i n de n Weste n durc h di e seh r vie l stärke r entwickelte n Regionen Mitteldeutschlands verlegt war. Zudem hatte Schlesien als tradi­ tioneller Standor t de r Leinenindustri e ausgerechne t jene s Gewerb e al s Exportschwerpunkt, da s vo n de r Mitt e de s 19 . Jahrhunderts a n kau m noch nennenswertes Wachstum zeigte. So fieldie traditionelle Exportindu­ strie als Wachstumskern aus 9.

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IV Die au s de n Indikatore n abgeleitet e Hypothese , wonac h offensichtlic h schon im vorindustriellen 19. Jahrhundert ein Einkommensgefálle vo n West nach Ost bestanden hat, bedar f nun einiger allgemeiner Überlegungen . Zweifellos: ei n Prmgefälle fü r Agrarprodukt e hatt e es schon lange vor dem 19 . Jahrhundert gegeben , könne n wi r e s doc h scho n i m 15 . un d 16. Jahrhundert beobachten , al s di e Gebiet e de s deutsche n Nordosten s Getreidelieferanten de s europäischen Entwicklungszentrum s a m östlichen Kanalausgang wurden . Es hatte ein System Thünenscher Ringe bestanden mit einem Preisanstieg de r Agrarpreise vom Rand zum Zentrum 10. Abe r ein Preisgefäll e is t nich t identisc h mi t eine m Einkommensgefálle . Di e Gründe fü r da s behauptet e Einkommensgefáll e müsse n tiefe r gesehe n werden. Es liegt nahe, sie in der relativen Gewerbearmut des östlichen Raumes zu suchen. Tatsächlic h blie b der Oste n auc h in den Jahrhunderten, i n denen sich i n andere n Teile n Deutschland s scho n di e vorindustriellen Gewerb e entfalteten, vorzugsweis e agrarwirtschaftlic h un d ha t mi t Ausnahm e Schlesiens kaum eigene Exportgewerbe entwickelt. Di e Zonen besonderer Gewerbedichte lage n i m 18 . Jahrhundert un d i m frühe n 19 . Jahrhundert woanders, nämlic h i n den Mittelgebirge n un d an ihren Rändern . E s gab zwei Streifen , di e als Gewerbezonen übe r Deutschland hinwegliefen , de r eine vo n Westfale n übe r Thüringen , Sachse n nac h Schlesien , de r ander e von de r Schwei z recht s un d link s de s Rhein s nac h Holland 11. I n diesen Zonen hatte n jene Gewerb e vorzugsweis e ihre n Standort , di e überregio­ nale Lieferbeziehungen unterhielten , als o aus der Normalität de r »Grund­ gewerbe« herausragten . Freilich darf man die Streuung de r Gewerbedichte um 1800 nicht über­ treiben. Selbst ausgesprochen ländliche Gebiete verfugten ja im »Grundge­ werbe« übe r Erwerbszweig e de s sekundären un d tertiäre n Sektors . Cha ­ rakteristischerweise lag auch der Anteil der städtischen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung 183 2 in einige n Regierungsbezirke n de s agrarische n Ostens noch über dem Durchschnitt Preußens. Die heimische Versorgung sowie der Agrarexport erforderten die Stadt und ihre Hilfsgewerbe. Aller ­ dings hielt sich die gewerbliche Bevölkerung i m Osten in bescheideneren Grenzen al s anderwärts . I n de n genannte n andere n Teile n Deutschland s ragte au s de m »Grundgewerbe « ei n gewerbliche r Überba u heraus , de r entweder rohstoffbeding t lokalisier t wa r oder aus anderen Gründen Fern­ bedarf au f sic h z u lenke n vermochte . Al s Beispie l fü r di e Größ e diese s Überbaus im Vergleich zum Grundgewerbe kann man auf zwei württem­ bergische Kreis e seh r unterschiedliche r Struktu r verweisen . Noc h 186 1 hatte der weitaus gewerbereichste Kreis, der Schwarzwaldkreis, (nur ) 177 im Gewerb e un d Hande l Beschäftigt e j e 100 0 Einwohne r gegenübe r immerhin 12 9 im fas t gan z agrarischen Jagstkreis. De r Unterschie d zwi 54 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

schen diesen freilich sehr umfangreichen, Regierungsbezirke n vergleichba ­ ren Räume n betru g als o 5 0 Beschäftigt e j e 100 0 der Bevölkerung . De r Unterschied ist demnach noch nicht sehr gravierend, un d dennoch könnte man meinen, da ß er für di e Entstehung vo n Einkommensgefällen bereit s Bedeutung gehab t haben müßte. Aber sagt da s wirklich seh r viel? Wir Erben der »industrielle n Revolu ­ tion« identifiziere n z u schnell wirtschaftliche Entwicklun g mi t Industriali­ sierung un d stelle n un s selten vor , da ß gerad e Landwirtschaftszone n ei n höheres Durchschnittseinkomme n habe n konnte n al s Gewerbezonen . Doch mu ß e s sic h frühe r gelegentlic h s o verhalte n haben . Schleswig ­ Holstein ist noch viel später ein Beweis für die Prosperität in Agrarzonen. Diese Provin z lag freilic h de n Hauptabsatzgebieten nähe r und sie produ­ zierte wohl auch unter durchschnittlich günstigeren natürlichen Bedingun­ gen als der Osten. Aber auch der Osten darf nicht schon deshalb zurückge­ blieben genannt werden, weil er agrarisch war. Schließlic h sind im 18. und frühen 19 . Jahrhundert gerad e die Gewerbezonen unter den Notstandsge­ bieten in Deutschland zu finden. Not und Elend der Heimarbeitsbevölke­ rung sind vielfach beschrieben worden. Nicht zufällig hat sich das vorindu­ strielle Gewerb e of t i n de n Zone n de r Freiteilbarkei t i m Erbgan g de s bäuerlichen Besitze s konzentriert , w o als o ein e Mass e vo n ländliche n Zwergbetrieben di e Familie nicht voll ernähren konnte. Doch kennen wir Gewerbekonzentration auc h au s de n Anerbengebieten . Di e Unvermehr ­ barkeit de s Boden s und/ode r di e schlecht e Bodenqualität , welch e eine n vermehrten Arbeitskräfteeinsat z ökonomisc h reizlo s werde n ließ , ha t oft gewerbliche Nebenproduktio n erzwungen . (Au f die vielen soziale n Rah ­ menbedingungen is t hie r nich t einzugehen. ) Hierau s ma g sic h späte r hauptberufliche Gewerbetätigkei t entwickel t haben , vielleicht auch Wohl­ stand. Abe r eine Regel war das nicht. So wenig als o die geringe vorindustrielle gewerbliche Erschließung des ostdeutschen Raume s auf Armut schließen läßt, lieg t doch in dem soeben Entwickelten ei n Schlüsse l zu r Erklärun g de r Sonderentwicklun g i m Osten. I m preußischen Osten stieß das Wachstum der Bevölkerung lang e nicht auf Schranken der Versorgung. Noc h zu Beginn des 19. Jahrhunderts haben riesige Landreserven bestanden, so daß sich von 1815 bis 1864 (auch im Zusammenhan g mi t dem Übergan g zu r Fruchtwechselwirtschaft ) di e Ackerfläche au f da s 2 ½fache ausgedehn t hat . Dami t wa r nich t nu r de r regionale Eigenbedarf , sonder n auc h noc h ei n wachsende r Bedar f de s Raumes Berlin sowie der Export zu bedienen. Di e Mitte des 19. Jahrhun­ derts wird als eine Blütezeit der ostdeutschen Agrarwirtschaft bezeichnet . Die steigende Agrarnachfrag e wurd e als o weitgehend noc h durch ver ­ mehrten Einsat z de r Produktionsfaktore n Arbei t un d Bode n befriedigt , weniger au f dem Wege des technischen Fortschritt s und besonders wenig durch Steigerun g de s Kapitaleinsatze s un d vo n Vorleistungen . Di e hohe Elastizität de s Faktorangebot s bo t hierfü r kau m Veranlassung . Dami t 55 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

hängt es aber auch zusammen, da ß sich von der Landwirtschaft geringer e Effekte auf den sekundären Sektor des gleichen Gebietes übertragen haben. Die Agrarkonjunktu r blie b ohn e Bedeutun g fü r di e Tiefenstruktu r de r östlichen Wirtschaft . Zude m scheine n di e Gewinn e au s de r günstige n Agrarmarktlage nich t gleic h verteil t gewese n z u sein. Di e günstige Lag e mochte einer relativ kleinen Schicht von Getreideexporteuren Einkommen verschafft haben , di e Mass e de r Gutsarbeite r un d bäuerliche n Familie n nahm weniger dara n teil, zuma l die nationalen Minoritäte n ei n Reservoi r an billige r Arbeitskraf t stellten . Da s Grundrenteneinkomme n de r Ex ­ porteure aber scheint vielfach den direkten Weg in die westlicheren Lande­ steile gefunden zu haben, sei es für die Ausgaben in der Hauptstadt oder an anderen Plätze n de s Staates , se i e s fü r de n unmittelbare n Bezu g vo n »westlichen« Gütern , se i es im Wege des Kapitaltransfers i n den Westen. Gegenüber de n westliche n Teile n de s Reiches hätt e de r Oste n sicherlic h mit eine m vie l größere n Rech t au f eine n Erziehungszollschut z dränge n können al s di e westliche n Industrie n Deutschland s gegenübe r de m Aus­ landsmarkt. Dem , wi e auch realistischeren staatliche n Maßnahmen, stan d freilich di e spezifisch e Gesellschaftsverfassun g i m deutsche n Nordoste n entgegen. Di e junkerlichen Großgrundbesitze r haben , wofü r e s vielfach e Belege gibt , bewuß t un d unbewuß t ein e Konservierun g de r i m Grund e wachstumshindernden ökonomische n Bedingunge n ihre r Agrarregione n bewirkt12. S o hat das Agrareinkommen de s Ostens vorübergehend wohl zur Entwicklun g de s industrielle n Westen s beigetragen , s o da ß sic h de r Exportmultiplikator zwa r i m ganze n Reich , wenige r jedoch i n de n östli­ chen Regione n ausgewirk t hat . Hie r i m Oste n mu ß de r »propagatio n effect« de s führende n Sektors , de r Landwirtschaft , relati v klei n gewese n sein. Somi t holte das Gebiet auch nach der ersten Welle der Industrialisie­ rung di e Entwicklung de s Westens nicht nach. Die hier versuchte Erklärung des beobachteten und nicht verringerten (?) Einkommensgefälles is t sicherlich noc h allzu schlicht und keineswegs gut mit Material gesichert. Doch sollte es zunächst auch nur auf die Grundzüge ankommen. Da s Grundkonzep t de r Erklärun g is t ein e Verschmelzun g zweier Wachstumsmodelle : de r Exporthypothes e un d de r Strukturhypo ­ these. Wir folgen D. C. North 13 in der Betonung der strategischen Bedeu­ tung des regionalen Exportsektors für das Wachstum. Vo m Exportsektor übertragen sic h i n de r Rege l Entwicklungseffekt e intraregional . De r Exportsektor de r preußische n Ostprovinze n ha t - selbs t i n de r Prosperi ­ tätsphase - relati v wenig interne Sekundäreffekte ausgelöst. Es ist unglück­ licherweise jener Sektor, der ohnedies im Prozeß der Industrialisierung der eigentliche »Verlierer« gewese n ist. Die relativ geringe Einkommenselasti­ zität der Nachfrage nac h Getreide im Inland zuzüglich der internationalen Getreidekonkurrenz au f de m Weltmark t sei t de n siebzige r Jahren habe n diesen Exportsektor nicht einmal proportional mit dem Volkseinkommen des Reiche s wachse n lassen , geschweig e den n überproportional . I n den 56 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

siebziger un d achtzige r Jahre n verließe n di e Mensche n massenhaf t di e Ostprovinzen, u m in den mittleren Provinzen und im Ausland Unterkunft zu finden. In dieser Zei t kame n di e meisten deutsche n Auswandere r au s den Ostprovinzen. Kurz e Zeit darauf trat das Ruhrgebiet als Wanderungs­ ziel wei t i n de n Vordergrund . Dies e massenhaft e Wanderun g au s de m Osten hatte in keiner Beziehung ihresgleichen innerhalb der mittleren und westlichen Teile Deutschlands, in denen im allgemeinen - wen n überhaupt Wanderung wichti g wa r - di e Nahwanderung dominierte . Währen d sich im Westen und in der Mitte Deutschlands die Industrie im allgemeinen in jenen Gebieten entwickelte, di e Arbeitskräfte bereitstellten (abgesehen von den rohstofforientierten Industrien) , also gleichsam die Industrie zur Arbeit kam, war es im Osten anders. Die Arbeit bewegte sich zur Industrie: nach Berlin, in s Ruhrgebiet, etwa s nach Sachsen. Im Ergebnis blieb deshalb das ost-westliche Standortmuster des vorindu­ striellen Deutschlan d auc h übe r di e Industrialisierun g hi n i m Prinzi p erhalten. Dami t hat sich auch ein Einkommensgefälle gehalten . Es fällt schwer , sic h vorzustellen, wi e es hätte anders kommen können. Man kan n nu r davon träumen , wi e die deutsche Raumstruktur u m 1900 wohl ausgesehen hätte, wenn die industrielle Revolution etwa in Rußland stattgefunden hätt e und dort die Einkommen schnelle r gestiegen wären.

Nachwort

Wie immer wiede r i n der Wissenschaft , ga b es in der zweite n Hälft e der sechziger Jahr e ei n überraschende s Zusammentreffe n de r Bemühunge n verschiedener Autoren , ei n von ihnen erfaßte s Proble m zu lösen. Al s ich 1965 beim III. Internationalen Kongreß für Wirtschaftsgeschichte i n Mün­ chen di e hier wiede r abgedruckt e Arbei t vortrug , wußt e ic h noch nicht, daß gerade eben (Juli 1965 ) eine umfangreiche Studi e von J. G . Williamso n in EDC C erschiene n war , di e sic h z . T. ein e ähnlich e Aufgab e gestell t hatte14. Williamso n beschränkte sich allerdings hinsichtlich der Verwertung deutschen Material s au f die Zeit nach 190 0 und war überhaupt a n für alle Länder generalisierungsfähigen Aussage n interessiert. S o gibt es seither die »Williamson-These« vo n der erst zunehmenden regionale n Disparitä t der Einkommen, de r im Entwicklungsprozeß dan n eine Periode der Konver­ genz gefolgt sei n soll (ode r noch folgen soll) . Meine Studie wurde an zwei Stellen publiziert, 196 6 in der Festschrift für Friedrich Lütge 15 un d 196 8 i n eine m Sammelban d de r Gesellschaf t fü r Wirtschafts- und Sozialgeschichte16, beides für ausländische Wissenschaftler offenbar z u versteckt e Quellen . Jedenfalls erschie n 196 8 in de r ZfGS ein Aufsatz von Th. J. Orsagh , der ebenfalls nach der vermutlichen geographi­ schen Einkommensverteilun g i m Ablau f de r deutsche n Geschicht e vo r 57 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

dem I. Weltkrieg fragte und von meiner Arbeit noch nichts wußte17 . Orsagh sah deutlicher als Williamson , abe r in ähnlicher Weise wie ich, di e Notwen ­ digkeit (un d Möglichkeit) , übe r di e amtliche n Einkommensdate n hinau s nach anderen Indikatore n z u suchen: »Suppos e on e can discover a variable or se t o f variables whic h i s functionall y relate d t o incom e an d fo r whic h data ar e availabl e i n adequat e geographi c detail.« 18 Mi t Hilf e de r Hypo ­ these, da ß di e sektoral e Beschäftigungsstruktu r ei n Prox y fü r Einkom ­ mensgefálle sei n könnte , geh t e r allerding s nu r bi s 188 2 zurück . Sein e These ist, da ß es seither ein e Konvergenz de r Disparität gegebe n habe . E s wäre gewi ß a n de r Zeit , sein e Method e eine r kritische n Betrachtun g z u unterziehen; doch kann das hier nicht geleistet werden. Wei l Orsagh glaubt, daß di e Unterschied e de r sektorale n Beschäftigungsstrukture n zwische n den Regionen zugleic h (übe r eine Schätzgleichung) di e Einkommensunter­ schiede spiegeln , is t e r de r radikalst e Vertrete r de r Sektorhypothese . I m Grunde brauch t e s für ih n kein e ander e Erklärun g fü r regional e Einkom ­ mensdisparitäten z u geben . Erstmals betrachtete dann 197 1 H. Hess e die genannten Arbeiten verglei ­ chend19. Er beschrieb die Unterschiede der Aussagen der Autoren hinsicht ­ lich Konvergen z bzw . Divergen z de r Einkommensgefäll e un d versuchte , mit Hilf e weitere r Indikatore n bzw . de m Einsat z de s Meßkriterium s de s Variationskoeffizienten z u besseren Ergebnissen zu gelangen, vo r allem für die früh e Zei t a b 1820 . I n einige n Reihe n vo n Variationskoeffiziente n erkennt ma n be i Hess e das Bil d konvergierende r Disparitäten , i n andere n eine gewiss e Bestätigun g fü r di e (generalisierte ) Williamson-Thes e de r zeitlichen Abfolge : Divergen z - Konvergenz . Hess e geht nich t speziel l au f das West-Ost-Gefäll e ein , wi e e r i n Hinblic k au f sein Erkenntnisinteress e auch nich t de m Positionswande l bestimmte r Regione n Aufmerksamkei t widmet. Ein 197 6 erschienenes Buc h vo n F . B . Tipto n jr. stellt e sic h demgegen ­ über ausgesprochen di e Aufgabe, di e konkreten Veränderunge n de r regio­ nalen Entwicklungsmuster i n einem breiten Rahmen erklärender Variable n zu analysieren 20. Hierfü r nützt e e r al s zu erklärende Variabl e ei n Ma ß de r regionalen Spezialisierung , da s ein e gewiß e Ähnlichkei t mi t de m vo n Orsagh verwendeten Indikato r hat . Doc h geht Tipto n auf keinen de r zuvor erwähnten Autore n explizi t ei n un d läß t auc h offen , wa s di e vo n ih m fü r die Zei t a b 186 1 ermittelte »wachsend e Spezialisierung « fü r di e Frag e de r Einkommensdisparitäten bedeute n könnte . Der einstweile n letzt e Versuch , di e Geschicht e de r regionale n Entwick ­ lungs- un d Einkommensdisparitäten , speziel l de s West-Ost-Gefälles , i m 19. Jahrhundert mi t Hilf e neue r Indikatore n z u beschreibe n un d auc h z u erklären, is t di e 197 7 veröffentlichte Arbei t vo n G . Hohorst 21. Hie r finde n sich auch Schätzunge n fü r da s regionale Pro-Kopf-Einkomme n i n preußi ­ schen Provinze n a b 181 6 nebe n kombinierte n Strukturkennziffern . Hohorsts Ergebniss e stimme n überraschen d gu t mi t meine n geäußerte n 58 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Vermutungen überein , ja gehe n noc h darüber hinaus , insofer n al s er mit größerer Bestimmthei t vo n Tendenzen der zunehmenden Disparität, als o der Divergenz spricht - gan z besonders beim West-Ost-Gefälle, da s freilich auch bei ihm schon 1816 ausgeprägt erscheint . In den siebziger Jahren hat sich auch in der Bundesrepublik, nich t zuletzt angeregt durc h S . Pollard , di e systematisch e Erforschun g nich t nu r de r Wirtschaftsgeschichte vo n Regionen sondern speziell auch der Strukturdif­ ferenzen innerhalb und zwischen Regionen belebt22. Daß gerade auf diesem Gebiet noc h viel e Frage n offe n gebliebe n sind , j a da ß e s sic h u m ein e »Daueraufgabe de r Forschung « handelt , wi e ic h obe n geschriebe n habe , zeigt der die bisherigen Arbeiten und ihre Probleme kritisch reflektierend e Überblick vo n R. Fremdling , T . Pierenkempe r und R. H . Tilly , Regional e Differenzierung i n Deutschlan d al s Schwerpunk t wirtschaftshistorische r Forschung, de r zugleic h ein e Einführun g i n di e Beiträg e de s vo n de n Autoren herausgegebene n Sammelbande s ist 23. Eine n Überblick übe r die Breite der Vorschläge zu r Deutung regiona l unterschiedliche r Industriali ­ sierungsprozesse findet de r Leser jetzt bei H. Kiesewetter, Erklärungshypo­ thesen zu r regionale n Industrialisierun g i n Deutschlan d i m 19 . Jahrhun­ dert24. Der von Myrdal vorgetragenen Behauptung, daß wachsende Diver­ genz vo n Einkomme n a n sic h irreversibe l sei , wen n nich t de r Staa t eingreife, geh t schließlic h i n eine r Studi e zu r deutsche n Entwicklun g a b 1870 (fü r di e e r Konvergen z de r Einkomme n annimmt ) W . Abelshause r nach, indem er Ausmaß und Bedeutung der staatlichen Infrastrukturaktivi ­ tät behandelt, der er eine regionalpolitisch ausgleichende Rolle zuschreibt25. Es erschien nicht sinnvoll, di e Fülle der eben beschriebenen Beiträg e in die alte Fassun g de s Vortrages vo n 196 5 einzuarbeiten, di e von freundli ­ chen Kritikern al s »Pionierarbeit« bezeichne t worde n ist 26. Doc h bezeich­ nen einige Anmerkungen solche Stellen, die aufgrund der Forschung heute anders geschriebe n werde n müßten , währen d ic h keinen Anla ß sehe , di e Grundaussagen zu ändern. Mit Hohorst bin ich der Meinung, daß die These einer Abfolge von Divergenz und Konvergenz aus dem deutschen Material nicht bestätig t werde n kann . O b demgegenübe r di e Thes e vo n eine r nachhaltig wachsende n Divergen z de n Vorzu g verdient , wag e ic h noch nicht zu entscheiden. Deshal b würde ich gerne an meiner alten Formulie­ rung festhalte n un d vo m »beobachtete n un d nich t verringerte n (? ) Ein­ kommensgefälle« sprechen . Abe r hierfür wir d in meiner Arbeit im stren­ gen Sinn e auc h kei n Bewei s erbracht , wei l ja di e Rangziffer n (ordinal e Messung) nicht s übe r di e jeweiligen Abständ e aussage n (kardinal e Mes ­ sung). Da s mi r zunächs t Wichtigst e Ergebni s war , da ß da s West-Ost ­ Gefälle scho n vor der industriellen Revolutio n bestanden hat.

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4. Zu m Problem der Erziehungs- und Ausbildungs­ investitionen i m 19 . Jahrhundert I. Seit de n fünfzige r Jahre n werde n vo n Vertreter n de r Wirtschaftstheori e private un d gesellschaftlich e Aufwendunge n fü r Erziehun g un d Ausbil ­ dung zunehmend nicht mehr, wi e zuvor selbstverständlich, de m Konsum zugerechnet, sonder n - wenigsten s z u eine m Tei l - al s Investitione n aufgefaßt. Ma n hat begriffen, da ß Arbeit kein originärer Produktionsfakto r ist und daß der Lohn auch einen Bestandteil an Zinsen enthält 1. Fähigkei­ ten, Kenntniss e un d Kräft e de s Mensche n werde n nich t mi t de r Geburt vermittelt, sonder n bedürfen z u ihrer Ausbildung de s Einsatzes von Pro­ duktionsmitteln. Di e akkumulierte n »Investitionen « ergebe n schließlic h einen Bestan d a n »menschliche m Kapital« , desse n Rentabilitä t ma n jetzt auch z u berechne n versucht . Ma n sprich t davon , da ß Erziehun g ei n Wirtschaftszweig nebe n vielen andere n sei, au f den die Instrumente wirt ­ schaftswissenschaftlicher Betrachtun g angewende t werde n müßten 2. Unter de m Einflu ß diese r inzwische n soga r etwa s Mod e gewordene n Arbeitsrichtung haben sich wesentliche Veränderungen in Wirtschaftstheo­ rie un d Wirtschaftspoliti k ergeben . Währen d i n de r Wachstumstheori e ursprünglich die Sachkapitalbildung un d anschließend ein etwas unspezifi ­ scher »technische r Fortschritt« i m Mittelpunkt de r Aufmerksamkeit stan ­ den, is t e s Autoren wi e T. W . Schultz , E . F. Denison , Fr . Machlu p und anderen3 gelungen , di e Veränderunge n de r Qualitä t de s Faktor s Arbeit , seines Wissen s un d Können s al s explizit e Variabl e i n da s ökonomisch e Kalkül aufzunehmen . Kei n Wunder, da ß nunmehr auc h die Bildung und Ausbildung de r Arbeitskräft e i n de n Entwicklungsländer n Schwerpunk t der Hilfe der reichen Länder geworden ist und daß die bildungspolitische Diskussion in der Bundesrepublik mi t wirtschaftswissenschaftlichen Aus ­ drücken angereicher t ist . Ma n mu ß dies e Ansätz e al s eine n Fortschrit t begrüßen (be i alle r Rücksich t au f di e Tatsache , da ß Bildun g nich t vor ­ nehmlich oder gar allein ein ökonomisches Problem ist). Wie so oft in der Wissenschaftsgeschichte ist aber auch dieser Fortschritt eigentlich ein Schritt zurück zu den Klassikern, dene n das Problem durch­ aus geläufig gewese n ist. Scho n Adam Smith 4 verglich den ausgebildeten Menschen mit einer Maschine und meinte, daß der Lohn somit einen Teil Profit enthalte . Ada m Smit h wa r abe r be i weite m nich t de r erste , de r 60 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Erziehung un d Bildun g i n ökonomische r Sich t deutete . Di e pädagogisch e Praxis de s 17 . un d 18 . Jahrhundert s beleg t di e lang e Traditio n diese r Denkweise ebens o wi e di e vorklassisch e ökonomisch e Literatur . Pett y beispielsweise betrachtet e »art « nebe n Boden , Arbei t un d Sachkapita l al s vierten Produktionsfaktor 5. Unte r de n Klassikern wa r auc h J. B . Say 6 de r Ansicht, da ß da s Erziehungskapita l verzins t werde n müss e un d ein e Risi ­ koprämie verdien e (wege n de s mögliche n Sterben s vo r de r Zeit , wege n Scheiterns im Beruf etc.). Un d auch J. H . v . Thünen 7 betonte den Charak­ ter de r Erziehungsausgabe n al s Investitione n un d bezeichnet e demzufolg e die Auswanderun g al s ein e Ar t Kapitalexport 73. Es is t hie r nich t au f di e Gründ e einzugehen , weshal b di e Auffassun g dieser wirtschaftswissenschaftliche n Klassike r späte r i n de n große n Lehr ­ büchern kau m noc h rezipier t wurd e un d schließlich , abgesehe n vo n de r Tradition i n de r Versicherungswissenschaf t un d be i einige n Sozialpoliti ­ kern, i n Vergessenhei t gerate n ist , s o da ß si e nac h de m II. Weltkrieg al s eine Neuentwicklun g gefeier t werde n konnte 70. Nöti g un d nützlic h zugleich schein t e s jedoch, wiede r i n Erinnerun g z u bringen , da ß e s i m 19. Jahrhundert auc h i n Deutschlan d Autore n gegebe n hat , di e di e meh r theoretischen Hinweis e de r Klassike r erns t genomme n un d de n Erzie ­ hungskapitalstock z u berechne n versuch t haben 8. Häufigste r Anla ß z u derartigen Überlegunge n un d gar Berechnungsversuchen ware n Effizienz ­ probleme de r Lebens - un d Haftpflichtversicherungen , Vorschläg e zu r Hygiene- un d Sozialpoliti k un d z u einer gerechtere n bzw . zweckmäßige ­ ren Besteuerung . Philanthrope n suchte n z u beweisen , da ß Gesundheits ­ dienst, Slumbereinigung , Abwasserregulierung , medizinisch e Forschun g nicht nu r menschenfreundliche Wohltätigkei t wären , sonder n zu den wirt ­ schaftlich lohnendste n Aufgabe n de r Gesellschaf t gehören , wei l de r To d eines Mensche n vo r de m End e seine r Erwerbstätigkei t di e Gesellschaf t eines noc h nich t abgeschriebene n Kapital s beraub e un d wei l de r gesund e Mensch eine n höhere n ökonomische n Wer t habe 9. Insbesondere ha t de r bekannt e Statistike r Erns t Enge l (1821-1896 ) vo n 1856 a n wiederhol t di e speziell e For m eine r Kapitalbildun g durc h Auf ­ zucht, Erziehun g un d Bildung betrachte t un d den Umfang diese r ›Investi ­ tionen‹ z u schätze n versucht 10. Gleichzeiti g bemühte n sic h Th . Wittein 11 und R. Lüdtge 12, de n Wert des Menschen zu erfassen, se i es als Kostenwert oder al s Ertragswert . Aufgab e diese s Beitrag s sol l e s sein, übe r einig e der wichtigsten Materialie n z u berichten un d dara n wirtschafts - un d sozialge ­ schichtliche Folgerunge n z u knüpfen . II Grundlegend wa r Engel s Schrif t übe r de n »Prei s de r Arbeit« , i n de r e r die Hauptgedanke n niederlegte , di e e r späterhin z u verifizieren suchte . Er 61 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

war insbesondere der Ansicht, da ß das Lebenseinkommen eine s Erwerbs­ tätigen zu einem sehr erheblichen Teil auch die Amortisation des Bildungs­ aufwandes enthalte n müßte . I n der Untersuchun g übe r di e Einkomme n der Eisenbahnbeamte n (1874 ) glaubt e er , ein e statistisch e Bestätigun g seiner Auffassunge n gefunde n z u haben . 2 5 bzw . 3 5 bzw . 3 1 v.H . de r jeweiligen Einkommen von Beamten in drei verschiedenen Qualifikations­ stufen sollte n al s Amortisationsquoten de s bildungsspezifischen »Kosten ­ wertes« diese r Arbeitskräfte gelten . Das Rechenverfahre n wa r relati v einfach , di e Müh e angesicht s de r Schwierigkeiten de r Materialbeschaffun g allerding s beachtlich . Au s de r umfänglichen Statisti k des preußischen Eisenbahnwesens konnte Engel die Einkommen de r Beamte n entnehmen . E r ordnete si e dre i verschiedene n Kategorien zu: 1. Beamte mit einfacher Elementarschulbildung, 2 . Beamte mit gehobene r Schulbildun g (Gymnasium , Realschule , Gewerbeschule , höhere Bürgerschule u. a. - nich t unbedingt mit Abschluß), 3. Beamte mit vollendeter oder abgebrochener akademischer Ausbildung. O b ausgerech­ net Beamteneinkommen repräsentati v fü r di e absolute und relative Höhe der Einkommen alle r Erwerbspersonenschichten gewese n sind , dar f man aus verschiedene n Gründe n bezweifeln . Auc h is t di e Zuschreibun g be ­ stimmter Personenkreis e z u de n Qualifikationsgruppe n be i Enge l nich t ohne gewisse Willkür erfolgt. Abe r diese Quellen für mögliche Fehler sind noch relati v gerin g i m Vergleic h z u den recht schwache n Fundamenten , auf denen die Schätzungen des »Kostenwertes« beruhten . Engel schätzt e di e de n einzelne n Bildungsstufe n zuzurechnende n Auf ­ wendungen fü r Unterhal t un d Erziehun g de r Kinde r un d Jugendlichen nach seh r groben , nich t belegte n un d kau m direk t kontrollierbare n Anhaltspunkten. Dies e jährlichen Beträge addierte er zum Kostenwert. Er berücksichtigte (1874 ) noc h nicht , da ß di e Investitionssumme n scho n während de r Ausreifungszei t verzins t werde n müßten , u m wirklic h de n gesellschaftlichen Aufwan d z u ergeben. Wittstei n und Lüdtge haben diese Schwäche erkannt und ihrerseits den Kostenwert inklusive der Verzinsung des Aufwandes errechnet , worau f noch zurückzukommen ist . Richti g sah aber auc h Engel , da ß ma n ein e gewiss e Risikoprämi e i n de n Aufwan d einbeziehen müßte, scheiterten doch nicht wenige Kinder und Jugendliche vor Erreichen des Bildungszieles. Deren Kosten waren auf die Kostenwerte der Erfolgreiche n umzulegen , u m nich t z u volkswirtschaftlic h falsche n Ergebnissen hinsichtlic h de r Gesamtkapitalbildun g z u gelangen . O b es allerdings gerechtfertigt war , in den Kostenwert auch ein wirkliches Kapi­ talrisiko aufzunehmen , nämlic h fü r di e Unmöglichkeit , de n Kapitalwer t zukünftig vol l abschreiben z u können, ma g mi t guten Gründen kritisiert werden. Stellt ma n sic h abe r einma l au f de n Bode n de r Rechnun g vo n Enge l (1874), korrigiert die ermittelten Zahlen zum Kostenwert in der Weise, daß ein Zins von 5 v.H. veranschlag t wird, un d zinst den Einkommensstrom 62 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Tabelle 1 : Kostenwert un d Barwer t de r Einkomme n verschiedene r Bildungsstufen 1869 , errechne t nac h Angabe n vo n Erns t Enge l (1874 ) Bildungsstufen un d Erwerbsbeginn I 11 III 15. Lebens ­ 20. Lebens ­ 25. Lebens ­ jahr jahr jahr

Taler

»Kostenwert«, individuell , ohne Risikozuschläge , verzins t

1645

5551

9336

Barwert de r erwartete n Bruttoeinkommen

4804

11072

19840

Barwert de r erwartete n »Nettoeinkommen«

2155

8477

17335

zu 5 v. H. au f den Zeitpunkt de s Eintritts in den Beruf ab, s o ergeben sich die i n Tabell e 1 genannten durchschnittliche n Kosten - un d Barwert e de r Einkommen, jeweil s i m Zeitpunk t de s Eintreten s i n de n Beruf . Di e i n Zeile 3 genannten »Nettoeinkommen « sin d gleic h de n Bruttoeinkomme n minus eine m geschätzte n jährliche n Mindestaufwan d fü r de n Unterhal t einer erwachsenen Perso n (15 0 Taler). Ei n Vergleich vo n Zeile 3 mit Zeile 1 zeigt , da ß i n de r Bildungsstuf e I der effektiv e »Ertragswert « de n »Kostenwert« de r Investitio n nich t seh r erheblic h übersteigt . Hingege n sind di e errechnete n »Gewinne « i n de r II. und III. Ausbildungsstufe offenbar beachtlich . Bevor ma n aus diesem Ergebnis den Schluß zieht, da ß sich seinerzeit di e Investitionen i n die höhere Qualifizierung vo n Arbeitskräften hoc h rentiert haben müssen , mu ß allerding s noc h de r zweifelhaft e Charakte r de r »Gewinne« überdach t werden. Wi e oben ausgeführt, sin d den Erwerbsper­ sonen de r verschiedene n Stufe n (vo n mir ) di e gleiche n Beiträg e fü r de n Mindestunterhalt währen d de r Erwerbstätigkeit zugerechne t worden . Da s hat Engel ganz und gar nicht getan. Vielmehr ging er von einem standesge­ mäßen Aufwan d aus , de r sic h zwische n de n einzelne n Stufe n beträchtlic h unterschied. Abe r die von ihm geschätzten gleichsam berufs- bzw. standes­ gemäßen notwendige n jährlichen Unterhaltskoste n de r drei Beamtenkate ­ gorien - di e gleichsa m di e Voraussetzun g fü r de n dauerhafte n Einkom ­ mensbezug sei n sollten - scheine n mir sehr übertrieben (i n Hinblick au f die Kategorien II und III). Schließlich ist Aufwand diese r Personengruppe auch eine Art, di e »Gewinn e de r Ausbildung« z u verzehren. Wei l ich aber nicht weiß, w o di e Grenz e z u ziehe n ist , hab e ic h di e »egalitär e Lösung « de r Tabelle 1 bevorzugt - zuma l ma n ohnehin davor warnen muß , de r Aussa­ gekraft diese r Schätzziffer n zuvie l zuzutrauen . Wi r habe n e s ja mi t de n 63 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Einkommen von Eisenbahnbeamten zu tun (in der Studie von 1876 gar mit den Einkommen von Staatsbeamten), als o einer ganz besonderen Gruppe von Beschäftigten, di e nicht den normalen Bedingungen des Arbeitsmark­ tes unterlagen und denen der Arbeitgeber den angemessenen Lebensunter­ halt zu gewähren hat. III In de r Schrif t vo n 188 3 ha t Enge l sein e frühere n Angabe n übe r de n Kostenwert de r Arbei t zu m Tei l beträchtlic h korrigiert . Auc h enthäl t er sich jetzt aller Hinweise auf den Ertragswert. Der versprochene zweite Teil der Schrif t übe r de n Wer t de s Mensche n is t nich t erschienen . Abe r di e Verbesserungen be i de r Ermittlun g de s Kostenwerte s verdiene n unse r spezielles Interesse. Tabelle 2 enthält eine n Überblic k übe r di e verschiedene n Schätzunge n des Kostenwertes von Wittstein, Lüdtg e und Engel, wobe i wir bei Engel nur di e Angabe n de r Schrifte n vo n 187 4 (einma l - wi e i m Origina l ­ unverzinst, einma l mi t Verzinsung ) un d 188 3 aufgenomme n haben . E s Tabelle 2: Kostenwert de r Erziehung un d Ausbildung männliche r Personen verschiedener Bildungsstufe n nac h Th. Wittstein , R . Lüdtg e und E. Engel in Mark 1

2

3

4

5

6

7

Lüdtge Engel Engel Witt­ Witt­ Engel stein stein 1874 1874 1883 4% Zin s 5% Zin s 5% Zin s unver­ 5% Zin s 4% Zin s zinst I. Bildungsstufe einfache Schul­ bildung, beende t mit dem 15. Le­ bensjahr

10341

11346

II. Bildungsstufe höhere Schule, beendet mit dem 20. Lebensjah r III. Bildungsstufe Studium, been ­ det mit dem 25. Lebensjahr

45339

52605

6357

3686

4935

3738

19485

11484

16653

12138

31164

18630

28008

27547

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wurde davo n abgesehen , di e in de r Studi e vo n 187 6 mitgeteilten Kosten ­ werte i n eine r weitere n Spalt e aufzunehmen . Si e unterscheide n sic h nicht wesentlich von denen in der Spalte 5 , sieht man davon ab, daß Engel (1876) bei de n Staatsbeamte n de r III. Bildungsstufe de n Eintrit t i n da s voll e Erwerbsleben ers t mi t de m 31 . Lebensjahr annimmt , wa s selbstverständ ­ lich de n Kostenwert erhöht . Die seh r erheblich e Streuun g de r Schätzunge n bestärk t un s i n unsere r Skepsis, de n Ermittlungen z u trauen. Einig e Abweichungen lasse n sich auf die Wah l de s Zinsfuße s zurückfuhren , de r ja insbesonder e be i de n lange n Ausbildungszeiten vo n erhebliche m Gewich t ist . Abe r offenba r sin d di e entscheidenden Differenze n au f unterschiedlich e Annahme n hinsichtlic h des notwendige n jährliche n Erziehungsaufwande s zurückzuführen . Witt ­ stein nah m 186 7 fü r da s erst e Lebensjah r eine s Kinde s de r spätere n Bil ­ dungsstufe I einen Betra g an , de r dreima l s o gro ß is t wi e de r vo n Engel 1883 geschätzte ! Engel hatt e di e Zahle n de r Spalt e 7 ursprünglic h al s Vielfach e eine r abstrakten Grundzah l konzipiert , mein t dan n abe r nach Vergleichun g de r Ansätze mit de n ihm vorliegenden Haushaltsrechnunge n vo n 20 Familien, daß zumindest bei der ersten Bildungsstufe ei n gleichlautender Markbetra g eingesetzt werde n dürfe . Di e Wert e fü r di e zweit e un d dritt e Stuf e sin d nach wie vo r al s - allerding s seh r beachtliche - Vielfach e de r Aufwendun ­ gen fü r di e erste Stuf e geschätzt . Wir haben eine Möglichkeit, di e Verläßlichkeit de r verschiedenen Schät ­ zungen z u überprüfen, allerding s nu r i n eine r rech t grobe n Weise . Insge ­ samt scheine n di e Angabe n vo n Enge l richtiger , wohingege n di e vo n Lüdtge, gan z bestimmt abe r di e von Wittstei n al s übertrieben einzuschät ­ zen sind . Möglicherweis e sin d abe r auc h di e vo n Engel angegebene n Kostenwerte zu hoch. Wir testen seine Angaben, inde m wir einmal fragen , welche jährlichen »Investitionsbeträge « nöti g gewese n wären , u m fü r all e Kinder de r entsprechenden Altersstufen di e hier angegebenen Kostenwert e zu realisieren . Dafü r werde n di e vo n Enge l (1883 ) bezifferte n »Jahresbei ­ träge des Kostenwertes männlicher und weiblicher Personen« zugrundege ­ legt. Di e Zahl de r Kinde r un d Jugendlichen de r verschiedenen Altersklas ­ sen fü r da s Jahr 188 0 erhäl t ma n au s de r amtliche n Statisti k Preußens , ebenfalls di e ungefähre Verteilun g de r Heranwachsende n au f die Schulty ­ pen. 92 v. H. erhielten die Elementarbildung de r Volksschule, 7, 5 v. HL di e höhere Bildun g vo r alle m i m Gymnasium , run d 0, 5 v.H . besuchte n Universitäten, Hoch - und Fachschulen 13. Summiert ergib t sic h 1880/ 3 ein jährlicher ›Investitionsbetrag ‹ vo n 2, 4 Mrd. M , de r - unte r Zugrundelegung de s von Hofïmann-Müller ermittel ­ ten Volkseinkommen s i n Preuße n - etw a 2 5 v. H. de s Volkseinkommen s ausmacht. Wen n man bedenkt, da ß 35 v. H. der Bevölkerung damal s unter 16 Jahre al t ware n un d de r wesentlich e Tei l de r Erziehungs - und Ausbil ­ dungsaufwendungen, di e Enge l un d sein e Kollege n geschätz t haben , au f 65 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

den Unterhal t de r Heranwachsende n entfalle n ist , sollt e di e »Investitions ­ quote« fü r di e Heranbildung einsatzfähige r Produktionsfaktore n jedenfall s eine Obergrenze i n diesem Bevölkerungsantei l gehab t haben . I n Wahrheit wird di e ›Investitionsquote ‹ natürlic h scho n deshal b niedrige r gelege n haben, wei l 1 . nur ein Teil des Sozialprodukts für privaten und öffentliche n Verbrauch zu r Verfügun g stan d un d 2 . de r Aufwan d fü r di e Heranwach ­ senden i m Durchschnit t unte r de m Unterhaltsaufwan d fü r di e Erwachse ­ nen gebliebe n sei n muß . Möglicherweis e is t deshal b auc h di e Schätzun g von Engel noch zu hoch gegriffen; gan z bestimmt aber übertrieb Wittstein , denn gemä ß seine r Berechnun g hätt e damal s meh r al s di e Hälft e de s Volkseinkommens de r Aufzucht , Erziehun g un d Ausbildun g de r Heran ­ wachsenden gewidme t sei n müssen .

IV In welche m Verhältni s stande n i n de n hie r betrachtete n Jahre n nu n private un d öffentlich e Ausgabe n fü r dies e »Investitionen « i n Erziehun g und Bildung ? De r durchschnittlich e jährlich e laufend e Schulaufwan d j e Schüler de r öffentliche n Elementarschule n i n Preuße n betru g 187 8 23,10 M , 188 6 23,6 1 M (186 1 hatt e e r ers t 10,3 7 M betragen) 14. Dies e Summen sind , gemesse n a n de n Gesamtbeiträge n zu m Kostenwer t de r Heranwachsenden, di e Engel angibt, rech t klein. Si e machen kumuliert nu r 6,05 v . H . des gesamten Bildungskapital s eines 15jährige n de r ersten Stuf e aus. Selbstverständlic h wa r de r laufend e Schulaufwan d j e Schüle r i n eine r höheren Anstal t ode r ga r de s Studente n größer . E r lag 1882/ 3 be i 17 0 M bzw. 640 Mj e Person im Jahr15 . Andererseit s war der Anteil dieser Katego­ rie an der Gesamtbevölkerung dafü r auc h wesentlich kleiner. Alle s in allem ergeben u m 188 0 di e nachgewiesene n Ausgabe n fü r de n Unterhal t de r öffentlichen Elementarschulen , fü r di e höhere n Schule n sowi e fü r di e Universitäten i n Preuße n nu r etw a 1, 4 v . H . de s Volkseinkommens , sin d also von den zuvor genannten 25 Prozent noch sehr weit entfernt 152. Selbs t wenn ma n de n - i n de n Zahle n noc h nich t enthaltene n - Schulba u un d einige andere Ausgaben, vo r allem der nichtöffentlichen Erziehungsinstitu ­ tionen mi t erfaßt , bleib t e s dabei, da ß di e »gesamtwirtschaftlich e Investi ­ tionsquote« fü r Aufzucht un d Erziehung im wesentlichen von den privaten Ausgaben de r Haushalt e zu m Unterhal t de r Heranwachsende n bestimm t wurde 15b . Da um 188 0 in Preußen 3 5 v. H. de r zu unterhaltenden Mensche n unte r 16 Jahre al t un d somi t größtenteil s noc h nich t i m erwerbsfähige n Alte r waren, lage n fü r ihre n Unterhal t derar t beachtlich e Beträg e de s Sozialpro­ dukts fest , da ß ma n sic h frage n muß , o b nicht i m 19 . Jahrhundert relati v mehr fü r Erziehun g un d Ausbildun g aufgewende t wurd e al s heute. Woh l übersteigt de r Antei l de s öffentliche n Bildungsaufwande s a m Volksein 66 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

kommen gegenwärtig de n von 1880 , abe r der Anteil der gleichen Alters­ gruppe der Heranwachsenden an der Bevölkerung beträgt heute (1965) nur 22 v. H. ( gegenüber 35 v. H.). Dami t ist heute der Spielraum für Ausga­ ben zum Zwecke »höherer Bildung« (ode r für die Sachkapitalbildung) viel größer al s im ausgehenden 19 . Jahrhundert. Nun sin d sicherlic h di e Kinde r damal s noc h nich t derarti g strik t de m Arbeitsprozeß ferngehalte n worde n wi e i m 20 . Jahrhundert. Schließlic h hat ja noch die Volkszählung von 1871 in Preußen einen recht hohen Anteil von Analphabeten ergeben 16. I n den Städten hat aber die Schulpflicht di e Erwerbsmöglichkeiten für die Jugendlichen schon entscheidend beeinflußt. Andererseits sollt e ma n nich t glauben , da ß da s ganz e 19 . Jahrhundert eine Zeit kontinuierlichen erzieherische n Fortschritts gewesen sei. So geht beispielsweise von 1825 an die absolute und relative Zahl der Gymnasiasten in Preußen zunächst zurück, ab 1828 folgen die entsprechenden Quoten der Studenten, di e dann bis in die sechziger Jahre auf dem niedrigen Nivea u verharren17. E s ist nicht unwahrscheinlich, da ß die Entwicklung de r per­ sönlichen Einkomme n de r Haushaltsvorständ e au f diese n erstaunliche n Vorgang von Einfluß gewese n ist. Ma n müßte dies einmal näher untersu­ chen und zugleich di e Verteilung de r Studenten auf die Fakultäten beach­ ten. Offenba r ga b e s einige charakteristisch e Wellen : zunächs t nah m di e Zahl der Studenten der philosophisch-philologischen Diszipline n überpro­ portional zu , anschließen d (vo n 187 0 an) die der mathematisch-naturwis ­ senschaftlichen Abteilunge n de r philosophischen Fakultäten , di e 188 2 ihr Maximum erreichten und im folgenden Abschwung der Zahl aller Studen­ ten de r Universitäte n soga r 4 4 v.H. de r Studente n verloren . Ers t 189 6 wird di e Studentenzahl vo n 188 2 wieder erreicht 17a. V Ein Grundproblem aller Erziehungsinvestitionen de r Neuzeit ist es, daß die investierende n Persone n i m allgemeine n nich t meh r selbs t i n de n unmittelbaren Genuß der Erträge gelangen. I n der vorindustriellen Gesell­ schaft wa r die s zu m Tei l j a noc h de r Fall , un d überal l dort , w o di e Erwerbsfähigen direk t die Elterngeneration unterstützen, kan n die Ausbil­ dung der Kinder weithin als privatwirtschaftliche Kapitalanlag e der Eltern betrachtet werden . Abe r i m wesentliche n sin d di e einzelwirtschaftliche n Motivationen bei der Wahl des Bildungsweges der Kinder doch andere, so unbestreitbar es bleibt, daß makroökonomisch Erziehungsinvestitionen für jede Generation Voraussetzun g ihre r Alterssicherung sind . Erziehungsinvestitionen sin d ei n Paradefal l fü r »externa l economie s in der Zeit « - somi t völli g richti g scho n frü h al s Fel d staatliche r Aktivitä t erkannt17b. Doc h war - wi e schon gezeigt - di e »Sozialisierung de s Erzie­ hungsprozesses« i m 19 . Jahrhundert noch nicht so weit gediehen, da ß die 67 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Lasten bereits zu einem großen Teil vom Staat getragen wurden. De r Staat hatte lediglic h di e allgemein e Schulpflich t eingeführt un d sic h daz u ver ­ standen, i m Verei n mi t de n Kommune n zu m Unterhal t de r Schule n beizutragen. Immerhi n mußte n noc h 1862/6 4 die Elter n i m Durchschnit t ein Vierte l de r Gesamtausgabe n de r öffentliche n Elementarschule n direk t tragen, 187 8 - wi e scho n erwähn t - nu r noc h 1 3 v. H. Unveränder t hoc h blieb der Anteil des privaten Schulgeldes an der Finanzierung des laufenden Aufwandes de r höhere n Schule , fas t di e Hälfte . Di e vorliegende n Zahle n erlauben jedoc h da s Urteil , da ß selbs t vollkommen e Schulgeldfreihei t keine nennenswerte Veränderun g i m Zugang z u den Bildungsmöglichkei ­ ten bedeutet hätte, d a der Anteil des Schulgeldes a n den Gesamtkosten des privaten Haushalte s fü r di e Ausgebildeten nu r relativ klei n gewese n ist 17c. Das 19. Jahrhundert war durch einen verhängnisvollen Zirkel von Besitz und Bildun g charakterisiert , de r de n Zeitgenossen durchau s bekann t war . 1856 schrieb E. Engel : »Da s ganz e Syste m zu r Bekämpfung de s Pauperis­ mus läßt sich in die Worte zusammenfassen: Fürsorg e für die Stetigkeit der Rentabilität desselben und Fürsorge für dessen allgemeine Amortisation« 18. Auch Thünen hatt e von einem »Monopol « de r gewerblichen Produzente n gesprochen, da s durc h Bildungsschranke n gesicher t sei . De r Loh n de r Arbeiter sei so gering, da ß sie ihren Kindern keine Ausbildung zukomme n lassen könnten , vermittel s dere r diese n de r Aufstie g i n di e Klass e de r gewerblichen Produzente n möglic h sei 19. Di e Wahrheit diese s Satzes wir d erhellt au s den vorhereenannte n Ziffer n vo n Engel . Für di e Mass e wa r höher e Bildun g wege n de r Koste n einfac h ausge ­ schlossen192. Bedenken wir, daß 1881 93 v. H. aller Zensiten der klassifizier ­ ten Einkommensteue r un d de r Einkommensteue r (z u schweige n vo n de n steuerfreien Erwerbspersonen ) ei n jährliche s Einkomme n unte r 150 0 M gehabt haben , de r wei t überwiegend e Tei l ga r unter 66 0 M, s o ist e s klar , daß di e Elter n allenfall s di e vo n Enge l geschätzte n ansteigende n Aufwen ­ dungen j e Kin d de r erste n Bildungsstuf e (vo n 10 0 bi s 25 0 M) hätte n aufbringen können , nich t die des zweiten Niveau s (vo n 200 bis 600 M), zu schweigen vo m dritte n Nivea u (vo n 30 0 bi s 105 0 M). Selbs t wen n ma n diese Kostenschätzunge n vo n Enge l fü r überhöh t ansehe n mu ß (wofü r einiges spricht, sieh e auch die Ausführungen oben) , wird man doch seinem sozial- un d bildungspolitische n Urtei l di e Zustimmun g nich t versage n können: »Hie r is t e s wiede r hauptsächlic h de r Besitz , welche r di e Men ­ schen schichtet und in Klassen teilt. Prüf t ma n diese Erscheinung näher, s o entdeckt ma n bald , da ß di e Besitzklasse n zwa r keinesweg s vollständig , doch meh r ode r wenige r identisc h mi t Bildungsklasse n sind , un d da ß di e Zugehörigkeit z u diesen Bildungsklasse n di e Kostenwerth e ihre r Mitglie ­ der geradez u beherrscht.« 20 Hinzu ka m noc h ein e merkwürdig e re-distributiv e Eigenschaf t de r staatlichen Bildungspolitik . Währen d da s Volksschulwese n scho n sowei t ›sozialisiert‹ war , da ß hier die öffentliche Hand die Hauptausgabenlast trug ,

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auf der Stufe der höheren Schul e aber die private Beteiligung noc h fast die Hälfte de r Koste n decke n mußte , kehrt e sic h das Verhältni s au f der Stuf e der Universitäten gan z entschieden wieder um . Di e Beteiligungsquote de r Benützer der Anstalten sank sogar unter die der Volksschüler, zahlte n doch die Studenten preußischer Universitäte n 1882/ 3 mit durchschnittlich 60 M im Jahr nu r 9, 3 v . H. de s laufende n Gesamtaufwande s (gegenübe r eine m Beteiligungssatz be i de n Elementarschule n vo n 1 3 v. H.). Wil l ma n e s drastisch formulieren , s o enthiel t als o di e Förderun g de r Spitzenausbil ­ dung, dere n - auc h wirtschaftlich e - Notwendigkei t nich t bestritte n wer ­ den kann , ei n starke s Elemen t de r Subventionierun g de r gesellschaftliche n Oberschichten, den n Angehörige n de r Oberschichte n wa r e s in erste r Lini e möglich, bi s zur Pfort e de r Universitäte n vorzudringen .

Nachwort Der ursprünglich e Aufsat z schlo ß 196 5 mi t eine m VI. Abschnitt, i n de m die Anregun g ausgesproche n wurde , de n hie r behandelte n Frage n vo n Seiten de r Wirtschafts - un d Sozialhistorike r einma l genaue r nachzugehen . Es wurde auc h di e Frag e gestellt , o b e s möglich sei n würde , de n Beitra g des Erziehungswesen s zu m wirtschaftliche n Wachstu m Deutschland s i m 19. Jahrhundert quantitati v z u formuliere n un d nich t nu r di e Geschicht e der Institutione n z u schreiben . Tatsächlic h ha t sic h innerhalb rech t kurze r Zeit di e Forschungslag e wesentlic h verändert . W . Kru g hat , nachde m e r schon 1966 das durch Ausbildung entgangene Einkommen schätzte 21, 196 7 seine Berechnunge n zu r Entwicklun g de s »immaterielle n Kapitals « sei t 1870 veröffentlicht, wobe i e r sic h allerding s - ander s al s Engel , Wittstei n und Lüdtg e - i n Übereinstimmung mi t der bildungsökonomischen Schul e der Nachkriegszei t au f da s Bildungskapita l i m engere n Sinn e konzen ­ trierte, als o di e Unterhaltsaufwendunge n i n de r Rege l ausschie d un d ei n entgangenes Einkomme n de r über di e Pflichtschulzei t hinau s Ausgebilde ­ ten einschloß22. Unmittelbar e Vergleiche mit den Berechnungen der Auto­ ren de s 19 . Jahrhunderts sin d deshal b unmöglich . Enge r a m »klassische n Konzept«, nämlic h di e Aufzuchtkoste n einbeziehend , bleibe n di e Schät ­ zungen de s Humankapital s vo n H . v . Laer 23. Inzwischen ist auch der Versuch unternommen worden , de n Beitrag de s Erziehungswesens zu m wirtschaftliche n Wachstu m Deutschland s i m 19. Jahrhundert quantitati v z u ermitteln. Thirlwall-Lundgreen 24 bediene n sich hierz u sowoh l de r vo n Deniso n (1962 ) al s auch de r vo n Schult z und Harberger (1960 , 1965 ) vorgeschlagenen Methoden . I m ersten Fall werden im wesentlichen die zusätzlichen Schuljahre im Rahmen einer Produktions­ funktion al s Inputbeiträge geschätzt , i m zweiten Fal l wird de r Beitrag de s immateriellen Kapitalstock s zu m Produktionsergebni s bewertet . I m Ge -

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gensatz z u zunächs t doc h seh r naheliegende n Vermutunge n beziffer n Thirlwall-Lundgreen de n Antei l erhöhte r Bildun g a n de r Differen z de s Sozialprodukts von 1913 gegenüber dem von 1870 (also am Zuwachs) nur auf etwas mehr als 2 v. H. Auch Lundgreen zieht in Übereinstimmun g mi t de r neueren bildungs­ ökonomischen Tradition nur solche Aufwendungen al s »investive« heran , die der Ausbildung im engeren Sinne gewidmet sind: private und öffentli­ che Ausgaben für die Volksschulbildung, privat e und öffentliche Ausgaben für jede Art weiterführender Schulbildung , entgangene s Erwerbseinkom­ men für Schüle r und Studenten jenseits de r Pflichtschulzeit. E s geht ihm um qualifikationsrelevant e Aufwendungen . Solch e Abgrenzunge n habe n viel fü r sich , zuma l wen n ma n danac h fragt , vo n welche n Faktore n di e individuelle Entscheidung abhängt, ob nach dem Ende der Pflichtschulzei t die Ausbildun g fortgesetz t (investiert ) ode r gleic h verdien t werde n soll . Aber dieser mikroökonomische Ansatz der Kalkulation im Zeitpunkt des Endes de r Pflichtschulzei t schließ t doc h einig e sinnvoll e Überlegunge n aus, zum Beispiel die über die Barrieren in den Bildungssystemen un d zur gesamten Reproduktionsproblemati k de r Arbeitskraft . Doc h is t zuzuge ­ ben, da ß verschieden e Fragestellunge n auc h verschieden e Konzept e de s immateriellen Kapital s erfordern, somi t Engel, Wittstei n und Lüdtge nur bedingt de r Geschichte der neueren bildungsökonomischen Fragestellun g zuzurechnen sind. Wie rasc h sic h sei t 196 5 die historisch e Bildungsforschun g entwickel t hat, zeigt der Überblick von P. Lundgreen25, in dessen 102 Titel umfassen­ der Bibliographi e nu r 1 9 Publikationen vo r 196 5 erschienen sind . Doc h blieben wirtschaftsgeschichtliche Beiträg e selten.

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II. Muster der wirtschaftliche n Entwicklung Deutschland s im 19. und 20. Jahrhundert

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5. Wandlungen des Konjunkturphänomens in den letzten hundert Jahren

In de r Entwicklun g de s wirtschaftswissenschaftliche n Denken s i m 20. Jahrhundert zeige n sic h auffällig e Schwerpunktverlagerungen . Vo n Jahrzehnt z u Jahrzehnt stehe n ander e Theme n i m Mittelpunk t de r Auf ­ merksamkeit vo n wirtschaftswissenschaftlichen Kongresse n und verändert sich di e Struktu r de r Gegenständ e de r Beiträg e vo n wissenschaftliche n Zeitschriften. Ein e de r auffälligste n Erscheinunge n is t i n diese m Zusam ­ menhang de r Wandel der Betrachtung de s Phänomens, da s man unter dem Begriff Konjunktu r zusammenfaßt . Während i n de r Zeit zwische n de n beiden Weltkriegen di e Konjunktur ­ theorie un d di e empirisch e Konjunkturforschun g z u de n interessanteste n Gebieten de r Wirtschaftswissenschaften gehörten , i n dene n ei n besonder s lebhafter Fortschrit t empfunden wurde , is t es nach 195 0 um die Konjunk ­ tur al s Proble m theoretische r Analys e stille r un d stille r geworden . Si e wurde ein e Ar t Anhan g de r Wachstumstheorie , de r Kreislauf - ode r de r Geldtheorie. Di e i m Vergleic h z u de n zwanzige r un d dreißige r Jahren i m großen und ganzen milder verlaufenden Auf - un d Abschwünge der fünfzi ­ ger und sechziger Jahre trugen gewiß dazu bei, den Optimismus zu nähren, daß ma n nunmeh r sowoh l übe r Theorie n wi e Instrument e verfuge , da s wirtschaftliche Wachstu m z u verstetigen . Vielfac h wurd e scho n di e Mei ­ nung vertreten , e s gebe die Konjunktur ga r nicht mehr 1. I n einigen in den sechziger un d frühe n siebzige r Jahre n erschienene n Lehrbücher n de r makroökonomischen Theori e hat es im Sachregiste r da s Stichwort »Kon ­ junktur« nich t meh r gegeben . So wundert e sic h i n de r Fachwel t kau m jemand darüber , da ß i n de n Jahren 1964/ 5 Lawrenc e Klei n i n Verbindun g mi t andere n bedeutende n amerikanischen Wirtschaftstheoretiker n un d õkonometrikern ein e Konfe­ renz z u plane n begann , di e unte r de m Them a stattfinde n sollte : »I s th e Business Cycle Obsolete?« - etwa s frei übersetzt: »Gehör t der Konjunktur­ zyklus zu m alte n Eisen?« . Al s di e geplant e Konferen z 196 7 schließlic h i n London zustand e kam , fan d sic h allerding s unte r de n dor t versammelte n Fachleuten au s aller Welt niemand mehr , de r zyklische Schwankunge n de r Entwicklung de r westlichen Nachkriegswirtschafte n leugne n wollte . Ma n stellte einvernehmlic h fest , da ß auc h di e Entwicklung nac h de m 2 . Welt 73 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

krieg regelmäßig e Abfolge n vo n unterschiedliche n Intensitäte n de r gesamtwirtschaftlichen Aktivitä t erkenne n ließ , wen n auc h i n eine r - s o meinte ma n - gegenübe r frühe r erheblic h veränderte n Form 2. Damal s wurde de r Begrif f »Wachstumszyklus « zwa r nich t geprägt , abe r seithe r besaß e r allgemein e wissenschaftlich e Geltung . Unter eine m Wachstumszyklu s versteh t ma n ein e Bewegungsfor m de r Wirtschaft, di e i n de r Schemazeichnun g vo n Abbildun g 1 recht s obe n

Abb. 1 dargestellt ist . Ander s al s be i de m i n de r gleiche n Zeichnun g link s obe n abgebildeten Bewegungsmuster , welche s ein Schem a desse n darstellt, wa s man häufi g de n »klassische n Konjunkturzyklus « nennt , folge n be i eine m Wachstumszyklus nich t Zuwächs e un d Schrumpfunge n de r gesamtgesell ­ schaftlichen Produktio n (Y ) i m rhythmische n Wechsel . Di e Produktio n nimmt i n jedem Jahr zu , doc h änder t sic h da s Bewegungstemp o i n eine r rhythmischen Abfolg e vo n langsamere r un d schnellere r Fahrt. I n de r Abbildung 1 sin d jeweil s unte n di e z u de n obige n Darstellunge n de s Wachstums de s Sozialprodukt s gehörige n Wachstumsrate n eingetragen . Unter eine r Wachstumsrat e verstehe n wi r da s Verhältni s de r Zunahm e einer Größ e von eine r Period e zur nächsten, bezoge n au f die Größe in de r Vorperiode, ausgedrück t i n Prozent : 74 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Yt-i

Der Unterschied beide r Arten des Zyklus der wirtschaftlichen Entwick ­ lung besteh t i n de n untere n Zeichnunge n vo n Abb . 1 darin, da ß au f de r linken Seit e di e Wachstumsrate n regelmäßi g auc h negativ e Wert e errei ­ chen, währen d die jeweiligen Minim a au f der rechten Seite immer positiv e Werte fü r di e Wachstumsrate n aufweisen . Bis Anfan g de r siebzige r Jahre konnt e di e Vorstellung , da ß e s sich be i den Wachstumszykle n u m di e neu e For m zyklische r Schwankunge n de r gesamtwirtschaftlichen Entwicklun g handle , al s schlechthi n herrschen d gelten3. S o steh t e s i n Lehrbüchern , i n amtliche n Materialie n un d i n zahlreichen wissenschaftliche n Beiträgen . Noc h 197 3 erschie n ei n vo n Alfred E . Ot t fü r de n Theoretische n Ausschu ß de r Gesellschaf t fü r Wirt ­ schafts- un d Sozialwissenschafte n edierte s Sammelwer k mi t Beiträge n deutschsprachiger Spezialiste n zu r Konjunkturtheori e unte r de m bezeich ­ nenden Titel : »Wachstumszyklen . Übe r di e neu e For m de r Konjunktur ­ schwankungen. « 4 Inzwischen durfte n di e Erfahrunge n i n de r westliche n Wel t z u eine m neuerlichen Wechse l des Paradigmas beitragen . I n der Bundesrepublik ga b es 1975 eine Schrumpfung de s realen Nettosozialprodukts u m 2,5 Prozent, nachdem es 1974 schon stagniert hatte . Di e Arbeitslosenquote erreichte im Sommer 197 5 mit 4,4 Prozent ein Niveau, da s man seit fast zwanzig jahren für undenkbar , zumindes t untolerabe l gehalte n hat 5. I m Licht e diese r Ereignisse verlore n Theorie n rasc h an Glanz, di e noch vor wenigen Jahren entwickelt worde n sind , u m z u beweisen , waru m i n de r Nachkriegszei t nur Wachstumszykle n z u beobachten gewese n seie n und warum die s auch nicht ander s ha t sei n könne n un d - s o auc h i n einige n Beiträge n explizi t formuliert - weiterhi n s o sein werde 6 . Freilich, noc h imme r häl t ma n e s fü r unwahrscheinlich , da ß di e kon ­ junkturelle Bewegung , i n der wi r un s zur Zeit befinden , i n Tiefen führe n wird, wi e sie für die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen charakteristisc h gewesen sind . Allgemei n glaub t ma n noch, da ß eine gute Wirtschaftstheo ­ rie, verbessert e Instrument e de r Steuerun g un d ein e einsichtig e Wirt ­ schaftspolitik vo n Regierunge n Schlimmere s verhüte n werde n - wi e ma n ja sei t meh r al s 2 0 Jahren dies e Umständ e z u de n wichtigste n Gründe n rechnet, di e erkläre n sollen , waru m e s in de r Nachkriegszei t nu r Wachs ­ tumszyklen un d kein e Konjunkturschwankunge n alte r Ar t gegebe n hat 7. Die Wirtschaftswissenschaftle r habe n sic h i n de r Ta t ei n Verdiens t dara n zugeschrieben, da ß di e zyklische n Ausschläg e i n de r Nachkriegszei t i m Vergleich zur Zwischenkriegszeit milde r verliefen, da ß die Arbeitslosigkeit im Durchschnit t vie l geringe r wa r un d nac h 194 5 selbs t i n de n Jahren konjunktureller Höhepunkt e de r Arbeitslosigkei t di e Arbeitslosenquote n in den meisten Ländern noch unter jenen Quoten geblieben sind, di e in der 75 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Zwischenkriegszeit selbs t i n besonder s günstige n Jahren erreich t worde n sind8. Ma n glaubt e bi s vo r gan z kurze r Zeit , nunmeh r ei n schwierige s Problem de r kapitalistische n Entwicklun g i m Grif f zu haben . Da s erklär t die Hochstimmun g de r Ökonomen , wen n si e von de n Wachstumszykle n im Vergleic h z u den Konjunkturzyklen sprechen . Für den Wirtschaftshistoriker is t nun interessant z u bemerken, da ß sich das beschriebene kollektiv e Erfolgserlebni s i n der wissenschaftlichen Lite ­ ratur i n gan z merkwürdige r Weis e z u historische n Allgemeinaussage n erweitert hat , di e etwa i n de r folgende n Ar t vorgetrage n werden : Jetzt verlauf e di e konjunkturell e Bewegun g i n de r angegebene n Weise , früher sei si e in anderer Weis e verlaufen . Jetzt gebe es Wachstumszyklen, früher sei die Konjunktur durch regelmä­ ßige Abschwüng e gekennzeichne t gewesen 9. Nahezu allen derartigen Behauptungen liegt allerdings keine Analyse der historischen Befund e zugrunde , sonder n allenfall s eine , wi e ic h zeige n werde, unzulässig e Verallgemeinerun g spezielle r Erfahrunge n de r Zwi ­ schenkriegszeit z u Aussage n übe r da s »Frühere« . E s gibt i n der deutsche n Fachliteratur bislang kein e Arbeit, di e sich systematisch mi t dem Vergleich des Schwankungsbilde s de r Wirtschaf t vo r de m 1 . Weltkrieg - al s de r »klassische Konjunkturzyklus « geherrsch t habe n soll - un d nac h de m 2. Weltkrie g befaßt . Auc h i n de r ausländische n Literatu r sin d Beiträg e z u dieser Frag e selten 10. Ic h hab e deshal b vo r einige r Zei t begonnen , da s bislang Versäumt e nachzuholen . Dabe i sollt e zuerst de r Frag e nachgegan ­ gen werden , o b e s di e behauptete n Unterschied e de r konjunkturelle n Bewegungsmuster überhaup t gegeben hat. Sodan n sollte der Befund inter ­ pretiert werden , wobe i angeziel t war , di e Ursache n fü r Unterschied e un d Gleichförmigkeiten herauszuarbeiten . In de r vorliegende n Studi e mocht e ic h mic h au f de n erste n Tei l de r Aufgabe konzentrieren , zuma l hierz u di e Ergebniss e scho n verhältnismä ­ ßig gut gesichert sind. Die Deutung de s Befundes (un d weitere Materialar ­ beiten) werde n noc h ein langwieriges Projek t sein . Dennoc h solle n gege n Ende einig e Überlegunge n zu r Diskussio n gestell t werden , wobe i abe r mehr Frage n aufgeworfe n al s beantwortet werden 11. Im beschreibende n Tei l solle n di e folgende n vie r These n erhärte t werden: 1. Wachstumszykle n sin d kein e Besonderhei t de r Nachkriegszeit . Leg t man di e gleiche n Kriterie n un d Meßmethode n zugrund e wi e si e heute für Konjunkturanalyse n allgemei n üblic h sind, s o waren auc h di e Zyk ­ len vo r 191 4 i n Deutschlan d i m wesentliche n Wachstumszyklen . Di e Zwischenkriegszeit mi t ihre n tiefe n konjunkturelle n Einbrüche n is t nicht typisc h fü r da s historische Konjunkturphänomen . 2. Folg t ma n nich t de n heut e übliche n Kriterie n un d Meßmethoden , sondern dene n der Konjunkturforscher vo r etwa 40 bis 50 Jahren (etwa bis z u Spiethof f un d Schumpeter) , ergib t sic h hinsichtlic h einige r

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Aspekte ei n anderes Urteil . Be i gewissen, frühe r meh r als heute beach­ teten Indikatore n gib t e s sichtlich Unterschied e zwische n de m »klassi ­ schen Zyklus « un d de r Nachkriegsentwicklung . Si e laufe n abe r nich t einheitlich darau f hinaus, di e neuere Entwicklung al s die eines milderen Wachstumszyklus vo n de r ältere n Konjunktu r abzuheben . 3. Da ß die Entwicklung i n der Nachkriegszeit im ganzen stetiger als in der Zwischenkriegszeit verlaufe n ist , läß t sic h fü r nahez u all e neue n un d alten Indikatore n erweisen . Da s gilt nich t i n ähnlicher Weis e allgemei n für de n Vergleic h de r Entwicklun g nac h dem 2 . Weltkrie g (i m folgen ­ den Nachkriegszei t genannt ) mi t de r Entwicklun g vo r de m 1 . Welt ­ krieg (i m folgenden Vorkriegszei t genannt) . Das herrschende Vorurteil, wonach di e Nachkriegsentwicklun g gegenübe r de m »klassische n Kon ­ junkturzyklus« de r Vorkriegszei t beachtlic h verstetig t worde n sei , bedarf umfangreicher Korrekturen . 4. I m Gegensat z zu r herrschende n Meinun g verlie f di e Nachkriegsent ­ wicklung i n der Bundesrepublik i m ganze n eher nach einem zyklische n Muster regelmäßige r Schwankunge n al s di e wirtschaftlich e Entwick ­ lung vo r 1914 . Währen d sic h i n zahlreiche n wichtige n Indikatorreihe n für de n Zeitrau m zwische n 187 0 und 191 3 zyklische Bewegunge n nu r mit Müh e ode r ga r nich t nachweise n lassen , sin d si e i n nahez u alle n wichtigen Indikatorreihe n fü r di e Nachkriegszei t gu t z u erkennen 12. Allerdings is t die Periode der Schwankungen i n der Nachkriegszeit mi t einer Zyklendaue r vo n vie r bi s fünf Jahren wesentlic h kürze r al s in der Vorkriegszeit, w o de r Abstan d vo n Tie f z u Tie f ode r vo n Hoc h z u Hoch zwische n siebe n un d neu n lahre n betrage n hat 13.

II Ich wend e mic h nu n de n Beweise n zu . Z u diese m Zwec k werde n i m folgenden einige Abbildungen vorgestellt und interpretiert, di e wesentliche Informationen übe r den Konjunkturverlauf enthalten . Wei l di e statistisch e Analyse de r zugrundeliegende n Zeitreihe n einig e Schwierigkeite n auf ­ wirft, sol l au f Streuungsmaße etc . nu r im Anhan g eingegange n werden . Abbildung 2 zeigt di e Wachstumsrate n de s Nettosozialprodukt s z u kon ­ stanten Preisen , als o eine n Ausdruck , de r di e Veränderunge n de s reale n gesellschaftlichen Produkt s erfassen soll 14. De r Grund, waru m di e Reihen­ folge de r Abbildunge n mi t diese r Darstellun g beginnt , is t der, da ß wi r heute di e Zykle n de r gesamtwirtschaftliche n Aktivitä t mi t Hilf e de r Wachstumsraten de s Sozialprodukt s ode r mi t Hilf e eine s Inde x de r indu ­ striellen Produktion bestimmen. Di e heutige Vorstellung von Konjunktur­ schwankungen geh t vo n der Unstetigkeit de s Wachstums der gesellschaft ­ lichen Produktio n aus 15 . Di e inzwischen bevorzugt e Messung vo n Wachs­ tum un d Konjunktu r anhan d de r Veränderungsrate n de s Brwttosozialpro 77 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

1870-1938: W . G. Hoffmann un d Mitarbeiter, Das Wachstum der deutschen Wirtschaft sei t der Mitte de s 19 . Jahrhunderts, Berlin-Heidelberg-Ne w Yor k 1965 , S . 827f . Für di e Jahr e 187 0 bi s 188 2 wir d da s Nettosozialproduk t z u Marktpreise n abweichend vo m übliche n Konzep t - unte r Einschlu ß de s Saldo s de r Kapitalbi ­ lanz und der Bilan z de r unentgeltlichen Leistunge n verwendet . 1950-1974: StatBA , Lang e Reihen zu r Wirtschaftsentwicklung 1974 , Stuttgar t 1974 , S . l44f. und StJ b 197 5 für di e Bundesrepublik Deutschland . S . 508 . Es wurden wede r Durchschnitts - noc h Streuungsmaß e berechnet , d a di e Wachstumsraten ­ reihe fü r 195 1 ff. trendbehafte t ist .

Abb. 2: Wachstumsraten de s Nettosozialprodukts z u konstanten Marktpreisen dukts kan n i n unsere m Fal l nich t aufgenomme n werden , wei l W . G . Hoffmann und seine Mitarbeiter, denen wir die meisten gesamtwirtschaftli ­ chen Zeitreihen für die Vorkriegszeit verdanken , nu r das Nettosozialpro­ dukt geschätzt haben 16. In Abbildun g 2 gib t es , wi e i n de n meiste n folgenden , zwe i groß e Lücken. Di e erste reicht vo n 191 4 bis 192 4 und umfaßt de n 1 . Weltkrieg und die Periode der Nachkriegsinflation einschließlic h des Jahrs der Stabili­ sierungskrise 1924 . Di e zweit e Lück e reich t vo n 193 9 bi s 194 9 un d umschließt den 2. Weltkrieg und die Zeit bis zur Gründung der Bundesre­ publik End e 1949 . I n beide n Fälle n mache n e s wede r di e Quellenlag e möglich noch die wirtschaftlichen Umständ e in Hinblick auf unsere Frage­ stellung nötig, si e in den konjunkturgeschichtlichen Vergleic h einzubezie ­ hen. I n de r Zwischenkriegszei t ließ e fü r di e Jahr e 192 5 bi s 193 8 di e 78 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Quellenlage an sich den Vergleich zu - abe r schon das vorliegende Bild und einige der folgenden erweisen, daß die Zwischenkriegszeit offenkundig ein absonderlicher Ausnahmefal l war , wa s die konjunkturelle Bewegun g be­ trifft17. Ich wende mic h nu n de r Vorkriegszei t zu . Da s Material, welche s der Abbildung 2 zugrundeliegt, ergib t zwische n 187 0 und 191 3 elf Jahre, i n denen das reale Sozialprodukt von einem Jahr zum folgenden schrumpfte . Allerdings gehören davon schon fünf Jahre zur sogenannten Gründerkrise von 1873 bis 1880, die in vieler Hinsicht ein sehr ungewöhnliches Ereignis in der Wirtschaftsgeschichte des 19. Jahrhunderts gewesen ist, wie auch der voraufgehende Gründeraufschwun g vo n 1869 bis 1873, dessen überdurch­ schnittlich hohe Wachstumsraten am linken Rand gerade noch erfaßt sind, ein beispielloses Ereignis gewesen ist. Sieht man von dieser außergewöhn­ lichen Schwingung de r siebziger Jahre ab, so blieben bis zum 1. Weltkrieg sechs Jahre mi t einem schrumpfenden reale n Sozialprodukt , wobe i nur in einem Fal l eine Sequen z von zwei aufeinande r folgende n Schrumpfungs ­ jahren z u erkennen ist, nämlic h 190 0 und 1901 . Die maximale Schrump­ fung vo n einem Jahr zum anderen betrug (1891 ) 3,4 Prozent. Wi r wissen, daß dies vor allem durch beträchtliche Ernteausfälle verursacht worden ist, während zum Beispiel die Produktion der warenproduzierenden gewerbli­ chen Wirtschaft nach Hoffmann durchaus noch weiter gewachsen ist18. Von den sech s Schrumpfunge n zwische n 188 0 un d 191 3 bliebe n dre i unte r 1 Prozent, de r Durchschnit t la g be i minu s 1, 2 Prozent . Wi r dürfe n diese Kontraktionen al s milde bezeichnen. Zu m Vergleich se i erwähnt, da ß die neueren Berechnunge n de r Wachstumsrate n de s Sozialprodukts Großbri­ tanniens i m 19 . und 20. Jahrhundert durc h Feinstei n in der Zeit zwischen 1870 und 1913 auch nur Schrumpfungen mi t durchschnittlichen Rückgän­ gen vo n 1, 0 Prozen t ergebe n haben 19. Dabe i is t i m Fall e de s Deutschen Reiches wie auch von Großbritannien z u berücksichtigen, da ß die durch­ schnittlichen Wachstumsraten in der Vorkriegszeit erheblich unter denen in der Nachkriegszei t gelege n haben . Di e Abbildun g 2 un d di e folgende n Abbildungen belegen , da ß di e Vorkriegszykle n be i weite m nich t di e Intensität de r Kontraktione n aufwiesen , wi e ma n si e i n de r Zwischen ­ kriegszeit beobachtete 20. Au s Abbildung 2 geht ebenfalls hervor, da ß der Wachstumsratenbewegung vor dem 1. Weltkrieg wohl ein konjunktureller Verlauf unterlegt werde n kann , da ß er aber bei weitem nich t s o deutlich hervortritt wi e in der Zeit nach 1950, als es eine regelmäßige Abfolge von Jahren schnelle n mi t Jahren langsamere n Wachstum s gegebe n hat . Nu r nebenbei se i auf die interessante aktuell e Informatio n verwiesen , da ß die Kontraktion 1973/7 5 im langfristigen Vergleic h star k herausragt 21. Daß di e Schwankunge n de r wirtschaftliche n Aktivitä t i n de r Nach ­ kriegszeit wei t regelmäßige r ware n als in der Vorkriegszeit, erweis t auc h Abbildung 3. I n ihr ist das gleiche Ausgangsmaterial wi e für Abbildun g 2 verwendet worden (Nettosozialprodukt zu konstanten Preisen nach W. G. 79 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

1870-1910: W . G . Hoffmann , Da s Wachstu m ... , S . 827f . Fü r di e Jahre vo n 187 0 bis 188 2 wird da s Nettosozialproduk t unte r Einschlu ß de s Saldo s de r Kapitalbilan z un d der Bilanz der unentgeltlichen Leistunge n verwendet . Trend: gleitend e 7-Jahresdurchschnitte . 1952-1972: StatBA , Lang e Reihe n 1974 , S . I44 f un d Stj b 197 5 fü r di e Bundesrepubli k Deutschland, S . 508 . Trend: gleitend e 5-Jahresdurchschnitte . 1870-1910: Varian z = 6, 2 1952-1972: Varian z = 3, 3

Abb. 3 : Trendabweichunge n de s Nettosozialprodukt s z u konstante n Marktpreisen Hoffmann, a.a.O.) , da s nun aber nicht in den Wachstumsraten, sonder n als konjunkturelle Bewegun g de s Sozialprodukts um einen errechneten Tren d veranschaulicht wird 22 . Währen d als o die Zyklizität i n der Nachkriegszei t offenkundig größe r is t al s i n de r Vorkriegszeit , is t di e Instabilitä t (vo r allem wege n de r Abweichunge n i n de n 1870e r Jahren un d i m Auf - un d Abschwung u m 1900 ) vo r de m 1 . Weltkrieg etwa s größe r al s i n de r Nachkriegszeit. An diese r Stell e mu ß di e Sachdarstellun g de r historisch-statistische n Befunde abe r noch einmal unterbrochen werden , wei l ein zentrales metho­ disches Proble m de r vergleichende n Konjunkturgeschicht e i n de n bishe r vorgeführten beide n Abbildunge n zunächs t gleichsa m überspiel t worde n ist, jedoc h offengeleg t werde n soll . Ma n mu ß sic h selbstverständlic h fragen, o b den n di e de n Abbildunge n zugrundeliegende n Zeitreihe n de r wirtschaftlichen Variable n übe r de n ganze n Zeitrau m i n gleiche r Verläß ­ lichkeit vorliegen . Tatsächlic h beruhe n di e scho n gezeigte n Abbildunge n und di e meisten folgende n darauf , da ß Materia l verschiedene r Provenien z genützt wird (sieh e den Quellennachweis im Anhang). Für die Nachkriegs­ zeit handel t e s sic h u m Date n de r amtliche n Statistik , abe r fü r di e Zwi ­ schenkriegszeit un d vo r alle m fü r di e Vorkriegszei t gib t e s vielfac h nu r historische Rekonstruktione n vo n Zeitreihen , di e vo n Wissenschaftler n

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anhand de r verschiedensten Unterlagen , abe r in aller Regel doc h nicht mit den gleiche n Quellen , au s dene n heut e di e amtlich e Statisti k schöpft , nachträglich errechne t worde n sind . Ma n kan n de n Verdacht, hie r werd e Ungleiches verglichen , nich t wirklic h entkräften , wei l nu n einma l di e Quellenlage fü r di e jüngste Vergangenhei t un d di e fernere Vergangenhei t so unterschiedlic h ist . Zwa r spiele n viel e kritisch e Einwände , di e sic h zu Recht gege n di e langfristige Vergleichbarkei t de r absoluten Größe n (z . B. des reale n Sozialprodukt s vo n 1870 , 1900 , 193 0 un d 1970 ) vorbringe n lassen, i n unserem Fall, w o es nur um die Schwankungen vo n Wachstums­ raten bzw. di e Abweichungen vo m Trend geht , kein e Rolle. Abe r auch in diesem Fal l bleiben kritische Frage n zur Vergleichbarkeit. Nur : es gibt auf sie i n de r Rege l kein e Antworten . Hätte n wi r dies e Antworten , könnte n wir ja »bessere « historisch e Reihe n erstellen . Wenn ma n scho n deshalb , wei l un s di e Zeitreihe n de s Sozialprodukt s vor 191 4 nur in Schätzungen von Walte r Hoffinann un d seinen Mitarbeiter n und nicht i n Form amtlicher Mitteilunge n vorhegen , glaubt , kein e Aussa ­ gen übe r früher e gesamtwirtschaftlich e Bewegunge n mache n z u können , die mit de n heutigen vergleichba r sind , mu ß ma n die ganze Fragestellung , der hier nachzugehen ist, ablehnen. Si e ist dann wissenschaftlicher Behand ­ lung entzogen . Ein e solch e Positio n is t wede r i m vorhegende n noch , soweit ich sehe, in vergleichbaren Fälle n in der Literatur vertreten worden. Die vielen Behauptungen über »frühere« un d »jetzige« Konjunkturverläuf e erweisen i m übrigen , da ß di e Autoren Vergleich e i m Prinzi p fü r möglic h halten, wen n si e si e i n de r Rege l auc h nich t au f Detailforschun g habe n stützen können. U m abe r die Ergebnisse diese r Studi e vor dem prinzipiel­ len Einwand , da s herangezogen e Materia l se i nicht s o gleichartig, u m di e angezielten Vergleiche zu ermöglichen, z u sichern, sollten sie etwas umfor ­ muliert werden . E s sollte nicht heißen , de r Nachkriegszyklu s se i regelmä­ ßiger al s de r Vorkriegszyklus , di e Trendabweichunge n seie n nac h 195 0 nicht wesentlic h größe r al s vo r 1914 . - Richtige r is t e s z u sagen : Da s vorliegende Material widersprech e solche n Behauptungen nich t - un d ande­ res Material se i zur Zeit nicht verfügbar. Wen n im folgenden Aussage n al s solche über historische Tatsachen formuliert werden , s o stehen sie von nun an ausdrücklich al s Abkürzungen fü r di e sonst manchma l etwa s umständ ­ licheren Formulierunge n übe r da s uns vorliegende Material . Nach diese n methodische n Vorbehalte n kan n nu n di e Prüfun g de s Materials fortgesetz t werden . Vergleich t ma n di e Wachstumsrate n de r Industrieproduktion i n der Bundesrepublik vo n 1950 bis 1974 mit denjeni ­ gen Wachstumsraten , di e sic h aus Schätzunge n Rol f Wagenführs zu r Indu ­ strieproduktion i m 19 . un d beginnende n 20 . Jahrhundert errechne n las ­ sen23, erkenn t ma n wiederu m di e größer e Regelmäßigkei t de r zyklische n Schwankungen i n de r Nachkriegszei t (sieh e Abbildun g 4) . I m Schwan ­ kungsbild vo r 191 4 erscheinen zwa r i m große n un d ganze n auc h periodi ­ sche Bewegungen, si e treten aber weniger kla r hervor. Ein e Häufung vo n

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StatBA, Bevölkerun g un d Wirtschaft 1872-1972 , Stuttgar t 1972 , S . l76f ; Bevölkerun g un d Wirtschaft, Langfristig e Reihe n 1871 bis 1957 für das Deutsche Reich und die Bundesrepublik Deutschland, Stuttgar t 1958 , S . 46 ; WiSta 1975/9 , S . 558 . Es wurde n kein e statistische n Maß e berechnet , d a di e Wachstumsratenreih e fü r 195 1 ff. trendbehaftet ist .

Abb. 4: Wachstumsrate n de s Index de r industrielle n Produktio n Schrumpfungen de r industriellen Produktion hat es im 19. Jahrhundert nu r in der Gründerkrise gegeben , abe r seither ware n bi s zum 1 . Weltkrie g nu r drei Jahre mi t schrumpfende r Industrieproduktio n nachweisbar , nämlic h 1892, 190 7 und 1908 . Sieht ma n von der Gründerkrise ab , scheint auch die Schwankungsintensität i n de r Vorkriegszei t nich t größe r al s in de r Nach ­ kriegszeit gewese n z u sein. Di e Zwischenkriegszeit erweis t sic h wiederu m als ein völli g irreguläre r Fall 24. Glücklicherweise sin d wi r i n de r Lage , nich t nu r di e möglicherweis e zweifelhaften Wachstumsrate n vo n Nettosozialproduk t un d Industriepro ­ duktion langfristi g vergleiche n z u können , sonder n auc h au f di e Ur ­ sprungszahlen de r mengenmäßig erfaßte n Produktio n einige r industrielle r Bereiche un d Zweig e eingehe n z u können . Dabe i stell t sic h heraus , da ß zahlreiche Industriezweig e wede r i n de r Vorkriegs - noc h i n de r Nach ­ kriegszeit ei n de m allgemeine n Konjunkturverlau f entsprechende s regel ­ mäßiges Muste r vo n Schwankunge n de r Wachstumsrate n aufweisen . I n den beide n Fällen , i n dene n die s noc h a m eheste n s o ist , nämlic h be i de r Roheisenproduktion un d de r Stahlproduktion , gib t e s fü r de n Vergleic h erstaunliche Resultate . 82 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

1871-1913: W . G . Hoffinann , Da s Wachstum ... , S . 353f . 1920-1974: StatBA , Bevölkerun g un d Wirtschaf t 1872-1972 , S . 18 1 f.; Stl b 1975 , S . 247 . 1871-1913: Durchschnitt!. = Wachstumsrat e 6, 3 v . H. = Varianz 97, 8 = Vanationskoeffizient 1, 6 1951-1974: Durchschnitt! = . Wachstumsrat e 5, 5 v.H . = Varianz 10 5 = Variationskoeffizient 1, 9

Abb. 5 : Wachstumsrate n de r Roheisenproduktio n Die Eisenkonjunktur de r Nachkriegszei t (sieh e Abbildung 5) , dargestell t anhand de r Wachstumsrate n de r Roheisenproduktion , zeig t gleichmäßig e Zyklen, di e ziemlic h gena u de m entsprechen , wa s i n Abbildun g 1 al s »klassischer Konjunkturzyklus « beschrieben worde n ist . Demgegenübe r ist da s Bil d i n de r Vorkriegszei t wei t wenige r durc h regelmäßig e Zykle n charakterisiert. Woh l prägen sic h die zwei Krise n 190 1 und 190 8 auch aus, aber insgesam t wir d ma n hie r ehe r vo n eine m »Wachstumszyklus « spre ­ chen können . Nu r nebenbe i se i wiede r au f di e Absonderlichkei t de r Schwankungen i n de r Zwischenkriegszei t hingewiesen . Noc h eindrucks ­ voller scheine n di e Merkmal e de r Stahlkonjunktu r (sieh e Abbildun g 6 ) einen »Wachstumszyklus « i n der Vorkriegszeit z u erkennen z u geben un d einen »Konjunkturzyklus « i n de r Nachkriegszeit . Di e Abbildunge n bele 83 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Berechnuneen nach : 1871-1913: W . G . Hoffmann , Da s Wachstum . . . . S . 353f . 1951-1974: StatBA , Bevölkerun g un d Wirtschaft 1872-1972 , S . 183 ; StJB 1975 , S . 247 . 1871-1913: Durchschnitt! = . Wachstumsrat e 6, 8 v.H . = Varianz 60, 1 = Variationskoeffizient 1, 2 1951-1974: Durchschnitt!. = Wachstumsrat e 5. 7 v.H . = Varianz 76, 3 = Variationskoeffizient 1, 5

Abb. 6 : Wachstumsrate n de r Stahlproduktio n gen, da ß di e Streuun g de r Wachstumsrate n i n de r Nachkriegszei t größe r gewesen is t al s in de r Vorkriegszeit 25.

III Hat e s demnac h de n »klassische n Konjunkturzyklus « vo r 191 4 nich t gegeben? Sin d di e Abbildunge n i n de n Lehrbücher n falsch , di e di e »frü ­ here« un d di e »heutige « Konjunktu r ähnlic h gegenüberstellen , wi e da s oben i n Abbildun g 1 geschehen ist 26? Jedenfalls läß t sic h di e Existenz de s »klassischen Zyklus « nich t i n de r For m bestätigen , wi e da s viel e Wirt ­ schaftswissenschaftler annehmen , fü r di e stellvertretend Kur t W . Rothschild zitiert sei : »I m klassische n Zyklu s wa r di e Frag e de r Schwankunge n eindeutig beantwortet : ma n unterschie d zwische n Zeite n zunehmende r und abnehmende r Produktion.« 27 Da ß di e Tatsachenbehauptung zweifel ­ haft ist , ergib t sic h au s de m zuvo r Ausgeführten . Abe r e s läß t sic h auc h zeigen, da ß man seinerzeit die Unterscheidung de r Konjunkturphasen nicht 84 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

in de r Weis e vorgenomme n hat , wi e ma n nac h Rothschil d vermute n sollte28. Eine genauere Durchsicht der Schriften bis in die vierziger Jahre des 20. Jahrhunderts erweist , da ß da s Konjunkturphänome n i n de r Rege l anders beschriebe n worde n ist . Zwa r zeichnet e Arthu r Spiethof f seine n »Musterkreislauf« i n de r bekannte n Weise , di e vie l Ähnlichkei t mi t de r Schemazeichnung i n Abbildun g 1 links obe n hat (sieh e Abbildung 7) , aber Spiethoff hat kein e Koordinate n eingetragen 29. Woh l wir d ma n vo n link s nach recht s di e Zei t abtrage n dürfen ; abe r wa s vo n unte n nac h obe n z u lesen ist, läß t Spiethof f offen. Da s Bild ist ihm ein Abstraktum, ein e Vision des Begriff s Konjunktur , zusammengesetz t au s zahlreiche n Urteilen 30.

(1. Niedergang , 2 . erster Anstieg, 3 . zweiter Anstieg, 4 . Hochschwung, 5 , Kapitalmangel , 6 . Krise, 10 . Ubergipfelung de s vorausgegangenen Hochschwungs )

Abb. 7 : Graphisch e Darstellun g de r Wechselstufe n nac h A . Spiethof f Ganz gewiß stünd e be i Spiethof f auf der Ordinate , gäb e es eine, niemal s die Produktion . Al s gewissenhafte r Forsche r ha t e r sich nämlich auc h mi t den z u seine r Zei t verfügbare n Zeitreihe n de r Produktio n verschiedene r Wirtschaftszweige befaßt , is t abe r z u de m Ergebni s gekommen , da ß si e nicht mi t seine m Wechsellagenschem a übereinstimmen . S o is t Spiethof f womöglich noc h bestimmter , al s e s zuvo r obe n formulier t worde n ist , wenn er sagt: »Vielfac h ist die Stockung aus der deutschen Gütererzeugun g kaum oder gar nicht abzulesen. «31 Es wäre somit nicht im Sinne Spiethoffs ­ und übrigens auch nicht Joseph Schumpeters32 -, seine m Bild insbesondere in der Phase des Niedergangs die spätere Vorstellung vo n Schwankungen des Niveaus de r gesamtwirtschaftliche n Produktio n ode r de r Produktio n i n der Mehrhei t de r Industriezweig e z u unterlegen 33. Die frühere n Konjunktu r forscher34 orientierte n sic h wenige r a n de r Produktion un d meh r a n Preisen , Börsenkursen , Spekulationswellen , Gründungsaktivitäten, Wertpapieremissionen , Kreditklemmen , Massie ­ rungen vo n Zusammenbrüchen , Kreditzinsen . Au s dieser Traditio n is t es zu verstehen , da ß noc h di e Konjunkturbaromete r de s Harvard-Institut s und de s Berline r Institut s fü r Konjunkturforschun g i n de n zwanzige r Jahren Zinssätze , Börsenkurs e un d Güterpreis e z u de n hervorragende n

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Konjunkturindikatoren rechneten , wen n auc h scho n vo n Spiethoj f und anderen das gleichsam nur Symptomatische dieser Preisbewegungen belegt worden war. Woh l hob Spiethojf in seinen Ablaufschemata die regelmäßig auftretende »Überproduktion « hervor , di e ein Ergebnis der vorhergehen­ den spekulativen Investitionswelle sein sollte. Aber der Begriff »Überpro­ duktion« dar f nicht dahingehend mißverstanden werden, als hätte sich der hiermit bezeichnete Zustand nur durch Produktionseinschränkung beseiti ­ gen lassen 35. Es is t seh r wichti g z u erkennen , da ß di e Autoren , di e frühe r vo n Konjunkturen sprachen , Sachverhalt e i m Aug e hatten , di e ma n i n de s Wortes genauester Bedeutun g »i m Auge« haben , d . h. unmittelbar beob­ achten konnte und die auch die wirtschaftenden Zeitgenosse n am eigenen Leibe verspürten . Zinssätz e wurde n gezahlt , Wertpapier e wurde n emit ­ tiert, Preis e wurden notiert , Unternehmunge n wurde n gegründet , Kon ­ kurse hat es sichtlich gegeben - un d alle diese Ereignisse ließen sich relativ leicht erkennen , zähle n un d statistisc h komprimieren . Zwische n de m statistischen Bil d un d de m Eindruc k de r Geschäftswel t ga b e s kau m Unterschiede. Seit dem 1. Weltkrieg habe n Wirtschaftsstatistik un d Wirtschaftstheori e aber ein e eigentümlich e Entwicklun g genommen . Spätesten s sei t de n dreißiger Jahren gal t di e Aufmerksamkeit de r Wirtschaftstheoretiker un d der Wirtschaftsstatistiker quantitative n Vorstellunge n vo n Gesamtgröße n wie etw a de m Volkseinkommen, dere n fiktiver Charakter unverkennba r ist36. Die Daten der sogenannten »Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung « werden j a ers t vo n Wirtschaftstheoretiker n un d Wirtschaftsstatistiker n produziert. Si e existieren nicht außerhalb der Vorstellungswelt derjenigen, die sie berechnen oder gemäß bestimmten Regeln wissenschaftlich verwer ­ ten. Da s is t be i eine m einzelne n Preis , be i eine m Zinssat z ode r de m Nennwert de r Akti e anders . Zinsen , Preise , Produktionsmenge n vo n Unternehmen gehörten, lange bevor sich die Wissenschaft mit ihnen befaßt hat, zu m Funktionieren eine r Wirtschaft. Da s Sozialprodukt, da s Preisni­ veau und ähnliche Größen, mi t deren Hilfe wir heute gesamtwirtschaftli ­ che Bewegunge n beschreibe n un d dere n Verknüpfungszusammenhäng e Gegenstand de r moderne n Wirtschaftstheori e sind , kan n ma n nich t de r Funktionsebene der Wirtschaft selbst zurechnen - wen n man nicht berück­ sichtigen müßte , da ß di e neue n ökonomische n Begriff e un d di e neue n wirtschaftlichen Theorie n inzwischen ein e enorme Geschichtsmächtigkei t erhalten haben, di e sie in den Rang von sozialen Tatsachen erhebt. I n der Hand de r Regierende n sin d si e meh r un d meh r z u eine m wichtige n Element ihres Herrschaftswissens geworden . Si e sind heute entscheidende »Fakten« i m Legitimationszusammenhan g vo n staatliche n Bürokratien , verbandlichem Handeln und demokratischer Willensbildung. S o berichten Massenmedien über die gesamtwirtschaftliche Lag e und ihre voraussichtli­ che Entwicklung mi t Begriffen , di e dieser Wissenschaftssprach e zugehö 86 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Berechnungen nach : StatBA, Bevölkerun g un d Wirtschaf t 1872-1972 , S . 24 7 un d WiSta , versch . Jahrgänge. E s wurden kein e statistische n Maß e berechnet , d a dies e durc h stark e Ausreiße r i n de n Jahren 1951 f. verzerr t werden .

Abb. 8 : Wachstumsrate n de s Preisindex de r Grundstoffpreis e ren. Ohne Zweifel spielt heute die ermittelte Wachstumsrate des Sozialpro­ dukts in politische n EntScheidungsprozesse n un d fü r di e Handlungen vo n privaten Wirtschaftende n ein e Rolle . Es ist ein e offene Frag e für de n Historiker, o b er legitimiert ist , früher e Konjunkturen mi t Hilf e de r heutige n Begrifflichkei t un d de r heutige n Analysenelemente z u erfasse n - un d o b e r berechtig t ist , au f di e heutig e Konjunktur di e Vorstellunge n frühere r Konjunkturforschun g anzuwen ­ den. Wei l diese Frage aber noch nicht untersucht ist, soll hier nun auch der Versuch unternomme n werden , anhan d de r folgenden Abbildunge n Cha ­ rakteristika hervorzuheben , di e be i de r frühere n Beschäftigun g mi t Kon ­ junkturen meh r beachtet worden sind als die oben vorgestellten Zeitreihe n der gesamtwirtschaftliche n Produktion , de r industrielle n ode r de r Bran ­ chenproduktion. In Abbildung 8 sind die Änderungsraten eine s Preisindex der Grundstoff ­ preise erfaßt , als o eine s gewogene n Durchschnitt s vo n Preise n fü r Kohle , 87 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Berechnungen nach : A. Desai , Rea l Wage s i n German y 1871-1913 , Oxfor d 1968 , S . 117 . StatBA , Bevölkerun g und Wirtschaft 1872-1972 , S . 250; Lange Reihen 1974 , S . 133 ; Stjb 1975 , S. 448 (für l950ff. : 4-Personen-Arbeitnehmerhaushalte mi t mittlerem Einkommen de s alleinverdienenden Haus ­ haltsvorstandes). Es wurden keine Streuungsmaße ermittelt, d a sowohl in Vor- als auch Nachkriegszeit Trend s in den Wachstumsratenreihen vorherrschen .

Abb. 9 : Wachstumsrate n de s Inde x de r Lebenshaltungskoste n Eisen, Textilrohstoffe , Hol z und ähnliche Materialien. Hie r nun finden wir ein Bil d de s Konjunkturzyklu s de r Vorkriegszei t mi t vergleichsweis e ähnlich starken Ausschlägen nach oben wie nach unten. I n der Nachkriegs­ zeit gab es wohl 1951 in der Koreahausse eine große Störung und stellt auch das Jahr 197 3 al s Ergebni s vo n Erdölschoc k un d Weltrohstoffhauss e ein e Abweichung vo m Übliche n dar , i m wesentliche n ha t e s in de n fünfzige r und sechziger Jahren aber nur relativ gering e Schwankungen gegeben . Da s scheint de r Bewei s fü r de n »klassische n Konjunkturzyklus « z u sein 37. Abbildung 8 kann aber nicht zum Beweis dafür dienen , da ß damit schon die verbreitete n Vorstellunge n übe r ei n rhythmische s Au f un d A b de r Preise bestätig t worde n seien . Di e Grundstoffpreise sin d vielmeh r damal s (wie später ) konjunkturel l besonder s beweglic h gewesen . Fü r de n Preis ­ index de r Lebenshaltun g gil t nich t da s gleiche. Abbildun g 9 verwertet de n besten verfügbaren Preisinde x der Lebenshaltung fü r die Vorkriegszeit vo n Ashok Desai38 und später die amtlichen Indices der Lebenshaltungskosten 39. Wir erkennen in der Vorkriegszeit kein e regelmäßige Abfolge vo n Anstie­ gen und Senkungen des Preisniveaus der Lebenshaltung. Bi s in die neunzi­ ger Jahre finden wi r entsprechen d de m generelle n Preistren d häufi g Sen -

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kungen de r Lebenshaltungskoste n - abe r e s sin d auc h di e Phase n de s Anstiegs seltener . Un d sei t de n ausgehende n neunzige r Jahren findet ma n wiederum, sieh t ma n vo n 191 3 ab , kei n Jahr mi t sinkende n Lebenshal ­ tungskosten. Auc h ein Konjunkturzyklus is t in diesen Änderungsraten de s Preisindex de r Lebenshaltun g kau m auszumache n - ander s al s i n de r Nachkriegszeit, w o zwar die jährlichen Schwankunge n insgesamt geringe r sind, abe r di e Zyklizitä t de s Schwankungsbilde s doc h hervortritt 40. Es verdien t allerding s hervorgehobe n z u werden , da ß auc h di e früher e Konjunkturforschung wiederu m nich t behaupte t hat , da ß di e Preis e schlechthin gemä ß de m Konjunkturverlau f schwanke n sollten . W , C . Mitchell un d A . Spiethof f ware n zu m Beispie l übereinstimmen d de r Ansicht, da ß allenfall s di e Preis e de r Grundstoff e un d Investitionsgüte r (Güter de s mittelbare n Verbrauchs ) ein e leidlic h gut e Übereinstimmun g mit de m Wechsellagenrhythmu s vo r de m 1 . Weltkrieg aufweisen , hinge ­ gen nich t di e Preise de r Konsumgüter. Spiethof f ist wünschenswer t deut ­ lich: »Au s de r Gesamtpreisbewegun g (Allgemeine s Preisniveau ) Deutsch ­ lands di e Wechsellage n abzulesen , dürft e schwerlic h möglic h sein.« 41 Nein, nebe n einige n Kapitalmarktindikatore n wa r de r Konjunkturindi ­ kator Spiethoff s de r Eisenverbrauch , als o di e Summ e vo n Eisenerzeugun g und Einfuhren abzüglic h der Ausfuhren42. Ic h stehe nicht an, diesen Kunst­ griff genial zu nennen, den n mit Hilfe des Eisen Verbrauchs suchte Spiethof f die für de n Konjunkturverlauf seiner Meinung nac h beherrschende Größe, nämlich di e Schwankunge n de r Investitionsaktivität , z u erfassen, di e man seinerzeit nich t messe n konnte 43. Lang e nac h Spiethof f is t e s inzwische n dank de r Schätzunge n de r volkswirtschaftliche n Nettoinvestitione n durc h W. G . Hoffman n möglich , de n Nachweis zu erbringen, da ß die Unterstel ­ lung Spiethoff s i m große n un d ganze n woh l richti g war 44 . Weil wi r au f diese Weise einen langfristigen Vergleic h anstelle n können , der i m Sinn e Spiethoff s ei n relevante s Konjunkturphänome n zu m Gegen ­ stand hat, soll nun die Entwicklung de r volkswirtschaftlichen Investitione n im Verhältni s zu r Entwicklun g de s Sozialprodukt s verfolg t werden , wi e sie sic h i n de r Größ e de r sogenannte n Investitionsquot e ausdrück t (sieh e Abbildung 10) . Die Investitionsquote mißt , wi e gro ß der Anteil de r für di e Vergrößerung un d Verbesserun g de r Sachvermögensausstattun g verwen ­ deten Güterwert e a n de r Gesamtsumm e alle r verwendbare n Güte r ist . Spiethoff un d ander e habe n sinngemä ß behauptet , da ß diese r Antei l i m Aufschwung steige n un d i m Abschwun g sinke n müsse . Abbildun g 1 0 bestätigt dies e Vermutungen. I n der Vorkriegszeit ha t es einen ausgepräg ­ ten Wechsel von Phasen steigender und sinkender Investitionsquoten gege ­ ben. Fas t noch mehr als in den zuvor gezeigten Abbildungen kommt in der vorliegenden di e Besonderhei t de r Zwischenkriegszei t zu m Ausdruck . Selbst i n de n Jahren höchste r Investitionsaktivitä t wurde n di e höchste n Investitionsquoten de r Vorkriegszei t nich t erreicht 45 - un d di e Minim a lagen wei t unte r dene n de r Vorkriegszeit , j a 193 1 un d 193 2 bo t sic h da s

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Berechnungen nach : 1870-1938: W . G . Hoffmann , Da s Wachstum . . . , S . 825f . 1950-1974: StatBA , Lang e Reihe n 1974 , S . l44ff. , Stl b 1975 , S . 50 8 und 519. 1870-1913: Durchschnittsquot e = (anthmet. Mittel ) 12, 9 v.H . = Varianz 7, 2 = Variationskoeffìzient 0, 2 = 1950-1974: Durchschnittsquot e 17, 5 v.H . = Varianz 4, 9 = Variationskoeffìzient 0, 1

Abb. 10 : Nettoinvestitionsquote n Schauspiel eine s Abbaus des Volksvermögens. E s wurde mehr konsumier t als erzeugt . In de r Nachkriegszei t fäll t nich t nu r da s i m Durchschnit t seh r hoh e Niveau de r Investitionsquote n auf . I m Vergleic h mi t de r Vorkriegszei t finden wi r zunächs t auc h ein e gewiss e Bestätigun g fü r di e Ansicht , e s sei eine Verstetigung de r Bewegung eingetreten . Di e Streuung de r jährlichen Werte um einen Durchschnitts- oder Trendwert ist absolut und noch mehr prozentual geringe r al s vo r 1914 . Abe r die s änder t sic h nac h 1965 ! Di e Schrumpfungen de r Investitionsquote vo n 196 5 bis 196 7 und von 197 2 bis 1975 sind mit denen der Vorkriegszeit durchaus vergleichbar. 197 5 sank die Nettoinvestitionsquote au f 9, 6 v.H. , somi t au f ein e Größe , di e vo r de m 1. Weltkrie g letztmali g i n de n frühe n neunzige r Jahre n unterschritte n worden ist 46. Stünde meh r Rau m zu r Verfügung , müßt e hie r noc h genaue r au f di e zentralen Wirkungskräft e de s Konjunkturgeschehens eingegange n werde n und wär e auc h di e folgend e Abbildun g 1 1 ausführlicher z u kommentieren ,

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Berechnungen nach : 1871-1938: W . G . Hoffhtann . Da s Wachstum ... , S . 827f . 1950-1973: SVR , Jahresgutachten 1974 , S . 22 9 bzw. 233 . 1974: Stl b 1975 , S . 50 8 und 519. 1871-1913: Durchschnittl = . Wachstumsrat e = Varianz = Variationskoeffizient 1950-1974: Durchschnittl = . Wachstumsrat e = Varianz = Variationskoeffìzient

3, 364, 5, 4, 203, 3

5 v.H . 7 5 7 v.H . 8

Abb. 11 : Wachstumsraten de r Nettoinvestitione n i n konstanten Preise n

in de r nu n di e Wachstumsrate n de r Nettoinvestione n veranschaulich t werden. Doc h mu ß e s genüge n darau f hinzuweisen , da ß entgege n alle n Vorurteilen übe r de n glättende n Einflu ß de r vielfach beschriebene n neue n Umstände de r Nachkriegskonjunktu r di e reale n Investitione n sei t 195 0 gewiß nich t wenige r rhythmisc h schwankte n al s vor 191 4 - un d es zeigen sich i n de r Vor - un d in de r Nachkriegszei t regelmäßi g auc h Schrumpfun ­ gen, mi t Ausnahm e de r ersten Rezessio n nac h 195 0 (1954). Auc h sind die Amplituden de r Schwankunge n nac h de m 2 . Weltkrie g nich t augenfälli g geringer gewese n al s vor dem 1 . Weltkrieg , währen d di e Zwischenkriegs­ zeit völli g au s de m bekannte n Bewegungsmuste r herausfällt .

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StatBA, Bevölkerun g und Wirtschaft 1872-1972 , S . 214; versch. Stjbb für die Bundesrepublik Deutschland. Es wurden keine statistischen Maße berechnet, d a die Nachkriegsreihe stark trendbehaftet ist .

Abb. 12 : Kursniveau börsennotierte r Aktie n (Durchschnittswerte )

Wichtiger is t es noch, u m das Anliegen der vergleichenden Konjunktur ­ forschung z u erfüllen, eine n Blick in jenes Umfel d de r Investitionstätigkei t zu werfen , da s die Zeitgenossen vo r 191 4 vo r alle m fesselte , wen n si e die periodische Erscheinun g de r Krise n beobachteten : di e Bewegun g a n de n Finanzmärkten, vo r alle m de r Volumin a de r Geldkapitalbildun g au f de m Wege de r Wertpapieremission , di e Veränderun g de r Kurs e de r Wertpa ­ piere und der Verzinsung de r verschiedenen Kredite . Au s der Fülle der uns hier in relativ gute r Qualität zu r Verfügung stehende n Materialie n werde n im folgende n nu r wenig e Indikatore n vorgestellt . Das Aktienkursniveau gal t vor dem 1 . Weltkrieg al s wichtiger Indikato r für di e reale Wirtschaftsentwicklung un d für di e Stimmungen de r Kapital­ nachfrager un d Kapitalanbieter . Di e Abbildun g 1 2 vermittel t eine n gute n Eindruck vo n dem , wa s ma n sic h unte r de r wellenförmige n Konjunktur ­ bewegung de r Vorkriegszeit vorzustelle n hat , di e wir i n den Produktions­ zahlen s o ausgepräg t nich t finde n konnten . Da s Au f un d A b de r Aktien ­ kurse ist vor 191 4 unverkennbar. E s bedarf keiner besonderen statistische n Methode, e s hervorzubringen. Auc h stimmt es im Zeitablauf recht gut mit dem Verlau f de r Schwankunge n de r Nettoinvestitionsquote n überein . Nach 195 0 ist da s Bil d komplizierter , zuma l sic h hie r konjunkturell e un d strukturelle Bewegunge n star k überlagern . Nac h de m Krieg e bedurft e e s

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Berechnungen nach : StatBA, Bevölkerun g un d Wirtschaft 1872-1972 , S . 214 ; DBBk, Monatsbench t 1975/11 , S , 51*. Es wurden kein e Maße ermittelt , d a die Streuungsunterschied e eviden t sind .

Abb. 13 : Änderungen de r durchschnittliche n Umlaufsrendite n festverzinslicher Wertpapier e erst einige r Zeit , bi s de r Aktienmark t wiede r funktionsfähi g war , s o daß wir di e frühe n fünfzige r Jahr e woh l au s de r Betrachtun g ausschließe n können. Abe r von den späten fünfziger Jahren an beobachten wir Schwan ­ kungen de s Aktienkursniveaus, wi e wi r si e in den letzten 10 0 Jahren sonst nur noc h zweima l erkenne n können , nämlic h i n de r Gründerzei t un d de r Gründerkrise und in der Weltwirtschaftskrise. E s verdient Hervorhebung , daß wir dennoc h nicht von »Börsenpaniken « i n der Nachkriegszeit hören , wie da s i n de r Zwischenkriegszei t un d auc h i n de r Vorkriegszei t be i zu m Teil wesentlic h geringere n Einbrüche n a m Aktienmark t wiederhol t de r Fall gewese n ist . Die Rendite der Aktien (durchschnittlich e Dividende in v. H. des durch­ schnittlichen Kursniveaus ) hat sich im Verlauf von fast 40 Jahren zwische n 1875 und 191 3 nur i n de m enge n Ban d vo n 1 5 Prozent u m eine n Durch ­ schnittswert verändert , währen d die Aktienrendite i n den zurückliegende n

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20 Jahren sei t 195 5 in de r Bundesrepubli k Schwankunge n vo n 4 0 Prozent um den Durchschnitt aufwies 47. Gemesse n an den Indikatoren Aktienkurs ­ niveau un d Aktienrendit e is t di e Entwicklun g i n de r Nachkriegszei t als o weit wenige r steti g verlaufe n al s in de r Vorkriegszeit . Die gleiche Beobachtung macht man, wen n ma n die Veränderungsrate n der Rendite der festverzinslichen Wertpapiere , als o von Staatsanleihen un d Pfandbriefen verfolg t (sieh e Abbildung 13) 48 . De n regelmäßigen, jedoch i n den Amplitude n verhältnismäßi g geringfügige n Änderunge n de s soge ­ nannten langfristige n Zinssatze s i n de r Vorkriegszei t stehe n i n de r Nach ­ kriegszeit hektisch e Schwankunge n gegenüber , di e i n Prozentpunkte n ausgedrückt dreima l s o gro ß sin d wi e vo r 1914 . Nu r i n de r Zwischen ­ kriegszeit waren die Ausschläge noch größer, doc h wird neuerlich erkenn ­ bar, da ß ein Vergleich unserer Nachkriegszeit nur mit der Zwischenkriegs­ zeit di e hochinteressante n Erfahrunge n de s »freie n Zyklus « de r Finanz ­ märkte vor 191 4 mit ihrer große n Stabilitä t au s dem Blickfeld ausschließt . Alles in allem kann man zwar hinsichtlich de r genannten Konjunkturin ­ dikatoren alte r Ar t nich t i n gleicher Weis e bestimmt leugnen , da ß sich di e Nachkriegsfluktuationen verstetig t haben . Da s Bild is t hier komplizierter . Beispielen fü r ein e Verstetigun g (z.B . be i de n Grundstoffpreisen ) stehe n andere gegenüber , denenzufolg e di e Entwicklun g i n de r Nachkriegszei t weit wenige r steti g verlief , mi t sichtlic h größere n Amplitude n de r Schwankungen (s o bei de n Preise n a n den Finanzmärkten) . IV Wenn auch schon die Feststellung solche r Tatsachen wichtig ist , s o kann man nicht auf die Frage verzichten, wi e man solche Befunde z u deuten hat. Wie scho n z u Begin n angekündigt , könne n a n diese r Stell e nu r einig e Hinweise rech t spekulative n Charakter s gegebe n werden . Für di e zum Schlu ß hervorgehoben e Destabihsierun g de r Kreditmärkt e darf man wohl vor allem die Wirtschaftspolitik, insbesonder e die Geldpoli­ tik de r Zentralbank , verantwortlic h machen . Wen n di e geldpolitisch e Lenkungsstelle i n de r Nachkriegszei t eine n Aufschwun g dämpfe n wollte , so suchte sie die Zinssätze über das Maß dessen hinaus zu erhöhen, wa s am Kreditmarkt ohnehi n i m Aufschwun g einzutrete n pflegt . Wollt e si e einen Abschwung bremse n ode r eine n Aufschwun g anregen , s o sucht e si e di e Zinsen unte r da s Ma ß desse n z u drücken , wa s de r Mark t hergab . Zwa r zielte di e Zentralban k zunächs t au f de n Mark t fü r kurzfristig e Kredite 49, aber die dortigen Zinsreaktionen beeinflußte n i n der Regel auch den Markt für längerfristig e un d langfristig e Papiere . I m Ergebni s führt e da s z u heftigen Schwankunge n de r Kurswerte de r Wertpapierbestände . Es ist bemerkenswert, da ß eine Politik, di e man heute mit Blic k au f das Ziel de r Sicherun g de r Beschäftigung un d der Eindämmung de s Preisauf94 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

triebs »Stabilitätspolitik« nennt , notwendigerweise eine gesteigerte Instabi­ lität i n eine m andere n Sekto r de r Wirtschaft , hie r be i de r Bewertun g de r Geldvermögen un d ihrer Erträge impliziert. Währen d sich die Besitzer von Staatspapieren un d Pfandbriefe n vo r de m I. Weltkrieg darau f verlasse n konnten, da ß di e mögliche n Kursverlust e ihre r Papier e praktisc h ni e de n jährlichen Ertra g diese r Papier e überstiegen - weshal b sie ja al s ›mündelsi cher‹ galte n -, is t dies in der Zwischenkriegszeit ander s geworden. Un d in der Nachkriegszei t is t hieri n kein e Rückkeh r z u frühere n Verhältnisse n eingetreten. Aber de r Hinwei s au f di e besonder e Roll e de r Wirtschaftspolitik , vo r allem de r Geldpolitik , kan n selbstverständlic h nich t al s Antwor t au f di e Frage nac h de r eigentümliche n Destabilisierun g de r Kapitalverhältniss e genügen. Di e Erklärung wär e zu vordergründig »technisch« . Ma n muß als Historiker doc h fragen , waru m sic h ein e Wirtschaftsgesellschaft, di e vo n zahlreichen Persone n noc h heute al s »kapitalistisch « bezeichne t wird , ein e so beträchtlich e Destabilisierun g de r Kreditpreis e un d de r Vermögens ­ werte gefalle n läß t - j a vielfac h noc h mehr : waru m si e si e erwarte t un d unterstützt? Ma n kan n sic h schwer vorstellen, welch e Reaktionen sic h vor 1914 auf Wertänderungen de r Geldvermögen eingestellt hätten, wi e wir sie in de r Nachkriegszei t wiederhol t erleb t haben . Immerhi n ga b e s vor 191 4 noch ein e breit e Schicht vo n »Kapitalisten« , d.h . vo n Besitzer n vo n Geldvermögenswerten, vo n »Rentiers« , fü r di e die Einkünfte au s Kapital­ anlagen wesentlich e Existenzgrundlag e gewese n sind . Nu n haben die erste und di e zweit e Inflatio n i n de r deutsche n Geschicht e de s 20. Jahrhunderts gewiß daz u beigetragen , da ß di e Interessente n a n dieser Ar t de r Stabilitä t von Einkünfte n wenige r geworde n sin d und daß ihre Wünsche im Vertei ­ lungskampf angesichts geschwundener Mach t als weniger dringlich gelten . Aber i n andere n Länder n de r westliche n Welt , i n dene n e s vergleichbar e Entwertungen de s Geldvermögen s i n Inflatione n nich t gegebe n hat , kan n man tendenziel l ähnlich e Entwicklungen de r Destabilisierung de r Wertpa ­ piervermögensbewertungen un d de r Zinssätz e i n de r Nachkriegszei t i m Vergleich zu r Vorkriegszei t beobachten . Eine allgemeinere Antwort muß , so scheint mir, einerseit s im prinzipiel­ len Strukturwande l de r westliche n Wirtschaftsgesellschafte n gesuch t wer ­ den und andererseits in der Erfahrung de r Risiken de r Zwischenkriegszeit . Dies zu veranschaulichen, is t die Abbildung 1 4 besonders geeignet. Si e zeigt die Bewegun g de r Arbeitslosenquoten , sowei t wi r si e statistisc h erfasse n können. Di e Zeitreihen sin d wiederum hinsichtlic h de r Erhebungstechni k nicht voll vergleichbar. Beispielsweis e beruhen die gezeichneten Arbeitslo­ senquoten vo n 188 7 bi s 193 1 au f Erhebunge n de r Gewerkschafte n unte r ihren Mitglieder n un d von 193 0 an auf amtlichen Erhebungen der Arbeits­ ämter. Abe r wie groß immer di e möglichen Fehlerspielräum e sei n mögen , ist doc h unstrittig , da ß da s Nivea u de r Arbeitslosenquote n i n de r Zwi -

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1887-1938: B . R. Mitchell . European Historical Statistic s 1750-1970. London 1975 . S. l67ff . 1950-1971: StBA , Bevölkerun g un d Wirtschaft 1872-1972 , S . 148 . 1972-1974: DBBk , Statistisch e Beihefte zu den Monatsberichten, Reih e 4 (eigene Berechnun­ gen au s vierteljährliche n Arbeitslosenquoten) . Es wurden kein e Maße berechnet, d a die Reihen star k trendbehafte t sind .

Abb. 14 : Arbeitslosenquote n schenkriegszeit mi t Ausnahme der Inflationsjahre z u Beginn de r Weimare r Republik un d der letzten Jahre vor dem II. Weltkrieg wei t höher war als in der Vorkriegszeit un d daß das Niveau de r Arbeitslosenquote i n der Nach ­ kriegszeit nac h Abbau de r strukturellen Arbeitslosigkeit , di e vor allem au f die Kriegszerstörungen un d den Zustrom von Vertriebenen un d Flüchtlin ­ gen zurückzuführen war , i n der Bundesrepublik nich t nur weit unte r de m der Zwischenkriegszei t blieb , sonder n i m ganze n vermutlic h auc h unte r dem der Vorkriegszeit. Wen n auch die Aussagen über den Niveauvergleic h mit einige r Unsicherhei t behafte t sind , relati v gu t gesicher t is t di e Tatsa ­ che, da ß die Beschäftigung vo r 191 4 noch stärker konjunkturell schwankt e als in de r Nachkriegszeit 50. Angesichts der Tatsache, da ß wir ähnlich deutliche Unterschiede bei der gesamtwirtschaftlichen Produktio n nicht bemerken konnten, heg t es nahe, die Stabilisierung de r Beschäftigung i n der Nachkriegszeit ehe r auf andere Umstände als auf eine besonders erfolgreiche Politi k de r Stabilisierung de r Produktion zurückzuführen . Abe r dies e komplex e Frag e is t bislan g noc h

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zu weni g untersucht , al s da ß scho n bestimmt e Urteil e gewag t werde n können51. Tatsach e bleibt , da ß das allgemeine Publiku m - un d das heißt auch: di e Wählerschaf t - dan k eine r hohe n Suggestio n de r Politike r wi e auch zahlreicher Wirtschaftswissenschaftler da s Ergebnis geringer Arbeits­ losigkeit weitgehen d de r Wirtschaftspoliti k un d nich t de r »Normalisie ­ rung« i m Sinn e der Beseitigung de r Hemmungen de r Zwischenkriegszeit und andere n automatisc h wirkende n wirtschaftliche n Kräften , etw a de r generellen Verknappung der Arbeitskräfte im Vergleich zu den Kapitalbil­ dungsmöglichkeiten be i anhalten d hohe m technische n Fortschritt , zu ­ schreibt. Der Schock der Weltwirtschaftskrise is t so oder so einer der Fixpunkte für die Deutung der Nachkriegswirtschaftsentwicklung. Seithe r war Voll­ beschäftigung da s unbestritten dominierende Ziel, wo immer Gefahr gese­ hen wurde , da ß e s verletzt werde n könnte . I n einer Gesellschaft , i n de r mehr al s 7 0 Prozen t de r Erwerbstätige n Arbeitnehme r sind , di e wei t überwiegend nich t i n der Landwirtschaf t beschäftig t sin d und in Städte n leben, werden Beschäftigungsrisiken ander s eingeschätzt als in noch wenig entwickelten Gesellschaften, i n denen nur die Minderheit der Bevölkerung von solchen Risike n bedroh t wird . Da s trägt zu r Erklärung bei , weshal b 1966/67 in der Bundesrepublik beim Anstieg der Arbeitslosigkeit auf etwas über 2 Prozent im Jahresdurchschnitt nac h einer Periode von sechs Jahren, in de r dies e Quot e unte r 1 Prozent gelege n hat , di e politisch e Ordnun g gefährdet schien und heftige Maßnahmen zur raschen Konjunkturbelebung ergriffen worden sind - währen d weit größere Schwankungen der Arbeits­ losenquote vor 1914 nicht als politisches Problem empfunden worden sind. Damals ware n e s noc h di e verhältnismäßi g geringe n Veränderunge n a n den Finanzmärkten, die hier stattfindenden »Krisen « und »Paniken«, denen die Aufmerksamkei t de r Zeitungsberichterstattun g un d de r Konjunktur ­ forscher vo r alle m galt . Ma n könnt e gleichsa m symmetrisc h fortfahren : Die ungleich größere Unstabilität der Bewertungen an den Finanzmärkten findet demgegenübe r i n de r Nachkriegszei t jene s gering e Ma ß a n Auf ­ merksamkeit, da s vor 191 4 die Arbeitslosigkeit gefunde n hat . Der Vergleic h de r Abbildunge n 13 un d 14 veranschaulicht bedeutend e Veränderungen i n unsere r Wirtschaf t un d Gesellschaf t i m Verlau f de r letzten 90 Jahre. Darau s ist aber zugleich die Erkenntnis abzuleiten, da ß es nicht ein Maß der Stabilität gibt, das für jegliche Epoche gilt. In verschiede­ nen Epochen der neueren Wirtschaftsgeschichte gib t es offensichtlich ver ­ schiedene Vorstellunge n vo n Stabilitä t un d Unstabilitä t un d möglicher ­ weise imme r eine n »trade-off« , ein e notwendig e Kompensatio n durc h Instabilität in irgendeinem Sekto r des interdependenten Systems , wenn in anderen Sektoren Stabilität herrschen soll. Diese Instabilität wird allerdings meist verdrängt. So ist e s wohl auc h z u erklären , waru m nich t nu r i n de r öffentliche n Meinung, sonder n auch unter den Wirtschaftswissenschaftlern di e Vorstel97 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

lung verbreite t ist , di e Nachkriegsentwicklun g se i zumindes t bi s i n di e siebziger Jahre wesentlic h stetige r verlaufe n al s »früher« . Da s wa r s o bi s 1975 mi t Bezu g au f da s inzwische n aufgewertet e Zie l Vollbeschäftigung . Aber hinsichtlich zahlreicher anderer bedeutender Variablen gilt es nicht, es sei denn , ma n verkürz e de n Vergleic h au f di e Gegenüberstellun g vo n Zwischenkriegszeit un d Nachkriegszeit . Das für de n Historiker Überraschend e - ode r sagen wi r e s vorsichtiger : Problematische - is t da s relati v kurz e Gedächtni s alle r Beteiligten . E s scheint durc h di e Entwicklun g de r letzte n Jahrzehnte bestätigt , da ß sic h Theorien un d Politiken , auc h gesellschaftlich e Normen , i n alle r Rege l a n jungen Erfahrunge n orientieren , un d dabei vielfach di e Gefahr bedeutende r Fehlschätzungen de r aktuelle n Lag e heraufbeschwore n wird . S o stan d i n der Weltwirtschaftskris e 1929-193 3 de n Verantwortliche n i n Deutschlan d noch da s Schicksa l de r Hyperinflatio n un d ihre s schlimme n Ende s vo r Augen, wa s möglicherweise z u falschen Reaktione n un d zur Verschärfun g der Kris e beigetrage n hat . I n de r Nachkriegszei t empfande n Theoretike r wie Politike r e s vo r alle m al s ihr e Aufgabe , ein e Wiederholun g de s grauenvollen Schicksal s de r Weltwirtschaftskris e un d ihre r politische n Folgen zu verhindern. Da ß man hierbei die Risiken vermutlich überschätz t und mi t Kanone n nac h Spatze n geschosse n hat , wurd e i n de n siebzige r Jahren deutlich , nachde m ma n sah , da ß di e verwendeten Waffe n (di e zum weltweiten Inflationsproze ß führten ) nich t meh r rech t einsatzfähi g ware n und di e Entwicklung de s Inflationsprozesses unvermeidlic h mi t krisenhaf ­ ten Folge n abgestopp t werde n mußte . Möglicherweis e wäre , wen n di e Wirtschaftspolitiker i n de n westliche n Industriestaate n sic h darau f beschränkt hätten , di e politische n Hemmunge n de s zwischenstaatliche n Handels zu beseitigen, di e in der Zeit zwischen de n Weltkriege n installier t worden sind , un d etlich e ander e strukturell e Reforme n zu r Erleichterun g der »Selbststeuerungskräfte « durchzusetze n (di e e s tatsächlic h gegebe n hat), da s konjunkturelle Schicksa l s o oder s o in de n glattere n Bahne n de r Vorkriegszeit un d nich t i n dene n de r Zwischenkriegszei t verlaufen . Ob dami t eine r i n jüngster Zei t vo n Milto n Friedman , Kar l Brunne r und anderen ausgesprochene n Vermutung , e s sei ga r nich t de r privat e Sektor , welcher fü r di e Nachkriegskonjunkturschwankunge n vo r alle m verant ­ wortlich ist , sonder n di e zwa r Stabilitä t anzielende , abe r i n Wirklichkei t Instabilität erzielend e Politi k de r Regierungen , Unterstützun g au s de m historischen Vergleic h erhalte n könnte , is t ein e zwa r höchs t dringlich e Frage, abe r si e kan n hie r nu r noc h gestellt , nich t beantworte t werden 52. Immerhin verdien t e s Hervorhebung , da ß de r vo n staatliche r Aktivitä t weitgehend unbeeinflußt e Konjunkturzyklu s vo r 191 4 i n Deutschlan d ebenfalls ei n Wachstumszyklu s gewese n ist , desse n Ausschläg e nac h oben und nac h unte n jedenfall s nich t di e Vorstellun g rechtfertigen , »früher « seien di e Konjunkturzykle n unvergleichlic h heftige r i n de n Amplitude n verlaufen al s in der Nachkriegszeit. Unte r bestimmte n Aspekte n erschein t 98 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

eher die Entwicklung i n der Nachkriegszeit unstetig gewesen zu sein - un d im große n un d ganze n verlie f si e nac h 195 0 wei t deutliche r nac h eine m zyklischen Muste r al s vo r 1914 .

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6. Trend , Zyklus , Strukturbrüche , Zufälle : Was bestimmt di e deutsch e Wirtschaftsgeschicht e des 20. Jahrhunderts ? Als eine r de r vie r Referente n zu m Generalthem a »Sich t de r Geschichte : Prozeß und Plan - Ereigni s und Epoche?« habe ich die Aufgabe übernom­ men, anhan d vo n Materialie n de r deutsche n Wirtschaftsgeschicht e de s 20. Jahrhunderts über Schwierigkeiten z u berichten, Geschicht e richtig zu sehen.* Ich hoffe zeigen zu können, daß von den verschiedenen Perspekti­ ven, unter denen sogar ein und dasselbe Material betrachtet werden kann, recht weitgehend e Unterschied e de s Urteil s übe r bestimmt e historisch e Phänomene, ja Ereignisse abhängen. Dabei sollen auch einzelne Sachfragen erörtert werden, abe r zur Hauptsache geht es im folgenden u m Probleme der Sich t de r Geschichte , nich t u m di e Darstellun g de r deutsche n Wirt ­ schaftsgeschichte u m ihrer selbst willen. I Am Anfang soll ein Zitat die Schwierigkeiten beleuchten, di e ein Histo­ riker hat , welche r di e wirtschaftlich e Entwicklun g i m 20 . Jahrhundert beschreiben und deuten will. Ma n könnte viele ähnliche Zitate finden. Das ausgewählte ist dem eindrucksvollen Werk von David Landes »Der entfes­ selte Prometheus. Technologische r Wande l und industrielle Entwicklun g in Westeuropa vo n 175 0 bis zur Gegenwart« entnommen . Lande s formu­ liert: »E s ist keine leichte Aufgabe, di e Wirtschaftsgeschichte de s 20. Jahr­ hunderts z u schreiben . Den n einerseit s is t si e un s noc h z u nah e un d andererseits stell t si e i m Vergleic h zu r Period e glückliche r Ruh e i m 19. Jahrhundert ei n Durcheinande r dar . . . Di e Geschicht e jeder Volks ­ wirtschaft Europa s entsprach (im 19. Jh., K . B.), mutatis mutandis, weit ­ gehend einer Ar t idealen Modells der Modernisierung. Da s Leitmotiv ist der Prozeß der industriellen Revolution. Das zwanzigste Jahrhundert ist im Gegensatz dazu eine Wirrnis von unerwarteten Verwicklungen , Katastro ­ phen, Improvisatione n un d künstliche n Aushilfen«. 1 Lande s sieh t di e Hauptschwierigkeiten de s Historikers offenba r darin , da ß es im 19 . Jahr­ hundert wohl ein Leitmotiv gegeben habe, welches man der Ordnung des Stoffes zugrundelege n konnte , da ß e s abe r fü r di e Zei t nac h 191 3 ei n solches nicht meh r zu geben scheint. 100 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Was Landes für die europäische Wirtschaftsgeschichte allgemei n formu­ liert, gil t gewiß umso mehr für die deutsche Wirtschaft: Erste r Weltkrieg, Nachkriegsinflation, kurz e Erholung , Weltwirtschaftskrise , NS-Wirt ­ schaft vor dem Krieg, Zweiter Weltkrieg, Zerfal l des Reiches, Besatzungs­ regime - ein e Kette von Katastrophen und Einbrüchen scheint mindestens den Abschnitt vo n 1914 bis etwa 194 9 unvergleichbar mi t dem vorherge­ henden Jahrhundert z u machen. Darübe r hinaus kompliziert sic h für uns die Frage noch dadurch, da ß wir nicht sicher sein können, o b es über die verschiedenen territoriale n Veränderunge n hinweg , vo r alle m übe r di e Teilung von 1945/49, eine Identität des Erkenntnisobjekts »deutsche Wirt­ schaftsgeschichte« gegebe n hat . Di e Teilun g is t schließlic h nich t darau f hinausgelaufen, ein e Zufallsstichprobe au s dem alten Deutschen Reich zu ziehen, welch e gemä ß de n Gesetze n de r Wahrscheinlichkei t meh r ode r weniger strukturgleic h mi t dem vorhergehenden größere n Ganze n gewe­ sen wäre . Abe r diese gewiß wichtig e Spezialfrag e sol l hie r nicht genauer behandelt werden . Mi t andere n Autore n entscheid e ic h mic h dafür , di e Wirtschaft de r Bundesrepubli k Deutschlan d i n wesentliche n Züge n al s historischen Nachfolger der Wirtschaft im Deutschen Reich anzusehen, so daß langfristige Betrachtungen prinzipiell als sinnvoll gelten sollen. Freilich erfordern si e vielfach di e Korrektur statistische r Ursprungsdaten , u m die Vergleichbarkeit i n de r Zei t überhaup t ers t herzustellen . Unvermeidlic h sind damit Veränderunge n verbunden , dere n Gewicht in der Regel kaum abzuschätzen ist . Schon in Abb. 1 , mit deren Hilfe veranschaulicht werden soll, warum D. Landes es so schwierig fand , di e wirtschaftliche Entwicklun g i m 20. Jahr­ hundert unter ein Leitmotiv zu stellen, wir d die intertemporale Vergleich­ barkeit mi t Hilf e zahlreiche r statistische r Operatione n teilweis e bedenkli­ chen Charakter s hergestellt 2. E s handel t sic h u m ein e Kurve , di e di e Entwicklung de s Nettosozialprodukts (bei Ausschaltung vo n Änderungen der Preisniveaus ) j e Einwohne r i m jeweiligen Territoriu m anzeigt . S o messen wi r gewöhnlic h Wachstumsprozesse , wa s immer ma n gege n die Verwendung des Maßes »Sozialprodukt« al s Wohlstandsindikator einwen­ den kann 3. Inde m da s Sozialproduk t durc h di e jeweilige Einwohnerzah l dividiert wird , korrigier t ma n auc h eine n große n Tei l derjenige n Niveausprünge, di e durc h Gebietsänderunge n Zustandekomme n - wen n auch nicht alle solche Effekte4. Wei l es in unserem Zusammenhang darauf ankommt, Wachstumsgeschwindigkeite n z u vergleichen , is t ein e beson­ dere Darstellungsfor m gewählt . Au f de r Ordinat e is t nich t de r üblich e Maßstab abgetrage n (mi t gleiche n Abstände n de r Zahle n 100 , 200 , 300 ) sondern ein logarithmischer Maßstab. Damit stehen immer die Vielfachen im gleichen Abstand, also z. B. 100 , 200, 400, 800 oder 3, 6, 12 , 24. Wann immer Zahle n sic h verdoppeln (ode r verdreifachen. . .) , haben sie in der Zeichnung den gleichen vertikalen Abstand voneinander. Au f diese Weise kann ma n Änderunge n de s Wachstumstempo s eine r Wirtschaf t leich t 101 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Abb. 1 : Nettosozialproduk t i n konstante n Preise n je Einwohne r i n de n jeweiligen Gebietsgrenzen des Deutschen Reiches und der Bundesrepublik ausmachen: j e flacher di e Kurv e verläuft , ums o langsame r wuch s di e Wirtschaft; je steile r di e Kurve verläuft , ums o schneller wuch s di e Wirt ­ schaft. Nach diese n Vorbemerkunge n nu n zu m Bil d selbst . E s zeigt : Wa s immer über die »Große Depression der Bismarckzeit« ode r die verschiede­ nen Krise n vo r 191 4 z u sage n wär e un d wi e bedeuten d si e eine m i m speziellen Kontex t vo n Probleme n de r Vorkriegsperiod e erscheinen , di e Entwicklung wir d bi s 191 3 doch im ganze n beherrsch t vo n der durchge­ henden Bewegun g wirtschaftliche n Wachstums . E s gib t ein e beherr ­ schende Tendenz dieser Epoche, und man ist geneigt, sie durch eine gerade Linie zu markieren. Ganz anders da s Bild nac h 1913 . Ja, zunächs t gib t e s nicht einma l ein Bild. Von 1914 bis 1924 klafft ein e Lücke, weil es für den Ersten Weltkrieg und die Inflationsjahre un d das Stabilisierungsjahr 192 4 keine Informatio­ nen über das Sozialprodukt gibt , di e mit de m vor 191 4 gemessenen ver­ gleichbar wären 5. 192 5 setzt ein kurzer Zeitabschnitt ein, für den es wieder vergleichbare Informationen gib t - abe r die Kurve hat jetzt eine n neuarti­ gen Bewegungsablauf, au f den wiederholt zurückzukommen ist. Vo n den ausgehenden dreißige r Jahren bi s 194 9 klafft wiederu m ein e Lücke . Di e amtliche Statistik de r Bundesrepublik beginn t ers t 195 0 mit Jahreszahlen. Und nu n scheint e s einen dritten Abschnit t de r deutschen Wirtschaftsge 102

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schichte de s 20 . Jahrhunderts z u geben , mi t eine m zuvo r ni e erlebte n raschen Anstieg de s Sozialprodukts je Einwohner. Es sind die Probleme der Charakterisierung jedes dieser Abschnitte und der historischen Zuordnung der drei Zeitabschnitte zueinander, die Gegen­ stand de r folgende n Bemerkunge n sei n werden . Daz u brauche n wi r zunächst nicht die vier Begriffe des Oberthemas der Sektion (Prozeß, Plan, Ereignis, Epoche) sondern die im Thema des Referats genannten Begriff e »Trend«, »Zyklus« , »Strukturbruch« , »Zufall« . Anders als die Begriffe des Oberthemas, di e scheinba r i n eine r gewisse n Beliebigkei t definier - un d austauschbar sind , sin d di e Begriff e de s Unterthemas stren g aufeinande r bezogen, so daß jeder einzelne nur aus seinen Beziehungen zu den anderen verstanden werde n kann . Di e Begriff e bezeichne n nämlic h verschieden e Aspekte, verschiedene Schichten der Betrachtung ei n und desselben histo­ rischen, hier : statistische n Materials , da s ma n vielleich t al s Dokumen t dessen ansehen kann, wa s im Oberthema »Prozeß « heißt . Unter eine m Tren d verstehe n wi r di e durchgehend e Tenden z eine r Zeitreihe, di e ihr e Kraf t au s eine m langfristi g wirksame n Ereigni s gewinnt6. I n Abb. 1 könne n wir eine solche durchgehende Tendenz in der Bewegung vo n 185 0 bis 191 4 und nac h 194 9 recht deutlic h ausmachen , ohne hierzu besondere statistische Verfahren der Zeitreihenzerlegung nötig zu haben. Wie schon erwähnt, könnten wir durch die Werte des Zeitraums 1850-1913 eine glatte Kurve legen, die wir als Trend bezeichnen wollen. Es wäre der Trend einer wachsenden Wirtschaft . Die tatsächlichen historischen Werte liegen meist nicht genau auf dieser glatten Kurve, denn der reine Wachstumsprozeß ist natürlich eine Fiktion, weil auc h ander e Bewegunge n mitspielen . Wen n wi r abe r einma l vo n dieser Fiktion ausgehen und Jahr für Jahr die Abweichungen des tatsächli­ chen Wertes vo n den ermittelten glatte n Trendwerten berechne n und die Abweichungen als Prozentsätze der glatten Trendwerte ausdrücken, erhal­ ten wi r ein e Zeitreih e vo n relative n Abweichungen . I n Abb . 2 is t die s veranschaulicht7. Hie r haben wir jetzt eine andere Perspektive: gleichsa m die Geschichte ohne Wachstum. E s regieren »Zyklus « un d »Zufall« . Unter Zykle n verstehe n wi r solch e konjunkturelle n Bewegungen , di e im Verlauf einer längerfristigen wirtschaftliche n Entwicklun g al s regelmä­ ßige ausgemacht werden können, di e sich - wen n auch nicht genau in der gleichen Weise - wenigsten s dem Muster nach wiederholen, wobe i unter­ stellt wird , da ß di e Phase n irgendwi e gesetzmäßi g un d nich t zufälli g aufeinander folgen 8. Bekanntlich ist die Ansicht verbreitet, daß die kapitali­ stische Entwicklun g notwendi g ein e zyklisch e sei . Of t is t die s negati v bewertet worden ; abe r e s sin d dafü r auc h positiv e Deutunge n möglich , weil nämlich alle komplexen Regelsysteme Niveauänderungen nie in völli­ ger Stetigkei t de r Entwicklun g de r Regelungsgröße n aufweisen . Woh l versuchen Wirtschaftspolitike r inzwischen , i n Marktwirtschafte n di e Schwingungen im Ausmaß zu dämpfen; aber wo Schwingungen zu r Me103 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Abb. 2: Abweichungen der tatsächlichen Werte des Nettosozialprodukts zu konstanten Marktpreise n j e Einwohne r i n v . H. de s errechnete n Trend ­ wertes, Deutsche s Reic h un d Bundesrepubli k Deutschlan d

chanik de s wachsende n Gesamtsystem s gehören , kan n ma n si e nicht gan z ausschalten9. Es is t nu n allerding s ein e bislan g noc h imme r rech t offen e Frage , i n welchem Ausmaß die abgebildeten Trendabweichungen vo r 1914 und nach 1949 auf die beiden i n ihnen enthaltenen Komponenten , di e regelmäßige n Konjunkturzyklen un d das, was ich einstweilen noch den »Zufall « genann t habe, aufgespalte n werde n können . I m Grund e is t di e Bezeichnun g »Zufall« fü r de n Historike r nich t rech t akzeptabel , den n de r Begrif f suggeriert di e Vorstellung, ma n könne nichts über die Ursachen aussagen . Vielfach sin d abe r Ursache n durchau s z u erkennen : Kriege , Mißernten , Währungswirren, groß e Streikbewegungen, innenpolitisch e Krisen, Grün ­ dung größere r Wirtschaftsblöck e etc . Dies e Ereignisse sin d ja i m strenge n Sinne vielfac h nich t »zufällig « sonder n durchau s erklärbar. Gemein t is t in unserem Zusammenhang vielmehr , da ß Bewegungen, di e wir hie r »zufäl ­ lig« nennen , wede r dem Trendmuster noch dem Zyklenmuster zugeordne t werden, somi t ihr e Erklärun g nich t i n generalisierende n Prozeßmodelle n finden. Si e sin d »irregulär « un d bedürfe n deshal b jeweils spezielle r Erklä ­ rungen, wi e auc h ihr e Wirkunge n speziel l erklär t werde n müssen . Auc h sind si e im Rahme n de s betrachtete n Modell s nich t vorhersehbar . Das Wor t »irregulär « is t i n diese m Zusammenhan g rei n vo n de r For ­ schungsstrategie he r zu verstehen und bedeutet natürlich nicht, da ß wir die so beschriebene n Erscheinunge n fü r unziemlic h halten . Geschicht e is t ei n mixtum compositum von Regularitäten und Irregularitäten. Un d die Frage nach de m Antei l de r reguläre n (d.h . generelle r Erklärun g zugänglichen ) und de r irreguläre n (d.h . jeweil s gan z spezielle r Erklärun g bedürftigen ) Umstände gehör t z u de n schwierigste n Frage n de r Wirtschaftsgeschicht e

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wie jeder historische n Teildisziplin . I m übrigen is t di e Frage, wa s ma n zu den Regularitäte n un d wa s ma n z u de n Irregularitäte n rechne n sollte , ni e ein für alle Mal zu entscheiden, sonder n beantwortet sich je im Rahmen der speziellen Fragestellungen . Fü r den einen Analysenausschnit t (wi e etwa i n unserem Fall e wirtschaftliche Entwicklung ) könne n wir unte r Umstände n Ereignisse al s irregulä r behandeln , di e i n eine m andere n Ausschnit t Ele ­ ment generalisierende r Prozeßerklärunge n sind . In einem spezielle n Erklärungskontex t häng t freilic h vie l davo n ab , wi e man die Gewichtsverteilung vornimmt . Au f der Bochumer Tagung »Indu ­ strielles Syste m un d politisch e Entwicklun g i n de r Weimare r Republik « faßte zum Beispiel Alan S. Milward die Übereinstimmung de r versammel­ ten Historiker über den Entwicklungstyp de r Weimarer Zeit so zusammen, daß er ausschloß , ma n könn e den Zeitraum de r Weimarer Republi k unte r dem Aspek t »Wachstum « betrachten 10. E r meinte, di e meisten Historike r bevorzugten sicherlic h den Aspekt »Zyklus« . Doc h liegt das Problem nicht nur darin, i n dieser Zeit zwei verschiedene Arten einer regulären Entwick ­ lung z u bestimmen , sonder n z u fragen , o b wi r i n de r Weimare r Zei t überhaupt ei n Bewegungsmwste r identifiziere n können . Nich t jede s Au f und A b is t ja Zyklus . Möglicherweis e müsse n wi r da s Konglomera t vo n beobachteten Bewegunge n vorzugsweis e de r irreguläre n Komponent e zuweisen un d anstell e vo n Mustererklärunge n zahlreich e speziell e Gründ e finden - un d da s gäb e woh l de m politische n Elemen t eine n andere n Stellenwert, al s ihm für die Einzelbewegungen i m Rahmen nationalökono ­ mischer Trend - un d Zyklusanalyse n sons t zukommt . Wenden wi r un s wiede r de r Abb . 1 zu , s o finde n wi r jedenfall s i m Bewegungsmuster a b 195 0 un d vo r 191 4 wei t meh r Regelmäßigkei t al s zwischen 192 5 un d 1938 , un d Abb . 2 gibt un s fü r di e Nachkriegszei t a b 1950 eine weiter e Bestätigung . Di e Turbulenz de s ganzen Zeitraum s 191 4 bis 1949 scheint hingegen nur die Art kleingehackter Wirtschaftsgeschicht e zuzulassen, di e schon in den Kapitelüberschriften unsere r Lehr- und Hand­ bücher zu m Ausdruc k kommt : Erste r Weltkrieg - vie r Jahre; anschließen d fünf bi s sech s Jahre bi s zu r Stabilisierun g de r Mark ; ein e kurz e Zei t de r »goldenen Zwanziger « - fün f Jahr e etwa ; di e groß e Kris e - vie r Jahre ; reichlich 6 Jahre NS-Wirtschaftsgeschicht e vo r de m Krieg ; 6 Jahre NS Wirtschaftsgeschichte i m Krieg ; j e nachde m dre i ode r vie r Jahr e Nach ­ kriegswirtschaft unte r der Besatzungshoheit. . . und dann wieder der lange Atem de r Geschichte , di e wenigstens ein e Generation i m Zusammenhan g erscheinen läßt . Wei l nun abe r Trend, Zyklu s un d irreguläre Komponent e (Zufall) nu r verschieden e Element e sind , i n di e wir ein e konkret e histori ­ sche Bewegung (hie r des Sozialprodukts) aufspalten, u m sie in unterschied­ licher Weis e z u erklären , kan n ma n de n wirtschaftliche n Verlau f keine r Periode erfassen , inde m ma n von eine m dieser Elemente absieht. U m sich - wi e da s Milwar d fü r di e Weimare r Zei t naheleg t - vo r alle m mi t de m 105 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Zyklus beschäftige n z u können, mu ß ma n zuvor vo n der Trendbewegun g absehen. U m abe r vo m Tren d absehe n z u können , mu ß ma n ih n ers t einmal diagnostizier t haben ! Un d u m ih n diagnostizieren z u können, mu ß man ei n Bil d vo m historische n Ablau f in seine n intertemporale n Bezüge n haben, als o wei t meh r al s nu r ein e Period e überblicken . E s is t di e i m folgenden z u erläuternde These , da ß di e periodenspezifische n Eigenheite n auch kleine r Zeitabschnitt e nich t erfaß t werde n können , wen n ma n nich t ein Bild vo m langfristigen Ablau f hat. We r vom »Wirtschaftswunde r nac h dem Zweite n Weltkrieg « sprich t ode r di e Zei t vo r 191 4 al s ein e solch e »glücklicher Ruhe « zitiert , we r »golden e Zwanziger « beschreib t ode r vo n der »Stagnatio n de r Zwischenkriegszeit « handelt , bring t zumindes t unbe ­ wußt Visione n de s Gesamtprozesse s i m 20 . Jahrhundert in s Spiel . Al s Wissenschaftler wolle n wi r abe r unbewußt e Bilde r nich t akzeptieren , wi r müssen übe r si e vernünfti g diskutiere n können .

II Wenn i n diese m Abschnit t dre i verschieden e Möglichkeite n vorgestell t werden, di e längerfristig e wirtschaftlich e Entwicklun g Deutschland s i m 20. Jahrhundert in einem Gesamtbild zu erfassen, s o geschieht das nicht um seiner selbs t wille n un d um di e eine oder andere Vorstellung al s richtig z u begründen. Vielmeh r sol l vorgeführ t werden , da ß wi r rech t verschieden e Möglichkeiten haben , di e langfristig e Bewegun g z u sehe n un d entspre ­ chend di e Erklärungsgewicht e zwische n de n einzelne n Komponente n Trend, Zyklu s un d Irregularitä t z u verteilen 11. Das Material, welche s interpretiert werde n soll, is t in allen drei Fällen die Zeitreihe des Nettosozialprodukts je Einwohner , di e auch Abb . 1 zugrun­ deliegt. Insbesonder e solle n institutionell e Faktoren , als o etwa di e Verän ­ derung de r konkreten Wirtschaftsordnungen , hie r auße r Betrach t bleiben . Es ist ja di e Absicht, di e Sicht zu verändern und nicht auch den Stoff. Wen n man ständig zwischen den Materialien wechselt, is t es ohnehin wahrschein ­ lich, da ß man keinen Konsens hinsichtlich der Einschätzung vo n längerfri ­ stigen Prozesse n findet. I m folgenden sol l abe r gezeigt werden , da ß scho n bei dem gleiche n Materia l de r Konsens nicht au f der Hand liegt. Auc h di e Wirtschaftsgeschichte ist , trot z des Hintergrundes eine r scheinbar entwik ­ kelten Substanzwissenschaft , nich t unbeding t i m Besitz e grundsätzlic h besser gesicherte r Erkenntniss e al s zahlreich e ander e historisch e Teildiszi ­ plinen. Abe r vielleich t ha t si e de n Vorteil , di e Vielfal t de r Möglichkeite n schärfer z u bezeichne n un d di e Notwendigkei t de r Urteilsbildun g z u betonen12. Zu Ty p 1 . Abb . 3 veranschaulich t di e erst e Modellvorstellun g fü r di e Interpretation de r langfristige n wirtschaftliche n Entwicklun g Deutsch 106 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Abb. 3: Nettosozialprodukt i n konstanten Preisen je Einwohner und logarithmisch-linearer Trend , Deutsche s Reich und Bundesrepublik Deutschlan d lands im 20. Jahrhundert13. Ih r liegen drei Annahmen zugrunde: 1 . Es sei möglich, zwische n »normale n Bewegungen « un d »Störunge n de s wirt ­ schaftlichen Wachstums « z u unterscheiden. 2 . E s gebe in wirtschaftliche n Wachstumsprozessen eine Tendenz, nach Störungen wieder zur »Normali­ tät« zurückzukehren . 3 . Norma l se i auch im 20. Jahrhundert i n Deutsch­ land ei n langfristige r Wachstumsprozeß , wi e e r sic h i m 19 . Jahrhundert und bi s 191 3 abgespiel t hat . Di e übe r da s Jahr 191 3 hinaus gezeichnet e Kurve eines linearen Trends markiere die langfristigen Entwicklungsmög ­ lichkeiten, vo n dene n di e Realitä t - wi e ersichtlic h - übe r lang e Zei t abgewichen ist . Daß Störungen in Entwicklungsprozessen gleichsa m »verarbeitet « wer ­ den, s o da ß nac h einige r Zei t de r alt e Bewegungsty p wiederhergestell t wird, is t vo n Wirtschaftswissenschaftlern, unte r anderen scho n von John Stuart Mil l un d Willia m Stanle y Jevons , bereit s i m 19 . Jahrhundert behauptet worden ; seither gibt es gelegentliche Erwähnungen diese s Phä­ nomens. Vo r alle m ha t i n jüngerer Zei t de r Unga r Fran z Jánossy ein e solche Modellvorstellung fü r kapitalistische und sozialistische Länder glei­ chermaßen ausgebaut14. Weil es nicht möglich ist, hier auf die zugrundelie­ genden wirtschaftswissenschaftliche n Theorie n einzugehen , sol l da s Gemeinte anhand einer plausibel-erscheinenden Analogie erläutert werden. 107 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Allen Elter n un d Ärzte n is t bekannt , da ß Säuglinge , di e währen d eine r Krankheit a n Gewicht verlore n haben , nac h Beendigun g de r Krankhei t i n aller Rege l ein e Phas e rasche r Gewichtszunahm e durchlaufen . Si e ende t nun abe r nicht , wen n da s Gewich t au s de r Zei t vo r de r Krankhei t wiede r erreicht worden ist, sonder n erst dann, wen n auch das inzwischen möglich e Wachstum nachgehol t worde n ist . S o kann ma n Kurven zeichnen , di e das Wachstum vo r de r Krankhei t extrapolieren , un d wir d finden , da ß da s rasche Nach-Krankheits-Wachstu m ers t aufhört , wen n da s Gewicht i n die Nähe de r extrapolierte n Kurv e gelangt . Ers t dan n endet , wa s Jánossy di e »Rekonstruktionsperiode« nennt , is t di e »Störung « vol l verarbeite t un d beginnt wiede r ein e Period e »normale r Entwicklung« . Auf di e wirtschaftlich e Entwicklun g Deutschland s i m 20 . Jahrhundert übertragen, ergib t sic h au s diese m Model l fü r di e Interpretatio n de r Zei t seit 191 3 folgendes : Nac h de m Erste n Weltkrie g lieg t di e Kurv e de r tatsächlichen Entwicklun g noc h 192 5 tie f unte r de r Phantomkurv e de r »möglichen Entwicklung« . Noc h imme r ga b e s also , akzeptier t ma n da s Modell, ein e groß e Wachstumschance . Allerding s könne n wi r auc h nac h 1925 nicht di e für ein e »Rekonstruktionsperiode « typische n hohe n Wachs­ tumsraten de s Sozialprodukt s diagnostizieren . Nu r 192 6 un d 192 7 rage n heraus. 192 9 lag das Sozialprodukt je Einwohner zwar etwas über dem von 1913, abe r noch um 1 5 Prozent unter dem möglichen Wert , wi e er sich aus der Kurv e de r Möglichkeite n ergibt . Au f die Konsequenze n diese r Beob ­ achtung fü r di e Einschätzun g de r Entwicklun g i n de r Weimare r Zei t is t später noc h etwa s ausführliche r einzugehen 141. Scho n jetzt is t abe r woh l einsichtig, da ß man , wir d da s Model l vo m Ty p 1 akzeptiert, di e Aufgab e hat, speziell e Gründ e fü r ei n vergleichsweis e »unbefriedigende s Wachs ­ tum« i n de r Weimare r Zei t scho n bi s zu r große n Kris e z u suchen . - Di e Krise hat dan n die deutsche Wirtschaf t noc h einmal wei t zurückgeworfen . Umso größer war das Potential, da s die NS-Herrschaft 193 3 vorfand, den n nun gin g e s nich t nu r u m di e Überwindun g de s konjunkturelle n Rück ­ schlags, sonder n auc h u m de n Abba u de s akkumulierte n langfristige n Wachstumsrückstandes; die s wäre dann der Hintergrund fü r das, was man schon zeitgenössisc h ei n »Wirtschaftswunder « genann t hat 15. I n welche m Maße de r Zweit e Weltkrie g di e Entwicklun g verworfe n hat , is t mi t Hilf e der Sozialproduktstatisti k (wi e scho n nac h de m Erste n Weltkrieg ) nich t exakt zu erfassen. Obgleich , wi e insbesondere M. Man z und W. Abelshau ­ ser gezeig t haben 16, scho n vo r de r Währungsrefor m vo n 194 8 da s gesell ­ schaftliche Produk t je Einwohne r zugenomme n habe n muß , lieg t e s 1950, für welche s Jahr erst e amtliche Zahle n de r Bundesrepubli k zu r Verfügun g stehen, noc h weit unterhal b der Kurve de r fortgeschriebene n Möglichkei ­ ten. - Ander s al s nac h de m Erste n Weltkrie g entsprich t di e Entwicklun g nach de m Zweite n Weltkrie g dan n abe r de m Model l eine r Rekonstruk ­ tionsperiode, den n e s ga b ein e lang e Abfolg e vo n Jahren mi t seh r hohe n Wachstumsraten. 108 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Schließlich sollt e abe r einma l da s Nachholpotential aufgebrauch t sein , und die Kurve hätte in die der extrapolierten Wert e einschwenken sollen. In der Abb. 3 durchstößt aber die Kurve der tatsächlichen Werte um 1960 herum di e Trendkurve - un d das scheint de r Theorie einen bedenklichen Stoß zu geben. Aber es ist wohl noch zu früh, si e schon jetzt zu verwerfen. Man muß bedenken, daß nur geringfügige Änderunge n des Steigungswin­ kels de r Trendkurv e de n Schnittpunk t leich t u m ein e Reih e vo n Jahren verändern könne n un d da ß sowoh l unse r Datenmateria l wi e auc h di e Annahme de s Grundtrend s au s de m 19 . Jahrhundert s o gesicher t nich t sind, u m au s de m Verfehle n eine s spezielle n Jahre s scho n gleic h di e Ablehnung der gesamten Vorstellung zu begründen. Zudem erleben wir ja (1976) gerade eine Periode von durchschnittlich geringen Wachstumsraten; es könnte sein , da ß di e gesamtwirtschaftlich e Entwicklun g jetzt au f den Trend von oben her einkurvt, wie das auch nach 1873 der Fall gewesen ist. Jedenfalls ergib t sic h au s de m Gesagten , da ß vo r de m Hintergrun d de r Annahmen des Modelltyps 1 nich t nur die Periode 1914-1949 »unnormal« gewesen wäre , sonder n daß auch noch der größte Teil der Zeit nach dem Zweiten Weltkrie g ei n au f vorhergehende Störunge n zurückzuführende s (jetzt überdurchschnittlich rasches ) Wachstum gehabt hätte.

Abb. 4: Reales Sozialprodukt je Einwohner 1900-1970 , Schwede n 109 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Es ist , wi e scho n erwähnt , hie r nich t möglich , au f di e theoretische n Probleme, di e de n behandelte n Vorstellunge n zugrundeliegen , einzuge ­ hen163. Kritische r Kernpunkt ist selbstverständlich di e Annahme der lang­ fristig »normalen « Bewegung , di e Vorstellung gerad e dieses langfristigen Trends der Möglichkeiten, de r sich als logarithmisch-linearer Tren d dar­ stellt17. Daß ei n logarithmisch-lineare r Tren d zumindes t fü r einig e wichtig e Volkswirtschaften, dere n Entwicklung wi r ohne Lücken in den Zeitreihen überblicken können, eine realistische Hypothese ist, ma g als Plausibilitäts­ argument dafür verstanden werden, di e Vorstellung fü r Deutschland nicht von vornherei n abzuweisen . Abb . 4 veranschaulich t da s wirtschaftlich e Wachstum Schwedens , de m i m große n un d ganze n ein e solch e linear e Trendfunktion unterleg t werde n kann . Wi e ma n sieht , sin d di e starke n Abweichungen nac h unten i m Erste n Weltkrieg , i n der Weltwirtschafts ­ krise und (etwas) zu Beginn des Zweiten Weltkriegs durch rasche Aufhol­ phasen abgelöst worden 18. Zu Typ 2. Abb. 5 zeigt eine andere Vorstellung von der wirtschaftlichen Entwicklung Deutschland s im 20. Jahrhundert. Hie r wird die langfristige Entwicklung in Form einer Wellenbewegung abgebildet . Wei l die Wellen­ Kurve sich etwas besser an die (gestückelte) tatsächlich e Bewegung anzu ­

Abb. 5: Nettosozialprodukt in konstanten Preisen je Einwohner und lang­ welliger Trend, Deutsche s Reich und Bundesrepublik 110 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

passen scheint , könnt e ma n meinen , si e se i wenige r spekulati v al s di e vorher betrachtete Trendkurve. Aber das täuscht, denn auch hier muß man zahlreiche Unterstellungen machen , u m die Annahme einer solchen lang­ fristigen Bewegun g z u begründen 19. Tatsächlic h kan n ma n auc h rech t unterschiedliche Erklärunge n fü r ei n solches Wachstumsmuster mi t einer vorübergehenden endogene n Entwicklungsverzögerun g i m Mittelab ­ schnitt heranziehen. Wi r nennen im folgenden nu r zwei von ihnen. 1. Joseph Schumpeter und Leon Dupriez sind diejenigen Wirtschaftswis­ senschaftler, di e wohl a m nachdrücklichsten darau f bestanden haben, di e langfristige wirtschaftlich e Entwicklun g nich t al s eine n lineare n Wachs ­ tumspfad darzustellen , sonder n auc h di e langfristig e Bewegun g al s eine zyklische zu deuten - freilic h vo n Zyklen mit weit längerer Dauer als die Konjunkturzyklen20. Si e meinten, daß Innovationen, Investitionstätigkeit , Kreditausweitung un d ähnlich e Impuls e au s bestimmte n Gründe n ehe r schubweise kommen , s o daß es immer de n Wechsel vo n Phasen raschen Wachstums mit solchen langsameren Wachstums gegeben habe und geben werde. Was die Datierung betrifft, s o ist nicht entschieden, o b in Deutsch­ land da s Zusammentreffe n de s Beginn s de s Erste n Weltkrieg s mi t de m Beginn der Periode langsamer Fahrt ein Zufall ist; wir lassen das dahinge­ stellt. Der Zeitpunkt des Endes der langsamen Fahrt wird von den genann­ ten Autore n verschiede n bestimmt . Schumpete r nimm t ih n weltwei t fü r das Jahr 1932 an, Dupriez für 1945 21. Das Problem ist wiederum, wie man zwischen »Störungen « un d »Regularität« unterscheidet , wen n ein konkre­ ter Ablauf zu deuten ist. Für unsere Erkenntniszwecke ist an der Wellener­ klärung wichtig , da ß ihre Vertreter (nebe n den auch von ihnen gesehenen Störungen) ein e durchgehende regulär e Bewegung unterstellen , wen n sie die verschiedenen Wachstumsgeschwindigkeite n i m Verlauf des 20. Jahr­ hunderts erklären, un d sich hierfür auc h auf die Erfahrungen de s 19. Jahr­ hunderts stützen. 2. Das ist bei der folgenden Wellenhypothese etwas anders. Marxistische und nichtmarxistisch e Autoren , di e ei n au s de m Parteijargo n entlehnte r Sprachgebrauch heut e als »bürgerliche« z u bezeichnen liebt, habe n bereits nach dem Ersten Weltkrieg behauptet , di e Kraft de r kapitalistischen Ent ­ wicklung lass e nach, e s drohe die Stagnation 22. Di e Weltwirtschaftskris e schien einigen Stagnationstheoretikern nur Teilprozeß des Niedergangs des Kapitalismus, welch e Gründ e di e verschiedene n Autore n i m einzelne n auch nenne n mochten . Selbstverständlic h könnt e ma n mi t Hilf e vo n Stagnationstheorien nu r di e Phase der Verzögerung erklären , kein e Wel ­ lenbewegung. Tatsächlic h war die Verzögerung nicht das letzte Wort, wi e wir heut e wissen . Wi e ka m e s zu r Ablösun g de r Stagnationstendenze n durch neu e Aufschwungkräfte ? E s wär e möglic h .anzunehmen, da ß di e Erfahrung de r Stagnation , jader tiefe n Krise , vo m Syste m »verarbeitet « worden ist , s o da ß ei n durc h di e Kris e gewandelte s Wirtschaftssystem , 111 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

insbesondere dan k de r veränderten Roll e de s Staates , neuerlic h Wachstu m zu produzieren vermochte. Wi e in einem normalen Konjunkturzyklus nach verbreiteter Anschauun g di e Kris e di e Bedingunge n fü r de n neue n Auf ­ schwung un d dami t fortgesetzten Wachstum s setzt , s o wäre di e »säkular e Krise« al s Bedingun g fü r de n innere n Systemwande l z u verstehen , de r dann ebenfalls di e Fortsetzung de s (säkularen ) Wachstum s bewirkt . Aller ­ dings dürft e ma n ein e solche Vorstellun g nu r dan n i n die Wellenform de r Abbildung 5 integrieren , wen n ma n de n »gesetzmäßige n Wandel « de s Wirtschaftssystems mi t i n de n Kausalkomple x eingebau t un d de n institu ­ tionellen Wandel nicht allein der Komponente »Zufall « ode r »Irregularität « zugeordnet hat . Säh e ma n abe r i n de r gewandelte n Roll e de s Staates , vo n der al s Erklärungshypothes e gesproche n worde n ist , ei n völli g neues , au s dem Hypothesen-Syste m nich t endoge n erklärbare s Phänomen , müßt e man eher von einem Strukturbruc h sprechen . Dan n käme ein Modell vo m Typ 3 ins Spiel , da s sogleic h noc h z u erörter n ist . Zuvor sei aber noch angedeutet, welch e wichtigen Folgerunge n sic h aus der Hypothes e vo n de r Regularitä t de r Welle n fü r di e Interpretatio n einzelner Zeitabschnitt e nac h 191 3 ergebe n - insbesonder e i m Vergleic h mit de r Modellvorstellun g vo m Ty p 1 . I m zweiten Fal l wär e ma n gehal ­ ten, de m Ersten Weltkrieg un d der politischen un d wirtschaftlichen Nach ­ kriegsordnung ei n geringere s Erklärungsgewich t al s »Störfaktor « de s Wachstumsprozesses beizumessen . Entsprechen d geringe r wär e freilic h auch de r Erfolgsspielrau m fü r unterstellt e politisch e Aktione n gewesen . Mit Bezu g au f die NS-Zei t käm e e s insbesondere darau f an , o b ma n de n Umschwung 193 2 (mit Schumpeter ) ode r 194 5 (mit Dupriez ) ansetzt, wei l im erste n Fal l di e Nationalsozialiste n z u alle m andere n j a auc h durc h Trendfaktoren begünstig t gewese n wären , währen d i m zweite n Fal l de r tatsächliche Anstie g de s Sozialprodukt s nu r u m s o erstaunliche r sei n müßte, d.h . di e Erklärun g noc h stärke r au s Zyklu s un d Irregularitä t z u ziehen wäre . Zu Ty p 3. Wi r wende n un s nun de r dritten Modellvorstellun g z u (sieh e Abb. 6) . Si e ha t ein e gewiss e Ähnlichkei t mi t de r zweiten , wen n si e auc h prinzipiell andere s meint . Wi r sehe n keine n durchgehende n Trend , se i es einen geradlinige n ode r wellenförmigen . Vielmeh r erscheine n dre i ver ­ schiedene Trendkurve n mi t deutlic h markierte n Brüchen , di e bestimmt e Epochen scharf voneinander abgrenzen. Nac h der zugrundeliegenden Vor ­ stellung is t es unmöglich, ein e gemeinsame theoretisch e Erklärun g fü r de n längerfristigen Bewegungsablau f de s Gesamtzeitraum s z u entwickeln . Jeder Abschnitt wird al s ein eigener Entwicklungstyp mi t eigener »Gesetz ­ lichkeit« begriffe n - un d brauchte im übrigen weder in den Eckpunkten der Trendkurven zusammenzupasse n noc h jeweils de n gleiche n Funktionsty p (in unsere m Fal l handel t e s sich u m 3 Geraden) aufzuweisen . Das is t de r Augenblick , i n de m e s notwendi g ist , übe r de n Begrif f »Strukturbruch« z u sprechen. E r erscheint zwar im Thema, is t bisher aber 112 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Abb. 6 : Nettosozialproduk t z u konstanten Preise n je Einwohne r und gebrochene r logarithmisch-lineare r Trend , Deutsche s Reic h un d Bundesrepublik Deutschlan d nicht ausdrücklic h erwähn t worden . E r gehör t z u de n dre i andere n not ­ wendig hinzu , wei l - wi e jetzt ersichtlich ist - nu r mit Hilfe von »Struktur ­ vorstellungen« Entscheidunge n übe r di e Zulässigkei t vo n Trendforme n möglich sind 23. Wa s is t hie r unte r »Struktur « z u verstehen 24? In de n Wirtschaftswissenschaften beschreib t ma n vielfac h Wachstums ­ pfade und Konjunkturzyklen mi t Hilfe von mathematischen Gleichungssy ­ stemen, i n dene n unabhängig e un d abhängig e Variabl e erscheinen . Wi r reden i n Bezu g au f ei n einma l ermittelte s Gleichungssyste m vo n de r Struktur. Si e is t da s Konstante , da s Unveränderlich e be i de r Analys e de r betreffenden Periode , währen d sic h di e Variablenwert e selbstverständlic h ändern. Abe r natürlic h sin d die Strukturen nich t über alle Zeiten unverän ­ derlich. Si e beschreiben ni e jederzeit gültig e ökonomisch e Gesetze , son ­ dern sind zunächst auch nur von der Art » . . . e s gibt. . . « Un d so kann es sein, da ß ei n bestimmtes formalisierte s Beschreibungssystem , ei n Modell , die Bewegun g i n eine m bestimmte n Zeitabschnit t gu t beschreibt , fü r di e Bewegung i n eine m andere n Zeitabschnit t abe r nich t paßt . Un d fall s e s nicht gelingt , ei n Model l z u entwickeln, da s beide Abschnitte gemeinsa m befriedigend beschreibt , spreche n wi r vo n eine m »Strukturbruch « un d müssen fü r di e verschiedene n Abschnitt e jeweil s eigen e Modell e mi t eigener Struktu r entwickeln .

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Es hängt nu n imme r vo n de m z u Erklärende n un d de m Ausma ß de r Abweichungen ab , di e ma n noch hinnehme n möchte , o b man sich dazu entschließt, ein e Diskrepan z zwische n de n tatsächliche n Beobachtunge n von de m i m Model l Beschriebene n al s Zeiche n fü r eine n Strukturbruc h oder nur als zufällige, d, h. im Einzelfall erklärliche Abweichung zu deuten, die den Musterproze ß prinzipiel l nich t verändert . Dari n liegt ja auc h der Grund, weshal b hie r drei verschieden e Type n vo n Langfristmodellen fü r die Entwicklung i m 20. Jahrhundert vorgeführt werde n können, zwischen denen di e Entscheidun g nich t leich t ist . Selbstverständlic h komme n i m Wirtschaftsleben radikal e Brüche selten vor, wei l ja auch die tiefstgreifen ­ den Veränderunge n imme r noc h zahlreich e Größe n unveränder t lasse n bzw. nur geringfügig veränder n (Lage des Territoriums im Raum, Klima, Bodennutzungssysteme, Sprache , Kenntnisstan d de r Bevölkerung, Mass e des Anlagekapitals - selbs t nach den größten Zerstörungen, di e wir bisher kennen -, soziokulturell e Einstellungen, Kommunikationsnetze , Rechtsfi ­ guren etc. etc.). Doch klingt es plausibel, sowohl das Jahr 1914 als auch das Jahr 1945 mit zahlreichen anderen Autoren als Momente jeweils vergleichs­ weise gravierende r Einschnitt e festzumachen , wi e da s auc h i n Abb . 6 unterstellt wird . Auc h di e meiste n Wirtschaftswissenschaftler , di e sic h nach 194 8 mit der Frage befaßten, o b man die kommende wirtschaftlich e Entwicklung aus vergangenen Erfahrungen begründet vorhersagen könne, haben sic h geweigert , di e Geschicht e de r Zwischenkriegszei t al s Erfah ­ rungsgut fü r prognostisch e Zwecke der Nachkriegszeit direk t zu verwer­ ten, weil sie annahmen, daß die Struktur nicht mehr die gleiche sei25. Doch erwähnte ich bereits, daß man vielfach auch die Weltwirtschaftskrise als den Strukturbruch i n der ersten Hälfte de s 20. Jahrhunderts ansieht, vo n dem an die Mechanik de r Entwicklung de r Marktwirtschaften ein e andere ge­ worden sei 26. Für alle diese Behauptungen gibt es freilich auch Gegenposi­ tionen, wei l ebe n di e Strukturvorstellunge n sic h voneinande r unter ­ scheiden. Wenn wi r abe r einma l unterstellen , e s sei unmöglich , de r Gesamtent ­ wicklung i m 20 . Jahrhundert ein e gemeinsam e Deutun g z u geben , un d man müßt e fü r di e einzelne n Zeitabschnitt e eigen e Trendvorstellunge n entwickeln, blieb e offen, o b wir die Jahre zwischen 191 4 und 1949, wie in Abbildung 6 geschehen, al s Periode ohne Wachstum oder nicht vielleich t anders beschreibe n sollten . Ma n könnt e sic h zu m Beispie l ein e stärker e Markierung de r Brüch e in den beiden Kriege n vorstelle n un d jeweils die Niveaus de r folgende n Trendperiode n unterhal b de s Niveaus de r vorhe r endenden Trendperiode n ansetzen , s o da ß ma n di e Vorstellun g eine r Sägezahnform erhält . Da s impliziert e abe r fü r di e Zwischenkriegszei t (wenn man überhaupt an der Vorstellung eines linearen Trends festhält) ein Wachstum27. Die vorhandenen Zeitreihen des Sozialprodukts sind leider so kurz, daß sie de r Phantasie viel Rau m lassen . U m de r gewählten Abbildungsweis e 114 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Abb. 7 : Rohstahlproduktion , Deutsche s Reic h un d Bundesrepublik Deutschlan d aber ein e gewiss e Plausibilitä t z u gebe n un d z u zeigen, da ß di e gewählte n Trendformen wenigsten s i n andere n Materialie n ein e Stütz e finde n könn ­ ten, se i die Produktion vo n Rohstahl herangezogen (sieh e Abb. 7) 28 . Selbst­ verständlich ersetz t si e nicht di e Zeitreih e de s Sozialprodukts , abe r si e hat den Vortei l de r Lückenlosigkeit . Un d wi r erkenne n da s Grundmuster , welches de r Abbildun g 6 zugrundelag . Au f ein e Phas e relati v stetige n Wachstums bi s 191 3 folgt ei n Abschnitt , i n dem bei heftigen Schwankun ­ gen der Produktion ni e auf längere Zeit das Niveau vo n 191 3 überschritten worden ist. Di e hohe Spitze im Zweiten Weltkrieg wär e dann das Ergebnis einer Sonderlage , di e wi r al s Irregularitä t klassifiziere n könnten , wi e entsprechend auc h de n Abbruc h 1944/1945 . - Nac h eine m neuerliche n Strukturbruch folg t dan n wiede r ein e Period e langfristi g anhaltende n durchschnittlichen Wachstum s be i freilic h abnehmende n Zuwachsraten . Was nun die Zeit nach 195 0 betrifft, s o muß man - entscheide t ma n sich für de n Modellty p 3 - auc h hierfü r ein e eigen e Prozeßerklärun g finden , eine speziell e Struktu r bestimmen . Zahlreich e Sachverständig e habe n die s versucht un d dabe i au f ein e unterstellt e Beschleunigun g de s technische n 115 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Fortschritts ode r di e Wirksamkei t vo n institutionelle n Sonderfaktore n verwiesen. Unte r andere n mein t auc h D . Petzina , nac h de m Zweite n Weltkrieg hab e i n de r Bundesrepubli k meh r al s ein e bloß e Anpassun g a n einen säkulare n Tren d (entsprechen d Modellty p 1 ) stattgefunden 29. Ob man gemäß Modelltyp 3 von Strukturbrüche n markiert e gesondert e Entwicklungsperioden ausmacht , di e jeweil s speziell e Erklärunge n for ­ dern, is t fü r di e historische Erkenntni s wiederu m vo n große r Bedeutung . Zunächst ha t ma n hie r fü r di e Erklärun g vo n Abläufe n seh r vie l meh r Freiheitsgrade un d kann zahlreiche epochenspezifische Umständ e - bi s hin zu biographischen Detail s führender Persönlichkeite n - i n die Argumenta­ tion einfließe n lassen . Auc h is t z u vermuten , da ß i n diese m Fal l di e Deutung de r zeitgenössische n Phänomen e durc h di e Akteur e weitgehen d davon gepräg t ist , o b si e selbs t di e Vorstellun g eine s Bruch s habe n ode r nicht - o b dies e Vorstellun g vo m Analytike r geteil t wird , is t ei n weitere s interessantes Problem . Blicken wi r au f di e dre i Modelltype n ode r Leitbilde r de r gesamtwirt ­ schaftlichen Entwicklun g i m 20 . Jahrhundert zurück , s o bleib t festzu ­ stellen: 1. Ma n kann ein und dasselbe (lückenhafte ) Materia l - hie r die Zeitreihe des Sozialprodukt s je Einwohne r - i n rech t verschiedene r Weis e deuten , um mit seiner Hilfe die langfristige Entwicklun g Deutschland s im 20. Jahr­ hundert z u charakterisieren. Wei l es vor allem darauf ankam, verschieden e Sehweisen z u entfalten, wurde n di e Modelle i n extremer Reinhei t entwik ­ kelt. Au f ein e Entscheidun g zwische n de n Alternative n mu ß verzichte t werden. Si e is t i m Rahme n de s begrenzte n Raume s nich t hinreichen d durch Argument e vorzubereiten 30. I m übrigen wär e dan n ja auc h noc h zu prüfen, o b nich t Kombinatione n verschiedene r Trendvorstellunge n de n Sachverhalt angemessene r beschreibe n un d erkläre n können . Beispiels ­ weise könnte man den »wahre n endogenen Wellenzug « zwische n 191 3 und den fünfzige r Jahre n zwa r unterhal b de r Kurv e de s extrapolierten lineare n Trends nac h Ty p 1 zeichnen, abe r nich t s o tie f ode r flac h wi e i n Abbil ­ dung 6 . Un d fü r di e Zei t nac h de m Zweite n Weltkrie g könnt e ma n sic h auch au f ein e Erklärun g einlassen , di e di e Vorstellun g de r Rekonstruk ­ tionsperiode mi t de r Hypothes e vo n eine m säkulare n Strukturwande l verbindet etc . 2. Verschieden e Deutunge n de r langfristige n Entwicklun g impliziere n notwendig unterschiedlich e Ansichte n übe r di e Eigenschafte n un d di e Gründe de r Entwicklun g i n de n kürzere n Perioden , di e di e Historike r bislang vo r alle m interessier t haben . Die s soll noc h skizzenhaft i m folgen ­ den Abschnitt a n einem politisch-historisch brisante n Gegenstan d demon ­ striert werden , a n der Einschätzung de r Entwicklungen i n der NS-Zeit i m Verhältnis zu r Vorgeschichte . Wi r kehre n dami t zu r Bemerkun g vo m Anfang zurück , da ß man die periodenspezifischen Eigenheite n eine s histo­ risch kurze n Zeitabschnitt s nich t richti g erfasse n könne , wen n ma n nich t 116 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

ein Bild vo m Ganze n de s historischen Ablauf s i n seinem größere n zeitli ­ chen Umfeld hat . III In seinen »Thesen zur deutschen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 193 3 bis 1938« schreib t E . Hennig unter anderem: »4 . da s ›Dritte Reich‹ ist als eine Klassengesellschaft z u verstehen, die sich durch Kapitalkonzentration, Anwachsen de r Unternehmer - un d Managergehälter , de r Netto-Profite , der industriellen Selbstfinanzierungsquote etc . kurz: durch eine strukturelle Begünstigung de r große n Industri e ausweist , währen d de r Anstie g de s durchschnittlichen Arbeiterwochenlohn s zwische n 193 3 und 1939 mit 2,8 Prozent weit hinter dem Wachstum des Sozialprodukts mit 8,2 Prozent im Jahresdurchschnitt ode r hinter de m Anstie g de r Arbeitsproduktivität u m 10 Prozent (1933 bis 1937) zurückbleibt.«31 Es ist von einer »strukturelle n Begünstigung« di e Rede , di e sic h au s de n vorgelegte n Zahle n - un d späteren Materialie n - ablese n lasse . Gemein t is t offensichtlic h ein e fü r dieses politische System gan z spezifische Begünstigung . Is t sie tatsächlich nachgewiesen? De r Bewei s kling t zunächs t plausibel , abe r di e Sach e ist doch weit komplizierter als man zunächst meinen möchte. Wiederum soll auch i n diese m Fal l da s Material selbs t zunächs t nich t angezweifel t wer ­ den32. Nehmen wir es für unsere Zwecke hin, so ist doch viel wichtiger, ob man aus den schlichten Hinweisen des Zitats tatsächlich auf einen »struktu­ rellen Bias « schließe n kann . Ei n genauere s Studiu m de r deutsche n un d internationalen Wirtschaftsgeschicht e zeig t dann rasch, da ß die genannten Phänomene i m Prinzi p i n jedem normale n zyklische n Aufschwun g anzu ­ treffen sin d un d nac h eine m Einbruch , wi e e s di e Weltwirtschaftskris e gewesen war , woh l i n noch größerem Umfan g al s sonst erwartet werden mußten. Si e stellen nämlich, mindesten s zu einem erheblichen Teil, nichts anderes al s Rückbildungen vo n Entwicklungen au s dem vorhergehenden Abschwung dar , w o ja z.B . Nettoprofit e wei t stärke r al s da s Volksein ­ kommen und die Lohnsumme schrumpften . Nun is t allerding s mi t de m Hinwei s au f di e zyklisch e Normalitä t de r allgemeinen Bewegungsrichtung di e These von Hennig noch nicht wider­ legt, wei l es ja nicht nur auf die Richtung de r Bewegungen, sonder n auch auf da s genau e Ausma ß de r Veränderunge n ankommt . Ei n Bewei s de s speziellen Bia s des NS-Systems zugunsten de r großen Industrie setzt aber voraus, da ß e s gelingt , i n de n betrachtete n Variable n di e Komponente n Trend, Zyklu s un d Irregularitä t (als o zum Beispie l de n spezifisc h politi ­ schen Faktor) zu isolieren. Nun erkennt Hennig dieses Problem wenigstens insoweit, al s es den Zyklus betrifft, den n er erklärt ausdrücklich, da ß man die Entwicklunge n i n de r NS-Zei t nich t nu r mi t de r vorhergehende n schweren Krise vergleichen dürfe (was dann die Zeit ab 1933 auch in einem 117 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

zu rosigen Lich t erscheinen lasse n konnte), man müsse in die sogenannte Konjunkturphase de r Weimare r Republi k 192 4 bi s 192 9 zurückgehen 33. Nach zahlreiche n Vergleiche n zieh t e r de n Schluß : »Vergleich t ma n die Jahre 1928/29 , di e herausragenden ›boom‹-Jahr e de r Weimarer Republik , mit 1938/39 , den letzten Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg, s o fallt, wa s den soziale n Statu s un d de n Lebensstandar d vo n Arbeiter n anlangt , de r Vergleich zuungunsten des Nationalsozialismus, des deutschen Faschismus an de r Macht , aus.« 34 Durc h de n Vergleic h vo n eine m Hoc h z u einem anderen Hoc h (al s solche s unterstellt ) schein t tatsächlic h da s zyklisch e Element aus dem Vergleich ausgeschlossen, scheint der Trend in den Blick zu kommen, wa s der Begriff »strukturelle r Bias « meint . Aber ist der Vergleich mit 1928/29 als Referenzperiode wirklich aussage­ kräftig fü r da s Gemeinte? Abb. 8 veranschaulicht ein e in diesem Zusam­ menhang seh r wichtige , vo n Henni g a n andere r Stell e al s Auswei s de r Klassenlage verwendete Größe: die Relation von Arbeitseinkommen zum Volkseinkommen, nu n allerdings nich t nur für de n Zeitraum 1928-1939 , sondern in sehr viel längerer Perspektive 35. Zu m Arbeitseinkommen zählt hier nicht nur da s Lohn- und Gehaltseinkommen de r Arbeitnehmer son­ dern auc h noch ein rechnerischer »Unternehmerlohn « derjenigen , di e als Freiberufliche, Bauern , Handwerker und sonstige Unternehmer tätig sind. Man muß diese nur zu schätzende Einkommensart i n die Arbeitseinkom­ men einrechnen, u m die Differenz zu m Volkseinkommen al s »Besitzein ­ kommen« ausmache n z u können, vo r allem abe r auch, u m längerfristig e Veränderungen de r Erwerbsstruktur, di e auf die »Lohnquote« einwirken , auszuschalten. Di e Abb . 8 zeig t nu n tatsächlich , da ß di e Relatio n vo n

Abb. 8: Arbeitseinkomme n i n v.H . de s Volkseinkommens , Deutsche s Reich und Bundesrepublik Deutschlan d (nac h W. G . Hoffmann ) 118 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Abb. 9 : Arbeitslosenquote , Deutsche s Reic h un d Bundesrepublik Deutschlan d

Arbeitseinkommen z u Volkseinkomme n vo m Höhepunk t de r Weltwirt ­ schaftskrise bi s zum Ende der statistischen Erfassun g i n der NS-Zei t star k absinkt un d entsprechen d di e Besitzeinkommensquot e rasc h zunimmt . Bevor ma n die s aber, wi e e s Hennig vergleichsweis e tut , al s einen Bewei s für da s Behauptete ansieht, mu ß man sich mit der Frage befassen, wi e man die Wah l de r Jahre 1928/2 9 als Bezugspunk t fü r eine n Vergleic h rechtfer ­ tigt. Wa r die s ein e »normal e Situation« ? Di e Abbildun g beleg t sogleich , daß di e Arbeitseinkommensquot e währen d de r Weimare r Zei t völli g außerhalb alle r historische n Vergleichbarkei t gelege n hat ! Nich t nu r di e Krise war »abnorm « (di e ›Lohnquote‹ hatt e sich von 192 7 bis 193 1 von 59 auf 66,7 Prozent erhöht, u m dann 193 2 auf 62 Prozent zu sinken), auch die Einkommensverteilung vo r der Krise war - wi e man aus dem langfristige n Vergleich erkenn t - seh r ungewöhnlich . E s ist nich t möglich , hie r nähe r auszuführen, da ß die erkennbare Merkwürdigkei t de r Einkommensvertei ­ lung vermutlic h mi t eine m andere n ebenfall s merkwürdige n Umstan d zusammenhängt, de n Abb . 9 signalisiert : da ß nämlic h auc h i n de n soge ­ nannten »goldene n zwanzige r Jahren« di e jahresdurchschnittliche Arbeits ­ losigkeit unte r den Gewerkschaftsmitgliedern (die s die erfaßte Gesamtheit ) nur einma l u m ei n wenige s unte r 7 Prozent abgesunke n is t - ein e fü r di e

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Zeit bi s 191 4 un d auc h fü r di e Inflationszei t noc h seh r ungewöhnlich e Höhe36. Ma n könnte des Ungewöhnlichen fü r di e gewählte Referenzpe ­ riode noch mehr aufweisen. Seh r eindrucksvoll ist der Verlauf der Investi­ tionsquote, also des Anteils der Nettoinvestitionen am Nettosozialprodukt - ein e fü r Wachstu m un d Konjunktu r seh r wichtig e Größ e (Abb . 10) 37. Wieder belehrt ein langfristiger Vergleic h über die Besonderheit de r Lage auch während der Weimarer »Boom-Phase«. Si e ist nicht nur im Vergleich mit der Zeit nach 1950 relativ schwächlich, sonder n die Investitionsquoten bleiben in den Spitzenjahren wie im Durchschnitt hinter den Vorkriegsjah­ ren zurück.

Abb. 10 : Nettoinvestitionen i n v.H. de s Nettosozialprodukts zu Marktpreisen, Deutsche s Reich und Bundesrepublik Wenn man die Abbildungen 8 bis 10 einem wirtschaftswissenschaftlic h sachkundigen Beobachte r vorführe n würde , de m unbekann t bleibe n müßte, da ß es sich hier um die deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts und speziell auch um die NS-Zeit handelt, s o würde er wahrscheinlich zu dem Ergebni s kommen , da ß nac h 193 3 ei n »Normalisierungsprozeß « stattgefunden habe . E r würde glauben, e s sei jetzt au s näher zu untersu­ chenden Gründen gelungen, Störunge n zu beseitigen, die die Entwicklung zuvor behinder t hätten . Sei n Urtei l würd e wesentlic h durc h da s Erfah ­ rungsbüd des Trends in der Zeit vor 1914 und nach 194 9 geprägt sein; er könnte sich aber auch auf internationale Vergleiche berufen. Selbstverständlich dar f da s Wor t »Normalisierung« , da s i n unsere m 120 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Gedankenspiel vorkommt , nich t als abschließendes Urtei l des Historikers verstanden werden : eine n solche n Zynismu s dar f sich auc h de r Modell ­ bauer nicht leisten. Abe r es trägt vielleicht daz u bei zu verstehen, waru m selbst kluge Zeitgenossen (auch im Ausland) nach 1933 die wirtschaftliche Entwicklung i n Deutschland mit solcher Zustimmung verfolgte n und von extremen Ausnahmeaktione n Normalisierun g erwarteten . Schließlic h ha t ja di e ökonomisch e Konstellatio n de s Vorkrisen-Weima r nich t funktio ­ niert! Di e Kris e wa r doc h kei n zufällige r Betriebsunfall , sonder n is t wenigstens im Ansatz - i n den Variablen der sogenannten »Boom-Phase « durchaus schon erkennbar. Ma n kann die wirtschaftliche Entwicklun g bi s 1939 nur dann an bestimmten Konstellatione n de r Jahre 1928/2 9 messen, wenn ma n dies e Konstellatione n fü r fortsetzungsfähi g hält . Dafü r fehl t aber bislang di e theoretische Basis37a. Selbstverständlich is t e s nich t unbeachtlich , da ß i n Deutschlan d de r Aufschwung au s de r Kris e unte r eine r diktatorische n Parteiherrschaf t zustande gekommen ist, die die Gewerkschaften zerschlug, ein e (allerdings schon vorher zur Karikatur verzerrte) freie Lohnbildung zwische n Macht­ gruppen verhinderte und eine Staatskonjunktur in eine Rüstungskonjunk­ tur übergehen ließ. Es bleibt noch genug an Eigenheiten dieser Zeit, die das moralische Unwerturteil stützen . Aber der Anstieg de r Gewinnquote und das Hinterherhinke n de r Löhn e hinte r de r Produktivitätsentwicklun g (siehe das Zitat zu Anm. 31) dürften ganz wesentlich als Bedingung für die Wiedergewinnung de r Vollbeschäftigung (ei n Traum seit 1923) anzuspre­ chen sein , ei n Ziel , welche s ma n nich t nu r de n Kapitaliste n unterstelle n kann. Jedenfalls tra f nach 193 3 eine solche Konstellation de r Variablen in fast alle n Staate n ein , i n dene n e s überhaup t gelang , di e Tiefpunkt e de r Krise relati v rasc h z u überwinde n - auc h dort , w o e s weiterhi n frei e Gewerkschaften gegebe n hat 38. IV An eine m andere n Materia l solle n zu m Schlu ß noc h einmal di e Bezie­ hungen zwischen Trend , Zyklu s und irregulärer Komponent e einschließ­ lich Strukturbruch vorgeführ t werden . E s ist dies nicht nur ein besonders interessantes sonder n auc h lehrreiche s Beispie l fü r di e Möglichkeit, ver ­ schiedene Hypothesen zu testen. Abb. 11 zeigt i n de r ausgezogene n starke n Lini e di e Entwicklun g de r Geburtenziffer im Deutschen Reich seit 1900 und in der Bundesrepublik bis zum Ausgan g de r siebzige r Jahre jeweils i n Durchschnittswerte n fü r ei n Jahrfünft39. Wa s aus dem Bild selbst nicht mehr hervorgeht, ist der Struk­ turbruch de r Entwicklun g u m 1900 , al s nämlic h ein e zuvo r nu r seh r geringfügige Tenden z zur Verringerung de r Geburtenziffer i n eine rasche Abwärtsbewegung umschlug , di e innerhal b wenige r Jahrzehnt e ei n 121 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Abb. 11: Geburtenziffern i n 1 1 europäischen Ländern wesentlich tieferes Niveau erreichte. Wi e Köllmann schon hervorgehoben hat, beweis t di e Kurve , da ß di e Ausdeutunge n währen d de r Weimare r Republik, wonac h di e Entwicklun g de r Geburtenziffe r al s Zeiche n de r Entmutigung nac h Versailles aufzufassen sei , falsc h ist 40. De r Trend geht glatt durc h die Ereignisse hindurch. Das Problem, da s in Fortsetzung unsere r Überlegunge n übe r das Ver­ hältnis vo n Trend , Zyklu s un d irreguläre r Komponent e z u erörter n ist , betrifft wiede r di e Einschätzun g de s Zeitraume s 1930-1939 . Offenba r macht die Ausdeutung des Verlaufs nach 1925 einige Schwierigkeiten. Was bestimmte die weitere Entwicklung in Deutschland? Irgendwo scheint hier im Vergleic h zu m Tren d ein e Irregularitä t z u bestehen , wi r wisse n nu r noch nicht wo . Zwe i verschieden e Möglichkeite n de r Erklärung gib t es: a) Man hält den Ausschlag 1930-3 4 für eine Abweichung vom Trend nach unten, wei l in der Weltwirtschaftskrise au s wirtschaftlichen un d sonstigen Gründen di e Geburtenfreudigkei t besonder s star k abgenomme n habe . b) Man hält demgegenüber de n Ausschlag 1935-3 9 für ein e Abweichung vom Tren d nac h oben , wei l ma n di e NS-Bevölkerungspolitik und/ode r 122 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

den Sinneswande l de r Bevölkerun g i n de r Phas e de r NS-Erfolg e i m Frieden für besonders wichtig hält . E s geht also darum, o b man den Trend weiter obe n ode r weite r unte n verlaufe n lasse n möchte , u m dan n korre ­ spondierend den Wert 1935-39 oder den Wert 1930-34 mehr der Trendlinie zuzuordnen un d de n jeweils andere n al s eine spezielle r Erklärun g bedürf ­ tige Irregularität anzusehen . Beid e Positionen habe n etwas Plausibles, abe r sie können gewi ß nich t zugleic h richti g sein . An diese m Beispie l is t i m übrige n z u erkennen , da ß de r historisch e Analysenweg keinesweg s imme r s o verläuft , da ß ma n ers t de n Tren d bestimmt, dan n de n Zyklu s un d schließlich a m End e die irreguläre Kom ­ ponente als Rest herausfällt. Hie r scheint es ja eher umgekehrt: Je nachdem, ob man al s irreguläre Komponent e i n der Entwicklung da s Gewicht meh r der NS-Politi k ode r de r Weltwirtschaftskris e z u gebe n geneig t ist , resul ­ tiert a m End e di e Trendfigur . Abe r imme r - un d da s soll ja da s ganz e Referat darlege n - determinier t ein e Ar t vo n Entscheidunge n übe r eine n Problemkomplex di e restlichen Möglichkeiten . Di e Freiheitsgrad e sin d beschränkt. Zur Entscheidun g de r anstehenden Frage , wa s die Irregularität un d wa s der Trend de r Geburtenentwicklun g sei n könnten, habe n wir glücklicher ­ weise ein Hilfsmittel zu r Hand, das freilich in der deutschen Historie viel zu wenig angewende t wird : da s Hilfsmitte l de s internationale n Vergleichs . Abb. 1 1 belegt ein e erstaunliche Parallelitä t de r Bewegung i n nahezu allen erfaßten Staaten . Si e schließ t e s aus , fü r de n Normalablau f allei n au f nationale Einflußfaktore n hinzuweisen . Wi r erkenne n jetzt auch , da ß i n Deutschland nich t de r Wer t fü r 1930-3 4 ein e Besonderhei t darstell t - e r liegt dich t be i de n Werte n de r andere n Lände r un d setz t di e internationa l übliche Bewegun g for t - , sonder n de r Wer t fü r 1935-39 , de r völli g au s dem enge n Ban d herausfällt , i n de m di e andere n Staate n di e Entwicklun g fortsetzen41. E s gibt unter den erfaßten Staate n keinen anderen Fall eines so deutlichen Anstieg s de r Geburtenziffer , gleichgülti g o b wi r Lände r mi t relativ gute r ode r relati v schlechte r Wirtschaftslag e betrachten . Somi t scheint es berechtigt, auc h in Deutschland den Trend weiter unten zu sehen und die Bewegung zu m Wert 1935-39 als »Irregularität« z u bezeichnen, di e einer spezielle n Erklärun g bedarf 42. V Am Schlu ß se i abe r noc h einma l dara n erinnert , da ß di e vorgetragene n Bemerkungen unte r dem Obertitel de r Sektion des Historikertags standen : »Sicht de r Geschichte : Proze ß un d Pla n - Ereigni s un d Epoche?« Wei l z u vermuten war , da ß die Mehrheit de r Historiker ohnehi n schon dazu neigt, das Fragezeiche n i m Oberthem a nich t i m Sinn e de s »entwede r - oder « z u deuten, sonder n di e Pluralitä t de r Sehweise n al s selbstverständlic h z u 123 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

akzeptieren, sollt e hie r nich t da s bereit s Akzeptiert e i n feierliche r For m bestätigt ode r anhand von banalen Beispielen erhärtet werden. Wer wir d scho n gege n ein e Vielfal t vo n Betrachtungsmöghchkeite n sein? Scho n ga r nich t i n de r Wirtschaftsgeschichte , w o ma n sei t langem von Trend, Zyklu s un d Zufall spricht . Die s vorausgesetzt, ka m es mehr darauf an vorzuführen, da ß die Einlösung der Forderung nach mehrschich­ tiger Betrachtung nun wieder nicht in Beliebigkeit ausarten darf, dann aber die Probleme alles andere als banal sind. Hier sollten die Forschungsinteres­ sen nu n zusammenlaufen . Handlich e Rezept e hab e ic h nich t vermittel n können, hab e ich doch nicht einmal eine Entscheidung zwische n den drei vorgeführten Modelltype n fü r di e Abbildun g de r langfristige n Entwick ­ lung Deutschland s herbeiführen können . Abe r es ging ebe n nicht darum, voreilige Deutungen zu suggerieren, sonder n vor allem darum, aufzuwei ­ sen, wi e offe n unse r Forschungsfel d noc h ist , wen n wi r Erns t mache n wollen mit der theoretisch bewußteren Anwendung aufeinander bezogener Perspektiven de r historische n Analys e - mi t de r Themenstellun g de r Sektion de s Historikertages: »Sich t de r Geschichte« . Selbs t i n de r Wirt ­ schaftsgeschichte läß t sic h übe r di e Bedeutun g lang - un d mittelfristige r Regularitäten i m Vergleic h z u jeweil s spezifische n Erklärungsfaktore n noch sehr verschieden denken. Daß aber Methodenbewußtsein wenigstens dazu führt , di e Alternative n z u benenne n un d offenba r unvermeidlich e Subjektivitäten de s Urteils klarer al s solche zu bezeichnen, ma g ei n Fort­ schritt sein 43.

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7. Di e Bundesrepublik Deutschlan d i n den säkularen Trend s de r wirtschaftlichen Entwicklun g I. Diagnose eine s beispiellose n Entwicklungsprozesse s

1. Nie zuvor hat es in der deutschen Wirtschaftsgeschichte fünfundzwanzi g Jahre mit so rascher wirtschaftlicher Entwicklun g wi e nach 1947/48 gege­ ben. Unte r wirtschaftliche r Entwicklun g wir d dabe i ei n Doppelte s ver ­ standen: Ersten s da s Wachstu m de s reale n Sozialprodukt s je Einwohne r und zweitens der Wandel der Wirtschaftsstrukturen, speziel l der Struktu­ ren von Produktio n un d Verwendung de s Sozialprodukts. Vo n 195 0 bis 1975 stieg das reale Sozialprodukt je Einwohner in der Bundesrepublik auf das Dreifache. I n der gleichen Zeit ging (u m zwei Beispiele für Struktur ­ wandel zu nennen) der Anteil der Beschäftigten in der Landwirtschaft von ca. 3 4 v.H. au f gu t 7 v. H. zurüc k un d vermindert e sic h de r Antei l der Steinkohle a m Primärenergieverbrauc h vo n übe r 7 0 v . H. au f etw a 2 0 v.H. 1 Als i m langfristige n Vergleic h höchs t eigentümlic h mu ß auc h de r Umstand gelten , da ß sich in den Jahren 195 0 bis 197 5 aus der Wirtschaft heraus kaum zentrale, di e politischen Kräft e zu m Grundsatzstreit heraus­ fordernde Konfliktlage n i m Innere n ode r nac h Auße n ergebe n haben . Ja man wir d sage n könne n (ohn e da ß dafü r ei n strenge r Bewei s z u führe n wäre), da ß die rasche wirtschaftliche Entwicklun g zu r Stabilität der politi­ schen Ordnung in der Bundesrepublik beigetrage n hat. Da s »Wirtschafts­ wunder« schein t ei n wichtige s Elemen t de r faktische n Verfassun g diese s deutschen Teilstaates gewesen zu sein. 2. Als die Bundesrepublik gegründet wurde, war freilich schon spürbar, daß di e politisc h brisante n Konfliktpotential e de r Nachkriegszei t (ma n denke a n das Flüchtlings- und Vertriebenenproblem ) i m rasche n Wachs­ tum eine Lösung finden würden. Bezeichnenderweise ist in der Bundesre­ publik al s erste r neue r un d lang e Zei t woh l wichtigste r Gedenkta g de r Jahrestag de r Währungs- (und Wirtschafts)reform vo m Juni 194 8 gefeiert worden. Anders als die Republik von Weimar konnte sich die Bundesrepu­ blik dami t ga r feierlic h au f eine n Ak t de r Liquidatio n de r finanzielle n Kriegsfolgen durc h eine massenhafte Enteignung , au f einen quasirevolu ­ tionären Gründungsakt , de r weitgehen d akzeptier t worde n ist , stützen . Demgegenüber hatte die Inflation nach dem I. Weltkrieg zwar über die mit 125 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

ihr verbundenen Produktions - und Beschäftigungswirkungen zunächs t di e Weimarer Republi k ermöglicht , ih r dan n abe r i m weitere n Verlau f ein e Belastung fü r di e ohnehi n sozia l un d ökonomisc h labil e Situatio n mitge ­ geben la . Wenn e s auch vie l z u wei t ginge , z u behaupten, di e Entwicklung se i in den Jahren 195 0 bis 197 5 überhaupt ohn e größer e Konflikt e verlaufen , s o ist doc h festzuhalten , da ß di e Konsens-Demokrati e nich t vo n jenen Aus ­ einandersetzungen übe r die Einkommens- und Vermögensverteilung bela ­ stet worden ist, wi e sie für die Zwischenkriegszeit charakteristisc h gewese n sind lb . Da s gilt nicht nur für die funktionale Einkommensverteilun g au f die verschiedenen Einkommensarten , sonder n auc h fü r di e Verteilun g zwi ­ schen den verschiedenen Wirtschaftszweigen - ei n bis in die NS-Zeit hinein stabilitätspolitisches Hauptproblem , vo r allem in Hinblick au f die Positio n der Landwirtschaft . Es ist ein e historisc h wahrhaf t beispiellos e Tatsache , da ß di e Landwirt ­ schaft zwische n 195 0 bis 1975 fast zwei Drittel ihrer Beschäftigten verlore n hat, ohn e daß dies ein Hauptthema fü r Parteiformationen gewese n ist! Das war vo r alle m de m Umstan d z u verdanken , da ß di e Anpassun g de r Produktionsstruktur ebe n nicht nu r im Gefolg e eine s starken Drucke s von außen erfolgte , sonder n sic h gleichermaße n ode r vielleich t ga r meh r noc h aus eine m Wachstumsso g au s andere n Wirtschaftsbereiche n ergab . S o erhöhte sich in dieser Phase der »relative n Depression « de r Landwirtschaf t ihre real e Bruttowcrtschöpfun g immerhi n u m 6 0 Prozent , un d da s Ein ­ kommen je Beschäftigten i n der Landwirtschaft stie g gar auf das Fünffache . Damit is t bereit s da s Geheimni s enthüllt , waru m s o heftige r strukturelle r Wandel ha t relati v friedlic h vonstatte n gehe n können : Auc h di e relative n Verlierer habe n i m Zusammenhan g mi t de m gesamtwirtschaftliche n Wachstumsprozeß absolu t vie l gewinne n können . 3. Da s gleich e Muste r wiederholt e sic h au f viele n Gebieten . Rasche s Wachstum macht e auc h ein e relati v konfliktfrei e Dispositio n zugunste n enorm steigende r Investitionsmittel , abe r ebe n be i gleichzeitige r Auswei ­ tung de s reale n private n Konsum s j e Kop f u m meh r al s da s Dreifach e möglich. Un d e s ha t ebens o eine n stürmische n Zuwach s de r staatliche n Ausgaben ermöglicht, ohn e daß das Publikum die Rivalität der Bedarfe fü r private un d öffentliche Zweck e fü r ei n zentrale s politische s Proble m hätt e halten müssen , wi e e s da s i n de n zwanzige r Jahre n i n de r Weimare r Republik geta n hat . Insbesonder e de r Ausba u de s sogenannte n soziale n Netzes, speziel l der Transferaktivität de s Staates, verlie f in der Phase hoher Wachstumsraten de s Sozialprodukts i m Prinzip vergleichsweise unkontro ­ vers. Auch de r beträchtlich e Wande l de r Raumstruktu r de r Wirtschaf t de r Bundesrepublik lie ß kau m schwerwiegende , di e politische Stabilitä t de s föderativen Staatsgebilde s gefährdend e Konflikt e aufkommen . Gewi ß ha t 126 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

schon di e deutsch e Teilun g di e westliche n Gebiet e vo n de r Erbschaf t historischer Regionalkonflikte befreit . Abe r es erwies sich dann außerdem, daß auch im Westen noch relativ benachteiligte Regionen der Bundesrepu­ blik einerseits durch die neuen Energie- und Verkehrsbedingungen geför ­ dert worde n sin d un d andererseit s Problem e relative r Schlechterstellun g von Räumen, wo sie politisch brisant zu werden drohten, durch Kompen­ sationszahlungen aufgefange n werde n konnten. 4. Di e Zügelun g de r Verteilungskämpf e i m Innere n wirkt e sic h auch dahin aus , da ß die Bundesrepublik relati v wenig e außenwirtschaftspoliti ­ sche Konflikte i m Zusammenhang mi t einer (innenpolitisc h motivierten ) Abwehr ausländische r Anbiete r vo m deutschen Mark t z u bestehen hatte. Die Bundesrepubli k ha t demgegenübe r da s Programm de r europäischen Integration un d de r weltweite n Liberalisierun g de s Wirtschaftsverkehr s geradezu forciere n können , ohn e dami t relevant e politisch e Gruppe n im Inneren in eine gefährliche Oppositio n zu zwingen. Allerdings wär e da s Bild seh r unvollständig, wollt e ma n nicht erwäh ­ nen, daß in diesen Jahrzehnten ja nicht nur die Wirtschaft de r Bundesrepu­ blik ei n hohes Entwicklungstempo hatte , sonder n daß die Prosperität ein weltweites Phänomen und in dieser Extensität und Intensität ebenfalls ohne jedes Beispie l in der Geschichte gewesen ist. Wei l das so war, habe n sich auch die am Welthandel beteiligten großen konkurrierenden Staaten weni­ ger in explizite Verteilungskämpfe verstrickt . Di e Partnerländer Deutsch­ lands habe n di e Exportprodukt e de r Bundesrepubli k relati v unbehinder t aufgenommen. S o konnte di e Exportquot e bi s i n di e siebzige r Jahre auf mehr al s ei n Vierte l de s Bruttoinlandsprodukt s ansteigen . Erstmals , sei t wir darübe r einigermaßen verläßlich e Aufzeichnungen besitzen , hatt e ein deutscher Staat gar über so viele Jahre hinweg eine aktive Handelsbilanz (ab 1951). Bei der Notenbank sammelten sich seit 1950 Währungsreserven wie nie zuvor i n de r deutsche n Wirtschaftsgeschicht e an , s o daß die Bundes­ bank nicht, wie die Reichsbank im Kaiserreich, i n der Weimarer Republik und im NS-Staat, ständi g gezwunge n war, Währungspoliti k be i knappen Reserven z u betreiben . Ehe r beherrscht e da s umgekehrt e Proble m di e Währungspolitik vo n den fünfziger bi s zur Mitte der siebziger Jahre: Wie ein zu großer Zustrom an Gold und Devisen ferngehalten werden könnte. 5. Jedoch darf man die Argumentationsrichtung nich t nur so sehen, daß ein rasche s wirtschaftliche s Wachstu m beispiello s schnelle n Wande l de r Produktionsstrukturen politisch möglich gemacht hat. Ökonomisch ist die Richtung de r Kausalitä t ein e entgegengesetzte . De r rasch e Wande l de r Produktionsstrukturen ist eine wichtige Bedingung des Wachstums gewe­ sen. Schnelle r Wande l de r Beschäftigungsstrukturen , de r sektorale n un d räumlichen Produktionsstrukturen , de r Strukture n de s Anlagevermögens etc. gehöre n zu m Wese n vo n Wachstumsprozesse n mi t hohe m Tempo. 127 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Wo solcher Wandel gehemmt wird, stopp t die Entwicklung. Deshal b war es ein für das Wachstum wichtiger Umstand, daß das gesellschaftliche und politische Syste m i n der Bundesrepubli k solche n Strukturwande l zumin ­ dest toleriert und gelegentlich sogar (zum Beispiel durch Offenhaltung de r Grenzen fü r Einwanderer ) politisc h gefordert , ih n jedenfalls nu r selte n systematisch und langanhaltend behindert hat. Hierfü r können (neben der Tatsache, da ß da s ständi g wachsend e Sozialproduk t un d di e steigende n Staatseinnahmen i m Fall e de r Aktualisierun g politische r Verteilungskon ­ flikte auch die Zahlung von Kompensationen für Strukturverluste erleich­ terten) Innovatione n i n de r Konstellatio n vo n politische n un d soziale n Variablen, etw a Organisationen, Normen , Machtkomplexen, maßgeblic h gewesen sein , übe r die in anderen Beiträgen berichtet wird lc. Doch gib t e s seh r z u denken , da ß sei t Begin n de r siebzige r Jahre bei nunmehr wesentlic h niedrigere n durchschnittliche n Zuwachsrate n de s Sozialprodukts sic h eine neuerliche Intensivierung vo n Verteilungskämp­ fen feststelle n läßt . Di e Einkommens - un d Vermögensverteilun g wir d (wieder) stärke r umstritten . Zugleic h verstärke n sic h di e Tendenze n z u Anpassungsunwilligkeit de r Beschäftigungs - un d Produktionsstrukturen . Und es ergeben sich (wieder ) massiv e Probleme der Finanzierung de r als notwendig bezeichnete n öffentliche n Ausgaben , nachde m (wieder ) ei n größerer Steuerwiderstan d spürba r wir d un d auc h di e wachsend e Ver ­ schuldung sich als bedenklicher Ausweg erweist. Auch die private Sachka­ pitalbildung wir d sei t de m Begin n de r siebzige r Jahre be i weite m nich t mehr i n gleic h großzügige r Weis e alimentier t wi e früher . Un d darübe r hinaus gewinne n sei t de m erste n Ölschoc k (1973 ) auc h international e Verteilungskämpfe (wieder ) erheblic h a n Bedeutung . Inzwische n (1980 ) bereitet ga r di e Entwicklun g de r Zahlungsbilan z wiede r di e gleiche n Sorgen, wi e si e i n de r Bundesrepubli k nu r i n de n erste n beide n Jahren bekannt gewese n sind. 6. E s is t durchau s denkbar , da ß ein e später e Geschichtsschreibun g einmal eine n bedeutende n Einschnit t de r Wirtschaftsgeschicht e un d de r politischen Geschicht e der Bundesrepublik i n den siebziger Jahren erken­ nen wird, nich t nur wegen des ersten Ölschocks. Aber da s wirf t ums o meh r di e Frag e auf, wa s denn di e hier s o knapp skizzierte Geschichte des »Wirtschaftswunders« i m Gesamtzusammenhang der deutschen Wirtschaftsgeschichte des 20. Jahrhunderts auszeichnet. Spe­ ziell mu ß gefragt werden , o b das Wort »beispiellos« , da s zunächst unbe ­ fragt verwende t worde n ist , auc h meint , e s hab e sic h u m ein e vo n der vorhergehenden Geschicht e auc h in de m Sinne abgehoben e Entwicklun g gehandelt, da ß sie nicht aus historischer Vorbedingung abgeleite t werde n könnte. Vielfach ist die Wirtschaftsgeschichte de r Nachkriegszeit so beschrieben worden, wen n man auch das Reden von der »Stund e Null« i m Jahr 194 5 128 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

nicht allz u wörtlic h nehme n konnte . Abe r allenthalbe n wurd e doc h ein Bruch diagnostizier t un d di e Wirtschaftsgeschicht e 1945/4 8 deutlich von der der vorhergehenden Perioden abgehoben. Erst seit den siebziger Jahren wird der Versuch unternommen, auc h die in vieler Hinsicht unzweifelhaf t sehr eigenartig e Entwicklun g i n de r Bundesrepublik , wi e si e zuvo r beschrieben worde n ist , i m Zusammenhan g de r langfristige n Geschicht e der deutschen Wirtschaft z u sehen 2. Freilich is t di e Forderung, solche s zu unternehmen, leichte r gestell t als erfüllt, den n es ist ja nich t zu übersehen, da ß der Einlösung beträchtlich e Hindernisse in den Weg gelegt sind. Es hängt unmittelbar mit der Proble­ matik von Kontinuität und Diskontinuität zusammen, daß die wirtschaftli­ che Entwicklung i n de r Bundesrepubli k einerseit s al s etwas gan z Neue s erscheint, andererseit s abe r auch als eine Fortsetzung de r Bewegungen in der ersten Jahrhunderthälfte. Abe r di e Dinge erweisen sic h als noch ver­ wickelter, wen n man die Möglichkeit in Betracht zieht, daß gerade heraus­ ragende Eigentümlichkeiten sich in eine langfristige Perspektive einordnen lassen und ihrerseits sogar die Kontinuität säkularer Tendenzen zu bewei­ sen scheinen . Die s vo r alle m sol l i m folgende n erprob t werden . Dami t relativiert sic h freilic h ei n Rede n vo n Kontinuitä t bzw . Diskontinuität . Keinesfalls darf man a n der Oberfläche der Erscheinungen stehenbleiben 3.

//. Rekonstruktio n säkulare r Wachstumstrends ?

1. Bi s heut e gib t e s nu r wenig e explizit e Analyse n de r langfristige n wirtschaftlichen Entwicklun g in Deutschland, die den Gesamtverlauf vom Kaiserreich bi s in die Bundesrepublik unte r einheitlichen Gesichtspunkte n erfassen un d speziel l de r Frag e nachgehen , o b di e zuvo r kur z skizziert e eigentümliche Entwicklun g sic h in irgendeine r Weis e in ein langfristige s Entwicklungsmuster einfüge n läßt 4. Die Zeitreihe des realen Sozialprodukts je Einwohner (siehe Abb. í) 5 läßt verschiedene Deutungen zu, genauer gesagt: schließt recht unterschiedliche Erklärungsformen nich t aus 6. Es ist an anderer Stelle beschrieben worden, daß es drei verschiedene Grundmuster für die Erklärung de r so auffallend langen Period e durchschnittlic h hohe r Zuwachsrate n de s Sozialprodukt s nach dem II. Weltkrieg gibt 7. Das erste Muster, welches hier abgekürzt die »Strukturbruchhypothese« genann t werden soll, verzichtet überhaupt dar­ auf, di e Entwicklung nac h 194 5 in einen systematischen Zusammenhan g mit de r vorhergehende n z u bringen , e s se i den n i n de m Sinne , da ß natürlich die vorhergehenden Verwüstungen der folgenden Wiederaufbau ­ periode ihren speziellen Stempel aufgeprägt haben . Aber mit der Hervor­ hebung de r Wiederaufbaunotwendigkeite n (eine r übrigen s scho n klassi ­ schen Erklärung fü r vorübergehend rascheres Wachstum) hat es dann sein 129 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Abb. 1 : Nettosozialprodukt i n konstante n Preise n je Einwohner , 1850-1975

Bewenden. Da s a n di e eigentlich e Wiederaufbauperiod e anschließend e noch immer seh r hohe Wachstum wir d dan n aus spezifischen Konstellatio ­ nen allei n diese r Period e erklärt 8 . Ganz anders gehen die Autoren vor, welch e das hohe Wachstum de r Zeit nach de m II. Weltkrieg mi t Hilf e de r au f Kondratief f zurückgehende n Vorstellung de r »lange n Welle n wirtschaftliche r Entwicklung « deute n wollen. Diese , speziel l vo n Joseph Schumpete r ausfuhrliche r begründet e Entwicklungsdynamik 9 ha t inzwische n wiede r meh r Anhänge r gefunden , wenn ma n auc h feststelle n muß , da ß sic h unter de r gemeinsamen Bezeich ­ nung »Wellenhypothese « rech t verschiedene , soga r einande r widerspre ­ chende Aussage n finde n lassen 10 . Ic h persönlic h beurteil e dies e Versuch e einstweilen mi t große r Skepsis , wei l nac h meine r Meinun g gerad e fü r Deutschland de r Nachweis der Wellen im strengen Sinn e nicht gelungen is t (nicht all e Tempoänderungen sin d Wellen ) un d zudem auc h di e bisherige n Beiträge zu r Theori e de r endogene n Zyklizitä t gerad e fü r Deutschlan d mich nicht überzeugen. Demgegenübe r schein t es mir plausibler, da s dritte Modell (i n Verbindun g mi t Strukturbruchhypothesen ) stärke r i n den Vor ­ dergrund z u stellen . Deshal b wend e ic h mic h diese m zu , ohn e freilic h di e hier etwa s apodiktisc h geäußerte n Urteil e übe r di e Wellenhypothes e genauer z u begründen 11 . 130 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

2. Da s dritt e Model l soll - i m Anschlu ß a n Fran z Jánossy12 - da s de r »Rekonstruktionsperiode« genann t werden . Z u seine r genauere n Charak ­ terisierung verweis e ic h au f di e Literatur 13. E s ist hie r nich t nötig , sein e ökonomisch-technischen Detail s genauer vorzustelle n un d zu erörtern. I m Mittelpunkt stehe n be i Jánossy Annahme n übe r di e langfristige Produkti ­ vitätsentwicklung. I n normale n Zeite n se i si e de r eigentlic h begrenzend e Faktor fü r da s Temp o wirtschaftliche n Wachstums . Doc h gib t e s auc h Phasen, insbesonder e nac h umfangreiche n Zerstörungen , unterlassene n Reinvestitionen ode r auc h verminderte r Neuinvestitionsaktivität , nac h denen sic h di e ausnützbare n Sachkapitalbeständ e al s Minimumfaktore n erweisen können . I n solche n Zeitabschnitte n besteh e di e Chance , ange ­ sichts de s Überhang s a n nutzbare r technische r Qualifikatio n vorüberge ­ hend auc h seh r hoh e Zuwachsraten de s Sozialprodukt s z u realisieren . Weil di e theoretisch e Konzeptio n un d di e Basi s fü r di e empirisch e Überprüfung de r strenge n Jánossy-These n ohnehi n i n viele r Hinsich t problematisch sind , wir d di e »Rekonstruktionshypothese « hie r etwa s freier, zugegebe n auch etwas spekulativer gehandhabt . Immerhi n überneh­ men wir von Jánossy di e Vorstellung eine r Trendkurve, di e aus einer Phase sogenannter »normale r wirtschaftliche r Entwicklung « gewonne n un d durch Extrapolatio n auc h fü r di e folgende n Periode n ausgezoge n werde n soll14. Al s Phase »normale r wirtschaftlicher Entwicklung « definiere n wir ­ experimentell - di e Zeit von 185 0 bis 1913 . Abbildung 1 zeigt demzufolg e auch die über das Jahr 191 3 hinaus extrapolierte Trendkurve, welch e unter der Annahme steht, da ß die Wachstumsraten vo r 191 4 auch später hätten tendenziell - aufrechterhalte n werde n können, wen n nicht besondere Stör ­ faktoren die s verhindert hätten . Nu n wir d anschaulich , worau f es hier vor allem ankommt : Sei t 191 4 bleibt übe r lang e Zeit hinweg di e Entwicklun g des reale n Sozialprodukt s je Einwohne r hinte r de r langfristige n Entwick ­ lungsmöglichkeit zurück . De r Abstan d zwische n de m Realisierte n un d dem Mögliche n is t sowoh l 193 2 al s auc h 195 0 seh r gro ß - un d entspre ­ chend hoc h sin d di e Wachstumsrate n de r jeweil s folgende n Periode . Allerdings is t dies e Erklärun g nich t vollständig . De r virtuell e Tren d über das Jahr 191 3 hinaus bezeichnet, wen n ihm überhaupt eine Bedeutung beigemessen wird , zunächs t nu r ein e Möglichkeit . Si e muß , wi e di e Ent ­ wicklung de r Zwischenkriegszei t zeigt , nich t zwingen d genütz t werden . Um z u erklären , waru m da s Entwicklungspotentia l nac h de m II. Welt­ krieg ander s al s nac h de m I. Weltkrieg genützt worde n ist , bedar f e s weiterer Gründe . E s ist nicht auszuschließen , da ß sich auch diese einmal mehr al s bishe r - ebenfall s i n ei n historische s Langfristmodel l einordne n lassen. Scho n jetzt benütze n ja all e Argumentationsmuster mi t »Lernvaria ­ blen« i n Entscheidungserklärunge n solch e Vorstellunge n übe r historisch e Grundlagen (»Weima r lehrte , als o müsse n wir . . .« ; »Di e NS-Zei t lehrte , also müssen wir. . .«) . Auch ist mit guten Gründen dargelegt worden, da ß die demokratische Gesellschaf t de r Bundesrepublik de m faktischen Moder 131 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

nisierungsprozeß i n de r NS-Zei t vie l verdankt . Da s ma g auc h fü r di e wirtschaftliche Entwicklun g de r Nachkriegszei t wichti g gewese n sein . Dennoch wir d ma n di e Frage , waru m eigentlic h - ander s al s nac h dem I. Weltkrieg - nac h de m II. Weltkrieg da s Entwicklungspotential s o ein­ drucksvoll genützt worden ist, einstweilen vorwiegend mit Hilfe zeitspezi­ fischer Ursachenkomplex e beantworten , als o nac h de m Muste r de r »Strukturbruchhypothese« vorgehen . 3. Da s Model l de r »Rekonstruktionsperiode « steh t un d fäll t natürlic h mit der Annahme eines virtuellen Trends, der den Pfad der Möglichkeiten beschreibt. Di e hierfü r entwickelt e Theori e is t einstweile n noc h rech t primitiv un d läß t viel e Frage n offen . Allerding s gib t e s eine Reih e von empirischen Anhaltspunkten, di e die Plausibilität der Annahme begründen können. Daz u gehör t auc h di e Beobachtun g de r Wachstumspfad e jene r Länder, die nicht von den Kriegen und den Störungen der Zwischenkriegs­ zeit betroffen worde n sind. Wo die Entwicklung insgesam t gleichmäßige r erfolgt ist , ga b es auch keine wirtschaftswunderlichen Phasen . Eine gewiss e Bestätigun g de r These , da ß sic h de r fü r Wachstu m ent ­ scheidend wichtige technische Fortschritt (verbunden mit dem Wandel der Qualifikationsstruktur de r Beschäftigten) übe r alle Zerstörungen und Pro­ duktionsminderungen hinweg fortgesetzt hat, kann man in den von Mitar­ beitern des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung Münche n 1963 publizier­ ten Produktionsfunktionen fü r de n Zeitrau m 192 5 bis 193 8 und 195 0 bis 1957 finden 15. Diese Arbei t is t scho n a n sic h ein e Provokatio n fü r Historiker ! Di e Absicht de r Autoren wa r es, a m Anfang de r sechziger Jahre das künftig e Wachstum des Inlandsprodukts der Bundesrepublik zu projizieren. Hierfü r wollten sie eine ökonometrische Produktionsfunktion verwenden , di e den Effekt de s Zusammenwirkens vo n Veränderungen de s eingesetzten Kapi­ tals, de r Arbeitsmenge , de r Importvolume n un d de s technische n Fort ­ schritts darstellen sollte. Die Autoren empfanden abe r eine Schätzung, di e allein auf die relativ wenigen Zeitreihen werte der Variablen gestützt wäre, die bis dahin für die Bundesrepublik verfügbar waren, als zu unsicher. Und so entschlossen sie sich, das Zahlenmaterial für das Deutsche Reich 1925 bis 1938 mi t heranzuziehen ! Dami t mußte n si e freilic h unterstellen , da ß sowohl die Gleichungsform al s auch das Parametergerüst eine r deutschen gesamtwirtschaftlichen Produktionsfunktio n vo n den dramatischen politi­ schen und wirtschaftlichen Veränderunge n zwischen 192 5 und 1950 völlig unberührt geblieben sind. Diese Annahme erscheint schockierend. Es zeigt sich allerdings, daß die auf der Basis der Annahme geschätzten Funktionen nach 1957 bzw. 196 1 über längere Zeit hinweg recht gute Vorausschätzun­ gen ergeben haben16. Das darf zwar nicht als eine volle Bestätigung für die Richtigkeit de r Unterstellungen vo n der Strukturkonstan z de r Bewegung von Weimar über die NS-Zeit bi s in die Bundesrepublik hinei n gewertet 132 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

werden, doc h mahn t e s immerhin zu r Vorsicht, wen n ma n diese n Proze ß als eine n vorherrschen d diskontinuierliche n beschreibe n wollte . Im Zusammenhang de r hier erörterten Hypothes e vo n de r Rekonstruk ­ tionsperiode ist die von den Autoren verwendete Produktionsfunktion vo n besonderem Interesse. Ich gehe hier auf die Einzelheiten nicht ein, erwähn e nur, da ß i n diese r Funktio n ei n technische r Fortschrittsfakto r é dt enthalten war, be i de m e die Basis de s natürlichen Logarithmus , d einen ökonome ­ trisch z u schätzende n Parameterwer t un d t einen Zeitinde x darstellte . Be i verschiedenen Versuchen erwies es sich nun als unbefriedigend fü r die Güte der z u schätzende n Funktion , de n Zeitinde x t , de r fü r 192 5 de n Wer t 1 bekommen hatte und bis 1938 auf 14 angestiegen war, i m Jahr 195 0 (für das man di e nächste n Zahle n werte de r Variable n hatte ) mi t de m Wer t 1 5 fortzusetzen. Obwoh l 195 0 da s 15 . Jahr de r Reihenwert e gewese n wäre , erhielt de r entsprechende Zeitindex t den durchgezählten Jahres wert 26 . In Verbindung mi t dem Parameterwert fü r d bedeutete das zwischen 1938 und 1950 einen potentiellen technische n Fortschrit t u m 23 Prozent. Wen n 1950 das Produkt dessenungeachtet niedriger lag, wa r dies die Folge der Restrik­ tionen be i Kapital , Arbeitsmeng e un d Importvolumen . - Au f jeden Fal l stützt auc h dies e Arbei t di e Vermutung , da ß e s eine n »virtuelle n Fort ­ schrittstrend« übe r Störunge n hinwe g gegebe n hat , wen n auc h de n Zah ­ lenwerten vermutlic h kein e voll e Überzeugungskraf t zukommt . Schließlich scheint noch ein weiteres Verfahren geeignet , di e Grundthese eines (vo n de r Entwicklun g de r Qualifikationsstrukturen ) abhängige n virtuellen Fortschrittstrend s übe r all e Störunge n hinwe g z u stützen . W . Krug ha t 196 7 den Versuc h unternommen , di e Entwicklung de s immate ­ riellen Kapitals ‹ i m Deutsche n Reic h bzw . i n de r Bundesrepubli k z u schätzen163. Eine Abbildung dieser Zeitreihenwerte im halblogarithmischen Maßstab interpretier t de r Auto r wi e folgt : »Abb . (2 ) zeigt , da ß de r Kurvenverlauf de s immateriellen Kapital s sich dem einer Geraden verhält ­ nismäßig gu t annähert.« 160 Allerding s ha t Krug di e Zahlen noc h nicht u m die Gebietsänderungen bereinigt , s o daß die Werte in Wahrheit ebe n doch nicht au f eine r Gerade n lagen . Wen n ma n abe r da s hie r wiederhol t gewählte Verfahre n de r Umrechnun g de r jeweiligen Wert e fü r da s Deut ­ sche Reic h bzw . di e Bundesrepubli k au f di e Kopfzah l de r Bevölkerun g anwendet, erhäl t man in der Tat den linearen Trend. 195 0 liegt der Bestand an immaterielle m Kapita l j e Kop f (i n Preise n vo n 1913 ) nac h diese n Rechnungen be i 137 8 Mark, währen d er 1938 1062 Mark betrage n hat. Die jährliche Zuwachsrat e entsprich t i m große n un d ganze n de r de s Gesamt ­ zeitraums 1870-1959 . I n einer Abbildung i m halblogarithmischen Maßsta b ist hinsichtlich de r Entwicklun g de s immateriellen Kapitalstock s (j e Kopf ) zwischen 187 0 un d 195 9 überhaup t kei n Einschnit t i n de r Aufwärtsent ­ wicklung z u sehen, zu schweigen von solchen Zerstörungen, di e der Kurve des Sachkapitals entspräche n (sieh e Abb. 2).

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Abb. 2: Immaterielle s Kapita l je Einwohne r i n konstante n Preisen , Deutsches Reic h i n de n Grenze n vo n 187 1 bzw. 193 7 und Bundesrepublik, 1870-195 9 (nac h W . Krug ) 4. Da ß di e Produktionsmöglichkeite n nac h 194 5 demgegenübe r zunächst durc h fehlend e ausnützbar e Sachkapitalbestände , di e di e poten ­ tielle Technologie (verkörper t auc h im immateriellen Kapita l de r Bevölke­ rung) hätten in aktuelle umsetzen können, bestimm t worde n sind, demon ­ striert die Abbildung 3 - di e zugleich auch zeigt, welch e Chancen für rasch e Nachholung dami t gegebe n waren . I n der Abbildung is t die Entwicklun g des fü r da s Wachstu m wesentlichste n Element s de s sächliche n Kapital ­ stocks, nämlic h de s reproduzierbare n Anlagevermögen s (j e Einwohner , um di e Gebietsveränderunge n z u berücksichtigen ) i n konstante n Preise n von 185 0 bis über 197 0 hinaus eingezeichnet . Die Darstellun g is t methodisc h gewi ß seh r anfechtbar , j a sowoh l hin ­ sichtlich de r konzeptionelle n Problem e al s auc h de r Meßschwierigkeite n ein Abenteuer 17. Abe r sie soll hier auch nur zur Orientierungshilfe dienen . Wieder erkennen wir di e Zwischenkriegszeit al s eine besondere. Di e vor 1913 z u beobachtend e Entwicklun g wir d unterbrochen . Wen n auc h de r Niveau wert de s Kapitalstocks je Einwohner 192 5 nicht sehr tief unter dem Wert vo n 191 3 liegt, komm t e s nur zu einer langsamen Korrektur . I n der Weltwirtschaftskrise erfolg t ga r ein neuerlicher Kapitalabbau , de m freilic h eine (kurze ) Period e schnelle n Zuwachse s sic h anschließt . Abe r 1949/5 0

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Abb 3 : Reproduzierbare s Anlagevermöge n je Einwohne r i n konstante n Preisen, Deutsche s Reic h i n de n Grenze n vo n 187 1 bzw. 193 7 und Bundesrepublik Deutschland , 1850-197 7 liegt de r Kapitalbestan d j e Einwohne r wei t unte r de m Vorkriegswert . Doch wird de r Verlust gegenüber 193 8 schon bis 1955 aufgeholt. Dennoc h bleibt auc h danac h da s Tempo de r Kapitalakkumulatio n seh r hoch .

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Wagen wir es nun, in ähnlicher Weise wie für die Stromgröße Sozialpro­ dukt nun auch für die Bestandsgröße des reproduzierbaren Anlagevermö ­ gens einen virtuelle n Tren d übe r da s Jahr 191 3 hinaus einzuzeichnen , s o stellt sic h di e Zwischenkriegszei t (selbs t unte r Einschlu ß de s NS-Auf ­ schwungs) al s ein e Phas e de r nichtausgenützte n Entwicklungspotential e dar. Abe r noch viel größe r is t der Abstand zwischen »Möglichkeit « un d »Ist« nac h de m II. Weltkrieg. Hierau s wir d verständlich , da ß e s i n de r Nachkriegszeit große Chancen für die Investoren gegeben haben muß. Ein wesentlich verringertes Kapitalrisik o gehört e denn auch zu den typischen Merkmalen de s Kapitalbildungsprozesse s un d seine n hohe n Investitions ­ quoten. I n Abb. 3 erreicht die Kurve des reproduzierbaren Anlagevermö ­ gens in den 70er Jahren wieder die Kurve des virtuellen Trends. Da s mag zu manchen Überlegunge n Anla ß geben , kan n aber auch dem Zufall der Schätzoperationen zuzuschreiben , fü r di e Sachlage also unbeachtlich sein . Immerhin gehört es zur Hypothese der »Rekonstruktionsperiode«, da ß das Tempo de r Kapitalakkumulatio n a m End e eine r solche n Period e (nac h Ausschöpfung de r in ihr liegenden Chancen ) nachlasse n sollte , wen n das Wachstumspotential (dargestell t al s Differenz zwische n virtuelle m Tren d und tatsächlicher Entwicklung) ausgeschöpf t ist . HL Kontinuitä t un d Diskontinuität strukturelle n Wandel s

1. I n diesem Abschnitt soll der Frage nachgegangen werden, o b sich auch im Muste r de s strukturelle n Wandel s ähnlich e Prozess e erkenne n lassen , die di e Deutun g mi t Hilf e de r Erklärungsfigu r de s »Entwicklungsstaus « bzw. de r »Rekonstruktionsperiode « nahelegen . Ein e auch nur einigerma­ ßen vollständige Behandlun g de r langfristigen Veränderunge n de s Struk­ turbildes der deutschen Wirtschaf t is t hier verständlicherweise nich t mög ­ lich - un d nich t nötig . I m Rahme n unsere r Fragestellung , di e sic h au f Kontinuität un d Diskontinuität de r wirtschaftlichen Entwicklun g richtet , sollen nur ausgewählte Beispiele säkularer Entwicklungsmuster vorgestellt werden. Dabe i sol l gezeig t werden , da ß e s zwa r auc h hinsichtlic h de s Strukturwandels die Möglichkeit gibt, »Entwicklungsstatus « z u diagnosti­ zieren und insoweit di e Hypothese von der »Rekonstruktionsperiode « z u verallgemeinern - da ß diese s Muste r abe r keinesweg s universa l is t un d nicht alles erklären kann. 2. Die s ergibt sic h sogleic h au s Abbildung 4 18. Da s in seine r zeitliche n Entwicklung abgebildet e Zahlenverhältni s de r jeweils umlaufende n Bar ­ geldmenge zum Nettosozialprodukt kan n als eine Maßzahl der »Moderni­ tät« von Zahlungsgewohnheiten gedeutet werden. In aller Welt beobachtet man, daß im Zeitablauf leistungsfähigere Geldarte n (z.B. Giralgeld) an die Stelle vo n Bargel d trete n un d somi t fü r de n Umsat z relati v wenige r 136 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Abb. 4: Verhältnis von Bargeldumlauf zu Nettosozialprodukt i n Marktpreisen i m Deutschen Reich bzw. i n der Bundesrepublik Deutschlan d 1880-197 2 in v.H. Bargeld verwendet wird. Freilic h kostet es Zeit, wenn sich Gewohnheiten von Massen ändern - un d so stellt sich der Prozeß als ein recht langwieriger heraus. Danebe n wir d e r vo n politische n Faktore n mitbestimmt , den n Herren de r Bargeldschöpfun g sin d - vo n wenige r bedeutende n Abwei ­ chungen abgesehen - di e Zentralnotenbank und/ode r der Staat. Was Deutschlan d betrifft , zeig t di e Abbildun g ein e rech t erstaunlich e Entwicklungsfigur. Di e Werte für 188 0 bis 1913 und 1950 bis 1972 lassen gar die Konstruktion eines linearen Trends plausibel erscheinen, so daß bei durchgehender Änderungstenden z 195 0 al s ein e Ar t folgerichtige n Anschlusses a n 191 3 erscheint. I n der Zwischenkriegszeit herrsche n gan z andere Verhältnisse . A n si e kan n nac h de m II. Weltkrieg auc h nich t angeknüpft werden . Vielmeh r wird , wi e schon gesagt, 195 0 bis 197 0 das Muster de r Bewegung vo n 188 0 bis 191 3 reproduziert, mi t dem Glücks­ treffer(?) de s niveaugerechten Anschlusses . 3. Abbildun g 5 lehrt uns, daß es selbst innerhalb eines Strukturkomplexes recht unterschiedliche Muste r der langfristigen Bewegun g gegebe n hat 19. Dargestellt is t di e Aufteilung de r Erwerbspersonen bzw . Erwerbstätige n auf verschieden e sozial e Kategorie n (Stellun g i m Beruf) . Erfaß t sin d ab 1882 die Ergebnisse von Zählungen, di e leider in größeren Zeitabstände n stattfanden, währen d wi r i n de r Nachkriegszei t auc h Reihe n au s de n Jahreswerten abbilde n können . Zu r Verdeutlichun g de r hie r vo r alle m interessierenden Tempoänderunge n bei m Wande l de r Strukturanteil e wurde für die Ordinate ein logarithmischer Maßstab gewählt. (De r mögli­ che Einwand, die Berufsstrukturen des Deutschen Reiches von 1939 ließen sich wegen de r Teilung nich t unmittelbar mi t denen der Bundesrepublik vergleichen, kan n angesicht s de r große n Ähnlichkei t de r bezügliche n Strukturen fü r da s Territoriu m de r Bundesrepubli k i m Jahre 193 9 mi t denen des Reiches abgewehrt werden, jedenfalls für die Anforderungen an Genauigkeit, di e hier gestellt werden 20.) 137 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Abb. 5 : Erwerbspersone n bzw . Erwerbstätig e nac h Stellun g i m Beru f i n v.H., Deutsche s Reic h bzw . Bundesrepubli k Deutschlan d 1882-1972 . Setzen wir uns zunächst wieder über die Zwischenkriegszeit hinwe g und betrachten nu r di e Periode n bi s zu m I. und nac h dem II. Weltkrieg. Ein e durchgehend gleich e Richtung de r Änderung (Schrumpfun g ode r Auswei ­ tung de s Anteils ) gib t e s in beide n Periode n nu r be i zwei Kategorien : Be i den Selbständige n (Schrumpfung ) un d be i de n Beamte n un d Angestellte n (Ausdehnung). I n de r Bundesrepubli k setzt e sic h als o insofer n ei n scho n klassisches Änderungsmuste r fort . Allerding s schließ t di e Bewegung 195 0 nicht (wi e i n Abb . 3 ) exak t a n di e bi s 190 7 (letzt e Zählun g vo r de m I. Weltkrieg) an . Würde n wi r di e jeweiligen Eckwert e de r Kurve n 188 2 und 197 2 miteinander durc h eine gerade Linie verbinden (Lini e konstanter Änderungsgeschwindigkeit), s o würde n wi r erkennen , da ß di e Temp i etwas unterschiedlich gewesen sind, offenba r wei l 195 0 in der Bundesrepu­ blik ei n gewisse r Modernisierungsrückstan d bestande n hat . Auc h wen n man di e Bewegun g de r Zei t vo r de m I. Weltkrieg extrapoliert , erschein t vor de m Hintergrun d säkulare n Wandel s de r Antei l de r Selbständige n i n der Bundesrepubli k 195 0 al s etwa s z u gro ß (sollt e als o durc h schneller e Änderung korrigier t werden ) un d de r de r Beamte n un d Angestellte n al s etwas z u klei n (sollt e als o ebenfall s durc h schneller e Änderun g korrigier t werden). Di e tatsächlich höheren Anpassungsgeschwindigkeiten nac h 1950 passen als o auch in das Modell de r »Rekonstruktionsperiode« , wen n auc h unverkennbar zwische n 190 7 und 195 0 schon eine weitere Modernisierun g stattgefunden hatt e (nu r i m Vergleic h diese r Jahre).

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Ein gan z andere s Muste r zeig t di e Kurv e de s Anteil s de r mithelfende n Familienangehörigen. Zwa r lege n di e i m Zeitablau f rech t unterschiedli ­ chen Zählungsverfahre n gerad e hie r ein e größer e Vorsich t nahe , doc h scheint sic h i m große n un d ganze n de r Antei l bi s i n di e Zei t nac h de m H. Weltkrie g kau m wesentlic h veränder t z u haben . Ers t jetz t tra t ein e Änderung ein , di e als massiver Bruch mit einem früheren Muste r gedeute t werden kann . Vo n nu n a n ga b e s eine schnell e Schrumpfun g de s Anteil s mit nahez u konstante r Änderuneseeschwindigkeit . Die Zwischenkriegszeit setz t einer an Trendaussagen interessierten Ana ­ lyse i m vorliegende n Fal l schon deshalb besonderen Widerstan d entgegen , weil in den drei Zähljahren, fü r die Ergebnisse vorliegen, di e konjunkturel­ len Verhältniss e s o unterschiedlic h gewese n sind . 193 3 is t noc h ei n Jahr tiefer Krise . Da s ha t strukturelle n Wande l mindesten s aufgehalten , viel ­ leicht auc h zurückgebildet . Verbinde t ma n nu r di e Ergebniss e de r Jahre 1925 und 193 9 miteinander, s o erscheint allerding s di e Zwischenkriegszei t in Hinblic k au f di e Anteil e de r Selbständige n sowi e de r Beamte n un d Angestellten al s ein e Phas e rasche r »Modernisierung« . Di e Anteilswert e der beiden Gruppe n liege n 193 9 gar deutlic h unterhal b bzw . oberhal b des zuvor angedeutete n »säkulare n Trends « vo n de r Kaiserzei t zu r Bundesre ­ publik. Wen n als o 195 0 in de r Bundesrepubli k ei n Entwicklungssta u mi t einem Nachholbedar f diagnostizier t worde n ist , s o ha t e r sic h jedenfall s nicht wi e hinsichtlic h de r zuvo r besprochene n Kapitalbildun g übe r ein e längere Period e akkumuliert , sonder n wär e i m Zusammenhan g mi t de m Krieg und seinem Ende eingetreten. Nu r bei den mithelfenden Familienan ­ gehörigen ha t es nach dem II. Weltkrieg noc h einen langfristig angestaute n »Modernisierungsrückstand« gegeben . 4. Di e zuvor beschriebenen langfristige n Entwicklungsmuste r de r sozia­ len Berufsstruktu r stehe n natürlic h i n enge r kausale r Verbindun g z u de n Entwicklungsmustern de r Produktionsstruktu r de r Volkswirtschaft , d . h. der Verteilung de r Erwerbspersonen bzw. Erwerbstätigen auf die verschie­ denen Wirtschaftsbereiche . Wei l e s hier nich t u m di e genau e Analys e de s Strukturwandels u m seine r selbs t willen geht , sonder n uns die Frage nach der Kontinuitä t ode r Diskontinuitä t vo n Muster n de r Veränderun g beschäftigt, wolle n wi r e s bei einer Aufteilun g au f nur 4 Wirtschaftsberei ­ che belassen . Neuerlich wurd e zu r Verdeutlichun g de r Änderungsgeschwindigkeite n für die Ordinate ein logarithmischer Maßsta b gewählt. (I m übrigen ware n 1939 auch in diesem Falle die Abweichungen de r Beschäftigungsanteile i m Deutschen Reic h un d i m Territoriu m de r späteren Bundesrepubli k relati v so geringfügig , da ß nich t scho n deshal b ei n längerfristige r Vergleic h unsinnig wird. ) In Abbildung 6 21 gibt es keine Kurve, di e man über den ganzen Zeitrau m auch nur näherungsweise durch eine Gerade approximieren könnte, um die

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Abb. 6 : Anteil e de r Erwerbspersone n bzw . Erwerbstätige n nac h Wirtschaftsbereichen i n v. H. 188 2 bis 197 2 säkulare Bewegungsrichtun g z u markieren . Da s gilt insbesonder e fü r de n Vergleich de r Zeiten vor dem I. und nach dem II. Weltkrieg. I n drei Fällen kehren sich gar die Bewegungsrichtungen um . Un d in dem Fall, in dem die Bewegungsrichtung durchgehen d di e gleich e is t (ein e Schrumpfun g be i Land- un d Forstwirtschaft ) würd e ein e Gerad e da s verbergen , wa s histo ­ risch vo n besondere m Interess e ist , nämlic h di e enorm e Beschleunigun g des Schrumpfungsprozesse s nac h de m II. Weltkrieg. Konzentrieren wi r uns auf das langfristige Muste r der Schrumpfung de s Anteils de r Landwirtschaft , da s nicht zufälli g etwa s Ähnlichkei t mi t de m zuvor behandelte n Muste r de r Veränderun g de s Anteils de r mithelfende n Familienangehörigen hat . E s lieg t nahe , auc h hie r vo n eine m Entwick ­ lungsstau al s Potentia l z u sprechen . Nac h Beseitigun g vo n Hindernisse n konnte das Potential auc h im rasche n Wande l ausgenütz t werden . O b und in welche m Ausma ß zuvo r di e politische n Maßnahme n (Agrarprotektio ­ nismus) und/ode r di e Verwerfun g de r weltwirtschaftliche n Beziehunge n und der gesamtwirtschaftlichen Wachstumsbewegunge n i n der Zwischen ­ kriegszeit - ode r speziell e technisch-ökonomisch e Bedingunge n de r Pro ­ duktion un d de s Absatze s de r Landwirt e i n Deutschlan d - de n Sta u verursacht haben , is t schwe r z u beurteilen 22. Orientier t ma n sic h zu m Vergleich a n der Entwicklung de r sektoralen Beschäftigungsstruktu r etw a Großbritanniens, s o sollte man erwarten, da ß bei politisch unbeeinflußte m

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Strukturwandel scho n vo r 191 4 de r Antei l de r Landwirtschaf t auc h i n Deutschland hätt e stärke r zurückgehe n sollen . U m wievie l aber ? Hierfü r möchte ic h ein e Spekulatio n wagen , dere n Abenteuerlichkei t nu r dami t gerechtfertigt werde n kann , da ß die ganzen Betrachtungen, u m die es hier geht, etwa s Spekulative s haben . Unterstellen wi r einmal , e s hätte vo m ausgehende n 19 . Jahrhundert bi s 1970 eine n verborgene n Potentialtren d kontinuierliche r Veränderun g de s Anteils de r Landwirtschaf t a n de n Erwerbspersone n gegeben , d . h. ein e Schrumpfung mi t konstante n Schrumpfungsrate n de r Anteile . Un d neh ­ men wir an, diese r Trend könne durch eine Linie bezeichnet werden, di e in unserer Zeichnun g di e tatsächliche n Wert e vo n 188 2 (de r Struktureffek t des Protektionismu s konnt e noc h nich t star k fühlba r sein ) mi t dene n vo n 1970 (Anpassung weitgehen d vollzogen) verbindet, s o würde man für 190 7 statt eine s tatsächliche n Anteil s vo n 3 5 v.H. ( = 9,8 8 Mill . Erwerbsperso ­ nen) eine n »Potentialanteil « vo n 2 8 v.H. ( = 7,8 7 Mill . Erwerbspersonen ) ermitteln. Da s aber hätte schon gegenüber 188 2 bzw. 189 5 einen absolute n Rückgang de r Zah l de r i n de r Landwirtschaf t Tätige n i m Kaiserreic h erfordert! Ein e wirklic h gan z ander e deutsche Geschicht e müßt e geschrie ­ ben werden , wen n ma n sic h klarmache n wollte , wa s da s bedeute t habe n könnte. Tatsächlich ha t noc h di e Bundesrepubli k ein e Produktionsstruktu r geerbt, di e ih r zusamme n mi t de r Notwendigkei t auc h di e Chanc e de r Anpassung a n anderwärt s bestätigt e langfristig e Muste r gab . Unzweifel ­ haft gehör t de r beispiellos rasche Strukturwandel de r fünfziger un d sechzi­ ger Jahre, insbesonder e di e Freigab e de s bi s dahi n i n de r Landwirtschaf t gebundenen Arbeitspotentials , z u den wichtigsten Gründen , di e die hohen Wachstumsraten de s Inlandsprodukt s diese r Zei t erklären 23. I n diese m Sinne können die akkumulierten Problem e der vorhergehenden Geschicht e wirklich z u de n Chance n fü r di e Bundesrepubli k gezähl t werden . 5. Befrage n wi r Kontinuitä t ode r Diskontinuitä t de r weltwirtschaftli ­ chen Verflechtungen Deutschlands , biete t sic h uns ein komplexes, schwe r zu interpretierendes Bild , zuma l in diesem Zusammenhang di e Teilung des Staatsgebietes unvermeidlic h groß e Auswirkunge n habe n sollte . Unübersehbar ist ein beispielloser Prozeß rascher Erhöhung der Einfuhr ­ und Ausfuhrquote n nac h de m II. Weltkrieg, de r gewi ß z u einem erhebli ­ chen Tei l al s »Rekonstruktionsphänomen « z u begreife n ist , wa r doc h i n der Zwischenkriegszeit di e außenwirtschaftliche Verflechtung , di e 1925/29 mit eine r durchschnittliche n Exportquot e (Ausfuh r i m Verhältni s z u Net ­ tosozialprodukt z u Marktpreisen ) vo n 14, 9 v.H . ga r noc h unte r de r vo n 1910/13 (17, 5 v.H. ) gebliebe n un d danac h weite r gesunke n wa r (1930/3 4 12,0 v.H. ; 1935/3 8 6, 0 v.H.) , definiti v i n Rückstan d gerate n - i n alle r Welt. 1950/5 4 la g di e Exportquot e de r Bundesrepubli k zwa r scho n übe r der de r dreißige r Jahr e (13, 3 v.H.) , abe r si e erhöht e sic h dan n i n de n

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sechziger Jahren übe r 2 0 v . H. un d überstie g ga r i n de n frühe n siebzige r Jahren ständi g di e Höh e vo n 2 5 v. H. 24 Der Export ist also noch wesentlich rascher gewachsen als das Sozialpro­ dukt. Da ß di e s o gemessen e Integrationshöh e i n de r Bundesrepubli k di e der Zwischenkriegszei t übersteigt , als o »neu « ist , schein t erwiesen . O b aber di e Bundesrepubli k enge r mi t de r Weltwirtschaf t verflochte n is t al s das Kaiserreic h vo r de m I. Weltkrieg, is t aufgrun d de s Zahlenvergleich s nicht unmittelba r z u beurteilen . Schließlic h is t da s Territoriu m de r Bun ­ desrepublik beträchtlic h kleine r al s da s de s Deutsche n Reiches , wa s be i sonst gleiche n Umstände n zwangsläufi g z u eine r Erhöhun g de r Exportquoten Anla ß gebe n sollte . Natürlic h übersteig t da s Ausma ß de r sogenannten »institutionelle n Integration « i n de r Europäische n Gemein ­ schaft alles früher zwische n selbständigen Staate n Übliche - abe r früher hat es auc h nich t di e Anläss e gegebe n (d.h . jene s Ma ß a n Integrationshinde ­ rung), dene n die institutionelle Integration begegnen soll. - E s ist also nicht auszuschließen, da ß die rasch wachsende Verflechtun g de r Bundesrepubli k mit de r (vornehmlic h westlichen ) Weltwirtschaf t wiederu m nicht s eigent ­ lich Neues , sonder n ei n Rekonstruktionsphänomen gewese n ist , vo n de m die Wirtschaftsgesellschaft nac h 194 9 freilich seh r starke Entwicklungsim ­ pulse erfahre n hat . Andererseits gib t e s auch zahlreich e Anzeiche n dafür , di e es nahelegen , die Möglichkei t vo n substanzielle n Änderunge n i m Entwicklungsmuste r der deutschen Wirtschaftsbeziehunge n zu m Ausland in Betracht zu ziehen. Eine de r auffälligste n Spure n fü r eine n Bruc h i m säkulare n Tren d (ohn e Rekonstruktion) finde n wi r be i de r Betrachtun g de r Warenstruktu r de s deutschen Außenhandels , insbesonder e bei der Einfuhr. Scho n in den zehn Jahren nac h 195 0 ha t sic h di e Struktu r de r deutsche n Einfuh r radikale r verändert al s i n fünfzi g Jahre n zuvor , un d dies e Bewegun g ha t bi s i n di e siebziger Jahre angehalten . I m Jahr 195 0 machte n Güte r de r Ernährungs ­ wirtschaft un d Rohstoff e zusamme n nahez u de n gleiche n Prozentsat z a m Einfuhrumsatz au s (73, 7 v.H. ) wi e 191 3 (73, 1 v.H. ) un d i n de r ganze n Zwischenkriegszeit. Noc h immer entsprach di e Struktur der Einfuhr dem , was man seit dem 19 . Jahrhundert al s für ein industrialisiertes Lan d typisch bezeichnete. Fertigware n spielte n unte r de n eingeführten Ware n eine gan z untergeordnete Rolle . Da s aber ändert e sic h nac h de m II. Weltkrieg gan z dramatisch. Vo n 195 0 bis 197 7 ging de r Antei l de r Güter der Ernährungs­ wirtschaft un d der Rohstoffe a n der Einfuhr vo n 73,7 auf 31,7 v. H. zurück (bei Güter n de r Ernährungswirtschaf t allei n vo n 44, 1 au f 16, 7 v.H.) . Demgegenüber is t der Fertigwarenanteil vo n 12, 6 auf 52 v. H. gestiegen 25. Hier lieg t siche r kei n Phänome n vor , da s sich i m Rahmen de r Hypothes e von de r Rekonstruktionsperiod e erkläre n ließe : Die s wa r etwa s völli g Neues fü r di e säkular e Geschicht e de r weltwirtschaftliche n Beziehungen . Internationale Arbeitsteilun g bedeute t sei t de m zweite n Weltkrie g etwa s völlig andere s al s i n de r Kaiserzei t un d noc h i n de r Zwischenkriegszeit ,

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nämlich ein e eng e Verflechtun g de r Industrielände r untereinander , wobe i vor alle m Güte r de r gleiche n Kategori e getausch t werden . Und noch in einer anderen Beziehung ergab sich nach dem II. Weltkrieg im historischen Muster der deutschen Wirtschaftsgeschichte ei n signifikan ­ ter Bruch: Deutschlan d hört e auf, weitgehen d Energieselbstversorger , ga r Energieexporteur z u sein , un d verlie ß sic h be i schrumpfende r Eigenpro ­ duktion de r Steinkohle , di e de m internationale n Konkurrenzdruc k nich t mehr standzuhalte n vermochte , meh r un d meh r au f da s Erdöl . 195 0 wurden ers t ca . 5 Prozent de s Primärenergieverbrauch s de r Bundesrepu ­ blik importier t (gemesse n i n Heizwert), 197 5 waren e s fast zwe i Drittel 26. Das is t wahrlic h ein e revolutionär e Veränderun g de r wirtschaftliche n Konstellationen, di e zunächs t relati v friedlic h ablie f un d ers t jetz t ih r konfliktträchtiges Wese n zeig t - ähnlic h de n Auseinandersetzunge n übe r Agrar- ode r Industriestaa t vo r de m I. Weltkrieg, al s e s um di e Frag e de r Abhängigkeit vo n Nahrungsmittelimporte n ging . 6. Dafür , da ß es in der Mitte des Jahrhunderts einen Entwicklungsbruc h im langfristige n Bewegungsablau f de r deutsche n Wirtschaftsgeschicht e gegeben hat , könnt e ma n noc h ein e größer e Zah l vo n Belege n anfuhre n (wie auc h fü r da s Rekonstruktionsphänomen). Vo n besonderer Eindrück ­ lichkeit dürft e abe r die Beobachtung sein , da ß nach Schätzungen vo n E. v. Knorring und H. Schmucker die Struktur des privaten Verbrauchs (also die Aufteilung de r Verbrauchsausgabe n au f di e verschiedene n Kategorien ) Tabelle 1 : Käufe de r private n Haushalt e i m Inlan d nac h Ausgabearte n in v.H. , 1950-197 7

Nahrungs- und Genußmitte l Kleidung un d Schuh e Wohnungssmiete u . a. Elektrizität, Gas , Brennstoff e Übrige Haushaltsführun g (Möbel, Hausgerät e u.a. ) Verkehr un d Nachrichtenübermittlun g Körper- und Gesundheitspfleg e Bildung un d Unterhaltun g (auch Radio - u. Fernsehgeräte , Bücher, Theater , Kino ) Persönliche Ausstattun g u.ä . (darunter auc h Dienstleistunge n de s Beherbergungsgewerbes, Pauschalreisen)

1950

1960

1970

1977

43,0 15,4 7,2 3,0

38,6 12,5 7,6 3,9

30,6 10,6 12,5 3,7

27,5 9,8 12,5 4,5

12,1 5,7 3,2

13,5 7,8 3,6

12,3 13,6 4,6

11,8 15,5 4,9

6,6

7,6

7,3

7,4

3,8

4,9

4,8

5,9

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vom ausgehende n 19 . Jahrhundert bi s i n di e Zei t nac h de m II. Weltkrieg vergleichsweise stabi l geblieben ist (vor allem bei den größeren Posten und von konjunkturellen Schwankunge n abgesehen) 27. Nach 1950 trat dann ein bemerkenswert rasche r Wande l ein , de r i n de r Ta t beispiello s genann t werden darf , wi e Tabell e 1 zeigt28. Die beide n noc h 195 0 größte n Poste n de s traditionelle n Konsums , welche auc h in der Zwischenkriegszeit ca . 6 0 v. H. de s Konsumentenbud­ gets beanspruch t haben , ginge n bi s 197 7 au f gu t ei n Dritte l zurück , während sic h vor allem de r Posten Verkeh r un d Nachrichtenübermittlun g ausgedehnt hat , i n de m di e Koste n fü r de n Erwer b un d di e Unterhaltun g von Kraftfahrzeuge n sowi e de r Kraftstof f di e größt e Roll e spielen . Di e sprunghafte Zunahm e de s Anteil s de r Wohnungsmiete n dürft e allerding s in erste r Lini e de r Aufhebun g de r Mietpreisbindun g zuzuschreibe n sei n und insofern ei n politisches Phänomen im Zusammenhang mi t der Rekon­ struktion freie r Märkt e darstellen . Tendenziel l wir d dami t di e vo r de m I. Weltkrieg bekannt e Relatio n de r Wohnungsausgaben wiederhergestellt . Die Bundesrepubli k tra t nac h de m II. Weltkrieg i n da s »Zeitalte r de s Massenkonsums« vo n dauerhaften Güter n und von höheren Dienstleistun ­ gen ein , da s W . W . Rosto w i n seine m Stufenschem a de r Entwicklun g al s letztes Stadiu m beschreibt 29. Wen n ma n aber bedenkt, da ß die wichtigste n neuen Konsumgüter , di e di e rasch e Verbrauchsausdehnun g nac h 195 0 mittrugen, bereit s i n de r Zwischenkriegszeit , j a zu m Tei l scho n vo r de m I. Weltkrieg entwickel t gewese n sin d un d bereit s de n Entwicklungsschu b in de n zwanzige r Jahren i n de n US A getrage n haben , dan n lieg t e s nahe, von eine m i n de r Zwischenkriegszei t angewachsene n latente n Bedar f i n Deutschland z u sprechen, s o daß sic h im Grund e nach 194 5 nicht gänzlic h neue Entwicklungskräft e durchgesetz t haben . Wi r beobachte n zwa r eine n Knick i n de n statistische n Zeitreihe n de r Verbrauchsanteile , abe r e r finde t wiederum sein e Erklärung gerad e nicht in Umständen, di e als solche völlig neuartig gewese n wären , sonder n anderwärt s scho n wesentlic h frühe r di e Chance ihre r Wirkun g gehab t habe n un d i n Deutschlan d au f ein e solch e Chance habe n warte n müssen . 7. Fasse n wir da s in diesem Abschnitt Gesagt e zusammen, s o ergibt sic h in Hinblick au f die zentrale Fragestellun g folgendes : E s gibt bei m struktu­ rellen Wande l vielfac h di e gleiche n Deutungsschwierigkeite n hinsichtlic h des Charakters de s säkulären Trends , di e uns schon zuvor bei der Behand ­ lung de r allgemeine n Wachstumsbewegun g begegne t sind . Gewi ß lasse n sich au s de n vorliegende n statistische n Unterlage n zahlreich e Anhalts ­ punkte dafü r gewinnen , da ß di e Entwicklun g i n de r Bundesrepubli k al s etwas Besonderes , Neuartige s zu betrachten ist. I m vorliegenden Fal l ist es besonders häufi g di e Geschwindigkei t de s Strukturwandels, di e auffällt . Aber dies muß nicht als Beweis für grundsätzlich neu e Ablaufmuster de r Entwicklung angesehe n werden , den n e s könnte n sic h di e herausragen d 144 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

raschen Strukturänderunge n auc h zurückführe n lasse n au f vorhergehend e Stauungen de r a n sich langfristi g angelegte n Änderungen , au f Stauungen , die vo r alle m mi t de n politische n Konstellatione n de r Kriegs - un d Zwi ­ schenkriegszeit un d de r insgesam t relati v langsamere n wirtschaftliche n Entwicklung nac h 191 3 zusammenhängen . Wir sehe n freilic h auch , daB i n eine r Reih e vo n Falle n i n Deutschlan d bereits nac h Überwindun g de r Weltwirtschaftskris e ein e sprunghaft e Nachholung vo n Änderung , vo n »Modernisierung« , stattfindet , s o da ß vertretbar erscheint , einig e (keinesweg s alle ) Zäsure n i n di e Zei t de r Weltwirtschaftskrise z u lege n - wi e ma n e s verschiedentlic h auc h be i langfristigen Analyse n de r US A ode r Großbritannien s tut . Doc h gib t e s neben jenen Bewegungsmustern, di e Brüche erkennen lassen, auc h andere, die uns ein Maß an langfristiger Kontinuitä t der Entwicklung anzeigen , da s zunächst verblüfft . Die hier notwendigerweise knap p gehaltene Darstellung kan n allerding s nicht auc h di e Erwartun g befriedigende r Erklärunge n erfüllen . Vielfac h stehen bishe r auc h nu r allgemein e Erklärungsmuste r zu r Verfügung , di e aber noch nicht konkre t genu g au f die Fragen antworten , di e die deutsch e Geschichte i n ihre m Gan g aufwirft .

IV. Alte ode r neue Muster der Wirtschaftsordnung ? 1. De r Lese r wir d bemerk t haben , da ß de r Entwicklungsproze ß de r deutschen Wirtschaf t bislan g fas t ohn e Bezu g au f politisch-institutionell e Variable beschrieben worde n ist . Di e betrachtete n säkulare n Tendenze n mochten zwar mit dem politischen System und seinen Änderungen irgend ­ wie zusammenhängen , abe r zunächs t scheine n si e doc h weitgehen d al s Elemente eine s relati v autonome n System s Wirtschaf t dargestell t worde n zu sein , insbesonder e di e Trend s vo r 191 4 un d nac h 1950 . Ei n solche s Vorgehen is t zwa r i n de n Wirtschaftswissenschafte n nich t unüblich , abe r im Fall e Deutschland s schein t die s doc h de r spezielle n Situatio n unange ­ messen, zuma l di e Wirtschaftsordnung i m 20. Jahrhundert nac h allgemei ­ nem Eindruck heftigste Veränderungen in verschiedener Richtung erfahre n hat. Leider is t bislan g kei n Verfahre n entwickel t worden , di e Veränderun g dessen, wa s mi t dem Begriff Wirtschaftsordnung bezeichne t wird, i n einer einigermaßen konsistente n und verdichteten For m meß- und darstellbar zu machen. E s gib t nu r einig e wenig e Teilaspekt e de s umfassendere n Kon ­ zepts Wirtschaftsordnung , di e ma n mi t relati v einfac h z u messende n Variablen i n ihre n langfristige n Änderunge n beschreibe n könnte . Hierz u gehört zu m Beispie l de r Antei l de r Staatsausgabe n a m Sozialproduk t al s Indikator de r (behauptet : wachsenden ) Staatsaktivitä t ode r di e Entwick -

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lung vo n Maßzahle n de r Unternehmungskonzentratio n al s Indikatore n von Wirtschaftsmach t un d Monopolisierung . Doc h sind selbst diese Maß­ zahlen i n ihre r Aussagekraf t fü r das , wa s de n Historike r de r Wirtschafts ­ ordnung interessiert , hefti g umstritte n un d darüber hinau s nu r gan z selten für längerfristige Analyse n überhaupt verfügbar. Deshal b muß man unver ­ meidlich au f Schätzurteile aus einer Vielzahl vo n verschiedenartigen Beob ­ achtungen zurückgreifen , wen n ma n de n Wande l de r Wirtschaftsordnun g zusammenfassend charakterisiere n will 30 . 2. E s kann als herrschende Lehr e gelten, da ß die deutsche Wirtschaftsge ­ schichte bi s fas t zu r Mitt e de s 20 . Jahrhunderts gleichermaße n durc h ein e tendenzielle Zunahm e sowoh l de r staatlich-bürokratische n Lenkun g al s auch der privatwirtschaftlich-bürokratischen Lenkun g (i n Verbänden u. ä.) gekennzeichnet gewese n ist , wobe i jeweils di e Krieg e un d di e Weltwirt ­ schaftskrise eine n massive n Schu b i n dies e Richtun g gebrach t haben , während i n de r Weimare r Zei t zunächs t gegenübe r de r Kriegswirtschaf t ein gewisser Abbau erfolgt is t (freilich ni e als Rekonstruktion de r Ordnung vor 1914) . De r Höhepunk t is t unstreiti g i n de r Wirtschaftsordnun g de s totalen Kriege s erreich t worden , doc h wa r e s für da s spätere Schicksa l de r Bundesrepublik außerordentlic h wichtig , da ß da s NS-Regim e Institutio ­ nen bestehe n ließ , mi t dere n Hilf e auc h ein e nicht-staatlic h organisiert e Wirtschaft betriebe n werde n konnte , vo r alle m di e Unternehme n sowi e Güter- un d Faktormärkte , s o gelenk t si e auc h sei n mochten . 3. Unzweifelhaf t ha t sic h abe r di e bi s zu m totale n Krie g herrschend e Grundtendenz de r Bewegung , sieh t ma n vo n de n ersten Jahren de r Bcsat ­ zungsherrschaft ab , nach dem II. Weltkrieg zunächs t nicht fortgesetzt. Ja es kam i n wesentlichen Bereiche n z u einer Rückbildung . Si e bezog sic h nicht nur, wa s s o oder s o hätt e i n eine m entmilitarisierte n un d demokratische n Staat erwarte t werde n können , au f de n Abba u de r eigentlic h kriegswirt ­ schaftlichen Lenkung , sonder n auc h au f de n Wiederaufba u vo n teilweis e schon lang e vorhe r einma l installierten , abe r i n de r Zwischenkriegszei t zerstörten Institutionen , vo n Instrumente n un d auc h Ziele n staatliche r Planung be i Güter- , Besitz - un d Faktordispositione n - un d zwa r sowoh l hinsichtlich de r Binnen - wi e de r Außenwirtschaftsordnung . I n große m Umfang is t ei n Rückgrif f au f frühere marktwirtschaftlich e Ordnungsmu ­ ster erfolgt . Wollte ma n abe r versuchen , genaue r anzugeben , i n welche m Zeitrau m zuvor in Deutschland ein ähnliches System wie nach 1950 in der Bundesre­ publik geherrsch t habe n könnte, gerä t ma n in unüberwindbare Schwierig ­ keiten de r Übertragun g de s Modell s säkulare r Trend s au f di e Geschicht e der deutsche n Wirtschaftsordnung . Ersten s wa r di e Wirtschaftsordnun g der Bundesrepublik i n der Realität ni e für längere Zeit unverändert. Scho n der Liberalisierungsprozeß zo g sich über Jahre, ja z . T. übe r Jahrzehnte hin, 146 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

und e r wurd e überlager t vo n de m Proze ß de s Ausbau s ode r Neuaufbau s von staatliche n Interventionsmechanismen . Zweiten s erfolgte di e Rückbil ­ dung vo n Trend s bzw . di e Rekonstruktio n frühere r Ordnungselement e vielfach i n eine r s o komplexe n Weise , da ß ma n nich t leich t entscheide n kann, o b hier Altes oder Neues von größerer Wichtigkei t gewese n ist. Da s soll anhan d vo n dre i Beispiele n verdeutlich t werden : a) Al s 195 8 die DM be i festen Wechselkurse n völli g konvertibe l wurde , stellte die s de n Zustan d de r Jahre vo r 191 4 un d zwische n 192 4 un d 193 1 wieder her. Abe r die DM war jetzt eine freie Papierwährung (wi e die Mark bzw. R M zwische n 191 4 un d 192 3 sowi e i n de r spätere n NS-Zeit) . Manches leg t abe r auch nahe, di e Währungsordnung nac h 194 8 bzw. 195 8 für neuartig z u halten, obgleich ihre wesentlichen Merkmale (einschließlic h der institutionalisierte n Kooperatio n de r Zentralbanken ) al s Rekonstruk ­ tion alte r Muste r aufgefaß t werde n können . b) Al s ma n nac h de m II. Weltkrieg di e Lohnbildung wiede r de m freie n Arbeitsmarkt mi t organisierte n Tarifvertragsparteie n überließ , verzichtet e man au f da s Institu t de r staatliche n Zwangsschlichtung , übernah m als o nicht wiede r di e Arbeitsmarktordnung , di e vo n 192 3 bi s 193 3 geherrsch t hatte. Ma n verwarf damit die beiden vorher gültigen Muste r (NS-Zeit und die ausgehend e Weimare r Zeit ) un d kehrt e i m Grund e z u jener Ordnun g zurück, di e nu r gan z kurz e Zei t nac h de m I. Weltkrieg bestande n hatte . Allerdings ga b e s nun auc h eine ganz neu e Struktu r de r Gewerkschaftsbe ­ wegung un d ei n prinzipiel l andere s Verhältni s de r Arbeitsmarktparteie n zueinander. S o mischte n sic h auc h hie r di e Rückkeh r z u Altbewährte m (Rekonstruktion) un d Neues . c) I n de r Organisatio n de r Wohnungsversorgun g sin d nac h 194 9 gan z verschiedene historisch e Schichte n auszumachen . Teilweis e ha t ma n de n Wohnungsmarkt wiede r liberalisier t un d ihn insoweit ga r in einen Zustand überfuhrt, wi e e r sei t de m I. Weltkrieg nich t meh r geherrsch t hat . Ande ­ rerseits ha t es nie zuvor i n der deutschen Wirtschaftsgeschicht e ei n solches Ausmaß a n staatliche r Lenkun g de s Wohnungsbau s un d de r Wohnungs nützung gegebe n - wen n auc h meh r un d mehr mi t neuartige n Instrumen ­ ten. Speziel l gilt dies für die massiven Änderunge n de r Privatrechtsautono­ mie beim Abschlu ß von Mietverträgen durc h die Gesetzgebung (Normati ­ vierung de r Sozialbindun g de s Eigentums) . Wa s dominier t nu n di e Ord ­ nung: die Wiederherstellung freie r Märkt e (Rekonstruktion ) ode r die weit­ gehende Veränderung de s Charakters de r an solchen Märkte n gehandelte n Rechtsbeziehungen (Neuentwicklung) ? 4. Wa s imme r nac h 194 8 die Ide e der Marktwirtschaf t un d de s Abbau s des Staatsinterventionismu s gewese n is t un d welch e Ergebniss e da s Leit ­ bild de r Marktwirtschaf t auc h erzielt habe n ma g (i n de n unsicheren Gren ­ zen de r Erkenntnis , di e obe n beschriebe n worde n sind) , spiel t doc h de r Staat nac h de m II. Weltkrieg ein e wesentlic h größer e Roll e i m Einkom 147 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

menskreislauí al s noc h i n de r Weimare r Zeit , sowoh l hinsichtlic h de r Entnahmen au s de m Sozialproduk t (Staatsverbrauc h un d Staatsinvestitio ­ nen) als auch hinsichtlich de r Transfers. Waru m abe r hat es in der Bundes­ republik praktisc h bis in die siebziger Jahre hinein keine annähernd so harte Klage au s de r Wirtschaf t un d keine n s o massive n Konflik t übe r di e hoh e fiskalische Belastun g de r private n Aktivitä t gegebe n wi e i n de r Weimare r Republik? Hierauf wir d ma n viel e verschiedenartig e Antworte n gebe n können . Doch scheint es mir wichtig z u sein, au f die Bedeutung de r im Bewußtsein der Beteiligten geprägte n historischen Muster hinzuweisen. I n der Bundes­ republik erga b sic h i n de n fünfzige r un d sechzige r Jahren i n de r Ta t ein e Entlastung vom staatlichen Druck, nich t nur verglichen mit der Kriegszeit, sondern auch mit der vorhergehenden, noc h als Friedensjahre bezeichneten Zeit. I n de r Weimare r Republi k wa r die s abe r gan z anders . Di e enor m gesteigerte Roll e des Staates war hie r etwas außerordentlic h Provokatives , ständig gege n di e noc h geprägte n Muste r normale r Verhältniss e (de r Vorkriegszeit) Verstoßendes 31. E s hätte ei n erstaunliche s Ma ß a n Anpas ­ sungselastizität gebraucht , solch e Diskrepan z zwische n de n Vorstellunge n von Normalitä t un d de r Realitä t ohn e massive n Konflik t abzuwickel n eine Elastizität , di e durc h rasche s wirtschaftliche s Wachstu m gewi ß erleichtert worde n wäre , da s abe r ausgebliebe n ist . 5. Doc h bleibt dies e Art der Betrachtung noc h befangen i n der traditio­ nellen Diskussion um Staatsaufgaben, wi e man sie auch im Kaiserreich und in den zwanziger Jahren geführ t hat . Demgegenübe r is t die wirtschaftlich e Rolle de s Staate s inzwische n wesentlic h durc h mindesten s ein e qualitati v ganz neuartige Aufgab e bestimm t - un d haben sich hierfür auc h neuartig e Instrumente un d zu m Tei l auc h Institutione n entwickelt . Sei t de m II. Weltkrieg gehör t di e sogenannt e Globalsteuerun g z u de n wichtigste n Aufgaben de s Staates. Un d da s hierfür entwickelte , i n vielen Staate n auc h intensiv genützt e Instrument war die fiskalpolitische globale Nachfragelen ­ kung bi s hi n z u eine r staatliche n Ausfallbürgschaf t fü r di e gesamtwirt ­ schaftliche Nachfrage , di e Vollbeschäftigungsgarantie . Die Zäsur , au f di e e s i n diese m Zusammenhan g ankommt , is t freilic h nicht a m End e de s II. Weltkrieges z u suchen , sonder n i n de r Weltwirt ­ schaftskrise. Damal s zerbrac h di e Vorstellung , da ß di e privat e Wirtschaf t sich selbs t steuer n könnte . Di e i n diese r Kris e sichtba r werdende n wirt ­ schaftlichen un d politische n Risike n führte n z u eine r Umwertun g de r politisch-ökonomischen Wert e i n alle n kapitalistische n Staaten . Vollbe ­ schäftigung wurd e ei n dominierende s Zie l de r Wirtschaftspolitik , zuma l man (lang e Zeit ) glaubte , mi t de r Theori e vo n J . M . Keyne s un d de m daraus entwickelten Instrumentariu m auc h die geeigneten Lenkungsmitte l in de r Han d z u haben . Es kann dahingestell t bleiben , o b e s wirklich dies e Politi k gewese n ist , 148 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

die der westlichen Welt nach dem II. Weltkrieg ein vergleichsweise selten durch größer e Krise n unterbrochene s un d insgesamt rech t hohe s Wachs­ tum beschert hat, wie wir es beobachten konnten. Zahlreiche Wirtschafts­ wissenschaftler glaube n dies annehmen zu können. Andere widersprechen dem und meinen, daß die Politiker und ihre Berater sich hier ein Verdienst zuschreiben, da s ihnen nicht zukommt. I n der Bundesrepublik ist tatsäch­ lich auch - abgesehe n von 1950 - ers t relativ spät begonnen worden, unter ausdrücklicher Bezugnahm e au f Beschäftigungsziel e nachfragestützend e Maßnahmen zu ergreifen. Doch ist 1967 das Stabilitäts- und Wachstumsge­ setz verabschiede t worden , da s tatsächlich ein e - i n Gesetzesfor m zuvo r nicht bekannte - Zielbeschreibun g für die Finanzpolitik des Staates enthält, wenn auch die in § 1 genannten Ziele in der Sache schon zuvor Leitbildcha­ rakter gehabt haben. Auch die inzwischen vermehrt auftretenden Schwierigkeiten , di e gesetz­ ten Ziel e un d di e geweckte n Ansprüch e z u erfüllen , möge n freilic h ei n Hinweis darauf sein, daß in den fünfziger un d sechziger Jahren vermutlich weit ehe r besonders günstig e Umständ e fü r da s im ganzen so glückliche Wachstumsergebnis maßgeben d gewese n sin d al s di e Globalsteuerung . Wohl kann ma n in Hinblick au f das wirtschaftspolitisch e Normensyste m von eine m Bruc h mi t de r traditionelle n Entwicklun g spreche n (obwoh l auch hier nicht leicht zwischen Rhetorik un d wirklichem Normenwande l zu unterscheiden ist, siehe die inzwischen (1980 ) anhaltend hohen Arbeits­ losenquoten, di e relativ stillschweigen d hingenomme n werden) , aber die­ ser Bruch (sollte es einer sein) erklärt vermutlich nicht das zuvor beschrie­ bene Phänomen hoher Nachkriegswachstumsraten. Dan n bliebe die Hypo­ these der Rekonstruktionsperiode , di e wir zuvo r entwickel t haben , doc h weiterhin tragfähig , brauche n wi r nich t al s zentrale s Konzep t au f di e Strukturbruchhypothese (gestütz t durch den Entwicklungsbruch der wirt­ schaftspolitischen Leitideen ) überzugehen .

V. Abschließende Bemerkunge n

Das Vorliegend e is t al s ei n Essa y zu r Methodenreflexio n gedacht . E s sollen hie r nich t bestimmt e Lösunge n suggerier t werden . Unvermeidlic h rückt abe r de r Zeitpunk t heran , i n de m di e deutsch e Geschicht e de s 20. Jahrhunderts nich t meh r vorherrschen d al s ein e Abfolg e vo n drama ­ tisch voneinander abgehobene n Periode n geschriebe n werde n kann, wobe i das Jahr 1945 eine gleichsa m total e Zäsu r markiert . Auc h de r radikalst e politisch-militärisch-wirtschaftliche Einschnit t veränder t nu r eine n relati v kleinen Tei l derjenige n Bestände , di e zuvor in einer Gesellschaft akkumu ­ liert worde n sind . Imme r wirk t da s einmal Akkumuliert e i n die neue Zei t hinüber, wirk t Geschicht e fort . Inde m dies e Beständ e weiterwirken ,

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erleichtern si e einerseit s di e Überwindun g de r Brüch e i m Syste m de r Stromgrößen, abe r sie schränken durch ihre Existenz andererseits auch die Beweglichkeit historische r Prozesse ein. So richtig solche allgemeinen Bemerkungen sein mögen, es war die Idee der vorhergehende n Ausführunge n aufzuzeigen , wi e komple x di e »Bestände« sind , di e al s historische Grundlage n de r nachfolgende n Ent ­ wicklung, wi e hier der der Bundesrepublik, entdeck t werden müssen, and daß speziel l di e vorhergehende n Bewegungsmuste r vo n beträchtliche m Einfluß au f die gelegentlich gan z anderen Bewegungsmuste r i n der Bun­ desrepublik gewese n sind (oder gewesen sein könnten).

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8. Di e Erfahrung mi t Inflatione n i n Deutschlan d Wann imme r ma n sich in Deutschland nac h dem Zweiten Weltkrie g mit dem Proble m de r schleichende n Inflation , de m ständige n Anstie g de s Preisniveaus, auseinandersetzte , sin d Erinnerunge n a n di e schrecklich e Vergangenheit de r Jahre 191 4 bi s 192 3 un d 193 4 bi s 194 8 wachgerufe n worden. Of t wurd e behauptet, e s gäbe keine Nation mi t ähnlich schlim­ men Inflationserfahrungen, wi e sie die deutsche gemacht habe; und daraus resultiere wi e i n keiner andere n Natio n ei n Bewußtsein vo n der Gefähr ­ dung de s Geldwertes , mi t de m all e Wirtschaftspoliti k i n diese m Land e rechnen müsse. Freilich ist diese Erinnerung i m Ablauf der Jahre weniger un d weniger eine höchstpersönlich e geblieben . Beispielsweis e hatte n scho n 1972 , al s sich da s Inflationstemp o i n de r Bundesrepubli k z u erhöhen begann , nu r noch die über 65jährigen die Inflation nac h dem Ersten Weltkrieg bewußt miterlebt - un d das waren nicht mehr als 13 v. H. der Wohnbevölkerung. Fast die Hälfte der 1972 im Bundesgebiet Lebenden war 1948, im Jahr der Währungsreform, noc h nich t 1 8 Jahre alt , hatt e somi t auc h vo n de r zurückgestauten Inflation der nationalsozialistischen Zeit und der unmittel­ baren Nachkriegszei t keine n eigene n Eindruck . Bi s 198 0 is t de r Antei l derjenigen, di e Inflatio n selbs t erleb t haben , scho n au f wenige r al s ei n Drittel zurückgegangen . Aber Politi k wir d natürlic h noc h imme r vo n de n Ältere n un d ihre n Erfahrungen bestimmt . Un d auc h di e Jüngeren sin d einbezoge n i n de n Strom der historischen Überlieferung , i n die permanente gesellschaftlich e Indoktrination, dere n Ergebnis das ist, wa s wir Inflationsbewußtsein nen ­ nen können. In Deutschland ist deshalb noch weithin bekannt, daß in diesem Jahrhun­ dert zwei große Inflationsprozesse stattgefunden haben und daß im Zusam­ menhang mi t ihne n einerseit s Millione n vo n Mensche n u m ihr e Erspar­ nisse gebrach t worde n sind , andererseit s abe r auc h gewaltig e Vermöge n sich neu bilden konnten 1. E s gibt Historiker, di e das Heraufkommen de r Nationalsozialisten und den Sieg Hitlers im Jahr 1933 mit der Inflation von 1923 in unmittelbaren Zusammenhan g bringen : Di e Inflation hab e weite Teile des Mittelstandes proletarisiert und politisch haltlos gemacht. Andere Historiker erkenne n zumindes t eine n mittelbare n Zusammenhan g zwi ­ schen der Inflation vo n 1923 und dem katastrophalen Ende der Weimarer Republik: Di e aus den jüngsten Erfahrunge n gewonnen e Inflationsfurch t habe di e Regierunge n Jahr e späte r i n de r Weltwirtschaftskris e davo n 151 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

abgehalten, di e einzig richtige Politik zur Linderung der Arbeitslosigkeit zu treiben, nämlic h di e Mark abzuwerte n un d zusätzliche Staatsausgabe n mi t Notenbankkredit z u finanzieren . Tatsächlic h sa h Heinric h Brüning , de r für di e Deflationspoliti k 1930-3 2 verantwortlich e Reichskanzler , seine n Handlungsspielraum i n der folgenden Weis e definiert, wi e er im Juni 193 1 gegenüber dem englischen Premierministe r McDonal d ausführte: »Entwe ­ der mu ß ma n di e Deflatio n mitmache n ode r di e Währung entwerten . Fü r uns (di e deutsche Regierung, K.B. ) komm e nur das erste infrage, d a sechs Jahre nac h de m Überstehe n eine r Inflatio n ohnegleiche n ein e neue , auc h nur vorsichtig dosiert e Inflation nich t möglic h sei . Di e Mark würd e sofor t ins Bodenlos e sinken.« 2 Wi r wisse n heute , da ß di e eine r solche n Vermu ­ tung zugrundeliegende n Annahme n zumindes t umstritte n sind . Gewiß is t e s pure Illusio n anzunehmen , i n Deutschlan d hätt e unter den obwaltenden Umstände n de r Jahre 192 9 bis 193 3 eine Massenarbeitslosig ­ keit überhaup t vermiede n werde n können . Di e ganz e Wel t wa r vo n de r Depression betroffen . Selbs t die USA hatte n im Tiefpunkt übe r 1 2 Millio­ nen Arbeitslose . Abe r da s Ausma ß de r deutsche n Kris e wär e vermutlic h wohl doc h in engeren Grenze n zu halten gewesen. Di e damals Handelnden und Ratende n habe n sic h ein e konterzyklisch e Politi k scho n dadurc h unmöglich gemacht , da ß si e derartiges mi t de m Schockname n »Inflation « belegten. S o seh r könne n Erfahrunge n ode r Schattenbeschwörunge n de n Blick fü r neuartig e Situatione n trüben . Ums o wichtige r is t es , d a heut e wieder übe r Inflatio n un d ihr e Folge n gesproche n wird , di e Geschicht e dieses Phänomen s i n Deutschlan d z u kennen . Merkwürdigerweise is t da s au s Amerik a kommend e Wor t »Inflation« , das inzwische n i n alle r Mund e ist , vo r de m I. Weltkrieg i n Deutschlan d kaum jemandem bekann t gewesen. Selbs t in der Wissenschaft ka m es nicht vor. Keine s de r große n Lehrbüche r un d kein e de r Enzyklopädie n de r Wirtschaftswissenschaft enthiel t e s auc h nu r i m Sachregister . Abe r nich t nur de r Begrif f fehlte . E s fehlte , al s de r erst e Inflationsprozc ß diese s Jahrhunderts bereit s im Gang e war, nämlic h i m Verlau f des I. Weltkriegs, weithin an Verständnis für diesen Vorgang. Deutschlan d bildet e hier kein e Ausnahme. I n fast allen kriegführenden Staate n gelang e s den Regierunge n nicht, di e privat e Nachfrag e i n ebe n de m Umfan g zurückzudrängen , wi e nunmehr de r Staa t Ansprüch e a n da s Sozialproduk t erhob , s o da ß di e Nachfrage größe r wa r al s das zu geltenden Preise n verfügbare Angebo t an Gütern. Vordergründig bestan d ei n einfache s Finanzierungsproblem . De r Staa t brauchte Geld zur Bezahlung vo n Soldaten, Waffe n un d sonstigem Kriegs­ material. I n Deutschlan d wurd e e s ihm , vereinfach t dargestellt , nac h Änderung de r Reichsbankverfassun g durc h di e Reichsban k vorgestreckt . Von Zeit zu Zeit wurde dann die gewaltige zusätzliche Kaufkraft, di e so in den Kreislau f gerate n war , de m Publiku m durc h Kriegsanleihe n wiede r entzogen. Fas t 100 Mrd. M . kame n so zusammen - un d in diesem Umfan g 152 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

verzichteten di e Geldgebe r auc h einstweile n au f di e Befriedigun g ihre r Konsum- und Investitionswünsche, ließen dem Staat bei der Entnahme aus dem Sozialproduk t de n Vortritt . Abe r dieser freiwillig e Konsumverzich t reichte i m Verlau f de s Kriege s nac h Abflaue n de r erste n Begeisterun g immer wenige r aus. Theoretisch hätte man nun den Konsumverzicht durch Besteuerung der Staatsbürger erzwinge n können . Abe r wa s i n einige n kriegführende n Staaten wenigstens teilweise gelang, kam in Deutschland nicht recht voran. Einerseits wollte man den Bürgern dieses »Opfer« nich t auferlegen, zuma l man hoffte , di e Kriegsverschuldun g eins t vo n de n besiegte n Gegner n bezahlt z u erhalten . Andererseit s konnt e ma n mi t de m überkommene n Steuersystem auch keine kräftige Erhöhung der Steuerquote zugunsten der Finanzierung vo n Kriegsausgabe n bewirken . Da s Deutsch e Reic h Bis ­ marcks wa r nämlic h finanzwirtschaftlic h hoffnungslo s rückständi g kon ­ struiert. Wei l nu n abe r Anleihe n nich t meh r genu g erbrachte n un d di e Besteuerung al s definitive s Mitte l de r Erzwingun g de s Konsumverzichts der Privaten ausfiel, konnt e die Konsolidierung der aufgenommenen kurz­ fristigen Notenbankkredit e nich t gelinge n - un d s o belie ß ma n dies e Kaufkraft i m Einkommenskreislauf. Da s war der Beginn der Inflation . Inflation is t nicht s andere s als die Schaffung zusätzliche r Kaufkraft, di e bestimmte Nachfrage r instan d setzt, sic h - ohn e daß andere freiwillig au f Nachfrage verzichte n - ebenfall s au s de m Sozialproduk t z u befriedigen . Weil - ode r theoretisc h besser : insowei t abe r da s Sozialprodukt dadurc h real nicht größer wird, können nicht alle wirklich zum Zuge kommen. Wer zum Zug e komm t un d we r zurückstehen muß , ergib t sic h be i de r soge­ nannten »offene n Inflation « au s dem Prozeß der Preissteigerung. Zurück ­ stehen müssen dann alle diejenigen, die nur über ein bestimmtes nominales Budget fü r Käuf e verfugen. Be i gestiegenen Güterpreise n könne n sie real weniger erwerben. Das ist der eigentliche »Sinn« aller Inflation. De r Grund für Inflatione n lieg t i m vo m Staa t ode r Gruppe n gewollte n Umvertei ­ lungsprozeß unte r de n Bedingunge n unterschiedliche n Zugang s z u de n Geldmitteln. Bis zum Kriegsende 1918 war im Deutschen Reich die Geldentwertung, gemessen a m Großhandelspreisindex , i m Zug e der begonnene n Inflatio n schon auf etwa 50 Prozent des Ausgangswertes fortgeschritten. De r Wech­ selkurs de r Mar k wa r gegenübe r de m alte n Goldgehal t u m 3 0 Prozent zurückgegangen. Das Kriegsend e ha t nu n nich t nu r kein e Wendun g zu m Bessere n gebracht, sonder n di e Bedingunge n fü r ein e inflationsfrei e Finanzierun g des Staatshaushalte s zunächs t gan z wesentlic h verschlechtert . Währen d man wenige Jahre zuvor im Taumel des erhofften Siege s noch Milliarden­ beträge für die Kriegsanleihen erhalten konnte, hat die umstrittene und von weiten Teilen der Bevölkerung nicht akzeptierte Niederlage diese Finanzie­ rungsquelle schnel l versiege n lassen . Zude m ga b es einen riesigen Nach153 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

holbedarf de r i m Krieg e darbende n Bevölkerung , di e jetzt kau m zu m freiwilligen Spare n zu veranlassen war , e s sei denn die gebotenen Zinsen wären sehr hoch gewesen. Aber ein solches Angebot konnte kaum von den ohnehin heftig genu g umstrittenen Verantwortlichen der Sozialdemokrati­ schen Partei erwartet werden, dere n Staatshaushalt schon ohne solche neue Anleiheschuld fas t z u 6 0 Prozent mi t Zahlunge n fü r de n Schuldendiens t belastet war . Di e Demobilisierun g de r Truppen , di e Umstellun g de r Wirtschaft vo n Kriegs- auf Friedensproduktion, di e Zahlung de r Hinter ­ bliebenen- und Invalidenrenten forderte n weiter e ungeheure Summe n aus den öffentliche n Haushalten , z u schweige n vo n de n drohenden , i n ihre r Höhe noch völlig unbekannte n Reparationsleistungen . Noch immer stand kein einigermaßen leistungsfähiges Steuersyste m zur Verfügung. Di e Verfassung de s neuen Reiches, di e hierzu di e Grundlage bieten sollte, wurd e ja ers t im August 191 9 verabschiedet. Di e den neuen Verfassungsgrundsätzen entsprechende n Steuergesetz e wurde n anschlie ­ ßend innerhal b eine s Jahres verabschiedet , ein e bewunderungswürdig e Leistung, vergleich t man sie mit dem Schicksal der heute ungleich weniger gravierenden Steuerreform. Abe r einstweilen gab es keine leistungsfähigen Reichssteuern, un d so blieb keine andere Möglichkeit, al s die Staatsausga­ ben zu einem sehr erheblichen Teil in der Weise zu finanzieren, wi e das die Kriegsregierungen scho n vorexerzier t hatten : durc h Rückgrif f au f di e Geldschöpfungsmacht de r Notenbank. Was imme r klug e Wirtschaftswissenschaftle r späte r übe r dies e Zei t kritisch anmerken mochten und wie sehr sie den geldtheoretischen Unver ­ stand diese r Regierunge n geißelten : kein e Theorie konnt e helfen, di e die politischen Bedingunge n nich t gleichermaßen in s Kalkül zog. Wi e in den Jahren 178 9 bis 179 6 in Frankreic h di e Assignatenwirtschaft di e bürgerli­ chen Revolutionsregierungen überhaup t erst möglich gemach t hat, s o hat auch in den Jahren nach 1918 die inflatorische Finanzierung der Defizite der öffentlichen Haushalt e de n Begin n de s Experiment s Weima r überhaup t erst möglich gemacht. I n dem wilden politischen Trubel mit Revolutions­ drohungen vo n Link s un d Putschdrohunge n vo n Recht s la g ein e Politi k des Haushaltsausgleich s völli g außerhal b de s Bereich s de s Möglichen , wenn je de r Staa t existieren sollte . Nich t einmal di e Siegermächte haben sich gleich nach dem Krieg getraut , ihr e Finanzen zu ordnen. Inflation ist , wi e e s einma l i n eine r Studi e de s Völkerbunde s hieß , diejenige Ar t de r Besteuerung , di e auc h di e schwächste n Regierunge n durchsetzen können, wen n sie sonst keine politischen Zwangsmittel mehr haben. Wi r könne n hinzusetzen : si e is t e s dann , wen n solch e Ar t de r »Besteuerung« i m konkrete n Fal l auc h di e jeweils politisc h schwächste n Gruppen trifft, di e sich gegen ein e Entziehung ihre r reale n Kaufkraf t a m wenigsten zu r Weh r setze n können . De r Staa t vo n Weima r beruht e au f der Koalition von Unternehmern un d Gewerkschaften, di e sich unmittel­ bar be i Kriegsend e z u eine r Ar t Burgfriede n verabrede t hatten , u m eine 154 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

befürchtete radikal e Revolutio n z u verhindern . Dies e Gruppe n behielte n ihren politische n Einfluß , s o da ß si e kau m drastisc h belaste t werde n konnten. I m Gegenteil : Löhn e wurde n jetz t kräfti g heraufgesetz t un d zugleich mußt e Arbeitslosigkei t vermiede n werden , vo n de r di e Hauptge­ fahr für di e Stabilität de s Staates drohte. Vollbeschäftigun g wa r erstmals in der deutschen Geschicht e das erklärte Hauptziel der Politik. Nac h Lage der Dinge profitierten hiervo n vo r allem di e Unternehmerschaft un d - gemes ­ sen a m Einkomme n - woh l etwa s wenige r abe r immerhi n auc h di e Arbeitnehmer. Ich wil l mi t meine r Behauptun g vo n de r politische n Zwangsläufigkei t der Inflatio n i n de n Jahren 191 8 bi s 192 0 keinesweg s ein e Billigun g vo n Inflation schlechthi n verbinden . Ic h will nu r verständlic h machen , wi e ein Prozeß, de r un s späte r imme r wiede r al s de r platt e Irrsin n dargestell t wurde, seine n Anfan g nah m un d i n welch e tragisch e Verstrickun g di e Verantwortlichen gerieten . E s gehört e z u de n Paradoxie n de r Weimare r Republik, da ß auc h di e sozialdemokratisc h geführte n Regierunge n kein e andere Wirtschaftspoliti k treibe n konnte n al s ein e solche , di e de n frühe r als Klassenfein d bezeichnete n Uñternehmerkapitaliste n schließlic h s o immense Vorteile zuspielen sollt e und deren Erfolg vo n der Unaufgeklärt ­ heit der Massen un d davon abhing, da ß sich so viele gegen di e Enteignung ihrer Vermöge n mi t keine n Mittel n zu r Weh r setze n konnten . Einstweilen mußt e di e Arbeitslosigkei t gesenk t un d di e Produktio n gesteigert werden . Da s gescha h i n erstaunliche r Weise . Tatsächlic h hatt e das deutsche Reic h unte r de n europäische n Länder n i n de r Nachkriegszei t eine extrem niedrige Arbeitslosigkeit (zwische n 1 un d 4 Prozent). England , Frankreich un d di e US A ware n i n diese r Hinsich t beachtlic h schlechte r dran. Da s Klima ständige r Übernachfrag e un d di e so leichte Finanzierun g der Investitione n au s wachsende n Unternehmergewinne n un d au s inflato ­ rischem Kredi t trugen , wa s imme r ma n übe r di e Verteilungsgerechtigkei t sagen mochte , zu r rasche n Sachkapitalbildun g i m Wieder - und Neuaufba u bei. Innerhal b wenige r Jahre is t z.B . de r Verlus t de r Handelsmarine , de r im Versaille r Vertra g beschlosse n war , großenteil s wettgemach t worden . Es ist zwar wiederholt eingewende t worden , da ß nicht wenige der Investi­ tionen in der Zeit der Inflationsblüte unte r längerfristigen Gesichtspunkte n kaum da s Prädikat besondere r Dringlichkei t verdien t hätten , auc h war die Produktivität de r nahez u vollbeschäftigte n Arbeitskräft e siche r nich t zufriedenstellend, abe r insgesam t dürfe n di e positive n gesamtwirtschaftli ­ chen Wirkunge n de r Inflation , solang e si e anhielten , nich t übersehe n werden, gerad e dan n nicht , wen n si e inzwische n nahez u vollständi g au s dem kollektive n Gedächtni s verschwunde n sind . Vorübergehend, i n de n Jahren 192 0 und 192 1 sah e s so aus, al s könnt e der Zirke l gestopp t werden ; di e Preis e bliebe n einig e Zei t stabil , di e Reallöhne erhöhte n sic h deutlich . Abe r wede r wa r di e Staatsfinanzwirt ­ schaft i n Ordnun g z u bringe n ohn e Gefah r eine r politische n Radikalisie 155 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

rung i m Innern , noc h tate n di e Siegermächt e mit . Da s Londoner Ultima ­ tum vo m Ma i 192 1 mi t de n horrende n Reparationsforderunge n mußt e i n der herrschende n Konstellatio n z u eine m neue n Inflationsdruc k führen . Und nu n gin g de r Wirbe l rasc h weiter . Währen d de r Wer t de r Mar k bi s Mitte 192 1 au f etw a 7 Prozen t de s Ausgangswerte s vo n 191 3 gesunke n war, verschlechtert e e r sic h bi s Mitt e 192 2 auf 1 Prozent un d bi s Anfan g 1923 schon au f weniger al s 0,0004 Prozent . Ei n Pfandbriefvermöge n vo n 10000 M Vorkriegswährun g wa r jetzt nu r noc h 4 Goldmark wert . Inzwischen hatte n viel e Mensche n begriffen , wa s passierte . Indexklau ­ seln tauchten in Verträgen au f Da s Publikum hiel t da s verdiente Gel d nur noch wenig e Stunden , u m möglichs t rasc h i n de n Besit z vo n Ware n z u gelangen. I n imme r kürzere n Friste n mußte n di e Löhn e gezahl t werden , und die Lohnvereinbarungen nahme n schließlich die künftigen Preissteige ­ rungen scho n voraus . J e weite r di e Inflatio n fortschritt, ums o wenige r gelang es , di e öffentliche n Haushalt e auszugleichen , wei l jegliche Steuer , auch di e scheinba r konfiskatorische , bi s zu r tatsächliche n Bezahlun g rea l nur noc h eine n Bruchtei l de r ursprüngliche n Schul d wer t war . Das End e diese s Hexentanze s lie ß allerding s noc h au f sic h warten . Di e Stabilisierung gelan g erst , nachdem i m Jahr 192 3 die Geldwirtschaft prak ­ tisch gan z am Zusammenbrechen wa r und niemand mehr einen Vortei l aus der Situatio n ziehe n konnte , wede r di e Regierun g noc h di e Unternehme r und auc h nich t meh r di e organisierte n un d beschäftigte n Arbeitnehmer . Die Mar k wa r i m Novembe r nu r noc h de n billionste n Tei l de r alte n Goldmark wert . Abe r di e eigentlich e Enteignun g de r Geldvermöge n la g doch scho n frühe r un d hatt e mi t de r Ruhrbesetzun g de s Jahres 1923 , di e den Inflationszirke l noc h beschleunig t hatte , nicht s meh r z u tun . O b man auf ein Tausendstel seines Vermögens oder auf ein Billionstel enteigne t ist , spielt woh l kein e Rolle . Kein Zweifel , da ß die Inflatio n i n manche r Beziehun g al s ein revolutio ­ närer Wande l de r Sozialstruktu r angesehe n werde n muß . E s stimmt zwa r nicht, da ß durc h si e de r ganze Mittelstan d ruinier t worde n sei , wi e ma n immer wiede r lese n kann. Groß e Teile des Mittelstandes waren als Schuld­ ner und Sachgüterproduzen t durchau s begünstigt , wi e z. B. di e Landwirt ­ schaft un d Teil e de s Handwerks . Abe r di e sogenannten »Rentnerkapitali ­ sten« ware n seh r getroffen , un d all e Daseinsvorsorg e i n Gestal t vo n Ersparnissen wa r getroffen . Freilic h blie b e s nich t be i de r gänzliche n Entwertung. I n mehreren Aufwertungsverordnunge n wurde n di e Altfor ­ derungen de r Hypothekengläubiger , Pfandbriefbesitzer , Sparkonteninha ­ ber mi t Beträge n zwische n 2 5 und 12, 5 Prozent aufgewertet . Lediglic h di e Staatsgläubiger ginge n mi t Quote n zwische n 2 un d 8 Prozen t schlechte r aus. Abe r hier konnte darauf verwiesen werden , da ß es sich großenteils u m erst i m Krie g gebildet e Vermöge n handelt e un d da ß de m Fortfal l diese r Schuld i n spätere n Jahren ja auc h theoretisc h ein e niedriger e Steuerquot e entsprach, wei l di e gestrichen e Staatsschul d nich t z u bedienen war . Kein e 156 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Regierung, auc h die eines monarchistisch gebliebenen Deutschlands, wäre um die radikale Zusammenstreichung de r immensen Staatsschul d herum­ gekommen, nachde m der Krieg verlore n war und somit die ursprünglich geplante Eintreibun g vo n Reparationen zu r Schuldbedienung nich t gelin­ gen konnte. Die Inflation vo n 191 4 bis 192 3 ist, da s können wi r zusammenfassen d sagen, kein Betriebsunfall einer kapitalistischen Wirtschaft gewesen. Sie ist im Gegentei l ei n primä r politische s Phänomen . Si e erga b sic h au s de n Bedingungen der Kriegsführung un d des Zusammenbruchs und stellte eine der verschiedenen mögliche n Technike n zu r Liquidierung de r politischen Erbschaft dar . Da ß si e fü r viel e Mensche n großes , nich t beschreibbare s Elend mi t sic h brachte , is t de r noc h heut e vorherrschend e Erfahrungs ­ schatz. Abe r al s Historike r is t ma n verpflichtet , sic h auc h Gedanke n darüber z u machen , welch e andere n Möglichkeite n zu r Verfügun g stan ­ den. I n neuere r Zei t is t unte r Wirtschaftswissenschaftler n übe r di e Ein­ schätzung der Ereignisse wieder Strei t entbrannt, un d es gibt Autoren, die sogar der Meinung sind, daß der beobachtete Verlauf im Vergleich zu allen anderen denkbaren realistischen Möglichkeiten noch glimpflich z u nennen ist un d di e Mehrheit de r Mensche n zumindes t bi s 192 2 durch di e Politik besser gestell t worde n ist als durch eine andere. Es gehört zur Tragik der Weimarer Republik, da ß ihre Kritiker sie jeweils an individuell verschiede­ nen, aber doch idealen Zuständen gemessen haben, die oft utopische Züge hatten. Wir mache n nun einen Sprung un d kommen zur zweiten große n Infla ­ tion der jüngsten Vergangenheit, zu r Inflation de s Hitlerstaates. Sie verlief nach ihre m äußere n Erscheinungsbil d gan z anders. Ma n hatt e ja au s der Vergangenheit gelern t und man besaß ganz andere Machtmittel. Abe r im Grunde handelt e e s sich wiede r u m ei n ähnliche s Grundmuste r de s Pro­ blems: Es ging darum, dem Staat wesentlich größere Anteile am Sozialpro­ dukt zu sichern, als die Bürger freiwillig i m System einer marktwirtschaft ­ lichen Ordnun g ih m zuzubillige n berei t ware n ode r al s i m Weg e de r offenen (un d unpopulären) Besteuerun g erzwunge n werde n sollte. Es began n 193 3 zunächs t mi t Maßnahme n de r Arbeitsbeschaffung . Dabei zeigte sich, daß die Befürchtungen de r Regierung Brünin g hinsicht­ lich de r inflatorische n Folge n solche r Ausgabensteigerunge n scheinba r gegenstandslos waren. Di e Preise stiegen noch kaum. Allerding s bedurfte es einer weitgehende n Isolierun g vo m Weltmarkt durc h wirksam e Maß ­ nahmen der Devisenbewirtschaftung, u m die isolierte Konjunktur von der Zahlungsbilanz her nicht zu gefährden. Mannigfach e Trick s verhalfen der Regierung dazu , de n Umfang de r rasch wachsenden Haushaltsdefizite vor der Öffentlichkeit z u verschleiern. Da s war umso wichtiger, al s nach 1935 das Zie l de r Aufrüstun g i n de n Vordergrun d trat , al s viel e noc h a n die friedlichen Absichte n ihres Führers glaubten. I n den Jahren 193 6 bis 1938 war die konjunkturelle Belebung aber schon die Nebenwirkung eines ganz 157 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

anderen Zielsystem s de s Staates , de r sic h imme r entschiedene r wachsend e Anteile au s de m größe r werdende n Sozialproduk t schnitt , u m de n Angriffskrieg vorzubereiten . Innerhal b de r sech s Friedensjahr e vo n 193 3 bis 193 9 stie g di e Staatsschul d bereit s au f da s Dreifache , teil s inflatorisc h finanziert, teil s durc h langfristig e Kredit e konsolidiert . Als sic h herausstellte , da ß di e konkurrierende n Ansprüch e a n da s real e Sozialprodukt di e vorhandene Gütermenge trotz aller Vorkehrungen über ­ stiegen, wurd e 193 6 ei n generelle r Lohn - un d Preissto p erlassen . Dami t war eine r offene n Inflatio n de r We g verlegt . Ma n nenn t di e folgende Zei t bis 194 8 die der »zurückgestaute n Inflation« , wei l i n ihr woh l ei n gewalti ­ ges Nachfragepotentia l anschwoll , abe r de r Regulato r Prei s auße r Kraf t gesetzt wurde . Di e naturale Zuteilung tra t nach und nach an die Stelle, und hier konnte n sic h di e staatliche n Instanze n selbs t di e höchste n Prioritäte n zubilligen, ohn e dami t höher e Preis e bewillige n z u müssen . Gleichzeiti g versuchte de r Staat , au f mannigfaltig e Weis e de n vo n ih m selbs t durc h Geldschöpfung angeheizte n Nachfragedruc k z u vermindern , vo r alle m durch direkt e un d indirekt e Aufnahm e vo n Krediten , wenige r au f de m Wege der Besteuerung. Wiede r sammelt e sic h in den Händen de r Private n ein große s Forderungsvermöge n an , de m di e real e Entsprechun g fehlte . Im Krieg bewährt e sic h dann , sieh t ma n e s allein vo n de r finanztechni ­ schen Seit e aus , da s inzwische n geschaffen e Syste m zu r Steigerun g de s Staatsanspruchs. Gewaltig e militärisch e Leistunge n wurde n scheinba r mühelos finanziert . Zunächs t wurd e ei n Tei l de r Staatsausgabe n unte r Hilfestellung de r Reichsban k finanziert . Di e s o erhöht e Liquiditä t be i Industrie un d Kreditinstitute n wurd e dan k eine r rigorose n Kapitalmarkt ­ bewirtschaftung durc h Neuemissione n de s Reiche s wiede r abgeschöpft . Freilich gelan g di e Abschöpfun g nich t vollständig , e s bliebe n ständi g wachsende Geldmitte l i m Publikum . Abe r fü r si e bestande n kein e Kauf ­ möglichkeiten. Ei n Schwarzmark t nebe n de n offizielle n Preise n konnt e angesichts de r Androhun g drakonische r Strafe n vo r End e de s Kriege s kaum i n nennenswerte m Umfan g entstehen . Es ist hier nicht wichtig, di e Einzelheiten de s Prozesses darzustellen. Au f jeden Fal l ist klar, da ß real eine gewaltige Umverteilung de s Sozialprodukts gelang. Ihr e Konsequenze n fü r de n Reichtu m de r Einwohne r wurde n durch de n Aufba u eine s Riesenbestande s a n Forderungsvermögen , da s Reichtum vorgaukelte , wiederu m verborgen . A m End e de s Kriege s be ­ stand de r Schuldenber g de s Reiche s au s einer Summ e vo n 40 0 Mrd. RM . Das wa r fas t fünfma l s o vie l wi e da s ganz e Volkseinkomme n de s Jahres 1938. Un d d a de r größt e Tei l de r Staatspapier e ga r nich t vo m Publikum , sondern vo m Bankensyste m gehalte n wurde , da s Publiku m sei n Vermö ­ gen aber in Gestalt von Sparkonte n und in ähnlich liquider Weise hielt, ga b es a m End e de s Kriege s de n groteske n Bestan d vo n run d 30 0 Mrd . R M hoch liquider Mitte l (Geldbestand , Depositenkonte n be i Banken, Sparein ­ lagen) i n de r Hand de r Bürger . 158 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Wären jetzt di e Bewirtschaftun g un d di e Preisbindun g weggefallen , s o hätte es einen unerhörten Kaufkraftsto ß gebe n müssen. Di e zurückgestaute Inflation wär e i n ein e offen e übergegangen . Doc h hielte n di e alliierte n Siegermächte zunächs t a n de r Bewirtschaftun g fest . Wei l nu n abe r di e Strafbestimmungen gege n Umgehunge n de r Anordnunge n milde r ge ­ handhabt wurden, konnt e ein sogenannter Schwarzer Markt entstehen, mi t dem jeder Bürge r irgendwi e Kontak t hatte . Hie r kostet e ein e Zigarett e 3 bis 5 R M un d da s Pfun d Butte r 15 0 bi s 30 0 RM . Abe r meh r un d meh r wurden di e Güter natural getauscht , wei l ma n gegen Gel d oft da s Nötigst e überhaupt nicht erhielt. Gel d hatten viele im Überfluß. Auc h gab es wieder kein Arbeitslosenproblem , gena u wi e nach 1918 . Angesichts de r Geldfüll e war e s nicht schwierig , Leut e zu bezahlen, wa s immer sie tun konnten. I m Unterschied zu r Zeit nach 191 8 waren abe r die öffentlichen Haushalt e nun auch ausgeglichen , s o da ß vo n ihre r Seit e kei n neue r Inflationsdruc k ausging. Di e Steuereinnahme n waren , gemesse n a m Sozialproduk t diese r Zeit, horrende . Abe r si e wurde n großenteil s ga r nich t au s Einkomme n bezahlt, sonder n au s de m liquide n Vermögen , au s de m sogenannte n »Geldüberhang«. Da ß dies e Wirtschaf t korrup t un d desola t war , is t noc h zu bekannt , al s da ß ma n e s ausfuhren müßte . Es hat bekanntlich dre i Jahre gedauert, bi s mit der Währungsreform auc h der zweite Weltkrieg finanziel l liquidier t worde n ist . Wiederu m ware n mi t dieser Frage große politische Problem e verbunden, diesma l unte r andere m die deutsch e Teilung . Fü r di e Währungsrefor m übernahme n di e alliierte n Militärregierungen di e Verantwortung. Si e waren es auch, di e die Technik der Beseitigun g de s Geldüberhangs bestimmten . E s kam z u einer zwangs­ weisen Reduktio n de r Geldvermögen , zu r vorläufi g entschädigungslose n Enteignung de s größten Teils der Forderungen be i gleichzeitiger Emissio n eines neue n Geldes , de r Deutsche n Mark . Di e Enteignungsaktio n wa r massiv un d nac h Ausma ß un d hinsichtlic h ihre r soziale n Begleiterschei ­ nungen umstritten. Abe r sie war wirtschaftlich betrachte t erfolgreich. Un d da ziemlic h zu r gleiche n Zei t auch die Wiederaufbauleistung sichtba r erst e Erfolge zeigt e un d ei n Lastenausgleic h in s Aug e gefaß t wa r (de r dan n allerdings de n Inflationsgeschädigte n nu r seh r beschränkte Hilf e bot) , wa r die Enteignung diesma l wei t weniger politisc h brisant als die in den Jahren nach 191 8 erlittene. Di e Bevölkerun g wa r auc h politisc h i n eine r andere n Verfassung, sa h überal l vie l meh r unmittelbar e Not , zu m Beispie l de r Flüchtlinge un d Vertriebenen , un d betrachtet e de n Krie g diesma l al s vo n Deutschland verschuldet . Somi t wa r si e eher bereit , di e Konsequenzen z u tragen. Auc h war u m 194 8 noch nicht erkennbar, i n welchem Umfan g di e Sachwertbesitzer wiede r einma l besse r übe r di e Jahre hinweggekomme n waren. Im Ergebnis ha t auch die nationalsozialistische Inflatio n mi t ihre m Ende in de r Währungsrefor m Schuldne r begünstig t un d Gläubige r geschädigt . Sie hat massenhaft private n Wohlstan d getroffe n un d zur Nivellierung de r 159 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Vermögenspositionen be i der Masse de r Bevölkerung beigetragen , gleich ­ zeitig abe r Sachwertbesitze r begünstigt . Es gibt zwa r bislan g kein e einigermaße n hinreichende n Zahlen , u m di e Entwicklung de r Vermöge n un d Vermögensverteilun g i n Deutschlan d i n den vergangene n Jahrzehnte n exak t z u bestimmen . Abe r e s gib t doc h einige Anhaltspunkte fü r den Prozeß privater Verarmung, de r mit Inflatio ­ nen verbunden war. Währen d es vor dem I. Weltkrieg im Deutschen Reic h nach einer Steuerstatisti k 22 1 von 1000 0 Einwohnern gab , di e ein Vermö­ gen vo n meh r al s 2640 0 M angaben , gabe n 192 8 nur noc h 7 4 vo n 1000 0 Einwohnern ei n a n Kaufkraf t gleiche s Vermöge n (40000 ) un d meh r an . 1953, nach dem II. Weltkrieg, wa r diese Zahl auf 19 gesunken (Vergleichs ­ vermögen i n Kaufkraf t vo n 192 8 un d 191 3 32400 DM) . De r steuerstati ­ stisch nachgewiesene privat e Wohlstand wa r also in seiner Verbreitung au f ein Zehnte l de s Anteil s vo n 191 3 zurückgefallen 3. Freilich ist dies nicht allein auf die Inflationen zurückzuführen . Un d auch insoweit al s di e Inflatio n selbs t hierfü r verantwortlic h gemach t wir d (be i den Geld - un d Forderungsvermögen) , is t e s nich t zulässig , z u sagen , di e Inflation selbs t se i di e Ursach e fü r di e hie r zu m Ausdruc k kommend e Enteignung. S o ode r s o habe n un d hätte n di e verlorene n Krieg e z u Ein ­ kommens- un d Vermögensverlus t geführt . Di e Inflatione n ware n bestimmte Formen , i n denen politisc h begründet e Umverteilungsprozess e sich vollzogen. Bejaht e und unterstützte man die den Inflationen vorausge ­ henden politische n Zielsetzungen , als o zu m Beispie l Aufrüstung , Krie g und Vollbeschäftigun g - un d da s wa r ja i n Deutschlan d i n beide n Fälle n weithin de r Fal l - s o lief es auf eine Schizophreni e hinaus , di e Konsequen­ zen vermieden sehe n zu wollen. Wäre n nicht die von der Inflation Geschä ­ digten di e Opfe r gewesen , s o hätte n ander e Persone n ode r di e gleiche n Personen au f ander e Weise , zu m Beispie l durc h Besteuerung , Opfe r erbringen müssen . Ohn e Verlust e wa r di e Liquidatio n de r Kriege nicht zu bekommen. Da s sa h ma n nac h 194 5 weithi n ein . Nac h 192 3 wurd e die s weniger akzeptiert , zuma l di e Inflatio n 1920/2 3 da s fü r di e Regelun g de r Nachkriegsprobleme »nötig e Maß « überschrit t un d i n diese r Phas e allz u deutlich zu m Instrumen t de r private n Inflationsinteressente n un d i n de n Zusammenhang mi t de r Reparationsfrag e geriet . Ma n scho b ja de n Repa ­ rationsforderuneen de r Siege r di e alleinige Schul d a n de r Inflatio n zu . Kann ma n au s de m historische n Geschehe n etwa s fü r di e Gegenwar t lernen? Ic h glaube schon . Zu m Beispie l dies , da ß Inflatione n nich t primä r geldwirtschaftliche Problem e mit sekundären sozialen Konsequenzen sind , sondern primä r Verteilungskämpf e mi t monetäre n Bedingunge n un d Fol ­ gerungen. Infolgedesse n helfe n abstrakt e geldtheoretisch e Modell e weni g bei ihrer Erklärung 4. I m einzelnen kan n ma n sodann noch manches lernen hinsichtlich de r Mechani k solche r Prozess e de r Hyperinflatio n un d de r zurückgestauten Inflation . Beispielsweis e is t z u sehen, da ß ein e zurückge ­ staute Inflation mi t Lohn - und Preisstop bei größer werdende m Geldüber 160 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

hang nu r z u manipuliere n ist , wen n de r politisch e Druc k de r Regierun g wachsen kan n und sie über genügend Instrument e verfügt, di e Beteiligte n von de r Verwendun g ihre r angesammelte n Kaufkraf t abzuhalte n - d . h. wenn die Zwangswirtschaft u m sich greift und schließlich sogar politische r Terror ausgeüb t wird . Abe r e s wär e sicherlic h fatal , di e heut e Inflatio n genannten Prozess e nur wegen de r Namensgleichheit mi t den behandelten historischen Vorgänge n völli g gleichzusetzen .

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III. Die Strukturschwäch e de r Weimarer Wirtschaf t un d di e Handlungsmöglichkeiten i n de r Großen Kris e

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9. Zwangslage n un d Handlungsspielräume i n der großen Weltwirtschaftskris e de r frühe n dreißiger Jahre Zur Revision de s überlieferten Geschichtsbilde s I Die Weltwirtschaftskris e de r frühe n dreißige r Jahre is t eine r de r wichtig ­ sten Einschnitt e i n de r Geschicht e de s zwanzigste n Jahrhunderts . I n de r Geschichte vo n Wirtschaftskrise n is t si e bislang ei n einmalige s Phänome n gewesen, wa s ihr e Länge, ihr e Tiefe un d die Erstreckung übe r nahezu all e am weltwirtschaftliche n Austausc h beteiligte n Lände r betrifft 1. Si e ha t i n zahlreichen Staaten zu heftigen politischen Krisen geführt, i n deren Gefolge es zu erdrutschartigen Verschiebunge n i m Parteiengefuge, radikale n Kurs ­ wechseln de r Innen - un d Außenpoliti k un d auc h z u förmlichen ode r informellen Verfassungsänderunge n gekomme n ist . Mit de r Weltwirtschaftskris e beginn t ein e neu e Epoch e de r marktwirt ­ schaftlichen (kapitalistischen ) Wirtschaftsordnungen , den n vo n nu n a n wurde di e sogenannte Globalsteuerun g de r Wirtschaft Aufgab e de s Staats­ wesens. Insbesonder e da s Zie l »hohe r Beschäftigungsgrad« , u m nich t z u sagen »Vollbeschäftigung« , erhiel t damal s quasi Verfassungsrang . Die s ist eines de r wichtigsten , au s unvorstellbare r No t geborene n Ergebniss e de r Weltwirtschaftskrise - i n aller Welt . Abe r für un s Deutsche verbindet sic h noch meh r mi t diese m Ereignis . I n unserem Lan d ka m etwa s hinzu , wa s die wirtschaftlich e Kris e z u eine m geschichtlic h besonder s bedeutsame n Vorgang werde n ließ: der Zerfall de r Weimarer Republik, de r Aufstieg des Nationalsozialismus zu r Macht. Unte r den Antworten au f die Frage: »Wi e war da s - wi e war Hitle r - möglich? « spiel t immer wieder der Hinweis auf die Groß e Kris e ein e herausragende Rolle 2. In Hinblick darau f ist e s verständlich, da ß of t di e Frag e gestell t worde n ist, o b nicht di e Krise vermeidbar gewese n wäre , wen n nu r mehr Einsicht und mehr Fähigkeit be i den verantwortlichen Politiker n geherrsch t hätten . Schon während de r Krise haben einige Zeitgenossen diese Frage mit einem »Ja« beantwortet 3. Häufige r wurd e da s »Ja« , al s man i m weitere n Verlau f der dreißige r Jahr e de n offensichtliche n Erfol g vo n Maßnahme n eine r expansiven Konjunkturpoliti k beobachte n konnte 4. Vollend s allgemei n

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wurde da s »Ja « nac h de m II. Weltkrieg5. Damals , i n de n fünfzige r un d sechziger Jahren blieben größere Krisen bekanntlich aus . Bewies das nicht , daß ma n di e konjunkturell e Entwicklun g gleichsa m dich t a m Idealpfa d steuern könnte ? Un d wen n ma n es jetzt konnt e - waru m eigentlic h nich t auch früher ? Waru m nich t scho n i n de r Weltwirtschaftskrise ? Vo r de m Hintergrund eine s beträchtliche n Optimismu s hinsichtlic h de r Machbar ­ keit de r Konjunktu r de r Gegenwar t un d Zukunf t breitet e sic h den n auc h ein »rückwärtsgewandte r Problemlösungsoptimismus « aus . Inzwischen ha t sic h allerding s unser e Wel t wiede r etwa s verändert . Spätestens sei t 1973/ 4 sin d wi r nich t meh r de r feste n Überzeugung , Konjunktur sei relativ beliebi g un d leicht machbar 6. Un d das gibt auch der Historie eine neue Chance, sic h weniger kritisc h und zugleich selbstsiche r mit den Verantwortlichen de r Weltwirtschaftskrise z u beschäftigen 7. E s ist ja nich t so, daß man nur aus der Geschichte für die Gegenwart lerne n kan n - ma n lern t imme r auc h au s de r Gegenwar t fü r di e Geschichte . Di e hie r angedeutete wechselseitige Verschränkung macht den aktuellen Reiz des zu behandelnden Gegenstande s Weltwirtschaftskris e aus . Im Folgende n soll e s daru m gehe n z u prüfen , waru m i n de r Große n Krise der frühen dreißige r Jahre in Deutschland bi s zum Somme r 1932 , al s die Regierun g Pape n erstmal s ei n größere s Program m fiskalpolitischer Konjunkturanregung (meh r verkündet e als ) in Gan g setzte 8, kein e expan ­ sive Konjunkturpolitik 9 betrieben worden ist, wi e sie doch spätere Lehrbü­ cher de r Wirtschaftspoliti k fü r angemesse n halten . Ic h werd e dabe i zunächst de r Frag e nachgehen , wan n ein e solch e Politi k de r Gegensteue ­ rung gege n di e Kris e hätt e einsetze n solle n un d können . Sodan n is t z u fragen, o b geeignete Mitte l zu r Verfügun g gestande n haben . Die s is t ein e komplexe Frage. Wir müssen sie deshalb aufspalten 1 . in die Frage nach der technischen Verfügbarkei t solche r Mittel , 2 . i n di e Frag e nac h de r politi ­ schen Verfügbarkei t de r Mitte l - als o nac h de n innen - un d außenpoliti ­ schen Umständen , di e den Bewegungsspielraum fü r ein e aktive Konjunk ­ turpolitik en g oder weit gezogen haben könnten, - un d 3. in die Frage nach den vernünftigerweise z u unterstellenden Wirkunge n de s Einsatzes solche r koniunkturpolitischen Mittel . Alles i n alle m geh t e s u m di e Grundfrage, o b wirklic h ei n Mange l a n Einsicht un d Fähigkei t de r Regierende n ein e Hauptlas t de r Erklärun g fü r das Schrecklich e trage n mu ß ode r o b e s nicht doc h Gründ e gibt , di e wi r einer Objektwel t zurechne n müssen , di e damals nicht unte r de r Kontroll e der Regierende n gewese n ist 10. II Ich beginn e mi t de r Frag e nac h de m Zeitpunkt , z u de m vernünftiger ­ weise eine ganz neue konjunkturpolitische Strategi e frühestens hätte erwar­ tet werde n können . Dies e Frage ist bemerkenswerterweis e auc h in de r di e 166 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

seinerzeitige Politi k her b kritisierende n historische n Forschun g bislan g nicht hinlänglic h beachte t worden . Stelle n wi r un s au f da s Wisse n de r Zeitgenossen de r Kris e ei n - un d nich t au f unsere, natürlic h vie l bessere n Kenntnisse, wei l wi r die Folgen schon kennen - 1 1 , s o müssen wir zunächst feststellen, da ß fü r di e deutsche n Behörde n - wi e fü r all e andere n i n de r Welt - bi s zum Frühjahr 193 1 kein überragend starke s Motiv gegebe n war, die Kris e völli g ander s z u behandeln , al s si e e s tatsächlic h taten . S o schwierig sa h di e Lag e nämlic h nich t vo n vornherei n aus , da ß ma n da s Schlimmste befürchte n mußte . Un d selbs t wen n ma n da s Schlimmst e befürchtete - we r konnt e damal s wissen , da ß e s s o schlim m komme n würde, als o zu m Beispie l 193 2 i m Jahresdurchschnit t 3 0 Prozen t de r Arbeitnehmer arbeitslo s sei n würden ? Alle vorhergehende n Krise n ware n ander s verlaufen . Un d di e hie r z u behandelnde hatt e i m Vergleic h mi t vorausgehende n Krise n nich t einma l besonders dramatisch begonnen. I n der ersten »weltwirtschaftlichen Krise « nach de m I. Weltkrieg12, nämlic h i n de r Kris e de r Jahr e 1920/21 , di e Westeuropa, di e US A un d Japa n hefti g geschüttel t ha t un d vo n de r Deutschland nu r verschon t gebliebe n ist , wei l hie r bi s 192 3 eine Inflatio n herrschte, - i n diese r Kris e stürzte n di e beteiligten Lände r ungleic h steile r in die Tiefe al s 1929/30 13. Abe r de r Absturz dauert e nur ein knappes Jahr. Und au f de r Basi s de r durc h di e Kris e gleichsa m bereinigte n Situatio n ergab sic h ein neue r Aufschwung . Auc h i n Deutschlan d hatt e es während der Weimare r Zei t scho n einma l eine n tiefe n konjunkturelle n Einbruc h gegeben, vo n 192 5 auf 1926 , al s die Erzeugung de r Investitionsgüterindu ­ strie un d de r Verbrauchsgüterindustri e i n kurze m Abstan d voneinande r jeweils innerhal b vo n 8 Monate n u m fas t ei n Dritte l zurückging 14! Abe r auch hie r ka m di e Erholun g rasch , un d e s folgt e au f de n tiefe n Fal l ei n umso lebhaftere r Zuwachs . Aus diesen un d anderen vorausgehenden Erfahrunge n mi t Krise n konn ­ ten di e Zeitgenosse n als o nich t lernen , wa s ma n späte r al s theoretisc h nahezu selbstverständlich bezeichne t hat: daß nämlich ein einmal einsetzen­ der Abschwung di e Tendenz habe, sich selbst nach unten zu verstärken und deshalb gan z frühzeitig bekämpf t werde n müßte 15. - Freilic h wurde e s im Fortgang de r Krise 16 vo n 192 9 au f 193 0 un d vo n 193 0 au f 193 1 ein e schlimme Sache , da ß sic h di e au s frühere n Krise n bekannte n Entspan ­ nungstendenzen, di e auc h i n diese m Abschwun g hi n un d wiede r sichtba r wurden, jeweil s nich t nachhaltige r durchsetze n konnten . Tatsächlic h lie f irgend etwa s meh r un d meh r de m Model l zuwider , welche s ma n sic h aufgrund frühere r Erfahrunge n vo n de n Dinge n gemach t hat 17. Hierfür sin d nun allerdings auch eine Reihe von Umständen verantwort ­ lich, di e damals niemand hätte voraussehen können, wei l sie den Charakter von historischen Zufälligkeiten hatten 18. In Deutschland waren es vor allem plötzliche Störungen , di e au s de r politische n Sphär e i n di e wirtschaftlich e hinüberwirkten, insbesonder e di e wiederholte n Gefährdunge n de r Regie -

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rung Brüning 19. Al s zum Beispie l a m 14 . Septembe r 193 0 die NSDA P i n den Reichstagswahlen ihr e Sitzzahl von 1 2 auf 107 erhöhen konnte, wirkt e dieser sensationell e Erfol g eine r Partei , di e fanatisc h ein e innen - un d außenpolitische Konfrontatio n versproche n hatte , auc h auf die Wirtschaf t wie ei n Schock . Un d diese r Schoc k ga b de r deutsche n Kris e eine n gan z neuen Verlauf 20. Viel e Kredit e wurde n gekündigt , neu e nich t gegeben , große Kapitalsumme n verließe n schnellsten s da s Reich, wei l ma n sic h de s Kurses eine r künftige n deutsche n Regierun g nich t meh r siche r war . Di e Reichsbank mußt e zur Verteidigung ihre r sehr knappen Währungsreserve n den Diskontsatz drastisch erhöhe n - un d das in der Krise, in der typischer ­ weise sons t di e Zinse n sinken . Ers t 4 Jahre späte r is t de r Zinssat z fü r kurzfristige Kredit e i n Deutschlan d wiede r au f da s Nivea u vo n vo r de n Septemberwahlen vo n 193 0 zurückgegangen 21! Aber selbst nac h de m Septembe r 193 0 ha t e s i n de m allgemeine n Abschwung weltwei t noc h einmal ein e Phase gegeben, i n der ma n auf ein glimpfliches End e de r Kris e hoffe n konnte . Da s wa r vo m Janua r bi s Anfang Apri l 1931 22. Einig e wichtig e Anzeige r de s Konjunkturverlauf s wiesen damal s wiede r nac h oben . Wi r könne n un s di e Situatio n fü r Prognostiker un d Politike r anhan d vo n Abbildun g 1 verdeutlichen, di e di e industrielle Produktion vo n Verbrauchsgütern de s sogenannten elastische n

Abb. 1: Produktionsinde x - Verbrauchsgüte r de s elastische n Bedarfs , Ursprungswerte un d glatt e Komponente , 192 8 = 10 0 Deutsches Reic h 1925-193 7

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Bedarfs, als o vo n Textilien , Bekleidung , Schuhen , Hausrat , Möbel n ver ­ anschaulicht23. Di e entsprechenden Maßzahlen der Produktion sind auf der Senkrechten abzulesen . Au f de r Waagerechte n stehe n di e einzelne n Jahre und Monat e vo n 192 5 bis 1937 . Di e gestrichelte Kurv e zeigt das , wa s wi r den »rechnerische n Konjunkturverlauf « nenne n wollen . Hie r sin d di e i n der Produktion üblicherweis e auftretende n Einflüss e de r Saison korrigiert . - Wi r könne n di e Gelegenhei t nütze n un d auc h noc h eine n Blic k au f den scharfen Abschwun g 1925/2 6 werfen un d ihn mit dem Schrumpfungspro ­ zeß a b 192 9 vergleichen . Sodan n wolle n wi r bemerken , da ß fü r diese n Indikator nich t 192 9 de r Höhepunk t vo r de r Kris e gewese n ist , sonder n 1927. Doc h soll an dieser Stelle vor allem gezeigt werden, da ß im Frühjah r 1931 de r Abschwun g wirklic h unterbroche n worde n is t un d ei n rech t starker Aufschwun g i n Gan g gekomme n z u sei n schien , de r vo n Zeitge ­ nossen auc h al s Signa l de r Tendenzwend e gedeute t worde n ist 24. Wir wisse n noc h imme r nich t genau , wa s Mitt e Apri l i n Deutschland , aber auch in anderen Staaten, da s Ende des Zwischenaufschwungs un d gar die neuerliche Umkeh r nac h unten veranlaß t habe n könnte. Au f jeden Fall spitzten sic h jetz t di e ungewöhnlichste n Ereigniss e dramatisc h zu . I n Österreich wurd e i m Ma i di e größt e Ban k zahlungsunfähig . I n Deutsch ­ land ginge n einig e Großunternehme n bankrot t ode r stande n dich t davor . Und - ausgelös t auc h durc h ein e Regierungskrise Anfan g Juni, i n de r um Haaresbreite di e Regierun g Brünin g gestürz t worde n wäre , - began n i n Deutschland ein Run auf die Banken, de r mit erheblichen Goldabzügen aus der Reichsbank verbunde n war. I m Juli schlossen die Banken ihre Schalter, hob das Reich die Eintauschpflicht de r Reichsmark i n Gold und Golddevi ­ sen auf 25. Kurz e Zeit später , i m September , wurd e di e Bank vo n England nach heftige n Goldabzüge n praktisc h internationa l zahlungsunfähi g un d gab Englan d de n Kur s de s Pfunde s frei . Di e Währungsordnun g wa r zusammengebrochen26. Mit de r nationale n un d internationale n Finanzkris e de s Sommer s 193 1 setzte ein e neu e Phas e de r Weltwirtschaftskris e ein 27. Jetzt , i m Somme r 1931, erwie s sic h di e Entwicklun g al s ein e prinzipiell e Strukturkris e de r nationalen un d internationale n Wirtschaftsordnung . Jetz t ers t began n ma n verbreitet z u furchten , da ß dies e Kris e nich t au s sic h herau s wiede r z u einem Aufschwun g führe n würde . Un d ers t jetzt, ers t im späten Frühjah r bzw. Somme r 1931 , tauchte n nac h un d nac h au s de n verschiedenste n Ecken Pläne auf, diese r Krise durch eine aktive Politik zu begegnen, di e im Vergleich z u den jetzt un d auch schon früher praktizierte n Notstandsmaß ­ nahmen gan z neu e Eigenschafte n aufweise n sollte 28. S o wurd e jetzt de r Vorschlag gemacht , de r Staa t sollte, auc h wenn er nicht über hinreichend e laufende Einnahme n verfugte , ein e größere Nachfrag e entfalte n un d diese im Weg e de r zusätzliche n Verschuldun g finanzieren 29. Damit liegt aber auch das Ergebnis für die erste Frage, fü r die Frage nach dem »Wann « fü r de n Einsat z neue r Instrument e de r Krisenbekämpfun g

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vor. Wen n wi r vo n Regierunge n nich t ein e prophetische Gab e verlangen , insbesondere kein Wissen, da s erst die Nachlebenden habe n können, wen n wir un s vielmeh r dara n halten , i m günstigste n Fall e di e Verwertun g de s höchstentwickelten Wissens der Zeit zu erwarten, dan n konnte eine Ände­ rung de r konjunkturpolitische n Strategi e nich t vo r de m Somme r 193 1 erwartet werden . Wenn ma n abe r diese s akzeptiert , dan n mu ß auc h hingenomme n wer ­ den, da ß eine »rechtzeitige « Gegensteuerun g gege n den Abschwung scho n zeitlich nich t meh r möglic h gewese n ist . Den n i m Somme r 193 1 wa r e s objektiv z u spät , u m noc h de n Anstie g de r Arbeitslosigkei t i m Winte r 1931/32 au f 6 Millione n Mensche n z u verhindern . S o schnel l wirke n wirtschaftspolitische Maßnahmen , selbs t massive r Art , ni e au f di e kon ­ junkturelle Bewegung 30 . Allenfall s hätte der Tiefpunkt de r Krise, de r dann im Somme r 193 2 erreich t worde n ist 31, u m einig e Monat e vorverleg t werden können , hätt e de r Aufschwun g etwa s frühe r un d vielleich t auc h etwas kräftige r einsetze n können . O b da s möglic h gewese n wäre , häng t freilich vo n den Maßnahmen ab , di e man hätte treffen könne n und sollen.

III Damit komme n wi r zu r zweiten Frage : Welche Mittel hätt e man einset­ zen können? Als in der zweiten Jahreshälfte 193 1 und im Verlauf des Jahres 1932 wirklic h Plän e z u eine r aktive n Überwindun g de r Kris e i n di e Öffentlichkeit gelangten , hatte n si e vielfac h eine n große n Mangel : Si e sahen Instrument e vor , di e ga r nich t zu r Verfügun g stande n un d di e ma n auch nicht mi t einem einfache n Ak t de r nationalen Gesetzgebun g schaffe n konnte. Da s betriff t vo r alle m Plän e zur Finanzierun g vo n Mehrausgabe n des Staate s durc h di e Reichsbank . Wege n de r frühere n Inflationserfahrun ­ gen wa r di e Reichsban k nämlic h 192 2 bzw . 192 4 Regierungseinflüsse n weitgehend entzoge n worden . Darübe r hinaus war ihr gesetzlich verboten , nennenswerten Kredi t a n de n Staa t z u geben 32. Ma n ma g fragen , waru m man in dieser Lag e nicht einfach da s Reichsbankgesetz geänder t hat . Nun , 1. wollt e ma n da s aus noch z u behandelnden Gründe n nicht , un d 2 . hätt e man e s auch nich t ohn e weitere s gekonnt , den n sei t de r Reparationsrege ­ lung vo n 192 4 wa r da s Reichsbankgeset z Tei l eine s internationale n Ver ­ tragssystems, zuletz t feierlic h beschwore n be i de m 192 9 ausgehandelte n und 193 0 vo m Reichsta g ratifizierte n Young-Plan . Gleiche n Bindunge n unterlag übrigen s auc h de r Wechselkur s de r Reichsmark 33. Regierungen, di e keine n außenpolitische n Abenteurerkur s fahre n woll ­ ten, ware n jedenfall s noc h 193 1 un d vermutlic h auc h 193 2 nich t i n de r Lage, sic h über di e gegebenen internationale n Bindunge n einfac h hinweg ­ zusetzen333 - un d verhandeln konnte man über solche Gegenstände ja nicht wegen de r dan n z u befürchtende n Spekulationswellen . - E s is t nich t

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erstaunlich, da ß sic h vo r alle m solch e Autore n seinerzei t hinsichtlic h de r Reichsbankkredite un d de s Wechselkurse s entschiede n experimentierfreu ­ dig zeigten, di e auch sonst einen grundsätzlich andere n Kurs der deutschen Politik anstrebten 34. Abe r gerade dieser Umstand, da ß die Konjunkturpoli­ tik hie r al s trojanisches Pfer d fü r viel e ander e Zweck e hätt e diene n solle n oder auc h nu r können , empfah l solch e Plän e natürlic h ers t rech t nich t i n den Kreise n de r politische n Mitt e un d im Ausland . Die deutsche Politi k wa r abe r noch in weit meh r Dilemmat a verstrickt . Dies zeigt e sic h schon , al s i m Ma i 193 1 ei n erste r Pla n veröffentlich t wurde, de r di e Politi k zusätzlic h kreditfinanzierte r Staatsausgabe n zu r Erhöhung der Beschäftigung empfahl , da s sogenannte Brauns-Gutachten 35. Die Autoren habe n e s freilich entschiede n abgelehnt , da ß der Staa t sich an den inländische n Kapitalmark t wende n könnte . Hie r hätt e e r di e Zinse n nur i n noc h phantastischer e Höhe n treibe n müsse n un d somi t privat e Investoren vollend s verdrängt . Si e haben auc h jeglichen Notenbankkredi t abgelehnt, als o di e politische n Zwangslage n beachtet . Unte r diese n Umständen blie b nu r noc h ein e einzig e Handlungsmöglichkeit , di e si e denn auc h vorschlugen : di e Aufnahme vo n Auslandskrediten 36. Aber : di e Empfehlung, di e Finanzierungssorge n de r Regierun g au f dem Weg e übe r den Auslands-Kapitalmark t z u überwinden , ka m just i n de m Augenblic k heraus, al s sic h di e Reichsregierun g a n mehrere n Fronte n i n scharfe m Konflikt mi t Frankreic h un d seine n ehemalige n Alliierte n befand . E s ging damals u m di e kur z zuvo r veröffentlichte n Plän e eine r Deutsch-Öster ­ reichischen Zollunion , u m Rüstungsfrage n un d um die Ankündigung vo n erneuten Revisionsbegehre n hinsichtlic h de r Reparatione n un d de r deut ­ schen Ostgrenze im Korridor und in Oberschlesien 37. Brünin g ma g imme r an eine Revision de s Versailler Vertrage s gedacht haben 38 - abe r in diesem Zeitpunkt sollt e die außenpolitische Offensiv e di e seit den Septemberwah ­ len manifes t gefährlich e Oppositio n au f de r Rechte n unterlaufe n un d ei n Zeichen dafür setzen , da ß auch die Regierung national e Interessen nicht aus dem Auge verliert. Abe r was immer die innenpolitischen Motive waren, es ist kei n Wunder , da ß Frankreich , welche s damal s noc h übe r enorm e Währungsreserven verfügte , i n eine r solche n Situatio n nich t gerad e al s uneigennütziger Geldgebe r eine r deutsche n Regierun g auftrete n mochte ; zu nachhalti g ware n scho n sein e Sicherheitsinteresse n vo n Deutschland , aber auc h vo n de n andere n Alliierten , vernachlässig t worden 39. Es spricht viel für die im Juli 193 1 von Otto von Zwiedineck-Südenhors t formulierte Ansicht , da ß da s Kernproble m de r Gestaltung de s deutsche n Arbeitsmarktes i n der Außenpolitik Europa s liege. Mi t Zwiedinec k ware n zahlreiche Ratgebe r damal s der Meinung , da ß ma n gerad e aus konjunktu ­ rellen Gründe n alles , abe r auc h alle s tu n müsse , u m da s international e Vertrauen in Deutschland zu erhalten40. - Wa r aber die konjunkturpolitisch so dringen d geraten e »außenpolitisch e Kapitulation « i m Somme r 193 1 wirklich noch politisch denkbar? Schon die Überlegungen, i m Juli 193 1 zur

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Behebung de r akuten , höchs t gefährliche n Währungskris e eine n französi ­ schen Kredit in Anspruch zu nehmen, welche n Frankreich an verständliche politische Auflagen binde n wollte 41 , veranlaßt e die Führer der sogenannten »nationalen Opposition « z u öffentliche n Proteste n un d zu r Erklärung , si e würden - einma l a n di e Mach t gekomme n - solch e Bedingunge n nich t erfüllen42. Un d Reichspräsiden t vo n Hindenbur g ha t fü r de n Fall , da ß di e Regierung solche Kredite nähme, seinen Rücktritt angekündigt 43. Das wäre wohl da s Ende der Weimarer Republi k i m Somme r 193 1 gewesen. S o eng war de r Spielrau m de r deutsche n Regierun g selbs t hinsichtlic h de s letzten Restes eine r internationa l koordinierte n Aktio n i n de r Finanzkris e de s Jahres 1931 44. Danach war Auslandskredit immer nur eine ferne Hoffnung , aber keine Realität mehr. Ein e expansive Staatsausgabenpolitik zu r Füllung der Nachfragelücke hätt e nun nur mit interner Geldschöpfun g de r Reichs­ bank finanzier t werde n können . Gegen di e interne Geldschöpfun g übe r di e Reichsbank, au f die wir als o wieder zurückkommen , wei l si e schließlich di e einzige Möglichkeit gewe ­ sen wäre , Haushaltsdefizit e de s Staate s z u finanzieren , sprache n nu n abe r nicht nu r di e rechtlich-vertraglichen Gründe , di e ich zuvor erwähnt hatte . Brüning un d seine Berater nannten damal s teils öffentlich, teil s in vertrau­ ten Kreise n auc h zwei stark e politisch e Gründe . De r erste, verständlicher ­ weise nich t öffentlic h erörtert e un d deshal b ers t i n de r Memoirenliteratu r betonte Grun d betra f di e Absicht , durc h Nachwei s de r Zahlungsunfähig ­ keit Deutschland s endgülti g di e Reparationen z u beseitigen 45. I n Hinblick auf dieses Ziel konnte man selbstverständlich kein e staatlichen Programm e finanzieren, di e sich auc h i m Auslan d kein e Regierun g leistete . Der zweite , di e öffentlich e Diskussio n beherrschend e Grun d betra f di e Befürchtung, da ß ein e mi t Geldschöpfun g finanziert e Staatsausgabenpoli ­ tik neuerlic h i n di e Inflatio n fuhre n müßte . Da s Mitte l wa r ja al s solche s bekannt. Ma n hatte es von 191 8 bis 1923 auch zum Zwecke der Arbeitsbe­ schaffung eingesetz t un d damit soga r groß e Erfolge erzielt, den n Deutsch ­ land hatt e nac h de m I. Weltkrieg i m internationale n Vergleic h mi t di e niedrigsten Arbeitslosenquoten 46. Abe r di e Inflatio n wa r damal s gänzlic h außer Kontroll e gerate n un d hatt e in einem Desaste r geendet , da s jetzt, i n der Krise, noc h keineswegs voll verarbeite t war , u m zu neuen Abenteuer n zu locken 47. In der wirtschaftswissenschaftlichen un d historischen Literatur zur Welt­ wirtschaftskrise wir d da s Inflationsargumen t wege n de r spezielle n Erfah ­ rungen i n Deutschlan d zwa r fü r psychologisc h beachtlic h gehalten , abe r zugleich mein t man , e s sei sachlich falsc h gewesen , wei l doc h hinlänglic h bekannt sei , da ß be i große r Arbeitslosigkei t ein e zusätzlich e Kaufkraf t nicht hätte inflatorisch wirke n können 48. Nun , auc h dies würden wir heute wohl nich t meh r s o unbedingt unterschreibe n - un d es scheint auc h unter den damalige n Bedingunge n i n Deutschlan d ein e echt e inflatorisch e Ent -

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wicklung fü r de n Fal l wirkungsvolle r Aktione n nich t ga r s o unwahrschein­ lich gewese n z u sein 49. Aber gan z unabhängig davon , wi e heut e Wirtschaftswissenschaftler di e damaligen Argument e bewerten , bleib t doc h vo n allergrößte r Bedeutun g für de n Historiker , da ß fü r ein e Politi k reichsbankfinanzierte r erhöhte r Staatsausgaben Brünin g bi s zu m Frühjah r 193 2 nicht di e geringst e politi ­ sche Unterstützun g vo n irgen d eine r de r politisc h relevante n Gruppe n gehabt hätte . Wa s imme r ma n gege n di e tatsächlich e Wirtschaftspoliti k von Brüning al s Wirtschaftstheoretiker vorbringe n ma g - e s war diejenig e Politik, di e wede r vo n eine r de r diese r Regierun g nahestehende n ode r si e tolerierenden Parteie n noch von irgendeinem Unternehmerverband 50 ode r von den Gewerkschaften51 prinzipiell durch eine Alternative infrage gestellt worden ist . Ausgerechne t i n dieser Überzeugung trafe n sic h damals die im übrigen inzwische n vielfac h hefti g verfeindete n gesellschaftliche n Kräft e noch52. Insbesonder e die Führung de r SPD, von deren Toleranz das Kabi­ nett Brünin g sei t de n Septemberwahle n 193 0 entscheidend abhing , wa r wie übrigens auch die Labour-Party in England53 - gegen jedes Experiment mit de r Währun g un d beschwo r ständi g di e Inflationsgefahr , welch e au s zusätzlichen Staatsausgabe n notwendi g erwachse n müsse 54. In Situationen, wi e de n hier z u betrachtenden, komm t e s nun nich t auf intellektuelle Leistungen , Gedanken , Pläne , Einsichte n vo n Außenseiter n an. Ein e Alternativ e hätt e ein e politisch e Kraf t sei n müssen . Ein e solch e Kraft ga b e s bi s Mitt e 193 2 nicht . We r unte r diese n Umstände n vo n Brüning erwartet, e r hätte eine andere Konjunkturpolitik betreibe n können und solle n (fü r di e e s übrigen s 1931/3 2 auc h i n keine m andere n Staa t ei n Vorbild gegebe n hat) 55 , unterstell t ih m ein e Mach t übe r di e Verhältnisse, die e r woh l nich t besaß 56. Nein, di e konjunkturpolitischen Handlungsspielräum e ware n wegen der außen- un d innenpolitische n Zwangslag e mindesten s währen d de r Regie ­ rungszeit Brünings , als o bis zum Mai 1932 , viel enger, al s das eine spätere, allein au f di e konjunkturtheoretisch e Frag e konzentriert e Kriti k gesehe n hat57.

IV Damit sin d wi r abe r noch nicht am Ende. Den n selbst wen n ma n bereit ist zu akzeptieren, da ß es damals keine große Wahl der Mittel gegeben hat, bleiben noch Fragen offen. Ma n mag vielleich t scho n Verständnis für oder gar Mitlei d mi t de n Verantwortliche n haben . Aber : ha t e s nicht seinerzei t hinter de n gewi ß ernste n politische n Verwicklunge n liegende , objektiv e wirtschaftliche Möglichkeite n de s Eingreifen s gegeben ? Mocht e gege n Geldschöpfung zu m Zweck e de r Finanzierun g vo n Haushaltsdefizite n de s Staates viel sprechen - wär e sie aber nicht hilfreich gewesen ? Mochte auch

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einer Abwertung de r Reichsmark vieles im Wege gestanden haben - hätt e sie nicht doch Erfolg gebracht 58? Halten wir uns zunächst an die wenigen bis Mitte 1932 publizierten und mit Zahle n versehene n Ratschläg e jene r Außenseiter , di e nich t erhör t worden sind, s o muß ein sorgfältig prüfende r Wirtschaftsanalytike r heut e zu der Ansicht kommen, daß keiner dieser damaligen Pläne das konjunktu­ relle Schicksal hätte nennenswert wenden können59. Dazu hatten sie, selbst wenn sie von Zeitgenossen al s abenteuerlich inflationär kritisier t wurden, einen vie l z u geringe n Umfang . Di e rechnerisch e Nachfragelück e belie f sich 193 2 auf über 3 0 Mrd. RM . Noc h 193 2 sahen abe r di e extremste n unter den genauer begründeten Plänen für die Erhöhung de r Staatsausga­ ben eine Summe von etwa 2 Mrd. RM vor. Das schien damals ungeheuer viel, entsprac h es doch etwa einem Drittel des Reichshaushaltes von 1931 und hätt e - wi e zuvo r ausgeführ t - nu r nac h eine r schwerwiegende n Änderung de s geltende n Reichsbankgesetze s finanziert werden können . Aber 2 Mrd. RM waren nur etwa 2,3 Prozent des Bruttosozialprodukts des Jahres 1929 , als o nur 2,3 Prozent der seinerzeit insgesamt zu r Verfügun g stehenden Gütermenge des Jahres, mi t dem man vielfach di e Krise begin­ nen läßt 60. Kan n ma n vo n eine m solche n Betra g ein e s o groß e Wend e erwarten? Im Jahr 197 5 ergab die Netto-Kreditaufnahme alle r öffentlichen Haushalte in der Bundesrepublik ein e Summe, di e immerhin 5, 2 Prozent des Bruttosozialprodukts ausgemacht hat (bei einem Finanzierungssaldo in Höhe vo n 6, 3 Prozen t de s Bruttosozialprodukts) 61 - un d die s ha t di e Arbeitslosenquote bekanntlic h nich t nennenswer t gesenkt . Wa s als o berechtigt zu dem Optimismus, 1931/3 2 hätten so kleine Beträge eine viel größere Wirkung erzielt? Nein, wirtschaftspolitische Wunderwaffe n gege n Hitler sind damals in keinem Arsenal gewesen 62. V Haben wir wenigstens heute ein schlüssiges Konzept für die Lösung der damaligen Probleme ? Nun , bislan g ha t noch niemand ein solches vorge­ legt, wen n man darunter mehr versteht als nur die negative Kritik an der seinerzeit tatsächlic h geübte n Politi k de r Haushaltsanpassun g un d de r administrativen Kostensenkung 63. Auc h ic h hab e kein e solch e Lösung . Aber ic h hoff e Gründ e dafü r angebe n z u können , waru m e s damal s vermutlich auch gar keine Lösung in dem Sinne geben konnte, in dem man heute vo n eine r Lösun g eine r konjunkturpolitische n Aufgab e spricht . I n Wahrheit gin g e s damals um etwas viel, vie l Schwierigeres . Um das zu verstehen, müsse n wir noch auf die Vorgeschichte der Krise eingehen. E s ist nämlich nicht nur so, daß die Weltwirtschaftskrise etwa s ganz Ungeheuerliches, zuvo r und nachher Nichtdagewesenes unserer Ge­ schichte gewese n ist . Auc h fü r de n Charakter de r vorhergehende n wirt 174 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

schaftlichen Entwicklun g zwische n Inflatio n un d Große r Kris e gib t e s i n der ganzen deutschen Wirtschaftsgeschichte nicht s annähernd Vergleichba ­ res 64 . Um die Weimarer Zeit in richtiger Perspektive zu sehen, soll zunächst ein Gesamtüberblic k übe r da s Wachstu m de r deutsche n Wirtschaf t sei t 1850 gegebe n werden . Abbildun g 2 zeig t di e Entwicklun g de r jährlich j e

Abb. 2: Nettosozialproduk t i n Preisen von 191 3 je Einwohne r und logarithmisch-linearer Trend , Deutsche s Reich und Bundesrepubli k Deutschland in den jeweiligen Grenzen , 1850-197 5 Kopf der Bevölkerun g i n Deutschlan d (i n den jeweiligen Gebietsgrenzen ) zur Verfügun g stehende n Gütermenge 65. Di e Kurv e beginn t 185 0 un d reicht bi s zu einer kriegsbedingte n Lück e von 191 4 bis 1924 . Si e setzt sic h dann vo n 192 5 bi s 193 8 fort , w o neuerlic h ein e Lück e vo n 193 9 bis 194 9 nicht auszufüllen ist . Für die Bundesrepublik sind Zahlen von 1950 bis 1975 verwendet. De r au f de r Senkrechte n gewählt e Maßsta b fü r di e Güter ­ menge ist ein eigentümlicher, ei n logarithmischer. E r hat den Vorteil, un s sogleich da s Wachstumstemp o i n de n jeweilige n Periode n sichtba r z u machen. W o die Kurve steil verläuft, habe n wir es mit hohen Wachstums­ raten z u tun ; w o si e flach verläuft, mi t geringen . Wir bemerke n vo n 185 0 bi s 191 3 ein e i m große n un d ganze n stabil e Wachstumsbewegung mi t einigen konjunkturellen Schwankunge n um den

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sogenannten Trend . Di e ausgezogen e gerad e Lin e zeig t an , wi e sic h di e Gütermenge übe r 191 3 hinau s entwickel t hätte , wen n di e Zuwachsrate n des Sozialprodukts je Kop f nach 191 3 die gleichen gebliebe n wäre n wi e i n den Jahrzehnten zuvor . - Au f den ersten Blick beeindruck t da s relativ lan g anhaltende durchschnittlic h seh r hoh e Wachstu m i n de r Bundesrepublik . Was abe r di e Weimare r Zei t betrifft , s o is t si e gan z eigentümlich . Wi r bemerken den tiefen Einbruch der Krise von 1929 bis 1932- aber man sieht auch, da ß dem keine anhaltend starke Wachstumsbewegung vorausgegan ­ gen ist. Es gibt von 1925 auf 26 einen Rückgang, gefolg t von einem Sprun g von 192 6 au f 192 7 - abe r dan n ein e deutlich e Abflachun g un d baldig e Umkehr. 1928 , immerhi n ers t 1 0 Jahre nac h de m Krieg , überstie g da s Sozialprodukt je Kopf (die Gütermenge je Kopf) das Niveau von 1913, und nur u m ei n geringes . Nein, ei n anhalten d starke r Aufschwun g wa r da s gewiß nicht , wa s de r Krise vorausgegangen ist 66. Di e Investitionstätigkeit, als o das Ausmaß de r Bereitstellung neue r Produktionsmittel , Fabriken , Maschinen , Wohnun ­ gen, Verkehrswege , blie b von 192 5 bis 1929 sogar weit hinter dem zurück, was vor 1914 regelmäßig hierfür aufgewendet worde n ist67. Andererseits lag der privat e Verbrauc h je Kop f 192 8 immerhin scho n u m 1 6 Prozent übe r dem de r Vorkriegszei t un d de r staatlich e Verbrauc h je Kop f ga r u m 3 4 Prozent68. Dies e Zahlen signalisieren eine noch zu belegende Grundschwä­ che de r Situatio n vo n Weimar . Si e wa r nich t durc h Merkmal e eine r star k wachsenden Wirtschaf t gekennzeichnet , ehe r durc h Merkmal e eine r i n Verteilungskämpfen verstrickte n Wirtschaft . Da s wolle n wi r mi t de n folgenden Abbildunge n belegen . In Abbildun g 3 is t di e langfristig e Entwicklun g de r Produktivitä t de r deutschen Wirtschaf t dargestellt 69. Unte r Produktivität , genauer : Arbeits ­ produktivität, verstehe n wi r die durchschnittlich je Erwerbstätige n i m Jahr erzeugte Gütermenge . Währen d sic h di e Produktivitä t i m Kaiserreic h i n der langfristige n Bewegun g relati v schnel l erhöh t ha t un d si e nac h de m II. Weltkrieg geradez u atemberauben d anstieg , erreicht e si e währen d de r zwanziger Jahre nich t einma l da s Vorkriegsniveau ! S o schwac h ware n i n dieser Zei t di e langfristige n Wachstumskräfte . Was nu n i n diese m Zusammenhan g besonder s interessan t ist , is t de r Umstand, da ß 192 5 bi s 192 9 di e Entwicklun g de r durchschnittliche n Löhne anscheinend kein e Rücksicht au f die eben veranschaulichte Produk ­ tivitätsentwicklung genomme n hat . Di e durchschnittliche n reale n Stun ­ denlöhne lagen bald nach 192 4 deutlich über denen vor 1914, un d auch die durchschnittlichen Wochenlöhn e ginge n - i m Durchschnit t alle r Arbeit ­ nehmer - kräfti g i n di e Höhe 70. I n eine m internationale n Vergleic h de r Lohnentwicklung vo n de r Vorkriegszei t bi s 1930/3 1 schneide t Deutsch ­ land i m Vergleic h mi t de n Siegerstaate n de s I. Weltkriegs, mi t de n USA , Frankreich un d Großbritannien , erstaunlic h gu t ab 71 . Wie seh r di e Lohnentwicklun g damal s i n Deutschlan d de n durc h di e

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Abb. 3 : Gesamtwirtschaftlich e Arbeitsproduktivitä t (Nettosozialproduk t zu Marktpreisen vo n 191 3 je Beschäftigten) , Deutsche s Reich und Bundes­ republik Deutschlan d i n de n jeweiligen Grenzen , 1880-197 5 Produktivitätsentwicklung gezogene n Rahme n gespreng t ha t un d direk t verteilungswirksam geworde n ist, zeigt Abbildung 4 72. Di e Kurve der soge­ nannten »kumulierte n Reallohnposition « is t etwas kompliziert konstruiert , aber es genügt zu m Verständnis, sic h vorzustellen, da ß die Kurve dicht bei der Null-Linie verläuft, solang e sich die durchschnittlichen Reallöhn e etwa in dem Umfang verändern , in dem sich die gesamtwirtschaftliche Produkti ­ vität verändert . Vo n 195 0 bis 197 0 war die s in der Bundesrepublik weitge ­ hend der Fall. Bemerkenswerterweise ergab sich nach 1970 ein Anstieg, de r auffällig mi t de m seitherige n Rückgan g de r Investitionsquot e überein ­ stimmt. Abe r di e Abweichung nac h oben ist nach 197 0 noch immer nich t annähernd s o gro ß gewese n wi e si e fü r di e Jahre 192 5 bi s 1929 , als o di e Jahre vo r de r Große n Krise , errechne t werde n kann . © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

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Abb. 4: Kumulierte Reallohnposition der Arbeitnehmer (Basis 1960 = 0) . Deutsches Reich und Bundesrepublik Deutschland in den jeweiligen Grenzen, 1925-1977 Was bedeutet ein so großer Abstand de r Reallohnposition vo n der Null ­ Linie? Vereinfacht ausgedrückt : Die Arbeitskraft wa r in der Weimarer Zei t im Durchschnit t s o teuer , da ß die s au f Koste n de r Einkomme n au s Unternehmertätigkeit un d Vermöge n gehe n mußte . Angesicht s de r inter ­ nationalen Preisentwicklun g un d in einem Syste m feste r Wechselkurse , i n dem di e Zentralban k zu r Verteidigun g ihre r Währungsreserve n ein e restriktive Politi k treibe n mußte , konnte n di e höhere n Löhn e nich t voll ­ ständig au f di e Preis e überwälz t werden 73. I m Verei n mi t de r Steigerun g auch andere r Kostenelement e erga b sic h dadurc h ein e Kompressio n jene r Einkommensarten, au s dene n üblicherweis e di e Investitione n wesentlic h finanziert werden 74. Die Wirtschaftswissenschaftle r pflege n heut e darau f hinzuweisen , da ß Löhne, di e di e durc h di e Produktivitätsentwicklun g gezogene n Grenze n erheblich übersteigen , di e Gefah r de r Arbeitslosigkei t heraufbeschwören . Das trägt un s vielfach Kriti k ein , wa s freilich di e Wirtschaftswissenschaft , eine Wissenschaft, di e oft das Nichtmachbare beim Namen nennt, sei t ihrer Begründung ertrage n muß . Di e Weimarer Zei t kan n un s aber lehren, da ß es sich so verhielt, wi e die Theoretiker sagen, denn die Arbeitslosigkeit wa r schon ab 192 5 und nicht ers t nach 192 9 so hoch wie nie zuvor in Deutsch­ land. Da s veranschaulich t Abbildun g 5 75 . Au f de r Senkrechte n sin d di e

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Abb.5: Arbeitslosenquoten , Deutsche s Reic h un d Bundesrepubli k Deutschland i n de n jeweiligen Grenzen , 1887-197 5

Arbeitslosenquoten sei t 188 7 eingetragen . U m wiederu m langfristi g ver ­ gleichen z u können , reich t di e Darstellun g bi s i n di e jüngste Vergangen ­ heit. Auc h hinsichtlich de r Arbeitslosigkeit fäll t aber die Weimarer Zeit aus dem historisch Normale n heraus . Un d es ist nicht nur die Weltwirtschafts ­ krise mi t ihre n bi s au f di e amtlic h erhobene n 3 0 Prozen t anwachsende n Arbeitslosenquoten. Scho n sei t de m End e de r Inflatio n ha t e s anhalten d Arbeitslosenquoten gegebe n wi e nie zuvor. Selbs t im konjunkturell relati v besten Jah r (1927 ) gin g di e Arbeitslosenquot e nich t unte r eine n Sat z zurück, de r vor dem Krie g nich t einmal di e schlechtesten Jahre charakteri ­ siert hat . Fassen wir de n Eindruck diese r Abbildunge n zusammen , s o müssen wi r feststellen: 1 . Di e Bilde r zeige n di e Wirtschaf t vo n 192 5 bi s 192 9 al s unnormale, ja »kranke « Wirtschaft 76. 2 . E s ist schwer vorstellbar , da ß ei n derartiger Proze ß sic h so hätte länger fortsetze n lassen . 3 . Niemal s konnt e es nach 1929 , al s di e Kris e dan n offe n ausgebroche n war , darau f ankom ­ men, de n vorhergehende n Zustan d wiederherzustellen . 4 . Somi t wär e e s jetzt di e Aufgab e gewesen , zusamme n mi t de r konjunkturelle n Bereini ­ gung auc h ein e grundsätzlich e z u verbinden . Ei n wahrhaf t gigantische s Programm!

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VI Warum ha t ma n e s abe r dahi n komme n lasse n un d waru m wurd e di e Krankheit nich t scho n vo r 192 9 entschieden angepackt , ga r kurier t - un d somit die spätere Krise entlastet77? Hierfür gibt es keine rein wirtschaftlich e Erklärung. Neuerlic h mu ß di e Politi k in s Spie l kommen . Seit de m I. Weltkrieg wa r de r neue, de r innerlich un d äußerlic h s o sehr labile Staa t vo n Weima r darau f angewiesen , sic h di e Zustimmun g vo n Eliten un d Wählermasse n z u verschaffen , u m sic h z u stabilisieren . E r ta t das mit den Mitteln der Wirtschafts- und Sozialpolitik, inde m er weit meh r als j e zuvo r ei n deutsche r Staa t Subventions - un d Umverteilungsstaa t wurde. Unzweifelhaf t sin d großartig e Ding e geschehe n - abe r unstreiti g haben si e die Wirtschaft de s Landes erheblich belastet , lebt e de r Staat , au s welchen politische n Zwänge n herau s auc h immer, übe r seine wirtschaftli ­ chen Verhältnisse . Auch di e Lohnbildun g wa r vo n Anfan g a n i n hohe m Maß e politisc h bestimmt. Da s began n scho n a m End e de s I. Weltkrieges, al s di e Unter ­ nehmer mi t de n Gewerkschaftsführer n di e sogenannt e »Zentralarbeitsge ­ meinschaft« gründeten . Dies e wa r ein e de r wichtigsten , wen n nich t di e wichtigsten Stütz e de r Parlamentarisierun g diese r Republi k i m Abwehr ­ kampf gege n weitergehend e revolutionär e Forderungen 78. Seinerzei t gin ­ gen di e Unternehme r fas t au f der ganze n Lini e au f alte gewerkschaftlich e Forderungen ein . Unte r anderem boten sie förmlich den 8-Stundentag un d die Lohnbildung durc h die sich wechselseitig anerkennende n Tarifparteie n an79. Un d es stiegen die Löhne sprunghaft. Ma n hat etwas überspitzt, abe r nicht grundsätzlic h falsc h gesagt , damal s sei eine revolutionäre Bewegun g in ein e Lohnbewegun g überfuhr t worden . Tatsächlic h steh t a m Anfan g Weimars ein e Ar t »konzertierte r Aktion « zu r Bewältigun g eine s vo n nahezu alle n Angehörige n de r verschiedene n Funktionselite n gleicherma ­ ßen als dringlich gesehene n Problems : zur Verhinderung de r Anarchie, für die Gründung de r parlamentarischen Demokratie . Im Zug e de r dan n imme r schnelle r laufende n Inflatio n blie b zunächs t offen, wa s vo n diese n Errungenschafte n wirklic h ech t un d au f di e Daue r sein könnte . Abe r spätesten s End e 1923 , al s di e Währungsstabilisierun g kam un d plötzlic h de r Scheinsege n eine r dauern d finanzierbaren Nach ­ frage, z u welche n Koste n auc h immer, aufhörte , trate n harte wirtschaftli ­ che Tatsache n i n Erscheinung . Insbesonder e di e Kosten-Erlösrelatione n waren nu n höchst ungünstig. Jetzt versuchten die Unternehmer, di e mate­ riellen Ergebniss e de r Lohn- , Sozial - un d Finanzpoliti k de r vorhergehen ­ den Phas e z u korrigieren , zu m Beispie l be i Konstan z de r nominale n Wochenlöhne di e Arbeitszei t wiede r z u erhöhe n ode r be i Konstan z de r durchschnittlichen Arbeitszei t wenigsten s di e Lohnbewegun g z u dämp ­ fen80. Abe r die s brachte eben mehr als eine allein wirtschaftliche Frag e auf die Tagesordnung. Da s Bestreben de r Unternehmer, nu n vieles ungesche-

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hen z u machen , wa s ma n zuvor , i m Angesich t de s Umsturzes , selbs t angeboten hatte , mußt e fü r di e Arbeitnehmer , vo r alle m abe r fü r di e Führer de r Gewerkschaften , wi e Verra t a n de n politische n Grundlage n Weimars aussehen . So verlo r sic h de r einma l staatstragend e Konsen s vo n Unternehmer n und Gewerkschaften gan z schnell und wurden die Konflikte imme r härter. Faktisch lie f e s dan n so , da ß di e Tarifparteie n sic h imme r seltene r selbs t einigten un d da ß auc h di e seinerzei t gesetzlic h vorgesehen e staatlich e Zwangsschlichtung di e Tariflöhne i n immer weitere Höhen trieb, den n die staatlichen Instanze n ware n sic h de r politische n Dimensione n de r Frag e wohl bewußt . Si e ersetzten notfall s de n Kompromi ß de r Weimare r Früh ­ zeit durc h das , wa s di e Unternehme r meh r un d meh r ei n »Lohndiktat « nannten81. Da ß di e Unternehme r objektiv-wirtschaftlic h i n gewisse m Maße rech t hatten , habe n unser e Abbildunge n gezeigt 82. Abe r s o wie di e Dinge lagen, gin g e s hier nicht um Einsichten und persönliche Fähigkeite n zur Lösun g wirtschaftswissenschaftliche r Seminaraufgabe n sonder n u m fundamentale politisch e Fragen . E s ging u m die materielle Verfassung vo n Weimar. Wer hätt e dies e Problem e de r unnormalen , de r »kranken « Wirtschaf t rechtzeitig löse n können ? De r s o schwach e Staat , de r scho n be i vie l kleineren Probleme n keine n Konsens der Mehrheiten finde n konnt e und ja selbst unentweg t dara n mitwirkte , da ß s o ebe n noc h de r inner e Fried e gewahrt wurde , abe r mi t seine n Aushilfe n di e Belastungen de r Wirtschaf t langfristig ständi g vermehrte 83? Die Tarifparteien, di e sich mehr und mehr verfeindet hatten ? - Etw a i n eine r neuerliche n »konzertierte n Aktion?« 84 Wo sollte jetzt da s große gemeinsame Zie l gefunde n werden , d a seinerzeit noch nieman d vo n Wachstumspoliti k sprac h un d solche s ja selbs t heut e kaum di e große n Kompromiss e erzwingt ? Versagen wi r un s die unstatthafte Anklage , ma n hätte sich im Angesich t Hitlers einige n müssen . Da s wa r nich t ei n allseit s erkennbare s un d auc h kein einigendes Ziel, de m alles übrige hätte untergeordnet werde n können, wie a m Anfan g de r Republi k da s Zie l de r Verhinderun g de r Revolution . Nein, hie r ware n Zwangslage n herangewachsen , di e s o ungeheuerlic h gewesen sind , da ß wi r auc h heut e fü r si e kein e wirkliche n Lösunge n angeben können . Den n selbst wenn man sich heute darauf einigen könnte, daß e s seinerzei t i n Hinblic k au f di e wirtschaftlich e Situatio n richti g gewesen wäre , di e Dringlichkei t de r Verteilungskämpf e herabzustufe n zugunsten eine r stärke r a n Kriterie n de r Leistungsfähigkei t orientierte n Wirtschafts- un d Sozialpolitik , häl t ma n noc h nich t de n Schlüsse l zu m Geheimnis i n de r Hand . Hätt e ei n Verzich t i m Verteilungskampf , zu m Beispiel ei n Stillhalte n de r Löhn e nac h 192 5 ode r ga r ein e Reduktio n zugunsten de r unternehmerische n Gewinne , nich t di e Gewerkschafte n gesprengt und damit erst recht radikalen Kräften Raum gegeben 85? Nur auf sehr hohe r Abstraktionsebene , i n eine m vo n de r politische n Wirklichkei t 181 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

weit entfernte n Sandkastenspie l könnt e ma n gewiss e Lösunge n skizzieren , um abe r alsbald zu dem Schlu ß zu kommen: es wäre nicht gegangen. Die s war fü r keine n machbar . Wenn wi r un s dies e wahrhaf t schicksalhafte n Verstrickunge n genaue r vor Augen fuhren, verstehe n wir vielleicht auch besser, daß seinerzeit recht viele de r Verantwortliche n de n Ausbruc h de r Große n Kris e nich t al s ein e Katastrophe diagnostizier t haben , sonder n soga r al s Chanc e zu r Bereini ­ gung de r Situatio n begriffen 86. Den n jetzt schie n de m Staa t di e Legitima ­ tion de s Faktische n zuzuwachsen , da s »Stimmrech t de r Sachen« 87, sein e Wirtschafts-, Finanz - und Sozialpoliti k z u revidieren. Un d auc h die Tarif­ parteien hätte n jetzt vielleicht , s o hofft e man , di e Legitimatio n erhalte n können, zu r Vermeidung noc h höherer Arbeitslosigkeit di e Lohnpolitik zu revidieren. Viel e hatten solche Hoffnungen. Si e meinten, e s werde sich aus der durchlebte n Kris e ein e neu e Konstellatio n vo n wirtschaftliche n Date n ergeben, di e dan n ehe r geeigne t wäre , nich t nu r ein e Rückkeh r z u 8, 4 Prozent Arbeitslosigkeit , wi e i m Jahresdurchschnitt 1928 , sonder n auc h nachhaltiges Wachstum zu garantieren. Ein e solche Bereinigung fan d den n auch i n der Kris e tatsächlich statt . - Nu r hie ß de r Erbe der so harten, vo n historischen Zufälle n noc h immer härte r gestaltete n un d von Brüning un d den ih n umgebende n Kräfte n wahrhaf t heroisc h durchgestandene n Berei ­ nigung i n Deutschland : Hitler 88.

VII Ich habe nac h un d nach , gleichsa m kumulativ , Zwangslage n vorführe n wollen, di e es verständlicher machen , da ß seinerzeit von den Verantwortli­ chen in Deutschland kein e Politik getrieben worden ist, die man später von ihnen verlang t hat . Ic h hab e darübe r hinau s z u zeige n versucht , da ß di e seinerzeit diskutierte n Konzept e de r Konjunkturpoliti k seh r wahrschein ­ lich ohnehi n nich t hätten helfe n können . Da ß im späteren Aufschwun g a b 1932 expansive Konjunkturpolitik tatsächlic h half, geht nicht zuletzt darauf zurück, da ß i n de r Kris e ein e Bereinigun g (insbesonder e durc h massiv e Kostensenkung) eingetrete n ist , fü r di e e s zuvo r kein e Lösun g gegebe n hatte. Den n da s eigentlich e Proble m de r Kris e is t i n Deutschlan d ihr e Vorgeschichte, au s der die gravierenden ökonomischen Zwangslagen folg ­ ten. Di e Vorgeschicht e zeig t ei n au f Daue r nich t funktionsfähige s wirt ­ schaftliches Syste m i n eine m scho n kau m noc h funktionsfähige n politi ­ schen System , di e schlimmst e alle r denkbare n Konstellationen . Wi r kön ­ nen dies e Tragödie nu r studiere n un d sollte n un s allzu anmaßende r Kriti k enthalten.

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10. Wirtschaftlich e Ursache n de s Scheiterns der Weimarer Republi k I. Einleitende Bemerkungen 1. Ausgehend von Hagen Schulzes Überblick über die Forschungslage zum Thema »Da s Scheitern der Weimarer Republik « befrage n au f dem Sympo­ sium der Fritz Thyssen Stiftun g el f Referenten di e Ursächlichkeit verschie ­ dener Sachverhalt e fü r diese s Scheitern 1. Di e Struktu r de r gemeinsame n Aufgabe is t durc h folgend e Forme l gegeben : SR = f (X) Das »Scheiter n de r Republik « (SR ) soll au f Ursache n zurückgeführ t werden, di e mit dem Symbol X bezeichnet seien. Dieses Symbol repräsen­ tiert zunächs t eine n noc h unbekannte n Komple x vo n Gründen . Sein e Elemente sind herauszuarbeiten. O b und wie diese Elemente ursächlich für SR gewese n sind , mu ß sic h aus theoretischen Verknüpfunge n (f ) ergeben , die somit gleichermaße n z u bedenke n sind . Welche Roll e kan n i n diese m Zusammenhan g ei n Wirtschaftshistorike r spielen? E r is t kei n besondere r Sachkenne r fü r da s Phänomen , da s hie r »Scheitern de r Republik « genann t wir d un d da s ja al s solche s noc h de r genauen Bestimmun g bedarf . De r Wirtschaftshistoriker is t darüber hinau s auch nich t fü r de n ganze n Komple x vo n Gründe n zuständig , di e i n X erfaßt sind . Un d e r is t nich t speziel l autorisiert , übe r f Aussage n z u machen, de n Funktionszusammenhang alle r Elemente von X in Beziehung auf SR , ohn e de n auc h da s einzeln e Elemen t i n seine r Kausalitä t nich t abgeschätzt werde n kann. Zu r Lösung des Zurechnungsproblems, wi e wir die Bestimmun g de r Erklärungsanteil e de r einzelne n Element e nenne n wollen, bedar f e s offensichtlic h de s Universalisten , de r di e Gesamterklä ­ rung z u leiste n hätte . De r Spezialis t kan n nu r Tatsache n anführe n un d erläutern, vo n dene n e r glaubt , da ß si e i n bestimmte n Erklärungszusam ­ menhängen relevan t sei n könnten . O b di e erwähnte n Tatsache n wirklic h funktional i n de m hie r beschriebene n Sinn e sind , ergib t sic h ers t au s de r noch nich t vorliegende n genaue n Beschreibun g de s Scheitern s un d de n Theorien, mi t dere n Hilf e da s Scheiter n schließlic h erklär t werde n soll . 2. Doc h mu ß jeder Beiträge r z u de m gemeinsame n Unternehme n ein e Entscheidung vora b treffen , ohn e di e e r vernünftigerweis e nich t übe r

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spezielle Ursache n de s Scheitern s de r Weimare r Republi k spreche n kann . Er muß festlegen, wa s mit dem Begriff »Scheitern« bezeichne t werden soll. Mit Hage n Schulz e identifizier e ic h da s Scheiter n de r Weimare r Republi k nicht mi t de m Aufstie g Hitler s zu r Macht . Ohn e e s hie r ausführliche r begründen z u können , behaupt e ich, da ß e s auch ander e Arte n de r Nach ­ folge eine r bereit s vo r de m 30 . Januar 193 3 gescheiterte n parlamentari ­ schen Demokratie gegebe n habe n könnte . Wen n abe r nicht der 30. Januar 1933 da s Datu m de s Scheitern s ist , mu ß ma n eine n anderen , frühere n Zeitpunkt angeben . Ic h bekund e mei n Verständni s fü r di e Entscheidun g von Andreas Hillgruber und anderer, da s Scheitern der Weimarer Republi k auf den Winte r 1929/3 0 zu datieren 2. 3. Ein e solch e Entscheidung , di e nicht vo m Wirtschaftshistorike r allei n getroffen werde n kann , ha t erheblich e Konsequenzen fü r di e Auswahl de r wirtschaftlichen Gründe , di e z u erörter n wären . Wen n da s Scheiter n de r Republik bereit s auf den Winter 1929/3 0 gelegt wird , brauch t man sich auf die Rolle der Weltwirtschaftskrise fü r die Erklärung de s Zusammenbruch s des Weimare r Experiment s nich t meh r einzulassen . Di e Weltwirtschafts ­ krise könnt e dan n lediglic h be i de r Auswahl de r verschiedene n mögliche n Nachfolgekonstellationen fü r da s bereits Gescheitert e mitgewirk t haben 3. 4. Hage n Schulz e hat dre i Behauptunge n zusammengestellt , di e sich auf den Beitra g de s wirtschaftliche n Sektor s zu r Erklärun g de s Scheitern s de r Republik beziehen . Si e betreffen 1 . ein Wirtschaftsordnungsargument (di e Behauptung, da ß da s Ausbleibe n de r Umverteilun g de r wirtschaftliche n Macht - insbesonder e durc h Sozialisierun g vo n Banken , Großindustri e und Großlandwirtschaf t - relevan t gewese n sei) , 2. di e Rolle der Inflatio n und de r große n Kris e (vo r alle m i n Hinblic k au f die wirtschaftlich e Lag e relevanter Bevölkerungsgruppe n un d die Legitimität der Herrschaft de r die Republik tragende n Gruppen) , 3 . de n Einflu ß wirtschaftliche r Interessen ­ tengruppen au f politische Entscheidungen, di e die Republik zerstör t habe n können. I n alle n dre i Fälle n finde t Schulz e gut e Gründe , di e Bedeutun g dieser Erklärungsbeiträge jeweils unte r Hinweis au f Ungenauigkeiten un d Unklarheiten ode r gar mangelnd e Eviden z zumindest einzuschränken . Ic h kann mic h seine r Kriti k i m wesentliche n anschließe n - wa s Unterschied e im Detai l de r Argumentatio n nich t ausschließt . Allerdings mu ß auc h au f eine Gefahr derartige r kritische r Argumentati ­ onen hingewiese n werden . Wen n ma n ei n komplexe s historische s Phäno ­ men erklären wil l un d zu diesem Zweck eine Vielzahl von Einflußfaktore n jeweils isolierte n Test s unterzieht , wir d mi t große r Wahrscheinlichkei t kein einzige r Fakto r al s besonders wichti g identifiziert . Di e Wirtschaftshi ­ storiker wisse n da s aus der anhaltenden Diskussio n übe r di e Ursache n de r Industrialisierung. Imme r wen n ein e vergleichsweis e bedeutend e Fakto ­ rengruppe beschrieben worde n ist , ergabe n sic h alsbal d auc h wiede r

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Anhaltspunkte dafür , de n Einfluß diese r Faktoren zu relativieren. Un d am Ende wunder t ma n sich , da ß da s Ereigni s überhaup t stattgefunde n hat . Deshalb schein t di e kritische Diskussio n de r Gründ e de s Scheiterns de r Weimarer Republi k vo r allem zu fordern, da ß wir uns die Frage stellen, ob nicht die Kombination vieler, je für sich nicht ausschlaggebender, Faktore n das eigentliche Problem gewesen sei n könnte. E s wäre dann die Kompakt ­ heit de r Sach e al s solch e ei n Argument 4. - Fü r viel e de r isolierbare n Einzelfaktoren de r deutsche n Geschicht e finde n wi r ja häufi g i n andere n Ländern, dere n demokratisch e Ordnun g nich t zusammengebroche n ist , Entsprechungen. Si e könne n deshal b niemal s allei n fü r da s Scheiter n de r Weimarer Republi k verantwortlic h gemach t werde n - abe r si e könnte n eine Las t de r Erklärun g mittragen . 5. Und so muß auch etwas mehr an den wirtschaftlichen Frage n gewesen sein, al s da ß si e lediglic h al s Verstärkunge n de r sonstige n »primäre n Belastungsfaktoren« eingeordne t werden könnten, wi e dies Hagen Schulz e beurteilt. Ma g auc h da s politisch e Denke n i n Weimar , ma g da s Verhalte n der Parteie n al s je wichtigere r destabilisierende r Fakto r begriffe n werden , so bleibt doch zu fragen, o b nicht unter wesentlich günstigere n wirtschaft ­ lichen Bedingunge n sic h zu m Beispie l di e dysfunktionale n Ideologie n al s wandelbar hätte n erweise n können , auc h di e Parteien ehe r zu den system ­ erhaltenden Kompromisse n gefunde n hätten , ja möglicherweis e ga r kein e Kompromisse solche r Dynami k hätte n gefunde n werde n müssen , wi e si e den Parteien immer wieder abverlang t worden sind. Vielleicht ware n diese Parteien ga r nich t s o besonder s »verantwortungsscheu « i n bezu g au f di e normalen Geschäfte i n einer normalen Umwelt, abe r durch ungeheuerlich e Verantwortungen, di e herauszuarbeiten wären , auc h schon vor 193 0 über­ fordert? Ernst Friesenhah n deute t i n seine m Beitra g an , da ß der Bundesrepubli k die »Bewährungsprobe « noc h ausstehe, »wi e nämlic h di e Regierun g un d das Parlamen t mi t verfassungsmäßige n Mittel n de r Lag e Her r werde n würden, wen n einma l di e wirtschaftliche Prosperitä t stagniere n sollt e un d die Bundesrepubli k wi e di e Weimare r Republi k mi t eine m Arbeitslosen ­ heer von 6 Millionen konfrontier t würde« 5 . Dami t wir d di e zentrale Rolle der wirtschaftliche n Lag e fü r da s Funktioniere n de r Verfassungsorgan e thematisiert; un d es wird angedeutet, da ß das »Wirtschaftswunder« mögli ­ cherweise z u de n wichtigste n konstitutive n Faktore n fü r di e Bundesrepu ­ blik Deutschlan d gerechne t werde n müßte . Entsprechen d wär e dan n fü r Weimar z u fragen, o b nicht schon vor der großen Wirtschaftskrise (di e für Friesenhahn die Bewährungsprobe darstellte , i m Sinn e der früher getroffe ­ nen Entscheidun g abe r nu r ein e bereit s gescheitert e Republi k z u Hitle r gebracht hätte ) wirtschaftlich e Belastungsfaktore n außerordentliche r Wir ­ kungsmacht identifizier t werde n können , di e das System gefährdeten , ga r zum Scheiter n brachten .

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Das ist der Problemkreis, mi t dem sich das Folgende befassen soll . E r ist bei weite m nich t de r einzige , de n ma n z u analysiere n hätte , u m de m Thema i n alle r Breit e gerech t z u werden , abe r vermutlic h ei n besonder s wichtiger. Di e Wichtigkei t ergib t sic h auc h au s de r historiographische n Tradition. Währen d nämlic h di e Roll e de r Weltwirtschaftskris e un d auc h der Inflatio n fü r di e Destabilisierung de s politischen System s vo n Weima r vielfach erörter t worde n ist , ja dies e Tatsachenkomplex e zu m Repertoir e einer Erklärun g de s Scheitern s Weimar s gehören , sin d di e »mittlere n Jahre« weithi n ausgespart worden, vo n denen man glaubte, si e seien relativ normal verlaufen, ja es habe sich auch wirtschaftlich u m »Goldene Zwanzi­ ger« gehandelt . Tatsächlic h ergib t sic h abe r da s Scheiter n de r Republi k 1929/30 auc h un d gerad e au s de r Akkumulatio n vo n wirtschaftliche n Problemen, fü r die das politische System über keine Lösungsmöglichkeite n mehr zu verfüge n schien .

//. Ei n allgemeiner Rahmen der ökonomischen Erklärung 1. Fü r die Fragestellung »Wi e und warum können politische Gemeinwe­ sen an der Wirtschaft verfalle n - wan n und unter welchen Voraussetzunge n fuhren wirtschaftlich e Entwicklunge n z u irreversiblen politischen Destabi ­ lisierungen?« gib t e s bislan g kein e gu t ausgearbeitete n theoretische n Modelle6. Deshal b ist der Versuch, fü r den speziellen historische n Fal l der Weimarer Republi k ei n Erklärungsmuste r z u entwickel n un d e s nachfol ­ gend z u konkretisieren , mi t erhebliche n Risike n verbunden . Si e werde n hier u m de r Anregun g de r Diskussio n wille n i n Kau f genommen . 2. Ic h geh e au s vo n de r folgende n These : Rasche s wirtschaftliche s Wachstum kan n politisch e Konflikte , insbesonder e Verteilungskonflikte , entschärfen ode r gar ganz unterdrücken. I n rasch wachsenden Wirtschafte n kann e s nämlich i m Zeitablau f alle n politisc h relevante n Gruppe n absolu t besser gehen , auc h jenen, di e langfristi g hinsichtlic h de r Verteilun g de r Wohlfahrt i n ein e relati v schlechter e Positio n geraten 7. I n eine r langsa m wachsenden ode r i n eine r stagnierenden , ga r i n eine r schrumpfende n Wirtschaft implizier t aber die Verbesserung für die einen notwendig imme r auch eine absolute Verschlechterung fü r andere. Un d dies ruft im allgemei­ nen wei t meh r Widerstan d hervor , de r gebroche n werde n mu ß un d insoweit Enttäuschun g verursacht . 3. Wen n i n solche n Phase n verlangsamte n gesamtwirtschaftliche n Wachstums die ökonomisch absolut oder relativ Benachteiligten auch noch einen politische n Positionsverlus t erleide n ode r z u erleiden befürchten , is t eine Verschärfun g de r politische n Machtverteilungskonflikt e wahrschein -

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lich. Di e politische n Konflikt e werde n da s Vehikel , mi t desse n Hilf e di e Verlierer auc h di e ökonomischen Verlust e z u kompensieren trachten . 4. Di e obe n unte r 2 . angesprochene n Verteilungskonflikt e könnte n fü r den Staa t un d dami t fü r di e politisch e Stabilitä t noc h imme r vergleichs ­ weise weni g bedeuten , wen n si e sic h i n eine m »gesellschaftliche n Subsy ­ stem Privatwirtschaft « abspielten , da s nu r schwach e Verbindunge n zu m staatlichen Bereich hat. Da s wäre vor allem der Fall, wen n die Verteilungs­ konflikte sic h ausschließlic h a n Güter- und Faktorenmärkte n entwickelte n und dor t auch ihre Lösungen fänden . Di e weitgehend anonym e Marktme ­ chanik läß t zwa r auc h wirtschaftlich e Konflikt e entstehen , abe r si e ent ­ scheidet zugleic h übe r de n Ausgan g solche r Konflikte , ohn e da ß Verant ­ wortlichkeiten direk t adressierba r wären . Ma n wir d Opfe r ode r Nutznie ­ ßer »de s Marktes«. Dami t ist in der Regel auc h eine Dezentralisierung vo n Konflikten verbunden . Demgegenüber vollziehe n sich die über den Staat vermittelten ökonomi ­ schen Konflikte tendenziel l in aller Offenheit, ja sie werden dort, demokra ­ tische Verfassun g vorausgesetzt , systemnotwendi g dramatisiert 8. Ma n kann Gegne r un d Freund e i m Verteilungskamp f direk t ausmache n un d ihnen Erfol g ode r Mißerfol g zuschreiben . Wen n dies e Zuschreibun g au f rivalisierende Gruppe n nich t gelingt , bleib t imme r noc h di e Möglichkeit , Verluste (ode r Nicht-Gewinne ) de r Unfähigkei t ode r Bösartigkei t de r Konfliktlösungsmaschinerie zuzuschreibe n un d Loyalitä t aufzukündigen , neue politisch e Spielregel n einzuführen . 5. Besonder s gefährlic h is t i n diese m Zusammenhan g auc h di e Bünde ­ lung viele r Konflikt e (un d dami t Versagungsnotwendigkeiten ) au f di e gleichen Einrichtunge n - i m Gegensat z zu r Dezentralisierun g i n de r Marktwirtschaft. Be i allz u massive r Bündelun g entstehe n nich t meh r auflösbare Problemkneuel . Darau s resultier t dan n unte r Umstände n di e Situation, da ß selbs t allseit s al s dringlic h empfunden e Problem e kein e politische Lösun g meh r finden , wei l di e rivalisierende n Gruppe n nich t bereit sind, dies e Probleme isoliert zu behandeln und eine Gesamtänderung des Arrangements nich t zustand e kommt . 6. Freilic h darf nicht übersehen werden , da ß der Staat durch die ihm zur Verfügung stehende n Instrumente der Umverteilung auc h gesellschaftlich e Konflikte z u entschärfe n vermag . Abe r die s häng t weitgehen d davo n ab, ob es gelingt, di e Laste n diese r Politi k wenige r fühlba r z u mache n al s die Gunsterweise. Un d hie r besteh t de r unaufhebbar e Widerspruch , da ß ge ­ rade in Situationen besondere r Dringlichkeit de r Umverteilung di e Vertei­ lungsspielräume gering , d.h . di e Belastungswirkunge n normalerweis e stark fühlba r sind . Daraus gib t e s allerdings zwe i Auswege , di e zwa r da s kurzfristig e Zie l

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der Konfliktminderun g erreiche n lassen , abe r nu r u m de n Prei s um ­ so wahrscheinlicherer langfristige r Gefährdun g de r politische n Stabilität : 1. die Inflation un d 2. die Beschneidung de r wirtschaftlichen Wachstums ­ kräfte. Die Inflation is t eine spezifische For m der Lösung von Verteilungskon­ flikten i n politisch schwachen Staaten, die es nicht wagen können, die reale Umverteilung durc h ein e gleichzeitig e nominal e Umverteilun g offenba r werden z u lassen . Au f de m Weg e übe r di e Geldschöpfun g finanziert e Staatsausgaben scheinen zunächst zur Befriedigung zahlreicher Bedürfnisse beizutragen. Nominel l werde n weit mehr Ansprüche befriedigt, al s reales Produkt verfügbar ist . Solang e Geldillusion herrscht, fühle n sic h auch die real tatsächlic h Belastete n weitgehen d begünstigt . Demgegenübe r würd e eine Finanzierung der Staatsausgaben ausschließlich über die Steuern (oder die Versagung der monetären Alimentierung einer aggressiven Lohn- und/ oder Preispolitik) sogleich die realen Lasten hervortreten lassen und Wider­ stand hervorrufen , de r politisc h nich t tragba r sei n mag . Abe r e s is t offensichtlich, da ß die Inflation kein beliebig lange einsetzbares Instrument zur Pazifizierung vo n Verteilungskonflikten ist . Be i schwindender Geldil­ lusion schläg t di e Wirkun g in s Gegentei l um . Di e Inflatio n kan n i n der Systemkrise enden 9. Eine ander e Form , aktuell e Verteilungskonflikt e durc h staatlich e Umverteilungsmaßnahmen z u entschärfen, dabe i aber zugleich die langfri­ stigen Problemlösungsmöglichkeite n z u beschneiden , is t auc h di e Ten ­ denz, den privaten und öffentlichen Konsu m auf Kosten der privaten und öffentlichen Investitione n (di e nicht unmittelbar in die Kalküle der indivi­ duellen Nutzen eingehen) zu stützen. Langfristig wirk t das dysfunktional. Doch kann eine solche Politik geboten sein, falls die zukünftige wirtschaft ­ liche Entwicklung insgesam t wesentlich günstiger beurteilt wird und nicht von der Höhe der aktuellen Investitionsquoten abhängt. Umso größer sind dann abe r di e Risike n fü r de n Fal l de s Nichteintretens diese r Vorausset ­ zungen.

III. Spezielle These n zu r Problemlag e vo r dem Scheitern de r Weimare r Republi k

Aus dem oben skizzierten Muster einer Erklärung der Bedeutung wirt ­ schaftlicher Element e fü r politisch e Systemkrise n leit e ic h nu n mein e speziellen These n fü r da s ökonomische Schicksa l de r Weimarer Republik ab. 1. A m Ende des Inflationsprozesses 192 3 wurde die dramatische Ände­ rung der absoluten und der relativen Vermögensposition der Bevölkerung (Sach- un d Finanzvermögen ) offenbar . Überwiegen d schiene n Verlust e 188 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

entstanden zu sein, die sich freilich sehr unterschiedlich verteilten10. Sodann zeigte sich 1924, daß auch die Einkommen der Vorkriegszeit im allgemei­ nen bei weitem noch nicht wieder erreicht worden waren , un d auch hier ergaben sic h bedeutend e Unterschied e zwische n de n Gruppen . Insowei t bestand nun ein Bedarf an absoluter und/ode r relativer Einkommensver ­ besserung un d Vermögensumverteilung , de r sic h selbs t al s legiti m ver ­ stand. Doch waren die Konflikte im Zusammenhang mit dem Versuch, die als norma l empfunden e Vorkriegssituatio n wiederherzustellen , nich t di e einzigen. Vielfac h wurde n auc h Ansprüch e au f weitergehende Zuteilun g aus de m Sozialproduk t zu r Realisierun g scho n lang e vo r de m Krie g empfundener Forderunge n i m Hinblic k au f Versorgungs - un d Vertei ­ lungsziele un d zur Einlösun g vo n Versprechungen de r Revolutionsphas e erhoben, di e nun mit den typischen »Nachkriegsansprüchen « eine r Berei­ nigungs- und Wiederaufbauphase zusammentrafen . Darau s ergab sich das Potential heftige r Verteilungskonflikte , di e fü r di e spätere n zwanzige r Jahre bezeichnend sind. 2. Unglücklicherweis e trafe n dies e auf eine objektiv relati v ungünstig e gesamtwirtschaftliche Situation . Di e Phase zwischen Inflatio n un d Welt­ wirtschaftskrise wa r kein e Phas e anhalten d rasche n wirtschaftliche n Wachstums, i n de r Verteilungskämpf e durc h faktisch e Zuteilun g a n alle Ansprüche hätten dauerhaft gemilder t werden können. Gewiß gab es auch vorübergehende Aushilfe n un d (kurze ) Phase n de r Beruhigun g - abe r gerade i n ihnen entwickelte sic h die längerfristig unglücklich e Konstella ­ tion einer Verschränkung von je im einzelnen politisch nicht mehr lösbaren Problemen un d die Schwächung derjenige n Faktoren, di e das langfristig e Wachstum hätten bestimmen können. 3. Die Verteilungskonflikte sin d als Ergebnis der spezifischen Strukture n der ökonomische n Konfliktvermittlun g i n Deutschlan d massi v vo r de n Staat getrage n worde n und/ode r e s sin d ih m di e negative n Ergebniss e zumindest auch angelastet worden . Ein e ganz herausragende Rolle spielte in diesem Zusammenhang di e staatliche Schlichtung vo n Tarifkonflikten , die nach und nach die Tarifpartner vo m Kompromißzwan g befreit e un d den staatliche n Schlichtungsorgane n di e Las t de r Lohnpolitik zuwachse n ließ. Die politische Abweisung einer deutschen Sonderverantwortung fü r den 1. Weltkrieg - un d dami t di e Entlastun g de s Kaiserreiche s - hatt e ein e ökonomische Entsprechung darin, daß die Belastungen der Nachkriegszeit weit meh r al s gerechtfertig t de m Weimare r Staa t zugeschriebe n worde n sind un d nich t al s (unvermeidliche ) Erbschaf t de s Kriege s verstande n wurden. Hierz u trug freilich auch bei, daß der Staat nach dem Krieg weit mehr wirtschafts - und sozialpolitische Steuerungsfunktione n wahrzuneh ­ men hatte als vor dem Krieg. Die s ergab sich schon - völli g unabhängi g 189 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

von alle n Wunschvorstellunge n übe r di e Wirtschafts - un d Gesellschafts ­ ordnung - au s der Nachkriegssituation. Darübe r hinaus aber entsprach dies auch einer deutschen Eigenart , di e sich bereits vor dem Krieg herauszubil ­ den begann : De r Staa t wa r scho n vo r de m Krie g i n erheblichem Maß e an der Zuteilung un d de m Entzug vo n wirtschaftliche n Chance n un d Befrie ­ digungsmitteln beteiligt 11. E s gab also eine Tradition de r Politisierung vo n Verteilungskonflikten ode r des Einsatzes von politischen Instrumente n zu r Milderung solche r Konflikte . 4. I n diesem Zusammenhang wa r es von erheblicher Bedeutung, da ß die den Begin n Weimar s hauptsächlic h tragende n Parteien , di e SP D un d da s Zentrum, Weltanschauungsparteie n waren , di e sic h ein e universal e Zuständigkeit zumindes t fü r di e Deutung , sodan n abe r auc h fü r di e Regelung gesellschaftliche r Prozess e zuschrieben. Un d weil sie im Grunde ihres politische n Verständnisse s antikapitalistisc h orientier t waren , konn ­ ten si e de n anonyme n Marktkräfte n (dami t de r Dezentralisierun g vo n ökonomischen Konflikten ) wenige r zutrauen . Si e hatte n kein e Chance , sich durc h rasch e »Liberalisierung « vo n Regelungsbereiche n weitgehen d zu entlasten . Di e handlungsleitend e Maxim e de r »Sozialstaatlichkeit « for ­ derte vielfac h soga r da s Gegenteil , als o di e Einbeziehun g bi s dahi n noc h autonom funktionierende r Märkt e i n di e staatlich e Regelungskompetenz . Dem entsprach dan n allerding s vielfac h nich t di e Fähigkeit, di e erforderli ­ chen Entscheidunge n rea l z u alimentieren . Dort , w o e s gelang , gescha h dies vielfac h au f Koste n andere r Ziel e un d da s heiß t i n Verletzun g de r Interessen anderer, di e auf diese Weise politisch mobilisier t wurden , oder ­ vereinfacht - au f Kosten de r Chancen , auc h in Zukunft ähnlich e Regelun ­ gen treffe n z u können . 5. Ein e gewisse Entlastun g fü r die innere Konflikt-Aufladung ha t sich in der Republi k allerding s dadurc h ergeben , da ß e s - wenigsten s teilweis e gelang, i n der öffentlichen Meinun g die Ursache für diagnostizierte ökono­ mische Probleme , d . h. de r massenhafte n Versagun g vo n Forderungen , nach außen z u verlagern, di e Enttäuschungen gleichsa m umzuadressieren . Das war die Rolle, di e die Reparationslast i m ganzen Verlauf der Weimarer Republik gespiel t hat . Allerding s wa r de r Preis dafür ei n sehr hoher, den n diese Strategi e fesselt e di e deutsch e Innen - un d Außenpolitik . Di e allge ­ mein geteilt e Auffassung , da ß vo r alle m di e Reparatione n a n s o viele n wirtschaftlich-sozialen Übel n schuld seien, lie ß der Politik der Reichsregie­ rung ein e spezielle , prinzipiel l nich t delegierbar e Verantwortun g fü r di e »Gesundung de r Wirtschaft « zuwachsen . Si e mußt e vo r alle m Lösunge n für das Reparationsproblem suchen , vo n denen - wege n der dann Deutsch­ land scheinba r verbleibende n größere n Verteilungsmass e - ma n sic h ein e zentrale Konfliktentschärfun g i m Innere n erwartete . 190 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

6. Wori n bestande n di e Verteilungskonflikte , vo n dene n hie r behaupte t wird, si e hätte n sic h z u schwe r ode r ga r unlösbare n Problemkneuel n akkumuliert? Betrachte t ma n zunächs t di e Verwendungsseit e de s Sozial ­ produkts, s o ging es um die Aufteilung de s Kuchens zwischen privater und staatlicher Verwendung . Sodan n wa r di e Aufteilun g zwische n konsumti ­ ver und investiver Verwendung i m Streit. Danebe n spielte die Notwendig ­ keit, eine n Exportüberschu ß z u erzielen , ein e groß e Rolle . E s wa r ei n Hauptproblem, da ß di e öffentlich e Han d trot z de r i m Vergleic h zu r Vorkriegszeit erheblic h gestiegene n relative n Abgabenlas t (Steuer n un d Sozialversicherungsbeiträge) sic h am Ende der zwanziger Jahre in struktu­ rellen Finanzierungsschwierigkeiten , j a soga r scho n wiederholt i n Kassen ­ schwierigkeiten z u befinde n schien , di e nu r au f de m Weg e übe r Ausga ­ bensenkungen (Mindererfüllun g vo n angesonnene n ode r übernommene n Aufgaben de s Staates ) ode r Einnahmesteigerunge n (Erhöhun g de r Abga ­ benlast) behobe n werde n konnten , fall s nich t ei n raschere s Wirtschafts ­ wachstum be i unveränderte r relative r Steuerlas t vo n de r Einnahmenseit e her Hilf e bringe n konnte . De m schnellere n Wachstu m schie n abe r gerad e die konkrete Finanzpolitik hinderlic h zu sein. Verzweifelt wa r die deutsche Zahlungsbilanzsituation; di e Lösungsmöglichkeite n ware n hefti g umstrit ­ ten. Zu r Erfüllun g alle r Verpflichtunge n wäre , wen n ma n nicht weiterhi n auf de n Zustro m vo n Auslandskapita l rechne n mocht e ode r rechne n konnte, ein e Steigerun g de r deutsche n Export e u m 4 0 ode r 5 0 Prozen t nötig gewesen . Darau f konnte man weder im Hinblick auf die erkennbaren Entwicklungen a m Weltmark t noc h au f di e Entwicklun g de r Koste n i m Inland hoffen. Un d was , wen n nich t nur der Zustrom vo n Auslandskredi t aussetzte, sonder n ein e Umkeh r de r Nettoström e einsetze n sollte 12? Im Zusammenhang mi t den Konflikten u m die Verwendung de s Sozial­ produkts stan d natürlic h de r Grundkonflikt u m di e Verteilung de s Volks­ einkommens. Hie r vo r alle m trafe n di e politisc h akzentuierte n Forderun ­ gen aufeinander , di e sich einerseits auf Normen de r sozialen Gerechtigkei t und der raschen Hebung vo n Lebenslagen stützten und andererseits auf die Notwendigkeit verweise n konnten, zunächs t das Potential der produktiven Kräfte, insbesonder e di e Kapitalbildun g z u alimentieren . Freilic h verhiel t es sic h nich t so , da ß di e gewerkschaftlich e Lohnpoliti k al s allei n a m Verteilungsziel orientier t gedeute t werde n kann . Di e »Kaufkrafttheorie « der Gewerkschafte n gal t de n Träger n de r gewerkschaftliche n Politi k durchaus als eine gesamtwirtschaftliche Orientierung . Doc h für die Gegen­ seite schie n di e Begründung , ma n müss e au f de m Weg e übe r Lohnerhö ­ hungen fü r di e Entwicklun g de r Massenkaufkraf t sorgen , u m de n Absatz (und dami t auc h di e Gewinne ) z u erhöhen , angesicht s de r Kosten-Erlös ­ Situation de r Betriebe und der besonderen Abhängigkeit vo m Ausland nur ein Alibi . E s bestand a m End e de r zwanzige r Jahre keinerle i Konsen s i m Grundsätzlichen über die volkswirtschaftlich verträglich e Lohnpolitik - be i schließlich hohe r Verantwortlichkei t staatliche r Instanze n für di e Lohnbil ­ dung.

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7. E s ware n nich t zuletz t di e sic h i m Verlau f de r zwanzige r Jahr e herausbildenden bzw. anstauende n Probleme der Wirtschafts- und Sozial­ politik, di e schon vor 1929 so viele Verantwortliche nach Alternativen der politischen Ordnung in Richtung auf mehr autoritäre Leitung suchen ließ. Und es war dieser »Problemkneuel«, de r zu Beginn der Großen Krise gar die Meinung förderte, die Wirtschaftskrise könne jene Bereinigung leisten, die das politische Syste m aus sich heraus nicht mehr zustande bringe. So wurde die Krise zunächst als eine hilfreiche Entwicklung gedeutet , di e das »Stimmrecht de r Sachen « zu r Geltun g bringe n würd e - bi s sic h heraus­ stellte, daß der Prozeß wegen der so ganz neuen Qualität der Krise politisch noch weit gefährlicher wurde . Nachfolgend solle n die konkreten wirtschaftliche n Entwicklungsbedin ­ gungen betrachte t werden , di e die Behauptungen hinsichtlic h de r mögli­ chen ökonomischen Gründe für die Systemkrise belegen sollen. Allerdings werde ich nicht voll einlösen können, wa s Karl Dietrich Bracher für nötig hält: »Auch hier freilich beginnen die Schwierigkeiten in dem Augenblick, wo man den Blick von den allgemeinen weltwirtschaftlichen Zusammen ­ hängen un d vo n de n deterministisc h hingenommene n Kolumne n de r Produktions-, Preis- , Absatz- , Export - un d Importzahle n we g un d de n inneren, wiederu m organisatorisch-politisc h bestimmte n Ursachen - un d Motivketten zuwendet.« 13 Doc h mag immerhi n auc h der Nachwei s von gravierenden wirtschafts - un d sozialpolitische n Probleme n a m End e der zwanziger Jahre im Zusammenhang mi t der in der Einleitung skizzierte n Gesamtaufgabe seine Berechtigung haben. Der Wirtschaftshistoriker sollt e sich jedenfalls zunächst mit den »Kolumnen« befassen. I m Schlußabschnitt werden dan n einig e Überlegunge n z u »Ursachen - un d Motivketten « folgen.

IV. Die Herausbildung de s Problemlösungsbedarf s

1. Ausgehen d von der Behauptung, da ß der Verteilungsspielraum, vo n dem viel für die Intensität der gesellschaftlichen Konflikt e abhängt , durch das Tempo des wirtschaftlichen Wachstums mitbestimmt wird, sollen nun einige Tatsachen vorgestellt werden, die sich auf den Wachstumsprozeß in der Weimarer Republik vor der Weltwirtschaftskrise beziehen . Wenn auch inzwischen i n de r wirtschaftsgeschichtliche n Literatu r meh r un d meh r anerkannt wird, da ß das wirtschaftliche Wachstu m in Deutschland - wi e übrigens i n zahlreiche n andere n europäische n Länder n (nich t abe r de n USA) - bi s 1929 relativ schwac h gewesen ist 14, is t es in unserem Zusam­ menhang vielleich t nich t überflüssig , au f dies e Schwäche n noc h einma l einzugehen. Allerdings ist es weit schwieriger, di e Ursachen für die »relative Stagna192 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

tion« zu benennen. Es gibt eine große Zahl rivalisierender Hypothesen. Ihr Spektrum reich t vo n globale n Modelle n langwellig-zyklische r Entwick ­ lung i n kapitalistische n Länder n (wobe i dan n di e Weimare r Republi k gleichsam zufälli g i n ein e fü r si e besonder s unglücklich e Phas e gerate n wäre) bis hin zu sehr pointiert auf spezielle deutsche Umstände abhebende Erklärungen, di e dann freilich gleic h der Frage ausgesetzt sind , waru m in anderen Ländern tendenziell Ähnliches beobachtet werden kann. Zu Recht hat Wolfra m Fische r darau f hingewiesen, da ß es in Hinblick au f manche Indikatoren de s wirtschaftlichen Fortschritt s Deutschlan d vo r 192 9 sogar noch besser ergangen ist als England15. Aber England ist in vieler Hinsicht dann doc h ökonomisc h un d politisc h wiede r nich t so gefährdet gewese n wie Deutschland . Es sei ausdrücklich betont , da ß ich mir nicht vorstellen kann, da ß man die Meinungsvielfalt übe r die Ursachen der allgemeinen Wachstumsschwä­ che der zwanziger Jahre mit wissenschaftlichen Methode n zugunsten einer Theorie reduzieren könnte16. Aber dies ist wohl kein spezielles Problem der Wirtschaftsgeschichte. Schließlic h ist auch dieses Symposium ein Beispiel dafür, wi e schwierig e s ist, be i einem Überangebot vo n plausiblen Argu­ menten jene auszuwählen, di e die Erklärungslast allei n tragen sollen. 2. Wen n hie r vo n Wachstumsschwäch e gesproche n wird , s o nicht i n dem Sinne, daß es kein wirtschaftliches Wachstum gegeben hätte. Tatsäch­ lich ha t solches stattgefunden. E s ist aber insgesamt geringe r ausgefallen , als ma n e s nac h de n erhebliche n Wachstumsverluste n de r Kriegs - un d Nachkriegszeit hätt e (theoretisch ) erwarte n können . Hätt e e s nac h de m I. Weltkrieg eine n ähnlic h rasche n Proze ß de r Rekonstruktio n de r deut ­ schen Wirtschaf t un d de s Wiederanschlusse s a n de n langfristige n Tren d gegeben wi e nac h de m II. Weltkrieg, dan n hätt e u m 192 9 da s real e Volkseinkommen je Kop f etwa um 25 Prozent über dem von 1913 liegen müssen. Tatsächlic h abe r überstieg diese s Volkseinkommen je Kop f 1929 das Vorkriegsnivea u nu r u m etwa 6 Prozent 17. Dami t wa r klar , da ß die relative Besserstellun g bestimmte r Aggregat e (Gruppen , Institutionen , Regionen. . . ) mi t eine r absolute n Schlechterstellun g andere r verbunde n gewesen sein muß. Wenn es je vor 1929 eine mehrjährige Rekonstruktionsphase mit durch­ schnittlich hohe n Wachstumsrate n de s Produkt s gegebe n hat , dan n vo n 1919 bis 1922. Wir können dies freilich nicht anhand von direkt ermittelten Sozialproduktzahlen feststellen , sonder n nu r mittel s andere r Indikatoren , vor allem der industriellen und der landwirtschaftlichen Produktion 18. Von 1919 (3 7 Prozen t vo n 1913 ) bi s 192 2 (7 0 Prozen t vo n 1913 ) stie g di e industrielle Produktio n i m Inflationsproze ß rasc h a n un d konnt e eine n großen Teil des Verlusts aufholen. Dan n kam ein tiefer Einbruch 1923 (46 Prozent), der 1924 noch nicht wieder voll korrigiert war (69 Prozent). 1924 gab e s als o noc h imme r große n »Wiederaufbaubedarf « un d eine n noc h 193 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

nicht gedeckte n »Anschlußbedarf « a n de n Fortschrit t de r Produktio n i n anderen Ländern , vo r alle m i n de n USA . Und nu n is t e s vo n große r Bedeutun g z u erkennen , da ß diese r Bedar f (und di e dami t gegeben e Wachstumschance ) i n de n folgende n Jahre n keineswegs vol l genütz t werde n konnten . Woh l erga b sic h vo n 192 4 au f 1925 ein kräftiger Zuwach s der Industrieproduktion (vo n 69 Prozent auf 81 Prozent de s Niveau s vo n 1913) , abe r bereit s i m Verlau f de s Jahres 192 6 kippte di e Konjunktur um , un d es kam zu einer drastische n Schrumpfun g der Industrieproduktion, di e innerhalb vo n 9 Monaten saisonbereinig t u m 11 Prozen t absan k (wei t stärke r di e Investitionsgütererzeugung) 19. Vo m Tiefpunkt i m Jahr 192 6 bis zu m Höhepunk t End e 192 7 vollzog sic h dan n das, wa s ma n al s eine Explosion de r Produktionsleistung ansehe n könnte , als vo n 192 6 au f 192 7 di e Industrieproduktio n wiede r u m 2 5 Prozen t anstieg (un d erstmal s wiede r da s Nivea u vo n 191 3 erreichte) . Da s real e Bruttosozialprodukt j e Einwohne r wuch s vo n 192 6 au f 192 7 u m 8, 2 Prozent. Abe r diese Bewegung setzt e sich so nicht fort. Vo n 192 7 auf 1928 betrug di e Wachstumsrate wieder nur 3,8 Prozent. Vo n 192 8 auf 1929 ging das Sozialproduk t bereit s zurüc k ( - 1, 0 Prozent) 20. Der ober e Wendepunk t de r Konjunktu r is t i n Deutschlan d schwe r auszumachen, d a di e einzelne n Konjunkturindikatore n ihr e jeweilige n Maxima i n eine m Zeitrau m zwische n 192 7 un d 192 9 gestreut erreichten . Fest steh t nur , da ß de r Wendepunk t sicherlic h vo r de m Somme r 192 9 gelegen hat und unbedingt lang e vor dem Zusammenbruch de r New Yor ­ ker Börsenspekulatio n i m Oktobe r 1929 , mi t de m di e populärwissen ­ schaftliche Literatu r häufi g di e »Groß e Krise « beginne n läßt . Bereit s vo n Mitte 192 7 an erhöhte sich das Niveau de r Industrieproduktio n i m ganze n nicht meh r - allerding s gil t die s nu r fü r de n Durchschnit t alle r Industrie ­ zweige. Bergbau , Metallverarbeitun g un d chemische Industri e setzten de n Anstieg bi s Ende 192 8 noch fort , währen d di e Bauleistung scho n seit 192 7 zurückgegangen ist . Un d noch ausgeprägter schrumpfte di e Produktion i n den Zweige n de r Verbrauchsgüte r de s sogenannte n elastische n Bedarfs , also in der Textilindustrie, de r Ledererzeugung un d Lederverarbeitung un d der Bekleidungsindustrie. Wär e es »normal« zugegangen , hätt e es nach der Stabilisierung 1923/2 4 angesichts de r erheblichen potentiellen Wachstums ­ spielräume nac h Kriegs - un d Nachkriegsverluste n noc h au f länger e Zei t überdurchschnittliche Wachstumsrate n gebe n un d hätte n (wi e auc h de r Vergleich mi t de r Zei t nac h 194 8 zeigt ) di e Rezessione n milde r ausfalle n sollen21. 3. I n keinem Jahr vo n 1926-192 9 ist die jahresdurchschnittliche Arbeits ­ losenzahl, di e fü r di e Inflationsjahr e 192 1 un d 192 2 au f nu r 35000 0 bzw . 210000 geschätzt wird, unte r 1, 3 Millionen ermittelt worden, nich t einmal im Spitzenjah r de s Produktionszuwachses 1927 22. Zwa r sin d di e Angabe n über Arbeitslosenquote n au s verschiedenen Gründe n nich t seh r verläßlic h 194 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

(und methodisc h auc h nich t mi t de n heutige n exak t vergleichbar) , doc h kann man aus allen zur Verfügung stehende n längerfristigen Informatione n schließen, da ß die Arbeitslosenquoten i n der zweiten Hälft e de r zwanziger Jahre, u m di e e s hie r geht , jahresdurchschnittlic h nich t unte r 6, 7 Prozen t (1925) de r erfaßte n Gewerkschaftsmitgliede r sanken . I m wachstumsstärk ­ sten Jahr 192 7 ha t dies e Quot e be i durchschnittlic h 8, 8 Prozen t gelegen . Die Arbeitslosenquoten ware n dami t nicht nur weit höher als in der durch die Inflatio n gekennzeichnete n unmittelbare n Nachkriegszeit , sonder n auch al s i n de n Jahrzehnten vo r 1914! 23 Im Winte r 1928/2 9 stie g di e Arbeitslosigkeit , allerding s auc h durc h extremen Fros t bedingt, au f über 20 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder . Im Februar 192 9 waren bereit s 3 Millionen Arbeitslos e bei den Arbeitsäm ­ tern gemeldet, vo n denen 1, 3 Millionen auc h in der folgenden Saiso n nicht mehr i n de n Arbeitsproze ß eingeglieder t werde n konnten . In de n ausgehende n zwanzige r Jahren deutet e sic h i n Deutschlan d ein e Situation an , di e wi r heut e al s ein e Art »Stagflation « bezeichne n würden , denn di e i m ganze n schließlic h unbefriedigende n Zuwachsrate n de r Pro ­ duktion un d di e erheblich e Dauerarbeitslosigkei t trafe n zusamme n mi t einem noc h imme r fortwährende n Preisanstieg . S o stiege n di e Verbrau ­ cherpreise vo n 192 7 au f 192 8 immerhi n noc h u m 2, 6 Prozent . Alle s i n allem: Ei n Wirtschaftswunde r ha t e s i n de n zwanzige r Jahre n nich t ge ­ geben. 4. Wi r müsse n di e Lag e nu n abe r noc h etwa s genaue r analysiere n insbesondere i n Hinblic k au f jene Probleme , di e Gegenstan d politische r Konflikte gewese n sind . Obe n is t behaupte t worden , da ß sic h be i relati v schwachem Wachstu m Verteilungskonflikt e akzentuieren . Tatsächlic h haben sich in den zwanziger Jahren im Vergleich zur Vorkriegszeit i n vieler Hinsicht aufregen d neu e Aufteilungen de s Sozialprodukts au f die verschie­ denen Verwendungsarte n un d auf die verschiedenen Gruppe n ergeben, di e von de n relative n Verlierer n kau m stillschweigen d hingenomme n werde n konnten, zuma l d a ei n relative r Verlus t wege n de s geringe n Wachstum s eben die Perpetuierung eine s absoluten Verlust s gegenüber de r Vorkriegs­ zeit bedeutete . Beginnen wi r mi t de r Struktu r de r Verwendun g de s Sozialprodukts . Hier fällt zunächs t auf , da ß der öffentliche Verbrauc h je Kop f (in konstan­ ten Preisen ) i n de n zwanzige r Jahren wei t größe r wa r al s vo r de m Krieg , trotz des niedrigeren Sozialprodukts . Somi t war der Anteil des öffentliche n Verbrauchs (obwoh l di e Rüstun g ja kei n erhebliche r Budgetposte n meh r war) a m gesamtgesellschaftliche n Produk t gewalti g angestiegen . Hinz u kam noch, da ß die öffentliche Han d (Reich , Länder , Gemeinden ) i n einem weit höherem Maße als vor dem Krieg Einkommensumverteilung au f dem Wege übe r sogenannt e Transfer s betrieben , s o daß di e »Abgabenlast « au f den Bruttoeinkomme n i n de r Weimare r Republi k spürba r übe r de r i m 195 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Kaiserreich lag . Währen d di e Staatsquot e (Staatsausgabe n i m Verhältni s zum Nettosozialprodukt) 191 3 etwa bei 15 Prozent gelegen hat, betrug sie in den ausgehenden zwanziger Jahren etwa 26 Prozent24. Kein Wunder, daß das Ausmaß der Staatsaktivität heftig umstritten war, zumal sie ja zum Teil auch mit privater Aktivität konkurrierte und vor allem auch durch Entzug bei anderen Verwendungsarten alimentier t werde n mußte. Es ist nicht exakt auszumachen, in welchem Umfang gerad e der gestie­ gene staatlich e Konsu m un d di e staatlich e Einkommensumverteilun g zugunsten de s privaten Verbrauch s zu Lasten de r Investitionen gegange n sind. Aber unbestreitbar ist, da ß in den zwanziger Jahren die Investitions­ quote (privat e un d öffentlich e Investitione n soga r zusammengefaßt ) vie l niedriger gewesen ist als vor dem Krieg25. Währen d nach den Berechnun­ gen W. G. Hoffmanns di e durchschnittliche (reale ) Nettoinvestitionsquote im Deutschen Reich 1910/13 bei 16 Prozent gelegen hat, betru g sie in der sogenannten »Weimare r Hochkonjunktur « 1925/2 9 nu r 10, 5 Prozent . Zwar is t die s eine Aggregatziffe r fü r all e Arten vo n Investitione n (unte r Einschluß vo n Wohnungsba u un d Landwirtschaft) , abe r da s Gewerb e scheint nu r ei n wenig besse r abgeschnitte n z u haben al s die anderen Be­ reiche, den n di e Investitione n bliebe n auc h i m verarbeitende n Gewerb e 1925/29 erheblic h hinte r dene n vo n 1905/1 3 zurück . Dabe i mu ß ma n bedenken, da ß di e gesamtwirtschaftlich e Kapitalintensität , als o da s Ver ­ hältnis vo n Kapitalstoc k z u eingesetzter Arbeitsmenge , i n de n zwanziger Jahren noch hinter dem Stand vor dem Krieg zurückgeblieben war, also ein bedeutendes Wiederauffüllungspotentia l (un d auc h ei n weitere s Fort ­ schrittspotential) bestande n hat. Die Bedeutung dieser Mitteilung über die schwache Investitionstätigkeit liegt darin , da ß i n entwickelte n Wirtschafte n di e Akkumulatio n i n de r Regel für das Wachstumstempo wichtig ist. Sie ist kurzfristig ei n wichtiges Element der volkswirtschaftlichen Nachfrag e (speziel l auf dem Wege über die Investitionsgüterindustrie) und mittel- wie langfristig fü r die Produkti­ vitätssteigerung entscheidend . Gering e Akkumulatio n führ t cu m gran o salis zu geringem wirtschaftlichen Wachstum , wenn auch die Beziehungen nicht ganz stramm sind, wie man aus Querschnittsvergleichen verschiede­ ner Länder weiß. 5. Was nun aber von besonderer Wichtigkeit in diesem Zusammenhang ist, is t der Umstand , da ß die oben beschriebene relati v schwach e (Sach-) Kapitalbildung durc h eine im langfristigen Vergleic h ganz ungewöhnliche Struktur de r Ersparnisbildun g getrage n wurde . Frag t ma n nämlich , i n welchem Ausmaß die Nettoinvestitionen 1925-192 9 durch Ersparnisse der einzelnen inländischen und ausländischen Sektoren finanziert worde n sind, so ergibt sich folgendes: 41 Prozent der Nettoinvestitionen wurde n durch Ersparnisse der öffentlichen Han d (Überschüsse der laufenden Einnahmen über die laufenden Ausgaben ) finanziert, 9 Prozent durch unverteilte Ge196 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

winne de r Kapitalgesellschafte n (Selbstfinanzierung) , 1 4 Prozen t durc h privates Spare n vo n Haushalten un d Personengesellschaften bzw . Einzel ­ unternehmern un d 3 6 Prozent durc h de n Überschu ß au s Kapitalverkeh r über die Grenzen, also durch Nettokapitalimport26. Deutschland , vor dem Kriege ei n Kapitalausfuhrland , wa r i n eine m ungeheure n Ma ß zu m Kapitaleinfuhrland geworden , wobe i de r Zustro m vo n Auslandskapita l eine Art Schlüsselroll e für di e Investitionsprozesse erhalten mußte. Dane­ ben spielte nur noch die öffentliche Han d direkt und indirekt ein e überra­ gende Rolle im Prozeß der Kapitalbildung. Dies e Rolle ging weit über das hinaus, wa s man vor dem Krieg gekann t hatte. Das »Herzstück des Kapitalismus«, de r Akkumulationsprozeß, folgt e in den zwanzige r Jahren völli g andere n Regeln , al s ma n es zuvor gewohn t gewesen war . Di e private Kapitaldispositio n vo n Inländer n wa r nu r mit knapp eine m Vierte l a n der inländische n Investitio n beteiligt ! Hie r wir d erkennbar, i n welche m Umfan g di e wirtschaftlich e Entwicklun g vo n politischen Faktore n abhängig geworde n war . Störunge n de s Kapitalver­ kehrs einerseit s un d Veränderunge n de r Lag e de r öffentliche n Haushalt e andererseits mußte n dramatisch e Folge n fü r di e Investitionen haben , wa s sich denn auch 1928/29 bereits deutlich zeigte 27. 6. Wa s gin g hie r vor ? Trot z manche r Erklärungsversuch e schein t mi r bislang noc h kein e befriedigend e Deutun g vorzuliegen . Insbesonder e scheint weder die Wirtschaftstheorie noc h die Empirie eindeutige Kriterien für die Beurteilung der Frage geliefert zu haben, ob die anhaltende Arbeits­ losigkeit i n de n ausgehende n zwanzige r Jahren un d di e fü r ein e Rekon ­ struktionsperiode durchschnittlich recht geringen Wachstumsraten primä r das Ergebnis einer Nachfrageschwäche gewese n sin d oder ob es sich hier um den klassischen Fall einer Reallohnarbeitslosigkeit gehandel t hat- oder vielleicht ga r um beides. Unstreitig ist , da ß auch der Export in den zwanziger Jahren nicht mehr jene Rolle gespielt hat wie vor dem Krieg. Obgleic h das deutsche Territo­ rium sic h verkleiner t hatte , wa r di e Exportquote (Export e im Verhältnis zum Nettosozialprodukt z u Marktpreisen) in den zwanziger Jahren niedri­ ger al s vo r 191 4 (de n Reparationsexpor t eingeschlossen) . Ma n könnt e daraus schließen , da ß ein e unbefriedigend e Auslandsnachfrag e fü r di e schwache Konjunktu r de r zwanzige r Jahr e wesentlich e Verantwortun g trägt. Andererseit s is t de r Export abe r nich t nur eine exogene Größe für den inländische n Konjunkturverlau f un d nich t allei n vo n de r Weltnach ­ frage abhängig, sonder n auch von den Kostenrelationen. Un d hier ergaben sich vermutlic h i m Verlau f der zwanziger Jahre Rückwirkunge n au s den binnenwirtschaftlichen Verwicklungen . Anders als für Englan d und das Pfund 192 5 wird ma n für Deutschlan d kaum behaupte n können , da ß 1923/2 4 der Wechselkur s de r Reichsmar k grundsätzlich falsc h festgeleg t worde n se i und schon deshalb die Ausfuhr 197 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

von Anfan g a n wege n ungünstige r Kostenrelatione n behinder t gewese n wäre 28 . Folg t man den Berechnungen vo n E. H. Phelp s Brown un d M. H . Browne, s o lage n di e Lohnstückkoste n i n de r Industri e i n Deutschlan d 1925 zwar u m 48 Prozent über denen von 1913 , aber in England ware n sie in de r gleiche n Zei t u m 6 7 Prozen t un d i n de n US A u m 6 4 Prozen t angestiegen. Be i gleichen Wechselkursen wie vor 1914 konnte Deutschland - wenigsten s hinsichtlic h de r Lohnstückkosten - 192 5 noch einen Wettbe ­ werbsvorteil nützen 29. Abe r diese r schie n (i m Durchschnitt ) rasc h z u ver ­ schwinden. Bi s 192 9 hat sich das Verhältnis der Lohnstückkostenzuwächs e nämlich umgekehrt . Währen d in den USA un d England di e Lohnstückko­ sten sanke n (relati v größere r Produktivitätsfortschrit t al s Lohnerhöhun ­ gen), stiege n si e i n Deutschlan d an . 192 9 stande n i n Deutschlan d di e Lohnstückkosten i n de r Industri e u m 6 5 Prozen t übe r dene n vo n 1913 , während sie in England bei + 54 Prozent und in den USA be i + 48 Prozent standen: De r möglich e Wettbewerbsvortei l mi t Bezu g au f die Löhn e wa r verschwunden, ja hatt e sich in einen Nachteil verwandel t (wen n ma n 191 3 als »Normaljahr « verwendet) . Somi t wir d ma n nich t (nur ) au f di e i m Ganzen langsamer e Ausdehnun g de s Welthandel s verweise n un d darau s eine exogen e Wachstumsbrems e fü r Deutschlan d konstruiere n können . John M . Keyne s ha t sic h 192 9 i n eine m fiktiven Intervie w mi t Irvin g Fisher mit de m deutsche n Reparationsproble m un d in diesem Zusammen ­ hang auc h mi t de n deutsche n Löhne n beschäftigt . Sein e Antwor t is t interessant: »Fo r after all, wha t is the reason why Germany's exports are no larger tha n the y ar e a t th e moment ? I t i s certainl y no t tha t he r expor t industries ca n not ge t th e necessary labour , fo r there is a surplus o f labour in nearl y al l th e leadin g expor t industries . Undoubtedly , th e reaso n wh y she has n o mor e export s i s because he r cost s o f production d o not enabl e her manufacturer s t o compet e i n internationa l market s o n a large r scale . She can only export more if she cuts down her costs of production, an d it is roughly tru e t o sa y tha t sh e ca n onl y cu t dow n he r cost s o f productio n materially i f he r wage s ar e reduced . Now , i t ha s bee n calculate d tha t i n order to produce an adequate export surplus she would have to increase her exports of finished goods by a t least 40 per cent. B y ho w muc h would sh e have t o reduc e he r wage s i n orde r t o produc e thi s result ? I do not know . But th e amoun t o f reductio n o f wage s whic h woul d b e necessar y i s th e measure o f the difficult y o f the transfe r problem.« 30 7. E s is t hie r nich t de r Platz , di e Geschicht e de r Lohnpoliti k de r zwanziger Jahr e genaue r z u verfolge n un d ihr e wirtschaftliche n Konse ­ quenzen i m Rahme n wirtschaftstheoretische r Konzept e z u erörtern . Bekanntlich is t scho n i n de n zwanzige r Jahre n hierübe r ein e lebhaft e Kontroverse geführ t worden . Abe r Hartmu t Soel l ha t neuerdings , al s e r das »Versage n de r ökonomischen un d sozialen Machteliten« de r Weimare r Republik beschriebe n hat , wi e folg t z u de m Proble m Stellun g bezogen : 198 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

»Insbesondere die Industrie erwies sich als unfähig, mi t einer dynamischen Wachstumsstrategie, di e vo r alle m ein e Steigerun g de r Binnenkaufkraf t durch eine Expansion der Reallöhne vorausgesetzt hätte, auf das Koopera­ tionsangebot einzugehen , da s ihr di e Gewerkschaften 191 8 gemacht hat ­ ten!«31 Ei n solche s Urtei l wirf t di e Frag e auf , o b den n tatsächlic h di e Reallöhne der Industrie so wenig gestiegen sind und ob man sich unter den herrschenden Bedingunge n ei n raschere s Ansteige n wirklic h vorstelle n könnte. I n Wahrhei t ha t ja ein e Politi k de r Reallohnerhöhun g un d de r Stärkung de r Binnennachfrage i n den zwanziger Jahren durchau s stattge­ funden, wi e obe n schon angedeutet war . Die s ist nun noch etwas auszu­ führen. Die Berechnung de r Reallohnentwicklung is t insgesamt schwieri g un d mit mancherle i Unsicherheite n behaftet . Folg t ma n de n amtlichen Erhe­ bungen de r durchschnittliche n Bruttowochenverdienst e un d de r Brutto ­ stundenverdienste de r Industriearbeiter unte r Berücksichtigung de s Preis­ index de r Lebenshaltung , s o ergab sic h bi s 192 8 gegenüber 1913/1 4 eine Zunahme der Wochenverdienste um 8,2 Prozent und der Stundenverdien­ ste (wegen de r eingetretenen Arbeitszeitverkürzungen ) u m 24 Prozent 32. Demgegenüber blieb das Realeinkommen der Erwerbstätiigen in der Land­ wirtschaft bis 1929 noch weit unter dem Stand von 1913, hatte sich also die ungünstige Verteilung noch weiter zuungunsten der Landwirtschaft verän­ dert33. Betrachtet ma n di e Binnenkaufkraft , s o ma g si e insgesam t al s z u schwach eingeschätzt werde n - abe r ich würde die Schwäche eher bei der Investitionsnachfrage al s beim Verbrauch suchen . Folg t man den Berech­ nungen von W. G. Hoffmann, s o lag der (reale) private Verbrauch je Kopf 1928 immerhi n scho n u m 1 6 Prozen t übe r de m de r Vorkriegszeit , de r staatliche Verbrauc h je Kop f gar u m 34 Prozent 34. Bekanntlic h wa r e s ja auch de r s o umfangreich e öffentlich e Konsum , de r seinerzei t nich t nu r vom Reparationsagenten heftig kritisier t worde n ist. Hier hat es jedenfalls an gesamtwirtschaftlicher Nachfrag e auc h nicht gefehlt . 8. Wichti g is t nun aber, da ß die beschriebene Erhöhun g de r Reallöhne angesichts de s insgesam t geringe n Zuwachse s de s reale n Sozialprodukt s mit einer erheblichen Veränderung de r Einkommensverteilung zugunste n der Arbeitnehme r verbunde n gewese n ist . Leg t ma n al s Verteilungsma ß eine »bereinigt e Lohnquote « zugrunde , s o ergab sic h von 191 3 bis 192 8 eine Erhöhung der Lohnquote von 46,4 Prozent auf 57,5 Prozent bzw. von 52,5 Prozent auf 65,2 Prozent 35. Eine ähnliche Veränderungstendenz ergibt sich auch aus den Berechnun­ gen der sogenannten Arbeitseinkommensquote vo n W. G. Hoffmann. I n diesem Fall korrigiert ma n nicht eine vorliegende Zeitreihe der faktischen Lohnquote u m di e Veränderun g de r Beschäftigungsstruktur , sonder n rechnet den selbständig Erwerbstätigen und den mithelfenden Familienan199 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

gehörigen, di e j a nich t nu r »Kapitaleinkommen « beziehen , ei n fiktives Arbeitseinkommen zu . Diese s addier t ma n dan n zu m Lohneinkomme n und stell t di e Summe de m Volkseinkomme n gegenüber . Nac h Hoffman n hätte sic h di e s o ermittelte Arbeits-Einkommensquot e vo n 70-7 2 Prozen t im Zeitrau m 190 1 bi s 191 3 au f 8 7 Prozen t i m Zeitrau m 192 5 bi s 192 9 erhöht36. Ein e Kompressio n de r Anteil e de s Kapitaleinkommen s (Zinsen , Gewinne) is t hierau s unmittelba r ersichtlich . Si e is t gewi ß auc h au f de n Verlust eine s großen Teils der Geldvermögen un d die staatliche Mietenpo ­ litik zurückzuführen , abe r nicht ausschließlich 37. Jedenfalls la g da s Durch­ schnittseinkommen alle r unselbständi g Erwerbstätige n niemal s vo r 191 4 und nach 195 0 so dicht a m Durchschnittseinkommen alle r Erwerbstätige n wie i n de r Zei t vo n 1925-1929 38. 9. Alle s i n alle m schein t mi r au s de m vorliegende n Zahlenbil d zu r Wirtschaft de r zwanzige r Jahr e nich t gefolger t werde n z u können , da ß ausgerechnet ein e (noch ) rascher e Erhöhun g de r Reallöhn e ein e richtig e Strategie zu r Erhöhun g de r Wachstumsrate n gewese n wäre , wi e H . Soel l unterstellt. E s ist schwe r vorstellbar , wi e die s i n eine r offene n Wirtschaf t bei feste n Wechselkurse n hätt e bewirkt werde n können , zuma l sic h ohne ­ hin scho n vo n de r Außenwirtschaf t he r schwe r lösbar e Problem e zusam ­ mengebraut hatten . Daß di e Wirtschaf t de r ausgehende n zwanzige r Jahr e alle s ander e al s »gesund« gewese n ist , habe n di e bisherige n Ausführunge n belegt . Di e Wachstumsraten de s reale n Sozialprodukt s je Einwohne r ware n - gemes ­ sen a m kriegsbedingte n Rückstan d de r deutsche n Volkswirtschaf t gegen ­ über andere n Staate n - relati v gering . Di e Arbeitslosigkeit wa r ein Dauer­ problem. Di e Kapitalbildun g blie b höchs t mangelhaft . Di e außenwirt ­ schaftlichen Beziehunge n waren in Unordnung. I m Kampf um das sich nur langsam erhöhend e Sozialproduk t erwiese n sic h di e öffentliche Han d un d die Arbeitnehme r zwa r al s relati v erfolgreich , abe r die s schein t di e Wirt ­ schaft auc h überlaste t z u haben , s o da ß einerseit s di e Wachstumskräft e nicht hinreichen d gestärk t un d andererseit s Risike n i n de r Geld - un d Kreditsphäre akkumulier t wurden , di e die Zukunftsaussichten düste r sei n ließen. Ohn e Zweifel ware n e s gerade die erheblichen Kapitalimporte , di e manchen Verteilungskonflikt i n Deutschland nicht so deutlich hervortrete n ließen, wi e e s sons t scho n frühe r hätt e de r Fal l sei n müssen . Ohn e dies e großen Kapitalimport e hätt e di e öffentlich e Han d un d hätte n auc h di e Unternehmen nich t einma l di e z u beobachtend e Einkommensexpansio n finanzieren könne n -jedenfall s nich t i m Rahme n de s System s de r Gold Devisenwährung be i feste n Wechselkursen . Etwas dramatisieren d würd e ich formulieren - wa s ja de n Zeitgenosse n größtenteils durchau s klar gewese n ist: Es ist schwer vorstellbar, da ß es so hätte weitergehen können 39. Sei t 192 8 blieben ja bereit s die Kapitalström e aus dem Auslan d wei t hinte r de m zurück , wa s zu r Lösun g de r Zahlungs200 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

bilanzprobleme unerläßlic h schien . Di e öffentlichen Haushalt e gerieten in wachsende Schwierigkeiten, gan z besonders die Arbeitslosenversicherung. Die Lohnkonflikt e erreichte n ein e Schärfe , di e da s ganz e Syste m de s Tarifvertragswesens, j a de r Organisatio n de s Arbeitsmarkte s infrag e stellte. Di e Agrarpoliti k ka m i n unlösbar e Widersprüch e mi t andere n Politikbereichen. Allerseit s wurde n Forderunge n au f grundsätzlich e Reform gestellt . De r Reparationsagent wa r gleichsa m ei n institutionelle r Dauerkritiker de r deutsche n Wirtschafts - un d Sozialpolitik , i n gewisse m Sinne wa r e s auch Reichsbankpräsiden t Hjalma r Schacht . Abe r auc h die Verbände und Parteien hielten strukturelle Wandlungen für nötig. Beson ­ ders tiefgreifen d sahe n di e »Leitsätz e fü r di e Umstellun g de r deutsche n Wirtschaftspolitik« aus , die das Präsidium des Reichsverbandes der Deut­ schen Industrie im Dezember 192 9 in einer Denkschrift niederlegte 40. 10. Wen n ma n sic h da s Problem s o stellt, mu ß unmittelba r di e Frage angeschlossen werden, waru m es denn nicht früher (ode r spätestens Ende der zwanzige r Jahre) gelös t worde n ist ? Dietma r Petzin a ha t be i eine m Vergleich de r Weltwirtschaftskris e mi t de r Rezessio n de r Jahre 1974/7 5 auch kurz die Jahre vor der großen Krise gestreift und sein Urteil wie folgt zusammengefaßt: »E s war woh l ei n entscheidendes Strukturproble m de r Weimarer Republik , da ß es den Regierungen nich t gelang, dies e Überla­ stung de s ökonomische n System s z u korrigieren.« 41 Waru m gelan g e s ihnen nicht ? Wa r e s überhaupt ei n Proble m de r Regierungen ? Un d wi e hätten Lösunge n konkre t aussehe n können ? Nieman d ha t die s bishe r beschrieben. Persönlic h möchte ich die Behauptung wagen, da ß unter den gegebenen Umstände n kein e Chanc e bestand , di e Verteilungskonflikt e durch Erfolge einer Wachstumspolitik z u entschärfen und so dem Staat die Loyalitäten alle r wichtige n Gruppe n z u erhalten . Da s is t i m folgende n Abschnitt mi t einigen thesenhafte n Ausführunge n z u belegen.

V. Das materielle Fundamen t de r Weimare r Demokrati e i n de r Systemkris e

1. Wenn es auch sicher allzusehr vereinfacht wäre, zu behaupten, daß die Weimarer Republi k primä r durc h Verteilungskämpf e gekennzeichne t gewesen sei und nie konsensuale langfristige, a n Wiederaufbau und Wachs­ tum orientierte Wirtschaftspolitik getriebe n worden sei, s o charakterisiert das Gegensatzpaa r »Verteilungspoliti k versu s Produktionspolitik « doc h eine wesentlich e Schich t de r Weimare r Strukturproblematik . I n eine r Besprechung vo n Parteiführer n übe r Koalitionsmöglichkeite n ha t a m 3. Nov . 192 5 Ada m Stegerwal d be i Reichskanzle r Luthe r formuliert : »Richtig se i ferner auch , da ß mit den Sozialdemokraten ein e Wirtschafts­ politik schwe r zu führen sei , d a sie keine Produktions-, sonder n lediglich eine Verteilungspolitik trieben.« 42 Wir müsse n hier dahingestellt sei n las201 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

sen, o b da s Urtei l i m konkrete n Fal l gerechtfertig t wa r un d welch e Absichten ihm zugrunde lagen. E s kommt a n dieser Stelle nur darauf an zu belegen, da ß di e i m Vorhergehende n entwickelt e Alternativ e zwische n Verteilungs- und Produktionspoliti k jedenfalls kein e nur au s der rückwir ­ kenden Betrachtung synthetisiert e ist. 192 9 bestätigte das Reichsarbeitsmi ­ nisterium fü r di e zurückliegend e Zei t ga r ausdrücklic h de n Prima t de s Verteilungszieles i n de r Lohnpolitik 43. I m wissenschaftliche n Schrifttu m wurde vielfac h bereit s i n de n zwanzige r Jahren di e Dominan z de r Vertei ­ lungspolitik beklagt . Al s Beispiel sei der Bonner Nationalökonom Herber t von Beckerath zitiert, de r in einer »programmatischen Kritik der deutschen Wirtschaft de r Gegenwart « di e Haltun g de r öffentliche n Verwaltun g un d der Masse n i m Land e wi e folg t charakterisierte : »Dies e habe n au s de r europäischen Staatstraditio n de n Wunderglauben a n die ökonomische Lei ­ stungsfähigkeit eine r zentralisierten , behördliche n Wirtschaftsverwaltun g ins Blu t bekomme n un d verbinde n diese n Glaube n mi t wirtschaftliche n und soziale n Theoremen , di e wenige r au f de n Wirkungsgra d i n de r Her ­ stellung de s soziale n Produkt s al s au f di e Gerechtigkei t i n de r Verteilun g desselben eingestell t sind . Mi t de r mangelnde n übereinstimmende n Ein ­ sicht de r Allgemeinheit i n elementare ökonomisch e Notwendigkeiten , di e auch vo n de r gesellschaftliche n Verfassun g de r Wirtschaf t unabhängi g sind. . . häng t e s zusammen , da ß be i un s wirtschaftspolitisch e Kämpf e nicht i n de r Weis e entschiede n ode r geschlichte t werden , welch e da s volkswirtschaftliche Interess e der Produktivität erheischt , au f der Linie des geringsten volkswirtschaftliche n Widerstande s nämlich , sonder n au f de r jeweils gegebene n Lini e de s geringste n politische n Widerstandes.« 44 2. Hätt e H. vo n Beckerath recht , schein t di e Antwort nahezuliegen , da ß es vo r alle m a n Einsich t un d Fähigkei t de r Verantwortliche n gemangel t habe. Demgegenübe r schein t e s mir richtige r z u sein, di e Komplexität de r Problemlagen hervorzuheben . I m Grunde konnten für fas t jeden Anspruc h auf erhöht e Zuteilun g au s de m Sozialproduk t j e fü r sic h gut e Gründ e geltend gemach t werden . Abe r wege n de r Begrenzun g de r materielle n Basis ware n si e nu r teilweis e durchzusetzen . Höchs t legitim e Ansprüch e blieben uneingelöst - un d das de-legitimierte nach und nach die Konfliktlö ­ sungs-Institutionen selbst , wei l di e Enttäuschte n ebe n z u de r Ansich t kamen, »da s System « se i falsch , da s ihre n Ansprüche n s o weni g gerech t werde. 3. Es gab, so meine ich, wenig Ausweichmöglichkeiten, den n wenn man sich auc h daz u entschlosse n hätte , bestimmte n enttäuschte n Erwartunge n mehr Rechnun g z u tragen , s o hätt e ma n j a z u eine m große n Tei l di e Befriedigung diese r Ansprüch e nu r au f Kosten andere r bewirke n können ; wäre das durchsetzbar gewese n un d wären di e Ergebnisse im Hinblic k au f die politisch e Stabilitä t wirklic h besser e gewesen ? Ma n wir d sic h i m 202 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

einzelnen darübe r streite n können , o b dies e ode r jen e Maßnahme n de r Subventionierung, de r sozialen Sicherung , de r Bereitstellun g vo n öffentli ­ chen Diensten , de r Einkommenssicherun g übe r eine n Zollschut z un d anderes meh r wirklic h eine n Beitra g zu r politische n Stabilitä t geleiste t haben, i n de r Hauptsach e abe r ware n si e darau f angelegt , diese m hohe n Ziel der politischen Stabilität zu dienen, denn der innerlich und äußerlich so labile Weimarer Staa t war von Anfang a n darauf angewiesen, sic h Zustim­ mungen durc h derartig e Leistunge n z u erkaufen, wei l e r kaum au f andere zugkräftige Erfolg e - etwa i n de r Außenpoliti k - verweisen konnte . In der Inflationszeit konnte n die Optionen noch mehrere Jahre lang offe n gehalten werden , schiene n viele der dringlichsten Ansprüche Berücksichti ­ gung z u finde n - wenigstens nominal . Abe r meh r un d meh r wurd e erkennbar, da ß dies keine wirklich e Lösun g darstellte . Un d al s die Geldil­ lusion völli g schwand , brac h nich t nu r di e Währungsordnun g zusamme n sondern wiederum di e große Staatskris e aus . Auch nach der Währungssta ­ bilisierung blie b di e politische Ordnun g weite r gefährdet , s o daß man sich nicht vorstelle n kann , e s hätte n jetz t wei t größer e Chance n bestanden , noch meh r vo n jene n Ansprüche n zurückzuweisen , di e ma n zuvo r al s berechtigt anerkann t hatte . Un d e s zeigte sic h ja auc h in der Auseinander ­ setzung übe r di e Aufwertun g de r Altschulden , da ß nich t einma l di e in flatorische Method e de r Lastenumverteilung langfristi g vollständi g durch ­ setzbar gewese n ist . Auc h hie r forderte n Gerechtigkeitserwägungen , da ß der Staa t wenigsten s Teil e de r Altschul d au f sic h nahm , mocht e die s di e Finanzpolitik de r Zukunf t auc h schwe r belasten 45. Wi e konnt e e r sic h anderen, ähnlic h dringenden Forderunge n nach Gerechtigkeit widersetzen ? Daß ihn dies in ein Dilemma brachte, is t unzweifelhaft. Langfristi g wa r die Lastverteilung woh l nich t z u verantworten , abe r kurzfristi g wa r ein e Änderung de r Lastverteilung woh l ebensowenig z u verantworten. Nu r ein »Wirtschaftswunder« hätt e eine n Auswe g au s de m Dilemm a gebracht . Unter de n gegebene n Umstände n wär e e s abe r woh l ei n noc h größere s Wunder al s jenes nac h 1947 gewesen. 4. Im gleiche n Sinn e möcht e ic h ausschließen , da ß ein e wirtschaftlic h tragbarere »Lösun g de s Lohnkonflikts « möglic h gewese n wäre . Gewiß , wir können uns theoretische Modelle bauen, u m mit ihrer Hilfe zu zeigen, daß ein e wenige r rasch e Reallohnerhöhun g di e innere Kapitalbildun g un d das Exportieren, somi t auc h die Währungspolitik un d viele s mehr erleich­ tert hätte. Abe r wa r den n so etwas durchsetzbar , ja wa r es in Hinblick au f die politische Stabilitä t de r Republik überhaup t unzweifelhaf t wünschbar ? Bekanntlich wa r die Lohnbildung sei t dem November 1918 ein hochpo­ litisches Faktum . Seinerzei t habe n di e Unternehme r alt e Forderunge n de r Arbeiterbewegung hinsichtlic h de r Verkürzun g de r Arbeitszei t un d de r Formen de r Lohnfindun g durc h sic h wechselseiti g anerkennend e auto ­ nome Verbänd e nich t nu r akzeptier t sonder n angeboten , u m de r Gefah r

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der Revolution z u begegnen. Di e Gewerkschaften un d die Unternehmer ­ verbände ware n a m Begin n de r Republi k i n de r »Zentralarbeitsgemein ­ schaft« ei n Ordnungsfaktor ersten Ranges, sie waren Träger der Parlamen­ tarisierung gewesen . Damal s sin d i m Akkor d de r Führe r vo n Gewerk ­ schaften un d Unternehmer n all e jene Einrichtunge n de s Arbeitsmarkte s geschaffen worden , di e späte r scheinba r s o wirtschaftlic h unvernünftig e Ergebnisse zeitigten . Insgesam t ist , s o wird ma n abkürzend formuliere n können, die Revolution in eine große Lohnbewegung überfuhrt worden 46. Während der Inflation blie b zunächst auch an dieser Konfliktsfront offen , was vo n de n Errungenschafte n vo n 1918/191 9 vo n Daue r sei n könnte . Aber scho n gege n End e de r Inflation , ers t rech t nac h de r Stabilisierun g ergaben sic h völlig ander e wirtschaftliche Rahmenbedingungen , i n denen die einst vereinbarten Leistunge n zum Problem geworden sind 47. Ich leugne nicht, da ß in der jetzt einsetzenden Phase , i n der die Unter­ nehmer mit allen Mitteln versuchten, di e Stücklohnkosten zu senken oder ihren Anstie g z u verhindern , auc h alt e Klassenstandpunkt e wiede r zu r Geltung kamen und die Zertrümmerung de r Gewerkschaften gelegentlic h ein selbständiges Zie l z u werden droht e - lebensgefährlic h fü r di e Repu­ blik48. Abe r ich meine, wi r dürfen gleichermaße n nicht übersehen, da ß es sehr vernünftig e Gründ e fü r di e Forderun g gegebe n hat , di e Kosten der Produktion, und hier eben insbesondere auch die Lohnkosten, sich nicht zu rasch vo n ihre m niedrige n Nivea u entferne n z u lassen . Di e Spielräum e waren auc h für die Unternehmer nich t beliebig groß , fü r groß e Bereiche sogar recht eng gezogen49. Dies erkannte auch der Theoretiker der kommu­ nistischen Internationale Eugen Varga, der die Versuche der Unternehmer, den Lohnanstieg zu drücken, nicht als Ausdruck eines traditionellen Herrn ­ im-Hause-Standpunkt deutete, sondern in den Rahmen der Sachgesetzlich­ keiten des kapitalistischen (marktwirtschaftlichen ) System s einordnete 50. Für die Gewerkschafte n un d ihr e Führe r konnt e es aber nich t nu r um eine wirtschaftspolitisch e Frag e gehen . Al s nac h de r Inflatio n da s Revi ­ sionsbegehren de r Unternehmerseite immer stärker wurde, sa h es so aus, als hab e de r Moh r sein e Schuldigkei t geta n un d soll e nu n gehen . Da s wurde al s Verra t a n de n Geschäftsgrundlage n de r Weimare r Republi k empfunden. Nun , nachde m die revolutionäre Gefah r vorübe r war , sollt e das meiste von dem, wa s seinerzeit für Dauer festgelegt worde n ist, nicht mehr gelten? Niemand, der die politischen Probleme durchschaute, konnte erwarten, da ß die Gewerkschaften die Möglichkeit hätten, die erworbenen Positionen zu räumen und/oder umfangreiche materiell e Konzessionen zu gewähren. Vo n größtem Gewich t schein t mi r i n diesem Zusammenhang auch di e Spaltun g de r Arbeiterbewegun g gewese n z u sein , di e de n Gewerkschaftsflügel i n Hinblick au f die radikale Opposition vo n links in seiner Aktionsfähigkei t einschränkte . Hätt e ein e Politik de r Lohnstillhal ­ tung nicht unter Umständen die Gewerkschaften gespreng t und damit erst recht radikale n Kräfte n Rau m gegeben ? Abe r di e Kostenentwicklun g 204 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

konnte niemand ruhi g verfolgen , de r die wirtschafilichen Problem e durch­ schaute. Hie r waren wechselseiti g Zwangslage n herangewachsen , di e die Kompromißfáhigkeit de r Streitparteien je länger desto mehr überstiegen. Der Übergan g 1923/2 4 wurd e a n diese r Konfliktfron t schließlic h mi t beträchtlichem Einsat z des neuen Instituts der staatlichen Zwangsschlich ­ tung bewältigt . Abe r i n längerfristige r Betrachtun g erwie s sic h dies e Aushilfe auc h al s kontraproduktiv. Si e garantierte zwar einige Zeit lang, daß aktuelle Konflikt e ei n Ende fanden, setzt e aber die Tarifparteien, di e nicht meh r unter Einigungszwan g standen , schließlic h auße r Verantwor ­ tung51. Mi t de r Gewichtsverlagerung de r Lohnbildung au f die staatlichen Schlichtungsinstanzen wurde n wichtig e Fundamente , au f denen die Wei­ marer Republi k gründete , beseitigt . Ic h halt e die s fü r eine n zentrale n Sachverhalt de s Scheiterns der Republik. Al s die Lohnbildung ein e Sache des Staate s geworde n war , wurd e e s fü r di e Tarifkonflikt-Gegne r auc h unmittelbar wichtig , direkte n Einflu ß au f di e Besetzun g de r politische n Lenkungsstellen z u nehmen . Wen n die s nich t mi t parlamentarische n Methoden gelingen konnte, lag es nahe, die außerparlamentarischen Kräfte zu nützen. Es gehört zu r Tragi k de s Scheitern s de r Weimare r Republik , da ß hier wie auf verschiedenen andere n Gebieten gerad e diejenigen Einrichtunge n und Entscheidungen , di e di e materiell e Konstitutio n vo n Weima r absi ­ chern sollten , längerfristi g auc h z u ihre r Unterhöhlun g beitrugen . Ma n pazifizierte s o in den ausbrechenden Konflikte n zunächs t noch, hatt e aber das Lösungsvermöge n fü r di e sic h akkumulierende n Konflikt e herabge ­ setzt. 5. Im Ergebnis komme ich zu dem Schluß, der gewiß sehr pessimistisch ist und die Dimension des Tragischen eröffnet: Ma n könnte zwar auf sehr hoher Abstraktionsebene, i n von der politischen Wirklichkeit weit entfern­ ten Sandkastenspielen, gewiss e Lösungen der ökonomischen Verwicklun ­ gen skizzieren, aber ich fürchte, daß sie politisch aus jeweils guten Gründen nicht realisierba r gewese n sind . Z u viele s hätt e gleichzeiti g veränder t werden müssen, und das war wohl nicht machbar. Ein Wirtschaftswunder der Weltmärkte hätte noch helfen können. Abe r ohne ein solches war die Situation nich t meh r lange regierbar - un d das ist zumindest ei n Element des Scheiterns der Republik noc h vor der Weltwirtschaftskrise .

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11. Zu r Frage der währungspolitischen Optione n Deutschlands i n der Weltwirtschaftskris e i 1. Lange schon ist das Urteil über die deutsche Wirtschaftspolitik währen d der Weltwirtschaftskris e gesprochen . Zwa r is t wiederhol t de r Versuc h unternommen worden, das Verhalten der Verantwortlichen zu entschuldi­ gen, inde m ma n e s au s de n Umstände n erklär t un d ehrenhaft e Gründ e erwähnt. Abe r das Ergebnis selbst, daß die Politik eine Kette großer Fehler gewesen sei, ist kaum noch in Frage gestellt worden1. Das gilt insbesondere auch fü r di e deutsch e Währungspolitik , vo r alle m fü r di e Abfolg e vo n Entscheidungen, a n der Goldparität und damit auch an der Parität gegen­ über de m Dolla r un d de m französische n Fran c festzuhalten 13. Di e Beschlüsse, nach der Freigabe des Pfundes am 20./2l. Septembe r 1931 die alte Reichsmarkparitä t gegenübe r de m Gol d nich t z u ändern , habe n bekanntlich die letzte, di e radikalste Runde der Deflationspolitik eingelei ­ tet. Si e ware n unte r andere m ursächlic h fü r di e 4. Notverordnun g vo m 8. 12 . 1931. Jedenfalls hat die Reichsregierung di e gewaltige Anstrengung einer verordneten allgemeine n Kostensenkun g al s die entscheidende deut­ sche Antwort au f den britischen Schrit t betrachtet 2. Dennoch scheint es nützlich, sic h zum Zwecke einer kritischen Analys e einmal vo n de r Vorstellun g z u lösen , di e Entscheidun g zugunste n de s Festhaltens a n de r Paritä t hab e gleichsa m zwingen d all e folgende n ­ verfehlten - Maßnahme n un d insbesondere auc h die beklagten Unterlas ­ sungen nach sich gezogen. Hätt e denn zum Beispiel eine expansive Geld ­ und Fiskalpolitik ein e Änderung de r Parität vorausgesetzt, nachde m doch die starre Mindest-Notendeckung sei t dem Juli 193 1 faktisch aufgehobe n war und die Devisenbewirtschaftung de n Abstrom von Währungsreserven prinzipiell hätte verhindern können? Bekanntlich haben selbst die »Refor ­ mer«, di e sei t de m Somme r 193 1 fü r ein e kontrazyklisch e Fiskal - un d Geldpolitik eingetrete n sind , vo n wenige n Ausnahme n abgesehen , kein e Änderung de s Wechselkurse s un d scho n ga r nich t ein e Änderun g de s bestehenden Wechselkurssystems gefordert 3. Andererseit s hat Großbritan­ nien der Welt demonstriert, da ß die Freigabe des Wechselkurses nicht dem Zweck diene n mußte , ein e expansiv e Fiskalpoliti k währungspolitisc h abzusichern. Di e Erklärung de r britischen Regierung vo m 20. Septembe r 1931 hatte eine solche Absicht sogar ausdrücklich dementiert : »Hi s Maje206 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

sty's Government are securing a balanced budget and the internal position of the country i s sound. This position must be maintained. I t is one thing to go off the gold Standard with a n unbalanced Budget an d uncontrolled inflation; i t i s quit e anothe r thin g t o tak e thi s measure , no t becaus e of internal financial difficulties , bu t becaus e o f excessiv e withdrawal s o f borrowed capital« 4 Abe r nicht nur die Fiskalpolitik, auc h die Geldpolitik Großbritanniens blie b nac h de r Pfundfreigab e zunächs t noc h ausgespro ­ chen restriktiv . Ma n zo g ers t i m Frühjah r 193 2 Nutze n au s de r neue n Lage5. Solche Erfahrung legt nahe, die Schlüsselrolle der Paritätenfrage für eine rascher e Beendigun g de r deutsche n Kris e fü r nich t allz u selbstver ­ ständlich zu halten. 2. Doc h könnt e sic h di e deutsch e Wechselkurspoliti k natürlic h noc h immer als der zentrale Fehler der Jahre 1931/32 herausstellen. Abe r bislang scheint de r Nachwei s hierfü r nich t erbracht worde n zu sein, s o plausibel manches Argumen t klingt . Derartig e Urteile , di e ma n i n de r Literatu r findet, stütze n sich nicht auf genauere Untersuchungen der Frage, sondern meist auf sehr lückenhaftes Material und relativ vage Vermutungen. Selbst die Abfolg e de r wichtigste n währungspolitische n Entscheidunge n i n Deutschland nach der Pfundfreigabe is t bislang nicht genauer beschrieben worden, z u schweigen vo n einer systematischen Analys e de r Motiv e der Beteiligten und der Betrachtung der (theoretisch) offenstehenden Wege. Ja, dies is t vielleich t soga r da s bedenklichste Forschungsdesiderat : Obgleic h man sich so weitgehend einig ist in der Beurteilung der Fehlerhaftigkeit des deutschen währungspolitischen Weges , gib t es in den historischen Analy ­ sen kau m Informatione n darüber , wa s nac h Meinun g de r Kritike r di e Verantwortlichen seinerzei t hätten tun sollen 6. 3. We r aber die Währungs-, insbesonder e di e Wechselkurspolitik 193 1 bis 1933 für falsch , ja verhängnisvol l hält , mu ß begründete Vermutungen dafür vorbringe n können , da ß ein e ander e Entscheidungssequen z - o b durchsetzbar oder nicht - seh r wahrscheinlich eine günstigere Entwicklung herbeigeführt hätte . Da s abe r setz t voraus , da ß ma n di e andere n Weg e benennt, u m dan n in Abwägun g de r verschiedene n Weg e di e Vor - und Nachteile i n Hinblic k au f de n Konjunkturverlau f un d ander e Ziel e z u ermitteln un d z u bewerten . E s gin g j a nicht , wi e e s be i de r Lektür e mancher kritische n Studie n de n Anschei n hat , u m ein e simpl e Ja-Nein­ Entscheidung übe r den Gold-Standard, sonder n u m sehr komplexe Ent ­ scheidungsbündel. Da s soll im folgenden genaue r gezeigt werden.

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II 1. Di e Behauptung , e s se i bislan g i n de r historisch-kritische n Literatu r nicht genauer dargelegt worden, wa s die deutsche Reichsregierung un d die Reichsbank hätte n tu n sollen , mu ß überraschen d klingen , wei l doc h of t genug beklag t worde n ist , da ß ma n seinerzei t nich t abgewerte t hab e oder nicht de m britische n Pfun d gefolg t sei . Solch e Bemerkunge n scheine n präzise Hinweis e z u enthalten . Leide r verhäl t e s sic h nich t so . Be i de r Empfehlung eine r Abwertun g ergib t sic h di e Unklarhei t scho n au s de m Begriff. E s ist nämlic h nich t ersichtlich , o b di e Autore n ih n i m heutige n Sinne verwende n ode r o b si e sic h de r Sprach e de r frühe n dreißige r Jahre bedienen. Heut e verstehe n wi r unte r Abwertun g i n eine m Syste m feste r Wechselkurse ein e Neufestsetzun g de s Wechselkurse s gegenübe r andere n Währungen au f einem niedrigeren Nivea u (wenige r Fremdwährun g gege n Eigen Währung), wobe i ebe n de r Abwertungssat z verordne t wird . Seiner ­ zeit verstand ma n unter Abwertung de n mehr oder weniger freien Kursfal l nach einer Aufgabe de r Parität de r Reichsmark gegenübe r de m Gol d bzw. dem Dollar . Ein e Minderung de s gesetzliche n Außenwerte s de r Währun g hieß »Devalvation« , de r gemeinsame Oberbegrif f wa r »Währungsentwer ­ tung« 7 . Im 4. Quarta l de s Jahres 193 1 sind in Deutschland sowoh l Stimme n lau t geworden, di e eine Devalvation (heute : Abwertung) vorschlugen , al s auch solche i n Richtun g au f ein e Freigab e de s Reichsmarkkurses , zumindes t gegenüber de m Dollar . Welche n Vorschläge n gebe n heutig e Kritiker , di e meinen, ma n hätt e »abwerten « sollen , de n Vorzug ? Un d wen n ma n sic h für di e Devalvatio n (Abwertung ) entscheidet : A n welch e Sätz e denk t de r jeweilige Autor , d a doch nicht von jeglicher Abwertun g Gleiche s erwarte t werden kann 7a? Auch di e Empfehlung , ma n hätt e de m Pfun d folge n sollen , is t nich t eindeutig. Hätt e dan n de r Kur s de r Reichsmar k wi e de r de s Pfunde s freigegeben werde n solle n ode r hätt e Deutschlan d zu m Sterling-Standar d übergehen und die Mark a n das Pfund anhängen sollen? Wenn man sich für das Letztere entscheidet , wär e freilic h noc h festzulegen, o b das Blockfloa ­ ten mi t de m Sterlin g zu m alte n Kur s de r Reichsmar k gegenübe r de m Pfund (20,42 9 RM ) ode r zu einem anderen erfolgen sollte , woz u sic h zum Beispiel seinerzei t Kanad a entschlosse n hat . Nicht nur die kritische Literatur bleibt uns eine genauere Darstellung der verschiedenen Handlungsmöglichkeite n schuldig . Gleiche s triff t auc h au f nicht wenig e de r zeitgenössische n Verlautbarunge n zu , i n dene n gerate n wurde, vo m bisherigen Weg abzuweichen. Wa s mochte sich beispielsweise Carl Kräme r denken , al s er am 25. 9. 193 1 empfahl, »di e Maßnahmen de r Bank vo n Englan d sorgsa m z u kopieren« , un d dre i Woche n späte r ein e »Devalvation entsprechen d de r Entwertun g de s Pfunde s gegenübe r de m Dollar« vorschlug 8? Di e Unklarheite n de r historisch-kritische n Literatu r 208 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

wie de r zeitgenössische n Quelle n lasse n e s al s ei n dringende s Desidera t erscheinen, da ß einmal ein Überblick übe r alle denkbaren Weg e versucht wird, di e man hätte gehen können, um schließlich so konkret wie möglich bestimmen z u können, wa s seinerzeit vorgeschlage n worde n is t und was man hätte tun sollen. 2. Dafü r ist es allerdings zweckmäßig, ein e Vorentscheidung z u treffen, die immerhin erhebliches Gewicht hat: Wir sollten die ins Auge zu fassen­ den Lösungsmöglichkeite n nich t vo n vornherei n dadurc h allz u en g ein ­ grenzen, daß wir das Bankgesetz von 1924/30 und das Young-Abkommen für schlechthin nicht änderbar oder nicht verletzbar ansehen 9. Bekanntlich ist da s Verspreche n de r Aufrechterhaltun g de r Münzparitä t (vo n § 31 Bankgesetz) nebe n dem Wegfall de r ausländische n Kontroll e de r Reichs­ bank und der Gewährung der Unabhängigkeit der Reichsbank ein Eckstein des Neuen Planes gewesen, und niemand kann sich heute über das Gewicht der Bedenken hinwegsetzen, au f die der Wunsch einer Änderung oder gar der Vorschla g de r Verletzun g de r bindende n Verträg e treffe n mußte 10. Aber für die Analyse der Handlungsmöglichkeiten möge n diese Bedenken doch zunächst zurückgestellt werden 11. Immerhin könnt e ma n sich Situatione n denken , i n denen die deutsche Regierung auc h di e erwartete n Koste n eine r Rechtsverletzun g au f sic h genommen hätte, wenn nur der gesamte erwartete Nutzen dies gerechtfer­ tigt hätte. Man muß dann allerdings allen Überlegungen über solche Wege neben de n ohnehi n scho n schwe r erfaßbare n ökonomische n Vor - un d Nachteilen auc h noc h di e Kalkulatione n de r politische n Risike n un d di e Bewertung de s denkbaren politische n Schaden s hinzufügen 113. Für die Vermutung, daß sich auf jeden Fall Frankreich einer einvernehm­ lichen Suspension des § 31 widersetzt hätte, brauchen wir nicht auf Plausi­ bilitätserwägungen abzustellen . Hierfü r gib t es handfeste Belege, den n die Vertreter Frankreich s hatten schon im Juli 193 1 bei der Londoner Konfe­ renz gege n di e von Reichskanzle r Brünin g vorgetragene n Überlegunge n zu gewisse n Änderunge n de r § § 29 un d 3 1 de s Bankgesetzes , di e vo n amerikanischer un d britische r Seit e unterstütz t worde n sind , massive n Einspruch eingelegt 12. 3. In diesem Zusammenhang sei eine Nebenbemerkung erlaubt, die sich auf die Rede bezieht, welch e J. M . Keynes am 8. Januar 193 2 im Übersee­ club in Hambur g gehalte n hat . I n dieser Red e hat Keynes, wi e Wilhel m Grotkopp daz u bemerkt , di e Deutschen zu m Beitritt i n den Pfund-Clu b eingeladen, abe r es habe sich nachher im Gespräch herausgestellt, da ß ihm die deutschen Bindungen a n den Young-Plan »nich t gegenwärtig« gewe ­ sen seien13. In ähnlichem Sinne hat Heinrich Brüning in seinen Memoiren von eine m Gespräc h mi t Keyne s a m 11 . Januar 193 2 berichtet . Vo n Brüning befragt , wi e er denn die Vorschriften de s Young-Plans in bezug 209 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

auf die deutsche Währung z u umgehen gedächte , hab e sich herausgestellt , daß Keyne s diese überhaupt nich t in Betracht gezoge n habe 14. Inzwische n wissen wi r aber , da ß Keyne s dies e Bindunge n damal s nich t nu r gekannt , sondern da ß e r seinerseit s i n eine m Memorandu m a n den Beratersta b de s britischen Premierministers ausdrücklich auf sie hingewiesen hat 15. Sollt e er seine Partner getäusch t haben ? Eine genauere Lektüre der Rede zeigt aber , daß Keyne s auc h i n Hambur g seh r woh l di e engen Handlungsspielräum e der deutschen Regierung berücksichtig t ha t - fü r den, de r hören wollte. Er sagte (unter Vorbehalt einer richtigen Wiedergabe durch die Zeitung) unte r anderem auch : »Ic h würdig e di e psychologische n un d hochpolitische n Gründe, di e de n gegenwärtige n unerträgliche n Druc k au f da s deutsch e Wirtschaftsleben bedingen , abe r di e Fortführun g de s bestehende n Defla ­ tionsdruckes würd e eine n unheilvolle n Fehle r bedeuten, wen n die Notwen­ digkeit für ein e solche eindrucksvolle Demonstration vorbe i ist.« (Hervorhebun g K. B.) 1 6 III 1. Tabell e 1 stellt das System von offenstehenden Handlungsmöglichkei ­ ten (und Entscheidungsnotwendigkeiten) zusammenfassen d dar . Mi t Hilf e dieser Übersich t könne n wi r sowoh l di e verschiedene n zeitgenössische n Empfehlungen genaue r charakterisiere n un d ihr e Eigentümlichkeite n erkennen al s auc h di e konkrete n Entscheidunge n ausmachen , di e de n tatsächlichen We g bestimm t haben . Ferne r könne n wi r anhan d diese r Übersicht aber auch Überlegungen darüber anstellen, wa s man in Deutsch­ land zweckmäßigerweis e hätt e tu n könne n - unte r dan n freilic h nähe r z u beschreibenden Annahme n übe r di e Wirksamkei t de r Maßnahmen . Den Ker n mußte n wechselkurspolitisch e Grundentscheidunge n bilden , d.h . Entscheidungen übe r da s Wechselkurssystem , i n de m di e Reichsmar k künftig gehandel t werde n sollte ; un d wen n ma n sic h fü r stabil e Wechsel ­ kurse entschied , s o wa r z u entscheiden , o b di e alte n ode r neu e Paritäte n gelten sollten . Zu diesen Grundentscheidunge n mußte n Zusatzentscheidunge n kommen . 1. Wollt e ma n sic h fü r ein e Freigab e de s Reichsmarkkurse s (gegenübe r welchen Währungen auc h immer) entscheiden , wa r ins Auge zu fassen, o b das Floaten frei sein sollte oder ob es ein »schmutziges Floaten« i m Rahmen einer »manage d currency « gebe n sollt e mi t de m Zie l eine r gewisse n faktischen Stabilitä t ode r politisc h veranlaßte n Kursveränderungen . 2 . D a Deutschland bereit s sei t de m 19 . Juli 193 1 übe r ein e Devisenbewirtschaf ­ tung verfügte , wa r immer mi t zu entscheiden, o b in Zukunft di e Devisen ­ bewirtschaftung aufgehobe n werde n könnte und sollte, oder ob sie fortbe­ stehen oder gar verschärft werde n sollte 16a. I n diesem Zusammenhang wa r auch z u entscheiden , o b de r Verkau f vo n Gol d au s de m Inlan d völli g 210 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Tabelle 1: Übersicht über die währungspolitischen Handlungs ­ möglichkeiten in Deutschland 1931/32 De- Still­ Gold­ visen- halte- M o ­ em­ ab­ berato­ bargo? wirt- kom­ rium? schaf- men? tung?

Gold

$, ffr . u. ähnlich e

u. ähnlich e

Bei flexiblen Kursen: gesteuertes Floaten?

I

stabil verändert

stabil unverändert

stabil unverändert

_

ja/ nein

ja/ nein

ja/ nein

ja/ nein

11

stabil verändert

stabil verändert

stabil verändert

_

ja/ nein

ja/ nein

ja/ nein

ja/ nein

III

stabil unverändert

stabil unverändert

stabil unverändert

_

ja/ nein

ja/ nein

ja/ nein

ja/ nein

IV

stabil unverändert

stabil unverändert

flexibel

_

ja/ nein

ja/ nein

ja/ nein

ja/ nein

V

stabil verändert

stabil verändert

flexibel

ja/nein

ja/ nein

ja/ nein

ja/ nein

ja/ nein

VI

flexibel

flexibel

stabil unverändert

ja/nein

ja/ nein

ja/ nein

ja/ nein

ja/ nein

VII

flexibel

flexibel

stabil verändert

ja/nein

ja/ nein

ja/ nein

ja/ nein

ja/ nein

VIII

flexibel

flexibel

flexibel

ja/ nein

ja/ nein

ja/ nein

ja/ nein

ja/ nein

ja/ nein

ja/ nein

ja/ nein

RM-Kurse gegenübe r

Fall

Nr.

IX

Ersatz- und/ode r Zusatzabwertun g durch zoll - un d steuerpolit . Maßnahme n in Kombinatio n mi t I-VII I

X ja/nein

verboten werden (Goldembargo) , ob er der Zentralbank vorbehalten wer­ den oder ob er überhaupt frei bleiben sollte. 3. Da am 19. August 1931 ein Stillhalteabkommen übe r kurzfristige deutsch e Auslandsverbindlichkeite n und Kreditlinien von Banken abgeschlossen worden war, da s den Schuld­ nern a m organisierte n Mark t eine n gewisse n Kündigungsschutz , Zah ­ lungsaufschub fü r fällige Rückzahlungen un d Zinsen sowie die Erhaltung gewisser Kreditlinien (für neue Engagements) sicherte, war zu entscheiden, wie in Zukunft mi t diesem - befristete n - Stillhaltebloc k z u verfahren sei. Gegebenenfalls mußte bei NichtVerlängerung des Abkommens (tatsächlich hat da s Kreditabkommen vo m Januar 193 2 eine Verlängerun g gebracht ) ein Moratorium verhängt werden. Die Frage eines Moratoriums blieb für die außerhalb der Stillhaltung verbliebene n Kredite ohnehin anhängig . 2. De r Konstruktio n de r Fäll e lieg t di e Situatio n a b Septembe r 193 1 unter Einschluß eine r Streubreit e gewisse r vernünftige r Erwartunge n zu211 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

gründe, fü r di e in den zeitgenössischen Quelle n Anhaltspunkt e gefunde n worden sind. Dabei unterscheiden sich die Fälle I bis III von den Fällen IV bis VIII. Während di e Fälle IV bis VIII Wege beschreiben, di e allein von deutschen Entschlüssen abhingen (bei Geltung der zu benennenden Erwar­ tungen), erfasse n di e Fälle I bis III entweder ein e konzertierte Aktio n der Hauptwährungen (Fal l I) oder eine andere Form der Rückkehr des Pfundes zum Goldstandard (Fäll e II und III). Mit Ausnahme der eben erwähnten Änderungen der Wechselkurspolitik Englands un d der in Fall I erwähnten konzertierte n Aktio n liege n de n zu diskutierenden Handlungsmöglichkeite n di e Erwartungsannahme n zu ­ grunde, e s werde sic h a n der wechselkurspolitische n Grundentscheidun g der US A un d Frankreich s (un d ähnliche r Gold-Länder ) einerseit s un d Großbritanniens (un d der allein oder mit dem Pfund floatenden Währun­ gen) andererseit s nicht s ändern . Dies e Unterscheidun g entsprich t de r damaligen Realität . I m September/Oktober 193 1 ist noc h verbreite t ein e Rückkehr Großbritannien s zum Goldstandard erwarte t worden , währen d man ei n Abgehe n Frankreich s un d de r US A vo n de r Goldparitä t fü r unwahrscheinlich gehalte n hat 17. 3. Die in der Tabelle als Fall I beschriebene Handlungsmöglichkeit eine r konzertierten Aktion , a n der auc h Deutschlan d hätt e teilnehme n sollen , scheint i n de r konkrete n Situatio n nac h der Pfundfreigabe i m Septembe r 1931 an sich nicht meh r aktuel l gewese n z u sein; abe r hie r spiel t un s die Realität eine n Streich . Tatsächlic h is t noc h nac h de r Pfundfreigab e ei n Vorschlag au f höchste n Ebene n erörter t worden , de r diese m Fal l ent ­ spricht. All e Goldwährungen sollten den Goldpreis im gleichen Verhältnis ändern (50prozentig e Abwertung) , s o daß die intervalutarischen Relatio ­ nen unveränder t bleibe n sollten , un d Großbritannie n sollt e sic h dan n wieder (zu m alte n intervalutarische n Kur s gegenübe r de m Dollar? ) dem Goldstandard-System anschließen . Der prominenteste Vertreter dieses Plans war der General Manager der B.I.Z. i n Basel , Quesnay , de r ih n End e Septembe r be i verschiedene n Anlässen erläuter t un d dami t einige s Aufsehe n un d auc h Verwirrun g erzeugt hat . Ma n vermutete zunächst , de r Pla n sei mit der französische n Regierung un d der Ban k vo n Frankreic h abgestimm t ode r gäbe die offi ­ zielle Meinun g de r B.I.Z . wieder . Beide s war , wi e sic h dan n schnel l herausstellte, nich t de r Fall . A m 26 . September 193 1 berichtet e Reichs ­ bankpräsident Luther im Reichskabinett von dieser Idee und erläuterte die damit verfolgten Absichte n (erhöht e Preise durch stärkere Notenausgabe­ möglichkeit, vo r allem in jenen Ländern, in denen feste Deckungsgrenzen bestanden - wa s für Deutschland nicht mehr zutraf). Man mußte den Plan in dieser Sitzung, di e der Vorbereitung de s für den nächsten Tag erwarte­ ten Besuchs des französischen Ministerpräsidenten und des Außenministers diente, besprechen, weil man damals noch eine französische Unterstützun g 212 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

der Idee n vo n Quesna y vermutete . Allerding s enthäl t da s Protokol l de r Kabinetts-Sitzung vo m 26. 9 . keinen Hinweis auf diesen Beratungspunkt 18. Wir verdanke n Nachrichte n hierübe r de n Tagebüchern vo n Staatssekretä r Hans Schäffe r (Reichsfinanzministerium) , de r nac h de r Wiedergab e de s Berichts vo n Luthe r wi e folg t fortfährt : »E r selbs t (Luther , K . B. ) hab e diese Sach e zunächst al s ›gallischen Zaube n bezeichnet , un d abgelehnt, di e Sache zu verfolgen . Ic h (Schäffer , K . B. ) halt e di e Angelegenheit fü r seh r bedeutsam, zuma l si e au f lang e erwogene n Pläne n beruhe . Di e englisch e Pfundentwertung könnt e au f dies e Weis e wiede r aufgehol t werden . Ebenso äußert sic h Trendelenburg (Staatssekretä r i m Reichswirtschaftsmi ­ nisterium, mi t de r Wahrnehmun g de r Ministergeschäft e beauftragt , K. B.).« 19 Die Sach e is t dan n noc h etwa s weite r z u verfolgen , zuma l sic h de r Delegierte der Reichsbank bei der B.I.Z., Reichsbankdirekto r Fran z Hülse, in einem Schreibe n a n Luther vo m 30 . Septembe r 193 1 noch seh r fü r de n Quesnay-Plan ausgesproche n hat . Da s Mitglie d de s Reichsbank-Direkto ­ riums Wilhelm Vock e hat seine Gedanken über den Plan in einem umfang ­ reichen Papie r dargelegt , da s a m 2 . Oktobe r sowoh l a n Kar l Blessin g (ebenfalls fü r di e Reichsbank i n Basel tätig) , al s auch an den Staatssekretä r in de r Reichskanzlei , Herman n Pünder , geschick t worde n ist . Vock e kommt, di e Vor- und Nachteile abwägend, z u einem insgesamt negative n Votum (un d ma n wir d sic h de m anschließe n dürfen) 20. Von deutsche r Seit e hatt e sic h scho n vo r de r Pfundfreigab e W . Woy ­ tinsky fü r ei n abgestimmte s Projek t de r Reflatio n au f dem Weg e über di e gemeinsame Anhebun g de s Goldpreises ausgesproche n - abe r keinen We g für autonome s Handel n Deutschland s zu r Preisanhebun g i m Inner n gese ­ hen21. Auch R. Dalber g hat die Möglichkeit einer konzertierten Abwertun g gegenüber de m Gol d in einer am 3. Oktobe r 193 1 Reichskanzler Brüning , dem Reichsbankpräsidente n un d de n zuständige n Reichsminister n zuge ­ stellten Denkschrif t beschrieben 22. Ic h nenn e diese n Vorschla g »Dalber g Plan A « zu m Unterschie d vo n zwe i andere n Vorschläge n vo n ihm . Nac h der Pfundfreigab e formuliert , lie f der Pla n darau f hinaus, da ß all e Lände r erst eine feste Paritätenbindun g a n das Pfund suche n sollte n und daß dan n das Pfun d - be i etw a 2 0 Prozen t Entwertun g gegenübe r de m Gol d ­ stabilisiert werde n sollte . Dalber g erwartete , da ß di e Entwertun g eine n Preisanstieg u m 20 Prozent bringen werde, der-vorausgesetzt ma n könnte überall di e Nominallöhne stabil halten - de n Konjunkturaufschwung brin ­ gen sollte . Realistischerweis e schließ t Dalber g abe r a n den Entwur f diese s seines Planes, de n ich A nenne, eine n andere n Vorschlag (Dalber g Pla n B) an, de r de m Fal l VI unserer Tabell e entspricht 23. 4. Fal l II sieht wi e de r üblich e Abwertungsfal l i n eine m Syste m feste r Wechselkurse aus . Deshal b konnt e e s ihn nach de r Pfundfreigabe s o nicht geben. Abe r die s wäre der Platz, ein e Bemerkung einzuordnen , di e sich in 213 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Brünings Memoire n findet. E r berichtet vo n Überlegunge n verschiedene r Art bereit s i n de n erste n Septemberwoche n (als o vo r de r Pfundfreigabe ) und notier t i n diese m Zusammenhang : » . . . da ß ic h mi t Luthe r di e geheime Abred e hatte, ein e zwanzigprozentige Abwertun g de r Mark nach Streichung de r Reparationen vorzunehmen.« 24 Mi r is t dies ein Rätsel. Wi r finden keinerlei Spiegel-Nachrich t vo n Seiten Luthers und keinen Hinwei s in de n herangezogene n Quellen . Di e Logi k alle r sonstige n Äußerunge n Brünings sprich t eigentlic h dagegen , da ß e r ein e solch e Ide e vo r de r Pfundfreigabe gehab t habe n kann . 5. Doc h läß t sic h de r Fal l II auch i n di e Realitä t de r Pfundfreigab e einordnen, wen n ma n ihn nicht als einen ursprünglichen sonder n al s einen Folgeweg deutet . Wen n nämlic h nac h eine r Abwertun g de r Reichsmar k gegenüber dem Gold und den Goldwährungen (Fal l V) das britische Pfund wieder stabilisier t worde n wäre , wär e ma n i n ein e solch e Konstellatio n gelangt, wi e sie Fall II bezeichnet- vorausgesetzt, de r Wechselkurs der RM gegenüber de m Pfun d wär e dan n nich t de r gleich e gewese n wi e vo r de m 21. Septembe r 1931 . Wi r wisse n heute , da ß da s Pfun d nich t stabilisier t worden ist. Abe r die Ansichten der Experten über die Zukunft de s Pfunde s gingen vo n Septembe r bi s Dezembe r 193 1 noc h wei t auseinander ; un d viele erwarteten , da ß da s Pfun d bal d zu m Goldstandar d zurückkehre n würde (allerding s au f niedrigerem Kursniveau) . De r vo n R . Dalber g un d W. Grävel l (anonym ) veröffentlicht e Devalvationsvorschla g vo m 11. Dezembe r 193 1 (ic h nenn e ih n de n Dalber g Pla n C ) entsprich t de m Fall V mit de r Erwartun g de s Übergang s zu m Fal l II25. Mit de n Vorschlägen nac h Fallar t II und V hat sich Ernst Wageman n i n seinem Artikel vo m 2. Dezembe r kritisch auseinandergesetzt un d das Fazit gezogen, da ß ein e Abwertun g (Devalvation ) nich t empfohle n werde n könne. Manch e seiner Argumente ließe n sic h auch auf die Fälle VI bis VIII anwenden, abe r e s scheint, da ß Wagemann di e Möglichkeit, de n Kurs der RM fre i schwanke n z u lassen , fü r s o phantastisch gehalte n hat , da ß er si e keiner eigene n Betrachtun g unterzoge n hat . E r erwähn t si e nu r i n de r Einleitung zu m Zweck e de r genauere n Definitio n de s Begriff s Devalva ­ tion26. 6. I n eine r vollständige n Übersich t übe r di e wechselkurspolitische n Handlungsmöglichkeiten i m Herbs t 193 1 dar f de r Fal l III nicht fehlen , obgleich e r in rückschauender Betrachtun g weni g wichti g erscheint . Abe r seinerzeit haben viele Experten gena u diese Möglichkeit seh r ernst genom ­ men, da ß nämlic h da s Pfun d di e Phas e de s Floaten s alsbal d mi t eine r Stabilisierung (au f niedrigere m Niveau ) beende n werd e un d di e andere n Währungen zum alten Kurs am Gold verbleiben würden. Derartig e Erwar ­ tungen konnte n sic h ja auc h auf die Pressemitteilung de r britischen Regie ­ rung vo m 20 . Septembe r 193 1 zu r Suspensio n vo n Untersektio n 2 de s 214 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Gold Standar d Ac t berufen , di e mi t de r Formulierun g endete : » . . . an d there i s n o doub t tha t th e presen t exchang e difficultie s wil l prov e onl y temporary.« 27 Auc h di e britische n Botschafte r i n de n große n Partnerlän ­ dern habe n be i ihre n Interpretatione n de n Regierunge n de n Eindruc k vermittelt, e s handel e sic h nu r u m ei n temporäre s Floaten . Unte r diese n Umständen war es naheliegend, da ß allüberall darüber nachgedacht wurde, welches schließlic h de r endgültig e Abwertungssat z sei n werde . I m Sep ­ tember un d Oktobe r rechnet e ma n i m allgemeine n noc h mi t maxima l 1 0 bis 1 5 Prozent 28 - ein e fü r nich t allz u gefährlic h gehalten e Korrektur . 7. Fal l IV ist - zumindes t i n seinem wechselkurspolitische n Ker n (ohn e die noc h z u erörternde n Zusatzentscheidunge n de r letzte n Spalte n de r Tabelle) - de r tatsächlic h beschritten e Weg , den n die Goldparität is t nicht verändert worden , Dollar , Fran c un d ander e Goldwährunge n bliebe n bei der Parität , un d da s Pfun d wi e ander e Währunge n floatete weiterhi n Allerdings ga b es in Deutschland zumindest Plän e und auch einige beschei dene Ansätze für eine Kombination vo n Fall IV und Fall IX im Sinne eint »Ersatzabwertung«. Darau f ist unte n zurückzukommen . 8. Wi e scho n obe n erwähnt , ha t R . Dalber g i n seiner Denkschrif t vo m 3. Oktobe r 193 1 al s eine n zweite n (un d woh l auc h realistischeren ) We g etwas beschrieben , wa s de m Fal l VI entspricht (Dalber g Pla n B) . De r Übergang zu m Pfundstandar d is t seinerzei t auc h vo n andere n al s nützlicl und nöti g bezeichne t worde n (wen n e s die s ist , wa s ma n meinte , wen n man empfahl , »de m Pfun d z u folgen « - i m andere n Fall e wär e es um den Weg VIII gegangen). Be i de r Empfehlung , di e Reichsmar k mög e i n ei n festes Kursverhältni s zu m (floatenden ) britische n Pfun d treten , gin g ma n meist vo n de r Vorstellun g aus , da ß de r alt e RM/Pfund-Kur s vo n 20,42 9 RM herrsche n sollte, der dann von der Reichsbank hätte in ähnlicher Weise gehalten werde n müsse n wi e tatsächlic h de r Dollarkurs . R. E . Lük e ha t jedoch mitgeteilt , Englan d se i seinerzei t i m Prinzi p fü r ein »Mitgehe n Deutschlands « gewese n un d hab e di e deutsch e »Abwer ­ tung« gewünscht , »abe r nicht im gleichen Verhältnis wie England« 29. De m hätte man von Seiten Deutschlands dadurch Rechnung trage n können, daß 1. Deutschlan d de n Gold-/Dollar-Standar d verlie ß un d zu m Pfun d über ­ ging (als o de n Pfundkur s stabilisierte) , abe r zugleic h di e Reichsmar k gegenüber de m Pfun d aufwertet e (i m Vergleic h u m Kur s bi s 21. 9. 1931 ) oder 2 . da ß e s den Kur s der Reichsmar k zwa r fre i gegeben , dan n abe r im Bedarfsfall mi t de m Zie l intervenier t hätte , eine n bestimmte n Aufwer ­ tungssatz gegenüber de m Pfund einzuhalte n (Fal l VIII mit Zusatzannahm e über den Charakter des Floatens). Man kann die Möglichgkeit 2 . (als o VIII mit Interventionen ) vo n vornherei n ausschließen , wei l di e Reichsbank ga r nicht di e Mittel gehab t hätte, de n Kurs in dieser Weise zu manipulieren 29*. Aber auc h di e Möglichkei t 1 . scheint rech t künstlic h gewähl t z u sein ,

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obgleich Kanad a sic h fü r diese n We g entschiede n hat , u m zwische n de n beiden Übermächte n Dolla r un d Pfun d z u lavieren . Deutschlan d hätt e zwischen alle n Stühle n gesesse n un d weder di e Vorteile de r einen noch die der anderen Entscheidung genossen , dabe i alle politischen Risiken getrage n und sic h zudem weitgehen d hinsichtlic h de s Erfolges vo n England abhän ­ gig gemacht . E s wa r ja nich t auszuschließen , da ß de r Kur s de s Pfunde s wieder hinaufging (wi e er es im Frühjahr 1932 tat) und daß gar am Ende für die Reichsmark ein e Aufwertung gegenübe r Dollar und Franc herauskom­ men konnt e - ode r ei n nu r minimale r Abwertungssatz . 9. Die Fälle VI bzw. VII sind für den Historiker von größerem Interesse, weil e s offenbar dies e Weg e waren , au f die mitzukomme n Deutschlan d darf ma n de n Quelle n glaube n - wiederhol t auc h vo n britische r Seit e eingeladen worde n ist . Ohn e genauer e Kenntni s de r britische n Quelle n kann man zur Zeit freilich noc h nicht abschätzen , wi e ernst solche Bemer­ kungen jeweil s gemein t gewese n sind . Nac h Lag e de r Ding e sollt e da s britische Interess e daran , da ß Deutschlan d sic h de m Pfun d (ga r zu m alten Kurs) anschloß , nich t hoc h veranschlag t werden . Sollt e e s überhaup t s o etwas gegeben haben, mu ß sich das Werben in Grenzen gehalten haben. Ich halte e s z . B. fü r bezeichnend, da ß de r Vize-Gouverneu r de r Ban k vo n England, Si r Ernes t Harve y (de r i n Abwesenhei t vo n Montag u Norma n die Bank während der entscheidenden Phas e der Pfundfreigabe leitete) , den britischen Beschluß , da s Pfund vo n Gold und Dollar zu lösen, zwa r bereits am 19 . Septembe r 193 1 mit de m Gouverneur de r Federal Reserv e Bank in New Yor k besproche n hat , da ß abe r di e Deutsch e Reichsban k ers t a m (Sonntag-)Morgen de s 20 . Septembe r unterrichte t worde n ist . Dan n scheint abe r tatsächlic h Harr y A . Siepman n (ei n Adviso r t o the Governor der Ban k vo n England ) de n Reichsbank-Vizepräsidente n Dreys e (Luthe r war au f einem Kurzurlau b un d ka m ers t nachmittag s i n di e Ban k zurück ) gefragt z u haben, »o b man nicht die deutsche Mark a n das Pfund anhänge n wolle« 30 . Diese meh r ode r wenige r vorsichtig e Erkundigun g is t vermutlic h vo n Schäffer auc h zur Kenntnis der amerikanischen Botschaf t gegebe n worden . Zwar trägt Schäffe r a m 23. Septembe r 193 1 in sein Tagebuch lediglich ein, daß er auf Anfrage au s der US-Botschaft zu r Frage der deutschen Kursfrei ­ gabe erklär t habe , »da ß Reichsban k un d Reichsregierun g de n Wille n hätten, di e Mark festzuhalten un d die Handelskonkurrenz auf andere Weise zu bekämpfen« 31. Abe r wir erfahren au s einem Telegramm de s amerikani­ schen Botschafter s Sacket t a n de n U.S . Außenministe r vo m 23 . Septem ­ ber, da s wege n seine r Bedeutun g auc h a n da s Weiß e Hau s weitergeleite t worden ist , nich t nu r dies e Meldung sonder n zusätzlich : »Fo r you r confi ­ dential information . I learn fro m a high governmen t treasur y offícia l tha t on Sunda y mornin g Septembe r 20t h th e Ban k o f Englan d requeste d th e Reichsbank t o join Englan d i n foresakin g th e gold Standard . Thi s reques t 216 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

caused th e Reichsban k t o conside r th e matte r wit h th e resul t a s indicate d above.« 32 Für di e Vermutung , di e britisch e Regierun g hab e sic h au f irgendeine m Kanal für eine Änderung de r deutschen Wechselkurspolitik ausgesprochen , gibt e s bislang keine n Anhaltspunkt . I m Grunde wär e die s angesichts de r Interessenlage England s auc h ein e rech t verwunderlich e Position . Vie l plausibler is t di e Haltung , di e Si r Frederi c Leit h Ros s (Treasury ) a m 30. Septembe r 193 1 gegenübe r de m Abteilungsleite r Centra l Europ e i m Foreign Office , Sargent , einnahm : »I do no t thin k tha t w e nee d urg e Germany t o follo w us ; they wil l probabl y hav e to in the long ru n but th e longer the y ca n kee p themselve s o n th e gol d Standar d s o muc h th e better for ou r exports.« 33 I n der veröffentlichten diplomatische n Korresponden z zwischen de r britischen Botschaf t i n Berli n un d London gib t e s denn auch eher Anzeichen dafür, da ß man die Fortsetzung de r deutschen Politik zwa r skeptisch beobachtete , di e Währungspoliti k jedoc h nich t i n ein e ander e Richtung z u lenke n suchte . Allerding s ha t dan n i m Februa r 193 2 de r Vizepräsident de r Reichsbank Dreys e in einem Brief an Ministerialdirektor Dr. Dieckhof f i m Auswärtige n Am t eine r damalige n Interpretatio n de r Reichsbankpolitik durc h Leit h Ros s de n folgende n Sin n gegeben : »Viel ­ leicht lieg t hinte r de n Ausführunge n vo n Leit h Ross , de r j a de n obe n dargelegten Dinge n infolg e seine r Beziehunge n zu r Ban k o f Englan d verstandesmäßig ziemlic h nah e steht , meh r al s sein e Wort e z u sage n schienen (ic h denk e a n ei n kaschierte s Werbe n fü r de n Eintrit t i n de n ›Sterling-Club‹). . .« 33a Abe r dies scheint doc h allzu fein gesponne n gewe ­ sen z u sein , al s da ß ma n darau f di e Thes e eine r - j a auc h rech t späte n britischen Werbun g stütze n könnte . Auf keinem festere n Grun d stehe n wi r auc h hinsichtlich de r von Luthe r in seinem autobiographische n Wer k angedeutete n Empfehlun g de r B.I.Z., wo - z u de n Beschlüsse n de r deutsche n Regierung , de m Pfun d nich t z u folgen - »seh r eindringlich de r gegenteilige Standpunk t vertreten « worde n sei34. Zwa r gib t e s Anhaltspunkte dafür , da ß di e nach Base l abgeordnete n Angehörigen de r Reichsbank, F . Hüls e und K. Blessing , sic h dafür ausge ­ sprochen haben 35, abe r da s ware n kein e offizielle n Stellungnahme n de r B.I.Z. De m gegenüber ergibt sich aus den Tagebüchern vo n Hans Schäffer über die Stimmun g i n der B.I.Z. anderes . A m 23. Septembe r ha t F. Hüls e mit dem Reparationsreferenten i m Reichsfinanzministerium Berge r telefo ­ niert, de r Schäffe r davo n berichtet hat: »Hüls e hat Berger gesagt , da ß ma n in Base l de r Überzeugun g sei , wi r dürfte n nich t mi t Englan d gehen , wei l die Stabilität unser e einzige Stütz e sei.« 36 Mir erschein t die s im Gesamtzu­ sammenhang un d in Kenntnis anderer Darstellungen au s Basel weit glaub ­ hafter al s di e Angab e vo n Luther . Allerding s mu ß ma n berücksichtigen , daß e s i m Sta b de r Basele r Ban k Experte n gab , di e di e Lag e ander s einschätzten al s di e Leitungsorgane , au f di e e s hie r abe r ankommt . Si e verteidigten auc h noch während des ganzen Jahres 1932 den Goldstandard! 217 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Auf all e weitere n ernste n ode r tastende n - vielfac h woh l auc h nu r vermuteten bzw . unterstellte n - Versuch e von ausländischer, insbesonder e britischer Seite , di e Deutsche n auc h späte r noc h fü r de n Pfundclu b z u werben, kan n hie r nich t weite r eingegange n werden . Nu r di e auc h in der Standardliteratur enthalten e Darstellung , selbs t de r Gouverneu r de r Ban k von England , Montag u Norman , hab e Deutschlan d ein e Abwertun g (Anschluß a n das Pfund?) empfohlen , sol l hier noch kurz erörtert werden . Montagu Norma n ha t gewiß auc h während der Londoner Konferen z nach der Juli-Kris e mi t deutsche n Partner n di e Frag e eine r Suspensio n de r Goldeinlösungspflicht un d der Mindestgold-Deckungs-Bestimmungen de r Reichsmark erörter t (di e ja - wi e oben berichtet - auc h ausführlich au f der Konferenz verhandel t worde n ist ) un d ga r ei n Auslandsmoratoriu m fü r einen nötige n un d mögliche n We g gehalten . Hierübe r berichte n überein ­ stimmend Schäffe r un d (aufgrun d eine s Telephonates mit dem der Londo­ ner Delegation angehörende n Vocke ) auch Luther. Be i Luther erfährt ma n darüber hinaus : »E s wär e auc h vo n eine r eventuelle n Suspensio n de r Noteneinlösung gesproche n worden . Spragu e (amerikanische r Berate r der Bank von England, K.B. ) habe geäußert, da ß eine gewisse Entwertung de r Mark i m Ausland , vielleich t vo n 1 0 Prozent , i n solche m Fall e eintrete n könne.« Be i Schäffe r lies t e s sich wie folgt : »E s bleibe, wen n da s Auslan d weiter abzöge , ei n Auslandsmoratorium . Da s se i auc h da s einzige , woz u Herr Spragu e al s Notmitte l gerate n habe ; abe r da s werd e unsere n Auslandskredit auf lange zerstören. «37 Sollte das eine Empfehlung gewese n sein? In den entscheidenden Tagen der britischen Pfundfreigabe kan n Norman dann keine n Ra t a n Deutsch e erteil t haben , wei l e r sic h au f der Rückreis e von eine m Erholungsaufenthalt au f See befand un d erst am 28. Septembe r 1931 wiede r sein e Amtsgeschäft e aufnahm 38. A m 11 . /12. Oktobe r ha t Norman H . Luthe r i n Base l be i de r B.I.Z . getroffen . Hie r - rech t spä t könnte e r Empfehlunge n a n Luther gegebe n haben , übe r di e e s allerdings keinen sonstige n Bele g gibt . I n eine r ausführliche n Aufzeichnun g Hilge r van Scherpenberg s (Legationsra t a n de r Deutsche n Botschaf t i n London ) über ein Gespräch mit Montagu Norma n am 19 . Oktobe r 193 1 in London ergibt sic h allerdings , da ß Norma n z u diese m Zeitpunk t noc h glaubte , Deutschland werd e innerhal b wenige r Woche n di e Goldparitä t aufgebe n müssen: »Her r Reichsbankpräsident Luthe r habe diese Frage ausführlich i n Basel mi t ih m besprochen , un d wen n e r auc h zugebe , da ß infolg e de r disziplinierten Haltun g de r deutsche n Bevölkerun g i n Deutschlan d man ­ ches möglich sei, was sich anderwärts nicht durchführen lasse , so sei es ihm doch nich t geglückt , di e sachliche n Gründ e fü r de n verhältnismäßige n Optimismus der Reichsbank zu erkennen. «39 Das würde noch immer nicht die Überlieferun g eine s Rate s Norman s (wen n auc h eine s relati v späten ) bestätigen, ih r abe r auc h nich t widersprechen . Allerding s widersprich t dem dan n doc h ein e spätere Aufzeichnun g de s Mitglieds de s Reichsbank 218 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Direktoriums W . Vock e übe r ei n Gespräc h mi t M . Norma n a m 3 . 12 . 1931. Vock e schilder t di e Besprechun g übe r di e Wahrscheinlichkei t eine r Stabilisierung de s Pfunde s (Norma n wil l nich t stabilisieren ) un d schreib t dann: »Norma n betont e beiläufi g erneu t (Hervorhebun g K . B.) , da ß e s ganz selbstverständlich richti g vo n der Reichsbank gewesen sei, die Reichs­ mark à tout pri x vollwerti g z u erhalten un d e r wünschte, da ß wi r unser e ganze Kraf t einsetzten , un d da ß uns die s auc h weite r gelinge n möge.« 40 Damit sind wir aber noch nicht ganz am Ende der Besprechung de r Fälle VI und VII, also de s Übergang s zu m Pfundstandard . Den n e s mu ß noc h von eine m mysteriösen , bislan g nich t beschriebene n Vorgan g berichte t werden: A m 15 . Januar berichtet e de r britisch e Botschafte r i n Berlin , Si r Horace Rumbold , vo n eine m Gespräc h mi t Brünin g na'c h Londo n u.a. : »Finally, I referred t o a lecture which Mr. Keyne s had recently delivere d at Hamburg i n which he had spoken of the United Kingdom having gon e off the gol d Standar d an d ha d invite d German y t o join wha t h e calle d th e )Sterling Club‹ . Dr . Brünin g sai d thi s wa s quit e ou t o f th e question . I understood hi m t o say tha t i f the pound Sterlin g appreciate d considerabl y in terms of marks, perhap s to 18, there might be a possibility o f linking the German currenc y t o Sterling , bu t thi s was conjecture , an d h e was merel y expressing a personal opinion. I said, speaking personally, tha t it seemed to me tha t i t woul d b e difficult t o stabilis e th e pound , anyho w befor e ther e had bee n a settlement o f our fiscal polic y an d o f the reparation s an d wa r debts question. «40a Wenn Sir Horace Brüning verstanden hat, so wäre diese Äußerung höchs t interessant , den n si e würd e viele n seh r prinzipielle n Thesen de n Bode n entziehe n un d Brünin g al s einen wei t pragmatischere n Währungspolitiker z u erkenne n geben . Leide r habe n wi r bislan g kein e ähnlich klingende n Äußerunge n au s andere n Quellen , s o da ß e s möglic h bleibt, da ß hie r nu r vo n Brünin g ei n Versuc h unternomme n worde n ist , vom britischen Botschafter etwa s über den geplanten zukünftigen Kur s des Pfundes z u erkunden . 10. De r Fall VIII hat i n der historisch-kritischen Literatur , vo r allem i m Zusammenhang mi t eine r Neueinschätzun g de r Leistunge n eine s System s flexibler Wechselkurse , ein e gewisse Aufwertun g erfahren . Ma n mu ß hier zwei Variante n unterscheiden : 1 . All e Währungen , insbesonder e auc h de r Dollar, verlasse n de n Goldstandar d un d e s herrscht ei n generelle s Syste m flexibler Wechselkurse ; 2 . di e Reichsmar k verläß t - nac h Großbritannie n und andere n Länder n - ebenfall s di e Goldparität , doc h bleibe n Dollar , Franc und andere Währungen beim Goldstandard. E s ist die erste Variante, von de r unte r andere n auc h G . Haberle r annimmt , si e hätte ein e rascher e und wirksamere Überwindun g de r Krise auslösen können 41. I n der zeitge­ nössischen Literatu r finde ich keinen Hinweis , da ß gena u die s seinerzeit in Deutschland ernstlic h vorgeschlage n worde n wär e (wenngleic h ma n nicht ausschließen kann , da ß sic h au s eine r Seri e vo n Schritte n we g vo m Gol d 219 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

schließlich auc h ei n Syste m flexibler Wechselkurs e hätt e herausbilde n können). De r zweite Weg ma g überall dort gemeint gewese n sein, w o man empfahl, Deutschlan d mög e de m Beispie l Großbritannien s folgen , ohn e daß dies zu einer festen Kursbindung zum Pfund-Sterling fuhre n sollte. Die meisten Länder des sogenannten »Sterling-Club « trate n ja ebenfalls nicht in eine förmlich-feste Bindun g zu m Pfund. E s ist auch in diesem Fall schwer auszumachen, we r sich in Deutschland klar, konsequen t un d anhaltend fü r diesen We g ausgesproche n hat . Ums o bemerkenswerte r is t abe r de r Umstand, da ß der Fall VIII vielfach al s abschreckendes Bezugsmodell vo n jenen herangezoge n worde n ist , di e die tatsächliche Politi k vo n Regierun g und Reichsban k verteidigten . Nicht s anderes als den Fal l VIII konnte ma n z.B. unterstellen , wen n ma n eine n »Kursverfal l in s Bodenlose « befürch ­ tete42, der doch bei keinem der Wege I bis VII angenommen werden durfte. Auch scheinen manch e der Befürchtungen, e s könne sich eine Inflation au s dem Experimen t entwickeln , nu r diese n Fal l i m Aug e gehab t z u haben . Jedenfalls is t de r Fal l VIII derjenige, de r ein e relati v stark e - negativ e Propagandawirkung entfalte t un d au f dies e Weis e auc h di e Diskussione n über die anderen Wege dominiert hat , zuma l die ersten öffentlichen Kund ­ gebungen vo n Reichskanzler un d Reichsbankpräsident nac h der Pfundfrei ­ gabe durc h de n Vergleic h mi t de r große n Inflatio n sofor t dies e extrem e Möglichkeit al s die eigentliche Alternative zum Festhalten am bestehende n System (Fall IV) erscheinen ließ 43 . Für eine präzisere Analyse der mutmaßli­ chen Ergebnisse des Weges VIII wäre freilich noc h von besonderer Bedeu ­ tung, sic h hinsichtlic h de r eventuelle n Regelungen , di e i n de n letzte n Spalten de r Tabell e 1 aufgeführt sind , z u erklären . 11. De r We g IX hat i n Deutschlan d eine n wirklic h entscheidende n Ausbau ers t nac h de r nationalsozialistische n Machtübernahm e erfahren . Darauf is t hie r nich t einzugehen . Abe r e r is t auc h scho n vorhe r i n de r Absicht diskutier t worden , di e nich t gewünscht e Änderun g de s Reichs ­ markkurses z u ersetze n durc h Maßnahmen , di e wenigsten s zu m Tei l gleiches bewirken sollten 44. I m Reichskabinett is t im Januar 193 2 diskutiert worden, o b e s nich t möglic h sei , mi t zollpolitische n Mittel n speziell e Aufwertungen de r R M z u korrigieren . Di e Ressort s waren , al s da s Kabi ­ nett di e »Verordnun g de s Reichspräsidente n übe r außerordentlich e Zoll ­ maßnahmen« beriet , unterschiedliche r Meinung , un d die Frage der mögli ­ chen Retorsione n spielt e eine große Rolle 45. Immerhi n wurd e di e Verord­ nung beschlosse n un d a m 18 . Januar 193 2 vo m Reichspräsidente n unter ­ zeichnet. Si e ermächtigt e di e Reichsregierung, »i m Fall e eines dringende n wirtschaftlichen Bedürfnisse s 1 . be i de r Einfuh r vo n Waren , di e au s Ländern stammen , dere n Währun g unte r die Goldparität gesunke n ist , fü r einzelne Waren ode r Warengruppe n Ausgleichszuschläg e z u erheben. . .« . Bereits am 23. Januar 193 2 traten fü r Butter solche Valuta-Ausgleichszöll e in Kraft . Währen d als o auf der Einfuhrseit e scho n gewiss e Ersatzmaßnah 220 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

men ergriffe n un d weiter e in s Aug e gefaß t wurden , verhiel t sic h di e Regierung gegenübe r entsprechende n Maßnahme n au f de r Ausfuhrseit e allerdings passiv. Auch die Spitzengremien des Reichsverbandes der Deut­ schen Industrie , di e a n sic h fü r ein e kräftig e Exportförderun g eintraten , fanden e s schwer, Maßnahme n vorzuschlagen, di e nicht sogleich im Aus­ land als Dumping verdächtigt werden konnten (etwa auch das System der Einfuhrscheine)46. In einer geistreiche n Noti z hat abe r B . Josephy skizziert , wi e ma n mit Hilfe vo n Maßnahme n de s Wege s IX bei gleiche r Wirkun g au f de n Außenhandel um das Problem der Anhebung der Schuldenlast der aus- und inländischen Gold- und Dollarschulden herumkommen könnte. Man hätte »den Goldkur s stabi l notiere n un d ein e Steue r au f Devisenkäuf e mi t entsprechender Prämie auf Exportdevisen kombinieren« können 47. Dies ist ein frühes Beispiel dafür, da ß »Ersatzabwertungen« a n sich Unvereinbares verbinden sollen - ähnlic h wie 1968 in der Bundesrepublik Deutschland im Aufwertungsfall. 12. Damit ist der Überblick über die wechselkurspolitischen Handlungs­ möglichkeiten, als o de s Kern s vo n Tabell e 1 , abgeschlossen . Freilic h wurde scho n erkennbar , da ß di e genannte n Fäll e nicht bewerte t werde n können, wen n man nicht in jedem Fall auch auf die Zusatzentscheidungen am rechte n Ran d de r Tabell e eingeht ; doc h wurd e ein e systematisch e Behandlung noc h vermieden. Si e ist - i n aller Kürze -jetzt nachzuholen . Was hier zunächst als Zusatzentscheidung bezeichnet worden ist, mochte jeweils in speziellen Fällen tatsächlich komplementären Charakter haben spielte abe r i n den Überlegunge n häufi g auc h die Rolle vo n Substituten . Für Großbritannie n stellt e di e Freigab e de s Pfundes ja ausdrücklic h ein e Alternative z u Devisenbewirtschaftung un d Moratorium dar . E s war das besondere Proble m Deutschlands , da ß e s beide s (da s Moratoriu m aller ­ dings nu r fü r di e Reparationsschulden un d bei den kommerziellen Kurz ­ fristkrediten - i n der äußerlich freundlichere n For m des Stillhalteabkom ­ mens) im Septembe r bereits besaß. Wei l di e Reichsmark i m Herbst 1931 schon nich t meh r vol l konvertibe l war , herrscht e hie r nich t jene »Not ­ lage«, di e alle Welt Großbritannien konzedierte48. Devisenbewirtschaftun g und Stillhaltung bzw . Moratoriu m blieben auch in der Folge für Deutsch­ land bestimmend , habe n imme r de n Entscheidungsdruc k au f Regierun g und Reichsbank gemildert. Dies hätte eine Änderung der Wechselkurspoli­ tik in einem viel höheren Maße - al s freiwillige Aktio n - eine m speziellen Legitimierungszwang ausgesetzt . Bemerkenswerterweis e besa ß ja bereit s die Einführun g de r Devisenbewirtschaftun g di e Legitimatio n eine r unzweifelhaft akute n Notlag e i m Juli 1931 . Darüber hinau s wa r si e aber auch legitimiert durc h die Zustimmung, ja gar Empfehlung vo n amerika­ nischer un d britische r Seite , zuma l ma n dor t noc h lang e meinte , da s deutsche Hauptproblem sei die Kapitalflucht 49. 221 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Es hat i n Deutschlan d kein e Stimm e gegeben , di e - be i welche m ins Auge gefaßten wechselkurspolitische n We g auch immer - di e volle Kon­ vertibilität de r R M fü r möglic h gehalte n hat . Di e Fortsetzung de r Kon­ trolle des Devisenverkehrs lag auch allen Vorschlägen einer Abwertung als flankierende Maßnahm e zugrunde, ja si e sollte in mancher Hinsich t noch ausgebaut werden. Man kann allerdings nur relativ vage darüber spekulie­ ren, welch e konkrete Ausgestaltun g si e hätte jeweils finden können. Das große Proble m wa r ja, da ß di e kurzfristig e Verschuldun g an s Auslan d großenteils auf fremde Währung lautete, so daß eine Währungsentwertung allein Kreditabzüge hätte kaum hemmen können - ander s als in England, wo es in der Regel um Pfundkredite ging . I n England hat schließlich eine kräftige Pfundentwertung selbs t dafür gesorgt, daß allzu großes Mißtrauen bestraft wurde . Ob die Einschränkung de r Konvertibilität i n Deutschland nur der Ver­ hinderung vo n Kapitalflucht ode r eines zu raschen Kreditrückzuges hätte dienen müssen oder auch zur Regulierung vo n Handelsbilanzsalden nötig gewesen wäre, is t ohne Erörterung der verschiedenen Wege der Wechsel­ kurspolitik un d de r konkrete n Zielsetzunge n alternative r Strategie n vo n Regierung und Reichsbank nicht auszumachen. Bekanntlich erwies sich die Devisenbewirtschaftung i m Syste m unveränderte r Goldparitä t 1931/3 2 nicht zuletz t wege n de r Deflationspoliti k al s weni g hemmen d fü r di e Einfuhr. I m großen und ganzen konnten bis 1933 die Devisenbedürfniss e der Importeur e imme r befriedig t werden . Darau s kan n abe r nich t de r Schluß gezogen werden, da ß nach einer Entwertung de r Reichsmark noch viel wenige r Grun d zu einer handelsbilanziell motivierte n Einschränkun g der Konvertibilität bestanden haben sollte. Falls gleichzeitig eine Belebung der Binnenkonjunktu r eingesetz t hätt e un d (wi e i n andere n Fällen ) de r Exporterlös nich t entsprechend gestiege n wäre , hätt e auch von der Han­ delsbilanz her ein Devisenproblem entstehe n ode r verstärkt werde n kön­ nen. Alle s i n alle m schein t e s vernünfti g anzunehmen , da ß all e wechselkurspolitischen Weg e i n Deutschlan d auc h weiterhi n mi t eine r Devisenbewirtschaftung hätte n kombiniert werden müssen50. Unter diesen Umständen kan n ma n sich über mutmaßlich e Auswirkunge n vo n Ände­ rungen der deutschen Wechselkurspolitik 1931/3 2 nur äußern, wen n man genauere Angaben darüber macht, wie die Einschränkungen der Konverti­ bilität im einzelnen hätte aussehen können und sollen 50a. In ähnliche r Weis e wir d ma n woh l annehme n müssen , da ß auc h bei jeglicher Entscheidung über die Wechselkurspolitik weiterhin eine Stillhal­ tung de r organisierte n Auslandsgläubige r hinsichtlic h de r kurzfristige n Kredite bzw. ei n faktisches Moratoriu m auf Auslandsschulden angestreb t werden müßte . Damit aber steht schon fest, da ß flexible Wechselkurse in Deutschland nicht das hätten leisten können, was sie schließlich in England bewirkt haben: den automatischen Ausgleich der Zahlungsbilanz (während ja der handelsbilanzielle Effekt in England bemerkenswert gering gewesen 222 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

zu sein scheint). Nieman d i n Deutschland, de r über wechselkurspolitisch e Alternativen nachdachte , ha t diese s al s ein e Möglichkei t betrachtet , Still ­ haltung un d Moratoriu m bzw . Moratoriumsdrohun g z u lockern. Ja, Car l Krämer schlu g demgegenübe r soga r vor , di e Abwertun g mi t de r Ausru ­ fung eine s allgemeinen Moratoriums auf Auslandsschulden zu verbinden51. Sinn diese r Maßnahm e sollt e sein , di e sons t spürbar e Erhöhun g de r Reichsmark-Verschuldung gegenübe r de m Auslan d zunächs t unwirksa m zu machen . I n der Ta t wär e da s ein e (theoretische ) Möglichkei t gewesen , dem seinerzeit fü r sehr ernst gehaltenen Argumen t gege n eine Entwertun g der R M z u begegne n - wenngleic h sic h dami t weiter e Risike n fü r di e deutsche Positio n aufgeta n hätten . Immerhi n zeig t diese s Beispiel , wi e wichtig e s ist, au f die Zusatzbedingungen be i den einzelnen vorgeschlage ­ nen Wege n z u achten . Ob ma n sic h unte r de n scho n geschilderte n Umstände n überhaup t vorstellen kann , da ß e s fü r di e Reichsmar k ei n freie s Floate n hätt e gebe n können? Gewi ß besa ß Deutschlan d i m Herbs t keinerle i Reserven , di e ei n Intervenieren a m Devisenmark t zu r Kursstützun g möglic h gemach t hät ­ ten. Un d o b e s dies e späte r hätt e besitze n könne n (wi e si e Englan d i m Verlauf de s Jahres 193 2 zugeflosse n sind) , is t seh r zweifelhaft . Abe r mi t großer Wahrscheinlichkei t is t wohl anzunehmen , da ß di e Reichsbank sic h bei Freigab e de s Kurse s gena u s o verhalten hätte , wi e diejenige n Zentral ­ banken, dere n Währunge n vo n de r Paritä t gelös t worde n sind , zunächs t gehandelt haben : Si e hätt e vermutlic h wi e di e andere n Zentralbanke n zunächst ein e schar f restriktiv e Geldpoliti k mi t Krisen-Diskontsätze n betrieben, u m ei n z u tiefe s Absacke n de s Kurse s (vo n de m ma n überal l einen Inflationseffek t erwartete ) z u verhindern 52. E s wär e die s vielleich t auch di e einzig e Möglichkei t fü r Deutschlan d gewesen , au f di e ja nich t gänzlich durc h di e Zentralban k z u kontrollierende n Kapitalbewegunge n Einfluß z u nehmen - abe r es hätte genau das verhindert, wa s schließlich der Zweck de r Kursfreigab e hätt e sei n könne n un d sollen : di e Befreiun g de r Geld- un d Kreditpoliti k vo n zahlungsbilanzpolitische n Rücksichten . Genau dies e Funktio n erfüllt e nu n abe r wenigsten s teilweis e scho n di e Einschränkung de r Konvertibilitä t - un d s o beobachten wi r immerhi n i m Dezember 193 1 de n Begin n eine r Politi k de r schrittweise n Senkun g de s Diskontsatzes i n Deutschland , al s England (mi t seine m freie n Kurs ) noc h immer a m Krisenzinssat z de s Septembe r 193 1 festhielt ! Es wär e interessan t darübe r nachzudenken , welch e Wirkunge n di e Wechselkursfreigabe be i fre i floatende n Kurse n fü r Deutschlan d wirklic h gehabt hätte , wen n ma n sic h au f di e obe n skizziert e Möglichkei t de s Versuchs einer zinspolitischen Beeinflußun g de r Kursentwicklung einstell t (und be i Variatio n de r Annahme n übe r Devisenbewirtschaftun g bzw . Moratorien). Bislan g sin d derartig e Scenario s noc h nich t entwickel t wor ­ den. Ic h glaube aber , e s fehlen uns alle Möglichkeiten, di e wahrscheinlich e Entwicklung de s Reichsmark-Kurse s nac h einer Freigab e abzuschätzen . 223 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

IV Es war nich t Zwec k diese r Ausführungen , di e Motiv e de r Handelnde n für ihr e Entscheidunge n ausführlic h z u beschreibe n un d z u diskutieren . Und erst recht war hier kein Raum für eine umfassende Bewertung , zuma l hierfür ers t eine genauere Analyse der komparativen Vorteil e aller denkba ­ ren Weg e nöti g wäre . E s erwie s sic h zunächs t einma l al s notwendig , überhaupt das Feld für eine solche systematische Arbeit zu bereiten und die währungspolitischen Optione n hinreichen d gena u z u kennzeichnen . Doch se i wenigsten s zu m Schlu ß noc h darau f hingewiesen , da ß di e Regierung sic h be i keine m andere n We g auße r de m tatsächlic h gewählte n (Fall IV mit de r Möglichkei t de s Falle s III) auf irgen d ein e relevant e politische Grupp e ode r ein e Grupp e vo n Wissenschaftler n hätt e stütze n können. Da s wa r gan z ander s i n England , w o e s nich t nu r sei t 192 5 Wissenschaftler gegebe n hat , di e die Weisheit de r Stabilität eine s relativ zu hohen Pfundkurses bezweifelten , sonder n auch einflußreiche Politike r un d Männer de s praktischen Wirtschaftslebens , insbesonder e i n der Industri e ja schließlic h selbs t innerhal b de r Ban k vo n England , s o daß nicht einma l die Cit y geschlosse n Widerstan d leistet e gege n das , wa s Car l Melchio r i n einem Gespräc h mi t Han s Schäffer a m 23. Septembe r 193 1 die »Industrie ­ partei« genann t hat 53. Solch e Konstellationen ga b es in Deutschland nicht , nachdem soga r di e Industri e durc h de n Mund ihre s Spitzenverbande s sic h eindeutig fü r di e Aufrechterhaltun g de r Paritä t ausgesproche n hatte 54. Mangels irgen d eine s Druck s i n ander e Richtun g wa r kau m z u sehen , woher Brünin g di e politische Legitimation fü r einen abweichenden Schrit t hätte nehmen sollen 55. Freilich entbindet da s die Historiker nicht, de r Frage nachzugehen, o b es nicht doc h hätt e besse r gemach t werde n können , selbs t wen n ma n aner ­ kennt, da ß Brünin g e s nicht hätt e tun können. Da s ist eine zwar of t durc h Antworten scheinba r scho n erledigte , abe r i m Grund e noc h nich t richti g angepackte Aufgabe . Wi r wisse n allerdings , wa s di e Zeitgenosse n nich t wußten, wen n sic h auc h wenig e Zeitgenosse n s o irrten wi e ei n bedeuten ­ des amerikanische s Gremium , da s Anfan g 193 3 schrieb : »Whe n al l thes e factors ar e balanced agains t eac h other, th e conclusion ma y b e drawn tha t without th e burden of reparation payments Germany ma y be regarded a s a solvent an d goin g concern . . .« 5 6

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Abkürzungsverzeichnis AER America n Economi c Revie w ASG Archi v fü r Sozialgeschicht e BA Bundesarchi v Koblen z BkAr Bank-Archi v CEHE Cambridg e Economi c History o f Europe CJEPS Canadia n Journal o f Economic an d Political Scienc e DBBk Deutsch e Bundesban k EDCC Economi c Developmen t an d Cultural Chang e EEH Exploration s i n Entrepreneurial Histor y EHR Economi c History Revie w El Economi c Journal ESS Encyclopaedi a o f the Social Science s EurEH Europea n Economi c Histor y FA Finanzarchi v GdS Grundri ß de r Sozialökonomi k GuG Geschicht e und Gesellschaf t GWU Geschicht e in Wissenschaf t un d Unterrich t HdFW Handbuc h de r Finanzwissenschaf t HdSt Handwörterbuc h de r Staatswissenschafte n HdSW Handwörterbuc h de r Sozialwissenschafte n HdWSG Handbuc h de r deutschen Wirtschafts - und Sozialgeschicht e HdWW Handwörterbuc h de r Wirtschaftswissenschaf t HJ Historica l Journal HPE Histor y o f Political Econom y HZ Historisch e Zeitschrif t IfK Institu t fü r Konjunkturforschun g Berli n IfZG Institu t fü r Zeitgeschicht e Münche n IWK International e Wissenschaftliche Korresponden z zur Geschichte der Arbei­ terbewegung JEH Journa l o f Economic Histor y JEL Journa l o f Economic Literatur e JMCB Journa l o f Money, Credi t an d Bankin g JNSt Jahrbüche r fü r Nationalökonomi e un d Statisti k JPE Journa l o f Political Econom y JSW Jahrbuc h fü r Sozialwissenschaf t JWG Jahrbuc h fü r Wirtschaftsgeschicht e KuK Kredi t un d Kapita l NA Nationa l Archive s Washingto n N.F, Neu e Folg e NL Nachla ß

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NWB Neu e Wissenschaftliche Bibliothe k OEP Oxfor d Economi c Paper s ORDO Ordo . Jahrbuch fü r di e Ordnun g vo n Wirtschaft un d Gesellschaf t PA Politische s Archi v de s Auswärtigen Amte s Bon n Pap.a.Proc. Paper s and Proceeding s PRO Publi c Recor d Offic e Londo n QJE Quarterl y Journal o f Economics RES Revie w o f Economics an d Statistic s RGB1 Reichsgesetzblat t Schjb Schmoller s Jahrbuch fü r Wirtschafts - un d Sozialwissenschafte n SchVfSp Schrifte n de s Vereins fü r Socialpoliti k SEJ Souther n Economi c Journal SP Sozial e Praxi s SR Socia l Researc h StatBA Statistische s Bundesam t StatRA Statistische s Reichsam t Stjb Statistische s Jahrbuch (fü r di e Bundesrepubli k Deutschlan d bzw . fü r das Deutsche Reich ) SVR Sachverständigenra t zu r Begutachtun g de r gesamtwirtschaftliche n Ent ­ wicklung TG Technikgeschicht e VKf Vierteljahresheft e zu r Konjunkturforschun g VfZ Vierteljahresheft e fü r Zeitgeschicht e VjhStDR Vierteljahresheft e zu r Statisti k de s Deutschen Reiche s VSWG Viertel)ahrschrif t fü r Sozial - und Wirtschaftsgeschicht e WA Weltwirtschaftliche s Archi v WD Wirtschaftsdiens t WiSta Wirtschaf t un d Statisti k ZAA Zeitschrif t fü r Agrargeschicht e un d Agrarsoziologi e ZfGS Zeitschrif t fü r di e Gesamte Staatswissenschaf t ZPStB Zeitschrif t de s Königlich Preußische n Statistische n Bureau s ZStA Zentrale s Staatsarchi v Potsda m ZUG Zeitschrif t fü r Unternehmensgeschicht e

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Anmerkungen Vorwort 1 Di e hie r nich t wiede r abgedruckte n Beiträg e z u H . Aubi n u . W . Zor n (Hg.) , Handbuc h der deutsche n Wirtschafts - un d Sozialgeschichte , Bd . 2 , Stuttgar t 197 6 (Wirtschaftliche s Wachstum un d Wechsellage n 1800-1914 ; Wachstu m un d Wechsellage n 1914-1970 ; Handel , Kreditwesen, Versicherung , Verkeh r 1914-1970 ) sin d leich t zugänglich , würde n zude m auc h zu vie l Rau m beanspruchen . Auc h Platzgründ e ware n es , di e mic h veranlaßten , de n a n sic h schwer zugängliche n Artike l »Realkredi t un d Pfandbriefmark t i m Wande l vo n 10 0 Jahren« (in: 10 0 Jahre Rheinisch e Hypothekenbank , Frankfur t 1971 , S . 105-196 ) nich t i n di e Samm ­ lung aufzunehmen . Da ß auc h Arbeite n unberücksichtig t blieben , wei l ic h si e fü r überhol t halte, brauch t woh l nich t i m einzelne n begründe t z u werden . i . Europa s Wirtschaftsgeschicht e - ei n Model l für Entwicklungsländer ? 1 B . Mazlis h (Hg.) , Th e Railroa d an d th e Spac e Program ; A n Exploratio n i n Historica l Analogy (Technology , Space , an d Society , Serie s Prepared b y th e American Academ y o f Arts and Sciences) , Massachusett s Institut e o f Technology , Cambridg e Mass . 1965 . 2 I n seine r Jenaer Antrittsred e »Wa s is t un d z u welche m End e studier t ma n Universalge ­ schichte?« sag t Schiller : »Di e Methode , nac h de r Analogi e z u schließen , ist , wi e überall , s o auch in der Geschicht e ein mächtige s Hilfsmittel : abe r sie muß durc h einen erheblichen Zwec k gerechtfertigt un d mi t ebensovie l Vorsich t al s Beurteilun g i n Ausübun g gebrach t werden. « Eine ausführlich e Analys e de r methodische n Problem e i n historische n Analogieschlüsse n findet sic h u.a . i n de m i n Anm . 1 genannten Werk . 3 Scho n di e Entwicklungslände r untereinande r sin d s o verschieden , da ß e s bedenklic h erscheinen muß , ei n gemeinsame s Analogo n i n einer Gesellschaft z u suchen, di e - wi e jene de s vorindustriellen Europ a - schließlic h zeitlic h nich t unbeträchtlic h zurückliegt . Zude m wei ß man, da ß e s auc h i n diese m vorindustrielle n Europ a erheblich e Unterschied e gegebe n ha t zwischen de n verhältnismäßi g wei t entwickelte n Länder n de s Nordwestens , de n einstmal s führenden, inzwische n zurückgebliebene n Mittelmeerländer n un d de n relativ unerschlossene n des europäische n Ostens . Nach al l unsere n Kenntnisse n hatt e de r europäisch e Nordweste n vermutlic h scho n vo r de r Industrialisierung ei n höhere s Durchschnittseinkomme n al s heutig e Entwicklungsländer . Siehe u.a . S . Kuznets , Underdevelope d Countrie s an d th e Pre-Industria l Phas e i n th e Advanced Countries , A n Attemp t a t Comparison , in : A . N . Agarwal a u . S . P . Sing h (Hg.) , The Economic s o f Underdevelopment , Ne w Yor k 1963 ; ders. , Develope d an d Underdevel ­ oped Countries : Som e Problem s o f Comparative Analysis , in : ZfGS, Bd . 124 , 1968 , S . 96fF ; P. Bairoch , Ecart s internationau x de s niveau x d e vi e avan t l a révolutio n industrielle , in : Annales. Économies , Sociétés , Civilisations , Bd . 34 , 1979 , S . l45ff. ; ders. , Th e Mai n Trend s in Nationa l Economi c Disparitie s sinc e th e Industria l Revolution , in : P . Bairoc h u . M . Léuy ­ Leboyer (Hg.), Disparitie s i n Economic Developmen t sinc e the Industrial Revolution , Londo n 1981, S . 3ff . Ein erhebliche r Tei l de s »Reichtums « de r Völke r Nordwesteuropa s is t jedoc h di e Folg e eines Umstandes , de r de n Vergleic h problematisc h erscheine n läßt : Di e s o vie l schlechtere n klimatischen Bedingunge n Nordeuropa s mache n hie r eine n größere n Aufwan d fü r Nahrun g

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Anmerkungen z u Seit e 15 (mehr Kalorien) , Kleidung , Wohnung , Heizun g zu r Überlebensvoraussetzung . Somi t beweist ei n höhere s Sozialproduk t je Kop f i n Europ a nich t unbeding t ei n i m Vergleic h zu m Existenzminimum höhere s Lebensniveau . 4 F . J . Fisher , Th e Sixteent h an d Seventeent h Centuries : Th e Dar k Age s i n Englis h Economic History? , in : Economica , Bd . 24 , 1957 , S . l 7 f De r Tex t is t i n de r Übersetzun g leicht veränder t worden , u m allz u deutlich e Hinweis e au f di e englisch e Geschicht e z u vermeiden. 5 S o berechtigt e s ist, di e historische Sonderstellun g England s und andere r Teil e Westeuro ­ pas i m 17 . un d 18 . Jh. z u betonen , s o notwendi g erschein t e s auch , imme r wiede r darau f hinzuwirken, da s Werde n unsere r eigene n Kultu r nich t vo n vornherei n i n alle n Aspekte n al s etwas gan z Besonderes , Ausgezeichnete s z u deuten . Wi r sollte n de r Gefah r entgehen , di e Geschichte de r letzte n Jahrhunderte europazentrisc h z u sehen . Gro b vereinfachen d kan n ma n demgegenüber behaupten , da ß de r Eintrit t de s nördliche n Europ a i n di e Geschicht e de r Kulturvölker i n viele r Beziehun g zunächs t ehe r wi e di e Wiederholun g eine s alte n Zyklu s unter etwa s geänderte n Umstände n aussieht . Den n da ß sic h hie r mächtig e Staate n entwickel ­ ten, da ß Kaufleut e sic h nu n i m Waren- , Geld - un d Kreditgeschäf t auskannte n un d Gesell ­ schaften gründeten , da ß Bürgersin n un d höfische r Luxu s staunenswert e Kulturleistunge n schufen. . . al l die s ma g i n de r jeweiligen individuelle n Ausprägun g originel l un d beachtlic h gewesen sein , abe r e s war - sehe n wi r e s radikal vereinfach t - doc h nicht s Neues . Wa s konnt e sich nördlic h de r Alpe n selbs t i m 16 . Jh. mi t de r römische n Kaufmannschaf t vergleichen ? W o war noc h i m 18 . Jh. i n Englan d ode r i m Deutsche n Reic h ei n Gebäude , da s sic h mi t de n Thermen de s Caracall a ode r de s Diokletia n messe n konnte ? Wa r nich t da s binnenländisch e Verkehrswesen de s 18 . Jh. geradez u urzeitlic h i m Vergleic h mi t de n römische n Straßenan ­ laeen? Freilich is t i n Nordeurop a schließlic h etwa s gelungen , wa s i n de n orientalische n Stadtstaa ­ ten im Zweistromlan d un d a m Ni l un d wa s i n Rom nich t eingetreten ist , obwoh l dor t jeweils bemerkenswerte sozial e un d kulturell e Institutione n fas t »kapitalistischen « Charakter s ent ­ wickelt worde n sind . Jed e diese r frühere n Hochkulture n is t nac h eine m strahlende n politi ­ schen un d wirtschaftliche n Höhepunk t i n Bedeutungslosigkei t zurückgesunken . Waru m Europa (noch ) nicht ? Die s is t da s wichtigst e Proble m de r neuere n Wirtschaftsgeschichte . 6 Ein e knappe, au f das Wesentliche abhebend e Darstellung zu m »Energieproblem « gib t C . M. Cipolla , Wirtschaftsgeschicht e un d Weltbevölkerung , Münche n 1972 , S . 47fï . 7 Dies e Aussag e steh t hie r z u vereinfachend , u m fü r all e Regione n zutreffen d z u sein . Di e Ermittlung de r durchschnittliche n Hektarerträg e frühere r Jahrhundert e is t allerding s mi t s o vielen Schwierigkeite n verbunden , da ß nu r seh r ungefähr e Angabe n möglic h sind . Sieh e hierzu W . Abel , Geschicht e de r deutsche n Landwirtschaf t vo m frühe n Mittelalte r bi s zu m 19. Jh., Stuttgar t 1962 ; B. H . Sliche r van Bath, Th e Agraria n Histor y o f Western Europ e A. D. 500-1850, Londo n 1963 , S . l72ff . u . 28Off. ; A . d e Maddatena , Da s ländlich e Europ a 1500-1750, in : C . Cipoll a u . K , Borchard t (Hg.) , Europäisch e Wirtschaftsgeschicht e Bd . 2 , Sechzehntes un d siebzehnte s Jh., Stuttgar t 1979 , S . 19 1 ff. u . 38 1 ff. I m übrige n sollt e ma n berücksichtigen, da ß e s scho n ein e Leistun g war , wen n di e seh r erheblich e Ausdehnun g de r Ackerflächen un d di e andauernd e Bebauun g ohn e Minderun g de s Durchschnittsertrage s möglich war , mußt e doc h de m Geset z abnehmende r Ertragszuwächs e entgegengewirk t werden. Deshal b steh t die Aussage, da ß die Agrarproduktivität insgesam t kau m gestiege n ist , nicht i n Widerspruc h mi t de r Beobachtun g eine s gewisse n technische n Fortschritts . 8 Di e Literatu r hierübe r is t seh r umfangreich . Einig e Hinweis e möge n genügen . Pk . Deane, Th e Firs t Industria l Revolution , Cambridg e 1965 , druck t S . 8f . di e Erhebunge n vo n Gregory Kin g ab , de r 168 8 meh r al s di e Hälft e de r englische n Bevölkerun g jene r Grupp e zurechnete, di e meh r ausga b al s si e verdiente . Daz u sieh e auc h D . C . Coleman , Labou r i n th e English Econom y o f th e Seventeent h Century , in : EHR , 2n d Series , Bd . 8 , 1955 , S . 28Off . Coleman zitier t u . a. auc h John Law , de r in einem Werk ein e Insel als Sozialmodell beschreibt ,

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•Anmerkungen z u Seit e 16 auf de r tausen d Bauernfamilie n al s Pächte r lebe n un d »30 0 Poo r an d Idl e wh o liv e b y Charity«. Da ß ein e s o groß e Zah l gan z selbstverständlic h i m Model l berücksichtig t wird , weist au f da s »Natürliche « de r Massenarmu t hin . Sieh e auc h P . Lastett , Th e Worl d w e Hav e Lost, Londo n 1965 , 1971 2 . Da ß auc h di e Armu t de s frühe n 19 . Jh. i n Deutschlan d kau m au f die Industrialisierun g zurückzuführe n ist , sonder n noc h Relik t de r vorindustrielle n Zei t ist , betont W . Abel , De r Pauperismu s i n Deutschland . Ein e Nachles e z u Literaturberichten , in : ders. u.a . (Hg.) , Wirtschaft , Geschicht e un d Wirtschaftsgeschichte . Festschrif t zu m 65. Geburtsta g vo n Friedric h Lütge , Stuttgar t 1966 , S . 284ff . Sieh e auch ders., Die Lage in de r deutschen Land - un d Ernährungswirtschaf t u m 1800 , in : JNSt , Bd . 175 , 1963 , S . 3l9ff. , wieder abgedruck t in : F . Lütg e (Hg.) , Di e wirtschaftlich e Situatio n i n Deutschlan d un d Österreich u m di e Wend e vo m 18 . zu m 19 . Jh., Stuttgar t 1964 , S . 238ff. ; zu r Reallohnent ­ wicklung i n Englan d genaue r E . H . Phelps-Brow n u . S . V. Hopkins, Wage-rate s an d Prices : Evidence fo r Populatio n Pressur e i n th e Sixteent h Century , in : Economica , Bd . 24 , 1957 , S. 289fF. ; dies. , Seve n Centurie s o f th e Price s o f Consumables , Compare d wit h Builders ' Wage-rates, in : ebd. , Bd . 23 , 1956 , S . 296fï . »As lat e a s th e earl y l8t h Century , peopl e i n Wester n Europ e wer e no t sur e whethe r an y growth i n populatio n an d economi c level s ha d bee n attaine d sinc e th e day s o f th e Roma n Empire; an d the y thought , perhap s correctly , tha t thei r politica l an d economi c organizatio n was inferio r t o tha t o f Chin a durin g th e prosperou s phase s o f it s lon g dynasti c cycles. « Kuznets, Underdevelope d Countrie s (s . Anm . 3) . 9 Sieh e zusammenfassen d unte r andere n K . F . Helleiner , Th e Vita l Revolutio n Reconside ­ red, in : CJEPS , Bd . 23 , 1957 , S . 1 ff., wiede r abgedruck t in : D . V. Glass u. D . E . C . Eversle y (Hg.), Populatio n i n History , Essay s i n Historica l Demography , Londo n 1965 , S . 79ff. ; R . Mols, Introductio n d e l a Démographi e Historiqu e de s Ville s d'Europ e d u XIV C a u XVIII C siècle, Louvai n 1955 , Bd . 2 , S . 305ff . u . 425ff . 9a Sieh e auc h C . M . Cipolla , Befor e th e Industria l Revolution . Europea n Societ y an d Economy, 1000-1700 , Ne w Yor k 1976 . 10 E . Heckscher , Swedis h Populatio n Trend s befor e th e Industria l Revolution , in : EHR , 2nd S. , Bd . 2 , 1950 , S . 272 : »I t i s usual t o look upo n th e new regim e whic h wa s th e outcom e of th e Industria l Revolutio n a s stampe d b y unres t an d insecurity . I t woul d b e mor e t o th e point t o sa y thi s o f th e pre-revolutionar y society , fo r th e live s o f pre-revolutionar y peopl e were insecur e an d irregular ; the y fel l helples s victim s t o th e inexplicabl e an d unpredictabl e freaks o f nature . . . Wha t canno t b e stresse d to o strongly , i s tha t thi s ol d ›static ‹ orde r wa s accompanied b y a frequency an d a depth o f fluctuations wit h whic h th e following Centur y ha d nothing t o compare. « 11 M . J . Elsass , Umri ß eine r Geschicht e de r Preis e un d Löhn e i n Deutschlan d vo m ausgehenden Mittelalte r bi s zu m Begin n de s neunzehnte n Jahrhunderts , Bd . 2 - Tei l A , Leiden 1940 , S . 519 ; Teil B , ebd . 1949 , S . 127 . Zu lange n Reihe n der Umsätz e und Preis e vo n Getreide un d Bro t i n Köl n sieh e jetzt D . Ebelin g u . F . Irsigler , Getreideumsatz , Getreide - un d Brotpreis i n Köl n 1368-179 7 (Mitteilunge n au s de m Stadtarchi v vo n Köln , Hef t 65/66) , Köl n 1976 u . 1977 . 12 Eine n ausführlichere n Vergleic h de s vorindustrielle n Europ a mi t de n Entwicklungslän ­ dern finde t ma n be i B . E . Supple , Economi c Histor y an d Economi c Underdevelopment , in : CJEPS, Bd . 27 , 1961 , S . 46 0 ff. 13 Zu r vorindustrielle n Arbeitswel t sieh e Coleman , Labou r (s . Anm . 8) , S . 280ff. ; umfangreiches Materia l auc h i n W . Sombart , De r modern e Kapitalismus , Bd . 1 , 2 . Halbbd. , München 1924 6 , S . 785ff. ; au f de r Grundlag e de r Problemstellun g Sombart s arbeitet e sei n Schüler K . Hinz e mi t bemerkenswerte m Geschic k di e entscheidende n Sachverhalt s heraus , siehe K . Hinze , Di e Arbeiterfrag e z u Begin n de s moderne n Kapitalismu s i n Brandenburg ­ Preußen, 1927 , Neudruc k Berli n 1963 . Sieh e auch E . P . Thompson , Zeit , Arbeitsdiszipli n un d Industriekapitalismus, in : R . Brau n u.a . (Hg.) , Gesellschaf t i n de r industrielle n Revolution ,

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Anmerkungen z u Seit e 16-1 8 Köln 1973 , S . 8 1 ff.; H . Freudenberger , Da s Arbeitsjahr , in : / . Bo g u . a . (Hg.) , Wirtschaftlich e und sozial e Strukture n i m säkulare n Wandel , Hannove r 1974 , Bd . 2 , S . 30 7 ff 14 Zusätzlic h z u den in Anm . 1 3 genannten Werke n se i zum Proble m de r Einkommensela ­ stizität de r Arbeitsnachfrag e verwiese n au f A. W . Coats , Changin g Attitude s t o Labou r i n th e Mideighteenth Century , in : EHR , 2n d Series , Bd . 11 , 1958 , S . 75ff ; übe r di e vergleichbar e Situation i n de n Entwicklungsländer n sieh e 5 . Rottenberg , Incentive s i n Underdevelope d Economies, in : AER , Bd . 50 , 1960 , Pap . a . P r o c , S . 73ff . (mi t de r berechtigte n Warnung , das Fehlen vorteilsorientierte n Verhalten s z u überschätzen - nu r sin d offenbar di e Zielfunktio ­ nen verschieden) ; K . F . Helleiner , Mora l Condition s o f Economic Growth , in : JEH, Bd . 11 , 1951, S . 9 7 ff. 15 Da ß derartig e Schwierigkeite n bi s in di e Industrialisierungsphas e hineinreichen , zeig t K . Borchardt, Zu r Frag e de s Kapitalmangel s i n de r erste n Hälft e de s 19 . Jahrhunderts i n Deutsch ­ land, i n diese m Band , S . 2 8 ff. . Stat t weitere r Einzelbeleg e se i verwiese n au f L . Baar , Di e Berline r Industri e i n de r industriellen Revolution , Berli n 1966 , S . 44 : »Di e hohe n Profite , di e di e Berline r Handels ­ bourgeoisie zog , ware n mi t eine m wei t geringere n Risik o z u erziele n al s Profite , di e au s de r Anlage vo n konstante m fixem Kapita l i n de r Spinnere i z u erreiche n waren. « Zu m Proble m der Kapitalbildun g i n de n Entwicklungsländer n unte r Gesichtspunkten , di e hie r besonder s interessieren, sieh e N . Rosenberg , Capita l Formatio n i n Underdevelope d Countries , in : AER , Bd. 50 , 1960 , S . 70 6 ff 16 Sieh e hierz u u . a. J. v . Kruedener , Di e Roll e de s Hofe s i m Absolutismus , Stuttgar t 1973 , S. l 3 f f 17 De r Erforschun g de r Korruptio n ha t J . J . va n Klauere n mehrer e Untersuchunge n gewidmet, sieh e u.a. : Di e historisch e Erscheinun g de r Korruption , Tei l I—III, in: VSWG , Bd. 44 , 1957 , S . 289ff ; Bd . 45 , 1958 , S . 433ff . u . 469ff ; ders. , Fiskalismu s - Merkantilismu s - Korruption . Dre i Aspekt e de r Finanz - und Wirtschaftspoliti k währen d de s Ancie n R égime, ebd., Bd . 47 , 1960 , S . 333ff . 18 Wi e »zurückgeblieben « Europ a vo r de r industrielle n Revolutio n war , entdecke n wi r übrigens systematisc h ers t jetzt, d a wi r di e Entwicklungsländer studiere n können . E s bestätig t sich auc h fü r di e Wirtschaftsgeschicht e di e Richtigkei t eine s Gedankens , de n Friedric h Schille r in seine r Jenae r Antrittsred e »Wa s is t un d z u welche m End e studier t ma n Universalge ­ schichte?« wi e folg t ausgedrück t hat : »Di e Entdeckungen , welch e unsr e europäische n Seefah ­ rer i n ferne n Meere n un d au f entlegene n Küste n gemach t haben , gebe n un s ei n ebens o lehrreiches al s unterhaltende s Schauspiel . Si e zeige n un s Völkerschaften , di e au f de n mannig ­ faltigsten Stufe n de r Bildun g u m un s heru m gelager t sind , wi e Kinde r verschiedene n Alter s um eine n Erwachsene n herumstehe n un d durc h ih r Beispie l ih m i n Erinnerun g bringen , wa s e r selbst vormal s gewesen un d wovo n e r ausgegange n ist. « 19 Währen d u m 185 0 nu r 1 0 Prozen t de r gesamte n genutzte n Energie n (einschließlic h Nahrungsaufnahme) i n de n US A andere n al s pflanzliche n un d tierische n Ursprung s ware n (Kohle, Öl , Wasserkraft) , ware n e s 195 0 etw a 9 5 Prozent . Unte r de n genutzte n Energie n spielt di e Nahrungsaufnahm e heut e nur noc h ein e verschwinden d gering e Rolle . Sieh e Cipoll a (s. Anm . 6) , S . 5 3 de r englische n Ausgabe . 20 Stren g genomme n is t e s unkorrek t z u sagen , da ß di e organisiert e Erfindungs - un d Neuerungstätigkeit »de r letzt e Schlüssel « sei . Auc h di e Erfindungs - un d Neuerungstätigkei t ist abhängi g vo n andere n Umstände n un d bedar f de r Erklärung . Tatsächlic h gib t e s fü r historische Erklärunge n niemal s »letzte « Gründe , d a offenba r all e bislan g entdeckte n sic h wiederum au f ander e zurückfuhre n lassen , wi e i n interdependente n Regelsysteme n nich t anders z u erwarten . Wen n i m Tex t dennoc h vo n eine m »letzte n Schlüssel « gesproche n wird , so i n Anerkenntni s de s Umstandes , da ß sic h nahez u all e Forsche r au f di e hervorragend e Bedeutung diese s Faktor s geeinig t haben , hingege n di e Determinante n de r Forschungs - un d Neuerungstätigkeit bislan g noc h völli g kontrover s sind . Vo n ökonomische n bi s hi n z u

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Anmerkungen z u Seit e 18-2 O tiefenpsychologischen Theorie n reich t di e Skal a de r Erklärungsansätze . Sieh e neuerding s K . Hausen u . R . Rüru p (Hg.) , Modern e Technikgeschichte , Köl n 1975 , mi t umfangreiche r Bibliographie; F . Rap p u.a. , Determinante n de r technische n Entwicklung . Strukturmodell e in de r Geschichtsschreibun g übe r di e Industrialisierun g i n Europa , Berli n 1980 . 21 I n Europa wa r di e industrielle Revolutio n mi t eine r »Agrarrevolution « verbunden . Ma n ist heut e de r feste n Überzeugung , da ß di e beträchtlich e Steigerun g de r landwirtschaftliche n Produktivität Voraussetzun g de r Industrialisierun g gewese n ist . Sieh e hierz u W . W . Rostow , Stadien wirtschaftliche n Wachstums , Göttinge n 1960 , S . 38ff . Ein e Beschreibun g de r Tatsa ­ chen de r englische n »Agrarrevolution « vermittel n J . D . Chamber s u . G . E . Mingay , Th e Agricultural Revolution , 1750-1880 , Londo n 1966 . Allgemei n übe r di e Bedeutun g de r Landwirtschaft fü r wirtschaftliche n Fortschrit t W . H . Nicholìs , Th e Plac e o f Agricultur e i n Economic Development , in : C . Eichle r u. L . Wit t (Hg.) , Agricultur e i n Economi c Develop ­ ment, Ne w Yor k 1964 , S . 11-44 ; E . Boserup , Th e Condition s o f Agricultura l Growth , Th e Economics o f Agraria n Chang e unde r Populatio n Pressure , Londo n 1965 ; M . M . Postan , Agricultural Problem s o f Underdevelope d Countrie s i n th e Ligh t o f Europea n Agraria n History, in : Deuxièm e Conf érence International e d'Histoir e Economique , Aix-en-Provenc e 1962 (Ecole Pratique de s Hautes Etudes - Sorbonne , Sixièm e Sectio n - Congrè s e t Colloques , VIII), Paris 1965 , S . 9ff. ; P . Bairoch , Di e Landwirtschaf t un d di e Industriell e Revolution , in : Cipolla/Borchardt, Europäisch e Wirtschaftsgeschichte , Bd . 3 (s . Anm , 7) , S . 29 7 ff. 22 Sieh e hierz u auc h R . A . Easterlin , I s There Nee d fo r Historica l Researc h i n Underdeve ­ lopment?, in : AER, Bd . 55 , 1965 , Pap . a . P r o c , S . 104—108 . Der Verfasse r verweis t nich t nu r auf di e »Welttechnik« , sonder n auc h au f einen komplexe n Faktor , de r sic h au s Untersuchun ­ gen Houthakkers , Kravi s un d Kuznet s z u ergebe n scheint : di e erstaunlich e Konstan z de r Einkommenselastizität de r Nachfrag e nac h breiten Kategorie n de s Sozialprodukts , sowoh l i m Zeitvergleich wi e i m internationale n Vergleich . O b es sich hier um optisch e Täuschungen (i m Zusammenhang mi t statistische n Operationen ) ode r u m real e Sachverhalt e handelt , schein t noch nich t geklärt . 23 Di e folgende n Ausführunge n de s Texte s enthalte n ein e Auswah l vo n Problemen , di e unter de m Gesichtspunk t de s Verständnisse s fü r ei n nich t speziel l vorgebildete s Publiku m getroffen werde n mußte . Dabe i ware n s o interessant e Fragestellunge n wi e di e noc h imme r nicht beigelegte n Kontroverse n u m »balance d o r unbalance d growth« , u m de n Zusammen ­ hang vo n Inflatio n un d Wachstum , u m di e Methode n de r Kapitalbildung , di e Außenhandels ­ politik etc . auszuscheiden . Es hätt e auc h nahegelegen , ausdrücklic h au f di e Diskussio n übe r Hinderniss e un d Voraus ­ setzungen wirtschaftliche n Wachstum s einzugehen . Jedoch is t auc h diese s Proble m z u kom ­ pliziert, al s da ß e s hinreichen d hätt e verdeutlich t werde n können . Sieh e zu m Ansat z A . O . Hirschman, Th e Strateg y o f Economi c Development , Ne w Have n 1958 ; A . Gerschenkron , Economic Backwardnes s i n Historical Perspective , Cambridge , Mass . 1962 ; A. O . Hirschman , Obstacles t o Development : A Classifìcatio n an d a Quasi-vanishing Act , in : EDCC , Bd . 13 , 1965. S . 358ff . 24 Zusammenfassen d W . O . Henderson , Britai n an d Industria l Europ e 1750-1870 . Studie s in Britis h Influenc e o n th e Industria l Revolutio n i n Wester n Europe , Liverpoo l 1954 ; W . Kroker, Weg e zu r Verbreitun g technologische r Kenntniss e zwische n Englan d un d Deutsch ­ land i n de r zweite n Hälft e de s 18 . Jahrhunderts, Berli n 1971 . Die deutsche n Staate n erhielte n ihre Impuls e auc h au f dem Weg e übe r ander e Staaten , sieh e u. a. R . E . Cameron , Som e Frenc h Contributions t o the Industria l Developmen t o f Germany, 1840-1870 , in : JEH, Bd . 16 , 1956 , S. 28 1 ff.; ders. , Franc e an d th e Economi c Developmen t o f Europ e 1800-1914 , Princeto n 1961. 25 Die s wir d i n de n neuere n Werke n zu r europäische n Wirtschaftsgeschicht e auc h stärke r hervorgehoben, sieh e u.a . D . S . Landes , De r entfesselt e Prometheus . Technologische r Wandel un d industriell e Entwicklun g i n Westeuropa vo n 175 0 bis zur Gegenwart , Köl n 1973 ,

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Anmerkungen z u Seit e 21-2 2 S. l 2 4 f f ; A . Milwar d u . S . B . Saul , Th e Economi c Developmen t o f Continenta l Europe , 1780-1870, Londo n 1973 , S . 17 1 ff.; S . Pollard , Peacefu l Conquest . Th e Industrializatio n o f Europe 1760-1970 , Oxfor d 1981 , S . l42ff . Sieh e auc h Brau n u.a. , Gesellschaf t (s . Anm . 13) . 26 Sieh e u.a . M . Boserup , Agraria n Structur e an d Take-off , in : W . W . Rosto w (Hg.) , Th e Economics o f Take-of f int o Sustaine d Growth , Londo n 1964 , S . 201-22 4 (deutsch : Agrar ­ struktur un d Take-off , in : R . Brau n u.a . (Hg.) , Industriell e Revolution . Wirtschaftlich e As ­ pekte, Köl n 1972 , S . 309ff ; E . H . Tuma , Twenty-si x Centurie s o f Agraria n Reform . A Comparative Analysis , Berkele y 1965 ; fü r Deutschlan d sieh e F . Lütge , Geschicht e de r deutschen Agrarverfassun g vo m frühe n Mittelalte r bi s zu m 19 . Jahrhundert, Stuttgar t 1963 , S. l69ff . Ein e besonders eingehend e Studi e der Wirkunge n eine r Reihe von Agrarreformen i n einem europäische n Lan d findet sic h be i A . Gerschenkron , Agraria n Policie s an d Industrializa ­ tion: Russi a 1861-1917 , in : CEHE, Bd . 6 , Tei l 2 , Cambridg e 1965 , S . 706-800 ; di e Problem e in de n Entwicklungsländer n werde n dargestell t i n Unite d Nations , Departmen t o f Economic Affairs, Lan d Reform , Defect s i n Agrarian Structur e a s Obstacles t o Economic Development , New Yor k 1951 , auszugsweis e abgedruck t i n B . Oku n u . R . W . Richardso n (Hg.) , Studie s i n Economic Development , Ne w Yor k 1964 ; ei n theoretische r Ansat z be i Ph . M . Raup , Th e Contribution o f Lan d Reform s t o Agricultura l Development ; A n Analytica l Framework , in : EDCC. Bd . 12 , 1963 . S . 1-21 . 27 W . W . Rosto w ha t verschiedentlic h au f diesen Umstan d hingewiesen , u . a. in : Industria ­ lization an d Economi c Growth , in : Premiz ére Conf érence International e d'Histoir e Èconomi­ que, Stockhol m 1960 , Pari s 1960 , S . 2 6 f. 27a Sieh e auc h R . Tiìly , Lo s vo n England : Problem e de s Nationalismu s i n de r deutsche n Wirtschaftsgeschichte, in : ZfGS , Bd . 124 , 1968 , S . l 7 9 f f , wiede r abgedruck t i n ders. , Kapi ­ tal, Staa t un d soziale r Protes t i n de r deutsche n Industrialisierung , Göttinge n 1980 , S . l97ff . 28 I n A . O . Hirschman s interessante m Buch : Strateg y (s . Anm . 23) , finde t sic h S . 7 di e Überschrift »Th e importanc e o f bein g a latecomer« . Hirschma n fuhr t hie r aus : »Som e theories o f developmen t fai l t o includ e i n thei r structure s thi s fundamenta l fac t o f contac t between th e advance d an d backwar d countries . Th e questio n the y ask : wh y hav e som e countries develope d whil e other s hav e faile d t o d o so ? seem s t o u s relevan t primaril y t o th e inquiry wh y th e Industria l Revolutio n too k plac e i n Englan d rathe r tha n elsewhere . Onc e economic progres s i n th e pionee r countrie s i s a visibl e reality , th e strengt h o f th e desir e t o imitate, t o follo w suit , t o catch u p obviousl y become s a n importan t determinan t o f what wil l happen amon g th e nonpionecrs. « 29 R . F . Behrendt , Gesellschaftlich e Aspekt e de r Entwicklungsförderung , in : E . Schneide r (Hg.), Weltwirtschaftlich e Problem e de r Gegenwart , SchVfSp , N.F . Bd . 35 , Berli n 1965 , S. 50 7 ff, beton t ebenfall s di e heutige n soziokulturelle n Unterschied e stark . Allerding s unterschätzt e r nac h meine m Eindruc k etwa s di e Varian z i m vorindustrielle n Europ a un d is t geneigt, de n »Westen « al s ein e Einhei t z u sehe n - speziel l S . 520ff . 30 S o offenkundig eine m Fachman n de r europäischen Wirtschaftsgeschicht e di e förderliche Rolle de r jahrhundertealte n Handwerkstraditio n fü r di e Industrialisierun g sei n wird , s o schwierig is t doc h ein e exakt e quantitativ e Einschätzun g ihre r Bedeutung . H . J. Habakkuk , American an d Britis h Technolog y i n th e l9t h Century , Cambridg e 1962 , mein t sogar , da ß der schnell e Aufschwun g de r US A au f das Fehle n einer handwerklichen Grundlag e zurückzu ­ führen sei , welche s de n Einsat z arbeitsparende r Maschine n begünstig t habe . 31 Hierz u gib t e s ein e umfangreich e Literatur , sieh e u . a. 5 . Pollard , Factor y Disciplin e i n the Industria l Revolution , in : EHR, 2n d Series , Bd . 16 , 1963 , S . 254ff ; ders, , Th e Genesi s o f Modern Management , Londo n 1965 ; N . McKendrick , Josia h Wedgewoo d an d th e Factor y Discipline, in : HJ , Bd . 4 , 1961 , S . 30 ; z u vergleichbare n Probleme n i n Entwicklungsländer n W. E , Moore , Industrializatio n an d Labor , Ithac a 1951 ; ders., Labo r Attitude s towar d Indu ­ strialization i n Underdeveloped Countries , in : AER , Bd . 45 , 1955 , Pap. a . P r o c , S . 156-165 . 32 Eine n knappe n Überblic k übe r Zusammenhänge zwische n Besteuerun g un d Wirtschaft -

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Anmerkungen z u Seit e 22-2 3 licher Entwicklun g vermittel t N . Kaldor , Th e Rol e o f Taxatio n i n Economi c Development , in: E . A . G . Robinso n (Hg.) , Problem s i n Economi c Development . Proceeding s o f a Conference Hel d b y th e Internationa l Economi c Association , Londo n 1965 , S . l70ff . 33 Hie r kan n nich t nähe r au f di e Forme n un d Stadie n de r Übertragun g de r Industrialisie ­ rung vo n Englan d au f de n Kontinen t eingegange n werden . Da s is t u m s o bedauerlicher , al s sich hierau s weiter e »Lehren « ergeben . Kei n Lan d de s Kontinent s ha t gena u di e englisch e Industriestruktur kopiere n können . Speziel l stan d au f dem Kontinen t di e Baumwollindustri e nicht vergleichba r i m Zentru m de r »industrielle n Revolution « wi e i n England , d a de r Entwicklungsvorsprung England s scho n frü h z u eine r weitgehende n Beherrschun g de s Weltmarktes geführ t hat , s o da ß etw a di e deutsch e Industri e keine n vergleichba r lohnende n Massenabsatz meh r z u finde n vermochte . Woh l wa r auc h i n Deutschlan d di e Textilindustri e für di e Industrialisierun g vo n Bedeutung , abe r be i weite m nich t i n gleiche r Weis e wi e i n England. I n Deutschland stan d eher die Schwerindustrie i m Zentru m de s Aufschwungs i n de r Mitte de s 19 . Jahrhunderts. I n diese m Zeitrau m verwandelt e sic h de r Nachtei l de s Zuspät ­ kommens schnel l i n eine n Vorteil : Kapita l un d Arbeitskräft e ware n fre i fü r di e neue n Industrien: Kohlenbergbau , Eisenverarbeitung , Maschinenbau , Elektroindustrie , chemisch e Industrie; i n de n dre i letzte n konnt e di e deutsch e Industri e Weltgeltun g erwerben . England s frühes Erscheine n a m Welttextilmark t erwie s sic h demgegenübe r späterhi n al s Nachtei l fü r das Wachstu m de s Lande s un d is t dan n ein e de r Ursache n fü r di e beständige n Zahlungs ­ bilanzkrisen. Sei t lange m leide t Englan d unte r seine r frühere n Pionierrolle , wi e sei t de r Mitt e der fünfzige r Jahre auc h da s Ruhrgebiet unte r seiner früheren ausgezeichnete n Stellun g au f der Kohle litt. Da s einstmals als Voraussetzung fü r di e Industrialisierung deklariert e Geschen k de r Natur erwie s sic h al s problematisch , un d revierfern e Regionen , di e sic h hemmungslo s de m Erdöl öffne n konnten , hatte n nunmeh r Vorteile . E s stellt sic h - wi e s o oft - heraus , da ß in de r Geschichte Vorteil e fü r Wachstu m i n Hinderniss e umschlagen . Ei n weitere s Beispie l mög e dies noch verdeutlichen : Di e englische »Amateurtradition « wa r sicherlic h vorzüglic h geeigne t für de n Begin n de r industrielle n Revolutio n - abe r si e erwie s sic h späterhi n al s ein Hinderni s für di e Fortsetzun g de s Wachstums , nachde m systematisch e naturwissenschaftlich e For ­ schung di e Grundlag e technische r Neuerunge n z u bilde n began n (sieh e Ch . P . Kindleberger , Economic Growt h i n Franc e an d Britai n 1851-1950 , Cambridge , Mass . 1964 , S . 89ff.) . 34 Stat t viele r Beleg e sieh e Unite d Nations , Th e Determinant s an d Consequence s o f Population Trends , Ne w Yor k 1953 ; D . V. Glas s u . E . Grebenik , Worl d Populatio n 1800-1950, in : CEHE , Bd . 6/1 , Cambridg e 1965 , S . 56-138 ; Unite d Nations , Th e Worl d Population Situatio n i n 1970 , Ne w Yor k 1971 ; W . W . Rostow , Th e Worl d Economy . Histor y and Prospect , Londo n 1978 , S . 1—44 . I n England un d Wale s kame n 168 8 5 bis 1 0 h a Lan d au f einen Haushal t (au f eine männlich e Vollarbeitskraft) , währen d e s heute i n Asie n un d Ägypte n nur meh r 1 bis 2, 5 h a sind ; sieh e B . F . Hoselitz , Populatio n Pressure , Industrializatio n an d Social Mobility , in : Populatio n Studies , Bd . 11 , 1957 , S . 126 . 35 Sieh e auc h N . Keyfitz , Th e Impac t o f Technological Chang e o n Demographi c Patterns , in: B . F . Hoselit z u. W . E . Moor e (Hg.) , Industrializatio n an d Society , Unesco-Mouto n 1963 , S. 2l8ff . 36 Nu r nebenbe i se i ei n weitere r Unterschie d erwähnt : Europ a konnt e i m 19 . un d frühe n 20. Jh . eine n Tei l seine s Bevölkerungsüberdruck s noc h a n Siedlungsgebiet e i n Überse e un d im Oste n abgeben , wa s heutige n Entwicklungsländer n meis t verwehr t ist . 37 Hierfü r is t i m wesentliche n da s Familiensyste m i m Zusammenhan g mi t de r Organisa ­ tion de r landwirtschaftliche n un d gewerbliche n Betrieb e maßgeben d gewesen . I m Regelfal l konnte ma n ers t heiraten , wen n ma n ein e »Stelle « besaß , di e de r neubegründete n Famili e de n Lebensunterhalt (au s eigene r Arbeit ) sicherte . Familien - un d Betriebsgründun g (ode r Betriebsübernahme) ware n weitgehen d dasselbe . D a abe r di e Zah l de r Stelle n begrenz t wa r (und begrenz t gehalte n wurde , wora n sowoh l di e Grundherre n wi e di e Zünft e interessier t waren), ga b e s gleichsam »automatische « Bremse n gege n di e Überbevölkerun g - e s sei denn ,

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Anmerkungen z u Seit e 23-2 4 Naturkatastrophen veränderte n plötzlic h di e gesamt e Lebensgrundlage : dan n bestan d kurzfri ­ stig ein e »Übervölkerung« , di e durc h Erhöhun g de r Mortalitä t beseitig t wurde . 38 J . Hajnal , Europea n Marriag e Pattern s i n Perspective , in : Glass/Eversley , Populatio n (s . Anm. 9) , S . 10 1 ff; G . Mackenroth , Bevölkerungslehr e - Theorie , Soziologi e un d Statisti k de r Bevölkerung, Berli n 1953 , 5 . Kapitel , S . 4l3ff. ; W . J. Goode , Industrializatio n an d Famil y Change, in : Hoselitz/Moore , Industrializatio n (s . Anm . 35) , S . 23 7 ff.; E . A . Wrigley , Famil y Limitation i n Pre-Industria l England , in : EHR , 2n d Series , Bd . 19 , 1966 , S . 82f f Wrigle y berichtet vo n eine r speziell untersuchte n Region , i n der - al s in den vierzige r Jahren de s 17 . Jh. die Mortalitä t hefti g angestiege n wa r - auc h da s Erstheiratsalte r de r Fraue n vo n bislan g durchschnittlich 2 7 Jahren au f 29, 6 Jahre anstie g - au f welche r Höh e e s etw a 7 0 Jahre lan g verblieben ist . D a ma n dami t rechne n kann , da ß Fraue n durchschnittlic h bi s zu m 40 . Lebens ­ jahr Kinde r bekomme n konnten , s o hat di e Erhöhung de s Heiratsalters zu r Beschränkun g de r Geburtenzahl, di e offenkundi g angezeig t war , beigetragen . 1647-171 9 ware n nu r 4 Prozen t der erfaßte n erstmal s heiratende n Fraue n »teenager« . 39 Darüber , da ß di e Begrenzun g de r Eheschließun g i n Westeurop a di e wirtschaftlich e Entwicklung geforder t hat , sieh e H . J . Habakkuk , Historica l Experienc e o f Economi c Development, in : Robinso n (s . Anm . 32) , S . 12 5 ff; Realeinkommensvergleich e sin d zwar fü r das 18 . Jh. höchs t spekulativ , doc h schein t a n de m relative n Wohlstan d i n Westeurop a (nac h Anm. 3 ) kei n Zweife l möglich . Di e »Familienplanung « sol l hierz u beigetrage n haben . 40 Wi e wi r vo n de n Zoologe n wissen , habe n auc h Tiergesellschafte n imme r wiede r lerne n müssen (un d gelernt) , di e fü r di e Bestimmun g de r Nachkommenschaf t wichtige n Umständ e zu kontrollieren . I n eine m umfangreiche n Buc h Anima l Dispersio n i n Relatio n t o Socia l Behaviour, Edinburg h 1962 , schreib t V. C. Wynn e Edwards , da ß di e menschliche n Urvölke r nicht ander s al s di e Tiere folgende s lernte n - ode r lerne n mußte n (be i Straf e de s Untergangs) : 1. da ß »overfishing « de n Ertra g j e Sammle r un d schließlic h soga r de n Gesamtertra g mindert, ja de n Bestan d de r Beut e unte r Umstände n s o drastisch mindert , da ß di e Regenera ­ tion unmöglic h wir d un d dami t di e künftig e Ertragschanc e verschwindet ; 2. da ß di e Größ e de s vorhandene n Nahrungsbestande s nich t selbstverständlic h gegebe n ist , vielmehr i m Licht e de r Erfahrunge n z u bestimme n ist , »entdeckt « werde n muß ; 3. da ß di e Mitgliede r de r Populatio n irgendwi e z u eine r Übereinkunf t darübe r gelange n müssen, da ß di e gesamt e Ausbeut e begrenz t werde n soll . Dafü r müsse n di e Individue n au f individuelle Vorteilssuch e zugunste n de r langfristige n Versorgun g de r ganze n Populatio n verzichten; 4. da ß Mechanisme n entwickel t werde n müssen , di e regeln, we r a n der Beute teilhaben dar f und i n welche m Umfang . I n de r Rege l überlasse n die s Tier e keine m reine n Konkurrenzme ­ chanismus, sonder n of t eine r zuvo r konstituierte n Hierarchie ; 5. da ß e s dennoc h unsiche r bleibt , o b nich t einma l di e entartend e Ausbeutun g de r Nahrungsbestände einsetzt . Nac h V. C. Wynn e Edwards haben di e meiste n Tiergesellschafte n diese Lehre n offenba r gezogen , den n sie leben i n der freien Natu r meis t i n gute m Zustan d un d nicht a n eine r Elendsgrenze . Di e Populatio n wir d als o i n de r Rege l wei t unterhal b de r Hungergrenze gehalte n (zuma l si e ander s kau m zu r Selbstverteidigun g fähi g wäre) . 41 Sieh e A . Smithies , Risin g Expectation s an d Economi c Development , in : EJ , Bd . 71 , 1961, S . 25 5 ff. 42 Au f dies e »Kosten « wirtschaftliche n Wachstum s geh t verständnisvol l ei n W . A . Lewis , Die Theori e de s wirtschaftliche n Wachstums , Tübinge n 1956 , S . 473ff . Anhang : »Is t wirt ­ schaftliches Wachstu m wünschenswert? « Eine n allgemeine n Rahme n fü r Analyse n steck t auch a b N . J. Smelser , Mechanism s o f Change an d Adjustment t o Change, in : Hoselitz /Moore, Industrialization (s . Anm . 35) , S . 32fï . Sieh e auc h ders. , Socia l Chang e i n th e Industria l Revolution, Chicag o 1959 . 43 Tatsächlic h habe n scho n einig e Entwicklungslände r Wachstumsrate n de s Sozialpro ­ dukts je Kopf , di e beachtlic h größe r sin d al s jene, di e England , Frankreic h ode r di e deutsche n

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Anmerkungen z u Seit e 2 4 Staaten i m 19 . Jahrhundert aufweise n konnten . Dennoc h wir d e s Jahrzehnte brauchen , bi s di e inzwischen entstanden e Einkommensdifferen z sichtba r verringer t wird . 44 E s ist hier leider nich t de r Platz, au f die nichtsdestoweniger höchs t bedeutsam e Rolle de r Erziehung ausführlic h hinzuweisen . Sicherlic h is t de r relati v hoh e Bildungsstan d de r europä ­ ischen Bevölkerun g i m 18 . Jh. eine r de r wesentliche n Gründ e fü r di e industriell e Revolutio n und da s schnell e wirtschaftlich e Wachstu m i m 19 . Jh. Inzwische n wir d auc h erkannt , da ß i n den Entwicklungsländer n i n erste r Lini e da s Erziehungswese n modernisier t werde n muß . Aber e s bleibt dabei , da ß mi t de r Hebun g de s Bildungsniveau s auc h Gefahre n fü r di e Balanc e der Gesellschaf t verbunde n sind . 45 Ein e zusammenfassend e Übersich t zu m Proble m (un d eine n etwa s grob-schematische n Überblick übe r di e europäisch e Geschichte ) gib t M . Olson , Rapi d Growt h a s a Destabilizin g Force, in : JEH, Bd . 23 , 1963 , S . 529ff. ; sieh e auc h R . C . Ricker , Disconten t an d Economi c Growth, in : EDCC , Bd . 11 , 1962 , S . 1-15 . 46 N . S . Buchana n u . H . S . Ellis , Approache s t o Economic Development , Ne w Yor k 1955 , S. 406 : »Th e reall y fundamenta l problem s o f economi c developmen t ar e non-economic. « Weiter hierz u B . F . Hoselitz , Non-economi c Factor s i n Economi c Development , in : AER , Bd. 47 , 1957 , Pap . a . P r o c , S . 28-41 ; ders. } Mai n Concept s i n th e Analysi s o f th e Socia l Implications o f Technica l Change , in : Hoselitz/Moore , Industrializatio n (s . Anm . 35) , S. 11-31 ; E . E . Hagen , O n th e Theor y o f Socia l Change . Ho w Economi c Growt h Begins , Homewood 111 . 1962; au f die politische n Implikatione n zunächs t »rei n ökonomisch « definier ­ ter Entwicklungsstrategie n verweise n W . F . Ilchma n u . R . C . Bhargava , Balance d Though t and Economi c Growth , in : EDCC , Bd . 14 , 1964 , S . 385-399 . 47 Wei l Fachleut e inzwische n de n Zusammenhan g zwische n Gesellschaftswande l un d wirtschaftlichem Fortschrit t erkann t haben , hör t ma n gelegentlic h di e Empfehlung , di e Industrieländer möge n liebe r eine n Tei l ihre r Gelde r dafü r verwenden , i n de n Entwicklungs ­ ländern Revolutione n z u inszenieren , al s fraglich e Projekt e z u fördern, di e doc h imme r di e herrschenden Schichte n unterstützten . Doc h is t die s ei n riskante s Unternehmen , d a ma n ein e in Gan g gebracht e Revolutio n nich t leich t kontrolliere n kann . Wi e scho n Alexi s d e Tocque ­ ville gewuß t hat , gib t e s fü r eine n Fürste n keine n gefährlichere n Zeitpunk t seine r Herrschaf t als den nac h Reformen . Reformwill e zeig t (nebe n eine r mögliche n Schwäch e de s Herren ) de n Untertanen, da ß di e bislan g geduldi g getragene n Übe l offenba r nich t naturnotwendi g sind . Da abe r kau m all e Übe l zugleic h abgestell t werde n können , bleibe n genug , u m i n de n Benachteiligten de n Wunsc h nac h Selbsthilf e z u wecken . Nahez u all e Revolutione n de r neueren europäische n Geschicht e zeigte n Akzelerationsprozess e au s kleine n Anfänge n - nich t selten au s Reforme n vo n oben . Sieh e u.a . H . Wassmund , Revolutionstheorien . Ein e Einfüh ­ rung, Münche n 1978 , S . 4 2 ff. 48 Di e gesellschaftlich e Desintegratio n durc h Einführun g de s Marktmechanismu s beton t auch J. H . Boeke , Economic s an d Economi c Polic y o f Dual Societies , Haarle m 1952 . Freilic h ist nich t nu r de r Nationalismu s ei n Versuch , di e Anonymitä t durc h neu e Ordnunge n z u gliedern bzw . di e Individue n auszurichten . Auc h da s Vereinswesen , da s ja i m 19 . Jh. eine n ungeheuren Aufschwun g nahm , wär e hie r z u nennen . Interessant e Einsichte n hierz u be i R . Braun, Soziale r un d kulturelle r Wande l i n einem ländliche n Industriegebie t i m 19 . und 20. Jh. , Erlenbach 1965 , S . 297ff . Th . Nipperdey , Verei n al s soziale Struktu r i m späte n 18 . und frühe n 19. Jahrhundert, in : ders, , Gesellschaft , Theorie , Kultur , Göttinge n 1976 . 49 Übe r derartig e Erscheinunge n i n Entwicklungsländer n sieh e / . Wallerstein , Th e Searc h for Nationa l Identit y i n Wes t Africa : th e Ne w History , in : W . J . Cahnma n u . A . Boskoff , Sociology an d History , Glenco e 1964 ; F . Znaniecki , Th e Origi n o f Nationa l Cultur e Socie ­ ties, ebd. , S . 293ff. ; C . Geertz , Th e Integrativ e Revolution . Primordia l Sentiment s an d Civi l Politics i n th e Ne w States , in : den . (Hg.) , Ol d Societie s an d Ne w States , Th e Ques t fo r Modernity i n Asia an d Africa, Glenco e 1963 , S . 105ff. ; McKi m Marriott , Cultura l Polic y i n th e New States , ebd. , S . 27ff\J . Coleman , Nigeria : Backgroun d t o Nationalism , Berkele y 1959 .

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Anmerkungen z u Seit e 25-2 6 J . Voigt , Arthasastra-Interpretatione n i n de r nationalistische n Geschichtsschreibun g Indiens , in: GWU , Bd . 16 , 1965 , S . 53 3 ff. Nahezu i n alle n Entwicklungsländer n verbreite t sic h heut e di e Vorstellun g eine s einstmal s goldenen Zeitalters , i n de m diese s Lan d andere n überlege n gewese n sei n soll . Un d wi e di e Schüler i n Deutschlan d erfahre n (haben) , da ß wesentlichst e Leistunge n de r Geistesgeschicht e der Wel t deutsche n Erfindern , Denkern , Politikern , Reformatore n z u verdanke n sind , un d sowjetische Schüle r unte r de m Eindruc k de r Größ e de s russische n Beitrag s stehen , s o bemühen sic h z . B . Negerhistorike r u m Symbol e nationale r Verehrun g (übe r di e Stammes ­ grenzen hinaus) . Ei n extreme s Beispie l is t de r vo n / . Wallerstei n erwähnt e Dic k Akwa , de r behauptet, Mose s und Buddh a seie n ägyptisch e Nege r gewesen , da s Christentum stamm e au s dem Suda n un d di e europäische n Philosophe n setzte n ein e uralt e Bantutraditio n fort . 50 Star k vereinfachen d behaupte t R . B . Vance , Securit y an d Adjustment , th e Return t o th e Larger Community , in : Cahnman/Boskoff(s . Anm . 49) , S . 376ff , di e modern e Sozialpoliti k knüpfe nu r (nac h Schaffun g de r technische n Voraussetzungen ) a n di e System e soziale r Sicherheit de r vorindustrielle n Phas e an . 51 Dies e Doktri n ha t sic h vo r alle m unte r de m Eindruc k de r Arbeite n vo n A . Gerschenkro n durchgesetzt, sieh e sein e Sammlun g vo n Essays : Backwardnes s (s . Anm . 23) ; ders, , Th e Typology o f Industria l Developmen t a s a Too l o f Analysis , in : ders. , Continuit y i n Histor y and othe r Essays , Cambridg e Mass . 1968 , S . 77ff . 52 Di e negative n Aspekt e de r Strategi e vorwiegen d staatliche r Entwicklungspoliti k beton t Behrendt, in : Schneide r (s . Anm . 29) , S . 507ff . 53 Selbs t di e englische Wirtschaftsgeschicht e bedar f in dieser Hinsicht eine r Neuinterpreta ­ tion, sieh e J. B . Brebner , Laissez-fair e an d Stat e Interventio n i n Nineteent h Centur y Britain , in: JEH, Bd . 8 , 1948 , Supplemen t S . 59ff , wiede r abgedruck t in : E . M . Carus-Wilso n (Hg.) , Essays i n Economi c History , Bd . 3 , Londo n 1962 , S . 252ff . 54 Sieh e auc h C . Matschoss , Preußen s Gewerbefbrderun g un d ihr e große n Männer , Berli n 1921; P . Siebertz , Ferdinan d vo n Steinbeis , ei n Wegbereite r de r Wirtschaft , Stuttgar t 1952 ; W . Fischer, Staa t un d Industri e i n Baden , 1800-1850 , Bd . I, Berlin 1960 ; J. Mieck , Preußisch e Gewerbepolitik i n Berli n 1806-1855 , Berli n 1965 ; s . auc h Anm . 55 . 55 Zu m gesamte n Problemkrei s de r Staatsaktivitä t sieh e u . a. B . Supple , De r Staa t un d di e Industrielle Revolutio n 1700-1914 , in : Cipolla/Borchardt , Europäisch e Wirtschaftsgeschichte , Bd. 3 (s . Anm . 7) , S . 195ff. ; U. P . Ritter , Di e Roll e de s Staate s i n de n Frühstadie n de r Industrialisierung. Di e preußisch e Industrieförderun g i n de r erste n Hälft e de s 19 . Jh., Berli n 1961; W . bischer , Da s Verhältni s vo n Staa t un d Wirtschaf t i n Deutschlan d a m Begin n de r Industrialisierung, in : ders. , Wirtschaf t un d Gesellschaf t i m Zeitalte r de r Industrialisierung , Göttingen 1972 , S . 60ff. ; ders. , Governmen t Activit y an d Industrializatio n i n German y 1815-1870, in : Rostow , Economic s (s . Anm . 26) , S . 83ff. ; W . O . Henderson , Th e Stat e an d the Industria l Revolutio n i n Prussia , 1740-1870 , Liverpoo l 1958 ; einen kurze n Überblic k übe r die Staatsaktivitä t i n Frankreic h un d Englan d vermittel t Kindleberge r (s . Anm . 33) , S . 183ff. ; für Rußlan d Th . H . v . Laue , Serge i Witt e an d the Industrializatio n o f Russia, Ne w Yor k 1963 ; J . Nötzold , Wirtschaftspolitisch e Alternative n de r Entwicklun g Rußland s i n de r Är a Witt e und Stolypin , Berli n 1966 . 56 Sieh e S . N . Eisenstadt , Problem s o f Emergin g Bureaucracie s i n Developin g Area s an d New States , in : Hoselitz/Moore , Industrializatio n (s . Anm . 35) , S . l59ff . 57 E s gib t freilic h entscheidend e Unterschied e zwische n eine r Armee , i n de r sic h Tradi ­ tionseliten sammeln , un d eine r Armee , di e gleichsa m di e »uniformiert e Intelligenz « de s Landes darstellt . Sieh e hierzu J.J.Johnson (Hg.) , Th e Rol e of the Military i n Underdevelope d Countries, Princeto n 1962 ; M. Lissak , Socia l Change , Mobilization , an d Exchange o f Service s between th e Militar y Establishmen t an d th e Civi l Society : th e Burmes e Case , in : EDCC , Bd, 13 , 1964 , S . 1 ff. E s ist hie r nich t de r Platz , umfassen d au f die Arme e al s innovatorische s Zentrum auc h i n Europ a einzugehen , ein e vergleichend e Studi e fehl t bislan g un d is t dringen d erwünscht.

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Anmerkungen z u Seit e 27-2 8 58 B . Supple , Ha s th e Earl y Histor y o f Develope d Countrie s an y Curren t Relevance? , in : AER, Bd . 55 , 1965 , Pap . a . P r o c , S . 99ff. : »I n general , m y answe r t o th e mai n questio n i s that histor y is , o r ca n be , ver y relevan t t o th e contemporar y economi c scene . An d I would argue (alon g wit h othe r an d better me n befor e me ) tha t thi s relevanc e lies less in th e provisio n of timeles s example s o f socioeconomi c processe s tha n i n th e us e o f economi c histor y a s a source o f expectation abou t suc h processes . Fro m tim e t o time , n o doubt , th e direc t parallel s between pas t an d presen t wil l b e bot h clea r an d significant . Fa r mor e often , however , th e nature o f chang e wil l preclud e histor y repeatin g itsel f in an y usefu l way . And , a s a result, th e most w e ca n expec t i s tha t ou r systemati c stud y o f th e pas t wil l yiel d a n approac h t o rathe r than a se t o f conclusion s abou t ou r ow n world . Tha t th e expectation s an d analytica l framework whic h w e deriv e from , say , th e stud y o f preindustria l Europ e coul d b e o f considerable us e a s shapin g an d guidin g influence s fo r researc h int o curren t economi c problems seem s t o m e t o b e a significan t fact . An d thi s remain s tru e (indeed , it s significanc e is, i f anything , enhanced ) eve n i f thes e expectation s ar e frustrate d o r hav e t o b e modifie d i n the cours e o f thei r application . I hope i t i s no t necessar y fo r m e t o emphasiz e tha t th e pas t i s not a uniqu e avenu e fo r understandin g th e present ; an d certainl y histor y itsel f i s no t a substitute fo r researc h o r ratiocination . Bu t I fail t o see wh y a historical perspectiv e coul d no t be a powerfu l weapo n i n th e armor y o f economic researc h - a t leas t a s lon g a s w e remembe r its limitation s a s wel l a s it s potentialities. « Sieh e auc h R . Cameron , Som e Lesson s o f Histor y for Developin g Nations , in : AER , Bd . 57 , 1967 , Pap . a . P r o c , S . 3l2ff .

2. Zu r Frag e de s Kapitalmangel s i n de r ersten Hälfi e de s 19 . Jahrhunderts i n Deutschlan d 1 Unte r Deutschlan d wir d hie r da s Gebiet de s Deutschen Reiche s i n de n Grenze n vo n 187 1 ohne Elsaß-Lothringe n verstanden . 2 Di e Periodenbedeutun g de r Jahrhundertmitt e fü r di e deutsch e Wirtschaftsgeschicht e wird auc h vo n Sombart , Sartoriu s v . Waltershausen , Pohl e und andere n hervorgehoben . W . W . Rostow, Stadie n wirtschaftliche r Entwicklung , Göttinge n 1960 , datier t de n »Take-off « Deutschlands i n di e Jahre 1850-1873 . - Allerding s ha t Rosto w i n eine r neuere n Veröffentli ­ chung ein e Umdatierun g vorgenommen , sieh e ders. , Th e Worl d Economy . Histor y an d Prospect, Londo n 1978 , S . 407 : »Take-of f 1840-1870. « 3 Stat t viele r andere r Hinweis e seie n genann t J. H . Clapham , Th e Economi c Developmen t of Franc e an d German y 1815-1914 , Cambridg e 1936 4 , S . 88 ; J. Kulischer , Allgemein e Wirt ­ schaftsgeschichte de s Mittelalter s un d de r Neuzeit , Bd . 2 , Neudruc k Darmstad t 1958 , S , 475 ; F. Schnabel , Deutsch e Geschicht e i m neunzehnte n Jahrhundert, Bd . 3 , Freibur g 1950 , S . 262 ; W. O . Henderson , Th e Stat e an d th e Industria l Revolutio n i n Prussi a 1740-1870 , Liverpoo l 1958, S . XXI; W. Treue , Wirtschafts - un d Sozialgeschicht e Deutschlands , in : Gebhardt s Handbuch de r deutsche n Geschichte , Bd . 3 , Stuttgar t 1960 8 , S . 363 , 367 , 376 , 37 9 u.a . Da ß auch di e Mehrhei t de r Autoren , di e Frankreic h behandeln , ein e gleich e Thes e vertreten , schreibt A . L . Dunham , Th e Industria l Revolutio n i n Franc e 1815-1848 , Ne w Yor k 1955 , S. 213 . 4 J . Kahn , Geschicht e de s Zinsfuße s i n Deutschlan d sei t 1815 , Stuttgar t 1884 , S . 7 0 u . 97 ; B. Brockhage , Zu r Entwicklun g de s preußisch-deutschen Kapitalexports , 1 . Teil : De r Berline r Markt fü r ausländisch e Staatspapier e 181 6 bis um 1840 , Leipzi g 1910 , S . 18 2 u. 215;J . Riesser , Zur Entwicklungsgeschicht e de r deutsche n Großbanke n mi t besondere r Rücksich t au f di e Konzentrationsbestrebungen, Jen a 1905 , S . 29 ; A , Sartoriu s v . Waltershausen , Deutsch e Wirt ­ schaftsgeschichte 1815-1914 , Jen a 1923 2 , S . 3 1 u . 55 ; F . Lütge , Deutsch e Sozial - un d Wirt ­ schaftsgeschichte, Berli n i960 2 , S . 400 , sieh e aber auc h S . 40 5 f.; H . Mottek , Zu m Verlau f un d zu einige n Hauptprobleme n de r industrielle n Revolutio n i n Deutschland , in : ders . u.a. ,

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Anmerkungen z u Seit e 28-2 9 Studien zu r Geschicht e de r industrielle n Revolutio n i n Deutschland , Berli n 1960 , S . 27 . Mehrheitlich beziehe n sic h dies e Autore n fü r Begründunge n ihre r Ansich t au f di e Entwick ­ lung de r Zinssätz e fü r Wertpapiere . 5 Wei l e s sic h hierbe i u m ei n Proble m de r Faktorproportione n handelt , scheide t dies e Ar t der Betrachtun g au s de r weitere n Behandlun g aus . In de r Literatu r übe r wirtschaftlich e Entwicklung is t da s Fehle n vo n Produktionsmittelbestände n ei n Definitionsmerkma l vo n Unterentwicklung un d kan n dies e deshal b nich t erklären , In de r wirtschaftsgeschichtliche n Literatur ergebe n sic h jedoc h gelegentlic h Verwechslungen , s o auc h be i A . Krüger , Da s Kölner Bankiergewerb e vo m End e de s 18 . Jahrhunderts bi s 1875 , Esse n 1925 , S . 19f . 6 Sieh e W . A . Lewis , Di e Theori e de s wirtschaftliche n Wachstums , Tübinge n 1956 , S. 222ff . 7 Fü r Preuße n gib t e s ein e weni g gesichert e Schätzun g vo n L . Kru g vo m Anfan g de s Jahrhunderts in : Betrachtunge n übe r de n National-Reichthu m de s Preußische n Staate s un d über de n Wohlstan d seine r Bewohner , I. Teil, Berli n 1805 , S . 286 . E r nimm t eine n Edelme ­ tallbestand vo n 9 0 Mio . Rthl . an , wovo n nu r 3 0 Mio . demonetisier t gewese n sei n sollen . A . Soetbeer weigerte sic h allerdings , Schätzunge n übe r de n Umfang de r nichtmonetären Beständ e selbst fü r später e Zeiträum e anzustellen , siehe : Materialie n zu r Erläuterun g un d Beurteilun g der wirtschaftliche n Edelmetallverhältniss e un d de r Währungsfrage , 1886 2 , S . 32 . - Neuer ­ dings schätz t R . Tiìl y de n Geldumlau f i n Deutschlan d 184 5 au f 18 5 Mio . Taler , de n Umlau f von Geldsurrogate n au f 24 0 Mio . Taler , siehe : Kapital , Staa t un d soziale r Protes t i n de r deutschen Industrialisierung , Göttinge n 1980 , S . 43 . 8 Mi t E . Salin , Unterentwickelt e Länder . Begrif f un d Wirklichkeit , in : Kyklos , Bd . 12 , 1959, S . 416f. , hätt e ma n Deutschlan d al s ei n Lan d mi t aktive r Bevölkerun g un d mi t Horte n anzusprechen. 8a Di e Aussage , da ß de r Konsu m noc h z u verminder n gewese n sei , is t vo n F.-W . Henning , Kapitalbildungsmöglichkeiten de r bäuerliche n Bevölkerun g i n Deutschlan d a m Anfan g de s 19. Jahrhunderts, in : W . Fische r (Hg.) , Beiträg e z u Wirtschaftswachstu m un d Wirtschafts ­ struktur i m 16 . un d 19 . Jahrhundert, SchVfS p N.F . Bd . 63 , Berli n 1971 , S . 81 , kritisier t worden. Zu r Klärun g se i zugegeben , da ß mein e Aussag e sic h nicht au f alle Menschen bezieht . Das vorindustriell e Elen d is t bekanntlic h beträchtlic h gewesen . Abe r hie r geh t e s u m ein e Aussage übe r ein e volkswirtschaftlich e Aggregatgröße , wi e da s Wor t »Durchschnitt « signali ­ siert. Di e angeführte n Tatsache n weise n darau f hin , da ß e s denkba r gewese n wäre , de n (gesamtwirtschaftlichen) Konsu m noc h (relativ ) z u vermindern , wen n auc h nich t behaupte t werden kann , da ß die s leich t gewese n wäre . I m übrige n steh t da s Argumen t unte r Ziffe r 2 nicht fü r sic h allei n un d trägt , wi e ma n unte r Ziffe r 4 erkenne n kann , nu r ein e seh r klein e Beweislast. 9 Vo n de r Konsumsumm e Preußen s i n de n Jahren 180 6 bis 184 9 entfiel ei n - interessanter ­ weise trendmäßi g fallender - Antei l vo n 8 bis 5 Prozent au f Branntwein, Bier , Wein , Tabak , Gewürze, Südfrüchte , wen n wi r E . Enge l un d de m Materia l Dieterici s traue n dürfen , siehe : Zur statistische n Ermittlun g de r Consumtio n pr o Kop f de r Bevölkerun g i m preußische n Staate, in : ZPStB , Jg . 4 , 1864 , S . l28ff . Doc h umschließ t diese r Betra g natürlic h nich t nu r Luxusgüter - un d erfaß t auc h nich t all e Luxusgüter . Vo n Bedeutun g ma g auc h de r Hinwei s sein, da ß seh r beträchtliche Summe n fü r di e Einfuhr vo n Kolonialware n gezahl t worde n sind . Siehe hierz u M . Kutz , Deutschland s Außenhande l vo n de r französische n Revolutio n bi s zu r Gründung de s Zollvereins, Wiesbade n 1974 , S . 365 : 183 0 betrug nac h seinen Rechnunge n de r Gesamtwert de r Einfuh r Deutschland s vo n Kolonialware n 44, 6 Mio . Taler . 9a Z u nachvollziehbare n Schätzunge n de s Volkseinkommen s un d de s durchschnittliche n Einkommens j e Kop f i n Preuße n i n de r erste n Hälft e de s 19 . Jahrhunderts sieh e jetz t G . Hohorst, Wirtschaftswachstu m un d Bevölkerungsentwicklung i n Preußen 181 6 bis 1914 , Ne w York 1977 , S . 27 3 ff. Au f die Bedeutung de s Konzepts des »verfügbare n Einkommens « mach t zu Rech t aufmerksa m E . Schremmer , Agrareinkomme n un d Kapitalbildun g i m 19 . Jahrhun -

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Anmerkungen z u Seit e 3 0 dert i n Südwestdeutschland , in : JNSt, Bd . 176 , 1964 , S . 19 6 ff. Tatsächlich mu ß e s eine rech t erhebliche Zwangsersparni s gegebe n haben . 10 Zu r versteckte n Arbeitslosigkei t un d ihre r volkswirtschaftliche n Bedeutun g sieh e auc h Mottek (s . Anm . 4) . - Übe r derartig e Möglichkeite n de s Landesausbaus , de s Hausbau s un d der Viehaufstockun g berichte t auc h Hennin g (s . Anm . 8a) . 11 Statistisch e Übersich t de r Fabrikations - un d gewerbliche n Zuständ e i n de n verschiede ­ nen Staate n de s Dt . Zollverein s i m Jahre 1846 , in : Mitteilunge n de s statistische n Bureau s i n Berlin, Jg . 4 , 1851 , S . 252ff. ; sieh e auc h G . Neuhaus , Di e beruflich e un d sozial e Gliederun g der Bevölkerun g i m Zeitalte r de s Kapitalismus , in : GdS , IX. Abt. 1 . Teil , Tübinge n 1926 , S. 36 3 ff. - Neuerding s zusammenfassen d un d mi t viele n Quellenangabe n K . H . Kaufhold , Handwerk un d Industri e 1800-1850 , in : HdWSG , Bd . 2 , Stuttgar t 1976 , S . 32 1 ff. 12 Dies e Schätzun g wa r (1961 ) aufgrun d vo n seh r grobe n Anhaltspunkte n gewonne n un d sollte nich t de n Anspruc h erheben , ein e zitierfähig e Angab e de r tatsächliche n Höh e de s Anlage- un d Umlaufvermögen s de r Textilindustri e z u ergeben . E s sollt e nu r i n etw a di e Größenordnung industrielle r Kapitalbeständ e angegebe n werden , u m darau s Urteil e übe r de n denkbaren Investitionsaufwan d ableite n z u können . Inzwische n lieg t ein e genaue r aufgeglie ­ derte Schätzun g fü r di e Jahre 1846 , 186 1 und 187 5 vor, di e zwar auc h mi t Annahme n arbeite n muß, abe r wei t meh r Quelle n heranzieht . Insgesam t bestätig t si e die Größenordnung de r alte n Schätzung, Sieh e H . Blumberg , Di e deutsch e Textilindustri e i n de r industrielle n Revolution , Berlin 1965 , S . 43-52 . Blumber g beziffer t di e Summe vo n Anlage - und Umlaufvermöge n de r deutschen Textilindustri e (Fabrikindustrie , vornehmlic h i n Spinnerei , un d hauptberuflich e Handweberei) fü r 184 6 auf 15 6 Mio. Tale r un d fü r 186 1 auf 250 Mio. Taler . G . Kirchhain , Da s Wachstum de r deutsche n Baumwollindustri e i m 19 . Jahrhundert. Ein e historische Modellstu ­ die zu r empirische n Wachstumsforschung , Diss . Münste r 1973 , S . 113 , schätz t fü r di e Baumwollspinnerei, als o den am weiteste n mechanisierte n Zwei g de r Textilindustrie, fü r de n Zeitraum 1844/4 8 da s durchschnittlich e Anlage - un d Umlaufvermöge n au f 26, 9 Mio . Mar k (ca. 9 Mio . Taler) . 13 W . G . Hoffman n u . J . H . Müller , Da s deutsch e Volkseinkomme n 1851-1957 , Tübinge n 1959, S . 14 . Allerding s rechnete n wi r nicht , wi e Hoffmann/Müller , vo n Preuße n au f da s Gebiet de s Deutsche n Reiche s i n de n Grenze n vo n 187 1 hoch , sonder n nu r au f dasjenig e Gebiet de s Zollvereins , fü r da s di e obige n Angabe n übe r di e textilindustrielle n Vermöge n gelten. 13a Hoffmann/Mülle r bezifferte n da s Volkseinkomme n de r Jahre 1851/5 5 au f durchschnitt ­ lich 9,6 Mrd . Mark . Demgegenübe r schätzte n W . G . Hoffman n u . Mitarbeiter , Da s Wachstu m der deutsche n Wirtschaf t sei t de r Mitt e de s 19 . Jahrhunderts, Berli n 1965 , S . 506f , da s Volkseinkommen i m gleiche n Zeitrau m au f durchschnittlich 5, 2 Mrd . Mark . E s ist hie r nich t nötig, di e Ursache n fü r di e große n Abweichunge n z u behandel n un d sic h zugunste n eine r Ziffer z u entscheide n - abe r e s soll doc h di e Unsicherhei t alle r Schätzunterlage n in s Bewußt ­ sein gehobe n werden . 13b Folg t ma n de n neue n Schätzunge n vo n R . Tilly , Capita l Formatio n i n German y i n th e Nineteenth Century , in : CEHE , Bd . VII/1 , Cambridg e 1978 , S . 427 , s o entfiele n vo n de r volkswirtschaftlichen Nettoinvestitio n au f di e Nettoinvestitione n de r »Industrie « i n Preuße n (in konstante n Preisen ) i n de n Periode n folgend e Anteile : 1816-22 : 2, 2 v . H . ; 1822-31 : 5, 0 v . H . ; 1830/1-1840 : 3, 0 v . H . ; 1840-49 : 3,3 v . H . E s ist somi t woh l al s gesichert anzunehmen , daß fü r industriell e Investitione n Beträg e benötig t worde n sind , di e selbs t be i entscheidende r Ausweitung gegenübe r de m Beobachtete n kau m irgendwi e durc h di e makroökonomisch e Sparfähigkeit hätte n begrenz t sei n können . 14 Auc h hie r sin d nu r seh r grob e Schätzunge n möglich . Abe r di e Größenordnun g is t ungefähr z u erkenne n aus : Kammerred e de s Staatsminister s Fürs t Oettingen-Wallerstei n v . 4. 9 . 1839 , abgedruck t in : Beiträg e zu r Statisti k de s Königreich s Bayern , Bd . 86 , Münche n 1914, S . 267f . Hierau s ergib t sic h ein e ober e Grenz e de s Werte s de s Viehbestande s i n Bayer n

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Anmerkungen z u Seit e 30-32 am Ende der dreißige r Jahre vo n 200 Mio. Talern . Fü r Preußen wir d ein e Zahl vo n ca . 38 0 Mio. Taler n fü r di e Jahrhundertmitte angegeben , siehe : Di e Viehhaltun g i m Preussische n Staate in der Zeit von 181 6 bis 1858, in: ZPStB, Jg. 1 , 1861 , S. 229f. Kru g (s. Anm. 7 ) nennt 1805 für Preußen ein Viehvermögen von 180 Mio. Talern. Siehe jetzt zusammenfassend Tilly , Capital Formatio n (s . Anm . 13b) , S . 393 . E r setz t de n Wer t de s Viehbestande s i n Preuße n 1816 au f 70 7 Mio . Mark , 184 9 au f 1,1 9 Mrd . Mar k an . Da s gesamt e reproduzierbar e Sachvermögen de r Landwirtschaft i n Preußen (Kapitalstoc k ohn e Grundstückswerte) schätz t Tilly fü r 181 6 auf 2,7 Mrd . Mark , fü r 184 9 auf 4,1 Mrd. Mark . 15 E . Engel, in : ZPStB, Jg. 1 , 1861 , S. 3 1 f., nenn t ein landwirtschaftliches Anlagevermö ­ gen i n Preuße n vo n insgesam t 4, 5 Mrd . Taler n ( = 13, 5 Mrd . Mark) , Kru g 180 3 ein solche s von 2 Mrd . Talern . Di e Wertänderun g wär e au f viel e Faktore n zurückzuführen , wen n si e überhaupt i n den Zahlen verläßlic h erscheint . 16 Fü r Deutschlan d gib t e s neben dem Wer k Krug s un d gelegentliche n ähnliche n Schät ­ zungen vo n regionale r Bedeutun g ers t wiede r Volksvermögensstatistike n vo m End e de s 19. Jahrhunderts un d z . T. i n da s 20 . Jahrhundert hineinreichen d vo n Helfferich , Jastrow , Schmoller, Weyerman n u. a. Für Frankreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts siehe R. Cameron, Franc e an d th e Economi c Developmen t o f Europ e 1800-1914 , Princeto n 1961 , S. 5l3ff . 17 Übe r di e Feuerversicherungswert e F . W . Reden , Deutschlan d un d da s übrig e Europa , Wiesbaden 1854 , S . 236 . Dies e Angabe n wurden vergliche n mi t dene n vo n E . Enge l fü r Sachsen (Da s Königreic h Sachse n i n statistische r un d staatswissenschaftliche r Beziehung , Bd. I, 1853, S. 240 ) und entsprechend korrigiert. Ein e wichtige ältere Quelle zur Methodik ist v. Hülsen , Geschichte , Umfang un d Bedeutun g de s öffentlichen Feuerversicherungswesens , in: ZPStB, Jg. 7 , 1867 , S . 320ff . Übe r den wissenschaftlichen Wer t der Feuerversicherungs ­ statistik grundsätzlich K. Maywald, Fir e Insurance and the Capital Coeffirien t i n Great Britain 1866-1952, in : EHR , 2n d Ser . Bd . 9 , 1956/7 , S . 89ff . 17a Unser e Schätzung de r Nettoinvestitionen (1961 ) liegt unter derjahresdurchschnittszif ­ fer fü r Nettoinvestitione n i n Gebäude n vo n Hoffmann , Wachstu m (s . Anm . 13a) , S . 2l8ff. , für de n Zeitraum 1851-5 5 (dor t 34 7 Mio. Mark) , könnt e deshalb abe r auc h di e Größenord ­ nung End e der vierzige r Jahre besse r treffen . Zude m bezo g sic h unser e Schätzun g nich t au f Deutschland i n de n Grenze n vo n 1871 . Tilly , Capita l Formatio n (s . Anm . 13b) , S . 399ff , ermittelt fü r Preuße n 1843- 9 allerding s nu r Nettoinvestitione n i n Gebäude n vo n durch ­ schnittlich 69 Mio. Mark, wa s (über die Bevölkerungsanteile hochgerechnet) fü r Deutschlan d nur 15 3 Mio. Mar k erbrächte. Allerding s waren dies relativ schlechte Jahre, währen d 1840-4 3 wesentlich mehr investiert worden sein soll (auf Deutschland hochgerechnet ein durchschnitt­ licher Jahresbetra g vo n 22 5 Mio . Mark) , wa s wiede r i n di e Größenordnun g de r eigene n Schätzung (1961 ) paßt . 17b Zu r Vervollständigung könnt e auch auf die nun vorliegenden Schätzunge n de r öffent ­ lichen Infrastrukturinvestitione n verwiese n werde n be i K , Borchard , Staatsverbrauc h un d öffentliche Investitione n i n Deutschlan d 1780-1850 , Diss . Göttinge n 1968 , S . 225f f 18 »I think it is fair to say that on the whole the demand side has not attracted anything lik e the attention tha t th e supply sid e has commanded i n historical enquiry. « G . Ohlin , Balance d Economic Growt h i n History, in : AER , Bd . 49 , 1959 , Pap. a . Proc , S . 345. 19 Die s könnte aber mit einer gewissen Berechtigun g fü r Frankreich gesagt werden , sieh e R. Cameron , Profit, croissanc e et Stagnation en France au XIXC siècle, in: Economie appliquée, Bd. 10 , 1957 , S . 409ff . 20 Sieh e hierz u nu n anstell e de s überholten Werke s vo n G . Bondi , Deutschland s Außen ­ handel 181 5 bi s 1870 , Berli n 1958 , di e neuere n Arbeiten : Kut z (s . Anm. 9) ; B . v . Bornes , Deutschlands Außenhandel 183 6 bis 1856. Eine statistische Untersuchung zur Frühindustriali­ sierung, Stuttgar t 1970 ; R. H. Dumke, Anglo-deutscher Handel und Frühindustrialisierung i n Deutschland 1822-1865 , in : GuG , Bd . 5 , 1979 , S . l75ff .

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Anmerkungen z u Seit e 32-3 3 21 E . Richter , Da s Preußisch e Staatsschuldenwese n un d di e Preußische n Staatspapiere , 1869; W . Gerloff , De r Staatshaushal t un d da s Finanzwese n Deutschlands , in : HdFW , 1 . Aufl . Bd. 3 , S . 6 . Allerding s schein t Preuße n auc h ein e Ausnahm e gewese n z u sei n i n seine r anhaltenden Konsolidierungstendenz , sieh e Borchar d (s . Anm . 17b) . Dor t wir d di e Gesamt ­ summe de r Schulde n de r deutsche n Einzelstaate n 185 0 mi t 603, 6 Mio . Taler n angegebe n (S. 106) . 22 196 1 schrie b ich , de r ›Agrarexport ‹ se i au f 1 4 Prozent gesunken , un d bezo g mic h dafü r auf eine n Berich t vo n Jacobs a n de n britische n Geheime n Rat , mitgeteil t i n eine r Schrif t vo n Avenarius, di e M . Weyermann , Zu r Geschicht e de s Immobiliarkreditwesen s i n Preuße n mi t besonderer Nutzanwendun g au f die Theorie der Bodenverschuldung , Karlsruh e 1910 , S . 164 , zitiert hatte , un d bezeichnet e dies e Angab e al s vermutlic h nich t seh r verläßlich . Tatsächlic h kann si e nich t mi t Bezu g au f den gesamte n Agrarexpo n aufrech t erhalte n werden , wi e Kut z (s. Anm . 9) , S . 296 , zeigt . Di e Woll e glic h nämlic h i n diese r Zei t de n i n de r Ta t gewaltige n Rückgang de r Getreide- und Holzexporte aus . Fü r die Getreide ausfuhr stimm t di e Angabe vo n Jacobs nahez u vollständi g mi t de r Schätzun g vo n Kut z überein . 23 E . Baumstark , Staatswirtschaftlich e Versuch e übe r Staatskredit , Staatsschulde n un d Staatspapiere, Heidelber g 1833 , S . 381 . 24 Z u de m zugrundeliegende n Model l sieh e W . Abel, Agrarkrise n un d Agrarkonjunktur i n Mitteleuropa vo m 13 . bi s zu m 19 . Jahrhundert, Hambur g 1966 2 ; ders. , Massenarmu t un d Hungerkrisen i m vorindustrielle n Europa , Hambur g 1974 . 25 Nac h E . Gothein , Verfassungs - un d Wirtschaftsgeschicht e de r Stad t Cöl n vo m Unter ­ gange de r Reichsfreihei t bi s zu r Errichtun g de s Deutsche n Reiches , Köl n 1916 , S . 367 . 26 »Währen d de r Blütezei t de s Absatze s nac h Amerik a i n de n Jahren 184 5 bi s 1853 , ja bi s 1860, habe n sic h di e meiste n größere n Vermöge n gebildet . . . « i n de r Aachene r Tuchindu ­ strie, sieh e A . Thun , Di e Industri e a m Niederrhei n un d ihr e Arbeiter , I. Teil, Leipzi g 1879 , S. 73 . Ei n Hau s erzielt e jährlic h 6000 0 Taler , ei n andere s i n wenige n Jahre n 25000 0 (ebd . S. 26) . 27 Di e v o n j . Kulischer , De r Kapitalgewin n i m 19 . Jahrhundert, in : JNSt, 3.F. , Bd . 25 , 1903, S . 145-19 2 u . 289-322 , vertreten e These , e s hab e hoh e Extraprofit e gegeben , wen n neue Technike n eingeführ t wurden , is t i n diese r verallgemeinerte n For m siche r nich t richtig. 28 Übe r di e Entwicklun g de r Zinssätze , vo r alle m de r öffentliche n Anleihen , abe r auc h anderer Kredit e sieh e Kah n (s . Anm . 4) ; E. Voye , Übe r di e Höhe de r verschiedene n Zinssätz e und ihr e wechselseitig e Abhängigkeit . Di e Entwicklun g de s Zinsfuße s i n Preuße n vo n 180 7 bis 1900 , Jena 1912 ; 5 . Homer , A Histor y o f Interes t Rates , Ne w Brunswic k 1963 , S . 254ff . Dort auc h wertvoll e Angabe n zu m internationale n Vergleich . Au f di e Zinsentwicklun g stützen A . Spiethoff , Di e Wirtschaftliche n Wechsellagen , Bd . I, Tübingen 1955 , S . 11 3 un d Mottek (s . Anm . 4) , S. 27 , ihre woh l richtige Ansich t vo m relative n Kapitalüberschu ß noc h i n den dreißige r Jahren. Doc h mu ß ma n hie r einige s beachten : 1 . D a di e Kreditmärkt e unterein ­ ander nich t verbunde n sin d ode r doc h Arbitrag e nu r begrenz t vorkommt , zeig t da s Sinke n des Zinse s a n eine m Mark t nicht s vo n de r Lag e a n eine m anderen . Wi r kenne n au s de r gleichen Zei t Kredit e mi t 2 0 Prozent Zins ! 2. I n bezug au f die Hypothekenzinsen is t darauf zu achten, da ß di e gesetzlich e Zinsobergrenz e of t durc h Manipulatione n bei m Beleihungswer t überschritten wurde . (Zu r Bedeutun g de r Wuchergesetzgebung i n unserem Zeitrau m sieh e F . Blaich, Zinsfreihei t al s Proble m de r deutschen Wirtschaftspoliti k zwische n 185 7 und 1871 , in: Schjb, Jg. 91 , 1971 , S. 269ff. ) 3 . Bankzinse n zeigte n di e Marktlage of t nich t an , erfolgt e doc h in Zeiten de r Anspannun g ein e Kreditrationierung, ohn e da ß di e Sätz e erhöht worde n wären . So ha t di e Bayerisch e Hypotheken - un d Wechselban k »u m ihre r hohe n Bestimmun g willen « den Diskon t unveränder t belassen , obwoh l be i weite m nich t all e Kreditsuchende n befriedig t worden sin d (sieh e Festschrif t zu m 50jährige n Bestehe n de r Bank , 1885 , S . 22) . Vo n de r gleichen Ban k wir d 184 0 au s Nürnber g berichtet , da ß si e z u 4 Prozen t (de m fü r si e gesetzlichen Zinssatz ) kein Geschäf t mache n konnte , d a a n diesem Mark t Gel d z u 3,5 Prozen t

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Anmerkungen z u Seit e 33-3 5 erhältlich gewese n sei . (A.Jegel , Di e wirtschaftlich e Entwicklun g vo n Nürnberg , Fürth , Stei n und de s Nürnberge r Raume s sei t 1806 , Nürnber g o.J. , S . 21) . 29 Verhandlunge n de r Ständ e de s Kgr . Bayer n i m Jahr 1819 , 10 , S . 427ff . 30 Einig e wenig e Zahle n solle n die s beleuchten : 183 3 betru g di e Eisenproduktio n i n Preußen nu r noc h 3 7 Prozen t de r Produktio n vo n 182 8 - nac h M . Sering , Geschicht e de r preußisch-deutschen Eisenzöll e vo n 181 8 bi s zu r Gegenwart , Leipzi g 1882 , S . 275 . - Di e Produktion vo n Baumwollware n betru g 184 7 nu r noc h 6 0 Prozen t derjenige n vo n 1846 . Ordnet ma n di e einzelne n Jahre nac h de m Umfan g de r Produktion , s o ergib t sic h folgend e Reihenfolge vo n de n Jahren niedrigste r z u dene n höchste r Produktion : 1837-39 , 1847 , 1841 , 1844, 1840 , 1842 , 1848 , 1843 , 1845 , 1850 , 1849 , 184 6 - nac h Spiethoff(s . Anm . 28) , Bd . II, Tafel 13 ; sieh e neuerding s auc h Kirchhai n (s . Anm . 12) , S . 29ff . 31 Z u eine r Kostenstrukturerhebun g i n de r sächsische n Baumwollindustri e 185 6 sieh e Zeitschrift de s Statistische n Bureau s d . Königl . Sächsische n Ministerium s d . Innern , Nr . 8 , 1856, S . 117-152 . Dor t wir d angegeben , da ß 66,8 6 Prozen t de s Produktionswerte s au f de n Rohstoff entfallen . Die s schein t nac h neuere n Untersuchunge n vo n Kirchhai n (s . Anm . 12) , S. 146ff. , fü r diese n Zeitrau m i n Spinnere i un d Webere i zwa r gerad e zutreffen d z u sein, nich t aber fü r di e ganz e vorhergehend e Periode , fü r di e wi r teilweis e erheblich e Fluktuatione n i n der Kostenstruktu r beobachte n können . Doc h wa r i n jedem Fal l de r Materialantei l a n de n Produktwerten i n de r Baumwollindustri e erheblich . Dami t truge n di e Herstelle r auc h ei n erhebliches Handelsrisiko . E s ist kei n Zufall , da ß i n de r Frühphas e de r deutsche n Textilindu ­ strie die kaufmännischen Unternehmer , di e Händler dominieren ; sieh e hierzu W . Zorn, Type n und Entwicklungskräft e deutsche n Unternehmertum s i m 19 . Jahrhundert, in : VSWG , Bd. 49 , 1957 , S . 57fF. ; H . Wutzmer , Di e Herkunf t de r industrielle n Bourgeoisi e i n de n vierziger Jahren de s 19 . Jahrhunderts, in : Motte k (s . Anm . 4) , S , l45ff . Neuerdings : J. Kocka , Unternehmer i n de r deutsche n Industrialisierung , Göttinge n 1975 , S . 42fF . 32 Da ß die s nich t nu r fü r de n vorindustrielle n Plat z Münche n un d sein e Umgebun g gilt , wird au s zahlreichen sonstige n Zeugnisse n deutlich . S o heißt e s 183 9 auch in Basel, da ß »nich t die Capitalie n de n Geschäften , sonder n di e Geschäft e de n Capitalie n fehlen « - nac h H . Mauersberg, Wirtschafts - un d Sozialgeschicht e zentraleuropäische r Städt e i n neuere r Zeit , Göttingen 1960 , S . 353f . Au s Berli n berichte t O . Wiedfeldt , Statistisch e Studie n zu r Entwick ­ lungsgeschichte de r Berline r Industri e vo n 172 0 bi s 1890 , Leipzi g 1898 , S . 77 : »Allerding s empfand di e ebe n au s kleine n Anfänge n ne u un d vorsichti g erwachsen e Industri e kau m ei n Bedürfnis nac h große n Kapitalien. « Sieh e jedoch auc h L . Baar , Di e Berline r Industri e i n de r industriellen Revolution , Berli n 1966 , S . l40ff . 33 Sieh e etw a Kru g (s . Anm . 7) , S . 282 : »Da s Sprichwort , we r sein e Schulde n bezahlt , verbessert sein e Güter , is t s o richtig , da ß keine m Staat e besse r geholfe n würde , al s wen n all e Menschen i n demselbe n ihr e Schulden bezahle n könnten . . . « Fü r England berichte t ähnliche s Sayers, Lloyd s Ban k i n th e Histor y o f Englis h Banking , Oxfor d 1957 , S . 89 . 34 G . Schmoller , Zu r Geschicht e de r deutsche n Kleingewerb e i m 19 . Jahrhundert, Hall e 1870. Schmolle r nenn t di e Zei t vo n 183 8 bi s 184 3 soga r di e »Blüth e de s Kleingewerbes « (S. 59ff.) . Zu m Handwer k un d seine m Schicksa l i n der Frühphas e der Industrialisierun g sieh e im übrige n W . Fischer , Wirtschaf t un d Gesellschaf t i m Zeitalte r de r Industrialisierung , Göttingen 1972 , S . 3l5ff. ; Kaufhold , (s . Anm . 11) . 35 K . Neidlinger , Studie n zu r Geschicht e de r deutsche n Effektenspekulatio n vo n ihre n Anfängen bi s zu m Begin n de r Eisenbahnaktienspekulation , Jen a 1930 . 36 Ebd. , S . 51 . 37 Be i eine m geschätzte n Anlagevermöge n vo n 4, 5 Mrd . Tale r (einschließlic h Grund ­ stückswerte) wurd e 186 1 di e Höh e de s Grundkredit s de r Landwirtschaf t mi t 2, 5 Mrd . Tale r angegeben, siehe : ZPStB , Jg. 1 , 1861 , S . 45 . Zu r Entwicklun g de r Grundverschuldun g sieh e Weyermann (s . Anm . 22) . 38 Brockhag e (s . Anm . 4) . Sieh e abe r auc h v . Borrie s (s . Anm . 20) , S . 235ff .

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Anmerkungen z u Seit e 3 5 38a Ma n mu ß sorgfälti g unterscheide n zwische n de r Frage, o b (un d wann ) Deutschlan d ei n Nettokapitalimportland gewese n ist , un d de r Frage , welch e Roll e (Brutto-)Kapitalimport e gespielt habe n können . Auc h ei n Nettokapitalexportlan d ha t i n de r Rege l Kapitalimporte . Aufgrund seine r Schätzunge n zu r Entwicklun g de r Handelsbilan z un d andere r Positione n de r Leistungsbilanz komm t v . Borrie s (s . Anm . 38 ) z u de m Ergebnis , e s müss e i n de n vierzige r Jahren eine n Neííokapitalimpor t Deutschland s gegebe n haben . Di e al s Restgröß e ermittelt e Ziffer vo n jahresdurchschnittlic h 17, 4 Mio . Taler n i m Zeitrau m 1836-185 6 wirf t natürlic h neue Frage n auf , zuma l v . Borrie s selbs t au f de n gleichsa m technische n Charakte r de r Rechnungen hinweist . All e mögliche n Schätzfehle r de r vorhe r ermittelte n Wert e gehe n dabe i in di e Schätzun g de s Kapitalimporte s ein , fü r de n v . Borrie s kein e selbständige n Beleg e gibt . Tatsächlich is t di e Statisti k de r internationale n Kapitalbewegunge n fü r di e erst e Hälft e de s Jahrhunderts seh r unbefriedigend . Hierz u L . H . Jenks, Th e Migratio n o f Britis h Capita l t o 1875, Ne w Yor k 1927 , S . 178 ; immerhi n sag t Jenkes (S. 189) : »Industriall y self-sufïìcient , th e Rhinelands wer e alread y exportin g capital« ! Sieh e hierz u auc h ein e Denkschrif t vo n Davi d Hansemann au s de m Jahr 1846 , i n de r e s heißt : »I n Preuße n dagege n is t englische s Gel d nich t zu de n Eisenbahn-Unternehmunge n verwende t worden ; den n Englisch-Preußisch e Eisen ­ bahn-Gesellschaften bestehe n nicht , un d di e Englände r habe n auc h fas t ga r kein e Preußisch e Eisenbahn Aktie n erworben . E s verdient hie r zugleic h bemerk t z u werden, da ß auc h für andr e industrielle Unternehmunge n de r Unternehmungs-Geis t de r Englische n Kapitaliste n sic h weit meh r nac h ander n Länder n al s nach Preuße n wendet . Da ß fü r di e Preußischen Geld - un d Finanz-Verhältnisse de r Mange l de s Zuflusse s Englische r Fond s i n Preußisch e Eisenbahne n und andr e industriell e Unternehmunge n u m s o nachtheilige r wirkt , al s di e westliche n Nachbarländer sic h de s Vortheil s diese s Zuflusse s erfreuen , bedar f keine s Beweises. « Abge ­ druckt in : W . Steit z (Hg.) , Quelle n zu r deutsche n Wirtschafts - un d Sozialgeschicht e i m 19. Jahrhundert bi s zu r Reichsgründung , Darmstad t 1980 , S . 220 . - R . E . Camero n belegt , daß vo n 181 6 bi s 185 1 auc h nu r etw a 2 Prozen t de s Gesamtkapitalexport s Frankreich s nac h Deutschland gegange n sei n kann . 39 Übertriebe n is t woh l di e Ansich t vo n H . Haussherr , Wirtschaftsgeschicht e de r Neuzeit , Köln 1960 3 , S . 397 : »Di e meiste n (Unternehmer , K.B. ) ware n be i ihre m Aufstie g au f ausländisches Kapita l angewiesen . . . « Fü r Aktiengesellschafte n ma g Auslandskapita l i n de n frühen fünfzige r Jahre n vo n größere r Bedeutun g gewese n sein , sieh e H . Blumberg , Di e Finanzierung de r Neugründunge n un d Erweiterunge n vo n Industriebetriebe n i n For m de r Aktiengesellschaften währen d de r fünfzige r Jahr e de s neunzehnte n Jahrhundert s i n Deutsch ­ land, a m Beispie l de r preußischen Verhältniss e erläutert , in : Motte k (s. Anm . 4) , S . 19 1 ff. Zu r Frage de r ausländische n Beteiligunge n be i Gesellschafte n i n Deutschlan d noc h imme r unent ­ behrlich J . Legge , Kapital - un d Verwaltungsüberfremdun g be i de r Industri e un d de n Ver ­ kehrsanstalten Deutschland s vo n 180 0 bi s 1923/4 , Halberstad t 1924 . Bezeichnen d is t di e jeweilige Tenden z de r i m Grenzgebie t liegende n Industrien , mi t de m Nachbarlan d Kapital ­ verbindungen z u haben . Die s zeig t fü r di e Badisch e Industri e W . Fischer , Ansätz e zu r Industrialisierung i n Bade n 177 0 bi s 1870 , in : VSWG , Bd . 47 , 1960 , S . 2l4f . 40 Berich t Rother s un d de s Grafe n Alvenslebe n a n de n Preußische n Köni g v . 3 . 12 . 1839 : »Die Kapitaliste n sin d hie r nich t geneigt , industriell e Unternehmunge n gehöri g z u würdigen ; selbst di e reeiste n Entwürf e z u Aktienvereine n finden i m allgemeine n weni g Anklang , jede r zieht vor , sei n Vermögen , stat t e s der Industri e zuzuwenden , au f Hypotheke n ode r Staatspa ­ piere anzulegen , u m di e Frücht e desselbe n mi t möglichste r Sicherhei t i n Ruh e genieße n z u können, un d nu r zu m Ankau f vo n Landgüter n sin d einzeln e be i de m jetzige n niedrige n Zinsfuße geneig t worden. « - Zitier t nac h Blumberg , Finanzierun g (s . Anm . 39) , S . 167 . 41 »Auc h a n Kapitalien , wi e seh r si e sich auc h verminder t habe n möge n un d wi e seh r viel e andere eine r schädliche n Unbeweglichkei t fü r jetz t anheimgefalle n scheinen , fehl t e s noc h nicht durchaus , den n noc h vo r kurze m klagte n di e wenige n Kapitalisten , di e wi r haben , übe r die Schwierigkeit , si e auc h gege n eine n mäßige n Zin s unterzubringe n un d wußte n keine n

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Anmerkungen z u Seit e 35-3 6 anderen Ausweg , al s si e i n öffentliche n Effekte n anzulegen. « E . D . Friedländer , Ostpreußen s Handel, zitier t nac h W . Treue , Wirtschaftszuständ e un d Wirtschaftspoliti k i n Preuße n 1815-1825, VSW G Beihef t 31 , 1937 , S . 161 . 42 Deshal b is t auc h wei t wenige r vo n de n gewaltige n Ablösungssumme n au s den Agrarre ­ formen i n de n Industrialisierungsprozes s geflossen , al s ma n hätt e denke n können . H . Winke l hat di e institutionellen Bindunge n fü r di e Anlage »freie r Kapitalien « i m Proze ß de r Grundab ­ lösung genaue r dargestellt , siehe : Di e Ablösungskapitalie n au s de r Bauernbefreiun g i n West ­ und Süddeutschland . Höh e un d Verwendun g be i Standes - und Grundherren , Stuttgar t 1968 . Zu de n transferierte n Ablösungssumme n sieh e auch : Steit z (s . Anm . 38a) , S . 379-386 . 43 Ers t i n de n vierzige r Jahren habe n di e Pfandbrief e de r preußische n Landschafte n di e bi s dahin bestehende n Kurs-(Zins-)Differenze n ausgleiche n können , ers t i n de n dreißige r Jahre n verringerten sic h di e kurzfristige n Zinsschwankunge n de r meiste n Kreditarten . Sieh e Kah n (s. Anm . 4) , S . 49 f u . 228 , sowi e Voy e (s . Anm . 28) . 44 Wen n imme r wiede r au f di e Finanznöt e de r frühe n Industriellen , s o etw a Krupps , verwiesen wird , wir d of t übersehen , da ß viel e vo n ihne n nich t festverzinslich e Kredit e suchten, sonder n Risikokapital , da s ihne n dan n abe r auc h ohn e Kontroll e de s Überlasser s gegeben werde n sollte . Fü r Anlege r wa r da s nich t reizvoll . E s blie b fü r derartig e Zuschüss e nur di e Familie , di e den n auc h i n Notfälle n zu r Vermeidun g de r »Schande « eine s Konkurse s weitere Mitte l gegebe n hat . (Sieh e daz u auc h J. Kocka , Familie , Unternehme r un d Kapitalis ­ mus. A n Beispiele n au s de r frühe n deutsche n Industrialisierung , in : ZUG , Bd . 24 , 1979 , S. 99ff. ) Wen n Risikokapita l außerhal b de r Famili e geworbe n werde n mußte , ware n di e Geldgeber i n de r Rege l al s Partne r in s Geschäf t aufzunehmen . Die s is t kei n Proble m de s Kapitalmarktes i m strenge n Sinne , sonder n de r Mobilitä t de r Kapitaliste n un d dami t de r Durchsetzung neue r Gesellschaftsformen . Sieh e zu r Industriefinanzierun g auc h E . Klein , Zu r Frage de r Industriefmanzierun g i m frühe n 19 . Jahrhundert, in : H . Kellenben z (Hg.) , Öffentli ­ che Finanze n un d private s Kapita l i m späte n Mittelalte r un d i n de r erste n Hälft e de s 19. Jahrhunderts, Stuttgar t 1971 , S . 118ff. ; A . Brusatti , Da s Proble m de r Unternehmensfi ­ nanzierung i n der Habsburge r Monarchi e 1815-1848 , ebd. , S . l29ff. ; P . C . Martin , Frühindu ­ strielles Gewerb e i n de r Rechtsfor m de r AG , in : Fischer , Beiträg e (s . Anm . 8a) , S . l95ff. ; P . Coym, Unternehmensfinanzierun g i m frühe n 19 . Jahrhundert, dargestell t a m Beispie l de r Rheinprovinz un d Westfalens , Diss . Hambur g 1971 ; Kocka , Unternehme r (s . Anm . 31) , S. 65ff . 45 I n bezu g au f Englan d mein t E . Hamilton , Profi t Inflatio n an d th e Industria l Revolutio n 1751-1800, in : QJE , Bd . 56 , 1942 , S . 256ff. , da s Bankwese n se i nicht Ursach e sonder n Folg e der Industrialisierung . 46 E s is t ei n gute r Gedank e vo n R . Tilly , da ß ei n höhe r entwickelte r Kapitalmark t nich t unbedingt de r Industri e zugut e gekomme n wäre . Möglicherweis e hätt e dan n ga r auc h da s aus welche n Gründe n auc h imme r - de m Gewerb e gewidmet e Kapita l leichte r seine n We g i n andere Anlagemöglichkeite n gefunden . Siehe : Tilly , Kapita l (s . Anm . 7) , S . 224 . 47 Sieh e u . a. E . Klein , Di e Königlic h Württembergisch e Hofban k un d ihr e Bedeutun g fü r die Industriefinanzierun g i n de r erste n Hälft e de s 19 . Jahrhunderts, in : JNSt, Bd . 179 , 1966 , S. 324ff ; R . Tilly , Financia l Institution s an d Industrializatio n i n th e Rhineland , 1815-1870 , Madison 1966 ; ders. , Banke n un d Industrialisierun g i n Deutschland , 1850-1870 : Ei n Über ­ blick, in : ders. , Kapita l (s . Anm . 7) , S . 29ff . Di e Zurückhaltun g de r Banke n a m Anfan g de r fünfziger Jahr e is t vielfac h belegt . I n de n Statute n sowoh l de r Darmstädte r Ban k fü r Hande l und Industri e ( § 10 , Abs . 1 ) al s auc h de s Schaaffhausensche n Bankverein s ( § 20 ) finde t sic h die Bestimmung : »Di e Ban k is t befug t zu m Betrie b alle r Bankiergeschäfte , mithi n z u solche n Geschäften, au s denen sie ihre Gelder sobal d sie deren bedarf, z u jeder Zei t leicht zurückziehe n kann.« - Nac h Riesse r (s . Anm . 4) , S . 40 . 48 De r Antei l de r Aktiengesellschafte n a n de r frühe n Industrialisierun g wir d i m allgemei ­ nen woh l übertrieben . Beispielsweis e behandel t W . Treu e i n Gebhardt s Hdb . de r deutsche n

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Anmerkungen z u Seit e 37-3 9 Geschichte (s . Anm . 3 ) i m Abschnit t »Finanzierun g de r Industrie « fas t ausschließlic h di e Entwicklung de r Aktiengesellschaften , de r Kreditbanke n un d de r Kartelle . Di e industriell e Aktiengesellschaft de r frühe n Zei t kan n i m übrige n vielfac h noc h al s ein e Ar t Partnerschaf t auf erweiterte r Grundlag e (be i Erleichterun g de r Fluktuatio n de r Mitgliedschaft ) verstande n werden. Si e wende t sic h noc h selte n a n de n offene n Markt , j a such t di e Bindun g de r Aktionäre a n da s Unternehme n z u betonen . 49 Hierz u seie n nu r beispielhaf t einig e Zahle n genannt , di e W . Zorn , Handels - un d Industriegeschichte Bayerisch-Schwaben s 1648-1870 , Augsbur g 1961 , fü r Augsburge r Ver ­ mögen mitteilt : 180 8 Jahresverdienst Schaezle r 16 7 22 0 fl , Vermöge n desselbe n 181 3 1 Mio . fl, 1820 , 1, 7 Mio . fl., Hinterlassenschaf t 2 Mio . fl . Süsskind-Vermöge n 180 6 10000 0 fl. Di e Gewinne betruge n i n den folgende n jahren 180 7 66353fl, 180 8 96042 fl., 180 9 126019 fl, 181 4 189854 fl . Bi s 182 5 errechnet e Süsskin d selbs t 2, 7 Mio . Gewinn . Dies e Gewinn e entstande n im Effekten - un d Geldhandel . 50 Hamilton , Profi t Inflatio n (s . Anm . 45) ; ders. t Price s an d Progress , in : JEH , Bd . 12 , 1952, S . 32 5 ff. Allerding s is t di e Thes e Hamilton s vielfac h kritisier t worden , sieh e zusam ­ menfassend hierz u G . M . Meie r u. R . E . Baldwin , Economi c Development . Theory , History , Policy, Ne w Yor k 1957 , S . 172ff . 50a P . C . Marti n ha t i n eine r Kriti k a n diese n Überlegunge n richtig darau f aufmerksa m gemacht, da ß i m damal s herrschende n Geldsyste m ein e solch e »leicht e Inflation « keinesweg s in heut e bekannte r For m hätt e hervorgerufe n werde n können . Ander s al s i n andere n Staate n waren i n de n deutsche n Territorie n j a Staatspapiergel d un d Bankzette l al s Quell e inflatori ­ scher Finanzierun g unbekann t ode r i n ihre r Emissio n strik t gebunden . E s hätt e als o eine r wesentlichen Veränderun g de r institutionellen Bedingunge n bedurft , u m da s Experiment, da s hier gedanklic h durchgeführ t wird , überhaup t ers t möglic h z u machen . - I m gegebene n institutionellen Rahme n hatt e ei n leich t inflatorische r Tren d nu r i n Verbindun g mi t eine m Exportüberschuß auftrete n können , i n dessen Gefolg e Edelmetal l in s Land geström t wäre . S o etwas la g z u wei t nebe n de r Wirklichkeit , al s da ß ma n übe r sein e Bedingunge n länge r nachdenken sollte . Sieh e zu r Kriti k P . C . Martin , Monetär e Problem e de r Frühindustrialisie ­ rung a m Beispie l de r Rheinprovin z (1816-1848) , in : JNSt, Bd . 181 , 1967/68 , S . 140 . 51 Hierz u M . M . Postan , Recen t Trend s i n th e Accumulatio n o f Capital , in : EHR , Bd . 6 , 1935/6, S . l f f ; sieh e auc h H . J . Habakkuk , Economi c Function s o f Landowner s i n th e Seventeenth an d Eighteent h Centuries , in : EEH , Bd . 6 , 1953 , S . 92-101 ; D . Felix , Profi t Inflation an d Industria l Growth , th e Histori c Recor d an d Contemporar y Analogies , in : QJE , Bd. 70 , 1956 , S . 44 1 ff. 52 Motte k (s . Anm . 4) , S . 27 , erkenn t mi t Mar x di e Frag e de r Motivatio n fü r di e Umwandlung de r Geldfonds , mein t aber , e s habe für die Kapitalisten kei n ökonomischer ode r außerökonomischer Zwan g zu r Verwandlun g i n Industriekapitaliste n bestanden . U m z u prüfen, o b da s richti g ist , müßt e ma n wissen , wa s Motte k unte r »Zwang « versteht . Ic h halt e den Ausdruc k »Druck « fü r gerechtfertigt . Doc h ist e s hier wie bei der Dynamik flüssige r ode r gasförmiger Körper : Ei n Stro m wir d darau s erst , wen n sic h a n andere n Stelle n ei n Unter ­ druck befindet , un d ma n könnt e auc h de n Unterdruc k (de n Anreiz ) al s Ursach e de s Strome s ansehen, womi t dan n ei n »Zug « verbunde n ist . Wa s nu n actio , wa s reacti o ist , ma g ma n unterschiedlich bewerten . 53 Zu m Vergleic h zwische n Handels - un d Gewerbekapita l u . a. T . S . Ashton , Th e Indu ­ strial Revolutio n 1760-1870 , Londo n 1948 , S . 99 ; Fischer, Ansätz e (s . Anm . 39) , S . 224 ; sieh e auch di e i n de n Anmerkunge n 12 , 31 , 4 4 un d 4 7 genannte n Titel . 54 Übe r di e Ausschaltun g de s Handel s durc h di e direk t exportierende n Fabrikante n Englands sieh e A . Sartoriu s v . Waltershausen , Di e Entstehun g de r Weltwirtschaft , Jen a 1931 , S. 162 , Anm . 1 . 55 Übe r di e Konversione n sieh e W . Stempel , Zinsherabsetzunge n de r preußische n Staats ­ schulden i m 19 . Jahrhundert, in : FA , Bd . 13 , 1896 , S . 17 6 ff.

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Anmerkungen z u Seit e 39—4 7 56 Da s gil t woh l nich t fü r de n »kleine n Rentier« , de r nich t selbs t mobi l ist , sonder n sei n Kapital ohn e eigen e unternehmerisch e Betätigun g weitergibt . Fü r ih n bleibe n Hypotheken , Pfandbriefe, Staatspapier e un d dan n di e Eisenbahnakti e di e wichtigst e Anlageform . 57 Di e Bedeutung de s sinkenden Effektenzinssatze s fü r di e Gründungen de r dreißiger Jahre betont auc h J . Grassmann , Di e Entwicklun g de r Augsburge r Industri e i m Neunzehnte n Jahrhundert, Augsbur g 1894 . Ander s K . Bösselmann , Di e Entwicklung de s deutschen Aktien ­ wesens i m 19 . Jahrhundert. Ei n Beitra g zu r Frag e de r Finanzierun g gemeinwirtschaftliche r Unternehmungen un d z u de n Reforme n de s Aktienrechts , Berli n 1939 , S . 12 , de r nich t di e Suche nac h Gewin n seiten s de r Kapitaliste n al s Moti v sieht , sonder n di e Absicht , »ei n rückständiges Wirtschaftssyste m mi t de n notwendige n Produktionsmittel n auszustatten« . I )as ist weniger einsichti g un d wohl ehe r der antikapitalistischen Strömun g de r Zeit verpflich ­ tet, i n de r de r Verf . sei n Buc h schrieb . 58 I n einem Gutachte n de s Bayerische n Innenminister s v . 13 . 3 , 183 7 wurde al s Zweck de r Mechanischen Baumwoll-Spinnere y un d Webere y genannt : »Offenba r kan n Augsbur g z u erneutem Wohlstand e un d z u verjüngter Bedeutsamkei t nu r dadurc h gelangen , da ß selbe s be i der offenbare n Übersiedlun g de s Wechselgeschäfts nac h Münche n au f groß e Fabrikunterneh ­ men sic h wirft . . . « Sieh e Zorn , Handels - un d Industriegeschicht e (s . Anm . 49) , S . 145 . 59 Übe r de n geringe n Nutze n z u große r Aggregat e allgemei n A . O . Hirschman , Di e Strategie de r wirtschaftliche n Entwicklung , Stuttgar t 1967 , S . 30 . Die s auc h al s Plädoye r fü r regionale Disaggregatio n be i 5 . Pollard , Industrializatio n an d th e Europea n Economy , in : EHR, Bd . 24 , 1975 , S . 638ff. ; ders. , Industrializatio n an d Integratio n o f th e Europea n Economy, in : O . Büsc h u.a . (Hg.) , Industrialisierun g un d di e europäisch e Wirtschaf t i m 19. Jahrhundert, Berli n 1975 , S . 3 ff. 3. Regional e Wachstumsdifferenzierun g i n Deutschlan d i m 19 . Jahrhundert unte r besondere r Berück ­ sichtigung de s West'Ost-Gefälle s 1 »Unberichtigt e Einkommen « ergebe n sic h unmittelbar au s der Steuerstatistik : veranlagt e Einkommen + Einkomme n unterhal b de r Freigrenze . E s sin d nich t enthalte n di e steuerlic h nicht erfaßbare n Einkomme n de r natürlichen Personen , di e öffentlichen Erwerbseinkommen , die unverteilte n Gewinn e de r Gesellschaften . 2 Sieh e unte r andere m di e folgende n Quellen : Durchschnittspreis e i n preußische n Provin ­ zen 1816-1870 , in : ZPStB , Jg . 2 , 1871 , S . 235-243 ; Marktprei s vo n Nahrungsmittel n i n Städten de s Deutsche n Reiche s jeweils i n Statistische s Jahrbuch fü r da s Deutsch e Reich ; W . Eggert, Di e Bewegun g de r Holzpreis e un d Tagelohnsätz e i n de n preußische n Staatsforste n von 180 0 bi s 1879 , in : ZPStB , Jg . 23 , 1883 , S . l f f ; Di e Getreidepreis e i n Deutschlan d sei t 1792, in : VjhStDR , 1935 , H . 1 . Zusammenfassend: J. Kuczynski , Zwe i Studie n übe r Handels ­ und Marktprobleme , in : JWG , 1960/11 , S . 113-141 ; ders. , Hilfsmittel , Voraussetzungen , Parameter un d Gesetzmäßigkeite n be i de r Herausbildun g de s nationale n Markte s i m Kapita ­ lismus, in : ebd . 1973/III . Zu r Frag e de r Angleichun g de r Roggenpreis e sieh e abe r neuerding s R. Fremdlin g u . G . Hohorst , Marktintegratio n de r preußische n Wirtschaf t de s 19 . Jahrhun ­ derts. Skizz e eine s Forschungsansatze s zu r Fluktuatio n de r Roggenpreis e zwische n 182 1 un d 1865, in : R . Fremdlin g u . R . Till y (Hg.) , Industrialisierun g un d Raum . Studie n zu r regionale n Differenzierung i m Deutschlan d de s 19 . Jahrhunderts, Stuttgar t 1979 , S . 56ff . 3 Fü r di e Zei t de r ausgehende n zwanzige r Jahre de s 20 . Jh. wurd e geschätzt , da ß au f de m Land 4/ 5 de s Nominaleinkommen s de r Stad t da s gleich e Versorgungsnivea u ergibt ! Siehe : Das deutsch e Volkseinkomme n vo r un d nac h de m Kriege , Einzelschrifte n zu r Statisti k de s Deutschen Reiches , Nr . 24 , Berli n 1932 , S . 72 . Weitere s Materia l z u interregionalen Preisver ­ gleichen i n Deutschlan d un d ein e Diskussio n de r hie r auftretende n Indexproblematik , in : VKf, Jg . 10 , 1935 , H . 3 , Tei l B , S . 18 5 ff.

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Anmerkungen z u Seit e 47-5 5 4 Vie l Materia l übe r Löhn e im 19 . Jh. i n j. Kuczynski , Di e Geschichte der Lage der Arbeite r unter de m Kapitalismus , Tei l I, Bde 1-3 , Berli n 1961-1962 . Seh r wichti g R . Kuczynski , Di e Entwicklung de r gewerbliche n Löhn e sei t de r Begründun g de s Deutsche n Reiches , Berli n 1909. Mi t diese m Materia l arbeite t G . Bry , Wage s i n German y 1871-1945 , Princeto n 1960 , S. 37 1 u . 10 6 ff. Materia l de r Unfallversicherungsstatisti k nutze n F . Grutnbac h u . H . König , Beschäftigung un d Löhn e de r deutsche n Industriewirtschaf t 1888-1954 , in : WA , Bd . 79 , 1957, S . 12 5 ff. 5 Laufen d publizier t i m Centralblat t fü r da s Deutsch e Reich . Auszüg e fü r größer e Städte , in: Stat . J b. dt . Städte , speziel l Jg. 19 , 1913 , S . 823ff , mi t Überblick . Ein e grob e Kart e diese r regionalen Lohngefäll e in : Handbuc h de r Wirtschaftskund e Deutschlands , Leipzi g 1901 , Bd. I, S. 32 8 f. 6 Quelle n z . B . : E . Engel , Di e Klassen - un d klassifiziert e Einkommensteue r un d di e Einkommensverteilung i n preußische n Staate n i n den Jahren 185 2 bis 1875 , in : ZPStB, Jg. 15 , 1875, S . 10 5 ff.; Die Wohlstandsverteilung i n Preußen nach den Ergebnissen de r Einkommen ­ steuerveranlagung, ebd. , Jg . 34 , 1894 , S . XXXIII; Evert, Socialstatistisch e Streifzüg e durc h die Materialie n de r Veranlagun g zu r Staatseinkommensteue r i n Preuße n vo n 189 2 bi s 1901 , ebd., Jg . 42 , 1902 , S , 25ff . 6a Be i Schlüsse n au s Zeitreihen , welch e Ergebniss e de r Steuerstatisti k aufbereiten , is t allerdings imme r Vorsich t geboten , wei l u . a. di e Änderunge n de s Steuerrecht s eine n große n Einfluß habe n können . Deshal b wir d ma n au s de m vo n H . Hess e mitgeteilten Umstan d eine r starken Konvergen z de r Streuun g de r gezahlte n Einkommensteue r j e Kop f i n de n Preußi ­ schen Provinze n vorers t kein e stramme n Folgerunge n ableite n dürfen . Sieh e H . Hesse , Di e Entwicklung de r regionale n Einkommensdifferenze n i m Wachstumsproze ß de r deutsche n Wirtschaft vo r 1913 , in : W . Fische r (Hg.), Beiträg e z u Wirtschaftswachstu m un d Wirtschafts ­ struktur i m 16 . un d 19 . Jh., SchVfS p N.F. , Bd . 63 , Berli n 1971 , S . 26 1 ff 7 Stat . Handbuc h fü r de n Preußische n Staat , Bd . III, 1898, S . 396 ; Statistische s Jahrbuc h für de n Preußische n Staat , 1 . Jahrgang 190 3 un d folgend e Jahrgänge . Sieh e auc h E . v . Massenbach, Di e Verbreitun g de r Ärzt e un d Apotheke n i m preußische n Staat e i m Jahre 1871 , in: ZPStB , Jg. 12 , 1872 , S . 35 1 ff Di e Erhebunge n sin d zwische n de n einzelne n Jahren nich t miteinander vergleichbar , d a wiederhol t di e Erhebungsmerkmale geänder t wurden . E s wurd e unterstellt, da ß davo n di e Indikatorfunktio n nich t betroffe n worde n ist . 7a Di e Räng e fü r Hannove r un d Schleswig-Holstei n müsse n mi t Vorsich t beurteil t wer ­ den. Nac h G . Hohorst , Wirtschaftswachstu m un d Bevölkerungsentwicklun g i n Preuße n 181 6 bis 1914 , Ne w Yor k 1977 , S . 345 , könne n hie r besonder e Umständ e z u eine r Verzerrun g geführt habe n - wi e ja auc h beide Provinzen i n Abb . 2 noch eine höhere Arztdicht e aufwiese n als ihre r Einkommenspositio n entsproche n hätte . Nac h Hohorst s Einkommensziffer n gehö ­ ren Hannove r un d Schleswig-Holstei n bi s i n di e achtzige r Jahr e noc h z u de n ärmere n Regionen. 8 Di e Quelle n fü r di e Schülerzahle n sind : E . Engel , Beiträg e zu r Geschicht e un d Statisti k des Unterrichts , insbesonder e de s Volksschulunterricht s i m preußische n Staat , in : ZPStB , Jg. 9 , 1869 , S . 99f f u . l53f f Weiter e Beiträg e - auc h andere r Autore n - i n spätere n Jahrgängen sowi e i m Stat . Handbuc h fü r de n Preußische n Staa t sowi e i m Stat . Jahrbuch fü r den Preußische n Staat , verschieden e Jahrgänge . 8a Sieh e entsprechen d Anm . 7a . 9 Ein e seh r interessant e un d materialreich e Studi e hierzu : H . Kisch , Th e Textil e Industr y i n Silesia an d th e Rhineland : A Comparativ e Stud y i n Industrialization , in : JEH, Bd . 19 , 1959 , S. 54 1 ff. 10 Sieh e W . Abel , Geschicht e de r deutsche n Landwirtschaft , Stuttgar t 1962 , S . 155 . 11 Sieh e O . Schlier , De r deutsch e Industriekörpe r sei t 1860 , Tübinge n 1922 ; W . Zorn , Binnenwirtschaftliche Verflechtunge n u m 1800 , in : F . Lütg e (Hg.) , Di e wirtschaftlich e Situation i n Deutschlan d un d Österreic h u m di e Wend e vo m 18 . zu m 19 . Jahrhundert ,

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Anmerkungen z u Seit e 56-6 0 Stuttgart 1964 , S . 99ff. ; W . Zorn , Schwerpunkt e de r deutschen Ausfuhrindustri e i m 18 . Jahr ­ hundert, in:JNSt , Bd . 173 , 1961 , S . 422ff . Sieh e neuerding s P . Kriedte , u.a. , Industrialisie ­ rung vo r de r Industrialisierung . Gewerblich e Warenproduktio n au f de m Lan d i n de r Forma ­ tionsperiode de s Kapitalismus , Göttinge n 1977 . Auc h E . Schremmer , Da s 18 . Jahrhundert, da s Kontinuitätsproblem un d di e Geschichte de r Industrialisierung : Erfahrunge n fü r di e Entwick ­ lungsländer?, in : ZAA , Bd . 29 , 1981 , S . 58f f 12 Sieh e speziel l Kisc h (s . Anm . 9) . 13 D . C . North , Locatio n Theor y an d Regiona l Economi c Growth , in : Journal o f Politica l Economy, Bd . 63 , 1955 , S . 243-258 . 14 J . G . Williamson , Regiona l Inequalit y an d th e Proces s o f Nationa l Development : A Description o f th e Patterns , in : EDCC , Bd . 13 , 1965 , Tei l II, S. 1 ff. 15 In : W . Abel , u.a . (Hg.) , Wirtschaft , Geschicht e un d Wirtschaftsgeschichte . Festschrif t zum 65 . Geburtsta g vo n Friedric h Lütge , Stuttgar t 1966 , S . 32 5 ff. 16 In : F. Lütg e (Hg.) , Wirtschaftlich e un d sozial e Probleme de r gewerbliche n Entwicklun g im 15.-16 . un d i m 19 . Jahrhundert, Stuttgar t 1968 , S . 115ff. 17 T h . J . Orsagh , Th e Probabl e Geographica l Distributio n o f German Income , 1882-1964 , in: ZfGS , Bd . 124 , 1968 , S . 28Off . 18 Ebd. , S . 281 . 19 Hess e (s . Anm . 6a) . 20 F . B . Tipton , Jr. , Regiona l Variation s i n th e Economi c Developmen t o f German y During th e Nineteent h Century , Middletow n Conn . 1976 . 21 Hohorst , Wirtschaftswachstu m (s . Anm . 7a) . Eine Zusammenfassung jetzt verfugba r in : ders., Regional e Entwicklungsunterschied e i m Industrialisierungsproze ß Preußen s - ei n au f Ungleichgewichten basierende s Entwicklungsmodell , in : S . Pollar d (Hg.) , Regio n un d Indu ­ strialisierung. Studie n zu r Roll e de r Regio n i n de r Wirtschaftsgeschicht e de r letzte n zwe i Jahrhunderte, Göttinge n 1980 , S . 2l5ff . Sieh e auc h G . Hohorst , National e un d regional e Konjunkturen- Problem e de r Aggregation , in : W . H . Schröde r u. R . Spre e (Hg.) , Historisch e Konjunkturforschung, Stuttgar t 1981 , S . 234ff . 22 S . Pollard , Industrializatio n an d Integratio n o f the European Economy , in : O . Büsc h u. a . (Hg.), Industrialisierun g un d ›Europäisch e Wirtschaft ‹ i m 19 . Jahrhundert, Berli n 1976-sieh e dort auc h di e abgedruckte n Diskussionsbeiträee . 23 R . Fremdling , u.a. , Regional e Differenzierun g i n Deutschlan d al s Schwerpunk t wirt ­ schaftshistorischer Forschung , in : ders . u . R . Till y (s . Anm . 2) , S . 9ff . 24 H . Kiesewetter , Erklärungshypothese n zu r regionale n Industrialisierun g i n Deutschlan d im 19 . Jahrhundert, in : VSWG , Bd . 67 , 1980 , S . 305ff . 25 W . Abelshauser, Staat , Infrastruktu r un d regionale r Wohlstandsausgleic h i m Preuße n de r Hochindustrialisierung, in : F . Blaic h (Hg.) , Staatlich e Umverteilungspoliti k i n historische r Perspektive. Beiträg e zu r Entwicklun g de s Staatsinterventionismu s i n Deutschlan d un d Österreich, SchVfS p N.F . Bd . 109 , Berli n 1980 , S . 9ff . 26 Fremdlin g u.a . (s . Anm . 2) , S . 11 ,

4. Zu m Proble m de r Erziehungs- un d Ausbildungsinvestitionen i m 19. Jahrhunder t 1 »Correspondingl y a n unknow n fractio n o f wha t w e cal l wages . . . eve n ›productio n workers wages‹ , n o doubt constitute s a rent o n tha t human capital. « R . M . Solow , A Sceptica l Note o n th e Constanc v o f Relativ e Shares , in : AER , Bd . 48 , 1958 , S . 630 , 2 E . va n de n Haag , Educatio n a s a n Industry , Ne w Yor k 1956 . 3 T . W . Schultz , Capita l Formatio n b y Education , in : JPE, Bd . 68 , 1960 , S . 57 1 ff; ders. , Investment i n Huma n Capital , in : AER , Bd . 51 , 1961 , S . 1 ff; E . F . Denison , Th e Source s o f

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Anmerkungen z u Seit e 60-6 4 Economic Growt h i n th e Unite d States , Committe e fo r Economi c Development , Suppl . Paper No . 13 , 1962 ; F . Machlup , Th e Productio n an d Distributio n o f Knowledg e i n th e United States , Princeto n 1962 . I n Deutschland : W . G . Hoffinann , Erziehungs - un d For ­ schungsausgaben i m wirtschaftliche n Wachstumsprozeß , in : G . Hes s (Hg.) , Ein e Freundes ­ gabe de r Wissenschaf t fü r Erns t Hellmu t Vits , Braunschwei g 1963 , S . 10 1 ff; E . Liefinann ­ Keil, Erwerbstätigkeit , Ausbildun g un d wirtschaftliche s Wachstum , in : F . Neumar k (Hg.) , Strukturwandlungen eine r wachsende n Wirtschaft , SchVfS p N.F . Bd . 30/1 , Berli n 1964 , S. 378ff. ; G . Bombach , Bildungswese n un d wirtschaftlich e Entwicklung , Heidelber g 1964 . 4 A . Smith , Untersuchun g übe r da s Wese n un d di e Ursach e de s Nationalreichtums , I. Buch, 10 . Kapitel , 1 . Abteilung . Sieh e auc h M . Blaug , Th e Economic s o f Educatio n i n English Classica l Politica l Economy : A Reexamination , in : A . S . Skinne r u. T . Wilso n (Hg.) , Essays o n Ada m Smith , Oxfor d 1975 , S . 568ff . 5 E . A.J.Johnson , Th e Plac e o f Learning , Science , Vocationa l Training , an d ›Art ‹ i n Pre ­ Smithian Economi c Thought , in : JEH, Bd . 24 , 1964 , S . l29f f 6 J . B . Say , Handbuc h de r practische n Nationalökonomi e ode r de r gesamte n Staatswirt ­ schaft, Bd . 4 , 5 . Teil , 9 . Kapitel . 7 J . H . v . Thünen , De r isoliert e Staat , Bd . II, § 2 und § 12 , Ausgab e Waentig , Jena 1921 2 , S. 4410f f u . 512 . 7a Zu r Geschicht e de r bildungspolitische n Humankapitalkonzept e siehe : J . R . Walsh , Capital Concep t Applie d t o Man , in : QJE , Bd . 49 , 1935 , S . 255ff. ; B . F . Kiker , Th e Historical Root s o f th e Concep t o f Huma n Capital , in : JPE , Bd . 74 , 1966 , S . 48 1 ff.; K . Hüfher, Di e Entwicklun g de s Humankapitalkonzepts , in : ders . (Hg.) , Bildungsinvestitione n und Wirtschaftswachstum . Ausgewählt e Beiträg e zu r Bildungsökonomie , Stuttgar t 1970 , S. 1 1 ff. 7b Si e brachte immerhin eine m de r Beteiligte n de n Nobelprei s fü r Wirtschaftswissenschaf ­ ten (Th . Schultz , 1979) . 8 Auc h mi r ware n 196 5 einige Tite l de s zwanzigsten Jh. entgangen , s o vo r alle m / . Meyer , Der Geldwer t de s Menschenleben s un d sein e Beziehunge n zu r Versicherung , Diss . Handels ­ Hochschule Berli n 1930 , di e sic h vo r alle m i n ihre m historische n Überblic k mi t Wittstein , Lüdtge un d Enge l befaß t hat . I n diese r versicherungswissenschaftliche n Traditio n auc h L . Zeitlin, Life' s Valu e i n Cash , Londo n 1962 . I n de r sozialpolitische n Traditio n sieh e E . Liejmann-Keil, ökonomisch e Theori e de r Sozialpolitik , Berli n 1961 , S . 74 f 9 Ein e verhältnismäßi g früh e Zusammenfassun g be i Ottiker-Démarais , Di e wirtschaftlich e Wertbestimmung vo n Lebe n un d Gesundheit , Krankhei t un d Tod , Assekuranz-Jahrbuch , Jg. 8 , 1887 , 2 . Teil , S . 20f f Ei n offenba r interessante r Berich t E . Chadwick s vo r de m Hygiene-Kongreß i n Pari s 187 8 mu ß stimulieren d gewese n sein . 10 Di e folgende n Arbeite n vo n E . Enge l sin d i n unsere m Zusammenhan g wichti g un d werden i m Verlau f abgekürz t nu r mi t de r Jahresaneabe zitiert : 1. De r Wohltätigkeits-Congre ß i n Brüsse l i m Septembe r 185 3 un d di e Bekämpfun g de s Pauperismus, Zeitschrif t de s Statistische n Bureau s de s Königlic h Sächsische n Ministe ­ riums de s Innern , Jg. 2 , 1856 , S . 153-172 . 2. De r Prei s de r Arbeit , Berli n 1866/1872 2. 3. De r Prei s der Arbei t be i de n deutsche n Eisenbahne n i n den Jahren 1850 , 185 9 und 1869 , in : ZPStB, Jg . 14 , 1874 , S . 93-128 . 4. De r Prei s de r Arbei t i m preußische n Staatsdienst e i m Jahre 1875 , in : ebd. , Jg . 16 , 1816 , S. 417-491 . 5. De r Wert h de s Menschen , Tei l I. Der Kostenwer t de s Menschen , Berli n 1883 . 11 Th . Wittstein , Mathematisch e Statisti k un d dere n Anwendun g au f Nationalökonomi e und Versicherungs-Wissenschaft , Hannove r 1867 , Abschnit t III »Der Capitalwert h de s Men ­ schen«, S . 49-55 . 12 R . Lüdtge , Übe r de n Geldwert h de s Menschen , in : Deutsch e Versicherungszeitung ,

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Anmerkungen z u Seit e 65-6 8 Jg. 14 , 1873 , Nr . 5 6 v , 20 . 7 . 1873 ; ders., Übe r de n Versicherungswert h de s Menschen , ebd. , Nr. 62 , 10 . 8 . 1873 . 13 Statistische s Handbuc h fü r de n Preußische n Staat , I, Berlin 1888 . 14 Ebd. , S . 425 . Sieh e nu n auc h P . Lundgreen , Bildun g un d Wirtschaftswachstu m i m Industrialisierungsprozeß de s 19 . Jahrhunderts, Berli n 1973 , S . 111 . 15 Ebd. , S . 454f . bzw . 460f . 15a Fü r andere jahre un d auc h ander e Lände r sieh e die Anteil e de r Ausgabe n fü r Erziehun g und Bildun g a n de n Sozialprodukte n i n v . H. be i Lundgreen , Bildun g (s . Anm . 14) , S . 77 . 15b Z u diese m Proble m sieh e da s Nachwort . 16 187 1 ware n 9, 5 v . H . de r männliche n un d 14,7 3 v . H . de r weibliche n Bevölkerun g Preußens Analphabete n - i n Pose n soga r 31, 8 v . H. bzw . 41,0 4 v . H. Allerding s is t di e Höh e des Analphabetismu s wesentlic h ein e Frag e de s Altersaufbaus . 1864/6 5 ware n unte r de n Rekruten au s de r Provin z Pose n »nu r noch « 17 v . H . Analphabeten , siehe : ZPStB , Jg . 14 , 1874, S . 14 7 ff. Zu r Schulbesuchsstatisti k fü r Preuße n 180 0 bi s 191 1 sieh e jetz t Lundgreen , Bildung (s . Anm . 14) , S . 92 ; zu m Analphabetismu s i n Preuße n sieh e auc h G . Hohors t u.a. , Sozialgeschichtliches Arbeitsbuch . Materialie n zu r Statisti k de s Kaiserreichs 1870-1914 , Mün ­ chen 1975 , S . 16 5 ff. 17 Zahle n fü r Preuße n i n E . Engel , Beiträg e zu r Geschicht e un d Statisti k de s Unterrichts , insbesondere de s Volksschul-Unterrichts , i m preußische n Staate , in : ZPStB , Jg . 9 , 1869 , S. 99ff . u . 153ff . Fü r da s Gebie t de s Deutsche n Reiche s a b 1830/1 : F . Edding , International e Tendenzen i n de r Entwicklun g de r Ausgabe n fü r Schule n un d Hochschulen , Kie l 1958 , Tabellenanhang S . 54* . 17a Zu r Kris e a m Arbeitsmark t de r Akademiker , vo r alle m de s Staatsdienstes , sieh e jetzt die Beiträg e in : U . Herrmann , Historisch e Pädagogik . Studie n zu r Historische n Bildungsöko ­ nomie un d zu r Wissenschaftsgeschicht e de r Pädagogik . . . (Zeitschrif t fü r Pädagogik , Bei ­ heft 14) , Weinhei m 1977 , S . 13-130 : Di e Kris e de s Qualifìkations - un d Berechtigungswesen s im deutsche n Kaiserreic h 1870-1914 ; ferner : H . - C Herrlit z u . H . Titze , Überfüllun g al s bildungspolitische Strategie . Zu r administrative n Steuerun g de r Lehrerarbeitslosigkei t i n Preußen 1870-1914 , in : Di e deutsch e Schule , Bd . 68 , 1976 , S . 348ff. , wiede r abgedruck t in : V. Herrmann (Hg.) , Schul e un d Gesellschaf t i m 19 . Jahrhundert. Sozialgeschicht e de r Schul e im Übergan g zu r Industriegesellschaft , Weinhei m 1977 , S . 348ff . Dor t auc h interessant e Tabellen de r Studienfachwahle n vo n Abituriente n sowi e de r Prüfunge n fü r da s Lehram t a n den höhere n Schulen . 17b Ic h würd e heut e nich t meh r i n gleiche r Weis e bestimm t di e Theori e de r externe n Effekte zu r Rechtfertigun g de r Staatsaktivitä t i m Bildungswese n vorbringen . Sieh e z u de n Gründen M . Blaug , A n Introductio n t o the Economics o f Education, Londo n 1970 , S . l 0 5 f f , und C . C . v . Weizsäcker , Lenkungsproblem e de r Hochschulpolitik , in : H. Arnd t u. S . Swatek , Grundfragen de r Infrastrukturplanun g fü r wachsend e Wirtschaften , SchVfS p N.F . Bd . 58 , Berlin 1971 , S . 535ff . 17c Ein e bildungsökomonisc h vergleichbar e Rechnun g würd e nich t au f di e direkte n Kosten de r Fortsetzun g de s Ausbildungsprozesse s übe r di e Pflichtschulzei t hinau s abstellen , sondern au f da s de m Auszubildende n entgehend e Einkommen , di e ›opportunit y costs ‹ de r Ausbildung. De r Schüle r weiterbildende r Schule n trit t j a späte r in s Erwerbslebe n un d verzichtet somi t (u m künftige r höhere r Einkomme n willen ) au f ein e früher e Verdienstmög ­ lichkeit. Quantitativ e Angabe n hierz u schätzt e W . Krug , Erfassun g de s durc h Ausbildun g entgangenen Einkommens , in : Schjb , Bd . 86 , 1966 , S . 56 1 ff; ders. , Quantitativ e Beziehun ­ gen zwische n materielle m un d immaterielle m Kapital , in : JNSt, Bd . 180 , 1967 , S . 50f . 18 S . Anm . 10 . 19 / . H . v . Thüne n (s . Anm . 7) , § 2 . 19a Sieh e hierz u jetzt : K . H . Jarausch, Frequen z un d Struktur . Zu r Sozialgeschicht e de r Studenten i m Kaiserreich , in : P . Baumgar t (Hg.) , Bildungspoliti k i n Preuße n zu r Zei t de s

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Anmerkungen z u Seit e 68-7 5 Kaiserreichs, Stuttgar t 1980 , S . 119ff. ; P . Lundgreen , Sozialgeschicht e de r deutsche n Schul e im Überblick , Tei l I: 1770-1918, Göttinge n 1980 , S . 8 3 ff. u. 108 . 20 Engel , 1883 , S . 50 . 21 W . Krug , Erfassun g (s . Anm . 17c) . 22 Ders. , Beziehunge n (s . Anm . 17c) . 23 H . v . Laer , Industrialisierun g un d Qualitä t de r Arbeit . Ein e bildungsökonomisch e Untersuchung fü r da s 19 . Jahrhundert, Ne w Yor k 1977 . 24 Lundgreen , Bildun g (s . Anm . 14) , S . 7 5 ff. Lundgreen bezieh t sic h a n diesem Or t au f ein seinerzeit noc h nich t veröffentlichte s Manuskript , i n de m A . P . Thirlwal l di e entsprechende n bildungsökonomischen Berechnunge n beschriebe n hat . Diese s Manuskrip t is t inzwische n publiziert: P . Lundgree n (wit h a Contribution b y A . P . Thirlwall) , Educationa l Expansio n an d Economic Growt h i n I9t h Centur y Germany . A Quantitativ e Study , in : L . Ston e (Hg.) , Schooling an d Society . Studie s i n th e Histor y o f Education , Baltimor e 1976 , S . 20ff . 25 P . Lundgreen , Historisch e Bildungsforschung , in : R . Rüru p (Hg.) , Historisch e Sozial ­ wissenschaft. Beiträg e zu r Einführun g i n di e Forschungspraxis , Göttinge n 1977 , S . 96ff . 5. Wandlunge n de s Konjunkturphänomen s i n de n letzte n hunder t Jahren 1 Au s de r Füll e derartige r Bemerkunge n nenn e ich nu r i m deutsche n Sprachrau m E . Salin , Stand un d Aufgabe n de r Konjunkturforschung , Einleitun g zu : A . Spiethoff , Di e wirtschaftli ­ chen Wechsellage n Aufschwung , Kris e un d Stockung , Tübinge n 1955 , S . 1ff Ders . i n eine m ausführlichen Diskussionsbeitra g in : H. Giersc h u. K . Borchard t (Hg.), Diagnos e und Prognos e als wirtschaftswissenschaftlich e Methodenprobleme , SchVfSp , N.F . Bd . 25 , Berli n 1962 , S. 464f f Th . Pütz , Geschichtlich e Wandlunge n de r Konjunkturschwankungen un d Konjunk ­ turpolitik, in : F . Grei ß u . F . W . Meye r (Hg.) , Wirtschaft , Gesellschaf t un d Kultur . Festgab e für Alfre d Müller-Armack , Berli n 1961 , S . 176 . W . Webern . H . Neiss , Einleitung . Entwick ­ lung un d Problem e de r Konjunkturtheorie, in : Dies. (Hg,) , Konjunktur - un d Beschäftigungs ­ theorie, Köl n 1967 , S . 14 . 2 Vorgeschichte , Referat e un d Abri ß de r Diskussionen de r Konferenz sin d publiziert in : M . Bronfenbrenner (Hg.) , I s th e Busines s Cycl e Obsolete ? Base d o n a Conferenc e o f th e Socia l Science Researc h Counci l Committe e o n Economi c Stability , Ne w Yor k 1969 . Ein e überar ­ beitete Fassun g de s Referat s vo n R . A . Gordo n erschie n i n deutsche r Übersetzun g unte r de m Titel »Is t de r Konjunkturzyklu s veraltet? « in : D . Bel l u . / . Kristo l (Hg.) , Kapitalismu s heute , Frankfurt 1974 , S . 175ff . 3 Fü r di e Bundesrepubli k - mi t Bibliographi e - A . Wagner , Di e Wachstumszykle n i n de r Bundesrepublik Deutschland , Tübinge n 1972 . Da ß da s Erscheinungsbil d de r Zykle n i n de r Bundesrepublik nich t sorglo s verallgemeiner t werde n kann , ergib t sic h au s J. A . Licar i u . M . Gilbert, I s ther e a Postwa r Growt h Cycle? , in : Kyklos , Bd . 27 , 1974 , S . 51 1 ff. Verwende t man eine n vo n W . A . Walli s un d G . H . Moor e entwickelte n Tes t de r Zyklizität , erfülle n di e meisten Zeitreihe n de r Wachstumsraten de r Sozialprodukt e westliche r Lände r (mi t Ausnahm e der Bundesrepublik un d Kanadas) nicht die Bedingung de r Regelmäßigkeit de r Wachstumsra ­ tenstreuung, di e ma n üblicherweis e behauptet . 4 A . E . Ot t (Hg.) , Wachstumszyklen . Übe r di e neue Form de r Konjunkturschwankungen . Theoretische un d empirisch e Beiträge , SchVfSp , N.F . Bd . 71 , Berli n 1973 . Da ß de r Begrif f »Wachstumszyklus« abe r nich t nu r di e modern e Bewegun g (richtig ) kennzeichnet , drück t R . Spree bereits i m Tite l seine r Dissertatio n aus : Die Wachstumszyklen de r deutschen Wirtschaf t von 184 0 bi s 1880 , mi t eine m konjunkturstatistische n Anhang , Berli n 1977 . Sieh e dan n abe r den Tite l seine s zweite n Buches : Wachstumstrend s un d Konjunkturzykle n i n de r deutsche n Wirtschaft vo n 182 0 bi s 1913 , Göttinge n 1978 . 5 A m ursprüngliche n Druckor t ware n fü r di e gleichen Sachverhalt e ander e Zahlen angege -

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Anmerkungen z u Seit e 75-7 7 ben. Di e Differen z ergib t sic h daraus , da ß e s sic h seinerzei t noc h u m Prognosewert e ode r vorläufige Wert e gehandel t hat , währen d jetz t di e Gelegenhei t genütz t worde n ist , di e tatsächlichen Wert e anzugeben . 6 Nebe n de n i n Anm . 2 bi s 4 genannte n Werke n sieh e E . Lundberg , Instabilit y an d Economic Growth , Ne w Have n 1968 ; A. F . Bums , The Busines s Cycl e i n a Changing World , New Yor k 1969 , S . 10 1 ff.; G . H . Moore , Som e Secula r Chang e i n Busines s Cycles , in : AER , Bd. 64 , 1974 , Pap . a . P r o c , S . 133ff . 7 I m wesentliche n differenzierter , di e Roll e de r Regierunge n geringe r un d diejenig e langfristig veränderliche r sonstige r Faktore n stärke r einschätzen d R . C . O . Matthews , Wh y has Britai n ha d Fül l Employmen t Sinc e th e War? , in : EJ , Bd . 78 , 1968 , S . 55 5 ff 8 Ei n Vergleic h is t möglic h anhan d de r Zahle n in : B . R . Mitchell , Europea n Historica l Statistics 1750-1970 , Londo n 1975 , S . l66f f 9 I n zahlreiche n de r zuvo r genannte n Werk e finde n sic h hierz u Belege . Au s de m sonstige n Schrifttum seie n nu r stat t viele r andere r genannt : / . Mintz, Datin g Postwa r Busines s Cycles . Methods an d their Applicatio n t o Western Germany , 1950-6 7 (Nationa l Burea u o f Economi c Research. Occasiona l Pape r Nr . 107) , Ne w Yor k 1969 , S . 1 : »Thos e wh o regar d a n absolut e decline i n th e mai n economi c activitie s a s an essential featur e o f business cycles , se e a deep ga p between earlie r and recen t economic fluctuations.« Bundesministeriut n für innerdeutsch e Beziehun ­ gen (Hg.) , Materialie n zu m Berich t zu r Lag e de r Natio n 1974 , Teilziffe r 655 : »Zwische n Konjunkturzyklus un d Entwicklun g de s Preisniveau s bestan d früher ei n enge r Zusammen ­ hang. « J. Kromphardt , Wachstu m un d Konjunktur . Grundlage n ihre r theoretische n Analys e und wirtschaftspolitische n Steuerung , Göttinge n 1972 , S . 139 : »Ei n auffallende r Unterschie d zwischen de n heutige n un d de n früheren Konjunkturzyklen lieg t darin , da ß i n de r Nachkriegs ­ zeit selbs t i n de n Tiefpunkte n de r konjunkturelle n Entwicklun g da s Sozialproduk t i m allgemeinen nich t zurückgeht. « (Hervorhebunge n jeweil s K.B. ) 10 Ein e bemerkenswert e Ausnahm e is t R . C . O . Matthews , Th e Trad e Cycle , Cambridg e 1959 - deutsch e Ausgabe : Konjunktur , Münche n 1973 . Ders. , Postwa r Busines s Cycle s i n th e United Kingdom , in : Bronfenbrenne r (s . Anm . 2) . Ders. , Britai n (s . Anm . 7) . 11 Di e vorliegend e Studi e beschränk t sich , vo n wenige n Ausnahme n abgesehen , au f Deutschland (da s Deutsch e Reic h i n de n jeweilige n Grenze n bi s 1938 ; di e Bundesrepubli k Deutschland sei t 1949) . Somi t komm t de n Aussage n kein e Allgemeingültigkei t fü r westlich e Industrieländer zu . Bevo r ma n hierz u gelange n kann , sin d noc h zahlreich e Länderstudie n nötig. Ausdrücklic h sol l auc h noc h einma l darau f aufmerksa m gemach t werden , da ß vo n »den letzte n hunder t Jahren« gesproche n werde n soll . Da ß da s Konjunkturphänomen auc h i m Verlauf de s 19 . Jh. Veränderunge n erfahre n hat , zeig t R . Spree , Veränderunge n de r Muste r zyklischen Wachstum s de r deutsche n Wirtschaf t vo n de r Früh - zu r Hochindustrialisierung , in: GuG,Jg . 5 , 1979 , S . 228ff . 12 I m Rahme n diese r Studi e wir d jeweils da s Schwankungsbil d jeder Einzelreih e betrach ­ tet. Wege n de r Lag-Strukture n verlaufe n di e einzelne n Kurve n de r Konjunkturindikatore n zeitlich nich t deckungsgleich . 13 E s wird hie r begrifflic h zwische n de r Unstetigkei t bzw . Unstabilitä t eine s Prozesses un d der Zyklizitä t unterschieden . All e Prozess e mi t Schwankunge n de r Änderungsrate n eine r Variablen nenne n wi r unsteti g bzw . unstabil . Streuungsmaß e messe n de n Gra d de r Abwei ­ chungen. Zyklisc h nenne n wi r ein e Entwicklun g nu r dann , wen n di e Abweichunge n de r Wachstumsraten ein e gewiss e Gesetzmäßigkei t de r zeitliche n Abfolg e aufweisen , i m Idealfal l eine Sinusschwingun g mi t konstante r Period e un d konstanter Amplitud e wi e i n Abb . 1 . Wei l es diesen Idealfal l i n de r Realitä t ni e gegebe n hat , häng t e s gelegentlich vo n de n Beurteilungs ­ kriterien de s Betrachter s ab , o b e r ein e Entwicklun g auc h zyklisc h nenne n will . 14 Di e Berechnunge n de r statistische n Maß e be i de n folgende n Abbildunge n verdank e ic h R. Weichhardt . 15 S o formulier t de r Sachverständigenra t zu r Begutachtun g de r gesamtwirtschaftlichen Entwich -

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Anmerkungen z u Seit e 78-8 0 lung i n seine m Jahresgutachte n 1972/7 3 i n Tz . 152 , da ß de r zyklisch e Kernproze ß »i m Wechsel vo n Beschleunigun g un d Verlangsamun g de r Produktionstätigkei t zu m Ausdruck « komme. Au f die neuere n Versuche , di e Wachstumszykle n vorwiegen d al s Schwankunge n i m Auslastungsgrad de s gesamtwirtschaftliche n Produktionspotential s z u erfassen , wir d hie r nicht abgestellt , wei l diese s Konzep t nich t nu r fü r de n historische n Langfristvergleic h kau m handhabbar ist , sonder n e s selbst fü r di e jüngste Vergangenhei t noc h zahlreich e Unklarheite n enthält, di e di e Messungsergebniss e beeinflussen . 16 Sieh e hierz u un d zu m folgende n W . G . Hoffinan n unte r Mitarbei t vo n F . Grumbac h un d H. Hesse , Da s Wachstu m de r deutsche n Wirtschaf t sei t de r Mitt e de s 19 . Jahrhunderts, Berli n 1965. 17 Ei n umfassende r internationale r Überblic k übe r di e Besonderheit de r Konjunkturbewe ­ gung de r Zwischenkriegszei t finde t sic h be i Lundber g (s . Anm . 6) , S . 2 2 ff Sieh e auc h K . Borchardt, Wachstu m un d Wechsellage n 191 4 bi s 1970 , in : HdWSG , Bd . 2 , Stuttgar t 1976 , Kapitel 15 , Abschnit t a ) mi t weitere r Literatur . 18 Nac h de n Berechnunge n vo n Hoffman n (s . Anm . 16) , S . 331 , gin g di e Wertschöpfun g der Landwirtschaf t 189 1 u m 6 Prozen t gegenübe r de m Vorjah r zurück . Ih r Antei l a n de r gesamten Wertschöpfun g de r Volkswirtschaf t betru g noc h etw a 3 2 Prozent . De r Zuwach s der Wertschöpfun g de s warenproduzierende n Gewerbe s belie f sic h 1891/9 0 au f 2, 3 Prozent . Im übrige n wurd e di e vo n W . G . Hoffman n berechnet e Zeitreih e de s Nettoinlandsprodukt s zu konstanten Preise n fü r di e konjunkturgeschichtliche Analys e nicht verwendet , wei l si e wei t mehr al s di e de s Nettosozialprodukt s au f Schätzungstechnike n beruht , di e ein e relati v stark e konjunkturelle Glättun g vermute n lassen . Tatsächlic h sin d di e Schwankunge n de r Wachs ­ tumsraten de s vo n Hoffman n ermittelte n Nettoinlandsprodukt s i m Zeitrau m bi s 191 3 wei t geringer gewese n al s di e de s Nettoinlandsprodukt s i m Zeitrau m 195 0 bi s 197 4 nac h de n amtlichen Berechnungen . 19 C . H . Feinstein , Nationa l Income , Expenditur e an d Outpu t o f th e Unite d Kingdom , 1855-1965, Cambridg e 1972 . Sieh e auc h Mitchell , Statistic s (s . Anm . 8) . 20 Au f di e vergleichsweis e milde n Vorkriegskontraktione n weis t mi t Rech t S . M . Menshi ­ kov i n seine m Diskussionsbeitra g z u R . A . Gordon , Th e Stabilit y o f th e U . S . Economy , in : Bronfenbrenner (s . Anm . 2) , S . 37f , hin : »Bu t le t m e mak e on e correction . Whe n i t i s sai d ›serious‹ depression s (i n de r Nachkriegszeit , K.B. ) ar e obsolete, th e depressions that are mean t are one s lik e 1920-192 1 an d 1929-1933 . Fro m th e tim e tha t th e regula r cyclica l movemen t began (somewher e aroun d 1825 ) u p t o th e beginnin g o f th e 1920's , ther e wa s no t a singl e yearly downtur n o f industria l productio n i n Grea t Britai n o f mor e tha n 1 0 pe r cent . I n th e history o f th e cycle s i n th e Unite d State s thi s limi t wa s exceede d onl y twice . . . « 21 E s wir d darau f verzichtet , zu r Messun g de r Instabilitä t de r Wachstumsrate n de s Nettosozialprodukts Streuungsmaß e z u ermitteln , wi e die s R . Hopp , Schwankunge n de s wirtschaftlichen Wachstum s i n Westdeutschlan d 1954-1967 , Meisenhei m 1969 , S . 1 f., geta n hat. Di e Ergebniss e hänge n star k vo n de r Wah l de s zugrundezulegende n Trend s ab . I n de r Vorkriegszeit könnt e ma n eine n langfristige n Durchschnit t de r Wachstumsrate n verwenden . In der Nachkriegszei t wär e da s sicherlich falsch . Welche r Tren d abe r den Vorzu g verdient , is t zur Zei t kau m mi t Anspruc h au f Überzeugungskraf t z u sagen . 22 Di e gewählt e Method e de r Trendberechnun g is t di e de r gleitende n Mehrjahresdurch ­ schnitte. Fü r di e Vorkriegszei t wurde n gleitend e 7-Jahresdurchschnitt e gewählt , fü r di e Nachkriegszeit gleitend e 5-Jahresdurchschnitte . Dies e Methode ha t de n Vorteil , da ß ma n sic h nicht hinsichtlic h de r mathematische n For m de s Trend s festlege n muß , Ih r Nachtei l besteh t darin, da ß jeweils z u Begin n un d a m End e Jahre fortfalle n (wen n ma n nich t extrapoliert) . Fü r die Zwischenkriegszei t verbleib t dan n ei n s o kurze r Zeitraum , da ß au f di e Abbildun g de r Schwankungen u m de n Tren d gan z verzichte t wurde . Wege n de r Informationsverlust e durc h die gleitende n Mehrjahresdurchschnitt e wir d auc h i m weitere n Verlau f de r Darstellun g di e

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Anmerkungen z u Seit e 81-8 5 Wachstumsratenanalyse zugrundegelegt , obgleic h si e gegenübe r de r Darstellun g de r Trend ­ abweichungen einig e Nachteil e hat . 23 R . Wagenführ , Di e Industriewirtschaft . Entwicklungstendenze n de r deutsche n un d internationalen Industrieproduktio n 186 0 bi s 1932 , VKf , Sonderhef t 3 1 (1933) . Sieh e auc h StatBA, Bevölkerun g un d Wirtschaf t 1872-1972 , Stuttgar t 1972 , S . 17 6 (mi t Druckfehler , weil di e Jahreswerte 1890-190 0 fehlen) . 24 Würd e ma n di e vo n W . G . Hoffman n un d Mitarbeiter n geschätzt e Produktio n de r Wirtschaftsbereiche Bergba u un d Saline n sowi e Industri e un d Handwer k bi s 191 3 mi t de m Beitrag de s warenproduzierende n Gewerbe s zu m Nettoinlandsproduk t a b 195 0 anhan d de r amtlichen Statisti k vergleichen , erschien e di e Entwicklun g i n de r Nachkriegszei t weitau s unstabiler al s di e i n de r Vorkriegszeit . Allerding s sin d di e Schätzunge n Hoffmann s ehe r darauf abgestellt , di e durchschnittliche n Wachstumsrate n de r Produktio n anzuzeige n al s di e jährlichen Veränderungen . Bedauerlicherweis e ha t Mitchell , Statistic s (s . Anm . 8) , S . 355ff. , die Hoffmann'schen Zahlen , di e sic h au f Industrie un d Handwerk beziehen , kommentarlo s al s Index de r Industrieproduktio n bezeichne t un d mi t de n spätere n amtliche n Indice s de r Indu ­ strieproduktion fortgeschrieben . 25 S o auc h i n de n Streuungsmaßen , s . Anm . z u Abb . 6 . 26 Sieh e zu m Beispie l A . Stobbe , Gesamtwirtschaftlich e Theorie , Heidelber g 1975 , S . 122 . R. L . Frey , Wirtschaft , Staa t un d Wohlfahrt . Ein e Einführun g i n di e Nationalökonomie , Basel 1975 , S . 6 1 f 27 K . W . Rothschild , Bemerkunge n zu r konjunkturelle n Entwicklun g de r österreichische n Wirtschaft 1954-1970 , in ; Ot t (s . Anm . 4) , S . 2l3f . Freilic h kan n sic h Rothschil d auc h au f solche Kapazitäte n berufe n wi e G . Haberler , siehe : Prosperitä t un d Depression . Ein e theoreti ­ sche Untersuchun g de r Konjunkturbewegungen , Tübinge n 1955 , S . 248f , 25 5 u.a . Etwa s anders verhält e s sich mi t solche n Autore n (u . a. W . C . Mitchell) , di e den Konjunkturzyklu s al s »successive change s i n activity « definieren , sieh e ESSc , Bd . 3 , 1930 , S . 92 . Hie r wir d gerad e der Indikato r noc h offe n problematisiert . - I m übrige n ha t scho n G . Tich y i m gleiche n Band , S. 143 , angedeutet , da ß di e Tatsachenfeststellun g Rothschild s fraglic h sei . 28 Auc h Kromphard t (s . Anm . 9) , S . 139 , deute t di e früher e Konjunkturforschun g nich t richtig, wen n e r meint , »früher « se i es üblich gewesen , di e konjunkturellen Phase n anhand de s Anstiegs un d Rückgang s de s Sozialprodukt s z u messen . 29 Spiethoff , Wechsellage n (s . Anm . 1) , Bd . I, S. 83 . Dies e Zeichnun g finde t sic h noc h nicht i n de m Artike l »Krisen« , HdSt , Bd . 6 , 1925 4 , de m di e Bucheditio n i m übrige n folgt . 30 Die s ergib t sic h au s eine r be i Spiethof f angefertigte n Dissertatio n vo n H . Kuschmann , Die Untersuchunge n de s Berline r Institut s fü r Konjunkturforschung . Darstellun g un d Kriti k (Beiträge zu r Erforschun g de r wirtschaftliche n Wechsellage n Aufschwung , Krise , Stockung , hg. v . A . Spiethoff , H . 7) , Jena 1933 , S . 52ff . Kuschman n schreib t übe r de n Musterkreislauf : »So habe n si e (di e frühere n Konjunkturforscher) , wen n si e vo n Bewegun g sprachen , dabe i durchaus nich t da s verstanden , wa s ma n heut e mi t Hilf e de s normale n Inde x darunte r versteht. Si e meinte n nicht , da ß ei n bestimmte r ökonomische r Tatbestan d sic h i n de m Sinn e ›bewegt‹, da ß di e einzelne n Gliede r eine r Zeitreih e i m Zeitpunk t C z . B. größe r ware n al s i m Zeitpunkt A , sonder n si e meinte n damit , da ß eine r bestimmte n ökonomische n Erscheinun g im Zeitpunkt e C ein e ander e allgemein e Bedeutun g zukam , al s diese r selbe n Erscheinun g i m Zeitpunkte A . S o wenigsten s sehe n wi r de n ›Musterkreislauf ‹ vo n Spiethoff. « (S . 53 ) 31 Spiethoff , Wechsellage n (s . Anm . 1) , S . 73 . Ma n könnt e weiter e Beleg e be i Spiethoff , aber auc h be i A . Aftalio n un d W , C . Mitchel l zitieren . Nu r nebenbe i se i angemerkt , da ß auc h Spiethoff gesehe n hat , wi e di e Produktion de r Güter de s mittelbaren Verbrauch s ehe r zyklisc h schwankt al s di e de r Konsumgüter , be i dene n e r gan z ›irreguläre ‹ Bewegunge n festgestell t hat. Insowei t stimme n sein e Beobachtunge n mi t unsere n Erfahrunge n übe r di e Zyklizitä t de r Produktion i n verschiedene n Industriezweige n überein . J e konsumferner , u m s o ehe r zyklisch, da s gil t i n Vor - wi e Nachkriegszeit .

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Anmerkungen z u Seit e 85-8 9 32 J . Schumpeter, Konjunkturzyklen . Ein e theoretische, historisch e un d statistische Analys e des kapitalistische n Prozesses , Bd . II, Göttingen 1961 , S . 50 5 u.a . 33 Au f die Problematik, da ß unte r Umstände n di e Aggregation z u gesamtwirtschaftliche n Produktionswerten eine n gewisse n Glättungseffek t habe n könnte , se i nu r verwiesen . Freilic h läßt sic h auc h da s Gegentei l belegen . Matthews , Konjunktu r (s . Anm . 10) , S . l98ff. , ha t beschrieben, wi e di e scheinbar regelmäßige n Schwankunge n de r Summ e vo n Brutto-Inlands ­ investitionen un d Auslandsinvestitione n mi t eine m Zyklu s vo n sieben bis zehn Jahren au f den Aggregationseffekt zweie r Reihe n zurückzuführe n sind , di e nich t synchro n verliefe n un d selbst di e i m Vergleic h zu m Einkommenszyklu s doppelt e Phasenläng e aufwiesen . 34 Vo r de m 1 . Weltkrie g Cl ément Juglar, Michae l v . Tugan-Baranowsky , Mento r Bou ­ niatian, Jea n Lescure , Alber t Aftalion , Wesle y C . Mitchell . 35 De r theoretisch e Oberbegrif f be i Spiethof f is t di e »Ungleichgewichtserzeugung« . Di e Mittel ihre r Beseitigun g waren : Preissenkung , Vorratserzeugung , Erzeugungseinschränkung , Obererzeugungsausfuhr, Kostensenkungserzeugung . I n zahlreiche n Dissertatione n habe n Spiethoffs Schüle r darzulege n versucht , i n welche m Maß e i m 19 . un d 20 , Jh. di e verschiede ­ nen Mitte l zu r Beseitigun g de r Überproduktio n i n de n Branche n i n Erscheinun g traten . 36 S o auc h Schumpete r (s . Anm . 32) , S . 496 . 37 E . Wagemann , Konjunkturlehre , ein e Grundlegun g zu r Lehr e vo m Rhythmu s de r Wirtschaft, Berli n 1928 , S . 174 , meint , da ß bi s 191 4 der Index der industriellen Rohstoff - un d Halbwarenpreise al s ein recht gute s Spiegelbil d de s Beschäftigungsgrades anzusehe n sei . E s ist jedoch wichti g z u erkennen , da ß de r vorliegend e Preisinde x i n seine m Verlau f wesentlic h beeinflußt wir d vo n den Preisen internationa l gehandelte r Güte r - weshal b es denn kein Zufal l ist, da ß international e Vergleich e de r Konjunkturbewegun g vo r de m I. Weltkrieg, di e sic h des Konjunkturindikators Grundstoffpreis e bedienen , z u einem Gleichklan g de r Konjunktur ­ bewegung i n de n Haupthandelsländer n gekomme n sind . 38 A . Desai , Rea l Wage s i n Germany , 1871-1913 , Oxfor d 1968 . 39 E s se i a n diese r Stell e noc h einma l dara n erinnert , da ß di e Verwendun g unterschiedli ­ cher Preisindexreihe n i n eine m langfristige n Vergleic h problematisc h ist , de r Versuc h den ­ noch - un d se i e s al s Experimen t - unternomme n werde n muß . 40 E s ist hier nicht de r Platz, anhan d weitere r Abbildunge n zu r Preisbewegung nachzuwei ­ sen, da ß e s jedenfalls nich t zulässi g is t z u behaupten , i n de n Konjunkturzykle n de s 19 . Jh. seien di e Preis e i m Aufstie g meisten s gestiege n un d i m Niedergan g gesunken , wi e u . a. Püt z (s. Anm . 1) , S . 174 , e s formuliert . 41 Spiethoff , Wechsellage n (s . Anm . 1) , S. 45f ; vgl . auc h W . C . Mitchell , Busines s Cycles , the Proble m an d it s Setting , Ne w Yor k 1913 , S . 100 . Aftalio n wa r i n diese r Frag e andere r Ansicht, auc h manch e Autore n i m 19 . Jh. Au s de r Spiethoff-Schul e is t gerad e di e Überschät ­ zung de r Preisbewegun g kritisier t worden , sieh e M. Wicharz , Alber t Aftalion s Tatsachenbil d und Lehr e de r wirtschaftliche n Wechsellage n (Spiethoff , Beiträge , H . 1 2 - s . Anm . 30) , Jena 1935. E s is t bislan g auc h ei n Desidera t de r Forschung , de r bekannte n Behauptun g vo n de r Flexibilität de r Löhn e i m Konjunkturverlau f vo r 191 4 kritisc h nachzugehen . 42 Die s komm t z.B . i n de m folgende n Zita t zu m Ausdruck : »Di e Rückgangslini e de s Eisenverbrauchs is t nebe n de n entsprechende n Vorgänge n de s Kapitalmarkte s di e entschei ­ dende Stockungserscheinung. « Spiethoff , Wechsellage n (s . Anm . 1) , S . 72 . 43 Noc h 193 3 schreibt sei n Schüle r Kuschman n (s . Anm , 30) , S. 69 : »Wegen de s verhältnis ­ mäßig lückenhafte n statistische n Materials , da s für da s vergangene Jahrhundert vorlag , sowi e auch wege n de s Mangel s geeignete r statistische r Methoden , konnt e e s naturgemä ß nich t gelingen, de n Wande l de r Bedeutun g de r Ertragsgüte r i m ökonomische n Syste m zahlenmäßi g exakt z u bestimmen . ledenfall s abe r mu ß e s versuch t werden. « (Hervorhebun g K.B. ) 44 Zwische n de r Zeitreih e de s Eisenverbrauch s (nac h Spiethoff ) un d de r Zeitreih e de r Nettoinvestitionen i n konstante n Preise n (nac h Hoffmann ) besteh t zwische n 185 0 un d 191 3 eine hoh e Korrelatio n ( r = 0,97) . Allerding s schlage n hierbe i wi e be i alle n Zeitreihenverglei -

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Anmerkungen z u Seit e 89-9 9 chen di e Trendwert e star k durch . Korrelier t ma n nu r di e Wachstumsraten , s o ergib t sic h ei n wesentlich schlechtere s Ma ß de r Übereinstimmun g ( r = 0,11) , da s abe r erheblic h verbesser t ist, wen n ma n zu r Vermeidun g zufällige r Schwankunge n gleitend e Dreijahreswert e de r Wachstumsraten de s Eisenverbrauch s un d de r Nettoinvestitione n zugrundeleg t un d sic h au f die Period e vo n 1870-1913 , i n de r da s zugrundeliegend e Materia l verläßliche r ist , beschränk t (r = 0,58) . 45 I n diesem Fal l is t e s besonder s z u beklagen , da ß wi r Produktio n un d Investitio n ers t a b 1925 erfasse n können . E s is t z u vermuten , da ß di e Investitionsquot e unmittelba r nac h de m I. Weltkrieg unte r de m Einflu ß de r Inflatio n zunächs t hoc h gewese n ist . Sieh e hierz u W . Abeshauser, Inflatio n un d Stabilisierung . Zu m Proble m ihre r makroökonomische n Auswir ­ kungen au f di e Rekonstruktio n de r deutsche n Wirtschaf t nac h de m Erste n Weltkrieg , in : O . Büsch u . G . Feldma n (Hg.) , Historisch e Prozess e de r deutschen Inflatio n 191 4 bis 1924 , Berli n 1978, S . 16 1 ff.; C.-L . Holtfrerich , Di e deutsch e Inflatio n 1914-1923 . Ursache n un d Folge n i n internationaler Perspektive , Berli n 1980 , S . 200ff . 46 Berechne t nac h StatBA , Lang e Reihe n zu r Wirtschaftsentwicklun g 1980 , S . 16 7 u. 173 . 47 Dass. , Bevölkerun g (s . Anm . 23) , S . 214 ; Deutsch e Bundesbank , Deutsche s Geld - un d Bankwesen i n Zahle n 1876-1975 , Frankfur t 1976 , S . 279 . Sieh e auc h Monatsbericht e de r Deutschen Bundesbank . 48 Wen n ma n sic h mi t Zinssätze n un d Rendite n beschäftigt , benütz t ma n Zeitreihen , di e für de n historische n Vergleic h einig e Vorteil e haben . Si e sin d i n de r Rege l qualitati v durc h hochstehende Primärinformatione n besse r beleg t al s ander e statistisch e Größe n un d werfe n keine Schwierigkeite n hinsichtlic h de r langfristigen Vergleichbarkei t de r Recheneinheiten auf , weil Zinssätz e un d Rendite n ja undimensioniert e Zahle n sind . S o müsse n i m längerfristige n Vergleich kein e Geldwertänderunge n berücksichtig t werden . Dennoc h ergebe n sic h auc h i n diesem Fal l Problem e de r langfristige n Vergleichbarkeit . Di e Finanzierungsinstrumente , fü r die de r Zin s gezahl t wird , habe n i m Verlau f der Geschicht e vielfac h ihre n Charakte r geänder t und noc h vie l häufige r ihr e Bedeutun g i m Gesamtsyste m alle r Finanzierungsinstrumente . Von große m Gewich t is t i n unsere m Zusammenhang , da ß sic h unte r de m feststehende n Tite l »langfristige Wertpapiere « beachtlich e Veränderunge n de r durchschnittliche n Laufzei t de r Papiere verbergen , wi e vo n Ph . Cagan , Change s i n th e Cyclica l Behavio r o f Interes t Rate s (National Burea u o f Economic Research , Occasiona l Pape r 100) , Ne w Yor k 1966 , auc h RE S 1966, beton t wird . Sieh e auc h K . Borchardt , Realkredi t un d Pfandbriefmark t i m Wande l vo n l00 J ahren, in : 10 0 Jahr e Rheinisch e Hypothekenbank , Frankfur t 1971 , S . l23ff. , 137 , l78ff . 49 Di e Standardabweichunge n de r Durchschnittsbankdiskontsätz e de r Reichsban k bzw . der Ban k deutsche r Länder/Deutsche n Bundesban k betruge n 1876-191 3 0, 7 un d 1948-197 4 1,2, di e Variationskoeffiziente n 0,1 7 bzw . 0,28 ; vgl . StatBA , Bevölkerun g (s . Anm . 23) , S. 219 , sowi e Monatsbericht e de r Deutsche n Bundesbank . 50 Hierbe i is t z u berücksichtigen , da ß di e durchschnittlich e Arbeitslosenquot e zwische n 1887 und 191 3 2, 4 Prozen t betru g - be i eine m jährlichen Zuwach s de r Zah l de r Beschäftigte n von 1, 8 Prozent . (De r Beschäftigtenzuwach s wurd e ermittel t au s de r Extrapolatio n de r Zählungen de r Beamten , Angestellte n un d Arbeite r 188 2 un d 1907. ) 51 Sieh e hierz u Matthews , Britai n (s . Anm . 7) , S . 555ff . 52 Si e is t meh r fü r di e US A untersuch t worden , sieh e u . a. M . Friedman , Geldangebot , Preis- un d Produktionsänderungen , ORDO , Bd . 11 , 1959 , S . l93ff. , abgedruck t in : E . Dür r (Hg.), Geld - un d Bankpolitik , Köl n 1969 , S . 115ff. ; ders. , Di e optimal e Geldmeng e un d andere Essays , Münche n 1970 , Kapite l 3 (da s amerikanisch e Origina l erschie n unte r de m Titel: Th e Optimu m Quantit y o f Money an d Othe r Essays , Chicag o 1969) . H . Stein , Wher e Stands th e Ne w Fisca l Policy? , in : J M C B, Bd . 1 , 1969 , S . 463ff. ; K . Brunner , Th e Polic y Discussions b y Stei n an d Worswick , A Comment , ebd. , S . 496f f

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Anmerkungen z u Seit e 100-10 3 6. Trend , Zyklus , Strukturbrüche , Zufälle : Was bestimm t di e deutsche Wirtschaftsgeschicht e de s 20. Jahrhunderts? * Die s wa r eine s de r übergreifende n Theme n de s 31 . Deutschen Historikertage s 197 6 in Mannheim. 1 Di e deutsch e Ausgab e (Köl n 1973 , S . 333 ) folg t a n diese r Stell e nich t exak t de m englischen Text : Th e Unboun d Prometheus . Technologica l Chang e an d Industrial Develop ­ ment i n Wester n Europ e fro m 175 0 to th e Present , Cambridge , Mass . 1969 , S . 35 9 - nac h dem ne u übersetz t wurde . 2 Fü r den Zeitraum 1850-195 0 sin d di e Werte au s den Angaben vo n W . G . Hoffinan n u . a., Das Wachstu m de r deutsche n Wirtschaf t sei t de r Mitt e de s 19 . Jahrhunderts, Berli n 1965 , ermittelt. Di e anschließende Kurv e fü r die Zeit nac h dem Zweiten Weltkrie g wurd e mi t Hilf e der Wachstumsrate n de s Sozialprodukt s j e Einwohne r z u konstante n Preise n vo n 196 2 aus: StatBA, Lang e Reihe n 1974 , al s Fortschreibun g de s vo n Hoffman n errechnete n Werte s fü r 1950 ermittelt . Di e Mänge l diese s Verfahren s sin d jede m Kenne r bekannt . Insbesonder e is t das Indexproble m lange r Zeitreihe n nich t z u lösen , wen n ma n hoh e Anforderunge n a n di e Methode stellt . 3 Z u diese n Probleme n sieh e D . Usher , Th e Measuremen t o f Economic Growth , Oxfor d 1980, un d U.-P . Reic h u.a. , Arbeit-Konsum-Rechnung . Axiomatisch e Kriti k un d Erweite ­ rung de r Volkswirtschaftliche n Gesamtrechnung , Köl n 1977 . 4 Wi e gro ß verbleibend e Rest e vo n Diskontinuitä t sind , is t nu r freizügi g z u schätzen . Einen gewisse n Anhaltspunk t erhäl t ma n au s de m Versuc h de s Statistische n Bundesamtes , Sozialproduktzahlen fü r di e Zeit 1925-3 9 sowoh l i n de n Grenzen de s Deutsche n Reiche s de s Gebietsstands vo n 193 7 anzugebe n al s auc h i n de n Grenze n de r Bundesrepubli k (ohn e Saarland un d Berlin ) z u schätzen . Sieh e hierz u StatBA , Bevölkerun g un d Wirtschaf t 1872-1972, Stuttgar t 1972 , S. 260f . Di e Abweichungen scheine n s o gering z u sein, da ß sie in der Abb . 1 kaum sichtba r würden . 5 Einig e Autore n habe n zwa r Schätzunge n de s Sozialprodukt s fü r di e Jahre nac h 191 4 gewagt, doc h sprich t nich t nu r di e schwach e Datenbasi s gege n ein e Verwendun g diese r Angaben i m vorliegende n Zusammenhang . Sieh e zu m Problem K . Borchardt , Wachstu m un d W e c h s e l t e n 1914-1970 , in : HdWSG , Bd . 2 , Stuttgar t 1976 , S . 68 6 u. 696 . 6 Sieh e / . Esenwein-Rothe , Di e Methode n de r Wirtschaftsstatistik , Bd . 2 , Göttinge n 1976 , S. 2l3f . Dies e Definitio n sollt e da s Mißverständni s ausschließen , e s handl e sic h be i Trend s um gleichsa m allgemein e Geschichtsgesetze . Ein e solch e Annahm e wir d z u Rech t vo n K . R . Popper, Da s Elen d de s Historismus , Tübinge n 1965 , S . 86ff. , kritisiert . Sieh e hierz u scho n 5. Kuznets , Wese n un d Bedeutun g de s Trends. Zu r Theorie de r säkularen Bewegung , Bon n 1930. Zwische n Tren d un d Ereigni s mu ß als o kei n prinzipielle r Gegensat z gesehe n werden , denn - wi e R . Kosellec k formulier t - auc h »Dauer « kan n zu m Ereigni s werden . Sieh e R . Koselleck, Darstellung , Ereigni s un d Struktur , in : G . Schulz e (Hg.) , Geschicht e heute . Positionen, Tendenzen , Probleme , Göttinge n 1973 , S . 312 . 7 E s kommt i m vorliegende n Zusammenhan g nich t darau f an, di e Wahl de r Berechnungs ­ weise de s für di e Abb . 2 gewählte n Trend s speziel l z u begründen, insbesonder e ein e Theori e des Trend s zugrundezulegen . Die s gerad e sol l Gegenstan d de r spätere n Ausführunge n sein . Deshalb is t eine empiristische Entscheidun g getroffe n worden . Fü r die Ermittlung de s Trends bis 191 4 wurden gleitend e 7-Jahresdurchschnitt e gewählt , fü r den Trend a b 1950 gleitende 5 Jahresdurchschnitte. Berechnunge n nac h Hoffman n (s . Anm . 2 ) un d StatBA , Lang e Reihe n 1974, S . l44f. , sowi e WiSta , 1977/2 . Di e Zeit vo n 191 4 bis 194 9 wurde ausgelassen , wei l di e zur Verfügun g stehend e Zeitreih e fü r Trendberechnunge n angesicht s de r enorme n Schwan ­ kungen z u kur z ist . 8 Vo n de n ebenfall s fü r bestimmt e historisch e Erklärunge n wichtige n Saisonschwankun ­ gen sehe n wi r hie r ab . Si e trete n i n Zeitreihe n vo n Jahreswerten nich t auf .

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Anmerkungen z u Seit e 104-110 9 Da ß di e Konjunkturzykle n nac h 195 0 i n manche r Hinsich t größe r ware n al s vo r 1914 , wird oben , S . 73ff , gezeigt . 10 A . S . Milward : Bericht , in : H . Mommse n u.a . (Hg.) , Industrielle s Syste m un d politisch e Entwicklung i n de r Weimare r Republik . Verhandlunge n de s Internationale n Symposium s i n Bochum vo m 12.-17 . Juni 1973 , Düsseldor f 1974 , S . 52 . 11 Di e grundsätzlich e Unsicherhei t be i de r Interpretatio n de r langfristige n Entwicklun g und di e dre i reine n Type n vo n Abbildunge n sprich t auc h a n G . Bombac h i n de r Diskussio n zum Proble m langfristige r Vorausschätzunge n in : H . Giersc h u . K . Borchard t (Hg.) , Diagnos e und Prognos e al s wirtschaftswissenschaftlich e Methodenprobleme , SchVfSp , N.F . Bd . 25 , Berlin 1962 , S . 528 . Da ß ma n mi t ein und demselbe n Materia l - hie r di e US-Industrieproduk ­ tion - seh r verschieden e mathematisch e Trendformel n stütze n kann , zeig t E . Arnes , Trend , Cycles, an d Stagnatio n i n U . S . Manufacturin g sinc e 1860 , in : OEP , Bd . 11 , 1959 , S . 270ff . 12 Da s kommt wünschenswer t kla r zu m Ausdruc k be i Kuznets , Wese n (s . Anm . 6) , S . 13 : »Ehe ma n ein e mathematisch e Kurv e al s Tren d fü r ein e gegeben e Zeitreih e berechnet , mu ß man dre i Frage n beantworten : 1 . Fü r welch e Period e sol l di e Ausgleichskurv e berechne t werden? 2 . Welch e Gestal t sol l di e berechnete Kurv e haben? 3. Nac h welche r Method e wolle n wir vorgehen ? Ha t ma n dies e dre i Frage n beantwortet , s o ha t ma n bereit s ebens o viel e Voraussetzungen übe r di e Eigenschafte n de r z u berechnende n säkulare n Bewegunge n einge ­ führt. « 13 Fü r di e tatsächliche n Wert e i n Abb . 3 sieh e Anm . 2 . Di e linear e Trendkurv e wurd e durch di e Anfangs - un d Endwert e de r Zeitreih e 1850-191 3 gelegt . Da s is t ein e willkürlich e Entscheidung, di e de n Vortei l de r Anschaulichkei t hat . Ein e nac h de r Method e de r kleinste n Quadrate konstruiert e Trendgerad e weich t hinsichtlic h Lag e un d Steigun g jedoc h nu r gan z geringfügig vo n de r gewählte n ab . 14 F.Jánossy , Da s End e de r Wirtschaftswunder . Erscheinun g un d Wese n de r wirtschaftli ­ chen Entwicklung , Frankfur t o . J. (1969) . Jánossy bezieh t sic h allerding s au f die Zeitreihe de r Industrieproduktion, s o da ß sein e Darstellun g scho n deshal b nich t vollständi g mi t de r hie r gewählten Method e übereinstimmt . Zu r Diskussio n übe r di e Theorie de r Rekonstruktionspe ­ riode sieh e u.a . W . Abelshauser , Wirtschaf t i n Westdeutschlan d 1945-1948 . Rekonstruktio n und Wachstumsbedingunge n i n de r amerikanische n un d britische n Zone , Stuttgar t 1975 , S. 23ff . 14a Sieh e auc h di e Beiträg e i n Tei l III dieses Bandes . 15 Sieh e u.a . H . Priester , Da s deutsch e Wirtschaftswunder , Amsterda m 1936 . 16 M. Manz , Stagnatio n un d Aufschwun g i n de r französische n Zon e vo n 194 5 bi s 1948 , Diss. Mannhei m 1968 ; Abelshauser , Wirtschaf t (s . Anm . 14) . 16a Sieh e hierz u auc h de n folgende n Beitrag , speziel l S . 131 . 17 Obgleic h di e Vorstellun g vo n eine r »normale n Entwicklung « viele n Einwände n begeg ­ nen kann , is t si e doc h wei t verbreitet . Unzähli g sin d di e Belegstelle n i n qualitative n un d quantitativen Urteilen . S o schrie b z . B. de r Präsiden t de s Statistische n Reichsamte s i m Vorwort de r Schrift : Da s deutsche Volkseinkomme n vo r und nach dem Kriege, Einzelschrifte n zu r Statistik de s Deutsche n Reiche s Nr . 24 , 1932 , ma n hab e di e Vorkriegsspann e »i n di e Untersuchung einbezogen , u m a n de m Entwicklungsbil d eine r längere n normale n Wirt ­ schaftsperiode eine n Maßsta b zu r Beurteilun g de r Gegenwar t z u gewinnen« . Au s de m gleichen Grun d analysiere n J . Paig e u.a. , Economi c Growth , th e Las t Hundre d Years , National Institut e o f Economi c an d Socia l Research , Economi c Revie w Jul y 1961 , da s Wachstum sei t de m Ausgan g de s 19 . Jh. Si e nenne n di e Zwischenkriegszei t nich t normal , weil di e hie r z u beobachtende n Entwicklunge n wahrscheinlic h nich t langfristige n Prognose n zugrundegelegt werde n könnten . Ähnlich e Anliege n charakterisiere n di e bekannte n Studie n von A . Maddiso n un d 5 . Kuznets , s . Anm . 18 . 18 Quell e fü r Abb . 4 : O . Krant z u . C.-A . Nilsson , Swedis h Nationa l Produc t 1861-1970 . New Aspect s o n Method s an d Measurement , Lun d 1975 , S . 180 . Schwede n dien t hie r nu r al s

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Anmerkungen z u Seit e 111-114 ein Beispiel ; ander e Lände r könnte n ebenfall s gewähl t werden . E . Arne s (s. Anm . 11 ) favori ­ siert auc h fü r di e US-Industrieproduktio n eine n logarithmisch-lineare n Trend . 5 . Kuznets , Economic Growt h o f Nations . Tota l Outpu t an d Productio n Structure , Cambridg e Mass . 1971, S . 4 1 ff., faß t da s Erscheinungsbil d de s Wachstum s zahlreiche r entwickelte r Staate n dahingehend zusammen , da ß entwede r ei n relati v gleichmäßige s durchschnittliche s Wachs ­ tum vorgelege n hab e ode r relati v hoh e Nachkriegswachstumsrate n ein e vorhergehend e schlechtere Entwicklung kompensier t haben . (Japa n schein t di e große Ausnahme zu sein.) Di e von A . Maddison , Economi c Growt h i n th e West , Londo n 1964 , ermittelte n internationale n Vergleichszahlen lege n fü r di e meiste n Staate n ei n ähnliche s Urtei l nahe . 19 De r Kurvenzu g wurd e freihändi g gezeichnet , somi t kein e Scheingenauigkei t eine r mathematischen For m vorgespiegelt . E s könnte n auc h ander e Wellenzüg e konstruier t wer ­ den; insbesonder e könnt e ma n de n Versuc h unternehmen , vo r 191 4 Kondratieff - ode r Kuznetszyklen sichtba r z u machen , di e Steigun g i n de r Zwischenkriegszei t z u variiere n un d die Wendepunkt e au f verschieden e Jahre z u legen . 20 J . Schumpeter , Konjunkturzyklen . Ein e theoretische, historisch e und statistische Analys e des kapitalistische n Prozesses , 2 Bde , Göttinge n 196 1 (Amerikanisch e Ausgab e Busines s Cycles, 1939) . L . Drupìez , »De r Kondratieff « un d di e Konjunkturentwicklun g sei t 1945 , in : WA, Bd . 93 , 1963 , S . 262ff. ; ders. , 194 5 bi s 197 1 al s Aufschwungphas e eine s Kondratieff ­ Zyklus?, Ifo-Studien , Jg. 18 , 1972 , S . 503ff . Umfassende r beleg t Duprie z seine Auffassun g i n Mouvements économique s généraux , Löwe n 1947 . 21 Ein e aus der Zeitreih e der Industrieproduktio n gewonnen e (schwache ) lang e Welle hätt e in de n US A nac h de n Berechnunge n vo n Arne s (s . Anm . 11 ) eine n Tiefpunk t 1942 . Ähnlic h auch W . N . Parke r in: W . C . Scovill e u . J. C . LaForc e (Hg.) , Th e Economi c Developmen t o f Western Europ e - Fro m 191 4 t o th e Present , 1970 , S . 75 . Di e exakt e Datierun g de r Wellenbewegung is t wege n de r ni e ausgeschlossene n Störunge n imme r schwierig . Zu m Beispiel is t fü r Englan d anhalten d umstritten , wan n i n de r Zwischenkriegszei t di e fü r di e dreißiger Jahre unbestritten e rascher e Fahr t eingesetz t hat . Sieh e hierz u D . H . Aldcrof t u . H . W. Richardson , Th e Britis h Economy , 1870-1939 , Londo n 1969 , un d D . H . Aidcrof t u . P . Fearon (Hg.) , Economi c Growt h i n 20th-Centur y Britain , Londo n 1969 . 22 Fü r Literaturhinweise , Beschreibun g un d Diskussio n sieh e D. Petzin a u . W . Abelshauser , Zum Proble m de r relative n Stagnatio n de r deutsche n Wirtschaf t i n de n zwanzige r Jahren, in : Mommsen (s . Anm . 10) , S . 57ff , un d de n Berich t vo n A . S . Milward , ebd. , S . 5 1 ff. Sieh e zum allgemeine n Stagnationsproble m B . Higgins , Concept s an d Criteri a o f Secula r Stagna ­ tion, in : Income , Employment , an d Publi c Policy , Essay s i n Hono r o f A . H . Hansen , Ne w York 1948 . 23 Sieh e di e i n Anm . 1 2 zitiert e Aussag e vo n 5 . Kuznets . 24 »Struktur « is t ei n vieldeutige r Begriff , de r seh r verschiede n verwende t wird . Sieh e F . Machlup, Structur e an d Structura l Change : Weaselword s an d Jargon, in : ZfN , Bd . 18 , 1958 , S. 280ff , un d G . Bombach , De r Strukturbegrif f i n de r Ökonomie , in : F . Neumar k (Hg.) , Strukturwandlungen eine r wachsende n Wirtschaft , SchVfSp , N.F. , Bd . 30/1 , Berli n 1964 , S. l 0 f f I n unsere m Zusammenhan g geh t e s nicht u m de n »Strukturbegrif f de s Statistikers« , sondern u m de n »Strukturbegrif f de s Ökonometrikers«, de n j. Åkerma n (Theor y o f Industria ­ lism. Causa l Analysi s an d Economi c Plans , Lun d 1960 , S . 184 ) einen »makro-dynamischen « nennt. Di e Struktu r is t hie r definiert al s das Syste m funktionale r un d stochastischer Beziehun ­ gen zwischen exogene n un d endogenen Variablen . Konstan z der Struktur mein t di e Unverän ­ derlichkeit de r funktionale n Beziehunge n wi e de r geschätzte n Parameter . 25 Ander s di e Autore n de s Ifo-Instituts, di e eine Produktionsfunktio n fü r di e Bundesrepu ­ blik Deutschlan d z u schätze n hatte n un d sic h hierfü r auc h de r empirischen Materialie n fü r di e Zwischenkriegszeit bedienten , u m di e fü r ökonometrisch e Operatione n nötige n längere n Zeitreihen z u erhalten . Siehe : Bestimmungsfaktore n de r deutschen Produktion, Ifo-Studien , Jg . 7 , 1961. Wi e ein e später e Überprüfun g ergab , sin d di e Paramete r diese r Schätzun g erstaunlic h

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Anmerkungen z u Seit e 114-117 gut gesicher t gewesen , sieh e G . Gehri g u . K . C . Kuhlo , Überprüfun g de r ökonometrische n Projektion vo n 1962 , in : Ifo-Studien , Jg . 18 , 1972 , S . 27 5 ff. Hierz u meh r i m folgende n Beitrag, S . l32ff . 26 Stat t viele r anderer : A . Predöhl , Di e Epochenbedeutun g de r Weltwirtschaftskris e vo n 1929-31, in : VfZ , Bd . 1 , 1953 , S . 97ff . 27 A n dieser Stelle ist auf den Unsinn der Ermittlung vo n »durchschnittlichen Wachstums ­ raten« au s de r Gegenüberstellun g allei n vo n Eckwerte n eine r Period e (i n unsere m Fall e also 1950 und 1913 ) hinzuweisen , wen n di e tatsächliche n Bewegunge n fer n vo m logarithmisch ­ linearen Tren d verlaufen . Wa s fü r de n Zeitrau m 185 0 bi s 191 3 eine n Sin n ergibt , wei l di e Bewegung »trendnahe « bleibt , is t fü r de n Zeitraum nac h 191 3 töricht - dennoc h leider wei t verbreitet. 28 Quelle : StatBA , Bevölkerun g (s . Anm . 4) , S . l82f. , un d Stjb , 1976 , S . 255 . Unter e Kurve 1928-194 4 Produktio n i n den Grenze n de s Bundesgebietes . 29 D . Petzina, Grundri ß de r deutschen Wirtschaftsgeschicht e 191 8 bis 1945 , in: Institut für Zeitgeschichte (Hg.) , Deutsch e Geschicht e sei t de m Erste n Weltkrieg , Bd . 2 , Stuttgar t 1973 , S. 676 . Überarbeite t i n ders., Die deutsche Wirtschaf t i n de r Zwischenkriegszeit, Wiesbade n 1977, S . 20 . 30 I n de r Diskussio n zu m Refera t wurde n erwartungsgemä ß speziel l hierz u Auskünft e erbeten, wei l ma n e s unbefriedigend fand , sic h eine r solche n Deutungsvielfal t ausgesetz t z u sehen. Doc h kan n nu r wiederholt u m Verständni s dafü r geworbe n werden , da ß di e absicht­ lich betont e Unsicherhei t nich t durc h eine n Ak t simple n Dezisionismu s aufgehobe n werde n sollte. Höchst interessant sin d jedenfalls auch für die Entscheidung der behandelten Fragen die Entwicklungen a m »aktuelle n Rand« , als o i n de r Gegenwart. Si e werde n übe r di e z u wählenden Type n mitentscheiden . Hierz u sieh e auch den folgende n Beitrag . 31 E . Hennig , These n zu r deutsche n Sozial - un d Wirtschaftsgeschicht e 193 3 bi s 1938 , Frankfurt 1973 , S . 22 . Fü r di e Demonstratio n de s methodischen Anliegen s wurd e das Buc h von Henni g gewählt , wei l ma n davo n ausgehe n kann , da ß e s unte r Geschichtslehrer n wei t verbreitet is t un d di e dor t kraftvol l vertretene n These n auc h i m Unterrich t verwende t werden, obgleic h de r Auto r selbs t offe n zugibt , da ß sein au f den Mark t gebrachte s Produk t »in keine r Weis e als ›fertig ‹ anzusehe n sei« . 32 Freilic h dürfe n di e Mänge l nich t völli g unerwähn t bleiben . Scho n i m Zita t Finde t sic h eine sehr bedenkliche Bezugnahme , di e den Lese r täuschen könnte. E s gibt keine n ökonomi ­ schen Sinn , be i rasc h sinkende n Arbeitslosenziffer n di e Steigerungsraten vo n Lohnsätze n den Steigerungsraten de s Sozialprodukt s gegenüberzustelle n (2, 8 Prozen t i m Vergleic h z u 8, 2 Prozent i m Jahresdurchschnitt). Tatsächlic h sin d auc h di e Steigerungsrate n de r Lohnsumm e hinter dene n des Sozialprodukts zurückgebliebe n - abe r sie gäben die richtigere Beziehungs ­ zahl ab . - I m übrige n benütz t de r Verfasse r vielfac h Material , da s inzwische n durc h neuer e Forschungen scho n überholt ist ; wi e überhaupt ein e gewisse Willkü r i n der Verwertun g vo n Quellen z u beklage n ist . Gewiss e Irrtüme r de r Interpretatio n sin d vo n Gewicht . U m zu m Beispiel z u beweisen, da ß sich in der Weltwirtschaftskrise »di e soziale Position der Kapitalan­ leger« verbesserte , entnimm t Henni g de m bekannten Buc h von G. Krol l (Von der Weltwirt ­ schaftskrise zu r Staatskonjunktur , Berli n 1958 ) Zahlenangabe n fü r Volkseinkommen , Arbeitseinkommen (Löhn e un d Gehälter ) un d fü r etwas , wa s H . schlich t »Kapitaleinkom ­ men« nennt , obgleic h Krol l richti g schreibt , da ß es sich u m »Einkomme n vo n Private n au s Kapitalvermögen« handelt , als o i m wesentliche n Zins - un d Dividendeneinkomme n au s Geldvermögen, di e ja nur einen verhältnismäßig kleine n Teil der »Nicht-Arbeitseinkommen « = Besitzeinkommen ausmachen . 192 9 waren es 3,7 Prozent des Volkseinkommens! Und weil die Zinseinkomme n (nich t zuletz t wege n steigende r Staatsschulden ) nich t gan z s o schnel l sanken wi e da s Volkseinkommen, schließ t H . au f »di e soziale Besserstellung de r Kapitaleig ­ ner«, währen d doc h jederzei t nachweisba r di e Besitzeinkommensquot e i n de r Weltwirt ­ schaftskrise (wi e imme r i n Krisen ) zurückgin g - sieh e unten Abb . 8 .

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Anmerkungen z u Seit e 118—123 33 Henni g (s . Anm . 31) , S . 18 . 34 Ebd. , S . 103 . 35 Di e Abb . 8 is t direk t entnomme n Hoffman n (s . Anm . 2) , S . 88 . Allerding s enthalte n hier di e »Arbeitseinkommen« , u m de n Effek t de s Strukturwandel s de r Erwerbspersone n (Selbständigenquote, Arbeitnehmerquote ) auszuschließen , auc h ein rechnerisches Arbeitsein ­ kommen de r Selbständige n (Freiberufliche , Bauern , Handwerke r vo r allem). Da s »Einkom ­ men aus Unternehmertätigkeit un d Vermögen« diese r Gruppe ist ja mi t dem Begriff »Profit « nicht richtig gekennzeichnet . Di e Differen z zwische n de m vo n Hoffman n geschätzte n Arbeitseinkommen un d de m Volkseinkomme n is t da s geschätzt e »Besitzeinkommen « i m engeren Sinn . W o di e Relatio n Arbeitseinkomme n z u Volkseinkomme n 10 0 Prozent über ­ steigt, wär e netto ein Verlust oder Vermögensabbau anzusetzen bzw. wär e angezeigt, da ß die Selbständigen kein e vergleichbare n Arbeitseinkomme n erwirtschafte n konnten . 36 Fü r di e Arbeitslosenquote n gib t e s verschiedene, nich t vol l übereinstimmend e Zeitrei ­ hen. Di e hie r verwendet e folg t de r Darstellun g vo n B . R . Mitchell , Europea n Historica l Statistics 1750-1970 , Londo n 1975 , S. l67ff. , de r sich wiederum au f das Yearbook of Labour Statistics bezieht . Bi s 192 9 bezieh t sic h da s Materia l au f Gewerkschaftsangaben , a b 192 9 Arbeitslosenquoten de r amtliche n Statistik . Di e Überlappun g 192 9 sol l au f di e mögliche n Dimensionsunterschiede hinweisen . Zahle n a b 1950 : StatBA , Bevölkerun g (s . Anm . 4), S. 148 , ergänz t u m aktuell e Wert e au s Stlb , 1976 . 37 Quelle : 1870-193 8 berechne t sic h nac h Hoffnan n (s . Anm . 2) , S . 825f. , l950ff . nac h StatBA, Lang e Reihe n 1974 , S . l44ff , un d Stïb , 1976 , S . 51 6 u. 526 . 37a Hierz u sieh e K . Borchardt , Wirtschaftlich e Ursache n de s Scheitern s de r Weimare r Republik, i n diese m Band , S . 183ff . 38 Folg t ma n neuere n Berechnunge n vo n E . H . Phelp s Brown (Level s an d Movement s o f Industrial Productivit y an d Rea l Wage s Internationall y Compared , 1860-1970 , EJ , Bd . 83 , 1973, S . 58ff.) , s o ergib t sich , da ß i n Deutschlan d vo n 193 3 bis 193 8 der Produktivitätszu ­ wachs i n de r Industri e (Produktivitä t = Aussto ß je beschäftigt e Person ) 18, 8 Prozent , de r Reallohnzuwachs 4 Prozent betragen hat; in Schweden stieg in der gleichen Zeit die Produkti­ vität u m 3 0 Prozent, de r Reallohn u m 9,8 Prozent ; i n Großbritannien stie g di e Produktivitä t um 15, 5 Prozent, de r Reallohn um 0,8 Prozent. I n den USA hingegen betrug die Produktivi ­ tätszunahme bis 1937 12,2 Prozent (bis zum folgenden neuerlichen Krisenjahr 193 8 gar nur 2,2 Prozent), währen d de r Reallohnzuwach s bi s 193 7 14, 6 Prozen t (bi s 193 8 ga r 23, 8 Prozent ) betragen hat - un d die USA erholten sich von der Krise sehr schwer, behielten noch lange eine hohe Massenarbeitslosigkeit, di e eigentlich ers t nach de m Kriegseintrit t 194 1 rasch abgebau t werden konnte . 39 Quelle : Berechnet nac h Mitchell (s. Anm . 36) , S . 116f f Dargestell t sin d 5-Jahresdurch ­ schnitte, u m di e Trendfigu r stärke r hervortrete n z u lassen . Ei n Durchschnittswer t fü r Deutschland 1915-1 9 ist nich t berechne t worden . 40 W . Köllmann , Bevölkerungsentwicklun g i n de r Weimare r Republik , in : Mommse n (s. Anm . 10) , S. 76f f Sieh e auch J. Reulecke , Zusammenfassung de s Beitrags »Wirtschaft un d Bevölkerung ausgewählte r Städt e i m Erste n Weltkrieg« , in : 30 . Versammlun g deutsche r Historiker Braunschweig . Beihef t z u GWU , Stuttgar t 1976 , S . 50 , un d di e dortig e Diskus ­ sionseinleitung vo n W . Köllmann, S . 51. 41 Die s beschrie b scho n 194 0 i n eine r ausführliche n Analys e D . V. Glass, Population , Policies an d Movement s i n Europe , 1940 , Wiederabdruc k Londo n 1967 , S . 269-313 . Glas s beginnt di e Beschreibun g de s Falles Deutschland : »On e of the most strikin g phenomen a o f recent year s i s the chanee in th e trend of marriaee- and birth-rates in Germany sinc e 1933. « 42 Wen n ma n davo n ausgeht , da ß Geburtenzahle n nich t vo m Geburtsverhalte n kleine r Minderheiten bestimm t werden , sonder n ehe r Massenphänomen e sind , dürft e nebenbe i au s der Beobachtun g diese s Umstande s etwa s zu r Erkenntni s de r subjektive n Befindlichkei t

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Anmerkungen z u Seit e 124-12 9 dieser Masse n gewonne n werde n können , s o seh r di e Verbildun g de s Bewußtsein s bedauer t werden kann . 43 I n diese m Sinn e habe n di e Diskussio n fortgesetz t W . Abehhause r u . D . Petzina , Kris e und Rekonstruktion . Zu r Interpretatio n de r gesamtwirtschaftliche n Entwicklun g Deutsch ­ lands i m 20 . Jh., in : W . H . Schröde r u . R . Spre e (Hg.) , Historisch e Konjunkturforschung , Stuttgart 1981 , S . 7 5 ff. (I n diese m Sammelban d finden sic h auc h mehrer e Beiträge , di e sic h mit de r Renaissanc e des'Modell s de r »lange n Wellen « befassen. ) W . Fischer , Di e Weltwirt ­ schaft i m 20 . Jahrhundert. Beharrun g un d Wandel , in : HZ , Bd . 229 , 1979 , S . 54ff . Da ß di e Wachstumsschwäche de r ausgehende n siebzige r Jahr e di e Beschäftigun g mi t langfristige n Trendvorstellungen beleb t hat , zeige n u . a. H . H . Glisman n u . a., Zu r Natu r de r Wachstums ­ schwäche i n de r Bundesrepubli k Deutschland . Ein e empirisch e Analys e lange r Zykle n wirtschaftlicher Entwicklung , Kiele r Diskussionsbeiträg e Nr . 55 , Institu t fü r Weltwirtschaf t Kiel, Jun i 1978 .

7. Di e Bundesrepubli k Deutschlan d i n de n säkulare n Trend s de r wirtschaftliche n Entwicklun g 1 Di e statistische n Angabe n werde n nich t i n jedem Einzelfal l belegt , u m de n Umfan g de s Manuskripts nich t z u seh r auszudehnen . Interessente n könne n di e Nachweis e leich t anhan d der amtliche n Statisti k un d zusammenfassende r Darstellunge n de r Wirtschaftsgeschicht e finden. Insbesonder e se i hingewiese n au f Statistische s Bundesamt , Bevölkerun g un d Wirtschaf t 1872-1972, Wiesbade n 1972 ; Deutsche Bundesbank, Deutsche s Geld - und Bankwese n i n Zahle n 1876-1975, Frankfur t 1976 ; Statistische s Bundesamt , Lang e Reihe n zu r Wirtschaftsentwicklun g 1978. la Sieh e K . Borchardt , Di e Erfahrun g mi t Inflationen . . ., i n diese m Band , S . 15 1 ff. lb Sieh e i n diese m Ban d S . 180ff . u . I92f f l c Diese r Aufsat z is t i n seine m Inhal t au f di e andere n Beiträg e de s geplante n Sammelwer ­ kes abgestimmt : W . Conz e u . M . R . Lepsiu s (Hg.) , Di e Bundesrepubli k Deutschland , Stuttgart voraussichtlic h 1982 . 2 Sieh e K . Borchardt , Trend , Zyklus , Strukturbrüche , Zufälle : Wa s bestimm t di e deutsch e Wirtschaftsgeschichte de s 20 . Jh.? i n diese m Band , S . l00ff . Neuerding s au f breiterer Grund ­ lage zu m gleiche n Them a W . Abehhause r u . D . Petzina , Kris e un d Rekonstruktion . Zu r Interpretation de r gesamtwirtschaftliche n Entwicklun g Deutschland s i m 20 . Jh., in : W . H . Schröder u . R . Spre e (Hg.) , Historisch e Konjunkturforschung , Stuttgar t 1981 , S . 75ff . 3 Z u de r ohnehi n methodisc h schwierige n Vorstellun g vo n historische r Kontinuitä t sieh e A. Gerschenkron , O n th e Concep t o f Continuit y i n History , in : ders. , Continuit y i n Histor y and othe r Essays , Cambridg e Mass . 1968 , S . 1 1 ff. 4 Ei n erste r Versuc h is t vo n W . G . Hoffman n u . a. Da s Wachstu m de r deutsche n Wirtschaf t seit de r Mitt e de s 19 . Jahrhunderts, Berli n 1965 , unternomme n worde n i n de m de r statisti ­ schen Materialdarbietun g vorangestellte n erste n Teil , S . 12-170 . International e Studie n zu m quantitativen Wachstumsprozeß , di e auc h Deutschlan d bzw . di e Bundesrepubli k mi t einbe ­ ziehen, stamme n vo n D . C . Paig e u . Mitarbeitern , Economi c Growth : Th e Las t Hundre d Years, in : Nationa l Institut e Economi c Review , Jul y 1961 , S . 24ff ; A . Maddison , Economi c Growth i n th e West , Ne w Yor k 1964 ; A , Maizels , Growt h an d Trade , Cambridg e 1970 ; 5 . Kuznets, Moder n Economi c Growth , Ne w Have n 1966 ; ders., Economic Growt h o f Nations . Total Outpu t an d Productio n Structure , Cambridg e Mass . 1971 ; W . W . Rostow , Th e Worl d Economy. Histor y an d Prospect , Londo n 1978 . 5 Di e Abbildun g beruh t fü r de n Zeitrau m vo n 185 0 bi s 195 0 au f de n Angabe n be i Hoffmann, Wachstu m (s . Anm . 4) . Unte r Benützun g de s vo n Hoffman n geschätzte n Werte s für 195 0 wurd e dan n mi t Hilf e de r amtliche n Statisti k de r Bundesrepubli k übe r di e Wachs -

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Anmerkungen z u Seit e 129-13 4 tumsraten de s reale n Nettosozialprodukt s je Einwohne r di e Reih e fortgesetzt . Si e hat demzu ­ folge kein e gemeinsam e Preisbasi s mehr , wi e da s noc h vo n Hoffman n versuch t worde n ist . 6 Ausdrücklic h se i auc h hie r angemerkt , da ß di e Konstruktio n diese r Abbildun g au s vielerlei Gründe n bedenklic h erscheine n kann , wei l Problem e de r Materialbasi s un d de r Methodik de r Indexzahle n nu r willkürlic h entschiede n werde n können . Fü r di e hie r z u diskutierenden relati v grobe n Aussage n übe r di e Wachstumstempi könne n di e Bedenklichkei ­ ten abe r al s weniger kritisc h angesehe n werden . Auc h di e gelegentlich bevorzugte n Zeitreihe n der Industrielle n Produktio n stehe n wege n de r Schätzproblem e fü r da s Ausgangsmaterial un d der grundsätzlic h be i s o langfristige r Untersuchun g nich t ohn e Willkü r z u lösende n Index ­ frage au f unsichere m Boden . Si e habe n allerding s de n Vorteil , etwa s kleiner e Lücke n aufzuweisen al s di e Sozialproduktstatistik . 7 Borchardt, Tren d (s . Anm . 2) . 8 Sieh e u . a. di e im übrige n bi s heute nicht überholt e Arbei t vo n H. Wallich , Triebkräft e de s deutschen Wiederaufstiegs , Frankfur t 1955 . I m gleiche n Sin n auc h H . Winkel , Di e Wirtschaf t im geteilte n Deutschlan d 1945-1970 , Wiesbade n 1974 ; W . Glastetter , Di e wirtschaftlich e Entwicklung de r Bundesrepubli k Deutschlan d i m Zeitrau m 195 0 bi s 1975 . Befund e un d Aspekte, Berli n 1977 . Indirek t spiel t natürlic h auc h in de n Erklärungen au s Zeitumständen di e Geschichte imme r ein e Rolle , wen n Beständ e z u de n erklärende n Variable n gehöre n (Bestände a n Produktionsmitteln , Wissen , Gewohnheiten , Bevölkerung , Institutionen , For ­ derungen). 9 J . Schumpeter , Konjunkturzyklen . Ein e theoretische , historisch e un d statistisch e Analys e des kapitalistische n Prozesses , 2 Bde , Göttinge n 1961 , speziel l S . 17 1 ff. 10 Beispielsweis e sin d di e lange n Welle n vo m Kondratieff-Ty p vo n W . W . Rosto w völli g anders verwerte t worde n al s etwa vo n H. H . Glismann , u . a. Zu r Natu r de r Wachstumsschwä ­ che i n de r Bundesrepubli k Deutschland . Ein e empirisch e Analys e lange r Zykle n wirtschaftli ­ cher Entwicklung , in : Kiele r Diskussionsbeiträge , Nr . 55 , Kie l 1978 . 11 Sieh e neuerding s auc h R . Spree , Wa s komm t nac h de n »lange n Wellen « de r Konjunk ­ tur?, in : Schröder/Spre e (s . Anm . 2) . 12 F.Jánossy , Da s End e de r Wirtschaftswunder . Erscheinun g un d Wese n de r wirtschaftli ­ chen Entwicklung , Frankfur t 1969 . 13 Unte r andere n sieh e W . Abelshauser , Wirtschaf t i n Westdeutschlan d 1945-1948 . Rekon ­ struktion un d Wachstumsbedingunge n i n de r amerikanische n un d britische n Zone , Stuttgar t 1975: ders . u . Petzina . Kris e (s. Anm . 2) . 14 Solch e Kurve n gedachte r Veränderungsmöglichkeite n werde n vo n verschiedene n Autoren fü r langfristig e Analyse n verwendet ; sieh e auc h R . A . Gordon , Economi c Instabilit y and Growth . Th e America n Record , Ne w Yor k 1974 , S . 10 , zu r langfristige n Kurv e de s potentiellen Bruttosozialprodukt s de r USA ; W . A . Lewis , Growt h an d Fluctuation s 1870-1913. Londo n 1978 . S 3 6 - w o auc h di e loff-linear e For m verallgemeiner t wird . 15 G . Gehrig , Ei n makroökonomische s Model l fü r di e Bundesrepubli k Deutschlan d (Schriftenreihe de s Ifo-Institut s fü r Wirtschaftsforschung , Nr . 56) , Berli n 1963 , sowi e all e Beiträge in : Ifo-Studien , Bd . 7 , 1961 , H . 1/2 . 16 G . Gehri g u . K . C . Kuhlo , Überprüfun g de r ökonometrische n Projektio n vo n 1962 , in : Ifo-Studien, Bd . 18 , 1972 , S . 275ff . 16a W . Krug , Quantitativ e Beziehunge n zwische n materielle m un d immateriellem Kapital , in:JNSt, Bd . 180 , 1967 , S . 36ff . 16b Ebd. , S . 59 . 17 Di e Wert e fü r 185 0 bi s 195 0 sin d entnomme n Hoffinann , Wachstu m (s . Anm . 4) , S. 253f . u . l72fF . Si e wurde n verknüpf t fü r di e folgend e Zei t mi t Angabe n nac h H . Lützel , Das reproduzierbar e Sachvermöge n z u Anschaffungs - un d zu Wiederbeschaffungspreisen , in : WiSta, Bd . 11 , 1972 , S . 6 1 ff., un d C . Stahmer , Reproduzierbare s Anlagevermöge n nac h Wirtschaftsbereichen, in : ebd. , Bd . 18 , 1979 , S . 41 1 ff.

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Anmerkungen z u Seit e 136-15 0 18 Nac h DBB k (s . Anm . 1) , S. 2 u. 4 ; Hqffmann, Wachstu m (s . Anm . 4) , S . 825f. , sowi e StatBA, Lang e Reihe n zu r Wirtschaftsentwicklun g 1978 . 19 Nac h StatBA , Bevölkerun g (s . Anm . 1) , S . 142 . 20 Ebd . 21 Ebd . 22 Sieh e zu weitergehenden Materialien F. W . Henning, Der Beginn der modernen Welt im agrarischen Bereich, in: R. Koselleck (Hg.), Studie n zum Beginn der modernen Welt, Stuttgar t 1977, S . 97ff . Beispielsweis e hat sich die Zahl der Zugtiere zwischen 191 0 und 1950 nur ganz geringfügig verändert . Hennin g komm t zu m Schluß , »da ß ma n - vo n de r Gegenwar t au s gesehen - de n Begin n de r moderne n Wel t fü r de n agrarische n Bereic h au f di e 50e r Jahre unseres Jahrhunderts ansetze n muß« . 23 Sieh e zu r Bedeutun g de s noc h vorhandene n Potential s vo n Arbeitskräfte n i n de r Landwirtschaft fü r di e gesamtwirtschaftlich e Produktivitätsentwicklun g nac h de m II. Welt­ krieg: Ch . P . Kindleberger , Europe' s Postwa r Growth . Th e Rol e o f Labou r Supply , Cam ­ bridge Mass . 1967 ; N. Kaldor , Strategi e Factor s in Economic Development , Londo n 1967 . 24 Nac h Hoffinann , Wachstu m (s . Anm . 4) , S . 520f . u . 825f. , sowi e Stjbb . Sieh e auch H . Hesse, Strukturwandlungen i m Außenhandel de r Bundesrepublik, in : H. König (Hg.), Wand ­ lungen de r Wirtschaftsstruktu r i n de r Bundesrepubli k Deutschland , SchVfSp , N.F . Bd . 26 , Berlin 1962 , S . 25 0 ff 25 StatBA , Lang e Reihe n zu r Wirtschaftsentwicklung 1978 , S . 116f . 26 Tabelle n zu r Energieverbrauchsstruktur 1950-197 9 neuerdings leich t nutzba r in: SVR , Jahresgutachten 3980/81 , S . 3l9ff . 27 E . v . Knorring , Strukturwandlunge n de s privaten Konsum s i m Wachstumsproze ß de r deutschen Wirtschaft sei t der Mitte des 19. Jahrhunderts, in : W . G, Hoffinann (Hg.) , Untersu ­ chungen zu m Wachstu m de r deutschen Wirtschaft , Tübinge n 1971 , S. 167ff. ; H . Schmucker, Die langfristigen Strukturwandlunge n de s Verbrauchs der privaten Haushalte in ihrer Interde­ pendenz mi t de n übrige n Bereiche n eine r wachsende n Wirtschaft , in : F . Neumar k (Hg.) , Strukturwandel eine r wachsenden Wirtschaft, SchVfSp , N.F . Bd. 30/1 , Berlin 1964 , S. 106f f 28 Stjbb , zusammenfassend in : SVR (s . Anm. 26 ) -jeweils im Tabellenteil (fü r die Zeit vor 1960 greife ma n au f ältere Jahrgänge zurück). 29 W . W . Rostow , Stadie n wirtschaftliche n Wachstums , Göttinge n 1960 , S . 94f f Aller ­ dings ha t W . W . Rosto w inzwischen fü r Deutschlan d de n Begin n de s Zeitalters de s Massen ­ konsums vo n de r ursprüngliche n Jahreszah l 195 0 au f 192 5 vorverlegt , sieh e ders. , Worl d Economy (s . Anm . 4) , S . 408 . 30 Da s wird bereit s dem flüchtige n Lese r von Lehrbücher n de r Wirtschaftsordnung bzw . Wirtschaftsverfassung de r Bundesrepubli k angesicht s de r Vielfal t de r Gegenstände deutlich ; siehe G. Gutmann u. a., Di e Wirtschaftsverfassung de r Bundesrepublik Deutschland, Stuttgar t 1976; H . Lampen , Di e Wirtschafts - un d Sozialordnun g de r Bundesrepubli k Deutschland , München 1981 7. 31 Meis t nimm t ma n nu r implizi t au f Muste r Bezug , etw a i n de r Weise , da ß ma n Situationen al s »unnormal « bezeichnet , ohn e genau anzugeben, wan n Normalitä t geherrsch t hat. Abe r i n de r zeitgenössischen Literatu r finde n sic h doch auc h viel e explizite Berufunge n auf Muster von Normalität. Sieh e zum Beispiel ein Zitat aus der Weimarer Zeit: »Vo n Jahr zu Jahr wächst damit die Zahl derjenigen, deren Vergleichsmaßstäbe andere sind als die unsrigen, während wi r un s au f Schrit t un d Trit t a n de r ›Norm ‹ de r Vorkriegsjahr e orientiere n un d unsere gute n Gründ e hierfü r haben. « W . Ròpke , Di e Quelle n de r deutsche n Kapitalbildun g 1908-1913 und 1924-1929 , in: B. Harms (Hg.), Kapita l und Kapitalismus, Bd. I, Berlin 1931, S. 289.

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Anmerkungen z u Seit e 1 5 - 1 6 5 8. Di e Erfahrun g mi t Inflatione n i n Deutschlan d 1 Au f Nachweis e fü r di e Ausführunge n i m einzelne n wir d hie r verzichtet . U m de m Lese r aber di e Möglichkei t z u geben , sic h eine n tiefere n Einblic k z u verschaffen , seie n nachfolgen d einige de r neuere n Veröffentlichunge n z u de n behandelte n beide n Inflatione n aufgeführt : K . Borchardt, Wachstu m un d Wechsellage n 1914-1970 , in : HdWSG , Bd . II, Stuttgar t 1976 , S. 698ff. , 7l4ff . u . 720f f - j e w e i l s mi t Angabe n zu r ältere n Literatur ; Deutsch e Bundesban k (Hg.), Währun g un d Wirtschaf t i n Deutschlan d 1876-1975 , Frankfur t 1976 , S . l l 5 f f , 157ff. , 367ff, 433ff . - j e w e i l s mi t Literaturhinweisen ; O . Büsc h u . G . Feldma n (Hg.) , Historisch e Prozesse de r deutsche n Inflatio n 191 4 bi s 1924 . Ei n Tagungsbericht , Berli n 1978 ; C.-L . Holtfrerich, Di e deutsch e Inflatio n 1914-1923 . Ursache n un d Folge n i n internationale r Per ­ spektive, Berli n 198 0 - mi t umfassende r Bibliographie . 2 H . Brüning , Memoire n 1918-1938 , Stuttgar t 1970 , S . 280 . 3 Nac h P . Jostoc k u . A . Ander , Konzentratio n vo n Einkomme n un d Vermögen , in : H . Arndt (Hg.) , Di e Konzentratio n i n de r Wirtschaft , SchVfS p N.F . Bd . 20/1 , Berli n 1960 , S. 20 8 ff. - Wichti g fü r de n Leser : Vo n diese m Ban d besorgt e de r Herausgebe r ein e zweit e Auflage (1971) , i n de r de r zitiert e Beitra g fehlt ! 4 Sieh e K . Borchardt , Strukturwirkunge n de s Inflationsprozesses , Münche n 1972 . 9. Zwangslage n un d Handlungsspielräum e i n de r großen Weltwirtschafiskris e de r frühen dreißiger Jahre: Zu r Revisio n de s überlieferten Geschichtsbilde s 1 Überblick e zu r internationale n Krise : Ch . P . Kindleberger , Di e Weltwirtschaftskrise , 1929-1939, Münche n 1973 ; J . S . Davis , Th e Worl d Betwee n th e Wars , 1919-39 . A n Economists View , Baltimor e 1975 ; G . Haberler , Di e Weltwirtschaf t un d da s international e Währungssystem i n de r Zeit zwische n de n beiden Weltkriegen , in : Deutsche Bundesbank (Hg.) , Währung un d Wirtschaf t i n Deutschlan d 1876-1975 , Frankfur t 1976 , S . 20 5 ff. Zur Entwicklun g i n Deutschland : W . Conz e u . H . Raupac h (Hg.) , Di e Staats - un d Wirtschaftskrise de s deutsche n Reiche s 1929/33 , Stuttgar t 1967 ; K . Borchardt , Wachstu m un d Wechsellagen 1914-1970 , in : HdWSG , Bd . II, Stuttgart 1976 , S . 685f f u . 7O3f f (mi t Bibliographie); D . Petzina , Di e deutsch e Wirtschaf t i n de r Zwischenkriegszeit , Wiesbade n 1977. Noch nich t be i de r Abfassun g de s Aufsatze s benutz t werde n konnt e di e inzwische n verfügbare umfangreich e Quellenedition : Politi k un d Wirtschaf t i n de r Kris e 1930-1932 . Quellen zu r Är a Brüning . Eingeleite t vo n G . Schul z (Quelle n zu r Geschicht e de s Parlamenta ­ rismus un d de r Politische n Parteien : Reih e 3 , Di e Weimare r Republik ; Bd . 4) , Düsseldor f 1980. 2 Freilic h befan d sic h de r Weimare r Staa t sei t seine r Gründun g i n eine r anhaltende n Krise , die lediglic h i n de n verschiedene n Phase n ihre n Charakte r gewechsel t hat . Scho n vo r 193 0 waren diejenige n politische n Kräfte , di e sich relati v bedingungslo s mi t de m Weimare r Syste m identifizierten, ein e Minderhei t un d sin d Plän e z u eine r Änderun g de r Verfassungswirklich ­ keit auc h a n höchste r Stell e wiederhol t erwoge n worden . (Sieh e u . a. Niederschrif t Gra f Westarps »Montag , 18 . Mär z (1929 ) 5.3 0 bi s 6.1 5 vo n Hindenbur g eingeladen e Bespre ­ chung«, in : E.Jonas , Di e Volkskonservative n 1928-1944 , Düsseldor f 1965 , S . 18 6 ff. Zusam­ menfassend: M . Stürmer , De r unvollendet e Parteienstaa t - zu r Vorgeschicht e de s Präsidialre ­ gimes a m End e de r Weimare r Republik , in : VfZ , Bd . 21 , 1973 , S . 119ff , wiede r abgedruck t in: ders. , (Hg.) , Di e Weimare r Republik . Belagert e Civitas , Königstei n 1980 , S . 3 l 0 f f Sieh e jetzt auch : K . D . Erdman n u . H . Schulz e (Hg.) , W e i m a r - Selbstpreisgab e eine r Demokratie . Bilanz heute , Düsseldor f 1980 . Allerdings hätt e da s End e Weimar s ohn e di e Kris e ander s aussehen , etw a z u eine r jene r

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Anmerkungen z u Seit e 165 Spielarten vo n autoritäre r Leitun g führe n können , wi e si e i n de n zwanzige r un d dreißige r Jahren auc h i n anderen europäischen Staate n realisier t worde n sind . Einig e Autore n (sieh e u. a. V. Hentschel, Weimar s letzt e Monate . Hitle r un d de r Untergan g de r Republik , Düsseldor f 1978) meine n gar , selbs t au s de r Kris e se i kei n strukturelle r Zwan g zugunste n Hitler s ableitbar. Insgesam t wir d ma n di e Machtübernahm e Hitler s nich t ohn e Berücksichtigun g zahlreicher weitere r seh r gewichtige r Umständ e au f die Krise zurückfuhren können , wobe i e s wissenschaftlich kein e Möglichkeit gibt , di e Anteile genau zu gewichten. Sieh e aber B. S . Fre y u. H . Weck , Ha t Arbeitslosigkei t de n Aufstie g de s Nationalsozialismu s bewirkt? , in : JNSt , Bd. 196 , 1981 , S . 1 ff. 3 Hinweis e au f deutsche Autore n vo r alle m be i W . Grotkopp , Di e groß e Krise . Lehre n au s der Überwindun g de r Wirtschaftskris e 1929/32 , Düsseldor f 1954 ; G . Garvey , Keyne s an d th e Economic Activist s o f Pre-Hitle r Germany , in : JPE, Bd . 83 , 1975 , S . 39 1 ff. - übersetz t mi t neuem (falschem ) Titel : Keynesiane r vo r Keynes , in : G . Bombac h u.a . (Hg.) , De r Keynesia ­ nismus, Bd . II: Die beschäftigungspolitisch e Diskussio n vo r Keyne s i n Deutschland , Doku ­ mente un d Kommentare , Berli n 1976 . Ferne r A . Korsch , De r Stan d de r beschäftigungspoliti ­ schen Diskussio n zu r Zei t de r Weltwirtschaftskris e i n Deutschland , in : G . Bombac h u.a . (Hg.), De r Keynesianismus , Bd . I: Theorie un d Praxi s keynesianische r Wirtschaftspolitik . Entwicklung un d Stan d de r Diskussion , Berli n 1976 , S . 9ff . Leide r enthäl t diese r Beitra g einige Fehle r un d beachte t nich t di e genaue n Erscheinungsdate n de r vorgeblic h rettende n Programme, di e zu m Tei l ers t nac h 193 2 publizier t worde n sind , hie r abe r al s möglich e Entscheidungsgrundlagen auc h fü r Brünin g behandel t werden . 4 Nich t wenig e Autore n habe n i m Verlau f de r Zei t ihr e Ansichte n gewechselt . Später e Äußerungen könne n nich t unbedingt al s Beleg fü r früh e Einsichten gelten . E s kommt abe r fü r das Verständni s de r Zusammenhäng e seh r vie l au f di e exakte n Datierunge n an . De r vielfac h als frühe r Kritike r de r Regierun g betrachtet e L . A . Hah n (sieh e auch sei n Buc h Fünfzi g Jahr e zwischen Inflatio n un d Deflation , Tübinge n 1963 ) hat noc h a m 14 . 5 . 193 1 geschrieben : »Di e Möglichkeit, ein e Sonderkonjunktu r i n Deutschlan d entfache n z u können , halt e ic h nich t fü r gegeben.« In : SP , Jg . 40 , 14 . 5 . 1931 . Auc h F . Neumar k ha t noc h i m Janua r 193 1 au f de n Haushaltsausgleich al s Vorbedingun g fü r eine n Wiederaufschwun g de s Wirtschaftsleben s gedrängt, sieh e F . Neumark , Reichshaushal t un d Konjunktur , in : WD , Jg . 16 , 16 . 1 . 1931 , S. 92 . 5 Stat t viele r Einzelbeleg e sieh e di e folgende n zusammenfassende n Urteile : »I m übrige n wird de r Wirtschaftskur s Brüning s i n de r neuere n Literatu r vorwiegen d al s falsc h beur ­ teilt. . . « K . D . Brdmann , Di e Zei t de r Weltkriege , in : Gebhardt s Handbuc h de r Deutsche n Geschichte, Bd . 4/1 , Stuttgart 1973 9 , S . 314 . »Ma n is t sic h eini g i n Brüning s Versagen . . .« , G. Bombach , Einleitun g zu : den . u.a. , Keynesianismus , Bd . II (s. Anm . 3) , S . 6 . Zuletz t zusammenfassend schar f kritisch , W . Jochmann, Brüning s Deflationspoliti k un d de r Unter ­ gang de r Weimare r Republik , in : Stegman n u.a . (Hg.) , Industriell e Gesellschaf t un d Politi ­ sches System . Beiträg e zu r politische n Sozialgeschichte , Bon n 1978 , S . 97ff . Nich t nu r di e deutsche Krisenpoliti k is t kritisiert worden . Insbesonder e ist auch die amerikanische Geldpoli ­ tik schar f verurteil t worden , sieh e z.B . M . Friedma n u . A . Jacobso n Schwartz , Th e Grea t Contraction, Princeto n 196 6 (Ausschnit t aus : A Monetar y Histor y o f th e Unite d States , 1867-1960, Princeto n 1963) , un d M. Friedman , Di e Gegenrevolution i n der Geldtheorie, in : P . Kalmbach (Hg.) , De r neu e Monetarismus , Münche n 1973 , S . 5 1 f. u . 56f . Zusammenfassend schrie b »Monthl y Economi c Letter« , hg . v . de r Citybank , 1972 : »Today i n retrospect , i t i s readil y apparen t tha t th e Grea t Depressio n resulte d fro m grav e misunderstanding o f th e workin g o f monetar y an d fisca l policy . . . « (zitier t nac h Davies , s. Anm . 1 , S . 422) . Davie s wende t sic h m.E . z u Rech t gege n dies e Ansicht . Im deutsche n Sprachrau m is t bislan g de r schärfst e Kritike r subjektivistische r Positione n Th. Kuczynski , Da s End e de r Weltwirtschaftskris e i n Deutschlan d 1932/33 , (unveröffent ­ lichte) Diss . Hochschul e fü r Ökonomi e i n Berli n 1972 . Demgegenübe r ergib t sic h da s

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Anmerkungen z u Seit e 166-16 7 vergleichsweise groß e Verständnis , welche s H . Sanmann , Date n un d Alternative n de r deut ­ schen Wirtschafts - un d Finanzpoliti k i n de r Är a Brüning , in : Hamburge r Jb . f . Wirtschafts ­ und Gesellschaftspolitik , Bd . 10 , 1965 , S . l09ff , fü r Brünin g aufbringt , nich t au s eine r geringeren Einschätzun g de r krisenpolitische n Handlungsspielräume , sonder n au s der Bereit ­ schaft, da s fü r überragen d gehalten e reparationspolitisch e Zie l z u akzeptieren . 6 Wi e kontrover s di e Ansichte n übe r geeignet e Methode n de r Krisenbekämpfun g sind , zeigt ei n Überblic k vo n H . J . Ramser , Krisenbekämpfun g au s de r Sich t verschiedene r zeitgenössischer Lehrmeinungen , in : W . Petwaidic (Hg.) , Wirtschafts - un d Gesellschaftspoliti k in kritische n Zeiten , Festschrif t fü r Dr . Heinric h Dräger , Frankfur t 1978 , S . 69 . 7 Mi t de r Einhelligkei t de s kritische n Urteil s übe r di e vorgeblic h falsch e Politi k i n de r Krise un d de n Beitra g diese r Politi k zu r Vertiefun g de s Abschwung s kontrastier t auffälli g di e Tatsache, da ß e s noc h imme r kein e Übereinstimmun g hinsichtlic h de r Ursache n de r lange n und tiefe n Kris e gibt . Z u de n zahlreiche n unterschiedliche n Erklärunge n de r Weltwirtschafts ­ krise sieh e di e i n Anm . 1 genannt e Literatu r sowi e L . Barber , O n th e Origin s o f th e Grea t Depression, in : SEJ , Bd . 44 , 1978 , S . 432ff ; P . Fearon , Th e Origin s an d Natur e o f the Grea t Slump 1929-1932 , Londo n 1979 . 8 Wen n lediglic h di e Zei t bi s zu m Stur z Brüning s betrachte t wird , s o nich t deshalb , wei l die tatsächlich e Wend e i n de r Krisenpoliti k i m zweite n Halbjah r 193 2 uninteressan t wäre . Doch geh t e s hier u m da s Geschichtsbil d de r Brüning-Zeit . I m zweite n Halbjah r 193 2 ware n die innen - un d außenpolitische n Bedingunge n ander e al s zuvor . Auc h wa r da s Krisentie f (i n Deutschland wi e i n andere n Ländern ) erreicht . Da s verändert e di e Wirkungschance n vo n expansiven Maßnahmen , di e bekanntlic h nich t ers t vo n de r Regierun g Hitle r ergriffe n worden sind . Sieh e u . a. auc h D . Petzina , Element e de r Wirtschaftspoliti k i n der Spätphase de r Weimarer Republik , in : VfZ , Jg . 21 , 1973 , S . 127ff. ; H . Marcon , Arbeitsbeschaffungspoliti k der Regierunge n vo n Pape n un d Schleicher . Grundsteinlegun g fü r di e Beschäftigungspoliti k im Dritte n Reich , Frankfur t 1974 ; Th . Kuczynski , Di e unterschiedliche n wirtschaftspoliti ­ schen Konzeptione n de s deutsche n Imperialismu s zu r Überwindun g de r Wirtschaftskris e i n Deutschland 1932/3 3 un d dere n Effekt , in : L . Zump e (Hg.) , Wirtschaf t un d Staa t i m Imperialismus, Berli n 1976 , S . 21 5 ff. Freilic h verdien t groß e Beachtung , wa s H . Jame s einstweilen nu r i n eine m Besprechungsaufsat z (State , Industr y an d Depressio n i n Weima r Germany, HJ , Bd . 24 , 1981 , S . 234 ) schreibt : »I f responsibilit y fo r recover y ha s t o b e attnbuted t o Stat e activity , i t migh t b e bette r t o g o bac k t o th e Brünin g period. « 9 De r To n lieg t au f de m Wor t »expansiv« , den n Konjunkturpoliti k ha t di e Regierun g Brüning 1931/3 2 durchau s betrieben , wen n auc h eine , di e ma n al s »deflationistisch « bezeich ­ net. (Di e Reichsban k ha t a b Juli 193 1 durchau s scho n Unkonventionelle s versucht. ) Jochmann (s. Anm . 5) , S . 111 , irr t deshalb , wen n e r meint , Brünin g hab e all e Diskussio n übe r »neu e Wege de r Wirtschaftspolitik « verworfen . E r ha t durchau s neu e Weg e beschritten , au f mehreren Gebieten , abe r ebe n nich t de n de r notenbankfinanzierte n Defizitpolitik . Z u de n Ansätzen aktive r Beschäftigungspoliti k i m Jahr 193 0 sieh e Anm . 29 . 10 Ic h verdank e wesentlich e Anregunge n fü r di e folgend e Analys e eine m Vortra g de s Althistorikers Christia n Meier , Di e Ohnmach t de s allmächtige n Dictator s Caesar , gedruck t i n der »Themen-Reihe « de r Car l Friedric h vo n Siemen s Stiftung , Münche n 1978 , Neuauflag e Frankfurt 1980 . Dor t heiß t e s S . 9 : »Gin g e s hie r wirklic h nu r u m Probleme , di e be i meh r Einsicht un d Fähigkei t hätte n ›gelöst ‹ werde n können ? Kan n e s nich t vielmeh r sein , da ß di e gesellschaftlichen Verhältnisse , d.h . vo r alle m di e Weise , i n de r damal s Interesse n un d Meinungen gelager t waren , ein e direkte Neuintegratio n de s Gemeinwesen s gan z ode r nahez u unmöglich machten ? Un d zwa r fü r jeden , auc h fü r de n Begabtesten , Einsichtsvollsten , Selbstlosesten, nich t nu r fü r eine n Man n vo n Caesar s besondere r Eigenar t un d Vergangen ­ heit?« 11 Gan z besonder s fü r di e Betrachtun g de r Staats - un d Wirtschaftskris e de r Weimare r Republik gil t al s methodisch e Forderun g a n de n Historiker , »di e Offenhei t eine r Zukunf t

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Anmerkungen z u Seit e 167-16 8 wiederzugewinnen, vo n der wir doch schon wissen, i n welcher Weise sie geschlossen ist«. K . D. Erdmann , Di e Zukunf t al s Kategori e de r Geschichte , in : HZ , Bd . 198 , 1964 , S . 54 . I n diesem Sinn e hat auch S. Pollard , The Trade Union s and the Depression o f 1929-1933, in: H. Mommsen u.a . (Hg.) , Industrielle s Syste m un d politisch e Entwicklun g i n de r Weimare r Republik, Düsseldor f 1974 , S . 237 , um Verständnis für die Handelnden geworben . We r vom »Versagen« i n diese r Zei t spricht , setz e ersten s ein e Voraussich t de s Desaster s voraus , da s ganz außerhalb der vernünftigen Erwartunge n vo n Menschen war, di e sich in ihren schlimm­ sten Albträume n höchsten s eine n Rückfal l i n di e Wilhelminische n Verhältniss e vorstelle n konnten. »Un d gleichzeiti g übersieh t ma n be i solche m Urtei l di e wirklic h vernünftige n Erwartungen de r Zeitgenossen , basieren d au f ihre n eigene n Erfahrungen . E s ist , alle s i n allem, norma l fü r Menschen , di e Vergangenhei t z u extrapoliere n un d nich t drastisch e Veränderungen z u erwarten. . . « (Pollard , ebd. , S . 237 , Übersetzun g K.B.) . 12 Einig e Autore n ziehe n e s vor, de n Begrif f »Weltwirtschaftskrise « allei n de r Krise nach 1929 vorzubehalten, wei l diese nicht nur eine weltweite Krise sondern in spezieller Weise eine Krise de r Weltwirtschaf t un d ihre r Institutione n gewese n se i (s o vo r alle m A . Predöhl , Weltwirtschaftskrise, in : HdSW , Bd . 11 , 1961 , S . 618) . Dan n wäre n di e andere n Krise n »weltwirtschaftliche Krisen« . Sieh e jedoc h auc h H . Rosenberg , Di e Weltwirtschaftskris e 1857-1859, Stuttgar t 1934 , Neudruc k Göttinge n 1974 . 13 Z u dieser Krise siehe D. H. Aldcroft, Di e zwanziger Jahre. Vo n Versailles zur Wall Street 1919-1929, Münche n 1978 , S . 8 4 ff. 14 Sieh e hierz u F . Blaich , Di e Wirtschaftskris e 1925/ 6 und di e Reichsregierung . Vo n der Erwerbslosenfürsorge zu r Konjunkturpolitik , Kallmün z 1977 . 15 Di e theoretisch e Basi s fü r di e Behauptun g de s anhalten d sic h selbs t verstärkende n Zirkels nac h unten is t freilic h auc h heut e noc h schwach . 16 Bi s heut e is t umstritten , wan n di e Groß e Kris e begonne n hat . Di e weithi n üblich e Behauptung, di e Groß e Kris e hab e a n eine m »Schwarze n Freitag « i m Oktobe r 192 9 in den USA ihre n Anfan g genommen , enthäl t in einem Sat z drei Fehler . Ersten s gab es in den US A keinen »Schwarze n Freitag« , wei l di e beide n größte n panikartige n Zusammenbrüch e de r Börsenkurse a m 24 . (Donnerstag ) un d 29 . (Dienstag ) 10 . stattfanden . (Eine n »Schwarze n Freitag« ha t es am 13 . 5 . 192 7 in Deutschland gegeben.) Zweitens hatte die Krise in den USA, gemessen a n heute übliche n Konjunktunndikatorcn , scho n vorhe r eingesetzt . Dritten s is t in Deutschland un d einige n andere n Länder n de r Umschwun g noc h vo r de m i n de n US A z u datieren. Sieh e hierzu u.a. P . Temin , The Beginmng o f the Depression i n Germany, in : EHR 2nd ser . Bd . 24 , 1971 , S. 240ff. , un d di e anschließende Diskussio n bi s Th . Balderstone , Th e German Busines s Cycl e i n th e 1920's . A Comment, in : EHR , Bd . 30 , 1977 , S . 159ff . 17 A n einer genaue n Beschreibun g un d Analys e de r Konjunkturindikatoren fü r Deutsch ­ land fehlt es bislang. Doch zeigen die verfügbaren Zeitreihen , da ß von einem kontinuierliche n Schrumpfungsprozeß nich t gesproche n werde n kann . Sieh e vo r alle m Materialie n i n de n verschiedenen Periodik a de s Institut s für Konjunkturforschung un d di e beiden Konjunkturstati ­ stischen Jahrbüche r (193 3 u . 1935 ) de s Instituts , sodan n di e vo m Statistische n Reichsam t herausgegebene Monatsschrif t »Wirtschaf t un d Statistik « (WiSta) , sowi e di e halbjährlic h erscheinenden Analyse n der Reichs-Kredit-Gesellschafi »Deutschland s wirtschaftliche Lage . . . « bzw. »Deutschland s wirtschaftlich e Entwicklung . . . « 18 I n diese m Sinn e auc h J . Schumpeter , Konjunkturzyklen , Göttinge n 1961 , mi t de n Kapitelüberschriften »Zufälle , Zwischenfäll e un d di e Politik i n Deutschland«, S . 959ff , un d »Zufälle, Zwischenfäll e un d di e Politi k i n de n USA« , S . 966f f 19 Da ß di e politisch e Instabilitä t auc h di e Treffsicherhei t wirtschaftliche r Prognose n grundsätzlich beeinträchtigte , wa r spätesten s seit de m Septembe r 193 0 allgemeine Meinung . Siehe hierzu u . a. P . Mombert, Wandlunge n i n der Konjunkturgestaltung Deutschland s i n der Vor- und Nachkriegszeit , in : BkAr , Jg. 30 , 15 . 6. 1931 , S. 448 . 20 De r Wahlerfol g de r NSDA P a m 14 . 9 . 193 0 (6, 4 Mio . Stimmen! ) is t im ganze n woh l

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Anmerkungen z u Seit e 168-16 9 nicht vorwiegen d de r wirtschaftliche n Kris e zuzuschreiben . Da s ergib t sic h auc h au s eine r Analyse de r Wahlkampftheme n un d de r Wahlkampfmethoden . Sieh e z . B. da s Manifes t Hitlers a n da s deutsch e Vol k vo m 10 . 9 . 1930 , in : Völkische r Beobachte r Nr . 21 5 v . 10 . 9 . 1930, abgedruck t u . a. in:_/ . Hohlfeld (Hg.) , Dokument e de r Deutschen Politi k un d Geschicht e von 184 8 bi s zu r Gegenwart , Bd . III: Die Weimare r Republi k 1919-1933 , Berli n o.J. , S. 340ff . Deshal b wir d e s hie r fü r richti g gehalten , diese s politisch e Ergebni s al s extern e Einwirkung au f de n wirtschaftliche n Krisenverlau f z u deuten , nich t al s ein e gleichsa m endogene Entwicklung . Sieh e abe r auc h Frey/Wec k (s . Anm . 2) . - Hitle r selbs t ha t übrigen s an de r Jahreswende vo n 192 9 auf 193 0 prophezeit, e r werd e »längsten s i n zweieinhal b Jahren« im Reic h di e Macht haben , un d e r hat dies e seinerzeit tollkühn e Vorhersag e keinesweg s a n di e Bedingung de r Verschärfun g de r wirtschaftliche n Kris e g e k n ü p f t - sieh e G . Schulz , Aufstie g des Nationalsozialismus . Kris e un d Revolutio n i n Deutschland , Berli n 1975 , S . 482 . 21 Die s gil t vo r alle m fü r Tages - und Monatsgeld , fü r de n Privatdiskon t un d Warenwech ­ sel. Vo n Oktobe r 192 9 bis Septembe r 193 0 waren de r Reichsbankdiskon t vo n 7½ Prozent au f 4 Prozent gesenk t worde n un d da s Tagesgeld immerhi n vo n 8,17 Prozen t (Monatsdurchschnitt ) auf 4,0 7 Prozen t zurückgegangen . Somi t hatt e di e Kris e i n Bezu g au f de n Geldmark t bi s September 193 0 eine n »normalen « Verlauf , de r durc h di e Wahle n (un d al s zweite s externe s Ereignis: di e Bankenkris e i n de n US A un d Frankreich ) unterbroche n wurde . 22 Di e bemerkenswert e Unterbrechun g i m Frühjah r 1931 , di e i n fas t alle n Länder n bemerkt worde n ist , ha t bislan g noc h kein e wissenschaftlich e Analys e erfahren . Herber t Hoouer schreib t i n seine n Memoiren , Bd . III: Die groß e Wirtschaftskris e 1929-1941 , Main z 1954, S . 66 : »Al s wi r i m Frühjah r 193 1 gerad e angefange n hatten , durchau s begründet e Hoffnungen z u hegen, da ß wi r un s auf dem We g au s der Depression herau s befänden , wurde n unsere geheime n Befürchtunge n hinsichtlic h eine r riesenhafte n Explosion , di e di e gesamte n Grundfesten de r wirtschaftlichen , politische n un d soziale n Struktu r de r Wel t erschütterte , Wirklichkeit.« Sieh e auc h P . Temin , Di d Monetar y Force s Cause th e Great Depression? , Ne w York 1976 , S . 172 : »Th e declin e appeare d t o sto p i n earl y 1931 , bu t ther e i s n o wa y o f knowing i f this wa s th e beginnin g o f potential recover y o r simpl y a rando m deviatio n fro m a downward trend. « 23 Produktionsinde x - Verbrauchgüte r elastische n Bedarfs . Quelle : Konjunkturstatisti ­ sches Handbuc h 193 5 un d Wochenbericht e If K sowi e eigen e Berechnunge n (de r glatte n Komponente). Auc h ander e Indikatore n de s Konjunkturverlauf s zeigte n ein e Aufwärtsent ­ wicklung, di e nich t saisona l z u erkläre n ist , s o Rohstoffpreise , Aktienkurse , Umsätze . Allerdings triff t die s nich t z u au f die fü r de n Konjunkturverlau f s o wichtig e Investitionsgüter ­ produktion. 24 A m 15 . 5 . 193 1 notiert e Staatssekretä r Han s Schäffe r i n sei n Tagebuch : » . . . wirt ­ schaftlich schein t de r Tiefpunk t erreicht , wen n nich t psychisch e Depressio n ih n weite r herabredet.« Sieh e E . Wandel , Han s Schäffer , Stuttgar t 1974 , S . 159 . A m 13 . 5 . 193 1 glaubt e das Institu t fü r Konjunkturforschun g (Wochenbericht ) de n »Konjunkturrückgan g offenba r im große n un d ganze n zu m Stillstan d gekommen« . Un d auc h W . Röpke , ei n Mitverfasse r de s Brauns-Gutachtens, schrie b a m 21 . 5 . 1931 : » . . . d i e nächst e Konjunkturphase , di e vo r un s liegt (wen n auc h i n noc h s o weite r Ferne) , is t de r Wiederanstie g au s de r Depression . Di e Erreichung diese r nächste n Phas e z u beschleunigen, is t da s de m Brauns-Gutachte n vorschwe ­ bende Ziel. « W . Röpke , Da s Brauns-Gutachte n un d sein e Kritiker , in : SP , Jg. 40 , 21 . 5 . 1931 , Sp. 666f . - Auc h de r Aufru f de r Reichsregierung , mi t de m si e di e II. Notverordnung zu r Sicherung vo n Wirtschaf t un d Finanze n a m 5 . 6 . 193 1 begleitete , bezo g sic h noc h au f di e inzwischen enttäuscht e - Frühjahrshoffnung : »Di e Erwartung , da ß di e Weltwirtschaftskris e mit de m Frühjah r 193 1 abebben un d dami t No t un d Arbeitslosigkeit alle r Industriestaaten un d noch meh r de r Rohstoff - un d Agrarlände r zurückgehe n werde , ha t sic h al s trügerisc h erwiesen.« Schulthess ' Europäische r Geschichtskalender , N.F . Jg . 47 , 1931 , Münche n 1932 , S. 120 .

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Anmerkungen z u Seit e 169 25 Sieh e hierz u u.a . R . E . Lüke , Vo n de r Stabilisierun g zu r Krise , Züric h 1958 ; E . W . Bennett, German y an d the Diplomacy o f the Financial Crisis , 1931 , Cambridge Mass . 1962 ; K . E. Born , Di e deutsch e Bankenkris e 1931 . Finanze n un d Politik , Münche n 1967 ; R . Stucken , Die deutsche Bankenkris e vo n 1931 , in: KuK, Bd . 1 , 1968 , S . 390fl ; K . Gossweiler , Großban ­ ken, Industriemonopole , Staat , Berli n 1971 , S . 369ff. ; G . Hardach , Währungskris e 1931 : Das Ende de s Goldstandard s i n Deutschland , in : H . Winke l (Hg.) , Finanz - un d wirtschaftspoliti ­ sche Frage n de r Zwischenkriegszeit, SchVfSp , N.F . Bd . 73 , Berli n 1973 , S . 12 1 ff.; H. Irmler , Bankenkrise un d Vollbeschäftigungspoliti k (1931-1936) , in : Deutsch e Bundesbank , Währun g (s. Anm . 1) , S . 283ff . 26 Zu m internationale n Ablau f zusammenfassend un d mi t Literaturverweise n sieh e Kindle ­ berger (s . Anm . 1) , S . 153ff . 27 Die s is t scho n i n de n erste n Monographie n übe r di e Groß e Kris e hervorgehobe n worden, sieh e G . Clausing , Di e wirtschaftliche n Wechsellage n vo n 1919-1932 , Jen a 1932 . J. Schumpeter unterscheide t be i Betrachtun g de r Kris e »Depression « un d »Desaster « in : Th e Decade o f th e Twenties , in : AER , Bd . 36 , 1946 , Pap . a . Proc . S . lff . A . Predöh l is t de r Ansicht, da ß ers t de r Zusammenbruc h de r Goldwährun g di e »Weltwirtschaftskrise « aus ­ macht, wei l ers t jetzt di e Möglichkeite n eine s automatische n Durchlauf s durc h de n Tiefpunk t verloren gegange n seien , sieh e A . Predöhl , Weltwirtschaftskris e (s . Anm . 12) , un d ders. , Da s Ende der Weltwirtschaftskrise . Ein e Einführung i n die Problem e de r Weltwirtschaft, Reinbe k 1962. 28 Sieh e hierz u di e i n Anm . 3 aufgeführt e Literatur . Allerding s hatt e di e Diskussio n Vorläufer i n England , wei l dor t di e strukturell e Arbeitslosigkei t scho n vo r 193 0 z u tiefere n Überlegungen übe r di e Wirkungsmöglichkeite n de s Staate s Anla ß gegebe n hat . Hierau s haben sic h auc h di e Vorschläg e entwickelt , mi t dene n J. M . Keyne s hervorgetrete n ist , ohn e allerdings Fachwel t un d Politike r z u überzeugen . Sieh e hierz u u.a . S . Howso n u . D . Winch , The Economi c Advisor y Counci l 1930-1939 . A Stud y i n Economi c Advic e Durin g Depres ­ sion an d Recovery , Cambridg e 1977 . Jedoc h bezoge n sic h di e Vorschläg e vo n Keyne s seinerzeit i m wesentliche n au f drei möglich e Heilmittel : ein e Nominallohnsenkun g (di e er au s vorwiegend politische n Gründe n ablehnte) , ein e Abwertun g de s Pfunde s (di e e r al s wenige r hilfreich ansah) , di e Einführun g bzw . Erhöhun g vo n Zölle n (dies e Maßnahm e zu r Reallohn ­ senkung wurd e vo n Keyne s seinerzei t vorgezogen) . Auch di e vielfac h al s Bewei s fü r eine n »Keynesianismu s vo r Keynes « zitiert e Schrif t vo n R . Friedlaender (später : Friedländer-Prechtí) , Chronisch e Arbeitskrise , ihr e Ursache , ihr e Bekämp ­ fung, Berli n 1926 , geh t - wi e de r Tite l scho n sag t - vo n de r Annahm e eine r strukturelle n Dauerkrise aus , di e den Staa t i n gan z andere r Weis e fordere. Wen n auc h einig e de r vorgeschla ­ genen Maßnahme n Ähnlichkei t mi t spätere n konjunkturpolitische n Instrumente n haben , kann dies e Schrif t nich t al s ei n frühe r Beitra g zu r Theori e de r konjunkturelle n Fiskalpoliti k gelten. 29 Da ß di e Regierun g Brünin g nich t grundsätzlic h gege n direk t wirksam e beschäftigungs ­ politische Maßnahme n gewese n is t (wi e ma n häufi g liest) , ergib t sic h auc h au s den umfangrei ­ chen Planunge n de s Sommer s 1930 , di e immerhi n zusätzlich e Ausgabe n i n Höh e vo n 80 0 bi s 900 Mio . R M i m Lauf e eine s halbe n Jahres vorgesehe n haben . Sieh e hierz u u.a . C . Landauer , Arbeitsbeschaffung, in : De r deutsch e Volkswirt , 8 . 8 . 1930 , S . 1535ff. ; W . Frank , Da s Arbeitsbeschaffungsprogramm, in : WD , Jg . 15 , 5 . 9 . 1930 , S . 152 1 ff. Di e Programm e scheiterten a n de r Unmöglichkeit , si e z u finanzieren . Auc h di e mi t Notverordnun g de s Reichspräsidenten vo m 29 . 7 . 193 0 gegründet e »Deutsch e Gesellschaf t fü r öffentlich e Arbei ­ ten« konnt e sic h nicht di e erforderlichen Finanzmitte l (gedach t wa r vo r allem a n Auslandskre ­ dit) verschaffen . Sieh e K . Wilhelmi , Di e bisherig e Tätigkei t de r Deutsche n Gesellschaf t Fü r öffentliche Arbeiten , in : SP , Jg. 40 , 25 . 6 . 1931 , Spalt e 854 . Es wa r nich t umstritten , da ß de r Staa t i n Krisenzeite n durc h Mehrausgabe n hilfreic h sei n könnte. E s wa r di e Finanzierungsfrage , a n de r sic h 1930/3 2 di e Geiste r schieden . Hieri n la g

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Anmerkungen z u Seit e 170 auch de r wesentlich e Unterschie d z u 1925 . Al s damal s di e Reichsregierun g ei n durchau s fiskalpolitisches Program m verwirklichte , wa r di e Kassensituation überau s günstig . Sieh e di e in Anm . 1 4 genannte Arbei t vo n F . Blaich . Allerding s truge n di e expansiven fiskalpolitische n Maßnahmen 1925/2 6 auc h z u de r sic h a b 192 7 wesentlic h verschlechternde n Lag e de r Reichsfinanzen be i un d habe n scho n deshal b fü r di e Nachfolgende n nich t unbeding t beispiel ­ haft gewirkt . Sieh e hierz u / . Maurer , Reichfinanze n un d groß e Koalition . Zu r Geschicht e de s Reichskabinetts Müller , 1928-1930 , Ber n 1973 ; R . Morsey , Brüning s Kriti k a n de r Reichsfi ­ nanzpolitik 1919-1929 , in : E . Hassinge r u.a . (Hg.) , Geschichte , Wirtschaft , Gesellschaft . Festschrift fü r Clemen s Bauer , Berli n 1974 , S . 359ff . 30 Freilic h kan n ma n übe r di e Wirkungs-Lag s 1931/3 2 nu r spekulieren , wei l e s kein e Möglichkeit eine r empirische n Überprüfun g gibt . Wen n mehrfac h behaupte t worde n ist , da ß das Papenprogram m di e rasch e Konjunkturwend e herbeigeführ t hab e (Korsch , s . Anm . 3 , S. 95 , un d H . J . Rüstow , Konjunkturtheori e un d Konjunkturpoliti k vo r un d nac h de m erste n Weltkrieg, in : Petwaidic , s . Anm . 6) , s o schein t die s jedenfalls auc h nich t mi t de n Kenntnisse n von Wirkungsverzögerunge n de r Konjunkturpoliti k nac h 195 0 übereinzustimmen . Nich t wenige Konjunkturindikatore n zeigte n übrigen s scho n vo r de m Papenprogram m di e Ten ­ denzwende an . Sieh e hie r auc h Th. Kuczynsk i i n de r i n Anm . 5 zitierten Dissertation . Fü r di e Analyse de r Wirkunge n de r Programm e Pape n un d Schleiche r wär e e s allerding s wichtig , genauer zwische n de r jeweiligen Programmati k un d ihre r Realisierun g z u unterscheiden . I m Verwaltungsbericht für da s Jahr 193 2 schreib t z . B . di e Deutsch e Reichsban k (1933) , S . 5 , da ß zwar di e Steuergutschein e de s Papenprogramm s vielfac h genütz t worde n seien , jedoch: »Di e Wechselkredite fü r di e Arbeitsbeschaffungszweck e wurde n bishe r nu r i n geringe m Umfan g angefordert.«(!) Sieh e auc h obe n Anm . 8 . 31 Zu r Frag e de r Datierun g de s Tiefpunkt s de r Kris e i n de n verschiedene n Länder n sieh e die i n Anm . 1 genannt e Literatur . Fü r Deutschlan d vo r alle m Th . Kuczynski , End e (s. Anm . 5) , S . 13 1 f Ander s F.-W . Henning , Di e zeitlich e Einordnun g de r Überwindun g de r Weltwirtschaftskrise i n Deutschland , in : Winke l (s . Anm . 25) , S . l35ff . 32 Scho n da s Autonomiegeset z vo m 26 . 5 . 192 2 (RGBl . II, S. 135 ) un d di e Verordnung , betreffend di e Abänderun g de s Statut s de r Reichsban k vo m 24 . 7 . 192 2 (RGBl . II, S. 683 ) hatten erheblich e Änderunge n gegenübe r de m alte n Bankgeset z vo n 187 5 gebracht . Da s Bankgesetz vo m 30 . 8 . 192 4 (RGBl . II, S. 235 ) gin g abe r noc h wesentlic h weiter . § 1 : »Di e Reichsbank is t ein e vo n de r Reichsregierun g unabhängig e Bank , welch e di e Eigenschaft eine r juristischen Perso n besitz t un d di e Aufgab e hat . . . « Hinsichtlic h de r Möglichkei t zu r Finanzierung de r öffentliche n Han d durc h di e Reichsban k § 2 5 Abs , II: »Die Ban k dar f de m Reiche unbeschade t de r Vorschrif t de s Abs . 4 Betriebskredit e gewähren , jedoc h jeweil s höchstens au f dre i Monat e un d nu r bi s zu m Höchstbetrag e vo n 10 0 Millione n Reichsmark . Am End e des Geschäftsjahres dar f keinerlei Verschuldun g de s Reichs be i der Ban k vorhande n sein.« Fü r Reichspos t un d Reichsbah n zo g § 2 5 Abs . IV einen Rahme n vo n zusamme n 20 0 Mio. RM . Da ß e s sic h i n solche n un d einige n andere n i n § 2 5 erwähnte n Falle n finanzielle r Beziehungen zwische n Reichsban k un d öffentliche r Han d u m Ausnahme n handel n sollte , ergibt sic h noc h einma l deutlic h au s § 2 5 Abs. V: »Im übrige n dar f die Ban k de m Reich e ode r den Länder n ode r Gemeinde n (Gemeindeverbänden ) sowi e ausländische n Regierunge n wede r mittelbar noc h unmittelba r Kredit e einräumen. « Da s Verbo t de r mittelbare n Kreditgewäh ­ rung schlo ß be i strenge r Anwendun g auc h Umgehunge n übe r Hilfsinstitut e zu r Finanzierun g der Arbeitsbeschaffun g aus . Zu r Vorgeschicht e de s Gesetze s un d seine n einzelne n Bestim ­ mungen sieh e H . Schacht , Di e Reichsgesetzgebun g übe r Münz - und Notenbankwesen , Berli n 1926 7 . 33 Di e Dokumente zu m Young-Pla n sin d abgedruckt i n E. Heilfro n u . P . Nassen, De r Neu e Plan. Young-Pla n un d Haage r Vereinbarunge n nebs t de n deutsche n Ausfuhrungsvorschrif ­ ten, Berli n 1931 . I n Kapite l 8 Abschnit t 5 de s Sachverständigenplans , de r gemä ß Protokol l Bestandteil de r Übereinkunf t war , heiß t es : »Di e deutsch e Regierun g verpflichte t sic h fü r di e

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Anmerkungen z u Seit e 170-1 7 1 Zwecke diese r Bestimmungen , wi e fü r di e allgemeine n Zweck e de s Planes , da ß di e Reichs ­ mark gemä ß § 3 1 de s gegenwärtige n Reichsbankgesetze s i n Gol d ode r Devise n einlösba r is t und bleib t un d da ß fü r dies e Zweck e di e Reichsmar k ein e Münzparitä t vo n 1/279 0 Kilo ­ gramm Feingold , wi e e s im deutsche n Münzgeset z vo m 30 . 8 . 192 4 vorgeschrieben ist , habe n und behalte n soll. « Heilfron/Nasse n S . 66 ; ähnlic h a n andere r Stell e de s Vertragswerke s sieh e ebd., S . l30f . u . 227 . Theoretisc h scheine n di e Formulierunge n eine r denkbare n Spaltun g de s Wechselkurses nich t widersproche n z u haben , den n mi t de n »Zwecke n diese r Bestimmung « scheint doc h de r Schut z de r Reparationsgläubige r gemein t gewese n z u sei n - un d diese r Schutz wär e gewährleiste t gewesen , wen n wenigsten s fü r di e Reparationszahlunge n a n de m verabredeten Kur s festgehalte n worde n wäre . De r sonstig e international e Zahlungsverkeh r hätte vielleich t z u andere n Kurse n abgerechne t werde n können . Doc h finde t sic h i m zeitge ­ nössischen Materia l kei n Hinwei s au f solch e Überlegungen . Si e wäre n woh l auc h innenpoli ­ tisch kau m tragba r gewesen . Der Übergan g zu r Devisenbewirtschaftun g i m Juli 193 1 bedurft e keine r völkerrechtliche n Anerkennung, wei l ja § 3 1 de s Bankgesetze s unberühr t blieb . Al s abe r i m Spätsomme r 193 2 die Vorschrift au f zwei Jahre suspendier t werde n sollte , da ß be i Unterschreite n de r Notendek ­ kung ei n Mindest-Diskontsat z festzulege n se i ( § 2 9 Bankgesetz) , ha t di e Reichsregierun g v . Papen die Zustimmung de s Verwaltungsrates de r Bank fü r Internationale n Zahlungsausgleic h erbeten. A m 19 . 9 . 193 2 wurd e si e erteilt . Selbs t di e Regierun g Hitler-Pape n hiel t sic h noc h im Septembe r 193 3 a n diese s Reglement , al s si e be i de r BI Z di e Zustimmun g z u dre i Änderungen de s Bankgesetze s nachsuchte . De r Verwaltungsra t de r BI Z stimmt e wiederu m zu un d lie ß dabe i erkennen , da ß e r nich t »Wer t ode r Unwer t de r vorgeschlagene n Änderun ­ gen« z u beurteile n habe , sonder n di e Frage , »o b etw a di e Änderunge n mi t de m Neue n Pla n unvereinbar sind« . Sieh e Ban k für Internationale n Zahlungsausgleich , 3 . Jahresbericht (1932/33) , S. 29f , un d 4 . Jahresbericht (1933/34) , S . 38 . In der Literatu r wir d imme r wiede r angedeutet , da ß di e genannten internationale n Bindun ­ gen i m zweite n Halbjah r 193 1 nich t meh r s o stren g gewese n seien , hätte n doc h selbs t bedeutende Persönlichkeite n de s Ausland s Brünin g zu r »Abwertung « geraten . Hierz u sieh e K. Borchardt , Zu r Frag e de r währungspolitische n Optione n Deutschland s i n de r Weltwirt ­ schaftskrise, i n diese m Ban d S . 20 6 ff. 33a I n diese r Ansich t bi n ic h inzwische n durc h weitere s Aktenstudiu m bestärk t worden . Insbesondere is t auc h vo n deutsche r Seit e be i de n Verhandlunge n übe r di e Änderun g de s Bank-Gesetzes zu r Anpassun g a n de n Young-Pla n be i alle m Interesse , di e Bankgesetzgebun g weitestgehend wiede r z u eine r deutsche n Angelegenhei t werde n z u lassen , niemal s di e internationale Verpflichtun g zu r Aufrechterhaltun g de r Währungsparitä t bestritte n worden . Ja, di e deutsche Delegation ha t diesen Punk t vo n Anfan g a n al s außerhalb alle r Revisionsüber ­ legungen stehen d bezeichnet . Sieh e ZSt A Potsda m Reichswirtschaftsministeriu m Nr . 15578-82. 34 Ma n wir d nich t behaupte n können , da ß di e sogenannte n »Reformer « mehrheitlic h de r extremen Rechte n zugeneig t hätten . Doc h erschein t e s sehr zweifelhaft , o b man mi t Kindleber ­ ger (s . Anm . 1) , S . 185 , sage n kann , di e »Reformer « hätte n i n Oppositio n z u Hitle r gestan ­ den. Dan n wär e zu m Beispie l unverständlich , waru m de r interessant e Pla n vo n Heinric h Dräger, Arbeitsbeschaffun g durc h produktiv e Kreditschöpfung , erstmal s (al s H . 41 ) im Mär z 1932 i n de r Nationalsozialistische n Bibliothek , hg . v . G . Feder , erschiene n ist . Jochman n (s. Anm . 5 ) sucht allerding s de n Eindruc k z u erwecken, al s habe die Untätigkeit Brüning s di e Reformer endlic h in s Lage r de r Nationalsozialiste n getrieben . Wen n ma n abe r di e genaue n Daten der Entstehun g un d de r Publikatio n de r Plän e verfolgt , schein t mi r dies e Konstruktio n die Last zu star k au f Brüning z u legen. A › Barkai , Da s Wirtschaftssystem de s Nationalsozialis ­ mus. De r historisch e un d ideologisch e Hintergrun d 1933-1936 , Köl n 1977 , S . 44 , erklär t di e Tatsache, da ß »di e reformistische n Vorschläg e defizitä r z u finanzierende r Arbeitsbeschaffun g fast ausschließlic h nu r be i Politiker n un d politische n Formatione n Anklan g fanden , die , wi e

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Anmerkungen z u Seit e 171 die NSDAP , i n de r politische n Aren a di e recht e Positio n einnahmen« , i n folgende r Weise : Weil di e meiste n Vorschläg e gege n Tex t un d Geis t verbindliche r internationale r Abkomme n verstießen, konnte n »Politike r un d Parteien , di e ers t di e ›Erfüllungspolitik ‹ Stresemann s un d dann di e internationale n Bemühunge n Brünings , di e schließlic h zu m Abkomme n vo n Lau ­ sanne führten , unterstützten , . . . derartig e Vorschläg e schwerlic h akzeptieren . Di e NSDA P und ihr e Mitläufe r de r )Nationale n Oppositio n ware n vo n derartige n Hemmunge n völli g frei.« (Ebd. , S . 56) . Eine Ausnahm e i m politische n Spektru m wa r de r im Apri l 193 2 (abe r ebe n ers t dann ) vo m Krisenkongreß de s ADG B angenommen e WTB-Plan , de r i m Grundsat z auc h ein e Defizitfí ­ nanzierung vorsah , allerding s i n s o geringe m Maß e un d mi t s o viele n Einschränkungen , da ß auch vo n diese m Pla n nich t vie l meh r al s ein e Stimmungsänderun g hätt e ausgehe n können . Siehe M . Schneider , Da s Arbeitsbeschaffungsprogram m de s ADGB . Zu r gewerkschaftliche n Politik i n de r Endphas e de r Weimare r Republik , Bon n 1975 . Der »Arbeitsbeschafïungsplan « de r KP D vo m Ma i 193 1 war hinsichtlic h de r hie r entschei ­ denden Finanzierungsfrag e höchs t traditionell . E r sa h praktisc h nu r ein e politisc h irreal e Umschichtung vo n Staatsausgabe n un d Steuerlaste n vor , di e woh l auc h konjunkturel l kontraproduktiv hätt e wirke n müssen . De r Pla n is t abgedruck t be i 5 . Vietzk e u . H . Wohlge ­ muth, Deutschlan d un d di e deutsch e Arbeiterbewegun g i n de r Zei t de r Weimare r Republi k 1919-1933, Berli n 1966 , S . 509ff . Wi e Th . Kuczynski , End e (s . Anm . 5) , S. 112 , unte r diese n Umständen z u de m Urtei l komme n konnte , diese r Pla n hätt e helfe n können , is t unverständ ­ lich. Nac h marxistische r Anschauun g mußte n eigentlic h all e Pläne, di e in den Gan g de r Kris e eingreifen wollten , zu m Scheiter n verurteil t sein , wei l e s ja prinzipiel l Aufgab e de r Krise war , die »Widersprüche « z u beseitigen . Organisiert e Maßnahme n de r antizyklische n Politi k hätte n demnach lediglic h di e Tiefe de r Kris e zeitweise vermindern , dafü r abe r ihre Daue r verlänger n müssen. I n diese m Sinn e beurteil t de r Theoretike r de r Kommunistische n Internationale , E . Varga, auc h de n Hooversche n »Capital-Labor-Pact « i m Herbs t 1929 , siehe : International e Presse-Korrespondenz, Jg . 10 , Nr . 1 , 3 . 2 . 1930 , S . 271 : »Organisierte Krisenbekämpfung ein aussichtslose r Versuch. « E s verdien t Beachtung , da ß i n de r Frag e de r Krisenbekämpfun g strenge Liberal e un d streng e Marxiste n z u seh r ähnliche n Ergebnisse n kamen . E s is t deshal b bedauerlich einseitig , wen n C.-D . Kroh n woh l di e »bürgerlich e Konjunkturtheorie « diese r Zeit eine r scharfe n Kriti k unterzieht , abe r di e Betrachtun g sozialistische r Krisentheorie n ausdrücklich ausblendet , sieh e C.-D . Krohn , Autoritäre r Kapitalismus . Wirtschaftskonzeptio ­ ncn i m Übergan g vo n de r Weimare r Republi k zu m Nationalsozialismus , in : Stegman n u.a . (s. Anm . 5) , S . 114 . Zu r zeitgenössische n marxistische n Interpretatio n de r Kris e sieh e auc h das jüngst erschienene , hie r nich t meh r mi t verwertet e Buc h vo n R . H . Day , Th e ›Crisis ‹ an d the ›Crash‹ . Sovie t Studie s o f th e Wes t (1917-1939) , Londo n 1981 . 35 Gutachte n zu r Arbeitslosenfrage , Tei l 1-3 , Sonderveröffentlichun g de s Reichsarbeits ­ blatts 1931 . Di e Teil e sin d nacheinande r veröffentlich t worden : Tei l 1 am 4 . 4 . 1931 , Tei l 2 am 29 . 4./5 . 5 . 193 1 un d Tei l 3 a m 28 . 5./5 . 6 . 1931 . Hie r is t Tei l 2 relevant . 36 Die s hebe n auc h di e Mitautore n i n ihre n da s Gutachte n kommentierende n Veröffentli ­ chungen hervor : »Wa s un s fehlt , is t ei n a n de n ausländische n Kreditgebe r hinreichen d appellierender Anleiheprospekt , un d al s solche r Prospek t is t da s ganz e Brauns-Gutachte n z u betrachten.« Ròpk e (s . Anm . 24) . Sieh e auc h W . Lautenbach , Da s neue Gutachten de r Brauns ­ Kommission, in : WD , Jg. 16 , 8 . 5 . 1931 , S . 790ff. , un d ders. , Bekämpfun g de r Arbeitslosig ­ keit durc h Arbeitsbeschaffung , in : SP,Jg . 40 , 14 . 5 . 1931 , Sp. 6l7ff . Insowei t verzeichne t G . Kroll di e Realität , wen n e r schreibt : »Währen d sic h Lautenbac h vo n de r Vorstellung , da ß zu r ›Ankurbelung‹ de r Konjunktu r unbeding t Auslandskredit e nöti g seien , allmählic h i n vorsich ­ tiger Weis e löste , blie b da s Gutachte n de r Brauns-Kommissio n diese m Gedanke n verhaftet. « (G. Kroll , Vo n de r Weltwirtschaftskris e zu r Staatskonjunktur , Berli n 1958 , S . 381. ) Ein e Hinwendung z u inneren Quelle n de r Finanzierun g vo n staatlichen Mehrausgabe n läß t sic h fü r Lautenbach ers t einig e Zei t nac h Veröffentlichun g de r obe n zitierte n Artike l nachweisen .

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Anmerkungen z u Seit e 17l-17 2 Siehe auc h W . Lautenbach , Zins , Kredi t un d Produktion , hg . v . W . Stützel , Tübinge n 1952 . Siehe i m übrige n auc h A . Feiler , Auslandskredite - Arbeitsbeschaffung , in : SP , Jg. 40 , 28 . 5 . 1931, Sp . 68 1 f. 37 Stat t viele r Hinweis e sieh e H . Graml , Europ a zwische n de n Kriegen , Münche n 1969 , und in : Institu t für Zeitgeschicht e (Hg.), Deutsch e Geschicht e seit de m Erste n Weltkrieg , Bd . 1 , Stuttgart 1971 , S . 38 3 ff. 38 Zu r Reparationspoliti k s . W . J. Helbich , Di e Reparatione n i n de r Är a Brüning , Berli n 1962; neuerding s - Helbic h auc h korrigieren d - W . Glashagen , Di e Reparationspoliti k Heinrich Brüning s 1930-1931 . Studie n zu m wirtschafts - un d außenpolitische n Entschei ­ dungsprozeß i n de r Auflösungsphas e de r Weimarer Republik , Diss . Bon n 1980 ; W . Gosmann , Die Stellun g de r Reparationsfrag e i n de r Außenpoliti k de r Kabinett e Brüning , in : J. Decke r u. K. Hildebran d (Hg.) , International e Beziehunge n i n de r Weltwirtschaftskris e 1929-1933 , München 1980 , S . 237ff ; G . Schulz , Reparatione n un d Krisenproblem e nac h de m Wahlsie g der NSDA P 1930 . Betrachtunge n zu r Regierun g Brüning , in : VSWG , Bd . 67 , 1980 , S . 20 0 (mit zwe i - widersprüchliche n - Fußnote n z u meine n Ausführunge n i n diese m Aufsatz) . 39 Sieh e Benne t (s . Anm . 25) ; J. L . Kooker , Frenc h Financia l Diplomacy : Th e Interwa r Years, in : B . M . Rowlan d (Hg.) , Balanc e o f Powe r o r Hegemony ? Th e Interwa r Monetar y System, Ne w Yor k 1976 , S . 8 3 ff 40 »Den n da s Kernproble m de r deutsche n Wirtschaftslag e un d insonderhei t de s deutsche n Arbeitsmarktes lieg t i n de r Außenpoliti k Europas. « O . v . Zwìedietieck-Südaihorst , Di e dreifache Wurze l de r Notbekämpfung , in : SP , Jg . 40 , 9 . 7 . 193 1 un d 16 . 7 . 1931 , hie r Sp. 901 . Ähnlic h äußerte n sic h ander e Autoritäten , z . B . : » . . . e s besteh t doc h woh l kei n Zweifel, da ß di e Vernichtun g alle r Börsenansätz e rei n politische n Ursprung s ist , da ß dahe r der Schlüsse l de r Lag e i m Auswärtige n Am t ruht. « E . Heimann , Zu m deutsche n Kapital - un d Anleiheprogramm, in : WD , Jg. 16 , 29 . 5 . 1931 , S . 931 . Übe r di e außenpolitische n Rahmen ­ bedingungen de r deutschen Wirtschaftspoliti k auc h F. Tarno w auf dem Leipzige r Parteita g de r SPD: »E s is t unmöglich , au s de r eigenen Volkswirtschaf t herau s i n kurze r Zei t ausreichende s Kapital herzustellen , den n da s scheitert scho n a n der ganze n Konstruktio n de r kapitalistische n Wirtschaft selbst . . . Noc h au f lang e Zei t hinau s sin d wi r genötigt , de n Weltkapitalmark t i n Anspruch z u nehmen , un d unser e Politi k mu ß danac h gerichte t sein , dies e Möglichkeite n z u erweitern un d z u erleichtern. « Sozialdemokratische r Parteita g i n Leipzig vo m 31. Ma i bi s 5. Jun i im Volkshaus , Protokoll , Leipzi g 1931 , S. 4 8 (Neudruc k Glashütte n 1974) . Un d Luthe r notiert e unter de m 10 . 6 . 193 1 i n sei n Tagebuch : »Nachmitta g Besuc h Geheimra t Bacher n vo n de r Arbeiterbank. Versucht , mic h fü r ein e Politi k schlechthinnige r Unterwerfun g unte r Frank ­ reich z u gewinnen . S o wi e mi t de r Notverordnun g se i e s nich t z u machen . Wi r müßte n Frankreichs politisch e Wünsch e erfüllen , dami t e s un s Gel d gebe . Gespräc h brac h vorzeiti g ab, we ü ic h zu r Banksitzun g gerufe n wurde . Ic h hatt e z u Bacher n gesagt : Auc h wen n ma n solchen We g fü r richtig halte n würde , würd e e s kein e Regierun g i n Deutschlan d geben , di e ihn gehe n könnte . E r bestreite t das : de r Deutsch e woll e nu r Bro t haben. « B A N L Luthe r Nr. 501 , Abschrif t davo n (unvollständig ) i n Nr . 425 . 41 Scho n i n den ersten Erörterungen übe r französisch e Kredit e tauchte die Vermutung auf , Frankreich werd e di e Gewährun g a n politisch e Bedingunge n knüpfen . Anhaltspunkt e erge ­ ben sic h auc h au s de n Rede n verantwortliche r Politiker , sieh e Schulthess ' Europäische r Geschichtskalender, N.F. , Jg . 4 7 (s . Anm . 24) , S . 37 1 ff, doc h wa r di e Ernsthaftigkei t diese r Bedingungen einig e Zei t umstritten . Nac h auße n tra t di e französisch e Konzeptio n allerding s deutlich i m Kommuniqu é de r Parise r Verhandlunge n vo m 19 . 7 . 193 1 i n Erscheinung : »Di e Vertreter de r franz . Regg . anerkannte n de n Erns t de r Kris e un d habe n erklärt , da ß si e unte r Vorbehalt gewisse r finanzielle r Garantie n un d Maßnahme n de r politische n Beruhigun g (Mesures d'apaisemen t politique ) berei t sind , di e Modalitäten eine r finanziellen Zusammenar ­ beit i m internationale n Rahme n späte r (! , K.B. ) z u diskutieren. « Schulthess ' Europäische r

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Anmerkungen z u Seit e 17 2 Geschichtskalender, ebd. , S . 376 . Sieh e hierz u auc h di e i n Anm . 25 , 3 8 un d 3 9 genannt e Literatur. 42 Telegram m de r Führer de r ›Nationale n Oppositio n a n Reichskanzle r Dr . Brünin g vo m 21. 1 . 193 1 Absat z 4 : »Di e gesamt e national e Oppositio n mach t dahe r i n alle r For m darau f aufmerksam, da ß si e gemä ß ihre r Grundeinstellun g neu e Bindungen , di e gegenübe r Frank ­ reich eingegange n werden , al s fü r sic h rechtsverbindlic h nich t ansehe n wird. « H . Michaeli s u . E. Schraeple r (Hg.) , Ursache n un d Folgen . Vo m deutsche n Zusammenbruc h 191 8 un d 194 5 bis zu r staatliche n Neuordnun g Deutschland s i n de r Gegenwart , Bd . 8 : Di e Weimare r Republik, Berli n o . J. (1963) , S . I994f . 43 »De r Reichspräsiden t hatt e fü r de n Fal l de r Annahm e seine n Rücktrit t angekündigt . . . Das Materia l darübe r finden Si e i m Koblenze r Bundesarchi v unte r de n Kabinettsberatunge n und unte r de n Papiere n Pünde r sowi e i n meine n Tagebücher n bei m ›Institu t fü r Zeitge ­ schichten« Staatssekretä r H . Schäffe r a n Dr . Kur t Wolf , Gräfelfin g b . München , 7 . 5 . 196 6 auszugsweise veröffentlich t i n eine m Leserbrie f i n de r Süddeutsche n Zeitun g 16./17 . 5 . 197 0 und mi r dankenswerterweis e überlassen . 44 Freilic h bedurft e Brünin g woh l keine s Druck s vo n außen , u m de r Verlockun g eine s ih n politisch fesselnde n Kredit s z u widerstehen . Sieh e Brüning , Memoiren , 1918-1938 , Stuttgar t 1970, S . 330 . Bereit s währen d de r Bankenkris e ha t e r - de n Memoire n zufolge , S . 31 7 erklärt, »da ß wi r ni e kapitulieren würden« , nachde m de r Mitinhabe r de r Berline r Handelsge ­ sellschaft O . Jeidel s al s einzige n Auswe g au s de r Kris e di e Hilf e vo n französische n Kredite n genannt hatte , wa s zu r Voraussetzun g hätte , »da ß di e Reichsregierun g außenpolitisc h vo r Frankreich unverzüglic h kapituliere . . . « 45 Die s heb t vo r alle m Helbic h (s . Anm . 38 ) hervor . Hieri n folg t ih m Sanman n (s. Anm . 5) . Dagege n H . Köhler , Arbeitsbeschaffun g un d Reparatione n i n de r Schlußphas e der Regierun g Brüning , in : VfZ , Jg. 17 , 1969 , S . 276ff. , zuma l e s di e vorgebliche n Schubla ­ denprogramme fü r ein e umfangreich e Arbeitsbeschaffun g nac h Streichun g de r Reparatione n nicht gegebe n habe . Sieh e zu m Gewich t de r reparationspolitische n Argument e Helbich s jetzt auch Glashage n un d Gosman n (Anm . 38) . Unabhängi g davo n bleib t unstrittig , da ß di e Beseitigung de r Reparatione n ei n hohe s Zie l de r deutsche n Politi k gewese n ist . Wen n man , wie e s damals viel e taten , i n den Reparatione n eine n wesentliche n Grun d fü r di e schwere Kris e sah (wa s rei n wirtschaftlic h betrachte t woh l nich t zutrifft) , dan n konnt e ein e au f di e Beseiti ­ gung de r Reparatione n gerichtet e Politi k soga r al s Politi k zu r Überwindun g de r Kris e gedeutet werden . I n diese m Sinn e zu m Beispie l Ministerialra t Neumann , Reparatione n un d Entstehung de r Wirtschaftskrise , in : BkAr , Jg . 30 , 1 . 7 . 1931 ; ders. , Reparatio n un d Wirt ­ schaftskrise. Reparatio n un d Überwindun g de r Krise , in : ebd., Jg. 30 , 15 . 7 . 1931 . Siehe abe r H. Fleisig , War-Relate d Debt s an d th e Grea t Depression , in : AER , Bd . 66 , 1976 , H . 2 , S. 52ff. ; Haberle r (s . Anm . 1) , S . 232f f 46 W . Galenso n u . A . Zellner , Internationa l Comparison s o f Unemployment Rates , in : Th e Measurement an d Behavio r o f Unemployment . A Conferenc e o f th e Universitie s Nationa l Bureau fo r Economi c Research , Ne w Yor k 1957 , S . 455f. ; A . Agthe , Übersich t de r Arbeitslo ­ sigkeit i n de r Welt , in : M . Saitze w (Hg.) , Di e Arbeitslosigkei t i n de r Gegenwart , SchVSp , Bd. 185/1 , Münche n 1932 . 47 O . Büsc h u . G . Feldma n (Hg.) , Historisch e Prozess e de r deutsche n Inflatio n 191 4 bi s 1924. Ei n Tagungsbericht , Berli n 1978 ; C . H . Holtfierich , Di e deutsch e Inflatio n 1914-1923 , Berlin 1980 . Sieh e auc h K . Borchardt , Di e Erfahrunge n mi t Inflatione n i n Deutschland , i n diesem Band , S . 15 1 ff 48 Stat t viele r weitere r Beleg e W . Albers , Finanzpoliti k i n de r Depressio n un d i n de r Vollbeschäftigung, in : Deutsch e Bundesbank , Währun g (s . Anm . 1) , S . 340 : »Au s heutige r Sicht mu ß di e Deflationspolitik Brüning s al s verfehlt angesehe n werden . Ein e Nachfragelück e im private n Bereic h mu ß durc h ein e zusätzliche Nachfrag e de r öffentlichen Han d kompensier t werden, di e ohn e Gefah r fü r di e Stabilitä t de r Währun g (! ) durc h Geldschöpfun g finanziert

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Anmerkungen z u Seit e 17 3 werden kann. « J . M . Keyne s sa h seinerzei t da s Heilmitte l fü r Englan d abe r gerad e i n eine r Preisniveauerhöhung, di e di e Aufgab e habe n sollte , di e Reallöhn e be i konstante n Nominal ­ löhnen z u senken . Sieh e J. M. Keynes , Gedanke n übe r Freihandel , in : WD , Jg. 16 , 1 . 5 . 1931 , S. 750 . 49 Di e später e wirtschaftswissenschaftlich e Diskussio n übersieh t zumeis t di e Instabilitä t der politische n Rahmenbedingunge n 1931/32 , di e kau m ei n Vertraue n i n dosiert e Maßnah ­ men zuließ . Auc h de r heut e de n Reformer n zugerechnet e G . Col m schätzt e seinerzei t di e positiven Möglichkeite n eine r Politi k begrenzte r Geldschöpfun g gerin g ein : »Jed e Inflatio n würde heut e di e i n gewisse r Hinsich t segensreiche n Stadien , wi e wi r si e etw a i n de n Jahre n 1921 un d 192 2 kennengelern t haben , überspringe n un d seh r schnel l z u de m katastrophale n Zustand vo n 192 3 fuhren . Hierbe i verstehe n wi r unte r Inflatio n all e Maßnahmen , di e nac h ihrer Absich t ode r nac h ihre m vielleich t unbeabsichtigte n Erfol g daz u fuhren , da ß i n Deutschland laufen d Einnahme n nich t au s de m Kreislau f de r Erlöse , Steuer n usw. , sonder n aus de r Notenpress e bezoge n werden. « G . Colm , Weg e au s de r Weltwirtschaftskrise , in : Di e Arbeit, Novembe r 1931 , S . 8l5ff . Da ß Deutschlan d i n vie l größere n Gefahre n schwebte , neuerlich eine n Zusammenbruc h seine r Valut a z u erleben , beton t auc h E . Varga , Wirtschaf t und Wirtschaftspoliti k i m 4 . Vierteljah r 1931 , in : International e Presse-Korresponden z Nr. 13 , Jg. 12 , 15 . 2 . 1932 , S . 354 . 50 Sieh e hierz u di e umfangreich e Arbei t vo n M . Wolffsohn , Industri e un d Handwer k i m Konflikt mi t staatliche r Wirtschaftspolitik ? Studie n zu r Politi k de r Arbeitsbeschaffun g i n Deutschland 1930-1934 , Berli n 1977 ; ders. , Banken , Bankier s un d Arbeitsbeschaffun g i m Übergang vo n de r Weimarer Republi k zu m Dritte n Reich , in : Bankhistorisches Archiv , 1977 / 1, S . 54ff. ; M . Schneider , Unternehme r un d Demokratie . Di e freie n Gewerkschafte n i n de r unternehmerischen Ideologi e de r Jahre 191 8 bi s 1933 , Bon n 1975 , S . 118ff . 51 U . Hüllbüsch , Di e deutsche n Gewerkschafte n i n de r Weltwirtschaftskrise , in : Conze / Raupach (s . Anm . 1) , S . l26ff. ; Pollard , Trad e Umon s (s . Anm . 11) ; Schneider , Arbeitsbe ­ schaffungsprogramm (s . Anm . 34) ; H. Mommsen , Staatlich e Sozialpoliti k un d gewerkschaftli ­ che Strategi e i n de r Weimare r Republik , in : O . Borsdor f (Hg.) , Gewerkschaftspoliti k heute : Reform au s Solidarität . Festschrif t fü r Vetter , Köl n 1977 , S . 75ff. ; M . Schneider , Di e Stellun g des Allgemeinen Deutsche n Gewerkschaftsbunde s z u de n Regierunge n Brünin g bi s Hitler , in : W. Luthard t (Hg.) , Sozialdemokratisch e Arbeiterbewegun g un d Weimare r Republik . Mate ­ rialien zu r gesellschaftliche n Entwicklun g 1927-1933 , Bd . I, Frankfurt 1978 , S . 150ff. ; M . Schneider, Arbeitsbeschaffung . Di e Vorstellunge n vo n Freie n Gewerkschafte n un d SP D zu r Bekämpfung de r Wirtschaftskrise , in : ebd. , S . 220ff . Die Schwenkun g de s ADG B au f de m Krisenkongre ß mi t de r Entschließun g vo m 13 . 4 . 1932, als o wenig e Woche n vo r Brüning s Sturz , is t materiel l nich t ga r s o radikal , wi e ma n of t behauptet. Di e meiste n Maßnahmen , welch e i n de r Entschließun g geforder t werden , ware n seit lange m unkontrover s - wen n ma n si e hätt e finanziere n können . Un d zu r Finanzierun g sieht di e Entschließun g zunächs t wiederu m nu r Steuer n un d de n Anleihewe g sowi e Erspar ­ nisse de r Arbeitslosenversicherun g vor . Doc h wir d de r We g zu r Kreditschöpfun g schließlic h auch genannt : »Sowei t di e Anleihestück e noc h nich t i n volle m Umfang e au f de m Kapital ­ markt untergebrach t sind , solle n si e den Banke n al s Unterlag e fü r ein e Zwischenfinanzierun g der Arbeitsbeschaffun g dienen . U m di e Sicherhei t de r Verzinsun g un d Rückzahlun g de r Kredite z u erhöhen , müsse n nötigenfall s besonder e Zweckverbänd e de r Schuldnerkörper ­ schaften gebilde t werden. « Schneider , Arbeitsbeschaffungsprogram m (s . Anm . 34) , S . 235 . Der dieser Entschließung zugrundeliegend e WTB-Pla n wa r i m ganze n i n seinen Dimensione n sehr bescheiden . I n der Diskussio n betont e den n auc h Naphtali , da ß alsbal d ein e vie l größer e Finanzmasse - un d da s heißt Inflatio n - nöti g sei n werde , u m au f diesem Weg e zu m Erfol g z u kommen. 52 Da s is t ei n wesentliche r Unterschie d z u 1914-1923 , al s di e wesentliche n politische n

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Anmerkungen z u Seit e 17 3 Kräfte di e Inflationspoliti k (wen n auc h au s teilweis e verschiedene n Gründen ) zunächs t unterstützten. 53 Stat t zahlreiche r Verweis e sieh e R . Skidelsky , Politician s an d th e Slump . Th e Labou r Government o f 1929-1931 , Londo n 1967 . Kritisc h hierzu : R . McKibbin , Th e economi c polic y of th e secon d Labou r Governmen t 1929-1931 , in : Pas t an d Present , 1975/68 , S . 9 5 ff. 54 Fü r di e SP D wa r di e Währungsstabilitä t ei n wesentliche r Punk t de r politische n Ausein ­ andersetzung mi t de r Rechten . Sieh e zum Beispie l de n folgende n Auszu g au s einem Artike l i n der Spätausgab e de s »Vorwärts « vo m 12 . 10 . 1931 , in de m de r Verfasse r de n »Fal l Schacht« , Schachts Red e i n Ba d Harzburg , aufgreift : »Sei n Program m heißt : neu e Inflatio n i n Deutsch ­ land! (gesperr t i m Text) . . . hie r is t di e Inflationsfron t zwische n Großagrariern , Schwerindu ­ striellen un d Faschiste n geschlosse n worden , un d Her r Schach t fuhr t sie ! . . . De r Faschismu s bedeutet Inflation ! Sei n Zie l is t es , de n Arbeiter n Inflationslöhn e z u zahlen , fü r di e si e kau m Brot kaufe n können , dami t di e bankrotte n Schwerindustrielle n un d Großagrarie r au f Koste n der Arbeiterschaf t gesun d gemach t werde n können . De r Faschismu s is t da s Mitte l zu r politischen Knechtun g de r Arbeiterschaft , di e Inflatio n is t sein e wirtschaftlich e Waff e gege n die Arbeiterschaft. « Sieh e i m übrige n R . A . Gates , Vo n de r Sozialpoliti k zu r Wirtschaftspoli ­ tik. Da s Dilemm a de r deutsche n Sozialdemokrati e i n de r Kris e 1929-1933 , in : Mommse n u. a. , System (s . Anm . 11) , S . 206ff. ; R . Leuschen-Seppel , Budget - un d Agrarpoliti k de r SPD , in : Luthardt (s . Anm . 51) , S . 83ff. ; Schneider , Arbeitsbeschaffung , in : ebd. , S . 220ff . 55 Auc h i n jenen Ländern , dene n ma n späte r ein e erfolgreich e antizyklisch e Politi k zuge ­ schrieben hat , tra t di e Wend e ers t 1932/ 3 ein . I n Schwede n wurde n Ansätz e eine r Politi k de r Krisenbekämpfung erstmal s i m Herbs t 193 2 diskutiert, sieh e B. Thomas , Monetar y Polic y an d Crisis: A Stud y i n Swedis h Experience , Londo n 1936 ; C . G . Uhr , Economist s an d Policyma king 1930-1936 : Sweden' s Experience , in : HPE , Bd . 9 , 1977 , S . 8 9 ff. Für di e US A sieh e L . V. Chandler, America' s Greates t Depression , 1929-1941 , Ne w Yor k 1970 . Hie r wir d gezeigt , daß Roosevel t seine n Wahlkamp f gege n Hoove r i m Herbs t 193 2 noc h mi t bittere n Anklage n gegen desse n vorgeblich e Defizitwirtschaf t geführ t un d seinerseit s di e Herstellun g de r finan­ ziellen Ordnun g versproche n hat ! I n den US A habe n di e beiden große n Parteie n i m Tiefpunk t der Kris e 193 2 di e größt e Steuererhöhun g de r amerikanische n Geschicht e durchgeführt ! Z u Großbritannien u.a . 5 . Howson , Domesti c Monetar y Managemen t i n Britai n 1919-38 , Cam ­ bridge 1975 ; S . Pollard , Th e Developmen t o f th e Britis h Econom y 1914-196 7 (1969 2 ). Zusammenfassende kritisch e Übersichte n be i H . W . Arndt , Th e Economi c Lesson s o f th e Nineteen-Thirties, Oxfor d 1944 , un d E . Lundberg , Instabilit y an d Economi c Growth , Ne w Haven 1968 . 56 E s kan n nich t genu g beton t werden , da ß das , wa s ma n vielfac h personalisier t al s »Brüningsche Politik « bezeichne t hat , i n große m Umfan g zumindes t bi s zu m Frühjah r 193 2 diejenige Politi k war , di e viel e Kräft e gestaltete n un d se i e s nu r i n de m Sinne , da ß e s keine n anderen We g de r Konsensbildun g gegebe n hat . A n welch e Grenze n selbs t bescheiden e Formen autoritär-neuartige r Finanzpoliti k stießen , beleg t auc h de r Konflik t de r Reichsregie ­ rung mi t de r Reichsschuldenverwaltung , di e u.a . nac h de r Notverordnun g vo m 20 . 2 . 193 2 bezweifelte, o b Artike l 4 8 Abs . II der Reichsverfassun g überhaup t ein e zusätzlich e Verschul ­ dung i m Weg e de r Notverordnun g (anstell e eine s vo m Reichsta g verabschiedete n Gesetzes ) zulasse. U m dies e Frag e gin g e s schließlic h auc h i n de r denkwürdige n Sitzun g de s Reichstag s am 9./10 . 5 . 193 2 (1 . Lesun g Schuldentilgungsgesetz) . Di e Nationalsozialiste n bezeichnete n die Kreditaufnahm e durc h Notverordnun g al s unzulässig , doc h verkündet e dan n a m 10 . 5 . 1932 Grego r Strasse r da s Wirtschaftsprogram m de r NSDAP . Zu m Sitzungsverlau f sieh e Schulthess' Europäische r Geschichtskalender , N.F . Jg . 48 , 1932 , S . 73f f Reichsinnen - un d Reichsfinanzminister hatte n zwe i Rechtsgutachte n angefordert , di e schließlic h Artike l 4 8 II im Interess e der »Heilun g de r Wirtschaft« be i »Versage n de s parlamentarischen Systems « wei t auslegten; sieh e G . Anschüt z u . W.Jellinek , Reichskredit e un d Diktatur . Zwe i Rechtsgutach ­ ten, Tübinge n 1932 .

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Anmerkungen z u Seit e 173-17 4 57 Deshal b wir d ma n di e Behauptung, Brünin g hab e die Krise i n Hinblic k au f seine innen ­ und vo r alle m außenpolitische n Ziel e funktionalisiert , relativiere n müssen . Si e wir d noc h einmal vo n H . Mommsen , Heinric h Brüning s Politi k al s Reichskanzler : Da s Scheiter n eine s politischen Alleinganges , in : K . Hol l (Hg.) , Wirtschaftskris e un d liberal e Demokratie . Da s Ende de r Weimare r Republi k un d di e gegenwärtig e Situation , Göttinge n 1978 , S . 16ff. , vertreten. Zuzustimme n is t Petzina , Element e (s . Anm . 8) , S . 133 : »Di e zunächs t vo n Ökonomen, späte r auc h vo n Historiker n aufgegriffen e keynesianisch e Kriti k a n de r Wirt ­ schaftspolitik Brüning s ha t e s i n alle r Rege l verabsäumt , di e politische n Voraussetzunge n einer alternative n Krisenstrategi e z u benennen , ebens o wi e si e di e Wirtschaftspolitik einseiti g auf de n Aspek t de r Deflatio n un d de r restriktive n Haushaltspoliti k reduzier t hat , ohn e zugleich au f di e aktiv e - wen n auc h letztendlic h fü r di e Krisenbekämpfun g unzureichend e staatliche Stützungspoliti k z u verweisen. « Da s Ergebnis deutet Petzina auc h i n einem andere n Zusammenhang an : »Ohn e hie r di e Frag e prüfe n z u können , o b e s unte r de n politische n Bedingungen de r Spätphas e Weimars eine realistische Chance des Kurswechsels gegebe n hätt e - Skepsi s is t g e b o t e n - , sin d di e Rückwirkunge n (de r Krise , K.B. ) au f da s öffentlich e Bewußtsein de r nachfolgende n Generatio n unstrittig , j a geradez u vo n traumatische r Intensi ­ tät.« Ders. , Kris e gester n un d heut e - di e Rezessio n vo n 1974/7 5 un d di e Erfahrunge n de r Weltwirtschaftskrise (Vortragsreih e de r Gesellschaf t fü r Westfälisch e Wirtschaftsgeschicht e e.V., H.21;) , Dortmun d 1977 , S . 26 . 58 Au f di e ökonomische n un d politische n Problem e eine r Abwertun g könne n wi r hie r nicht ausführliche r eingehen . Sei t Oktobe r 193 1 ga b e s hierz u i n Deutschlan d verschieden e Vorschläge. Sieh e Borchardt , Frage , i n diese m Ban d S . 206ff . 59 I m strengen Sinn e wir d ma n di e Thesen ni e beweisen können , wei l i n eine m Alternativ ­ modell z u viel e Umständ e z u berücksichtige n wären , übe r di e ma n nu r grob e Annahme n machen kann . Die s erkannt e scho n G . Col m be i eine m Versuch , i m Novembe r 193 1 quantitative Angabe n fü r di e Größenordnun g eine s Krisenprogramm s z u machen : »Di e Schwierigkeit besteh t auc h hie r wiede r darin , da ß Größenangabe n nich t gemach t werde n können, wei l z u viel e Unbekannt e i n de r Rechnun g sind. « Col m (s . Anm . 49) , S . 830 . Gan z illusionär wa r di e Annahm e vo n Friedlaenäer-Prechtl , 1 6 These n zu r Wirtschaftskrise , in : Wirtschafts-Wende, 30 . 9 . 1931 , wonac h mi t 2 Mrd . R M durc h sekundär e un d tertiär e Wirkungen insgesam t etw a 4 Mio. Arbeite r zusätzlic h i n Bewegun g gesetz t werde n könnten . Hiervon heb t sic h de r Pla n vo n Heinric h Draeger , Arbeitsbeschaffun g durc h produktiv e Kreditschöpfung, Juni/Augus t 1932 , Neudruc k 1956 , wohltuen d ab , wei l e r schätzt , da ß ei n Programm vo n 2 Mrd . R M 1932/3 3 zunächs t woh l ein e Minderun g de r Erwerbslosenzah l von½ Mio. bringe n werde . E r fährt dan n fort : »Ers t be i einem Arbeitsbeschaffungsprogram m von jährlich 3 bi s 5 Milliarden Umfan g kan n ma n ein e Wirkun g erwarte n i n de m Sinne , da ß die hohe n Gesamt-Erwerbslosenzahle n nennenswer t un d wirklic h durchschlagen d reduzier t werden.« I n seine m spätere n »Hindenburg-Program m de r Arbeitsbeschaffung« , abgedruck t in: Bombac h u. a., Keynesianismu s Bd . II (s. Anm . 3) , S . 207ff. , skizziert e Draege r ei n - übe r Jahre z u verteilende s - Program m i m Umfan g vo n 3 0 Mrd . RM , ohn e hie r allerding s di e Finanzierungsfrage genaue r z u behandeln . Ein e Studie , di e de n Einsat z alternative r Mitte l de r Finanzpolitik i n den US A anhan d eine s ökonometrischen Modell s geschätz t hat , ka m z u de m Ergebnis, da ß ein e erfolgreich e kontrazyklisch e Politi k be i weite m all e Größenordnunge n hätte übersteige n müssen , di e ma n sic h i n de n Dreißige r Jahre n selbs t i n waghalsigste n Überlegungen gemach t habe n mag . M . R . Norman , Th e Grea t Depressio n an d Wha t Migh t Have Been : A n Econometri c Mode l Simulation , Ph . D.-Dissertatio n Univ . o f Pennsylvani a 1969. Ähnlich e Untersuchunge n liege n fü r Deutschlan d noc h nich t vor . 60 Da s Bruttosozialproduk t 192 9 wurd e errechne t z u 88, 4 Mr d RM , sieh e Statistische s Bundesamt, Bevölkerun g un d Wirtschaf t 1872-1972 , Wiesbade n 1972 , S . 260 . Scho n diese s Sozialprodukt blie b hinte r de n Möglichkeite n wege n de r hohe n Arbeitslosigkei t zurück ! 61 Sieh e Sachverständigenra t zu r Begutachtun g de r gesamtwirtschaftlichen Entwicklung , Jahres -

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Anmerkungen z u Seit e 174-17 5 gutachten 1978/ 9 »Wachstu m un d Währung« , Stuttgar t 1978 , S . 26 2 u. 246 . Allerding s kan n man nich t de n Gesamtbetra g de r Defizit e i m Jah r 197 5 al s expansi v »konjunkturanregend « betrachten. De r sogenannt e »konjunkturell e Impuls « de r tatsächliche n Staatsausgabe n wir d vom Sachverständigenra t mi t 36, 9 Mrd . D M beziffer t - ebd. , S . 108 . Da s entspräch e 3, 6 Prozent de s BSP. Be i Vergleiche n de r 1931/3 2 diskutierten Mehrausgabe n fü r Arbeitsbeschaf ­ fung un d heutige r Mehrverschuldun g is t allerding s noc h z u berücksichtigen , da ß di e Autore n seinerzeit vielfac h glaubten , nu r eine n Tei l de r Mehrausgabe n fü r dies e Zweck e mi t Kredite n finanzieren z u müssen , s o da ß de r Betra g de r zusätzlic h kreislaufwirksame n Mitte l noc h geringer gewese n wäre . 62 Dami t wir d nich t di e Thes e übernommen , e s seie n ausschließlic h wirtschaftlich e Gründe, di e di e Machtübernahm e durc h Hitle r begründete n (s . Anm . 2) . Vielmeh r wir d damit nu r zu m Ausdruc k gebracht , da ß selbs t wen n ma n diese r Thes e anhängt , di e Doku ­ mente de r Zei t nich t de n Schlu ß zulassen , e s hätt e damal s wirksam e Aushilfe n gegeben . Anders H.-J . Rüstow , de r soga r de n Eindruc k erweckt , e s hätte fü r Brünin g ein e Möglichkei t gegeben, »di e Arbeitslosigkei t z u beseitigen . E r wär e dan n sicherlic h nich t gestürz t worden , und nich t nu r uns , sonder n de r ganze n Wel t wär e da s namenlose Elen d erspar t geblieben , da s durch de n Nationalsozialismu s übe r un s kam« . H.-J . Rüstow , Entstehun g un d Überwindun g der Wirtschaftskris e a m End e de r Weimare r Republi k un d di e gegenwärtig e Rezession , Überlegungen eine s Beteiligten , in : Hol l (s . Anm . 57) , S . 143 . Di e Vorstellung , Brünin g hätte di e Arbeitslosigkei t beende n können , is t sicherlic h utopisch , zuma l e s ja scho n vo r de r Krise ein e erheblich e Arbeitslosigkei t gegebe n ha t un d e s selbs t unte r extre m »günstigen « Bedingungen eine r massive n Staatskonjunktu r späte r noc h Jahr e gebrauch t hat , bi s di e Arbeitslosigkeit abgebau t war , wa s i n keine m demokratische n Lan d bi s zu m II. Weltkrieg gelang. Fü r di e Anhänge r de r These , Hitle r se i mi t Hilf e konjunkturpolitische r Programm e vermeidbar gewesen , müßt e e s somi t wichti g sei n z u bestimmen , be i welche m Ma ß a n Arbeitslosigkeit un d Gewinnkompressio n Hitle r noc h aufzuhalte n gewese n wär e - un d o b man diese s rasc h hätt e herbeiführe n können . 63 Nich t zulässi g is t es, au s der Beobachtung spätere r »Erfolge « expansive r Konjunkturpo ­ litik au f di e Chance n solche r Maßnahme n 1931/3 2 z u schließen . I m übrige n is t vielfac h umstritten, o b un d i n welche m Umfan g di e Aufschwüng e nac h 193 2 tatsächlic h de r jeweili ­ gen staatliche n Politi k z u verdanke n waren . Kritisch e Überprüfunge n de r Fiskalpoliti k de r dreißiger Jahr e ergabe n fü r di e USA , da ß de r expansiv e Effek t de r öffentliche n Haushalt e ausgerechnet 193 1 maxima l gewese n ist , währen d 1933-193 9 mi t Ausnahm e vo n 193 6 i m Vollbeschäftigungsbudget imme r Überschüss e erwirtschafte t worde n sind ; sieh e E . C . Brown, Fisca l Polic y i n th e Thirties : A Reappraisal , in : AER , Bd . 46 , 1956 , S . 857ff . Fü r Schweden is t da s Urtei l vo n £ . Lundber g bemerkenswert : »Ther e i s n o doub t tha t thi s ne w approach (Erhöhun g de r öffentliche n A u s g a b e n - , finanziert durc h Kreditaufnahme , K.B. ) had a great an d lastin g significanc e i n th e developmen t o f ideas, bu t th e actua l measure s take n after 193 2 wer e o f secondar y importanc e i n th e reviva l o f 1932-34 . Th e expansionis t plan s were impede d b y suc h event s a s th e labo r disput e o n th e building industr y i n 1933-1934 , an d they coul d no t b e realized o n an y larg e scal e until 1934-1935 , b y whic h tim e th e trad e reviva l was alread y pas t it s first stage. « E . Lundberg , Busines s Cycle s an d Economi c Policy , Londo n 1957. S . 55 . 64 Zu r wirtschaftswissenschaftliche n Analys e de r Entwicklun g bi s 192 9 sieh e Borchardt , Wachstum (s . Anm . 1) , S . 685ff . u . 703ff. ; W . Fischer , Di e Weimare r Republi k unte r de n weltwirtschaftlichen Bedingunge n de r Zwischenkriegszeit , in : Mommse n u.a. , Syste m (s. Anm . 11) , S . 26ff. ; D . Petzin a u . W . Abelshauser , Zu m Proble m de r relative n Stagnatio n der deutsche n Wirtschaf t i n den zwanzigerjahren, in : ebd., S . 5 7 ff; R . Stucken , Schaffun g de r Reichsmark, Reparationsregelunge n un d Auslandsanleihen , Konjunkture n (1924-1930) , in : Deutsche Bundesbank , Währun g (s . Anm . 1) , S . 249ff ; G . Hardach , Weltmarktorientierun g und relativ e Stagnation . Währungspoliti k i n Deutschlan d 1924-1931 , Berli n 1976 ; neuerding s

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Anmerkungen z u Seit e 175-17 6 auch ders. , Zu r politische n Ökonomi e de r Weimare r Republik , in : R . Kühn l u . G . Hardac h (Hg.), Di e Zerstörun g de r Weimare r Republik , Köl n 1979 2 , S . l4ff . Zu m internationale n Vergleich: Aldcrof i (s . Anm . 13) . 65 Nettosozialproduk t i n Preise n vo n 191 3 pr o Einwohne r un d logarithmisch-lineare r Trend 1850-191 3 mi t Extrapolation . Quelle : W . G . Hoffman n u . Mitarbeiter , Da s Wachstu m der deutsche n Wirtschaf t sei t de r Mitt e de s 19 . Jahrhunderts, Berli n 1965 , fü r 1850-1950/59 , verkettet a b 195 0 mi t Angabe n de r amtliche n Statistik , Statistische s Bundesamt , Lang e Reihe n zur Wirtschaftsentwicklun g 1974 , un d aktuell e Daten . Fü r di e hie r verfolgte n Zweck e scheinen methodisch e Einwänd e gege n di e Konstruktio n derarti g lange r Zeitreihe n (mi t unterschiedlicher Basierun g de r Preise für di e Korrektu r de r Nominalwerte un d unterschiedli ­ chen Rechentechnike n de r Volkswirtschaftliche n Gesamtrechnung ) nich t wesentlic h z u sein , weil e s nu r au f relati v grob e Wachstumsratenvergleich e ankommt . 66 Doc h wir d de r möglicherweis e fü r da s Kulturlebe n zutreffend e Ausdruc k »golden e zwanziger Jahre « vielfac h auc h au f di e Wirtschaf t übertragen . Abe r selbs t di e Industriepro ­ duktion ha t da s Vorkriegsnivea u bi s 192 8 nu r geringfügi g überstiegen , s . R . Wagenfihr , Di e deutsche Industriewirtschaft , in : VfKf , Sonderhef t 31 , Berli n 1933 . 67 Di e durchschnittlich e Nettoinvestitionsquot e betru g 1910/1 3 1 6 v . H . t 1925/2 9 10, 5 v. H. Sieh e K . Borchardt , Wandlunge n de s Konjunkturphänomen s i n de n letzte n hunder t Jahren, i n diese m Band , S . 73ff . Im einzelne n beliefe n sic h di e Nettoinvestitione n j e Einwohne r i n konstante n Preisen , errechnet nac h de n Angabe n vo n Hoffman n (s . Anm . 65) , S . 828 , i n Verbindun g mi t S . 174 , auf folgend e Beträg e (i n M bzw . RM) : 1905 1906 1907 1908 1909

111,25 115,12 124,81 95,76 105,15

1910 1911 1912 1913

102,37 119,80 129,86 121,98

1925 1926 1927 1928 1929

85,17 51,86 126,05 106,84 54,83

Daß diese Angaben mi t einige n Unsicherheite n behafte t sind , mach t si e für de n längerfristi ­ gen Vergleic h nich t unbrauchbar . 68 Ermittel t nac h ebd. , S . 82 8 u . 174 . Ander s Schulz , Aufstie g (s . Anm . 20) , S . 448 : »Weder Kaufkraf t noc h Konsumgüterangebo t noc h Fürsorgelcistunge n konnte n wachsen . Gerade da s Gegentei l vo n dem , wa s di e Reforme r de s Kapitalismu s i n Deutschlan d fü r erforderlich hielten , tra t ein . Selbs t i n den verhältnismäßi g günstige n Jahren - günsti g fü r di e industrielle Wirtschaf t - 192 5 bi s 192 8 blieb ein e Besserun g de r Allgemeinverhältniss e i n de m wachsenden Hee r de r Arbeiterschaf t aus. « Fü r dies e Behauptunge n gib t e s kau m Beweise . Siehe i m übrige n auc h di e i n Anm . 7 0 genannt e Literatur . 69 Gesamtwirtschaftlich e Arbeitsproduktivitä t (Nettosozialproduk t z u Marktpreise n vo n 1913 pr o Beschäftigten) . Quelle : Hoffinan n (s . Anm . 65 ) un d eigen e Berechnunge n anhan d der amtliche n Statisti k l950ff . E s wir d a n di e allgemein e Bemerkun g i n Anm . 6 5 erinnert . 70 Zu r Lohnentwicklun g sieh e vor allem G . Bry , Wage s i n Germany 1871-1945 , Princeto n 1960; R . Skiba , Di e langfristig e Entwicklun g de r Reallöhne , in : WWI-Mitteilunge n 1969 , S. 192ff. ; E . H . Phelp s Brow n u . M . H . Browne , A Centur y o f Pay . Th e Cours e o f Pa y an d Production i n France , Germany , Sweden , th e Unite d Kingdom , an d th e Unite d State s o f America, 1860-1960 , Londo n 1968 ; R . Skib a u . H . Adam , Da s westdeutsch e Lohnnivea u zwischen de n beiden Weltkriege n un d nac h de r Währungsreform , Köl n 1974 ; M . v . Lölhöffel , Zeitreihen fü r de n Arbeitsmarkt . Lohnsatz , Beschäftigungsfälle , Arbeitskoste n un d Arbeits ­ stunden (192 5 bi s 193 8 un d 195 0 bi s 1967 ) in : Ifo-Studien , Jg . 20 , 1974 , S . 33ff . Di e durchschnittlichen reale n Wochenìohnt . lage n - wege n de r Arbeitszeitverkürzun g gegenübe r der Vorkriegszei t - noc h bi s 192 7 unter de m Vorkriegsniveau . Freilic h is t di e Entwicklun g i n den einzelne n Arbeitnehmerkategorie n rech t unterschiedlic h verlaufen . Hierz u Bry . I n de r

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Anmerkungen z u Seit e 176-17 8 Regel konnte n di e Angehörige n de r niedrigere n Entlohnungsstufe n ihr e Lag e schnelle r verbessern al s di e Angehörige n de r höhere n Entlohnungsstufen . 71 Nac h Phelp s Brown/Brown e (s . Anm . 70) , S . 210 , betruge n di e Zuwächs e de r Realein ­ kommen de r Lohnempfänge r 1930/3 1 gegenübe r 190 5 ode r (USA ) 190 9 in Prozent : Schwe ­ den 6 4 Prozent , Deutschlan d 3 9 Prozent , US A 3 0 Prozent , Großbritannie n 2 8 Prozen t un d Frankreich 2 3 Prozent . Di e Zuwächs e a n Freizei t (Verkürzun g de r Arbeitszeit ) betruge n i n Schweden 3 1 Prozent , Deutschlan d 3 3 Prozent , Frankreic h 3 1 Prozent , Großbritannie n 17 Prozent un d U S A 8 Prozent . Fü r ein e genauer e Interpretatio n de r Date n un d di e Methode n der Ermittlun g se i au f di e Quell e verwiesen . 72 Kumuliert e Reallohnpositio n de r Arbeitnehme r i n Deutschlan d (Deutsche s Reic h un d Bundesrepublik Deutschland ) 1925-197 7 nac h H . H . Glisman n u.a. , Zu r Natu r de r Wachs ­ tumsschwäche i n de r Bundesrepubli k Deutschland . Ein e empirisch e Analys e lange r Zykle n wirtschaftlicher Entwicklun g (Kiele r Diskussionsbeiträg e Nr . 55) , Kie l 1978 , S . 29 . Di e Berechnungsunterlagen werde n erläuter t in : dies. , Zu r empirische n Analys e lange r Zykle n wirtschaftlicher Entwicklun g i n Deutschland - Datenbasi s und Berechnungsmethode n (Kiele r Arbeitspapiere Nr . 72) , Kie l 1978 , S . l3f . Z u Berechnungsweis e un d Aussagegehal t sieh e Sachverständigenrat zu r Begutachtun g de r gesamtwirtschafiliche n Entwicklung , Jahresgutachte n 1977/78, S . 214 . »A n de n Veränderunge n de r Reallohnpositio n läß t sic h ablesen, o b Verände ­ rungen de s gesamtwirtschaftliche n reale n Durchschnittslohne s i m Hinblic k au f das Kostenni ­ veau neutra l gewirk t haben . Kostenniveauneutra l nenne n wi r eine n Anstie g de s durchschnitt ­ lichen Reallohne s dann , wen n diese r nich t größe r ist , al s de r Prozentsatz , u m de n sic h i n de r Gesamtwirtschaft da s Produktionsergebni s je Erwerbstätige n ändert « {SVR , JG 6 4 Ziffer 24) . Aus Gründe n de r Datenverfugbarkei t mu ß fü r di e Jahre 1925-193 8 ein e etwa s vereinfacht e Berechnung durchgeführ t werden , di e abe r di e Niveau s vermutlic h nich t wesentlic h beein ­ flußt. Di e Kumulatio n de r Änderunge n de r Reallohnpositio n (ausgehen d vo n de r Annahm e 1960 = 0) ergibt ein e Zeitreihe, di e anzeigt, u m welche n Prozentsat z die reale Bruttolohn- un d Gehaltssumme vo n derjenige n abweicht , di e kostenniveauneutra l gewese n wäre . Wi e Abbil ­ dung 4 zeigt , wir d da s sachlich e Ergebni s durc h di e Wah l irgendeine s Jahres zwische n 193 8 und 197 0 al s Basisperiod e nich t wesentlic h verändert , un d e s sprich t viele s dafür , ehe r i n diesem Abschnit t di e »Normallagc « z u suche n al s i n eine m anderen . Üblicher al s di e Ermittlun g de r Reallohnpositio n is t di e Betrachtun g de r sogenannte n Lohnquote, als o de s Anteil s de r Einkomme n au s unselbständige r Arbei t a m Volkseinkom ­ men. Wei l dies e Quot e i m Zusammenhan g mi t de r tendenzielle n Abnahm e de s Anteil s de r Selbständigen un d de r Familienangehörige n (Zunahm e de s Anteil s de r Unselbständigen ) a n der Gesamtzah l de r Erwerbstätige n ansteigt , ohn e da ß die s ein e »Verbesserung « de r Vertei ­ lung zugunste n de r Arbeitnehme r signalisiert , ermittel t ma n di e »bereinigt e Lohnquote« , di e den erwähnte n Effek t de r Änderun g de r soziale n Zusammensetzun g de r Zah l de r Erwerbs ­ tätigen ausschaltet . Leg t ma n di e Beschäftigungsstruktu r de s Jahres 195 0 zugrunde, s o lag di e bereinigte Lohnquot e 1925-192 9 mi t durchschnittlic h 66,7 5 v . H. u m etw a 1 0 Prozentpunkt e über derjenige n vo n 1950-1970 . Sieh e Skiba/Adam , Lohnnivea u (s . Anm . 70) , S . 10 6 un d Schaubild 7 . Sieh e ein e ähnlich e Darstellun g de r langfristige n Veränderunge n de r Vertei ­ lungsrclationen oben , Abb . 8 , S . 118 . 73 Z u de n höhere n Lohnkoste n un d Sozialabgabe n kame n noc h erheblic h höher e Finanzie ­ rungskosten al s si e vo r 191 4 bekann t waren . Zu r Entwicklun g de r Zinsniveau s sieh e Statistisches Bundesamt , Bevölkerun g (s . Anm . 60) , S . 2 l 4 f ; Deutsch e Bundesbank , Deutsche s Geld- un d Bankwese n i n Zahle n 1876-1975 , Frankfur t 1976 , S . 3ff . u . 274ff . 74 E s sei dara n erinnert , da ß sic h dies e Aussage n au f die volkswirtschaftliche n Gesamtgrö ­ ßen un d somi t Durchschnitt e beziehen , wa s nich t ausschließt , da ß e s Unternehme n un d Branchen gegebe n hat , fü r di e di e Globalaussag e nich t gilt . Zur Entwicklun g de r gesamtwirtschaftliche n Kapital-Rentabilitä t i m langfristige n Ver -

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Anmerkungen z u Seit e 178-18 0 gleich sieh e Hoffinan n (s . Anm . 65) , S . 98ff . Di e Rendit e (Kapitaleinkomme n dividier t durc h Kapitalstock) la g 1925-192 9 wei t unte r de m Nivea u vo n 1880-191 3 un d 1950-1959 . 75 Arbeitslosenquoten , 1887-193 8 nac h B , R . Mitchell , Europea n Historica l Statistic s 1750-1970, Londo n 1975 , S . l67ff ; 1950-1971 : Statistische s Bundesamt, Bevölkerun g (s. Anm . 60) , S . 148 . 1972-1974 : Statistisch e Beiheft e z u de n Monatsberichte n de r Deutsche n Bundesbank, Reih e 4 . Di e Kurv e bi s 192 9 bezieht sic h au f die Arbeitslosenquote vo n Gewerk ­ schaftsmitgliedern, di e Kurv e a b 192 9 au f Durchschnitt e vo n Monatszahle n de r be i de n Arbeitsämtern registrierte n Arbeitslosen . Fü r di e Zei t vo r 191 4 sin d Arbeitslosenzahle n vielfach nu r durc h Schätzunge n z u gewinnen . Z u etwa s andere n (leich t höheren ) Zahle n gelangt J . Kuczynski , Di e Geschicht e de r Lag e de r Arbeite r unte r de m Kapitalismus , Bd . 3 (1871-1900), S . 266 , Bd . 4 (1900-1917/18) , S . 315 , Bd . 5 (1917/18-1932/33) , S . 197 . Abe r auch dies e Zahlenreih e bestätig t di e Aussage , da ß di e Arbeitslosenquote n nac h 192 3 weit übe r denen i n de r vorhergehende n Zei t gelege n haben . Gleiche s ergibt de r Vergleich de r sogenann ­ ten »Andrangzifïern « (Arbeitsuchend e au f 10 0 offen e Stellen ) vo r 191 4 un d a b 1924 , sieh e Reichs-Kredit-Gesellschafl AG : »Deutschland s wirtschaftlich e Lage . . . « un d »Deutschland s wirtschaftliche Entwicklung . . . « 76 A n diese r Stell e kan n e s nich t darau f ankommen , ein e vollständig e Diagnos e de r »Krankheit« de r wirtschaftliche n Entwicklun g vo r 192 9 zu geben , di e selbstverständlich noc h weit meh r Sachverhalt e einzubeziehe n hätte . Auc h wär e e s durchau s denkbar , da ß i n eine m entsprechend konstruierte n Model l di e extre m hoh e Reallohnposition , di e extre m hoh e Arbeitseinkommensquote un d di e extre m niedrig e gesamtwirtschaftlich e Kapitalrentabilitä t als Sympto m andere r Krankheitsherd e gedeute t werden . Doc h würde dies an den Konsequen ­ zen in Hinblick au f die gestellte Frag e nach de n Zielsetzunge n eine r Politik de r Krisenbekämp ­ fung nac h 193 1 nicht s ändern . Sieh e i m übrige n auc h de n folgende n Beitrag , S . l83ff . 77 Zu r Vermeidun g vo n Mißverständnisse n se i ausdrücklich betont , da ß di e Bemerkunge n über di e »Krankheit « de r Entwicklun g bi s 192 9 nich t ein e auc h nu r annähern d vollständig e Erklärung fü r di e eigentlich e Kris e darstelle n sollen . Si e hebe n nu r au f strukturell e Problem e ab, di e ein e frühe r ode r späte r einsetzend e konjunkturell e Krise , di e zude m noc h unte r de m Eindruck eine r gleichzeitige n Kontraktio n i n alle n wichtige n Welthandelsländer n stand , besonders schwieri g werde n ließen . 78 H . Kaun , Di e Geschichte de r Zentralarbeitsgemeinschaft de r industriellen un d gewerbli ­ chen Arbeitgebe r un d Arbeitnehme r Deutschlands , Jen a 1938 ; G . D . Feldman , Germa n Business Betwee n Wa r an d Revolution . Th e Origin s o f the Stinnes-Legie n Agreement , in : G . A. Ritte r (Hg.) , Entstehun g un d Entwicklun g de r moderne n Gesellschaft . Festschrif t Han s Rosenberg, Berli n 1970 , S . 31 1 ff; G . D . Feldman , Th e Origin s o f th e Stinnes-Legie n Agreement: A Documentation , in : IW K 1973 , H . 19/20 , S . 4 5 ff. 79 Danebe n ha t die revolutionäre Mach t direk t eingegriffen , sieh e den Aufruf de s Rates de r Volksbeauftragten a n da s deutsch e Vol k v . 12 . 11 . 191 8 (RGB L 1918 , 1303) : »Spätesten s a m 1. 1 . 191 9 wird de r achtstündig e Maximalarbeitsta g i n Kraf t treten . Di e Regierun g wir d alle s tun, u m fü r ausreichend e Arbeitsgelegenheite n z u sorgen . . . « Scho n a m 23 . 11 . 191 8 ergin g die Arbeitszeitordnung . 80 Sieh e u . a. G . D . Feldman n u . / . Steinisch , Di e Weimare r Republi k zwische n Sozial - un d Wirtschaftsstaat. Di e Entscheidun g gege n de n Achtstundentag , in : ASG , Bd . 18 , 1978 , S. 353fF . Z u de n folgende n Industriekonflikte n un d ihre n allgemeinpolitische n Implikatione n u.a. G . D . Feldman , Aspekt e deutsche r Industriepoliti k a m End e de r Weimare r Republi k 1930-1932, in : Hol l (s . Anm . 57) , S . 103ff. ; Schneider , Unternehme r (s . Anm . 50) . 81 Hierz u L . Preller , Sozialpoliti k i n de r Weimare r Republik , Stuttgar t 1949 , Neudruc k Kronberg 1978 ; H.-H . Hartwich , Arbeitsmarkt , Verbänd e un d Staa t 1918-1933 , Di e öffentli ­ che Bindun g unternehmerische r Funktione n i n de r Weimare r Republik , Berli n 1967 ; U . Hüllbüsch, Koalitionsfreihei t un d Zwangstarif . Di e Stellungnahm e de s Allgemeine n Deut ­ schen Gewerkschaftsbunde s z u Tarifvertra g un d Schlichtungswese n i n de r Weimare r Repu -

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Anmerkungen z u Seit e Í8î-Í8 2 blik, in : V. Engelhardt u.a . (Hg.) . Sozial e Bewegun g un d politisch e Verfassung . Festschrif t W. Conze , Stuttgar t 1976 , S . 599fï . Zu r Lohnentwicklun g sieh e di e i n Anm . 7 0 genannt e Literatur un d J . H . Müller , Nivellierun g un d Differenzierun g de r Arbeitseinkomme n i n Deutschland sei t 1925 , Berli n 1954 . 82 Ein e dramatisierend e zusammenfassend e Darstellun g de r Beschwerde n un d de r Argu ­ mentation de r Unternehme r finde t sic h i n de r Denkschrif i de s Präsidiums des Reichsverbandes der Deutschen Industrie : »Aufstie g ode r Niedergang ? Deutsch e Wirtschafts - un d Finanzrefor m 1929« (Veröffentlichunge n de s Reichsverbande s de r Deutsche n Industri e Nr . 49) , Berli n Dezember 1929 . H . Soell , Da s Versage n Weimar s un d di e Chance n vo n Bonn , in : Da s Parlament, Nr . 4 4 v. 4 . 11 . 1978 , S . 11 , spricht vo n eine m »Versage n de r ökonomischen un d sozialen Machteliten « i n de r Weimare r Zeit . »Insbesonder e di e Industri e erwie s sic h al s unfähig, mi t eine r dynamische n Wachstumsstrategie , di e vo r alle m ein e Steigerun g de r Binnenkaufkraft durc h ein e Expansio n de r Reallöhn e vorausgesetz t hätte , au f da s Koopera ­ tionsangebot einzugehen , da s ihr di e Gewerkschaften 191 8 gemacht hatten. « Leide r versäum t Soell es , dies e Aussag e genaue r z u begründe n un d Weg e z u zeigen , wi e da s be i de n herrschenden Konstellatione n möglic h gewese n wäre . Demgegenübe r ho b de r seinerzei t vie l beachtete Theoretike r de r Kommunistische n International e un d Leite r de s Institut s fü r Weltwirtschaft un d Weltpoliti k de r Moskaue r Akademi e de r Wissenschaften , E . Varga , i n seinen Analyse n regelmäßi g all e jen e Umständ e hervor , di e di e deutsche n Unternehme r zwangen, Druc k au f die Koste n un d insbesonder e di e Löhne auszuüben . Sieh e sein e Interpre ­ tationen in : International e Presse-Korresponden z Jg. 9 , Nr . 70 , 8 . 8 . 1929 , S . 1609 ; Nr . 107 , 18. 11 . 1929 , S . 2544 ; Jg. 10 , Nr . 12 , 3 . 2 . 1930 , S . 279ff. , un d viel e ander e Stellen . 83 »E s wa r woh l ei n entscheidende s Strukturproble m de r Weimare r Republik , da ß e s de n Regierungen nich t gelang , dies e Überlastun g de s ökonomische n System s z u korrigieren. « Petzina, Krise n (s . Anm . 57) , S . 21 . 84 E s ha t 193 0 Versuch e de r Wiederbelebun g de r Zentralarbeitsgemeinschaf t gegeben . Si e führten abe r wege n de r Widerständ e i n beide n Partnerverbände n z u keine m Ergebnis , sieh e U. Wengst , Unternehmerverbänd e un d Gewerkschafte n i n Deutschlan d i m Jahr e 1930 , in : VfZ, Bd . 25 , 1977 , S . 99ff . Auc h nac h de r Ablösun g de s britische n Pfunde s vo m Gol d wurden, soga r i n de r Regierung , Stimme n laut , ma n müss e wiede r z u einer Zentralarbeitsge ­ meinschaft kommen . A m 24 . 9 . 1931 , in de r erste n Kabinettssitzun g nac h de r Pfundfreigabe , sprachen Trendelenbur g un d Treviranu s dies e Möglichkei t an , Brünin g »erwiderte , da ß ma n eine zentral e Arbeitsgemeinschaf t jetz t nich t zustand e bringe n könnte« . B A R 43/11452 . 85 Al s J. M . Keyne s i n Englan d übe r di e Frag e nachdachte , wi e ma n di e Reallöhn e senke n könnte, wa s e r fü r nöti g hielt , schie d er di e Möglichkeit eine r Nominallohnsenkun g aus , we ü dies da s Lan d »i n a sor t o f civi l wa r o r guerill a warfar e carrie d on , industr y b y industry , al l over th e country « verwickel n würd e - ei n politische s Abenteuer . Freilic h stan d di e vo n ih m bevorzugte Alternativ e (ein e massiv e Erhöhun g de r Einfuhrzöll e durc h schlichte n Ak t de r Gesetzgebung be i unterstellte r Geldillusio n de r Gewerkschaften ) i n Deutschlan d nich t zu r Verfugung. Z u de n Ansichte n vo n J . M . Keyne s sieh e Howson/Winc h (s . Anm . 28) , S . 58 . 86 Di e Theori e de r »Reinigungskrise « ha t ein e wei t i n da s 19 . Jh. zurückreichend e Tradi ­ tion - un d übe r lang e Zeit auc h erheblichen Erklärungsgehal t fü r das Verständnis gesamtwirt ­ schaftlicher Bewegunge n gehabt . Si e ist sowoh l vo n liberale n al s auch marxistische n Theore ­ tikern vertrete n worden . Späterhi n ha t ma n e s ein e »liberalistisch e Verblendung « genannt , daß auc h nac h 192 9 die Kris e al s Chance de r Bereinigun g verstande n wurde , abe r die s würd e nur dan n überzeugen , wen n ma n aufzeige n könnte , da ß e s ander e Mechanisme n zu r Bereini ­ gung seinerzei t (schon ) gegebe n hätte . Tatsächlic h ha t ers t di e Erfahrung mi t diese r Kris e di e intellektuellen un d vor alle m di e politischen Voraussetzunge n fü r neuartig e gesamtwirtschaft ­ liche Steuerunge n geschaffen , di e freilich , wi e di e Gegenwar t zeigt , nich t mi t eindeuti g vorhersehbarem Erfol g wirken . I m übrige n hiel t de r Theoretike r de r Kommunistische n Internationale, E . Varga , ein e »kapitalistisch e Lösun g de r Krise « selbs t i m Januar 193 2 noc h

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Anmerkungen z u Seit e 182-18 4 immer nich t fü r ausgeschlossen . Siehe : International e Presse-Korresponden z Jg . 12 , 1932 , Nr. 13 , 15 . 2 . 1932 , S . 34 5 f. 87 Diese r Begrif f stamm t vo n A . Gehlen , siehe : Urmensc h un d Spätkultur . Philosophisch e Ergebnisse un d Aussagen , Bon n 1956 , S . 76 : »We r sic h völli g i n ein e große , d . h . vo n de n objektiven Realitäte n he r dominierend e Aufgab e verwandel t hat , wir d unwiderstehlich , wei l das Stimmrech t de r Sache n durc h ih n hindurchwirkt. « 88 Hitle r ka m a n di e Macht , al s nach de m tiefe n Abstur z de r wirtschaftlich e Aufschwung , wenn auc h zögerlich , i n fas t alle n Staate n scho n wiede r i n Gan g gekomme n war . Da s bedeutete, da ß sic h zahlreich e fü r di e später e konjunkturell e Dynami k wichtig e Größe n s o entwickelt hatten , da ß vo n ihne n jetzt förmlich ein e Schubkraf t ausgehe n konnt e (sieh e hie r insbesondere auc h di e wesentlic h erniedrigte n Nominallöhne) . Sodan n machte n e s da s beispiellos niedrig e Produktionsnivea u un d di e riesigen unausgelastete n Kapazitäte n möglich , daß i n de n Jahren nac h 193 2 aus dem wachsende n Sozialproduk t sowoh l de r zivile al s auch de r schnell wachsend e militärisch e Bedar f befriedig t werde n konnten , s o da ß di e gewaltig e Aufrüstung nich t au f Kosten de s Lebensstandard s gehe n mußt e - e s sah eher wie das Gegentei l aus. Außenpolitisc h fan d Hitle r ein e verändert e international e Nachkriegsordnun g vor , s o da s bereits zusammengebrochen e Versaille r System . Di e Norme n un d Institutione n de r freie n Weltwirtschaft ware n scho n vo r de m 30 . 1 . 193 3 hinweggefegt . All e Staate n wendete n sic h nach inne n un d setzte n national e Ziel e weit vo r internationale, fühlte n sic h a n keine Rücksich ­ ten gebunden . Auc h wen n ma n di e Weltwirtschaftskris e nich t fü r di e Erklärun g de r Tatsach e heranzieht, waru m Hitle r an die Macht gekomme n ist , mu ß ma n si e in Betracht ziehen , u m z u verstehen, waru m e r sein e Mach t i m Innere n un d nac h Auße n s o ausübe n konnte , wi e e r e s tat. Mindesten s i n diese m Sinn e gehör t di e Weltwirtschaftskris e zu m Fundamen t de s Dritte n Reiches.

10. Wirtschafilich e Ursache n de s Scheitern s de r Weimare r Republi k 1 I m Juni 197 9 trafe n sic h au f Einladun g de r Frit z Thysse n Stiftun g i n Köl n Historiker , Politikwissenschaftler, Juristen , Soziologe n un d Wirtschaftswissenschaftler , u m unte r Lei ­ tung vo n K . D . Erdman n di e Faktore n z u besprechen , di e zu m Scheiter n de r Weimare r Republik beigetrage n habe n können . De n Teilnehmer n la g ei n Expos e vo n H . Schuh e übe r die bisherige n Forschungsergebniss e un d di e Streitlag e vor , da s wiederhol t zitier t wird . Da s Expose und di e Ergebnisse de r Tagun g sin d publizier t in : K. D . Erdman n u. H . Schulz e (Hg.) , Weimar. Selbstpreisgab e eine r Demokratie . Ein e Bilanz heute , Düsseldor f 1980-nachfolgen d zitiert al s Erdmann-Schulze . Darübe r hinau s ha t K . D . Erdman n ein e Auswertun g de r Tagun g veröffentlicht in : Vo m Scheiter n eine r Demokratie . Forschungsproblem e zu m Untergan g de r Weimarer Republik , in : GWU , Bd . 32 , 1981 , S . 65ff . Der hie r abgedruckt e Tagungs-Beitra g is t i n zeitlic h unmittelbare m Zusammenhan g mi t dem obe n abgedruckte n Vortra g »Zwangslage n un d Handlungsspielräume « entstanden , wa s die Übereinstimmun g i n de r Grundaussag e un d auc h i n einige n Formulierunge n erklärt . Doch sin d di e Untersuchunge n jeweil s ander s angeleg t un d könne n auc h al s wechselseitig e Kommentare gelese n werden . 2 A . Hillgruber , Unte r de m Schatte n vo n Versaille s - di e außenpolitisch e Belastun g de r Weimarer Republik : Realitä t un d Perzeptio n be i de n Deutschen , in : Erdmann-Schulz e (s. Anm . 1) , S . 63 . Sieh e hierz u auc h M . R . Lepsius , Fro m Fragmente d Part y Democrac y t o Government b y Emergenc y Decre e an d Nationa l Socialis t Takeover : Germany , ì n : J . J . Lin z u. A . Stepa n (Hg.) , Th e Breakdow n o f Democratic Regimes : Europe , Baltimor e 1978 , S . 44 : Gustav Stolpe r hab e scho n End e 192 9 gesagt , e s geb e nu r noc h Oppositionsparteien . Dara n knüpft Lepsiu s di e Feststellung : »Thi s i s th e clea r pereeptio n o f th e crisi s o f parliamentar y

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Anmerkungen z u Seit e Í84-Í9 Í regime unde r condition s o f th e existin g part y Syste m i n 1929 , a t a tim e wher e neithe r th e economic crisi s no r th e impac t o f th e Naz i movemen t wer e dominatin g th e politica l scene. « 3 S o auc h sinngemä ß W . Conze , Di e politische n Entscheidunge n i n Deutschlan d 1929-1933, in : ders . u . H . Raupac h (Hg.) , Di e Staats - un d Wirtschaftskris e de s Deutsche n Reiches 1929/33 , Stuttgar t 1967 , S . 177 . 4 Mi t Bezu g au f Zelle n un d Molekül e formuliert e de r Physike r H . Maier-Leibnit z da s Problem: »E s schein t seh r vie l meh r Baufehle r z u geben , al s ma n bishe r wußte , un d andererseits gib t e s eine gan z unerwartet e Fähigkei t (de r Natur , K.B.) , mi t diese n Baufehler n fertig z u werden, solang e e s nicht z u viel e sind.« Sieh e H. Maier-Leibnitz , Atomenergi e vo r 2 3 Jahren un d heut e betrachtet , Vortra g au f de r Jahressitzun g de r Bayerische n Akademi e de r Wissenschaften a m 24 . 11 . 1979 , abgedruck t in : Bil d de r Wissenschaft , H . 12 , 1979 . 5 E . Friesenhahn , Zu r Legitimatio n un d zu m Scheiter n de r Weimare r Reichsverfassung , in : Erdmann-Schulze (s . Anm , 1) , S . 91 . 6 Bezeichnen d is t di e Arbei t vo n J . J. Linz , Th e Breakdow n o f Democrati c Regimes : Crisis, Breakdown , an d Reequilibrium , Baltimor e 1978 . Hie r finden sic h auc h i m Registe r keine Stichwörte r wi e Wirtschaft , Finanzen , Steuerlast , Haushalt , Konjunktur . Be i J. Haber ­ mas, Legitimationsproblem e i m Spätkapitalismus , Frankfur t 1973 , gib t e s eine n weitgezoge ­ nen Rahme n un d Klassifikatione n vo n Systemkrisen . 7 Sieh e hierz u K . Borchardt , Perspektive n de r Wachstumsgesellschaft , in : K . v . Beym e u. a. , Wirtschaftliches Wachstu m al s gesellschaftliche s Problem , Königstei n 1978 , S . 15 7 ff. Wen n man vo n eine m wesentlic h größere n Kuche n nu r noc h ei n Fünfte l bekomm t gegenübe r vorher be i kleinere m Kuche n ei n Viertel , kan n di e verfügbar e Kuchenmeng e insgesam t größer geworde n sein . Freilic h is t di e Unterstellung , di e Interessente n seie n nu r a n de r reine n Menge interessiert , nich t unbeding t vernünftig ; abe r sie scheint insgesam t vernünftige r al s di e Annahme, si e seie n i n Wahrhei t nu r a n de r Verteilun g interessiert . 8 Übe r de n Unterschie d zwische n wirtschaftliche r un d politische r Steuerun g sieh e A . O . Hirschman, Abwanderun g un d Widerspruch . Reaktione n au f Leistungsabfal l be i Unterneh ­ mungen, Organisatione n un d Staaten , Tübinge n 1974 . 9 Zu r Inflatio n un d speziel l z u de n politische n Implikatione n sieh e K . Borchardt , Di e Erfahrung mi t Inflatione n i n Deutschland , i n diese m Band , S . 15 1 íí., un d di e dor t angege ­ bene neuer e Literatu r übe r Inflatione n i n Deutschland. Ferne r F . Hirsc h u. J. Goldthorp e (Hg.) , The Politica l Econom y o f Inflation , Londo n 1978 . 10 Doc h mu ß ausdrücklic h au f zwe i Umständ e aufmerksa m gemach t werden : 1 . Ei n erheblicher Tei l de r beschriebene n Verlust e i m Inflationsproze ß is t weitgehen d de m Krie g zuzuschreiben. E s gehör t mi t z u de n Belastunge n de r politische n Ordnun g de r Republik , da ß sie di e Liquidierun g de r i m Verlau f de s Kriege s enor m angestiegene n Geldvermöge n ha t vornehmen müssen . 2 . Wa s vielfac h al s Verlus t vo n Geldvermöge n i m Inflationsverlau f beschrieben worde n ist , hätt e auc h ohn e Inflatio n i n eine m Umverteilungsproze ß großenteil s entzogen werde n müssen . 11 G . Stolpe r schrie b i m Vorwor t seine r 194 0 erschienene n Germa n Economy : »Diese s Buch wir d nich t geschrieben , u m ein e vorgefaßt e Theori e z u belegen , ein e Thes e z u beweisen. Dennoc h wir d e s in jedem Kapitel , bi s gan z zu m Ende , ein e erstaunlic h eindeutig e Entwicklungsrichtung enthülle n - da s Vordringe n de s Staate s i m Wirtschaftslebe n de r Nation.« Zitier t nac h de r deutsche n Übersetzun g Deutsch e Wirtschaf t 1870-1940 , Stuttgar t 1950, S . X L Diese s Vorwor t is t i n de r spätere n Ausgab e ders . u . a., Deutsch e Wirtschaf t sei t 1870, Tübinge n 1966 2 , nich t meh r enthalten . Dor t abe r findet sic h noc h der Stolpersch e Text , auf de n sic h da s Urtei l bezieht . 12 Dies e Frag e is t bekanntlic h ständi g kontrover s diskutier t worden . E s verdien t Beach ­ tung, da ß auc h jene beide n hohe n Reichsbeamten , di e i n de r Bankenkris e 193 1 schließlic h a n der Lösun g de r Folge n de s finanziellen Zusammenbruch s beteilig t gewese n sind , zuvo r i m Lager jener gestande n haben , di e da s Proble m herunterspielten . Noti z fü r de n Reichskanzle r

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Anmerkungen z u Seit e 192-í9 5 v. 24 . 9 . 1927 : »Sowei t i m Inlan d da s erforderlich e Kapita l nich t gebilde t werde n kann , is t Auslandskapital nötig . Da s stark e Dränge n de s Reichsbankpräsidente n nac h Drosselun g de r Auslandsanleihen ist , wi e Staatssekretä r Trendelenbur g mi t Ministerialdirekto r SchefFe r (s o geschrieben, K.B. ) i n wochenlange n Studie n festgeleg t hat , nich t zweckmäßig . Selbs t wen n kurzfristige Kredit e i n große m Maßsta b gekündig t werden , is t eine Gefährdung de r Währun g nicht z u befürchten . E s bedar f nu r eine r Heraufsetzun g de s Reichsbankdiskonts , u m lang ­ fristige Auslandsgelde r i n ausreichende m Maß e z u erhalten. « B A R 4 3 1/2337 . 13 K . D . Bracher , Di e Auflösun g de r Weimare r Republik , 1957 , S . 214 . 14 Zusammenfassen d K . Borchardt , Wachstu m un d Wechsellage n 1934-1970 , in : HdWSG , Bd. 2 , Stuttgar t 1976 , S . 685fF . u . 7O3fF. ; D . Petzin a u . W . Abelshauser , Zu m Proble m de r relativen Stagnatio n de r deutsche n Wirtschaf t i n de n zwanzige r Jahren, in : H . Mommse n u.a . (Hg.), Industrielle s Syste m un d politisch e Entwicklun g i n de r Weimare r Republik , Düssel ­ dorf 1974 , S . 26fF. ; R . Stucken , Schaffun g de r Reichsmark , Reparationsregelunge n un d Auslandsanleihen, Konjunkture n (1924-1930) , in : Deutsch e Bundesban k (Hg.) , Währun g un d Wirtschaft i n Deutschlan d 1876-1975 , Frankfur t 1976 , S . 249ff. ; G . Hardach , Weltmarkt ­ orientierung un d relativ e Stagnation . Währungspoliti k i n Deutschlan d 1924-1931 , Berli n 1976; Materia l zu m internationale n Wachstumsratenvergleic h be i 5 . Kuznets , Moder n Econo ­ mic Growth . Rate , Stxucture , an d Spread , Ne w Have n 1966 ; ders. , Economi c Growt h o f Nations. Tota l Outpu t an d Productio n Structure , Cambridg e Mass . 1971 ; A . Maddison , Phases o f Capitalis t Development , Banc a Nazional e de l Lavor o Quarterl y Review , Nr . 121 , Juni 1977 ; ders. , Pe r Capit a Outpu t i n th e Long-Run , in : Kyklos , Bd . 32 , 1979 , S . 4l2fF . 15 W . Fischer , Di e Weimare r Republi k unte r de n weltwirtschaftliche n Bedingunge n de r Zwischenkriegszeit, in : Mommsen , Syste m (s . Anm . 14) , S . 26ff . 16 Sieh e hierz u auc h K . Borchardt , Trend , Zyklus , Strukturbrüche . . . , i n diese m Band , S. lOOff . Ähnlic h übe r verschieden e Interpretationsmuste r neuerding s W , Fischer , Di e Welt ­ wirtschaft i m 20 . Jahrhundert. Beharrun g un d Wandel , in : HZ , Bd . 229 , 1979 , S . 54ff . 17 De r (spekulativen ) Potentialrechnun g liege n Überlegunge n zugrunde , di e ich veröffent ­ licht hab e i n Borchardt , Tren d (s . Anm . 16) . Dort da s Model l 1 . Di e quantitativen Materialie n sind entnomme n W . G . Hoffman n u.a. , Da s Wachstu m de r deutsche n Wirtschaf t sei t de r Mitte de s 19 . Jahrhunderts, Berli n 1965 . 18 De r vo n Wagenfuh r berechnet e Inde x de r industrielle n Produktio n is t jetz t leich t z u finden i n D . Petzin a u.a. , Sozialstatistische s Arbeitsbuc h III. Materialien zu r Statisti k de s Deutschen Reiche s 1914-1945 , Münche n 1978 , S . 61 . Ic h halt e di e Versuche , fü r de n Weltkrieg un d di e Inflatio n da s Sozialproduk t z u schätzen , fü r methodisc h unzulässig . Zusammenfassend jetz t C.-L . Holtfierich , Di e deutsch e Inflatio n 1914-1923 , Berli n 1980 , S. l93ff . u . 22Off . 19 Institu t fir Konjunkturforschun g (Hg.) , Konjunkturstatistische s Handbuc h 1933 , S . 41 . 20 Errechne t au s Statistische s Bundesam t (Hg.) , Bevölkerun g un d Wirtschaf t 1872-1972 , Wiesbaden 1972 , S . 261 . 21 Z u de m seh r eigentümliche n Konjunkturmuste r de r Zwischenkriegszei t sieh e K . Bor ­ chardt, Wandlunge n de s Konjunkturphänomen s i n de n letzte n hunder t Jahren , i n diese m Band, S . 7 3 ff. 22 A . Agthe , Statistisch e Übersich t de r Arbeitslosigkei t i n de r Welt , in : M . Saitze w (Hg.) , Die Arbeitslosigkei t i n de r Gegenwart , S c h V ß p , Bd . 185/1 , Münche n 1932 . 23 Di e Arbeitslosigkei t unte r Gewerkschaftsmitglieder n betru g 1904-191 3 durchschnitt ­ lich 2, 1 Prozen t un d 1924-192 9 durchschnittlic h 11, 4 Prozent . Statistisch e Jahrbüche r 191 4 und 1928ff . Freilic h is t z u bedenken , da ß de r Organisationsgra d nac h de m I. Weltkrieg wei t hoher wa r un d nu n auc h relati v meh r Arbeitnehme r i n gefährdete r Beschäftigungssituatio n den Gewerkschafte n angehörten . Zu m langfristige n Vergleic h un d zu m internationale n Vergleich vo n Arbeitslosenquote n sieh e auc h W . Galenso n u . A . Zellner , Internationa l Comparison o f Unemployment Rates , in : Nationa l Burea u o f Economic Research (Hg.) , Measu -

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Anmerkungen z u Seit e 196-19 9 rement an d Behavio r o f Unemployment , Ne w Yor k 1957 ; B. R . Mitchell , Europea n Histori ­ cal Statistic s 1750-1970 , Londo n 1975 , S . 167 , nach : Yearboo k o f Labou r Statistics ; den. , Statistischer Anhang , in : C . Cipoll a u . K . Borchardt , Europäisch e Wirtschaftsgeschichte , Bd. V: Die europäische n Volkswirtschafte n i m zwanzigste n Jahrhundert , Stuttgar t 1980 , S. 440 . 24 K . Littmann , Ausgaben , öffentlich e II, in: HdWW , Bd . I, Stuttgart 1977 , S . 353 . 25 Au f di e erhebliche n Erfassungsproblem e de r Investitionsaktivitä t is t hie r nich t einzuge ­ hen. Selbs t wen n ma n eine n größere n Fehlerspielrau m i n Rechnun g stellt , bleib t di e Grund ­ aussage korrekt . Di e hie r mitgeteilte n Zahle n beruhe n au f de n Schätzunge n vo n Hoffman n (s. Anm . 17) , S . 828 . 26 Auc h hie r sin d di e Erfassungsproblem e seh r groß . Di e Angabe n beziehe n sic h au f di e entsprechenden Zusammenfassunge n be i D . Keese , Di e volkswirtschaftliche n Gesamtgröße n für da s Deutsch e Reic h i n de n Jahren 1925-1936 , in : Conze/Raupac h (s . Anm . 3) , S . 51 . 27 Da ß di e obe n erläuterte n A n teils Ziffern nich t di e Qualitä t unabänderliche r Schicksal e gehabt haben , sol l wenigstens angedeute t werden . 1925/2 6 stammten 6 2 Prozent de r Finanzie ­ rungsmittel de s Wohnungsbau s au s öffentliche n Quellen ! 1929/3 1 immerhi n auc h noc h 4 2 Prozent. Die s wa r abe r z u eine m erhebliche n Tei l nich t au f ein e »naturwüchsige « Schwäch e des Kapitalmarkte s zurückzufuhren , sonder n wesentlic h auc h au f die staatliche Mietenpolitik . Siehe K . Borchardt , Realkredit - un d Pfandbriefmark t i m Wande l vo n lOOJahren , in : 100Jahr e Rheinische Hypothekenbank , Frankfur t 1971 , S . l34f . 28 Ander s Hardach , Weltmarktorientierun g (s . Anm . 14) , S . 34f. , un d den. , Deutschlan d in de r Weltwirtschaf t 1870-1970 , Ein e Einführun g i n di e Sozial - un d Wirtschaftsgeschichte , Frankfurt 1977 , S . 45 . 29 E . H . Phelp s Brow n u . M . H . Browne , A Centur y o f Pay , Londo n 1968 , Appendi x III und Tabell e 19 . 30 Keyne s weis t anschließen d darau f hin , da ß Deutschlan d nac h 192 4 seine n einstige n Wettbewerbsvorteil durc h di e kräftig e Reallohnerhöhun g i n eine n Nachtei l verwandel t habe . Siehe de n Abdruc k de r ursprüngliche n Veröffentlichun g au s Evenin g World , Ne w York , v . 25. 3 . 1929 , in : Th e Collecte d Writing s o f Joh n Maynar d Keynes , Bd . XVIII: Activities 1922-1932, Londo n 1978 , S . 316 . Ähnlich e Formulierunge n i n den. , Th e Germa n Transfe r Problem, EJ , Bd . 39 , 1929 , S . 3ff . Keyne s sprich t dami t eine s der »unlösbaren « Problem e an , die ma n 192 9 vo r sic h sah . 31 H . Soell , Da s Versage n Weimar s un d di e Chance n vo n Bonn , Da s Parlament , Nr . 44 , 1978, v . 4 . 11 . 1978 . 32 Nac h Statistische s Bundesam t (s . Anm . 20) , S . 25 4 u . 250 . Sieh e fü r genauer e Untersu ­ chungen G . Bry , Wage s i n German y 1891-1945 , Ne w Yor k 1960 . 33 S o auc h i n de r Tenden z richtig G . Castellan , Zu r soziale n Bilan z de r Prosperitä t 1924-1929, in : Mommsen , Syste m (s . Anm . 14) , S . 105 . Allerding s bedürft e de r Aufsat z i n mancher andere n Hinsich t de r Überarbeitung . 34 Hoffman n (s . Anm . 17) , S . 82 8 u . 174 . 35 Di e jeweil s verschiedene n Zahlenpaar e ergebe n sic h daraus , da ß i m erste n Fal l zu r Bereinigung de r Lohnquot e di e Arbeitnehmerquot e (Antei l de r Unselbständige n a n de r Gesamtzahl de r Erwerbstätigen ) de r Vorkriegszei t un d i m zweite n Fal l di e de s Jahres 192 8 konstant gehalte n wird . Di e Zahle n sin d zweifello s nich t genau . Zude m mu ß ma n fü r di e Berechnung de r Arbeitnehmerquot e au f da s Jahr 190 7 zurückgreife n un d fü r di e Ermittlun g der bereinigte n Lohnquot e unterstellen , da ß sic h bi s 191 3 keine wesentlich e Veränderun g de r sozialen Beschäftigungsstruktu r ergebe n hat . De r Berechnun g liege n Date n i n Petzina , Arbeitsbuch (s . Anm . 18) , S . 10 2 u . 55 , zugrunde . Vergleich t ma n di e durchschnittlich e Lohnquote de r zwanzige r Jahre mi t de r i n de r Bundesrepubli k 1950-197 0 (nac h Bereinigun g der Änderunge n de r Beschäftigungsstruktur) , s o ergib t sich , da ß di e Lohnquot e de r zwanzi ­ ger Jahre mi t 6 7 Prozent etw a u m 1 0 Prozentpunkte übe r der der Jahre 1950-197 0 gelegen hat .

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Anmerkungen z u Seit e 200-20 5 (Normiert wir d dabe i di e Arbeitnehmerquot e vo n 1950. ) Sieh e R . Skib a u . H . Adam , Da s westdeutsche Lohnnivea u zwische n de n beide n Weltkriege n un d nac h de r Währungsreform , Köln 1974 , S . 10 6 u . Schaubil d 7 . 36 Hoffman n (s . Anm . 17) , S . 86ff . 37 Die s ergibt sic h au s der Betrachtun g de r Einkommensverteilung i m Gewerb e allein . Ei n internationaler Vergleic h de r gewerbliche n Profitquote n zeig t di e extrem e Gewinnkompres ­ sion i n Deutschland . Sieh e E . H . Phelp s Brown , Pa y an d Profits , Mancheste r 1968 , S . l8f . 38 Allerding s setzt e sic h de r Anstie g de r Lohnquot e un d de r Arbeitseinkommensquot e nach 192 9 in de r Krise noch fort . Die s ist abe r ei n fü r Krise n normale s Phänomen , währen d e s für di e Aufschwüng e norma l ist , da ß dies e Quote n sinke n - wa s i n Deutschlan d vorhe r nich t eintraf. 39 Sieh e auc h K . Borchardt , Zwangslage n un d Handlungsspielräume , i n diese m Band , S. 165 . 40 Aufstie g ode r Niedergang ? Deutsch e Wirtschafts - un d Finanzrefor m 1929 . Ein e Denk ­ schrift de s Präsidium s de s Reichsverbande s de r Deutsche n Industri e (Veröffentlichunge n de s Reichsverbandes de r Deutsche n Industri e Nr . 49) , Berli n 1929 . 41 D . Petzina , Krise n gester n un d heut e - di e Rezessio n vo n 1974/7 5 un d di e Erfahrunge n der Weltwirtschaftskris e (Gesellschaf t fü r Westfälisch e Wirtschaftsgeschichte , H . 21) , Dort ­ mund 1977 , S . 21 . 42 K . H . Minut h (Bearb.) , Akte n de r Reichskanzlei : Di e Kabinett e Luthe r I und II, Bd. 2 , Boppard 1977 , Dokumen t 216 , S . 836 . 43 Deutsch e Sozialpoliti k 1918-1928 . Erinnerungsschrif t de s Reichsarbeitsministeriums , Berlin 1929 , S . lO8f . »Si e (di e staatliche Lohnpolitik , K.B. ) ha t de n Gedanke n de s kollektive n Arbeitsvertrages i n de n letzte n zeh n Jahre n mi t unbedingte r Folgerichtigkei t vertrete n un d sich stet s vo n de m Zie l leite n lassen , de n Antei l de r Arbeitnehme r a m Gesamtertra g de r Wirtschaft s o gro ß wi e möglic h z u gestalten. « 44 H . v . Beckerath , Reparationsagen t un d deutsch e Wirtschaftspolitik . Ein e programmati ­ sche Kriti k de r deutsche n Wirtschaf t de r Gegenwart , Bon n 1928 , S . 22 . 45 Sieh e H . Wunderlich , Aufwertung , in : HdSt , Ergänzungsband , Jen a 1929 4 , S . 24ff. ; O . Pfleiderer, Di e Reichsban k i n der Zeit de r große n Inflation , di e Stabilisierun g de r Mar k un d di e Aufwertung vo n Kapitalforderungen , in : Deutsch e Bundesban k (s . Anm . 14) , S . l94fï . Ma n beachte, da ß i n andere n Inflations-Lander n kein e Aufwertun g stattgefunde n hat , u . a. auc h nicht i n Frankreich . 46 S o formulier t G . Kessler , Di e Lag e de r deutsche n Arbeiterschaf t sei t 1914 , in : B . Harm s (Hg.), Strukturwandlunge n de r Deutsche n Volkswirtschaft , Bd . I, Berlin 1928 , S . 442 . 47 Sieh e hierz u imme r noc h nich t überhol t L . Preller , Sozialpoliti k i n de r Weimare r Republik, 1949 , Neuauflag e Düsseldor f 1978 , S . 296fT . 48 Sieh e hierzu M . Schneider , Unternehme r un d Demokratie . Di e freie n Gewerkschafte n i n der unternehmerische n Ideologi e de s Jahres 191 8 bi s 1933 , Bon n 1975 , S . 5OfF . 49 Fü r de n Bergba u zeig t die s auc h H . Mommsen , Sozialpoliti k i m Ruhrbergbau , in : ders. , System (s . Anm . 14) , S . 3O3ff . 50 Sieh e International e Pressekorrespondenz , Jg . 9 , Nr . 7 0 v . 8 . 8 . 1929 , S . 1609 , un d Nr. 10 7 v . 1 8 11 . 1929 , S . 2544 . 51 Hierz u vo r alle m H.-H . Hartwich , Arbeitsmarkt , Verbänd e un d Staa t 1918-1933 . Di e öffentliche Bindun g unternehmerische r Funktione n i n de r Weimare r Republik , Berli n 1967 ; U. Hüllbüsch , Koalitionsfreihei t un d Zwangstarif . Di e Stellungnahm e de s Allgemeine n Deut ­ schen Gewerkschaftsbunde s z u Tarifvertra g un d Schlichtungswese n i n de r Weimare r Repu ­ blik, in : ö . Engelhard t u . a. (Hg.) , Sozial e Bewegun g un d politisch e Verfassung . Beiträg e zu r Geschichte de r moderne n Welt , Stuttgar t 1976 , S . 559ff. ; B . Weisbrod , Schwerindustri e i n de r Weimarer Republik . Interessenpoliti k zwische n Stabilisierun g un d Krise , Wupperta l 1978 , S. 395fï .

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Anmerkungen r n Seit e 206-20 8 11. Zu r Frag e de r währungspolitischen Optione n Deutschland s i n der Weltwirtschaßskris e 1 Vo n jüngs t erschienene n Veröffentlichunge n sieh e H . Irmler , Bankenkris e un d Vollbe ­ schäftigungspolitik, in : Deutsch e Bundesban k (Hg.) , Währun g un d Wirtschaf t i n Deutschlan d 1876-1975, Frankfur t 1976 , S , 249ff . W . Jochmann , Brüning s Deflationspoliti k un d de r Untergang de r Weimare r Republik , in : Stegman n u.a . (Hg.) , Industriell e Gesellschaf t un d Politisches System . Beiträg e zu r politische n Sozialgeschichte , Bon n 1978 , S . 78ff . Zu r historischen Relativierun g de r Unwerturteil e übe r Brüning s Politi k sieh e W . J . Helbich , Di e Reparationen i n de r Är a Brüning . Zu r Bedeutun g de s Young-Plan s fü r di e deutsch e Politi k 1930-1932, Berli n 1962 ; H. Sanmann , Date n un d Alternative n de r deutschen Wirtschafts - un d Finanzpolitik i n de r Är a Brüning , Hamburge r Jahrbuch fü r Wirtschafts - un d Gesellschaftspo ­ litik, Bd . 10 , 1965 , S . l09ff . K , Borchardt , Zwangslage n un d Handlungsspielräum e i n de r großen Wirtschaftskris e de r frühen dreißige r jahre: Zu r Revisio n de s überlieferten Geschichts ­ bildes, i n diese m Band , S . 165 . l a Ander s J. Schiemann , Di e deutsch e Währun g i n de r Weltwirtschaftskrise , 1929-1933 . Währungspolitik un d Abwertungskontrovers e unte r de n Bedingunge n de r Reparationen , Bern 1980 . Da s Buc h erschie n gleichzeiti g mi t diese m Aufsatz . Schieman n such t darzulegen , daß ein e Abwertun g de r Reichsmar k ersten s politisc h schwieri g un d zweiten s (be i de m angenommenen Sat z vo n 2 0 Prozent ) i n Hinblic k au f das Zie l de r Krisenüberwindun g relati v wenig wirksa m gewese n wäre . Allerding s häl t e r di e Begründun g de r Verantwortliche n fü r die gewählt e Politi k fü r höchs t mangelhaft . Schieman n streif t jedoch, S . 176 , di e Frag e nur , die Gegenstan d diese s Aufsatze s ist , de r somi t durc h sein e Arbei t sachlic h nich t überhol t ist . Doch wurd e di e Gelegenhei t genützt , einig e Punkt e i n Diskussio n mi t Schiemann s Ausfüh ­ rungen z u klären . 2 Sieh e hierz u vo r alle m auc h di e Protokolle de r Sitzunge n de s Reichskabinetts , beginnen d mit 24 . 9 . 193 1 bis zur Verabschiedun g de r 4. Notverordnun g a m 7 . 12 . 1931 , BA Koblen z R 43 1/145 2 u . 1453 . E s is t nich t verständlich , wohe r R . E . Lüke , Vo n de r Stabilisierun g zu r Krise, Züric h 1958 , S . 334 , di e Informatio n hat , da ß di e entscheidend e Frag e de r Währungs ­ politik zwa r i n de r Presse , nich t abe r i m Kabinet t diskutier t worde n sei . Wi e erns t ma n si e tatsächlich nahm , erweis t auc h da s Urtei l vo n Staatssekretä r Trendelenbur g i n de r Vormit ­ tagssitzung de s 2. 10. , de r »da s Absinke n de s englischen Pfundes « al s »da s größte wirtschaftli ­ che Ereigni s sei t Friedensschluß « bezeichne t hat . 3 Die s bestätig t auc h W . Grotkopp , Di e groß e Krise . Lehre n au s de r Überwindun g de r Wirtschaftskrise 1929/32 , Düsseldor f 1954 , S . 209 f 4 Tex t de r Presseerklärun g i n R. S . Sayers , The Bank o f England 1891-1944 , Anhangband , Cambridge 1976 , S . 264f . 5 O . Emminger , Währungsentwertun g un d Knsenüberwmdun g i n England , WA , Bd . 40 , 1934/11, S . 437ff. ; S . K . Howson , Domesti c Monetar y Managemen t i n Britai n 1919-38 , Cambridge 1975 . 6 Die s is t kei n Vorwurf , de r sic h allei n gege n di e Kritike r de r Währungspoliti k a m End e der Weimare r Republi k richtet . Di e Praxis , historisch e Entscheidunge n z u kritisieren , ohn e die Alternative n ausdrücklic h z u benennen un d sie sorgfältig i n Hinblic k au f ihre (vermuteten ) Ergebnisse z u bewerten , is t vielmeh r wei t verbreitet . 7 Z u de n Begriffe n de r Währungstheori e un d Währungspoliti k de r dreißigerjahre sieh e E . Wagemann, Da s Devalvationsproblem , Wochenberich t de s Institut s fü r Konjunkturfor ­ schung, Jg . 4 , Nr . 36 , 2 . 12 . 1931 ; W . Förster , Theori e de r Währungsentwertung , Jen a 1936 , S. lff . 7a Auc h Schieman n (s . Anm . la ) verwende t de n Begrif f Abwertun g fü r gan z verschieden e währungspolitische Operationen , leg t dan n abe r seine r Untersuchun g mögliche r Wirkunge n einer Abwertun g de n moderne n Begrif f (Neufestsetzun g eine r Währungsparitä t mi t höhere m Preis de s Golde s i n RM ) zugrunde . Di e Entscheidung , eine n Abwertungssat z vo n 2 0 Prozen t

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Anmerkungen z u Seit e 208-20 9 zugrundezulegen, wir d S . 26 4 nu r mi t eine m Sat z begründet : Au s politische r Rücksicht ­ nahme gegenübe r Englan d hätt e de r Abwertungssat z unte r de m englische n (vo n 3 0 Prozent ) liegen müssen . Hie r lieg t nu n wiede r di e bereit s gerügt e Verwirrun g de r Begriff e vor : Di e Briten habe n nich t abgewertet , sonder n de n Goldpreis de s Pfundes freigegeben , sin d also zu m Floating übergegangen . Scho n deshal b konnt e de r britisch e Sat z nich t al s unverrückbare s Datum betrachte t werden , welche s eine r deutsche n »Abwertung « u m 2 0 Prozen t hätt e zugrundegelegt werde n können . Wi e sic h au s britische n un d deutsche n Quelle n ergibt , rechnete ma n noc h relati v lang e nac h de m 20 . 9 . mi t eine r geringere n Entwertun g de s Pfundes - un d späte r dan n mi t eine r Wiederaufwertun g (sieh e unte n Ziffe r HI/ 6 un d Anm. 28) . 8 C Krämer , De r We g de s Pfundes , Wirtschaftsdienst , Jg . 16 , 1931 , 25. 9 . 1931 ; ders., De r Weg de r Reichsmark , ebd. , 16 . 10 . 1931 . 9 S o argumentier t u . a. i m Rückblic k H . Luther , Vo r de m Abgrund . Reichsbankpräsiden t in Krisenzeite n 1930-1933 , Münche n 1964 , S . 156 . 10 Zu r Roll e de r bankgesetzliche n Regelunge n i m Gesamtzusammenhan g de r Young ­ Plan-Lösung sieh e auc h Begründun g zu m Entwur f eine s Gesetze s zur Änderun g de s Bankge ­ setzes vom 30 . 8 . 1924 , zugeleite t vo n de r Reichsregierung a m 7 . 2 . 1930 , Reichsta g IV, 1928, Drucksache 1623 , S . 3 . 11 Da ß di e deutsch e Regierun g un d di e Reichsban k sic h be i ihre n öffentliche n Bekundun ­ gen, waru m a n de r Währungsparitä t festgehalte n werde n sollte , zu r Verstärkun g de r Über ­ zeugungskraft ni e auc h au f de n Young-Pla n berufe n haben , beweis t übrigen s nich t da s geringe Gewich t de r Sach e fü r di e tatsächliche n Entscheidungen . E s dürft e darau f zurückzu ­ fuhren sein , da ß ein e solche Berufung innenpolitisc h höchs t unklug gewese n wäre , wei l si e di e Abhängigkeit de r deutsche n Politi k vo n diese m umstrittene n Vertragswer k beton t un d somi t den Gegner n nu r weiter e Munitio n geliefer t hätte . W o e s richti g verstande n wurde , ha t di e deutsche Seit e (i m internationale n Gespräch ) ihr e Entscheidungen , di e Mar k nich t freizuge ­ ben, durchau s auc h mi t de m Hinwei s au f di e Bindunge n durc h de n Young-Pla n begründet . 11a Schieman n (s . Anm . la ) geh t eine n mittlere n Weg : Zunächs t schilder t e r di e national e und international e Rechtslag e mi t ihre n Bindungswirkunge n (S . 167ff. ) un d leite t darau s Risiken wirtschaftliche r un d militärische r Sanktione n fü r de n Fal l eine r autonome n deutsche n Währungspolitik ab , u m dan n abe r seine n Mutmaßunge n übe r di e Wirkung eine r 2Oprozenti ­ gen Abwertun g de n günstigere n Fal l - ohn e handelspolitische , politisch e un d militärisch e Maßnahmen al s Reaktione n de s A u s l a n d e s - zugrundezulege n (S . 254f . zu r Begründung) . 12 Stenographi c Note s o f th e Londo n Conference , 20.-23 . 7 . 1931 , in : Document a o n British Foreig n Polic y 1919-1939 , Seri e 2 , Bd . 2 , 1931 , Londo n 1947 , S . 435ff. , speziel l S. 44 4 ff. u. 48 2 f. Brünin g kämpft e u m di e Aufhebung de r Bestimmunge n übe r de n Mindest ­ diskontsatz un d di e Notensteue r be i Unterschreitun g de r Mindest-Deckun g de r Note n un d um förmliche Anerkennun g de r Aufhebun g de r Goldeinlösungspflicht , nich t abe r u m da s Recht de r Kursänderung . Die s abe r sahe n di e französische n Teilnehme r voraus , wi e au s de r Erklärung vo n Finanzministe r Flandi n hervorgeht : »Thi s is why, a t any rat e so far a s France i s concerned, w e mak e th e mos t explici t reserve s o n thi s point , al l th e mor e becaus e th e exchange o f view s betwee n Dr . Brünin g an d Mr . Stimso n ha s mad e i t appea r that , s o t o speak, ther e i s some questio n o f organising th e legal devalorisatio n o f the German currency. « (Ebd., S . 449. ) Al s di e Frag e de r Änderun g de r § § 2 9 und 3 1 in de r 4. Sitzun g de r Chefs noc h einmal aufkam , wendet e sic h de r französisch e Präsiden t wiederu m strik t gege n ein e Ände ­ rung de r Haage r Vereinbarungen , wobe i e r de n interessante n Gedanke n äußerte : »bu t th e Governmental Conferenc e mus t avoid , eve n i n th e indirec t wa y (de r britisch e Premiermini ­ ster MacDonal d hatt e ein e weicher e Beschlußforme l vorgeschlagen , K.B.) , recommendin g inflation t o the German Government. « De m antwortet e Brünin g i n einer seh r bemerkenswer ­ ten Weise : »I think th e proposa l pu t forwar d b y th e Chairma n o f thi s Conferenc e doe s no t recommend an y inflatio n a t all . Wha t w e hav e don e i s th e opposit e o f inflation. W e hav e pu t

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Anmerkungen z u Seit e 209-2í 3 forward a policy o f deflation fo r the last few months , an d I am prepared to put on record the declaration o f th e Germa n Governmen t tha t th e German Governmen t i s prepared t o do al l that i s possibl e t o kee p th e stabilise d mark , a s wa s propose d yesterda y b y M . Francqui. « (Ebd., S . 482. ) Da ß di e französisch e Regierun g dan n selbs t au f di e i n Pari s un d Londo n indirekt un d direk t empfohlen e Entscheidun g zugunste n de r Devisenbewirtschaftun g »seh r erregt« reagierte , beleg t das Telegramm von Botschafter Hoesch v. 6. 8. 1931 , PA Büro RM 7 - Frankreic h 2 4 Blatt 19 1 ff. Da s britische Foreign Office ha t am 7. 8 . 193 1 einem Angehöri ­ gen de r französische n Botschaf t i n Londo n gegenübe r erklärt , e s halt e di e Devisenbewirt ­ schaftung angesicht s der anderen Konsequenzen, di e Deutschland sonst ziehen müsse, für das kleinere Übel . Publi c Recor d Offic e Londo n F O 371/15210. 13 Grotkop p (s . Anm . 3) , S . 202 . Auc h Schieman n (s . Anm . la) , S . l85f. , stütz t sic h hinsichtlich dessen , wa s Keyne s gesag t un d gemein t habe n soll , allei n au f Grotkop p un d Brüning (s . Anm . 14) . 14 H . Brüning , Memoire n 1918-1938 , Stuttgar t 1970 , S . 506 . 15 Memorandu m t o th e Prim e Minister s Advisor y Committe e o n Financia l Question s vom 20 . 11 . 1931, abgedruckt in : Collecte d Writing s o f John Maynar d Keynes , Bd . XVIII, Activities 1922-1932 , Reparations , Londo n 1978 , S . 358 . 16 Hamburge r Fremdenblat t vo m 9 . 1 . 1932 . Ma n könnt e versuch t sein , diese s Zita t al s einen Bele g dafü r anzusehen , da ß Keynes , zumindes t z u diese m Zeitpunkt , di e deutsch e Politik noch nicht als unbedingt fehlerhaf t bezeichne n wollte. Somi t hätte er der Regierungs­ auffassung rech t nah e gestanden . . . wen n e s nich t ebe n ein e unte r viele n Bemerkunge n unterschiedlicher Ar t gewese n wäre . 16a Schieman n (s . Anm . la) , S . 249 , schein t hingege n Abwertun g un d Devisenbewirt ­ schaftung nu r al s Alternative n z u betrachten. Hierz u sieh e mehr unte r Ziffe r 12 . 17 Di e französisch e Währun g wa r i n diese r Zei t tatsächlic h ni e gefährde t un d ni e i m Verdacht, di e Goldparität änder n zu müssen oder ändern zu wollen. Bei m US-Dollar war die Lage zeitweise anders. Seit Oktober 193 1 galt der Dollar wiederholt als gefährdet, wenngleic h die Meinunge n darüber , o b di e US A vo n de r Paritä t abgehe n müßte n ode r nu r wollten , geteilt gewesen sind. Sieh e hierzu zusammenfassend Ch . P. Kindleberger, Die Weltwirtschafts­ krise 1929-1939, München 1973 , S. 19 2 ff. Di e anhaltenden Besorgnisse europäischer Zentral­ banken über den Dollar spiegelt auc h ein Reisebericht von Jay E . Creme, des für Auslandsope ­ rationen bei der Federal Reserv e Bank of New York Zuständigen, i m Herbst 1932 : Report of European Trip , Octobe r 1 t o Novembe r 10 , 1932 , J . E . Crane , aecompanie d b y Lewi s Galantiere, Federal Reserve Bank of New York, Archivkopi e aus den George Leslie Harrison ­ Papers in der Columbia-University, Ne w York , Binde r 34 . Darin auch Niederschriften übe r Besprechungen mi t deutsche n Partnern . 18 Reichskabinett-Protokoll e B A Koblenz , R 43 1/1452. 19 IfZG , Tagebüche r Hans Schäffer, 26 . 9. 1931 , S. 848 . Siehe auch die eigene Darstellung von Luthe r übe r da s vorhergehend e Telephona t mi t Hüls e (Basel ) i n de n Tagesberichte n Reichsbankpräsident Luther , 26 . 9 . 1931 , BA Koblen z N L Luthe r Nr . 36 6 Blatt llOff . 20 Vorgan g i n B A Koblen z R 43 1/2437 . Sieh e auc h B A Koblen z N L Luthe r Nr . 36 6 26. 9 . 1931. 21 W . Woytinsky, Internationale Hebung der Preise als Ausweg aus der Krise, Leipzig 1931. 22 Schreibe n R. Dalberg s mit beigefugter Denkschrif t fü r den Reichskanzler v. 3. 10 . 1931: BA Koblenz , R 43 1/2437. 23 Ebd . Dalber g macht e sic h allerding s erheblich e Illusione n übe r di e Interesse n un d Absichten de r Engländer , vo n dene n e r nich t nu r erwartete , si e würde n au f Befrage n mitteilen, au f welchem Kur s unterhalb der alten Parität sie das Pfund faktisc h z u stabilisieren wünschten, sonder n auch, daß sie ein starkes Interesse zunächst an einer faktischen un d später an einer formale n Stabilisierun g hätten , wen n auc h selbstverständlich au f einem niedrigere n Niveau.

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Anmerkungen z u Seit e 2Í4-2Í 7 24 Brüninç , Memoire n (s . Anm . 14) , S . 367 . 25 Anony m (R . Dalber g u . W . Gräveï) , Ei n Program m de r Devalvation , De r Deutsch e Ö k o n o m i s t , Jg . 49 , Nr . 49 , 11 . 12 . 1931 . 26 Wageman n (s . Anm . 7) . K . E . Born , Di e deutsch e Bankenkrise , Münche n 1967 , S . 45 , erwähnt, e s hab e Abwertungsvorschläg e Wagemann s i m Jahr 193 1 gegeben . Hierfü r is t abe r kein Bele g z u finden. De r im Januar 193 2 bekanntgewordene Wagemann-Plan , de r i m In - und Ausland ei n ungeheure s Ech o gefunde n hat , sa h etwa s andere s vor , worau f übrigen s scho n Bemerkungen i n de m obe n genannte n kritische n Aufsat z Wagemann s hindeuten . 27 Sayer s (s . Anm . 4) , Appendixes , S . 265 . 28 Emminger , Währungsentwertun g (s . Anm . 5) , S . 437 . Fü r di e Erläuterunge n de r briti ­ schen Botschafte r sieh e Document s o n Britis h Foreig n Polic y (s . Anm . 12) , S . 265ff . Zu r Vermutung, da ß Englan d alsbal d zu m Goldstandar d zurückkehre n werde , sieh e u.a . auc h Ministerialdirigent Norde n au s de m Reichsfinanzministeriu m i n eine r Ausarbeitun g fü r Staatssekretär H . Schäfíe r v . 23 . 9 . 193 1 »Erst e Gedanke n darüber , o b Deutschlan d de m Beispiel England s hinsichtlic h seine r Währun g folge n soll. « B A N L Luthe r Nr . 366 , Blatt 94íT . Sieh e z u diese m a m 22 . 9 . 193 1 vo n Schäffe r bestellte n Memorandum : IfZG , Tagebücher Han s Schäfíer , 22 . 9 . 1931 . 29 Luk e (s . Anm . 2) , S . 334 . Di e quellenmäßig e Basi s hierfü r schein t mi r allerding s etwa s zweifelhaft, sieh e unten . 29a Schieman n (s . Anm . la) , S . 188 , erwähn t i n diese m Zusammenhang , di e deutsch e Regierung hab e a n eine n Abwertungssat z vo n 2 0 Prozen t gedach t un d nenn t al s Bele g di e Ministerbesprechung a m 2 . 10 . 193 1 vormittags . E s ist abe r seh r fraglich, o b wirklic h jeman d an 2 0 Prozen t gedach t hat . I m Protokol l steh t nu r unte r de n Argumente n de s Reichskanzler s für di e Stabilitä t de r Währun g u . a.: »E s se i auc h ein e Unmöglichkei t z u hoffen , da ß ma n de n Stand de r Währung au f einem u m 2 0 v. H. abgesenkte n Nivea u halte n könne. « B A Koblen z R 43 1/1453 . Brünin g schein t dies e Zah l ehe r fre i gegriffe n z u haben . Ma n kan n allerding s nu r darüber spekulieren , welche s Wechselkursregim e e r überhaupt i m Aug e gehab t hat , al s er sic h gegen Alternative n ausgesproche n hat : »schmutzige s Floaten« , Abwertun g gege n Gol d (warum sollt e dan n de r Sat z nich t gehalte n werde n können?) , Anschlu ß a n da s Pfun d (vielleicht ha t e r sic h a n de m damal s gerad e erreichte n Entwertungssat z de s Pfunde s orien ­ tiert, al s e r 2 0 Prozen t nannte?) . 30 Quell e hierfü r is t di e Eintragun g i m Tagebuc h vo n Han s Schäffe r unte r de m 21 . 9 . nac h einem Gespräc h mi t Dreyse . Interessan t di e Fortsetzun g de r Notiz : »Drcys e ha t daraufgesagt , er würd e da s nich t gern e tu n un d möcht e e s au f all e Fäll e z u vermeide n suchen. « IfZG , Tagebücher Han s Schäffer , S . 806 . Siepmann gehört e übrigen s z u jenen fuhrende n Männer n i n de r Ban k vo n England , di e schon länger e Zei t vo r de m 19 . 9 . fü r ei n Abgehe n vo m Gol d eingetrete n sind . S o berichte t auch J . E . Cran e de r Federa l Reserv e Ban k o f Ne w Yor k vo n seine r Europa-Reis e August / September 193 1 (Tex t abgeschlosse n 16 . 9 . 1931) : »Eve n a t th e Ban k o f Englan d on e hear s men lik e Siepman n an d Rod d admi t quit e frankl y tha t th e onl y wa y ou t i s fo r Englan d an d most o f th e othe r Europea n countrie s t o g o of f th e gol d Standar d temporarily , leav e Franc e and th e Unite d State s hig h an d dry , an d the n retur n t o gold a t a lower level. « Federa l Reserv e Bank o f Ne w York , Archi v Kopie , wi e obe n i n Anm . 17 . 31 If2G , Tagebüche r Han s Schäffer , 23 . 9 . 1931 , S . 825 . 32 N A Washingto n R G 59 , Diplomati e Branc h Decima l File , 862.51/3206 . Da s Tele ­ gramm schließ t mi t de m interessante n Hinweis , Deutschlan d werd e ein e Aufgab e de s Goldstandards erwägen , fall s di e US A gleiche s täten . 33 PR O F O 371-15211 . 33a B A Koblen z N L Luthe r Nr . 340 . 34 Luther , Abgrun d (s . Anm . 9) , S . 155 . Offenba r au f dies e Stell e beziehe n sic h auc h di e

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Anmerkungen z u Seit e 2 î l - 2 2 í Angaben i n historische n Standardwerke n wi e Gebhardt , Handbuc h de r Deutsche n Geschichte, Bd . 4/1 , Stuttgar t 1973 9 , S . 312 . 35 Sieh e Grotkop p (s . Anm . 3) , S . 206 , Anm . 206 , übe r ein e persönlich e Auskunf t vo n K . Blessing. 36 IfZG , Tagebüche r Han s SchäfTer , S . 821 . 37 Ebd. , 21 . 7 . 1931 ; Tagesbericht de s Reichsbankpräsidente n Luthe r v . 21 . 7 . 1931 , B A NL Luthe r Nr . 365 . Auch : Politi k un d Wirtschaf t i n de r Krise . Quelle n zu r Är a Brünin g (Quellen zu r Geschichte de s Parlamentarismus un d der politischen Parteien , III. Reihe, Bd . 4 / I), Düsseldorf 1980 , S . 783 . I n der unveröffentlichte n Denkschrif t vo n Han s Schäffer , Marcu s Wallenberg un d di e deutsch e Bankenkrise , 1934 , stell t Schäffe r übe r da s i m Tagebuc h Notierte hinau s al s Meinun g vo n Norma n allerding s noc h fest : »Fü r de n äußerste n Notfal l bliebe abe r imme r noc h da s Auslandsmoratorium , da s i n seine n Nachwirkunge n fü r de n deutschen Kredi t auc h nich t ewi g dauer n würde . U m di e inner e Wirtschaf t i n Bewegun g z u halten, müßte n di e Goldeinlösungspflich t un d di e Pflich t zu r Haltun g eine r bestimmte n Golddecke fü r einig e Zei t suspendier t werden. « Zitier t nac h E . Wandel , Han s SchäfTer . Steuermann i n wirtschaftliche n un d politische n Krisen , Stuttgar t 1974 , S . 216 . Ware n e s nu n Sprague ode r Norman , di e a n diese m Ta g di e Suspensio n de r Goldeinlösungspflich t in s Gespräch gebrach t haben ? Un d wa s sollt e die s gena u bedeuten ? 38 Sayer s (s . Anm . 4) , Bd . 2 , S . 415 . 39 B A Koblenz , N L Luthe r Nr . 337 : Aufzeichnung Hilge r va n Scherpenber g übe r Bespre ­ chung mi t Montag u Norma n a m 19 . 10 . 1931 . 40 B A Koblenz , N L Luthe r Nr . 338 : Aufzeichnun g Vocke s übe r Besuc h be i de r Ban k vo n England a m 3 . 12 . 1931 . 40a PR O F O 371/15936 . De m Berich t de s Botschafter s is t ei n Memorandu m de s Com ­ mercial Counsello r F . Thelwal l vo m 14 . 1 . 193 2 beigeschlossen . Dari n berichte t er , da ß di e Deutschen jetzt (nac h de n Notverordnungsmaßnahmen ) Brüning , de r sic h al s star k erwiese n habe, Hitle r vorzögen , nachde m »Brünin g ha s stole n Hitler' s thunder« . Welch e politisch e Unmöglichkeit ei n Abgehe n vo m Goldstandar d i n Deutschlan d wäre , läß t Thelwall s Sat z ahnen: »I cannot imagin e tha t a programm e consistin g chiefl y o f departur e fror n th e gol d Standard an d ejeetio n o f al l Jews reall y appeal s t o a larg e sectio n o f th e Germa n nation. « 41 G . Haberler , Di e Weltwirtschaf t un d da s international e Währungssyste m i n de r Zei t zwischen de n beide n Weltkriegen , in : Deutsch e Bundesban k (s . Anm . 1) , S . 225 . 42 Sieh e u.a . H . Luther , Wirtschaftsfrage n de r Gegenwart , Jen a 1932 , S . 74 . 43 A m 28 . 9 . 193 1 sprache n H . Brünin g un d H . Luthe r be i der 50-Jahrfeie r de s Deutsche n Sparkassenverbandes. Tex t de r Brüning-Red e i n Schulthess ' Europäische r Geschichtskalender , N.F. 47 , 1931 , München 1932 , S . 2lOfF . E s ist inzwischen üblic h geworden , di e von Brünin g und andere n beschworen e Inflationsgefah r gerin g z u schätzen ; doc h mu ß ma n de n Verant ­ wortlichen auc h insofer n Gerechtigkei t widerfahre n lassen , al s ja di e Anhänge r eine r Abwer ­ tungspolitik damal s ausdrücklic h di e Preissteigerunge n al s de n eigentliche n Zwec k de r Maßnahme bezeichneten . Die s wa r zu m Beispie l auc h di e Aussag e i n de r obe n zitierte n Denkschrift vo n R . Dalber g vo m 3 . 10 . 193 1 un d de s Quesnay-Plans , un d i n diese m Sinn e hatte sic h auc h Keyne s geäußert . 44 Wi e verbreite t 1931/3 2 »Ersatzabwertungen « ode r »Zusatzabwertungen « mi t handels ­ politischen Mittel n gewese n sind , zeig t W . Greiff , De r Methodenwande l de r europäische n Handelspolitik währen d de s Krisenjahre s 1931 , Berli n 1932 , i n nahez u vollständige n Über ­ sichten. 45 B A Koblenz , Protokol l de r Ministerbesprechun g 15 . 1 . 193 2 R 4 3 1/1454 . 46 B A Koblenz , N L Silverber g Nr . 249 : Protokol l übe r di e Sitzun g de s Präsidial - un d Vorstandsbeirates fü r allgemein e Wirtschaftspoliti k a m 20 . 4 . 1932 . 47 B . Josephy, Währungsschutz , Währungsbeherrschung , Jen a 1933 , S . 10 5 - da s Manu ­ skript ist , ausweislic h de s Vorworts , i m Herbs t 193 2 abgeschlosse n worden . De r Verfasse r

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Anmerkungen z u Seit e 221-22 4 hat diese n We g nich t empfohlen , sonder n nu r zeige n wollen , wi e ma n mi t etliche n »Neben ­ fragen« de r Wechselkursentscheidunge n hätt e ferti g werde n können . 48 Di e eigentümlich e Kombinatio n vo n Wolle n un d Müsse n be i de n britische n Entschei ­ dungen komm t fei n zu m Ausdruc k i n dem Zitat : »Si e (di e britischen Währungsbehörden , K . B.) ware n bereit , sic h di e Pfundentwertun g vo n de n Ereignisse n aufnötige n z u lassen. « O . Emminger, Di e englische n Währungsexperiment e de r Nachkriegszeit , in : WA , Bd . 40 , 1934 / II, S. 325 . 49 Diese r Punk t veranlaß t noc h 197 6 J. L . Kooke r zu eine r polemische n Bemerkung : »A t the Londo n Conferenc e o f July 1931 , th e U.S . attemp t t o rescu e German y fro m th e sever e French demand s dismaye d an d disheartene d th e French . B y proposin g th e freezin g o f short ­ term foreig n credit s i n German y an d rigid exchang e control , th e Americans , i n efïect , wer e instigating th e stringen t financial control s an d autarki c policie s late r perfecte d b y th e Nazis. « J . L . Kooker , Frenc h Financia l Diplomacy : Th e Interwa r Years , in : ß . M . Rowìan d (Hg.) , Balance o f Power o r Hegemony : Th e Interwa r Monetar y System , Ne w Yor k 1976 , S . 113 . 50 Die s wa r freilic h kein e Besonderhei t i n Deutschland . 1931/3 2 ga b e s nu r seh r wenig e Länder in Europa, di e nicht i n der einen oder anderen For m die Devisen-Beschaffung regulier t hätten. Selbs t Großbritannie n ha t vo m 22 , 9 . 193 1 bi s zu m 3 . 3 . 193 2 sein e Zufluch t z u Kapitalverkehrskontrollen genommen , u m de n Kursverfal l z u bremsen . 50a Die s schein t Schieman n (s . Anm . îa) , S . 281 , und a n anderer Stell e be i seine n Analyse n zu übersehen . 51 Krämer , De r We g de s Pfunde s (s . Anm . 8) , S . l625f . 52 Au s de r umfangreiche n Literatu r übe r di e Geldpoliti k nac h de r Freigab e de r Kurs e i n den verschiedene n Länder n se i vo r alle m verwiese n au f die große komparativ e Darstellun g i n Bd. 4 3 de s W A 1936/1 , sowi e O . Pßeiderer , Pfund , Ye n un d Dolla r i n de r Weltwirtschafts ­ krise. Monetär e Konjunkturpoliti k i n Großbritannien , Japa n un d de n Vereinigte n Staaten , ihre volks - un d weltwirtschaftlich e Bedeutung , Berli n 1937 , un d Kindleberge r (s . Anm . 17) . 53 IfzG , Tagebüche r Han s Schäffer , 23 . 9 . 1931 , S . 822 . 54 Berich t übe r di e Vorstandssitzun g de s Reichsverbande s de r Deutsche n Industri e a m 28. 9 . 193 1 und di e Erklärung de s Reichsverbandes de r Deutsche n Industri e vo m 29 . 9 . 1931 , in: Schulthess ' Europäischer Geschichtskalender , Bd . 72 , 1931 , Münche n 1932 , S . 2l3f . 55 Z u diese m - politische n - Proble m sieh e auc h Borchard t (s . Anm . 1) . 56 Nationa l îndustria l Conferenc e Board, Th e Situatio n i n German y a t the Beginning o f 1933 , New Yor k 1933 , S . 49 .

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Verzeichnis de r ersten Druckort e 1 Europa s Wirtschaftsgeschichte - ei n Modell für Entwicklungsländer? (Veröffentlichunge n der Wirtschaftshochschul e Mannheim , Bd . 20) , Stuttgar t 1967 . 2 Zu r Frage des Kapitalmangels in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Deutschland, in: JNST, Bd . 173 , 1961 , S. 401-421 . 3 Regional e Wachstumsdifferenzierung i n Deutschland im 19. Jahrhundert unter besonderer Berücksichtigung de s West-Ost-Gefälles, in : W. Abe l u.a. (Hg.) , Wirtschaft , Geschicht e und Wirtschaftsgeschichte , Festschrif t fü r F . Lütge , Stuttgar t 1966 , S . 325-339 . 4 Zu m Proble m de r Erziehungs- und Ausbildungsinvestitione n i m 19 . Jahrhundert, in : H. Aubin u.a . (Hg.) , Beiträg e zu r Wirtschafts - un d Stadtgeschìchte , Festschrif t fü r H . Ammann, Wiesbade n 1965 , S . 380-392 . 5 Wandlunge n des Konjunkturphänomens in den letzten hundert Jahren. Bayerische Akade­ mie der Wissenschaften, Sitzungsbericht e der Philosophisch-historischen Klasse , Jg. 1976 , H. 1 . Münche n 1976 . 6 Trend , Zyklus , Strukturbrüche , Zufälle : Wa s bestimm t di e deutsch e Wirtschaftsge ­ schichte de s 20. Jahrhunderts?, in : VSWG , Bd . 64 , 1977 , S . 145-178 . 7 Di e Bundesrepublik Deutschlan d i n den säkulare n Trend s de r wirtschaftlichen Entwick ­ lung, hie r erstmal s veröffentlicht . Geplan t fü r ein e Aufsatzsammlung , di e bislan g noc h nicht erschiene n ist : W . Conze u. M . R . Lepsiu s (Hg.), Di e Bundesrepublik Deutschlan d (Arbeitstitel), Stuttgar t 198 2 oder 1983 . 8 Di e Erfahrung mi t Inflatione n i n Deutschland, in : J. Schlemme r (Hg.) , Enteignun g durc h Inflation?, Münche n 1972 , S . 9-22 . 9 Zwangslage n un d Handlungsspielräume i n der großen Wirtschaftskrise de r frühen dreißi ­ ger Jahre: Zu r Revisio n de s überlieferten Geschichtsbildes , in : Bayerisch e Akademi e de r Wissenschaften, Jahrbuc h 1979 , Münche n 1979 , S . 87-132 . 10 Wirtschaftlich e Ursache n des Scheiterns der Weimarer Republik, in : K. D. Erdmann u. H. Schulze (Hg.) , Weimar , Selbstpreisgab e einer Demokratie. Ein e Bilanz heute, Düsseldor f 1980, S . 211-249 . 11 Zu r Frag e de r währungspolitische n Optione n Deutschland s i n de r Weltwirtschaftskrise , in: K. Borchardt u. F. Holzheu (Hg.), Theorie und Politik der internationalen Wirtschafts ­ beziehungen. H . Mölle r zu m 65. Geburtstag , Stuttgar t 1980 , S . 165-182 .

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Register Das Register de r Personennamen weis t nich t die in den Anmerkungen genannte n Autore n wissenschaftlicher Beiträg e nach. Stichwörte r mi t allzu häufiger Nennun g wi e Entwicklung , Wachstum, Wirtschaftspoliti k u.a . sin d nich t aufgenommen . Abelshauser, W . 59, 10 8 Abwertung 174 , 206-224, 270, 272, 278, 289-294 (s . a. Devalvation , Wechselkurs ) ADGB 273, 27 6 Agrar- s . Landwirtschaf t - gesellschaf t 15 , 38 - revolutio n 23 1 - politik 140 , 201 - Verfassun g 14 , 21, 55ff., 232 , 24 4 Akkumulation s . Kapitalbildun g Aktiengesellschaft(en) 36 , 243ff . - kurs e 92ff . Aktion, konzertiert e 180f. , 21 2 v. Alvensleben , Albrech t Graf24 3 Anlagevermögen 28, 30, 127, 134 ff, 239 f , 242 (s.a . Kapital ) Antikapitalismus 19 0 Arbeit(cr)- 16, 22, 60ff, 141 , 155, 181, 199, 228 ff. - bewegung , Spaltun g de r 204 Arbeitsbeschaffung 157 , 165, l70ff, 265ff , 270 ff. - einkommensquot e 118 , 199, 261, 282, 288 (s. a. Einkommensverteilung , Lohnquote ) - losigkei t 14 , 16 , 75, 95ff, H9f , 128 , 149, 152, 155 , 165, 167, l7Off, l78ff,l94ff , 200, 239 , 250 , 261 , 275, 279 , 282 , 28 6 - marktordnun g 121 , 147, 171, 181, 201, 204f., 28 8 - Produktivitä t s . Produktivitä t - zei t 16 , 180 , 199 , 203, 28 1 f. Armut 15 , 17 , 19 , 22f. , 55 , 229 Arztdichte 5 0 ff Aufrüstung 157 , 160 , 28 4 Aufwertung- vo n Altschulde n 156 , 203 - de r Reichsmar k 215 , 22 0 f. Augsburg 39 , 24 5 f Ausbildung60-70, 248f f (s.a . Bildung , Er ­ ziehung)

Ausfuhr 32, 54, 56, 127, 141 f., 197f. , 203, 221, 24 1 Auslandsverschuldung 35 , 171 f., 191 , 197, 211, 222f . 243f , 274f . 28 6 Außenhandel s. Ausfuhr, Einfuhr , Handels ­ bilanz Außenpolitik 17 0 ff, 190 , 203 , 27 4 Bachern, Heinric h 274 Baden 4 4 ff, 24 3 Banken- 33ff, 39 , 158 , 169 , 237 , 244 - kris e 169 , 270, 27 5 Bank- fü r Internationalen Zahlungsausgleic h (B.Ï.Z.)2l2f, 2l7f , 27 2 - fü r Hande l un d Industrie , Darmstad t 24 4 - geset z 170 , 174 , 209 , 271 , 290 - vo n Englan d 169 , 208 , 21 6 ff - vo n Frankreic h 21 2 Basel 212 , 2l7f , 24 2 Baumstark, Eduar d 32 Bayerische Hypotheken- und Wechselbank 33 f, 24 1 Bayerische Nationalban k 3 3 Bayern 39 , 4 4 f, 23 9 Beamte 2Of , 26 , 62ff , 138f . v. Beckerath , Herber t 202 Berger, Frit z 217 Berlin 45f. , 5 1 ff, 57 , 242 Berufsstruktur 13 7 ff Bevölkerung 15f. , 18 , 22f., 53 , 55, 122, 229, 233f.. 26 1 Bewirtschaftung l45ff , l58f . (s.a . Devisen ­ bewirtschaftung) Bildung 24 , 60-70 , 235 , 248f f Blessing, Kar l 213, 217 , 29 3 Brandenburg 4 5 f, 51 , 53 Brauns-Gutachten 171 , 269, 27 3 Bremen 44 Brockhage, Bernhar d 35

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Brüning, Heinrich 152, 157, 167, 169, 171 ff., 182, 209, 2l3f., 219 , 224, 265ff, 275 , 278f., 283 , 289ff . Brunner Karl 98 Brusatti, Abi s 40 Bry, Gerhar d 47 Bürokratie 20f. , 25f. , 23 6 Colm, Gerhar d 276, 27 8 Coym, P . 4 0 Cranejay E . 29 1 f. Dalberg, Rudol f 2l3ff., 291 , 293 Danzig 1 6 Deflation(s)-32, 34 , l66ff, 27 8 (s.a. Preis­ bewegung) - politik 152 , I65f. , 174 , 206 , 222 , 27 5 Demonstrationseffekt 19 , 23 f. Desai, Asho k 88 Destabilisierung, gesellschaftlich e 18 , 20, 24, 95, 151 , 156, 183-205, 235 (s.a. Stabilität , Systemkrise) Deutsche Gesellschaft fü r öffentliche Arbei ­ ten 27 0 Devalvation 208, 2lOff., 216, 223 (s. a. Ab­ wertung, Wechselkurs ) Devisenbewirtschaftung 157 , 169, 206, 210, 221 ff, 272 , 29 1 Dieckhoff, Hans-Heinric h 21 7 Differenzierung, regional e 42-5 9 Diskontinuität l29ff , 136 , 141 , 257 Diskontpolitik 168 , 223, 256, 269, 290 (s. a. Zins) Dollar 206ff , 215f. , 21 9 Draeçer, Heinric h 27 8 Dreyse, Friedric h Wilhel m 216f., 29 2 Einfuhr- 14 1 ff, 220 , 222 , 23 8 - schein e 221 Einkommen(s)-43ff, 49 , 56, 62, 118, 126, 178, 189 , 199, 200, 203, 260f. (s . a. Volks­ einkommen) - gefall e 4 3 ff, 5 4 ff - Steue r 44, 47 , 68 , 247 - Verteilun g 17 , 24, 118f , 126 , 128, 195 f.. l99f., 260, 281, 287f. (s.a. Lohnquote , Verteilungskonflikte) Eisen 47 , 82f. , 89 , 242 , 255f . Eisenbahn- 13 , 20, 26 , 32 , 24 3 - beamte , Einkomme n de r 62 Energie(n) 15 , 143 , 228, 230 , 26 4 Engel, Erns t 31, 53, 61-70, 238 , 240 , 24 9 England s . Großbritannie n

Entwicklung(s)- gefall e 13-27 , 41-5 9 - länderl3ff , 29 , 60 , 22 7 ff. - muste r 13-27 , 7 1 ff, lOOff , l29ff , 25 8 - sta u l29ff , l36ff , 140 , 19 6 Erdölangebot 143 , 233 Erfindungs-und Neuerungstätigkei t 17f , 111, 128 , 23Of. Erwerbsstruktur 118 , 12 7 f., 137 , 139 ff, 19 9 Erziehung(s)- 24, 26 , 6 0 ff, 235 , 24 8 ff. - kapita l 6 1 ff. (s.a. Humankapital ) Exporthypothese 5 4 ff. Exportquote 127 , 141, 197 external economie s 67f., 25 0 Feder Gottfried 272 Federal Reserve Bank of New York 216, 291 f. Finanzierung 18 , 28ff, 34 , 37, l69f, 197 , 244, 256 (s. a. Banken, Industriefinanzie ­ rung, Kapitalbildung , Sparen ) Finanzierung der öffentlichen Han d 97, 128, I52ff, 155 , l69f, 173 , 188, 191, 203, 206f., 244, 270f., 279 (s. a. Auslandsver ­ schuldung; Haushalt, öffentlicher ; Staats ­ ausgaben, Staatsschulden ) Flandin, Pierr e Etienne 290 Floating 15 3 fT., 2O8ff, 214 , 2l9f, 22 3 (s.a. Wechselkurs) Fortschritt, technische r 17ff , 116 , 132, 228, 230 (s.a. Produktivität ) Franc, französische r 20 6 ff, 216 , 291 Francqui, Emil e 291 Frankreich 16 , 21, 35, 155, 171 f., 176 , 209, 212, 236f , 240 , 243 , 274f. , 281 , 291 Fremdling, Raine r 59 Friedlaender-Prechtl, Rober t 270, 27 8 Friedman, Milto n 98 Friesenhahn, Erns t 185 Geburtenziffer 22f. , 121 , 123 , 234, 26 1 f Geld- 35, 37 , l36f , 159 , 238, 245 , 256, 26 9 - illusio n 156 , 188 , 20 3 - politi k 94f., 206f. , 223 (s.a. Diskont ­ politik) - Schöpfun g 154 , 158 , l72f , 188 , 276 - vermöge n 37 , 95 , 155 , 158f. , 200 , 28 5 Gesellschaft, vorindustriell e 1 3 ff, 227 ff. Gewerbe 16, 26, 34, 37, 42, 54f., 196 , 232, 236, 24 2 (s. a. Industrie ) Gewerkschaften 121 , 147, 154, 173, 180 f., 199, 203f. , 27 6 (s.a . ADGB ) Gewinn(e) 25, 32f., 37ff , 63 , 121, 155, 181,

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191, 197 , 200, 230, 241, 288 (s.a. Einkom­ men, Einkommensverteilung ) Gold- 127 , 169 , 2O6ff, 214 , 219 , 292 - einlösungspflich t 218 , 290 , 29 3 - embarg o 21 1 - Standar d 200, 206ff., 212, 214, 2l6f., 219, 270, 292f. (s.a. Abwertung, Devalvation , Währungsordnung) Grävell, W . 214 Großbritannien 15 , 19, 21, 25f., 32 , 36, 38, 79, 140 , 145, 155, 169, 173, 176, 193, 197 206f., 212, 2l5ff, 219 , 222ff., 227, 229, 231 ff, 236, 242, 259, 261, 270, 277, 281, 292 Grotkopp, Wilhel m 209 Gründerkrise 79 , 82 , 93 Haberler, Gottfrie d 219 Hamburg 44ff. , 209f. , 21 9 Hamilton, EarlJ . 3 7 f. Handel 18 , 30 , 37f. , 242 , 24 5 Handelsbilanz 35, 127, 191, 245 (s. a. Zah­ lungsbilanz) Handlungsspielräume 16 5 ff, 20 6 ff. Hannover 45f. , 50 , 53 , 247 Hansemann, Davi d 243 Harvey, Si r Ernest 216 Haushalte, öffentliche 32, 35, 152 ff, 159, 170ff, 188 , 195ff, 201 , 266, 279(s.a. Finanzierung de r öffentlichen Hand ) Henniç, Eik e 117 Hesse, Helmu t 58 Hessen 4 4 ff, 51 , 53 Hillgruber, Andrea s 184 v. Hindenburg , Pau l 172 , 26 5 Hindenburg-Programm de r Arbeitsbeschaf ­ fung 27 8 Hitler, Adolj165, 174 , 181, 266f, 269 , 272, 279, 284 , 29 3 Hoffmann, Walte r G. 44, 78, 80f, 89 , 196, l99f, 239 , 253 , 262 Hohorst, Ger d 58 f. Hoover, Herber t 269, 277 Hülse, Fran z 213, 217 , 29 1 Humankapital 60-70 , l33f. , 248f . Hyperinflation 98 , l56f., 16 0 (s.a. Inflation ) Imitation 19ff , 23 2 Industrialisierung 1 5 f, 21 , 25, 28, 35, 38, 43ff, 53 , 55f, 59 , 184, 227ff, 247f . (s.a. Revolution, industrielle ) Industrie30f., 33ff , 38f. , 8 1 f., 194 , 239, 244, 25 9 (s. a. Gewerbe )

Industriefinanzierung 2 8 ff, 33, 244 (s. a. Fi­ nanzierung) Inflation 37f., 95 , 98, 125, 151-161, l72f. , 175, I79f , 184 , 186, l88f., 193 , 195, 203f., 220, 223, 245, 256, 265ff, 275ff , 285, 29 0 (s.a. Hyperinflation ) Innovationen 1 8 ff, 111, 128 Instabilität des Systems 97, 180, 18 6 ff, 268 (s. a. Destabilisierung , gesellschaftliche ) Instabilität, konjunkturell e s . Konjunktu r Institut fü r Konjunkturforschun g 8 5 Investition(en) 18 , 29ff, 34 , 36f., 39 , 60-70, 89, 91, 120 , 126 , 155, 171, 176, 178, 188, 196f., 199 , 239f., 248ff, 255f. , 280, 287 (s.a. Kapitalbildung ) Investitions- güterindustri e 194 , 196 , 269 - quote89f. , 92 , 120 , 136 , 177, 188, 196, 256, 28 0 Jánossy, Fran z 107f. , 131 , 258, 26 3 Japan 167 , 259 Jeidels, Ott o 275 Jevons, Willia m Stanle y 10 7 Kanada 208 , 21 6 Kaufkrafttheorie de r Löhn e 19 1 Kapital- 15, 18, 28ff, 36ff , 41 , 131, 134, 196ff., 24 0 (s.a . Anlagevermögen ) - bewegungen , international e 20, 61, 200, 221 ff, 24 3 (s.a. Auslandsverschuldung ) - bildung28ff , 35 , 60, 128 , 134 ff, 139, 191, l96f , 200 , 203 , 230 - intensitä t 19 6 - mange l 28-41 , 23 7 ff, 24 1 - mark t 35f., 41 , 89, 158,171,244,255 , 274. 28 7 - , menschliche s s . Humankapita l - Verkehrskontrolle n 294 (s. a. Devisenbe­ wirtschaftung) Keynesjohn Maynard 148, 198, 2O9f., 219, 270, 276 , 287 , 291 , 293 Keynesianismus 266 , 27 0 Kiesewetter, Huber t 59 Klassenlage H8f f (s.a . Verteilungskon ­ flikte) Klassensteuer 47 , 4 9 Klein, Lawrenc e 73 v. Knorring , Eckehar d 143 Köln 32 , 38 , 229 Kohle 125 , 143 , 233 Kommunistische Parte i Deutschland s 27 3 Kondratieffzyklen 130 , 259, 263 (s. a. Wel­ len, lange )

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Konfliktlagen 125f. , 181, l86ff (s.a . Vertei ­ lungskonflikte) Konjunktur-34f., 73-99, 157, 16S-182, 194, 197, 251-262, 268 (s.a. Krise(n) , Welt­ wirtschaftskrise) - politik75 , H8f , l65fï. , 169 , 173, 182, 265 fï., 27 9 - programm e 166 , l7Ofï. (s.a . Arbeitsbe ­ schaffung) Kontinuität 129ff. , 136 , 141 , 145 , 262 Konvergenz 5 7 ff, 24 7 Konvertibilität 147 , 169, 218, 221 ff (s. a. Währungsordnung) Korruption 17 , 230 Kosten, Höhe und Struktur der 32, 174, 182, 191, l97f. , 204,206 , 24 2 Kostenwert de r Mensche n 6 1 ff Krämer, Car l 208, 22 3 Kredit-28f., 33ff, 38 , 94, 155 , 158, 168, 172, 174 , 222, 276 (s. a. Auslandsverschul ­ dung, Finanzierung , Kapital ) - abkomme n vo m Januar 193 2 211 - markt e 34 ff, 92 , 94 , 24 1 Krieg(s) 2Of., l52f. . 158ff , 160 , 17 2 - Wirtschaf t 146 , 15 2 f. Krise(n) 20, 23f., 73-99 , 108 , 119, 121, 139, 149, 165-182 , 192 , 194, 219, 265ff (s.a . Konjunktur, Weltwirtschaftskrise ) Krug, Leopol d 238, 240 , 24 2 Krug, W . 69, 13 3 Kuczynski, Ren e 47 Kursfreigabe de r Mark 2lOff, 216 , 223 (s. a. Abwertung, Devalvation , Floating , Wechselkurs) Kurswerte de r Wertpapierbeständ e 92 , 9 4 Labour-Party 173 , 277 Lagerhaltung 33 , 37 Landes, Davi d lOOf. Landwirtschaft 14 , 16, 18, 30, 32L, 35, 38, 55f., 125f. , l4Of , 156 , 196, 199, 228, 231, 240, 242 , 253 , 26 4 (s . a. Agrar- ) Langwellentheorie s . Wellen , lang e Lastenausgleich 15 9 Lastverteilung 20 3 Lautenbach, Wilhel m 273 Lebenshaltung 15 , 17, 22ff, 55 , 227, 229, 284 Lenkungssystem27f., 145fï . (s.a . Wirt ­ schaftsordnung) Leith-Ross, Si r Frederic 217 Liberalisierung 98 , 127 , 146 , 19 0 Liquidität 3 4 ff, 15 8

Löhne 16, 47f., 60 , 117, 155f., 176ff , 178 , 180f, 191, l98ff, 203 , 229, 247, 255, 260f., 270, 276, 280f., 283 (s. a. Ein­ kommen) Lohn- bildun g 121, 147, 180f, 191, 201, 203, 205 - koste n l77ff , l98f. , 20 4 (s.a . Kosten ) - politi k 158 , 160 , 182 , 189 , 191, 198, 202 - quotell8f , 121,199 , 281 f., 286f f (s.a . Einkommensverteilung) London 21 7 ff Londoner Konferen z 209 , 218 , 29Of. Lüdtge, R . 6 1 ff, 69f. , 24 9 Lundgreen, Pete r 69f . Luther, Han s 201, 212, 218 , 274 , 29Of. , 293 MacDonald, James Ramsey 152 , 290 Machlup, Frit z 60 Malthus, Rober t Thoma s 16 Manz, Mathia s 108 Marktwirtschaft 18 , 24, 40, l46f., 165 , 187, 190, 23 5 (s.a. Wirtschaftsordnung ) Mathias, Pete r 40 Melchoir, Car l 224 Mietenpolitik 147 , 200, 28 7 Militär 2Of. , 26 , 23 6 Milljohn Stuar t 10 7 Milward, Ala n S . 10 5 Mißernten 16 , 32 Mitchell, W . C . 8 9 Mittelstand 151, 156 Modernisierung 100 , 13 8 f., 14 5 Moratorium 211 , 218, 22 1 ff, 29 3 Müller / . Heinz 44 München 242 , 24 6 Musterkreislauf 85 , 25 4 Nachfrage, gesamtwirtschaftlich e 3 1 f., 34 , 36f, 148 , 169 , l96f. , 231 , 240 Nahrungsmittel 14 2 f. Nationalismus 15 , 21, 24, 232 , 23 5 f. Nationalsozialismus 112 , 117f, 121 , 122, l57ff, 16 5 Neuer Pla n 20 9 New Yorke r Börsenkrac h 19 4 Normalität, Muste r von 131, l45f., 194 , 258, 264 , 28 1 Normen wandel 1 6 ff, 14 9 Noten- ban k s*. Bankgesetz , Luther, Reichsbank , Währung, Zentralban k - bankkredi t 153 , 17 1

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- deckun g 206 , 218 , 290 - Steue r 290 Notstandsgebiet(e) 42 , 5 5 Notstandsmaßnahmen 16 9 Norman, Montag u R . 216 , 2l8f, 278 , 293 Nortk, Douglas s C. 5 6 NSDAP 167f., 268, 273, 277 (s. a. National ­ sozialismus) Ölschock 12 8 Österreich 16 9 Orsagh, Thomas] . 57f . Ostpreußen 45f. , 49 , 51 , 53 Ott, Alfre d £.7 5 v. Papen , Fran z 166 , 271 f. Papenprogramm 27 1 Parität der Währung 206ff., 209 , 272, 290 (s.a. Goldstandard, Kursfreigab e der Mark, Währungsordnung ) Parteien 173 , 185 , 201 Petty, Willia m 61 Petzina, Dietma r 116 , 20 1 Pfandbriefe 94f. , 24 4 Pfund, Freigab e des 206ff., 221 , 283, 29 4 Pfund-Standard 208f. , 218 f Pfund Sterlin g 169 , 197 , 207f. , 219 , 289ff . Pierenkemper, Ton i 59 Pollard, Siâne y 40 , 5 9 Pommern 45f. , 50ff . Posen 45f. , 51 , 53, 25 0 Preis(e)- 16, 32, 37, 46, 54, 88f., 153 , 155, 195, 229 , 24 6 ff, 25 5 - inde x de r Grundstoffpreis e 8 7 - inde x der Lebenshaltung 38, 46, 88, 151 f., 255 - vergleiche , interregional e 54 , 24 6 Preußen 20, 32, 42, 44ff, 48 , 53f., 66 , 238 ff, 25 0 Produktion, industriell e 8 1 f., 96 , 168 , 19 3 Produktions- funktio n 132 , 25 9 - Struktu r I25ff, l39f f (s.a . Erwerbs­ struktur) Produktivität 15 , 17, 131, 155, 176, 196, 198, 202, 228 , 231 , 261, 264, 28 0 Prognosen 167f. , 26 8 Pünder, Herman n 213 Qualifikationsstrukturen 6 2 ff, 13 2 f. Quesnay, Pierr e 212 f. Quesnay-Plan 2l2f , 29 3

Raumstruktur 42-59 , 12 6 Reallohnarbeitslosigkeit 19 7 Reallohnposition 177f. , 28 1 f. Reformen, gesellschaftlich e 2 0 f. Reformen, konjunkturpolitisch e 174 , 272 Regierung s . Reichsregierun g Regionen 42ff , 127 , 246f f Reichsbank, Deutsch e 127, 152 ff, 158, l68ff, 208f. , 2l5ff, 256 , 271, 290(s.a. Bankgesetz, H. Luther, Notenbankkredit , Zentralbank^ Reichsfinanzen s . Finanzierung , Öffentlich e Reichs- regierun g 155ff , 167ff , 206 , 208, 216, 220 ff, 277 , 28 9 - Schuldenverwaltun g 27 7 - verban d der Deutschen Industrie 201, 221, 283, 29 4 Reinigungskrise 179 , 182 , 192 , 28 3 Rekonstruktionsperiode 18 0 f., 116 , 129, 131 ff, 136 , 138, 141 f., 147 , 149, 193, 197, 258 (s.a . Wiederaufbau ) Rentabilität 33f. , 256 , 28 1 f. Reparation(en) 154 , 15 6 f., 160 , 17 0 ff, 190, l97f, 214 , 219 , 224 , 272 , 274f . Retorsionen 22 0 Revolution, hygienisch-medizinisch e 2 2 Revolution, industriell e 19, 22f., 25 , 53f. , 100, 22 9 Rheinland 50f. , 5 3 Rheinland-Westfalen 4 7 Rheinprovinz 45f. , 4 9 Risiko 16 , 32 ff, 36 , 95, 136 , 230 , 24 2 Röpke, Wilhel m 269, 27 3 Rooseuelt, Frankli n Delan o 277 Rostow, W . W . 14 4 Rothschild, Kur t W . 84 f. Rückständigkeit 19 , 25, 43 Ruhrbesetzung 15 6 Ruhrgebiet 52 , 57 , 23 3 Rumbold, Si r Horace 219 Rußland 57 , 23 6 Sachsen, Königreic h 31 , 44f, 5 7 Sachsen, Provin z 45f. , 49 , 51 , 53f., 5 7 Sackett, Frederi c M. 21 6 Sargent, O . C . 21 7 Schaafïhausenscher Bankverei n 24 4 Schacht, Hjalma r 271, 27 7 Schäffer, Harn213, 2l6ff, 224 , 269, 275, 286, 29 1 ff v. Schäzler, Ferdinand Benedikt Freiherr33, 245

300 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

Scherpenberg, Hilge r va n 218 v. Schleicher , Kur t 27\ Schlesien 45ff. , 51 , 53f . Schleswig-Holstein 45f. , 51 , 53, 55 , 247 Schlichtung vo n Tarifkonflikten 147 , 181, 189, 205 , 288 Schmucker, Helg a 14 3 Schülerdichte 5 0 ff, 247 , 25 0 Schulaufwand 66 , 68 Schulze, Hage n 18 3 ff Schultz, Theodor e W . 60, 6 9 Schumpeter, Joseph 76, 85 , U l f , 13 0 Schwarzer Freita g 26 8 Schwarzmarkt 15 8 f. Schweden 109f. , 261 , 277, 279 , 281 Schweiz 54 Sektorhypothese 5 8 Septemberwahlen 193 0 167, 17 3 Siepmann, Harr y A . 216 , 29 2 Smith, Ada m 31, 60 Soell, Hartmu t 198 , 200 Sozialdemokratische Partei Deutschlands 154, 173 , 190 . 201, 277 Sozial- politi k 24f . 61 , 126 , 180f. , 190 , 20 1 ff, 236, 28 1 ff - produkt43f.,77ff,89 , 10 1 ff, 106 , 108f. f 115f., l25f. , 148 , 158, 175, 200 (s.a. Ein­ kommen, Volkseinkommen ) - Struktu r 15 6 - Versicherun g 25 , 19 1 Sparen 14 , 18, 29ff, 39 , 154, l96f. (s.a . Kapitalbildung) Spiethoff, Arthu r 76, 85f. , 89 , 241 , 254f. Sprague, Olive r 218, 29 3 Staats- aktivitä t 18 , 20, 25f., 94 , 145ff, 169f. , 172, 180f. , 189f. , 203 , 236 , 25 0 - anleine n 94f, l52f . (s.a. Auslandsver ­ schuldung; Finanzierung , öffentliche ) - ausgabe n 126, 145, 154, 158, 171 ff, 188, 279 - einnahme n s . Finanzierung , öffentlich e - schuld(en ) 34 , 156 , 158 , 241 Stabilität, monetär e 15, 95, 180, 194, 203, 277 Stabilität, politisch e 24, 80, 94, 97, 125, 154, 156, 180 , 187f., 2O2ff (s.a . Destabilisie rung, Systemkrise ) Stagflation 19 5 Stagnation 16 , 106 , 111, l92f., 25 9 Stahl 47 , 82ff, 114f . Stegerwald, Ada m 201

Sterbeziffer 22 , 23 4 Sterling-Club 217 , 21 9 (s.a . Pfun d Sterling ) Steuer(n) l53f. , l56ff , 188 , 191 , 232f., 24 7 - au f Devisenkäufe 22 1 - gutschein e 271 - quot e 15 6 Stillhalteabkommen 211 , 221 f. Stolper, Gusta v 28 4 f. Strasser, Grego r 277 Struktur- brüch e lOOff , 112 , 114 , 116 , 257f f - bruchhypothes e 129 , 132 , 14 9 - hypothes e 5 6 - schwäch e der Weimarer Republik 163-22 4 - wandel95 , 113f. , 116 , 125, 128, 136, 141 ff, 25 9 Subventions- und Umverteilungsstaat 180 , 190, 20 3 Systemkrise 183 , 188 , 192 , 20 1 ff »take-off« 43 , 232 , 23 7 Tarifvertragsparteien 147 , l8Off , 201 , 205 Tarnow, Frit z 274 Technik 14 , 17f , 20 , 22 , 31 Technologietransfer l9ff , 23 1 f. Teilung, deutsch e 127 , 141, 159 Textilindustrie 3Off , 47 , 194 , 233 , 239 , 24 2 Thelwall, F . 29 3 Thirlwall, A . P . 69f. , 25 1 v. Thünen , Johann Heinric h 54, 6 1 Thüringen 5 4 Tilly, R . H . 40 , 5 9 Tipton jr., F . B . 58 Trend 100ff., 103 , 125, 131, 176, 193, 253, 257ff, 262f f Trendelenburg, Erns t 213, 283 , 286 , 289 Treviranus, Gottfrie d Reinhold 283 Umverteilung des Einkommens 24, 153, 158, 160 , l87f , 20 3 Übertragungsmechanismen wirtschaftliche n Wachstums l9ff , 4 3 Unterentwicklung 13-27 , 42-5 9 Unternehmer- 16, 20, 26, 34, 37, 41, 146, 154f., 180 , 204 , 242 , 27 6 - gewinn e s . Gewinn e Varga, Euge n 204 Verbände 146 , 173 , 184 , 201 , 204, 27 6 Verbrauch, öffentliche r 176 , 195f. , 19 9 Verbrauch, privater29 , 126 , l43f, 167 , 176, 188, 199 , 238 , 264 Vereinigte Staaten von Amerika (USA) 24,

301 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

145, 155 , 167, 176, l92f, 212 , 230, 261, 268, 277ff. , 29 1 Verflechtung, außenwirtschaftlich e 14 1 ff. Verflechtung, binnenwirtschaftlich e 5 4 ff, 247 Verkehrswesen 18 , 30, 35 , 38 Vermögen(s) 30 , 37 , 39 , 159f. , 24 5 - Verteilun g 126 , 128 , 160 , 18 8 f. Versailler Vertra g 122 , 155 , 17 1 Verschuldung an das Ausland s. Auslands­ verschuldung Verschuldunesbereitschaft 3 3 f., 37 , 24 2 Verteilung(s) 24, 126 , 155, 191, 199, 202 (s. a. Einkommensverteilung ) - konfliktel26ff , 160 , 176, 181, l86ff, 195, 20 0 f. - Spielrau m 187 , 19 2 Verwendungsstruktur de s Sozialprodukts 191, 19 5 (s.a. Investition , Verbrauch ) Viehbestand 23 9 f. Vocke, Wilhel m 213, 21 8 f. Volkseinkommen 44f., 50 , 52, 56, 86, 118, 193, 238f (s . a. Einkommen, Sozialpro ­ dukt) Volksvermögen30, I34ff , 24 0 (s.a. Anlage ­ vermögen, Kapital ) Vollbeschäftigung 29 , 97f, 121 , 148, 155, 160, 16 5 (s.a. Arbeitslosigkeit ) Wachstum(s)- differenzierung , regional e 4 2 ff, 24 6 ff - hinderniss e 198 , 231 - schwäch e 189 , 192f. , 26 2 - zykle n 7 4 ff, 83 , 25 1 ff Währunes- cntwertun g 151-161 , 206-224, 265ff , 289ff (s.a . Inflation , Wechselkurs ) - krisel69 , 172 , 20 6 ff - Ordnung26 , 127 , 147, l68f, 171 , 178, 203, 206, 208, 210 (s. a. Goldstandard, Konvertibilität) - paritä t s . Paritä t - politi k 127 , 203, 206ff , 217 , 289f f - refor m 125 , 15 9 Waçematm, Erns t 214, 255 , 28 9 Wagenfihr, Rol f 81 Wechselkurs 147 , 153, 170f., 197f. , 200, 206ff, 27 2 (s.a . Floating ) Weimarer Republik 154 ff, 18 3 ff, 267 ff, 284 ff

Wellen, lange 111, 130 , 259, 262f. (s.a . Kon ­ dratieffzyklen) Weltwirtschaftskrise 93 , 97f, 111 , 114, 117, 121 ff, 134 , 145 f., 148 , 152, 165-182, l84ff, 189 , 192, 201, 205, 206-224, 265-284, 289-29 4 Wertpapier- anläge34f , 39 , 256 (s.a. Geldvermögen , Kapitalbildung, Staatsanleihen ) - renditen93f , 256 , 28 1 f. v. Westafp , Kun o Graf 26$ Westfalen 45f. , 50ff . West-Ost-Gefälle 4 2 ff, 24 6 ff. Westpreußen 45f. , 51 , 53 Wiederaufbau 12 9 f., 146 , 159, 193, 201 (s. a. Rekonstruktionsperiode) Williamson-These 5 7 f. Winkel, Haral d 40 Wirtschafts- Ordnun g 25f , l45ff , 165 , 169 , 184 , 19 0 - wunde r 106, 108, 125, 128, 185, 195, 203, 205 Wittstein, Theodo r 61-70, 24 9 Wohlstandsgefálle, regionale s 23 , 4 2 ff. Wohnung 3Of. , 144 , 147 , 196 , 28 7 Wolf Kur t 275 Woytinsky, Wladimi r 213 WTB-Plan 273 , 27 6 Wuchergesetzgebung 24 1 Württemberg 44f. , 5 4 Young-Plan 170 , 209 , 271 , 290 Zahlungsbilanz 128 , 191, 200 (s.a. Handels ­ bilanz) Zahlungsgewohnheiten 13 6 f. Zentralarbeitsgemeinschaft 180 , 204 , 28 3 Zentralbank 94, 147 , 211, 223 (s. a. Reichs­ bank, Deutsche ) Zentrumspartei 19 0 Zins(en) 33ff, 39 , 60, 65, 94, 154 , 168 , 171, 200, 223, 237f., 241, 245f., 256, 260, 281 (s.a. Diskontpolitik , Wertpapierrenditen ) Zölle 220, 270 , 28 3 Zollunion, deutsch-österreichische 17 1 Zufall, Definitio n de s 10 3 f. Zwangslagen 15 4 ff, 16 5 ff. v. Zwiedineck-Südenhorst , Ott o 171, 274 Zyklus 73ff, 10 0 ff, 252 ff, 257 f. (s.a . Kon ­ junktur, Krisen , Wachstumszyklus )

302 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

KRITISCHE STUDIE N ZU R GESCHICHTSWISSENSCHAF T 1. Wolfra m Fische r ■ Wirtschaf t un d Gesell­ schaft i m Zeitalte r de r Industrialisierung . Aufsätze - Studie n - Vorträge . 1972 .

15. Reinhar d Rüru p • Emanzipatio n un d Antisemitismus. Studie n zu r Jucfenfrag e de r bürgerlichen Gesellschaft . 1975 .

2. Wolfgan g Kreuzberge r • Studenten un d Politik 1918-1933 . De r Fal l Freibur g i m Breisgau. 1972 .

16. Hans-Jürge n Puhl e • Politisch e Agrarbe­ wegungen i n kapitalistischen Industriegesell ­ schaften. 1975 .

3. Han s Rosenber g • Politisch e Denkströ ­ mungen i m deutschen Vormärz . 1972 .

17. Siegfrie d Mielk e • Der Hansa-Bun d fü r Gewerbe, Handel un d Industrie 1909-1914 . Der gescheitert e Versuc h eine r antifeudale n Sammlungspolitik. 1976 .

4. Rol f Engelsin g ■ Zur Sozialgeschicht e deutscher Mittel - un d Unterschichten . 2. Aufl. 1978 .

18. Thoma s Nipperde y • Gesellschaft, Kul ­ tur, Theorie. Gesammelte Aufsätze zur neue­ 5. Han s Medick ■ Naturzustan d un d Natur­ ren Geschichte. 1976 . geschichte der bürgerlichen Gesellschaft. Di e 19. Han s Gerth • Bürgerlich e Intelligenz um Ursprünge de r bürgerlichen Sozialtheori e al s 1800. Mit einer Einführung un d einer ergän­ Geschichtsphilosophie un d Sozialwissen ­ zenden Bibliographi e vo n Ulric h Herrmann . schaft be i Sam . Pufendorf , Joh n Lock e un d 1976. Adam Smith . 2 . Aufl. 1981 . 6. Heinric h Augus t Winkle r {Hg. ) ■ Die 20. Carste n Küthe r • Räube r un d Gauner in Deutschland. Da s organisierte Bandenwese n große Kris e in Amerika. 7 Beiträge. 1973 . im 18 . und frühe n 19 . Jahrhundert. 1976 . 7. Helmu t Berdin g ■ Napoleonisch e Herr ­ 21. Hans-Pete r Uliman n • Der Bund der In­ schafts- un d Gesellschaftspoliti k i m König ­ dustriellen. Organisation , Einflu ß un d Poli ­ reich Westfale n 1807-1813 . 1973 . tik klein - un d mittelbetriebliche r Industriel ­ ler i m Deutsche n Kaiserreic h 1895-1914 . 8. Jürge n Kock a • Klassengesellschaf t i m 1976. Krieg. Deutsch e Sozialgeschicht e 191 4 bi s 1918. 2 . Aufl. 1978 . 22. Dir k Blasiu s • Bürgerliche Gesellschaf t und Kriminalität. Zu r Sozialgeschichte Preu ­ 9. Heinric h Augus t Winkler (Hg. ) • Organi­ ßens im Vormärz. 1976 . sierter Kapitalismus . Voraussetzunge n un d Anfänge. 1 1 Beiträge. 1974 . 23. Gerhar d A . Ritte r • Arbeiterbewegung , Parteien und Parlamentarismus. 1 0 Aufsätze. 10. Hans-Ulric h Wehle r • Der Aufstie g de s 1976. amerikanischen Imperialismus . Studie n zu r Entwicklung de s Imperiu m Americanu m 24. Hors t Müller-Lin k * Industrialisierun g 1865-1900. 1974 . und Außenpolitik. Preußen-Deutschland un d das Zarenreic h 1860-1890 . 1977 . 11. Hans-Ulric h Wehle r (Hg. ) ■ Sozialge­ schichte Heute. 33 Beiträge . 1974 . 25. Jürge n Kock a • Angestellt e zwischen Fa­ schismus un d Demokratie . Zu r politische n 12. Wolfgan g Köllman n ■ Bevölkerun g i n Sozialgeschichte de r Angestellten : US A der industriellen Revolution . Studien zu r Be­ 1890-1940 i m internationale n Vergleich . völkerungsgeschichte Deutschland s i m 1977. 19. Jh. 1974 . 26. Han s Speier • Die Angestellten vo r de m 13. Elisabet h Fehrenbac h • Traditional e Ge­ Nationalsozialismus. Ei n Beitra g zu m Ver ­ sellschaft un d revolutionäres Recht . Die Ein­ ständnis de r deutsche n Sozialstruktu r führung de s Cod e Napoleo n i n de n Rhein ­ 1918-1933. 1977 . bundstaaten. 2 . Aufl. 1978 . 27. Dietric h Geye r * De r russisch e Imperia ­ 14. Ulric h Kluge • Soldatenrät e un d Revolu­ lismus. Studie n übe r de n Zusammenhan g tion. Studie n zu r Militärpoliti k i n Deutsch ­ von innere r un d auswärtige r Politi k 1860-1914. 1977 . land 1918/19 . 1975 . VANDENHOECK & RUPRECH T I N GÖTTINGE N UN D ZÜRIC H © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9

KRITISCHE STUDIE N ZU R GESCHICHTSWISSENSCHAF T 28. Rudol f Vetterl i ■ Industriearbeit , Arbei ­ terbewußtsein un d gewerkschaftlich e Orga ­ nisation. Dargestell t a m Beispie l de r Geor g Fischer A G (1890-1930) . 1978 .

men i m 19 . un d frühe n 20 . Jahrhunder t / Law an d th e Formatio n o f th e Bi g Enterpri ­ ses i n th e l9t h an d Earl y 20t h Centuries , 2 5 Beiträge. 1979 .

29. Volke r Huneck e • Arbeiterschaf t un d in ­ dustrielle Revolutio n i n Mailan d 185 9 bi s 1892.1978.

4 1 . Richar d Till y ■ Kapital , Staa t un d sozia ­ ler Protes t i n de r deutsche n Industrialisie ­ rung. Gesammelt e Aufsätze . 1980 .

30. Christop h Kiessman n • Polnisch e Berg ­ arbeiter i m Ruhrgebie t 1 8 7 0 - 1 9 4 5 . Sozial e Integration un d national e Subkultu r eine r Minderheit i n de r deutsche n Industriegesell ­ schaft. 1978 .

42. Sidne y Pollar d (Hg. ) • Region un d Indu ­ strialisierung / Regio n an d Industrialization . 1980.

31. Han s Rosenber g • Machtelite n un d Wirtschaftskonjunkturen. Studie n zu r neue ­ ren deutsche n Sozial - un d Wirtschaftsge ­ schichte. 1978 . 32. Raine r Böllin g * Volksschullehre r un d Politik. De r deutsch e Lehrerverei n 191 8 bi s 1933. 1978 . 33. Hann a Schissle r • Preußisch e Agrarge ­ sellschschaft i m Wandel . Wirtschaftliche , ge ­ sellschaftliche un d politisch e Transforma ­ tionsprozesse 1 7 6 3 - 1 8 4 7 . 1978 .

43. Wol f gang Renzsc h • Handwerke r un d Lohnarbeiter i n de r frühe n Arbeiterbewe ­ gung. Zu r soziale n Basi s vo n Gewerkschaf ­ ten un d Sozialdemokrati e i m Reichsgrün ­ dungsjahrzehnt. 1980 . 44. Hanne s Siegris t • Vom Familienbetrie b zum Manager-Unternehmen . Angestellt e un d industrielle Organisatio n a m Beispie l de r Ge­ org Fische r A G i n Schaffhause n 1797-1930 . 1980.

34. Han s Mommse n • Arbeiterbewegun g und National e Frage . Aufsätze . 1979 .

45. Reinhar d Neeb e • Großindustrie, Staa t und NSDA P 1930-1933 . Pau l Silverber g und de r Reichsverban d de r Deutsche n Indu ­ strie i n de r Kris e de r Weimare r Republik . 1981.

35. Hein z Rei f • Westfälische r Ade l 1770-1860. Vo m Herrschaftsstan d zu r re ­ gionalen Elite . 1979 .

46. Barbar a Greven-Aschof f • Die bürgerli ­ che Frauenbewegun g i n Deutschlan d 1894-1933. 1981 .

36. Ton i Pierenkempe r ■ Di e westfälische n Schwerindustriellen 1852-1913 . Sozial e Merkmale un d unternehmerische r Erfolg . 1979.

47. Wacla w Dlugoborsk i (Hg.) : Zweite r Weltkrieg un d soziale r Wandel . Achsen ­ mächte un d besetzt e Länder . 1 9 Beiträge . 1981.

37. Heinric h Bes t • Interessenpoliti k un d na ­ tionale Integratio n 1848/49 . Handelspoliti ­ sche Konflikt e i m frühindustrielle n Deutsch ­ land. 1980 .

48. Neithar d Buls t / Joseph Go y / Jochen Hoock (Hg.) : Famili e zwische n Traditio n und Moderne . Studie n zu r Geschicht e de r Familie i n Deutschlan d un d Frankreic h vo m 16. bi s zu m 20 . Jahrhundert . 1 5 Beiträge . 1981.

38. Heinric h Augus t Winkle r • Liberalismus und Antiliberalismus . Studie n zu r politische n Sozialgeschichte de s 19 . un d 20 . Jh.s . 1979 . 39. Emi l Ledere r * Kapitalismus , Klassen ­ struktur un d Problem e de r Demokrati e i n Deutschland 1910-1940 . Ausgewählt e Auf ­ sätze. Mi t eine m Beitra g vo n Han s Speie r und einer Bibliographie vo n Bern d Uhlmann ­ siek. Hrsg . vo n Jürge n Kocka . 1979 . 40. Norber t Hor n / Jürgen Kock a (Hg. ) • Recht un d Entwicklun g de r Großunterneh ­

49. Ton i Pierenkemper/Richar d Till y (Hg.) : Historische Arbeitsmarktforschung . Entste ­ hung, Entwicklun g un d Problem e de r Vermarktung vo n Arbeitskraft . 9 Beiträge . 1982. 50. Knu t Borchard t * Wachstum , Krisen , Handlungsspielräume de r Wirtschaftspoli ­ tik. Studie n zu r Wirtschaftsgeschicht e de s 19. un d 20 . Jahrhunderts . 1982 .

VANDENHOECK & RUPRECH T I N GÖTTINGE N UN D ZÜRIC H © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35708-9