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German Pages [579] Year 2022
Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 486 Herausgegeben vom
Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren: Holger Fleischer, Ralf Michaels und Reinhard Zimmermann
Mascha Claire Cella Hesse
Diktierte Parteiautonomie Zur AGB-Kontrolle von internationalen Rechtswahl-, Gerichtsstands- und Schiedsklauseln im europäischen Rechtsraum
Mohr Siebeck
Mascha Claire Cella Hesse, geboren 1989; Studium der Rechtswissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin und der Universität Kopenhagen; 2014 Erstes Staatsexamen; danach Wissenschaftliche Mitarbeit am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, internationales und vergleichendes Wirtschaftsrecht, Rechtstheorie an der Universität Bremen; Rechtsreferendariat am Kammergericht Berlin; 2021 Zweites Staatsexamen; 2021 Promotion; seit 2022 Referentin im Bundesministerium der Justiz.
ISBN 978-3-16-160981-7 / eISBN 978-3-16-160982-4 DOI 10.1628/978-3-16-160982-4 ISSN 0720-1141 / eISSN 2568-7441 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2022 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden. Printed in Germany.
Meinen Eltern
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2020 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Bremen zur Promotion zugelassen. Das Promotionskolloquium fand am 9. Februar 2021 statt. Die Arbeit befindet sich im Wesentlichen auf dem Stand zum Zeitpunkt ihrer Zulassung. Für die Veröffentlichung wurde im Frühjahr 2022 insbesondere die im zweiten Teil analysierte Rechtsprechung zur Kontrolle internationaler Streitbeilegungsklauseln aktualisiert, um neuere Entwicklungen abzubilden (vgl. die Übersichten im Anhang). Ich danke zunächst meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Gralf-Peter Calliess für die Betreuung der Arbeit und den vertrauensvollen Freiraum, den er mir sowohl während meiner Zeit am Lehrstuhl in Bremen als auch anschließend in Berlin ließ. Dank gebührt des Weiteren Herrn Prof. Dr. Christoph Schmid für die rasche Zusage wie dann auch Erstellung seines Zweitgutachtens. Ebenfalls meinen Dank möchte ich der Studienstiftung des deutschen Volkes aussprechen, die mich nicht nur während meiner gesamten Studienzeit, sondern darüber hinaus noch bei meiner Promotion unterstützt und gefördert hat. Dankend erwähnt seien zudem die Studienstiftung ius vivum sowie die Johanna und Fritz Buch Gedächtnis-Stiftung, die mir jeweils großzügigerweise einen Druckkostenzuschuss gewähren. Bei der Veröffentlichung hilft daneben der Promotionspreis, der mir 2021 vom Bremer Fachbereich in Kooperation mit der Kanzlei Büsing Müffelmann & Theye sowie der Senatorin für Justiz und Verfassung der Freien Hansestadt Bremen verliehen wurde. Ich danke zugleich dem Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht und seinen Direktoren für die Aufnahme in die von ihnen herausgegebene Schriftenreihe sowie Herrn Dr. Christian Eckl für die fruchtvolle redaktionelle Zusammenarbeit. Auf meinem (Promotions-)Weg haben mich in den Jahren viele Menschen begleitet und waren wichtig für mich: In akademischer, nicht zuletzt aber auch zwischenmenschlicher Hinsicht möchte ich hier zuerst den Kreis des Europäischen Promotionskollegs „Einheit und Differenz im europäischen Rechtsraum“ an der Humboldt-Universität zu Berlin nennen, das mich im Sommer 2016 nach meiner Rückkehr nach Berlin aufgenommen und mir einen inspirierenden Austausch insbesondere mit den anderen Kollegiat:innen und seinen Förder:innen ermöglicht hat. Aus den Diskussionen unter anderem mit Frau Prof. a.D. Dr.
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Vorwort
Christine Windbichler, Herrn Prof. Dr. Martin Eifert und Herrn Dr. Yoan Vilain, LL.M., habe ich vieles mitgenommen. Gleiches gilt für die zahlreichen Gespräche on and off campus/topic, etwa mit der „Koch-Crew“. Privat geht mein größter Dank (unter Auslassung akademischer Titel) an: Lars Howe, Kristin Markmiller, Daniela Matri, Christoph R. Möller, Florian Penski, Liesa Plappert sowie Angelika und Jens Schenk – für ihre Freundschaft und ihr offenes Ohr bzw. ihren Rat, wann immer ich sie brauchte, ob nun in dieser Zeit oder darüber hinaus. Ich danke zudem zutiefst meinen Eltern, deren unendlicher Liebe und Unterstützung ich mir immer gewiss sein konnte und gewiss sein kann. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Zuletzt aber möchte ich Anne danken, ohne die ich die Jahre nicht hätte verbringen wollen und die große Worte nicht mag. Von daher: Danke dir für alles und noch so vieles mehr! Berlin, im Juni 2022
Mascha Hesse
Inhaltsübersicht Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIX Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
Erster Teil – Die Ziele Erstes Kapitel: Rechtssicherheit durch parteiautonome Wahl . . . . . . . 12 I. Konstitutionelle Unsicherheit als Hemmnis für internationale Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 II. Rechtssicherheit durch Rechtseinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 III. Rechtssicherheit durch Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . 20 IV. Wahlfreiheit als Grundrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 V. Trennung und Unabhängigkeit vom Hauptvertrag . . . . . . . . . . 24 VI. Ziel: Rechtssicherheit durch parteiautonome Wahl . . . . . . . . . . 26 Zweites Kapitel: Schutz vor AGB durch gerichtliche Kontrolle . . . . . 28 I. Schwächerenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 II. Marktversagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 III. Typisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Drittes Kapitel: Zielkonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 I. Unsicheres Kontrollergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 II. Uneinheitliche Kontrollvorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 III. Ungeklärte Rechtsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
Zweiter Teil – Die Praxis Viertes Kapitel: Kontrolle von Rechtswahlklauseln . . . . . . . . . . . . 66 I. Inhalt und Wirkung von Rechtswahlklauseln . . . . . . . . . . . . . 67 II. Gefahren von Rechtswahlklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 III. Grenzen im europäischen und nationalen Recht . . . . . . . . . . . 76 IV. Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
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Inhaltsübersicht
V. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 Fünftes Kapitel: Kontrolle von Gerichtsstandsklauseln . . . . . . . . . . 151 I. Inhalt und Wirkung von Gerichtsstandsklauseln . . . . . . . . . . . 152 II. Gefahren von Gerichtsstandsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 III. Grenzen im europäischen und nationalen Recht . . . . . . . . . . . 162 IV. Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 V. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 Sechstes Kapitel: Kontrolle von Schiedsklauseln . . . . . . . . . . . . . 267 I. Inhalt und Wirkung von Schiedsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . 268 II. Gefahren von Schiedsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 III. Grenzen im europäischen, internationalen und nationalen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 IV. Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 V. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335
Dritter Teil – Die Bewertung Siebtes Kapitel: Kohärenz der Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 I. Justizgewährungsanspruch als Vergleichsmaßstab . . . . . . . . . . 345 II. Gefährdungsstufen und Verzichtsvoraussetzungen . . . . . . . . . . 352 III. Kontrollvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 IV. Kohärenz als Aufgabe von Gesetzgeber(n), Rechtsprechung und Rechtsdogmatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 Achtes Kapitel: Weder Rechtssicherheit... . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 I. Unsichere Konkurrenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 II. Unsichere Anknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 III. Unsichere Kontrollvorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 IV. Wege zu einer verlässlicheren Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . 427 Neuntes Kapitel: … noch Schutz vor AGB? . . . . . . . . . . . . . . . . 432 I. Schutz durch das nationale Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 II. Schutz durch die Rom I-, Brüssel Ia-VO und das NYÜ . . . . . . . 437 III. Stärkere Bekämpfung der Informationsasymmetrie . . . . . . . . . 440 IV. Inhaltliche Schranken für den b2b-Bereich . . . . . . . . . . . . . . 448 Abschließende Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455
Inhaltsübersicht
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Anhang 1– 6: Übersichten zur Rechtsprechungsanalyse sowie zur Kontrollpraxis bei Rechtswahl-, Gerichtsstandsund Schiedsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 Rechtsprechungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 509 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 547
Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIX Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
Erster Teil – Die Ziele Erstes Kapitel: Rechtssicherheit durch parteiautonome Wahl . . . . . . . 12 I. Konstitutionelle Unsicherheit als Hemmnis für internationale Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 II. Rechtssicherheit durch Rechtseinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 III. Rechtssicherheit durch Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . 20 IV. Wahlfreiheit als Grundrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 V. Trennung und Unabhängigkeit vom Hauptvertrag . . . . . . . . . . 24 VI. Ziel: Rechtssicherheit durch parteiautonome Wahl . . . . . . . . . . 26 Zweites Kapitel: Schutz vor AGB durch gerichtliche Kontrolle . . . . . 28 I. Schwächerenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 1. Apathie des Klauselgegners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 2. Lektüre und Nichtabschluss als (sinnvolle) Alternativen? . . . . 38 3. Ausgleich des Ungleichgewichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 II. Marktversagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 1. Fehlender bzw. negativer Konditionenwettbewerb . . . . . . . . 44 2. Korrigierender Markteingriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 III. Typisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Drittes Kapitel: Zielkonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 I. Unsicheres Kontrollergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 II. Uneinheitliche Kontrollvorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 III. Ungeklärte Rechtsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 1. Anwendbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 2. Konkurrenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
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Inhaltsverzeichnis
Zweiter Teil – Die Praxis Viertes Kapitel: Kontrolle von Rechtswahlklauseln . . . . . . . . . . . . 66 I. Inhalt und Wirkung von Rechtswahlklauseln . . . . . . . . . . . . . 67 II. Gefahren von Rechtswahlklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 1. Senkung des sachrechtlichen Schutzniveaus . . . . . . . . . . . . 72 2. Unbekanntes Recht, unbekannte Rechte . . . . . . . . . . . . . . 74 III. Grenzen im europäischen und nationalen Recht . . . . . . . . . . . 76 1. Regulierungsansatz der Rom I-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 2. Bestimmung des maßgeblichen nationalen Rechts . . . . . . . . 81 a) Rechtswahlstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 b) Anknüpfungstrend Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO . . . . . . . . . . 84 IV. Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 1. Zuschnitt der Rechtsprechungsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . 89 2. Einbeziehungskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 a) Verhältnis zur Rom I-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 b) Kontrollpraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 3. Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 a) Verhältnis zur Rom I-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 b) Kontrollpraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 4. Verbot überraschender Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 a) Verhältnis zur Rom I-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 b) Kontrollpraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 c) Überraschung wegen geringeren Schutzniveaus . . . . . . . . 120 d) Überraschung wegen fehlender Erkennbarkeit des Auslandsbezugs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 e) Überraschung wegen fehlender Nähebeziehung . . . . . . . . 122 f) Äußere Gestaltung, insbesondere Standort im Vertrag . . . . . 124 g) Kontrollschwerpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 5. Transparenzkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 a) Verhältnis zur Rom I-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 b) Kontrollpraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 c) Fehlender Hinweis auf Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO . . . . . . . . 131 d) EuGH – VKI ./. Amazon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 e) Rechtsdogmatische Kritik und praktische Folgen . . . . . . . 133 f) Weitere Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 V. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 Fünftes Kapitel: Kontrolle von Gerichtsstandsklauseln . . . . . . . . . . 151 I. Inhalt und Wirkung von Gerichtsstandsklauseln . . . . . . . . . . . 152
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II. Gefahren von Gerichtsstandsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 1. Vereitelung der Rechtsverfolgung . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 2. Senkung des kollisions- und sachrechtlichen Schutzniveaus . . . 160 III. Grenzen im europäischen und nationalen Recht . . . . . . . . . . . 162 1. Gerichtsstandsklauseln in reinen Inlandsfällen und zugunsten drittstaatlicher Gerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 2. Vorgaben der Brüssel Ia-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 a) Keine Gerichtsstandsklauseln für Verbraucher, Versicherungs- und Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . 170 b) Keine Derogation ausschließlicher Gerichtsstände . . . . . . 172 c) Bestimmtheit, Form – Konsens? . . . . . . . . . . . . . . . . 172 3. Materielle Nichtigkeit nach nationalem Recht . . . . . . . . . . . 177 IV. Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 1. Zuschnitt der Rechtsprechungsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . 184 2. Einbeziehungskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 a) Verhältnis zur Brüssel Ia-Verordnung . . . . . . . . . . . . . . 189 b) Kontrollpraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 c) Gerichtsstandsklauseln im schriftlichen Vertrag . . . . . . . . 193 d) Gerichtsstandsklauseln im separaten Klauselwerk . . . . . . . 199 e) Gerichtsstandsklauseln in laufenden Geschäftsbeziehungen und im internationalen Handel . . . . . . . . . . 208 aa) Tatsächlich gelebte Gepflogenheiten und anfängliche Einigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 bb) Branchenspezifischer Handelsbrauch und vermutete Kenntnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 f) Fremdsprachige Gerichtsstandsklauseln . . . . . . . . . . . . 221 g) Kontrollschwerpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 3. Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 a) Verhältnis zur Brüssel Ia-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 b) Kontrollpraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 c) Asymmetrische Gerichtsstandsklauseln . . . . . . . . . . . . 242 4. Verbot überraschender Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 a) Verhältnis zur Brüssel Ia-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 b) Kontrollpraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 5. Transparenzkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 a) Verhältnis zu Brüssel Ia-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 b) Kontrollpraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 V. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263
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Inhaltsverzeichnis
Sechstes Kapitel: Kontrolle von Schiedsklauseln . . . . . . . . . . . . . 267 I. Inhalt und Wirkung von Schiedsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . 268 II. Gefahren von Schiedsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 1. Geringerer oder gar kein Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . 271 2. Nichtanwendung zwingenden Rechts . . . . . . . . . . . . . . . 275 III. Grenzen im europäischen, internationalen und nationalen Recht . . 279 1. Harmonisierung durch das NYÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 2. Bestimmung des zusätzlich anwendbaren nationalen Rechts . . . 284 IV. Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 1. Zuschnitt der Rechtsprechungsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . 288 2. Einbeziehungskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 a) Verhältnis zum NYÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 b) Kontrollpraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 aa) Einbeziehung nach Art. II NYÜ . . . . . . . . . . . . . . 295 bb) Einbeziehung nach nationalem Recht . . . . . . . . . . . 303 3. Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 a) Verhältnis zum NYÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 b) Kontrollpraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 4. Verbot überraschender Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 a) Verhältnis zum NYÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 b) Kontrollpraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 5. Transparenzkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 a) Verhältnis zum NYÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 b) Kontrollpraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 V. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335
Dritter Teil – Die Bewertung Siebtes Kapitel: Kohärenz der Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 I. Justizgewährungsanspruch als Vergleichsmaßstab . . . . . . . . . . 345 II. Gefährdungsstufen und Verzichtsvoraussetzungen . . . . . . . . . . 352 1. Höchste Stufe: Schiedsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 2. Mittlere Stufe: Gerichtsstandsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . 359 3. Niedrigste Stufe: Rechtswahlklauseln . . . . . . . . . . . . . . . 367 4. Informierter, parteiautonomer Verzicht . . . . . . . . . . . . . . . 374 5. Folgerungen für die Kontrolle und weitere Verzichtsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 III. Kontrollvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 1. Strengere Einbeziehungskontrolle von Forumswahlklauseln . . . 382
Inhaltsverzeichnis
XVII
2. Generell geringe Bedeutung der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 3. Überraschungsverbot allein bei Rechtswahlklauseln . . . . . . . 396 4. Fehlende Transparenzkontrolle von Forumswahlklauseln . . . . 398 5. Abschließende Gesamtschau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404 IV. Kohärenz als Aufgabe von Gesetzgeber(n), Rechtsprechung und Rechtsdogmatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 Achtes Kapitel: Weder Rechtssicherheit... . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 I. Unsichere Konkurrenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 II. Unsichere Anknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 III. Unsichere Kontrollvorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 IV. Wege zu einer verlässlicheren Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . 427 Neuntes Kapitel: ... noch Schutz vor AGB? . . . . . . . . . . . . . . . . 432 I. Schutz durch das nationale Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 II. Schutz durch die Rom I-, Brüssel Ia-VO und das NYÜ . . . . . . . 437 III. Stärkere Bekämpfung der Informationsasymmetrie . . . . . . . . . 440 IV. Inhaltliche Schranken für den b2b-Bereich . . . . . . . . . . . . . . 448 Abschließende Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455 Anhang 1: Systematische Suche zur Kontrolle von Rechtswahlklauseln in der juris-Datenbank . . . . . . . . . . . . . . . . 467 Anhang 2: Gerichtliche Kontrolle von Rechtswahlklauseln unter der Rom I-VO und dem EVÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 468 Anhang 3: Systematische Suche zur Kontrolle von Gerichtsstandsklauseln in der juris-Datenbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 476 Anhang 4: Gerichtliche Kontrolle von Gerichtsstandsklauseln unter der Brüssel Ia-/I-VO und dem LugÜ-II . . . . . . . . . . . . . . . . 477 Anhang 5: Systematische Suche zur Kontrolle von Schiedsklauseln in der juris-Datenbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485 Anhang 6: Gerichtliche Kontrolle von Schiedsklauseln im Anwendungsbereich des NYÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487 Rechtsprechungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 509 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 547
Abkürzungsverzeichnis a. A. anderer Ansicht AAA American Arbitration Association a. a. O. am angegebenen Ort ABGB Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (Österreich) ABl. Amtsblatt Abs. Absatz A.C. Law Reports, Appeal Cases AcP Archiv für die civilistische Praxis ADR-RL Richtlinie 2013/11/EU über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten ADSp Allgemeine Deutsche Spediteurbedingungen a. E. am Ende AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union a. F. alte Fassung AG Amtsgericht AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen AGBG Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ALI American Law Institute All ER All England Law Reports allgm. allgemein Anh. Anhang Anm. Anmerkung AnwBl Anwaltsblatt AöR Archiv des öffentlichen Rechts Arb. Int’l Arbitration International Arg. Argument Art. Artikel ASA Association Suisse de l’Arbitrage AS-Stellen Alternative-Streitbeilegungs-Stellen Aufl. Auflage ausl. ausländisch Az. Aktenzeichen b2b Business-to-Business b2c Business-to-Consumer BaltYIL Baltic Yearbook of International Law BayObLG Bayerisches Oberstes Landesgericht BB Betriebs-Berater
XX
Abkürzungsverzeichnis
Bd. Band BDGVR Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht BeckOGK beck-online. Großkommentar BeckOK Beck’scher Online-Kommentar BGB BeckOK-ZPO Beck’scher Online-Kommentar Z PO BeckRS Beck-Rechtsprechung Begr. Begründer belg. belgisch Beschl. Beschluss BG Bundesgericht (Schweiz) BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGBl Bundesgesetzblatt BGH Bundesgerichtshof BGHZ Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen BIMCO The Baltic and International Maritime Council Brüssel Ia-VO Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen Brüssel I-VO Verordnung (EG) Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen Bsp. Beispiel bspw. beispielsweise BT-Drs. Bundestags-Drucksache Bull. civ. Bulletin des Arrêts de la Cour de Cassation BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerfGE Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts bzgl. bezüglich bzw. beziehungsweise c2b Consumer-to-Business c2c Consumer-to-Consumer CAS Court of Arbitration for Sport Ch. Chapter CISG Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11. April 1989 / UN-Kaufrecht CMLR Common Market Law Review CMR Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr vom 19. Mai 1956 Colum. J. Transnat’l L. Columbia Journal of Transnational Law DCFR Draft Common Frame of Reference dems. demselben dens. denselben derog. derogierend ders. derselbe dies. dieselbe/n DIS Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit DJT Deutscher Juristentag DNotZ Deutsche Notar-Zeitschrift
Abkürzungsverzeichnis DÖV
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Die öffentliche Verwaltung. Zeitschrift für öffentliches Recht und Verwaltungswissenschaft dt. deutsch DZWIR Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht EGBGB Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche EGMR Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Einl. Einleitung EKMR Europäische Kommission für Menschenrechte EL Ergänzungslieferung EMRK Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten engl. englisch Entsch. Entscheidung ERCL European Review of Contract Law ERPL European Review of Private Law ErwG Erwägungsgrund EU Europäische Union EuConst European Constitutional Law Review EuGH Gerichtshof der Europäischen Union EuGRZ Europäische Grundrechte-Zeitschrift EuGVO/EuGVVO Verordnung (EG) Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, s.o. auch Brüssel I-VO EuGVÜ Übereinkommen von Brüssel über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen von 1968 EuLF The European Legal Forum EUPILLAR European Private International Law: Legal Application in Reality EuR Europarecht (Zeitschrift) Europ./europ. Europäisch/europäisch European Bus. L. Rev. European Business Law Review EuÜ Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21. April 1961 EUV Vertrag über die Europäische Union EuZPR Europäisches Zivilprozessrecht EuZVR Europäisches Zivilverfahrensrecht EuZW Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht EVÜ Übereinkommen von Rom über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 19. Juni 1980 EWHC England and Wales High Court f./ff. folgende/fortfolgende FENEX Niederländische Organisation für Spedition und Logistik Fernabsatz-RL Richtlinie 97/7/EG über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz Fn. Fußnote frz. französisch FS Festschrift GA Generalanwalt
XXII
Abkürzungsverzeichnis
gem. gemäß GG Grundgesetz ggfs. gegebenenfalls GPR Zeitschrift für das Privatrecht der Europäischen Union GRCh Charta der Grundrechte der Europäischen Union grdsl. grundsätzlich GS Gedenkschrift GStKl Gerichtsstandsklausel Hastings Bus. L. J. Hastings Business Law Journal HGÜ Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen von 2005 h.M. herrschende Meinung Houston J. Int’l L. Houston Journal of International Law Hrsg. Herausgeber hrsg. herausgegeben Hs. Halbsatz ibd. ibidem/ebendort ICC International Chamber of Commerce ICLQ International & Comparative Law Quarterly i.d.R. in der Regel i.d.S. in dem Sinne i.E. im Ergebnis i.e.S. im engeren Sinne/im eigentlichen Sinne IEHC High Court of Ireland Decisions IESC Supreme Court of Ireland Decisions IHR Internationales Handelsrecht (Zeitschrift) inl. inländisch Int./int. International/international insb. insbesondere IPR Internationales Privatrecht IPRax Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts IPRG Bundesgesetz vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (Österreich) / Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (Schweiz) IPRspr Die deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiete des Internationalen Privatrechts i.R.d./i.R.v. im Rahmen des/im Rahmen von i. S. d. im Sinne des ital. italienisch i. V. m. in Verbindung mit IWRZ Zeitschrift für Internationales Wirtschaftsrecht i.w.S. im weiten Sinne/im weiteren Sinne IZPR Internationales Zivilprozessrecht IZVR Internationales Zivilverfahrensrecht JbJZivRWiss Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler Jh. Jahrhundert JIDS Journal of International Dispute Settlement J. Int’l Arb. Journal of International Arbitration
Abkürzungsverzeichnis
XXIII
jM juris – Die Monatszeitschrift JPIL Journal of Private International Law jurisPK juris Praxiskommentar BGB jurisPR-ITR juris PraxisReport IT-Recht jurisPR-IWR juris PraxisReport Internationales Wirtschaftsrecht JuS Juristische Schulung JuWiss Junge Wissenschaft im Öffentlichen Recht JZ JuristenZeitung Kap. Kapitel KfZ Kraftfahrzeug KG Kammergericht Klausel-RL Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen K&R Kommunikation & Recht LCIA London Court of International Arbitration LG Landgericht lit. littera/Buchstabe Lloyd’s Rep Lloyd’s Law Report LMA Loan Market Association LMK Lindenmaier-Möhring – Kommentierte (BGH-)Rechtsprechung Loyola of L.A. L. Rev. Loyola of Los Angeles Law Review L. Rev. Law Review LugÜ-I Lugano Übereinkommen von 1988 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivilund Handelssachen LugÜ-II Lugano Übereinkommen von 2007 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen MDR Monatsschrift für Deutsches Recht MPI Max-Planck-Institut MüKo Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch MüKo-ZPO Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung m. w. N. mit weiteren Nachweisen/Nennungen nat. national n. F./nF neue Fassung NILR Netherlands International Law Review NILQ Northern Ireland Legal Quarterly NJHR Nordic Journal of Human Rights NJOZ Neue Juristische Online-Zeitschrift NJW Neue Juristische Wochenschrift NJW-RR Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungs-Report nl. niederländisch NVwZ Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht NY New York NYÜ New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958 NZV Niederländische Vereinigung für den Handel mit Südfrüchten
XXIV ODR-VO
Abkürzungsverzeichnis
Verordnung (EU) Nr. 524/2013 über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten OGH Oberster Gerichtshof (Österreich) öKSchG österreichisches Konsumentenschutzgesetz OLG Oberlandesgericht ord. ordentlich österr. österreichisch P2B-VO Verordnung (EU) 2019/1150 zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten PECL Principles of European Contract Law PIL Private International Law poln. polnisch portug. portugiesisch prorog. prorogierend RabelsZ Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht RdTW Zeitschrift für das Recht der Transportwirtschaft Rev. arb. Revue de l’Arbitrage RIW Recht der internationalen Wirtschaft Rn. Randnummer Rom I-VO Verordnung (EG) Nr. 593/2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht Rom II-VO Verordnung (EU) Nr. 864/2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht RRa ReiseRecht aktuell Rs. Rechtssache Rspr. Rechtsprechung RwKl Rechtswahlklausel S. Satz/Seite SCC Supreme Court of Canada SchiedsVZ Zeitschrift für Schiedsverfahren SchKl Schiedsklausel Slg. Sammlung der Rechtsprechung des EuGH und des Gerichts Erster Instanz s.o. siehe oben sog. sogenannte/r span. spanisch s.u. siehe unten TransportR Transportrecht u. a. unter anderem UKlaG Gesetz über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen UNCITRAL United Nations Commission On International Trade Law ungar. ungarisch UNÜ New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958 (hier aber v. a. NYÜ, s.o.) U.S. United States Reports u.U. unter Umständen
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XXV
UWG Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb v. vom/von v. a. vor allem Var. Variante vgl. vergleiche VKI Verein für Konsumenteninformation VOB/B Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil B Vorb. Vorbemerkung Vssn. Voraussetzung VuR Verbraucher und Recht Urt. Urteil US/USA Vereinigte Staaten von Amerika WpHG Wertpapierhandelsgesetz WM Wertpapier-Mitteilungen ZaöRV Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht ZEuP Zeitschrift für Europäisches Privatrecht ZEuS Zeitschrift für Europarechtliche Studien ZfPW Zeitschrift für die gesamte Privatrechtswissenschaft ZfRSoz Zeitschrift für Rechtssoziologie ZfRV Zeitschrift für Europarecht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht ZPO Zivilprozessordnung z.T. zum Teil ZVertriebsR Zeitschrift für Vertriebsrecht ZVglRWiss Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft ZZP Zeitschrift für Zivilprozess ZZPInt Zeitschrift für Zivilprozess International
Einleitung Ob in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Online-Händlers Amazon1, der Fluggesellschaft Ryanair2 oder der Sandwich-Franchisekette Subway3, Regelungen über das anwendbare Recht und das zuständige staatliche oder private forum sind heutzutage in zahlreichen Standardverträgen enthalten und gehören zumindest bei potenziell grenzüberschreitenden Abschlüssen zur „Grundausstattung“4. Denn liegen Bezüge zu mehreren Staaten vor, stellt sich 1 Vgl. Klausel 10 der Verkaufsbedingungen: „Es gilt luxemburgisches Recht unter Ausschluss des UN-Kaufrechts (CISG) und des Kollisionsrechts. Es wird die nicht-ausschließliche Gerichtsbarkeit der Gerichte des Bezirks Luxemburg Stadt vereinbart […]“, verfügbar über den Reiter „Unsere AGB“ am Ende der Startseite , letzter Zugriff am 2.2.2022. Zu einer früheren Fassung u. a. EuGH – Verein für Konsumenteninformation (VKI) ./. Amazon, 28.7.2016, Rs. C-191/15. Gerichtliche Entsch. werden in der Arbeit verkürzt zitiert und nur dann mit weiteren Informationen wie einer Fundstellenangabe oder einem Az. versehen, wenn sie nicht bei juris im Volltext veröffentlicht sind oder Verwechslungsgefahr besteht. Für ausführlichere Angaben vgl. das Rspr.verzeichnis am Ende. Auch für die Literatur werden teilweise Kurztitel verwendet, vgl. für die Volltitel das abschließende Verzeichnis. 2 Vgl. dort insb. Klausel 2.4.1. der Allgemeinen Beförderungsbedingungen: „Sofern die einschlägigen Gesetze […] nichts anderes vorsehen, unterliegen Ihr Beförderungsvertrag mit uns, diese Beförderungsbedingungen und unsere themenspezifischen Regelungen dem irischen Recht und werden in Übereinstimmung mit diesem ausgelegt“, abrufbar unter , letzter Zugriff am 28.1.2022. Die Rechtswahlklausel (RwKl) von Ryanair war bereits Gegenstand zahlreicher Gerichtsentsch., u. a. des AG Bremen, 10.8.2018 und AG Simmern, 19.4.2017 – dort jeweils noch zu einer früheren Fassung. Näheres in Kap. 4 (S. 66 ff., insb. auf S. 113 f., 140 ff.). 3 Mit einer dt. Übersetzung z. B. OLG Bremen, 30.10.2008, jurisRn. 4: „Die Parteien lassen Streitfälle, die sie nicht nach dem obigen Gesprächsverfahren beilegen können, schiedsrichterlich entscheiden […]. Die Schiedsgerichtsbarkeit findet entsprechend der Schiedsgerichtsordnung der UN-Kommission für internationales Handelsrecht (UNCITRAL-Schiedsgerichtsordnung) statt, ausgeübt durch das International Centre for Dispute Resolution, einem Mitglied der American Arbitration Association, bei einer in [New York], USA abzuhaltenden mündlichen Verhandlung […]“, auch diese Klausel stand bereits im Streit, vgl. noch Kap. 6 (S. 267 ff., insb. S. 320 ff.). 4 So zu Gerichtsstandsklauseln (GStKl) und Schiedsklauseln (SchKl) Magnus, Gerichtsstandsvereinbarungen im Vorschlag zur Reform der EuGVO, FS v. Hoffmann 2011, 664, ibd. Ähnlich auch u. a. Mankowski, The Role of Party Autonomy, in: Ferrari/Ragno, Cross-border
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Einleitung
bei einem möglichen späteren Streit schnell die Frage, nach welchem Recht und von welchem Spruchkörper dieser überhaupt zu entscheiden ist. Die maßgeb lichen Rechtsregeln hierfür können sich je nach Staat erheblich voneinander unterscheiden, sind im Einzelnen oft sehr komplex und im Voraus daher nur begrenzt bestimmbar. Legen die Parteien dagegen selbst – parteiautonom – fest, welche Lösungen sie für die Streitbeilegung bevorzugen, wird das nahezu weltweit im Grunde anerkannt und schafft für die Parteien damit die nötige Rechtssicherheit.5 Beruht die entsprechende Wahl auf AGB, lässt sie sich freilich nicht in derselben Weise als frei und bewusst verstehen, wie wenn sich die Parteien nach individuellen Verhandlungen auf eine gemeinsame Lösung geeinigt hätten. Die eine Seite nimmt die ihr von der anderen Seite diktierten Rechtswahl-, Gerichtsstands- und/oder Schiedsklauseln vor dem Vertragsschluss oft gar nicht wahr. Sei es, weil sie unter all den anderen, vermeintlich wichtigeren Klauseln untergehen oder weil sie von vornherein gar nicht erst gelesen werden. Schließlich lohnt sich der Aufwand hierfür angesichts des klassischen Take-it-or-leave-it-Charakters der AGB und des fehlenden Konditionenwettbewerbs regelmäßig nicht.6 Das nationale Recht nimmt diesen Umstand verbreitet zum Anlass, die Klauseln einer besonderen gerichtlichen Kontrolle zu unterwerfen, um den Vertragspartner ihres Verwenders (fortan synonym: den Klauselgegner) vor einer vorschnellen Bindung an sie bzw. den hieraus resultierenden Folgen zu schützen. Die entsprechenden Regeln können jedoch erneut von Staat zu Staat abweichen und auf verschiedenen Konzepten gründen. Selbst innerhalb des europäischen Rechtsraums7, in dem seit über 25 Jahren die sog. Klausel-RL8 gilt, gibt es nach wie vor beträchtliche Unterschiede. Nach welchen Regeln sich hier die gericht liche Kontrolle und damit die staatliche Anerkennung der Klauseln richtet, lässt sich im Voraus folglich schwer sagen.9 Zumal das nationale Recht teilweise von vorrangigen Rechtsvorschriften überlagert wird, die zum Zwecke der Vereinheitlichung auf europäischer und internationaler Ebene geschaffen wurden. So sind die mitgliedstaatlichen GeLitigation in Europe (2015), 97, 98: „Party autonomy is the bedrock and the pivot of interna tional cross-border contracts. The cross-border contract without any clause on choice of law, jurisdiction, […] arbitration […] is a rare bird in deed (or not well drafted).“ 5 Ausführlicher hierzu in Kap. 1 (S. 12 ff.). 6 Näheres v. a. in Kap. 2 (S. 28 ff.). 7 Siehe zu dem Begriff des europ. Rechtsraums nur Bogdandy, Dt. Rechtswissenschaft im europ. Rechtsraum, JZ 2011, 1, 2 f. sowie ausführlich Schwarz, Grundlinien der Anerkennung (2016), S. 217 ff. 8 Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl. EG 1993 L 95/29. 9 Zu den Unterschieden v. a. noch in Kap. 2 (S. 28 ff.), zur Unsicherheit Kap. 3 (S. 49 ff.) und 8 (S. 415 ff.).
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richte bei der Beurteilung, ob eine wirksame Rechtswahl vorliegt, in erster Linie an die Maßgaben der Rom I-VO10 gebunden. Die Gerichtsstandswahl unterliegt wiederum im europäischen Rechtsraum grundsätzlich der Brüssel Ia-VO11 und Schiedsvereinbarungen, auf denen ein im Ausland ergangener Schiedsspruch beruht oder die zu einem solchen führen könnten, sind Gegenstand des völkerrechtlichen New Yorker Übereinkommens (NYÜ)12, das alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) ratifiziert haben.13 Diese drei Regelwerke behandeln die AGB-Problematik zwar selbst nicht direkt, stellen aber eigene Anforderungen für die parteiautonome Wahl auf, die bei der gerichtlichen Kontrolle beachtet werden müssen und für die Anwendung des nationalen AGB-Rechts womöglich keinen Raum mehr lassen. Die Frage ihrer Konkurrenz kann dabei nicht allgemein beantwortet werden, sondern muss auch aufgrund verschiedener sog. Bereichsausnahmen und Verweisungen für jedes Kontrollinstrument isoliert betrachtet werden.14 Die Klärung wird umso dringlicher, je öfter Klauseln über das anwendbare Recht und zuständige forum – im Folgenden zusammen: Streitbeilegungsklauseln15 – in der Praxis tatsächlich vorkommen. Wurden grenzüberschreitende Ver10 Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, ABl. EU 2008 L 177/6. 11 Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. EU 2012 L 351/1. Der Anwendungsbereich ist im Einzelnen umstritten. Näheres hierzu in Kap. 5, unter III.1. (S. 164 ff.). Neben dem Brüssel-Regime wird in dieser Arbeit das sog. Lugano Übereinkommen von 2007 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (LugÜ-II), ABl. EU 2009 L 145/5 betrachtet. Hierzu ebenfalls a. a. O. 12 New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958, veröffentlicht in BGBl. II 1961, 121. Vgl. zur Reichweite vorerst nur z. B. BGH, 8.6.2010 (Az. XI ZR 41/09), jurisRn. 19 und Wolff, in: ders., Art. II NYC Rn. 26 ff., näher Kap. 6, IV.1. (S. 288 f.). 13 Eigener Abgleich mit der Status-Liste, die unter abrufbar ist, letzter Zugriff am 28.1.2022. 14 So stellt sich z. B. bei der n. F. von Art. 25 der Brüssel Ia-VO die Frage, welche Kontrollinstrumente alles zur „materiellen Nichtigkeit“ bzw. „Ungültigkeit“ einer GStKl gehören und so von der dortigen Verweisung auf das nat. Recht erfasst werden, siehe hierzu die Bestandsaufnahme in Kap. 5 (S. 184 ff.) sowie generell den zweiten Teil der Arbeit (S. 66 ff.). 15 Vom engl. dispute resolution clauses. RwKl prägen die vertraglichen Rechte und Pflichten zwar schon im Vorfeld eines Rechtsstreits, entwickeln aber gleichwohl besonders dann ihre rechtliche Relevanz. Schließlich geben sie dem angerufenen Gericht oder Schiedsgericht verbindlich vor, nach welchen Maßstäben dieses den Streit zu entscheiden hat. Mit ähnlichem Begriffsverständnis z. B. auch Czernich/Geimer, Streitbeilegungsklauseln im int. Vertragsrecht
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Einleitung
träge früher noch vor allem von spezialisierten Kaufleuten und größeren Unternehmen geschlossen, führt die zunehmende Vernetzung der Märkte im Zuge der Digitalisierung und Globalisierung dazu, dass es sich hierbei mehr und mehr um ein Massenphänomen handelt, sodass auch die Bedeutung der standardisierten Rechts- und Forumswahl zunehmend steigt. Verbraucher oder kleinere und mittlere Unternehmen müssen die Staatsgrenze heute nicht mehr aufwendig physisch überqueren oder über geeignete Kontakte verfügen, um mit ausländischen Vertragspartnern in Verbindung zu treten, sondern können hierfür nun schnell und einfach das Internet nutzen.16 Damit ist die praktische Relevanz der Frage, welche (und wessen) Anforderungen internationale Streitbeilegungsklauseln erfüllen müssen, um einer gerichtlichen Kontrolle im Ernstfall standzuhalten, bereits jetzt sehr hoch und dürfte zukünftig sogar noch weiter steigen. Umso stärker verwundert es, dass das Thema bisher nicht einmal annähernd geklärt17 oder auch nur monographisch vertieft untersucht worden ist. Trotz zahlreicher kürzerer Beiträge zu verschiedenen Einzelproblemen fehlt es an einer umfassenden Aufarbeitung der jeweiligen Konkurrenzen und ganz konkret einschlägigen Kontrollvorgaben und dies in allen drei Teilbereichen, sprich sowohl im kollisions- als auch im zuständigkeits- und schiedsrechtlichen Schrifttum.18 Der AGB-rechtliche Diskurs bleibt seinerseits wiederum allzu oft im nationalen Kontext verhaftet und berücksichtigt so nicht hinreichend, welche Wertungen und Schutzmechanismen auf der europäischen und internationalen Ebene bestehen.19 Die vorliegende Arbeit will diese disparaten Diskurse nun zusammenfüh(2017), abweichend dagegen etwa der Kommentar zu den Haager „Principles of Choice of Law in International Commercial Contracts“ (Hague Principles), der in Punkt 1.7 der Einführung zwischen „choice of law agreements“ und „dispute resolution agreements“ unterscheidet (verfügbar unter , letzter Zugriff am 28.1.2022), oder Basedow, Rechtsdurchsetzung und Streitbeilegung, JZ 2018, 1, 7, der unter Streitbeilegung die einverständliche Konfliktlösung der Parteien, ohne verbindliche Entsch. eines Dritten, versteht. 16 Zu dieser Entwicklung grundlegend bereits Basedow, Das IPR in Zeiten der Globalisierung, FS Stoll 2001, 405 ff.; siehe daneben auch noch dens., The Law of Open Societies (2015), insb. S. 28 ff., 43 ff. und G. Calliess, Grenzüberschreitende Verbraucherverträge (2006), insb. S. 1 ff., 16 ff. 17 Ähnlich mit Blick auf die Situation bei RwKl auch Pfeiffer, Rechtswahlvereinbarung und Transparenzkontrolle, FS E. Lorenz 2014, 843, ibd. („ungeklärte Grundsatzfragen und erhebliche Rechtsunsicherheit“). 18 Eine Ausnahme bildet die Dissertation von C. Rühl, RwKl in AGB (1999), zur Kontrolle von RwKl, die inzwischen freilich z.T. veraltet ist und keine vertiefte Untersuchung der Rspr. vornimmt. Andere Arbeiten zur Konkurrenz haben keinen AGB-rechtlichen Fokus oder sind von ihrem Zuschnitt her begrenzter. 19 Siehe z. B. H. Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, Teil 2 Besondere Klauseln (39) Rn. 3 ff., der in seiner Kommentierung der AGB-rechtlichen Zulässigkeit von SchKl das NYÜ
Einleitung
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ren und blickt dabei neben der rechtsdogmatischen Theorie vor allem auch auf die tatsächliche Praxis. Hierfür unternimmt sie eine detaillierte Analyse der in den letzten Jahren ergangenen maßgeblichen Entscheidungen, wobei der Fokus auf der Rechtsprechung der deutschen Zivilgerichte zu grenzüberschreitenden Sachverhalten liegt.20 Reine Inlandsfälle werden dagegen ebenso ausgeklammert wie außervertragliche Schuldverhältnisse, da die klauselförmige Rechts- und Forumswahl hier eine erheblich geringere oder zumindest eine andere Rolle spielt.21 Ziel ist es, eine Bestandsaufnahme der derzeitigen Kontrolle von Rechtswahl-, Gerichtsstands- und Schiedsklauseln innerhalb des europäischen Rechtsraums zu erstellen: Auf welche Rechtsquellen kommt es hierbei vor den Gerichten an, welche Klauseln werden anerkannt, welchen dagegen die Anerkennung versagt – und weshalb? Die Ergebnisse dieser Bestandsaufnahme sind nicht nur für die betroffenen Parteien relevant, die bisher kaum einschätzen können, welche Streitbeilegungsklauseln auch nach einer gerichtlichen Kontrolle noch zwischen ihnen gelten, sondern können schlussendlich zusätzlich noch weitere Forschungsdiskurse beeinflussen, wie etwa den über einen sog. Wettbewerb der Rechtsordnungen und Justizdienstleister.22 Denn ob eine bestimmte Rechtsordnung oder ein bestimmter Justiz- oder Schiedsstandort von den „Nutzern“ tatsächlich wirksam nachgemit keinem Wort erwähnt, sondern nur auf die Vorgaben der dt. ZPO und (wenigstens) der europ. Klausel-RL eingeht. Ähnliches gilt etwa für die Ausführungen zu SchKl bei Stoffels, AGBRecht (2021), siehe Rn. 1072 ff. 20 Siehe zum Zuschnitt der Rspr.analyse den jeweiligen Abschnitt IV.1. in den Kap. 4–6 (S. 89 ff., 184 ff., 288 ff.); aufgrund divergierender Regelungskontexte weichen die untersuchten Zeiträume untereinander ab, bei RwKl stammt die älteste maßgebliche Entsch. von 1995, bei GStKl von 2003 und bei SchKl von 2002, vgl. die Übersichten in Anh. 2, 4, 6 (S. 468 ff., 477 ff., 487 ff.). 21 Das anwendbare Recht und int. zuständige forum sind bei reinen Inlandsfällen nicht fraglich, hier müssen Streitbeilegungsklauseln also auch keine Rechtssicherheit schaffen und erfüllen damit eine andere Funktion. Bei außervertraglichen Schuldverhältnissen wiederum besteht vorab selten Gelegenheit zu einer Rechts- und Forumswahl, bei nachträglichen Vereinbarungen kommen AGB kaum vor und die Gefährdungslage stellt sich anders dar, vgl. die Ausführungen in Kap. 5, unter III.2.a), S. 170 f. Ob sich im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung geschlossene Streitbeilegungsklauseln auch auf davon unabhängige außervertragliche Ansprüche beziehen, soll hier nicht näher untersucht werden, sondern ist das Thema eigener Arbeiten. Auch die prozessuale Seite der Kontrolle, sprich die Frage von Beweislasten, Präklusion etc., ist zu umfassend, um hier mitbehandelt zu werden. Zur Frage, wann ein int. Vertrag vorliegt, generell z. B. G. Calliess, Grenzüberschreitende Verbraucherverträge (2006), S. 24 ff. 22 Siehe monographisch hierzu v. a. Kieninger, Wettbewerb der Privatrechtsordnungen (2002); O’Hara/Ribstein, The Law Market (2009); Wagner, Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb (2017) sowie die Beiträge in dem von Eidenmüller hrsg. Sammelband „Regulatory Competition in Contract Law and Dispute Resolution“ (2013). Gleiches gilt für die Diskussion über das „Opt-Out“ von Unternehmen aus dem an sich für sie geltenden staatlichen
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fragt werden kann, hängt gerade auch davon ab, unter welchen Bedingungen staatliche Gerichte eine entsprechende klauselförmige Wahl für wirksam erachten.23 Trotz der großen Bedeutung von Standardverträgen in der Praxis gewinnt man in der bestehenden Debatte bisher noch den Eindruck, dass relativ monoschematisch allein zwischen der unilateralen Wahl (forum shopping) einerseits und der bilateralen Wahl andererseits unterschieden wird.24 So bleibt unberücksichtigt, dass die inzwischen wohl häufigste Form der Wahl in gewissem Sinne einen Zwitter darstellt: Schließlich handelt es sich bei Streitbeilegungsklauseln zwar formal um eine gemeinsame, bilaterale Wahl der Parteien, rein faktisch dient sie aber in erster Linie den Interessen des Klauselverwenders und nähert sich somit qualitativ der unilateralen Wahl an. Für den Klauselgegner sind die Streitbeilegungsklauseln des Verwenders faktisch alternativlos.25 Welche Konsequenzen dies für den Wettbewerb und die Qualität des „Angebots“ hat und wie sich hierauf genau die gerichtliche Kontrolle auswirkt, kann indes nicht Thema der vorliegenden Arbeit sein. Sie beschäftigt sich mit den Grundregeln der gerichtlichen Kontrolle internationaler Streitbeilegungsklauseln im europäischen Rechtsraum und konzentriert sich dabei auf das individuelle Verhältnis der Parteien untereinander und untersucht, welche Gefahren sich dort für den einzelnen Klauselgegner aus seiner regelmäßig „blinden“ Zustimmung zu den einseitig diktierten AGB ergeben. Externe Effekte auf die Allgemeinheit und/oder Dritte müssen dagegen weitgehend ausgeblendet bleiben. Die Arbeit kennzeichnet daneben, dass sie einen klauselübergreifenden Ansatz verfolgt. So wird davon ausgegangen, dass zwischen Rechtswahl-, Gerichtsstands- und Schiedsklauseln klare Bezüge und Gemeinsamkeiten bestehen, die es rechtfertigen oder sogar gerade nahelegen, ihre Kontrolle zusammenhängend zu betrachten. Nicht nur ist die Rechts- und Forumswahl in AGB oft aufeinander
Rechtsrahmen und die damit verbundenen Gefahren etwa für die Demokratie. Zum Einstieg hierzu etwa Pistor, Ist Recht eine Ware?, Die Zeit 3/2022. 23 Deutlich zu diesem Konnex G. Calliess, Zur Rolle der Rechtsvergleichung im Kontext des Wettbewerbs der Rechtsordnungen, in: Zimmermann, Zukunftsperspektiven der Rechtsvergleichung (2016), 167, 186 f. Implizit auch G. Rühl, Die Haager Grundregeln über Rechtswahlklauseln, FS Kronke 2020, 485 ff. 24 Vgl. etwa Wagner, Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb (2017), passim, paradigmatisch S. 45: „Die folgenden Überlegungen fassen die – in der Praxis weit überwiegende – Situation ins Auge, dass die Parteien im Zusammenhang der Aushandlung eines kommerziellen Vertrags eine Streitbeilegungsklausel vereinbaren“ [Hervorhebung hinzugefügt]. Das Problem an verschiedenen Stellen erkennend, aber ohne eine grundlegendere Unterteilung bei der Rechtswahl Kieninger, Wettbewerb der Privatrechtsordnungen (2002), siehe dort insb. die S. 70 f., 286, 331. Kurz auch G. Rühl (vorige Fn.), 487. 25 Näheres in Kap. 2 (S. 28 ff.).
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abgestimmt,26 die entsprechenden Klauseln bewegen sich im Verhältnis zu den sonstigen Regelungen des Vertrags gleichsam auf einer Meta-Ebene. Sie bestimmen nämlich darüber, welchem zwingenden Rechtsrahmen letztere unterliegen und ob und auf welche Weise sie sich im Falle eines Streits erfolgreich durchsetzen lassen. Damit entscheiden die Streitbeilegungsklauseln schlussendlich über deren faktische Wirksamkeit („no right without a remedy“).27 Zugleich dienen alle drei Klauseltypen der Schaffung von Rechtssicherheit und sind in ihrem Schicksal deshalb auch unabhängig vom restlichen, materiellrechtlichen (Haupt-)Vertrag zu beurteilen.28 Zwar unterfallen sie mit der Rom I-, Brüssel Ia-VO und dem NYÜ verschiedenen Regelwerken und Vorgaben, es ist angesichts der Parallelen gleichwohl aber damit zu rechnen, dass sich bei ihrer Kontrolle ähnliche Probleme und Fragen stellen. Trotzdem verläuft die Debatte hierzu bisher (sofern sie denn überhaupt erfolgt) getrennt und relativ hermetisch voneinander abgeriegelt innerhalb der jeweiligen Rechtsgebiete des Kollisions-, Zuständigkeits- und Schiedsrechts.29 Allenfalls die Kontrolle von Forumswahlklauseln oder die Vorgaben der Rom I- und Brüssel Ia-VO werden noch näher miteinander verglichen;30 eine Untersuchung, die – überdies vertiefend – alle drei Klauseltypen in den Blick nimmt, fehlt dagegen bis jetzt. Dadurch bleiben wichtige Erkenntnisse insbesondere auch über die Kohärenz der Kontrollregime verborgen. Will man sich speziell dieser Frage annähern, muss jedoch zunächst ein geeigneter Bewertungsmaßstab gefunden werden. Schließlich ist die Kontrolle – trotz der bestehenden Bezüge und Gemeinsamkeiten – stets in ihrem jeweiligen Kontext zu sehen, der durch die Regeln teils divergierender Gesetzgeber determiniert wird. Die übergeordneten Grundrechte und unter ihnen speziell der europäische 26 Siehe z. B. die Klausel Nr. 14 der AGB von Amazon (oben Fn. 1). Näheres hierzu auch noch am Anfang von Kap. 5 (S. 151). Selbst wenn eine explizite Rechtswahl fehlt, wird aus einer GStKl oft auf die Wahl der entsprechenden lex fori geschlossen (qui eligit iudicem eligit ius), dazu z. B. OLG Frankfurt, 26.11.2018, jurisRn. 7; G. Calliess, in: ders., Art. 3 Rome I Rn. 39 f. sowie mit weiteren Rspr.bsp. Martiny, in: MüKo, Art. 3 Rom I-VO Rn. 49. 27 Hierzu vertieft auch noch in Kap. 7 im Zusammenhang mit dem Justizgewährungsanspruch (S. 340 ff., insb. S. 343f., 352 ff.). 28 Näheres zu diesem Trennungsprinzip noch in Kap. 1 (S. 12 ff., insb. S. 24 ff.). 29 Generell zu dieser Trennung gerade im deutschsprachigen Rechtsraum sowie den teils divergierenden spezifischen Perspektiven und Denkweisen Mankowski, Über den Standort des Int. Zivilprozessrechts, RabelsZ 82 (2018), 576 ff. Wichtige Ausnahmen bilden insofern v. a. die Arbeiten von Briggs, Agreements on Jurisdiction and Choice of Law (2008) und Mills, Party Autonomy (2018), die aus dem Common Law kommend weniger eine Grenze zwischen RwKl, GStKl und SchKl ziehen, sich allerdings nicht speziell mit der AGB-Problematik beschäftigen. 30 So etwa bei Maultzsch, Parteiautonomie im IPR und IZVR, in: v. Hein/G. Rühl, Kohärenz (2016), 153 ff.; Sparka, Jurisdiction and Arbitration Clauses in Maritime Transport Documents (2010) oder Tang, Jurisdiction and Arbitration Agreements (2014).
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Justizgewährungsanspruch sind bei der Kontrolle indes stets zu beachten und können daher auch für die Bewertung der Kohärenz wichtige Orientierung bieten.31 Hier stellt sich dann freilich umgehend das Folgeproblem, dass der Justizgewährungsanspruch zumindest aus zivilrechtlicher Perspektive bisher noch unzureichend erforscht und sein Verhältnis speziell zu den internationalen Streitbeilegungsklauseln weitgehend unbeleuchtet geblieben ist. Bei den entsprech enden Überlegungen im Rahmen der Kohärenzbewertung wird daher nicht zuletzt auf die schwierige Thematik einzugehen sein, inwiefern in Rechtswahl-, Gerichtsstands- und Schiedsklauseln ein freiwilliger, parteiautonomer Verzicht auf das Grundrecht auf Justizgewährung gesehen werden kann und was das für die Klauselkontrolle letztendlich bedeutet. Die vorliegende Arbeit gliedert sich in drei Teile, die jeweils aus drei Kapiteln bestehen. Der erste Teil dient dazu, überblicksartig darzustellen, welche Kern ziele bei der Kontrolle von internationalen Streitbeilegungsklauseln aufeinandertreffen und den betroffenen Rechtsgebieten zugrunde liegen. Während das Kollisions-, Zuständigkeits- und Schiedsrecht klassischerweise vor allem die Schaffung von Rechtssicherheit vor Augen hat,32 was das erste Kapitel darlegt, steht für das nationale AGB-Recht der Schutz vor den Gefahren von AGB im Vordergrund, was im zweiten Kapitel betrachtet wird. Die hierzu bemühten rechtlichen Kontrollinstrumente schränken indessen aus verschiedenen Gründen wiederum die angestrebte Rechtssicherheit ein. Es kommt zu Zielkonflikten, die das dritte Kapitel bereits vorab, in Vorschau auf die weitere Untersuchung des zweiten und dritten Teils, in Form erster Thesen skizziert. Der zweite Teil widmet sich sodann der tatsächlichen Praxis zur Kontrolle von internationalen Streitbeilegungsklauseln im europäischen Rechtsraum und analysiert hierfür in den drei Einzelkapiteln jeweils die zu Rechtswahl-, Gerichtsstands- und Schiedsklauseln in den letzten drei Jahrzehnten ergangene Rechtsprechung. Diese wird dabei zuvor stets in den dazugehörigen rechtlichen Kontext eingebettet und mit dem rechtsdogmatischen Diskussionsstand abgeglichen. Dadurch sollen zum einen die Konkurrenz der Rom I-, Brüssel Ia-VO und des NYÜ in Bezug auf 31
Näheres zu Ableitung und Inhalt des Grundrechts sowie zur Bindung der maßgeblichen Gesetzgeber und Gerichte in Kap. 7, dort auch mit einer vertieften Erörterung des Bewertungsmaßstabs (siehe v. a. S. 345 ff.). 32 Auch diese Rechtsgebiete haben inzwischen indes eine sog. Materialisierung erfahren, die jedoch insgesamt betrachtet eine neuere Entwicklung bedeutet. Sie hat zu einer Diversifizierung der Ziele geführt, was sich u. a. auch in der Schaffung verschiedener Schutzmechanismen im Kollisions-, Zuständigkeits- und Schiedsrecht ausdrückt. Diese werden im Rahmen des zweiten Teils berücksichtigt. Zur entsprechenden Entwicklung des IPR etwa v. Hein, in: MüKo, Einl. zum IPR Rn. 41; M.-P. Weller, Vom Staat zum Menschen: Die Methodentrias des IPR unserer Zeit, RabelsZ 81 (2017), 747 ff. Siehe zudem die Sammelbände der IPR-Nachwuchs tagungen, zuletzt „IPR für eine bessere Welt“ (2022), hrsg. v. Duden et al.
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das nationale AGB-Recht geklärt sowie zum anderen die konkreten Kontrollvorgaben bestimmt werden. Der dritte und letzte Teil führt die so gesammelten Erkenntnisse abschließend zusammen und bewertet im siebten Kapitel zunächst die Kohärenz der Kontrollregime sowie im achten und neunten Kapitel schließlich die Erreichung der eingangs beschriebenen Ziele der Rechtssicherheit und des Schutzes vor den AGB-Gefahren.
Erster Teil
Die Ziele
Erstes Kapitel
Rechtssicherheit durch parteiautonome Wahl Verträge werden von den Parteien heutzutage meist nicht mehr wie einst auf dem mittelalterlichen Marktplatz Zug um Zug erfüllt. Entweder begegnen sich die Parteien nämlich gar nicht erst, wie etwa im Fernabsatz, oder der Vertrag ist zu komplex, um in einem einzigen Schritt vollzogen zu werden.1 Scheidet ein simultaner Leistungsaustausch aber aus, muss eine Seite notwendigerweise in Vorleistung gehen. Das wird sie rationalerweise allerdings nur dann tun, wenn sie davon ausgehen kann, dass sich auch die andere später an ihr vertragliches Versprechen halten und die geschuldete Gegenleistung erbringen wird. An der entsprechenden sog. Transaktionssicherheit kann es bereits im nationalen Rechtsverkehr fehlen.2 Weist der Vertrag aber Bezüge zu mehreren Staaten auf, besteht wegen der Schwierigkeit, den maßgeblichen Rahmen für seine Durchsetzung zu bestimmen, eine ganz besondere Unsicherheit, die in der Literatur häufig als konstitutionell bezeichnet wird.3 Sie kann den Abschluss entsprechender Verträge erheblich hemmen (I.). Begegnen lässt sich dem zum einen über eine Vereinheitlichung des geltenden Rechts, die jedoch sowohl auf der Ebene des Sachrechts als auch auf der Ebene des Internationalen Privat- und Zivilverfahrensrechts auf gewisse Probleme stößt (II.). Den Parteien kann daher zum anderen selbst über1
Früher traf man sich dagegen klassischerweise z. B. auf dem lokalen Marktplatz und zahlte als Käufer direkt nach der Inspektion der Ware den geschuldeten Preis und erhielt diese dafür sodann übergeben. Zumindest im BGB bildet das auch immer noch das Grundmodell, vgl. § 320 Abs. 1 S. 1 BGB. Zum anderen Ablauf bei den meisten heutigen Verträgen und den sich hieraus ergebenden, im Folgenden behandelten Problemen v. a. G. Calliess/Mertens, Privatrecht und Wettbewerbspolitik in der Globalisierung, RabelsZ 74 (2010), 463, 481 ff.; v. Harder, Unternehmensinternes Vertragsrecht (2016), S. 40 ff. und G. Rühl, Statut und Effizienz (2011), S. 26 ff. Siehe daneben auch noch die folgenden Nennungen. 2 Etwa in Entwicklungs- oder Schwellenländern, wenn dort keine funktionierenden staat lichen Strukturen existieren, mithilfe derer die eine Seite die andere zur Leistungserbringung zwingen kann. Näher zu alledem v. Harder (vorige Fn.), a. a. O., unter Aufarbeitung des einschlägigen (rechts-)ökonomischen Schrifttums. 3 Vgl. nur G. Calliess/Mertens, Privatrecht und Wettbewerbspolitik in der Globalisierung, RabelsZ 74 (2010), 463, 483; v. Harder, Unternehmensinternes Vertragsrecht (2016), S. 55 m. w. N. Der Begriff geht auf die Vertreter der Neuen Institutionenökonomie Schmidt-Trenz und Schmidtchen zurück und dient der Abgrenzung zur Unsicherheit, die vor der Konstituierung der Nationalstaaten bestand, dazu G. Rühl, Statut und Effizienz (2011), S. 33 mit Fn. 29.
I. Konstitutionelle Unsicherheit als Hemmnis für internationale Verträge
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antwortet werden, das anwendbare Recht und zuständige forum zu bestimmen und so von Beginn an für einen sicheren Rechts- und Durchsetzungsrahmen zu sorgen (III.). Diese Wahlfreiheit wird zum Teil sogar als Grundrecht verstanden (IV.). Da die gewonnene Transaktions- bzw. (juristisch)4 Rechtssicherheit allerdings sogleich wieder aufgehoben wäre, wenn die entsprechenden Vereinbarungen im Falle eines Streits über die Wirksamkeit des „Hauptvertrags“ dessen Schicksal teilen würden, sind sie rechtlich getrennt von diesem zu behandeln, was im europäischen Rechtsraum auch generell anerkannt ist (V.).
I. Konstitutionelle Unsicherheit als Hemmnis für internationale Verträge Die angesprochene Sicherheit (oder zumindest berechtigte Erwartung), die andere Partei werde sich an ihr Versprechen halten, wird vor allem durch Strukturen erzeugt, die es der vorleistenden Partei ermöglichen, die andere notfalls auch gegen deren Willen zur Erbringung der geschuldeten (Gegen-)Leistung zu zwingen. Muss letztere nämlich damit rechnen, dass ihr Vertragsbruch nicht ohne Folgen bleiben wird, senkt das für sie den Anreiz, sich abredewidrig zu verhalten. Im staatlichen Justizsystem sorgt hierfür insbesondere das Vertragsrecht in Kombination mit dem gerichtlichen Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren.5 Bei internationalen Verträgen stoßen diese staatlichen Strukturen indes – wortwörtlich – oft an ihre Grenzen. Schließlich erstreckt sich das Gewaltmonopol des Staats immer nur auf das jeweilige Hoheitsgebiet. Seine Befugnis, Recht zu setzen, Recht zu sprechen und gegebenenfalls per Zwang durchzusetzen, ist territorial begrenzt (Territorialität des Rechts).6 Besteht wie bei internationalen Verträgen gleich zu mehreren Staaten eine Verbindung, muss daher zunächst einmal geklärt werden, welches Justizsystem für die Sanktionierung des Vertragsbruchs 4 Zu dieser „Übersetzung“ Basedow, Lex Mercatoria und Int. Schuldvertragsrecht, FS Horn 2006, 229, 237. 5 G. Calliess/Renner, Rechtssicherheit ohne Staat?, in: Gosewinkel/Schuppert, Politische Kultur im Wandel von Staatlichkeit (2008), 205, ibd., 217. Daneben können auch rein private Ordnungsmechanismen oder hybride Strukturen Transaktionssicherheit erzeugen. Näher hierzu u. a. dies., a. a. O., 205 ff.; v. Harder, Unternehmensinternes Vertragsrecht (2016) und Mertens, Privatrechtsschutz und vertikale Integration im int. Handel (2011), jeweils passim. Aus historischer Sicht zum typischen, kontinuierlichen Wechsel bzw. Kreislauf der privaten und staatlichen Ordnungsmechanismen G. Calliess/I. Jarass, Private Uniform Law, in: Berman, The Oxford Handbook of Global Legal Pluralism (2020), 747, 749 ff. 6 I. Jarass, Privates Einheitsrecht (2019), S. 16 f.; G. Calliess/dies. (vorige Fn.), 752 ff.; G. Rühl, Statut und Effizienz (2011), S. 30, 32; Schmidtchen, Territorialität des Rechts, RabelsZ 59 (1995), 56, 58.
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Erstes Kapitel: Rechtssicherheit durch parteiautonome Wahl
überhaupt zuständig ist, nach welchen Regeln sich die Sanktionierung dort richtet und ob sie anschließend auch außerhalb des Urteilsstaats durchgesetzt wird. Die Frage des zuständigen forum und damit zugleich die Frage, welches Verfahrens-, Kollisions- und Sachrecht im Streitfall Anwendung findet,7 hängt aber ebenfalls wieder von staatlichem und damit territorial begrenzt geltendem Recht ab. Ein entsprechendes „Weltrecht“ existiert bislang nicht8 und die nationalen Regeln hierfür können sich teils erheblich voneinander unterscheiden (Pluralität des Rechts).9 So kommt in einigen foren z. B. bei einem Streit über einen Kaufvertrag stets das Recht des Staats zur Anwendung, in dem der Verkäufer sitzt, während in anderen diesbezüglich auf das Recht am Erfüllungsort oder die lex loci contractus abgestellt wird.10 Mal gilt das anwendbare ausländische Recht als beweispflichtige Tatsache, mal wird es vom Iura-novit-curia-Grundsatz erfasst, was prinzipiell eine Amtsermittlungspflicht zur Folge hat.11 Und auch die vorhandenen Klagearten, Zustellungsmöglichkeiten und prozessualen Voraussetzungen können im Einzelnen stark voneinander abweichen.12 All das führt bei internationalen Verträgen letzten Endes zu einer großen (konstitutionellen) Unsicherheit darüber, welche Rechte denn nun genau bestehen, wie sie im Einzelnen zu bestimmen und durchzusetzen sind.13 Für die potenziell vorleistungspflichtige Das Gericht wendet nach der Lex-fori-Maxime zum einen das Verfahrensrecht des eigenen Staats an (zu dem hier auch die Anerkennungs- und Vollstreckungsregeln gezählt werden), zum anderen aber auch das jeweilige Kollisionsrecht. Das int. Zuständigkeitsrecht ist damit gewissermaßen „Rechtsanwendungsrecht für das Internationale Privatrecht“ (Geimer, IZPR (2020), Rn. 58). Das Kollisionsrecht entscheidet wiederum über das anwendbare Sachrecht. Siehe hierzu zunächst nur Basedow, The Law of Open Societies (2015), insb. Rn. 109; Mankowski, Europ. IPR und IZPR im Lichte der ökonomischen Analyse, in: Ott/Schäfer, Vereinheitlichung (2002), 118, ibd., 120. Ausführlicher im zweiten Teil der Arbeit. 8 G. Calliess, Grenzüberschreitende Verbraucherverträge (2006), S. 87; ders./Mertens, Privatrecht und Wettbewerbspolitik in der Globalisierung, RabelsZ 74 (2010), 463, 481 f. 9 Siehe insb. G. Rühl, Statut und Effizienz (2011), S. 29 f. 10 Siehe Basedow, Lex Mercatoria und Int. Schuldvertragsrecht, FS Horn 2006, 229, 243 f., zur Anknüpfungsregel im europ. Rechtsraum (damals Art. 4 Abs. 2 S. 1 EVÜ, jetzt noch konkreter: Art. 4 Abs. 1 lit. a Rom I-VO) sowie zur Rspr. in den USA und dem japanischen Recht. Die lex loci contractus meint im IPR das (Sach-)Recht des Ortes, an dem der Vertrag geschlossen wird. 11 Siehe vorerst nur den Eintrag von Trautmann zur „Ermittlung ausl. Rechts“ im Hand wörterbuch des Europ. Privatrechts (2009), hrsg. v. Basedow/Hopt/Zimmermann. Näher noch in Kap. 4, II.2. und Kap. 7, II.3. 12 Selbst im europ. Rechtsraum ist der Zivilprozess bislang kaum harmonisiert, sodass nach wie vor viele verschiedene Regeln gelten, hierzu auch noch unter II. sowie in Kap. 5 und Kap. 7. 13 Zur Unsicherheit, das anwendbare Recht und zuständige forum zu bestimmen, auch deutlich G. Calliess, in: ders., Introduction Rn. 9; Schmidtchen, Territorialität des Rechts, RabelsZ 59 (1995), 56 ff., insb. S. 89. Ausführlich G. Rühl, Statut und Effizienz (2011), S. 29 ff. 7
II. Rechtssicherheit durch Rechtseinheit
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Partei ist es daher nur schwer vorhersehbar, ob und wie sie sich später erfolgreich gegen einen Vertragsbruch wehren kann. Die Transaktions- und Rechtssicherheit ist gering, die Partei wird vom Vertragsschluss abgeschreckt.14 Will man den grenzüberschreitenden Handel fördern – was jedenfalls im europäischen Rechtsraum (und Binnenmarkt) erklärtes Ziel ist15 –, muss man die beschriebene Unsicherheit abbauen und dem Vertrag einen zuverlässige(re)n Rahmen geben.16
II. Rechtssicherheit durch Rechtseinheit Ein möglicher Weg hierzu liegt in der Vereinheitlichung des Rechts. Schließlich beruht die Unsicherheit vornehmlich darauf, dass infolge von dessen Territorialität und Pluralität potenziell in jedem Staat verschiedene Bedingungen herrschen und aufgrund der grenzüberschreitenden Bezüge im Voraus nicht verlässlich genug gesagt werden kann, auf welche davon es im Streitfall ankommen wird.17 Die Vereinheitlichung kann sich zunächst auf die Ebene des Sachrechts beziehen:18 Gelten für den Vertrag weltweit dieselben materiellen Regeln, macht es theoretisch keinen Unterschied mehr, welches Gericht für den Streitfall konG. Rühl, Effizienzprobleme bei grenzüberschreitenden Rechtsstreitigkeiten, in: Bork/Eger/Schäfer, Ökonomische Analyse des Verfahrensrechts (2009), 335, 340, die das als int. Transaktionsdilemma bezeichnet. Siehe daneben v. a. I. Jarass, Privates Einheitsrecht (2019), S. 18 f., 33 ff., die zu Recht darauf verweist, dass diese Unsicherheit auch die Transaktionskosten erhöht, sodass sich ein an sich lukratives Geschäft insb. wegen des großen Informationsaufwands nicht mehr lohnen kann. Ebenso G. Calliess (vorige Fn.), a. a. O. Hier wurde der Vereinfachung halber nur das Dilemma der vorleistenden Partei in den Blick genommen, aber auch die andere Seite wird potenziell vom Abschluss abgeschreckt, wenn sie befürchten muss, dass sie später eventuell entstehende oder entdeckte Sekundärrechte nicht erfolgreich durchsetzen kann. 15 Vgl. im Primärrecht nur Art. 119 f. AEUV, im Sekundärrecht ErwG 1, 6 der Rom I-VO sowie 3 und 4 der Brüssel Ia-VO. Dazu auch u. a. Otero García-Castrillón, Certainty and Predictability, in: Beaumont et al., Cross-Border Litigation in Europe (2017), 585 ff.; G. Rühl, Statut und Effizienz (2011), S. 165 ff.; knapp auch Tang, Cross-border Contract Litigation in the EU, in: Beaumont et al., Cross-Border Litigation in Europe (2017), 623, ibd. (Hauptziel der Rom I- und Brüssel Ia-VO). 16 Mankowski, Europ. IPR und IZPR im Lichte der ökonomischen Analyse, in: Ott/Schäfer, Vereinheitlichung (2002), 118, 136; genereller Kötz, Unfair Terms in Consumer Contracts, FS Lando 1997, 203, 207. 17 Ähnlich G. Calliess/I. Jarass, Private Uniform Law, in: Berman, The Oxford Handbook of Global Legal Pluralism (2020), 746 ff., insb. 753 f., und G. Rühl, Statut und Effizienz (2011), S. 45 f. 18 Umfassend I. Jarass, Privates Einheitsrecht (2019), S. 41 ff., die sich dort auch noch mit weiteren Vor- und Nachteilen einer solchen Vereinheitlichung beschäftigt, die im Folgenden nicht alle zur Sprache kommen können. 14 Insb.
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Erstes Kapitel: Rechtssicherheit durch parteiautonome Wahl
kret zuständig ist. Denn in der Sache wird überall nach einheitlichen Maßstäben entschieden.19 Die bisherigen Beispiele für solches internationales Einheitsrechts, wie insbesondere das UN-Kaufrecht (auch CISG genannt),20 zeigen jedoch, dass es in der Praxis trotzdem weiterhin zu erheblichen Abweichungen kommen kann. Das liegt zum einen am großen Einfluss des Verfahrensrechts, das ebenfalls angeglichen werden müsste, um echte Einheit zu erzeugen.21 Zum anderen weist das Einheitsrecht, auch weil sich ein politischer Konsens nicht immer umfassend erzielen lässt, regelmäßig Lücken auf oder enthält konkretisierungsbedürftige Begriffe. Bei deren Auslegung bzw. Schließung greifen die Gerichte häufig auf Figuren oder Wertungen zurück, die sie bereits aus ihrem nationalen Recht kennen oder lassen sich zumindest unterbewusst von einem derart geprägten Vorverständnis leiten. Das führt zu abweichenden Entscheidungen. Ein oberstes Gericht, das hier für Einheit sorgen könnte, fehlt.22 Selbst bei einer umfassenden Vereinheitlichung des geltenden Sachrechts, die zugleich mit verschiedenen Nachteilen einhergehen würde,23 bliebe also immer noch eine gewisse Unsicherheit, was zwischen den Parteien denn nun im Einzelnen gilt. Die Vereinheitlichung kann sich aber auch auf der „Meta-Ebene“ des Internationalen Privat- und Zivilverfahrensrechts (IPR und IZVR) vollziehen.24 So sorgt G. Calliess, Grenzüberschreitende Verbraucherverträge (2006), S. 88. Vgl. auch Leible, Außenhandel und Rechtssicherheit, Z VglRWiss 97 (1998), 286, 309. 20 Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11. April 1989, UN-Treaty Series Volume 1489, 58. Zur Entstehungsgeschichte, aktuellen Bedeutung und Problemen Schroeter, Gegenwart und Zukunft des Einheitskaufrechts, RabelsZ 81 (2017), 32 ff. 21 Gerade das Beweisrecht hat großen Einfluss darauf, wie ein Rechtsstreit ausgeht. Ähnlich Schmidtchen, Territorialität des Rechts, RabelsZ 59 (1995), 56, 84. Dazu auch noch im Folgenden. 22 Zumindest wenn es sich um klassisches Einheitsrecht auf völkerrechtlicher Grundlage handelt. Anderes gilt für das Unionsrecht, das mittlerweile einen großen Anteil der Sachrechtsvereinheitlichungen im europ. Rechtsraum ausmacht. Hier sichert theoretisch der Vorlagemechanismus aus Art. 267 AEUV, dass die mitgliedstaatlichen Gerichte die Vorschriften einheitlich auslegen und anwenden. Zur Praxis indes Maultzsch, Rechtsprechungsvereinheitlichung im Europ. Privatrecht, ZfPW 2015, 282 ff. Generell zur Schwächung des Einheitsrechts durch Divergenzen bei der Auslegung und Anwendung Kötz, Rechtsvereinheitlichung, RabelsZ 50 (1986), 1, 7 f.; G. Rühl, Statut und Effizienz (2011), S. 61 f. 23 Ausführlich I. Jarass (vgl. Fn. 18), dort u. a. zur Eliminierung eines möglichen sog. Wettbewerbs der Rechtsordnungen (a. a. O., S. 61 ff.). 24 Zum IPR und IZVR als Metarechtsordnungen v. a. Coester-Waltjen, Parteiautonomie in der int. Zuständigkeit, FS Heldrich 2005, 549, ibd. Vgl. auch schon Fn. 7. Mankowski, Europ. IPR und IZPR im Lichte der ökonomischen Analyse, in: Ott/Schäfer, Vereinheitlichung (2002), 118, 131 f., beschreibt die Vereinheitlichung des IPR daher als häufige Ersatzlösung auf europ. Ebene, wenn sich eine Sachrechtsvereinheitlichung nicht erreichen lässt („second best solution“). Ebenso u. a. G. Calliess in: ders., Introduction Rn. 14. 19
II. Rechtssicherheit durch Rechtseinheit
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eine Harmonisierung des IZVR verschiedener Staaten, wie etwa im europäischen Rechtsraum durch die Brüssel Ia-VO, unter anderem dafür, dass die gerichtliche Zuständigkeit überall nach einheitlichen Regeln bestimmt wird. Für die Parteien lässt sich so leichter vorhersehen, wo ein späterer Streit anhängig gemacht werden kann und damit zugleich, welches nationale Verfahrens-, Kollisions- und Sachrecht potenziell zur Anwendung kommt. Einigen sich die Staaten darüber hinaus auch noch auf eine erleichterte Anerkennung und Vollstreckung der gegenseitigen Gerichtsentscheidungen (sog. convention double), gibt das den Parteien zusätzlich die Sicherheit, dass sie ihren Titel später auch außerhalb des Urteilsstaats durchsetzen können. All das erhöht die Transaktions- und Rechtssicherheit.25 Eine Harmonisierung des IPR wiederum, wie im europäischen Rechtsraum erst durch das EVÜ26 und dann durch die Rom I-VO geschehen, führt dazu, dass die Gerichte auch das anwendbare Recht nach einheitlichen Regeln bestimmen. So kommt es in der Sache theoretisch erneut überall auf dieselben Maßstäbe an.27 Das fördert ebenfalls die Vorhersehbarkeit und beseitigt zudem einen wichtigen Anreiz für späteres forum shopping bzw. forum running, nämlich die Möglichkeit, nachträglich per klägerischer Gerichtsstandswahl das anwendbare Recht einseitig beeinflussen zu können (sog. indirekte Rechtswahl).28 Initiativen zu einer solchen Vereinheitlichung des IPR und IZVR waren bisher allerdings letztlich nur auf regionaler Ebene wirklich erfolgreich.29 Zwar wurde im Rahmen der Haager Konferenz für internationales Privatrecht vor Kurzem eine „Convention on the Recognition and Enforcement of Foreign Judgments in Civil or Commercial Matters“ mit weltweitem Geltungsanspruch verabschiedet, nachdem ein ähnliches Projekt Anfang der 2000er-Jahre noch weitgehend gescheitert war.30 Es bleibt aber abzuwarten, wie viele Staaten sich an diesem ProMankowski (vorige Fn.), 136 f., 140 f. Skeptischer Schmidtchen, Territorialität des Rechts, RabelsZ 59 (1995), 56, 87, zumindest wenn zahlreiche Abkommen nebeneinander bestehen. 26 Übereinkommen von Rom über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 19. Juni 1980, konsolidierte Fassung in ABl. EG 1998 C 27/34 ff. 27 Anders als bei einer Vereinheitlichung des Sachrechts selbst können sich diese jedoch je nach anwendbarer Rechtsordnung unterscheiden (wichtig I. Jarass, Privates Einheitsrecht (2019), S. 43), zudem kann es in der Praxis zu einer unterschiedlichen Handhabung kommen, die dann den angestrebten Entscheidungseinklang stört. Dazu in Kap. 4 und 8. 28 G. Calliess, in: ders., Introduction Rn. 12 f.; v. Hein, in: Rauscher, Einl. Rom I-VO Rn. 1; Mandery, Party Autonomy (2014), S. 22 f.; Mankowski, Europ. IPR und IZPR im Lichte der ökonomischen Analyse, in: Ott/Schäfer, Vereinheitlichung (2002), 118, 132 f. Differenzierte Betrachtung der Nachteile von forum shopping/running z. B. bei G. Rühl, Statut und Effizienz (2011), S. 278 ff. 29 Mit einem historischen Überblick über die bisherigen Bemühungen im IPR-Bereich Kropholler, IPR (2006), S. 57 ff. 30 Näher zu dem damaligen Projekt Baumgartner, The Proposed Hague Convention on Ju25 Ähnlich
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Erstes Kapitel: Rechtssicherheit durch parteiautonome Wahl
jekt zukünftig tatsächlich beteiligen werden. Das sog. Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen von 2005 (HGÜ) etwa, das damals als „Minimal-Konsens“ aus den Verhandlungen hervorgegangen war, gilt derzeit lediglich zwischen der EU und vier weiteren Staaten, namentlich Singapur, Montenegro, Mexiko und – seit dem Brexit wichtig – dem Vereinigten Königreich.31 Und auch im IPR-Bereich wurde bisher keine verbindliche weltweite Angleichung erreicht.32 Die „Haager Principles of Choice of Law in International Commercial Contracts” von 2015 (Haager Principles) haben lediglich Soft-law-Status und betreffen zudem nur einen beschränkten Teilbereich.33 Damit bleibt es schluss endlich bei der bestehenden Regelungsvielfalt. Die beschriebene Unsicherheit dauert fort – zumindest sofern der Streit auch vor Gerichten eines Drittstaats anhängig gemacht werden kann, die nicht an die Brüssel Ia- und Rom I-VO gebunden sind.34 Doch selbst innerhalb des europäischen Rechtsraums hat die erreichte Vereinheitlichung die Unsicherheit bisher nicht wirklich beseitigen können. Das liegt zum einen erneut an der fehlenden Angleichung des Verfahrensrechts. Die Rom risdiction and Foreign Judgements (2003). Das neue Abkommen, das am 2.7.2019 verabschiedet wurde, regelt neben der Anerkennung und Vollstreckung auch die gerichtliche Zuständigkeit, zumindest indirekt. Der Text ist unter verfügbar, bisher jedoch noch nicht in Kraft. Das Abkommen muss erst noch von mindestens zwei Staaten ratifiziert werden, vgl. Art. 28 Abs. 1 des Abkommens sowie für den Status , letzter Zugriff jeweils am 28.1.2022. Die EU-Kommission hat empfohlen, dass die EU dem Abkommen beitritt, vgl. den Vorschlag vom 16.7.2021, COM(2021) 388 final. Eingehend zu den Regelungen und Besonderheiten Jacobs, Das Haager Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommen vom 2. Juli 2019 (2021). 31 Volltext und Status verfügbar unter , letzter Zugriff am 28.1.2022. Die EU hat das Abkommen für ihre Mitgliedstaaten mitratifiziert, dazu Pfeiffer, Nascetur ridiculus mus?, IWRZ 2016, 19, 19 f. Das Vereinigte Königreich hat nach seinem Austritt aus der EU das Abkommen dann noch einmal selbst ratifiziert. Siehe z. B. Hau, Die zivilrechtliche justizielle Zusammenarbeit mit dem Vereinigten Königreich seit dem Brexit, MDR 2021, 521 ff.; Mankowski, Brexit und IPR und IZVR, EuZW-Sonderausgabe 1/2020, 3, 9, jeweils m. w. N. 32 Leible, Außenhandel und Rechtssicherheit, ZVglRWiss 97 (1998), 286, 290 f., führt das v. a. auf die Schwierigkeit zurück, konsensfähige, feste objektive Anknüpfungsregeln zu finden. In ähnliche Richtung auch G. Calliess, Grenzüberschreitende Verbraucherverträge (2006), S. 88 f. 33 Insb. der b2c-Bereich wird ausgeklammert, vgl. Art. 1 Abs. 1 der Haager Principles, die unter abrufbar sind, letzter Zugriff am 28.1.2022 Sie sollen zum einen Gesetzgebern als Modell dienen und zum anderen Gerichten und Schiedsgerichten Orientierung bieten. Näher Symeonides, The Hague Principles on Choice of Law for Int. Contracts, American Journal of Comparative Law 61 (2013), 873 ff. 34 Ebenso G. Calliess/Mertens, Privatrecht und Wettbewerbspolitik in der Globalisierung, RabelsZ 74 (2010), 463, 481; v. Harder, Unternehmensinternes Vertragsrecht (2016), S. 63 f.
II. Rechtssicherheit durch Rechtseinheit
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I-VO nimmt „den Beweis und das Verfahren“ explizit von ihrem Anwendungsbereich aus (vgl. Art. 1 Abs. 3 Rom I-VO) und auch die Brüssel Ia-VO harmonisiert neben der gerichtlichen Zuständigkeit lediglich die Anerkennung und Vollstreckung der gegenseitigen Entscheidungen. Im Übrigen bleibt es bei der sog. Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten, die grundsätzlich selbst darüber bestimmen können, wie ihre Gerichte im Einzelnen vorgehen und welche Regeln gelten.35 Gerade das Verfahrens-, speziell das Beweisrecht hat aber sehr großen Einfluss auf den Ausgang eines Rechtsstreits.36 Solange es sich im europäischen Rechtsraum unterscheidet, bleibt zudem weiterhin ein Anreiz für Ex-post-Opportunismus in Form von forum shopping. Dieses wird dem Kläger in der Regel dadurch ermöglicht, dass die Brüssel Ia-VO objektiv oft mehrere konkurrierende Gerichtsstände eröffnet, was gleichzeitig die Vorhersehbarkeit des späteren Verfahrensorts und damit der maßgeblichen lex fori erschwert.37 Für Unsicherheit sorgt zum anderen namentlich, dass die objektiven Gerichtsstände und das objektiv anwendbare Recht nicht immer einfach zu bestimmen sind. Die entsprechenden Vorgaben der Brüssel Ia- und Rom I-VO weisen regelmäßig ein gewisses Ermessensmoment auf. Zudem ist der kollisionsrechtliche Anknüpfungs vorgang sehr komplex, da zahlreiche Ausnahmen zu beachten (Teil- und Sonderanknüpfungen, der Ordre-public-Vorbehalt etc.) und schwierige Qualifikationen zu treffen sind.38 Selbst im europäischen Rechtsraum ist für die Parteien daher regelmäßig schwer vorhersehbar, vor welchem mitgliedstaatlichen Gericht sie am Ende ihr Recht suchen müssen und welche Regeln demzufolge Anwendung finden.
35 Näher dazu noch in Kap. 5, unter II.1., dort auch zum harmonisierenden Einfluss des europ. Sachrechts, das wegen des Effet-utile-Grundsatzes prozessuale Anpassungen nach sich ziehen kann. Vgl. vorerst zusammenfassend nur EuGH – Mostaza Claro, 26.10.2006, Rs. C-168/05, Rn. 24. 36 Siehe schon oben Fn. 21. 37 Vgl. insb. Geimer, IZPR (2020), Rn. 1598 („Zuständigkeitsprognose […] nicht möglich“); I. Jarass, Privates Einheitsrecht (2019), S. 22 f.; Wagner, Dispute Resolution as a Product, in: Eidenmüller, Regulatory Competition (2013), 347, 357 ff. (S. 358: „In most real-world disputes, more than one single court will have jurisdiction“). 38 Zu den Unsicherheiten bei den objektiven Gerichtsständen der Brüssel Ia-VO vgl. Coester-Waltjen, 14. Ernst-Rabel-Vorlesung 2014, RabelsZ 79 (2015), 471, 496 ff. Zu den Unsicherheiten bei der objektiven Anknüpfung nach der Rom I-VO vgl. G. Calliess, in: ders., Art. 3 Rome I Rn. 3; v. Hein, in: Rauscher, Art. 3 Rom I-VO Rn. 1. Zudem statt vieler Mankowski, Europ. IPR und IZPR im Lichte der ökonomischen Analyse, in: Ott/Schäfer, Vereinheitlichung (2002), 118, ibd.: „Das Internationale Privatrecht ist schon für Juristen eine komplizierte und gefürchtete Materie.“ Zu ähnlichen Unsicherheiten im US-amerikanischen IPR O’Hara, Opting Out of Regulations, Vanderbilt L. Rev. 53 (2000), 1551, 1559 f. Näheres auch noch in den Kap. 4, 5 und 6 (exemplarisch an der Bestimmung des Statuts der Streitbeilegungsklauseln).
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Erstes Kapitel: Rechtssicherheit durch parteiautonome Wahl
III. Rechtssicherheit durch Vereinbarungen Schafft es das staatliche, von sich aus (objektiv) geltende Recht also selbst im Falle seiner Vereinheitlichung allenfalls bedingt, bei internationalen Verträgen für einen zuverlässigen Rahmen zu sorgen, rücken andere Lösungen in den Vordergrund. Viele der Verträge enthalten neben den eigentlichen, materiellrecht lichen Bestimmungen zugleich einen Teil, der sich bereits vorgreifend mit der Beilegung etwaiger Streitigkeiten beschäftigt. Mit ihm legen die Parteien selbst von vornherein fest, welches staatliche oder private forum über diese entscheiden und welches Recht es dabei anwenden soll.39 Erkennen nun Staaten die entsprechenden Vereinbarungen und damit parteiautonom gesetzten Regelungen40 ihrerseits als rechtlich verbindlich an, geben sie den Parteien die nötige Transaktionsund Rechtssicherheit41 und fördern so den grenzüberschreitenden Handel.42 Denn können die Parteien davon ausgehen, dass ihre Rechts- und Forumswahl in einem späteren Gerichtsverfahren Bestand haben wird, ist für sie von Anfang an vorhersehbar, unter welchen Bedingungen ihre vertraglichen Rechte gegebenenfalls erfolgreich durchsetzbar sind.43 Schon der Kommentar zur Rechtswahlmög39 Damit ist in erster Linie das anwendbare Sachrecht gemeint, da bei staatlicher Zuständigkeit das Verfahrens- und Kollisionsrecht von den Parteien zumindest nicht direkt beeinflusst werden kann (zur mittelbaren Wahl über den Standort indes z. B. Coester-Waltjen, Parteiautonomie in der int. Zuständigkeit, FS Heldrich 2005, 549, ibd.). In privaten Schiedsverfahren geht die entsprechende Wahlfreiheit aber sogar deutlich weiter (was oft auch als wesentlicher Vorteil benannt wird), siehe nur Art. V Abs. 1 lit. d NYÜ und Lew/Mistelis/Kröll, Comparative Int. Commercial Arbitration (2003), Rn. 21-3 („Parties are free to agree generally the procedure [sic].“), 21-5 ff. Dazu auch noch Kap. 6, v. a. unter II.1. 40 Autonomie bedeutet direkt übersetzt „Selbstgesetzgebung“ (vgl. G. Calliess, Die Zukunft der Privatautonomie, JbJZivRWiss 2000, 85, 94). Die von den Parteien selbst gesetzten Regelungen müssen allerdings trotzdem noch von staatlicher Seite anerkannt werden, um rechtliche Wirkung zu entfalten. Ein „contrat sans loi“ wird ganz überwiegend abgelehnt, siehe hierzu im Kontext der Privatautonomie statt vieler Busche, Privatautonomie (1999), S. 15 ff. Vgl. auch G. Calliess, in: ders., Art. 3 Rome I Rn. 7; Czernich, Die Rechtswahl im österr. int. Vertragsrecht, ZfRV 2013, 157, 158 und Heiss, Rechtswahlfreiheit, FS IPRG 2020, 167, 185 f., alle m. w. N. 41 Explizit u. a. Czernich (vorige Fn.), a. a. O.; Leible, Außenhandel und Rechtssicherheit, ZVglRWiss 97 (1998), 286, 289; O’Hara, Opting Out of Regulations, Vanderbilt L. Rev. 53 (2000), 1551, 1560 und Schmitz, Die Rechtswahlfreiheit im europ. Kollisionsrecht (2017), S. 94 f., 107 – sonst oft nur implizit, vgl. die Nennungen in Fn. 45. Am Rande zudem auch u. a. EuGH – Vinyls Italia, 8.6.2017, Rs. C-54/16, Rn. 45. Teils kritisch Wai, Transnational Liftoff, Colum. J. Transnat’l L. 40 (2002), 209, 224 ff., der andere Ziele wie insb. eine effektive Regulierung nicht ausreichend berücksichtigt sieht. Zu den Gefahren der Rechts- und Forumswahl speziell per AGB noch in Kap. 4–6. 42 Zumindest in die Richtung auch v. Hein, in: Rauscher, Art. 3 Rom I-VO Rn. 1 f. und Schmitz (vorige Fn.), S. 103 f. 43 Ebenso u. a. Leible, Außenhandel und Rechtssicherheit, ZVglRWiss 97 (1998), 286, 289
III. Rechtssicherheit durch Vereinbarungen
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lichkeit im US-Recht, den das American Law Institute (ALI) 1971 zusammen mit seinem sog. Restatement (Second) of Conflict of Laws veröffentlicht hat, sieht hierin mit den entscheidenden Grund für die Gewährung einer solchen Wahlfreiheit: „Prime objectives of contract law are to protect the justified expectations of the parties and to make it possible for them to foretell with accuracy what will be their rights and liabilities under the contract. These objectives may best be attained in multistate transactions by letting the parties choose the law to govern the validity of the contract and the rights created thereby. In this way, certainty and predictability of result are most likely to be secured.“44
Und auch sonst wird – sowohl von der Rechtsprechung als auch in der Literatur – vielfach auf die dadurch geschaffene Rechtssicherheit verwiesen, um zu erklären, warum die Parteien das anwendbare Recht und zuständige forum selbst bestimmen dürfen.45 Vereinbarungen über die Streitbeilegung stellen für sie bei internationalen Verträgen ein elementares Mittel dar, um die beschriebene Unsicherheit zu bekämpfen, mag sich das Ziel in der Praxis auch letztlich nicht immer erreichen lassen.46 und Peiffer, Schutz gegen Klagen im forum derogatum (2013), S. 12 ff. Zu Transaktions- und Rechtssicherheit als Vorbedingung für den Abschluss von Verträgen schon am Anfang des Kapitels. Auch wenn forum und anwendbares Recht zuverlässig feststehen, sind allerdings immer noch zahlreiche weitere Informationen nötig, um wirklich einschätzen zu können, wie ein möglicher Streit wahrscheinlich ausgeht. Eine gewisse Restunsicherheit besteht also nach wie vor fort, die Situation wird durch die Streitbeilegungsklauseln im Vergleich zur ansonsten (objektiv) geltenden Rechtslage aber deutlich verbessert. 44 Vgl. lit. e des Kommentars zu § 187 Abs. 2 des Restatement, der 1988 noch einmal in einer überarbeiteten Fassung erschien. Die Version von 1971 ist z. B. auf der Website des Chicago-Kent College of Law veröffentlicht, siehe , letzter Zugriff am 28.1.2022. Der Kommentar setzt sich dort zudem mit der Kritik auseinander, dass sich die Parteien so selbst zum Gesetzgeber aufschwingen könnten. Die subjektive Anknüpfung beruhe aber auf dem entsprechenden Befehl des staatlichen Kollisionsrechts, nicht der Parteien. Vgl. hierzu soeben auch schon Fn. 40 m. w. N. 45 Vgl. insb. US-Supreme Court – Scherk v. Alberto-Culver Co., 17.6.1974; am Rande auch EuGH – Vinyls Italia, 8.6.2017, Rs. C-54/16, Rn. 45; aus der Literatur neben den in Fn. 41 Genannten u. a. Magnus, in: ders./Mankowski, Art. 25 Brussels Ibis Rn. 2, 6; Martiny, in: Reith mann/ders., Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 2.6; Maultzsch, Rechtswahl und ius cogens, RabelsZ 75 (2011), 60, 64; Nygh, Autonomy in Int. Contracts (1999), S. 2 f., 259; Plender/Wilderspin, The European PIL of Obligations (2020), Rn. 6-002; Schack, Das IPR, FS Kegel 2002, 179, 190; v. Wilmowsky, EG-Vertrag und Rechtswahlfreiheit, RabelsZ 62 (1998), 1, 4 und Woodward, Finding the Contract in Contracts for Law, Forum and Arbitration, Hastings Bus. L. J. 2 (2006), 1, 10. Weitere Nachweise bei Mills, Party Autonomy (2018), S. 74 ff. 46 Gerade bei AGB-förmigen Streitbeilegungsklauseln kann die nachträgliche gerichtliche Kontrolle für Unsicherheit sorgen, dazu noch in Kap. 3 sowie – mit einer Analyse der tatsächlichen Praxis bei den verschiedenen Klauseltypen – in den Kap. 4–6; Kap. 8 zieht hierzu dann schließlich ein generelles Fazit.
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Erstes Kapitel: Rechtssicherheit durch parteiautonome Wahl
IV. Wahlfreiheit als Grundrecht Teils ergänzend, teils alternativ tritt zu dieser klassischen Perspektive gerade des IPR und IZVR, wonach die Wahlfreiheit der Schaffung von (anderenfalls fehlender) Rechtssicherheit dient, die „idealistischere“ Perspektive, die Parteien hätten auch ein genuines Recht darauf.47 Schließlich wüssten sie selbst am besten, was ihren Interessen entspricht und eine gerechte Lösung bedeutet.48 Die Vereinbarungen drückten ihren entsprechenden, freien Willen und damit ihre (Partei-)Autonomie aus, weshalb sie vom Staat grundsätzlich zu respektieren seien.49 Deutsche Stimmen verweisen in dem Kontext häufiger auf Art. 2 Abs. 1 des deutschen Grundgesetzes (GG), der den Parteien nicht nur in materiellrechtlicher Hinsicht, sondern auch bezüglich des anwendbaren Rechts und zuständigen forum Vertragsfreiheit gewähre.50 Und auch der EGMR hat die Schiedswahl bereits in mehreren Entscheidungen als Ausübung der Vertragsfreiheit („liberté contractuelle“) bezeichnet, ohne sich dort indes näher zu deren konventions47 Zu diesen zwei Hauptansätzen, die sog. innere Legitimation der Parteiautonomie zu begründen (die äußere besteht in der staatlichen Anerkennung), v. a. auch schon Heiss, Rechtswahlfreiheit, FS IPRG 2020, 167, 175 ff.; Nygh, Autonomy in Int. Contracts (1999), S. 258 („For pragmatists […]. For idealists […]“) und G. Calliess, in: ders., Introduction Rn. 2 („A normative, or human rights based rationale on the one hand, […] and a more functional, or utilitarian rationale on the other hand, […]“). Ebenfalls mit der Bezeichnung als „klassisch“ außerdem u. a. Maultzsch, Parteiautonomie im IPR und IZVR, in: v. Hein/G. Rühl, Kohärenz (2016), 153, 160 f. Weitere Begründungen, die sich mit den hier präsentierten Arg. teils aber auch überschneiden oder ergänzen, finden sich bei Mills, Party Autonomy (2018), S. 66 ff., dessen Überblick dadurch aber insgesamt etwas zu eklektisch gerät. 48 Leible, Parteiautonomie im IPR, FS Jayme 2004, 485, 487 f.; Schack, Das IPR, FS Kegel 2002, 179, 195; v. Wilmowsky, EG-Vertrag und Rechtswahlfreiheit, RabelsZ 62 (1998), 1, 5. Ebenso, daraus aber wohl kein genuines Recht der Parteien ableitend Kropholler, IPR (2006), 296. 49 So v. a. Abendroth, Parteiautonome Zuständigkeitsbegründung (2016), S. 32; Hellgardt, Das Unionsgrundrecht der Privatautonomie, RabelsZ 82 (2018), 654, 667, 670 ff., 683; Kroll-Ludwigs, Die Rolle der Parteiautonomie (2013), S. 148 ff., siehe insb. S. 155 sowie zusammenfassend S. 188, 301; Lehmann, Liberating the Individual, Vanderbilt Journal of Transnational Law 41 (2008), 381, v. a. 417 f.; Leible (vorige Fn.), 488, 492 und Wendland, in: BeckOGK (Stand: 1.9.2021), Art. 3 Rom I-VO Rn. 20 („Ausprägung des rechtsgeschäftlichen Selbstbestimmungsprinzips“). Im Ansatz auch Wagner, in: Stein/Jonas, Art. 23 EuGVVO Rn. 2: „In Zivil- und Handelssachen ist die Ordnung der Rechtsverhältnisse durch die Beteiligten selbst nicht die begründungsbedürftige Ausnahme, sondern die selbstverständliche Regel“, dort später dann allerdings utilitaristischer: „möglichst verlässliche und vorhersehbare Zuständigkeitsordnung“, in dem Sinne auch Rn. 7 und 11. 50 Siehe neben Kroll-Ludwigs (vorige Fn.), S. 211 ff., insb. 222 ff., 240 und Prütting, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassungsrecht, FS Schlosser 2005, 705, 708, insb. auch BGH – Körbuch, 3.4.2000, jurisRn. 9 (Schiedsgerichtsbarkeit als „Ausfluss des in Art. 2 Abs. 1 GG verankerten Grundrechts der Handlungsfreiheit und Privatautonomie“), ähnlich zur Rechtswahl Leible, Parteiautonomie im IPR, FS Jayme 2004, 485, 492, wenngleich ohne GG-Bezug.
IV. Wahlfreiheit als Grundrecht
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rechtlicher Gewährleistung zu äußern.51 Gleiches gilt für den EuGH, der die verschiedenen Streitbeilegungsvereinbarungen ebenfalls schon mehrfach mit der Vertragsfreiheit bzw. Autonomie der Parteien in Verbindung gebracht, den genauen Status aber bisher genauso wenig geklärt hat.52 Da das nationale Verfassungsrecht, also auch Art. 2 Abs. 1 GG auf europäischer Ebene nicht direkt eingreift,53 wird hier von der Literatur stattdessen vor allem auf Art. 16 GRCh54, die Grundfreiheiten sowie ein allgemeines, ungeschriebenes Grundrecht der Vertragsfreiheit abgestellt, das sich aus den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten ergeben soll.55 Ob sich daraus tatsächlich ein Grundrecht der Parteien auf Rechts- und Forumswahl ableitet, ist derzeit indes noch unklar und 51 Vgl. insb. EGMR – Tabbane c. la Suisse, 1.3.2016, n° 41069/12, Rn. 29; zuvor auch schon z. B. Eiffage S.A. et autres c. la Suisse, 15.9.2009, n° 1742/05, Abs. 4 der rechtlichen Würdigung (alle hier zitierten EGMR- bzw. EKMR-Entsch. sind über die Datenbank Airlines und Reiseveranstalter“, letzter Zugriff am 9.2.2022). Deshalb wohl ebenfalls zu den AGB von Ryanair AG Bremen, 10.8.2018, insb. jurisRn. 38, das sich dort der Begründung des AG Simmern anschließt. In den neuen Fällen steht dagegen die Transparenzkontrolle im Fokus (siehe noch 5.e) und f)). Vgl. daneben außerhalb des Beförderungsbereichs LG Tübingen, 16.10.2018, jurisRn. 36, allerdings nicht ganz eindeutig, womöglich nur zur GStKl. 189 So berichtet Cristian Oró Martínez auf dem Conflict-of-Laws-Blog 2013 von einer entsprechenden Entsch. des Handelsgerichts Madrid, vgl. , letzter Zugriff am 9.2.2022, das ebenfalls eine Erschwerung der Rechtsverfolgung sieht und die Klauseln daher nach span. AGB-Recht für unwirksam erklärt. Anders aber wohl später die nächste Instanz, vgl. Sancho-Villa, Spain, in: Guinchard, Rome I and Rome II in Practice (2020), 551, 571 f., laut der die RwKl dort für zulässig gehalten wurde, da sie sich an Art. 5 Abs. 2 Rom I-VO hielt. 190 Mit rechtspolitischer Kritik insb. Mankowski, RwKl in Luftbeförderungs-AGB, RRa 2014, 118, 119 ff. (Verbraucherschutz als „Lippenbekenntnis“) sowie ders., RwKl in den AGB von Fluggesellschaften, IPRax 2019, 208, 209 (Beschränkung „wird zur Farce“). 188
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Viertes Kapitel: Kontrolle von Rechtswahlklauseln
verbundenen Zugangshürden und Informationsrisiken durchaus zumuten zu wollen.191 Eine Lösung ist daher allenfalls über eine Änderung der kollisionsrechtlichen Gesetzeslage, sprich über eine Streichung der Bereichsausnahme, zu suchen und nicht über die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle, die die dortige Wertung ignoriert und aushebelt. Jenseits der Beförderungsverträge ist die Situation indessen weniger klar. Für eine gleichlaufende Lösung spricht, dass sich die Rom I-VO in Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO anders als z. B. das Schweizer Kollisionsrecht gegen einen vollständigen Ausschluss der Rechtswahlfreiheit im Verbraucherbereich entschieden hat.192 Dem kann man die Wertung entnehmen, dass sich Verbraucher grundsätzlich auch auf ein für sie fremdes Recht einzulassen und dann die damit verbundenen Nachteile insbesondere in bzw. vor einem Prozess zu tragen haben.193 Sie werden inhaltlich aber vor besonderen Härten geschützt, indem sie sich weiterhin – trotz wirksamer Rechtswahl – auf ihr günstigeres Heimatrecht berufen können (vgl. III.1.). Ein weiterer Schutz über das nationale AGB-Recht ist danach unzulässig.194 Für Zweifel hieran sorgt nun allerdings die schon oben kurz erwähnte Entscheidung des EuGH in VKI ./. Amazon (2016). Dort hält der EuGH zwar zunächst fest, dass nach dem Unionsrecht Rechtswahlklauseln auch gegenüber Verbrauchern getroffen werden können, führt dann aber fort, dass sie trotzdem in bestimmten Sonderfällen gegen die Generalklausel aus Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL
191 Deutlich OLG Frankfurt, 13.12.2018, jurisRn. 36: „Da das Gemeinschaftsrecht eine Verkürzung des Verbraucherschutzes zugunsten einer (eingeschränkt) freien Rechtswahl in Kauf nimmt, können Gesichtspunkte des Verbraucherschutzes nicht gegen die Wirksamkeit der hier vorliegenden Rechtswahlklausel vorgebracht werden“; zustimmend Wendland, in: BeckOGK (Stand: 1.9.2021), Art. 3 Rom I-VO Rn. 288.7. I.E. so vorher auch schon AG Geldern, 17.7.2017, jurisRn. 45, vermutlich zur RwKl von Ryanair. Inhaltlich werden die entsprechenden Härten allerdings dadurch gemildert, dass in dem Bereich mit der europ. Fluggastrechte-Verordnung und dem Montrealer Übereinkommen zu weiten Teilen rechtswahlfestes Einheitsrecht besteht. Vgl. Mankowski (vorige Fn.), RRa, 123; IPrax, 211 f. Das ist dem Verbraucher jedoch häufig nicht bewusst (vgl. hierzu noch unten 5.) und hilft zudem nicht gegen die Zugangshürden und Informationsasymmetrie. 192 Zum entsprechenden Streit im Gesetzgebungsverfahren G. Calliess, in: ders., Art. 6 Rome I Rn. 19 f. 193 In die Richtung u. a. BGH – Pharmazeutische Beratung, 19.7.2012, jurisRn. 34 und OLG Stuttgart, 20.9.2019, jurisRn. 156 (dort allerdings eher mit Blick auf eine etwaige Intransparenz). Skeptisch allerdings W.-H. Roth, Informationspflichten über das anwendbare Recht, FS Martiny 2014, 543, 546. Generell zu den Gefahren, die sich aus der Wahl eines dem Klauselgegner unbekannten Rechts ergeben, oben unter II.2. 194 So wohl auch die derzeit vorherrschende Meinung im Schrifttum (vgl. a)) und der dt. Rspr. (vgl. Fn. 175).
IV. Bestandsaufnahme
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verstoßen.195 Dabei könne sich die „Missbräuchlichkeit […] insbesondere aus einer Formulierung ergeben, die nicht dem in Art. 5 der Richtlinie 93/13 aufgestellten Erfordernis einer klaren und verständlichen Abfassung genügt.“196 Wenngleich es im weiteren Urteilsverlauf ausschließlich um eine solche Intransparenz geht (siehe hierzu noch 5.), erweckt die Passage den Eindruck, als könnten Rechtswahlklauseln auch noch aus anderen Gründen missbräuchlich sein („insbesondere“).197 Das widerspricht aber der soeben beschriebenen, derzeit wohl (noch) vorherrschenden Ansicht sowohl in der Rechtsprechung als auch der Literatur, die eine solche zusätzliche Kontrolle neben der Rom I-VO für gesperrt hält.198 Der EuGH lässt in der Entscheidung nicht erkennen, dass ihm die Pro blematik und Diskussion überhaupt bewusst wäre. Er geht – wie schon der OGH in seiner Vorlage oder der Generalanwalt in seinen Schlussanträgen – mit keinem Wort auf das Verhältnis der Klausel-RL zur Rom I-VO ein und sorgt gerade dadurch für große Unsicherheit.199 Schließlich hat sich die Rechtsprechung bisher 195 Im Anschluss an die Ausführungen von GA Saugmandsgaard Øe EuGH – VKI ./. Amazon, 28.7.2016, Rs. C-191/15, Rn. 66 f. Näher auch noch in Fn. 197. 196 EuGH – VKI ./. Amazon (vorige Fn.), Rn. 68 [Hervorhebung hinzugefügt]. 197 Auch aus Rn. 67 des Urteils folgt keine Einschränkung (a. A. Rieländer, RwKl im EU-Kollisionsrecht, RIW 2017, 28, 34). Dort führt der EuGH aus, dass die beschriebene RwKl wegen der grdsl. Zulässigkeit „nur dann missbräuchlich [sein könne], wenn sie bestimmte, mit ihrem Wortlaut oder ihrem Kontext zusammenhängende Besonderheiten aufweist, die ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursachen.“ Der Begriff des „Kontextes“ ist aber derart weit, dass hierunter auch problemlos inhaltliche Aspekte, wie etwa die Nähebeziehung des gewählten Rechts zum Sachverhalt etc., fallen können. Wie hier auch das Urteilsverständnis bei Hau, in: M. Wolf/Lindacher/Pfeiffer, IntGV Rn. 26a, 27d; Heiss, Rechtswahlfreiheit, FS IPRG 2020, 167, 204 f.; G. Rühl, The unfairness of choice-of-law clauses, CMLR 2018, 201, 223 f. und W.-H. Roth, Datenschutz, Verbandsklage, RwKl in Verbraucherverträgen, IPRax 2017, 449, 457, der diesen Schritt des EuGH auch explizit begrüßt. 198 Vgl. Fn. 194. Zur Zulässigkeit der Transparenzkontrolle noch unter 5.a). Explizit gegen eine Inhaltskontrolle auch nach der Entsch. VKI ./. Amazon z. B. noch Rieländer, in: Leuschner, AGB-Recht im unternehmerischen Rechtsverkehr (2021), Rechtswahl Rn. 49 f.; Tiede/Bergel/ Kranich, RwKl bei Ryanair, VuR 2020, 215, 216; Wurmnest, in: MüKo, § 307 BGB Rn. 254. Die Bedeutung der EuGH-Entsch. relativierend Huber, Hinweispflichten, FS Kronke 2020, 215, 219 („vertretbar (aber […] auch nicht zwingend), eine solche echte Inhaltskontrolle auch weiterhin für unzulässig zu halten.“). 199 Ähnlich G. Rühl, The unfairness of choice-of-law clauses, CMLR 2018, 201, 206 f., 217. Andeutungsweise auch Mankowski, RwKl in den AGB von Fluggesellschaften, IPRax 2019, 208, 210, aber sehr knapp. Ebenfalls auf die Unsicherheit hinweisend, aber ohne Kritik Kaufhold, Anm. EuGH, IWRZ 2016, 217, ibd. Auch die Nachfolgeentsch. VKI ./. TVP, 3.10.2019, Rs. C-272/18, in der der EuGH erneut zur Missbräuchlichkeit einer RwKl nach Art. 3 der Klausel-RL befragt wird, stellt das Verhältnis nicht klar, sondern geht allein auf die fehlende Transparenz der RwKl ein; hier fehlt nun freilich der Zusatz, dass „insbesondere“ daraus die Missbräuchlichkeit folgen könne (vgl. a. a. O. Rn. 55 ff., generell zu der Entsch. z. B. Rieländer,
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mit der Inhaltskontrolle weitgehend zurückgehalten oder diese sogar explizit für unzulässig erklärt.200 Die Äußerung des EuGH in VKI ./. Amazon könnte nun als Anregung verstanden werden, die Kontrollpraxis zukünftig zu ändern.201 4. Verbot überraschender Klauseln Trotz der geschilderten Zurückhaltung lassen sich in der Praxis zahlreiche Fälle beobachten, in denen Rechtswahlklauseln faktisch auf ihren Inhalt kontrolliert werden. Nur erfolgt dies nicht offen im Wege der Inhaltskontrolle im engeren Sinne, sprich unter Rückgriff auf nationale Kontrollvorschriften wie § 307 BGB, sondern verdeckt über das AGB-rechtliche Überraschungsverbot. Dabei handelt es sich um ein Kontrollinstrument, das vielen Rechtsordnungen bekannt,202 rechtsdogmatisch aber schwer einzuordnen ist (hierzu unter a)). Das deutsche Recht regelt es z. B. in § 305c Abs. 1 BGB (früher § 3 AGBG a. F.). Vorformulierte Klauseln, die so ungewöhnlich sind, dass der Klauselgegner mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden danach von vornherein kein Bestandteil des geschlossenen Vertrags. Auch das österreichische Recht sieht in § 864a ABGB ein ähnliches Verbot vor203 und in England und Frankreich hat die Rechtsprechung funktional äquivalente Kontrollvorgaben entwickelt.204 Die Klausel-RL wiederum enthält zumindest kein ausdrückliches Überraschungsverbot. Einige sehen in diesem aber das Transparenzgebot aus Art. 5 Klausel-RL verwirklicht und sprechen sich Treuhandverträge über Geschäftsanteile, IPRax 2020, 224 ff. und Wilke, Die Treuhandkon struktion, GPR 2020, 116, 117, 120 f.). 200 Vgl. schon eingangs Fn. 175. 201 Erste Anzeichen dafür bieten etwa die Entsch. des OLG Köln, 29.1.2021, jurisRn. 19, 21; LG Köln, 28.1.2022, BeckRS 2022, 1024, Rn. 17, 19; LG Berlin, 11.1.2022, BeckRS 2022, 339, Rn. 16 ff.; AG Köln, 19.5.2020, jurisRn. 23, 26 (Verweis auf Art. 23 Rom I-VO), die Art. 3 Klausel-RL und damit das entsprechende nat. AGB-Umsetzungsrecht für anwendbar erklären, ohne dabei zwischen der Inhaltskontrolle i.e.S. und der Transparenzkontrolle zu differenzieren. Begründet wird die Unwirksamkeit der RwKl in ihnen bisher jedoch stets noch mit der fehlenden Klarheit (dazu 5.e) und f)). Ohne nähere Begründung, daher unsicher, ob Inhalts- oder Transparenzkontrolle LG Köln, 19.10.2021, jurisRn. 41: „[…] Vereinbarung der Anwendung von maltesischem Recht in den AGB der Beklagten ist wegen Verstoßes gegen die Richtlinie EG 93/13 (Klausel-RL) und wegen Verstoßes gegen Art. 14 Abs. 1 S. 1 lit. a) Rom-II-VO unwirksam”. 202 Rechtsvergleichend v. a. Hellwege, AGB (2010), S. 351 ff. 203 § 864a österr. ABGB: „Bestimmungen ungewöhnlichen Inhaltes in Allgemeinen Geschäftsbedingungen […] werden nicht Vertragsbestandteil, wenn sie dem anderen Teil nachteilig sind und er mit ihnen auch nach den Umständen, vor allem nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde, nicht zu rechnen brauchte; es sei denn, der eine Vertragsteil hat den anderen besonders darauf hingewiesen.“ 204 Hellwege, AGB (2010), S. 357, 362. Zum engl. Recht Chen-Whishart, Contract Law (2018), S. 382 f.
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daher für eine entsprechende richtlinienkonforme Auslegung des nationalen AGB-Rechts aus.205 Der überraschende Charakter und damit das Verbot der Klauseln lassen sich in der Regel durch einen besonderen Hinweis abwenden, der umso auffälliger ausfallen muss, je ungewöhnlicher der Klauselinhalt ist.206 Andere Rechtsordnungen fordern allerdings eine speziell auf die ungewöhnliche Klausel bezogene Zustimmung des Vertragspartners. Nationale Unterschiede bestehen also vor allem hinsichtlich der Kontrollintensität.207 a) Verhältnis zur Rom I-VO In den AGB-Rechtsordnungen, die ein Überraschungsverbot kennen, fungiert das Kontrollinstrument in der Regel als negative Einbeziehungsvoraussetzung. Selbst wenn die Anforderungen der allgemeinen Einbeziehungskontrolle positiv erfüllt sein sollten, also insbesondere die Möglichkeit zur Kenntnisnahme bestand (vgl. 2.), werden überraschende Klauseln nicht Teil der Vertragsbeziehung.208 Dahinter steht erneut die Erkenntnis, dass AGB vom Klauselgegner typischer- und rationalerweise ignoriert werden. Grundsätzlich wird der Klauselgegner vom Recht trotzdem an sie gebunden, da bei Einhaltung der positiven Einbeziehungsvoraussetzungen von seiner Zustimmung ausgegangen wird. Nur so lässt sich letztendlich die Vorstellung von der vertraglichen Natur der AGB aufrechterhalten, ohne deren Verwendung erheblich zu erschweren, die ja durchaus mit einigen Vorteilen verbunden ist.209 Das gilt jedoch nur für Klauseln, die 205 Basedow, in: MüKo, § 305c BGB Rn. 3; H. Schmidt, in: BeckOK, § 305c BGB Rn. 5. Dagegen Hellwege (vorige Fn.), S. 350. Näheres zur Einordnung des Transparenzgebots in Abschnitt 5. 206 Das ergibt sich für § 864a österr. ABGB schon aus dessen Wortlaut (vgl. Fn. 203); bei § 305c Abs. 1 BGB verneint die Rspr. in solchen Fällen den vorausgesetzten Überraschungscharakter. Siehe dazu nur Basedow (vorige Fn.), Rn. 8; zur sog. red hand rule im engl. Recht Chen-Whishart, Contract Law (2018), S. 382 f. 207 Vgl. insb. das Fazit bei Hellwege, AGB (2010), auf S. 390 f. sowie S. 351 ff. für weitere nat. Bsp. PECL und DCFR sehen dagegen kein spezielles Überraschungsverbot vor, dazu Gade, AGB im int. und europ. Privatrecht (2014), S. 209 ff. und Hellwege, Allgemeines Vertragsrecht und „Rechtsgeschäfts“-lehre im DCFR, AcP 211 (2011), 665, 682, die deshalb erwägen, bei überraschenden Klauseln deren generelle Einbeziehungskontrolle (vgl. 2.) zu verschärfen. 208 Das ergibt sich z. B. bei § 305c Abs. 1 BGB und § 864a österr. ABGB direkt aus dem Wortlaut, vgl. Fn. 203. Zum estnischen und litauischen AGB-Recht Hellwege (vorige Fn.), S. 351, zum dänischen der engl. High Court (per Mr. Justice Clark) in Kingspan v Borealis, 1.5.2012, [2012] EWHC 1147, Rn. 561. Mit dem Begriff der negativen Einbeziehungsvoraussetzung u. a. McColgan, Abschied vom Informationsmodell (2020), S. 268; Rodi, in: Leuschner, AGB-Recht im unternehmerischen Rechtsverkehr (2021), § 305c BGB Rn. 1 und H. Schmidt, in: BeckOK, § 305c BGB Rn. 2. 209 Zu ihnen v. a. am Anfang von Kap. 2. Zum historischen Streit im dt. Recht, ob AGB ei-
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sich noch im Rahmen des Erwartbaren halten. Denn die Annahme einer Zustimmung schlägt spätestens dann in eine reine Fiktion um, wenn die Klauseln objektiv vollkommen ungewöhnlich sind und auch den konkreten Klauselgegner subjektiv überraschen. Sie lassen sich – und das drückt das Überraschungsverbot aus – dann nicht mehr als von seiner generellen Zustimmung gedeckt betrachten und entfalten folglich keine Bindungswirkung.210 Im kollisionsrechtlichen Schrifttum wird das Kontrollinstrument wegen dieser Rechtsfolge bislang als Frage des Zustandekommens i. S. v. Art. 3 Abs. 5, 10 Rom I-VO verstanden und deshalb uneingeschränkt für zulässig gehalten.211 Anders als die allgemeine Einbeziehungskontrolle knüpft das Überraschungsverbot allerdings in der Regel nicht nur an äußere, formelle Faktoren an, wie einen vorherigen Hinweis oder die Übermittlung der AGB, sondern ist vielfach mit einer inhaltlichen Kontrolle verbunden. Schließlich lässt sich schwer beurteilen, ob eine Klausel ungewöhnlich ist, ohne ihren konkreten Inhalt in den Blick zu nehmen.212 Nach dem zuvor zur Inhaltskontrolle im engeren Sinne Gesagten (vgl. 3.) müsste eine Anwendung des Überraschungsverbots auf Rechtswahlklauseln deshalb an sich ausgeschlossen sein; zumindest wenn sie faktisch zu einer Kontrolle des Inhalts der Rechtswahlklauseln führt. Das Problem wird bis-
nen Vertrags- oder Normcharakter aufweisen, insb. Hellwege, AGB (2010), v. a. S. 203 ff. sowie zusammenfassend S. 331 f. 210 Vgl. zum Telos von § 305c BGB insb. die Begründung des Regierungsentwurfs zum früheren AGBG, BT-Drs. 7/3919, S. 19 sowie Rühl, RwKl in AGB (1999), S. 125 und Sedlmeier, Rechtsgeschäftliche Selbstbestimmung (2012), S. 303 f. In Bezug auf das engl. Recht Chen-Whishart, Contract Law (2018), S. 382 f. 211 Vgl. Hausmann, in: Staudinger, Art. 10 Rom I-VO Rn. 98, 103; v. Hein, in: Rauscher, Art. 3 Rom I-VO Rn. 43; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 176; Martiny, in: Reith mann/ders., Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 2.30; Pfeiffer, AGB-Kontrolle von Rechtswahlvereinbarungen, IPRax 2015, 320, 322 f.; W.-H. Roth, Datenschutz, Verbandsklage, RwKl in Verbraucherverträgen, IPRax 2017, 449, 458; ders., RwKl in Verbraucherverträgen, IPRax 2013, 515, 520, 522; Schaub, Inhaltskontrolle im IPR, in: Riesenhuber/Karakostas, Inhaltskontrolle (2010), 195, 207; Schmitz, Die Rechtswahlfreiheit im europ. Kollisionsrecht (2017), S. 152; Augenhofer, in: G. Calliess, Art. 10 Rome I Rn. 16 mit Fn. 35; M. Stürner, in: Erman, Art. 6 Rom I-VO Rn. 15a; Wendland, in: BeckOGK (Stand: 1.9.2021), Art. 3 Rom I-VO Rn. 288. Vereinzelt wird schon Art. 3 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO ein Überraschungsverbot entnommen, das aber wohl zu keiner Sperrung des nat. AGB-Rechts führen soll (vgl. Fn. 232). 212 Ähnlich Fornasier, Freier Markt und zwingendes Vertragsrecht (2013), S. 163 und 170 und Mäsch, in: Staudinger, § 305c BGB Rn. 10; als „Sonderform der Inhaltskontrolle“ auch bei McColgan, Abschied vom Informationsmodell (2020), S. 270, vgl. dort zudem die folgenden S. Zur verdeckten Inhaltskontrolle der Schweizer Rspr. mithilfe der sog. Ungewöhnlichkeitsregel G. Rühl, Mehr Freiheit wagen im Vertragsrecht, FS Basedow 2018, 33, 44 ff., wo diese inhaltliche Ausrichtung ebenfalls deutlich wird.
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lang generell nur von wenigen erkannt und ist rechtsdogmatisch noch nicht befriedigend gelöst.213 b) Kontrollpraxis Dabei kommt dem Kontrollinstrument mit insgesamt 29 einschlägigen Entscheidungen extreme Praxisrelevanz zu. In jedem dritten Fall, in dem sich die mitgliedstaatlichen Gerichte zu der Gültigkeit einer Rechtswahlklausel äußern, ist das AGB-rechtliche Überraschungsverbot der Grund hierfür. Zugleich führt dessen Anwendung in knapp der Hälfte der Fälle dazu, dass der Rechtswahlklausel die Anerkennung versagt wird.214 Besonders bei Verbrauchern als Klauselgegner begründen die Gerichte ihre Entscheidung, die Rechtswahlklausel zu ignorieren und stattdessen allein an das objektiv anwendbare Recht anzuknüpfen, sehr häufig mit deren überraschendem Charakter. Ob diese Begründung im europäischen, durch die Rom I-VO harmonisierten Rechtsraum trägt, ist jedoch regelmäßig zweifelhaft. Es lassen sich verschiedene Fallgruppen unterscheiden (siehe c)–f)). Eingehender hierzu letztlich immer noch allein C. Rühl, RwKl in AGB (1999), S. 124 ff., 208 f., die trotz der erkannten Nähe zur Inhaltskontrolle an einer Einordnung als Konsensfrage festhalten will. Eine Abgrenzung sei möglich. Ähnlich auch Hausmann, in: Staudinger, Art. 10 Rom I-VO Rn. 102 f. Deutlich skeptischer hingegen Heiss, Inhaltskontrolle von RwKl, RabelsZ 65 (2001), 634, 641. Unentschieden Hook, The Choice of Law Contract (2016), S. 184 f., die eine Kontrolle des Inhalts über Vorschriften wie § 305c BGB eigentlich ablehnt, einige der im Folgenden geschilderten, problematischen Fallgruppen dann aber explizit zulassen will. Solomon, Die Rom I-VO in der dt. ord. Gerichtsbarkeit, ZVglRWiss 115 (2016), 586, 594 f., wirft das Problem zwar auf, behandelt es dann aber nicht weiter. Ansonsten wird die Zwischenstellung des Kontrollinstruments bisher höchstens noch im Kontext mit Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO thematisiert (dazu kurz schon bei III.2.a)), eine Anwendung auf RwKl generell aber für zulässig gehalten. 214 Insgesamt sind im Untersuchungszeitraum 76 Fälle zu verzeichnen, in denen die dt. Gerichte RwKl einer Klauselkontrolle unterziehen (siehe zur Fallauswahl IV.1). Wegen des AGB-rechtlichen Überraschungsverbots nicht anerkannt werden RwKl vom LG Tübingen, 16.10.2018 (allerdings korrigiert von OLG Stuttgart, 20.9.2019, s.u.); LG Dortmund, 15.1.2016; LG Hamburg, 2.9.2014; LG Ulm, 19.5.2010; OLG Stuttgart, 10.12.2009; LG Düsseldorf, 25.5.2007; LG Bremen, 7.12.2006; LG Düsseldorf, 9.11.2006; LG Krefeld, 31.1.2006 (Az. 5 O 502/04 und Az. 5 O 292/04); OLG Düsseldorf, 19.12.2001; KG Berlin, 21.1.1998; OLG Düsseldorf, 8.3.1996; OLG Düsseldorf, 26.5.1995. Klare Zweifel auch bei LG Düsseldorf, 5.7.2021, BeckRS 2021, 20151, Rn. 14, das die RwKl aber dann später nur noch wegen der Intransparenz ablehnen will, vgl. BeckRS 2021, 36900, unter 4. Trotz einer Kontrolle anerkannt dagegen bei OLG Bremen, 1.7.2021; OLG Stuttgart, 31.3.2021; LG Hamburg, 25.2.2021; OLG Karlsruhe, 20.1.2021; OLG Stuttgart, 20.9.2019; OLG Frankfurt, 13.12.2018; OLG Köln, 15.10.2013; OLG Hamm, 23.8.2012; OLG Brandenburg, 30.11.2011; LG Hamburg, 6.1.2011; OLG Hamm, 20.9.2005; BGH, 25.1.2005; OLG Hamburg, 24.1.2003; LG Düsseldorf, 31.7.2002. LG Landshut, 19.11.2021, betrifft trotz Verweis auf § 305c BGB die Transparenz. 213
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c) Überraschung wegen geringeren Schutzniveaus Auf die sog. Broker-Fälle, die das OLG Düsseldorf Mitte der 1990er-Jahre beschäftigten, wurde bereits oben im Rahmen der Inhaltskontrolle (im engeren Sinne) eingegangen. Das OLG Düsseldorf unterwirft die Rechtswahlklauseln dort aber nicht nur einer Kontrolle anhand von § 9 AGBG a. F. (jetzt § 307 BGB), sondern zieht daneben auch noch § 3 AGBG a. F. (jetzt § 305c Abs. 1 BGB) heran. Die dahinterstehende Überlegung ist schlussendlich dieselbe: Das in der Rechtswahlklausel bestimmte englische Recht schütze Privatanleger wesentlich geringer als das objektiv anwendbare deutsche Recht. Das stelle sowohl eine unangemessene Benachteiligung als auch eine Überraschung für den Klauselgegner dar, der mit „solchen seinen Interessen zuwider handelnden Klauseln […] nicht zu rechnen“ brauche. Zumindest nicht, wenn er zuvor in Deutschland von einem Deutsch sprechenden Vermittler geworben worden sei.215 Hier klingt zugleich der Vorwurf der mangelnden Erkennbarkeit des Auslandsbezugs an, der gleich noch unter d) behandelt werden soll. In Bezug auf die – unerwartete – Verschlechterung des sachrechtlichen Schutzniveaus muss angesichts der Parallele konsequenterweise dieselbe Kritik wie schon oben greifen: Ob nun offen im Rahmen etwa von § 307 BGB oder verdeckt über § 305c Abs. 1 BGB – knüpft die gerichtliche Kontrolle an die sachrechtlichen Unterschiede zwischen der objektiv anwendbaren und der gewählten Rechtsordnung an, ignoriert sie damit die kollisionsrechtliche Grundentscheidung, eine Rechtswahl gerade unabhängig davon zuzulassen und insbesondere passive Verbraucher vor der Gefahr einer Verschlechterung mithilfe des Günstigkeitsvergleichs zu schützen.216 Dieser Schutz läuft jedoch leer, wenn aufgrund des Überraschungsverbots neben dem Heimatrecht des Verbrauchers gar kein weiteres Recht subjektiv anwendbar ist, mit dem der Vergleich vorgenommen werden könnte. Das ausländische Recht muss dann zwar nicht mehr aufwendig ermittelt werden, worin der eigentliche Grund für die derzeitige Kontrollpraxis liegen könnte, kann dem Verbraucher aber auch nicht zum Vorteil gereichen. Das widerspricht der Entscheidung des europäischen Kollisionsrechts, das dem Verbraucher einen etwaigen Vorteil gerade erhalten will und sich in Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO deshalb gegen eine pau215 So OLG Düsseldorf, 26.5.1995, jurisRn. 52. Im Anschluss daran derselbe Senat auch in seinem Urt. v. 8.3.1996, jurisRn. 42 (dort nur zu § 3 AGBG a. F.). Vor der Geltung des EVÜ außerdem auch schon OLG Düsseldorf, 14.1.1994, NJW-RR 1994, 1132, 1132 f. Zu weiteren Folgeentsch. unten bei Fn. 219. 216 Hierzu sowie zum (reflexhaften) Schutz des individuellen Klauselgegners u. a. über Art. 3 Abs. 4, Art. 9 Rom I-VO schon oben unter III.1. und IV.3. Die Gefahr, dass der Klauselgegner aufgrund seines Informationsdefizits bzgl. des gewählten Rechts dort enthaltene Rechte nicht wahrnimmt oder durchsetzt (vgl. II.2.), bleibt aber. Hierzu auch noch in Kap. 7, unter III.2., dort im Vergleich zur Kontrolle von GStKl.
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schale „Alles-oder-Nichts-Lösung“ ausgesprochen hat.217 Gleichzeitig ist mit einem entsprechend begründeten Überraschungsverbot auch wieder eine indirekte Kontrolle der ausländischen Rechtsordnung verbunden, die dem kollisionsrechtlichen Grundgedanken der Gleichwertigkeit der nationalen Rechtsordnungen zuwiderläuft.218 Auch die späteren Folgeentscheidungen unter anderem des LG Düsseldorf, LG Krefeld sowie eines weiteren Senats des OLG Düsseldorf, die alle nur noch kurz auf die Verschlechterung des sachrechtlichen Schutzniveaus verweisen,219 können deshalb nicht überzeugen. Bedenken bestehen zuletzt gegen eine Entscheidung aus der englischen Rechtsprechung, die das Verbot zwar im Ergebnis nicht bejaht, das aber nur, weil zwischen dem gewählten dänischen Recht und dem objektiv anwendbaren kein signifikanter Unterschied liege.220 In der Sache knüpft der englische High Court damit ebenfalls an den Inhalt der Rechtswahlklausel bzw. des gewählten Rechts an, was zu Spannungen mit dem Kollisionsrecht führt.221 d) Überraschung wegen fehlender Erkennbarkeit des Auslandsbezugs Sowohl beim OLG Düsseldorf in den Broker-Fällen als auch bei anderen Gerichten klingt als Grund für das Überraschungsverbot mitunter – teils ergänzend, teils vordergründig – an, dass für den Klauselgegner der grenzüberschreitende Charakter des Vertrags nicht erkennbar gewesen sei und dieser daher auch nicht mit einer Rechtswahl habe rechnen müssen.222 Abgesehen von tatbestandlichen 217 Zu diesem Arg. auch schon oben unter 3.a). Liegen die Vssn. von Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO oder einer anderen Sonderanknüpfung (vgl. die vorige Fn.) umgekehrt gerade nicht vor, soll auch keine Modifikation der Rechtswahl erfolgen. Dazu als Arg. ebenfalls schon unter 3. für die Inhaltskontrolle i.e.S. 218 Vgl. ebenfalls schon die Ausführungen unter 3., dort auch zu gewissen Einschränkungen. 219 LG Düsseldorf, 9.11.2006, jurisRn. 62 (RwKl zugunsten des Rechts von New Jersey); LG Krefeld, 31.1.2006, jurisRn. 37 (Az. 5 O 292/04 und 5 O 502/04, jeweils RwKl zugunsten des Rechts von NY); OLG Düsseldorf, 19.12.2001, jurisRn. 47 (RwKl zugunsten des Rechts von Panama). Weniger deutlich, aber wohl ebenfalls zu dieser Fallgruppe gehörend, im Kontext mit der nl. RwKl einer Versandapotheke, OLG Stuttgart, 10.12.2009, jurisRn. 34 sowie im Anschluss daran LG Ulm, 19.5.2010, jurisRn. 141 f., dort aber keine nähere Erörterung. 220 Engl. High Court (per Mr. Justice Clarke) – Kingspan v Borealis, 1.5.2012, [2012] EWHC 1147, Rn. 559 ff., insb. Rn. 564: „So far as the effect of the term is concerned, it does not seem to me material that […] [t]he differences between the two systems are […] so egre gious as to call for special notice.“ (zu einer dänischen RwKl). 221 Kritisch auch Hook, The Choice of Law Contract (2016), S. 185. 222 Siehe soeben bei Fn. 215. Deutlich auch LG Tübingen, 16.10.2018, jurisRn. 36 (anders dann in der Berufungsinstanz aber OLG Stuttgart, 20.9.2019, jurisRn. 153) und i.R.d. ersten Hinweisbeschlusses LG Düsseldorf, 5.7.2021, BeckRS 2021, 20151, Rn. 14 (Wahl des engl. Rechts bei reinem Inlandsflug Düsseldorf–Berlin wohl überraschend, selbst wenn engl. Flug-
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Bedenken – in den Broker-Fällen etwa ging der ausländische Sitz des Vertragspartners klar aus den Vertragsformularen hervor, zudem sollten Börsengeschäfte an ausländischen Börsen vorgenommen werden223 – kommt es erneut zu einer Kollision mit der Rom I-VO. Gerade diese Problematik wird nämlich ebenfalls wieder von Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO erfasst und abweichend geregelt: Nach Art. 6 Abs. 1 Rom I-VO ist Voraussetzung für den darin gewährten Schutz, dass der Unternehmer seine Tätigkeit auf den Heimatstaat des Verbrauchers ausgerichtet hat und der geschlossene Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt. Dem passiven Verbraucher ist der Auslandsbezug genau deshalb oft gar nicht bewusst, weswegen er auf die Anwendbarkeit seines Heimatrechts vertraut und in diesem Vertrauen auch geschützt werden soll.224 Der darum angeordnete Günstigkeitsvergleich wird jedoch erneut ausgehebelt, wenn die Rechtswahl bereits AGB-rechtlich für überraschend und nicht in das Vertragsverhältnis einbezogen erklärt wird. Dieses Problem wird von der Rechtsprechung bisher gar nicht und von der Literatur nur vereinzelt gesehen.225 e) Überraschung wegen fehlender Nähebeziehung Noch öfter stellen die Gerichte bei ihrer Kontrolle indessen auf die Nähebeziehung des gewählten Rechts zum Vertrag bzw. zu den Parteien ab. Da es bei der Wahl neutralen Rechts an einer solchen gerade fehlt, werden entsprechende gesellschaft); nur noch mit dem Arg. der Intransparenz dann allerdings später, vgl. den Hinweisbeschluss v. 15.11.2021, BeckRS 2021, 36900, unter 4. Vgl. daneben zudem noch OLG Stuttgart, 10.12.2009, v. a. jurisRn. 33 f., wo die Ablehnung aber wohl in erster Linie auf die unerwartete Verschlechterung des Schutzniveaus gestützt wird. Im Anschluss daran auch LG Ulm, 19.5.2010, jurisRn. 141 f. Das OLG Bremen, 1.7.2021, jurisRn. 40; OLG Stuttgart, 31.3.2021, jurisRn. 59; OLG Frankfurt, 13.12.2018, jurisRn. 37 und OLG Hamburg, 24.1.2003, jurisRn. 62 f., wiederum lehnen die Überraschung ab, weil der Auslandsbezug für den Klauselgegner klar erkennbar gewesen sei. 223 Mit ähnlicher Kritik bereits Mankowski, Zu einigen internationalprivat- und internationalprozessrechtlichen Aspekten bei Börsentermingeschäften, RIW 1996, 1001, 1002; C. Rühl, RwKl in AGB (1999), S. 131. 224 Überzeugend G. Calliess, Grenzüberschreitende Verträge (2006), S. 97 ff. Ebenso G. Rühl, in: BeckOGK (Stand: 1.7.2019), Art. 6 Rom I-VO Rn. 177; M. Stürner, in: Erman, Art. 6 Rom I-VO Rn. 11. Vgl. auch BGH, 19.3.1997, jurisRn. 34; die Stellungnahme von GA Saugmandsgaard Øe v. 5.9.2019 zur Rs. C-272/18 (VKI ./. TVP), Rn. 61 ff., insb. 80, sowie die letztliche Entsch. des EuGH v. 3.10.2019, in der Rs., dort Rn. 50. 225 So insb. von Mankowski, Zu einigen internationalprivat- und internationalprozessrechtlichen Aspekten bei Börsentermingeschäften, RIW 1996, 1001, 1002. Wohl auch von C. Rühl, RwKl in AGB (1999), S. 131, dort aber nicht klar genug herausgestellt. Explizit für eine AGB-rechtliche Kontrolle in solchen Konstellationen indes z. B. Hook, The Choice of Law Contract (2016), S. 185, die davor die fehlende Beachtung der Rom I-VO gerade noch kritisiert hatte.
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Rechtswahlklauseln im Untersuchungszeitraum mehrfach für überraschend erklärt. Beispielhaft für diese Rechtsprechung steht eine Entscheidung des LG Hamburg von 2014 zur Rechtswahlklausel des internationalen Zahlungsdienstleisters Paypal. Dieser hat seinen Sitz in Luxemburg, verwendet seinen Kunden gegenüber aber eine Rechtswahlklausel zugunsten des englischen und walisischen Rechts. Für das LG Hamburg ist das nicht nachvollziehbar: Da weder ersichtlich noch vorgetragen sei, warum Paypal „mit einem im Inland ansässigen Kunden, nämlich dem Beklagten, in ihren AGBs ausgerechnet englisches und walisisches Recht vereinbaren möchte“, sei die Rechtswahlklausel als Verstoß gegen § 305c Abs. 1 BGB zu werten. Der Zahlungsanspruch von Paypal richte sich daher mangels einer verbindlichen Rechtswahl nach dem objektiv anwendbaren deutschen Recht.226 Zu der Fallgruppe zählen daneben noch zahlreiche weitere Entscheidungen, die die Rechtswahlklausel zwar im Ergebnis anerkennen, besagte Nähebeziehung vorher aber ebenfalls zum Prüfungsmaßstab machen. Da es sich bei dem gewählten Recht in den Fällen jedoch entweder um das Heimatrecht des Klauselverwenders und/oder ein aus anderem Grund eng mit dem Fall verbundenes Recht handelt, wird eine Überraschung verneint.227 Problematisch daran ist, dass jene Nähebeziehung nach dem liberalen Grundverständnis der Rom I-VO für die Wirksamkeit der Rechtswahl an sich keine Rolle spielt.228 Nur ausnahmsweise, nämlich bei bestimmten Beförderungs- und 226
LG Hamburg, 2.9.2014, jurisRn. 26. Das LG zieht § 305c BGB dabei über Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO heran (hierzu generell schon unter III.2.b) sowie noch unter g)). Mit nahezu wörtlicher Übernahme später LG Dortmund, 15.1.2016, jurisRn. 17, das dort indes übersieht, dass der Klauselgegner in dem Rechtsstreit anders als beim LG Hamburg gar nicht als Verbraucher handelte und Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO schon deshalb nicht greift. Daneben noch LG Düsseldorf, 25.5.2007, jurisRn. 31, das eine RwKl zugunsten des Rechts von NY zwischen einem engl. Broker und einem dt. Verbraucher nicht anerkennt, und LG Bremen, 7.12.2006, jurisRn. 29 f., wo zwar sogar das Recht am Sitz der Klauselverwenderin in Luxemburg gewählt wird, das LG hierzu aber keinen ausreichenden Bezug sieht, da den dt., türkischstämmigen Verbrauchern eine Beteiligung an türkischen Unternehmen vermittelt werden sollte. Zu weiteren Entsch. der Fallgruppe auch noch sogleich. 227 Siehe OLG Bremen, 1.7.2021, jurisRn. 40; OLG Stuttgart, 31.3.2021, jurisRn. 59; LG Hamburg, 25.2.2021, jurisRn. 66; OLG Karlsruhe, 20.1.2021, jurisRn. 29; OLG Köln, 15.10.2013, jurisRn. 21; OLG Hamm, 23.8.2012, jurisRn. 13 f.; OLG Brandenburg, 30.11.2011, jurisRn. 20; LG Hamburg, 6.1.2011, jurisRn. 73; BGH, 25.1.2005, jurisRn. 14 (sowohl Heimatrecht als auch z.T. Erfüllungsort); OLG Hamburg, 24.1.2003, jurisRn. 62 f. (Hamburg bekannter Handelsplatz für Rohkaffee, dt. Rechtswahl daher nicht überraschend); LG Düsseldorf, 31.7.2002, jurisRn. 58 (Heimatrecht, zudem wegen engl. Vertragssprache Bezug zur Rechtsordnung); dem Sachverhalt nach auch OLG Hamm, 20.9.2005, jurisRn. 37, aber nicht explizit. 228 Ähnlich Baumert, Abschlusskontrolle bei Rechtswahlvereinbarungen, RIW 1997, 805, 809 (zum EVÜ) sowie zum Urteil des LG Hamburg (vgl. Fn. 226) Mankowski, in: Magnus/ ders., Art. 3 Rome I Rn. 193 f. und Schmitz, Die Rechtswahlfreiheit im europ. Kollisionsrecht
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Versicherungsverträgen, wird die kollisionsrechtliche (Aus-)Wahlfreiheit in Art. 5 und 7 Rom I-VO auf eng mit dem Sachverhalt verbundene Rechtsordnungen begrenzt. Geht man davon aus, dass damit eine bewusste Entscheidung des Kollisionsrechtsgebers verbunden ist, muss bei einer systematischen Betrachtung im Umkehrschluss folgen, dass in allen übrigen Fällen auch jedes beziehungslose, neutrale Recht gewählt werden darf.229 Dass das wegen des AGB-rechtlichen Überraschungsverbots anders sein soll, bedarf angesichts des Vorrangs der Rom I-VO vor dem nationalen Recht zumindest einer näheren Begründung, die bislang jedoch weder von der Rechtsprechung noch der Literatur geliefert wird.230 f) Äußere Gestaltung, insbesondere Standort im Vertrag Unproblematisch ist es daher aus rechtsdogmatischer Sicht schlussendlich nur, wenn die mitgliedstaatlichen Gerichte eine Rechtswahlklausel allein aufgrund der äußeren Gestaltung, unabhängig von ihrem Inhalt, für überraschend erklären.231 Die Rom I-VO bestimmt in Art. 3 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO zwar, dass die Rechtswahl ausdrücklich erfolgen oder sich eindeutig aus den Bestimmungen des Vertrags oder den Umständen des Falles ergeben muss. Daraus wird bis jetzt aber noch von kaum jemandem auf eine abschließende, europäische Vorgabe für deren äußere Gestaltung geschlossen.232 Das AGB-rechtliche Überraschungsverbot dürfte daher zumindest insofern nicht gesperrt sein. Der Fallgruppe fehlt der(2017), S. 157 f. Zweifelnd auch Solomon, Die Rom I-VO in der dt. ord. Gerichtsbarkeit, ZVglRWiss 115 (2016), 586, 594 f. 229 Ebenso G. Rühl, in: BeckOGK (Stand: 1.7.2019), Art. 6 Rom I-VO Rn. 246. 230 Dort für ein Überraschungsverbot von RwKl ohne objektive Nähebeziehung z. B. Pfeiffer, Fehlverständnisse beim Günstigkeitsvergleich, IPRax 2015, 320, 323 (jedenfalls im b2c-Bereich); Spellenberg, in: MüKo, Art. 10 Rom I-VO Rn. 226 und M. Weller/Nordmaier, in: Spindler/Schuster, 3. Aufl. (2015), Art. 3 Rom I-VO Rn. 12. Tiefergehend lediglich C. Rühl, RwKl in AGB (1999), S. 126 ff., 208 f., die argumentiert, dass das Überraschungsverbot einer neutralen Rechtswahl inhaltlich gar nicht entgegenstehe, da es über einen besonderen Hinweis überwunden werden könne. Anders als die Inhaltskontrolle stehe das Überraschungsverbot daher auch nicht im Konflikt mit dem EVÜ. Ob das Argument jedoch darüber hinweghilft, dass die mitgliedstaatlichen Gerichte über das AGB-Recht RwKl verbieten, die das Kollisionsrecht gerade zulässt, ist zweifelhaft. Bis zu einer Klärung durch den EuGH herrscht somit letztlich Unsicherheit. 231 Ebenfalls ohne Bedenken z. B. W.-H. Roth, RwKl in Verbraucherverträgen, IPRax 2013, 515, 522 und A. Staudinger, in: NomosKommentar-BGB, Art. 3 Rom I-VO Rn. 11. 232 Einzig Baumert, Abschlusskontrolle bei Rechtswahlvereinbarungen, RIW 1997, 805, 809 f. und Spellenberg, in: MüKo, Art. 10 Rom I-VO Rn. 199, überlegen, ob sich aus Art. 3 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO (bzw. Art. 3 EVÜ) eine Art vorgezogenes, europ. Überraschungsverbot ableiten lässt, sehen dann aber nur einen geringen Anwendungsbereich. Kritisch hierzu Hau, in: M. Wolf/Lindacher/Pfeiffer, IntGV Rn. 22 mit Fn. 84. Zustimmend dagegen Schneider,
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zeit jedoch die praktische Bedeutung. So findet sich im gesamten Untersuchungszeitraum nur zwei Entscheidungen dazu, und eine davon ist über 20 Jahre alt. Das KG Berlin begründet 1998 den überraschenden Charakter der Rechtswahlklausel damit, dass diese erst auf der letzten Seite der Vertragsurkunde geregelt sei. Dort befänden sich daneben nur abschließende und bestätigende Erklärungen, weshalb der Klauselgegner an dieser Stelle nicht mehr mit einer konstitutiven Regelung habe rechnen müssen. Die Rechtswahlklausel zugunsten österreichischen Rechts verstoße daher gegen § 864a ABGB und sei unwirksam.233 Nun handelt es sich bei der Bewertung der Klauselgestaltung in erster Linie um eine Tatsachenfrage, weshalb eine Kritik daran nur eingeschränkt möglich ist. Wie das KG selbst allerdings einige Jahre später in einem anderen, lauterkeitsrechtlichen Fall formuliert: Irgendetwas muss nun einmal den Schluss eines Klauselwerks bzw. einer Vertragsurkunde bilden.234 Der Standort der Rechtswahlklausel allein kann also wohl nicht den Ausschlag geben. Zumal sich Rechtswahlklauseln wie auch Gerichtsstands- und Schiedsklauseln geradezu typisch unmittelbar am Schluss befinden.235 Bei einer Regelung z. B. erst nach der Unterschrift oder versteckt in der Adresszeile kann jedoch sicherlich anderes gelten. Entsprechende Beispiele fehlen allerdings bisher, zumindest für den Bereich der Rechtswahlklauseln.236 Das OLG Karlsruhe verneint 2021 wiederum explizit eine Überraschung, weil die Rechtswahlklausel im Rahmen des Gesamtwerks in einem eigenen Abschnitt mit übersichtlicher Gestaltung zu finden war.237 g) Kontrollschwerpunkt Wie schon bei der Inhaltskontrolle liegt auch beim Überraschungsverbot der Kontrollschwerpunkt klar auf Rechtswahlklauseln aus dem Verbraucherbereich. 23 der 29 einschlägigen Entscheidungen betreffen Rechtswahlklauseln zwischen Unternehmern und Verbrauchern. Nahezu alle der auch in letzter Instanz nicht anerkannten Rechtswahlklauseln stammen aus diesem Bereich. Für den unterBranchenbuch-Falle, BB 2017, 2184, 2185 und Rieländer, in: Leuschner, AGB-Recht im unternehmerischen Rechtsverkehr (2021), Rechtswahl Rn. 32. 233 KG Berlin, 21.1.1998, jurisRn. 11. Zuvor geht das KG irrigerweise kurz auf die Zulässigkeit der RwKl nach § 35 des damaligen österr. IPRG ein (jurisRn. 10). Art. 27 Abs. 4, 31 Abs. 1 EGBGB a. F. (jetzt Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO) enthalten aber nur eine Öffnung für ausl. Sach-, nicht für Kollisionsrecht. Ein renvoi soll so verhindert werden (vgl. damals Art. 35 EGBGB a. F., jetzt Art. 20 Rom I-VO). 234 So beinahe wörtlich KG Berlin, 7.5.2013, jurisRn. 43, zum Irreführungsverbot aus § 5a UWG. 235 Vgl. nur Mankowski, RwKl in Verbraucherverträgen, FS W.-H. Roth 2015, 361, 369 f. 236 Hierzu im Kontext von GStKl noch in Kap. 5, unter IV.2.c) und 4.b). 237 OLG Karlsruhe, 20.1.2021, jurisRn. 29 (wohl dort auch nicht a. E. der AGB, da Ziffer 5).
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nehmerischen Verkehr heißt das zugleich, dass eine gerichtliche Kontrolle allenfalls vereinzelt vorkommt und dann – zumindest bisher – nur äußerst selten zu einem Wegfall der Rechtswahlklausel geführt hat.238 Neben Verbraucherverträgen liegt ein weiterer Kontrollschwerpunkt auf ausländischen Rechtswahlklauseln. Alle 14 – zumindest von einer Instanz – für überraschend erklärten Klauseln beziehen sich auf ein Recht, das von der lex fori abweicht. Dabei handelt es sich in vielen Fällen um ein drittstaatliches Recht. Rechtswahlklauseln zugunsten der deutschen Rechtsordnung werden im Untersuchungszeitraum dagegen nur in vier Fällen kontrolliert und dort jeweils nicht für überraschend gehalten.239 Eine mögliche Erklärung für dieses Kontrollverhältnis liegt im Zuständigkeitsrecht. So sind mitgliedstaatliche Gerichte für einen Rechtsstreit zumindest objektiv ohnehin nur dann zuständig, wenn dieser klare Bezüge zum Gerichtsstaat und damit auch zur dortigen Rechtsordnung aufweist. Sie sprechen dann aber gegen den überraschenden Charakter einer entsprechenden Rechtswahl.240 Die bisherige Analyse hat jedoch gezeigt, dass die untersuchte Rechtsprechung Rechtswahlklauseln selbst in Fällen für überraschend erklärt, in denen zum gewählten Recht eine objektive Nähebeziehung besteht. So hatte der Klauselverwender z. B. in den Broker-Fällen meistens sein eigenes Heimatrecht gewählt. Das legt die Vermutung nahe, dass die Gerichte ausländischen Rechtswahlklauseln gegenüber generell misstrauischer sind, was man kritisch als Ausdruck von Rechtschauvinismus betrachten kann.241 Eine andere Erklärung ist, dass sie der aufwendigen Ermittlung der für sie unbekannten Rechtsordnung entgehen wollen und deshalb nach Wegen suchen, bereits die Rechtswahl für unwirksam zu erklären, um in der Sache an die lex fori anknüpfen zu können.242 Das fördert ebenfalls eine restriktive Kontrolltendenz. Zuletzt müsste angesichts der hauptsächlichen Kontrolle ausländischer Rechtswahlklauseln in der Praxis an sich das ausländische AGB-Recht eine überaus große Rolle spielen (vgl. Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO). Statt auf das präsumtiv gewählte Recht greifen die Gerichte aber auch für das Überra238
So letztlich nur bei LG Dortmund, 15.1.2016. Karlsruhe, 20.1.2021; LG Hamburg, 6.1.2011; OLG Hamm, 20.9.2005; OLG Hamburg, 24.1.2003. Für die nicht-anerkennenden Entsch. vgl. oben Fn. 214 unter 4.b). 240 So auch C. Rühl, RwKl in AGB (1999), S. 130. Zum völkerrechtlichen Verbot sog. exorbitanter Gerichtsstände, ohne jeglichen Bezug zum Streit, z. B. Adolphsen, Europ. Zivilverfahrensrecht (2015), S. 51 f. Abweichend Geimer, IZPR (2020), Rn. 126 ff., 377 ff., 393, dem zufolge hierüber keine Einigkeit herrscht. Einschränkend auch bereits Pfeiffer, Int. Zuständigkeit und prozessuale Gerechtigkeit (1995), S. 26 ff. 241 Dafür spricht z. B. die Äußerung des OLG Düsseldorf, das in seiner Entsch. vom 11.4.2001 (Volltext in: NJOZ 2002, 635) die engl. Rechtsordnung u. a. als „intransparent“, da auf case law basierend, bezeichnet, vgl. das Zitat oben unter 3.b) bei Fn. 177. 242 Hierzu auch kurz schon unter c). 239 OLG
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schungsverbot primär auf die lex fori zurück.243 Dabei setzen sie im Rahmen der Kontrolle oft beim Inhalt der Rechtswahlklauseln an. Wie die vorherigen Ausführungen verdeutlicht haben, kommt es dabei regelmäßig zu Spannungen mit den kollisionsrechtlichen Grundentscheidungen der Rom I-VO. Höchstrichterliche Leitentscheidungen insbesondere des EuGH fehlen bislang, weshalb nach wie vor unsicher ist, ob das Kontrollinstrument neben der Rom I-VO anwendbar ist.244 Das rechtsdogmatische Schrifttum vernachlässigt das Thema wiederum bislang. Vieles spricht dafür, dass die derzeitige Kontrollpraxis im europäischen Rechtsraum weit überwiegend nicht zulässig ist. 5. Transparenzkontrolle Ein anderes Kontrollinstrument hat dafür in den letzten Jahren umso stärkere Beachtung erfahren. Schon seit der BGH-Entscheidung Pharmazeutische Beratung über Call-Center (2012), spätestens aber mit EuGH – VKI ./. Amazon (2016) ist die Transparenzkontrolle von Rechtswahlklauseln in den absoluten Mittelpunkt der rechtsdogmatischen Debatte gerückt. Die neue Rechtsprechungsentwicklung wird dort überwiegend kritisch betrachtet (vgl. e)). Die Transparenzkontrolle bzw. synonym das Transparenzgebot ist bereits für sich genommen nicht leicht zu durchdringen. Ziel der entsprechenden Vorgaben ist es, den Klauselgegner vor dem Vertragsschluss in die Lage zu versetzen, die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen der AGB einzuschätzen und so eine informierte, autonome Entscheidung über deren Geltung zu treffen.245 Dafür müssen die Klauseln 243 Grund hierfür ist meist eine Sonderanknüpfung über Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO. Näher hierzu schon unter III.2.b). Ähnliches konnte man auch schon bei der Inhaltskontrolle beobachten. Anknüpfung über Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO bei LG Düsseldorf, 5.7.2021, BeckRS 2021, 20151, Rn. 14. Anders aber z. B. OLG Bremen, 1.7.2021, jurisRn. 40; OLG Stuttgart, 31.3.2021, jurisRn. 59 und LG Hamburg, 25.2.2021, jurisRn. 66 (Kontrolle jeweils anhand von § 864a österr. ABGB als präsumtiv gewähltes Recht). 244 Der BGH erklärt in seinem Urt. v. 25.1.2005 zwar am Rande, dass die dortige RwKl zugunsten des Schweizer Rechts wegen der klaren, objektiven Bezüge zu der Rechtsordnung nicht überraschend sei (jurisRn. 14) – was die grdsl. Anwendbarkeit des Kontrollinstruments suggeriert. Für den Streit kommt es auf die Gültigkeit der RwKl aber letztlich nicht an. Denn der BGH hält die strengeren Vorgaben des dt. Rechts für Börsentermingeschäfte ohnehin schon infolge der Sonderanknüpfung in Art. 29 EGBGB a. F. für anwendbar. 245 Besonders deutlich EuGH – Andriciuc, 20.9.2017, Rs. C-186/16, Rn. 45, 48, unter Verweis auf seine vorherigen Leitentsch. RWE, 21.3.2013, Rs. C-92/11; Kásler, 30.4.2014, Rs. C-26/13 und Van Hove, 23.4.2015, Rs. C-96/14. Ähnlich vor der Klausel-RL schon BGH, 17.1.1989, jurisRn. 22, sowie später BGH, 12.10.2005, jurisRn. 44. Aus dem Schrifttum Armbrüster, Das Transparenzgebot, DNotZ 2004, 437 ff.; ders., Standard Contract Terms and Information Rules, in: Collins, Standard Contract Terms (2008), 163, 164 ff. Dieser Zweck wird in der Literatur z.T. allerdings angezweifelt. Da ohnehin niemand vor Vertragsschluss die AGB lese, gehe es in Wirklichkeit nicht um die Herstellung von Abschluss-, sondern allenfalls von
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„klar und verständlich“ sein, wie es etwa Art. 5 Klausel-RL und § 307 Abs. 1 S. 2 BGB anordnen.246 Das legt es nahe, die Transparenzkontrolle als Konsensfrage zu begreifen und sie daher in der Nähe der Einbeziehungskontrolle zu verorten. Verwirrenderweise ist sie z. B. im deutschen und österreichischen AGB-Recht mit § 307 Abs. 1 S. 2 BGB und § 6 Abs. 3 öKSchG systematisch aber bei der Inhaltskontrolle geregelt. Und auch der EuGH sieht Art. 5 Klausel-RL als reinen Unterfall der Missbräuchlichkeit i. S. v. Art. 3 Klausel-RL.247 Dieser (vermeintliche) Widerspruch lässt sich auflösen, indem man zwischen einer „formellen Einbeziehungstransparenz“ und einer „materiellen Inhaltstransparenz“ unterscheidet.248 Übersichtlicher (und transparenter) wird die Rechtslage dadurch aber nicht. Das zeigt nicht zuletzt die nach wie vor anhaltende deutsche Debatte da rüber, welche Transparenzprobleme denn nun von der allgemeinen Einbeziehungskontrolle nach § 305 BGB, dem Überraschungsverbot aus § 305c Abs. 1 BGB oder der Transparenzkontrolle (im engeren Sinne) gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB erfasst werden.249 Auch bei Rechtswahlklauseln kann die Transparenz Abwicklungstransparenz, siehe z. B. Ferrante, Transparency of Standard Terms, in: Heiderhoff/ Lohsse/Schulze, EU-Grundrechte und Privatrecht (2016), 115, 120 ff. m. w. N. Näher hierzu Fornasier, Freier Markt und zwingendes Vertragsrecht (2013), S. 165 ff. mit verschiedenen Gegenarg. Vgl. zudem dessen Urteilsanm. zu EuGH – RWE, ZEuP 2014, 414 ff., wonach es dem EuGH letztlich auf beide Transparenzformen ankommt. So nun auch deutlich EuGH – Andriciuc, a. a. O. Zum überindividuellen Zweck, die Markttransparenz zu erhöhen, schon in Kap. 2, unter II.2. Zur Leistungsfähigkeit der Transparenzkontrolle auch noch in Kap. 9, unter III. 246 Daraus folgt z. B. das Gebot, die AGB möglichst konkret und bestimmt zu formulieren sowie die Rechtslage nicht irreführend darzustellen oder zu verschleiern, vgl. z. B. Pfeiffer, in: Grabitz/Hilf (EL 13 v. 13. Mai 1999), Art. 5 Klausel-RL Rn. 6 ff.; H. Schmidt, in: BeckOK, § 307 BGB Rn. 45. Im Detail bestehen allerdings durchaus nat. Unterschiede, insb. was den zugrunde gelegten Verständnishorizont anbelangt. Vgl. hierzu v. a. Ebers, Directive 93/13, in: Schulte-Nölke et al., EC Consumer Law Compendium (2008), 197, 247. 247 Siehe z. B. EuGH – VKI ./. Amazon, 28.7.2016, Rs. C-191/15, Rn. 68 (zu der Passage auch schon unter 3.b)). Generell auch Stempel, Teilvereinheitlichung der AGB-Kontrolle in Europa, ZEuP 2017, 102, 111, 123. Mit historischen Arg. hierfür GA Trstenjak, Schlussanträge zu RWE (Rs. C-92/11), Rn. 62 f., die das Transparenzgebot dort als „gesondert normiertes Kriterium der Missbräuchlichkeit“ bezeichnet. Anders GA Hogan, Schlussanträge zu Lovasné Tóth (Rs. C-34/18), Rn. 85 ff., der VKI ./. Amazon abschwächt und die Auswirkungen des Transparenzgebots wieder deutlich beschränken will (vgl. auch noch Fn. 269). Im Schrifttum werden unterschiedliche Ansichten zur Einordnung vertreten. Vgl. den Überblick bei Ebers (vorige Fn.), 238 und Pfeiffer (vorige Fn.), Rn. 23 ff. Die Leitlinien der Kommission von 2019 zur Auslegung und Anwendung der Klausel-RL gehen von verschiedenen Vorgaben aus, die zumindest indirekt auch die Einbeziehung oder einen Überraschungscharakter betreffen, vgl. C(2019) 5325 final, insb. S. 30 f., 42 ff. 248 Zu diesen Kategorien im dt. AGB-Recht H. Schmidt, in: BeckOK, § 307 BGB Rn. 44. 249 Vgl. z. B. Basedow, in: MüKo, § 305 Rn. 63, 80; Niebling, AGB-Recht: Aktuelle Entwicklungen zum Transparenzgebot, MDR 2020, 650, 650 f. Umfassend auch Gottschalk, Das Transparenzgebot und AGB, AcP 206 (2006), 555, 565 ff. Speziell mit Blick auf RwKl zur
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dementsprechend an verschiedenen Stellen Berücksichtigung finden. Nachdem einige der Probleme bereits im Rahmen der Einbeziehungskontrolle und des Überraschungsverbots behandelt wurden,250 soll es im folgenden Abschnitt nur noch um die mit der Formulierung der Rechtswahlklauseln zusammenhängende (In-)Transparenz gehen. Dabei wird angesichts der Abgrenzungsschwierigkeiten rein formal vorgegangen und ausschließlich an Fälle angeknüpft, in denen die mitgliedstaatlichen Gerichte auf Vorschriften wie § 307 Abs. 1 S. 2 BGB zurückgreifen, die sich allein und ausdrücklich mit der Klarheit und Verständlichkeit von AGB beschäftigen. a) Verhältnis zur Rom I-VO Vor der Entscheidung des EuGH in VKI ./. Amazon wurde von manchen im Schrifttum dafür plädiert, die Transparenzanforderungen für Rechtswahlklauseln allein Art. 3 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO zu entnehmen. Zwar liefere das dortige Erfordernis der Ausdrücklichkeit bzw. Eindeutigkeit an sich noch keine konkreten Formulierungsvorgaben. Diese ließen sich aber im Laufe der weiteren Rechtsprechung jeweils ad hoc entwickeln und könnten dann als einheitlich-europäische Vorgaben den europaweiten Entscheidungseinklang stärken.251 Nach VKI ./. Amazon dürfte daran jedoch wahrscheinlich nicht mehr festgehalten werden.252 Schließlich geht der EuGH hier wie selbstverständlich davon aus, dass Art. 5 Klausel-RL neben Art. 3 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO weiterhin zur Anwendung schwierigen Abgrenzung zwischen formeller und materieller Transparenz Heiss, Inhaltskon trolle von RwKl, RabelsZ 65 (2001), 634, 641 f. 250 So lässt sich z. B. die Frage, ob eine RwKl den Klauselgegner in die Irre führt, weil sie im Vertrag an ungewöhnlicher Position platziert oder der Auslandsbezug nicht erkennbar ist (4.d) und f)), ohne Weiteres auch als Transparenzproblem verstehen. Gleiches gilt für die Frage, in welcher Sprache RwKl verfasst sein müssen (2.b)). Vgl. W.-H. Roth, Datenschutz, Verbandsklage, RwKl in Verbraucherverträgen, IPRax 2017, 449, 461. 251 So insb. Hausmann, in: Staudinger, Art. 10 Rom I-VO Rn. 35, 98; v. Hein, in: Rauscher, Art. 3 Rom I-VO Rn. 43; Schaub, Inhaltskontrolle im IPR, in: Riesenhuber/Karakostas, Inhaltskontrolle (2009), 195, 212 (beachte dort auch die Diskussion mit Riesenhuber, a. a. O., S. 215). Zum EVÜ schon Jayme, Inhaltskontrolle von RwKl in AGB, FS W. Lorenz 1991, 435 ff.; Martiny, Europ. Int. Vertragsrecht, ZEuP 1997, 107, 116; C. Rühl, RwKl in AGB (1999), S. 132. Für eine nicht abschließend zu verstehende Mindestanforderung Kaufhold, Int. Webshops, EuZW 2016, 247, 249 f.; Pfeiffer, Rechtswahlvereinbarung und Transparenzkon trolle, FS E. Lorenz 2014, 843, 852 ff.; Rieländer, RwKl im EU-Kollisionsrecht, RIW 2017, 28, 35; W.-H. Roth, RwKl in Verbraucherverträgen, IPRax 2013, 515, 522. 252 Ohne Änderung in der aktuellen Neuauflage allerdings z. B. Hausmann (vorige Fn.), a. a. O. Ebenfalls dafür jetzt wohl auch noch Martiny, in: Reithmann/ders., Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 2.29. Sogar explizit, insb. für den b2b-Bereich Rieländer, in: Leuschner, AGBRecht im unternehmerischen Rechtsverkehr (2021), Rechtswahl Rn. 53 f.
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kommt.253 Er setzt sich in der Entscheidung mit deren Konkurrenzverhältnis zwar nicht explizit auseinander, implizit dürfte damit aber eine Absage an die geschilderte Position verbunden sein, in Art. 3 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO eine abschließende Regelung zu sehen.254 Schließt man sich dem an, steht einer AGB-rechtlichen Transparenzkontrolle von Rechtswahlklauseln rechtsdogmatisch im Übrigen wenig entgegen. Denn anders als die offene oder verdeckte Inhaltskontrolle setzt sie allein bei der Formulierung der Rechtswahlklauseln an, die ausreichend klar und verständlich sein muss. Damit lässt die Transparenzkontrolle die kollisionsrechtliche Rechtswahlfreiheit als solche unberührt – zumindest solange ihre Vorgaben nicht ein Maß überschreiten, das die Verwendung von Rechtswahlklauseln faktisch unmöglich macht.255 Die Details sind allerdings nach wie vor umstritten und unklar, wie die folgenden Ausführungen zeigen. b) Kontrollpraxis Die Transparenzkontrolle von Rechtswahlklauseln stellt eine relativ neue Rechtsprechungsentwicklung dar. Mögen sich erste Ansätze auch schon 2001 beim OLG Düsseldorf in einem der Broker-Fälle finden,256 wird die (sprachliche) Intransparenz erst 2012 beim BGH in Pharmazeutische Beratung über Call-Center zur alleinigen Begründung dafür, der in Rede stehenden Rechtswahlklausel die Anerkennung zu versagen.257 EuGH – VKI ./. Amazon, 28.7.2016, Rs. C-191/15, Rn. 61 ff.; ebenso nachfolgend VKI ./. TVP, 3.10.2019, Rs. C-272/18, Rn. 55 ff. Näheres noch im Folgenden. 254 Ähnlich Huber, Hinweispflichten, FS Kronke 2020, 215, 219; G. Rühl, The unfairness of choice-of-law clauses, CMLR 2018, 201, v. a. 214. Zur fehlenden Auseinandersetzung mit dem Konkurrenzproblem auch Kaufhold, Anm. EuGH, IWRZ 2016, 217, ibd.; Rieländer, RwKl im EU-Kollisionsrecht, RIW 2017, 28, 32. W.-H. Roth, Datenschutz, Verbandsklage, RwKl in Verbraucherverträgen, IPRax 2017, 449, 462, sieht trotzdem weiterhin Diskussionsbedarf und hält eine Verortung bei der Rom I-VO für „vielleicht sogar vorzugswürdig“. Plausibel erscheint indes auch, dass der EuGH das Problem schlichtweg nicht erkannt hat, zur fehlenden Spezialisierung noch in Kap. 7, unter IV. 255 Richtig Heiss, Inhaltskontrolle von RwKl, RabelsZ 65 (2001), 634, 642; W.-H. Roth (vorige Fn.), 522, 524. Ähnlich, wenn auch nicht ganz so deutlich Heiss, Rechtswahlfreiheit, FS IPRG 2020, 167, 202 und Pfeiffer, Rechtswahlvereinbarung und Transparenzkontrolle, FS E. Lorenz 2014, 843, 855 f. 256 Vgl. OLG Düsseldorf, 1.4.2001, NJOZ 2002, 635, 639 f.: „Weder das englische Recht noch die von dem deutschen Vermittlungsunternehmen in Deutschland erbrachten Beratungsleistungen werden mit hinreichender Klarheit in den allgemeinen Vertragsbedingungen der Bekl. zu 2 offengelegt, was für den Kunden, wie das zum englischen Recht eingeholte Rechtsgutachten und auch das von den Bekl. vorgelegte Privatgutachten sehr anschaulich belegen, mit zahlreichen, für diesen nicht mehr überschaubaren Rechtsfolgen verbunden ist.“ 257 BGH – Pharmazeutische Beratung, 19.7.2012, jurisRn. 32 ff. Die Vorinstanz OLG Stuttgart, 17.2.2011, jurisRn. 222 ff., stützt sich noch auf eine Kombination verschiedener Kontroll 253 Vgl.
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c) Fehlender Hinweis auf Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO Verwende – so der BGH – eine niederländische Versandapotheke deutschen Verbrauchern gegenüber eine Rechtswahlklausel, wonach „für alle im Zusammenhang mit der Geschäftsbeziehung entstehenden Meinungsverschiedenheiten und Rechtsstreitigkeiten […] ausschließlich niederländisches Recht“ gelte, stelle das eine unangemessene Benachteiligung i. S. v. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB258 dar. Denn die Formulierung erwecke beim Klauselgegner den fehlerhaften Eindruck, er könne sich in keinem Fall auf sein Heimatrecht berufen. Dabei bleibe deutschen Verbrauchern bei grenzüberschreitenden Arzneimittelkaufverträgen insbesondere der zwingende Schutz des öffentlich-rechtlichen deutschen Apothekenrechts erhalten. Der europäische Kollisionsrechtsgeber mute es Verbrauchern mit Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO zwar grundsätzlich zu, sich auf fremde Rechtsordnungen einzulassen. Auch sei die Rechtslage, die sich aus dem dort angeordneten Günstigkeitsvergleich ergebe, an und für sich noch nicht als unklar oder unverständlich zu werten. Gebe die Rechtswahlklausel dem Klauselgegner in solchen Fällen aber keine aufklärenden Hinweise, verstoße sie gegen das AGB-rechtliche Transparenzgebot.259 Während der BGH in der damaligen Entscheidung die besonderen Fallumstände noch stark hervorhebt,260 finden sich in der Folgerechtsprechung keine derartigen Einschränkungen mehr. Im Gegenteil, der Kontrollansatz des BGH wird verallgemeinert und zugleich darüber hinaus auch auf Rechtswahlklauseln bezogen, die von ihrem Wortlaut her deutlich weniger auf eine exklusive Geltung zugeschnitten sind. So wird etwa der bis dahin vollkommen üblichen Formulierung „Es gilt deutsches Recht“ plötzlich vorgeworfen, dass sie Raum für die Auslegung lasse, es gelte ausschließlich deutsches Recht. Das sei angesichts von Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO falsch und schrecke die Verbraucher von
erwägungen; ebenso davor das LG Ulm, 19.5.2010, jurisRn. 141 ff. Zu undifferenziert daher Schmitz, Die Rechtswahlfreiheit im europ. Kollisionsrecht (2017), S. 153 ff., die dem BGH eine Inhaltskontrolle der RwKl unterstellt. Zum Fokus auf die Formulierung, aus der sich die Unzulässigkeit ergibt, gerade a. E. von a). Das OLG Düsseldorf (vorige Fn., Altfall) stützt sich dagegen tatsächlich v. a. auf eine Kontrolle des Inhalts, vgl. 3.b). 258 Kritik an der kollisionsrechtlichen Anknüpfung des BGH insb. bei Pfeiffer, Anm. BGH – Pharmazeutische Beratung, LMK 2013, 343552 und W.-H. Roth, RwKl in Verbraucherverträgen, IPRax 2013, 515, 518 f. Siehe auch schon in Fn. 78 unter III.2.b). 259 BGH – Pharmazeutische Beratung, 19.7.2012, jurisRn. 32 ff. In dem Fall kommt noch hinzu, dass die RwKl unter der Überschrift „Anwendbares Recht/Gerichtsstand“ geregelt war. Zu dieser Kombination, die die Rspr. teils als Grund für eine Intransparenz anführt, auch noch unter f). 260 BGH (vorige Fn.), jurisRn. 35. Kritisch u. a. W.-H. Roth, RwKl in Verbraucherverträgen, IPRax 2013, 515, 523 f., der mit Blick auf Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO an diesen Verträgen nichts Besonderes erkennt.
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der Rechtsverfolgung ab.261 Generell nimmt Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO in der Begründung eine zentrale Rolle ein. Fehlt ein entsprechender Hinweis, wird die Rechtswahlklausel schon allein deshalb für intransparent erklärt.262 d) EuGH – VKI ./. Amazon Der EuGH bestätigt diese mitgliedstaatliche Kontrollpraxis 2016 mit seiner Entscheidung VKI ./. Amazon. Ausgangspunkt war die Klage eines österreichischen Verbraucherschutzvereins (Verein für Konsumenteninformation = VKI) gegen den Online-Händler Amazon, der seinen Sitz in Luxemburg hat. Amazon solle es zukünftig unter anderem unterlassen, österreichischen Verbrauchern gegenüber seine bisherige Rechtswahlklausel zu verwenden („Es gilt luxemburgisches Recht unter Ausschluss des UN-Kaufrechts“, vgl. schon oben I.). Nachdem sich das Handels- und das Oberlandesgericht Wien über deren Beurteilung uneins waren,263 legt der OGH den Fall schließlich dem EuGH vor und fragt diesen unter anderem, ob eine in AGB enthaltene Rechtswahlklausel, mit der ein Unternehmer einem Verbraucher gegenüber das Recht an seinem mitgliedstaatlichen Sitz wählt, missbräuchlich i. S. v. Art. 3 Klausel-RL sei.264 Wie schon der BGH 261 So vor der Leitentsch. des EuGH in VKI ./. Amazon (dazu sowie zur Folgerspr. gleich noch unter d) und e)) v. a. LG Oldenburg, 11.6.2014, jurisRn. 33 f., 39, mit Verweis auf den BGH. Siehe außerdem Handelsgericht Wien, 11.4.2014, BeckRS 2014, 14900 und AG Bremen, 5.12.2013, jurisRn. 23, 29 f. (Letzteres zu dem teils parallel gelagerten Fall vorrangig geltenden Einheitsrechts, näher noch unter f)). A.A. dagegen noch LG Hamburg, 6.1.2011, jurisRn. 75: „Insbesondere folgt eine Unklarheit nicht aus der fehlenden Aufführung möglicher – zusätzlich neben dem gewählten Vertragsstatut – anwendbarer ausländischer zwingender Bestimmungen. […] Die (mögliche) Folge des Art. 6 Abs. 2 Satz 2 ergibt sich lediglich aus dem Gesetz. Eine erschöpfende Aufzählung [der zusätzlich anwendbaren] Bestimmungen ist von dem Unternehmer weder zu erwarten noch zumutbar“ (dort indes zur Unklarheitenregel aus § 305c Abs. 2 BGB). 262 Siehe v. a. die in der vorigen Fn. genannten Entsch. Der BGH zitiert Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO in Pharmazeutische Beratung zwar ebenfalls, betont aber v. a. die zwingende Natur des öffentlich-rechtlichen Apothekenrechts, das schon über Art. 9 Rom I-VO eingreifen dürfte. Auch wird dort nicht speziell der fehlende Hinweis auf Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO moniert, sondern – diffuser – das Fehlen „aufklärender Hinweise“. 263 Schon die Frage des anwendbaren Rechts war streitig. Das OLG Wien hob die Entsch. des Handelsgerichts Wien daher auf und gab diesem für die erneute Prüfung auf, luxemburgisches Recht heranzuziehen, vgl. hierzu die Wiedergabe bei EuGH – VKI ./. Amazon, 28.7.2016, Rs. C-191/15, Rn. 27 ff. 264 Vgl. EuGH – VKI ./. Amazon (vorige Fn.), Rn. 34, dort wird zudem noch der elektronische Abschluss der RwKl erwähnt, der für die Frage der Transparenz allerdings im Folgenden keine ersichtliche Rolle spielt. Der EuGH hat inzwischen in VKI ./. TVP, 3.10.2019, Rs. C-272/18, Rn. 59, bestätigt, dass die in VKI ./. Amazon entwickelten Grundsätze generell gelten und nicht von einer bestimmten Abschlussform abhängen (siehe dazu auch Wilke, Die Treuhandkonstruktion, GPR 2020, 116, 120). Zu den weiteren Vorlagefragen aus VKI ./. Amazon,
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betont auch der EuGH in seiner Antwort zunächst, dass Rechtswahlklauseln in Verbraucherverträgen im Prinzip nach Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO zulässig seien. Gleichwohl könne sich die Klausel in bestimmten Fällen als missbräuchlich erweisen, insbesondere wenn sie dem in Art. 5 Klausel-RL aufgestellten Erfordernis einer klaren und verständlichen Formulierung nicht genüge.265 Jenes Transparenzgebot sei vor dem Hintergrund, dass der Verbraucher über einen geringeren Informationsstand verfüge als der Unternehmer, weit auszulegen. Werde die Wirkung einer Klausel durch bindende Rechtsvorschriften – wie hier Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO – bestimmt, so müsse der Unternehmer den Verbraucher über diese unterrichten.266 Eine Rechtswahlklausel sei daher als missbräuchlich zu werten, „sofern sie den Verbraucher in die Irre führt, indem sie ihm den Eindruck vermittelt, auf den Vertrag sei nur das Recht dieses Mitgliedstaats anwendbar, ohne ihn darüber zu unterrichten, dass er nach Art. 6 Abs. 2 der Rom-I-Verordnung auch den Schutz der zwingenden Bestimmungen des Rechts genießt, das ohne diese Klausel anzuwenden wäre […].“267 e) Rechtsdogmatische Kritik und praktische Folgen Die Entscheidung hat weitreichende Folgen, gerade auch weil in den meisten Rechtswahlklauseln ein solcher Hinweis bisher noch fehlt.268 Sie ist im rechtsdie das Datenschutzrecht und das Verhältnis von Rom I- und II-VO betreffen, insb. W.-H. Roth Datenschutz, Verbandsklage, RwKl in Verbraucherverträgen, IPRax 2017, 449 ff. 265 EuGH – VKI ./. Amazon, 28.7.2016, Rs. C-191/15, Rn. 66 ff. Ob RwKl damit auch „nur“ i. S. v. Art. 3 Klausel-RL inhaltlich missbräuchlich sein können, bleibt unklar. Siehe hierzu schon die Ausführungen unter 3.b). Nur noch zur Intransparenz VKI ./. TVP (vorige Fn.), Rn. 55 ff., obwohl die Vorlagefrage offener war. 266 EuGH – VKI ./. Amazon (vorige Fn.), Rn. 69, mit Verweis auf seine frühere Entsch. Invitel, 26.4.2012, Rs. C-472/10, Rn. 29. Dort ist dieses Erfordernis jedoch noch nicht derart allgm. formuliert. Vgl. auch Saugmandsgaard Øe, Schlussanträge zu VKI ./. Amazon, Rn. 95. Pfeiffer, Anm. EuGH – VKI ./. Amazon, LMK 2017, 393442 und Rieländer, RwKl im EU-Kollisionsrecht, RIW 2017, 28, 35, sehen in der Entsch. deshalb eine deutliche Erweiterung der Transparenzkontrolle. Für W.-H. Roth Datenschutz, Verbandsklage, RwKl in Verbraucherverträgen, IPRax 2017, 449, 459, setzt der EuGH dagegen seine Rspr. nur fort. Vgl. auch Fn. 269. 267 EuGH – VKI ./. Amazon, 28.7.2016, Rs. C-191/15, Rn. 71. Die Letztentsch. will der EuGH freilich – entsprechend der grundsätzlichen Aufgabenverteilung (siehe Kap. 3, II.) – dem mitgliedstaatlichen Gericht überlassen. Die abstrakten Kriterien, die der EuGH dafür allerdings vorschreibt, sind derart detailliert, dass solchen RwKl in aller Regel die Anerkennung versagt bleiben dürfte. So auch die Bewertung von Rieländer (vorige Fn.), 36. Das zeigt auch die Folgerspr. der dt. Gerichte, die teils nur noch auf den EuGH verweisen. s. u. Fn. 274. 268 Pfeiffer, Anm. EuGH – VKI ./. Amazon, LMK 2017, 393442, der zugleich die Bedeutung der Entsch. für die AGB-Verwendung generell betont. Aus Praktikersicht daneben auch Junker, Anm. EuGH, jurisPR-ITR 21/2016 Anm. 3 und Kaufhold, Anm. EuGH, IWRZ 2016, 217 ff. Zur neuen RwKl von Amazon in Fn. 282.
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dogmatischen Schrifttum auf einigen Widerspruch gestoßen. Kritisiert wird erstens, dass der EuGH das Transparenzgebot überdehne. Aus diesem lasse sich schon AGB-rechtlich keine derart umfassende Hinweispflicht des Klauselverwenders ableiten.269 Es sei daher hierfür vielmehr eine entsprechende ausdrückliche Anordnung durch den Gesetzgeber erforderlich. Dieser habe sich aber zweitens in Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO gerade nicht für eine Hinweis- bzw. Informationspflicht des Unternehmers entschieden, obwohl derartige Pflichten im europäischen Verbraucherrecht weit verbreitet seien. Vorgesehen sei dort stattdessen ein materieller Günstigkeitsvergleich.270 Drittens wird erneut auf den Wertungswiderspruch verwiesen, dass man dem Verbraucher über das AGBRecht den Schutz wieder nehme, den ihm das Kollisionsrecht zuspreche. Schließlich sehe die Transparenzkontrolle als Rechtsfolge regelmäßig die Unwirksamkeit der intransparenten Klausel vor,271 weswegen sich der Verbraucher mangels einer gültigen Rechtswahl in der Sache auch nicht mehr auf günstigere Vorschrif269 Hausmann, in: Staudinger, Art. 10 Rom I-VO Rn. 99c; Mankowski, Anm. EuGH VKI ./. Amazon, NJW 2016, 2705, 2707; Pfeiffer (vorige Fn.), unter 2.c) und d); G. Rühl, The unfairness of choice-of-law clauses, CMLR 2018, 201, 219. Rieländer, RwKl im EU-Kollisionsrecht, RIW 2017, 28, 35, 37, spricht deshalb sogar von einer paternalistischen Rechtsfortbildung. Deutliche Kritik auch bei GA Hogan, Schlussanträge zu Lovasné Tóth (Rs. C-34/18), insb. Rn. 89, 96, 100, 104, 108, der dem EuGH nahelegt, seine Rspr. zu korrigieren und das Transparenzgebot lediglich als Contra-proferentem-Regel i.R.d. Auslegung zu verstehen. Der EuGH grenzt in der entsprechenden Entsch. vom 19.9.2019 die Reichweite des Transparenzgebots zwar ein – der Klauselverwender müsse den Verbraucher nicht über allgm. staatliche Verfahrensvorschriften und die diesbzgl. nat. Rspr. aufklären, lässt aber erkennen, dass er generell an seiner Rspr. festhalten will. Statt sie zu relativieren, wird die in Lovasné Tóth zu entscheidende Frage nämlich nur von anderen Fällen abgegrenzt, vgl. Rn. 61 ff., mit einer kurzen Urteilsanm. Mouttotos, Does Transparency Lead to Unfairness?, ERCL 2020, 334 ff. 270 G. Calliess, in: ders., Art. 3 Rome I Rn. 29c; Mankowski, RwKl in Verbraucherverträgen, FS W.-H. Roth 2015, 361, 369; ders. (vorige Fn.), 2706 f.; G. Rühl (vorige Fn.), 219 f. Rieländer (vorige Fn.), 36, sieht in der Entsch. daher tendenziell sogar eine verfassungswidrige Kompetenzüberschreitung. Gegen den Umkehrschluss aus anderen Verbrauchervorschriften indes vorher schon W.-H. Roth, RwKl in Verbraucherverträgen, IPRax 2013, 515, 523; implizit auch Rott, Das IPR der Verbandsklage, EuZW 2016, 733, 735. Siehe daneben näher zu dem Thema auch noch Heiss, Rechtswahlfreiheit, FS IPRG 2020, 167, 206 f. Tatsächlich war bei der Schaffung der Rom I-VO über eine Informationspflicht für Unternehmer nachgedacht worden, die ihr eigenes Heimatrecht wählen. Darin sollte allerdings eine Alternativlösung zu der dann doch weitgehend übernommenen Regelung aus Art. 5 EVÜ mit dem Günstigkeitsvergleich liegen. Über eine Kombination des Vergleichs mit einer entsprechenden Information wurde soweit ersichtlich nicht diskutiert, vgl. das Grünbuch, KOM(2002) 654 endgültig, S. 36 ff., insb. Abschnitt viii. Hierzu kurz auch Mouttotos (vorige Fn.), 342. 271 Art. 5 Klausel-RL legt die Rechtsfolge der Transparenzkontrolle selbst nicht ausdrücklich fest, sondern regelt nur, dass bei mehreren Auslegungsmöglichkeiten die für den Verbraucher günstigste gewählt werden soll. Viele Rechtsordnungen gehen allerdings davon aus, dass intransparente Klauseln gar nicht erst Vertragsbestandteil werden oder als missbräuchlich bzw.
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ten im gewählten Recht berufen könne.272 Mit dieser Rechtsfolge der Transparenzkontrolle hängt viertens gleichzeitig ein weiterer Einwand zusammen. So wird der gerichtlichen Kontrollpraxis vorgeworfen, einem Zirkelschluss zu unterliegen. Begründe man die Intransparenz der Rechtswahlklausel mit dem fehlenden Hinweis auf Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO, entziehe man der Hinweispflicht hierdurch zugleich ihren rechtlichen Ansatzpunkt. Denn sei die Rechtswahlklausel unwirksam, greife Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO nicht mehr. Dann müsse über ihn aber auch nicht aufgeklärt werden. Der EuGH blicke damit generell zu stark auf das AGB-Recht und vernachlässige darüber die Feinheiten des IPR.273 Trotz dieser rechtsdogmatischen Kritik ist in der Praxis mit zahlreichen Folgeurteilen zu rechnen. Das lässt sich in der deutschen Rechtsprechung bereits deutlich erkennen. Hier ist die Zahl der einschlägigen Kontrollentscheidungen seit 2016 enorm gestiegen.274 Und auch in anderen Mitgliedstaaten, in denen sich unangemessen zu qualifizieren und daher unwirksam sind, näher Ebers, Directive 93/13, in: Schulte-Nölke et al., EC Consumer Law Compendium (2008), 197, 248 ff. 272 Hausmann, in: Staudinger, Art. 10 Rom I-VO Rn. 99b; Huber, Hinweispflichten, FS Kronke 2020, 215; Mankowski, Anm. EuGH VKI ./. Amazon, NJW 2016, 2705, 2706 f. („Schutzparadox“). Ebenso Magnus, in: Staudinger, Art. 6 Rom I-VO Rn. 133 und Rieländer, RwKl im EU-Kollisionsrecht, RIW 2017, 28, 35, 36. Hierzu analog auch schon unter III.2.b) und IV.3.b). Teils wird allerdings betont, dass sich der Verbraucher auf die Unwirksamkeit der RwKl nicht berufen müsse, sondern insofern ein Wahlrecht habe. So insb. W.-H. Roth, Datenschutz, Verbandsklage, RwKl in Verbraucherverträgen, IPRax 2017, 449, 455 sowie (sich) anschließend G. Calliess, in: ders., Art. 3 Rome I Rn. 29c; Heiss, Rechtswahlfreiheit, FS IPRG 2020, 167, 208 f.; Huber, Hinweispflichten, FS Kronke 2020, 215, 220 f.; Klocke, Das Zusammenspiel der Rom I-VO und der Klausel-RL bei der Rechtswahl, DZWIR 2020, 61, 64 f. und A. Staudinger, in: Ferrari et al., Art. 6 Rom I-VO Rn. 74 f. Grdsl. positiv auch Arnold, Entwicklung der IPR-Rspr., GPR 2017, 29, 30 f., der die Präventivwirkung begrüßt, sowie Heiss, a.a.O., 203 f.; Rott, Das IPR der Verbandsklage, EuZW 2016, 733, 736; Wendland, in: BeckOGK (Stand: 1.9.2021), Art. 3 Rom I-VO Rn. 288.5. 273 Mankowski (vorige Fn.), 2707. So im Fazit auch Steinrötter, Anm. EuGH, jurisPR-IWR 3/2017 Anm. 3 und Wurmnest, in: MüKo, § 307 BGB Rn. 254. 274 Zur wahren Flut im Flugreisebereich erst unter f), da hier wegen Art. 6 Abs. 4 die EuGHRspr. nicht direkt greift. Ebenfalls vermehrt im Bereich des Online-Glückspiels, siehe LG Aachen, 28.10.2021, jurisRn. 22; LG Paderborn, 24.9.2021, jurisRn. 57 ff. und 8.7.2021, jurisRn. 40 ff.; ähnlich auch LG Gießen, 25.2.2021, jurisRn. 18 (aber nicht mitgezählt, da unklar, ob überhaupt RwKl vorhanden). Jenseits dessen auch OLG Hamm, 29.6.2021, jurisRn. 60 f.; OLG Dresden, 26.5.2021, BeckRS 2021, 35451, Rn. 54; OLG Naumburg, 17.3.2021, BeckRS 2021, 35435, Rn. 71; OLG München, 10.1.2019, jurisRn. 86 (als Vorinstanz bereits LG München, 1.3.2018, jurisRn. 229 f.); OLG Stuttgart, 14.9.2018, jurisRn. 145 (als Vorinstanz LG Ulm, 22.5.2017, jurisRn. 111, 139 ff.). Einschränkend dagegen OLG Stuttgart, 20.9.2019, jurisRn. 156, das das EuGH-Urteil allein auf den Online-Bereich bezieht (anders nun aber klarstellend EuGH – VKI ./. TVP, 3.10.2019, Rs. C-272/18, Rn. 55 ff., siehe auch schon oben Fn. 264) und auch die Argumentation nicht erfasst, dass der fehlende Hinweis die RwKl intransparent mache (und nicht etwa die Rechtslage infolge des Günstigkeitsvergleichs). Art. 6 Abs. 2 Rom
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vorher noch keine entsprechende Kontrollpraxis entwickelt hatte, dürfte die Entscheidung als Signal verstanden worden sein und zu einem verstärkten Gebrauch des Kontrollinstruments führen. Zumal der EuGH die Anforderungen gemessen an seiner Rechtsprechungslinie seit Freiburger Kommunalbauten275 relativ konkret formuliert.276 Die Entscheidung lässt allerdings immer noch zahlreiche gewichtige Fragen offen. So ist insbesondere unsicher, wie und worüber der Verbraucher eigentlich genau aufzuklären ist.277 Während ihm der bloße Hinweis auf Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO wohl ebenso wenig Klarheit verschaffen dürfte wie der pauschale Zusatz, das gewählte Recht gelte „vorbehaltlich anders lautender Bestimmungen des Abkommens, einschlägiger Gesetze, staatlicher Vorschriften oder Regelungen“278, geht es umgekehrt zu weit, vom Klauselverwender eine Aufzählung aller konkret anwendbarer Sachrechtsvorschriften zu fordern.279 Denn dafür müsste dieser I-VO fand in dem entsprechenden Fall allerdings letztlich zeitlich noch gar keine Anwendung; zudem waren nach Auffassung des Gerichts die Vssn. von Art. 29 f. EGBGB nicht erfüllt, sodass ein Hinweis wohl ohnehin entbehrlich war. Dies übersehen LG Verden, 17.7.2020, jurisRn. 57 ff. und LG Wuppertal, 22.4.2020, jurisRn. 33 ff., die unter Verweis auf den EuGH österr. RwKl aus Verträgen über Genussrechte für intransparent erklären, dabei aber nicht beachten, dass diese noch vor dem Geltungsbeginn der Rom I-VO geschlossen worden waren; überzeugend OLG Stuttgart, 31.3.2021, jurisRn. 55 ff.: Verbraucherkollisionsrechtliche Vorschriften des Art. 6 Rom I-VO oder Art. 29 Abs. 1 EGBG dann nicht einschlägig; ebenso OLG Bremen, 1.7.2021, jurisRn. 37, 41. Hierzu passt, dass etwa OLG Zweibrücken 20.5.2021 und 25.3.2021, in ähnlichen Fällen die Intransparenz gar nicht erst thematisiert. 275 Der EuGH hat sich mit der Entwicklung materieller Kriterien für die Kontrolle von AGB nach seiner Kehrtwende in der Entsch. insgesamt stark zurückgehalten. Vgl. insb. die Kritik von Basedow, Der EuGH und die Klauselrichtlinie 93/13: Der verweigerte Dialog, FS Hirsch (2008), 51 ff. Näher hierzu bereits in Kap. 3. 276 Siehe schon Fn. 267 nebst des dortigen Zitats. Näheres hierzu in Kap. 3, unter II. 277 Zu weiteren Fragen, die die Entsch. jenseits der Fälle von Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO aufwirft, noch unter f). 278 So die Formulierung der RwKl bei LG Berlin, 19.5.2015, das deren Intransparenz aber – trotz der Kritik des klagenden Verbraucherschutzvereins – noch nicht beanstandet. Kritik an der ähnlichen Formulierung der RwKl von Ryanair jedoch insb. bei A. Staudinger, RwKl von Airlines nehmen Kurs auf den EuGH, jM 2019, 134, 135 f. sowie u. a. dem AG Bühl, 11.11. 2019, jurisRn. 18: „Die Klausel ist auch intransparent, da für den Verbraucher unklar bleibt, was unter dem im Rechtswahlklausel verwendeten Begriff der ‚einschlägige [sic] Gesetze‘ zu verstehen ist.“ (vgl. daneben auch zahlreiche Entsch. aus Fn. 301). In RWE, 21.3.2013, Rs. C-92/11, Rn. 50, hält der EuGH in Bezug auf eine Preisänderungsklausel fest, dass es für die Erfüllung der Hinweispflicht nicht reicht, wenn der Klauselverwender den Klauselgegner lediglich auf die Rechtsvorschriften verweist, die über die Wirkung der Klausel bestimmt, er müsse ihn auch über deren Inhalt unterrichten. Ob dies so auch für RwKl und Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO gilt, ist derzeit noch unklar. 279 In die Richtung allerdings BGH – Pharmazeutische Beratung, 19.7.2012, jurisRn. 32: „Die beanstandete Rechtswahlklausel der Beklagten benachteiligt die Kunden […] unange-
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vorab einen Günstigkeitsvergleich zwischen dem gewählten und dem objektiv anwendbaren Heimatrecht des Verbrauchers vornehmen, was ohne Wissen um die konkrete Streitfrage realistisch kaum durchzuführen ist. Nicht zuletzt auch, weil der Klauselverwender seine Tätigkeit häufig nicht nur auf einen Mitgliedstaat ausrichtet und somit gleich mehrere Rechtsordnungen in den Blick nehmen müsste. Der Aufwand für die Formulierung verlässlicher, einer Transparenzkontrolle standhaltender Rechtswahlklauseln wäre dann derart erhöht, dass die Verwendung faktisch unmöglich zu werden droht.280 Umgekehrt wären solche Rechtswahlklauseln wohl auch für den Klauselgegner kaum noch zu verstehen bzw. würden ihn schon allein von der Länge her nur noch zusätzlich von einer Lektüre abschrecken.281 Im Schrifttum halten daher die meisten einen Hinweis auf die eventuell zusätzliche Anwendbarkeit des Heimatrechts des Verbrauchers für ausreichend, wenn auch erforderlich.282 Andere empfehlen, direkt den Normmessen, weil sich aus ihr nicht klar und verständlich ergibt, welche Rechtsvorschriften für im Zusammenhang mit der Geschäftsbeziehung zwischen der Beklagten und ihren Kunden entstandene Streitigkeiten gelten sollen.“ W.-H. Roth, RwKl in Verbraucherverträgen, IPRax 2013, 515, 524, warnt freilich vor einer Überinterpretation dieser Passage. Ablehnend insofern auch u. a. Hau, in: M. Wolf/Lindacher/Pfeiffer, IntGV Rn. 27c; G. Rühl, The unfairness of choice-oflaw clauses, CMLR 2018, 201, 220 f. und GA Saugmandsgaard Øe in seinen Schlussanträgen zu VKI ./. Amazon (Rs. C-191/15), Rn. 104; zu materiellrechtlichen Klauseln GA Hogan, Schlussanträge zu Lovasné Tóth (Rs. C-34/18), Rn. 99 f. Vgl. auch Hausmann, in: Staudinger, Art. 10 Rom I-VO Rn. 99b (keine Aufklärung über den Inhalt der anwendbaren Sachnormen). 280 Das kann den Klauselverwender davon abhalten, seine Leistung grenzüberschreitend anzubieten, was nicht im staatlichen Interesse der Förderung des Binnenmarkts liegt. Versteht man die Rechtswahlfreiheit zudem als Grundrecht, kann in einer derart strengen Transparenzkontrolle eine nicht mehr zu rechtfertigende Beschränkung liegen, zumal deren Geeignetheit fraglich ist. Hierzu teils schon Kap. 1 sowie auch noch Kap. 9. Abgesehen von den Ausführungen in Kap. 7 soll in dieser Arbeit allerdings keine umfassende Untersuchung des grundrechtlichen Spannungsfelds erfolgen, in dem sich die gerichtliche AGB-Kontrolle bewegt. 281 Zum Problem, dass AGB in der Praxis oft nicht gelesen werden, schon in Kap. 2, unter I.1. und 2. Zur Gefahr eines information overload bei zu umfassenden Transparenzvorgaben noch in Kap. 9, unter III. 282 So Huber, Hinweispflichten, FS Kronke 2020, 215, 220; Kaufhold, Anm. EuGH, IWRZ 2016, 217, 217 f.; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 177; Pfeiffer, Anm. EuGH – VKI ./. Amazon, LMK 2017, 393442; Plender/Wilderspin, The European PIL of Obligations (2020), Rn. 9-065; W.-H. Roth, RwKl in Verbraucherverträgen, IPRax 2013, 515, 524; Steinrötter, Anm. EuGH, jurisPR-IWR 3/2017 Anm. 3; M. Stürner, in: Erman, Art. 6 Rom I-VO Rn. 15a; wohl auch Rieländer, RwKl im EU-Kollisionsrecht, RIW 2017, 28, 36 ff.; Rutgers, Case Note CJEU – VKI ./. Amazon, NILR 2017, 163, 174; A. Staudinger, in: Ferrari et al., Art. 6 Rom I-VO Rn. 74g. Damit versucht es jetzt anscheinend auch Amazon, vgl. die neue Formulierung der Klausel 10 aus den Verkaufsbedingungen, abrufbar unter , a. E. der Startseite unter „Unsere AGB“, letzter Zugriff am 17.2.2022 („[…] Wenn Sie Verbraucher mit gewöhnlichem Aufenthalt in der EU sind, genießen Sie außerdem Schutz der zwingenden Bestimmungen des Rechts Ihres Aufenthaltsstaates.“). Da zwischen der eigentlichen Rechtswahl
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text aus Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO zu zitieren, was die Rechtslage in Anbetracht von dessen komplizierter Formulierung zwar nicht unbedingt transparenter mache, wegen Art. 1 Abs. 2 Klausel-RL aber zu deren Kontrollfreiheit führe.283 Unklar ist in dem Fall indes, ob sich der Klauselverwender hierdurch nicht womöglich auch aktiven Verbrauchern gegenüber bindet bzw. generell, wenn es an den Voraussetzungen von Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO fehlen sollte. Schließlich suggeriert die Wiedergabe der Vorschrift, dass diese auch eingreift.284 Die genauen Formulierungsanforderungen werden sich daher letztlich erst im Laufe der zukünftigen Rechtsprechung gewissermaßen im Trial-and-Error-Verfahren herausbilden müssen. Dabei kann es, solange keine weiteren, präzisierenden EuGH-Entscheidungen hinzutreten,285 im europäischen Rechtsraum zu abweichenden Kontrollergebnissen kommen. Die mit VKI ./. Amazon vermeintlich gewonnene Rechtssicherheit und Rechtseinheit erweist sich somit bei näherem Blick zumindest derzeit als trügerisch. Die Entscheidung bezieht sich außerdem direkt allein auf Rechtswahlklauseln zugunsten des Rechts am mitgliedstaatlichen Sitz des Klauselverwenders.286 Bei der Wahl eines neutralen oder eines drittstaatlichen Rechts könnten theoretisch folglich andere Maßstäbe gelten. Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO soll seinen Schutz allerdings gerade auch bei drittstaatlichen Rechtswahlklauseln entfalten, da das sachrechtliche Schutzniveau hier sogar noch einmal deutlich stärker als bereits innerhalb des europäischen Rechtsraums nach unten absinken kann.287 Die und diesem Hinweis aber noch die nicht ausschließliche GStKl geregelt ist, wird der Zusammenhang weniger klar. Deren intransparente Formulierung, wonach nur verbraucherschützende Normen vor den Heimatgerichten des Verbrauchers durchsetzbar sind, könnte zudem die RwKl „kontaminieren“. 283 So insb. Mankowski, Just how free is a free choice of law?, JPIL 2017, 231, 240 f. sowie ders., RwKl in den AGB von Fluggesellschaften, IPRax 2019, 208, 211, dort sogar noch mit der Empfehlung auch Art. 6 Abs. 1 Rom I-VO zu zitieren. Hierzu auch Steinrötter, Anm. EuGH, jurisPR-IWR 3/2017 Anm. 3. 284 Heiss, Rechtswahlfreiheit, FS IPRG 2020, 167, 207, scheint davon auszugehen („[Dann] findet der Günstigkeitsvergleich eben in allen Fällen Anwendung“). Deshalb eventuell auch die Empfehlung Mankowskis, Abs. 1 mitzuzitieren (vgl. die vorige Fn.). 285 VKI ./. TVP, 3.10.2019, Rs. C-272/18, Rn. 55 ff., trägt hierzu leider nichts Neues bei, sondern manifestiert lediglich die Grundsätze aus VKI ./. Amazon und erweitert diese auf alle offline geschlossenen Verträge. So auch die Einordnung u. a. von Wilke, Die Treuhandkonstruktion, GPR 2020, 116, 117, 120 f. 286 Vgl. die eingeschränkte Formulierung der Vorlagefrage 4b. des OGH, die der EuGH im weiteren Verlauf mehrfach so wiederholt, EuGH – VKI ./. Amazon, 28.7.2016, Rs. C-191/15, Rn. 34, 67, 71. Vgl. aber Fn. 264. 287 Im europ. Rechtsraum gelten inzwischen immerhin zahlreiche gemeinsame (Mindest-)Standards gerade im Bereich des Verbraucherschutzes, die für Drittstaaten nur bei entsprechenden, völkerrechtlichen Abkommen verbindlich sind. Für eine Ausdehnung der Kontrolle auf solche Fälle auch Rieländer, Treuhandverträge über Geschäftsanteile, IPRax 2020, 224, 231,
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Transparenzanforderungen müssten für diese demnach mindestens genauso streng, wenn nicht sogar strenger ausfallen.288 Für zusätzliche Unsicherheit sorgt dann freilich, dass bei der Wahl drittstaatlichen Rechts der Zugriff auf Art. 5 Klausel-RL bzw. dessen mitgliedstaatlichen Umsetzungen an sich versperrt ist. Schließlich sind nur Mitgliedstaaten zu dessen Übernahme verpflichtet und eine Sonderanknüpfung über Art. 6 Abs. 2 Klausel-RL bzw. über Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO kommt überzeugenderweise erst auf der Ebene des Hauptvertrags in Betracht.289 Sofern das präsumtiv gewählte Recht selbst also kein äquivalentes Transparenzgebot kennt, scheidet eine entsprechende Kontrolle der Rechtswahlklausel angesichts der boostrap rule in Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO grundsätzlich aus. Die mitgliedstaatlichen Umsetzungsvorschriften über eine Transparenzkontrolle nach Art. 3, 5 Klausel-RL könnten höchstens infolge einer Sonderanknüpfung zum Zuge kommen. Das setzt jedoch voraus, dass man diese als Eingriffsnormen i. S. v. Art. 9 Rom I-VO versteht290 oder Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO für eröffnet hält. Beide Wege sind zweifelhaft bzw. jedenfalls mit einigen Hürden verbunden.291 dort mit dem Arg., dass in Drittstaaten niedergelassene Unternehmer sonst ungerechtfertigterweise privilegiert werden würden. 288 Ebenso die (unverbindliche) Leitlinie der Kommission zur Auslegung und Anwendung der Klausel-RL von 2019, vgl. C(2019) 5325 final, S. 19. Zu einem ersten, entsprechenden Urteil gleich noch bei Fn. 293. 289 Siehe hierzu III.2.b) und IV.3.a) m. w. N. A.A. speziell im Kontext mit der Transparenzkontrolle W.-H. Roth, Datenschutz, Verbandsklage, RwKl in Verbraucherverträgen, IPRax 2017, 449, v. a. 461. Zur mitgliedstaatlichen Praxis generell schon unter III.2.b) sowie im Überblick die Tabelle in Anh. 2. 290 Dafür spricht, dass das AGB-Recht wohl nicht nur den individuellen Schutz des Klauselgegners bezweckt, sondern zugleich überindividuelle Interessen verfolgt (siehe Kap. 2). Auch der EuGH hat im Kontext mit der Klausel-RL bereits mehrfach davon gesprochen, dass ein erhebliches öffentliches Interesse an deren Durchsetzung bestehe, vgl. z. B. Asturcom, 6.10.2009, Rs. C-40/08, Rn. 52 sowie für weitere Nachweise die Leitlinien der Kommission, C(2019) 5325 final, S. 9, 48. Es wurde oben unter III.1. allerdings auch bereits die traditionell zurückhaltende Position insb. des dt. IPR-Schrifttums dargestellt, siehe hierzu im hiesigen Kontext insb. G. Calliess, in: ders., Art. 3 Rome I Rn. 29b; G. Rühl, The unfairness of choiceof-law clauses, CMLR 2018, 201, 214 ff. sowie allgm. gegen eine Einordnung des dt. AGBRechts als int. zwingend im b2b-Bereich Rieländer, in: Leuschner, AGB-Recht im unternehmerischen Rechtsverkehr (2021), Rechtswahl Rn. 24, 55. 291 Kritisch auch Huber, Hinweispflichten, FS Kronke 2020, 215, 215 f., 219; Hierzu generell auch bereits unter III.2.a). Weiterer Überblick zu den Anknüpfungsmöglichkeiten bei Martiny, in: Reithmann/ders., Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 2.27 ff. Eine Anknüpfung über Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO setzt insb. voraus, dass die Transparenzkontrolle überhaupt die Frage betrifft, ob das Verhalten des Klauselgegners als Zustimmung zu werten ist (vgl. die Formulierung in Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO). In die Richtung wohl Mankowski, Strukturfragen, RIW 1993, 453, 454 f.; ablehnend dagegen G. Rühl (vorige Fn.), 212 f., die die Transparenzkontrolle freilich zu pauschal mit der Kontrolle der Fairness gleichsetzt. Während erstere dazu dient, den Klausel-
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Viertes Kapitel: Kontrolle von Rechtswahlklauseln
In der Kontrollpraxis wird das Problem der Anknüpfung bisher entweder – wie vom BGH und EuGH – übergangen292 oder mittels Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO gelöst. So unterzieht hierüber z. B. das LG Ulm 2017 eine Rechtswahlklausel zugunsten des Schweizer Rechts einer Transparenzkontrolle anhand von § 307 Abs. 1 S. 2 BGB und bejaht anschließend deren Unwirksamkeit. Die Rechtsprechung aus EuGH – VKI ./. Amazon sei auf den Fall einer drittstaatlichen (Schweizer) Rechtswahlklausel übertragbar und die Rechtswahlklausel mangels Hinweises intransparent.293 f) Weitere Fallgruppen Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO gewährt lediglich passiven Verbrauchern Schutz und das auch nur, wenn keine Ausnahme i. S. v. Abs. 4 vorliegt. Die bisher geschilderte Kontrollpraxis liefert daher naturgemäß keine Antwort darauf, welche Transparenzvorgaben für Rechtswahlklauseln mit Verbrauchern und Unternehmern gelten, die vom dortigen kollisionsrechtlichen Schutzmechanismus ausgeschlossen sind. Ein Hinweis auf Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO ergibt bei ihnen keinen Sinn, sondern stellt die Rechtslage gerade umgekehrt fehlerhaft dar und führt dadurch womöglich sogar zu einer (un-)freiwilligen Bindung des Klauselverwenders an die Schutzvorschrift (siehe e)).294 Da die Klausel-RL ihrerseits jedoch zumindest
gegner zu einer eigenen informierten Entsch. zu befähigen, setzt letztere an deren Stelle die gerichtliche Entsch., siehe schon die einleitenden Ausführungen zu Abschnitt 3. und 5., näher auch noch in Kap. 7, unter III. Zur Transparenzkontrolle anhand von Art. 3 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO unter a). Ansätze hierfür finden sich allerdings bisher allein bei LG München, 19.4.2011, dem es aber wohl eher um die Auslegung der Reichweite der RwKl geht und nicht um deren Transparenz (vgl. schon Fn. 125). 292 Ähnlich Huber, Hinweispflichten, FS Kronke 2020, 215, 217; Magnus, in: Staudinger, Art. 6 Rom I-VO Rn. 133; G. Rühl, The unfairness of choice-of-law clauses, CMLR 2018, 201, 212 („the ECJ does not reveal how the Unfair Terms Directive comes into the picture […]“) und Arnold/Zwirlein-Forschner, Entwicklung der IPR-Rspr., GPR 2021, 205, 207. Hierzu auch schon in und bei Fn. 78 und 91 unter III.2.b). 293 LG Ulm, 22.5.2017, jurisRn. 139 ff.; bestätigt von OLG Stuttgart, 14.9.2018, jurisRn. 134, 138 ff., 145. Zur häufigen Anwendung von Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO generell auch schon unter III.2.b), vgl. im Übrigen auch die Tabelle in Anh. 2, wo der jeweilige Anknüpfungsweg für die Transparenzkontrolle dargestellt ist. 294 Das übersieht Steinrötter, Anm. EuGH, jurisPR-IWR 3/2017 Anm. 3, der Unternehmern außer bei Verträgen i. S. v. Art. 6 Abs. 4 Rom I-VO davon abrät, den Hinweis auf passive Verbraucher einzuschränken. Zur möglichen Intransparenz solcher Klauseln G. Rühl, The unfairness of choice-of-law clauses, CMLR 2018, 201, 222. Explizit gegen eine Hinweispflicht auf Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO bei Beförderungsverträgen auch z. B. M. Stürner, in: Erman, Art. 6 Rom I-VO Rn. 15a.
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im Verbraucherbereich unterschiedslos alle vorformulierten Verträge erfasst,295 hat sich im Nachgang zu VKI ./. Amazon in der Rechtsprechung insbesondere bereits eine Kontroverse dazu entwickelt, ob Rechtswahlklauseln in den AGB von Fluggesellschaften einen Hinweis auf Art. 5 Abs. 2 S. 3 Rom I-VO oder auf sonstige Rechtswahlgrenzen enthalten müssen.296 Einige Gerichte lehnten eine Übertragung der EuGH-Kontrolllinien zunächst ab und betonten den Unterschied zwischen den zwei maßgeblichen Rechtsrahmen. Art. 5 Abs. 2 S. 3 Rom I-VO beeinflusse im Gegensatz zu Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO nicht die Wirkung der Rechtswahl, sondern schränke lediglich im Voraus die entsprechende Auswahlmöglichkeit ein. Hierauf müsse der Verbraucher aber nicht hingewiesen werden.297 Diese Position stellt inzwischen jedoch die Mindermeinung dar. Die absolute Mehrzahl der (bisher nur instanzgerichtlichen) Entscheidungen bejaht eine Intransparenz, da der Verbraucher nach der Logik aus VKI ./. Amazon auch darüber informiert werden müsse, dass eine Rechtswahl bei Beförderungsverträgen nur eingeschränkt möglich sei bzw. nicht vollkommen ausschließlich gelte.298 Schon vor der EuGH-Entscheidung war in der Rechtsprechung zudem z. B. 295
ende.
Siehe nur ErwG 10 der Klausel-RL und Kap. 3, III.1.; zum b2b-Bereich am Abschnitts
296 Vgl. für einen Überblick AG Nürnberg, 31.10.2018, das diese Frage deshalb dem EuGH vorgelegt hatte. Nach einem Vergleich der Parteien wurde die Rs. C-701/18 allerdings wieder gestrichen, siehe hierzu den Beschluss des EuGH-Präsidenten vom 31.1.2019. Gleiches gilt für den erneuten Vorlageversuch AG Nürnberg, 14.9.2020. Näher auch Mankowski, RwKl in den AGB von Fluggesellschaften, IPRax 2019, 208 ff. 297 So insb. OLG Frankfurt, 13.12.2018, jurisRn. 29 ff., das deshalb das Urteil der Vorin stanz aufhebt, ohne die Frage dem EuGH vorzulegen. Kritisch Mankowski (vorige Fn.), 212 (kein acte clair). Gegen eine Intransparenz auch AG Königs Wusterhausen, 3.6.2016, jurisRn. 37, dort allerdings deutlich knapper; wohl auch AG Hamburg 29.3.2019, BeckRS 2019, 4697, Rn. 28 ff. Ebenso wohl 2017 ein span. Gericht zweiter Instanz, vgl. Sancho-Villa, Spain, in: Guinchard, Rome I and Rome II in Practice (2020), 551, 571 f. Aus dem Schrifttum Heiss, Rechtswahlfreiheit, FS IPRG 2020, 167, 203 Fn. 205; Mankowski, in: Reithmann/Martiny, Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 15.63; M. Stürner, in: Erman, Art. 5 Rom I-VO Rn. 10. 298 So insb. LG Berlin, 7.1.2022, BeckRS 2022, 971, Rn. 29 f.; AG Köln, 19.5.2020, jurisRn. 21 ff., v. a. 31 ff.; LG Frankfurt, 14.12.2017, jurisRn. 34 ff. (Letzteres aber aufgehoben von OLG Frankfurt, siehe vorige Fn). Der Sache nach auch LG Köln, 28.1.2022, BeckRS 2022, 1024, Rn. 17 ff., insb. 22; LG Köln, 14.1.2022, BeckRS 2022, 278, Rn. 20 ff.; LG Berlin, 11.1.2022, BeckRS 2022, 339, Rn. 15 ff., insb. 24 f.; LG Landshut, 19.11.2021, jurisRn. 27; AG Erding, 10.6.2021, BeckRS 2021, 15200, Rn. 18; LG Frankfurt, 1.6.2021, BeckRS 2021, 19271, unter 1.; AG Memmingen, 12.2.2021, BeckRS 2021, 8476, Rn. 23 f.; OLG Köln, 29.1.2021, jurisRn. 18 ff., insb. 24 f.; LG Frankfurt, 19.11.2020, BeckRS 2020, 32499, Rn. 16; LG Berlin, 12.10.2020, BeckRS 2020, 27549, Rn. 15 f.; LG Frankfurt, 3.7.2020, jurisRn. 25; AG Nürnberg, 27.3.2020, BeckRS 2020, 4936, Rn. 20 ff.; AG Nürnberg, 25.3.2020, BeckRS 2020, 5794, Rn. 20 ff. Vgl. auch LG Stuttgart, 26.04.2021, BeckRS 2021, 19268 (Hinweis zu Vergleichsvorschlag, der nach Annahme die Rechtskraft beseitigt, daher nicht mitgezählt). Zu weiteren Gründen für eine Intransparenz noch im Folgenden.
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an der Rechtswahlklausel der irischen Fluggesellschaft Ryanair kritisiert worden, dass diese nicht hinreichend klarstelle, dass neben dem darin berufenen irischen Recht stets auch die zwingenden, rechtswahlfesten Vorgaben der europäischen Fluggastrechte-Verordnung oder des völkerrechtlichen Montrealer Übereinkommens zur Anwendung kommen.299 Auch diese Rechtsprechung ist keineswegs unumstritten,300 hat in den letzten Jahren aber ebenfalls enorm an Zulauf gewonnen.301 Hinter diesen Fallbeispielen aus dem Bereich der Flugreisen steht letztlich die übergeordnete Frage, ob der Klauselverwender den Klauselgegner über sämtliche vorrangige Rechtsquellen und/oder Sonderanknüpfungen aufklären muss, die für die Vertragsbeziehung relevant werden können. Blickt man auf die Ausführung des EuGH in VKI ./. Amazon, muss man diese Frage an sich zumindest dann bejahen, wenn die Folgen der Rechtswahlklausel von ihnen bestimmt werden. Denn der Klauselgegner soll durch die Information in die Lage versetzt werden, die Bedeutung seiner Zustimmung abzusehen und so eine bewusste, informierte Entscheidung zu treffen.302 Konsequenterweise müssten Rechtswahl299 AG
Bremen, 5.12.2013, jurisRn. 23, 29 f. Es handelt sich um die Verordnung (EG) Nr. 261/2004, veröffentlicht in ABl. EU 2004 L 46/1. Vgl. zum Montrealer Übereinkommen auch noch Kap. 5, IV.3.b), Fn. 378. 300 Vgl. Hausmann, in: Staudinger, Art. 10 Rom I-VO Rn. 99c und Pfeiffer, Rechtswahlvereinbarung und Transparenzkontrolle, FS E. Lorenz 2014, 843, 859 f., der einen Hinweis insb. angesichts der Informationspflichten aus der Verordnung überflüssig findet. Dagegen allerdings A. Staudinger, RwKl von Airlines nehmen Kurs auf den EuGH, jM 2019, 134, 137 und Tiede/ Bergel/Kranich, RwKl bei Ryanair, VuR 2020, 215, 217 f. Zustimmend insofern auch Mankowski, in: Reithmann/Martiny, Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 15.63. Daneben auch u. a. A. Staudinger, Anm. zu OLG Köln, NZV 2021, 199, 200. 301 Siehe neben Fn. 299 LG Köln, 28.1.2022, BeckRS 2022, 1024, Rn. 23; LG Köln, 14.1.2022, BeckRS 2022, 278, Rn. 22; LG Berlin, 11.1.2022, BeckRS 2022, 339, Rn. 22; LG Berlin, 7.1.2022, BeckRS 2022, 971, Rn. 28 f.; LG Landshut, 19.11.2021, jurisRn. 27; LG Düsseldorf, 15.11.2021, BeckRS 2021, 36900, unter 4., sowie im selben Verfahren Urt. v. 5.7.2021, BeckRS 2021, 20151, Rn. 20 ff.; AG Erding, 10.6.2021, BeckRS 2021, 15200, Rn. 18; OLG Köln, 29.1.2021, jurisRn. 18 ff., insb. 25 (zuvor noch stärker als Vorinstanz LG Köln, 17.7.2020, jurisRn. 19 ff.); AG Memmingen, 12.2.2021, BeckRS 2021, 8476, Rn. 23 f.; LG Frankfurt, 19.11.2020, BeckRS 2020, 32499, Rn. 16; AG Erfurt, 16.11.2020, BeckRS 2020, 32300, Rn. 21; LG Baden-Baden, 27.10.2020, BeckRS 2020, 31121, Rn. 31; LG Berlin, 12.10.2020, BeckRS 2020, 27549, Rn. 15 f.; LG Frankfurt, 3.7.2020, BeckRS 2020, 15394, Rn. 19; AG Köln, 19.5.2020, jurisRn. 21 ff.; AG Nürnberg, 27.3.2020, BeckRS 2020, 4936, Rn. 19; AG Nürnberg, 25.3.2020, BeckRS 2020, 5794, Rn. 19; AG Bühl, 11.11.2019, jurisRn. 18. 302 Vgl. EuGH – VKI ./. Amazon, 28.7.2016, Rs. C-191/15, Rn. 69: „Darüber hinaus ist es, wenn die Wirkungen einer Klausel durch bindende Rechtsvorschriften bestimmt werden, entscheidend, dass der Gewerbetreibende den Verbraucher über diese Vorschriften unterrichtet […].“ Der Zweck, den Informationsstand des Verbrauchers zu verbessern, kommt dort allerdings nur indirekt in Rn. 68 zum Ausdruck. Klarer i.d.S. v. a. auch Andriciuc, 20.9.2017, Rs. C-186/16, Rn. 45 (zu einer Wechselkurs-Klausel): „Somit ist das Erfordernis, dass eine Ver-
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klauseln also nicht nur auf Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO, sondern auch auf Art. 3 Abs. 3 und 4, Art. 9, Art. 10 Abs. 2, Art. 11 Abs. 4 und Art. 21 Rom I-VO sowie auf jegliches einschlägiges rechtswahlfestes Einheitsrecht verweisen, sofern diese relevant werden könnten.303 Überdies ziehen auch Art. 5 und 7 Rom I-VO der Rechtswahl Schranken und bestimmen damit über deren Gültigkeit und Wirkung. Eine solche Rechtswahlklausel droht aber, wie unter anderem Peter Mankowski zu Recht bemerkt, „sehr lang [und] kaum lesbar [zu werden] und würde für Verbraucher mehr Verwirrung als Nutzen stiften.“304 Klauselverwender stehen derzeit also schlussendlich vor einem Dilemma: Entweder weisen sie nur pauschal darauf hin, dass gegebenenfalls neben bzw. anstelle des gewählten Rechts auch eine andere Rechtsquelle maßgeblich sein kann und riskieren damit den Vorwurf, den Klauselgegner nicht genügend zu informieren. Oder sie formulieren sehr umfassende, lange Rechtswahlklauseln und müssen sich dann womöglich vorwerfen lassen, den Klauselgegner zu verwirren bzw. das Verhältnis der verschiedenen Rechtsquellen und Sonderanknüpfungen zueinander nicht hinreichend klarzustellen. So oder so, bieten Rechtswahlklauseln angesichts der im Detail nach wie vor ungewissen Kontrollvorgaben nicht die Rechtssicherheit und Verlässlichkeit, wegen derer sie in grenzüberschreitende Verträge (auch) aufgenommen werden.305 Blickt man auf der anderen Seite auf die Klauselgegner, so scheint es in der Tat wichtig, den Abtragsklausel klar und verständlich abgefasst sein muss, so zu verstehen, dass der Vertrag auch die konkrete Funktionsweise des Verfahrens, auf das die betreffende Klausel Bezug nimmt, […] in transparenter Weise darstellen muss, damit der betroffene Verbraucher in der Lage ist, die sich für ihn daraus ergebenden wirtschaftlichen Folgen […] einzuschätzen […]“, siehe dort auch Rn. 48. 303 Mit ähnlicher Schlussfolgerung auch u. a. Mankowski, Anm. EuGH VKI ./. Amazon, NJW 2016, 2705, 2707; Rieländer, RwKl im EU-Kollisionsrecht, RIW 2017, 28, 33, 36; W.-H. Roth, Datenschutz, Verbandsklage, RwKl in Verbraucherverträgen, IPRax 2017, 449, 460. Dagegen, allerdings ohne nähere Begründung A. Staudinger, in: Ferrari et al., Art. 6 Rom I-VO Rn. 74h; ders., in: NomosKommentar-BGB, Art. 3 Rom I-VO Rn. 11; Wurmnest, in: MüKo, § 307 BGB Rn. 253. Differenziert Heiss, Rechtswahlfreiheit, FS IPRG 2020, 167, 207. Für einen Hinweis auf die vorrangige Geltung der Fluggastrechte-Verordnung explizit u. a. LG Frankfurt, 19.11.2020, BeckRS 2020, 32499, Rn. 16. 304 Mankowski (vorige Fn.), 2707. Zustimmend Hausmann, in: Staudinger, Art. 10 Rom I-VO Rn. 99c; Rieländer (vorige Fn.), 36. Kritisch auch Pfeiffer, Anm. EuGH – VKI ./. Amazon, LMK 2017, 393442; G. Rühl, The unfairness of choice-of-law clauses, CMLR 2018, 201, 221 f.; A. Staudinger, in: NomosKommentar-BGB, Art. 3 Rom I-VO Rn. 11; Steinrötter, Anm. EuGH, jurisPR-IWR 3/2017 Anm. 3 und M. Stürner, in: Erman, Art. 6 Rom I-VO Rn. 15a. Zur Gefahr des information overload bei zu langen, komplexen AGB in Kap. 9. 305 Zur Funktion von int. Streitbeilegungsklauseln, angesichts der unsicheren objektiven Rechtslage Klarheit und Verlässlichkeit zu schaffen, schon in Kap. 1, insb. unter III. Im Fall von AGB versucht der Klauselverwender mit ihnen allerdings häufig auch die eigene Rechtsposition zu verbessern, vgl. v. a. oben II.
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schreckungseffekt zu verringern, der von Rechtswahlklauseln praktisch aufgrund ihrer vermeintlich klaren „Schwarz-auf-Weiß“-Aussage immer noch ausgeht. Gerade wenn es sich bei dem jeweiligen Klauselgegner um einen Verbraucher handelt, weiß er oft nicht, dass die Rechtswahlklausel eben gerade nicht vollkommen abschließend über das anwendbare Recht entscheidet, sondern selbst Grenzen unterliegt.306 Verweist ihn die Klausel auf eine unbekannte Rechtsordnung, wird er im Streitfall typischerweise nur selten den Aufwand betreiben, sich über die dortigen sachrechtlichen Vorgaben zu informieren und deshalb meist von vornherein davon absehen, dort womöglich sogar bestehende Rechte wahrzunehmen und zu verteidigen. Weiß er dagegen, dass unter Umständen sein eigenes Heimatrecht oder europäisch bzw. international vereinheitlichtes Recht zu seinen Gunsten greift, mag das anders sein. Zumal hier auch der Weg zu einem kundigen Rechtsbeistand leichter sein dürfte.307 Die Transparenzkontrolle und Forderung des EuGH haben damit in der Sache durchaus ihre Berechtigung. Das rechte Maß zwischen den zwei Polen und Regelungszielen ist allerdings nicht leicht zu ziehen und stellt letztendlich eine konkrete Ausprägung des Grunddilemmas bei der Kontrolle internationaler Streitbeilegungsklauseln dar, namentlich die „richtige” Abwägung zwischen den Zielen der Rechtssicherheit und des Schutzes vor den Gefahren der AGB-Verwendung zu finden (siehe schon den ersten Teil sowie auch noch den dritten). Womöglich muss danach unterschieden werden, ob der Klauselgegner als Verbraucher oder selbst als Unternehmer handelt. Die im Untersuchungszeitraum ergangenen Entscheidungen betreffen bisher allesamt den b2c-Bereich und geben daher noch keinen wirklichen Aufschluss darüber, welche Anforderungen die Rechtsprechung an die Formulierung im b2b-Bereich stellt.308 Im b2c-Bereich werden jedenfalls als weitere Fallgruppen, zusätzlich zu den bereits geschilderten, Rechtswahlklauseln für intransparent erklärt, die wegen einer zu weitreichenden bzw. allgemeinen Formulierung den Eindruck erwecken, neben vertraglichen auch außervertragliche Ansprüche zu erfassen, was wegen Art. 14 Abs. 1 S. 1 Rom II-VO wohl unzulässig ist.309 Es kann nach Ansicht der GerichMankowski, Anm. EuGH VKI ./. Amazon, NJW 2016, 2705, ibd., 2707 m. w. N. Deshalb explizit für eine Transparenzkontrolle Tiede/Bergel/Kranich, RwKl bei Ryanair, VuR 2020, 215, 217 f. 307 Hierzu teils auch schon unter II.2. 308 Vgl. die Übersicht zur untersuchten dt. Rspr. in Anh. 2. 309 LG Ulm, 22.5.2017, jurisRn. 146 (dort fehlte zudem der Hinweis auf Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO), bestätigt von OLG Stuttgart, 14.9.2018, jurisRn. 144. Ähnlich AG Erfurt, 16.11.2020, BeckRS 2020, 32300, Rn. 19, 22; AG Köln, 19.5.2020, jurisRn. 36 (hier aber jeweils Rechtsfolge direkt aus Art. 14 Rom II-VO entnommen). Aus dem Schrifttum W.-H. Roth, RwKl in Verbraucherverträgen, IPRax 2013, 515, 523 f.; A. Staudinger, in: NomosKommentar-BGB, Art. 3 Rom I-VO Rn. 11 sowie ders., in: Ferrari et al., Art. 6 Rom I-VO Rn. 74h. A.A. Mankow306 V.a.
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te zudem die Unwirksamkeit einer Rechtswahlklausel zur Folge haben, wenn diese unter derselben Überschrift wie eine unwirksame Gerichtsstandsklausel geregelt ist, da sie dann in der Kombination ein falsches Bild über die Rechtsverfolgungsmöglichkeiten vermittele.310 Im b2b-Bereich kann Ersteres genauso zum Hindernis für eine gerichtliche Anerkennung werden. Denn auch hier wird die Rechtswahlmöglichkeit für außervertragliche Ansprüche durch Art. 14 Abs. 1 S. 1 Rom II-VO eingeschränkt.311 Die Gerichtsstandswahl ist im b2b-Bereich dagegen relativ frei. Bis auf Art. 15 und 24 Brüssel Ia-VO bestehen zumindest keine inhaltlichen Schranken.312 Die Entscheidung des EuGH aus VKI ./. Amazon wiederum bezieht sich zum einen direkt nur auf Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO, der wie bereits zu Beginn des Abschnitts gesagt bei Unternehmern nicht greift; zum anderen basiert sie auf Art. 3 und 5 der Klausel-RL, für die dasselbe gilt. Viele Rechtsordnungen sehen freilich im b2b-Bereich ebenfalls eine Transparenzkontrolle von AGB vor, weshalb – sofern man Art. 3 Abs. 1 Rom I-VO nicht als abschließend begreift313 – Rechtswahlklauseln auch hier einer Formulierungskontrolle unterliegen. In welchem Maße die Anforderungen jedoch von denen bei Verbraucherverträgen abweichen, ist angesichts der fehlenden Rechtsprechung bisher noch unklar.314 Das Schrifttum ski, RwKl in Verbraucherverträgen, FS W.-H. Roth 2015, 361, 370 f. Vgl. daneben auch LG Tübingen, 16.10.2018, wo die RwKl dafür kritisiert wird, dass sie nicht klarstelle, auf welchen Vertrag sie sich genau bezieht. Hierzu auch OLG Stuttgart, a. a. O., jurisRn. 143, dort aber i.R.d. Inhaltskontrolle. 310 So OLG Naumburg, 17.3.2021, BeckRS 2021, 35435, Rn. 71 i. V. m. 54; BGH – Pharmazeutische Beratung, 19.7.2012, jurisRn. 38; AG Bremen, 5.12.2013, jurisRn. 39. Kritik an dem Abschreckungseffekt einer solchen Kombination auch schon bei OLG Stuttgart, 17.2.2011, jurisRn. 230 ff. als Vorinstanz des BGH, dort allerdings wohl im Rahmen einer Inhaltskontrolle. Siehe auch schon 3.b). 311 So zumindest die derzeit wohl h.M., der zufolge wegen Art. 14 Rom II-VO eine Rechtswahl zwischen Unternehmern im deliktischen Bereich nur per Individualvereinbarung möglich ist, vgl. v. a. G. Rühl, Der Schutz des „Schwächeren“ im europ. Kollisionsrecht, FS v. Hoffmann 2011, 364, 371 und Junker, in: MüKo, Art. 14 Rom II-VO, Rn. 23, 35 f., der selbst aber eine a. A. vertritt. Vertieft zu dem Thema Vogeler, Die freie Rechtswahl im Kollisionsrecht der außervertraglichen Schuldverhältnisse (2013); für einen Überblick Wandt, Rechtswahlregelungen (2014), insb. S. 80 ff. 312 Hierzu noch näher in Kap. 5. Vgl. vorerst nur Mogendorf, Der strukturell unterlegene Unternehmer im IPR und IZVR (2016), insb. S. 215 ff. 313 So im b2b-Bereich aber Hausmann, in: Staudinger, Art. 10 Rom I-VO Rn. 98 und Rieländer, in: Leuschner, AGB-Recht im unternehmerischen Rechtsverkehr (2021), Rechtswahl Rn. 53 f. Siehe auch schon a). 314 Die Vorgaben etwa aus § 307 Abs. 1 S. 2 BGB sind offen formuliert, weshalb – solange keine gefestigte, dezidierte Rspr. besteht – unklar ist, welche Anforderungen genau gelten, dazu generell schon in Kap. 3, bei I. Mit der Festschreibung einer Transparenzkontrolle im b2b-Bereich jetzt auch z. B. Art. 3 Abs. 1 lit. a der sog. P2B-VO (Verordnung 2019/1150 vom 20. Juni
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widmet der Frage wenig Aufmerksamkeit. Zwar wird im Kontext mit der Debatte um VKI ./. Amazon zum Teil gesehen, dass einige der dortigen Erwägungen auf den b2b-Bereich übertragbar sind,315 nähere Überlegungen zu den genauen Anforderungen und möglichen Unterschieden stehen aber bislang aus. Abschließend lässt sich zur Transparenzkontrolle damit Folgendes zusammenfassen: Im Bereich der Verbraucherverträge i. S. v. Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO führt die Entscheidung des EuGH in VKI ./. Amazon zu einer Konsolidierung der jüngsten deutschen Rechtsprechungsentwicklung: Rechtswahlklauseln, die keinen Hinweis auf Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO enthalten, führen den Verbraucher in die Irre und verstoßen daher gegen das AGB-rechtliche Transparenzgebot aus Art. 3 und 5 der Klausel-RL bzw. den entsprechenden nationalen Umsetzungsvorschriften. Auch werden die Rechtswahlklausel von Fluggesellschaften kritisch beäugt. Während diese Grundlinie nun sicher steht und eine Änderung der bisherigen Gestaltungspraxis erforderlich macht, herrscht im Detail nach wie vor große Unsicherheit. So ist insbesondere unklar, wie ein solcher Hinweis auf Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO konkret formuliert sein muss und in welchem Umfang weitere Sonderanknüpfungen und/oder vorrangiges Einheitsrecht zu erwähnen sind. Bis der EuGH erneut speziell zu diesen Fragen entschieden hat, drohen divergierende Kontrollentscheidungen innerhalb des europäischen Rechtsraums. Zu Rechtswahlklauseln für Verträge, die nicht in den Schutzbereich von Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO fallen, fehlt es derzeit zugleich noch an Fallmaterial bzw. in Bezug auf Art. 5 Abs. 2 S. 3 Rom I-VO an einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung. Dementsprechend ist bislang offen, welche Transparenzanforderungen hier zu erfüllen sind.
V. Zwischenfazit Während eine eingehende Bewertung der gerichtlichen Kontrolle von Rechtswahlklauseln erst im dritten Teil der Arbeit erfolgen soll, lassen sich als Zwischenfazit vorab bereits die folgenden Erkenntnisse festhalten: Die deutsche Rechtsprechung hat Rechtswahlklauseln seit der Geltung des EVÜ, sprich während der letzten 31 Jahre, insgesamt 86-mal einer Kontrolle anhand des nationalen AGB-Rechts unterworfen.316 Damit kommt dem nationalen AGB-Recht für 2019 zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten, ABl. EU 2019 L 186/60). Dazu z. B. Busch, Mehr Fairness und Transparenz in der Plattformökonomie, GRUR 2019, 788, insb. 790. 315 Siehe W.-H. Roth, Datenschutz, Verbandsklage, RwKl in Verbraucherverträgen, IPRax 2017, 449, 462. 316 Für einen Überblick siehe die Darstellung in Anh. 2, für Details die Ausführungen der
V. Zwischenfazit
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deren Anerkennung zwar keine überragende Bedeutung zu, sein Einfluss ist empirisch aber auch nicht völlig vernachlässigbar. Zumal nach der Entscheidung des EuGH in VKI ./. Amazon, in der sich der EuGH 2016 erstmals mit der AGB-rechtlichen Kontrolle von Rechtswahlklauseln beschäftigt, bereits ein deutlicher Anstieg der Fallzahlen zu verzeichnen ist, der sich zukünftig noch weiter fortsetzen dürfte. Besonders oft werden bislang Rechtswahlklauseln mit passiven Verbrauchern für unzulässig erklärt. Das verwundert – schließlich werden passive Verbraucher bereits über die kollisionsrechtliche Schranke aus Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO vor den nachteiligen Folgen ihrer Zustimmung zu den fremden AGB geschützt. Gleichwohl greifen die mitgliedstaatlichen Gerichte regelmäßig auf das nationale AGB-Recht zurück, um sie vor einer Verschlechterung des sachrechtlichen Schutzniveaus oder einer faktischen Erschwerung der Rechtsverfolgung zu bewahren. Das zeigt zum einen, dass diese besonderen Gefahren von Rechtswahlklauseln nicht nur rein theoretisch bestehen, sondern auch von der Praxis als Problem gesehen werden. Zum anderen wirft der Befund aber auch die Frage auf, ob ein solcher Rückgriff auf das nationale AGB-Recht angesichts der europäischen Regulierung überhaupt noch zulässig sein kann. Denn geht es um Gefahren, die schon von der Rom I-VO adressiert werden, treten nationales AGBRecht und europäisches Kollisionsrecht in direkte Konkurrenz zueinander. Zu Spannungen kommt es dabei insbesondere, wenn die mitgliedstaatlichen Gerichte im Rahmen ihrer Kontrolle beim Inhalt der Rechtswahlklauseln ansetzen. Im europäischen Rechtsraum herrscht der Grundsatz der freien Rechtswahl. Nach der liberalen Grundkonzeption der Rom I-VO kann jedes beliebige staatliche Recht gewählt werden, ganz egal, ob es zu dem Sachverhalt eine enge Beziehung oder ein bestimmtes sachrechtliches Schutzniveau aufweist. Eine offene oder verdeckte AGB-rechtliche Inhaltskontrolle, die genau an diese Faktoren anknüpft, steht hierzu im Widerspruch. Das rechtsdogmatische Schrifttum hält daher nationale Kontrollvorschriften wie § 307 BGB immer noch überwiegend für gesperrt. Und auch die mitgliedstaatliche Kontrollpraxis greift auf die dort geregelte offene Inhaltskontrolle inzwischen weitgehend nicht mehr zurück. Was bisher jedoch nur unzureichend beachtet wird, ist, dass stattdessen oft das AGB-rechtliche Überraschungsverbot verwendet wird, um Rechtswahlklauseln wegen ihres Inhalts zu sanktionieren. Das Kontrollinstrument wird von der rechtsdogmatischen Diskussion bisher vernachlässigt. Der Fokus liegt klar auf der AGB-rechtlichen Inhalts- und Transparenzkontrolle. Dabei kommt dem Überraschungsverbot überaus große Praxisrelevanz zu. Bis zur Entscheidung des Bestandsaufnahme. Die Zahl bezieht sich auf die gefundenen, insb. in der Datenbank juris verfügbaren Entsch., vgl. IV.1.
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Viertes Kapitel: Kontrolle von Rechtswahlklauseln
EuGH in VKI ./. Amazon und der darauf folgenden Flut an Entscheidungen zur Transparenzkontrolle, stellte das Überraschungsverbot während des Untersuchungszeitraums sogar den vornehmlichen Grund für deutsche Gerichte dar, den in Rede stehenden Rechtswahlklauseln die Anerkennung zu versagen. Und auch in den letzten Jahren sind immer wieder Entscheidungen zum Überraschungsverbot bei Rechtswahlklauseln ergangen. Die Transparenzkontrolle hat das Überraschungsverbot von den Fallzahlen her inzwischen allerdings klar überholt und wird in über der Hälfte der untersuchten 86 Entscheidungen thematisiert. Da sie nicht beim Inhalt, sondern bei der Formulierung der Rechtswahlklauseln ansetzt, steht ihr rechtsdogmatisch an sich wenig entgegen – zumindest sofern man mit der Rechtsprechung Art. 3 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO nicht als abschließende Transparenzvorgabe versteht. Unsicherheit besteht hier damit weniger über das „Ob“ als vielmehr das „Wie“ der Kontrolle. Die EuGH-Entscheidung liefert dafür zwar einige Anhaltspunkte, lässt aber viele Fragen offen. Die mitgliedstaatliche Kontrollpraxis wiederum ist gerade erst im Begriff, sich zu formen und zu festigen. Die größte Klarheit herrscht daher letztlich im Bereich der Einbeziehungskontrolle. Denn die Rom I-VO überlässt mit der Verweisung aus Art. 3 Abs. 5 Rom I-VO die Frage, ob sich die Parteien über die Rechtswahl überhaupt wirksam geeinigt haben, weitestgehend dem nationalen Recht. Die Einbeziehungskontrolle stellt zudem ihrerseits rein formal darauf ab, ob bei dem Vertragsschluss bestimmte äußere Faktoren eingehalten sind, die auf einen Konsens der Parteien schließen lassen. Eine Konkurrenz zwischen nationaler und europäischer Regulierung bleibt daher aus. Zugleich hat die mitgliedstaatliche Kontrollpraxis zumindest für das deutsche AGB-Recht und den b2b-Bereich bereits feste Einbeziehungsgrundsätze etabliert. Unsicherheit besteht daher höchstens noch für den b2c-Bereich oder wenn es zur Anwendung einer ausländischen AGB-Rechtsordnung kommt. Das ist derzeit jedoch nur selten der Fall. Zwar legt der Großteil der im Untersuchungszeitraum kontrollierten Rechtswahlklauseln eine ausländische Rechtsordnung fest und nach der Grundanknüpfung in Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO müsste daher an sich an die entsprechende ausländische, präsumtiv gewählte Rechtsordnung angeknüpft werden, die Rechtsprechungsanalyse offenbart aber ein völlig anderes Bild. Von der Grundanknüpfung wird praktisch kaum Gebrauch gemacht – außer das präsumtiv gewählte Recht entspricht der lex fori. Weicht die Rechtswahl dagegen von ihr ab, unterziehen die Gerichte die entsprechende Klausel entweder scheinbar gar keiner Kontrolle (so vermutlich oft im Bereich der Einbeziehungskontrolle) oder wenden trotzdem das eigene AGBRecht an bzw. mit der Klausel-RL ein auch für sie geltendes Recht (die Anknüp-
V. Zwischenfazit
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fung an das irische und englische Umsetzungsrecht zu Art. 3 und 5 Klausel-RL gerät in den Flugreisefällen überwiegend zur reinen Lippenbekenntnis). Hierfür greifen sie vor allem auf die Sonderanknüpfung aus Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO zurück. Diese verweist zwar nicht direkt auf die lex fori, sondern auf das Heimatrecht des Verbrauchers. Besonders wegen Art. 18 Brüssel Ia-VO handelt es sich dabei aber in aller Regel um ein und dasselbe Recht. Dieses „Heimwärtsstreben“ der mitgliedstaatlichen Gerichte ist erstens deshalb problematisch, weil Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO nach umstrittener, aber überzeugender Ansicht auf der Ebene der Rechtswahlklauseln noch gar keine Anwendung findet. Zweitens gefährdet der derzeitige Anknüpfungstrend den im europäischen Rechtsraum erstrebten Entscheidungseinklang: Versuchen die mitgliedstaatlichen Gerichte nämlich die Ermittlung und Anwendung einer ausländischen AGB-Rechtsordnung zu vermeiden und ziehen deswegen anstelle des präsumtiv gewählten Rechts allein die eigene lex fori heran, kommen sie potenziell zu anderen Kon trollergebnissen als die Gerichte eines anderen Mitgliedstaates, die ihrerseits ebenfalls versuchen, die eigene lex fori anzuwenden. Schließlich unterscheidet sich das nationale AGB-Recht mangels umfassender Vollharmonisierung zwischen den Mitgliedstaaten teilweise immer noch sehr stark. Alles in allem lässt sich nach der Bestandsaufnahme damit nur ein negatives Zwischenfazit ziehen. Bei der Kontrolle von Rechtswahlklauseln herrscht im europäischen Rechtsraum nach wie vor starke Rechtsunsicherheit. Diese bezieht sich zum einen darauf, ob das nationale AGB-Recht neben der Rom I-VO überhaupt noch zur Anwendung kommt, sowie zum anderen darauf, nach welchem nationalen AGB-Recht sich die Kontrolle dann richtet. Für die betroffenen Parteien ist derzeit folglich kaum vorhersehbar, nach welchen Maßstäben sich die Gültigkeit der Rechtswahlklauseln richtet und ob sie der gerichtlichen Kontrolle im Streitfall standhalten. Damit ist aber zugleich eine große Unsicherheit über das in der Sache anwendbare Recht verbunden. Diese sollen die Rechtswahlklauseln eigentlich gerade beseitigen. Solange aber die zahlreichen offenen Fragen zu Umfang, Anknüpfung und Inhalt der Kontrolle von Rechtswahlklauseln noch ungeklärt sind, können sie diese Aufgabe nicht zuverlässig erfüllen. Umgekehrt besteht aber insbesondere außerhalb des Anwendungsbereichs von Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO nach wie vor die Gefahr, dass der Klauselgegner an eine Rechtswahlklausel gebunden bleibt, deren Bedeutung er gar nicht wirklich erkannt hat und die ihm wichtige materielle Rechte nimmt bzw. deren Durchsetzung faktisch unmöglich macht. Die Voraussetzungen für die Einbeziehung gehen soweit ersichtlich bisher über die von materiellrechtlichen Klauseln nicht hinaus, obwohl die Folgen von Rechtswahlklauseln deutlich weitreichender sind. Und die anderen Kontrollinstrumente greifen entweder nicht ein oder werden von der Rechtsprechung bisher – mit Ausnahme der Flugreisefälle – primär in Fällen zum Schutz
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Viertes Kapitel: Kontrolle von Rechtswahlklauseln
eingesetzt, die an sich bereits von Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO erfasst werden. Auf diese Probleme und Defizite wird noch im dritten Teil zurückzukommen sein. Zuvor soll aber zunächst ein Blick auf die Kontrolle der zwei weiteren hier untersuchten Typen von Streitbeilegungsklauseln geworfen werden. Das nächste Kapitel widmet sich dem der Gerichtsstandsklauseln.
Fünftes Kapitel
Kontrolle von Gerichtsstandsklauseln Rechtswahl- und Gerichtsstandsklauseln sind in der Praxis oft zusammen geregelt und inhaltlich aufeinander abgestimmt. Angesichts der Schwierigkeit, ausländisches Recht zu ermitteln und anzuwenden,1 wollen die Parteien regelmäßig, dass das zuständige Gericht auf sein eigenes, ihm besonders vertrautes Recht zurückgreifen kann und legen daher parallel zum zuständigen forum häufig das dort geltende Sachrecht als Vertragsstatut fest.2 Wie Rechtswahlklauseln fallen auch Gerichtsstandsklauseln in einen europäisch harmonisierten Rechtsbereich. Entscheidend sind für sie vor allem die Vorgaben der Brüssel Ia-VO, die seit dem 10. Januar 2015 als Neufassung an die Stelle der Brüssel I-VO getreten ist und die gerichtliche Zuständigkeit sowie die Anerkennung und Vollstreckung zivilrechtlicher Entscheidungen innerhalb des europäischen Rechtsraums koordiniert und harmonisiert.3 Sie gibt den Parteien mit Art. 25 Brüssel Ia-VO die Möglichkeit, von vornherein eine eigene Gerichtsstandswahl zu treffen, und erkennt so deren zuständigkeitsrechtliche Parteiautonomie an.4 Gerichtsstandsklauseln entfalten in der Regel sowohl prorogierende als auch derogierende Wirkung: Während das 1
Siehe schon Kap. 4., insb. unter II.2. aus der Praxis z. B. OLG Stuttgart, 27.4.2015 (Schweizer Recht und Gerichtsstand Basel) oder LG Koblenz, 7.5.2019 (engl. Recht vor engl. und walisischen Gerichten). 3 Zur zeitlichen Anwendbarkeit Art. 66, 80 Brüssel Ia-VO. Die Brüssel I-VO löste ihrerseits wiederum 2002 das völkerrechtliche EuGVÜ von 1968 ab. Trotz der Neufassungen soll die Kontinuität zwischen den drei Regelwerken erhalten bleiben, die zusammen das sog. „Brüssel-Regime“ bilden, vgl. ErwG 34 Brüssel Ia-VO. Irland und das Vereinigte Königreich haben sich an der VO beteiligt, vgl. ErwG 40 der Brüssel Ia-VO; das Unionsrecht galt auch trotz des Brexit zunächst für eine Übergangszeit weiter, ist jetzt in Letzterem aber nicht mehr in Kraft, zur komplexen Situation z. B. Hau, Die zivilrechtliche justizielle Zusammenarbeit mit dem Vereinigten Königreich seit dem Brexit, MDR 2021, 521 ff.; Mankowski, Brexit und IPR und IZVR, EuZW-Sonderausgabe 1/2020, 3, 8 ff., jeweils m. w. N. In Dänemark ergibt sich die Geltung aus einem völkerrechtlichen Abkommen, vgl. ABl. EU 2005 L 299/62; ABl. EU 2013 L 79/4 und EuGH – Assens Havn, 13.7.2017, Rs. C-368/16, Rn. 13 ff., näher Bader, Koordinationsmethoden (2019), S. 44 f. Der sachliche Anwendungsbereich ist umstritten, nicht alle int. GStKl werden von den europ. Regeln erfasst, dazu unter III.1. 4 Zu den Gründen hierfür in Kap. 1, unter III., IV. Anders als bei RwKl setzt sich der Begriff der „Parteiautonomie“ bei GStKl erst allmählich durch, hierzu insb. auch Abendroth, Parteiautonome Zuständigkeitsbegründung (2016), S. 30 ff., mit einem Überblick über die Verwendung 2 Vgl.
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Fünftes Kapitel: Kontrolle von Gerichtsstandsklauseln
in ihnen benannte Gericht fortan für sämtliche erfasste Streitigkeiten zuständig ist, fehlt es allen anderen an der entsprechenden Entscheidungskompetenz (I.). Wegen ihres Einflusses auf das anwendbare Prozess-, Kollisions- und darüber vermittelt Sachrecht kommt ihnen bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten genereller „Weichenstellungscharakter“ zu.5 Sie können daher vom Klauselverwender allerdings auch gezielt dazu genutzt werden, die Rechtsverfolgung für die Gegenseite zu erschweren und/oder Rechtsvorschriften zu umgehen, die in dem eigentlich zuständigen Forumstaat zwingend wären. Selbst ohne eine solche Absicht des Klauselverwenders sind Gerichtsstandsklauseln häufig mit besonderen Gefahren verbunden, die der Klauselgegner bei seiner generellen Zustimmung selten erfasst hat und die ihn nach dem Abschluss bedeutend schlechter stellen (II.). Insbesondere die Brüssel Ia-VO zieht unterdessen einige Grenzen, die diesbezüglich für Schutz sorgen. Da über ihre Reichweite und ihren Inhalt aber seit Langem Streit besteht, ist im Einzelnen nach wie vor unklar, wie weit ihr Einfluss letztendlich reicht und inwiefern daneben noch Platz für das nationale AGBRecht verbleibt. Nach einer einführenden Beschreibung der wesentlichen europäischen Vorgaben und Streitfragen (III.) nimmt das Kapitel deshalb erneut – diesmal für den Klauseltyp der Gerichtsstandsklauseln – eine umfassende Bestandsaufnahme zu Theorie und Praxis der gerichtlichen Kontrolle vor (IV.).
I. Inhalt und Wirkung von Gerichtsstandsklauseln Gerichtsstandsklauseln sind in den meisten internationalen Standardverträgen bzw. dort in Bezug genommenen Klauselwerken zu finden.6 Dabei reichen die Formulierungen vom knappen Passus „Gerichtsstand ist...“7 bis zum komple-
in der dt. Literatur. Die Gerichtsstandswahl kann auch nachträglich getroffen werden, AGB sind dann aber seltener, vgl. noch III.2.a). 5 Begriff nach Eichel, AGB-GStKl im dt.-amerikanischen Handelsverkehr (2007), S. 40, der das dort auf das Vertragsverhältnis bezieht. 6 Deutlich Schütze, Rechtsverfolgung im Ausland (2016), Rn. 189: „Allgemeine Geschäftsbedingungen ohne Gerichtsstandsklausel sind fast undenkbar.“ Ähnlich u. a. Magnus, Gerichtsstandsvereinbarungen im Vorschlag zur Reform der EuGVO, FS v. Hoffmann 2011, 664, ibd. Nach der Folgenabschätzung der Europäischen Kommission zur Reform der Brüssel I-VO nutzen fast 70 % der im Binnenmarkt tätigen Unternehmen GStKl – haben sie mehr als 250 Mitarbeiter, sind es sogar 90 %, vgl. SEC(2010) 1547 final, 29. 7 So etwa die Formulierung der GStKl beim BayObLG, 23.12.2004, vgl. dort die jurisRn. 3 f., das sich an dieser Kürze nicht stört (siehe jurisRn. 15). Anders allerdings wohl die frz. Rspr., die solche GStKl anscheinend regelmäßig für zu unbestimmt hält, vgl. die Anm. von Kutscher-Puis zu Cour de cassation, 24.11.2015, ZVertriebsR 2016, 200, ibd.
I. Inhalt und Wirkung von Gerichtsstandsklauseln
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xen Zweiundzwanzig-Zeiler.8 In der Regel vereinbaren die Parteien, dass ein bestimmtes Gericht oder die Gerichte eines bestimmten Staats für ihre Streitigkeiten zuständig sein sollen.9 Aber auch andere Formen kommen vor, wie z. B. alternative Gerichtsstandsklauseln („London oder Paris“) oder reziproke („Zuständig ist das Gericht am Sitz des Klägers.“).10 Nach Art. 25 Abs. 1 S. 2 Brüssel Ia-VO sind Gerichtsstandsklauseln im Zweifel ausschließlich gemeint.11 Das heißt, dass abgesehen von der darin getroffenen Wahl kein anderes Gericht über die erfassten Streitigkeiten entscheiden darf. Ausschließlichen Gerichtsstandsklauseln kommt damit sowohl positive als auch negative Wirkung zu: Ist das gewählte Gericht nicht ohnehin schon aufgrund der objektiven Zuständigkeitsregeln zur Streitentscheidung berufen, führen sie erst seine Zuständigkeit herbei (sog. Prorogationswirkung). Umgekehrt schließen sie alle anderen, danach an sich eröffneten Gerichtsstände aus (sog. Derogationswirkung).12 Teilweise wollen die Parteien jedoch nur weitere Klagemöglichkeiten schaffen, ohne die bereits bestehenden zu beseitigen. Auch solche sog. fakultativen oder nicht ausschließlichen Gerichtsstandsklauseln sind im europäischen Rechtsraum zulässig; der entsprechende Wille muss wegen der Vermutung aus Art. 25 Abs. 1
8
Siehe LG Mainz, 13.9.2005, jurisRn. 10 ff., wo in der entsprechenden Klausel neben der Prorogation der engl. Gerichte für alle Vertragsstreitigkeiten zugleich die Angemessenheit von deren Zuständigkeit festgehalten sowie dem Klauselverwender die Klagemöglichkeit vor allen anderen Gerichten vorbehalten wird. Näheres zu solchen sog. asymmetrischen GStKl auch noch unter IV.3.c) und 5.b). 9 So auch die Formulierung in Art. 25 Abs. 1 S. 1 Brüssel Ia-VO, womit andere Formen allerdings nicht ausgeschlossen werden, siehe hierzu die folgenden Fn. 10 Vgl. z. B. EuGH – Meeth ./. Glacetal, 9.11.1978, Rs. C-23/78, wo der EuGH eine solche reziproke Gestaltung trotz des engeren Wortlauts von Art. 17 EuGVÜ (jetzt Art. 25 Brüssel IaVO) für zulässig erklärt (a. a. O., Rn. 2, 5 f.). Ähnlich für eine alternative GStKl auch OLG Hamm, 20.9.2005, jurisRn. 32. 11 Im autonomen IZVR muss die Forumswahl dagegen oft explizit als ausschließlich bezeichnet werden, um Derogationswirkung zu entfalten, siehe hierzu Tang, Jurisdiction and Arbitration Agreements (2014), S. 9. 12 Siehe z. B. EuGH – Powell Duffryn, 10.3.1992, Rs. C-214/89, Rn. 13; Garcimartin, in: Dickinson/Lein, The Brussels I Regulation Recast (2015), Rn. 9.06 und Mills, Party Autonomy (2018), S. 93 f. Zur mittelbaren Wirkung auf das anwendbare Prozess-, Kollisions- und Sachrecht erst unter II. im Kontext mit den sich daraus ergebenden Gefahren. Es ist umstritten, ob sich aus ausschließlichen GStKl darüber hinaus die vertragliche Pflicht ergibt, nur vor dem benannten und keinem anderen forum zu klagen. Dazu schon in Kap. 3, unter III.1. in Fn. 35. Dafür nun z. B. BGH, 17.10.2019, jurisRn. 25 ff.; anders noch OLG Köln, 26.2.2019, insb. jurisRn. 29 ff.; näher Ahmed, The Nature and Enforcement of Choice of Court Agreements (2017); Antomo, Schadensersatz wegen Verletzung einer int. Gerichtsstandsvereinbarung (2017) und Ries, Der Schadensersatzanspruch wegen der Missachtung einer int. Gerichtsstandsvereinbarung (2018).
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Fünftes Kapitel: Kontrolle von Gerichtsstandsklauseln
S. 2 Brüssel Ia-VO aber hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen.13 Für die vorliegende Arbeit ist die Unterteilung letztendlich nicht entscheidend.14 Denn auch mit der Prorogation eines objektiv vorher noch nicht zuständigen, vom Klauselgegner z. B. weit entfernten Gerichts können bereits gravierende Nachteile verbunden sein. Die Derogation der objektiven Gerichtsstände ist daher nicht zwingend nötig, um seine Rechtsposition zu verschlechtern; sie kann diesen Effekt aber sicherlich noch verstärken (Näheres noch unter II.). Halten die mitgliedstaatlichen Gerichte die geltend gemachte Gerichtsstandsklausel für gültig, sind sie an die darin getroffene Wahl gebunden: Das forum prorogatum muss sich für zuständig erklären, selbst wenn ihm zur Streit entscheidung ein anderes besser geeignet erscheint. Ein abredewidrig angerufenes Gericht wiederum muss die Klage abweisen, außer der Beklagte lässt sich auf das Verfahren rügelos ein (vgl. Art. 28 Abs. 1 i. V. m. Art. 26 Brüssel IaVO).15 Den Gerichten kommt damit – anders als z. B. nach dem angloamerikanischen Recht – unter der Brüssel Ia-VO keinerlei Ermessen zu.16 Und auch sonst lassen sich weltweit im Umgang mit internationalen Gerichtsstandsklauseln einige Unterschiede verzeichnen. Während die EU erneut, wie schon im Kollisionsrecht, eine relativ liberale Position verfolgt – die Parteien sind in ihrer (Aus-)Wahlfreiheit grundsätzlich unbeschränkt –,17 fordern andere Staaten stets Statt vieler Garcimartin (vorige Fn.), Rn. 9.83. Sie spielt v. a. für Art. 31 Abs. 2 Brüssel Ia-VO eine Rolle, der seit der Neufassung bei ausschließlichen GStKl die allgm. Lis-pendens-Regeln durchbricht und dem in der GStKl benannten Gericht Vorrang vor dem zuerst angerufenen zuspricht. Ausführlicher z. B. Leible, in: Rauscher, Art. 31 Brüssel Ia-VO Rn. 4 ff.; Mankowski, Der Schutz von Gerichtsstandsvereinbarungen vor abredewidrigen Klagen durch Art. 31 Abs. 2 EuGVVO n. F., RIW 2015, 17 ff. Die Unterteilung ist jedoch gerade bei Sonderformen wie alternativen, reziproken und asymmetrischen GStKl nicht leicht zu treffen. Instruktiv Keyes/Marshall, Jurisdiction Agreements: Exclusive, Optional and Asymmetrical, JPIL 2015, 345 ff. und BGH, 15.6.2021, jurisRn. 61 ff. 15 Der EuGH deutet die rügelose Einlassung als konkludente, abändernde Gerichtsstandswahl, vgl. insb. EuGH – Taser International, 17.3.2016, Rs. C-175/15, Rn. 21. Nach a. A. liegt in dem Fall eine kompetenzbegründende Präklusion vor. Näher hierzu Gebauer in seiner Anm. zu dem Urteil, GPR 2016, 245 ff. 16 Vgl. insb. EuGH – Owusu, 1.3.2005, Rs. C-281/02 Rn. 36 ff., wo der EuGH die Anwendung der engl. Forum-non-conveniens-Doktrin im europ. Rechtsraum untersagt. Zur Relevanz der Entsch. für GStKl Abendroth, Parteiautonome Zuständigkeitsbegründung (2016), S. 195 f. Aus dem engl. Schrifttum, das der Entsch. überwiegend kritisch gegenübersteht (vgl. nur Hartley, The European Union and the Systematic Dismantling of the Common Law of Conflicts of Laws, ICLQ 2005, 813, 827 f.), wie hier ders., Choice-of-Court Agreements (2013), Rn. 8.15, 8.33. Siehe daneben auch Garcimartin, in: Dickinson/Lein, The Brussels I Regulation Recast (2015), Rn. 9.19. 17 Zur liberalen Grundposition der Rom I-VO in Kap. 4., bei I. Vgl. im hiesigen Kontext neben ErwG 19 Brüssel Ia-VO v. a. EuGH – Zelger, 17.1.1980, Rs. C-56/79, Rn. 4 sowie Trasporti Castelletti, 16.3.1999, Rs. C-159/97, Rn. 50, 52. Aus der Literatur statt vieler Mankowski, 13 14
II. Gefahren von Gerichtsstandsklauseln
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einen objektiven Zusammenhang zwischen der erfassten Streitigkeit und dem gewählten Gericht oder grenzen die Derogierbarkeit der eigenen Gerichte von vornherein ein.18 Generell finden Gerichtsstandsklauseln international aber weitgehend staatliche Anerkennung und steigern daher bei grenzüberschreitenden Verträgen entscheidend die Transaktions- und Rechtssicherheit.19 Um diese nicht sogleich wieder zunichte zu machen, ist es wichtig, die Gerichtsstandsklausel getrennt und unabhängig von den anderen materiell- und kollisionsrechtlichen Regelungen des Vertrags zu beurteilen, in dem sie enthalten sind. Zwar mag es in gewissen Fällen zur Fehleridentität kommen. Die Gültigkeit der Gerichtsstandsklausel kann aber nicht schon deswegen verneint werden, weil der dazugehörige (Haupt-)Vertrag ungültig ist. Art. 25 Abs. 5 Brüssel Ia-VO stellt diesen Grundsatz nun in der Neufassung explizit klar, er war vorher aber auch schon fest etabliert.20
II. Gefahren von Gerichtsstandsklauseln Neben der geschilderten unmittelbaren positiven und negativen Wirkung auf die gerichtliche Zuständigkeit beeinflussen internationale Gerichtsstandsklauseln darüber hinaus mittelbar verschiedene Faktoren, die für den Zugang zum Recht sowie den Ausgang etwaiger Streitigkeiten entscheidend sind. Daraus folgt zum einen die Gefahr, dass Gerichtsstandsklauseln die Rechtsverfolgung des Klauselgegners erheblich erschweren oder sogar vereiteln (1.). Zum anderen können sie
in: Rauscher, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 97 f. („freie Wahl ohne Rechtfertigungszwang“) m. w. N. Ausnahmen bestehen bei bestimmten Personengruppen und Sachfragen, dazu noch unter III., dort auch zur Wahl drittstaatlicher Gerichte. 18 Vgl. z. B. Eichel, AGB-GStKl im dt.-amerikanischen Handelsverkehr (2007), S. 145 f., zum IZVR einiger US-Bundesstaaten; Dasser, Bern, Lugano, Brüssel oder doch lieber Den Haag, FS Meier 2015, 89, 91 f., zum Schweizer sowie Tang, Jurisdiction and Arbitration Agreements (2014), S. 57, 115 ff., zum Chinesischen IZVR. Knappe rechtsvergleichende Ausführungen auch bei Schack, IZVR (2021), Rn. 590 f. Das HGÜ von 2005 sieht daher die Möglichkeit entsprechender Opt-Outs vor, vgl. insb. Art. 19, 20, 21 HGÜ. So konnte, nachdem umfassendere Verhandlungen gescheitert waren, wenigstens in diesem Bereich ein Minimalkonsens erreicht werden, vgl. hierzu Coester-Waltjen, Parteiautonomie in der int. Zuständigkeit, FS Heldrich 2005, 549, 554 ff. sowie die Ausführungen in Kap. 1, unter II. 19 Hierzu schon näher in Kap. 1, siehe daneben statt vieler nur Briggs, Choice of forum, in: Basedow et al., Encyclopedia of PIL (2017), unter II.: „practically all mature legal systems will now accept and will exercise jurisdiction in accordance with, or at least consistently with, the agreement which the parties have made […]“. 20 Vgl. v. a. EuGH – Benincasa, 3.7.1997, Rs. C-269/95, Rn. 24 ff. Näheres erneut schon in Kap. 1, dort V.
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Fünftes Kapitel: Kontrolle von Gerichtsstandsklauseln
– gerade in Kombination mit Rechtswahlklauseln – zu einer deutlichen Senkung des kollisions- und sachrechtlichen Schutzniveaus führen (2.). 1. Vereitelung der Rechtsverfolgung Gerichtsstandsklauseln entscheiden mit der internationalen Zuständigkeit die „Kardinalfrage“21 jedes grenzüberschreitenden Rechtsstreits. Sie legen nämlich nicht nur den konkreten Ort fest, an dem der jeweilige Kläger zu klagen und sich der jeweilige Beklagte zu verteidigen hat, sondern bestimmen zugleich darüber, nach welchen Regeln das gesamte Verfahren zu führen ist. Schließlich wendet jedes Gericht sein eigenes Prozessrecht an (Lex-fori-Maxime)22 und nach diesem richten sich insbesondere die statthaften Klage- und Rechtsmittelarten, das maßgebliche Kosten- und Beweisrecht sowie die Verfahrenssprache, Vertretungsmöglichkeiten etc. Hinzu treten „weiche“ forumsabhängige Faktoren wie die durchschnittliche Verfahrensdauer, das allgemeine „Rechtsklima“ oder die gerichtliche Bereitschaft, privates Soft Law durchzusetzen.23 Selbst innerhalb des europäischen Rechtsraums lassen sich insofern immer noch beträchtliche Unterschiede beobachten.24 Es gilt der Grundsatz der Verfahrensautonomie: Die Mitgliedstaaten sind in der Ausgestaltung ihrer Prozessordnungen grundsätzlich frei, wenngleich sich insbesondere aus dem Unionsrecht gewisse harmonisierende Vorgaben ergeben.25 Der Integrationsstand ist insgesamt betrachtet aber Kropholler, in: H. Hermann/Basedow/ders., Handbuch des IZVR (1982), S. 204. Hess, EuZPR (2021), S. 14 f., handelt es sich bei dieser „praktisch weltweit“ befolgten Maxime letztlich um ein „Gebot praktischer Vernunft“ – die Anwendung ausl. Prozessrechts würde Gericht und Parteien schlicht überfordern. Ähnlich Kegel/Schurig, IPR (2004), S. 1055 f. Kritisch Bader, Koordinationsmethoden (2019), S. 288 f. Zu weiteren Gründen für den Grundsatz noch v. Hoffmann/Thorn, IPR (2007), S. 64 f. 23 Vgl. v. a. G. Calliess, Grenzüberschreitende Verbraucherverträge (2006), S. 112; Buchner, Kläger- und Beklagtenschutz im Recht der int. Zuständigkeit (1998), S. 77 f.; Brödermann, Zustandekommen von Rechtswahl-, Gerichtsstands- und Schiedsvereinbarungen, FS Martiny 2014, 1045, 1055; Mankowski, Die Lehre von den doppelrelevanten Tatsachen, IPRax 2006, 454, 456 f. sowie jetzt eingehend zum Umgang der dt. und engl. Rspr. mit privatem Einheitsrecht I. Jarass, Privates Einheitsrecht (2019). 24 Vgl. z. B. die generelle Untersuchung von Stadler, Vielfalt der Gerichte – Einheit des Prozessrechts?, BDGVR 42 (2007), 177 ff. m. w. N., sowie den Tagungsband „Procedural Autonomy Across Europe“ (2020), hrsg. v. Krans/Nylund; außerdem noch Fn. 26. Einen quantitativen Vergleich nimmt jährlich das EU-Justizbarometer vor, abrufbar unter , letzter Zugriff am 22.2.2022. Deutliche Kritik u. a. an dessen Methodik allerdings bei Baldus et al., Das „EU Justice Scoreboard“ der Europäischen Kommission, GPR 2016, 108 ff. 25 Zusammenfassend z. B. EuGH – Mostaza Claro, 26.10.2006, Rs. C-168/05, Rn. 24: „Nach ständiger Rechtsprechung sind mangels einer einschlägigen Gemeinschaftsregelung die Verfahrensmodalitäten […] nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten 21 Vgl.
22 Laut
II. Gefahren von Gerichtsstandsklauseln
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trotzdem noch relativ gering, weshalb es – auf internationaler Ebene ohnehin – stark vom konkret berufenen forum abhängt, wie detailliert z. B. die eingereichte Klageschrift gefasst sein muss, in welchem Umfang der Gegenseite Unterlagen zur Verfügung zu stellen sind oder ob im Falle eines Prozesssiegs die eigenen Aufwendungen und Kosten erstattet werden.26 In der Praxis bestimmt der Klauselverwender in seinen AGB in der Regel die Gerichte seines Heimatstaats oder ganz konkret das am nächsten gelegene Gericht.27 So sichert er sich in zukünftigen Verfahren nicht nur kurze Wege für sich und seine Mitarbeiter/Zeugen, sondern kann sich auch in seinem vertrauten rechtlichen Umfeld bewegen und auf seinen bewährten Rechtsbeistand zurückgreifen. Gerade bei eigenen Klagen wäre das nach dem objektiven Zuständigkeitsrecht nicht immer möglich. Denn nach der Grundregel aus Art. 4 Abs. 1 Brüssel Ia-VO liegt der allgemeine Gerichtsstand am Sitz des Beklagten, dem als „passive“ Seite ein ausländisches Verfahren nicht ohne Weiteres aufgezwungen werden soll (sog. Actor-sequitur-forum-rei-Regel).28 Mit der GerichtsstandsSache der innerstaatlichen Rechtsordnung eines jeden Mitgliedstaats; sie dürfen jedoch nicht ungünstiger sein als diejenigen, die gleichartige Sachverhalte innerstaatlicher Art regeln (Äquivalenzprinzip), und die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsprinzip).“ Die daraus resultierenden Vorgaben können allerdings z.T. drastisch sein, zu den prozessualen Implikationen der Klausel-RL etwa Stempel, Teilvereinheitlichung der AGB-Kontrolle in Europa, ZEuP 2017, 102 ff. Generell zu den normativen Grundlagen Kramme, Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten im Zivilverfahrensrecht, in: JbJZivRWiss 2016, 407 ff. Für weitere unionsrechtliche Einwirkungsachsen insb. Heinze, Zivilprozessrecht unter europ. Einfluss, JZ 2011, 709, 712 ff. 26 Näher z. B. X. Kramer, The structure of civil proceedings, Uniform L. Rev. 2014, 218, insb. 231 ff.; Stadler, Vielfalt der Gerichte – Einheit des Prozessrechts?, BDGVR 42 (2007), 177 ff.; R. Stürner, The Principles of Transnational Civil Procedure, RabelsZ 69 (2005), 201, insb. 223 ff. Speziell zu den Disclosure-Regeln im engl. Recht im Vergleich zum dt. Recht Brandt, Das englische Disclosure-Verfahren (2015). Zu deren großer praktischer Bedeutung Beaumont et al., Cross-border Litigation in Europe, in: dies., Cross-Border Litigation in Europe (2017), 819, 822 (dort indes nur kurz, nach dem Brexit handelt es sich auch ohnehin nicht mehr um das Recht eines Mitgliedstaats). Zur Werbung damit im sog. Kampf der Broschüren zugunsten engl. und dt. Foren Wagner, Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb (2017), S. 62 f. 27 Empirische Studien hierzu fehlen bislang weitgehend. Zu den wenigen vorhandenen Vogenauer, Regulatory Competition Through Choice of Contract Law and Choice of Forum, in: Eidenmüller, Regulatory Competition (2013), 227 ff., insb. 248 ff. sowie Wagner, Dispute Resolution as a Product, in: Eidenmüller, Regulatory Competition (2013), 347, insb. 401 f., dort beide auch zum Principal-agent-Problem, das der Rechtsberater aus Eigeninteresse zur Wahl der Heimatgerichte rät (234 f. bzw. 403, 407 f.). Die meisten der unter IV. analysierten Rspr.fälle betreffen solche GStKl. Nur selten wird ein völlig neutrales Gericht benannt. 28 Vgl. insb. EuGH – Farrell ./. Long, 20.3.1997, Rs. C-295/95, Rn. 19: „Zweck der Regel des Artikels 2 Absatz 1 [EuGVÜ] [ist es], den Beklagten zu schützen, der, weil er mit der Klage
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klausel hat der Klauselverwender die Möglichkeit, genau das zu ändern und bei einer ausschließlichen Wahl zugleich sämtliche Aktiv- und Passivprozesse vor einem, „seinem“ Gericht zu bündeln. Er agiert dort folglich als potenzieller re peat player, was zu weiteren Standardisierungsvorteilen führen kann.29 Da zumindest innerhalb des europäischen Rechtsraums die gerichtliche Entscheidung später auch überall relativ problemlos vollstreckt werden kann, stellt es für ihn auch keinen größeren Nachteil dar, wenn der Vertragspartner in dem gewählten Forumstaat kein Vermögen besitzt bzw. dort nicht persönlich „greifbar“ ist.30 Der Klauselgegner wiederum ist infolgedessen an sich gezwungen, sich auf das für ihn unbequemere, ausländische Verfahren einzulassen. Schließlich ist eine Überprüfung der einmal ergangenen Entscheidung im europäischen Rechtsraum anschließend nur noch sehr begrenzt möglich, insbesondere wenn ihm die Klage ordnungsgemäß zugestellt worden ist (vgl. Art. 45 Brüssel Ia-VO).31 Die ausländische Prozessführung bedeutet für ihn dabei oft einen beunruhigenden „Sprung ins Dunkel“32 und geht mit zahlreichen Hürden und Nachteilen einher: Weder kennt er die Regeln noch die Gepflogenheiten am fremden forum, sodass überzogen wird, generell die schwächere Partei ist.“ Teils wird auch betont, dass der Vorteil des Klägers, bestimmen zu können, wann er die Klage erhebt, durch den für ihn ungünstigeren Gerichtsstand ausgeglichen werden soll – oder dort die Vollstreckungsmöglichkeiten am besten sind, zu Letzterem noch sogleich. Näheres zur Regel und ihrem Telos v. a. bei Buchner, Klägerund Beklagtenschutz im Recht der int. Zuständigkeit (1998), passim; mit einem guten Überblick auch z. B. Gebauer, in: Wieczorek/Schütze, Art. 4 Brüssel Ia-VO Rn. 9 f. Daneben können indes noch weitere besondere Gerichtsstände bestehen, bei denen die Interessenabwägung anders ausfällt, vgl. insb. Art. 7 Brüssel Ia-VO. Die GStKl kann dem Klauselverwender aber davon unabhängige Foren schaffen. 29 Grundlegend zur Unterscheidung in prozessuale repeat player und one-shotter sowie deren jeweilige Vor- und Nachteile im Prozess Galanter, Why the “Haves” Come Out Ahead, Law & Society Review 1974, 95 ff. 30 Vgl. insb. Art. 36 Abs. 1 Brüssel Ia-VO: „Die in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen werden in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf.“ Näheres zur erleichterten Anerkennung und Vollstreckung im europ. Rechtsraum und den Neuerungen durch die Brüssel Ia-VO z. B. bei Beaumont/Walker, Recognition and Enforcement of Judgments in the Brussels I Recast, JPIL 2015, 31 ff. Die fehlende Vollstreckungsmöglichkeit stellt sonst ein erhebliches Problem dar. 31 Streng z. B. EuGH – Diageo Brands, 16.7.2015, Rs. C-681/13, wo der EuGH meint, der Beklagte hätte sich gegen den gerichtlichen Unionsrechtsverstoß bereits im Erststaat wehren müssen, auch wenn das dortige oberste Gericht vorher ähnlich (unionsrechtswidrig) entschieden hatte. Siehe zusammenfassend auch Meroni, 25.5.2016, Rs. C-559/14, Rn. 41 ff. Zu den Grenzen dieser sog. Rechtsmittellast des Beklagten aber insb. BGH, 10.9.2015 (keine Vollstreckung eines poln. Urteils bei lediglich fiktiver Inlandszustellung und fehlender Urteilsbegründung). Auch bei drittstaatlichen Entsch. ist eine grundlegende inhaltliche Nachprüfung durch das Zweitgericht oftmals unzulässig, vgl. zum dt. IZVR z. B. Stadler, in: Musielak/Voit, § 328 ZPO Rn. 23 (Verbot der révision au fond). 32 Rauscher, Gerichtsstandsbeeinflussende AGB, ZZP 104 (1991), 271, ibd.
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er ohne lokalen Rechtsbeistand schon gar nicht erst weiß, welche Anträge er z. B. stellen muss oder auf welche Art die nötigen Beweise zu erbringen sind.33 Liegt das gewählte Gericht noch dazu weit von seinem eigenen Sitz entfernt, ist das Verfahren für ihn im Zweifel mit einem hohen zeitlichen und finanziellen Aufwand verbunden.34 Sieht das ausländische Kostenrecht keine umfassende Erstattung vor, droht ihm daher selbst bei einem positiven Ausgang ein „Pyrrhussieg“.35 All das führt insbesondere bei niedrigen Streitwerten oder ungewisser Rechtslage dazu, dass der Klauselgegner häufig von vornherein auf eine Verteidigung oder umgekehrt auf eine eigene Klage verzichtet.36 Die Gerichtsstandsklausel nimmt ihm dann faktisch den Zugang zum Recht.37 Entscheidet er sich wiederum trotzdem für eine entsprechende Prozessführung, stellt sie ihn dort erheblich schlechter, als wenn er vor einem näheren, vertrauteren objektiv zuständigen Gericht sein Recht hätte suchen können. Die Informationsasymmetrie, die sich bereits beim Abschluss der Gerichtsstandsklausel negativ auswirkt,38 beeinträchtigt ihn dann darüber hinaus auch im Vorfeld sowie in dem Verfahren selbst und erschwert ihm die Verfolgung seiner Rechte.39
33 Eingehend
zu den praktischen Schwierigkeiten, insb. auch einen passenden Rechtsbeistand zu finden, v. a. Schütze, Rechtsverfolgung im Ausland (2016), Rn. 1 ff. 34 Zwar müssen die Parteien nach vielen Prozessordnungen nicht immer persönlich anwesend sein, haben aber oft ein großes Interesse daran, z. B. weil sie sich zum Streit äußern und das Verfahren verfolgen wollen. 35 Allgemeiner Fentiman, Int. Commercial Litigation (2015), Rn. 1.77, 19.04 und Schütze, Rechtsverfolgung im Ausland (2016), Rn. 7; als Gefahr von int. GStKl Basedow, Zuständigkeitsderogation, FS Magnus 2014, 337, 345; Wurmnest, in: MüKo, 7. Aufl. (2016), § 307 BGB Rn. 259. 36 Ähnlich u. a. Mankowski, Int. Zuständigkeit und anwendbares Recht, FS Heldrich 2005, 867, 894; C. Rühl, RwKl in AGB (1999), S. 215 („faktisches Rechtsverfolgungshindernis“) und Wurmnest (vorige Fn.), a. a. O. Überdies zum erhöhten Druck, einen Vergleich zu schließen, Mogendorf, Der strukturell unterlegene Unternehmer im IPR und IZVR (2016), S. 18. Insb. bei Verbrauchern ist die Klage- oder Verteidigungsbereitschaft in solchen Fällen allerdings ohnehin schon verringert (vgl. Basedow, Rechtsdurchsetzung und Streitbeilegung, JZ 2018, 1, 8). Durch eine Intensivierung der entsprechenden Hürden kann die GStKl das „rationale Desinteresse“ an der Rechtsverfolgung aber immer noch weiter steigern. 37 In die Richtung auch Basedow, Zuständigkeitsderogation, FS Magnus 2014, 337, 345; Hess, EuZPR (2021), S. 402. Dazu aus grundrechtlicher Sicht auch noch in Kap. 7, unter II.2. 38 Siehe insb. Kap. 2, I. sowie auch noch Kap. 7, II.4. 39 Zur Stellung des Klauselverwenders als repeat player schon oben bei Fn. 29. Er ist dem Klauselgegner daher typischerweise auch in Bezug auf die Prozessführung am gewählten forum informationell überlegen. Generell zur Schwierigkeit, als „Gast“ einen ausl. Prozess zu gewinnen, z. B. Wagner, Dispute Resolution as a Product, in: Eidenmüller, Regulatory Competition (2013), 347, 393.
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Sie kann im schlimmsten Fall sogar dazu führen, dass er überhaupt keinen Zugang zu einem fairen Verfahren mehr hat. Zwar dürfte auch der Klauselverwender mehrheitlich ein hohes Interesse daran haben, etwaige Streitigkeiten nach rechtsstaatlichen Standards auszutragen, und zweifelhafte Foren bei seiner Wahl deshalb von vornherein meiden. Liefert er aber z. B. Ware nur gegen Vorkasse oder sichert sich auf anderem Wege gegen einen gegnerischen Vertragsbruch ab, kann das durchaus anders sein. Die Wahl eines korrupten oder voreingenommenen oder auch schlicht arbeitsunfähigen Gerichts dient dann womöglich gezielt dazu, den Klauselgegner von einer Klage, etwa wegen einer fehlerhaften oder ganz unterbliebenen Lieferung abzuhalten. Zumindest innerhalb des europäischen Rechtsraums gelten indes überall gewisse gemeinsame Mindeststandards, die sich namentlich aus Art. 47 GRCh und Art. 6 Abs. 1 EMRK40 ergeben.41 Gleichwohl kann es selbst hier infolge der Gerichtsstandsklausel zu einer Verschlechterung der Verfahrensqualität kommen. Denn „[e]s ist weder ein Geheimnis noch erfreulich, dass die Justiz in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich gut arbeitet.“42 Folge dieser Verschlechterung kann dann erneut eine erschwerte Rechtsverfolgung sein, etwa weil das Verfahren erheblich länger dauert als (durchschnittlich) an dem eigentlich objektiv zuständigen Justizstandort.43 2. Senkung des kollisions- und sachrechtlichen Schutzniveaus Gerichtsstandsklauseln haben zudem noch aus einem weiteren Grund sehr hohes Gefährdungspotenzial. Das in ihnen benannte Gericht wendet nämlich nach der Lex-fori-Maxime nicht nur sein eigenes Prozess-, sondern auch sein eigenes Kollisionsrecht an. Und da dieses wiederum darüber bestimmt, welches nationale Recht in der Sache Anwendung findet, lenken Gerichtsstandsklauseln letztlich zumindest mittelbar, welche Rechte und Pflichten den Parteien im Streitfall zukommen.44 Das gibt ihnen – je nach objektiver Rechtslage und Wahl – die Kraft, 40 Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, für eine dt. Übersetzung vgl. z. B. die Seite des EGMR, , letzter Zugriff am 22.2.2022. 41 Näheres zu den daraus folgenden Vorgaben noch in Kap. 7. Zur Diskussion um eine Schaffung weiterer (Mindest-)Standards insb. Stadler, Harmonisierung des EuZPR, JZ 2017, 693 ff. 42 Baldus et al., Das „EU Justice Scoreboard“ der Europäischen Kommission, GPR 2016, 108, ibd. Ähnlich Oberhammer/Koller/Slonina, Zuständigkeit sowie Anerkennung und Vollstreckung von Entsch. in Zivil- und Handelssachen, in: Leible/Terhechte, Europ. Rechtsschutzund Verfahrensrecht (2021), Rn. 21. 43 Siehe zu diesen Problemen auch noch Kap. 7. 44 Zum Einfluss des IZVR auf das anwendbare Sachrecht u. a. Coester-Waltjen, Parteiautonomie in der int. Zuständigkeit, FS Heldrich 2005, 549, ibd. und G. Calliess, Grenzüberschrei-
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die Rechtsposition des Klauselgegners massiv zu verschlechtern.45 Trotz der Harmonisierung im europäischen Rechtsraum weichen die Anknüpfungsvorgänge immer noch selbst hier zum Teil voneinander ab; es ist insbesondere eine gerichtliche Tendenz zum „Heimwärtsstreben“ zu beobachten, die zu verschiedenen Ergebnissen und einer Störung des Entscheidungseinklangs führen kann.46 Für mögliche Abweichungen sorgt darüber hinaus (wenn auch sicherlich seltener), dass die Entscheidung, was eine Eingriffsnorm i. S. v. Art. 9 Rom I-VO darstellt oder zum ordre public gehört (Art. 21 Rom I-VO), weiterhin in erster Linie anhand nationaler Maßstäbe getroffen wird.47 Steht also z. B. einer Partei wie in dem EuGH-Fall Unamar nach belgischem Recht ein umfassenderer handelsrechtlicher Entschädigungsanspruch zu als nach dem gewählten bulgarischen Recht, macht es einen deutlichen Unterschied, ob ein belgisches oder ein bulgarisches Gericht für den entsprechenden Streit zuständig ist. Da das belgische Recht den umfassenderen Schutz des Handelsvertreters anscheinend als international zwingend ansieht,48 wird ein belgisches Gericht die Rechtswahl gemäß Art. 9 Abs. 1, 2 Rom I-VO zumindest in der Hinsicht ignorieren und gemäß der lex fori den Entschädigungsanspruch zusprechen. Ein bulgarisches Gericht kann den belgischen Vorschriften hingegen selbst nach Art. 9 Abs. 3 Rom I-VO keine Wirkung verleihen, da sie nicht „die Erfüllung des Vertrags unrechtmäßig werden lassen“.49 Entscheidet wiederum ein drittstaatliches Gericht, so gilt die Rom I-VO von vornherein nicht. Die Grenzen, die im letzten Kapitel für Rechtswahlklauseln geschildert wurden, laufen dann im Zweifel leer – sowohl das kollisi-
tende Verbraucherverträge (2006), S. 112, die ihm daher den Charakter einer Metarechtsordnung bzw. -kollisionsnorm zusprechen. 45 Zu Gerichtsstandsvereinbarungen allgm. M. Weller, Ordre-public-Kontrolle int. Gerichtsstandsvereinbarungen (2005), S. 306: „Mit der vorprozessualen internationalen Gerichtsstandsvereinbarung verfügen die Parteien allerdings […] auch darüber, welches Kollisionsrecht Anwendung findet und deshalb letztlich über das Prozessergebnis und die mit dem Prozess verfolgten materiellen Rechtspositionen.“ Knapp z. B. auch Gottschalk/Breßler, Missbrauchskontrolle von Gerichtsstandsvereinbarungen, ZEuP 2007, 56, 74 und Lindacher, Int. GStKl in AGB, FS Schlosser 2005, 491, ibd.: drohende „Erosion von Rechtspositionen“. 46 So wird z. B. bei Verbraucherverträgen Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO öfters dazu genutzt, von vornherein nur an das Heimatgericht des Verbrauchers anzuknüpfen, das i.d.R. zugleich die lex fori bildet, vgl. Kap. 4, III.2.b), dort in Fn. 81 auch zu der „klassischen“ Variante, vorschnell die konkludente Wahl der lex fori anzunehmen. 47 Der EuGH überlässt insb. die Beurteilung, ob die nat. Vorschrift vom Gesetzgeber zur Wahrung seines öffentlichen Interesses als unerlässlich angesehen wird, grdsl. dem mitgliedstaatlichen Gericht, vgl. Unamar, 17.10.2013, Rs. C-184/12, Rn. 50, 52. Generell zu dem Themenkomplex schon in Kap. 4, unter III.1. 48 So jedenfalls u. a. der Vortrag der belg. Regierung in Unamar (vorige Fn.), Rn. 34. 49 Zu dieser Einschränkung Renner, in: G. Calliess, Art. 9 Rome I Rn. 30.
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onsrechtliche als auch das sachrechtliche Schutzniveau können durch eine entsprechende Forumswahl sinken. Gerichtsstandsklauseln gehen in ihrer Wirkung damit deutlich über die von Rechtswahlklauseln hinaus. Während letztere sich nämlich stets an die Ordnungsvorstellungen der lex fori halten müssen, die kollisionsrechtlich bestimmt, welche Wirkung ihnen zukommt, lassen sich mit Gerichtsstandsklauseln über das zuständige Gericht indirekt genau diese Ordnungsvorstellungen durch den Klauselverwender selektieren. Will er bestimmten Sachrechtsvorschriften, wie etwa einer strengen Haftung oder umfassenden Entschädigungspflichten entgehen, kann er also mithilfe einer geeigneten Gerichtsstandswahl seine entsprechende Rechtswahlklausel vor diesbezüglich greifenden Einschränkungen abschirmen und so letztendlich ein umfangreiches „Opt-Out“ erreichen.50 Für den Klauselgegner ist diese „Fernwirkung“ wiederum auch deshalb besonders tückisch, weil sie ihm in der Regel verborgen bleibt.51 Er nimmt die AGB vor Vertragsschluss ohnehin nur selten überhaupt inhaltlich zur Kenntnis (Kapitel 2) und wird bei Gerichtsstandsklauseln dann allenfalls noch an ihre Folgen für den Ort oder die Sprache eines etwaigen Verfahrens denken, nicht aber für das anwendbare Kollisions- und darüber das Sachrecht.52 Auch für Gerichtsstandsklauseln bestehen im europäischen Rechtsraum indessen Grenzen, die ihnen von ihrem Gefährdungspotenzial einiges wieder nehmen.
III. Grenzen im europäischen und nationalen Recht Gerichtsstandsklauseln stellen – unabhängig von ihrer genauen Qualifikation als materiellrechtlich oder prozessual – Verträge über die gerichtliche Zuständigkeit dar.53 Sie richten sich daher im europäischen Rechtsraum in erster Linie nach Gefahr sieht auch u. a. Mogendorf, Der strukturell unterlegene Unternehmer im IPR und IZVR (2016), S. 215. Begriff nach O’Hara, Opting Out of Regulations, Vanderbilt L. Rev. 53 (2000), 1551 ff., die sich jedoch v. a. mit den Externalitäten von Gerichtsstandsvereinbarungen beschäftigt und dabei von einer gleichberechtigten Wahl beider Parteien ausgeht. Zum „Aushebeln“ der staatlichen Ordnungsvorstellungen über RwKl schon in Kap. 4 unter I., dort aber unter III. und IV. zugleich zu den entsprechenden Grenzen. 51 M. Weller, Ordre-public-Kontrolle int. Gerichtsstandsvereinbarungen (2005), S. 44 (zu Gerichtsstandsvereinbarungen allgm. und mit dem Begriff der „Fernwirkungen“ im Plural). 52 C. Rühl, RwKl in AGB (1999), S. 216 f. Vgl. zudem Park, Int. Forum Selection (1995), S. 136. 53 Vgl. nur die Abschnittsüberschrift vor Art. 25 Brüssel Ia-VO („Vereinbarungen über die Zuständigkeit“). Dass es sich hierbei um Verträge handelt, ergibt sich überdies aus ErwG 19, der von der „Vertragsfreiheit der Parteien hinsichtlich der Wahl des Gerichtsstands“ spricht. Zweifelnd indes Briggs, Civil Jurisdiction and Judgments (2015), Rn. 2.128, siehe auch 50 Diese
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der Brüssel Ia-VO. Denn diese harmonisiert die dortigen internationalen Zuständigkeitsregeln und geht innerhalb ihres Anwendungsbereichs dem nationalen Recht vor.54 Jener Anwendungsbereich ist allerdings gar nicht so leicht zu bestimmen, da sowohl hinsichtlich der räumlichen Reichweite (1.) als auch hinsichtlich des Umfangs ihrer Vorgaben seit langem Streit besteht (2.). Die neue Verweisung aus Art. 25 Abs. 1 S. 1 Brüssel Ia-VO, die jedenfalls die „materielle Nichtigkeit“ der Vereinbarung nun explizit dem nationalen Recht unterstellt,55 sorgt insofern derzeit noch kaum für Klarheit, sondern wirft selbst zahlreiche neue Fragen auf (3.). Die folgenden Ausführungen dienen dazu, einen ersten Eindruck von der „verwoben-verworrenen Rechtslage“56 zu vermitteln und zugleich den hiesigen Untersuchungsgegenstand einzugrenzen, gehen angesichts bereits bestehender Arbeiten aber nicht immer vertieft ins Detail.57 Eine ausführliche Diskussion insbesondere der Konkurrenz erfolgt – wie schon im vierten Kapitel – nur, sofern es darauf für die Bestandsaufnahme zur gerichtlichen Kontrolle ankommt (siehe IV.).
Rn. 2.146. Insb. in Deutschland besteht seit Langem Streit über die korrekte Qualifikation von Gerichtsstandsvereinbarungen. Mit einem Überblick Abendroth, Parteiautonome Zuständigkeitsbegründung (2016), S. 50, 136, der aus anderen Mitgliedstaaten Ähnliches berichtet. Näher auch v. a. Ahmed, The Nature and Enforcement of Choice of Court Agreements (2017) und Mills, Party Autonomy (2018), S. 103 f. Nach M. Weller, in: Wieczorek/Schütze, Art. 25 Brüssel Ia-VO, Rn. 3, überlässt die Brüssel Ia-VO die Einordnung den Mitgliedstaaten. A.A. Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 7.7., der dort einen Anschluss an die prozessuale Qualifikation sieht. 54 Statt vieler Dickinson, in: ders./Lein, The Brussels I Regulation Recast (2015), Rn. 1.108 ff.; Magnus, in: ders./Mankowski, Art. 25 Brussels Ibis Rn. 14; A. Staudinger, in: Rauscher, Einl Brüssel Ia-VO Rn. 27 ff. Allgm. zum Anwendungsvorrang des Unionsrechts EuGH – Costa ./. E.N.E.L., 15.7.1964, Rs. C-6/64, Slg. 1964, 1259, 1269 ff. Speziell im Kontext mit der Brüssel Ia-VO z. B. EuGH – Milivojević ./. Raiffeisen, 14.2.2019, Rs. C-630/17, insb. Rn. 76 ff.; zum EuGVÜ Elefanten Schuh, 24.6.1981, Rs. C-150/80, Rn. 26. 55 Der Wortlaut der Verordnung wurde inzwischen zwar insofern noch einmal verändert, es heißt dort nun „materiell ungültig“ statt „nichtig“, der Begriff hat sich im dt. Schrifttum aber schon fest eingebürgert, weshalb an ihm hier festgehalten wird. Vgl. zur Änderung ABl. EU 2016 L 264/43, ibd. 56 Vgl. G. Calliess, Grenzüberschreitende Verbraucherverträge (2006), S. 111, dort zur Abgrenzung der Anwendungsbereiche der europ. und nat. Vorgaben für GStKl mit Verbrauchern. 57 Siehe aus dem dt. Schrifttum insb. Danelzik, Die Gerichtsstandvereinbarung zwischen ZPO, EuGVVO und HGÜ (2019), S. 167 ff. und Heinig, Grenzen von Gerichtsstandsvereinbarungen (2010), S. 106 ff. Umfassend auch Abendroth, Parteiautonome Zuständigkeitsbegründung (2016), S. 71 ff., 249 ff., aber unübersichtlicher.
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1. Gerichtsstandsklauseln in reinen Inlandsfällen und zugunsten drittstaatlicher Gerichte Art. 25 Abs. 1 S. 1 Brüssel Ia-VO spricht davon, dass „Parteien unabhängig von ihrem Wohnsitz vereinbart [haben], dass ein Gericht oder die Gerichte eines Mitgliedstaats […] über eine künftige aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entspringende Rechtsstreitigkeit entscheiden sollen“58 und erfasst damit dem Wortlaut nach Gerichtsstandsklauseln in reinen Inlandsfällen, nicht aber Gerichtsstandsklauseln zugunsten drittstaatlicher Gerichte. Es ist allerdings inzwischen weitgehend unstreitig, dass ein Rechtsstreit eine gewisse Internationalität aufweisen muss, um in den Anwendungsbereich der Brüssel Ia-VO zu fallen.59 Diese zielt allein auf die Koordinierung und Harmonisierung von Entscheidungen in grenzüberschreitenden Fällen ab und greift daher nicht, wenn z. B. zwei Parteien aus Deutschland eine Gerichtsstandsklausel zugunsten Berlins oder Münchens treffen. Weist ihre Streitigkeit keinerlei Bezug zu einem weiteren Staat auf, wie etwa einen dortigen Erfüllungsort des in Rede stehenden Vertrags,60 richtet sich die Beurteilung allein nach dem autonomen nationalen Recht, sprich vor deutschen Gerichten insbesondere nach §§ 38, 40 ZPO.61 Schwieriger und entsprechend umstritten wird es indes, wenn die Gerichtsstandsklausel anstelle eines deutschen Gerichts z. B. ein englisches benennt, der Auslandsbezug also allein in der subjektiven Wahl besteht. Während einige das für unzureichend halten,62 58
Hervorhebung zum Verordnungstext hinzugefügt. Dafür sprechen insb. die ErwG 3 und 4 der Brüssel Ia-VO, wonach diese zur Koordinierung der Zusammenarbeit in grenzüberschreitenden Zivilsachen dient und die Bestimmungen über die int. Zuständigkeit harmonisieren soll. Die Brüssel Ia-VO stützt sich zudem auf Art. 81 AEUV, der ebenfalls einen grenzüberschreitenden Bezug fordert. Mit zahlreichen Nachweisen (auch zu den wenigen Gegenstimmen) Abendroth, Parteiautonome Zuständigkeitsbegründung (2016), S. 75 f., allerdings nur zum dt. Schrifttum. Ebenso aber z. B. Garcimartin, in: Dickin son/Lein, The Brussels I Regulation Recast (2015), Rn. 9.30 und Hartley, Choice-of-Court Agreements (2013), Rn. 5.41. Deutlich auch u. a. EuGH – Aqua Med, 3.4.2019, Rs. C-266/18, Rn. 45 (zu Art. 18 Brüssel Ia-VO) und Owusu, 1.3.2005, Rs. C-281/02, Rn. 25 (zum EuGVÜ). Kritisch Danelzik, Die Gerichtsstandvereinbarung zwischen Z PO, EuGVVO und HGÜ (2019), S. 190 ff. 60 Dieser Bezug muss nicht zu einem anderen Mitgliedstaat, sondern kann zu einem Drittstaat bestehen. Seit EuGH – Owusu (vorige Fn.), Rn. 23 ff., unstreitig. Vgl. statt vieler nur Heinig, Grenzen von Gerichtsstandsvereinbarungen (2010), S. 110 ff., dort auch zu verschiedenen Faktoren, die einen ausreichenden Auslandsbezug begründen können. Übersehen indes z. B. von LG Hamburg, 23.12.2010, das bei einer GStKl zugunsten Hamburgs zwischen Parteien mit dt. und japanischem Sitz § 38 Z PO statt Art. 23 Brüssel I-VO anwendet. 61 Deutlich Gottwald, in: MüKo-ZPO, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 4. Vgl. daneben die Stimmen aus Fn. 59. 62 Mankowski, in: Rauscher, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 35; M. Weller, Int. Gerichtsstandsvereinbarungen, FS Schütze 2015, 705, 708 (siehe aber Fn. 63), die v. a. auf die Wertungen aus 59
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gehen wohl die meisten im Schrifttum von der Anwendbarkeit der Brüssel Ia-VO aus, da hier potenziell die Zuständigkeit von mehreren Mitgliedstaaten in Rede steht.63 Letzteres scheint auch die Position der Rechtsprechung zu sein.64 Diese fällt bei drittstaatlichen Gerichtsstandsklauseln freilich klarer aus: Sie sollen sich angesichts des Wortlauts von Art. 25 Brüssel Ia-VO nicht nach europäischem Recht, sondern nach den nationalen Zuständigkeitsregeln der jeweiligen lex fori beurteilen.65 Nachdem das im Schrifttum lange genauso gesehen wurde,66 nehmen die kritischen Stimmen seit einigen Jahren stark zu. Sie plädieren dafür, die Derogation einer nach der Brüssel Ia-VO an sich gegebenen Zuständigkeit auch stets nach deren Regeln zu bemessen und Art. 25 Brüssel Ia-VO daher auf sämtliche internationale Gerichtsstandsklauseln anzuwenden.67 Eine Art. 1 Abs. 2 HGÜ bzw. Art. 3 Abs. 3 Rom I-VO (Mankowski) verweisen. Gegen Letzteres jedoch Heinig, Grenzen von Gerichtsstandsvereinbarungen (2010), S. 117 f. und Magnus, in: ders./Mankowski, Art. 25 Brussels Ibis Rn. 26. 63 Danelzik, Die Gerichtsstandvereinbarung zwischen ZPO, EuGVVO und HGÜ (2019), S. 207 ff.; Garcimartin, in: Dickinson/Lein, The Brussels I Regulation Recast (2015), Rn. 9.31; Geimer, in: Zöller, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 3; Heinig (vorige Fn.), S. 117 ff.; Magnus (vorige Fn.), Rn. 26; Samtleben, Art. 23 EuGVO als einheitlicher Maßstab, FS Ansay 2006, 343, 358 f.; Stadler, in: Musielak/Voit, Art. 25 EuGVVO nF Rn. 1; Wagner, in: Stein/Jonas, Art. 23 EuGVVO Rn. 19; Wittwer, in: Mayr, Handbuch des EuZVR (2017), Rn. 3.620. Auch nach dieser Ansicht kann dem nat. Recht aber noch (Rest-)Bedeutung zukommen, vgl. 3. und IV. 64 So thematisiert zumindest der EuGH in El Majdoub, 21.5.2015, Rs. C-322/14, die Anwendbarkeit von Art. 23 Brüssel Ia-VO mit keinem Wort, obwohl das vorlegende Gericht den Sitz beider Parteien in Deutschland sieht (vgl. die dortige Rn. 16) und die GStKl ein belg. Gericht benennt. Explizit für dessen Anwendbarkeit, wenn auch nur obiter OGH, 5.6.2007. Anders allerdings noch OGH, 1.8.2003 (keine Anwendbarkeit bei Wahl österr. Gerichts durch Parteien mit dt. Sitz). Der portug. Supremo Tribunal de Justiça hat seine Vorlage zu der Frage schließlich zurückgezogen, vgl. Rs. C-136/16, BeckEuRS 2016, 472786 sowie den Beschluss des Präsidenten der Zweiten Kammer des EuGH v. 10.3.2017 (über die CURIA-Datenbank). 65 Siehe insb. EuGH – Coreck, 9.11.2000, Rs. C-387/98, Rn. 19 mit Verweis auf Rn. 176 des Schlosser-Berichts (ABl. EG 1979 C 59/71). Skeptisch bzgl. der Relevanz des Urteils indes mit guten Gründen Schaper/Eberlein, Drittstaaten-Gerichtsstandsvereinbarungen, RIW 2012, 43, 46 f. Explizit gegen eine Anwendung des Brüssel-Regimes auf GStKl zugunsten drittstaatlicher Gerichte aber auch z. B. BGH, 8.11.2017, jurisRn. 28 ff.; 30.10.2014, jurisRn. 9, 26; 14.4.2005, insb. jurisRn. 17; OGH, 31.1.2002; engl. High Court (per Mr. Justice Norris) – Winnetka Trading Corporation v Julius Baer International Ltd and another, 26.11.2008, [2008] EWHC 3146 (Ch), Rn. 23 ff. Weitere Nachweise z. B. bei Heinig, Grenzen von Gerichtsstandsvereinbarungen (2010), S. 130 Fn. 173. 66 Siehe z. B. Heinig (vorige Fn.), S. 138 ff.; Hess, EuZPR (1. Aufl., 2010), S. 30 f. (beide aber für eine Vereinheitlichung de lege ferenda); E. Peiffer, Schutz gegen Klagen im forum derogatum (2013), S. 83; Tang, Jurisdiction and Arbitration Agreements (2014), S. 14. 67 Die Prorogation wiederum richtet sich von vornherein nach dem IZVR des Drittstaats, für das der EU wie auch den Mitgliedstaaten die Regelungskompetenz fehlt, vgl. z. B. Mankowski, in: Rauscher, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 20. Für eine (ggfs. analoge) Anwendung des Brüssel-Regimes u. a. Abendroth, Parteiautonome Zuständigkeitsbegründung (2016), S. 94 f.;
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solche einheitliche Kontrolle sorge zudem für größere Rechtssicherheit. Schließlich müssten die Parteien anderenfalls vor dem Abschluss einer Gerichtsstandsklausel zahlreiche, unter Umständen sich sogar widersprechende Vorgaben beachten bzw. überhaupt erst in Erfahrung bringen. Das erschwere den Abschluss erheblich und verringere zugleich im weiteren Verlauf die Verlässlichkeit der Forumswahl.68 So erstrebenswert einheitliche Regeln auch sein mögen – eine entsprechende Angleichung ist trotz des anhaltenden Streits auch im Rahmen der jüngsten Reform nicht erfolgt. Art. 25 Brüssel Ia-VO n. F. spricht immer noch explizit von den Gerichten „eines Mitgliedstaats“ und hat lediglich das bis dahin geltende Erfordernis eines EU-Sitzes aufgegeben.69 Zumindest de lege lata ist damit nach wie vor davon auszugehen, dass sich Gerichtsstandsklauseln zugunsten drittstaatlicher Gerichte grundsätzlich allein nach dem autonomen Zuständigkeitsrecht der Mitgliedstaaten richten.70 Danelzik, Die Gerichtsstandvereinbarung zwischen ZPO, EuGVVO und HGÜ (2019), S. 177 ff., 213 ff.; Eichel, AGB-GStKl im dt.-amerikanischen Handelsverkehr (2007), S. 50 ff.; Garber, Gerichtsstandsvereinbarungen im allgm. Vertragsrecht, in: Czernich/Geimer, Streitbeilegungsklauseln (2017), Rn. 22; Geimer, Kompetenzsystem der reformierten Brüssel I-Verordnung, FS Gottwald 2014, 175, 178; ders., u. a. in: Zöller, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 7, 12a; Gottwald, in: MüKo-ZPO, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 3, 7; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 7.18; Koechl, Ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarungen zugunsten von Drittstaaten, GPR 2016, 204, 207; Magnus, Gerichtsstandsvereinbarungen unter der reformierten EuGVO, FS Martiny 2014, 785, 795; Mankowski, a. a. O., Rn. 21 ff. (anders aber anscheinend ders., Anm. EuGH, TransportR 2021, 185, 186); Samtleben, Art. 23 EuGVO als einheitlicher Maßstab, FS Ansay 2006, 343, 354 ff.; Schaper/Eberlein, Drittstaaten-Gerichtsstandsvereinbarungen, RIW 2012, 43, 43 ff. Hierin inzwischen die h.M. sieht Stadler, in: Musielak/Voit, Art. 25 EuGVVO nF Rn. 3, jedoch fraglich angesichts der Stimmen aus Fn. 66 und Fn. 70. 68 Eichel (vorige Fn.) S. 54 f.; Mankowski (vorige Fn.), Rn. 23; Schaper/Eberlein (vorige Fn.), 47. 69 Vor 2015 musste zumindest eine der Parteien ihren Sitz in der EU haben. Das ist nach der Neufassung nicht mehr erforderlich. Ratković/Rotar, Choice of Court Agreements under the Brussels I Regulation (Recast), JPIL 2013, 245, 249, führen die fehlende Änderung auf die Absicht der Kommission zurück, das Problem über einen Beitritt zum HGÜ zu lösen. Das HGÜ wurde bisher allerdings nur von wenigen Staaten ratifiziert, sodass die meisten drittstaatlichen GStKl nicht darunter fallen (s.u. bei und in Fn. 78). Die dt. und die frz. Delegation hatten im Reformprozess anscheinend den Vorschlag gemacht, zumindest die Wirkung drittstaatlicher GStKl explizit in der Brüssel Ia-VO zu regeln, was aber nicht aufgegriffen wurde, vgl. Garcimartin, in: Dickinson/Lein, The Brussels I Regulation Recast (2015), Rn. 9.14 Fn. 23. Der sog. Heidelberg-Bericht von Hess, Pfeiffer und Schlosser, der die Reform vorbereitete, schweigt zu dem Thema wiederum weitestgehend und gibt damit keine Anhaltspunkte. 70 Ebenso Basedow, Zuständigkeitsderogation, FS Magnus 2014, 337, 345; Coester-Waltjen, Plädoyer für Art. 25 Brüssel Ia-VO, FS Geimer 2017, 31, 43 (eher Analogie zum HGÜ); Domej, Die Neufassung der EuGVVO, RabelsZ 78 (2014), 508, 526; Fentiman, Int. Commer-
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Eine Ausnahme besteht allerdings erstens in Bezug auf bestimmte europäische Grenzen (siehe auch noch 2.). So hat der EuGH 2012 in seiner Entscheidung Mahamdia bei einer in einem Arbeitsvertrag enthaltenen Gerichtsstandsklausel zugunsten der algerischen Gerichte einen Verstoß gegen Art. 21 Brüssel I-VO bejaht.71 Art. 21 Brüssel I-VO, jetzt Art. 23 Brüssel Ia-VO, schützt Arbeitnehmer vor Gerichtsstandsvereinbarungen, die vor dem Entstehen der Streitigkeit getroffen wurden. Anders als Art. 25 Brüssel Ia-VO ist er im Wortlaut nicht auf Vereinbarungen zugunsten der mitgliedstaatlichen Gerichte beschränkt, sondern bezieht sich generell auf alle Vereinbarungen, mit denen von den in Art. 21 Brüssel Ia-VO aufgeführten Schutzgerichtsständen abgewichen wird. Der EuGH hält ihn daher auch auf die algerische, drittstaatliche Gerichtsstandsklausel für anwendbar.72 Art. 15 und 19 Brüssel Ia-VO, die bestimmte Versicherungsnehmer und Verbraucher schützen, lauten ähnlich. Sie dürften deshalb nach Mahamdia zu urteilen ebenfalls auf sämtliche internationale Gerichtsstandsklauseln Anwendung finden, egal, welches Gericht in ihnen benannt wird.73 Gleiches gilt für Art. 24 Brüssel Ia-VO, der gewisse europäische Gerichtsstände für ausschließlich und damit derogationsfest erklärt.74 Auch wenn Art. 25 Brüssel Ia-VO in cial Litigation (2015), u. a. Rn. 2.28, 2.43; Garcimartin (vorige Fn.), Rn. 9.13 f. (widersprüchlich aber Rn. 15); v. Hein, Die Neufassung der EuGVVO, RIW 2013, 97, 104; Lazić/Kruisinga, Prorogation of Jurisdiction, FS Kronke 2020, 275, 279, 281; Nordmaier, in: Wieczorek/Schütze, Art. 19 Brüssel Ia-VO Rn. 4; E. Peiffer/M. Peiffer, in: Geimer/Schütze-Loseblatt (EL 52 Sept 2016), Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 16; Pfeiffer, in: Prütting/Gehrlein, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 15; Pohl, Die Neufassung der EuGVVO, IPRax 2013, 109, 112; Ries, Der Schadensersatzanspruch wegen der Missachtung einer int. Gerichtsstandsvereinbarung (2018), S. 65; Wittwer, in: Mayr, Handbuch des EuZVR (2017), Rn. 3.621; wohl auch Mankowski, The Role of Party Autonomy, in: Ferrari/Ragno, Cross-border Litigation in Europe (2015), 97, 100. Unklar Briggs, Civil Jurisdiction and Judgments (2015), in die Richtung Rn. 2.143, anders aber wohl Rn. 2.307; und Mills, Party Autonomy (2018), insb. S. 137 ff., 215 ff. 71 EuGH – Mahamdia, 19.7.2012, Rs. C-154/11, insb. Rn. 65 f. 72 EuGH – Mahamdia (vorige Fn.), Rn. 65: Eine Begrenzung auf mitgliedstaatliche Gerichte ergebe sich weder aus dem „Inhalt“ (damit dürfte der Wortlaut gemeint sein) noch aus dem Regelungszweck von Art. 21 Brüssel I-VO. Im Anschluss daran auch u. a. Bundesarbeitsgericht, 10.4.2014, jurisRn. 26 ff. 73 Ebenso Bonomi, in: Dickinson/Lein, The Brussels I Regulation Recast (2015), Rn. 6.81 (zu Art. 19 Brüssel Ia-VO); Domej, Die Neufassung der EuGVVO, RabelsZ 78 (2014), 508, 526; Hausmann, Gerichtsstandsvereinbarungen mit strukturell unterlegenen Personen, in: Czernich/Geimer, Streitbeilegungsklauseln (2017), Rn. 4; A. Staudinger, in: Rauscher, u. a. Art. 19 Brüssel Ia-VO Rn. 1. Vor Mahamdia auch schon BayObLG, 20.7.2005, jurisRn. 17; OLG Dresden, 15.12.2004, BeckRS 2004, 16819 sowie nach umfassender Diskussion M. Weller, Ordre-public-Kontrolle int. Gerichtsstandsvereinbarungen (2005), S. 57 ff. 74 Domej (vorige Fn.), 526; Gottwald, in: MüKo-ZPO, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 12 und Koechl, Ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarungen zugunsten von Drittstaaten, GPR 2016, 204, 206, der das u. a. aus EuGH – Taser International, 17.3.2016, Rs. C-175/15, ableiten will.
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seinem Abs. 4 (deklaratorisch) auf Art. 15, 19, 23 und 24 Brüssel Ia-VO verweist, sind die jeweiligen Anwendungsbereiche demnach getrennt voneinander zu betrachten und bei letzteren deutlich weiter. Für eine weitere Vereinheitlichung sorgt zweitens, dass alle Mitgliedstaaten sowohl an das Haager Übereinkommen von 2005 (HGÜ)75 als auch das Lugano-Übereinkommen von 2007 (LugÜ-II)76 gebunden sind. Diese enthalten harmonisierte Vorgaben für die Beurteilung von Gerichtsstandsklauseln zugunsten der Gerichte von Mexiko, Montenegro und Singapur (HGÜ) sowie von Norwegen, Island und der Schweiz (LugÜ-II), an die sich die mitgliedstaatlichen Gerichte bei der Kontrolle halten müssen.77 Solange dem HGÜ und LugÜ-II allerdings keine weiteren Staaten verbindlich beitreten,78 unterliegen drittstaatliche Gerichtsstandsklauseln immer noch vorwiegend dem nationalen, divergierenden Recht. Da dessen Regeln von dieser Arbeit nicht untersucht werden,79 führt das schlussendlich dazu, dass die zumindest abstrakt „gefährlichsten“ Gerichtsstandsklauseln im Folgenden weitgehend unbeachtet bleiben müssen. Zwar ist bei der Prorogation von drittstaatlichen Gerichten sicherlich die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass allein schon wegen der oft weiteren Entfernung die Rechtsverfolgung erheblich erschwert wird (dazu II.1.), als wenn das berufene Gericht in der EU liegt; auch kann das kollisionsrechtliche und darüber zugleich das sachrechtliche Schutzniveau dramatischer absinken (dazu II.2.).80 Bei der Kontrolle der entsprechenden Klauseln bewegen sich die Gerichte aber nicht im Rahmen des harmonisierten europäischen Rechtsraums. Ihre Entscheidungen geben daher Der EuGH erklärt dort aber in Rn. 24 die Frage der Anwendbarkeit von Art. 22 Brüssel I-VO a. F. (jetzt Art. 24 Brüssel Ia-VO) für irrelevant, weshalb die übrigen Ausführungen allenfalls obiter sind und zudem nicht eindeutig in diese Richtung deuten. 75 Siehe bereits Kap. 1 Fn. 31. 76 Siehe in der Einleitung am Anfang der Arbeit schon Fn. 11. 77 Beide Übereinkommen wurden durch die EU gezeichnet und ratifiziert. Zur entsprechenden Außenkompetenz EuGH – Gutachten 1/03 (zum LugÜ-II), 7.2.2006, Rn. 112 ff. Mit einer konzisen Abgrenzung des Anwendungsbereichs von Brüssel Ia-VO, HGÜ und LugÜ-II Ries, Der Schadensersatzanspruch wegen der Missachtung einer int. Gerichtsstandsvereinbarung (2018), S. 66 ff. Das HGÜ verweist allerdings für einige Fragen auf die lex fori, weshalb es bei der Kontrolle nach wie vor zu Abweichungen kommen kann. 78 Siehe zu den Beitrittsmöglichkeiten zum LugÜ-II insb. dessen Art. 70. Das HGÜ wurde bislang z. B. von den USA und China unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert. Vgl. für den aktuellen Status , letzter Zugriff am 22.2.2022. 79 Sie interessiert sich v. a. für die europ. Dimension der AGB-Kontrolle und das Konkurrenzverhältnis zwischen vereinheitlichten, europ. und potenziell divergierenden nat. Regeln. Dazu auch sogleich. 80 Dazu teils auch schon oben unter II.
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auch keinen Aufschluss darüber, wie dort derzeit das Verhältnis zwischen dem nationalen AGB-Recht und der europäischen Brüssel Ia-VO zu beurteilen ist und welche Anforderungen im Einzelnen gelten. Zumindest ein Stück weit lässt sich das Problem indes dadurch verringern, dass bei der Bestandsaufnahme Fälle zum LugÜ-II miteinbezogen werden. Dessen Vorgaben und Wertungen entsprechen nämlich im Wesentlichen denen der Brüssel I-VO, weshalb sich auch die Konkurrenz zum nationalen AGB-Recht ähnlich gestalten dürfte.81 Zugegebenermaßen ist die „Fallhöhe“ auch bei ihnen allerdings deutlich geringer als bei anderen drittstaatlichen Gerichtsstandsklauseln. Schließlich sind Norwegen, Island und die Schweiz wie die Mitgliedstaaten insbesondere an die Mindeststandards der EMRK gebunden. Sie stehen sich rechtshistorisch und -kulturell betrachtet zudem recht nahe, sodass die Unterschiede im Prozess-, Kollisions- und Sachrecht im Zweifel nicht so stark ausfallen. Das könnte bei der Wahl der Gerichte etwa von Mexiko, Montenegro oder Singapur anders sein. Das HGÜ ist vor den deutschen Gerichten bisher aber noch nicht zur Anwendung gekommen und weicht in verschiedenen Aspekten deutlich vom Brüssel- und Lugano-Regime ab.82 Es bleibt daher im Folgenden, wie die verschiedenen nationalen Zuständigkeitsvorschriften, außer Betracht. 2. Vorgaben der Brüssel Ia-VO Neben der räumlichen Reichweite der europäischen Vorgaben spielt deren Umfang eine entscheidende Rolle dafür, welchen Raum das nationale Recht bei der Kontrolle noch einnehmen kann. Denn dieses wird nur insoweit verdrängt, als die Brüssel Ia-VO in ihrem Anwendungsbereich eigene abschließende Regelungen trifft.83 Unstreitig ist zunächst, dass Art. 15, 19, 23, 24 Brüssel Ia-VO Gerichtsstandsklauseln im Verhältnis zu bestimmten Personen sowie in Bezug auf bestimmte Streitigkeiten untersagen (dazu a) und b)). Hinzu kommen die Vorgaben aus Art. 25 Abs. 1 und 2 Brüssel Ia-VO, die jedenfalls die Bestimmtheit so81 Forner-Delaygua, Exclusive jurisdiction agreements under the Brussels I Regulation Recast, JPIL 2015, 379, 382: „almost a perfect copy“, ähnlich auch u. a. Briggs, Civil Jurisdiction and Judgments (2015), Rn. 3.01. Zur parallelen Auslegung insb. Domej, Das Verhältnis nach „außen“, in: v. Hein/Rühl, Kohärenz (2016), 90, 106 ff. Art. 23 LugÜ-II setzt daher ebenso wie Art. 23 Brüssel I-VO a. F. voraus, dass wenigstens eine der Parteien einen Sitz in der EU, Norwegen, Island oder der Schweiz hat (vgl. Fn. 69). 82 Siehe v. a. Eichel, Das HGÜ, GPR 2014, 159, 164 f.; M. Weller, Coherences and Clashes, JPIL 2017, 91 ff. In den Datenbanken juris und beck-online waren zumindest zum Stand 22.2.2022 keine einschlägigen dt. Entsch. verzeichnet, wo das HGÜ bei der Kontrolle bereits herangezogen worden wäre. 83 Besonders deutlich Briggs, Civil Jurisdiction and Judgments (2015), Rn. 2.23: „Every thing, therefore, turns upon an accurate mapping of the boundaries which mark out the domain of the Regulation.“
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wie die Form von Gerichtsstandsklauseln betreffen.84 Ob sie darüber hinaus auch Konsensfragen regeln, wird seit langem kontrovers diskutiert und ist auch mit der Neufassung der Verordnung allenfalls bedingt klarer geworden (dazu c)). a) Keine Gerichtsstandsklauseln für Verbraucher, Versicherungsund Arbeitnehmer Die Abschnitte 3, 4 und 5 der Brüssel Ia-VO privilegieren bestimmte, vom Gesetzgeber typisierend als schwächer betrachtete Parteien und gestehen ihnen insbesondere abweichend von der Actor-sequitur-forum-rei-Regel einen Klägergerichtsstand zu.85 Sie können vom stärkeren Vertragspartner zudem nur am eigenen Wohnsitz verklagt werden.86 Damit ihnen dieser zuständigkeitsrechtliche Schutz nicht über Gerichtsstandsklauseln leicht zu nehmen ist, sehen Art. 15, 19 und 23 Brüssel Ia-VO umfassende Beschränkungen vor.87 So dürfen Gerichtsstandsvereinbarungen mit Verbrauchern, Versicherungs- und Arbeitnehmern grundsätzlich erst nach dem Entstehen der erfassten Streitigkeit geschlossen werden (jeweils Nr. 1) oder lediglich zu einer Besserstellung der geschützten Personen führen (jeweils Nr. 2).88 Da aber z. B. selbst die Wahl der Heimatge84 Wie schon die Rom I-VO unterscheidet auch die Brüssel Ia-VO nicht zwischen individuell ausgehandelten und unter der Verwendung von AGB getroffenen Gerichtsstandsvereinbarungen. Im Folgenden wird trotzdem überwiegend von GStKl gesprochen, da diese im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. 85 Zum allgm. Gerichtsstand am Sitz des Beklagten schon unter II.1., dort zur Änderung durch GStKl. Zur Typisierung insb. EuGH – Petruchová, 3.10.2019, Rs. C-208/18, Rn. 37 ff., v. a. 55 f. Fragwürdig EuGH – Reliantco Investment, 2.4.2020, Rs. C-500/18, Rn. 57, wonach Faktoren wie die Vornahme von Transaktionen in großer Zahl innerhalb kürzerer Zeit oder die Investition bedeutender Geldbeträge grdsl. keine Rolle spielten. 86 Vgl. insb. Art. 11 Abs. 1 lit. b, Art. 14, Art. 18, Art. 22 Brüssel Ia-VO. Für Arbeitnehmer ist nicht der Wohnsitz, sondern der gewöhnliche Arbeitsort entscheidend, der aber regelmäßig in der Nähe liegen dürfte. Näher zu Reichweite, Vssn. und Inhalt der Vorschriften z. B. Hausmann, Gerichtsstandsvereinbarungen mit strukturell unterlegenen Personen, in: Czernich/Geimer, Streitbeilegungsklauseln (2017), Rn. 1 ff.; Hess, EuZPR (2021), S. 378 ff.; Lazić, Procedural Justice for ‘Weaker Parties’, Utrecht L. Rev. 2014, 100 ff. und Oberhammer/Koller/Slonina, Zuständigkeit sowie Anerkennung und Vollstreckung von Entsch. in Zivil- und Handelssachen, in: Leible/Terhechte, Europ. Rechtsschutz- und Verfahrensrecht (2021), Rn. 78, 113 ff. 87 Ähnlich z. B. Nordmeier, in: Wieczorek/Schütze, Art. 15 Brüssel Ia-VO Rn. 10 m. w. N. 88 Der Verweis in Art. 25 Abs. 4 Brüssel Ia-VO ist rein deklaratorisch, zu den abweichenden Anwendungsbereichen schon im vorherigen Abschnitt. Sitzen Unternehmer und Verbraucher bei Abschluss der GStKl im selben Staat, lässt sich über eine GStKl ausnahmsweise die Zuständigkeit der inl. Gerichte fixieren, sodass auch ein späterer Wegzug des Verbrauchers zu keinem neuen Klägergerichtsstand führen kann. Vssn. dafür ist jedoch, dass die GStKl nach der lex fori prorogati zulässig ist (vgl. Art. 19 Nr. 3 Brüssel Ia-VO). Bei Versicherungsverträgen bestehen daneben noch weitere Ausnahmen, näher z. B. Mogendorf, Der strukturell unterlegene Unternehmer im IPR und IZVR (2016), S. 216 ff.
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richte des Verbrauchers für diesen ungünstig ist, weil ihm wegen der Ausschließlichkeitsvermutung in Art. 25 Abs. 1 S. 2 Brüssel Ia-VO hierdurch im Zweifel alle anderen, sonst eröffneten Gerichtsstände genommen werden,89 bleibt schluss endlich nur die Möglichkeit, allein diesem zusätzliche (nicht ausschließliche) Klageoptionen einzuräumen. Das liegt jedoch kaum im Interesse des Klauselverwenders, weshalb entsprechende Klauseln in der Praxis selten vorkommen.90 Ähnliches gilt für die Ausnahme aus Nr. 2. Denn zum einen einigen sich Parteien, nachdem sie in einen Streit geraten sind, ohnehin nur noch selten auf ein gemeinsames forum.91 Zum anderen befindet sich der Klauselgegner nicht mehr in der typischen Take-it-or-leave-it-Situation, die mit der Verwendung von AGB ansonsten meist einhergeht. Hat er den Hauptvertrag bereits geschlossen, besteht für ihn nämlich kein Grund mehr, eine ihn benachteiligende Gerichtsstandsklausel zu akzeptieren. Zudem erkennt er nun angesichts des drohenden Rechtsstreits auch deren Bedeutung viel besser.92 Stimmt er ihr trotzdem zu, können sich zwar immer noch die unter II. beschriebenen Gefahren realisieren, das beruht dann aber zumindest auf einer freieren und bewussteren Entscheidung als in der typischen Verwendungssituation. Faktisch führen Art. 15, 19, 23 Brüssel Ia-VO somit – trotz der benannten Ausnahmen – zu einem weitreichenden Verbot von Gerichtsstandsklauseln im Verhältnis zu Verbrauchern, Versicherungs- und Arbeitnehmern und schützen diese so vor deren Gefahren, mögen sie von ihrem Wortlaut her auch nicht auf AGB zugeschnitten sein.93 89 Siehe z. B. OLG Dresden, 14.1.2014, jurisRn. 27: „Abweichung zu Lasten des Versicherungsnehmers, weil sie […] dem Versicherungsnehmer […] die Möglichkeit [nimmt], den Versicherer vor den Gerichten des Mitgliedsstaats zu verklagen, in dem der Versicherer seinen Sitz hat (Art. 9 Abs. 1a) EuGVVO).“ 90 Ebenso Hausmann, Gerichtsstandsvereinbarungen mit strukturell unterlegenen Personen, in: Czernich/Geimer, Streitbeilegungsklauseln (2017), Rn. 14. 91 Zu den rationalen Gründen dahinter Wagner, Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb (2017), S. 47 f. 92 Ähnlich LG Saarbrücken, 23.12.2013, Rn. 31; Hausmann, Gerichtsstandsvereinbarungen mit strukturell unterlegenen Personen, in: Czernich/Geimer, Streitbeilegungsklauseln (2017), Rn. 13, 31; Mogendorf, Der strukturell unterlegene Unternehmer im IPR und IZVR (2016), S. 220; Pfeiffer, GStKl und EG-Klauselrichtlinie, FS Schütze 1999, 671, 682 f.; C. Rühl, RwKl in AGB (1999), S. 223 und zu RwKl Wandt, Rechtswahlregelungen (2014), S. 68 f., 80. Wird die GStKl dagegen parallel mit dem Hauptvertrag abgeschlossen, muss der Klauselgegner sie i.d.R. akzeptieren, wenn er die Vorteile des Hauptvertrags für sich will. Liest er die dazugehörigen AGB überhaupt, fällt ihm die GStKl unter all den anderen, vermeintlich wichtigeren Klauseln oft nicht auf oder er erkennt deren Bedeutung nicht bzw. schätzt sie in seinem Überoptimismus falsch ein. Dazu in Kap. 2, unter I.1. 93 Siehe schon Fn. 84. In dem Sinne auch u. a. OLG Wien, 28.5.2019, BeckRS 2019, 13029, Rn. 34; Nordmeier, in: Wieczorek/Schütze, Art. 15 Brüssel Ia-VO Rn. 10. Näheres hierzu auch noch in Kap. 7, unter III.2., dort im Vergleich mit dem Schutz vor RwKl. Nicht geschützt wer-
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b) Keine Derogation ausschließlicher Gerichtsstände Gerichtsstandsklauseln dürfen darüber hinaus keine Gerichtsstände abbedingen, die nach Art. 24 Brüssel Ia-VO ausschließlich sind (rein deklaratorisch: Art. 25 Abs. 4 Brüssel Ia-VO). Hierzu gehört z. B. die Zuständigkeit der Gerichte des Mitgliedstaats, wo eine unbewegliche Sache belegen ist, für alle mit dieser zusammenhängenden dinglichen Streitigkeiten (Nr. 1) sowie die Zuständigkeit der Gerichte des Registerstaats für marken- oder patentrechtliche Streitigkeiten (Nr. 4).94 Hintergrund von Art. 24 Brüssel Ia-VO ist freilich weniger ein Individualschutzgedanke als vielmehr das öffentliche Interesse an der Entscheidung eines Rechtsstreits durch Gerichte, die diesem besonders nahe stehen, etwa wegen eines kollisionsrechtlichen Gleichlaufs mit dem dortigen Sachrecht oder der örtlichen Verbundenheit.95 Einen zuständigkeitsrechtlichen Ordre-public-Vorbehalt, wie ihn manche nationalen Rechtsordnungen vorsehen, kennt die Brüssel Ia-VO dagegen nicht. Der Klauselgegner wird auf europäischer Ebene daher zumindest nicht explizit vor der Gefahr bewahrt, dass sich das anwendbare Sachrecht infolge der Forumswahl ändert und ihm dadurch materielle Rechte verloren gehen (vgl. II.2.).96 c) Bestimmtheit, Form – Konsens? Art. 15, 19, 23 und 24 Brüssel Ia-VO schränken zum Schutz schwächerer Parteien und öffentlicher Interessen die Wirkung von Gerichtsstandsklauseln ein.97 Damit diese eine solche aber überhaupt erst entfalten können, müssen weitere den jedoch insb. aktive Verbraucher, es sei denn, die GStKl bezieht sich auf einen Ratenkaufoder einen hierzu dienenden Finanzierungsvertrag (vgl. Art. 17 Abs. 1 Brüssel Ia-VO). 94 Für Streitigkeiten, die nicht von Art. 24 Brüssel Ia-VO erfasst werden, entfalten die GStKl dagegen weiterhin Wirkung, vgl. insb. Magnus, in: ders./Mankowski, Art. 25 Brussels Ibis Rn. 132. Art. 24 Brüssel Ia-VO ist zudem eng auszulegen, siehe z. B. EuGH – Milivojević ./. Raiffeisen, 14.2.2019, Rs. C-630/17, Rn. 98; Berliner Verkehrsbetriebe, 12.5.2011, Rs. C-144/10, Rn. 30 ff. 95 Vgl. v. a. Wagner, in: Stein/Jonas, Art. 23 EuGVVO Rn. 5; Jenard, Bericht zum EuGVÜ, ABl. EG 1979 C 59/1, S. 34 ff., 38 und Mills, Party Autonomy (2018), S. 226 ff. Kurz auch u. a. Gaier, in: BeckOK-ZPO, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 3. 96 Zum EuGVÜ schon Wagner, Prozessverträge (1998), S. 379 f. Zur Brüssel Ia-VO Geimer, in: Zöller, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 3; Magnus, Gerichtsstandsvereinbarungen unter der reformierten EuGVO, FS Martiny 2014, 785, 801; M. Weller, Coherences and Clashes, JPIL 2017, 91, 107 ff. (für Änderung de lege ferenda). Zur Ordre-public-Kontrolle im nat. Recht ebenfalls v. a. ders., Ordre-public-Kontrolle int. Gerichtsstandsvereinbarungen (2005). 97 Lediglich deklaratorisch auch Art. 25 Abs. 4 Brüssel Ia-VO: „Gerichtsstandsvereinbarungen […] haben keine rechtliche Wirkung, wenn sie den Vorschriften der Artikel 15, 19 oder 23 zuwiderlaufen oder wenn die Gerichte, deren Zuständigkeit abbedungen wird, aufgrund des Artikels 24 ausschließlich zuständig sind.“
III. Grenzen im europäischen und nationalen Recht
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europäische Vorgaben erfüllt sein. So fordert Art. 25 Abs. 1 S. 1 Brüssel Ia-VO, dass sich die Gerichtsstandsklausel inhaltlich auf „eine bereits entstandene Rechtsstreitigkeit oder eine künftige aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entspringende Rechtsstreitigkeit“ bezieht. Da Gerichtsstandsklauseln nur selten nachträglich getroffen werden,98 ist vor allem die zweite Variante relevant. Eine Gerichtsstandsklausel muss klar und konkret benennen, welche Streitigkeiten später einmal alles von ihr erfasst sein sollen; sog. catch-all clauses oder Globalvereinbarungen („Gerichtsstand für alle Verfahren ist Basel“) sind zu ungenau und daher unwirksam.99 Das Bestimmtheitserfordernis bezieht sich darüber hinaus auf die Bezeichnung des gewählten Gerichts. Dieses muss in der Gerichtsstandsklausel zwar nicht zwingend namentlich benannt werden, aber zumindest anhand objektiver Kriterien bestimmbar sein.100 Die spätere Gerichtsstandswahl darf nicht im freien Belieben einer Partei stehen.101 Das Bestimmtheitserfordernis dient zunächst der Zuständigkeitsklarheit. Das angerufene Gericht soll schnell und ohne größere Schwierigkeiten feststellen können, ob es für die Streitigkeit zuständig ist;102 der Kläger, wo er zu klagen, und der Beklagte, wo er sich gegebenenfalls zu verteidigen hat.103 Legt die Ge98
Zu den Gründen dafür gerade schon unter III.2.a). Siehe OLG Stuttgart, 27.4.2015, jurisRn. 8, 130, das die zitierten GStKl deshalb für unzulässig hält; aus dem Schrifttum statt vieler nur Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 7.112; Heinig, Grenzen von Gerichtsstandsvereinbarungen (2010), S. 168 und Winkler, Understanding Claim Proximity in the EU Regime of Jurisdiction Agreements, ICLQ 2020, 431 ff., insb. 438 – jeweils m. w. N. 100 EuGH – Coreck, 9.11.2000, Rs. C-387/98, Rn. 15; bestätigt in Höszig, 7.7.2016, Rs. C-222/15, Rn. 43; aus dem Schrifttum erneut v. a. Heinig (vorige Fn.), S. 171 ff. m. w. N. Dafür reicht es z. B. wenn die GStKl lediglich auf die Gerichte eines bestimmten Mitgliedstaats verweist, ohne das konkret zuständige Gericht namentlich zu benennen. Implizit verweist sie damit nämlich zugleich auf die dort gültigen örtlichen Zuständigkeitsregeln, weshalb sich objektiv ermitteln lässt, welches Gericht zuständig ist, vgl. Höszig, a. a. O., Rn. 48, dort indes zu einem leicht abweichend gelagerten Fall. In dem Sinne aber z. B. auch GA Capotorti in den Schlussanträgen zu Meeth (Rs. C-23/78), Rn. 2 a. E., siehe dazu wiederum die Interpretation durch GA Szpunar in den Schlussanträgen zu Höszig (Beginn der Fn.), Rn. 44. 101 U.a. Garcimartin, in: Dickinson/Lein, The Brussels I Regulation Recast (2015), Rn. 9.85; Geimer, in: Zöller, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 37b und Schlosser, in: ders./Hess, Art. 25 EuGVVO Rn. 12. 102 EuGH – Coreck, 9.11.2000, Rs. C-387/98, Rn. 15; GA Albers in den dazu gehörigen Schlussanträgen, Rn. 31 sowie Heinig, Grenzen von Gerichtsstandsvereinbarungen (2010), S. 171, jeweils in Bezug auf das berufene Gericht. Allgemeiner Abendroth, Parteiautonome Zuständigkeitsbegründung (2016), S. 177, 179; Magnus, in: ders./Mankowski, Art. 25 Brussels Ibis Rn. 65; Winkler, Understanding Claim Proximity in the EU Regime of Jurisdiction Agreements, ICLQ 2020, 431, 438. 103 Generelles Ziel der europ. Zuständigkeitsvorschriften, siehe exemplarisch nur EuGH – Benincasa, 3.7.1997, Rs. C-269/95, Rn. 26. Speziell für das Bestimmtheitserfordernis ange99
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richtsstandsklausel das nicht hinreichend deutlich fest, verfehlt sie zugleich ihren Zweck.104 Das Bestimmtheitserfordernis zielt aber daneben auch auf einen Überrumpelungsschutz ab. So soll es laut EuGH „vermeiden, dass eine Partei dadurch überrascht wird, dass die Zuständigkeit eines bestimmten Gerichts für sämtliche Rechtsstreitigkeiten begründet wird, die sich eventuell aus den Beziehungen mit ihrem Vertragspartner ergeben und ihren Ursprung in einer anderen Beziehung als derjenigen haben, anlässlich deren [sic] die Begründung des Gerichtsstands vorgenommen wurde.“105 Damit nimmt das Bestimmtheitserfordernis den Gerichtsstandsklauseln nicht alle der unter II. beschriebenen Gefahren, trägt aber zumindest zu deren Eindämmung bei.106 Ähnliches lässt sich über die aus Art. 25 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 Brüssel Ia-VO folgenden Formvorgaben sagen. Gerichtsstandsklauseln können danach nicht rein mündlich, sondern müssen grundsätzlich schriftlich (Abs. 1 S. 3 lit. a Alt. 1) oder mündlich mit anschließender schriftlicher Bestätigung (Abs. 1 S. 3 lit. a Alt. 2) geschlossen werden. Elektronische Übermittlungen, also etwa der Abschluss per E-Mail, sind der Schriftform gleichgestellt, sofern sie eine dauerhafte Aufzeichnung ermöglichen (Abs. 2). Erleichterungen bestehen außerdem im Rahmen laufender Geschäftsbeziehungen (Abs. 1 S. 3 lit. b) und im internationalen Handelsverkehr (Abs. 1 S. 3 lit c). Hier genügt bereits die Einhaltung der zwischen den Parteien entstandenen Gepflogenheiten oder branchenspezifischer Handelsbräuche.107 Welche Anforderungen sich daraus genau ergeben und wie sie sich zum nationalen AGB-Recht verhalten, soll Thema der unter IV. folgenden Bestandsaufnahme sein. Schon an dieser Stelle wichtig ist aber, dass die europäischen Formvorgaben den Klauselgegner laut EuGH davor schützen sollen, dass „Gerichtsstandsklauseln, die einseitig in den Vertrag eingefügt worden sind, unbemerkt deutet in EuGH – CDC, 21.5.2015, Rs. C-352/13, Rn. 70. Zu dem Aspekt auch Coester-Waltjen, Plädoyer für Art. 25 Brüssel Ia-VO, FS Geimer 2017, 31, 34; Stadler, Schadensersatzklagen im Kartellrecht, JZ 2015, 1138, 1148 sowie allgm. erneut Heinig (vorige Fn.), S. 171. 104 Nur Heinig, Grenzen von Gerichtsstandsvereinbarungen (2010), S. 171. Allgm. zu der Funktion von Streitbeilegungsklauseln, Rechtssicherheit zu schaffen, schon in Kap. 1. 105 EuGH – Powell Duffryn, 10.3.1992, Rs. C-214/89, Rn. 31; vgl. auch CDC, 21.5.2015, Rs. C-352/13, Rn. 68; aus der nat. Rspr. z. B. BGH, 15.6.2021, jurisRn. 51; aus dem Schrifftum erneut v. a. Heinig (vorige Fn.), S. 168 f.; Winkler, Understanding Claim Proximity in the EU Regime of Jurisdiction Agreements, ICLQ 2020, 431, 438. Dieser Zweck wird insb. bzgl. der erfassten Rechtsverhältnisse betont, gilt aber auch für das zuständige Gericht, so ebenfalls Magnus, in: ders./Mankowski, Art. 25 Brussels Ibis Rn. 65. 106 Näheres auch noch unter IV.4., 5., mit Blick auf die Konkurrenz zum AGB-rechtlichen Überraschungsverbot und der Transparenzkontrolle. 107 Zusammenfassend z. B. EuGH – Höszig, 7.7.2016, Rs. C-222/15, Rn. 35. Genaueres noch unter IV.2.
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bleiben.“108 Sie erfüllen damit keine bloße Beweisfunktion, sondern sollen angesichts der weitreichenden Konsequenzen der Forumswahl sicherstellen, dass diese auch tatsächlich Gegenstand einer „echten“ Einigung zwischen den Parteien geworden ist.109 Die Anforderungen sind deshalb eng auszulegen.110 Ist eine der Formvarianten aus Art. 25 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 Brüssel Ia-VO jedoch erfüllt, soll nach dem EuGH auch von dem Vorliegen einer entsprechenden Einigung auszugehen sein.111 Art. 25 Brüssel Ia-VO betrifft damit nach der Lesart des EuGH nicht allein die Wirkung, Bestimmtheit und Form von internationalen Gerichtsstandsklauseln, sondern setzt in materieller Hinsicht zugleich den Konsens über ihre Geltung voraus. Das überrascht angesichts der vertraglichen Natur von Gerichtsstandsklauseln allerdings kaum. Art. 25 Brüssel Ia-VO spricht selbst explizit davon, dass die Parteien die Zuständigkeit eines mitgliedstaatlichen Gerichts oder der mitgliedstaatlichen Gerichte „vereinbart“ haben müssen.112 Gleichwohl hat die Verflechtung von Form und Konsens seitens des EuGH jahrzehntelangen 108 EuGH – Mainschiffahrts-Genossenschaft (MSG), 20.2.1997, Rs. C-106/95, Rn. 17. So auch schon Elefanten Schuh, 24.6.1981, Rs. C-150/80, Rn. 24. Nun erneut z. B. Höszig (vorige Fn.), Rn. 36. Ähnlich bereits der Bericht von Jenard zum EuGVÜ, ABl. EG 1979 C 59/1, S. 37. 109 Schon früh EuGH – Estasis Salotti, 14.12.1976, Rs. C-24/76, Rn. 7 und Galeries Segoura, 14.12.1976, Rs. C-25/76, Rn. 6; deutlich zudem Tilly Russ, 19.6.1984, Rs. C-71/83, Rn. 17; seither in zahlreichen Entsch. wiederholt, z. B. in El Majdoub, 21.5.2015, Rs. C-322/14, Rn. 29 f. oder Saey Home & Garden, 8.3.2018, Rs. C-64/17, Rn. 25. Zur Unsicherheit, was der EuGH darunter eigentlich genau versteht, allerdings Spellenberg, Der Konsens in Art. 23 EuGVVO, IPRax 2010, 464, 466 ff. Zur Verflechtung von Form und Konsens statt vieler daneben nur Garcimartin, in: Dickinson/Lein, The Brussels I Regulation Recast (2015), Rn. 9.35 („double function“) und Wagner, in: Stein/Jonas, Art. 23 EuGVVO Rn. 43. Kritisch Schlosser, in: ders./Hess, Art. 25 EuGVVO Rn. 16 (Ziel gehe bei AGB an der Realität vorbei). 110 Ebenfalls bereits seit EuGH – Estasis Salotti (vorige Fn.), Rn. 7, ständige Rspr., siehe die Nachweise bei Lazić/Kruisinga, Prorogation of Jurisdiction, FS Kronke 2020, 275, 282. Aus der mitgliedstaatlichen Kontrollpraxis etwa BGH, 26.4.2018, jurisRn. 23. 111 EuGH – MSG, 20.2.1997, Rs. C-106/95, Rn. 19, dort in Bezug auf lit. c, was nach allgm. Ansicht aber auf die anderen Varianten zu übertragen ist. So explizit nun auch EuGH – Höszig, 7.7.2016, Rs. C-222/15, Rn. 37. Vgl. auch Rn. 34 der dazu gehörigen Schlussanträge von GA Szpunar. Kritisch Tang, The Interrelationship of European Jurisdiction and Choice of Law in Contract, JPIL 2008, 35, 43, 46. Es ist strittig, ob sich diese Vermutung widerlegen lässt. Näher Heinig, Grenzen von Gerichtsstandsvereinbarungen (2010), S. 165 f. m. w. N. 112 Dabei handelt es sich laut EuGH nicht um einen Verweis auf das nat. Recht, sondern um einen einheitlich-europ. auszulegenden Begriff. Vgl. insb. EuGH – Powell Duffryn, 10.3.1992, Rs. C-214/89, Rn. 13 f., später z. B. auch Ryanair ./. DelayFix, 18.11.2020, Rs. C-519/19, Rn. 38 und Gasser, 9.12.2003, Rs. C-116/02, Rn. 51 a. E. Der EuGH hat im Laufe der Jahre deshalb zahlreiche Vorgaben insb. für den Vertragsschluss entwickelt (vgl. noch IV.2.), andere Aspekte wie die Verlängerung der GStKl nach Vertragsablauf oder die Bindung Dritter aber dem nat. Recht überlassen. Instruktiv Garcimartin, in: Dickinson/Lein, The Brussels I Regulation Recast (2015), Rn. 9.56 ff., 9.32 f.
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dogmatischen Streit ausgelöst. Denn sollte der Konsens bereits auf europäischer Ebene umfassend geregelt sein, bleibt daneben für das nationale (Vertrags-)Recht insofern kein Platz mehr.113 Von vielen wurde und wird indes in Abrede gestellt, dass das Brüssel-Regime selbst für „komplexere“ Konsensprobleme wirklich eigene Lösungen bereithält. Man komme daher um einen Rückgriff auf das nationale Recht kaum herum.114 Andere plädieren indessen im Sinne der Vereinheitlichung dafür, den EuGH die entsprechenden Lösungen notfalls ad hoc entwickeln zu lassen.115 Die mitgliedstaatlichen Gerichte wiederum ziehen in solchen Fällen ihrerseits zumeist das nationale Recht heran, ohne dem EuGH diesbezüglich vorzulegen.116 Mit der Neufassung hat die Brüssel Ia-VO den Streit nun zumindest insoweit entschieden, als deren Art. 25 klarstellt, dass in materieller Hinsicht nicht sämtliche Fragen abschließend auf europäischer Ebene geregelt sind.117 Dort heißt es in Abs. 1 S. 1 a. E. nämlich seither, dass das vereinbarte Gericht bzw. die vereinbarten Gerichte zuständig sind, „es sei denn, die Vereinbarung ist nach dem Recht dieses Mitgliedstaats materiell nichtig“.118 Zumindest solche Fragen richten sich also anscheinend nicht (mehr?) nach einheitlich-europäischen Maßstäben, sondern allein nach dem nationalen Recht des forum prorogatum.119 Das 113
Zum Vorrang der Brüssel Ia-VO schon eingangs unter III. Mit einer guten Zusammenfassung des Streits und zahlreichen Nachweisen, insb. aus dem engl. Schrifttum E. Peiffer, Schutz gegen Klagen im forum derogatum (2013), S. 140 ff.; daneben noch Coester-Waltjen, Plädoyer für Art. 25 Brüssel Ia-VO, FS Geimer 2017, 31, 37 ff. 114 Zu Art. 23 Brüssel I-VO/LugÜ-II Abendroth, Parteiautonome Zuständigkeitsbegründung (2016), S. 133; Dasser, Gerichtsstandsvereinbarungen nach dem LugÜ-II, in: Czernich/ Geimer, Streitbeilegungsklauseln (2017), Rn. 26 f.; Freitag, Halbseitig ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarungen, FS Magnus 2014, 419, 424; Gebauer, Das Prorogationsstatut im EuZPR, FS v. Hoffmann 2011, 577, 579; E. Peiffer (vorige Fn.), S. 144 f. 115 Merrett, Article 23 of the Brussels I Regulation: A Comprehensive Code for Jurisdiction Agreements?, ICLQ 2009, 545, insb. 550 ff. (vgl. jetzt aber Fn. 119); Spellenberg, Der Konsens in Art. 23 EuGVVO, IPRax 2010, 464, insb. 469; M. Weller, Coherences and Clashes, JPIL 2017, 91, 101 (speziell zur n. F.). Tendenziell auch Heinig, Grenzen von Gerichtsstandsvereinbarungen (2010), S. 167 f. 116 Vgl. Pfeiffer, in: Heidelberg-Bericht (siehe Fn. 69), Rn. 376: „[…] Member state practice, as shown by the national reports reveals a widespread reference to national laws as to the formation of consent.“ Anders freilich die Praxis bei der Einbeziehungskontrolle, dazu noch unter IV.2. 117 So auch Ratković/Rotar, Choice of Court Agreements under the Brussels I Regulation (Recast), JPIL 2013, 245, 255. 118 Zur korrigierten Sprachfassung oben in Fn. 55. Näheres zu dem Verweis auch gleich noch unter 3. Beim LugÜ-II fehlt eine solche Neuregelung bislang. Hier bleibt der dargestellte Streitstand so weiterhin aktuell. 119 Ebenso Garcimartin, in: Dickinson/Lein, The Brussels I Regulation Recast (2015), Rn. 9.63; Geimer, Kompetenzsystem der reformierten Brüssel I-Verordnung, FS Gottwald
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schafft im Endeffekt jedoch höchstens im Ausgangspunkt Gewissheit. Denn was unter dem Begriff der „materiellen Nichtigkeit“ genau zu verstehen ist, ist ebenso unsicher wie die Frage, welches konkrete nationale Recht die entsprechenden Regeln festlegt.120 Der soeben geschilderte Streit setzt sich deswegen auch unter der Brüssel Ia-VO teilweise fort. 3. Materielle Nichtigkeit nach nationalem Recht Je nachdem, wie weit man die Reichweite der neuen Verweisung aus Art. 25 Abs. 1 S. 1 a. E. Brüssel Ia-VO definiert, fällt auch der Einfluss des nationalen, potenziell divergierenden Rechts auf die Kontrolle von Gerichtsstandsklauseln aus.121 Stimmen, die sich vor der Reform für eine möglichst europäische Beurteilung ausgesprochen hatten, werden folglich auch jetzt dazu tendieren, dessen Einfluss gering zu halten und Fragen, die in der Vergangenheit bereits einheitlich-europäisch vom EuGH gelöst wurden, von der Verweisung ausnehmen.122 2014, 175, 178 f.; Mankowski, in: Rauscher, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 37; Merrett, The Future Enforcement of Asymmetric Jurisdiction Agreements, ICLQ 2018, 37, 51 („This new proviso clearly reopens the door to reliance on national contract law in relation to questions of validity.“). 120 Ähnlich u. a. Coester-Waltjen, Plädoyer für Art. 25 Brüssel Ia-VO, FS Geimer 2017, 31, 37 ff.; Mankowski, The Role of Party Autonomy, in: Ferrari/Ragno, Cross-border Litigation in Europe (2015), 97, 101 ff. Sehr kritisch auch Geimer, Schwindende Rechtssicherheit, RIW 2021, 261, 261 f. („Doch dann wollten besonders kluge Leute in Brüssel die EuGVVO für den Beitrag zum [HGÜ] ‚aufhübschen‘ und meinte – ohne auch nur zu ahnen, was sie damit anrichteten –, Harmonie mit dessen Art. 5 Abs. 1 herstellen zu müssen.“). Positiv dagegen Hess, EuZPR (2021), S. 403 (Neuregelung stärke die Vorhersehbarkeit und Rechtssicherheit). 121 Zwar kommt es durch sie wohl noch nicht zu einer direkten Verweisung auf das maßgebliche nat. Sachrecht (dazu sogleich), aber je mehr Fragen sie erfasst, desto größerer Einfluss kommt diesem zu. 122 Ein Rückschritt hinter den erreichten Vereinheitlichungsstand sei nicht gewollt, siehe Danelzik, Die Gerichtsstandvereinbarung zwischen ZPO, EuGVVO und HGÜ (2019), S. 104 und vorher S. 89; Domej, Die Neufassung der EuGVVO, RabelsZ 78 (2014), 508, 527; Garcimartin, in: Dickinson/Lein, The Brussels I Regulation Recast (2015), Rn. 9.69; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 7.35, 7.41, 7.44, 7.52; E. Peiffer/M. Peiffer, in: Geimer/Schütze-Loseblatt (EL 52 Sept 2016), Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 86; Magnus, u. a. in: ders./Mankowski, Art. 25 Brussels Ibis Regulation Rn. 79a; Mankowski, in: Rauscher, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 63; ders., The Role of Party Autonomy, in: Ferrari/Ragno, Cross-border Litigation in Europe (2015), 97, 104; i.E. auch Stadler, in: Musielak/Voit, Art. 25 EuGVVO nF Rn. 5. GA Szpunar sieht in seinen Schlussanträgen vom 7.4.2016 zu Höszig, Rs. 222/15, Rn. 47, ebenfalls keinen Hinweis auf eine Änderung der vorher geltenden Rechtslage. Aus der Rspr. für eine Ausnahme der Willenseinigung von der Verweisung deutlich BGH, 10.2.2021, jurisRn. 28, der hierbei auf EuGH – Ryanair ./. DelayFix (vgl. unten ab Fn. 137) verweist. Der EuGH äußert sich dort jedoch gar nicht so klar zur Reichweite der Verweisung, da es bei ihm weniger um den Konsens als vielmehr den Inhalt der GStKl geht (dazu noch unter IV.3.).
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Andere sehen in ihr dagegen gerade eine Abkehr von dessen bisheriger Rechtsprechung und gehen deshalb von einer umfassenderen Reichweite aus: Insbesondere auch Konsensfragen gehörten zur materiellen Nichtigkeit.123 Klar ist bisher allein, dass rein formelle Fragen von der Verweisung nicht erfasst werden und sich dementsprechend weiterhin ausschließlich nach der Brüssel Ia-VO richten.124 Im Übrigen besteht Unsicherheit und Streit. Speziell für das AGB-Recht fehlt es derzeit noch weitgehend an näheren Untersuchungen und Stellungnahmen. Unter IV. wird daher ausführlicher zu überlegen sein, inwiefern sich aus der neuen Verweisung eine Öffnung für die AGB-rechtlichen Kontrollinstrumente ergeben kann. Sollten diese neben der Brüssel Ia-VO tatsächlich noch Anwendung finden, fragt sich freilich, welcher konkreten Rechtsordnung die maßgeblichen Vorgaben zu entnehmen sind. Schließlich wurde bereits in den letzten Kapiteln mehrfach festgestellt, dass die entsprechenden nationalen AGB-Rechtsvorschriften selbst innerhalb des europäischen Rechtsraums bislang nur rudimentär harmonisiert sind und daher immer noch beträchtlich voneinander abweichen können.125 Unter dem EuGVÜ126 und der Brüssel I-VO war in der Vergangenheit nicht klar festgelegt, wie das auf die Gerichtsstandsklausel anwendbare Recht – das sog. Prorogationsstatut – bestimmt werden sollte. Da Gerichtsstandsklauseln von der Vereinheitlichung des EVÜ und der Rom I-VO ausgenommen sind, entschied 123 Explizit Forner-Delaygua, Exclusive jurisdiction agreements under the Brussels I Regulation Recast, JPIL 2015, 379, 393 f.: „The new rule apparently makes untenable the doctrinal theory whereby the unification of the ‘form’ aspects of the jurisdiction agreement had also brought about the unification of the ‘material’ aspects of consent.“ Ebenso, wenngleich zögerlicher M. Weller, in: Wieczorek/Schütze, Art. 25 Brüssel Ia-VO, Rn. 12 ff., insb. 19 sowie 25 mit Fn. 84, Rn. 46. Implizit z. B. auch Hess, EuZPR (2021), S. 406; Pfeiffer, in: Prütting/Gehrlein, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 3, 11; Tiefenthaler/Czernich, in: Czernich/Kodek/Mayr, Art. 25 EuGVVO Rn. 21 ff.; Wittwer, in: Mayr, Handbuch des EuZVR (2017), Rn. 3.632, 3.638, 3.641, die alle den Konsens als solchen (bei Letzteren: zumindest auch, kumulativ) dem nat. Recht unterstellen. Bedauernd Geimer, in: Zöller, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 21 („Rückschritt“). 124 Einmütig Coester-Waltjen, Plädoyer für Art. 25 Brüssel Ia-VO, FS Geimer 2017, 31, 37; Freitag, Halbseitig ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarungen, FS Magnus 2014, 419, 423, 428; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 7.48; Mankowski, The Role of Party Autonomy, in: Ferrari/Ragno, Cross-border Litigation in Europe (2015), 97, 105; Nunner-Krautgasser, Die Neuregelung der ausschließlichen Gerichtsstandsvereinbarungen in der EuGVVO, ZZP 127 (2014), 461, 476; Stadler, in: Musielak/Voit, Art. 25 EuGVVO nF Rn. 5; Tiefenthaler/Czernich (vorige Fn.), Rn. 1, 24; M. Weller (vorige Fn.), Rn. 30, 45. Vgl. auch Lazić/Kruisinga, Prorogation of Jurisdiction, FS Kronke 2020, 275, 279. 125 Zu den verschiedenen Konzepten insb. am Anfang von Kap. 2, Näheres v. a. auch in Kap. 3, unter II. 126 Übereinkommen von Brüssel über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen von 1968, konsolidierte Fassung in ABl. EG 1998 C 27/1.
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jedes angerufene Gericht nach seinem eigenen nationalen Kollisionsrecht.127 Dabei gingen mitunter selbst innerhalb der einzelnen Mitgliedstaaten die Meinungen auseinander, ob nun etwa wegen der vertretenen Natur als Prozessvertrag an die lex fori oder z. B. wegen des mit den anderen Vertragsklauseln zu erreichenden Gleichlaufs akzessorisch an die lex causae anzuknüpfen sei. Insgesamt herrscht große Rechtsunsicherheit und Anreiz zum forum shopping.128 Die Neufassung der Brüssel I-VO sollte auch diesbezüglich Abhilfe schaffen und erreichen, dass im europäischen Rechtsraum über die materielle Nichtigkeit „unabhängig vom angerufenen Gericht überall annähernd gleich entschieden wird.“129 Egal, ob es sich bei diesem um das prorogierte, derogierte oder sonst ein mitgliedstaatliches Gericht handelt – nach Art. 25 Abs. 1 S. 1 a. E. Brüssel Ia-VO muss es auf die lex fori prorogati zurückgreifen. Damit sollte – zumindest nach dem 20. Erwägungsgrund zur Brüssel Ia-VO sowie wegen der angestrebten Parallele zum HGÜ – jedoch noch nicht direkt das dort geltende Sachrecht, sondern zunächst einmal nur das dortige Kollisionsrecht gemeint sein. Denn Art. 25 Abs. 1 S. 1 a. E. Brüssel Ia-VO enthält nach der bislang vorherrschenden Meinung eine sog. Gesamtverweisung.130 Das angerufene Gericht muss also zunächst die relevanten Anknüpfungsregeln ermitteln, um darüber dann das maßgebliche Sachrecht zu finden. Das wird regelmäßig gut funktionieren, da ohnehin 127 Siehe die Bereichsausnahmen in Art. 1 Abs. 2 lit. d EVÜ und Art. 1 Abs. 2 lit. e Rom I-VO. Zu den Gründen dafür v. a. Camilleri, Article 23: Formal Validity, Material Validity or Both?, JPIL 2011, 297, 316 f. 128 Instruktiv Antomo, Das auf int. Gerichtsstandsvereinbarungen nach § 38 ZPO anwendbare Recht, ZZPInt 17 (2012), 183, 187 ff.; Gebauer, Das Prorogationsstatut im EuZPR, FS v. Hoffmann 2011, 577, 579 ff.; Pfeiffer, in: Heidelberg-Bericht (siehe Fn. 69), Rn. 377; Tang, Jurisdiction and Arbitration Agreements (2014), S. 22 ff. Das LugÜ-II wurde noch nicht an die Neufassung angepasst. Zur dortigen Anknüpfung Dasser, Gerichtsstandsvereinbarungen nach dem Lugano-Übereinkommen, in: Czernich/Geimer, Streitbeilegungsklauseln (2017), Rn. 28; Magnus, Sonderkollisionsnorm, IPRax 2016, 521, 522. 129 Begründung der EU-Kommission zum Entwurf, KOM(2010) 748 endgültig, S. 9 f. 130 Abendroth, Parteiautonome Zuständigkeitsbegründung (2016), S. 270; Ahmed, The validity of choice of court agreements, in: Furmston, The Future of the Law of Contract (2020), 217, 222, 228, 230; Gaier, in: BeckOK-ZPO, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 24; Geimer, in: ders./ Schütze, Art. 25 EuGVVO Rn. 64, 75, 81; ders, in: Zöller, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 21; Gottwald, in: MüKo-ZPO, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 18; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 7.48 f.; Hess, EuZPR (2021), S. 403; Huber, Hinweispflichten, FS Kronke 2020, 215, 223; Lazić/Kruisinga, Prorogation of Jurisdiction, FS Kronke 2020, 275, 288; Mäsch, Anm. zu OLG Köln, JZ 2021, 962, 964; Pfeiffer, in: Prütting/Gehrlein, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 11; Schack, IZVR (2021), Rn. 577; Stadler, in: Musielak/Voit, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 5 – alle jeweils m. w. N. Treffend Mills, Party Autonomy (2018), S. 109: „,choice of choice of law rule‘“. Teils unklar Mankowski, in: Rauscher, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 36 ff. und Ruiz, Validity of Choice of Court Agreements, Cuadernos de Derecho Transnacional 2021, 882, 890 f. Für den Wortlaut von ErwG 20 Fn. 145.
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Fünftes Kapitel: Kontrolle von Gerichtsstandsklauseln
oft direkt das in der Gerichtsstandsklausel benannte Gericht angerufen oder diesem im Falle paralleler Prozesse wegen Art. 31 Abs. 2 Brüssel Ia-VO der Vorrang eingeräumt wird. Das Gericht kann dann sein eigenes Kollisionsrecht anwenden.131 Ruft der Kläger jedoch ein anderes Gericht an und steht eine Klage vor dem (vermeintlich) prorogierten Gericht noch aus, sieht sich ersteres auch nach der Reform im Falle der Gesamtverweisung in eine schwierige Lage versetzt. Schließlich hat Art. 25 Brüssel Ia-VO den Streit über die richtige Anknüpfung des Prorogationsstatus dann schlussendlich nicht selbst entschieden, sondern die Frage weiterhin den Mitgliedstaaten überlassen. Als Ausweg wird vor allem in der Literatur darüber nachgedacht, die Rom I-VO trotz der Bereichsausnahme für Gerichtsstandsvereinbarungen analog anzuwenden.132 Die Rechtsprechung hat sich hierzu bisher aber noch nicht klar positioniert und es ist ungewiss, ob sie dem tatsächlich auch in allen Mitgliedstaaten folgen wird.133 Zudem ist fraglich, zu welcher Rechtsordnung dann die „engste Verbindung“ i. S. v. Art. 4 Abs. 4 Rom I-VO gesehen wird.134 Die Anknüpfungsunsicherheit setzt sich damit unter der reformierten Brüssel Ia-VO bei einer Gesamtverweisung fort und zwingt das in der Gerichtsstandsklausel unbenannte Gericht, sich in ein aus seiner Sicht fremdes und womöglich hochumstrittenes Kollisionsrecht einzuarbeiten.135 Wie 131 Ebenso Mankowski (vorige Fn.), Rn. 43; Nunner-Krautgasser, Die Neuregelung der ausschließlichen Gerichtsstandsvereinbarungen in der EuGVVO, ZZP 127 (2014), 461, 476. Art. 31 Abs. 2 Brüssel Ia-VO durchbricht bei ausschließlichen GStKl seit der Neufassung die allgm. Lis-pendens-Regel und will dem (vermeintlich) prorogierten Gericht so die sog. Kompetenz-Kompetenz sichern. Er greift allerdings erst, sobald dieses angerufen wird. Bei alternativen und reziproken GStKl stellt sich ein Problem. Näheres zu der neuen Regelung z. B. bei Mankowski, Der Schutz von Gerichtsstandsvereinbarungen vor abredewidrigen Klagen, RIW 2015, 17 ff. 132 Dafür z. B. Danelzik, Die Gerichtsstandvereinbarung zwischen ZPO, EuGVVO und HGÜ (2019), S. 93 ff., 108 ff.; Gaier, in: BeckOK-ZPO, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 24.1; Gottwald, in: MüKo-ZPO, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 18; Maultzsch, Parteiautonomie im IPR und IZVR, in: v. Hein/G. Rühl, Kohärenz (2016), 153, 177 und Stadler, in: Musielak/Voit, Art. 25 EuGVVO nF Rn. 5. Explizit dagegen aber z. B. Dörner, in: NomosKommentar-ZPO, Art. 25 EuGVVO Rn. 15; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 7.50; Huber, Hinweispflichten, FS Kronke 2020, 215, 223. 133 Siehe hierzu insb. Mankowski, in: Rauscher, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 48 ff. Gegen eine analoge Anwendung im Fall von SchKl explizit BGH, 26.11.2020, jurisRn. 50 (schon keine Planwidrigkeit einer etwaigen Regelungslücke). Dazu auch Hausmann (vorige Fn.), a. a. O. 134 Zu dieser Schwierigkeit auch Mankowski, The Role of Party Autonomy, in: Ferrari/Ragno, Cross-border Litigation in Europe (2015), 97, 102 f. und Mills, Party Autonomy (2018), S. 112. Liegt freilich, wie oft (vgl. den Kap.anfang), in Bezug auf den Hauptvertrag eine Rechtswahl vor, wird diese häufig auf die GStKl erstreckt, so z. B. explizit von Magnus, in: ders./Mankowski, Art. 25 Brussels Ibis Regulation Rn. 81a und 82a. 135 Kritisch zur Gesamtverweisung deshalb auch u. a. Geimer, Kompetenzsystem der reformierten Brüssel I-Verordnung, FS Gottwald 2014, 175, 179; Hausmann, in: Reithmann/Marti-
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es am Ende entscheiden wird, ist für die Parteien daher womöglich sogar noch schwerer vorherzusehen, als wenn es bei der alten Rechtslage und damit der Anwendung der kollisionsrechtlichen lex fori geblieben wäre.136 Eine andere Möglichkeit deutet nun allerdings die Entscheidung des EuGH in der Rechtsache Ryanair ./. DelayFix (2020) an. Der EuGH gibt dem vorlegenden polnischen Gericht dort auf, die in Rede stehende Gerichtsstandsklausel Ryanairs zugunsten irischer Gerichte auf ihre materielle Wirksamkeit hin zu prüfen und hierfür das irische Recht in Übereinstimmung mit dem Unionsrecht und insbesondere der Klausel-RL auszulegen.137 Während es um die Auffassung zu den inhaltlichen Vorgaben der Klausel-RL für diese Kontrolle erst in der folgenden Bestandsaufnahme gehen soll,138 ist hier bereits interessant, dass der EuGH das irische Recht für maßgeblich zu halten scheint, soweit Art. 25 Brüssel Ia-VO bezüglich der Frage der materiellen Wirksamkeit auf das nationale Recht verweist. Das lässt sich am einfachsten dadurch erklären, dass der EuGH vom Wortlaut der Vorschrift und dem grundsätzlichen Ausschluss eines Renvoi durch das europäische Kollisionsrecht (siehe etwa Art. 20 Rom I-VO) ausgehend Art. 25 Abs. 1 S. 1 Brüssel Ia-VO als direkte Sachrechtsverweisung versteht.139 Zumindest ist bei den Ausführungen an der Stelle nicht zu erkennen, dass der EuGH mit dem „irischen Recht“, anhand dessen die Wirksamkeit der Gerichtsstandsklausel zu beurteilen sei, primär das irische Kollisionsrecht meint und nur dann auch das irische Sachrecht, sofern das Kollisionsrecht hierauf verweist.140 Das könnte ny, Int. Vertragsrecht (2022), Rn.7.49 und Mankowski, in: Rauscher, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 53 f. (m. w. N.). 136 Allerdings steht nun von vornherein fest, welches Kollisionsrecht maßgeblich ist, früher hing das in der Tat davon, welches Gericht angerufen wurde. Andererseits war es dann auch mit dem anzuwendenden Kollisionsrecht vertraut. Positiv ist indes zu verzeichnen, dass mit der Neuregelung der Anreiz für forum shopping weggefallen ist, da nun jedes mitgliedstaatliche Gericht auf dasselbe Kollisionsrecht abstellen muss. 137 EuGH – Ryanair ./. DelayFix, 18.11.2020, Rs. C-519/19, Rn. 48 ff. 138 Siehe insb. IV.3. und 5. 139 Zum Renvoi-Ausschluss als Arg. für eine Sachrechtsverweisung Mankowski, in: Rauscher, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 45. Zum Wortlaut Abendroth, Parteiautonome Zuständigkeitsbegründung (2016), S. 269 f., der diesen jedoch nicht für eindeutig hält. Der EuGH geht darauf selbst nicht ein, siehe auch sogleich. 140 Vgl. EuGH – Ryanair ./. DelayFix, 18.11.2020, Rs. C-519/19, Rn. 48 ff., insb. 50 f.: „Im vorliegenden Fall hat das vorlegende Gericht folglich, wenn es die Wirksamkeit der Gerichtsstandsklausel prüft, dies anhand des Rechts des Staates zu tun, dessen Gerichte in dieser Klausel bestimmt sind, d. h. anhand des irischen Rechts. Im Übrigen hat das Gericht […] das Recht des Staates anzuwenden, dessen Gerichte in dieser Klausel bestimmt sind, indem es dieses Recht in Übereinstimmung mit dem Unionsrecht und insbesondere mit der Richtlinie 93/13 auslegt“ (siehe zudem Rn. 61). Da die Klausel-RL in erster Linie sachrechtliche Vorgaben enthält, scheint der EuGH mit dieser Aussage auch direkt auf das irische Sachrecht abzuzielen. Art. 6 Abs. 2 Klausel-RL enthält zwar auch eine kollisionsrechtliche Vorgabe. Dass der EuGH
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Fünftes Kapitel: Kontrolle von Gerichtsstandsklauseln
etwa dann der Fall sein, wenn nach dem irischen Kollisionsrecht die lex fori prorogati das Prorogationsstatut bildet oder die irische Rechtswahlklausel aus den AGB über den Hauptvertrag hinaus als lex causae auch auf die Gerichtsstandsklausel zu erstrecken ist.141 Hierbei wäre jedoch zu beachten, dass das irische Kollisionsrecht zumindest bezüglich der Bestimmung ebenjener lex causae von der Rom I-VO harmonisiert sein dürfte und damit die im vierten Kapitel dargestellte Rechtsprechung zur Kontrolle von Rechtswahlklauseln ins Spiel käme.142 Da beim EuGH in Ryanair ./. DelayFix entsprechende Erläuterungen jedoch vollkommen fehlen und der EuGH lediglich lapidar in Bezug auf die materielle Wirksamkeit i. S. v. Art. 25 Abs. 1 S. 1 Brüssel Ia-VO eine Auslegung und Anwendung des irischen Rechts (erneut: des Sachrechts? des Kollisionsrechts?) im Lichte der Klausel-RL vorgibt, spricht vieles dafür, dass er gedanklich gerade nicht den „doppelten Zwischenschritt[…] der IPR- und Sachrechtsermittlung“143 unternimmt, den eine Gesamtverweisung erfordert. Ob damit zugleich eine bewusste Entscheidung für eine Sachrechtsverweisung verbunden ist, bleibt unklar. Denn der EuGH zeigt an der Stelle – erneut – keinerlei Problembewusstsein und zitiert weder etwa bei der Darlegung des rechtlichen Rahmens den 20. Erwägungsgrund zur Brüssel Ia-VO,144 der klar für eine Gesamtverweisung spricht,145 noch setzt er sich mit diesem oder der vorherrschenden Literaturmeinung auseinander, die einer Sachrechtsverweisung gerade entgegentritt. Ryanair ./. DelayFix weist damit allenfalls subtil in die Richtung einer europäisch-autonomen abschließenden Lösung für die Anknüpfung des Prorogationsstatuts und führt damit schlussendlich zu mehr Zweifeln als Gewissheit bezüglich des anwendbaren Sachrechts. In der Literatur hat die Entscheidung insofern auch – womöglich
gerade diese in den Blick nimmt, wird aber nicht deutlich. Sie dürfte auch eher in Richtung einer Anwendung der Umsetzungsvorschriften der lex fori zur Klausel-RL weisen, sprich zum polnischen AGB-Recht und nicht zum irischen. 141 Zu diesen Ansätzen im nat. Kollisionsrecht bereits oben bei Fn. 128. Der EuGH schweigt auch hierzu. 142 Die RwKl von Ryanair hat in der Rspr. einige Kritik erfahren, siehe in Kap. 4 insb. 3.b) und 5.f). 143 Treffende Beschreibung in anderem Kontext von Mankowski, in: Rauscher, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 42. 144 Vgl. EuGH – Ryanair ./. DelayFix, 18.11.2020, Rs. C-519/19, Rn. 9 ff. 145 ErwG 20 zur Brüssel Ia-VO: „Stellt sich die Frage, ob eine Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten eines Gerichts oder der Gerichte eines Mitgliedstaats materiell nichtig ist, so sollte sie nach dem Recht einschließlich des Kollisionsrechts des Mitgliedstaats des Gerichts oder der Gerichte entschieden werden, die in der Vereinbarung bezeichnet sind.“, Hervorhebung hier hinzugefügt. Für Literatur hierzu vgl. Fn. 130.
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eben wegen dieser Subtilität – noch zu keinem Umdenken geführt. Art. 25 Abs. 1 S. 1 Brüssel Ia-VO wird dort nach wie vor als Gesamtverweisung bezeichnet.146 Damit hat die Neufassung der Brüssel Ia-VO alles in allem bisher kaum eine der geschilderten Streitfragen verlässlich geklärt und stattdessen zahlreiche neue hervorgerufen. Sie lässt daher noch nicht mit Sicherheit erkennen, welches nationale Recht genau und in welchem Umfang über die Kontrolle von Gerichtsstandsklauseln bestimmt. Daran wird sich wohl auch in den nächsten Jahren wenig ändern, zumindest sofern der EuGH in seinen Entscheidungen den Gehalt der neuen Verweisung bzw. der europäischen Vorgaben generell nicht mit mehr Sorgfalt und Bewusstsein für die bestehenden dogmatischen Probleme konkretisiert. Hierfür sind zunächst aber entsprechende Vorlagen nötig, von denen die mitgliedstaatlichen Gerichte bisher noch zu zurückhaltend Gebrauch machen.147 Eine interessante Anfrage des OGH ist unterdessen nach dem Anerkenntnis der beklagten Klauselverwenderin wieder zurückgenommen worden und kann damit leider nicht (mehr) Aufklärung bieten.148
146 Trotz Berücksichtigung des EuGH-Urt. an anderer Stelle immer noch für eine Gesamtverweisung z. B. Gaier, in: BeckOK-ZPO, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 24; Geimer, in: Zöller, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 21; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 7.48 f.; Mankowski, in: Rauscher, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 45 ff. Die Anm. zum Urt. gehen auf den Aspekt überwiegend nicht ein, vgl. z. B. Lehmann, CJEU Significantly Weakens Jurisdiction Clauses in Case of Assignment, EAPIL-Blog v. 30.11.2020; Pfeiffer, GStKl in Verbraucherverträgen nach Zession, LMK 2021, 817307; Rieländer, Missbrauchskontrolle und Drittwirkung von Gerichtsstandsvereinbarungen, EuZW 2021, 391 ff.; Ruiz, Validity of Choice of Court Agreements, Cuadernos de Derecho Transnacional 2021, 882 ff.; Wołodkiewicz, The Enforceability of a Jurisdiction Clause against an Assignee, EuCML 2021, 206 ff. A. Staudinger, Anm. zu EuGH, NZV 2021, 39, 40, sieht ebenfalls, dass der EuGH direkt auf die Sachrechtsebene zu gehen scheint, überlegt aber, ob dem nicht eine stillschweigende Anknüpfung vorausgegangen ist und sinniert über den möglichen Weg dabei. Ebenfalls nur nebenher Geimer, Schwindende Rechtssicherheit, RIW 2021, 261, 262 mit Fn. 14 (EuGH blende kollisionsrechtliche Komponente der Verweisung in dem Urt. aus) und Mankowski, Legal Tech, RIW 2021, 397, 401; ders., Anm. EuGH, TransportR 2021, 185, 186. 147 Vgl. insb. LG Kleve, 27.10.2015, jurisRn. 27 f. und KG Berlin, 15.5.2018, jurisRn. 18, die den Begriff der materiellen Nichtigkeit stattdessen selbst zu bestimmen versuchen. Das misslingt deutlich beim OLG Köln, 6.11.2019, jurisRn. 45, das bzgl. der materiellen Wirksamkeit der GStKl § 38 ZPO prüft, obwohl es zuvor zutreffend erkannt hatte, dass die GStKl der Brüssel Ia-VO unterliegt (jurisRn. 38 ff.). Fraglich auch LG Stuttgart, 13.7.2021, jurisRn. 13, das über die neue Verweisung ein nat. Derogationsverbot heranzieht. 148 Gemeint ist das ursprüngliche Verfahren Laudamotion ./. VKI, Rs. C-189/20, vgl. zu den Vorlagefragen OGH, 27.2.2020; diese sind durch Ryanair ./. DelayFix nur teils beantwortet. Zur Rücknahme den Beschl. des EuGH-Präsidenten v. 19.11.2020 sowie das Anerkenntnisurt. des OGH v. 23.10.2020.
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Fünftes Kapitel: Kontrolle von Gerichtsstandsklauseln
IV. Bestandsaufnahme Die Bestandsaufnahme zur gerichtlichen Kontrolle internationaler Gerichtsstandsklauseln verfolgt dieselbe Zielsetzung wie ihr Pendant aus Kapitel 4 sowie dem nachfolgenden Kapitel 6: Anhand einer umfassenden Rechtsprechungsanalyse soll der Status quo des Konkurrenzverhältnisses zwischen europäischer bzw. internationaler Harmonisierung und nationalem AGB-Recht bestimmt und gleichzeitig ermittelt werden, wie internationale Streitbeilegungsklauseln derzeit im europäischen Rechtsraum kontrolliert werden. Die gerichtliche Praxis wird dabei stets mit dem rechtsdogmatischen Schrifttum als „Theorie“ abgeglichen, um mögliche Spannungen und Unklarheiten aufzudecken. Da auch hier erneut keine Analyse der Rechtsprechung aus sämtlichen Mitgliedstaaten durchführbar ist,149 wird sich im Folgenden wieder auf die Rechtsprechung der deutschen Zivilgerichte (außer der Arbeitsgerichte) konzentriert. Weitere Berichte aus den anderen Mitgliedstaaten müssen folgen. 1. Zuschnitt der Rechtsprechungsanalyse Für die Analyse sind angesichts dieser Zielsetzung von vornherein lediglich Entscheidungen relevant, die in den europäisch harmonisierten Bereich fallen. Die gerichtliche Kontrolle von drittstaatlichen Gerichtsstandsklauseln muss daher, wie schon unter III.1. problematisiert, weitestgehend unbeachtet bleiben. Art. 25 Brüssel Ia-VO findet nach der hier vertretenen Meinung, die im Übrigen auch der Position der analysierten Rechtsprechung entspricht, nur auf Gerichtsstandsklauseln zugunsten der mitgliedstaatlichen Gerichte Anwendung.150 Die Brüssel IaVO ist seit dem 10. Januar 2015 in Kraft (Art. 81 Brüssel Ia-VO), erfasst wegen Art. 66 Brüssel Ia-VO aber auch schon vorher getroffene Gerichtsstandsklauseln. Danach ist für ihre Anwendbarkeit nämlich nicht der Zeitpunkt der Forumswahl maßgeblich, sondern der der Verfahrenseinleitung.151 Da die Zahl der einschlägi149
Zu den Gründen schon in Kap. 4, unter IV.1. Eine Ausnahme bilden die Grenzen aus Art. 15, 19, 23 f. Brüssel Ia-VO, die auch auf GStKl zugunsten drittstaatlicher Gerichte Anwendung finden, hier aber keinen Schwerpunkt bilden, da sie nicht nur die AGB-förmige Gerichtsstandswahl betreffen, auch wenn sie hier praktisch große Bedeutung haben, siehe schon III.1. 151 Siehe nur EuGH – Sanicentral, 13.11.1979, Rs. C-25/79, Rn. 6 f. (zu Art. 17 EuGVÜ) und Garcimartin, in: Dickinson/Lein, The Brussels I Regulation Recast (2015), Rn. 9.29. Kritik am fehlenden Vertrauensschutz bei Geimer, in: Zöller, Art. 25 EuGVVO Rn. 60. Wann ein Verfahren als eingeleitet gilt, kann sich je nach Mitgliedstaat unterscheiden. Es ist umstritten, ob Art. 32 Brüssel Ia-VO, der bei den Lis-pendens-Regeln prinzipiell auf die Einreichung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks abstellt, verallgemeinerbar ist, dazu Stadler, in: Musielak/ Voit, Art. 66 EuGVVO nF Rn. 1. Auf den späteren Zeitpunkt der tatsächlichen Klagezustellung stellt dagegen z. B. das OLG Düsseldorf, 30.1.2004, jurisRn. 18 ff., ab (zur Brüssel I-VO). 150
IV. Bestandsaufnahme
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gen Entscheidungen trotzdem überschaubar bleibt (vgl. die Übersicht zur Suche in Anhang 3), wurde zusätzlich auf die Rechtsprechung zur Vorgängerverordnung zurückgegriffen. Art. 23 Brüssel I-VO fordert zwar anders als Art. 25 Brüssel IaVO noch den EU-Wohnsitz wenigstens einer der beteiligten Parteien und kennt keine explizite Verweisung auf das nationale Recht, ist ansonsten aber inhaltsgleich.152 Er ist nach Art. 76 Brüssel I-VO am 1. März 2002 in Kraft getreten und gilt für Verfahren, die zwischen diesem Tag und dem 10. Januar 2015 eingeleitet worden sind (vgl. Art. 66 Brüssel I- und Ia-VO). Da so bereits genügend aussagekräftige Entscheidungen gesammelt werden konnten, wurde darauf verzichtet, darüber hinaus noch die frühere Rechtsprechung zum EuGVÜ – dem völkerrechtlichen Vorgänger der Brüssel I-VO – auszuwerten. Eine Ausnahme bilden Leit entscheidungen des EuGH, die das Verständnis der späteren Nachfolger prägen.153 Die Analyse bezieht außerdem Entscheidungen zum LugÜ-II ein, da so immerhin die gerichtliche Kontrolle von Gerichtsstandsklauseln zugunsten der Drittstaaten Island, Norwegen und der Schweiz betrachtet werden kann (siehe schon III.1.). Das LugÜ-II ist seit dem 1. Januar 2010 für die mitgliedstaatlichen Gerichte verbindlich und entspricht in Struktur und Inhalt weitgehend der Brüssel I-VO.154 Das vorher geltende Lugano-Übereinkommen von 1988 wird als Parallelübereinkommen zum EuGVÜ dagegen ebenfalls nicht mitbetrachtet. Gleiches gilt für das HGÜ sowie das nationale Zuständigkeitsrecht (vgl. schon III.1.). Bei der Recherche wurde wie bereits im Rahmen des letzten Kapitels in erster Linie auf die juris-Datenbank zurückgegriffen.155 Da dort allerdings auch im Falle von Gerichtsstandsklauseln die Zuordnung zu den einschlägigen europä ischen Normen (Art. 25 Brüssel Ia-VO, Art. 23 Brüssel I-VO, Art. 23 LugÜ-II) nicht verlässlich funktioniert,156 erfolgte zugleich eine Volltextsuche mithilfe bestimmter Schlagwörter und Suchkombinationen (siehe die Auflistung in Anhang 3). Die so erzielten Treffer wurden anschließend zur Vervollständigung mit der EUPILLAR-Datenbank abgeglichen, was allerdings nur eine weitere, zuvor 152 Die fehlende Festschreibung des Trennungsprinzips (vgl. jetzt Art. 25 Abs. 5 Brüssel Ia-VO) macht ebenfalls keinen Unterschied, da es bereits seit Langem anerkannt ist, dazu bei Fn. 20. Vgl. auch noch Fn. 153. 153 Zur Kontinuität im Brüssel-Regime u. a. EuGH – Refcomp, 7.2.2013, Rs. C-543/10, Rn. 18. Siehe daneben auch ErwG 34 sowie Art. 68 Abs. 2 der Brüssel Ia-VO. 154 Zur zeitlichen Anwendbarkeit BGH, 23.10.2012, jurisRn. 6 f.; BGH, 31.5.2011, jurisRn. 16; abweichend allerdings Gottwald, in: MüKo-ZPO, Art. 64 LugÜ Rn. 4; wohl auch BGH, 25.1.2017, jurisRn. 15. Zur Parallelität zwischen LugÜ-II und Brüssel I-VO schon unter III.1. bei Fn. 81. 155 Siehe zu dieser Wahl schon die Fn. 106 in Kap. 4. 156 Zur unvollständigen Zuordnung auch schon in Kap. 4, unter IV.1. Siehe hier z. B. OLG Hamm, 29.5.2012; OLG Stuttgart, 5.11.2007, die zwar insb. Art. 5, aber nicht Art. 23 Brüssel I-VO zugeordnet werden.
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Fünftes Kapitel: Kontrolle von Gerichtsstandsklauseln
nicht entdeckte Entscheidung zutage förderte.157 Unerwartete Schwierigkeiten ergaben sich für die Untersuchung vor allem daraus, dass die in juris zu findenden Entscheidungen den zugrunde liegenden Sachverhalt oftmals nur verkürzt oder anonymisiert wiedergeben. Es lässt sich daher bei einigen von ihnen nicht klar genug erkennen, in welchem Land das prorogierte Gericht oder die beteiligten Parteien ihren Sitz hatten.158 Das ist allerdings ausschlaggebend dafür, welches Rechtsregime (rein nationales oder vereinheitlichtes Zuständigkeitsrecht) zur Anwendung kommt. Entscheidungen, in denen ausschließlich von der örtlichen Zuständigkeit die Rede ist und auch sonst jeder Anhaltspunkt für einen subjektiven oder objektiven Auslandsbezug fehlt, wurden daher als (höchstwahrscheinlich) rein inländische Fälle von der Analyse ausgenommen.159 Ebenso wurde mit Entscheidungen verfahren, bei denen die Schilderung des Sachverhalts auf das Vorliegen einer frei ausgehandelten Individualvereinbarung hindeutet.160 Wie im vierten Kapitel wurden zudem Fälle, in denen die Gerichte die Gerichtsstandsklauseln nicht näher kontrollieren, sondern lediglich feststellen, dass diese gültig sind, nicht als einschlägig bewertet. Denn sie geben keine wirkliche Auskunft darüber, welche Anforderungen im Rahmen der Kontrolle 157 Dabei handelt es sich um KG Berlin, 19.7.2013. Die schon in Kap. 4 unter IV.1. geäußerte Kritik an der Datenbank trifft auch im Kontext mit GStKl überwiegend zu. Zwar ist der Datensatz hier deutlich größer als bei RwKl, die Zusammenfassungen sind aber erneut oft lückenhaft und teils schwer zu verstehen. Zahlreiche Entsch. betreffen zudem gar keine GStKl oder lassen deren Anerkennung offen, werden aber für Art. 25 Brüssel Ia-VO und Art. 23 Brüssel I-VO angezeigt. 158 Vgl. z. B. LG Hamburg, 17.7.2017, jurisRn. 2: „Die Klägerin mit Sitz in H. […] Die in E./ U. ansässige Beklagte […]“, da die Entsch. allerdings verschiedene Anhaltspunkte für einen Auslandsbezug aufweist (Vertragssprache Englisch; gerichtliche Prüfung der int. Zuständigkeit) und ein mitgliedstaatliches Gericht benannt ist (Hamburg), wurde die Entsch. bei der Analyse einbezogen. Gleiches gilt z. B. für OLG Zweibrücken, 7.2.2013, wo ebenfalls nur vom „Sitz in B…“ bzw. „Gerichtsstandsvereinbarung für D… (B…)“ die Rede ist, was nach den weiteren Ausführungen aber wohl für Belgien steht. Kritisch zur Anonymisierung im Fall des OLG Hamm, 20.9.2005, auch Spellenberg, Doppelter Gerichtsstand in fremdsprachigen AGB, IPRax 2007, 98, ibd. („entschieden übertrieben und vermutlich schlichte Gedankenlosigkeit“). 159 Für inl. GStKl gilt allein das nat. Zuständigkeitsrecht, vgl. III.1. Exemplarisch OLG Brandenburg, 3.3.2021; OLG München, 31.10.2016; OLG Karlsruhe, 10.3.2015. Für Gegen bsp. siehe Fn. 158. 160 So bei LG Frankenthal, 30.4.2008, wo die Formulierung der GStKl auf den konkreten Einzelfall zugeschnitten ist (jurisRn. 17) oder OLG Celle, 26.11.2003, wo die Parteien laut Gericht als Kompromiss ein neutrales Gericht gewählt hatten (vgl. jurisRn. 28). Wohl auch BGH, 6.12.2018 und BGH, 30.3.2006. Dass BGH, 25.1.2017, eine Individualvereinbarung betrifft, ergibt sich erst aus der späteren Entsch. BGH, 26.4.2018, jurisRn. 28; bei KG Berlin, 3.12.2020, erst aus der Revisionsentsch. BGH, 15.6.2021, jurisRn. 53 („Individualvereinbarung“). Alle diese Entsch. werden deshalb im Folgenden jedenfalls nicht mitgezählt bzw. als einschlägig bezeichnet, auch wenn sich ihnen teils allgm. Erkenntnisse entnehmen lassen.
IV. Bestandsaufnahme
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angelegt werden und wie das Konkurrenzverhältnis gesehen wird.161 Oft lassen die Gerichte die Gültigkeit der Gerichtsstandsklauseln jedoch auch ausdrücklich offen, da sie die Frage z. B. für eine sog. doppelrelevante Tatsache halten162 oder ihre Zuständigkeit stattdessen auf eine konkrete Erfüllungsortvereinbarung stützen.163 Letzteres geht schon deshalb fehl, weil Erfüllungsortvereinbarungen nach Art. 7 Nr. 1 Brüssel Ia-VO allein eine objektive Zuständigkeit begründen, der die subjektive Parteiwahl systematisch vorgeht. Die Gerichte müssten Gerichtsstandsklauseln daher an sich stets zuerst prüfen.164 Bei Ersterem ist wiederum fraglich, ob insbesondere angesichts des europäischen Effet-utile-Grundsatzes sowie des Trennungsprinzips im europäischen Rechtsraum an dieser deutschen Lehre und Praxis überhaupt noch festgehalten werden kann. Hier ist indessen nicht der Ort, diesem prozessualen Problem näher nachzugehen oder es zu entscheiden.165 Aus dem Entscheidungsmaterial herausgenommen wurden zuletzt noch Fälle, in denen sich die Gerichte allein mit der subjektiven Reichweite der geltend gemachten Gerichtsstandsklausel befassen, also mit der Frage, ob ein Dritter eben-
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Siehe schon Kap. 4, IV.1. So hier z. B. OLG Frankfurt, 28.10.2021; LG Saarbrücken, 16.9.2016; LG Karlsruhe, 3.1.2014; OLG Karlsruhe, 24.11.2009; LG Aachen, 28.11.2006. Vgl. auch OLG Köln, 14.3.2005, das die Gültigkeit der derog. GStKl offenlässt, da die Vorinstanz ohnehin nicht objektiv zuständig sei. Nur zur Einbeziehung der materiellrechtlichen Klauseln LG Neubrandenburg, 3.8.2005, jurisRn. 64, das dann bzgl. der GStKl zwar auf diese Ausführungen verweist, dabei aber die unterschiedlichen Anforderungen verkennt. 162 Siehe insb. BGH, 25.3.2015, jurisRn. 25, der die Frage der Einbeziehung der GStKl dann aber doch noch näher erörtert (deshalb hier mitgezählt). Ähnlich OLG Koblenz, 1.3.2010, NJW-RR 2010, 1004, ibd. Differenzierend OLG Saarbrücken, 22.12.2016. Unklar OLG München, 15.7.2009. 163 So z. B. OLG Stuttgart, 7.8.2017, jurisRn. 31; OLG Hamm, 19.5.2015, jurisRn. 39; OLG München, 15.7.2009, jurisRn. 8; OLG München, 14.1.2009, jurisRn. 46; BGH, 1.6.2005, jurisRn. 14. Abstrakte Erfüllungsortvereinbarungen, die der EuGH Gerichtsstandsvereinbarungen gleichstellt, werden von dieser Arbeit nicht behandelt, dazu z. B. Klemm, Erfüllungsortvereinbarungen im Europ. Zivilverfahrensrecht (2005). 164 Aus dem Blickwinkel des (dt.) Urteilsstils ist das Vorgehen allerdings nachvollziehbar, wenngleich dogmatisch nicht überzeugend. Ähnliche Kritik am BGH-Urteil aus Fn. 163 auch bei Hau, Gerichtsstandsvertrag, IPRax 2009, 44, ibd. Fn. 2 und Mankowski in dessen Anm. dazu für LMK 2005, 155248. Vgl. außerdem EuGH – Saey Home & Garden, 8.3.2018, Rs. C-64/17, Rn. 22, wo der EuGH wegen dieses Vorrangs explizit zuerst die Vorlagefrage zu Art. 25 Brüssel Ia-VO beantwortet, bevor er auf Art. 7 Brüssel Ia-VO eingeht. 165 Detailliert dazu z. B. Klöpfer/Wendelstein, Anm. EuGH – Granolo, JZ 2017, 99, 100 ff. und Mankowski, Die Lehre von den doppelrelevanten Tatsachen, IPRax 2006, 454 ff. Am Rande, mit dem Arg. des Trennungsprinzips, auch z. B. H. Roth, Vereinbarungen über die int. Zuständigkeit, IPRax 2019, 397, 399 f.
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Fünftes Kapitel: Kontrolle von Gerichtsstandsklauseln
falls an sie gebunden ist.166 Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem bilateralen Verhältnis zwischen Klauselverwender und Klauselgegner und blendet die externen Effekte von Streitbeilegungsklauseln auf Dritte oder auch die Allgemeinheit weitgehend aus. Behandeln die Entscheidungen inzident jedoch noch weitere für das originäre Vertragsverhältnis relevante Aspekte, wie etwa die Voraussetzung für eine dortige Einbeziehung der Gerichtsstandsklauseln oder deren materielle Wirksamkeit, werden sie im Folgenden mitberücksichtigt.167 Trotz all dieser Einschränkungen verbleiben im Untersuchungszeitraum für die Analyse insgesamt immer noch 91 Entscheidungen bzw. 81 Fälle, in denen die Gerichte die geltend gemachten Gerichtsstandsklauseln einer näheren Kontrolle unterziehen.168 In über 60 % davon (50 von 80 Fällen) versagen sie ihnen infolgedessen die Anerkennung.169 Auf welche Gründe sie sich dabei stützen und ob diese rechtsdogmatisch überzeugen, untersuchen die folgenden Abschnitte. 2. Einbeziehungskontrolle Beruft sich der Kläger für die gerichtliche Zuständigkeit auf eine Gerichtsstandsklausel, lässt sich der Beklagte auf das Verfahren aber nicht rügelos ein, muss das angerufene Gericht dem klägerischen Vortrag nachgehen und feststellen, ob die behauptete Vereinbarung zwischen den Parteien tatsächlich zustande gekommen und wirksam ist.170 Ein erster Schritt dabei ist die Frage der Einigung, über die bei der Verwendung von AGB im nationalen Bereich oft die AGB-recht166 So z. B. BGH, 11.11.2010 (Bindung an GStKl durch Schuldbeitritt) oder BGH, 15.2.2007 (Bindung des Reeders an GStKl in Konnossement). 167 So z. B. OLG Stuttgart, 31.7.2012 oder EuGH – Ryanair ./. DelayFix, 18.11.2020, Rs. C-519/19. 168 Davon betreffen 6 das LugÜ-II. Alle einschlägigen Fälle und Entsch. finden sich in der Übersicht in Anh. 4. Meistens ist jedoch nur eine Instanz bei juris veröffentlicht oder prüft die GStKl näher. 169 Um genau zu sein: in 62,5 % (im Fließtext gerundet). Bei den Entsch. sind es 61 % (55 von 90 Entsch.), vgl. auch insofern Anh. 4. Die Abweichung (80 statt 81 Fälle, 90 statt 91 Entsch.) ergibt sich daraus, dass das OLG Saarbrücken, 22.12.2016, in dieser Entsch. eine GStKl anerkennt, einer weiteren aber die Anerkennung versagt und sich hier deshalb nicht binar als Anerkennungs- oder Nichtanerkennungsentsch. werten lässt. 170 Wegen der Möglichkeit einer Zuständigkeitsbegründung nach Art. 26 Brüssel Ia-VO prüft das Gericht seine int. Unzuständigkeit grdsl. – bis auf Art. 24 Brüssel Ia-VO – nicht von Amts wegen (vgl. Art. 27 Brüssel Ia-VO). Lässt sich der Beklagte auf das Verfahren aber nicht ein, z. B. weil er die GStKl für unwirksam hält oder sich gar nicht äußert, muss das Gericht seine Zuständigkeit prüfen (Art. 28 Brüssel Ia-VO). Gleiches gilt, wenn es an sich objektiv zuständig ist, der Beklagte aber seinerseits eine derog. GStKl anführt. Siehe hierzu v. a. Geimer, in: Zöller, Art. 25 EuGVVO Rn. 52 und H. Roth, Vereinbarungen über die int. Zuständigkeit, IPRax 2019, 397, 398 f. Für eine stärkere Harmonisierung der nat. Prozessrechtsvorschriften Hess, Reforming the Brussels Ibis Regulation, MPILux Research Paper Series 4/2021, S. 14.
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liche Einbeziehungskontrolle entscheidet.171 Sie sieht in der Regel vor, dass der Klauselverwender den Klauselgegner vor dem Vertragsschluss auf seine AGB hinweist und ihm eine Kenntnisnahme dieser ermöglichen muss, damit der Klauselgegner durch seine generelle Zustimmung zum Vertrag auch nur an solche Klauseln gebunden wird, die er bemerkt hat oder hätte bemerken können.172 a) Verhältnis zur Brüssel Ia-Verordnung Erinnert man sich an die vorherigen Ausführungen zu den europäischen Formvorgaben (III.2.c)), fällt auf, dass diese genau dasselbe Ziel verfolgen. Wie die AGB-rechtliche Einbeziehungskontrolle wollen auch sie verhindern, dass eine einseitig diktierte Gerichtsstandsklausel von der anderen Seite unbemerkt bleibt.173 Da funktional äquivalente Vorgaben des europäischen denen des nationalen Rechts vorgehen,174 nimmt das rechtsdogmatische Schrifttum dementsprechend an, dass die AGB-rechtliche Einbeziehungskontrolle von Gerichtsstandsklauseln im europäischen Rechtsraum gesperrt ist. Deren Einbeziehung richte sich vielmehr nach den vom EuGH entwickelten „euroautonomen Standards“.175 Daran soll wohl auch die neue Verweisung aus Art. 25 Abs. 1 S. 1 a. E. Brüssel Ia-VO nichts ändern. Zwar fehlen bisher speziell zur Frage der Einbezie171
Bedeutung kann daneben u. a. den Vorschriften des allgm. Vertragsrechts etwa über den Zugang von Willenserklärungen oder Willensmängel zukommen. Auch das AGB-rechtliche Verbot überraschender Klauseln sowie die Transparenzkontrolle werden oft der Einigung zugeordnet. Zu Letzteren noch unter 4. und 5. 172 Rechtsvergleichenden Ausführungen und Nachweise hierzu schon in Kap. 4, eingangs unter IV.2. 173 Siehe schon unter III.2.c). 174 Deutlich insb. Dickinson, in: ders./Lein, The Brussels I Regulation Recast (2015), Rn. 1.112: „[T]he application of national law is excluded to the extent that […] the law performs a function which duplicates that of a rule within the Regulation.“ Generell zum Vorrang des europ. Rechts schon am Anfang von III. 175 Begriff von E. Peiffer, Schutz gegen Klagen im forum derogatum (2013), S. 151. Die funktionale Äquivalenz ebenfalls gut herausarbeitend Wagner, Prozessverträge (1998), S. 382 ff. (zu Art. 17 EuGVÜ, knapper später zu Art. 23 Brüssel I-VO in: Stein//Jonas, Rn. 38, 43). Explizit für eine Sperre auch Garber, Gerichtsstandsvereinbarungen im allgm. Vertragsrecht, in: Czernich/Geimer, Streitbeilegungsklauseln (2017), Rn. 55; Gaier, in: BeckOK-ZPO, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 9, 48; Gottwald, in: MüKo-ZPO, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 79; Hau, in: M. Wolf/Lindacher/Pfeiffer, GStKl Rn. G 158, 162, 178; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Int. Vertragsrecht (2021), Rn. 7.37, 7.54, missdeutlich 7.46; Magnus, in: ders./Mankowski, Art. 25 Brussels Ibis Regulation Rn. 89, 96; Mankowski, in: Rauscher, Art. 25 Brüssel Ia-VO insb. Rn. 220; Nordmeier, Int. Gerichtsstandsvereinbarungen nach der EuGVVO n. F., RIW 2016, 331, 334; H. Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. § 305 BGB Rn. 23; Stadler, in: Musielak/Voit, Art. 25 EuGVVO nF Rn. 8; Stoffels, AGB-Recht (2021), Rn. 1064; M. Weller, in: Wieczorek/Schütze, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 27. Noch zur Brüssel I-VO insb. Kropholler/v. Hein, EuZPR (2011), Art. 23 EuGVO Rn. 19; Lindacher, Int. GStKl in AGB, FS Schlos-
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hungskontrolle weitgehend nähere Stellungnahmen; die Konkurrenz beim Konsens ist generell hochumstritten (vgl. III.2.c), 3.), die meisten scheinen aber auch nach der Neufassung noch an der bisherigen Bewertung festhalten zu wollen.176 Einige wenige verweisen sogar explizit darauf, dass Art. 25 Abs. 1 S. 1 Brüssel Ia-VO mit der neuen Formulierung „es sei denn, die Vereinbarung ist materiell nichtig“ gerade voraussetze, dass eine solche Vereinbarung bereits nach den Regeln einer bestimmten Rechtsordnung – nämlich der europäischen – zustande gekommen sei. Fragen, die ebenjenes Zustandekommen und nicht die materielle Wirksamkeit der Einigung beträfen, seien von der Verweisung daher von vornherein ausgenommen.177 Der EuGH hat sich mit der Konkurrenz zwischen den europäischen Vorgaben und dem nationalen AGB-Recht bisher zumindest nicht im Grundsatz beschäftigt. Speziell zu der Frage, in welcher Sprache Gerichtsstandsklauseln verfasst sein müssen, hat er allerdings 1981 in Elefanten Schuh entschieden, dass darauf bezogene nationale Rechtvorschriften wegen Art. 17 EuGVÜ unangewendet bleiben müssten.178 Dabei scheint er die Sprachproblematik als Formfrage zu verstehen,179 was mit der engen Verflechtung von Form und Konsens zusammenhängen dürfte, die seine Rechtsprechung von Beginn an prägt.180 Dass das nationale (AGB-)Recht bei der Einbeziehungskontrolle von Gerichtsstandsklauseln zurückweichen muss, bestätigt einige Jahre später dann auch Trasporti Castelletser 2005, 491, 496. Uneindeutig Briggs, Civil Jurisdiction and Judgments (2015), vgl. Rn. 2.130 f., dafür aber wohl in Rn. 2.133. 176 Vgl. die neueren Stimmen aus der vorigen Fn. Explizit gegen eine Änderung durch die neue Verweisung z. B. Hausmann (vorige Fn.), Rn. 7.53 f. 177 So Magnus, in: ders./Mankowski, Art. 25 Brussels Ibis Regulation Rn. 79a (speziell zur Einbeziehungskontrolle allerdings nur in der Rn. davor); vgl. auch Danelzik, Die Gerichtsstandvereinbarung zwischen ZPO, EuGVVO und HGÜ (2019), S. 104. I.E., aber mit dem Verweis, dass die Einbeziehungskontrolle zur Form gehöre, Nordmeier, Int. Gerichtsstandsvereinbarungen nach der EuGVVO n. F., RIW 2016, 331, 335. Für eine Ausnahme von der Verweisung auch explizit Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Int. Vertragsrecht (2021), Rn. 7.54 und E. Peiffer/M. Peiffer, in: Geimer/Schütze-Loseblatt (EL 52 Sept 2016), Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 103. Anders dagegen Pfeiffer, in: Prütting/Gehrlein, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 12; Wittwer, in: Mayr, Handbuch des EuZVR (2017), Rn. 3.638. 178 EuGH – Elefanten Schuh, 24.6.1981, Rs. C-150/80, Rn. 26 f., 29, zu einer nl. Regelung, die für Arbeitsverträge deren Abfassung auf Nl. vorschrieb. Die Erwägungen des EuGH dürften aber auch auf sonstige nat. Vorgaben übertragbar sein, die sich mit solchen Sprachfragen beschäftigen. 179 Vgl. EuGH – Elefanten Schuh (vorige Fn.), Rn. 26: „Daher steht es den Vertragsstaaten nicht frei, zusätzlich zu den Formvorschriften des Übereinkommens Formerfordernisse festzulegen […]“ i. V. m. Rn. 27. 180 Zur Rspr. seit Estasis Salotti von 1976, wonach die Form zur Sicherung des Konsenses diene, v. a. schon oben unter III.2.c) sowie gerade bei Fn. 173; ausführlicher auch noch im Folgenden.
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ti (1999). Der EuGH wurde dort vom italienischen Corte di Cassazione unter anderem gefragt, ob Art. 1341 des italienischen Codice Civile neben Art. 17 EuGVÜ noch Bedeutung entfalten kann.181 Art. 1341 Codice Civile regelt in Abs. 1 generelle Einbeziehungsvoraussetzungen für AGB und schreibt in Abs. 2 für besonders gefährliche Klauseln – unter ihnen Gerichtsstandsklauseln – eine gesonderte Unterschrift vor.182 Auf sie soll es laut dem EuGH im europäischen Rechtsraum aber nicht mehr ankommen, da „Artikel 17 [EuGVÜ] im Interesse der Rechtssicherheit und zur Gewährleistung des Einverständnisses der Parteien selbst die Formvoraussetzungen für Gerichtsstandsklauseln aufstellt.“183 Die mitgliedstaatlichen Gerichte sind grundsätzlich derselben Ansicht und prüfen die Einbeziehung der vor ihnen angeführten Gerichtsstandsklauseln daher ausschließlich anhand des europäischen Rechts, wobei sie die Sperre der nationalen AGB-Rechtsvorschriften zum Teil sogar explizit betonen.184 Vereinzelt kommt es allerdings auch immer wieder vor, dass die Gerichte zwar noch die Einhaltung der nötigen Form anhand des europäischen Rechts überprüfen, bezüglich der Einigung dann aber das nationale Recht für maßgeblich erklären. Zu einer speziell AGB-rechtlichen Einbeziehungskontrolle kommt es im Untersuchungszeitraum trotzdem aber schlussendlich nie, da die Gerichte in den entsprechenden Fällen dem CISG den Vorrang geben.185 Die Entscheidungen betreffen Vgl. EuGH – Trasporti Castelletti, 16.3.1999, Rs. C-159/97, Rn. 12, dort dann Frage 10. und Übersetzung der Vorschrift bei Ranieri, Europ. Obligationenrecht (2009), S. 334. Vgl. hierzu außerdem bereits die Ausführungen und Nachweise in Kap. 4, IV.2.b) bei Fn. 132 f. 183 EuGH – Trasporti Castelletti, 16.3.1999, Rs. C-159/97, Rn. 34, unter Verweis auf Elefanten Schuh (vgl. Fn. 178), konkret zur Sperre in Rn. 35, 37 ff. 184 So z. B. LG Aachen, 22.6.2010, jurisRn. 28 (zu Art. 23 Brüssel I-VO): „Die Verordnung regelt die Modalitäten der Form für Zuständigkeitsvereinbarungen, die in den Anwendungsbereich des Art. 23 EuGVVO fallen, abschließend; dies gilt auch für die Regeln über die Einbeziehung von AGB […].“ In dem Sinne auch BGH, 10.2.2021, jurisRn. 28, 36 (u. a. unter Bezug auf EuGH – Ryanair ./. DelayFix, das allerdings nicht die Einbeziehungskontrolle betrifft); OLG Stuttgart, 27.4.2015, jurisRn. 106 f. zu Art. 23 LugÜ-II. Siehe daneben v. a. OLG Zweibrücken, 7.2.2013, jurisRn. 19; LG Landshut, 12.6.2008, jurisRn. 30. Aus den anderen Mitgliedstaaten z. B. Gerechtshof Den Haag, 25.4.2017, ZIP 2017, 1973, 1974; OGH, 18.12.2014 sowie OGH, 10.1.2006. Am Rande auch Corte di Cassazione, 14.6.2007, IHR 2009, 74, 75. 185 Besonders deutlich LG Kleve, 11.6.2014, jurisRn. 16 ff. Mit einer Mischung aus Brüssel Ia-/I-VO und CISG auch OLG Köln, 25.5.2012, jurisRn. 78 ff., insb. 79; OLG Düsseldorf, 23.3.2011, Rn. 23 ff., insb. 28; LG Landshut, 12.6.2008, jurisRn. 38 ff., siehe insb. 48 f. (trotz jurisRn. 30); OLG Oldenburg, 20.12.2007, jurisRn. 65 ff.; OLG Köln, 24.5.2006, jurisRn. 10 f.; 21.12.2005, Rn. 7 f.; LG Neubrandenburg, 3.8.2005, jurisRn. 64 i. V. m. 53 ff.; LG Trier, 8.1.2004, IHR 2004, 115, 116. Obiter auch OLG Köln, 29.2.2012, jurisRn. 31 f., unbeanstandet von BGH, 7.11.2012. Mit einer ausschließlichen Prüfung der GStKl anhand des CISG LG Hamburg, 17.7.2017, jurisRn. 22 ff., das dabei zugleich gegen das Trennungsprinzip verstößt. Ohne klare Trennung auch LG Dortmund, 30.5.2018, jurisRn. 63 ff., letztlich unklar nach wel181
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also vor allem das hier nicht untersuchte Verhältnis zwischen europäischer Zuständigkeitsrechtsvereinheitlichung und internationalem Einheitssachrecht. Für die Konkurrenz zum nationalen AGB-Recht kommt ihnen dagegen höchstens geringe Aussagekraft zu, da sie sich faktisch lediglich nebenbei gegen die in der Rechtsprechung generell vorherrschende Meinung stellen, die AGB-rechtliche Einbeziehungskontrolle bei Gerichtsstandsklauseln gesperrt zu sehen. b) Kontrollpraxis Die Brüssel Ia-VO unterscheidet nicht zwischen individuell ausgehandelten und standardisierten, von der einen Seite diktierten Gerichtsstandsvereinbarungen und schreibt dementsprechend für letztere auch keine besondere Verwendungsweise vor.186 Es gelten die allgemeinen, schon unter III. einleitend beschriebenen Vorgaben, insbesondere das grundsätzliche Schriftformerfordernis aus Art. 25 Abs. 1 S. 3 lit. a Brüssel Ia-VO. Der EuGH hat sich in der Vergangenheit jedoch schon mehrfach speziell mit deren Anwendung auf Gerichtsstandsklauseln auseinandergesetzt. Schließlich kommen diese in der Praxis sehr häufig vor. Dabei hat er aus den europäischen Formvorgaben umfassende einheitlich-europäische Standards abgeleitet, die erfüllt sein müssen, damit die Gerichtsstandsklauseln in das Rechtsverhältnis einbezogen werden und zwischen den Parteien Wirkung entfalten.187 Da seine Entscheidungen die Auslegung und Anwendung der europäischen Vorgaben in den Mitgliedstaaten prägen,188 wird auf sie im Folgenden an den jeweiligen Stellen ebenfalls kurz eingegangen. Der Fokus liegt aber auf
chem Recht (aufgehoben von OLG Düsseldorf, 14.11.2018). Vom OLG Celle, 24.7.2009, Rn. 13 ff. und OLG Düsseldorf, 30.1.2004, jurisRn. 38 ff., wird die Frage offengelassen, da die GStKl nach Art. 23 Brüssel I-VO wie auch Art. 8 CISG unwirksam sei. Der BGH hat 2015 jedoch eigentlich klargestellt, dass „[p]rozessrechtlich geprägte Abreden wie etwa Gerichtsstandsklauseln […] jedenfalls hinsichtlich der Anforderungen an ihr wirksames Zustandekommen nicht den Bestimmungen des Übereinkommens [scil. des CISG]“ unterfallen, sondern sich nach der Brüssel I-VO richten und dem Vorgehen der Instanzgerichte damit eine Absage erteilt, siehe BGH, 25.3.2015, jurisRn. 56. Für eine Anwendbarkeit der §§ 305, 305c BGB allerdings dann – ohne Begründung – BGH, 17.10.2019, jurisRn. 23, der hierdurch aber keine strengeren Einbeziehungsmaßstäbe begründet sieht. 186 Ähnlich Abendroth, Parteiautonome Zuständigkeitsbegründung (2016), S. 111; Wagner, Prozessverträge (1998), S. 381. 187 Vgl. statt vieler nur Magnus, in: ders./Mankowski, Art. 25 Brussels Ibis Rn. 5. Kurz schon bei Fn. 175. 188 Dem EuGH kommt nach Art. 19 Abs. 3 lit. b EUV, Art. 267 Nr. 2 AEUV bzgl. des Unionsrechts ein Auslegungsmonopol zu. Die mitgliedstaatlichen Gerichte müssen sich daher grdsl. an seine Entsch. halten. Vgl. Gsell, Zivilrechtsanwendung im Europ. Mehrebenensystem, AcP 214 (2014), 99, 114 ff.
IV. Bestandsaufnahme
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der Kontrollpraxis der mitgliedstaatlichen, vor allem der deutschen Gerichte (siehe schon IV.1.). Trotz der langjährigen EuGH-Rechtsprechung, ergänzt um zahllose Entscheidungen aus den Mitgliedstaaten, herrscht bei den Beteiligten immer noch große Unsicherheit über die korrekte Einbeziehung von Gerichtsstandsklauseln. Das zeigt sich zum einen daran, dass sich die Gerichte im Untersuchungszeitraum diesbezüglich wiederholt von der nächsthöheren Instanz korrigieren lassen müssen.189 Zum anderen werden die Standards, die doch inzwischen ausreichend bekannt sein müssten, erstaunlich oft nicht eingehalten. So scheitert die gerichtliche Anerkennung in ca. der Hälfte der einschlägigen 81 Fälle, nämlich insgesamt 47 Mal daran, dass die Einbeziehungsvoraussetzungen der Brüssel Ia/I-VO oder des LugÜ-II nach gerichtlicher Auffassung nicht vorliegen.190 Eine erfolgreiche Einbeziehung wird demgegenüber nur in 31 Fällen bejaht. Die Einbeziehungskontrolle ist damit nicht nur qualitativ enorm wichtig für die Zuverlässigkeit von Gerichtsstandsklauseln im gerichtlichen Ernstfall, sondern stellt mit 77 Fällen zugleich das in der analysierten Rechtsprechung dominierend eingesetzte Kon trollinstrument dar.191 Die nächsten Abschnitte gehen deshalb detailliert auf die verschiedenen zu beobachtenden Fallgruppen sowie die sich dort jeweils stellenden Einbeziehungsprobleme ein. c) Gerichtsstandsklauseln im schriftlichen Vertrag Ist die Gerichtsstandsklausel unmittelbar im (Standard-)Vertrag selbst zu finden, genügt das den Gerichten in aller Regel für die Einbeziehung, da die Schriftform hier im Grunde außer Frage steht.192 Erfolgt der Vertragsschluss dagegen im 189 Vgl.
etwa LG Kiel, 27.1.2017 – korrigiert von BGH, 10.2.2021; OLG Hamburg, 14.2.2014, BeckRS 2015, 9353 – korrigiert von BGH, 25.3.2015; LG Landshut, 17.7.2013, BeckRS 2014, 3859 – korrigiert von BGH, 16.1.2014; LG Saarbrücken, 21.10.2010 – korrigiert von OLG Saarbrücken, 18.10.2011. Auch die Zahl der EuGH-Vorlagen und -Entscheidungen zu dem Thema liegt relativ hoch. 190 In einigen weiteren Fällen scheitert die Einbeziehung an den CISG-Standards, vgl. insb. die Übersicht in Anh. 4. Beachte, dass hier die Fälle und nicht die Entsch. oder geprüften GStKl gezählt wurden, weshalb sich im Folgenden höhere Zahlen ergeben können. OLG Saarbrücken, 22.12.2016, wird an dieser Stelle zweifach gezählt, da eine der GStKl für einbezogen, die andere dagegen für nicht einbezogen erklärt wird. In einigen, wenigen Fällen erfolgte überhaupt keine Einbeziehungskontrolle, vgl. auch insofern Anh. 4 sowie die folgende Fn. 191 Hier sind alle Fälle inkludiert, das OLG Saarbrücken allerdings wiederum nur einmal (vgl. vorige Fn.); in manchen Fällen wurden mehrere GStKl kontrolliert. Ohne Einbeziehungskontrolle nur LG Köln, 19.10.2021; LG München, 7.2.2020; AG Simmern, 19.4.2017 und OLG Bamberg, 24.4.2013. Vgl. zudem erneut Anh. 4. 192 Zu verbleibenden Einbeziehungshindernissen aber noch sogleich. Die Einbeziehung in solchen Fällen bejahend OLG Köln, 6.11.2019, jurisRn. 41; BGH, 17.10.2019, jurisRn. 23 (als
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Wege wechselseitiger Erklärungen,193 ist es wichtig, dass sowohl das die Gerichtsstandsklausel enthaltende Angebot als auch dessen Annahme schriftlich erfolgen. Stimmt der Klauselgegner dem schriftlichen Angebot nämlich seinerseits nur mündlich zu, so erfüllt das weder die erste („schriftlich“) noch die zweite Variante von Art. 25 Abs. 1 S. 3 lit. a Brüssel Ia-VO („mündlich mit schriftlicher Bestätigung“).194 Zwar reicht es theoretisch für diese sog. halbe Schriftlichkeit aus, wenn sich nur eine Seite, hier also der Klauselverwender, schriftlich äußert. Voraussetzung dafür ist aber, dass es zwischen den Parteien zuvor bereits zu einer mündlichen Einigung, namentlich auch über die in Rede stehende Gerichtsstandsklausel gekommen ist.195 Das lässt sich später jedoch nur noch selten nachweisen. Tatsächlich findet sich im gesamten Untersuchungszeitraum auch nur ein einziger Fall, in dem das Gericht der Behauptung Glauben schenkt und die Einbeziehungsvariante deshalb bejaht. In dem Fall ist nach den Schilderungen zum Sachverhalt indessen zweifelhaft, ob im Vorfeld tatsächlich schon ein entsprechender, beiderseitiger Bindungswille bestand oder die Gerichtsstandsvereinbarung nicht doch erst mit der Unterzeichnung der Bürgschaftsurkunde zustande kommen sollte.196 Art. 25 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 2 Brüssel Ia-VO kommt Vorinstanz bereits OLG Köln, 26.2.2019, jurisRn. 17 f.); LG Koblenz, 7.5.2019, jurisRn. 21 f.; OLG Hamm, 4.4.2019, jurisRn. 76 f. (wohl AGB); OLG Hamm, 29.5.2017, jurisRn. 7; OLG München, 3.5.2017, jurisRn. 87 f.; LG Kleve, 27.10.2015, jurisRn. 16, 25; OLG Frankfurt, 30.3.2015, jurisRn. 68, 70; OLG Köln, 25.5.2012, jurisRn. 75 (Reichweite der GStKl aber problematisch); OLG München, 25.10.2010, jurisRn. 21; LG Stuttgart, 3.5.2010, jurisRn. 19; OLG Karlsruhe, 9.8.2006, jurisRn. 7; LG Mainz, 13.9.2005, jurisRn. 61; OLG Hamburg, 14.4.2004, NJW 2004, 3126, ibd. Wohl auch LG Stralsund, 12.12.2008, vgl. insb. jurisRn. 29; LG Hamburg, 13.3.2008, jurisRn. 65 (GStKl jeweils im Frachtvertrag). Das LG Würzburg, 2.8.2012, jurisRn. 23 ff., vermutet dagegen einen nachträglichen Austausch der Vertragsseiten und lehnt eine Einbeziehung daher ab. 193 Zur Zulässigkeit eines solchen Abschlusses z. B. BGH, 26.4.2018, jurisRn. 25. 194 Siehe insb. BGH (vorige Fn.), jurisRn. 26 f., 29, der die Gültigkeit der GStKl dort i.E. aber offenlässt, da für lit. c die erforderlichen Tatsachen noch nicht festgestellt waren (daher hier generell nicht mitgezählt). 195 EuGH – Galeries Segoura, 14.12.1976, Rs. C-25/76, Rn. 7 f.; Berghoefer, 11.7.1985, Rs. C-221/84, Rn. 15 f.; aus dem Schrifttum statt vieler Wagner, in: Stein/Jonas, Art. 23 EuGVVO Rn. 65 f. 196 Vgl. insb. jurisRn. 9 f., 45 bei OLG Bamberg, 30.1.2019, das aus dem Umstand, dass die ursprüngliche Schweizer Gerichtsstandswahl auf Betreiben der dt. Seite geändert worden war, dagegen selbst bereits eine Einigung ableitet, die die Schweizer Bürgin mit der Unterschrift der Urkunde dann schriftlich bestätigt habe. Die dt. Bestellerin hatte direkt jedoch nie mit der Bürgin, sondern nur mit einem anderen Schweizer Unternehmen kommuniziert, für deren Vertragsleistung sich die Klauselgegnerin verbürgte (vgl. jurisRn. 2 ff.). Zu einer Vertretungsbefugnis äußert sich das OLG nicht. Das LG hatte eine Einigung zuvor noch abgelehnt (vgl. jurisRn. 20). Es wird in dem Fall nicht ganz klar, ob die Gerichtsstandswahl – zwischen wem auch immer – frei ausgehandelt worden ist oder auf die AGB der dt. Seite zurückgeht. Die Entsch. wird hier
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in der Praxis damit insgesamt keine empirisch belegbare Bedeutung zu.197 Daher ist außer in den Sonderfällen des Art. 25 Abs. 1 S. 3 lit. b oder c Brüssel Ia-VO (zu ihnen noch unter e)) stets eine schriftliche Einigung nötig. Diese kann neben den klassischen Kommunikationsmitteln Brief oder Fax gemäß Art. 25 Abs. 2 Brüssel Ia-VO auch elektronisch, also z. B. per E-Mail erfolgen.198 Trotz der beiderseitigen Einhaltung der Schriftform kann die Einbeziehung jedoch noch scheitern, etwa wenn die Gerichtsstandsklausel nicht klar genug aus dem Vertrag oder Angebot hervorgeht. So erkennen im Untersuchungszeitraum mehrere Gerichte die dort geltend gemachten Gerichtsstandsklauseln nicht an, weil sie erst nach dem eigentlichen Text in der Fußzeile bzw. den Adressangaben erscheinen. Hier habe der Klauselgegner selbst bei Anwendung der von ihm zu erwartenden normalen Sorgfalt nicht erkennen können, dass der Klauselverwender nur unter der Einbeziehung seiner Gerichtsstandsklausel kontrahieren wolle.199 Ähnlich sieht es wohl auch die Kontrollpraxis in Österreich.200 Entscheidend ist somit also – wie auch nach den meisten nationalen AGB-Rechtsordnungen – das Bestehen einer zumutbaren Kenntnisnahmemöglichkeit. An ihr fehlt es laut EuGH ebenso, wenn die Gerichtsstandsklausel nur auf der Rückseite des daher mitgezählt, auch wenn Zweifel an der Klauseleigenschaft bestehen. Verneint wird die Einbeziehungsvariante dagegen im Untersuchungszeitraum explizit bei OLG Düsseldorf, 14.11.2018, jurisRn. 95 ff.; LG Bielefeld, 25.9.2014, jurisRn. 20; OLG Frankfurt, 5.6.2014, insb. jurisRn. 10; OLG Köln, 7.3.2013, jurisRn. 6; OLG Saarbrücken, 18.10.2011, jurisRn. 31 (nur Vorverhandlungen); OLG Stuttgart, 18.4.2011, jurisRn. 23 (dort versehentlich als lit. b bezeichnet) und OLG Düsseldorf, 23.3.2011, jurisRn. 35 ff. 197 Vor Beweisproblemen warnen auch u. a. Garber, Gerichtsstandsvereinbarungen im allgm. Vertragsrecht, in: Czernich/Geimer, Streitbeilegungsklauseln (2017), Rn. 67; Gottwald, in: MüKo-ZPO, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 40 und Nordmeier, Int. Gerichtsstandsvereinbarungen nach der EuGVVO n. F., RIW 2016, 331, 333. Zuversichtlicher wohl Geimer, in: Zöller, Art. 25 EuGVVO Rn. 20. 198 Näher insb. BGH, 7.1.2014, jurisRn. 4. Der Abs. 2 wurde mit der Brüssel I-VO neu eingefügt und dient dazu, den Abschluss von Verträgen auf elektronischem Wege zu erleichtern, siehe EuGH – El Majdoub, 21.5.2015, Rs. C-322/14, Rn. 36. Zu der dortigen, zweifelhaft entschiedenen Frage noch unter d). 199 OLG Koblenz, 10.9.2013, jurisRn. 36 f.; OLG Hamm, 21.3.2011, jurisRn. 17; im Anschluss daran auch OLG Hamburg, 25.5.2018, jurisRn. 69 ff. sowie als Vorinstanz dazu LG Hamburg, 7.4.2017, jurisRn. 45 ff. Die Passage mit der GStKl war dort zudem in deutlich kleinerer Schrift gehalten als der restliche Text. Mit dem Abstellen auf die Position im Vertrag erinnern die Entsch. an den in Kap. 4 unter IV.4.f) geschilderten Fall des KG Berlin. Anders als dort betonen die Gerichte hier v. a., dass bei normaler Sorgfalt keine Kenntnisnahme erwartet werden kann, weshalb die Entsch. der allgm. Einbeziehungskontrolle zugeordnet werden. Insb. die Ausführungen des LG Hamburg deuten aber auch in Richtung eines europ. Überraschungsverbots, vgl. noch 4.b). 200 Siehe noch 4.b) sowie Tiefenthaler/Czernich, in: Czernich/Kodek/Mayr, Art. 25 EuGVVO Rn. 73 f.
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entsprechenden Vertrags oder Angebots abgedruckt ist. Solange die Vorderseite nicht ausdrücklich auf die umseitigen Regelungen verweist, sei nicht gewährleistet, dass der Klauselgegner der dortigen Gerichtsstandswahl auch tatsächlich zugestimmt habe.201 Eine besondere Hervorhebung der Gerichtsstandsklausel, etwa durch Fettdruck, wird von den Gerichten allerdings selbst dann nicht gefordert, wenn der Vertrag oder das Angebot zahlreiche weitere Klauseln umfasst. Das sieht das Schrifttum zum Teil anders.202 Einbeziehungsprobleme ergeben sich in der Fallgruppe des Weiteren vor allem erstens, wenn der Klauselverwender ein Formular verwendet, in dem sich letztlich nur der Klauselgegner mit der Gerichtsstandswahl einverstanden erklärt. Dieser Fehler war in einem vom BGH 2014 entschiedenen Fall sogar einer Schweizer Rechtsanwältin unterlaufen. Diese hatte ihrer deutschen Mandantin eine Vollmachtsurkunde zwecks Unterschrift zugeleitet, die gleichzeitig eine Wahl ihrer Schweizer Heimatgerichte vorsah. Eine eigene Erklärung der Rechtsanwältin fehlte aber, weshalb der BGH das Bestehen einer schriftlichen Vereinbarung i. S. v. Art. 23 LugÜ-II verneint. Allein der Umstand, dass die Erklärung der Mandantin von der Rechtsanwältin veranlasst worden sei, reiche dafür nicht aus.203 Parallele Entscheidungen sind zu Gerichtsstandsklauseln aus Bürgschaftsurkunden und Kontoeröffnungsformularen ergangen.204 Der Telos der Schriftform lässt hier zwar an sich auch eine weniger strenge Rechtsprechung zu, schließlich muss der Klauselverwender selbst nicht vor seiner Gerichts-
201 EuGH – Estasis Salotti, 14.12.1976, Rs. C-24/76, Rn. 9 (GStKl auf Rückseite des Vertrags) und Tilly Russ, 19.6.1984, Rs. C-71/83, Rn. 16 (GStKl auf der Rückseite eines Konnossements). Aus der mitgliedstaatlichen Rspr. insb. OLG Düsseldorf, 30.1.2004, jurisRn. 32 f. Für den umgekehrten Fall – Einbeziehung wegen eines deutlichen Hinweises bejahend – OLG Saarbrücken, 22.12.2016, jurisRn. 78, 80. 202 Vgl. insb. Hau, in: M. Wolf/Lindacher/Pfeiffer, GStKl Rn. G 163, der angesichts der rationalen Apathie des Klauselgegners und der besonderen Bedeutung von GStKl entweder eine Beschränkung auf „wenige, nicht zu umfängliche Klauseln“ oder eine besondere drucktechnische Hervorhebung der GStKl für nötig hält. Anders aber z. B. Mankowski, in: Rauscher, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 135, 139. 203 BGH, 16.1.2014, jurisRn. 9 f. (zu Art. 23 LugÜ-II), die Rechtsanwältin hat sich dort allerdings selbst nachträglich auch nicht auf die GStKl berufen, sondern ihre Mandantin, die am eigenen Wohnsitz verklagt worden war. Wie der BGH wohl auch der ital. Corte di Cassazione, 14.6.2007, IHR 2009, 74, 75. Das LG Landshut, 17.7.2013, BeckRS 2014, 3859, als Vorinstanz zum BGH hatte das Problem noch übersehen. 204 Vgl. noch vor dem Untersuchungszeitraum BGH, 22.2.2001, jurisRn. 10 f. So anscheinend auch LG Hof, 24.8.2018 (unveröffentlicht) als Vorinstanz zu OLG Bamberg, 30.1.2019, vgl. jurisRn. 19 f. Obiter wohl auch OLG Köln, 5.9.2019, jurisRn. 28 (aber schon keine objektive Zuständigkeit, sodass die Derogation nicht entscheidungserheblich war, außerdem Verstoß gegen Art. 17 LugÜ-II).
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standsklausel geschützt werden – diese kann ihn auch schwerlich überrumpeln.205 Art. 23 LugÜ-II fordert aber (genau wie Art. 23 Brüssel I-VO und Art. 25 Brüssel Ia-VO) explizit eine „Vereinbarung“, wofür zwei grundsätzlich schriftliche Erklärungen unerlässlich sind. Die Kritik aus dem Schrifttum an den Entscheidungen ist daher zumindest nicht zwingend.206 Angesprochen, mangels Entscheidungserheblichkeit aber schlussendlich offengelassen, wird in dem Fall der Rechtsanwältin zudem die strittige Frage, ob für die Schriftform zweitens stets eine Unterschrift der beiden Parteien erforderlich ist.207 Mehrere deutsche Instanzgerichte setzen das in ihren Entscheidungen voraus und erklären Gerichtsstandsklauseln daher für unwirksam, sofern der Vertrag oder die Erklärungen nur von einer Seite unterschrieben sind.208 Der BGH setzt sich mit der Frage selbst erst 2017, erneut im Kontext mit Art. 23 LugÜ-II, tiefergehend auseinander und schließt sich letzten Endes der Position des österreichischen OGH sowie des Schweizer Bundesgerichts (BG) an: Ergebe sich schon aus den Gesamtumständen mit hinreichender Sicherheit, dass die textlich fixierte Gerichtsstandswahl das Ergebnis einer von beiden Seiten getragenen Einigung widerspiegele, sei deren beiderseitige Unterschrift überflüssig. Bereits die textliche Fixierung erfülle in solchen Fällen nämlich den Zweck der Schriftform, den Umfang der Einigung klarzustellen und vor einer unbemerkten Gerichtsstandswahl zu schützen.209 Es ist derzeit indes noch unklar, ob diese Auslegung, die der BGH trotz des offenkundigen Streits ohne Vorlage an den EuGH 205
Zum Telos der europ. Formvorgaben, das zu verhindern, schon unter III.2.c) sowie gerade unter a). 206 Zur entsprechenden ital. Rspr. Wittwer, in: Mayr, Handbuch des EuZVR (2017), Rn. 3.649 mit Fn. 2057 („engherzig“); zur dt. Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Int. Vertragsrecht (2021), Rn. 7.69; E. Peiffer/M. Peiffer, in: Geimer/Schütze-Loseblatt (EL 52 Sept 2016), Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 149. 207 Vgl. BGH, 16.1.2014, jurisRn. 9, der insofern auf die Lockerung in Art. 23 Abs. 2 Lug Ü-II verweist. 208 Vgl. OLG Karlsruhe, 15.1.2009, jurisRn. 26 f. und LG Landshut, 12.6.2008, jurisRn. 35, die jeweils die Schriftform nicht als gewahrt ansehen, da die Auftragsbestätigung mit den AGB (das Angebot) nur vom Klauselgegner, nicht aber vom Klauselverwender unterschrieben worden war. Ebenfalls für das Erfordernis einer beiderseitigen Unterschrift, wenngleich nur obiter OLG Stuttgart, 27.4.2015, insb. jurisRn. 116 f., 121 ff. (zu Art. 23 LugÜ-II); OLG Köln, 19.10.2011, jurisRn. 23; OLG Karlsruhe, 28.3.2006, jurisRn. 106. Mit Verweis auf die beiderseitige Unterschrift die nötige Form bejahend auch LG Kleve, 27.10.2015, jurisRn. 16, 25; LG Stralsund, 12.12.2008, jurisRn. 29. A.A. dagegen OLG Saarbrücken, 22.12.2016, jurisRn. 76; OLG Koblenz, 1.3.2010, NJW-RR 2010, 1004, ibd., die es genügen lassen wollen, wenn die Identität der Erklärenden auch ohne Unterschrift erkennbar ist. So tendenziell auch OLG Köln, 24.4.2013, jurisRn. 27, das aber letztlich v. a. auf die Übermittlung per E-Mail und Art. 23 Abs. 2 Brüssel I-VO abstellt (jurisRn. 28). Vgl. noch Fn. 212. 209 BGH, 25.1.2017, jurisRn. 27 ff. (mit einer Darstellung des Streitstands in jurisRn. 19 ff.), kritisch dazu Dörner in seiner Anm. für LMK 2017, 388798. Der entsprechenden österr. Rspr.
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vornimmt,210 auch für eine einseitig diktierte Gerichtsstandswahl in AGB-Form gilt. Zweifel daran schürt eine spätere Entscheidung des BGH von 2018, in der dieser ausführt, dass der 2017er-Fall eine von beiden Seiten gemeinsam ausgehandelte und anschließend in einem Text dokumentierte Gerichtsstandswahl betrifft.211 Die frühere instanzgerichtliche Rechtsprechung könnte daher speziell bei Gerichtsstandsklauseln nach wie vor relevant und bei ihnen dementsprechend stets eine beiderseitige Unterschrift nötig sein.212 Uneinigkeit besteht zuletzt und damit drittens in der Frage, wie es sich auf eine im schriftlichen Angebot enthaltene Gerichtsstandsklausel auswirkt, wenn der Klauselgegner diesem nur in Bezug auf andere Punkte widerspricht. Während der BGH 2010 und das LG Bonn im Anschluss daran 2012 in solchen Fällen eine Einigung noch generell verneinen,213 fordert der BGH 2015, dass der Klauselgegner die Ablehnung der Gerichtsstandsklausel deutlich zum Ausdruck bringt. Wende er sich nur gegen bestimmte Punkte des angebotenen (Haupt-)Vertrags, könne im Übrigen von seiner Annahme ausgegangen werden. Jedenfalls aber mache er sich die unwidersprochen gebliebenen Punkte mit seinem Änderungsvorschlag zu eigen, weshalb er auch an die ursprünglich fremde Gerichtsstandsklausel gebunden sei, wenn deren Verwender dem neuen, modifizierten Angebot seinerseits später noch einmal formgerecht zustimmt.214 Da der BGH in dieser zweiten Entscheidung seine vorherige Rechtsprechung explizit zustimmend dagegen Tiefenthaler/Czernich, in: Czernich/Kodek/Mayr, Art. 25 EuGVVO Rn. 63. 210 Es handle sich spätestens seit der Neufassung des LugÜ um einen acte clair, da diese nun nach Abs. 2 auch elektronische Übermittlungen in Textform (ohne Unterschrift) genügen lasse, vgl. BGH (vorige Fn.), jurisRn. 40. Kritisch Pfeiffer, Schriftliche Gerichtsstandsvereinbarung ohne Unterschrift, IWRZ 2017, 133. 211 Siehe BGH, 26.4.2018, jurisRn. 28, wo es v. a. um die Anforderungen an den Beweisantrag bei Art. 25 Abs. 1 S. 3 lit. c Brüssel Ia-VO geht. Die 2017er-Entsch. des BGH hebt die Individualvereinbarung selbst nicht deutlich hervor. 212 So zumindest obiter danach auch noch OLG Braunschweig, 22.5.2019, jurisRn. 60 f. (zu einer abstrakten Erfüllungsortvereinbarung in AGB, die analog zu behandeln ist) und OLG Düsseldorf, 14.11.2018, jurisRn. 80 (GStKl dort aber in separaten AGB, bei denen zugleich der Hinweis und die Übermittlung nicht erwiesen waren, dazu noch unter d)): „Die Schriftstücke müssen unterschrieben sein, soweit nicht wie bei Telegramm, Telex, Telefax oder Teletext eine Unterschrift ausscheidet.“ Anders dagegen OLG Hamm, 1.10.2019, jurisRn. 60 f., unter Verweis auf die 2017er-Entsch. des BGH, für eine GStKl in umseitig abgedruckten AGB. 213 BGH, 19.10.2010, jurisRn. 8, wo der Klauselgegner den zu hohen Preis moniert hatte. Das Schreiben könne nicht als Übernahme der dort in Bezug genommenen GStKl gewertet werden (zur Einbeziehung von GStKl in separaten AGB generell noch unter d)); im Anschluss daran auch LG Bonn, 30.10.2012, jurisRn. 26. Am Rande bereits OLG Dresden, 11.6.2007, jurisRn. 75 i. V. m. 12 ff. (Vorbehalt bzgl. Lieferdatum, allerdings ohnehin keine Einbeziehung, da AGB-Hinweis erst nach Vertragsschluss, vgl. noch d)). 214 BGH, 25.3.2015, jurisRn. 51 sowie 52 f. Im Anschluss daran später auch OLG Saarbrü-
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aufgibt, ist seit 2015 davon auszugehen, dass der Klauselgegner einer Gerichtsstandsklausel stets klar widersprechen muss, wenn er verhindern will, dass diese schlussendlich Eingang in den späteren, konsentierten Vertrag findet.215 d) Gerichtsstandsklauseln im separaten Klauselwerk Oft ist die Gerichtsstandsklausel allerdings selbst gar nicht unmittelbar im schriftlichen Vertrag oder Angebot enthalten, sondern erst in einem separaten Klauselwerk, auf das Bezug genommen wird. Es ist in der EuGH- wie auch der mitgliedstaatlichen Rechtsprechung aber seit Langem anerkannt, dass auch ein solcher Verweis bzw. – in der AGB-Rechtssprache – Hinweis für die Einbeziehung einer entsprechenden Gerichtsstandsklausel genügen kann.216 Entscheidend ist, wie der EuGH 2016 zusammenfasst, dass „der von beiden Parteien unterzeichnete Vertragstext selbst ausdrücklich auf die die Gerichtsstandsklausel enthaltenden allgemeinen Bedingungen Bezug nimmt“, der Klauselgegner diesem Hinweis „bei Anwendung der normalen Sorgfalt nachgehen kann, und […] feststeht, dass die die Gerichtsstandsklausel enthaltenden allgemeinen Bedingungen der anderen Vertragspartei tatsächlich zugegangen sind“217. In der Praxis scheitert die Einbeziehung daran allerdings immer noch regelmäßig. Besonders der Hinweis auf die AGB oder deren Übermittlung erfolgt oft nicht rechtzeitig. So lassen sich im Untersuchungszeitraum zunächst 21 Fälle belegen, in denen die mitgliedstaatlichen Gerichte ihre Ablehnung der geltend gemachten Gerichtsstandsklauseln darauf stützen, dass von den maßgeblichen cken, 22.12.2016, jurisRn. 80. Für eine Einigung auf die in Vertragsentwürfen enthaltene GStKl trotz diesbzgl. anderweitiger Differenzen zudem KG Berlin, 15.5.2018, jurisRn. 17. 215 Ebenso Mankowski in seiner Urteilsanm. zum BGH, BB 2015, 1425, ibd., dort auch mit Kritik an der dadurch letztlich kreierten Widerspruchsobliegenheit: „Bloßer Nichtwiderspruch ist eigentlich auch nicht der – von Art. 23 Abs. 1 EuGVVO spezifisch für Gerichtsstandsvereinbarungen – geforderte Konsens […].“ 216 EuGH – Estasis Salotti, 14.12.1976, Rs. C-24/76, Rn. 9, 12 (Hinweis auf rückseitige AGB bzw. auf früheres Angebot, wo AGB-Hinweis); seither ständige Rspr., aus jüngerer Zeit z. B. EuGH – Saey Home & Garden, 8.3.2018, Rs. C-64/17, Rn. 27 (dort aber Hinweis erst in der Rechnung, dazu sogleich) sowie Profit Investment SIM, 20.4.2016, Rs. C-366/13, Rn. 29 (Hinweis auf Emissionsprospekt); vgl. daneben aus der dt. Rspr. insb. OLG Hamm, 29.5.2017, jurisRn. 7; OLG Saarbrücken, 22.12.2016, jurisRn. 78; 18.10.2011, jurisRn. 27. Anders aber wohl LG Baden-Baden, 29.7.2009, jurisRn. 35, das moniert, dass die Vertragserklärungen die in Bezug genommenen AGB nicht im Wortlaut wiedergäben – womit es ihm allerdings auch um die fehlende Übermittlung der AGB gehen kann (unklar). Der interessante Fall eines „dynamischen“ Hinweises auf die online jeweils verfügbaren AGB (von Booking.com), kombiniert mit einer Widerspruchsmöglichkeit bzw. -pflicht für die Hotelbetreiber als Klauselgegner, wird von BGH, 10.2.2021, jurisRn. 31 ff., bedauerlicherweise nicht entschieden, da in concretu schon nicht dargelegt war, dass überhaupt eine Kenntnisnahmemöglichkeit bestand. 217 EuGH – Höszig, 7.7.2016, Rs. C-222/15, Rn. 39 f.
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AGB erst in der Auftragsbestätigung, dem Lieferschein oder der Rechnung des Klauselverwenders die Rede war.218 Auch der EuGH betont 2018 in Saey Home & Garden erneut, dass ein AGB-Hinweis in Rechnungen für Art. 25 Abs. 1 S. 3 Var. 1 Brüssel Ia-VO nicht ausreicht.219 Das überzeugt. Schließlich ist bei einem derart späten Hinweis ausgeschlossen, dass sich die vorher schriftlich erteilte Zustimmung des Klauselgegners nicht nur auf den Abschluss des Hauptvertrags, sondern gleichzeitig auch auf die bis dahin noch gar nicht erwähnten AGB samt der dortigen Gerichtsstandsklausel bezieht. Ein entsprechender Wille ist deshalb nicht feststellbar.220 Schwieriger wird es freilich, wenn der Klauselgegner das entsprechende, verspätete Schreiben noch einmal schriftlich bestätigt bzw. die übermittelten AGB gegenzeichnet. Das OLG Hamm und das OLG Köln gehen 2005 und 2006 in zwei solcher Fälle davon aus, dass es hierdurch nachträglich doch noch zu einer schriftlichen Vereinbarung i. S. v. Art. 23 Brüssel I-VO gekommen sei. Zwar führe die Annahme eines Angebots unter Beifügung der eigenen AGB an sich noch nicht zu einer entsprechenden gemeinsamen Einigung. Bestätige der Vertragspartner die AGB und damit das modifizierte Angebot dann aber selbst noch einmal schriftlich, stimme er hiermit zugleich der dortigen Gerichtsstandsklausel zu.221 Anders sieht das 2007 indessen das OLG Dresden, das vom BGH in der 218 OLG Düsseldorf, 14.11.2018, jurisRn. 93 (übersehen von LG Dortmund, 30.5.2018, das die Einbeziehung noch bejaht, wohl nach nat. Recht); OLG Frankfurt, 5.6.2014, jurisRn. 16 ff.; OLG Koblenz, 20.2.2014, jurisRn. 27; LG Würzburg, 2.8.2012, jurisRn. 29; OLG Stuttgart, 18.4.2011, jurisRn. 21; LG Aachen, 22.6.2010, jurisRn. 30 ff.; OLG Celle, 24.7.2009, jurisRn. 14; OLG Karlsruhe, 12.6.2008, jurisRn. 16; 28.3.2006, jurisRn. 102, 108 f.; OLG Hamm, 6.12.2005, jurisRn. 22; OLG Düsseldorf, 29.7.2005, jurisRn. 22; LG Freiburg, 13.5.2005, jurisRn. 23 i. V. m. 2 f.; OLG Düsseldorf, 30.1.2004, jurisRn. 33; LG Trier, 8.1.2004, IHR 2004, 115, 116; weniger deutlich, aber ebenfalls einschlägig OLG Brandenburg, 26.6.2012, jurisRn. 29 ff.; LG Augsburg, 23.2.2010, jurisRn. 43 ff. i. V. m. 3; OLG Dresden, 11.6.2007, jurisRn. 71 ff. i. V. m. 8 ff.; LG Nürnberg-Fürth, 27.2.2003, IHR 2004, 20, 21; siehe zudem OLG Stuttgart, 5.11.2007, jurisRn. 21 (aber Einbeziehung nach lit. b). Scheinbar ohne irgendeinen Hinweis, daher nicht einbezogen OLG Hamm, 29.5.2012, jurisRn. 13, 21; OLG Düsseldorf, 30.1.2009, jurisRn. 28. Nur obiter, da GStKl wegen Verstoß gegen Art. 9, 13 Brüssel I-VO ohnehin unwirksam, OLG Dresden, 14.1.2014, jurisRn. 23 (Hinweis erst in Versicherungsschein). Nachweise zur Rspr. aus anderen Mitgliedstaaten bei Magnus, in: ders./Mankowski, Art. 25 Brussels Ibis Regulation Rn. 98. A.A., angesichts der übrigen Rspr. aber als Ausreißer einzuordnen, LG Kleve, 11.6.2014, jurisRn. 16 ff. (wohl zudem zum CISG, vgl. oben bei Fn. 185, a. E. von a)) und OLG Schleswig-Holstein, 24.10.2008, jurisRn. 25, die die Einbeziehung trotz des späten AGB-Hinweises bejahen, weil der Klauselgegner der entsprechenden Auftragsbestätigung nicht widersprochen habe. 219 EuGH – Saey Home & Garden, 8.3.2018, Rs. C-64/17, Rn. 28 f., 31. 220 So explizit v. a. EuGH – Galeries Segoura, 14.12.1976, Rs. C-25/76, Rn. 10 (dort zu einer mündlich erteilten Zustimmung); sonst in der Rspr. meistens nicht näher erläutert. 221 So insb. OLG Köln, 24.5.2006, jurisRn. 9, wo in den AGB des entsprechenden „Klausel-
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nächsten Instanz bestätigt wird. Sei zwischen den Parteien eine Einigung über den Vertragsinhalt schon erzielt, müsse der Klauselgegner nicht mehr damit rechnen, dass der Klauselverwender über ein späteres Schreiben neue Bedingungen in den Vertrag einführen wolle. Gehe dessen Änderungswille nicht klar und deutlich aus jenem Schreiben hervor, könne dessen Gegenzeichnung daher auch nicht als Zustimmung zu den dort erstmals in Bezug genommenen AGB verstanden werden.222 Weder die Instanzgerichte noch der BGH setzen sich dabei damit auseinander, dass der EuGH bereits früh im Rahmen eines obiter dictum zu Art. 17 EuGVÜ festgestellt hatte, dass eine spätere Übermittlung von AGB nicht als Änderung eines vorher bereits mündlich geschlossenen Vertrags gewertet werden könne, „es sei denn, diese Bedingungen werden vom Verkäufer ausdrücklich schriftlich angenommen.“223 Das impliziert, dass eine nachträgliche Einbeziehung einer darin enthaltenen Gerichtsstandsklausel grundsätzlich möglich ist. Bis zu einer klärenden, erneuten Entscheidung bleibt angesichts der widersprüchlichen Rechtsprechungspositionen aber unsicher, ob und unter welchen Bedingungen das tatsächlich gilt, insbesondere wie klar Klauselverwender und Klauselgegner den Einbeziehungswillen bezüglich der AGB samt Gerichtsstandsklausel formulieren müssen. Erfolgt der AGB-Hinweis hingegen rechtzeitig, muss er nach der Auffassung der Gerichte trotz der weitreichenden Folgen von Gerichtsstandsklauseln deren Existenz nicht besonders hervorheben. Ein pauschaler AGB-Hinweis reiche, sofern aus ihm deutlich genug hervorgehe, welches Klauselwerk gemeint sei.224 gegners“ allerdings ebenfalls eine GStKl zugunsten der Gerichte am Sitz des Verkäufers enthalten war, sodass schon deshalb eine Einigung der Parteien nahe lag. Das OLG stellt hierauf indessen nur ergänzend, im Rahmen der Sprachproblematik ab (a. a. O., jurisRn. 10 f.). Weniger explizit, i.E. aber ebenso OLG Hamm, 20.9.2005, jurisRn. 26 f. (GStKl in „Order Confirmation“ der Klauselverwenderin sei wegen Gegenzeichnung durch Klauselgegnerin einbezogen). So als Vorinstanz auch schon LG Münster, 22.12.2004, jurisRn. 18 i. V. m. 3. Obiter auch LG Aachen, 22.6.2010, insb. jurisRn. 32 f., wo aber keine schriftliche Bestätigung erfolgt war. 222 OLG Dresden, 11.6.2007, jurisRn. 71 ff., das allerdings ohnehin von der objektiven Unzuständigkeit der dt. Gerichte ausgeht, weshalb es aus seiner Sicht auf die Gültigkeit der derog. GStKl nicht entscheidend ankommt. Deshalb ebenfalls v. a. zu Art. 5 Nr. 1 Brüssel I-VO der BGH in seinem nachfolgenden Vorlagebeschluss an den EuGH, siehe BGH, 9.7.2008, zur GStKl in jurisRn. 6. 223 EuGH – Galeries Segoura, 14.12.1976, Rs. C-25/76, Rn. 10 [Hervorhebung hier hinzugefügt]. 224 Explizit z. B. OLG Oldenburg, 20.12.2007, jurisRn. 63, wo die Einbeziehung aber an der fehlenden Übermittlung scheitert (dazu sogleich). Obiter auch OLG Frankfurt, 30.3.2015, jurisRn. 74 (dort GStKl in Vertragsurkunde). Zu Art. 23 LugÜ-II Schweizer BG, 1.7.2013, IHR 2014, 254, 256. Aus dem Schrifttum z. B. Geimer, in: Zöller, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 23a; Pfeiffer, in: Prütting/Gehrlein, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 7. Zur österr. Rspr. Tiefenthaler/Czernich, in: Czernich/Kodek/Mayr, Art. 25 EuGVVO Rn. 66; zur engl. Tang, Jurisdiction and Ar-
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Daran fehlte es z. B. in einem 2011 vom OLG Köln entschiedenen Fall, wo der Vertragstext auf die „Supply conditions: as agreed in the past“ verwies; die Klauselverwenderin laut ihrer Lieferscheine aber nur über „general terms of sales and delivery“ bzw. „General Conditions of Delivery and Payments“ verfügte.225 Neben einem zu späten oder unpräzisen Hinweis stellt die fehlende Übermittlung der AGB das größte Einbeziehungshindernis in der Fallgruppe der separaten Gerichtsstandsklauseln dar. So wird in 11 Fällen die Ablehnung der geltend gemachten Gerichtsstandsklauseln gerade auch damit begründet, dass der Klauselverwender dem Klauselgegner die AGB nicht rechtzeitig übergeben habe bzw. das jedenfalls nicht hinreichend nachgewiesen sei.226 Während Teile des Schrifttums die erforderliche Kenntnisnahmemöglichkeit bereits dann bejahen, wenn sich der Klauselgegner die in Bezug genommenen AGB ohne größere Schwierigkeiten selbst beschaffen kann,227 lehnt das zumindest die deutsche Rechtsprechung bisher noch einmütig ab: Da die Einbeziehung der AGB allein im Interesse des Klauselverwenders und nicht des Klauselgegners liege, treffe letzteren selbst im kaufmännischen Verkehr keine entsprechende Erkundigungs- oder Be-
bitration Agreements (2014), S. 42, die zugleich von der ital. berichtet, dass dort abweichend ein besonderer Hinweis auf die GStKl gefordert werde. Dafür auch Teile des Schrifttums, insb. Lindacher, Int. GStKl in AGB, FS Schlosser 2005, 491, 497 f., 500, der einen Pauschalhinweis nur bei längeren Geschäftsbeziehungen und „Großgeschäften“ genügen lassen will. 225 OLG Köln, 19.10.2011, jurisRn. 24 ff. (Hinweis nicht konkret genug, zumal auch schlicht die bisherige Vertragspraxis gemeint sein könnte). Siehe daneben LG Baden-Baden, 29.7.2009, jurisRn. 37. Vor Beginn des Untersuchungszeitraums auch u. a. bei BGH, 28.3.1996, jurisRn. 5, problematisch. 226 Die Beweislast trägt grdsl. der, der sich auf die GStKl beruft. Zur fehlenden Einbeziehung OLG Düsseldorf, 14.11.2018, jurisRn. 93 (übersehen von LG Dortmund, 30.5.2018, das die Einbeziehung noch bejaht); OLG Naumburg, 18.7.2013, jurisRn. 12; OLG Zweibrücken, 7.2.2013, jurisRn. 19; OLG Brandenburg, 26.6.2012, jurisRn. 29 ff.; OLG Hamm, 9.9.2011, jurisRn. 33 f.; OLG München, 7.6.2011, jurisRn. 18 i. V. m. 2 (keine Kenntnisnahmemöglichkeit, wenn bei weit entferntem Gericht hinterlegt); OLG Celle, 24.7.2009, jurisRn. 14; OLG Düsseldorf, 30.1.2009, jurisRn. 28, und 21.11.2008, jurisRn. 15; LG Landshut, 12.6.2008, jurisRn. 32; OLG Oldenburg, 20.12.2007, jurisRn. 65, 71 f. U.U. auch LG Baden-Baden, 29.7.2009, jurisRn. 35 f., aber unklar, vgl. schon Fn. 216. Ebenfalls streitig vor OLG Saarbrücken, 22.12.2016, jurisRn. 18 f., das nach der Beweisaufnahme aber jedenfalls bzgl. der einen GStKl von einem rechtzeitigen AGB-Zugang ausgeht. Deutlich zum Übermittlungserfordernis auch OLG Stuttgart, 31.7.2012, jurisRn. 64, dort aber dann Einbeziehung nach lit. b. Zum Online-Bereich noch sogleich. 227 So insb. Schlosser, in: ders./Hess, Art. 25 EuGVVO Rn. 20. Tendenziell auch Mankow ski, in: Rauscher, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 151. Dagegen Gottwald, in: MüKo-ZPO, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 32; Tiefenthaler/Czernich, in: Czernich/Kodek/Mayr, Art. 25 EuGVVO Rn. 70; Wittwer, in: Mayr, Handbuch des EuZVR (2017), Rn. 3.636, 3.640.
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schaffungsobliegenheit. Es sei vielmehr Sache des Klauselverwenders, ihm den Zugang zu verschaffen.228 Dabei wird die Frage immer wichtiger, ob es hierfür auch ausreicht, die AGB auf der eigenen Internetseite zu veröffentlichen und den Klauselgegner darauf zu verweisen. Dies wird trotz der zunehmenden Digitalisierung im Untersuchungszeitraum bisher noch erstaunlich selten erörtert. Die wenigen einschlägigen Entscheidungen dazu unterscheiden in erster Linie danach, auf welchem Wege der Vertrag zustande kommt. Greifen die Parteien hierzu noch auf klassische Kommunikationsmittel wie Briefe oder Fax zurück, könne nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass der Klauselgegner jederzeitigen Zugriff auf das Internet und damit auf die dort veröffentlichten AGB habe. Der Hinweis des Klauselverwenders, diese seien auf seiner Internetseite zu finden, führe in solchen Fällen daher nicht zur Einbeziehung einer dortigen Gerichtsstandsklausel.229 Kommunizieren die Parteien dagegen ohnehin schon per E-Mail, hält das zumindest das Schweizer BG für ausreichend. Es mache keinen entscheidenden Unterschied, ob der Klauselgegner die AGB dann direkt aus dem E-Mail-Anhang herunterladen könne oder hierfür zunächst einem in der E-Mail angegebenen Link folgen müsse.230 Entsprechende Entscheidungen der deutschen Gerichte stehen bisher aus, zumindest unter der Brüssel Ia-/I-VO und dem LugÜ-II.231 228 So insb. OLG Düsseldorf, 14.11.2018, jurisRn. 83; OLG Hamm, 9.9.2011, jurisRn. 34; OLG Oldenburg, 20.12.2007, jurisRn. 71. Der Sache nach auch BGH, 10.2.2021, jurisRn. 32. Zum Schrifttum in der vorigen Fn. Anders jedoch scheinbar die engl. Rspr., vgl. Hohmeier, Besprechung BG vom 1.7.2013, IHR 2014, 217, 222 bei Fn. 38 mit Kritik daran. Zu der Abweichung auch E. Peiffer/M. Peiffer, in: Geimer/Schütze-Loseblatt (EL 52 Sept 2016), Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 162. Wie die dt. Rspr. dagegen z. B. Gerechtshof Den Haag, 25.4.2017, ZIP 2017, 1973, 1975; Schweizer BG, 1.7.2013, IHR 2014, 254, 256 f. (zu Art. 23 LugÜ-II). 229 Vgl. insb. LG Hamburg, 17.7.2017, jurisRn. 24 ff., v. a. 27 (jedoch zum CISG, daher hier grdsl. nicht als einschlägige Kontrollentsch. gewertet), wo zwar das Angebot vom Klauselgegner per E-Mail angenommen, der Link aber im postalischen Angebot enthalten war, sowie OLG Celle, 24.7.2009, jurisRn. 14 ff. (ebenfalls teils zum CISG) zum Abschluss per Fax. I.E. so auch der Gerechtshof Den Haag (vorige Fn.), 1975 sowie der österr. OGH, 21.10.2014 zu Art. 23 Brüssel I-VO. BGH, 10.2.2021, jurisRn. 31 ff., lässt offen, ob es für die Einbeziehung reichen kann, im gegenseitig unterzeichneten Vertrag dynamisch auf die jeweils auf einer bestimmten Internetseite veröffentlichten AGB zu verweisen (kombiniert mit einer Widerspruchsmöglichkeit des Klauselgegners), da jedenfalls deren dortige Abrufbarkeit nicht hinreichend dargelegt worden war; es fehle damit zumindest in dem Fall die nötige Kenntnisnahmemöglichkeit. 230 Schweizer BG, 1.7.2013, IHR 2014, 254, 257 (zu Art. 23 LugÜ-II). Ebenso der ital. Corte di Cassazione, 19.9.2017, IWRZ 2019, 278. 231 Das OLG Dresden, 7.5.2009, jurisRn. 32, lässt unter Art. 17 EuGVÜ ebenfalls einen solchen Hinweis in der E-Mail ausreichen, wenn der Klauselgegner das Angebot per E-Mail annimmt. Die Einbeziehung der GStKl ist aus Sicht des OLG indes nicht streitentscheidend, da es fälschlicherweise (vgl. EuGH – Anterist, 24.6.1986, Rs. C-22/85, v. a. Rn. 16) davon aus-
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Die vom BG vorgenommene Gleichsetzung erscheint indes nicht zweifelsfrei. Schließlich lässt sich ein E-Mail-Anhang nachträglich nicht mehr verändern, während der Klauselverwender den Inhalt seiner Internetseite jederzeit problemlos umgestalten kann.232 Ob sich dort zum Zeitpunkt des Hinweises also tatsächlich die später geltend gemachte Gerichtsstandsklausel befand, lässt sich im Nachhinein daher schwer feststellen.233 Zugleich wird sich der Klauselgegner, wenn er dem Link – untypischerweise – folgen sollte,234 die AGB nur selten abspeichern oder ausdrucken. Ändern sich diese später dann aber oder sind unter dem angegebenen Link nicht mehr verfügbar, kann er sich im Falle eines Streits über die darin festgelegten Rechte und Pflichten nicht mehr informieren. Übermittelt ihm der Klauselverwender die AGB demgegenüber klassisch per Brief, Fax oder E-Mail, geht ihm das anders, außer, er hat die AGB selbst aktiv gelöscht oder weggeworfen. Muss er bei einer „Übermittlung“ per Online-Veröffentlichung und Link also selbst (pro-)aktiv werden, um die später benötigten Informationen verlässlich zu sichern, genügt es für ihn in der klassischen Variante bereits, passiv zu bleiben. Damit liegt zwischen diesen Abschlussformen durchaus ein spürbarer Unterschied. Die Frage ist nur, wie diese divergierende Verantwortungslast des Klauselgegners aus Sicht von Art. 25 Brüssel Ia-VO zu beurteilen ist. Aufschluss gibt insofern vor allem eine Entscheidung des EuGH von 2015, die sich vordergründig indessen mit einer anderen modernen Abschlussform beschäftigt. Verträge werden heutzutage oft gar nicht mehr per Brief, Fax oder E-Mail, sondern gleich direkt per Mausklick auf der Internetseite eines Anbieters oder eines Vermittlers geschlossen. Dabei muss der Nutzer bzw. Klauselgegner in der Regel, bevor er seine Willenserklärung abgeben kann, zwingend ein Feld bestätigen, wonach er die fremden AGB zur Kenntnis genommen hat und mit ihrer Geltung einverstanden ist. Diese öffnen sich meistens jedoch nicht von geht, dass der klagende Klauselverwender wegen Art. 17 Abs. 4 LugÜ-I ohnehin nicht an die GStKl gebunden ist. 232 Ähnlich Mankowski, Anm. EuGH – El Majdoub, LMK 2015, 369738; Wagner, in: Stein/ Jonas, Art. 23 EuGVVO Rn. 88. 233 So in jüngerer Zeit auch z. B. OLG Frankfurt, 30.1.2019, jurisRn. 17, das dort deshalb die Einbeziehung im Falle einer SchKl ablehnt (die Entsch. wird im 6. Kap. allerdings nicht mitgezählt, da sie nicht unter die Analysekriterien fallen dürfte, vgl. den Abschnitt IV.1. in dem Kap.). Kritisch wohl tendenziell auch BGH, 10.2.2021, jurisRn. 32, wo jedoch schon ganz grundlegend der Vortrag fehlte, dass die fragliche GStKl zum maßgeblichen Zeitpunkt auf der Internetseite stand. Zu den technischen Möglichkeiten für eine entsprechende Dokumentation Hohmeier, Besprechung BG vom 1.7.2013, IHR 2014, 217, 222, mit der dringlichen Empfehlung an Klauselverwender, solche Nachweise auch zu sammeln. 234 Zur grdsl. rationalen Apathie des Klauselgegners schon in Kap. 2. Den dort zitierten Statistiken zufolge folgt kaum jemand einem solchen Link. Dazu auch noch im Folgenden.
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selbst, sondern müssen von ihm dafür erst bewusst angeklickt werden. Man spricht deshalb auch von sog. Click-Wrap-Agreements.235 Wie bei der Angabe eines Links in einer E-Mail stellt sich auch bei diesen das Problem, dass die neben dem Feld verlinkten AGB ohne Ausdruck oder Speicherung für den Klauselgegner später nicht mehr reproduzierbar sind. Mehrere deutsche Instanzgerichte lehnen deswegen Anfang der 2010er-Jahre eine Einbeziehung von Gerichtsstandsklauseln auf solchem Wege ab.236 Anders sieht es kurz danach aber der EuGH. Er verweist 2015 in El Majdoub vor allem auf den Wortlaut und Zweck des mit der Brüssel I-VO neu eingefügten Art. 23 Abs. 2 (jetzt Art. 25 Abs. 2 Brüssel Ia-VO). Dieser solle den elektronischen Abschluss einer Gerichtsstandswahl erleichtern und verlange daher nur, dass vor dem Vertragsschluss die Möglichkeit bestand, den Text der AGB dauerhaft aufzuzeichnen. Dass es hierzu auch tatsächlich gekommen sei, stelle dagegen keine Voraussetzung dar.237 In der Tat spricht Abs. 2 zumindest in der deutschen Fassung allein davon, dass elektronische Übermittlungen eine dauerhafte Aufzeichnung der Vereinbarung „ermöglichen“ müssen, um mit der Schriftform gleichgestellt zu sein.238 Die Entscheidung des EuGH steht daher de lege lata sicherlich auf vertretbarem Grund. Bedauerlich und zweifelhaft an ihr ist jedoch, dass sich der EuGH nicht näher mit der Frage beschäftigt, ob trotz der Einhaltung der Form bei solchen Click-Wrap-Agreements tatsächlich noch von einer „echten“ Einigung ausgegangen werden kann.239 Schließlich öffnet statistisch kaum ein Nutzer die verVgl. insb. die Beschreibung bei EuGH – El Majdoub, 21.5.2015, Rs. C-322/14, Rn. 21. Vgl. insb. AG Geldern, 20.4.2011, jurisRn. 12, bei dem sich die Verwenderin der derog. GStKl auf das Verfahren allerdings rügelos eingelassen hatte (vgl. jurisRn. 17). Wohl ebenfalls obiter, im Anschluss daran auch AG Bremen, 5.12.2013, jurisRn. 38. Siehe zudem LG Berlin, 27.3.2014, jurisRn. 19. In die entgegengesetzte Richtung indes der irische High Court (per Mr. Justice Hanna) in Ryanair Ltd. ./. Billigfluege.de, 26.2.2010, [2010] IEHC 47, der die Einbeziehung der verlinkten GStKl dort schon allein deswegen bejaht, weil der Klauselgegner die Website nutzte (sog. Browse-Wrap-Agreement). Vom irischen Supreme Court (per Mr. Justice Charleton) – Ryanair Ltd. ./. Billigfluege.de, 19.2.2015, [2015] IESC 11, i.E. dann bestätigt. 237 EuGH – El Majdoub, 21.5.2015, Rs. C-322/14, Rn. 32 ff., u. a. mit Verweis auf den Pocar-Bericht zum parallelen LugÜ-II. Ähnlich bereits LG Krefeld, 5.6.2014, jurisRn. 9, in seinem Vorlagebeschluss. 238 Weniger deutlich dagegen z. B. die engl. Fassung: „Any communication by electronic means which provides a durable record of the agreement shall be equivalent to ,writing‘“ [Hervorhebung hinzugefügt], was sich auch als Übermittlungserfordernis einer entsprechenden Aufzeichnung verstehen lässt. Ähnlich die dänische Fassung. Wie die dt. aber auch z. B. die frz.: „Toute transmission par voie électronique qui permet de consigner durablement la convention […]“ [Hervorhebung ebenfalls hinzugefügt]. Der EuGH geht auf diese sprachlichen Abweichungen nicht ein. 239 Zur Vermutung, dass bei der Einhaltung der Form auch der nötige Konsens vorliegt, oben bei III.2.c). Deutlich kritischer im Datenschutzkontext EuGH – Planet 49, 1.10.2019, Rs. 235 236
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linkten AGB und die Zustimmung erfolgt allein, weil der Online-Vorgang sonst nicht weiter abgeschlossen werden kann.240 Zwar liest auch im Offline-Bereich fast niemand die in einem Geschäft ausgelegten oder dem Vertrag angehängten AGB, sie sind dem Klauselgegner aber wenigstens physisch deutlich präsenter, während sie hier in der Mehrheit der Fälle vor ihm verborgen bleiben.241 Hinzu kommt, dass im Internet ständig solche oder vergleichbare Felder (zum Datenschutz, Cookies etc.) bestätigt werden müssen. Das Setzen eines entsprechenden Häkchens stellt somit anders als eine Unterschrift oder eine Zustimmungs-E-Mail kaum noch eine wirkliche Schwelle dar. Der Mausklick ist schnell getätigt. Man gerät bei dieser Abschlussform somit schlussendlich immer stärker in die Nähe einer reinen Fiktion der Zustimmung des Klauselgegners zur Gerichtsstandswahl.242 Der EuGH geht auf diese Problematik allerdings mit keinem Wort ein, sondern hält mit Blick auf das Konsenserfordernis lediglich lapidar fest, der Klauselgegner habe das entsprechende Feld ja angeklickt und dadurch die fremden AGB ausdrücklich akzeptiert.243 Im Schrifttum wird die Entscheidung bislang kaum kritisch gesehen, was daran liegen mag, dass sie teilweise nur auf den b2b-Bereich bezogen und/oder bei Verbrauchern auf den Schutz aus Art. 19 Brüssel Ia-VO verwiesen wird.244 Weder die Vorlagefrage noch die Ausführungen des EuGH sind allerdings auf den C-673/17, Rn. 54 ff., insb. Rn. 55, wo die maßgebliche europ. Regelung insofern allerdings auch strenger formuliert ist. 240 Dieser Take-it-or-leave-it-Charakter besteht freilich auch im Offline-Bereich und schränkt die Entscheidungsfreiheit erheblich ein, dazu insb. noch in Kap. 7, unter II.4. Studien zufolge öffnen nicht einmal 10 % der Nutzer einen solchen Link, vgl. z. B. S. 9 der Untersuchung der EU-Kommission vom Juni 2016 zum Verbraucherverhalten bei AGB, abrufbar unter , letzter Zugriff am 2.3.2022. Mit sogar noch deutlich geringeren Zahlen (weniger als 1 %) Bakos/Marotta-Wurgler/Trossen, Does Anyone Read the Fine Print?, NYU Law and Economics Research Paper No. 9-40 (2009), 14 f., 22. 241 Insofern besteht ein Unterschied zum sog. Browse-Through-Verfahren, wo der Nutzer sich erst durch den gesamten Klauseltext scrollen muss, bevor er seine Zustimmung erteilen kann. Dazu auch noch in Kap. 9. 242 In ähnliche Richtung für den elektronischen Rechtsverkehr allgm. Coester-Waltjen, Das Spannungsverhältnis, JZ 2017, 1073, 1078. Vgl. auch Knapp, Taking Contracts Private, Fordham L. Rev. 71 (2002), 761, 775. 243 EuGH – El Majdoub, 21.5.2015, Rs. C-322/14, Rn. 31. Ähnlich auch Wurmnest in seiner Urteilsanm. für die EuZW 2015, 567, 568 („Eine Einigung stand hier außer Frage“). Eine GA-Stellungnahme fand nicht statt. 244 Im ersten Sinne der Kommentar von Buchmann für K&R 2015, 474, 475. Im zweiten die weiteren Anm. von Mankowski, Anm. EuGH – El Majdoub, LMK 2015, 369738 und Peschke, jurisPR-IWR 3/2015 Anm. 2, unter C. (jedoch mit leichten Zweifeln an der Einigung) und Wurmnest (vorige Fn.), 568. Sonst erfolgt meist nur eine reine Wiedergabe der Entsch., siehe etwa Lazić/Kruisinga, Prorogation of Jurisdiction, FS Kronke 2020, 275, 284.
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Verkehr zwischen Unternehmern begrenzt. Zwar führt der EuGH an einer Stelle aus, dass Art. 23 Abs. 2 Brüssel I-VO – im Unterschied zu Art. 5 Abs. 1 Fernabsatz-RL245 – nicht dem Verbraucherschutz diene. Dabei geht es ihm aber um die Abgrenzung dieser zwei Vorschriften voneinander und nicht um die Bestimmung verschiedener Einbeziehungsstandards.246 Art. 23 Brüssel I-VO findet wie nun Art. 25 Brüssel Ia-VO auf jede internationale Gerichtsstandsklausel zugunsten mitgliedstaatlicher Gerichte Anwendung, ganz egal, ob diese nun gegenüber Verbrauchern oder Unternehmern verwendet wird. Damit betrifft seine Auslegung genauso den b2c-Bereich.247 Art. 19 Brüssel Ia-VO entfaltet seine Schutzwirkung außerdem nur, wenn die Voraussetzungen von Art. 17 Brüssel Ia-VO vorliegen, also in erster Linie bei passiven Verbrauchern. Aktive Verbraucher werden dagegen grundsätzlich anders als im nationalen AGB-Recht nicht geschützt.248 Gleiches gilt – und zwar unabhängig von der Unterscheidung in aktive und passive Verbraucher – bei Beförderungsverträgen, da für diese nach Art. 17 Abs. 3 Brüssel Ia-VO eine Schutz ausnahme besteht.249 Das erklärt möglicherweise, warum die ersten zwei instanzgerichtlichen Entscheidungen zu Click-Wrap-Agreements die Einbeziehung der geltend gemachten Gerichtsstandsklauseln noch abgelehnt hatten. In beiden standen sich nämlich jeweils ein deutscher Verbraucher und die irische Fluggesellschaft Ryanair gegenüber, deren irische Gerichtsstandsklausel die Verbraucher bei ihrer Online-Buchung (notwendigerweise) akzeptiert hatten.250 Wegen 245
Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz, ABl. EG 1997 L 144/19, inzwischen reformiert. 246 Vgl. El Majdoub, 21.5.2015, Rs. C-322/14, Rn. 37 f. Art. 5 Fernabsatz-RL ist zudem schon vom Wortlaut her deutlich enger. 247 Dementsprechend wird El Majdoub vom EuGH auch ganz selbstverständlich in der Entsch. Ryanair ./. Delayfix, 18.11.2020, Rs. C-519/19, Rn. 39, zitiert, die eine GStKl aus dem b2c-Bereich betrifft. 248 Zu diesen Unterkategorien sowie dem hinter der Unterscheidung stehenden Telos schon in Kap. 4, bei Fn. 53, 224. Anders als Art. 6 Rom I-VO schützen Art. 17 ff. Brüssel Ia-VO ausnahmsweise auch aktive Verbraucher, wenn diese einen Ratenkauf- oder entsprechenden Finanzierungsvertrag geschlossen haben. Kritisch zu dieser „Altlast“ aus dem EuGVÜ Kieninger, Der Schutz schwächerer Personen im Schuldrecht, in: v. Hein/G. Rühl, Kohärenz (2016), 307, 319 f. (vgl. dort auch 311 ff., 320 f. zu weiteren Detailunterschieden). 249 Mit einer Rückausnahme für Pauschalreiseverträge, vgl. z. B. EuGH – ZX ./. Ryanair DAC, 11.4.2019, Rs. C-464/18, Rn. 28 f. Eingehend A. Staudinger, in: Rauscher, Art. 17 Brüssel Ia-VO Rn. 21 ff. 250 Ohne ausdrückliche Nennung der Namen, aber nach den Fallumständen AG Geldern, 20.4.2011, jurisRn. 11 (vom nahegelegenen Flughafen Weeze starten nach letztem Stand neben Ryanair nur zwei kleinere Fluggesellschaften ohne jeglichen Bezug zu Irland); AG Bremen, 5.12.2013, jurisRn. 2, 4, 7 (Bremen ist ein weiterer Standort von Ryanair). Zu einem b2b-Fall indessen LG Berlin, 27.3.2014, jurisRn. 1.
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der Bereichsausnahme werden sie von Art. 19 Brüssel Ia aber nicht vor den Gefahren dieser fremden, aus ihrer Sicht ausländischen Gerichtsstandswahl geschützt und dürften, nachdem der EuGH seine Aussagen in El Majdoub nicht auf den b2b-Bereich beschränkt hat, zukünftig auch nicht durch eine europäische Einbeziehungskontrolle vor deren Geltung bewahrt bleiben. Entsprechende Folgeentscheidungen fehlen allerdings bislang.251 EuGH – El Majdoub beschäftigt sich aufgrund der Vorlagefrage nur mit dem Abschluss von Gerichtsstandsklauseln per Click-Wrap-Agreement. Die von ihm dabei angesetzten, niedrigen Standards sind aber auch auf die davor behandelte Konstellation übertragbar, dass sich die Parteien per E-Mail einigen. Bestand für den Klauselgegner vor seiner Zustimmung die Möglichkeit, die online verfügbaren AGB dauerhaft zu speichern oder auszudrucken, müsste folglich der vorherige Hinweis darauf bzw. ein entsprechender Link in der E-Mail des Klauselverwenders inzwischen für deren Übermittlung ausreichen.252 Kommunizieren die Parteien dagegen, vor allem der Klauselgegner, nach wie vor mittels Brief, Fax oder auch Telefon, ist angesichts der zuvor geschilderten Rechtsprechung noch davon auszugehen, dass ihm der Klauselverwender die AGB auf klassischem Wege übersenden muss. e) Gerichtsstandsklauseln in laufenden Geschäftsbeziehungen und im internationalen Handel Niedrigere Einbeziehungsstandards gelten gemäß Art. 25 Abs. 1 S. 3 lit. b und c Brüssel Ia-VO auch, wenn die Parteien miteinander in einer laufenden Geschäftsbeziehung stehen oder im internationalen Handel agieren. Hier kann unter bestimmten Umständen sogar bereits die mündliche oder konkludente Einigung z. B. nach einem wiederholten AGB-Hinweis in den Auftragsbestätigungen oder Rechnungen dazu führen, dass der Klauselgegner an die fremde Gerichtsstandsklausel gebunden wird.253 Ein näherer Blick in die Kontrollpraxis zeigt indes auch hier, dass erstaunlich wenige Gerichtsstandsklauseln der europä ischen Einbeziehungskontrolle standhalten. So finden sich trotz der abgesenkten Anforderungen im gesamten Untersuchungszeitraum nur 5 Entscheidungen, in 251 Der Schutz dürfte sich zukünftig allerdings ohnehin auf eine verstärkte Inhaltskontrolle verlagern, nachdem der EuGH in Ryanair ./. DelayFix die GStKl von Ryanair 2020 als missbräuchlich bezeichnet hat (IV.3.). 252 Ähnliche Einschätzung bei Peschke, Anm. EuGH, jurisPR-IWR 3/2015 Anm. 2, unter C. und D. 253 Vgl. Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 7.93; Mankow ski, in: Rauscher, Art. 25 Brüssel Ia-VO v. a. Rn. 171. Bis 2008 war darauf zu achten, dass die Erleichterungen bei besonderem Bezug zu Luxemburg nicht galten (Art. 63 Brüssel I-VO), hierzu näher Magnus, in: ders./Mankowski, Art. 25 Brussels Ibis Regulation Rn. 94, 139a.
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denen die Gerichte eine formwirksame Gerichtsstandswahl bejahen, weil sich die Parteien an die zwischen ihnen entstandenen Gepflogenheiten gehalten haben (lit. b).254 4 dieser Entscheidungen sind aus rechtsdogmatischer Sicht zweifelhaft, 20 weitere lehnen eine Einbeziehung nach lit. b explizit ab.255 Fast noch drastischer fällt der Befund zur Einbeziehungsvariante des lit. c aus. Hier kommt es im Untersuchungszeitraum nämlich sogar nur in einem einzigen Fall zu einer erfolgreichen Einbeziehung,256 in 17 weiteren wird sie verneint.257 aa) Tatsächlich gelebte Gepflogenheiten und anfängliche Einigung Die Einbeziehungsvariante des lit. b, die auf die individuellen statt wie lit. c auf die in einer Branche allgemein üblichen Bräuche abstellt,258 geht ursprünglich 254 LG Kiel, 27.1.2017, jurisRn. 26 (aber Widerspruch bei BGH, 10.2.2021, jurisRn. 34 und vorher im selben Verfahren schon BGH, 11.12.2018, jurisRn. 16); OLG Stuttgart, 31.7.2012, insb. jurisRn. 57 ff.; OLG Köln, 25.5.2012, jurisRn. 78 f.; OLG Düsseldorf, 27.7.2011, jurisRn. 27 ff.; OLG Stuttgart, 5.11.2007, jurisRn. 23. 255 Zur Kritik noch unter aa). Ablehnend zu lit. b BGH, 10.2.2021, jurisRn. 35 (vorher auch schon BGH, 11.12.2018, jurisRn. 16, vgl. vorige Fn.); OLG Düsseldorf, 14.11.2018, jurisRn. 98 f.; OLG Hamburg, 25.5.2018, jurisRn. 75; OLG Stuttgart, 27.4.2015, jurisRn. 113 (obiter, da ohnehin schon nach Art. 17 LugÜ-II unwirksam); OLG Frankfurt, 5.6.2014, jurisRn. 20 ff.; OLG Koblenz, 20.2.2014, jurisRn. 29; OLG Köln, 7.3.2013, jurisRn. 7; LG Würzburg, 2.8.2012, jurisRn. 39 ff. (v. a. auf OLG Stuttgart-2011 verweisend); OLG Brandenburg, 26.6.2012, jurisRn. 38 f.; OLG Köln, 19.10.2011, jurisRn. 27 ff.; OLG Hamm, 9.9.2011, jurisRn. 36; OLG Stuttgart, 18.4.2011, jurisRn. 25 ff. (versehentlich von lit. c sprechend); LG Aachen, 22.6.2010, jurisRn. 38 ff.; OLG Celle, 24.7.2009, jurisRn. 18; OLG Karlsruhe, 15.1.2009, jurisRn. 29 ff.; LG Landshut, 12.6.2008, jurisRn. 37 ff.; OLG Oldenburg, 20.12.2007, jurisRn. 73; OLG Karlsruhe, 28.3.2006, jurisRn. 100 ff. (genauer Ablehnungsgrund aber unklar); OLG Hamm, 6.12.2005, jurisRn. 26 ff.; OLG Düsseldorf, 30.1.2004, jurisRn. 34 ff. Wohl nicht einschlägig LG Nürnberg-Fürth, 27.2.2003, IHR 2004, 20, 21, wo das Gericht anscheinend lediglich darauf hinweist, dass auch im Rahmen längerer Geschäftsbeziehungen für lit. a Var. 2 eine mündliche Einigung nötig ist. 256 LG Hamburg, 13.3.2008, jurisRn. 65, dort GStKl allerdings zudem im schriftlichen Frachtvertrag. 257 BGH, 10.2.2021, jurisRn. 34 (als Vorinstanz schon LG Kiel, 27.1.2017, jurisRn. 25, dort aber abweichend Einbeziehung nach lit. b); OLG Düsseldorf, 14.11.2018, jurisRn. 98, 100; OLG Hamburg, 25.5.2018, jurisRn. 76; OLG Frankfurt, 5.6.2014, jurisRn. 24; OLG Köln, 7.3.2013, jurisRn. 8; OLG Brandenburg, 26.6.2012, jurisRn. 40; OLG Saarbrücken, 18.10.2011, jurisRn. 38 ff.; OLG Hamm, 9.9.2011, jurisRn. 40; LG Aachen, 22.6.2010, jurisRn. 41 f.; OLG Karlsruhe, 15.1.2009, jurisRn. 33 f.; LG Landshut, 12.6.2008, jurisRn. 50; OLG Oldenburg, 20.12.2007, jurisRn. 74 f.; OLG Köln, 21.12.2005, jurisRn. 7 f. Knapp auch OLG Koblenz, 20.2.2014, jurisRn. 30; LG Würzburg, 2.8.2012, jurisRn. 49; OLG Köln, 19.10.2011, jurisRn. 30; OLG Düsseldorf, 30.1.2004, jurisRn. 48, 54. Im Einzelnen noch unter bb). 258 Zu diesem Unterschied z. B. Eichel, AGB-GStKl im dt.-amerikanischen Handelsverkehr (2007), S. 85; Mankowski, in: Rauscher, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 164; Wagner, in: Stein/ Jonas, Art. 23 EuGVVO Rn. 73.
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auf eine Nebenbemerkung des EuGH aus Galeries Segoura von 1974 zurück und wurde erst 1989 im Rahmen der zweiten Änderung des EuGVÜ kodifiziert.259 Der EuGH hält in der besagten Entscheidung zunächst fest, dass Gerichtsstandsklauseln im Falle einer mündlichen Einigung nach lit. a Var. 2 nicht Vertragsbestandteil werden, wenn die maßgeblichen AGB erst der schriftlichen Bestätigung beiliegen und fügt dann im Nachsatz als obiter dictum hinzu: „Anders ist es allerdings, wenn ein Vertrag im Rahmen laufender Geschäftsbeziehungen zwischen den Parteien mündlich geschlossen wird und wenn ferner feststeht, dass diese Beziehungen in ihrer Gesamtheit den eine Gerichtsstandsklausel enthaltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Urhebers der Bestätigung unterliegen. Wollte der Empfänger der Bestätigung bei dieser Sachlage das Bestehen einer Zuständigkeitsvereinbarung leugnen, so verstieße er gegen Treu und Glauben, selbst wenn es an einer schriftlichen Annahme seinerseits fehlt.“260
Daraus sowie aus der schon unter III.2.c) geschilderten Grundannahme des EuGH, wonach die europäischen Formvorgaben zur Sicherung einer „echten“ Einigung dienen, leiten nun die mitgliedstaatlichen Gerichte ab, dass es für lit. b nicht nur auf die Einhaltung der individuellen (Abschluss-)Gepflogenheiten ankommt (Zusendung der Ware auf mündliches Anfordern, Auftragsbestätigung mit AGB-Hinweis nach Fax-Bestellung etc.)261, sondern zusätzlich auch noch eine anfängliche Einigung über die dauerhafte Geltung der AGB bzw. der Gerichtsstandsklausel262 bestehen muss. Zwar könnten die Gepflogenheiten die nach lit. a grundsätzlich zwingende Schriftform ersetzen, nicht aber den stets erforderlichen Konsens bezüglich der Gerichtsstandswahl.263 Betrachtet man die 259 Vgl. insb. den dazugehörigen Bericht von Cruz Almeida/Desantes Real/Jenard, ABl. EG 1990 C 189/35, S. 47 Rn. 26 sowie den von Jenard/Möller zum kurz zuvor verabschiedeten LugÜ-I, ABl. EG 1990 C 189/57, S. 77 Rn. 58. 260 EuGH – Galeries Segoura, 14.12.1976, Rs. C-25/76, Rn. 11, zu lit. a Var. 2 v. a. in Rn. 12; Bestätigung in EuGH – Tilly Russ, 19.6.1984, Rs. C-71/83, Rn. 18. 261 Vgl. insb. OLG Düsseldorf, 27.7.2011, jurisRn. 30; OLG Stuttgart, 5.11.2007, jurisRn. 23. Die Abschlussform kann über die Jahre auch variieren, dazu BGH, 25.3.2015, jurisRn. 57 f. 262 Zum (unklaren) Bezugspunkt der Einigung noch im weiteren Verlauf. 263 So insb. BGH, 10.2.2021, jurisRn. 35 und OLG Stuttgart, 31.7.2012, jurisRn. 64, Letzteres mit Verweis auf die vor dem Untersuchungszeitraum liegende Entsch. des BGH zu Art. 17 EuGVÜ v. 25.2.2004, jurisRn. 11 ff. Wortgleich auch OLG Frankfurt, 5.6.2014, jurisRn. 21; OLG Köln, 7.3.2013, jurisRn. 7. Mit leicht abweichender Formulierung, inhaltlich aber genauso OLG Köln, 19.10.2011, jurisRn. 29; OLG Celle, 24.7.2009, jurisRn. 18. Aus der frz. Rspr. Cour de Cassation, 18.1.2011, vgl. ZEuP 2012, 351 f. Im Schrifttum z. B. Abendroth, Parteiautonome Zuständigkeitsbegründung (2016), S. 108, 114 f.; Eichel, AGB-GStKl im dt.-amerikanischen Handelsverkehr (2007), S. 85 ff.; Geimer, in: Zöller, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 24, 30; Hau, Zu den Vssn. gepflogenheitsgemäßer Einbeziehung von AGB-GStKl, IPRax 2005, 301 ff. (entspricht dems., in: M. Wolf/Lindacher/Pfeiffer, GStKl Rn. G 167 ff.); Mankowski, in: Rauscher, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 165. Z.T. scheint unter den Gepflogenheiten indes nicht die
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einschlägigen Entscheidungen indes genauer, wird deutlich, dass trotz dieses gemeinsamen Ausgangspunkts durchaus verschiedene Ansichten darüber herrschen, erstens welche Anforderungen an diese anfängliche Einigung zu stellen sind und zweitens worauf sie sich genau beziehen muss. Vergleichsweise streng präsentieren sich in der ersten Frage drei Entscheidungen, die die Einbeziehung nach lit. b bereits daran scheitern lassen, dass die AGB dem Klauselgegner nach Auffassung der Gerichte nie übergeben worden waren, weshalb eine anfängliche Einigung über deren fortdauernde Geltung ausscheide.264 Sie fordern damit letztlich, dass wenigstens die erste, anfängliche Einigung zwischen den Parteien der Form aus lit. a entspricht, auch wenn sich die Parteien danach nur noch an die entstandenen Gepflogenheiten halten. Drei weitere Entscheidungen nehmen eine Mittelposition ein. Sie verlangen, dass die Geltung im Laufe der Geschäftsbeziehung zumindest einmal ausdrücklich vereinbart wurde, machen aber zu der dabei zu beachtenden Form keine näheren Vorgaben.265 So bejaht z. B. das OLG Stuttgart 2012 die Einbeziehung der derogierenden Gerichtsstandsklausel der Beklagten, obwohl die Klauselgegnerin das Angebot mit dem AGB-Hinweis nur mündlich angenommen hatte. Das OLG verweist jedoch darauf, dass ihr die Klauselverwenderin früher schon mehrere solche Angebote unterbreitet habe, von denen auch mindestens drei dann zu verbindlichen Verträgen geführt hätten. Da ihr die AGB bereits 2001 übergeben worden seien, eine Einigung über deren Geltung sogar schon seit 2000 bestehe, könne auch mit Blick auf den nun streitgegenständlichen Vertrag von 2004 von einer Vereinbarung des Gerichtsstands Wien gemäß lit. b ausgegangen werden.266 Erfolgte die Übergabe der AGB in dem Fall aber tatsächlich erst 2001, stellt das OLG für die anfängliche Einigung jedoch bereits auf den Vertragsschluss von 2000 ab, so setzt es nicht den strengeren Maßstab aus lit. a an. Denn wie im vor-
Abschlussform, sondern die dauerhafte Geltung der anfangs vereinbarten AGB bzw. deren Beibehaltung verstanden zu werden (vgl. Abendroth, Eichel, Hau, a. a. O.), hierzu noch näher unten bei Fn. 284 f. 264 OLG Celle, 24.7.2009, jurisRn. 18 (dort zudem wegen lediglich zwei vorheriger Abschlüsse fraglich, ob laufende Geschäftsbeziehung); LG Landshut, 12.6.2008, jurisRn. 48 f.; OLG Oldenburg, 20.12.2007, jurisRn. 73. In die Richtung auch Corte di Cassazione, 14.6.2007, IHR 2009, 74, 75. Nicht direkt einschlägig dagegen wohl BGH, 10.2.2021, jurisRn. 35, wo es um die Einbeziehung einer späteren, veränderten Fassung der GStKl ging, auf die sich die anfängliche, schriftliche Einigung höchstens dynamisch bezog, näher noch unten. 265 OLG Stuttgart, 31.7.2012, jurisRn. 57 ff. Ebenso, jedoch im Unterschied zu diesem die Einbeziehung verneinend, da aus dem Parteivortrag keine ausdrückliche Einigung hervorgehe und der AGB-Hinweis ohnehin zu unkonkret bzw. nicht in der Vertragssprache erfolgt sei, LG Aachen, 22.6.2010, jurisRn. 39 f. und OLG Hamm, 6.12.2005, jurisRn. 26 ff. 266 OLG Stuttgart (vorige Fn.), jurisRn. 51 ff., insb. Rn. 63, 65.
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herigen Abschnitt ausgeführt müssen die AGB dem Klauselgegner danach stets schon vor dem Vertragsschluss übermittelt worden sein. Drei weitere Entscheidungen zeigen sich sogar noch großzügiger und verzichten ganz darauf, dass es anfangs zu einer ausdrücklichen Einigung kam. Sowohl das OLG Köln 2011 als auch das OLG Stuttgart in einer Entscheidung von 2007 greifen diesbezüglich auf einen Rückschluss aus dem bisherigen Parteiverhalten zurück. Wickelten die Parteien ihre Verträge stets im Einklang mit den AGB der einen Seite ab, könne auch von einer entsprechenden anfänglichen Einigung ausgegangen werden.267 Damit erlegen sie dem Klauselgegner letztlich eine Widerspruchsobliegenheit auf. Will er eine Bindung an die fremden AGB verhindern, muss er sich explizit gegen diese stellen oder im Laufe der Vertragsbeziehung gegen sie verstoßen. Aus seinem Verhalten wird sonst eine anfängliche Einigung abgeleitet. Ein Nichtwiderspruch entspricht aber noch nicht der vom EuGH für alle Einbeziehungsvarianten geforderten „echten“ Einigung. Die Entscheidungen sind daher zweifelhaft.268 Die dritte Entscheidung argumentiert wiederum mit der Branchenüblichkeit: Zwar vermag es das OLG Düsseldorf in dem 2011 entschiedenen Fall nicht zu erkennen, dass sich die Parteien jemals ausdrücklich auf die AGB der einen S eite geeinigt hätten, betont dann aber, dass es sich hierbei um die Musterbedingungen der British International Freight Association handele. Da diese in Großbritannien branchenüblich seien, könne darauf geschlossen werden, dass die Einbeziehung auch auf einer Einigung der Parteien beruhe.269 Sowohl der Klauselverwen267 OLG Köln, 19.10.2011, jurisRn. 29 (nach einem Lippenbekenntnis zur ausdrücklichen Einigung). Es kann in dem Fall aber keine solche gelebte Praxis erkennen und lehnt lit. b im Ergebnis daher ab. Anders dagegen OLG Stuttgart, 5.11.2007, jurisRn. 23, das die Einigung letztlich allein daraus ableitet, dass der Klauselgegner über 10 Jahre hinweg Auftragsbestätigungen mit einem AGB-Hinweis widerspruchslos hingenommen hatte. Dabei lässt es den Umstand, dass der Klauselgegner während der Zeit selbst auf die eigenen Bedingungen verwiesen hatte, nicht gelten (jurisRn. 24). Selbst wenn diese nicht einbezogen wurden und keine GStKl enthalten, streut doch der Umstand allein starke Zweifel daran, dass er mit der Geltung der fremden AGB tatsächlich einverstanden war. Ähnliche Kritik bei Hau, Gerichtsstandsvertrag, IPRax 2009, 44, ibd. 268 Gegen eine Beweiserleichterung in solchen Fällen Hau, Zu den Vssn. gepflogenheitsgemäßer Einbeziehung von AGB-GStKl, IPRax 2005, 301, 302. Der EuGH präzisiert in Galeries Segoura nicht, was er damit meint, dass die Geschäftsbeziehung den AGB der einen Seite „unterliegen“ muss (s.o. bei Fn. 260) und hat sich seit der Kodifizierung zu der Einbeziehungsvariante nicht mehr geäußert. Zu seiner generellen Forderung, dass die Gerichtsstandswahl vom Konsens beider Parteien gedeckt sein muss, u. a. oben unter III.2.c). 269 OLG Düsseldorf, 27.7.2011, jurisRn. 31, unter Verweis auf Gottwald, in: MüKo-ZPO, 3. Aufl. (2008), Art. 23 EuGVVO Rn. 41 (entspricht in der 6. Aufl. jetzt Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 46), der dort selbst auf Rauscher, Gerichtsstandsbeeinflussende AGB, ZZP 104 (1991), 271, 286, verweist. Jener denkt auch tatsächlich über schwächere Anforderungen nach, je übli-
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der als auch der Klauselgegner stammten in dem Fall aus Großbritannien und hatten in der Vergangenheit bereits mehrfach Transporte miteinander durchgeführt.270 Unklar bleibt freilich, ob neben dem Klauselverwender auch der Klauselgegner zur Transportbranche gehörte oder ihm das Gericht die „branchenüblichen“ AGB schon deshalb entgegenhält, weil er in Großbritannien immer wieder solche Geschäfte in Auftrag gegeben hatte. So oder so scheint Kerngedanke des Gerichts zu sein, dass, wer wiederholt mit der britischen Transportbranche zu tun hat, auch mit deren Musterbedingungen vertraut und einverstanden sein wird bzw. sein muss. Das steht als Geltungsgrund aber gerade hinter der Einbeziehungsvariante des lit. c, auf die im nächsten Abschnitt näher eingegangen wird. Bereits aus systematischen Gründen ist es daher sehr fraglich, die Branchenüblichkeit der AGB auch im Rahmen von lit. b als Argument dafür anzuführen, dass deren Geltung auf einer anfänglichen Einigung der Parteien beruht.271 Die restlichen Entscheidungen zur Einbeziehung von Gerichtsstandsklauseln nach lit. b konkretisieren nicht weiter, welche Anforderungen an die anfängliche Einigung genau zu stellen sind. Sie lehnen – bis auf zwei Ausnahmen272 – die Einbeziehungsvariante ab und stützen sich dabei vor allem darauf, dass zwischen den Parteien schon gar keine tatsächlich „gelebten“ Gepflogenheiten existierten273 oder wegen der wiederholten AGB-Verstöße bzw. wiederkehrenden Vercher die verwendeten Klauseln sind, und hält nur den Nachweis einer wenigstens konkludenten Einigung für nötig. Ob eine solche hier allerdings wirklich vorliegt, ist fraglich, ohne nähere Sachverhältniskenntnis aber nicht zu sagen. Das Arg. der Branchenüblichkeit allein reicht indes wohl schon aus systematischen Gründen nicht aus, dazu sogleich. 270 OLG Düsseldorf (vorige Fn.), jurisRn. 1, 28. Der Transport sollte nach Deutschland gehen, weshalb sich die Klägerin auf eine Zuständigkeit der dt. Gerichte gem. Art. 31 Abs. 1 lit. b CMR beruft (dazu nächste Fn.). 271 Als Nebenschauplatz stellt sich in dem Fall zudem die Frage, ob die GStKl nicht ohnehin wegen eines Verstoßes gegen Art. 31, 41 CMR i. V. m. Art. 71 Abs. 1 Brüssel I-VO unwirksam ist. Das CMR als völkerrechtliches Spezialabkommen für den int. Straßengüterverkehr sieht zwingend bestimmte Gerichtsstände vor. In seinem Anwendungsbereich können daher nur fakultative GStKl vereinbart werden, vgl. Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 7.32 f.; Martiny, Gerichtsstandsvereinbarungen im Transportrecht, in: Czernich/ Geimer, Streitbeilegungsklauseln (2017), Rn. 1 ff.; EuGH – Nickel & Goeldner Spedition, 4.9.2014, Rs. C-157/13, Rn. 37 ff. und OLG Stuttgart, 27.11.2019, jurisRn. 12; LG Köln, 12.7.2018, jurisRn. 25. Das OLG Düsseldorf lehnt die Anwendbarkeit des CMR hier indessen ab, wird darin aber von BGH, 25.10.2012, jurisRn. 10 ff., korrigiert, der die Sache zur Entscheidung an das OLG zurückverweist. 272 Zu diesen Entsch. des LG Kiel und OLG Köln sogleich. 273 So OLG Düsseldorf, 14.11.2018, jurisRn. 99; OLG Stuttgart, 18.4.2011, jurisRn. 26; OLG Karlsruhe, 15.1.2009, jurisRn. 31; OLG Düsseldorf, 30.1.2004, jurisRn. 50. Obiter zur Geschäftsbeziehung mit der Muttergesellschaft OLG Brandenburg, 26.6.2012, jurisRn. 39 (vgl. Fn. 275). So letztlich auch OLG Köln, 19.10.2011 (vgl. Fn. 267). Ansonsten – bis auf die Fälle in Fn. 274 f. – Ablehnung nicht näher begründet.
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handlungen über den Gerichtsstand Zweifel an der vorgebrachten Einigung bestünden.274 Zum Teil wird auch die Dauer der Geschäftsbeziehung als nicht hinreichend lang bewertet.275 In der ersten Frage lässt sich damit insgesamt keine einheitliche oder auch nur vorherrschende Rechtsprechungsposition verzeichnen. Während drei Entscheidungen explizit darauf dringen, dass die anfängliche Einigung in der Form von lit. a getroffen worden sein muss, lassen drei weitere auch jede andere ausdrückliche Form der Vereinbarung genügen. Wiederum drei andere verzichten darauf sogar ganz und schließen stattdessen allein aus dem Parteiverhalten oder der Branchenüblichkeit auf das Bestehen einer zumindest konkludenten anfänglichen Einigung. Eine noch einmal separat zu betrachtende Sonderrolle nehmen die zwei Entscheidungen des OLG Köln und LG Kiel ein. Beide bejahen 2012 bzw. 2017 die Einbeziehung der dort geltend gemachten Gerichtsstandsklauseln und berufen sich dabei auf einen früheren Vertrag zwischen den Parteien als Rahmen, aus dem sich die anfängliche Einigung bzw. die Gepflogenheiten ergäben.276 Beim LG Kiel hatte ein deutscher Hotelbetreiber mit der niederländischen Buchungsplattform Booking.com 2009 schriftlich einen sog. Hotelvertrag geschlossen, der unter anderem stets die jeweils online aktuell verfügbare Version der AGB von Booking.com für maßgeblich erklärte. Über entsprechende Änderungen sollte per E-Mail informiert werden, bei fehlendem Widerspruch von einer Annahme der geänderten AGB auszugehen sein. Der Hotelbetreiber erklärte sich mit der letzten Version der AGB ausdrücklich nicht einverstanden. Die Einbeziehung der darin enthaltenen, mit der vorherigen AGB-Version, nicht aber der Ursprungsversion identischen Gerichtsstandsklausel zugunsten der niederländischen Gerichte wird vom LG gleichwohl bejaht, da sich die Parteien (anfänglich) auf die Geltung der AGB und dieses Prozedere geeinigt hätten.277 Es stellt jedoch nicht fest, ob die Parteien dieses über die Jahre tatsächlich auch „gelebt“ haben, weshalb sich der BGH in der Revisionsinstanz der Einbeziehungsentscheidung nicht
274 OLG Frankfurt, 5.6.2014, jurisRn. 23 („Gerichtsstand immer wieder Gesprächsthema“). Vgl. auch OLG Stuttgart (vorige Fn.), jurisRn. 27 (sowohl AGB-Verstöße als auch Verhandlungen über die Zusammenarbeit). Zweifel wegen kollidierender AGB des Klauselgegners bei OLG Düsseldorf, 30.1.2004, jurisRn. 45, 48. Ohne Bedenken deshalb aber z. B. OLG Stuttgart, 5.11.2007, s.o. Fn. 267. 275 OLG Köln, 7.3.2013, jurisRn. 7 (1 Monat); OLG Karlsruhe, 15.1.2009, jurisRn. 30 (lediglich 2 Bauvorhaben); Zweifel beim (erst) zweiten Vertrag zeigt auch OLG Celle, 24.7.2009, jurisRn. 18, das die Ablehnung aber v. a. auf die fehlende anfängliche Einigung stützt (vgl. Fn. 264). Eine längere Geschäftsbeziehung zur Muttergesellschaft vom Klauselgegner zähle wiederum nicht, so OLG Brandenburg, 26.6.2012, jurisRn. 39. 276 Vgl. OLG Köln, 25.5.2012, jurisRn. 78 f. und LG Kiel, 27.1.2017, jurisRn. 26. 277 LG Kiel, 27.1.2017, jurisRn. 26.
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anschließt.278 Er erklärt dort zudem nachdrücklich, dass wegen des Widerspruchs des Klauselgegners zu der letzten Version („AGB 2015 neu“) insofern nicht von einer Einigung ausgegangen werden kann und auch bezüglich der identischen Gerichtsstandsklauseln aus der vorletzten Version („AGB 2015 alt“) die Einbeziehung an der fehlenden Kenntnisnahmemöglichkeit scheitere. Booking.com habe nämlich nicht vorgetragen, dass diese auf der angegebenen Internetseite auch tatsächlich veröffentlicht worden waren. Laut BGH stellt die Möglichkeit zur Kenntnisnahme aber eine unerlässliche Voraussetzung für jede Form der Einbeziehung dar, die auch nicht durch Gepflogenheiten ersetzt werden könne.279 Das war in dieser Klarheit in der deutschen Rechtsprechung so bisher noch nicht formuliert worden und kann womöglich sogar die soeben geschilderten, liberaleren Positionen zu Art. 25 Abs. 1 S. 1 lit. b Brüssel Ia-VO in der Instanzgerichtsrechtsprechung revidieren. Auch wenn es dort – anders als beim BGH – bisher noch nicht um die Einbeziehung veränderter Fassung der Ursprungs-AGB ging, war die notwendige Kenntnisnahmemöglichkeit des Klauselgegners nicht derart strikt postuliert und kontrolliert worden. Ohne Übermittlung der fraglichen Gerichtsstandsklausel könnte eine Einbeziehung demnach zukünftig stets scheitern. Beim OLG Köln war der Fall noch einmal leicht anders gelagert. Hier hatten die Parteien außerhalb ihres eigentlichen schriftlichen Langzeitvertrags mehrere nicht darunterfallende, aber eng damit zusammenhängende Spotlieferungen vorgenommen, auf die das OLG dessen Gerichtsstandsklausel erstreckt. Denn es sei „schlicht nicht plausibel, dass die Parteien, die über ein detailliert ausgearbeitetes Vertrags– werk miteinander verbunden sind, darüber hinaus Lieferungen im Umfang von mehreren Mio Euro nur mündlich vereinbaren, ohne dass sie übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass im Übrigen die bereits vereinbarten Bedingungen gelten.“280
Besteht zwischen den Parteien aber bereits ein schriftlicher Langzeit- bzw. Rahmenvertrag mit einer Gerichtsstandsklausel, die sich potenziell auch auf spätere, von diesem getrennte Einzelverträge bezieht, braucht es den Rückgriff auf lit. b
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Schon im Vorlagebeschluss deutlich BGH, 11.12.2018, jurisRn. 16: „Der Auffassung des Landgerichts […] vermag der Senat nicht beizutreten“. Diese Vorlage betraf allerdings nur die Auslegung der objektiven Zuständigkeitsregeln aus Art. 7 Brüssel Ia-VO (vgl. dazu EuGH – Wikingerhof, 24.11.2020, Rs. C-59/19). Dieser war jedoch nur entscheidungsrelevant, weil der BGH die derog. GStKl schon nicht als wirksam vereinbart sah, vgl. BGH, a. a. O., jurisRn. 14 ff. So später dann auch abschließend in dem Verfahren BGH, 10.2.2021, jurisRn. 31 ff. zu den späteren zwei Versionen der nl. GStKl; die Ursprungsversion war schon zu eng gefasst und erfasste den Rechtsstreit daher nicht (a.a.O., jurisRn. 17 ff.). 279 BGH, 10.2.2021, jurisRn. 35. Ähnlich auch schon im Vorlagebeschluss BGH, 11.12.2018, jurisRn. 16. 280 OLG Köln, 25.5.2012, jurisRn. 78 f.
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gar nicht. Dieser Fall wird bereits von lit. a Var. 1 erfasst.281 Das bemerkt an sich auch das OLG, das nämlich zuerst und zuvorderst diese Einbeziehungsvariante bejaht.282 Nur alternativ („Selbst wenn man diesem Ansatz nicht folgen wollte, […]“) stellt es dann noch eine Einbeziehung nach lit. b fest.283 Hierfür reicht die Begründung jedoch nicht aus. Denn sie erklärt nicht, welche Gepflogenheiten sich zwischen den Parteien im Laufe ihrer Geschäftsbeziehung konkret entwickelt haben sollen und ob diese im Fall des in Rede stehenden Vertrags auch tatsächlich eingehalten wurden (insofern wie LG Kiel). Vielmehr scheint das OLG in der Entscheidung davon auszugehen, dass mit den Gepflogenheiten aus lit. b die dauerhafte Geltung der AGB gemeint sei. So äußern sich zum Teil auch Stimmen aus dem Schrifttum.284 Art. 25 Abs. 1 S. 3 Brüssel Ia-VO spricht aber davon, dass die Gerichtsstandsklausel entweder (halb)schriftlich geschlossen werden muss (lit. a) oder „in einer Form, welche den Gepflogenheiten entspricht, die zwischen den Parteien entstanden sind.“ (lit. b). Damit ist unter den Gepflogenheiten nicht die dauerhafte Geltung der AGB zu verstehen, sondern das konkrete Abschlussverhalten der Parteien – sprich die Abschlussform. Trotz des eigentlich klaren Wortlauts verwischen hier mitunter die Grenzen; auch wird der Bezugspunkt von der übrigen Literatur und Rechtsprechung meistens nicht präzise herausgearbeitet.285 Das gilt so schlussendlich auch für die bereits oben kurz angesprochene, zweite Frage, worauf sich die anfängliche Einigung beziehen muss. Die Rechtsprechung zeigt sich auch hier gespalten. Während einige Gerichte in ihren Entscheidungen speziell die anfängliche „Einigkeit der Parteien über die Einbeziehung der in Rede stehenden Gerichtsstandsklausel“ fordern,286 formulieren andere Hau, Zu den Vssn. gepflogenheitsgemäßer Einbeziehung von AGB-GStKl, IPRax 2005, 301, 302. 282 OLG Köln, 25.5.2012, jurisRn. 75, 77. 283 OLG Köln (vorige Fn.), jurisRn. 78. 284 Vgl. dazu schon oben Fn. 263. 285 Wie hier deutlich v. a. OLG Stuttgart, 27.4.2015, jurisRn. 113: „Der Auffassung der Beklagten, auch Parteigepflogenheiten kämen als Form in Betracht, liegt kein ausreichender Vortrag zu Grunde: […] die Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 14.03.2014 (Bl. 998 f.) betreffen nicht eine ‚Formgepflogenheit‘, sondern die ‚Gepflogenheit‘, dass die Beklagte grundsätzlich nur unter Einbeziehung ihrer AGB abschließe. Welche konkrete Form die Parteien insoweit gepflegt haben sollen, bleibt damit offen.“ Sonst selten explizit behandelt. Implizit aber wohl auch das Verständnis der in Fn. 263 eingangs genannten Entsch. und übrigen Literaturstimmen. 286 So BGH, 25.3.2015, jurisRn. 58, der das Vorliegen von lit. b mangels entsprechender Feststellungen der Vorinstanzen aber offenlassen muss. Ebenso explizit von der Einigung bzgl. der GStKl sprechen BGH, 10.2.2021, jurisRn. 29, 35; OLG Köln, 7.3.2013, jurisRn. 7; OLG Stuttgart, 31.7.2012, jurisRn. 63 f.; OLG Düsseldorf, 27.7.2011, jurisRn. 29, 31. 281 Ebenso
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allgemeiner („inhaltliche Einigung auf allgemeine Geschäftsbedingungen“)287 oder prüfen trotz des Trennungsprinzips gleich die Einbeziehung des gesamten Klauselwerks.288 Die meisten Entscheidungen sind in sich selbst widersprüchlich und reden in Bezug auf lit. b an der einen Stelle von der Vereinbarung der „Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ und an der anderen davon, dass „die Gerichtsstandsvereinbarung […] Gegenstand einer Willensübereinstimmung geworden“ sein muss.289 Dementsprechend besteht auch in dieser Frage Unsicherheit. Erinnert man sich jedoch daran, dass selbst bei der Variante des lit. a ein pauschaler AGB-Hinweis für die Einbeziehung genügen soll, sich die Parteien also schriftlich nur auf die Geltung der AGB allgemein einigen müssen, erscheint es folgerichtig, auch im Rahmen von lit. b nicht mehr zu fordern. Schließlich will dieser die Einbeziehungsstandards bei laufenden Geschäftsbeziehungen gerade senken und nicht erhöhen. Hierzu passt, dass der EuGH in Galeries Segoura als Ausgangsfall zu lit. b (siehe eingangs) ebenfalls davon spricht, dass die laufenden Geschäftsbeziehungen „in ihrer Gesamtheit den eine Gerichtsstandsklausel enthaltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen […] unterliegen“290 müssen und nicht: „der in den AGB enthaltenen Gerichtsstandsklausel“. Das Schrifttum beschäftigt sich mit diesen Rechtsprechungsunterschieden und den damit verbundenen rechtsdogmatischen Fragen bisher noch zu wenig und trägt daher kaum zu deren Klärung bei.291
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OLG Stuttgart, 18.4.2011, jurisRn. 26. So LG Landshut, 12.6.2008, jurisRn. 39 ff., das wohl deshalb hierfür auch das CISG heranzieht. Geht es speziell um die Einbeziehung der GStKl richtet sich diese aber nach der Brüssel Ia-VO (vgl. Fn. 185 a. E.). 289 So OLG Hamm, 6.12.2005, jurisRn. 27. Ebenfalls zuerst auf die GStKl, dann aber auf die AGB allgm. abstellend z. B. OLG Frankfurt, 5.6.2014, jurisRn. 21 f. und LG Aachen, 22.6.2010, jurisRn. 39 f. In umgekehrter Reihenfolge wiederum OLG Köln, 19.10.2011, jurisRn. 28 f. 290 EuGH – Galeries Segoura, 14.12.1976, Rs. C-25/76, Rn. 11 (Zitat der gesamten Passage oben bei Fn. 260). Uneindeutiger in der Hinsicht allerdings wiederum EuGH – Tilly Russ, 19.6.1984, Rs. C-71/83, Rn. 18. 291 Tiefergehend schlussendlich nur Eichel, AGB-GStKl im dt.-amerikanischen Handelsverkehr (2007), S. 86 ff. und Hau, Zu den Vssn. gepflogenheitsgemäßer Einbeziehung von AGB-GStKl, IPRax 2005, 301 ff., die beide bzgl. des Bezugspunkts der Gepflogenheiten aber nicht überzeugen können (vgl. Fn. 263 und soeben bei Fn. 285). Näher zur Form der anfänglichen Einigung Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 7.94, der sich zunächst der mittleren Rspr.position anzuschließen scheint („ausdrückliche Einigung“, ohne Einhaltung der Schriftform), dafür aber keine wirklichen Arg. liefert und dann doch wieder davon spricht, dass auch eine konkludente Einigung reichen könne. 288
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bb) Branchenspezifischer Handelsbrauch und vermutete Kenntnis Die Einbeziehungsvariante des lit. c, wonach für die formwirksame Vereinbarung eines Gerichtsstands unter bestimmten Umständen auch die Einhaltung eines internationalen Handelsbrauchs genügen kann, war in der Ursprungsversion des EuGVÜ ebenfalls noch nicht vorhanden, wurde aber schon 1979 und damit noch vor dem lit. b in das EuGVÜ eingefügt.292 Im internationalen Handelsverkehr wurde der ursprünglich ausnahmslose Schriftformzwang als zu streng empfunden und sollte deshalb gelockert werden. Ziel davon war es gerade auch, die Einbeziehung von standardmäßig verwendeten Gerichtsstandsklauseln zu erleichtern.293 Lit. c setzt nun in der heutigen, zu 1979 noch einmal leicht abgeänderten Sprachfassung zweierlei voraus, nämlich erstens, dass sich die im internationalen Handel agierenden Parteien auf den Gerichtsstand „in einer Form [geeinigt haben], die einem Handelsbrauch entspricht, […] den Parteien von Verträgen dieser Art in dem betreffenden Geschäftszweig allgemein kennen und regelmäßig beachten“ (objektive Voraussetzung) und zweitens, dass die Parteien den Handelsbrauch auch selbst „kannten oder kennen mussten“ (subjektive Voraussetzung). Wichtig für das Verständnis von lit. c sind vor allem die EuGH-Leitentscheidungen Mainschiffahrts-Genossenschaft (MSG) von 1997 und Trasporti Castelletti von 1999. Hinzu tritt aus neuerer Zeit die Entscheidung Profit Investment von 2016. Der EuGH betont in ihnen als Ausgangspunkt zunächst, dass lit. c trotz des Ziels einer erleichterten Einbeziehung nicht auf das Vorliegen einer „echten“ Einigung über den Gerichtsstand verzichten wolle.294 Diese sei nach wie vor zwingend, könne aber vermutet werden, wenn sowohl die objektive als auch die subjektive Voraussetzung von lit. c gegeben sei.295 Damit kommt es im internationalen Handelsverkehr subjektiv letztlich nicht mehr entscheidend auf den Nachweis einer tatsächlichen Einigung an, sondern nur noch den der Kenntnis bzw. fahrlässigen Unkenntnis des Handelsbrauchs. Hier greift dem EuGH zufol292 Zunächst noch als dritte Formvariante in Art. 17 Abs. 1 S. 2 EuGVÜ, ab 1989 dann in einer an Art. 9 CISG angepassten Sprachfassung als lit. c zu Art. 17 Abs. 1 S. 2 EuGVÜ, nun Art. 25 Abs. 1 S. 3 lit. c Brüssel Ia-VO, vgl. die Übersicht bei Hartley, Choice-of-Court Agreements (2013), Appendix 1. 293 Vgl. insb. den Schlosser-Bericht, ABl. EG 1979 C 59/71, S. 125 Rn. 179: „Der internationale Handel kommt ohne Standardbedingungen mit Gerichtsstandsklauseln nicht aus.“ 294 Zuerst EuGH – MSG, 20.2.1997, Rs. C-106/95, Rn. 17; bestätigt in Trasporti Castelletti, 16.3.1999, Rs. C-159/97, Rn. 19 (beide noch zur älteren Sprachfassung) sowie Profit Investment, 20.4.2016, Rs. C-366/13, Rn. 39. So auch schon der Schlosser-Bericht (vorige Fn.), Rn. 179. Allgm. hierzu bereits oben unter III.2.c). 295 EuGH – MSG (vorige Fn.), Rn. 19; Trasporti Castelletti (vorige Fn.), Rn. 20 f.; Profit Investment (vorige Fn.), Rn. 40, die diese zwei Vssn. dort umschreiben. Ebenfalls allgm. schon oben unter III.2.c).
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ge zugleich noch eine weitere Erleichterung. Diese Kenntnis soll nämlich bereits dann feststehen bzw. zu vermuten sein,296 wenn die Parteien „untereinander oder mit anderen in dem betreffenden Geschäftszweig tätigen Vertragspartner[n] schon früher Geschäftsbeziehungen angeknüpft hatten oder wenn in diesem Geschäftszweig ein bestimmtes Verhalten beim Abschluss von bestimmten Verträgen allgemein und regelmäßig befolgt wird und daher hinreichend bekannt ist, um als ständige Übung angesehen werden zu können.“297 Für lit. c ist im Endeffekt also entscheidend, ob sich ein solches allgemein und regelmäßig beachtetes Verhalten, sprich ein Handelsbrauch,298 feststellen lässt, an den sich die Parteien bei ihrem Abschluss gehalten haben. Die subjektive Voraussetzung spielt für die Einbeziehung dagegen kaum noch eine Rolle.299 Ob in den entsprechenden Ländern und der konkreten Branche z. B. das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben oder den AGB-Hinweis in einer Auftragsbestätigung als Zustimmung gewertet wird, entscheidet als Tatsachenfrage allerdings nicht der EuGH, sondern das jeweilige mitgliedstaatliche Gericht.300 Das birgt die Gefahr, dass es insofern sowohl innerhalb der ein296 So zunächst die alternative Formulierung in EuGH – MSG, 20.2.1997, Rs. C-106/95, Rn. 24, und Trasporti Castelletti, 16.3.1999, Rs. C-159/97, Rn. 43. In Profit Investment, 20.4.2016, Rs. C-366/13, Rn. 48, spricht der EuGH später davon, dass „die tatsächliche oder vermutete Kenntnis des Handelsbrauchs […] insbesondere dadurch belegt werden kann“ [Hervorhebung hinzugefügt], was die Funktion als Beweiserleichterung deutlicher hervortreten lässt. 297 EuGH – MSG (vorige Fn.), Rn. 24; ähnlicher Wortlaut auch in Trasporti Castelletti (vorige Fn.), Rn. 43; davon leicht abweichend nun Profit Investment (vorige Fn.), Rn. 48. Dahinter steht letztlich der Gedanke, dass wer in einer Geschäftsbranche tätig ist, sich auch mit den dort vorherrschenden Bräuchen und Gepflogenheiten auskennen muss, vgl. Magnus, in: ders/Mankowski, Art. 25 Ibis Brussels I Regulation Rn. 122. 298 Der EuGH definiert den Handelsbrauch u. a. in MSG, 20.2.1997, Rs. C-106/95, Rn. 23, gerade als ein solches von den Personen in dem Geschäftszweig allgm. und regelmäßig befolgtes Verhalten. 299 Kritisch Hartley, Choice-of-Court Agreements (2013), Rn. 7.80: „Despite what the CJEU says, the ruling in this case [scil. MSG] involves a diminution of the level of consensus required for the validity of a choice-of-court-clause. In the past, it had to be shown that the party concerned had clearly and explicitly consented in the oral contract. Where subparagraph (c) applies, however, it is enough if he was (or ought have been) dimly aware […] that shipown ers usually insert choice-of-court clauses into charterparties.“ Ähnlich Kröll, Gerichtsstandsvereinbarungen aufgrund Handelsbrauchs, ZZP 113 (2000), 135, 142, 157. Aus anderem Blickwinkel Leipold, Zuständigkeitsvereinbarungen in Europa, Symposium Schwab 2000, 51, 57 f. Ebenso zur Erleichterung durch die weitere Vermutung, aber neutraler Wagner, in: Stein/Jonas, Art. 23 EuGVVO Rn. 84. 300 Vgl. EuGH – MSG, 20.2.1997, Rs. C-106/95, Rn. 20 f., der dort für kaufmännische Bestätigungsschreiben eine Einordnung als Handelsbrauch grdsl. für möglich hält, sie final aber dem mitgliedstaatlichen Gericht überlässt.
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zelnen Mitgliedstaaten als auch im europäischen Rechtsraum generell zu Dissonanzen kommt. Besonders die deutschen Gerichte verfolgen dem Schrifttum zufolge eine vergleichsweise strenge Linie.301 Tatsächlich findet sich im gesamten Untersuchungszeitraum keine einzige Entscheidung, in der ein deutsches Gericht die Einbeziehung der Gerichtsstandsklausel allein auf lit. c stützt.302 In zwei Fällen liegt eine Gerichtsstandsklausel in einem sog. Konnossement vor, was im internationalen Seehandel gängig ist und für die Einbeziehung gemäß lit. c daher grundsätzlich ausreicht. Die Gerichtsstandsklausel war dort aber jeweils auch in dem dazugehörigen schriftlichen Frachtvertrag enthalten, weshalb das eine Gericht in seiner Entscheidung auf lit. c und die Branchenüblichkeit von Gerichtsstandsklauseln aus Konnossements auch gar nicht mehr eingeht.303 Die Einbeziehung mittels kaufmännischem Bestätigungsschreiben wiederum, die laut dem EuGH für lit. c ebenfalls reichen kann,304 wird von den Parteien zwar öfters angeführt, von den Gerichten aber stets abgelehnt.305 Und auch das Argument, in der Automobilbranche sei es zwischen Herstellern und Zulieferern völlig üblich, Einkaufsbedingungen ohne deren Übergabe zu vereinbaren, etwa stößt 2007 vor dem OLG Oldenburg auf keinen Zuspruch. Dieser Umstand allein genüge für lit. c noch nicht. Erforderlich sei vielmehr, dass gerade „auch die Vereinbarung eines anderen internationalen Gerichtsstandes auf diesem Weg einem internationalen Handelsbrauch entspricht.“306 Das wird in der Literatur zum 301 So insb. Tang, Jurisdiction and Arbitration Agreements (2014), S. 40 f., dort im Vergleich zu den irischen und engl. Gerichten, allerdings mit relativ wenigen Nachweisen. 302 Die Einbeziehungsvariante wird stattdessen sogar 17 Mal explizit abgelehnt, vgl. schon die Nennungen oben in Fn. 257, eingangs unter IV.2.e). 303 Vgl. LG Stralsund, 12.12.2008, jurisRn. 29. Wenigstens kurz zum Handelsbrauch dagegen LG Hamburg, 13.3.2008, jurisRn. 65 und OLG Bremen, 25.4.2014, jurisRn. 83, wobei letzteres wegen EuGH – Gothaer Allgemeine Versicherungen, 15.11.2012, Rs. C-456/11, insofern aber ohnehin an die Vorentsch. des belg. Gerichts gebunden ist. Abgrenzung zum Frachtbrief bei OLG Stuttgart, 23.12.2003, jurisRn. 32 ff., dort aber nur i.R.d. Prüfung der Bindung eines Dritten. Näher zu Konnossements und der Einbeziehung dortiger GStKl Sparka, Jurisdiction and Arbitration Clauses in Maritime Transport Documents (2010), S. 39 ff., 102 f. 304 Siehe Fn. 300. 305 Es liege in Wirklichkeit kein Bestätigungsschreiben vor, sondern nur eine Auftragsbestätigung, Bestellung oder sogar nur ein Vertragsentwurf, siehe OLG Düsseldorf, 14.11.2018, jurisRn. 100; OLG Köln, 7.3.2013, jurisRn. 8; OLG Hamm, 9.9.2011, jurisRn. 40; OLG Karlsruhe, 15.1.2009, jurisRn. 33 f. 306 OLG Oldenburg, 20.12.2007, jurisRn. 75, das dort aus dem gleichen Grund den Vortrag, die Veröffentlichung der Einkaufsbedingungen auf der eigenen Internetseite stelle einen Handelsbrauch dar, zurückweist. Das OLG Köln, 21.12.2005, jurisRn. 6 ff., erwägt bei branchenüblichen AGB vom Übermittlungserfordernis eine Ausnahme zu machen, lässt das aber letztlich offen, da die Klauselverwenderin in dem Fall ohnehin ihre eigenen „persönlichen“ und keine
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Teil lockerer gesehen. Ulrich Magnus etwa meint, dass sich der Handelsbrauch nur auf den Abschluss von Verträgen allgemein und nicht speziell auf den von Gerichtsstandsklauseln beziehen müsse.307 Diese Divergenz sowie die geringe Einbeziehungsquote (letztlich nur in einem von 18 einschlägigen Fällen)308 deuten somit schlussendlich darauf hin, dass lit. c in der deutschen Rechtsprechung tatsächlich streng gehandhabt wird. Mit Sicherheit lässt sich das freilich nicht sagen, da viele Entscheidungen den entsprechenden Parteivortrag und/oder die Stellungnahme von hinzugezogenen Sachverständigen gar nicht oder nur stark verkürzt wiedergeben. Kommen die Gerichte dann – wie häufig – im Ergebnis zu der Einschätzung, das Bestehen eines Handelsbrauchs sei in dem Fall „nicht ersichtlich“, bleibt unklar, woran die Anerkennung konkret scheitert und somit, wie hoch die Gerichte die Einbeziehungsschwelle ansetzen.309 Der BGH ermahnt die Instanzgerichte in einer neueren Entscheidung von 2018 indessen ausdrücklich, zumindest bezüglich des Vortrags zu lit. c keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Diesem sei im Grundsatz nachzugehen.310 f) Fremdsprachige Gerichtsstandsklauseln Ein Problem, das fallgruppenübergreifend auftritt, ist die Einbeziehung fremdsprachiger Gerichtsstandsklauseln. Versteht der Klauselgegner die Sprache nicht, in der die Gerichtsstandsklausel verfasst ist, fragt sich, ob er sie dennoch gegen sich gelten lassen muss, wenn er dem Vertragsschluss generell ohne Einwand zugestimmt hat. Nach EuGH – Elefanten Schuh und Trasporti Castelletti ist klar, dass sich diese Frage von vornherein nur nach dem europäischen und nicht nach dem nationalen AGB-Recht richten kann.311 Die Entscheidungen lassen indessen branchenüblichen AGB in den Vertrag einbeziehen wollte. Tendenziell dagegen wohl BGH, 10.2.2021, jurisRn. 34 f. 307 Siehe dens., in: Magnus/Mankowski, Art. 25 Brussels Ibis Regulation Rn. 120. Ebenso Mankowski, in: Rauscher, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 180. 308 Das LG Stralsund, 12.12.2008, begründet die Einbeziehung der GStKl mit lit. a Var. 1, nicht mit lit. c. Da dem OLG Bremen, 25.4.2014, keine Entscheidungskompetenz zukommt (vgl. Fn. 303), bleibt damit letztlich im Bereich der Anerkennung nur die Entsch. des LG Hamburg, 13.3.2008. Zu den ablehnenden Entsch. schon eingangs unter IV.2.e) in Fn. 257. 309 Vgl. etwa OLG Koblenz, 20.2.2014, insb. jurisRn. 30; OLG Köln, 19.10.2011, jurisRn. 30; OLG Düsseldorf, 30.1.2004, jurisRn. 48, 54. Den nicht näher wiedergegebenen Vortrag des Klägers als zu pauschal ablehnend wiederum LG Aachen, 22.6.2010, jurisRn. 42. 310 Vgl. BGH, 26.4.2018, insb. jurisRn. 34 f., wo die Vorinstanz eine Beweiserhebung noch abgelehnt hatte, weil sie von einer Behauptung „ins Blaue hinein“ ausgegangen war. Kritik am BGH bei Mankowski, LMK 2018, 406706. Zustimmend H. Roth, Vereinbarungen über die int. Zuständigkeit, IPRax 2019, 397 ff. 311 Zur Verdrängung des nat. Rechts in Sprachfragen schon unter 2.a). Zweifelhaft deshalb
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offen, wie sie inhaltlich zu beantworten ist.312 Die Position der deutschen Gerichte wird 2013 vom OLG Köln treffend zusammengefasst: „Haben die Parteien eine Vertragssprache gewählt, so kann sich ein Vertragspartner nicht darauf berufen, diese nicht zu verstehen. […] Nach der Rechtsprechung ist [deshalb] selbst eine Gerichtsstandsvereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam, wenn sie in der Vertragssprache abgefasst ist, zumindest der Hinweis auf die fremdsprachige AGB-Klausel in der Vertragssprache erfolgte oder wenn die Gegenpartei des Verwenders sie unterzeichnet. Das Sprachrisiko trägt damit weitgehend der Vertragspartner des Verwenders, der insoweit wachsam sein und sich ggf. zur Wehr setzen muss […].“313
Den Klauselgegner trifft damit hinsichtlich der fremden AGB also doch eine gewisse, wenn auch gegenständlich begrenzte Erkundigungsobliegenheit:314 Erhält er die AGB rechtzeitig übermittelt, versteht sie aber aufgrund seiner fehlenden Sprachkenntnisse nicht, muss er sich entweder selbst um eine Übersetzung bemühen oder den Klauselverwender um eine verständliche, zumindest der Vertragssprache entsprechende Fassung bitten. Unterlässt er dies, obwohl er in der Vertragssprache deutlich auf die Geltung der AGB hingewiesen wurde, ist er an die fremdsprachige Gerichtsstandsklausel gebunden.315 Gleiches gilt, wenn er ein fremdsprachiges und damit für ihn unverständliches Angebot vorbehaltslos annimmt und in diesem eine Gerichtsstandsklausel enthalten ist (so der konkret Tiefenthaler/Czernich, in: Czernich/Kodek/Mayr, Art. 25 EuGVVO Rn. 22, die auf die lex causae abstellen wollen. 312 Vgl. EuGH – Elefanten Schuh, 24.6.1981, Rs. C-150/80; Trasporti Castelletti, 16.3.1999, Rs. C-159/97. In Custom Made, 29.6.1994, Rs. C-288/92, konnte der EuGH die entsprechende Vorlagefrage des BGH offen lassen, da sie nach Beantwortung der anderen Fragen nicht mehr entscheidungsrelevant war. 313 OLG Köln, 24.4.2013, jurisRn. 25 (als Vorinstanz zu BGH, 7.1.2014, dieser aber nur zur E-Mail-Signatur). Weicht die Vertragssprache von der Verhandlungssprache ab, soll es zumindest nach dem OGH, 6.11.2008, IHR 2009, 126 f., auf letztere ankommen. Näher Spellenberg, Doppelter Gerichtsstand in fremdsprachigen AGB, IPRax 2007, 98, 103, dort auch zur bei GStKl strittigen Frage, ob statt der Vertrags- bzw. Verhandlungssprache der Hinweis in einer Weltsprache wie Englisch ausreichen kann. So die Rspr.-Position bei RwKl, vgl. Kap. 4, unter IV.2.b) bei Fn. 152. Im Untersuchungszeitraum für GStKl nicht weiter erörtert. 314 Zum Grundsatz, dass sich der Klauselgegner die fremden AGB nicht selbst besorgen muss, sondern ihm der Klauselverwender diese seinerseits rechtzeitig übermitteln muss, oben unter d). Kritisch Wittwer, in: Mayr, Handbuch des EuZVR (2017), Rn. 3.654 (zur entsprechenden österr. Rspr. bzgl. des Sprachrisikos). 315 OLG Stuttgart, 5.11.2007, jurisRn. 23; obiter auch OLG Köln, 24.4.2013, jurisRn. 25. Vor Beginn des Untersuchungszeitraums BGH, 31.10.1989, jurisRn. 1. Eichel, AGB-GStKl im dt.-amerikanischen Handelsverkehr (2007), S. 96 und Spellenberg, Doppelter Gerichtsstand in fremdsprachigen AGB, IPRax 2007, 98, 105, verneinen dagegen wegen der fehlenden zumutbaren Kenntnisnahmemöglichkeit die Einbeziehung. Ähnlich GA Lenz in seinen Schlussanträgen zu EuGH – Custom Made (Fn. 312), Rn. 124. Im Sinne der Rspr. aber z. B. Magnus, in: ders./Mankowski, Art. 25 Brussels Ibis Regulation Rn. 86.
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vom OLG Köln entschiedene Fall).316 Insgesamt kommt dem Sprachproblem in der Kontrollpraxis freilich kaum Bedeutung zu. Zwar wird es immerhin in neun Entscheidungen angesprochen, in keiner gibt es aber den Ausschlag darüber, ob die Gerichtsstandsklausel anerkannt wird oder nicht.317 g) Kontrollschwerpunkt Ist der Klauselgegner Verbraucher, werden die Einbeziehungsstandards im nationalen AGB-Recht oft noch einmal angehoben.318 Für die Einbeziehungskon trolle von Gerichtsstandsklauseln anhand des europäischen Rechts lässt sich das nicht beobachten. Sicherlich besteht zwischen der Einbeziehung gegenüber einem Verbraucher oder einem anderen Unternehmer theoretisch ein Unterschied. Schließlich kommt die erleichterte Einbeziehung nach lit. c von vornherein nur im b2b-Bereich in Betracht („im internationalen Handel“)319 und auch lit. b wird vor allem für Geschäftsbeziehungen im engeren Sinne relevant, wenngleich er vom Wortlaut her nicht darauf beschränkt ist.320 Abschnitt e) hat indes gezeigt, 316
OLG Köln, 24.4.2013, jurisRn. 25. Der ital. Klauselgegner hatte jede Seite des deutschsprachigen Angebots inklusive der beigefügten AGB gegengezeichnet, ohne eine Übersetzung zu verlangen. 317 Bei OLG Stuttgart, 5.11.2007, jurisRn. 21 (zu lit. a, zu lit. b sogleich); OLG Karlsruhe, 28.3.2006, jurisRn. 100 ff. und OLG Hamm, 6.12.2005, jurisRn. 22 ff., ist der fremdsprachige Hinweis ohnehin erst in der Auftragsbestätigung oder Rechnung enthalten. Bei OLG Düsseldorf, 14.11.2018, wiederum steht schon der Hinweis nicht fest, das OLG lässt das Sprachrisiko daher explizit offen (vgl. jurisRn. 94). Nur am Rande zu den fremdsprachigen AGB des Klauselgegners, die deshalb zwar nicht einbezogen seien, aber trotzdem i.R.v. lit. b gegen eine anfängliche Einigung auf die AGB der Gegenseite sprächen, OLG Düsseldorf, 30.1.2004, jurisRn. 45. Die Anforderungen gewahrt sehen dagegen OLG Köln, 24.4.2013, jurisRn. 25; OLG Schleswig-Holstein, 24.10.2008, jurisRn. 25; OLG Stuttgart, 5.11.2007, jurisRn. 23; OLG Köln, 24.5.2006, jurisRn. 10 (dort nicht gerügt, zudem eigene, inhaltlich gleiche GStKl); OLG Hamm, 20.9.2005, jurisRn. 27. Für frühere Entsch. und solche aus den anderen Mitgliedstaaten siehe insb. Mankowski, in: Rauscher, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 228 ff.; Wittwer, in: Mayr, Handbuch des EuZVR (2017), Rn. 3.654. 318 Zum dt. Recht z. B. Gade, AGB im int. und europ. Privatrecht (2014), S. 85 f. 319 Der EuGH spricht in MSG, 20.12.1997, Rs. C-106/95, Rn. 23, zwar von „Kaufleuten“, verbindet damit aber keine Beschränkung auf Personen, die nach (nat.) Handelsrecht als Kaufleute z. B. i. S. d. §§ 1 ff. HGB einzuordnen sind. Das zeigt schon die engl. oder frz. Fassung des Urteils, wo neutraler von „operators in that branch“ bzw. „opérateurs“ die Rede ist. In Profit Investment, 20.4.2016, Rs. C-366/13, Rn. 44, ist zudem nur noch von den „dort tätigen Wirtschaftsteilnehmer[n]“ die Rede. Zum Anwendungsbereich i.E. wie hier, aber ohne nähere Begründung z. B. Magnus, in: ders./Mankowski, Art. 25 Brussels Ibis Regulation Rn. 117 m. w. N. 320 Lit. b spricht von den Gepflogenheiten, die „zwischen den Parteien“ entstanden sind, ohne deren Rolle näher zu definieren. Verbraucherverträge sind jedoch oft Massengeschäfte, wo es entweder nur einmal zum Abschluss mit derselben Vertragspartei kommt oder sich zumindest keine individuellen Gepflogenheiten entwickeln. Das ist eher für laufende Beziehun-
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dass beide Varianten in der Praxis nur selten zu einer erfolgreichen Einbeziehung führen. Damit bleibt auch zwischen Unternehmern die Schriftform nach lit. a Var. 1 am wichtigsten. Bei ihr wird von den Gerichten bisher nicht nach der Person des Klauselgegners differenziert. Ob Verbraucher oder Unternehmer, stets wird für die Einbeziehung ein vorheriger verständlicher AGB-Hinweis in einem schriftlichen Vertrag oder einem – ebenfalls schriftlich angenommenen – Angebot sowie die rechtzeitige Übermittlung der AGB gefordert.321 Es muss allerdings gesehen werden, dass ohnehin nur ein Bruchteil der zur Einbeziehungskontrolle ergangenen Entscheidungen den b2c-Bereich betrifft (acht von 87 relevanten Entscheidungen).322 Der fehlende Kontrollunterschied kann somit schlicht auch darauf zurückzuführen sein, dass das Kontrollinstrument in Verbraucherfällen fast nie angewendet wird. Ist die Gerichtsstandsklausel nämlich ohnehin schon wegen eines Verstoßes gegen Art. 15 oder 19 Brüssel Ia-VO unwirksam,323 spielt ihre Einbeziehung für die gerichtliche Zuständigkeit keine Rolle mehr. Die meisten Entscheidungen, die einen solchen Verstoß bejahen, nehmen zur Einbeziehung keine Stellung mehr.324 gen zwischen Unternehmern typisch, ähnlich E. Peiffer/M. Peiffer, in: Geimer/Schütze-Loseblatt (EL 52 Sept 2016), Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 205. Alle der unter IV.2.e)aa) behandelten Fälle betreffen (passend) den b2b-Bereich. Zur fehlenden Beschränkung indes z. B. auch Mankowski, in: Rauscher, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 176 und M. Weller, in: Wieczorek/Schütze, Art. 25 Brüssel Ia-VO, Rn. 31. 321 Das OLG Düsseldorf, 14.11.2018, jurisRn. 83 und OLG Hamm, 9.9.2011, jurisRn. 34, betonen explizit, dass im b2b-Bereich keine geringen Anforderungen herrschen, sonst wird darauf nicht eingegangen. 322 Siehe Anh. 4, wo bei jedem Fall vermerkt ist, ob sich beim Abschluss Verbraucher und Unternehmer oder Unternehmer und Unternehmer gegenüberstanden. Bei dem Versicherungsnehmer-Fall wird davon ausgegangen, dass es sich um einen b2c-Fall handelte; für die Einbeziehung gelten insofern keine Sonderregeln. 323 Ist der Versicherungsnehmer ein Verbraucher, geht Art. 15 Brüssel Ia-VO Art. 19 Brüssel Ia-VO vor, siehe z. B. Lazić, Procedural Justice for ‘Weaker Parties’, Utrecht L. Rev. 2014, 100, 102 m. w. N. 324 Eine Ausnahme bilden z. B. OLG Köln, 5.9.2019, jurisRn. 28 f. und OLG Stuttgart, 27.4.2015, jurisRn. 102 ff. (keine Einbeziehung wegen fehlender beiderseitiger Erklärung bzw. Unterschrift) und OLG Dresden, 14.1.2014, jurisRn. 23 (keine Einbeziehung, da AGB-Hinweis in Versicherungsschein verspätet). Ohne nähere Einbeziehungskontrolle dagegen z. B. AG Simmern, 19.4.2017 (das indes die Bereichsausnahme in Art. 17 Brüssel Ia-VO verkennt); BGH, 9.2.2017 (6 Fälle); LG Ravensburg, 22.11.2016; LG Saarbrücken, 23.12.2013; OLG München, 6.9.2013; KG Berlin, 19.7.2013; BGH, 24.4.2013; LG Potsdam, 19.1.2012; BGH, 20.12.2011; OLG Brandenburg, 26.7.2007; OLG Koblenz, 23.3.2006; BayObLG, 20.7.2005. Mit einer Einbeziehungskontrolle, jedoch auch kein Verstoß, da kein Ausrichten i. S. v. Art. 15, 17 Brüssel Ia-VO bzw. einschlägige Bereichsausnahme LG Kleve, 27.10.2015, jurisRn. 21 f.; AG Bremen, 5.12.2013, jurisRn. 38; AG Geldern, 20.4.2011, jurisRn. 11 f. und OLG Karlsruhe, 9.8.2006, jurisRn. 8.
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Der Kontrollschwerpunkt liegt damit derzeit klar auf dem b2b-Bereich. Hier kommt es mitunter vor, dass nicht nur der Klauselverwender, sondern auch sein Vertragspartner über eigene AGB verfügt und diese in den Vertrag einzubeziehen versucht.325 Enthalten sie bezüglich der gerichtlichen Zuständigkeit eine abweichende Regelung, liegen sog. kollidierende Gerichtsstandsklauseln vor. Während das Schrifttum deren Einbeziehung schon wegen der offensichtlich fehlenden Einigung ablehnt,326 macht es sich die deutsche Rechtsprechung insofern überraschenderweise deutlich schwerer. Statt auf den Widerspruch zwischen den AGB zu verweisen, prüfen die Gerichte in den Fällen meistens nur eine der Gerichtsstandsklauseln, nämlich die derogierende, wenn sie für den Streit objektiv an sich zuständig sind, und die prorogierende, wenn ihnen ansonsten die Zuständigkeit fehlt.327 Die Einbeziehung scheitert dann an generellen Problemen wie einem zu späten AGB-Hinweis, der fehlenden Übermittlung etc., nicht jedoch an dem besonderen Umstand der Kollision.328 Eine einheitliche Behandlung solcher Fälle hat sich in der deutschen Kontrollpraxis folglich noch nicht entwickelt. 325 Er wurde an den entsprechenden Stellen trotzdem als „Klauselgegner“ bezeichnet, obwohl er – insofern untypisch – selbst auf den Vertragsinhalt Einfluss nehmen will. Die Entsch. thematisieren diesen Umstand jedoch nicht weiter (dazu sogleich) und treffen damit jeweils für GStKl allgm. gültige Aussagen. 326 Gottwald, in: MüKo-ZPO, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 34; Mankowski, in: Rauscher, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 147; Tiefenthaler/Czernich, in: Czernich/Kodek/Mayr, Art. 25 EuGVVO Rn. 67; Wagner, in: Stein/Jonas, Art. 23 EuGVVO Rn. 62. In die Richtung auch ErwG 22 der Brüssel Ia-VO. Unklar Garcimartin, in: Dickinson/Lein, The Brussels I Regulation Recast (2015), Rn. 9.42 („no consensus, unless the alternative requirements in para (b) or (c) are met“). Eine gegenläufige GStKl dürfte aber gegen die Annahme einer anfänglichen Einigung über deren Geltung sprechen, vgl. schon Fn. 267, 274 in Abschnitt e)aa). So aus der nl. Rspr. auch Gerechtshof Den Haag, 25.4.2017, ZIP 2017, 1973, 1974 („kein übereinstimmender Wille zur Wahl“, bei juris nur zusammengefasst), der anschließend aber auch noch die nötige Form verneint (S. 1975). 327 Explizit mit dieser Begrenzung OLG Naumburg, 18.7.2013, jurisRn. 11: „Beide Seiten berufen sich auf die Gerichtsstandsklauseln ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen. […] Da die deutschen Gerichte entweder über Art. 5 EuGVVO oder die Verkaufsbedingungen der Klägerin international zuständig wären, kommt es allein auf die Einkaufsbedingungen der Beklagten an.“ In die Richtung einer last shot rule dagegen OLG Saarbrücken, 18.10.2011, jurisRn. 30, aber ebenfalls nur mit Blick auf die derog. GStKl. So wohl auch OLG Karlsruhe, 12.6.2008, jurisRn. 16. Das OLG Düsseldorf, 30.1.2004, jurisRn. 45, wertet die gegenläufige, fremdsprachige GStKl des Beklagten immerhin als Indiz gegen eine anfängliche Einigung i. S. v. lit. b auf die GStKl der Klägerin. Das OLG Düsseldorf, 21.11.2008, jurisRn. 15, prüft zwar beide GStKl, lehnt ihre Vereinbarung aber nicht wegen des Widerspruchs, sondern der jeweils fehlenden Übermittlung ab. 328 Vgl. insb. OLG Naumburg, 18.7.2013, jurisRn. 11 (keine Übermittlung der AGB mit der derog. GStKl); OLG Düsseldorf, 21.11.2008, jurisRn. 15 (ebenfalls keine Übermittlung, siehe schon vorherige Fn.); OLG Saarbrücken, 18.10.2011, jurisRn. 30 (Hinweis erst in Auftragsbestätigung, allerdings womöglich Ansätze einer last shot rule); ebenso OLG Karlsruhe,
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Fünftes Kapitel: Kontrolle von Gerichtsstandsklauseln
3. Inhaltskontrolle Auch wenn der Klauselgegner vor Vertragsschluss auf die fremden AGB hingewiesen wird und diese übermittelt bekommt, ändert das in der Regel wenig da ran, dass er sie nur selten liest und sie daher trotz der Möglichkeit hierzu inhaltlich fast nie zur Kenntnis nimmt. Da diese Ignoranz aber angesichts des klassischen Take-it-or-leave-it-Charakters von AGB nicht nur höchstverständlich, sondern auch noch unter Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten häufig äußerst rational ist, schützt ihn das nationale Recht regelmäßig vor besonders negativen Folgen seiner – letztlich blinden – Zustimmung.329 Vorschriften wie § 307 BGB oder Art. 1171 Code civile setzen für die Klauseln inhaltliche Mindeststandards, die erfüllt sein müssen, damit diese nach ihrer Einbeziehung rechtliche Wirkung entfalten. Benachteiligen sie den Klauselgegner unangemessen oder verursachen zwischen den Parteien ein signifikantes Ungleichgewicht, halten sie der AGB- rechtlichen Inhaltskontrolle nicht stand.330 Art. 25 Brüssel Ia-VO macht für den Inhalt von Gerichtsstandsklauseln dagegen im Grunde keine näheren Vorgaben – außer, dass sie die erfassten Streitigkeiten und das zuständige Gericht konkret genug benennen müssen.331 Inhaltliche Grenzen ergeben sich daneben allerdings aus Art. 15, 19, 23 Brüssel Ia-VO, die es prinzipiell verbieten, zuungunsten bestimmter Klauselgegner – insbesondere passiver Verbraucher – von der objektiven Rechtslage abzuweichen.332 Mögen sie 12.6.2008, jurisRn. 16. Die andere GStKl immerhin als Indiz gegen eine anfängliche Einigung i. S. v. lit. b wertend OLG Düsseldorf, 30.1.2004, jurisRn. 45. 329 Ausführlich hierzu schon in Kap. 2, unter I.; dort unter II. zudem zu überindividuellen Schutzgründen. 330 Vgl. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB: „Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.“ Art. 1171 S. 1 Code civil n. F.: „Dans un contrat d’adhésion, toute clause non négociable, déterminée à l’avance par l’une des parties, qui crée un déséquilibre significatif entre les droits et obligations des parties au contrat est réputée non écrite.“ Beide greifen sowohl im b2b- als auch im b2c-Bereich. Sonst ist die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle im nat. Recht mitunter auf letzteren begrenzt. Näheres zu Zweck und Ausgestaltung insb. auch schon in Kap. 4, unter IV.3., mit den entsprechenden Nachweisen. 331 Deutlich z. B. EuGH – Refcomp, 7.2.2013, Rs. C-543/10, Rn. 25: „Insoweit ist festzustellen, dass, was die Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung angeht, Art. 23 Abs. 1 der Verordnung vor allem Formerfordernisse vorsieht und nur eine inhaltliche Voraussetzung hinsichtlich des Gegenstands der Klausel anführt, nämlich dass sie ein bestimmtes Rechtsverhältnis betreffen muss.“ [Hervorhebung hinzugefügt], ebenso EuGH – Höszig, 7.7.2016, Rs. C-222/15, Rn. 33. Aus der Literatur z. B. Coester-Waltjen, Ein Plädoyer für Art. 25 Brüssel Ia VO, FS Geimer 2017, 31, 34 und Tiefenthaler/Czernich, in: Czernich/ Kodek/Mayr, Art. 25 EuGVVO Rn. 47. Genaueres zu den Anforderungen dieses europ. Bestimmtheitsgebots auch schon unter III.2.c) sowie noch unten unter 5.a). 332 Siehe III.2.a)., dort auch zu den Ausnahmen. Eine weitere inhaltliche Gestaltungsgrenze
IV. Bestandsaufnahme
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vom Wortlaut her auch nicht speziell auf einseitig diktierte Gerichtsstandsklauseln zugeschnitten sein, liegt doch im Schutz vor diesen der Hauptgrund und -anwendungsfall ihrer Regelung.333 Als Ausnahmen von den allgemeinen Zuständigkeitsregeln sind sie freilich eng auszulegen und können daher im Verhältnis zu anderen, ebenfalls typischerweise unterlegenen Klauselgegnern wie z. B. Handelsvertretern oder Franchisenehmern nicht analog herangezogen werden.334 Da gerade der Schutz aus Art. 19 Brüssel Ia-VO zudem nicht in allen Verbraucherfällen greift,335 sehen im Schrifttum manche nach wie vor Bedarf für eine AGB-rechtliche Inhaltskontrolle internationaler Gerichtsstandsklauseln.336 Die Mehrheit verwies jedoch zumindest bisher darauf, dass deren inhaltliche Zulässigkeit abschließend von der Brüssel Ia-VO geregelt sei, und hielt das nationale folgt aus Art. 24 Brüssel Ia-VO, der für gewisse Streitigkeiten ausschließliche Gerichtsstände vorschreibt, vgl. III.2.b). 333 Vgl. insb. S. 29 des Jenard-Berichts zum EuGVÜ (ABl. EG 1979 C 59/1): „Für die Abschnitte 3 und 4 (Versicherungssachen und Abzahlungsgeschäfte) z. B. sind sozialpolitische Erwägungen maßgebend: man wollte insbesondere Missbräuchen vorbeugen, die sich aus den sog. Adhäsionsverträgen ergeben können.“ und EuGH – Peloux, 12.5.2005, Rs. C-112/03, Rn. 30: „Nach ständiger Rechtsprechung liegt den Bestimmungen […] das auch aus den Materialien erkennbare Bestreben zugrunde, den Versicherten zu schützen, der meist mit einem vorformulierten, in seinen Einzelheiten nicht mehr verhandelbaren Vertrag konfrontiert wird […].“ Zu AGB als Hauptanwendungsfall sowie zum über die Brüssel Ia-VO erreichten Schutz unter III.2.a). Anders u. a. Heinig, Grenzen von Gerichtsstandsvereinbarungen (2010), S. 330 f., 347, der dort stark den fehlenden AGB-Zuschnitt betont. Auch der EuGH rückt teilweise allein den Schutz aufgrund der wirtschaftlichen Schwäche in den Vordergrund (siehe aus jüngerer Zeit z. B. EuGH – Balta, 27.2.2020, Rs. C-803/18, Rn. 36 ff.), der hier – im AGB-Kontext – nicht als entscheidender Kontrollgrund angesehen wird (vgl. Kap. 2, I.). 334 Siehe insb. EuGH – Benincasa, 3.7.1997, Rs. C-269/95, Rn. 13 ff. (keine Anwendung der Verbraucherschutzvorschriften des EuGVÜ auf Existenzgründer). Zu Handelsvertretern OLG Hamburg, 14.4.2004, NJW 2004, 3126, 3127 f. Vertieft zum fehlenden Schutz schwächerer Unternehmer Mogendorf, Der strukturell unterlegene Unternehmer im Int. Privat- und Verfahrensrecht (2016), allerdings ohne AGB-Fokus. Zum entsprechenden Schutzbedürfnis auch noch näher in Kap. 9, unter IV. 335 Näher schon unter 2.d) bei Fn. 248 f., speziell zu Beförderungsverträgen auch noch im Folgenden. 336 Briggs, Civil Jurisdiction and Judgments (2015), Rn. 2.110; Heinig, Grenzen von Gerichtsstandsvereinbarungen (2010), S. 334 ff.; E. Peiffer, Schutz gegen Klagen im forum derogatum (2013), S. 154 f.; A. Staudinger, GStKl von Luftbeförderern, RdTW 2018, 59, 60; ders., in: Rauscher, Art. 19 Brüssel Ia-VO Rn. 6; M. Weller, in: Wieczorek/Schütze, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 42, 48. Ähnlich auch Leible/Röder, Missbrauchskontrolle von Gerichtsstandsvereinbarungen, RIW 2007, 481, 484 und Magnus, in: ders./Mankowski, Art. 25 Brussels Ibis Regulation Rn. 74, die aber eine europ. Missbrauchskontrolle vorziehen. Explizit a. A. aber Krophol ler/v. Hein, EuZPR (2011), Art. 23 EuGVO Rn. 20; Stoffels, AGB-Recht (2021), Rn. 1069, 1071; Wagner, in: Stein/Jonas, Art. 23 EuGVVO Rn. 39; Wurmnest, in: MüKo, § 307 BGB Rn. 262, die den Schutz der Brüssel Ia-VO für ausreichend halten. Zu den verschiedenen diskutierten „Einwirkungsachsen“ noch unter a.
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AGB-Recht deshalb gar nicht mehr für anwendbar.337 Die neue Verweisung aus Art. 25 Abs. 1 S. 1 a. E. Brüssel Ia-VO sorgt jedoch auch hier potentiell für Bewegung. Gleichzeitig dürfte ein neues EuGH-Urteil zukünftig jedenfalls für die Praxis in Richtung einer parallel erfolgenden Kontrolle deuten. a) Verhältnis zur Brüssel Ia-VO Die Argumente, die bezüglich der Konkurrenz ausgetauscht werden, sind im Wesentlichen die gleichen wie schon beim Streit um die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle von Rechtswahlklauseln (siehe Kapitel 4, IV.3.a)). Während für eine Sperre des AGB-Rechts insbesondere der Vereinheitlichungsgedanke der Verordnungen (dort „Rom“, hier „Brüssel“)338 sowie die Gleichwertigkeit der gewählten Rechtsordnungen bzw. Justizstandorte angeführt werden,339 hält die So auch die Einschätzung von Geimer, Schwindende Rechtssicherheit, RIW 2021, 261, 263. Vor EuGH – Ryanair ./. DelayFix (s.u.) neben den Stimmen a. E. der vorigen Fn. v. a. Coester-Waltjen, Ein Plädoyer für Art. 25 Brüssel Ia VO, FS Geimer 2017, 31, 35; Freitag, Halbseitig ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarungen, FS Magnus 2014, 419, 423, 425 f.; Garcimartin, in: Dickinson/Lein, The Brussels I Regulation Recast (2015), Rn. 9.33; Geimer, in: ders./Schütze, Art. 25 EuGVVO Rn. 67, 72; Nordmeier, Int. Gerichtsstandsvereinbarungen nach der EuGVVO n. F., RIW 2016, 331, 335 f.; Schlosser, in: ders./Hess, Art. 25 EuGVVO Rn. 31; H. Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. § 305 BGB Rn. 23; zur Brüssel I-VO/ EuGVÜ Gottschalk/Breßler, Missbrauchskontrolle von Gerichtsstandsvereinbarungen, ZEuP 2007, 56, 67, 75 ff.; Kröll, Gerichtsstandsvereinbarungen aufgrund Handelsbrauchs, ZZP 113 (2000), 135, 142, 149 f. Wohl auch Briggs, Agreements on Jurisdiction and Choice of Law (2008), Rn. 7.11 (unklar dort aber Fn. 25, wo anscheinend die Klausel-RL, nicht aber deren engl. Umsetzung für anwendbar gehalten wird). Auch nach der EuGH-Entsch. weiterhin Gaier, in: BeckOK-ZPO, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 9, 30 f.; Geimer, in: Zöller, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 35. Grdsl. kritisch zudem Mäsch, Anm. OLG Köln, JZ 2021, 962, 964. Unklar Gottwald, in: MüKo-ZPO, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 72 f., 78 (eine über Ryanair ./. DelayFix hinausgehende Kontrolle finde nicht statt, über den Inhalt entscheide allein die Brüssel Ia-VO – was sich widerspricht), s.u. 338 Zur Brüssel Ia/I-VO Freitag (vorige Fn.), 425, 429; Gottschalk/Breßler (vorige Fn.), 77; Kropholler/v. Hein, EuZPR (2011), Art. 23 EuGVO Rn. 19; H. Schmidt (vorige Fn.), Rn. 23; Wagner, in: Stein/Jonas, Art. 23 EuGVVO Rn. 39; Wurmnest, in: MüKo, § 307 BGB Rn. 256. Deutlich auch E. Peiffer, Schutz gegen Klagen im forum derogatum (2013), S. 153, die eine Kontrolle anhand der Klausel-RL aber zulassen will, da diese für einheitliche Maßstäbe sorge. Ebenso Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 7.38. Zur geringen Harmonisierungswirkung der Klausel-RL jedoch schon in Kap. 3, unter II. Für Nachweise zur Rom I-VO siehe Kap. 4, unter IV.3.a). 339 Die Brüssel Ia-VO findet anders als die Rom I-VO keine universelle Anwendung, sondern setzt voraus, dass mitgliedstaatliche Gerichte gewählt werden (vgl. III.1.). Wegen deren Gleichwertigkeit schon keinen Schutzbedarf sehen Gottschalk/Breßler, Missbrauchskontrolle von Gerichtsstandsvereinbarungen, ZEuP 2007, 56, 74. In die Richtung auch EuGH – CDC, 21.5.2015, Rs. C-352/13, Rn. 64. Vgl. zudem Gottwald, in: MüKo-ZPO, Art. 25 Brüssel Ia-VO 337
IV. Bestandsaufnahme
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Gegenseite dem neben dem Schutzbedarf340 vor allem die verordnungseigenen Öffnungsklauseln entgegen. So komme der Inhaltskontrolle aus Art. 3 Klausel-RL bzw. dessen nationalen Umsetzungen schon allein deshalb Bedeutung zu, weil Art. 23 Rom I-VO bzw. Art. 67 Brüssel Ia-VO das selbst so anordneten.341 Allerdings ist umstritten, ob zu den dort mit Vorrang bedachten kollisions- und zuständigkeitsrechtlichen Spezialregeln tatsächlich auch Vorgaben aus dem Bereich des Sachrechts gehören können, die wie die AGB-rechtliche Inhaltskon trolle lediglich mittelbaren Einfluss auf das anwendbare Recht und die gerichtliche Zuständigkeit nehmen.342 Der größte Unterschied zur Debatte aus dem vierten Kapitel besteht letztendlich darin, dass sich zur Inhaltskontrolle von Gerichtsstandsklauseln durchaus einiges an relevanter EuGH-Rechtsprechung findet, die den Streit zwar nicht final und umfassend entscheidet, aber wichtige Anhaltspunkte liefert.343 Auf der einen Seite sind zunächst die Entscheidungen Océano, Pannon und VB Pénzügyi Lízing zu sehen, in denen der EuGH Gerichtsstandsklauseln zugunsten des Gerichts am Sitz des Klauselverwenders bzw. in dessen Nähe für Rn. 72; Leible/Röder, Missbrauchskontrolle von Gerichtsstandsvereinbarungen, RIW 2007, 481, 484 f.; Weigel/Blankenheim, Europ. GStKl, WM 2006, 664, 667 und Kap. 4, IV.3.a). 340 Vgl. gerade schon Fn. 336. 341 Nachweise zur Rom I-VO in Kap. 4, unter IV.3.a). Zu Art. 67 Brüssel Ia-VO Hausmann, Gerichtsstandsvereinbarungen mit strukturell unterlegenen Personen, in: Czernich/Geimer, Streitbeilegungsklauseln (2017), Rn. 276; Heinig, Grenzen von Gerichtsstandsvereinbarungen (2010), S. 340 ff.; E. Peiffer, Schutz gegen Klagen im forum derogatum (2013), S. 156; dies./M. Peiffer, in: Geimer/Schütze-Loseblatt (EL 52 Sept 2016), Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 67, 106 ff.; Pfeiffer, in: Prütting/Gehrlein, Art. 17–19 Brüssel Ia-VO Rn. 8; Mankowski, in: Rauscher, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 84, 99; ders., Legal Tech, RIW 2021, 397, 400 f. Zum EuGVÜ Leib le, GStKl und EG-Klauselrichtlinie, RIW 2001, 422, 429. Unentschlossen Briggs, Civil Jurisdiction and Judgments (2015), Rn. 2.52. Das nat. AGB-Recht kommt zudem – unstreitig – über die Verweisungen in Art. 15 Nr. 3, 19 Nr. 3 Brüssel Ia-VO zur Anwendung. Instruktiv GA Trstenjak in ihren Schlussanträgen für Hypoteční banka, Rs. C-327/10, Rn. 95 ff. Zur Bedeutung der neuen Verweisung in Art. 25 Abs. 1 S. 1 Brüssel Ia-VO noch im Folgenden. 342 Dagegen u. a. Borges, Die europ. Klauselrichtlinie und der dt. Zivilprozess, RIW 2000, 933, 938; Geimer, in: ders./Schütze, Art. 19 EuGVVO Rn. 3, Art. 25 EuGVVO Rn. 67. M.w.N. Heinig (vorige Fn.), S. 340 ff., der selbst den mittelbaren Einfluss über die Nichtigkeitsfolge aber ausreichen lässt. Wie er auch E. Peiffer (vorige Fn.), S. 156 und dies./M. Peiffer (vorige Fn.), Rn. 107. Der EuGH geht in Ryanair ./. DelayFix (s.u.) auf Art. 67 Brüssel Ia-VO nicht ein, was gegen diesen Ansatz sprechen kann. Allerdings hatte das polnische Gericht in seinem Vorlagebeschluss – anders als OGH, 27.2.2020 (Rs. C-189/20 später aber gestrichen) – die Aufmerksamkeit des EuGH auch nicht gezielt darauf gelenkt. 343 Zur unsicheren Position des EuGH in VKI . /. Amazon zur Inhaltskontrolle von RwKl in Kap. 4, IV.3.b). Zweifelhaft daher A. Staudinger, GStKl von Luftbeförderern, RdTW 2018, 59, 60; ders., in: Rauscher, Art. 19 Brüssel Ia-VO Rn. 6, 59, 60, der das Urt. als Beleg für die Anwendbarkeit der Klausel-RL auf GStKl anführt.
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Fünftes Kapitel: Kontrolle von Gerichtsstandsklauseln
missbräuchlich i. S. v. Art. 3 Klausel-RL erklärt. Liege das gewählte Gericht vom beklagten Verbraucher weit entfernt, erschwere ihm dessen Prorogation das Erscheinen vor Gericht und könne ihn deshalb besonders bei niedrigen Streitwerten von einer Rechtsverfolgung abhalten. Die Gerichtsstandsklausel zähle daher zu den in lit. q des Anhangs zur Klausel-RL genannten Klauseln, die darauf abzielen oder zur Folge haben, dass dem Verbraucher die Möglichkeit genommen oder erschwert wird, Rechtsbehelfe bei Gericht einzulegen.344 Alle drei Entscheidungen betreffen indes reine Inlandsfälle ohne jede Form von Auslandsbezug.345 Zwar sind die Kontrollerwägungen des EuGH aus ihnen an und für sich auf internationale Gerichtsstandsklauseln übertragbar. Schließlich ist die Entfernung hier im Zweifel sogar noch größer und am prorogierten Gericht finden völlig andere, dem Klauselgegner häufig unbekannte Regeln Anwendung.346 Da das Brüssel-Regime in reinen Inlandsfällen aber von vornherein nicht greift (vgl. III.1.), wird in den Entscheidungen auch dessen Verhältnis zum nationalen AGBRecht nicht relevant. Sie geben dementsprechend auch keinen Aufschluss darüber, ob neben den europäischen Vorgaben noch eine Inhaltskontrolle anhand des nationalen, durch die Klausel-RL lediglich teilharmonisierten Rechts stattfinden kann (III.1.).347 Gegen eine solche parallele Anwendbarkeit sprechen auf der anderen Seite die Entscheidungen Trasporti Castelletti und CDC. In ersterer erklärt der EuGH 1999 nämlich unter anderem, dass „die Wahl des in einer Gerichtsstandsklausel vereinbarten Gerichts nur anhand von Erwägungen geprüft werden kann, die im Zusammenhang mit den Erfordernissen des Artikels 17 des Übereinkommens [scil. des EuGVÜ] stehen.“ Hierzu gehöre weder die Beziehung zwischen dem vereinbarten Gericht und dem streitigen Rechtsverhältnis noch die AngemessenDeutlich v. a. EuGH – Océano, 27.6.2000, Rs. C-240/98 u. a., Rn. 22. Wegen der Kehrtwende aus Freiburger Kommunalbauten (vgl. Kap. 3, II. bei Fn. 22) zurückhaltender Pannon, 4.6.2009, Rs. C-243/08, Rn. 40 (GStKl erfülle „alle Kriterien […], um als missbräuchlich im Sinne der Richtlinie qualifiziert werden zu können.“). Nur zu lit. q des Anh., dem nur Indizwirkung zukommt (vgl. ebenfalls Kap. 3, II. bei Fn. 13), VB Pénzügyi Lízing, 9.11.2010, Rs. C-137/08, Rn. 54, dort zu einer GStKl zugunsten eines Gerichts in der Nähe. 345 In Océano (vorige Fn.) hatten span. Verbraucher mit span. Unternehmen Ratenkaufverträge abgeschlossen, gewählt wurde als Gerichtsstand Barcelona (a. a. O., Rn. 15 f.). In Pannon (vorige Fn.) hatte eine ungar. Verbraucherin mit einem ungar. Unternehmen einen Mobilfunkvertrag abgeschlossen, gewählt wurde das Gericht an dessen Sitz (a. a. O., Rn. 12 ff.). VB Pénzügyi Lízing (vorige Fn.) betrifft einen ungar. Darlehensvertrag, gewählt wurde eine Gericht in der Nähe des Klauselverwenders (a. a. O., Rn. 14 ff.). 346 Siehe schon II.1. So i.E. auch u. a. Abendroth, Parteiautonome Zuständigkeitsbegründung (2016), S. 164 und Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 7.38. 347 Anders z. B. Rieländer, Missbrauchskontrolle und Drittwirkung von Gerichtsstandsvereinbarungen, EuZW 2021, 391, 396, der es dort wegen eines Erst-Recht-Schlusses nur konsequent findet, die EuGH-Rspr. auf int. GStKl zu erstrecken. 344
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heit der Klausel oder das am gewählten forum anwendbare Haftungsrecht.348 Letzteres wird 2015 für die Brüssel I-VO von CDC bestätigt. Der Umstand, dass die in Rede stehenden Gerichtsstandsklauseln die Durchsetzung des europäischen Kartellverbots gefährden könnten, stehe ihrer Wirksamkeit nicht entgegen, da das am forum anwendbare Sachrecht auf jene keinen Einfluss habe.349 Der EuGH führt in CDC dafür keine eigene Begründung mehr an, sondern verweist lediglich auf seine frühere Leitentscheidung in Trasporti Castelletti. Dort scheint der Hauptgrund für die Ablehnung einer derartigen inhaltlichen Kontrolle in der damit verbundenen Rechtsunsicherheit zu liegen. Das angerufene Gericht solle, „ohne in eine Sachprüfung eintreten zu müssen“, allein anhand des EuGVÜ feststellen können, ob es für die Streitigkeit zuständig ist oder nicht.350 Diese Begründung – und damit die fortwährende Relevanz der Leitentscheidung – wird nun freilich spätestens seit der Neufassung der Brüssel I-VO in Zweifel gezogen. Denn Art. 25 Abs. 1 S. 1 der Brüssel Ia-VO unterstellt die materielle Nichtigkeit von Gerichtsstandsklauseln jetzt explizit dem nationalen Recht, weshalb das angerufene Gericht bei entsprechenden Zweifeln seine Zuständigkeit ohnehin nicht mehr allein anhand des Brüssel-Regimes beurteilen kann.351 Zumindest rein sprachlich erscheint es zudem gut möglich, die AGB-rechtliche Missbräuchlichkeit bzw. Unangemessenheit als eine solche materielle Nichtigkeitsfrage zu verstehen.352 348 EuGH – Trasporti Castelletti, 16.3.1999, Rs. C-159/97, Rn. 52. Die elfte Frage, mit der das vorlegende Gericht fragt, wann eine GStKl in einem Vordruck den Klauselgegner zu stark belaste oder missbräuchlich sei, ordnet der EuGH irritierenderweise als Frage nach der Form des Handelsbrauchs ein (siehe a. a. O. vor Rn. 31) und geht auf sie nicht näher ein. 349 EuGH – CDC, 21.5.2015, Rs. C-352/13, Rn. 62. 350 EuGH – Trasporti Castelletti, 16.3.1999, Rs. C-159/97, Rn. 48 f. Die Begründung ist allerdings auch dort sehr knapp gehalten und deutet die Zusammenhänge lediglich an. So ist es ebenfalls gut möglich, dass mit der Sachprüfung, in die nicht eingetreten werden soll, lediglich die Prüfung des Hauptvertrags gemeint sein soll. Vgl. Leible/Röder, Missbrauchskontrolle von Gerichtsstandsvereinbarungen, RIW 2007, 481, 483. Unklar bleibt zudem, warum der EuGH zuvor in Rn. 47 darauf hinweist, dass das EuGVÜ „die Vorschriften des materiellen Rechts unberührt“ lasse. In der Literatur wird die Entsch. gleichwohl mehrheitlich als Absage an jede Form von Inhaltskontrolle verstanden. Siehe z. B. Gottschalk/Breßler, Missbrauchskontrolle von Gerichtsstandsvereinbarungen, ZEuP 2007, 56, 68 f., 78; Wagner, in: Stein/Jonas, Art. 23 EuGVVO Rn. 121. Kritisch und für eine Reinterpretation bzw. Änderung indes M. Weller, Coherences and Clashes, JPIL 2017, 91, 107 ff. 351 Ähnlich Rieländer, Missbrauchskontrolle und Drittwirkung von Gerichtsstandsvereinbarungen, EuZW 2021, 391, 396. Vorher wurde allerdings etwa bei komplizierteren Konsensfragen von den meisten auch schon ein Rückgriff auf das nat. Recht befürwortet (vgl. III.2.c)). Damit schied letztlich bereits unter der Brüssel I-VO und dem EuGVÜ eine alleinige Prüfung anhand des europ. Rechts aus. Die Begründung aus Trasporti Castelletti wurde aber trotz dieser Ungereimtheit bisher nicht infrage gestellt oder kritisiert. 352 So auch Freitag, Halbseitig ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarungen, FS Magnus
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Fünftes Kapitel: Kontrolle von Gerichtsstandsklauseln
In die Richtung scheint sich nun auch der EuGH 2020 mit Ryanair ./. DelayFix entschieden zu haben. Er wendet dort die Klausel-RL nun erstmals auch auf eine Gerichtsstandsklausel an, die in den Anwendungsbereich der Brüssel Ia-VO fällt, und erstreckt seine bisherige Rechtsprechung zum inländischen Bereich ausdrücklich auf diese.353 Dabei knüpft er nicht etwa an die Vorrangregel aus Art. 67 Brüssel Ia-VO an, wie vom Schrifttum teilweise vorgeschlagen,354 sondern leitet die entsprechende Passage mit Art. 25 Abs. 1 Brüssel Ia-VO ein. Aus diesem folge, dass das mitgliedstaatliche Gericht die Wirksamkeit der zu prüfenden Gerichtsstandsklausel anhand des Rechts des Staates zu beurteilen habe, dessen Gerichte in ihr bestimmt seien – im konkreten Fall also anhand des irischen Rechts.355 Dieses sei sodann in Übereinstimmung mit dem Unionsrecht und insbesondere mit der Klausel-RL auszulegen.356 Der EuGH thematisiert die Konkurrenzproblematik in der Entscheidung zwar nicht klar, geht damit aber anscheinend wie selbstverständlich davon aus, dass parallel zur Brüssel Ia-VO eine zusätzliche Kontrolle anhand der Klausel-RL erfolgen kann. Wie weit diese Positionierung im Einzelnen reicht, ist allerdings noch unklar. Denn der entschiedene Fall betrifft die Gerichtsstandsklausel von Ryanair und somit die Sonderkonstellation der Beförderungsverträge. Der irischen Fluglinie stand in dem Ausgangsverfahren ein polnisches Inkassounternehmen gegenüber, 2014, 419, 429 (i.E. aber gegen eine Öffnung hierüber); Mankowski, in: Rauscher, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 74 (nach dem Wortlaut, grdsl. aber ebenfalls dagegen); E. Peiffer/M. Peiffer, in: Geimer/Schütze-Loseblatt (EL 52 Sept 2016), Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 109 (wohl aber nur für b2c-Bereich); A. Staudinger, GStKl von Luftbeförderern, RdTW 2018, 59 ff.; ders., in: Rauscher, Art. 19 Brüssel Ia-VO Rn. 6 f.; Wittwer, in: Mayr, Handbuch des EuZVR (2017), Rn. 3.643 f. Wohl ebenfalls Tiefenthaler/Czernich, in: Czernich/Kodek/Mayr, Art. 25 EuGVVO Rn. 47 f.; Stadler, in: Musielak/Voit, Art. 25 EuGVVO nF Rn. 5. Näher bisher v. a. Wais, Einseitige Gerichtsstandsvereinbarungen, RabelsZ 81 (2017), 815, 843 ff., der dort allerdings eine fragwürdige Definition zugrunde legt und diese zudem nicht konsequent anwendet. Wenn die materielle Nichtigkeit i. S. d. Verweisung nämlich tatsächlich primär Unwirksamkeitsgründe meint, die den freien Willensentschluss sicherstellen sollen (so Wais), ergäbe sich erstens häufig eine Überschneidung und folglich ein potenzieller Konflikt mit den europ. Formvorgaben (vgl. zu deren Zweck III.2.c) und IV.2.a)). Das dürfte nicht beabsichtigt sein. Zweitens erfasst die Verweisung nach dieser Definition aber gerade nicht die AGB-Inhaltskontrolle (so aber Wais), da diese anders als etwa die Einbeziehungskontrolle die Willensfreiheit nicht selbst sichert, sondern den Klauselgegner vor besonders negativen Folgen seiner faktisch „unfreien“ Wahl schützt (näher v. a. in Kap. 2). 353 Siehe EuGH – Ryanair ./. DelayFix, 18.11.2020, Rs. C-519/19, insb. Rn. 57 ff. 354 Oben bei Fn. 341. 355 EuGH – Ryanair ./. DelayFix, 18.11.2020, Rs. C-519/19, Rn. 48 ff. Hierzu auch Geimer, Schwindende Rechtssicherheit, RIW 2021, 261, ibd., 263. Ob damit bereits das irische Sachrecht gemeint sein soll, ist fraglich, s.o. unter III.3. 356 EuGH – Ryanair ./. DelayFix (vorige Fn.), Rn. 50, zu deren inhaltlichen Kontrollvorgaben erst unter b).
IV. Bestandsaufnahme
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das sich von Verbrauchern Ausgleichsansprüche unter anderem wegen der Annullierung von Flügen hatte abtreten lassen. Abgesehen von der fehlenden persönlichen Eigenschaft des in Polen klagenden Inkassounternehmens als Verbraucher i. S. v. Art. 17 ff. Brüssel Ia-VO,357 stand deshalb von vornherein fest, dass der aus Art. 19 Brüssel Ia-VO resultierende Schutz schon aufgrund der Bereichs ausnahme aus Art. 17 Abs. 3 Brüssel Ia-VO nicht relevant werden konnte. Streitigkeiten in Bezug auf Beförderungsverträge (mit der Rückausnahme für Pauschalreiseverträge) unterliegen den allgemeinen Zuständigkeitsregeln. Ein besonderer Verbraucherschutz seitens der Brüssel Ia-VO findet bei ihnen – anders als sonst häufig – nicht statt. Damit stellt sich die Frage nach der Verallgemeinerungsfähigkeit der Konkurrenzentscheidung des EuGH. Schließlich kam es in dem Fall infolge der Bereichsausnahme auf den ersten Blick gar nicht erst zu einer möglichen Konfliktlage zwischen den Vorgaben der Brüssel Ia-VO und jenen der Klausel-RL.358 Der EuGH formuliert an den entsprechenden Stellen in Ryanair ./. DelayFix nun allerdings keinesfalls einschränkend, sondern bezieht sich im Leitsatz einleitend auf die ganz generelle Konstellation eines Verbrauchervertrags,359 um diesen dann erst im zweiten Teil – wie allerdings nicht unüblich – auf das spezifische Verfahren zuzuschneiden.360 Art. 17 Abs. 3 Brüssel Ia-VO wird gleichzeitig allein bei der Darstellung des rechtlichen Rahmens erwähnt und taucht in der 357 Es ist inzwischen geklärt, dass sich ein Unternehmer nicht auf die Schutzgerichtsstände aus Art. 18 Brüssel Ia-VO berufen kann, selbst wenn dem Zedenten dieses Recht zugekommen wäre, vgl. EuGH – Shearson, 19.1.1993, Rs. C-89/91, Rn. 18 ff. sowie z. B. A. Staudinger, in: Rauscher, Art. 17 Brüssel Ia-VO Rn. 2a m. w. N. Das Inkassounternehmen hätte sich daher ohnehin nicht auf den dort geregelten Klägergerichtsstand berufen können, mit diesem Hinweis zu Recht in seiner Anm. Geimer, Schwindende Rechtssicherheit, RIW 2021, 261, ibd. 358 In Individualverfahren zwischen Verbraucher und Fluglinie stellt sich sonst auch die Frage der Entscheidungsrelevanz: Wenn schon aus dem Verstoß gegen Art. 19 Brüssel Ia-VO die Unwirksamkeit der Klausel folgt, kommt es auf die AGB-rechtliche Zulässigkeit nicht mehr an. Anders jedoch grdsl. in dem auch hier zugrunde liegenden Fall des private enforcements von Verbraucheransprüchen durch Inkassounternehmen. Diese können sich zwar nicht auf den zuständigkeitsrechtlichen Schutz berufen (vorige Fn.); dafür nach Ansicht des EuGH (Ryanair ./. DelayFix, 18.11.2020, Rs. C-519/19, Rn. 53 ff.) aber auf den der Klausel-RL. 359 EuGH – Ryanair ./. DelayFix, 18.11.2020, Rs. C-519/19, Rn. 63: „Gegebenenfalls ist eine solche Klausel, die in einem Vertrag zwischen einem Verbraucher, […], und einem Gewerbetreibenden, […], enthalten ist, ohne im Einzelnen ausgehandelt worden zu sein […]“, dort nur mit der ergänzenden Konkretisierung („Verbraucher, nämlich dem Fluggast“, „Gewerbetreibenden, nämlich der betreffenden Fluggesellschaft“). 360 EuGH (vorige Fn.), a. a. O.: „[fortsetzend][…] und die dem Gericht, in dessen Bezirk sich der Sitz der Fluggesellschaft befindet, eine ausschließliche Zuständigkeit zuweist, als missbräuchlich im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der [Klausel-RL] anzusehen.“. Zum üblichen Zuschnitt z. B. Rieländer, Missbrauchskontrolle und Drittwirkung von Gerichtsstandsvereinbarungen, EuZW 2021, 391, 393 (dort im Kontext der Drittwirkung).
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eigentlichen Begründung des Urteils nicht mehr auf. Das spricht dafür, dass sich der EuGH mit der Entscheidung generell – losgelöst von der Sonderkonstellation der Beförderungsverträge – offen gegenüber einer Kontrolle von internationalen Gerichtsstandsklauseln anhand der Klausel-RL gezeigt hat.361 Das wäre nur konsequent. Schließlich greift das Argument der fehlenden Konfliktlage und damit fehlenden Konkurrenz tatsächlich nur auf besagten ersten Blick. Denn mit der Bereichsausnahme aus Art. 17 Abs. 3 Brüssel Ia-VO könnte an sich gerade eine bewusste Entscheidung des europäischen Gesetzgebers gegen einen zu starken Schutz von Verbrauchern im Bereich der Beförderungsverträge verbunden sein. Eine Kontrolle anhand der Klausel-RL würde diese Entscheidung konterkarieren, weshalb sie aus Achtung vor dem abschließenden Regelungskonzept der Brüssel Ia-VO gesperrt sein müsste und zwar gerade auch dann, wenn die Bereichsausnahme greift – so bisher auch die Argumentation in Teilen des Schrifttums sowohl in Hinblick auf Gerichtsstands- (Art. 17 Abs. 3 Brüssel Ia-VO) als auch Rechtswahlklauseln (Art. 6 Abs. 4 lit. b Rom I-VO).362 Hält der EuGH die Klausel-RL nun also bei Gerichtsstandsklauseln, die der Brüssel Ia-VO samt der beschriebenen Schutzausnahme unterfallen, für anwendbar, dürfte damit letztendlich indirekt eine Absage an die Idee eines abschließenden Regelungskonzept verbunden sein. Sonst käme eine zusätzliche Kontrolle nämlich auch in dem entschiedenen Fall nicht in Betracht.363 Der EuGH stellt das bedauerlicherweise allerdings nicht klar und lässt erneut – wie schon in VKI ./. Amazon364 – zudem an keiner Stelle erkennen, dass ihm die entsprechende Pro blematik und der dogmatische Streit hierzu im Schrifttum bewusst gewesen wäre.365 Dazu trägt eventuell (wiederum) der Umstand bei, dass auf eine Stellungnahme seitens der Generalanwaltschaft verzichtet worden war, obwohl der Fall Wenig überzeugend deshalb insofern Wołodkiewicz, The Enforceability of a Jurisdiction Clause, EuCML 2021, 206, 210, der wohl keine generelle Klärung des Konkurrenzverhältnisses sieht. Wie hier dagegen A. Staudinger, Anm. zu EuGH, NZV 2021, 39, 40. Ebenso wohl auch z. B. Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 7.38. Jetzt im Anschluss an den EuGH zu einem Online-Glückspielvertrag LG Köln, 19.10.2021, jurisRn. 38 f., wie selbstverständlich, ohne Bedenken bzgl. der Übertragbarkeit. 362 Siehe zu RwKl die Nachweise in Kap. 4, unter IV.3.a) bei Fn. 169. Zu GStKl z. B. Gottschalk/Breßler, Missbrauchskontrolle von Gerichtsstandsvereinbarungen, ZEuP 2007, 56, 75 ff. 363 Zu kurz gegriffen deshalb Mankowski, Legal Tech, RIW 2021, 397, 400 f., der dort meint, der EuGH habe sich wegen Art. 17 Abs. 3 Brüssel Ia-VO mit der Konkurrenz der Klausel-RL zu Art. 19 Brüssel Ia-VO gar nicht befassen müssen. Ähnlich wohl Wołodkiewicz, The Enforceability of a Jurisdiction Clause against an Assignee, EuCML 2021, 206, 210 („case does not define the relationship between the regime of consumer jurisdiction in the Brussels I bis Regulation and consumer protection resulting from Directive 93/13“). 364 Dazu insb. schon a. E. von Kap. 4, IV.3.b). 365 Kritisch insb. auch Geimer, Schwindende Rechtssicherheit, RIW 2021, 261 ff. Leichte Kritik auch bei Rieländer, Missbrauchskontrolle und Drittwirkung von Gerichtsstandsverein361
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insbesondere auch wegen der fraglichen Drittwirkung der Gerichtsstandsklausel, sprich der Bindung des polnischen Inkassounternehmens als Zessionar, als durchaus komplexer betrachtet werden kann.366 Das Ergebnis ist gleichwohl – trotz der fehlenden näheren Auseinandersetzung – gut vertretbar. Denn hinter der Bereichsausnahme aus Art. 17 Abs. 3 Brüssel Ia-VO bzw. den entsprechenden Vorgängern steht laut der gesetzgeberischen Materialien die Erkenntnis, dass Beförderungsverträge „durch internationale Übereinkommen einem sehr weit verästelten Sonderregime unterworfen sind und es Unübersichtlichkeit in die Rechtslage tragen würde, wenn man ihrer […] wegen des einzigen Punktes der gerichtlichen Zuständigkeit gesondert gedächte.“367 Historisch war die Bereichsausnahme also nie dazu gedacht, Verbraucher im Beförderungsbereich bezüglich der Gerichtsstandswahl vollkommen schutzlos zu stellen und andere Regelungen jenseits der europäischen Zuständigkeitsordnung auszuschließen. Für ein abschließendes Schutzkonzept der Brüssel Ia-VO ist folglich historisch nichts ersichtlich. Zugleich öffnet Art. 25 Abs. 1 S. 1 Brüssel Ia-VO die Kontrolle seit der Neufassung nun – systematisch betrachtet – explizit für den potentiell divergierenden Einfluss des nationalen Rechts. Das dürfte im Endeffekt über die Umsetzungsvorschriften zur Klausel-RL hinaus auch für die rein nationalen AGB-Rechtsvorschriften für eine Inhaltskontrolle im unternehmerischen Verkehr gelten. Wenn der EuGH die Frage der Missbräuchlichkeit von Gerichtsstandsklauseln nämlich als Frage der materiellen Nichtigkeit i. S. v. Art. 25 Abs. 1 Brüssel Ia-VO versteht und diese nicht als abschließend durch die Brüssel Ia-VO geregelt ansieht, wäre es nur konsequent auch im b2b-Bereich über die Verweisung eine entsprechende Kontrolle zuzulassen.368 Voraussetzung ist dafür jedoch stets, dass nach dem anwendbaren nationalen Recht eine Inhaltskontrolle überhaupt zu erfolgen hat. Insofern setzen sich – durch Ryanair ./. DelayFix sogar schlussendlich noch einmal verstärkt (vgl. III.3.) – die Unklarheiten fort, wie die Verweisung genau zu verstehen und das Prorogationsstatut im Einzelnen zu bestimmen ist. Die deutsche Rechtsprechung hat auf die veränderte Fassung und die daraus resultierenden Implikationen für die AGB-Kontrolle bisher, soweit ersichtlich, noch nicht reagiert. In der Vergangenheit zeigte sie sich gegenüber einer barungen, EuZW 2021, 391, 393, insgesamt aber deutlich positiver (a. a. O., insb. S. 396: „stringente Fortführung“ der Rspr.). 366 Ausführlich zu diesem Aspekt der Entscheidung u. a. Lehmann, CJEU Significantly Weakens Jurisdiction Clauses in Case of Assignment, EAPIL-Blog v. 30.11.2020 und Wołodkiewicz, The Enforceability of a Jurisdiction Clause against an Assignee, EuCML 2021, 206, 208. 367 Schlosser-Bericht, ABl. EG 1979 C59/71, S. 119 Rn. 160 (zum EuGVÜ). 368 Anders wohl Pfeiffer, in: Prütting/Gehrlein, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 12.
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AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle bei internationalen Gerichtsstandsklauseln neben dem Brüssel-Regime allerdings überwiegend zurückhaltend und bezeichnete diese mitunter sogar ausdrücklich als gesperrt.369 Angesichts der neuen EuGH-Entscheidung ist zukünftig nun jedoch damit zu rechnen, dass sich dieser Kurs bedeutend ändert und die deutschen Gerichte neben der Einbeziehungsverstärkt auch zu einer Inhaltskontrolle greifen.370 b) Kontrollpraxis Derzeit sind angesichts dieser zurückhaltenden Position in der deutschen Rechtsprechung allerdings noch keine klaren Kontrollgrundsätze auszumachen. Dafür lassen sich im Untersuchungszeitraum schlicht zu wenige Fälle mit Ansätzen einer inhaltlichen Kontrolle von internationalen Gerichtsstandsklauseln finden. Das AG Simmern meinte allerdings schon 2017, dass die irische Gerichtsstandsklausel von Ryanair „offensichtlich nur den Zweck hat, Verbraucher von der gerichtlichen Durchsetzung ihrer Rechte abzuhalten.“371 Die Gerichtsstandsklausel stand dort damals jedoch selbst gar nicht auf dem gerichtlichen Prüfstand, sondern wird vom AG lediglich im Rahmen der Inhaltskontrolle der 369 So insb. OLG Hamm, 20.9.2005, jurisRn. 25; OLG Hamburg, 14.4.2004, NJW 2004, 3126, 3128. Indirekt auch OLG München, 3.5.2017, jurisRn. 90 f. (dazu noch unter b)). Fentiman, Int. Commercial Litigation (2015), Rn. 2.108, berichtet allerdings z. B. von 2 Kontrollfällen in der engl. Rspr. Für eine Kontrolle anhand der Klausel-RL wegen Art. 67 Brüssel Ia-VO explizit auch OLG Wien, 28.5.2019, BeckRS 2019, 13029, Rn. 36 ff. bei Beförderungsverträgen. Tendenziell so auch OLG Bamberg, 31.10.2018, jurisRn. 42 f. zu einer asymmetrischen GStKl (vgl. noch c)), das dort aber bereits einen Verstoß gegen Art. 19 Brüssel Ia-VO sieht und die Frage der Vereinbarkeit mit Art. 3 der Klausel-RL daher offenlässt (Urt. allerdings nun wirkungslos infolge von Klagerücknahme, vgl. BGH, 9.7.2019). Auch das OLG Wien führt aber letztlich keine Inhaltskontrolle i.e.S., sondern eine Transparenzkontrolle durch (vgl. zu deren Verhältnis kurz noch 5.). 370 Als erstes Bsp. dafür jetzt LG Köln, 19.10.2021, jurisRn. 38 f., das die Einbeziehung der maltesischen GStKl für einen Online-Glückspielvertrag offen lässt, da die GStKl nach der Rspr. des EuGH in Ryanair ./. DelayFix bereits als missbräuchlich anzusehen sei. Anders als beim EuGH dürfte beim LG Köln auch ein Verstoß gegen Art. 19 Brüssel Ia-VO vorgelegen haben, den das LG aber nicht erwähnt. Als obiter dictum im Anschluss an den EuGH zuvor auch schon OLG Köln, 29.1.2021, jurisRn. 15 (hier aber nicht als Kontrollentsch. gewertet, da zur GStKl nichts vorgetragen war, diese also letztendlich gar nicht in Rede stand). 371 AG Simmern, 19.4.2017, jurisRn. 20, dort in Bezug auf die gesamte Klausel 2.4, zu der neben der GStKl auch eine RwKl gehört, die den eigentlichen Kontrollgegenstand bildet. Ryanair hat den Wortlaut der Klausel inzwischen geändert. Unter welchen Bedingungen die ausschließliche irische Gerichtsstandswahl jetzt gilt, ist allerdings undurchsichtig und für Verbraucher schwer zu verstehen. Ob sie einer Inhalts- oder Transparenzkontrolle in der Zukunft standhalten wird, ist daher fraglich. Vgl. , letzter Zugriff am 14.3.2022.
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gleichlaufenden irischen Rechtswahlklausel als zusätzlicher Unangemessenheitsfaktor angeführt.372 Dabei scheint das Gericht davon auszugehen, dass die Gerichtsstandsklausel wegen § 38 ZPO und Art. 18 f. Brüssel Ia-VO unwirksam sei373 – was rechtsdogmatisch natürlich unhaltbar ist. Schließlich verdrängt die Brüssel Ia-VO bei einem Rechtsstreit zwischen einem deutschen Verbraucher und einer irischen Fluggesellschaft über eine irische Gerichtsstandsklausel das nationale Zuständigkeitsrecht und enthält für Beförderungsverträge außerdem die gerade unter a) beschriebene Schutzausnahme in Art. 17 Abs. 3 Brüssel IaVO.374 Die Gerichtsstandsklausel von Ryanair und die mit dieser verbundene Gefahr einer vereitelten Rechtsverfolgung wird im Untersuchungszeitraum daneben auch vom AG Geldern gesehen. Dieses hält die Gerichtsstandsklausel 2011 zwar bereits für nicht in das Rechtsverhältnis einbezogen,375 bejaht aber darüber hinaus noch einen Verstoß gegen das irische AGB-Recht. Die ausschließliche Gerichtsstandsklausel nehme dem Verbraucher den objektiven Gerichtsstand des Bestimmungsflughafens aus Art. 33 Montrealer Übereinkommen und verletze deshalb Schedule 3 Nr. 1 lit. q der irischen Unfair Terms in Consumer Contracts Regulations von 1995.376 Diese setzt in Irland lit. q des Anhangs zur Klausel-RL um. Das Gericht bleibt bei der Begründung des AGB-Rechtsverstoßes aber recht oberflächlich und verweist lediglich diffus darauf, dass der „Ausschluss gesetzlich zwingend vorgeschriebener örtlicher Gerichtsstände […] missbräuchlich [sei], weil dieser gesetzlichen Anordnung regelmäßig ein besonderer Gerechtigkeitsgedanke zugrunde liegt“.377 Damit stützt es den AGB-Rechtsverstoß an372 Siehe AG Simmern (vorige Fn.), jurisRn. 18 ff. Zu diesem „Summierungseffekt“ schon in Kap. 4, unter IV.3.b). Ähnlich auch AG Bremen, 10.8.2018, jurisRn. 30 ff., im Anschluss an das AG Simmern. 373 AG Simmern, 19.4.2017, jurisRn. 19. Es bleibt unklar, ob das Gericht deshalb seine Zuständigkeit bejaht oder sich Ryanair rügelos eingelassen hat. Die Zulässigkeit der Klage wird nicht eigenständig erörtert. Ebenso bei AG Bremen (vorige Fn.), a. a. O., das ebenfalls an sich allein die RwKl prüft. 374 Nicht überzeugend deshalb auch z. B. LG Wuppertal, 29.7.2020, jurisRn. 45, das die engl. GStKl dort wegen eines Verstoßes gegen § 38 ZPO als missbräuchlich i. S. d. § 307 BGB bezeichnet. § 38 ZPO ist schon gar nicht anwendbar, wenn in einem int. Sachverhalt ein (damals noch) mitgliedstaatliches Gericht gewählt wird. Das Vereinigte Königreich ist erst seit dem Ablauf des 31.12.2020 als Drittstaat in Verfahren anzusehen, die anschließend eingeleitet wurden, vgl. BGH, 15.6.2021, jurisRn. 42. 375 Zu seiner restriktiven Linie gegenüber Click-Wrap-Agreements s.o. schon 2.d) bei Fn. 236. 376 AG Geldern, 20.4.2011, jurisRn. 14 f. 377 AG Geldern (vorige Fn.), jurisRn. 15, das dort daneben nur darauf verweist, dass lit. q des Anh. zur Klausel-RL selbst ebenfalls unangemessene Vereinbarungen über die örtliche Zuständigkeit verbiete, ohne weitere Arg. dazu, weshalb es sich hier um eine solche handelt.
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scheinend maßgeblich darauf, dass entgegen Art. 49 Montrealer Übereinkommen von den speziellen Gerichtsständen aus Art. 33 Montrealer Übereinkommen abgewichen wird. Deren Vorrang sichert aber schon Art. 71 bzw. Art. 67 Brüssel Ia-VO.378 Den Umweg über das AGB-Recht braucht es hierfür nicht. Zwar bietet die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle theoretisch weiteren Schutz, da sie eine Verbandsklage ermöglicht (vgl. z. B. § 1 des deutschen Unterlassungsklagegesetzes, UKlaG)379 oder im Falle der Abtretung von Ansprüchen an Legal-Tech- bzw. Inkassounternehmen deren Bindung an die Gerichtsstandsklausel von vornherein verhindern kann.380 Entsprechendes private enforcement beginnt sich in Deutschland jedoch gerade erst zu entwickeln.381 Von der Möglichkeit der Verbandsklage wird bei internationalen Gerichtsstandsklauseln wiederum bisher noch kein Gebrauch gemacht.382 Beide Entscheidungen betreffen Individualverfahren. Angesichts der jeweils recht knappen Begründung ist ihre Aussagekraft letztlich begrenzt und gibt noch keine sichere Orientierung darüber, welche Gestaltung in Allgemeinen Beförderungsbedingungen (und über den Bereich hinaus) bezüglich der Gerichtsstandswahl möglich ist. Auch die Entscheidung des EuGH in Ryanair ./. DelayFix hilft hier schluss endlich allenfalls bedingt weiter:383 Der EuGH führt darin – wie schon kurz unter a) beschrieben – Ende 2020 aus, dass seine Auffassung zu inländischen Gerichtsstandsklauseln, geäußert in den Entscheidungen Océano, Pannon und VB Pénzügyi Lízing,384 auch für internationale Gerichtsstandsklauseln im Anwendungsbereich der Brüssel Ia-VO gelte. Weisen diese bei einem Verbrauchervertrag dem Gericht am Sitz des Unternehmers eine ausschließliche Zuständigkeit zu, so seien sie – so der EuGH an dieser Stelle noch sehr klar – als missbräuchlich zu betrachten.385 Der EuGH verweist dabei zur Begründung wie schon das AG Gel378 Das
völkerrechtliche Montrealer Übereinkommen ist neben den Mitgliedstaaten auch von der EU ratifiziert worden, weshalb es zugleich zum Unionsrecht gehört, siehe Martiny, Gerichtsstandsvereinbarungen im Transportrecht, in: Czernich/Geimer, Streitbeilegungsklauseln (2017), Rn. 2, 10. Es ist strittig, ob über Art. 67 oder 71 Brüssel Ia-VO anzuknüpfen ist, dazu Loacker, Anm. EuGH, EuZW 2015, 797, 798. Art. 49 Montrealer Übereinkommen erklärt die Gerichtsstände des Übereinkommens für grdsl. nicht derogierbar. 379 Dazu kurz auch u. a. Hau, in: M. Wolf/Lindacher/Pfeiffer, GStKl Rn. G 180. 380 Siehe insb. EuGH – Ryanair ./. DelayFix, 18.11.2020, Rs. C-519/19, Rn. 48 ff. 381 Im hiesigen Kontext näher v. a. Mankowski, Legal Tech, RIW 2021, 397 ff. 382 Eine Ausnahme bildet die Entsch. des LG Heilbronn, 13.4.2006, das aber nicht erkennt, dass die Brüssel I-VO Anwendung findet und stattdessen die Zuständigkeitsregeln der ZPO heranzieht. Bzgl. der Kontrolle von RwKl findet dagegen häufiger eine kollektive Rechtsdurchsetzung statt, vgl. noch Kap. 7, III.5. 383 Ähnlich Rieländer, Missbrauchskontrolle und Drittwirkung von Gerichtsstandsvereinbarungen, EuZW 2021, 391, 397. 384 S.o. unter a) bei Fn. 344. 385 EuGH – Ryanair ./. DelayFix, 18.11.2020, Rs. C-519/19, Rn. 58 („Insoweit hat der Ge-
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dern auf lit. q des Anhangs zur Klausel-RL und betont damit die erschwerten Rechtsverfolgungsmöglichkeit des Verbrauchers, wenn dieser allein am Sitz des Klauselverwenders klagen oder sich verteidigen kann.386 Erst nach dieser grundlegenden Bewertung als missbräuchlich geht der EuGH quasi im Nachgang noch allgemeiner auf den Maßstab der Inhaltskontrolle ein. Diese habe sich gemäß Art. 4 Abs. 1 der Klausel-RL an der Art der Dienstleistungen, die Gegenstand des betreffenden Vertrags seien, sowie aller den Abschluss begleitenden Umstände zu orientieren.387 Zuletzt sei darauf hinzuweisen, dass nach Art. 7 Nr. 1 lit. b Brüssel Ia-VO bei Direktflügen sowohl am Abflugs- als auch am Ankunftsort ein besonderer Vertragsgerichtsstand für Ausgleichsforderungen bestehe, sodass der Kläger die Wahl habe, wo er seine Klage erhebt.388 Ob der EuGH auf diese Weise seine vorherige apodiktische Aussage zur Missbräuchlichkeit entsprechender Klauseln direkt wieder relativieren will389 oder den mitgliedstaatlichen Gerichten lediglich vorgibt, bei der Inhaltskontrolle anhand der Klausel-RL zunächst die objektiv eröffneten Gerichtsstände zu bestimmen und dann erst mit Blick auf diese die benachteiligende Wirkung der Gerichtsstandsklausel für den Verbraucher zu beurteilen,390 bleibt offen. Ginge es ihm um Letzteres, hätte es allerdings stärkeren Sinne ergeben, den generellen Maßstab der Bewertung voranzustellen und in dem Zuge zugleich vor allem auch das Verhältnis von Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL zu lit. q des Anhangs zur Klausel-RL zu klären. So ist nach der Entscheidung ungewiss, ob jede Erschwerung der Rechtsverfolgungsmöglichkeit aufgrund der Abweichung von den objektirichtshof wiederholt entschieden, dass eine Gerichtsstandsklausel, die in einen Vertrag zwischen einem Verbraucher und einem Gewerbetreibenden aufgenommen wurde, ohne im Einzelnen ausgehandelt worden zu sein, und die eine ausschließliche Zuständigkeit dem Gericht zuweist, in dessen Bezirk der Gewerbetreibende seinen Sitz hat, als missbräuchlich im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 anzusehen ist, […]“ [Hervorhebung hinzugefügt]), mit Verwendung des Indikativs auch z. B. in der engl. Urt.fassung („must be considered“). Im Leitsatz findet sich indes der einschränkende Zusatz „gegebenenfalls“ und in Rn. 61 die Aufforderung an das mitgliedstaatliche Gericht, die Konsequenzen aus der „etwaigen Missbräuchlichkeit“ zu ziehen. Die Passage in Rn. 58 f., kann daher auch als bloße Wiedergabe der bisherigen Rspr. zu inländischen GStKl zu deuten sein. Die mitgliedstaatliche Rspr. dürfte sich jedoch stark an dem Verdikt orientieren, s.u. Ähnlich Mäsch, Anm. zu OLG Köln, JZ 2021, 962, 964 (EuGH habe in seinem Urt. apodiktisch geurteilt). 386 EuGH (vorige Fn.), Rn. 59. 387 EuGH – Ryanair ./. DelayFix, 18.11.2020, Rs. C-519/19, Rn. 60. 388 EuGH (vorige Fn.), Rn. 62. 389 Dafür sprechen außerdem die Einschränkungen im Leitsatz und Rn. 61, vgl. Fn. 385. 390 So wohl Wołodkiewicz, The Enforceability of a Jurisdiction Clause against an Assignee, EuCML 2021, 206, 210, und Rieländer, Missbrauchskontrolle und Drittwirkung von Gerichtsstandsvereinbarungen, EuZW 2021, 391, 397, wobei letzterer den Hinweis auf Art. 7 Nr. 1 lit. b Brüssel Ia-VO für wenig hilfreich hält.
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ven Zuständigkeitsregeln bereits für eine Unwirksamkeit nach der Klausel-RL ausreicht oder gegebenenfalls i. S. v. Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL wiederum durch vorteilhaftere Regelungen etwa im Bereich des materiellrechtlichen Hauptvertrags ausgeglichen werden kann. Das wäre in Anbetracht des Trennungsprinzips bei Streitbeilegungsklauseln zumindest fragwürdig und hätte jedenfalls Anlass für weitere Erklärungen sein sollen.391 Angesichts dieser fehlenden Leitgaben verbleiben nach der Entscheidung bedeutende Fragezeichen. Es ist deshalb derzeit nicht absehbar, welche Gerichtsstandsklauseln der Inhaltskontrolle im europäischen Rechtsraum standhalten werden. Eine erste Folgeentscheidung des LG Köln zeigt, dass die mitgliedstaatlichen Gerichte in der Tendenz wohl vor allem auf den Leitsatz aus Ryanair ./. DelayFix blicken und ausschließliche Gerichtsstandsklauseln zugunsten der Heimatgerichte des Klauselverwenders daher pauschal für missbräuchlich erklären werden.392 So erörtert das LG in dem besagten Fall weder, ob die maltesische Gerichtsstandsklausel in Hinblick auf die individuellen Umstände ihres Abschlusses oder der betroffenen Dienstleistungen (der Veranstaltung von Online-Glückspielen) unangemessen erscheint, noch, ob die EuGH-Entscheidung Ryanair ./. DelayFix überhaupt ohne Weiteres über den Flugbereich hinaus auf die fragliche Gerichtsstandsklausel übertragen werden kann.393 Hierfür spricht freilich, dass der EuGH seine bisherige Rechtsprechung zu inländischen Gerichtsstandsklauseln darin ausdrücklich auf den internationalen Bereich erstreckt und Gegenstand ebenjener Rechtsprechung unter anderem bereits Gerichtsstandsklauseln aus Ratenkauf- oder Mobilfunkverträgen waren.394 Eine Anwendung auf sämtliche Verbraucherverträge liegt folglich nahe. Was dort indes für nicht ausschließliche Gerichtsstandsklauseln oder die Prorogation von (vermeintlich) neutralen Gerichtsständen gilt, lässt sich nach Ryanair ./. DelayFix
391 Zum Trennungsprinzip, wonach die rechtliche Wirksamkeit von Streitbeilegungsklauseln und materiellem Hauptvertrag getrennt zu betrachten und zu beurteilen ist, in Kap. 1, unter V. Zu Friktionen bei der Anwendung der Klausel-RL auf Streitbeilegungsklauseln allgm. in Kap. 3, unter III.1. Der EuGH hat diese allerdings auch schon in Amazon ./. VKI bei der Kontrolle von RwKl geflissentlich ignoriert, siehe Kap. 4, insb. IV.5. 392 Trotz des dortigen Zusatzes, eine solche GStKl sei „gegebenenfalls“ als missbräuchlich anzusehen, vgl. oben Fn. 385. Diesen lässt das LG Köln, 19.10.2021, jurisRn. 39, in seinem Urt. bezeichnenderweise aus. 393 Vgl. LG Köln (vorige Fn.). 394 Siehe in Abschnitt a) Fn. 345 sowie gerade die Fn. 385. Im Übrigen spricht auch die offene Formulierung des EuGH in Ryanair ./. DelayFix für eine Übertragbarkeit auf andere Bereiche, dazu schon oben unter a).
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weiterhin nicht sagen.395 Für den b2b-Bereich fehlt der Entscheidung naturgemäß ohnehin an Bedeutungskraft.396 Bisher steht für den EuGH in seinen Urteilen allein die erschwerte Rechtsverfolgungsmöglichkeit des Verbrauchers im Vordergrund. Dass internationale Gerichtsstandsklauseln darüber hinaus die Gefahr mit sich bringen, mittelbar insbesondere über die Beeinflussung des einschlägigen Kollisionsrechts das sachrechtliche Schutzniveau zu senken (siehe II.2.), wurde von ihm noch nicht zum Anlass genommen, eine Gerichtsstandsklausel als missbräuchlich zu bezeichnen. Der Entscheidung CDC lässt sich 2015 vielmehr noch die Aussage entnehmen, dass etwa das Erfordernis einer effektiven Durchsetzung des europäischen Kartellrechts die Wirksamkeit einer Gerichtsstandsklausel gerade nicht infrage stellen könne. Welche materiellen Rechtsvorschriften in der Sache vor dem prorogierten Gericht Anwendung fänden, hätten auf ihre Wirksamkeit keinen Einfluss.397 Ähnlich argumentiert in der deutschen Rechtsprechung 2017 auch schon das OLG München, das dort zwar vordergründig eine „teleologischen Auslegung“ der geltend gemachten Gerichtsstandsklausel zurückweist, dadurch indirekt aber auch gegen deren faktische Inhaltskontrolle Stellung bezieht. Es warnt in der Entscheidung davor, die Reichweite der Klausel nur deswegen zu beschränken, weil das darin prorogierte Schweizer Gericht womöglich §§ 57, 63 des deutschen Aktiengesetzes unangewendet lasse. Art. 22 LugÜ-II sehe jedoch nur für bestimmte, abschließend aufgezählte Fälle ein Derogationsverbot vor. 395 Ähnlich Rieländer, Missbrauchskontrolle und Drittwirkung von Gerichtsstandsvereinbarungen, EuZW 2021, 391, 397, der im Flugbereich die Begrenzung auf einen der alternativen Gerichtsstände aus Art. 7 Nr. 1 lit. b Brüssel Ia-VO (Abflug- oder Ankunftsort) für denkbar hält, allerdings die Frage nach dem praktischen Interessen für die Fluggesellschaft stellt. Unklar Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 7.58, der zwar im Anschluss an den EuGH eine Inhaltskontrolle anhand der Klausel-RL für möglich hält, das „Verlangen nach einem – über Art. 25 Abs. 4 Brüssel Ia-VO hinausgehenden – berechtigten Interesse an dem gewählten Gerichtsstand oder einer sonstigen Angemessenheit der Klausel“ aber für unzulässig hält. Genau auf eine solche Prüfung läuft die AGB-Inhaltskontrolle aber gerade hinaus, s.o. am Anfang von 3. 396 Die Klausel-RL gilt nach ihrem Art. 1 Abs. 1 nur im b2c-Bereich. Dass in dem Ausgangsverfahren zu Ryanair ./. DelayFix der Schutz einem Unternehmen zugutekommt, liegt daran, dass für die Anwendbarkeit das ursprüngliche Vertragsverhältnis relevant ist. Dieses bestand zwischen einem Verbraucher und Ryanair. S.o. unter a) schon Fn. 358. Dem EuGH kommt für das nat. AGB-Recht nur insofern eine Auslegungskompetenz zu, als es auf das Unionsrecht zurückzuführen ist. Zur fehlenden Harmonisierung des b2b-Bereichs u. a. in Kap. 3, unter II. 397 EuGH – CDC, 21.5.2015, Rs. C-352/13, Rn. 62, mit Verweis auf die Entscheidung Trasporti Castelletti, dazu generell auch schon oben unter a) bei Fn. 348 ff., dort indes auch bereits mit der Frage nach der fortwährenden Relevanz der Entsch., da die bezweckte Rechtssicherheit durch die neue Verweisung verringert wird.
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Fünftes Kapitel: Kontrolle von Gerichtsstandsklauseln
„Würde nunmehr – wie hier – ohne Anhaltspunkte im Vertragswortlaut oder in den Umständen des Vertragsschlusses auf eine von den Parteien beabsichtigte Nichterstreckung der Gerichtsstandsvereinbarung auf zwingende Vorschriften des nationalen Rechts geschlossen werden, würde faktisch im Wege der Vertragsauslegung allein aus der postulierten Gefahr der Umgehung zwingenden nationalen Rechts ein nicht in Art. 22 LugÜ-II gründendes Derogationsverbot geschaffen werden. Dies ist jedoch nicht zulässig.“398
Erinnert man sich daran, dass zumindest im deutschen Rechtsraum historisch die Unangemessenheit von AGB vor der Entwicklung einer offenen Inhaltskontrolle im Wege der korrigierenden Auslegung entschärft wurde,399 fügt sich die Entscheidung nahtlos in den hiesigen Kontext ein. Sie positioniert sich nachdrücklich dagegen, Gerichtsstandsklauseln, die nach dem LugÜ-II zulässig sind, aus inhaltlichen Gründen, namentlich wegen der Gefahr eines verschlechterten sachrechtlichen Schutzniveaus für den Klauselgegner, die gerichtliche Anerkennung zu versagen. Ob hieran nach Ryanair ./. DelayFix festgehalten werden kann, ist allerdings fraglich. Denn der EuGH scheint dort zumindest im Verbraucherkontext gerade nicht von einem abschließenden Regelungskonzept der Brüssel IaVO auszugehen. Das zieht den Umkehrschluss des OLG München aus Art. 22 LugÜ-II, der – wenngleich leicht abweichend formuliert – Art. 24 Brüssel Ia-VO entspricht, in Zweifel. Zugleich erscheint es wenig überzeugend, eine AGB-rechtliche Inhaltskontrolle zuzulassen, bei der die erschwerte Rechtsverfolgungsmöglichkeit zu einer Unangemessenheit und folglich gerichtlichen Nichtanerkennung der Gerichtsstandsklausel führen kann, nicht aber die Verschlechterung des sachrechtlichen Schutzniveaus. Für eine derartige Spaltung bei den Kontrollgründen ist kein Grund ersichtlich. Lässt man mit Ryanair ./. DelayFix eine AGB-rechtliche Inhaltskontrolle also zu, dürfte in der Zukunft auch dieser zweiten wichtigen Gefahr von internationalen Gerichtsstandklauseln Aufmerksamkeit zu schenken sein. Die genauen Maßstäben lassen sich angesichts fehlender Kontrollentscheidungen derzeit aber noch nicht vorhersagen. c) Asymmetrische Gerichtsstandsklauseln Als besonders gefährlich können sich für den Klauselgegner in der Praxis schließlich sog. asymmetrische Gerichtsstandsklauseln erweisen, die abweichende Klagemöglichkeiten für ihn und den Klauselverwender vorsehen. Während sie den Klauselgegner in der Regel auf Aktivprozesse am Heimatgericht des Klauselverwenders beschränken, geben sie letzterem öfters die Option, vor allen 398
OLG München, 3.5.2017, jurisRn. 90 f., anders indes noch die Vorinstanz (unveröffentlicht). Die GStKl war in dem Fall insofern umfassend formuliert („sämtliche Streitigkeiten“ aus dem Darlehensvertrag). 399 Siehe insb. Raiser, Das Recht der AGB (1935/1961), S. 101 f., 263 ff. sowie Hellwege, AGB (2010), S. 132 f., 172 ff., zusammenfassend dort S. 4, 188.
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objektiv zuständigen oder sogar jedem Gericht weltweit zu klagen.400 Für den Klauselgegner ist dann schlimmstenfalls bis zum Zeitpunkt der Klageerhebung unklar, wo er sich zu verteidigen hat, was ihm die Vorbereitung hierauf erheblich erschwert. Der Klauselverwender genießt wiederum sämtliche Vorteile einer ausschließlichen Gerichtsstandsklausel zugunsten seines favorisierten forum, verliert durch die Wahl aber keine seiner objektiven Klagemöglichkeiten bzw. gewinnt sogar noch weitere dazu.401 In der Rechtsprechung werden solche Klauseln daher zum Teil kritisch gesehen. So erklärt insbesondere die französische Cour de Cassation zwei solcher asymmetrischen Gerichtsstandsklauseln 2012 in Rothschild und 2015 in ICH c. Crédit Suisse für unwirksam.402 Es ist allerdings unklar, auf welches Recht und welches Kontrollinstrument sie sich hierfür beruft. Sehen manche in den Entscheidungen Ansätze für eine Inhaltskontrolle anhand des französischen Vertragsrechts, verorten sie andere beim europäischen Bestimmtheitserfordernis oder – sehr vage – den „Zielen“ der Verordnung. Auch über das Fehlen einer Einigung aufgrund des „Potestativcharakters“ asymmetrischer Gerichtsstandsklauseln wird diskutiert.403 Ähnliche Entscheidungen sollen in Polen und Bulgarien ergangen sein.404 Die englische und italienische Recht400 Zu den Gestaltungsvarianten u. a. Wais, Einseitige Gerichtsstandsvereinbarungen, RabelsZ 81 (2017), 815, 817 ff., der selbst von einseitigen GStKl spricht, geläufig ist auch der Begriff der halbseitig ausschließlichen GStKl, vgl. Freitag, Halbseitig ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarungen, FS Magnus 2014, 419 ff. 401 So z.T. auch Keyes/Marshall, Jurisdiction Agreements: Exclusive, Optional and Asymmetrical, JPIL 2015, 345, 364 und Wais (vorige Fn.), 832, die dort aber zugleich die Vorzüge für den Klauselgegner betonen, der so beim Hauptvertrag bessere Konditionen erlangen kann, z. B. niedrige Kreditraten. Ob das bei AGB so zutrifft, ist fraglich, s.o. Kap. 2 zur potenziellen Abwärtsspirale, die einsetzt, wenn ausgeglichene AGB keinen Wettbewerbsvorteil, sondern vielmehr einen entsprechenden Nachteil bedeuten. 402 Cour de Cassation – Rothschild, 26.9.2012, n° 11-26022; ICH c. Crédit Suisse, 25.3.2015, n° 13-27264. Zur Folgerspr. der frz. Gerichte, insb. zu zwei weiteren entsprechenden Entsch. der Cour von 2018 Mailhé, France: A Game of Asymmetries, in: Keyes, Optional Choice of Court Agreements in PIL (2020), 197, 205 ff. 403 Umfassende Darstellung bei Keyes/Marshall, Jurisdiction Agreements: Exclusive, Op tional and Asymmetrical, JPIL 2015, 345, 366 ff., die als Kontrollerwägung die inhaltliche Unausgewogenheit betonen. Ebenso Wais/Rapp, Anm. Cour de cassation, IWRZ 2016, 134, 135 f. Eher in Richtung Bestimmtheitserfordernis Fentiman, Unilateral Jurisdiction Agreements in Europe, Cambridge Law Journal 2013, 24, 25. Zur frz. Rechtsfigur der sog. obligation bzw. condition potestatif und ihrer Einordnung Freitag, Halbseitig ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarungen, FS Magnus 2014, 419, 421 und Niggemann, Entsch. der Cour de Cassation, IPRax 2014, 194, 195, 198. Sie gibt es so seit der Reform des frz. Vertragsrechts allerdings nicht mehr. Hierzu Merrett, The Future Enforcement of Asymmetric Jurisdiction Agreements, ICLQ 2018, 37, 52 f. Generell zur Unklarheit und den verschiedenen Deutungen insb. durch die frz. Literatur Niggemann, a. a. O., 199. 404 Siehe Mills, Party Autonomy (2018), S. 160 und Merrett (vorige Fn.), 50, letztere unter
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sprechung geht dagegen anscheinend von ihrer Wirksamkeit aus.405 Und auch die Cour de Cassation erkennt in einer späteren Entscheidung von 2015 (eBizcuss c. Apple) eine – dort freilich enger gefasste – asymmetrische Gerichtsstandsklausel an.406 Eine Vorlage an den EuGH steht soweit ersichtlich trotz der beschriebenen Divergenzen derzeit noch aus.407 In der deutschen Kontrollpraxis spielen asymmetrische Gerichtsstandsklauseln bis jetzt kaum eine Rolle, was jedoch sicherlich nicht an ihrer fehlenden Bedeutung liegen dürfte. Besonders bei grenzüberschreitenden Finanzierungsgeschäften gehören sie zum Marktstandard und wurden zumindest bis zur Entscheidung Rothschild von vielen Branchenorganisationen empfohlen.408 Gleichwohl ist es im Untersuchungszeitraum wie schon bei Gerichtsstandsklauseln generell nur selten überhaupt zu einer inhaltlichen Kontrolle und dann bisher auch nie zu einer Versagung der gerichtlichen Anerkennung gekommen.409 Verweis auf den 2016er-Bericht des engl. Financial Markets Law Committee über die Rechtsunsicherheit bei asymmetrischen GStKl, abrufbar unter , letzter Zugriff am 14.3.2022, vgl. dort den Abschnitt 1.3. 405 Dazu insb. Keyes/Marshall, Jurisdiction Agreements: Exclusive, Optional and Asymmetrical, JPIL 2015, 345, 373 ff. und Marshall, Imbalanced Jurisdiction Clauses under the Lugano Convention, ZEuP 2016, 517, 519 f., wobei die engl. Gerichte sehr weit gefasste asymmetrische GStKl (right to sue in „any other courts in any jurisdiction“) indes wohl einschränkend auslegen, womit dann im Ergebnis ebenfalls ein Schutz des Klauselgegners verbunden ist, dazu schon oben bei Fn. 399. 406 Cour de Cassation – eBizcuss c. Apple, 7.10.2015. Näheres bei Keyes/Marshall (vorige Fn.), 370 f. und Wais/Rapp, Anm. Cour de cassation, IWRZ 2016, 134 ff. Inzwischen allerdings einschränkend zu der Rspr. Mankowski, in: Rauscher, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 343 ff. Die GStKl beschränkte die Klagemöglichkeit der Klauselverwenderin auf den Sitz des Klauselgegners und ihren eigenen Sitz sowie die Gerichte der Länder, in denen sie einen Schaden erleidet. A.A. Wais, Einseitige Gerichtsstandsvereinbarungen, RabelsZ 81 (2017), 815, 821 f. (GStKl nur auf den ersten Blick enger). 407 Kritik daran u. a. bei Freitag, Halbseitig ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarungen, FS Magnus 2014, 419, 422. Das Urteil des EuGH in Apple Sales, 24.10.2018, Rs. C-595/17, betrifft zwar das Verfahren der Cour de Cassation (vgl. vorige Fn.), behandelt aber nicht die asymmetrische Gestaltung, sondern nur die Reichweite der GStKl im Fall von Klagen wegen Kartellrechtsverstößen, siehe dazu unten v. a. noch Fn. 424. 408 So z. B. von der sog. Loan Market Association (LMA), die nach Rothschild aber eine Warnung herausgab und die Formulierung in ihren Musterbedingungen geändert hat. Hierzu Ahmed, Legal Regulation and Enforcement of Asymmetric Jurisdiction Agreements, European Bus. L. Rev. 2017, 403 ff. Zu asymmetrischen GStKl als Marktstandard auch LG Mainz, 13.9.2005, jurisRn. 77, mit Verweis auf das Gutachten des herangezogenen Sachverständigen; Fentiman, Unilateral Jurisdiction Agreements in Europe, Cambridge Law Journal 2013, 24, ibd. und Keyes/Marshall, Jurisdiction Agreements: Exclusive, Optional and Asymmetrical, JPIL 2015, 345, 364. 409 Zumindest nicht wegen der asymmetrischen Gestaltung. Die Anerkennung der GStKl
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Das LG Karlsruhe hält 2004 z. B. die Gerichtsstandsklausel einer deutschen Bank für wirksam, obwohl diese der Bank einseitig das Recht verlieh, den französischen Darlehensnehmer bzw. dessen Bürgen sowohl am eigenen als auch an deren Sitz zu verklagen, im Übrigen aber die Heimatgerichte der Bank für ausschließlich zuständig erklärte.410 Nähere Ausführungen insbesondere zur Unausgewogenheit der jeweiligen Klagemöglichkeiten oder zur resultierenden Unsicherheit aus Sicht des Klauselgegners fehlen in der Entscheidung. Es handelt sich allerdings ohne Zweifel noch um eine der harmloseren Gestaltungsvarianten. Schließlich begrenzt die Gerichtsstandsklausel aus Sicht des Klauselgegners Passivprozesse von vornherein auf den eigenen Sitz und den der Bank. Damit kommt zur objektiven Actor-sequitur-Regel lediglich ein weiterer, gewillkürter Gerichtsstand hinzu. Umgekehrt werden alle weiteren, nach der Brüssel I-VO (bzw. heute der Brüssel Ia-VO) ansonsten eröffneten Gerichtsstände ausgeschlossen. Sowohl die Ungleichbehandlung als auch die Unsicherheit ist daher als erheblich geringer zu bewerten als bei anderen Gestaltungsvarianten, die dem Klauselverwender eine Klage vor jedem (zuständigen) Gericht eröffnen.411 Mit einer solchen, im Einzelnen indes noch deutlich komplizierter formulierten Gerichtsstandsklausel sieht sich ein Jahr später das LG Mainz konfrontiert.412 Es geht auf die Benachteiligung des Klauselgegners wegen der Ungleichbehandlung oder Unsicherheit allerdings ebenfalls nicht ein. Grund dafür ist vermutlich, wegen der fehlenden Übermittlung der AGB ablehnend aber OLG Brandenburg, 26.6.2012. Ebenfalls nur zur Einbeziehung LG Kleve, 11.6.2014, das die GStKl trotz des verspäteten AGB-Hinweises anerkennt (dazu oben bei 2.d)). Ohne Thematisierung der Ungleichbehandlung auch OLG Stuttgart, 27.4.2015, vgl. jurisRn. 8; LG Kleve, a. a. O., vgl. jurisRn. 1; OLG Brandenburg, a. a. O., vgl. jurisRn. 3 sowie LG Mainz (vorige Fn.), vgl. jurisRn. 10 ff. (zu ihm auch gleich noch näher). Das OLG Bamberg, 31.10.2018, jurisRn. 42 ff., wirft das Problem zwar ausdrücklich auf und hält auch eine Kontrolle anhand von Art. 3 Klausel-RL für angezeigt, lässt deren Ergebnis dann aber offen, da die GStKl ohnehin nach Art. 19 Brüssel Ia-VO unwirksam sei (Urt. nach Klagerücknahme inzwischen überdies wirkungslos, vgl. BGH, 9.7.2019). BGH, 15.6.2021 und KG Berlin, 3.12.2020, als Vorinstanz betreffen eine Individualvereinbarung; OLG Düsseldorf, 17.6.2020 und vorher LG Düsseldorf, 7.5.2020 eine drittstaatliche GStKl, sodass sie nach den Analysekriterien (vgl. IV.1.) nicht einschlägig sind. 410 LG Karlsruhe, 8.12.2004, insb. jurisRn. 21, 60, das die GStKl dort ungenau als „einseitig fakultativ“ bezeichnet – dabei waren auch für den Klauselverwender die objektiven Klagemöglichkeiten eingeschränkt. 411 Aus ähnlichen Gründen stuft auch das LG Münster, 22.12.2004, jurisRn. 19, die dortige – freilich beiderseitig – alternative GStKl nicht als unangemessen ein. Die gegnerische Auswahlmöglichkeit zwischen zwei konkret benannten Gerichten führe noch nicht zu einer unzumutbaren Unsicherheit. In dem Fall kommt hinzu, dass es sich um zwei dt. Gerichte handelte, weshalb die lex fori ohnehin identisch war. 412 Siehe LG Mainz, 13.9.2005, jurisRn. 10 ff. Die GStKl erstreckt sich über 20 Zeilen und ist zumindest in der dt. Übersetzung nur schwer verständlich. Die Originalfassung wird in der Entsch. nicht wiedergegeben.
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dass es bei der Kontrolle – im Gegensatz etwa zur französischen Cour de Cassation – nicht die Gerichtsstandsklausel als Ganzes betrachtet, sondern lediglich den Teil, der sich an den Klauselgegner richtet.413 Dieser durfte nach der Gerichtsstandsklausel nur vor den englischen Gerichten klagen, wandte sich aber an das LG Mainz. Das Gericht beschränkt sich in seiner Entscheidung nun darauf, die eigene Derogation infolge dieser Wahl zu prüfen. Dabei setzt es sich insbesondere intensiver mit der Frage auseinander, ob eine sog. allgemeine Missbrauchskontrolle von Gerichtsstandsklauseln möglich ist. Was sich hinter diesem Begriff verbirgt, ist stark umstritten.414 Das LG Mainz scheint sie jedenfalls (auch) auf den Inhalt der Gerichtsstandsklausel zu beziehen. Denn es lehnt eine solche Kontrolle vor allem unter dem Verweis auf Trasporti Castelletti ab. Dort habe der EuGH entschieden, dass es auf das streitige Rechtsverhältnis sowie die Angemessenheit für die Beurteilung von Gerichtsstandsklauseln nicht ankomme.415 Zudem bestehe zu den englischen Gerichten ohnehin ein „rechtfertigender sachlicher Bezug“, da die ursprünglichen Darlehensgeber ihren Sitz in England hatten.416 Auch wenn die allgemeine Missbrauchskontrolle anders als die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle auf krasse Einzelfälle beschränkt ist,417 lässt sich die Argu413
Vgl. LG Mainz (vorige Fn.), jurisRn. 54 ff. (nur zur potenziell derog. Wahl der engl. Gerichte). Zur Kontrolle der Cour de Cassation Keyes/Marshall, Jurisdiction Agreements: Exclusive, Optional and Asymmetrical, JPIL 2015, 345, 372. Das LG Karlsruhe, 8.12.2004, kontrolliert die asymmetrische GStKl inhaltlich überhaupt nicht explizit und lässt daher in diesem Punkt auch keine Präferenz erkennen. 414 Treffend Eichel, AGB-GStKl im dt.-amerikanischen Handelsverkehr (2007), S. 104: „Die Diskussion ist unübersichtlich […]. Auch weichen die Vorstellungen voneinander ab, was unter ‚Missbrauchskontrolle‘ zu verstehen ist.“ Er selbst versteht sie als Kontrolle des Zustandekommens (a. a. O., S. 105), so auch z. B. Coester-Waltjen, Ein Plädoyer für Art. 25 Brüssel Ia VO, FS Geimer 2017, 31, insb. 35; Heinig, Grenzen von Gerichtsstandsvereinbarungen (2010), S. 374 ff.; Leible/Röder, Missbrauchskontrolle von Gerichtsstandsvereinbarungen, RIW 2007, 481, 483; E. Peiffer, Schutz gegen Klagen im forum derogatum (2013), S. 146 ff. Als Kontrolle des Inhalts dagegen u. a. Weigel/Blankenheim, Europ. GStKl, WM 2006, 664, insb. 667. Als Kontrolle der Ausübung wiederum Basedow, Zuständigkeitsderogation, FS Magnus 2014, 337, 344 f., 352; Wagner, in: Stein/Jonas, Art. 23 EuGVVO Rn. 122. 415 LG Mainz, 13.9.2005, jurisRn. 76, siehe auch schon 3.a). Kritisch Leible/Röder (vorige Fn.), 483, die die allgm. Missbrauchskontrolle allerdings von vornherein allein auf das Zustandekommen beziehen. Dann ist Trasporti Castelletti in der Tat nicht einschlägig. 416 LG Mainz (vorige Fn.), jurisRn. 77. Zu den Fallhintergründen Hess, EuZPR (1. Aufl., 2010), S. 327 mit der dortigen Fn. 782. 417 Zu diesem Unterschied insb. Heinig, Grenzen von Gerichtsstandsvereinbarungen (2010), S. 400 f.; Rauscher, Gerichtsstandsbeeinflussende AGB, ZZP 104 (1991), 271, 301. Generell wird allerdings erstaunlich selten zwischen den zwei Instrumenten abgegrenzt. Die allgm. Missbrauchskontrolle wird indes von vielen gar nicht auf den Inhalt, sondern nur auf das Zustandekommen der Gerichtsstandswahl bezogen, siehe Fn. 414.
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mentation und damit auch die Ablehnung des LG Mainz auf das hier betrachtete Kontrollinstrument übertragen. Die Entscheidung verdeutlicht somit einmal mehr die in der Vergangenheit restriktive Haltung der deutschen Gerichte gegenüber einer Inhaltskontrolle internationaler Gerichtsstandsklauseln, selbst wenn diese für den Klauselgegner besonders gefährlich gestaltet sind. Nach der Entscheidung des EuGH in Ryanair ./. DelayFix ist hier nun mit Veränderungen zu rechnen, die zukünftig vermutlich auch den b2b-Bereich betreffen, in dem asymmetrische Gerichtsstandsklauseln durchaus verbreitet sind. Sollte sich die neue Verweisung aus Art. 25 Abs. 1 S. 1 Brüssel Ia-VO dort wie zu erwarten ebenfalls als Einfallstor für eine stärkere inhaltliche Kontrolle erweisen, wird auch der – an dieser Stelle nur kurz gestreiften – Frage Bedeutung zukommen, ob die Gerichtsstandsklausel in deren Rahmen als Ganzes oder nur in ihren Teilen zu betrachten ist. Zwar muss das angerufene Gericht in der Regel tatsächlich allein entscheiden, ob es für den Streit zuständig ist, wofür es nur auf den derogierenden oder prorogierenden Regelungsteil der Klausel ankommt; deren Missbräuchlichkeit bzw. Unangemessenheit dürfte sich ohne eine Gesamtbetrachtung aber schluss endlich nicht überzeugend bewerten lassen. Dafür spricht insbesondere auch Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL, dem man nun nach EuGH – Ryanair ./. DelayFix womöglich sogar entnehmen kann, dass neben der konkret zu überprüfenden Klausel auch sämtliche weiteren Vertragsregelungen in die Betrachtung einzubeziehen sind.418 Das muss dann aber erst recht für die verschiedenen Regelungen innerhalb ein und derselben Klausel gelten. Die rechtsdogmatischen Feinheiten sind zumindest auf europäischer Ebene bisher insofern allerdings noch nicht abschließend geklärt.419 Im nationalen, unvereinheitlichten AGB-Recht kann es ohnehin zu Abweichungen kommen. Damit stellt sich die Inhaltskontrolle von asymmetrischen Gerichtsstandsklauseln derzeit ebenfalls schlussendlich noch weitgehend als metaphorische „Black Box“ dar, bei der unklar ist, was geschieht, wenn man sie wirklich öffnet.
418 Vgl. Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL: „Die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel wird […] unter Berücksichtigung der Art der Güter oder Dienstleistungen, die Gegenstand des Vertrags sind, aller den Vertragsabschluss begleitenden Umstände sowie aller anderen Klauseln desselben Vertrages oder eines anderen Vertrages, von dem die Klausel abhängt, zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses beurteilt.“ Siehe zum dt. Recht z. B. H. Schmidt, in: BeckOK, § 307 BGB Rn. 23; Wurmnest, in: MüKo, § 307 BGB Rn. 36 ff. In Ryanair ./. DelayFix, 18.11.2020, Rs. C-519/19, Rn. 60, verweist der EuGH darauf, dass das mitgliedstaatliche Gericht bei der Kontrolle der GStKl die Art der Dienstleistung zu berücksichtigen habe. Damit kann nur der Hauptvertrag gemeint sein, da die Gerichtsstandswahl offensichtlich keine Dienstleistung darstellt. 419 Vgl. die Leitlinien der Kommission von 2019 zur Auslegung und Anwendung der Klausel-RL, C(2019) 5325 final, S. 52 f., dort zur Frage, ob i.R.d. der Rechtsfolge zwischen dem zulässigen und unzulässigen Regelungsteil differenziert werden kann.
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4. Verbot überraschender Klauseln Das Verbot überraschender Klauseln nimmt im nationalen AGB-Recht eine Zwischenstellung ein. Sofern vorhanden, ist es häufig als negative Einbeziehungsvoraussetzung ausgestaltet, verhindert also, dass eine Klausel trotz der generellen Zustimmung des Klauselgegners zum Vertragsschluss Bestandteil der Rechtsbeziehung wird, wenn sie derart ungewöhnlich ist, dass mit ihr nicht gerechnet zu werden braucht. Um das zu beurteilen, ist freilich oft ein Blick auf den konkreten Inhalt nötig, weshalb mit dem Verbot regelmäßig eine gewisse inhaltliche Kontrolle einhergeht.420 a) Verhältnis zur Brüssel Ia-VO Dem Überraschungsverbot wird in der Literatur zum Brüssel- und Lugano-Re gime bislang keine sonderliche Aufmerksamkeit geschenkt. Teils wird es als daneben gesperrt bezeichnet, dann allerdings stets lediglich im Zuge mit der Einbeziehungskontrolle allgemein.421 Es finden sich indes auch Stimmen, die von einer parallelen Anwendbarkeit auszugehen scheinen. Sie liefern dafür aber keine Begründung und sprechen die Konkurrenz auch nicht offen an.422 Entscheidend ist letztlich, ob auf der europäischen Ebene Vorgaben mit einer ähnlichen Zielsetzung bestehen, die abschließende Geltung beanspruchen. Das ist angesichts der umstrittenen Reichweite der Harmonisierung freilich seit Langem unklar (vgl. 420 Hierzu insb. schon in Kap. 4, eingangs unter IV.4. und 4.a), dort auch mit Nachweisen zum rechtsvergleichenden und nat. AGB-Rechtsschrifttum. Die Überraschung kann sich neben der inhaltlichen auch aus der äußeren Gestaltung, insb. dem Standort innerhalb der Vertragsurkunde ergeben, dazu noch unter b). 421 Vgl. Hau, in: M. Wolf/Lindacher/Pfeiffer, GStKl Rn. G 178; Hausmann, in: Reithmann/ Martiny, Int. Vertragsrecht (2021), Rn. 7.37; Nordmeier, Int. Gerichtsstandsvereinbarungen nach der EuGVVO n. F., RIW 2016, 331, 334; Schack, IZVR (2021), Rn. 585; H. Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. § 305 BGB Rn. 23 und Stoffels, AGB-Recht (2021), Rn. 1064. Neben den allgm. Ausführungen explizit auch noch einmal zur Sperre des Überraschungsverbots Mankowski, in: Rauscher, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 163, 220, allerdings ohne Präzisierung, welche europ. Vorgabe das AGB-Recht genau verdrängt. 422 So sieht etwa Buchmann, Wirksame Einbeziehung von AGB durch „Click Wrapping“, K&R 2015, 474, 475, im Ausgangsfall zu EuGH – El Majdoub einen möglichen Verstoß gegen § 305c BGB (vgl. noch b)). Schlosser, in: ders./Hess, Art. 25 EuGVVO Rn. 31, wiederum nimmt an, dass § 305c BGB noch anwendbar sei, falls eine GStKl „aus redaktionellen Gründen“ überraschend ist. Dabei bleibt unklar, was damit genau gemeint ist. In seiner Kommentierung im Staudinger (Bearbeitung von 2013), § 305c BGB Rn. 11, plädiert er hingegen noch dafür, überraschenden GStKl über eine Fortentwicklung der Brüssel I-VO zu begegnen und damit für eine europ. Lösung. Wittwer, in: Mayr, Handbuch des EuZVR (2017), Rn. 3.638, sieht in der neuen Verweisung eine Öffnung für § 864a des österr. ABGB, das ein Überraschungsverbot enthält (s.u. Fn. 427).
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III.2.) und wird speziell für das Überraschungsverbot auch nirgends näher thematisiert. Als vorrangiges, funktionales Äquivalent kommt zunächst das europäische Bestimmtheitserfordernis in Betracht. Schließlich soll es laut EuGH „vermeiden, dass eine Partei dadurch überrascht wird, dass die Zuständigkeit eines bestimmten Gerichts für […] Rechtsstreitigkeiten begründet wird, die […] ihren Ursprung in einer anderen Beziehung als derjenigen haben, anlässlich derer die Begründung des Gerichtsstands vorgenommen wurde.“423 Geht es also z. B. darum, dass der Klauselgegner bei ihrem Abschluss nicht damit rechnen konnte, dass die Gerichtsstandsklausel aus dem Liefervertrag später auch Schadensersatzforderungen wegen Kartellrechtsverstößen erfasst, die mit dem Vertrag in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen, schützt ihn vor dieser Folge bereits das europäische Bestimmtheitserfordernis.424 Dessen Regelungsgehalt ist allerdings begrenzt. So fordert es zumindest nach dem bisherigen Verständnis allein, dass die Gerichtsstandsklausel von ihrer Formulierung her objektiv erkennen lässt, auf welche Rechtsstreitigkeiten sie sich bezieht und welches Gericht über diese entscheiden soll.425 Sie zielt damit eher in die Richtung der AGB-rechtlichen Transparenzkontrolle als in die des Überraschungsverbots.426 Letzteres knüpft nämlich darüber hinausgehend oft auch an den konkreten Inhalt der Wahl oder z. B. deren spezifische Einbettung in die jeweilige Vertragsurkunde an.427 423 EuGH – CDC, 21.5.2015, Rs. C-352/13, Rn. 68 [Hervorhebung hinzugefügt]. So auch schon Powell Duffryn, 10.3.1992, Rs. C-214/89, Rn. 31 sowie bestätigend später z. B. Apple Sales, 24.10.2018, Rs. C-595/17, Rn. 22. Siehe dort aber auch Rn. 29, wo der EuGH davon spricht, dass die Berücksichtigung der GStKl nicht für eine der Parteien überraschend sein dürfe, was den Bezugspunkt von der Klausel auf die gerichtliche Zuständigkeitsentsch. verlagert. Diese wird aber von der GStKl bestimmt. In die Richtung jetzt indes wohl auch BGH, 10.2.2021, jurisRn. 18. Die funktionale Äquivalenz unterstreicht allerdings z. B. wiederum die Beschreibung bei KG Berlin, 3.12.2020, jurisRn. 73, das bzgl. der EuGH-Rspr. zum Bestimmtheitserfordernis von einem „Überrumpelungsschutz“ spricht. 424 Die Rechtsfolge des Bestimmtheitserfordernisses sowie dessen Verhältnis zur Auslegung ist nicht ganz klar, der EuGH spricht in CDC (vorige Fn.), Rn. 66 ff., als Leitentsch. davon, dass das Gericht prüfen müsse, ob die GStKl die Streitigkeit erfasst und macht hierfür zur Vssn., dass sie sich explizit auf den Kartellrechtsverstoß bezieht. In Apples Sales (vorige Fn.), Rn. 20 ff., als Folgeentsch. führt der EuGH insofern eine Differenzierung ein und unterscheidet danach, ob der Verstoß im direkten Zusammenhang mit dem Vertrag steht oder nicht. Im ersten Fall genüge eine allgemeinere Fassung der GStKl. Näher insb. Winkler, Understanding Claim Proximity in the EU Regime of Jurisdiction Agreements, ICLQ 2020, 431 ff. 425 Vgl. die Darstellung unter III.2.c) mit den entsprechenden Nachweisen. 426 Zu seinem Einfluss auf das Konkurrenzverhältnis daher erneut unter 5.a). Deutlich zum Bezugspunkt EuGH – CDC, 21.5.2015, Rs. C-352/13, Rn. 70 f., wo dieser die Einhaltung des Bestimmtheitserfordernisses nicht von der inhaltlichen oder äußeren Gestaltung der GStKl, sondern der Formulierung abhängig macht. 427 Vgl. v. a. § 864a österr. ABGB: „Bestimmungen ungewöhnlichen Inhaltes in Allgemeinen
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Da nicht ersichtlich ist, dass das Bestimmtheitserfordernis insofern Sperrwirkung entfalten soll, dürfte allein aus der partiellen Überschneidung beim Schutzzweck noch keine Verdrängung des nationalen AGB-Rechts folgen. Sie kann sich aber aus einer möglichen und dann vorrangigen europäischen Form eines Überraschungsverbots ergeben: Das AGB-rechtliche (nationale) Überraschungsverbot nimmt Klauseln von der vertraglichen Bindungswirkung aus, bei denen nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie von der generellen Zustimmung des Klauselgegners zum Vertragsschluss noch abgedeckt sind. Es dient damit dazu, eine (möglichst) „echte“, von beiden Seiten gewollte Einigung über deren Geltung zu gewährleisten,428 und überschneidet sich folglich mit dem Ziel der europäischen Formvorgaben (vgl. III.2.c)). Die Rechtsprechung entnimmt diesen bisher zwar vor allem positive Einbeziehungsvoraussetzungen, wie die Notwendigkeit eines rechtzeitigen AGB-Hinweises oder deren vorherige Übermittlung (vgl. oben den Abschnitt 2.); es ist aber nicht ausgeschlossen, dass aus ihnen darüber hinaus auch die negative Einbeziehungsvoraussetzung abzuleiten ist, dass die Gerichtsstandsklausel nicht überraschend sein darf. Ansätze finden sich hierfür insbesondere in der österreichischen Kontrollpraxis429 und kommen vereinzelt auch in der deutschen vor.430 Der EuGH hat hierzu bis jetzt noch nicht entschieden; angesichts seines „Mantras“, dass die europäische Form Geschäftsbedingungen […] werden nicht Vertragsbestandteil, wenn sie dem anderen Teil nachteilig sind und er mit ihnen auch nach den Umständen, vor allem nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde, nicht zu rechnen brauchte.“ Ähnlich § 305c Abs. 2 BGB. Für Bsp. aus der Kontrollpraxis zu RwKl vgl. Kap. 4, IV.4.c). Dort allerdings unter IV.5. auch zur schweren Abgrenzung zwischen Transparenzkontrolle, Überraschungsverbot und allgm. Einbeziehungskontrolle. Zu den wenigen bei GStKl einschlägigen Fällen noch nachfolgend unter b). 428 Näheres schon in Kap. 4, unter IV.4.a). Da die AGB dem Klauselgegner indes auf Takeit-or-leave-it-Basis gestellt und von ihm ohnehin fast nie gelesen werden, ist selbst bei nicht überraschenden AGB fraglich, ob die Zustimmung zum Vertragsschluss tatsächlich eine „echte“ Einigung bedeutet. Hierzu auch noch in Kap. 7, unter II.4., dort mit Blick auf den „freien“ Willen als Vssn. für einen Grundrechtsverzicht. 429 Vgl. insb. OGH, 24.4.2013 m. w. N. Die Kontrolle erfolgt im Rahmen von Art. 23 Brüssel I-VO. M.w.N. Tiefenthaler/Czernich, in: Czernich/Kodek/Mayr, Art. 25 EuGVVO Rn. 73 f. Ebenfalls für ein solches europ. Überraschungsverbot wohl Mankowski, in: Rauscher, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 163; E. Peiffer/M. Peiffer, in: Geimer/Schütze-Loseblatt (EL 52 Sept 2016), Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 103; Schlosser, in: Staudinger (Bearbeitung von 2013), § 305c BGB, Rn. 11. 430 Siehe insb. LG Hamburg, 7.4.2017, jurisRn. 42, das dort zunächst abstrakt zu Art. 23 Brüssel I-VO ausführt, dass dessen Formerfordernisse „vor überraschenden Gerichtsständen schützen“ sollen und dann im Folgenden tatsächlich eine Art europ. Überraschungskontrolle durchführt (jurisRn. 44 ff.). Teils schon bei ihm, stärker aber noch in der Berufungsinstanz OLG Hamburg, 25.5.2018, jurisRn. 61 ff., wird indes die fehlende Kenntnisnahmemöglichkeit betont, was in Richtung der allgm. Einbeziehungskontrolle deutet (s.o. 2.d)), dazu auch noch gleich unter b).
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eine „echte“ Einigung sichern solle,431 ist es jedoch nicht vollkommen abwegig, dass er einer entsprechenden europäischen Kontrolle die Zustimmung erteilt. In dem Fall besteht dann zum einen kein Bedarf mehr für eine zusätzliche Anwendung von nationalen AGB-Rechtsvorschriften wie § 305c Abs. 1 BGB oder § 864a ABGB, es gibt dafür zum anderen aber auch keinen Raum. Schließlich gehen funktional äquivalente Regeln des europäischen denen des nationalen Rechts vor.432 Daran ändert auch insbesondere die neue Verweisung aus Art. 25 Abs. 1 S. 1 a. E. Brüssel Ia-VO nichts, da eine entsprechende Bestätigung des EuGH die These derjenigen widerlegen würde, die in der entsprechenden Neufassung eine Rücknahme der einheitlich-europäischen Vorgaben sehen.433 Noch ist die Rechtslage und damit die Konkurrenz ohne Entscheidung des EuGH freilich unklar. Die wenigen im Untersuchungszeitraum ergangenen deutschen Entscheidungen lehnen eine Überraschung meistens ab, ohne auf die Konkurrenz oder das für die Kontrolle maßgebliche Recht einzugehen.434 Teils wird die Anwendbarkeit des nationalen AGB-Rechts auch explizit verneint, was für die Annahme einer entsprechenden, vorrangigen europäischen Regel sprechen kann.435 Beispiele für eine solche Kontrolle fehlen in der deutschen Kontrollpraxis aber wie gesagt derzeit noch weitgehend.436 431 Ebenso mit dem Begriff des Mantras für die Rspr. Coester-Waltjen, Plädoyer für Art. 25 Brüssel Ia-VO, FS Geimer 2017, 31, 37, dort freilich in anderem Kontext. Generell hierzu auch insb. schon unter III.2.c). Jetzt noch einmal deutlich auch EuGH – Ryanair ./. DelayFix, 18.11.2020, Rs. C-519/19, Rn. 41 f. (Konsens als Ausgangspunkt jeglicher Bindung einer Partei an die GStKl). Andere Deutung des Urt. indes bei Geimer, Schwindende Rechtssicherheit, RIW 2021, 261, 262 („Mantra“ werde gerade nicht mehr erwähnt). 432 Zu diesem Vorrang allgm. bereits am Anfang von III. 433 Zu diesem Streit um die Bedeutung der Neufassung (Abkehr von der bisherigen EuGHRspr. insb. zu den europ. Konsensvorgaben oder bloße Ergänzung hierzu) unter III.3. Leitet der EuGH aus der Brüssel Ia-VO eine europ. Form des Überraschungsverbots ab, konterkariert das die These, die neue Verweisung nehme den Einfluss des europ. Rechts bei der Kontrolle von GStKl zurück. 434 Vgl. die Nennungen unter b) sowie die Fallübersicht in Anh. 4. Insofern als Ausnahme LG Hamburg, 7.4.2017, jurisRn. 41 ff., das klar an Art. 23 Brüssel I-VO anknüpft, dazu gerade schon in und bei Fn. 430. 435 Siehe OLG Frankfurt, 30.3.2015, jurisRn. 75 (zum dt. und luxemburgischen AGBRecht, aber auch keine Überraschung, s.u. bei Fn. 441). Wohl für ein Überraschungsverbot aus Art. 23 Brüssel I-VO zudem OLG Köln, 19.10.2011, jurisRn. 29 und OLG Düsseldorf, 30.1.2004, jurisRn. 39, wo aber jeweils die allgm. Einbeziehungskontrolle im Vordergrund steht. Siehe in dem Kontext auch schon Fn. 430. Für eine Anwendbarkeit des § 305c BGB indessen BGH, 17.10.2019, jurisRn. 23, ohne irgendeine Begründung. 436 Erneut als Ausnahme die schon mehrfach erwähnte Entsch. des LG Hamburg, vgl. insb. Fn. 430. Zumindest im unmittelbaren Kontext mit Art. 23 Brüssel I-VO zudem OLG München, 7.6.2011, jurisRn. 16 ff.
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b) Kontrollpraxis Tatsächlich finden sich im gesamten Untersuchungszeitraum nur zwei Entscheidungen, in denen Gerichtsstandsklauseln explizit als überraschend gewertet werden. Das OLG München meint 2011, dass bei einem auf Deutsch verfassten Bauvertrag, der seinen Schwerpunkt in Deutschland habe und auf den auch deutsches Werkvertragsrecht Anwendung finde, „ein Gerichtsstand in den Niederlanden aus Sicht des Klägers überraschend gewesen“ wäre.437 Die Einbeziehung der Gerichtsstandsklausel scheitert allerdings schon im Prüfungsschritt davor, nämlich an der fehlenden Übermittlung der AGB, weshalb es auf den Überraschungscharakter schlussendlich nicht mehr ankommt.438 Die Entscheidung verwundert gleichwohl, schließlich hatte der Klauselverwender in dem konkreten Fall seinen Sitz in dem gewählten Forumstaat439 und bei internationalen Gerichtsstandsklauseln ist es geradezu klassisch, dass diese zugunsten der Heimatgerichte ihres Verwenders ausfallen. Eine Überraschung liegt daher zumindest objektiv eigentlich fern.440 Andere Entscheidungen geben sich im Untersuchungszeitraum sogar mit einer deutlich schwächeren Nähebeziehung zufrieden und verneinen die vermeintliche Überraschung bereits deshalb, weil in dem gewählten Forumstaat der Sitz der Muttergesellschaft des Klauselverwenders oder das streitgegenständliche Konto lag.441 Kritisch an diesen Entscheidungen ist freilich, dass sie – selbst wenn sie eine Überraschung ablehnen – rechtlich trotzdem an die Verbindung zwischen der konkreten Wahl und dem streitigen Rechtsverhältnis anknüpfen. Laut EuGH – Trasporti Castelletti kommt es hierauf im europäischen Rechtsraum aber nicht an. Hält man diese Leitentscheidung auch nach der Neufassung der Brüssel IaVO nach wie vor für maßgeblich,442 ist eine derartige Kontrolle von vornherein 437 OLG München, 7.6.2011, jurisRn. 19, dort bereits im Konjunktiv, da schon keine Möglichkeit zur Kenntnisnahme gesehen wird, weil die AGB nur bei einem Gericht in Den Haag hinterlegt waren (vgl. jurisRn. 18). 438 Siehe die vorige Fn. 439 Vgl. OLG München, 7.6.2011, jurisRn. 2. 440 So im Kontext mit der allgm. Missbrauchskontrolle auch LG Mainz, 13.9.2005, jurisRn. 77, s.o. unter 3.c). Generell zu dieser Präferenz auch schon oben unter II.1. bei Fn. 27. Siehe zudem LG Kiel, 27.1.2017, jurisRn. 28, wo eine Überraschung deshalb ebenfalls abgelehnt wird (der BGH geht darauf in der Revision nicht ein). 441 OLG Frankfurt, 30.3.2015, jurisRn. 76 (GStKl zugunsten Luxemburg in Verpfändungsvertrag nicht überraschend, wenn dort verpfändetes Guthaben belegen), das eine solche Kontrolle – zumindest anhand des nat. AGB-Rechts – aber ohnehin ablehnt (vgl. oben Fn. 435). Siehe auch OLG Bremen, 25.4.2014, jurisRn. 87 i. V. m. 17 (GStKl zugunsten Island nicht willkürlich, wenn dort Sitz der Muttergesellschaft), dort wegen der Vorentsch. eines belg. Gerichts aber ohne eigene Prüfungskompetenz (vgl. oben Fn. 303 unter IV.2.e)bb)). 442 Näheres schon unter 3.a).
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unzulässig. Dafür spricht auch, dass sich das Brüssel- und Lugano-Regime im Gegensatz zu anderen Zuständigkeitsrechtsordnungen generell dagegen entschieden haben, die Gerichtsstandswahl von einer solchen engen Beziehung abhängig zu machen. Auch bei der HGÜ-Ratifizierung wurde die Möglichkeit, einen entsprechenden Vorbehalt einzulegen, von der EU nicht genutzt.443 Die Prorogation neutraler Foren kann daher bei einer europäischen Kontrolle womöglich nicht als überraschend gewertet werden.444 Nicht um das Fehlen einer hinreichenden Nähebeziehung, sondern gleich sämtlichen erkennbaren Auslandsbezugs, ging es in der Entscheidung des LG Krefeld, mit der dieses 2014 dem EuGH die Rechtssache El Majdoub vorlegt: Ein deutscher Autohändler hatte über die Internetseite der ebenfalls deutschen Klauselverwenderin ein Elektroauto gekauft, das ihm dann aber nicht geliefert wurde. In den verlinkten, sich beim Kauf allerdings nicht automatisch öffnenden AGB war die Zuständigkeit eines Gerichts in Belgien bestimmt, wo sich der Sitz der Muttergesellschaft der Klauselverwenderin befand. Der Autohändler klagte gleichwohl vor dem LG Krefeld und berief sich dabei unter anderem darauf, dass die Gerichtsstandsklausel überraschend sei.445 Das LG Krefeld folgt dem in der Entscheidung nicht, sondern verweist darauf, dass die Internetseite erkennbar auf eine europaweite Vermarktung der Autos gerichtet sei und sich der Kläger zudem eine Auslandsrechnung habe ausstellen lassen.446 Während Ersteres in den Bereich der schwer zu prüfenden Tatsachenwürdigung fällt, stößt Letzteres in der Literatur zu Recht auf Kritik: Für die Beurteilung der Überraschung kann es nämlich von vornherein nur auf den Zeitpunkt des Abschlusses ankommen, weshalb die spätere Rechnung an sich keine Rolle spielt.447 Hatte der Klauselgegner allerdings schon bei der Bestellung um eine 443 Generell
zum liberaleren Ansatz des europ. IZVR und den Vorbehaltsmöglichkeiten schon unter I. bei und in Fn. 17 f. Die EU hat bestimmte Versicherungssachen allerdings vom Anwendungsbereich des HGÜ ausgenommen, vgl. die Erklärung vom 11.6.2015, abrufbar unter , letzter Zugriff am 10.3.2022. Verbraucher- und Arbeitsverträge fallen ohnehin nicht unter das HGÜ (vgl. Art. 2 Abs. 1 HGÜ). 444 EuGH – Ryanair ./. DelayFix, 18.11.2020, Rs. C-519/19, trägt hierzu nichts bei. Weder geht es um neutralen Gerichtsstand noch äußert sich der EuGH vertieft zur Nähebeziehung als Bewertungskriterium. 445 Vgl. LG Krefeld, 5.6.2014, jurisRn. 1 ff. Zur Frage der Einbeziehung schon unter 2.d), die Vorlagefrage des LG ist hierauf beschränkt, weshalb ein mögliches Überraschungsverbot vor dem EuGH keine Rolle spielt. 446 LG Krefeld (vorige Fn.), jurisRn. 12, das die Anerkennung der GStKl i.E. aber offenlässt, da unklar sei, ob die GStKl über Click-Wrap-Agreements einbezogen sei (vgl. die vorige Fn.), daher nicht in Anh. 4 aufgeführt. 447 Siehe Buchmann, Wirksame Einbeziehung von AGB durch „Click Wrapping“, K&R 2015, 474, 475 und Peschke, Anm. EuGH, jurisPR-IWR 3/2015 Anm. 2, unter E.
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Auslandsrechnung gebeten, liegt darin in der Tat ein sehr starkes Indiz dafür, dass ihm der Auslandsbezug bekannt war. Der genaue Zeitpunkt der Bitte geht aus dem Vorlagebeschluss oder der EuGH-Entscheidung nicht hervor. Auch hier ist indes fraglich, ob das Argument im europäischen Rechtsraum überhaupt noch zulässig ist. Schließlich bildet die fehlende Erkennbarkeit des Auslandsbezugs einen der Hauptgründe dafür, passive Verbraucher vor den Gefahren der Gerichtsstandswahl zu schützen (vgl. Art. 17 Abs. 1 lit. c i. V. m. Art. 19 Brüssel IaVO bzw. Art. 15 Abs. 1 lit. c i. V. m. Art. 17 LugÜ-II).448 Daraus könnte folgen, dass dieser Einwand im Übrigen keine Hürde für Gerichtsstandsklauseln darstellen kann. Diese Schlussfolgerung ist freilich weniger klar als das Argument soeben bei der fehlenden Nähebeziehung. Vom LG Hamburg wird eine Gerichtsstandsklausel 2017 nicht anerkannt, weil sie erst in der Fußzeile des Formulars zu finden und daher „überraschend platziert“ war.449 Vor allem das OLG Hamburg stützt sich in der Berufungsinstanz dann allerdings primär auf die dadurch fehlende Möglichkeit, die Gerichtsstandsklausel bei normaler Sorgfalt zur Kenntnis zu nehmen450 – weshalb die Abgrenzung zu den positiven Einbeziehungsvoraussetzungen der allgemeinen Einbeziehungskontrolle unsicher ist. Auch das OLG Koblenz und OLG Hamm scheinen in ähnlichen Fällen eher zu Letzterem zu tendieren.451 In der österreichischen Rechtsprechung sind wiederum die Anklänge an das Überraschungsverbot stärker. Die entsprechende Kontrolle erfolgt dort im Rahmen des Brüssel-Regimes und damit nicht anhand des nationalen AGB-Rechts.452
448 Zum entsprechenden Zweck des kollisionsrechtlichen Verbraucherschutzes durch Art. 6 Rom I-VO G. Calliess, Grenzüberschreitende Verträge (2006), S. 97 ff. Ebenso G. Rühl, in: BeckOGK (Stand: 1.7.2019), Art. 6 Rom I-VO Rn. 177; M. Stürner, in: Erman, Art. 6 Rom I-VO Rn. 11. Sowie Fn. 224 in Kap. 4. 449 LG Hamburg, 7.4.2017, jurisRn. 45, dort im Kontext mit Art. 23 Brüssel Ia-VO, der ihm zufolge „vor überraschenden Gerichtsständen schützen“ soll (jurisRn. 43, siehe auch schon oben unter a)). 450 Vgl. OLG Hamburg, 25.5.2018, jurisRn. 68 ff., das in jurisRn. 71 den Vorwurf der überraschenden Platzierung des LG allerdings bekräftigt. Sowohl LG als auch OLG verneinen eine Einigung auf die GStKl, was bei der Zuordnung aber ebenfalls nicht hilft, da das Überraschungsverbot zumindest nach vielen nat. AGB-Rechtsordnungen als negative Einbeziehungsvssn. ausgestaltet ist (dazu schon am Abschnittsanfang). 451 Vgl. OLG Koblenz, 10.9.2013, jurisRn. 37; OLG Hamm, 21.3.2011, jurisRn. 17. Siehe schon Fn. 199. 452 Vgl. insb. OGH, 24.4.2013: „Im Umfeld der Fußzeilen ist […] ein Anbot [sic] auf Abschluss einer Gerichtsstandsvereinbarung versteckt, welches dort nicht zu erwarten ist und das in dieser Form im geschäftlichen Verkehr unüblich ist“, was von der Formulierung her an § 305c Abs. 2 BGB erinnert (stärkere inhaltliche Kontrollelementen dagegen bei § 864a des österr. ABGB; beim OGH a. a. O. aber ohnehin anhand von Art. 23 Brüssel I-VO). Weitere
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5. Transparenzkontrolle Wie das Überraschungsverbot nimmt auch die Transparenzkontrolle im AGBRecht eine schwer zu fassende Zwischenstellung ein. Einerseits insbesondere vom EuGH als Unterfall der Inhaltskontrolle kategorisiert, dient sie andererseits dazu, den Klauselgegner in die Lage zu versetzen, die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen der fremden AGB einzuschätzen und so eine informierte, autonome Entscheidung über ihre Geltung zu treffen. Transparenzprobleme treten im weiteren Sinne folglich an verschiedenen Stellen auf und wurden z. B. bereits unter 2.f) in Form der fremdsprachlichen Verständlichkeit von Gerichtsstandsklauseln thematisiert. Mag die Reichweite der Transparenzkontrolle sowie ihre Abgrenzung zu den anderen Kontrollinstrumenten im Einzelnen auch nach wie vor unklar sein, gehört zu ihrem Kern jedenfalls die Klarheit und Verständlichkeit der Formulierung von AGB, auf die sich die Untersuchung daher im Folgenden fokussieren wird.453 a) Verhältnis zur Brüssel Ia-VO Vorgaben für die Formulierung von Gerichtsstandsklauseln folgen im europä ischen Rechtsraum aus dem bereits erwähnten europäischen Bestimmtheitserfordernis. Gerichtsstandsklauseln müssen danach zum einen die von ihnen erfassten Streitigkeiten klar und konkret genug benennen. Sog. catch-all clauses sind unwirksam. Zum anderen müssen sie vorab wenigstens die objektiven Kriterien festlegen, anhand derer sich dann später das zuständige Gericht ermitteln lässt. Dessen Wahl darf nicht in das freie Belieben einer der Parteien gestellt werden.454 Hierdurch soll unter anderem erreicht werden, dass dem Klauselgegner die möglichen Konsequenzen der Gerichtsstandswahl vor Augen geführt werden und er sich auf diese nicht unbedacht oder ohne sie zu wollen einlässt.455 Die Nachweise dort sowie bei Tiefenthaler/Czernich, in: Czernich/Kodek/Mayr, Art. 25 EuGVVO Rn. 73 f. 453 Näher zu alledem schon in Kap. 4., unter IV.5., dort auch mit den entsprechenden Nachweisen. Anders als bei der Rspr.analyse zur Transparenzkontrolle von RwKl war es hier nicht möglich, rein formal vorzugehen und lediglich Fälle zu betrachten, in denen die Gerichte auf Vorschriften wie § 307 Abs. 1 S. 2 BGB zurückgreifen, die sich explizit mit der Klarheit und Verständlichkeit von Klauseln befassen. Solche Fälle gibt es bei GStKl nämlich nicht. Unter b) werden deshalb alle Fälle untersucht, in denen die Gerichte an die Formulierung der GStKl anknüpfen und diesen daher die Anerkennung versagen oder das zumindest erwägen. 454 Siehe insb. III.2.c); kurz auch schon unter 4.a) im Verhältnis zum AGB-rechtlichen Überraschungsverbot. 455 Siehe insb. Abendroth, Parteiautonome Zuständigkeitsbegründung (2016), S. 177 sowie zum Bestimmtheitsgebot im dt. autonomen IZVR M. Weller, Ordre-public-Kontrolle int. Gerichtsstandsvereinbarungen (2005), S. 49: „Der spätere Beklagte soll im Zeitpunkt, in dem er
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funktionale Überschneidung mit dem AGB-rechtlichen Transparenzgebot liegt auf der Hand. Gleichwohl wird bisher weder im Schrifttum noch in der Rechtsprechung über eine Sperre der entsprechenden nationalen AGB-Rechtsvorschriften wie § 307 Abs. 1 S. 2 BGB oder § 6 Abs. 3 öKSchG nachgedacht. Insgesamt ist die Transparenz von Gerichtsstandsklauseln derzeit nirgendwo wirklich Thema.456 Das verwundert, schließlich wird im Bereich des Kollisionsrechts spätestens seit der EuGH-Entscheidung VKI ./. Amazon von 2016 intensiv über die Transparenzkontrolle von Rechtswahlklauseln diskutiert. Der EuGH leitet dort aus Art. 5 Klausel-RL eine relativ weitreichende Pflicht des Klauselverwenders ab, seinen Vertragspartner über die Folgen der Rechtswahlklausel aufzuklären und ihn auf zwingende Rechtsvorschriften hinzuweisen, die diese Folgen – wie Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO – beeinflussen.457 Auch wenn umstritten ist, wie weit diese Pflicht im Einzelnen reicht und ob sie anhand des rein nationalen Rechts genauso im b2b-Bereich greift,458 ist klar, dass die Vorgaben, die der EuGH Art. 5 Klausel-RL entnimmt, deutlich über diejenige hinausgehen, die zumindest bislang aus Art. 25 Abs. 1 S. 1 Brüssel Ia-VO gefolgert werden. Dieser fordert nämlich wie eingangs gesagt nach der jetzigen Lesart nur, dass Gerichtsstandsklauseln die erfassten Streitigkeiten sowie das zuständige Gericht wenigstens objektiv bestimmbar benennen müssen. Es ist zwar durchaus denkbar, dass das europäische Bestimmtheitserfordernis zukünftig – besonders auch wegen der Forderung des die Gerichtsstandsvereinbarung abschließt, […] wissen, welche Konsequenzen sich für seine Zuständigkeitsinteressen aus der Disposition über prozessuale Rechtspositionen ergeben. Der Gesetzgeber schützt damit […] die Transparenz des Inhalts der Vereinbarung.“ Zu den weiteren Zwecken oben in Abschnitt III.2.c) sowie auch noch unter b). 456 Heinig, Grenzen von Gerichtsstandsvereinbarungen (2010), S. 175, geht zwar anscheinend davon aus, dass Art. 5 Klausel-RL neben dem europ. Bestimmtheitserfordernis zur Anwendung kommt, denn er führt die Transparenzkontrolle als Arg. dafür an, warum dieses in Verbraucherfällen nicht strenger gehandhabt werden muss; erklärt dort aber nicht, weshalb das AGB-Recht insofern tatsächlich noch anwendbar ist. Die Ausführungen auf S. 332 ff. a.a.O. beziehen sich v. a. auf die Inhaltskontrolle. Martiny, Gerichtsstandsvereinbarungen im Transportrecht, in: Czernich/Geimer, Streitbeilegungsklauseln (2017), Rn. 3, 18, wiederum warnt vor einer möglichen Intransparenz von GStKl, die nicht auf bestimmte zwingende Rechtsvorschriften verweisen, beschäftigt sich aber ebenfalls nicht mit der Konkurrenz zu den europ. Vorgaben. So letztlich auch Huber, Hinweispflichten, FS Kronke 2020, 215, 222 ff., der sich dort mit der Übertragbarkeit der Vorgaben für RwKl aus EuGH – VKI ./. Amazon (dazu sogleich) auf GStKl befasst, bzgl. der Konkurrenz aber nur auf die Entsch. verweist. Die Rom I-VO enthält aber im Gegensatz zur Brüssel Ia-VO keinen dezidierten Bestimmtheitsgrundsatz oder Formvorschriften, sodass sich die Konkurrenzfrage hier anders stellt als bei RwKl. 457 Siehe EuGH – VKI ./. Amazon, 28.7.2016, Rs. C-191/15, insb. Rn. 68 ff., ausführlich zu dem Urteil und seinen Folgen in Kap. 4, unter IV.5.d)–f). Zur Übertragung auf GStKl und SchKl noch in Kap. 7, unter III.4. 458 Siehe auch hier zu Kap. 4, unter IV.5.f).
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EuGH, Abweichungen von den objektiven Zuständigkeitsregeln nur bei einer „echten“ Einigung zuzulassen459 – erweiternd interpretiert wird. Bisher ist nach Art. 25 Brüssel Ia-VO aber z. B. ein Hinweis auf zwingende Rechtsvorschriften, die die Wirkung von Gerichtsstandsklauseln beeinflussen, nicht gefordert.460 Gleichzeitig lässt sich nicht erkennen, dass das Bestimmtheitserfordernis bezüglich der Formulierung abschließende Geltung beansprucht. Auch diese Frage ist indes noch ungeklärt. Als Einfallstor für eine Transparenzkontrolle anhand des nationalen AGBRechts kann sich insbesondere – gerade auch im b2b-Bereich – erneut die neue Verweisung aus Art. 25 Abs. 1 S. 1 Brüssel Ia-VO erweisen.461 Der EuGH hat zumindest das europäische Bestimmtheitserfordernis in seiner Rechtsprechung zur Brüssel I-VO bereits mehrfach als „substantive condition relating to the subject-matter of the clause“ bezeichnet.462 Das legt es nahe, auch die Transparenzkontrolle, die sich ja ebenfalls mit der Formulierung von Gerichtsstandsklauseln befasst und ein ähnliches Ziel verfolgt, als solche „substantive condition“ zu begreifen. Dann liegt wiederum der Schritt nicht fern, darin zugleich eine Frage der „substantive validity“ (zu Deutsch: materiellen Nichtigkeit)463 i. S. d. neuen Verweisung zu verstehen. Voraussetzung für eine solche Auslegung ist freilich, dass von der neuen Verweisung nicht nur nationale Rechtsvorschriften erfasst werden, die völlig andere Ziele als die Brüssel Ia-VO verfolgen, sondern auch funktionale Äquivalente, die über deren (nicht-abschließende) Vorgaben hinausgehen.464 Die Frage ist derzeit – wie so manche zu der neuen Verweisung (vgl. 459
Zu diesem „Mantra“ schon soeben unter 4.a) sowie generell bereits unter III.2.c). Bei GA Wahl ist in den Schlussanträgen zu Apple Sales (Rs. C-595/17) sogar gerade die gegenteilige Tendenz zu erkennen, die relativ strengen Anforderungen, die der EuGH in CDC für die Formulierung aufgestellt hat, wieder zu relativieren bzw. – negativ formuliert – zu verwässern. Der EuGH ist dem in der entsprechenden Entsch. dann z.T. gefolgt, vgl. hierzu die Fn. 424, unter 4.a). 461 Anders als bei Art. 67 Brüssel Ia-VO kommt es dort nämlich nicht darauf an, dass die Transparenzkontrolle auf Art. 5 Klausel-RL beruht. Viele nat. Rechtsordnungen sehen auch für den b2b-Bereich vor, dass AGB transparent formuliert sein müssen. Vgl. z. B. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, aus dem die dt. Gerichte auch in dem Bereich relativ hohe Anforderungen ableiten. Hierzu z. B. Graf v. Westphalen, AGB-Recht im ersten Halbjahr 2018, NJW 2018, 2238, 2239. Die neue Verweisung wird auch unter III.3. und IV.3.a) diskutiert. 462 Siehe z. B. EuGH – Refcomp, 7.2.2013, Rs. C-543/10, Rn. 25 [Hervorhebung hinzugefügt] – in der dt. Sprachfassung wird die Parallele weniger deutlich; sowie z. B. Höszig, 7.7.2016, Rs. C-222/15, Rn. 33. 463 Im Engl. wird der positive Begriff der „substantive validity“ gebraucht, auf Dt. heißt es dagegen negativ „es sei denn, die Vereinbarung ist […] materiell nichtig“ bzw. jetzt „materiell ungültig“, dazu in Fn. 55. 464 In die Richtung Wais, Einseitige Gerichtsstandsvereinbarungen, RabelsZ 81 (2017), 815, 845 f., siehe aber die hiesige Kritik an seiner Definition in Fn. 352 oben unter 3.a). Gegen 460
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III.3.) – ebenfalls nicht geklärt. Angesichts der Entscheidung des EuGH in Ryanair ./. DelayFix, wo dieser eine Kontrolle anhand von Art. 3 Klausel-RL neben der Brüssel Ia-VO zulässt, ist jedoch gut denkbar, dass es in der Zukunft jedenfalls auch zu einer Transparenzkontrolle anhand von Art. 3 i. V. m. Art. 5 Klausel-RL bzw. der entsprechenden nationalen Umsetzungsvorschriften kommen wird. Schließlich versteht der EuGH die Transparenzkontrolle als Unterfall der allgemeinen Missbrauchskontrolle, was dafür spricht, dass eine solche Kontrolle ebenfalls möglich ist.465 b) Kontrollpraxis Soweit ersichtlich ist das Kontrollinstrument von den deutschen Gerichten bisher im europäischen Rechtsraum allerdings noch nie angewendet worden.466 Unterfallen die Gerichtsstandsklauseln dem harmonisierten Zuständigkeitsrecht, wird ihre Formulierung während des Untersuchungszeitraums höchstens anhand des europäischen Bestimmtheitserfordernisses oder indirekt im Wege der Auslegung kontrolliert.467 Eine AGB-rechtliche Transparenzkontrolle findet dagegen nicht statt. Auch die Rechtsprechung des EuGH aus VKI ./. Amazon oder des BGH aus Pharmazeutische Beratung über Call-Center zur Intransparenz von Rechtswahlklauseln (vgl. Kapitel 4, IV.5.) wird derzeit mit Blick auf Gerichtsstandsklauseln von den deutschen Gerichten erstaunlicherweise noch nicht aufgegriffen. Einzig eine Erfassung von Auslegungsfragen durch die Verweisung Mankowski, in: Rauscher, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 61. Zurückhaltend auch Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 7.52 ff. (vgl. aber noch die nächste Fn.). 465 Davon wie selbstverständlich ausgehend z. B. Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 7.38. Im Anwendungsbereich des LugÜ-II ist allerdings zu beachten, dass dieses bisher noch keine Verweisung wie Art. 25 Abs. 1 S. 1 Brüssel Ia-VO enthält. Ein Einwirken ist hier deshalb wohl nur über Art. 67 LugÜ-II für Art. 5 Klausel-RL denkbar (zu diesem möglichen Ansatz schon unter 3.a)). 466 Aus der österr. Rspr. insb. aber OLG Wien, 28.5.2019, BeckRS 2019, 13029, Rn. 47 ff., wo das Gericht die GStKl von Ryanair wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot aus § 6 Abs. 3 öKSchG für unzulässig erklärt und daher die weitere Verwendung untersagt. Die Ausführungen zur Konkurrenz hatten sich bei ihm zuvor indes allein auf die Inhaltskontrolle nach der Klausel-RL bezogen (Rn. 36 ff., dazu auch schon unter 3.a)) und erklären folglich nicht die Anwendbarkeit der AGB-rechtlichen Transparenzkontrolle, die zwar als Unterfall kategorisiert wird (vgl. den Anfang von 5.), aber eine andere Zielsetzung hat. Sie dient dem Abbau der Informationsasymmetrie, während die Inhaltskontrolle Kompensation im Sinn hat (vgl. Kap. 2). 467 Die Grenzen hierzwischen sind nicht ganz klar, dazu auch schon in Fn. 424. Siehe z. B. OLG Stuttgart, 27.4.2015, jurisRn. 126, wo beides ineinander übergeht. An sich wird die Auslegung von Streitbeilegungsklauseln von dieser Arbeit nicht näher betrachtet, hier allerdings ausnahmsweise miteinbezogen, weil sich einige verallgemeinerbare Kontrolllinien erkennen lassen, die die Transparenzkontrolle wohl ersetzen.
IV. Bestandsaufnahme
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das KG Berlin erklärt 2014 unter Verweis auf diese Rechtsprechung eine Gerichtsstandsklausel zugunsten von Vaduz nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB für ungültig, da sie die Rechtslage fehlerhaft darstelle.468 Da Vaduz jedoch in Liechtenstein liegt, fällt die Kontrolle grundsätzlich nicht unter das Brüssel- oder Lugano-Regime und bewegt sich damit außerhalb des Untersuchungsgegenstands dieser Arbeit (vgl. III.1.). Innerhalb des europäischen Rechtsraums wird die Anerkennung von Gerichtsstandsklauseln wegen der Formulierung vor allem aus zwei Gründen versagt: Entweder sind sie zu weit oder ungenau gefasst und verstoßen daher gegen das europäische Bestimmtheitserfordernis.469 Oder sie sind zu eng gefasst und beziehen sich deshalb aus Sicht der Gerichte nicht mehr auf die Streitigkeit, die den Verfahrensgegenstand bildet.470 So lehnt das OLG Bamberg z. B. 2013 eine Klage ab, mit der eine deutsche Herstellerin von Wohnmobilen festgestellt wissen wollte, dass zwischen ihr und ihrem französischen Vertragspartner kein exklusiver Vertriebshändlervertrag zustande gekommen sei. Sie stützte sich dabei unter anderem auf ihre deutsche Gerichtsstandsklausel, auf die sie den französischen Klauselgegner bei jedem Kauf hingewiesen habe. Dem OLG Bamberg reicht das für seine Zuständigkeit nicht aus. Die Gerichtsstandsklausel betreffe allenfalls Streitigkeiten aus den jeweiligen Kaufverträgen, nicht aber die Frage, ob darüber hinaus zwischen den Parteien ein übergeordneter Rahmenvertrag geschlossen
468 KG Berlin, 5.6.2014, jurisRn. 43 (unter Verweis u. a. auf den BGH): GStKl erwecke beim Verbraucher den Eindruck, er könne trotz § 29c Abs. 1 S. 2 ZPO in Vaduz verklagt werden. Die GStKl sei daher insgesamt nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB (i. V. m. Art. 29 EGBGB a. F.) unwirksam und stehe seiner Klage nicht entgegen. 469 So OLG Stuttgart, 27.4.2015, jurisRn. 128, 130 f., zu einer GStKl, die u. a. Basel für „alle“ bzw. „sämtliche Verfahren“ für zuständig erklärte (allerdings obiter, da ohnehin Verstoß gegen Art. 17 LugÜ-II). Unter Anwendung der Grundsätze aus EuGH – CDC (s.o. Fn. 424 unter 4.a)) in jüngerer Zeit zudem LG München, 7.2.2020, jurisRn. 115 (zu einer Klage auf Grundlage von Art. 101 AEUV): GStKl müssten kartellrechtliche Streitigkeiten ausdrücklich erfassen. Abwegig wiederum AG Bremen, 5.12.2013, jurisRn. 38, das die GStKl von Ryanair für zu unbestimmt hält, weil sie nur die „irischen Gerichte“ benennt (ebenfalls obiter, im Rahmen der Kontrolle der RwKl). Die Möglichkeit anstelle eines konkreten Gerichts „die Gerichte eines Mitgliedstaats“ zu benennen, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der europ. Vorschrift. Deshalb in einer solchen Formulierung zu Recht kein Problem sehend LG Mainz, 13.9.2005, jurisRn. 61, dort aber nur zu einem Klauselteil (siehe schon 3.c) sowie noch sogleich). Kritisch zu einer GStKl zugunsten Frankfurts ohne den Zusatz „am Main“/„Oder“ aber wohl auch das LG Frankfurt in einem gerichtl. Hinweis, vgl. IWRZ 2020, 46. 470 Zu OLG Bamberg, 24.4.2013, sogleich. Siehe daneben BGH, 10.2.2021, jurisRn. 19 ff. (zur engeren Fassung der GStKl); OLG Düsseldorf, 14.11.2018, jurisRn. 90 f. (GStKl aber nicht einbezogen) und OLG Stuttgart (vorige Fn.), jurisRn. 127, 129, 131.
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Fünftes Kapitel: Kontrolle von Gerichtsstandsklauseln
worden sei. Das europäische Bestimmtheitserfordernis verbiete es, die Reichweite der Gerichtsstandsklauseln derart auszudehnen.471 Den Vorwurf einer zu weiten Formulierung müssen sich dagegen insbesondere asymmetrische Gerichtsstandsklauseln gefallen lassen. Zwar ist unklar, ob die Cour de Cassation in Rothschild und ICH c. Crédit Suisse den dortigen Gerichtsstandsklauseln gerade deswegen die Anerkennung versagt (vgl. 3.c)). Die späteren Ausführungen in eBizcuss c. Apple, wonach die dortige, enger gefasste Gerichtsstandsklausel der Kontrolle standhalte, da sie es ermögliche, „die schluss endlich anrufbaren Gerichte [...] zu bestimmen, [weshalb] […] dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit“ genügt sei, deuten aber stark darauf hin.472 Das LG Mainz, dessen Entscheidung ebenfalls unter 3.c) näher besprochen wurde, hält das europäische Bestimmtheitserfordernis indessen auch bei einer deutlich weiter gefassten Gestaltungsvariante für gewahrt, nimmt dabei jedoch erneut allein den derogierenden, an den Klauselgegner gerichteten Teil der Klausel in den Blick.473 Davon abgesehen fehlt es in der deutschen Rechtsprechung bisher an einschlägigen Entscheidungen zu solchen asymmetrischen Gestaltungen.474 Auch eine Klärung durch den EuGH steht bisher noch aus.475 471 OLG Bamberg, 24.4.2013, jurisRn. 44 ff., das die wirksame Einbeziehung der GStKl – der AGB-Hinweis erfolgte erst mit der Auftragsbestätigung – deswegen gar nicht mehr erörtert. Hau, Zur int. Zuständigkeit, ZVertriebsR 2014, 79, 82, kritisiert daran u. a., dass Herstellern so keine Möglichkeit gegeben werde, sich mittels einer GStKl vor auswärtigen Klagen wegen der unberechtigten Behauptung eines Vertriebshändlervertrags zu schützen. Wie das OLG aber tendenziell auch EuGH – Saey Home & Garden, 8.3.2018, Rs. C-64/17, Rn. 30, der dem portug. Gericht dort aufgibt, ggfs. zu prüfen, ob sich die GStKl aus den Kaufrechnungen tatsächlich auch auf den mündlichen Alleinvertriebsvertrag beziehen. 472 Cour de Cassation – eBizcuss c. Apple, 7.10.2015, zitiert nach der Übersetzung von Wais/Rapp, Anm. Cour de cassation, IWRZ 2016, 134, ibd. Näheres schon unter 3.c). 473 LG Mainz, 13.9.2005, jurisRn. 61: „Die Gerichtsstandsklausel knüpft – wie ihr Wortlaut belegt – darüber hinaus gemäß Artikel 23 Abs. 1 Satz 1 EuGVVO auch an ein bestimmtes Rechtsverhältnis und an ein bestimmtes Gericht (englische Gerichte) an.“ Es lässt dabei aus, dass die GStKl den Klauselverwendern einseitig erlaubt, auch „vor einem anderen Gericht des Zuständigkeitsbereiches“ zu klagen. Zu diesem begrenzten Prüfmaßstab schon oben kritisch unter 3.c). 474 Nur am Rande und obiter OLG Hamm, 20.9.2005, jurisRn. 32: „Unwirksam ist lediglich eine Vereinbarung, die selbst keine Kriterien für das Gericht oder die Gerichte enthält, die international zuständig sein sollen, und nur festlegt, dass eine Partei einseitig und beliebig das zuständige Gericht bestimmen kann“, das dort selbst aber mit keiner asymmetrischen GStKl konfrontiert ist. KG Berlin, 3.12.2020, und nachfolgend BGH, 15.6.2021, betreffen eine Individualvereinbarung und sind hier damit nicht als einschlägig zu sehen, vgl. IV.1. 475 Die Cour de Cassation legt dem EuGH in dem späteren Verfahren zwar tatsächlich vor, fragt aber nur, ob die allgm. formulierte GStKl auch kartellrechtliche Forderungen erfasst, die mit dem Vertrag in engem Zusammenhang stehen, siehe Apple Sales, 24.10.2018, Rs. C-595/17 und Fn. 424.
IV. Bestandsaufnahme
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Das Schrifttum geht überwiegend von deren Zulässigkeit aus, egal, wie die asymmetrische Gerichtsstandsklausel im Einzelnen formuliert ist.476 Nur wenige beschäftigen sich dabei allerdings speziell mit den Anforderungen des europäischen Bestimmtheitserfordernisses. Hannes Wais und Tobias Rapp meinen in ihrer Urteilsanmerkung zu eBizcuss c. Apple, dass sich insofern überhaupt kein Problem stelle. Könne vom Klauselverwender „jedes zuständige Gericht“ angerufen werden, lägen mit den objektiven Zuständigkeitsregeln vorab doch schon alle Kriterien fest, anhand derer das angerufene Gericht seine Zuständigkeit später ermitteln könne.477 Sie vernachlässigen dabei aber, dass das Bestimmtheitserfordernis nicht nur der Zuständigkeitsklarheit, sondern zugleich dem individuellen Schutz des Klauselgegners dient. Dieser soll im Wesentlichen erkennen können, worauf er sich mit der Gerichtsstandsklausel einlässt.478 Angesichts der Pluralität des nationalen Rechts, nicht zuletzt im Bereich der internationalen Zuständigkeitsregeln (vgl. Kapitel 1), ist fraglich, ob ihm das bei asymmetrischen Gerichtsstandsklauseln tatsächlich möglich ist, falls darin potenziell jedes zuständige Gericht weltweit berufen wird.479 Erlaubt die Gerichtsstandsklausel dem Verwender sogar, vor jedem Gericht zu klagen, kann sich der Klauselgegner im Voraus noch nicht einmal ansatzweise auf das in einem späteren Verfahren Siehe statt vieler v. a. Garcimartin, in: Dickinson/Lein, The Brussels I Regulation Recast (2015), Rn. 9.85; Lehmann/Grimm, Zulässigkeit asymmetrischer Gerichtsstandsvereinbarungen nach Art. 23 Brüssel I-VO, ZEuP 2013, 891 ff.; Magnus, in: ders./Mankowski, Art. 25 Brussels Ibis Regulation Rn. 34; Mankowski, in: Rauscher, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 343 ff.; Mills, Party Autonomy (2018), S. 157 ff. Zwischen Gestaltungsvarianten differenzierend Fentiman, Int. Commercial Litigation (2015), Rn. 2.127 ff., 2.150 f. Kritisch Schlosser, in: ders./ Hess, Art. 25 EuGVVO Rn. 31, dort allerdings mit Blick auf § 305c BGB. 477 So sinngemäß Wais/Rapp, Anm. Cour de cassation, IWRZ 2016, 135. Näher daneben Wais, Einseitige Gerichtsstandsvereinbarungen, RabelsZ 81 (2017), 815, 830, 832; ähnlich E. Peiffer/M. Peiffer, in: Geimer/Schütze-Loseblatt (EL 52 Sept 2016), Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 255; Mankowski, in: Rauscher, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 347, 349. 478 Zum Zweck des Bestimmtheitserfordernis unter III.2.c) sowie eingangs unter 5.a). Siehe außerdem EuGH – CDC, 21.5.2015, Rs. C-352/13, Rn. 70, der die nötige Vorhersehbarkeit dort ebenfalls stark betont. Wais sieht diesen Aspekt zwar selbst später auch, ordnet ihn aber als Ausdruck einer (materiell verstandenen) Zuständigkeitsgerechtigkeit ein, vgl. dens. (vorige Fn.), 817, 832. Dabei bleibt jedoch unklar, warum es beim Bestimmtheitserfordernis um die ausgewogene Verteilung von zuständigkeitsrechtlichen Vor- und Nachteilen gehen soll. Gerade die Formulierung in CDC spreche eher dafür, in diesem eine Ausformung des Informationsmodells und damit ein Pendant zur AGB-rechtlichen Transparenz- und nicht zur Inhaltskontrolle zu sehen. 479 Praktisch wird eine spätere Klage zwar in der Regel dort erfolgen, wo auch vollstreckbares Vermögen belegen ist. Es ist jedoch auch denkbar, dass anderswo geklagt wird, etwa um Druck aufzubauen oder bessere Prozess- und Rechtsbedingungen zu nutzen und dann über etwaige Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen zu einer Realisierung der Forderung zu kommen. 476
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geltende Prozess-, Kollisions- und Sachrecht und damit auf die Konsequenzen der diktierten Gerichtsstandswahl einstellen.480 Eine solche Klausel räumt dem Verwender zudem faktisch die Möglichkeit ein, das Gericht später nach freiem Belieben auszuwählen. Wie eingangs gesagt, werden Gerichtsstandsklauseln, die die Zuständigkeit in die freie Wahl einer Seite stellen, grundsätzlich aber für zu unbestimmt gehalten. Wo hier der genaue Unterschied zu sehr weit gefassten asymmetrischen Gerichtsstandsklauseln liegen soll, erschließt sich nicht.481 Alles in allem liegt im Bereich der Transparenzkontrolle damit noch vieles im Unklaren. Das Verhältnis zu den Vorgaben der Brüssel Ia-VO, insbesondere zum europäischen Bestimmtheitsgebot, ist bisher nicht wirklich aufgearbeitet. Eine gefestigte Kontrollpraxis fehlt. Die wenigen deutschen Entscheidungen zur Formulierung von Gerichtsstandsklauseln beruhen auf dem europäischen und nicht dem nationalen AGB-Recht. Vor allem wegen EuGH – VKI ./. Amazon, aber nun auch EuGH – Ryanair ./. DelayFix ist für die Zukunft freilich zu erwarten, dass die AGB-rechtliche Transparenzkontrolle auch bei Gerichtsstandsklauseln erheblich an Bedeutung gewinnen wird. Hält man sie neben dem europäischen Bestimmtheitserfordernis weiterhin für anwendbar, könnte sich deshalb z. B. im Verbraucherbereich fortan der fehlende Hinweis auf Art. 19 Brüssel Ia-VO bzw. bei Versicherungsnehmern auf Art. 15 Brüssel Ia-VO als Anerkennungshindernis erweisen.482 Die Vorschriften nehmen den meisten Gerichtsstandsklauseln zwar ohnehin schon die Wirkung (vgl. III.2.a)), der Weg über das AGB-Recht eröffnet bei ihnen dann aber darüber hinaus die Möglichkeit einer Verbandsklage und damit zu einer womöglich effektiveren, da kollektiven Durchsetzung der geltenden Formulierungsvorgaben.483
480 Vor dem Vertragsschluss wird er sich hierüber zwar typischerweise keine Gedanken machen (vgl. Kap. 2), das ändert aber grdsl. nichts daran, dass er die Möglichkeit dazu haben sollte, vgl. auch noch Kap. 9, III. 481 Ähnlich wohl auch Fentiman, Int. Commercial Litigation (2015), Rn. 2.151, anders aber zu asymmetrischen GStKl, nach denen der Klauselverwender nur objektiv zuständige Gerichte anrufen kann, vgl. a. a. O., Rn. 2.139 ff., 2.150. 482 Näher Huber, Hinweispflichten, FS Kronke 2020, 215, 223 ff. Siehe außerdem unten noch Kap. 7, III.4. 483 Siehe hierzu ebenfalls noch Kap. 7, insb. unter III.4., 5. Eine solche Kontrolle kommt grdsl. auch im b2b-Bereich in Betracht, vgl. Fn. 461. Knapp dazu Martiny, Gerichtsstandsvereinbarungen im Transportrecht, in: Czernich/Geimer, Streitbeilegungsklauseln (2017), Rn. 3, 18.
V. Zwischenfazit
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V. Zwischenfazit Ohne bereits eine abschließende Bewertung vorzunehmen und hierdurch dem dritten Teil vorzugreifen, lässt sich nach dieser Bestandsaufnahme zur Kontrolle folgendes Zwischenfazit ziehen: Gerichtsstandsklauseln standen während der letzten 20 Jahre relativ häufig, insgesamt 91 Mal im Fokus der Entscheidungen deutscher Zivilgerichte. Dabei wurde in 81 Fällen mindestens einer von ihnen, manchmal auch gleich zweien die Anerkennung versagt (vgl. die Übersicht in Anhang 4). Grund dafür ist indes selten das nationale AGB-Recht. Es wird in vielen Bereichen von den einheitlich-europäischen Vorgaben der Brüssel Ia-/IVO oder des LugÜ-II überlagert und kommt daher bei der Kontrolle kaum noch zum Einsatz. Gerade bei den AGB-rechtlichen Kontrollinstrumenten des Überraschungsverbots und der Transparenzkontrolle ist das Konkurrenzverhältnis jedoch noch ungeklärt und erhält wenig Aufmerksamkeit. Deutlich stärker widmet sich das Schrifttum hingegen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle, obwohl diese in der tatsächlichen deutschen Kontrollpraxis – zumindest bislang noch – nahezu keine Rolle spielt. Nur in sehr wenigen Entscheidungen sind Ansätze einer direkten oder indirekten Inhaltskontrolle der geltend gemachten Gerichtsstandsklauseln erkennbar. Gefahren wie die erschwerte Rechtsverfolgung oder der verschlechterte kollisions- bzw. sachrechtliche Schutz bilden höchstens vereinzelt den expliziten Kontrollgrund. Daran könnte sich in den nächsten Jahren wegen der neuen Verweisung aus Art. 25 Abs. 1 S. 1 Brüssel Ia-VO, vor allem aber der Entscheidung des EuGH in Ryanair ./. DelayFix von 2020 einiges ändern. Gingen davor die meisten Stimmen in der Rechtsprechung und Literatur noch von einer Sperre des Kontrollinstruments aus, ordnen jetzt nicht wenige Stimmen die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle als materielle Nichtigkeitsfrage ein und wollen deshalb bei Zweifeln an der Angemessenheit von Gerichtsstandsklauseln die entsprechenden Regeln desjenigen Sachrechts zur Anwendung bringen, auf das die lex fori prorogati verweist. Um welches es sich hierbei genau handelt, legt die Brüssel Ia-VO indes nach der vorherrschenden Meinung im Schrifttum selbst nicht fest, sondern überlässt die Anknüpfung des Prorogationsstatuts vielmehr weiterhin dem nationalen, autonomen Kollisionsrecht. Das sorgt für Unsicherheit. Zumal der EuGH in der besagten Entscheidung direkt im Sinne einer Sachrechtsverweisung an das irische Recht anzuknüpfen scheint. Da zudem die Reichweite seiner Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt ist, bleibt derzeit sowohl unklar, welche Gerichtsstandsklauseln im europäischen Rechtsraum alles einer zusätzlichen Inhaltskontrolle neben der Brüssel Ia-VO unterliegen, als auch, welches nationale AGB-Recht in diesem Fall über die genauen Vorgaben bestimmt.
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Fünftes Kapitel: Kontrolle von Gerichtsstandsklauseln
Größere Klarheit herrscht demgegenüber bei dem Kontrollinstrument der Einbeziehungskontrolle. Sie soll dem nationalen AGB-Recht als einheitlich-europäisch geregelte Konsens- bzw. Formfrage von vornherein – auch wohl nach der Neufassung – entzogen sein und folgt weitestgehend gefestigten Kontrolllinien. Zwar sind auch hier einige Detailfragen noch offen, wie etwa die Anforderungen an die anfängliche Einigung im Rahmen von lit. b; die wesentlichen Einbeziehungsstandards stehen aber fest: Da die Erleichterungen aus Art. 25 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 2, lit. b und c in der Praxis fast nie zu einer erfolgreichen Einbeziehung führen, kommt es vor allem darauf an, dass die Gerichtsstandsklausel in einem schriftlichen Vertrag oder Angebot enthalten ist, das vom Klauselgegner ebenfalls schriftlich angenommen wurde. Befindet sich die Gerichtsstandsklausel in einem separaten Klauselwerk, reicht das für lit. a Var. 1 ebenfalls aus, sofern der jeweilige Vertrag oder das Angebot den Klauselgegner deutlich auf die Geltung der AGB hinweist und diesem dem Klauselgegner vor seiner Zustimmung übermittelt werden. Vergleicht man diese Anforderungen mit jenen, die z. B. nach dem deutschen AGB-Recht für die Einbeziehung von materiellrechtlichen Klauseln gelten, fällt eine deutliche Verschärfung auf.484 Selbst im b2c-Bereich genügt danach nämlich in der Regel bereits eine mündliche oder konkludente Einigung;485 eine Übermittlung der AGB ist zumindest im kaufmännischen Verkehr überflüssig, den Klauselgegner trifft umgekehrt und somit gerade anders als bei Gerichtsstandsklauseln eine Erkundigungsobliegenheit.486 Diese Unterschiede relativieren sich freilich im Online-Bereich. Denn hier sorgt der bereits 2002 mit der Brüssel I-VO neu eingefügte Abs. 2 für eine erhebliche Senkung der Einbeziehungsstandards. So genügt statt einer schriftlichen oder wenigstens digitalen Übermittlung bereits deren Verlinkung auf der zum Abschluss genutzten Internetseite oder (wohl) auch in der Angebots-E-Mail. Buchmann, Wirksame Einbeziehung von AGB durch „Click Wrapping“, K&R 2015, 474, ibd. und zum österr. Recht Tiefenthaler/Czernich, in: Czernich/Kodek/Mayr, Art. 25 EuGVVO Rn. 69. Vergleich mit den Standards für RwKl und SchKl erst unten in Kap. 7. 485 Vgl. § 305 Abs. 2 BGB, näher z. B. Basedow, in: MüKo, § 305 BGB Rn. 64 ff., insb. 95 f. Auch das ital. Recht fordert nur bei ganz bestimmten, als besonders gefährlich betrachteten Klauseln eine (gesonderte) Unterschrift, siehe hierzu Ranieri, Europ. Obligationenrecht (2009), S. 333 f. 486 Siehe insb. BGH, 30.6.1976, jurisRn. 11, und OLG Naumburg, 19.6.2003, jurisRn. 59 (dort allerdings zu einer RwKl); vgl. aber auch BGH, 31.10.2011, jurisRn. 15 f., wo der BGH im Anwendungsbereich des CISG wiederum eine Übermittlung fordert. Nach Art. II:103 DCFR und Art. 2:104 PECL muss der Klauselverwender angemessene Schritte unternehmen, um den Klauselgegner auf seine AGB aufmerksam zu machen. Dazu kann auch deren Übermittlung gehören, im Einzelnen sind die Pflichten jedoch umstritten. Näher Gade, AGB im int. und europ. Privatrecht (2014), S. 109 ff. 484 Ebenso
V. Zwischenfazit
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Laut EuGH können Gerichtsstandsklauseln selbst per Click-Wrap-Agreement vereinbart werden, obwohl die AGB dem Klauselgegner hier nicht automatisch angezeigt werden und das Häkchen am Bestätigungsfeld im Online-Verkehr kaum noch als wirkliche Schwelle wahrgenommen wird – ganz anders als die klassische Unterschrift unter einen Vertrag oder die Angebotsannahme per Brief oder Fax. Mag die Erleichterung und der schnellere elektronische Abschluss von Gerichtsstandsklauseln vom Gesetzgeber mit der Änderung auch intendiert worden sein, fragt sich gleichwohl, ob bei einer solchen Abschlussform noch etwas von der „echten“ Einigung übrigbleibt, die der EuGH an sich geradezu mantraartig einfordert. Die meisten Gerichtsstandsklauseln wurden im Untersuchungszeitraum allerdings nach wie vor offline geschlossen. Auch deshalb stellt die Einbeziehungskontrolle das statistisch bedeutendste und für die Anerkennung gefährlichste Kontrollinstrument dar. Nur in 4 der insgesamt 81 einschlägigen Fälle wird es überhaupt nicht erwähnt, in über der Hälfte dieser Fälle ist es zumindest ein gewichtiger Grund dafür, weshalb den Gerichtsstandsklauseln von den deutschen Gerichten die Anerkennung versagt wird. Generell halten im Untersuchungszeitraum erstaunlich wenige Gerichtsstandsklauseln der gerichtlichen Kontrolle stand. Von den 84 geprüften Gerichtsstandsklauseln – in 3 Fällen wurden gleich 2 Gerichtsstandsklauseln kontrolliert – werden lediglich 31 anerkannt. 53 und damit der klaren Mehrzahl wird dagegen nicht gefolgt (vgl. Anhang 4). Wie wegen der geringen „Fallhöhe“ bei den Standards bereits zu vermuten war, werden Gerichtsstandsklauseln zugunsten der Drittstaaten Norwegen, Island und der Schweiz dabei nicht ersichtlich strenger behandelt als solche zugunsten der mitgliedstaatlichen Gerichte. Bei den Schwächerenschutzvorschriften aus Art. 19 Brüssel Ia-VO bzw. Art. 17 Brüssel I-VO/LugÜ-II fällt zwar eine gewisse Häufung auf; hier kommt es besonders oft zwischen Verbrauchern und Schweizer Banken zu Streitigkeiten über Anlagefehler oder Falschberatungen. Blickt man jedoch allein auf die AGB-rechtlichen Kontrollinstrumente und deren funktionale Äquivalente im harmonisierten Zuständigkeitsrecht, sind letztlich ohnehin nur 6 Entscheidungen wirklich einschlägig. In ihnen wird kein anderer Maßstab angelegt als in den vergleichbaren Fällen aus dem rein mitgliedstaatlichen Bereich.487 Auch zwischen der Kontrolle von prorogierenden und derogierenden Gerichtsstandsklauseln sind – entgegen der teilweisen Vermutung im Schrifttum488 – kei487 Vgl.
OLG Hamm, 1.10.2019; OLG Köln, 5.9.2019; OLG Bamberg, 30.1.2019; OLG München, 3.5.2017; OLG Stuttgart, 27.4.2015 und BGH, 16.1.2014. 488 So halten Freitag, Halbseitig ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarungen, FS Magnus 2014, 419, 430 und Hartley, Choice-of-Court-Agreements (2013), Rn. 7.89, eine Anerkennung bei ersteren für wahrscheinlicher. Dagegen spricht jedoch, dass prorog. GStKl die Arbeitsbelas-
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ne signifikanten Unterschiede festzustellen. Gerichtsstandsklauseln, die die Zuständigkeit der deutschen Gerichte ausschließen, haben keine merklich geringere Anerkennungsquote (31 %, 11 von 35 geprüften derogierenden Gerichtsstandsklauseln) als solche, die ihre Zuständigkeit begründen (42 %, 21 von 49 geprüften prorogierenden Gerichtsstandsklauseln). Und auch auf der Detailebene der einzelnen Entscheidungen fällt keine ersichtliche Andersbehandlung auf.489 Insgesamt erstaunt, dass in der Praxis derartig viele Gerichtsstandsklauseln an der gerichtlichen Kontrolle und damit im Ernstfall scheitern. Selbstverständlich kommt auch hier erneut eine statistische Verzerrung in Betracht. Gerade wenn derogierende Gerichtsstandsklauseln offensichtlich wirksam sind und die Klage deshalb von vornherein abgewiesen werden muss oder zwischen den Parteien über deren Wirksamkeit nicht gestritten wird, ist die entsprechende Entscheidung des Gerichts oft nicht besonders bemerkens- und dementsprechend veröffentlichungswert; Ausführungen zur Begründetheit erfolgen bei einem Prozessurteil nicht. Gleichwohl überrascht, dass selbst die „Basics“ wie ein rechtzeitiger Hinweis auf die AGB oder deren Übermittlung von den Klauselverwendern regelmäßig nicht beachtet werden. Die Kontrolllinien der Rechtsprechung sind zumindest insoweit seit langem klar. In anderen Bereichen bestehen allerdings immer noch bedeutende Divergenzen und Unsicherheiten, vor allem auch wenn man nicht nur auf die deutsche, sondern darüber hinaus auf die Rechtsprechung aus anderen Mitgliedstaaten und die Ansichten der Literatur schaut.490 Offene Konkurrenz-, Qualifikations- und Anknüpfungsfragen führen schlussendlich dazu, dass nicht immer sicher ist, welche Anforderungen Gerichtsstandsklauseln im europäischen Rechtsraum im Einzelnen erfüllen müssen, um für die Parteien verbindlich zu sein. Damit bieten sie tatsächlich oft nur eine vermeintlich verlässliche Festlegung des maßgeblichen Prozessorts und dadurch des anwendbaren Verfahrens-, Kollisions- und Sachrechts. tung der Gerichte (weiter) erhöhen, was gerade in der Praxis ein Grund sein kann, ihnen kritischer gegenüberzutreten als derog. GStKl. 489 So betreffen zwar z. B. bei der Frage, ob für die Schriftform stets eine beiderseitige Unterschrift erforderlich ist, alle drei liberaleren Entsch. prorog. GStKl, umgekehrt werden von den restriktiven aber v. a. vier prorog. und nur eine derog. GStKl abgelehnt (vgl. 2.d)) Bei der Einbeziehungsvariante des lit. c wird sogar doppelt so vielen prorog. GStKl die Anerkennung versagt wie derog. (vgl. die Nennungen am Anfang von Abschnitt 2.e) und die Fallübersicht in Anh. 4). 490 Die Rspr. aus anderen Mitgliedstaaten konnte hier nicht vertieft untersucht werden (dazu am Anfang von IV.). In der Literatur wird aber z. B. davon berichtet, dass in der engl. Rspr. (auch solange das Vereinigte Königreich noch EU-Mitglied war) im b2b-Bereich keine Übermittlung der AGB gefordert wird und bei lit. c ebenfalls geringere Standards gelten. Gerade die Kontrolle asymmetrischer GStKl wird zudem verschieden beurteilt, vgl. hierzu generell die Ausführungen und Fn. unter IV. in den Abschnitten 2., 3. und 5.
Sechstes Kapitel
Kontrolle von Schiedsklauseln Schiedsklauseln stellen gerade im internationalen Rechtsverkehr eine wichtige Alternative zu den im vorherigen Kapitel behandelten Gerichtsstandsklauseln dar. Ein Verfahren vor einem privaten statt vor einem staatlichen forum wird von vielen Parteien als die attraktivere Form der verbindlichen Streitbeilegung empfunden,1 was sich nicht zuletzt an der genau entgegengesetzten Entwicklung der jeweiligen Fallzahlen zeigt.2 Schiedsgerichten wird häufig größere Kompetenz, Neutralität und Schnelligkeit zugeschrieben.3 Vor allem aber sind ihre Entscheidungen leichter weltweit vollstreckbar, da inzwischen ein Großteil der Staaten dem völkerrechtlichen New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (NYÜ) beigetreten ist, 1
Schiedsverfahren können wie staatliche Gerichtsverfahren zu einer für beide Seiten verbindlichen Entsch. führen. Das grenzt sie von anderen Formen der alternativen Streitbeilegung ab, die in dieser Arbeit nicht betrachtet werden. Die dt. Rspr. versteht unter dem Schiedsbegriff von vornherein nur die Streitbeilegung durch eine private „unabhängige und unparteiliche In stanz“, was insb. interne Vereins-„Schiedsgerichte“ ausschließt, siehe BGH, 23.4.2013, jurisRn. 17 f. m. w. N. Da die Arbeit die Kontrollpraxis der dt. Zivilgerichte untersucht, wird dieses Begriffsverständnis nachfolgend zugrunde gelegt, auch wenn in anderen Staaten anderes gelten mag. Zu den entsprechenden, die einheitliche Auslegung und Anwendung des NYÜ gefährdenden Differenzen Ehle, in: Wolff, Art. I NYC Rn. 12 ff. 2 Vgl. insb. G. Calliess, DJT-Gutachten A (2014), S. A 28 ff.; Hoffmann, Schiedsgerichte als Gewinner der Globalisierung?, SchiedsVZ 2010, 96 ff. (beide zur dt. Gerichtsbarkeit) und Murray, Flucht aus der Ziviljustiz, ZZPInt 11 (2006), 295 ff. (zur Entwicklung in den USA). In absoluten Zahlen liegt die staatliche Gerichtsbarkeit freilich immer noch vorn. Bei ihr verbleiben insb. außervertragliche Streitigkeiten, bei denen eine vorherige Schiedswahl i.d.R. ausscheidet, sowie solche mit geringem Streitwert, dazu etwa Hess und Pfeiffer in ihren Beiträgen zu den Bitburger Gesprächen von 2016 (Hess auf S. 5 und Pfeiffer auf S. 15 f.). Skeptisch gegenüber einem direkten Zusammenhang zwischen den Entwicklungen allerdings C. Wolf, Zivilprozess versus außergerichtliche Konfliktlösung, NJW 2015, 1656, 1657, 1659 und Wagner, Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb (2017), S. 115 f., dieser dort vorher auch zur Entwicklung in anderen Ländern sowie passim zum Wettbewerb zwischen den verschiedenen staatlichen und privaten „Justizdienstleistern“. 3 Weitere oft genannte Vorteile sind die Nicht-Öffentlichkeit sowie die Flexibilität der Schiedsverfahren. Vgl. statt vieler nur Blackaby et al., Redfern and Hunter on Int. Arbitration (2015), Rn. 1.97 ff.; Lew/Mistelis/Kröll, Comparative Int. Commercial Arbitration (2003), Rn. 1-13.
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während ein solches Pendant für staatliche Gerichtsentscheidungen nach wie vor fehlt.4 Da Schiedsklauseln den Weg zu den staatlichen Gerichten versperren (I.) und die von ihnen berufene private Rechtsprechung nur einer sehr beschränkten staatlichen Kontrolle unterliegt, sind Schiedsklauseln mit bedeutenden Gefahren verbunden (II.). Ihre Regulierung findet selbst im europäischen Rechtsraum bislang noch kaum auf gemeinsamer Ebene statt, sondern vollzieht sich hauptsächlich über die verschiedenen nationalen Rechtsordnungen. Das NYÜ sorgt zwar für eine gewisse Harmonisierung, ist in seinem Einfluss aber begrenzt (III.). Dementsprechend stellt sich freilich auch das Verhältnis zum AGB-Recht als verhältnismäßig konfliktarm dar. In welchem Umfang und mit welchem Ergebnis deutsche Gerichte bei der Kontrolle internationaler Schiedsklauseln auf vereinheitlichte Maßstäbe oder doch eher die des nationalen AGB-Rechts zurückgreifen (müssten), analysiert erneut – wie schon in den vorherigen zwei Kapiteln – die Bestandsaufnahme unter IV.
I. Inhalt und Wirkung von Schiedsklauseln Schiedsklauseln bilden die Basis dafür, dass Streitigkeiten nicht wie sonst von den staatlichen Gerichten (default rule), sondern von privaten, vertraglich eingesetzten Spruchkörpern entschieden werden. Elementar für jede Schiedsklausel ist daher, dass sie das „Opt-Out“ der Parteien aus dem staatlichen Justizsystem zweifelsfrei zum Ausdruck bringt.5 Das kann entweder mithilfe klarstellender Formulierungen wie „Über Streitigkeiten aus diesem Vertrag entscheidet ein Schiedsgericht unter Ausschluss des ordentliches Rechtswegs“6 oder allein schon durch die Verwendung des entsprechend konnotierten Schiedsbegriffs geschehen.7 Neben diesem unverzichtbaren Kerninhalt regeln Schiedsklauseln 4 Der
aktuelle Status des NYÜ ist unter einsehbar. Beim letzten Zugriff am 14.3.2022 wurden dort 169 Vertragsstaaten aufgeführt. Abkommen wie die Brüssel Ia-VO haben dagegen lediglich regionale Bedeutung. Das global konzipierte HGÜ für Gerichtsstandsvereinbarungen sowie das umfassendere neue Abkommen vom Juli 2019 wiederum wurden bislang erst von wenigen Staaten ratifiziert (Näheres schon in Kap. 1, II. und Kap. 5, III.1., IV.1.). Siehe zum Vollstreckungsvorteil von Schiedssprüchen statt vieler nur Born, Int. Arbitration (2021), S. 12 f. 5 Adolphsen, in: MüKo-ZPO, Art. II UNÜ Rn. 7; Blackaby et al., Redfern and Hunter on Int. Arbitration (2015), Rn. 2.71; M. Roth, Schiedsvereinbarungen nach dem NYÜ, in: Czernich/Geimer, Streitbeilegungsklauseln (2017), Rn. 16. Mit dem Begriff des „Opting-Outs“ Renner, Zwingendes transnationales Recht (2010), S. 20, unter Bezug auf Bernstein, Opting Out of the Legal System, The Journal of Legal Studies 21 (1992), 115 ff. 6 Dazu Münch, in: MüKo-ZPO, § 1029 ZPO Rn. 112 ff. 7 Vgl. BGH, 6.7.2017, jurisRn. 10, 17 ff., wo der BGH die Entsch. des OLG Hamburg be-
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zudem oft noch den Ort und die Sprache eines etwaigen Verfahrens, die Zahl der Schiedsrichter etc.8 Gleichzeitig ist es möglich, in ihnen eine konkrete Schieds organisation zu benennen, die bei der Durchführung helfen und nach deren Schiedsordnung sich das Verfahren im Wesentlichen richten soll (sog. institutionelle im Gegensatz zur Ad-hoc-Schiedsgerichtsbarkeit).9 Zwingend sind solche weitergehenden sog. Schiedsverfahrensvereinbarungen allerdings nicht.10 Haben die Parteien eine wirksame Schiedswahl getroffen, müssen die staatlichen Gerichte diese im Grunde anerkennen (vgl. Art. II Abs. 1 NYÜ: „Each Contracting State shall recognize an agreement […] to submit to arbitration“).11 Dazu gehört insbesondere, dass sie sich für eine Klage, die in den Bereich der Schiedsklausel fällt, für unzuständig erklären, sofern die entsprechende Einrede erhoben wird.12 Ob und in welchem Umfang sie zuvor das Zustandekommen und die Wirksamkeit der Schiedsklausel überprüfen können, hängt vom jeweiligen nationalen Schiedsrecht ab.13 Zumindest den deutschen Gerichten kommt hierzu bereits im Einredestadium eine umfassende Befugnis zu, die sich auch
stätigt, dass sich aus der Formulierung „Schiedsgericht/arbitration: Verein der Getreidehändler der Hamburger Börse“ bereits klar ergibt, dass anstelle der staatlichen Gerichte ein Schiedsgericht berufen ist, näher noch unter IV.5.b). 8 Übersicht zu sinnvollen Ergänzungen der Kern-SchKl u. a. bei Blackaby et al., Redfern and Hunter on Int. Arbitration (2015), Rn. 2.74, 2.77 ff. 9 Zu jeweiligen Vor- und Nachteilen z. B. Born, Int. Arbitration (2021), S. 29. 10 Vgl. die Stimmen aus Fn. 5. Abweichend indes Czernich/Schneider, Schiedsvereinbarungen nach der ZPO (Österreich), in: ders./Geimer, Streitbeilegungsklauseln (2017), Rn. 4, die zumindest bei int. SchKl eine vorherige Bestimmung des Schiedsorts für nötig erachten. Vorschriften wie Art. 20 UNCITRAL-Modellgesetz (vgl. Fn. 41) oder § 1043 ZPO passen dann hierzu allerdings nicht, da sie default rules gerade für den Fall bereithalten, dass die Parteien diese Frage nicht geregelt haben. Sie gehen damit von einer Wirksamkeit solcher SchKl aus. Im Folgenden wird nur dann zwischen der „Kern-SchKl“ und ihren verfahrensbezogenen Regelungen unterschieden, sofern es für die rechtliche Bewertung darauf ankommt. Zumindest nach der dt. Rspr. ist das während des Untersuchungszeitraums nur selten der Fall, s.u. IV. 11 Eingehend zu den Anforderungen an SchKl noch unter III. und IV. 12 Vgl. insb. Art. II Abs. 3 NYÜ: „The court of a Contracting State, when seized of an action in a matter in respect of which the parties have made an agreement within the meaning of this article, shall, at the request of one of the parties, refer the parties to arbitration, unless it finds that the said agreement is null and void, inoperative or incapable of being performed.“ Damit wird überwiegend nur die Pflicht verbunden, kein eigenes Sachentscheidungsverfahren durchzuführen und nicht, die Parteien positiv, notfalls auch mittels Zwang, zu einem Schiedsverfahren anzuhalten, vgl. Wilske/Fox, in: Wolff, Art. II NYC Rn. 317. Zur abweichenden Rechtslage in den USA, wo ein Antrag „to compel arbitration“ nach §§ 4, 206 Federal Arbitration Act möglich ist, Born, Int. Arbitration (2021), S. 75. 13 Frage der lex fori, vgl. Bermann, Int. Arbitration and PIL (2017), S. 125 f.; Wilske/Fox (vorige Fn.), Rn. 302, jeweils m. w. N.
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mithilfe sog. Kompetenz-Kompetenz-Klauseln nicht beschränken lässt.14 Ihre Prüfung bezieht sich jedoch zunächst nur auf die Schiedsklausel und nicht den dazugehörigen Hauptvertrag. Das folgt zum einen aus dem bereits im ersten Kapitel vorgestellten Trennungsprinzip, bringt zum anderen aber auch den staatlichen Respekt vor der – womöglich validen – Parteiwahl zum Ausdruck. Denn hält die Schiedsklausel der gerichtlichen Kontrolle schlussendlich stand, sind die von ihr erfassten Streitigkeiten der staatlichen Gerichtsbarkeit entzogen und unterliegen allein der Entscheidung des prorogierten Schiedsgerichts.15 Aus demselben Grund scheidet auch im späteren Exequaturstadium eine inhaltliche Nachprüfung des Schiedsspruchs seitens der staatlichen Gerichte weitgehend aus (Verbot der sog. révision au fond); aufgrund des anzuerkennenden „Opt-Outs“ sind sie für die Sachentscheidung schlicht nicht mehr zuständig.16
II. Gefahren von Schiedsklauseln Schon Ludwig Raiser erkannte 1935 in seiner grundlegenden Arbeit über Das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen die zwei wesentlichen (Individual-)Gefahren von Schiedsklauseln:17 Diese können sich für den Klauselgegner erstens – wie er formuliert – als „bedeutende Erschwerung der Rechtsverfolgung
14 Grundlegend BGH, 13.1.2005, jurisRn. 14 ff. (unter Aufgabe der Rspr. zum früheren Schiedsrecht). In Frankreich etwa ist nach Art. 1448 Abs. 1, 1506 Abs. 1 Code de procédure civile zunächst nur eine kursorische Prüfung möglich („manifestement nulle“). In den USA können die Parteien die staatliche Prüfungsbefugnis begrenzen. Näher hierzu insb. Born, Int. Arbitration (2021), S. 63 ff. Weitere rechtsvergleichende Ausführungen bei Bermann (vorige Fn.), S. 99 f. Mit dem Begriff des Einredestadiums sind hier alle Entsch. vor dem Ergehen des Schiedsspruchs gemeint, also insb. auch die Prüfung i.R.v. § 1032 Abs. 2 Z PO. 15 In ähnliche Richtung Briggs, Agreements on Jurisdiction and Choice of Law (2008), Rn. 12.15 f. Eine Ausnahme bilden Unterstützungshandlungen der staatlichen Gerichte, vgl. z. B. § 1050 ZPO. Hierzu auch Mills, Party Autonomy (2018), S. 264. 16 Deutlich i.d.S. v. a. Renner, Zwingendes transnationales Recht (2010), S. 99. Allgemeiner zu dem Verbot z. B. Adolphsen, in: MüKo-ZPO, Art. V UNÜ Rn. 5, 68, 71 sowie umfassend Mavrantonakis, Das Verbot der révision au fond im int. Handelsschiedsverfahren (2021). Siehe auch noch im Folgenden, insb. II. 17 Zur Gefährdung von Allgemeininteressen wie der Vorhersehbarkeit des geltenden Rechts oder einer effektiven staatlichen Regulierungsmöglichkeit u. a. Galanter, The Vanishing Trial, Journal of Empirical Legal Studies 2004, 459, 522 ff.; Knapp, Taking Contracts Private, Fordham L. Rev. 71 (2002), 761 ff., v. a. 784 ff.; Murray, Flucht aus der Ziviljustiz, ZZPInt 11 (2006), 295, 308 ff.; Muir Watt, “Party Autonomy” in int. contracts, ERCL 2010, 250 ff. und Wai, Transnational Liftoff, Colum. J. Transnat’l L. 40 (2002), 209 ff., insb. 231 ff. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf das bilaterale Vertragsverhältnis, siehe Einl.
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und Verminderung seiner Rechtsschutzgarantien“18 erweisen (1.) und verleihen darüber hinaus „auch den materiellrechtlichen Bestimmungen der AGB. [sic] ein anderes Gewicht, da damit [scil. mit dem „Opt-Out“] die Kontrolle durch den staatlichen Richter am Maßstab des Gesetzesrechts wegfällt“19 – zweitens also das sachrechtliche Schutzniveau sinkt. Gleiches gilt für die kollisionsrechtliche Ebene, die bei Raiser damals allerdings noch keine Erwähnung findet (2.). 1. Geringerer oder gar kein Rechtsschutz Schiedsklauseln versperren den Weg zu den staatlichen Gerichten. Dafür ermöglichen sie es, in Bezug auf die erfassten Streitigkeiten ein privates Schiedsverfahren einzuleiten. Dieses ist jedoch oft mit hohen Kosten verbunden, was den Klauselgegner von einer Rechtsverfolgung abschrecken kann. Insbesondere bei geringen Streitwerten sind Schiedsverfahren in der Regel oft deutlich teurer als vergleichbare Verfahren z. B. vor einem deutschen Amts- oder Landgericht.20 Die Aussicht, hierfür am Ende womöglich sämtliche Kosten zu tragen, kann den Klauselgegner daher ebenso von einer Klage abhalten wie die gleich zu Beginn zu zahlenden, teils beträchtlichen sog. filing fees. So muss er z. B. für ein Verfahren, das von der Schiedsorganisation der International Chamber of Commerce (ICC) durchgeführt werden soll, parallel zum Einleitungsantrag bereits eine Registrierungsgebühr in Höhe von 5.000 US-Dollar begleichen, die weder erstattbar noch abhängig vom Streitwert ist.21 Anders als in vielen staatlichen Justiz18 Raiser, Das Recht der AGB (1935/1961), S. 42, ohne dort allerdings diesbzgl. näher ins Detail zu gehen. 19 Raiser (vorige Fn.), S. 42, für den SchKl „darum oft der wichtigste Bestandteil der AGB. [sic]“ sind. 20 Die Kosten relativieren sich erst bzw. kehren sich um, wenn man bei den staatlichen Verfahren eine zusätzliche zweite oder dritte Instanz berücksichtigt. Umfassende Berechnungen hierzu v. a. bei Parise Kuhnle, Effektiver Rechtsschutz (2015), S. 240 ff., der allerdings zu Recht betont, dass dann auch eine intensivere Justizdienstleistung erbracht wird, da Schiedsverfahren i.d.R. nur aus einem Instanzenzug bestehen (s.u.). 21 In den weiteren Schritten kommen dann noch Vorschüsse für das Verfahrensmanagement sowie das eigentliche Schiedsverfahren dazu, vgl. die Darstellung auf der Website der ICC unter , letz ter Zugriff am 15.3.2022. Siehe außerdem Schütt, Fast-Track Arbitration, SchiedsVZ 2017, 81, 88, laut dem die Registrierungsgebühr auch in dem für geringere Streitwerte eingeführten, vereinfachten Fast-track-Verfahren gleich bleibt. Kritisiert werden diese hohen „up-front cost“ z. B. vom kanadischen Supreme Court, der u. a. deshalb die SchKl des Fahrdienstvermittlers Uber zugunsten eines ICC-Schiedsgerichts für unwirksam erklärt (Uber Technologies Inc. v. Heller, 26.6.2020, 2020 SCC 16). Deutlich geringere Gebühren verlangt dagegen z. B. im Falle von Verbraucherstreitigkeiten die American Arbitration Association (AAA) insb. bei Klagen von Verbrauchern, vgl. S. 33 f. der AAA Consumer Arbitration Rules, verfügbar unter , letzter Zugriff am 15.2.2021. Generell trägt
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systemen ist außerdem eine Prozesskostenhilfe für finanziell schwache Parteien nicht vorgesehen und eine Unterstützung durch private Prozessfinanzierer kommt typischerweise erst ab einem Streitwert von mehreren Millionen Euro in Betracht.22 Zwar besteht über sog. fast track procedures die Möglichkeit, die Verfahrenskosten und damit auch das Prozessrisiko zu senken; sie bedeuten aber zugleich Einbußen bei der Qualität des Rechtsschutzes.23 Sieht die Schiedsklausel angesichts dieser Hürden keinen Ausgleich vor, wie etwa eine vom Ausgang unabhängige Beteiligungspflicht des Klauselverwenders für die Kosten,24 nimmt sie vor allem Verbrauchern sowie kleineren und mittleren Unternehmen den Zugang zum Recht. Denn diese streiten sich mit dem Klauselverwender häufiger um Beträge, die zu dem beschriebenen Kostenrisiko oder auch bereits den filing fees außer Verhältnis stehen.25
der Klauselgegner als Schiedspartei das Risiko, bei Zahlungsunfähigkeit des Gegners die gesamten Kosten des Verfahrens tragen zu müssen, selbst wenn er dieses gewinnt, siehe Thode, Schiedsvereinbarungen in Verbraucher-Bauverträgen, DNotZ 2007, 404, 409. 22 So der Vertreter eines Prozessfinanzierers auf der 13. Tagung der Dt.-Amerikanischen Juristenvereinigung, vgl. den Bericht dazu von Rabe/Bäder, SchiedsVZ 2017, 312, 313. Zur fehlenden Prozesskostenhilfe als Zugangshindernis Coester-Waltjen, Schiedsgerichtsvereinbarungen und ihre Wirksamkeit, FS Siehr 2010, 595, 601; Mäsch, Schiedsvereinbarungen mit Verbrauchern, FS Schlosser 2005, 529, 529 f. Ist der Kläger völlig verarmt, fällt in manchen Rechtsordnungen die Schiedsbindung weg, wodurch der Weg zu den staatlichen Gerichten frei wird, siehe dazu Wagner, Impecunious Parties and Arbitration Agreements, SchiedsVZ 2003, 206 ff. 23 Insb. kürzere Schriftsatzfristen und eine fehlende mündliche Verhandlung führen zu Einschränkungen beim rechtlichen Gehör, mehr hierzu bei Parise Kuhnle, Effektiver Rechtsschutz (2015), S. 254 ff. und Schütt, Fast-Track Arbitration, SchiedsVZ 2017, 81, 89. Zu weiteren möglichen Einbußen auch noch in Kap. 7, unter II.1., dort mit Blick auf den grundrechtlichen Justizgewährungsanspruch. 24 So inzwischen verschiedene SchKl, insb. von US-Unternehmen, vgl. z. B. LG Landshut, 26.2.2021, jurisRn. 7: „[anonymisiert] - will reimburse those fees for claims totally less than $10,000 unless the arbiter determines the claims are frivolous”, ähnlich auch noch die AGB von 2019 des Unterkünfte-Vermittlers Airbnb (Zugriff am 12.4.2020), inzwischen aber wieder geändert. Kostenübernahme jetzt nur unter engen Vssn., vgl. Klausel 23.8 der engl. Fassung für US-Nutzer unter , letzter Zugriff am 15.3.2022. Einen solchen Ausgleich fordern u. a. Knapp, Taking Contracts Private, Fordham L. Rev. 71 (2002), 761, 790; Niedermaier, Schieds- und Schiedsverfahrensvereinbarungen in strukturellen Ungleichgewichtslagen (2013), S. 263 f. und Wagner/Quinke, Ein Rechtsrahmen für die Verbraucherschiedsgerichtsbarkeit, JZ 2005, 932, 936. 25 Eingehend Parise Kuhnle, Effektiver Rechtsschutz (2015), S. 233 ff., dort mit Blick auf kleinere und mittlere Unternehmen. Allgemeiner Knapp (vorige Fn.), 784 und Petrochilos, Procedural Law in Int. Arbitration (2004), Rn. 4.40 ff. Speziell zu Verbrauchern v. a. Coester-Waltjen, Schiedsgerichtsvereinbarungen und ihre Wirksamkeit, FS Siehr 2010, 595, 601 f. und Wagner/Quinke (vorige Fn.), 935 ff.
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Für Abschreckung sorgt überdies, wenn der Ort des Verfahrens nach der Schiedsklausel vom Sitz des Klauselgegners weit entfernt liegt.26 So überstiegen etwa in dem spanischen Fall, der zu der EuGH-Entscheidung Asturcom (2009) führte, die für die Anreise der Klauselgegnerin erforderlichen Ausgaben erheblich die gegen sie erhobene Geldforderung. Sie nahm an dem Verfahren nicht teil und wurde vom Schiedsgericht zur Zahlung verurteilt.27 Konsequenterweise sieht deshalb z. B. das Consumer Due Process Protocol der insbesondere auf Verbraucherstreitigkeiten spezialisierten American Arbitration Association (AAA) vor, dass mündliche Verhandlungen stets an einem Ort durchgeführt werden sollen, der für beide Seiten „reasonably convenient“ ist.28 Viele andere Schiedsorganisationen machen allerdings keine solchen Vorgaben, sondern überlassen die Ortswahl den Parteien – sprich bei AGB dem Klauselverwender – oder subsidiär dem Schiedsgericht.29 So halten es auch die meisten nationalen Schiedsrechtsordnungen, die in der Frage üblicherweise ebenso große Wahlfreiheit einräumen wie in Bezug auf die restliche Gestaltung des Verfahrens.30 Dessen äußerer Rahmen bestimmt sich in erster Linie nach der lex loci arbitri – dem Schiedsrecht desjenigen Staates, in dem das Schiedsgericht seinen rechtlichen Sitz hat.31 Da dieser frei wählbar ist, kann sich der Klauselverwender das
26 Näher auch noch unter IV.3.b). Entscheidend ist insofern v. a. der eigentliche Verhandlungsort, der sich vom rechtlichen Sitz des Schiedsgerichts unterscheiden kann (vgl. z. B. § 1043 ZPO). Zur Gefahr einer hierdurch erzeugten Abschreckung u. a. erneut Wagner/Quinke, Ein Rechtsrahmen für die Verbraucherschiedsgerichtsbarkeit, JZ 2005, 932, 937. 27 Das span. Gericht hielt die SchKl deshalb für missbräuchlich und überlegte, ob es die Zwangsvollstreckung aus dem Schiedsspruch versagen konnte. Näher zur Entsch. des EuGH und weiteren Fällen aus der dt. Rspr. noch unter IV.3.b). Zum Sachverhalt EuGH – Asturcom, 6.10.2009, Rs. C-40/08, Rn. 20 ff., 33. Ein weiteres, sogar noch drastischeres Bsp. liefert die SchKl von Uber (s.o. Fn. 21), die gegenüber kanadischen Klauselgegner verwendet wurde, als Schiedsort aber Amsterdam in den Niederlanden bestimmte. 28 Principle 7, Protocol abrufbar unter , letzter Zugriff am 15.3.2022. 29 Vgl. z. B. Art. 18 der ICC-Rules oder Art. 16 der Arbitration Rules des London Court of International Arbitration (LCIA), abgedruckt in Weigand/Baumann, Practitioner’s Handbook in Int. Commercial Arbitration (2019), oder in der neuesten, insofern unveränderten Version online verfügbar (Zugriff: 15.3.2022). 30 Lew/Mistelis/Kröll, Comparative Int. Commercial Arbitration (2003), Rn. 21-3 („Parties are free to agree generally the procedure [sic]“), 21-5 ff. Ähnlich z. B. Bermann, Int. Arbitration and PIL (2017), S. 32. Eingehend Born, Int. Commercial Arbitration (2021), S. 2222 ff., 2295 ff. 31 Blackaby et al., Redfern and Hunter on Int. Arbitration (2015), Rn. 3.37 ff., insb. Rn. 3.53 ff.; Kaufmann-Kohler, Identifying and Applying the Law Governing the Arbitration Procedure, in: van den Berg, Improving the Efficiency (1999), 336 ff. Auch aus Art. V Abs. 1 lit. d NYÜ folgt nach der wohl h.M. nichts anderes, vgl. insb. Adolphsen, in: MüKo-ZPO, Art. V UNÜ Rn. 49.
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maßgebliche Rahmenrecht so letztendlich selbst aussuchen.32 Soll der Schiedsspruch später auch jenseits des Sitzstaats anerkennungs- und vollstreckungsfähig sein, sind daneben zwar noch die prozessualen Mindeststandards des jeweiligen ordre public zu beachten (vgl. insbesondere Art. V Abs. 2 lit. b NYÜ).33 Diese liegen aber häufig relativ niedrig und führen in der Praxis nur selten zu der Versagung eines späteren Antrags auf Exequatur.34 Schiedsklauseln sind damit letztlich auch gerade deshalb so gefährlich, weil der Klauselgegner mit seiner generellen Zustimmung zu ihnen – oft ganz unbewusst – auf Rechtsmittel gegen mögliche Verfahrensfehler und -defizite verzichtet.35 Der Einfluss der staatlichen Kontrolle ist begrenzt und die Schiedsgerichtsbarkeit selbst bietet regelmäßig keine zweite Instanz.36 Private Rechtsprechung muss qualitativ indes keinesfalls schlechter geraten als die der staatlichen Gerichte. Im Gegenteil – Schiedsgerichte erbringen eine Justizdienstleistung und wollen daher im Zweifel wieder beauftragt werden. Sowohl die einzelnen Schiedsrichter als auch im Bereich der institutionellen Schiedsgerichtsbarkeit die einzelnen Schiedsorganisationen stehen im Wettbewerb miteinander. Das setzt Anreize, die Standards hochzuhalten.37 32 Zumal rechtlicher Sitz und Verhandlungsort nicht übereinstimmen müssen, siehe z. B. Kaufmann-Kohler (vorige Fn.), 343 ff., v. a. 353 f. und Bermann, Int. Arbitration and PIL (2017), S. 200 f. 33 Näher Wolff, in: ders., Art. V NYC Rn. 522 ff. Verletzungen des rechtlichen Gehörs können oft zusätzlich über Art. V Abs. 1 lit. b NYÜ gerügt werden, siehe Scherer, in: Wolff, Art. V NYC insb. Rn. 153 f. 34 Deutlich etwa BGH – Pechstein, 7.6.2016, jurisRn. 38: „Anerkennung [wird] nur dann versagt […], wenn die Verletzungen des Neutralitätsgebots mit den Grundsätzen richterlicher Amtsführung schlechthin unvereinbar sind […]. Daraus folgt, dass sich der Verstoß gegen das Gebot überparteiischer Rechtspflege im schiedsgerichtlichen Verfahren konkret ausgewirkt haben muss, um einem ausländischen Schiedsspruch die Anerkennung zu versagen“ oder BGH, 2.3.2017, jurisRn. 21: Versagung der Anerkennung wegen des verfahrensrechtlichen ordre public nur bei einem „schwerwiegenden, die Grundlagen des staatlichen und wirtschaftlichen Lebens berührenden Mangel“. Im Untersuchungszeitraum finden sich deshalb kaum Fälle, in denen ein solcher Verstoß bejaht wird. Ähnlich auch die Einschätzung von Wolff (vorige Fn.), Rn. 489 („often invoked, but rarely granted“), dort zugleich mit Blick auf die Praxis in anderen Vertragsstaaten des NYÜ. 35 Zu weiteren Gefahren, die sich aus dem Schiedsverfahren ergeben können, etwa wegen der dortigen Sprache u. a. Wagner/Quinke, Ein Rechtsrahmen für die Verbraucherschiedsgerichtsbarkeit, JZ 2005, 932, 937. Zu den prozessualen Vorteilen des Klauselverwenders als repeat player generell bereits in Kap. 5, II.1. Näher hierzu mit Blick auf SchKl v. a. Niedermaier, Schieds- und Schiedsverfahrensvereinbarungen in strukturellen Ungleichgewichtslagen (2013), S. 72 ff., insb. S. 75 ff. 36 Vgl. Renner, Zwingendes transnationales Recht (2010), S. 73. 37 Ausführlicher Parise Kuhnle, Effektiver Rechtsschutz (2015), S. 194 ff. Aus der Schiedsszene selbst wird zudem auf die gegenseitige (soziale) Kontrolle der Schiedsrichter verwiesen,
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Nichtsdestotrotz gibt es immer wieder auch Ausnahmen. Im AGB-Kontext kommt hinzu, dass die finanzielle Abhängigkeit vom Kunden eine gewisse, einseitige Entscheidungstendenz begünstigen kann. So wird in der schiedsrechtlichen Literatur schon seit Längerem diskutiert, ob Schiedsgerichte repeat playern gegenüber voreingenommen sind, da diese im Gegensatz zu one-shottern für Folgeaufträge sorgen können. Klare empirische Beweise liegen dafür bislang zwar nicht vor, anekdotische Beispiele aber durchaus.38 2. Nichtanwendung zwingenden Rechts „[A]rbitrators in most cases are not bound to follow the law, nor are their decisions appealable to a court of law for any but the most egregious of defects. Mere failure to follow the law is not such a defect. The result is that whatever the rules of law may be, arbitrators are not bound to follow them, and their handiwork is subject to only the most perfunctory of judicial oversight. Arbitrators of course may choose to follow the law – nothing requires them not to – but if they do, it’s not because they have any obligation to do so and it’s not something that a litigant or her attorney can count on […].“39
Die Einsetzung privater Schiedsgerichte bringt stets die Gefahr mit sich, dass diese Vorschriften außer Acht lassen, die vor dem eigentlich zuständigen staatlichen Gericht zur Anwendung kämen. Schiedsgerichte sind, selbst wenn sie innerhalb des europäischen Rechtsraums tätig werden, anders als letztere nicht an die kollisionsrechtlichen Vorgaben der Rom I-VO gebunden.40 Einige Staaten sehen zwar in ihren Schiedsrechten spezielle Kollisionsregeln für sie vor (vgl. vgl. z. B. Risse, Wehrt Euch endlich! Wider das Arbitration-Bashing, SchiedsVZ 2014, 265, 272. Da das Schiedsgericht den Parteien einen vollstreckungsfähigen Schiedsspruch „schuldet“, entwickeln die anerkennungsrechtlichen Mindeststandards zugleich eine gewisse faktische Vorwirkung, vgl. Renner (vorige Fn.), S. 98. 38 Näher Niedermaier, Schieds- und Schiedsverfahrensvereinbarungen in strukturellen Ungleichgewichtslagen (2013), S. 127 ff., der dem Bestehen einer solchen repeat player bias selbst aber skeptisch gegenübersteht. Anders jedoch z. B. Drahozal, Is Arbitration Lawless?, Loyola of L.A. L. Rev. 40 (2006), 187, 192 Fn. 25; Kahl, Verbraucherschutz in der Schiedsgerichtsbarkeit, ZZPInt 22 (2017), 361, 378 und Murray, Flucht aus der Ziviljustiz, ZZPInt 11 (2006), 295, 304 f., tendenziell auch Knapp, Taking Contracts Private, Fordham L. Rev. 71 (2002), 761, 792 f. Zum Klauselverwender als prozessualem repeat player schon Kap. 5, II.1. 39 Knapp (vorige Fn.), 782 f. [bereits dort mit der Hervorhebung]. 40 Das ergibt sich zwar nicht schon aus der Bereichsausnahme in Art. 1 Abs. 2 lit. e Rom I-VO, die lediglich Schiedsvereinbarungen vom Anwendungsbereich der Rom I-VO ausnimmt, dafür aber insb. aus der Zielsetzung der Verordnung, die zur Vereinheitlichung des gerichtlichen Entscheidungseinklangs im europ. Rechtsraum dient und daher nur die Rechtsanwendung der mitgliedstaatlichen Gerichte vor Augen hat (vgl. Kap. 4, III.). Mit weiteren Arg. Grimm, Applicability of the Rome I and II Regulations to Int. Arbitration, SchiedsVZ 2012, 189 ff.; gegen die h.L. aber z. B. McGuire, Grenzen der Rechtswahlfreiheit im Schiedsverfahrensrecht?, SchiedsVZ 2011, 257, 262 ff., beide mit einem guten Überblick über das übrige Schrift-
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z. B. § 1051 ZPO als Umsetzung von Art. 28 UNCITRAL-Modellgesetz41); ob sich die Schiedsgerichte an diese auch tatsächlich halten müssen, ist aber umstritten.42 Zugleich gibt es ausreichend Staaten, in denen solche Vorgaben fehlen, weshalb es erneut ein Leichtes ist, sie durch eine geeignete Sitzwahl zu umgehen.43 Ohnehin fallen die schiedsrechtlichen Vorschriften in der Regel deutlich liberaler aus als das Kollisionsrecht, das für die (mitglieds-)staatlichen Gerichte gilt. So kann z. B. nach § 1051 ZPO auch privat gesetztes Recht gewählt oder das Schiedsgericht sogar zu einer reinen Billigkeitsentscheidung ermächtigt werden.44 Von Grenzen, wie sie etwa Art. 3 Abs. 3 und 4 Rom I-VO oder Art. 6 und 9 Rom I-VO für die Entscheidung der mitgliedstaatlichen Gerichte setzen, ist in § 1051 ZPO keine Rede.45 Gerade wenn die Schiedsklausel mit einer Rechtswahlklausel zugunsten einer für den Klauselverwender besonders vorteilhaften Rechtsordnung verbunden ist, steigt für den Klauselgegner somit die Gefahr einer Verschlechterung des maßgeblichen Schutzniveaus.46 tum. Monographisch dazu nun Gößling, Europ. Kollisionsrecht und int. Schiedsgerichtsbarkeit (2019). 41 Das Modellgesetz (vgl. auch schon Kap. 1 Fn. 65) ergänzt das NYÜ, ist für dessen Vertragsstaaten aber nicht verbindlich, sondern stellt eine Empfehlung für Gesetzgeber dar. Viele Staaten, unter ihnen Deutschland, haben es zumindest in Teilen übernommen, andere wichtige Schiedsstandorte wie Frankreich oder die USA allerdings nicht. Näher Born, Int. Commercial Arbitration (2021), insb. S. 139 ff. 42 Überblick zum Meinungsstand bei Renner, Zwingendes transnationales Recht (2010), S. 79 ff., dem zufolge int. überwiegend von einer fehlenden rechtlichen Bindung der Schiedsgerichte ausgegangen wird. 43 Ebenso Niedermaier, Schieds- und Schiedsverfahrensvereinbarungen in strukturellen Ungleichgewichtslagen (2013), S. 140, 299; angedeutet auch bei Renner (vorige Fn.), S. 82. Zur Relevanz des Sitzes schon bei 1. 44 Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von § 1051 Abs. 1, 3 ZPO, der zum einen von der „Bezeichnung des Rechts oder der Rechtsordnung eines bestimmten Staates“ spricht und damit unter Ersterem offensichtlich nicht nur staatliche Rechtsordnungen versteht. Zum anderen werden Billigkeitsentsch. explizit nur bei ausdrücklicher Ermächtigung erlaubt, was umgekehrt heißt, dass diese an sich zulässig sind. 45 Stellvertretend für die h.M. Voit, in: Musielak/ders., § 1051 ZPO Rn. 3. Im Schrifttum wird allerdings über die Annahme ungeschriebener Grenzen diskutiert, vgl. McGuire, Grenzen der Rechtswahlfreiheit im Schiedsverfahrensrecht?, SchiedsVZ 2011, 257, 260 f., 264 f. 46 Zur Verschlechterung des sachrechtlichen Schutzniveaus durch RwKl schon in Kap. 4, unter II.1. Vor staatlichen Gerichten gelten freilich kollisionsrechtliche Grenzen (vgl. Kap. 4, III., IV.). Vor Schiedsgerichten sind Umgehungen individualschützender Vorschriften dagegen leichter möglich, da die dortigen Grenzen wie erörtert i.d.R. niedriger liegen. Ähnlich Mäsch, Schiedsvereinbarungen mit Verbrauchern, FS Schlosser 2005, 529, 530. Vgl. zudem Ostendorf, Wirksame Wahl ausländischen Rechts, SchiedsVZ 2010, 234 ff. Allgm. zur In-tandem-Gefahr von RwKl und SchKl v. a. US-Supreme Court – Mitsubishi Motors v. Soler Chrysler-Plymouth, 2.7.1985, und Park, Int. Forum Selection (1995), S. 115 f.
II. Gefahren von Schiedsklauseln
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Praktische Untersuchungen zeigen zudem, dass sich Schiedsgerichte in erster Linie an die Parteivereinbarungen halten. Zwingende Rechtsvorschriften werden von ihnen vor allem dann angewendet, wenn sie sich aus dem gewählten Recht ergeben. Kommt es zwischen ihnen und den Parteivereinbarungen zu einem Konflikt, wird letzteren häufig der Vorrang eingeräumt, vor allem wenn die verletzten Lex-causae-Vorschriften nicht zum sog. ordre public transnational gehören.47 Darunter versteht man Regeln, die Ausdruck von allgemeinen, universell geltenden Wertungen sind.48 Schwächerenschutzvorschriften zählen hierzu klassischerweise nur selten, weshalb bei ihnen eine gesteigerte Gefahr besteht, dass sie vom Schiedsgericht bewusst nicht zur Geltung gebracht werden.49 Daneben besteht die Möglichkeit, dass das gewählte Schiedsgericht zwingendes Recht vollkommen unbewusst außer Acht lässt. Schiedsgerichte müssen nicht zwingend mit Juristen besetzt sein. Insbesondere in Branchen wie dem internationalen Holzhandel oder der Bauindustrie werden oft Personen als Schiedsrichter benannt, die über spezifische Fachkenntnisse verfügen. Nicht nur für den BGH resultiert daraus die Befürchtung, dass sie sich in dem jeweiligen Sachgebiet zwar auskennen, dafür aber z. B. „mit der schwierigen Problematik Allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht vertraut sind und eine Überprüfung dieser Bedingungen am Maßstab des AGB-Gesetzes unterlassen, sich vielmehr an die Allgemeinen Geschäftsbedingungen wie an ein Gesetz gebunden fühlen.“50 Für den Klauselgegner bedeutet das im Ergebnis dasselbe wie bei einer bewussten Nichtanwendung zwingender Vorschriften: Ihm wird der Schutz verwehrt, der ihm vor dem staatlichen Gericht zuteil würde.51
47 So insb. die Beobachtung von Renner, Zwingendes transnationales Recht (2010), S. 111 ff., der dort die Spruchpraxis von ICC-Schiedsgerichten auswertet. Vorstellung weiterer Studien zur schiedsgerichtlichen (Nicht-)Anwendung zwingenden Rechts bei Drahozal, Is Arbitration Lawless?, Loyola of L.A. L. Rev. 40 (2006), 187, 190 ff. 48 Siehe erneut v. a. Renner (vorige Fn.), S. 123 ff. 49 Vgl. auch Schack, IZVR (2021), Rn. 1369 (Gefahr, dass sich Schiedsgerichte über zwingende Vorschriften hinwegsetzen). Zur Debatte um den Eingriffscharakter von Verbraucherschutzvorschriften in Kap. 4, III.1. 50 BGH, 10.10.1991, jurisRn. 39, der sich darin auch letztlich dadurch bestätigt sieht, dass das Schiedsgericht in dem Fall tatsächlich so verfahren ist. Das Urteil hat im dt. Schrifttum indes für große Diskussion gesorgt. Kritisch insb. Schumann, Auf dem Weg zur Schiedsrichterlizenz, NJW 1992, 2065 f. Hierzu auch Wagner, Prozessverträge (1998), S. 597, der das Urteil selbst verteidigt. An den BGH anschließend jetzt auch LG Frankfurt, 7.10.2020, jurisRn. 19 ff. (in einem Sportrechtsfall). In die gleiche Richtung wie der BGH, allerdings pauschaler Knapp, Taking Contracts Private, Fordham L. Rev. 71 (2002), 761, 789. 51 Auch vor staatlichen Gerichten kann es natürlich zu einer fehlerhaften Rechtsanwendung kommen. Dann gibt es aber i.d.R. die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen. Das ist vor Schiedsgerichten oft nicht möglich, dazu sogleich.
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Seine Mittel, sich hiergegen zu wehren, sind erneut begrenzt. Denn den staatlichen Gerichten ist infolge des „Opt-Outs“ die Sachentscheidung entzogen, sodass sie den Schiedsspruch im Grunde inhaltlich nicht mehr überprüfen dürfen.52 Die letzte Grenze bildet zwar auch hier der ordre public.53 Dieser ist aber allein betroffen, wenn sich das Ergebnis des Schiedsspruchs nicht mehr mit den wesentlichen Grundvorstellungen des Forumstaats vereinbaren lässt.54 Der bloße Verstoß gegen eine zwingende Vorschrift oder deren fehlerhafte Anwendung reicht dafür regelmäßig nicht aus.55 Das Verfahren vor den staatlichen Gerichten sorgt gerade für keine zweite Instanz.56 52 Deutlich insb. Briggs, Agreements on Jurisdiction and Choice of Law (2008), Rn. 12.02 und Kessedjian, Determination and Application of Relevant National and Int. Law and Rules, in: Mistelis/Lew, Pervasive Problems in Int. Arbitration (2006), 71, 85 ff. („almost entire ab sence of any control a posteriori by a judge“). Zum Verbot der révision au fond auch schon oben bei Fn. 16. 53 Bei einem Verstoß gegen den ordre public des Sitzstaats kann es zu einer Aufhebung des Schiedsspruchs kommen (vgl. Art. 34 Abs. 2 lit. b UNCITRAL-Modellgesetz oder § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. b ZPO), was dann nach Art. V Abs. 1 lit. e NYÜ dessen weltweiter Vollstreckbarkeit entgegensteht. Einige als Schiedsort besonders beliebte Staaten wie die Schweiz, Belgien oder neuerdings auch Frankreich erlauben es bei Schiedsverfahren ohne Inlandsbezug allerdings eine Aufhebung von vornherein auszuschließen (vgl. Art. 192 Schweizer IPRG, Art. 1718 belg. Code judiciare, Art. 1522 frz. Code de procédure civile; näher Scherer, The fate of parties’ agreements on judicial review of awards, Arb. Int’l 2016, 437 ff. m.w.N). Hier bleibt als Grenze freilich der anerkennungsrechtliche ordre public desjenigen Staats bestehen, in dem der Schiedsspruch anerkannt und/oder vollstreckt werden soll (vgl. Art. V Abs. 2 lit. b NYÜ). Art. V Abs. 1 lit. b NYÜ spielt in dem Kontext nur eine untergeordnete Rolle, vgl. noch Fn. 55. 54 Vgl. nur Bermann, General Report, in: ders., Recognition and Enforcement of Foreign Awards (2017), 1, 60, 62 f., unter Auswertung verschiedener Länderberichte. Hierzu zählen im europ. Rechtsraum insb. grundlegende Bestimmungen des Unionsrechts wie z. B. Art. 101 AEUV (Kartellverbot), vgl. EuGH – Achmea, 6.3.2018, Rs. C-284/16, Rn. 54; Eco Swiss, 1.6.1999, Rs. C-126/97, Rn. 36 ff. Ob auch die Klauselkontrolle nach der Klausel-RL dazu gehört, ist umstritten. Näheres noch unter IV.3.b). Zur restriktiven Interpretation des Ordre-public-Vorbehalts durch die dt. Gerichte Horn, Zwingendes Recht in der int. Schiedsgerichtsbarkeit, SchiedsVZ 2008, 209, 211, 216; Kühn, Aktuelle Fragen zur Anwendung der New Yorker Konvention, SchiedsVZ 2009, 53, 57. Zur Handhabung in weiteren Staaten Blackaby et al., Redfern and Hunter on Int. Arbitration (2015), Rn. 11.105 ff.; Born, Int. Commercial Arbitration (2021), S. 4000 ff. 55 Bermann, Int. Arbitration and PIL (2017), S. 368: „[…], an award will not ordinarily be annulled or denied recognition or enforcement merely by virtue of the tribunal having made an erroneous choice of law or having misapplied the correctly chosen law.“ Ähnlich Born (vorige Fn.), S. 4024 ff.; Wolff, in: ders., Art. V NYC Rn. 561. Die fehlerhafte Rechtsanwendung bildet i.d.R. auch keinen Versagensgrund nach Art. V Abs. 1 lit. c NYÜ (Überschreitung der schiedsgerichtlichen Befugnisse), vgl. Borris/Hennecke, in: Wolff, Art. V NYC Rn. 235, 244. 56 Das gilt sowohl im Falle einer (ggfs. erneuten) Klage des Klauselverwenders, die die staatlichen Gerichte als unzulässig abweisen müssen, als auch im Rahmen eines vom Klausel-
III. Grenzen im europäischen, internationalen und nationalen Recht
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III. Grenzen im europäischen, internationalen und nationalen Recht Schiedsklauseln gehören anders als Rechtswahl- und Gerichtsstandsklauseln nicht zum Gegenstand eines umfassenderen europäischen Regelwerks.57 Die Brüssel Ia-VO nimmt die Schiedsgerichtsbarkeit in Art. 1 Abs. 2 lit. d generell von ihrem Anwendungsbereich aus. Insbesondere die Schranken aus Art. 15, 19 und 23 f. Brüssel Ia-VO stehen deshalb trotz der ähnlichen Wirkung allein nachteiligen Gerichtsstands-, nicht aber Schiedsklauseln entgegen, durch die von den objektiven Gerichtsständen abgewichen wird.58 Auch die Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten (ADR-RL)59 und die Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten (ODRVO)60 führen trotz ihrer Bezeichnung keine europäischen Grenzen für Schieds klauseln ein. Die ODR-VO dient von vornherein allein dem Aufbau einer gemeinsamen europäischen Plattform, über die Nutzer Informationen zur außergerichtlichen Beilegung von kauf- und dienstvertraglichen Online-Streitigkeiten finden und bei Bedarf entsprechende Verfahren einleiten können. Deren nähere Gestaltung richtet sich dann wiederum nach der insofern komplementären ADRRL.61 Sie bezieht sich jedoch nur auf die Streitbeilegung durch sog. AS-Stellen, die auf Dauer eingerichtet und mitgliedstaatlich registriert sein müssen.62 In Deutschland ist eine solche Registrierung derzeit selbst für institutionalisierte verwender angestrengten Exequaturverfahrens, für das § 1061 ZPO i. V. m. Art. V NYÜ in Deutschland die Versagensgründe abschließend nennt. 57 Für die Schiedsgerichtsbarkeit allgm. Eichstädt, Der schiedsrechtliche Acquis commu nautaire (2013), u. a. S. 56 f., 99; Mills, Party Autonomy (2018), S. 268; Piers, Consumer Arbitration in the EU, JIDS 2011, 209, 213; Poudret/Besson, Comparative Law of Int. Arbitration (2007), Rn. 85. Überblick zu den verschiedenen, verstreuten Einzelregelungen v. a. bei Eichstädt, a. a. O., passim. 58 G. Calliess, Grenzüberschreitende Verbraucherverträge (2006), S. 129; Mäsch, Schiedsvereinbarungen mit Verbrauchern, FS Schlosser 2005, 529, 544 (wenngleich rechtspolitisch wünschenswert); Tang, Jurisdiction and Arbitration Agreements (2014), S. 109. Für eine analoge Anwendung indes Reich, Zur Wirksamkeit von SchKl bei grenzüberschreitenden Börsentermingeschäften, ZEuP 1998, 984, 988 ff. (noch zum EuGVÜ), auch noch nach der folgenden Kritik, vgl. dens., More clarity after ‘Claro’?, ERCL 2007, 41, 54, 61. 59 Richtlinie 2013/11/EU, ABl. EU 2013 L 165/63. 60 Verordnung (EU) Nr. 524/2013, ABl. EU 2013 L 165/1. 61 Vgl. zum Inhalt und Verhältnis v. a. ErwG 12 der ADR-RL sowie Meller-Hannich/ Höland/Krausbeck, „ADR“ und „ODR“, ZEuP 2014, 8 ff. 62 Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 4 Abs. 1 lit. h ADR-RL, dabei steht „AS“ für Alternative Streitbeilegung (vgl. ErwG 5 der ADR-RL). Ad-hoc-Schiedsgerichte können damit keine AS-Stellen sein. Vgl. Kleinschmidt, Das Verhältnis der ADR-Richtlinie zu Mediation und Schiedsgerichtsbarkeit, ZZP 128 (2015), 215, 217.
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Sechstes Kapitel: Kontrolle von Schiedsklauseln
Schiedsgerichte nicht möglich, da deren Verfahren – anders als in § 5 Abs. 2 des Umsetzungsgesetzes vorgesehen63 – zu einer verbindlichen Entscheidung führen können und an die Stelle der staatlichen Gerichtsbarkeit treten.64 ADR-RL und ODR-VO bleiben für den Abschluss und den Inhalt von Schiedsklauseln folglich weitgehend bedeutungslos.65 Schiedsklauseln werden freilich in Nr. 1 lit. q des Anhangs zur Klausel-RL als Klauseln genannt, die nach Art. 3 Abs. 3 Klausel-RL für missbräuchlich erklärt werden können. Da dem Anhang allerdings bloßer Hinweischarakter zukommt und das dortige Verbot in seinem konkreten Gehalt umstritten ist, lässt sich zumindest auf den ersten Blick nicht sagen, dass das europäische Recht Schiedsklauseln im b2c-Bereich generell entgegensteht. Theorie und Praxis hierzu werden daher noch näher unter IV. untersucht. Für Schiedsklauseln zwischen Unternehmern, die in der Praxis ohnehin deutlich häufiger kontrolliert werden,66 fehlt es in jedem Fall an einer europäischen Regulierung.67 Hier folgen die Grenzen aus dem nationalen Recht, das jedoch teilweise auf internationaler Ebene harmonisiert ist.
63 Vgl. § 5 Abs. 2 Verbraucherstreitbeilegungsgesetz: „Die Verbraucherschlichtungsstelle darf keine Konfliktbeilegungsverfahren durchführen, die dem Verbraucher eine verbindliche Lösung auferlegen oder die das Recht des Verbrauchers ausschließen, die Gerichte anzurufen.“ 64 Die ADR-RL stellt es den Mitgliedstaaten frei, ihre Vorgaben auch auf die verbindliche Streitbeilegung auszudehnen, verpflichtet sie aber dazu nicht, vgl. insb. ErwG 20 der ADR-RL, ebenso Eidenmüller, ODR und Consumer ADR, in: Bitburger Gespräche 2016, 101, 106. Der dt. Gesetzgeber hat sich gegen diese Option entschieden, siehe S. 41, 55 des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 18/5089. 65 Ähnlich Gössl, Das Gesetz über die alternative Streitbeilegung in Verbrauchersachen, NJW 2016, 838, 839; Münch, in: MüKo-ZPO, § 1029 Rn. 28 sowie i.E. Kleinschmidt, Das Verhältnis der ADR-Richtlinie zu Mediation und Schiedsgerichtsbarkeit, ZZP 128 (2015), 215, 241 f., 247 f. (zumindest sofern die vereinbarte Schiedsinstitution nicht registriert ist, was für sie unattraktiv sei). A.A. Meller-Hannich/Höland/Krausbeck, „ADR“ und „ODR“, ZEuP 2014, 8, 26 (Unwirksamkeit der SchKl). Unklar Coester-Waltjen, Schiedsgerichtsbarkeit und Verbraucher, in: Hess, Der europ. Gerichtsverbund (2017), 81, 86 ff. (einerseits Vorgaben nur für AS-Stellen, andererseits aber auch im Übrigen Beachtung von Art. 11 ADR-RL wegen ErstRecht-Schluss). 66 Nimmt man die sog. Broker-Fälle aus der Zählung heraus, stammen alle einschlägigen Kontrollentsch. aus dem b2b-Bereich. Vgl. die Fallübersicht in Anh. 6 sowie die Ausführungen in Abschnitt IV. 67 Das Europäische Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21. April 1961 (EuÜ), BGBl. II 1964, 426, ist völkerrechtlicher Natur und gilt nicht für alle Mitgliedstaaten. Es wird im Folgenden deshalb nicht weiter betrachtet. Zu seinem Verhältnis zum NYÜ v. a. Quinke, in: Wolff, Art. VII NYC Rn. 62, 80 ff. Allgm. zum EuÜ Nueber, Schiedsvereinbarungen nach dem Europ. Schiedsübereinkommen (EuÜ), in: Czernich/Geimer, Streitbeilegungsklauseln (2017), Rn. 1 ff.
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1. Harmonisierung durch das NYÜ Maßgeblich ist insofern vor allem das bereits mehrfach erwähnte NYÜ, das nicht nur in 169 Staaten weltweit, sondern auch in sämtlichen Mitgliedstaaten und damit im gesamten europäischen Rechtsraum gilt.68 Ursprünglich allein zur Vereinheitlichung der Voraussetzungen für die Anerkennung und Vollstreckung von ausländischen Schiedssprüchen gedacht, enthält es in seiner schlussendlich verabschiedeten Fassung auch gemeinsame Standards für die ihnen zugrunde liegenden Schiedsklauseln.69 Diese müssen sich nach Art. II Abs. 1 NYÜ auf ein bestimmtes oder zumindest bestimmbares Rechtsverhältnis beziehen70 und schriftlich verfasst sein.71 Gerade Letzteres stellt in der Praxis eine erhebliche Hürde dar.72 Immer wieder wird deshalb über eine Liberalisierung des von vielen als zu streng empfundenen Schriftformerfordernisses nachgedacht.73 Da bei einer Reform des NYÜ jedoch die große Gefahr besteht, dass nicht alle Vertragsstaaten die Neufassung mittragen, wurde auf eine Änderung bisher verzichtet.74 In vielen nationalen Schiedsrechten gelten indes schon jetzt geringere Standards. So genügt z. B. nach dem dänischen oder französischen Recht bereits die mündliche Vereinbarung.75 Entspricht eine Schiedsklausel den Anforderungen des na68 S.o. Fn. 4 am Kap.anfang. Harmonisierte Regeln können sich zudem aus dem EuÜ (vorige Fn.) und anderen multi- oder bilateralen Abkommen ergeben, vgl. Art. VII Abs. 1 NYÜ. Sie werden hier nicht untersucht. 69 Zu den historischen Abläufen Wolff, in: ders., Art. II NYC Rn. 4 ff. Zum Vereinheit lichungszweck v. a. Born, Int. Arbitration (2021), S. 20 f.; van den Berg, The NYC (1981), u. a. S. 61, 173. 70 Adolphsen, in: MüKo-ZPO, Art. II UNÜ Rn. 8; M. Roth, Schiedsvereinbarungen nach dem NYÜ, in: Czernich/Geimer, Streitbeilegungsklauseln (2017), Rn. 17 f.; Wolff (vorige Fn.), Rn. 58, 65 ff. Näher IV.5.a). 71 Zu den konkreten, daraus resultierenden Vssn. unter IV.2.b)aa). 72 In verschiedenen Varianten scheitert hieran weit über die Hälfte der im Untersuchungszeitraum gerichtlich kontrollierten SchKl, siehe die Fallübersicht in Anh. 6 sowie die Bestandsaufnahme unter IV.2.b)aa). 73 Dazu auch u. a. Kröll, 50 Jahre UNÜ, SchiedsVZ 2009, 40, 46; Liebscher, in: Wolff, Prelims NYC Rn. 63 („most debated shortcoming“) und Scherer, Article II(2) of the New York Convention, FS Kronke 2020, 1543 ff., jeweils m. w. N. 74 Vgl. Haas/Kahlert, in: Weigand/Baumann, Introduction NYC Rn. 21.10; Mankowski, Die Schriftform des Art. II (2) UNÜ, FS Kronke 2020, 1475, 1479. Die UNCITRAL hat stattdessen die Empfehlung ausgesprochen, die Definition aus Art. II Abs. 2 NYÜ als nicht abschließend zu verstehen und das Meistbegünstigungsprinzip aus Art. VII NYÜ (zu diesem sogleich) auch auf SchKl anzuwenden, siehe hierzu Haas/Kahlert, a. a. O., Art. II NYC Rn. 21.163 ff. und Mankowski, a. a. O., 1480 f. 75 Vgl. Kap. 2 des dänischen Schiedsverfahrensgesetzes, wo keine besondere Form vorgesehen ist (engl. Übersetzung unter , letzter Zugriff 15.3.2022), dazu Jørgensen/Terkildsen, The new Danish Arbitration Act, Int. Arbitration L. Rev. 2005, 203, 204 und Art. 1507 frz. Code de
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tionalen Rechts, nicht aber Art. II NYÜ, heißt das nicht, dass sie unwirksam ist. Das NYÜ lässt es nach Art. VII Abs. 1 NYÜ nämlich ausdrücklich zu, dass in den Vertragsstaaten schiedsfreundlichere Regeln herrschen. Die Anerkennung der Schiedsklausel bzw. eines darauf gestützten Schiedsspruchs erfolgt dann freilich nicht auf Basis des harmonisierten New-York-Regimes, sondern nach dem jeweiligen nationalen Parallelrecht.76 Da abgesehen von Frankreich und Dänemark noch zahlreiche weitere Mitgliedstaaten über liberalere Schiedsrechtsordnungen verfügen, führt das in der Konsequenz dazu, dass im europäischen Rechtsraum – trotz der einheitlichen Bindung an das NYÜ – potenziell verschiedene Maßstäbe angelegt werden.77 Das verringert für die Parteien die Vorhersehbarkeit, welche Schiedsklauseln im europäischen Rechtsraum der gerichtlichen Kontrolle im Ernstfall standhalten und welche nicht. Und selbst wenn sich deren Anerkennung generell nach den harmonisierten Regeln des New-York-Regimes richtet, kann es bei der gerichtlichen Kontrolle zusätzlich auf nationale, unvereinheitlichte Regeln ankommen. Denn das NYÜ lässt – abgesehen von der Bestimmtheit und Form78 – zahlreiche Fragen offen oder verweist für diese sogar explizit auf das nationale Recht.79 So kann nach Art. V Abs. 1 NYÜ die Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruchs insbesondere versagt werden, „[if] […] the said agreement is not valid under the law to which the parties have subjected it or, failing any indication thereof, under the law of the country where the award was made“ (lit. a Var. 2). Diese Vorgabe wird von den meisten auf die Einredesituation übertragen, in der sich das Zustandekommen und die Wirksamkeit der Schiedsklausel ebenfalls nach dem sog.
procédure civile, dazu Adolphsen, in: MüKo-ZPO, Art. II UNÜ Rn. 18; Scherer, Article II(2) of the New York Convention, FS Kronke 2020, 1543, 1547. 76 Dadurch soll ein „Rosinenpicken“ verhindert werden, vgl. statt vieler Quinke, in: Wolff, Art. VII NYC Rn. 59 ff. m. w. N. (streitig, a. A. z. B. Di Pietro, Incorporation of Arbitration Clauses by Reference, J. Int’l Arb. 2004, 439, 448 f.). Zu Aufweichungen kommt es in der Praxis indes u. a. dann, wenn das nat. Recht kein eigenes Parallelrecht vorhält, sondern auf das NYÜ verweist. Hierzu noch unter IV.2.b)bb). Art. VII NYÜ gilt auch schon in der Einredesituation (analog), siehe z. B. Adolphsen (vorige Fn.), Art. VII UNÜ Rn. 4. 77 So deutlich v. a. Gómez Jene, Int. Schiedsgerichtsbarkeit und Binnenmarkt, IPRax 2005, 84, 85 f. Siehe außerdem Lew/Mistelis/Kröll, Comparative Int. Commercial Arbitration (2003), Rn. 6-44. Generell zur dadurch stark beschränkten Harmonisierungswirkung des NYÜ Quinke (vorige Fn.), Rn. 6. 78 Wie bei GStKl wird auch im Kontext mit SchKl diskutiert, ob mit der Form zugleich gewisse vereinheitlichte Konsensvorgaben verbunden sind. Hierzu noch unter IV.2.a) mit Blick auf die Einbeziehungskontrolle. 79 Ähnlich Graffi, Securing Harmonized Effects of Arbitration Agreements under the NYC, Houston J. Int’l L. 2006, 663, 669; Haas/Kahlert, in: Weigand/Baumann, Art. II NYC Rn. 21.134; Mills, Party Autonomy (2018), S. 269 f.; van den Berg, The NYC (1981), S. 123.
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Schiedsvereinbarungsstatut beurteilen soll.80 Das nationale Recht regelt zudem, ob die konkreten Parteien überhaupt eine Schiedswahl treffen und die erfassten Streitigkeiten der privaten Rechtsprechung unterstellen können (sog. subjektive und objektive Schiedsfähigkeit).81 Hier sind zum Schutz von schwächeren Parteien oder zur Durchsetzung zwingenden Rechts oftmals Einschränkungen vorgesehen.82 Da bei fehlender Schiedsfähigkeit jedoch generell, also ganz unabhängig von deren Individual- oder Klauselcharakter, keine Schiedsvereinbarung möglich ist,83 werden die entsprechenden Vorgaben im Folgenden nicht näher untersucht.84 Die Bestandsaufnahme konzentriert sich wie schon im vierten und fünften Kapitel auf Vorschriften, die gerade den besonderen Gefahren der Verwendung von AGB begegnen sollen. Bevor auf ihr Verhältnis zum NYÜ sowie die entsprechende gerichtliche Kontrollpraxis eingegangen wird, ist vorab indes noch zu klären, auf welche konkrete Rechtsordnung es gegebenenfalls zusätzlich ankommt. Schließlich unterscheidet sich das AGB-Recht selbst innerhalb des europäischen Rechtsraums teils immer noch sehr stark.85 80 Vgl. insb. Schlosser, in: Stein/Jonas, Anh. zu § 1061 ZPO Rn. 57 ff., 68, dort gegen eine Strömung aus der US-Rspr., die diese Fragen wegen Art. II Abs. 3 NYÜ nach weltweit einheitlichen Standards lösen will. Näher zur Reichweite dieser Verweisung aber noch unter IV., insb. unter 2.a). 81 Siehe etwa Adolphsen, in: MüKo-ZPO, Art. II UNÜ Rn. 11, 31, Art. V UNÜ Rn. 20 und Böckstiegel, Public Policy and Arbitrability, in: Sanders, ICCA Congress 1986 (1987), 177, 181 ff., dort auch jeweils zur umstrittenen Anknüpfung des für die objektive Schiedsfähigkeit maßgeblichen Rechts. 82 Vgl. Blackaby et al., Redfern and Hunter on Int. Arbitration (2015), Rn. 2.124 ff.; Ferrari/Rosenfeld, Mehr Freiheit wagen in der int. Handelsschiedsgerichtsbarkeit, FS Basedow 2017, 369, 378. 83 Vgl. nur Berger, Re-examining the Arbitration Agreement, in: van den Berg, ICCA Congress 2006 (2007), 301, 304 und Steingruber, Consent in Int. Arbitration (2012), Rn. 3.49, 3.51, jeweils m. w. N. Anders jedoch Bermann, Int. Arbitration and PIL (2017), S. 194, der zwischen „categorical“ und „conditional non-arbitrability“ unterscheiden will und als Bsp. für letztere eine brasilianische Vorschrift nennt, nach der SchKl in AGB für Verbraucher nur bei Einhaltung bestimmter Formvorgaben verbindlich sind. Nach dem hiesigen, geläufigeren Verständnis handelt es sich dabei funktional aber um eine AGB-rechtliche Vorschrift und nicht um eine Frage der Schiedsfähigkeit, schließlich schreibt sie gerade wegen des Klauselcharakters der Schiedswahl spezielle, erhöhte Einbeziehungsvssn. vor und sonst nicht. 84 Gleiches gilt für die sog. Ordre-Public-Kontrolle von SchKl, die ebenfalls nicht auf deren Klauselcharakter abzielt. Zu den Vssn. und rechtsdogmatischen Grundlagen instruktiv Thorn/ Nickel, Der Schutz der strukturell unterlegenen Partei vor Schiedsverfahren, IPRax 2018, 541, insb. 544 ff. m. w. N. Auch die kartellrechtliche Kontrolle von SchKl, die in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewinnt (siehe insb. BGH – Pechstein, 7.6.2016), wird von dieser Arbeit nicht behandelt (dazu auch noch unter IV.1.). 85 Sowohl die Konzepte als auch die genauen Vorgaben weichen voneinander ab, die Klau-
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2. Bestimmung des zusätzlich anwendbaren nationalen Rechts Da die internationale Harmonisierung der Regulierung bei Schiedsklauseln also vergleichsweise gering ausfällt,86 erscheint es umso wichtiger, das im Rahmen des New-York-Regimes zusätzlich anwendbare nationale Recht anhand einheitlicher Regeln zu bestimmen. So kommt es theoretisch immerhin vor allen Gerichten auf dieselben Kontrollvorgaben an, was den Parteien stärkere Rechtssicherheit verschafft.87 Wie schon im ersten Kapitel festgestellt, existiert jedoch kein einheitliches, weltweit gültiges Kollisionsrecht, dem sich die maßgeblichen Anknüpfungsregeln entnehmen ließen. Im europäischen Rechtsraum wurde das vertragliche Kollisionsrecht zwar zunächst durch das EVÜ und dann die Rom I-VO weitgehend vereinheitlicht,88 es findet gemäß Art. 1 Abs. 2 lit. e Rom I-VO (bzw. vorher lit. d im EVÜ) speziell auf Schiedsvereinbarungen aber keine Anwendung. Die mitgliedstaatlichen Gerichte greifen zur Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts deswegen vor allem auf die eigenen, nationalen Kollisionsregeln zurück.89 Dadurch kann es insbesondere bei einer fehlenden Rechtswahl zu Abweichungen kommen.90 Denn die objektiven Anknüpfungsregeln unterscheiden sich durchaus: Teils wird die lex causae, teils dagegen die lex loci arbitri oder auch schlicht die lex fori für maßgeblich gehalten.91 sel-RL hat nur gewisse Fragen harmonisiert und das auch nur im b2c-Bereich. Hierzu v. a. schon in Kap. 2 und Kap. 3, II. 86 Gerade bei einem vergleichenden Blick auf die Vorgaben der Rom I- und Brüssel Ia-VO, vgl. Kap. 4 und 5. 87 Zum Zusammenhang zwischen Entscheidungseinklang und Rechtssicherheit v. a. schon in Kap. 1, unter II. sowie in Kap. 4, eingangs unter III. sowie unter III.2. 88 Siehe hierzu ebenfalls schon Kap. 1 und 4. 89 Bermann, General Report, in: ders., Recognition and Enforcement of Foreign Awards (2017), 1, 25 ff.; Lew/Mistelis/Kröll, Comparative Int. Commercial Arbitration (2003), Rn. 6-33, 6-52 ff.; Mills, Party Autonomy (2018), S. 276. Die dt. Rspr. wendete bisher i.d.R. die allgm. Kollisionsregeln aus Art. 27 ff. EGBGB a. F. an bzw. speziell für die Form Art. 11 EGBGB vgl. z. B. BGH – Pechstein, 7.6.2016, jurisRn. 44; OLG Hamm, 9.7.2013, jurisRn. 62; BGH, 21.9.2005, jurisRn. 18 f. – alle m. w. N. Erstere sind jedoch 2009 weggefallen, dazu noch sogleich. Andere Mitgliedstaaten haben eigene, speziell auf das Schiedsvereinbarungsstatut zugeschnittene nat. Kollisionsregeln, was allerdings die Ausnahme darstellt, dazu Berger, Re-examining the Arbitration Agreement, in: van den Berg, ICCA Congress 2006 (2007), 301, 306. 90 Die Parteien treffen zur SchKl selten eine explizite Rechtswahl. Ob sich eine generelle Rechtswahl auch auf die SchKl erstreckt, ist umstritten, siehe Berger (vorige Fn.), 318 ff. Lässt sich eine solche, wenigstens konkludente Wahl feststellen, sprechen ihr die meisten Rechtsordnungen Vorrang zu, sodass es auf die objektiven Anknüpfungsregeln nicht mehr ankommt, siehe Born, Int. Commercial Arbitration (2021), u. a. S. 525. 91 Übersicht zu den verschiedenen Modellen bei Blackaby et al., Redfern and Hunter on Int. Arbitration (2015), Rn. 3.11; Born (vorige Fn.), S. 544 ff. Z.T. wird hiermit – wie bei GStKl – eine Diskussion über die Rechtsnatur der SchKl verbunden, siehe z. B. Rüßmann/Timár, The Laws Applicable to the Arbitration Agreement, FS Kaissis 2012, 837, 845 ff.
III. Grenzen im europäischen, internationalen und nationalen Recht
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Speziell für die deutschen Gerichte stellt sich zudem seit 2009 das Problem, dass mit dem Inkrafttreten der Rom I-VO die bis dahin für die Anknüpfung herangezogenen Art. 27 ff. EGBGB a. F. ersatzlos weggefallen sind.92 Neuere Entscheidungen greifen deshalb bereits in der Einredesituation auf Art. V Abs. 1 lit. a NYÜ zurück.93 Dieser enthält jedoch anders als Art. 27 ff. EGBGB a. F. keine Sonderanknüpfungen,94 weshalb es insbesondere im Verbraucherbereich potenziell zu einer Änderung der bisherigen Rechtsprechung kommt.95 Im Schrifttum wird ein solches Vorgehen gleichwohl bereits seit Längerem befürwortet. Es sieht Art. V Abs. 1 lit. a NYÜ mehrheitlich als speziellere Kollisionsnorm an, die dem nationalen Recht vorgehe.96 Obwohl vom Wortlaut her allein auf die An erkennungs- und Vollstreckungssituation zugeschnitten, müsse sie auch im Übrigen Anwendung finden, schon allein um divergierende Entscheidungen zwischen Einrede- und Exequaturgericht zu vermeiden.97 Art. V Abs. 1 lit. a NYÜ Vgl. BGBl. I 2009, 1574. Zu dem Problem auch insb. König, Zur Bestimmung des Schiedsvertragsstatuts, SchiedsVZ 2012, 129 ff. sowie jetzt BGH, 26.11.2020, jurisRn. 49 ff. (siehe auch die nachfolgende Fn.). 93 Für eine analoge Anwendung nach dem Wegfall von Art. 27 ff. EGBGB schon OLG Düsseldorf, 15.11.2017, jurisRn. 56 ff., mit guter Anm. von Wächter, Kollisionsrechtliche Aspekte der Schiedsvereinbarung am Beispiel der „Husten-Affäre“, SchiedsVZ 2018, 294 ff. Jetzt auch BGH, 26.11.2020, jurisRn. 51 ff. (Anknüpfung des Formstatuts i.R.v. Art. VII allerdings über Art. 11 EGBGB, vgl. a. a. O., jurisRn. 47 f.). 94 Ähnlich Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 7.267 (wenig ergiebig dort indes der Hinweis auf BGH, 26.11.2020, der keinen Verbraucherfall betrifft), Rn. 7.286, 7.365. 95 Hier wurde das Heimatrecht des Verbrauchers wegen Art. 29 EGBGB a. F. bisher stets als Mindestschutzniveau verstanden, vgl. insb. BGH, 12.4.2011, jurisRn. 19 ff., näher noch unter IV.2.b)bb). Zu dieser Rspr. auch u. a. OLG Düsseldorf, 15.11.2017, jurisRn. 95 ff., das sich dann, um an ihr festhalten zu können, auf Art. 6 Rom I-VO analog beruft. Ob das trotz der Bereichsausnahme für SchKl möglich ist, ist aber umstritten, dazu sogleich bei Fn. 99. BGH, 26.11.2020, jurisRn. 50 spricht jetzt klar dagegen, wenngleich in einem b2b-Fall. Dafür allerdings wohl auch Hausmann (vorige Fn.), Rn. 7.367. 96 So u. a. Born, Int. Commercial Arbitration (2021), S. 529 ff., insb. 544; Berger, Re-exam ining the Arbitration Agreement, in: van den Berg, ICCA Congress 2006 (2007), 301, 307, 316 f.; Geimer, Das Schiedsvereinbarungsstatut in der Anerkennungsperspektive, IPRax 2006, 233, 234; Rüßmann/Timár, The Laws Applicable to the Arbitration Agreement, FS Kaissis 2012, 837, 851, 853; König, Zur Bestimmung des Schiedsvertragsstatuts, SchiedsVZ 2012, 129, 130, 132. Vgl. auch Wilske/Fox, in: Wolff, Art. II NYC Rn. 228 („prevailing view“). A.A. Graffi, Securing Harmonized Effects of Arbitration Agreements, Houston J. Int’l L. 2006, 663, 697. Dabei wird selten differenziert, ob es um die Anknüpfung i.R.v. Art. II Abs. 3 bzw. Art. V NYÜ oder i.R.v. Art. VII NYÜ geht. Siehe auch noch unter Fn. 188 und 196. 97 Born (vorige Fn.), S. 529, 532 ff.; Epping, Die Schiedsvereinbarung im int. privaten Rechtsverkehr (1999), S. 41; Geimer (vorige Fn.), 234; Haas/Kahlert, in: Weigand/Baumann, Art. II NYC Rn. 21.208; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 7.263; Rüßmann/Timár (vorige Fn.), 853; Schlosser, in: Stein/Jonas, Anh. zu § 1061 ZPO 92
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knüpft primär an die Rechtswahl der Parteien und subsidiär an die lex loci arbitri an.98 Der Weg über Art. V Abs. 1 lit. a NYÜ kann deshalb allerdings – abgesehen vom geringeren kollisionsrechtlichen Schutz – in der Einredesituation zu Schwierigkeiten führen, falls weder eine parteiautonome Rechtswahl noch der Schieds ort sicher feststeht. Nach welchem Recht sich dann die Gültigkeit der Schiedswahl beurteilen soll, ist unklar. Art. V Abs. 1 lit. a NYÜ adressiert die Problematik nicht, da er allein die Situation nach einem ergangenen Schiedsspruch vor Augen hat. Und die im Schrifttum vorgeschlagenen Lösungen, die Rom I-VO in dem Fall ausnahmsweise doch analog heranzuziehen99 oder aus kollisionsrechtlichen Grundprinzipien spezielle Anknüpfungsregeln zu entwickeln,100 versprechen geringe Rechtssicherheit. Schon jetzt gerät die Bestimmung des Statuts derart komplex, dass der Anknüpfungsvorgang in der analysierten Rechtsprechung oft nicht einwandfrei erfolgt oder gar nicht erst offengelegt wird.101 Die Gerichte verweisen zur Begründung ihrer Prüfung stattdessen schlicht auf frühere Entscheidungen102 oder gehen prophylaktisch gleich auf sämtliche eventuell einschlägigen Rechtsordnungen ein.103 Für die Parteien lässt sich angesichts dieRn. 68 f.; Wilske/Fox (vorige Fn.), 230; Wolff, in: ders., Art. II NYC Rn. 42, 165. Tendenziell auch Lew/Mistelis/Kröll, Comparative Int. Commercial Arbitration (2003), Rn. 6-55 („strong argument“). So jetzt explizit aus der dt. Rspr. auch BGH, 26.11.2020, jurisRn. 51. 98 Zitat des Normtextes oben unter 1. nach Fn. 79. 99 Siehe etwa Rüßmann/Timár, The Laws Applicable to the Arbitration Agreement, FS Kaissis 2012, 837, 856. Explizit dagegen Stürner/Wendelstein, Das Schiedsvereinbarungsstatut bei vertraglichen Streitigkeiten, IPRax 2014, 473, 475; König, Zur Bestimmung des Schiedsvertragsstatuts, SchiedsVZ 2012, 129, 131. 100 So Schlosser, in: Stein/Jonas, Anh. zu § 1061 ZPO Rn. 71; Stürner/Wendelstein (vorige Fn.), 475 ff.; König (vorige Fn.), 132 f., die dabei allerdings bezeichnenderweise zu verschiedenen Ergebnissen kommen. Zu kurz gegriffen auch Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 7.266, der dort ausnahmsweise eine Anwendung der nat. Kollisionsregeln der lex fori vorschlägt, obwohl er vorher treffend erkannt hatte, dass das in Deutschland nach der Streichung von Art. 27 ff. EGBGB a. F. nicht weiterhilft. 101 Ohne ausreichende Trennung zwischen dem Statut des Hauptvertrags und der SchKl z. B. OLG Köln, 6.10.2014, jurisRn. 38, das wegen Art. 4 Rom I-VO bzgl. der Einbeziehung der SchKl an das dt. Recht als Heimatrecht der Verkäuferin anknüpft, dabei allerdings auch nicht auf die Bereichsausnahme aus Art. 1 Rom I-VO eingeht. Ähnlich OLG Frankfurt, 18.10.2007, jurisRn. 26. Ganz ohne Offenlegung, welches Recht denn nun geprüft wird, LG Gießen, 31.7.2008, jurisRn. 18. 102 So das OLG München, 7.6.2013, jurisRn. 65, das im Anschluss an BGH, 30.9.2010, von vornherein nur § 1031 ZPO prüft, ohne dessen Anwendbarkeit genauer zu erläutern. 103 Siehe insb. OLG München, 12.10.2009, jurisRn. 26 ff. (Prüfung des schwedischen und dt. Rechts, ohne genauer zu benennen, welches objektiv anwendbar ist); OLG Köln, 9.10.2009, jurisRn. 18 ff. (zusätzliche Prüfung des dt. Rechts, obwohl davor eigentlich tschechisches Recht für maßgeblich erklärt).
IV. Bestandsaufnahme
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ser kollisionsrechtlichen Unsicherheit letztendlich nur schwer vorhersehen, auf welches nationale Recht es im Ernstfall für die Kontrolle später entscheidend ankommt. Die Rechtssicherheit, die mit der Schiedsklausel eigentlich gerade gewonnen werden soll,104 wird dadurch erheblich geschwächt.105
IV. Bestandsaufnahme Abschließend soll auch hier wieder – nun für internationale Schiedsklauseln – die Theorie und Praxis der gerichtlichen Kontrolle untersucht werden.106 Während in den letzten Kapiteln die deutsche Rechtsprechung allerdings zumindest im Prinzip prototypisch für das Vorgehen in den restlichen Mitgliedstaaten stehen konnte,107 stellt sich die Situation nun anders dar. Das völkerrechtliche NYÜ gilt zwar in allen Mitgliedstaaten, führt aber wie gerade erörtert nur zu einer vergleichsweise geringen Harmonisierung. Um das zusätzlich anwendbare nationale Recht zu bestimmen, greift insbesondere die deutsche Rechtsprechung bis jetzt zudem noch überwiegend auf die eigenen anstelle von vereinheitlichten Anknüpfungsregeln zurück. So ist nicht gesetzt, dass bei der Kontrolle dieselben AGB-Rechtsvorschriften zum Einsatz kommen wie vor einem spanischen, schwedischen oder französischen Gericht etc. – selbst wenn diese das Konkurrenzverhältnis zum NYÜ identisch beurteilen sollten.108 Da aus den im vierten Kapitel geschilderten Gründen eine Auswertung der Rechtsprechung aus allen oder auch nur mehreren Mitgliedstaaten indessen ausscheidet, kann im Folgen104
Zu dieser Funktion der Streitbeilegungsklauseln v. a. schon in Kap. 1, unter III. Born, Int. Commercial Arbitration (2021), insb. S. 523, 526 f., 605. Allgm. zur Unsicherheit bei der Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts Rüßmann/Timár, The Laws Applicable to the Arbitration Agreement, FS Kaissis 2012, 837, 837 ff. (838: „‘never-empty basket’ of questions, uncertainties and problems“). Vergleichend hierzu generell auch noch in Kap. 8, unter II. 106 Zur Zielsetzung sowie zum Vorgehen dabei schon in Kap. 4 und 5, jeweils unter IV. 107 Die Rom I- und Brüssel Ia-VO sind in allen Mitgliedstaaten einheitlich auszulegen und anzuwenden. Zumindest theoretisch müsste daher ihr Verhältnis zum nat. AGB-Recht überall gleich bestimmt und bei der Kontrolle von RwKl und GStKl auf dieselben Kontrollvorschriften zurückgegriffen werden. Zumal auch die diesbzgl. Anknüpfungsregeln teilweise vereinheitlicht sind (vgl. insb. Art. 3 Abs. 5, Art. 10 Rom I-VO). In der Praxis kommt es freilich trotzdem gewiss zu Kontrollunterschieden, allein schon weil das Prozessrecht, v. a. das Beweisrecht, im europäischen Rechtsraum noch wenig angeglichen ist (vgl. Kap. 5, II.1). 108 Herrscht Dissonanz, existiert zudem keine übergeordnete Entscheidungsinstanz, die für Klarheit sorgen könnte. Der EuGH ist nach Art. 19 Abs. 3 EUV, Art. 267 Abs. 1 AEUV nur für die Auslegung von Unionsrecht zuständig, das die Kontrolle von SchKl aber allenfalls im b2c-Bereich erfasst und das auch nur zum Teil, vgl. dazu schon den Abschnitt III. sowie unten noch näher IV.3.b). 105 Ähnlich
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den nur von der Kontrolle in Deutschland berichtet werden. Bestandsaufnahmen aus den anderen Mitgliedstaaten müssen folgen.109 1. Zuschnitt der Rechtsprechungsanalyse Das NYÜ ist für Deutschland bereits 1961 in Kraft getreten und muss von den Gerichten seither bei der Kontrolle internationaler Schiedsklauseln beachtet werden.110 Maßgeblich sind für sie daneben vor allem die §§ 1025 ff. ZPO, die den Kern des deutschen Schiedsrechts bilden und zuletzt 1998 reformiert wurden.111 Da sich die Arbeit nicht für die alte Rechtslage, sondern für die derzeitige gerichtliche Kontrolle interessiert, wurde der Untersuchungsgegenstand auf Entscheidungen begrenzt, die bereits dieses „neue“ deutsche Schiedsrecht zugrunde legen. Das setzt voraus, dass die Schiedswahl nach dem 31. Dezember 1997 getroffen wurde.112 Das NYÜ selbst besagt nicht, wann eine Schiedsklausel international ist und damit in den Anwendungsbereich fällt. Es sollte ursprünglich allein zur Harmonisierung der Anerkennung und Vollstreckung von ausländischen Schiedssprüchen dienen und definiert folglich seinen Anwendungsbereich in Art. I NYÜ auch nur im Hinblick darauf.113 In Rechtsprechung und Literatur besteht allerdings weitgehend Einigkeit, dass die dortigen Bestimmungen auf Schiedsklauseln zu übertragen sind. Sie werden daher vom NYÜ erfasst, wenn auf ihnen bereits ein ausländischer Schiedsspruch i. S. v. Art. I NYÜ beruht oder sie in der Zukunft noch zu einem solchen führen können.114 Für Deutschland, das inzwi109 Entsprechende Länderberichte finden sich zwar u. a. bereits in dem Sammelband von Bermann, Recognition and Enforcement of Foreign Arbitral Awards (2017), aber ohne umfassende Rspr.auswertung und AGB-Rechts-Fokus. Die vom Rechtsausschuss des EU-Parlaments beauftragte rechtsvergleichende Studie zu „Legal Instruments and Practice of Arbitration in the EU“ von 2014 (Dok. PE 509.988, verfügbar unter , letzter Zugriff am 16.3.2022) ist wiederum mit Vorsicht zu betrachten. So wird dort etwa auf S. 53 behauptet, in Deutschland würden SchKl mit Verbrauchern grdsl. für unangemessen gehalten, was gerade nicht den Erkenntnissen der hiesigen Bestandsaufnahme entspricht, vgl. noch die Ausführungen unten im Abschnitt 3.b). 110 Siehe BGBl. II 1962, 102. Näheres zur unmittelbaren Geltung des NYÜ oder Geltung kraft Verweisung bei Münch, in: MüKo-ZPO, § 1061 ZPO Rn. 6. 111 Zur damaligen Reform und ihren Auswirkungen auf die Kontrolle int. SchKl v. a. Epping, Die Schiedsvereinbarung im int. privaten Rechtsverkehr (1999), passim. 112 Vgl. § 33 Abs. 1 EGZPO sowie z. B. BGH, 10.5.2001, jurisRn. 8 und BayObLG, 28.2.2000, jurisRn. 15. 113 Zur späten Einfügung von Art. II NYÜ auch schon oben bei Fn. 69. Als Erklärung für die fehlende Abstimmung mit Art. I NYÜ Kröll, 50 Jahre UNÜ, SchiedsVZ 2009, 40, 42; Wolff, in: ders., Art. II NYC Rn. 23. 114 Aus der dt. Rspr. z. B. BGH, 26.11.2020, jurisRn. 20; 8.6.2010 (Az. XI ZR 41/09), juris-
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schen dem Territorialitätsprinzip folgt, bedeutet das, dass die Schiedsklausel weder direkt noch indirekt einen inländischen Schiedsort benennen darf.115 Entsprechende Fälle wurden bei der Analyse deshalb von vornherein aussortiert, dazu gehören insbesondere alle, in denen auf die Geschäftsbedingungen des Waren-Vereins der Hamburger Börse e.V. Bezug genommen wurde. Denn diese enthalten eine Schiedsklausel, die auf die Schiedsordnung des Waren-Vereins weiterverweist, wo als Schiedsort wiederum Hamburg festgelegt ist.116 Probleme bereitete bei der Recherche vor allem, dass viele der – erneut vor allem in der juris-Datenbank gesuchten117 – Entscheidungen die kontrollierte Schiedsklausel nicht oder lediglich in Teilen wiedergeben. Es war deswegen bei einigen von ihnen nicht möglich, zu ermitteln, ob der Schiedsort im Inland lag bzw. liegen sollte.118 Fehlte jeder Anhaltspunkt für einen grenzüberschreitenden Rn. 19 m. w. N. Für entsprechende ausl. Entsch. siehe Kröll (vorige Fn.), 42 und Wolff (vorige Fn.), Rn. 26 ff., dort auch zum Vorherrschen dieser Ansicht (zur abweichenden Rspr. Bermann, General Report, in: ders., Recognition and Enforcement of Foreign Awards (2017), 1, 13 f.). Aus dem Schrifttum insb. Adolphsen, in: MüKo-ZPO, Art. II UNÜ Rn. 5 f.; Epping, Die Schiedsvereinbarung im int. privaten Rechtsverkehr (1999), S. 20 f.; Liebscher, in: Wolff, Prelims NYC Rn. 28; M. Roth, Schiedsvereinbarungen nach dem NYÜ, in: Czernich/Geimer, Streitbeilegungsklauseln (2017), Rn. 6. A.A. Born, Int. Arbitration (2021), S. 57, der auf das Vorliegen eines int. Sachverhalts abstellt. Mit einer guten Übersicht zum Streit Haas/Kahlert, in: Weigand/Baumann, Art. II NYC Rn. 21.123 ff., die sich selbst der h.M. anschließen (a. a. O., Rn. 21.130). 115 Deutlich BGH, 11.5.2017, jurisRn. 19. Vor der Reform galt stattdessen die sog. Verfahrenstheorie, nach der sich die Nationalität des Schiedsspruchs nach dem angewendeten Verfahrensrecht richtet. Art. I NYÜ stellt es den Vertragsstaaten frei, Schiedssprüche auch aus solchen Gründen für ausl. zu erklären, knüpft selbst aber daran an, dass sie in einem anderen Staat ergangen sind. Zu alledem Epping (vorige Fn.), S. 8 f., 17. Benennt die SchKl oder – dann indirekt – die Schiedsordnung, auf die sie verweist, einen ausl. Schiedsort, ist unerheblich, ob dieser in einem Vertragsstaat des NYÜ liegt. Deutschland hat seinen Gegenseitigkeitsvorbehalt (vgl. Art. I Abs. 3 NYÜ) zurückgenommen, vgl. BGBl. II 1999, 7. Deswegen insofern nicht nachvollziehbar BGH, 26.11.2020, jurisRn. 20: anwendbar, weil sowohl Deutschland als auch die Niederlage Vertragsstaaten seien. 116 Vgl. z. B. BGH, 11.5.2017; OLG Hamburg, 19.12.2012; OLG Koblenz, 12.5.2010. Umgekehrt deshalb gerade in die Analyse einbezogen OLG Naumburg, 13.2.2013, wo auf die Geschäftsbedingungen der Niederländischen Vereinigung für den Handel mit Südfrüchten (NZV) verwiesen wird. Nach Art. 9 Abs. 3 der dort in Bezug genommenen Schiedsordnung liegt der Schiedsort in Den Haag, vgl. für eine aktuelle Fassung , letzter Zugriff am 16.3.2022. 117 Zu der Auswahl schon in Kap. 4, unter IV.1. Die verwendeten Suchbegriffe sowie die jeweilige Trefferzahl sind in Anh. 5 aufgeführt, ein Überblick zu den letztendlich einschlägigen Entsch. findet sich in Anh. 6. 118 Vgl. noch Fn. 119. Bei anderen ließ sich hingegen aus den für das gerichtliche Verfahren oder die Zuständigkeit zitierten Normen schließen, dass es sich um reine Inlandsfälle handelte. So etwa bei BGH, 18.6.2014 (Antrag nach § 1040 ZPO, der gem. § 1025 ZPO nur bei inl.
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Sechstes Kapitel: Kontrolle von Schiedsklauseln
Sachverhalt, wurden die entsprechenden Entscheidungen bei der Analyse nicht berücksichtigt.119 Ebenso wurde mit Entscheidungen verfahren, in denen die Schiedsklausel den Schiedsort offenließ und noch kein Schiedsverfahren eingeleitet war.120 Hier hätte zwar theoretisch noch ein Schiedsverfahren im Ausland eröffnet werden können, was dann zu einem Schiedsspruch i. S. v. Art. I NYÜ geführt hätte; ein solcher Verlauf liegt bei reinen Inlandsfällen aber fern und wurde auch von den befassten Gerichten nicht in Betracht gezogen.121 Ihren Entscheidungen lassen sich daher keine verlässlichen Aussagen über die Kontrolle internationaler Schiedsklauseln und die dortigen Konkurrenzverhältnisse entnehmen. Die Arbeit konzentriert sich zudem auf Streitbeilegungsklauseln in klassischen, bilateralen Verträgen, die per Angebot und Annahme bzw. über zwei wechselseitige Willenserklärungen zustande gekommen sind. Schiedsklauseln in den Satzungen von Vereinen oder generell Gesellschaften wurden daher nicht analysiert.122 Gleiches gilt für sportrechtliche Fälle, wo die Schiedswahl ebenfalls oft auf eine Satzung oder spezielle Wettkampfmeldungen gestützt wird. Spätestens seit der Klage der deutschen Eisschnellläuferin Claudia Pechstein sind hierzu ohnehin zahlreiche Beiträge erschienen.123 Auf diesen besonderen Schiedsort zulässig ist) oder BGH, 13.1.2009 (Verweis auf § 1055 ZPO für die Rechtskraft des daher wohl inl. Schiedsspruchs). 119 So etwa OLG Frankfurt, 28.9.2020; LG Mönchengladbach, 19.5.2016; OLG Brandenburg, 16.2.2011; OLG Hamm, 28.10.2008; OLG Stuttgart, 17.3.2010 – jeweils Streit um Bauvorhaben ohne Hinweis auf einen ausl. Erfüllungsort oder Sitz der Parteien; wohl ebenfalls rein inl. Vertragsbeziehung bei OLG Frankfurt, 30.1.2019, da keinerlei Ausführungen zur int. Zuständigkeit der dt. Gerichte. In die Analyse miteinbezogen dagegen LG Gießen, 31.7.2008 (nl. Frachtführer und FENEX-AGB), auch wenn das LG die Anwendbarkeit des NYÜ selbst nicht zu erkennen scheint (hierzu insb. noch unter 2.a)). 120 War bereits ein inl. Schiedsverfahren eingeleitet oder durchgeführt worden, konnte die SchKl zumindest in dem Fall ohnehin nicht mehr zu einem ausl. Schiedsspruch führen, weshalb die Entsch. ebenfalls aussortiert wurde. In einem schwierigen Graubereich bewegt sich aber u. a. OLG Stuttgart, 21.12.2015: Die SchKl nannte hier scheinbar keinen Schiedsort, sodass sie potenziell zu einem ausl. Schiedsspruch führen und damit die Anwendbarkeit des NYÜ auslösen konnte. Nachdem das staatliche Feststellungsverfahren nach § 1032 Abs. 2 ZPO eingeleitet war, einigten sich die Parteien aber auf den Schiedsort Frankfurt. Das OLG geht in seiner Entsch. trotzdem, freilich ohne Problematisierung, von der (fortwährenden) Anwendbarkeit des NYÜ aus (vgl. jurisRn. 37 ff.). Die Entsch. wurde daher miteinbezogen. Ähnlich auch OLG Frankfurt, 3.6.2019. 121 Zumindest nicht ersichtlich, ohne Erwähnung des NYÜ oder eines irgendwie gearteten Auslandsbezugs etwa BGH, 19.9.2019; OLG Koblenz, 23.4.2010; OLG Bamberg, 3.2.2010 (zudem jeweils SchKl, die auf §§ 1025 ff. ZPO Bezug nehmen). 122 Hier gelten zudem zahlreiche Sonderregeln, vgl. insb. BGH – Schiedsfähigkeit I–IV, also BGH, 29.3.1996; 6.4.2009; 6.4.2017 und 23.9.2021. 123 Siehe nicht abschließend z. B. Brunk, Der Sportler und die institutionelle Sportschieds-
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Fall wird daher lediglich im Rahmen des siebten Kapitels im Grundrechtskontext eingegangen. Wie in den vorherigen zwei Kapiteln werden schließlich Entscheidungen zu arbeitsrechtlichen, nachträglichen und individuell ausgehandelten Streitbeilegungsvereinbarungen ausgeschlossen. Auch Fälle, in denen die Gerichte allein deren subjektive Reichweite prüfen, werden nicht mitgezählt.124 Damit verbleiben im Untersuchungszeitraum insgesamt 69 einschlägige Entscheidungen. In 19 davon halten die Schiedsklauseln der gerichtlichen Kontrolle stand, in 48 wird ihnen dagegen die Anerkennung versagt. In zwei weiteren ist die Schiedsklausel ungültig, der Klauselgegner mit diesem Einwand aber präkludiert.125 2. Einbeziehungskontrolle Grund für die Ablehnung ist in aller Regel, dass die Gerichte keine formwirksame Einigung über die Einbeziehung der Schiedsklausel feststellen können.126 Art. II NYÜ verlangt, dass Schiedsklauseln schriftlich getroffen werden. Nach überwiegender, wenn auch nicht völlig unumstrittener Ansicht übernimmt er damit zugleich die Aufgabe des nationalen AGB-Rechts, zu entscheiden, wann ein Klauselgegner durch seine generelle Zustimmung zum Vertrag auch an eine darin enthaltene oder in Bezug genommene Schiedsklausel gebunden wird (dazu a)). Sind die Anforderungen von Art. II NYÜ nicht erfüllt (zu ihnen b)aa)), kommt wegen des Meistbegünstigungsprinzips aus Art. VII NYÜ immer noch eine Einbeziehung nach nationalem Recht in Betracht (hierzu wiederum b)bb)).127
gerichtsbarkeit (2016); Druml, Sportgerichtsbarkeit (2017); Duval, Not in my name!, MPIL Research Paper Series No. 2017-01; Steinitz, Die Notwendigkeit der Umgestaltung Deutscher Sportschiedsgerichtsbarkeit (2020). Mit AGB-rechtlichem Fokus u. a. Eichel, SchKl in Athletenvereinbarungen, IPRax 2016, 305 ff.; ders., AGB-Inhaltskontrolle von SchKl in Athletenvereinbarungen, ZZP 129 (2016), 327 ff. 124 Zu diesen Einschränkungen generell auch schon in Kap. 4 und 5, jeweils unter IV.1. SchKl sind in individualarbeitsrechtlichen Streitigkeiten vor dt. Gerichten ohnehin unzulässig, vgl. §§ 4, 101 Arbeitsgerichtsgesetz, dazu z. B. Germelmann, in: ders./Matthes/Prütting, § 4 ArbGG Rn. 1 ff. 125 Siehe die Übersicht in Anh. 6. Ausführlich zum Thema der Präklusion, das hier nicht behandelt wird, Steger, Die Präklusion von Versagensgründen bei der Vollstreckung ausl. Schiedssprüche (2016). 126 So in 44 von 48 Fällen sowie in den 2 Präklusions-Entsch., vgl. Anh. 6. 127 Einige Gerichte gehen freilich pragmatisch von vornherein allein bzw. zuerst auf § 1031 ZPO ein, da dessen Einhaltung wegen Art. VII NYÜ für die Anerkennung vor dt. Gerichten ausreiche, besonders deutlich z. B. OLG Frankfurt, 3.6.2019, jurisRn. 40 f., das Art. II NYÜ i.E. aber dann wohl ebenfalls noch obiter bejaht.
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Sechstes Kapitel: Kontrolle von Schiedsklauseln
a) Verhältnis zum NYÜ Form und Konsens stellen an sich zwei strikt zu trennende vertragliche Fragen dar (siehe nur Art. 10, 11 Rom I-VO).128 Schon im vorherigen Kapitel fiel indessen auf, dass sie von der Rechtsprechung und Literatur bei der Kontrolle von Gerichtsstandsklauseln häufig miteinander verflochten werden.129 Gleiches lässt sich nun im Bereich der Schiedsklauseln beobachten.130 Wie Art. 25 Brüssel IaVO wird auch Art. II NYÜ mehrheitlich der Zweck zugeschrieben, über sein Schriftformerfordernis sicherstellen zu wollen, dass die Forumswahl tatsächlich vom Willen beider Seiten getragen wird.131 Erfolgt sie unter der Verwendung von AGB, werden daher direkt aus Art. II NYÜ besondere Einbeziehungsvoraussetzungen abgeleitet, die als funktionale Äquivalente an die Stelle des nationalen AGB-Rechts treten.132 Dessen Verdrängung wird freilich seltener offen thematisiert, im Vordergrund steht die Konkurrenz zu den nationalen Formvorgaben.133 128 Art. 10
Rom I-VO regelt die kollisionsrechtliche Anknüpfung der Einigung und materiellen Wirksamkeit eines Vertrags, Art. 11 Rom I-VO die Anknüpfung seiner Form. Zur umstrittenen Qualifikation der AGB-rechtlichen Einbeziehungskontrolle allerdings auch schon in Kap. 4 in der dortigen Fn. 76. 129 Insb. der EuGH leitet dort aus den Formvorgaben von Art. 25 Brüssel Ia-VO zugleich europ. Einbeziehungsanforderungen für GStKl ab, vgl. Kap. 5, IV.2. Zur Verflechtung von Form und Konsens dort auch III.2.c). 130 Dazu auch Nacimiento, in: Kronke et al., Art. V(1)(a), S. 227; Schlosser, in: Stein/Jonas, Anh. zu § 1061 ZPO Rn. 72, 113. Für eine klare Trennung dieser Prüfungspunkte jedoch Born, Int. Commercial Arbitration (2021), S. 699, 783 f.; Haas/Kahlert, in: Weigand/Baumann, Art. II NYC insb. Rn. 21.148; Schramm/Geisinger/Pinsolle, in: Kronke et. al., Art. II NYC, S. 88. Siehe auch noch unten bei Fn. 137 f. 131 Siehe Gildeggen, Int. Schieds- und Schiedsverfahrensvereinbarungen in AGB (1991), S. 53 f., 81 f., 141 f.; Graffi, Securing Harmonized Effects of Arbitration Agreements, Houston J. Int’l L. 2006, 663, 693; Haas/Kahlert (vorige Fn.), Rn. 21.169; Hausmann, in: Reithmann/ Martiny, Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 7.318, 7.337; Mankowski, Die Schriftform des Art. II (2) UNÜ, FS Kronke 2020, 1475, 1476, 1482; Schramm/Geisinger/Pinsolle (vorige Fn.), S. 74, 89; van den Berg, The NYC (1981), S. 173, 210; Wagner, Prozessverträge (1998), S. 385 f. Zur Gegenansicht sogleich in und bei Fn. 137. 132 Zu den genauen Anforderungen noch unter b)aa). Für eine Einbeziehungskontrolle anhand von Art. II NYÜ anstelle des nat. AGB-Rechts Adolphsen, in: MüKo-ZPO, Art. II UNÜ Rn. 17; Eichel, Inhaltskontrolle von AGB-SchKl, IPRax 2010, 219, 221; Gildeggen (vorige Fn.), insb. S. 40, 81 ff., 141 f.; Hau, in: M. Wolf/Lindacher/Pfeiffer, SchKl Rn. S 64 (zur KernSchKl); Hausmann (vorige Fn.), Rn. 7.319; 8.267, 8.291; Mankowski (vorige Fn.), 1477; Schack, IZVR (2021), Rn. 1425; van den Berg (vorige Fn.), S. 209; Wagner (vorige Fn.), S. 386, 594. Ebenso, allerdings v. a. aus pragmatischen Gründen, da bereits überwiegende Rspr.praxis Epping, Die Schiedsvereinbarung im int. privaten Rechtsverkehr (1999), S. 137 ff. (Ausführungen nicht ganz stringent, vgl. S. 132); Schramm/Geisinger/Pinsolle, in: Kronke et. al., Art. II NYC, S. 89. 133 Während Art. II NYÜ von allen als abschließende Maximalvorgabe verstanden wird, besteht Streit, ob günstigere Formvorschriften des nat. Rechts auch innerhalb des NY-Regimes
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Abgesehen von Art. 1341 Abs. 2 des italienischen Codice Civile machen jedoch nur die wenigsten nationalen Rechtsordnungen die Einbeziehung von AGB von der Einhaltung einer speziellen Form abhängig, sondern fordern stattdessen vielmehr in aller Regel einen klaren Hinweis sowie eine rechtzeitige Kenntnisnahmemöglichkeit.134 Trotzdem sollen sie, da sie denselben (Schutz-)Zweck wie Art. II NYÜ verfolgen, der Vereinheitlichung willen von diesem ersetzt werden.135 Diese Position ist im Schiedsrechtsbereich allerdings deutlich weniger gefestigt als in Hinblick auf Art. 25 Brüssel Ia-VO, was sicherlich auch daran liegen mag, das dort insbesondere der EuGH für eine vereinheitlichte Einbeziehungskontrolle eintritt.136 Bei Art. II NYÜ fehlt es hingegen an einer solchen richtungsweisenden Auslegung durch ein oberstes, gemeinsames Gericht. Ein EuGH-Pendant fehlt. Im Schrifttum äußern sich zudem einige gewichtige Stimmen wie etwa Gary Born kritisch und zweifeln den Schutzzweck von Art. II NYÜ offen an. Dessen Schriftformerfordernis diene wenn dann überhaupt nur zum Beweis, dass eine Schiedsklausel mit dem behaupteten Inhalt geschlossen worden sei.137 Ob sich die Parteien tatsächlich über deren Geltung einigen konnten, bestimme sich nach den nationalen Regeln des jeweiligen Schiedsvereinbarungsstatuts.138 anstelle von Art. II NYÜ Anwendung finden können oder nur i.R.v. Art. VII NYÜ (so die h.M., s.o. bei Fn. 76). Gute Übersicht erneut bei Haas/Kahlert, in: Weigand/Baumann, Art. II NYC Rn. 21.154 ff., die sich selbst der h.M. anschließen. 134 Vgl. hierzu schon die rechtsvergleichenden Ausführungen und Nachweise in Kap. 4, eingangs unter IV.2. 135 Mit dem Arg. der Vereinheitlichung Schramm/Geisinger/Pinsolle, in: Kronke et. al., Art. II NYC, S. 89 (vgl. aber S. 48); van den Berg, The NYC (1981), S. 209; Wagner, Prozessverträge (1998), S. 386. 136 Siehe schon Fn. 129. 137 Born, Int. Commercial Arbitration (2021), S. 701 ff.; Wolff, in: ders., Art. II NYC Rn. 79 ff., 143, die beide allerdings skeptisch sind, ob dieser Beweiszweck die strenge Schriftform rechtfertigt. Einen Wandel von der Schutz- hin allein zur Beweisfunktion sehen zudem auch Landau/Moollan, Article II and the Requirement of Form, in: Gaillard/Di Pietro, Enforcement of Arbitration Agreements (2008), 189, 219 ff. Ebenfalls wohl nur für Letztere Scherer, Article II(2) of the New York Convention, FS Kronke 2020, 1543, 1545 f. Den Beweiszweck bejahen auch die meisten der in Fn. 131 Genannten, jedoch nur ergänzend zur Schutzfunktion. 138 Wolff (vorige Fn.), Rn. 43, 133, 135, 143 (mit Ausnahme AGB-rechtlicher Formvorgaben wie Art. 1341 Codice Civile). So i.E. auch Haas/Kahlert, in: Weigand/Baumann, Art. II NYC Rn 21.148, 21.150, 21.214 f., die abweichend bei Art. II NYÜ allerdings auch einen Schutzzweck erkennen (a. a. O., insb. Rn. 21.169). Es komme insofern zu einer Überschneidung mit dem AGB-Recht, Form- und Konsensfragen müssten aber getrennt werden (vgl. auch schon Fn. 130 f.). Ebenfalls für eine Einbeziehungskontrolle anhand des Schiedsvereinbarungsstatuts daneben, jedoch ohne nähere Begründung Mäsch, Schiedsvereinbarungen mit Verbrau-
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Die deutschen Gerichte gehen trotz dieser Kritik aus dem Schrifttum ihrerseits fast nie auf das Konkurrenzproblem ein,139 sondern knüpfen in der Regel wortlos an Art. II NYÜ an, dem sie anscheinend sowohl die maßgeblichen Form- als auch Konsensvorgaben entnehmen.140 Nur in wenigen Ausnahmefällen beurteilen sie die Einbeziehung der Schiedsklauseln ausschließlich oder primär anhand des nationalen Rechts. Dabei scheinen sie die Anwendbarkeit des NYÜ oft jedoch gar nicht zu erkennen141 oder greifen bei der Kontrolle zumindest nicht auf spezielle AGB-Rechtsvorschriften zurück, sondern beziehen sich lediglich auf allgemeine Konsensregeln oder schiedsrechtliche Formvorgaben.142 Da sich das im Rahmen von Art. VII NYÜ ähnlich darstellt,143 spielt das nationale AGBRecht für die Einbeziehung internationaler Schiedsklauseln in der Praxis letztendlich keine größere Rolle. b) Kontrollpraxis Kontrollieren die Gerichte die Schiedsklausel anhand von Art. II NYÜ, führt das im Großteil der Fälle dazu, dass sie ihnen zumindest im Rahmen des New-York-Regimes die Anerkennung versagen. 46 von 55 der im Untersuchungszeitraum hierauf kontrollierten Schiedsklauseln halten dessen Anfordechern, FS Schlosser 2005, 529, 539 f.; Stürner/Wendelstein, Das Schiedsvereinbarungsstatut bei vertraglichen Streitigkeiten, IPRax 2014, 473, 480. 139 Im Untersuchungszeitraum hierzu deutlich letztendlich nur OLG Oldenburg, 1.2.2005 (veröffentlicht in der Datenbank der Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit – DIS) und OLG Frankfurt, 18.10.2007, jurisRn. 27, die dabei allerdings beide vom gesperrten nat. AGBRecht als Formvorschriften sprechen. Der BGH lässt in seiner Entsch. v. 26.11.2020 die Frage ausdrücklich offen, ob Art. II Abs. 2 NYÜ über die Formvorgaben hinaus auch materielle Vorgaben für die Einbeziehung von SchKl enthält (a. a. O., jurisRn. 37). 140 Näheres zur Kontrollpraxis noch unter b)aa). Abweichend z. B. OLG Frankfurt, 5.6.2009, jurisRn. 14 ff., das zuerst prüft, ob sich die Parteien nach § 1 des Schwedischen Schiedsverfahrensgesetzes auf die SchKl geeinigt haben, bevor es i.R.v. Art. VII NYÜ (!) auf Art. II NYÜ Bezug nimmt, da § 1061 ZPO auf diesen verweise. Das OLG Hamm, 9.7.2013, jurisRn. 60 ff., wiederum kontrolliert nur die Einhaltung der Form anhand von Art. II NYÜ, die Einbeziehung dagegen nach dt. Recht. Zu weiteren Abweichungen sogleich. 141 So OLG Naumburg, 13.2.2013; LG Gießen, 31.7.2008; OLG Frankfurt, 20.7.2007; OLG Düsseldorf, 29.7.2005. Zu Ersteren auch näher noch im nachfolgenden Abschnitt bei Fn. 175. 142 Vgl. z. B. OLG Köln, 9.10.2009, jurisRn. 18 ff., wo das Gericht nach der Prüfung von Art. II NYÜ auch keinen Grund sieht, weshalb die SchKl nach tschechischem oder dt. Recht nicht zustande gekommen wäre. Ausführlicher zur Kontrolle von SchKl anhand des nat. Rechts und den hierbei herangezogenen Kontrollvorschriften noch unter bb). Vgl. zudem die Fallübersicht in Anh. 6. 143 Vgl. noch den Abschnitt bb) sowie die Fallübersicht in Anh. 6. Ob die SchKl vorher an Art. II NYÜ oder ausschließlich anhand des nat. Rechts gemessen wird, ergibt sich aus dem Anh. und/oder den jeweiligen Fn.
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rungen nicht stand.144 Dieses Verhältnis relativiert sich freilich, wenn man die sog. Broker-Fälle aus der Zählung herausnimmt. Auf sie gehen allein 31 der 46 zurückgewiesenen Schiedsklauseln zurück. Zugleich stellen sie in dem Abschnitt die einzigen Verbraucherfälle dar.145 Sonst geht es bei der Einbeziehungskontrolle stets um Schiedsklauseln zwischen Unternehmern. Diese werden in immerhin 9 von 23 Fällen erfolgreich einbezogen,146 was aber immer noch bedeutet, dass ihre Einbeziehung mehrheitlich an Art. II NYÜ scheitert (zu den Gründen sogleich unter aa)). Und auch der Weg über ein günstigeres nationales Recht führt anschließend im Rahmen von Art. VII NYÜ nur für 5 der insgesamt 16 abgelehnten Schiedsklauseln im b2b-Bereich dann noch zu einer erfolgreichen Einbeziehung.147 In den Broker-Fällen wird über diesen Weg sogar gar keine der geltend gemachten Schiedsklauseln anerkannt (siehe bb)).148 aa) Einbeziehung nach Art. II NYÜ Art. II Abs. 1 NYÜ verlangt, dass die Parteien das „Opt-Out“ aus dem staatlichen Justizsystem schriftlich vereinbaren. Dafür genügt nach dem dortigen Abs. 2 (allein) „an arbitral clause in a contract or an arbitration agreement, signed by the 144
Vgl. die Fallübersicht in Anh. 6 sowie die nachfolgenden Fn. Zur Einbeziehung über ein günstigeres nat. Recht sogleich. Nach überwiegender Ansicht erfolgt die Anerkennung dann allerdings nicht im Rahmen des NY-Regimes, sondern nach dem jeweiligen nat. Parallelrecht, hierzu schon unter III.1. bei Fn. 76. 145 Vgl. erneut die Fallübersicht in Anh. 6 sowie gleich noch die Aufzählung in Fn. 153. Da in vielen der entsprechenden Entsch. mehrere Klagen zusammengefasst und daher teils mehr als eine SchKl geprüft werden, handelt es sich hierbei um eine Mindestzahl, basierend auf der Zahl der einschlägigen Entsch. Teils wird in den Fällen nur das nat. Recht geprüft, die Zahl der Broker-Fälle liegt daher insgesamt höher. 146 Art. II NYÜ bejaht bei OLG Frankfurt, 3.6.2019 (obiter) und 18.5.2016; OLG Stuttgart, 21.12.2015; OLG Köln, 26.2.2014; OLG Hamm, 9.7.2013 (nur bzgl. der Form, Konsens nach nat. Recht); KG Berlin, 20.1.2011 (für 1 von 3 SchKl, s.u.); OLG München, 27.5.2010; OLG Köln, 9.10.2009 (ergänzt durch nat. Konsensrecht); OLG Frankfurt, 18.10.2007. Abgelehnt dagegen bei BGH, 26.11.2020; OLG Köln, 15.3.2019; OLG Brandenburg, 8.10.2018; OLG Köln, 6.10.2014; OLG Düsseldorf, 22.7.2014 (aber Präklusion); OLG München, 19.11.2012 (ebenfalls Präklusion); OLG Düsseldorf, 3.2.2011 (Broker-Fall, aber b2b); KG Berlin, 20.1.2011 (für die anderen 2 SchKl); OLG München, 12.10.2009; OLG Frankfurt, 27.8.2009; 5.6.2009; 26.6.2006; OLG Oldenburg, 1.2.2005; BayObLG, 12.12.2002; OLG Brandenburg, 13.6.2002. 147 Nämlich bei OLG Köln, 6.10.2014; KG Berlin, 20.1.2011 (2 SchKl) und OLG Frankfurt, 27.8.2009, jeweils wegen § 1031 ZPO i. V. m. Art. VII NYÜ, bei OLG Düsseldorf, 3.2.2011 wegen US-amerikanischem Recht i. V. m. Art. VII NYÜ, näher noch unter b)bb). Dort auch zu den anderen Entsch. zum nat. Recht. 148 OLG Düsseldorf (vorige Fn.) bildet insofern eine Ausnahme, betrifft aber auch atypischerweise ein b2b-Verhältnis.
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parties [Var. 1] or contained in an exchange of letters or telegrams [Var. 2].“149 Ist die Schiedsklausel direkt im beiderseitig unterschriebenen Vertrag enthalten, steht der Einbeziehung in der Regel wenig entgegen.150 Die Gerichte verzichten in solchen Fällen häufig ganz auf Ausführungen zur formwirksamen Einigung.151 Problematisch wird es jedoch, wenn die Vertragsurkunde nur die Unterschrift der einen Seite trägt. Selbst wenn die dortigen Formulierungen allesamt von der anderen stammen mögen, wird in der deutschen Rechtsprechung die Einhaltung der nötigen Schriftform bislang verneint und eine Anerkennung deshalb abgelehnt.152 Insbesondere in den bereits erwähnten Broker-Fällen scheitert die Einbeziehung der Schiedsklausel hauptsächlich aus diesem Grund. Die Vertragsformulare, die zur Eröffnung der Konten beim ausländischen Broker dienten, sahen häufig von vornherein lediglich ein Feld für die Unterschrift der Kunden vor oder wurden zumindest nur von diesen unterschrieben. Das reicht für die erste Variante von Art. II NYÜ aber nicht aus („signed by the parties“).153 Für die zweite Variante 149 Die Literatur bezieht Art. II Abs. 2 NYÜ oft nur auf die Kern-SchKl und nicht auf die flankierenden Schiedsverfahrensvereinbarungen (siehe nur Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 7.326; M. Roth, Schiedsvereinbarungen nach dem NYÜ, in: Czernich/Geimer, Streitbeilegungsklauseln (2017), Rn. 21 m. w. N.; anders v. a. Born, Int. Commercial Arbitration (2021), S. 759 f.). Da es in der analysierten Rspr. darauf nicht ankommt, wird hier nicht weiter unterschieden. 150 Das OLG Köln, 26.2.2014, jurisRn. 26, bejaht das Vorliegen einer Schiedswahl i. S.v Art. II NYÜ deshalb z. B. nur ganz knapp. Ähnlich bzgl. der Form auch OLG Hamm, 9.7.2013, jurisRn. 73, das das Zustandekommen zuvor jedoch auch noch anhand des dt. Rechts beurteilt. In der dt. Rspr. ist umstritten, wer i.R.d. Exequatur die Beweislast für die Einigung über die SchKl trägt. Näher hierzu Kröll, Die Schiedsvereinbarung, ZZP 117 (2004), 453, insb. 462 ff.; Nacimiento, in: Kronke, Art. V(1)(a), S. 210 f. Im Folgenden nur zu den materiellen Vorgaben. Siehe z.B. auch OLG Brandenburg, 8.10.2018, jurisRn. 37 ff., das die Beweislast beim Antragsteller sieht. Dieser habe nicht widerlegen können, dass die Unterschrift des Klauselgegners gefälscht sei, weshalb eine Einbeziehung sowohl nach dem EuÜ als auch dem NYÜ ausscheide. 151 Siehe z. B. OLG Köln, 21.2.2014 (SchKl in Handelsvertretervertrag); vgl. daneben auch OLG Köln, 6.7.2012, jurisRn. 2, wo das Gericht nur kurz erwähnt, dass die SchKl im Lizenzvertrag geregelt sei, ohne eine Kontrollnorm zu benennen. Die Einbeziehung war zwischen den Parteien letztlich aber auch nicht streitig. Ebenso bspw. bei OLG Frankfurt, 16.2.2015; 13.2.2015 und 24.10.2006. Die eingangs vorgestellten Zahlen können daher durchaus verzerrt sein; Entsch., die nur die Klage abweisen oder das Exequatur bestätigen, da die SchKl problemlos einbezogen ist, haben geringes Veröffentlichungspotenzial. 152 So bei OLG München, 19.11.2012, jurisRn. 31 (allerdings Präklusion) sowie in den Broker-Fällen (siehe sogleich). Ebenfalls nur Unterschrift der einen Seite und deshalb ablehnend BGH, 26.11.2020, jurisRn. 22 (für SchKl in Bestätigungsschreiben) sowie implizit auch KG Berlin, 20.1.2011, vgl. jurisRn. 15 f. i. V. m. 8. Siehe daneben zudem OLG Frankfurt, 18.5.2016, jurisRn. 25 und OLG Köln, 9.10.2009, jurisRn. 15 i. V. m. 1, 8, dort aber Einbeziehung wegen Var. 2 von Art. II Abs. 2 NYÜ, Näheres gleich noch unten bei Fn. 158. 153 Siehe BGH, 17.5.2011 (2 Entsch., jurisRn. 17 f. bzw. jurisRn. 19 f., in 3 weiteren nur zur
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fehlte wiederum der nötige Schriftwechsel. Denn die Kunden erhielten die Formulare in aller Regel von einem inländischen Vermittler, der die Formulare nach ihrer Unterschrift an den Broker zurücksendete. Zwischen Broker und Kunden gab es somit keinen direkten Schriftkontakt.154 Die Befürchtung im Schrifttum, Art. II NYÜ verwässere bei internationalen Schiedsklauseln den Verbraucherschutz aus § 1031 Abs. 5 ZPO,155 lässt sich folglich zumindest im Laufe des Untersuchungszeitraums empirisch nicht belegen. Art. II NYÜ fordert zwar im Gegensatz zu § 1031 Abs. 5 ZPO für die Schiedswahl keine separate Urkunde (oder zumindest deren räumliche Trennung von den übrigen vertraglichen Regelungen),156 ist in den einschlägigen Verbraucherfällen aber trotzdem nie erfüllt. Das liegt zugegebenermaßen indes primär am nachlässigen Verhalten des Brokers. Hätte dieser die Formulare jeweils selbst unterschrieben, wären die Verbraucher nach Art. II NYÜ an die dortigen Schiedsklauseln gebunden gewesen.157 fehlenden subjektiven Schiedsfähigkeit wegen § 37h WpHG); 3.5.2011 (2 Entsch., jeweils jurisRn. 28 ff.); 12.4.2011, jurisRn. 17; 22.3.2011 (9 Entsch., jeweils jurisRn. 16, 17 oder 19; in 2 weiteren nur zu § 37h WpHG); 25.1.2011 (4 Entsch., jurisRn. 21 f., 24, 27, in 5 weiteren nur zu § 37h WpHG); 8.6.2010 (2 Entsch., jurisRn. 19 ff. bzw. jurisRn. 25 ff., wovon eine die Gültigkeit der SchKl offenlässt und zurückverweist) sowie aus den unteren Instanzen (ohne einschlägige Berufungs- oder Revisionsinstanz, sonst hier nicht mitaufgezählt) LG Düsseldorf, 15.8.2011, jurisRn. 20 f.; LG Krefeld, 16.6.2011, Rn. 31 f.; OLG Düsseldorf, 3.2.2011, jurisRn. 77 (atypisch, da b2b-Verhältnis, s.u.); 24.1.2011, jurisRn. 53; LG Düsseldorf, 17.7.2009, jurisRn. 27; 24.7.2008, jurisRn. 60; 21.7.2008, jurisRn. 26; 13.11.2007, jurisRn. 28; 13.4.2007, jurisRn. 64; OLG Düsseldorf, 9.2.2007 (2 Entsch., jurisRn. 30 f. bzw. 38 f.); unklar LG Düsseldorf, 22.1.2008, jurisRn. 21. Teils wird die SchKl von den Instanzgerichten auch eng ausgelegt und deswegen nicht auf die von den Verbrauchern geltend gemachten deliktischen Forderungen bezogen, vgl. OLG Düsseldorf, 24.11.2008, jurisRn. 25 (2 Entsch., Revision bei BGH, 3.5.2011, nur zur Form) oder wegen eines Verstoßes gegen Art. 42 EGBGB analog für unwirksam erklärt, vgl. OLG Düsseldorf, 3.2.2011, jurisRn. 37 (bzgl. einer weiteren SchKl). Für die Az. vgl. wie auch sonst das Rspr.verzeichnis a. E. der Arbeit. 154 Siehe hierzu v. a. BGH, 3.5.2011, jurisRn. 32; OLG Düsseldorf, 24.1.2011, jurisRn. 53; 9.2.2007, jurisRn. 31 bzw. 39, sonst selten näher erörtert. 155 Coester-Waltjen, Schiedsgerichtsbarkeit und Verbraucher, in: Hess, Der europ. Gerichtsverbund (2017), 81, 89 f. Ähnlich auch Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 7.310; Mäsch, Schiedsvereinbarungen mit Verbrauchern, FS Schlosser 2005, 529, 538 f., 542. Vgl. außerdem G. Calliess, Grenzüberschreitende Verbraucherverträge (2006), S. 131. 156 § 1031 Abs. 5 ZPO spricht an sich davon, dass die Schiedswahl in einer separaten, von beiden Seiten unterzeichneten Urkunde geregelt sein muss, die dt. Kommentarliteratur lässt aber mehrheitlich bereits eine räumlich getrennte, gesondert unterschriebene SchKl in derselben Urkunde genügen, vgl. insb. Voit, in: Musielak/ders., § 1031 ZPO Rn. 11. Das ist nach Art. II NYÜ nicht erforderlich, vgl. nur Wolff, in: ders., Art. II NYC Rn. 94 m. w. N., so im Untersuchungszeitraum explizit auch OLG Frankfurt, 18.10.2007, jurisRn. 24, dort in Abgrenzung zu Art. 1341 Codice Civile (zu ihm bei Fn. 134). 157 Ebenso Kahl, Verbraucherschutz in der Schiedsgerichtsbarkeit, ZZPInt 22 (2017), 361,
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Auch im b2b-Bereich scheitert die Var. 1 von Art. II NYÜ unterdessen wiederholt an der fehlenden zweiten Unterschrift. Da der Klauselgegner hier das vom Vertragspartner übermittelte Schreiben oder Formular jedoch in den analysierten Fällen nach der Unterschrift teilweise zurücksendete, kommt es in einigen von ihnen trotzdem zu einer Einbeziehung über die Var. 2.158 Für diese ist – wie sich insbesondere klar aus der eingangs zitierten, englischen Sprachfassung ergibt – keine beiderseitige Unterschrift nötig, sondern nur das Vorliegen wechselseitiger Schreiben oder – inzwischen antiquiert – von Telegrammen.159 Aus diesen muss sich jedoch zweifelsfrei ergeben, dass die Schiedswahl auch von beiden Seiten gewollt ist. Das ist in erster Linie eine Frage der Auslegung, die sich nach dem Schiedsvereinbarungsstatut richtet.160 Unterschreibt der Klauselgegner aber – wie eigentlich typisch – nicht unmittelbar das fremde Schreiben oder Formular des Klauselverwenders, sondern erklärt sich in seiner schriftlichen Antwort lediglich generell mit dessen Angebot einverstanden, stellt sich losgelöst von der jeweiligen Auslegung des Einzelfalls ganz generell die Frage, wie deutlich er in dieser Antwort die Zustimmung speziell auch zur Schiedswahl bekunden muss. Trotz der erheblichen Praxisrelevanz wird das Thema von der Rechtsprechung und Literatur bisher soweit ersichtlich kaum untersucht.161
369. Allerdings ist seit 2002 die subjektive Schiedsfähigkeit von Verbrauchern bei Börsentermingeschäften eingeschränkt. Nach § 101 WpHG (vor 2018: § 37h WpHG a. F.) können für entsprechende Streitigkeiten nur nachträgliche Schiedsvereinbarungen getroffen werden. Vssn. für diesen Schutz ist jedoch, dass die Verbraucher dem dt. Personalstatut unterfallen (vgl. Adolphsen, in: MüKo-ZPO, Art. II UNÜ Rn. 31). Zu weiteren, nicht AGB-spezifischen Hürden aus der dt. Kontrollpraxis bereits in Fn. 84 sowie noch a. E. von 3.b). Sie bilden nicht den Gegenstand dieser Arbeit. 158 So bei OLG Frankfurt, 18.5.2016, jurisRn. 26 und OLG Köln, 9.10.2009, jurisRn. 15 i. V. m. 1, 8, das speziell den Konsens auch noch anhand des dt. Rechts prüft und bejaht, vgl. jurisRn. 18 ff. Anders z. B. beim BGH, 26.11.2020, jurisRn. 22, wo die Klauselgegnerin das Bestätigungsschreiben nicht reagierte, in dem erstmals der Hinweis auf die NVS-Bedingungen samt SchKl enthalten war. Art. II NYÜ blieb daher unerfüllt. 159 S.o. bei Fn. 149: „signed […] or contained in an exchange of letters or telegrams“ [Hervorhebung hinzugefügt]. Wolff, in: ders., Art. II NYC Rn. 102, weist zudem darauf hin, dass in Telegrammen keine Unterschrift möglich ist. Faxe und E-Mails werden diesen überwiegend gleichgestellt, vgl. OLG Stuttgart, 21.12.2015, jurisRn. 37 f.; OLG Köln, 9.10.2009, jurisRn. 15; M. Roth, Schiedsvereinbarungen nach dem NYÜ, in: Czernich/Geimer, Streitbeilegungsklauseln (2017), Rn. 25; Schramm/Geisinger/Pinsolle, in: Kronke et. al., Art. II NYC, S. 83. 160 Epping, Die Schiedsvereinbarung im int. privaten Rechtsverkehr (1999), S. 64; Haas/ Kahlert, in: Weigand/Baumann, Art. II NYC Rn. 21.217. Zur Bestimmung des Statuts schon oben unter III.2. 161 Explizit hierzu v. a. Haas/Kahlert (vorige Fn.), Rn. 21.183; Schramm/Geisinger/Pinsolle, in: Kronke et. al., Art. II NYC, S. 82 und van den Berg, The NYC (1981), S. 199, 201, die
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Das OLG Düsseldorf jedenfalls scheint in einer jüngeren Entscheidung die allgemein gehaltene Zustimmung des Klauselgegners gerade nicht für ausreichend zu halten, um eine Einigung auch über die in den separaten AGB enthaltene Schiedsklausel zu bejahen. Ein niederländischer Händler hatte dort einer deutschen Soßenproduzentin die vorherige mündliche Einigung über die Lieferung von Sojaöl schriftlich bestätigt und dabei auf die Geltung der „Nofota trading rules latest version; arbitration in Rotterdam“ verwiesen.162 Die Antwort der Klauselgegnerin wird von der Entscheidung nicht im Wortlaut wiedergegeben, wendet sich aber anscheinend allein gegen die Zahlungsbedingung der Vorkasse. Nachdem sich der Klauselverwender auf eine Änderung der Zahlungsmodalitäten eingelassen hatte, stimmte die Klauselgegnerin dem Vertrag ausdrücklich zu („Ok, let’s do like that.“ [sic]).163 Das OLG lehnt die Einbeziehung der im Bestätigungsschreiben bzw. in Art. 25 der Nofota Trading Rules enthaltenen Schiedsklausel gleichwohl ab. Var. 2 von Art. II NYÜ sei „nicht erfüllt, weil sich die Bezugnahme auf die [Nofota Trading Rules] nur in schriftlichen Mitteilungen der Antragstellerin an die Antragsgegnerin, nicht aber auch in solchen der Antragsgegnerin an die Antragstellerin findet.“164 Auch andere Gerichte äußern sich in diesem Sinne, allerdings vornehmlich in Form von obiter dicta im Rahmen allgemeinerer Ausführungen zu Art. II NYÜ.165 Deutlich intensiver wird hingegen vor allem im Schrifttum und in der ausländischen Rechtsprechung das ebenfalls bereits kurz gestreifte, weitere Problem diskutiert, ob bei separaten AGB ein allgemeiner Hinweis genügt oder speziell auf die dort zu findende Schiedsklausel hingewiesen werden muss. Das berührt neben der Var. 2 auch die Var. 1 von Art. II Abs. 2 NYÜ, da diese trotz des enger klingenden Wortlauts wohl nicht verlangt, dass die Schiedswahl in der Vertragsurkunde selbst enthalten ist.166 alle eine spezifische Zustimmung zur SchKl für überflüssig halten, die Frage allerdings auch nicht vertieft erörtern. 162 Vgl. OLG Düsseldorf, 22.7.2014, jurisRn. 2 ff. 163 Vgl. OLG Düsseldorf (vorige Fn.), jurisRn. 12 in einer E-Mail, hierzu als mögliche Kommunikationsform schon in Fn. 159. 164 OLG Düsseldorf, 22.7.2014, jurisRn. 51 (aber Präklusion). Anders das Schrifttum (vgl. Fn. 161). Den Exequaturantrag hatte die Rechtsnachfolgerin des Klauselverwenders gestellt, daher hier der Genuswechsel. 165 Vgl. insb. OLG Köln, 19.11.2010, jurisRn. 38, dort unproblematisch, da Vertrag von beiden Seiten unterzeichnet, zudem wohl auch keine AGB (vgl. jurisRn. 2). Ähnlich OLG München, 12.10.2009, jurisRn. 25 („Bezugnahme im Text der Vertragsurkunde oder in den ausgetauschten Schreiben“ im Plural), dort fehlt indes die schriftliche Annahmeerklärung des Klauselgegners (s.u. bei Fn. 182). 166 Vgl. bereits die allgm. Ausführungen bei OLG Köln und OLG München aus der vorherigen Fn. Siehe daneben OLG Stuttgart, 21.12.2015, jurisRn. 39. Zur ausl. Rspr. im Guide der UNCITRAL zum NYÜ von 2016, auf S. 46 f. (verfügbar unter , letzter Zugriff am 16.3.2022). Aus dem Schrifttum v. a. Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Int. Vertragsrecht (2021), Rn. 7.337 f.; Schramm/Geisinger/Pinsolle, in: Kronke et. al., Art. II NYC, S. 62. Als Ausreißer einzuordnen deshalb OLG Köln, 6.10.2014, jurisRn. 39, wo das Gericht eine Einbeziehung nach Art. II NYÜ anscheinend ablehnt, weil die SchKl nicht direkt im Vertrag enthalten war (wegen des dortigen Hinweises aber Einbeziehung nach § 1031 ZPO i. V. m. Art. VII NYÜ, siehe b)bb)) sowie OLG Frankfurt, 3.6.2019, jurisRn. 41, wo das Gericht vermutlich deshalb besonders den Austausch der AGB betont, obwohl der unterzeichnete Vertrag einen Hinweis aufwies (vgl. jurisRn. 39 f., weshalb dort vorher ebenfalls § 1031 ZPO i. V. m. Art. VII NYÜ bejaht wird). Haas/Kahlert, in: Weigand/Baumann, Art. II NYC Rn. 21.174, problematisieren die Frage immerhin, sonst eher selten, vgl. aber auch noch die nächste Fn. 167 Deutlich insb. OLG Stuttgart (vorige Fn.), jurisRn. 39; OLG Köln, 19.11.2010, jurisRn. 38; OLG Oldenburg, 1.2.2005 [ohne Rn.]. Aus dem Schrifttum neben den in der vorigen Fn. Genannten z. B. noch Adolphsen, in: MüKo-ZPO, Art. II UNÜ Rn. 19 und M. Roth, Schiedsvereinbarungen nach dem NYÜ, in: Czernich/Geimer, Streitbeilegungsklauseln (2017), Rn. 31. 168 Vgl. Villani/Caccialanza, Arbitration Clauses Incorporated by Reference, Kluwer Arbi tration Blog v. 3.3.2015, dort auch zu einem möglichen Wechsel der Rspr. Ähnlich Frignani, Interpretation and Application of the New York Convention in Italy, in: Bermann, Recognition and Enforcement of Foreign Awards (2017), 561, 572 ff. Instruktiv, wenngleich zu älterer Rspr. Di Pietro, Incorporation of Arbitration Clauses by Reference, J. Int’l Arb. 2004, 439 ff. Villani/ Caccialanza berichten zudem von engl. und frz. Urteilen, die in der Vergangenheit einen solchen spezifischen Hinweis forderten. Laut Tang, Jurisdiction and Arbitration Agreements (2014), S. 41 ff., soll vor engl. Gerichten ein pauschaler AGB-Hinweis aber ausreichen. Aus der Literatur fordert insb. Lindacher, SchKl und AGB im int. Handelsverkehr, FS Habscheid 1989, 167, 171 ff., wegen der rationalen Apathie des Klauselgegners einen spezifischen Hinweis, außer bei Großgeschäften oder wenigen Klauseln. So i.E. (nur) für den b2c-Bereich auch Gildeggen, Int. Schieds- und Schiedsverfahrensvereinbarungen in AGB (1991), S. 83. 169 OLG Köln, 26.2.2014, jurisRn. 26 und OLG Hamm, 9.7.2013, jurisRn. 73 (s.o. Fn. 150).
IV. Bestandsaufnahme
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Sonderkonstellation vor, wie bei den zurückgesendeten Formularen170 oder 2015 beim OLG Stuttgart. Hier hatte die Klauselverwenderin in ihrem Angebot pauschal auf die Geltung der AGB des Dachverbands der europäischen Investitionsgüterindustrie „Orgalime“ verwiesen, diese aber nicht mitübermittelt. Art. 72 der Orgalime-AGB sieht eine Schiedsklausel vor.171 Das OLG Stuttgart bejaht trotzdem ihre Einbeziehung, wobei es explizit offenlässt, ob es für die an sich erforderliche Kenntnisnahmemöglichkeit ausreicht, dass die Orgalime-AGB im Internet leicht zu finden waren.172 Denn der Klauselgegner hatte in dem Fall in seinem Antwortschreiben die Geltung der in Bezug genommenen AGB selbst ausdrücklich bekräftigt. Begnüge sich der Klauselgegner aber nicht – wie im Regelfall – damit, die fremden AGB hinzunehmen, sondern billige diese sogar noch individuell und mit Nachdruck, komme es auf die Kenntnisnahmemöglichkeit nicht mehr an. Die Schiedsklausel sei dann auch ohne eine solche nach Art. II NYÜ einbezogen.173 Mögen einschlägige Beispiele in der analysierten Rechtsprechung somit auch fehlen, dürfte indes kein wirklicher Zweifel bestehen, dass die deutschen Gerichte einen pauschalen Hinweis genügen lassen werden. Aus den allgemeinen Ausführungen zum Maßstab von Art. II NYÜ in den Entscheidungen ergibt sich bereits hinreichend, dass das Bestehen der Schiedsklausel durch den Hinweis im schriftlichen Vertrag oder Angebot nicht speziell hervorgehoben werden muss. Weniger klar ist freilich, welche Anforderungen generell an die Kenntnisnahmemöglichkeit gestellt werden, insbesondere ob die AGB dem Klauselgegner auch im b2b-Bereich vorab übermittelt werden müssen. Einzig das KG Berlin, OLG Naumburg und das LG Gießen sprechen diese Frage während des Untersu170 S.o. bei Fn. 158 sowie ergänzend OLG München, 27.5.2010, jurisRn. 13, wo der Klauselgegner das bereits unterschriebene Bestätigungsschreiben seinerseits unterzeichnet und dann zurückgesandt hatte, aus diesem ging die Schiedsvereinbarung bereits direkt hervor. In den anderen, obigen Fällen waren die AGB beilegt. 171 Vgl. OLG Stuttgart, 21.12.2015, jurisRn. 2 ff., 13, 22. 172 OLG Stuttgart (vorige Fn.), jurisRn. 39 i. V. m. jurisRn. 30 f. (dort zum CISG, vgl. noch die nächste Fn.). Kritisch allerdings OLG Frankfurt, 30.1.2019, jurisRn. 17 („[…] das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Beklagte für ihre Behauptung, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses die als Anlage B 2 vorgelegten allgemeinen Geschäftsbedingungen auch tatsächlich diejenigen waren, die im Internet haben abgerufen werden können, […] beweisfällig geblieben ist“), dort aber unklar, ob in einem int. Fall und damit im Anwendungsbereich des NYÜ (deswegen hier nicht als einschlägig mitgezählt, siehe dazu oben IV.1.). 173 OLG Stuttgart, 21.12.2015, jurisRn. 39 f., wo das Gericht im Wesentlichen auf seine zuvor zum CISG bzgl. der AGB generell angestellten Überlegungen aus jurisRn. 24 ff. verweist. Dadurch kommt es zu einer doppelten Einbeziehungskontrolle, da das Gericht auch bei Art. II NYÜ (entgegen der Ankündigung in jurisRn. 36) nicht nur die Einhaltung der Form, sondern damit verflochten zugleich besondere Konsensvorgaben prüft. Diese scheint es direkt aus Art. II NYÜ zu entnehmen, womöglich aber auch dem CISG (s.u.).
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Sechstes Kapitel: Kontrolle von Schiedsklauseln
chungszeitraums näher an,174 beziehen sich dabei allerdings alle nur auf das nationale AGB-Recht bzw. das CISG, da sie die Anwendbarkeit von Art. II NYÜ übersehen.175 Die Antworten, die überdies auseinanderfallen,176 helfen daher für das Verständnis von Art. II NYÜ nicht weiter. Ebenso wenig lässt sich anhand der gefundenen Rechtsprechung die in der Literatur vertretene Position bestätigen, dass nach Art. II NYÜ Schiedsklauseln in laufenden Geschäftsbeziehungen oder im internationalen Handel leichter einbezogen werden können.177 Das BayObLG hält 2002 gerade gegenteilig fest, dass auch in solchen Fällen stets eine schriftliche Vereinbarung erforderlich ist. Weder genüge es, wenn sich die Parteien mündlich einigten, noch, wenn die eine auf das schriftliche Angebot der anderen schweige.178 Auch das OLG München verneint deswegen 2009 die Einbeziehung einer Schiedsklausel aus AGB, auf die erst in der Auftragsbestätigung hingewiesen worden war. Hier standen sich ebenfalls langjährige Geschäftspartner gegenüber, was das OLG jedoch zumindest im Rahmen von Art. II NYÜ nicht zum Thema macht.179 Die schwedische Klausel174 Vgl. KG Berlin, 13.10.2016, jurisRn. 12 ff.; OLG Naumburg, 13.2.2013, jurisRn. 37, 40 ff.; LG Gießen, 31.7.2008, jurisRn. 18. Auch BGH, 26.11.2020, positioniert sich hierzu nur i.R.v. Art. VII NYÜ, nicht mit Blick auf Art. II NYÜ, über den er eine Einbeziehung bereits aus anderen Gründen ablehnt, s.o. Fn. 152, 158. 175 Der genaue Wortlaut der SchKl ist in ihnen nicht wiedergegeben. Beim OLG Naumburg verweist die SchKl allerdings auf die Schiedsordnung der nl. Branchenvereinigung NZV, die in Art. 9 als Schiedsort Den Haag benennt (s.o. Fn. 116). Beim LG Gießen beruht die SchKl auf den nl. FENEX-Bedingungen, laut deren damaligem Art. 23 Nr. 7 der Schiedsort am Wohnsitz des vorsitzenden Schiedsrichters liegen soll, der nach Nr. 2 wiederum von der Rechtsanwaltskammer am Sitz des – dort nl. – Spediteurs benannt wird; was ebenfalls für einen ausl. Schiedssitz spricht (Fassung von 2004 verfügbar unter , letzter Zugriff am 16.3.2022, inzwischen neue, veränderte Fassung). Beim KG Berlin war bereits ein nl. Schiedsspruch ergangen, das Gericht spricht zwar Art. V NYÜ, nicht aber Art. II NYÜ an. 176 Das KG Berlin und OLG Naumburg verneinen auf Basis des CISG (bei letzterem i. V. m. § 1031 ZPO) das Bestehen einer Erkundigungsobliegenheit (dazu auch noch bb)); das LG Gießen kommt nach dem dt. AGB-Recht genau zum umgekehrten Ergebnis: Die Klauselgegnerin hätte die AGB selbst anfragen müssen. Diese seien zudem bei einem nl. Gericht hinterlegt gewesen, was für die Kenntnisnahmemöglichkeit reiche. 177 So halten z. B. Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 7.342 f. und Schlosser, in: Stein/Jonas, Anh. zu § 1061 ZPO Rn. 113, dort die Übersendung der in Bezug genommenen AGB ggfs. für überflüssig. M.w.N. Epping, Die Schiedsvereinbarung im int. privaten Rechtsverkehr (1999), S. 130. 178 BayObLG, 12.12.2002, jurisRn. 18. Siehe daneben auch OLG Düsseldorf, 22.7.2014, jurisRn. 51 und OLG Oldenburg, 1.2.2005 [ohne Rn.]. 179 Vgl. OLG München, 12.10.2009, jurisRn. 25, zur Einbeziehung der SchKl aufgrund einer etwaigen Rahmeneinigung erst bei § 1031 ZPO in jurisRn. 41. Die Geschäftsbeziehung bestand über 10 Jahre (jurisRn. 2).
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verwenderin hatte sich zwar darauf berufen, dass die Beziehung schon seit Jahren auf der Grundlage ihrer AGB abgewickelt werde.180 Hieran säte aber nicht zuletzt der Umstand Zweifel, dass die deutsche Klauselgegnerin in ihrer vorherigen Bestellung selbst auf die eigenen AGB Bezug nahm, wo sich insofern abweichend eine Gerichtsstandsklausel befand.181 Das OLG München lehnt die Einbeziehung am Ende hauptsächlich wegen der fehlenden schriftlichen Erwiderung der Klauselgegnerin ab und lässt damit deren Schweigen auf die Auftragsbestätigung der langjährigen Geschäftspartnerin nicht ausreichen.182 So sieht es 2019 auch das OLG Köln in einem deutsch-indischen Fall, wo die Klauselverwenderin nach einer gewissen Zeit begann, auf ihren Rechnungen an die langjährige Geschäftspartnerin eine Schiedsklausel zugunsten des ständigen Schiedsgerichts von Tirupur (Arbitration Council of Tirupur) einzufügen. Da sich die deutsche Klauselgegnerin hierzu schriftlich nie äußerte und überdies die Rechnungen, auf die sich die Klausel bezog, auch nicht bezahlte, lehnt das OLG eine Einbeziehung gemäß Art. II NYÜ ab. Der fehlender Widerspruch reiche nicht aus, um eine Zustimmung zu bejahen.183 bb) Einbeziehung nach nationalem Recht Da die deutschen Gerichte unter Art. II NYÜ von der Schriftform also keine Ausnahmen machen, Verträge aber gerade im b2b-Bereich oft nur mündlich oder konkludent geschlossen werden, scheidet eine Einbeziehung nach den gerade geschilderten, international vereinheitlichten Kontrollmaßstäben regelmäßig aus. Das verhindert jedoch wie schon unter III.1. erläutert nicht, dass die Schiedsklausel nach einem günstigeren nationalen Parallelrecht anerkannt wird, weil sie die danach maßgeblichen Einbeziehungsstandards erfüllt. Speziell vor den deutschen Gerichten stellt sich in der Hinsicht freilich das Problem, das mit der letzten Schiedsreform das vormals geltende autonome Anerkennungs- und Vollstreckungsrecht für ausländische Schiedssprüche abgeschafft wurde und 180
OLG München (vorige Fn.), jurisRn. 14 f. Vgl. OLG München, 12.10.2009, jurisRn. 3. Das OLG verneint daher im Anschluss auch eine Einbeziehung nach § 1031 ZPO i. V. m. Art. VII NYÜ, dazu noch unter b)bb) (vgl. jurisRn. 41). 182 Vgl. OLG München (vorige Fn.), jurisRn. 25. Die Parteien hatten zwar nach der Auftragsbestätigung noch mehrere E-Mails ausgetauscht, darin aber nur über die Spezifika der bestellten Ventile diskutiert (jurisRn. 3 ff.). Unabhängig von der Frage, ob E-Mails für Art. II Abs. 2 Var. 2 NYÜ ausreichen (so oben Fn. 159), ergab sich für das OLG daraus wohl keine hinreichend eindeutige Zustimmung. Anders z. B. z.T. die Rspr. bei GStKl, vgl. Kap. 5, IV.2.c) a. E. 183 Zumal überdies auch nicht dargelegt war, dass die Rechnungen bei der Klauselgegnerin überhaupt vertretungsberechtigten Personen vorgelegen hatten, siehe OLG Köln, 15.3.2019, insb. jurisRn. 27 f. 181
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§ 1061 ZPO n. F. seitdem auf die entsprechenden Regeln des NYÜ verweist.184 Um den Meistbegünstigungsgrundsatz in Deutschland nicht leer laufen zu lassen, durchbrechen der BGH und mit ihm die Instanzgerichte die resultierende Rückverweisung aber und wenden im Rahmen von Art. VII NYÜ auch solche Vorschriften an, die vom Wortlaut und der Systematik her an sich nur auf inländische Schiedssprüche und -klauseln Anwendung finden.185 Das gilt insbesondere für § 1031 ZPO, der laut § 1025 ZPO ausschließlich inländische Schiedsklauseln erfasst. Er stellt in Abs. 1 ähnliche Anforderungen wie Art. II NYÜ, lockert diese aber in Abs. 2 und 3 insbesondere für Schiedsklauseln aus separaten Klauselwerken und kaufmännischen Bestätigungsschreiben auf. Da er den deutschen Gerichten zudem als lex fori bestens vertraut ist, verwundert es nicht, dass er die im Untersuchungszeitraum am häufigsten angewendete nationale Kontrollvorschrift darstellt.186 Es finden sich zwar auch Entscheidungen, in denen die Gerichte die Schiedsklausel – oft zusätzlich – einer Einbeziehungskontrolle anhand des schwedischen, belgischen, tschechischen, indischen, US-amerikanischen oder österreichischen Rechts unterziehen.187 Schließlich Zur Abschaffung u. a. Epping, Die Schiedsvereinbarung im int. privaten Rechtsverkehr (1999), S. 108 ff., die deshalb i.R.v. Art. VII NYÜ keine Anwendungsmöglichkeit für die dt. Schiedsregeln mehr sieht und nach Korrekturmöglichkeiten sucht; teils ähnlich Mallmann, Die Bedeutung der Schiedsvereinbarung, SchiedsVZ 2004, 152, 156. Zur späteren, abweichenden BGH-Rspr. allerdings sogleich. 185 Grundlegend BGH, 30.9.2010, jurisRn. 5 ff.; aus neuerer Zeit z. B. auch BGH, 26.11.2020, jurisRn. 25. Mit Kritik an der Begründung, i.E. aber zustimmend Pfeiffer in seiner Anm. für LMK 2010, 310078 und Quinke, § 1061 ZPO und der Meistbegünstigungsgrundsatz des UNÜ, SchiedsVZ 2011, 169 ff. Zur Rspr. der Instanzgerichte noch im Folgenden, explizit z. B. OLG Düsseldorf, 22.7.2014, jurisRn. 54. Weder sie noch der BGH sprechen indes offen an, ob die Anerkennung der SchKl bzw. des Schiedsspruchs dann trotzdem noch i.R.d. NY-Regimes erfolgt, was letztlich dann doch zu einem Art Rosinenpicken führen würde (so der Eindruck von Kindler, “Cherry Picking” and Good Faith in German Arbitration Law, FS Kaissis 2012, 481 ff. und Pfeiffer, a.a.O; anders, jedoch insofern wenig überzeugend Quinke, a. a. O., 173), oder nach einem nat., in § 1061 ZPO „hineingelesenen“ Parallelrecht (Kröll, Die Schiedsvereinbarung, ZZP 117 (2004), 453, 477 f.). 186 So wird er in allen bis auf 3 der insgesamt 56 einschlägigen Entsch. zumindest angesprochen (als Ausnahmen: OLG Köln, 15.3.2019 und 9.10.2009; LG Gießen, 31.7.2008; von OLG Düsseldorf, 29.7.2005, offengelassen, da schon nach dt. AGB-Recht nicht wirksam einbezogen). Geschildert werden im Folgenden sowohl Entsch., in denen das nat. Recht wegen Art. VII NYÜ geprüft wird, als auch solche, in denen die Gerichte von vornherein nur auf das nat. Recht eingehen, vgl. zur Abgrenzung die Übersicht in Anh. 6, oft wird zudem in der jeweiligen Fn. erwähnt, ob Art. II NYÜ ebenfalls geprüft wurde. 187 Zum schwedischen Recht OLG München, 12.10.2009, jurisRn. 27 ff.; OLG Frankfurt, 5.6.2009, jurisRn. 15 ff. (allerdings v. a. zur Frage des Vertragspartners); zum belg. Recht OLG Frankfurt, 20.7.2007, jurisRn. 25; zum indischen Recht OLG Köln, 15.3.2019, jurisRn. 29 ff.; zum Recht von New Jersey OLG Düsseldorf, 3.2.2011, jurisRn. 79 ff.; das tschechische Recht wird von OLG Köln, 9.10.2009, jurisRn. 18 f. und OLG Dresden, 18.2.2009, jurisRn. 14, angespro184
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verweist Art. VII NYÜ nicht nur auf das im Forumstaat geltende Sach-, sondern über dessen Kollisionsrecht auch auf günstigere Vorschriften eines hiervon abweichenden Schiedsvereinbarungsstatuts.188 Die Anwendung ausländischer Kontrollvorschriften kommt im Untersuchungszeitraum aber trotzdem deutlich seltener vor.189 Dabei sehen sie oft ebenfalls mildere und damit günstigere Einbeziehungsstandards vor, müssten von den Gerichten (und betroffenen Parteien) allerdings zunächst einmal – aufwendig – ermittelt werden.190 Trotz der geringeren Standards scheitert die Einbeziehung freilich auch im Bereich des nationalen Rechts erstaunlich oft. So bejahen von den 56 einschlägigen Entscheidungen, die die parallele Anwendbarkeit des NYÜ jedoch nicht immer erkennen (siehe schon 2.a)), nur 12 eine formwirksame Einigung über die Schiedswahl.191 Nimmt man die Broker-Fälle erneut aus der Zählung heraus, steigt die Einbeziehungsquote allerdings wieder deutlich, nämlich von 21 % auf 50 % (elf von 22 b2b-Fällen).192 Das liegt vor allem daran, dass die deutschen chen, selbst aber nicht ermittelt. Das OLG Frankfurt, 26.6.2006, jurisRn. 20, lehnt die Prüfung des nl. Recht ab, da dieses vom CISG verdrängt werde (hierzu noch im Folgenden); das OLG Oldenburg, 1.2.2005 [ohne Rn.], wiederum, da es dieses i.R.v. Art. VII NYÜ nicht für anwendbar hält (noch vor der Leitentsch. des BGH, siehe sogleich). Das österr. Recht wird von den Vorinstanzen zu BGH, 8.6.2010 (Az. XI ZR 41/09), geprüft und verneint, der dazu selbst aber inhaltlich keine Stellung nimmt. Explizit ohne Prüfung des engl. Rechts OLG Frankfurt, 27.8.2009, jurisRn. 25, da die SchKl schon nach § 1031 ZPO i. V. m. Art. VII NYÜ einbezogen sei. 188 Als Leitentsch. BGH, 21.9.2005, jurisRn. 18, deutlich auch etwa BGH, 26.11.2020, jurisRn. 26, 46 und BGH, 8.6.2010 (Az. XI ZR 41/09), jurisRn. 25. Aus dem Schrifttum insb. Quinke, in: Wolff, Art. VII NYC Rn. 58; übersehen bei Ampatzi, Das AGB-Recht in der Schiedsgerichtsbarkeit (2019), S. 283. Auch hier stellt sich allerdings die Frage, ob das nat. Kollisionsrecht nicht durch die Kollisionsnorm aus Art. V Abs. 1 lit. a NYÜ verdrängt wird (so z. B. Geimer in seiner Urteilsanm. zum BGH, LMK 2006, 166229 und Schlosser, in: Stein/Jonas, Anh. zu § 1061 ZPO Rn. 68) oder ob speziell i.R.v. Art. VII NYÜ anderes gilt. Die unter III.2. dargestellte Ansicht, die für eine int. vereinheitlichte Anknüpfung des Schiedsvereinbarungsstatuts eintritt, differenziert insofern meistens nicht. 189 Vgl. Fn. 187 sowie die Fallübersicht in Anh. 6. 190 Wenig überzeugend daher OLG Köln, 9.10.2009, jurisRn. 19, das dem dt. Klauselgegner vorwirft, nicht ausreichend zum tschechischen Recht vorgetragen zu haben und dabei anscheinend davon ausgeht, dass dieser „unschwer Zugang“ hierzu habe. Zu den entsprechenden Hürden jedoch schon in Kap. 4, unter II.2, IV.1. 191 Nämlich OLG Frankfurt, 4.6.2019; 3.6.2019; OLG Köln, 6.10.2014; OLG Hamm, 9.7.2013; OLG Düsseldorf, 3.2.2011; KG Berlin, 20.1.2011; OLG Frankfurt, 27.8.2009; OLG Dresden, 18.2.2009; LG Gießen, 31.7.2008; OLG Frankfurt, 20.7.2007; OLG Stuttgart, 15.5.2006 und OLG Düsseldorf, 11.2.2005 (dort aber unklar, ob int. SchKl, da von dt. Vermittler in einem Broker-Fall, was jedoch für Auslandsbezug spricht). Für Konsens nach dt. Recht, Form aber vorher schon anhand von Art. II NYÜ bestimmt, OLG Köln, 9.10.2009. 192 Vgl. die Fallübersicht in Anh. 6. Erfolgreiche Einbeziehung in den in der vorigen Fn. genannten Fällen (bis auf OLG Düsseldorf von 2005, da b2c). In b2b-Fällen verneint dagegen von BGH, 26.11.2020; OLG Köln, 15.3.2019; OLG Düsseldorf, 22.7.2014 (aber Präklusion);
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Sechstes Kapitel: Kontrolle von Schiedsklauseln
Gerichte in Verbraucherfällen selbst bei einem abweichenden, günstigeren Schiedsvereinbarungsstatut die Schiedsklausel bislang stets am relativ strengen § 1031 Abs. 5 ZPO messen. Obwohl die vom Broker verwendeten Formulare häufiger US-amerikanisches Recht wählen und § 2 des Federal Arbitration Act nach der US-Rechtsprechung auch bei Verbrauchern eine stillschweigende Annahme der schriftlichen Schiedsklausel genügen lässt,193 fordern die deutschen Gerichte trotzdem deren separate Unterschrift. Wegen Art. 29 EGBGB a. F. (analog) komme es nämlich allein auf das Heimatrecht des Verbrauchers an, bei deutschen Verbrauchern also auf § 1031 Abs. 5 ZPO.194 Dessen Standard ist in der Praxis jedoch selten erfüllt, da die wenigsten Standardverträge und -formulare die Schiedsklausel von den übrigen Klauseln abtrennen und dadurch besonders hervorheben.195 Damit bremst die deutsche Kontrollpraxis das Meistbegünstigungsprinzip in Verbraucherfällen letztlich über das nationale Kollisionsrecht aus. So begrüßensOLG Naumburg, 13.2.2013; OLG München, 12.10.2009; OLG Frankfurt, 5.6.2009; 26.6.2006; OLG Düsseldorf, 29.7.2005; OLG Oldenburg, 1.2.2005; BayObLG, 12.12.2002; OLG Brandenburg, 13.6.2002. 193 Siehe insb. Born, Int. Commercial Arbitration (2021), S. 744 ff. m. w. N., zu Einschränkungen freilich S. 875 f. Die dt. Rspr. erstreckt die Rechtswahl für den Hauptvertrag oft auf die SchKl bzw. knüpft objektiv an die lex causae an (dazu unter III.2.). Selbst wenn man die Einbeziehungskontrolle als Formfrage versteht und sie deshalb separat anknüpft, käme es in den Fällen grdsl. auf das US-Recht an, vgl. Art. 11 Abs. 2 EGBGB. 194 Mit „deutsch“ ist hier wie auch sonst in der Arbeit nicht die Nationalität, sondern der Wohnsitz bzw. gewöhnliche Aufenthaltsort des Verbrauchers gemeint. Siehe zur analogen Anwendung von Art. 29 EGBGB a. F. in den Broker-Fällen v. a. BGH, 22.3.2011 (Az. XI ZR 102/09), jurisRn. 20 ff., ohne den Zusatz vorher z. B. BGH, 8.6.2010 (Az. XI ZR 349/08), jurisRn. 35, i.E. aber gleich; von den Instanzgerichten davor schon u. a. LG Düsseldorf, 24.7.2008, jurisRn. 61. In BGH, 8.6.2010 (Az. XI ZR 41/09), jurisRn. 29, bestätigt das Gericht deshalb auch die Anknüpfung der Vorinstanz an das österr. Recht, da der Verbraucher dort seinen Wohnsitz hatte. Das LG Krefeld, 31.1.2006, jurisRn. 37 bzw. 39 (2 Entsch.), begründet die Anwendung von § 1031 Abs. 5 ZPO dagegen damit, dass die RwKl nach § 3 AGBG i. V. m. Art. 29 EGBGB unwirksam sei, zu dieser Kontrolle in Kap. 4, unter IV.4.c). 195 Zu diesen Anforderungen schon oben in Fn. 156. Daher auch in allen der in Fn. 153 genannten Broker-Fällen abgelehnt, sofern überhaupt näher geprüft. Teils wird auch nur darauf verwiesen, dass § 1031 Abs. 5 ZPO als nat. Recht keinen milderen Standard enthalte. Ohne Erwähnung von § 1031 Abs. 5 ZPO lediglich LG Düsseldorf, 17.7.2009. Umgekehrt allein zu § 1031 Abs. 5 ZPO ohne vorherige Prüfung von Art. II NYÜ LG Düsseldorf, 9.11.2006, jurisRn. 62; LG Krefeld, 31.1.2006, jurisRn. 36 f. bzw. 38 f., dort jeweils abgelehnt. § 1031 Abs. 5 ZPO dagegen als erfüllt ansehend OLG Düsseldorf, 11.2.2005, jurisRn. 14, wo es allerdings um die SchKl des dt. Vermittlers geht, deren int. Charakter unsicher ist (vgl. schon Fn. 191). In einem b2b-Broker-Fall § 1031 Abs. 3 ZPO verneinend, dafür aber für eine Einbeziehung nach dem Recht von New Jersey OLG Düsseldorf, 3.2.2011, jurisRn. 82, vgl. Fn. 194, dazu teils kritisch Niedermaier, Schiedsgerichtsbarkeit und Finanztermingeschäfte, SchiedsVZ 2012, 177, 182 (§ 2 des Bundesrechts vorrangig, aber erfüllt).
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wert das angesichts der unter II. geschilderten Gefahren rechtspolitisch auch sein mag, so fraglich ist dieses Vorgehen nun, da Art. 29 EGBGB gestrichen worden ist.196 Zwar wird überlegt, ob man analog nun nicht auf Art. 6 Rom I-VO zurückgreifen kann.197 Dem steht aber womöglich der Wille des europäischen Gesetzgebers entgegen, die Regeln der Rom I-VO gerade nicht auf Schiedsvereinbarungen zu erstrecken (vgl. Art. 1 Abs. 2 lit. e Rom I-VO).198 Eine gefestigte Rechtsprechung hat sich hierzu bislang nicht entwickelt, die gefundenen deutschen Entscheidungen betreffen überwiegend frühere Fälle. Es ist daher ungewiss, ob zukünftig nicht doch stärker auf niedrigere Einbeziehungsstandards anderer Rechtsordnungen zurückgegriffen, dies dann aber z. B. durch eine intensivere Inhaltskontrolle kompensiert wird.199 Im b2b-Bereich scheitert die Einbeziehung derzeit wiederum vor allem an der fehlenden AGB-Übermittlung oder einem zu späten bzw. gar nicht erst erfolgendem Hinweis auf sie.200 Einen besonderen Schwerpunkt bilden daneben kaufmännische Bestätigungsschreiben.201 Einigen sich die Parteien mündlich auf ei196 Auch vorher konnte man sich schon fragen, ob Art. 29 EGBGB nicht durch Art. V Abs. 1 lit. a NYÜ verdrängt wird, siehe dazu gerade schon Fn. 188. 197 Siehe insb. Eidenmüller, ODR und Consumer ADR, in: Bitburger Gespräche 2016, 101, 111 Fn. 47 (zusammen mit Art. 11 Rom I-VO); Voit, in: Musielak/ders., § 1061 ZPO Rn. 14 (Art. 6 Rom I-VO analog). Aus der Rspr. OLG Düsseldorf, 15.11.2017, jurisRn. 93 ff. (in einem Sport-Fall, vgl. IV.1.). 198 Vgl. Stürner/Wendelstein, Das Schiedsvereinbarungsstatut bei vertraglichen Streitigkeiten, IPRax 2014, 473, 475; König, Zur Bestimmung des Schiedsvertragsstatuts, SchiedsVZ 2012, 129, 131. In einem b2b-Fall gegen die analoge Anwendung der Rom I-VO u. a. wegen der fehlenden Planwidrigkeit der dort allerdings darüber hinaus auch nicht bestehenden Regelungslücke BGH, 26.11.2020, jurisRn. 49 ff., s.o. III.2. 199 Hier stellt sich allerdings ebenfalls das Problem, dass sich die Inhaltskontrolle, sofern anwendbar (vgl. noch 3.a)), primär nach dem Schiedsvereinbarungsstatut richtet; zu möglichen Sonderanknüpfungen noch unter 3.b). Einige mitgliedstaatliche Rechtsordnungen schränken die subjektive Schiedsfähigkeit ein, das hilft jedoch nur Verbrauchern, die dem Personalstatut unterliegen (vgl. Fn. 157). Der Schutz ist daher limitiert. 200 Keine Einbeziehung, da AGB nicht übermittelt, bei BGH, 26.11.2020, jurisRn. 27 ff., insb. 43, 61; OLG Naumburg, 13.2.2013, jurisRn. 37 ff.; im Anschluss an Letzteres auch OLG Düsseldorf, 22.7.2014, jurisRn. 55 f. (dort aber zweifelhaft, da SchKl auch im Schreiben selbst, s.o. Zitat bei Fn. 162). Trotzdem für eine Einbeziehung LG Gießen, 31.7.2008, jurisRn. 18 (vgl. Fn. 176). Keine Einbeziehung, da Hinweis erst in der Rechnung, bei OLG Köln, 15.3.2019, jurisRn. 31; OLG Frankfurt, 5.6.2009, jurisRn. 21 (zudem anderer Vertragspartner); OLG Oldenburg, 1.2.2005 [ohne Rn.]; siehe auch BGH, 21.9.2005, jurisRn. 13 f. (Anerkennung i.E. aber offen, da bzgl. des nl. Rechts Zurückverweisung). Gar kein Hinweis bzw. nicht zugegangen bei OLG Düsseldorf, 29.7.2005, jurisRn. 20 f. (AGB zudem nicht in der Vertragssprache) und OLG Brandenburg, 13.6.2002, jurisRn. 50 ff. 201 Trotz der Bezeichnung ist i.R.v. § 1031 Abs. 2 ZPO allerdings keine Kaufmannseigenschaft nötig, vgl. Münch, in: MüKo-ZPO, § 1031 ZPO Rn. 38 f.; Voit, in: Musielak/ders., § 1061 ZPO Rn. 5. Konnossements spielen dagegen im Untersuchungszeitraum keine Rolle. Die Er-
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nen Vertragsschluss samt Einbeziehung der später geltend gemachten AGB und bestätigt das die eine Seite der anderen schriftlich, reicht deren Schweigen insbesondere für § 1031 Abs. 2 ZPO regelmäßig aus.202 Das OLG Frankfurt bejaht deshalb z. B. 2009 in einer Entscheidung die Einbeziehung der dort direkt in der Bestätigungs-E-Mail enthaltenen Schiedsklausel, nachdem es Art. II NYÜ zuvor wegen der fehlenden schriftlichen Erwiderung der Klauselgegnerin noch verneint hatte.203 Zwar war streitig, ob sich die Parteien tatsächlich bereits mündlich geeinigt hatten, unter anderem die Vertretungsmacht war fraglich, laut dem OLG genügt es aber, wenn die bestätigende Seite gutgläubig von einer erzielten Einigung ausgeht und diese dann anschließend schriftlich fixieren will.204 Dass sie in dem Fall parallel dazu auch noch eine unterschriebene Fassung des (angeblich) bereits geschlossenen Kaufvertrags übermittelte, zieht nach Auffassung des Gerichts den guten Glauben und Bestätigungswillen nicht in Zweifel. Aus den Gesamtumständen ergebe sich, dass dessen Übermittlung allein zu Beweiszwecken gedient habe.205 Das KG Berlin wertet solche anschließend übermittelten, rein deklaratorisch gemeinten Vertragsfassungen 2011 sogar als eigene Bestätigungsschreiben i. S. v. § 1031 Abs. 2 ZPO und nimmt deshalb ebenfalls eine Einbeziehung der dortigen Schiedsklausel an. Da die Klauselgegnerin erst einige Monate später auf die entsprechenden Faxe und Briefe reagiert habe, komme ihrem Widerspruch keine Bedeutung mehr zu.206 Ähnlich sieht das 2014 das OLG Köln.207
leichterung aus § 1031 Abs. 4 ZPO a. F. ist seit dem 25.4.2013 aufgehoben, siehe Münch, a. a. O., Rn. 45. 202 Vgl. neben den folgenden Fn. insb. auch BT-Drs. 13/5274, S. 36 f. zu § 1031 Abs. 2 ZPO-Regierungsentwurf: „Gedacht ist in diesem Zusammenhang insbesondere an das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben, dem nach deutschem Recht und dem Recht anderer Länder (z. B. Frankreich, Belgien, Luxemburg, Niederlande) rechtsgeschäftliche Bedeutung im Sinne der Annahme des Vertragsangebots beigemessen wird.“ OLG München, 12.10.2009, jurisRn. 37, prüft eine ähnliche schwedische Vorschrift (s.u. bei Fn. 218). Zu verbleibenden Hürden jedoch noch im Folgenden. 203 OLG Frankfurt, 27.8.2009, jurisRn. 16 ff. (nicht Gegenstand der Revision in BGH, 30.9.2010). Dass das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben für Art. II NYÜ nicht ausreicht, zeigt bereits dessen Entstehungsgeschichte. Siehe dazu nur Wolff, in: ders., Art. II NYC Rn. 15, 98. 204 OLG Frankfurt (vorige Fn.), jurisRn. 22 f. 205 OLG Frankfurt, 27.8.2009, jurisRn. 23 f. 206 KG Berlin, 20.1.2011, jurisRn. 18 ff. Die Einbeziehung nach Art. II NYÜ war vorher u. a. an der fehlenden zweiten Unterschrift auf diesen Vertragsfassungen gescheitert (s.o. bei Fn. 152). 207 OLG Köln, 6.10.2014, jurisRn. 39 ff., zu einem freilich etwas undurchsichtigen Sachverhalt.
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Zumindest in den ersten zwei Fällen sind die Schiedsklauseln jeweils unmittelbar in den Bestätigungsschreiben enthalten, weshalb sich bezüglich der Übermittlung bzw. der Kenntnisnahmemöglichkeit keinerlei Probleme stellten.208 Beim OLG Naumburg hatte das Bestätigungsschreiben in einem anderen Fall jedoch auf die Geschäftsbedingungen der Niederländischen Vereinigung für den Handel mit Südfrüchten (NZV) verwiesen, die dem Schreiben selbst gar nicht beilagen. Das Gericht verneint deshalb die Einbeziehung der dadurch mittelbar in Bezug genommenen Schiedsklausel.209 Dabei kombiniert es die Form aus § 1031 Abs. 2 ZPO mit den Konsensvorgaben des CISG, anhand derer es dann die Einbeziehung der gesamten NZV-AGB prüft. Da den Klauselgegner nach der – freilich umstrittenen – Rechtsprechung des BGH keine Erkundigungsobliegenheit treffe, reiche der allgemeine Hinweis auf diese AGB nicht aus. Sie hätten der deutschen Klauselgegnerin darüber hinaus übermittelt werden müssen.210 An dieser Prüfung irritiert erstens die fehlende Trennung zwischen der Einbeziehung der NZV-AGB generell und der dort in Bezug genommenen Schiedsklausel.211 Nur weil die materiellrechtlichen Klauseln als Ergänzung zum Hauptver208 Das OLG Köln (vorige Fn.), wo auf separate Muster-AGB Bezug genommen wurde, geht auf das Thema nicht ein. 209 Vgl. OLG Naumburg, 13.2.2013, insb. jurisRn. 37, 38. Art. 11 der NZV-AGB verweist auf die Geltung der NZV-Schiedsordnung, wo sich erst die eigentliche SchKl findet (vgl. auch schon oben Fn. 116). 210 OLG Naumburg (vorige Fn.), jurisRn. 37 ff. (ohne vorherige Prüfung von Art. II NYÜ, dazu oben bei Fn. 175). Im Anschluss daran auch OLG Düsseldorf, 22.7.2014, jurisRn. 55 f. („Die Frage, ob die Voraussetzungen des § 1031 Abs. 2 und 3 ZPO im Einzelfall vorliegen, beantworten jedoch nicht die Formvorschriften des § 1031 ZPO selbst, sondern richtet sich nach materiellem Recht“ – hier dem CISG). Dort war die SchKl jedoch zumindest im Kern schon im Bestätigungsschreiben selbst enthalten (vgl. das Zitat oben bei Fn. 162), weshalb die Begründung wenig überzeugt. Die Klauselgegnerin war mit dem Einwand allerdings ohnehin präkludiert (vgl. a. a. O., jurisRn. 59 ff.), da sie sich vorher in einem anderen Verfahren selbst auf die SchKl berufen hatte. Vgl. zum Übermittlungserfordernis nach dem CISG auch KG Berlin, 13.10.2016, jurisRn. 12 ff., dazu ebenfalls bereits oben bei Fn. 175 f. Zur Position des BGH sogleich. 211 Zu diesem grundlegenden Prinzip schon in Kap. 1, unter V. Ohne eine solche Trennung allerdings auch u. a. OLG Stuttgart, 21.12.2015; OLG Frankfurt, 5.6.2009 und LG Gießen, 31.7.2008. Richtig insofern z. B. BGH, 26.11.2020, jurisRn. 60: „Die Wirksamkeit der in [AGB] enthaltenen Schiedsklausel hängt nicht davon ab, dass das AGB-Klauselwerk als solches nach dem auf den Hauptvertrag anzuwendenden Recht Vertragsbestandteil geworden ist. Damit würde das Schicksal der Schiedsvereinbarung vom Schicksal eines Teils des Hauptvertrags abhängig gemacht. Das widerspricht dem – auch kollisionsrechtlichen – Autonomieprinzip im Schiedsverfahrensrecht. […] Die nach dem Hauptvertragsstatut zu beantwortende Frage, ob der materielle Teil eines AGB-Klauselwerks in den Vertrag einbezogen wurde, ist deshalb von der Frage zu trennen, ob die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Schiedsvereinbarung wirksam zustande gekommen ist.“
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trag dem CISG unterliegen, bedeutet das zweitens außerdem noch nicht, dass auch die Schiedsklausel in dessen Regelungsbereich fällt.212 Dagegen spricht vor allem Art. 1 Abs. 1 CISG, laut dem sich das CISG auf internationale Kaufverträge bezieht.213 Das OLG Köln und das KG Berlin erwähnen in ihren Entscheidungen das CISG dementsprechend auch mit keinem Wort, obwohl sich bei ihnen ebenfalls die Parteien eines bzw. mehrerer internationaler Kaufverträge gegenüberstehen.214 Selbst wenn sich im Rahmen von § 1031 Abs. 2 oder 3 ZPO die Einbeziehung der Schiedsklauseln auch generell noch nach den separaten Konsensvorgaben des materiellen Rechts richten sollte,215 ist es angesichts des Trennungsprinzips sowie des begrenzten Regelungsbereichs des CISG nicht überzeugend, dieses hier heranzuziehen. Da inzwischen jedoch auch der BGH in einem ähnlichen Fall das CISG für die Frage der Einigung neben § 1031 Abs. 2 und 3 ZPO für anwendbar erklärt und sich damit explizit der Gegenauffassung anschließt,216 dürfte für die Einbeziehung zukünftig stets auch die vorherige Übermittlung der AGB erforderlich sein. Schließlich reicht es nach seiner Rechtsprechung zuminKröll, Selected Problems Concerning the CISG’s Scope of Application, Journal of Law and Commerce 25 (2005–2006), 39, 45. 213 Art. 1 Abs. 1 CISG: „This Convention applies to contracts of sale of goods between parties whose places of business are in different States […]“, siehe zudem Art. 4 CISG: „This Convention governs only the formation of the contract of sale and the rights and obligations of the seller and the buyer arising from such a contract.“ Dass in Art. 19 Abs. 3 CISG auch Streitbeilegungsklauseln erwähnt werden, ändert daran nichts (so aber u. a. Schwenzer/Tebel, Schieds-, Gerichtsstands- und Rechtswahlklauseln unter dem CISG, FS Magnus 2014, 319, 325). Denn die dortige Nennung erklärt sich damit, dass so wichtige Änderungswünsche wie die Einführung von Streitbeilegungsregeln generell gegen einen Abschlusswillen sprechen. Trotz der gedanklichen Trennung fallen die jeweiligen Abschlüsse oft nämlich zusammen, was aber noch nicht heißt, dass deswegen auch der Abschluss von SchKl (oder GStKl und RwKl) durch das CISG geregelt wird. So i.E. auch Kröll (vorige Fn.), sowie mit weiteren Arg. Ampatzi, Das AGB-Recht in der Schiedsgerichtsbarkeit (2019), S. 288 ff., 462 ff. und Koch, The CISG as the Law Applicable to Arbitration Agreements, FS Kritzer 2008, 267, insb. 281 ff. Zu dem Streit Born, Int. Commercial Arbitration (2021), S. 543 f. Wie schon in Kap. 5 betont, legt die vorliegende Arbeit den Fokus allerdings auf das nat. AGB-Recht und generell nicht das CISG. 214 Vgl. OLG Köln, 6.10.2014 und KG Berlin, 20.1.2011, wo die Einbeziehung der SchKl jeweils bejaht wird. Ähnlich auch OLG München, 7.6.2013, jurisRn. 66 ff., wo es um die Einbeziehung von SchKl aus den Schlussnoten eines Handelsmaklers geht (da SchKl von Drittem, nicht als Treffer mitgezählt). Dagegen ebenfalls mit Prüfung des CISG u. a. OLG Düsseldorf, 22.7.2014, jurisRn. 55 f. (vgl. Fn. 210) sowie OLG Stuttgart, 15.5.2006, jurisRn. 22 (dort anscheinend sogar zu § 1031 Abs. 1 Z PO). 215 Dafür z. B. Ampatzi, Das AGB-Recht in der Schiedsgerichtsbarkeit (2019), S. 169 ff., 269, und Münch, in: MüKo-ZPO, § 1031 ZPO Rn. 41. Dagegen Schlosser, in: Stein/Jonas, § 1031 ZPO Rn. 10. In der dt. Rspr. nun wohl i. S. e. zusätzlichen Anwendung des materiellen Rechts geklärt, zum BGH-Urt. gleich und bei Fn. 221. 216 BGH, 26.11.2020, jurisRn. 31 ff. 212 Ähnlich
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dest im Bereich des CISG nicht aus, dass der Klauselgegner die AGB auf Nachfrage hätte erhalten können. Ihn trifft danach keine entsprechende Obliegenheit, sondern es ist vielmehr Sache des Klauselverwenders, ihm die AGB von sich aus zur Verfügung zu stellen.217 Ein zweiter Grund, aus dem die Einbeziehung trotz des Schweigens auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben scheitern kann, ist, wenn dessen Inhalt zu stark von dem vorher mündlich Vereinbarten bzw. Verhandelten abweicht. Das OLG München verneint deshalb 2009 in einem bereits mit Blick auf Art. II NYÜ oben dargestellten Fall anschließend auch eine Einbeziehung nach dem günstigeren schwedischen oder deutschen Recht. Da im Vorfeld des Bestätigungsschreibens die Vereinbarung einer Gerichtsstandsklausel im Raum gestanden habe, stelle der dort nun enthaltene Hinweis auf die Geltung der AGB samt einer Schiedsklausel eine wesentliche Veränderung dar. Die Klauselverwenderin habe mit dem Einverständnis ihres Gegenübers nicht rechnen können.218 Weist der Klauselverwender erst in den Rechnungen auf seine AGB oder die Schiedsklausel hin, reicht das auch nach dem nationalen Recht im Untersuchungszeitraum für eine erfolgreiche Einbeziehung nicht aus.219 Wie die Gerichte wiederholt klarstellen, kann darin auch insbesondere kein kaufmännisches Bestätigungsschreiben gesehen werden, bei dem ein anschließendes Schweigen potenziell wie gesehen durchaus zu einer Schiedsbindung führen kann. Denn Rechnungen dienen gerade nicht dazu, eine vorherige Einigung zu dokumentieren, sondern sollen erbrachte Leistungen abrechnen.220 217 Siehe BGH, 26.11.2020, jurisRn. 31 ff. (zur Anwendbarkeit des CISG i.R.v. § 1031 Abs. 2, 3 ZPO) und jurisRn. 40 ff. (zum Übermittlungserfordernis). Anders auf Basis des dt. AGB-Rechts LG Gießen, 31.7.2008, jurisRn. 18. Generell hierzu z. B. Gade, AGB im int. und europ. Privatrecht (2014), S. 81, m. w. N. 218 OLG München, 12.10.2009, jurisRn. 37 (zum schwedischen Vertragsrecht) und jurisRn. 40 (zu § 1031 Abs. 2 ZPO). In dem Fall war unklar, ob es vor dem Bestätigungsschreiben zu einer mündlichen Einigung gekommen war (so die Ansicht des schwedischen Schiedsgerichts, vgl. jurisRn. 8) oder das Schreiben nur die Annahme einer vorherigen schriftlichen Bestellung der Klauselgegnerin darstellt, in der diese auf die Geltung ihrer eigenen AGB samt GStKl hingewiesen hatte (jurisRn. 3). Näher zu dem Fall auch schon in Abschnitt aa) bei Fn. 179 ff. Ähnlich OLG Frankfurt, 26.6.2006, jurisRn. 18 f., wo in den AGB der Klauselgegnerin anstelle einer GStKl eine Abwehrklausel enthalten war. Das Gericht lehnt eine Einbeziehung nach § 1031 Abs. 2, 3 ZPO i. V. m. Art. VII NYÜ deshalb ab und verneint auch Art. 19 Abs. 2 CISG, der das nl. Recht verdränge. 219 Vgl. die folgende Fn. Der BGH verweist die Sache in seinem Beschluss vom 21.9.2005, jurisRn. 19 f., allerdings zurück an die Vorinstanz, da diese nicht geklärt habe, ob – wie die Antragstellerin behauptet – nach nl. Recht in laufenden Geschäftsbeziehungen auch ein AGB-Hinweis in den Rechnungen genügt. Womöglich ist eine Einbeziehung auf diesem Weg also doch erreichbar, derzeit aber noch nicht rechtssicher. 220 So insb. BGH, 21.9.2005, jurisRn. 14 (zu § 1031 Abs. 2, 3 ZPO). Knapp auch OLG
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Bedeutung entwickelt das nationale Recht also vor allem, wenn keine übereinstimmenden schriftlichen Erklärungen der Parteien vorliegen. Anders als bei Art. II NYÜ kann nämlich insbesondere nach § 1031 Abs. 2 und 3 ZPO bereits eine mündliche oder konkludente Zustimmung des Klauselgegners ausreichen. Ob daneben zusätzlich auch noch die materiellen Konsensvorgaben des CISG (oder des unvereinheitlichten nationalen Rechts) zu prüfen sind, wurde in der Rechtsprechung bisher unterschiedlich beurteilt und ist dementsprechend nicht vollkommen gesichert. Nachdem sich der BGH 2020 allerdings zumindest für das CISG entsprechend positioniert hat und die materiellen Anforderungen für die Einbeziehung explizit nicht allein aus § 1031 Abs. 2 und 3 ZPO ableitet, ist damit zu rechnen, das zukünftig auch von den Instanzgerichten das nationale oder international harmonisierte Sachrecht insofern ergänzend herangezogen wird.221 Speziell das nationale AGB-Recht wird von den deutschen Gerichten bisher aber jedenfalls kaum berücksichtigt. Nur 2 der 56 einschlägigen Entscheidungen greifen hierauf explizit zurück. Dabei wird die geprüfte Schiedsklausel in dem eine Fall anerkannt222 und in dem anderen allerdings wegen eines fehlenden AGB-Hinweises abgelehnt.223 Unterschiede zwischen dem b2b- und b2c-Bereich ergeben sich im Untersuchungszeitraum schlussendlich vor allem daraus, dass die deutsche Rechtsprechung bei Verbrauchern mit deutschem Wohnsitz bisher ausschließlich an den strengen § 1031 Abs. 5 ZPO anknüpft. Im b2b-Bereich kommen neben dem deutschen Recht dagegen auch noch günstigere Kontrollvorschriften aus ausländischen Rechtsordnungen zum Einsatz, wobei der Fokus auch hier jedoch klar auf § 1031 ZPO liegt. Obwohl die Einbeziehungsstandards etwa des niederländischen und schwedischen Rechts anscheinend sogar noch einmal geringer liegen,224 wird über sie allein im Untersuchungszeitraum z. B. keine Anerkennung
Frankfurt, 5.6.2009, jurisRn. 21 (dort zudem anderer Vertragspartner); OLG Düsseldorf, 29.7.2005, jurisRn. 22; OLG Oldenburg, 1.2.2005 (vgl. Fn. 139). Ohne diese Begründung, die Einbeziehung aber ebenfalls ablehnend, da sich aus dem indischen Recht nicht ergebe, dass das Schweigen auf eine SchKl in Rechnungen ausreicht, insb. wenn diese nicht bezahlt würden, OLG Köln, 15.3.2019, jurisRn. 29 ff. 221 Siehe BGH, 26.11.2020, jurisRn. 31. Eine Rechtswahl bleibe dabei i.R.v. des Meistbegünstigungsgrundsatz nach Art. VII NYÜ unberücksichtigt, soweit es darum geht, ob die sachrechtlichen Vorschriften der lex fori erfüllt sind (BGH, a. a. O., jurisRn. 32). 222 LG Gießen, 31.7.2008, jurisRn. 18. 223 OLG Düsseldorf, 29.7.2005, jurisRn. 19 ff. 224 So zumindest nach dem Parteivortrag bei BGH, 21.9.2005, jurisRn. 19, und der Ansicht des nl. Schiedsgerichts bei OLG Oldenburg, 1.2.2005. Zum schwedischen Recht OLG München, 12.10.2009, jurisRn. 28, das in dem Fall aber noch nicht einmal eine rein mündliche Einigung erkennen kann.
IV. Bestandsaufnahme
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erreicht. Die erfolgreich einbezogenen Schiedsklauseln erfüllen mit einer Ausnahme alle entweder Art. II NYÜ oder deutsches Recht.225 3. Inhaltskontrolle Ihre Anerkennung kann trotzdem noch scheitern, insbesondere wenn sie nach der Überzeugung des prüfenden Gerichts für den Klauselgegner eine unangemessene Benachteiligung bedeuten (vgl. z. B. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB).226 Anders als bei Rechtswahl- und Gerichtsstandsklauseln herrscht weitgehend Einigkeit, dass Schiedsklauseln auch im Anwendungsbereich des internationalen Einheitsrechts immer noch einer Inhaltskontrolle anhand des nationalen AGB-Rechts unterliegen (dazu a)). Die Bedeutung des Kontrollinstruments bleibt im Untersuchungszeitraum jedoch gerade im Vergleich zur Einbeziehungskontrolle gering. Außer in den sog. Subway-Fällen halten sämtliche geprüften Schiedsklauseln der gerichtlichen Inhaltskontrolle stand, ohnehin finden sich nur wenige Entscheidungen mit entsprechenden Kontrollansätzen (dazu b)). a) Verhältnis zum NYÜ Erinnert man sich an die Debatte aus den vorherigen zwei Kapiteln, entzündete sich der Konkurrenzstreit dort vor allem daran, dass die Rom I- und die Brüssel Ia-VO dem Inhalt von Rechtswahl- und Gerichtsstandsklauseln eigene Grenzen setzen. Besonders im Verhältnis zu Verbrauchern sind diese danach grundsätzlich nur dann (vollkommen) wirksam, wenn sie deren Rechtsposition verbessern, was praktisch kaum vorkommt. Das NYÜ kennt keine solchen spezifischen Schutzvorgaben. Die Vertragsstaaten können zwar gemäß Art. I Abs. 2 S. 2 NYÜ den sog. Handelssachenvorbehalt einlegen und Verbraucherstreitigkeiten dadurch vollständig von der erleichterten Anerkennung und Vollstreckung nach dem New-York-Regime ausnehmen; das bleibt aber ihnen selbst überlassen. Gleiches gilt für etwaige Beschränkungen der subjektiven oder objektiven Schiedsfähigkeit.227 Da das NYÜ auch ansonsten, abgesehen vom Bestimmt225 Als
besagte Ausnahme OLG Düsseldorf, 3.2.2011, jurisRn. 82, wo in einem atypischen Broker-Fall wegen dessen fehlender Unterschrift zwar die Vssn. von Art. II NYÜ und § 1031 Abs. 1, 3 ZPO verneint werden, die des objektiv anwendbaren Rechts von New Jersey (i. V. m. Art. VII NYÜ) aber erfüllt sein sollen. Das OLG Frankfurt, 20.7.2007, jurisRn. 18 ff., sieht sowohl das belg. als auch das dt. Schieds- und Vertragsrecht erfüllt. 226 Ausführlich zum Telos und den Vorgaben der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle v. a. schon in Kap. 2, unter I.3., II.2. und in Kap. 4, unter IV.3. Die Anerkennung der SchKl kann außerdem insb. noch wegen deren Überraschungscharakter oder Intransparenz versagt werden, dazu unter 4. und 5. Weitere, nicht AGB-spezifische Versagensgründe werden vorliegend nicht untersucht. 227 Siehe dazu oben schon kurz III.1.
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heitserfordernis, keine näheren Vorgaben zum Inhalt macht,228 wird im Schrifttum soweit ersichtlich von niemandem vertreten, dass die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle in seinem Anwendungsbereich gesperrt sei. Ordne das Schiedsvereinbarungsstatut eine solche an, so sei sie auch vorzunehmen.229 Die deutsche Rechtsprechung sieht das anscheinend genauso. Äußert sie sich nicht nur im Sinne eines generellen Statements („keine unangemessene Benachteiligung erkennbar“) oder als obiter dictum zu § 307 BGB als Forumsrecht,230 knüpft sie ebenfalls an das Schiedsvereinbarungsstatut an. Die grundlegende Frage der Zulässigkeit des Kontrollinstruments wird dabei gar nicht erst gestellt.231 b) Kontrollpraxis Ist für die Inhaltskontrolle aber entscheidend, ob das Schiedsvereinbarungsstatut eine solche anordnet, kann der Klauselverwender entsprechenden inhaltlichen Grenzen gezielt durch eine geeignete Rechtswahl oder Schiedsortbestimmung entgehen.232 Art. V Abs. 1 lit. a NYÜ kennt zumindest dem Wortlaut nach keine 228 Das Bestimmtheitserfordernis betrifft v. a. die Formulierung der SchKl und wird daher – wie schon im fünften Kapitel – im Kontext mit der Transparenzkontrolle unter 5.a) erörtert. 229 Vgl. Eichel, Inhaltskontrolle von AGB-SchKl, IPRax 2010, 219, 221; Hanefeld/Wittinghofer, SchKl in AGB, SchiedsVZ 2005, 217, 221 f.; Hau, in: M. Wolf/Lindacher/Pfeiffer, SchKl Rn. S 64; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 7.286, 7.309 f.; Mäsch, Schiedsvereinbarungen mit Verbrauchern, FS Schlosser 2005, 529, 539; Schack, IZVR (2021), Rn. 1425. U.a. zur US-amerikanischen Unconscionability-Kontrolle, die starke Ähnlichkeiten aufweist, Born, Int. Commercial Arbitration (2021), S. 918 ff. Mit der expliziten Begründung, dass das NYÜ den Inhalt selbst nicht regele, Epping, Die Schiedsvereinbarung im int. privaten Rechtsverkehr (1999), S. 141 mit Fn. 58; Niedermaier, Schieds- und Schiedsverfahrensvereinbarungen in strukturellen Ungleichgewichtslagen (2013), S. 197 ff.; Samtleben, Zur Inhaltskontrolle von SchKl, FS v. Hoffmann 2011, 1066, 1068; Wagner, Prozessverträge (1998), S. 386; Wurmnest, in: MüKo, § 307 BGB Rn. 273. 230 Ohne klare Anknüpfung an ein bestimmtes nat. Recht generell OLG Frankfurt, 4.6.2019, jurisRn. 34; OLG Köln, 21.2.2014; LG Gießen, 31.7.2008. Als obiter dictum zu § 307 BGB OLG Köln, 9.10.2009. 231 Vgl. insb. OLG Thüringen, 13.1.2011; OLG Celle, 4.12.2008; OLG Bremen, 30.10.2008 und OLG Dresden, 7.12.2007, wo die Gerichte die SchKl einer Inhaltskontrolle anhand von § 879 Abs. 3 österr. ABGB unterziehen, da in dem Franchisevertrag eine RwKl zugunsten des Liechtensteiner Rechts enthalten war (näher noch b)). Anders aber wohl z.T. die US-Rspr., die wegen Art. II Abs. 3 NYÜ eine solche Unconscionability-Kontrolle als gesperrt ansieht; kritisch Born, Int. Commercial Arbitration (2021), S. 919. 232 So ist nach manchen Rechtsordnungen eine spezielle AGB-rechtliche Inhaltskontrolle im b2b-Bereich nicht vorgesehen oder es gelten andere Standards, knapp dazu auch Ferrari/ Rosenfeld, Mehr Freiheit wagen in der int. Handelsschiedsgerichtsbarkeit, FS Basedow 2017, 369, 374 f., die ebenfalls eine gewisse Umgehungsmöglichkeit sehen; so beiläufig auch Samtleben, Zur Inhaltskontrolle von SchKl, FS v. Hoffmann 2011, 1066, 1069. Zur (streitigen) Be-
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Sonderanknüpfungen und die Art. 29 ff. EGBGB sind inzwischen abgeschafft.233 Zwar wird in der Literatur diskutiert, die AGB-rechtlichen Vorschriften als Eingriffsnormen i. S. v. Art. 9 Rom I-VO bzw. als Ordre-public-Fragen i. S. v. Art. 21 Rom I-VO einzuordnen,234 hier stellt sich aber schlussendlich wieder das Pro blem der Anwendbarkeit (vgl. Art. 1 Abs. 2 lit. e Rom I-VO).235 Speziell vor deutschen Gerichten könnte Art. 6 EGBGB eine Möglichkeit bieten, unangemessene Schiedsklauseln trotz des Fehlens einer Inhaltskontrolle im Schiedsvereinbarungsstatut außer Acht zu lassen,236 ein solches Vorgehen wird bei individualschützenden Vorschriften aber generell kritisch gesehen.237 Im Untersuchungszeitraum ist es hierzu jedenfalls noch nicht gekommen, vereinzelt nutzen die Gerichte allerdings den Ordre-public-Vorbehalt aus Art. V Abs. 2 lit. b NYÜ, um inhaltliche Bedenken gegen die Schiedsklausel zurückzuweisen, auch wenn sich dieser eigentlich nur auf die Anerkennung und Vollstreckung des durch jene legitimierten Schiedsspruchs bezieht.238 stimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts anhand der Rechtswahl bzw. des Schiedsorts schon unter III.2. 233 Hierzu schon oben unter III.2., daher überholt Mäsch, Schiedsvereinbarungen mit Verbrauchern, FS Schlosser 2005, 529, 539 (Anwendung von § 307 BGB über Art. 29 EGBGB); zum zweifelhaften alternativen Rückgriff auf Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO schon unter 2.b)bb). Niedermaier, Schieds- und Schiedsverfahrensvereinbarungen in strukturellen Ungleichgewichtslagen (2013), S. 29, bringt allerdings für den b2c-Bereich berechtigterweise Art. 46b EGBGB auf. 234 Zumindest wird den EuGH-Urt. Mostaza Claro und Asturcom vielfach entnommen, dass der EuGH die Kontrolle nach der Klausel-RL dem ordre public zuordnet (vgl. u. a. Eichstädt, Der schiedsrechtliche Acquis communautaire (2013), S. 313; Reich, More clarity after ‘Claro’?, ERCL 2007, 41, 42, 53, 60; kritisch Hilbig, Absoluter Verbraucherschutz, SchiedsVZ 2010, 74, 78 ff.; zu den Urt. noch im Folgenden); generell ist aber sehr umstritten, ob individualschützende Vorschriften zum ordre public bzw. spiegelbildlich den Eingriffsnormen gehören (hierzu schon in Kap. 4, unter III.1.; ausführlich zu alledem Niedermaier (vorige Fn.), S. 331 ff.). Deshalb auch kritisch Wagner in seiner Anm. zu Mostaza Claro, SchiedsVZ 2007, 49, 51: „All dies wäre als gewöhnliche Meinungsverschiedenheit in einer umstrittenen und schwierigen Rechtsfrage hinzunehmen, wenn man das Gefühl hätte, der EuGH hätte sich die Sache gut überlegt. Genau dies ist […] leider nicht der Fall.“ Allerdings verfolgt die Klauselkontrolle, wie in Kap. 2 gesehen, nicht nur individualschützende Ziele, so auch Renner, in: G. Calliess, Art. 9 Rome I Rn. 21. 235 S.o. III.2. sowie gerade auch unter 2.b)bb). 236 Allgm. hierzu Thorn/Nickel, Der Schutz der strukturell unterlegenen Partei vor Schiedsverfahren, IPRax 2018, 541, 545. Speziell mit Blick auf SchKl in AGB, dort allerdings mittelbar über eine Ordre-public-Kontrolle des Schiedsspruchs, was allenfalls im Exequaturstadium möglich ist, Samtleben, Zur Inhaltskontrolle von SchKl, FS v. Hoffmann 2011, 1066, 1073 ff. Näher auch Eichel, SchKl in Athletenvereinbarungen, IPRax 2016, 305, 308 ff. (dort zu Art. V NYÜ, Art. 9, 21 Rom I-VO analog). 237 Siehe schon Fn. 234. 238 Vgl. OLG Frankfurt, 4.6.2019, jurisRn. 34 (dann jedoch mit AGB-rechtlicher Termino-
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Sechstes Kapitel: Kontrolle von Schiedsklauseln
Findet auf die Schiedsklausel eine der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen Anwendung, sorgt zumindest im b2c-Bereich freilich die europäische Klausel-RL für eine gewisse Vereinheitlichung. Sie schreibt in ihren Art. 3 und 6 vor, dass missbräuchliche Klauseln für den Verbraucher unverbindlich sind und ordnet damit deren Inhaltskontrolle an. Speziell mit Blick auf die Streitbeilegung findet sich in ihrem Anhang zudem die Leitlinie, Klauseln für missbräuchlich zu erklären, „die darauf abzielen oder zur Folge haben, dass […] [lit. q der Aufzählung] dem Verbraucher die Möglichkeit, Rechtsbehelfe bei Gericht einzulegen […], genommen oder erschwert wird, und zwar insbesondere dadurch, dass er ausschließlich auf ein nicht unter die rechtlichen Bestimmungen fallende[s] Schiedsgerichtsverfahren verwiesen wird […]“. Daraus könnte sich ein europaweites Verbot von Schiedsklauseln mit Verbrauchern ergeben. Erstens ist der Anhang für die Mitgliedstaaten aber unverbindlich.239 Und zweitens wird die zitierte Passage durchaus unterschiedlich verstanden.240 Während ihr einige in der Tat ein solches generelles Verbot von Schiedsklauseln entnehmen, das nur bei gesetzlich besonders angeordneten „Schiedsverfahren“ nicht greift,241 sehen die meisten, unter ihnen auch der BGH, hierin allein eine Bekräftigung, dass sich die Schiedsklausel an die rechtlichen Rahmenbedingungen zu halten habe. Eine Schiedsklausel falle nämlich bereits dann „unter die rechtlichen Bestimmungen“ i. S. v. lit. q des Anhangs, wenn sie auf ein gesetzlich generell zugelassenes
logie, allerdings sehr knapp) und OLG Köln, 9.10.2009, jurisRn. 29, das in dem Kontext nur noch festhält, dass die SchKl und RwKl in den AGB der Antragstellerin „kein anstößiges Verhalten im geschäftlichen Verkehr darstelle“ und § 307 BGB obiter bereits in jurisRn. 22 geprüft hatte. Hierzu aus dem Schrifttum die in Fn. 236 Genannten sowie Hausmann, in: Reithmann/ Martiny, Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 7.389. 239 Siehe insb. EuGH – Kommission ./. Schweden, 7.5.2002, Rs. C-478/99, Rn. 20 ff. Privaten gegenüber wirkt die RL und ihr Anh. ohnehin nicht unmittelbar (Art. 288 AEUV). 240 Ausführliche Darstellung des Streits mit verschiedenen Unteransichten bei Eichstädt, Der schiedsrechtliche Acquis communautaire (2013), S. 173 ff. 241 So wohl Graf v. Westphalen/Mock, in: ders./Thüsing (EL 45 März 2020), Schiedsgerichtsklauseln Rn. 13, 15, 17; Reich, More clarity after ‘Claro’?, ERCL 2007, 41, 43; Thode, Schiedsvereinbarungen in Verbraucher-Bauverträgen, DNotZ 2007, 404, 407 f., 411. Nach Eichstädt (vorige Fn.), S. 181, auch Fouchard, Clauses abusives en matière d’arbitrage, Rev. arb. 1995, 147. Da die Zuständigkeit des Schiedsgerichts dann allerdings auf der gesetzlichen Anordnung und zumindest nicht allein dem Parteikonsens beruht, handelt es sich nicht mehr um Schiedsgerichtsbarkeit i.e.S. Zur Variante, dass nur bestimmte, staatlich kontrollierte Schiedsgerichte gewählt werden können, noch im Folgenden am Bsp. des span. Verbraucherrechts.
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Schiedsverfahren wie etwa das nach §§ 1025 ff. ZPO abzielt.242 Auch der europäische Gesetzgeber erkenne Schiedsverfahren grundsätzlich an.243 Der EuGH hat in dem Auslegungsstreit bislang noch keine klare Stellung bezogen und scheint generell dazu auch nicht gewillt zu sein. So weicht er zuletzt 2014 in Sebestyén der direkten Vorlagefrage des ungarischen Gerichts aus, das ihn nach der Vereinbarkeit der dortigen Schiedsklausel aus einem Darlehensvertrag mit den Vorgaben der Klausel-RL gefragt hatte.244 Er beruft sich dabei auf seine bisherige, zurückhaltende Rechtsprechungslinie seit der Entscheidung Freiburger Kommunalbauten von 2004 und betont, „dass das betreffende nationale Gericht darüber zu befinden hat, ob [die beschriebene Schiedsklausel] […] als missbräuchlich im Sinne dieser Vorschriften anzusehen ist.“245 Der Anhang zur Klausel-RL und insbesondere dessen lit. q könne als Hinweis dienen. Ob „die in Rede stehende Klausel bezweckt oder bewirkt, dass dem Verbraucher die Möglichkeit, Rechtsbehelfe bei Gericht einzulegen […], genommen oder erschwert wird“, sei aber Beurteilungssache des mitgliedstaatlichen Gerichts.246 Auch in den Rechtssachen Mostaza Claro (2006) und Asturcom (2009) erklärt der EuGH Schiedsklauseln mit Verbrauchern – anders als zum Teil behauptet – nicht für missbräuchlich i. S. d. Klausel-RL.247 Die Entscheidungen behandeln allein die prozessualen Prüfungsmöglichkeiten und -pflichten der mitgliedstaat242 Insb. BGH, 13.1.2005, jurisRn. 29 (dort zu einer inl. SchKl); aus dem rechtsdogmatischen Schrifttum ausführlicher Pfeiffer, in: Grabitz/Hilf (EL 13 v. 13. Mai 1999), Anh. Klausel-RL Rn. 148 ff. und Rüßmann, Schiedsvereinbarungen mit Unternehmensvorständen, FS Stein 2015, 823, 831. Deutlich auch Mäsch, Schiedsvereinbarungen mit Verbrauchern, FS Schlosser 2005, 529, 536 f.: „Die Formulierung »nicht unter die rechtlichen Bestimmungen fallend« gehört sicherlich nicht zu den gesetzgeberischen Glanzleistungen (alle Schiedsverfahren fallen schon wegen der Frage der Anerkennung und Vollstreckung unter wie auch immer geartete rechtliche Bestimmungen, in Deutschland unter die §§ 1025 ff. ZPO).“ [Hervorhebung bereits dort]. Vgl. daneben noch Niedermaier, Schieds- und Schiedsverfahrensvereinbarungen in strukturellen Ungleichgewichtslagen (2013), S. 240 f., 257 f. und Wurmnest, in: MüKo, § 307 BGB Rn. 268. 243 BGH (vorige Fn.), jurisRn. 29; Mäsch (vorige Fn.), 537; Niedermaier (vorige Fn.), 241. 244 Vgl. EuGH – Sebestyén, 3.4.2014, Rs. C-342/13, Rn. 19 bzw. 22. 245 EuGH (vorige Fn.), Rn. 36, vgl. auch schon Rn. 25 ff., wo der EuGH den allgm. Hinweis gibt, dass allein der Umstand, dass der Klauselverwender den Verbraucher vor Vertragsschluss über Unterschiede zwischen der staatlichen Gerichtsbarkeit und der privaten Schiedsgerichtsbarkeit informiert, die Missbräuchlichkeit der SchKl noch nicht ausschließe. Zu diesem Aspekt auch noch unter 5.b) in Fn. 304. Zur in der Vergangenheit generell zurückhaltenden Rspr. des EuGH bzgl. der materiellen Vorgaben der Klausel-RL in Kap. 3, unter II. 246 EuGH – Sebestyén, 3.4.2014, Rs. C-342/13, Rn. 31 f. i. V. m. 36. 247 So aber z. B. Graf v. Westphalen/Mock, in: ders./Thüsing (EL 45 März 2020), Schiedsgerichtsklauseln Rn. 13. Wie hier auch u. a. Eichstädt, Der schiedsrechtliche Acquis communautaire (2013), S. 185 und Wagner, Anm. EuGH – Mostaza Claro, SchiedsVZ 2007, 49, ibd.
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lichen Gerichte im Rahmen von Aufhebungs- und Vollstreckungsverfahren.248 Die inhaltliche Gestaltung der dem konkreten Schiedsspruch zugrunde liegenden Schiedsklausel gehört dagegen nicht zum Gegenstand der dortigen Ausführungen des EuGH. Dieser nimmt das Missbräuchlichkeitsverdikt der spanischen Vorinstanz vielmehr jeweils „als Datum hin[…]“249, ohne schlussendlich selbst eine eigene Position zu beziehen.250 Trotz des Anhangs zur Klausel-RL bestehen im europäischen Rechtsraum folglich keine sicheren einheitlichen Kontrollvorgaben. Ob und mit welchem Inhalt Schiedsklauseln Verbrauchern gegenüber verwendet werden können, bestimmt sich daher nach dem jeweiligen nationalen Recht. Schon die Umsetzung von lit. q zeigt, dass in den Mitgliedstaaten verschiedene Ansätze verfolgt werden. Während einige von ihnen z. B. dessen Wortlaut direkt übernommen haben (und damit auch die entsprechenden Interpretationsschwierigkeiten),251 konkretisierte Großbritannien, das die EU inzwischen verlassen hat,252 das Verbot in Section 91 des Arbitration Act von 1996 näher und wertet Schiedsklauseln mit Verbrauchern danach immer dann als missbräuchlich, wenn sie sich auf Streitigkeiten mit einem Wert von unter 5000 Pfund beziehen.253 Die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle nach Part 2 des Consumer Rights Act von 2015 bleibt davon unberührt und kann weitere Schiedsklauseln erfassen.254 Spanien wiederum er248 Vgl. zuerst EuGH – Mostaza Claro, 26.10.2006, Rs. C-168/05, Rn. 20, 24 ff., dann nachfolgend Asturcom, 6.10.2009, Rs. C-40/08, Rn. 27 ff. Näher u. a. Niedermaier, Schieds- und Schiedsverfahrensvereinbarungen in strukturellen Ungleichgewichtslagen (2013), S. 331 ff. 249 So die treffende Beschreibung von Wagner in seiner Anm. zu Mostaza Claro, SchiedsVZ 2007, 49, ibd. 250 Vgl. EuGH – Mostaza Claro, 26.10.2006, Rs. C-168/05, Rn. 19, 21 ff.; Asturcom, 6.10.2009, Rs. C-40/08, Rn. 25, 58. Anders Hilbig, Absoluter Verbraucherschutz, SchiedsVZ 2010, 74, 75 und Niedermaier, Schieds- und Schiedsverfahrensvereinbarungen in strukturellen Ungleichgewichtslagen (2013), S. 270, die aus dem Schweigen eine Billigung der instanzgerichtlichen Bewertung seitens des EuGH ableiten. 251 Zur entsprechenden Umsetzung in den osteurop. Staaten Reich, More clarity after ‘Claro’?, ERCL 2007, 41, 44 und EuGH – Sebestyén, 3.4.2014, Rs. C-342/13, Rn. 14 (Wiedergabe des ungar. Umsetzungsrechts). 252 Siehe für das Austrittsabkommen ABl. EU 2020 L 29/7 ff. Es ist damit nun grdsl. nicht mehr an das Unionsrecht gebunden; wie es die Klausel-RL damals als Mitgliedstaat umgesetzt hat, zeigt jedoch nach wie vor die Unterschiede. 253 Der genaue Betrag ist veränderbar und wurde zuletzt 1999 von 3000 Pfund angehoben, siehe The Unfair Arbitration Agreements (Specified Amount) Order 1999, abrufbar unter , letzter Zugriff am 17.3.2022; vgl. dort auch die Explanatory Note, nach der Section 91 des Arbitration Act zur Umsetzung der Klausel-RL diente. 254 Vgl. Section 89 Abs. 1 des Arbitration Act, verfügbar unter , letzter Zugriff am 17.3.2020, sowie Lazarev/Trevellick, Consumer class arbitration in the UK, Thomson Reuters Practical Law Blog v. 9.10.2017.
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klärt gleich sämtliche Schiedsklauseln mit Verbrauchern für missbräuchlich, sofern diese nicht eines der staatlich extra eingesetzten und kontrollierten „Schiedsgerichte“ für zuständig erklären.255 Deutschland hat dagegen auf ein spezielles Verbot verzichtet und knüpft die Bindung von Verbrauchern stattdessen „nur“ an die Einhaltung der formellen Vorgaben aus § 1031 Abs. 5 ZPO an. Daraus folgert insbesondere die Rechtsprechung, dass das deutsche AGB-Recht ihnen zumindest nicht per se entgegenstehe.256 Eine unangemessene Benachteiligung, die zur Unwirksamkeit führt, könne sich jedoch aus der konkreten Gestaltung ergeben. Das wird im Untersuchungszeitraum indes in keinem der hier betrachteten grenzüberschreitenden Fälle bejaht; unterziehen die Gerichte die Schiedsklausel überhaupt einer expliziten Kontrolle, so scheitert die Anerkennung in der Regel ohnedies bereits an ihrer fehlenden Einbeziehung (vgl. 2.b)). Werden Schiedsklauseln schon im b2c-Bereich im Grundsatz nicht für unangemessen gehalten, so gilt das erst recht im b2b-Bereich. Das OLG Hamm stellt deshalb z. B. 2013 verallgemeinernd vor der eigentlichen Kontrolle der Schiedsklausel fest: „Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen niedergelegte Schiedsvereinbarung stellt als solche keine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners dar. Insbesondere muss seitens des Verwenders kein besonderes Bedürfnis für die Einsetzung eines Schiedsgerichts vorliegen. Die Schiedsgerichtsbarkeit ist als Form der nichtstaatlichen Streiterledigung durch die §§ 1025 ff. ZPO gesetzlich anerkannt und zulässig […]. Vor diesem Hintergrund kommt eine unangemessene Benachteiligung durch eine Schiedsvereinbarung nur dann in Betracht, wenn sich aus der konkreten Formulierung der Schiedsklausel besondere Umstände ergeben, durch die abweichend von den vorstehenden Grundsätzen die Rechte des Vertragspartners des Verwenders unangemessen verkürzt werden.“257 255 Vgl. Art. 90 des span. Verbraucherschutzgesetzes: „Terms that establish the following shall also be deemed unfair: (1) Submission to arbitration other than consumer arbitration, except where this involves institutional arbitration bodies created by law for a specific circumstance or sector. […]“ (Übersetzung des span. Justizministeriums, verfügbar unter , letzter Zugriff am 17.3.2022) In Spanien existiert bereits seit Langem ein spezielles staatlich kontrolliertes Schiedssystem für Verbraucherstreitigkeiten. Näheres z. B. bei Reich, More clarity after ‘Claro’?, ERCL 2007, 41, 44 und Benöhr/Weber in ihrem Länderbericht zu Spanien in: Hodges/Benöhr/Creutzfeldt, Consumer ADR in Europe (2012), S. 209 ff. Die Zuständigkeit des Schiedsgerichts beruht dann zwar auf der Wahl der Parteien, die staatlichen Einwirkungsmöglichkeiten sind aber größer als in der klassischen Schiedsgerichtsbarkeit, weshalb es sich letztlich um eine Art Hybrid handelt, vgl. schon Fn. 241. 256 Siehe BGH, 13.1.2005, insb. jurisRn. 26 f. (zu einer inl. SchKl); OLG Düsseldorf, 11.2.2005, jurisRn. 14 (allerdings unklar, ob int. SchKl). So auch u. a. Mäsch, Anm. BGH, JZ 2008, 359, 360 (de lege lata, rechtspolitisch aber für eine Änderung). 257 OLG Hamm, 9.7.2013, jurisRn. 81, zu § 307 BGB, der wegen einer konkludenten Rechtswahl im Prozess als Teil des Schiedsvereinbarungsstatuts anwendbar sei (dazu juris-
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Das treffe auf die Vereinbarung eines Londoner bzw. Züricher Schiedsgerichts zwischen einem deutschen Bauunternehmer und einem niederländischen Landwirt nicht zu. Der Schiedsklausel sei daher auch nicht nach § 307 BGB (als konkludent gewähltem Recht) die Anerkennung zu versagen.258 In weiteren Fällen wird der Schieds- bzw. Verhandlungsort allerdings durchaus als Grund genannt, weshalb die Schiedsklausel den Klauselgegner unangemessen benachteiligen könne. Wichtig sind in dem Kontext vor allem vier OLG-Entscheidungen aus den Jahren 2007 bis 2011, denen allen ein ähnlicher Sachverhalt zugrunde liegt: Ein deutscher Franchisenehmer, meistens Existenzgründer, schloss mit der niederländischen Tochtergesellschaft der US-amerikanischen Sandwich-Kette Subway einen Vertrag über die Eröffnung und den Betrieb eines Restaurants unter dieser Marke. Der Vertrag sah neben der Wahl des Rechts von Liechtenstein unter anderem vor, dass „any Dispute which this Agreement provides will be submitted directly to arbitration […] [which] will be held in accordance with the United Nations Commission on International Trade Regulations and Law (UNCITRAL) Arbitration Rules […] at a hearing to be held in New York, New York, USA“259. Da der Franchisenehmer jeweils im Folgenden mit der Zahlung in Rückstand geriet, leitete die Tochtergesellschaft ein Schiedsverfahren im US-Bundesstaat Connecticut ein. Das eingesetzte Schiedsgericht gab der Klage, nachdem sich der Franchisenehmer zu dieser schriftlich nicht geäußert hatte, ohne eine mündliche Verhandlung statt.260 Die Klauselverwen derin versuchte anschließend, den Schiedsspruch in Deutschland für vollstreckbar erklären zu lassen. Alle vier OLG lehnen diesen Antrag jedoch ab, da sie die Schiedsklausel für unwirksam halten (vgl. Art. V Abs. 1 lit. a Var. 2 NYÜ): Diese erschwere dem Rn. 60 ff.). Deutlich knapper OLG Frankfurt, 4.6.2019, jurisRn. 34 und OLG Köln, 9.10.2009, jurisRn. 22, die dort ebenfalls die Zulässigkeit von SchKl im b2b-Bereich betonen, aber nicht auf die Gründe dafür eingehen. 258 OLG Hamm (vorige Fn.), jurisRn. 81; zur Rechtswahl ebenfalls dort, zu dem Fall auch noch unter 5.b). 259 Zitiert nach OLG Thüringen, 13.1.2011, in der SchKl ist dort zudem die Rede davon, dass das Schiedsverfahren vom International Centre for Dispute Resolution der AAA durchzuführen sei („administered by the International Centre for Dispute Resolution, an affiliate of the American Arbitration Association“). Bei OLG Celle, 4.12.2008; OLG Bremen, 30.10.2008 und OLG Dresden, 7.12.2007, wird die Organisation in der verbindlichen engl. Vertragsfassung dagegen abweichend jeweils nur als Bsp. genannt („administered by an arbitration agency, such as the International Centre for Dispute Resolution“ [Hervorhebung hier hinzugefügt]). 260 Der Klauselgegner hatte nur im Fall des OLG Thüringen auf das Schreiben des Schiedsgerichts reagiert, das seine Einwände insb. bzgl. der Gültigkeit der SchKl aber nicht in die Entsch. aufgenommen, sondern als „oberflächlich und mysteriös“ zurückgewiesen hat. Das OLG sieht daher keine echte Beteiligung, vgl. OLG Thüringen, 13.1.2011, a. E. von B., II., (2).
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Klauselgegner dadurch, dass sie als Verhandlungsort New York bestimme, die Rechtsverfolgung unzumutbar und verstoße deswegen gegen § 879 Abs. 3 des österreichischen ABGB,261 das auch in Liechtenstein und damit nach dem gewählten Recht gelte.262 Für den deutschen Klauselgegner bedeute schon allein die Anreise einen erheblichen Kosten- und Zeitaufwand,263 gerade auch im Vergleich zu einem Verfahren am Sitz der niederländischen Klauselverwenderin oder auf halber Strecke zwischen ihnen.264 Abgesehen von der Bequemlichkeit für die Muttergesellschaft sei zudem kein Grund erkennbar, weshalb die mündliche Verhandlung ausgerechnet in den USA stattfinden solle; der Sitz beider Vertragsparteien liege in Europa und der Vertrag werde in Deutschland durchgeführt.265 Das OLG Dresden hebt in der ersten dieser vier Entscheidungen gleichzeitig die „Orientierungsschwierigkeiten“ des Klauselgegners hervor, der nur schwer einen amerikanischen Rechtsanwalt finde, der ihn angemessen in dem Verfahren verteidigen könne.266 Aus der Literatur wird hierzu allerdings die Kritik erhoben, dass für ein Schiedsverfahren in New York nicht notwendigerweise ein amerikanischer Rechtsanwalt beauftragt werden müsse und angesichts der Wahl Liechtensteiner 261 OLG Thüringen, 13.1.2011 [ohne Rn.]; OLG Celle, 4.12.2008, jurisRn. 22 ff., insb. 29 f.; OLG Bremen, 30.10.2008, jurisRn. 11 ff., insb. 24; OLG Dresden, 7.12.2007, jurisRn. 12 ff., insb. 17 f. Obiter auch OLG Düsseldorf, 12.7.2013, jurisRn. 58 i. V. m. 41 (nur kursorisch) und OLG Köln, 24.2.2011, jurisRn. 47 f., wo der Verhandlungsort später auf Drängen der Finanzierungsbank allerdings nach Deutschland verlegt worden war. Zu Art. V Abs. 1 lit. d, den das OLG Celle, a. a. O., jurisRn. 35 ff., wegen der fehlenden Abstimmung bei der Wahl des letztendlich angerufenen Schiedsgerichts außerdem bejaht, Schulz/Niedermaier, Unwirksame SchKl in Franchiseverträgen?, SchiedsVZ 2009, 196, 202 f. 262 Die Gerichte beziehen die RwKl scheinbar über den Hauptvertrag hinaus auch auf die SchKl. Ausdrücklich zur entsprechenden Rechtswahl aber nur OLG Thüringen (vorige Fn.), wenigstens andeutungsweise auch OLG Celle (vorige Fn.), jurisRn. 24. Kritisch zur (fehlenden) kollisionsrechtlichen Prüfung Mogendorf, Der strukturell unterlegene Unternehmer im IPR und IZVR (2016), S. 278 f. und Schulz/Niedermaier (vorige Fn.), 198. Samtleben, Zur Inhaltskontrolle von SchKl, FS v. Hoffmann 2011, 1066, 1071 f., moniert zudem, dass nicht die korrekte Gesetzesfassung herangezogen werde, was sich i.E. aber nicht auswirken soll. Präziser daraufhin OLG Thüringen in der vierten Entsch. (siehe vorige Fn.). 263 OLG Thüringen, 13.1.2011 [ohne Rn.]; OLG Celle, 4.12.2008, jurisRn. 30; OLG Bremen, 30.10.2008, jurisRn. 24. Das OLG Dresden, 7.12.2007, jurisRn. 17, betont dagegen noch, dass es auf den Preis für die Flugtickets nicht ankomme; entscheidend seien die „Orientierungsschwierigkeiten“ in NY, siehe sogleich. 264 Diesen Gesichtspunkt bringt v. a. das OLG Celle an (vorige Fn.), jurisRn. 30. 265 OLG Bremen, 30.10.2008, jurisRn. 26. So auch OLG Dresden, 7.12.2007, jurisRn. 17 f., das – wie das OLG Thüringen, 13.1.2011 [ohne Rn.] und OLG Celle, 4.12.2008, jurisRn. 32 – zudem die starke Präsenz der Klauselverwenderin auf dem dt. Franchisemarkt betont. 266 OLG Dresden (vorige Fn.), jurisRn. 17. Ähnlich auch OLG Bremen (vorige Fn.), jurisRn. 24.
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Rechts ohnehin ein damit bzw. mit dem österreichischen Recht vertrauter Beistand größeren Sinn ergebe.267 Diesen Punkt greift später auch das OLG Celle auf und macht gerade umgekehrt genau diese Kombination aus Schieds- und Rechtswahlklausel für die erhebliche Erschwerung der Rechtsverfolgung verantwortlich: „[E]inen Anwalt zu finden, der bereit und in der Lage ist, für eine mündliche Verhandlung nach New York zu reisen und dort in englischer Sprache über liechtensteinisches Zivilrecht zu verhandeln“, sei „für einen Gaststätteninhaber in S. allenfalls mit einem ganz erheblichen Zeit- und Kostenaufwand“ innerhalb kürzerer Zeit möglich.268 Der Klauselverwenderin sei dagegen schon allein wegen ihrer zahlreichen deutschen Franchisenehmer zumutbar, sich organisatorisch auf einen für diese besser erreichbaren Verhandlungsort einzustellen. Es liege deshalb „die Vermutung nahe, dass die Klausel gerade darauf abzielt, den Franchisenehmern die Rechtsverteidigung zu erschweren.“269 Ähnlich äußern sich nachfolgend auch das OLG Bremen und OLG Thüringen.270 Der BGH hat die Rechtsbeschwerde gegen die erste Entscheidung des OLG Dresden wiederum zurückgewiesen, woraufhin auch diejenigen gegen die Beschlüsse des OLG Celle und OLG Bremen zurückgenommen wurden.271 Das Schrifttum begrüßt die Entscheidungen trotz einiger Detailkritik mehrheitlich. Zwar müsse, wer im europäischen Rechtsraum kontrahiere, damit rechnen, dass er sein Recht gegebenenfalls im Land seines Vertragspartners suchen muss. Eine Schiedsklausel, die ihn jedoch gleich auf einen anderen Kontinent zwinge, nur weil dort die Muttergesellschaft sitze, sei missbräuchlich.272 Insbe267 So Kraayvanger, Anm. OLG Dresden, IHR 2008, 120, 121. Ähnlich Eichel, Inhaltskontrolle von AGB-SchKl, IPRax 2010, 219, 222, dort zudem recht harsch: „Orientierungsschwierigkeit […] ist das Risiko globaler Geschäftstätigkeit.“ Ähnlich aber auch OLG Frankfurt, 4.6.2019, jurisRn. 35: Wer sich „freiwillig und auf eigenes Risiko auf das Parkett des internationalen Handels begebe“, könne sich im Vollstreckbarerklärungsverfahren später nicht auf mangelnde Erfahrung berufen. Es geht dort dann allerdings nicht näher auf die (Un-)Angemessenheit der russischen Ortswahl oder die daraus resultierende Erschwerung der Rechtsverfolgung ein, sondern erklärt die SchKl nur generell für zulässig, vgl. a. a. O., jurisRn. 34 und oben schon Fn. 257. 268 OLG Celle, 4.12.2008, jurisRn. 31. 269 OLG Celle (vorige Fn.), jurisRn. 32; laut OLG Thüringen, 13.1.2011 [ohne Rn.], gab es zu der Zeit fast 600 dt. Franchisenehmer. 270 OLG Thüringen, 13.1.2011; OLG Bremen, 30.10.2008, jurisRn. 29 f. 271 Dazu OLG Thüringen (vorige Fn.) und Schulz/Niedermaier, Unwirksame SchKl in Franchiseverträgen?, SchiedsVZ 2009, 196, 197. Der BGH-Beschluss selbst ist weder in der jurisnoch in der beck-online- oder DIS-Datenbank zu finden. 272 So insb. Samtleben, Zur Inhaltskontrolle von SchKl, FS v. Hoffmann 2011, 1066, 1074 f. und Schulz/Niedermaier (vorige Fn.), 200, 202. Am Rande auch Hausmann, in: Reithmann/ Martiny, Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 7.309; Hilbig, Absoluter Verbraucherschutz, SchiedsVZ 2010, 74, 76; Mogendorf, Der strukturell unterlegene Unternehmer im IPR und IZVR (2016),
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sondere Markus Schulz und Tilman Niedermaier weisen jedoch zu Recht darauf hin, dass sich die Grenze, welche Entfernung noch angemessen sei, anhand der bisherigen Rechtsprechung nicht sicher ableiten lasse.273 So finden sich im Untersuchungszeitraum durchaus Entscheidungen, in denen die Schiedsklausel trotz der ausländischen Ortswahl akzeptiert wird. Der Ort liegt dabei jedoch stets noch in Europa.274 Hinzu kommt, dass er sich entweder in der Nähe des Sitzes des Klauselverwenders befindet oder es einen anderen, besonderen Sachgrund für die entsprechende Wahl gibt.275 Die Gerichte scheinen darin jeweils einen ausreichenden Grund zu sehen, um die Benachteiligung des Klauselgegners zu rechtfertigen. Eine offene Interessenabwägung oder nähere Erörterung der Pro blematik findet jedoch nicht statt. Die gerichtliche Inhaltskontrolle fällt bis auf die genannten Subway-Entscheidungen generell sehr kurz aus. Häufig fehlt auch jegliche Auseinandersetzung mit der inhaltlichen Gestaltung, selbst etwa wenn der Schiedsort in Moldawien oder erneut in New York liegt.276 Ein weiterer Punkt, den zumindest das OLG Bremen neben der Ortswahl als Begründung für die Unangemessenheit der Subway-Schiedsklausel nennt, ist die konkrete Verfahrensregelung. Zwar erweise sich der Verweis auf die UNCI TRAL-Rules sicherlich oftmals als nützlich, wirke sich für den Klauselgegner S. 281 (vgl. aber S. 282). Für eine ergänzende Orientierung an den objektiven Gerichtsstandsregeln Niedermaier, Schieds- und Schiedsverfahrensvereinbarungen in strukturellen Ungleichgewichtslagen (2013), S. 272 ff., 365 ff.; ähnlich Coester-Waltjen, Schiedsgerichtsvereinbarungen und ihre Wirksamkeit, FS Siehr 2010, 595, 606 ff. Ablehnend dagegen Eichel, Inhaltskontrolle von AGB-SchKl, IPRax 2010, 219 ff. und Kraayvanger, Anm. OLG Dresden, IHR 2008, 120 ff., die die Wahlfreiheit bzgl. des Schieds- und Verhandlungsorts betonen und allenfalls eine fehlende prozessuale Kompensation der Benachteiligung bemängeln (Eichel). Mit überzeugender Gegenkritik indes Niedermaier, a. a. O., S. 271 f. 273 Schulz/Niedermaier, Unwirksame SchKl in Franchiseverträgen?, SchiedsVZ 2009, 196, 201. Ähnlich auch Hilbig (vorige Fn.), 76. 274 Vgl. OLG Frankfurt, 4.6.2019, jurisRn. 34 f. (Moskau, vgl. Fn. 267); OLG Köln, 21.2.2014, jurisRn. 3 (Finnland) sowie 9.10.2009, jurisRn. 22 (Tschechien, zur dortigen Prüfung s.o. Fn. 238); OLG München, 7.6.2013, jurisRn. 82 (Paris, SchKl dort jedoch von Drittem gestellt, da damit untypisch hier generell nicht mitgezählt); LG Gießen, 31.7.2008, jurisRn. 19 (Niederlande, vgl. oben Fn. 175). 275 So verweist das OLG München (vorige Fn.), jurisRn. 82, etwa darauf, dass an der Pariser Börse die Waren gehandelt würden, über die die Parteien Termingeschäfte geschlossen hätten, und daher davon auszugehen sei, dass das dortige Schiedsgericht insofern über eine besondere Sachkunde verfüge. 276 Vgl. OLG Köln, 26.2.2014, wo nur die Formwirksamkeit geprüft und darauf hingewiesen wird, das zu Unwirksamkeitsgründen nach dem moldawischen Recht nichts vorgetragen sei, sowie OLG Düsseldorf, 3.2.2011, wo das Gericht in einem Broker-Fall die Verbrauchereigenschaft des Klauselgegners verneint und diesen deshalb an die unterzeichnete SchKl zugunsten der Schiedsgerichtsbarkeit der New Yorker Börse oder jeder anderen amerikanischen Börse gebunden hält.
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hier in der Kombination mit dem weit entfernten Verhandlungsort aber als „zusätzlich verhängnisvoll“ aus. Denn nach den UNCITRAL-Rules könne der Kläger seinen Antrag auch ohne schlüssige Sachverhaltsdarstellung einreichen, die mündliche Verhandlung sei rein fakultativ und für das Schiedsgericht bestehe die Möglichkeit, wie geschehen, ein Versäumnisurteil ohne Tatbestand und nähere Darlegung der Entscheidungsgründe zu erlassen.277 Weitere Entscheidungen zu solchen Aspekten fehlen, zumindest in dem hier untersuchten grenzüberschreitenden Bereich.278 Auch die asymmetrische Gestaltung von Schiedsklauseln279 oder die Verschlechterung des kollisions- und sachrechtlichen Schutzniveaus aufgrund des „Opt-Outs“280 wird in der deutschen Rechtsprechung bislang nicht zum Anlass genommen, eine AGB-rechtliche Inhaltskontrolle vorzunehmen und Schiedsklauseln die Anerkennung zu versagen. Zwar finden sich in den Broker-Fällen auf instanzgerichtlicher Ebene Entscheidungen, in denen die Gerichte die Schiedsklauseln für unwirksam erklären, da sie in Kombination mit der Rechtswahlklausel zu einer Umgehung des deutschen Deliktsrechts führen. Die Gerichte stützen sich dabei aber auf Art. 42 EGBGB analog.281 Das OLG München (2006) und LG Düsseldorf (2012) wiederum führen eine allgemeine Ordre-public-Kontrolle durch, um zu verhindern, dass der deutsche Ausgleichsanspruch eines Handelsvertreters durch die Wahl eines kalifornischen oder Schweizer Schiedsgerichts leer läuft. Der AGB-Charakter der Wahl spielt dort aber ebenfalls keine Rolle.282 Damit lassen sich im OLG Bremen, 30.10.2008, jurisRn. 29. Zustimmung zur Prüfung bei Eichel, Inhaltskontrolle von AGB-SchKl, IPRax 2010, 219, 223. Kritischer Schulz/Niedermaier, Unwirksame SchKl in Franchiseverträgen?, SchiedsVZ 2009, 196, 199 („diffuse Gesamtbetrachtung“), ohne das dann aber selbst weiter zu präzisieren. 278 Die Bsp. bei Hanefeld/Wittinghofer, SchKl in AGB, SchiedsVZ 2005, 217, 223 ff., behandeln v. a. inl. SchKl, geben aber einen guten Überblick zu möglichen Benachteiligungen durch solche Schiedsverfahrensvereinbarungen. Vgl. zudem die Ausführungen bei Ampatzi, Das AGB-Recht in der Schiedsgerichtsbarkeit (2019), v. a. S. 658 ff.; Niedermaier, Schiedsund Schiedsverfahrensvereinbarungen in strukturellen Ungleichgewichtslagen (2013), S. 230 ff. 279 Zu älteren dt. Entsch. sowie zur Rspr. in anderen Mitgliedstaaten Bälz/Stompfe, Asymmetrische Streitbeilegungsklauseln, SchiedsVZ 2017, 157 ff.; Draguiev, Unilateral Jurisdiction Clauses, J. Int’l Arb. 2014, 19 ff. und van Zelst, Unilateral Option Arbitration Clauses in the EU, J. Int’l Arb. 2016, 365 ff. 280 Dazu oben unter II.2. 281 Siehe z. B. OLG Düsseldorf, 19.2.2009, jurisRn. 42 oder OLG Düsseldorf, 17.11.2008, jurisRn. 50. Bei OLG Düsseldorf, 11.2.2005, unklar, ob SchKl int. ist (vgl. schon oben Fn. 191). 282 Siehe LG Düsseldorf, 30.11.2012, jurisRn. 31 f. und OLG München, 17.5.2006, jurisRn. 43 i. V. m. jurisRn. 25 ff., zu Letzterem auch insb. die ausführliche Besprechung von Quinke, Schiedsvereinbarungen und Eingriffsnormen, SchiedsVZ 2007, 246 ff. und G. Rühl, Die Wirksamkeit von Gerichtsstands- und Schiedsvereinbarungen im Lichte der Ingmar-Entsch. des EuGH, IPRax 2007, 294 ff. Näher zudem Kleinheisterkamp, Eingriffsnormen und Schieds277
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Untersuchungszeitraum insgesamt lediglich 10 Entscheidungen identifizieren, in denen die Gerichte internationale Schiedsklauseln einer Inhaltskontrolle wohl zumindest auch im AGB-rechtlichen Sinne unterziehen. Bis auf die vier Subway-Schiedsklauseln halten ihr allesamt stand.283 4. Verbot überraschender Klauseln Finden sich schon für die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle im Untersuchungszeitraum kaum Beispiele, fällt der Befund zum AGB-rechtlichen Überraschungsverbot sogar noch karger aus. Höchstens 4 Entscheidungen greifen bei der Kontrolle internationaler Schiedsklauseln zumindest der Sache nach auf § 305c Abs. 1 BGB zurück, funktional äquivalente Vorschriften des ausländischen Rechts werden gar nicht erwähnt.284 Das rechtsdogmatische Schrifttum widmet dem Kontrollinstrument ebenfalls keine Aufmerksamkeit. a) Verhältnis zum NYÜ Wird § 305c BGB überhaupt erwähnt, dann lediglich in Verbindung mit der allgemeinen Einbeziehungskontrolle aus § 305 BGB, was zur Folge hat, dass er mit Blick auf Art. II NYÜ ebenfalls für gesperrt erklärt wird.285 Hierfür spricht, dass das Überraschungsverbot in den meisten AGB-Rechtsordnungen eine zusätzliche negative Einbeziehungsvoraussetzung begründet und folglich im Vergleich zu Art. II NYÜ eine Verschärfung bewirkt. Schließlich hängt die formwirksame Einigung über die Schiedswahl nach dessen Wortlaut allein von der positiven gerichtsbarkeit, RabelZ 73 (2009), 818 ff. Die Ordre-public-Kontrolle wird von dieser Arbeit nicht behandelt, äußern sich Entsch. aber auch speziell im AGB-rechtlichen Sinne werden sie miteinbezogen, vgl. z. B. oben Fn. 238. Gleiches gilt für Verstöße gegen Rechtsvorschriften, die keinen AGB-rechtlichen Telos haben, so etwa für Verstöße gegen das CMR, dazu etwa OLG Stuttgart, 11.11.2009, jurisRn. 27 ff. sowie im Kontext mit GStKl Kap. 5, unter IV.2.e)bb) in Fn. 271. 283 Siehe die Übersicht in Anh. 6 sowie für die Details die vorherigen Fn. 284 Explizit zu § 305c Abs. 1 BGB OLG Hamm, 9.7.2013, jurisRn. 77 und OLG Frankfurt, 20.7.2007, jurisRn. 26 f. Vgl. daneben auch OLG Frankfurt, 4.6.2019, jurisRn. 34 und LG Gießen, 31.7.2008, jurisRn. 19. Wohl nicht einschlägig OLG Köln, 15.3.2019. Näheres noch unter b). Beim OLG Düsseldorf, 29.7.2005, beruft sich die Klauselgegnerin auf die überraschende Vertragsgestaltung (jurisRn. 13), das OLG geht darauf aber nicht ein, da die Einbeziehung der SchKl u. a. bereits am fehlenden AGB-Hinweis scheitert. Aus ähnlichen Gründen lässt auch BGH, 22.3.2011 (Az. XI ZR 197/08), jurisRn. 20, offen, ob die SchKl des Brokers überraschend ist. Rein inl. Fälle werden nicht untersucht (vgl. IV.1.). 285 Epping, Die Schiedsvereinbarung im int. privaten Rechtsverkehr (1999), S. 141, 151; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Int. Vertragsrecht (2022), Rn. 7.293; Niedermaier, Schiedsund Schiedsverfahrensvereinbarungen in strukturellen Ungleichgewichtslagen (2013), S. 197, 248 und Schack, IZVR (2021), Rn. 1425.
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Einhaltung der Schriftform ab.286 Ein darüber hinausgehendes negatives Verbot von Schiedsklauseln, die sich nicht mehr im Rahmen des Erwartbaren halten, wird Art. II NYÜ zumindest bisher dagegen (noch) nicht entnommen. Da strengere Vorschriften des nationalen Rechts, die wie Art. II NYÜ den Zweck verfolgen, einen echten Schiedswillen zu sichern, von diesem verdrängt werden und auch nicht über das Meistbegünstigungsprinzip aus Art. VII NYÜ zum Einsatz kommen, müsste das AGB-rechtliche Überraschungsverbot für internationale Schiedsklauseln an sich bedeutungslos, da gesperrt sein.287 Allerdings weist es oft inhaltliche Kontrollelemente auf,288 was wiederum für eine parallele Anwendbarkeit sprechen könnte. Denn wie soeben und unter 3.a) angenommen schützt das NYÜ den Klauselgegner nicht vor inhaltlich missbilligenswerten Schiedsklauseln, seien sie nun überraschend oder unangemessen. In der Literatur wird von einigen auch durchaus Bedarf für eine solche Kontrolle gesehen, die Stimmen setzen sich mit der Konkurrenzfrage jedoch nicht näher auseinander.289 Letztlich liegt der Grund für das Überraschungsverbot allerdings vor allem darin, zu verhindern, dass die normative Annahme einer generellen Zustimmung zum Vertrag (mit all seinen Klauseln) zur absoluten Fiktion gerät, wenn die positiven Einbeziehungsvoraussetzungen zwar eingehalten sind, die fragliche Klausel objektiv aber völlig ungewöhnlich ist und auch für den konkreten Klauselgegner eine Überraschung bedeutet.290 Das rückt das Kontrollinstru286 Zu den positiven Einbeziehungsvssn. von Art. II NYÜ umfassend bereits unter 2.b)aa). Zur Ausgestaltung sowie zum Zweck des AGB-rechtlichen Überraschungsverbots v. a. in Kap. 4, unter IV.4. 287 So kumulativ zu §§ 305, 305c BGB auch Epping, Die Schiedsvereinbarung im int. privaten Rechtsverkehr (1999), S. 140 f. Zum (umstrittenen) Zweck von Art. II NYÜ, über die Schriftform einen echten Konsens sicherzustellen, schon oben unter 2.a). 288 Vgl. nur § 864a österr. ABGB: „Bestimmungen ungewöhnlichen Inhaltes in Allgemeinen Geschäftsbedingungen […] werden nicht Vertragsbestandteil, wenn sie dem anderen Teil nachteilig sind und er mit ihnen auch nach den Umständen, vor allem nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde, nicht zu rechnen brauchte; es sei denn, der eine Vertragsteil hat den anderen besonders darauf hingewiesen.“ [Hervorhebung hier hinzugefügt]; dazu ebenfalls bereits ausführlich in Kap. 4 sowie in Kap. 5, jeweils unter IV.4. 289 Siehe insb. Mäsch, Schiedsvereinbarungen mit Verbrauchern, FS Schlosser 2005, 529, 539 f., der v. a. dann eine Überrumpelung des Verbrauchers sieht, wenn der Schiedsort mit dem Sachverhalt nicht verbunden ist. Ebenfalls zur Überraschungskontrolle Hanefeld/Wittinghofer, SchKl in AGB, SchiedsVZ 2005, 217, 222 und Wurmnest, in: MüKo, § 307 BGB Rn. 275. Eichel, Inhaltskontrolle von AGB-SchKl, IPRax 2010, 219, 221, bildet insofern eine Ausnahme. Er begründet die Kontrolle damit, dass Art. II NYÜ nur für die Kern-SchKl und nicht die flankierenden Schiedsverfahrensvereinbarungen gelte. Die Kontrollpraxis differenziert insofern allerdings nicht (vgl. Fn. 149 sowie auch noch Fn. 297). Auch bilden die entsprechenden Bestimmungen sprachlich oft eine Einheit, sodass fraglich ist, ob man sie bei der Kontrolle tatsächlich trennen kann. 290 Hierzu bereits in Kap. 4, unter IV.4.a).
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ment funktional dann insgesamt doch näher an die Form- und Konsensvorgaben von Art. II NYÜ heran. Ein Verbot überraschender Schiedsklauseln sollte daher zukünftig ausgehend von diesem Ziel international vereinheitlichend aus Art. II NYÜ entwickelt werden und nicht mehr dem nationalen AGB-Recht folgen.291 b) Kontrollpraxis Schon jetzt wird im Untersuchungszeitraum indes in keinem einzigen Fall ein Verstoß gegen das AGB-rechtliche Überraschungsverbot bejaht.292 Das LG Gießen verweist 2008 lediglich kurz darauf, dass die Vereinbarung eines niederländischen Schiedsgerichts in den AGB eines niederländischen Klauselverwenders kaum überraschend sei und bezieht sich dafür auf eine ältere Entscheidung des BGH zu § 3 AGBG a. F. Weder dieser noch das LG gehen allerdings darauf ein, ob das deutsche AGB-Recht neben dem NYÜ überhaupt noch zur Anwendung kommt. Generell lässt sich den beiden Entscheidungen nicht entnehmen, dass den Gerichten bewusst war, dass sie sich bei ihrer Prüfung in dessen Geltungsbereich bewegen.293 Zumindest für die Konkurrenzfrage kommt ihnen daher geringere Aussagekraft zu. Das gilt so letztlich auch für eine neuere Entscheidung des OLG Frankfurt von 2019, das sich an verschiedenen Stellen zwar auf das NYÜ beruft, zur Schiedsklausel aber ebenfalls nur sehr kurz festhält, dass eine solche Vereinbarung im internationalen Handelsverkehr nicht überraschend sei und die
291 So am Rande bereits Lindacher, SchKl und AGB im int. Handelsverkehr, FS Habscheid 1989, 167, 173. Dadurch wird zugleich der Rechtsunsicherheit vorgebeugt, die sich aus nat. divergierenden Kontrollvorschriften ergeben kann. Dafür bleiben allerdings zunächst, bis sich int. einheitliche Kontrolllinien entwickelt haben, die genauen Vorgaben eines solchen Überraschungsverbots ungewiss. Näher zu diesem Problem auch noch unter 5.b). Ähnlich auch bereits das hiesige Ergebnis bzgl. der Brüssel Ia-VO in Kap. 5, unter IV.4.a). 292 Die Äußerungen des OLG Köln, 15.3.2019, jurisRn. 33, die Klauselverwenderin dürfe sich jedenfalls nach Treu und Glauben nicht auf ihre SchKl berufen, da sie der Klauselgegnerin quasi „untergeschoben“ wurde, sind wohl noch als Teil der generellen, positiven Einbeziehungskontrolle (jurisRn. 27 ff.) oder als später ansetzende Ausübungskontrolle zu verstehen. Im Kern geht es dem OLG nämlich darum, dass die Klauselverwenderin im Rahmen einer langjährigen Geschäftsbeziehung in ihren Rechnungen plötzlich eine SchKl einfügte und damit die vertraglichen Konditionen zum Nachteil der Geschäftspartnerin ändern wollte. Die Formulierungen des Gerichts („weil diese damit nicht zu rechnen brauchte“, „untergeschoben“) lassen indes durchaus an das Überraschungsverbot denken, auch wenn die Rechtsfolge an sich eine andere sein müsste (schon keine Einbeziehung statt Ausübungsverbot). Das OLG nennt keine genaue Rechtsgrundlage. Ohnehin handelt es sich nur um ein obiter dictum, da schon die positiven Einbeziehungsvssn. nicht vorlagen (s.o., 2.b)). 293 Vgl. LG Gießen, 31.7.2008, insb. jurisRn. 19 (dazu auch schon unter 2.b)aa) bei Fn. 175) und BGH, 26.6.1986, insb. jurisRn. 7 (Vorinstanzen unveröffentlicht) – beide ohne jede Erwähnung des NYÜ.
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Klauselverwenderin auch keine besondere Hinweispflicht treffe.294 Dadurch bleibt unklar, auf welcher Ebene sich das Gericht mit seiner Kontrolle bewegt, sprich ob es das – verneinte – Überraschungsverbot direkt im NYÜ oder im nationalen AGB-Recht verortet.295 In einem früheren Beschluss stützt sich das Gericht einige Jahre zuvor noch explizit auf § 305c Abs. 1 BGB, erwähnt dafür aber wiederum dort das NYÜ nicht. Wie die restlichen Entscheidungen lehnt es eine Überraschung durch die geprüfte Schiedsklausel ebenso ab.296 Auch wenn dem Klauselgegner ursprünglich eine andere Vertragsfassung vorgelegen habe, die neben der Schiedsklausel noch eine deutsche Rechtswahlklausel enthielt, begründe es keine hinreichende Überraschung, dass diese dann in der schlussendlich unterschriebenen Fassung durch eine belgische Rechtswahl, insbesondere auch bezüglich des Schiedsverfahrens, ersetzt worden sei. Schließlich seien sich die Parteien von Anfang an einig gewesen, ein etwaiges Schiedsverfahren in Brüssel auf Basis der ICC-Schiedsregeln durchzuführen. Da das belgische Recht allenfalls subsidiär zu diesen zum Einsatz komme, könne die Änderung keine besondere Bedeutung entfalten. Zumal der Klauselgegner nicht dargelegt habe, inwiefern sich das belgische überhaupt vom deutschen Schiedsverfahrensrecht unterscheide.297 Tatsächlich scheint es sich angesichts der Fallumstände bei der vorgeblichen Überraschung um eine reine Schutzbehauptung zu handeln. Hatten sich die Parteien auf ein Schiedsverfahren in Brüssel geeinigt, lag die Anwendung der dortigen lex arbitri nahe, selbst wenn das belgische Schiedsrecht für die Parteien diesbezüglich ein Wahlrecht enthält.298 Die ursprüngliche deutsche Rechtswahlklausel hatte sich zudem anders als die spätere belgische ohnehin nur auf den 294
OLG Frankfurt, 4.9.2019, jurisRn. 34 f. Die Ausführungen erfolgen in Bezug auf Art. V Abs. 2 lit. b NYÜ (dazu kurz oben bei Fn. 238), was eine Kontrolle anhand der nat. lex fori, sprich anhand von § 305c Abs. 1 BGB, näher legt als eine autonome, int. vereinheitlichte Kontrolle anhand von Art. II NYÜ. 296 OLG Frankfurt, 20.7.2007, jurisRn. 26 f., das allerdings offenlässt, ob es sich bei der SchKl tatsächlich um eine nicht einzeln ausgehandelte AGB handelt und das dt. Recht überhaupt – anstelle des belg. Rechts – Anwendung findet (vgl. jurisRn. 18). Als Entsch. hier mitgezählt, da immerhin obiter AGB-Kontrolle. 297 OLG Frankfurt (vorige Fn.), jurisRn. 27 i. V. m. 21 f. Das Gericht unterscheidet folglich nicht – wie teils in der Literatur gefordert (vgl. Fn. 289) – zwischen der Wirksamkeit der KernSchKl an sich und der der weiteren Annex-Regelungen, wie dem Recht, dem das Schiedsverfahren untersteht (lex arbitri). 298 Vgl. die engl. Übersetzung von Art. 1676 Abs. 7 des belg. Code judiciare sowie den Kommentar dazu bei Bassiri/Piers, in: Bassiri/Draye, Arbitration in Belgium, Art. 1676 eingangs sowie in Rn. 60 ff. Art. 1676 Abs. 8 Code judiciare ordnet zwar einige Vorschriften als unabdingbar an, nennt insofern aber weder Art. 1684 ff. noch Art. 1699 ff., die die Besetzung des Schiedsgerichts sowie das Schiedsverfahren regeln. Damit können die Parteien die lex arbitri weitgehend selbst bestimmen. 295
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Hauptvertrag bezogen,299 sodass auch insofern aus der Änderung keine Überraschung folgen dürfte. Das OLG betont in der Entscheidung überdies zu Recht, dass es wegen des Trennungsprinzips für die Kontrolle der Schiedsklausel nicht darauf ankomme, ob das belgische Recht dem Klauselgegner in der Sache weniger Rechte verleihe als das deutsche und lehnt auch unter dem Gesichtspunkt eine entsprechende, verdeckte Inhaltskontrolle ab.300 Das OLG Hamm wiederum, aus dessen Entscheidung bereits oben im Kontext mit der Inhaltskontrolle zitiert wurde (vgl. 3.b)), bezieht sich 2013 bei der Kontrolle einer internationalen Schiedsklausel zwar ebenfalls auf § 305c Abs. 1 BGB, verwechselt diesen aber anscheinend mit der Unklarheitenregel aus dem dortigen Abs. 2. In Wirklichkeit geht es ihm nämlich nicht um den Überraschungscharakter der vorgebrachten Schiedsklausel, sondern um deren uneindeutige Formulierung.301 Auf die Entscheidung wird daher im folgenden Abschnitt zurückzukommen sein. 5. Transparenzkontrolle Schiedsklauseln werden von der deutschen wie auch der internationalen Rechtsprechung tendenziell großzügig ausgelegt. Selbst wenn die konkret geltend gemachte Schiedsklausel undeutlich oder missverständlich formuliert sein sollte, wird prinzipiell versucht, sie aufrechtzuerhalten.302 Dieser Grundsatz der sog. schiedsfreundlichen Auslegung wird zumindest nicht ausdrücklich auf individuell ausgehandelte Schiedsvereinbarungen beschränkt. Dabei nimmt das nationale Recht bei AGB deren Verwender an sich oft gerade verstärkt in die Pflicht. Er muss seine AGB so formulieren, dass sie für den Klauselgegner „klar und ver-
299 OLG Frankfurt, 20.7.2007, jurisRn. 3 ff. Ursprgl. war in Ziffer 19.1 des Vertrags eine dt. RwKl und in Ziffer 19.2. die SchKl enthalten; der neue Vertrag enthielt dann in Ziffer 19.1 eine allgm. belg. RwKl und in Ziffer 19.2 bei der SchKl den Zusatz, dass bzgl. des Schiedsverfahrens das belg. Recht anwendbar sei. Nach den umliegenden Regelungen zu urteilen, bezog sich die ursprüngliche Rechtswahl wohl nicht auf die SchKl. 300 OLG Frankfurt (vorige Fn.), jurisRn. 19, 27. Zur verdeckten Inhaltskontrolle über das Überraschungsverbot bei RwKl in Kap. 4, unter IV.4. Das OLG Frankfurt grenzt an der Stelle zu einer entsprechenden, älteren Entsch. des OLG Düsseldorf ab. 301 Vgl. OLG Hamm, 9.7.2013, jurisRn. 75 ff. Näher noch unter 5.b). 302 Deutlich insb. LG Dortmund, 13.9.2017, jurisRn. 17 f.; siehe daneben aber z. B. auch BGH, 14.7.2011, jurisRn. 1, jeweils m. w. N. Generell zur Rspr. der dt., aber auch anderer Gerichte bei der Auslegung von SchKl Born, Int. Commercial Arbitration (2021), S. 1423 ff. und Lew/Mistelis/Kröll, Comparative Int. Commercial Arbitration (2003), Rn. 7-59 ff. Ausführlich zur Praxis in Deutschland und Griechenland auch Ampatzi, Das AGB-Recht in der Schiedsgerichtsbarkeit (2019), S. 469 ff., allerdings z.T. redundant und ohne Fokus auf die entscheidenden Fragen bei SchKl speziell in AGB.
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ständlich“ sind (siehe z. B. Art. 5 Klausel-RL oder § 307 Abs. 1 S. 2 BGB).303 Der EuGH geht in neueren Entscheidungen aus dem Verbraucherbereich darüber zudem sogar noch deutlich hinaus und fordert mit Blick auf das europäische Transparenzgebot, dass der Klauselverwender seinen Vertragspartner über die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen der Klausel aufklärt.304 Wie schon im vorherigen Kapitel wirft das Fragen bezüglich der Konkurrenz zu speziellerem Einheitsrecht auf, das – wie die Brüssel Ia-VO oder das NYÜ – eigene Vorgaben für die Bestimmtheit und die parteiautonome Vereinbarung von Forumswahlklauseln macht (dazu a)). Blickt man indes auf die Kontrollpraxis zu internationalen Schiedsklauseln, stellt man fest, dass weder Art. II NYÜ noch dem nationalen AGB-Recht derzeit besondere Bedeutung zukommen (dazu b)). Die Ausführungen zu ihrem Konkurrenzverhältnis können daher kurz gefasst werden. a) Verhältnis zum NYÜ Im rechtsdogmatischen Schrifttum fehlt hierzu bislang jeder Austausch. Das Bestimmtheitsgebot aus Art. II Abs. 1 NYÜ, wonach sich die Schiedsklausel auf „a defined legal relationship, whether contractual or not“ beziehen muss, wird mit der AGB-rechtlichen Transparenzkontrolle nicht in Verbindung gebracht, obwohl beide für die Formulierung von Schiedsklauseln Regeln aufstellen und verhindern wollen, dass sich der Klauselgegner an eine Schiedsklausel bindet, deren Reichweite er nicht überblickt.305 Das Bestimmtheitserfordernis aus Art. II Abs. 1 303 Näheres zur AGB-rechtlichen Transparenzkontrolle schon in Kap. 4, unter IV.5., dort auch mit entsprechenden Nachweisen aus dem rechtsvergleichenden und AGB-Rechtsschrifttum. 304 Siehe insb. EuGH – Andriciuc, 20.9.2017, Rs. C-186/16, Rn. 45 und VKI ./. Amazon, 28.7.2016, Rs. 191-15, Rn. 68 f., dort zu einer RwKl. Ausführlich hierzu deshalb auch schon in Kap. 4, unter IV.5., dort auch zu offenen Fragen bzgl. der Reichweite und Erfüllung dieser Pflicht. Die Annahme von Coester-Waltjen, Schiedsgerichtsbarkeit und Verbraucher, in: Hess, Der europ. Gerichtsverbund (2017), 81, 89 Fn. 45, der EuGH habe in Sebestyén eine vorherige Information über die Bedeutung von SchKl gefordert, trifft dagegen nicht zu. Die Entsch. äußert sich nicht zu Art. 5 Klausel-RL, sondern gibt nur den Hinweis, dass eine solche Information die inhaltliche Missbräuchlichkeit i. S. v. Klausel-RL nicht generell ausschließt, vgl. oben Fn. 245. 305 Zum Bestimmtheitsgebot z. B. Adolphsen, in: MüKo-ZPO, Art. II UNÜ Rn. 8; Haas/ Kahlert, in: Weigand/Baumann, Art. II NYC Rn. 21.139 und Wolff, in: ders., Art. II NYC Rn. 65 („The defined legal relationship requirement aims to protect the parties […] from a limitless submission to arbitration, the scope of which they might not realize.“). Die Entstehungsgeschichte legt freilich eigentlich anderes nahe, vgl. van den Berg, The NYC of 1958 (1981), S. 148, dem zufolge die Worte lediglich eingefügt wurden, um klarzustellen, dass nicht nur vertragliche Streitigkeiten der privaten Rspr. unterworfen werden können. Zu dieser Bedeutung auch Born, Int. Arbitration (2021), S. 57. Zum AGB-rechtlichen Transparenzgebot v. a. schon in Kap. 4, IV.5. mit Nachweisen, vgl. zudem die Urteile aus Fn. 304. Ampatzi, Das AGB-Recht
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NYÜ ist nach der Rechtsprechung und Literatur allerdings relativ leicht zu erfüllen und knüpft von vornherein nur an den Kreis der erfassten Streitigkeiten an.306 So gibt das NYÜ z. B. anders als die Brüssel Ia-VO nicht vor, dass sich die Parteien vorab schon auf ein bestimmtes oder zumindest objektiv bestimmbares forum geeinigt haben müssen. Das AGB-rechtliche Transparenzgebot dürfte daher sowohl vom Umfang her als auch der Intensität der Kontrolle erheblich über dessen Vorgaben hinausgehen.307 Gerade das wirft aber Fragen bezüglich der Anwendbarkeit auf. Schließlich werden strengere und damit „schiedsunfreundlichere“ Regeln des nationalen Rechts vom NYÜ verdrängt, sofern sie einen ähnlichen Zweck verfolgen. Es spricht daher wie schon im fünften Kapitel einiges dafür, das AGB-Recht insofern als verdrängt zu betrachten. Zumal Art. II NYÜ nach überwiegender Ansicht durch sein Schriftformerfordernis sicherstellen will, dass die Schiedswahl vom beiderseitigen Willen getragen wird.308 Ist eine Schiedsklausel aber unklar formuliert, kann die generelle Zustimmung des Klauselgegners zum Abschluss nicht ohne Weiteres auch als Zustimmung zu dem intransparenten „Opt-Out“ aus der staatlichen Gerichtsbarkeit gewertet werden. Hier bietet sich die Möglichkeit, basierend auf dem Zweck und dem Begriff des agreement aus Art. II NYÜ, international vereinheitlichte Transparenzvorgaben zu entwickeln.309 Das ist bisher allerdings weder in der Rechtsprechung noch im Schrifttum geschehen. Sollte es zukünftig dazu kommen, wird eine tatsächlich wirksame Vereinheitlichung vor allem dadurch erschwert, dass für das NYÜ keine übergeordnete Entscheidungsinstanz ähnlich dem EuGH existiert. Während dieser im Bereich der Gerichtsstandsklauseln auf Basis des europäischen Bestimmtheitserfordernisses inzwischen zumindest für kartellrechtliche Streitigin der Schiedsgerichtsbarkeit (2019), sieht die Überschneidung (vgl. insb. S. 422, 604) und geht von einer parallelen Anwendbarkeit aus (vgl. S. 600 ff.), begründet das aber nicht. 306 Siehe insb. Born (vorige Fn.), S. 56: „In virtually all cases, arbitration agreements relate to a written contract [the] […] requirement is clearly satisfied.“ sowie ausführlicher ders., Int. Commercial Arbitration (2021), S. 321 ff., 824 f., 1424 ff. Ähnlich Schlosser, in: Stein/Jonas, Anh. zu § 1061 ZPO Rn. 55. Auch der UNCITRAL-Guide zum NYÜ von 2016 (zur Fundstelle oben Fn. 166) nennt keine Bsp., wo eine SchKl an dem Bestimmtheitserfordernis gescheitert wäre (siehe dort v. a. S. 49). 307 Das Transparenzgebot bezieht sich sogar auf die an sich kontrollfreien Leistungsbestimmungen (vgl. z. B. Art. 4 Abs. 2 Klausel-RL) und setzt damit ganzheitlich und nicht nur beim Kreis der erfassten Rechtsstreitigkeiten an. Laut EuGH fordert es vom Klauselverwender zudem eine gewisse Aufklärung (siehe bei Fn. 304), was aus dem Bestimmtheitserfordernis des NYÜ bisher nicht abgeleitet wird. 308 Streitig, näher dazu schon oben unter 2.a) sowie kurz gerade auch unter 4.a). 309 Die Schriftform wird von vielen freilich nur auf die Kern-SchKl und nicht auf Schiedsverfahrensvereinbarungen bezogen (vgl. Fn. 149 und 289). Um Bindungswirkung zu entfalten, sollten jedoch auch diese transparent formuliert sein, da ansonsten nicht von einer echten Zustimmung des Klauselgegners auszugehen ist.
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Sechstes Kapitel: Kontrolle von Schiedsklauseln
keiten gewisse gemeinsame Formulierungsstandards entwickelt hat,310 dürfte deren weltweite Etablierung bei Schiedsklauseln schwer zu erreichen oder jedenfalls zunächst von sehr starker Unsicherheit begleitet sein. b) Kontrollpraxis Ansätze hierzu sind aber wie gesagt bis jetzt nicht erkennbar. So wird das Bestimmtheitserfordernis des Art. II Abs. 1 NYÜ während des gesamten Untersuchungszeitraums in keiner der analysierten Entscheidungen auch nur erwähnt. Das OLG Hamm bringt in seiner gerade schon genannten Entscheidung von 2013 zwar das „Bestimmtheitserfordernis[…] der §§ 305 c Abs. 1, 307 BGB“ auf,311 setzt vor dessen Prüfung dann aber eine schiedsfreundliche Auslegung der Klausel und „rettet“ diese so vor einer etwaigen Unwirksamkeit: Obwohl es grundsätzlich am Verwender sei, sich im Rahmen seiner AGB klar und unmissverständlich auszudrücken, stünden diese trotzdem einer objektiven und dabei gegebenenfalls auch ergänzenden Auslegung offen.312 Es schade der Schiedsklausel daher nicht, dass sie durch ihre Formulierung nicht selbst schon vollkommen deutlich mache, ob nun der London Court of International Arbitration (LCIA) oder ein nicht näher benanntes Schiedsgericht in Zürich über Streitigkeiten ent310 Vgl. EuGH – CDC, 21.5.2015, Rs. C-352/13, Rn. 69 ff.; Apple Sales, 24.10.2018, Rs. C-595/17, Rn. 22 ff., dazu auch schon in Kap. 5, unter 4.a) bei Fn. 424. Gegen eine Übertragung dieser Standards auf SchKl indes LG Dortmund, 13.9.2017, jurisRn. 31 ff., das dabei v. a. mit Art. 1 Abs. 2 lit. d Brüssel Ia-VO argumentiert, was inhaltlich wenig überzeugt. Das Bestimmtheitserfordernis ergäbe sich aus Art. II NYÜ. 311 Vgl. OLG Hamm, 9.7.2013, jurisRn. 75 (zum Urt. auch schon unter 3.b) und 4.b)), wo die Parteien nach Ansicht des Gerichts konkludent im Prozess dt. Recht gewählt hatten. Die Anwendbarkeit des NYÜ wird vom OLG erkannt (vgl. jurisRn. 73), dessen Bestimmtheitserfordernis aber nicht erwähnt und die Konkurrenz zum dt. AGB-Recht nicht explizit geklärt. 312 OLG Hamm (vorige Fn.), jurisRn. 77 ff., insb. jurisRn. 78: „Dieser Umstand führt jedoch nicht dazu, dass die Schiedsklausel aufgrund mangelnder Bestimmtheit für unwirksam zu erachten ist. Es ist nämlich in solchen Zweifelsfällen zunächst zu prüfen, ob eine Bestimmung des zuständigen Schiedsgerichts im Wege einer (notfalls ergänzenden) Vertragsauslegung vorgenommen werden kann. Nur wenn auch diese Vorgehensweise nicht zu einer Lösung des Problems führt, kommt eine Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung in Betracht […]“, unter Verweis auf vorherige Entsch. zu inl. SchKl. Ähnlich zu einer anderen int. SchKl auch schon OLG Frankfurt, 24.10.2006, jurisRn. 11 ff., insb. jurisRn. 15: „Damit ist für die Frage der Wirksamkeit einer Schiedsklausel nach belgischem Recht vergleichbar deutschen Rechtsgrundsätzen zunächst zu prüfen, ob sie […] ausreichend klar und bestimmt ist […]. Dabei ist durch Auslegung der wirkliche Wille der Parteien zu erforschen, wobei der internationalen Praxis entsprechend unklare Abreden generell möglichst großzügig zugunsten der Wirksamkeit von Schiedsabreden auszulegen sind […].“ Der Hinweis auf die nicht existenten „Schiedsregeln des ICC Brüssel“ sei daher unschädlich. Großzügig auch OLG Stuttgart, 15.5.2006, jurisRn. 23 ff., zu einer tatsächlich nur sehr schwer zu verstehenden, fremdsprachlichen SchKl.
IV. Bestandsaufnahme
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scheiden solle („Unstimmigkeiten […] werden nach der Schiedsgerichtsvereinbarung [sic] der LCIA mit Sitz in Zürich (London Court of International Arbitration) unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges endgültig entschieden.“)313. Die Schiedsklausel dürfe nämlich bei verständiger Würdigung so zu verstehen sein, dass zwar der LCIA das Schiedsverfahren durchzuführen, dieses aber in Zürich stattzufinden habe. Sei das aus irgendwelchen Gründen nicht möglich, folge aus der ergänzenden Auslegung, dass die Verhandlung stattdessen am Hauptsitz des LCIA in London erfolgen solle.314 Auch das OLG Frankfurt meint 2009, dass bei Zweifeln an der Bestimmtheit der Schiedsklausel – trotz des Klauselcharakters – zuerst auf den Grundsatz der schiedsfreundlichen Auslegung zurückzugreifen sei. Dort war in dem von der Klauselverwenderin verschickten Bestätigungsschreiben lediglich die kurze Formel „Rules/Arbitration: Y-Rules and Arbitration“ enthalten, wobei „Y“ für eine bestimmte, in der veröffentlichten Entscheidung anonymisierte Schiedsorganisation steht.315 Das OLG hält das für ausreichend. Aus der Formulierung ergebe sich eindeutig, dass die Parteien die Entscheidung etwaiger Streitigkeiten an ein Schiedsgericht der Y-Organisation übertragen wollten. Für eine andere Auslegung gebe die Klausel nichts her.316 Die Klauselgegnerin habe zudem „nicht hinreichend dargetan, warum ihr als im internationalen Handelsverkehr erfahrenem Unternehmen Inhalt und Reichweite dieser Klausel nicht deutlich geworden sein könnte.“317 Damit genügt nach der Rechtsprechung zumindest im b2b-Bereich bereits die Verwendung des Schiedsbegriffs, um das „Opt-Out“ aus dem staatlichen Justizsystem herbeizuführen. Eine Klarstellung bzw. ein ausdrückli-
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OLG Hamm, 9.7.2013, jurisRn. 10. OLG Hamm (vorige Fn.), jurisRn. 79. Dabei scheint das Gericht davon auszugehen, dass nur der Tagungsort in Zürich, der Sitz des LCIA dagegen zwingend in London liegt. Kritisch hierzu Bryant in ihrer Anm., SchiedsVZ 2014, 45, ibd., die die SchKl schon aus sich heraus für eindeutig hält. Dafür hätte die SchKl aber insb. von einem „Schiedsgericht der LCIA“ statt einer „Schiedsgerichtsvereinbarung“ sprechen müssen. 315 Vgl. OLG Frankfurt, 27.8.2009, jurisRn. 2 ff. Die Klauselverwenderin hatte danach auch noch eine schriftliche Fassung des angeblich schon mündlich geschlossenen Kaufvertrags übersandt, der die SchKl ausführlicher regelte (vgl. jurisRn. 4, nicht im Einzelnen wiedergegeben). Zur Einbeziehung nach § 1031 Z PO i. V. m. Art. VII NYÜ schon oben unter 2.b). 316 OLG Frankfurt (vorige Fn.), jurisRn. 27. Das Gericht stellt nicht klar, nach welchem Recht es die SchKl auslegt. Die Revision vor dem BGH betrifft nur das Meistbegünstigungsprinzip (s.o. bei Fn. 185). 317 OLG Frankfurt, 27.8.2009, jurisRn. 27. Ähnlich auch OLG Frankfurt, 4.6.2019, jurisRn. 35: „Der Antragsgegnerin, die sich freiwillig und auf eigenes Risiko auf das Parkett des internationalen Handels begeben hat, ist deshalb […] der Verweis auf ihre mangelnde Erfahrung verwehrt; auch bestanden keine gesonderten Hinweis- oder Aufklärungspflichten seitens der Antragstellerin“, wohl nach lex fori, vgl. oben bei Fn. 238 unter 3.b). 314
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Sechstes Kapitel: Kontrolle von Schiedsklauseln
cher Hinweis der Schiedsklausel auf ihre Derogationswirkung ist danach selbst beim Einsatz von AGB überflüssig.318 Strengere Formulierungsvorgaben finden sich somit schlussendlich nur beim KG Berlin, das 2006 die Klausel zugunsten eines Schiedsverfahrens in Shanghai selbst jedoch gar nicht wirklich überprüft, sondern sich insofern auf eine chinesische Vorentscheidung verlässt, die die Schiedsklausel zuvor für unwirksam erklärt hatte.319 Die Schiedsklausel benannte nämlich keine sog. Schiedskommission, was nach chinesischem Recht aber zwingend notwendig zu sein scheint. Das KG Berlin folgt dem, obwohl die Vorgabe Ad-hoc-Schiedsgerichte diskriminiert und damit womöglich gegen das NYÜ verstößt.320 In Ermangelung einer echten eigenen Prüfung lässt sich aber auch diese Entscheidung letztlich nicht als wahres Beispiel für eine Transparenzkontrolle zählen. Zumal der Klauselcharakter der Schiedsvereinbarung für das chinesische Recht keine Rolle spielt – es fordert sowohl bei individuell ausgehandelten Vereinbarungen als auch bei Schiedsklauseln eine vorherige Bezeichnung der zuständigen Schiedskommission.321 Die Formulierungsstandards sind folglich derzeit generell als gering anzusehen. Der AGB-Charakter der Schiedsklauseln hält die deutschen Gerichte während des Untersuchungszeitraums nicht davon ab, ihnen eine schiedsfreundliche Auslegung zugutekommen zu lassen. Eine (strenge) Transparenzkontrolle – sei es an318
Fn.
So auch schon die Rspr. zu inl. SchKl, s.o. Fn. 7 unter I. Vgl. zudem soeben die vorige
319 Vgl. KG Berlin, 18.5.2006, jurisRn. 17 f., wo das Gericht zunächst auf die Rechtskraftwirkung der chinesischen Entsch. verweist (kritisch zur Gegenseitigkeit i. S. v. § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO Neelmeier in seiner Anm. in SchiedsVZ 2007, 102 ff.), um dann vermeintlich unabhängig davon auch noch selbst die Unwirksamkeit der SchKl nach dem Schiedsvereinbarungsstatut festzuhalten. Auf die Einholung eines Rechtsgutachtens verzichtet es dabei aber und zwar mit dem Arg., dass ja bereits das chinesische Gericht einen Verstoß gegen das entsprechende Recht bejaht habe. Faktisch setzt es damit dessen Prüfung an die Stelle der eigenen. 320 So Born, Int. Commercial Arbitration (2021), S. 764 f., der den Anwendungsbereich des NYÜ allerdings weiter zieht als die h.M. (vgl. unter IV.1. Fn. 114). Zumindest für die Regelung inl. Schiedsverfahren und SchKl gibt das NYÜ nichts vor, sodass das chinesische Recht hier entsprechende Vorgaben machen kann. Geht es jedoch um die Anerkennung und Vollstreckung eines chinesischen Schiedsspruchs im Ausland, kommt das NYÜ zur Anwendung, weshalb diskriminierende bzw. strengere Vorschriften des Schiedsvereinbarungsstatuts außer Acht bleiben müssen, falls sie mit dessen Vorgaben kollidieren. Das NYÜ lässt in seinem Art. 1 Abs. 2 explizit sowohl Ad-hoc- als auch institutionelle Schiedsgerichte zu. 321 Näher Barth/Johnston, Vereinbarung einer Schiedskommission als Wirksamkeitsvo raussetzung der SchKl, SchiedsVZ 2007, 300 ff. (zugleich Anm. zum KG Berlin), denen zufolge unsicher ist, ob auch ausl. Schiedsorganisationen wie die ICC als solche „Schiedskommission“ benannt werden können. So jetzt anscheinend die neuere chinesische Rspr., vgl. Chen, Chinese Court Holds Arbitral Award by Foreign Arbitration Institutions in China Enforceable, Conflict-of-Laws-Blog-Eintrag v. 12.10.2020.
V. Zwischenfazit
335
hand des nationalen AGB-Rechts oder funktional äquivalenter Vorgaben des NYÜ – ist nicht zu erkennen.
V. Zwischenfazit Insgesamt bleibt somit zur Kontrolle internationaler Schiedsklauseln festzuhalten, dass diese selbst im europäischen Rechtsraum aktuell noch kaum als vereinheitlicht angesehen werden kann. Das Unionsrecht macht keine eigenen, verbindlichen Vorgaben und das völkerrechtliche NYÜ gilt zwar in allen Mitgliedstaaten, regelt explizit aber nur die Form und Bestimmtheit, allenfalls noch den Konsens. Insbesondere die generelle Zulässigkeit sowie die genauere Inhaltskontrolle von internationalen Schiedsklauseln richten sich weiterhin nach dem nationalen, potenziell divergierenden Recht. Während sich die objektive Schiedsfähigkeit direkt nach der lex fori und die subjektive Schiedsfähigkeit in der Regel nach dem Heimatrecht der Parteien beurteilen, ist bezüglich der Inhaltskontrolle unklar, ob für sie objektiv ebenfalls die lex fori oder doch die lex causae oder lex loci arbitri gilt. Die mitgliedstaatlichen Gerichte greifen zur Bestimmung des Schiedsvereinbarungsstatuts im Untersuchungszeitraum immer noch vorwiegend auf ihr eigenes Kollisionsrecht zurück, das in der Hinsicht ebenfalls noch nicht harmonisiert ist (vgl. Art. 1 Abs. 2 lit. e Rom I-VO) – außer, man versteht Art. V Abs. 1 Var. 2 NYÜ, wie neuerdings auch der BGH, als vorrangige Spezialnorm für alle Verfahrensstadien. Zumindest der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle kommt in der untersuchten Rechtsprechung freilich ohnedies keine besondere Bedeutung zu, weshalb sich diese Anknüpfungsunsicherheit in der Praxis schlussendlich bisher kaum auswirkt. Schiedsklauseln werden sowohl im b2b- als auch im b2c-Bereich nicht per se für unangemessen gehalten. Ein Verstoß kann sich theoretisch indes aus ihrer konkreten Gestaltung ergeben. Das wird für internationale Schiedsklauseln in den letzten 20 Jahren allerdings nur von insgesamt vier Entscheidungen bejaht, die sich allesamt mit der Schiedsklausel der Sandwich-Franchisekette Subway beschäftigen. Diese erschwere den deutschen Franchisenehmern durch die Festlegung des Verhandlungsorts New York die Rechtsverfolgung unzumutbar und verstoße daher gegen das gewählte Liechtensteiner bzw. österreichische AGBRecht. Wo hier die genauen Grenzen verlaufen, lässt sich derzeit jedoch nicht abschließend sagen. Weitere positive Kontrollentscheidungen zu missbräuchlichen Schiedsklauseln fehlen und von den übrigen analysierten Fällen wird die Thematik entweder gar nicht oder nur sehr kurz angesprochen. Die Gefahr, dass das Schiedsgericht Vorschriften, die vor den mitgliedstaatlichen Gerichten zwingend anzuwenden wären, bewusst oder unbewusst außer Acht lässt, wird im Un-
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Sechstes Kapitel: Kontrolle von Schiedsklauseln
tersuchungszeitraum etwa nicht ersichtlich zum Anlass für eine AGB-rechtliche Kontrolle genommen. In der Hinsicht fällt der inhaltliche Schutz folglich verhältnismäßig schwach aus. Dafür bestehen generell strenge Formvorgaben. Diese ergeben sich zunächst aus Art. II Abs. 2 NYÜ, der nach überwiegender Ansicht nicht nur höhere formelle Standards des nationalen Rechts verdrängt, sondern auch jegliche weitere AGB-rechtliche Einbeziehungskontrolle. Schließlich soll die Schriftform aus Art. II NYÜ auch dazu dienen, einen echten Schiedswillen nicht nur einer, sondern beider Parteien zu sichern. Auf Schiedsklauseln in einem separaten Klauselwerk muss deswegen wenigstens allgemein hingewiesen und eine rechtzeitige Möglichkeit zur Kenntnisnahme gegeben werden. Vor allem aber muss das Schriftstück, das den Hinweis oder die eigentliche Schiedsklausel enthält, von beiden Seiten unterschrieben sein (Art. II Abs. 2 Var. 1 NYÜ) oder vom Klauselgegner später ebenfalls schriftlich angenommen werden (Var. 2). Das setzt deutlich höhere Standards als die meisten nationalen AGB-Rechtsordnungen, auch wenn angesichts der rationalen Apathie des Klauselgegners immer noch nicht garantiert ist, dass dieser die Schiedsklausel in einem umfangreichen Vertrag oder Klauselwerk tatsächlich bemerkt und ihr deshalb bewusst zustimmt. Die Anforderungen erweisen sich im Untersuchungszeitraum trotzdem als erhebliche Einbeziehungshürde, an der 46 der 55 hierauf geprüften Schiedsklauseln scheitern. Mag diese Zahl auch womöglich statistisch verzerrt sein – schließlich bergen Entscheidungen zu problemfrei einbezogenen Schiedsklauseln geringeres Veröffentlichungspotenzial, zumal sie dann aufgrund der Derogation keine sachrechtlichen Fragen klären –, ändert das nichts an der Schwierigkeit, diese Standards insbesondere im unternehmerischen Verkehr einzuhalten. Schließlich werden Verträge hier oftmals rein mündlich oder lediglich konkludent geschlossen. Erleichtert wird die Einbeziehung theoretisch indes durch das Meistbegünstigungsprinzip aus Art. VII NYÜ. Sind die Anforderungen von Art. II NYÜ nicht erfüllt, so können Schiedsklauseln danach noch nach den günstigeren Regeln des anwendbaren nationalen Rechts Anerkennung finden. Das bewirkt zugleich eine Aufweichung der durch Art. II NYÜ erreichten Vereinheitlichung. Viele nationale Schiedsrechtsordnungen sehen nämlich inzwischen gerade in der Formfrage geringere und damit günstigere Standards vor. Gleichwohl finden sich im Untersuchungszeitraum überraschenderweise nur relativ wenige Fälle zu einer erfolgreichen Einbeziehung über das nationale Recht. Obwohl z. B. für § 1031 Abs. 2 ZPO als günstigere lex fori der deutschen Gerichte bereits das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben ausreicht, werden die Voraussetzungen hierfür überwiegend verneint. Als Hürde stellen sich jedoch auch hier vor allem schiedsrechtliche Form- oder generelle Konsensvorgaben und weniger AGB-rechtliche Spezialregeln dar. Eine Kontrolle anhand von § 305 BGB oder
V. Zwischenfazit
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funktionalen Äquivalenten aus anderen Rechtsordnungen findet nicht statt. Das AGB-rechtliche Überraschungsverbot wiederum ist neben Art. II NYÜ womöglich gesperrt, führt aber jedenfalls ebenfalls in keinem der (wenigen) Kontrollfälle zu einer Ablehnung. Gleiches gilt für das AGB-rechtliche Transparenzgebot, das in der Praxis vom Grundsatz der schiedsfreundlichen Auslegung faktisch ausgehebelt wird. Schiedsklauseln sind nach der deutschen Rechtsprechung erst dann zu unbestimmt, wenn sich der gewollte Inhalt auch nach einer notfalls ergänzenden Auslegung nicht ermitteln lässt. Dabei reflektieren die Gerichte in den entsprechenden Entscheidungen bislang nicht, dass sie bei einer klauselförmigen Schiedswahl so schlussendlich mit einer „Rettung“ der Schiedsklausel vor allem dem Willen ihres Verwenders Rechnung tragen und nicht unbedingt dem beider Parteien. Eine AGB-rechtliche Inhaltskontrolle internationaler Schiedsklauseln steht wiederum mangels Überschneidungen mit dem NYÜ offen, führt aber wie eingangs gesagt ebenfalls nur sehr selten zur Versagung der Anerkennung. Grundsätzlich sind in der deutschen Rechtsprechung wenige Kontroversen oder Differenzen zu beobachten. Zu vielen Fragen finden sich freilich von vornherein nur ein oder zwei einschlägige Entscheidungen. Von gefestigten Kontrolllinien zu sprechen, wäre daher voreilig. Sicher ist letztendlich nur, dass für Art. II Abs. 2 NYÜ nach der Überzeugung der deutschen Gerichte eine rein mündliche oder konkludente Einigung nicht ausreicht. Das wird von ausländischen Gerichten indes zum Teil wohl anders gesehen,322 was die Spannung verdeutlicht, die derzeit generell mit Blick auf das Ziel der Rechtssicherheit besteht. Da die Kontrolle internationaler Schiedsklauseln bislang nicht umfassend vereinheitlicht ist, kommt es für die Kontrolle immer noch sehr stark darauf an, welches nationale bzw. mitgliedstaatliche Gericht angerufen wird. Selbst die Anknüpfung der für die Kontrolle maßgeblichen Regeln erfolgt uneinheitlich und hängt – wie die Folgen des Meistbegünstigungsprinzips – damit von dem angerufenen staatlichen forum ab. Herrschen aber sogar innerhalb des europäischen, sonst relativ harmonisierten Rechtsraums überall verschiedene Kontrollvorgaben, ist sowohl für den Verwender der Schiedsklausel als auch für dessen Gegenüber unsicher, ob sie im Streitfall verlässlich Bestand hat. Das schmälert die Rechtssicherheit, die mit der Schiedsklausel an sich gerade erreicht werden soll.
322 Vgl. die Zusammenfassung und Nachweise des UNCITRAL-Guides zur Auslegung und Anwendung des NYÜ in den Vertragsstaaten von 2016 (zur Fundstelle in Fn. 166), S. 44 f. Von erheblichen Divergenzen berichten insofern auch u. a. Born, Int. Commercial Arbitration (2021), insb. S. 706, 713 ff. und Graffi, Securing Harmonized Effects of Arbitration Agreements under the NYC, Houston J. Int’l L. 2006, 663, 670 f., 756. Näheres zur dt. Kontrollpraxis schon unter 2.b)bb).
Dritter Teil
Die Bewertung
Siebtes Kapitel
Kohärenz der Kontrolle Die in den vorherigen Kapiteln gesammelten Beobachtungen und Erkenntnisse zur gerichtlichen Kontrolle internationaler Streitbeilegungsklauseln sollen nun nicht einfach nebeneinander stehen gelassen, sondern zueinander in Beziehung gesetzt und so klauselübergreifend betrachtet werden.1 Dabei geht es zunächst in diesem Kapitel mittels eines Vergleichs darum, zu sehen, ob die Kontrolle über die untersuchten Rechtsgebiete hinweg insgesamt stimmig erfolgt. Unter Kohärenz wird im Folgenden nicht nur Konsistenz im Sinne von Widerspruchsfreiheit verstanden, sondern darüber hinaus ein nachvollziehbarer Rechtfertigungszusammenhang zwischen den für die Wirksamkeit und Anerkennung von Rechtswahl-, Gerichtsstands- und Schiedsklauseln geltenden Rechtsregeln. Das achte und neunte Kapitel kommen dann wiederum auf die im ersten Teil der Arbeit beschriebenen grundlegenden Ziele der Rechtssicherheit sowie des Schutzes vor nachteiligen und nicht hinreichend legitimierten AGB zurück und prüfen, inwiefern diese aktuell erreicht sind. Rechtswahl-, Gerichtsstands- und Schiedsklauseln weisen viele Gemeinsamkeiten auf, werden aber nichtsdestotrotz von verschiedenen europäischen bzw. internationalen Regelwerken erfasst und unterliegen noch dazu zum Teil dem nationalen AGB-Recht.2 Das erschwert es, die Frage nach der Kohärenz ihrer Kontrolle zu beantworten. Denn nicht nur unterscheiden sich die jeweiligen rechtlichen Rahmenbedingungen für ihren Abschluss und Inhalt, auch gehen diese auf verschiedene Gesetzgeber zurück.3 Kohärenz setzt aber gedanklich stets das Bestehen eines stimmigen Gesamtkonzepts, einer allgemeinen Ordnung voHierzu auch u. a. schon in der Einl. Das fehlt z. B. in dem von Czernich und Geimer hrsg. Sammelband „Streitbeilegungsklauseln im int. Vertragsrecht“ (2017), der die Einzelbeiträge zu RwKl, GStKl und SchKl isoliert nebeneinander stehen lässt. Immerhin mit einer kurzen Gesamtbetrachtung Mills, Party Autonomy (2018), insb. S. 521 ff. Mit einem Vergleich der Kontrolle von GStKl und SchKl auch z. B. Sparka, Jurisdiction and Arbitration Clauses in Maritime Transport Documents (2010), beide allerdings ohne AGB-Fokus. Siehe überdies noch Fn. 9. 2 Zum Konkurrenzverhältnis sowie zu den konkreten Kontrollvorgaben s.o. den zweiten Teil der Arbeit. 3 Rom I- und Brüssel Ia-VO auf die EU, das NYÜ auf die Mitglied- und andere Staaten i.R.d. int. Zusammenarbeit das AGB-Recht wiederum teils auf die EU, teils (allein) auf die verschiedenen Staaten. 1
Siebtes Kapitel: Kohärenz der Kontrolle
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raus,4 was in einem komplexen Mehrebenen-System wie dem europäischen Rechtsraum durchaus von vornherein für utopisch gehalten werden kann. Nur weil dort derzeit allerdings womöglich noch keine echte „Einheit der Rechtsordnung(en)“ herrscht,5 muss aber nicht (wenigstens) vom Ziel der Kohärenz abgerückt werden. Die EU verpflichtet sich als Institution hierzu unter anderem in Art. 7 AEUV ausdrücklich („Die Union achtet auf die Kohärenz zwischen ihrer Politik und ihren Maßnahmen in den verschiedenen Bereichen […]“) und auch die einzelnen Mitgliedstaaten sind innerhalb ihrer Kompetenzen angehalten, auf möglichst harmonische und widerspruchsfreie Lösungen hinzuwirken.6 Schließlich macht es für die betroffenen Parteien letztlich keinen Unterschied, aus welcher Rechtsquelle eine bestimmte (Kontroll-)Vorgabe stammt. Sind die rechtlichen Rahmenbedingungen für ihre Vereinbarungen nicht genügend aufeinander abgestimmt, wissen sie nicht, wonach sie sich richten und worauf sie sich verlassen sollen. Schon das gemeinsame Grundprinzip der Rechtsstaatlichkeit7 verlangt daher von den beteiligten Gesetzgebern und angerufenen Gerichten, die maßgeblichen Vorgaben kohärent zu gestalten, auszulegen und anzuwenden.8 insb. Schuster, Das Kohärenzprinzip in der EU (2017), v. a. S. 59, 68 sowie v. Bogdandy, Grundprinzipien, in: ders./Bast, Europ. Verfassungsrecht (2009), S. 13, 18 und Neuhäuser, Die „Kohärenz des Rechts“, DÖV 2017, 925, 926, 932. 5 So schon allein in Bezug auf die europ. Ebene z. B. Höpfner/Rüthers, Grundlagen einer europ. Methodenlehre, AcP 209 (2009), 1, 12: „Das Gemeinschaftsrecht bildet derzeit (noch) keine in sich stimmige Ordnung. Es besteht aus einer Vielzahl punktueller Regelungen, die nur zum Teil aufeinander abgestimmt sind.“ Eine systematische Auslegung des Unionsrechts sei daher mit Vorsicht zu betrachten. Zur fehlenden Einheit zwischen der europ. und der mitgliedstaatlichen Ebene wiederum u. a. Felix, Einheit der Rechtsordnung (1998), S. 150 ff. m. w. N. Positiver indes z. B. z.T. Riesenhuber, ‚Normative Dogmatik‘ des Europ. Privatrechts, FS Canaris 2017, 181, insb. 189 ff. Generell zu dem Thema auch der Sammelband „Die Einheit der Rechtsordnung“ (2020), hrsg. v. Hellwege/Soniewicka. 6 Näher zu den Rechtsgrundlagen und verschiedenen Erscheinungsformen des europ. Kohärenzprinzips v. a. Schuster, Das Kohärenzprinzip in der EU (2017), passim. Siehe daneben z. B. Ackermann, Sektorielles EU-Recht und allgm. Privatrechtssystematik, ZEuP 2018, 741, 763 ff.; Neuhäuser, Die „Kohärenz des Rechts“, DÖV 2017, 925 ff. sowie Ruffert, in: C. Calliess/ders., Art. 7 AEUV Rn. 2 ff. 7 Siehe nur Art. 2 EUV sowie die Präambeln der EMRK und GRCh. Näher insb. Tridimas, The General Principles of EU Law (2006), S. 242 ff. (zur Kohärenz allerdings nur am Rande, vgl. dafür Fn. 8). 8 Ähnlich Gsell, Zivilrechtsanwendung im Europ. Mehrebenensystem, AcP 214 (2014), 99, 113, für die Auslegung und Anwendung des europ. und nat. Sachrechts, auf S. 130 ff. zudem zur Verantwortung der mitgliedstaatlichen Gerichte für eine widerspruchsfreie Entsch. des konkreten Einzelfalls (These 14). Mit dem Arg. der Rechtsstaatlichkeit bzw. der Rechtssicherheit als dessen Unterprinzip auch Düsterhaus, Konstitutionalisiert der EuGH das IPR und IZVR?, ZEuP 2018, 10, 28 und G. Rühl/v. Hein, Towards a European Code on PIL?, RabelsZ 79 (2015), 701, 704. Kohärenz als „Gebot der Gerechtigkeit“ dagegen bei Basedow, Kohärenz im Int. Privat- und Verfahrensrecht der EU, in: v. Hein/G. Rühl, Kohärenz (2016), 3, 8. Wilke, Dimen4 Vgl.
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Siebtes Kapitel: Kohärenz der Kontrolle
Kohärenz bedeutet freilich nicht zwangsläufig Gleichbehandlung. Bestehen zwischen den Streitbeilegungsklauseln Unterschiede, kann das im Gegenteil gerade erfordern, sie differenziert zu behandeln und etwa den einen Klauseltyp stärker zu kontrollieren als den anderen.9 Welche Kriterien hierfür entscheidend sein können, soll im Folgenden entwickelt werden: Ein stimmiges Gesamtkonzept für die Kontrolle internationaler Streitbeilegungsklauseln muss sich im europäischen Rechtsraum generell an verschiedenen übergeordneten Gesichtspunkten orientieren. Dazu gehören neben den öffentlichen Interessen10 insbesondere die Grundrechte der betroffenen Parteien.11 Trotz der vor allem anfänglichen „Konstitutionalisierungskritik“ mancher ist heute nicht mehr wirklich streitig, dass sich der Gesetzgeber – seien das nun die EU oder die einzelnen Mitgliedstaaten – auch bei der Schaffung von Privatrecht an die Grundrechte zu halten hat.12 Gleiches gilt für die (mitglied-)staatlichen Gerichte bei der Auslesions of coherence in EU conflict-of-law rules, JPIL 2020, 163, 167, kombiniert wiederum beide Gedanken. Vgl. in dem Kontext näher v. a. auch Schuster (vorige Fn.), S. 75 f., 89 ff., die sich dort mit dem Einfluss des Gleichheitssatzes beschäftigt, der hier nicht eigens behandelt wird. Zur Rechtsunsicherheit, die folgt, wenn einheitliche Kontrollvorgaben im europ. Rechtsraum verschieden verstanden werden, erst in Kap. 8. 9 Richtig Schuster, Das Kohärenzprinzip in der EU (2017), z. B. auf S. 205: „Kohärenz ist gerade nicht zu verwechseln mit einer Forderung nach einem vollständigen Gleichlauf.“ (Zitat dort im Zusammenhang mit der Kohärenz des Grundrechtsschutzes), diese auch zum Gleichheitssatz (vgl. die vorige Fn.). Siehe zudem insb. EuGH – Kainz, 16.1.2014, Rs. C-45/13, Rn. 20, wo dieser betont, dass die Begriffe der Brüssel I-VO nur dann wie die der Rom II-VO auszulegen seien, wenn das nicht „ihrer Systematik und ihren Zielsetzungen“ widerspricht. Zu möglichen Unterschieden, die eine divergierende Auslegung rechtfertigen, u. a. Coester-Waltjen, Einige Überlegungen zum Gebot der übergreifenden systematischen Auslegung, IPRax 2020, 385 ff. und Würdinger, Das Prinzip der Einheit der Schuldrechtsverordnungen im Europ. Int. Privat- und Verfahrensrecht, RabelsZ 75 (2011), 102 ff., insb. 106 ff. Zu pauschal deshalb Mills und Sparka (vgl. Fn. 1), die die fehlende Gleichbehandlung von Streitbeilegungs- bzw. Forumswahlklauseln mit fehlender Kohärenz gleichsetzen, ohne zuvor einen geeigneten Vergleichs- bzw. Bewertungsmaßstab hierfür festzulegen. Zu diesem noch sogleich. 10 Wie etwa die Förderung des Binnenmarkts, die Entlastung der eigenen Justiz oder gerade umgekehrt den Schutz von deren Entscheidungshoheit, der Grundsatz gegenseitigen Vertrauens oder generell der Comitas. Hierzu teils auch schon in Kap. 1 und 4. Generell beleuchtet die Arbeit diese Aspekte aber nicht vertieft (vgl. schon die Einl.). 11 Mit Grundrechten sind hier auch die alternativ oft als Menschenrechte bezeichneten EMRK-Garantien gemeint. Zum fehlenden inhaltlichen Unterschied nur Kinsch, Grund- und Menschenrechte: GRCh und EMRK, in: Basedow/Hopt/Zimmermann, Handwörterbuch des Europ. Privatrechts (2009). Zu den maßgeblichen Quellen noch unter I. Der Einfluss der Grundfreiheiten wird von der Arbeit nicht betrachtet. 12 Ähnlich Kinsch, The Impact of Human Rights on the Application of Foreign Law and on the Recognition of Foreign Judgments, GS Nygh 2004, 197, 198. Zum „Privatrecht“ werden hier insb. auch das IPR, IZVR sowie das Schiedsrecht gezählt. Zur Grundrechtsbindung der entsprechenden Gesetzgeber z. B. Hess, EuZPR (2021), S. 134, 168 ff. und Nuyts, Due Process,
Siebtes Kapitel: Kohärenz der Kontrolle
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gung und Anwendung ebenjenen Rechts, wenn sie z. B. im Einzelfall die geltend gemachten Streitbeilegungsklauseln kontrollieren.13 Da sich die Arbeit auf diese Kontrolle konzentriert, kann daher im Folgenden auch die nach wie vor stark diskutierte Frage zurücktreten, ob Grundrechte in Privatrechtsverhältnissen nun unmittelbare Drittwirkung entfalten oder nicht.14 Denn die entscheidenden Gerichte sowie zuvor der oder die Gesetzgeber sind in jedem Fall an die einschlägigen Grundrechte gebunden, sodass sich die Frage der Grundrechtsgeltung bezüglich der Kontrolle nicht stellt. In den vergangenen drei Kapiteln ließ sich sowohl bei Rechtswahl- als auch bei Gerichtsstands- und Schiedsklauseln die Gefahr beobachten, dass sie für den Klauselgegner zum einen das sachrechtliche Schutzniveau direkt oder indirekt absenken und ihm zum anderen die Verfolgung und Durchsetzung seiner Rechte erschweren oder sogar vereiteln.15 Dadurch sind potenziell zunächst die materiellen Grundrechte betroffen. Denn ein objektiv gegebenes Recht, das dem Klauselgegner per Rechts- oder Forumswahl genommen oder für ihn faktisch undurchsetzbar gestellt wird, ist letztendlich wertlos („no right without a remedy“).16 Nicht jedes nach der objektiv anwendbaren Rechtsordnung bestehende, einfachgesetzliche Recht lässt sich indes erstens tatsächlich auch auf die materiellen Grundrechte zurückführen und wird von diesen in seinem Bestand garantiert.17 Zudem ist bei einem zeitgleichen Abschluss von Streitbeilegungsklauseln in: ders./Watté, Int. Civil Litigation in Europe (2005), 157, 176, 184 f. für die EU; Looschelders, Die Ausstrahlung der Grund- und Menschenrechte auf das IPR, RabelsZ 65 (2001), 463, 466 f. für die Mitgliedstaaten. Fundiert zur Konstitutionalisierungsdebatte Micklitz, Introduc tion, in: ders., Constitutionalization of European Private Law (2014), S. 1 ff. 13 Siehe insb. EuGH – A ./. B u. a., 11.9.2014, Rs. C-112/13, Rn. 51; Dickinson, in: ders./ Lein, The Brussels I Regulation Recast (2016), Rn. 1.117, 1.122; Hess, Die Konstitutionalisierung des europ. Privat- und Prozessrechts, JZ 2005, 540, 546 f. und Longrée/Wedel, Die Entsch. über die Einrede der Schiedsvereinbarung, SchiedsVZ 2016, 237, 239. 14 Monographisch hierzu insb. Brüggemeier/Colombi Ciacchi/Comandé, Fundamental Rights and Private Law in the European Union (2010); Cherednychenko, Fundamental Rights, Contract Law and the Protection of the Weaker Party (2007); Mak, Fundamental Rights in European Contract Law (2008); Perner, Grundfreiheiten, Grundrechte-Charta und Privatrecht (2013); Unseld, Zur Bedeutung der Horizontalwirkung von EU-Grundrechten (2018). Speziell zur Frage der Bindung privater Schiedsgerichte an Grundrechte noch unten im Rahmen der Gefährdungsstufen (II.) bei und in Fn. 108. 15 Siehe im zweiten Teil jeweils v. a. den Abschnitt II. der Kap. 16 Vgl. v. a. Geimer, Menschenrechte im IZVR, BDGVR 33 (1994), 213, 218 und Lorenz, Der grundrechtliche Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, AöR 105 (1980), 623, 625 ff. Zum Ansatz, dass aus dem Bestehen eines Rechts auch notwendigerweise ein Mittel folgt, um dieses durchzusetzen (nach dem lateinischen Grundsatz Ubi ius ibi remedium), Friedmann, Rights and Remedies, in: Cohen/McKendrick, Comparative Remedies for Breach of Contract (2005), 3, 8 ff. 17 Die potenziell betroffenen Grundrechte wie z. B. das Recht auf Eigentum aus Art. 1 des
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Siebtes Kapitel: Kohärenz der Kontrolle
und Hauptvertrag zweitens überaus fraglich, ob vor der Rechtswahl objektiv überhaupt schon ein entsprechend geschütztes Recht entstehen konnte, das dem Klauselgegner dann anschließend durch diese (gegebenenfalls ergänzt durch eine Forumswahl) genommen wird.18 Angesichts dieser Unwägbarkeiten, schlicht aber auch der großen Vielfalt der potenziell betroffenen materiellen Grundrechte bietet es sich an, sich im Folgenden stattdessen auf die prozessualen Garantien des allgemeinen Justizgewährungsanspruchs zu konzentrieren. Dieser besteht nämlich vollkommen unabhängig davon, ob das im Einzelfall verfolgte Recht tatsächlich zur Verwirklichung der materiellen Grundrechte nötig ist,19 und drängt sich im Kontext mit der Kontrolle internationaler Streitbeilegungsklauseln zugleich als Maßstab geradezu auf. Schließlich bestimmen diese, wo und nach welchem Recht etwaige Streitigkeiten entschieden werden, und nehmen damit direkten Einfluss auf die Möglichkeit des Klauselgegners, effektiven Rechtsschutz zu erlangen.20 Der Zugang zum Recht (access to justice) sowie ein faires Verfahren (due process) sind für den modernen Rechtsstaat konstitutiv und gehören zur gemeinsamen Grundüberzeugung des europäischen Rechtsraums.21 Das gebietet es, die Kontrolle internatio1. EMRK-Zusatzprotokolls, Art. 17 GRCh oder auf Achtung der Privatsphäre aus Art. 8 EMRK, Art. 7 GRCh sind generell einschränkbar und geben den Staaten daher nur selten vor, welche Rechte und Pflichten sie in ihrem Sachrecht konkret regeln und kollisions- bzw. zuständigkeitsrechtlich absichern müssen. Engel, Ausstrahlungen der EMRK auf das Kollisionsrecht, RabelsZ 53 (1989), 3, 16 f., zeigt sich z. B. generell skeptisch, dass die materiellen Grundrechte im schuldvertraglichen Bereich überhaupt irgendwelche Bedeutung entwickeln. 18 Bei der Verwendung von AGB erfolgt der Abschluss von RwKl und Hauptvertrag oft simultan. Angesichts dieser Gleichzeitigkeit liegt es näher, dass der Hauptvertrag von Beginn an dem gewählten Recht und allenfalls in bestimmten Sonderbereichen noch dem objektiv anwendbaren Recht unterliegt – das indes auch nur, wenn das Kollisionsrecht des zuständigen forum entsprechende Rechtswahlgrenzen vorsieht. War das objektiv anwendbare Recht aber zu keinem Zeitpunkt generell für den Vertrag maßgeblich, sind auch die dort gegebenen, einfachrechtlichen Rechte und Pflichten nicht entstanden. In sie kann dann auch nicht eingegriffen werden. Ähnlich in anderem Kontext wohl Hook, The Choice of Law Contract (2016), S. 40 f., allerdings dort ohne überzeugende Argumentation (Rechtswahl ziele nicht auf Rechte, sondern auf Anknüpfungsregeln ab). 19 Geimer, Menschenrechte im IZVR, BDGVR 33 (1994), 213, 219. Prägnant auch ders., Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, in: Schlosser, Integritätsprobleme (1994), 113, 126 (kein bloßer „Appendix zu den materiellen Grundrechten“). 20 Damit gerät bedauerlicherweise die Gefahr der Senkung des sachrechtlichen Schutzniveaus aus dem Blick. Denn, wie noch zu sehen sein wird, garantiert der Justizgewährungsanspruch keinen festen Bestand an subjektiven Rechten, sondern setzt diesen voraus (vgl. II.3.). Es musste hier aber ein Schwerpunkt gesetzt werden. 21 Näheres noch unter I. und II. Vgl. deswegen vorerst nur Cappelletti, Access to Justice, RabelsZ 40 (1976), 669, 672: „Effective access to justice can thus be seen as the most basic requirement – the most basic ‘human right’ – of a system which purports to guarantee legal
I. Justizgewährungsanspruch als Vergleichsmaßstab
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naler Streitbeilegungsklauseln – zumindest auch – an jenen Garantien auszurichten und macht den sie umfassenden Justizgewährungsanspruch damit zu einem guten Maßstab für die Kohärenz. Daneben lassen sich sicherlich noch weitere Systematisierungsansätze verfolgen, Gesetzgeber und Gerichte müssen nicht nur diesen einen Aspekt beachten. Konzentriert man sich aber wie hier auf das bilaterale Vertragsverhältnis zwischen Klauselverwender und Klauselgegner erscheint eine Bewertung anhand des Justizgewährungsanspruchs – zumindest als erster Schritt – am vielversprechendsten.22 Der folgende Abschnitt gibt zunächst einen ersten, allgemeinen Überblick über dessen Ableitung und Inhalt (I.). Danach wird hierauf aufbauend detaillierter auf das Verhältnis zu den einzelnen Typen von Streitbeilegungsklauseln eingegangen, wobei sich letztlich verschiedene „Gefährdungsstufen“ identifizieren lassen, die wiederum zu bestimmten Leitlinien für eine kohärente Kontrolle führen (II.). Inwiefern diese derzeit in Theorie und Praxis eingehalten werden, untersucht anschließend der Abschnitt III. Das Kapitel endet mit Überlegungen, wie sich die Kohärenz der Kontrollregime im europäischen Rechtsraum verbessern lässt (IV.).
I. Justizgewährungsanspruch als Vergleichsmaßstab Wurden private Konflikte in früheren Zeiten noch entweder konsensual oder konfrontativ im Wege der Selbsthilfe gelöst, liegt in modernen Gesellschaften das Gewaltmonopol beim Staat. Will der Einzelne sein Recht durchsetzen, ist er hierfür in der Regel auf dessen Mitwirkung angewiesen. Freilich steht ihm hierauf als Ausgleich für seine Akzeptanz des staatlichen Gewaltmonopols und die damit verbundene Friedenspflicht auch ein Anspruch zu. Der Staat schuldet ihm effektiven Rechtsschutz, gerade auch im Verhältnis zu anderen Privaten. Selbsthilfeverzicht und Justizgewährungsanspruch stehen in einem Synallagma.23 Zurights.“ Sowie zu den verschiedenen Konzepten dahinter Meeusen/van Overbeeke/Verhaert, The Link Between Access to Justice and European Conflict of Laws After Lisbon, RabelsZ 81 (2017), 858, 865 ff., die dort die grundrechtliche Dimension allerdings ausklammern. 22 Näheres hierzu auch noch im Folgenden. Zu weiteren Interessen, die bei der Ausgestaltung der Kontrollvorgaben bzw. deren Auslegung und Anwendung zu beachten sind und bei denen Unterschiede ebenfalls für eine strengere oder weniger strenge Kontrolle sprechen können, kurz schon in Fn. 10. Ein ganzheitliches Bild ergibt sich zweifellos erst nach der Betrachtung all dieser Faktoren, was allerdings zukünftigen Arbeiten vorbehalten bleiben muss, vgl. auch noch den Ausblick in der Zusammenfassung am Schluss der Arbeit. 23 G. Calliess, Billigkeit und effektiver Rechtsschutz, ZfRSoz 2005, 35, 38 f. Vgl. zudem C. Calliess, Die grundrechtliche Schutzpflicht im mehrpoligen Verfassungsrechtsverhältnis, JZ 2006, 321, ibd. sowie Pfeiffer, Int. Zuständigkeit und prozessuale Gerechtigkeit (1995), S. 240.
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Siebtes Kapitel: Kohärenz der Kontrolle
grunde liegt dem geistesgeschichtlich die Idee vom Gesellschaftsvertrag.24 Mag diese bei Streitigkeiten mit Bezügen zu mehreren Staaten auch an ihre Grenzen stoßen,25 trägt sie doch nichtsdestotrotz zu einem besseren Verständnis des Justizgewährungsanspruchs und seiner konstitutiven Bedeutung für den modernen Rechtsstaat bei. Inzwischen ist der Justizgewährungsanspruch im europäischen Rechtsraum zudem grundrechtlich verankert. Sowohl die nationalen Verfassungsrechte als auch Art. 47 GRCh und Art. 6 Abs. 1 EMRK kennen einen entsprechenden Individualanspruch.26 Die nationalen Verfassungsrechte binden jedoch stets nur die Gewalten des jeweiligen Mitgliedstaats; für die anderen Mitgliedstaaten sowie die Organe der EU entfalten sie zumindest keine direkte Wirkung und sollen daher im Folgenden außer Acht gelassen werden.27 Laut EuGH können sie dem Unionsrecht grundsätzlich ohnehin nicht entgegengehalten werden und beeinflussen die Kontrolle internationaler Streitbeilegungsklauseln damit allenfalls partiell.28 G. Calliess (vorige Fn.), 38; Paulus, Zivilprozessrecht (2017), S. 18. Basedow, The Law of Open Societies (2015), Rn. 251 f.: „[…] in the political thought of the Enlightenment [...] the individual is consistently seen as a static entity wanting to assert itself vis-à-vis one single State, i.e. ,the‘ State [...] [But] the individual, confronted with the dynamics of globalization, increasingly comes into conflict with several States simultaneously.“ Hier stellt sich u. a. die Frage, wer dem Einzelnen konkret Justizgewährung schuldet (dazu noch unter II.2.). Modernisiert man die Idee nicht in dem Sinne, dass der Einzelne in dem Moment, in dem er, rechtlich oder rein faktisch, eine Verbindung zu einem bestimmten Staat aufbaut, zugleich dem jeweiligen Gesellschaftsvertrag beitritt, fehlt die Basis für das Synallagma. 26 Siehe nur EuGH – Alassini, 18.3.2010, Rs. C-317/08 u. a., Rn. 61: „[…] der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes [ist] ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts […], der sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergibt, in den Art. 6 und 13 EMRK verankert ist und im Übrigen von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union bekräftigt worden ist […].“ 27 Näher z. B. Löhr, Prozessgrundrechte in Deutschland, Frankreich und England (2012). Zur begrenzten Bindungswirkung deutlich auch Lindner, Grundrechtsschutz in Europa, EuR 2007, 160, 171, 189 f. und Starke, EU-Grundrechte und Vertragsrecht (2016), S. 104. Indirekt wirken die nat. Verfassungsrechte freilich als Teil der allgm. Grundsätze des Unionsrechts auf dessen Auslegung und Anwendung ein, siehe Art. 6 Abs. 3 EUV sowie das Zitat des EuGH in der vorigen Fn. 28 Vgl. insb. EuGH – Melloni, 26.2.2013, Rs. C-399/11, Rn. 55 ff. sowie das Gutachten 2/13 vom 18.12.2014 zum Beitritt der EU zur EMRK, Rn. 188 f. Einschränkend naturgemäß demgegenüber z. B. das dt. BVerfG in seinem Beschl. v. 15.12.2015, Rn. 36 ff., insb. Rn. 82 f., wonach der hierfür vom EuGH angeführte Vorrang des Unionsrechts seine Grenzen in der nat. Verfassungsidentität findet, sowie im PSPP-Urt. v. 5.5.2020, Rn. 110 ff., dem zufolge es sich zu einer Ultra-vires-Kontrolle ermächtigt sieht. Näher Bilz, Konfrontation statt Kooperation? „Solange III“ und die Melloni-Entsch. des EuGH, JuWissBlog vom 15.3.2016 und Britz, Kooperativer Grundrechtsschutz in der EU, NJW 2021, 1489 ff. Z.T. einlenkend EuGH – M.A.S. und M.B., 24
25 Wichtig
I. Justizgewährungsanspruch als Vergleichsmaßstab
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Art. 47 GRCh erfasst dagegen gerade auch die hierfür besonders wichtigen Rom I- und Brüssel Ia-VO sowie die Klausel-RL mitsamt ihrer nationalen Umsetzungen. Schließlich gilt die GRCh nicht nur für die Organe der EU, sondern auch für deren Mitgliedstaaten, sofern sie Unionsrecht „durchführen“ (Art. 53 GRCh). Ob darunter auch die Kontrolle internationaler Streitbeilegungsklauseln fällt, wenn sie sich nach nationalen, nicht europäisch determinierten Vorschriften richtet, weil das Unionsrecht auf jene verweist (siehe insbesondere Art. 3 Abs. 5 und Art. 10 Rom I-VO oder Art. 25 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 Brüssel Ia-VO), ist freilich bislang unklar. Der EuGH fasst den Anwendungsbereich der europäischen Grundrechte generell weit, hat speziell zu dieser Frage aber noch nicht entschieden.29 Das rechtsdogmatische Schrifttum ist uneins.30 Da zudem umstritten ist, ob Art. 47 GRCh den Justizgewährungsanspruch allein für die Verfolgung von unionsrechtlich gewährten Rechten verleiht,31 rückt Art. 6 Abs. 1 EMRK im Fol5.12.2017, Rs. C-42/17 (dazu u. a. Buchardt, Kehrtwende in der Grundrechts- und Vorrangrechtsprechung des EuGH?, EuR 2018, 248 ff.), und auf Seiten des BVerfG insb. die Beschl. Recht auf Vergessen I und II v. 6.11.2019, wo das BVerfG selbst eine Kontrolle anhand der GRCh vornimmt, dazu ebenfalls Britz, a. a. O., zur Ambivalenz allerdings Kämmerer/Kotzur, Vollendung des Grundrechtsverbunds, NVwZ 2020, 177 ff. 29 Grundlegend EuGH – Åkerberg Fransson, 26.2.2013, Rs. C-617/10, Rn. 19, wo der EuGH die GRCh für anwendbar erklärt, wenn die nat. Vorschrift in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fällt. Was damit genau gemeint ist, bleibt aber unklar. Zur Unsicherheit statt vieler Hancox, The meaning of “implementing” EU law under Article 51(1) of the Charter, CMLR 2013, 1411 ff. Bei SchKl stellt sich zudem das Problem, dass ihre Kontrolle europ. bisher kaum vereinheitlicht ist (Kap. 6, III.). Laut EuGH kann sie zwar trotzdem in gewissen Fällen in den Anwendungsbereich der Brüssel Ia-VO fallen (vgl. insb. EuGH – West Tankers, 20.2.2009, Rs. C-185/07, Rn. 26 f.), für die Kontrolle i.R.d. Exequatur gilt das aber z. B. nicht. Insb. wenn es sich beim Klauselgegner um einen Unternehmer handelt, sodass die Klausel-RL von vornherein nicht greift, ist daher fraglich, ob die gerichtliche Kontrolle anhand rein nat. Vorschriften an Art. 47 GRCh zu messen ist. 30 Generell gegen eine Erfassung durch die GRCh, wenn die nat. Regel über die Vorgaben des Unionsrechts hinausgeht oder nicht in dessen Regelungsbereich fällt, Herresthal, Grundrechtecharta und Privatrecht, ZEuP 2014, 238, 251 f. und H. Jarass, GRCh (2021), Art. 51 Rn. 22, 27 f., 31, beide allerdings nicht speziell mit Blick auf solche Verweisungen. Dickinson, in: ders./Lein, The Brussels I Regulation Recast (2016), Rn. 1.22 f., sieht die Fälle in einer „grey area“, hält die Verweisung aber noch für eine ausreichende Anknüpfung und bejaht daher die Anwendung von Art. 47 GRCh. In die Richtung wohl auch Hess, Procedural Harmonisation in a European Context, in: X. Kramer/van Rhee, Civil Litigation in a Globalising World (2012), 159, 170, unter Bezug auf die frühere EuGH-Entsch. McB., 5.10.2010, Rs. C-400/10 PPU. Dort betont der EuGH allerdings in Rn. 52, dass nur die europ. Verweisung und gerade nicht das nat. Recht an der GRCh zu messen sei. Das war allerdings noch vor der Entsch. in Åkerberg Fransson (vorige Fn.). Dazu auch Franzius, Grundrechtsschutz in Europa, ZaöRV 2015, 383, 389 f. Vgl. zudem Fawcett/Shúilleabháin/Shah, Human Rights and PIL (2016), Rn. 2.98 a. E. 31 So u. a. H. Jarass (vorige Fn.), Art. 47 Rn. 2, 7; Hofmann, in: Peers et al., Art. 47 EU Charter Rn. 47.68 ff.; Rauchegger, ebenfalls in: Peers et al., Art. 47 EU Charter Rn. 47.17,
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Siebtes Kapitel: Kohärenz der Kontrolle
genden in den Vordergrund. Er bildet im europäischen Rechtsraum ohnehin den grundrechtlichen Mindeststandard32 und war bereits häufiger Gegenstand von relevanter Rechtsprechung und Literatur.33 Die EU ist der EMRK zwar trotz ihrer Selbstverpflichtung in Art. 6 Abs. 2 EUV34 immer noch nicht beigetreten.35 Der EuGH zählt die dortigen Grundrechte aber schon seit Längerem zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts, weshalb sie bereits jetzt indirekt dessen Auslegung und Anwendung leiten.36 Die Mitgliedstaaten wiederum sind allesamt EMRK-Staaten und müssen sich völkerrechtlich daher sowohl bei der Schaffung von eigenem, autonomem Gesetzesrecht als auch bei der Umsetzung von Unionsrecht bzw. generell der europäischen und internationalen Zusammenarbeit an die EMRK halten.37 Gleiches gilt für ihre Gerichte.38 Daran ändert sich auch durch die sog. Bosphorus-Vermutung nichts, nach der der EGMR grundsätzlich von der Konventionskonformität mitgliedstaatlichen Handelns ausgeht, sofern dieses allein zur Erfüllung von EU-Mitgliedspflichten 47.19. Näher Eicher, Die Auswirkung von Rechtsverwirklichungschancen (2017), S. 49 ff. und Schmehl, Parallelverfahren und Justizgewährung (2011), S. 307 ff., die selbst a. A. sind und den Anspruch umfassend verstehen. 32 Vgl. Art. 53 EMRK, Art. 52 Abs. 3 und 53 GRCh. Aus dem Schrifttum u. a. Craig/de Búrca, EU-Law (2020), S. 419 („idea of the ECHR as a ‘floor’“); Masing, Einheit und Vielfalt des Europ. Grundrechtsschutzes, JZ 2015, 477, 479 („Basisstandard“); Lindner, Grundrechtsschutz in Europa, EuR 2007, 160, 160 ff.; Sauer, Bausteine eines Grundrechtskollisionsrechts, EuGRZ 2011, 195 ff. und Schmehl (vorige Fn.), S. 306. 33 Art. 47 GRCh wird zwar seit Inkrafttreten der GRCh zunehmende Aufmerksamkeit gewidmet, gerade in dem hier untersuchten Bereich fehlt es aber bisher noch an EuGH-Entsch. und Beiträgen aus der Literatur. 34 Vertrag über die Europäische Union, konsolidierte Fassung ABl. EU 2012 C 326/13. 35 Ein Beitritt ist nach dem negativen Gutachten des EuGH vom 18.12.2014 (Gutachten 2/13) auch nicht wirklich absehbar. Kritisch deshalb u. a. Franzius, Grundrechtsschutz in Europa, ZaöRV 2015, 383, 411, der das Gutachten als „fatales Signal“ sieht. Zu neueren Entwicklungen Daiber, Neue Hürden für den EU-Beitritt zur EMRK?, EuR 2021, 596 ff. 36 So deutlich nun auch Art. 6 Abs. 3 EUV. Die EMRK wird dabei überwiegend als Rechtserkenntnisquelle gesehen, die erst nach dem Beitritt zur Rechtsquelle würde, vgl. z. B. Kingreen, in: C. Calliess/Ruffert, Art. 6 EUV Rn. 7. Zur entsprechenden EuGH-Rspr. u. a. Frenz, Europ. Grundrechte (2009), S. 15 f. m. w. N. 37 Siehe neben den EGMR-Urteilen aus den folgenden Fn. v. a. Grabenwarter/Pabel, EMRK (2021), § 17 Rn. 6, 8 f., die treffend von einer „Art Garantenstellung“ der EMRK-Staaten bei der Zusammenarbeit sprechen. 38 Vgl. EGMR – Avotins v. Latvia, 23.5.2016, n° 17502/07, Rn. 101, zur Anwendung der Brüssel I-VO und Fawcett/Shúilleabháin/Shah, Human Rights and PIL (2016), Rn. 2.93, 2.116 ff. Alle hier zitierten EGMR- (und EKMR-)Entsch. sind in der Datenbank abrufbar; gibt es dort nur eine frz. und keine engl. Fassung, wird der frz. Titel angegeben, sonst der engl. (Avotins v. Latvia statt Avotins c. Lettonie).
I. Justizgewährungsanspruch als Vergleichsmaßstab
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dient.39 Die Vermutung ist zum einen nämlich stets im Einzelfall widerlegbar40 und entbindet die Mitgliedstaaten zum anderen keineswegs von ihrer völkerrechtlichen Verantwortung. Sie bleiben an die EMRK gebunden, auch wenn sie Kompetenzen an die EU abtreten oder dort verabschiedetes Recht durchführen.41 Damit betrifft die Bosphorus-Vermutung nicht die Anwendbarkeit oder Bindungskraft der EMRK, sondern allein das Maß, in dem der EGMR bei un ionsrechtlich determinierten Fällen seine Grundrechtsaufsicht ausübt.42 Der Justizgewährungsanspruch ist umfassend zu verstehen43 und vereint verschiedene Teilgarantien.44 Er gewährt zunächst ein Recht auf Zugang zum Ge39 Entwickelt in EGMR – Bosphorus v. Ireland, 30.6.2005, n° 45036/98, Rn. 150 ff.; zu den Vssn. und Grenzen aber insb. auch in Michaud v. France, 6.12.2012, n° 12323/11, Rn. 102 ff. und Avotins v. Latvia (vorige Fn.), Rn. 101 ff. (dort konkret zur Brüssel I-VO). Wenden die mitgliedstaatlichen Gerichte rein nat., nicht europ. determinierte Kontrollvorschriften an, dürfte die Vermutung jedoch ohnehin nicht greifen. Sie will die Mitgliedstaaten nämlich v. a. vor einem Bindungs-Dilemma bewahren und greift daher nur, wenn diesen kein eigener Spielraum bleibt, vgl. Michaud v. France, a. a. O., Rn. 103 f. sowie die Anm. von Gragl, An Olive Branch from Strasbourg?, EuConst 13 (2017), 551, 556 ff., zu Avotins, wo die Anwendung streitig war. 40 Allerdings nur bei offensichtlich unzureichendem Schutz („protection of Convention rights was manifestly deficient“), siehe EGMR – Bosphorus v. Ireland (vorige Fn.), Rn. 156; Michaud v. France (vorige Fn.), Rn. 103 und Avotins v. Latvia, 23.5.2016, n° 17502/07, Rn. 112 ff.; aus dem Schrifttum erneut v. a. Gragl (vorige Fn.), 558 ff., 561 ff.; tiefergehend auch u. a. Baumann, Doppelter EMRK-Schutzstandard?, EuGRZ 2011, 1, 6 ff.; Eßlinger, Gegenseitiges Vertrauen (2018), S. 99 ff.; Gerards, Relationship between the Convention and the EU, in: van Dijk et al., Theory and Practice of the ECHR (2018), 331, 337 ff. 41 Vgl. erneut EGMR – Bosphorus v. Ireland, 30.6.2005, n° 45036/98, Rn. 154; Michaud v. France, 6.12.2012, n° 12323/11, Rn. 102, 104; Avotins v. Latvia (vorige Fn.), Rn. 101. Ebenso u. a. Adolphsen, Verhältnis von EMRK und EuZPR, in: Renzikowski, Die EMRK (2004), 39, 44; Fawcett/Shúilleabháin/Shah, Human Rights and PIL (2016), Rn. 2.12; Grabenwarter/ Pabel, EMRK (2021), § 4 Rn. 3. 42 Ebenso z. B. Schefer, Hierarchy and Discourse in Judicial Review, in: Besson/Hottelier/ Werro, Human Rights (2006), 3, 30, der zwischen der materiellen Bindung der Konventionsstaaten („on a substantive level“) und der judikativen Aufgabenverteilung („on an institutional level“) unterscheidet. Ähnlich De Schutter, Globalization and Jurisdiction, BaltYIL 2006, 183, 231 f.; Geimer, Menschenrechte im IZVR, BDGVR 33 (1994), 213, 266; Kullak, Vertrauen in Europa (2020), S. 125 f. und Kokott/Sobotta, Protection of Fundamental Rights in the EU, Yearbook of European Law 2015, 60, 67. 43 EGMR – De Cubber v. Belgium, 26.10.1984, n° 9186/80, Rn. 30; Delcourt v. Belgium, 17.1.1970, n° 2689/65, Rn. 25; Briner/v. Schlabrendorff, Article 6 of the ECHR and its Bearing upon Int. Arbitration, FS Böckstiegel 2001, 89, 90; Harris et al., The Law of the ECHR (2018), S. 373 f. 44 Treffend Prechal, The Court of Justice and Effective Judicial Protection, in: Paulussen et al., Fundamental Rights (2016), 143, 149: „umbrella principle“ (kritisch dazu allerdings Ward, in: Peers et al., Art. 47 EU Charter Rn. 47.450 („better viewed as a signpost“). Vgl. außerdem EGMR – Tabbane c. la Suisse, 24.3.2016, n° 41069/12, Rn. 23: „Il consacre de la sorte le ,droit à un tribunal‘, dont le droit d’accès, […], ne constitue qu’un aspect […].“ Teils werden auch
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Siebtes Kapitel: Kohärenz der Kontrolle
richt. Dabei darf die Möglichkeit, dort zu klagen, nicht nur rein theoretisch bestehen, sondern muss für den Einzelnen auch praktisch wahrzunehmen sein.45 Hierfür ist z. B. unter Umständen die Gewährung von staatlicher Prozesskostenhilfe nötig, wenn der Einzelne sonst keine echte Chance hat, sein Recht gerichtlich durchzusetzen.46 Ist das Verfahren erst einmal eingeleitet, steht ihm darüber hinaus ein Anspruch auf die verbindliche Entscheidung seiner Streitsache sowie deren anschließende Vollstreckung zu.47 Dabei muss das Verfahren zugleich gewissen Qualitätsanforderungen genügen. Art. 6 Abs. 1 EMRK gewährt schon nach der Überschrift ein „Recht auf ein faires Verfahren“; Art. 47 GRCh spricht explizit in Abs. 2 davon.48 Hierzu gehört unter anderem, dass das entscheidende Gericht unabhängig und unparteiisch ist, auf einem Gesetz beruht und den Parteien rechtliches Gehör gewährt.49
andere Oberbegriffe gewählt, von Matscher, Der verfahrensrechtliche ordre public, IPRax 2001, 428, 432, etwa der des Anspruchs auf einen fairen Prozess, der hier wiederum als Untergarantie des Justizgewährungsanspruchs verstanden wird. Näher zur Terminologie auch Schmehl, Parallelverfahren und Justizgewährung (2011), S. 218, 259, 305. 45 Z.B. EGMR – Bellet v. France, 4.12.1995, n° 23805/94, Rn. 36: „For the right of access to be effective, an individual must have a clear, practical opportunity to challenge an act that is an interference with his rights.“ Allgm. Harris et al., The Law of the ECHR (2018), S. 18. Im Un ionsrecht folgt das auch bereits aus dem allgm. Effektivitätsgrundsatz (effet utile), dazu in Verbindung mit Art. 47 GRCh Fawcett/Shúilleabháin/Shah, Human Rights and PIL (2016), Rn. 3.17 f.; Schmehl (vorige Fn.), S. 319. Das Zugangsrecht war bei Art. 6 EMRK wegen des uneindeutigen Wortlauts ursprünglich noch umstritten, ist seit der Leitentsch. EGMR – Golder v. the United Kingdom, 21.2.1975, n° 4451/70, Rn. 28 ff., aber fest etabliert. Aus dem Schrifttum statt vieler hierzu nur Fawcett/Shúilleabháin/Shah, a. a. O., Rn. 3.15 f. und Harris et al., a. a. O., S. 399 f. 46 Als Leitentsch. EGMR – Airey v. Ireland, 9.10.1979, n° 6289/73, Rn. 24 ff. Diese Rspr. wird von Art. 47 Abs. 3 GRCh kodifiziert, vgl. die Erläuterungen zur GRCh in ABl. EU 2007 C 303/17, S. 30. 47 Vgl. EGMR – Mykhaylenky and Others v. Ukraine, 30.11.2004, n° 35091/02, Rn. 51; Beles and Others v. the Czech Republic, 12.11.2002, n° 47273/99, insb. Rn. 50; Hornsby v. Greece, 19.3.1997, n° 18357/91, Rn. 40; EuGH – Hypoteční banka, 17.11.2011, Rs. C-327/10, Rn. 49; aus dem Schrifttum z. B. Grabenwarter/Pabel, EMRK (2021), § 24 Rn. 51, 65; H. Jarass, GRCh (2021), Art. 47 Rn. 58 f.; Kiestra, The Impact of the ECHR on PIL (2014), S. 199 ff.; Meyer-Ladewig/Harrendorf/König, in: NomosKommentar-EMRK, Art. 6 EMRK Rn. 34 f., 50. 48 Wann ein Verfahren fair ist, lässt sich abstrakt schwer sagen (ähnlich Bårdsen, Reflections on “Fair Trial” in Civil Proceedings, Scandinavian Studies in Law 51 (2007), 99, 107, 128). Mit zahlreichen konkretisierenden Bsp. aus der Rspr. von EGMR und EuGH Grabenwarter/Pabel (vorige Fn.), § 24 Rn. 29 ff.; Hazelhorst, Free Movement of Civil Judgments (2017), S. 138 ff.; Settem, Application of the ‘Fair Hearing’ Norm in ECHR Article 6(1) to Civil Proceedings (2016), passim. 49 Näheres noch unter II. Vgl. zunächst nur die Nachweise aus Fn. 48.
I. Justizgewährungsanspruch als Vergleichsmaßstab
351
Generell bezieht sich der Justizgewährungsanspruch nicht nur auf die Person des Klägers, sondern auch auf die des Beklagten.50 Kläger- und Beklagteninteressen kollidieren allerdings regelmäßig und müssen dann miteinander abgewogen werden.51 Geschützt werden sowohl natürliche als auch juristische Personen, Verbraucher wie Unternehmer.52 Da verzögerte Justiz verweigerte Justiz ist,53 weist der Justizgewährungsanspruch zuletzt eine zeitliche Komponente auf. Insbesondere der EGMR hat hierzu eine umfangreiche und detaillierte Rechtsprechung entwickelt, auf die auch der EuGH Bezug nimmt.54 Die zulässige Verfahrensdauer lässt sich danach nicht pauschal benennen, sondern bestimmt sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls, wobei sich aus dem bisherigen Fallrecht gewisse Leitlinien ergeben.55 Alles in allem verleiht der Justizgewährungsanspruch den Parteien damit ein Grundrecht auf fairen und effektiven Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit.56
Daran erinnert der EuGH z. B. in Gambazzi, 2.4.2009, Rs. C-394/07, insb. Rn. 28, wo der Beklagte wegen der Missachtung gerichtlicher Anweisungen vom engl. Gericht vom Verfahren ausgeschlossen worden war. Da die Ausübung der Verteidigungsrechte für die Verfahrensfairness von überragender Bedeutung sei, gab der EuGH dem vorlegende ital. Gericht auf, genau zu prüfen, ob dieser Ausschluss unverhältnismäßig war und die Anerkennung deshalb zu versagen sei. Siehe auch noch Fn. 51 sowie die Ausführungen unter II. 51 Vgl. nur EuGH – Hypoteční banka, 17.11.2011, Rs. C-327/10, Rn. 49: „Das Erfordernis der Wahrung der Verteidigungsrechte, wie es auch in Art. 47 der Charta der Grundrechte der Union aufgestellt wird, muss unter gleichzeitiger Beachtung des Rechts des Klägers erfüllt werden, ein Gericht zur Entscheidung über die Begründetheit seiner Ansprüche anzurufen.“ Sowie Geimer, IZPR (2020), Rn. 250a f. 52 Zur Grundrechtsberechtigung juristischer Personen Eicher, Die Auswirkung von Rechtsverwirklichungschancen (2017), S. 48 (EMRK), 54 (GRCh), m. w. N. 53 Statt vieler nur Aall, Waiver of Procedural Rights, NJHR 2011, 206, 224; G. Calliess, DJT-Gutachten A (2014), S. A 44 ff. und Sayers, in: Peers et al., Art. 47 EU Charter Rn. 47.413. 54 Siehe z. B. EuGH – Sumitomo, 25.1.2007, Rs. C-403/04, Rn. 115 ff.; Baustahlgewebe ./. Kommission, 17.12.1998, Rs. C-185/95, Rn. 20 f., 28 f.; dazu v. Danwitz, The Rule of Law in the Recent Jurisprudence of the ECJ, Fordham Int. Law Journal 37 (2014), 1311, 1326 ff. und Hazelhorst, Free Movement of Civil Judgments (2017), S. 158 f., jeweils mit weiteren Bsp. 55 Vgl. z. B. EGMR – Probstmeier v. Germany, 1.7.1997, n° 20950/92, Rn. 55 ff. oder aus jüngerer Zeit O’Sullivan McCarthy Mussel Development Ltd v. Ireland, 7.6.2018, n° 44460/16, Rn. 144 ff. Umfassend zu den zeitlichen Vorgaben Schmehl, Parallelverfahren und Justizgewährung (2011), S. 267 ff., 320 f. 56 Ebenso zusammenfassend u. a. Last, Garantie wirksamen Rechtsschutzes (2008), S. 8 und Pache, Das europ. Grundrecht auf einen fairen Prozess, NVwZ 2001, 1342, 1343. 50
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Siebtes Kapitel: Kohärenz der Kontrolle
II. Gefährdungsstufen und Verzichtsvoraussetzungen Streitbeilegungsklauseln kommen in der Rechtsprechung und Literatur zu Art. 6 Abs. 1 EMRK, Art. 47 GRCh bisher kaum vor. Das liegt zum einen sicherlich daran, dass die meisten der hierzu ergehenden Entscheidungen nach wie vor reine Inlandsfälle betreffen, wo der Bedarf für solche Klauseln geringer ausfällt.57 Zum anderen wird die Relevanz des Justizgewährungsanspruchs generell für das IPR, IZVR und Schiedsrecht erst allmählich erkannt, weshalb die Zusammenhänge noch längst nicht hinreichend erforscht sind.58 Gerade in den letzten Jahren erscheinen zwar zunehmend mehr Beiträge zu dem Thema, sie blicken aber vor allem auf die objektiven Anknüpfungs- und Zuständigkeitsregeln sowie die Anerkennung und Vollstreckung von ausländischen Entscheidungen und lassen damit Rechtswahl- und Gerichtsstandsklauseln weitgehend außer Acht.59 Speziell zu Schiedsklauseln liegen dagegen durchaus bereits einige wichtige Erkenntnisse vor. So ordnet insbesondere der EGMR deren Abschluss als Verzicht auf den Justizgewährungsanspruch ein und stellt damit klar, dass sich dieser als Anspruch auf Rechtsschutz durch den Staat und dessen Gerichte versteht (1.). Vieles spricht dafür, trotzdem auch bei Gerichtsstandsklauseln von einer Beeinträchtigung des Justizgewährungsanspruchs auszugehen, wenn auch in geringem Maße, da schließlich insbesondere weiterhin Zugang zu einem staatlichen, nämlich dem prorogierten Gericht besteht (2.). Bei Rechtswahlklauseln fällt es auf 57 Zur besonderen Rechtsunsicherheit bei grenzüberschreitenden Verträgen, die Streitbeilegungsklauseln beseitigen sollen, schon in Kap. 1. Zur verbleibenden, durchaus beträchtlichen Unsicherheit aber v. a. in Kap. 8. 58 Ähnlich auch schon der Eindruck von Grolimund, Drittstaatenproblematik des europ. Zivilverfahrensrechts (2000), S. 249 sowie – aus jüngerer Zeit – Leible/Terhechte, Die Rechtsschutz- und Verfahrensidee im Unionsrecht, in: dies., Europ. Rechtsschutz- und Verfahrensrecht (2021), Rn. 12. Als Vorreiter insb. Engel, Ausstrahlungen der EMRK auf das Kollisionsrecht, RabelsZ 53 (1989), 3 ff.; Geimer, Menschenrechte im IZVR, BDGVR 33 (1994), 213 ff.; ders., Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, in: Schlosser, Integritätsprobleme (1994), 113 ff..; Matscher, IPR und IZPR vor den Organen der EMRK, FS Neumayer 1986, 459 ff. und Schlosser, Jurisdiction in Int. Litigation. The Issue of Human Rights, Rivista di diritto internazionale 74 (1991), 5 ff., die den Streitbeilegungsklauseln jeweils allerdings höchstens am Rande Aufmerksamkeit schenken. Zur seltenen Thematisierung in der Rspr. und den Gründen hierfür auch Fawcett, The Impact of Article 6(1) of the ECHR and PIL, ICLQ 2007, 1, 33 f. sowie leicht erweitert ders./Shúilleabháin/Shah, Human Rights and PIL (2016), Rn. 8.25 ff. 59 Paradigmatisch Fawcett/Shúilleabháin/Shah, die sich zwar auf fast 900 Seiten dem Verhältnis von „Human Rights and PIL“ widmen (vgl. die vorherige Fn.), Streitbeilegungsklauseln in den insgesamt sechs Kapiteln zum Justizgewährungsanspruch aber jeweils nur sehr kurz und verstreut abhandeln. Ähnliches gilt z. B. für die Arbeit von Kiestra, The Impact of the ECHR on PIL (2014) oder – primär noch zum dt. Verfassungsrecht – Pfeiffer, Int. Zuständigkeit und prozessuale Gerechtigkeit (1995).
II. Gefährdungsstufen und Verzichtsvoraussetzungen
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den ersten Blick demgegenüber zunächst sehr schwer, überhaupt eine Verbindung zu den prozessualen Garantien des Justizgewährungsanspruchs zu erkennen, bei genauerer Betrachtung fallen aber auch hier entsprechende Einbußen auf (3.). Die drei Streitbeilegungsklauseltypen lassen sich folglich typisierend in verschiedene Gefährdungsstufen einordnen, wobei Schiedsklauseln auf der höchsten, Gerichtsstandsklauseln auf der mittleren und Rechtswahlklauseln auf der niedrigsten Stufe stehen. Ein Verzicht auf den Justizgewährungsanspruch ist für die Parteien grundsätzlich möglich und dann als Ausdruck ihrer (Partei-)Autonomie staatlicherseits auch anzuerkennen. Seine Wirksamkeit hängt allerdings von verschiedenen Voraussetzungen ab (4.). Kontrollieren die mitgliedstaatlichen Gerichte Streitbeilegungsklauseln, kontrollieren sie zugleich deren Einhaltung. Um kohärent zu sein, sollte die Kontrolle deshalb umso stärker ausfallen, je intensiver sich der Verzicht darstellt. Das beschriebene Stufenmodell bietet hierfür generelle Orientierung und gibt so gewisse Leitlinien für die gerichtliche Kontrolle vor (5.) 1. Höchste Stufe: Schiedsklauseln Der EGMR unterscheidet in seiner Rechtsprechung schon seit den 1960er-Jahren (zunächst teils noch als sog. Europäische Kommission für Menschenrechte, EKMR)60 zwischen Schiedsgerichten mit gesetzlicher Zwangszuständigkeit („compulsory arbitration“) und privaten, vertraglich eingesetzten Schiedsgerichten („voluntary arbitration“).61 Während er erstere staatlichen Gerichten im klassischen Sinne gleichstellt,62 spricht er im Kontext mit letzteren üblicherweise davon, dass die Parteien durch deren Wahl (zumindest zum Teil) auf ihre Rechte aus Art. 6 Abs. 1 EMRK verzichtet hätten.63 Wertet der EGMR entsprechende 60 Zum früheren Rechtsschutzsystem der EMRK sowie der fortgeltenden Relevanz der damaligen Entsch. Grabenwarter/Pabel, EMRK (2021), § 6 Rn. 1 und Kiestra (vorige Fn.), S. 29 f. 61 Zusammenfassend u. a. EGMR – Suda c. République Tchèque, 28.10.2010, n° 1643/06, Rn. 49 sowie Haas, Zwangsschiedsgerichtsbarkeit im Sport und EMRK, ASA Bulletin 2014, 707, 717 und Timár, EMRK und int. Schiedsgerichtsbarkeit, in: Ahrens/Lipp, Grundrechte im Zivilprozess (2015), 265, 271. 62 Siehe insb. EGMR – Lithgow and Others v. the United Kingdom, 8.7.1986, n° 9006/80 u. a., Rn. 196 f. i. V. m. 201 und EKMR – Bramelid and Malmström v. Sweden, 12.12.1983, n° 8588/79 u.a., Rn. 30 ff., wo die Entsch. über den Squeeze Out von Minderheitsaktionären per Sondergesetz speziellen Schiedsgerichten zugewiesen war und diese als „Zwangsgerichte“ daher die Garantien von Art. 6 EMRK einzuhalten hatten. 63 Früh schon EKMR – X c. Allemagne, 5.3.1962, n° 1197/61, Abs. 6 der rechtlichen Würdigung; EGMR – Deweer v. Belgium, 27.2.1980, n° 6903/75, Rn. 49; EKMR – Axelsson and Others v. Sweden, 13.7.1990, n° 11960/86, Abs. 7 der rechtlichen Würdigung; wichtig auch EGMR – Suovaniemi and Others v. Finland, 23.2.1999, n° 31737/96, Abs. 4, 6 der rechtlichen
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Siebtes Kapitel: Kohärenz der Kontrolle
Vereinbarungen als Verzicht, impliziert das, dass er den Justizgewährungsanspruch als Anspruch auf Rechtsschutz allein durch den Staat und dessen Gerichte versteht.64 Das deckt sich mit dem ideengeschichtlichen Hintergrund, wonach der Staat dem Einzelnen Justizgewährung als Ausgleich für dessen Selbsthilfeverzicht und Friedenspflicht schuldet (siehe I.). Auch die nationale Rechtsprechung sowie das Schrifttum sprechen in aller Regel von einem Verzicht und gehen damit ebenfalls von einem Anspruch auf staatlichen Rechtsschutz aus.65 Die Würdigung („such a waiver should not necessarily be considered to amount to a waiver of all the rights under Article 6“); Suda c. République Tchèque, 28.10.2010, n° 1643/06, Rn. 48; Tabbane c. la Suisse, 24.3.2016, n° 41069/12, Rn. 27 ff. Vgl. aber noch die folgende Fn. 64 So ausdrücklich v. a. EKMR – R v. Switzerland, 4.3.1987, n° 10881/84, Abs. 7 der rechtlichen Würdigung: „right to bring the dispute before an ordinary court“; Jakob Boss Söhne KG v. Germany, 2.12.1991, n° 18479/91, Abs. 3 der rechtlichen Würdigung; EGMR – Suda c. République Tchèque (vorige Fn.), Rn. 50 und Tabbane c. la Suisse (vorige Fn.), Rn. 30. Vgl. zudem EGMR – Mutu and Pechstein v. Switzerland, 2.10.2018, n° 40575/10 u. a., insb. Rn. 101 f., wo der EGMR allerdings trotzdem von einer Pflicht des privaten Court of Arbitration for Sport (CAS) auszugehen scheint, die Garantien aus Art. 6 Abs. 1 EMRK einzuhalten (siehe insb. Rn. 123, 145, 183). Das liegt jedoch v. a. daran, dass er diesen wegen der fehlenden Freiwilligkeit des Verzicht (dazu noch unter 4.) als „Zwangsschiedsgericht“ einordnet (explizit Rn. 115, 181). Das weicht die soeben beschriebene klassische Unterscheidung erheblich auf, da die Zuständigkeit des CAS allenfalls mittelbar auf staatlichem Schiedsrecht beruht, von diesem aber nicht zwingend vorgeschrieben ist (wie auch der EGMR selbst bemerkt, vgl. Rn. 115). Das Urteil ist deshalb kritisch zu sehen (siehe auch das skeptische Minderheitenvotum der EGMR-Richter Keller/Seghides, a. a. O., Rn. 18 ff.). Überzeugender wäre es gewesen, private, vertraglich eingesetzte Schiedsgerichte auch bei aufoktroyierten SchKl nicht als „tribunal established by law“ anzusehen, sondern die SchKl sowie den darauf basierenden Schiedsspruch bei Fehlen der Verzichtsvssn stattdessen von der staatlichen Anerkennung auszunehmen bzw. vom Überwiegen gegenläufiger Interessen abhängig zu machen, die eine Beeinträchtigung rechtfertigen können. Zu diesen könnte etwa das öffentliche Interesse an einer einheitlichen Rspr. im Bereich des Weltsports gehören. 65 Vgl. insb. BGH – Pechstein, 7.6.2016, jurisRn. 65 (zur EMRK, in jurisRn. 52 ff. zum dt. Verfassungsrecht); engl. Court of Appeal (per Sir Clarke MR) – Stretford v. Football Association Ltd., 21.3.2007, [2007] 2 Lloyd’s Rep 31, insb. Rn. 66; Schweizer BG, 4.8.2006, unter 7.3; zum span. Verfassungsgericht Ramos Muñoz, Fundamental Rights and Private Law, in: Heiderhoff/Lohsse/Schulze, EU-Grundrechte und Privatrecht (2016), 227, 245; aus der Literatur Besson, Arbitration and Human Rights, ASA Bulletin 2006, 395, 400; Blackaby et al., Redfern and Hunter on Int. Arbitration (2015), Rn. 10.58 f.; Briner/v. Schlabrendorff, Article 6 of the ECHR and its Bearing upon Int. Arbitration, FS Böckstiegel 2001, 89, 91 ff.; Fawcett/Shúilleabháin/ Shah, Human Rights and PIL (2016), deutlich v. a. Rn. 6.223, 6.227; Geimer, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, in: Schlosser, Integritätsprobleme (1994), 113, 159; Haas, Zwangsschiedsgerichtsbarkeit im Sport und EMRK, ASA Bulletin 2014, 707, 716, 732 f.; Parise Kuhn le, Effektiver Rechtsschutz (2015), insb. S. 144, 147 ff.; Pfeiffer, Entscheidungsfreiheit bei Schiedsvereinbarungen, SchiedsVZ 2014, 161, 165; Schultz, Human Rights: A Speed Bump for Arbitral Procedures?, in: Besson/Hottelier/Werro, Human Rights (2006), 37, 51 ff.; Vassiliou, The Tabbane Case, Cambridge L. Rev. 2 (2017), 164 ff. Abweichend u. a. Krausz, Waiver of Appeal to the Swiss Federal Tribunal, J. Int’l Arb. 2011, 137, 156 f. und Landrove, ECHR’
II. Gefährdungsstufen und Verzichtsvoraussetzungen
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Rechtsprechung privater Schiedsgerichte stellt dazu womöglich also zwar ein funktionales Äquivalent dar,66 entspricht aber trotzdem nicht dem eigentlichen grundrechtlichen „Anspruchsinhalt“.67 Liegen indes die unter 4. noch näher zu erläuternden Voraussetzungen für einen wirksamen Verzicht vor, verstößt die staatliche Anerkennung der Schiedsklausel und die dadurch bedingte Klageabweisung oder Vollstreckbarerklärung seitens der staatlichen Gerichte nicht gegen Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRCh (volenti non fit iniuria). Dabei kann man aufgrund des Verzichts entweder bereits von vornherein jede Grundrechtsbeeinträchtigung ablehnen oder quasi einen Schritt danach im Verzicht eine Rechtfertigung für die gegebene Beeinträchtigung sehen. Die Frage ist im nationalen Verfassungsrecht umstritten und auch auf europäischer Ebene bestehen verschiedene Ansichten, wenngleich sich dort bislang soweit ersichtlich noch keine offene Debatte entwickelt hat.68 Der EGMR und EuGH haben sich zu den Rechtsfolgen bzw. zur genauen dogmatischen Einordnung des Verzichts noch nicht klar geäußert. Der EGMR spricht jedoch z. B. 2016 in der Entscheidung Tabbane c. la Suisse trotz des vorher für wirksam erklärten Verzichts des Beschwerdeführers von einer „restriction du droit d’accès à un tribunal“, die sich aber noch im zulässigen Bereich bewege.69 Das spricht für den Rechtfertigungsansatz, von dem deshalb nachfolgend ausgegangen wird. Impact on Consensual Arbitration, in: Besson/Hottelier/Werro, Human Rights (2006), 73, 79 ff., die von einem Anspruch auf access to justice i.w.S. ausgehen, der auch durch die Rspr. privater Schiedsgerichte erfüllt werden kann. Der EuGH hat bisher allein zur Vorlageberechtigung von privaten Schiedsgerichten entschieden und diese abgelehnt, da es sich nicht um Gerichte eines Mitgliedstaats handelt. Diese Ablehnung wird von manchen auf Art. 47 GRCh übertragen, z. B. von Fawcett/Shúilleabháin/Shah, a.a.O, Rn. 3.51 und Pech, in: Peers et al., Art. 47 EU Charter Rn. 47.314 ff., insb. 47.136, sowie Rauchegger, ebenfalls in: Peers et al., Art. 47 EU Charter Rn. 47.09. 66 So außerhalb des Grundrechtskontextes z. B. G. Calliess, Grenzüberschreitende Verbraucherverträge (2006), S. 11; Münch, Die Privatisierung der Ziviljustiz, in: Bitburger Gespräche 2008, 179, 196, 198. 67 Denn sonst läge in dem Abschluss kein Verzicht, insb. auf das Zugangsrecht, vgl. Fn. 63, 64. 68 Ehlers, Allgm. Lehre der Unionsgrundrechte, in: ders., Europ. Grundrechte und Grundfreiheiten (2014), § 14 Rn. 98 und H. Jarass, GRCh (2021), Art. 52 Rn. 18, schließen z. B. eine Grundrechtsbeeinträchtigung von vornherein aus, liefern dafür aber keine Arg. und verweisen auch nicht auf die Gegenposition. Zu den Divergenzen v. a. Ahammer, Der Grundrechtsverzicht als dogmatische Kategorie (2017), S. 227 ff. (zum Streit im dt. Recht auf S. 116 ff.), die sich selbst für die Rechtfertigungslösung ausspricht. 69 Tabbane c. la Suisse, 24.3.2016, n° 41069/12, Rn. 36, zum Verzicht vorher u. a. in Rn. 34 (dort allerdings v. a. in Bezug auf die staatliche Überprüfungsmöglichkeit im Aufhebungsverfahren, s.u. noch Fn. 86). Kritik an der Passage bei Vassiliou, The Tabbane Case, Cambridge L. Rev. 2 (2017), 164, 169 f., der die erste Ansicht allerdings anscheinend für unstreitig und alternativlos hält.
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Siebtes Kapitel: Kohärenz der Kontrolle
Zum staatlichen Rechtsschutz gehört, wie allgemein schon unter I. ausgeführt, insbesondere auch die Durchführung eines Erkenntnisverfahrens, das mit der verbindlichen Entscheidung der Streitsache durch das angerufene Gericht endet. Eine solche Justiz durch Erkenntnis und nicht nur durch bloße Anerkennung ist im Falle von Schiedsklauseln allerdings nur dann möglich, wenn keine der Parteien die Schiedseinrede erhebt.70 Ansonsten ist das staatliche Gericht auf deren Prüfung beschränkt und darf, da durch die Schiedsklausel derogiert, in der Sache nicht entscheiden. Auch im späteren Exequaturstadium scheidet eine solche inhaltliche (Nach-)Prüfung im Grunde aus.71 Bei Bedarf wirkt das staatliche Gericht jedoch insbesondere durch die Erteilung der Vollstreckbarerklärung immer noch an der Verwirklichung des klägerischen Rechts mit, was zeigt, dass durch den Abschluss der Schiedsklausel keinesfalls auf sämtliche Garantien des Justizgewährungsanspruchs verzichtet wird.72 Der Zugang zur staatlichen Justiz durch Erkenntnis wird aber in jedem Fall versperrt. Blickt man auf die Qualitätsgarantien des Justizgewährungsanspruchs, ist zunächst zu konstatieren, dass Schiedsgerichte oft wegen ihrer besonderen Sachkunde, Neutralität und Schnelligkeit gewählt werden.73 Sie tagen jedoch nahezu nie öffentlich, was mit der entsprechenden Garantie aus Art. 6 Abs. 1 EMRK, Art. 47 Abs. 2 GRCh kollidiert.74 Eine Schiedsklausel beinhaltet folglich in der Regel zumindest konkludent auch einen Verzicht auf die dort statuierte Garantie der Öffentlichkeit.75 Diese dient in staatlichen Verfahren insbesondere dazu, die 70
Zur Derogationswirkung von SchKl schon in Kap. 6, unter I., II.2. Generell zur Unterscheidung zwischen Justiz durch Erkenntnis und Justiz durch Anerkennung Pfeiffer, Int. Zuständigkeit und prozessuale Gerechtigkeit (1995), S. 446 ff. (dort mit Blick auf die Zuständigkeit von ausl. staatlichen Gerichten, siehe dazu noch 2.). 71 Siehe ebenfalls Kap. 6, insb. unter I. 72 Vgl. EKMR – Jakob Boss Söhne KG v. Germany, 2.12.1991, n° 18479/91, Abs. 4 der rechtlichen Würdigung. Sowohl die Rspr. als auch Literatur spricht wie bereits gesagt von einem Teilverzicht, s.o. bei Fn. 63 und 65. 73 Dazu am Anfang von Kap. 6. 74 Dort heißt es nämlich jeweils: „Jede Person hat ein Recht darauf, dass […] öffentlich […] verhandelt wird.“ Näheres zu der Garantie insb. bei EGMR – Mutu and Pechstein v. Switzerland, 2.10.2018, n° 40575/10 u. a., Rn. 175 ff. Kurz auch EuGH – Scheitz, 4.6.2015, Rs. C-682/13, Rn. 43 ff. 75 Vgl. in dem Kontext v. a. EKMR – Nordström-Janzon and Nordström-Lethinen v. the Netherlands, 27.11.1996, n° 28101/95, Abs. 9 der rechtlichen Würdigung: „In some respects – in particular as regards publicity – it is clear that arbitral proceedings are often not even intended to be in conformity with Article 6 (Art. 6), and the arbitration agreement entails a renunciation of the full application of that Article“ sowie EGMR – Suovaniemi and Others v. Finland, 23.2.1999, n° 31737/96, Abs. 6 der rechtlichen Würdigung. Aus dem Schrifttum z. B. Besson, Arbitration and Human Rights, ASA Bulletin 2006, 395, 400; Petrochilos, Procedural Law in Int. Arbitration (2004), Rn. 4.92. In Suda c. République Tchèque, 28.10.2010, n° 1643/06, Rn. 53, stellt der EGMR deswegen eine Verletzung des Justizgewährungsanspruchs
II. Gefährdungsstufen und Verzichtsvoraussetzungen
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Rechtsprechung durch die Beobachtung von außen zu einem fairen Verfahren anzuhalten und so die Erfüllung des Justizgewährungsanspruchs zusätzlich abzusichern. Zugleich wird durch die Transparenz des Verfahrens das Vertrauen des Einzelnen in den Rechtsstaat gestärkt (justice must not only be done, it must also be seen to be done).76 Findet das Verfahren dagegen, wie in der Schiedsgerichtsbarkeit, nicht öffentlich, sondern in dem oft monierten sprichwörtlichen Hinterzimmer statt,77 steigt die Gefahr, dass die Qualitätsgarantien, die Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 Abs. 2 GRCh für staatliche Verfahren vorschreiben,78 nicht eingehalten werden. Zwar sind Schiedsgerichte Justizdienstleister und dementsprechend an Folgeaufträgen interessiert, das kann aber gerade bei ihrer AGB-förmigen Prorogation auch potenziell zu negativen Anreizen führen. Der Klauselverwender als repeat player hat hier womöglich systematische Vorteile gegenüber dem Klauselgegner als klassischem one-shotter.79 Nach Art. 6 Abs. 1 EMRK, Art. 47 Abs. 2 GRCh muss der Einzelne jedoch auch Zugang zu einem unabhängigen und unparteiischen Gericht erhalten. Das wird in der Schiedsgerichtsbarkeit theoretisch zwar insbesondere durch den dortigen Wettbewerb sowie das paritätische Besetzungsrecht der Parteien gewährleistet, in der Praxis aber nicht immer eingehalten. Vor allem wenn die Schiedsklausel die einzelnen Schiedsrichter schon vorab namentlich benennt80 oder eine Schiedsinstitution wählt, die den Interessen des Klauselverwenders näher steht als denen des Klaufest, da der Beschwerdeführer der SchKl und damit dem Verzicht seiner Ansicht nach nicht zugestimmt hatte. 76 Erneut insb. EGMR – Mutu and Pechstein v. Switzerland, 2.10.2018, n° 40575/10 u. a., Rn. 143, 175. 77 Zu dieser Kritik Risse, Wehrt Euch endlich! Wider das Arbitration-Bashing, SchiedsVZ 2014, 265 ff., insb. 270 ff.; Wittreck, Verfassungsrechtliche (und unionsrechtliche) Rahmenbedingungen privater Justiz, in: Bitburger Gespräche 2016, 31, 33, mit entsprechenden Nachweisen. 78 Vgl. EGMR – Mutu and Pechstein v. Switzerland, 2.10.2018, n° 40575/10 u. a., Rn. 101: „garanties prévues par l’article 6 § 1 de la Convention normalement applicables aux litiges portés devant les tribunaux étatiques“; Zamet v. Poland, 25.8.2013, n° 1485/11, Rn. 33; Schweizer BG – Pechstein, 10.2.2010, unter 4.1.; Petrochilos, Procedural Law in Int. Arbitration (2004), Rn. 4.51. Ob er grdsl. auch für Schiedsgerichte oder von vornherein nur für staatliche Gerichte gilt, da der Justizgewährungsanspruch auf dortige Justiz durch Erkenntnis gerichtet ist, ist unklar. So oder so findet wegen der SchKl i.d.R. kein öffentliches Verfahren statt. 79 Näher schon in Kap. 6, unter II.1. Dort allerdings auch zur Disziplinierung durch die faktische Vorwirkung der staatlichen Anerkennungs- und Vollstreckungsregeln und den Wettbewerb, s.u. auch noch Fn. 108. 80 So bei BGH, 1.3.2007, der die Regelung wegen der fehlenden Einflussmöglichkeit des Klauselgegners i.R.v. § 307 BGB in einem inl. Fall kritisch sieht, ihn aber lediglich auf den Antrag nach § 1034 Abs. 2 ZPO verweist. Kritisch Mäsch in seiner Anm., JZ 2008, 359, 362, dort aber jeweils nur zum einfachen Recht.
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Siebtes Kapitel: Kohärenz der Kontrolle
selgegners,81 droht letzterem eine Verkürzung seiner Prozessgarantien. Ob in seiner generellen Zustimmung tatsächlich auch ein hierauf bezogener Verzicht liegt, ist fraglich und soll insbesondere noch unter 4. erörtert werden. In jedem Fall aber gefährdet die staatliche Anerkennung solcher Schiedsklauseln sein Recht auf ein faires Verfahren, selbst wenn darin schlussendlich (infolge des Verzichts) keine Grundrechtsverletzung liegen mag.82 Zu den Grundrechtsgarantien gehört darüber hinaus schließlich das Gebot der Waffengleichheit. Beide Parteien müssen in etwa die gleiche Chance haben, ihren Standpunkt im Verfahren deutlich zu machen und zu belegen.83 Bestimmt die Schiedsklausel für die Verhandlungen jedoch einen Ort, der für den Klauselgegner deutlich schwerer zu erreichen ist, oder eine Sprache, die nur der Verwender spricht, kann das die Waffengleichheit empfindlich beeinträchtigen. Gleichzeitig erschwert es dem Klauselgegner, mit seinen Argumenten rechtliches Gehör zu finden. Erinnert sei in dem Kontext vor allem an die sog. Subway-Fälle, wo die deutschen Franchisenehmer (oft Existenzgründer) nach der Schiedsklausel für die mündliche Verhandlung vor einem New Yorker Schiedsgericht hätten erscheinen müssen.84 Zwar kam es in den Fällen dazu letztlich gar nicht, das Schiedsgericht entschied jeweils im schriftlichen Verfahren. Da die Subway-Schiedsklausel aber zudem auf die UNCITRAL-Rules verwies, war die Frist zur Stellungnahme auf einen Monat begrenzt und die Möglichkeit, rechtliches Gehör zu erlangen, damit trotzdem verkürzt.85 81 Vgl.
z. B. die Diskussion um die fehlende Unabhängigkeit des CAS wegen des großen Einflusses der Sportverbände auf dessen Besetzung. Während der BGH und EGMR ihn in ihren Pechstein-Urteilen (s.o. Fn. 64 und 65) trotzdem noch für hinreichend unabhängig und unparteiisch halten, sieht das v. a. das Schrifttum überwiegend anders. Vgl. u. a. Duval, The Pechstein Case, Verfassungsblog-Eintrag v. 10.6.2016; C. Wolf/Eslami, Sport(zwangs-)schiedsgerichtsbarkeit, FS Geimer 2017, 807, 813 ff. Skeptisch außerdem auch insb. die EGMR-Richter Keller und Seghides (vgl. oben Fn. 64). 82 Zur möglichen Rechtfertigung der Beeinträchtigung bzw. Gefährdung auch generell schon oben bei Fn. 68 f. An dieser Stelle geht es zunächst nur darum, die Intensität des Verzichts bei einer SchKl aufzuzeigen. 83 EGMR – Dombo Beheer v. the Netherlands, 27.10.1993, n° 14448/88, Rn. 33. Ähnlich EuGH – Otis, 6.11.2012, Rs. C-199/11, Rn. 71 f. Zur großen Bedeutung auch EGMR – Avotins v. Latvia, 23.5.2016, n° 17502/07, Rn. 119. Hierfür ist unter Umständen die Gewährung von Prozesskostenhilfe nötig (vgl. insb. EGMR – Steel and Morris v. the United Kingdom, 15.2.2005, n° 68416/01, Rn. 69, 72), die bei Schiedsverfahren jedoch generell ausscheidet. Siehe dazu bereits Kap. 6, unter I.2., dort mit Blick auf den Zugang. 84 Näheres zu diesen Fällen, wo die dt. Gerichte den späteren Schiedssprüchen deshalb weger einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle die Anerkennung und Vollstreckung versagten, in Kap. 6, unter IV.3.b). 85 Allgm. zu solchen Beeinträchtigungen auch Benedettelli, Human Rights as a Litigation Tool in Int. Arbitration, Arb. Int’l 2015, 631, 647; Schultz, Human Rights: A Speed Bump for Arbitral Procedures?, in: Besson/Hottelier/Werro, Human Rights (2006), 37, 62 f. und Schütt,
II. Gefährdungsstufen und Verzichtsvoraussetzungen
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Zusammenfassend lässt sich somit bereits nach diesen wenigen Beispielen sagen, dass mit dem Abschluss von Schiedsklauseln eine Verringerung der Qualitätsgarantien einhergehen kann. In jedem Fall aber kupieren sie das aus Art. 6 Abs. 1 EMRK, Art. 47 GRCh folgende Zugangsrecht, da sich der Einzelne nach ihrem Abschluss grundsätzlich nur noch für die Anerkennung und Vollstreckung seines im Schiedsspruch zuerkannten Rechts an die staatlichen Stellen wenden kann; die Sachentscheidung ist den Gerichten entzogen. Halten diese die Schiedsklausel für wirksam, müssen sie ihm insofern die Justizgewährung verweigern und sich auf eine Residualkontrolle beschränken.86 Die Verzichtsintensität ist dementsprechend als relativ hoch anzusehen.87 2. Mittlere Stufe: Gerichtsstandsklauseln Blickt man danach auf den Klauseltyp der Gerichtsstandsklauseln, erscheint eine Beeinträchtigung des Zugangsrechts zunächst generell fraglich – es sei denn, es wird ein besonders weit entferntes oder aus anderen Gründen schwer zugängliches Gericht gewählt.88 Selbst bei einer solchen, ausschließlichen Gerichtsstandswahl steht nämlich nach wie vor der Zugang zu einer verbindlichen staatlichen Sachentscheidung und damit zu Justiz durch Erkenntnis offen.89 Die Parteien können sich infolge der Gerichtsstandsklausel zwar nicht mehr an die Fast-Track Arbitration, SchiedsVZ 2017, 81, 88 f. Auch in staatlichen Verfahren gibt es natürlich Schriftsatzfristen. Ob diese allerdings nur einen Monat bei Rechtsfragen zu einem aus Sicht der Parteien ausl. Recht mit der Notwendigkeit, hierfür zunächst eine geeignete Rechtsberatung zu finden (vgl. Kap. 6, IV.3.b)), betragen, ist fraglich – gerade eben mit Blick auf die grundrechtliche Gewährleistung des rechtlichen Gehörs und der Waffengleichheit. Zudem gibt es vor dt. Gerichten z. B. die Möglichkeit, Rechtsbehelf gegen eine solche Entsch. einzulegen (diese entsprachen nach den Tatbestandsschilderungen der Urt. faktisch teilweise Versäumnis urt., vgl. die Nachweise a. a. O.). 86 Diese lässt sich allerdings wohl auch nicht ganz ausschließen, so betont der EGMR in Tabbane c. la Suisse, 24.3.2016, n° 41069/12, Rn. 35 f., dass aufgrund der speziellen SchKl zwar nach Art. 192 Schweizer IPRG keine Aufhebung des Schiedsspruchs möglich sei, vor der Vollstreckung aber trotzdem noch eine staatliche Überprüfung erfolge und die Grundrechtsbeeinträchtigung deshalb nicht zu stark ausfalle. Der Wesensgehalt sei nicht betroffen (zu dieser Verzichtsvssn. auch noch kurz unten unter 5.). 87 Siehe hierzu auch noch die vergleichenden Ausführungen in den nachfolgenden Abschnitten 2. und 3. 88 In dem Fall droht der Zugang zum prorogierten Gericht nur theoretisch zu bestehen, rein praktisch aber leerzulaufen, was dem Zweck von Art. 6 Abs. 1 EMRK, Art. 47 GRCh widerspricht (s.o. I.). Ausführlicher zu solchen Hürden, zu denen z. B. auch hohe Gerichtskosten oder unbekannte Verfahrens- und Kollisionsrechtsregeln zählen, schon in Kap. 5, unter II.1.a), dort freilich noch nicht aus grundrechtlicher Perspektive. 89 Zu dieser Garantie sowie zur generellen Unterscheidung zwischen Justiz durch Erkenntnis sowie Justiz durch Anerkennung schon in den vorherigen Abschnitten I. und II.1.
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Siebtes Kapitel: Kohärenz der Kontrolle
objektiv zuständigen, derogierten Gerichte von Staat A wenden (oder Staat C oder D – oft bestehen gleich mehrere parallele objektive Gerichtsstände), dafür aber an das prorogierte Gericht bzw. die prorogierten Gerichte von Staat B. Und da der Grundsatz der Parteiautonomie mittlerweile nahezu weltweit Anerkennung genießt, werden die prorogierten Gerichte eine entsprechende Klage im Zweifel auch annehmen – zumindest im europäischen Rechtsraum besteht hierzu wegen Art. 25 Brüssel Ia-VO sogar eine ermessensfreie Pflicht.90 Versteht man den Justizgewährungsanspruch also als Anspruch auf Rechtsschutz durch irgendein staatliches Gericht weltweit (in ausreichender Qualität und Zeit), scheidet eine Gefährdung des Zugangsrechts generell, sprich unabhängig von solchen speziellen (z. B. örtlichen oder finanziellen) Hürden, aus. Sie sind dann anders als die gerade behandelten Schiedsklauseln nicht als entsprechender (Teil-)Verzicht zu werten.91 Der EGMR hat sich in seiner Rechtsprechung soweit ersichtlich erst einmal – Ende der 1980er-Jahre – näher mit einer Gerichtsstandsklausel befasst.92 Im Fall Gauthier c. la Belgique hatte sich ein belgischer Pilot nach seiner Entlassung durch eine kongolesische Fluglinie an die belgischen Gerichte an seinem Wohnsitz gewandt und Entschädigung unter anderem wegen entgangener Rentenansprüche verlangt. Die belgischen Gerichte wiesen ihn mit dieser Klage jedoch letztendlich ab, da in seinem Arbeitsvertrag eine ausschließliche Gerichts90
Siehe Kap. 5, unter I. Generell ist allerdings fraglich, ob die Prorogation allein schon eine hinreichende Verbindung zum Forumstaat herstellen kann und diesen deshalb zur Justizgewährung verpflichtet. Zu dieser Vssn. noch unten bei Fn. 101. 91 So anscheinend das Verständnis des engl. High Court (per Mr. Justice Aikens) in OT Africa Line Ltd v. Hijazy & Anor (‘The Kribi’), 27.10.2000, [2001] 1 Lloyd’s Rep 76, 87: „Article 6 of the ECHR does not deal at all with where the right to a ‘fair and public hearing […]’ is to be exercised by a litigant. The crucial point is that civil rights must be determined somewhere by a hearing and before a tribunal in accordance with the provisions of Art. 6“ [Hervorhebung dort]. Ähnlich u. a. Eicher, Die Auswirkung von Rechtsverwirklichungschancen (2017), S. 52, dem zufolge Justizgewährung i. S. v. Art. 47 GRCh auch durch drittstaatliche Gerichte möglich ist, sofern dessen Qualitätsgarantien gewahrt sind. Sowohl die High-Court-Entsch. als auch die Passage bei Eicher könnten allerdings auch lediglich ungenau formuliert sein und allein auf eine fehlende Verletzung des Justizgewährungsanspruchs abzielen. So spricht zumindest Eicher a. a. O. auf S. 243 beiläufig davon, dass die Parteien durch eine ausschließliche GStKl auf anderweitige Justizgewährung verzichtet hätten, was impliziert, dass zuvor ein Anspruch gerade auch auf dortige Justiz durch Erkenntnis besteht. Die Frage des genaueren Anspruchsinhalts wird bisher generell wenig thematisiert, hierzu auch noch im Folgenden. 92 In Fällen wie zuletzt z. B. EGMR – Avotins v. Latvia, 23.5.2016, n° 17502/07, kommen GStKl zwar durchaus vor – so beruhte dort die Zuständigkeit des maltesischen Gerichts, dessen Entsch. später in Lettland vollstreckt werden sollte, auf einer nicht ausschließlichen GStKl – dieser Umstand spielt in den rechtlichen Erwägungen aber keine Rolle, weshalb die Entsch. im hiesigen Kontext ohne Relevanz ist.
II. Gefährdungsstufen und Verzichtsvoraussetzungen
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standsklausel zugunsten der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa (damals Léopoldville) enthalten war. Der Pilot sah in dieser Klageabweisung eine Verletzung seines Justizgewährungsanspruchs, ihn erwarte dort kein fairer Prozess.93 Die damalige EKMR lehnt seine Beschwerde trotzdem als offensichtlich unbegründet ab („défaut manifeste de fondement“). Die Klageabweisung beruhe nämlich nicht auf einer „initiative unilatérale“ des Konventionsstaats, sondern auf der vertraglichen Gerichtsstandsklausel, deren Abschluss Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegenstehe. Die Konventionsstaaten hätten auch weder mit diesem noch mit einem anderen Artikel der EMRK die Verpflichtung übernommen, Parteien von derartigen Vereinbarungen abzuhalten.94 Indem sich die EKMR auf das fehlende Verbot von Gerichtsstandsklauseln stützt, lässt sie freilich die hier interessierende, für die Kohärenz der Kontrollregime ungleich wichtigere Frage, ob der Justizgewährungsanspruch durch deren Anerkennung überhaupt gefährdet wird, offen.95 Aus der Perspektive der EKMR reicht die Feststellung indessen vollkommen aus. Schließlich ist für sie nach Art. 34 EMRK allein entscheidend, ob der Beschwerdeführer durch die staatliche Maßnahme in seinen Konventionsrechten verletzt ist, nicht aber, ob diese – quasi einen Schritt zuvor – überhaupt betroffen sind.96 Für die gerichtliche Kontrolle internationaler Gerichtsstandsklauseln macht es dagegen durchaus einen Unterschied, ob in einer Klageabweisung trotz der Prorogation eines anderen, ausländischen Gerichts eine Justizverweigerung liegt oder nicht. Im ersten Fall muss das angerufene, objektiv zuständige Gericht nämlich genau prüfen, ob die Voraussetzungen eines wirksamen Verzichts vorliegen (zu ihnen noch unter 4.) oder die Beeinträchtigung anders gerechtfertigt werden kann, etwa durch das Überwiegen gegenläufiger privater oder öffentlicher Interessen. Verhält sich die Klageabweisung von vornherein „grundrechtlich neutral“, kommt es darauf 93 Vgl. EKMR – Gauthier c. la Belgique, 6.3.1989, n° 12603/86, insb. Abs. 9 der rechtlichen Würdigung. Dieses Argument wurde allerdings erheblich dadurch geschwächt, dass er in einer anderen Sache selbst dort Klage eingereicht hatte und die Fluglinie zudem mehrere Urt. nachweisen konnte, wo sie zugunsten belg. Kläger von kongolesischen Gerichten verurteilt worden war, vgl. a. a. O., Abs. 8 der Sachverhaltsdarstellung. 94 EKMR (vorige Fn.), Abs. 10 und 11 der rechtlichen Würdigung. 95 Starke Kritik v. a. bei Fawcett/Shúilleabháin/Shah, Human Rights and PIL (2016), Rn. 6.152 („rather awkward approach“). Enttäuscht auch Kiestra, The Impact of the ECHR on PIL (2014), S. 101 („Unfortunately the Commission did not really examine this issue here.“). 96 Vgl. Art. 34 S. 1 EMRK: „Der Gerichtshof kann von jeder natürlichen Person […], die behauptet, durch eine der Hohen Vertragsparteien in einem der in dieser Konvention oder den Protokollen dazu anerkannten Rechte verletzt zu sein, mit einer Beschwerde befasst werden.“ Zur hier zugrunde gelegten Rechtfertigungslösung, wonach der Justizgewährungsanspruch auch bei einem wirksamen Verzicht betroffen ist, die Beeinträchtigung wegen der Zustimmung aber gerechtfertigt werden kann, schon oben unter II.1.
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Siebtes Kapitel: Kohärenz der Kontrolle
nicht an. Sowohl die Gerichte als auch der Gesetzgeber sind bei der Kontrolle bzw. der Ausgestaltung der entsprechenden Vorgaben freier.97 Gegen wen und worauf sich der Justizgewährungsanspruch bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten richtet, ist bisher kaum untersucht. Das grundrechtliche Schrifttum beschäftigt sich – wenn es sich denn überhaupt explizit zu Gerichtsstandsklauseln äußert – lediglich mit den äußersten Grenzen der staatlichen Anerkennung, nicht aber mit dem grundsätzlichen Verhältnis zwischen Gerichtsstandsklauseln und europäischem Justizgewährungsanspruch.98 Gauthier c. la Belgique ist bis jetzt zwar die einzige Entscheidung speziell zu einer Gerichtsstandsklausel geblieben, aus der sonstigen EGMR-Rechtsprechung lässt sich aber herleiten, dass in der Abweisung einer Klage stets eine Beeinträchtigung des Justizgewährungsanspruchs zu sehen ist, selbst wenn anderswo Zugang zu einem staatlichen Erkenntnisverfahren bestehen sollte. So erklärt der EGMR 2016 in Arlewin v. Sweden, wo der Beschwerdeführer mit seiner Klage von den schwedischen Gerichten an die englischen verwiesen worden war, dass eine dortige Klagemöglichkeit die Justizgewährungsverantwortung Schwedens unberührt lasse. Da der Fall starke Verbindungen zu Schweden aufweise, schulde ihm der Staat nach Art. 1 EMRK die Sicherung seiner Konventionsrechte, zu denen insbesondere auch das Recht auf gerichtlichen Zugang gehöre. Dass womöglich auch noch in einem anderen Staat geklagt werden könne, ändere daran nichts, sondern spiele allein für die Verhältnismäßigkeit der in der Klageabweisung liegenden Justizverweigerung eine Rolle.99 Damit geht
97 Allerdings ist der Rahmen, den der Justizgewährungsanspruch insofern zieht, zugegebenermaßen generell recht weit und belässt gerade dem Gesetzgeber immer noch einen erheblichen Spielraum, dazu noch unter 4. Rechtsdogmatisch sowie für die hier untersuchte Kohärenz ergibt sich aber trotzdem ein Unterschied. 98 Zur geringen Aufarbeitung des Zusammenhangs von Justizgewährungsanspruch und GStKl bereits einleitend am Anfang von II. Explizit wirft das Problem letztlich nur Kiestra, The Impact of the ECHR on PIL (2014), S. 101 ff., 110 ff., auf, der bei der Beantwortung dann aber sehr zögerlich bleibt („One could argue […]“, S. 101, 110). Fawcett/Shúilleabháin/Shah, Human Rights and PIL (2016), insb. Rn. 6.152 f., 6.226, sehen in GStKl – wie schlussendlich auch Kiestra – ebenfalls einen Verzicht, begründen oder problematisieren das aber nicht näher. Ähnlich auch Briggs, Civil Jurisdiction and Judgments (2015), S. 18; Lazić/Kruisinga, Prorogation of Jurisdiction, FS Kronke 2020, 275, 284 f. Für die Gegenposition vgl. Fn. 91. 99 EGMR – Arlewin v. Sweden, 1.3.2016, n° 22302/10, insb. Rn. 59, 65, 73. Da dieser den Fall hauptsächlich in Schweden verortet, schätzt er die Prozessführung in England zudem als schwierig ein („not […] a reasonable and practicable alternative […] in this particular case“) und hält die Klageabweisung daher für unverhältnismäßig. Näheres zum Sachverhalt und Urteil insb. bei McKeown, Arlewin v. Sweden, Tulane Journal of Int. and Comparative Law 25 (2017), 444 ff., dort aber v. a. zu den einfachrechtlichen und nicht den grundrechtlichen Problemen.
II. Gefährdungsstufen und Verzichtsvoraussetzungen
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der EGMR in Arlewin – wie auch schon in früheren Fällen100 – nicht von einer geteilten Justizgewährungsverantwortung der (Konventions-)Staaten in dem eingangs beschriebenen Sinne aus, wonach es genügt, dass irgendwo im europäischen Rechtsraum oder sogar weltweit Justiz gewährt wird. Vielmehr ist jeder einzelne Staat, dessen Gerichte angerufen werden und zu dem eine hinreichende Verbindung besteht,101 individuell verpflichtet, dem Betroffenen umfassend zur Durchsetzung seines subjektiven Rechts zu verhelfen. Justiz durch eine spätere Anerkennung der ausländischen Sachentscheidung genügt dafür grundsätzlich nicht, es ist Justiz durch inländische Erkenntnis geschuldet.102 Dafür spricht nicht zuletzt systematisch auch der Blick auf die Verfahrensregel aus Art. 34 EMRK. Individualbeschwerden sind danach stets gegen einen einzelnen Staat und nicht quasi gesamtschuldnerisch gegen mehrere gemeinsam zu richten. Zwar können inhaltlich verbundene Verfahren zusammengelegt werden, beurteilt wird aber trotzdem immer die jeweilige Verantwortung der beteiligten Einzelstaaten.103 Geht man zudem von einer solchen individuellen anstelle einer 100 Ähnlich, wenn auch weniger deutlich z. B. EGMR – Guadagnino c. Italie et France, 18.1.2011, n° 2555/03; McElhinney v. Ireland, 21.11.2001, n° 31253/96 und Prince HansAdam II of Liechtenstein v. Germany, 12.7.2001, n° 42527/98, wo der EGMR die Klageabweisung jeweils als Beschränkung des Zugangsrechts aus Art. 6 Abs. 1 EMRK bezeichnet, obwohl in einem anderen Staat geklagt werden konnte. 101 Der Anwendungsbereich der EMRK ist zwar nach Art. 1 EMRK immer schon dann eröffnet, wenn der Einzelne unter die Hoheitsgewalt eines Konventionsstaats gerät, was bei einem gerichtlichen Verfahren, ob nun als Kläger oder Beklagter, stets der Fall ist (vgl. nur EGMR – Markovic and Others v. Italy, 14.12.2006, n° 1398/03, Rn. 54, näher Kiestra, The Impact of the ECHR on PIL (2014), S. 49 ff., 94 f.). Art. 6 Abs. 1 EMRK setzt nach h.M. aber eine gewisse Verbindung zwischen der Streitsache und dem Forumstaat voraus, damit letzterer überhaupt Justizgewährung schuldet. Was das im Einzelnen bedeutet, ist freilich unklar (so schon Geimer, Internationalrechtliches zum Justizgewährungsanspruch, FS Nagel 1987, 36, 38). Die EGMR-Rspr. ist uneindeutig: Während der EGMR z. B. 2016 in Arlewin noch die besondere Verbindung zu Schweden betont (siehe gerade bei Fn. 99), geht er 2018 in Naït-Liman v. Switzerland (15.3.2018, n° 51357/07, insb. Rn. 117 ff., 219) auf das Fehlen einer solchen erst i.R.d. Verhältnismäßigkeitsprüfung der dort erfolgten Klageabweisung ein und sieht in ihr damit anscheinend keine Vssn. mehr für das generelle Bestehen des Justizgewährungsanspruchs. Eine ausreichende Verbindung sollte aber jedenfalls dann gegeben sein, wenn ein nach der Brüssel Ia-VO objektiv zuständiges Gericht angerufen wird. Diese enthält keine exorbitanten Gerichtsstände und sieht solche im europ. Rechtsraum kritisch, vgl. Stadler, in: Musielak/ Voit, Art. 5 EuGVVO Rn. 4. 102 Der Justizgewährungsanspruch gilt freilich nicht absolut, sondern ist verzicht- und beschränkbar. Daher muss nicht jedes angerufene Gericht, zu dem eine gewisse Verbindung besteht, tatsächlich auch ein eigenes umfassendes Erkenntnisverfahren durchführen. Die in der Klageabweisung liegende Justizverweigerung muss aber gerechtfertigt werden, vgl. z. B. erneut EGMR – Arlewin v. Sweden, 1.3.2016, n° 22302/10, Rn. 66 f. 103 Für den Wortlaut der Vorschrift siehe schon Fn. 96 („durch eine der Hohen Vertragsparteien“). Wie hier – allerdings allgm. – auch De Schutter, Globalization and Jurisdiction, Balt-
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Siebtes Kapitel: Kohärenz der Kontrolle
geteilten Justizgewährungsverantwortung aus, wird zugleich die praktische Wirksamkeit des Grundrechts gestärkt. Könnte Staat A nämlich bezüglich der Sachentscheidung stets auf Staat B verweisen, ohne sich hierfür wegen einer Beeinträchtigung des Justizgewährungsanspruchs rechtfertigen zu müssen, Staat B aber wiederum auf A, droht der Einzelne bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten in eine „Rechtsschutzlücke“ zu fallen. Der EGMR betont in seiner Rechtsprechung aber schon seit langem, dass Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht auf die Gewährung von Grundrechten gerichtet ist, die nur in der Theorie bestehen, sondern die auch tatsächlich wirksam sind.104 Hiermit lässt sich am besten das soeben beschriebene umfassende Verständnis des Justizgewährungsanspruchs als Anspruch gerade auch auf ein inländisches Erkenntnisverfahren vereinen. In jeder ausschließlichen internationalen Gerichtsstandsklausel liegt dementsprechend ein Teilverzicht, ganz egal, ob mit ihr nun ein besonders leicht oder schwer zugängliches ausländisches Gericht gewählt wird. Die konkrete Wahl kann die Beeinträchtigung des Zugangsrechts dann nur noch zusätzlich verschärfen.105 Trotz der entsprechenden Parallele zu den unter 1. behandelten Schiedsklauseln geht der Verzicht bei Gerichtsstandsklauseln indessen regelmäßig weniger weit. Denn der Zugang zu der staatlichen Justiz durch Erkenntnis wird letztlich nicht ganz ausgeschlossen, sondern lediglich „ausgetauscht“: Anstelle der objektiv zuständigen Gerichte von Staat A sind nun das prorogierte Gericht bzw. die prorogierten Gerichte von Staat B zur Sachentscheidung berufen.106 Konzentriert man sich zudem auf die im fünften Kapitel betrachteten Gerichtsstandsklauseln, handelt es sich hierbei stets um Gerichte, die genauso zur Einhaltung insbesondere der Grundrechte verpflichtet sind. Schließlich ist im europäischen Rechtsraum bislang allein die Wahl der Gerichte aus anderen Mitgliedstaaten sowie der Lugano-Staaten Norwegen, Island und der Schweiz harmonisiert.107 YIL 2006, 183, insb. 237 f., 240 mit Fn. 126, sowie ausführlich Den Heijer, Shared Responsibility Before The ECtHR, NILR 2013, 411 ff.; ders., Procedural Aspects of Shared Responsibility in the ECtHR, JIDS 2013, 361 ff. 104 Siehe z. B. EGMR – Airey, 9.10.1979, n° 6289/73, Rn. 24 („intended to guarantee not rights that are theoretical or illusory but rights that are practical and effective“). Generell zu diesem Auslegungsgrundsatz schon oben unter I., dort auch mit weiteren Nachweisen. 105 Dazu auch schon eingangs bei und in Fn. 88. 106 Ähnlich Landau/Moollan, Article II and the Requirement of Form, in: Gaillard/Di Pietro, Enforcement of Arbitration Agreements (2008), 189, 225: „right of access to a court is not denied – it is simply changed“, die danach allerdings zu Recht betonen, dass sich die Wahl eines weit entfernten Gerichts am Ende faktisch als genauso einschneidend erweisen kann wie eine Schiedswahl. Blickt man jedoch generell auf den Klauseltyp der GStKl, unabhängig von der konkreten Prorogation, führt dieser zu einer geringeren Beeinträchtigung. So allgm. auch Briggs, Agreements on Jurisdiction and Choice of Law (2008), Rn. 12.04. 107 Nach (wohl) herrschender, wenn auch umstrittener Ansicht erfasst die Brüssel Ia-VO lediglich GStKl zugunsten der mitgliedstaatlichen Gerichte, die sich alle an die EMRK und
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Das unterscheidet die Situation von der Prorogation privater Schiedsgerichte, die nach überwiegender Ansicht nicht direkt an die EMRK oder GRCh gebunden sind, sondern deren Vorgaben allenfalls mit Blick auf die spätere Anerkennungsund Vollstreckungsfähigkeit ihrer Entscheidung berücksichtigen müssen.108 Besteht die Grundrechtsbindung also trotz der Derogation der objektiv zuständigen Gerichte fort, scheidet eine Beeinträchtigung der Qualitätsgarantien des Justizgewährungsanspruchs theoretisch von vornherein aus. Denn auch das prorogierte Gericht schuldet den Parteien nach Art. 6 Abs. 1 EMRK, Art. 47 Abs. 2 GRCh ein faires Verfahren innerhalb angemessener Zeit. Praktisch bleiben im europäischen Rechtsraum aber trotz der gemeinsamen rechtsstaatlichen Grund überzeugung und Grundrechtsverpflichtung spürbare Unterschiede, weshalb es je nach konkreter Wahl durchaus zu qualitativen Einbußen kommen kann. So sind gewisse Justizstandorte z. B. notorisch für ihre besonders langsamen Verfahren bekannt und wurden deshalb bereits wiederholt vom EGMR, teils sogar wegen systemischer Mängel bei der Einhaltung des Justizgewährungsanspruchs, verurteilt.109 In anderen gerät wiederum gerade im Zuge jüngerer Justizreformen die gerichtliche Unabhängigkeit unter Druck.110 Selbst die hier untersuchGRCh halten müssen (vgl. I.). Bei der Wahl norwegischer, isländischer oder Schweizer Gerichte greift das LugÜ-II, für sie gilt aber ebenfalls die EMRK. Da sich die Arbeit mit der Kontrolle innerhalb des europ. Rechtsraums beschäftigt, wurden GStKl zugunsten drittstaatlicher Gerichte in Kap. 5 ausgeklammert (siehe dort III.1., IV.1.). 108 Zu dieser „Vorwirkung“ der Grundrechte insb. Parise Kuhnle, Effektiver Rechtsschutz (2015), insb. S. 150 f. Die Frage der Grundrechtsbedingung ist freilich durchaus umstritten. Siehe zum Überblick Haas, Int. Sportschiedsgerichtsbarkeit und EMKR, SchiedsVZ 2009, 73, 76 f. sowie die gute Darstellung der bisherigen EGMR-Rspr. und h.L. bei Bangert, Die Bindung privater Schiedsgerichte an Art. 6 Abs. 1 EMRK, FS Wildhaber 2007, 41, 43 ff., der selbst Schiedssprüche allerdings – wenig überzeugend – als Hoheitsakte sieht (a. a. O., 54 ff.). In EGMR – Mutu and Pechstein v. Switzerland, 2.10.2018, n° 40575/10 u. a., insb. Rn. 115, 182 f., kritisiert der EGMR zwar nun die fehlende Öffentlichkeit des Schiedsverfahrens vor dem CAS, damit muss aber nicht unbedingt die Annahme einer direkten Bindung verbunden sein. Gegenstand des Verfahrens war die Entsch. des Schweizer BG, den Schiedsspruch nicht aufzuheben, das dadurch – nach Ansicht des EGMR – die Garantien des Art. 6 EMRK nicht hinreichend beachtet hat (vgl. Rn. 64 ff., 101 ff.). Das Urt. ist in diesem Gesichtspunkt allerdings nicht ausreichend klar, vgl. auch schon die Kritik oben in Fn. 64. 109 Siehe zu Italien z. B. EGMR – Bottazzi v. Italy, 28.7.1999, n° 34884/97, insb. Rn. 22; zu Griechenland Giykantzi c. Grèce, 30.10.2010, n° 40150/09, insb. Rn. 50 ff. Aber auch in Deutschland bestand lange Zeit kein effektives Mittel, um sich gegen überlange Verfahren wehren zu können. Vgl. EGMR – Sürmeli v. Germany, 8.6.2006, n° 75529/01, Rn. 106 ff. 110 So hat die EU-Kommission 2017 gegen Polen nach längerem Dialog ein Vertragsverletzungs- und daneben das Rechtsstaatlichkeitsverfahren nach Art. 7 EUV eingeleitet, da sie infolge der angekündigten und jetzt teils auch schon durchgeführten Reformen dort u. a. die gerichtliche Unabhängigkeit gefährdet sieht, vgl. hierzu insb. die Pressemitteilung vom 24.9.2018, verfügbar unter , letzter Zugriff
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Siebtes Kapitel: Kohärenz der Kontrolle
ten Gerichtsstandsklauseln zugunsten der Gerichte der Mitglied- bzw. Lugano-Staaten können daher neben der Zugangsverkürzung eine Beeinträchtigung der grundrechtlichen Qualitätsgarantien zur Folge haben. Auch vor staatlichen Gerichten kann es zudem aufgrund der typischen Rollenverteilung in repeat player und one-shotter bei der AGB-förmigen Forumswahl zu einer Störung der Waffengleichheit kommen. Die im vorherigen Abschnitt geschilderten finanziellen (Fehl-)Anreize fallen zwar weg – staatliche Gerichte sind anders als private Justizdienstleister zumindest nicht direkt von dem Erhalt weiterer Folgeaufträge abhängig und daher auch nicht im selben Maße an deren Akquise interessiert.111 Führt der Klauselverwender aber sämtliche Aktiv- und Passivprozesse vor ein und demselben Gericht, verfügt er insofern regelmäßig über einen deutlichen Informations- und Erfahrungsvorsprung. Befindet sich das prorogierte Gericht noch dazu (wie häufig) in seiner Nähe, ist es für ihn leichter, an mündlichen Verhandlungen teilzunehmen und dort gegebenenfalls selbst einen persönlichen Eindruck zu hinterlassen und zu erhalten sowie die eigenen Mitarbeiter als Zeugen einzusetzen. Insbesondere für einen weiter entfernt sitzenden Klauselgegner ist das erheblich schwieriger, was außer der Waffengleichheit zugleich seinen Anspruch auf effektives rechtliches Gehör beeinträchtigen kann.112 Handelt es sich bei ihm um den Beklagten, gilt das auch im Falle einer am 23.3.2022 sowie den begründeten Vorschlag nach Art. 7 EUV an den Rat vom 20.12.2017, COM(2017) 835 final. Der EGMR hat bereits Verstöße gegen Art. 6 Abs. 1 EMRK gesehen, vgl. z. B. EGMR – Advance Pharma v. Poland, 3.2.2022, n° 1469/20, Rn. 294 ff., dort in den vorigen Rn. auch zu Verfahren vor dem EuGH. Entsprechende Sorgen werden zudem in Bezug auf Ungarn, Rumänien und Bulgarien geäußert, vgl. nur die diesbzgl. Beiträge auf dem Verfassungsblog, , letzter Zugriff am 23.3.2022. Der EuGH hält jedoch – zumindest solange die eingeleiteten Verfahren nicht rechtsgültig abgeschlossen sind – gleichwohl am Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens in die Achtung u. a. der gemeinsamen Werte und Grundrechte fest, siehe EuGH – Minister for Justice and Equality, 25.7.2018, Rs. C-216/18 PPU, insb. Rn. 73 sowie bestätigend u. a. X und Y, 22.2.2022, Rs. C-562/21 PPU u. a., Rn. 40 ff. Instruktiv zu Grund und Grenzen des Grundsatzes v. a. Kullak, Vertrauen in Europa (2020), passim. 111 So am Rande auch Bajons, Über Grenzen und Freiräume der New Yorker Schiedskonvention im Lichte der EMRK, FS Machacek und Matscher 2008, 703, 714 Fn. 31. Zur großen Bedeutung einer angemessenen staatlichen Richtervergütung für die Wahrung der gerichtlichen Unabhängigkeit generell auch z. B. EuGH – Associação Sindical dos Juízes Portugueses, 27.2.2018, Rs. C-64/16, Rn. 45. 112 Näheres zu diesem typischen prozessualen Ungleichgewicht bei GStKl schon in Kap. 5, unter II.1., dort jedoch noch nicht aus grundrechtlicher Sicht. Ähnlich, wenn auch zur nachträglichen, unilateralen Gerichtsstandswahl durch den Kläger Nuyts, Due Process, in: ders./Watté, Int. Civil Litigation in Europe (2005), 157, 181, 185. Am Rande auch Schack, Waffengleichheit im Zivilprozess, ZZP 129 (2016), 393, 404 (dort allerdings v. a. mit Blick auf den gleichen Zugang zum Gericht).
II. Gefährdungsstufen und Verzichtsvoraussetzungen
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nicht ausschließlichen Gerichtsstandsklausel, die keine Derogations-, sondern lediglich Prorogationswirkung entfaltet.113 Alles in allem wird damit durch den Abschluss von Gerichtsstandsklauseln ebenfalls auf gewisse Teilgarantien des Justizgewährungsanspruchs verzichtet, wenn auch in geringerem Maße als bei den zuvor behandelten Schiedsklauseln. Es besteht nach wie vor Zugang zu einer verbindlichen Sachentscheidung durch ein staatliches Gericht, im Fall von ausschließlichen Gerichtsstandsklauseln allerdings nur noch seitens der prorogierten und nicht mehr der objektiv zuständigen Gerichte. Wegen des typischen Informations- und Erfahrungsvorsprungs des Klauselverwenders geht mit Gerichtsstandsklauseln außerdem oft eine Störung der Waffengleichheit einher, die von den Gerichten z. B. durch die Gewährung von Prozesskostenhilfe oder besondere Hinweise ausgeglichen werden kann, was in der Praxis aber nicht immer erfolgt oder möglich ist. Abhängig von der konkreten Wahl können weitere Beeinträchtigungen bezüglich des Zugangsrechts und der Qualitätsgarantien hinzutreten bzw. sich weiter verschärfen. Generell ist die Verzichtsintensität aber niedriger als bei Schiedsklauseln zu bewerten, weshalb Gerichtsstandsklauseln eine Gefährdungsstufe unter ihnen stehen. 3. Niedrigste Stufe: Rechtswahlklauseln Auch bei Rechtswahlklauseln ist die Gefährdung auf den ersten Blick nicht gleich zu erkennen: Wird in der Rechtswahlklausel eine Rechtsordnung bestimmt, nach der dem Klauselgegner gewisse Ansprüche oder Rechte nicht zustehen, die er nach dem objektiv anwendbaren Recht hätte, berührt die gerichtliche Anerkennung der Rechtswahlklausel nicht seinen Justizgewährungsanspruch. Dieser sichert ihm nämlich bei einem Streit die effektive Durchsetzung seiner Rechte gegenüber dem Vertragspartner bzw. generell anderen Privaten zu. Er schreibt aber nicht vor, ob und in welchem Umfang diese Rechte überhaupt gegeben sein müssen. Vielmehr macht er ihre Existenz umgekehrt gerade zur Vorbedingung für die Gewährung der eigenen prozessualen Garantien.114 Wie Adrian Briggs in ande113
Zu diesen Wirkungsweisen in Kap. 5, unter I. insb. EGMR – Roche v. the United Kingdom, 19.10.2005, n° 32555/96, Rn. 117: „Article 6 § 1 does not, however, guarantee any particular content for those (civil) ‘rights’ in the substantive law of the Contracting States […]. Its guarantees extend only to rights which can be said, at least on arguable grounds, to be recognised under domestic law“ (dort aber zu einem reinen Inlandsfall) sowie Grabenwarter/Pabel, EMRK (2021), § 24 Rn. 5; Harris et al., The Law of the ECHR (2018), S. 390 f. und Kiestra, The Impact of the ECHR on PIL (2014), S. 97 f. (Existenz nach dem kollisionsrechtlich anwendbaren Recht). Ggfs. können allerdings die materiellen Grundrechte fordern, dass der Gesetzgeber einen gewissen Normenbestand schafft und diesen dann auch gegen eine Abwahl beschützt. Dieser zwingende Kern dürfte jedoch gerade im Vertragsbereich relativ überschaubar sein, hierzu kurz bereits am Kapitelanfang bei Fn. 17. Bei 114 Vgl.
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Siebtes Kapitel: Kohärenz der Kontrolle
rem Kontext treffend beschreibt: „[H]is guarantee is of the right to a hearing, not of the right to be victorious.“115 Sowohl einleitend als auch im vierten Kapitel wurde allerdings bereits festgestellt, dass Rechtswahlklauseln neben der Senkung des sachrechtlichen Schutzniveaus noch eine gewichtige weitere Gefahr mit sich bringen. Benennen sie eine Rechtsordnung, die dem Klauselgegner fremd ist, schreckt ihn das in vielen Fällen von der Rechtsverfolgung ab. Besonders für einen Laien, aber selbst für versierte Juristen, ist es nämlich oft schwer, den Inhalt einer ausländischen Rechtsordnung zu ermitteln und sicher auf die konkrete Streitfrage anzuwenden. Der Klauselgegner kann deshalb infolge der Rechtswahlklausel seine Rechtsposition und damit auch seine prozessualen Erfolgschancen schwer einschätzen und sieht von einer Klage lieber ab.116 Zumindest rein faktisch kann der Abschluss einer solchen Rechtswahlklausel daher seinen Zugang zum Gericht vereiteln. Diese Befürchtung teilen nicht nur die nationalen Gerichte (vgl. vor allem Kapitel 4, unter IV.3.b)),117 sondern anscheinend, wenngleich leicht modifiziert, auch der EGMR. So weist er 2010 in Cudak v. Lithuania (als große Kammer) sowie 2016 in Naku v. Lithuania and Sweden das Argument Litauens zurück, die Beschwerden seien schon mangels Rechtswegerschöpfung unzulässig, da die Beschwerdeführerinnen ihre Klagemöglichkeiten in Polen bzw. in Schweden nicht genutzt hätten und führt dafür als Hauptargument an, dass diese Klagemöglichkeiten aufgrund der vereinbarten Rechtswahlklauseln gar nicht ausreichend effektiv seien: „[T]he Court notes that Article 8 of the contract of employment between the applicant and the Polish embassy provided that any disputes arising under it were to be settled in accordance with the laws of Lithuania […]. It could therefore be argued that, if the applicant had submitted her complaints to the Polish courts, they would have applied the substantive law chosen by the parties, that is to say Lithuanian law. However, the Court finds that such a remedy, even supposing that it was theoretically available, was not a particularly realistic one in the circumstances of the case. If the applicant had been required to use such a remedy she would have encountered serious practical difficulties which would have been incompatible with her right of access to a
Art. 47 GRCh ist umstritten, ob sich die subjektiven Rechte aus dem Unionsrecht ergeben müssen oder auch eine Ableitbarkeit aus dem anwendbaren nat. Recht ausreicht, s.o. Fn. 31. 115 Briggs, Civil Jurisdiction and Judgments (2015), S. 19, wo sich das „his“ indes auf den Kläger und dessen Anspruch aus Art. 6 Abs. 1 EMRK bezieht und damit nur mittelbar auf den Justizgewährungsanspruch abzielt. 116 Vgl. v. a. Kap. 4, II.2. und IV.3.b). Wird der Klauselgegner selbst verklagt, schreckt ihn der Aufwand oft von einer Verteidigung ab, was insb. seinen Anspruch auf effektives rechtliches Gehör betreffen kann, s.u. 117 Freilich ohne Verweis auf den Justizgewährungsanspruch oder eine grundrechtliche Argumentation.
II. Gefährdungsstufen und Verzichtsvoraussetzungen
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court, which, like all other rights in the Convention, must be interpreted so as to make it practical and effective, not theoretical or illusory […].“118
Der EGMR erklärt in den Entscheidungen nicht näher, worin er genau diese „praktischen Schwierigkeiten“ sieht und ob sie dem Einzelnen tatsächlich bei jeder von der lex fori abweichenden Rechtswahl den gerichtlichen Zugang nehmen. Das ginge relativ weit,119 zumal die Beschwerdeführerinnen in beiden Fällen selbst aus Litauen stammten und die maßgeblichen Informationen daher durchaus hätten in Erfahrung bringen können.120 Die Bemerkung zielt deswegen wohl eher auf die mit einer solchen Klage befassten polnischen und schwedischen Gerichte ab, denen die gewählte litauische Rechtsordnung fremd ist. In der Tat stellt sich die Herausforderung, das ausländische Recht ermitteln und auf die konkrete Streitfrage anwenden zu müssen, nicht nur für den Klauselgegner, sondern auch für das zuständige Gericht, sofern durch die Rechtswahlklausel ius und forum entkoppelt werden.121 Zwar gilt in vielen europäischen Staaten an sich die Regel iura novit curia, so z. B. auch in Deutschland, wo § 293 ZPO aber gerade für das ausländische Recht hiervon eine Ausnahme macht. Die Kenntnis kann vom Gericht diesbezüglich nämlich nicht ohne Weiteres erwartet werden, weshalb es dort zur freien Ermittlung und Beweiserhebung ermächtigt wird.122 In der Praxis bedienen sich die deutschen Gerichte insofern vor allem 118 EGMR – Cudak v. Lithuania, 23.3.2010, n° 15869/02, Rn. 36 [Hervorhebungen hier hinzugefügt]; nahezu wortgleich auch Naku v. Lithuania and Sweden, 8.11.2016, n° 26126/07, Rn. 82, dort zur schwedischen Botschaft als Arbeitgeberin. Von den litauischen Gerichten waren die Klagen der Beschwerdeführerinnen vorher jeweils abgewiesen worden, da sich Polen und Schweden in den Verfahren auf ihre Immunität berufen hatten. Der EGMR hält diese Justizverweigerung für unverhältnismäßig. 119 Kritisch daher Richterin Motoc in ihrem (generell aber zustimmenden) Sondervotum in Naku (vorige Fn.), unter IV.: „This paragraph inspired by Cudak (par.36) raises many questions regarding the application of the rules of international private law. Even if the application of the foreign law is difficult, time-consuming and costly, it does not make this remedy theoretical and illusory.“ In der Tat stößt sich die Bemerkung mit der klassischen Grundannahme des IPR, dass Gerichte auch ausl. Recht problemlos anwenden können und daher int. fungibel sind. Zur Situation in der Praxis jedoch noch sogleich sowie bereits in Kap. 4. 120 Zumindest standen ihnen die fehlenden Sprachkenntnisse nicht entgegen. Frau Naku hatte zur Vorbereitung ihrer Klage zudem sowohl einen schwedischen als auch einen litauischen Rechtsanwalt beauftragt, vgl. insb. Rn. 111 des Urt., Frau Cudak allerdings anscheinend nur einen poln. Rechtsanwalt. 121 Besteht schon nach der objektiven Rechtslage kein Gleichlauf, folgt aus der RwKl keine weitere Gefährdung, es sei denn, sie wählt ein noch schlechter zu ermittelndes Recht. Hierzu auch schon in Kap. 4, unter II.2. 122 Prütting, in: MüKo-ZPO, § 293 v. a. Rn. 13; Saenger, in: NomosKommentar-ZPO, § 293 ZPO Rn. 1, 7 ff. Das Gericht trifft aber auch eine entsprechende Pflicht, so etwa deutlich BGH, 12.3.2020, jurisRn. 44 f., wo dieser das KG Berlin dafür kritisiert, insofern schlicht auf den fehlenden Gegenvortrag des Antragsgegners verwiesen zu haben („verkennt […], dass es sich
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Siebtes Kapitel: Kohärenz der Kontrolle
der Mithilfe der Parteien sowie von Sachverständigen. Auch in anderen Staaten ist es bei der Anwendbarkeit ausländischen Rechts vollkommen gängig, von den Parteien einen entsprechenden, detaillierten Vortrag zu verlangen oder juristische Gutachten einzuholen. In England trifft die Parteien dazu sogar eine Pflicht. Schließlich wird ausländisches Recht dort als Tatsache behandelt und ist von den Parteien dementsprechend zu beweisen.123 Verlässt sich das Gericht aber bei seiner Entscheidung zu sehr auf fremde Einschätzungen und nimmt keine eigene Überprüfung, etwa anhand zusätzlicher Hilfsmittel, vor, gerät seine Unabhängigkeit in Zweifel.124 Eine solche Überprüfung ist jedoch besonders bei einer „exotischeren“ Rechtswahl oft kaum möglich. So ist wohl nur in den wenigsten europäischen Gerichtsbibliotheken Literatur z. B. über das malische oder jemenitische Recht zu finden, noch dazu in einer für das Gericht verständlichen Sprache. Der Abschluss entsprechender Rechtswahlklauseln führt daher nicht nur häufig zu der beschriebenen Beeinträchtigung bezüglich des gerichtlichen Zugangs, sondern gleichzeitig auch bezüglich der Qualität der gewährten Justiz.125 Neben der Gefahr fehlender Unabhängigkeit beim ausländischen Recht nicht um Tatsachenstoff, sondern um Rechtsnormen handelt. Eine Parteidisposition, wie sie die Verhandlungsmaxime bei Tatsachen ermöglicht, ist weder bei der Feststellung noch bei der Auslegung und Anwendung des ausländischen Rechts möglich“). 123 Ausführlicher zur Rechtslage und Praxis in den verschiedenen Mitgliedstaaten Courneloup, Rechtsermittlung im IPR der EU, RabelsZ 78 (2014), 844, 850 f.; Esplugues/Iglesias/ Palao (Hrsg.), Application of Foreign Law (2011), passim; Guinchard, Conclusion, in: ders., Rome I and Rome II in Practice (2020), 625, 659 ff.; Hartley, Pleading and Proof of Foreign Law, ICLQ 1996, 271 ff.; Trautmann, Europ. Kollisionsrecht und ausl. Recht im nat. Zivilverfahren (2011), passim. Die interviewbasierte Studie von M. Stürner/Krauß, Ausl. Recht in dt. Zivilverfahren (2018), zeigt indes, dass dt. Gerichte Gutachten besonders bei niedrigem Streitwert oft erst als ultima ratio in Auftrag geben und sich vorher v. a. an der einschlägigen Literatur orientieren; Parteivorträge werden selten für brauchbar erachtet (a.a.O., S. 94 ff.; vgl. aber auch S. 135 ff.). 124 Vgl. (für eine andere Art von Rechtsgutachten) EGMR – Eskelinen and Others v. Finland, 8.8.2006, n° 43803/98, Rn. 32: „The question which arises in this case is whether the courts were able to assess for themselves all the issues considered or whether the expert’s opinion replaced the taking of evidence and the assessment of the issues by the courts themselves. […]“. Der EGMR sieht in dem Fall die Anforderungen aber noch gewahrt (vgl. insb. Rn. 34: „nor did they base their conclusions exclusively on his expert opinion“), weshalb das Verfahren insgesamt fair verlaufen sei. Die Prüfung erfolgt dort freilich nicht mit Blick auf die Garantie der Unabhängigkeit, sondern des kontradiktorischen Verfahrens („adversarial principle“). Ebenfalls aus diesem Blickwinkel speziell zur Ermittlung und Anwendung ausl. Rechts Stuji, Some Aspects of the Application and Ascertainment of Foreign Law in the Light of Article 6 of the ECHR, in: Paulussen et al., Fundamental Rights (2016), 185, 197 ff., der dort beiläufig aber auch davon spricht, dass der EGMR in dem Fall eine „Abhängigkeit“ des Gerichts vom Gutachter verneint habe, was in die hiesige Richtung geht (vgl. dort zudem S. 207). Ebenso für das dt. Verfassungsrecht Hübner, Ausl. Recht vor dt. Gerichten (2014), S. 110 ff. 125 Ähnlich, wenn auch allgemeiner und nicht aus grundrechtlicher Sicht z. B. Wagner, Dis-
II. Gefährdungsstufen und Verzichtsvoraussetzungen
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folgen die entsprechenden Einbußen vor allem auch aus der typischen Verlangsamung des Verfahrens, die insbesondere mit der Einholung besagter Gutachten oder ausländischer Rechtsauskünfte einhergeht. Muss das Gericht nach ausländischem Recht entscheiden, dauert das Verfahren im Durchschnitt deutlich länger als beim Gleichlauf von lex causae und lex fori.126 Das lässt sich oft zwar mit der gesteigerten Komplexität bzw. dem erhöhten Aufwand erklären, weshalb das Grundrecht schlussendlich meistens nicht verletzt sein wird,127 die Beeinträchtigung als solche bleibt aber. Zudem geschieht es in der Praxis immer wieder, dass die Gerichte die Beweiserhebung nicht hinreichend vorantreiben und daher selbst die bei solchen Fällen noch angemessene Verfahrensdauer überschreiten.128 Auch diese Gefahr hängt zumindest indirekt mit der jeweiligen Rechtswahlklausel zusammen und lässt sich – sofern nicht auch die objektive Anknüpfung zu einer Spaltung von ius und forum geführt hätte – auf die diktierte Wahl zurückführen. Zuletzt ist bei der AGB-förmigen Rechtswahl – wie schon bei der Gerichtsstands- und Schiedswahl – eine Störung der Waffengleichheit zu befürchten. Ist das Gericht mit dem anwendbaren Recht wenig oder gar nicht vertraut, entwipute Resolution as a Product, in: Eidenmüller, Regulatory Competition (2013), 347, 412: „judges […] have little incentive to invest their scarce resources of time and energy into the amplification and the development of foreign law. As a matter of fact, in most jurisdictions, they rely on expert testimony […] and closely follow whatever precedent exists in the derogated jurisdiction […]. Consequently, it is received wisdom that the quality of judicial decisions made under foreign law is not the same as the one of decision applying the lex fori.“ Zur Beeinträchtigung speziell des Zugangsrechts schon eingangs bei Fn. 116 sowie genereller in Kap. 4, unter II.2. 126 Hübner, Ausl. Recht vor dt. Gerichten (2014), S. 30, 252; Courneloup, Rechtsermittlung im IPR der EU, RabelsZ 78 (2014), 844, 852. 127 Die angemessene Dauer bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei insb. die Komplexität des Verfahrens, aber z. B. auch das Verhalten der Parteien eine Rolle spielt (siehe die Nachweise unter I. in Fn. 55 sowie speziell zur Verlangsamung bei der Anwendbarkeit ausl. Rechts Stuji, Some Aspects of the Application and Ascertainment of Foreign Law in the Light of Article 6 of the ECHR, in: Paulussen et al., Fundamental Rights (2016), 185, 203 f.). Durch den Abschluss einer RwKl, mit der ius und forum entkoppelt werden, tragen die Parteien zu der Verlangsamung bei, weshalb in ihr zumindest insofern ein Verzicht zu sehen ist. Die Parteien wollen aber typischerweise trotzdem, dass sich das Gericht um eine möglichst zügige Entsch. bemüht. 128 Kritisch z. B. EGMR – Karalyos and Huber v. Hungary and Greece, 6.4.2004, n° 75116/01, Rn. 33, 35: „Notwithstanding that the case gave rise to difficult legal issues of foreign law, the Court considers that the length of the case cannot be explained by this fact alone. […] It is regrettable that, after a period of nine years, the District Court was led to conclude that the content of the relevant Greek law could not be established. It has not been explained to the Court why the District Court did not investigate the possibility of locating a legal expert in the matter in Hungary.“
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ckeln die bereits erwähnten Parteivorträge besondere Bedeutung. Der Klauselverwender kennt sich mit dem gewählten Recht aber typischerweise viel besser aus als sein Vertragspartner oder hat zumindest leichteren Zugang zu den benötigten Informationen, etwa weil es sich um sein eigenes Heimatrecht handelt. Seine Chancen, das Gericht von seinem Standpunkt zu überzeugen, liegen dann deutlich höher als die seines Gegenübers, der oft schon die einschlägige Sprache nicht spricht oder keinen kundigen Rechtsbeistand findet.129 Ob der EGMR in Cudak und Naku gerade diese Probleme vor Augen hat, ist freilich unklar. Dagegen spricht, dass es sich sowohl bei der Unabhängigkeit als auch der zügigen Verfahrensführung und Wahrung der Waffengleichheit um Fragen der Qualität und nicht um solche des Zugangs handelt. Es kann allerdings durchaus sein, dass der EGMR in den entsprechenden Entscheidungen den Begriff des „right of access to justice“ schlicht als Oberbegriff verwendet und nicht auf Letzteres beschränkt versteht. Weitere Rechtsprechung, die das Verhältnis zwischen Rechtswahlklauseln und Justizgewährungsanspruch klären könnte, fehlt bislang. Auch die Literatur hat sich hierzu noch nicht vertieft geäußert. Trotz der verbleibenden Unsicherheit lässt sich nach diesen Überlegungen als Fazit zusammenfassen, dass (wohl) selbst der Abschluss von Rechtswahlklauseln, die auf den ersten Blick in keinerlei Zusammenhang mit den prozessualen Garantien des Justizgewährungsanspruchs zu stehen scheinen,130 Einbußen bei dessen Erfüllung mit sich bringt. Wird in den Klauseln eine Rechtsordnung gewählt, die dem Klauselgegner fremd ist, hält ihn das oft schon von der Rechtsverfolgung ab und beeinträchtigt damit sein Zugangsrecht bzw. als Beklagter 129 Zu dieser Schwierigkeit insb. auch schon das OLG Celle in einem der Subway-Fälle, das deshalb gerade die dortige Kombination der New Yorker SchKl mit einer RwKl zugunsten Liechtensteiner Rechts für eine gröbliche Benachteiligung i. S. d. anwendbaren Kontrollnorm hält, vgl. Kap. 6, IV.3.b). Mehr zum Informationsvorsprung des Klauselverwenders und den Gefahren, die sich daraus ergeben, in Kap. 4, unter II.2., dort auch m. w. N. aus dem nicht-grundrechtlichen Schrifttum. Mit Blick auf den Justizgewährungsanspruch wird das Problem soweit ersichtlich bisher von niemandem behandelt. Stuji, Some Aspects of the Application and Ascertainment of Foreign Law in the Light of Article 6 of the ECHR, in: Paulussen et al., Fundamental Rights (2016), 185, 200 ff., fürchtet allerdings generell um die Waffengleichheit, wenn der vom Gericht benannte Gutachter nicht neutral ist; Schack, Waffengleichheit im Zivilprozess, ZZP 129 (2016), 393, 405 f., wenn eine Seite auf bessere Anwälte zurückgreifen kann. 130 Fawcett, The Impact of Article 6(1) of the ECHR and PIL, ICLQ 2007, 1, 24, z. B. streitet generell ab, dass Art. 6 Abs. 1 EMRK für die Frage des anwendbaren Rechts Bedeutung entwickle: „Art 6 is not concerned with the substantive content of national law“ (dortige Fn. 136). Auch bei Courneloup, The Impact of Fundamental Rights on PIL, in: Heiderhoff/ Lohsse/Schulze, EU-Grundrechte und Privatrecht (2016), 61 ff., kommt Art. 47 GRCh kaum vor. Die faktischen Auswirkungen auf die Rechtsverfolgung und Qualität des Verfahrens werden ausgeblendet und nur auf die sachrechtlichen Folgen geblickt (die ihrerseits hier wiederum nicht betrachtet werden konnten, siehe dazu eingangs die Fn. 20).
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seinen Anspruch auf effektives rechtliches Gehör. Im Verfahren selbst kommt es infolge der Informationsasymmetrie typischerweise zu einer Störung der Waffengleichheit, vor allem wenn auch das entscheidende Gericht die gewählte Rechtsordnung nicht kennt. In dem Fall sind daneben oft noch weitere Qualitätsgarantien wie insbesondere die gerichtliche Unabhängigkeit und die Entscheidung innerhalb einer angemessenen Zeit gefährdet. In der Praxis wird die Rechts- und Forumswahl freilich gerade wegen dieser Nachteile häufig aufeinander abgestimmt, damit das zuständige Gericht nach seinem eigenen, ihm vertrauten Recht entscheiden kann.131 Nicht bei jeder Rechtswahlklausel treten deshalb die soeben beschriebenen Qualitätseinbußen auf. Auch sind die Schwierigkeiten, das ausländische Recht zu ermitteln und anzuwenden, nicht in jedem Fall derart hoch, dass sie dem Klauselgegner tatsächlich den gerichtlichen Zugang versperren. Rechtswahlklauseln lassen sich deswegen typisierend letztlich auf einer niedrigeren Gefährdungsstufe einordnen als Gerichtsstands- und Schiedsklauseln, auch wenn sie im Einzelfall sicherlich ähnlich einschneidende Wirkung entfalten können. Ausschließliche Gerichtsstands- und Schiedsklauseln versperren allerdings schon rein rechtlich von vornherein den Zugang zu inländischer, staatlicher Justiz durch Erkenntnis, ganz egal, wie sie im Einzelnen ausgestaltet sind. Der mit ihnen verbundene Verzicht fällt dementsprechend pauschal betrachtet noch einmal intensiver aus. Zugleich beeinflusst die Forumswahl wie in Kapitel 5 und 6 beschrieben das anwendbare Kollisionsrecht und damit die Möglichkeit, überhaupt z. B. ein unverbundenes, schwer zu ermittelndes Recht zu wählen. Gerichtsstands- und Schiedsklauseln erweisen sich daher regelmäßig als die „neuralgischere Vereinbarung“132, wobei Schiedsklauseln aus den in den vorigen Abschnitten geschilderten Gründen als typischerweise am gefährlichsten einzustufen sind. Sie alle bilden freilich nur dann einen wirksamen (Teil-)Verzicht auf den Justizgewährungsanspruch, der von den Gerichten anzuerkennen ist, wenn die entsprechenden Voraussetzungen dafür vorliegen. Auf diese geht der folgende Abschnitt ein.
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Dazu auch u. a. schon am Anfang von Kap. 5. Schiedsgerichte haben streng genommen keine lex fori (siehe nur Jemielniak/Pfisterer, Iura Novit Arbiter revisited, Uniform L. Rev. 2015, 1, 5, 12), hier wird dann entweder auf die Wahl eines leicht zugänglichen Rechts geachtet oder die Rechtswahl mit einer Schiedsverfahrensregelung gekoppelt, nach der die Schiedsrichter einen entsprechenden Hintergrund aufweisen müssen. 132 So treffend Maultzsch, Parteiautonomie im IPR und IZVR, in: v. Hein/G. Rühl, Kohärenz (2016), 153, 173, der deshalb für GStKl eine strengere Kontrolle als für RwKl fordert (siehe noch unten III.1.), dort freilich ohne Blick auf die grundrechtliche Gefährdungssituation.
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Siebtes Kapitel: Kohärenz der Kontrolle
4. Informierter, parteiautonomer Verzicht Art. 6 Abs. 1 EMRK, Art. 47 GRCh geben dem Einzelnen einen Anspruch auf fairen und effektiven staatlichen Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit (siehe I., II.1.–3.). Ansprüche kann, aber muss man nicht wahrnehmen.133 In der Rechtsprechung und Literatur ist dementsprechend schon seit Längerem anerkannt, dass ein Verzicht auf den Justizgewährungsanspruch grundsätzlich möglich ist.134 Erfüllt er die nötigen Voraussetzungen, wird der Staat von seiner Justizgewährungsverantwortung entlastet:135 Volenti non fit iniuria – der Einzelne muss sich an seinem einmal geäußerten Willen festhalten lassen und kann sich über die in Kauf genommene Beeinträchtigung anschließend nicht mehr beschweren. Dieses Gerechtigkeitsprinzip, das hinter dem Verzicht und dessen (Entlastungs-)Wirkung steht, baut auf dem Gedanken der Selbstbestimmung, der Autonomie auf.136 Erklärt sich der Einzelne mit dem Abschluss der Streitbeilegungsklauseln gegenüber einem anderen einverstanden, sein Recht zukünftig nicht vor den objektiv zuständigen Gerichten nach dem objektiv anwendbaren Recht geltend zu machen, sondern vor dem gewählten forum nach dem gewählten Recht, liegt darin somit nicht nur – wie bisher negativ betrachtet – ein Schritt zur Verkürzung seiner Grundrechtsgarantien, sondern zugleich – positiv – ein Ausdruck seiner Autonomie bzw. im hiesigen Kontext präziser: seiner Parteiau133 Siehe nur EKMR – R v. Switzerland, 4.3.1987, n° 10881/84, Abs. 7 der rechtlichen Würdigung sowie die Schlussanträge der GA Kokott zu Duarte Hueros (Rs. C-32/12) v. 28.2.2013, Rn. 53: „Das Recht auf effektiven Rechtsschutz beinhaltet auch die Befugnis, seine Rechte eben nicht geltend zu machen.“ Ähnlich gerade auch im Kontext mit GStKl und SchKl Geimer, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, in: Schlosser, Integritätsprobleme (1994), 113, 152. 134 Deutlich aus der EuGH-Rspr. v. a. Melloni, 26.2.2013, Rs. C-399/11, Rn. 49 (wenn auch zu einem Strafrechtsfall); Ansätze aber auch schon in Testa, 19.6.1980, Rs. C-41/79 u. a., Rn. 17 ff. (dort zum Verzicht auf das Eigentumsrecht); aus der umfangreichen EGMR-Rspr. insb. Deweer v. Belgium, 27.2.1980, n° 6903/75, Rn. 49; Suovaniemi and Others v. Finland, 23.2.1999, n° 31737/96, Abs. 4 ff. der rechtlichen Würdigung („established case-law“) sowie Aždajić v. Slovenia, 8.10.2015, n° 71872/12, Rn. 51 m. w. N. Die Literatur beschäftigt sich mit dem Verzicht auf der europ. Ebene zumeist nur kurz (wenn überhaupt), vgl. z. B. Ehlers, Allgm. Lehren der EMRK, in: ders., Europ. Grundrechte und Grundfreiheiten (2014), § 2 Rn. 69 (EMRK), § 14 Rn. 98 (GRCh); Grabenwarter/Pabel, EMRK (2021), § 18 Rn. 37 f., § 24 Rn. 43 und H. Jarass, GRCh (2021), Art. 52 Rn. 18; vertiefend v. a. die vier Beiträge von Aall für das NJHR 2010/11 (vgl. die nachfolgenden Fn.) sowie De Schutter, Waiver of Rights, NILQ 2000, 481 ff. Für eine Abgrenzung zur bloßen Nichtausübung bzw. negativen Grundrechtsdimension Ahammer, Der Grundrechtsverzicht als dogmatische Kategorie (2017), S. 79 ff., die dort allerdings v. a. auf das dt. Verfassungsrecht blickt. 135 Generell Aall, Waiver of Human Rights, NJHR 2010, 300, 305 und De Schutter (vorige Fn.), 482, 484 ff. Zur unsicheren rechtsdogmatischen Einordnung des Verzichts und seinen Folgen bereits am Anfang von II.1. 136 Wichtig zu diesen Hintergründen Ohly, „Volenti non fit iniuria“ (2002), S. 63 ff. m. w. N.
II. Gefährdungsstufen und Verzichtsvoraussetzungen
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tonomie.137 Vieles spricht dafür, diese trotz der fehlenden Nennung in EMRK und GRCh auch auf der europäischen Ebene für grundrechtlich geschützt zu halten.138 Jedenfalls aber bildet das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen im modernen Rechtsstaat ein wichtiges Leitmotiv,139 weshalb entsprechende Einschränkungen zumindest erklärungsbedürftig sind. Streitbeilegungsklauseln sollten daher – vom Grundsatz her – vor den mitgliedstaatlichen Gerichten Bestand haben;140 das jedoch auch nur, sofern sie tatsächlich auf einer parteiautonomen Entscheidung beruhen. Wird dem Einzelnen die „Wahl“ dagegen z. B. von seinem Vertragspartner diktiert, herrscht in Wahrheit Fremd- statt Selbstbestimmung,141 auch wenn sich die Grenze hierzwischen sicherlich nicht leicht ziehen lässt (dazu noch sogleich). Ist sie aber überschritten, entfällt mit dem Willen nicht nur die Legitimation für die vertragliche Bindungswirkung der Streitbeile137 Vgl. Aall, Waiver of Procedural Rights, NJHR 2011, 206, 207: „exercise of self-determination“. Zu dieser Ambivalenz auch u. a. Meder, Ius non scriptum (2009), S. 242. Der Begriff der Parteiautonomie setzt sich auch bzgl. der Forumswahl allmählich durch, siehe dazu Kap. 5 mit Fn. 4. 138 Bzgl. der Rechtswahl v. a. Kroll-Ludwigs, Die Rolle der Parteiautonomie (2013), S. 211 ff., 241 ff., 273 ff. und Lüttringhaus, Vertragsfreiheit (2018), S. 93 ff.; generell für die Vertragsfreiheit Wendland, Vertragsfreiheit und Vertragsgerechtigkeit (2019), S. 30 ff., alle mit zahlreichen weiteren Nachweisen, auch zu den Gegenstimmen. Die grundrechtliche Absicherung der Forumswahl wird dagegen seltener thematisiert, dafür z. B. Abendroth, Parteiautonome Zuständigkeitsbegründung (2016), S. 32. Für sie müsste aber Gleiches gelten, vgl. Mills, Party Autonomy (2018), S. 66 ff.; Ramos Muñoz, Fundamental Rights and Private Law, in: Heiderhoff/Lohsse/Schulze, EU-Grundrechte und Privatrecht (2016), 227, 241 ff. sowie schon Kap. 1, IV. 139 Für die dt. Rechtsordnung v. a. Bumke, Autonomie im Recht, in: ders./Röthel, Autonomie im Recht (2017), 3, 6; für die Unionsrechtsordnung Lüttringhaus (vorige Fn.), 56 ff.; allgm. für jede aufgeklärte Rechtsordnung Lindner, Fremdbestimmung durch Selbstbestimmung, AöR 140 (2015), 542, 552. Auch der EGMR und EuGH scheinen von der Existenz eines solchen Rechts oder wenigstens Leitprinzips auszugehen, siehe insb. EuGH – Anterist, 24.6.1986, Rs. 22/85, Rn. 14, sowie EKMR – Axelsson and Others v. Sweden, 13.7.1990, n° 11960/86, Abs. 6 der rechtlichen Würdigung: „The Commission notes that insofar as arbitration is based on agreements between the parties to the dispute, it is a natural consequence of their right to regulate their mutual relations as they see fit“ [Hervorhebung hinzugefügt]. 140 Zur Privatautonomie als Optimierungsgebot insb. Riesenhuber, Privatautonomie, ZfPW 2018, 352, 354 ff. Dafür spricht außerdem auch das Ziel der Rechtssicherheit, vgl. in Kap. 1 v. a. den Abschnitt III. 141 Zumindest, wenn man die Parteiautonomie nicht rein formal, sondern auch material versteht. Statt vieler nur Canaris, Wandlung des Schuldvertragsrechts, AcP 200 (2000), 273, 321 (zur Privatautonomie); Geimer, Verfassung, Völkerrecht und IZVR, ZfRV 1992, 321, 330 f. mit der (sehr langen) Fn. 85 und Wagner, Prozessverträge (1998), S. 93 f., 127 ff. Wichtig auch Wendland, Vertragsfreiheit und Vertragsgerechtigkeit (2019), insb. S. 376, der zu Recht betont, dass ein Eingriff selbst in die formale Vertragsfreiheit letztlich nur dann vorliegt, wenn „der Vertrag tatsächlich Ausdruck eigenverantwortlicher Selbstbestimmung und nicht heteronomer Fremdbestimmung ist“ [dortige Hervorhebung]. Vgl. auch gleich noch Fn. 155.
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Siebtes Kapitel: Kohärenz der Kontrolle
gungsklauseln, sondern auch für die Verkürzung der Grundrechtsgarantien (volenti (!) non fit inuria).142 Angesichts dessen ist es nur folgerichtig, dass die Wirksamkeit des Verzichts nach der EGMR- und EuGH-Rechtsprechung insbesondere von dessen Freiwilligkeit abhängt. Die Entscheidung dafür muss aus freien Stücken getroffen sein und darf nicht auf fremdem Zwang beruhen.143 Erfolgt der Verzicht auf der Basis von AGB, zeichnen sich hier Probleme ab. Schließlich kennzeichnet diese erstens ihre faktische Alternativlosigkeit (sog. Take-it-or-leave-it-Charakter). Um die mit der Standardisierung einhergehenden Vorteile nicht zu verlieren, ist der Klauselverwender in der Regel nicht bereit, seine AGB und damit auch seine Streitbeilegungsklauseln zu ändern oder gar zu streichen. Der Klauselgegner hat daher letztendlich keine andere Wahl als ihnen zuzustimmen, wenn er den Vertragsschluss insgesamt erreichen will. Zumal für ihn auf dem (disfunktionalen) Markt auch nicht unbedingt bessere Bedingungen zu finden sind.144 Oft fallen ihm die entsprechenden Regelungen zweitens ohnehin nicht auf, weil er die AGB entweder (rationalerweise) gar nicht erst liest oder nur auf die für den Preis bzw. den Hauptvertrag maßgeblichen Klauseln achtet. Und selbst wenn er die Rechtsund/oder Forumswahl ausnahmsweise doch entdecken sollte oder besonders auf sie hingewiesen wird, erschließt sich ihm deren Bedeutung häufig erst, wenn es 142 Diese Parallele deutet sich auch u. a. schon bei Ohly, „Volenti non fit iniuria“ (2002), S. 63, an. Zum Willen als Legitimation der Verzichtswirkung bereits eingangs, zur Legitimation für die Vertragsbindung generell Riesenhuber, Privatautonomie, ZfPW 2018, 352, 358 und M.-P. Weller, Die Vertragstreue (2009), v. a. S. 67 ff.; im Kontext mit der Klauselkontrolle Wendland (vorige Fn.), insb. S. 374 f. Zum trotzdem teils angenommenen Eingriff in die Vertragsfreiheit des Klauselverwenders nur kurz unten in Fn. 155. Die grundrechtlichen Details können hier nicht alle vertieft werden, weshalb sich auf den Justizgewährungsanspruch konzentriert wurde, der hier den Vergleichsmaßstab für die Kontrolle bildet (s.o. a. E. der Kap. einl.). 143 So schon EKMR – X c. Allemagne, 5.3.1962, n° 1197/61, Abs. 7 der rechtlichen Würdigung, seitdem ständige Rspr. (vgl. schon Fn. 134), wichtig aus jüngerer Zeit auch v. a. EGMR – Mutu and Pechstein v. Switzerland, 2.10.2018, n° 40575/10 u. a., Rn. 96, 100 ff. (dazu sogleich). Vgl. aus der EuGH-Rspr. insb. Melloni, 26.2.2013, Rs. C-399/11, Rn. 49 und Schwarz, 17.10.2013, Rs. C-291/12, Rn. 32. Aus dem Schrifttum Aall, Conclusions, NJHR 2011, 279, 282 („conditions sine qua non“ [dort kursiv]); Briggs, Civil Jurisdiction and Judgments (2015), S. 18; Ehlers, Allgm. Lehre der Unionsgrundrechte, in: ders., Europ. Grundrechte und Grundfreiheiten (2014), § 14 Rn. 98 und P. Hermann, Freiwilligkeit von Schiedsvereinbarungen in der Sportgerichtsbarkeit, SchiedsVZ 2014, 66 ff. 144 Ob die Möglichkeit des Nichtabschlusses reicht, um ihm eine „echte“ Wahl zu lassen, ist umstritten. Vgl. schon Kap. 2, I.2., hierzu im grundrechtlichen Kontext gleich. Besonders kritisch z. B. Wendland, Vertragsfreiheit und Vertragsgerechtigkeit (2019), S. 322: „Das geringe Maß an eigenverantwortlicher Selbstbestimmung des Verwendungsgegners, das bisweilen bis auf jenes Minimum an Freiheitssubstrat reduziert ist, bei dem der Begriff der Vertragsfreiheit überhaupt noch substanzielle Bedeutung hat, ist das zentrale Problem des AGB-Rechts.“
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später tatsächlich zu einem Streit kommt.145 Freiwilligkeit setzt aber stets eine gewisse Informiertheit voraus. Sind dem Einzelnen die Folgen seiner Entscheidung nicht bewusst, lässt sich diese kaum als parteiautonom bezeichnen.146 Der Begriff des informed consent ist zwar vor allem aus dem Medizin- und Datenschutzrecht bekannt, wird aber auch für weitere Grundrechtsverzichte relevant.147 Nun ist allerdings generell nach wie vor unklar, welcher Informationsstand genau gegeben und welche Bedingungen sonst noch erfüllt sein müssen, damit von einer wirklich freien, ausreichend bewussten Entscheidung die Rede sein kann. Die Rechtswissenschaft streitet hierüber seit Jahren und ist noch zu keinem Ergebnis gekommen (und wird es voraussichtlich auch nie).148 Die Gerichte sind sich ebenfalls uneins, wie in den letzten Jahren z. B. nachdrücklich im Sportrechtsbereich der Fall der Eisschnellläuferin Claudia Pechstein gezeigt hat. Während das LG München deren Zustimmung zur Schiedsklausel des entsprechenden Weltverbandes 2014 noch für unwirksam erklärt hatte, da ihr faktisch keine andere Wahl geblieben war,149 sieht der BGH deshalb 2016 zwar ebenfalls 145 Ausführlich hierzu v. a. bereits in Kap. 2., am Rande aber auch an verschiedenen Stellen im zweiten Teil. 146 Siehe nur Bumke, Privatautonomie, in: ders./Röthel, Autonomie im Recht (2017), 69, 86: „Wissen bildet heute eine weitgehend konsentierte Voraussetzung für autonomes Entscheiden.“ Vgl. auch noch die nachfolgende Fn. 147 Klar in dem Sinne v. a. EGMR – D.H. and Others v. the Czech Republic, 13.11.2007, n° 57325/00, Rn. 202: „[…] the waiver of a right guaranteed by the Convention […] must […] be given in full knowledge of the facts, that is to say on the basis of informed consent“ (dort zur Einwilligung in eine diskriminierende Behandlung) und Thompson, 15.6.2004, n° 36256/97, Rn. 44 f.: „[…] the applicant was a layman not in a position to evaluate his legal position […] or, consequently, the options to be pursued by him […]. Accordingly […] the circumstances surrounding any waiver by the applicant deprived it of any validity […]“ (in einem Strafrechtsfall). Aus dem Schrifttum Aall, Waiver of Human Rights, NJHR 2010, 300, insb. 353 ff.; Caflisch, Waivers in Int. and European Human Rights Law, FS Reisman, 407, 429; De Schutter, Waiver of Rights, NILQ 2000, 481, 491; H. Jarass, EU-Grundrechte und Privatrecht, in: Heiderhoff/Lohsse/Schulze, EU-Grundrechte und Privatrecht (2016), 31, 52; Schultz, Human Rights: A Speed Bump for Arbitral Procedures?, in: Besson/Hottelier/Werro, Human Rights (2006), 37, 61 ff. Im Medizin- und Datenschutzrecht ist oft nicht von Verzicht, sondern Einwilligung die Rede; nach Ahammer, Der Grundrechtsverzicht als dogmatische Kategorie (2017), S. 48 f., besteht hier aber generell kein Unterschied. 148 Zur Diskussion im dt. Verfassungs- und Privatrecht statt vieler Schmolke, Grenzen der Selbstbindung im Privatrecht (2014), insb. S. 5, 64 ff., S. 77 ff. m. w. N.; allgemeiner auch der von Bumke/Röthel hrsg. Sammelband „Autonomie im Recht“ (2017), mit Beiträgen zur Diskussion in verschiedenen Rechtsbereichen, siehe dort insb. auch den einleitenden Überblick von Bumke (vgl. Fn. 139), in dem dieser u. a. die starke Wandelbarkeit des herrschenden Autonomieverständnisses betont, das daher immer wieder zu überprüfen sei (a.a.O., S. 8 f.). 149 LG München, 26.2.2014, jurisRn. 90 ff., insb. unter Verweis auf Art. 6 EMRK (jurisRn. 111 ff.), das die Klage aber trotzdem – zweifelhafterweise – abweist, da Pechstein mit dem Einwand präkludiert sei (insb. jurisRn. 131 ff.). Das Urt. hat eine wahre Flut an Besprechungen
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eine Fremdbestimmung, hält den Verzicht nach einer Interessenabwägung aber trotzdem noch für freiwillig.150 Der EGMR wiederum, der von Pechstein wegen einer bereits vorher ergangenen Entscheidung des Schweizer Bundesgerichts angerufen worden war, erkennt in dem Fall 2018 „un arbitrage «forc黓151, eine Zwangsschiedsgerichtsbarkeit. Die Zustimmung zur Schiedsklausel sei für Pechstein die einzige Möglichkeit gewesen, ihren Lebensunterhalt mit einer Tätigkeit als Profi zu bestreiten, weshalb ihre „Wahl“ nicht mehr als frei zu betrachten sei.152 Insgesamt legt der EGMR die grundrechtliche „Toleranzschwelle“ in dem Urteil allerdings recht hoch. So betont er bezüglich des zweiten Beschwerdeführers, dem Fußballspieler Adrian Mutu, dass dieser nicht nachgewiesen habe, dass er bei keinem anderen, „möglicherweise mit bescheideneren finanziellen Mitteln ausgestattet[en]“ Verein einen Vertrag auch ohne Schiedsklausel hätte unterschreiben können.153 Für den EGMR reicht damit der Umstand, dass der gewählte Vertragspartner seine AGB nicht zur Disposition stellt, allein nicht aus, um die nötige Freiwilligkeit zu verneinen. Der Nichtabschluss muss für den Klauselgegner vielmehr mit gravierenden Nachteilen – wie etwa bei Pechstein dem faktischen Berufsverbot – verbunden sein, bloße finanzielle Einbußen genügen nicht.154 und Aufsätzen ausgelöst. Siehe unter ihnen z. B. Niedermaier, Schiedsvereinbarungen im Bereich des organisierten Sports, SchiedsVZ 2014, 280. 150 BGH, 7.6.2016, jurisRn. 53 ff. (zum dt. Verfassungsrecht), 64 ff. (zur EMRK). Kritisch u. a. C. Wolf/Eslami, Sport(zwangs-)schiedsgerichtsbarkeit, FS Geimer 2017, 807, 816 ff., m. w. N. 151 EGMR – Mutu and Pechstein v. Switzerland, 2.10.2018, n° 40575/10 u. a., Rn. 115, inzwischen auch auf Engl. veröffentlicht, zunächst nur in der frz. Originalfassung, für eine redaktionelle, z.T. allerdings ungenaue dt. Übersetzung siehe BeckRS 2018, 23523. 152 EGMR – Mutu and Pechstein v. Switzerland (vorige Fn.), insb. Rn. 113 ff. 153 EGMR – Mutu and Pechstein v. Switzerland, 2.10.2018, n° 40575/10 u. a., Rn. 119 f., Zitat nach BeckRS 2018, 23523 (vgl. Fn. 151). Der EGMR hält seinen Verzicht allerdings nicht für ausreichend „eindeutig“, da sich Mutu später im Schiedsverfahren gegen die Berufung des von der Gegenseite benannten Schiedsrichters gewehrt hatte, den er für nicht unabhängig und unparteiisch hielt. Inwiefern dieses Verhalten überhaupt auf die Wirksamkeit des Verzichts zurückwirken soll, bleibt indessen unklar. Auch das Verhältnis zur Vssn. der Freiwilligkeit ist ungewiss. Denn der EGMR betont bzgl. der Eindeutigkeit, dass der Einzelne auf sein Recht „wissentlich“ habe verzichten müssen, das aber ist gerade Teil des informed consent. Generell zur fehlenden Kohärenz bzw. Dogmatik der EGMR-Rspr. bzgl. des Verzichts schon De Schutter, Waiver of Rights, NILQ 2000, 481, 481. 154 Ähnlicher Eindruck bei Blandfort in seiner Anm. in der SchiedsVZ 2019, 120, 122, 125. Darauf deuten auch schon frühere Entsch. aus dem Bereich der Handelsschiedsgerichtsbarkeit hin, auf die der EGMR in Mutu and Pechstein ebenfalls verweist (vgl. dort Rn. 104 ff.), die sich selbst aber noch nicht derart klar zur nötigen Freiwilligkeit positionierten. Nach dem EGMR in Mutu and Pechstein hätten die Beschwerdeführer dort noch stets die Wahl gehabt, den Vertrag
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Unterhalb dieser absoluten Grenze, bei deren Überschreitung dem Verzicht – und damit den ihn verkörpernden Streitbeilegungsklauseln – in jedem Fall die Anerkennung zu versagen ist, dürfte freilich klar sein, dass der Staat auch ein höheres Maß an Informiertheit und Entscheidungsfreiheit fordern kann. Zwar ist er hierzu zumindest nach der Rechtsprechung des EGMR nicht verpflichtet, ihm steht aber gerade als Gesetzgeber durchaus ein weiter Gestaltungsspielraum zu.155 Und auch die mitgliedstaatlichen Gerichte bewegen sich bei der Kontrolle selten entlang grundrechtlich klar fixierter Linien, sondern eher innerhalb eines gewissen Rahmens oder Korridors, der vom Justizgewährungsanspruch, aber auch von anderen subjektiven Rechten und öffentlichen Interessen gezogen wird.156 Blickt man wie hier nur auf ersteren und nicht auf das gesamte Spannungsfeld,157 erscheint es stimmig, die entsprechenden Vorgaben vor allem von der Intensität des Verzichts abhängig zu machen: Je stärker die resultierende Be-
bzw. die SchKl nicht abzuschließen, ohne deshalb ihre Berufstätigkeit aufgeben zu müssen. Entsch. aus dem b2c-Bereich fehlen bislang. 155 Für das dt. Verfassungsrecht deutlich z. B. BVerfG, 23.10.2013, insb. Rn. 70: „Der Gesetzgeber ist nicht daran gehindert, […] spezielle Schutzmechanismen einzuführen, auch wenn er hierzu nicht aufgrund des Eingreifens grundrechtlicher Schutzpflichten angehalten sein mag.“ Ihm komme dabei ein weiter Spielraum zu (a. a. O.). Das liegt zum einen daran, dass sowohl Justizgewährungsanspruch als auch die Vertragsfreiheit normgeprägte Grundrechte sind (vgl. nur Riesenhuber, Privatautonomie, ZfPW 2018, 352, 356 f.; Schmehl, Parallelverfahren und Justizgewährung (2011), S. 221, 262 f. m. w. N.). Zum anderen kollidieren im Privatrechtsbereich oftmals verschiedene Interessen und Grundrechte miteinander, die im Sinne praktischer Konkordanz zu einem möglichst schonenden Ausgleich gebracht werden müssen. Hierbei gibt es nur selten die eine richtige Lösung, was dem Gesetzgeber besonders auch mit Blick auf das Demokratieprinzip jenen Spielraum verleiht, siehe insb. Lübbe-Wolff, Der Grundrechtsschutz nach der EMRK bei konfligierenden Individualrechten, Kolloquium Murswiek 2010, 193 ff., insb. 203 f.; Masing, Vielfalt nat. Grundrechtsschutzes, FS Krämer 2009, 61, 71 ff. und Hoffmann-Riem, Kontrolldichte und Kontrollfolgen bei mehrpoligen Rechtsverhältnissen, EuGRZ 2006, 491, 496 ff., der dort auch auf die Problematik eingeht, dass vor dem EGMR bei mehrpoligen Grundrechtsverhältnissen i.d.R. nur eine der Parteien sowie der jeweilige Staat beteiligt sind. Gerade die Kontrolle von AGB wird oft als ein solches Bürger-Bürger-Staat-Dreieck konstruiert, wo die gerichtliche Kontrolle bzw. Nichtanerkennung des Vertrags als Eingriff in die Vertragsfreiheit des Klauselverwenders (und die formale des Klauselgegners) eingeordnet wird, der wegen der Schutzpflicht des Staats aber gerechtfertigt werden kann. Hierzu im nat. Kontext u. a. Miethaner, AGB-Kontrolle (2010), v. a. S. 32 ff. und Wendland, Vertragsfreiheit und Vertragsgerechtigkeit (2019), S. 363 ff., jeweils m. w. N. Letzterer zeigt sich zu Recht allerdings skeptisch, ob bei AGB tatsächlich noch von formaler Vertragsfreiheit die Rede sein kann (insb. S. 376 f., vgl. auch schon oben Fn. 141 und 144). Die Fragen können hier angesichts des begrenzten Ziels – einen Maßstab für den Vergleich der Kontrolle zu entwickeln – nicht weiter vertieft werden. 156 Vgl. schon Fn. 155, mit diesen Metaphern v. a. Lübbe-Wolff (vorige Fn.), 199 mit Fn. 6. 157 Zu dieser Einschränkung auch schon oben zu Beginn des Kap.
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einträchtigung des Justizgewährungsanspruchs, desto größer muss auch deren Legitimation und damit das Maß an gezeigter Parteiautonomie sein.158 5. Folgerungen für die Kontrolle und weitere Verzichtsvoraussetzungen AGB, die noch dazu zeitlich oft deutlich vor dem Entstehen der Streitigkeit vereinbart werden, verkörpern ein relativ geringes Maß der Legitimation. Die Entscheidungsfreiheit ist aufgrund des Take-it-or-leave-it-Charakters verwässert, die Zustimmung infolge der rationalen Apathie nur „potentially informed“. Vorgaben wie eine separate Unterschrift oder ein spezifischer Hinweis gerade auf die Streitbeilegungsklauseln können das verbessern; eine Beschränkung auf nachträgliche und individuelle Vereinbarungen die Entscheidungsfreiheit und Informiertheit zusätzlich stärken.159 Sie sind daher nach der soeben aufgestellten Gleichung generell eher bei einer hohen Verzichtsintensität als bei einer geringen Beeinträchtigung angebracht. Wie intensiv der Verzicht ausfällt, hängt letztendlich von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls, insbesondere von der konkreten Wahl ab. So trifft z. B. einen deutschen Verbraucher die Wahl des italienischen Rechts oder des Gerichtsorts Palermo im Zweifel härter als eine Rechtswahl- oder Gerichtsstandsklausel zugunsten des österreichischen Rechts und des Gerichtsorts Wien. Hier fällt nämlich – trotz der ausländischen Rechts- und Forumswahl – immerhin die Sprachbarriere weg, zudem ist die Anreise bzw. die Suche nach einem kundigen Rechtsbeistand wahrscheinlich leichter. Bei einem Unternehmer als Klauselgegner geht es wiederum oftmals um höhere Streitwerte als im klassischen
zur Kontrolle von SchKl Longrée/Wedel, Die Entsch. über die Einrede der Schiedsvereinbarung, SchiedsVZ 2016, 237, 239. Konstruiert man die Kontrolle als Eingriff in die Vertragsfreiheit bzw. Parteiautonomie des Klauselverwenders zum Schutz des Klauselgegners (vgl. Fn. 155), lässt sich insofern auch auf das „Abwägungsgesetz“ von Alexy, Theorie der Grundrechte (1986), insb. S. 146, verweisen. In die Richtung, jedoch ohne den expliziten Bezug Hammer, Das Prinzip der Freiwilligkeit als Fundamentalgrundsatz der privaten Schiedsgerichtsbarkeit, FS Geimer 2017, 168, 173 f., der dadurch i.E. zur fast derselben Gleichung kommt wie hier (unklar dann allerdings später S. 174 ff., wo er den Maßstab anscheinend wieder ändert). 159 Ist die Streitigkeit bereits entstanden, stehen dem Klauselgegner die Folgen seines Verzichts klarer vor Augen, weshalb die Entsch. für die Streitbeilegungsklauseln informierter und damit auch (partei-)autonomer ist. Zudem ist der Klauselgegner i.d.R. auf den Abschluss nicht mehr angewiesen, um die erwünschte hauptvertragliche Leistung zu erhalten (dazu auch schon in Kap. 5, unter III.2.a)). Ein spezifischer Hinweis auf die Streitbeilegungsklauseln erhöht ebenfalls die Aufmerksamkeit und lenkt damit wenigstens den Blick darauf, dass eine entsprechende Wahl erfolgt. Gleiches gilt in noch stärkerem Maße für eine separate Unterschrift. Zu den entsprechenden einfachrechtlichen Lösungen noch unter III. sowie in Kap. 9. 158 Ähnlich
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b2c-Bereich, weshalb sich der Aufwand etwa für die Ermittlung des anwendbaren Sach- und Prozessrechts eher lohnen kann.160 Für die Bewertung der Kohärenz der aktuellen Rechtslage und Kontrollpraxis hilft eine solche Einzelfallbetrachtung allerdings kaum weiter. In den Abschnitten 1.–3. wurde deshalb bereits ein Modell entwickelt, das Rechtswahl-, Gerichtsstands- und Schiedsklauseln je nach Gefährdungspotenzial für die Erfüllung des Justizgewährungsanspruchs verschiedenen Stufen zuordnet. Folgt man dessen Typisierung, ergeben sich immerhin einige, wenn auch sicherlich grobe, generelle Orientierungspunkte. So stehen z. B. Schiedsklauseln nach dem Modell auf der höchsten Stufe und stellen dementsprechend einen besonders intensiven Verzicht dar. Bei ihnen sollte folglich das Maß an gezeigter Parteiautonomie größer sein als bei Gerichtsstands- und Rechtswahlklauseln, die auf niedrigeren Stufen stehen. Die Anforderungen an den Verzicht und damit die Kontrolle muss bei Schiedsklauseln demnach strenger ausfallen als bei Gerichtsstandsklauseln und bei diesen wiederum strenger als bei Rechtswahlklauseln. Der folgende Abschnitt untersucht, inwiefern das de lege lata bzw. nach der im zweiten Teil betrachteten deutschen Kontrollpraxis bereits jetzt der Fall ist. Fehlt es in einem bestimmten Bereich an einer gesetzlichen Kontrollvorgabe oder deren Konkretisierung durch die Rechtsprechung, wird überlegt, inwiefern sich die für die anderen Klauseltypen vertretenen Lösungen übertragen lassen. Es können hier allerdings nicht sämtliche Beobachtungen und Erkenntnisse des zweiten Teils erneut, wenn auch aus anderer Perspektive, erörtert werden. Der folgende Vergleich konzentriert sich daher auf einige ausgewählte, als besonders wichtig erscheinende Kontrollaspekte. Zuvor soll indes nicht unerwähnt bleiben, dass die Wirksamkeit des Verzichts noch von weiteren Voraussetzungen wie insbesondere der Wahrung des grundrechtlichen Wesensgehalts abhängt. Da sie jedoch für jede Art und Form des Verzichts gleichermaßen gelten, lässt sich aus ihnen für die Bewertung der Kohärenz schlussendlich kaum etwas ableiten, weshalb sie hier auch nicht näher zu betrachten sind.161 Gerade der Wesensgehalt bildet eine absolute Grenze, die 160
Zugleich ist zumindest ein Unternehmer, der häufiger grenzüberschreitende Verträge schließt, stärker mit der Bedeutung von RwKl, GStKl und SchKl vertraut, weshalb seine Zustimmung eher als Ausdruck eines informed consent gewertet werden kann. Näheres zu dieser Fallgruppe und dem Schutzbedarf noch in Kap. 9. 161 Mit einer Zusammenfassung der Vssn. z. B. EGMR – Aždajić v. Slovenia, 8.10.2015, n° 71872/12, Rn. 51 und Aall, Waiver of Procedural Rights, NJHR 2011, 206 ff. Weder die dort genannte Grenze der „public interest[s]“ noch der „minimum safeguards commensurate with its importance“ sind vom EGMR allerdings bisher zum Anlass genommen worden, einen Verzicht für unwirksam zu erklären. Was sich hinter der zweiten Vssn. genau verbirgt, ist letztendlich unklar. So nennt etwa Petrochilos, Procedural Law in Int. Arbitration (2004), Rn. 4.14, als Bsp. das Schriftformerfordernis bei SchKl, während der EGMR selbst u. a. in Tabbane stattdes-
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sowohl bei der Rechts-, Gerichtsstands- als auch der Schiedswahl zu beachten ist, unabhängig davon, ob diese nun individuell oder unter der Verwendung von AGB getroffen wird.162
III. Kontrollvergleich Der folgende Vergleich baut auf den Ausführungen, insbesondere den Bestandsaufnahmen zur aktuellen Kontrolle von internationalen Rechtswahl-, Gerichtsstands- und Schiedsklauseln aus dem zweiten Teil der Arbeit auf und folgt im Wesentlichen dem dortigen Aufbau. So wird analog zum Abschnitt IV. der Kapitel 4 bis 6 zuerst untersucht, ob sich bezüglich der Einbeziehungskontrolle Unterschiede feststellen lassen, die der gerade aufgestellten Gleichung bzw. dem Stufenmodell entsprechen und damit kohärent erscheinen (1.). Da die Einbeziehungskontrolle aber genauso wie die anderen Kontrollinstrumente der Inhaltskontrolle (2.), des Überraschungsverbots (3.) oder der Transparenzkontrolle (4.) nicht völlig isoliert operiert, sondern von diesen und weiteren gesetzlichen Vorgaben ergänzt bzw. teils sogar ersetzt wird, muss abschließend noch ein Blick auf die Kontrolle insgesamt geworfen werden (5.). 1. Strengere Einbeziehungskontrolle von Forumswahlklauseln Das Kontrollinstrument der Einbeziehungskontrolle soll sicherstellen, dass der Klauselgegner nur an solche (fremden) AGB gebunden wird, die er vor seiner generellen Zustimmung zum Vertragsschluss bemerkt hat oder hätte bemerken können.163 Sie trägt damit immerhin zur Sicherung eines potentially informed sen Aspekte in den Blick nimmt, die erst nach dem Abschluss der SchKl und damit nach dem Verzichtszeitpunkt liegen (Tabbane c. la Suisse, 24.3.2016, n° 41069/12, Rn. 31). Auch in Mutu and Pechstein v. Switzerland, 2.10.2018, n° 40575/10 u. a., Rn.121 f., wird in Bezug auf die Vssn. der Eindeutigkeit auf das spätere Verhalten des Betroffenen abgestellt. Wie diese Eindeutigkeit wiederum vom informed consent abzugrenzen ist, bleibt ebenfalls noch ungewiss. Insgesamt besteht damit wenig Klarheit, s.o. auch schon Fn. 153. 162 Er dürfte bei Streitbeilegungsklauseln allerdings nur in krassen Ausnahmefällen betroffen sein. Geimer, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, in: Schlosser, Integritätsprobleme (1994), 113, 152, 159, 187 f., nennt als Bsp. etwa die Wahl von Gerichten aus Kriegsgebieten, wo das Justizsystem komplett zusammengebrochen ist, oder von Schiedsgerichten, die die Annahme der Klage bereits verweigert haben, weshalb ein zukünftiger Schiedsspruch als Grundlage für eine staatliche Rechtsdurchsetzung ausscheidet. Generell zum Wesensgehalt des Justizgewährungsanspruchs sowie zu den Prognoseschwierigkeiten im Einredestadium Kiestra, The Impact of the ECHR on PIL (2014), insb. S. 110 ff., 250 ff. 163 Zur entsprechenden Vorgabe in den meisten nat. AGB-Rechtsordnungen schon in Kap. 4, eingangs unter IV.2. sowie speziell mit Blick auf RwKl auch noch unter IV.2.b).
III. Kontrollvergleich
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consent bei, wenngleich das Maß an gezeigter Parteiautonomie gerade bei einer rein konkludenten Annahme, ohne spezifische Inbezugnahme der fraglichen Klauseln oder auch nur deren vorherige Lektüre, relativ schwach bleibt.164 Zumindest bei Rechtswahlklauseln reicht das für die Einbeziehung im Untersuchungszeitraum allerdings aus. So wird sie in der analysierten Rechtsprechung insgesamt nur zweimal verneint: Einmal, weil unklar war, welche AGB in den Vertrag einbezogen werden sollten,165 und einmal, weil die angeblich erforderliche spezifische Unterschrift nicht geleistet worden war. Das LG Duisburg beruft sich hierfür 1996, also in einer vergleichsweise alten Entscheidung, auf das italienische AGB-Recht, das in Wirklichkeit aber – anders als vom LG angenommen – zumindest für diesen Klauseltyp gar keine solche Unterschrift verlangt.166 Alle übrigen Entscheidungen bejahen die Einbeziehung der kontrollierten Rechtswahlklauseln, ohne sie von der Einhaltung dieser oder einer anderen besonderen Form abhängig zu machen. Auf Grundlage des in den meisten von ihnen herangezogenen deutschen AGB-Rechts wird stattdessen lediglich ein allgemeiner Hinweis auf die Geltung der AGB sowie die Möglichkeit zu deren rechtzeitiger Kenntnisnahme vor der gegebenenfalls auch konkludenten oder mündlichen Zustimmung vorausgesetzt. Zumindest im b2b-Bereich ist hierfür im Grunde auch keine vorherige Übermittlung der AGB erforderlich, den Klauselgegner trifft umgekehrt eine Erkundigungsobliegenheit.167 164
Dazu auch soeben schon unter II.4. Besonders kritisch ist hier etwa die Rspr. des EuGH aus El Majdoub zu sehen, wonach selbst Click-Wrap-Agreements für die Einbeziehung von GStKl ausreichen sollen, vgl. Kap. 5, IV.2.d), näher auch noch Kap. 9. Zur Steigerung des Maßes insb. über besondere Formerfordernisse gleich. 165 Siehe LG Baden-Baden, 27.10.2020, BeckRS 2020, 31121, Rn. 28 f., RwKl zudem intransparent. 166 Vgl. Art. 1341 Abs. 2 Codice Civile, der nur für GStKl und SchKl eine solche besondere Form aufstellt, wonach die Klauseln separat zu unterzeichnen sind, dort aber im harmonisierten Bereich von Art. 25 Brüssel Ia-VO, Art. II NYÜ verdrängt wird (dazu gleich sowie in Kap. 5 und 6, unter IV.2.a)). Die Entsch. des LG Duisburg, 17.4.1996, BeckRS 1996, 03841, geht auf das ital. AGB-Recht nur pauschal ein und kann auch aus anderen Gründen nicht überzeugen, siehe Kap. 4, IV.2.b). In einem weiteren Fall – OLG Hamm, 25.3.2019 – scheitert die Einbeziehung an der womöglich fehlenden Übermittlung der AGB bzw. dem Widerspruch des Klauselgegners, das Gericht stützt sich hier aber nicht auf die Rom I-VO oder das nat. AGB-Recht, sondern auf das CISG, das von der vorliegenden Arbeit grdsl. nicht näher betrachtet wird. 167 Siehe die entsprechenden Ausführungen und Nachweise in Kap. 4, IV.2.b). Zusammenfassend OLG Hamm, 19.5.2015, jurisRn. 34: „Erforderlich, aber auch ausreichend ist ein ausdrücklicher und für die ausländische Partei verständlicher Hinweis auf die [AGB] des Verwenders. […] Den Text der [AGB] selbst braucht der Verwender hingegen allenfalls dann in der Verhandlungssprache oder in einer Weltsprache vorzulegen, wenn der Vertragspartner dies ausdrücklich von ihm verlangt […]. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Geschäftsbedingungen – um in den Vertrag einbezogen zu werden – dem Vertragspartner nicht mitübersandt wer-
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Siebtes Kapitel: Kohärenz der Kontrolle
Das ist bei Gerichtsstands- und Schiedsklauseln generell deutlich anders. Ihre Einbeziehung ist insbesondere an die Wahrung der Schriftform aus Art. 25 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel Ia-VO bzw. Art. II Abs. 2 NYÜ geknüpft, die das nationale Recht insofern sowohl in formeller als wohl auch in materieller Hinsicht weitgehend verdrängen.168 Die Forumswahlklauseln bzw. der Hinweis auf die sie enthaltenden AGB müssen danach entweder in einer unterschriebenen Vertragsurkunde oder in wechselseitigen, aufeinander bezogenen Schreiben enthalten sein. Dabei ist bei Schiedsklauseln schon allein wegen des Wortlauts von Art. II Abs. 2 Var. 1 NYÜ („arbitral clause in a contract or an arbitration agreement, signed by the parties“)169 klar, dass eine beiderseitige Unterschrift der Vertragsurkunde zwingend ist, während bei Gerichtsstandsklauseln hierüber derzeit noch gestritten wird. Der BGH lässt es in einer neueren Entscheidung bereits genügen, dass die Vertragsurkunde nur die Unterschrift der einen Seite trägt, sofern sich aus den Fallumständen mit Sicherheit ergibt, dass der Text auch den Willen der anderen Seite widerspiegelt.170 Die Entscheidung, die Anfang 2017 zur Parallelvorschrift aus Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 LugÜ-II erging, betrifft allerdings eine individuell getroffene Wahl. Die Rechtslage bei einseitig diktierten Gerichtsstandsklauseln bleibt daher bisher noch unklar. In der Vergangenheit haben einige Instanzgerichte hier nämlich sowohl für die Variante der gemeinsamen Vertragsurkunde als auch für die der wechselseitigen Schreiben stets eine Unterschrift beider Seiten verlangt.171 Blickt man auf das Stufenmodell, ergibt diese Auslegung der europäischen Kontrollvorschrift jedoch besonders für die zweite Variante wenig Sinn. Denn hier ist in Bezug auf Schiedsklauseln nahezu unstreitig, dass der Schriftwechsel ohne die Unterschrift auch nur irgendeiner Seite auskommt. Das liegt erneut am klaren Wortlaut von Art. II Abs. 2 NYÜ, der das Unterschrifterfordernis („signed“) lediglich auf die erste Abschlussvariante, also die der Vertragsurkunden müssen […].“ Anderes gilt nach Rspr. bei Anwendbarkeit des CISG, siehe die vorige Fn. und den zweiten Teil der Arbeit. 168 Zur Anwendung schiedsfreundlicher nat. Rechtsvorschriften i.R.v. Art. VII NYÜ allerdings noch weiter unten. Dass mit den harmonisierten Formvorschriften zugleich eine Konsens- und Einbeziehungsregelung verbunden ist, war bei GStKl eigentlich nicht mehr streitig, durch die Neufassung wird der Streit hier jedoch teilweise wieder entfacht, dazu in Kap. 5, III.3., IV.2.a). Bei SchKl finden sich insofern immer noch einige gewichtige Gegenstimmen, die die Einbeziehung weiterhin materiell allein dem nat. AGB-Recht unterstellen wollen, die Rspr. greift aber zumindest i.R.v. Art. II NYÜ vorwiegend auf diesen zurück, vgl. Kap. 6, IV.2.a). 169 Hier Hervorhebung hinzugefügt. 170 BGH, 25.1.2017, jurisRn. 27 ff. 171 Dazu in Kap. 5, IV.2.c). Für eine Darstellung des Streitstands vgl. auch BGH (vorige Fn.), jurisRn. 19 ff.
III. Kontrollvergleich
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de, bezieht. Fällt der Verzicht auf den Justizgewährungsanspruch bei Schiedsklauseln aber typischerweise intensiver aus als bei Gerichtsstandsklauseln, wäre es mit Blick (zunächst nur) auf die Einbeziehung kohärent, diese bei ersteren von strengeren Anforderungen abhängig zu machen als bei letzteren und ein höheres Maß an gezeigter Parteiautonomie zu verlangen.172 Die Vereinbarung von Schiedsklauseln müsste demnach also eigentlich stets eine beiderseitige Unterschrift erfordern – falls technisch möglich, auch in der Variante der wechselseitigen Schreiben.173 Art. 25 Abs. 1 S. 3 lit. a Brüssel Ia-VO, Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 LugÜ-II wiederum müssten kohärenterweise so ausgelegt werden, dass mit der Schriftform generell kein Unterschriftserfordernis, sondern lediglich die Notwendigkeit der textlichen Fixierung verbunden ist.174 Das passt dann – wie gesagt nur unter Kohärenzgesichtspunkten, zum Schutz vor AGB noch in Kapitel 9 – auch zum dortigen Abs. 2, der bei elektronischen Abschlüssen allein die Möglichkeit einer dauerhaften Aufzeichnung verlangt,175 sowie zu den eingangs beschriebenen Einbeziehungsvoraussetzungen für Rechtswahlklauseln. Denn hier reicht nach der Rechtsprechung zum deutschen AGB-Recht bereits der mündliche Abschluss oder die stillschweigende Annahme eines entsprechenden Einbeziehungsangebots des Klauselverwenders etwa durch das Schweigen auf dessen Bestätigungsschreiben aus. Angesichts der geringeren Verzichtsintensität wäre eine solche Staffelung – strenge Schriftform bei Schiedsklauseln, gelockerte Schriftform bei Gerichtsstandsklauseln, keinerlei Schriftform bei Rechtswahl-
172 Zu einer möglichen Kompensation durch eine wesentlich strengere Inhaltskontrolle noch unter 5. 173 Verschärft wird die Einbeziehung dort allerdings bereits durch eine neuere Entsch. des OLG Düsseldorf, 22.7.2014, jurisRn. 51, das die allgm. gehaltene Zustimmung des Klauselgegners zum Vertragsschluss i.R.v. Art. II Abs. 2 Var. 2 NYÜ nicht ausreichen lässt, sondern moniert, dass dieser nicht selbst auf die AGB Bezug genommen hat. Weitere Entsch. i.d.S. fehlen aber bislang, weshalb die Anforderungen im Einzelnen noch unklar sind (siehe Kap. 6, unter IV.2.b)aa)). Grdsl. anders als hier Sparka, Jurisdiction and Arbitration Clauses in Maritime Transport Documents (2010), S. 118 ff., der GStKl und SchKl für „equally inconvenient“ hält (S. 118) und daher auch diesselben formellen und materiellen Vssn. für kohärent erachtet. Nimmt man den Justizgewährungsanspruch als Maßstab, ist jedoch wie gesagt eine Erhöhung der Einbeziehungsvssn. im Vergleich zu GStKl erforderlich. Zu den praktischen Umsetzungschancen allerdings noch unter IV. 174 Vgl. BGH, 25.1.2017, jurisRn. 19: „sicher durch einen dahin gehenden Parteiwillen getragene Textform“. 175 Der EuGH hat die daraus folgenden Einbeziehungsvssn. relativ niedrig angesetzt, vgl. Fn. 164, hierzu aus Schutzgründen kritisch in Kap. 5, unter IV.2.d) sowie in Kap. 9, unter II. Anders als teils vertreten darf das dann bei SchKl im elektronischen Verkehr kohärenterweise nicht ausreichen, sondern es muss ein strengerer Maßstab angelegt werden. Zu entsprechenden technischen Möglichkeiten in Kap. 9, unter III.
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klauseln – nur stimmig.176 Kohärent ist freilich jetzt schon, dass bei Gerichtsstandsklauseln, die eine Gefährdungsstufe höher als Rechtswahlklauseln stehen (vgl. II.), von der Rechtsprechung selbst im b2b-Bereich generell eine Übermittlung der AGB gefordert wird, wenn diese nicht bereits direkt in der Vertragsurkunde oder dem schriftlichen Angebot enthalten sind.177 Bei Schiedsklauseln ist diese Frage bisher nicht verlässlich geklärt, angesichts der größeren Verzichtsintensität müsste bei ihnen aber ebenfalls ein solches Übermittlungserfordernis gelten.178 Theoretisch ist ausnahmsweise allerdings auch bei Gerichtsstandsklauseln infolge der Erleichterungen aus Art. 25 Abs. 1 S. 3 lit. b und c Brüssel Ia-VO, respektive Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. b, c LuGÜ-II unter bestimmten Umständen eine mündliche oder konkludente Einigung möglich, was die Unterschiede zu den Rechtswahlklauseln dann – inkohärenterweise – zum Teil wieder einebnet. In der Praxis scheitert die Einbeziehung bislang jedoch meist,179 sodass zwar das law in the books in diesen Bereichen vom Stufenmodell abweicht, das law in action aber nicht.180 Drei OLG-Entscheidungen bilden insofern freilich eine gerade auch für den Vergleich relevante Ausnahme. Sie sind zu der Einbeziehungsvariante des lit. b ergangen, die in laufenden Geschäftsbeziehungen die Gerichtsstandswahl auch „in einer Form [erlaubt], welche den Gepflogenheiten entspricht, die zwischen den Parteien entstanden sind“. Zumindest eine anfängliche Einigung muss dabei jedoch stets festzustellen sein,181 nicht zuletzt auch, weil anderenfalls ein entsprechender Wille als Legitimationsgrundlage für die resul176 Gegen Mills, Party Autonomy (2018), S. 214 f. und Tang, The Interrelationship of European Jurisdiction and Choice of Law in Contract, JPIL 2008, 35, 48, die sich über den Unterschied bei der Kontrolle von GStKl und SchKl wundern (Mills) bzw. ihn deutlich kritisieren (Tang). A.A. generell auch Sparka, vgl. schon Fn. 173. Zur These, dass die Kontrolle von RwKl mit Blick auf die geringere Gefährdung des Justizgewährungsanspruchs kohärenterweise schwächer ausfallen sollte als die von GStKl und SchKl, auch generell schon unter II.4. Ähnlich wie hier mit Blick auf die Form auch Maultzsch, Parteiautonomie im IPR und IZVR, in: v. Hein/G. Rühl, Kohärenz (2016), 153, 173, der bei GStKl die Schriftform wegen deren „weitreichende[r] Prägewirkung“ im Vergleich zur häufigen Formfreiheit von RwKl ebenfalls plausibel findet. 177 Siehe Kap. 5, IV.2.d). Anders allerdings wohl die engl. Rspr., vgl. a. a. O. die dortige Fn. 228. 178 Dafür insb. bereits BGH, 26.11.2020, jurisRn. 27 ff. und OLG Naumburg, 13.2.2013, jurisRn. 37 ff., allerdings auf Basis des CISG, bei Art. II NYÜ allerdings ebenfalls h.M., vgl. Kap. 6, IV.2.b). 179 Lit. b wird in 5 von 25 einschlägigen Fällen abgelehnt, lit. c sogar in 17 von 18 Fällen. Auch lit. a Var. 2 enthält eine Formerleichterung, der bisher aber keinerlei praktische Bedeutung zukommt, Näheres zu alledem in Kap. 5, unter IV.2.c) und e). 180 Zu diesen Begriffen kurz schon in Kap. 4, unter IV. 181 Näheres in Kap. 5, IV.2.e)aa).
III. Kontrollvergleich
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tierende Beeinträchtigung des Justizgewährungsanspruchs fehlt.182 Welche Anforderungen hier im Einzelnen gelten, ist in der Rechtsprechung umstritten. Die drei besagten Entscheidungen nehmen im Unterschied zu anderen insofern eine relativ großzügige Position ein und lassen bereits den fehlenden Widerspruch des Klauselgegners auf den wiederholten AGB-Hinweis in den Auftragsbestätigungen oder Rechnungen des Klauselverwenders bzw. die Branchenüblichkeit der verwendeten AGB genügen.183 Hierzu finden sich im Bereich der Rechtswahlklauseln interessanterweise zwei Parallelentscheidungen, die letztlich aus den gleichen Gründen, nur auf der LG-Ebene, die Einbeziehung der Rechtswahlklausel aus den ADSp bzw. den FENEX-Bedingungen als deren niederländischen Pendant bejahen. Auch von ihnen wird darauf verwiesen, dass der Klauselgegner der Geltung der AGB nicht widersprochen habe bzw. hätte wissen müssen, dass in der entsprechenden Branche nur auf ihrer Grundlage gearbeitet werde.184 Bei Art. II NYÜ sind die Gerichte während des Untersuchungszeitraums demgegenüber strenger, sodass zur Einbeziehung von internationalen Schiedsklauseln keine entsprechenden Entscheidungen vorliegen. Einige betonen sogar gerade im Gegenteil explizit, dass auch in laufenden Geschäftsbeziehungen oder im internationalen Handel eine beiderseitig unterschriebene Vertragsurkunde oder ein einschlägiger Schriftwechsel unerlässlich sei.185 Der Verstoß gegen Art. II NYÜ führt freilich nicht zwingend zur Unwirksamkeit der jeweiligen Schiedsklausel; wegen Art. VII Abs. 1 Var. 2 NYÜ besteht weiterhin die Möglichkeit einer Anerkennung nach einem parallelen, schiedsfreundlicheren nationalen Recht.186 182 Dieser Hintergrund wird bisher weder von der Rspr. noch der Literatur besonders betont, das Konsenserfordernis leitet sich aber auch schon aus dem Wortlaut sowie der Überschrift von Art. 25 Brüssel Ia-VO klar ab („Vereinbarung“). Im Kontext mit dem Schriftformerfordernis aus Art. II NYÜ hierzu indes kurz Mankowski, Die Schriftform des Art. II (2) UNÜ, FS Kronke 2020, 1475, 1476. Zum Verzicht durch den Abschluss von GStKl sowie zu den nötigen Vssn. dafür ausgiebig schon unter II. 183 Vgl. OLG Düsseldorf, 27.7.2011, jurisRn. 31; OLG Stuttgart, 5.11.2007, jurisRn. 23; obiter auch OLG Köln, 19.10.2011, jurisRn. 29, das in dem Fall aber keine gelebte Praxis sieht und die Einbeziehung daher i.E. verneint. Ausführlicher bereits in Kap. 5, unter IV.2.e)aa), teils mit rechtsdogmatischer Kritik an den Entsch. Nach BGH, 10.2.2021, jurisRn. 35, dürfte allerdings jetzt klar sein, dass die AGB stets zu übermitteln sind. 184 LG Kleve, 1.10.2013, jurisRn. 22 ff.; LG Hamburg, 2.5.2005, jurisRn. 27, das dort vorher zudem passenderweise die Einbeziehung der streitigen GStKl nach lit. b erwägt, die Frage aber offenlässt, da eine wirksame Erfüllungsortvereinbarung vorliege (jurisRn. 22 ff.), Kritik an diesem Kontrollansatz in Kap. 5, unter IV.1. 185 So z. B. OLG Düsseldorf, 22.7.2014, jurisRn. 51: „Die einseitige Zusendung von Dokumenten genügt zur Begründung einer Schiedsvereinbarung selbst bei laufenden Geschäftsbeziehungen nicht, weil für die Wechselseitigkeit eine stillschweigende Antragsannahme der anderen Partei nicht ausreicht“; für weitere Nachweise siehe Kap. 6, IV.2.b). 186 Siehe Kap. 6, III.a) sowie IV.2.b)bb).
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Da in Deutschland die Schriftform aus § 1031 Abs. 1 ZPO durch dessen Abs. 2 und 3 gelockert wird und diese nach der Rechtsprechung trotz § 1025 ZPO im Rahmen von Art. VII NYÜ auch auf internationale Schiedsklauseln Anwendung finden, reicht der fehlende Widerspruch des Klauselgegners hier letztlich mitunter ebenfalls aus: Befindet sich die Schiedsklausel bzw. der AGB-Hinweis in der Auftragsbestätigung oder einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben und weicht nicht zu stark von dem vorher Besprochenen ab, kommt es auf diese Weise im Untersuchungszeitraum doch noch zu einer Einbeziehung, selbst wenn die strengeren Voraussetzungen von Art. II NYÜ nicht erfüllt sind.187 Das gilt wegen einer von der Rechtsprechung im b2c-Bereich bislang angenommenen Sonderanknüpfung zwar nur im unternehmerischen Verkehr, dort aber gegebenenfalls sogar bei einem einmaligen Geschäftskontakt.188 Der Hinweis erst auf den Rechnungen reicht hier allerdings wiederum selbst bei einer steten Wiederholung – anders als bei Rechtswahl- und Gerichtsstandsklauseln – im Untersuchungszeitraum nicht für eine erfolgreiche Einbeziehung aus.189 Insgesamt erscheint die Einbeziehungskontrolle von Schiedsklauseln damit zumindest ein Stück weit strenger, was zu dem unter II. entwickelten Stufenmodell passt. In der Rechtsprechung zu Art. 25 Abs. 1 S. 3 lit. b Brüssel Ia-VO, Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. b LugÜ-II finden sich derzeit allerdings auch strengere Positionen, was die Unterschiede dann teilweise wieder nivelliert. Zudem gibt es zahlreiche nationale Rechtsordnungen, die im Gegensatz zu § 1031 ZPO bereits eine mündliche Schiedswahl für wirksam erachten und wegen Art. VII NYÜ bei einer geschickten Rechts- und/oder Schiedsortwahl über das Kollisionsrecht auch vor deutschen Gerichten Anwendung finden können. Das hat in der untersuchten Kontrollpraxis bisher zwar noch in keinem Fall zu einer erfolgreichen Einbeziehung geführt,190 was aber sicherlich auch an der schweren späteren Be187 Vgl. v. a. KG Berlin, 20.1.2011, jurisRn. 18 ff.; OLG Frankfurt, 27.8.2009, jurisRn. 22 ff. sowie Fn. 186. 188 Im b2c-Bereich muss der Abschluss nach der Rspr. dagegen auch bei einem günstigeren ausl. Schiedsvereinbarungsstatut wegen einer Sonderanknüpfung stets den strengen Vssn. des § 1031 Abs. 5 ZPO genügen, was im Untersuchungszeitraum in keinem Fall bejaht wird. Im b2b-Bereich wiederum wenden einige Gerichte neben § 1031 Abs. 2 und ZPO zusätzlich auch noch das CISG an und fordern deshalb eine vorherige Übermittlung der AGB, was sich ebenfalls als Einbeziehungshindernis auswirkt. Vgl. Kap. 6, IV.2.b)bb). 189 Deutlich z. B. OLG Frankfurt, 5.6.2009, jurisRn. 21: „Das Schweigen der Antragsgegnerin auf die in ihr übersandten Rechnungen der Antragstellerin abgedruckten [sic] Schiedsklausel genügt nicht den Anforderungen des § 1031 Abs. 1, Abs. 2 ZPO an eine Schiedsvereinbarung. Die Rechnungen stellen sich auch nicht als ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben dar“; weitere Nachweise in Kap. 6, unter IV.2.b)bb). Bei GStKl und RwKl allerdings auch eher nur theoretisch, die Einbeziehung wird in solchen Fällen selten bejaht, vgl. aber z. B. LG Hamburg, 2.5.2005, jurisRn. 27, dort allerdings auch zur RwKl aus branchenüblichen AGB. 190 Beim OLG Düsseldorf, 3.2.2011, jurisRn. 82, wird zwar nach dem schiedsfreundliche-
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weisbarkeit entsprechender mündlichen Absprachen liegen kann.191 Nimmt man wie hier den Justizgewährungsanspruch zum (alleinigen) Maßstab, ist es weder kohärent die Einbeziehung von Gerichtsstands- und Rechtswahlklauseln in langjährigen Geschäftsbeziehungen von denselben Anforderungen abhängig zu machen192 noch in Bezug auf Schiedsklauseln ähnliche (Art. II NYÜ) oder sogar geringere Voraussetzungen (Art. VII NYÜ i. V. m. einem schiedsfreundlicheren nationalen Recht) zu stellen wie für Gerichtsstandsklauseln. Die Verzichtsintensität liegt höher, also muss auch das Maß an gezeigter Parteiautonomie stärker sein.193 Hierzu trägt bei Gerichtsstands- und Schiedsklauseln an sich die Schriftform bei, die dem Klauselgegner die besondere Bedeutung des Abschlusses vor Augen führt und ihn so zu einer bewussteren Entscheidung anhält,194 sie muss derzeit aber wie geschildert nicht immer eingehalten sein oder wird von der Rechtsprechung unterschiedlich ausgelegt. Wenig kohärent ist zudem, dass bei allen drei Streitbeilegungsklauseltypen bereits ein allgemeiner Hinweis auf die Geltung separater AGB ausreichen soll.195 Hier wäre mit Blick auf die verschiedenen Gefährdungsstufen darüber nachzudenken, zumindest bei den Forumswahlklauseln einen spezifischen Hinweis gerade auf die resultierende Abweichung von den objektiven Zuständigkeitsregeln zu fordern, bei Schiedsklauseln eventuell sogar ren Recht von New Jersey i.R.v. Art. VII NYÜ eine Einbeziehung bejaht, der Klauselgegner hatte aber nicht nur mündlich zugestimmt, sondern einen Formularvertrag unterschrieben, sodass eine Aufzeichnung seiner Zustimmung vorlag. 191 So glaubt etwa das OLG München, 12.10.2009, jurisRn. 27 ff., anders als das Schiedsgericht, das zuvor entschieden hatte, nicht an eine mündliche Einigung der Parteien und verneint deshalb eine Einbeziehung der SchKl nach schwedischem Schiedsrecht, obwohl dieses an sich einen solchen Abschluss ausreichen lasse. 192 Das spricht für die restriktiveren Rspr.ansätze bei der Auslegung von lit. b, die den bloßen Widerspruch nicht ausreichen lassen, sondern entweder eine ausdrückliche anfängliche Einigung oder sogar einen schriftlichen Abschluss fordern. Näheres hierzu in Kap. 5, unter IV.2.e)aa). 193 Zu den Umsetzungschancen einer solchen Verschärfung der geltenden Vorschriften indes noch unter IV. 194 Hierzu generell z. B. Lüttringhaus, Vertragsfreiheit (2018), S. 350; Sedlmeier, Rechtsgeschäftliche Selbstbestimmung (2012), S. 250 ff. und Wendland, Vertragsfreiheit und Vertragsgerechtigkeit (2019), S. 92 ff.; im Kontext mit der Rechtswahl Spickhoff, Einführung, in: ders., Symposium Parteiautonomie (2014), 5, 6 („über die Form [wird] eine informierte Entscheidung, jedenfalls aber die ermöglichte informierte Entscheidung […] geschaffen oder gefördert […]“). Zur tatsächlichen Leistungsfähigkeit allerdings noch in Kap. 9, unter III. 195 Zur Rspr. bei RwKl schon eingangs, zu GStKl und SchKl in Kap. 5, unter IV.2.d), e)aa) und in Kap. 6, unter IV.2.b). In der Literatur wird zwar z.T. wegen der besonderen Gefährlichkeit ein spezifischer Hinweis gefordert, dann aber ebenfalls meistens unterschiedslos für alle drei Streitbeilegungsklauseltypen.
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noch ergänzt um weitere aufklärende Hinweise, worauf unter 4. zurückzukommen ist.196 2. Generell geringe Bedeutung der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle Steigert die Einbeziehungskontrolle bei Streitbeilegungsklauseln insbesondere über das teilweise geltende Schriftformerfordernis das Maß an gezeigter Parteiautonomie, setzt die Inhaltskontrolle genau auf der gegenüberliegenden Seite der oben aufgestellten Gleichung an.197 Sie ändert zwar nichts an der typischerweise schwachen Informiertheit und Entscheidungsfreiheit bei AGB,198 verhindert aber, dass der Klauselgegner infolge seiner Zustimmung zu ihnen eine besonders starke Verkürzung seiner Grundrechtsgarantien erleidet.199 Liegt die Verzichtsintensität zu hoch, können die mitgliedstaatlichen Gerichte über sie den Streitbeilegungsklauseln und damit auch dem Verzicht die Wirksamkeit nehmen oder zumindest dessen Konsequenzen entschärfen.200 Das Kontrollinstrument ist daher eher bzw. stärker bei Schiedsklauseln als bei den anderen Streitbeilegungsklauseln angebracht, die – wie im Stufenmodell ausgedrückt – typischerweise ohnehin schon mit einer geringeren Gefährdung des Justizgewährungsanspruchs einhergehen (vgl. II.2.–3.) und deshalb im Zweifel auch seltener einer entsprechenden Entschärfung bedürfen.201 196 Zur Leistungsfähigkeit solcher Hinweise bzw. generell des Informationsmodells zudem Kap. 9, III. 197 S.o. beim Übergang von II.4. zu II.5. 198 Die Inhaltskontrolle versucht nicht, den Klauselgegner selbst zu einer freien, parteiautonomen Entsch. zu befähigen, sondern setzt stattdessen auf die Entsch. eines Dritten, nämlich des Gerichts, das als Dritter, also gerade heteronom festsetzt, was zwischen den Parteien anstelle der unangemessenen Vertragsbestimmungen gilt (exemplarisch § 306 Abs. 1, 2 BGB). Vgl. dazu bspw. G. Calliess, Die Zukunft der Privatautonomie, JbJZivRWiss 2000, 85, 95 („genaues Gegenteil von Autonomie“) und Gottschalk, Transparenzgebot und AGB, AcP 206 (2006), 555, 560 f. („heteronome, hoheitliche Kontrolle“). Stärker auf die heteronome Entsch. bereits des Gesetzes als die des Gerichts abstellend z. B. Sedlmeier, Rechtsgeschäftliche Selbstbestimmung (2012), S. 254 f., 260 f. 199 Zu diesem Unterschied v. a. auch schon in Kap. 5, unter IV.3.a). Generell zum Zweck der Inhaltskontrolle, den Klauselgegner vor besonders schweren Folgen zu bewahren, insb. in Kap. 4, eingangs unter IV.3. 200 Bei SchKl wird in der Literatur z.T. vertreten, dass die Inhaltskontrolle nur zu einem Wegfall der unangemessenen Schiedsverfahrensregelung führt, während die SchKl als solche bestehen bleibt. Das entschärft dann nur die Wirkung, nimmt ihr aber nicht völlig die Wirksamkeit. Bei RwKl und GStKl ist eine solche Trennung indes schwer vorstellbar, da keine entsprechenden „Nebenabreden“ möglich sind. Hier bewirkt die Inhaltskontrolle wohl stets den Wegfall der gesamten Klausel und damit generell des entsprechenden Verzichts. Aber auch bei SchKl wird von der Rspr. bisher nicht differenziert (hierzu in Kap. 6, unter IV.3.b)). 201 So etwa, wenn ein besonders weit entferntes Gericht oder eine exotische Rechtsordnung
III. Kontrollvergleich
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Tatsächlich erfolgt die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle nach den Bestandsaufnahmen derzeit vor allem bei diesem Klauseltyp und nicht bei Gerichtsstandsund Rechtswahlklauseln, wo sie bislang von der Mehrheit der Rechtsprechung und Literatur im harmonisierten europäischen Rechtsraum für gesperrt gehalten wurde.202 Blickt man dann allerdings näher auf die zu internationalen Schieds klauseln konkret ergangenen Entscheidungen, fällt auf, dass die Inhaltskontrolle auch hier – trotz der fehlenden Verdrängung durch das NYÜ – für die gerichtliche Anerkennung letztendlich keine besondere Bedeutung entfaltet. Die meisten Gerichte können weder in Schiedsklauseln generell noch in den geprüften Gestaltungsvarianten eine unangemessene Benachteiligung erkennen und kommen daher auch nicht zu deren Unwirksamkeit.203 Die vier restriktiven Entscheidungen zu der bereits mehrfach erwähnten New Yorker Schiedsklausel des Franchisegebers Subway bilden deshalb bis jetzt die klare Ausnahme und zeugen damit allenfalls bedingt von einer stärkeren Inhaltskontrolle des Klauseltyps. Zumal sich die dortige Kritik, die Schiedsklausel erschwere dem Klauselgegner die Rechtsverfolgung unangemessen,204 so vereinzelt analog auch bereits in der Rechtsprechung zu Gerichtsstands- und Rechtswahlklauseln findet.205 Seitdem gewählt wird, deren Inhalt auch bei großer Anstrengung nicht ermittelbar ist. Ob dann allerdings bereits der grundrechtliche Wesensgehalt berührt und das Gericht zur Nichtanerkennung verpflichtet ist, bleibt fraglich (vgl. Fn. 162). Generell kann hier nicht beleuchtet werden, bei welchen Klauseln aus grundrechtlicher Sicht die staatliche Pflicht besteht, ihnen die Anerkennung zu versagen, sondern nur ein Kohärenzmaßstab entwickelt werden, siehe auch schon Fn. 155. 202 Zur möglichen Änderung infolge der neueren EuGH-Rspr. sogleich. Siehe hierzu generell Kap. 4 und 5, v. a. jeweils den Abschnitt IV.3.a). 203 Deutlich z. B. OLG München, 7.6.2013, jurisRn. 82: „Ein rechtlicher Grund, der gegen die Wirksamkeit des übereinstimmend bestimmten Schiedsorts Paris sprechen würde, ist nicht ersichtlich. […] Grundsätzlich ist es unbedenklich, für Streitigkeiten unter Inländern aus gegenseitigen Verträgen auch einen ausländischen Schiedsort zu wählen. […] Es ist nicht ersichtlich, dass eine Partei im Verhältnis zur anderen durch die Wahl des ausländischen Schiedsorts benachteiligt würde.“ Zur generellen Zulässigkeit im b2b-Bereich auch u. a. OLG Hamm, 9.7.2013, jurisRn. 81 sowie zum b2c-Bereich v. a. BGH, 13.1.2005, insb. jurisRn. 26 f. (dort indes zu einer inl. SchKl; Bsp. aus dem int. b2c-Bereich fehlen). Näheres in Kap. 6, unter IV.3.b). 204 Siehe von den genannten Entsch. insb. OLG Celle, 4.12.2008, jurisRn. 30 ff., das die SchKl deshalb nach dem gewählten Liechtensteiner Recht für unwirksam hält. Ähnlich i.E. aber auch OLG Thüringen, 13.1.2011 [ohne Rn.]; OLG Bremen, 30.10.2008, jurisRn. 24 ff. und OLG Dresden, 7.12.2007, jurisRn. 17 f. Ausführlicher zur genauen Begründung und Rezeption in der Literatur in Kap. 6, unter IV.3.b). 205 Deutlich etwa AG Simmern, 19.4.2017, jurisRn. 20, laut dem „die gesamte Klausel offensichtlich nur den Zweck hat, Verbraucher von der gerichtlichen Durchsetzung ihrer Rechte abzuhalten.“ Ähnlich auch das Handelsgericht Madrid, 30.9.2013, siehe v. a. Kap. 4, IV.3.b) mit Fn. 189. Zum EuGH sogleich. Auch wenn die Entsch. nicht aus dem b2b-Bereich stammen,
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der EuGH nun 2020 die irische Gerichtsstandsklausel der Fluggesellschaft Ryanair aus diesem Grund als missbräuchlich bezeichnet hat,206 dürfte eine solche Kontrolle auch außerhalb des Flugbereichs zukünftig erheblich zunehmen und zu einer verstärkten Relevanz des Kontrollinstruments bei Gerichtsstandsklauseln und wohl auch bei den (oftmals gekoppelten) Rechtswahlklauseln führen. Hier ließ vorher zudem bereits eine Randbemerkung aus EuGH – VKI ./. Amazon von 2016 vermuten, dass der EuGH eine Kontrolle anhand von Art. 3 der Klausel-RL neben der Rom I-VO für grundsätzlich zulässig erachtet.207 Für die Brüssel Ia-VO scheint er dies in der Ryanair-Entscheidung wiederum für völlig selbstverständlich zu halten, weshalb generell mit einem Umschwung der entsprechenden mitgliedstaatlichen Kontrollpraxis zu rechnen ist. Erste Folgeentscheidungen zeigen bereits in diese Richtung.208 Grund für die zuvor (und jetzt noch teils) umstrittene Konkurrenzlage ist vor allem, dass der Klauselgegner auch ohne das nationale AGB-Recht in inhaltlicher Hinsicht vor den Gefahren von Rechtswahl- und Gerichtsstandsklauseln nicht völlig ungeschützt ist. Insbesondere im Verbraucherbereich greifen inhaltliche Schranken ein, die sich schon unmittelbar aus den europäischen Regelwerken der Rom I- und Brüssel Ia-VO ergeben.209 Deren Vorgaben müssen beim Vergleich bzw. bei der Bewertung der Kohärenz der Kontrollregime stets mitberücksichtigt werden, da sie wie schon einleitend angemerkt die AGB-rechtlichen Kontrollinstrumente ergänzen oder mitunter sogar ersetzen können (vgl. oben eingangs unter III.). Betrachtet man diesen vereinheitlichten Schutz nun näher, zeigen sie ähnliche Kontroll- oder Schutzerwägungen, obwohl RwKl und GStKl nach dem Stufenmodell eigentlich als weniger gefährlich einzuordnen sind. 206 Zumindest wird EuGH – Ryanair ./. DelayFix, 18.11.2020, Rs. C-519/19, so bisher von den ersten Folgeentsch. in der dt. Rspr. verstanden. Näheres zur Einordnung und den Folgen in Kap. 5, unter IV.3.a)–c). 207 Der EuGH spricht in der Entsch. davon, dass sich die Missbräuchlichkeit einer RwKl i. S. v. Art. 3 Klausel-RL „insbesondere“ aus ihrer Formulierung ergeben könne, was die In stanzgerichte als Aufforderung verstehen dürften, die RwKl auch aus anderen, inhaltlichen Gründen zu kontrollieren, siehe Kap. 4, IV.3.b). 208 Bei GStKl sind bereits einige Entsch. ergangen, in denen die dt. Gerichte anknüpfend an den EuGH GStKl im b2c-Bereich für missbräuchlich erklärt haben. Bei RwKl steht bislang noch deren Transparenzkontrolle als (nach EuGH-Ansicht) Unterfall im Vordergrund. Siehe Kap. 4 und 5, jeweils unter IV.3.b). 209 Neben Verbrauchern werden v. a. Arbeit- und Versicherungsnehmer geschützt, siehe dazu den Abschnitt III. in den Kap. 4 und 5. Zum fehlenden Schutz z. B. von Existenzgründern oder anderen typischerweise schwächeren Unternehmern noch in Kap. 9, unter IV. Im Beförderungsbereich besteht an sich eine Ausnahme vom kollisions- und zuständigkeitsrechtlichen Verbraucherschutz, was erklären mag, weshalb die AGB von Ryanair von der Rspr. stattdessen AGB-rechtlich in den Blick genommen werden. Zur Relevanz dieser Ausnahme für die Konkurrenz der Kontrollregime insb. in Kap. 5, unter IV.3.a).
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fällt auf, dass er zumindest mit Blick auf den Justizgewährungsanspruch – passend zum Stufenmodell – bei Rechtswahlklauseln schwächer ausfällt als bei Gerichtsstandsklauseln. Während letztere nach Art. 19 Brüssel Ia-VO nämlich vor dem Entstehen der Streitigkeit lediglich dann verwendet werden dürfen, wenn sie die Rechtsposition des Klauselgegners verbessern, was faktisch ein AGB-Verbot bewirkt,210 bleiben Rechtswahlklauseln nach Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO an und für sich wirksam. Das gewählte Recht findet nur insoweit keine Anwendung, als es in einer konkreten Frage für den passiven Verbraucher ungünstiger ausfällt als sein eigenes, objektiv anwendbares Heimatrecht.211 Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO beseitigt damit zwar die Gefahr einer Verschlechterung des sachrechtlichen Schutzniveaus, die Gefahr der erschwerten Rechtsverfolgung bleibt aber.212 Denn der Klauselgegner muss, um seine prozessualen Erfolgschancen einschätzen zu können, immer noch das fremde, gewählte Recht ermitteln, was nicht nur im Prozess selbst oft einen großen Nachteil bedeutet, sondern ihn häufig bereits von einer Teilnahme daran bzw. einer eigenen Klage abhält.213 Auch wenn sich in der Rechtsprechung die Tendenz abzeichnet, von vornherein allein auf das Heimatrecht des Verbrauchers abzustellen, bei dem es sich nämlich vielfach zugleich um die lex fori handelt,214 sollte sich der Verbraucher nicht darauf verlassen. Womöglich entgehen ihm dann günstigere Vorschriften des ausländischen Vertragsstatuts, die dem Vergleich standhalten. Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO befreit ihn demzufolge nicht von der Last, das gewählte Recht zu ermitteln und auf die konkrete Streitfrage anzuwenden, sondern beschwert ihn sogar noch zusätzlich mit dem 210 Näheres in Kap. 5, unter III.2.a). Der Schutz setzt voraus, dass die Bedingungen von Art. 17 Brüssel Ia-VO erfüllt sind, was jedoch häufig der Fall sein wird (kritisch Kieninger, Der Schutz schwächerer Personen im Schuldrecht, in: v. Hein/G. Rühl, Kohärenz (2016), 307, 312: EuGH habe „das ‚Ausrichten‘ als begrenzendes Kriterium nahezu weginterpretiert“). 211 Zum Unterschied im Schutz auch u. a. Huber, Hinweispflichten, FS Kronke 2020, 215, 225 f., dort aber mit Blick auf eine mögliche Übertragung der EuGH-Rspr. zur Transparenz von RwKl auf GStKl, s.u. 4. 212 Zu diesen zwei Gefahren auch schon oben in der Kap.einl. Unter II.3. wurde im Kontext mit RwKl festgestellt, dass eine Senkung des sachrechtlichen Schutzniveaus den Justizgewährungsanspruch nicht berührt (kein „right to be victorious“), weshalb eine dort ansetzende Regulierung ihn auch nicht vor dessen Beeinträchtigung schützt. Zur gesetzgeberischen Wertung, dass sich der Verbraucher auf das fremde Recht einlassen müsse, zudem schon in Kap. 4, insb. unter IV.3.b). Der Schutz ist hier somit als geringer zu bewerten. 213 Vgl. schon oben unter II.3. sowie Kap. 4, unter II.2. 214 Grund dafür ist insb. Art. 18 Abs. 1 Var. 2 Brüssel Ia-VO, der die Gerichte am Verbraucherwohnsitz für objektiv zuständig erklärt. Zu dieser neuen Form des gerichtlichen „Heimwärtsstrebens“ bereits in Kap. 4, unter III.2.b). Deutlich z. B. OLG Stuttgart, 14.9.2018, jurisRn. 142: „Bei einer Prüfung nach deutschem Sachrecht ergibt sich die Unwirksamkeit der Rechtswahlklausel. Da dies für den Kläger […] günstiger ist […], kommt es nicht darauf an, ob die Rechtswahlklausel auch nach schweizerischem Recht unwirksam wäre.“
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Aufwand, dieses mit seinem eigenen Heimatrecht abzugleichen, das ihm ebenfalls oft nur rudimentär bekannt sein dürfte.215 Die unter II.3. geschilderten Probleme und Schwierigkeiten bestehen trotz Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO also weitgehend fort – allerdings ist die resultierende Beeinträchtigung des Justizgewährungsanspruchs typischerweise auch nach wie vor als geringer einzuordnen als bei Gerichtsstandsklauseln, weshalb der Schutzunterschied schlussendlich kohärent erscheint.216 Obwohl Schiedsklauseln im Vergleich dazu den intensiveren Verzicht bedeuten, lässt sich auf europäischer bzw. internationaler Ebene kein ähnlicher bzw. kohärenterweise sogar noch strengerer inhaltlicher Schutz erkennen: Art. 19 Brüssel Ia-VO gilt weder direkt noch analog.217 Und Art. I Abs. 3 S. 2 NYÜ erlaubt es den Vertragsstaaten zwar, den sog. Handelsvorbehalt einzulegen und Verbraucherfälle dadurch von den im NYÜ vorgesehenen Erleichterungen auszunehmen, von ihm wird im europäischen Rechtsraum bislang aber nur von sieben Mitgliedstaaten Gebrauch gemacht.218 Das Klauselverbot aus lit. q des Anhangs zur Klausel-RL wiederum stellt lediglich eine unverbindliche Empfehlung dar und wird zudem verschieden aufgefasst. Während die Klausel-RL mit ihrem Anhang z. B. in einigen Mitgliedstaaten tatsächlich zu einem expliziten Verbot von Schiedsklauseln mit Verbrauchern geführt hat, setzt insbesondere der deutsche Gesetzgeber stattdessen vor allem auf einen hohen formellen Schutz (vgl. § 1031 Abs. 5 ZPO), der im harmonisierten Rechtsbereich jedoch von Art. II NYÜ weitgehend verdrängt wird. So bleibt es dort derzeit primär bei sektoralen
215 Ähnlich insofern Doralt/Nietner, Verbrauchervertragsrecht und Rechtswahl, AcP 215 (2015), 855, 865 f., die dort ebenfalls den hohen Aufwand kritisieren, den der Günstigkeitsvergleich verursacht (vgl. a. a. O., insb. 860 f., dort allerdings v. a. mit Blick auf das angerufene Gericht und den Klauselverwender). Auch W.-H. Roth, Informationspflichten über das anwendbare Recht, FS Martiny 2014, 543, 545 f., thematisiert, dass Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO das Informationsproblem nicht direkt löst, sondern lediglich indirekt darauf setzt, dass dem Unternehmer der Anreiz für eine RwKl genommen wird. 216 Im b2b-Bereich sind derzeit allerdings bei beiden Klauseltypen noch keine wirklichen inhaltlichen Kontrollansätze zu erkennen. Indes ist die Einbeziehungskontrolle von GStKl grdsl. strenger, was den Mangel kompensieren kann, hierzu generell auch noch unter 5. 217 Kritisch Coester-Waltjen, Schiedsgerichtsvereinbarungen und ihre Wirksamkeit, FS Siehr 2010, 595, 601 f. („Obwohl Schiedsvereinbarungen sehr viel mehr Gefahren bergen als jene [scil. GStKl], gibt es keine entsprechenden Restriktionen.“). Für eine analoge Anwendung aber letztlich nur Reich, u. a. etwa in: More clarity after ‘Claro’?, ERCL 2007, 41, 54, 61. Hierzu auch schon in Kap. 6, unter III. m. w. N. 218 Vgl. den Status des NYÜ unter , wo der Vorbehalt jeweils bei den Notes mit (c) verzeichnet ist, letzter Zugriff am 24.3.2022.
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Einzelregeln, die wie etwa § 101 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG, früher § 37h WpHG) im Börsenbereich die Schiedsfähigkeit einschränken.219 Geht man nach dem Stufenmodell, sollte im Verbraucherbereich indes generell ein mindestens genauso starker, eigentlich sogar stärkerer Schutz bestehen als bei Gerichtsstandsklauseln; wenn nicht über das – im besten Falle europäisch oder international harmonisierte – Schiedsrecht, dann doch wenigstens über die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle, die hier nach völlig herrschender Ansicht auch nicht gesperrt ist.220 Derzeit stammen die einzigen restriktiven Kontrollentscheidungen mit den Subway-Fällen aber aus dem b2b-Bereich und stellen dort zudem die Ausnahme dar.221 Bei Gerichtsstandsklauseln und Rechtswahlklauseln stellen sich die derzeitigen Schutzunterschiede im Regime der Brüssel Ia- und Rom I-VO als stimmig dar; inwiefern eine zusätzliche Inhaltskontrolle anhand des nationalen AGB-Rechts hier zukünftig die verschiedene Verzichtsintensität widerspiegeln wird, ist aktuell noch unklar. Nach den EuGH-Entscheidungen ist die deutsche Kontrollpraxis erst dabei sich zu entwickeln.
219 Näheres hierzu in Kap. 6, v. a. unter III., IV.6. Da es sich hierbei um keinen AGB-spezifischen Schutz handelt, wurden die entsprechenden nat. Einschränkungen nicht vertieft untersucht, auch wenn sie i.E. ebenfalls vor den typischen AGB-Gefahren schützen, dazu auch schon a. a. O. 220 Siehe Kap. 6, unter IV.3. Ausführlicher zu einer solchen AGB-rechtlichen Inhaltskon trolle auch Coester-Waltjen, Schiedsgerichtsvereinbarungen und ihre Wirksamkeit, FS Siehr 2010, 595, 607 ff. und Niedermaier, Schieds- und Schiedsverfahrensvereinbarungen in strukturellen Ungleichgewichtslagen (2013), S. 272 ff., die jeweils eine Orientierung an den gesetzlichen Grenzen für GStKl vorschlagen. So sei im Verbraucherbereich etwa die Unangemessenheit der SchKl zu vermuten, wenn sich der Schiedsort nicht im Heimatland des Verbrauchers befinde. Angesichts der stärkeren Gefährdung des Justizgewährungsanspruchs müssten die inhaltlichen Vorgaben für SchKl aber eigentlich noch strenger sein als bei GStKl. Dementsprechend ist hier sogar – mit Blick auf die Verzichtsintensität – über ein generelles (schiedsrechtliches) Verbot nachzudenken; die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle könnte dann v. a. im b2b-Bereich Bedeutung entwickeln und müsste auch hier kohärenterweise strenger ausfallen als bei GStKl. 221 Das liegt freilich sicherlich auch daran, dass im Untersuchungszeitraum bereits die Schriftform des Art. II NYÜ – obwohl sie hinter den Anforderungen des § 1031 Abs. 5 ZPO zurückbleibt – in allen einschlägigen Verbraucherfällen dafür sorgt, dass die Anerkennung der SchKl scheitert (siehe Kap. 6, IV.2.b)bb)). Auf die Inhaltskontrolle der SchKl kommt es daher nicht mehr an (dazu auch gleich noch bei 3.). Grund ist dafür allerdings vorwiegend die eigene Nachlässigkeit des Klauselverwenders, der das Vertragsformular selbst nicht unterschrieben hatte und dadurch eine erfolgreiche Einbeziehung nach Art. II NYÜ vereitelt (dazu a. a. O.).
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3. Überraschungsverbot allein bei Rechtswahlklauseln Das AGB-rechtliche Überraschungsverbot lässt sich bei der Gleichung eher wieder auf der Seite des informed consent verorten.222 So ist ein Blick auf den Inhalt der Klausel für die Bewertung ihres Überraschungscharakters zwar oftmals unerlässlich,223 das Kontrollinstrument will aber vor allem verhindern, dass die Annahme einer Zustimmung zu der entsprechenden Regelung zu einer völligen Fiktion gerät, da ihr Inhalt nicht nur objektiv ungewöhnlich, sondern auch für den vermeintlich Zustimmenden vollkommen überraschend ist.224 Das Überraschungsverbot dient damit bei Streitbeilegungsklauseln wie die schon unter 1. behandelte, allgemeine Einbeziehungskontrolle zur Sicherung der Legitimationsgrundlage jeden Verzichts, nämlich eines darauf gerichteten Willens der Partei.225 Vieles ist hier im Einzelnen freilich noch unklar, weder im Schrifttum zur Rom I- noch zur Brüssel Ia-VO oder zum NYÜ finden sich bisher genauere Ausführungen zur rechtsdogmatischen Einordnung des Überraschungsverbots sowie zum jeweiligen Konkurrenzverhältnis. Dabei spielt das Kontrollinstrument in der Praxis gerade für die gerichtliche Anerkennung von Rechtswahlklauseln eine enorm wichtige Rolle. Jede dritte der in Kapitel 4 analysierten 86 Entscheidungen fragt nach dem Überraschungscharakter der Rechtswahl, in über 10 von ihnen wird er schlussendlich bejaht.226 In starkem Kontrast dazu steht der Befund zur Kontrolle von Gerichtsstands- und Schiedsklauseln. Hier führt das Kontrollinstrument während des gesamten (freilich etwas kürzeren) Untersuchungszeitraums in keinem einzigen Fall zur Versagung der gerichtlichen Anerkennung, generell kommt es nur selten zum Einsatz.227 222 Zu den zwei „Seiten“ der unter II.4. aufgestellten Gleichung für eine kohärente Kontrolle gerade schon in der Einl. zu 2. Zur schwierigen Zwischenstellung des Kontrollinstruments insb. in Kap. 4, unter IV.4.a). 223 Vereinzelt wurde im Untersuchungszeitraum indes auch allein der Standort der Klausel innerhalb des Vertrags oder Angebots zum Anlass genommen, sie für überraschend zu erklären, vgl. Kap. 4, IV.f) und Kap. 5, IV.4.b). Das bildet jedoch die Ausnahme, zum Kontrollgrund in den zwei wichtigsten Fallgruppen sogleich. 224 Zu diesen Vssn. von § 305c BGB u. a. H. Schmidt, in: BeckOK, § 305c BGB Rn. 13 ff. Die Überraschung und damit das Verbot kann etwa durch einen besonders deutlichen Hinweis verhindert werden, was zeigt, dass es vornehmlich um eine Stärkung des Maßes an gezeigter Parteiautonomie geht. Näheres auch insb. schon in Kap. 4, unter IV.4. und 4.a), dort auch mit rechtsvergleichenden Nachweisen zu dem Kontrollinstrument. 225 Diese Parallele kommt systematisch auch dadurch zum Ausdruck, dass das Überraschungsverbot im nat. AGB-Recht zumeist eine negative Einbeziehungsvssn. bildet, die zusätzlich zu den positiven Vssn. der allgm. Einbeziehungskontrolle erfüllt sein muss. Siehe dazu v. a. Kap. 4, eingangs unter IV.4.a). 226 Vgl. die Angaben in Kap. 4, insb. unter IV.4.b) sowie für einen Überblick den Anh. 4. 227 Bei GStKl zumindest ansatzweise in 5 Entsch., bei SchKl lediglich in 3. Näheres zu der entsprechenden Prüfung in Kap. 5 und 6, jeweils unter IV.4.b). Der Untersuchungszeitraum
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Das wirkt auf den ersten Blick inkohärent, schließlich stehen Rechtswahlklauseln nach dem unter II. entwickelten Modell auf der geringsten Gefährdungsstufe und müssten dementsprechend einer schwächeren und nicht etwa einer stärkeren Kontrolle unterliegen (siehe vor allem II.3., 4.). Blickt man allerdings erneut näher auf die konkreten Entscheidungen, sieht man zum einen, dass die Anerkennung von Forumswahlklauseln in vergleichbaren Fällen oft schon an der erforderlichen Schriftform scheitert. Auf eine mögliche Überraschung kommt es dann bei ihnen gar nicht mehr an. Das Paradebeispiel liefern hierfür die sog. Broker-Fälle, wo die den Kunden diktierte englische bzw. amerikanische Rechtswahlklausel während des Untersuchungszeitraums von den Gerichten wiederholt für überraschend erklärt wurde; die parallele Gerichtsstands- oder noch häufiger Schiedsklausel aber noch nicht einmal die erste, positive Einbeziehungshürde der Art. 25 Brüssel Ia-VO, Art. II Abs. 2 NYÜ nehmen.228 Zum anderen stehen viele der bei Rechtswahlklauseln einschlägigen Entscheidungen wohl nicht im Einklang mit der geltenden Rechtslage und können daher auch nicht die Basis für deren Kohärenzbewertung bilden. So stützen sie den Überraschungscharakter vor allem darauf, dass das gewählte Recht den Klauselgegner weniger schützt, womit dieser bei seiner Zustimmung nicht gerechnet habe, oder verweisen auf die fehlende Nähebeziehung, die gerade die Wahl des konkreten Rechts unerwartet mache.229 Abgesehen davon, dass diese Annahmen in vielen Fällen schon rein faktisch nicht überzeugen, geraten sie in einen Konflikt mit den vorrangigen Wertungen der Rom I-VO, die erstens insbesondere auch die Wahl eines neutralen, mit dem Sachverhalt unverbundenen Rechts erlaubt sowie zweitens sachrechtlichen Verschlechterungen bei passiven Verbrauchern über den Günstigkeitsvergleich entgegenwirkt.230 Wird der Rechtswahlklausel in solchen Fällen aber schon über das nationale AGB-Recht die Anerkennung versagt, läuft dieser Schutzmechanismus leer; die Rechtswahlfreiheit wird zudem entgegen der liberalen Grundposition der Rom I-VO erheblich beschränkt. Die Gerichte nehmen damit in den entsprechenden Entscheidungen faktisch eine verdeckte Inbeginnt bei GStKl 2003 und SchKl 2002, während bei RwKl die früheste, einschlägige Entsch. von 1995 stammt. Zum Zuschnitt der Rspr.analyse jeweils in dem Abschnitt IV.1. der Kap. 4–6. 228 Siehe für die Unterteilung in negative und positive Einbeziehungsvssn. gerade schon Fn. 225. Zur entsprechenden Einbeziehungskontrolle v. a. in Kap. 6, unter IV.2.b). Weitere Gründe, die SchKl nicht anzuerkennen, bilden etwa die Begrenzung der Schiedsfähigkeit (dazu oben bei Fn. 219) oder deliktische Sonderregeln. Eine GStKl wurde in den Broker-Fällen soweit ersichtlich lediglich einmal verwendet bzw. gerichtlich kontrolliert, vgl. OLG Düsseldorf, 30.1.2009, wo die GStKl zugunsten der engl. Gerichte wegen des fehlenden AGB-Hinweises bzw. der fehlenden Übermittlung gar nicht erst einbezogen worden war (a. a. O. jurisRn. 2, 28). Theoretisch kann daneben zudem auch Art. 19 Brüssel Ia-VO die Anerkennung hindern. 229 Zu diesen zwei wichtigsten Fallgruppe ausführlich in Kap. 4, unter IV.4.c) und e). 230 Dazu teils auch schon oben unter 2. Siehe im Übrigen Kap. 4, IV.4.c) und e).
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haltskontrolle vor, deren Zulässigkeit neben der Rom I-VO zumindest – auch nach den unter 2. genannten EuGH-Entscheidungen – zu diskutieren ist. Eine Übertragung der Kontrollpraxis auf Gerichtsstandsklauseln dürfte daher von vornherein nur in Betracht kommen, wenn man eine solche AGB-rechtliche Anknüpfung an den Inhalt neben der Brüssel Ia-VO für möglich hält.231 Dann wäre eine solche Kontrolle mit Blick auf die höheren Gefährdungsstufe allerdings an sich nur konsequent. Wie bei Schiedsklauseln, wo das NYÜ mangels eigener Vorgaben über den Inhalt eine solche Kontrolle generell nicht versperrt,232 erscheint es indes vorzugswürdig, auch bei Gerichtsstandsklauseln (und letztendlich Rechtswahlklauseln) eine primär auf deren Inhalt abzielende Kontrolle nicht verdeckt über das AGB-rechtliche Überraschungsverbot vorzunehmen, sondern besser gleich direkt im Wege der eigentlichen Inhaltskontrolle. Besteht daneben überhaupt noch Bedarf speziell für ein Verbot überraschender Klauseln, ist bei den Forumswahlklauseln vorrangig über eine Entwicklung europäisch bzw. international vereinheitlichter Kriterien im Rahmen von Art. 25 Brüssel Ia-VO bzw. Art. II NYÜ nachzudenken. Beide wollen schließlich über ihre Formvorgaben – wie letztlich auch das AGB-rechtliche Überraschungsverbot – eine echte und nicht nur fingierte Zustimmung des Klauselgegners sichern, so dass eine Verdrängung des nationalen Rechts für den Bereich in Frage kommt. Entsprechende Entscheidungen stehen bisher allerdings noch weitgehend aus.233 4. Fehlende Transparenzkontrolle von Forumswahlklauseln Die Vorgabe, dass AGB klar und verständlich – transparent – formuliert sein müssen (vgl. z. B. Art. 5 Klausel-RL, § 307 Abs. 1 S. 2 BGB), zielt vor allem darauf ab, den Klauselgegner zu einer informierten, (partei-)autonomen Entscheidung über deren Geltung zu befähigen.234 Auch wenn offensichtlich sein dürfte, dass sich darüber nicht alle mit der Verwendung von AGB verbundenen 231
Siehe erneut schon oben 2. sowie ausführlicher Kap. 5, IV.3.a). Zur Konkurrenz mit dem europ. Bestimmtheitserfordernis und den Formvorgaben der Brüssel Ia-VO in Kap. 5, unter IV.4.a). 232 Die SchKl muss lediglich ausreichend bestimmt sein, vgl. Kap. 6, IV.3.a). 233 Siehe schon Kap. 6, IV.4. Bei GStKl sind in der dt., v. a. aber der österr. erste entsprechende Ansätze zu erkennen, siehe Kap. 5, unter IV.4.a) und b). Nach dem Stufenmodell müssten bei GStKl dann geringere Anforderungen gelten, etwa was den Hinweis angeht, um dem Überraschungscharakter entgegenzuwirken. 234 Besonders deutlich EuGH – Andriciuc, 20.9.2017, Rs. C-186/16, Rn. 51: „enable them to take prudent and well-informed decisions“ (in der dt. Fassung weniger prägnant), siehe dort auch insb. Rn. 44 ff. Aus dem Schrifttum statt vieler Appenzeller, Die europ. AGB-Kontrolle (2017), S. 106 ff. M.w.N. Kap. 4, eingangs unter IV.5. Dort auch zu den Gegenstimmen, die den Zweck nicht in der Herstellung von Abschluss-, sondern allein von Abwicklungstransparenz sehen. Theoretisch wirkt eine Verbesserung des Informationsstands der Marktteilnehmer zu-
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Probleme lösen lassen (insbesondere der Take-it-or-leave-it-Charakter bleibt),235 hat das Kontrollinstrument in der Praxis eine enorm wichtige Stellung erlangt. Nicht nur im Bereich der materiellrechtlichen Klauseln haben in den letzten Jahren zahlreiche Entscheidungen dafür gesorgt, dass bis dahin völlig gängige Muster etwa für Kredit- oder Mietverträge obsolet geworden sind.236 Auch bei Rechtswahlklauseln hat die Transparenzkontrolle spätestens seit der Entscheidung des EuGH in VKI ./. Amazon (2016) einen Umbruch und diverse Kontroversen ausgelöst. Dort stellt der EuGH nämlich fest, dass die – vorher oft empfohlene – Formulierung „Es gilt luxemburgisches Recht […].“ jedenfalls im Verbraucherbereich wegen des fehlenden Hinweises auf Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO in die Irre führt und daher gegen Art. 3, 5 Klausel-RL verstößt.237 Das Urteil ist im kollisionsrechtlichen Schrifttum zum Teil auf erhebliche Kritik gestoßen und lässt sich auch einige Jahre später immer noch nicht verlässlich in all seinen Folgen beurteilen.238 So herrscht nach wie vor insbesondere sowohl Unsicherheit darüber, wie der Klauselverwender seinen Vertragspartner im Einzelnen zu informieren hat, als auch, worüber er ihn neben Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO eventuell noch alles aufklären muss.239 Während auf der einen Seite Teile des Schrifttums dem dem Marktversagen entgegen und gibt ihnen so wiederum größere Wahlfreiheit. Dazu in Kap. 2, unter II.2. 235 Zu apodiktisch freilich Ferrante, Transparency of Standard Terms, in: Heiderhoff/Lohsse/Schulze, EU-Grundrechte und Privatrecht (2016), 115, 120 („[…] transparency of standard terms does not play any role in consumers’ decisions, as in serial contracts negotiations are omitted]”). Schön, Zwingendes Recht und informierte Entscheidung, FS Canaris 2007, 1191, 1211, betont zu Recht, dass es auf eine Kombination der verschiedenen Kontrollinstrumente ankommt. Siehe auch noch Kap. 9, III. 236 Vgl. nur die jährlichen Berichte z. B. von Graf v. Westphalen in der NJW über die Entwicklung des dt. AGB-Rechts. Zur großen Bedeutung des Kontrollinstruments auch z. B. Gottschalk, Transparenzgebot und AGB, AcP 206 (2006), 555 ff. 237 EuGH – VKI ./. Amazon, 28.7.2016, Rs. C-191/15, v. a. Rn. 69, 71. In die Richtung vorher auch schon u. a. BGH – Pharmazeutische Beratung, 19.7.2012, jurisRn. 32 ff., der dort aber noch stark den besonderen Einzelfall betont. Näher dazu sowie zur instanzgerichtlichen Rspr. in Kap. 4, unter IV.5.b)–f). Das EuGH-Urt. hat eine wahre Flut an Aufsätzen (und Folgeentsch.) ausgelöst, was seine erhebliche Bedeutung verdeutlicht, vgl. für Ersteres nur die Auflistung bei Mankowski, RwKl in den AGB von Fluggesellschaften, IPRax 2019, 208, ibd. in Fn. 2, der dem Urteil ebenfalls „Sprengstoff und […] erhebliche[…] Bedeutung für die Kautelarpraxis“ attestiert. Für eine Übersicht der nachfolgenden Entsch. zum Instrument vgl. Anh. 2. 238 Ausführlich hierzu in Kap. 4, unter IV.5.e) und f). Sehr kritisch GA Hogan, der dem EuGH in seinen Schlussanträge zu Lovasné Tóth, Rs. C-34/18, Rn. 80 ff., insb. 89, 95 ff., nahelegt, die Rspr. zu revidieren. 239 Ähnliche Einschätzung u. a. bei G. Rühl, The unfairness of choice-of-law clauses, CMLR 2018, 201, 224. So wird insb. darüber diskutiert, ob das Eingreifen weiterer Sonderanknüpfungen wie Art. 9 Rom I-VO oder vorrangigen Einheitsrechts offengelegt werden muss. Näheres in Kap. 4, unter IV.5.e) und f).
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vor „hypertrophen“ Rechtswahlklauseln warnen, die nicht mehr zu lesen oder verstehen seien,240 weiten auf der anderen Seite zahlreiche Instanzgerichte zum Schutz von Fluggästen VKI ./. Amazon inzwischen – trotz der Bereichsausnahme in Art. 6 Abs. 4 Rom I-VO – auf Rechtswahlklauseln in Beförderungsbedingungen aus und fordern, dass Fluggesellschaften Verbraucher über die maßgeblichen Rechtsvorschriften aufklären, selbst wenn die konkrete Rechtswahl zulässig sein sollte.241 Vieles ist hier derzeit allerdings noch im Fluss; eine gefestigte, geschweige denn europäisch-einheitliche Rechtsprechung hat sich bisher noch nicht klar herauskristallisiert.242 Der Relevanz des Kontrollinstruments tut das indessen keinen Abbruch, im Gegenteil: Im Schrifttum steht die Transparenzkontrolle von Rechtswahlklauseln (neben der Inhaltskontrolle) im absoluten Fokus der Aufmerksamkeit und auch in der einschlägigen Rechtsprechung hat es das AGB-rechtliche Überraschungsverbot als wichtigstes Kontrollinstrument inzwischen überholt. Umso überraschender ist es, dass diese Entwicklung auf die anderen Streitbeilegungsklauseltypen bis jetzt nicht übergegriffen hat. Zwar besteht bei diesen mit dem Bestimmtheitsgebot bereits auf europäischer bzw. internationaler Ebene eine funktional ähnliche Vorgabe,243 diese geht aber deutlich weniger weit und führt dementsprechend im Untersuchungszeitraum auch nie entscheidend zu einer Versagung der gerichtlichen Anerkennung.244 Eine AGB-rechtliche Transparenzkontrolle findet wiederum bislang nicht statt, weder alternativ noch als Er-
240 Mankowski, Anm. EuGH VKI ./. Amazon, NJW 2016, 2705, 2707. Zustimmend z. B. Rieländer, RwKl im EU-Kollisionsrecht, RIW 2017, 28, 33, 36. Zur beschränkten Verarbeitungskapazität auch noch gleich. 241 Eine höchstrichterliche Entsch. steht – auch u.U. wegen der geringen Streitwerte (vgl. BGH, 17.11.2020) – bisher noch aus. Das AG Nürnberg hat wiederholt versucht, die Frage dem EuGH vorzulegen, der Ausgangsstreit endete jedoch jeweils vorab, sodass die Rs. gestrichen wurden, siehe dazu Kap. 4, unter IV.5.f). Näher auch Mankowski, RwKl in den AGB von Fluggesellschaften, IPRax 2019, 208 ff. Die Fluggesellschaften nutzen häufig die Möglichkeit aus Art. 5 Abs. 2 S. 3 lit. b bzw. c Rom I-VO und legen als anwendbare Rechtsordnung ihr eigenes Heimatrecht fest. Ob auf diese Möglichkeit hingewiesen werden muss und/oder (nur) auf das weiterhin anwendbare, vorrangige Einheitsrecht der Fluggastrechte-Verordnung oder etwa des Montrealer Übereinkommens ist streitig, siehe Kap. 4, a. a. O. 242 Zu den Unsicherheiten in Kap. 4, unter IV.5. In den Bestandsaufnahmen wurde sich generell auf die Analyse der dt. Rspr. fokussiert; Hinweise aus der Literatur und Rspr. zu anderen Entsch. wurden aber beachtet. 243 Bei GStKl muss die Formulierung sowohl deutlich machen, welche Streitigkeiten erfasst sind, als auch, welches Gericht zuständig sein soll. Bei SchKl ist das Bestimmtheitserfordernis sogar noch leichter erfüllt, hier müssen nur das Opt-Out sowie die Reichweite der SchKl erkennbar sein. Näheres zu alledem in Kap. 5, unter III.2.c), IV.5. sowie in Kap. 6, unter IV.5. 244 Vgl. die Ausführungen zur Kontrollpraxis in Kap. 5 und 6, jeweils unter IV.5.b).
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gänzung dazu.245 Hält man weder das Bestimmtheits- noch das Konsenserfordernis aus Art. 25 Brüssel Ia-VO, Art. II NYÜ für abschließend,246 müsste sie hier aber gerade erst recht erfolgen. Schließlich stehen sowohl Gerichtsstands- als auch Schiedsklauseln auf einer höheren Gefährdungsstufe und müssten demzufolge wenigstens den gleichen, eigentlich sogar strengeren Formulierungsanforderungen unterliegen. Nun kann man sich bei Gerichtsstandsklauseln fragen, welchen Mehrwert dort ein entsprechender Hinweis auf Art. 19 Brüssel Ia-VO bringen soll, da dieser Gerichtsstandsklauseln mit Verbrauchern – anders als bei Rechtswahlklauseln Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO – ohnehin schon weitgehend unterbindet (vgl. 2.).247 Das wissen die betroffenen Verbraucher aber häufig nicht. Eine uneingeschränkt formulierte Gerichtsstandsklausel erweckt bei ihnen deshalb den Eindruck, dass eine solche Wahl auch dann möglich ist, wenn die (Schutz-)Voraussetzungen von Art. 17, 19 Brüssel Ia-VO erfüllt sind, was nicht der geltenden Rechtslage entspricht. Die Gerichtsstandsklausel führt sie damit in die Irre und müsste nach der Logik von VKI ./. Amazon ebenfalls als intransparent zu werten sein.248 245
Siehe schon die vorige Fn. Die Entsch. des KG Berlin, 5.6.2014, jurisRn. 43, betrifft eine drittstaatliche GStKl und fällt daher nicht unter die hier angewendeten Analysekriterien (vgl. Kap. 5, IV.1.). Wichtig außerhalb der dt. Rspr. allerdings insb. OLG Wien, 28.5.2019, BeckRS 2019, 13029, Rn. 47 ff., das die GStKl von Ryanair für intransparent und damit nach Art. 5 Klausel-RL (umgesetzt durch § 6 Abs. 3 öKSchG) für unwirksam hält. Das Gericht beschäftigt sich dort vorher länger mit dem generellen Streit um die Zulässigkeit einer AGB-Kontrolle von GStKl neben der Brüssel Ia-VO, übersieht dabei jedoch, dass die Konkurrenzsituation bei der Inhalts- und Transparenzkontrolle jeweils individuell beantwortet werden muss und geht etwa auf die Bedeutung des Bestimmtheitserfordernisses nicht ein. 246 Bei beiden Vorschriften ist das Konkurrenzverhältnis zur AGB-rechtlichen Transparenzkontrolle bisher ungeklärt und schwer zu beantworten. Leitet man aus ihnen bereits eigene Transparenzanforderungen an GStKl und SchKl ab, würde das die Kontrolle auch im b2b-Bereich vereinheitlichen und dadurch letztlich – bei einer konsistenten Rspr. – für mehr Rechtssicherheit sorgen. Vgl. Kap. 5 und 6, jeweils unter IV.5.a). 247 Erste Überlegungen dazu, wie dieser Hinweis konkret aussehen könnte, bei Huber, Hinweispflichten, FS Kronke 2020, 215, 223 ff., der sich dafür ausspricht, dass dieser dem Verbraucher vor Augen führen müsste, was er durch die GStKl potentiell „verliert“, nämlich (wohl) in vielen Gestaltungen seinen Heimatgerichtsstand sowohl für Aktiv- als auch Passivverfahren, ebenso wie sein klägerisches Wahlrecht zwischen diesem und anderen objektiv eröffneten Gerichtsständen. Als mögliche Alternative sieht er einen Hinweis auf das, was der Verbraucher ungeachtet der Wahl „behält“; lehnt das jedoch schlussendlich ab, weil es so bei Art. 19 Nr. 1 und 3 Brüssel Ia-VO gerade zu keiner Hinweispflicht käme (a. a. O., S. 225). Da nachträgliche GStKl in AGB-Form jedoch ohnehin selten vorkommen und das Maß an gezeigter Parteiautonomie dann höher ist – dem Verbraucher ist der mögliche Rechtsstreit immerhin bereits bewusst – besteht bei Nr. 1 jedoch auch geringer Bedarf für eine zusätzliche Steigerung der Informiertheit. Der Ansatz erscheint nicht inkonsequent. 248 Ähnlich Huber (vorige Fn.), 223, 226. Besonders deutlich kommen die entsprechenden Erwägungen in den Schlussanträgen zu der Rs. von GA Saugmandsgaard Øe zum Ausdruck,
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Siebtes Kapitel: Kohärenz der Kontrolle
Bei Schiedsklauseln wiederum fehlt es – wie eben schon unter 2. festgestellt – an einem europäischen, internationalen oder auch nur rein deutschen249 Äquivalent zu Art. 19 Brüssel Ia-VO.250 Ein entsprechender Hinweis scheidet hier folglich aus. Bestehen in dem fraglichen Bereich jedoch z. B. Einschränkungen bei der Schiedsfähigkeit, müsste darüber analog zur Rechtsprechung aus VKI ./. Amazon informiert werden. Generell erscheint es mit Blick auf die höhere Verzichtsintensität bei Schiedsklauseln angebracht bzw. unter den hiesigen Prämissen kohärent (vgl. Abschnitt II.), die Transparenzkontrolle sogar noch einmal deutlich zu verschärfen und nicht nur wie dort einen Hinweis auf „bindende Rechtsvorschriften“ zu fordern, die die Wirkung der Klausel beeinflussen,251 sondern eine darüber hinausgehende, grundlegendere Aufklärung über die rechtliche Bedeutung des Abschlusses sowie die damit verbundenen Risiken.252 Das siehe dort v. a. Rn. 98, 102. Vgl. in dem Urt. VKI ./. Amazon, 28.7.2016, Rs. C-191/15, selbst insb. Rn. 68 f.: „[…] unter Berücksichtigung u. a. des geringeren Informationsstands, den der Verbraucher gegenüber dem Gewerbetreibenden besitzt, […] ist es, wenn die Wirkungen einer Klausel durch bindende Rechtsvorschriften bestimmt werden, entscheidend, dass der Gewerbetreibende den Verbraucher über diese Vorschriften unterrichtet […]“. Prägnant zur Logik außerdem OLG Frankfurt, 13.12.2018, jurisRn. 34. Ob diese Rechtsvorschriften die Wirkungen der Streitbeilegungsklausel nun lediglich modifizieren, indem sie einen law mix anordnen (wie Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO) oder ihr gleich ganz die Wirksamkeit nehmen (wie Art. 19 Brüssel Ia-VO), dürfte danach letztlich keinen Unterschied machen. Eine AGB-rechtliche Transparenzkontrolle eröffnet – abgesehen von diesem individuellen Zusatzschutz – zugleich die Möglichkeit der kollektiven Rechtsdurchsetzung, dazu unter 5. 249 Wegen des geringen Harmonisierungsstands kommt dem nat. Recht für die Kontrolle von SchKl immer noch große Bedeutung zu. Das 6. Kap. hat daher v. a. das dt. Schiedsrecht in den Blick genommen, das als lex fori vor den dt. Gerichten, deren Rspr. hier analysiert wurde, regelmäßig zur Anwendung kommt. 250 Siehe schon 2. Ein schiedsrechtliches Pendant zu Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO scheidet von vornherein aus, da die Frage, ob das angerufene (Schieds-)Gericht für den Streit zuständig ist oder nicht, eine „Ja-oder-Nein“-Antwort verlangt und keinen Günstigkeitsvergleich erlaubt. Hierzu allgm. Mankowski, Int. Zuständigkeit und anwendbares Recht, FS Heldrich 2005, 867, 869, 894 f. Kurz auch Maultzsch, Parteiautonomie im IPR und IZVR, in: v. Hein/G. Rühl, Kohärenz (2016), 153, 170. 251 Vgl. zu der entsprechenden EuGH-Vorgabe das Zitat in Fn. 248. Weiter in Bezug auf eine materiellrechtliche Klausel z. B. aber EuGH – Andriciuc, 20.9.2017, Rs. C-186/16, Rn. 48: „Außerdem ist es nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs für den Verbraucher von grundlegender Bedeutung, dass er vor Abschluss eines Vertrags über die Vertragsbedingungen und die Folgen des Vertragsschlusses informiert ist.“ 252 In die Richtung z. B. § 617 Abs. 3 österr. ZPO: „Bei Schiedsvereinbarungen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher ist dem Verbraucher vor Abschluss der Schiedsvereinbarung eine schriftliche Rechtsbelehrung über die wesentlichen Unterschiede zwischen einem Schiedsverfahren und einem Gerichtsverfahren zu erteilen.“ Nach Abs. 1 sind SchKl mit Verbraucher aber ohnehin erst nachträglich möglich, was die Bedeutung der Vorschrift für AGB einschränkt. Anscheinend gibt es in der Praxis aber bereits entsprechende Klauseln, vgl. den ungar. Ausgangsfall zu EuGH – Sebestyén, 3.4.2014, Rs. C-342/13, wo die Bank die Ver-
III. Kontrollvergleich
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geht freilich klar über die derzeitige Kontrollpraxis, jedenfalls im b2b-Bereich (andere Entscheidungen existieren nicht) hinaus253 und belastet den Klauselverwender natürlich erheblich stärker. Bisher reicht nach der einschlägigen deutschen Rechtsprechung nämlich bereits die Verwendung eines Kürzels wie „Arbitration: Y“ aus, um dem Klauselgegner Inhalt und Reichweite der Klausel – angeblich – ausreichend bewusst zu machen.254 Mag auch eine seit Jahren international tätige Handelsgesellschaft im Zweifel wissen, welche Konsequenzen mit einer Schiedswahl verbunden sind, kann das gerade bei einem Verbraucher oder einem Existenzgründer in der Regel nicht vorausgesetzt werden. Hier lässt sich über einen Hinweis auf die Folgen der Zustimmung („Opt-out“ aus dem staatlichen Justizsystem, erhebliche Begrenzung der verfügbaren Rechtsmittel etc.) der Informationsstand steigern und so für eine bewusstere Entscheidung sorgen.255 Allerdings ist – abgesehen von dem Problem der rationalen Apathie256 – sicherlich irgendwann der Bereich erreicht, wo ein Mehr an Information den Klauselgegner nur noch überfordert und das Maß an gezeigter Parteiautonomie daher nicht weiter steigert. Blickt man – wie in diesem Kapitel – aber allein auf die Kohärenz der Kontrolle internationaler Streitbeilegungsklauseln und braucherin laut EuGH insb. „auf die Unterschiede zwischen den für das Schiedsgericht und die ordentlichen Gerichte geltenden Verfahrensvorschriften“ sowie darauf hingewiesen hatte, „dass es sich bei dem Schiedsverfahren um ein Verfahren mit nur einer Instanz handelt und dass keine Rechtsmittel eingelegt werden können, und […] die Kosten […] gewöhnlich höher als die Kosten für ein ordentliches Gerichtsverfahren sind“ (a. a. O., Rn. 17). Der EuGH enthält sich in dem Urteil freilich jeder eigenen Bewertung der SchKl und gibt dem vorlegenden Gericht für dessen Beurteilung nur mit, dass diese Informationen die Missbräuchlichkeit der SchKl nicht per se ausschließen (a. a. O. Rn. 34), vgl. Kap. 6, IV.3.b). Für ein weiteres Praxis bsp. mit aufklärenden Hinweisen siehe LG Landshut, 26.2.2021, jurisRn. 7. 253 Die Rspr. des EuGH greift hier nicht direkt, da sich die Klausel-RL und damit das dortige Transparenzgebot nur auf den b2c-Bereich beziehen (Art. 1 Abs. 1 Klausel-RL). Auch bei Unternehmern besteht aber typischerweise eine Informationsasymmetrie, weshalb viele AGB-Rechtsordnungen die Transparenzkontrolle nicht auf den b2c-Bereich beschränken (vgl. §§ 307 Abs. 1 S. 2, 310 Abs. 1 S. 1 BGB). 254 So zumindest sinngemäß OLG Frankfurt, 27.8.2009, jurisRn. 27, dort freilich zu einem im int. Handelsverkehr erfahrenen Unternehmen als Klauselgegner und mit Blick auf das Bestimmtheitsgebot. Selbst unklar formulierten SchKl wird allerdings unter Berufung auf den Grundsatz der schiedsfreundlichen Auslegung oftmals die Wirksamkeit erhalten, dazu näher in Kap. 6, unter IV.5.b), m. w. N. 255 Zu diesem Zweck des Kontrollinstruments schon oben, am Anfang von 4. Für mögliche Bsp. vgl. Fn. 252. 256 Je umfassender die Klausel den Klauselgegner informiert, desto länger wird sie auch. Da der Klauselverwender im Zweifel ohnehin nicht bereit sein wird, von ihrem Inhalt abzuweichen, lohnt es sich für den Klauselgegner typischerweise nicht, den Aufwand zu betreiben, sie zu lesen und einzupreisen. Ein Ignorieren ist rational. Dazu v. a. in Kap 2. unter I.1., 2. Zu diesem Problem auch noch in Kap. 9, unter III.
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Siebtes Kapitel: Kohärenz der Kontrolle
blendet die Leistungsfähigkeit der einzelnen Kontrollinstrumente vorerst noch aus (vgl. dazu Kapitel 9, III.), bleibt festzuhalten, dass bei Schiedsklauseln eine umfassendere Information erfolgen müsste als bei Rechtswahlklauseln. Bisher fehlen bei Forumswahlklauseln aber generell sowohl in der Rechtsprechung als auch im Schrifttum Ansätze für eine intensivere, über das Bestimmtheitserfordernis hinausgehende Transparenzkontrolle, sei es nun über das nationale AGBRecht oder vereinheitlicht im Rahmen von Art. 25 Brüssel Ia-VO oder Art. II NYÜ.257 Das erscheint angesichts der Kontrollpraxis bei Rechtswahlklauseln und der höheren Gefährdungsstufen nicht kohärent. 5. Abschließende Gesamtschau Bei alledem ist freilich zu beachten, dass die Kontrollinstrumente nicht völlig isoliert voneinander betrachtet und verglichen werden können. So reduzieren z. B. inhaltliche Schranken, ob nun in den vereinheitlichenden Regelwerken selbst oder in Form der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle, die Verzichtsintensität, weshalb auch das Maß an gezeigter Parteiautonomie geringer und dementsprechend z. B. die Einbeziehungskontrolle schwächer ausfallen kann.258 Ein abschließender Blick auf die Kontrolle als Ganzes ist deshalb unerlässlich. Auch er kann allerdings den in den letzten Abschnitten gewonnenen Eindruck der fehlenden Kohärenz nicht beseitigen. Besonders Schiedsklauseln unterliegen trotz der höheren Gefährdungsstufe im Wesentlichen denselben, unter gewissen Umständen sogar geringeren Einbeziehungsvoraussetzungen als Gerichtsstandsklauseln (vgl. 1.), was dann allerdings nicht durch eine verschärfte Inhaltskontrolle kompensiert wird. Die vier Subway-Entscheidungen bewahren zwar Franchisenehmer vor den einschneidenden Folgen einer ihnen diktierten New Yorker Schiedswahl, während vor den Gefahren von Gerichtsstandsklauseln derzeit schlussendlich nur Verbraucher, Versicherungs- und Arbeitnehmer besonders geschützt sind.259 Die besagten Entscheidungen bilden derzeit bei den Schiedsklauseln aber noch klar die Ausnahme und zeugen daher nicht wirklich von höheren inhaltlichen Schranken im b2b-Bereich; im b2c-Bereich fehlt es wiederum an einem Pendant zu Art. 15, 19 Brüssel Ia-VO, nur im arbeitsvertraglichen Bereich 257
Anknüpfungspunkt für eine solche Kontrolle könnte jeweils der Begriff des „agreement“ sein, der schon wegen Art. 6 Abs. 1 EMRK, Art. 47 GRCh einen informed consent beider Seiten voraussetzt. Zur unklaren Konkurrenzsituation allerdings schon oben in Fn. 246. 258 Zu der Gleichung, dass eine kohärente Kontrolle bei einer hohen Verzichtsintensität ein höheres Maß an gezeigter Parteiautonomie fordern sollte, schon a. E. von II.4., zu ersten Folgerungen unter II.5. Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle setzen auf verschiedenen Seiten an, vgl. die Ausführungen unter III.1. und 2. 259 Zum fehlenden inhaltlichen Schutz im b2b-Bereich näher auch noch in Kap. 9, unter IV.
III. Kontrollvergleich
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schränken vor den deutschen Gerichten §§ 4, 101 Arbeitsgerichtsgesetz die Schiedswahl ein (vgl. Art. V Abs. 2 lit. a NYÜ).260 Bei der Kontrolle von Gerichtsstandsklauseln irritieren vor allem Entscheidungen, die in langjährigen Geschäftsbeziehungen eine anfängliche Einigung über die Geltung der Gerichtsstandsklausel bereits aus dem fehlenden Widerspruch des Klauselgegners ableiten und damit im Endeffekt keine höheren Anforderungen stellen als andere an die Einbeziehung von Rechtswahlklauseln. Auch die Forderung nach einer beiderseitigen Unterschrift in der Grundvariante des Art. 25 Brüssel Ia-VO bzw. Art. 23 LugÜ-II macht aus der Kohärenzperspektive wenig Sinn, wenn für die gefährlicheren Schiedsklauseln nach Art. II Abs. 2 NYÜ zumindest im Falle des Schriftwechsels bereits das Namenskürzel oder eine andere Zuschreibungsmöglichkeit genügt (vgl. 1.). Weder erfolgt in langjährigen Geschäftsbeziehungen als Kompensation hierfür eine strengere Inhaltskontrolle von Gerichtsstandsklauseln als von Rechtswahlklauseln (die entsprechenden Schranken beziehen sich vor allem auf den b2c-Bereich, die neuere EuGH-Rechtsprechung dürfte außerdem zukünftig auch Rechtswahlklausel erfassen)261 noch bestehen bei Schiedsklauseln deutlich erhöhte inhaltliche Schranken, die insgesamt zu einer kohärenten Kontrolle führen könnten. Auch die Transparenzkontrolle erfolgt bisher allein bei Rechtswahlklauseln, wo sie die Formulierungsanforderungen erheblich angehoben hat, während eine äquivalente Entwicklung bei den Forumswahlklauseln noch nicht zu beobachten ist (4.). Die Praxis zum AGB-rechtlichen Überraschungsverbot, das bislang ebenfalls nur bei Rechtswahlklauseln zum Einsatz kommt, lässt sich unterdessen in den meisten der entdeckten Fallgruppen rechtsdogmatisch nicht halten und sollte daher so auch nicht in die Bewertung miteinfließen bzw. auf die anderen Klauseltypen übertragen werden (3.). Einschränkend ist zu alledem freilich zu sagen, dass die Einschätzungen in diesem Abschnitt sowie in den vorherigen Bestandsaufnahmen nicht immer auf gefestigten, klar zu erkennenden Rechtsprechungslinien basieren. Oft finden sich zu den Problemstellungen und Fragen höchstens ein oder zwei vergleichbare Entscheidungen, wenn überhaupt. Gleichwohl lässt sich aus dem verfügbaren Fallmaterial häufiger bereits auf bestimmte Tendenzen schließen und auf dieser Basis darüber reflektieren, wie eine – in Bezug auf die Beeinträchtigung des Justizgewährungsanspruchs – kohärent erscheinende Kontrolle aussehen muss. Dazu gehört schlussendlich auch die Frage, wie die entsprechenden Vorgaben in der Praxis tatsächlich durchgesetzt werden. Dieses Thema kann von der Arbeit nicht vertieft werden. Bei den Bestandsaufnahmen fiel aber auf, dass die Kon260 261
Zur nationalen Beschränkungen der Schiedsfähigkeit s.o. kurz auch unter 2. S.o. den Abschnitt 2., v. a. aber Kap. 4 und 5, jeweils den Abschnitt IV.3.
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Siebtes Kapitel: Kohärenz der Kontrolle
trolle von Rechtswahlklauseln gelegentlich im Rahmen von Unterlassungsklageverfahren erfolgt, die von einer Verbraucherschutz- oder sonst kollektiv klagebefugten Organisation initiiert wurden. Für Gerichtsstands- und Schiedsklauseln lässt sich das dagegen bisher noch nicht beobachten.262 Das dürfte nicht zuletzt daran liegen, dass hier in der Praxis vor allem die strengen Einbeziehungsvoraussetzungen aus Art. 25 Brüssel Ia-VO, Art. II NYÜ zum Problem werden, diese sich aber abstrakt – sprich losgelöst vom konkreten Einzelfall – nicht sinnvoll prüfen lassen. Das deutsche UKlaG ermöglicht dementsprechend auch analog dazu keine kollektive Rüge von Verstößen gegen die §§ 305–305c BGB, sondern nur gegen die §§ 307–309 BGB.263 Sollte zukünftig insbesondere die Rechtsprechung aus VKI ./. Amazon auf Gerichtsstands- und Schiedsklauseln übertragen und womöglich sogar noch verschärft werden, kann das die Bedeutung derartiger Verfahren erheblich steigern264 – allerdings nur, wenn dabei der Weg über das nationale AGB-Recht gesucht wird. Verortet man die Transparenzkontrolle stattdessen nämlich abschließend beim Bestimmtheits- oder Konsenserfordernis der Brüssel Ia-VO und des NYÜ, wofür einiges spricht,265 steht diese Möglichkeit zumindest in Deutschland derzeit nicht offen. Schließlich erlauben wohl weder das UKlaG noch z. B. das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) eine Klage auf die Unterlassung solcher Verstöße.266 Die Brüssel Ia-VO und das NYÜ 262 Das LG Heilbronn, 13.4.2006, jurisRn. 24 f., prüft zwar neben einer RwKl auch eine GStKl, erkennt dabei aber nicht, dass diese der Brüssel I-VO und nicht dem dt. IZVR unterliegt. Die Prüfung berücksichtigt deshalb auch nicht deren Vorgaben. Weitere Bsp. für eine Kontrolle von RwKl aus kollektiven Interessen bilden z. B. LG Oldenburg, 11.6.2014 und BGH – Pharmazeutische Beratung, 19.7.2012. Allerdings basiert die wichtige EuGH-Entscheidung Ryanair ./. DelayFix zu GStKl auf einer neueren Form der Sammelklage, nämlich der Klage eines Inkassounternehmens, das zwar im Individualprozess, dafür aber durch Zession gebündelt die ähnlich gelagerten Ansprüche und Rechte von einzelnen Verbraucher durchzusetzen versucht. Näher z. B. Mankowski, Legal Tech, RIW 2021, 397 ff., m. w. N. 263 Vgl. dazu auch Mankowski, Just how free is a free choice of law?, JPIL 2017, 231, 247 („Whether a certain contract exists can only be judged in the individual case and not on an abstract level.“). 264 Der Klauselgegner selbst glaubt dem „Kleingedruckten“ oft und verzichtet daher von vornherein auf eine Klage, sodass die fehlende Regelkonformität der Streitbeilegungsklausel gar nicht erst aufgedeckt und sanktioniert wird. Zur Bedeutung von kollektiven Unterlassungsklagen in dem Kontext u. a. Mankowski (vorige Fn.), 257. Sie verhelfen dem Klauselgegner dann allerdings noch nicht zur Durchsetzung seines individuellen Anspruchs, vgl. hierzu Rott, Rechtsklarheit, Rechtsdurchsetzung und Verbraucherschutz, in: Micklitz et al., Verbraucherrecht 2.0 (2017), 221, 222 ff., insb. 228, 232. Deswegen steigt auch die Bedeutung der Inkasso-Modelle, s.o. Fn. 262. 265 Dazu näher in Kap. 5 und 6, jeweils unter IV.5.a), kurz auch schon oben in Fn. 246. 266 § 1 UKlaG nennt wie bereits gesagt nur die §§ 307–309 BGB. § 2 UKlaG wiederum verlangt, dass „in anderer Weise als durch die Verwendung oder Empfehlung von [AGB]“ gegen Verbraucherschutzvorschriften verstoßen wurde. Nach § 3a UWG kann zwar ein Verstoß
IV. Kohärenz als Aufgabe
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wiederum sehen selbst keine kollektiven Klagebefugnisse vor. Und auch die Ende 2020 verabschiedete neue EU-Richtlinie über Verbandsklagen zum Schutz der kollektiven Verbraucherinteressen führt die Brüssel Ia-VO z. B. nicht in ihrem maßgeblichen Anhang auf.267 Je stärker die Kontrolle von Streitbeilegungsklauseln also aus dem nationalen AGB-Recht auf die europäisch oder international vereinheitlichte Ebene „abwandert“, desto geringer wird die Möglichkeit zur kollektiven Durchsetzung der dortigen Vorgaben – es sei denn, die Regelwerke werden entsprechend angepasst. Das muss bei der Suche nach kohärenten Lösungen im Hinterkopf behalten werden.
IV. Kohärenz als Aufgabe von Gesetzgeber(n), Rechtsprechung und Rechtsdogmatik Die Verantwortung für eine kohärente Kontrolle internationaler Streitbeilegungsklauseln liegt zunächst einmal beim Gesetzgeber bzw. angesichts der derzeit divergierenden Regelungsebenen bei den Gesetzgebern im Plural (vgl. den Kapitel anfang). Neben dem Justizgewährungsanspruch sind bei der Kontrolle zahlreiche weitere subjektive Rechte und öffentliche Interessen zu beachten, die zum Teil kollidieren und dann zu einem möglichst schonenden Ausgleich gebracht werden müssen.268 Diese Aufgabe fällt schon wegen des Demokratieprinzips, das gegen eine Rechtsvorschrift sanktioniert werden, jedoch nur, wenn „die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln“. Weder Art. 25 Brüssel Ia-VO noch Art. II NYÜ zielen soweit ersichtlich auf eine solche Marktverhaltensregulierung ab, sondern dienen dem Individualschutz. Eine Möglichkeit zur kollektiven Klage könnte sich womöglich i.R.d. neu eingeführten Musterfeststellungsverfahren (vgl. §§ 606 ff. ZPO) ergeben, allerdings können auch hier individuelle Anspruchsvssn. und Umstände, die nicht bei der nötigen Mindestzahl an betroffenen Verbrauchern genau gleich vorliegen, nicht berücksichtigt werden. Siehe z. B. Lutz, in: BeckOK-ZPO, § 606 Rn. 16. Es muss sich zudem noch zeigen, welche praktische Bedeutung dem Instrument zukommt. 267 Vgl. die Richtlinie (EU) 2020/1828 des europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2020 über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/22/EG, ABl. EU L 2020 409/1. Sie findet vom 25.6.2023 an Anwendung (vgl. Art. 24 der Richtlinie) und verpflichtet die Mitgliedstaaten, qualifizierten Einrichtungen die Möglichkeit zu geben, Verstöße gegen die im Anh. aufgeführten Vorschriften des Unionsrechts, die die Kollektivinteressen der Verbraucher beeinträchtigen oder zu beeinträchtigen drohen, mit einer Verbandsklage zu ahnden (vgl. insb. Art. 2 der Richtlinie). Dazu gehören z. B. die Fluggastrechte-VO oder auch die Klausel-RL, nicht aber die Rom I- oder Brüssel Ia-VO. Zu diesen wird in der Richtlinie lediglich gesagt, dass ihre Regeln unberührt bleiben (Art. 2 Abs. 3). 268 Das führt zugleich zu einem relativ großen Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum, siehe Fn. 155 in Abschnitt II.4. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf den Justizgewäh-
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Siebtes Kapitel: Kohärenz der Kontrolle
im europäischen Rechtsraum zu den gemeinsamen Grundüberzeugungen gehört (siehe z. B. Art. 2 EUV), in erster Linie der Gesetzgebung zu.269 Die Schaffung einer Gesamtkodifikation, die die Kontrolle von Rechtswahl-, Gerichtsstandsund Schiedsklauseln in einem abschließenden gemeinsamen Regelwerk zusammenfasst, würde ohne Zweifel den Blick für die bestehenden Zusammenhänge schärfen und für abgestimmtere Regeln sorgen, ist realistischerweise aber zumindest in näherer Zukunft nicht zu erreichen.270 Die EU schreckt derzeit generell – auch aus Respekt vor den auf internationaler Ebene mit dem NYÜ gefundenen Lösungen271 – vor einer stärkeren gesetzgeberischen Tätigkeit im Schiedsrechtsbereich zurück, wie zuletzt etwa der Reformprozess zur Brüssel I-VO erneut deutlich vor Augen geführt hat.272 Auf internationaler Ebene wiederum dürfte sich über ein derart umfassendes Abkommen kein Konsens erzielen lassen; zumal wenn die Kontrolle speziell von Schiedsklauseln im Vergleich zur jetzigen Rechtslage aus Kohärenzgründen verschärft werden soll, wie etwa durch ein Unterschrifterfordernis auch in der Variante des Schriftwechsels.273 Hier gehen die Überlegungen im Rahmen der UNCITRAL nämlich schon seit einigen Jahren genau in die entgegengesetzte Richtung, hin zu einer Lockerung der maßgeblichen Formvorgaben.274 Höhere formelle und/oder inhaltliche Vorrungsanspruch und nimmt damit eine eingeschränkte Perspektive bei der Bewertung ein, dazu auch schon am Anfang des Kap., kurz vor I. 269 Vgl. nur Möllers, Die drei Gewalten (2008), insb. S. 144 f., 209 ff. Zum Ausdruck kommt das z. B. auch in der sog. Margin-of-appreciation-Doktrin des EGMR, dazu z. B. Asche, Die Margin of Appreciation (2018), S. 179 ff. Siehe außerdem bereits Fn. 155 in Abschnitt II.4. 270 Ähnlich in Bezug auf eine Fusion von Rom I- und Brüssel Ia-VO G. Rühl/v. Hein, Towards a European Code on PIL?, RabelsZ 79 (2015), 701, 737, 743. Knapp auch Mills, Party Autonomy (2018), S. 527. 271 Vgl. v. a. ErwG 12 der Brüssel Ia-VO sowie den dortigen Art. 73 Abs. 2. Siehe zudem die nächste Fn. 272 Dort hatte sich die Kommission zunächst für eine Rücknahme der Bereichsausnahme aus Art. 1 Abs. 2 lit. d Brüssel I-VO ausgesprochen, war damit aber sowohl beim Rat als auch dem Parlament auf Widerstand gestoßen. Diese wollten u. a. die Funktion des NYÜ nicht gefährden. Im Gesetzgebungsprozess war zumindest aus der (Schieds-)Praxis außerdem Sorge um die Attraktivität als Schiedsstandort geäußert worden. Näher Den Tandt, The Recast of the Brussels I Regulation and Arbitration, Columbia Journal of European Law 2015, 89 ff. Auch die ADR-RL oder ODR-VO haben z. B. zu keiner Regulierung von SchKl auf europ. Ebene geführt, siehe Kap. 6, III. Dabei wäre die Kompetenz dafür wohl zumindest im grenzüberschreitenden Bereich vorhanden, vgl. Art. 81 Abs. 2 lit. a, e, g AEUV und Eichstädt, Der schiedsrechtliche Acquis communautaire (2013), S. 88 ff. 273 Das war oben unter III.1. angedacht worden, um SchKl einer strengeren Einbeziehungskontrolle zu unterwerfen als GStKl und so der höheren Gefährdungsstufe nach dem hiesigen Modell Rechnung zu tragen. 274 Siehe nur Art. 7 des 2006 verabschiedeten UNCITRAL-Modellgesetzes, das in Option 1 gewisse Erleichterungen vorsieht und in Option 2 sogar ganz auf das Schriftformerfordernis
IV. Kohärenz als Aufgabe
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gaben für Schiedsklauseln schränken zudem deren Wirksamkeit ein und laufen damit dem generellen Trend entgegen, die Schiedsgerichtsbarkeit zu fördern.275 Auf nationaler Ebene macht eine Gesamtkodifikation zuletzt wenig Sinn. Zum einen lässt sich so allenfalls eine kohärentere Kontrolle in dem entsprechenden Mitgliedstaat erreichen,276 was die Situation im europäischen Rechtsraum insgesamt nicht verbessert. Zum anderen bleibt ein solches Regelwerk ohne die Streichung insbesondere von Art. 3 Rom I-VO, Art. 25 Brüssel Ia-VO weitgehend bedeutungslos. Schließlich kommt das mitgliedstaatliche Recht im Mehr ebenen-System nur noch insofern zur Anwendung, als keine vorrangigen europäischen Regeln bestehen.277 Zumindest mittelfristig liegt der aussichtsreichere Weg zu mehr Kohärenz damit nicht in der Schaffung einer Gesamtkodifikation, sondern in der gezielten Überarbeitung der bisher bestehenden, einzelnen Regelwerke. Hier stellt sich beim NYÜ freilich erneut das Problem, dass eine Verschärfung der dortigen Vorgaben unter den Vertragsstaaten voraussichtlich keinen Konsens finden wird. Ein Alleingang innerhalb der EU würde wiederum die weltweite Anerkennungs- und Vollstreckungsfähigkeit der in ihr ergangenen Schiedssprüche gefährden, was bei einer ausreichenden Legitimierung des Verzichts auf eine staatliche Justiz durch Erkenntnis nicht im Sinne der Rechtsdurchsetzung ist.278 Eine europäische Variante des NYÜ, die an dessen Stelle tritt, stellt deshalb keine erstrebenswerte Alternative dar. Die EU sollte jedoch die Möglichkeit ergreifen, in den Bereichen, verzichtet. Näher u. a. Mankowski, Die Schriftform des Art. II (2) UNÜ, FS Kronke 2020, 1475 ff.; Scherer, Article II(2) of the New York Convention, FS Kronke 2020, 1543 ff. 275 Vgl. nur Ferrari/Rosenfeld, Mehr Freiheit wagen in der int. Handelsschiedsgerichtsbarkeit, FS Basedow 2017, 369, 388 f. und Wagner, Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb (2017), S. 114, 151 sowie exemplarisch zu der entsprechenden Zielsetzung des Schweizer Schiedsrechts EGMR – Mutu and Pechstein v. Switzerland, 2.10.2018, n° 40575/10 u. a., insb. Rn. 97. 276 Allerdings auch nur, wenn die Anwendbarkeit der Regeln kollisionsrechtlich abgesichert wird. Das Schiedsvereinbarungsstatut folgt nämlich grdsl. der Rechtswahl der Parteien, ansonsten dem Schiedsort (vgl. Kap. 6, unter III.2.); die Schiedsfähigkeit dem Personalstatut bzw. der lex fori und/oder dem Schiedsstatut (teils streitig, vgl. Kap. 6, III.1. Fn. 81, IV.2. Fn. 157). 277 Grundlegend zum entsprechenden Vorrang des Unionsrechts EuGH – Costa/E.N.E.L., 15.7.1964, Rs. C-6/64, Slg. 1964, 1259, 1269 ff. Unter vielen z. B. auch Ruffert, in: C. Calliess/ ders., Art. 1 AEUV Rn. 16 ff. 278 Machen die Mitgliedstaaten die Anerkennung von strengeren Vssn. abhängig als sie das NYÜ vorsieht, verletzen sie damit ihre Pflicht aus dem völkerrechtlichen Abkommen (vgl. insb. Art. II, V NYÜ, zu den nicht geregelten Bereichen jedoch sogleich). Andere Staaten könnten deshalb im Falle eines Gegenseitigkeitsvorbehalts davon absehen, Schiedssprüchen aus dem europ. Rechtsraum die Anerkennung zu gewähren. Das erschwert es der siegreichen Partei, das mit dem Schiedsspruch zuerkannte Recht durchzusetzen. Sie dürfte im Wege der SchKl auch nicht auf diese Teilgarantie ihres Justizgewährungsanspruchs verzichtet haben.
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Siebtes Kapitel: Kohärenz der Kontrolle
die von dem NYÜ nicht geregelt sind, zukünftig stärker gesetzgeberisch aktiv zu werden, um wenigstens innerhalb des europäischen Rechtsraums für eine kohärentere Kontrolle internationaler Streitbeilegungsklauseln zu sorgen.279 So könnte insbesondere über eine Verschärfung der inhaltlichen Schranken der bisher (inkohärenterweise) fehlende Abstand zwischen der Einbeziehungskontrolle von Gerichtsstands- und Schiedsklauseln kompensiert werden.280 Schon jetzt besteht in manchen Mitgliedstaaten z. B. ein Verbot von Verbraucherschiedsklauseln,281 andere schränken die Schiedsfähigkeit von bestimmten Handelsvertreterstreitigkeiten ein.282 Beides ist nach wie vor möglich, da das NYÜ insofern keine eigenen Schranken festlegt, sondern die Grenzziehung den einzelnen Vertragsstaaten überlässt.283 Ein nationales Vorgehen beseitigt jedoch wie gesagt höchstens Inkohärenzen in dem entsprechenden Mitgliedstaat und sorgt zudem für Rechtsunsicherheit. Schließlich hängt die inhaltliche Kontrolle dann je nach entscheidendem Gericht (und anwendbarem Kollisionsrecht) von verschiedenen Voraussetzungen ab.284 Will man diese folglich einheitlich auf der europäischen Ebene verschärfen, bietet sich hierzu im Verbraucherbereich vor allem eine Präzisierung von lit. q des Anhangs zur Klausel-RL oder eine Erweiterung von Art. 19 Brüssel Ia-VO an.285 Im b2b-Bereich müsste dagegen entweder eine Spezialregel ge279
Zur Kompetenz, aber derzeitigen Zurückhaltung der EU schon in und bei Fn. 272. Für eine europ. Regulierung auch u. a. Hess, EuZPR (1. Aufl., 2010), S. 259 ff. und Schack, IZVR (2021), Rn. 1391, die allerdings beide dabei anscheinend auch Fragen, die schon vom NYÜ behandelt werden, einbeziehen wollen. Näheres zu dessen Reichweite in Kap. 6, unter III.1. und IV. 280 Zu diesem möglichen Zusammenspiel generell schon III.5. sowie zum fehlenden Abstand III.1. 281 So können z. B. nach § 617 Abs. 1 österr. ZPO Schiedsvereinbarungen im b2c-Bereich nur nachträglich geschlossen werden, was AGB praktisch weitestgehend ausschließt. Gleiches gilt nach dem dänischen (vgl. § 7 Abs. 2 des Lov om voldgift) und schwedischen Schiedsrecht (vgl. § 6 des 2019 reformierten Lag om skiljeförfarande). Teilweise wurde auch lit. q des Anh. zur Klausel-RL als Verbot umgesetzt, vgl. Kap. 6, IV.3.b). 282 So anscheinend Italien, vgl. Ferrari/Rosenfeld, Mehr Freiheit wagen in der int. Handelsschiedsgerichtsbarkeit, FS Basedow 2017, 369, 378, und Belgien, siehe Kröll, The “Arbitrability” of Disputes Arising from Commercial Representation, in: Mistelis/Brekoulakis, Arbitra bility (2009), 317, 330 ff. und Wautelet, Arbitration of Distribution Disputes Revisited, FS van Houtte 2012, 217 ff. 283 Siehe schon Kap. 6, unter III.1., IV.3.a). 284 Generell zur Unsicherheit, die sich aus divergierenden nat. Kontrollvorschriften ergibt, schon in Kap. 1 sowie ausführlich noch in Kap. 8. Eine Harmonisierung könnte diese Unsicherheit grdsl. beseitigen, allerdings ist zweifelhaft, dass sich selbst innerhalb des europ. Rechtsraums in allen Fragen Einigkeit erzielen lässt. Das zeigt bereits die unterschiedliche Umsetzung von lit. q des Anh. zur Klausel-RL (vgl. Fn. 281). 285 Siehe allerdings die vorige Fn. Art. 19 Brüssel Ia-VO gilt derzeit nur für GStKl (vgl. u. a. III.2.). Selbst wenn man ihn auf SchKl erstreckt, zöge deren Kontrolle damit zudem letztlich im
IV. Kohärenz als Aufgabe
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schaffen oder ebenfalls die Brüssel Ia-VO ergänzt werden. Hier hat indes erst vor wenigen Jahren eine Reform stattgefunden, bei der sich sowohl der Rat als auch das Parlament gegen eine Rücknahme der Bereichsausnahme für die Schiedsgerichtsbarkeit gewendet haben.286 Mit derartigen Änderungen ist daher in nächster Zeit ebenso wenig zu rechnen wie mit einer Überarbeitung der dort geregelten Vorgaben für die Kontrolle von Gerichtsstandsklauseln, die die Reform ebenfalls überwiegend unberührt gelassen hat.287 Gerade in diesem Bereich lassen sich viele Inkohärenzen allerdings bereits jetzt im Wege der Auslegung der aktuell gültigen Textfassung korrigieren. So spricht die Brüssel Ia-VO etwa in Art. 25 Abs. 1 S. 3 lit. a relativ neutral davon, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung „schriftlich“ getroffen werden muss. Das lässt Raum, insofern – wie auch teils bereits in der Rechtsprechung geschehen – allein die textliche Fixierung der Gerichtsstandswahl genügen zu lassen, sofern eine entsprechende Einigung feststeht.288 Eine beiderseitige Unterschrift ist dann bei Vertragsurkunden nur noch für die Einbeziehung von Schiedsklauseln nötig, die nach dem Stufenmodell auch strenger kontrolliert werden müssen. Um in der anderen Richtung den nötigen Abstand zur Kontrolle von Rechtswahlklauseln zu wahren, reicht es z. B. wiederum, den schon jetzt zu Art. 25 Abs. 1 S. 3 lit. b Brüssel Ia-VO vertretenen restriktiveren Rechtsprechungspositionen zu folgen und dort stets wenigstens eine ausdrückliche anfängliche Einigung über die Gerichtsstandswahl zu verlangen.289 Solche Kohärenzerwägungen bzw. Seitenblicke auf die Anforderungen an die anderen Streitbeilegungsklauseltypen spielen in der Rechtsprechung jedoch bisher soweit ersichtlich weder für die Auslegung und Anwendung der Brüssel Ianoch der Rom I-VO oder des NYÜ eine Rolle.290 Das verwundert besonders auf Verbraucherbereich lediglich mit der von GStKl gleich, obwohl SchKl auf einer höheren Gefährdungsstufe stehen (vgl. II.1. und 2.). Um den nötigen, kohärenten Abstand zu schaffen, müsste das Verbot bei GStKl gelockert werden oder über eine Kompensation über eines der anderen Kontrollinstrumente nachgedacht werden. 286 S.o. bei und in Fn. 272. 287 Neu ist, dass die Wirksamkeit von ausschließlichen GStKl bei Parallelverfahren vorrangig vom prorogierten Gericht zu prüfen ist (Art. 31 Abs. 2 Brüssel Ia-VO) und sich die materielle Nichtigkeit nach dem dort geltenden Recht richtet (Art. 25 Abs. 1 S. 1 a. E. Brüssel Ia-VO). Viele Details sind hier allerdings noch unklar, weshalb die genauen Auswirkungen der Reform auf die Kontrollvorgaben abzuwarten sind. Näheres in Kap. 5, insb. unter III.3. und IV.3.a). 288 Siehe III.1. sowie die Analyse in Kap. 5, unter IV.2.c). 289 Z.T. wird davon abweichend bereits eine konkludente Zustimmung bzw. ein Rückschluss hierauf aus dem späteren Verhalten oder der Branchenüblichkeit der verwendeten AGB für ausreichend gehalten, was i.E. den Anforderungen an die Einbeziehung von RwKl entspricht, s.o. III.1. Andere Entsch. fordern jedoch stets eine ausdrückliche anfängliche Einigung, siehe Kap. 5, IV.2.e)aa). Die Frage ist noch nicht abschließend geklärt. 290 Der EuGH betont zwar generell, dass bei der Auslegung der Rom I- und Brüssel Ia-VO
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Siebtes Kapitel: Kohärenz der Kontrolle
AG- oder LG-Ebene nicht. Schließlich haben hier die Rechtsprechungsanalysen gezeigt, dass es den Gerichten oft schon schwerfällt, überhaupt zu erkennen, dass es für die konkrete Kontrolle auf eines der vorgenannten Regelwerke ankommt. Von ihnen neben deren Anwendung nun auch noch einen intradisziplinären Vergleich zu verlangen, ginge an der Wirklichkeit des instanzgerichtlichen Zivilverfahrens vorbei.291 Spätestens auf der Ebene der Revision, also bei einer Entscheidung durch den BGH, oder im Falle einer Vorlage an den EuGH werden solche Betrachtungen aber erwartbarer. Denn die Verantwortung für eine kohärente Kontrolle liegt letztlich nicht nur bei dem oder den Gesetzgeber(n), sondern auch den Gerichten. Sie müssen ebenfalls für eine – nicht zuletzt mit Blick auf andere Fälle – möglichst widerspruchsfreie, stimmige Kontrolle internationaler Streitbeilegungsklauseln sorgen.292 Dem mag man zwar auch auf höchstrichterlicher Ebene praktische Probleme wie eine fehlende Spezialisierung oder erneut die mögliche Überlastung entgegenhalten,293 insbesondere aus Sicht der betroffenen Parteien kann das aber keine überzeugende Begründung dafür liefern, dass die Kontrolle im europä auf einen Gleichlauf zu achten ist, sofern insb. die abweichenden Zielsetzungen dem nicht entgegenstehen (s.o. schon eingangs Fn. 9), speziell im Bereich der Kontrolle int. Streitbeilegungsklauseln finden solche Kohärenzerwägungen oder ein Vergleich zwischen den Regeln für RwKl und GStKl bisher aber noch nicht ersichtlich statt. Auch EuGH – Ryanair ./. DelayFix, 18.11.2020, Rs. C-519/19, etwa geht als Entsch. zur Kontrolle von GStKl anhand der Klausel-RL an keiner Stelle auf seine Vorentsch. aus EuGH – VKI ./. Amazon, 28.7.2016, Rs. C-191/15, ein, wo es um die Kontrolle von RwKl anhand der Klausel-RL ging. 291 Das Gericht sieht sich zum einen mit gewissen Erledigungs„erwartungen“ oder teils sogar disziplinierenden Vorgaben von Seiten des Präsidiums konfrontiert (vgl. nur BGH, 7.9.2017, zur Beschwerde eines Richters), zum anderen schuldet es den Parteien eine zügige Entsch. (justice delayed, is justice denied, vgl. I.). Ein Vergleich der Kontrolle in den verschiedenen Rechtsgebieten ist nicht nur aufwendig, sondern setzt zudem gewisse, vertiefte Kenntnisse voraus, die oft – auch angesichts der generalistischen Ausbildung und späteren Einsatzweise in der Justiz – nicht vorhanden sind. Die Spezialisierung bestimmter Gerichte auf int. Handelsstreitigkeiten kann zu einer Besserung beitragen, allerdings nicht flächendeckend und im ausreichenden Maße. 292 Ähnlich v. a. Gsell, Zivilrechtsanwendung im Europ. Mehrebenensystem, AcP 214 (2014), 99, 130 ff. (These 14), dort allerdings zur kohärenten Anwendung von europ. und nat. Sachrecht. Siehe generell auch schon die Einl. am Kap.anfang. 293 Vgl. z. B. Düsterhaus, Konstitutionalisiert der EuGH das IPR und IZVR?, ZEuP 2018, 10, 30, der es für „zu viel verlangt“ hält, „vom Gerichtshof zu erwarten, im Rahmen der ca. 30 spezifischen Rechtssachen, die er jährlich aus dem weiten Bereich des IPR/IZVR zu bearbeiten hat, die nur 4 % des Eingangs ausmachen und von wechselnden Berichterstattern und Generalanwälten in unterschiedlichen Kammern betreut werden, einen kohärenten konstitutionellen Rahmen zu entwickeln.“ Zum generalistischen Ansatz des EuGH Yüksel, An Analysis of the Effectiveness of the EU Institutions in Making and Interpreting EU PIL Regulations, in: Beaumont et al., Cross-Border Litigation in Europe (2017), 35, 50.
IV. Kohärenz als Aufgabe
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ischen Rechtsraum inkohärent bleibt. Ist die Rechtsprechung nicht zu einer adäquaten Prüfung (und Systematisierung) in der Lage, muss über institutionelle Reformen und eine bessere Ausstattung nachgedacht werden.294 Es ist kein Grund, das Ziel der Kohärenz aufzugeben und den Betroffenen unstimmige Lösungen zuzumuten. Gleichwohl liegt hier sicherlich eine Schwierigkeit, die nicht „wegidealisiert“ werden kann. Umso wichtiger ist es, dass auch die Rechtsdogmatik wieder verstärkt ihrer Aufgabe nachkommt, die bestehenden Rechtssätze und -praxen zu ordnen und zu einem sinnvollen Ganzen zusammenzufügen.295 Derzeit trennt das Schrifttum jedoch noch stark zwischen kollisions-, zuständigkeits- und schiedsrechtlichen Fragen und konzentriert sich damit immer nur auf einen, höchstens einmal auf zwei der verschiedenen Streitbeilegungsklauseltypen.296 Selbst Autoren, die in mehreren der betroffenen Rechtsgebiete publizieren, blicken selten auf die Kontrolle insgesamt oder begnügen sich nur mit allgemeineren Feststellungen.297 Gerade eine vertiefte, klauselübergreifende Untersuchung der einzelnen, oft vergleichbaren Problemen und Fragen kann der RechtspreMit verschiedenen Vorschlägen bzgl. des EuGH u. a. Basedow, Der EuGH und das Privatrecht, AcP 210 (2010), 157, 191 f.; G. Rühl/v. Hein, Towards a European Code on PIL?, RabelsZ 79 (2015), 701, 747 f.; Maultzsch, Rechtsprechungsvereinheitlichung im Europ. Privatrecht, ZfPW 2015, 282, 304 ff. Vgl. aber auch Yüksel (vorige Fn.), 50 f., zum teilweisen Widerstand innerhalb des EuGH. 295 Zu dieser Aufgabe u. a. Ackermann, Sektorielles EU-Recht und allgm. Privatrechtssystematik, ZEuP 2018, 741 ff.; Bumke, Rechtsdogmatik, JZ 2014, 641, ibd.; Jansen, Dogmatik, Erkenntnis und Theorie im europ. Privatrecht, ZEuP 2005, 750, v. a. 753 ff., 768; Mansel, Privatrechtsdogmatik und IPR, FS Canaris 2017, 739, insb. 740 f. sowie speziell im Kontext mit der Kohärenz von IPR und IZVR Basedow, Kohärenz im Int. Privat- und Verfahrensrecht der EU, in: v. Hein/G. Rühl, Kohärenz (2016), 3, 4 – alle m. w. N. 296 Siehe schon Fn. 1. Als wichtige Ausnahme neben Mills, Party Autonomy (2018), v. a. Briggs, Agreements on Jurisdiction and Choice of Law (2008), allerdings wird im angloamerikanischen Rechtsraum ohnehin bereits begrifflich weniger stark abgegrenzt als z. B. im dt., ital. und span. Rechtsraum, siehe dazu Mankowski, Über den Standort des Int. Zivilprozessrechts, RabelsZ 82 (2018), 576 ff., dort auch instruktiv zu den Perspektiv- und Denkunterschieden zwischen Kollisions- und Prozessrechtlern; das int. Schiedsrecht bildet ihm zufolge wiederum „[e]in Kapitel für sich“ (a. a. O., 595). Eine klauselübergreifende Arbeit oder auch nur kürzere Betrachtung zur AGB-Kontrolle aller drei Streitbeilegungsklauseltypen fehlt bislang. 297 Vgl. z. B. Mankowski, Int. Zuständigkeit und anwendbares Recht, FS Heldrich 2005, 867 ff., der sich dort viel mit den generellen Grundsätzen und objektiven Regeln beschäftigt und wenig direkte Vergleiche zwischen den Streitbeilegungsklauseln und ihrer gerichtlichen Kontrolle zieht. Und auch z. B. Geimer, der sich in zahlreichen Beiträgen mit Themen aus allen drei Rechtsbereichen auseinandersetzt (vgl. nur das hiesige Literaturverzeichnis), arbeitet kaum klauselübergreifend. Coester-Waltjen, Einige Überlegungen zum Gebot der übergreifenden systematischen Auslegung, IPRax 2020, 385, 386, wiederum klammert in ihrem Beitrag zur kohärenten Auslegung der Rom I- und Brüssel Ia-VO die Rechts- und Forumswahl von vornherein aus. 294
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Siebtes Kapitel: Kohärenz der Kontrolle
chung aber große Hilfestellung dabei leisten, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Die Rechtsdogmatik muss die Gerichte (und den bzw. die Gesetzgeber) insofern zukünftig stärker unterstützen und deshalb häufiger intradisziplinär denken und arbeiten.298
298 Zu dieser Entlastungsfunktion der Rechtsdogmatik gegenüber der Rspr. insb. Jansen, Dogmatik, Erkenntnis und Theorie im europ. Privatrecht, ZEuP 2005, 750, 779. Die Forderung nach einer intradisziplinären Forschung ist zugegebenermaßen keinesfalls neu, sondern wird auch in letzter Zeit verstärkt gestellt, bisher allerdings noch nicht mit Blick auf die Kontrolle von Streitbeilegungsklauseln. Für das IPR und IZVR generell nachdrücklich u. a. G. Rühl, Protection of Weaker Parties, JPIL 2014, 335, 358: „For the future this finding requires us – European scholars and European law-makers – to leave the confines of individual regulations and individual legal fields and to look at the underlying problems from a more principled, holistic perspective. Only if we accept – and overcome – this challenge, will EU private international law grow into a coherent and consistent body of laws“, ähnlich auch dies./v. Hein, Towards a European Code on PIL?, RabelsZ 79 (2015), 701, 745 f. oder z. B. Basedow, Kohärenz im Int. Privat- und Verfahrensrecht der EU, in: v. Hein/G. Rühl, Kohärenz (2016), 3, 5. Der entsprechende, von G. Rühl und v. Hein hrsg. Sammelband bildet zugleich ein gutes Bsp. für solche intradisziplinäre Forschung, ist aber auf das IPR und IZVR beschränkt und nimmt RwKl und GStKl zudem ebenfalls nur begrenzt in den Blick (vgl. v.a den Beitrag von Maultzsch, Parteiautonomie im IPR und IZVR, a. a. O.).
Achtes Kapitel
Weder Rechtssicherheit... Internationale Verträge weisen per definitionem Bezüge zu mehreren Staaten auf,1 weshalb im Voraus schwer gesagt werden kann, auf welchen rechtlichen Rahmen es später bei einem etwaigen Streit über ihre Gültigkeit oder ihren Inhalt ankommt. Streitbeilegungsklauseln sollen hier die nötige Gewissheit schaffen, indem sie von vornherein festlegen, welches staatliche oder private forum zur Entscheidung berufen und welches Recht vor diesem anwendbar ist.2 Das können sie jedoch nur, wenn sie in einem tatsächlichen, gegebenenfalls auch abredewidrig eingeleiteten Gerichtsverfahren der dortigen Kontrolle standhalten.3 Die Bestandsaufnahmen aus dem zweiten Teil haben jedoch gezeigt, dass das im Untersuchungszeitraum oft gerade nicht der Fall ist. Rechtswahl und Gerichtsstandsklauseln scheitern in über der Hälfte der analysierten deutschen Entscheidungen an der gerichtlichen Kontrolle, Schiedsklauseln sogar noch häufiger.4 Das ist vor allem dann ein Problem, wenn die hierbei zum Zuge kommenden Kontrollvorgaben und -standards nicht von Beginn an klar und vorhersehbar sind. Denn sonst könnten sich die Parteien bzw. bei AGB der Klauselverwender auf sie einstellen und die Streitbeilegungsklauseln so gestalten und in die Vertragsbeziehung einführen, dass sie diese erfüllen und im Ernstfall zuverlässig von Bestand bleiben. Bereits das dritte Kapitel hatte die Vermutung geäußert, dass sich insofern vor allem die Offenheit und Pluralität des nationalen AGB-Rechts sowie dessen fehlende Abstimmung speziell auf Streitbeilegungsklauseln als erhebliche UnsiVgl. nur G. Calliess, Grenzüberschreitende Verbraucherverträge (2006), S. 24 ff., 85 f. Zu dieser Funktion von Streitbeilegungsklauseln sowie dem staatlichen Ziel, durch deren Anerkennung die Transaktions- und Rechtssicherheit bei int. Verträgen zu steigern, v. a. schon in Kap. 1. 3 Diese Arbeit untersucht nur die Kontrolle von int. Streitbeilegungsklauseln vor den mitgliedstaatlichen, insb. den dt. Gerichten, die Kontrolle in Schiedsverfahren bleibt ausgeklammert. 4 Von den 86 Entsch., die die Analysekriterien aus Kap. 4, IV.1. erfüllen, lehnen nach der Kontrolle 52 eine Anerkennung der geltend gemachten RwKl ab; bei GStKl sind es 55 von 90; bei SchKl 48 von 69, wobei der Klauselgegner in 2 weiteren Entsch. mit seinen Einwänden präkludiert ist. Für eine Übersicht vgl. die Anh. 2, 4 und 6. Näheres in den jeweiligen Kap. des zweiten Teils. 1
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Achtes Kapitel: Weder Rechtssicherheit...
cherheitsquellen erweisen. Auch im komplizierten Verhältnis zu den parallel dazu bestehenden, vorrangigen europäischen bzw. internationalen Regelwerken des IPR, IZVR und Schiedsrechts wurde eine mögliche weitere Quelle für entsprechende „Kontrollunsicherheit“ gesehen. Die Befunde des zweiten Teils bestätigen diese Thesen nun größtenteils. So führt das Nebeneinander von Rom I-, Brüssel Ia-VO, NYÜ und nationalem AGB-Recht immer noch – trotz zahlreicher Entscheidungen und rechtsdogmatischer Debatten – dazu, dass bei der Kontrolle bereits unsicher ist, was denn überhaupt die maßgebliche Rechtsquelle bildet (I.). Kommt man diesbezüglich zu dem Ergebnis, dass eine bestimmte Kontrollfrage nach wie vor dem nationalen AGB-Recht unterliegt, muss wegen dessen bisher nur rudimentär erfolgten Harmonisierung anschließend geklärt werden, welches AGB-Recht genau heranzuziehen ist. Hier stellt sich häufig das Problem, dass der Anknüpfungsvorgang sehr komplex gerät und je nach forum und Frage zu verschiedenen Ergebnissen führt bzw. umstritten ist (II.). Hat man schließlich trotz der entsprechenden Unsicherheit die einschlägigen Kontrollvorschriften identifiziert, sieht man sich tatsächlich regelmäßig mit offenen Rechtsbegriffen und Generalklauseln konfrontiert,5 deren konkrete Vorgaben sich nicht sofort bis ins nötige Detail erschließen. Dieses Problem betrifft allerdings nicht nur das nationale AGB-Recht (wie schon im dritten Kapitel vermutet), sondern auch so manche Vorgabe aus der Rom I-, Brüssel Ia-VO oder dem NYÜ. Fehlt es an einer gefestigten Rechtsprechung, wie diese auszulegen und zu handhaben sind, steigt die Kontrollunsicherheit noch weiter (III.). All das führt letztlich gerade in der Kombination dazu, dass selbst innerhalb des europäischen, zum Teil vereinheitlichten Rechtsraums aktuell nicht wirklich verlässlich gesagt werden kann, welche Anforderungen internationale Streitbeilegungsklauseln konkret erfüllen müssen. Schwebt über ihnen aber jederzeit das „Damoklesschwert“ der gerichtlichen Kontrolle und Nichtanerkennung, schaffen sie nicht die Transaktions- und Rechtssicherheit, wegen derer sie bei internationalen Verträgen gerade (auch)6 verwendet werden. Um diesem Missstand abzuhelfen, ist zunächst an gesetzgeberische Maßnahmen zu denken. Doch auch die Rechtsprechung und Rechtsdogmatik sind erneut – wie schon hinsichtlich einer kohärenteren Kontrolle – gefordert (IV.).7 5
Die genaue Definition und Abgrenzung zwischen offenen Rechtsbegriffen und Generalklauseln ist streitig, für diese Arbeit aber ohne Bedeutung. Näher z. B. Schillig, Konkretisierungskompetenz und Konkretisierungsmethoden im Europ. Privatrecht (2009), S. 109 ff. 6 Einen wichtigen weiteren Grund bildet bei AGB sicherlich die Übervorteilung des Klauselgegners, zu der entsprechenden Gefahr allgm. schon in Kap. 2 sowie speziell in Bezug auf Streitbeilegungsklauseln in Kap. 4–6, jeweils v. a. unter II. Siehe außerdem noch Kap. 9. 7 Auch Diskrepanzen zwischen der Kontrolle von RwKl, GStKl und SchKl, die sich nicht mit wesentlichen Unterschieden zwischen den Streitbeilegungsklauseln erklären lassen,
I. Unsichere Konkurrenz
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I. Unsichere Konkurrenz Schon das erste Kapitel hatte erläutert, dass sich die (konstitutionelle) Unsicherheit bei internationalen Verträgen darüber, ob und wie diese gegebenenfalls erfolgreich durchzusetzen sind, verringern lässt, indem der maßgebliche Rechtsrahmen hierfür international oder zumindest europäisch vereinheitlicht wird.8 Das gilt so nicht nur in Bezug auf die dort zunächst in den Blick genommenen schuldrechtlichen (Haupt-)Verträge, sondern ebenso für Streitbeilegungsklauseln, bei denen später genauso Streit über die Gültigkeit oder den Inhalt entstehen kann.9 Die Kapitel 4 bis 6 haben jedoch vor Augen geführt, dass deren Kontrolle bis jetzt weder auf der internationalen noch auf der europäischen Ebene umfassend und abschließend harmonisierend geregelt ist. Sowohl die Rom I- als auch die Brüssel Ia-VO sowie das NYÜ lassen zahlreiche Fragen offen oder verweisen für diese sogar explizit auf das nationale Recht.10 Das ist an sich nicht weiter problematisch, solange denn die genaue Abgrenzung klar ist. Alle drei Kapitel mussten aber feststellen, dass hier in vielen Bereichen nach wie vor große Unsicherheit herrscht. Bei Rechtswahl- und Gerichtsstandsklauseln etwa war an sich schon annähernd gefestigt, dass im Anwendungsbereich der Rom I- und Brüssel Ia-VO eine zusätzliche Inhaltskontrolle anhand des nationalen AGBRechts ausscheidet.11 Insbesondere die EuGH-Entscheidungen VKI ./. Amazon von 2016 und Ryanair ./. DelayFix von 2020 (ebenso wie die 2015 neu eingefügte Verweisung in Art. 25 Abs. 1 S. 1 a. E. Brüssel Ia-VO) schüren daran aber nun wieder Zweifel. Schließlich spricht der EuGH in den besagten Entscheidungen schränken die Rechtssicherheit ein. Hierauf wurde allerdings bereits im vorigen Kap. ausführlich eingegangen, weshalb sich dieses Kap. auf die Probleme beschränkt, die im zweiten Teil klauselübergreifend, für alle drei Bereiche zu beobachten waren. 8 Die konstitutionelle Unsicherheit beruht v. a. auf der Territorialität und Pluralität des Rechts, weshalb eine Vereinheitlichung Abhilfe schaffen kann. Näher hierzu, auch zu den Nachteilen und Hürden in Kap. 1, I., II. 9 Ähnlich, wenn auch mit anderer Zielrichtung I. Jarass, Privates Einheitsrecht (2019), S. 27 und Mankowski, Europ. IPR und IZPR im Lichte der ökonomischen Analyse, in: Ott/ Schäfer, Vereinheitlichung (2002), 118, 125 f. 10 Siehe insb. Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO, Art. 25 Abs. 1 S. 1 a. E. Brüssel Ia-VO und Art. V Abs. 1 lit. a, Abs. 2 lit. a NYÜ. Näheres zu den Lücken sowie der verbleibenden Bedeutung des nat. Rechts jeweils in den Abschnitten III. und IV. der Kap. 4–6. I. Jarass (vorige Fn.), S. 29, betont in dem Kontext zudem zu Recht, dass GStKl zugunsten drittstaatlicher Gerichte von der Brüssel Ia-VO ausgenommen sind. Hier bestimmt sich die staatliche Anerkennung daher immer noch nach vollkommen autonomen, potenziell divergierenden Regeln (str., siehe Kap. 5, III.1.). 11 Zumindest sah das die herrschende Meinung in der Literatur und Rspr. so, die Zahl der Gegenstimmen besonders aus der Praxis war sehr gering, vgl. Kap. 4, IV.3., Kap. 5, IV.3.a), dort aber auch bereits zu den Entwicklungen aus der jüngeren Zeit (dazu auch kurz sogleich).
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unter anderem davon, dass sich die Missbräuchlichkeit einer Rechtswahlklausel nach Art. 3 Klausel-RL „insbesondere“ aus deren Formulierung ergeben könne.12 Das suggeriert, dass daneben auch weitere, inhaltliche Gründe für eine AGB-rechtlich begründete Versagung der Anerkennung von Rechtswahlklauseln ins Feld geführt können; die Inhaltskontrolle von der Rom I-VO also womöglich doch nicht gesperrt ist.13 Gerichtsstandsklauseln unterwirft der EuGH wiederum direkt – ohne jegliche Erklärung oder Auseinandersetzung mit der starken Gegenauffassung – einer Inhaltskontrolle anhand der Klausel-RL und spricht sich zudem relativ deutlich für ihre Unwirksamkeit aus. Dabei knüpft er zuvor an die besagte Neufassung von Art. 25 Abs. 1 Brüssel Ia-VO an.14 Dieser unterstellt die „materielle Nichtigkeit“ von Gerichtsstandsklauseln seit der Reform explizit dem Recht desjenigen Mitgliedstaats, dessen Gericht oder Gerichte in ihnen benannt werden (lex fori prorogati).15 Neben der Inhaltskontrolle anhand der Klausel-RL – wie im Urteil des EuGH – kommen über diese Verweisung zukünftig womöglich noch weitere nationalen Vorschriften zur Anwendung, die dann so gegebenenfalls nicht in allen AGB-Rechtsordnungen vorgesehen sind und die mit der Brüssel Ia-VO eigentlich angestrebte Vereinheitlichung und Rechtssicherheit im europäischen Rechtsraum schwächen.16 Während speziell der Inhaltskontrolle von Gerichtsstandsklauseln in der Literatur freilich noch vergleichsweise große Aufmerksamkeit geschenkt und deshalb immerhin intensiv über die entsprechende Problematik und Konkurrenz nachgedacht wird, kommen andere Kontrollinstrumente dort bisher kaum vor. So findet eine Diskussion über die Anwendbarkeit des AGB-rechtlichen Überraschungsverbots bisher nahezu überhaupt nicht statt, obwohl es bei Rechtswahlklauseln das praktisch mit am bedeutendste Kontrollinstrumente bildet.17 Und auch die AGB-rechtliche Transparenzkontrolle, deren Relevanz vor allem infol-
EuGH – VKI ./. Amazon, 28.7.2016, Rs. C-191/15, Rn. 68. Näher Kap. 4, IV.3.b). 14 EuGH – Ryanair ./. DelayFix, 18.11.2020, Rs. C-519/19, Rn. 48 ff. Ausführlich in Kap. 5, III.3., IV.3. 15 Zur unsicheren Einordnung als Gesamt- oder Sachrechtsverweisung gleich unter II. sowie in Kap. 5. 16 Dazu gehört etwa die Inhaltskontrolle im b2b-Bereich oder das Transparenzgebot, vgl. Kap. 5, IV.3.a), 5.a). 17 Zu Gründen, die für oder gegen eine Sperrung durch die Rom I-VO sprechen, in Kap. 4, IV.4., generell in Abschnitt a) sowie speziell zu den verschiedenen Fallgruppen der derzeitigen dt. Rspr. unter b). Das Überraschungsverbot wurde in der Bedeutung in den letzten Jahren nach der EuGH-Entscheidung VKI ./. Amazon gerade quantitativ deutlich von der Transparenzkon trolle überholt, war zuvor aber jahrzehntelang der häufigste Grund für die dt. Gerichte, RwKl die Anerkennung zu versagen, vgl. die Übersicht in Anh. 2. 12 13
II. Unsichere Anknüpfung
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ge von EuGH – VKI ./. Amazon enorm gestiegen ist,18 wird im europäischen Rechtsraum womöglich von vorrangigen europäischen bzw. internationalen Kontrollvorgaben verdrängt. Zumindest verlangen sowohl die Brüssel Ia-VO als auch das NYÜ bei Forumswahlklauseln zum einen, dass diese ausreichend bestimmt formuliert und zum anderen Ausdruck einer parteiautonomen Entscheidung sind, wozu auch eine gewisse Informiertheit gehört.19 Die genaue Reichweite dieser Anforderungen ist derzeit allerdings auch mangels einer entsprechenden Debatte in der Rechtsprechung und Literatur noch nicht geklärt,20 weshalb über das Konkurrenzverhältnis ebenfalls große Unsicherheit besteht. Steht aber nicht fest, ob neben den europäischen bzw. internationalen Regelwerken noch Raum für das nationale AGB-Recht ist bzw. inwiefern, ist es sowohl für das angerufene mitgliedstaatliche Gericht schwierig, die maßgeblichen Vorgaben heranzuziehen, als auch für die betroffenen Parteien einzuschätzen, ob die Streitbeilegungsklauseln der Kontrolle standhalten.
II. Unsichere Anknüpfung Die Rechtsprechung hat auf nationale Rechtsvorschriften bis jetzt vor allem bei der Kontrolle von Rechtswahl- und Schiedsklauseln zurückgegriffen, je nach Auslegung könnte ihnen wegen der neuen Verweisung aber auch im Anwendungsbereich der Brüssel Ia-VO zukünftig noch stärkere Bedeutung zukommen.21 Gerade mit Blick auf die Kontrolle von AGB sind die nationalen Rechts18
Dazu in Kap. 4, unter IV.5.d)–f) sowie in Kap. 7, unter III.4. Vgl. die Überlegungen in Kap. 5 und 6, jeweils unter IV.5.a). Weder das Schrifttum noch die Rspr. äußern sich bisher zur entsprechenden Konkurrenz. Zum Ziel des Transparenzgebots, eine informierte, parteiautonome Entsch. des Klauselgegners zu gewährleisten, sowie den Überschneidungen mit den europ. und int. Vorgaben daneben auch soeben kurz schon in Kap. 7, unter III.4. 20 Der EuGH hat z. B. bzgl. des Bestimmtheitserfordernisses seine relativ strikte Rspr. aus CDC (2015) im Urteil Apple Sales (2018) wieder relativiert, sodass bei GStKl wohl nicht immer explizit darauf hingewiesen werden muss, dass diese auch bei Kartellrechtsstreitigkeiten greifen (vgl. dazu Fn. 424 in Kap. 5). Das letzte Wort ist hier aber sicherlich noch nicht gesprochen; gleiches gilt für die Anforderungen, die sich konkret aus dem Konsenserfordernis der Brüssel Ia-VO und des NYÜ ergeben. 21 Zu Ryanair ./. DelayFix, wo der EuGH hierüber 2020 Art. 3 der Klausel-RL und damit die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle zur Anwendung kommen lässt, gerade schon kurz in Abschnitt I. Bis auf zwei Folgeentsch. hierzu ließ sich im Untersuchungszeitraum bisher generell aber nur selten eine solche Anwendung von nat. Recht beobachten, so etwa beim AG Geldern, 20.4.2011, jurisRn. 14 ff., das die dortige GStKl ebenfalls einer Inhaltskontrolle nach dem irischen AGB-Recht unterzieht (dazu in Kap. 5, IV.3.b)). Bei RwKl hat das nat. Recht schon wegen Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO deutlich größere Bedeutung, bei SchKl ebenfalls. Hier 19
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ordnungen allerdings selbst innerhalb des europäischen Rechtsraums bisher nur wenig vereinheitlicht. Die Klausel-RL greift von vornherein allein bei Verträgen zwischen Unternehmern und Verbrauchern und klammert damit den wichtigen unternehmerischen Verkehr generell aus. Sie enthält zudem nur einige Mindestvorgaben insbesondere für die Inhalts- und Transparenzkontrolle, über die die Mitgliedstaaten ohne Weiteres hinausgehen können. Die Pluralität der nationalen Kontrollvorgaben ist dementsprechend potenziell hoch.22 Umso wichtiger ist es mit Blick auf die Rechtssicherheit, die maßgeblichen nationalen Kontrollvorschriften anhand von einheitlichen oder zumindest klar erkennbaren Regeln zu bestimmen. Denn nur so kann vorhergesehen werden, welche Anforderungen Streitbeilegungsklauseln vor den mitgliedstaatlichen Gerichten im Falle der Anwendbarkeit des AGB-Rechts (vgl. I.) erfüllen müssen und ob sie der Kontrolle demnach standhalten werden. Das ist im Moment höchstens bedingt möglich. Am sichersten gelingt die Anknüpfung (theoretisch) noch beim Klauseltyp der Rechtswahlklauseln. Hier besagen die Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO nämlich ausdrücklich, dass sich die Einigung sowie die Wirksamkeit der entsprechenden Einigung im europäischen Rechtsraum an sich überall nach dem präsumtiv gewählten Recht richten. Die Analyse der tatsächlichen Praxis hat indes gezeigt, dass von dieser Grundanknüpfung zumindest in der deutschen Rechtsprechung letztlich nur dann Gebrauch gemacht wird, wenn sie zur Anwendung der eigenen lex fori führt. Weicht die präsumtiv gewählte Rechtsordnung dagegen von dieser ab, greifen die deutschen Gerichte stattdessen häufiger auf eine Sonderanknüpfung zurück; womöglich um eine aufwendige Ermittlung und Anwendung des unbekannten ausländischen AGB-Rechts zu vermeiden.23 Sie wählen dabei in den einschlägigen Fällen meistens den Weg über Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO, der von der Literatur aus guten Gründen jedoch erst auf der Ebene des Hauptvertrags für zulässig erachtet wird. Schließlich setzt der darin angeordnete Günstigkeitsvergleich mit „dem Recht, das nach Absatz 1 mangels einer werden allerdings i.d.R. schiedsrechtliche und keine genuin AGB-rechtlichen Vorschriften herangezogen, vgl. insb. Kap. 6, IV.2.a) zur Einbeziehungskontrolle, zur Inhaltskontrolle allerdings IV.3.b). 22 Vgl. insb. Art. 1 Abs. 1, Art. 3, 5 und 8 Klausel-RL. Zu der resultierenden Unsicherheit auch insb. schon in Kap. 3, unter II., dort m. w. N. Auch das nat. Schiedsrecht, das SchKl ebenfalls einige ihrer Gefahren nimmt, ist derzeit nur wenig vereinheitlicht, dazu in Kap. 6, z. B. unter III., IV.3.b). 23 Zu dieser neueren Form des gerichtlichen „Heimwärtsstrebens“ insb. in Kap. 4, unter III.2.b). Oft dient die Anknüpfung zugleich dem Schutz des Klauselgegners, der sich so auf sein Heimatrecht bzw. die lex fori berufen kann (vgl. Art. 3 Abs. 5 i. V. m. 10 Abs. 2, Art. 6 Abs. 2, Art. 9 Rom I-VO, beachte auch Art. 21 Rom I-VO). Auch prozessökonomisch ist eine aufwendige Ermittlung und Anwendung des ausl. Rechts sicherlich oft nicht sinnvoll, wird vom Kollisionsrecht aber grdsl. so angeordnet. Hierzu ebenfalls in Kap. 4, a. a. O.
II. Unsichere Anknüpfung
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Rechtswahl anzuwenden wäre“, voraus, dass diese überhaupt wirksam ist.24 Trotz der Unstimmigkeit und rechtsdogmatischen Kritik hält die Rechtsprechung an diesem Vorgehen bislang überwiegend fest. Eine Klärung durch den EuGH steht aus.25 Nicht nur der Streit über das korrekte Verständnis von Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO an sich sorgt freilich für Unsicherheit, sondern schlussendlich mindestens genauso der Umstand, dass die Sonderanknüpfung in der Praxis zur Regel und die Grundanknüpfung zur Ausnahme zu werden scheint. Das law in the books spiegelt das law in action nicht wider – ebenso wie umgekehrt.26 Versucht zudem jedes Gericht, möglichst sein eigenes, ihm vertrautes Recht zur Anwendung zu bringen, wird der von der Rom I-VO angestrebte Entscheidungseinklang gestört; für die Kontrolle kommt es dann nämlich wieder darauf an, vor welchem Gericht geklagt wird, was im Voraus potenziell unsicher ist.27 Bei den Forumswahlklauseln wiederum besteht noch nicht einmal eine solche gemeinsame, zumindest auf den ersten Blick sicher wirkende Anknüpfungsregel. Die Rom I-VO nimmt Schieds- und Gerichtsstandsvereinbarungen in ihrem Art. 1 Abs. 2 lit. e vom Anwendungsbereich aus und überlässt die Bestimmung des Schieds- bzw. Prorogationsstatuts damit weiterhin den Mitgliedstaaten. Diese sind zwar alle an das NYÜ gebunden, das für die Anerkennungs- und Vollstreckungsfähigkeit von Schiedssprüchen in Art. V Abs. 1 lit. a NYÜ darauf abstellt, ob die ihnen zugrunde liegenden Schiedsklauseln nach dem gewählten Recht oder subsidiär der lex loci arbitri gültig sind. Darin wird aber keinesfalls überall eine vorrangige international vereinheitlichte Anknüpfungsregel gesehen, die in sämtlichen Verfahrensstadien greift.28 Die Gerichte wenden stattdessen oftmals immer noch ihr jeweiliges autonomes, unvereinheitlichtes Kollisionsrecht an, dessen Anknüpfungsregeln abweichen.29 Ähnlich stellt sich die Situation für Gerichtsstandsklauseln dar. Art. 25 Abs. 1 S. 1 Brüssel Ia-VO dürfte nach dem einschlägigen Erwägungsgrund sowie der 24 Ausführlicher
hierzu in Kap. 4, unter III.2.b), dort mit den entsprechenden Nachweisen und weiteren Arg. 25 A.A. Limbach, in: jurisPK, Art. 6 Rom I-VO Rn. 61 und Rutgers, Case Note CJEU – VKI ./. Amazon, NILR 2017, 163, 169 ff., die EuGH – VKI ./. Amazon eine solche Anknüpfung entnehmen. Dagegen jedoch schon in Kap. 4, unter III.2.b), siehe dort insb. auch Fn. 91 zu Stimmen mit ähnlichem Verständnis wie hier. 26 Generell zu solchen Abweichungen insb. auch Pound, Law in Books and Law in Action, American L. Rev. 44 (1910), 12 ff., von dem die Begriffe übernommen wurden, dort aber zu anderen Bereichen. 27 So auch schon in Kap. 4, insb. a. E. von III.2.b). 28 Im Einredestadium steht der maßgebliche Schiedsort zudem nicht immer fest, sodass bei einer fehlenden Rechtswahl die Anknüpfung aus Art. V Abs. 1 lit. a NYÜ ins Leere geht, Näheres in Kap. 6, unter III.2. 29 Siehe für entsprechende Nachweise und Details ebenfalls Kap. 6, III.2.
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völlig herrschenden Meinung in der Literatur eigentlich eine Gesamtverweisung bilden, also tatsächlich nicht selbst darüber befinden, welchem nationalem Sachrecht die maßgeblichen Kontrollvorschriften zu entnehmen sind, sondern lediglich vereinheitlichen, welches autonome Kollisionsrecht hierüber bestimmt.30 Die Anknüpfungsregeln können dann je nach in Bezug genommenem Gericht (entscheidend wäre die lex fori prorogati) divergieren. Das verringert die Vorhersehbarkeit der schlussendlich erfolgenden Kontrolle und erschwert es auch dem angerufenen Gericht, zu ermitteln, wonach es diese konkret durchführen muss.31 Diese Kontrollunsicherheit wird nun noch einmal zusätzlich dadurch gesteigert, dass der EuGH 2020 in Ryanair ./. DelayFix Art. 25 Abs. 1 S. 1 Brüssel Ia-VO anscheinend für eine direkte Sachrechtsverweisung hält. Er liefert hierfür allerdings erneut keinerlei Erklärung (vgl. schon I.) und lässt auch in diesem Kontext nicht erkennen, dass ihm die Gegenauffassung hierzu im Schrifttum (samt der rechtsdogmatischen Argumente) bekannt ist.32 Insgesamt herrscht daher auch bezüglich der Anknüpfung nach wie vor große Unsicherheit; zumal z. B. bei Schiedsklauseln noch weitere Anknüpfungsvorgänge hinzukommen können. Schließlich hängt deren Anerkennung – neben der Wirksamkeit der Vereinbarung an sich – auch von der objektiven und subjektiven Schiedsfähigkeit ab, die jeweils ganz eigenen, separat anzuknüpfenden Statuten folgt.33 Will der Klauselverwender vorab also wissen, ob die von ihm diktierte Schiedswahl der gerichtlichen Kontrolle im Ernstfall standhalten wird, muss er nicht weniger als drei verschiedene Statute ermitteln sowie dazu die potenziell divergierenden Anknüpfungsregeln aller in Betracht kommenden Gerichtsstände herausfinden. Und auch bei Rechtswahl- und Gerichtsstandsklauseln lässt sich die Prognose über das Kontrollergebnis oft nur schwer treffen, mag der Anknüpfungsaufwand hier im Einzelnen auch im Vergleich geringer ausfallen.
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Dazu in Kap. 5, unter III.3. Zumindest wenn es sich hierbei nicht um das in der GStKl prorogierte Gericht handelt, das dann sein eigenes Kollisionsrecht anwenden kann. Kritisch auch u. a. Mankowski, in: Rauscher, Art. 25 Brüssel Ia-VO u. a. Rn. 48 („erzeugt Rechtsunsicherheit“), siehe dort zudem auch Rn. 53 f. Zu den Einzelheiten Kap. 5, III.3. 32 Vgl. EuGH – Ryanair ./. DelayFix, 18.11.2020, Rs. C-519/19, insb. Rn. 50 f. sowie erneut Kap. 5, III.3. 33 Vgl. dazu nur Born, Int. Commercial Arbitration (2021), Ch. 4 (insb. S. 508 f., 522 f., 640 ff.), dort auch zu den jeweiligen Streitigkeiten und Abgrenzungsschwierigkeiten. 31
III. Unsichere Kontrollvorgaben
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III. Unsichere Kontrollvorgaben Verbietet das Recht Klauseln, die „den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen […] oder nicht klar und verständlich“ sind (so z. B. der Wortlaut von § 307 Abs. 1 BGB), steht damit noch nicht fest, wie sie im Einzelnen gestaltet und formuliert sein dürfen. Dafür ist erst noch eine wertende Konkretisierung nötig, die vom Rechtsanwender, sprich dem entscheidenden Gericht, vorzunehmen ist.34 Bereits das dritte Kapitel hatte die Unsicherheit betont, die besteht, solange es diesbezüglich an einer gefestigten, dezidierten Rechtsprechung fehlt, die vorab bereits für Orientierung sorgt.35 Das kann nach den Eindrücken und Befunden des zweiten Teils nur nachdrücklich bekräftigt werden. So leidet etwa die Rechtssicherheit bei der Kontrolle von Rechtswahlklauseln erheblich darunter, dass wegen der EuGH-Entscheidung VKI ./. Amazon zwar inzwischen klar ist, dass den Klauselverwender im b2c-Bereich gewisse Aufklärungspflichten treffen; nicht aber, wie diese konkret aussehen und ob sie sich z. B. auf den unternehmerischen Verkehr übertragen lassen.36 Bei Schiedsklauseln wiederum belegen die vier Entscheidungen zur Schiedsklausel von Subway, dass der Schiedsort nicht zu weit vom Sitz des Klauselgegners entfernt liegen darf, um diesen nicht unangemessen von einer Rechtsverfolgung abzuhalten. Wo hier indes die Grenzen liegen, bleibt derzeit ebenfalls ungewiss. Eine einheitliche, breitere Kontrollpraxis hat sich hierzu noch nicht entwickelt.37 Obwohl die Kontrolle von Gerichtsstandsklauseln während des Untersuchungszeitraums überwiegend (noch) ohne Rückgriff auf die offenen Rechtsbegriffe und Generalklauseln des nationalen AGB-Rechts auskam,38 lassen sich letztlich vergleichbare Probleme beobachten. Denn auch bei der Brüssel Ia-VO stellt sich z. B. die Frage, wann eine Gerichtsstandsklausel i. S. v. Art. 25 Abs. 1 Ohly, Generalklauseln und Richterrecht, AcP 201 (2001), 1, 5, 7, 9 ff. Siehe daneben auch Wurmnest, Kautelarpraxis und AGB, RabelsZ 82 (2018), 346, 373 f. 35 Siehe insb. den dortigen Abschnitt I. 36 Hierzu ausführlich in Kap. 4, IV.5. Bei GStKl und SchKl werden sich zukünftig ähnliche Fragen stellen, schließlich muss die Transparenzkontrolle bei ihnen eigentlich sogar noch strenger erfolgen, vgl. Kap. 7, III.4. 37 Dazu in Kap. 6, unter IV.3.b) und IV.6. Die vier Subway-Entsch. sind bisher Einzelfälle geblieben, die die genauen Vorgaben für den Schiedsort oder weitere Verfahrensregeln auch in Zusammenschau mit den anderen Entsch., die SchKl im Untersuchungszeitraum anerkennen, nicht verlässlich konkretisieren (siehe a. a. O.). 38 Nach der neueren Entsch. des EuGH zur Inhaltskontrolle von GStKl nach der Klausel-RL (vgl. oben unter I. bei Fn. 14 und Kap. 5, IV.3.) wird die Bedeutung des AGB-Rechts voraussichtlich aber auch bei GStKl erheblich zunehmen. Erste Folgeentsch. der dt. Gerichte sind bereits ergangen, siehe a. a. O. und allgm. Anh. 4. 34 Näher
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S. 3 lit. a Brüssel Ia-VO „schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung“ vereinbart ist. Diese Vorgabe ist nur vermeintlich konkret und kann verschieden verstanden werden.39 Zwar bestehen immerhin einige EuGH-Entscheidungen, die die europäischen Anforderungen vor allem auch mit Blick speziell auf die AGB-förmige Gerichtsstandswahl näher konturiert haben.40 Naturgemäß sind durch sie aber nicht sämtliche Fragen vollends geklärt.41 Der EuGH äußert sich zum einen oft nur relativ knapp und auf die jeweilige fallspezifische Konstellation bezogen.42 Zum anderen kann er stets lediglich solche Fragen beantworten, die ihm von den mitgliedstaatlichen Gerichten gestellt werden.43 Diese dürfen aber generell keine hypothetischen Auskünfte verlangen und müssen außerdem berücksichtigen, dass eine Vorlage an den EuGH die Streitentscheidung und damit die Justizgewährung für die Parteien erheblich verzögert. Vor allem in den niedrigen Instanzen schrecken die Gerichte daher regelmäßig vor dem Schritt zurück,44 sodass die bei ihnen auftretenden Probleme und Zweifel den EuGH gar nicht erst erreichen.45 Zumindest letztinstanzliche Gerichte wie der deut39 Zur divergierenden Rspr. bzgl. der Parallelnorm des Art. 23 LuGÜ-II noch im Folgenden bei Fn. 48. 40 Früh schon etwa EuGH – Estasis Salotti, 14.12.1976, Rs. C-24/76; Galeries Segoura, 14.12.1976, Rs. C-25/76 und Tilly Russ, 19.6.1984, Rs. C-71/83; aus jüngerer Zeit zusammenfassend und präzisierend z. B. Höszig, 7.7.2016, Rs. C-222/15 und Saey Home & Garden, 8.3.2018, Rs. C-64/17. Näheres in Kap. 5, IV.2. 41 Zu den verbleibenden Unklarheiten und Fragen in Kap. 5., insb. unter III.2.c) und IV. Dass der EuGH aus den Formvorschriften zugleich ein Konsenserfordernis ableitet und daraus wiederum eine europ. Einbeziehungskontrolle entwickelt, ist bspw. zudem keineswegs unkontrovers und lässt sich letztlich nur an dem Begriff der „Vereinbarung“ sowie dem Sinn und Zweck der Norm festmachen, siehe dazu neben den Nennungen aus Kap. 5 insb. auch Tang, Cross-border Contract Litigation in the EU, in: Beaumont et al., Cross-Border Litigation in Europe (2017), 623, 624 ff. 42 Näher J. Schmidt, Rechtssicherheit im europ. Zivilverfahrensrecht (2015), S. 271 ff. 43 Das Vorlageverfahren nach Art. 267 AEUV ist für die Klärung der konkreten Kontrollvorgaben in der Praxis am wichtigsten, grdsl. ist es aber z. B. auch möglich, dass ein Mitgliedstaat den EuGH ersucht, die Rechtmäßigkeit eines Gesetzgebungsakts zu überprüfen und dieser dann dabei dessen (unionsrechtskonforme) Auslegung präzisiert. Das ist für den hier untersuchten Bereich jedoch bislang nicht relevant geworden. 44 Hierzu auch Maultzsch, Rechtsprechungsvereinheitlichung im Europ. Privatrecht, ZfPW 2015, 282, 291 ff. m. w. N. Detailliert zu den Vssn. einer Vorlage u. a. Latzel/Streinz, Das richtige Vorabentscheidungsersuchen, NJOZ 2013, 97, 100 ff., insb. 105 f. Danov/Beaumont, Effective Remedies in Cross-border Civil and Commercial Law Disputes, in: Beaumont et al., Cross-Border Litigation in Europe (2017), 603, 614, sehen zudem eine weitere Abschreckung darin, dass die EuGH-Entsch. wegen des beschriebenen Entscheidungsstils anschließend oft nur schwer zu deuten und anzuwenden sind. 45 Selbst wenn die Vorlage erfolgt, muss das Verfahren zudem eingestellt werden, wenn der Kläger seine Klage zurücknimmt oder der Ausgangsstreit aus anderen Gründen endet. Bei der Kontrolle von RwKl ist deshalb z. B. die wichtige Frage, ob Fluggesellschaften ihre Passagiere
III. Unsichere Kontrollvorgaben
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sche BGH sind allerdings vorlagepflichtig, außer zu der Frage ist bereits einschlägige EuGH-Rechtsprechung vorhanden oder das korrekte Verständnis liegt vollkommen offenkundig auf der Hand.46 Das wird zum Teil recht schnell bejaht, was dann aber ebenfalls eine für den gesamten europäischen Rechtsraum richtungsweisende Entscheidung seitens des EuGH verhindert.47 So hat z. B. der BGH 2017 in der durchaus umstrittenen Frage, ob für die erste Variante von Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a LugÜ-II stets eine beiderseitige Unterschrift der Beteiligten erforderlich ist, eine Vorlage mit Verweis auf die Offenkundigkeit für überflüssig erklärt („acte clair“), obwohl vorher bereits unter anderem der italienische Corte di Cassazione die Vorschrift noch anders verstanden hatte.48 Gerade bei solchen Divergenzen zwischen den Mitgliedstaaten ist eine Vorlage aber besonders wichtig. Denn nur der EuGH kann abschließend darüber befinden, welche Auslegung die richtige ist und somit die entsprechende Kontrollunsicherheit beseitigen.49 Neben der angesprochenen Formfrage betrifft das z. B. auch die Zulässigkeit asymmetrischer Gerichtsstandsklauseln, die in den letzten Jahren im europäischen Rechtsraum ebenfalls durchaus verschieden beurteilt wurde.50 Dem EuGH kommt freilich nur eine Kompetenz zur Auslegung des nach Art. 3, 5 Klausel-RL über die Beschränkungen aus Art. 5 Abs. 2 S. 3 Rom I-VO aufklären müssen, immer noch offen. Das AG Nürnberg hatte dem EuGH dazu zwar u. a. Ende 2018 vorgelegt, die Frage musste wegen eines Vergleichs der Parteien aber unbeantwortet bleiben, vgl. den Beschluss des EuGH-Präsidenten vom 31.1.2019 in der Rs. C-701/18. 46 Karpenstein, in: Grabitz/Hilf (EL 50 v. Mai 2013), Art. 267 AEUV Rn. 51 ff.; Wegener, in: C. Calliess/Ruffert, Art. 267 AEUV Rn. 27 ff. (auch zur Frage, was „letztinstanzlich“ meint), jeweils m. w. N. 47 Hierzu generell erneut v. a. Karpenstein (vorige Fn.), Rn. 54. Zum hiesigen Bereich beispielhaft im Folgenden. 48 Dem EuGH kommt auch bzgl. des LugÜ-II trotz der völkerrechtlicher Natur eine Auslegungskompetenz zu, da sich die Vertragsstaaten hierauf geeinigt haben, vgl. das zweite Protokoll zum Übereinkommen (ABl. EU 2007 L 339/27). Die abweichende Rspr. des Corte di Cassazione stammte freilich noch aus der Zeit, vor der Einfügung der Formerleichterung für elektronische Abschlüsse, worauf der BGH besonders verweist, vgl. BGH, 25.1.2017, jurisRn. 40 sowie davor jurisRn. 19 ff. Kritisch trotzdem Pfeiffer, Schriftliche Gerichtsstandsvereinbarung ohne Unterschrift, IWRZ 2017, 133 (kein acte clair). Auch der EuGH betont in der allgm. Leitentsch. CILFIT, 6.10.1982, Rs. C-283/81, Rn. 16, dass eine Vorlage nur dann wegen eines acte clair unterbleiben dürfe, wenn das letztinstanzliche Gericht überzeugt sei, „dass auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den Gerichtshof die gleiche Gewissheit bestünde“. Weitere fehlende Vorlagen betreffen etwa die Auslegung der neuen Verweisung aus Art. 25 Abs. 1 S. 1 Brüssel Ia-VO, vgl. Kap. 5, a. E. von III.3. 49 Zum entsprechenden Auslegungsmonopol des EuGH insb. auch Gsell, Zivilrechtsanwendung im Europ. Mehrebenensystem, AcP 214 (2014), 99, 114 ff., die wie hier zugleich die Verantwortung der mitgliedstaatlichen Gerichte betont, dem EuGH die entscheidenden Fälle und Angaben vorzulegen (a. a. O., v. a. S. 132 ff.). 50 Siehe Kap. 5, IV.3.c), wo die Divergenzen beschrieben werden; eine vertiefte Untersu-
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Unionsrechts zu;51 insbesondere über den Inhalt des NYÜ oder des nationalen AGB-Rechts kann er nicht richten, es sei denn, letzteres geht auf die Klausel-RL zurück.52 Richtet sich die Kontrolle jedoch allein nach nationalen oder nach international vereinheitlichten Maßstäben, scheidet eine klärende Entscheidung und Rechtsprechungsvereinheitlichung durch den EuGH aus. Abweichungen bleiben weiterhin möglich und erhöhen die Kontrollunsicherheit.53 Ergeben sich die Kontrollvorgaben noch dazu aus einer besonders schwer zu ermittelnden nationalen Rechtsordnung, steigert das die Unsicherheit sogar noch weiter. Schließlich ist es für die Parteien dann nicht nur schwer, deren genauen Inhalt zu bestimmen, sondern auch nahezu unmöglich, vorherzusagen, wie sie ein nicht mit ihnen vertrautes Gericht verstehen und handhaben wird.54 Die Bestandsaufnahmen aus dem zweiten Teil liefern hierfür indes nur wenige praktische Beispiele. Denn selbst bei der Kontrolle von Rechtswahlklauseln, wo die Grundanknüpfung auf das präsumtiv gewählte Recht verweist, wird dessen Anwendung von der deutschen Rechtsprechung weitgehend vermieden, wenn es sich nicht ausgerechnet um die jeweilige lex fori handelt (siehe schon II.). In den wenigen Ausnahmefällen setzen sich die Gerichte dann vorwiegend nur sehr oberflächlich mit den ausländischen Rechtsvorschriften auseinander und kommen so nicht immer zu zweifelsfreien, vorhersehbaren Ergebnissen. So knüpft das LG Duisburg in einer Entscheidung von 1996 etwa die Einbeziehung der dort infrage stehenden Rechtswahlklausel unter Berufung auf das italienische AGBchung der ausl. Rspr. ist in dieser Arbeit jedoch allgm. nicht erfolgt (zu den Gründen dafür v. a. in Kap. 4, unter IV.1.). 51 Vgl. nur Art. 19 EUV, Art. 267 Abs. 1 AEUV. 52 Da der EuGH auch dann nur für die Konkretisierung der europ. Vorgaben zuständig ist, gerade bei materiellrechtlichen Klauseln deren Beurteilung aber oft ein Blick auf das dispositive, nat. Recht erfordert, hat sich seit EuGH – Freiburger Kommunalbauten eine Aufgabenteilung etabliert, nach der der EuGH nur die abstrakten Kriterien für deren Missbräuchlichkeit i. S. v. Art. 3 Klausel-RL vorgibt und die mitgliedstaatlichen Gerichte diese dann auf den konkreten Fall anwenden. Deutlich i.d.S. neben der besagten Entsch. vom 1.4.2004 (Rs. C-237/02, dort insb. Rn. 21 f.) auch u. a. Aziz, 14.3.2013, Rs. C-415/11, Rn. 34 („Aufgabentrennung“) und 65 ff. Zu der damit verbundenen Unsicherheit generell auch schon in Kap. 3, II. Allerdings ist der EuGH zunehmend dazu übergegangen, seine Vorgaben relativ pauschal zu formulieren, sodass diese von den Gerichten z.T. als abschließende Bewertungen verstanden werden. Zu Ryanair ./. DelayFix als Bsp., vgl. Kap. 5, IV.3.b). 53 In den Bestandsaufnahmen konnte allein die Rspr. der dt. Zivilgerichte umfassend analysiert werden, daher ist unklar, inwiefern sich die Kontrollpraxis derzeit innerhalb des europ. Rechtsraums tatsächlich voneinander unterscheidet. Abweichungen liegen aber nahe und steigern dann wie gesagt die Kontrollunsicherheit. Hier ist noch weitere Forschung nötig, dazu insb. schon in Kap. 4, unter IV.1. sowie auch gleich noch bei IV. 54 Dazu am Rande auch I. Jarass, Privates Einheitsrecht (2019), S. 32 f. Generell zur Schwierigkeit, den Inhalt ausl. Rechts zu ermitteln und auf den konkreten Fall anzuwenden, in Kap. 4, unter II.2., m. w. N.
IV. Wege zu einer verlässlicheren Kontrolle
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Recht an das Vorliegen einer gesonderten Unterschrift, obwohl Art. 1341 Abs. 2 Codice Civile eine derartige Form explizit nur für Gerichts- und Schiedsklauseln fordert (und dort im vereinheitlichten Rechtsraum von Art. 25 Brüssel Ia-VO, Art. II NYÜ verdrängt wird).55 Auch solche Unwägbarkeiten erschweren schlussendlich neben den anderen, geschilderten Problemen die Prognose, ob die Streitbeilegungsklauseln der gerichtlichen Kontrolle im Ernstfall standhalten. Das im ersten Kapitel beschriebene staatliche Ziel, den Parteien durch die Möglichkeit einer Rechts- und Forumswahl die bei internationalen Verträgen so dringend benötigte Transaktions- und Rechtssicherheit zu verschaffen, wird derzeit daher insgesamt nicht erreicht.56
IV. Wege zu einer verlässlicheren Kontrolle Soweit die Kontrollunsicherheit darauf beruht, dass verschiedene Sach- oder Kollisionsrechtsregeln zur Anwendung kommen können, wie etwa bei der erwähnten AGB-rechtlichen Einbeziehungskontrolle von Rechtswahlklauseln (vgl. III.) oder der Bestimmung des Schieds- oder Prorogationsstatuts (vgl. II.), hilft grundsätzlich natürlich deren Vereinheitlichung weiter.57 Erfolgt diese direkt im 55 Vgl. LG Duisburg, 17.4.1996, BeckRS 1996, 03841, zu dieser Entsch. auch schon in Kap. 7, unter III.2. sowie vertieft in Kap. 4, unter IV.2.b). Sehr ausführlich zum nl. AGB-Recht dagegen z. B. LG Kleve, 1.10.2013, jurisRn. 22 ff., dazu ebenfalls in Kap. 4, a. a. O. In den 4 Subway-Fällen hatte wiederum z. B. nur das OLG Thüringen, 13.1.2011, ein Rechtsgutachten zum Liechtensteiner AGB-Recht eingeholt; die davor ergangenen Entsch. des OLG Celle, Bremen und Dresden halten das angesichts der „einfache[n] Rechtsfrage“ (OLG Celle, 4.12.2008, jurisRn. 27) bzw. „sehr einfachen – Rechtsnormen“ (OLG Bremen, 30.10.2008, jurisRn. 22) für überflüssig und scheinen bei ihrer Konkretisierung der dortigen Vorgaben auch keine ausl. Rspr. oder Literatur zur Orientierung herangezogen zu haben, zumindest finden sich dazu keine Angaben. 56 Ähnlich i.E., wenn auch knapper I. Jarass, Privates Einheitsrecht (2019), S. 27 ff. sowie für den Verbraucherbereich G. Calliess, Grenzüberschreitende Verbraucherverträge (2006), insb. S. 109, 137 f., 369. Zu den resultierenden prozesstaktischen Optionen Danov/Beaumont, Effective Remedies in Cross-border Civil and Commercial Law Disputes, in: Beaumont et al., Cross-Border Litigation in Europe (2017), 603 ff., insb. 611 ff. Positiver dagegen Tang, Cross-border Contract Litigation in the EU, in: Beaumont et al., Cross-Border Litigation in Europe (2017), 623, 627: „Although the EU party autonomy rules are not free from criticism, they still largely reduce uncertainty and litigation risk in commercial contracts“, einschränkend dann aber auf S. 638, allerdings ohne nähere Details. Trotz des Titels insofern unergiebig Otero García-Castrillón, Certainty and Predictability, in: Beaumont et al., Cross-Border Litigation in Europe (2017), 585 ff. 57 Ähnlich Mills, Party Autonomy (2018), S. 526 f., dort mit Blick auf die weltweit bestehenden Unterschiede bei der Kontrolle. Generell hierzu auch schon in Kap. 1, unter II. Zur zusätzlichen Zusammenführung der Vorgaben in einem einheitlichen Regelwerk, was die
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Rahmen der Rom I-, Brüssel Ia-VO und des NYÜ, fällt mit deren Erweiterung gleichzeitig die komplizierte und unsichere Abgrenzung weg, die bisher aufgrund der bestehenden Lücken und Verweisungen immer noch zu erfolgen hat (vgl. I.). Schon das vorherige Kapitel hatte im letzten Abschnitt indes auf die große Schwierigkeit hingewiesen, besonders im Schiedsrechtsbereich zu einer gemeinsamen internationalen oder auch nur europäischen Lösung zu finden. Bei einer Reform des NYÜ besteht stets die Gefahr, dass nicht sämtliche Vertragsstaaten die neue Fassung übernehmen und sich die derzeit erreichte, nahezu weltweite Anerkennungs- und Vollstreckungsfähigkeit von Schiedssprüchen deshalb bedeutend verschlechtert.58 Die EU scheint als Gesetzgeber wiederum aktuell kaum bereit, die Kontrolle von Schiedsklauseln selber stärker zu regeln und überlässt diese Aufgabe stattdessen weiterhin vor allem dem NYÜ und den nationalen Rechtsordnungen der einzelnen Mitgliedstaaten.59 Eine umfassende, abschließende Regulierung aller mit dem Abschluss und Inhalt sowie der Formulierung der Schiedswahl verbundenen Fragen ist daher in näherer Zeit nicht zu erwarten. Und auch bei der Gerichtsstandswahl will der europäische Gesetzgeber die Vereinheitlichung anscheinend momentan nicht weiter vorantreiben, was insbesondere der neue Art. 25 Brüssel Ia-VO deutlich zeigt: Statt für eine Sachrechtshat sich der europäische Gesetzgeber hier nämlich wohl für eine Gesamtrechtsverweisung entschieden, die die maßgeblichen konkreten Anknüpfungsregeln weiterhin unvereinheitlicht lässt60 und die materielle Nichtigkeit von Gerichtsstandsklauseln nun zudem explizit dem nationalen Recht unterstellt. Eine Umkehr dessen und stärkere Harmonisierung durch die Brüssel Ia-VO ist daher ebenfalls sehr unwahrscheinlich, zumal eine Überarbeitung gerade erst stattgefunden hat. Für die Rom I-VO steht eine solche Reform trotz der Verpflichtung aus Art. 27 Rom I-VO bislang noch aus,61 wird aber voraussichtlich ebenso wenig zu eiKohärenz und damit ebenfalls die Rechtssicherheit steigern könnte, auch soeben schon in Kap. 7, unter IV. Sämtliche Kontrollvorgaben abzuschaffen, würde dagegen zwar womöglich die Unsicherheit beseitigen, die mit der gerichtlichen Kontrolle verbunden ist, stellt angesichts des Schutzbedarfs (vgl. Kap. 2 und Kap. 9) aber keine realistisch zu verfolgende Alternative dar. 58 Siehe Kap. 7, IV., dort v. a. mit Blick auf die geringe Konsensfähigkeit einer strengeren Regulierung. Aber auch z. B. eine Einigung auf eine (weitere) Vereinheitlichung der Anknüpfungsregeln wird sicherlich nicht leicht zu erzielen sein. Dafür sprechen schon die derzeit bestehenden nat. Unterschiede (vgl. II.). 59 Dazu ebenfalls schon in Kap. 7, unter IV. Zur geringen europ. Vereinheitlichung auch in Kap. 6, eingangs unter III., unter III.1. sowie unter IV.3.b) und IV.6. 60 Zur insofern wahrscheinlich abweichenden Meinung des EuGH vgl. in diesem Kap. schon Abschnitt II., v. a. aber Kap. 5, III.3. 61 G. Rühl, Bessere und intelligente Rechtsetzung: Die Evaluation von Verordnungen auf
IV. Wege zu einer verlässlicheren Kontrolle
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nem derart weitreichenden Änderungsvorschlag, geschweige denn zu dessen schlussendlicher Annahme führen.62 Angesichts der bisher nur rudimentär erfolgten Harmonisierung des AGB-Rechts ist zudem zuletzt auch fraglich, ob man sich selbst bei einem entsprechenden Reformwillen überhaupt auf konkrete einheitliche Kontrollvorgaben verständigen könnte. Schließlich gehen die Ansichten darüber, was den genauen Grund für die gerichtliche Klauselkontrolle bildet, immer noch auseinander. Im b2b-Bereich wird daher keineswegs überall ein besonderer Bedarf für eine entsprechende Kontrolle gesehen. Das deutsche AGBRecht, das hier vielfach ähnliche oder nur geringfügig gesenkte Voraussetzungen im Vergleich zu Verbraucherverträgen enthält (und dafür in der Literatur teilweise erheblich kritisiert wird),63 beschreitet insofern wie einige andere Staaten letztlich einen Sonderweg.64 Diese Divergenzen machen in der Konsequenz auch eine stärkere Vereinheitlichung des AGB-Rechts außerhalb der Rom I-, Brüssel Ia-VO oder des NYÜ unrealistisch.65 Bieten gesetzgeberische Maßnahmen derzeit also keine wirkliche Aussicht auf eine zeitnahe Verbesserung der Problematik, rücken die Möglichkeiten der Rechtsprechung und Rechtsdogmatik in den Vordergrund, die Kontrollunsicherheit zu beheben oder zumindest zu verringern. Besonders Letztere beschäftigt sich zwar bereits jetzt mit einigen Einzelfragen intensiver (wie etwa der Inhaltskontrolle internationaler Streitbeilegungsklauseln), vernachlässigt darüber aber dem Gebiet des IPR und IZVR, ZVglRWiss 115 (2016), 499, 517, nennt als mögliche Gründe hierfür v. a. die geringe Zahl an einschlägiger EuGH-Rspr. sowie die relativ kurze Zeit seit dem Inkrafttreten der Verordnung, was belastbare empirische Aussagen erschwere. Man solle mit der Kommission daher nicht zu kritisch sein (so a. a. O., S. 522). 62 So würde eine Aufhebung der Bereichsausnahme in Art. 1 Abs. 2 lit. e Rom I-VO allein etwa nicht genügen, um die Anknüpfung des Schieds- und Prorogationsstatuts zu vereinheitlichen und die entsprechende Unsicherheit zu beseitigen. Da umstritten ist, zu welcher Rechtsordnung die Forumswahl die engste Verbindung aufweist, müsste das erst konkret festgeschrieben werden (vgl. v. a. Kap. 5, III.3.). Auch sind z. B. die Anforderungen an den Abschluss von RwKl – bis auf ein faktisches Anscheinserfordernis – bisher nach überwiegender Ansicht noch überhaupt nicht vereinheitlicht (vgl. insb. Kap. 4, III.1., IV.2.a)), weshalb auch hier eine umfassende politische Einigung über die genauen Vorgaben erfolgen müsste. 63 Zur Diskussion über eine Reform sowie mit rechtsvergleichenden Ausführungen insb. Leuschner, AGB-Recht für Verträge zwischen Unternehmen – Abschlussbericht zum BMJV-Forschungsprojekt, abrufbar unter , letzter Zugriff am 26.3.2022. Siehe daneben insb. Sommerfeld, AGB-Reform und Rechtsflucht (2021), passim. 64 Vgl. Leuschner (vorige Fn.), insb. S. 3, 136; weitere Nachweise auch schon am Anfang von Kap. 2, das Thema ist insgesamt aber soweit ersichtlich rechtsvergleichend noch nicht hinreichend umfassend untersucht. 65 Zur Unsicherheit, die daraus entsteht, dass potenziell divergierende AGB-Rechtsordnungen zur Anwendung kommen, schon in Kap. 3, unter II. sowie v. a. auch oben in Abschnitt III.
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Achtes Kapitel: Weder Rechtssicherheit...
andere Kontrollinstrumente und Themen. Das Überraschungsverbot etwa wird bisher von niemandem vertiefend behandelt – ebenso wenig wie das Verhältnis des europäischen bzw. internationalen Bestimmtheitserfordernisses zur AGBrechtlichen Transparenzkontrolle.66 Bis auf die Dissertation von Christiane Rühl, die vor mehr als 20 Jahren erschienen und daher zum Teil überholt ist, findet sich zudem keine einzige monographische Querschnittsarbeit, die im Bereich des IPR, IZVR und/oder des Schiedsrechts deren Vorgaben mit denen des nationalen AGB-Rechts vergleicht und die Konkurrenz im Einzelnen untersucht.67 Dabei stellt die Verwendung von AGB ein Massenphänomen dar, dass in der Praxis dementsprechend auch die Rechts- oder Forumswahl erfasst – ein Umstand, der in der Literatur (wie auch der Rechtsprechung) bisher generell aber noch nicht hinreichend berücksichtigt wird. Hier ist weitere Forschung nötig. Die vorliegende Arbeit zeigt zwar bereits einige Spannungen und mögliche Lösungswege auf, musste aber z. B. vor allem darauf verzichten, neben der deutschen noch die Rechtsprechung weiterer Mitgliedstaaten umfassend zu analysieren.68 Entsprechende Untersuchungen könnten die bisherigen Vermutungen zur divergierenden Kontrolle von internationalen Streitbeilegungsklauseln bestätigen und darüber hinaus zusätzliche Probleme und Unsicherheiten aufdecken. Durch solche Arbeiten entlastet die Rechtsdogmatik zugleich die Rechtsprechung, die insbesondere auf instanzgerichtlicher Ebene mit einem Vergleich oder auch nur der Recherche einschlägiger ausländischer Entscheidungen oder Literatur oftmals überfordert ist.69 Blickt man aber jeweils immer nur vor die eigene „juristische Haustür“, können in der mitgliedstaatlichen Kontrollpraxis selbst in 66 Hierzu auch schon in den Bestandsaufnahmen der Kap. 4 bis 6 in den Abschnitten IV.4 und 5. 67 C. Rühl, RwKl in AGB (1999), wiederum konzentriert sich in ihrer Arbeit auf die Kontrolle von RwKl und legt dabei mit dem EVÜ noch den völkerrechtlichen Vorgänger der Rom I-VO zugrunde, weshalb sich die Konkurrenzfragen jetzt z.T. anders stellen; im Hinblick auf GStKl behandelt zwar z. B. Heinig, Grenzen von Gerichtsstandsvereinbarungen (2010), viele einschlägige Fragen; das AGB-Recht und sein Verhältnis zu den restlichen Vorgaben bildet bei ihm aber ebenso wenig den Schwerpunkt wie z. B. bei Niedermaier, Schieds- und Schiedsverfahrensvereinbarungen in strukturellen Ungleichgewichtslagen (2013), für SchKl. Auch Ampatzi, Das AGB-Recht in der Schiedsgerichtsbarkeit (2019), trägt zu den Einzelfragen insgesamt zu wenig bei. 68 Zur Konzentration auf die dt. Rspr. und den Gründen hierfür insb. in Kap. 4, unter IV.1. 69 Zu den sprachlichen und anderen „Verständnis-Hürden“ bereits in Kap. 4, unter IV.1. Wichtig v. a. auch Gsell, Zivilrechtsanwendung im Europ. Mehrebenensystem, AcP 214 (2014), 99, 142 ff. Generell zur Entlastungsfunktion der Rechtsdogmatik gegenüber der Rspr. bereits in Kap. 7, unter IV. bei Fn. 298. Bei einem europ. bzw. grenzüberschreitenden Thema wie der Kontrolle int. Streitbeilegungsklauseln dürfte sich gerade auch die Betrachtung ausl. Entsch. unter den Begriff der Rechtsdogmatik fassen lassen; alternativ kann man insofern aber auch von Rechtsvergleichung sprechen.
IV. Wege zu einer verlässlicheren Kontrolle
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Bezug auf die vereinheitlichten Vorgaben und Standards Abweichungen auftreten, die unter anderem die skizzierte Kontrollunsicherheit kreieren. Wenn auch womöglich noch nicht in der Eingangsinstanz, ist spätestens auf der höchstrichterlichen Ebene, also etwa vom BGH zu erwarten, dass er die Rechtsprechung aus anderen Mitgliedstaaten bei seiner Entscheidung berücksichtigt und bei einem Konflikt, sofern möglich, dem EuGH vorlegt. Das geschieht noch zu selten und sollte zukünftig stärker erfolgen, auch wenn damit eine gewisse Verzögerung einhergeht.70 Über viele Probleme hilft allerdings auch das nicht hinweg. Ohne eine umfassende gesetzgeberische Vereinheitlichung wird die Kontrolle internationaler Streitbeilegungsklauseln deshalb stets mit einer gewissen Unsicherheit verbunden sein. Und selbst bei einem derartigen, sehr weitreichenden Schritt lässt sie sich letztendlich nie restlos beseitigen. Schließlich können nicht alle Kontrollaspekte bis ins Detail vorab spezifisch geregelt werden. Zählt das entsprechende Regelwerk z. B. genau auf, welche Schiedsverfahrensvereinbarungen unzulässig sind, stellt sich im Zweifel kurze Zeit später aufgrund von Veränderungen in der Kautelarpraxis oder Modernisierungen bereits wieder die Frage, wie mit anderen, dort nicht konkret aufgeführten Gestaltungen umzugehen ist. Offene Rechtsbegriffe und Generalklauseln sind daher oftmals unerlässlich, um flexibel auf entsprechende Entwicklungen und den jeweils zu entscheidenden Einzelfall zu reagieren. Sie führen dadurch jedoch zugleich regelmäßig zu der in diesem sowie im dritten Kapitel beschriebenen Unsicherheit.71 Selbst bei einem Ergreifen der in diesem Abschnitt skizzierten Verbesserungsmöglichkeiten besteht somit die Ungewissheit, ob die verwendeten Streitbeilegungsklauseln der gerichtlichen Kontrolle standhalten, fort; sie kann durch diese aber zumindest, teils sogar beträchtlich, verringert werden. Angesichts der besonderen Bedeutung eines verlässlichen rechtlichen Rahmens für die grenzüberschreitende Beziehung zwischen den Parteien ist es letztlich erschreckend, wie unsicher so viele der hierfür maßgeblichen Parameter derzeit sind.
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Dazu auch schon in Abschnitt I. Das erfordert dann natürlich aber auch u. a. einen besseren Zugang zu den entsprechenden Informationen, der bisher nicht immer hinreichend gegeben ist, dazu in Kap. 4, unter IV.1. 71 Zu diesem Dilemma generell auch Ohly, Generalklauseln und Richterrecht, AcP 201 (2001), 1, 7 f. und Wurmnest, Kautelarpraxis und AGB, RabelsZ 82 (2018), 346, 359, 364, 373.
Neuntes Kapitel
...noch Schutz vor AGB? AGB und damit auch Streitbeilegungsklauseln werden vom Klauselgegner nur selten gelesen. Dieser steht zeitlich und situativ oft unter Druck, sieht sich angesichts der zu verarbeitenden Text- und Informationsmasse überfordert und weiß zudem, dass der Klauselverwender schon aus Standardisierungsgründen im Zweifel nicht auf die Vereinbarung seiner AGB verzichten wird. Gerade wenn der Klauselgegner das Geschäft nur einmal abschließt, lohnt es sich für ihn daher nicht, sich mit den dortigen Regelungen genauer auseinanderzusetzen oder sie mit anderen Marktangeboten zu vergleichen – zumal ein Wettbewerb in Hinblick auf das „Kleingedruckte“ ohnehin kaum stattfindet. Wie generell schon im zweiten Kapitel und dann speziell mit Blick auf die klauselförmige Rechts- und Forumswahl in den Kapiteln 4 bis 6 beschrieben, führt das regelmäßig dazu, dass der Klauselgegner den ihm diktierten, fremden Regelungen zustimmt, obwohl er deren Folgen gar nicht wirklich erfasst und sie ihn rechtlich bedeutend schlechter stellen. So können Rechtswahlklauseln das sachrechtliche Schutzniveau senken und ihm die Rechtsverfolgung erschweren oder sogar vereiteln, insbesondere wenn das gewählte Recht nur unter sehr hohem Aufwand zu ermitteln ist. Forumswahlklauseln wiederum beeinflussen zum einen das kollisionsrechtliche Schutzniveau und dadurch zugleich die Möglichkeit, eine solche benachteiligende Rechtswahl im Streitfall tatsächlich auch durchzusetzen. Zum anderen kann der Klauselverwender über sie die Hürden für die Rechtsverfolgung noch einmal erhöhen bzw. für sich selbst verringern.1 Da die Apathie des Klauselgegners den AGB gegenüber grundsätzlich rational und ihm deswegen auch nicht vorzuwerfen ist und der Abschluss von Verträgen – auch in standardisierter Art – gefördert werden soll, muss das Recht den Klauselgegner in gewissem Maß vor den geschilderten Gefahren schützen.2 Eine Ge1 Näheres generell schon in Kap. 2 sowie mit Blick auf die einzelnen Streitbeilegungsklauseln in den Kap. 4 bis 6, jeweils v. a. unter II. 2 Kann er sich z. B. auf gewisse inhaltliche Mindeststandards verlassen, ist er eher zu einem „blinden“, aber grdsl. rationalen Vertragsschluss bereit, als wenn ihm dadurch besonders große Gefahren drohen. Ausführlicher in Kap. 2, dort auch zu den weiteren Zusammenhängen. Da mit den Streitbeilegungsklauseln zugleich ein teilweiser Verzicht auf den Justizgewährungsanspruch verbunden ist, muss außerdem sichergestellt sein, dass die entsprechenden Vssn. vorlie-
I. Schutz durch das nationale Recht
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samtschau der Erkenntnisse aus dem zweiten Teil zeigt, dass das im europäischen Rechtsraum derzeit auch bereits geschieht: Sowohl aus dem nationalen Recht (I.) als auch aus den vereinheitlichten Regelwerken der Rom I-, Brüssel Ia-VO und des NYÜ (II.) folgen Grenzen, die die Gefahren von internationalen Streitbeilegungsklauseln eindämmen. Generell kann nach der Analyse der maßgeblichen Kontrollvorschriften sowie deren Handhabung in der Praxis deshalb ein deutlich positiveres Fazit gezogen werden als noch im vorherigen Kapitel für das Ziel der Rechtssicherheit. Gleichwohl verbleiben Bereiche, in denen sich fragt, ob der aktuelle Schutz ausreicht oder nicht doch zu verschärfen ist. Zwei für besonders wichtig erachtete Themenkomplexe sollen hier zum Abschluss näher beleuchtet werden, nämlich zum einen die Frage, ob die Informationsasymmetrie zwischen den Parteien zukünftig stärker bekämpft werden muss, etwa über eine strengere Transparenzkontrolle (III.) und zum anderen, ob im b2b-Bereich auf europäischer Ebene ein größerer inhaltlicher Schutz zu fordern ist (IV.).
I. Schutz durch das nationale Recht Das nationale Recht wird infolge der Vereinheitlichung der Materie durch die Rom I-, Brüssel Ia-VO und das NYÜ zum Teil verdrängt und kann den Klauselgegner dann auch nicht vor den Gefahren von internationalen Streitbeilegungsklauseln schützen. Die Kontrolle von Gerichtsstandsklauseln (zugunsten der mitgliedstaatlichen Gerichte)3 etwa erfolgte während des Untersuchungszeitraums fast gar nicht anhand von nationalen Rechtsvorschriften und wurde zumindest in der Vergangenheit insofern auch überwiegend für unzulässig betrachtet.4 Hier kann es in der Zukunft insbesondere über die neue Verweisung in Art. 25 Abs. 1 S. 1 a. E. Brüssel Ia-VO potenziell allerdings wieder zu einem stärkeren Einfluss des nationalen Rechts kommen. Mangels hinreichender Masse an entsprechenden Kontrollentscheidungen lässt sich darüber bis jetzt aber noch zu wenig sagen. Auch aus diesem Grund haben eine gerichtliche Kontrolle und ein gewisser Schutz zu erfolgen. Wo hier indes die absoluten, grundrechtlich gezogenen Grenzen liegen, ist nicht leicht zu sagen, siehe zu alledem auch bereits die Ausführungen in Kap. 7, insb. unter II.4. und III. 3 GStKl zugunsten drittstaatlicher Gerichte werden in dieser Arbeit nicht behandelt, da sie nach überzeugender Ansicht bisher noch weitgehend dem nat. Recht und nicht der Brüssel IaVO unterliegen (siehe Kap. 5, III.1). GStKl zugunsten der Gerichte von Island, Norwegen und der Schweiz bilden die Ausnahme; sie richten sich nach dem LugÜ-II, das im Wesentlichen der Brüssel I-VO entspricht. Es ist im Folgenden – trotz gewisser Unterschiede – mitverstanden, wenn von der Brüssel Ia-VO die Rede ist. Näheres in Kap. 5, III.1, IV.1. 4 Siehe insb. Kap. 5, IV.3.a). Zu möglichen Änderungen insb. nach der EuGH-Entscheidung Ryanair ./. DelayFix (2020) daneben auch kurz noch im Folgenden unter IV.
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Neuntes Kapitel: ...noch Schutz vor AGB?
gen, um den erreichten Schutz zu bewerten.5 Auch in Bezug auf die Rom I-VO ging die herrschende Meinung bisher an sich davon aus, dass daneben jedenfalls eine inhaltliche Kontrolle anhand des nationalen AGB-Rechts nicht mehr möglich ist. Dies dürfte sich perspektivisch infolge der neueren EuGH-Rechtsprechung jedoch ebenfalls ändern und zu einem gewissen zusätzlichen Schutz für den Klauselgegner führen.6 Besondere Bedeutung hat hier in der deutschen Kontrollpraxis der letzten Jahre vor allem schon das Überraschungsverbot aus § 305c Abs. 1 BGB erlangt. Viele Rechtswahlklauseln scheitern nach der Auffassung der Gerichte im Untersuchungszeitraum daran, insbesondere wenn sie eine neutrale, mit dem Sachverhalt unverbundene Rechtsordnung benennen oder die dortigen Standards zu Lasten des Klauselgegners von denen des objektiv anwendbaren Rechts abweichen.7 Faktisch läuft diese Rechtsprechung indessen auf eine verdeckte Inhaltskontrolle der Rechtswahlklausel hinaus, nur eben im Gewand des AGB-rechtlichen Überraschungsverbot. Sie sollte deshalb so zukünftig nicht mehr fortgeführt werden.8 Als nationale Kontrollinstrumente verbleiben dann – neben der zu erwartenden, im Einzelnen aber noch nicht absehbaren direkten Inhaltskontrolle – die Einbeziehungs- sowie die Transparenzkontrolle. Zumindest erstere stellt nach den bisherigen Erkenntnissen jedoch keine wirkliche Hürde für die Anerkennung dar, da die von der Rechtsprechung insofern formulierten Voraussetzungen relativ gering ausfallen. Die meisten der einschlägigen Entscheidungen wenden in der Frage nämlich das deutsche AGB-Recht an, das für die Vereinbarung der Rechtswahl weder eine besondere Form noch einen spezifischen Hinweis verlangt, falls die Klausel – wie häufig – nicht in der Vertragsurkunde selbst, sondern in einem separaten Klauselwerk enthalten ist. Zum Teil wird auch bereits eine rein mündliche oder konkludente Einigung für ausreichend erachtet.9 Der Schutz des Klauselgegners vor einer vorschnellen Bindung an die fremde Rechtswahlklausel 5
Zum Einfluss der neuen Verweisung umfassend in Kap. 5, speziell zur Inhaltskontrolle unter IV.3.a), vgl. auch schon die vorige Fn. Zudem ist offen, welches nat. Recht die Verweisung in Bezug nimmt, Kap. 5, III.3. 6 Näheres in Kap. 4, unter IV.3.b). Zu den verbleibenden Unsicherheiten allerdings ebenfalls dort sowie auch gerade in Kap. 8, unter I. Dieses Kapitel beschränkt sich generell auf einen zusammenfassenden Überblick, ohne die Details erneut zu diskutieren oder darzulegen. 7 Zu den verschiedenen Fallgruppen und rechtsdogmatischen Problemen in Kap. 4, unter IV.4.c)–f). 8 Siehe die vorige Fn. Hält man eine inhaltliche Kontrolle anhand des nat. AGB-Rechts neben der Rom I-VO (insb. nach EuGH – VKI ./. Amazon) noch für zulässig, so sollte sie jedenfalls direkt anhand des entsprechenden Kontrollinstruments erfolgen und nicht verdeckt mittels des Verbots überraschender Klauseln. 9 Kap. 4, unter IV.2. Siehe außerdem den Vergleich zur Kontrolle von GStKl und SchKl in Kap. 7, III.1.
I. Schutz durch das nationale Recht
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geht damit über den bei materiellrechtlichen Klauseln nicht hinaus, gesichert wird allenfalls ein potenziell bewusster, nicht aber ein tatsächlicher Konsens. Durch die geringen Einbeziehungsvoraussetzungen wird letztlich auch die Transparenzkontrolle geschwächt, die im Bereich der Rechtswahlklauseln in den letzten Jahren an sich enorm an Einfluss gewonnen hat und zumindest im Verhältnis zu Verbrauchern recht weitreichende Informationspflichten für den Klauselverwender statuiert.10 Müssen die AGB dem Vertragspartner aber gar nicht erst vorgelegt werden11 oder geht die Rechtswahlklausel in ihnen ohne eine optische Hervorhebung oder spezifische Inbezugnahme unter all den anderen Klauseln unter, hilft deren transparente Formulierung dem Klauselgegner kaum weiter. Für einen effektiveren Schutz müsste daher zunächst überhaupt seine Aufmerksamkeit auf die entsprechende Regelung gelenkt werden; wie das generell erreicht werden kann, wird ausführlicher noch unter III. zu erörtern sein. Bei Schiedsklauseln kommt dem nationalen Recht wiederum bereits für deren generelle Zulässigkeit und inhaltlichen Schranken Bedeutung zu.12 So ist eine antizipierte Schiedswahl mit Verbrauchern nach manchen Rechtsordnungen von vornherein verboten, weshalb dann auch eine Benachteiligung mithilfe diktierter AGB ausscheidet.13 Im b2b-Bereich wird die Schiedsfähigkeit dagegen bisher nur selten beschränkt, einige nationale Ausnahmen gibt es allerdings, etwa um als schwächer betrachtete Handelsvertreter zu schützen.14 Das deutsche Recht, Zu dieser Entwicklung und den verschiedenen Vorgaben, die insb. der EuGH in VKI ./. Amazon aus der Klausel-RL abgeleitet hat, in Kap. 4, unter IV.5. Siehe daneben auch Kap. 7, III.4. 11 § 305 Abs. 2 BGB sieht das zumindest im Verbraucherbereich eigentlich vor, es sei denn es besteht eine andere zumutbare Kenntnisnahmemöglichkeit. Im Untersuchungszeitraum ist die Vorschrift aber nicht relevant geworden. Teils wurde eine Übergabepflicht sogar explizit verneint, vgl. Kap. 4, IV.2.b). 12 Das NYÜ macht hierfür keine eigenen Vorgaben, siehe Kap. 6, III.1., IV.3.a). 13 Zum entsprechenden Schiedsrecht in den skandinavischen Staaten in Kap. 6, unter IV.6. mit den nötigen Nachweisen, vgl. dort zudem den Abschnitt IV.3.b). Da die Beschränkung der Schiedsfähigkeit auch für Individualvereinbarungen gilt und damit nicht aus AGB-spezifischen Gründen greift, wurden die nat. Regeln hierzu von der Arbeit nicht näher untersucht. Sie bewirken aber zugleich einen weitgehenden Ausschluss von SchKl, da diese v. a. vor dem Entstehen der Streitigkeit verwendet werden. Hierzu mit Blick auf GStKl auch schon in Kap. 5, unter III.2.a). 14 Hierzu Ferrari/Rosenfeld, Mehr Freiheit wagen in der int. Handelsschiedsgerichtsbarkeit, FS Basedow 2017, 369, 378; Kröll, The “Arbitrability” of Disputes Arising from Commercial Representation, in: Mistelis/Brekoulakis, Arbitrability (2009), 317 ff. und Wautelet, Arbitration of Distribution Disputes Revisited, FS van Houtte 2012, 217 ff. Es kommt außerdem häufiger zu einer Ordre-public-Kontrolle, falls die Wahl des Schiedsgerichts zu einer Umgehung int. zwingenden Sachrechts führt oder zu führen droht, vgl. dazu ebenfalls z. B. Kröll, a. a. O., oder auch Mogendorf, Der strukturell unterlegene Unternehmer im IPR und IZVR 10
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Neuntes Kapitel: ...noch Schutz vor AGB?
auf das es insofern vor deutschen Gerichten häufig ankommt,15 kennt in den hier untersuchten Bereichen grundsätzlich keine solchen, generellen Grenzen,16 kann über die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle jedoch zumindest theoretisch einen vergleichbaren Schutz des Klauselgegners erreichen. Schließlich fällt dessen Schiedsbindung bei einer unangemessenen Benachteiligung ebenfalls weg (§ 307 Abs. 1 BGB). In der Praxis führt das Kontrollinstrument bisher jedoch tatsächlich nur äußerst selten zur Versagung der Anerkennung, ein Großteil der im Untersuchungszeitraum entsprechend kontrollierten Schiedsklauseln hält der gerichtlichen Prüfung stand, selbst wenn das für den Klauselgegner im Einzelfall z. B. bedeuten mag, dass er sich bei einem Streit nur an ein Schiedsgericht in Lettland oder Moldawien in der jeweiligen Landessprache wenden kann.17 Dabei darf freilich nicht übersehen werden, dass zumindest im Verbraucherbereich nach Auffassung der Gerichte – neben Art. II NYÜ (vgl. noch II.) – die relativ strenge Formvorschrift aus § 1031 Abs. 5 ZPO greift. Die meisten Schiedsklauseln scheitern deshalb bereits an der fehlenden Einbeziehung, sodass ein inhaltlicher Schutz der Verbraucher gar nicht mehr erforderlich ist.18 Insgesamt ergibt sich für den Schutz durch das nationale Recht damit ein gemischtes Bild. Bei Schiedsklauseln können vor allem die schiedsrechtlichen Regeln über die Schiedsfähigkeit für einen weitreichenden Schutz des Klauselgegners sorgen, sie knüpfen allerdings nicht speziell an den Klauselcharakter der Schiedswahl an und hängen in ihrer Ausgestaltung stark von dem jeweils an(2016), S. 283 ff. und Thorn/Nickel, Der Schutz der strukturell unterlegenen Partei vor Schiedsverfahren, IPRax 2018, 541. Beachte bereits den Hinweis aus der vorigen Fn. 15 Die subjektive Schiedsfähigkeit bestimmt sich nach dem Personalstatut, hängt vor dt. Gerichten also vom Sitz des Klauselgegners ab (vgl. Art. 5 EGBGB), die objektive Schiedsfähigkeit bestimmt sich jedenfalls nach der lex fori, nach streitiger Ansicht kumulativ zugleich nach dem Schiedsvereinbarungsstatut. Siehe nur Adolphsen, in: MüKo-ZPO, Art. II NYÜ Rn. 11, 31, der sich selbst gegen Letzteres ausspricht. 16 Eine wichtige Ausnahme bildet insofern § 101 WpHG, der im Bereich des Wertpapierhandels antizipierte Schiedsvereinbarungen nur zwischen Kaufleuten erlaubt. Dazu in Kap. 6, insb. unter IV.6. Arbeitsverträge wurden hier z. B. ausgeklammert, vgl. Kap. 6, IV.1. Zum alternativen Schutzansatz des dt. Rechts noch gleich sowie bereits in Kap. 6, unter IV.3.b). 17 Vgl. OLG Frankfurt, 18.5.2016 (Lettland) und OLG Köln, 26.2.2014 (Moldawien), wo der Schiedsspruch jeweils anerkannt wurde, obwohl sich der Klauselgegner über die erschwerte Rechtsverfolgung beklagt hatte. Weitere Bsp. in Kap. 6, unter IV.3.b), dort auch zu den 4 Subway-Entsch., die eine New Yorker SchKl für unangemessen erklären. Sie bilden bisher jedoch die einzigen negativen Kontrollentsch., vgl. auch Anh. 6. 18 Mehr hierzu in Kap. 6, unter IV.2. und 3. Grdsl. richtet sich die nötige Form nach dem NYÜ, eine Anwendung des nat. Rechts kommt nur im Rahmen von Art. VII NYÜ in Betracht, Näheres hierzu a. a. O. Dort allerdings auch zur fraglichen Sonderanknüpfung der Gerichte in den bisherigen Fällen, die zukünftig so eventuell nicht mehr fortgeführt werden kann und dann den entsprechenden Schutz von Verbrauchern mindern.
II. Schutz durch die Rom I-, Brüssel Ia-VO und das NYÜ
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wendbaren Recht ab. Letzteres gilt schlussendlich genauso für das nationale AGB-Recht, das jedenfalls bislang in der deutschen Kontrollpraxis auch noch kaum für höhere inhaltliche Schutzstandards gesorgt hat. Berücksichtigt man beim Klauseltyp der Rechtswahlklauseln, dass die aktuelle Handhabung des Überraschungsverbots in Zukunft so wohl überzeugenderweise nicht mehr erfolgen kann, fällt der Schutz ebenfalls nicht sonderlich stark aus. Die Transparenzkontrolle verfügt zwar insbesondere nach der Entscheidung des EuGH in VKI ./. Amazon durchaus über das Potenzial für eine umfassende Aufklärung des Klauselgegners;19 ob sie angesichts der niedrigen Einbeziehungsvoraussetzungen in der Praxis aber tatsächlich zu einem effektiven Schutz des Klauselgegners beitragen kann, bleibt fraglich. Bei Gerichtsstandsklauseln kam es im Untersuchungszeitraum in den einschlägigen Entscheidungen wiederum fast nie auf die Vorgaben des nationalen Rechts an; das kann sich nach der EuGH-Entscheidung Ryanair ./. DelayFix allerdings in den nächsten Jahren deutlich ändern und zu einem weiteren (inhaltlichen) Schutz führen. Dessen genaue Reichweite ist derzeit jedoch noch nicht absehbar.20
II. Schutz durch die Rom I-, Brüssel Ia-VO und das NYÜ Auf vereinheitlichter Ebene ist zunächst der spezielle Schutz für passive Verbraucher und andere als typisiert schwächer eingeordnete Parteien aus den Art. 6 bis 8 Rom I-VO und Art. 15, 19, 23 Brüssel Ia-VO hervorzuheben.21 Die dortigen Vorgaben bewirken, dass sich deren Rechtsposition mithilfe der Rechts- oder Forumswahl nicht wesentlich verschlechtern lässt. Die Rom I-VO greift dafür methodisch auf einen Günstigkeitsvergleich (Art. 6, 8 Rom I-VO) sowie eine Beschränkung der wählbaren Rechtsordnungen zurück (Art. 7 Rom I-VO), die Brüssel Ia-VO auf eine zeitliche und inhaltliche Beschränkung der Wahlfreiheit.22 So können Gerichtsstandsvereinbarungen mit den geschützten Parteien im Grun19
Vgl. oben Fn. 10. Vgl. oben Fn. 5 f. 21 Hierzu ausführlich in Kap. 4 und 5, jeweils v. a. unter III., dort auch zu weiteren europ. Schranken. Art. 5 Rom I-VO z. B. beschränkt ebenfalls die Rechtswahl, bietet aber gerade im Vergleich nur geringen Schutz, da er Fluggesellschaften erlaubt, das Recht am eigenen Sitz zu wählen, der sich ggfs. auch verlegen lässt. Sehr kritisch Mankowski, RwKl in Luftbeförderungs-AGB, RRa 2014, 118, 121 (reines „Lippenbekenntnis“). Zum in erster Linie „reflexiven“ Schutz über Art. 3 Abs. 4, Art. 9, 21 Rom I-VO in Kap. 4, unter III., über Art. 24 Brüssel Ia-VO in Kap. 5, unter III. Näher dazu neben dort Genannten auch insb. Mogendorf, Der strukturell unterlegene Unternehmer im IPR und IZVR (2016), S. 71 ff., 215 ff. 22 Vgl. die vorige Fn. Art. 19 Brüssel Ia-VO schützt passive Verbraucher sehr weitreichend vor den Gefahren von GStKl, während Art. 6 Rom I-VO die Rechtsverfolgungshürden nicht 20
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Neuntes Kapitel: ...noch Schutz vor AGB?
de nur nach dem Entstehen der Streitigkeit getroffen werden oder müssen diesen zusätzliche Klagemöglichkeiten eröffnen. Die Verwendung von AGB wird auf diesem Wege zwar nicht direkt, aber zumindest faktisch verboten. Schließlich werden Gerichtsstandsklauseln in aller Regel als Teil eines umfassenden Klauselwerks oder Standardvertrags gleich mit dem Beginn der vertraglichen Beziehung vereinbart und begünstigen klassischerweise ihren Verwender. Beides ist nach den Art. 15, 19, 23 Brüssel Ia-VO in den erfassten Bereichen aber nicht mehr möglich. Auch wenn die Rom I- und Brüssel Ia-VO nach ihrem Wortlaut also nicht gezielt bei den typischen AGB-Gefahren der Rechts- und Gerichtsstandswahl ansetzen, bewirken sie dennoch einen weitreichenden Schutz davor, allerdings nur sofern es sich beim Klauselgegner auch um eine der explizit in den Vorschriften genannten Parteien handelt. Für alle anderen ist in der Rom I- und Brüssel Ia-VO kein spezieller inhaltlicher Schutz vorgesehen, woraus in der Vergangenheit viele abgeleitet haben, dass eine zusätzliche Anwendung von funktional Äquivalenten des nationalen Rechts nicht in Betracht kommt: „Was [europäisch] erlaubt ist, bleibt erlaubt […]“23, selbst wenn es den Klauselgegner im AGB-rechtlichen Sinne überrascht oder unangemessen benachteiligt.24 Ob darin ein Defizit liegt, das durch die Gesetzgebung oder Rechtsprechung korrigiert werden muss, wird mit Blick auf den b2b-Bereich noch unter IV. zu erörtern sein. Für den b2c-Bereich dürfte sich anderes jedenfalls bereits aus der neueren EuGH-Rechtsprechung ergeben.25 Mit Blick auf die zuvor genannten Regelwerke genügt an dieser Stelle aber zunächst das Fazit, dass sowohl die Rom I-VO als auch die Brüssel Ia-VO den Klauselgegner durch inhaltliche Schranken vor den Gefahren von Rechtswahl- und Gerichtsstandsklauseln schützen, das allerdings nur in bestimmten, enumerierten Fällen und ohne einen besonderen Fokus auf AGB. Bei den Gerichtsstandsklauseln treten dazu als Schranken vor allem noch die Form- und Konsensvorgaben aus Art. 25 Abs. 1 S. 3 Brüssel Ia-VO, die in der Praxis relativ oft dazu führen, dass die fremden, diktierten Regelungen keine vollkommen beseitigen kann, dafür aber immerhin die Verschlechterung des sachrechtlichen Schutzniveaus verhindert. Dazu Kap. 7, unter III.2. 23 So Mankowski, RwKl in Luftbeförderungs-AGB, RRa 2014, 118, 121, der dort damit begründet, dass eine AGB-rechtliche Inhaltskontrolle von RwKl, die unter die Bereichsausnahme aus Art. 6 Abs. 4 Rom I-VO fallen, unzulässig ist. Zur Sperre auch bereits unter I. sowie ausführlich in den Kap. 4 und 5. 24 Vgl. die Diskussion in Kap. 4 und 5, insb. unter IV.3. und 4. 25 Dieser scheint eine (zusätzliche) Inhaltskontrolle anhand von Art. 3 Klausel-RL in seinen Entsch. VKI ./. Amazon (2015) und v. a. Ryanair ./. DelayFix (2020) auch im Anwendungsbereich der Rom I- und Brüssel Ia-VO für möglich zu halten, setzt sich aber nicht mit der starken Gegenauffassung aus der Literatur und vorherigen mitgliedstaatlichen Rspr. auseinander, näher hierzu in Kap. 4 und 5, unter IV.3., aber auch in Kap. 8, I.
II. Schutz durch die Rom I-, Brüssel Ia-VO und das NYÜ
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Wirkung entfalten, da sie von vornherein gar nicht erst in die Beziehung der Parteien einbezogen werden.26 Besonders die Grundregel, dass eine Abweichung von den objektiven Zuständigkeitsregeln schriftlich vereinbart werden muss (lit. a Var. 1), warnt den Klauselgegner und macht ihn auf die besondere Bedeutung seiner Zustimmung aufmerksam.27 Im elektronischen Rechtsverkehr, dessen Bedeutung perspektivisch noch weiter steigt,28 wird dieser Schutz indes erheblich verwässert. Denn Art. 25 Abs. 2 Brüssel Ia-VO lässt hier bereits den Abschluss von Gerichtsstandsvereinbarungen über elektronische Übermittlungen zu, sprich z. B. über Internetseiten oder E-Mails, sofern diese „eine dauerhafte Aufzeichnung der Vereinbarung ermöglichen“. Das bejaht der EuGH 2015 in El Majdoub selbst für Click-Wrap-Agreements, bei denen der Klauselgegner vor dem Vertragsschluss auf der Internetseite an einem Feld ein Häkchen setzen muss, mit dem er die Geltung der fremden AGB bestätigt. Der kritische Punkt hierbei ist vor allem, dass ihm die AGB vorher meistens nicht automatisch angezeigt werden, sondern er den angegebenen Link selbst erst aktiv durch einen Klick öffnen muss. Statistiken zeigen, dass das höchstens in 1 % der Fälle geschieht.29 Die Zustimmung ist damit zwar immer noch potentially informed, die Wahrscheinlichkeit einer bewussten Entscheidung des Klauselgegners für die parteiautonome Wahl ist aber so gering, dass sie den Namen eigentlich nicht mehr verdient. Unter III. ist deshalb zu überlegen, ob hier de lege ferenda nicht strengere Voraussetzungen formuliert werden müssen. Bei Schiedsklauseln gilt wie bei Gerichtsstandsklauseln im Prinzip ebenfalls ein Schriftformerfordernis. Die Schiedsklausel muss nach Art. II Abs. 2 NYÜ entweder in einem Schriftwechsel der Parteien oder in einer von beiden Seiten unterzeichneten Vertragsurkunde enthalten sein.30 Ein Pendant zu Art. 25 Abs. 2 Brüssel Ia-VO fehlt. Das maßgebliche NYÜ stammt von 1958 und geht allein auf 26 Zur enormen praktischen Bedeutung der europ. Einbeziehungsvssn. für die gerichtliche Anerkennung von GStKl insb. schon in Kap. 5, unter IV.2.b) und 6. 27 Zum Zweck der europ. Formvorgaben, eine „echte“ Einigung über die Gerichtsstandswahl zu sichern, insb. in Kap. 5, unter III.2.c), IV.2.a). Zusammenfassend EuGH – Höszig, 7.7.2016, Rs. C-222/15, Rn. 37. Meistens kommt es auch tatsächlich auf diese Grundregel an; die Formerleichterungen führen in der analysierten Rspr. kaum zu einer wirksamen Einbeziehung, siehe Kap. 5, eingangs unter IV.2.b) sowie näher unter e). Wie bei RwKl wird allerdings auch bei GStKl bislang kein spezifischer Hinweis auf deren Existenz verlangt, wenn sie nicht direkt in der Vertragsurkunde, sondern in separaten AGB enthalten ist, vgl. Kap. 5, IV.2.d). Dazu generell auch noch in Abschnitt III. 28 Im Untersuchungszeitraum finden sich noch erstaunlich wenige Entsch., die explizit auf die dortigen Herausforderungen und Fragen eingehen. Oft sind die klassischen Grundsätze allerdings zu übertragen. 29 Zu alledem bereits in Kap. 5, unter IV.2.d), dort auch mit den entsprechenden Nachweisen. 30 Siehe Kap. 6, insb. IV.2.b)aa). Zu den Kontrollunterschieden in Kap. 7, unter III.1.
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Briefe und Telegramme ein, elektronische Übermittlungen werden ihnen nach vorwiegender Auffassung aber trotzdem gleichgestellt.31 Speziell auf ClickWrap-Agreements kam es in der analysierten Rechtsprechung bisher indes nicht an.32 Auch bei Schiedsklauseln stellt das Schriftformerfordernis eine spürbare Schwelle für die Zustimmung dar und bewahrt den Klauselgegner damit vor einer vorschnellen Bindung an die von der anderen Seite diktierte Schiedswahl. Tatsächlich scheitern in der Praxis relativ viele Schiedsklauseln an den skizzierten Formanforderungen. Zwar kann unter bestimmten Voraussetzungen von Art. II NYÜ nach unten abgewichen werden, das kommt im Untersuchungszeitraum aber nur selten erfolgreich vor.33 Der formelle Schutz ist daher als relativ hoch einzuschätzen.34 Allerdings lässt sich derzeit z. B. noch keine besondere Transparenz- oder Überraschungskontrolle beobachten. Gleiches gilt für den Bereich der Gerichtsstandsklauseln.35
III. Stärkere Bekämpfung der Informationsasymmetrie Wie in den vorangegangenen zwei Abschnitten, insbesondere aber schon in Kapitel 2 gesehen, besteht der Schutz vor AGB vor allem aus zwei Grundbausteinen: Auf der einen Seite sorgen inhaltliche Grenzen dafür, dass der Klauselgegner von den Folgen seiner meistens „blinden“ Zustimmung nicht allzu hart getroffen wird. Auf der anderen Seite versucht das sog. Informationsmodell 31 Vgl. OLG Stuttgart, 21.12.2015, jurisRn. 37 f.; OLG Köln, 9.10.2009, jurisRn. 15; M. Roth, Schiedsvereinbarungen nach dem NYÜ, in: Czernich/Geimer, Streitbeilegungsklauseln (2017), Rn. 25; Schramm/Geisinger/Pinsolle, in: Kronke et. al., Art. II NYC, S. 83; zu ClickWrap-Agreements gleich. 32 Wolff, E-Arbitration Agreements and E-Awards, in: Piers/Aschauer, Arbitration in the Digital Age (2018), 151, 171, führt insofern überzeugend aus, dass die Bestätigung des Klauselgegners nur dann für eine Einbeziehung nach Art. II NYÜ ausreichen kann, wenn der Klauselverwender davor oder danach ebenfalls eine elektronische Willenserklärung abgibt und sich nicht bloß – wie häufig – darauf beschränkt, die Ware zu versenden. Denn dann fehlt es in jedem Fall an einem – modern interpretierten – Schriftwechsel, der der klassischen Form gleichzustellen wäre. 33 Art. VII NYÜ lässt eine Anerkennung nach schiedsfreundlicheren nat. Regeln zu, auch bzgl. der SchKl, dazu insb. in Kap. 6, III.1., IV.2.b)bb). Die wichtigste Fallgruppe bilden hierfür bislang kaufmännische Bestätigungsschreiben, die nach § 1031 Abs. 2, 3 ZPO vor dt. Gerichten grdsl. für eine Einbeziehung reichen, oft aber trotzdem nicht zum Erfolg führen. Niedrigere Vssn., wie etwa eine rein mündliche Schiedswahl, wurden bis jetzt – vermutlich auch aufgrund von Beweisproblemen – noch nicht bejaht, dazu ebenfalls a. a. O. 34 Das ist angesichts der höheren Verzichtsintensität auch letztlich nur kohärent, siehe Kap. 7, III.1. 35 Vergleichend Kap. 7, III., IV.
III. Stärkere Bekämpfung der Informationsasymmetrie
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mithilfe von Einbeziehungs-, Form- und Transparenzvorgaben, den Informationsstand des Klauselgegners zu verbessern und ihn so von vornherein davon abzuhalten, Klauseln zuzustimmen, die für ihn unvorteilhaft sind oder ihn sogar erheblich benachteiligen. Das Informationsmodell setzt damit direkt bei der Ursache für seine unbewusst-nachteilige Selbstbindung, der typischen Informationsasymmetrie, an.36 Während bezüglich der inhaltlichen Grenzen letztendlich unstreitig ist, dass sie den Gefahren der AGB-Verwendung entgegenwirken (problematisch ist vielmehr ihre genaue Reichweite, vgl. noch IV.), wird beim Informationsmodell schon seit langem diskutiert, wie wirkungsvoll es tatsächlich zum Schutz beitragen kann. Denn werden AGB rationalerweise sowieso nicht gelesen, warum sollten sie dem Klauselgegner dann vor Vertragsschluss zugänglich gemacht werden, transparent formuliert sein oder sich direkt bzw. in Bezug genommen in einer vom Klauselgegner unterzeichneten Vertragsurkunde befinden? „For those who (smartly) prefer not to know, it is utterly irrelevant whether the terms-theydon’t-know are available before or after the deal, inside or outside the shrinkwrap, in small or large print, […], and so on. It doesn’t even matter what these terms say – arbitration at home or in Timbuktu. Who cares?“37
Hinzu kommt, dass je ausführlicher die AGB den Klauselgegner über ihre Regelungen und Folgen aufklären, etwa indem sie ihn darauf hinweisen, dass neben der gewählten Rechtsordnung auch noch weitere Rechtsquellen Anwendung finden können oder Schiedsverfahren mit einer Beschränkung der verfügbaren 36 Zu diesen zwei Grundbausteinen auch insb. Fornasier, Freier Markt und zwingendes Vertragsrecht (2013), v. a. S. 163 ff. und Gottschalk, Das Transparenzgebot und AGB, AcP 206 (2006), 555, 559 ff. Sie finden sich auch in anderen Rechtsgebieten wieder, siehe für das Verbraucherrecht allgm. etwa Sedlmeier, Rechtsgeschäftliche Selbstbestimmung (2012), v. a. S. 224 ff., die dort unter dem Informationsmodell allerdings abweichend einen bestimmten Begründungsansatz versteht, der den Verbraucherschutz allein mit der Informationsasymmetrie erklärt (a. a. O., S. 117 ff., dort auch zu den verschiedenen Begriffsverständnissen). Das überzeugt Sedlmeier nicht. Und auch im AGB-Recht stellt die Informationsasymmetrie zwar eine überaus wichtige Ursache dafür dar, dass der Klauselgegner den nachteiligen Klauseln zustimmt, aber nicht die einzige. Näheres hierzu in Kap. 2, dort auch noch differenzierter zu der Wirkung der verschiedenen Kontrollinstrumente. 37 So Ben-Shahar, The Myth of the ‘Opportunity to Read’, ERCL 2009, 1, 5, der sich dort generell kritisch mit entsprechenden AGB-rechtlichen Vorgaben und Informationspflichten allgm. beschäftigt. Ähnlich, nur ausführlicher auch ders./Schneider, More Than You Wanted to Know (2014) und McColgan, Abschied vom Informationsmodell (2020), insb. S. 146 ff., 171 ff., 259 ff. Ebenfalls skeptisch speziell mit Blick auf das Verbraucherrecht u. a. Fries/Stark, Buttons, Boxes, Ticks, and Trust, in: Mathis, European Perspectives on Behavioural Law and Economics (2015), 107 ff., die deshalb v. a. stärker auf inhaltliche Grenzen setzen wollen. Kritisch zu den Anforderungen speziell für die Einbeziehung von GStKl auch Schlosser, in: ders./ Hess, Art. 25 EuGVVO Rn. 16.
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Rechtsmittel einhergehen,38 die Länge und Komplexität des entsprechenden Textes umso stärker steigt. Das schreckt den Klauselgegner von dessen Lektüre ab oder führt anderenfalls zu Problemen bei der Informationsaufnahme und -verarbeitung (sog. information overload).39 Selbst bei einem gerade noch „richtigen“ Maß an Informationen (wo immer das auch liegen mag)40 ist vom Klauselgegner freilich, da er verschiedenen kognitiven Verzerrungen unterliegt, keine vollkommen vernünftige Entscheidung über die AGB zu erwarten.41 Dann kann man aber auch überlegen, sämtliche Hinweis- und Übermittlungspflichten des Klauselverwenders gleich ganz wegfallen zu lassen und stattdessen allein auf einen Schutz über inhaltliche Schranken setzen.42 Zumal die Kosten für die Erfüllung ebenjener Pflichten im Zweifel am Ende ohnehin den Klauselgegner treffen, indem sie etwa den Preis der von ihm nachgefragten Leistung steigern.43 Tatsächlich schränken all diese Punkte die Leistungsfähigkeit des Informationsmodells teils sogar empfindlich ein, sie sprechen aber trotzdem nicht dafür, 38 Nach EuGH – VKI ./. Amazon, 28.7.2016, Rs. C-191/15, Rn. 69, müssen Verbraucher wegen Art. 5 Klausel-RL darüber informiert werden, wenn sich die Wirkung einer Klausel nach bindenden Rechtsvorschriften, etwa Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO, bestimmt. Auch wenn im Einzelnen unklar ist, welche Pflichten damit genau verbunden sind, wurde in Kap. 7 unter III.4. überlegt, dass bei SchKl kohärenterweise strengere Anforderungen als bei RwKl gelten müssten und daher z. B. eine umfassendere Aufklärung über die Vor- und Nachteile der Schiedswahl zu erfolgen hat. Dazu auch noch im Folgenden. Für praktische Bsp. vgl. die Angaben a. a. O. 39 Aus dem dt. Schrifttum generell hierzu v.a. Bechtold, Die Grenzen zwingenden Vertragsrechts (2010), S. 59 ff.; Fornasier, Freier Markt und zwingendes Vertragsrecht (2013), S. 80 f. und McColgan, Abschied vom Informationsmodell (2020), S. 109 ff., jeweils m. w. N. 40 Zu der entsprechenden Unsicherheit in der verhaltensökonomischen Forschung Lüttringhaus, Vertragsfreiheit (2018), S. 356 f. 41 Siehe hierzu auch schon die Ausführungen in Kap. 2, unter I.1. Zum Darlehensvertrag Bechtold, Die Grenzen zwingenden Vertragsrechts (2010), insb. S. 80, 86 und Schmolke, Grenzen der Selbstbindung im Privatrecht (2014), S. 856. 42 In die Richtung z. B. Ben-Shahar in verschiedenen Publikationen, vgl. Fn. 37; McColgan, Abschied vom Informationsmodell (2020), S. 205 ff., 308 ff. und Fries/Stark, Buttons, Boxes, Ticks, and Trust, in: Mathis, European Perspectives on Behavioural Law and Economics (2015), 107, 118 ff. Sehr kritisch auch Bechtold und Schmolke, vgl. die vorige Fn. Schon früh gegen eine Bekämpfung der AGB-Gefahren über besondere Hinweis- oder Formerfordernisse außerdem v. Hippel, Der Schutz des Verbrauchers vor unlauteren AGB in den EG-Staaten, RabelsZ 41 (1977), 237, 244, der das jedoch v. a. mit der Take-it-or-leave-it-Situation begründet, an der das Informationsmodell nichts verändere. Eine Stärkung der Markttransparenz kann allerdings den Wettbewerb fördern und dadurch zugleich die Auswahl und damit die entsprechende Entscheidungsfreiheit des Klauselgegners stärken, siehe Kap. 2, unter II.2. 43 Zu diesem Problem auch Armbrüster, Standard Contract Terms and Information Rules, in: Collins, Standard Contract Terms (2008), 163, 164; Schmolke, Grenzen der Selbstbindung im Privatrecht (2014), S. 843 und Schön, Zwingendes Recht und informierte Entscheidung, FS Canaris 2007, 1191, 1206. Als generelles Arg. gegen Informationspflichten Ben-Shahar/ Schneider, More Than You Wanted to Know (2014), S. 11, 169 ff.
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das Modell abzuschaffen und vollkommen auf seinen (komplementären) Einsatz neben den inhaltlichen Grenzen zu verzichten.44 Denn die vertragliche Bindung an fremde AGB setzt stets einen legitimierenden Willen des Klauselgegners voraus, den dieser in einem gewissen, die Zurechnung begründenden Maße geäußert haben muss. Eine völlig blinde Zustimmung zu einem Vertrag gewissermaßen als „Blackbox“, deren Inhalt der Klauselgegner weder kennt noch – wichtig – überhaupt kennen kann, reicht dafür nicht aus;45 gerade auch wenn man sich in Erinnerung ruft, dass speziell der Abschluss internationaler Streitbeilegungsklauseln mit einem Verzicht auf den grundrechtlichen Justizgewährungsanspruch verbunden ist. Dieser muss aber, wie in Kapitel 7 behandelt, eindeutig und (partei-)autonom, sprich auch möglichst informiert erfolgen.46 Zumindest ein deutlicher Hinweis auf die Geltung der AGB sowie eine Möglichkeit zu deren rechtzeitiger Kenntnisnahme erscheinen daher unerlässlich.47 Dieser Stand ist derzeit auch bereits in sämtlichen hier untersuchten Bereichen, insbesondere auch bei Rechtswahlklauseln erreicht. Angesichts der weitreichenden Folgen von internationalen Streitbeilegungsklauseln ist aber darüber hinaus und insofern abweichend von den im zweiten Teil sowie in den vorherigen Abschnitten vorgestellten bisherigen Kontrollvorgaben zu fordern, dass deren Existenz bei einem separaten Klauselwerk von dem nötigen Hinweis spezifisch hervorzuheben ist. Das ergibt sich zwar nicht zwangsläufig aus den grundrechtlichen Verzichtsvoraussetzungen,48 macht den Klauselgegner aber stärker auf diese besonders folgenreichen im Fazit auch Armbrüster (vorige Fn.), 166, 174 (dort auch zu den Vorteilen nach Vertragsschluss) und Schön (vorige Fn.), 1211 („sinnvolle Erweiterung des gesetzgeberischen Instrumentariums, aber nicht ein Allheilmittel für sämtliche Defizite der Privatautonomie“). Für eine Kombination ebenfalls u. a. Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers (1998), v. a. S. 334, 360 f., 364 und Fornasier, Freier Markt und zwingendes Vertragsrecht (2013), S. 81. 45 Anders Ben-Shahar, The Myth of the ‘Opportunity to Read’, ERCL 2009, 1, 3 ff. der dort tatsächlich vorschlägt, eine solche Zustimmung genügen zu lassen (speziell dazu v. a. auf S. 11 f. a. a. O.). 46 Siehe insb. Kap. 7, II.4. Selbst wenn der Klauselgegner die AGB letztendlich nicht liest, hat er immerhin die Möglichkeit dazu und damit die Wahl. Werden ihm die AGB aber von vornherein nicht zur Verfügung gestellt oder sind sie unverständlich formuliert, kann er noch nicht einmal diese Entsch. frei treffen. Hierzu auch Ben-Shahar (vorige Fn.), 3 ff., den dieses Arg. allerdings nicht überzeugt. Wie hier dagegen Sedlmeier, Rechtsgeschäftliche Selbstbestimmung (2012), S. 229 f. (dort im generellen Kontext von Informationspflichten des Unternehmers). Gleichwohl ist die Entscheidungsfreiheit und damit die Legitimation durch AGB natürlich nach wie vor noch als relativ schwach einzuordnen, dazu erneut u. a. in Kap. 7, a. a. O. 47 Zumal einige Klauselgegner die AGB dann auch tatsächlich lesen. Hierauf verweisen als Begründung für die Transparenzkontrolle auch u. a. Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers (1998), 340, 360; Fornasier, Freier Markt und zwingendes Vertragsrecht (2013), S. 166 f. und Köndgen, Transparenzgebot im AGB-Recht, NJW 1989, 943, 947. 48 Wo hier die absoluten Grenzen liegen, die eine staatliche Handlungspflicht bzw. Nichtan44 So
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Regelungen aufmerksam und erhöht so die Wahrscheinlichkeit, dass er eine bewusste, parteiautonome Entscheidung über ihre Geltung trifft.49 Zwar kann er insbesondere als Laie ihre Bedeutung vor dem Entstehen einer Streitigkeit oft kaum einschätzen,50 dagegen könnte aber eine ausführlichere Erläuterung ihrer konkreteren Wirkungen und Risiken im Rahmen des eigentlichen Klauselwerks helfen.51 Im siebten Kapitel war aus Kohärenzgründen bereits überlegt worden, dass der Klauselverwender den Vertragspartner bei Schiedsklauseln darüber informieren sollte, dass er durch die Zustimmung insbesondere das Recht verliert, vor staatlichen Gerichten ein Erkenntnisverfahren durchzuführen oder die schiedsgerichtliche Entscheidung später umfassend überprüfen zu lassen.52 Bei Gerichtsstandsklauseln wiederum wäre es für den Klauselgegner z. B. wichtig zu erfahren, dass er durch diese die Möglichkeit der Klage an einem unter Umständen günstiger gelegenen, objektiv zuständigen Gericht verliert und gegen die Entscheidung im europäischen Rechtsraum primär in deren Ursprungsstaat vorzugehen hat. Sicherlich besteht bei derart weitreichenden Hinweispflichten das Risiko eines information overload. Diesem lässt sich aber dadurch begegnen, dass z. B. der Kern der Schiedsklausel, nämlich das eigentliche „Opt-Out“, in dem Klauselwerk oder der Vertragsurkunde optisch hervorgehoben wird (etwa durch einen Fettdruck oder eine höhere Schriftgröße), während die weiteren Detailregelungen zum Schiedsverfahren sowie die Erläuterung der damit verbundenen Risiken in jeweils eigenen, weniger auffällig gedruckten Absätzen und in möglichst simpler Sprache erfolgen.53 Eine Ausnahme sollte dabei freilich für die Regelung des erkennung zwingend auslösen, ist unklar, gerade dem Gesetzgeber steht ein gewisser Spielraum zu, siehe dazu Kap. 7, III.4. 49 Ähnlich Eichel, AGB-GStKl im dt.-amerikanischen Handelsverkehr (2007), S. 79 ff.; z.T. sogar noch strenger Hau, in: M. Wolf/Lindacher/Pfeiffer, IntGV Rn. 23, GStKl Rn. G 163, s.u. Fn. 59. So tatsächlich schon praktiziert etwa in dem OLG Hamm, 1.10.2019, zugrunde liegenden Fall, dort lautete der Hinweis neben der Unterschriftenzeile wie folgt (vgl. a. a. O., jurisRn. 6): „Der Antragsteller/Die Antragstellerin anerkennt die umseitigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank […] als in allen Teilen verbindlich, indem er/sie diesen Antrag unterzeichnet. Insbesondere bestätigt er/sie das darin enthaltene Pfandrecht der Bank und den darin vereinbarten Gerichtsstand.“ (GStKl dort in b2b-Verhältnis anerkannt, vgl. a. a. O., jurisRn. 58 ff.). 50 Hierzu v. a. auch schon in Kap. 2, unter I.1. sowie mit Blick auf RwKl in Kap. 4, unter II.2. 51 Die Vertragsurkunde selbst weist also „nur“ darauf hin, dass in dem separaten Klauselwerk eine Rechts- bzw. Forumswahl enthalten ist, die dort dann näher geregelt und erläutert wird. So wird die Informationsmenge zunächst abgeschichtet, was deren Aufnahme und Verarbeitung erleichtern kann. 52 Siehe Kap. 7, III.4. 53 Dadurch wird die Aufmerksamkeit zunächst auf die wichtigste Information, nämlich die
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Schiedsorts gelten, da dieser für die Rechtsverfolgung enorm wichtig ist und daher ebenfalls besonders kenntlich gemacht werden muss.54 Die Kombination aus einem spezifischen Hinweis bzw. einer deutlichen Hervorhebung in der Vertragsurkunde selbst, die bei Forumswahlklauseln prinzipiell auch unterschrieben werden muss,55 und deren näheren Erläuterung in weniger prominenter Weise, sichert ein höheres Maß an gezeigter Parteiautonomie als bisher von der Kontrollpraxis verlangt, ohne den Klauselgegner typischerweise gleich zu überfordern.56 Das trägt der besonderen Bedeutung der Regelungen Rechnung und lässt sich entweder bereits über eine teleologische Auslegung der Brüssel Ia-VO und des NYÜ erreichen57 oder – rechtssicherer – über eine entsprechende gesetzgeberische Klarstellung.58 Bei Rechtswahlklauseln sollte wiederum erwogen werden, dort ebenfalls ein Schriftformerfordernis einzuführen und es bei Gerichtsstandsklauseln beizubehalten, auch wenn die im siebten Kapitel angestellten Kohärenzerwägungen dagegen sprechen.59 Blickt man jedoch (allein) auf das Schiedswahl als solche, gelenkt. Die Gliederung in Absätze hilft wiederum dabei, die einzelnen Informationskomplexe voneinander unterscheiden, nacheinander aufnehmen und verarbeiten zu können. Zu solchen grafischen Maßnahmen sowie der Unterscheidung zwischen „essential core information“ und „legal ,fluff‘“ insb. Ben-Shahar, The Myth of the ‘Opportunity to Read’, ERCL 2009, 1, 25 f.; mit Blick auf Darlehensverträge auch Schmolke, Grenzen der Selbstbindung im Privatrecht (2014), S. 846 ff., dessen Hinweise, wie sich die Informationsqualität steigern lässt, z.T. verallgemeinerbar sind. 54 Er beeinflusst das anwendbare Schiedsverfahrens- und Aufhebungsrecht und kann für den Klauselgegner z. B. hohe Reisekosten bewirken, wenn er zugleich der Verhandlungsort ist, siehe Kap. 6, II.1., IV.3.b). 55 Vgl. Kap. 5, III.2.c), IV.2.b)–e); Kap. 6, III.1., IV. eingangs unter 2. sowie 2.b), dort auch zu den Ausnahmen. 56 Zur schwachen bzw. kaum vorhandenen Transparenz- und Formulierungskontrolle insb. in Kap. 7, unter III.4. Siehe im Übrigen auch schon die kurzen Ausführungen unter I. und II. sowie deutlich detaillierter die Bestandsaufnahmen aus dem zweiten Teil. 57 Sowohl die Brüssel Ia-VO als auch das NYÜ setzen eine „Vereinbarung“ bzw. ein „agreement“ voraus, ihre Formvorgaben sollen eine „echte“ Einigung sicherstellen. Die Wahrscheinlichkeit dafür steigt, wenn man bei einem separaten Klauselwerk einen spezifischen Hinweis auf die dortige GStKl oder SchKl verlangt. Dass stattdessen eine pauschale Inbezugnahme reichen soll, ist gesetzlich so nicht explizit vorgeschrieben, sondern wird von der Rspr. ebenfalls nur im Wege der Auslegung abgeleitet. Die Transparenz- bzw. Aufklärungsvorgaben könnten sich ebenfalls direkt aus den vereinheitlichten Regelwerken ergeben, alternativ aus dem nat. AGB-Recht. Dazu u. a. in Kap. 7, III.4. a. E., zum Unterschied für die Rechtsdurchsetzung dort unter 5. 58 Zu den Hindernissen dafür allerdings schon in Kap. 7 und 8, jeweils unter IV. 59 Für ein grdsl. Unterschriftserfordernis bei RwKl Hau, in: M. Wolf/Lindacher/Pfeiffer, IntGV Rn. 23; C. Rühl, RwKl in AGB (1999), S. 59, 111 ff., 226, beide wohl auf europ. Ebene und nicht über das nat. Recht. In Hinblick auf die geringere Verzichtsintensität von GStKl im Vergleich zu SchKl war in Kap. 7, unter III.1. überlegt worden, nur bei letzteren eine beiderseitige Unterschrift zu fordern und bei ersteren bereits die Textform ausreichen zu lassen. Die
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Ziel des Schutzes vor AGB, ist eine solche strenge Formvorgabe elementar, um dem Klauselgegner die Bedeutung seiner Zustimmung vor Augen zu führen und ihn so vor deren weitreichenden Folgen zu warnen. Rechtswahlklauseln werden in der Praxis ohnehin oft gemeinsam mit Gerichtsstands- oder Schiedsklauseln getroffen, für deren Vereinbarung nach der derzeitigen Rechtslage die Schriftform im Grunde unerlässlich ist. Sie auch auf Rechtswahlklauseln zu erstrecken, würde den Abschluss internationaler Verträge demnach kaum erschweren, den Schutz des Klauselgegners aber spürbar erhöhen. Sofern bei den Forumswahlklauseln ausnahmsweise keine Schriftform erforderlich ist, bleibt zu überlegen, ob die bestehenden Schutzmechanismen ausreichen, um eine ausreichend bewusste Entscheidung zu garantieren. Das ist vor allem im Fall der online, mithilfe von Click-Wrap-Agreements geschlossenen Gerichtsstandsvereinbarungen zu verneinen. Die Anforderungen, die der EuGH in El Majdoub aus Art. 25 Abs. 2 Brüssel Ia-VO bzw. damals noch Art. 23 Abs. 2 Brüssel I-VO ableitet, sind zu gering, um sicherzustellen, dass dem Klauselgegner die aus seiner Zustimmung resultierende Abweichung von den objektiven Gerichtsständen präsent wäre.60 Parallel zu den soeben für den klassischen, schriftlichen Verkehr formulierten Vorgaben müsste daher auch hier zunächst ein spezifischer Hinweis erfolgen, dass in den verlinkten AGB eine Gerichtsstandsklausel enthalten ist. Dem Problem, dass diese nicht geöffnet und gelesen werden, lässt sich wiederum dadurch begegnen, dass vom Click-Wrap- zwingend auf das sog. Browse-Through-Verfahren übergegangen wird, bei dem der Klauselgegner seine elektronische Willenserklärung erst abgeben kann, nachdem er sich durch den gesamten Text der automatisch angezeigten AGB gescrollt hat.61 Dadurch wird der Vertragsschluss zwar verlangsamt, der Schutz des Klauselgegners steigt aber. Wichtig ist dann allerdings erneut, dass besonders relevante Regelungen in den AGB optisch hervorgehoben werden oder sogar in einer speziellen Box enthalten sind, um die Aufmerksamkeit des Klauselgegners gezielt auf sie zu lenken. Diese Vorgaben lassen sich bereits jetzt aus Art. 25 Abs. 2 Brüssel Ia-VO ableiten, zumindest wenn man sich auf das Erfordernis einer „echten“ Einigung besinnt, das der EuGH in anderen Entscheidungen für Art. 25 Abs. 1 Brüssel IaInkohärenz bei der Einbeziehungskontrolle könnte aber auch durch eine strengere inhaltliche Kontrolle von SchKl kompensiert werden. Hierzu ebenfalls in Kap. 7, unter III.5. 60 Kurz hierzu auch schon unter II. sowie ausführlicher in Kap. 5, unter IV.2.d). 61 Über die genaue Bezeichnung des Verfahrens besteht Uneinigkeit, teils wird insofern auch von Scroll-Through oder sogar ebenfalls von Click-Wrap gesprochen (vgl. z. B. Glossner, in: Münchener Anwaltshandbuch IT-Recht, Teil 5.1 Rn. 164). Unter Letzterem wird hier aber ein Abschluss verstanden, vor dem die AGB nicht automatisch, sondern erst nach einem aktiven Öffnen des jeweiligen Links angezeigt werden, s.o. II.
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VO klar formuliert hat.62 Angesichts seiner großzügigen Linie aus El Majdoub wird sich in der Praxis eine solch restriktive Interpretation der Vorschrift allerdings voraussichtlich nicht durchsetzen. Eine gesetzgeberische Regelung ist daher erstrebenswert. Sie könnte zugleich die derzeit bestehende Manipulationsmöglichkeit beseitigen, indem sie festschreibt, dass der Klauselverwender dem Vertragspartner die verwendeten AGB mit dem Vertragsschluss auf einem dauerhaften Datenträger, etwa per E-Mail, zusenden muss. So würden diesem bei einem späteren Streit die Kontrolle sowie der Nachweis erleichtert, welche Fassung für den Vertrag tatsächlich maßgeblich ist. Bisher besteht nämlich das Problem, dass sich die online verlinkten AGB nachträglich ohne Weiteres ändern lassen.63 Ein solches Übermittlungserfordernis könnte man zwar ebenfalls bereits aus der aktuellen Version der Brüssel Ia-VO ableiten. Zumindest auf Englisch heißt es dort in Art. 25 Abs. 2 nämlich: „Any communication by electronic means which provides a durable record of the agreement shall be equivalent to ‘writing’.“ Andere Sprachfassungen wie die deutsche weisen aber in eine andere Richtung („Elektronische Übermittlungen, die eine dauerhafte Aufzeichnung der Vereinbarung ermöglichen, sind der Schriftform gleichgestellt.“64), weshalb auch insofern eine Änderung anzustreben ist. Das Informationsmodell sieht sich damit generell einigen gewichtigen Einwänden gegenüber, sollte aber trotzdem nicht aufgegeben, sondern umgekehrt gerade in bestimmten Bereichen verschärft werden. Insbesondere ein spezifischer Hinweis auf die Existenz von Streitbeilegungsklauseln in separaten AGB sowie eine nähere Aufklärung über deren Folgen kann den Informationsstand des Klauselgegners verbessern und ihn so zu einer bewussteren und damit zugleich parteiautonomeren Entscheidung befähigen. Probleme wie kognitive „Belastungsgrenzen“ oder Verzerrungen dürfen nicht ignoriert werden, können über eine sensible Gestaltung der konkreten Vorgaben aber in den Griff bekommen werden.
Vgl. Fn. 27 sowie die Kritik an EuGH – El Majdoub in Kap. 5, IV.2.d). instanzgerichtliche Rspr. sowie einige Literaturstimmen standen der Einbeziehung von GStKl über Click-Wrap-Agreements deshalb vor der Entsch. des EuGH in El Majdoub zu Recht kritisch gegenüber und fanden die bloße Möglichkeit der Aufzeichnung unzureichend. Näheres hierzu in Kap. 5, unter IV.2.d). Mit der – guten – Alternatividee eines digitalen Publikationsregisters für AGB, die so einer Manipulation entzogen werden könnten, McColgan, Abschied vom Informationsmodell (2020), S. 214 ff., der sich generell aber für eine Absenkung der AGB-rechtlichen Einbeziehungsvssn. im dt. Recht ausspricht (a. a. O., S. 205 ff.). 64 Hervorhebung hier hinzugefügt. 62
63 Die
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IV. Inhaltliche Schranken für den b2b-Bereich Der Schutz vor AGB baut neben dem Informationsmodell auf inhaltlichen Grenzen auf.65 Diese ergeben sich speziell für Rechtswahl- und Gerichtsstandsklauseln vor allem aus der Rom I- und der Brüssel Ia-VO. Ob daneben eine zusätzliche Inhaltskontrolle anhand des nationalen AGB-Rechts offensteht, ist streitig und wurde im Untersuchungszeitraum von der vorherrschenden Position sowohl in der Rechtsprechung als auch der Literatur verneint.66 Nach den EuGH-Entscheidungen VKI ./. Amazon (2016) und Ryanair ./. DelayFix (2020) ist zukünftig allerdings wie auch schon unter I. ausgeführt damit zu rechnen, dass zumindest die mitgliedstaatlichen Gerichte hiervon zunehmend (doch wieder) Gebrauch machen werden. Konsequenterweise dürfte die parallele Kontroll möglichkeit dann nicht nur für die – vom EuGH entschiedenen – Verbraucherfälle gelten, sondern genauso für den unternehmerischen Bereich.67 Bisher sind insofern jedoch noch keine entsprechenden Entscheidungen zu verzeichnen, in denen Rechtswahl- oder Gerichtsstandsklauseln auf Basis des nationalen AGBRechts wegen ihrer Unangemessenheit die Anerkennung versagt worden wäre.68 Die unter II. vorgestellten Vorschriften knüpfen wiederum weder im Falle der Rom I- noch der Brüssel Ia-VO explizit an den Klauselcharakter der Rechtsoder Forumswahl an, bewahren den Klauselgegner aber trotzdem vor einigen ihrer Gefahren bzw. mildern diese zumindest ab.69 Nach den Erwägungsgründen dienen sie dazu, die dort benannten, als schwächer betrachteten Parteien – namentlich bestimmte Verbraucher, Versicherungs- und Arbeitnehmer – zu schützen, und schränken die Parteiautonomie deshalb ein.70 Worin die genaue Ursache 65
Siehe insb. schon den Anfang von III. Vgl. in Kap. 4 und 5, jeweils v. a. den Abschnitt IV.3. der Bestandsaufnahme, dort aber auch zu möglichen Änderungen gerade in der zukünftigen Rspr.praxis nach den Urt. des EuGH. 67 Auch wenn Ryanair ./. DelayFix einen Fall betrifft, der unter die Bereichsausnahme aus Art. 17 Abs. 3 Brüssel Ia-VO fällt, dürfte mit einer Inhaltskontrolle anhand von Art. 3 Klausel-RL durch den EuGH eine Absage an die Idee verbunden sein, dass die Brüssel Ia-VO ein abschließendes Schutzkonzept enthält. Dies müsste dann auch eine Kontrolle jenseits der Klausel-RL im b2b-Bereich erlauben, sofern das anwendbare nat. AGB-Recht eine solche vorsieht. Zumal sich der EuGH in der Entsch. nicht auf Art. 67 Brüssel Ia-VO stützt, sondern der allgm. neuen Verweisung aus Art. 25 Abs. 1 S. 1 Brüssel Ia-VO folgt. Näher Kap. 5, IV.3.a). Zu VKI ./. Amazon dagegen in Kap. 4, unter IV.3.b). 68 Im b2b-Bereich ist noch keine derartige Entsch. ergangen, im b2c-Bereich nur vereinzelt. Im Vordergrund steht dort bislang die Transparenzkontrolle von RwKl sowie das AGB-rechtliche Überraschungsverbot. Vgl. zur Übersicht Anh. 2 und 4 sowie im Detail die Bestandsaufnahmen in Kap. 5 und 6. 69 Zu dieser Schutzwirkung auch schon unter II. sowie in Kap. 7, unter III.2. und im zweiten Teil der Arbeit. 70 Besonders deutlich sind insofern die ErwG 18 und 19 der Brüssel Ia-VO: „Bei Versiche66
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für ihre Schwäche gesehen wird, bleibt dabei freilich unklar.71 Geht man davon aus, dass jedenfalls auch die informationelle Unterlegenheit infolge der typischen Repeat-player-/One-shotter-Rollenverteilung in diesen oft unter der Verwendung von AGB geschlossenen Verträgen eine gewichtige Rolle spielt,72 fragt sich, warum der Verordnungsschutz auf die benannten Konstellationen begrenzt ist. Schließlich lohnt es sich für viele andere Parteien genauso wenig, sich mit den fremden Regelungen über die Rechts- und Gerichtsstandswahl vertieft auseinanderzusetzen, über sie zu verhandeln oder nach besseren Angeboten zu suchen. Schließt etwa eine Handwerkerin oder ein Landwirt einmalig und womöglich sogar komplett unbewusst, da über das Internet, einen grenzüberschreitenden Vertrag, um für den Betrieb einen Drucker zu erwerben, kennen sich beide mit den durch die Klauseln geregelten Fragen keineswegs besser aus als ein durchschnittlicher Verbraucher. Und da eine baldige oder mehrfache Wiederholung des Geschäfts nicht zu erwarten und dessen wirtschaftliche Bedeutung gering ist, macht es für sie auch keinen Sinn, ihr entsprechendes Informationsdefirungs-, Verbraucher- und Arbeitsverträgen sollte die schwächere Partei durch Zuständigkeitsvorschriften geschützt werden, die für sie günstiger sind als die allgemeine Regelung. Vorbehaltlich der in dieser Verordnung festgelegten ausschließlichen Zuständigkeiten sollte die Vertragsfreiheit der Parteien hinsichtlich der Wahl des Gerichtsstands, außer bei Versicherungs-, Verbraucher- und Arbeitsverträgen, wo nur eine begrenztere Vertragsfreiheit zulässig ist, gewahrt werden.“ Die ErwG 23, 25, 32, 35 der Rom I-VO sind allgemeiner gefasst und sprechen nur von einem Schutz der schwächeren Partei, ohne speziell auf die Wahlfreiheit einzugehen. 71 Ebenso G. Rühl, Private Macht im IPR, in: Möslein, Private Macht (2016), 475, 480 f. Die ErwG oder Vorschriften äußern sich hierzu selbst nicht. Siehe allerdings noch die nächste Fn. 72 Darauf deutet insb. der Jenard-Bericht zum EuGVÜ hin, ABl. EG 1979 C 59/1, S. 29: „Für die Abschnitte 3 und 4 (Versicherungssachen und Abzahlungsgeschäfte) z. B. sind sozialpolitische Erwägungen maßgebend: man wollte insbesondere Missbräuchen vorbeugen, die sich aus den sog. Adhäsionsverträgen ergeben können“, in ähnliche Richtung auch z. B. EuGH – Peloux, 12.5.2005, Rs. C-112/03, Rn. 30: „Nach ständiger Rechtsprechung liegt den Bestimmungen dieses Abschnitts […] das […] Bestreben zugrunde, den Versicherten zu schützen, der meist mit einem vorformulierten, in seinen Einzelheiten nicht mehr verhandelbaren Vertrag konfrontiert wird […].“ Das Problem von AGB wurde lange allerdings v. a. in der wirtschaftlichen, sozialen oder intellektuellen Unterlegenheit des Klauselgegners und weniger in der hier für besonders wichtig erachteten Informationsasymmetrie gesehen. Es setzt sich jedoch zunehmend die Erkenntnis durch, dass gerade sie einen, wenn nicht sogar den wichtigsten Grund für den (AGB-spezifischen) Schutz des Klauselgegners bildet. Siehe dazu auch schon Fn. 36 sowie vertiefend die Ausführungen in Kap. 2. Im Kontext mit der Parteiautonomie hierzu v. a. auch G. Rühl (vorige Fn.), 480 ff. Konträr dazu nun allerdings EuGH – Reliantco Investment, 2.4.2020, Rs. C-500/18, Rn. 57, wo dieser – ohne Begründung – feststellt, dass es für den Verbraucherschutz aus Art. 17 ff. Brüssel Ia-VO grdsl. unerheblich sei, ob die Person innerhalb kurzer Zeit eine hohe Anzahl an Transaktionen getätigt oder dabei größere Geldbeträge eingesetzt hat. Dazu aber noch sogleich.
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zit zu beheben. Die Gefährdungslage als Klauselgegner ist also schlussendlich ähnlich, wenn nicht sogar gleich.73 Das hat auch das nationale Recht zum Teil bereits erkannt und sieht dann deswegen nicht nur im b2c-, sondern ebenso im b2b-Bereich inhaltliche Schranken vor. Das Paradebeispiel hierfür bildet der deutsche § 307 BGB, der jede unangemessene Benachteiligung durch AGB verhindern will, egal, wer der jeweilige Klauselgegner ist; aber auch in Frankreich oder Österreich z. B. ist die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle inzwischen nicht mehr auf Verbraucherverträge beschränkt, sondern erstreckt sich auf den unternehmerischen Verkehr.74 Für die Kontrolle von Rechtswahl- und Gerichtsstandsklauseln wirkt sich das bisher im Untersuchungszeitraum allerdings noch nicht aus. Die einzigen einschlägigen Kontroll entscheidungen, die gestützt hierauf die Anerkennung versagen, betreffen mit den Subway-Fällen den Klauseltyp der Schiedsklauseln. Für die anderen Klauseltypen sind sowohl die Anwendbarkeit des AGB-rechtlichen Kontrollinstruments als auch die genauen Vorgaben im europäischen Rechtsraum noch nicht hinreichend geklärt und damit fraglich.75 Befindet sich in dem geschlossenen Vertrag also eine Rechtswahl- und Gerichtsstandsklausel, ist zumindest auf der Basis der Rom I- und Brüssel Ia-VO zunächst einmal davon auszugehen, dass die 73
Zum Arg. der gesteigerten Selbstverantwortung von Unternehmern noch im Folgenden. Ähnlich wie hier zur AGB-Kontrolle generell statt vieler Fornasier, Freier Markt und zwingendes Vertragsrecht (2013), S. 219 ff.; Hesselink, Unfair Terms in Contracts between Businesses, CSECL Working Paper Series No. 2011/07, 1 ff.; Jansen, Klauselkontrolle, in: Eidenmüller et al., Revision des Verbraucher-acquis (2011), 53, 78 f., 82 ff. und Kieninger, AGB bei B2B-Verträgen, AnwBl 2012, 301 ff. Kritisch speziell zum fehlenden Schutz von schwächeren Unternehmern im IPR und IZVR v. a. Mogendorf, Der strukturell unterlegene Unternehmer im IPR und IZVR (2016), passim, dem es dort aber stärker um andere, nicht AGB-spezifische Schutzgründe geht, vgl. a. a. O. S. 331 ff., insb. 352, dazu auch noch unten bei Fn. 83, 89. 74 Zur Reform des frz. Vertragsrechts, das seit 2016 in Art. 1171 des Code Civile n. F. eine generelle AGB-rechtliche Inhaltskontrolle vorsieht, die dann für den b2c-Bereich im Code de la consommation weiter konkretisiert wird, Sonnenberger, Die Reform des frz. Schuldvertragsrechts, ZEuP 2017, 6, insb. 11, 21 f., 41. Siehe außerdem Busch, in: Leuschner, AGB-Recht im unternehmerischen Rechtsverkehr (2021), Länderberichte Rn. 18 ff.; Restrepo Amariles/Mouial Bassilana/Winkler, The Impact of the French Doctrine of Significant Imbalance on Int. Business Transactions, Journal of Business Law 2018, 148 ff., 158 f. (dort auch zu früheren inhaltlichen Schutzmechanismen). Vgl. für das österr. Recht § 879 Abs. 3 ABGB und Hellwege, AGB (2010), S. 533 f., dieser dort auch zu den Vorgaben weiterer Rechtsordnungen. Im Detail besteht gleichwohl i.d.R. ein gewisser Schutzunterschied, so werden Verbraucher etwa im dt. Recht durch konkrete Klauselverbote geschützt, während im b2b-Bereich nur die allgm. Generalklausel greift. In der Praxis nähert sich die Kontrolle allerdings an, kritisch hierzu z. B. G. Rühl, Mehr Freiheit wagen im Vertragsrecht, FS Basedow 2018, 33, 38 f. Ausführliche Diskussion u. a. bei Wendland, Vertragsfreiheit und Vertragsgerechtigkeit (2019), v. a. S. 691 ff., der die Rspr. selbst verteidigt (vgl. insb. S. 917 ff. sowie S. 989). 75 S.o. unter I. bei Fn. 5 f. sowie soeben auch schon bei Fn. 67.
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Handwerkerin oder der Landwirt an diese gebunden bleibt, selbst wenn ihnen die Rechtsverfolgung in besonderem Maße erschwert wird oder sich das sach- und kollisionsrechtliche Schutzniveau für sie verschlechtert.76 Einem (passiven) Verbraucher bliebe dagegen z. B. stets der Schutz seines günstigeren Heimatrechts erhalten (Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO) und eine nachteilige Gerichtsstandswahl wäre ihm gegenüber unwirksam (Art. 19 Brüssel Ia-VO). Für diese Ungleichbehandlung ist angesichts der ähnlichen Gefährdungslage kein wirklicher Grund ersichtlich. Zwar könnte man einwenden, dass Unternehmer generell eine stärkere Selbstverantwortung trifft und sie sich deshalb an einem höheren, professionellen Standard messen lassen müssen, sobald sie sich in dieser Rolle auf den Markt wagen.77 Das spricht aber eher für einen geringen Schutz als dafür, sie inhaltlich nahezu gänzlich schutzlos zu lassen.78 Zumal man sie so dazu anhält, auf den nächsten Vertragsschluss ganz zu verzichten oder sich jedenfalls einen inländischen Vertragspartner zu suchen, bei dem sie sich über die Frage des anwendbaren Rechts und international zuständigen Gerichts keine Gedanken machen müssen. Das ist im europäischen Rechtsraum (und Binnenmarkt!) aber gerade nicht das Ziel. Neben Verbraucherverträgen soll hier auch der grenzüberschreitende unternehmerische Handel gefördert werden.79 Dazu trägt ein gewisser inhaltlicher Schutz bei, der die Unternehmer zumindest dann davon entlastet, die 76 Für Schutz sorgen dann verordnungsintern allenfalls noch Art. 3 Abs. 4 und Art. 9 Rom I-VO, Art. 24 Brüssel Ia-VO sowie die Ordre-public-Kontrolle, die vor den mitgliedstaatlichen Gerichten aber nicht einheitlich erfolgt und deshalb unsicher ist. Siehe dazu generell auch schon die Fn. 14 und 21 m. w. N. 77 In die Richtung etwa OLG Frankfurt, 4.6.2019, jurisRn. 35 (zu einer SchKl): „Der Antragsgegnerin, die sich freiwillig und auf eigenes Risiko auf das Parkett des internationalen Handels begeben hat, ist deshalb im Vollstreckbarerklärungsverfahren der Verweis auf ihre mangelnde Erfahrung verwehrt“ sowie Meder, Rezension zu Riesenhuber (Hrsg.), Das Prinzip der Selbstverantwortung, AcP 213 (2013), 305, 309: „Wer als Unternehmer oder beruflich tätig ist, hat bekanntlich ein höheres Maß an Selbstverantwortung zu tragen […].“ Zu diesem Arg. auch u. a. Fries/Stark, Verbraucherrecht ohne Verbraucher?, ZEuP 2015, 32, 46: „Man mag das für eine gesunde Selbstreinigung des Marktes halten“, die das selbst aber nicht überzeugt. 78 Zum geringen, verbleibenden Schutz u. a. schon in Fn. 76. Bei GStKl wird der Unternehmer zudem immerhin noch durch die relativ strikte Schriftform aus Art. 25 Abs. 1 Brüssel IaVO auf Basis des Informationsmodells geschützt, hierzu unter II. und III. Die Formerleichterungen aus den dortigen lit. b und c gelten nur für längere Geschäftsbeziehungen und den int. Handel, wo der Klauselgegner im Zweifel dann aber auch als repeat player handelt bzw. zumindest damit rechnen kann, zukünftig öfters mit solchen Fragen konfrontiert zu werden. Hier ist es rational, eine ggfs. bestehende Informationsasymmetrie abzubauen. Siehe sogleich. 79 Allg. zum staatlichen Ziel, den grenzüberschreitenden Handel zu fördern, schon in Kap. 1, a. E. von I., dort auch mit den entsprechenden Nachweisen. Speziell zur Belastung der Allgemeinheit durch die Insolvenz der aus dem Markt gedrängten, schwächeren Unternehmer, was ebenfalls für einen kollisions-und zuständigkeitsrechtlichen Schutz spricht, Mogendorf,
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Klauseln näher lesen und gegebenenfalls vergleichen oder verhandeln zu müssen, wenn sie sich außerhalb ihres eigentlichen Kernbereichs bewegen und die wirtschaftliche Bedeutung, sprich vor allem das Vertragsvolumen, nicht besonders hoch ausfällt.80 Blickt man freilich konkret auf die während des Untersuchungszeitraums ergangenen Entscheidungen, stellt sich die praktische Bedeutung dieser Fälle letztlich als relativ gering heraus. Von den insgesamt 45 Fällen, in denen die geprüften Rechtswahl- und Gerichtsstandsklauseln der gerichtlichen Kontrolle im b2b-Bereich standhalten, fällt ein Großteil genau in jenen Kernbereich oder betrifft zumindest Geschäfte, die der Klauselgegner regelmäßig und somit ebenfalls als repeat player abschließt.81 Oft geht es zudem um größere Vertragsvolumina in Höhe von mehreren Hunderttausend oder teils sogar Millionen Euro.82 Hier ist die Apathie des Klauselgegners den fremden AGB gegenüber nicht mehr als rational zu werten und ein inhaltlicher Schutz daher allenfalls aufgrund von anderen Erwägungen, wie etwa einer besonderen wirtschaftlichen Abhängigkeit angezeigt, nicht aber, um den Unternehmer vor den AGB-spezifischen Gefahren zu bewahren.83 Der strukturell unterlegene Unternehmer im IPR und IZVR (2016), S. 23, dort auf S. 20 ff. auch noch mit weiteren Arg. 80 Diese Kriterien, anhand derer sich die Rationalität der Apathie gegenüber AGB typisieren lässt, werden häufiger als maßgeblich genannt oder von der Praxis angewendet, vgl. zur Schweizer Rspr. etwa G. Rühl, Mehr Freiheit wagen im Vertragsrecht, FS Basedow 2018, 33, 44 ff. sowie im Übrigen die Nennungen aus Fn. 73. Ab welchem Wert von einem hohen Vertragsvolumen die Rede sein kann, ist freilich schwer zu sagen und entsprechend umstritten (Überblick bei Wendland, Vertragsfreiheit und Vertragsgerechtigkeit (2019), S. 752 f.). Jedenfalls bei einem Wert von mehreren Hunderttausend Euro dürfte die Grenze aber überschritten und eine blinde Zustimmung irrational sein. 81 Die genaue Einordnung der Fälle ist nicht immer leicht, da die hierfür maßgeblichen Informationen oft nicht mitgeteilt werden. So ist etwa bei den Entsch. des OLG Düsseldorf vom 16.4.2014 und 27.7.2011 unklar, ob der Abschluss der Transportgeschäfte jeweils zur Hauptbeschäftigung der Klauselgegnerin gehört; allerdings ergibt sich aus den übrigen Ausführungen, dass die Parteien zumindest häufiger miteinander kontrahiert haben, was für eine Repeat-player-Rolle spricht. Klare Entsch. zum Kernbereich stellen z. B. BGH, 28.1.2016; 25.3.2015; 7.1.2014 und OLG Köln, 15.10.2013 dar. Generell ergibt sich aus den Übersichten in Anh. 2 und 4, welche Fälle hier einschlägig sind. Bei SchKl stellt sich die Situation ähnlich dar. Auch dort erscheint der Klauselgegner i.d.R. nicht besonders schutzbedürftig (zu den Fällen Anh. 6). 82 Siehe z. B. OLG München, 3.5.2017 (Darlehen über mehrere Millionen Euro bzw. Schweizer Franken) oder OLG Köln, 25.5.2012 (Liefervertrag über Waren ebenfalls im Wert von mehreren Millionen Euro). 83 Fornasier, Freier Markt und zwingendes Vertragsrecht (2013), S. 223 f. und Wackerbarth, Rechtfertigung der Inhaltskontrolle, AcP 200 (2000), 45, 72 ff. Vgl. zudem Mogendorf, Der strukturell unterlegene Unternehmer im IPR und IZVR (2016), S. 352, der dort einen Schutz von (nach seiner Definition) strukturell schwächeren Unternehmern über ein AGB-Verbot ab-
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Ein plakatives Beispiel liefert hierfür insbesondere ein Fall, den 2002 das LG Düsseldorf entschieden hat. Gegenüberstanden sich dort eine deutsche Kommanditgesellschaft als Franchisenehmerin sowie ein US-Konzern als Franchisegeber, wahrscheinlich für die Restaurantkette Pizza Hut.84 Die deutsche Gesellschaft bzw. ihr Geschäftsführer und dessen Vater, der gleichzeitig Mitgesell schafter war, hatten aufgrund der Prognosen des Franchisegebers angeblich mit höheren Einnahmen gerechnet als dann später eintraten. Sie verlangten deshalb nach der Kündigung des Vertrags Ersatz für die bereits getätigten Aufwendungen sowie für sämtliche weiteren, gegebenenfalls auch erst zukünftig entstehenden Kosten.85 Der Franchisevertrag selbst war auf Englisch verfasst und enthielt eine Rechtswahlklausel zugunsten des Rechts des US-Bundesstaats Kansas, die das LG nach umfangreicher Prüfung schließlich auch für wirksam erachtet.86 Es weist dabei in seiner Entscheidung besonders auf das erhebliche Risiko hin, mit dem der Vertrag ersichtlich behaftet war und betont, dass der Gesellschaft der gesamte Vertrag vorab übersendet worden war und sie daher ohne Weiteres die Gelegenheit gehabt habe, ihn in Ruhe ohne die Anwesenheit der Gegenseite „zu prüfen […,] übersetzen [zu] lassen und mit einem […] Anwalt [zu] besprechen“. Sie könne sich daher nun nicht darauf berufen, ihn nicht verstanden zu haben.87 Der Entscheidung ist zuzustimmen. Geht es nämlich wie hier um einen Abschluss mit einer signifikanten wirtschaftlichen Bedeutung,88 ist es als irrational zu betrachten, diesen zu unterschreiben, ohne sich zuvor mit den einzelnen lehnt, da ein solches Verbot gerade nicht gegen deren wirtschaftliche Unterlegenheit helfe, was er selbst als Ziel verfolgt. 84 Darauf deutet bei LG Düsseldorf, 31.7.2002, die Nennung des Tricon-Konzern in jurisRn. 2 hin, der vor der Umbenennung in Yum! Brands u. a. hinter der Franchisekette Pizza Hut stand (vgl. die Meldung auf dem Branchenportal Food Service vom 15.4.2002, verfügbar unter , letzter Zugriff am 30.3.2022); in jurisRn. 33 f. ist a. a. O. wiederum die Rede vom Erwerb von „Pizzaecken“, was die Vermutung verstärkt. 85 Zum Sachverhalt vgl. LG Düsseldorf, 31.7.2002, jurisRn. 1 ff. 86 LG Düsseldorf (vorige Fn.), insb. jurisRn. 50 ff., geprüft wird u. a. die Einbeziehung der RwKl (nach dt. und teils auch dem gewählten Recht), verneint wird aber auch deren überraschender Charakter (Sitz der Klauselverwenderin sei, wie aus der Vertragsurkunde ersichtlich, Kansas) sowie eine unangemessene Benachteiligung. Diese wird abgelehnt, da das Recht am Sitz des Franchisegebers ohnehin objektiv anwendbar sei (nun allerdings anders Art. 4 Abs. 1 lit. e Rom I-VO, unter dem EVÜ und EGBGB a. F. aber noch umstritten, vgl. Thorn, Der Unternehmer im Kollisionsrecht, FS K. Schmidt 2009, 1561, 1572 f.). 87 LG Düsseldorf, 31.7.2002, jurisRn. 56. 88 Neben dem eigentlichen Vertragsinhalt sind hierbei auch zwangsläufig damit verbundene Folgegeschäfte zu berücksichtigen, die etwa zu monatlichen Mietzahlungspflichten führen oder in der Ersteinrichtung hier etwa des Restaurants bestehen können. Allein für Letzteres musste die Klauselgegnerin in dem vom LG Düsseldorf entschiedenen Fall wohl 400.000 Euro aufwenden, vgl. LG Düsseldorf (vorige Fn.), jurisRn. 22.
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Regelungen auseinanderzusetzen. Das Beispiel zeigt zudem, dass der Klauselgegner zeitlich und situativ nicht immer zwingend unter Druck stehen muss. Die eingangs sowie im zweiten Kapitel zugrunde gelegte Typisierung trifft – wie der Name bereits sagt – keineswegs auf sämtliche Vertragsabschlüsse unter der Verwendung von AGB zu. Zwar ist auch hier nicht zu verkennen, dass die deutsche Gesellschaft als Franchisenehmerin im Zweifel auf die Vertragsbedingungen ohnehin keinen Einfluss gehabt hätte, das ist allerdings kein AGB-spezifisches Problem, sondern betrifft letztlich auch die essentialia negotii des Hauptvertrags, etwa die zu bezahlende Lizenzgebühr. Mag damit auch aus anderen Gründen Anlass bestehen, Franchisenehmer vor der „Übermacht“ ihres Vertragspartners zu schützen,89 besteht allein nach den für diese Arbeit maßgeblichen Überlegungen und Kriterien keine Notwendigkeit, die Rechtslage in solchen Konstellationen zu verändern. Da die meisten anderen der im Untersuchungszeitraum entschiedenen Fälle ähnlich liegen, erweist sich der tatsächliche Schutzbedarf letztendlich zumindest derzeit als vernachlässigbar. Eine Reform der inhaltlichen Schranken der Rom I- und Brüssel Ia-VO kann daher vorerst zurückstehen, auch wenn sie bei Unternehmern, die außerhalb ihres Kernbereichs handeln und keinen wirtschaftlich besonders bedeutenden Vertrag schließen, zu überdenken ist. Hält man die Vorgaben dieser Regelwerke allerdings ohnehin nicht für abschließend, kann in der Zukunft in den wirklich „brisanten“ Fällen der nötige Schutz auch flexibel über das nationale AGB-Recht erfolgen. Das setzt indes – anders als bei einer Regelung durch die Rom I- und Brüssel Ia-VO selbst – voraus, dass das entsprechende, anwendbare nationale Recht eine solche inhaltliche Kontrolle auch im unternehmerischen Verkehr kennt. Will man den Schutz also sicher verankern, sollte stattdessen eine verordnungsinterne Lösung gewählt werden.
89 Näher hierzu mit Blick auf IPR, IZVR und Schiedsrecht wie erwähnt v. a. Mogendorf, Der strukturell unterlegene Unternehmer im IPR und IZVR (2016), S. 7, 13, 31 (zur Unterlegenheit) sowie 325 ff. (mit einem eigenem Schutzvorschlag).
Abschließende Zusammenfassung Den Ausgangspunkt der Arbeit bildete die – insofern schon länger bestehende – Erkenntnis, dass bei grenzüberschreitenden Verträgen eine besondere, konstitutionelle Unsicherheit darüber herrscht, welche Rechte den Parteien im Einzelnen zustehen, wie sie zu bestimmen und im Streitfall notfalls auch gegen den Willen der anderen Seite durchzusetzen sind. Die staatlichen, objektiven Rechtsregeln hierzu sind potenziell plural, wirken territorial begrenzt und können im Voraus oft nur schwer oder mit sehr hohem Aufwand ermittelt werden, sobald Bezüge zu mehr als einem Staat vorliegen. Eine Vereinheitlichung der Regeln – auf Sachund/oder auf kollisions- und zuständigkeitsrechtlicher Ebene – kann zwar grundsätzlich die nötige Abhilfe schaffen, geht aber mit verschiedenen Nachteilen einher und ist rechtspolitisch weltweit, aber derzeit auch europäisch nicht (umfassend) zu erreichen. Solange für die Parteien der Rahmen und die Durchsetzbarkeit ihrer Verträge aber unsicher sind, schrecken sie vor deren Abschluss zurück. Eigene – parteiautonome – Regelungen über das anwendbare Recht sowie das zuständige staatliche oder private forum geben ihnen hier die Möglichkeit, von vornherein selbst für verlässliche, vorhersehbare Strukturen zu sorgen. Schließlich wird ihre Rechts- und Forumswahl von den meisten Staaten anerkannt, die so nicht nur die Rechtssicherheit und darüber zugleich den grenzüberschreitenden Handel fördern, sondern hierzu wegen des Selbstbestimmungsrechts der Parteien womöglich sogar verpflichtet sind. Klar ist dabei allerdings auch, dass die entsprechenden Regelungen vom Schicksal des übrigen Vertrages unabhängig sein müssen, um im Falle eines Streits, etwa über dessen generelles Bestehen, die soeben beschriebene Funktion zuverlässig erfüllen zu können. Sie sind daher von diesem getrennt und vollkommen unabhängig zu beurteilen.1 Erfolgt die Rechts- und Forumswahl auf der Basis von AGB, ist es mit der Parteiautonomie zumindest für die eine Seite freilich oft nicht weit her. Der Vertragspartner des Klauselverwenders, der Klauselgegner, hat auf ihre Gestaltung keinen Einfluss, wird von den entsprechenden Klauseln regelmäßig benachteiligt und stimmt ihnen schlussendlich häufig nur deshalb zu, weil er sie vor dem Vertragsschluss gar nicht erst wahrgenommen und verstanden hat oder es für ihn 1
Zu alledem in Kap. 1 der Arbeit (S. 12 ff.).
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keine bessere Alternative gab. Das nationale Recht nimmt diesen Umstand verbreitet zum Anlass, die Bindungswirkung der Klauseln an besondere, im Vergleich zu Individualvereinbarungen verschärfte Bedingungen zu knüpfen. Dabei besteht selbst innerhalb des europäischen Rechtsraums allerdings keine Einigkeit über die genauen Gründe und Vorgaben hierfür. Die Thematik ist rechtsvergleichend derzeit noch unzureichend behandelt und konnte deshalb auch von dieser Arbeit nur kurz angerissen werden. Als wesentlicher Begründungsansatz ließ sich gleichwohl zum einen der Gedanke des Schwächerenschutzes identifizieren, wobei die Hauptursache für die Schwäche überzeugenderweise vor allem in der rationalen Apathie des Klauselgegners zu sehen ist, der dem Verwender der AGB informationell unterlegen ist. Hinzu tritt zum anderen – auf der überindividuellen Ebene, sprich über das konkrete Vertragsverhältnis hinaus – ein Versagen des Marktmechanismus generell, das im Kern ebenfalls auf die rationale Apathie, nur eben der Klauselgegner als Marktteilnehmer allgemein, zurückgeführt werden kann und diese Apathie zugleich weiter verstärkt. Um diesen negativen Kreislauf zu durchbrechen, setzt das nationale AGB-Recht teils auf Maßnahmen, die den Informationsstand der Klauselgegner verbessern und diese so zu bewussteren, weniger nachteiligen Entscheidungen befähigen sollen. Teils greift das AGB-Recht aber auch direkt zu inhaltlichen Mindeststandards, um die Abwärtsspirale zu bremsen und zu starke Benachteiligungen zu verhindern.2 Da die entsprechenden Vorgaben oft als offene Generalklauseln formuliert sind und damit eine wertende Konkretisierung seitens des Rechtsanwenders erfordern, die – jedenfalls wenn einschlägige, aussagekräftige Vorentscheidungen fehlen – nur schwer vorhergesehen werden kann, geht die gerichtliche Kontrolle mit einem Verlust an Rechtssicherheit einher. Für die Parteien ist unklar, ob die im Standardvertrag bzw. separaten Klauselwerk enthaltenen Regelungen zwischen ihnen nun verbindlich gelten oder nicht. Das erfahren sie schlussendlich erst, wenn das angerufene Gericht seine entsprechende Entscheidung getroffen hat. Erinnert man sich daran, dass speziell die Klauseln über das anwendbare Recht und zuständige forum – die Streitbeilegungsklauseln – dazu dienen, den Parteien in diesen Fragen von Beginn an Gewissheit und Verlässlichkeit zu verschaffen, tritt der Zielkonflikt offen zu Tage: Während die Rechtssicherheit nach einer Anerkennung verlangt, gebietet der Schutz vor den Gefahren der AGB-Verwendung eine gerichtliche Kontrolle.3 Neben diesem Grunddilemma konnten im dritten Kapitel zudem bereits vorgreifend auf die spezifischeren Untersuchungen des zweiten Teils abstrakt einige weiteren Faktoren ausgemacht werden, die 2
Näheres in Kap. 2 (S. 28 ff.). Zu diesem Konflikt teils schon a. E. von Kap. 2, unter III. (S. 47 f.), v. a. aber in Kap. 3 (S. 49 ff.). 3
Abschließende Zusammenfassung
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die (Kontroll-)Unsicherheit potenziell noch zusätzlich verschärfen. So ist das nationale AGB-Recht bislang relativ gering harmonisiert, weshalb die entsprechenden Vorgaben je nach maßgeblicher Rechtsordnung erheblich voneinander abweichen können. Zugleich überschneiden sich die nationalen Vorgaben teilweise mit den vorrangigen Regeln vor allem der Rom I-, Brüssel Ia-VO sowie des NYÜ und sind daher in manchen Bereichen gar nicht mehr anwendbar. Beides führt letztlich zu komplizierten und weitgehend ungeklärten Anknüpfungsund Konkurrenzfragen.4 Diesen ging die vorliegende Arbeit dann im zweiten Teil umfassend nach und blickte dabei darüber hinaus auch auf die einzelnen, für die Anerkennung konkret maßgeblichen Vorgaben. Hierzu wurden im vierten, fünften und sechsten Kapitel der (oft bislang allerdings erstaunlich unterentwickelte) rechtsdogmatische Diskussionsstand wie auch die tatsächliche gerichtliche Praxis analysiert.5 Der Fokus lag dabei auf der Rechtsprechung der deutschen Zivilgerichte, die grundsätzlich prototypisch für die Kontrolle im europäischen Rechtsraum stehen kann. Um ein wirklich repräsentatives Bild zu erlangen, müssten freilich rechtsvergleichende Untersuchungen zu der Kontrolle in den anderen Mitgliedstaaten folgen. Hier besteht nach wie vor erhebliches Forschungspotenzial.6 Auch wenn sich die Situation bei Rechtswahl-, Gerichtsstands- und Schieds klauseln im Einzelnen verschieden darstellt, war überraschend zu sehen, wie selten alle drei Typen von Streitbeilegungsklauseln der gerichtlichen Kontrolle im Untersuchungszeitraum insgesamt standhielten. Sie bieten damit augenscheinlich derzeit nicht die Gewissheit und Verlässlichkeit, wegen derer sie verwendet werden und die man ihnen gemeinhin zuschreibt.7 Bei Rechtswahlklauseln führt die gerichtliche Kontrolle in fast 60 % der entschiedenen Fälle dazu, dass die Gerichte das anwendbare Recht objektiv bestimmen und der Regelung aus den AGB nicht folgen. Grund dafür ist meistens, dass 4
Dazu in Kap. 3, II. (S. 52 ff.), III.2. (S. 61 ff.) Dort wird kurz auch die Frage der Anwendbarkeit des AGB-Rechts generell thematisiert. Zwar ist dieses stark auf materiellrechtliche Klauseln zugeschnitten, greift gerade nach seinem Sinn und Zweck aber auch hier, siehe Kap. 3, III.1. (S. 57 ff.) sowie auch noch im Folgenden. 5 Kap. 4 zu RwKl (S. 66 ff.), Kap. 5 zu GStKl (S. 151 ff.), Kap. 6 zu SchKl (S. 267 ff.); Vergleich und Bewertung der Kontrolle aus klauselübergreifender Sicht dann im dritten Teil der Arbeit, dazu sogleich. 6 Näheres zum Ansatz und Zuschnitt der unternommenen Rspr.analyse v. a. in Kap. 4, eingangs unter IV. und IV.1. (S. 89 ff.), jeweils mit Blick auf die Anforderungen bei GStKl und SchKl dann auch in Kap. 5 und 6, unter IV.1. (S. 184 ff. und S. 288 ff.). Bei SchKl kann die dt. Rspr. allerdings nur bedingt repräsentativ sein, dazu ebenfalls a. a. O. 7 Zu dieser Unsicherheit auch gleich noch im Kontext mit Kap. 8, das die Ergebnisse der Bestandsaufnahmen des zweiten Teils reflektiert und mit Blick auf die erreichte Rechtssicherheit bewertet.
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Abschließende Zusammenfassung
die Gerichte in der jeweiligen Klausel einen Verstoß gegen das nationale AGBRecht sehen. Diesem kommt damit immer noch sehr große Bedeutung zu. Besonders das AGB-rechtliche Überraschungsverbot sowie die Transparenzkontrolle erweisen sich im Untersuchungszeitraum als praktisch relevante Anerkennungshürden. Speziell das Überraschungsverbot wird allerdings problematischerweise von zahlreichen Entscheidungen dazu genutzt, die Rechtswahlklauseln hierüber einer, wenn auch verdeckten inhaltlichen Kontrolle zu unterziehen. So wird den entsprechenden Klauseln von den Gerichten wiederholt vorgeworfen, eine Rechtsordnung zu benennen, mit der der Klauselgegner nicht habe rechnen können, weil sie mit dem Sachverhalt nicht besonders verbunden sei oder ihr Schutz von dem des objektiv anwendbaren Rechts nach unten hin abweiche. Nach der Rom I-VO ist aber an sich gerade auch eine solche neutrale Rechtswahl ohne Weiteres zulässig und vor einer Senkung des sachrechtlichen Schutzniveaus wird der Klauselgegner zwar durchaus geschützt, aber nicht generell, sondern nur, wenn es sich bei ihm um einen passiven Verbraucher oder einen Arbeitnehmer handelt (vgl. Art. 6 Abs. 2, 8 Abs. 1 Rom I-VO). Diese Wertung bzw. der in diesen Fällen vorgesehene Günstigkeitsvergleich wird durchkreuzt, wenn die Gerichte die Rechtswahlklausel bereits aus AGB-rechtlichen Gründen für überraschend und damit unwirksam erklären. Weder in der Rechtsprechung noch im Schrifttum wird dieser Widerspruch bislang erörtert. Er bildet derweil nur ein Beispiel für die Spannungen, die im vierten Kapitel immer wieder zwischen der gerichtlichen Kontrolle und den dogmatischen Feinheiten des europäischen Kollisionsrechts beobachtet werden konnten.8 Bei der Kontrolle von Gerichtsstandsklauseln spielte das nationale AGBRecht dagegen in den vergangenen zwei Jahrzehnten fast gar keine Rolle, auch wenn hier ebenfalls um die 60 % der während des Untersuchungszeitraums geprüften Klauseln der Kontrolle nicht standhalten. Das liegt bei nahezu allen von ihnen aber an den europäisch-einheitlichen Vorgaben der Brüssel Ia-VO bzw. des LugÜ-II, insbesondere an den dortigen Formvorgaben, aus denen der EuGH und mit ihm die mitgliedstaatliche Rechtsprechung zugleich gewisse genuine Konsens- und Einbeziehungsvoraussetzungen ableiten. Während die grundsätzlichen Kontrolllinien insofern bereits seit Längerem etabliert sind – weshalb verwundert, dass sie so häufig immer noch nicht befolgt werden –, konnte das fünfte Kapitel zeigen, dass in anderen, durchaus praktisch relevanten Bereichen, wie etwa langjährigen Geschäftsbeziehungen oder im internationalen Handel, in Bezug auf die dortigen Einbeziehungsvoraussetzungen keine gesicherten Positio8 Das betrifft gerade auch die Leitentsch. des EuGH in VKI ./. Amazon (2016) zur Transparenzkontrolle von RwKl (siehe S. 132 ff.). Vgl. hierzu die Ausführungen in Kap. 4, an dessen Ende sich ein detaillierteres Zwischenfazit findet (S. 146 ff.); zur Unsicherheit sowie dem erreichten Schutzniveau noch unten im Kontext mit den Kap. 8 und 9.
Abschließende Zusammenfassung
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nen und klaren Kontrollvorgaben zu erkennen sind. Hier besteht auch im Schrifttum noch nicht genügend Bewusstsein für die vorhandenen Probleme und Auslegungsfragen.9 Andere Kontrollinstrumente werden daneben in der deutschen Praxis bis jetzt kaum relevant, könnten zukünftig aber vor allem wegen der neuen Verweisung aus Art. 25 Abs. 1 S. 1 a. E. Brüssel Ia-VO größere Bedeutung entwickeln. Das fünfte Kapitel fragte hier insbesondere danach, welche Auswirkungen diese auf die bisherige Haltung der deutschen Rechtsprechung hat, eine AGB-rechtliche Inhaltskontrolle im Anwendungsbereich der Brüssel Ia-VO abzulehnen und die Formulierung von Gerichtsstandsklauseln allenfalls im Wege der Auslegung oder über das europäische Bestimmtheitsgebot zu kontrollieren. Bedeutung dürfte hier in der Zukunft vor allem auch die EuGH-Entscheidung Ryanair ./. DelayFix von 2020 entwickeln, in der dieser erstmals Gerichtsstandsklauseln auch im Anwendungsbereich der Brüssel Ia-VO einer Kontrolle anhand von Art. 3 der Klausel-RL unterzog.10 Bei Schiedsklauseln bestehen dagegen auf europäischer Ebene bislang noch keine vereinheitlichten Kontrollvorgaben – die ADR-RL und ODR-VO greifen nicht ein und über die Auslegung des lit. q des Anhangs zur Klausel-RL besteht keine Einigkeit. Während dieser in manchen Mitgliedstaaten z. B. zu einem pauschalen Verbot von Schiedsklauseln mit Verbrauchern geführt hat, wird er in anderen, wie etwa in Deutschland, nur als generelle Bestätigung verstanden, dass sich Schiedsklauseln an die rechtlichen Rahmenbedingungen zu halten haben. Einheitliche, vorrangige Kontrollvorgaben ergeben sich unterdessen vor allem aus dem völkerrechtlichen NYÜ, an das neben 142 weiteren Staaten auch sämtliche Mitgliedstaaten der EU infolge des eigenen Beitritts gebunden sind. Mithilfe der Rechtsprechungsanalyse ließ sich im sechsten Kapitel unter anderem aufzeigen, dass das dortige Schriftformerfordernis aus Art. II NYÜ in der Praxis tatsächlich eine enorm wichtige Anerkennungshürde bildet. Günstigere Vorschriften des nationalen Rechts bleiben wegen Art. VII NYÜ zwar grundsätzlich parallel anwendbar, führen im Untersuchungszeitraum aber allenfalls vereinzelt zu einer erfolgreichen Einbeziehung. Generell halten hier weniger als 30 % der geprüften Schiedsklauseln der gerichtlichen Kontrolle innerhalb der letzten 20 Jahre stand. Diese geringe Quote ist neben Art. II NYÜ vor allem auf schiedsrechtliche Spezialvorschriften sowie auf allgemeine, nicht AGB-spezifische Konsensvorgaben zurückzuführen. Obwohl eine AGB-rechtliche Inhaltskontrolle von Schiedsklauseln im Grunde möglich ist, entfaltet sie noch keine sonderli9
Näheres in Kap. 5, v. a. unter IV.2.b)–g) (S. 192 ff.). Siehe in Kap. 5 insb. die Abschnitte III.3. (S. 177 ff.), IV.3. (S. 226 ff.) und 5. (S. 255 ff.). Beachte außerdem Kap. 7, III.4. (S. 398 ff.) und Kap. 9, III. (S. 440 ff.) Das fünfte Kapitel endet ebenfalls mit einem umfassenderen Zwischenfazit, das weitere Erkenntnisse aus der Bestandsaufnahme aufzeigt (S. 263 ff.). 10
460
Abschließende Zusammenfassung
che Relevanz. Im b2c-Bereich sind meistens ohnehin schon die nötigen Formvorgaben nicht eingehalten und im b2b-Bereich wiederum werden die meisten Schiedsklauseln für zulässig gehalten, selbst wenn das im Einzelfall bedeuten mag, dass sich der Klauselgegner z. B. nur an ein Schiedsgericht in Litauen oder Moldawien in der dortigen Landessprache wenden kann.11 Generell erscheint die Rechtsprechung aktuell wenig kritisch und folgt stattdessen z. B. bei intransparenten Formulierungen unreflektiert dem Grundsatz der schiedsfreundlichen Auslegung, obwohl dadurch im Fall von AGB nicht den Interessen beider Parteien, sondern nur dem in der Regel bevorteilten Klauselverwender gedient ist.12 In allen drei Kapiteln kristallisierte sich schnell heraus, dass internationale Streitbeilegungsklauseln gerade deshalb besonders gefährlich sind, weil sie es ihrem Verwender erlauben, seinen Vertragspartner über eine geschickte Rechtsund Forumswahl faktisch weitgehend rechtlos zu stellen. Die Streitbeilegungsklauseln bewegen sich den sonstigen Regelungen des (Haupt-)Vertrags gegenüber nämlich auf einer Meta-Ebene und bestimmen, ob und wie diese im Streitfall überhaupt zur Geltung kommen können.13 An diese „Macht“ knüpfte anschließend im dritten Teil auch das siebte Kapitel an. Es fragte nach der Kohärenz der Kontrolle insgesamt und stand dabei in einem ersten Schritt vor der Schwierigkeit, hierfür einen geeigneten Bewertungsmaßstab zu finden. Schließlich bestehen zwischen den drei Typen von Streitbeilegungsklauseln Gemeinsamkeiten, aber auch gewichtige Unterschiede, weshalb mit Kohärenz keineswegs eine völlige Gleichbehandlung gemeint sein konnte. Vielmehr war zunächst zu bestimmen, in welchem Verhältnis die einzelnen Klauseltypen zueinander stehen und welche Kontrollregime in Anbetracht dessen jeweils stimmig erscheinen. Dabei musste zugleich der Umstand bedacht werden, dass die für die Kontrolle maßgeblichen Vorgaben zum Teil auf divergierende Gesetzgeber zurückgehen, weshalb als Bewertungsmaßstab von vornherein nur ein übergeordneter, für alle geltender Gesichtspunkt in Betracht kam. Als dieser wurde dann wegen des gerade beschriebenen, enormen Einflusses der Streitbeilegungsklauseln auf die Rechtsverfolgungs- und -durchsetzungsmög11
Die Kontrolllinien sind insofern derzeit nicht vollkommen klar. SchKl mit dem Tagungsort NY wurden wiederum bereits von 4 OLG-Entsch. wegen der Erschwerung der Rechtsverfolgung für unwirksam erklärt, vgl. hierzu v. a. Kap. 6, IV.3.b) (S. 314 ff.). Die genannten Bsp. betreffen die Entsch. des OLG Frankfurt, 18.5.2016 (Lettland) und OLG Köln, 26.2.2014 (Moldawien). Vgl. hierzu kurz auch Kap. 9, I. (S. 435 f.). 12 Siehe zu dem Vorgenannten generell Kap. 6, dort auch erneut mit einem umfassenderen Zwischenfazit am Kap.ende, unter VI. (S. 335 ff.). Speziell zur schiedsfreundlichen Auslegung dort unter IV.5. (S. 329 ff.). 13 Generell zur Wirkung und den Gefahren der Streitbeilegungsklauseln jeweils in den Abschnitt I. und II. der Kap. 4–6 (S. 67 ff., S. 152 ff. und S. 268 ff.). Im Kontext mit dem europ. Justizgewährungsanspruch in Kap. 7, dazu sogleich.
Abschließende Zusammenfassung
461
lichkeiten der Parteien schließlich der europäische Justizgewährungsanspruch gewählt. Abgeleitet insbesondere aus Art. 6 Abs. 1 EMRK ist er sowohl für die Gesetzgebung und Rechtsprechung der Mitgliedstaaten auf der nationalen als auch auf der europäischen und internationalen Ebene verbindlich und bildet im europäischen Rechtsraum einen elementaren gemeinsamen Grundsatz.14 In einem zweiten Schritt wurde daran anschließend die These entwickelt, dass alle drei Streitbeilegungsklauseltypen – vermittelt über ihre gerichtliche Anerkennung – zu einer Gefährdung des Justizgewährungsanspruchs führen können, dabei allerdings auf unterschiedlichen „Stufen“ stehen. Während Schiedsklauseln dem Klauselgegner insbesondere den Zugang zu den staatlichen Gerichten nehmen, auf den Art. 6 Abs. 1 EMRK abzielt, bleibt dieser dem Klauselgegner bei Gerichtsstandsklauseln an sich erhalten. Die Auswertung der bisherigen diesbezüglichen EGMR-Rechtsprechung ergab indes, dass Art. 6 Abs. 1 EMRK im Grundsatz nicht allein den Zugang zu irgendeinem Gericht weltweit, sondern eben gerade zu einem inländischen Erkenntnisverfahren eröffnet. Führt die Anerkennung der Gerichtsstandsklausel also dazu, dass dem Klauselgegner keine inländische „Justiz durch Erkenntnis“ gewährt werden kann, stellt sie eine zwar womöglich zulässige, aber rechtfertigungsbedürftige Beeinträchtigung des Justizgewährungsanspruchs dar. Eine ähnliche Abweichung liegt auch – wenngleich (erneut) in verringertem Maße – bei Rechtswahlklauseln vor, deren Anerkennung vor allem die Qualität der gewährten Justiz verschlechtern kann. Schiedsklauseln stehen nach diesem typisierenden Modell folglich auf der höchsten, Gerichtsstandsklauseln auf der mittleren und Rechtswahlklauseln auf der niedrigsten Gefährdungsstufe.15 Als Rechtfertigung kommt in allen drei Fällen der Wille der Parteien in Betracht (volenti non fit iniuria). Bei einer Rechts- und Forumswahl per AGB fragte sich angesichts der Erkenntnisse aus dem zweiten Kapitel freilich, ob der mit der Zustimmung verbundene (Teil-)Verzicht des Klauselgegners auf den Justizgewährungsanspruch trotz der Informationsasymmetrie und Take-it-or-Leave-itSituation noch als hinreichend bewusst und parteiautonom betrachtet werden kann. Auch wenn das die bisherige EGMR-Rechtsprechung nahelegt, dürfte gleichwohl zulässig sein, dass der Staat nach oben hin von den absoluten Grenzen des Grundrechtsverzichts abweicht und seine Anerkennung von einem höheren Maß an Informiertheit und Entscheidungsfreiheit abhängig macht. Um insge14 Zum Kohärenzbegriff sowie zu dem hier insofern angelegten Maßstab am Beginn von Kap. 7 sowie im dortigen Abschnitt I. (S. 340 ff.). Art. 47 GRCh wird zwar gerade für die europ. Gesetzgebung und Rspr. immer wichtiger, erfasst aber nicht alle der für die Kontrolle relevanten Vorgaben und wurde bei der Untersuchung daher nicht in den Fokus gestellt, dazu ebenfalls a. a. O. 15 Siehe Kap. 7, II.1.–3. (S. 353 ff.).
462
Abschließende Zusammenfassung
samt stimmig zu erscheinen, sollten sich die entsprechenden Vorgaben vor allem an der Intensität der resultierenden Beeinträchtigung orientieren. Daraus ergab sich die Folgerung, dass z. B. Schiedsklauseln, die nach dem Stufenmodell typischerweise mit einer größeren Gefährdung des Justizgewährungsanspruchs einhergehen als Gerichtsstandsklauseln, von den mitgliedstaatlichen Gerichten konsequenterweise auch strenger kontrolliert werden müssen als diese. Das gilt genauso im Verhältnis von Gerichtsstands- zu Rechtswahlklauseln und wie auch andersherum.16 Das siebte Kapitel untersuchte danach in einem dritten Schritt, inwiefern das auf die derzeitige Rechtslage und Kontrollpraxis bereits zutrifft und diese deswegen als kohärent bewertet werden kann. Die Arbeit kommt nach dem entsprechenden Vergleich schließlich zu dem Ergebnis, dass sowohl auf der Ebene der einzelnen Kontrollinstrumente als auch in der Gesamtbetrachtung verschiedene Unstimmigkeiten zu beobachten sind und die Kontrolle deshalb insgesamt aktuell nicht als schlüssig bezeichnet werden kann. So wird etwa die Transparenz von Rechtswahlklauseln seit einigen Jahren einer zunehmend intensiver werdenden Kontrolle unterzogen, während vergleichbare Vorgaben für die Formulierung von Gerichtsstands- und Schiedsklauseln noch weitgehend fehlen. Die Einbeziehungsvoraussetzungen liegen dort zwar wiederum höher als bei Rechtswahlklauseln, was nach der Staffelung des Stufenmodells konsequent erscheint, weichen untereinander aber kaum voneinander ab, obwohl Schiedsklauseln auf einer höheren Gefährdungsstufe als Gerichtsstandsklauseln stehen. Auch eine strengere Inhaltskontrolle, die den fehlenden Abstand bei der Einbeziehungs- und Transparenzkontrolle kompensieren könnte, existiert bislang nicht.17 Auch wenn der Fokus der Arbeit kein rechtspolitischer ist, wurde abschließend in einem vierten Schritt überlegt, auf welchem Wege eine kohärentere Kontrolle de lege ferenda sowie womöglich schon de lege lata erreicht werden kann. Wegen des hier gewählten Bewertungsmaßstabs wurde dabei allerdings nur darauf geschaut, was aus Sicht des beschriebenen Stufenmodells und damit des europäischen Justizgewährungsanspruchs stimmig erscheint. Die Gesetzgebung und Rechtsprechung muss bei der Schaffung, Auslegung und Anwendung der maßgeblichen Kontrollvorschriften daneben aber selbstverständlich noch weitere Interessen und Gesichtspunkte berücksichtigen, die bei dieser Arbeit nicht allesamt einfließen konnten.18 Die vorliegende Arbeit liefert insofern also vor 16
Siehe Kap. 7, II.4.–5. (S. 374 ff.). Kap. 7, III. (S. 382 ff.). 18 Generell lag der Schwerpunkt der (rechtsdogmatischen) Betrachtung auf dem individuellen, bilateralen Verhältnis von Klauselgegner und Klauselverwender; Effekte der Rechts- und Forumswahl auf die Allgemeinheit und Dritte wurden dagegen weitgehend ausgeblendet, dazu u. a. auch schon in der Einl. (S. 6). 17
Abschließende Zusammenfassung
463
allem einen „ersten Aufschlag“, an den zukünftig andere anknüpfen und eigene Perspektiven entwickeln oder zusammenbringen können. Auch die Überlegungen zum Zusammenspiel der Streitbeilegungsklauseln mit dem europäischen Justizgewährungsanspruch müssen noch weiter ausgebaut werden. Dieses Querschnittsthema ist bisher generell kaum erforscht. Das klassische öffentlich-rechtliche Schrifttum scheint sich wenig für solche zivilrechtlichen Gestaltungen und deren grundrechtlichen Implikationen zu interessieren, während die Kollisions-, Zuständigkeits- und Schiedsrechtswissenschaft anscheinend bis auf wenige Ausnahmen vor dem unbekannten Grundrechtsterrain noch zurückschreckt.19 Das achte und neunte Kapitel kamen dann im Anschluss an die Kohärenzbewertung auf die im ersten Teil der Arbeit geschilderten Ziele der Rechtssicherheit sowie des Schutzes vor AGB zurück und reflektierten, inwiefern diese im europäischen Rechtsraum aktuell erreicht sind. Dabei bestätigten sich im achten Kapitel zunächst die Ausgangsthesen, die vorab bereits vom dritten Kapitel formuliert worden waren: Sowohl bei der Kontrolle von Rechtswahl- als auch von Gerichtsstands- und Schiedsklauseln führt das Nebeneinander der verschiedenen nationalen, europäischen und internationalen Rechtsquellen letztlich dazu, dass für die Betroffenen bereits unsicher ist, auf wessen Vorgaben es insofern überhaupt ankommt. Die Konkurrenz ist in weiten Bereichen noch ungeklärt, was zum Teil auch an der unklaren Rechtsprechung liegt. So deutet der EuGH etwa in seiner Entscheidung VKI ./. Amazon (2016) zur Transparenzkontrolle von Rechtswahlklauseln an, dass deren Kontrolle mithilfe von Art. 3 Klausel-RL auch in weiteren Fällen denkbar erscheint, präzisiert dabei aber nicht das Verhältnis einer solchen Kontrolle zum inhaltlichen Schutzkonzept der Rom I-VO. Gleiches gilt so schlussendlich auch für seine Aussagen in Ryanair ./. DelayFix (2020) für die AGB-rechtliche Kontrolle von Gerichtsstandsklauseln im Anwendungsbereich der Brüssel Ia-VO. Eine Vereinheitlichung der Kontrollvorgaben in einem gemeinsamen oder wenigstens rechtsgebietsspezifischen Regelwerk könnte die komplizierte Abgrenzung zwischen diesen Rechtsquellen zukünftig beenden, ist realistischerweise aber in näherer Zeit nicht zu erwarten.20 Da das nationale AGB-Recht neben der Rom I-, Brüssel Ia-VO und dem NYÜ also zumindest in gewissen Fragen weiterhin anwendbar bleibt, bis auf die begrenzten Vorgaben der Klausel-RL jedoch selbst unter den Mitgliedstaaten nicht umfänglich harmonisiert ist, stellt sich als nächstes das Problem der unsicheren Anknüpfung der maßgeblichen Kontrollvorgaben. Bei Rechtswahlklauseln ließ sich insofern beobachten, dass die Gerichte von der Grundregel aus Art. 3 Abs. 5, 19
Hierzu näher in Kap. 7, v. a. am Anfang von II. (S. 352 ). Siehe v. a. die Abschnitte I. und IV. in Kap. 8 (S. 417 ff. und S. 427 ff.), das generell die Ergebnisse der Bestandsaufnahmen aus dem zweiten Teil zusammenführt und eine Bewertung in Hinblick auf das Ziel der Rechtssicherheit vornimmt. 20
464
Abschließende Zusammenfassung
10 Abs. 1 Rom I-VO regelmäßig gar keinen Gebrauch machen, sondern direkt über Sonderanknüpfungen auf die eigene lex fori zurückgreifen. Das ist prozess ökonomisch zwar durchaus nachvollziehbar, da so die aufwendige Ermittlung eines ausländischen AGB-Rechts vermieden wird, rechtsdogmatisch aber äußerst zweifelhaft. Denn die kollisionsrechtliche Grundregel wird so zur Ausnahme, die Ausnahme zur Regel gemacht. Das law in action spiegelt das law in the books nicht wider, genauso wie umgekehrt. Gleichzeitig steigt die Gefahr, dass die Kontrolle von Rechtswahlklauseln nicht mehr anhand einheitlicher Maßstäbe erfolgt, sondern stark davon abhängt, in welchem Mitgliedstaat der Rechtsstreit geführt wird. Bei Gerichtsstands- und Schiedsklauseln wiederum existiert aufgrund der Bereichsausnahme aus Art. 1 Abs. 2 lit. e Rom I-VO noch nicht einmal ein solches gemeinsames kodifiziertes Kollisionsrecht. Die Regel aus Art. V Abs. 1 lit. a NYÜ wird von der Rechtsprechung bislang noch überwiegend ignoriert und die Bestimmung des Prorogations- bzw. Schiedsstatuts ist derzeit generell stark umstritten und unübersichtlich.21 Einheitliche Linien fehlen zudem in Bezug auf die konkreten Kontrollvorgaben. Zwar ließen sich im Untersuchungszeitraum bereits einige gefestigte Rechtsprechungspositionen erkennen, wie etwa, dass der Hinweis auf die einzubeziehenden AGB vor dem Vertragsschluss zu erfolgen hat und die Existenz der Streitbeilegungsklauseln nicht besonders hervorzuheben braucht; besonders zu komplizierteren Fragen existieren aber häufig nur ein oder zwei einschlägige Entscheidungen oder sogar divergierende Ansichten. Der EuGH, dessen Rechtsprechung gerade auch zwischen den Mitgliedstaaten für eine Kontrollvereinheitlichung sorgen könnte, hat zu zahlreichen Aspekten noch keine Stellung bezogen und kann das zum Teil auch gar nicht, weil ihm die Kompetenz dazu fehlt (wie etwa beim NYÜ oder dem nichtharmonisierten, nationalen AGB-Recht). Selbst wenn die Parteien die Konkurrenz und Anknüpfung also vorab genauso wie das später entscheidende Gericht beurteilen sollten (was im Voraus ungewiss ist), können sie sich nicht sicher sein, wie die Kontrolle der Streitbeilegungsklauseln im Ergebnis ausgehen wird. Damit schwebt über den entsprechenden Regelungen derzeit stets die Ungewissheit, ob sie dann, wenn es auf sie im Streitfall ankommt, überhaupt gelten und das anwendbare Recht und zuständige forum verlässlich festlegen.22 Im Hinblick auf den Schutz vor AGB konnte das Fazit im darauffolgenden, neunten Kapitel allerdings deutlich positiver ausfallen. Vielen Streitbeilegungsklauseln werden bereits jetzt über das nationale, europäische und internationale 21
Siehe Kap. 8, II. (S. 419 ff.). Diese wird sich wegen des Grunddilemmas auch sicherlich niemals vollständig beseitigen lassen, kann aber zumindest verringert werden, siehe dazu Kap. 8, IV. (S. 427 ff.). Zur Unsicherheit bzgl. der konkreten Kontrollvorgaben dort zuvor im Abschnitt III. (S. 423 ff.). 22
Abschließende Zusammenfassung
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Recht ihre Gefahren genommen oder wenigstens das Bewusstsein hierfür erhöht. Als wichtige Schranke erweist sich bei Gerichtsstands- und Schiedsklauseln vor allem das generelle Schriftformerfordernis, das den Klauselgegner auf die besondere Bedeutung des Abschlusses aufmerksam macht und ihn so vor einer vorschnellen Zustimmung warnt. Kritisch ist insofern indes unter anderem die soeben angesprochene Rechtsprechungslinie zu sehen, einen pauschalen AGB-Hinweis ausreichen zu lassen. Sie stellt nicht hinreichend sicher, dass sich die Zustimmung des Klauselgegners zum Vertragsschluss tatsächlich auch auf die in den AGB „versteckte“ Abweichung von den objektiven Anknüpfungs- und Zuständigkeitsregeln bezieht. Ohne einen spezifischen Hinweis fallen die Streitbeilegungsklauseln dem Klauselgegner oft gar nicht erst auf. Aus ähnlichen Gründen überzeugt auch die Senkung der Einbeziehungsvoraussetzungen bei elektronisch geschlossenen Gerichtsstandsklauseln nicht, der namentlich der EuGH mit seiner Entscheidung El Majdoub von 2015 den Weg geebnet hat. Die AGB samt der darin enthaltenen Gerichtsstandsklausel müssen dem Klauselgegner demnach vor dem Vertragsschluss nicht automatisch angezeigt oder elektronisch übermittelt werden. Auch wenn das Problem des information overload nicht unterschätzt werden darf, sollte die Einbeziehung zukünftig stattdessen davon abhängig gemacht werden, dass die Aufmerksamkeit des Klauselgegners gezielt auf diese grundlegenden Regelungen gerichtet wird, etwa durch das sog. Click-Through-Verfahren und eine besondere Hervorhebung.23 Das neunte Kapitel beschäftigte sich darüber hinaus mit der Frage, ob speziell im b2b-Bereich der bisherige inhaltliche Schutz vor Rechtswahl- und Gerichtsstandsklauseln ausgebaut werden muss. Die Rom I- und Brüssel Ia-VO sehen inhaltliche Schranken bisher nur bei einer Beteiligung von bestimmten Verbrauchern, Versicherungs- und Arbeitnehmern vor, versperren hierdurch aber womöglich zugleich den Rückgriff auf funktional äquivalente, umfassendere Regeln des nationalen AGB-Rechts. Gerade Unternehmer, die außerhalb ihres eigentlichen Kernbereichs handeln und für die der Abschluss keine größere wirtschaftliche Bedeutung einnimmt, wären dadurch dann inhaltlich weitgehend schutzlos gestellt, obwohl sie sich mit Blick auf die AGB in einer ähnlichen Gefährdungslage befinden wie die seitens der Rom I- und Brüssel Ia-VO geschützten Klauselgegner. Ein Blick in die einschlägigen, während des Untersuchungszeitraums ergangenen Entscheidungen hat dann allerdings gezeigt, dass diese problematischen Fälle in der Praxis bisher kaum vorkommen. Der Klauselgegner handelt meistens ebenfalls als repeat player oder kann sich aufgrund des hohen Vertragsvolumens nicht rationalerweise darauf zurückziehen, er habe die Bedeutung der fremden Streitbeilegungsklauseln nicht erkannt. Der tatsächliche 23
Siehe v. a. Kap. 9, I.–III. (S. 433 ff.).
466
Abschließende Zusammenfassung
Schutzbedarf stellte sich damit als deutlich geringer heraus als erwartet und macht eine Reform damit derzeit nicht akut erforderlich. Zumal infolge der neueren EuGH-Rechtsprechung im Verbraucherbereich auch für den unternehmerischen Verkehr eine parallele Kontrolle anhand des nationalen AGB-Rechts in Betracht kommt.24 Insgesamt konnte die Arbeit vor allem durch ihre vertiefte Rechtsprechungsanalyse und ihren klauselübergreifenden Ansatz zahlreiche Gesichtspunkte aufzeigen, die trotz ihrer praktischen Relevanz vom Schrifttum bisher so noch gar nicht oder zumindest nicht hinreichend gewürdigt werden. Zugleich hat sie nachdrücklich vor Augen geführt, dass bei einer per AGB einseitig diktierten Rechtsund Forumswahl über dieser stets das „Damoklesschwert“ der gerichtlichen Kontrolle schwebt, die vielfach dazu führen kann, dass den entsprechenden Regelungen die Anerkennung versagt wird. Internationale Streitbeilegungsklauseln versprechen im Augenblick somit – anders als gemeinhin angenommen – mehr Gewissheit und Verlässlichkeit als sie letztendlich im Ernstfall verschaffen können.
24
Siehe v. a. Kap. 9, IV. (S. 448 ff.).
467
Anhang 1– 6: Übersichten zur Rechtsprechungsanalyse
Anhang 1: Systematische Suche zur Kontrolle von Rechtswahlklauseln in der juris-Datenbank1 Suchbegriff(e)
Treffer (12.1.2022)
Ergänzung zur Eingrenzung
geprüfte Treffer (12.1.2022)
Art. 3 Rom I-VO
51
Art. 27 EGBGB
401
+ Rechtswahl*
263
Rechtswahl* einbezogen*
323
NAHE15
88
Rechtswahl* Einbeziehungskontrolle
51
3
3
Rechtswahl* überraschend*
129
Rechtswahl* unangemessen*
274
NAHE15
129 49
Rechtswahl* benachteilig*
330
NAHE15
44
Rechtswahl* Inhaltskontrolle
135
135
Rechtswahl* missbräuchlich*
175
175
Rechtswahl* intransparen*
60
60
Rechtswahl* transparen*
132
132
Rechtswahl* nichtig*
443
NAHE15
59
Rechtswahl* wirksam*
1622
NAHE15
472
Rechtswahl* unwirksam*
920
NAHE15
225
Rechtswahl* AGB-Recht*
58
58
Norm [§ 305 BGB] + Rechtswahl*
40
40
Norm [§ 305c BGB] + Rechtswahl*
29
29
Norm [§ 307 BGB] + Rechtswahl*
79
79
Norm [§ 2 AGBG] + Rechtswahl*
6
6
Norm [§ 3 AGBG] + Rechtswahl*
13
13
Norm [§ 9 AGBG] + Rechtswahl*
25
25
1 Verwendet man in der juris-Datenbank bei der Suche das *-Symbol, erfasst man sämtliche Wortstammerweiterungen. Für „Rechtswahl*“ werden dann z. B. Treffer sowohl zu „Rechtswahlvereinbarung“ als auch zu „Rechtswahlklausel“ angezeigt. Der NAHE15-Operator sorgt wiederum dafür, dass die Suchbegriffe im Volltext nicht weiter als 15 Stellen auseinanderstehen. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sie in dem Fall in demselben Prüfungskontext verwendet werden. Bei juris besteht zudem die Möglichkeit, nach einer bestimmten Rechtsnorm in Kombination mit einem Suchbegriff zu suchen. Die Zuordnung scheint allerdings nicht immer verlässlich zu erfolgen (vgl. Kap. 4, IV., dort auch näher zum Zuschnitt der Rspr.auswahl). Bei den „geprüften Treffer[n]“ wurden die gefundenen Entsch. jeweils im Volltext auf ihre Relevanz hin untersucht.
468
Anhang 1– 6: Übersichten zur Rechtsprechungsanalyse
Anhang 2: Gerichtliche Kontrolle von Rechtswahlklauseln unter der Rom I-VO und dem EVÜ (Übersicht in chronologischer Reihenfolge)1
Entscheidung
Parteiverhältnis
RwKl anerkannt
Kontrollinstrument(e)
LG Köln, 28.1.2022, Az. 32 O 436/19
b2c
nein
Transparenzkontrolle wohl nach irischem Umsetzungsrecht zu Art. 3, 5 Klausel-RL
Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO
LG Köln, 14.1.2022, Az. 12 O 230/20
b2c
nein
Transparenzkontrolle nach dem engl. Umsetzungsrecht zu Art. 3, 5 Klausel-RL
Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO
LG Berlin, 11.1.2022, Az. 13 O 123/19
b2c
nein
Transparenzkontrolle nach irischem Umsetzungsrecht zu Art. 3, 5 Klausel-RL
Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO
LG Berlin, 7.1.2022, Az. 67 O 31/21
b2c
nein
Transparenzkontrolle nach irischem Umsetzungsrecht zu Art. 3, 5 Klausel-RL
Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO
LG Landshut, 19.11.2021, Az. 54 O 2882/20
b2c
nein
Transparenzkontrolle nach § 305c BGB, gemeint wohl § 307 BGB
Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 2 Rom I-VO
LG Düsseldorf, 15.11.2021, Az. 22 O 133/20
b2c
nein
Transparenzkontrolle nach engl. Umsetzungsrecht zu Art. 3, 5 Klausel-RL
Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO
LG Aachen, 28.10.2021, Az. 12 O 510/20
b2c
nein
Transparenzkontrolle nach § 307 BGB
Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO
LG Paderborn, 24.9.2021, Az. 4 O 424/20
b2c
nein
Transparenzkontrolle nach § 307 BGB
Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO
LG Paderborn, 8.7.2021, Az. 4 O 323/20
b2c
nein
Transparenzkontrolle nach § 307 BGB
Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO
Anknüpfung
1 Die Übersicht führt nur Entsch. auf, die den in Kap. 4 unter IV.1. beschriebenen Analysekriterien entsprechen und von den dt. Zivilgerichten stammen. Für weitere Entsch., insb. aus der Rspr. des EuGH oder der Gerichte anderer Mitgliedstaaten, vgl. die Angaben in den Fn. der Bestandsaufnahme sowie das allgm. Rspr.verzeichnis (S. 493 ff.), dort zudem noch mit weiteren Angaben zu den hier zitierten Entsch. In der Übersicht wird nicht zwischen Individual- und Verbandsklageverfahren unterschieden – wirkt sich die Entsch. auf RwKl in Verbraucherverträgen aus, wird in der Kategorie „betroffene Parteien“ b2c vermerkt. Bei Vorinstanzen wird die Entsch. in Klammern gesetzt, auch wenn die Kontrollerwägungen und -ergebnisse der Instanzen voneinander abweichen. Geht es in der Arbeit um die Anzahl der Fälle, sind die in Klammern gesetzten Entsch. nicht mitgezählt.
469
Anhang 1– 6: Übersichten zur Rechtsprechungsanalyse LG Düsseldorf, 5.7.2021, Az. 22 O 133/20
b2c
(nein)
Überraschungsverbot nach § 305c BGB, Transparenzkontrolle nach engl. Umsetzungsrecht zu Art. 3, 5 Klausel-RL
OLG Bremen, 1.7.2021, Az. 3 U 39/20
b2c
ja
Überraschungsverbot nach § 864a österr. ABGB
Art. 27 Abs. 4, 31 Abs. 1 EGBGB a. F.
OLG Hamm, 29.6.2021, Az. 34 U 128/20
b2c
nein
Transparenzkontrolle nach § 307 BGB
Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO
AG Erding, 10.6.2021, Az. 9 C 1679/19
b2c
nein
Transparenzkontrolle nach irischem Umsetzungsrecht zu Art. 3, 5 Klausel-RL
Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO
LG Frankfurt, 1.6.2021, Az. 2-24 O 419/20,
b2c
nein
Transparenzkontrolle, wohl nach Art. 3, 5 Klausel-RL (Umsetzung unklar)
unklar (nur sehr knapp)
OLG Dresden, 26.5.2021, Az. 5 U 2119/20
b2c
nein
Transparenzkontrolle, wohl nach Art. 3, 5 Klausel-RL (Umsetzung unklar)
Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO
OLG Stuttgart, 31.3.2021, Az. 20 U 24/20
b2c
ja
Überraschungsverbot nach § 864a ABGB, Transparenzkontrolle
Art. 27 Abs. 4, 31 Abs. 1 EGBGB a. F.
OLG Naumburg, 17.3.2021, Az. 5 U 183/20
b2c
nein
Transparenzkontrolle nach § 307 BGB
Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO Art. 27 Abs. 4, 31 Abs. 1 EGBGB a. F.
(im selben Verfahren wie Beschl. v. 15.11.2021)
Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1, 2 Rom I-VO
LG Hamburg, 25.2.2021, Az. 327 O 433/19
b2c
ja
Inhaltskontrolle anhand von §13a öKSchG; Überraschungsverbot nach § 864a österr. ABGB
AG Memmingen, 12.2.2021, Az. 12 C 1112/20
b2c
nein
Transparenzkontrolle nach irischem Umsetzungsrecht zu Art. 3, 5 Klausel-RL
Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO
OLG Köln, 29.1.2021, Az. I-9 U 184/20
b2c
nein
Transparenzkontrolle nach irischem Umsetzungsrecht zu Art. 3, 5 Klausel-RL
Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO
Einbeziehungskontrolle nach dt. Recht, Überraschungsverbot nach dt. Recht
Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO
Transparenzkontrolle nach irischem Umsetzungsrecht zu Art. 3, 5 Klausel-RL
Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO
OLG Karlsruhe, 20.1.2021, Az. 15 U 83/20
b2b
ja
LG Frankfurt, 19.11.2020, Az. 2-24 O 99/19
b2c
nein
470
Anhang 1– 6: Übersichten zur Rechtsprechungsanalyse nein
Transparenzkontrolle nach irischem Umsetzungsrecht zu Art. 3, 5 Klausel-RL
Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO
nein
Einbeziehungskontrolle (unklar, wonach), Transparenzkontrolle nach irischem Umsetzungsrecht zu Art. 3, 5 Klausel-RL
Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO
b2c
nein
Ansätze Einbeziehungskontrolle, v. a. aber Transparenzkontrolle nach irischem Umsetzungsrecht zu Art. 3, 5 Klausel-RL
Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO
b2c
(nein)
Transparenzkontrolle nach irischem Umsetzungsrecht zu Art. 3, 5 Klausel-RL
Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO
LG Verden, 17.7.2020, Az. 2 O 259/19
b2c
nein
Transparenzkontrolle nach § 307 BGB
wohl Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO
LG Frankfurt, 3.7.2020, Az. 2-24 O 100/19
b2c
nein
Transparenzkontrolle nach irischem Umsetzungsrecht zu Art. 3, 5 Klausel-RL
Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO
AG Köln, 19.5.2020, Az. 142 C 616/18
b2c
nein
Transparenzkontrolle nach irischem Umsetzungsrecht zu Art. 3, 5 Klausel-RL
Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO
LG Wuppertal, 22.4.2020, Az. 3 O 369/19
b2c
nein
Transparenzkontrolle nach Art. 3, 5 Klausel-RL (Umsetzung unklar)
unklar
AG Nürnberg, 27.3.2020, Az. 21 C 8857/19
b2c
nein
Transparenzkontrolle nach Art. 3, 5 Klausel-RL (Umsetzung unklar)
unklar
AG Nürnberg, 25.03.2020, Az. 21 C 8856/19
b2c
nein
Transparenzkontrolle nach Art. 3, 5 Klausel-RL (Umsetzung unklar)
unklar
AG Bühl, 11.11.2019, Az. 2 C 106/19
b2c
nein
Transparenzkontrolle nach Art. 3 Klausel-RL (wohl in irischer Umsetzung)
Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO
ja
Überraschungsverbot aus § 305c BGB, Inhalts- und Transparenzkontrolle nach § 307 BGB
Art. 29a EGBGB a. F.
AG Erfurt, 16.11.2020, Az. 4 C 902/20 LG Baden-Baden, 27.10.2020, Az. 2 O 287/19
LG Berlin, 12.10.2020, Az. 51 O 133/18 LG Köln, 17.7.2020, Az. 25 O 212/19 (Vorinstanz zu OLG Köln, 29.1.2021)
OLG Stuttgart, 20.9.2019, Az. 5 U 62/19
b2c
b2c
b2c
471
Anhang 1– 6: Übersichten zur Rechtsprechungsanalyse Einbeziehungskontrolle nach engl. Recht; Transparenzkontrolle (unklar, wonach genau)
Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO
nein
Transparenzkontrolle nach Art. 3 Klausel-RL (unklar, in welcher Umsetzung)
unklar
ja
Einbeziehungskontrolle, Überraschungsverbot und Transparenzkontrolle, alles wohl nach engl. Recht
Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO
b2c
(nein)
Überraschungsverbot aus § 3 AGBG a. F., wohl auch Inhalts- und Transparenzkontrolle nach AGBG a. F.
unklar
OLG Düsseldorf, 4.10.2018, Az. 12 U 46/17
b2b
ja
Einbeziehungskontrolle nach dt. Recht
Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1, 2 Rom I-VO
OLG Stuttgart, 14.9.2018, Az. 5 U 98/17
b2c
nein
Inhalts- und Transparenzkontrolle nach § 307 BGB
Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO
b2c
(nein)
Transparenzkontrolle nach § 307 BGB
unklar
Transparenzkontrolle nach Art. 3, 5 Klausel-RL (unklar, in welcher Umsetzung)
Art. 23 Rom I-VO
Einbeziehungskontrolle nach dt. Recht
Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO
Transparenzkontrolle nach § 307 BGB
Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO
AG Hamburg, 29.3.2019, Az. 23a C 416/17
b2c
ja
OLG München, 10.1.2019, Az. 29 U 1091/18
b2c
OLG Frankfurt, 13.12.2018, Az. 16 U 15/18 LG Tübingen, 16.10.2018, Az. 5 O 177/17 (Vorinstanz zu OLG Stuttgart, 20.9.2019)
LG München, 1.3.2018, Az. 12 O 730/17 (Vorinstanz zu OLG München, 10.1.2019)
b2c
LG Frankfurt, 14.12.2017, Az. 2/24 O 8/17
b2c
(nein)
LG Kleve, 23.8.2017, Az. 2 O 28/13
b2b
(ja)
LG Ulm, 22.5.2017, Az. 4 O 66/13
b2c
(nein)
(Vorinstanz zu OLG Frankfurt, 13.12.2018)
(Vorinstanz zu OLG Düsseldorf, 4.10.2018)
(Vorinstanz zu OLG Stuttgart, 14.9.2018)
472 LG Cottbus, 4.11.2016, Az. 1 S 100/16 AG Königs Wusterhausen, 3.6.2016, Az. 4 C 2431/14
Anhang 1– 6: Übersichten zur Rechtsprechungsanalyse b2c
b2c
ja
(ja)
(Vorinstanz zu LG Cottbus, 4.11.2016)
Einbeziehungskontrolle nach engl. Recht
Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO
Einbeziehungskontrolle nach engl. Recht, Transparenzkontrolle, unklar nach welchem Recht
wohl Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO wohl Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO
BGH, 28.1.2016, Az. I ZR 60/14
b2b
ja
Einbeziehungskontrolle nach dt. AGB-Recht (nur sehr knapp)
LG Dortmund, 15.1.2016, Az. 3 O 610/15
b2b
nein
Überraschungsverbot aus § 305c BGB
Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO (obwohl b2b)
Einbeziehungskontrolle nach §§ 305 ff.. BGB (präsumtiv gewähltes Recht) und CISG
Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1, 2 Rom I-VO
OLG Hamm, 19.5.2015, Az. 7 U 26/15
b2b
ja
LG Hamburg, 2.9.2014, Az. 327 O 187/14
b2c
nein
Überraschungsverbot aus § 305c BGB
Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO
LG Oldenburg, 11.6.2014, Az. 5 O 908/ 14
b2c
nein
Transparenzkontrolle nach § 307 BGB
unklar
OLG Düsseldorf, 16.4.2014, Az. 18 U 124/13
b2b
ja
Einbeziehungskontrolle nach § 305 BGB
Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO
b2b
ja
Einbeziehungskontrolle nach dt. Recht
wohl Art. 3 Abs. 4, 8 Abs. 1 EVÜ
Transparenzkontrolle, wohl nach § 307 BGB, Art. 5 Klausel-RL; u.U. auch nach Art. 3 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO
wohl Art. 11 Abs. 4 Rom I-VO
OLG Frankfurt, 19.12.2013, Az. 6 U 131/12 (von BGH, 20.11.2014, Az. IX ZR 13/14, nur bzgl. der Reichweite der RwKl korrigiert)
AG Bremen, 5.12.2013, Az. 9 C 337/13
b2c
nein
473
Anhang 1– 6: Übersichten zur Rechtsprechungsanalyse OLG Köln, 15.10.2013, Az. 3 U 209/12
b2b
ja
Überraschungsverbot nach österr. Recht
Art. 3 Abs. 4, 8 Abs. 1 EVÜ
LG Kleve, 1.10.2013, Az. 4 O 272/12
wohl b2b
ja
Einbeziehungskontrolle nach Art. 6:231 ff. des nl. Burgerlijk Wetboek
Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO
AG Salzgitter, 10.9.2013, Az. 25 C 59/13
b2b
ja
Einbeziehungskontrolle nach § 305 Abs. 2 BGB (obwohl b2b)
unklar
OLG Düsseldorf, 12.7.2013, Az. U (Kart) 1/13
b2b
ja
Inhaltskontrolle nach § 307 BGB (aber abgelehnt, da nicht präsumtiv gewählt)
Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO
OLG Zweibrücken, 7.2.2013, Az. 4 U 78/12
b2b
ja
Einbeziehungskontrolle nach § 305 BGB
Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1, 2 Rom I-VO
OLG Hamburg, 19.12.2012, Az. 6 Sch 18/12
b2b
ja
Einbeziehungskontrolle nach §§ 305 ff. BGB (präsumtiv gewähltes Recht) und nach CISG
OLG Hamm, 23.8.2012, Az. 34 U 83/11
b2c
ja
Überraschungsverbot nach Liechtensteiner Recht
wohl Art. 3 Abs. 4, 8 Abs. 1 EVÜ
BGH – Pharmazeutische Beratung, 19.7.2012, Az. I ZR 40/11
b2c
nein
Transparenzkontrolle nach § 307 BGB
unklar, wohl deliktische Anknüpfung
OLG Brandenburg, 30.11.2011, Az. 3 U 84/07
b2c
ja
Überraschungsverbot, wohl nach österr. Recht
unklar
b2c
(nein)
Inhaltskontrolle nach § 307 BGB, unklar, ob daneben auch Transparenzkontrolle
wohl Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO
b2c
ja
Überraschungsverbot aus § 305c BGB
Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO
OLG Stuttgart, 17.2.2011, 2 U 65/10 (Vorinstanz zu BGH, 19.7.2012)
LG Hamburg, 6.1.2011, Az. 327 O 779/10
474 LG Ulm, 19.5.2010, Az. 4 O 281/09
Anhang 1– 6: Übersichten zur Rechtsprechungsanalyse Überraschungsverbot aus § 305c BGB, obiter noch Inhaltskontrolle nach § 307 BGB
unklar
b2c
(nein)
b2c
nein
Überraschungsverbot aus § 305c BGB
unklar
b2c (BrokerFall)
nein
Überraschungsverbot aus § 305c BGB
Art. 5 Abs. 2 EVÜ
LG Bremen, 7.12.2006, Az. 2 O 37/06
b2c
nein
Überraschungsverbot aus § 305c BGB
Art. 5 Abs. 2 EVÜ
LG Düsseldorf, 9.11.2006, Az. 8 O 86/06
b2c (BrokerFall)
nein
Überraschungsverbot wohl aus § 305c BGB
Art. 5 Abs. 2 EVÜ
2x LG Krefeld, 31.1.2006, Az. 5 O 292/04, 5 O 502/04
b2c (BrokerFälle)
nein
Überraschungsverbot aus § 3 AGBG a. F.
Art. 5 Abs. 2 EVÜ
OLG Hamm, 20.9.2005, Az. 19 U 40/05
b2b
ja
Überraschungsverbot, unklar nach welchem Recht
unklar
LG Hamburg, 2.5.2005, Az. 415 O 184/04
b2b
ja
Einbeziehungskontrolle nach dt. Recht
Art. 3 Abs. 4, 8 Abs. 1 EVÜ
BGH, 25.1.2005, Az. XI ZR 78/04
b2c (BrokerFall)
ja
Überraschungsverbot aus § 3 AGBG a. F.
Art. 3 Abs. 4, 8 Abs. 2 EVÜ
OLG Köln, 18.5.2004, Az. 3 U 161/03
b2b
ja
Einbeziehungskontrolle, wohl nach dt. Recht
wohl Art. 3 Abs. 4, 8 Abs. 1 EVÜ
OLG Naumburg, 19.6.2003, Az. 2 U 68/02
b2b
ja
Einbeziehungskontrolle nach dt. Recht
Art. 3 Abs. 4, 8 Abs. 1 EVÜ
ja
Einbeziehungskontrolle und Überraschungsverbot nach dt. Recht, kurz auch zur poln. Einbeziehungskontrolle
Art. 3 Abs. 4, 8 Abs. 1, 2 EVÜ
(Vorinstanz zu OLG Stuttgart, 17.2.2011 und BGH, 19.7.2012)
OLG Stuttgart, 10.12.2009, Az. 2 U 66/09 LG Düsseldorf, 25.5.2007, Az. 14c O 27/06
OLG Hamburg, 24.1.2003, Az. 11 Sch 6/01
b2b
475
Anhang 1– 6: Übersichten zur Rechtsprechungsanalyse LG Düsseldorf, 31.7.2002, Az. 12 O 415/98
b2b
ja
Einbeziehungskontrolle, Überraschungsverbot, Inhaltskontrolle nach dt. Recht
Art. 3 Abs. 4, 8 Abs. 2 EVÜ
Überraschungsverbot aus § 3 AGBG a. F.
Art. 3 Abs. 4, 8 Abs. 2 EVÜ sowie Art. 5 Abs. 2 EVÜ
OLG Düsseldorf, 19.12.2001, Az. 15 U 91/01
b2c
nein
OLG Celle, 26.7.2001, Az. 17 U 28/95
b2c
ja
Einbeziehungskontrolle, wohl nach Recht der Isle of Man
Art. 3 Abs. 4, 8 Abs. 2, Art. 9 EVÜ
AG Langenfeld, 30.4.1998, Az. 18 C 260/96
b2c
ja
Einbeziehungskontrolle nach § 2 AGBG a. F.
Lex-fori-Anknüpfung
KG Berlin, 21.1.1998, Az. 11 U 6378/97
b2c
nein
Überraschungsverbot aus § 864a österr. ABGB
Art. 3 Abs. 4, 8 Abs. 1 EVÜ
LG Duisburg, 17.4.1996, Az. 45 (19) O 80/94
b2b
nein
Einbeziehungskontrolle nach ital. Recht
Art. 3 Abs. 4, 8 Abs. 2 EVÜ
OLG Düsseldorf, 8.3.1996, Az. 17 U 179/95
b2c (BrokerFall)
nein
Überraschungsverbot aus § 3 AGBG a. F.
Art. 5 Abs. 2 EVÜ
OLG Düsseldorf, 26.5.1995, Az. 17 U 240/94
b2c (BrokerFall)
nein
Überraschungsverbot aus § 3 AGBG a. F., Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG a. F.
Art. 5 Abs. 2 EVÜ
476
Anhang 1– 6: Übersichten zur Rechtsprechungsanalyse
Anhang 3: Systematische Suche zur Kontrolle von Gerichtsstandsklauseln in der juris-Datenbank1 Treffer (14.1.2022)
Suchbegriff(e)
Ergänzung zur Eingrenzung
geprüfte Treffer (14.1.2022)
Art. 25 Brüssel Ia-VO2
20
20
Art. 23 Brüssel I-VO
135
135
11
11
2
Art. 23 VollstrZustÜbk 2007 (juris-Abkürzung für das LugÜ-II) Gerichtsstand* einbezogen
1558
Gerichtsstand* Einbeziehungskontrolle
NAHE15
6
240 6
Gerichtsstand* überraschend*
264
NAHE15
50
Gerichtsstand* unangemessen*
603
NAHE15
77
Gerichtsstand* benachteilig*
591
NAHE15
104
Gerichtsstand* Inhaltskontrolle
227
NAHE15
52
Gerichtsstand* missbräuchlich*
495
NAHE15
209
Gerichtsstand* intransparen*
80
Gerichtsstand* transparen*
364
NAHE15
0
Gerichtsstand* Bestimmtheit*
373
NAHE15
79
Gerichtsstand* nichtig*
950
NAHE15
119
3873
NAHE5 + international*
498
3
Gerichtsstand* wirksam*
80
1 Verwendet man in der juris-Datenbank bei der Suche das *-Symbol, erfasst man sämtliche Wortstammerweiterungen. Für „Gerichtsstand*“ werden dann z. B. Treffer sowohl zu „Gerichtsstandswahl“ als auch zu „Gerichtsstandsklausel“ angezeigt. Der NAHE15-Operator sorgt wiederum dafür, dass die Suchbegriffe im Volltext nicht weiter als 15 Stellen auseinanderstehen. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sie dann in demselben Prüfungskontext verwendet werden. Bei juris besteht zudem die Möglichkeit, nach einer bestimmten Rechtsnorm in Kombination mit einem Suchbegriff zu suchen. Bei den „geprüften Treffer[n]“ wurden die gefundenen Entsch. jeweils im Volltext auf ihre Relevanz hin untersucht. 2 Juris selbst führt die Verordnungen als „EUV 1215/2012“ und „EGV 44/2001“, ordnet aber keine anderen Entsch. zu. Die Trefferzahl bleibt gleich. Zu einer Veränderung kommt es indes, wenn man nach Art. 25 EuGVO bzw. EuGVVO anstelle von Art. 25 Brüssel Ia-VO sucht. Die Trefferzahl erhöht sich dann auf 18 bzw. 38 Treffer. Grund dafür ist, dass neben Entsch. zu Art. 25 Brüssel Ia-VO auch solche zu Art. 25 Brüssel I-VO angezeigt werden, da die Abkürzung auch für die Nachfolgeverordnung weiterverwendet wird. 3 Verwendet man stattdessen das Adjektiv „bestimmt*“, liegt die Trefferzahl bei über 6.000 Treffern. Selbst bei Anwendung verschiedener NAHE-Operatoren und weiterer Begriffe wie „klar*“, lässt sich die Trefferzahl nicht auf ein für die Volltextanalyse annehmbares Maß begrenzen, sodass diese Suche ausscheiden musste.
477
Anhang 1– 6: Übersichten zur Rechtsprechungsanalyse Gerichtsstand* unwirksam*
1912
NAHE10
379
Gerichtsstand* AGB-Recht*
78
78
Norm [§ 305 BGB] + Gerichtsstand*
48
48
Norm [§ 305c BGB] + Gerichtsstand*
38
38
Norm [§ 307 BGB] + Gerichtsstand*
103
103
Norm [§ 2 AGBG] + Gerichtsstand*
16
16
Norm [§ 3 AGBG] + Gerichtsstand*
27
27
Norm [§ 9 AGBG] + Gerichtsstand*
73
73
Anhang 4: Gerichtliche Kontrolle von Gerichtsstandsklauseln unter der Brüssel Ia-/I-VO und dem LugÜ-II (Übersicht in chronologischer Reihenfolge)1 Entscheidung LG Köln, 19.10.2021, Az. 16 O 614/20 BGH, 10.2.2021, Az. KZR 66/17 (im selben Verfahren wie BGH, 11.12.2018, s.u.)
LG München, 7.2.2020, Az. 37 O 18934/17 OLG Köln, 6.11.2019, Az. 13 U 226/17
1
Parteiverhältnis
prorog./ derog.2 GStKl
GStKl anerkannt
b2c
derog.
nein
Inhaltskontrolle nach Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL
b2b
derog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 25 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1, b und c Brüssel Ia-VO
b2b
derog.
nein
europ. Bestimmtheitserfordernis
ja
Einbeziehungskontrolle nach Art. 25 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel Ia-VO, europ. Bestimmtheitserfordernis, materielle Wirksamkeit nach § 38 Z PO
b2b
prorog.
Kontrollinstrument(e)
Die Übersicht führt nur Entsch. auf, die den in Kap. 5 unter IV.1. beschriebenen Analysekriterien entsprechen und von den dt. Zivilgerichten stammen. Für weitere Entsch., insb. aus der Rspr. des EuGH und der Gerichte anderer Mitgliedstaaten, vgl. die Angaben in den Fn. der Bestandsaufnahme sowie das allgm. Rspr.verzeichnis (S. 493 ff.), dort auch mit weiteren Angaben zu den hier zitierten Entsch. Bei Vorinstanzen wird die Entscheid. in Klammern gesetzt, auch wenn die Kontrollerwägungen und -ergebnisse der Instanzen im Einzelnen voneinander abweichen. Sie sind nicht mitgezählt, wenn die Arbeit von Fällen spricht. 2 Prorogierende oder derogierende GStKl, zur Bedeutung der Begriffe siehe insb. Kap. 5, I.
478
Anhang 1– 6: Übersichten zur Rechtsprechungsanalyse
BGH, 17.10.2019, Az. III ZR 42/19
b2b
prorog.
ja
Einbeziehungskontrolle wohl nach Art. 25 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel Ia-VO, §§ 305, 305c BGB
OLG Hamm, 1.10.2019, Az. 34 U 175/18
b2b
derog.
ja
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 LugÜ-II
OLG Köln, 5.9.2019, Az. 24 U 34/19
b2c
derog.
nein
Einbeziehungskontrolle wohl nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 LugÜ-II
LG Koblenz, 7.5.2019, Az. 1 O 38/19
b2b
derog.
ja
Einbeziehungskontrolle nach Art. 25 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel Ia-VO
OLG Hamm, 4.4.2019, Az. 5 U 40/18
wohl b2b
prorog.
ja
Einbeziehungskontrolle nach Art. 25 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel Ia-VO
b2b
prorog.
(ja)
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO
b2b
prorog.
ja
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 2 LugÜ-II
b2b
derog.
(nein)
Einbeziehungskontrolle nach Art. 25 Abs. 1 S. 3 lit. b Brüssel Ia-VO
OLG Köln, 26.2.2019, Az. 3 U 159/17
(Vorinstanz zu BGH, 17.10.2019)
OLG Bamberg, 30.1.2019, Az. 8 U 159/18 BGH, 11.12.2018, Az. KZR 66/17 (siehe in dem Verfahren danach auch BGH, 10.2.2021)
OLG Düsseldorf, 14.11.2018, Az. U (Kart) 7/18 LG Dortmund, 30.5.2018, Az. 8 O 10/18 Kart
(Vorinstanz zu OLG Düsseldorf, 14.11.2018)
OLG Hamburg, 25.5.2018, Az. 8 U 51/17
b2b
derog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 25 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1, 2, b, c Brüssel Ia-VO, europ. Bestimmtheitserfordernis
b2b
derog.
(ja)
Einbeziehungskontrolle, wohl nach nat. Recht
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1, lit. b, c Brüssel I-VO, Anklänge europ. Überraschungsverbot
b2b
prorog.
Anhang 1– 6: Übersichten zur Rechtsprechungsanalyse KG Berlin, 15.5.2018, Az. 7 U 112/17 LG Hamburg, 7.4.2017, Az. 418 HKO 4/16
(Vorinstanz zu OLG Hamburg, 25.5.2018)
OLG Hamm, 29.5.2017, Az. 32 SA 4/17
b2b
b2b
b2b
derog.
prorog.
prorog.
ja
Einbeziehungskontrolle nach Art. 25 Abs. 2 Brüssel Ia-VO
(nein)
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO, europ. Überraschungsverbot
ja
479
Einbeziehungskontrolle nach Art. 25 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel Ia-VO
OLG München, 3.5.2017, Az. 7 U 4817/16
b2b
derog.
ja
knappe Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 LugÜ-II; Ablehnung einer indirekten Inhaltskontrolle in Form einer restriktiven „teleologischen“ Auslegung
AG Simmern, 19.4.2017, Az. 32 C 571/16
b2c
derog.
nein
obiter: Ansätze einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB, aber in direkter Verbindung mit RwKl
OLG Saarbrücken, 22.12.2016, Az. 4 U 130/13
wohl b2b
2x prorog.
1x ja, 1x nein
LG Kiel, 27.1.2017, Az. 14 HKO 108/15 Kart (Vorinstanz zu
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO Einbeziehungskontrolle nach Art. 25 Abs. 1 S. 3 lit. b, c, Abs. 2 Brüssel Ia-VO, wohl europ. Überraschungsverbot, europ. Bestimmtheitserfordernis
b2b
derog.
(ja)
BGH, 28.1.2016, Az. I ZR 60/14
b2b
prorog.
ja
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1, Abs. 2 Brüssel I-VO
LG Kleve, 27.10.2015, Az. 4 O 119/15
b2c
derog.
ja
knappe Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO
nein
obiter: Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1, b LugÜ-II, europ. Bestimmtheitserfordernis
BGH, 10.2.2021 und BGH, 11.12.2018)
OLG Stuttgart, 27.4.2015, Az. 5 U 120/14
b2c
OLG Frankfurt, 30.3.2015, Az. 23 U 11/14
wohl b2b
derog.
derog.
ja
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO, obiter: Überraschungskontrolle, unklar wonach
480
Anhang 1– 6: Übersichten zur Rechtsprechungsanalyse
BGH, 25.3.2015, Az. VIII ZR 125/14
b2b
prorog.
ja
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 2, b Brüssel I-VO
LG Bielefeld, 25.9.2014, Az. 12 O 132/13
b2b
prorog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 2 Brüssel I-VO
OLG Frankfurt, 5.6.2014, Az. 1 U 48/12
b2b
prorog. + derog.
2 x nein
LG Berlin, 27.3.2014, Az. 27 O 748/13
b2b
derog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 2 Brüssel I-VO
OLG Koblenz, 20.2.2014, Az. 3 U 1183/13
b2b
derog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1, b, c Brüssel I-VO
BGH, 16.1.2014, Az. IX ZR 194/13
wohl b2b
derog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 LugÜ-II
OLG Dresden, 14.1.2014, Az. 4 U 717/13
b2VN
prorog.
nein
obiter: Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO
b2b
prorog.
ja
BGH, 7.1.2014, Az. VIII ZR 137/13
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1, 2, b, c Brüssel I-VO
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 2 Brüssel I-VO
AG Bremen, 5.12.2013, Az. 9 C 337/13
b2c
derog.
nein
obiter: Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 2 Brüssel I-VO, europ. Bestimmtheitserfordernis
OLG Koblenz, 10.9.2013, Az. 3 U 223/13
b2b
derog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO
OLG Naumburg, 18.7.2013, Az. 1 U 140/12
b2b
derog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO
b2b
prorog.
(ja)
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1, Abs. 2 Brüssel I-VO
OLG Bamberg, 24.4.2013, Az. 3 U 198/12
b2b
prorog.
nein
europ. Bestimmtheitserfordernis
OLG Köln, 7.3.2013, Az. 19 U 5/13
b2b
derog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 2, b, c Brüssel I-VO
OLG Köln, 24.4.2013, Az. 16 U 106/12
(Vorinstanz zu BGH, 7.1.2014)
Anhang 1– 6: Übersichten zur Rechtsprechungsanalyse OLG Zweibrücken, 7.2.2013, Az. 4 U 78/12
481
b2b
prorog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO
b2b
derog.
(nein)
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO
LG Würzburg, 2.8.2012, Az. 62 O 1317/10
b2b
prorog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1, b, c Brüssel I-VO
OLG Stuttgart, 31.7.2012, Az. 5 U 150/11
b2b
derog.
ja
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1, b Brüssel I-VO
OLG Brandenburg, 26.6.2012, Az. 6 U 3/11
b2b
prorog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1, b, c Brüssel I-VO
OLG Hamm, 29.5.2012, Az. 32 SA 90/11
b2b
prorog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO
OLG Köln, 25.5.2012, Az. 19 U 159/11
b2b
prorog.
ja
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1, b Brüssel I-VO
OLG Köln, 19.10.2011, Az. 16 U 161/10
b2b
prorog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1, b, c Brüssel I-VO
OLG Saarbrücken, 18.10.2011, Az. 4 U 548/10
b2b
derog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1, 2, c Brüssel I-VO
OLG Hamm, 9.9.2011, Az. 19 U 88/11
b2b
derog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1, b, c Brüssel I-VO
OLG Düsseldorf, 27.7.2011, Az. 18 U 81/08
b2b
prorog.
ja
LG Bonn, 30.10.2012, Az. 12 O 9/12
(Vorinstanz zu OLG Köln, 7.3.2013)
OLG München, 7.6.2011, Az. 9 U 5019/10 AG Geldern, 20.4.2011, Az. 4 C 33/11
b2b
b2c
derog.
derog.
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. b Brüssel I-VO
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO, obiter: wohl europ. Überraschungsverbot
nein
obiter: Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 2 Brüssel I-VO, Inhaltskontrolle nach irischem AGB-Recht
482
Anhang 1– 6: Übersichten zur Rechtsprechungsanalyse
OLG Stuttgart, 18.4.2011, Az. 5 U 199/10
b2b
prorog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1, 2, b Brüssel I-VO
OLG Düsseldorf, 23.3.2011, Az. 15 U 18/10
b2b
prorog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 2 Brüssel I-VO und CISG
OLG Hamm, 21.3.2011, Az. 32 Sbd 17/11
b2b
prorog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO
OLG München, 25.10.2010, Az. 19 U 2004/10
b2b
prorog.
ja
BGH, 19.10.2010, Az. VIII ZR 34/09
b2b
prorog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO
LG Aachen, 22.6.2010, Az. 41 O 94/09
b2b
prorog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1, b, c Brüssel I-VO
LG Stuttgart, 3.5.2010, Az. 36 O 108/09 KfH
b2b
prorog.
ja
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO
OLG Koblenz, 1.3.2010, Az. 2 U 816/09
b2b
prorog.
ja
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO
LG Augsburg, 23.2.2010, Az. 2 HK O 1711/09
b2b
prorog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO
LG Baden-Baden, 29.7.2009, Az. 2 O 135/09
b2b
prorog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO
OLG Celle, 24.7.2009, Az. 13 W 48/09
b2b
prorog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1, b Brüssel I-VO
OLG Düsseldorf, 30.1.2009, Az. 16 U 32/08
wohl b2c (BrokerFall)
derog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO
OLG Karlsruhe, 15.1.2009, Az. 4 U 72/07
b2b
prorog.
(nein)
(Vorinstanz zu BGH, 19.10.2010)
knappe Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1, b, c Brüssel I-VO
Anhang 1– 6: Übersichten zur Rechtsprechungsanalyse
483
LG Stralsund, 12.12.2008, Az. 7 O 250/07
b2b
prorog.
ja
OLG Düsseldorf, 21.11.2008, Az. 16 U 39/08
b2b
prorog. + derog.
2 x nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO
OLG Schleswig-Holstein, 24.10.2008, Az. 14 U 4/08
b2b
prorog.
ja
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO
BGH, 9.7.2008, Az. VIII ZR 184/07
b2b
derog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO
OLG Karlsruhe, 12.6.2008, Az. 19 U 5/08
b2b
prorog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO
LG Landshut, 12.6.2008, Az. 43 O 1748/07
b2b
prorog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1, b, c Brüssel I-VO
LG Hamburg, 13.3.2008, Az. 413 O 92/06
b2b
prorog.
ja
knappe Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1, c Brüssel I-VO
OLG Oldenburg, 20.12.2007, Az. 8 U 138/07
b2b
prorog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1, b, c Brüssel I-VO und CISG
OLG Stuttgart, 5.11.2007, Az. 5 U 99/07
b2b
prorog.
ja
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1, b Brüssel I-VO
b2b
derog.
(nein)
OLG Karlsruhe, 9.8.2006, Az. 19 U 8/05
b2c
derog.
ja
knappe Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO
OLG Köln, 24.5.2006, Az. 16 W 25/06
b2b
derog.
ja
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO
OLG Karlsruhe, 28.3.2006, Az. 8 U 218/05
b2b
prorog.
nein
OLG Dresden, 11.6.2007, Az. 3 U 0336/07 (Vorinstanz
zu BGH, 9.7.2008)
knappe Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1, b Brüssel I-VO
484
Anhang 1– 6: Übersichten zur Rechtsprechungsanalyse
OLG Köln, 21.12.2005, Az. 16 U 47/05
b2b
prorog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. c Brüssel I-VO und CISG
OLG Hamm, 6.12.2005, Az. 19 U 120/05
b2b
prorog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1, b Brüssel I-VO
ja
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO, europ. Bestimmtheitserfordernis Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO, europ. Bestimmtheitserfordernis, obiter: allgemeine, inhaltliche Missbrauchskontrolle
OLG Hamm, 20.9.2005, Az. 19 U 40/05
b2b
prorog.
LG Mainz, 13.9.2005, Az. 10 HKO 112/04
b2b
derog.
ja
OLG Düsseldorf, 29.7.2005, Az. 23 U 9/05
b2b
derog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO
LG Freiburg, 13.5.2005, Az. 2 O 401/04
b2b
derog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO
LG Münster, 22.12.2004, Az. 21 O 123/04
b2b
prorog.
(ja)
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO, Ansätze für Inhaltskontrolle, unklar wonach
LG Karlsruhe, 8.12.2004, Az. 9 O 188/03
b2b (strittig)
prorog.
ja
knappe Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO
OLG Hamburg, 14.4.2004, Az. 13 U 76/03
b2b
derog.
ja
knappe Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO
OLG Düsseldorf, 30.1.2004, Az. 23 U 70/03
b2b
prorog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1, b, c Brüssel I-VO
LG Trier, 8.1.2004, Az. 7 HK.O 134/03
b2b
prorog.
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 1 Brüssel I-VO und CISG
LG Nürnberg-Fürth, 27.2.2003, Az. 1 HKO 10820/01
b2b
prorog.
nein
wohl Einbeziehungskontrolle nach Art. 23 Abs. 1 S. 3 lit. a Var. 2 Brüssel I-VO
(Vorinstanz zu OLG Hamm, 20.9.2005)
485
Anhang 1– 6: Übersichten zur Rechtsprechungsanalyse
Anhang 5: Systematische Suche zur Kontrolle von Schiedsklauseln in der juris-Datenbank1 Suchbegriff(e)
Treffer (20.1.2022)
Ergänzung zur Eingrenzung
geprüfte Treffer (20.1.2022)
§ 1032 ZPO
231
231
§ 1061 ZPO
132
132
3
3
186
186
UNÜbk 1956 (juris-Abkürzung für das NYÜ) SchSprAnerkÜbk (synonyme Abkürzung) Art. II NYÜ
0
0
Art. II UNÜ
2
2
Art. 2 NYÜ
1
1
Art. 2 UNÜ
44
44
Schiedsvereinbarung* einbezogen*
189
189
Schiedsklausel* einbezogen*
185
185
Schiedsvereinbarung* Einbeziehungskontrolle
0
0
Schiedsklausel* Einbeziehungskontrolle
1
1
Schiedsvereinbarung* überraschend*
70
70
Schiedsklausel* überraschend*
66
66
Schiedsvereinbarung* unangemessen*
132
132
Schiedsklausel* unangemessen*
147
147
Schiedsvereinbarung* benachteilig*
152
152
Schiedsklausel* benachteilig*
128
128
Schiedsvereinbarung* Inhaltskontrolle
78
78
Schiedsklausel* Inhaltskontrolle
64
64
Schiedsvereinbarung* missbräuchlich*
97
97
Verwendet man in der juris-Datenbank bei der Suche das *-Symbol, erfasst man sämtliche Wortstammerweiterungen. Für „Schiedsvereinbarung*“ werden dann z. B. sowohl Treffer zum Singular als auch zum Plural des Worts angezeigt. Der NAHE15-Operator sorgt wiederum dafür, dass die Suchbegriffe im Urteilstext nicht weiter als 15 Stellen auseinanderstehen. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sie dann in demselben Prüfungskontext verwendet werden. Bei juris besteht zudem die Möglichkeit, nach einer bestimmten Rechtsnorm in Verbindung mit einem Suchbegriff zu suchen. Alle „geprüfte[n] Treffer“ wurden jeweils im Volltext auf ihre Relevanz hin untersucht. 1
486
Anhang 1– 6: Übersichten zur Rechtsprechungsanalyse
Schiedsklausel* missbräuchlich*
128
128
Schiedsvereinbarung* intransparen*
18
18
Schiedsklausel* intransparen*
14
14
Schiedsvereinbarung* transparen*
64
64
Schiedsklausel* transparen*
86
86
Schiedsvereinbarung* bestimmt*
934
NAHE15
147
Schiedsklausel* bestimmt*
1047
NAHE15
134
Schiedsvereinbarung* nichtig*
273
NAHE15
126
Schiedsklausel* nichtig*
508
NAHE15
123
993
NAHE15 + ausländisch*
189
Schiedsvereinbarung* wirksam* Schiedsklausel* wirksam*
948
NAHE15
339
Schiedsvereinbarung* unwirksam*
666
NAHE15
340
Schiedsklausel* unwirksam*
592
NAHE15
231
Schiedsvereinbarung* AGB-Recht*
16
16
Schiedsklausel* AGB-Recht*
18
18
Norm [§ 305 BGB] + Schiedsvereinbarung*
13
13
Norm [§ 305 BGB] + Schiedsklausel*
10
10
Norm [§ 305c BGB] + Schiedsvereinbarung*
19
19
Norm [§ 305c BGB] + Schiedsklausel*
13
13
Norm [§ 307 BGB] + Schiedsvereinbarung*
33
33
Norm [§ 307 BGB] + Schiedsklausel*
29
29
Norm [§ 2 AGBG] + Schiedsvereinbarung*
1
1
Norm [§ 2 AGBG] + Schiedsklausel*
1
1
Norm [§ 3 AGBG] + Schiedsvereinbarung*
4
4
Norm [§ 3 AGBG] + Schiedsklausel*
5
5
Norm [§ 9 AGBG] + Schiedsvereinbarung*
14
14
Norm [§ 9 AGBG] + Schiedsklausel*
13
13
Anhang 1– 6: Übersichten zur Rechtsprechungsanalyse
487
Anhang 6: Gerichtliche Kontrolle von Schiedsklauseln im Anwendungsbereich des NYÜ (Übersicht in chronologischer Reihenfolge)1 Parteiverhältnis
Kontrollsituation
b2b
§ 1032 Abs. 2 ZPO
b2b
Exequatur
OLG Frankfurt, 3.6.2019, Az. 26 SchH 3/19
Entscheidung
SchKl anerkannt
Kontrollinstrument(e)
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ (-), § 1031 Abs. 1–3 ZPO i. V. m. CISG (-), nl. Schiedsrecht i. V. m. CISG (-)
ja
Einbeziehungskontrolle nach § 1031 Abs. 1 Z PO, Inhaltskontrolle und Überraschungsverbot, wohl nach dt. Recht
b2b
§ 1032 Abs. 2 ZPO
ja
Einbeziehungskontrolle nach § 1031 Abs. 1, 3 Z PO (+), wegen Art. VII NYÜ nur obiter: Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ (+)
OLG Köln, 15.3.2019, Az. 19 Sch 12/18
b2b
Exequatur
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ (-), nach indischem Schiedsrecht (-)
OLG Brandenburg, 8.10.2018, Az. 11 Sch 1/17
b2b
Exequatur
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. I EuÜ (-) und wohl auch Art. II NYÜ (-)
OLG Frankfurt, 18.5.2016, Az. 26 Sch 1/16
b2b
Exequatur
ja
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ
OLG Stuttgart, 21.12.2015, Az. 1 SchH 1/15
b2b
§ 1032 Abs. 2 ZPO
ja
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ, womöglich ergänzt um CISG
BGH, 26.11.2020, Az. I ZR 245/19 OLG Frankfurt, 4.6.2019, Az. 26 Sch 1/19
1
Die Übersicht führt nur Entsch. auf, die den in Kap. 6 unter IV.1. beschriebenen Analysekriterien entsprechen und von den dt. Zivilgerichten stammen. Für weitere Entsch. vgl. die Angaben in den Fn. der Bestandsaufnahme sowie das allgm. Rspr.verzeichnis (S. 493 ff.), dort auch mit weiteren Angaben zu den hier zitierten Entsch. Bei der Einbeziehungskontrolle wurde im Falle einer kombinierten Prüfung von Art. II NYÜ und nat. Recht i. V. m. Art. VII NYÜ zur besseren Übersicht angegeben, ob die SchKl danach jeweils für einbezogen gehalten wurde (+) oder nicht (-). Bei den Broker-Fällen ist zu beachten, dass häufiger mehr als eine SchKl in Rede stand und Entsch. der Vorinstanz hier nicht mitgezählt wurden, sofern sie mit der späteren Berufungs- oder Revisionsentsch. übereinstimmen. Anders als bei RwKl und GStKl, wo oft auch die Vorinstanz betrachtet wurde, versprach das hier keinen Mehrwert, da die Rspr. auf der instanzgerichtlichen Ebene, gerade im Fall des OLG und des LG Düsseldorf, sehr linear war.
488
Anhang 1– 6: Übersichten zur Rechtsprechungsanalyse
OLG Köln, 6.10.2014, Az. 19 Sch 17/13
b2b
Exequatur
ja
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ (-), § 1031 Abs. 2, 3 ZPO (+)
OLG Düsseldorf, 22.7.2014, Az. 4 Sch 8/13
b2b
Exequatur
ja, da Präklusion
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ (-), § 1031 Abs. 1–3 ZPO i. V. m. CISG (-)
OLG Köln, 26.2.2014, Az. 19 Sch 12/13
b2b
Exequatur
ja
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ
OLG Köln, 21.2.2014, Az. 19 Sch 18/13
b2b
Exequatur
ja
Ansätze einer Inhaltskontrolle, unklar nach welchem Recht
b2b
§ 1032 Abs. 2 ZPO
ja
bzgl. der Form Art. II NYÜ (+), Konsens nach allgemeinem dt. Vertragsrecht (+), obiter: § 1031 ZPO (+), Inhaltskontrolle nach § 307 BGB
OLG Naumburg, 13.2.2013, Az. 12 U 153/12
b2b
Einrede
nein
Einbeziehungskontrolle nach § 1031 Abs. 1, 2 Z PO i. V. m. CISG
OLG München, 19.11.2012, Az. 34 Sch 7/11
b2b
Exequatur
ja, da Präklusion
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ (-)
LG Düsseldorf, 15.8.2011, Az. 8 O 111/07
b2c (BrokerFall)
Einrede
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ (-), § 1031 Abs. 5 ZPO (-)
LG Krefeld, 16.6.2011, Az. 5 O 334/08
b2c (BrokerFall)
Einrede
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ (-), § 1031 Abs. 5 ZPO (-), Wirksamkeit nach § 14 öKSchG
2x BGH, 17.5.2011, Az. XI ZR 280/09, XI ZR 352/08
b2c (BrokerFälle)
Einrede
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ (-), § 1031 Abs. 5 ZPO (-)
2x BGH, 3.5.2011, Az. XI ZR 373/08, XI ZR 374/08
b2c (BrokerFälle)
Einrede
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ (-), § 1031 Abs. 5 ZPO (-)
BGH, 12.4.2011, Az. XI ZR 341/08
b2c (BrokerFall)
Einrede
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ (-), § 1031 Abs. 5 ZPO (-)
OLG Hamm, 9.7.2013, Az. 21 U 16/13
Anhang 1– 6: Übersichten zur Rechtsprechungsanalyse 9x BGH, 22.3.2011, Az. XI ZR 157/09, XI ZR 22/10, XI ZR 216/09, XI ZR 278/09, XI ZR 279/09, XI ZR 102/09, XI ZR 103/09, XI ZR 592/07, XI ZR 197/08
b2c (BrokerFälle)
Einrede
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ (-), § 1031 Abs. 5 ZPO (-)
489
b2b (atypischer BrokerFall)
Einrede
ja
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ (-), § 1031 Abs. 3 ZPO (-), Section 6 New Jersey Uniform Arbitration Act (+)
4x BGH, 25.1.2011, Az. XI ZR 350/08, XI ZR 106/09, XI ZR 100/09, XI ZR 351/08
b2c (BrokerFälle)
Einrede
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ (-), § 1031 Abs. 5 ZPO (-)
OLG Düsseldorf, 24.1.2011, Az. 9 U 7/10
b2c (BrokerFall)
Einrede
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ (-), § 1031 Abs. 5 ZPO (-)
KG Berlin, 20.1.2011, Az. 20 Sch 9/09
b2b
Einrede i.R.v. anderem Exequatur
ja
OLG Thüringen, 13.1.2011, Az. 1 Sch 1/08
b2b
Exequatur
nein
Inhaltskontrolle nach § 879 Abs. 3 österr. ABGB als Liechtensteiner Recht
b2c (Broker-Fall)
Einrede
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ (-), § 1031 Abs. 5 ZPO (-)
b2b
Exequatur
ja
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ (+)
OLG Düsseldorf, 3.2.2011, Az. 6 U 35/09
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ 1x (+) / 2x (-), aber dann nach § 1031 Abs. 2 Z PO (+), insgesamt 3 SchKl geprüft
BGH, 8.6.2010, Az. XI ZR 41/09
(vgl. zudem Az. XI ZR 349/08, wo der BGH Art. II NYÜ und § 1031 ZPO ablehnt, die Anerkennung aber insgesamt offenlässt und zurückverweist)
OLG München, 27.5.2010, Az. 34 Sch 1/10
490 OLG München, 12.10.2009, Az. 34 Sch 20/08
Anhang 1– 6: Übersichten zur Rechtsprechungsanalyse
b2b
Exequatur
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ (-), nach schwedischem Recht (-) und nach § 1031 Abs. 2 Z PO (-)
b2b
Exequatur
ja
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ, zusätzlich noch generelle Konsensprüfung nach dt. Vertragsrecht, tschechisches Recht nicht selbst ermittelt, obiter: Inhaltskontrolle nach § 307 BGB
OLG Frankfurt, 27.8.2009, Az. 26 SchH 3/09
b2b
Exequatur
ja
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ (-), § 1031 Abs. 2, 3 ZPO (+)
LG Düsseldorf, 17.7.2009, Az. 10 O 157/08
b2c (BrokerFall)
Einrede
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ
OLG Frankfurt, 5.6.2009, Az. 14 Sch 3/09
b2b
Exequatur
nein
Einbeziehungskontrolle nach schwedischem Schiedsrecht (-), erst dann Art. II NYÜ (-) und § 1031 Abs. 1, 2 Z PO (-)
OLG Dresden, 18.2.2009, Az. 11 Sch 7/08
b2b
Exequatur
ja
kursorische Einbeziehungskontrolle nach tschechischem Recht und § 1031 Abs. 1, 2 Z PO
OLG Celle, 4.12.2008, Az 8 Sch 13/07
b2b
Exequatur
nein
Inhaltskontrolle nach § 879 Abs. 3 österr. ABGB als Liechtensteiner Recht
OLG Bremen, 30.10.2008, Az. 2 Sch 2/08
b2b
Exequatur
nein
Inhaltskontrolle nach § 879 Abs. 3 österr. ABGB als Liechtensteiner Recht
LG Düsseldorf, 24.7.2008, Az. 8 O 123/07
b2c (BrokerFall)
Einrede
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ (-), § 1031 Abs. 5 ZPO (-)
OLG Köln, 9.10.2009, Az. 19 Sch 19/09
LG Gießen, 31.7.2008, Az. 8 O 81/07 LG Düsseldorf, 21.7.2008, Az. 16 O 117/07
b2b
Einrede
ja
b2c (BrokerFall)
Einrede
nein
Einbeziehungskontrolle nach dt. AGB-Recht (+), Inhaltskontrolle, unklar nach welchem Recht, Überraschungsverbot, vermutlich aus § 305c BGB Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ (-), § 1031 Abs. 5 ZPO (-)
Anhang 1– 6: Übersichten zur Rechtsprechungsanalyse
491
b2c (BrokerFall)
Einrede
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ (-), § 1031 Abs. 5 ZPO (-)
OLG Dresden, 7.12.2007, Az. 11 Sch 8/07
b2b
Exequatur
nein
Inhaltskontrolle nach § 879 Abs. 3 österr. ABGB als Liechtensteiner Recht
LG Düsseldorf, 13.11.2007, Az. 6 O 233/06
b2c (BrokerFall)
Einrede
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ (-), § 1031 Abs. 5 ZPO (-)
OLG Frankfurt, 18.10.2007, Az. 26 Sch 1/07
b2b
Exequatur
ja
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ
b2b
§ 1032 Abs. 2 ZPO
ja
Einbeziehungskontrolle nach belg. und dt. Schieds- und Vertragsrecht, Überraschungsverbot aus § 305c BGB
b2c (BrokerFall)
Einrede
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ (-), § 1031 Abs. 5 ZPO (-)
2x OLG Düsseldorf, 9.2.2007, Az. 17 U 39/06, 17 U 257/06
b2c (BrokerFälle)
Einrede
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ (-), § 1031 Abs. 5 ZPO (-)
LG Düsseldorf, 9.11.2006, Az. 8 O 86/06
b2c (BrokerFall)
Einrede
nein
Einbeziehungskontrolle nach § 1031 Abs. 5 Z PO
OLG Frankfurt, 26.6.2006, Az. 26 Sch 28/05
b2b
Exequatur
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ (-), § 1031 Abs. 2, 3 ZPO (-)
OLG Stuttgart, 15.5.2006, Az. 5 U 21/06
b2b
Einrede
ja
Einbeziehungskontrolle nach § 1031 Abs. 1 Z PO
2x LG Krefeld, 31.1.2006, Az. 5 O 292/04, 5 O 502/04
b2c (BrokerFälle)
Einrede
nein
Einbeziehungskontrolle nach § 1031 Abs. 5 Z PO
OLG Düsseldorf, 29.7.2005, Az. 23 U 9/05
b2b
Einrede
nein
Einbeziehungskontrolle nach dt. AGB-Recht (-), § 1031 ZPO offengelassen
LG Düsseldorf, 22.1.2008, Az. 14c O 111/07
OLG Frankfurt, 20.7.2007, Az. 26 Sch 3/06 LG Düsseldorf, 13.4.2007, Az. 16 O 365/06
(vgl. zudem Az. 6 O 212/06 als Vorinstanz zu BGH, 12.4.2011)
492
Anhang 1– 6: Übersichten zur Rechtsprechungsanalyse
OLG Düsseldorf, 11.2.2005, Az. I-17 U 208/02 (unklar,
b2c (BrokerFall, aber dt. Vermittler)
Einrede
ja
Einbeziehungskontrolle nach § 1031 Abs. 3, 5 Z PO, Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG a. F.
b2b
Exequatur
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ (-), § 1031 Abs. 3 ZPO (-), nl. Recht für irrelevant gehalten, obwohl SchKl-Statut
BayObLG, 12.12.2002, Az. 4 Z Sch 16/02
b2b
Exequatur
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ (-), § 1031 Abs. 1, 2 ZPO (-)
OLG Brandenburg, 13.6.2002, Az. 8 Sch 2/01
b2b
Exequatur
nein
Einbeziehungskontrolle nach Art. II NYÜ (-), § 1031 Abs. 2 ZPO (-)
ob einschlägig, SchKl nicht wiedergegeben)
OLG Oldenburg, 1.2.2005, Az. 9 SchH 03/04
Rechtsprechungsverzeichnis EuGH: Alle Entscheidungen sind auch online über die CURIA-Datenbank des Gerichtshofs abrufbar, siehe , letzter Zugriff am 31.3.2022. EuGH (Große Kammer) – X und Y, Urt. v. 22.2.2022, Rs. C-562/21 PPU u. a., BeckRS 2022, 2349 EuGH – SC Gruber Logistics, Urt. v. 15.7.2021, Rs. C-152/20 u. a., EuZW 2021, 1007 EuGH – BNP Paribas, Urt. v. 10.6.2021, Rs. C-609/19, BeckRS 2021, 13380 EuGH – Dexia Nederland, Urt. v. 27.1.2021, Rs. C-229/19 u. a., NJW 2021, 1447 EuGH – Wikingerhof (Große Kammer), Urt. v. 24.11.2020, Rs. C-59/19, NJW 2021, 144 EuGH – Ryanair ./. DelayFix, Urt. v. 18.11.2020, Rs. C-519/19, EuZW 2021, 398 EuGH – Reliantco Investment, Urt. v. 2.4.2020, Rs. C-500/18, BeckRS 2020, 4829 EuGH – Balta, Urt. v. 27.2.2020, Rs. C-803/18, BeckRS 2020, 2294 EuGH – Petruchová, Urt. v. 3.10.2019, Rs. C-208/18, RIW 2019, 810 EuGH – Verein für Konsumenteninformation (VKI) ./. TVP, Urt. v. 3.10.2019, Rs. C-272/18, RIW 2019, 729 EuGH (Große Kammer) – Planet 49, Urt. v. 1.10.2019, Rs. C-673/17, NJW 2019, 3433 EuGH – Lovasné Tóth, Urt. v. 19.9.2019, Rs. C-34/18, BeckRS 2019, 21521 EuGH – ZX ./. Ryanair DAC, Urt. v. 11.4.2019, Rs. C-464/18, NJW-RR 2019, 684 EuGH – Aqua Med, Urt. v. 3.4.2019, Rs. C-266/18, BeckRS 2019, 4807 EuGH – Milivojević ./. Raiffeisen, Urt. v. 14.2.2019, Rs. C-630/17, BeckRS 2019, 1381 EuGH – Apple Sales, Urt. v. 24.10.2018, Rs. C-595/17, NJW 2019, 349 EuGH (Große Kammer) – Minister for Justice and Equality, Urt. v. 25.7.2018, Rs. C-216/18 PPU, EuGRZ 2018, 396 EuGH – Saey Home & Garden, Urt. v. 8.3.2018, Rs. C-64/17, RIW 2018, 206 EuGH (Große Kammer) – Achmea, Urt. v. 6.3.2018, Rs. C-284/16, NJW 2018, 1663 EuGH (Große Kammer) – Associação Sindical dos Juízes Portugueses, Urt. v. 27.2.2018, Rs. C-64/16, EuZW 2018, 469 EuGH (Große Kammer) – M.A.S. und M.B., Urt. v. 5.12.2017, Rs. C-42/17, NJW 2018, 217 EuGH – Andriciuc, Urt. v. 20.9.2017, Rs. C-186/16, BeckRS 2017, 125240 EuGH – Assens Havn, Urt. v. 13.7.2017, Rs. C-368/16, NJW 2017, 2813 EuGH – Vinyls Italia, Urt. v. 8.6.2017, Rs. C-54/16, EuZW 2017, 692 EuGH – Verein für Konsumenteninformation (VKI) ./. Amazon, Urt. v. 28.7.2016, Rs. C-191/15, NJW 2016, 2727 EuGH – Höszig, Urt. v. 7.6.2016, Rs. C-222/15, EuZW 2016, 635 EuGH – Meroni, Urt. v. 25.5.2016, Rs. C-559/14, EuZW 2016, 713 EuGH – Profit Investment SIM, Urt. v. 20.4.2016, Rs. C-366/13, BeckRS 2016, 80666 EuGH – Taser International, Urt. v. 17.3.2016, Rs. C-175/15, EuZW 2016, 558
494
Rechtsprechungsverzeichnis
EuGH – Costea, Urt. v. 3.9.2015, Rs. C-110/14, EuZW 2015, 767 EuGH – Diageo Brands, Urt. v. 16.7.2015, Rs. C-681/13, IPRax 2016, 270 EuGH – Scheitz, Urt. v. 4.6.2015, Rs. C-682/13, BeckRS 2015, 80714 EuGH – El Majdoub, Urt. v. 21.5.2015, Rs. C-322/14, EuZW 2015, 565 EuGH – Cartel Damage Claims (CDC), Urt. v. 21.5.2015, Rs. C-352/13, JZ 2015, 1163 EuGH – Van Hove, Urt. v. 23.4.2015, Rs. C-96/14, EuZW 2015, 516 EuGH (Plenum), Gutachten 2/13 v. 18.12.2014, BeckRS 2015, 80256 EuGH – A ./. B u. a., Urt. v. 11.9.2014, Rs. C-112/13, IPRax 2015, 337 EuGH – Nickel & Goeldner Spedition, Urt. v. 4.9.2014, Rs. C-157/13, IPRax 2015, 417 EuGH – Kásler, Urt. v. 30.4.2014, Rs. C-26/13, NJW 2014, 2335 EuGH – Sebestyén, Beschl. v. 3.4.2014, Rs. C-342/13, BeckRS 2014, 81587 EuGH – Kainz, Urt. v. 16.1.2014, Rs. C-45/13, NJW 2014, 1166 EuGH – Schwarz, Urt. v. 17.10.2013, Rs. C-291/12, NVwZ 2014, 435 EuGH – Unamar, Urt. v. 17.10.2013, Rs. C-184/12, IPRax 2014, 174 EuGH – RWE, Urt. v. 21.3.2013, Rs. C-92/11, NJW 2013, 2253 EuGH – Aziz, Urt. v. 14.3.2013, Rs. C-415/11, EuZW 2013, 464 EuGH (Große Kammer) – Melloni, Urt. v. 26.2.2013, Rs. C-399/11, NJW 2013, 1215 EuGH (Große Kammer) – Åkerberg Fransson, Urt. v. 26.2.2013, Rs. C-617/10, NJW 2013, 1415 EuGH – Refcomp, Urt. v. 7.2.2013, Rs. C-543/10, IPRax 2013, 552 EuGH – Gothaer Allgemeine Versicherungen, Urt. v. 15.11.2012, Rs. C-456/11, IPRax 2014, 163 EuGH (Große Kammer) – Otis, Urt. v. 6.11.2012, Rs. C-199/11, EuZW 2013, 24 EuGH (Große Kammer) – Mahamdia, Urt. v. 19.7.2012, Rs. C-154/11, IPRax 2013, 572 EuGH – Banco Espanol, Urt. v. 14.6.2012, Rs. C-618/10, NJW 2012, 2257 EuGH – Invitel, Urt. v. 26.4.2012, Rs. C-472/10, EuZW 2012, 786 EuGH – Pereničová, Urt. v. 15.3.2012, Rs. C-453/10, NJW 2012, 1781 EuGH – Hypoteční banka, Urt. v. 17.11.2011, Rs. C-327/10, NJW 2012, 1199 EuGH – Berliner Verkehrsbetriebe, Urt. v. 12.5.2011, Rs. C-144/10, IPRax 2011, 576 EuGH (Große Kammer) – VB Pénzügyi Lízing, Urt. v. 9.11.2010, Rs. C-137/08, EuZW 2011, 27 EuGH – McB., Urt. v. 5.10.2010, Rs. C-400/10 PPU, JZ 2011, 145 EuGH – Alassini, Urt. v. 18.3.2010, Rs. C-317/08 u. a., EuZW 2010, 550 EuGH – Asturcom, Urt. v. 6.10.2009, Rs. C-40/08, SchiedsVZ 2010, 110 EuGH – Pannon, Urt. v. 4.6.2009, Rs. C-243/08, NJW 2009, 2367 EuGH – Gambazzi, Urt. v. 2.4.2009, Rs. C-394/07, NJW 2009, 1938 EuGH (Große Kammer) – West Tankers, Urt. v. 20.2.2009, Rs. C-185/07, NJW 2009, 1655 EuGH – Sumitomo, Urt. v. 25.1.2007, Rs. C-403/04, BeckRS 2007, 144958 EuGH – Mostaza Claro, Urt. v. 26.10.2006, Rs. C-168/05, NJW 2007, 135 EuGH (Plenum), Gutachten 1/03 v. 7.2.2006, Slg. 2006, I-1150 EuGH – Peloux, Urt. v. 12.5.2005, Rs. C-112/03, NJW 2005, 2135 EuGH (Große Kammer) – Owusu, Urt. v. 1.3.2005, Rs. C-281/02, JZ 2005, 887 EuGH – Freiburger Kommunalbauten, Urt. v. 1.4.2004, Rs. C-237/02, NJW 2004, 1647 EuGH (Plenum) – Gasser, Urt. v. 9.12.2003, Rs. C-116/02, IPRax 2004, 243 EuGH – Kommission ./. Schweden, Urt. v. 7.5.2002, Rs. C-478/99, EuZW 2002, 465 EuGH – Coreck, Urt. v. 9.11.2000, Rs. C-387/98, NJW 2001, 501 EuGH – Ingmar, Urt. v. 9.11.2000, Rs. C-381/98, NJW 2001, 2007 EuGH – Océano, Urt. v. 27.6.2000, Rs. C-240/98 u. a., NJW 2000, 2571 EuGH – Eco Swiss, Urt. v. 1.6.1999, Rs. C-126/97, EuZW 1999, 565 EuGH – Trasporti Castelletti, Urt. v. 16.3.1999, Rs. C-159/97, IPRax 2000, 119 EuGH – Baustahlgewebe ./. Kommission, Urt. v. 17.12.1998, Rs. C-185/95, EuZW 1999, 115
Rechtsprechungsverzeichnis
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EuGH – Benincasa, Urt. v. 3.7.1997, Rs. C-269/95, JZ 1998, 896 EuGH – Farrell ./. Long, Urt. v. 20.3.1997, Rs. C-295/95, IPRax 1998, 354 EuGH – Mainschiffahrts-Genossenschaft (MSG), Urt. v. 20.2.1997, Rs. C-106/95, NJW 1997, 1431 EuGH – Custom Made, Urt. v. 29.6.1994, Rs. C-288/92, NJW 1995, 183 EuGH – Shearson, Urt. v. 19.1.1993, Rs. C-89/91, NJW 1993, 1251 EuGH – Powell Duffryn, Urt. v. 10.3.1992, Rs. C-214/89, NJW 1992, 1671 EuGH – Anterist, Urt. v. 24.6.1986, Rs. C-22/85, RIW 1986, 636 EuGH – Berghoefer, Urt. v. 11.7.1985, Rs. C-221/84, NJW 1985, 2893 EuGH – Tilly Russ, Urt. v. 19.6.1984, Rs. C-71/83, IPRax 1985, 152 EuGH – CILFIT, Urt. v. 6.10.1982, Rs. C-283/81, NJW 1983, 1257 EuGH – Elefanten Schuh, Urt. v. 24.6.1981, Rs. C-150/80, RIW 1981, 709 EuGH – Testa, Urt. v. 19.6.1980, Rs. C-41/79 u. a., Slg. 1980, 1981 EuGH – Zelger, Urt. v. 17.1.1980, Rs. C-56/79, Slg. 1980, 90 EuGH – Sanicentral, Urt. v. 13.11.1979, Rs. C-25/79, Slg. 1979, 3424 EuGH – Meeth, Urt. v. 9.11.1978, Rs. C-23/78, RIW 1978, 814 EuGH – Estasis Salotti, Urt. v. 14.12.1976, Rs. C-24/76, Slg. 1976, 1832 EuGH – Galeries Segoura, Urt. v. 14.12.1976, Rs. C-25/76, Slg. 1976, 1852 EuGH – Costa ./. E.N.E.L., Urt. v. 15.7.1964, Rs. C-6/64, Slg. 1964, 1259 EGMR und EKMR: Alle Entscheidungen sind online über die Datenbank des EGMR abrufbar, siehe , letzter Zugriff am 31.3.2022 (engl. Titel bedeuten, dass eine engl. Fassung verfügbar ist, ansonsten frz.). EGMR – Advance Pharma v. Poland, Urt. v. 3.2.2022, n° 1469/20, BeckRS 2022, 4236 EGMR – Mutu and Pechstein v. Switzerland, Urt. v. 2.10.2018, n° 40575/10 u.a., BeckRS 2018, 23523 EGMR – O’Sullivan McCarthy Mussel Development Ltd v. Ireland, Urt. v. 7.6.2018, n° 44460/16, BeckRS 2020, 4359 EGMR – Naït-Liman v. Switzerland, Urt. v. 15.3.2018, n° 51357/07, NJOZ 2020, 58 EGMR – Naku v. Lithuania and Sweden, Urt. v. 8.11.2016, n° 26126/07, NJOZ 2018, 558 EGMR (Große Kammer) – Avotins v. Latvia, Urt. v. 23.5.2016, n° 17502/07, BeckRS 2016, 13748 EGMR – Tabbane c. la Suisse, Entsch. v. 1.3.2016, n° 41069/12, BeckRS 2016, 140559 EGMR – Arlewin v. Sweden, Urt. v. 1.3.2016, n° 22302/10, NJOZ 2017, 1693 EGMR – Aždajić v. Slovenia, Urt. v. 8.10.2015, n° 71872/12, BeckRs 2015, 129646 EGMR – Zamet v. Poland, Entsch. v. 25.8.2015, n° 1485/11, BeckRs 2015, 130193 EGMR – Michaud v. France, Urt. v. 6.12.2012, n° 12323/11, NJW 2013, 3423 EGMR – Guadagnino c. Italie et France, Urt. v. 18.1.2011, n° 2555/03 EGMR – Giykantzi c. Grèce, Urt. v. 30.10.2010, n° 40150/09 EGMR – Suda c. République Tchèque, Urt. v. 28.10.2010, n° 1643/06 EGMR (Große Kammer) – Cudak v. Lithuania, Urt. v. 23.3.2010, n° 15869/02 EGMR – Eiffage S.A. et autres c. la Suisse, Entsch. v. 15.9.2009, n° 1742/05 EGMR (Große Kammer) – D.H. and Others v. the Czech Republic, 13.11.2007, n° 57325/00, NVwZ 2008, 533 EGMR (Große Kammer) – Markovic and Others v. Italy, Urt. v. 14.12.2006, n° 1398/03, NJOZ 2008, 1086
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EGMR – Eskelinen and Others v. Finland, Urt. v. 8.8.2006, n° 43803/98, BeckRS 2006, 152794 EGMR (Große Kammer) – Sürmeli v. Germany, Urt. v. 8.6.2006, n° 75529/01, NJW 2006, 2389 EGMR (Große Kammer) – Roche v. the United Kingdom, Urt. v. 19.10.2005, n° 32555/96, NJOZ 2007, 865 EGMR (Große Kammer) – Bosphorus v. Ireland, Urt. v. 30.6.2005, n° 45036/98, NJW 2006, 197 EGMR – Steel and Morris v. the United Kingdom, Urt. v. 15.2.2005, n° 68416/01, NJW 2006, 1255 EGMR – Mykhaylenky and Others v. Ukraine, Urt. v. 30.11.2004, n° 35091/02 u.a., BeckRs 2004, 155247 EGMR – Thompson v. the United Kingdom, Urt. v. 15.6.2004, n° 36256/97, BeckRS 2004, 159502 EGMR – Karalyos and Huber v. Hungary and Greece, Urt. v. 6.4.2004, n° 75516/01, BeckRS 2004, 156808 EGMR – Beles and Others v. the Czech Republic, Urt. v. 12.11.2002, n° 47273/99, BeckRS 2002, 164721 EGMR (Große Kammer) – McElhinney v. Ireland, Urt. v. 21.11.2001, n° 31253/96, BeckRS 2001, 15007 EGMR (Große Kammer) – Prince Hans-Adam II of Liechtenstein v. Germany, Urt. v. 12.7.2001, n° 42527/98, NJW 2003, 649 EGMR (Große Kammer) – Bottazzi v. Italy, Urt. v. 28.7.1999, n° 34884/97 EGMR – Suovaniemi and Others v. Finland, Entsch. v. 23.2.1999, n° 31737/96 EGMR – Probstmeier v. Germany, Urt. v. 1.7.1997, n° 20950/92, NJW 1997, 2809 EGMR – Hornsby v. Greece, Urt. v. 19.3.1997, n° 18357/91 EKMR – Nordström-Janzon and Nordström-Lethinen v. the Netherlands, Entsch. v. 27.11.1996, n° 28101/95 EGMR – Bellet v. France, Urt. v. 4.12.1995, n° 23805/94 EGMR – Dombo Beheer v. the Netherlands, Urt. v. 27.10.1993, n° 14448/88 EKMR – Jakob Boss Söhne KG v. Germany, Entsch. v. 2.12.1991, n° 18479/91 EKMR – Axelsson and Others v. Sweden, Entsch. v. 13.7.1990, n° 11960/86 EKMR – Gauthier c. la Belgique, Entsch. v. 6.3.1989, n° 12603/86 EGMR – Deweer v. Belgium, Urt. v. 27.2.1989, n° 6903/75 EKMR – R v. Switzerland, Entsch. v. 4.3.1987, n° 10881/84 EGMR – Lithgow and Others v. the United Kingdom, Urt. v. 8.7.1986, n° 9006/80 EGMR – De Cubber v. Belgium, Urt. v. 26.10.1984, n° 9186/80 EKMR – Bramelid and Malmström v. Sweden, Bericht v. 12.12.1983, n° 8588/79 u.a. EGMR – Deweer v. Belgium, Urt. v. 27.2.1980, n° 6903/75 EGMR – Airey v. Ireland, Urt. v. 9.10.1979, n° 6289/73 EGMR – Golder v. the United Kingdom, Urt. v. 21.2.1975, n° 4451/70 EGMR – Delcourt v. Belgium, Urt. v. 17.1.1970, n° 2689/65 EKMR – X c. Allemagne, Entsch. v. 5.3.1962, n° 1197/61 Deutsche Gerichte: Sofern nicht anders angegeben, sind die nachfolgenden Entscheidungen auch in der (kostenpflichtigen) Datenbank abzurufen (letzter Zugriff am 31.1.2022). Mit ihr wurde im Rahmen der Analyse des zweiten Teils primär gearbeitet (dazu Kap. 4, IV.1.), weshalb sich insbesondere die dortigen näheren Fundstellenangaben regelmäßig auf die jurisRn. beziehen.
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BVerfG – PSPP, Urt. v. 5.5.2020 – 2 BvR 859/15 u. a., BVerfGE 154, 17 BVerfG – Recht auf Vergessen I, Beschl. v. 6.11.2019 – 1 BvR 16/13, BVerfGE 152, 152 BVerfG – Recht auf Vergessen II, Beschl. v. 6.11.2019 – 1 BvR 276/17, BVerfGE 152, 216 BVerfG, Beschl. v. 15.12.2015 – 2 BvR 2735/14, BVerfGE 140, 317 BVerfG, Beschl. v. 23.10.2013 – 1 BvR 1842/11 u.a., BVerfGE 134, 204 BGH – Schiedsfähigkeit IV, Beschl. v. 23.9.2021 – I ZB 13/21, BeckRS 2021, 40429 BGH, Urt. v. 29.7.2021 – III ZR 179/20, NJW 2021, 3179 BGH, Beschl. v. 15.6.2021 – II ZB 35/20, NJW-RR 2021, 1207 BGH, Urt. v. 10.2.2021 – KZR 66/17, RIW 2021, 453 BGH, Urt. v. 26.11.2020 – I ZR 245/19, SchiedsVZ 2021, 97 BGH, Beschl. v. 17.11.2020 – X ZR 3/19, MDR 2021, 195 BGH, Beschl. v. 12.3.2020 – I ZB 64/19, SchiedsVZ 2020, 196 BGH, Urt. v. 17.10.2019 – III ZR 42/19, BGHZ 223, 269 BGH, Beschl. v. 19.9.2019 – I ZB 4/19, SchiedsVZ 2020, 50 BGH, Beschl. v. 9.7.2019 – XI ZR 656/18, BeckRS 2019, 16251 (nicht in juris) BGH, Vorlagebeschl. v. 11.12.2018 – KZR 66/17, RIW 2019, 227 BGH, Urt. v. 6.12.2018 – IX ZR 22/18, NJW 2019, 1300 BGH, Urt. v. 26.4.2018 – VII ZR 139/17, NJW 2019, 76 BGH, Urt. v. 8.11.2017 – IV ZR 551/15, BGHZ 216, 358 BGH, Urt. v. 7.9.2017 – RiZ (R) 2/15, NJW 2018, 158 BGH, Beschl. v. 6.7.2017 – I ZB 101/16, BeckRS 2017, 132724 BGH, Beschl. v. 11.5.2017 – I ZB 75/16, NJW 2017, 3723 BGH – Schiedsfähigkeit III, Beschl. v. 6.4.2017 – I ZB 23/16, NJW-RR 2017, 876 BGH, Beschl. v. 2.3.2017 – I ZB 42/16, SchiedsVZ 2017, 200 BGH, Urt. v. 9.2.2017 – IX ZR 9/16, NJW 2017, 123 BGH, Urt. v. 9.2.2017 – IX ZR 10/16, BeckRS 2017, 103583 BGH, Urt. v. 9.2.2017 – IX ZR 39/16, BeckRS 2017, 103599 BGH, Urt. v. 9.2.2017 – IX ZR 66/16, IPRspr 2017, Nr. 251, 491 BGH, Urt. v. 9.2.2017 – IX ZR 67/16, RIW 2017, 448 BGH, Urt. v. 9.2.2017 – IX ZR 103/16, IPRspr 2017, Nr. 250, 482 BGH, Urt. v. 25.1.2017 – VIII ZR 257/15, RIW 2017, 229 BGH – Pechstein, Urt. v. 7.6.2016 – KZR 6/15, BGHZ 210, 292 BGH, Urt. v. 28.1.2016 – I ZR 60/14, NJW-RR 2016, 498 BGH, Beschl. v. 10.9.2015 – IX ZB 39/13, NJW 2016, 160 BGH, Urt. v. 25.3.2015 – VIII ZR 125/14, NJW 2015, 2584 BGH, Urt. v. 21.1.2015 – VIII ZR 352/13, NJW 2015, 1118 BGH, Urt. v. 30.10.2014 – III ZR 71/14, IPRspr 2014, Nr. 198, 496 BGH, Urt. v. 16.9.2014 – XI ZR 77/13, BeckRS 2014, 19317 BGH, Urt. v. 16.9.2014 – XI ZR 78/13, NJW 2015, 555 BGH, Beschl. v. 18.6.2014 – III ZB 89/13, NJW 2014, 3655 BGH, Beschl. v. 16.1.2014 – IX ZR 194/13, IHR 2014, 171 BGH, Beschl. v. 7.1.2014 – VIII ZR 137/13, IHR 2014, 56 BGH, Urt. v. 10.10.2013 – VII ZR 19/12, NJW 2014, 206 BGH, Urt. v. 24.4.2013 – XII ZR 10/10, RIW 2013, 563 BGH, Urt. v. 23.4.2013 – II ZR 74/12, BGHZ, 197, 162 BGH, Urt. v. 7.11.2012 – VIII ZR 108/12, BGHZ 195, 243 BGH, Urt. v. 25.10.2012 – I ZR 167/11, NJW-RR 2013, 743
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Rechtsprechungsverzeichnis
BGH, Urt. v. 23.10.2012 – VI ZR 260/11, BGHZ 195, 166 BGH – Pharmazeutische Beratung über Call-Center, Urt. v. 19.7.2012 – I ZR 40/11, IPRax 2013, 557 BGH, Urt. v. 20.12.2011 – VI ZR 14/11, IPRspr 2011, Nr. 259, 661 BGH, Urt. v. 31.10.2011 – VIII ZR 60/01, BGHZ 149, 113 BGH, Beschl. v. 14.7.2011 – III ZB 70/10, NJW 2011, 2977 BGH, Urt. v. 31.5.2011 – VI ZR 154/10, BGHZ 190, 28 BGH, Beschl. v. 17.5.2011 – XI ZR 352/08, BeckRS 2011, 20371 BGH, Beschl. v. 17.5.2011 – XI ZR 280/09, BeckRS 2011, 20370 BGH, Urt. v. 12.4.2011 – XI ZR 341/08, NJW-RR 2011, 1287 BGH, Urt. v. 3.5.2011 – XI ZR 373/08, NJW-RR 2011, 1350 BGH, Urt. v. 3.5.2011 – XI ZR 374/08, BeckRS 2011, 19296 BGH, Urt. v. 12.4.2011 – XI ZR 341/08, NJW-RR 2011, 1287 BGH, Urt. v. 22.3.2011 – XI ZR 592/07 (nur in juris) BGH, Urt. v. 22.3.2011 – XI ZR 197/08, NJW-RR 2012, 49 BGH, Urt. v. 22.3.2011 – XI ZR 157/09 (nur in juris) BGH, Urt. v. 22.3.2011 – XI ZR 102/09, BeckRS 2011, 18691 BGH, Urt. v. 22.3.2011 – XI ZR 103/09, BeckRS 2011, 18692 BGH, Urt. v. 22.3.2011 – XI ZR 216/09, BeckRS 2011, 15967 BGH, Urt. v. 22.3.2011 – XI ZR 278/09, BeckRS 2011, 15969 BGH, Urt. v. 22.3.2011 – XI ZR 279/09, BeckRS 2011, 15970 BGH, Urt. v. 22.3.2011 – XI ZR 22/10, BeckRS 2011, 14717 BGH, Urt. v. 25.1.2011 – XI ZR 350/08, SchiedsVZ 2011, 157 BGH, Urt. v. 25.1.2011 – XI ZR 106/09, NJW-RR 2011, 844 BGH, Urt. v. 25.1.2011 – XI ZR 100/09, ZIP 2011, 1215 BGH, Urt. v. 25.1.2011 – XI ZR 351/08, BeckRS 2011, 5922 BGH, Urt. v. 11.11.2010 – VII ZR 44/10, NJW-RR 2011, 130 BGH, Beschl. v. 19.10.2010 – VIII ZR 34/09, IHR 2011, 179 BGH, Beschl. v. 30.9.2010 – III ZB 69/09, BGHZ 187, 126 BGH, Urt. v. 8.6.2010 – XI ZR 349/08, NJW-RR 2011, 548 BGH, Urt. v. 8.6.2010 – XI ZR 41/09, ZIP 2010, 2512 BGH, Urt. v. 19.11.2009 – III ZR 108/08, BGHZ 183, 220 BGH, Urt. v. 9.7.2009 – Xa ZR 19/08, BGHZ 182, 24 BGH – Schiedsfähigkeit II, Urt. v. 6.4.2009 – II ZR 255/08, BGHZ 180, 221 BGH, Urt. v. 13.1.2009 – XI ZR 66/08, NJW-RR 2009, 790 BGH, Vorlagebeschl. v. 9.7.2008 – VIII ZR 184/07, NJW 2008, 3001 BGH, Urt. v. 15.4.2008 – X ZR 126/06, NJW 2008, 2250 BGH, Urt. v. 1.3.2007 – III ZR 164/06, JZ 2008, 358 BGH, Urt. v. 15.2.2007 – I ZR 40/04, BGHZ 171, 141 BGH, Urt. v. 30.3.2006 – VII ZR 249/04, NJW 2006, 1672 BGH, Beschl. v. 21.9.2005 – III ZB 18/05, NJW 2005, 3499 BGH, Urt. v. 1.6.2005 – VIII ZR 256/04, IPRax 2006, 594 BGH, Beschl. v. 14.4.2005 – IX ZB 175/03, NJW-RR 2005, 929 BGH, Urt. v. 25.1.2005 – XI ZR 78/04, NJW-RR 2005, 1071 BGH, Urt. v. 13.1.2005 – III ZR 265/03, BGHZ 162, 9 BGH, Urt. v. 25.2.2004 – VIII ZR 119/03, IPRax 2005, 338 BGH, Urt. v. 10.5.2001 – III ZR 262/00, BGHZ 147, 394 BGH, Beschl. v. 22.2.2001 – III ZB 71/99, NJW 2001, 1731
Rechtsprechungsverzeichnis BGH – Körbuch, Urt. v. 3.4.2000 – II ZR 373/98, BGHZ 144, 146 BGH, Urt. v. 19.3.1997 – VIII ZR 316/96, BGHZ 135, 124 BGH – Schiedsfähigkeit I, Urt. v. 29.3.1996 – II ZR 124/95, BGHZ 132, 278 BGH, Beschl. v. 28.3.1996 – III ZR 95/95, NJW 1996, 1819 BGH, Urt. v. 10.10.1991 – III ZR 141/90, BGHZ 115, 324 BGH, Beschl. v. 31.10.1989 – VIII ZR 330/88, IPRax 1991, 326 BGH, Urt. v. 17.1.1989 – XI ZR 54/88, BGHZ 106, 259 BGH, Beschl. v. 26.6.1986 – III ZR 200/85, BeckRS 1986, 31070067 BGH, Urt. v. 30.6.1976 – VIII ZR 267/75, NJW 1976, 1886 Bundesarbeitsgericht, Urt. v. 10.4.2014 – 2 AZR 741/13, IPRax 2015, 342 OLG Frankfurt, Beschl. v. 28.10.2021 – 11 SV 41/21, BeckRS 2021, 36798 OLG Schleswig-Holstein , Urt. v. 11.8.2021 – 9 U 14/21, ZIP 2021, 2290 OLG Bremen, Urt. v. 1.7.2021 – 3 U 39/20, WM 2021, 1940 OLG Hamm, Urt. v. 29.6.2021 – 34 U 128/20, BeckRS 2021, 35453 OLG Dresden, Urt. v. 26.5.2021 – 5 U 2119/20, BeckRS 2021, 35451 (nicht in juris) OLG Zweibrücken, Urt. v. 20.5.2021 – 4 U 34/20, BeckRS 2021, 15993 OLG Stuttgart, Urt. v. 31.3.2021 – 20 U 24/20, BeckRS 2021, 17797 OLG Zweibrücken, Urt. v. 25.3.2021 – 4 U 137/20, NJW-RR 2021, 1338 OLG Naumburg, Urt. v. 17.3.2021 – 5 U 183/20, BeckRS 2021, 35435 (nicht in juris) OLG Brandenburg, Urt. v. 3.3.2021 – 7 U 120/19, BeckRS 2021, 5601 OLG Köln, Beschl. v. 29.1.2021 – 9 U 184/20, NZV 2021, 196 OLG Karlsruhe, 20.1.2021 – 15 U 83/20, BeckRS 2021, 8058 KG Berlin, Beschl. v. 3.12.2020 – 2 W 1009/20, ZIP 2021, 308 OLG Frankfurt, Beschl. v. 28.9.2020 – 26 SchH 3/20 , BeckRS 2019, 54285 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.6.2020 – 2 U 20/20, BeckRS 2020, 53138 OLG Saarbrücken, Urt. v. 19.12.2019 – 4 U 149/17, BeckRS 2019, 38316 OLG Stuttgart, Urt. v. 27.11.2019 – 3 U 239/18, TranspR 2020, 344 OLG Köln, Urt. v. 6.11.2019 – 13 U 226/17, BeckRS 2019, 34362 OLG Hamm, Beschl. v. 1.10.2019 – 34 U 175/18, BeckRS 2019, 56106 OLG Stuttgart, Urt. v. 20.9.2019 – 5 U 62/19, BeckRS 2019, 33587 OLG Köln, Urt. v. 5.9.2019 – 24 U 34/19, BeckRS 2019, 46324 OLG Frankfurt, Beschl. v. 4.6.2019 – 26 Sch 1/19, BeckRS 2019, 16020 OLG Frankfurt, Beschl. v. 3.6.2019 – 26 SchH 3/19, IWRZ 2019, 265 OLG Braunschweig, Urt. v. 22.5.2019 – 11 U 18/19, IWRZ 2019, 275 OLG Hamm, Urt. v. 4.4.2019 – 5 U 40/18, NJW 2019, 3387 OLG Hamm, Urt. v. 25.3.2019 – 2 U 132/18, IHR 2020, 49, OLG Köln, Beschl. v. 15.3.2019 – 19 Sch 12/18, BeckRS 2019, 55673 OLG Köln, Urt. v. 26.2.2019 – 3 U 159/17, IWRZ 2019, 234 OLG Bamberg, Urt. v. 30.1.2019 – 8 U 159/18, BeckRS 2019, 1187 OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.1.2019 – 3 U 194/18 (nur in juris) OLG Hamm, Urt. v. 28.1.2019 – 2 U 98/18, BeckRS 2019, 7050 OLG München, Urt. v. 10.1.2019 – 29 U 1091/18, MMR 2019, 532 OLG Frankfurt, Urt. v. 13.12.2018 – 16 U 15/18, IPRax 2019, 241 OLG Frankfurt, Beschl. v. 26.11.2018 – 8 U 168/17, BeckRS 2018, 36235 OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.11.2018 – U (Kart) 7/18, BeckRS 2018, 33814, OLG Bamberg, Urt. v. 31.10.2018 – 8 U 73/18, BeckRS 2018, 29192
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OLG Brandenburg, Beschl. v. 8.10.2018 – 11 Sch 1/17, BeckRS 2018, 38330 OLG Düsseldorf, Urt. v. 4.10.2018 – 12 U 46/17, IWRZ 2019, 84 OLG Stuttgart, Urt. v. 14.9.2018 – 5 U 98/17, BeckRS 2018, 21723 OLG Hamburg, Urt. v. 25.5.2018 – 8 U 51/17, IPRax 2019, 527 KG Berlin, Urt. v. 15.5.2018 – 7 U 112/17, BeckRS 2018, 14615 OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.11.2017 – U Kart 8/17, IPRspr 2017, Nr. 295b, 613 OLG Schleswig-Holstein, Urt. v. 12.10.2017 – 16 U 10/17 Kart, BeckRS 2017, 154336 (nicht in juris) OLG Stuttgart, Urt. v. 7.8.2017 – 5 U 188/16, IPRspr 2017, Nr. 246, 474 OLG Hamm, Beschl. v. 29.5.2017 – 32 SA 4/17, IPRspr 2017, Nr. 244, 467 OLG München, Urt. v. 3.5.2017 – 7 U 4817/16, IPRspr 2017, Nr. 51, 99 OLG Saarbrücken, Urt. v. 22.12.2016 – 4 U 130/13, IPRax 2018, 61 OLG München, Beschl. v. 31.10.2016 – 34 AR 132/16, MDR 2017, 233 KG Berlin, Beschl. v. 13.10.2016 – 20 Sch 3/16, IHR 2018, 195 OLG Frankfurt, Beschl. v. 18.5.2016 – 26 Sch 1/16, BeckRS 2016, 132099 OLG Köln, Urt. v. 26.2.2016 – 6 U 90/15, IPRspr 2016, Nr. 1, 1 OLG Stuttgart, Beschl. v. 21.12.2015 – 1 SchH 1/15, IHR 2016, 236 OLG Hamm, Urt. v. 19.5.2015 – 7 U 26/15, IHR 2016, 30 OLG Stuttgart, Urt. v. 27.4.2015 – 5 U 120/14, IPRspr 2015, Nr. 203, 485 OLG Frankfurt, Urt. v. 30.3.2015 – 23 U 11/14, IPRspr 2015, Nr. 200, 475 OLG Karlsruhe, Urt. v. 10.3.2015 – 8 U 208/13, BeckRS 2015, 6795 OLG Frankfurt, Beschl. v. 16.2.2015 – 26 Sch 5/14, BeckRS 2015, 125942 OLG Frankfurt, Beschl. v. 13.2.2015 – 26 Sch 23/14, BeckRS 2015, 125943 OLG Köln, Beschl. v. 6.10.2014 – 19 Sch 17/13, IPRspr 2014, Nr. 291, 772 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.7.2014 – 4 Sch 8/13, IHR 2015, 18 OLG Oldenburg, Beschl. v. 10.7.2014 – 8 SchH 2/13, IPRspr 2014, Nr. 271, 728 KG Berlin, Urt. v. 5.6.2014 – 22 U 90/13, IPRspr 2014, Nr. 48, 95 OLG Frankfurt, Urt. v. 5.6.2014 – 1 U 48/12, BeckRS 2014, 13613 OLG Bremen, Urt. v. 25.4.2014 – 2 U 102/13, IPRax 2015, 354 OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.4.2014 – 18 U 124/13, IPRspr 2014, Nr. 45, 85 OLG Köln, Beschl. v. 26.2.2014 – 19 Sch 12/13, IPRspr 2014, Nr. 267, 714 OLG Köln, Beschl. v. 21.2.2014 – 19 Sch 18/13, IPRspr 2014, Nr. 266, 713 OLG Koblenz, Beschl. v. 20.2.2014 – 3 U 1183/13, BeckRS 2014, 7470 OLG Hamburg, Urt. v. 14.2.2014 – 14 U 126/13, BeckRS 2015, 9353 (nicht in juris) OLG Dresden, Urt. v. 14.1.2014 – 4 U 717/13, IPRspr 2014, Nr. 167, 420 OLG Frankfurt, Urt. v. 19.12.2013 – 6 U 131/12, BeckRS 2014, 22719 OLG Köln, Urt. v. 15.10.2013 – 3 U 209/12, IPRspr 2013, Nr. 62, 126 OLG Koblenz, Urt. v. 10.9.2013 – 3 U 223/13, IHR 2015, 152 OLG München, Beschl. v. 6.9.2013 – 34 AR 409/12, IPRspr 2013, Nr. 209, 453 KG Berlin, Urt. v. 19.7.2013 – 6 U 103/11, IPRspr 2013, Nr. 195, 427 OLG Naumburg = OLG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 18.7.2013 – 1 U 140/12, IPRspr 2013, Nr. 194, 424 OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.7.2013 – U (Kart) 1/13, BeckRS 2014, 12436 OLG Hamm, Urt. v. 9.7.2013 – 21 U 16/13, SchiedsVZ 2014, 38 OLG München, Beschl. v. 7.6.2013 – 34 SchH 9/12, IPRspr 2013, Nr. 281, 623 KG Berlin, Urt. v. 7.5.2013 – 5 U 32/12, IPRspr 2013, Nr. 32, 66 OLG Bamberg, Urt. v. 24.4.2013 – 3 U 198/12, IPRax 2015, 154 OLG Köln, Urt. v. 24.4.2013 – 16 U 106/12, IHR 2015, 60 OLG Köln, Beschl. v. 7.3.2013 – 19 U 5/13, IPRspr 2013, Nr. 181, 392
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OLG Naumburg = OLG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 13.2.2013 – 12 U 153/12, IHR 2013, 158 OLG Zweibrücken, Urt. v. 7.2.2013 – 4 U 78/12, IPRspr 2013, Nr. 178, 387 OLG Hamburg, Beschl. v. 19.12.2012 – 6 Sch 18/12, IHR 2014, 12 OLG München, Beschl. v. 19.11.2012 – 34 Sch 7/11, SchiedsVZ 2013, 62 OLG Hamm, Entsch. v. 23.8.2012 – 34 U 83/11, BeckRS 2012, 211058 OLG Stuttgart, Urt. v. 31.7.2012 – 5 U 150/11, NJW 2013, 83 OLG Köln, Beschl. v. 6.7.2012 – 19 Sch 8/11, BeckRS 2012, 21333 OLG Brandenburg, Urt. v. 26.6.2012 – 6 U 3/11, IPRspr 2012, Nr. 191, 431 OLG Hamm, Beschl. v. 29.5.2012 – 32 SA 90/11, BeckRS 2012, 13245 OLG Köln, Urt. v. 25.5.2012 – 19 U 159/11, IHR 2013, 68 OLG Köln, Urt. v. 29.2.2012 – 16 U 57/11, IPRspr 2012, Nr. 181a, 410 OLG Brandenburg, Urt. v. 30.11.2011 – 3 U 84/07, IPRspr 2011, Nr. 31, 61 OLG Köln, Urt. v. 19.10.2011 – 16 U 161/10, IHR 2013, 155 OLG Saarbrücken, Urt. v. 18.10.2011 – 4 U 548/10, IPRspr 2011, Nr. 214, 552 OLG Hamm, Urt. v. 9.9.2011 – 19 U 88/11, IHR 2012, 216 OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.7.2011 – 18 U 81/08, IPRspr 2012, Nr. 55a, 95 OLG München, Urt. v. 7.6.2011 – 9 U 5019/10, NJW-RR 2011, 1169 OLG Stuttgart, Urt. v. 18.4.2011 – 5 U 199/10, IPRspr 2011, Nr. 194, 510 OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.3.2011 – 15 U 18/10, IHR 2012, 237 OLG Hamm, Beschl. v. 21.3.2011 – 32 Sbd 17/11, IPRspr 2011, Nr. 190, 499 OLG Köln, Urt. v. 24.2.2011 – 7 U 188/09, BeckRS 2013, 5833 OLG Stuttgart, Urt. v. 17.2.2011 – 2 U 65/10, IPRspr 2012, Nr. 25a, 43 OLG Brandenburg, Urt. v. 16.2.2011 – 13 U 11/10, BeckRS 2011, 7366 OLG Düsseldorf, Urt. v. 3.2.2011 – 6 U 35/09, IPRspr 2011, Nr. 296, 788 OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.1.2011 – 9 U 7/10, BeckRS 2014, 23195 KG Berlin, Beschl. v. 20.1.2011 – 20 Sch 9/09, SchiedsVZ 2011, 285 OLG Thüringen, Beschl. v. 13.1.2011 – 1 Sch 1/08, IPRspr 2011, Nr. 293, 781 (juris ohne Volltext, verfügbar in der DIS-Datenbank, über , letzter Zugriff am 31.3.2022) OLG Köln, Beschl. v. 19.11.2010 – 19 Sch 7/10, IPRspr 2010, Nr. 309, 763 OLG München, Urt. v. 25.10.2010 – 19 U 2004/10, IPRspr 2010, Nr. 202, 508 OLG München, Beschl. v. 27.5.2010 – 34 Sch 1/10, IPRspr 2010, Nr. 303, 746 OLG Koblenz, Beschl. v. 23.4.2010 – 1 U 833/09, BeckRS 2011, 1050 OLG Stuttgart, Urt. v. 17.3.2010 – 3 U 160/09, BeckRS 2010, 13000 OLG Koblenz, Beschl. v. 1.3.2010 – 2 U 816/09, NJW-RR 2010, 1004 (juris ohne Volltext) OLG Bamberg, Urt. v. 3.2.2010 – 8 U 81/09, SchiedsVZ 2010, 279 OLG Stuttgart, Urt. v. 10.12.2009 – 2 U 66/09, IPRspr 2009, Nr. 146, 366 OLG Karlsruhe, Urt. v. 24.11.2009 – 8 U 46/09, BeckRS 2009, 138396 OLG Stuttgart, Urt. v. 11.11.2009 – 3 U 98/09, BeckRS 2010, 565 OLG München, Beschl. v. 12.10.2009 – 34 Sch 20/08, SchiedsVZ 2009, 340 OLG Köln, Beschl. v. 9.10.2009 – 19 Sch 19/09, BeckRS 2011, 19885 OLG Frankfurt, Beschl. v. 27.8.2009 – 26 SchH 3/09, IPRspr 2009, Nr. 276, 709 OLG Celle, Beschl. v. 24.7.2009 – 13 W 48/09, NJW-RR 2010, 136 OLG München, Beschl. v. 15.7.2009 – 31 AR 341/09, IPRax 2011, 372 OLG Frankfurt, Beschl. v. 5.6.2009 – 14 Sch 3/09, IPRspr 2009, Nr. 275, 707 OLG Dresden, Beschl. v. 7.5.2009 – 10 U 1816/08, NJW-RR 2009, 1295 OLG Brandenburg, Urt. v. 25.3.2009 – 7 U 152/08, IPRspr 2009, Nr. 36, 78 OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.2.2009 – 6 U 110/07, BeckRS 2011, 6515
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Rechtsprechungsverzeichnis
OLG Dresden, Beschl. v. 18.2.2009 – 11 Sch 7/08, IPRspr 2009, Nr. 271, 701 OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.1.2009 – 16 U 32/08, BeckRS 2011, 28309 OLG Karlsruhe, Urt. v. 15.1.2009 – 4 U 72/07, IPRspr 2009, Nr. 169, 438 OLG München, Urt. v. 14.1.2009 – 20 U 3863/08, IHR 2009, 201 OLG Celle, Beschl. v. 4.12.2008 – 8 Sch 13/07, IPRspr 2008, Nr. 207, 658, OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.11.2008 – 16 U 39/08, BeckRS 2010, 13518 OLG Düsseldorf, Urt. v. 17.11.2008 – 9 U 109/08, BeckRS 2011, 22155 OLG Bremen, Beschl. v. 30.10.2008 – 2 Sch 2/08, IPRspr 2008, Nr. 204, 649 OLG Hamm, Urt. v. 28.10.2008 – 19 U 64/08, BeckRS 2008, 24432 OLG Schleswig-Holstein, Urt. v. 24.10.2008 – 14 U 4/08, IHR 2009, 243 OLG Karlsruhe, Urt. v. 12.6.2008 – 19 U 5/08, IHR 2008, 194 OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.11.2008 – 9 U 50/08, BeckRS 2009, 20239 OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.11.2008 – 9 U 51/08, BeckRS 2009, 20365 OLG Oldenburg, Urt. v. 20.12.2007 – 8 U 138/07, IHR 2008, 112 OLG Dresden, Beschl. v. 7.12.2007 – 11 Sch 8/07, IPRax 2010, 241 OLG Stuttgart, Urt. v. 5.11.2007 – 5 U 99/07, IPRax 2009, 64 OLG Frankfurt, Beschl. v. 18.10.2007 – 26 Sch 1/07, BeckRS 2011, 25398 OLG Brandenburg, Beschl. v. 26.7.2007 – 12 W 17/07, BeckRS 2008, 9600 OLG Frankfurt, Beschl. v. 20.7.2007 – 26 Sch 3/06, IPRspr 2007, Nr. 219, 620 OLG Dresden, Urt. v. 11.6.2007 – 3 U 336/07, IHR 2008, 162 OLG Düsseldorf, Urt. v. 9.2.2007 – 17 U 39/06, BeckRS 2007, 7175 OLG Düsseldorf, Urt. v. 9.2.2007 – 17 U 257/06, BeckRS 2007, 7174 OLG Frankfurt, Beschl. v. 24.10.2006 – 26 Sch 6/06, SchiedsVZ 2007, 217 OLG Karlsruhe, Urt. v. 9.8.2006 – 19 U 8/05, IPRspr 2006, Nr. 127, 285 OLG Frankfurt, Beschl. v. 26.6.2006 – 26 Sch 28/05, IPRax 2008, 517 OLG Köln, Beschl. v. 24.5.2006 – 16 W 25/06, IHR 2006, 147 KG Berlin, Beschl. v. 18.5.2006 – 20 SCH 13/04, IPRax 2011, 592 OLG München, Urt. v. 17.5.2006 – 7 U 1781/06, IPRax 2007, 322 OLG Stuttgart, Urt. v. 15.5.2006 – 5 U 21/06, IHR 2007, 72 OLG Karlsruhe, Urt. v. 28.3.2006 – 8 U 218/05, IPRspr 2006, Nr. 111, 242 OLG Koblenz, Beschl. v. 23.3.2006 – 10 U 1550/05, BeckRS 2007, 16883 OLG Köln, Beschl. v. 21.12.2005 – 16 U 47/05, IHR 2006, 86 OLG Hamm, Urt. v. 6.12.2005 – 19 U 120/05, IHR 2006, 84 OLG Hamm, Urt. v. 20.9.2005 – 19 U 40/05, IPRax 2007, 125 OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.7.2005 – 23 U 9/05, IPRspr 2005, Nr. 196, 513 BayObLG, Beschl. v. 20.7.2005 – 1Z AR 118/05, NJW-RR 2006, 210 OLG Köln, Urt. v. 14.3.2005 – 16 U 89/04, IPRspr 2005, Nr. 102, 254 OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.2.2005 – 17 U 208/02, BeckRS 2006, 11669, OLG Oldenburg, Beschl. v. 1.2.2005 – 9 SchH 03/04 (nicht in juris, verfügbar in der DIS-Datenbank, über , letzter Zugriff am 31.3.2022) BayObLG, Beschl. v. 23.12.2004 – 1Z AR 86/04, NJOZ 2005, 1166 OLG Dresden, Urt. v. 15.12.2004 – 8 U 1855/04, BeckRs 2004, 16819 (juris ohne Volltext) OLG Köln, Urt. v. 18.5.2004 – 3 U 161/03, IPRspr 2004, Nr. 43, 107 OLG Hamburg, Urt. v. 14.4.2004 – 13 U 76/03, NJW 2004, 3126 (juris ohne Volltext) OLG Hamm, Urt. v. 26.2.2004 – 2 U 195/02, IPRspr 2004, Nr. 36, 81 OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.1.2004 – 23 U 70/03, IHR 2004, 108 OLG Stuttgart, Urt. v. 23.12.2003 – 3 U 147/03, IPRspr 2003, Nr. 153, 491 OLG Celle, Urt. v. 26.11.2003 – 7 U 104/03, IHR 2004, 125
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OLG Naumburg = OLG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 19.6.2003 – 2 U 68/02, IPRspr 2003, Nr. 136, 425 OLG Hamburg, Beschl. v. 24.1.2003 – 11 Sch 6/01, SchiedsVZ 2003, 284 BayObLG, Beschl. v. 12.12.2002 – 4Z Sch 16/02, NJW-RR 2003, 719 OLG Brandenburg, Beschl. v. 13.6.2002 – 8 Sch 2/01, IPRax 2003, 349 OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.12.2001 – 15 U 91/01, BeckRS 2016, 8463 OLG Celle, Urt. v. 26.7.2001 – 17 U 28/95, IPRspr 2001, Nr. 31, 79 OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.4.2001 – 15 U 162/00, NJOZ 2002, 635 (juris ohne Volltext) BayObLG, Beschl. v. 28.2.2000 – 4Z SchH 13/99, NJOZ 2001, 732 KG Berlin, Urt. v. 21.1.1998 – 11 U 6378/97, MDR 1998, 760 OLG Düsseldorf, Urt. v. 8.3.1996 – 17 U 179/95, IPRax 1997, 118 OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.5.1995 – 17 U 240/94, IPRax 1997, 115 OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.1.1994 – 17 U 129/93, NJW-RR 1994, 1132 LG Köln, Urt. v. 28.1.2022 – 32 O 436/19, BeckRS 2022, 1024 (nicht in juris) LG Köln, Urt. v. 14.1.2022 – 12 O 230/20, BeckRS 2022, 278 (nicht in juris) LG Berlin, Urt. v. 11.1.2022 – 13 O 123/19, BeckRS 2022, 339 (nicht in juris) LG Berlin, Urt. v. 7.1.2022 – 67 O 31/21, BeckRS 2022, 971 (nicht in juris) LG Landshut, Urt. v. 19.11.2021 – 54 O 2882/20, BeckRS 2021, 35099 LG Düsseldorf, Beschl. v. 15.11.2021 – 22 O 133/20, BeckRS 2021, 36900 (nicht in juris) LG Aachen, Urt. v. 28.10.2021 – 12 O 510/20, BeckRS 2021, 36592 LG Köln, Urt. v. 19.10.2021 – 16 O 614/20, BeckRS 2021, 32804 LG Paderborn, Urt. v. 24.9.2021 – 4 O 424/20, BeckRS 2021, 35859 LG Wuppertal, Urt. v. 29.7.2020 – 3 O 195/19, MMR 2021, 440 LG Verden, Urt. v. 17.7.2020 – 2 O 259/19, BeckRS 2020, 41567 LG Stuttgart, Beschl. v. 13.7.2021 – 31 O 69/20 KfH, BeckRS 2021, 18745 LG Paderborn, Urt. v. 8.7.2021 – 4 O 323/20, BeckRS 2021, 20723 LG Düsseldorf, Beschl. v. 5.7.2021 – 22 O 133/20, BeckRS 2021, 20151 (selbes Verfahren wie Beschl. v. 15.11.2021, nicht in juris) LG Frankfurt, Beschl. v. 1.6.2021 – 2-24 O 419/20, BeckRS 2021, 19271 (nicht in juris) LG Stuttgart, Entsch. v. 26.4.2021 – 17 O 807/20, BeckRS 2021, 19268 (nicht in juris) LG Hamburg, Urt. v. 25.2.2021 – 327 O 433/19, BeckRS 2021, 6471 LG Gießen, Urt. v. 21.1.2021 – 4 O 84/20, BeckRS 2021, 7521 (bei juris fehlerhaft auf den 25.2.2021 datiert) LG Frankfurt, Urt. v. 19.11.2020 – 2-24 O 99/19, BeckRS 2020, 32499 (nicht in juris) LG Baden-Baden, Urt. v. 27.10.2020 – 2 O 287/19, BeckRS 2020, 31121 (nicht in juris) LG Berlin, Urt. v. 12.10.2020 – 51 O 133/18, BeckRS 2020, 27549 (nicht in juris) LG Frankfurt, Urt. v. 7.10.2020 – 2-06 O 457/19, NJOZ 2021, 382 LG Köln, Urt. v. 17.7.2020 – 25 O 212/19, BeckRS 2020, 16774 LG Wuppertal, Urt. v. 22.4.2020 – 3 O 369/19, BeckRS 2020, 53078 LG Frankfurt, Urt. v. 3.7.2020 – 2-24 O 100/19, BeckRS 2020, 15394 LG Düsseldorf, Urt. v. 7.5.2020 – 4c O 44/18, BeckRS 2020, 53138 LG München, Urt. v. 7.2.2020 – 37 O 18934/17, BeckRS 2020, 841 LG Aachen, Urt. v. 19.12.2019 – 9 O 99/16, BeckRS 2019, 50293 LG Koblenz, Urt. v. 7.5.2019 – 1 O 38/19 (nur in juris) LG Tübingen, Urt. v. 16.10.2018 – 5 O 177/17 (nur in juris) LG Dortmund, Urt. v. 30.5.2018 – 8 O 10/18 Kart, ZVertriebsR 2018, 233 LG Hof, Urt. v. 24.8.2018 – 11 O 430/16 (unveröffentlicht, Vorinstanz zu OLG Bamberg, Urt. v. 30.1.2019)
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Rechtsprechungsverzeichnis
LG Köln, Urt. v. 12.7.2018 – 85 O 31/17 (nur in juris) LG München, Urt. v. 1.3.2018 – 12 O 730/17, VuR 2018, 230 LG Frankfurt, Urt. v. 14.12.2017 – 2/24 O 8/17, RRa 2018, 127 LG Dortmund, Urt. v. 13.9.2017 – 8 O 30/16 (Kart), IPRax 2018, 617 LG Kleve, Urt. v. 23.8.2017 – 2 O 28/13, BeckRS 2017, 152669 LG München, Urt. v. 11.8.2017 – 33 O 8184/16, IWRZ 2017, 283 LG Hamburg, Urt. v. 17.7.2017 – 419 HKO 57/15, IHR 2018, 17 LG Ulm, Urt. v. 22.5.2017 – 4 O 66/13, BeckRS 2017, 125129 LG Hamburg, Urt. v. 7.4.2017 – 418 HKO 4/16, BeckRS 2017, 150667 LG Aachen, Urt. v. 21.3.2017 – 41 O 57/15, IPRax 2018, 202 LG Kiel, Urt. v. 27.1.2017 – 14 HKO 108/15 Kart, BeckRS 2017, 154610 (bei juris fehlerhaft auf den 23.11.2016 datiert sowie mit dem Az. 14 HOK 108/15 Kart, hier zitiert nach BGH, Urt. v. 10.2.2021 als Folgeinstanz) LG Ravensburg, Urt. v. 22.11.2016 – 2 O 41/16, BeckRS 2016, 110177 LG Cottbus, Beschl. v. 4.11.2016 – 1 S 100/16, IPRspr 2016, Nr. 35, 72 LG Saarbrücken, Urt. v. 16.9.2016 – 13 S 27/16, IPRspr 2016, Nr. 39, 83 LG Mönchengladbach, Urt. v. 19.5.2016 – 1 O 122/11, BeckRS 2016, 118448 LG Dortmund, Urt. v. 15.1.2016 – 3 O 610/15, IPRspr 2016, Nr. 25, 60 LG Bonn, Urt. v. 18.11.2015 – 2 O 360/14, BeckRS 2015, 121859 LG Kleve, Urt. v. 27.10.2015 – 4 O 119/15, IPRspr 2015, Nr. 216, 523 LG Berlin, Urt. v. 19.5.2015 – 16 O 265/14, IPRspr 2015, Nr. 28, 67 LG Bielefeld, Urt. v. 25.9.2014 – 12 O 132/13, BeckRS 2015, 12491 LG Hamburg, Urt. v. 2.9.2014 – 327 O 187/14, IPRax 2015, 348 LG Oldenburg, Urt. v. 11.6.2014 – 5 O 908/14, IPRspr 2014, Nr. 49, 100 LG Kleve, Urt. v. 11.6.2014 – 2 O 119/13, IHR 2016, 152 LG Krefeld, Vorlagebeschl. v. 5.6.2014 – 12 O 55/13, BeckRS 2016, 4257 LG Berlin, Urt. v. 27.3.2014 – 27 O 748/13, IPRspr 2014, Nr. 208, 520 LG München, Urt. v. 26.2.2014 – 37 O 28331/12, SchiedsVZ 2014, 100 LG Karlsruhe, Urt. v. 3.1.2014 – 14 O 94/13 KfH III, IPRspr 2014, Nr. 274, 741 LG Saarbrücken, Urt. v. 23.12.2013 – 12 O 74/13, IPRspr 2013, Nr. 212, 457 LG Kleve, Urt. v. 1.10.2013 – 4 O 272/12, IPRspr 2013, Nr. 60, 118 LG Landshut, Urt. v. 17.7.2013 – 14 S 3190/12, BeckRS 2014, 3859 (nicht in juris) LG Düsseldorf, 30.11.2012 – 39 O 74/11 LG Bonn, Urt. v. 30.10.2012 – 12 O 9/12, BeckRS 2015, 12078 LG Würzburg, Urt. v. 2.8.2012 – 62 O 1317/10 (nur in juris) LG Potsdam, Urt. v. 19.1.2012 – 2 O 378/10, NJW-RR 2012, 956 LG Düsseldorf, Urt. v. 15.8.2011 – 8 O 111/07, BeckRS 2011, 20898 LG Krefeld, Urt. v. 16.6.2011 – 5 O 334/08, IPRspr 2011, Nr. 302, 808 LG München, Urt. v. 19.4.2011 – 12 O 7134/11, IPRspr 2011, Nr. 25, 53 LG Hamburg, Urt. v. 6.1.2011 – 327 O 779/10, IPRspr 2011, Nr. 22, 50 LG Hamburg, Urt. v. 23.12.2010 – 327 O 322/09, IPRspr 2011, Nr. 263a, 678 LG Saarbrücken, Urt. v. 21.10.2010 – 3 O 169/09 (unveröffentlicht, Vorinstanz zu OLG Saarbrücken, Urt. v. 18.10.2011) LG Aachen, Urt. v. 22.6.2010 – 41 O 94/09, IHR 2011, 82 LG Ulm, Urt. v. 19.5.2010 – 4 O 281/09, BeckRS 2011, 22647 LG Stuttgart, Urt. v. 3.5.2010 – 36 O 108/09 KfH, WM 2010, 1499 LG Augsburg, Urt. v. 23.2.2010 – 2 HK O 1711/09, IPRspr 2010, Nr. 189, 475 LG Baden-Baden, Urt. v. 29.7.2009 – 2 O 135/09, IPRspr 2009, Nr. 182, 473
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LG Düsseldorf, Urt. v. 17.7.2009 – 10 O 157/08, IPRspr 2009, Nr. 194, 502 LG Stralsund, Urt. v. 12.12.2008 – 7 O 250/07, BeckRS 2011, 12978 LG Gießen, Urt. v. 31.7.2008 – 8 O 81/07, TranspR 2008, 370 LG Düsseldorf, Urt. v. 24.7.2008 – 8 O 123/07, BeckRS 2011, 22776 LG Landshut, Urt. v. 12.6.2008 – 43 O 1748/07, IHR 2008, 184 LG Frankenthal, Urt. v. 30.4.2008 – 6 O 339/07, IPRspr 2008, Nr. 131, 443 LG Hamburg, Urt. v. 13.3.2008 – 413 O 92/06, IPRspr 2008, Nr. 125, 425 LG Düsseldorf, Urt. v. 22.1.2008 – 14c O 111/07, BeckRS 2011, 6518 LG Düsseldorf, Urt. v. 13.11.2007 – 6 O 233/06, BeckRS 2007, 142888 LG Düsseldorf, Urt. v. 25.5.2007 – 14c O 27/06, BeckRS 2010, 28268 LG Düsseldorf, Urt. v. 13.4.2007 – 6 O 212/06, BeckRS 2011, 18729 LG Düsseldorf, Urt. v. 13.4.2007 – 16 O 365/06, BeckRS 2011, 6516 LG Bremen, Urt. v. 7.12.2006 – 2 O 37/06, IPRspr 2006, Nr. 17, 38 LG Aachen, Urt. v. 28.11.2006 – 41 O 45/05, TranspR 2007, 40 LG Düsseldorf, Urt. v. 9.11.2006 – 8 O 86/06, BeckRS 2011, 22598 LG Heilbronn, Urt. v. 13.4.2006 – 3 O 424/05, NJW-RR 2007, 634 LG Krefeld, Urt. v. 31.1.2006 – 5 O 292/04, BeckRS 2008, 5342 LG Krefeld, Urt. v. 31.1.2006 – 5 O 502/04, BeckRS 2007, 5062 LG Mainz, Urt. v. 13.9.2005 – 10 HKO 112/04, IPRspr 2005, Nr. 116, 289 LG Neubrandenburg, Urt. v. 3.8.2005 – 10 O 74/04, IHR 2006, 26 LG Freiburg, Urt. v. 13.5.2005 – 2 O 401/04, IPRspr 2005, Nr. 108, 267 LG Hamburg, Urt. v. 2.5.2005 – 415 O 184/04, IPRspr 2005, Nr. 107, 263 LG Münster, Urt. v. 22.12.2004 – 21 O 123/04, BeckRS 2006, 320 LG Karlsruhe, Urt. v. 8.12.2004 – 9 O 188/03, BeckRS 2005, 922 LG Trier, Urt. v. 8.1.2004 – 7 HK.O 134/03, IHR 2004, 115 (juris ohne Volltext) LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 27.2.2003 – 1 HKO 10820/01, IHR 2004, 20 (juris ohne Volltext) LG Düsseldorf, Urt. v. 31.7.2002 – 12 O 415/98, IPRspr 2002, Nr. 31, 78 LG Duisburg, Urt. v. 17.4.1996 – 45 (19) O 80/94, BeckRs 1996, 03841 (juris ohne Volltext) LG Düsseldorf, Urt. v. 12.4.1994 – 10 O 513/93, RIW 1995, 415 (juris ohne Volltext) LG Hamburg, Urt. v. 29.3.1990 – 2 S 85/89, NJW-RR 1990, 695 LG Limburg, Urt. v. 22.6.1988 – 3 S 482/87, NJW-RR 1989, 119 AG Memmingen, Urt. v. 12.2.2021 – 12 C 1112/20, BeckRS 2021, 8476 (nicht in juris) AG Erfurt, Urt. v. 16.11.2020 – 4 C 902/20, BeckRS 2020, 32300 (nicht in juris) AG Nürnberg, Entsch. v. 14.9.2020 – 240 C 2134/20, BeckRS 2020, 35092 AG Erding, Urt. v. 10.6.2021 – 9 C 1679/19, BeckRS 2021, 15200 (nicht in juris) AG Köln, Beschl. v. 19.5.2020 – 142 C 616/18, BeckRS 2020, 10816 AG Nürnberg, Urt. v. 27.03.2020 – 21 C 8857/19, BeckRS 2020, 4936 (nicht in juris) AG Nürnberg, Urt. v. 25.03.2020 – 21 C 8856/19, BeckRS 2020, 5794 (nicht in juris) AG Bühl, Urt. v. 11.11.2019 – 2 C 106/19, RRa 2020, 38 AG Hamburg, Urt. v. 29.3.2019 – 23a C 416/17, BeckRS 2019, 4697 (nicht in juris) AG Nürnberg, Vorlagebeschl. v. 31.10.2018 – 19 C 1084/18, RRa 2019, 36 AG Bremen, Urt. v. 10.8.2018 – 7 C 308/17, RRa 2019, 34 AG Geldern, Urt. v. 17.7.2017 – 4 C 441/14, IPRspr 2017, Nr. 57, 117 AG Simmern, Urt. v. 19.4.2017 – 32 C 571/16, RRa 2017, 206 AG Königs Wusterhausen, Urt. v. 3.6.2016 – 4 C 2431/14, IPRspr 2016, Nr. 35, 72 AG Braunschweig, Urt. v. 8.1.2014 – 118 C 3557/13, BeckRS 2014, 5553 AG Bremen, Urt. v. 5.12.2013 – 9 C 337/13, RRa 2014, 95
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Rechtsprechungsverzeichnis
AG Salzgitter, Urt. v. 10.9.2013 – 25 C 59/13, BeckRS 2014, 10049 AG Geldern, Urt. v. 20.4.2011 – 4 C 33/11, NJW-RR 2011, 1503 AG Langenfeld, Urt. v. 30.4.1998 – 18 C 260/96, NJW-RR 1998, 1524 (juris ohne Volltext) Weitere Rspr. Bei sämtlichen Online-Quellen erfolgte der letzte Zugriff am 13.4.2022. kanadischer Supreme Court – Uber Technologies Inc. v. Heller, Urt. v. 26.6.2020, 2020 SCC 16, verfügbar unter österr. OGH, Urt. v. 23.10.2020 – 8 Ob 107/19x, verfügbar unter