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German Pages 496 [497] Year 2013
Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 286 Herausgegeben vom
Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren:
Jürgen Basedow, Holger Fleischer und Reinhard Zimmermann
Andreas Vogeler
Die freie Rechtswahl im Kollisionsrecht der außervertraglichen Schuldverhältnisse
Mohr Siebeck
Andreas Vogeler, geboren 1985; Studium der Rechtswissenschaft in Göttingen und Genf; 2012 Promotion; derzeit Rechtsreferendar am Kammergericht Berlin.
e-ISBN PDF 978-3-16-152619-0 ISBN 978-3-16-152397-7 ISSN 0720-1141 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb. dnb.de abrufbar. © 2013 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohr.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden.
Meiner Familie
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2012 von der Juristischen Fakultät der Georg-August Universität zu Göttingen als Dissertation angenommen. Sie befindet sich auf dem Stand von April 2012. Neuere Literatur und Rechtsprechung konnten vereinzelt noch bis Oktober 2012 berücksichtigt werden. Meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Andreas Spickhoff bin ich in vielerlei Hinsicht zu großem Dank verpflichtet. Er weckte durch seine Lehrveranstaltungen zum Internationalen Privat- und Prozessrecht nicht nur mein Interesse an jenem Rechtsgebiet, sondern bestärkte mich auch in dem Entschluss, im Internationalen Privatrecht zu promovieren. Während meiner Mitarbeit am Lehrstuhl erwies sich Herr Prof. Dr. Spickhoff als großartiger Ansprechpartner und Betreuer. Nicht minder danke ich Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Erwin Deutsch für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Mein Dank gebührt ferner Herrn Dr. Eike Bleckwenn für die wertvollen wissenschaftlichen Gespräche und Anregungen, von denen ich sehr profitiert habe. Darüber hinaus danke ich meinen Eltern insbesondere für ihre bereitwillige finanzielle Unterstützung, ohne die ich die Dissertation nicht in dieser Zeit hätte fertig stellen können. Ferner danke ich meinem Bruder Dr. Marcus Vogeler und seiner Frau Alexandra Vogeler sowie Frau Viviane Otto dafür, dass sie mir jederzeit als Ansprechpartner mit Rat und Tat zur Seite standen und mich fortwährend zur Fertigstellung des Manuskriptes motiviert haben.
Göttingen, 17.11.2012
Andreas Vogeler
Inhaltsübersicht Vorwort .......................................................................................................... VII Inhaltsverzeichnis ........................................................................................... XI Abkürzungsverzeichnis ............................................................................... XXI
Einleitung ........................................................................................................1 Erstes Kapitel: Grundlagen ........................................................................6 § 1 Die Parteiautonomie ...................................................................................6 § 2 Die Entwicklung der freien Rechtswahl ....................................................15 § 3 Europäische Auslegungsgrundsätze ..........................................................43 § 4 Systematik und Rechtsnatur der subjektiven Kollisionsnorm ....................53
Zweites Kapitel: Der Tatbestand des Art. 14 Rom II-VO...............77 § 5 Der Anknüpfungsgegenstand des Art. 14 Rom II-VO ................................77 § 6 Das Anknüpfungsmoment des Art. 14 Rom II-VO ...................................138
Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung ..........341 § 7 Wirkungen von Rechtswahlvereinbarungen ............................................341 § 8 Grenzen der Rechtswahl ..........................................................................358
Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse ..............................407 Formulierungsvorschlag..........................................................................414 Literaturverzeichnis..................................................................................417 Sachregister ................................................................................................467
Inhaltsverzeichnis Vorwort .......................................................................................................... VII Inhaltsübersicht ............................................................................................... IX Abkürzungsverzeichnis ............................................................................... XXI
Einleitung ........................................................................................................1 Erstes Kapitel: Grundlagen ........................................................................6 § 1 Die Parteiautonomie ...................................................................................6 A. Der Begriff der Parteiautonomie .............................................................6 B. Gewährleistung der Parteiautonomie im Gefüge des Kollisionsrechts ................................................................................7 C. Das Verhältnis von Privat- und Parteiautonomie ....................................9 D. Die Legitimationsgrundlage der Parteiautonomie und ihr Verhältnis zur Privatautonomie .......................................................13 § 2 Die Entwicklung der freien Rechtswahl ....................................................15 A. Überblick über die Entstehung der Rom II-VO ....................................15 B. Der Weg zu Art. 14 Rom II-VO............................................................21 I. Rechtswahl im Vorentwurf eines EWG-Übereinkommens von 1972 ......................................................................................22 II. Rechtswahl im Rahmen der Haager Übereinkommen ................23 III. Rechtswahl im Verordnungsvorschlag der GEDIP ......................24 IV. Rechtswahl im Präsidialentwurf vom 28.10.1998 .......................26 V. Einfluss des deutschen IPR-Gesetzes vom 21.5.1999.................27 VI. Rechtswahl im Referentenentwurf der EG- Kommission vom 21.6.1999 ............................................................................33 VII. Der Verordnungsvorschlag vom Mai 2002 .................................35 VIII. Kommissionsvorschlag vom 22.7.2003 ......................................37 § 3 Europäische Auslegungsgrundsätze ..........................................................43 A. Grundsatz der autonomen Auslegung ...................................................45
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I. Europäische Begriffsbildung durch autonome Auslegung ...............47 1. Grammatikalische Auslegung .....................................................47 2. Historische Auslegung.................................................................48 3. Systematische Auslegung ............................................................48 4. Teleologische Auslegung ............................................................49 5. Rechtsvergleichende Auslegung .................................................50 II. Ausnahmen vom Grundsatz der autonomen Auslegung .................50 B. Primärrechtskonforme Auslegung.........................................................51 § 4 Systematik und Rechtsnatur der subjektiven Kollisionsnorm ....................53 A. Rechtswahl in der Systematik der Rom II-VO .....................................53 I. Systematik der Rom II-VO ............................................................54 II. Systematik des Art. 14 Rom II-VO ...............................................56 III. Verhältnis zwischen subjektiver und objektiver Anknüpfung und dem anzuwendenden Sachrecht ..............................................60 IV. Disponibilität von Kollisionsnormen .............................................64 B. Rechtsnatur der Rechtswahl nach Art. 14 Rom II-VO..........................69 I. Rechtswahlvereinbarung als materiell-rechtlicher Vertrag ............69 II. Art. 14 Rom II-VO als kollisionsrechtliche Verweisung ...............72
Zweites Kapitel: Der Tatbestand des Art. 14 Rom II-VO...............77 § 5 Der Anknüpfungsgegenstand des Art. 14 Rom II-VO ................................77 A. Anwendungsbereich der Rechtswahl im Allgemeinen .........................77 I. Sachlicher Anwendungsbereich, Art. 1 Rom II-VO .......................77 II. Räumlich-persönlicher Anwendungsbereich, Art. 3 Rom II-VO ...........................................................................80 III. Zeitlicher Anwendungsbereich, Art. 31, 32 Rom II-VO................81 IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften ...............................................82 1. Verhältnis zum europäischen Verordnungs- und Richtlinienkollisionsrecht ...........................................................82 2. Verhältnis zu völkerrechtlichem Kollisionsrecht ........................84 3. Verhältnis zur vertragsakzessorischen Anknüpfung nach Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO ...................................................86 B. Ausgeschlossene Materien ....................................................................88 I. Lauterkeitsrecht, Art. 6 Abs. 1 und 2 Rom II-VO ............................88 1. Gegenstand des Internationalen Lauterkeitsrechts ......................88 2. Anknüpfungsgegenstand .............................................................91 3. Verhältnis zu anderen Anknüpfungen, insbesondere zum allgemeinen Deliktsstatut ............................................................95 4. Restriktive Auslegung des Art. 6 Abs. 4 Rom II-VO .................98 a. Diskussionsstand ......................................................................98
Inhaltsverzeichnis
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b. Stellungnahme .......................................................................100 II. Kartellrecht, Art. 6 Abs. 3 Rom II-VO ..........................................103 1. Gegenstand des Kartellrechts ....................................................104 2. Anknüpfungsgegenstand ...........................................................105 3. Verhältnis zu anderen Anknüpfungen .......................................107 III. Zwischenergebnis .........................................................................109 IV. Rechte des geistigen Eigentums, Art. 8 Rom II-VO ....................109 1. Anknüpfungsgegenstand ...........................................................110 a. Art. 8 Abs. 1 Rom II-VO .......................................................111 b. Art. 8 Abs. 2 Rom II-VO .......................................................114 2. Ausschluss der Rechtswahl gem. Art. 8 Abs. 3 Rom II-VO .....115 a. Rechtfertigung des Ausschlusses der Parteiautonomie..........115 b. Rechtswahl kraft Sonderanknüpfung .....................................117 c. Rechtswahl bei gemeinschaftsweit einheitlichen Schutzrechten .........................................................................121 V. Teleologische Reduktion des Anwendungsbereich von Art. 14 Rom II-VO ................................................................122 1. Verhältnis des Art. 14 Rom II-VO zu Art. 7 Rom II-VO (Umweltschädigung).................................................................122 a. Grundsätze der objektiven Anknüpfung ................................122 b. Streitstand ..............................................................................124 c. Stellungnahme........................................................................125 2. Verhältnis des Art. 14 Rom II-VO zu Art. 9 Rom II-VO (Haftung für Arbeitskampfmaßnahmen) ..................................129 a. Grundsätze der objektiven Anknüpfung ................................129 b. Streitstand ..............................................................................131 c. Stellungnahme........................................................................132 VI. Zwischenergebnis.......................................................................135 VII. Die Rolle des Art. 15 Rom II-VO im Anwendungsbereich der Parteiautonomie ....................................................................135 § 6 Das Anknüpfungsmoment des Art. 14 Rom II-VO ...................................138 A. Zustandekommen und Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung ....140 I. Rechtswahlstatut .............................................................................141 1. Rechtswahl ................................................................................141 2. Objektive Anknüpfung ..............................................................143 a. Meinungsstand zur Rom II-VO und alternative Lösungsansätze im nationalen IPR ......................................143 b. Stellungnahme ......................................................................146 3. Anschein einer Einigung und Berufung auf das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts ..................................................150 a. Anforderungen an die Willensäußerung ................................151 aa. Meinungsstand..................................................................152
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Inhaltsverzeichnis
bb. Stellungnahme..................................................................152 b. Einschränkungen durch das Aufenthaltsstatut nach Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO analog ...........................................157 aa. Anwendungsbereich .........................................................157 bb. Gewöhnlicher Aufenthalt .................................................158 cc. Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung nach dem gewählten Recht .......................................................159 dd. Rechtfertigung der Abweichung vom gewählten Recht.................................................................................159 ee. Verteidigungslast des Rechtswahlgegners: Berufung auf das Aufenthaltsrecht ..................................................160 ff. Reichweite des Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO.........................160 gg. Zwischenergebnis ............................................................161 c. Rechtswahlstatut bei widersprechenden Rechtswahlklauseln................................................................161 aa. Meinungsstand..................................................................162 bb. Stellungnahme..................................................................164 d. Rechtswahlstatut bei Teilrechtswahl .....................................165 e. Zwischenergebnis ..................................................................166 II. Zustandekommen des Rechtswahlvertrages ..................................167 1. Voraussetzungen........................................................................167 a. Einigung .................................................................................167 b. Ausdrückliche und konkludente Einigung.............................168 aa. Auslegung der Einigungserklärungen ..............................169 bb. Ausdrückliche Einigung...................................................171 (1) Allgemeine Anforderungen ..........................................171 (2) Zustandekommen einer nachträglichen Rechtswahl in AGB.........................................................................171 (a) Zulässigkeit einer nachträglichen Rechtswahl in AGB ......................................................................172 (b) Einbeziehungskontrolle ............................................174 (c) Inhaltskontrolle und Missbrauchskontrolle bei Rechtswahlvereinbarungen in AGB? .......................177 (3) Ungeschriebene europäische Missbrauchskontrolle? .................................................183 (a) Argumente für eine europäische Missbrauchskontrolle ................................................183 (b) Stellungnahme ..........................................................185 (4) Zwischenergebnis .........................................................189 cc. Konkludente Einigung......................................................189 (1) Ausschluss des hypothetischen Parteiwillens ...............189 (2) Allgemeine Anforderungen und Beweisregeln ............194
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(3) Indizien für eine konkludente Rechtswahl nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO ...................................198 (a) Rechtswahlvereinbarung nach Art. 3 Rom I-VO ......199 (b) Gerichtsstandsvereinbarungen ..................................201 (c) Schiedsvereinbarungen und ADR .............................207 (d) Verbundene Verträge ................................................209 (e) Verhalten der Parteien im Prozess ............................209 (f) Bezugnahme des übrigen Vertrages auf ein bestimmtes Recht ......................................................214 (g) Sonstige Umstände ...................................................217 dd. Zwischenergebnis ............................................................217 c. Zulässigkeit einer bedingten oder befristeten Rechtswahlvereinbarung ......................................................217 2. Weitere Voraussetzungen des Zustandekommens ....................221 a. Einigung unter Einschaltung eines Vertreters........................221 b. Rechts- und Geschäftsfähigkeit, Art. 7, 12 EGBGB .............223 III. Wirksamkeit des Rechtswahlvertrages.........................................225 1. Allgemeine Unwirksamkeitsgründe ..........................................225 2. Form der Rechtswahlvereinbarung............................................226 3. Bestimmtheit und Widerspruchsfreiheit der Rechtswahlvereinbarung...........................................................227 IV. Zwischenergebnis.........................................................................229 B. Antizipierte Rechtswahl, Art. 14 Abs. S. 1 lit. b Rom II-VO .............230 I. Interessenkonflikte ........................................................................230 II. Praktische rechtliche Bedeutung der vorherigen Rechtswahl ......234 III. Abgrenzung von vorheriger und nachträglicher Rechtswahl .......238 1. Bestimmung des Zeitpunktes ....................................................239 a. Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses.....................239 aa. Handlungsbegriff für deliktische Schadenersatzansprüche und cic ......................................241 bb. Handlungsbegriff im Rahmen der ungerechtfertigten Bereicherung ....................................................................243 cc. Handlungsbegriff im Rahmen der Geschäftsführung ohne Auftrag .....................................................................243 b. Kritische Betrachtung des Abgrenzungskriteriums ...............244 2. Aufschiebend bedingte oder befristete Rechtswahl als nachträgliche Rechtswahl .........................................................246 IV. Besondere Voraussetzungen nach Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO....................................................247 1. „Alle Parteien“...........................................................................247 2. „Kommerzielle Tätigkeit“ .........................................................248 a. Meinungsstand zur Auslegung der „kommerziellen Tätigkeit“.....................................................249
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b. Die Bedeutung der commercial activity des Art. 1 Abs. 1 Rom II-VO (Rom I-VO/EuGVO) ..................250 c. Der Begriff der kommerziellen Tätigkeit ..............................252 aa. Grammatikalische Auslegung ..........................................255 bb. Historische Auslegung .....................................................255 cc. Telos .................................................................................257 dd. Systematik ........................................................................261 (1) Vergleichbarkeit mit anderen europäischen Vorschriften ..................................................................261 (2) Vergleichbarkeit mit dem Unternehmerbegriff i.S.v. Art. 6 Rom I-VO, Art. 15 EuGVO .....................263 ee. Zwischenergebnis .............................................................266 ff. Primärrechtskonforme Auslegung.....................................267 gg. Fazit..................................................................................269 d. Zusammenhangserfordernis ...................................................270 3. Frei ausgehandelte Vereinbarung ..............................................271 a. Zweck der Voraussetzung: Frei ausgehandelte Vereinbarung........................................................................272 b. Begriff der frei ausgehandelten Vereinbarung ....................273 aa. Meinungsstand zur antizipierten Rechtswahl in AGB .....273 (1) Ausschluss der antizipierten Rechtswahl in AGB ........273 (2) Zulässigkeit einer Rechtswahl in AGB ........................274 (3) Vermittelnde Ansicht....................................................275 (4) Stellungnahme ..............................................................275 bb. Kritik ................................................................................278 c. Anforderungen an „freies Aushandeln“ .................................279 V. Zwischenergebnis .........................................................................279 VI. Verhältnis der antizipierten Rechtswahl zur akzessorischen Anknüpfung ........................................................280 1. Schlichte Anwendung des Gesetzes .........................................281 2. Teleologische Reduktion des Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO ..........282 3. Ermessensausübung durch den Richter ....................................283 4. Günstigkeitsprinzip...................................................................283 5. Stellungnahme ..........................................................................284 C. Gegenstand der kollisionsrechtlichen Rechtswahl ..............................291 I. „Recht“ im Sinne von Art. 14 Rom II-VO (Art. 3 Rom I-VO) ......293 1. Wählbarkeit nicht-staatlichen Rechts .......................................296 2. Wählbarkeit staatlichen Rechts ................................................299 a. Der kollisionsrechtliche Begriff des „Rechts“ im Sinne von Art. 14 Rom II-VO .......................................................299 b. Einzelne Rechtswahlmöglichkeiten ......................................304 aa. Negative Rechtswahl ........................................................304
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bb. Wählbarkeit allgemeiner Rechtsgrundsätze (general principles) ..........................................................305 cc. Wählbarkeit völkerrechtlicher Verträge ...........................307 dd. Wählbarkeit von Völkergewohnheitsrecht und allgemeiner Grundsätze des Völkerrechts ........................310 ee. Wählbarkeit von Rechtsakten der EU ..............................311 ff. Zwischenergebnis ..............................................................314 II. Unmittelbare und mittelbare Wahl des anwendbaren Kollisionsrechts ............................................................................314 III. Wahl intertemporalen Privatrechts ...............................................316 1. Wahl geltenden staatlichen Sachrechts .....................................316 2. Kollisionsrechtlicher Schutz vor nachträglicher Rechtsänderung.........................................................................316 IV. Wahl beziehungslosen Sachrechts ...............................................319 V. Zwischenergebnis ........................................................................320 VI. Inhaltliche Gestaltungsmöglichkeiten des Rechtswahlgegenstandes ......................................................321 1. Teilrechtswahl ...........................................................................321 a. Grundlagen der Teilrechtswahl ..............................................321 b. Vor- und Nachteile einer dépeçage .......................................324 c. Meinungsstand zur Zulässigkeit der dépeçage ......................326 d. Grenzen der Teilrechtswahl ...................................................329 aa. Reichweite der Teilrechtswahl .........................................329 bb. Das Kriterium der Abspaltbarkeit als Zulässigkeitsvoraussetzung ..............................................331 cc. Zwischenergebnis .............................................................335 dd. Missbrauchskontrolle bei Teilrechtswahl ........................336 ee. Anwendbarkeit der allgemeinen Regeln und Auslegung.........................................................................337 2. Kumulative Rechtswahl.............................................................338 3. Wandelbarkeit der Rechtswahl ..................................................338
Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung ..........341 § 7 Wirkungen von Rechtswahlvereinbarungen ............................................341 A. Wirkungen wirksamer Rechtswahlvereinbarungen ............................341 I. Prorogations- und Derogationswirkung ........................................342 II. Zeitliche Wirkung antizipierter und nachträglicher Rechtswahlvereinbarungen...........................................................344 B. Wirkungen unwirksamer Rechtswahlvereinbarungen ........................348 I. Abgrenzung und Verhältnis von sachrechtlichen und kollisionsrechtlichen Vereinbarungen ..........................................349
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II. Unwirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung wegen Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 3, 8 Abs. 3 Rom II-VO ...................353 III. Umdeutungsmöglichkeit in materiell-rechtliche Rechtswahl ......354 C. Zwischenergebnis ................................................................................358 § 8 Grenzen der Rechtswahl ..........................................................................358 A. Tatbestandliche Grenzen der Rechtswahl ...........................................360 I. Schutz Rechte Dritter, Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO ..................360 1. Zweck und Anwendungsbereich ...............................................360 2. Voraussetzungen........................................................................362 a. Rechte Dritter .........................................................................362 b. Beeinträchtigung und Begünstigung......................................364 3. Rechtsfolgen ..............................................................................368 II. Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO (Binnensachverhalt) ...........................369 1. Zweck und Anwendungsbereich ...............................................369 2. Voraussetzungen........................................................................372 a. Inlandssachverhalt..................................................................372 b. Zeitpunkt ................................................................................376 3. Rechtsfolgen ..............................................................................377 III. Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO (Binnenmarktsachverhalt) .................378 1. Zweck und Anwendungsbereich ...............................................378 2. Voraussetzungen........................................................................382 a. Binnenmarktsachverhalt ........................................................382 b. Zeitpunkt ................................................................................385 3. Rechtsfolgen ..............................................................................385 a. Beschränkungen des Anwendungsbefehls aus Art. 14 Abs. 1 Rom II-VO ....................................................385 aa. Zwingende Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts .....385 bb. Abgrenzung des zwingenden Gemeinschaftsrechts von zwingendem nationalem Recht .................................387 b. Zwingendes umgesetztes Gemeinschaftsrecht bei Verbindungen zu mehreren Mitgliedstaaten ........................390 c. Nicht oder verspätet umgesetzte EU-Richtlinie im Forumstaat ......................................................................392 IV. Verhältnis von Art. 14 Abs. 2 zu Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO ......394 B. Allgemeine kollisionsrechtliche Grenzen ...........................................395 I. Eingriffsnormen, Art. 16 Rom II-VO ............................................396 1. Zweck und Anwendungsbereich ...............................................396 2. Bedeutung der Eingriffsnormen für die Rechtswahl nach Art. 14 Rom II-VO ...........................................................399 3. Verhältnis von Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO zu Art. 16 Rom II-VO ...................................................................402
Inhaltsverzeichnis
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II. Weitere allgemeine kollisionsrechtliche Grenzen der Rechtswahl .............................................................................404 III. Zwischenergebnis .........................................................................406
Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse ..............................407 Formulierungsvorschlag..........................................................................414 Literaturverzeichnis..................................................................................417 Sachregister ................................................................................................467
Abkürzungsverzeichnis a.A. ABGB ABl. Abs. AcP a.E. a.F. Alt. AEUV Anh. Anm. AöR arg. Art. Aufl. AWD
andere Ansicht (österreichisches) Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch Amtsblatt Absatz Archiv für die civilistische Praxis am Ende alte Fassung Alternative Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Anhang Anmerkung Archiv des öffentlichen Rechts argumentum Artikel Auflage Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters
BAG BayOblG BB Bd. BGB BGBl. BGE BGH BGHZ BKR Bl. BR-Drucks. BT-Drucks. BVerfG BVerfGE BYbIL bzw.
Bundesarbeitsgericht Bayerisches Oberstes Landesgericht Betriebsberater Band Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Entscheidungen des Schweizer Bundesgerichts Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshof in Zivilsachen Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Blatt Drucksachen des Deutschen Bundesrates Drucksachen des Deutschen Bundestages Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts British Yearbook of International Law beziehungsweise
C.C. CISG
code civile, codice civile, código civil United Nations Conventions on Contracts for the International Sale of Goods Cambridge Law Journal Journal de droit international "Clunet"
CLJ Clunet
XXII
Abkürzungsverzeichnis
CMLR Colum. L. Rev. C.W.R.L.R.
Common Market Law Review Columbia Law Review Case Western Reserve Law Review
ders. d.h. dies. Dir.UE DZWIR
derselbe das heißt dieselbe, dieselben Il Diritto dell' Unione Europea Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht
EBLR EG EGBGB
EWiR EWG EWS
European Business Law Review Europäische Gemeinschaft Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Einführungsgesetz zum Versicherungsvertragsgesetz Einleitung endgültig Europäische Rechtsakademie European Transport Law Europäische Union Europäischer Gerichtshof Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen The European Legal Forum Europarecht Vertrag über die Europäische Union Europäische Zeitschrift für Arbeitsrecht Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Europäisches Zivilprozessrecht Römisches EWG-Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht
f. ff. FamRZ Fn. FS.
folgende fortfolgende Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Fußnote Festschrift
ggf. GPR GRUR Int
gegebenenfalls Zeitschrift für Gemeinschaftsprivatrecht Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht. Internationaler Teil Gedächtnisschrift
EGV EGVVG Einl. endg. ERA Forum ETL EU EuGH EuGVO
EuLF EuR EUV EuZA EuZW EuZPR EVÜ
GS
Abkürzungsverzeichnis h.A. Habil. HGB h.M. HS
herrschende Ansicht Habilitation Handelsgesetzbuch herrschende Meinung Halbsatz
ICLQ IHR IIC
International & Comparative Law Quaterly Internationales Handelsrecht International Review of Industrial Property and Copyright Law insbesondere Praxis des internationalen Privat- und Verfahrensrechts (österreichisches bzw. schweizerisches) Gesetz über das Internationale Privatrecht Die deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiet des Internationalen Privatrechts im Sinne des im Sinne von Internationales Steuerrecht Internationales Privatrecht in Verbindung mit Internationales Zivilverfahrensrecht
insbes. IPRax IPRG IPRspr. i.S.d. i.S.v. IStR IPR i.V.m. IZVR JA JBl JbPraxSch
XXIII
J.C.P. JDI JIBLR JPIL JPrIL JPS JT Jura JuS Jus JZ
Juristische Arbeitsblätter Juristische Blätter Jahrbuch für die Praxis der Schiedsgerichtsbarkeit International Journal of Cultural Property Journal du droit international Journal of International Banking Law and Regulation Journal of Personal Injury Law Journal of Private International Law Jahrbuch für die Praxis der Schiedsgerichtsbarkeit Journal des tribunaux Juristische Ausbildung Juristische Schulung rivista di scienze giuridiche Juristenzeitung
KG KOM
Kammergericht Europäische Kommission
LG LLR L.M.C.L.Q. LMK
Landgericht Liverpool Law Review Lloyd's Maritime and Commercial Law Quarterly Kommentierte BGH-Rechtsprechung Lindenmaier-Möhring The Law Quarterly Review
LQR
XXIV
Abkürzungsverzeichnis
MDR MedR MMR Mod.L.Rev. MünchKomm m.w.N.
Monatsschrift für Deutsches Recht Zeitschrift für Medizinrecht Multimedia und Recht The Modern Law Review Münchener Kommentar mit weiteren Nachweisen
n.F. NILR NIPR NJW NJW-Spezial NZV
neue Fassung Netherlands International Law Review Nederlands Internationaal Privaatrecht Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift-Spezial Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht
o. OGH OLG
oben (österreichischer) Oberster Gerichtshof Oberlandesgericht
RabelsZ
Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Recueil des Cours Revue Belge de Droit International Revue Critique de Droit International Privé Reichsgericht
RdC Rev. Belge dr. int. rev.crit.dr.int.priv. RG RGZ
Rs. Rspr.
Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen studi e pubblicazioni dell rivista di diritto internazionale e processuale Recht der Internationalen Wirtschaft Rechtspolitisches Forum Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) Verordnung (EG) Nr. 1259/2010 des Rates vom 20. Dezember 2010 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts Rechtssache Rechtsprechung
s. SchweizJbIntR
siehe Schweizer Jahrbuch für Internationales Recht
Riv.dir.int.priv.proc. RIW RpF Rom I-VO
Rom II-VO
Rom III-VO
Abkürzungsverzeichnis sec. Slg. STAZ SVR transfer TranspR Tul. L. Rev.
XXV
section(s) Sammlung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs Das Standesamt Straßenverkehrsrecht transfer: European Review of Labour and Research Transportrecht Tulane Law Review
UFITA UNIDROIT
Archiv für Urheber-, Film- und Theaterrecht International Institute for the Unification of Private Law – institut international pour l’unification du droit privé
v. VersR VO Vor. VR VuR Vgl.
von Zeitschrift für Versicherungsrecht Verordnung Vorbemerkung Verwaltungsrundschau Verbraucher und Recht Vergleiche
wbl WiB WM WPNR WRP WuB
wirtschaftsrechtliche Blätter Wirtschaftsrechtliche Beratung Wertpapier-Mitteilungen Weekblad voor privaatrecht, notariaat en registratie Wettbewerb in Recht und Praxis Entscheidungssammlung zum Wirtschafts-und Bankrecht
YbPIL
Yearbook of Private International Law
ZaöRV
Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht zum Beispiel Zeitschrift für europäisches Sozial- und Arbeitsrecht Zeitschrift für europäisches Privatrecht Zeitschrift für europarechtliche Studien Zeitschrift für Arbeitsrecht Zeitschrift für deutsches und internationales Bau- und Vergaberecht Zeitschrift für Rechtsvergleichung Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis zitiert
z.B. ZESAR ZEuP ZEuS ZfA ZfBR ZfRV ZGR ZHR ZIP zit.
XXVI ZSR z.T. ZVglRWiss ZZP
Abkürzungsverzeichnis Zeitschrift für Schweizer Recht zum Teil Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft Zeitschrift für Zivilprozess
Einleitung Die Freiheit des Einzelnen zählt zu den Maximen der europäischen Wertegemeinschaft. Auf ihr basiert die Etablierung des europäischen Binnenmarktes. Dieser stellt einen der Grundpfeiler der europäischen Integration dar und sichert die Freiheit, europäische Landesgrenzen zu überschreiten. Als zentrales Ziel der Europäischen Union wurde der europäische Binnenmarkt im Jahr 1993 verwirklicht. Er baut Handelshemmnisse ab, stärkt die Europäische Union als Wirtschaftsstandort und fördert den Wohlstand und die kulturelle Vielfalt. Erreichbar werden diese Ziele durch den freien Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital.1 Obgleich der europäische Binnenmarkt in seiner jungen Geschichte erfolgreich etabliert wurde, ist das Potential des Binnenmarktes noch nicht ausgeschöpft. Darauf verweist der Bericht der Kommission „Der Binnenmarkt in den Augen der Bevölkerung“ vom 16.8.2011.2 Er dokumentiert die Zurückhaltung, aufgrund der Ungewissheit über die anzuwendenden Rechtsvorschriften, Internet-Einkäufe bei ausländischen mitgliedstaatlichen Verkäufern zu tätigen. Diese Problematik findet ihre Fortsetzung im Bereich des außervertraglichen Schuldrechts. So ist denkbar, dass ein mangelhaftes Produkt aus dem Ausland zu einem Schaden an anderen Rechtsgütern des Käufers führt und damit außervertragliche Ansprüche entstehen. Mangels eines einheitlichen internationalen Sachrechts müssen sich die am Rechtsstreit beteiligten Personen vor diesem Hintergrund mit der Frage auseinandersetzen, welches Recht auf ihre gegenseitigen Ansprüche anzuwenden ist. Die Ermittlung des anwendbaren Rechts anhand des Internationalen Privatrechts ist aufgrund des Fachvokabulars, fremder Rechtsinstitute und der Vielzahl unterschiedlicher Vorschriften für den Rechtsanwalt und Richter regelmäßig mit großen Schwierigkeiten verbunden. Um hier Abhilfe zu schaffen, wird in dieser Arbeit die Möglichkeit untersucht, eine Rechtswahlvereinbarung für das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht 1 2
Vgl. Art. 26 AEUV (ex Art. 14 EGV). COM SEC (2011) 1003 final, Commission Staff Working Paper, The Single Market through the lens of the people: A snapshot of citizens' and businesses' 20 main concerns vom 16.8.2011, abrufbar unter: , Stand: 22.03.2012.
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zu treffen. Die Frage des anwendbaren Rechts ist von besonderer Bedeutung, weil das Ergebnis der Rechtsermittlung häufig Einfluss auf den Ausgang eines gerichtlichen Verfahrens hat. Erschwert wurde die Ermittlung des anwendbaren Rechts anhand objektiver Kollisionsnormen bislang dadurch, dass jeder Staat sein eigenes Internationales Privatrecht anwendete, sodass die Vorhersehbarkeit des anzuwendenden Rechts stark getrübt war. Zur einfacheren Ermittlung des anwendbaren Rechts und zur damit einhergehenden Stärkung des Binnenmarktes hat der europäische Gesetzgeber das Internationale Schuldrecht neu kodifiziert. Während für Sachverhalte bis zum 17.12.2009 bzw. bis zum 11.01.2009 die nationalen Vorschriften des Internationalen Privatrechts Anwendung fanden, gelten nunmehr für das Teilgebiet des internationalen Schuldrechts universell die Rom I3- und Rom II4 -Verordnungen. Diese sind an die Vereinheitlichungsbemühungen des Internationalen Zivilprozessrechts, die insbesondere in der Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVO) realisiert wurde, angelehnt. Im Zuge der Harmonisierung des Kollisionsrechts hat der europäische Gesetzgeber eine Regelung zur Parteiautonomie geschaffen, wonach die Parteien das auf ein Schuldverhältnis anwendbare Recht frei wählen können. Während das vertragliche Schuldrecht bereits in Art. 3 EVÜ eine europäische Regelung vorsah, die nunmehr durch den weitgehend identischen Art. 3 Rom I-VO ersetzt wurde, existierte für das außervertragliche Schuldrecht bislang keine einheitliche Regelung der Parteiautonomie. Mit der Kodifikation des Art. 14 Rom II-VO sind die Parteien unter bestimmten Voraussetzungen dazu in der Lage, vor und nach Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses das auf ein außervertragliches Schuldverhältnis anwendbare Recht zu wählen. Die Ausübung der Rechtswahl ermöglicht den Parteien, Rechtssicherheit über das anwendbare Recht zu erzielen. Wählen die Parteien etwa das Sachrecht der lex fori, können sie auf diese Weise eine deutliche Verfahrensverkürzung erreichen, da zum einen eine etwaige Sprachproblematik umgangen und zum anderen die Einholung eines kostenintensiven Rechtsgutachtens vermieden werden kann.5 Für sie spricht ferner, dass die Qualität der Entscheidung höher bzw. die Fehlerquote bei der Wahl des richterlichen Heimatrechts geringer ist.6 Die Entscheidung ergeht folglich leichter, schneller und zuverlässiger. Ferner kann 3 Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I). 4 Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II). 5 Oschmann, in: FG Sandrock, 1995, S. 25, 26 f. 6 Vgl. Mankowski, RIW 2003, 2, 3 ff.
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durch die Wahl der lex fori, zumindest im deutschen Prozess, die Revisibilität des anwendbaren Rechts sichergestellt7 und die Furcht vor der Anwendung fremden Rechts beseitigt werden.8 Sofern die Parteien sich nicht auf ein anwendbares Recht einigen können, kann auch die „Wahl eines so genannten ‚neutralen Rechts‘ als Kompromiss zwischen den widerstreitenden Rechtsanwendungsinteressen der Vertragsparteien gelten.“9 Die Schwäche des Kollisionsrechts liegt in seiner Abhängigkeit von der lex fori. Dies spiegelt sich auch in Art. 14 Rom II-VO wider. Eine Ausübung der Rechtswahl kann sinnvollerweise nur erfolgen, wenn sie grenzüberschreitend einheitlichen Voraussetzungen unterliegt. Ist der Sachverhalt sowohl mit einem Mitgliedstaat als auch mit einem Drittstaat verbunden, richtet sich die Anwendbarkeit des Sachrechts mittelbar nach dem Gerichtsort. Haben die Parteien keine Gerichtsstandsvereinbarung getroffen, ist aufgrund der möglichen unterschiedlichen Ausgestaltung der Kollisionsnormen das anwendbare Recht davon abhängig, wer zuerst Klage erhebt. Wollen die Parteien nach Entstehung eines außervertraglichen Schuldverhältnisses das anwendbare Recht in Erfahrung bringen und kommen mehrere Gerichtsstände in Betracht, deren lex fori unterschiedliche Kollisionsnormen beinhalten, ist das anwendbare Recht bis zum Abschluss einer wirksamen Gerichtsstandsvereinbarung bzw. der Klageerhebung nicht ermittelbar. Allerdings unterliegen die Voraussetzungen für den wirksamen Abschluss einer Gerichtsstandsvereinbarung ihrerseits der lex fori. Die Grenzen vertraglicher Vereinbarungen über das außervertragliche Schuldverhältnis sind mithin nicht feststellbar.10 Diese Rechtsunsicherheit aufgrund mangelnder Vorhersehbarkeit des anwendbaren Rechts kann durch den Abschluss einer Rechtswahlvereinbarung vermieden werden.11 Voraussetzung ist hierfür indes, dass über die Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung Sicherheit besteht. Hierzu hat die europarechtliche Harmonisierung des Internationalen Schuldrechts einen großen Beitrag geleistet. Allerdings besteht im Verhältnis zu Drittstaaten ohne den Abschluss 7
Die Revisibilität ausländischen Rechts vor deutschen Gerichten befürwortend Aden, RIW 2009, 475ௗff.; Hess/Hübner, NJW 2009, 3132ௗff.; Eichel, IPRax 2009, 389ௗff.; Hau, FamRZ 2009, 821, 824; ablehnend BGHZ 48, 214, 216; BGH NJW 1988, 647; BGH NJW 1988, 3090, 3091; BGH NJW-RR 1996, 732; BGH NJW 1998, 1321; BGH NJWRR 2004, 308; Sturm, JZ 2011, 74 ff.; Althammer, IPRax 2009, 381, 389; H. Roth, JZ 2009, 585, 590; Ball, in: Musielak-ZPO, § 545 ZPO Rn. 7 m.w.N. 8 Oschmann, in: FG Sandrock, 1995, S. 25, 28. 9 Mankowski, RIW 2003, 2. 10 Die Frage hat große Auswirkungen auf die Reichweite privatautonomer Vereinbarungen, da in manchen mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen beispielsweise das gesamte Deliktsrecht als ius cogens eingestuft wird, vgl. G. Wagner, IPRax 2008, 1, 14. 11 Leible, ZVglRWiss 97 (1988), 286, 289; Schack, in: FS Kegel, 2002, S. 179, 190; W.-H. Roth, Versicherungsvertragsrecht S. 435; Oschmann, in: FG Sandrock, 1995, S. 25, 33 f.; Hohloch, in: FS Thue, 2007, S. 257, 263 f.; Kropholler, IPR, S. 297.
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einer Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten eines mitgliedstaatlichen Gerichts, die auch von dem in Betracht kommenden drittstaatlichen Gericht anerkannt wird, keine abschließende Sicherheit über die Wirksamkeit der getroffenen Rechtswahl. Vielmehr wird die Gefahr einer hinkenden Rechtswahl begründet.12 Abschließende Rechtssicherheit kann nur ein international vereinheitlichtes Sachrecht schaffen. Umgekehrt wird durch die Beschränkung auf mitgliedstaatliche Sachverhalte das Zusammenwachsen des Binnenraumes weiter gestärkt. Weist der Sachverhalt nämlich nur Beziehungen zu Mitgliedstaaten im Sinne von Art. 1 Abs. 4 Rom II-VO auf, kann durch die Ausübung einer Rechtswahl aufgrund der einheitlichen Voraussetzungen des Art. 14 Rom II-VO abschließende Sicherheit über das anwendbare Recht erzielt werden. Den Gegenstand der nachfolgenden Arbeit bildet die Untersuchung der Rechtswahlfreiheit nach Art. 14 Rom II-VO. Bislang beschäftigen sich die deutschsprachigen Werke zur Rechtswahlfreiheit lediglich mit der nationalen subjektiven Kollisionsnorm aus Art. 42 EGBGB.13 Untersuchungen der Zulässigkeit und Grenzen der Rechtswahl vor deutschen Gerichten bilden den Schwerpunkt. Mit der europarechtlichen Vereinheitlichung der Rechtswahlmöglichkeit stellen sich der Wissenschaft nunmehr neue Herausforderungen. Sie setzt voraus, dass die Begrifflichkeiten der Verordnung von jedem mitgliedstaatlichen Gericht einheitlich ausgelegt werden. Die hierfür erforderliche Konkretisierung der Termini ist bislang noch nicht hinreichend erfolgt. Nur wenn über die einzuhaltenden Voraussetzungen für den Abschluss einer Rechtswahlvereinbarung Gewissheit besteht, können mit ihr die genannten Vorteile erzielt werden. Unberücksichtigt blieben in den bisherigen Darstellungen ferner die Systematik der Rechtswahlfreiheit und ihre innere Funktionsweise sowie die Begutachtung des Verhältnisses von Partei- und Privatautonomie. Die Auseinandersetzung mit dieser Frage bildet jedoch eine wichtige Grundlage für die Auslegung der subjektiven Kollisionsnorm. Der europäische Gesetzgeber hat in Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO die Möglichkeit geschaffen, unter bestimmten Voraussetzungen eine vorherige Rechtswahlvereinbarung zu treffen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die freie Rechtswahl die Gefahr missbräuchlicher Ausübung birgt, die eine Partei von der Rechtsverfolgung abhält oder diese erschwert. Die Vorteile, welche die Wahl der lex fori erzielen, können dann in Nachteile umschlagen, wenn das gewählte ausländische Recht nur unter sehr 12 13
Mankowski, RIW 2003, 2, 6. Siehe etwa Herkner, Die Grenzen der Rechtswahl im internationalen Deliktsrecht; Köthe, Schranken der Parteiautonomie; Steiner, Stillschweigende Rechtswahl im Prozess; Möllenhoff, Nachträgliche Rechtswahl und Rechte Dritter; Fudickar, Die nachträgliche Rechtswahl.
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großen Anstrengungen ermittelt werden kann. Vor diesem Hintergrund geht die Arbeit der Frage nach, ob es dem europäischen Gesetzgeber gelungen ist, dieser Gefahr durch entsprechende tatbestandliche Restriktionen vorzubeugen. Im Vordergrund stehen ferner die Konturierung des Anwendungsbereichs der Rechtswahlfreiheit, die Konkretisierung ihrer Wirksamkeitsvoraussetzungen sowie die Untersuchung der Rechtsfolgen einer Rechtswahlvereinbarung. Die Arbeit strebt dabei einerseits den Spagat an, die Möglichkeit der Rechtswahl in das streng dogmatische Internationale Privatrecht einzuordnen und zugleich dem Richter, Rechtsanwalt und Notar eine Grundlage für die Formulierung einer Rechtswahlvereinbarung sowie die Prüfung ihrer Wirksamkeit zu bieten. Andererseits verfolgt das Ziel, die Regelungsweise des Art. 14 Rom II-VO einer kritischen Prüfung zu unterziehen und dem europäischen Gesetzgeber vor dem Hintergrund der fortschreitenden Entgrenzung Novellierungsvorschläge darzulegen.
Erstes Kapitel
Grundlagen § 1 Die Parteiautonomie A. Der Begriff der Parteiautonomie Die Parteiautonomie wird herkömmlicherweise als kollisionsrechtliches Gegenstück zur Privatautonomie bezeichnet.14 Deren Gegenstand bildet „das Prinzip der Selbstgestaltung der Rechtsverhältnisse durch den einzelnen nach seinem Willen.“15 Sie erlaubt den Parteien durch den Abschluss eines Vertrages Rechtsfolgen zu setzen und damit den materiellen Vertragsinhalt selbst zu bestimmen.16 Demgegenüber umfasst der Begriff der Parteiautonomie die „kollisionsrechtliche Freiheit der Rechtswahl“.17 Während die Privatautonomie also im Sachrecht vorherrscht, wo den Parteien die Möglichkeit verweigert wird, zwingende Normen vertraglich auszuschließen, eröffnet die Parteiautonomie nach gegenwärtigem Verständnis18 die Befugnis, über das ius cogens durch die Prorogation einer anderen Rechtsordnung zu disponieren.19 In der Folge kann zwischen der sog. materiell-rechtlichen Verweisung und der sog. kollisionsrechtlichen Verwei14 Leible, in FS Jayme, 2004, S. 485; ders., in: AnwK-BGB, Art. 27 EGBGB Rn. 1; Siehr, in: FS Keller, 1989, S. 485; grundlegend zu dieser Unterscheidung Zitelmann, IPR S. 270 ff. 15 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 1 Rn. 1. 16 Canaris, AcP 200 (2000), 273, 277; Bydlinski, System und Prinzipien, S. 147. 17 So ausdrücklich Neuhaus, Grundbegriffe, S. 252; in Anlehnung hieran Leible, in FS Jayme, 2004, S. 485; Simitis, JuS 1966, 209, 210; Gebauer, in: Wandlungen oder Erosion der Privatautonomie, 2007, S. 257, 258; Tassikas, Dispositives Recht und Rechtswahlfreiheit S. 12; davon zu trennen ist die hypothetische Rechtswahl, die vor der Einführung der Ausweichanknüpfungen an die wesentlich engere Verbindung Geltung erlangte, vgl. hierzu RGZ 120, 72; RGZ 161, 298; RG JW 28, 1196; BayObLG IPRspr. 1931, Nr. 32; Kegel/Schurig, IPR S. 659; Gamillscheg, AcP 157 (1958/59), 303, 323; Neuhaus, Grundbegriffe, S. 263 ff.; Haudek, Die Bedeutung des Parteiwillens im IPR S. 106 ff.; Dreher, Rechtswahl im internationalen Erbrecht S. 6; Moss, in: FS Thue, 2007, S. 367, 374; Kreuzer, in: FS v. Caemmerer, 1978, S. 705, 709 f.; Mann, JZ 1962, 6, 7 m.w.N. 18 Vgl. hierzu die Ausführungen unter S. 9 ff. 19 Leible, in FS Jayme, 2004, S. 485; Simitis, JuS 1966, 209, 210; Gebauer, in: Wandlungen oder Erosion der Privatautonomie, 2007, S. 257, 258; Tassikas, Dispositives Recht und Rechtswahlfreiheit S. 12;
§ 1 Die Parteiautonomie
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sung unterschieden werden.20 Die materiell-rechtliche Verweisung erfolgt durch einen Vertrag, mit dem die Parteien die dispositiven Vorschriften einer Rechtsordnung in ihren Vertrag inkorporieren und damit auf die dispositiven Vorschriften des nach objektiver Anknüpfung ermittelten Rechts inhaltlich gestaltend einwirken.21 Sie stellt im Ergebnis eine abgekürzte Bestimmung der Rechtsfolgen einer vertraglichen Vereinbarung dar.22 Die Grenzen der materiell-rechtlichen Verweisung bilden die zwingenden Vorschriften des nach objektiver Anknüpfung anzuwendenden Rechts.23 Sie findet ihre Grundlage folglich in der Privatautonomie.24 Dagegen umschreibt die kollisionsrechtliche Verweisung den Kernbereich der Parteiautonomie.25 Mit ihr werden die zwingenden und dispositiven Bestimmungen des nach objektiver Anknüpfung ermittelten Rechts durch die zwingenden und dispositiven Vorschriften einer anderen Rechtsordnung ersetzt, indem die Parteien einen kollisionsrechtlichen Verweisungsvertrag schließen, der die abweichende maßgebliche Rechtsordnung bezeichnet.26 Sie wird daher auch als kollisionsrechtliche Verweisungsfreiheit bezeichnet. Entsprechend ihres Wortsinns27 ist unter Parteiautonomie die einvernehmliche Unterwerfung unter eine gewählte Rechtsordnung mitsamt ihrer zwingenden Bestimmungen zu verstehen.28 B. Gewährleistung der Parteiautonomie im Gefüge des Kollisionsrechts Fraglich ist, wie sich dieses Verständnis der Parteiautonomie in die Systematik des Kollisionsrechts einfügt. Das internationale Privatrecht im engeren, technischen Sinne,29 zu dem u.a. die Vorschriften der Rom II-VO zu zählen sind, umgrenzt den Anwendungsbereich inländischer und ausländischer Rechtsordnungen, mit denen ein Sachverhalt Berührungspunkte auf20 21 22 23 24
Zitelmann, IPR S. 271 ff. Zitelmann, IPR S. 271 f.; vgl. Neuhaus, Grundbegriffe, S. 252. Zitelmann, IPR S. 272. Leible, in: FS Jayme, Bd. 1, 2004, S. 485. Zitelmann, IPR S. 272. Sie ist Teil der Vertragsfreiheit, d.h. der Gestaltungsfrei-
heit. 25 Hess, Intertemporales Privatrecht, S. 376; Kropholler, IPR, S. 293; Siehr, in: FS Keller, 1989, S. 485; Vischer, in: FS Keller, 1989, S. 547, 552. 26 Kropholler, IPR, S. 293. 27 Der Begriff „Autonomie“ stammt aus dem altgriechischen ĮIJȠȞȠȝȓĮ, autonomía; aus ĮIJȩȢ, autos, „selbst“ und ȞȩȝȠȢ, nomos, „Gesetz“ und wird mit „sich selbst Gesetze gebend“, Selbstbestimmung, Selbstständigkeit, Entscheidungsfreiheit übersetzt. 28 Kritisch gegenüber einer solchen Definition hingegen Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Bd. I, S. 12, der die positiv-rechtliche Seite der Parteiautonomie, d.h. die Abhängigkeit ihres Bestandes von der Rechtsordnung betont, die mit dieser Definition freilich nicht ausgeschlossen sein soll. 29 Zum Begriff des Internationalen Privatrechts vgl. Neuhaus, Grundbegriffe, S. 1; Kropholler, IPR, S. 1 f.
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Erstes Kapitel: Grundlagen
weist und wird daher auch als „Recht über dem Recht“ bezeichnet.30 Friedrich Carl von Savigny (1779-1861) hat in seiner Schrift über das internationale und intertemporale Privatrecht zwei grundlegende Gedanken formuliert, die bis heute Geltung beanspruchen.31 Danach liegt dem IPR zum einen der Gedanke zugrunde, dass es „auch außerhalb des eigenen Staates Ordnungen gibt, die als Recht anzuerkennen sind und die Regeln enthalten, welche potentiell in der Lage sind, für Sachverhalte „gerechte“ Entscheidungen zu liefern.“32 Das darin zum Ausdruck kommende völkerrechtliche Prinzip der comitas schreibt den Staaten das Gebot vor, jene ausländischen Rechtsordnungen als grundsätzlich gleichwertig anzuerkennen.33 Zum anderen ist in Abkehr von der Statutenlehre zur Ermittlung des anwendbaren Rechts nicht von dem Geltungsanspruch bzw. dem Anwendungswillen der einzelnen Norm auszugehen.34 Vielmehr ist aufgrund der Gleichwertigkeit des ausländischen Rechts der Sitz des Rechtsverhältnisses zu ermitteln, dem durch das jeweilige Anknüpfungsmoment der Kollisionsnorm Rechnung getragen werden soll und der zu der anzuwendenden Vorschrift führt.35 Die objektiven Anknüpfungsmomente des europäischen Kollisionsrechts realisieren dieses fortentwickelte Prinzip durch den Grundsatz der Anknüpfung an die engste Verbindung.36 Dem Grundsatz der Parteiautonomie liegt gleichsam das Prinzip der comitas zugrunde. Im Übrigen kann sie allerdings als Ausreißer in diesem kollisionsrechtlichen System bezeichnet werden. Einerseits sind zwar die Beschränkungen der Rechtswahl u.a. von dem jeweiligen Anknüpfungsgegenstand abhängig.37 Andererseits sind die Parteien in der Wahl der anzuwendenden Rechtsordnung grundsätzlich frei. Sie können ein Recht wählen, zu dem der Sachverhalt keinen Auslandsbezug aufweist.38 Man kann daher nicht etwa behaupten, dass die Parteien mit der Ausübung der Rechtswahlmöglichkeit die engste Verbindung des Sachverhaltes lokalisieren bzw. den Sitz des Rechtsverhältnisses festlegen. Dies wird bestätigt durch die Vorschriften der Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO, Art. 3 Abs. 3 Rom IVO, in denen der Geltungsanspruch der innerstaatlichen Rechtsordnung bzw. der binnenmarktrechtlichen Vorschriften in Erscheinung tritt und die Rechtsfolgen der Rechtswahl bei reinen Inlands- bzw. Binnenmarktsach30 31 32 33 34 35
Neuhaus, Grundbegriffe, S. 1 f.; Kegel/Schurig, IPR, S. 4. Passim Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Bd. VIII. Kegel/Schurig, IPR, S. 6; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 1 Rn. 12. v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 2 Rn. 30. v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 2 Rn. 31 f.; Kropholler, IPR, S. 16. v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 2 Rn. 31 f.; Oschmann, in: FG Sandrock, 1995, S. 25,
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Kropholler, IPR, S. 25. Vgl. hierzu unten S. 88 ff. Vgl. hierzu unten S. 372 ff.
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§ 1 Die Parteiautonomie
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verhalten auf die dispositiven Vorschriften beschränkt werden. Damit wird dem Anwendungsinteresse desjenigen „Staates“39 Rechnung getragen, zu dem der Sachverhalt die einzige Verbindung aufweist.40 Sollen die subjektiven Anknüpfungen der Rom I-VO und Rom II-VO dogmatisch den objektiven Anknüpfungen folgen, müsste der europäische Gesetzgeber im Rahmen des jeweiligen Anknüpfungsgegenstandes die alternativen Wahlmöglichkeiten nach dem Vorbild des Art. 5 Abs. 1 lit. a-d Rom III-VO41 abstrakt vorgeben. Die Parteiautonomie stellt vor diesem Hintergrund eine „Anomalie“ in den Rom I- und Rom II-Verordnungen dar und wird aus systematischer Sicht mithin nicht zu Unrecht als „Verlegenheitslösung“42 bezeichnet.43 C. Das Verhältnis von Privat- und Parteiautonomie Die Funktion der Parteiautonomie und ihre inhaltliche Ausgestaltung stehen in einem engen Zusammenhang zur Privatautonomie. Beide Rechtsinstitute weisen zahlreiche Überschneidungen auf. Die durch Grundrechte und Grundfreiheiten verbürgte Gewährleistung der Privatautonomie realisiert das Prinzip der Selbstgestaltung eigener Rechtsverhältnisse.44 Sie ist in ihrem Bestand von der jeweiligen Rechtsordnung abhängig, weil sie nur innerhalb von Rechtsverhältnissen und nur innerhalb bestimmter Grenzen zum Tragen kommt, die von der Rechtsordnung vorgegeben werden.45 Die Rechtsfolgen des geäußerten Parteiwillens treten mithin ein, weil sie von der Rechtsordnung vorgesehen sind.46 Infolgedessen endet die Privatautonomie, wenn die privatautonomen Regelungen mit den Zielen und Wertungen des Gesetzes nicht vereinbar sind.47 Diese kommen insbesondere in den zwingenden materiell-rechtlichen Vorschriften zum Ausdruck. Der Umfang und die Grenzen der Privatautonomie variieren demgemäß in den 39
Die EU ist kein Staat im völkerrechtlichen Sinne, sondern nach überwiegender Auffassung ein Staatenverbund, vgl. Kirchhof, in: Bogdandy/Bast, EuVerfR S. 1018; Simonis/Elbers, Externe EU-Governance, S. 166. 40 Siehe hierzu auch unten S. 372 ff. 41 Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 des Rates vom 20. Dezember 2010 zur Durchführung einer verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts, ABl. Nr. L 343 S. 10 (Rom III-VO). 42 Kegel/Schurig, IPR, S. 653. 43 Ebenso de Boer, YbPIL 9 (2007), 19, 20. 44 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. 2, S. 1; Riesenhuber, Privatrechtsgesellschaft, S. 14. 45 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. 2, S. 2; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, S. 627. 46 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. 2, S. 2. 47 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, S. 625.
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Erstes Kapitel: Grundlagen
einzelstaatlichen Rechtsordnungen. Sie gewährleistet in schuldrechtlicher Hinsicht die Abschluss- und Gestaltungsfreiheit von Verträgen sowie die Partnerwahlfreiheit, Formfreiheit und Auflösungsfreiheit.48 Für den Eintritt der gewollten Rechtsfolgen ist grundsätzlich eine Vereinbarung von mindestens zwei Personen erforderlich, zwischen denen nach ihrem Willen die Rechtsfolgen eintreten sollen.49 Einseitiges privatautonomes Handeln ist nur ausnahmsweise möglich, wenn die Gestaltungshandlung ausschließlich die eigene Rechtsposition betrifft.50 Der Gesetzgeber kann die Privatautonomie infolge ihrer grundrechtlichen Verbürgung nur beschränken, wenn er den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wahrt, insbesondere wenn er mit der rechtfertigungsbedürftigen Beschränkung höherrangige Ziele verfolgt.51 Dieses Prinzip ist den Mitgliedstaaten gemeinsam und setzt sich im Rahmen der Grundfreiheiten fort. Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat mit dem Ziel eines gemeinsamen Marktes und der Bindung an eine offene Marktwirtschaft das Prinzip der Privatautonomie vorausgesetzt.52 Es bildet den „gemeinsame[n] Kern der Grundfreiheiten, die die Möglichkeit privatautonomen Handelns über die nationalen Grenzen hinweg erstrecken. Die Privatautonomie wird deshalb auch als die ‚wahre Grundfreiheit‘“53 bezeichnet.54 Beschränkungen der Privatautonomie sind mithin auch vor dem Hintergrund der Grundfreiheiten rechtfertigungsbedürftig. Fraglich ist, in welchem Verhältnis die Parteiautonomie hierzu steht. Die von Zitelmann55 im Jahr 1897 propagierte Differenzierung zwischen der kollisionsrechtlichen und materiell-rechtlichen Verweisung hat bis heute das Verständnis der Parteiautonomie maßgeblich geprägt.56 Ohne die Frage nach dem Verhältnis zur Privatautonomie ausdrücklich zu erörtern, vermittelt die Literatur durch den Verweis auf die kollisionsrechtliche Wirkung des übereinstimmenden Parteiwillens den Eindruck, dass die Parteiund Privatautonomie inhaltlich voneinander abstrakt sind.57 In der Tat übersteigt die Möglichkeit der Pro- und Derogation von ius cogens den Anwendungsbereich der Privatautonomie, sodass der Behauptung, die Parteiautonomie sei Ausfluss der Privatautonomie, nicht ohne weiteres zuge48 49 50 51 52 53 54 55 56 57
Bydlinski, System und Prinzipien, S. 150. Bydlinski, System und Prinzipien, S. 149. Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. 2, S. 8 mit Beispielen. Vgl. Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, S. 625. Riesenhuber, Privatrechtsgesellschaft, S. 13. Mülbert, ZHR 159 (1995), 2, 8; Müller-Graff, Gemeinschaftsprivatrecht, S. 17 f. Riesenhuber, Privatrechtsgesellschaft, S. 14. Zitelmann, IPR S. 270 ff. Siehe zum Beispiel das heutige Standardwerk von Kropholler, IPR, S. 292 f. Vgl. etwa Leible, in: FS Jayme, Bd. 1, 2004, S. 485; Zitelmann, IPR S. 271 f.; Neuhaus, Grundbegriffe, S. 252; Siehr, in: FS Keller, 1989, S. 485 f.; Schmeding, RabelsZ 41 (1977), 299 ff.
§ 1 Die Parteiautonomie
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stimmt werden kann.58 Unter der Prämisse, dass mit der Gewährleistung der Parteiautonomie den Parteien ausschließlich das Recht zuerkannt wird, selbst und eigenverantwortlich zu bestimmen, welche Rechtsordnungen über ihre Rechtsbeziehungen entscheiden dürfen, wird man die Parteiautonomie vielmehr als eigenständige Ergänzung der Privatautonomie bezeichnen können. Dafür spricht einerseits, dass die Parteiautonomie in ihrer inneren Funktionsweise der Privatautonomie gleicht, und andererseits, dass sie von den Gewährleistungen der Privatautonomie abhängig ist. Die Gewährleistung der Parteiautonomie, d.h. die äußere, positiv-rechtliche Legitimation der Berücksichtigung des übereinstimmenden Parteiwillens, liegt für das Schuldrecht in Art. 3 Rom I-VO und Art. 14 Rom II-VO. Diese Regelungen erklären den geäußerten Parteiwillen für verbindlich, sodass er zwischen den Parteien und von dem angerufenen mitgliedstaatlichen Gericht zu beachten ist.59 Der Parteiwille steht folglich nicht über dem Gesetz, sondern wird beachtet, weil der Gesetzgeber ihn (in seinem Kollisionsrecht) für beachtlich erklärt.60 Damit ist die Parteiautonomie ebenso wie die Privatautonomie von dem Bestehen einer Rechtsordnung abhängig, die ihre Existenz garantiert. Auch im Hinblick auf die Grenzen der Parteiautonomie besteht weitgehende Deckungsgleichheit mit der Privatautonomie. Der Grundsatz der Parteiautonomie findet dort seine Grenzen, wo ihre Ausübung mit den Zielen und Wertungen der Gesamtrechtsordnung bzw. des Kollisionsrechts nicht vereinbar ist.61 Insofern lässt sich auch auf kollisionsrechtlicher Ebene von zwingenden Vorschriften sprechen, die von der Parteiautonomie nicht pro- oder derogiert werden können.62 So hat der europäische Gesetzgeber in kollisionsrechtlicher Hinsicht Grenzen der Rechtswahl im Tatbestand des Art. 14 Rom II-VO (bzw. Art. 3 Rom I-VO) aufgestellt, die sowohl vom Sachrecht abgeleiteten als auch kollisionsrechtlichen Zielen Rechnung tragen.63 Auffällig ist in diesem Zusammenhang, dass die Parteiautonomie in solchen Bereichen Beschränkungen un58
Siehr, in: FS Keller, 1989, S. 485, 499: „Der Gesetzgeber gewährt die Parteiautonomie den Parteien zuliebe; sie ist Ausfluss der Privatautonomie.“ 59 Zur Systematik der subjektiven Kollisionsnormen siehe unten S. 56 ff. 60 So bereits Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Bd. I, S. 12; Kropholler, IPR, S. 295; Neuhaus, IPR, S. 256; „Das Prinzip der Autonomie“, das Kant im Jahre 1785 zur Grundlegung der Metaphysik der Sitten entworfen hat und wonach „der Wille nicht lediglich dem Gesetz unterworfen wird, sondern so unterworfen wird, daß er auch als selbstgesetzgebend, und eben um deswillen allererst dem Gesetze unterworfen, angesehen werden muss“, lässt sich insoweit übertragen, vgl. Kant, Grundlegung der Metaphysik der Sitten, S. 15; hierzu Püls, Privatautonomie S. 27 f. 61 Vgl. etwa die Ausführungen zur antizipierten Rechtswahl unten S. 230 ff. 62 Zur Frage, ob die Kollisionsnormen als materiell-rechtliche Regelungen disponibel und damit einer privatautonomen Gestaltung zugänglich sind, siehe unten S. 64 ff. 63 Vgl. hierzu die Ausführungen S. 60 ff.
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Erstes Kapitel: Grundlagen
terliegt, die auch der Privatautonomie entzogen sind.64 Dies ist in der Regel der Fall, wenn die Kollisionsnorm Interessen realisieren soll, die mit den sachrechtlichen Interessen übereinstimmen. Zu denken ist etwa an das Internationale Wettbewerbs- und Kartellrecht oder an Verletzungen geistigen Eigentums.65 Sachrechtliche und kollisionsrechtliche Interessen decken sich demnach häufig in ihrem Kernbestand, unterscheiden sich jedoch in ihrer Umsetzung. Es finden sich beispielsweise Beschränkungen der Rechtswahl im Bereich des Internationalen Wettbewerbs- und Kartellrechts (Art. 6 Abs. 3 Rom II-VO) sowie der grenzüberschreitenden Verletzung geistigen Eigentums (Art. 8 Abs. 3 Rom II-VO).66 Ebenso wie auf der Ebene des Sachrechts die Privatautonomie ihre Grenzen in den zwingenden sachrechtlichen Vorschriften findet, stößt die Parteiautonomie im Kollisionsrecht an den zwingenden Anknüpfungen des „objektiven Rechts“ an ihre Grenzen. Die Privat- und Parteiautonomie ähneln sich mithin in ihrem Bestand und ihren Grenzen, obwohl sie grundsätzlich auf zwei unterschiedlichen Rechtsebenen Wirkung entfalten. Eine klare Trennung der Wirkungsebenen der Partei- und Privatautonomie ist nicht allein aufgrund der parallel verlaufenden Interessen geboten. Überschneidungen sind in dreierlei Hinsicht gegeben. So werden zum einen bei der Ausübung der Rechtswahlfreiheit im Zweifel sowohl die zwingenden als auch die dispositiven Vorschriften der bezeichneten Rechtsordnung prorogiert.67 Zweitens stellt das Kollisionsrecht selbst eine materiell-rechtliche Regelung dar, die der Privatautonomie grundsätzlich zugänglich ist.68 Drittens erfolgt die Ausübung der Parteiautonomie durch den Abschluss eines (kollisionsrechtlichen Verweisungs-)Vertrages, dessen Zustandekommen, Wirksamkeit und inhaltliche Gestaltung mangels internationalen oder europäischen Einheitsrechts anhand von sachrechtlichen Regeln einer Rechtsordnung beurteilt werden müssen (sog. Rechtswahlstatut).69 Den Parteien steht es nicht nur grundsätzlich frei, ohne Einhaltung einer Form selbst und freiverantwortlich zu entscheiden, ob und mit wem sie eine Rechtswahlvereinbarung schließen, sondern auch, ob sie die Vereinbarung wieder aufheben, unter eine Bedingung stellen oder erneut mit Wirkung ex nunc oder ex tunc abändern.70 Die Grundlage für die Gewährleistung dieser Abschluss-, Gestal64 65 66 67 68 69
de Boer, YbPIL 9 (207), 19, 20. Vgl. hierzu im Einzelnen unten S. 88 ff. Siehe zu Art. 6 Abs. 3, 8 Abs. 3 Rom II-VO unten S. 88 ff. Zur Auslegung der Rechtswahlvereinbarung siehe unten S. 169 ff. Vgl. hierzu unten S. 64 ff. Die einseitige Ausübung der Parteiautonomie ist folglich nur möglich, wenn das Gesetz sie ausdrücklich gestattet. Dies ist etwa im Rahmen von Art. 7 Rom II-VO der Fall, wonach der Geschädigte die Wahl zwischen Erfolgs- und Handlungsort hat, vgl. hierzu Junker, in: MünchKomm, Art. 7 Rom II-VO Rn. 1. Vgl. auch unten S. 141 ff. 70 Vgl. hierzu S. 217 ff.
§ 1 Die Parteiautonomie
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tungs-, Partnerwahl-, Form- und Auflösungsfreiheit liegt in der Privatautonomie.71 Die enge Verzahnung von Partei- und Privatautonomie wird ferner im Hinblick auf ihre Grenzen deutlich, die weitgehend parallel verlaufen. So werden die sachrechtlichen materiell-rechtlichen Wertungen gleichsam im Kollisionsrecht berücksichtigt, wodurch die genannten kollisionsrechtlichen Beschränkungen u.a. zustande kommen.72 Insofern ist der Begriff des kollisionsrechtlichen Verweisungsvertrages zur Umschreibung des Art. 14 Rom II-VO ungenau. Genauer gesagt handelt es sich um eine materiell-rechtliche Vereinbarung, die kraft Gesetzes (auch) kollisionsrechtliche Wirkung entfaltet.73 Das Rechtswahlstatut unterliegt damit der Privatautonomie, während die generelle Möglichkeit der Rechtswahlvereinbarung von der Parteiautonomie garantiert wird. Die freie Rechtswahl im Sinne von Art. 14 Rom II-VO (Art. 3 Rom I-VO) ist somit ein Produkt der Partei- und Privatautonomie. D. Die Legitimationsgrundlage der Parteiautonomie und ihr Verhältnis zur Privatautonomie In der Vergangenheit wurde die Anknüpfung an den Parteiwillen als bloße Verlegenheitslösung bezeichnet, weil „in vielen Fällen ein allgemein einleuchtender Ausgleich der Parteiinteressen, die auf mehrere Rechte hinweisen, nicht möglich ist, […].“74 Diese Aussage stieß nur auf wenig Anklang.75 Die Anknüpfung an den Parteiwillen durchbricht mit der Möglichkeit der Wahl eines neutralen Rechts76 die klassische Dogmatik des Internationalen Privatrechts, wonach die Kollisionsnormen insbesondere die Anknüpfung an die engste Verbindung sicherstellen sollen.77 Daher ist es nicht verwunderlich, dass über die Legitimation der Anknüpfung an den Parteiwillen Streit herrscht. Die Untersuchung dieses Streits ist für die Begutachtung des Art. 14 Rom II-VO von besonderer Bedeutung, da sie Auskunft über die Voraussetzungen gibt, unter denen die Parteiautonomie beschränkt werden kann. Die Antworten in der Literatur, die insbesondere auf praktischen Erwägungen beruhen, sind vielfältig. Exemplarisch seien der 71 72 73
Bydlinski, System und Prinzipien, S. 150. Kropholler, IPR, S. 296. Zu beachten ist schließlich auch, dass die kollisionsrechtliche Verweisung nicht auf die zwingenden Vorschriften beschränkt ist, sondern mit der Rechtswahl zugleich die Pro- und Derogation des ius dispositivum einhergehen. 74Kegel/Schurig, IPR, S. 653. 75 Kritisch z.B. Kropholler, IPR, S. 296. 76 Siehe bereits oben S. 2 f. 77 Weller, IPRax 2011, 429. Neben der Anknüpfung an die engste Verbindung verfolgt das IPR insbesondere das Ziel, neutral gegenüber der Verweisung auf fremdes Recht zu sein und damit den internationalen Entscheidungseinklang zu fördern.
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Gewinn an Rechtssicherheit,78 die Behebung von Anknüpfungsschwierigkeiten,79 die Vorhersehbarkeit des anwendbaren Rechts,80 die Prozessökonomie,81 der Zusammenhang zwischen Sachrecht und Kollisionsrechts,82 der Grundsatz in dubio pro libertate,83 die Förderung internationaler Rechtsbeziehungen84 sowie die fehlende Flexibilität staatlicher (objektiver) Regelungen85 und die Möglichkeit der Wahl einer neutralen Rechtsordnung86 genannt.87 Jene vorwiegend praktischen Erwägungen können indes nicht die Frage beantworten, weshalb der Wille der Parteien im Kollisionsrecht überhaupt beachtet werden sollte. Der im Kollisionsrecht zum Ausdruck kommende Autonomiegedanke entspricht im Sachrecht der Privatautonomie. Wie festgestellt wurde, finden beide Erscheinungsformen auf ihren unterschiedlichen Wirkungsebenen weitgehend parallele Anwendung und Grenzen. Zur Rechtfertigung muss daher das Näheverhältnis der Parteiautonomie zur Privatautonomie berücksichtigt werden, das in Art. 14 Rom II-VO gerade deutlich wird.88 Richtigerweise müssen der Zusammenhang und das Zusammenspiel zwischen der Privat- und Parteiautonomie auch bei der Beurteilung der Legitimation des Parteiwillens als Anknüpfungsmoment89 Berücksichtigung finden.90 Unter konsequenter Fortführung des Verhältnisses von Privat- und Parteiautonomie wird man die Gewährleistung der Parteiautonomie mit den gleichen Erwägungen rechtfertigen können und müssen, die auch für die Privatautonomie angeführt werden. Im deutschen Recht ist die Parteiautonomie grundrechtlich in
78 Leible, ZVglRWiss 97 (1988), 286, 289; Schack, in: FS Kegel, 2002, S. 179, 190; W.-H. Roth, Versicherungsvertragsrecht S. 435; Oschmann, in: FG Sandrock, 1995, S. 25, 33 f.; Hohloch, in: FS Thue, 2007, S. 257, 263 f. 79 Raape, IPR, S. 458; Wengler, ZVglRWiss 54 (1941), 168, 193; Leible, ZVglRWiss 97 (1988), 286, 289; W.-H. Roth, Versicherungsvertragsrecht S. 435; Simitis, JuS 1966, 209, 210; Schack, in: FS Kegel, 2002, S. 179, 190; Neuhaus, Grundbegriffe, S. 257; Kropholler, IPR, S. 297; Spellenberg, Geschäftsstaut und Vollmacht im IPR S. 193. 80 Mehren/Trautmann, The Law of Multistate Problems, S. 254; Lando, RabelsZ 38 (1974), 6, 11. 81 Schmeding, RabelsZ 41 (1977), 299, 305 ff. 82 Neuhaus, Grundbegriffe, S. 256. 83Kropholler, IPR S. 296; Neuhaus, Grundbegriffe, S. 256. 84 Cavers, The Choice of Law Process, S. 181, 189, 196. 85 Batiffol, ZfRV 1 (1960), 49 ff. 86 Neuhaus, Grundbegriffe, S. 258; Simitis, JuS 1966, 209, 121; Schmeding, RabelsZ 41 (1977), 299, 305 m.w.N. 87 Zu den weiteren Vorschlägen gibt Schmeding, RabelsZ 41 (1977), 299, 305 ff. einen Überblick. 88 Ebenso de Boer, YbPIL 9 (2007), 19, 20. 89 Vgl. zur Systematik der subjektiven Kollisionsnormen siehe S. 53 ff. 90 de Boer, YbPIL 9 (207), 19, 20.
§ 2 Die Entwicklung der freien Rechtswahl
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Art. 2 Abs. 1 GG geschützt.91 Auf europäischer Ebene wird der Schutz der Parteiautonomie als Ausfluss des Beschränkungsverbots durch die Grundfreiheiten realisiert.92 Dies beruht auf der Erwägung, dass zwingende objektive Anknüpfungen nach der Dassonville-Formel93 aufgrund der mit ihnen einhergehenden Rechtsunsicherheit über das anwendbare Recht zu Belastungen der Grundfreiheiten führen können, sodass im Umkehrschluss die Parteiautonomie von den Grundfreiheiten gewährleistet wird.94 Nach dem Grundsatz in dubio pro libertate ist daher von einer grundsätzlich freien Rechtswahlmöglichkeit auszugehen. Die Beschränkungen der Parteiautonomie müssen folglich im Einklang mit den europäischen Grundfreiheiten stehen. Die Legitimationsgrundlage für eine kollisionsrechtliche Berücksichtigung des Parteiwillens ergibt sich folglich einerseits aus den europäischen Grundfreiheiten und andererseits in den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen aus derselben Grundlage, die auch die Privatautonomie garantiert.95 Ob die Parteiautonomie darüber hinaus als Ausfluss eines „überpositiven Autonomie- und Freiheitsgedanken[s]“96 bzw. als Menschenrecht97 qualifiziert werden kann, die die Verankerung der Parteiautonomie in den Grundrechten und Grundfreiheiten rechtfertigen, soll aufgrund der fehlenden Auswirkungen auf die Auslegung sowie Verfassungsund Europarechtskonformität des Art 14 Rom II-VO hier nicht weiter verfolgt werden.
§ 2 Die Entwicklung der freien Rechtswahl A. Überblick über die Entstehung der Rom II-VO Rückblickend scheinen die Entwicklung der Rom II-VO und die damit verbundene Kodifizierung der subjektiven Kollisionsnorm des Art. 14 Rom II-VO durch zwei Begebenheiten geprägt worden zu sein. So wurde die Forderung nach einer Rechtsvereinheitlichung im Bereich des Internationalen Schuldrechts schon Ende der 1960er Jahre laut.98 Dabei legte das 91 Riesenhuber, in: Wandlungen oder Erosion der Privatautonomie, 2007, S. 20, 27 m.w.N. 92 Wilmowsky, Europäisches Kreditsicherungsrecht S. 43 ff. 93 EuGH Rs. 8/74, Dassonville, Slg. 1974, 837. 94 Wilmowsky, Europäisches Kreditsicherungsrecht S. 44 ff.; W-H. Roth, Versicherungsvertragsrecht, S. 434 ff.; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 6. 95 Im Ergebnis ähnlich Hohloch, in: FS Thue, 2007, S. 257, 263 f; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 6; a.A. Neuhaus, Grundbegriffe, S. 255. 96 Leible, in: FS Jayme, Bd. 1, 2004, S. 485, 488. 97 Basedow, RabelsZ 73 (2011), 32 ff. 98 KOM (2003) 427 endg., Begründung der Kommission zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche
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Brüsseler Übereinkommen vom 27.9.1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ)99 den Grundstein für eine künftige Harmonisierung der mitgliedstaatlichen Kollisionsnormen.100 Maßgeblich für die Ausarbeitung des Übereinkommens war die bereits zu jener Zeit angestellte Überlegung, dass ein gemeinsamer Markt nur dann sinnvoll existieren kann, wenn die in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen „ohne weiteres in jedem anderen Mitgliedstaat anerkannt und vollstreckt werden können.“101 Einen ersten Schritt in Richtung Rechtsharmonisierung machte dabei der Vorentwurf eines EWG-Übereinkommens über das auf vertragliche und außervertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht von 1972102.103 Das geplante Übereinkommen sollte das am 1.2.1973 in Kraft getretene EWG-Vollstreckungsübereinkommen ergänzen.104 Die zuständige Arbeitsgruppe beschloss allerdings im März 1978, die Ausarbeitung aus Zeitgründen auf vertragliche Schuldverhältnisse zu beschränken, da sich die inhaltlichen Verhandlungen über das Kollisionsrecht für vertragliche Schuldverhältnisse durch den EG-Beitritt von Irland, Dänemark und dem Vereinigten Königreich im Jahr 1973 verzögerten.105 Gleichzeitig wurde Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 22.7.2003 S. 2 f.; abrufbar unter:
siehe auch Nott, LLR 24 (2002), 3, 4 ff. 99 Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27.09.1968 (BGBl III 1998/209). 100 Abgelöst durch die Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, Verordnung Nr. 44/2001 des Rates vom 22.12.2000 (ABl. Nr. L 12 v. 16.1.2001, S. 1, ber. ABl. L 307 v. 24.11.01, S. 28). 101 Siehr, AWD 1973, 569 zur Entstehung des EWG-Übereinkommens; so auch die Zusammenfassung der Entstehungsgeschichte in KOM (2003) 427 endg., Begründung der Kommission zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 22.7.2003 S. 3; siehe auch Nott, LLR 24 (2002), 3, 4 ff. 102 Abgedruckt auf deutsch in: RabelsZ 38 (1974) 211; abgedruckt auf englisch von Nadelmann, ASCL 21 (1973), 584, 587 ff.; hierzu Siehr, AWD 1973, 569; Kreuzer, RabelsZ 65 (2001) 383, 398; Nadelmann, ASCL 21 (1973), 584 ff.; Siehr, in: European Private International Law of Obligations, 1974, 1975; v. Hoffmann, in: Staudinger, Vor Art. 38 ff. EGBGB Rn. 11 ff. 103 Siehr, AWD 1973, 569; Herkner, Die Grenzen der Rechtswahl S. 233 f.; Köthe, Schranken der Parteiautonomie S. 28 f; König, EuR 1975, 289, 309 ff.; Kropholler, ZfRV 16 (1975), 256, 262 ff.; Foyer, Clunet 103 (1976), 555, 640 ff.; Overbeck/Volken, RabelsZ 38 (1974), 55, 56; ausführlich Nadelmann, ASCL 21 (1973), 584 ff. 104 Siehr, AWD 1973, 569. 105 Kreuzer, in: Reichelt/Rechberger, Europäisches Kollisionsrecht S. 13, 19; v. Hein, ZVglRWiss 102 (2003), 528, 530; Giuliano/Lagarde, Bericht über das Übereinkommen
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indes der Beschluss gefasst, nach Ausarbeitung des Übereinkommens für vertragliche Schuldverhältnisse Verhandlungen über ein zweites Übereinkommen bezüglich der Regelung von außervertraglichen Schuldverhältnissen aufzunehmen.106 Während bereits die Haager Konferenz an einem entsprechenden Entwurf arbeitete,107 nahm auch der Rat der Europäischen Union die Arbeiten zur Schaffung eines entsprechenden Regelungswerkes auf. Mit Inkrafttreten des Vertrages von Maastricht108 vom 7.2.1992 wurde der Bereich der justiziellen Zusammenarbeit zur Gemeinschaftsangelegenheit (Art. K 1 Nr. 6).109 Hierzu zählte der Rat der Europäischen Union auch die Harmonisierung der nationalen Kollisionsnormen.110 Auf Grundlage des durch den Vertrag von Amsterdam eingeführten Art. 61 lit. c, Art. 65 EG a.F.,111 (Art. 81 AEUV n.F),112 wonach die Gemeinschaft im Rahmen der justiziellen Zusammenarbeit die erforderlichen Maßnahmen treffen soll, die für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes erforderlich sind, war sie zur Harmonisierung des Internationalen Privatrechts
über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, BT-Drucks. 10/503, S. 36, 39; Huber/Bach, IPRax 2005, 73. 106 Giuliano/Lagarde, Bericht über das Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, BT-Drucks. 10/503, S. 36, 39; Junker, in: MünchKomm, Vor Art. 1 Rn. 5; v. Hein, ZVglRWiss 102 (2003), 528, 530. 107 Siehe hierzu sogleich S. 23. 108 Gesetz zum Vertrag vom 7. Februar 1992 über die Europäische Union vom 28. Dezember 1992 (BGBl. 1992 II S. 1251). 109 Junker, in: MünchKomm, Vor. Art. 1 Rom II-VO Rn. 6. 110 KOM (2003) 427 endg., Begründung der Kommission zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 22.7.2003 S. 4; siehe auch Nott, LLR 24 (2002), 3, 4 ff.; Junker, in: MünchKomm, Vor. Art. 1 Rom II-VO Rn. 6; Kreuzer, in: Reichelt/Rechberger, Europäisches Kollisionsrechts S. 13, 22. Aufgrund dessen teilte der Rat Anfang des Jahres 1998 den Mitgliedstaaten einen entsprechenden Fragebogen aus, dessen Beantwortung die Grundlage für den anschließenden Entwurf der österreichischen Ratspräsidentschaft bildete (hierzu R.Wagner, EuZW 1999, 709; KOM (2003) 427 endg., Begründung der Kommission zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 22.7.2003 S. 4). Mit Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam am 1.5.1999 und dem damit einhergehenden Wechsel des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts als Teilbereich der justiziellen Zusammenarbeit von der dritten zur ersten Säule (Art. 65 EGV) übernahm die Kommission die weitere Initiative, Jayme/Kohler, IPRax 1997, 385 ff.; Jayme/Kohler, IPRax 1999, 401; Kreuzer, in: Reichelt/Rechberger, Europäisches Kollisionsrechts S. 13, 22; Junker, in: MünchKomm, Vor. Art. 1 Rom II-VO Rn. 11. 111 Vertrag von Amsterdam zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte vom 2. Oktober 1997 (BGBl. 1998 II S. 387). 112 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vom 9.5.2008 (ABl. EG Nr. C 115 S. 47).
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nunmehr auch rechtlich imstande.113 In der Folge hat sich der Europäische Rat auf dem Gipfeltreffen in Tampere Ende des Jahres 1999 neben anderen wichtigen Angelegenheiten114 dafür ausgesprochen, die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung mitgliedstaatlicher Urteile zu erleichtern und die erforderliche Harmonisierung von Rechtsvorschriften vorzunehmen, um eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Behörden zu vereinfachen sowie um „den Schutz der Rechte des Einzelnen durch die Justiz [zu] erleichter[n] […]“.115 Auf diese Weise wurde die bereits in den 1960er Jahren angestellte Überlegung wieder aufgegriffen.116 Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung sollte nun zum „Eckstein der justiziellen Zusammenarbeit […] werden“.117 Damit trug der Rat den Zielbestimmungen des Art. 2 EUV a.F.118 (Art. 3 EU n.F.)119 Rechnung, wonach sich die Union zum Ziel gesetzt hat, ihren Bürgerinnen und Bürgern einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ohne Binnengrenzen zu bieten, in dem der freie Personenverkehr gewährleistet ist und in dem sich Rechtssuchende in jedem Mitgliedstaat ebenso einfach wie in ihrem eigenem an Gerichte und Behörden wenden können, um ihre Rechte geltend zu machen.120 Auf der Tagung in Tampere hat der Europäische Rat den Rat der Europäischen Union und die Kommission ersucht, bis Dezember 2000 ein
113 Gemeint ist die Erlangung der Richtlinien-/Verordnungskompetenz, Kreuzer, RabelsZ 65 (2001), 383, 398; ders., in: Reichelt/Rechberger, Europäisches Kollisionsrecht S. 13, 24; Huber/Bach, IPRax 2005, 73; Basedow, in: Baur/Mansel, Systemwechsel im europäischen Kollisionsrecht S. 19, 24; Heinze, JZ 2011, 709, 710; Kohler, rev.crit.dr.int. priv. 88 (1999), 8 ff.; Jayme/Kohler, IPRax 2002, 461, 462 m.w.N. Die Reichweite des Art. 65 EGV war allerdings streitig, siehe etwa Schack, ZEuP 1999, 805 ff.; Leible/Staudinger, EuLF 2000/2001 (D), 225; Jayme/Kohler, IPRax 1999, 401 ff.; Basedow, CMLR 37, (2000), 687 ff.; Hess, NJW 2000, 23 ff.; v. Hein, ZVglRWiss 102 (2003), 528, 531 m.w.N. 114 Siehe das Dokument über die zusammengefassten Schlussfolgerungen des Europäischen Rates über die Konferenz von Tampere vom 15. und 16. Oktober 1999, abrufbar unter: . Zu nennen sind „Eine gemeinsame Asyl- und Migrationspolitik der EU“, Rn. 10 ff.; „Unionsweite Kriminalitätsbekämpfung“, Rn. 40 ff.; „Stärkeres Außenpolitisches Handeln“, Rn. 59 ff. 115 Siehe das Dokument über die zusammengefassten Schlussfolgerungen des Europäischen Rates über die Konferenz von Tampere vom 15. und 16. Oktober 1999 Rn. 33, abrufbar unter: . 116 Siehe oben S. 15 ff. 117 Dokument über die zusammengefassten Schlussfolgerungen des Europäischen Rates über die Konferenz von Tampere vom 15. und 16. Oktober 1999 Rn. 33. 118 Vertrag über die Europäische Union (EU) vom 7.2.1992 (ABl. Nr. C 191 S. 1). 119 Vertrag über die Europäische Union (EU) vom 13.12.2007 (ABl. Nr. C 306/1). 120 Erwägungsgrund 1 der Rom II-VO.
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Maßnahmenprogramm121 zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Urteilen und Entscheidungen von Justizbehörden anzunehmen.122 Im Rahmen dessen schlug der Rat als flankierende Maßnahme u.a. vor, das Internationale Privatrecht zu harmonisieren, um das Vertrauen der Gerichte in ausländische Entscheidungen zu stärken und auf diese Weise einen „freien Verkehr gerichtlicher Entscheidungen“123 zu erreichen.124 Bis zum 1.5.2001 sollte nun ein entsprechender Verordnungsvorschlag (Rom II) erarbeitet werden. Dessen Grundlage sollten der Entwurf des österreichischen Ratsvorsitzes125 sowie der GEDIP-Vorschlag126 bilden.127 Im Mai 2002 konnte so ein Vorentwurf ausgearbeitet und der Öffentlichkeit vorgestellt werden.128 Dieser berücksichtigte darüber hinaus die parallelen Reformbestrebungen im deutschen Internationalen Privatrecht129 sowie den Referentenentwurf der Kommission vom 21.6. 1999130.131 Über den Entwurf vom Mai 2002 fasste die Kommission am
121 Maßnahmenprogramm zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 15.1.2001 (ABl. Nr. C 12 S. 1). 122 Erwägungsgrund 3 der Rom II-VO. 123 KOM (2003) 427 endg., Begründung der Kommission zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 22.7.2003 S. 2. 124 Maßnahmenprogramm zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 15.1.2001 (ABl. Nr. C 12 S. 1, 6); siehe auch Erwägungsgrund 4 der Rom II-VO. 125 Draft Convention on the Law applicable to Non Contractural Obligations vom 28.10.1998 (Ratsdokument SN 4850/98 (unveröffentlicht)); siehe hierzu R. Wagner, EuZW 1999, 709; v. Hein, RabelsZ 64 (2000), 595, 611 ff.; Hohloch, in: FS Stoll, 2001, 533 ff.; Sonnenberger, in: FS Henrich, 2000, S. 575, 588. 126 Groupe européen de droit international privé, Proposition pour une convention européenne sur la loi applicable aux obligations non contractuelles vom 25-27.9.1998, Projekt Nr. GR/97/051, abgedruckt in : IPRax 1999, 286 ff., hierzu sogleich unten S. 24 f. 127 v. Hein, ZVglRWiss 102 (2003), 528, 532 f.; vgl. Leible/Engel, EuZW 2004, 7; Huber/Bach, IPRax 2005, 73. 128 Vgl. hierzu Hamburg Group for Private International Law, RabelsZ 67 (2003), 1, 35 f.; Leible, Die Bedeutung des Internationalen Privatrechts im Zeitalter der neuen Medien S. 181 ff. 129 Gesetz zum Internationalen Privatrecht für außervertragliche Schuldverhältnisse und für Sachen vom 21.5.1999 (BGBl. 1999 I Nr. 26 S. 1026). 130 Referentenentwurf der EG-Kommission vom 21.6.1999, abgedruckt bei v. Hoffmann, in: Staudinger, Vor. Art. 38 ff. Rn. 16. 131 Stellungnahme der 2. Kommission des Deutsches Rates für Internationales Privatrecht zum Vorentwurf eines Vorschlags der Europäischen Kommission für eine Verordnung des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 1.9.2002, abrufbar unter:
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22.7.2003, nach Würdigung und Berücksichtigung eingegangener Stellungnahmen, mit einigen Änderungen Beschluss, wodurch schließlich das europäische Rechtsetzungsverfahren eingeleitet wurde.132 Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung und Vollstreckung mitgliedstaatlicher Urteile bildete nicht das einzige Motiv für eine Rechtsharmonisierung der Kollisionsnormen des außervertraglichen Schuldrechts. So gewann man bereits seit Etablierung des EuGVÜ die Erfahrung und Erkenntnis, dass allein die Vorhersehbarkeit des Gerichtsortes nicht ausreicht, um auch die materiell-rechtliche Entscheidung vorhersehen zu können.133 Aufgrund des für die Kollisionsnormen des Internationalen Privatrechts geltenden lex-fori-Prinzips und der durch das EuGVÜ eröffneten Möglichkeit, zwischen mehreren konkurrierenden Gerichtsständen zu wählen und weitgehende Gerichtsstandsvereinbarungen zu treffen, bestand seit Inkrafttreten jenes Übereinkommens die erwähnte zweite Begebenheit und zugleich die weitere treibende Kraft zur Rechtsharmonisierung in der Begegnung der Gefahr des forum shopping.134 Dessen Hintergrund bildet die uneinheitliche mitgliedstaatliche Kodifikation des Internationalen Privatrechts. Nur ein Teil der heutigen Mitgliedstaaten verfügten vor Inkrafttreten der geltenden Rom I- 135 und Rom II-Verordnung136 über eine Normierung des Internationalen Privatrechts.137 In den übrigen Mitgliedstaaten beruhte das Internationale Privatrecht hinsichtlich der Regelung von außervertraglichen Schuldverhältnissen ebenso wie in Deutschland138 auf Richterrecht und Lehre.139 Im Rahmen der objektiven Anknüpfung bestanden zahlreiche Unterschiede, die von einer „Generalklausel“ für alle S. 5. 132 Vgl. Benecke, RIW 2003, 830 ff.; Leible/Engel, EuZW 2004, 7 ff.; v. Hein, ZVglRWiss 102 (2003), 528, 533. 133 Kropholler, in: FS Firsching, 1985, S. 165, 172; ders., JZ 1983, 905, 907; R. Wagner, EuZW 1999, 709; KOM (2003) 427 endg., Begründung der Kommission zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 22.7.2003 S. 3; siehe auch Nott, LLR 24 (2002), 3, 4 ff. 134 So auch van Hoek, in: Cross-Border Collective Actions in Europe, S. 425, 442; Kreuzer, RabelsZ 65 (2001), 383, 398; Herkner, Die Grenzen der Rechtswahl S. 233; R. Wagner, EuZW 1999, 709; Weintraub, in: The Rome II Regulation, S. 47 ff. 135 Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Abl. Nr. L 177 vom 4.7.2008, S. 6, ber. ABl. Nr. L 309 vom 24.11.2009, S. 87). 136 Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (ABl. Nr. L 199 vom 31.7.2007, S. 40). 137 Z.B. Deutschland, Estland, Litauen, Österreich, Portugal, Spanien, Slowenien. 138 Vgl. oben S. 27 ff. 139 Z.B. Frankreich, England, Belgien, Irland.
§ 2 Die Entwicklung der freien Rechtswahl
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außervertraglichen Schuldverhältnisse bis hin zu differenzierenden Regelungen zwischen unerlaubten Handlungen, ungerechtfertigter Bereicherung und Geschäftsführung ohne Auftrag reichten.140 Vor diesem Hintergrund versprach allein die Schaffung einheitlicher Kollisionsnormen ein geeignetes Bollwerk gegen das forum shopping zu sein.141 Dies umfasst freilich auch die Kodifizierung einer Rechtswahlmöglichkeit, welche im Fall ihrer Ausübung wohl am effektivsten die Gefahr des forum shopping eliminiert und damit dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit Rechnung trägt.142 B. Der Weg zu Art. 14 Rom II-VO „Der Volksmund weiß: Rom wurde nicht an einem Tag erbaut, und aus kollisionsrechtlicher Sicht ist hinzuzufügen: ‚Rom II‘ erst recht nicht.“143 Mit diesen Worten umschreibt v. Hein treffend die dreißigjährige Entwicklungsphase, die zur Schaffung einheitlicher Kollisionsnormen für außervertragliche Schuldverhältnisse erforderlich war.144 Nicht erst innerhalb des europäischen Rechtsetzungsverfahrens, sondern bereits zuvor in der Erstellung eines ersten Harmonisierungsvorschlags tauchten zahlreiche Fragen mit hohem Diskussionsbedarf auf. Der Kommissionsvorschlag vom 22.7.2003,145 der mit einigen Änderungen schließlich in der heutigen Rom II-VO aufgegangen ist, war durch verschiedene vorangehende Verordnungsvorschläge inspiriert worden. Nachfolgend sollen die Verordnungsentwürfe im Hinblick auf die Kodifizierung und Zulässigkeit einer Rechtswahl untersucht werden. Die Entwicklung des Art. 14 Rom II-VO und des dazugehörigen Erwägungsgrundes 31 sowie die Feststellung, welche Interessen sich im Ergebnis mit der Kodifizierung des heutigen Art. 14 Rom II140 Einen rechtsvergleichenden Überblick gibt v. Hein, RabelsZ 64 (2000), 595, 603 ff.; Kadner Graziano, Gemeineuropäisches IPR, S. 170 ff. 141 Im Hinblick auf die subjektive Anknüpfung sahen manche mitgliedstaatliche Kollisionsrechte eine nachträgliche oder antizipierte Rechtswahlmöglichkeit vor, während andere Rechtsordnungen beide Möglichkeiten kumulativ zur Anwendung brachten oder teilweise ganz auf eine parteiautonome Gestaltung verzichteten (vgl. Landbrecht, RIW 2010, 783, 785). Am weitesten ging dabei wohl Österreich, das in § 35 Abs. 1 IPRG für vertragliche und außervertragliche Schuldverhältnisse eine ausdrückliche, schlüssige, vorherige und nachträgliche Rechtswahl zuließ, siehe hierzu Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 622. 142 So schon Kropholler, JZ 1983, 905, 907; ders., in: FS Firsching, 1985, S. 165, 172; ebenso van Hoek, in: Cross-Border Collective Actions in Europe, S. 425, 442; hierzu auch Nugel, NJW-Spezial 2010, 9. 143 v. Hein, VersR 2007, 440. 144 v. Hein, VersR 2007, 440. 145 KOM (2003) 427 endg., Begründung der Kommission zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 22.7.2003 S. 4.
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VO durchgesetzt haben, ist nicht zuletzt im Hinblick auf die Auslegung der Vorschrift von besonderer Bedeutung. I. Rechtswahl im Vorentwurf eines EWG-Übereinkommens von 1972 Den ersten Entwurf, in dem auch Kollisionsnormen für das Internationale Privatrecht der außervertraglichen Schuldverhältnisse enthalten waren, bildete der Vorentwurf eines EWG-Übereinkommens von 1972.146 Während das Übereinkommen nach dem Prinzip der freien Willensbildung sehr weitgehende Möglichkeiten zur vorherigen und nachträglichen (Teil-) Rechtswahl für das Vertragsstatut zuließ (Art. 3 EVÜ),147 war eine Rechtswahlmöglichkeit für das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht nicht vorgesehen.148 Ob die Rechtswahlmöglichkeit vor diesem Hintergrund ausgeschlossen sein sollte oder ob die Ausformung ihrer Zulässigkeit und Grenzen der Rechtsprechung und Literatur überlassen werden sollte, ist offen geblieben.149 Aufgrund der weitgehenden Rechtswahlmöglichkeit im Rahmen vertraglicher Schuldverhältnisse (Art. 3 EVÜ)150 und der vertragsakzessorischen Anknüpfung an das Deliktsstatut (Art. 10 Abs. 2 EWG-E) wurde der Parteiautonomie allerdings zumindest mittelbar Rechnung getragen.151 Darüber hinaus sollte den Parteien eine nachträgliche Rechtswahl im Prozess möglich sein, da diese Frage von dem Vorentwurf des Übereinkommens unbeantwortet bleiben sollte. Vielmehr wurde davon ausgegangen, dass es sich hierbei um eine Frage des Verfahrensrechts handele, deren Beantwortung Aufgabe der lex fori sei.152
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Siehe oben S. 22 f. Beschränkungen der Rechtswahl bestanden hingegen insbesondere für Schuldverhältnisse mit Verbraucher- und Arbeitnehmerbeteiligung (Art. 5 Abs. 2 EVÜ, Art. 6 Abs. 1 EVÜ). Aufgrund der Subsidiarität des EVÜ gegenüber anderen Übereinkommen, an denen ein Vertragsstaat beteiligt war (Art. 21 EVÜ) sowie gegenüber anderem gemeinschaftlichem oder infolge von EG-Richtlinien harmonisierten einzelstaatlichen Kollisionsrecht (Art. 20 EVÜ), geriet die bezweckte Rechtsvereinheitlichung im Bereich der vertraglichen Schuldverhältnisse allerdings ins Stolpern, Jayme/Kohler, IPRax 1997, 388; wohl auch Sonnenberger, JZ 1998, 982, 983; anders Martiny, ZEuP 1997, 107 ff., 128 f., der eine Verbesserung der Regelungen feststellt. 148 Köthe, Schranken der Parteiautonomie S. 29. 149 So Siehr, AWD 1973, 569, 580. 150 Römisches Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 19.6.1980, (ABl. 1980 Nr. L 266, S 1). Zur Parteiautonomie, vgl. zur Rechtswahl im EVÜ etwa Sandrock, RIW 1986, 841, 846. 151 Dies vertritt zumindest Siehr, AWD 1973, 569, 580. 152 Siehr, AWD 1973, 569, 580.
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II. Rechtswahl im Rahmen der Haager Übereinkommen Parallel zu den Arbeiten am EWG-Übereinkommen erarbeitete die Haager Konferenz153 in den siebziger Jahren spezielle Übereinkommen für das auf Straßenverkehrsunfälle154 (HStrÜ) und auf die Produkthaftung155 (HProdHaftÜ) anwendbare Recht. Zwar gingen die Ziele der Haager Konferenz ursprünglich über die Regelung von Straßenverkehrsunfällen hinaus.156 Im Ergebnis beschränkte man sich indes auf jene Spezialmaterien.157 Den Einfluss der Haager Übereinkommen auf die Entwicklung des Art. 14 Rom IIVO wird man daher wohl als gering einstufen müssen. Eine Regelung zur Parteiautonomie enthalten die Übereinkommen nicht.158 Auch in den Materialien zu den Haager Übereinkommen finden sich keine Hinweise auf die Gewährleistung von Parteiautonomie.159 Vor diesem Hintergrund tauchte die Streitfrage auf, ob die kodifizierte oder richterrechtlich entwickelte Rechtswahlmöglichkeit im Internationalen Privatrecht des jeweiligen Vertragsstaates gleichwohl angewendet werden kann.160 Dabei stand einerseits die Frage im Vordergrund, ob das Haager Übereinkommen als zwingend einzustufen ist,161 sowie andererseits – und für Art. 14 Rom II-VO von
153 Die Haager Konferenz mit derzeit 70 Mitgliedern (69 Staaten und die Europäische Union) geht zurück auf eine Initiative der niederländischen Regierung im Jahr 1874 und findet sich seit 1893 zur Ausarbeitung multilateraler völkerrechtlicher Übereinkommen für Internationales Privatrecht mit dem Ziel der Schaffung von Rechtssicherheit zusammen. Die entsandten Delegationen der Regierungen handeln auf den Haager Konferenzen jene völkerrechtliche Abkommen aus, die dann nach den nationalen Vorschriften ratifiziert werden, Rauscher, IPR S. 19, sowie die Internetpräsenz der Haager Konferenz unter: . 154 Übereinkommen vom 4. Mai 1971 über das auf Straßenverkehrsunfälle anzuwendende Recht, abrufbar unter . 155 Übereinkommen vom 2. Oktober 1973 über das auf die Produkthaftung anzuwendende Recht, abrufbar unter ; vgl. hierzu u.a. Freitag, Der Einfluß des Europäischen Gemeinschaftsrechts auf das internationale Produkthaftungsrecht S. 53 ff. 156 Beitzke, RabelsZ 33 (1969), 204, 209; vgl. allgemein zur 9. und 11. Haager Konferenz Ferid, RabelsZ 27 (1962/1963), 411; Beitzke, RabelsZ 33 (1969), 204 ff.; Junker, in: MünchKomm, Vor Art. 1 Rom II-VO Rn. 2. 157 Deutschland hat keines der beiden Haager Übereinkommen unterzeichnet. 158 OGH ZfRV 1995, 212; 2003, 148; Cours de Cassation, rev.crit.dr.int.priv. 1989, 68; Hoyer, ZfRV 5 (1991), 341 f. 159 Actes et documents de la Onzième session, tome III; ebenso Hoyer, ZfRV 5 (1991), 341, 344. 160 Hierzu umfassend Hoyer, ZfRV 5 (1991), 341, ff.; vgl. Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 4 Rn. 4.114; Kadner Graziano, NIPR 2008, 425 ff. zum Verhältnis zu Art. 14 Rom II-VO. 161 So Hoyer, ZfRV 5 (1991), 341, 344: „[Zugleich bestehen indes auch keine] Anhaltspunkte dafür, dass das Übereinkommen [eine] Rechtswahl generell ausschließen, al-
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größerem Interesse – ob die Nähe von Straßenverkehrsunfällen zum Internationalen Versicherungsrecht eine Rechtswahlmöglichkeit ausschließen müsse, um eine einheitliche Schadensregulierung zu gewährleisten.162 Insbesondere der OGH hat sich im Ergebnis für einen Rückgriff auf die nationale kollisionsrechtliche163 Rechtswahlmöglichkeit ausgesprochen.164 Auch wenn die Entwicklung der objektiven Kollisionsnormen der Rom II-VO durch die Haager Übereinkommen augenscheinlich stärker beeinflusst worden ist165 als die der subjektiven Anknüpfung, sind diese Übereinkommen für Art. 14 Rom II-VO nicht ohne Bedeutung. So ist die Kenntnis des europäischen Gesetzgebers von der dargestellten Problematik bei der grundlegenden Frage zu berücksichtigen, unter welchen Voraussetzungen eine Anknüpfung an die Parteiautonomie zur Bestimmung des anwendbaren Rechts ausgeschlossen ist. Darüber hinaus wird man sich auch hier die Frage stellen müssen, insbesondere vor dem Hintergrund des Art. 28 Rom II-VO, wie das Verhältnis von der Rom II-VO zu den Haager Übereinkommen ausgestaltet ist.166 III. Rechtswahl im Verordnungsvorschlag der GEDIP Von weit größerer Bedeutung für die Entwicklung des Art. 14 Rom II-VO war die Wirkung, die von dem Verordnungsvorschlag der „Groupe européen de droit international privé“ (GEDIP) aus dem Jahr 1998 ausging.167 Noch bevor der Vertrag von Amsterdam in Kraft treten sollte, sprach sich der Rat der Europäischen Union am 18.12.1997 dafür aus, zu prüfen, ob die Harmonisierung des Kollisionsrechts für außervertragliche Schuldverhältnisse erforderlich und möglich ist.168 Die GEDIP unterbreitete in der so zwingendes Kollisionsrecht einführen wollte.“ Diese Frage stellt sich auch für das Verhältnis von Art. 14 Rom II-VO zum Haager Übereinkommen, vgl. hierzu S. 23. 162 So Schwimmann, Grundriß des IPR S. 160.; ders., in: Rummel, § 48 ABGB Rn. 12; vgl. zum Streitstand Hoyer, ZfRV 5 (1991), 341, 344 f. m.w.N. 163 In Abgrenzung zur bloßen materiell-rechtlichen Verweisung, vgl. hierzu S. 6. 164 Vgl. hierzu OGH ZfRV 36 (1995), 212 unter Verweis auf Hoyer, ZfRV, 32 (1991), 341; Duchek, IPR Rn. 488; Duchek/Schwind, IPR S. 166 Anm. 3 zu Art. 1 des Übereinkommens. 165 Junker, in: MünchKomm, Vor Art. 1 Rom II-VO Rn. 2; zum Verhältnis der Rom II-VO zu den Haager Übereinkommen, vgl. Kadner Graziano, NIPR 2008, 425 ff.; Staudinger, in: FS Kropholler, 2008, S. 691 ff.; Siehr, in: FS Kropholler, 2008, S.211, 225. 166 Hierzu unten S. 2384 f. 167 Artikel 8 des GEDIP-Vorschlags lautet: « Liberté de choix Les parties peuvent choisir la loi applicable à l’obligation non contractuelle par une convention postérieure à la naissance du différend. Ce choix doit être exprès. Il ne peut pas porter atteinte aus droits tiers. » Abgedruckt in: IPRax 1999, 286. 168 Entschließung des Rates vom 18. Dezember 1997 zur Festlegung der Prioritäten für die Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres für den Zeitraum vom 1. Januar
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Folge in Luxemburg einen von der EU-Kommission finanzierten Vorschlag für ein entsprechendes europäisches Gesetzesvorhaben (im Folgenden: GEDIP-V) und legte diesen anschließend der EG-Kommission vor.169 Dieser Vorschlag knüpfte nicht nur an das EVÜ an, sondern auch an den EWG-Vorentwurf von 1972.170 Dabei hatte die GEDIP sowohl die Vorschriften des EuGVÜ sowie diejenigen der erwähnten Haager Übereinkommen zu berücksichtigen als auch in rechtsvergleichender Hinsicht die nationalen, autonomen Anknüpfungsregeln.171 Art. 8 S. 1 und S. 2 GEDIPV eröffneten danach die Möglichkeit einer nachträglichen Rechtswahl, die sich auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus Delikt, ungerechtfertigter Bereicherung und Geschäftsführung ohne Auftrag erstreckte. Als maßgeblicher Zeitpunkt galt die „Entstehung der Streitigkeit“.172 Nach Art. 8 S. 3 GEDIP-V musste die Rechtswahl ausdrücklich erfolgen. Rechte Dritter blieben von der Rechtswahl unberührt. Beschränkungen der Rechtswahl für spezielle Anknüpfungsgegenstände sah der GEDIP-V nicht vor. Im Gegensatz zu den Haager Übereinkommen und dem Vorentwurf von 1972 bestand innerhalb der GEDIP darüber Einigkeit, dass die Parteiautonomie kodifiziert werden sollte. Streitig war allerdings, ob auch eine vorherige Rechtswahlmöglichkeit, wie sie etwa in Österreich173 bereits bestand, zugelassen werden sollte.174 Befürwortet wurde eine antizipierte Rechtswahl, um eine einheitliche Anknüpfung der Schuldrechtsbeziehungen von international tätigen Unternehmen zu ermöglichen.175 Im Ergebnis beschränkte man sich indes auf die nachträgliche Rechtswahlmöglichkeit, weil einerseits die gleichsam enthaltene Regelung zur vertragsakzessorischen Anknüpfung (Art. 3 Abs. 5 GEDIP-V) als ausreichend angesehen wurde (wie
1998 bis zum Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam (ABl. C 11 vom 15.1.1998, S. 1). 169 Siehe hierzu Benecke, RIW 2003, 830, 831; Kreuzer, in: Reichelt/Rechberger, Europäisches Kollisionsrechts S. 13, 21; ders., RabelsZ 65 (2001), 383 ff.; Strikwerda, WPNR 2000 Nr. 6421, 774 ff.; Sonnenberger, in: FS Henrich, 2000, S. 575, 590 ff.; v. Hein, ZEuP 2001, 151, 163 f.; ders., ZVglRWiss 102 (2003), 528, 532; Seatzu, Jus 58 (2001), 37 ff.; Kropholler/v. Hein, in: Law and Justice in a Multistate World, 2002, S. 317. 170 Kreuzer, in: Reichelt/Rechberger, Europäisches Kollisionsrechts S. 13, 21; Sonnenberger, in: FS Henrich, 2000, S. 575, 590. 171 Kreuzer, in: Reichelt/Rechberger, Europäisches Kollisionsrecht S. 13, 20. 172 „[…] à la naissance du différend.“ so die französische Sprachfassung; Kreuzer, in: Reichelt/Rechberger, Europäisches Kollisionsrechts S. 13, 21. 173 Vgl. § 35 Österreichisches IPRG. 174 Vgl. hierzu Kreuzer, in: Reichelt/Rechberger, Europäisches Kollisionsrechts S. 13, 21. 175 Kreuzer, in: Reichelt/Rechberger, Europäisches Kollisionsrechts S. 13, 21; ders., riv.dir.int.priv.proc. 2006, 45, 52; Dörner, in: HK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 3.
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Erstes Kapitel: Grundlagen
bereits das EWG-Übereinkommen von 1972 vorsah)176 und andererseits wiederum differenzierte Regelungen zum Schutz der schwächeren Partei, also etwa des Verbrauchers oder Arbeitnehmers, erforderlich geworden wären.177 Die Beschränkung der Rechtswahlmöglichkeit post delictum sollte mithin auch dem Verbraucher- und Arbeitnehmerschutz Rechnung tragen.178 IV. Rechtswahl im Präsidialentwurf vom 28.10.1998 Parallel zur Erarbeitung des GEDIP-V wurde unter österreichischem Ratsvorsitz eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die einen Verordnungsentwurf (im Folgenden: Präs-E) anfertigen sollte, der bis heute allerdings unveröffentlicht geblieben ist.179 Gegenüber dem GEDIP-V verfolgte der Präs-E einen disparaten Weg. So konnten die Parteien nach Art. 12 Nr. 1 Präs-E eine zeitlich unbeschränkte Rechtswahl treffen, d.h. sowohl vor als auch nach Entstehung des außervertraglichen Schuldverhältnisses.180 Regelungen zum Schutz schwächerer Parteien sah der Entwurf nicht vor. Ferner erlaubte Art. 12 Nr. 1 Präs-E erstmalig ausdrücklich eine Teilrechtswahl. Sowohl die einheitliche Rechtswahl als auch die Teilrechtswahl mussten indes ausdrücklich erfolgen oder sich mit hinreichender Sicherheit aus dem Umständen des Falles ergeben, Art. 12 Nr. 2 Präs-E. Rechte Dritter sollten freilich auch hier unberührt bleiben, Art. 12 Nr. 3 Präs-E. Eine Besonderheit stellte darüber hinaus der in Klammern gesetzte Zusatz in Nr. 4 dar, dass eine getroffene Rechtswahl unwirksam ist, wenn sie für eine Partei in besonderem Maße ungerecht ist. Dies wird man wohl als Versuch einordnen müssen, einheitliche Kriterien und Rechtsfolgen für die Annahme ei176 177 178 179
Siehe oben S. 22. Kreuzer, in: Reichelt/Rechberger, Europäisches Kollisionsrechts S. 13, 21. Kreuzer, in: Reichelt/Rechberger, Europäisches Kollisionsrecht S. 13, 21. Draft Convention on the Law applicable to Non Contractural Obligations vom 28.10.1998 (Ratsdokument SN 4850/98 (unveröffentlicht)); siehe hierzu R. Wagner, EuZW 1999, 709; v. Hein, RabelsZ 64 (2000), 595, 611 ff.; Hohloch, in: FS Stoll, S. 2001, S. 533 ff.; Sonnenberger, in: FS Henrich, 2000, S. 575, 588. 180 “Art. 12 Präs-E lautet: (Freedom of Choice) 1. The parties may [at any time] choose the law applicable of the whole of a noncontractual obligation or for a reasonably separable part of the delictual case or relationship. 2. The choice must be expressed or demonstrated with reasonable certainty by the circumstances of the case. 3. The choice of law shall not affect the rights and obligations of third parties. [4. Any party to a choice of law agreement may invoke its invalidity if it is grossly unfair]. 5. Where all the other elements relevant to the situation at the time of the choice of law are connected with one single country, the choice of law shall not affect the application of the rules of law of that country.”
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ner Gesetzesumgehung zu finden. Die Einklammerung deutet indes darauf hin, dass die Arbeitsgruppe an dem Bedürfnis nach einer solchen Regelung zweifelte, zumal eine vergleichbare Regelung in den Vorgängerentwürfen bislang nicht existiert hatte. Hervorzuheben ist schließlich, dass Art. 12 Nr. 5 Präs-E bereits eine Inlandsklausel vorsah, nach der die zwingenden Bestimmungen des Landes nicht abgewählt werden können, zu dem der Sachverhalt die einzigen Berührungspunkte aufweist. Damit klang bereits die heutige Fassung des Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO an. Beschränkungen der Rechtswahl sah der Präs-E nicht vor. Vielmehr gilt Art. 12 Präs-E für alle außervertraglichen Schuldverhältnisse, die im Anwendungsbereich der Verordnungsvorschlags liegen. Während also der GEDIP-V durch seine restriktive Handhabung der Parteiautonomie gekennzeichnet ist, indem er die Parteien auf eine nachträgliche ausdrückliche Rechtswahl beschränkte, zeichnet sich der Präsidialentwurf durch seinen liberalen Umgang mit der Rechtswahl aus. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass der Entwurf unter österreichischer Ratspräsidentschaft initiiert wurde, sodass die Vermutung naheliegt, dass Art. 12 Präs-E seine Wurzeln in dem extensiven § 35 österreichisches IPRG181 hat. V. Einfluss des deutschen IPR-Gesetzes vom 21.5.1999 Der Präsidialentwurf vom 28.10.1998 wurde vom deutschen IPR-Gesetz, das am 21.5.1999 verabschiedet wurde, überlagert. Der eingefügte Art. 42 EGBGB inspirierte ausweislich der Kommissionsbegründung den europäischen Gesetzgeber bei der Entwicklung des Art. 14 Rom II-VO.182 Zwar bestehen tatbestandlich zwischen Art. 42 EGBGB und Art. 14 Rom II-VO weitreichende Unterschiede. In ihrer Funktionsweise sind beide Vorschriften jedoch weitgehend identisch.183 Das deutsche Internationale Privatrecht war im Bereich der außervertraglichen Schuldverhältnisse seit Entstehung des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) vom 18.8.1896 bis zu seiner Reform im Jahr 1999 nur lückenhaft kodifiziert.184 Die Entwicklung kollisionsrechtlicher Anknüpfungsmomente für die Anknüpfungsgegenstände im 181 182
Siehe hierzu bereits oben S.15 ff. Siehe KOM (2003) 427 endg., Begründung der Kommission zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 22.7.2003 S. 24 Fn. 35.; abrufbar unter: ; v. Hein, in: Calliess/Baetge, Art. 14 Rom II-VO Rn. 35. 183 Vgl. zu Art. 14 Rom II-VO die Ausführungen zur Systematik und Rechtsnatur unten S. 53 ff. 184 Zur vorangehenden Entwicklung der Parteiautonomie in Europa, vgl. Gebauer, JZ 2011, 213, 215 ff. m.w.N.
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Internationalen Deliktsrecht, Internationalen Wettbewerbs- und Kartellrecht sowie im Bereicherungsrecht und der Geschäftsführung ohne Auftrag blieben vor diesem Hintergrund weitgehend der Rechtsprechung und Literatur vorbehalten.185 Die Historie der Rechtswahl im Bereich der außervertraglichen Schuldverhältnisse ist insbesondere durch das Internationale Deliktsrecht geprägt worden.186 Dort war die Möglichkeit der Rechtswahl in der Rechtsprechung187 und Literatur188 bereits seit einiger Zeit anerkannt.189 Im Internationalen Deliktsrecht bildete Leo Raape im Jahr 1954 die Vorhut.190 Dieser lehnte zwar grundsätzlich eine Rechtswahl auf dem Gebiet des Internationalen Deliktsrechts ab, ging aber davon aus, dass ein Bedürfnis nach einer nachträglichen Rechtswahlmöglichkeit dann bestehe, wenn sonst zweifelhaft sei, nach welcher Rechtsordnung das Delikt zu beurteilen ist.191 Jene Zweifel müssten durch die Möglichkeit der Rechtswahl, d.h. durch eine vertragliche Vereinbarung, beseitigt werden können. Zu dessen Umsetzung bediente sich Raape eines „juristischen Kunstgriffs“192: Die Parteien könnten einen schuldrechtlichen Vertrag mit dem Inhalt schließen, dass der Schädiger sich verpflicht dem Verletzten das zu zahlen, was er zahlen müsste, wenn das Delikt nach deutschem Recht zu beurteilen wäre.193 Möglich war folglich nur eine nachträgliche sachrechtliche Rechtswahl, sodass die Parteien an das ius cogens des an sich maß-
185 Zur Frage, ob die culpa in contrahendo als vertragliches oder deliktisches Schuldverhältnis zu qualifizieren ist, vgl. Henk, Die culpa in contrahendo im IPR und IZVR.; zur heutigen europäischen Rechtslage, vgl. Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Rom II-VO. 186 Dies wird man auf die abweichende Praxisrelevanz der verschiedenen außervertraglichen Schuldverhältnisse zurückführen können. 187 BGHZ 42, 385, 389; BGH VersR 1960, 907; BGH VersR 1963, 241; BGH IPRax 1982, 13; HansOLG Hamburg VersR 1961, 822; OLG Hamburg VersR 1975, 801; LG Aachen VersR 1974, 1092. 188 Vgl. Neuhaus, Grundbegriffe S. 253; Ferid, IPR Rn. 6-180; Flessner, RabelsZ 34 (1970), 547, 568; Deutsch, in: FS Ferid (1978) 117, 125; Kropholler, RabelsZ 33 (1969) 599, 639 ff; Mummenhoff, NJW 1975, 476, 479; v. Hoffmann, in: Staudinger, Art. 38 n.F. EGBGB, 12. Aufl., Rn. 145. 189 Anders etwa OLG Karlsruhe, NJW 1964, 55 (obiter dictum); Bröcker, Möglichkeiten der differenzierten Regelbildung im internationalen Deliktsrecht S. 76; Trutmann, Das IPR der Deliktsobligationen S. 137; Wengler, in: BGB-RGRK, IPR, 12. Aufl., S. 436. Danach wird die Möglichkeit der Rechtswahl abgelehnt, weil die Vorschriften des Deliktsrechts objektive, für jedermann gleichermaßen verbindliche Gebietsnormen darstellen, die eine Disposition über das Deliktsstatut ausschließen sollten. 190Raape, in: FS Böhmer, 1954, S. 111 ff.; Raape, IPR S. 579; vgl. auch v. Hein, RabelsZ 64 (2000), 595, 597. 191 Raape, in: FS Böhmer, 1954, S. 111, 122; Raape, IPR S. 579 f.; hierzu auch v. Hein, RabelsZ 64 (2000), 595, 597. 192 So v. Hein, RabelsZ 64 (2000), 595, 597. 193 Raape, in: FS Böhmer, 1954, S. 111, 122f.
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gebenden Rechts gebunden blieben.194 Die deutsche Lehre und der deutsche Gesetzgeber folgten Raapes Konstruktion überwiegend nicht.195 Im Anschluss an Raape rückte die Ansicht in den Vordergrund, dass der Verletzte die materiell-rechtliche Befugnis haben müsse, über seine außervertraglichen (Schadensersatz-)Ansprüche frei zu verfügen. Zwar brächten die deliktsrechtlichen Normen auch ein öffentliches (Schutz-)Interesse zum Ausdruck. Dieses sei aber gegenüber der Parteiautonomie nachrangig.196 Da ebenso wie das Sachrecht auch das Kollisionsrecht als materiellrechtliche Regelungen eingeordnet wurde, setzte sich in der Folge der Gedanke durch, dass auch in kollisionsrechtlicher Hinsicht eine parteiautonome Gestaltung möglich sein müsse, die gleichsam zur Abwahl zwingenden Rechts berechtige.197 Die Rechtsprechung verfuhr mit der Möglichkeit der Rechtswahl uneinheitlich.198 Erst als der BGH in seiner ApfelschorfEntscheidung seine Rechtsprechung zur konkludenten nachträglichen Rechtswahl im Prozess, die bislang nur zu vertraglichen Schuldverhältnissen erging, auch auf außervertragliche Schuldverhältnisse erstreckte, war die praktische Möglichkeit der Rechtswahl im Internationalen Deliktsrecht anerkannt.199 Für die weiteren Teilbereiche der außervertraglichen Schuldverhältnisse wurde die Möglichkeit der Rechtswahl weiterhin weitgehend uneinheitlich beantwortet. Inwieweit eine subjektive Anknüpfung im Internationalen Wettbewerbsrecht möglich sein sollte, war und ist Gegenstand einer umfassenden Debatte.200 Die Ansichten hierzu reichen von einer generellen Ablehnung der Parteiautonomie im gesamten Wettbewerbsrecht bis hin zu differenzierenden Meinungen mit mehr oder minder klaren Ab194 Unter Zugrundelegung der o.g. Differenzierung zwischen Parteiautonomie und Privatautonomie greift Raape im Ergebnis damit auf die Privatautonomie zurück. 195 Kropholler, RabelsZ 33 (1969), 601, 634 ff.; Kreuzer, IPRax 1982, 1, 5; Einsele, RabelsZ 60 (1996), 417, 425 ff.; Hohloch, NZV 1988, 161, 162 f.; v. Hein, RabelsZ 64 (2000), 595, 599. 196 Kropholler, RabelsZ 33 (1969), 601, 640 ff.; v. Hein, RabelsZ 64 (2000), 595, 597.; berufen wird sich hierbei insbesondere auf die im deutschen Recht geltende Regelung des § 823 Abs. 2 BGB, der die Verletzung eines Schutzgesetzes tatbestandlich voraussetzt. Nach der vorherrschenden Schutznormtheorie genügt es, wenn die in Frage stehende Norm zumindest auch Individualinteressen schützt, vgl. hierzu allgemein Spickhoff, Gesetzesverstoß und Haftung S. 78 ff. 197 Kropholler, RabelsZ 33 (1969), 601, 640 ff; Hohloch, NZV 1988, 161; anders Kegel, IPR (1995) S. 553 der eine bloß materiell-rechtliche Verweisung annimmt. 198 Vgl. etwa OLG Hamburg, VersR 1961, 822 ff.; OLG Karlsruhe NJW 1964, 55. 199 Erstmals in BGH AWD 1958, 33, wo der BGH das Verhandeln der Parteien einzig über deutsches Recht als Indiz zur Wahl deutschen Rechts gewertet hat; zuvor aber bereits RG v. 13.4.1882 GruchBeitr. 26, 889 m.w.N. bei Kreuzer, Das Internationale Privatrecht des Warenkaufs S. 194 ff., 245 ff. 200 Vgl. hierzu zusammenfassend Laufkötter, Parteiautonomie im Internationalen Wettbewerbsrecht S. 22 ff.
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grenzungen zu den einzelnen Teilgebieten des Internationalen Wettbewerbsrecht.201 Bisweilen wird in der deutschen Literatur eine Rechtswahl überwiegend für unzulässig gehalten.202 Begründet wird dies insbesondere damit, dass das Wettbewerbsrecht im Gegensatz zum sonstigen Deliktsrecht keine rein individuellen Interessenkonflikte betreffe, sondern vielmehr auch Interessen Dritter sowie der Allgemeinheit berührte.203 Im Bereich des Internationalen Kartellrechts verankerte der Gesetzgeber in § 98 Abs. 2 S. 1 GWB a.F.204 das Auswirkungsprinzip (§ 130 Abs. 2 n.F.205), das die Rechtswahl im Internationalen Kartellrecht ausschließt und Art. 12 a.F. bzw. Art. 38 a.F. als lex specialis verdrängt.206 Im Gegensatz zum Internationalen Wettbewerbsrecht bestand im Einklang mit den Ausführungen zum Internationalen Deliktsrecht in Rechtsprechung und Literatur weitgehend Einigkeit darin, dass das auf den Be-
201 Vgl. überblicksartig Laufkötter, Parteiautonomie im Internationalen Wettbewerbsrecht S. 22 ff.; Sack, WRP 2000, 269, 285; ders., GRUR Int. 1988, 320, 329 f.; Mankowski, in: MünchKomm, IntWettbR Rn. 238, 290 ff.; v. Hoffmann, in: Staudinger, Art. 40 EGBGB Rn. 343 ff. m.w.N. Die Rechtsprechung zur Rechtswahlmöglichkeit ist spärlich. Zwar hielt der BGH in seinem Urteil vom 27.3.1968 (BGH IPRspr. 1968/69, 395) im Einklang mit seiner Rechtsprechung zur Rechtswahl bei vertraglichen Ansprüchen (s.o.) eine konkludente Rechtswahl grundsätzlich für möglich; eine klare Aussage zu den Voraussetzungen der Rechtswahl oder ein Bekenntnis zu einer Literaturansicht hat er indes nicht abgegeben. 1993 musste sich schließlich das Kammergericht mit der subjektiven Anknüpfung bei Wettbewerbsverstößen beschäftigen und billigte eine nachträgliche Rechtswahl grundsätzlich. Jedoch lag der Entscheidung, wie v. Hein richtig feststellt (v. Hein, RabelsZ 64 (2000), 595, 599), schon kein Wettbewerbsrecht, sondern das allgemeine Deliktsrecht zugrunde, sodass ihr keine besondere Bedeutung beigemessen werden kann. 202 Vgl. v. Hein, RabelsZ 64 (2000), 595, 599; anders Einsele, RabelsZ 60 (1996), 417, 425 ff.; Laufkötter, Parteiautonomie im Internationalen Wettbewerbsrecht S. 156. 203 Einsele, RabelsZ 60 (1960), 417, 429. Interessant sind in diesem Zusammenhang die Regelungen des § 48 Abs. 2, 35 Abs. 1 a.F. des österreichischen IPRG von 1978, wonach den Parteien die Möglichkeit eingeräumt wurde, für das gesamte Internationale Schuldrecht und damit auch für das Internationalen Wettbewerbsrecht das anwendbare Recht zu wählen. Trotz dieser eindeutigen Regelung wurde in der österreichischen Literatur nahezu einhellig die Möglichkeit der Rechtswahl aus den Gründen abgelehnt, die auch in Deutschland zum Ausschluss der Rechtswahl führten; hierzu Einsele, RabelsZ 60 (1960), 417, 429; Laufkötter, Parteiautonomie im Internationalen Wettbewerbsrecht S. 45 ff. 204 § 98 Abs. 2 GWB geht zurück auf einen Vorschlag der BReg. aus dem Jahr 1978, vgl. hierzu: Emmerich/Rehbinder/Markert, in: Immenga/Mestmäcker, § 130 GWB Rn. 121. 205 Geändert im Jahr 1998 durch das Sechste Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Wettbewerbsbeschränkungen, BGBl. I, 2521, das am 1.1.1999 in Kraft getreten ist. 206 OLG Frankfurt a.M. WRP 1992, 331, 332f.; v. Hein, RabelsZ 64 (2000), 595, 599.
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reicherungsausgleich anzuwendende Recht einer (nachträglichen) Rechtswahl durch die Parteien zugänglich sei.207 Auch die Frage nach der kollisionsrechtlichen Behandlung der Geschäftsführung ohne Auftrag war bislang nicht gesetzlich geregelt, sondern ebenso richterrechtlich geprägt. Aufgrund der wenigen ergangenen Urteile auf diesem Gebiet blieb eine Verfestigung zum Gewohnheitsrecht aus.208 Maßgebend für die Erstreckung der Rechtswahlmöglichkeit auch auf die Internationale Geschäftsführung ohne Auftrag war eine Entscheidung des
207 LG Heidelberg, IPRax 1992, 170 mit Anm. Meyer-Grimberg S. 153; OLG Karlsruhe, 27.3.1992, IPRspr 1992 Nr. 52b. Als einschränkendes Kriterium für die Möglichkeit zur Ausübung der Rechtswahl wurde indes teilweise gefordert, dass die kollisionsrechtliche Parteiautonomie auch hinsichtlich der ursprünglichen Rechtsbeziehung anerkannt sein müsse, weil etwa bei Leistungskondiktionen aufgrund familienrechtlicher oder erbrechtlicher Beziehungen berücksichtigt werden müsse, dass für die Rückabwicklung möglicherweise besondere Rechtsbehelfe bestünden (Meyer-Grimberg, IPRax 1992, 153; allgemein zum Kollisionsrecht der ungerechtfertigten Bereicherung vgl. Einsele, JZ 1993, 1025; Schlechtriem, IPRax 1995, 65). Dies gelte umso mehr, weil in vielen anderen Rechtsordnungen das Bereicherungsrecht nicht wie im deutschen Sachrecht den Zweck verfolge, die Folgen des Abstraktionsprinzips zu regeln und darüber hinaus die Ausgleichs- und Rückabwicklungsansprüche häufig mit dem Sachrecht „verwoben“ seien (Schlechtriem, in: Vorschläge und Gutachten zur Reform des deutschen internationalen Privatrechts der außervertraglichen Schuldverhältnisse, 1983 S. 29 ff.; Meyer-Grimberg, IPRax 1992, 153, 154). Demgegenüber urteilte das LG Heidelberg 1991, dass eine nachträgliche Rechtswahl Rechtsklarheit und Rechtssicherheit schaffe, zur Beschleunigung des Verfahrens durch Wahl der lex fori beitragen könne und die Parteiautonomie es dem Ausgleichsberechtigtem erlauben müsse mit dem Ausgleichspflichtigem das anwendbare Recht zu bestimmen. Für eine Beschränkung der Rechtswahl sei daher kein Raum (LG Heidelberg IPRax 1992, 170; hierzu Meyer-Grimberg, IPRax 1992, 153 ff.; Plaßmeier, Ungerechtfertigte Bereicherung im IPR S. 415 f.; Eilinghoff, Das Kollisionsrecht der ungerechtfertigten Bereicherung S. 110 ff.). Dies entsprach der mittlerweile wohl herrschenden Ansicht in der Literatur (hierzu Patrzek, Die vertragsakzessorische Anknüpfung im IPR S. 128 ff.; Meyer-Grimberg, IPRax 1992, 153 ff.; Plaßmeier, Ungerechtfertigte Bereicherung im IPR S. 415 f.; Eilinghoff, Das Kollisionsrecht der ungerechtfertigten Bereicherung S. 110 ff.). Der Grund für die Möglichkeit der Rechtswahl bei der Eingriffskondiktion wurde dabei vorrangig in dem Bestreben gesehen, Bereicherungsansprüche und Deliktsansprüche nach demselben Recht zu beurteilen (Partzek, Die vertragsakzessorische Anknüpfung im IPR S. 128 ff.). Während über die Zulässigkeit einer antizipierten Rechtswahl ebenso wie im Internationalen Deliktsrecht Streit herrschte, bestand weitgehende Einigkeit darin, dass der Rechtswahl im Internationalen Bereicherungsrecht Grenzen gesetzt werden müssten, wenn Rechte Dritter, z.B. eines Bürgen, betroffen sind (Ferid, IPR Rn. 9-12, 1 ff.). Im Ergebnis billigte die Rechtsprechung und Literatur bis zur Reform im Jahr 1999 den Parteien eine nachträgliche Rechtswahlmöglichkeit somit zu. 208 Inwieweit man im Bereich des Internationalen Deliktsrechts oder des Internationalen Wettbewerbsrecht von einer Erstarkung zum Gewohnheitsrecht sprechen kann, ist bis heute ungeklärt, vgl. hierzu Hohloch, NZV 1988, 161 f.
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OLG Stuttgart209 aus dem Jahr 1974. Dort hatte der Kläger von einer liberianischen Gesellschaft ein in Deutschland gelegenes Grundstück gekauft. Die Verkäuferin unterließ die Beibringung der für die Grundbucheintragung erforderlichen Unterlagen, sodass diese vom Käufer selbst beschafft wurden. Das OLG billigte dem Kläger im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH zur konkludenten Rechtswahl im Rahmen vertraglicher Schuldverhältnisse einen Aufwendungsersatzanspruch nach §§ 677, 683, 670 BGB zu, weil beide Parteien einvernehmlich davon ausgingen, dass deutsches Recht in der Sache anzuwenden sei.210 Dies steht im Einklang mit der überwiegenden Literaturansicht, die eine (nachträgliche) Rechtswahl für zulässig hält. So meinen etwa v. Hoffmann und Thorn, dass eine Rechtswahl ebenso wie im Vertragsrecht zulässig sein müsse, weil es im Rahmen der Geschäftsführung ohne Auftrag gleichsam um einen Ausgleich privater Interessen gehe.211 Drittinteressen müssten von der Rechtswahl jedoch unberührt bleiben. Martiny spricht sich für die Möglichkeit der Rechtswahl aufgrund eines Vergleichs zum Delikts- und Bereicherungsrecht aus.212 Degner rechtfertigt hingegen das parteiautonome Bestimmungsrecht im Rahmen der Geschäftsführung ohne Auftrag mit der Ähnlichkeit zu einem Rechtsgeschäft. Diese sei daher international privatrechtlich wie ein „Konsensualvertrag“ zu behandeln.213 Im Anschluss an die Entwicklung der Rechtswahl im Internationalen Delikts- und Bereicherungsrecht reihte sich somit auch die Internationale Geschäftsführung ohne Auftrag in den Grundsatz der Parteiautonomie ein. Jene Entwicklung in den einzelnen Teilbereichen der außervertraglichen Schuldverhältnisse führte dazu, dass der Gesetzgeber die sich im Laufe von einhundert Jahren entwickelten Grundsätze im Jahr 1999 kodifizierte. Mit jener IPR-Reform wurde schließlich die Möglichkeit der Rechtswahl in Art. 42 EGBGB kodifiziert. Während Art. 9 des Entwurfes des Deutschen Rates die nachträgliche Rechtswahl noch auf die außervertragliche Schadenshaftung beschränkte, erfasst Art. 42 EGBGB ebenso wie Art. 14 Rom II-VO nun als eine Art „Generalklausel“ grundsätzlich alle Formen von außervertraglichen Schuldverhältnissen. Danach können die Parteien nach Eintritt des Ereignisses, durch das ein außervertragliches Schuldverhältnis entstanden ist, das Recht wählen, dem es unterliegen soll. Die Rechte Dritter bleiben gem. S. 2 unberührt. Inwieweit mit dieser Kodifikation der subjektiven Anknüpfung auch eine gesetzgeberische Intention zur Regelung der antizipierten Rechtswahl zum Ausdruck gebracht wurde, ist 209 210 211 212 213
OLG Stuttgart, 18.3.1974, IPRspr. 1974 Nr. 7. Vgl. hierzu auch Wandt, Die GoA im IPR S. 47. v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 11 Rn. 13. Martiny, in: MünchKomm, vor Art. 12 EGBGB, 1. Aufl., 1983, Rn. 322. Degner, RIW 1983, 825 ff.
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noch immer ungeklärt. Mit der Reform des Internationalen Privatrechts 1999 fand die Entwicklung des Art. 14 Rom II-VO folglich noch nicht ihr Ende. VI. Rechtswahl im Referentenentwurf der EG- Kommission vom 21.6.1999 Bereits am 21.6.1999 wurde auf Grundlage der Art. 61 lit. c, 65 EG ein weiterer Verordnungsvorschlag der Kommission in Form eines sog. Referentenentwurfs214 (im Folgenden: Ref-E) vorgelegt.215 Der Ref-E kann als erster Kompromiss zwischen dem GEDIP-V und dem Präsidialentwurf bezeichnet werden. Er sah in Art. 6 Nr. 1 Ref-E im Einklang mit Art. 12 Nr. 1 Präs-E eine zeitlich unbeschränkte Rechtswahlmöglichkeit für grundsätzlich alle außervertraglichen Schuldverhältnisse vor. Damit sollte den Interessen der Parteien an größtmöglicher Rechtssicherheit Rechnung getragen werden.216 Die Wahl des Rechts sollte demgegenüber ausdrücklich erfolgen. Eine konkludente Rechtswahl, wie sie Art. 12 Nr. 2 Präs-E erlaubte, war nicht möglich. Rechte Dritter sollten von der Rechtswahl unberührt bleiben. Art. 6 Nr. 2 Ref-E schrieb darüber hinaus vor, dass bei einem reinen Inlandssachverhalt die zwingenden Bestimmungen des Inlands durch
214 Referentenentwurf der EG-Kommission vom 21.6.1999, abgedruckt bei v. Hoffmann, in: Staudinger, Vor. Art. 38 ff. Rn. 16. 215 « Art. 6 Ref-E lautet: Liberté de choix 1. Les parties peuvent choisir la loi applicable à l’obligation non-contractuelle. Ce choix, qui doit etre exprès, ne peut pas porter atteinte aux droits des tiers. 2. Le choix par les parties d’une loi ne peut, lorsque tous les autres éléments de la situation étaient, au moment de la naissance de l’obligation, localisés dans un pays autre que celui dont la loi a été choisie, porter atteinte à l’application des dispositions auxquelles la loi de ce pays ne permet pas de déroger par convention, ci-après dénommées «disposition impératives». 3. Nonobstant les dispositions du paragraphe 1, le choix par les parties de la loi applicable ne peut, dans le cas d’un différend opposant un consommateur à un producteur et portant sur la responsabilité non-contractuelle du dommage causé par un défaut d’un produit dont le producteur est responsable, avoir pour résultat de priver le consommateur de la protection que lui assurent les disposition impératives de la loi qui serait applicable à l’obligation non-contractuelle à défaut de choix. 4. Nonobstant les dispositions du paragraphe 1, le choix par les parties de la loi applicable ne peut, dans le cas d’un différend opposant un travailleur à son employe[u]r et portant sur la responsabilité non-contractuelle du de l’une ou l’autre partie, avoir pour résultat de priver le travailleur de la protection que lui assurent les dispositions impératives de la loi qui serait applicable à l’obligation non-contractuelle à défaut de choix. » Abgedruckt bei v. Hoffmann, in: Staudinger, Vor Art. 38 ff. EGBGB Rn. 16. 216 So Erwägungsgrund 10 des Ref-E: « (10) considérant qu’il convient, dans l’intérêt de l’autonomie des parties, de permettre à celles-ci de choisir la loi applicable à une obligation non-contractuelles, qu’il convient à cet égard de prévoir des sauvegardes pour les parties les plus faibles. »
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die Wahl einer anderen Rechtsordnung nicht derogiert werden dürften.217 Damit schloss sich der Ref-E dem Präs-E an. Art. 6 Nr. 3 Ref-E enthielt ferner eine Vorschrift zum Verbraucherschutz, wonach im Falle der Produkthaftung von den zwingenden verbraucherschützenden Vorschriften des nach objektiven Kollisionsnormen ermittelten Rechts nicht abgewichen werden kann. Eine ähnliche Regelung enthielt Art. 6 Nr. 4 Ref-E zugunsten des Arbeitnehmers. Danach darf dem Arbeitnehmer, der für die Entstehung eines außervertraglichen Schuldverhältnisses verantwortlich ist, nicht der Schutz der zwingenden arbeitnehmerschützenden Vorschriften entzogen werden, die ihm nach dem nach objektiven Kollisionsnormen ermittelten Recht zustünden. Einerseits wird man Art. 6 Nr. 3 und 4 Ref-E wohl darauf zurückführen können, dass auch eine unbeschränkte antizipierte Rechtswahl für zulässig erklärt wurde. Andererseits wird man die Zulässigkeit der antizipierten Rechtswahl darauf stützen können, dass der Ref-E keine akzessorische Anknüpfung an das Vertragsstatut vorschlägt, für das unzweifelhaft eine antizipierte Rechtswahl zulässig war.218 Vergleicht man den GEDIP-V mit dem Ref-E, so ist festzustellen, dass beide Entwürfe dem Schutz „schwächerer Parteien“ Rechnung tragen wollten. Im Gegensatz zum Präsidialentwurf haben die Kommission und die GEDIP folglich erkannt, dass die Einräumung einer antizipierten Rechtswahl die Gefahr birgt, dass schwächere Parteien zu einer im Nachhinein ungewollten Rechtswahl verleitet werden könnten. Der GEDIP-V erreicht den intendierten Schutz, indem er nur eine Rechtswahl ex post für zulässig erklärt.219 Der Ref-E sieht als Lösung die Kodifizierung besonderer verbraucher- und arbeitnehmerschützender Vorschriften vor, während er zugleich von einer akzessorischen Anknüpfung an das Vertragsstatut absieht. Weitergehende Beschränkungen der Rechtswahl außerhalb der Regelungen des Art. 6 Ref-E für bestimmte Rechtsmaterien sieht der Referentenentwurf indes nicht vor.
217 Dies geschah wohl nicht zuletzt zur Schaffung eines Gleichlaufs mit der Regelung des Art. 3 EVÜ, wonach „die Wahl eines ausländischen Rechts durch die Parteien – sei sie durch die Vereinbarung der Zuständigkeit eines ausländischen Gerichtes ergänzt oder nicht – die Bestimmungen nicht berühr[t][…], von denen nach dem Recht jenes Staates durch Vertrag nicht abgewichen werden kann und die nachstehend ‚zwingende Bestimmungen‘ genannt werden, [sofern] alle anderen Teile des Sachverhalts im Zeitpunkt der Rechtswahl in ein und demselben Staat belegen [sind].“ 218 So auch Herkner, Die Grenzen der Rechtswahl S. 243 f.; siehe zur akzessorischen Anknüpfung auch die Ausführungen unten S. 280. 219 Wobei sich freilich die Frage stellt, ob dieser Ausschluss der Rechtswahl nicht durch eine akzessorische Anknüpfung an das Vertragsstatut, für das eine antizipierte Rechtswahl zulässig wäre, umgangen würde, siehe hierzu unten S. 280.
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VII. Der Verordnungsvorschlag vom Mai 2002 Nahezu zeitgleich zum Vorschlag der Groupe européenne de droit international privé nahm der Rat der Europäischen Union die seit 1978 ruhenden Arbeiten zur Schaffung eines Regelungswerkes für das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht wieder auf.220 Bis zum 1.5.2001 sollte aufgrund des bereits erwähnten, in Tampere angeregten Maßnahmenprogramm des Rates ein entsprechender Verordnungsvorschlag (Rom II) (im Folgenden: VO-V) erarbeitet werden. Dessen Grundlage sollten primär der Entwurf des österreichischen Ratsvorsitzes (Präs-E) sowie der GEDIP-Entwurf (GEDIP-V) bilden.221 Wie dargelegt, war die Ausgestaltung der subjektiven Kollisionsnorm in den Vorgängerentwürfen sehr unterschiedlich. Gleichwohl konnte man sich im Mai 2002 auf eine erste Fassung einigen.222 Im Hinblick auf die Regelung der Parteiautonomie kann festgestellt werden, dass sich der Präsidialentwurf überwiegend behaupten konnte.223 So sah der Verordnungsvorschlag gleichsam eine zeitlich unbeschränkte Rechtswahl für außervertragliche Schuldverhältnisse vor. Bemerkenswert ist allerdings in der Konsequenz, dass der Verordnungsvorschlag keine Beschränkungen der Rechtswahl zum Zwecke des Schutzes von Parteien in schwächeren Verhandlungspositionen vorsieht, obwohl sowohl der GEDIP-V als auch der Referentenvorschlag einen entsprechenden Schutz für erforderlich hielten.224 So versagte der GEDIP-V die Möglichkeit der antizipierten Rechtswahl gerade aufgrund des Erfordernisses zusätzlicher verbraucher- und arbeitnehmerschützender Regelungen. Der Vorschlag der Kommission ging den anderen Weg und fügte hin220 Siehe bereits oben zur Aufspaltung der Arbeiten S. 15. Der Vorentwurf ist abgedruckt und besprochen von der Hamburg Group for Private International Law, in: RabelsZ 67 (2003), 1 ff. 221 v. Hein, ZVglRWiss 102 (2003), 528, 533. 222 Vgl. hierzu Hamburg Group for Private International Law, RabelsZ 67 (2003), 1, 35 f.; Junker, in: MünchKomm, Vor Art. 1 Rom II-VO Rn. 11. 223 “Art. 11 VO-V lautet: Freedom of choice 1. The parties may choose the law applicable to a non-contractual obligation. The choice shall be made expressly and shall not adversely affect the rights of third parties. 2. If all the other elements of the situation at the time when the obligation arises are located in a country other than that whose law has been chosen, the choice of the parties shall not prejudice the application of rules of the law of that country which cannot be derogated from (‘mandatory rules’). 3. The choice of the parties of the applicable law shall not debar the application of mandatory provisions of Community law where the other elements of the situation were located in one of the Member States of the European Community at the time when the obligation came into being.” 224 Vgl. zu dieser Funktion des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO die Ausführungen unten S. 230. Siehe hierzu auch die Stellungnahme der Hamburg Group for Private International Law, RabelsZ 67 (2003), 1, 34 f.
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gegen in Art. 6 Nr. 3, 4 Ref-E besondere verbraucher- und arbeitnehmerschützende Vorschriften in die subjektive Kollisionsnorm ein. Der neue Verordnungsvorschlag vom Mai 2002 übernahm keine der beiden Alternativen und folgte damit dem Präsidialentwurf. Die Hamburg Group for Private International Law rechtfertigte diesen Standpunkt damit, dass eine vorherige Rechtswahlmöglichkeit praktisch nur dann eine Bedeutung habe, wenn bereits ein Vertrag zwischen den Parteien besteht, für den nach Artikel 3 EVÜ eine vorherige Rechtswahl ohnehin möglich ist, die im Wege der akzessorischen Anknüpfung dann auf das außervertragliche Schuldverhältnis ausstrahlt.225 Die einzige Beschränkung, die der neue Vorentwurf vorsah, lag in der Aufnahme einer Klausel für reine Inlands- und Binnenmarktsachverhalte, die im Ergebnis bis zur heutigen Fassung der Rom II-VO Bestand hat.226 Damit hat sich auch hier wiederum der Referenten- und Präsidialentwurf, zumindest zum Teil, durchsetzen können. Jene enthielten in Art. 6 Nr. 3 Ref-E, Art. 12 Nr. 5 Präs-E nur eine Klausel im Hinblick auf die Anwendung der zwingenden Bestimmungen des Landes, zu dem die einzigen Berührungspunkte des Sachverhaltes bestehen. Erstmalig enthält der VO-V demgegenüber in Art. 11 Nr. 3 VO-V eine parallele Vorschrift über die Anwendung der zwingenden Vorschriften des Gemeinschaftsrechts bei Vorliegen eines reinen Binnenmarktsachverhalts.227 Damit geht der Verordnungsvorschlag nicht nur über die Entwürfe der GEDIP und der Kommission hinaus, sondern entwickelt die Rechtswahl auch im Verhältnis zum EVÜ, d.h. insbesondere Art. 3 EVÜ, weiter. Kohärenz zwischen den drei Verordnungsentwürfen besteht aber insoweit, dass die Rechtswahl ausdrücklich erfolgen musste und dass Rechte Dritter von der Wirkung der 225 Hamburg Group for Private International Law, RabelsZ 67 (2003), 1, 35: “In our view, that restriction is not indispensable. While there may be ethical objections to a choice of law antecedent to a non-consensual infringement of a victim’s rights, such a choice prior to the harmful event can only be conceived in cases where a contractual relationship between the parties already exists at the time of the tort or delict or quasi-delict. Article 3(1) of the Rome Convention guarantees the free choice of law for that contractual relationship. Moreover, the synchronization of the choice of law for contractual and non-contractual obligations arising from the same fact-pattern appears highly desirable in view of the coordination that single legal systems provide with regard to the conditions and extent of liability, and the remedies granted. It is therefore very likely that the escape clause of art. 3(3) sub para. 2 DP (art. 11a [2] of the Hamburg alternative proposal) would be used to apply the law chosen by the parties for their contractual relationship to any non-contractual obligation. For all practical effects, this amounts to the admission of the choice of law antecedent to the harmful event with regard to non-contractual obligations.” 226 Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 2; Dickinson, EBLR 13 (2002), 369, 379; Hamburg Group for Private International Law, RabelsZ 67 (2003), 1, 35 f. 227 Hamburg Group for Private International Law, RabelsZ 67 (2003), 1, 35 f.
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Rechtswahlvereinbarung nicht tangiert werden.228 Für eine konkludente Rechtswahl, wie sie der Präsidialentwurf zuließ, sollte demnach kein Raum sein. Darüber hinaus ist zu beobachten, wie sich auch schon im Vorentwurf von 1972 abzeichnete, dass die subjektive Kollisionsnorm nicht auf einzelne Anknüpfungsgegenstände Bezug nimmt, sondern vielmehr für alle außervertraglichen Schuldverhältnisse Anwendung finden soll, die im Anwendungsbereich des Verordnungsvorschlags liegen und für die keine Ausnahmeregelung besteht.229 Solche Ausnahmeregelungen existierten indes weder für das internationale Kartell- und Lauterkeitsrecht noch für außervertragliche Schuldverhältnisse aus der Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums oder Umweltschädigungen.230 VIII. Kommissionsvorschlag vom 22.7.2003 Über jenen im Mai 2002 vorgestellten Verordnungsvorschlag (im Folgenden: Kom-V) fasste die Kommission schließlich am 22.7.2003, nach Würdigung und Berücksichtigung weiterer eingegangener Stellungnahmen, Beschluss.231 Auch wenn die Kommission in ihrer Begründung davon spricht, dass der „Verordnungsvorschlag den jüngsten Entwicklungen des IPR [folgt], die zu einer größeren Parteiautonomie tendieren“,232 war das Resultat rückschrittlich.233 Die Rechtswahl wurde wiederum auf die nachträgliche Möglichkeit beschränkt, wobei das maßgebliche Differenzierungskrite228 229 230
Siehe Art. 11 des VO-V. Vgl. hierzu auch die Ausführungen zur Systematik des Art. 14 Rom II-VO. Etwaige Beschränkungen wurden auch nicht von der Hamburg Group for Private International Law (RabelsZ 67 (2003), 1, 18 ff.) vorgeschlagen. 231 Eine kurze Zusammenfassung zum Gesetzgebungsverfahren bis 2005 gibt Wagner IPRax 2006, 372, 386 f. 232 KOM (2003) 427 endg., Begründung der Kommission zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 22.7.2003 S. 24. 233 „Art 10 Kom-V lautet: Freie Rechtswahl 1. Außer bei außervertraglichen Schuldverhältnissen, für die Artikel 8 maßgebend ist, können die Parteien nach Eintritt des Ereignisses, durch das ein außervertragliches Schuldverhältnis entstanden ist, das Recht wählen, dem es unterliegen soll. Diese Wahl muss ausdrücklich erfolgen oder sich mit hinreichender Sicherheit aus den Umständen des Falles ergeben. Rechte Dritter bleiben unberührt. 2. Befinden sich alle anderen Sachverhaltselemente zum Zeitpunkt des Schadenseintritts in einem anderen Staat als jenem, dessen Recht gewählt wurde, so bleibt die Anwendung der Bestimmungen, von denen nach dem Recht dieses anderen Staates nicht durch Vereinbarung abgewichen werden kann, von der Rechtswahl der Parteien unberührt. 3. Befinden sich alle anderen Sachverhaltselemente zum Zeitpunkt des Schadenseintritts in einem oder mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, so bleibt die Anwendung der Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts von der Wahl des Rechts eines Drittstaats durch die Parteien unberührt.“
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rium zur antizipierten Rechtswahl in dem „Eintritt des Ereignisses, durch das das außervertragliche Schuldverhältnis entstanden ist“ liegt.234 Auf diese Weise wollte man, wie Erwägungsgrund 16 Kom-V betont, der Schutzbedürftigkeit von schwächeren Parteien Rechnung tragen und, ebenso wie beim GEDIP-V, von einer entsprechenden Sonderregelung absehen.235 Schließlich wurde die Inlands- und Binnenmarktklausel des Verordnungsvorschlags vom Mai 2002 in Art. 10 Nr. 2, 3 Kom-V übernommen sowie klargestellt, dass Rechte Dritter von der Rechtswahl unberührt bleiben. Der Entwurf war allerdings nicht in Gänze restriktiver. So eröffnet er den Parteien im Einklang zu Art. 3 EVÜ (und Art. 12 Nr. 3 Präs-E) die Möglichkeit, auch eine konkludente Rechtswahl zu treffen, solange sich die Wahl mit hinreichender Sicherheit aus den Umständen des Falles ergibt, Art. 10 Nr. 1 S. 2 Kom-V. Eine Rechtswahl für außervertragliche Schuldverhältnisse aus der Verletzung geistigen Eigentums sollte ausgeschlossen bleiben, da die Rechtswahl hierfür nicht geeignet sei.236 Weitere Beschränkungen der Rechtswahl können weder dem Wortlaut der Vorschriften noch der Kommissionsbegründung entnommen werden. Mit diesem Vorentwurf der Kommission wurde schließlich das europäische Rechtsetzungsverfahren eingeleitet. Nach einer im Ergebnis zustimmenden Stellungnahme des Wirtschaftsund Sozialausschusses im Juni 2004237 billigte das Parlament den Kommissionsvorschlag mit einigen Änderungsanträgen in der ersten Lesung.238 Im Hinblick auf die Rechtswahl sollte nach dem Änderungsantrag 25 der bisherige Standort (Art. 10) nach Art. 2 verschoben werden, um dem Vorrang des Parteiwillens Rechnung zu tragen und die „justizielle Wirtschaftlich-
234 Im Gegensatz zum GEDIP-Vorschlag, der an die „Entstehung der Streitigkeit“ anknüpfte, vgl. oben S. 24 f. 235 KOM (2003) 427 endg., Begründung der Kommission zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 22.7.2003 S. 35. 236 KOM (2003) 427 endg., Begründung der Kommission zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 22.7.2003 S. 24. 237 KOM(2003) 427 endg. – 2003/0168 (COD), Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (‚ROM II‘)" vom 2.6.2004; abrufbar unter: . 238 Europäisches Parlament, Plenarsitzungsdokument A6-0211/2005 endg., I Bericht über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) vom 27.6.2005; abrufbar unter: .
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keit“239 zu fördern.240 Inhaltlich am wichtigsten und weitest gehend war indes die grundsätzliche Beibehaltung der nachträglichen Rechtswahlmöglichkeit und die gleichzeitige Anerkennung einer vorherigen Rechtswahl zwischen Gewerbetreibenden, sofern eine unabhängige Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien bestand und die Rechtswahlvereinbarung frei ausgehandelt wurde. Begründet wurde dies damit, dass „kein Grund ersichtlich [sei], warum [es] Parteien einer unabhängigen Geschäftsbeziehung verwehrt werden sollte, sich auf das auf Ansprüche aus unerlaubter Handlung anwendbare Recht zu einigen, bevor solche Ansprüche entstehen. Dies mag [insbesondere] für Unternehmen interessant sein, die alle denkbaren Aspekte ihrer Geschäftsbeziehungen von Anfang an regeln wollen.“241 Damit wurde erstmalig eine Lösungsmöglichkeit zum Schutz schwächerer Parteien gefunden, ohne sich zugleich auf eine nachträgliche Rechtswahlmöglichkeit zu beschränken. Umso bemerkenswerter ist, dass das Parlament, scheinbar in Anlehnung an Art. 6 Nr. 4 Ref-E 1999, in Art. 2a Nr. 2 eine besondere Schutzvorschrift für Arbeitnehmer einführen wollte, die dem Günstigkeitsprinzip folgte.242 Obwohl ein Arbeitnehmer kaum als Gewerbetreibender qualifiziert werden kann, sodass grundsätzlich nur eine nachträgliche Rechtswahl möglich wäre, hielt das Parlament eine solche Beschränkung augenscheinlich für unzureichend. Durch das Erfordernis der frei ausgehandelten Vereinbarung sollten Rechtswahlklauseln in Standard- und Formularverträgen ausgeschlossen werden.243 Als maßgeblichen Differenzierungszeitpunkt zwischen der vorherigen und der 239 Europäisches Parlament, Plenarsitzungsdokument A6-0211/2005 endg., I Bericht über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) vom 27.6.2005, S. 18. 240 Europäisches Parlament, Plenarsitzungsdokument A6-0211/2005 endg., I Bericht über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) vom 27.6.2005, S. 18. 241 Europäisches Parlament, Plenarsitzungsdokument A6-0211/2005 endg., I Bericht über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) vom 27.6.2005, S. 18. 242 Art. 2a Nr. 2: „Durch die Rechtswahl der Parteien verliert ein Arbeitnehmer mit einem Arbeitsvertrag nicht den ihm durch unabdingbare Vorschriften desjenigen Landes gewährten Schutz, a) in dem er üblicherweise seine vertragliche Tätigkeit als Arbeitnehmer verrichtet, oder b) in dem sich die geschäftliche Niederlassung befindet, durch die er eingestellt wurde, wenn er nicht nur in einem einzigen Land arbeitet, oder c) zu dem der Vertrag den stärksten Bezug aufweist.“ 243 Europäisches Parlament, Plenarsitzungsdokument A6-0211/2005 endg., I Bericht über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) vom 27.6.2005, S. 18.
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nachträglichen Rechtswahl sollte gleichsam der „Eintritt des Ereignisses, durch das ein außervertraglichen Schuldverhältnis entstanden ist“, dienen. Im Übrigen sprach sich das Parlament für die Beibehaltung der Inlandsund Binnenmarktklausel sowie für die Klarstellung aus, dass Rechte Dritter von der Rechtswahlvereinbarung unberührt bleiben. Im Gegensatz zum Vorschlag der Kommission befürwortete das Parlament zudem die Möglichkeit der Rechtswahl auch bei grenzüberschreitenden Verletzungen geistigen Eigentums. Eine Besonderheit stellt hingegen die Ergänzung des Parlaments in Art. 2a Nr. 1 S. 4 dar, wonach die Ausübung der Rechtswahl auf die Geltung von Eingriffsnormen keine Auswirkungen haben soll. Dieser Ergänzung wird man wohl nur klarstellenden Charakter beimessen können, da nach allgemeinen international privatrechtlichen Grundsätzen Eingriffsnormen ohnehin sonderangeknüpft werden.244 Die daraufhin folgende Stellungnahme der Kommission im Juni 2006 zeichnet sich durch ihre Kompromissbereitschaft aus.245 So stimmte die Kommission dem Vorhaben zu, eine antizipierte Rechtswahl für gewerblich tätige Parteien zu ermöglichen. Sie hob dabei hervor, dass eine präzise und klare Formulierung der Anforderungen an die Rechtswahlvereinbarung unausweichlich sei, um prozessunökonomische Streitigkeiten über eine
244 Vgl. nur Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 16 Rom II-VO Rn. 1; Kegel/Schurig, IPR S. 150 ff.; siehe zur Systematik des Art. 14 Rom II-VO und dem damit verbundenen Verhältnis zu anderen Kollisionsnormen und international-privatrechtlichen Vorschriften unten S. 56 ff.; zum Verhältnis von Rechtswahlvereinbarung und Eingriffsnormen siehe unten S. 402 f. 245 KOM(2006) 83 endg., Geänderter Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) vom 21.2.2006. Der Vorschlag für eine subjektive Anknüpfung lautet: „Freie Rechtswahl: 1. Die Parteien können nach Entstehung ihrer Streitigkeit vereinbaren, dass auf das außervertragliche Schuldverhältnis das von ihnen gewählte Recht anzuwenden ist. Diese Wahl muss ausdrücklich erfolgen oder sich mit hinreichender Sicherheit aus dem Sachverhalt ergeben. Rechte Dritter bleiben hiervon unberührt. 2. Üben alle Parteien eine gewerbliche Tätigkeit aus, kann eine solche Rechtswahl auch Bestandteil eines vor Eintritt des schädigenden Ereignisses frei zwischen ihnen ausgehandelten Vertrags sein. 3. Befinden sich alle anderen Sachverhaltselemente zum Zeitpunkt des Schadenseintritts in einem anderen Staat als jenem, dessen Recht gewählt wurde, so bleibt die Anwendung der Bestimmungen, von denen nach dem Recht dieses anderen Staates nicht durch Vereinbarung abgewichen werden kann, nachstehend „zwingende Bestimmungen“, von der Rechtswahl der Parteien unberührt. 4. Befinden sich alle anderen Sachverhaltselemente zum Zeitpunkt des Schadenseintritts in einem oder mehreren Mitgliedstaaten, so bleibt die Anwendung des Gemeinschaftsrechts von der Wahl des Rechts eines Drittstaats durch die Parteien unberührt.“
§ 2 Die Entwicklung der freien Rechtswahl
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Rechtswahlvereinbarung zu vermeiden.246 Der Änderungsvorschlag der Kommission sieht eine Streichung der gesonderten Arbeitnehmerschutzregelung sowie der klarstellenden Klausel im Hinblick auf die Geltung von Eingriffsnormen im Anwendungsbereich der subjektiven Anknüpfung vor. Die Kommission geht davon aus, dass Verbraucher und Arbeitnehmer durch die von ihr vorgeschlagene Fassung vor einer unüberlegten sowie einer in Standard- und Formularklauseln247 enthaltenen Rechtswahl ausreichend geschützt werden. Als maßgebliches Abgrenzungskriterium stellte der Änderungsvorschlag vom Juni 2006 im Einklang mit dem GEDIP-V wieder auf die „Entstehung der Streitigkeit“ ab. Ferner wurden die Regeln über die Anwendung der zwingenden Bestimmungen eines Landes bei Vorliegen eines reines Inlands- bzw. Binnenmarktsachverhalts beibehalten. Im weiteren Verlauf des Rechtsetzungsverfahrens kam es im Hinblick auf die Rechtswahl nur noch zu wenigen nennenswerten Änderungen. Mit der Fassung der Kommission vom Juni 2006 hat der heutige Art. 14 Rom II-VO sein Grundgerüst erhalten. Einzelne Änderungen im Wortlaut blieben freilich nicht aus. In Anlehnung an die Formulierung der EuGVO gilt heute für die Abgrenzung zwischen antizipierter und nachträglicher Rechtswahl nicht der Begriff „Entstehung der Streitigkeit“, sondern der „Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses“.248 Ferner wird für eine vorherige Rechtswahl nicht die gewerbliche Tätigkeit beider Parteien gefordert, sondern nur ihre „kommerzielle Tätigkeit“. Die Änderungen im Rahmen der Inlands- und Binnenmarktklausel des Art. 14 Abs. 2, 3 Rom II-VO hatten keine inhaltlichen Auswirkungen mehr, sondern dienen wohl der besseren Verständlichkeit.249 Beschränkungen der Rechtswahl für außervertragliche Schuldverhältnisse, die aus der Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums resultieren, sind nicht kodifiziert worden. Das Parlament hielt folglich auch in der zweiten Lesung an seinem bereits in der ersten Lesung vorgeschlagenen Änderungsantrag250 fest,251 dem sich 246 KOM(2006) 83 endg., Geänderter Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) vom 21.2.2006 247 So ist wohl die Formulierung der Kommission zu verstehen: „gleichzeitig wird die Möglichkeit ausgeschlossen, dass eine solche Rechtswahl in einem Vertrag festgeschrieben wird.“, KOM(2006) 83 endg., Geänderter Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) vom 21.2.2006 S. 3; abrufbar unter: . 248 Zu dessen Bedeutung und hieran geäußerter Kritik siehe hierzu unten S. 239 ff. 249 So wohl auch Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 2, der jene Klauseln auf den Vorentwurf vom 3.5.2002 zurückführt. 250 Europäisches Parlament, Plenarsitzungsdokument A6-0211/2005 endg., I Bericht über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates
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schließlich auch die Kommission252 anschloss. Darüber hinaus beantragte das Parlament in seinem zehnten Änderungsantrag erneut253 in die Erwägungsgründe aufzunehmen, dass „der Wille der Parteien geachtet werden [muss], wenn eine Rechtswahl für den Fall unerlaubter Handlungen vernünftigerweise vom Gericht unterstellt werden kann.“254 Gegen eine solche konkludente Rechtswahl der Parteien und ein damit begünstigtes Heimwärtsstreben255 der Gerichte wandte sich allerdings die darauf folgende Stellungnahme der Kommission, weil die Aufnahme einer solchen Formulierung zulasten der Rechtssicherheit gehe, ob eine Rechtswahlvereinbarung der Parteien besteht.256 Im Rahmen des eingeleiteten Vermittlungsverfahrens wurde dem Willen des Parlaments durch eine Überarbeitung des Erwägungsgrundes Rechnung getragen, wodurch der heutige Erwägungsüber das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) vom 27.6.2005; abrufbar unter: . 251 Vgl. Europäisches Parlament, Plenarsitzungsdokument A6-0481/2006 endg., II Empfehlung für die zweite Lesung betreffend den Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht ("ROM II") vom 22.12.2006, abrufbar unter: . 252 KOM(2007) 126 endg., Stellungnahme der Kommission gemäß Artikel 251 Absatz 2 dritter Unterabsatz Buchstabe c EG-Vertrag zu den Abänderungen des Europäischen Parlaments am gemeinsamen Standpunkt des Rates betreffend den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) vom 14.3.2007. 253 Ähnlich bereits der Änderungsantrag Nr. 3 in der ersten Lesung, vgl. Europäisches Parlament, Plenarsitzungsdokument A6-0481/2006 endg., II Empfehlung für die zweite Lesung betreffend den Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht ("ROM II") vom 22.12.2006, S. 7. 254 Europäisches Parlament, Plenarsitzungsdokument A6-0481/2006 endg., II Empfehlung für die zweite Lesung betreffend den Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht ("ROM II") vom 22.12.2006, S. 11. 255 So die Kritik im deutschen Internationalen Privatrecht zur ApfelschorfEntscheidung des BGH (BGH IPRax 1982, 13 mit Anm. Kreuzer S. 1 ff.:), wonach die Parteien durch ihr Prozessverhalten stillschweigend die Anwendung der deutschen Rechtsordnung vereinbart hätten. 256 KOM(2007) 126 endg., Stellungnahem der Kommission gemäß Artikel 251 Absatz 2 dritter Unterabsatz Buchstabe c EG-Vertrag zu den Abänderungen des Europäischen Parlaments am gemeinsamen Standpunkt des Rates betreffend den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) vom 14.3.2007. Siehe hierzu auch die Ausführungen unten zur Rechtsprechung des BGH [BGHZ 80, 199 (Apfelschorf)] im nationalen Recht S. 27 ff.
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grund 31 geschaffen wurde.257 Mit dem Abschluss des Vermittlungsverfahrens endete inhaltlich das Rechtsetzungsverfahren für Art. 14 Rom IIVO258 bzw. der gesamten Verordnung.
§ 3 Europäische Auslegungsgrundsätze Im Anwendungsbereich der Rom II-VO bildet Art. 14 Rom II-VO zur Beurteilung der Zulässigkeit und Grenzen der Rechtswahl den Mittelpunkt.259 Vor diesem Hintergrund stellt sich zunächst die Frage, wie die Vorschriften der europäischen Verordnung und damit generell die Vorschriften von europäischen Sekundärrechtsakten auszulegen sind. Entsprechend dem systematischen Zusammenhang zur Rom I-VO und EuGVO wächst das Bedürfnis nach einer „makrosystematischen Auslegung über den einzelnen Rechtsakt hinaus“260, um Widersprüche zu vermeiden.261 Diese rechtsakt257 R. Wagner, in: FS Kropholler, 2008, S. 715, 730; siehe auch die Pressemitteilung des Vermittlungsausschusses, abrufbar unter: , Stand: 22.3.2012. 258 „Artikel 14 lautet: Freie Rechtswahl (1) Die Parteien können das Recht wählen, dem das außervertragliche Schuldverhältnis unterliegen soll: a) durch eine Vereinbarung nach Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses; oder b) wenn alle Parteien einer kommerziellen Tätigkeit nachgehen, auch durch eine vor Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses frei ausgehandelte Vereinbarung. Die Rechtswahl muss ausdrücklich erfolgen oder sich mit hinreichender Sicherheit aus den Umständen des Falles ergeben und lässt Rechte Dritter unberührt. (2) Sind alle Elemente des Sachverhalts zum Zeitpunkt des Eintritts des schadensbegründenden Ereignisses in einem anderen als demjenigen Staat belegen, dessen Recht gewählt wurde, so berührt die Rechtswahl der Parteien nicht die Anwendung derjenigen Bestimmungen des Rechts dieses anderen Staates, von denen nicht durch Vereinbarung abgewichen werden kann. (3) Sind alle Elemente des Sachverhalts zum Zeitpunkt des Eintritts des schadensbegründenden Ereignisses in einem oder mehreren Mitgliedstaaten belegen, so berührt die Wahl des Rechts eines Drittstaats durch die Parteien nicht die Anwendung – gegebenenfalls in der von dem Mitgliedstaat des angerufenen Gerichts umgesetzten Form – der Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts, von denen nicht durch Vereinbarung abgewichen werden kann.“ 259 Zu den völkerrechtlichen Auslegungskriterien, vgl. Junker, RabelsZ 44 (1991), 674 ff.; allgemein zur Auslegung, siehe Vogenauer, Die Auslegung von Gesetzen in England und auf dem Kontinent, S. 1 ff. 260 Nach Heinze, in: FS Kropholler, 2008, S. 105, 110 f.; hierzu auch Würdinger, RabelsZ 75 (2011) S. 102 ff. 261 BGHZ 123, 380 (384) zum EVÜ; W. Lorenz, IPRax 1994, 429; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 37; Garcimartín Alférez, EuLF 2008, I-61 f.
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übergreifende Auslegung ließ sich bereits in der Rechtsprechung des EuGH zum EuGVÜ und zur EuGVO beobachten.262 Im Hinblick auf das Primärrecht ist sie schon aufgrund der europäischen Normenhierarchie geboten.263 Für das Sekundärrecht folgt die ausdrückliche Klarstellung in den Erwägungsgründen 7 und 17 der Rom I-VO und Erwägungsgrund 7 der Rom II-VO, wonach der materielle Anwendungsbereich und die Bestimmungen dieser Verordnung mit der EuGVO und den Instrumenten der anderen Rom-Verordnung(en) in Einklang stehen sollen. Die damit postulierte einheitliche Auslegung der zentralen Rechtsbegriffe der Verordnungen ist aufgrund des älteren Datums der EuGVO264 und der zahlreichen Rechtsprechung des EuGH zum Zuständigkeitsrecht auch für die Rom II-VO bereits vorangeschritten.265 Gleichwohl sollte der pauschale Rückgriff auf den in einer anderen (sowie auch derselben) Verordnung verwendeten Begriff vorsichtig gehandhabt werden und unter dem Vorbehalt erfolgen, dass insbesondere im Hinblick auf den Telos Identität der Begrifflichkeiten besteht.266 Dies gilt umso mehr, weil das Internationale Privatrecht und das Internationale Prozessrecht unterschiedlichen Zwecken dienen, sodass die jeweiligen Besonderheiten im Kollisionsrecht bzw. Prozessrecht im Blick behalten werden müssen, zumal die gleichen Begriffe „im Detail durchaus nach unterschiedlichen Maßstäben konkretisiert werden können.“267 Ebenso wie im nationalen Recht muss derselbe Begriff nicht zwangsläufig gleich ausgelegt werden.268 Umgekehrt müssen bei der Herausarbeitung einer europäischen Begriffsdefinition auch die Auswirkungen auf die jeweils anderen Verordnungen berücksichtigt werden, wenn im konkreten Fall eine europäische Begriffseinheit angestrebt wird. Dies muss durch Auslegung der verwendeten Begriffe ermittelt werden.269 Demgegenüber strebt die Rom III-VO aufgrund des abweichenden Regelungsgegenstandes augenscheinlich keine Auslegungsharmonie mit den Verordnungen zum Interna-
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Heinze, in: FS Kropholler, 2008, S. 105, 110 f.; so auch Kropholler/v. Hein, EuZPR, Einl. Rn. 40; ders., in: FS Max-Planck-Institut, 2001, S. 583, 593. 263 Rittner/Dreher, Europäisches und deutsches Wirtschaftsrecht S. 114 f.; Hellmann, Der Vertrag von Lissabon S. 53 ff.; Heinze, in: FS Kropholler, 2008, S. 105, 110 f. 264 Die EuGVO ist am 1.3.2002 in Kraft getreten. 265 Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 1 Rom II-VO Rn. 20. 266 Ebenso Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 37 zum Verhältnis der Rom I-VO zur EuGVO und zur Rom II-VO. 267 Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 1 Rn. 20; zu den völkerrechtlichen Auslegungsmethoden vgl. überblicksartig Meyer-Sparenberg, Staatsvertragliche Kollisionsnormen S. 105 ff. 268 Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 37; Reiher, Der Vertragsbegriff im europäischen IPR S. 31. 269 So bereits Vogeler, VersR 2011, 588 ff.
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tionalen Schuldrecht an.270 Freilich kann im Einzelfall unten den genannten Bedingungen ein Vergleich mit den dort verwendeten Begriffen sinnvoll sein. A. Grundsatz der autonomen Auslegung Im Vordergrund der Auslegungsmethoden im europäischen Sekundärrecht steht der Grundsatz der autonomen Auslegung.271 Dieser grenzt die Gemeinschaftsrechtsakte von den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten ab.272 Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH zum EuGVÜ bzw. zur EuGVO hat die Auslegung im europäischen Sekundärrecht unter Berücksichtigung von Zielsetzung und Systematik des Übereinkommens sowie der allgemeinen Rechtsgrundsätze, die sich aus der Gesamtheit der innerstaatlichen Rechtsordnungen ergeben, zu erfolgen.273 Eine Interpretation unter Rückgriff auf die nationalen Rechtsordnungen soll grundsätzlich ausgeschlossen sein. Nach Überzeugung des EuGH belegt die Aufnahme der Art. 67, 55 AEUV n.F. (Art. 61, 65 EGV a.F.) und das Ziel eines einheitlichen Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts den Willen der Mitgliedstaaten, die darauf beruhenden Maßnahmen im Gemeinschaftsrecht zu verankern und ihre autonome Auslegung festzuschreiben.274 Jene europäischen Vorgaben stoßen auch in der mitgliedstaatlichen Literatur zunehmend auf Zustimmung.275 Internationale Rechtseinheit wird erst verwirklicht, wenn die vereinheitlichten Rechtsnormen in den einzelnen Staaten auch einheitlich angewendet werden.276 Eine Auslegung nach der lex fori oder lex causae würde der einheitlichen Anwendung des Gemeinschaftsrechts in allen Mitgliedstaaten zuwiderlaufen und die bezweckte Rechtsanwendungsgleichheit im europäischen Rechtsraum konterkarieren. Ein internationaler Entscheidungseinklang könnte folglich nicht erreicht werden und der Gefahr 270
In der Rom III-VO fehlt eine den Erwägungsgründen 7 und 17 der Rom I-VO und Erwägungsgrund 7 der Rom II-VO vergleichbare Regelung. 271 Zur Entwicklung der Rechtsprechung zu diesem Grundsatz vgl. Scholz, Das Problem der autonomen Auslegung S. 12 f. 272 Vgl. hierzu EuGH, Rs. 29/76, Eurocontrol, Slg. 1976, 1541 Rn. 5; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 1 Rom II-VO Rn. 16 ff.; Anweiler, Die Auslegungsmethoden des EuGH S. 74 ff.; Hager, Rechtsmethoden in Europa S. 250 ff.; Kropholler, in: FS MaxPlanck-Institut, 2001, S. 585, 589 ff.; ders., Internationales Einheitsrecht S. 328 ff.; Heinze, in: FS Kropholler, 2008, S. 105, 108 ff.; Junker, in: MünchKomm, Vor Art. 1 Rom II-VO Rn. 30 ff.; Hess, IPRax 2006, 348, 251 ff. 273 EuGH Rs. 12/76, Tessili, Slg. 1976, 1473 Rn. 10 ff.; EuGH Rs. C-172/91, Sonntag, Slg. I, 1963 Rn. 18; EuGH Rs. C-292/05, Lechouritou, Slg. 2007, I-1519 Rn. 29. 274 Hierzu Heinze, in: FS Kropholler, 2008, S. 105, 108 m.w.N. 275 Kropholler/v. Hein, EuZPR, Einl. EuGVO Rn. 68 ff.; dagegen Scholz, Das Problem der autonomen Auslegung S. 46 ff., 126. 276 So v. Hoffmann/Thorn, IPR § 3 Rn. 188.
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des forum shopping, die einst die treibende Kraft zur Ausarbeitung der Rom-Verordnungen war, würde nicht entgegengewirkt werden. Die autonome Auslegung im Rahmen der europäischen Verordnungen lässt sich unter zwei Gesichtspunkten legitimieren. Einerseits wird durch sie die Renationalisierung des internationalen Einheitsrechts verhindert277 und die mit dem supranationalen Rechtsakt bezweckte Rechtsvereinheitlichung effektiv umgesetzt, andererseits kann speziell im Rahmen der Rom II-VO den Erwägungsgründen 6, 13 und 16 das allgemeine Gebot der autonomen Auslegung entnommen werden. Ferner schreiben die Erwägungsgründe 11 und 30 für die Begriffe des außervertraglichen Schuldverhältnisses und das Verschulden bei Vertragsverhandlungen deren autonome Auslegung explizit vor. Abgesichert wird der Grundsatz der autonomen Auslegung durch das Auslegungsmonopol278 des EuGH, das durch die Vorlagepflicht der letztinstanzlichen mitgliedstaatlichen Gerichte und das Vorlagerecht jedes nationalen Gerichts und jedes Instanzgerichts279 nach Art. 267 AEUV garantiert wird.280 Durch die Vorabentscheidung des EuGH wird formal nur das vorlegende Gericht für den anhängigen Rechtsstreit gebunden.281 Sofern ein Gericht von der Rechtsprechung des EuGH abweichen will, muss es die Rechtsfrage grundsätzlich erneut vorlegen, sodass den Urteilen des EuGH faktisch gleichwohl eine Bindungswirkung zugesprochen werden kann.282 277 278
Hess, IPRax 2006, 348, 352. v. Hoffmann/Thorn, IPR § 3 Rn. 188 ff.; kritisch hierzu Schroeder, JuS 2004, 180,
181. 279 So die herrschende Lesart, vgl. Pfeiffer, EuZW 2008, 622; Brödermann, NJW 2010, 807, 810. 280 Brödermann, NJW 2010, 807, 810; Pfeiffer, EuZW 2008, 622; differenzierend Kropholler, in: FS Max-Planck-Institut, 2001, S. 583 ff.; kritisch auch Hess, NJW 2000, 23, 28f.; allgemein zur Auslegung durch den EuGH vgl. Heiderhoff, Grundstrukturen des nationalen und europäischen Verbraucherrechts S. 109 ff. 281 Bieber/Epiney/Haag, Die Europäische Union § 9 Rn. 81 ff.; v. Hoffman/Thorn, IPR § 3 Rn. 189. 282 Bieber/Epiney/Haag, Die Europäische Union § 9 Rn. 99, 102; v. Hoffman/Thorn, IPR § 3 Rn. 189. Umgekehrt kann die Vorlagepflicht entfallen, wenn die Vorlagefrage bereits gestellt worden ist und das nationale Gericht die Auslegungsfrage im Sinne der Rechtsprechung des EuGH beantworten will, hierzu Bieber/Epiney/Haag, Die Europäische Union § 9 Rn. 99 m.w.N. Der Begriff des Auslegungsmonopols, den der EuGH für sich verwendet, ist indes unpräzise. Der EuGH geht von seiner ausschließlichen Zuständigkeit zur Auslegung gem. Art. 344 AEUV aus (vgl. EuGH Gutachten 1/91 EWR I, Slg. 1991, I-6079 Rn. 38). Nach der Rechtsprechung des EuGH sollen andere Einrichtungen, insbesondere nationale Behörden und Gerichte, das EU-Recht nicht auslegen, sondern lediglich anwenden (EuGH, Gutachten 1/91, EWR I, Slg. 1991, I-6079 Rn. 38 f.). Dagegen spricht allerdings bereits der Wortlaut des Art. 267 AEUV, wonach den Gerichten das Vorlagerecht bzw. die Vorlagepflicht nur bei Zweifeln in der Auslegung zukommt. Dies setzt freilich voraus, dass die mitgliedstaatlichen Gerichte bereits den Versuch unter-
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I. Europäische Begriffsbildung durch autonome Auslegung Autonome Auslegung bedeutet demgemäß, dass die Auslegung der verwendeten europäischen Begrifflichkeiten ohne Rückgriff auf die Systembegriffe der nationalen Rechtsordnungen erfolgen muss, sondern dass sie anhand des bekannten Auslegungskanon Wortlaut, Historie, Systematik und Telos aus der Verordnung heraus zu erfolgen hat. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist darüber hinaus eine Interpretation mithilfe einer rechtsvergleichenden Auslegung zulässig.283 Gegenüber der Auslegung im deutschen nationalen Recht sind bei der Auslegung im europäischen Sekundärrecht einige Besonderheiten zu beachten.284 1. Grammatikalische Auslegung Am Anfang jeder Auslegung steht auch im europäischen Recht der Wortlaut der Norm, der insbesondere im Hinblick auf die Reichweite der Vorschrift an Bedeutung erlangt.285 Erschwert wird die grammatikalische Auslegung im europäischen Recht durch die Sprachenvielfalt in der Europäischen Union. Da jede Sprachfassung als gleichermaßen verbindlich angesehen wird, müssen bei der Auslegung grundsätzlich alle Fassungen berücksichtigt werden.286 Vor diesem Hintergrund kann der einzelnen Sprachfassung einer Verordnung oder Richtlinie nur eine begrenzte Bedeutung beigemessen werden.287 Auch der EuGH hat richtigerweise darauf hingewiesen, dass allein der Wortlaut für die Auslegung einer Vorschrift nicht ausreichen kann.288 Sie stellt auf europäischer Ebene lediglich den Ausnommen haben, den fraglichen Begriff auszulegen. Zudem besteht die Vorlagepflicht nur für die letztinstanzlichen Gerichte, sodass den Untergerichten die Auslegung jedenfalls gestattet sein muss. Dies gilt erst Recht für die nationalen Behörden, da diese schon gar nicht vorlageberechtigt sind (ebenso Schroeder, JuS 2004, 180, 181). 283 Vgl. hierzu unten S. 50. Die Frage der Auslegung ist von der Qualifikation zu trennen. Hierunter wird die Subsumtion eines Sachverhalts unter den Anknüpfungsgegenstand einer Kollisionsnorm verstanden, Siehr, IPR S. 429; Neuhaus, Grundbegriffe S. 114; Kropholler, IPR S. 114; v. Hoffmann/Thorn, IPR § 6 Rn. 1. Die Qualifikation stellt denklogisch eine der Auslegung vorgelagerte Frage dar, Knöfel, IPRax 2006, 552, 556. 284 Ausführlich hierzu Reiher, Der Vertragsbegriff im europäischen IPR S. 27 ff. 285 Kropholler, Einl. EuGVO Rn. 43; Schroeder, JuS 2004, 180, 182; Hess, IPRax 2006, 348, 353. 286 EuGH, Rs. 283/81, Cilfit, Slg. 1982, 3415 Rn. 18; EuGH, Rs. C-72/95, Kraaijeveld, Slg. 1996, I-5403 Rn. 28; EuGH, Rs. C-36/98, Spanien/Rat, Slg. 2001, I-779 Rn. 47; EuGH, Rs. C-1/02, Borgmann/Hauptzollamt Dortmund, Slg. 2004, I-3219 Rn. 22-25; Reiher, Der Vertragsbegriff im europäischen IPR S. 28; Junker, in: MünchKomm, Vor Art. 1 Rom II-VO Rn. 31 ff. 287 Ebenso Wurmnest, in: jurisPK-BGB Art. 1 Rom I-VO Rn. 19. 288 EuGH, Rs. 6/60, Humblet, Slg. 1960, 1165, 1187 f.
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gangspunkt für eine weitere Interpretation dar und kann der Absicherung eines mit anderen Auslegungsmethoden gefundenen Ergebnisses dienen.289 2. Historische Auslegung Die historische Auslegung zielt vordergründig darauf ab, den Willen des Normgebers bzw. Verordnungsgebers zu ermitteln. Bedeutung erlangen in diesem Zusammenhang insbesondere die Erwägungsgründe290 sowie die Kommissionsbegründungen zum Verordnungsvorschlag und Stellungnahmen des Rates und des Parlaments.291 Insgesamt hat die historische Auslegung im EU-Recht indes nur eine geringe Bedeutung. Im Primärrecht wird eine historische Auslegung mangels Materialien zur Entstehungsgeschichte der Gründungsverträge, die einen Rückschluss auf den Willen aller Vertragsparteien zuließen, generell abgelehnt.292 Im Sekundärrecht berücksichtigt der EuGH keine Dokumente außerhalb des infrage stehenden Rechtsaktes selbst.293 Umgekehrt haben die Erwägungsgründe, Kommissionsbegründungen und Stellungnahmen von Rat und Parlament bei der historischen Auslegung demnach ein besonderes Gewicht. 3. Systematische Auslegung Die systematische Auslegung verfolgt das Ziel, den Gehalt einer Vorschrift im Hinblick auf ihre Stellung im System der Rechtsordnung zu erforschen.294 Insbesondere wird hierunter die Untersuchung von Strukturelementen des Gesetzes und der einzelnen Norm verstanden.295 Überschnei289 290
So auch Schroeder, JuS 2004, 180, 182. Die Rechtsnatur und Verbindlichkeit der Erwägungsgründe ist nur schwerlich bestimmbar. Sie stehen wohl in der Mitte von Legislativakt und Kommissionsbegründung; in diese Richtung geht wohl auch die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Geänderten Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Benutzung von Arbeitsmitteln durch Arbeitnehmer bei der Arbeit", KOM (2008) 111 endg. — 2006/0214 (COD) 2009/C 100/26: „[…]Die verschiedenen Arten von Bestimmungen einer Richtlinie stellen ein zusammenhängendes Ganzes dar und bedingen sich gegenseitig. Auch wenn die Erwägungsgründe für sich genommen keine verbindlichen Vorschriften sind, erleichtern sie doch die Interpretation der verbindlichen Vorschriften und liefern den Mitgliedstaaten auf diese Weise Kriterien für eine kohärente Umsetzung.“ Zur Bedeutung der Gesetzesmaterialien im deutschen Recht siehe Fleischer, AcP 211 (2011), 317. 291 Junker, in: MünchKomm, Vor Art. 1 Rom II-VO Rn. 31 ff. 292 Schroeder, JuS 2004, 180, 183 m.w.N. 293 EuGH, Rs. C-292/89, Antonissen, Slg. 1991, I-745 Rn. 18. 294 Larenz, Methodenlehre S. 311 ff.; Reiher, Der Vertragsbegriff im europäischen IPR S. 30 f. 295 v. Hoffmann/Thorn, IPR § 3 Rn. 191; Schroeder, JuS 2004, 180, 182 f.
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dungen zur grammatikalischen Auslegung sind unausweichlich, wenn die Stellung einzelner Rechtsbegriffe innerhalb des Textzusammenhangs einer Rechtsnorm ermittelt wird. Auch hier ist aufgrund der vielfältigen Sprachfassungen eine restriktive Interpretation geboten. Als Teil der systematischen Auslegung lässt sich danach auch das Verhältnis in der Auslegung der Rom II-VO zu ihrer Schwesterverordnung Rom I und der EuGVO einordnen, wenn man die bereits erwähnte rechtsaktübergreifende Auslegung in den Blick nimmt.296 Ferner ist hierzu die Stellung des Art. 14 Rom IIVO in der Rom II-VO sowie ihr Verhältnis zu den objektiven Kollisionsnormen zu zählen. 4. Teleologische Auslegung Die Luxemburger Richter297 weisen im Einklang mit dem Schrifttum298 neben der systematischen Auslegung dem Telos des Rechtsaktes wohl die größte Bedeutung zu. Diese greift das Postulat auf, die Auslegung an Sinn und Zweck der Norm und des Regelungszusammenhangs, in den sie eingestellt ist, auszurichten.299 Im Vordergrund steht dabei ebenso wie im Rahmen der EuGVO, der Rom I-VO und im sonstigen Gemeinschaftsrecht das Ziel der Rechtsvereinheitlichung in Europa, das durch den Grundsatz des effet utile, wonach die einzelnen Normen so auszulegen sind, dass sie größtmögliche Wirkung entfalten,300 verstärkt wird.301 Bemerkenswert ist, dass der EuGH durch die besondere Betonung des Telos die traditionelle Hierarchie der Auslegungsmethoden umkehrt. Während die telelogische Auslegung danach den Schwerpunkt der Überlegungen ausmacht, bildet die grammatikalische Auslegungsmethode nunmehr das Schlusslicht.302
296 Ebenso v .Hein, ZEuP 2009, 6, 8; Heinze, in: FS Kropholler, 2008, S. 105, 110 f.; Junker, in: MünchKomm, Vor Art. 1 Rom II-VO Rn. 31. 297 EuGH Rs. 29/76, Eurocontrol, Slg. 1976, 1541 Rn. 5; EuGH Rs. 12/76, Tessili, Slg. 1976, 1473 Rn. 13 ff.; EuGH Rs. C-172/91, Sonntag, Slg. I, 1963-2003 Rn. 18; EuGH Rs. C-292/05, Lechouritou, Slg. 2007, I-1519 Rn. 29. 298 Martiny, in: MünchKomm, Art. 1 Rom I-VO Rn. 15; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 36 EGBGB Rn. 12. 299 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Vor Art. 1 Rn. 13. 300 EuGH, Rs. 792/79, Camera Care, Slg. 1980, 119 Rn. 17 f.; EuGH, Rs. 246/80, Broekmeulen, Slg. 1981, 2311 Rn. 16; EuGH, verb. Rs. C-6 und 9/90, Francovich, Slg. 1991, 5357 Rn. 32; Potacs, EuR 2009, 465 ff.; ausführlich dazu Seyr, Der Effet utile in der Rspr. des EuGH; Mosiek, Effet utile und Rechtsgemeinschaft S. 6 ff.; Haltern, Europarecht Rn. 811 ff. 301 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Vor Art. 1 Rn. 13. 302 Ebenso Schroeder, JuS 2004, 180, 183.
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5. Rechtsvergleichende Auslegung Als fünfte Auslegungsmethode kann der Rechtsvergleichung303 im Einzelfall Bedeutung zukommen. Im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH können mithilfe der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen Rückschlüsse auf die Auslegung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften gezogen werden.304 Zwar wird dies teilweise bestritten, da ein Rückgriff auf die „allgemeinen Rechtsgrundsätze“ der nationalen Rechtsordnungen zur europäischen Begriffsbildung, wie der EuGH bei der Auslegung des Sekundärrechts stets betont,305 aufgrund der vielfältigen nationalen Eigenheiten und Sonderwege insbesondere im Hinblick auf einzelne Rechtsinstitute nicht möglich sei und daher als eigenständige Auslegungsmethode nicht akkreditiert werden könne.306 Vor dem Hintergrund, dass die Kommissionsbegründung zu Art. 14 Rom II-VO erklärt, dass beispielsweise Art. 42 EGBGB eine Vorbildfunktion für die Entwicklung jener gemeinschaftsrechtlichen Vorschrift einnahm, wird man einen Rückgriff auf jene nationale Vorschrift jedoch nicht ausschließen können.307 II. Ausnahmen vom Grundsatz der autonomen Auslegung Während der EuGH in seiner Rechtsprechung zum EuGVÜ ursprünglich davon ausging, dass sich eine autonome Auslegung und eine Auslegung anhand der lex fori oder lex causae gleichwertig gegenüber stehen, ging er schließlich dazu über, die autonome Auslegung als Grundsatz und den Rückgriff auf die lex fori bzw. lex causae als Ausnahme anzuerkennen.308 Dies impliziert, dass auch im Rahmen der neuen Rom-Verordnungen und der EuGVO Ausnahmen vom Grundsatz der autonomen Auslegung beste-
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Der Sinn und Zweck der Rechtsvergleichung ist u.a. in dem Ziel zu erblicken, dem Gesetzgeber alternative Gestaltungs- und Normierungsmöglichkeiten aufzuzeigen, vgl. Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung S. 14 f.; Hess, IPRax 2006, 348, 353; v. Bogdandy, JZ 2011, 1, 3 f. 304 Heiderhoff, Gemeinschaftsprivatrecht, S. 47. 305 EuGH Rs. 29/76, Eurocontrol, Slg. 1976, 1541 Rn. 5. 306 So Reiher, Der Vertragsbegriff im europäischen IPR S. 30 f.; umfassend zur Rolle der rechtsvergleichenden Auslegung Schwartze, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, S. 113 ff. m.w.N. Für eine eigenständige Auslegungsmethode Kutscher, in: Begegnung von Justiz und Hochschule, S. 1, 23, 31; Linhart, Internationales Einheitsrecht und einheitliche Auslegung S. 38 ff. Im Ergebnis so auch Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Vor Art. 1 Rom I-VO Rn. 14. 307Siehe KOM (2003) 427 endg., Begründung der Kommission zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 22.7.2003 S. 24 Fn. 35. 308 Vgl. hierzu Scholz, Das Problem der autonomen Auslegung S. 12 f.
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hen.309 Ein Rückgriff auf die lex fori bzw. lex causae ist anzuerkennen, wenn die Verordnung selbst eine solche Auslegung zulässt, eine autonome Auslegung an ihre Grenzen stoßen würde310, weil sie zu einem Zirkelschluss führt oder eine einheitliche Begriffsbildung nicht mit dem Zweck des Begriffs in Einklang zu bringen ist,311 oder wenn der Rückgriff auf das nationale Recht ausdrücklich vorgesehen ist, wie etwa in Art. 59, 60 EuGVO.312 Ob ein Begriff autonom oder nach mitgliedstaatlichen Kriterien auszulegen ist, ist wiederum anhand der europäischen Auslegungskriterien zu entscheiden.313 B. Primärrechtskonforme Auslegung Aus dem Grundsatz der Einheit der Unionsrechtsordnung folgt das Gebot der primärrechtskonformen Auslegung.314 Dem Grundsatz kommt Vorrang gegenüber den anderen Auslegungsmethoden zu; er ist dementsprechend für das Unionsrecht von überragender Bedeutung.315 Die Grundlage der primärrechtskonformen Auslegung bildet die Normenhierarchie.316 Da die Nichtanwendung einer Norm nur als ultima ratio in Betracht kommt, muss das nationale Gericht zunächst die Möglichkeit einer primärrechtskonfor309 Zu pauschal daher Grünberger, ZVglRWiss 108 (2009), 134, 136 f., der die Auslegung unter Rückgriff auf das nationale Recht für unzulässig erklärt; vgl. zum Beispiel den Begriff Arbeitskampfmaßnahmen im Sinne von Art. 9 Rom II-VO, hierzu auch unten S. 129. 310 Vgl. hierzu beispielsweise Vogeler, VersR 2011, 588 ff. 311 Diesbezüglich bildet den klassischen Fall einer Ausnahme die bekannte Streitfrage, inwieweit für die Bestimmung des Erfüllungsortes im Rahmen von Art. 5 Nr. 1 EuGVO ein Rückgriff auf die lex fori bzw. lex causae erfolgen darf; zum Begriff des Arbeitskampfes im Sinne von Art. 9 Rom II-VO, vgl. v. Hein, VersR 2007, 440, 445. 312 EuGH, Rs. C-125/92, Mulox, Slg. 1992 I-4075 Rn. 10; EuGH, Rs. C-440/97, GIE Group Concorde u.a., Slg. 1999 I-6307 Rn. 11; Hess, IPRax 2006, 348, 352; 313 Überblicksartig Scholz, Das Problem der autonomen Auslegung, S. 8 ff., der die Kriterien des EuGH zum EuGVÜ zusammenträgt und auswertet, wann der EuGH einen Rückgriff auf das nationale Recht zuließ. 314 EuGH Rs. C-499/04, Werhof, Slg. 2006, I-2397 Rn. 32; vgl. hierzu Leible/Domröse, in: Gernhuber, Europäische Methodenlehre, S. 255, 261 ff.; Schack/Michel, JuS 1961, 274, 275; Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, S. 223 ff.; Kutscher, in: Begegnung von Justiz und Hochschule, S. 1 ff. 315 Hierzu umfassend Leible/Domröse in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, S. 250 ff.; Auer, in: Grundrechte und Privatrecht aus rechtsvergleichender Sicht, S. 27 ff.; Nettesheim, AöR 119 (1994), 261 ff.; Zuleeg, in: Auslegung europäischen Privatrechts, S. 163 ff.; U. Ehricke, RabelsZ 59 (1995), 598 ff.; passim Anweiler, Die Auslegungsmethoden des EuGH; Herresthal, Rechtsfortbildung im europarechtlichen Bezugsrahmen; Metallinos, Die europarechtskonforme Auslegung; Krieger, Die gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung; Höpfner, Die systemkonforme Auslegung; Buck, Über die Auslegungsmethoden des EuGH. 316 Leible/Domröse, in: Gernhuber, Europäische Methodenlehre, S. 252.
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men Auslegung prüfen.317 Danach ist bei mehreren bestehenden Auslegungsmöglichkeiten diejenige vorzuziehen, die mit den Vorgaben des Primärrechts im Einklang steht.318 Die Organe der EU werden erst durch das Vertragsrecht ermächtigt, Rechtshandlungen vorzunehmen und damit Sekundärrecht zu schaffen.319 Durch das Primärrecht werden folglich die Voraussetzungen geschaffen, unter denen die Organe der EU tätig werden dürfen.320 Dementsprechend müssen sich die Rechtsakte dieser Organe auch am Primärrecht messen lassen.321 Im Hinblick auf das EU-Sekundärrecht erlangen die Diskriminierungsverbote und Grundfreiheiten, das Verhältnismäßigkeitsprinzip sowie der effet utile besondere Bedeutung.322 Die Normen des EU-Primärrechts sind nach heute ganz überwiegender Auffassung auch auf die Vorschriften des Internationalen Privatrechts anwendbar.323 Das allgemeine Diskriminierungsverbot, die Grundfreiheiten sowie der Grundsatz des effet utile nehmen diesbezüglich eine besondere Rolle ein.324 Zu berücksichtigen ist, dass eine primärrechtskonforme Auslegung 317 318 319
Körber, Grundfreiheiten und Privatrecht S. 63. Beutel, Grenzüberschreitende Verschmelzungen in der EU S. 115 f. EuGH, C-341/95, Bettati, Slg. 1998, I-4355, 4380 Rn. 61; EuGH C-114/96, Kieffer/Thill, Slg. 1997, I-3629, 3655 Rn. 27; Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, Art. 249 EGV Rn. 232; Kastner, in: Fehling/Kastner, Einl. Rn. 5 ff.; Lieder, DZWIR 2005, 399; zum Meinungsstand Leible, ZGR 2004, 531, 539 ff.; Ruffert, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 288 AEUV Rn. 9 f.; Streinz/Eichenhofer, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 8 AEUV Rn. 10, 12 f., Schroeder, in: Streinz, Art. 288 AEUV Rn. 21. 320 Magnus, in: Staudinger, Einl. Rom I-VO Rn. 8. 321 EuGH Rs. 205/84, Kommission, Slg. 1983, 4063 Rn. 13; EuGH Rs. 205/84, Kommission, Slg. 1986, 3755 Rn. 62; EuGH Rs. C-314/89, Rauh, Slg. 1991, I-1647 Rn. 17; Schroeder, in: Streinz, Art. 288 AEUV Rn. 3; Leible/Domröse, in: Gernhuber, Europäische Methodenlehre, S. 255. 322 Brödermann, NJW 2010, 807, 812 f.; Schroeder, JuS 2004, 180, 186; Leible/Domröse, in: Gernhuber, Europäische Methodenlehre, S. 266 f.; Remien, in: Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, Bd. 1, S. 784 m.w.N. zur Rechtsprechung. 323 Dies wurde aufgrund des privatrechtlichen Charakters bezweifelt. Bisweilen ist aber anerkannt, dass Grundfreiheiten auch durch privatrechtliche Vorschriften unzulässig eingeschränkt werden können, vgl. auch EuGH Rs. 15/78, Koestler, Slg. 1978, 1971; 27. 9; EuGH Rs. 81/87, Daily Mail, Slg. 1988, 5483; EuGH Rs. C-339/89, Alsthom Atlantique, Slg. 1991, I-107; EuGH Rs. C-93/92, CMC Motorradcenter, Slg. 1993, I-5009; EuGH Rs. C-212/97, Centros, Slg. 1999, I-1459; W.H. Roth, RabelsZ 55 (1991) 623, 623ff., 641; Bernhard, EuZW 1992, 437, 438; Fischer, in : Europäisches Gemeinschaftsrecht und IPR, S. 157, 159; Zuleeg, VersR 1995, 861, 862; Brödermann, in: Brödermann/Iversen, Gemeinschaftsrecht und IPR Rn. 7 ff.; Schaub, RabelsZ 66 (2002), 18, 21; Wilmowsky, RabelsZ 62 (1998), 1, 6; v. Hein, RabelsZ 64 (2000), 595, 606; Sonnenberger, ZVglRWiss 95 (1996), 3, 18; Magnus, in: Staudinger, Einl. Rom I-VO Rn. 10; siehe auch zur Bedeutung der Grundrechte für das IPR den Spanier-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts: BVerfGE 31, 58. 324 Ausführlich hierzu Schaub, RabelsZ 66 (2002), 18, 23 f.; Basedow, RabelsZ 59 (1995), 1 ff.; Roth; RabelsZ 55 (1991), 645 f., 651 ff.; Radicati di Brozolo, rev.crit.dr.-
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nur innerhalb des Anwendungsbereichs des Primärrechts erfolgen kann. Das Diskriminierungsverbot sowie die Warenverkehrs-, Niederlassungsund Dienstleistungsfreiheit finden daher nur im Verkehr innerhalb des Binnenmarktes Anwendung.325 Im Verhältnis zu Drittstaaten findet diesbezüglich also keine primärrechtskonforme Auslegung statt.326 Darüber hinaus ist Erwägungsgrund 35 zu beachten, wonach auch bei der Anwendung des Sachrechts die Warenverkehrsfreiheit und Dienstleistungsverkehrsfreiheit beachtet werden sollen.
§ 4 Systematik und Rechtsnatur der subjektiven Kollisionsnorm Die vorangegangene Untersuchung des Begriffs der Parteiautonomie und der freien Rechtswahl, die Skizzierung der geschichtlichen Entwicklung des Art. 14 Rom II-VO sowie die Einführung in die europäischen Auslegungsmethoden bilden eine unverzichtbare Grundlage für die richtige Auslegung der subjektiven Kollisionsnorm. Die Erläuterung der systematischen Auslegungsmethode hat gezeigt, dass nicht nur die Stellung des Art. 14 Rom II-VO im Verhältnis zu anderen europäischen Rechtsakten von Bedeutung ist, sondern auch, dass die Stellung der Vorschrift innerhalb der Verordnung sowie ihre Rechtsnatur für die Auslegung ebenso von Bedeutung sein können. A. Rechtswahl in der Systematik der Rom II-VO Typischerweise beschäftigen sich Werke über die Parteiautonomie im außervertraglichen, internationalen Schuldrecht mit den Voraussetzungen einer wirksamen Rechtswahl.327 Wenig Beachtung finden dabei die systematische Struktur der subjektiven Kollisionsnorm sowie das Verhältnis zwischen objektiver und subjektiver Anknüpfung und dem anzuwendenden Sachrecht. Doch liefert gerade die richtige dogmatische Einordnung der Parteiautonomie im Kontext der objektiven Kollisionsnormen und der mit ihnen verfolgten rechtspolitischen Interessen eine wichtige Erkenntnis über int.priv. 82 (1993), 401, 411; Sonnenberger, in: MünchKomm, Einl. IPR Rn. 154 ff.; Magnus, in: Staudinger, Einl. Rom I-VO Rn. 8; Roth, ES 2011, 314 ff.; passim Bruinier, Der Einfluss der Grundfreiheiten auf das IPR; Tassikas, Dispositives Recht und Rechtswahlfreiheit. 325 Sonnenberger, in: MünchKomm, Einl. IPR, Rn. 156. 326 Leible/Domröse, in: Gernhuber, Europäische Methodenlehre, S. 271; Sonnenberger, in: MünchKomm, Einl. IPR, Rn. 156. 327 Siehe z.B. Herkner, Die Grenzen der Rechtswahl im internationalen Deliktsrecht; Köthe, Schranken der Parteiautonomie; Steiner, Stillschweigende Rechtswahl im Prozess; Möllenhoff, Nachträgliche Rechtswahl und Rechte Dritter; Fudickar, Die nachträgliche Rechtswahl.
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Erstes Kapitel: Grundlagen
den Anwendungsbereich der Rechtswahl und ihre inhaltliche Ausgestaltung. Ferner vermag sie etwa darüber zu entscheiden, in welcher Prüfungsfolge der Richter richtigerweise eine wirksame Rechtswahlvereinbarung untersucht, ob eine Rechtswahl ohne hinreichenden Auslandsbezug (Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO) eher Konsequenzen auf Tatbestands- oder Rechtsfolgenebene auslöst oder ob etwa eine unwirksame kollisionsrechtliche Rechtswahlvereinbarung in eine wirksame materiell-rechtliche Vereinbarung umgedeutet werden kann. Der Grund dafür, dass der dogmatischen Struktur nur wenig Beachtung geschenkt wird, mag in ihrer Selbstverständlichkeit liegen, möglicherweise aber auch in ihrer bisherigen stark richterrechtlichen Prägung. Hier soll nun der Versuch unternommen werden, Art. 14 Rom II-VO als Bestandteil der Rom II-VO sowie dessen innere Struktur näher zu ergründen. I. Systematik der Rom II-VO Die Rom-Verordnungen sind europäische Sekundärrechtsakte.328 Entsprechend ihre Charakter als Verordnungen im Sinne von Art. 288 AEUV sind ihre Vorschriften unmittelbar geltendes Recht.329 Gegenüber mitgliedstaatlichen nationalem Recht besteht Anwendungsvorrang.330 Daher ist im Geltungszeitraum der Rom II-VO auf das nationale Kollisionsrecht nur zurückzugreifen, wenn ihr Anwendungsbereich nicht eröffnet ist. Die Rom II-VO stellt für den Bereich der außervertraglichen Schuldverhältnisse ein grundsätzlich in sich geschlossenes Regelungswerk dar.331 Zugleich reiht sie sich ein in die im Zusammenhang stehenden, bereits ergangenen europäischen Rechtsakte, insbesondere der Rom I-VO und der EuGVO. In ihrer Systematik deckt sich die Rom II-VO im Wesentlichen mit der kurze Zeit später in Kraft getretenen Rom I-VO.332 Sie folgt dem Prinzip der engsten Verbindung, was sich sowohl in den Grundanknüpfungen als auch in den Ausweichklauseln widerspiegelt.333 Die Grundanknüp328 329
Reiher, Der Vertragsbegriff im europäischen IPR S. 27. Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, Art. 249 EGV Rn. 110; Ruffert, in: Calliess/Ruffert, Art. 249 EGV Rn. 39; Schmidt, in: von der Groeben/Schwarze, Art. 249 EGV Rn. 29; Härtel, Europäische Rechtsetzung S. 173; Brödermann/Iversen, Europäisches Gemeinschaftsrecht und IPR S. 289. 330 EuGH C-409/06, Winner Wetten, Slg. 2010, Rn. 28; Tiedje/Troberg, in: von der Groeben/Schwarze, Art. 249 EGV Rn. 120; Härtel, Europäische Rechtsetzung S. 173; Streinz, Europarecht Rn. 434; Haltern, Europarecht S. 341; Bleckmann, Europarecht Rn. 138; Seidel, Rechtsangleichung S. 19 f.; Götz, NJW 1992, 1852. 331 Martiny, in: Reithmann/Martiny Rn. 442. 332 Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 616. 333 Leible, in: Reichelt, Europäisches Gemeinschaftsrecht und IPR, 2007, S. 31, 38 f.; Junker, in: MünchKomm, Vor Art. 1 Rom II-VO Rn. 38; zur Entwicklung des Gedankens der Anknüpfung an die engste Verbindung durch Savigny als dem IPR zugrundeliegendes
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fungen stellen feste Anknüpfungsregeln dar, wobei zwischen den Grundanknüpfungen für unerlaubte Handlungen (Art. 4-9 Rom II-VO) und den sonstigen außervertraglichen Schuldverhältnissen (Art. 10-12 Rom II-VO) unterschieden werden kann.334 Im Unterschied zur Rom I-VO werden erst im Anschluss an die Grundanknüpfungen in Art. 14 Rom II-VO die Zulässigkeit und Grenzen der Rechtswahl geregelt. Der Grund hierfür wird überwiegend in der wohl eher zweitrangigen praktischen Relevanz der Rechtswahl im außervertraglichen Bereich gesehen,335 was die systematische Stellung freilich nicht rechtfertigen kann.336 Trotz der nachgeordneten Stellung des Art. 14 Rom II-VO gilt der grundrechtlich und grundfreiheitlich verbürgte Grundsatz vom Vorrang der Parteiautonomie auch im Rahmen der Rom II-VO, sodass der Parteiwille grundsätzlich vor allen anderen objektiven Anknüpfungen zu berücksichtigen ist.337 Die Rechtswahl kann beschränkt werden, wenn der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt wird und insbesondere Allgemeininteressen oder Interessen Dritter geschützt werden sollen.338 Es handelt sich bei der Rechtswahl im europäischen Kollisionsrecht also nicht bloß um eine Verlegenheitslösung339, sondern um ein allgemeines Anknüpfungsprinzip.340 Insofern kann unter Vorrang der Parteiautonomie auch verstanden werden, dass „objektive Anknüpfungen […] im europäischen Kollisionsrecht die rechtfertigungsbedürftige Ausnahme und nicht die Regel [sind].“341 Durch die Anknüpfung an eine wesentlich engere Verbindung kann der Grundsatz vom Vorrang der Parteiautonomie Prinzip v. Bar, IPR I S. 512 ff.; zum Vertragsstatut kritisch Siehr, in: Reichelt, Europäisches Gemeinschaftsrecht und IPR, 2007, 69, 72 f.; vgl. bereits oben zur Parteiautonomie im Gefüge des Kollisionsrechts oben S. 7 ff. 334 Junker, NJW 2007, 3675, 3676; so im Ergebnis auch G. Wagner, IPRax 2008, 1 ff. 335 Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 2; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rn. 1; Heis/Loacker, JBl 2007, 613, 622; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 726. 336 Besser wäre es gewesen, die ursprüngliche Fassung aufrechtzuerhalten und die Rechtswahl in Art. 3 Rom II-VO beizubehalten. Vgl. hierzu die Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) (KOM (2003)0427 – C5-0338/2003 – 2003/0168 (COD), 6.7.2005, P6_TA(2005) 0284), Verfahren der Mitentscheidung: erste Lesung, abgedruckt in: IPRax 2006, 413 ff.; ebenso Posch, YbPIL 6 (2004), 129, 150. 337 Leible, in: Europäisches Gemeinschaftsrecht und IPR, 2007, S. 31, 46; Gschnitzer/Faistenberger, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts S. 156. Inwieweit dies auch für Art. 7 Rom II-VO und Art. 9 Rom II-VO gilt, ist streitig, vgl. hierzu unten S. 122 ff. 338 Einsele, RabelsZ 60 (1996), 417, 446; Herkner, Grenzen der Rechtswahl S. 175; siehe zum Verhältnis zwischen objektiver und subjektiver Anknüpfung sowie zum Sachrecht die Ausführungen unten S. 342 ff. 339 So aber Kegel/Schurig, IPR S. 653; vgl. auch bereits oben S. 13 f. 340 So auch Leible, Rom I und Rom II S. 26; ders., in: FS Jayme, Bd. 1, 2004, S. 485, 503; Hohloch, in: FS Thue, 2007, S. 321 ff. 341 So Leible, Rom I und Rom II S. 26.
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indes nicht unterbrochen werden.342 Auch im Rahmen des Art. 7 Rom IIVO, wo in der gesamten Verordnung einzig noch das Ubiquitätsprinzip343 bei Distanzdelikten Anwendung findet, kommt es zu keiner Überlagerung mehr durch eine wesentlich engere Verbindung, da Art. 4 Abs. 3 Rom IIVO im Anwendungsbereich des Art. 7 Rom II-VO keine Geltung hat.344 Für den Bereich der vertraglichen Schuldverhältnisse findet Art. 14 Rom II-VO seine Entsprechung in Art. 3 Rom I-VO. Dieser wird durch spezielle Regelungen ergänzt. Zu nennen sind etwa die Vorschriften über Verbraucherverträge (Art. 6 Rom I-VO), Versicherungsverträge (Art. 7 Rom I-VO) und Individualarbeitsverträge (Art. 8 Rom I-VO). Zudem trifft die später in Kraft getretene Rom I-VO eine Regelung zur Teilrechtswahl, zur Änderbarkeit der Rechtswahl, zur Form der Rechtswahl sowie zur Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung. Im Gegensatz zur Rom I-VO hat der europäische Gesetzgeber nicht nur auf eine solche ausführliche Normierung der Rechtswahlmöglichkeit verzichtet, sondern auch von einer differenzierten Regelung der Rechtswahl für die einzelnen Anknüpfungsgegenstände der außervertraglichen Schuldverhältnisse abgesehen. Letzteres steht wiederum im Einklang mit der geschichtlichen Entwicklung der Rechtswahl im deutschen Internationalen Privatrecht, die im Ergebnis zur Gleichbehandlung aller Teilbereiche mit Ausnahme des Internationalen Wettbewerbs- und Kartellrechts sowie des geistigen Eigentums führte.345 II. Systematik des Art. 14 Rom II-VO Ebenso wie die Kollisionsnormen des EGBGB lassen sich die europäischen Kollisionsnormen in Tatbestand und Rechtsfolge untergliedern. Den Tatbestand der Kollisionsnormen bilden der Anknüpfungsgegenstand und nach umstrittener Ansicht auch das Anknüpfungsmoment.346 Mit dem Anknüpfungsgegenstand werden Systembegriffe des Privatrechts aufgestellt, anhand dessen der Lebenssachverhalt einer Kollisionsnorm zugeordnet 342
Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 4 Rom II-VO Rn. 22 ff.; Junker, in: MünchKomm, Vor Art. 1 Rom II-VO Rn. 44 ff. 343 An sich sollte der Begriff des Ubiquitätsprinzips im Rahmen des Art. 7 Rom IIVO vermieden werden. Herkömmlicherweise wird hierunter verstanden, dass das angerufene Gericht von Amts wegen das für den Geschädigten günstigere Recht ermitteln muss, vgl. BT-Drucks. 14/343 S. 11; v. Bar/Mankowski, IPR, Bd. 1, § 7 Rn. 106; siehe zu dieser Bedeutung auch die Ausführungen von Kreuzer, IPRax 1982, 1, 3. 344 Junker, in: MünchKomm, Art. 4 Rom II-VO Rn. 12, Art. 7 Rom II-VO Rn. 6. 345 Vgl. hierzu oben S. 27 ff. 346 Kegel/Schurig, IPR S. 310; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 4 Rn. 4; Rauscher, IPR S. 33; anders Kropholler, IPR S. 105 f.; Fikentscher, Methoden des Rechts S. 777 ff.; Neuhaus, Grundbegriffe S. 100 die das Anknüpfungsmoment zur Rechtsfolgenseite zählen. Siehe hierzu die Streitdarstellung bei Seibl, Die Beweislast bei Kollisionsnormen S. 41 ff.
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werden kann.347 Das Anknüpfungsmoment dient dazu, den Anknüpfungsgegenstand einem bestimmten Staat und damit einer Rechtsordnung räumlich zuzuweisen.348 Es führt damit zu der Rechtsordnung eines Staates, die den Bereich des Anknüpfungsgegenstandes regeln soll.349 Als Rechtsfolge verweist die Kollisionsnorm auf das anzuwendende Sachrecht.350 Damit überschneiden sich Tatbestands- und Rechtsfolgenebene inhaltlich, da bereits die Subsumtion unter das Anknüpfungsmoment zu dem Recht eines bestimmten Staates führt. Gleichwohl ist die Unterscheidung zwischen Tatbestand und Rechtsfolge aufrechtzuerhalten und das Anknüpfungsmoment zur Tatbestandsebene zu zählen.351 Die Überschneidung beruht auf der besonderen Tatbestandsstruktur der Kollisionsnorm, in der derselbe örtliche Bezug zu einem Staat auf Tatbestands- und Rechtsfolgenebene Bedeutung hat.352 Eine Differenzierung ist dennoch möglich. So kann man im Sinne eines Baukastenprinzips in dem Anknüpfungsmoment nur die Ermittlung der engsten Verbindung des Sachverhaltes sehen, d.h. die Ermittlung des Staates, zu welchem die Subsumtion unter das Anknüpfungsmoment führt. In der Rechtsfolge ist dann der Zuweisungs- und Anwendungsbefehl353 der Sachnormen (Art. 24 Rom II-VO) des im Tatbestand bezeichneten Staates zu erblicken.354 Mit anderen Worten ist die Rechtsfolge in der Anknüpfung selbst zu sehen.355 Zu beachten ist dabei, dass das Anknüpfungsmoment sich nur auf den Regelungsbereich des jeweiligen Anknüpfungsgegenstands bezieht und somit auch nur die Rechtsfolge in Bezug auf den konkreten Anknüpfungsgegenstand ausspricht.356 Derselben Struktur folgt die subjektive Anknüpfung nach Art. 14 Rom II-VO.357 Im Gegensatz zu den objektiven Kollisionsnormen, die durch ei347 348
Schurig, Kollisionsnorm und Sachrecht S. 102 ff.; Kegel/Schurig, IPR S. 315, 347. Seibl, Die Beweislast bei Kollisionsnormen, S. 40; Schurig, Kollisionsnorm und Sachrecht S. 105 f. 349 v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 4 Rn. 4; v. Bar/Mankowski, IPR II, § 7 Rn. 3; Rauscher, IPR S. 41 ff.; Neuhaus, Grundbegriffe S. 150. Möglich ist auch eine weitere Unterteilung in Anknüpfungssubjekt und Anknüpfungsobjekt sowie die örtliche oder zeitliche Verknüpfung, vgl. hierzu Lüderitz, IPR Rn. 54; Neuhaus, Grundbegriffe S. 150 f.; Seibl, Die Beweislast bei Kollisionsnormen S. 41. Diese Unterteilung ist für den Tatbestand des Art. 14 Rom II-VO jedoch ohne weitere Bedeutung. 350 v. Bar/Mankowski, IPR II, § 7 Rn. 3 ff.; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 4 Rn. 4. 351 Überzeugend hierzu Seibl, Die Beweislast bei Kollisionsnormen S. 42. 352 So im Ergebnis Seibl, Die Beweislast bei Kollisionsnormen S. 43. 353 Vgl. zu den unterschiedlichen Theorien hinsichtlich des Anwendungsbefehls zusammenfassend Schinkels, Normsatzstruktur des IPR, S. 49 ff. 354 Seibl, Die Beweislast bei Kollisionsnormen S. 43. 355 So wohl auch Kegel/Schurig, IPR S. 311; Schurig, Kollisionsnormen und Sachrecht S. 84; Seibl, Die Beweislast bei Kollisionsnormen S. 43. 356 Dörner, StAZ 1988, 345, 347; v. Bar/Mankowski, IPR II § 1 Rn. 18. 357 So wohl im Ergebnis auch v. Bar/Mankowski, IPR II § 7 Rn. 78.
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nen konkreten Anknüpfungsgegenstand gekennzeichnet sind, stellt Art. 14 Rom II-VO auf den ersten Blick eine „Rechtswahlgeneralklausel“ mit einem scheinbar universellen Anwendungsbereich innerhalb der Verordnung dar. Dies beruht darauf, dass Beschränkungen des Anknüpfungsgegenstandes nicht in Art. 14 Rom II-VO, sondern in den einzelnen objektiven Anknüpfungen geregelt werden. Daraus kann geschlossen werden, dass die subjektive Anknüpfung auch stets nur Bezug auf einen einzelnen, konkreten Anknüpfungsgegenstand nimmt. Zu dessen Bestimmung muss der Lebenssachverhalt entsprechend den allgemeinen Regeln zunächst einem objektiven Anknüpfungsgegenstand zugeordnet werden, bevor die Möglichkeit und Ausübung der Rechtswahl näher untersucht werden können. Sofern verschiedene Anknüpfungsgegenstände in Betracht kommen, die unter mehrere Systembegriffe des Privatrechts subsumiert werden können, muss folglich die Auslegung über den Bezugspunkt des Parteiwillens entscheiden.358 Die vorherige richtige Qualifikationsentscheidung des Lebenssachverhaltes ist zur Beurteilung der Anwendbarkeit und Zulässigkeit der Rechtswahl folglich unausweichlich. Für den Bereich des Internationalen Wettbewerbsrechts (Art. 6 Rom II-VO) und der Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums (Art. 8 Rom II-VO) schließt die Rom II-VO eine Rechtswahlmöglichkeit generell aus. Weitere spezielle Regelungen im Hinblick auf die Zulässigkeit und Grenzen der Rechtswahl für das jeweilige Statut sieht die Rom II-VO hingegen nicht vor. Qualifikationsprobleme können durch die Anknüpfung an den Parteiwillen folglich nicht verhindert, sondern aufgrund seiner Reichweite allenfalls geschmälert werden. Der Parteiwille unterstellt folglich nicht den Lebenssachverhalt einer bestimmten Rechtsordnung, sondern betrifft nur den Anknüpfungsgegenstand nach der erfolgten Qualifikationsentscheidung. Das maßgebliche Anknüpfungsmoment liegt bei der subjektiven Kollisionsnorm in dem Parteiwillen.359 In einem ersten Schritt ist hierfür maßgeblich, dass ein übereinstimmender Parteiwille, das Recht eines (anderen) Staates anzuwenden, überhaupt feststellbar ist. Andernfalls ist unmittelbar auf die objektiven Anknüpfungen zurückzugreifen. In einem zweiten Schritt erlangen die Wirksamkeit des geäußerten Willens und damit einhergehend auch dessen Inhalt an Bedeutung. Ebenso wie im Rahmen der 358 In der Regel wird eine Beschränkung des Parteiwillens auf einen konkreten Anknüpfungsgegenstand nicht feststellbar sein. Die Parteien treffen wohl eher eine Rechtswahlentscheidung, die den gesamten Lebenssachverhalt derselben Rechtsordnung zuordnen soll. Vgl. hierzu auch unten S. 337. 359 So wohl Hohloch, in: FS Thue, 2007, S. 257, 265; in diese Richtung geht auch v. Bar/Mankowski, IPR S. 599; Sumampouw, RabelsZ 30 (1966), 334, 335 f.; Moser, Vertragsabschluss, Vertragsgültigkeit und Parteiwille im internationalen Obligationenrecht, S. 231; Vischer, Internationales Vertragsrecht S. 66; Lorenz, Vertragsabschluss und Parteiwille im Internationalen Obligationenrecht, S. 188.
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objektiven Kollisionsnormen wird die Maßgeblichkeit des Anknüpfungsmomentes, d.h. des Parteiwillens, von bestimmten Voraussetzungen abhängig gemacht. Art. 14 Rom II-VO differenziert insoweit zwischen der Rechtswahl ex ante und ex post.360 Die Möglichkeit der nachträglichen Rechtswahl, d.h. nach Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses, wird als praktischer Grundfall der subjektiven Anknüpfung in Art. 14 Abs. 1 lit. a Rom II-VO festgelegt und unterliegt grundsätzlich keinen weiteren Voraussetzungen; die Möglichkeit der antizipierten Rechtswahl nach Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO verlangt als zusätzliche einschränkende Voraussetzungen die kommerzielle Tätigkeit beider Parteien des außervertraglichen Schuldverhältnisses und das Erfordernis der frei ausgehandelten (Rechtswahl-)Vereinbarung. Zu beachten ist ebenso wie bei der Anwendung der objektiven Anknüpfungen, dass das Anknüpfungsmoment nur im Rahmen des festgestellten Anknüpfungsgegenstands zu berücksichtigen ist. Als Rechtsfolge sieht die subjektive Anknüpfung die Anwendung desjenigen Rechts vor, das von den Parteien gewählt wurde.361 Erst die Rechtsfolge der subjektiven Anknüpfung führt also zu dem anzuwendenden Sachrecht einer bestimmten Rechtsordnung. Es handelt sich demnach um eine selbstständige Kollisionsnorm.362 Die Ausgestaltung dieser Rechtsfolge ist von dem kundgetanen Parteiwillen abhängig. Ist ein Parteiwille etwa nur im Hinblick auf den Umfang eines Schadensersatzanspruchs aus unerlaubter Handlung feststellbar, so spiegelt sich dies auch im Umfang der Verweisung auf die gewählte Rechtsordnung wider. Während der Tatbestand damit ebenso wie bei den objektiven Anknüpfungen eher deklaratorischer Natur ist, wirkt auf der Rechtsfolgenebene der von den Parteien beeinflusste „Anwendungsbefehl“.363 Dogmatisch betrachtet ermöglicht Art. 14 Rom II-VO somit den Parteien die Gestaltung der Rechtsfolge, wenn der Anknüpfungsgegenstand den Parteiwillen für beachtlich erklärt und die Anforderungen an den Parteiwillen als Anknüpfungsmoment erfüllt sind. Im Ergebnis entfaltet der Parteiwille somit nur auf der Rechtsfolgenebene Wirkung, weil der Tatbestand der subjektiven Anknüpfung den Parteiwillen nur als subjektives Anknüpfungsmoment festlegt. Der Umfang der Verweisung kann freilich nicht weiter reichen als der Tatbestand der Kollisionsnorm. Die ausgesprochene Rechtsfolge betrifft also nur den jeweiligen Anknüpfungsgegenstand. Im Hinblick auf die Rechtswahl bedeutet dies, dass die parteiautonome Bestimmung des anzuwendenden Rechts 360 361
Vgl. hierzu unten S. 238. Zur Frage der Einstufung der Verweisung als Gesamtnormverweis oder als Sachnormverweis, vgl. S. 64 ff., 314 f. 362 Zu diesem Begriff, vgl. v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 4 Rn. 6; Kegel/Schurig, IPR S. 301 f. 363 Zur Frage nach der Rechtsnatur der Rechtswahlvereinbarung, siehe S. 69.
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stets nur ein konkretes außervertragliches Schuldverhältnis betrifft.364 Bestehen mehrere außervertragliche Schuldverhältnisse, müssen der Gegenstand der Rechtswahlvereinbarung und die damit verbundene Rechtsfolge durch Auslegung ermittelt werden.365 Im Hinblick auf die Reichweite der Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung könnte man die subjektive Anknüpfung auch als allseitige Kollisionsnorm bezeichnen. Allseitige Kollisionsnormen sind im Gegensatz zu den einseitigen Kollisionsnormen dadurch gekennzeichnet, dass durch den Anknüpfungspunkt alle denkbaren Rechtsordnungen zur Anwendung berufen werden können.366 Einseitige Kollisionsnormen bestimmen hingegen nur, unter welchen Voraussetzungen eine einzelne Rechtsordnung, in der Regel die der lex fori, angewendet wird.367 Zwar erfährt Art. 14 Rom II-VO durch die Regelung des Art. 14 Abs. 2 und Abs. 3 Rom II-VO eine Beschränkung, wonach die Rechtswahl bei reinen Inlandssachverhalten bzw. Binnenmarktsachverhalten nur beschränkt zulässig ist. Weitere Beschränkungen erfährt die Rechtswahl außerhalb von Art. 14 Rom II-VO durch den ordre public (Art. 26 Rom IIVO) sowie die Eingriffs- bzw. Sicherheits- und Verhaltensnormen (Art. 16, 17 Rom II-VO).368 Gleichwohl sind die Parteien nicht auf die Wahl einer einzigen Rechtsordnung, insbesondere auch nicht die der lex fori beschränkt. In der Rechtsfolge ist die subjektive Anknüpfung also mit den Rechtsfolgen einer allseitigen Kollisionsnorm vergleichbar. III. Verhältnis zwischen subjektiver und objektiver Anknüpfung und dem anzuwendenden Sachrecht Folgt die Struktur der Kollisionsnorm für eine freie Rechtswahl somit grundsätzlich derselben Systematik wie die Regeln für die objektiven Anknüpfungen, so stellt sich die Frage nach dem Verhältnis beider Anknüpfungsmomente. Der Grundsatz der Parteiautonomie besagt, dass der Parteiwille als Anknüpfungsmoment zu berücksichtigen ist,369 und zwar vor 364
Zur Frage der Umdeutung oder geltungserhaltenden Reduktion der Rechtswahlvereinbarung, wenn diese auch in den Anwendungsbereich eines Anknüpfungsgegenstandes fällt, innerhalb dessen die Parteiautonomie keine Geltung hat, vgl. unten S. 354 ff. 365 Zur Frage, welches Recht für die Kriterien der Auslegung maßgeblich ist, vgl. unten S.169 f. 366 v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 4 Rn. 10 ff.; Kegel/Schurig, IPR S. 301 f. 367 Kegel/Schurig, IPR S. 301 f.; Neuhaus, Grundbegriffe S. 102. Schurig, Kollisionsnorm und Sachrecht S. 29 ff.; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 4 Rn. 9; Kropholler, IPR S. 106; Raape/Sturm, IPR S. 95; Rauscher, IPR Rn. 169; Sonnenberger, in: MünchKomm, Einl. IPR Rn. 490. 368 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rn. 1.; vgl. hierzu im Einzelnen unten S. 404. 369 Zur Legitimation der Beachtlichkeit des Parteiwillens, vgl. oben S. 13.
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den objektiven Anknüpfungen.370 Demnach kommt der subjektiven Rechtswahl eine grundsätzliche Vorrangstellung zu, wenn die Parteien von ihr Gebrauch machen.371 Dies gilt nicht ohne Grenzen. Die Beschränkungen der Rechtswahl oder ihr gänzlicher Ausschluss sind abhängig von den verfolgten Interessen im Rahmen des jeweiligen Anknüpfungsgegenstands.372 Klärungsbedürftig ist folglich, worin die Quelle der relevanten Interessen für das Verhältnis von objektiver und subjektiver Anknüpfung liegt. Abzugrenzen sind dabei die sachrechtlichen Interessen von den internationalprivatrechtlichen Interessen.373 Während bei den sachrechtlichen Interessen der Inhalt des Rechts den Interessensgegenstand bildet, geht es im IPR um die Anwendung eines Rechts.374 Überschneidungen sind freilich feststellbar, da „die Interessen an der Anwendung eines Rechts ebenfalls im Zusammenhang mit seinem Inhalt [stehen], jedoch nur mit bestimmten inhaltlichen Kategorien, die sich insoweit auswirken […], nicht [aber] mit der konkreten Lösung materieller Interessenkonflikte. Kollisionsrechtliche Interessen sind nicht nur von ihrem Gegenstand her abstrakter, indem sie auf die Anwendung eines Rechts, nicht auf dessen materielles Ergebnis gerichtet sind, sie sind auch abstrakter hinsichtlich des Subjekts, des Trägers solcher Interessen.“375 Im Rahmen der Rom I-VO und Rom II-VO ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass den europäischen Kollisionsnormen ein unmittelbares sachrechtliches Fundament fehlt, wodurch die Berücksichtigung konkreter sachrechtlicher Interessen erschwert wird.376 Abstrakt kön-
370 Hohloch, in: FS Thue, 2007, S. 257, 265; Hoffmann, Die Koordination des Vertrags-und Deliktsrechts in Europa, S. 204. 371 v. Hein, RabelsZ 64 (2000), 595 ff.; Hohloch, NZV 1988, 161, 162; ders., in: FS Thue, 2007, S. 257, 265; Kreuzer, in: Reichelt/Rechberger, Europäisches Kollisionsrecht S. 13, 28. 372 Hohloch, NZV 1988, 161, 162; ders., in: FS Thue, 2007, S. 257 ff.; Siehr, IPR S. 119. 373 Kegel/Schurig, IPR S. 132. 374 Kegel/Schurig, IPR S. 132. 375 Kegel/Schurig, IPR S. 132; ein Beispiel hierfür bildet Flessner, in: FS Canaris, 2007, Bd. 2 S. 545, 552 für die Forderungsabtretung. Das sachrechtliche Interesse besteht darin, dass die Forderungsabtretung nicht zum Nachteil des Schuldners gereichen darf. Dem trägt das Kollisionsrecht Rechnung, wonach zugunsten des Schuldners die weitere Anwendbarkeit des Forderungstatuts vorbehalten wird, Art. 33 Abs. 2 EGBGB. 376 Denkbar wäre beispielsweise die Berücksichtigung konkreter sachrechtlicher Interessen aufgrund einer Vergemeinschaftung des Sachrechts durch europäische Richtlinien. Hier zeigt sich ein wesentlicher Unterschied zur bisherigen Rechtslage. Das Fehlen eines europäischen Zivilgesetzbuches hat nicht nur Auswirkungen auf die Auslegung der europäischen Begrifflichkeiten, sondern – theoretisch – auch im Hinblick auf den Konkretisierungsgrad der verfolgen Interessen. Entgegen v. Bar, JZ 1985, 961, 964 f., der sich im Rahmen des EGBGB zu Recht für eine stärkere Betonung der sachrechtlichen Interessen ausspricht, müssten danach die europäischen Kollisionsnormen zwangsläufig abstrakter
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nen und sollten sie aber insoweit Berücksichtigung finden, als Gemeinsamkeiten zwischen den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen bestehen. Die Ableitung international-privatrechtlicher Interessen aus dem Sachrecht dient dazu, „den besonderen Gegebenheiten der einzelnen Rechtsgebiete“, d.h. den jeweiligen Anknüpfungsgegenständen Rechnung zu tragen.377 „Internationalprivatrechtliche Interessen sind daher [auch] abhängig von den sachrechtlichen Interessen, auf die sie sich beziehen.“378 Dies hat sich bereits bei der Untersuchung des Verhältnisses von Privat- und Parteiautonomie gezeigt.379 Wie eingangs festgestellt wurde, orientiert sich der Anknüpfungsgegenstand des Art. 14 Rom II-VO an den Anknüpfungsgegenständen der objektiven Kollisionsnormen.380 Für das Verhältnis zwischen subjektiver und objektiver Anknüpfung kommt es somit auf die nach dem jeweiligen Anknüpfungsgegenstand variierenden international-privatrechtlichen Interessen an.381 Innerhalb der international-privatrechtlichen Interessen ist folglich zwischen den originären Interessen und denjenigen, die von den sachrechtlichen Interessen abzuleiten sind, zu differenzieren.382 Beide können berücksichtigt werden.383 Die originär international-privatrechtlichen Interessen lassen sich in folgende Gruppen unterteilen: (1) Parteiinteressen, nach einer bestimmten Rechtsordnung beurteilt zu werden; (2) (Verkehrs-)Interesse an Leichtigkeit und Sicherheit des Rechtsverkehrs; (3) Ordnungsinteresse, insbesondere an einem inneren und äußeren Entscheidungseinklang, an Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit des Rechts sowie der Durchsetzbarkeit des anzuwendenden Rechts.384 Fraglich ist daher, welche konkreten Interessen für das Verhältnis von subjektiver und objektiver Anknüpfung eine Rolle spielen. Die Parteiautonomie unterliegt tatbestandlich in zweierlei Hinsicht Schranken. Erstens, wenn schwächere
formuliert werden. Ein solcher Unterschied ist tatsächlich aber kaum feststellbar, da auch den bisherigen deutschen Kollisionsnormen ein hoher Abstraktionsgrad zukommt. 377 Kropholler, IPR S. 287. 378 Kegel/Schurig, IPR S. 132. 379 Siehe oben S. 9 f. 380 Im Ergebnis auch Flessner, in: FS Canaris, 2007, Bd. 2, S. 545, 546 f.; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 42 f. 381 Ferid, IPR Rn. 1-16,1; so stellte sich im Internationalen Deliktsrecht beispielsweise die Frage, ob es eher im öffentlichen Interesse (z.B. der Förderung eines friedlichen Zusammenlebens) oder im privatrechtlichen Interesse (z.B. des Rechtsgüterschutzes) besteht, siehe hierzu bereits oben S. 27 f. 382 Kegel/Schurig, IPR S. 132. 383 Leible, in: FS Jayme, Bd. 1, 2004, S. 485, 492; Kropholler, IPR S. 287; wohl auch v. Bar/Mankowski, IPR I S. 602. 384 Einteilung nach Kegel/Schurig, IPR S. 121 ff.
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Parteien an dem Schuldverhältnis beteiligt sind.385 Im vertraglichen Bereich wird dies an den Regelungen über Verbraucherverträge (Art. 6 Rom I-VO), Versicherungsverträge (Art. 7 Rom I-VO) und Individualarbeitsverträge (Art. 8 Rom I-VO) deutlich. Bei außervertraglichen Schuldverhältnissen zeigt sich der Schutz des Schwächeren in Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO, wonach eine antizipierte Rechtswahl nur im Fall der kommerziellen Tätigkeit beider Parteien zulässig ist.386 Zweitens, wenn Rechte Dritter oder überwiegende Allgemeininteressen durch die Rechtswahl berührt werden.387 Dies schreibt Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO ausdrücklich vor und findet seine Entsprechung im Hinblick auf überlagernde Gemeinschaftsinteressen auch in Art. 8 Abs. 3 Rom II-VO und Art. 6 Abs. 3 Rom II-VO.388 Die hier relevanten international-privatrechtlichen Interessen liegen also in dem Schutz des Schwächeren und den Rechten Dritter.389 Ob diese als originär international-privatrechtlich oder aus dem übereinstimmenden Sachrecht abgeleitet anzusehen sind, bedarf insoweit keiner Entscheidung.390 Das Gewicht dieser Interessen im Rahmen des jeweiligen Anknüpfungsgegenstands entscheidet folglich über die Disponibilität der 385 Leible, in: FS Jayme, 2004, Bd. 1, S. 485, 492; Kropholler, IPR S. 297; Calliess, AcP 203 (2003), 575 m.w.N. Siehe zu Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO i.E. unten S. 247 ff. 386 Siehe hierzu unten sowie etwa die Ausführungen von Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 19 f.; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom IIVO Rn. 21 ff.; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 13; Pfütze, ZEuS 2011, 35, 53. 387 So auch Kropholler, IPR S. 298. 388 Siehe unten S. 88 ff. 389 Einsele, RabelsZ 60 (1996), 417, 446; Herkner, Grenzen der Rechtswahl S. 175. 390 Wie eingangs im Rahmen der historischen Entwicklung des Art. 14 Rom II-VO umschrieben, stellte sich vor dessen Kodifizierung die Frage nach dem Verhältnis der Rechtswahlmöglichkeit nach autonomen Recht zum Haager Übereinkommen über das auf Straßenverkehrsunfälle anzuwendendem Recht (siehe oben S. 23 f.). Gegen die Möglichkeit der Rechtswahl wurde das international-privatrechtliche Interesse angeführt, dass an Straßenverkehrsunfällen häufig Versicherungen beteiligt seien, sodass durch eine Rechtswahl die Anwendung einheitlichen Sachrechts verhindert würde, was einen Ausschluss der Parteiautonomie rechtfertigen könne (siehe Schwimmann, Grundriß des IPR S. 160.; ders., in: Rummel, § 48 ABGB Rn. 12; vgl. zum Streitstand Hoyer, ZfRV 5 (1991), 341, 344 f. m.w.N.). Gegen den Einwand einer „einheitlichen Rechtsanwendung mit anderen, parallelen Ansprüchen“ als zu berücksichtigendes internationalprivatrechtliches Interesse sprechen vordergründig drei Argumente. Zum einen kann davon ausgegangen werden, dass der europäische Gesetzgeber von dieser Problematik Kenntnis hatte und gleichwohl keine entsprechende Regelung getroffen hat. Zum anderen führt Art. 14 Abs. 2, Abs. 3 Rom II-VO selbst zu einer Rechtszersplitterung, weil die Rechtswahl durch Art. 14 Abs. 2, Abs. 3 Rom II-VO nur partiell beschränkt wird. Drittens stellt die Beteiligung einer (Unfall-)Versicherung den klassischen Fall des Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO dar, wonach die Rechte Dritter durch die Rechtswahlvereinbarung unberührt bleiben.
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objektiven Anknüpfung.391 Für den Ausschluss des Parteiwillens als Anknüpfungsmoment genügt freilich nicht jedes öffentliches Interesse, sondern nur solche Interessen, welche das Individualinteresse der Parteien überwiegen.392 Dies ist unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden. Um der Parteiautonomie größtmögliche Wirksamkeit zu verleihen, ist nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zunächst festzustellen, ob den verfolgten Interessen anders als durch Ausschluss der Rechtswahl Rechnung getragen werden kann.393 Dies hat der europäische Gesetzgeber beherzigt, indem er mit der Regelung des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO, unabhängig von dem Gesetzgebungsverfahren,394 eine vermittelnde Lösung der antizipierten Rechtswahl geschaffen hat.395 Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die vom Sachrecht abgeleiteten und die spezifisch kollisionsrechtlichen Interessen des jeweiligen Anknüpfungsgegenstands die Antwort auf die Beurteilung der Zulässigkeit der Rechtswahl geben. IV. Disponibilität von Kollisionsnormen Parallel hierzu verläuft die Frage, ob das Kollisionsrecht selbst einer privatautonomen Gestaltung zugänglich ist.396 Sofern man dies bejaht, wären die Parteien dazu in der Lage, eine eigene Kollisionsklausel zu entwerfen, die über das anwendbare entscheidet. 397 Den Ausgangspunkt bildet die Frage, ob und inwieweit innerhalb der Kollisionsnormen zwischen ius co391 Im Ergebnis ebenso v. Bar, JZ 1985, 961, 965; Herkner, Grenzen der Rechtswahl S. 175; Steiner, Stillschweigende Rechtswahl im Prozeß S. 54 f. 392 Herkner, Grenzen der Rechtswahl S. 175. 393 Zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Europarecht vgl. Bieber/Epiney/Haag, Die Europäische Union § 11 Rn. 60 ff. 394 Nimmt man das Gesetzgebungsverfahren in den Blick, lässt sich Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO gleichsam als Kompromiss auffassen, da die vertretenen Ansichten von einem völligen Ausschluss der antizipierten Rechtswahl bis hin zur uneingeschränkten Erlaubnis reichen, so auch G. Wagner, IPRax 2008, 1, 13. 395 Für Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO bedeutet dies die Erfordernisse der kommerziellen Tätigkeit beider Parteien sowie das freie Aushandeln der Rechtswahlvereinbarung. 396 Diese Fallgruppe wurde bislang nur sehr stiefmütterlich behandelt. So wird nur im Zusammenhang mit der Theorie vom fakultativen Kollisionsrecht auf den Charakter der Kollisionsnormen Bezug genommen, ohne auf die Frage einer möglichen Modifikation der Anknüpfung einzugehen, vgl. hierzu Flessner, RabelsZ 34 (1970), 547 ff.; Spickhoff, Jura 2007, 407, 408; Einsele, RabelsZ 60 (1996), 417, 419 ff. Die aufgeworfene Frage soll hier nur im Rahmen des Grundlagenteils Berücksichtigung finden. Die Antwort hat Auswirkungen auf die Reichweite möglicher Parteivereinbarungen im Sinne von Art. 14 Rom II-VO, vgl. hierzu auch die Ausführungen unten S. 314 f. 397 Da eine solche Abrede der Parteien das anzuwendende Sachrecht gleichsam mittelbar bestimmt, kann dies als weitere Fallgruppe der indirekten Rechtswahl zugeordnet werden; so im Ergebnis wohl auch Handorn, Sonderkollisionsrecht S. 107 f. zum Kollisionsrecht vor Schiedsgerichten.
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gens und ius dispositivus sowie halbzwingenden Normen unterschieden werden kann. In engem Zusammenhang dazu, aber gleichwohl nicht mit dieser Frage zu verwechseln, steht die von Flessner begründete Überlegung vom fakultativen Kollisionsrecht.398 Danach sollte es nicht dem Richter, sondern den Parteien obliegen, sich auf die Anwendung ausländischen Rechts zu berufen, um das Kollisionsrecht der lex fori zur Anwendung zu bringen. Andernfalls sollte die lex causae stets mit der lex fori identisch sein.399 Damit oblag den Parteien zwar nicht die Ausgestaltung des Kollisionsrechts. Die Parteien konnten aber über die Anwendbarkeit der Kollisionsnormen der lex fori in ihrer Gesamtheit verfügen. In Anlehnung an den Gedanken vom fakultativen Kollisionsrecht ging Wagner der Frage nach, inwieweit die Parteien durch Ausnutzung des Beibringungsgrundsatzes im Rahmen ihrer prozessualen Dispositionsbefugnis über die Kollisionsnormen der lex fori disponieren können.400 Wagner fokussierte dabei auf die prozessualen Gestaltungsmöglichkeiten der Parteien mittels einer außerprozessualen Parteivereinbarung über den Tatsachenvortrag.401 Während Flessner und Wagner die Disponibilität der Kollisionsnormen folglich unter einem prozessualen Blickwinkel betrachteten, soll hier der Frage nachgegangen werden, ob die europäischen Kollisionsnormen in materiellrechtlicher Hinsicht durch Parteivereinbarung modifiziert werden können. Die praktische Relevanz dieser Frage zeigt eine Entscheidung des BGH aus dem Jahre 1971.402 Dort hatte sich der BGH mit der Frage zu beschäftigen, ob Art. 11 Abs. 1 S. 2 EGBGB von den Parteien abgewählt werden kann, sodass allein das Geschäftsstatut (Art. 11 Abs. 1 S. 1 EGBGB) über die anzuwendenden Formvorschriften entscheidet.403 Der BGH nahm an, dass sich die getroffene Rechtswahlvereinbarung zugunsten des deutschen Rechts nicht nur auf das Vertragsstatut erstrecke, sondern auch auf das Formstatut, wodurch die Geltung des Ortsrechts abbedungen worden sei.404 Weitere Fallgestaltungen, in denen die Abwahl, Modifikation oder Konkretisierung einer Kollisionsnorm sinnvoll sein kann, sind vielfältig denkbar. 398 399 400 401
Vgl. Flessner, RabelsZ 34 (1970), 547 ff. G. Wagner, ZEuP 1999, 6, 7 f. G. Wagner, ZEuP 1999, 6 ff. Wagner hält im Ergebnis eine Ausnutzung der prozessualen Dispositionsfreiheit zugunsten der lex fori für zulässig. Eine Manipulation des Tatsachenvortrages dürfe hingegen nicht zur Anwendung ausländischen Rechts führen, da der Richter nicht zum Spielball der Parteien werden dürfe und die Parteien sonst „unzulässigerweise mehr Justizressourcen für sich in Anspruch nehmen, als ihnen nach der Prozeßordnung zusteht.“, G. Wagner, ZEuP 1999, 6, 41 f., 46. Ähnlich auch Spickhoff, Richterliche Aufklärungspflicht S. 71 ff. 402 BGHZ 57, 337. 403 BGHZ 57, 337 ff.; hierzu Jayme, NJW 1972, 1618 f.; Wengler, NJW 1969, 2237; Spellenberg, IPRax 1990, 295; Schwung, WM 1984, 1301, 1304 m.w.N. 404 Zu dieser zweifelhaften Rechtsprechung des BGH, vgl. auch unten S. 314 f.
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So kann die Frage auftauchen, ob die Parteien die Umstände vereinbaren können, welche für die Annahme einer „wesentlich engeren Verbindung“ ausreichen sollen. Vorstellbar ist auch, dass die Parteien den in Art. 23 Rom II-VO legaldefinierten Begriff des „gewöhnlichen Aufenthaltes“ inhaltlich verändern bzw. präzisieren wollen, um den Zeitpunkt des anwendbaren Rechts besser bestimmen zu können,405 oder dass die Parteien innerhalb von Art. 4 Rom II-VO für Distanzdelikte die kumulative, alternative oder ausschließliche Geltung des Handlungsortrechts erzielen möchten.406 In diesem Zusammenhang wird ferner die Frage diskutiert, ob die Parteien ihre Rechtswahlvereinbarung entgegen Art. 24 Rom II-VO (Art. 20 Rom IVO) als Gesamtnormverweisung ausgestalten können.407 Dies setzt freilich die Disponibilität des Art. 24 Rom II-VO (Art. 20 Rom I-VO) voraus. Eine ausdrückliche Stellungnahme zur Disponibilität von Kollisionsnormen findet sich in der Literatur kaum.408 Als Grundlage für die Ausübung eines solchen Gestaltungsrechts kommt entgegen der Auffassung des BGH nur die Privatautonomie in Betracht.409 Dies beruht auf der Er405 Der Begriff des „gewöhnlichen Aufenthaltes“ wird beispielsweise im Rahmen der allgemeinen Kollisionsnorm in Art. 4 Abs. 2 Rom II-VO relevant, wonach das Recht des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltes beider Parteien des außervertraglichen Schulverhältnisses vorrangig vor dem Recht des Schadeneintrittsorts anzuwenden ist. 406 Die Abkehr vom Ubiquitätsprinzip im Rahmen des Deliktsstatuts nach Art. 4 Rom II-VO, wonach bei Distanzdelikten nunmehr das Erfolgsortrecht zur Anwendung kommt, wird vielfach als bedeutendste Änderung gegenüber dem deutschen Internationalen Privatrecht verstanden. Junker, JZ 2008, 169, 174; Benecke, RIW 2003, 830, 832 f.; A. Fuchs, GPR 2004, 100, 101 f.; v. Hein, ZVglRWiss. 102 (2003), 528, 542 ff.; Huber/Bach, IPRax 2005, 73, 76; G. Wagner, IPRax 2006, 372, 377 ff. ; Jayme, in : FS W. Lorenz, 1991, S 435, 437 f. Vgl. auch den Fall vom OLG Frankfurt a.M. RIW 1989, 646, das über folgende Klausel zu entscheiden hatte: „Auf diesen Vertrag ist das Recht des Landes anzuwenden, in dem der Vertrag geschlossen wurde“. 407 So etwa Wurmnest, in: jurisPK-BGB Art. 14 Rn. 4; ähnlich Mallmann, NJW 2008, 2953, 2954; Sandrock, in: FS Kühne, 2009, S. 881, 896; Brödermann/Wegen, in: Prütting/Wegen/Weinreich, Art. 3 Rom I-VO Rn. 4; Freitag/Leible, ZVglRWiss 99 (2000), 101, 140; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 35 EGBGB Rn. 7; Leible, in: AnwK-BGB, Art. 35 EGBGB Rn. 4 m.w.N.; vgl. hierzu im Einzelnen unten S. 314. 408 Die Frage wird mittelbar im Rahmen der Erörterung der Abdingbarkeit von Art. 11 EGBGB sowie Art. 20 Rom II-VO angesprochen, vgl. etwa Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 19; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 65; Martiny, in: MünchKomm, Art. 20 Rom I-VO Rn. 5; Wurmnest, in: jurisPK-BGB Art. 14 Rn. 4; ähnlich Mallmann, NJW 2008, 2953, 2954; Sandrock, in: FS Kühne, 2009, S. 881, 896; Brödermann/Wegen, in: Prütting/Wegen/Weinreich, Art. 3 Rom I-VO Rn. 4; Freitag/Leible, ZVglRWiss 99 (2000), 101, 140; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 35 EGBGB Rn. 7; Leible, in: AnwK-BGB, Art. 35 EGBGB Rn. 4 m.w.N 409 a.A. Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 19; Leible, in: AnwK-BGB, Art. 35 EGBGB Rn. 2; Kropholler, IPR, S. S. 175 f.; Siehr, in: FS Canaris, 2007, Bd. 2, S. 815, 823; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 24 Rom II-VO Rn. 3; W. Lorenz, IPRax 1987, 276; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 6; Rauscher, IPR, Rn. 1087;
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wägung, dass die Parteiautonomie nur über das anwendbare Sachrecht entscheidet, während die Privatautonomie im Sachrecht, d.h. dem materiellen Recht, Anwendung findet.410 Da das Kollisionsrecht zu den materiellrechtlichen Vorschriften einer Rechtsordnung zählt, findet die Privatautonomie in der Folge grundsätzlich auch im Rahmen der Vorschriften des Kollisionsrechts Anwendung.411 Für die grundsätzliche Disponibilität des Kollisionsrechts spricht der Gedanke, dass die Parteien dazu in der Lage sind, dasjenige Recht zu wählen, das ihre gegenseitigen Ansprüche unmittelbar beherrschen soll, sodass es den Parteien a maiore ad minus schließlich auch möglich sein muss, dasjenige Recht zu wählen, das zur Ermittlung des auf ihre Ansprüche anwendbaren Rechts gelten soll. Voraussetzung ist hierfür freilich, dass nicht das gesamte Kollisionsrecht, wie teilweise behauptet wird, als ius cogens ausgestaltet ist.412 Ob und inwieweit gesetzliche Vorschriften generell als dispositiv, zwingend oder halbzwingend einzustufen sind, wird vom Gesetzgeber zum Teil ausdrücklich angeordnet.413 Fehlt wie vorliegend im Kollisionsrecht eine gesetzliche Anordnung, ist die Entscheidung anhand des „Sinn und Zwecks des Gesetzes, insbesondere nach den vom Gesetz geschützten Interessen, zu treffen“414.415 Trägt die Vorschrift lediglich den Interessen der Vertragsparteien Rechnung, ist sie im Regelfall dispositiv. Zwingend sind demgegenüber in der Regel Vorschriften, welche „die Voraussetzungen der Privatautonomie, die Anforderungen an eine gültige Willenserklärung […] die Sicherheit des Rechtsverkehrs gewährleisten, das Vertrauen Dritter schützen wollen und […] grobe Ungerechtigkeiten verhüten oder sozialen Anforderungen […] genügen.416 Halbzwingende Vorschriften sind regelmäßig dadurch gekennv. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 65; Rühl, in: FS Kropholler, 2008, S. 187, 195, die der Frage nachgehen, ob das Kollisionsrecht zum Gegenstand der Parteiautonomie gemacht werden kann. Dies ist nach hier vertretener Ansicht eine unrichtige Ausgangsbasis. 410 Siehe zum Verhältnis von Privat- und Parteiautonomie bereits oben S. 9 f. 411 Dies gilt im Hinblick auf die Abgrenzung zum Prozessrecht, vgl. hierzu oben S. 69. 412 So Sonnenberger, in: MünchKomm, Einl. IPR Rn. 220: „Sowohl gesetzliche wie richterliche Kollisionsnormen sind nach herrschender Auffassung für die Adressaten grundsätzlich zwingend“; ebenso Mallmann, NJW 2008, 2953, 2954: „[…] Anwendung zwingenden Kollisionsrechts […].“ Wohl auch Spickhoff, Richterliche Aufklärungspflicht S. 71. 413 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 3 Rn. 96. 414 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 3 Rn. 96. 415 Siehe rechtsvergleichend G. Wagner, ZEuP 2009, 243, 250 ff.; Sonnenberger, in: MünchKomm, Einl. IPR Rn. 222, der die verschiedenen berührten Interessen bei der differenzierten Ausgestaltung der Rechtswahlmöglichkeiten aufzeigt; vgl. Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des BGB, § 3 Rn. 102 mit fallgruppenartiger Auflistung. 416 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 3 Rn. 96, 102 .
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zeichnet, dass sie die Schutzbedürftigkeit einer Vertragspartei aufgrund einer schwächeren Verhandlungsposition realisieren.417 Wie bereits festgestellt werden konnte, verlaufen die Grenzen der Partei- und Privatautonomie parallel, soweit die jeweiligen Kollisionsnormen vom Sachrecht abgeleitete Interessen verfolgen. Dies muss sich konsequenterweise in der Disponibilität der einzelnen Kollisionsnorm bzw. der international privatrechtlichen Vorschrift widerspiegeln. Dort, wo die Parteiautonomie entsprechenden Beschränkungen unterliegt, kann die Privatautonomie nicht wirken. Unzweifelhaft zählen demnach zu den zwingenden Vorschriften die Regelungen des Wettbewerbs- und Kartellrechts (Art. 6 Rom II-VO) sowie über die Verletzung von geistigen Eigentums (Art. 8 Rom II-VO). Aufgrund eines überwiegenden öffentlichen Interesses sind die Regelungen über den ordre public (Art. 26 Rom II-VO), die Geltung von Eingriffsnormen (Art. 16 Rom II-VO) sowie die Anknüpfung von Sicherheits- und Verhaltensvorschriften (Art. 17 Rom II-VO) gleichsam der Privatautonomie entzogen. Da die kollisionsrechtliche Rechtswahlfreiheit nur unter den Voraussetzungen des Art. 14 Rom II-VO gewährleistet wird, ist auch Art. 14 Rom II-VO den zwingenden Vorschriften zuzuordnen. Dasselbe gilt freilich für Kollisionsnormen, welche die Geschäfts- und Rechtsfähigkeit regeln. Demgegenüber ist beispielsweise die Ausgestaltung der kollisionsrechtlichen Verweisung als Sachnormverweis (Art. 24 Rom II-VO) nicht durch überwiegende öffentliche Interessen, die einen Ausschluss der Gestaltungsfreiheit rechtfertigen können, gekennzeichnet.418 Dasselbe gilt grundsätzlich für das Formstatut (Art. 11 Rom I-VO), wonach es den Parteien zumindest freistehen muss, das auf die Formvorschriften anwendbare Recht zu bestimmen, indem sie die Alternativanknüpfung vertraglich abbedingen. Im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH ist eine parteiautonome Ausgestaltung des Günstigkeitsprinzips aus Art. 11 EGBGB/ Rom I-VO grundsätzlich zulässig. Im Einzelfall muss daher untersucht werden, ob die jeweilige Kollisionsnorm, von der die Parteien eine abweichende Vereinbarung treffen, vorrangig öffentliche Interessen verfolgt.
417 418
Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 3 Rn. 104. Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 24 Rom II-VO Rn. 1: „Der Zweck dieser Regel liegt – nicht anders als sonst häufig auch im Falle kollisionsrechtlicher Staatsverträge – darin, dass der Vereinheitlichungszweck der Rom II-VO nicht durch die Anerkennung von Rück- oder Weiterverweisungen in Frage gestellt werden soll.“
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B. Rechtsnatur der Rechtswahl nach Art. 14 Rom II-VO I. Rechtswahlvereinbarung als materiell-rechtlicher Vertrag Die Wahrnehmung der Rechtswahlmöglichkeit setzt eine Vereinbarung der Parteien des außervertraglichen Schuldverhältnisses voraus.419 Es handelt sich nach allgemeiner Ansicht um einen sog. Verweisungsvertrag.420 Vor dem Hintergrund, dass nach der Rechtsprechung des EuGH421 ein Vertrag im europäischen Sinne bei jeder freiwillig eingegangenen Verpflichtung vorliegt, ließe sich grundsätzlich auch die Rechtswahlvereinbarung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Rom II-VO hierunter fassen.422 Doch verlangt der Begriff des Vertrages bzw. der Vereinbarung im Sinne von Art. 14 Rom IIVO nicht nach einer autonomen Definition. Der Vertragsbegriff dient hier nicht der Abgrenzung zum außervertraglichen Schuldrecht.423 Im Fokus stehen vielmehr seine materiell-rechtlichen Wirkungen.424 Insofern mag man den Rechtswahlvertrag in Anlehnung an die im deutschen Recht gebräuchliche Vertragsdefinition als zwei- oder mehrseitiges Rechtsgeschäft, dessen Rechtsfolge deswegen eintritt, weil sie gewollt ist, umschreiben.425 In dieser materiell-rechtlichen Funktion der Rechtswahlvereinbarung liegt zugleich das wesentliche Element für die Abgrenzung zum Prozessvertrag.426 Prozessverträge sind Vereinbarungen, deren unmittelbare
419 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 1; Bendref, RIW 1980, 386, 387; siehe bereits oben zum Verhältnis von Privat- und Parteiautonomie S. 9 f. 420 H. Stoll, in: FS Heini, 1995, S. 429, 432; Sandrock/Steinschulte, Handbuch der Internationalen Vertragsgestaltung, Bd. 1, S. 57 ff.; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 1; Bendref, RIW 1980, 386, 387; Landbrecht, RIW 2010, 789; Sumampouw, RabelsZ 30 (1966), 334, 340; Leible, in: Neues Internationales Vertragsrecht, S. 41, 42; ders., in: FS Jayme, 2004, S. 485, 501 ff.; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 36. 421 EuGH, Rs. C-334/00, Tacconi, Slg. 2002, I-7357 Rn. 23; EuGH, Rs. C-27/02, Engler, Slg. 2005, I-481 Rn. 50, EuGH, Rs. 26/91, Handte, Slg. 1992, I-3967 Rn. 15; EuGH, Rs. C-51/97, reunion européenne, Slg, 1998, I-6511 Rn. 22; zum Vertragsbegriff umfassend Magnus, in: Staudinger, Art. 1 Rom I-VO Rn. 27 ff. 422 Der Begriff „Verpflichtung“ erscheint im Zusammenhang mit einer Rechtswahlvereinbarung im Sinne von Art. 14 Rom II-VO indes unpassend und ungebräuchlich zu sein, dazu sogleich unten. 423 Dazu Junker, in: MünchKomm, Art. 1 Rom II-VO Rn. 5; Thorn, in: Palandt, Art. 1 Rom II-VO Rn. 2; Unberath/Cziupka, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 1 Rom IIVO Rn. 22. 424 Schwander, in: FS Keller, 1989, S. 473, 482. 425 Larenz, Lehrbruch des Schuldrechts, Bd. 1, S. 1; Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 2 1; Kötz, Vertragsrecht Rn. 10; Tonner, Schuldrecht, § 2 Rn. 2. 426 Anders noch die Regelung im EWG-E, vgl. oben S. 22 f.
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Hauptwirkung auf dem prozessualem Gebiet liegt.427 Die Zulässigkeit und Wirkung beurteilen sich nach dem Prozessrecht der lex fori.428 Im Übrigen unterstehen die weiteren Voraussetzungen nach überwiegender Auffassung der lex causae.429 Insoweit besteht Deckungsgleichheit mit einem Rechtswahlvertrag.430 Zu berücksichtigen ist aber, dass die Wirkung dieses Vertrages nach Art. 14 Abs. 1 Rom II-VO das anwendbare materielle Recht betrifft.431 Seine Hauptwirkung liegt also im materiellen Recht. Mit dem Abschluss des Rechtswahlvertrages bestimmen die Parteien nach Art. 14 Rom II-VO, welches staatliche Sachrecht auf ihr außervertragliches Schuldverhältnis Anwendung finden soll. Unter der Prämisse der Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung ist diese für jede einzelne Partei sowie für den Richter grundsätzlich verbindlich.432 Auf den Rechtswahlvertrag, dessen Rechtsnatur mit kollisionsrechtlicher Vereinbarung umschrieben wird,433 kann unter Zugrundelegung des deutschen Abstraktionsprinzips nicht die Differenzierung zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft angewandt werden.434 Der Rechtswahlvertrag begründet keine einklagbare Verpflichtung auf Anwendung eines bestimmten Rechts oder Vornahme einer bestimmten Rechtshandlung.435 Sie begründet keine eigenständigen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien, sondern wirkt unmittelbar auf den Gestaltungsgegenstand, d.h. auf das vertragliche oder außervertragliche Schuldverhältnis, ein.436 Die Rechtswahlvereinbarung wirkt sich in dieser Hinsicht folglich nur mittelbar aus, indem sie durch Verweis auf eine Rechtsordnung den dort geregelten Pflichtenkreis proro427 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 22 Rn. 1 ff., 23 ff.; Musielak, in: Musielak-ZPO, Einl. Rn. 66; Rauscher, in: MünchKomm, Einl. ZPO Rn. 395; G. Wagner, Prozessverträge, S. 13 f; Häsemeyer, ZZP 118 (2005), 265 m.w.N. 428 G. Wagner, Prozessverträge, S. 369; Musielak, in: Musielak-ZPO, Einl. Rn. 66; G. Roth, ZZP 93 (1980), 156, 164 ff. m.w.N. zur Gerichtsstandsvereinbarung. 429 BGHZ 57, 72, 75 f.; BGHZ 59, 23, 27; BAG 1979, 647; Rauscher, ZZP 104 (1991), 271, 276; G. Roth, ZZP 93 (1980), 156, 166; G. Wagner, Prozessverträge, S. 369; Schack, IZVR, Rn. 495. 430 Zulässigkeit und Wirkungen der Rechtswahlvereinbarung sind nach allgemeinen Grundsätzen des IPR ebenso abhängig von der lex fori, vgl. z.B. v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 1 Rn. 27 ff.; Kegel/Schurig, IPR, S. 4 ff.; H. Stoll, in: FS Heini, 1995, S. 429, 437. 431 Magnus, in: Staudinger, Art. 4 Rom I-VO Rn. 19; wohl auch Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 14; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 36 ff.; Bach, in: Huber, The Rome II-Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 9. Zur Frage, ob die Wahl des Kollisionsrechts eines anderen Staates möglich ist, vgl. unten S. 314 sowie Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 19. 432 Sie kann nur durch übereinstimmende Erklärungen beider Parteien geändert oder aufgehoben werden. 433 Vgl. hierzu sogleich. 434 Basedow, RabelsZ 75 (2011), 32, 53; v. Bar, IPR I, Bd. 2, Rn. 416. 435 v. Bar, IPR, Bd. 2, Rn. 416; Dutta, ZVglRWiss 104 (2005), 461, 473. 436 v. Bar, IPR, Bd. 2, Rn. 416; Dutta, ZVglRWiss 104 (2005), 461, 473.
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giert und die Parteien diesen für verbindlich erklären. Erst die Einhaltung der daraus resultierenden Pflichten stellen einklagbare Ansprüche dar, deren Verletzung etwa Herausgabe-, Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche auslösen können. Diese Ansprüche resultieren indes aus dem anwendbaren Sachrecht. Der Rechtswahlvertrag als solcher entfaltet seine Rechtswirkungen nur hinsichtlich der anwendbaren Rechtsordnung.437 Diese Wirkung tritt grundsätzlich unmittelbar ein, ohne dass die Parteien weitere Handlungen vornehmen müssen.438 Der Rechtswahlvertrag hat mithin unmittelbare gestaltende Wirkung für das in Bezug genommene außervertragliche (bzw. vertragliche) Schuldverhältnis.439 Er kann es begründen, im Verhältnis zum objektiv anwendbaren Recht inhaltlich verändern oder gar aufheben. Zu Recht spricht Basedow daher von einer Verfügungswirkung der Rechtswahlvereinbarung.440 Inhaltlich geht es hier indes nicht um dingliche Rechtsänderungen, sodass die Vereinbarung nicht als Verfügungsgeschäft im Sinne des deutschen Abstraktionsprinzips angesehen werden kann.441 Es handelt sich daher weder um einen schuldrechtlichen noch um einen dinglichen Vertrag.442 Der Begriff der kollisionsrechtlichen Vereinbarung orientiert sich vor diesem Hintergrund nicht nur an der Wirkung der Vereinbarung hinsichtlich der zwingenden Vorschriften des nationalen Rechts,443 sondern verdeutlicht zugleich, dass es sich hierbei in inhaltlicher sowie systematischer Hinsicht um einen Vertragstyp sui generis handelt.444 Die essentialia negotii bestehen in den Parteien, der anzuwendenden Rechtsordnung und dem Rechtsverhältnis (außervertraglichem Schuldverhältnis) auf das sich die Rechtswahlvereinbarung bezieht bzw. im Fall der antizipierten Rechtswahlvereinbarung die konkreten tatsächlichen Beziehungen der Parteien, aus denen ein künftiges außervertragliches Schuldverhältnis möglicherweise erwächst.445 Bildet die Rechtswahlvereinbarung selbst den Streitgegenstand, so ist unter Zugrundelegung deutschen Prozessrechts allein eine Feststellungsklage denkbar. Zumeist wird die Frage nach der Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung aber eine Vorfrage im Rahmen einer Leistungsklage sein. Am treffendsten scheint vor diesem
437 438
Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 183. Dies gilt freilich nur, sofern die Parteien die Wirkung nicht aufschiebend bedingt oder befristet haben. Siehe hierzu unten S. 217 ff. 439 v. Bar, IPR I, Bd. 2, Rn. 416; Dutta, ZVglRWiss 104 (2005), 461, 473. 440 Basedow, RabelsZ 75 (2011), 32, 53. 441 v. Bar, IPR I, Bd. 2, Rn. 416. 442 Ebenso Basedow, RabelsZ 75 (2011), 32, 53. 443 Vgl. zur kollisionsrechtlichen Wirkung oben S. 6. 444 Ebenso v. Bar, IPR I, Bd. 2, Rn. 416. 445 Insofern ist die Rechtswahlvereinbarung mit einer Schiedsvereinbarung vergleichbar, vgl. hierzu Münch, in: MünchKomm, § 1029 BGB Rn. 69 ff.
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Hintergrund die Bezeichnung als kollisionsrechtlicher Gestaltungsvertrag zu sein. II. Art. 14 Rom II-VO als kollisionsrechtliche Verweisung Unzweifelhaft ist die Rechtswahlvereinbarung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Rom II-VO als kollisionsrechtliche Verweisung einzustufen.446 Einerseits ist es für die Rechtswahl im Internationalen Privatrecht charakteristisch, dass die nach objektiven Anknüpfungsmomenten anzuwendende Rechtsordnung abberufen und die angerufene Rechtsordnung mit ihren zwingenden Bestimmungen Geltung erlangt.447 Dies folgt schon daraus, dass die subjektive Anknüpfung vorrangig gegenüber der objektiven Anknüpfung zu berücksichtigen ist. Wenn demnach die objektive Anknüpfung zur Anwendung einer fremden Rechtsordnung führt, deren zwingende Regeln sodann anzuwenden sind, muss dies gleichermaßen für die subjektive Anknüpfung gelten. Andererseits gehen auch die Parteien in der Regel davon aus, dass bei der Bestimmung, welches Recht auf ihr außervertragliches Schuldverhältnis anzuwenden sei, eine umfassende Prorogation der gewählten Rechtsordnung erfolge und die derogierte Rechtsordnung von ihrem Schuldverhältnis umfassend ausgeschlossen worden sei. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die tatbestandliche Struktur der subjektiven Anknüpfung derjenigen der objektiven Anknüpfung entspricht und im Ergebnis nur Differenzen im Hinblick auf das Anknüpfungsmoment zu verzeichnen sind. Betrachtet man die Rechtsfolge beider Anknüpfungsformen, so sind bei der Rechtswahl nach Art. 14 Abs. 1 Rom II-VO grundsätzlich keine Unterschiede festzustellen, sodass beide Anknüpfungsregeln als kollisionsrechtlich bezeichnet werden können. Fraglich ist, ob die Rechtswahl im Anwendungsbereich des Art. 14 Abs. 2 und 3 Rom II-VO gleichsam als kollisionsrechtliche Verweisung eingestuft werden kann. Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO schreibt vor, dass durch die Rechtswahl der Parteien die zwingenden Bestimmungen des Staates unberührt bleiben, in dem sich im Zeitpunkt des Eintritts des schädigenden Ereignisses alle Elemente des Sachverhalts befunden haben. Eine entsprechende Regelung trifft Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO im Hinblick auf die zwingenden gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen für den Fall, dass die Rechtsordnung eines Drittstaates angewählt wird. Eine parallele Regelung findet sich für das Internationale Vertragsrecht in Art. 3 Abs. 3 und Abs. 4 Rom I-VO. Damit verlangt der europäische Gesetzgeber für die uneinge446
Siehe bereits oben zum Begriff der Parteiautonomie S. 6; so auch Martiny, in: Reithmann/Martiny, Rn. 87 zur Rom I-VO; Kondring, IPRax 2007, 241, 243 f.; Wengler, ZfRV 23 (1982), 11, 14. 447 Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 85 zur Rom IVO.
§ 4 Systematik und Rechtsnatur der subjektiven Kollisionsnorm
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schränkte, freie Rechtswahl das Vorliegen eines Auslandsbezugs. In diesem Zusammenhang ist Art. 1 Abs. 1 Rom II-VO zu berücksichtigen, der bereits im Hinblick auf den Anwendungsbereich der Verordnung das Vorliegen einer Verbindung zum Recht verschiedener Staaten und mithin einen Auslandsbezug voraussetzt.448 Allein der Auslandsbezug im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Rom II-VO genügt für die uneingeschränkte Ausübung der Rechtswahl demnach nicht. Vor diesem Hintergrund kann Art. 14 Rom IIVO in seiner jeweiligen Sprachfassung nicht wörtlich ausgelegt werden, um den Regelungen in Abs. 1 und Abs. 2 einen Anwendungsbereich zu erhalten. So spricht zwar beispielsweise die englische Sprachfassung von „all the elements relevant to the situation“, die französische Fassung von „tous les éléments de la situation“ und die deutsche von „alle Elemente des Sachverhalts“. Jedoch wird ein Sachverhalt mit einem Auslandsbezug, der für Art. 1 Abs. 1 Rom II-VO ausreichend ist, entgegen ihrem Wortlaut gleichwohl noch unter die Absätze 2 oder 3 subsumiert werden müssen. Im Hinblick auf die Rechtsnatur der Rechtswahlvereinbarung ist damit die Frage aufgeworfen, welchen Einfluss diese Regelungen auf die Rechtsnatur der Rechtswahlvereinbarung im Sinne von Art. 14 Abs. 2 und 3 Rom IIVO haben, d.h. ob es sich hierbei um eine kollisionsrechtliche oder eine sachrechtliche Verweisung handelt.449 Auch im deutschen Internationalen Vertragsrecht war diese Frage bereits Gegenstand einer umfassenden Kontroverse.450 Art. 14 Abs. 2 und Abs. 3 Rom II-VO „schützen“ das zwingende nationale Recht, zu dem der Sachverhalt am engsten verbunden ist, vor 448 Für die Annahme eines Auslandsbezugs im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Rom II-VO (bzw. Rom I-VO) kommt es nach allgemeinem Dafürhalten darauf an, dass in Frage steht, welche Rechtsordnung anzuwenden ist. So wird teilweise angenommen, dass allein die Wahl ausländischen Rechts „die Verbindung zum Recht verschiedener Staaten“ herbeiführen könne, vgl. hierzu etwa Junker, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 88; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 45 m.w.N. Dagegen spricht allerdings, dass die Eröffnung des Anwendungsbereichs der Verordnungen nicht nur für die subjektive Anknüpfung, sondern auch für alle objektiven Anknüpfungen gilt, welche aber nur bei der Kollision von mindestens zwei unterschiedlichen Rechtsordnungen relevant werden. 449 Zur Streitfrage im deutschen Internationalen Vertragsrecht, vgl. Schurig, RabelsZ 54 (1990), 215, 221 ff.; Junker, IPRax 1989, 69, 70; Dreher, Rechtswahl im internationalen Erbrecht S. 4; Mäsch, Rechtswahlfreiheit und Verbraucherschutz, S. 77 ff.; Köthe, Schranken der Privatautonomie im internationalen Deliktsrechts S. 5; Hohloch, NZV 1988, 161, 165; E. Lorenz, RIW 1987, 569 ff.; Mincke, IPRax 1985, 313; Sandrock, RIW 1986, 841; Gamillscheg, ZfA 14 (1983), 307, 327 f. 450 Vgl. Schurig, RabelsZ 54 (1990), 215, 221 ff.; Junker, IPRax 1989, 69, 70; Dreher, Rechtswahl im internationalen Erbrecht S. 4; Mäsch, Rechtswahlfreiheit und Verbraucherschutz, S. 77 ff.; Köthe, Schranken der Privatautonomie im internationalen Deliktsrechts S. 5; Hohloch, NZV 1988, 161, 165; E. Lorenz, RIW 1987, 569 ff.; Mincke, IPRax 1985, 313; Sandrock, RIW 1986, 841; Gamillscheg, ZfA 14 (1983), 307, 327 f.
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Erstes Kapitel: Grundlagen
einer kollisionsrechtlichen Rechtswahl.451 In den Fällen, in denen der Sachverhalt keine ausreichende Auslandsbeziehung aufweist, soll nach dem Willen des europäischen Verordnungsgebers an den zwingenden Bestimmungen des Inlandes festgehalten werden, wodurch ein „vereinbarungsfester Normenbestand des kraft Gesetzes maßgeblichen Staates“452 geschützt werden soll. Faktisch entspricht die Wirkung des Art. 14 Abs. 2, 3 Rom II-VO damit einer privatautonomen Vereinbarung.453 Für die Annahme einer materiell-rechtlichen Verweisung ließe sich anführen, dass eine kollisionsrechtliche Rechtswahl schon begrifflich das Vorliegen eines Auslandsbezugs verlangt. Des Kollisionsrechts bedarf es grundsätzlich nur, wenn die Geltung mehrerer Rechtsordnungen in Frage steht und diese miteinander kollidieren. Fehlt es an einer solchen Kollisionslage, so bedarf es auch keiner kollisionsrechtlichen Entscheidung seitens der Parteien.454 Die Internationalität des Sachverhaltes wäre demnach Voraussetzung für die Ausübung von Parteiautonomie. Andernfalls wären die Parteien auf die Ausübung der Privatautonomie beschränkt.455 Die Absätze 2 und 3 könnten demgemäß als negative Voraussetzungen angesehen werden, um von der freien Rechtswahl nach Art. 14 Abs. 1 Rom II-VO Gebrauch zu machen.456 Andererseits ließe sich die Regelung in Art. 14 Abs. 2 und Abs. 3 Rom IIVO in Verbindung mit der „freien Rechtswahl“ nach Abs. 1 als kollisionsrechtliche Verweisung einordnen. Dogmatisch ließe sich dies konstruieren, wenn man die zwingenden Regeln der mittels objektiver Anknüpfung ermittelten lex causae unterstellt und die Rechtswahl auf die dispositiven Vorschriften beschränkt.457 Eine solche Spaltung der Anknüpfung ist dem Internationalen Privatrecht und insbesondere auch der Rom II-VO nicht fremd, wenn man etwa die kollisionsrechtliche Regelung über die Formvorschriften nach Art. 21 Rom II-VO berücksichtigt, wonach die maßgeblichen Formvorschriften nicht dem einschlägigen Statut zu entnehmen sind, sondern selbstständig objektiv angeknüpft werden. Mit anderen Worten ließe sich formulieren, dass Art. 14 Abs. 2 und Abs. 3 Rom II-VO eine 451 452
Vgl. hierzu ausführlich unten S. 369. So die Begründung im deutschen Internationalen Privatrecht zu Art. 27 Abs. 3 EGBGB a.F., der auf dem EVÜ beruht, vgl. Martiny, in: MünchKomm, 3. Aufl. 1998, Art. 27 Rn. 4. Offensichtlich wollte der europäische Gesetzgeber auch im Rahmen der Rom I-VO und Rom II-VO daran festhalten. 453 Zu diesem Begriff, vgl. bereits oben S. 6 f., 9 ff. 454 Zum Begriff des Kollisionsrecht und seiner Bedeutung, vgl. Kegel/Schurig, IPR S. 4 f.; Kropholler, IPR S. 1 ff.; Ferid, IPR S. 11; v. Bar, IPR I S. 1 ff.; Rauscher, IPR Rn. 1 ff. 455 Sandrock, RIW 1986, 841, 846. 456 So im Ergebnis zum deutschen Internationalen Privatrecht Sandrock, RIW 1986, 841, 846. 457 Ähnlich Mäsch, Rechtswahlfreiheit und Verbraucherschutz S. 79 zum deutschen Internationalen Privatrecht.
§ 4 Systematik und Rechtsnatur der subjektiven Kollisionsnorm
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selbstständige objektive Anknüpfung des ius cogens vorschreiben, die der parteiautonomen Bestimmung entzogen sind. Für die Annahme einer echten kollisionsrechtlichen Rechtswahl spricht demgegenüber die Entstehungsgeschichte des Art. 3 Abs. 3 EVÜ, die im deutschen Kollisionsrecht in Art. 27 Abs. 3 EGBGB ihren Niederschlag gefunden hatte458 und aufgrund des identischen Telos der Vorschriften auch im Rahmen der Auslegung des Art. 14 Abs. 2 und 3 Rom II-VO berücksichtigt werden kann.459 Vor diesem Hintergrund ist zu beachten, dass die Regelung in Art. 3 EVÜ einen Kompromiss zwischen der völlig freien Rechtswahl, die insbesondere von englischer Seite gefordert wurde,460 und der gänzlichen Ablehnung einer Rechtswahl bei reinen Inlandsverträgen, darstellt. Von einem Kompromiss ließe sich aber nicht sprechen, wenn es sich vorliegend bloß um eine sachrechtliche Verweisung handeln würde, da diese eine „unbestrittene Voraussetzung beider Ansichten“ darstellt.461 Demnach würde Art. 14 Abs. 2 und Abs. 3 Rom II-VO nicht als negative Voraussetzung auf Tatbestandsebene, sondern vielmehr auf Rechtsfolgenebene wirken, indem sie den Umfang der Rechtswahlvereinbarung beschränken und lediglich vorschreiben, dass durch die Verweisung auf das Recht eines anderen Staates das zwingende Recht des „Einbettungsstatuts“462 nicht ausgeschlossen wird. Beide Auslegungsmöglichkeiten des Art. 14 Abs. 2 und Abs. 3 Rom IIVO bzw. des Art. 3 Abs. 3 und Abs. 4 Rom I-VO scheinen gleichermaßen möglich zu sein. Wie Mäsch zum deutschen Internationalen Vertragsrecht herausgestellt hat, bildet den Gegenstand der Auslegung nicht nur die Frage, wie die inländischen zwingenden Normen dogmatisch korrekt zur Anwendung gebracht werden können, sondern er betrifft gleichermaßen das Verfahrensrecht.463 So wird im Fall einer materiell-rechtlichen Verweisung die durch die Parteien berufene Norm in die Parteivereinbarung inkorporiert, sodass der Inhalt der Norm zum Inhalt der Parteivereinbarung wird. Ist demnach im Prozess der Inhalt der Vereinbarung streitig, so geht es um den Inhalt der Parteivereinbarung selbst, deren Auslegung Tatfrage und 458 Ein Rückgriff auf das EVÜ ist im Hinblick auf die Auslegung der Rom I-VO grundsätzlich zulässig, soweit unter Anwendung der übrigen Auslegungsmethoden kein gegenteiliges Ergebnis erzielt wird, vgl. Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 1. 459 Zur systematischen Auslegung siehe oben S. 48. 460 Vgl. Giuliano/Lagarde, Bericht über das EVÜ, ABl. der EG Nr. C282 v. 31.10.1980 S. 1, 18; BT-Drucks. 10/504, S. 77; E. Lorenz, RIW 1987, 569. 461 So E. Lorenz, RIW 1987, 569. 462 So Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 27 EGBGB Rn. 32; Hohloch, in: Erman, Art. 27 EGBGB Rn. 25 f.; Magnus, in: Staudinger, Art. 27 EGBGB Rn. 115, 131; Junker, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 87. 463 Mäsch, Rechtswahlfreiheit und Verbraucherschutz S. 79.
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Erstes Kapitel: Grundlagen
nicht Rechtsfrage ist. Die Anwendung der jeweiligen Norm hängt damit vom Beweis der Parteien ab.464 Demgegenüber wird im Fall der kollisionsrechtlichen Verweisung das auf das (außer-)vertragliche Schuldverhältnis anzuwendende Recht bestimmt, d.h. allgemein die anzuwendende Rechtsordnung.465 Ihre Auslegung ist Rechtsfrage und obliegt somit dem angerufenen Gericht.466 Dieses Ergebnis verdeutlicht, dass trotz der kompliziert anmutenden dogmatischen Konstruktion der kollisionsrechtlichen Verweisung die Rechtswahl im Rahmen von Art. 14 Rom II-VO eine kollisionsrechtliche Rechtswahl umschreibt. Schließlich bedarf es der Regelung der Art. 14 Abs. 2 und Abs. 3 Rom II-VO nicht, wenn der Gesetzgeber schon in Abs. 1 das Vorliegen eines Auslandsbezugs zur Tatbestandsvoraussetzung einer kollisionsrechtlichen Rechtswahl gemacht hätte. Bei dessen Fehlen wäre es dann gewiss, dass nur ein sachrechtliches Bestimmungsrecht bestünde. Umgekehrt spricht die besondere Normierung in Abs. 2 und 3 innerhalb der Vorschrift des Art. 14 Rom II-VO dafür, insgesamt eine kollisionsrechtliche Verweisung anzunehmen. Die Annahme einer sachrechtlichen Verweisung im Rahmen der Vorschriften über das Kollisionsrechts wird daher wohl einzig in der deutschen Gesetzeshistorie im Rahmen von Art. 27 EGBGB relevant bleiben.467 Im Anwendungsbereich des Art. 14 Abs. 2, 3 Rom II-VO handelt es sich mithin um eine kollisionsrechtliche Rechtswahl mit materiell-rechtlicher Wirkung. Art. 14 Abs. 2 und 3 Rom II-VO sind damit lediglich als tatbestandliche Beschränkungen der kollisionsrechtlichen Rechtswahl nach Art. 14 Abs. 1 Rom II-VO anzusehen, die auf der Rechtsfolgenseite der subjektiven Kollisionsnorm Wirkung entfalten. Sie führen folglich zu einem abweichenden gesetzlichen Anwendungsbefehl.
464 465 466 467
Schütze, NJW 1965, 1652; Sumampouw, RabelsZ 30 (1966), 334, 336. Vgl. Mäsch, Rechtswahlfreiheit und Verbraucherschutz S. 79 ff. Schütze, NJW 1965, 1652; Sumampouw, RabelsZ 30 (1966), 334, 336. Vgl. etwa Gamillscheg, ZfA 14 (1983), 307, 327; Mincke, IPRax 1985, 313, 314; Sandrock, RIW 1986, 841, 846; vgl. auch die Streitdarstellung bei Junker, IPRax 1989, 69, 70.
Zweites Kapitel
Der Tatbestand des Art. 14 Rom II-VO § 5 Der Anknüpfungsgegenstand des Art. 14 Rom II-VO Die Analyse der Struktur des Art. 14 Rom II-VO hat gezeigt, dass die subjektive Anknüpfung ebenso wie Art. 42 EGBGB nicht aus einem universellen Anknüpfungsgegenstand für alle außervertraglichen Schuldverhältnisse besteht.1 Da die Beschränkungen der Rechtswahlmöglichkeiten in den einzelnen objektiven Anknüpfungen geregelt werden, ist der Anknüpfungsgegenstand stets an die objektiven Anknüpfungen angelehnt.2 Art. 14 Rom IIVO ist daher so zu lesen, als bildete er einen eigenständigen Absatz in jeder (objektiven) Kollisionsnorm, die eine Rechtswahl für zulässig erachtet. Die Mehrzahl der objektiven Anknüpfungen sieht keine Beschränkungen der Parteiautonomie vor. Daher lässt sich gleichwohl festhalten, dass die Anwendbarkeit des Art. 14 Rom II-VO grundsätzlich keinen weiteren Anforderungen unterliegt.3 Dass Art. 14 Rom II-VO nur die Wahlmöglichkeit des auf ein außervertragliches Schuldverhältnis anzuwendenden Rechts betrifft,4 ist bereits Gegenstand des sachlichen Anwendungsbereichs der Verordnung. Voraussetzung bleibt damit lediglich, dass die Rom II-VO sachlich, räumlich-persönlich und zeitlich anwendbar ist, keine vorrangigen Regelungen eingreifen und keine sonstigen geschriebenen oder ungeschriebenen Einschränkungen des Anwendungsbereichs zu berücksichtigen sind. A. Anwendungsbereich der Rechtswahl im Allgemeinen I. Sachlicher Anwendungsbereich, Art. 1 Rom II-VO Der sachliche Anwendungsbereich der Rom II-VO setzt nach Art. 1 Abs. 1 Rom II-VO das Vorliegen eines außervertraglichen Schuldverhältnisses in einer Zivil- und Handelssache voraus, welches eine Verbindung zum Recht 1 2 3
Siehe oben S. 56 ff. Hierzu oben S. 56 ff. Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 11 f.; Leible, RIW 2008, 257; 258 f.; vgl. im Ergebnis auch Dickinson, The Rome II-Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 13.06 f., der dies voraussetzt. 4 In Abgrenzung zur Rom I-VO, so Junker, in: MünchKomm, Art. 1 Rn. 5.
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Zweites Kapitel: Der Tatbestand des Art. 14 Rom II-VO
verschiedener Staaten aufweist.5 Negative Voraussetzung ist darüber hinaus, dass keine Bereichsausnahme aus Art. 1 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO und Art. 1 Abs. 2 Rom II-VO erfüllt ist.6 Die Begriffe Zivilsache und Handelssache entsprechen denen des Art. 1 Abs. 1 EuGVO. Daher kann bei der Auslegung des Art. 1 Rom II-VO auf die luxemburgische Rechtsprechung zur EuGVO zurückgegriffen werden.7 Zugleich ist indes die Regelung des Art. 1 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO (EuGVO) im Blick zu behalten, wonach verwaltungsrechtliche Angelegenheiten vom Anwendungsbereich der Rom II-VO ausgenommen sind.8 Nach der Rechtsprechung des EuGH9 ist eine Zivilsache in Abgrenzung zu einer öffentlich-rechtlichen Sache dann anzunehmen, wenn die fragliche Tätigkeit auch durch eine Privatperson vorgenommen werden kann.10 Dementsprechend scheidet eine Rechtswahlvereinbarung nach Art. 14 Rom II-VO aus, wenn ein originär hoheitliches Handeln in Rede steht.11 Dies steht im Einklang mit dem ausdrücklichen
5 Zur Abgrenzung von vertraglichen und außervertraglichen Schuldverhältnis, vgl. Reiher, Der Vertragsbegriff im europäischen IPR S. 40 ff.; zu den erforderlichen Auslandsbezug, siehe die Ausführungen unten zu Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO S. 372 f. 6 Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 722; Handig, wbl 2008, 1, 2; siehe zu den einzelnen Ausnahmen Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 1 Rom II-VO Rn. 12 ff. 7 EuGH Rs. 29/76, Eurocontrol, Slg. 1976, 1541 Rn. 3; EuGH Rs. 814/79, Rüffer, Slg. 1980, 3807, Rn. 7; EuGH Rs. C-172/91, Sonntag, Slg. 1993, I-1963 Rn.18; EuGH Rs. C-266/01, Tiard, Slg. 2003, I-4867 Rn. 20; EuGH Rs. C-343/04, CEZ, Slg. 2006, I4557, Rn. 22; EuGH Rs. C-435/06, C, Slg. 2007, I-10141 Rn. 46; EuGH Rs. C-420/07, Apostolides, 2009, Rn. 41; vgl. v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 1 Rom I-VO Rn. 12; Garcimartín Alférez, EuLF 2008, I-61, I-62; Wilderspin, ERA-Forum 2008, 259, 262, Dutta, in: Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, Bd. 2, S. 1807 ff.; sowie die Ausführungen oben S.43 f. 8 v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 1 Rom I-VO Rn. 13; Unberath/Cziupka, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 1 Rom II-VO Rn. 12. 9 EuGH, Rs C-172/91, Sonntag, Slg. 1993 I 1963 Rn. 25; EuGH Rs. C-292/05, Lechouritou, Slg. 2007, I-1519 Rn. 30 ff.; EuGH Rs. 29/76, Eurocontrol, Slg. 1976, 1541. 10 Zwar sind nach Art. 1 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO verwaltungsrechtliche Angelegenheiten vom Anwendungsbereich der Rom II-VO ausgenommen. Gleichwohl ist nach der Rechtsprechung des EuGH auch dann eine Zivilsache gegeben, wenn etwa ein verbeamteter Lehrer auf einem Schulausflug im Ausland seine Aufsichtspflicht verletzt und ein Schüler deshalb zu Schaden kommt, da die Aufsichtspflichtverletzung auch durch den Lehrer einer Privatschule begangen werden konnte, vgl. EuGH Rs C-172/91, Sonntag, Slg. 1993 I 1963 Rn. 25; siehe hierzu auch Schack, IZVR Rn. 906 ff.; Kubis, ZEuP 1995, 846, 854 f.; Hess, IPRax 1994, 9, 12; Haas, ZZP 108 (1995), 219, 221 f.; ähnlich verhält es sich, wenn ein Schweizer Arzt in einem öffentlichen Spital als Amtsträger tätig wird und einen deutschen Patienten über medikamentöse Nebenwirkungen nicht ausreichend aufklärt, siehe hierzu Spickhoff, NJW 2009, 1716 ff.; Seibl, MedR 2008, 668 f.; Vogeler, VersR 2011, 588. 11 Dies ist etwa bei Genehmigungserteilungen anzunehmen bzw. generell beim Erlass eines Verwaltungsaktes oder der Beurteilung von Kriegshandlungen im Ausland, siehe
§ 5 Der Anknüpfungsgegenstand des Art. 14 Rom II-VO
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Ausschluss des sachlichen Anwendungsbereichs für actu iure imperii nach Art. 1 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO.12 Voraussetzung ist gem. Art. 1 Abs. 1 Rom II-VO weiterhin das Bestehen eines außervertraglichen Schuldverhältnisses. Dem außervertraglichen Schuldverhältnis kommt in zweierlei Hinsicht Bedeutung zu. Einerseits dient der Begriff der Abgrenzung zum sachlichen Anwendungsbereich der Rom I-VO, die nur das auf vertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht regelt.13 Andererseits bildet es den Untersuchungsgegenstand im Hinblick auf das anwendbare Recht.14 Für die Abgrenzung zwischen beiden Verordnungen ist die Freiwilligkeit der eingegangenen Verpflichtung maßgeblich.15 Auch einseitige Verpflichtungen und Rechtsgeschäfte werden erfasst.16 Nach europäisch-autonomer Auslegung wird man ein außervertragliches Schuldverhältnis im Umkehrschluss dann annehmen können, wenn die geltend gemachte Verpflichtung unfreiwillig eingegangen wurde.17 Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass auch ein außervertragliches Schuldverhältnis freiwillig eingegangen werden kann.18 Folgerichtig wird daraus geschlossen, dass eine Orientierung an den Anknüpfungsgegenständen der Art. 4-12 Rom II-VO erfolgen müsse, um den sachlichen Anwendungsbereich der Rom II-VO näher zu konturieren.19 Diese Herangehensweise birgt den Vorteil, dass eine vollständig autonome Bestimmung des hierzu EuGH Rs. C-292/05, Lechouritou, Slg. 2007, I-1519 Rn. 30 ff.; Kropholler/v. Hein, EuZPR, Art. 1 EuGVO Rn. 9; siehe auch Spickhoff, in: Spickhoff, Medizinrecht Art. 26 Rom II-VO Rn. 5. 12 Alternativ zu dem Bestehen einer Zivilsache lässt Art. 1 Abs. 1 Rom II-VO auch das Vorliegen einer Handelssache ausreichen. Aufgrund der Ausnahmeregelung des Art. 1 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO, wonach insbesondere Steuer- und Zollsachen nicht von der Rom II-VO geregelt werden sollen, kann diesem Begriff, zumindest für den sachlichen Anwendungsbereich der Verordnung, kaum eine eigenständige Bedeutung beigemessen werden, ebenso Basedow, in: FS Thue, 2007, S. 151, 164; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 1 Rom I-VO Rn. 12. 13 Junker, in: MünchKomm, Art. 1 Rom II-VO Rn. 5; Thorn, in: Palandt, Art. 1 Rom II-VO Rn. 2; Unberath/Cziupka, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 1 Rom II-VO Rn. 22. 14 Junker, in: MünchKomm, Art. 1 Rom II-VO Rn. 5; Unberath/Cziupka, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Einl. Rn. 1 ff. 15 EuGH, Rs. C-334/00, Tacconi, Slg. 2002, I-7357 Rn. 23; EuGH, Rs. C-27/02, Engler, Slg. 2005, I-481 Rn. 50, EuGH, Rs. 26/91, Handte, Slg. 1992, I-3967 Rn. 15. EuGH, Rs. C-51/97, reunion européenne, Slg, 1998, I-6511 Rn. 22; Unberath/Cziupka, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 1 Rom II-VO Rn. 22; Staudinger/Steinrötter, JA 2011, 241, 243. 16 EuGH, Rs. C-27/02, Engler, Slg. 2005, I-481 Rn. 50 zur Qualifikation von Gewinnmitteilungen aus dem Ausland als vertragliche Angelegenheit; Unberath/Cziupka, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 1 Rom II-VO Rn. 22; Thorn, in: Palandt, Art. 1 Rom II-VO Rn. 2. 17 Unberath/Cziupka, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 1 Rom II-VO Rn. 23. 18 So auch Unberath/Cziupka, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 1 Rom II-VO Rn. 23; anders Staudinger/Steinrötter, JA 2011, 241, 243; Sujecki, EWS 2009, 310, 312. 19 Zu diesem Schluss kommt Unberath/Cziupka, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 1 Rom II-VO Rn. 23; ähnlich auch Scott, in: The Rome II Regulation, S. 57, 61.
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Zweites Kapitel: Der Tatbestand des Art. 14 Rom II-VO
sachlichen Anwendungsbereichs ermöglicht wird.20 Das außervertragliche Schuldverhältnis muss sodann eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten aufweisen. Diese Voraussetzung wird weit ausgelegt. Um einen Widerspruch zur Regelung des Art. 14 Abs. 2, Abs. 3 Rom II-VO zu vermeiden, ist ein solcher Auslandsbezug schon bei Vorliegen einer Rechtswahlvereinbarung anzunehmen.21 Andernfalls würde Art. 14 Abs. 2 und Abs. 3 Rom II-VO beinahe jede Bedeutung genommen werden.22 Ausreichend ist in jedem Fall auch, wenn ein von der Rom II-VO für generell erheblich gehaltenes Anknüpfungsmoment einen Auslandsbezug aufweist.23 Abschließend setzt der sachliche Anwendungsbereich der Rom II-VO voraus, dass keine Bereichsausnahme aus Art. 1 Abs. S. 2, Abs. 2 Rom II-VO eingreift. Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang insbesondere die Verletzung von Persönlichkeitsrechten (Art. 1 Abs. 2 lit. g Rom II-VO), welche wohl primär Ehrverletzungen durch Medien erfassen soll24 sowie gesellschaftsrechtliche Fragestellungen (Art. 1 Abs. 2 lit. d Rom II-VO). II. Räumlich-persönlicher Anwendungsbereich, Art. 3 Rom II-VO In räumlich-persönlicher Hinsicht ist die Rom II-VO als loi uniforme ausgestaltet.25 Sie findet ausweislich ihres Art. 3 universelle Anwendung, sodass im Gegensatz zur EuGVO keine Differenzierung zwischen Binnenmarkt- und Drittstaatensachverhalten zu erfolgen hat.26 Voraussetzung 20 Zugleich benachteiligt sie allerdings die Bestimmung des sachlichen Anwendungsbereichs der Rom I-VO, deren Anwendungsbereich aufgrund der Generalklausel in Art. 4 Abs. 2 Rom I-VO nicht ausschließlich anhand ihrer Anknüpfungsgegenstände geregelt werden kann. Sofern Schwierigkeiten bei der Bestimmung des sachlichen Anwendungsbereichs der Rom I-VO existieren, müssen folglich auch die Anknüpfungsgegenstände der Rom II-VO im Sinne eines Ausschlussverfahrens Berücksichtigung finden. Eine Alternative bestünde darin, entsprechend der Definition des gesetzlichen Schuldverhältnisses im deutschen nationalen Recht, ein außervertragliches Schuldverhältnis als Sonderverbindung zwischen mindestens zwei Parteien anzusehen, das nicht auf der Grundlage eines Vertrages, sondern unmittelbar kraft Gesetzes entsteht. Dies ginge jedoch zu Lasten der autonomen Auslegung, da demnach festgestellt werden müsste, ob nach den in Betracht kommenden Rechtsordnungen ein solches gesetzliches Schuldverhältnis entstehen kann. 21 Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 88. 22 Kindler, RIW 1987, 661; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 88. 23 Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 88. 24 Zusammenfassend zur Historie dieser Vorschrift, vgl. Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 619 f. m.w.N. 25 Ofner, ZfRV 2008, 13, 15; Leible/Engel, EuZW 2004, 7, 9; Junker, in: MünchKomm, Art. 3 Rom II-VO Rn. 1; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom II-VO Rn. 1; Brödermann, NJW 2010, 807, 809; Wilderspin, NIPR 2008, 408, 410 f.; Rauscher/Steffen, GPR 2008, 302, 306. 26 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom II-VO Rn. 1; hier liegt ein wesentlicher Unterschied zur EuGVO, welche grundsätzlich keine Anwendung findet, wenn der Be-
§ 5 Der Anknüpfungsgegenstand des Art. 14 Rom II-VO
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bleibt freilich aufgrund des geltenden lex-fori-Prinzips, dass die internationale Zuständigkeit des Gerichts eines Mitgliedstaates in Anspruch genommen wird.27 Damit erlangen Gerichtsstandsvereinbarungen zugunsten mitgliedstaatlicher Gerichte besondere Bedeutung.28 Im Hinblick auf die Möglichkeit der Rechtswahl spielt der räumlich-persönliche Anwendungsbereich andererseits wiederum nur eine untergeordnete Rolle. III. Zeitlicher Anwendungsbereich, Art. 31, 32 Rom II-VO Der zeitliche Anwendungsbereich der Rom II-VO richtet sich nach Art. 31, 32 Rom II-VO. Er ist im Einzelnen streitig.29 Überwiegend wird angenommen, dass die Rom II-VO entsprechend dem Wortlaut des Art. 32 Rom II-VO (im Wesentlichen)30 seit dem 11.1.2009 gilt und bis dahin die nationalen Kollisionsnormen für außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwenden seien.31 Nach anderer Ansicht könne aus der Entstehungsgeschichte des Art. 32 Rom II-VO und Art. 254 Abs. 1 S. 2 EG (Art. 297 AEUV n.F.) geschlossen werden, dass die Rom II-VO am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung32 im Amtsblatt in Kraft trat.33 Der 20.08.2008 sei damit der maßgebliche Zeitpunkt, ob auf das davor oder danach entstandene außervertragliche Schuldverhältnis seit dem 11.1.2009 die Rom II-VO
klagte seinen Wohnsitz nicht in einem Mitgliedstaat hat. Ausnahmen werden nur bei Gerichtsstandsvereinbarungen und der ausschließlichen Zuständigkeit anerkannt, vgl. hierzu EuGH Rs. C-440/97, GIE Group Concorde, Slg. 1999 I-6307 Rn. 23 f.; EuGH Rs. C256/00, Besix, Slg. 2002 I-1699 Rn. 24; EuGH Rs. C-281/02, Owusu, Slg. 2005 I-1383 Rn. 38 ff.; EuGH Rs. C-104/03, St. Paul Dairy Industries, Slg. 2005 I-3481 Rn. 19; Kropholler/v. Hein, EuZPR Art. 4 Rn. 1; Hess, EuZPR § 5 Rn. 9. 27 Schack, IZVR Rn. 44 ff.; v. Hoffmann/Thorn, IPR § 1 Rn. 15 f., 32; Siehr, IPR S. 451 f. 28 Zum Verhältnis von Gerichtsstandsvereinbarung und konkludenter Rechtswahl, siehe die Ausführungen unten S. 198 ff. 29 Vgl. die Streitdarstellung bei Glöckner, IPRax 2009, 121; Bücken, IPRax 2009, 125 ff.; Wilderspin, NIPR 2008, 408, 411 f.; Kramer, NIPR 2008, 414, 417; Schulze, IPRax 2011, 287 ff. 30 Die Ausnahme des Art. 29 Rom II-VO hat die Kooperationspflicht der Mitliedstaaten bezüglich der Meldung bindender völkerrechtlicher Abkommen zum Gegenstand, vgl. Glöckner, IPRax 2009, 121, 122 Fn. 9. 31 Junker, NJW 2007, 3675, 3676; ders., JZ 2008, 169, 170; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 724; Ofner, ZfRV 2008, 13, 15; Mansel/Thorn/Wagner, IPRax 2009, 1, 22; Thorn, in: Palandt, Anh. Zu Art. 28 ff. EGBGB, Art. 32 Rom II-VO Rn. 1; Brière, JDI 2008, 31, 32; Simeonidis, Comp. L. 173, 174 [2008.1]; Garcimartín Alférez, EuLF 2007, I-77, I-81; Bücken, IPRax 2009, 125, 127. 32 Die Veröffentlichung im Amtsblatt erfolgte am 31.7.2007. 33 Glöckner, IPRax 2009, 121, 122 f.; Bücken, IPRax 2009, 125 f.; Staudinger, AnwBl. 2008, 8; Hartley, ICQL 57 (2008), 899 Fn. 2; Kadner Graziano, rev.crit.dr.int.priv. 97 (2008) S. 445,447.
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Zweites Kapitel: Der Tatbestand des Art. 14 Rom II-VO
oder die nationalen Vorschriften34 anzuwenden sind. Im Hinblick auf die Rechtswahlmöglichkeit ist die klare Beantwortung dieser Frage bedeutsam, weil außerhalb des Anwendungsbereichs der Rom II-VO ein Rückgriff auf die nationalen Vorschriften erforderlich ist, die die Parteiautonomie in unterschiedlichem Umfang gewährleisten. So wäre bei einer Klage in Deutschland ein Rückgriff auf Art. 42 EGBGB erforderlich, der nach überwiegender Ansicht eine antizipierte Rechtswahlmöglichkeit ausschließt, während Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO jene Möglichkeit unter bestimmten Voraussetzungen gerade zulässt.35 Unabhängig davon, welcher Ansicht im Ergebnis der Vorzug zu geben ist, bildet der Begriff des schadensbegründenden Ereignisses die maßgebliche Subsumtionsgrundlage für die Bestimmung des zeitlichen Anwendungsbereichs. Im Interesse einer einheitlichen Auslegung der in der Verordnung verwendeten Begrifflichkeiten wird im Einklang mit Art. 4 Rom II-VO hierunter überwiegend der Handlungszeitpunkt verstanden.36 Der Zeitpunkt der Rechtswahlvereinbarung ist folglich unerheblich.37 Wird die Rechtswahlvereinbarung vor Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses getroffen, ist der zeitliche Anwendungsbereich der Verordnung nicht eröffnet. Ermöglicht die bisherige Rechtslage folglich nur die nachträgliche Rechtswahl, ist die Vereinbarung unwirksam.38 IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Art. 14 Rom II-VO ist neben dem Vorliegen des sachlichen, räumlichen und zeitlichen Anwendungsbereichs, dass die Rom II-VO insgesamt nicht von anderen kollisionsrechtlichen Vorschriften verdrängt wird. 1. Verhältnis zum europäischen Verordnungs- und Richtlinienkollisionsrecht Wie aus den geregelten Bereichsausnahmen in Art. 1 Abs. 2 deutlich wird, stehen die Vorschriften der Rom I-VO, Rom II-VO und Rom III-VO 34 Bzw. die Regelung des Art. 28 Rom II-VO eingreift, die das Verhältnis zu den völkerrechtlichen Vorschriften regelt, vgl. hierzu sogleich S. 84 f. 35 Vgl. hierzu im Einzelnen unten S. 230 ff. 36 G. Wagner, IPRax 2008, 1, 17; Junker, in: MünchKomm. Art. 31, 32 Rom II-VO Rn. 6; Garcimartín Alférez, EuLF 2007, I-77, I-88; v. Hein, ZEup 2009, 6, 10 ff. Dies kann bei einem Unterlassen zu Abgrenzungsschwierigkeiten führen; vgl. auch Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 723, die auf den Primärschaden abstellen. 37 Ebenso Rugullis, IPRax 2008, 319, 323; Junker, in: MünchKomm, Art. 31, 32 Rom II-VO Rn. 5; Siehe hierzu auch die Ausführungen unten S. 238 ff. Der Zeitpunkt der Rechtswahl erlangt demgegenüber im Rahmen von Art. 3 Rom I-VO an Bedeutung. 38 So auch Rugullis, IPRax 2008, 319, 323.
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grundsätzlich in einem Exklusivitätsverhältnis zueinander.39 Kollisionsrechtliche Regelungen ergehen allerdings nicht nur in der Form einer Verordnung, sondern auch als Richtlinie. Zwar stellt Erwägungsgrund 35 der Rom II-VO klar, dass die Aufteilung der Kollisionsnormen auf zahlreiche Rechtsakte sowie Unterschiede zwischen diesen Normen vermieden werden soll. Allerdings wird die Möglichkeit der Aufnahme von Kollisionsnormen für außervertragliche Schuldverhältnisse in andere Vorschriften des Gemeinschaftsrechts in Bezug auf besondere Gegenstände durch die Rom II-VO nicht ausgeschlossen.40 Damit kann sich die Frage stellen, in welchem Verhältnis das Richtlinienkollisionsrecht zum Verordnungskollisionsrecht und mithin zu Art. 14 Rom II-VO steht. Trotz der supranationalen Wirkung einer Verordnung wird man jener gegenüber der Richtlinie keine generelle Vorrangstellung einräumen können. Die Möglichkeit der EU, die Handlungsform der Verordnung zu wählen stellt vielmehr eine kompetenzrechtliche Frage dar, die auf das Subsidiaritätsprinzip zurückzuführen ist.41 Für das Verhältnis zwischen Richtlinie und Verordnung ist daher auf die allgemeinen Grundsätze lex posterior derogat lege anteriori und lex specialis derogat lege generali abzustellen.42 Art. 27 Rom II-VO legt diesbezüglich fest, dass die Anwendung von Vorschriften des Gemeinschaftsrechts, die für besondere Gegenstände Kollisionsnormen für außervertragliche Schuldverhältnisse enthalten, von der Verordnung unberührt bleiben. Vor dem Hintergrund des Art. 27 Rom II-VO wird man die Vorschriften der Rom II-VO daher wohl eher als lex generalis einstufen müssen, sodass die Kollisionsnormen der Rom II-VO andere Kollisionsnormen nicht verdrängen.43 Soweit die Rom II-VO als lex posterior angesehen werden muss, verdrängt diese als allgemeinere Regel die älteren spezielleren Vorschriften freilich nur, wenn sie in ihrer Fassung die ursprünglichen speziellen Regelungen selbst inkorporiert hat. Richtlinien der EU sind gleichsam als Vorschriften des Gemeinschaftsrechts im Sinne von Art. 27 Rom II-VO zu qualifizieren.44 Daher gilt für das Verhältnis von Art. 14 Rom II-VO zu einer Richtlinie, die keine Rechtswahlmöglichkeit vorsieht, grundsätzlich das gleiche, wie für das Verhältnis zwischen zwei EUVerordnungen. Maßgeblich ist danach, ob die speziellere Regelung auch im Hinblick auf die Rechtswahlmöglichkeit nach der gesetzgeberischen Intention abschließend sein soll. Dies muss durch Auslegung des jeweiligen 39 Allgemein zur Abgrenzung von Rom I-VO und Rom II-VO, vgl. Reiher, der Vertragsbegriff im europäischen IPR S. 22 ff. 40 Vgl. Erwägungsgrund 35. 41 Hirsch, in: FS Odersky, 1996, S. 197, 207. 42 Zur Geltung dieser Grundsätze im Europarecht, vgl. Sonnenberger, in: MünchKomm, Einl. IPR Rn. 152. 43 Ähnlich Sonnenberger, in: MünchKomm, Einl. IPR Rn. 152 zur Rom I-VO. 44 Vgl. hierzu auch die Ausführungen zu Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO unten S. 378 ff.
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Zweites Kapitel: Der Tatbestand des Art. 14 Rom II-VO
Rechtsaktes ermittelt werden. Infolge der grundrechtlichen und grundfreiheitlichen Verbürgung der Parteiautonomie ist im Zweifel von der der Möglichkeit eines parteiautonomen Bestimmungsrechts auszugehen. Ebenso wie der Verordnungsgeber in Art. 6 und Art. 8 Rom II-VO die Rechtswahlmöglichkeit explizit ausgeschlossen hat oder in der E-CommerceRichtlinie45 klargestellt hat, dass die Möglichkeit der Rechtswahl von den objektiven Bestimmungen unberührt bleiben soll, sollte er mithin auch in anderen europäischen Rechtsakten verfahren.46 2. Verhältnis zu völkerrechtlichem Kollisionsrecht Fraglich ist ferner, ob die Parteien eine Rechtswahlvereinbarung auf Grundlage des Art. 14 Rom II-VO treffen können, wenn vorrangige völkerrechtliche Regelungen Geltung beanspruchen, die keine Rechtswahlmöglichkeit vorsehen. Diese Frage erlangt beispielsweise im Rahmen der sog. Haager Übereinkommen für das auf Straßenverkehrsunfälle anzuwendende Recht47 und das auf die Produkthaftung anzuwendende Recht an Bedeutung.48 Das allgemeine Verhältnis zwischen der Rom II-VO zu völkerrechtlichen Übereinkommen regelt Art. 28 Rom II-VO.49 Nach Abs. 1 bleibt durch die Rom II-VO die Anwendung der internationalen Übereinkommen, 45 Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt ("Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr" - "e-commerce Richtlinie"); siehe hierzu Spindler, RabelsZ 66 (2002), 633, 650 f.; ders., IPRax 2001, 400, 402. 46 Zum Herkunftslandprinzip, vgl. etwa Spickhoff, IPRax 2011, 131, 133 f.; Spindler, in: Innovationsoffene Regulierung des Internets, 2003, S. 227 ff.; Deinert, EWS 2006, 445 ff. 47 Das Straßenverkehrsübereinkommen gilt derzeit für 12 Mitgliedstaaten und einer Reihe von Drittstaaten. Zu letzteren zählen u.a. Schweiz, Weißrussland, Kroatien, Mazedonien; einsehbar unter . 48 Das Produkthaftungsübereinkommen gilt für sechs EU-Mitgliedstaaten als auch für vier Drittstaaten, vgl. den Überblick unter: . Bei Klagen außerhalb von Deutschland sowie innerhalb Deutschlands aber außerhalb des Anwendungsbereichs der Rom II-VO, nämlich im Rahmen eines renvoi, können die Haager Übereinkommen nach wie vor Geltung für sich beanspruchen. Aufgeworfen ist damit die Frage, ob die Gerichte der Vertragsstaaten weiterhin auf das völkerrechtliche Anknüpfungsregime zurückgreifen dürfen oder ob jedenfalls die Mitgliedstaaten untereinander die Rom II-VO anwenden müssen. Hierzu Staudinger, in: FS Kropholler, 2008, S. 691, 692 ff.; ähnlich Junker, in: MünchKomm, Art. 28 Rom II-VO Rn. 21, der den Haager Übereinkommen aufgrund der Regelung des Art. 24 Rom II-VO, wonach die Verweise auf das Recht eines anderen Staates als Sachnormverweis aufzufassen sind, für die deutschen Gerichte jede Bedeutung abspricht; anders auch Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 951, der meint, dass in Deutschland nur die Rom II-VO zur Anwendung gelangt. 49 Vgl. hierzu im Allgemeinen Garriga, YbPIL 9 (2007), 137 ff.
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denen ein oder mehrere Mitgliedstaaten zum Zeitpunkt der Annahme angehören und die Kollisionsnormen für außervertragliche Schuldverhältnisse enthalten, unberührt. Art. 28 Abs. 1 Rom II-VO betrifft folglich den Fall, in dem ein Übereinkommen nicht nur zwischen Mitgliedstaaten vor InKraft-Treten der Rom II-VO bestand (hierfür gilt Art. 28 Abs. 2 Rom IIVO), sondern an dem auch Drittstaaten beteiligt sind. Für diesen Fall genießen die bereits bestehenden völkerrechtlichen Übereinkommen Vorrang. Insgesamt lässt sich damit aus Art. 28 Rom II-VO sowie Art. 15 HStrÜ und Art. 15 HProdHaftÜ folgender Schluss ziehen: Das Gericht eines Vertragsstaates hat die Regeln des völkerrechtlichen Übereinkommens anzuwendenden, unabhängig davon, ob es zugleich Mitgliedstaat ist.50 Das Gericht eines Mitgliedstaates, der nicht zugleich Vertragsstaat ist, wendet schon aufgrund des lex fori-Prinzips die Rom II-VO an. Vor mitgliedstaatlichen Gerichten, die zugleich Vertragsstaat eines völkerrechtlichen Übereinkommens sind kann sich danach die Frage stellen, ob die Parteien von Art. 14 Rom II-VO Gebrauch machen können, obwohl die völkerrechtlichen Regelungen keine Regelung der Parteiautonomie beinhalten. Die Frage ist speziell hinsichtlich der Haager Übereinkommen streitig.51 Während sich teilweise für die Anwendbarkeit des Art. 14 Rom II-VO ausgesprochen wird,52 finden sich auch ablehnende Gegenstimmen53 und solche, die die Entscheidung der lex fori überlassen wollen.54 Im Einklang mit dem Verhältnis zum Richtlinienkollisionsrecht wird man grundsätzlich auch hier darauf abstellen müssen, ob die jeweilige völkerrechtliche Regelung abschließenden Charakter hat. Bei Zweifeln ist aufgrund der grundrechtlichen und grundfreiheitlichen Verbürgung der Parteiautonomie grundsätzlich von der Möglichkeit eines parteiautonomen Bestimmungsrechts auszugehen.55
50 Voraussetzung ist gem. Art. 28 Abs. 2 Rom II-VO allerdings die Drittstaatenbeteiligung an dem Abkommen. Die Regelung des Art. 28 Rom II-VO begründet durch die angeordnete Subsidiarität der Rom II-VO die Gefahr des forum shopping, ebenso Junker, in: MünchKomm, Art. 28 Rom II-VO Rn. 10; Thiede/Kellner, VersR 2007, 1624 ff. 51 Vgl. hierzu Kadner Graziano, NIPR 2008, 425; Staudinger, in: FS Kropholler, 2008, S. 691; Beitzke, RabelsZ 33 (1969), 210; Duchek/Schwind, IPR (1979) S. 166; Schwimmann, Grundriss des IPR S. 160; ders., ZVR 1978, 162. 52 Schwimmann, Grundriss des IPR S. 160; ders., ZVR 1978, 162. 53 Beitzke, RabelsZ 33 (1969), 210; Duchek/Schwind, IPR (1979) S. 166; Schwind, IPR Rn. 488. 54 Vgl. Kadner Graziano, NIPR 2008, 425 m.w.N. 55 Dafür spricht schließlich auch die Regelung des Art. 15 HStÜ, die einen Rückgriff auf andere Regelungen ermöglicht.
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3. Verhältnis zur vertragsakzessorischen Anknüpfung nach Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO Der Anwendungsbereich des Art. 14 Rom II-VO könnte ferner nicht eröffnet sein, wenn die Möglichkeit der vertragsakzessorischen Anknüpfung die Parteiautonomie überlagert. Fraglich ist daher, in welchem Verhältnis Art. 14 Rom II-VO zur vertragsakzessorischen Anknüpfung steht. Diese ermöglicht eine mittelbare Rechtswahl56, indem die Parteien auf Grundlage des Art. 3 Rom I-VO das anwendbare Recht wählen.57 Nach Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO ist abweichend von der Grundanknüpfung nach Abs. 1 und der Anknüpfung an den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt nach Abs. 2 das Recht anzuwendenden, das mit dem Sachverhalt offensichtlich enger verbunden ist. Die offensichtlich engere Verbindung kann sich dabei insbe56
Von der Rechtswahl nach Art. 14 Rom II-VO sind weitere Formen der indirekten Rechtswahl zu unterscheiden (Hierzu Neuhaus, Grundbegriffe S. 252; Dreher, Rechtswahl im internationalen Erbrecht S. 5 f.; Köthe, Schranken der Parteiautonomie S. 6.) Ihr Kennzeichen liegt in der mittelbaren Beeinflussung des anwendbaren Rechts. Sie ist bedeutsam im Hinblick auf die praktische Relevanz der Etablierung der Rechtswahlmöglichkeit nach Art. 14 Rom II-VO, da die Parteien bereits auf andere Weise dazu in der Lage waren, das anwendbare Recht zu bestimmen. Besonders die Möglichkeit der vertragsakzessorischen Anknüpfung wirft die Frage nach dem Bedürfnis für die Regelung der antizipierten Rechtswahlmöglichkeit in Art. 14 Abs. 1 lit. a Rom II-VO auf. Die indirekte Rechtswahl lässt sich in verschiedene Fallgruppen gliedern. Klassischerweise bezeichnet die indirekte Rechtswahl die Beeinflussung des Anknüpfungsmoments durch faktisches Verhalten einer oder beider Parteien (Köthe, Schranken der Parteiautonomie S. 6; Neuhaus, Grundbegriffe S. 252. Dreher, Rechtswahl im internationalen Erbrecht S. 5 f. mit Hinweis auf den möglichen Vorwurf einer fraus legis). Im Recht der außervertraglichen Schuldverhältnisse erscheint aufgrund der dort geltenden Anknüpfungsmomente nur selten eine solche Beeinflussung naheliegend. So mag man bezweifeln, ob jemand tatsächlich seinen gewöhnlichen Aufenthalt verlegt, um das anwendbare Recht zu beeinflussen. Relevanter erscheint die mittelbare Beeinflussung des anwendbaren Rechs etwa durch die im internationalen Gesellschaftsrecht vertretene Gründungstheorie (siehe hierzu etwa Eidenmüller, ZIP 2002, 2233; Forsthoff, DB 2002, 2471, 2476; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 7 Rn. 24). Jene Anknüpfung ist gem. Art. 1 Abs. 2 lit. d Rom II-VO vom sachlichen Anwendungsbereich der Rom II-VO ausgenommen und unterliegt somit nationalen Grundsätzen. Diese wohl eher selten anzutreffende Konstellation der indirekten Rechtswahl fällt jedenfalls schon mangels Vorliegen eines Verweisungsvertrages nicht unter Art. 14 Rom II-VO. Eine mittelbare Rechtswahl ist ferner dergestalt denkbar, dass vor dem Gericht eines Drittstaates geklagt wird, dessen Kollisionsrecht eine Rechtswahlvereinbarung nicht kennt aber einen Gesamtnormverweis auf das Recht eines Mitgliedstaates ausspricht (vgl. hierzu bereits v. Bar/Mankowski, IPR, Bd. 1, § 7 Rn. 74; Köthe, Schranken der Parteiautonomie S. 14). Haben die Parteien eine nach Art. 14 Rom II-VO zulässige Rechtswahlvereinbarung getroffen kann dem Parteiwillen auf diese Weise indirekt Wirkung verliehen werden. 57 Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 4 Rom II-VO Rn. 25; Thorn, in: Palandt, Art. 4 Rom II-VO Rn. 11; Mankowski, IPRax 2010, 389, 401.
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sondere aus einem Rechtsverhältnis zwischen den Parteien des außervertraglichen Schuldverhältnisses ergeben.58 So findet bei einem ärztlichen Behandlungsfehler auf den deliktischen Anspruch im Regelfall das Recht Anwendung, das für den vertraglichen Schadensersatzanspruch gilt.59 Die Möglichkeit der Rechtswahl reicht im Rahmen des Art. 3 Rom I-VO aufgrund der Zulässigkeit einer antizipierten Vereinbarung weiter als bei Art. 14 Rom II-VO. Dieser Form der mittelbaren Beeinflussung des anzuwendenden Rechts kam daher bislang großes Gewicht zu. Aufgrund der Etablierung des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO erlangt sie nunmehr als Auffanganknüpfung an Bedeutung. Das Zusammenwirken der Rom I-VO und Rom II-VO tritt hier deutlich zutage. Die Rechtswahl nach Art. 14 Rom II-VO geht einer akzessorischen Anknüpfung nach Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO vor.60 Dies gilt nicht nur, wenn die vertragsakzessorische Anknüpfung zur Maßgeblichkeit der objektiven Anknüpfung nach der Rom I-VO führt, sondern auch, wenn im Rahmen der Rom I-VO von Art. 3 Abs. 1 Gebrauch gemacht wurde.61 Dagegen spricht zwar der mit Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO beabsichtigte Gleichlauf zwischen der Rom I-VO und Rom IIVO sowie der Grundsatz der Anknüpfung an die engste Verbindung.62 Wie bereits festgestellt wurde geht jedoch der Parteiwille den objektiven Anknüpfungen und mithin auch der Vorschrift des Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO vor. Zudem wird das Prinzip der Anknüpfung an die engste Verbindung nur von den objektiven Anknüpfungsmomenten verwirklicht.63 Hätte der europäische Gesetzgeber in den Fällen der wesentlich engeren Verbindung eine Überlagerung des parteiautonomen Bestimmungsrechts gewollt, so hätte er etwa im Rahmen von Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO die Rechtswahlmöglichkeit auf das Recht derjenigen Staaten beschränken müssen, mit denen der Auslandsbezug im konkreten Fall besteht.64 Vor diesem Hintergrund überlagert die akzessorische Anknüpfung nach Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO die
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Vogeler, VersR 2011, 588; Thorn, in: Palandt, Art. 4 Rom II-VO Rn. 11. Thorn, in: Palandt, Art. 4 Rom II-VO Rn. 11. Ebenso v. Hein, in: FS Kropholler, 2008, S. 553, 567; Wurmnest, in: jurisPK-BGB Art. 4 Rom II-VO Rn. 22. 61 Kritisch hierzu Mankowski, IPRax 2010, 389, 401: „Das Aushandelnserfordernis [aus Art. 14 Abs. 1 lit. b] wird zum Papiertiger, weil es im Internationalen Schuldvertragsrecht kein Pendant hat und weil die akzessorische Anknüpfung die internationalvertragsrechtliche Rechtswahl überwirken lässt.“ 62 Zu den Interessen im Internationalen Privatrecht, vgl. Kegel/Schurig, IPR S. 130 ff.; Schurig, Kollisionsnorm und Sachrecht S. 19 ff. 63 Siehe bereits oben S. 60 ff.; Savigny, System des heutigen Römischen Rechts Bd. VIII, 1849, S. 108; hierzu Schurig, Kollisionsnorm und Sachrecht S. 16 ff. 64 Mit Ausnahme des ordre publics und der Geltung von Eingriffsnormen, vgl. unten S. 404 ff. Zum Verhältnis von Art. 3 Rom I-VO und Art. 14 Rom II-VO, vgl. unten S. 349 ff.
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Rechtswahl nach Art. 14 Rom II-VO auch dann nicht, wenn von der Rechtswahl nach Art. 3 Rom I-VO Gebrauch gemacht worden ist. B. Ausgeschlossene Materien Die Parteien können das anwendbare Recht gem. Art. 14 Rom II-VO also grundsätzlich wählen, soweit der beschriebene Anwendungsbereich der Rom II-VO eröffnet ist und die Rom II-VO nicht durch vorrangige Regelungen verdrängt wird. Während der Tatbestand des Art. 14 Rom II-VO keine Begrenzungen seines Anwendungsbereichs vorsieht, finden sich teilweise in den objektiven Kollisionsnormen vereinzelte Regelungen, welche die Rechtswahlmöglichkeit für bestimmte Anknüpfungsgegenstände ausschließen. Ausgenommen von Art. 14 Rom II-VO sind nach Art. 6 Abs. 4 Rom II-VO das Internationale Kartell- und Lauterkeitsrecht sowie gem. Art. 8 Abs. 3 Rom II-VO die Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums. Die Reichweite jener Beschränkungen ist streitig. Fraglich ist darüber hinaus, ob für Ansprüche aus Umweltschädigungen (Art. 7 Rom II-VO) und aus Arbeitskampfmaßnahmen (Art. 9 Rom II-VO) aufgrund der engen Verzahnung mit gleichsam betroffenen öffentlichen Interessen eine parteiautonome Rechtswahl anerkannt werden sollte. Die eindeutige Bestimmung des Anwendungsbereichs von Art. 14 Rom II-VO setzt mithin eine möglichst präzise Abgrenzung jener Anknüpfungsgegenstände zu den anderen Anknüpfungsgegenständen voraus, bei denen die Ausübung der Parteiautonomie zulässig ist. Zu diesem Zweck müssen insbesondere die Ziele und Interessen des europäischen Gesetzgebers an einem Ausschluss der Rechtswahl im Rahmen des jeweiligen Anknüpfungsgegenstandes untersucht werden.65 I. Lauterkeitsrecht, Art. 6 Abs. 1 und 2 Rom II-VO 1. Gegenstand des Internationalen Lauterkeitsrechts Das Internationale Wettbewerbsrecht66 wird ebenso wie das nationale Wettbewerbsrecht traditionell dem Deliktsrecht zugeordnet.67 Während der deutsche Gesetzgeber im Rahmen der IPR-Reform im Jahr 1999 vor die65 Allgemein zu den maßgeblichen Interessen im Rahmen des Internationalen Privatrechts, vgl. oben S. 60 ff. 66 Bzw. das internationale Recht gegen unlauteren Wettbewerb, vgl. Drexl, in: MünchKommBGB, IntUnlWettbR Rn. 1; Ackermann, Wettbewerbsrecht S. 5; Boesche, Wettbewerbsrecht Rn. 1. 67 Handig, GRUR Int. 2008, 24, 26; Drexl, in: MünchKommBGB, IntUnlWettbR Rn. 1; Lindacher, GRUR Int. 2008, 453; kritisch Hausmann/Obergfell, in: Fezer, UWG Einl. I Rn. 36 ff.; a.A. Wengler, RabelsZ 19 (1954), 401 ff.; Kreuzer, in: Vorschläge und Gutachten zur Reform des deutschen Internationalen Privatrechts der außervertraglichen Schuldverhältnisse,1983, S. 232 ff., 243 m.w.N.
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sem Hintergrund noch auf eine spezielle Normierung des Internationalen Wettbewerbsrechts verzichtete, weil er in dem allgemeinen Deliktsstatut auch für das Internationale Lauterkeitsrecht eine ausreichende Regelung erblickte,68 etablierte der europäische Gesetzgeber nach einem kontroversen Verfahren mit Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO und Art. 6 Abs. 2 Rom II-VO eine spezielle Regelung.69 Kritisiert wurde diesbezüglich seitens des europäischen Rechtsausschusses, dass die Einführung einer Sonderregelung einerseits schon nicht erforderlich sei, weil die allgemeine Kollisionsnorm zu befriedigenden Ergebnissen führe und andererseits Abgrenzungsschwierigkeiten zu den Wettbewerbsdelikten und den sonstigen Delikten entstehen würden.70 Gleichwohl hat sich der europäische Gesetzgeber mit der Normierung des Art. 6 Abs. 1 und 2 Rom II-VO für eine kollisionsrechtliche Differenzierung zwischen dem Deliktsrecht und dem Wettbewerbsrecht ausgesprochen.71 Dabei handelt es sich nach dem gesetzgeberischen Willen um deliktsrechtliche Sonderanknüpfungen, wie Erwägungsgrund 21 der Rom II-VO betont. Art. 6 Rom II-VO stellt danach keine Ausnahme von der deliktsrechtlichen Anknüpfung nach. Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO dar, sondern eine Präzisierung derselben. Außervertragliche Schuldverhältnisse, die auf unlauterem Wettbewerbsverhalten beruhen unterliegen gem. Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO dem Recht des Staates, in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt worden sind oder wahrscheinlich beeinträchtigt werden. Maßgeblich ist also entsprechend der in
68 Drexl, in: MünchKommBGB, IntUnlWettbR Rn. 1 f.; das RG und auch der BGH entwickelten indes aufgrund des fehlenden Statuts eine eigene Anknüpfung, die der des Art 6 Abs. 1 und Abs. 2 Rom II-VO entspricht, vgl. hierzu RGZ 58, 24; BGHZ 35, 329, 333 f.; BGHZ 113, 11, 15; BGH NJW 2005, 3141; siehe hierzu die vergleichende Darstellung bei Sack, WRP 2008, 845, 846. 69 Auch der BGH hat bereits in der Saugflaschenentscheidung (BGHZ 35, 329) aus dem Jahr 1961 festgestellt, dass die allgemeine Anknüpfung nicht zu einem angemessenen Ergebnis führe und daher auf den Ort, an dem der „beanstandete Vertrieb stattfindet“, d.h. den Ort der Interessenskollision abzustellen ist. 70 Umfassend Mankowski, GRUR Int. 2005, 634, 635; der Rechtsausschuss forderte eine Streichung der Vorschrift, hierzu Buchner, GRUR Int. 2005, 1004, 1008 unter Bezugnahme auf European Parliament – Committee on Legal Affairs, Draft Report on the Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council on the Law Applicable to Non-contractual Obligations (Rome II COM 2003, 427 – C5-0338/2003 – 2003/0168 (COD)) v. 29.3.2005, Amendment 22. Justification S. 16; zur Entstehungsgeschichte siehe auch Mankowski, GRUR Int. 2005, 634 ff. 71 Deutsch, Wettbewerbstatbestände mit Auslandsbeziehung S. 27; Schricker, in: Großkomm, UWG Einl. Rn. F 168, 194 ff.; Sack, GRUR Int. 1988, 320, 330; Staudinger/ Fezer/Koos, Internationales Wirtschaftsrecht Rn. 21, 351 ff.; Schünemann, in: GroßKomm UWG Einl. Rn. E 64 f.; Scholz/Rixen, EuZW 2008, 327.
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Deutschland72 und Österreich73 vorherrschenden Meinung das Ortsrecht der wettbewerblichen Interessenskollision.74 Dabei kommt es nicht nur auf die Interessen der Wettbewerbsteilnehmer, sondern auch auf die Interessen der Verbraucher an, sofern eine verbraucherbezogene Unlauterkeit vorliegt.75 Bei marktbezogenen Wettbewerbshandlungen wird dementsprechend nach herrschender Ansicht das Marktortrecht angewandt, das heißt das Recht des Ortes, an dem auf die Marktgegenseite eingewirkt wird.76 Sofern durch das unlautere Wettbewerbsverhalten hingegen ausschließlich die Interessen eines bestimmten Wettbewerbers beeinträchtigt werden (sog. bilaterale Wettbewerbshandlungen), ist gem. Art. 6 Abs. 2 Rom II-VO die Grundanknüpfung für unerlaubte Handlungen nach Art. 4 Rom II-VO anzuwenden. Abs. 1 stellt also die allgemeine Regelung dar, während Abs. 2 die rein betriebsbezogenen Wettbewerbshandlungen regelt.77 Zur Bestimmung des Ortes der Interessenskollision kann aufgrund der Nähe zu Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO und der Parallele zu Art. 5 Nr. 3 EuGVO auf die Grundsätze zum Schadenseintrittsort zurückgegriffen werden.78 Im Hinblick auf die Geltung der Parteiautonomie regelt Art. 6 Abs. 4 Rom II-VO den Ausschluss der Rechtswahlmöglichkeit. Begründet wird dieser vordergründig mit den Schutzzwecken, die in den Schutztrias Wett-
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BGHZ 35, 329, 333 f.; 113, 11, 15; BGH WRP 2000, 269, 270; v. Hoffmann, in: Staudinger, Art. 40 EGBGB Rn. 314; Hausmann/Obergfell, in: Fezer, Lauterkeitsrecht Einl. I Rn. 176 ff; Bornkamm, in: Bartsch/Lutterbeck, Neues Recht für neue Medien S. 99, 105. 73 OGH ÖBl. 2003, 133; OGH ÖBl. 1981, 71; OGH ZfRV 2004, 230, 232; Herzig, wbl 1988, 251, 252; Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht § 21 Rn. 18; Wiltschek, GRUR Int. 1988, 301, 307. 74 Buchner, GRUR Int. 2005, 1004, 1009; Sack, WRP 2008, 845, 846; Emmerich, Unlauterer Wettbewerb § 4 V 2; Köhler, in: Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Einl. UWG Rn. 55. 75 Hausmann/Obergfell, in: Fezer, Lauterkeitsrecht Einl. I Rn. 176 ff ; Sack, WRP 2008, 845, 846. 76 So die hM, BGHZ 185, 66 ff.; Ofner, ZfRV 2008, 13, 18; Drexl, in: MünchKommBGB, IntUnlWettbR Rn. 2; Ahrens, in: FS Tilmann, 2003 S. 739, 752; Sack, WRP 2008, 845, 846; Wilde, in: Gloy/Loschelder, Handbuch des Internationalen Wettbewerbsrechts § 6 Rn. 14; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 8; Glöckner, WRP 2011, 137, 142. Dies läuft häufig auf eine Parallele zu Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO hinaus, wonach der Schadenseintrittsort für das anzuwendende Recht maßgeblich ist. 77 Sack, WRP 2008, 845, 846; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613; 629. 78 Lindacher, GRUR Int. 2008, 453, 454; relevant wird dies insbesondere bei Streudelikten, das heißt wenn ein Handlungsort und mehrere Erfolgsorte existieren. Die Kognitionsbefugnis der Gerichte ist nach der Rechtsprechung des EuGH dann auf diejenigen Schäden beschränkt, die in diesem Land eingetreten sind (sog. Mosaik-Beurteilung) vgl. hierzu EuGH NJW 1995, 1881 (Shevill); Kreuzer/ Klötgen, IPRax 1997, 90; Schack, IZVR Rn. 334; ders., UFITA 108 (1988), 61, 63.
§ 5 Der Anknüpfungsgegenstand des Art. 14 Rom II-VO
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bewerber, Verbraucher, Allgemeinheit erblickt werden.79 So soll durch das Internationale Wettbewerbsrecht das öffentliche Interesse80 an einem lauteren Wettbewerb bei der Kundenakquise sowie umgekehrt das Interesse des Verbrauchers bzw. Kunden vor unlauterem Verhalten, das diesen etwa zum Abschluss von Verträgen verleiten kann, geschützt werden.81 Der Ausschluss der Parteiautonomie wird mithin vorwiegend mit der Verfolgung vom Sachrecht abgeleiteter Interessen gerechtfertigt.82 2. Anknüpfungsgegenstand Der Ausschluss der Rechtswahlmöglichkeit in Art. 6 Abs. 4 Rom II-VO wirft die Frage auf, wie das Internationale Wettbewerbsrecht vom allgemeinen Deliktsrecht abgegrenzt werden kann. Der Begriff des unlauteren Wettbewerbs ist verordnungsautonom auszulegen.83 Er ist nicht (vollständig) mit dem Begriff im Sinne des UWG identisch, sondern umfassender zu verstehen.84 So werden Fälle, die der BGH in seiner ständigen Rechtsprechung dem allgemeinen deutschen Deliktsrecht zuordnet, gemeinschaftskollisionsrechtlich nach der Rom II-VO als unlauterer Wettbewerb qualifiziert.85 Zu nennen sind in diesem Zusammenhang etwa die Fälle der unberechtigten (fahrlässigen) Schutzrechtsverwarnung, die bereits das 79
Handig, GRUR 2008, 24, 25; Schibli, Multistate-Werbung im internationalen Lauterkeitsrecht Rn. 370; Götting, in: Götting/Nordemann, UWG Einl. Rn. 128; Mankowski, GRUR Int. 2005, 634, 636: „Die Schutztrias ergibt sich auf rechtsvergleichender Grundlage und gebietet einen weiten Schutzzweck auch im Rahmen der kollisionsrechtlichen Qualifikation.“ 80 Siehe oben die Darstellung zur Entwicklung der Rechtswahlmöglichkeiten im deutschen Internationalen Privatrecht S. 27 ff. 81 So auch de Boer: „Read in conjunction with the reference to “competitive relations and collective interests of consumers’ in Article 6 (1), this statement suggests that unfair competition and restrictive trade practices affect public rather than private interests. Or, to put it differently, in the area of unfair competition and restricitive trade practices, interests of a higher order than those of individual competitors are at stake. […]’ de Boer, YbPIL 9 (2007), 19, 24. Ebenso legt § 1 UWG als Ziel des Gesetzes fest: Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb; ferner Ackermann, Wettbewerbsrecht S. 5; Boesche, Wettbewerbsrecht Rn. 1. 82 Vgl. zur Differenzierung zwischen originär international privatrechtlicher Interessen und vom Sachrecht abgeleiteter Interessen sowie dem aus letzteren begründeten Gleichlauf von Partei- und Privatautonomie oben S. 13, S. 60 ff. 83 Mankowski, GRUR Int. 2005, 634, 636; Sack, WRP 2008, 845, 846; zum Grundsatz der autonomen Auslegung vgl. bereits oben S. 45 ff. 84 Sack, WRP 2008, 845, 846; vgl. auch die Begründung der Kommission KOM (2003) 427 endg., 17. 85 Sack, WRP 2008, 845, 846.
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Zweites Kapitel: Der Tatbestand des Art. 14 Rom II-VO
Reichsgericht in der Jutefaser-Entscheidung86 dazu veranlassten, den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als sonstiges Recht im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB zu entwickeln.87 Ähnliches gilt etwa für die Angestelltenbestechung zum Zwecke der Vorteilserlangung im Wettbewerb, die in Deutschland nur noch in § 299 StGB geregelt ist, wohl aber zivilrechtlich unter Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO subsumiert werden kann.88 Eine allgemeingültige europäisch autonome Definition des unlauteren Wettbewerbs, die eine eindeutige Abgrenzung zum internationalen Deliktsrecht ermöglicht, konnte bislang nicht etabliert werden. Erforderlich hierfür ist eine Orientierung an den Begrifflichkeiten der Absätze 1 und 2 des Art. 6 Rom II-VO in Verbindung mit dem Telos des Internationalen Lauterkeitsrechts.89 Neben den genannten Schutztrias hat das Lauterkeitsrecht die Regulierung des Verhaltens auf dem Wettbewerbsmarkt zum Gegenstand.90 Vor diesem Hintergrund wird der Bereich des Lauterkeitsrechts auch mit den Worten „Wettbewerbsverhalten als Marktverhalten“ umschrieben.91 Da die Charakterisierung von Art. 6 Abs. 2 Rom II-VO jedoch gerade nicht in der Marktbezogenheit, sondern in der Betriebsbezogenheit liegt, sollte die Definition allgemeiner gefasst werden. Im Einklang mit Drexl92 kann als wesentliches Definitions- und Abgrenzungskriterium daher besser das „Handeln zu Wettbewerbszwecken“ dienen, welches sowohl
86 RGZ 58, 24 ff.; auch das Reichsgericht ging in dieser Entscheidung allerdings davon aus, dass es sich um einen Fall des unlauteren Wettbewerbs handele. In der damaligen Fassung des UWG von 1896 bestand indes weder eine Generalklausel noch ein Spezialtatbestand für unberechtigte Schutzrechtsverwarnungen, sodass das RG im Ergebnis den Ausweg über § 823 Abs. 1 Rom II-VO suchen musste, hierzu Sack, Das Recht am Gewerbebetrieb S. 49 f. 87 Diese Rechtsprechung hat der BGH fortgesetzt, vgl. z.B. BGHZ 3, 270; BGHZ 8, 142; BGHZ 23, 157; BGHZ 29, 65; BGHZ 36, 252; BGHZ 90, 123; BGH NJW 2005, 3141; hierzu Sack, BB 2005, 2368 ff.; Teplitzky, WRP 2005, 1433; Meier-Beck, WRP 2006, 790 ff.; Gloy, EWiR 2006, 559; Beyerlein, EWiR 2006, 409; Faust, JZ 2006, 365 ff. 88 Diese Fälle waren einst in § 12 UWG a.F. von 1909 geregelt, Sack, WRP 2008, 845, 846. 89 Mankowski, GRUR Int. 2005, 634, 636; Drexl, in: MünchKommBGB, IntUnlWettbR Rn. 113 f.; eine andere Frage ist, ob diese Kriterien auch zur Abgrenzung zu Art. 6 Abs. 3 Rom II-VO und zu Art. 8 Rom II-VO geeignet sind. 90 Ackermann, Wettbewerbsrecht S. 7; Boesche, Wettbewerbsrecht Rn. 1; so spricht Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO und Art. 6 Abs. 2 Rom II-VO ausdrücklich von unlauterem „Wettbewerbsverhalten“. 91 Vgl. etwa Glöckner, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, Einl. C Rn. 88; ders., Europäisches Lauterkeitsrecht S. 5 ff.; konkretisierend Mankowski, GRUR Int. 2005, 634, 637. 92 Drexl, in: MünchKommBGB, IntUnlWettbR Rn. 119.
§ 5 Der Anknüpfungsgegenstand des Art. 14 Rom II-VO
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Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO und Art. 6 Abs. 2 Rom II-VO gerecht wird.93 Schwierigkeiten bereitet indes die Definition der „Unlauterkeit“ des Wettbewerbsverhalten, das Art. 6 Abs. 1 und 2 Rom II-VO erst „sein Gesicht verleiht“.94 Der Begriff der „Unlauterkeit“ ist im Gegensatz zum „Wettbewerbsverhalten“ als wertendes Element einstufen.95 Zu dessen Ausfüllung im Sinne einer europäisch autonomen Definition käme zunächst ein Rückgriff auf die europäischen Richtlinien zum Lauterkeitsrecht in Betracht.96 Auf diese Weise könnte eine Auslegungsharmonie zwischen Internationalem Privatrecht und anwendbarem Sachrecht erreicht werden.97 Die Richtlinien haben jedoch nur einen beschränkten Regelungsgegenstand und erzielen daher nur eine Teilharmonisierung des Lauterkeitsrechts.98 Der Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 1 und 2 Rom II-VO ist hingegen weiter, sodass eine befriedigende Lösung durch einen Rückgriff auf die europäi-
93 Auch die erstgenannte Definition soll nach dem Willen Glöckners freilich die Regelung in Art. 6 Abs. 2 Rom II-VO erfassen. Das Abstellen auf das „Handeln zu Wettbewerbszwecken“ beugt indes einer missverständlichen Auslegung vor. 94 Glöckner, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, Einl. C Rn. 88. 95 Ähnlich Glöckner, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, Einl. C Rn. 88. 96 Zu nennen sind: Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern (ABl. Nr. L 217 vom 5. August 1998, S. 18) ; Richtlinie 84/450/EWG des Rates vom 10. September 1984 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über irreführende Werbung (ABl. Nr. L 250 vom 19. September 1984 S. 17); Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (ABl. Nr. L 178 vom 17. Juni 2000 S. 1); Richtlinie 89/552/EWG zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (ABl. EU Nr. L 332/27 v. 18.Dezember 2007 S. 27); Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation 31. Juli 2002 (ABl. EG Nr. L 201 vom 31. Juli 2002 S. 37); Richtlinie 98/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 1998 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 166 vom 11. Juni1998, S. 51); Richtlinie EG 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern (ABl. L 149/22 vom 11. Juni 2005 S. 22); vgl. hierzu im Einzelnen Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG Einl. Rn. 3.37 ff. 97 Mankowski, GRUR Int. 2005, 634, 636; Drexl, in: MünchKommBGB, IntUnlWettbR Rn. 111; Glöckner, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, Einl. C Rn. 88. 98 Drexl, in: MünchKommBGB, IntUnlWettbR Rn. 111; Glöckner, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, Einl. C Rn. 88.
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schen Richtlinien nicht erreicht werden kann.99 Für die in den Richtlinien behandelten Fälle wird man zwar eine Unlauterkeit in der Regel annehmen können. Gleichwohl ist die endgültige Entscheidung dem anwendbaren Sachrecht zu überlassen.100 Wie Art. 3 Rom II-VO festlegt, ist das anhand der Rom II-VO ermittelte Sachrecht auch dann anzuwenden, wenn es nicht das Recht eines Mitgliedstaates ist.101 Da die Richtlinien eine Umsetzungspflicht freilich nur gegenüber Mitgliedstaaten beinhalten, fehlt es an einer (teilweisen) Rechtsharmonisierung im Verhältnis zu den Drittstaaten. Deren Rechtsordnungen können insbesondere ein von der europäischen Wertung abweichendes Urteil enthalten. Wenn also der Begriff der Unlauterkeit im Sinne von Art. 6 Abs. 1 und 2 Rom II-VO durch die Richtlinien nur fragmentarisch erläutert wird, ist eine abschließende und einheitliche autonome Begriffsbildung nicht möglich.102 Ein partieller Rekurs auf die Wertungen der Richtlinien sollte aufgrund möglicher verschiedener Wertungen in Drittstaaten unterbleiben.103 Vielmehr muss dann die Frage der Unlauterkeit gänzlich in die Autonomie der nationalen Rechtsordnungen verlagert werden.104 Einziger Anknüpfungsgegenstand für den unlauteren Wettbewerb wäre demzufolge, ob ein „Handeln zu Wettbewerbszwecken“ vorliegt. Für eine kollisionsrechtliche Abgrenzung zum allgemeinen Deliktsrecht ist eine europäische autonome Definition „unlauteren Handelns“ derweil auch nicht erforderlich.105 Vielmehr genügt es, wenn sich feststel99 Drexl, in: MünchKommBGB, IntUnlWettbR Rn. 111; Mankowski, in: MünchKommBGB, IntUnlWettbR Rn. 13a. 100 Ebenso Glöckner, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, Einl. C Rn. 88. 101 Zum Universalitätsprinzip siehe bereits oben S. 80. 102 Siehe hierzu auch oben S. 50 zu den Ausnahmen einer autonomen Auslegung. Eine autonome Auslegung würde hier wohl aufgrund des wertenden Charakters des Begriffs der Unlauterkeit und des fehlenden vollständig vereinheitlichten Sachrechts wohl an ihre Grenzen stoßen. 103 Eine nur teilweise erfolgende europäische Begriffsbildung widerspricht dem (Teil-)Ziel der Rechtsharmonisierung nach Rechtsklarheit und Rechtssicherheit aus Art. 3 EUV. Es muss eindeutig feststellbar sein, ob ein Rückgriff auf die lex causae stattfindet oder ob die Auslegung europäisch-autonom erfolgt. 104 So im Ergebnis Glöckner, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, Einl. C Rn. 88. 105 Eine Alternative zum Abstellen auf das „Handeln zu Wettbewerbszwecken“ bestünde in der Herausarbeitung von Fallgruppen unlauteren wettbewerblichen Handelns. Ob diese zu einem Mehr an Rechtssicherheit führen können, mag jedoch bezweifelt werden, da eine solche Darstellung in der Regel nicht abschließend ist. Sack führt nachfolgende Fallgruppen an. Zu Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO: Unlautere Werbung, Unlautere Absatzhandlungen, Behinderungswettbewerb, Ausbeutung von Mitbewerbern, Gesetzesverletzungen durch Wettbewerbshandlungen, Boykottaufforderungen, Anschwärzung und sonstige geschäftsschädigende Äußerungen; Zu Art. 6 Abs. 2 Rom II-VO: Beschäftigung und Verrat von Betriebsgeheimnissen zu Zwecken des Wettbewerbs, wenn die Betriebs-
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len lässt, ob die Handlung einen Wettbewerbsbezug aufweist. Ob die vom Kläger geltend gemachte unlautere Wettbewerbshandlung tatsächlich vorliegt, bleibt dann eine Frage des anzuwendenden Sachrechts.106 Die Qualifikationsentscheidung wird sich daher an dem „Handeln zu Wettbewerbszwecken“ orientieren.107 Die Unlauterkeit in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen würde schließlich zu einem circulus vitiosus führen, wenn das anwendbare Sachrecht die Antwort auf die Wertungsfrage geben soll, die für die Bestimmung des anwendbaren Sachrechts gerade erforderlich wäre.108 3. Verhältnis zu anderen Anknüpfungen, insbesondere zum allgemeinen Deliktsstatut Die Konkretisierung des Anknüpfungsgegenstandes des Internationalen Lauterkeitsrechts leitet zu der Frage über, wie das Verhältnis zu anderen Anknüpfungen, insbesondere des allgemeinen Deliktsstatuts ausgestaltet ist. Kollisionsrechtliche Überschneidungen können auftreten, wenn auch nach (deutschem) nationalem Sachrecht lauterkeitsrechtliche und deliktsrechtliche Ansprüche aufeinander treffen. Dies ist nicht nur in den Fällen der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung der Fall, sondern beispielsweise auch in den Fällen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung oder bei der Verletzung eines Schutzgesetzes, das zugleich den Tatbestand unlauteren Verhaltens erfüllt. In diesen Fällen würde nach deutschem Sachrecht zumindest auch eine deliktsrechtliche Haftung in Betracht kommen. Soweit das Wettbewerbsrecht demgegenüber eine abschließende Regelung
geheimnisse nicht auf dem Markt unlauter vermarktet werden; Unbefugte Verwertung betrieblicher Vorlagen, insbes. Software; Unlautere Abwerbung von Angestellten; Bestechung Angestellter zu Zwecken des Wettbewerbs; unbegründete Schutzrechtsverwarnungen, vgl. i.E. Sack, WRP 2008, 845, 846 ff. Die fallgruppenartige Darstellung dient ihm zur Abgrenzung des Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO zu Art. 6 Abs. 2 Rom II-VO. Diese lassen sich dann ebenso für die Abgrenzung zum allgemeinen Deliktsrecht heranziehen. 106 Andernfalls würde das Internationale Privatrecht über die Erfolgsaussichten der Klage im Wesentlichen entscheiden und dem Sachrecht seine Aufgabe entziehen. Im Ergebnis würde damit nur die sachrechtliche Rechtsfolgenorm zur Anwendung gelangen. Die Tatbestandsvoraussetzungen wären im Wesentlichen dann auf kollisionsrechtlicher Ebene vereinheitlicht. Dies widerspricht der klassischen Trennung zwischen Kollisionsrecht und Sachrecht. 107 So ausdrücklich Drexl, in: MünchKommBGB, IntUnlWettbR Rn. 110; im Ergebnis auch Glöckner, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, Einl. C Rn. 88 m.w.N.; zu den Abgrenzungsschwierigkeiten zu Art. 8 Rom II-VO vgl. Sack, WRP 2008, 845, 858; zur Abgrenzung zu Art. 6 Abs. 3 Rom II-VO vgl. Emmerich, in: Die Europäisierung des Kartell- und Lauterkeitsrechts S. 73; Drexl, in: MünchKommBGB, IntUnlWettbR Rn. 131; Köhler, WRP 2005, 645; Koppensteiner, WRP 2007, 475. 108 Vgl. zu den Ausnahmen vom Grundsatz der autonomen Auslegung oben S. 50.
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bereithält, sind deliktische Ansprüche subsidiär.109 Fraglich ist demzufolge, ob dieses Konkurrenzverhältnis auch auf die kollisionsrechtliche Ebene gehoben werden kann.110 Angesprochen ist damit die Problematik der Anspruchskonkurrenz, die ihre Grundlage im materiellen Recht hat.111 Während beispielsweise im deutschen112 und im schweizer113 Recht Ansprüche aus Vertrag und Delikt in echter Anspruchskonkurrenz zueinander stehen, entspricht es etwa der französischen Gesetzesdogmatik, dass vertragliche Ansprüche solche aus unerlaubter Handlung (Art. 1382 ff. c.c.) verdrängen (sog. non-cumul-Prinzip).114 Es stellt sich damit die Frage, ob das Verhältnis der Kollisionsnormen zueinander autonom zu ermitteln ist oder ob zu dessen Bestimmung ein Rückgriff auf das materielle Recht erfolgen muss. Das OLG Koblenz urteilte 2007 bezüglich der Konkurrenz von Gerichtsständen im Rahmen der EuGVO in einem deutsch-spanischen Betrugsfall, in dem es sich ausschließlich mit der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte nach Art. 5 Nr. 3 EuGVO zu beschäftigen hatte, dass die Antwort auf die Frage nach der Behandlung der Anspruchskonkurrenz der lex fori zu entnehmen sei.115 Damit hat es zumindest inzident zugrunde gelegt, dass ein Rückgriff auf das materielle Recht zur Bestimmung des Verhältnisses der Gerichtsstände erfolgen müsse. Ein solches Ergebnis erscheint zweifelhaft. Das LugÜ und die EuGVO gehen im Interesse einer einheitlichen Auslegung der Gerichtsstände von einer grundsätzlichen autonomen Auslegung aus. Dasselbe gilt für die Rom I-VO und Rom IIVO.116 Dies zeigt sich nicht zuletzt in den bereits erwähnten Begriffen des unlauteren Wettbewerbs oder außervertraglichen Schuldverhältnis, der Zivilsache oder der unerlaubten Handlung. Daher sollte auch das Verhältnis der Kollisionsnormen sowie der Gerichtsstände im Interesse einer einheitlichen Bestimmung seitens aller Vertragsstaaten autonom definiert wer-
109 Drexl, in: MünchKommBGB, IntUnlWettbR Rn. 119 unter Verweis auf Glöckner, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, Einl. C Rn. 91; Hausmann/Obergfell, in: Fezer, UWG Einl. I Rn. 32. Der Verweis betrifft indes fehlerhaft das nationale deutsche Recht. 110 Drexl, in: MünchKommBGB, IntUnlWettbR Rn. 119; zur Anspruchskonkurrenz siehe Spelsberg-Korspeter, Anspruchskonkurrenz im internationalen Privatrecht S. 81 ff.; Spickhoff, IPRax 2009, 128 ff.; H. Stoll, in: FS Hay, 2005, 401, 479 f. 111 So auch Spickhoff, IPRax 2009, 128; anders H. Stoll, in: FS Hay, 2005, S. 401 ff. 112 Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft S. 87 ff. 113 Kuhn, in: Honsell, Handbuch des Arztrechts S. 46. 114 Aus dem deutschsprachigen Schrifttum Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung S. 621; Sonnenberger/Autexier, Einführung in das französische Recht S. 122; Hübner/Constantinesco, Einführung in das französische Recht S. 777 ff m.w.N. 115 OLG Koblenz, Urteil v. 25.06.2007 – 12 U 1717/05. 116 Vgl. bereits oben S. 50 f. Ausnahmen sind nur dort zuzulassen, wo eine autonome Auslegung an ihre Grenzen stoßen würde.
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den.117 Folglich sind „sachrechtliche Vorfragen“118, wie die der Anspruchskonkurrenz, bei der Bestimmung der einschlägigen Kollisionsnorm bzw. des Gerichtsstandes außer Betracht zu lassen. Unter Zugrundlegung einer autonomen Auslegung, ist die Antwort vielmehr in den Verordnungen selbst zu suchen.119 Erwägungsgrund 21 stellt klar, dass es sich bei den Regelungen in Art. 6 Abs. 1 und 2 Rom II-VO um eine Präzisierung der allgemeinen Anknüpfungsregel nach Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO handelt. Demzufolge gilt grundsätzlich das Prinzip lex specialis derogat legi generali, soweit der Anwendungsbereich des Art. 6 Rom II-VO eröffnet ist.120 Dies ist nach einer funktionalen Beurteilung der Fall, wenn das gerügte Verhalten ein „Handeln zu Wettbewerbszwecken“ darstellt, welches die Schutzgüter des Lauterkeitsrechts verletzt haben soll.121 Unabhängig von der Durchsetzung des Lauterkeitsrechts im jeweiligen zur Anwendung berufenen Sachrecht ist damit die lauterkeitsrechtliche Anknüpfung des Art. 6 Rom II-VO mit dem damit einhergehenden Ausschluss der Rechtswahlmöglichkeit nach Abs. 4 für die beanstandete Handlung anzuwenden. In der Literatur wird hiervon eine Ausnahme vorgeschlagen, soweit das fragliche Handeln Rechtsgüter betrifft, die „außerhalb des Rechtskreises des Wettbewerbsrechts“122 stehen und die durch das Deliktsrecht geschützt werden. Als Beispiele werden die Verletzung des Namensrechts oder des Eigentums des Anspruchsstellers genannt.123 Dagegen spricht zwar auf der einen Seite, dass den europäischen Kollisionsnormen das Prinzip der engsten Verbindung zugrunde liegt, welches bei einem rein faktischen Verständnis in der Regel nur zur Anwendung einer Rechtsordnung führen wird.124 Soweit bei einer Handlung der wettbewerbliche Charakter im Vordergrund steht, sollten demnach alle anderen Ansprüche, die gleichsam auf dieser Handlung beruhen ebenso dem Recht des Ortes der Interessenskollision unterliegen. Eine (rechtliche) Differenzierung nach dem Inhalt des jeweiligen Anspruchs wäre an dieser Stelle folglich nicht vorzunehmen. Auf der anderen Seite ist aber zu berücksichtigen, dass die Rechtswahl117 Eine Anknüpfung an die nationalen Begrifflichkeiten kommt nur auf Grundlage des § 32 ZPO in Betracht, vgl. Nagel/Gottwald, IZPR, § 3 Rn. 356; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 3 Rn. 3.05 ff. 118 Spickhoff, IPRax 2009, 128, 131. 119 So im Ergebnis auch Drexl, in: MünchKommBGB, IntUnlWettbR Rn. 119. 120 Ebenso Glöckner, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, Einl. C Rn. 94; zum Spezialitätsgrundsatz siehe bereits oben S. 82 ff. 121 Zur Beweislast bei Kollisionsnormen im Allgemeinen, vgl. Seibl, Die Beweislast bei Kollisionsnormen; Staudinger, NJW 2011, 650 zum Anscheinsbeweis. 122 So Drexl, in: MünchKommBGB, IntUnlWettbR Rn. 120. 123 So Drexl, in: MünchKommBGB, IntUnlWettbR Rn. 120. 124 Kropholler, IPR S. 25; Looschelders, IPR Rn. 16; v. Hoffmann/Thorn, IPR § 1 Rn. 12 ff.; vgl. auch Leible, in: Reichelt, Europäisches Gemeinschaftsrecht und IPR, 2007, S. 31, 38.
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möglichkeit für Ansprüche, die dem Internationalen Lauterkeitsrecht unterfallen, durch Art. 6 Abs. 4 Rom II-VO beschränkt wird.125 Da wie eingangs erwähnt, der Grundsatz vom Vorrang der Parteiautonomie u.a. bedeutet, dass das Bestehen der Parteiautonomie und die Möglichkeit ihrer Ausübung die Regel ist und deren Einschränkung die rechtfertigungsbedürftige Ausnahme darstellt, kann die Beschränkung des Art. 6 Abs. 4 Rom II-VO auch nur so weit reichen, wie die Schutzzwecke des Art. 6 Abs. 1 und 2 Rom II-VO tangiert sind. Eine allumfassende Subsumtion unter Art. 6 Abs. 1 und 2 Rom II-VO von allen Ansprüchen, die auf dieselbe Handlung zurückgeführt werden, wäre zwar aufgrund der einheitlichen Anwendung des Sachrechts im Interesse der Prozessökonomie; sie würde jedoch das Bestimmungsrecht der Parteien verkürzen. Vielmehr sollte daher anhand der vom Anspruchssteller vorgebrachten betroffenen Rechtsgüter differenziert werden, ob der Anknüpfungsgegenstand des Art. 6 Abs. 1 u. 2 Rom II-VO oder des Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO berührt wird. Geht es um Rechtsgüter, die nicht unter Art. 6 Rom II-VO fallen, muss Art. 14 Rom II-VO Anwendung finden können. Auf diese Weise wird den Parteien die Möglichkeit eingeräumt, den Prozess durch Wahl des Rechts, das auf die Wettbewerbshandlung anzuwenden ist, zu beschleunigen. Machen die Parteien von ihrem Wahlrecht demgegenüber keinen Gebrauch, wird die Anerkennung der Parteiautonomie auch nicht zu einem ständigen Auseinanderfallen des anwendbaren Rechts führen, da Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 Rom II-VO auf den Ort der Interessenskollision abstellt, der mit dem Schadenseintrittsort im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO in der Regel identisch sein wird.126 4. Restriktive Auslegung des Art. 6 Abs. 4 Rom II-VO a. Diskussionsstand Vor diesem Hintergrund ist zugleich die Frage nach der Reichweite des Ausschlusses der Rechtswahlmöglichkeit nach Art. 6 Abs. 4 Rom II-VO aufgeworfen. Der Wortlaut scheint insoweit eindeutig für einen umfassenden Ausschluss der Parteiautonomie zu sprechen.127 Sowohl nach der deut125 126
Hierzu siehe oben S. 60 ff. Vor diesem Hintergrund hatte der europäische Rechtsausschuss schließlich die Etablierung der Regelung in Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 Rom II-VO für nicht erforderlich gehalten, vgl. oben S. 21 ff. sowie Mankowski, GRUR Int. 2005, 634, 635; zum Rechtsausschuss Buchner, GRUR Int. 2005, 1004, 1008 unter Bezugnahme auf European Parliament – Committee on Legal Affairs, Draft Report on the Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council on the Law Applicable to Non-contractual Obligations (Rome II COM 2003, 427 – C5-0338/2003 – 2003/0168 (COD)) v. 29.3.2005, Amendment 22. Justification S. 16. 127 Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 730; Sack, WRP 2008, 845, 848, 851.
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schen als auch beispielsweise nach der englischen und französischen Sprachfassung bezieht sich der Ausschluss der Rechtswahl auf den gesamten Artikel 6 der Rom II-VO. Differenzierungen im Rahmen des Internationalen Wettbewerbsrechts zwischen markt- und betriebsbezogenen Verhaltensweisen können Art. 6 Abs. 4 Rom II-VO nicht entnommen werden. Infolgedessen ist die Regelung in zweifacher Hinsicht Kritik ausgesetzt. Einerseits wird sie aufgrund der fehlenden Differenzierungen zwischen Abs. 1 und Abs. 2 als missglückt erachtet.128 Andererseits wird die Regelung wegen Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO als überflüssig angesehen, da Rechte Dritter von der Rechtswahl ohnehin unberührt bleiben und Art. 6 Abs. 4 Rom II-VO daher kein eigenständiger Anwendungsbereich verbleibe.129 Gegen letztere Kritik ließe sich möglicherweise aber der Wortlaut des Art. 14 Abs. 1 S.2 Rom II-VO anführen, der nur von „Rechten Dritter“ und nicht von „Interessen Dritter“ spricht, obwohl letztere durch das Internationale Lauterkeitsrecht vordergründig geschützt werden sollen.130 Ob auch Drittinteressen von Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO erfasst werden, soll an dieser Stelle aber nicht weiter untersucht werden.131 Entscheidend ist vielmehr, ob tatsächlich eine Rechtswahl bei rein bilateralem unlauterem Verhalten für zulässig erachtet werden sollte. Der Ausschluss der Rechtswahl für marktbezogenes Verhalten wird ganz überwiegend aufgrund der verfolgten Schutzzwecke als angemessen eingestuft, da hier insbesondere die Gewährleistung fairer und gleicher Konkurrenzbedingungen im Vordergrund stehe.132 Bei rein bilateralen Beziehungen im Sinne von Art. 6 Abs. 2 Rom II-VO wird demgegenüber vielfach vorgetragen, dass die Rechtswahl nur inter partes wirke und die Gründe für eine Einschränkung der Parteiautonomie daher weggefallen seien.133 Zudem ergebe sich 128 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 6 Rom II-VO Rn. 7; Rühl, in: FS Kropholler, 2008, S. 187, 202; Leible, RIW 2008, 257, 259; ders., in: FS Jayme, Bd. 1, 2004, S. 485, 495; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 730; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 11 Rn. 53 zum EGBGB; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 8; a.A. Sack, WRP 2008, 845, 848, 851; ders., WRP 2000, 269, 285; ders., GRUR Int. 1988, 320, 329 f.; differenzierend auch v. Hoffmann, in: Staudinger, Art. 40 EGBGB Rn. 343 ff. m.w.N. 129 Leible, RIW 2008, 257, 259. 130 Vgl. bereits Köthe, Schranken der Parteiautonomie S. 116 ff.; So spricht Art. 6 Abs. 1 von „kollektiven Interessen der Verbraucher“ und Abs. 2 von „Interessen eines bestimmten Wettbewerbers“. 131 Vgl. hierzu unten S. 362 ff. 132 So G. Wagner, IPRax 2008, 1, 8; Hausmann/Obergfell, in: Fezer, Einl. I UWG Rn. 24; Handig, GRUR Int. 2008, 24, 27, 29; siehe auch Ohly, in: Piper/Ohly, Einf. B UWG Rn. 30; Köhler, in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Einl. UWG Rn. 5.19. 133 Leible, RIW 2008, 257, 259; ders., in: FS Jayme, Bd. 1, 2004, S. 485, 495; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 730; de Boer, YbPIL 9 (2007), 19, 24; v. Hoffmann/Thorn, § 11 Rn. 53; Thorn, in: Palandt, Art. 6 Rom II-VO Rn. 18; Rosenkranz/Rohde, NIPR 2008, 435, 438; Illmer, in: Pocket Commentary on the Rom II
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das anwendbare Recht nicht aus Art. 6 Rom II-VO, sondern aus Art. 4 Rom II-VO. Wenn Art. 6 Abs. 4 Rom II-VO folglich von dem „in diesem Artikel bezeichnete[n] Recht“ spricht, werde Art. 6 Abs. 4 Rom II-VO davon nicht erfasst.134 Darüber hinaus müsse eine Anwendung des Art. 14 Rom II-VO möglich sein, wenn der Verweis von Art. 6 Abs. 2 Rom II-VO auf Art. 4 Rom II-VO auch die von der Regelanknüpfung abweichenden Grundsätze nach Art. 4 Abs. 2 und Abs. 3 Rom II-VO erfasst und somit eine starre Anknüpfung ohnehin nicht erfolge.135 b. Stellungnahme Besinnt man sich zurück auf die Entwicklungsgeschichte der Rechtswahl im deutschen Deliktsrecht, so lagen die Schwierigkeiten bei der Anerkennung der Parteiautonomie in dem mit dem Deliktsrecht verfolgten öffentlichen Interesse.136 Erst nachdem sich der Gedanke verfestigt hatte, dass die Parteien137 dazu in der Lage sein müssen, über ihre Ansprüche zu disponieren, wurde zunehmend die Möglichkeit der Rechtswahl im außervertraglichen Bereich befürwortet.138 Im Einklang mit den Befürwortern einer restriktiven Auslegung des Art. 6 Abs. 4 Rom II-VO wäre folglich zu erwägen, ob ebenso wie im Internationalen Deliktsrecht das Allgemeininteresse durch die geschützten Individualinteressen überlagert wird.139 Neben dem individuellen Schutz des Verbrauchers und Wettbewerbers steht im InternaRegulation Art. 6 § 2 II 2; Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, Art. 6 Rom II-VO Rn. 6; Kreuzer, in: Malatesta, 2006, 45, 55: ‘Where an act of unfair competition exclusively affects the interests of an individual competitor, there is no reason why the parties should not be allowed to select, by agreement, the law applicable to their relations’; a.A. v. Hein, ZEuP 2009, 6, 23; Petch, JIBLR 2006, 509, 511; Junker, NJW 2007, 3675, 3679; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009),1, 57; Götting, in: Götting/Nordemann, Einl. UWG Rn. 137; im Ergebnis auch Mankowski, IPRax 2010, 389, 397, der sich für eine getrennte Normierung des Internationalen Lauterkeits- und Kartellrechts ausspricht und Art. 6 Abs. 4 Rom II-VO bei beiden Normen zur Anwendung kommen lassen würde. 134 Rühl, in: FS Kropholler, 2008, S. 187, 202; zu den weiteren Argumenten, vgl. Sack, WRP 2000, 269, 285. 135 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 6 Rom II-VO Rn. 7; Kreuzer, in: Malatesta, 2006, 45, 55; de Boer, YbPIL 9 (2007), 19, 24: “If the law of the market may be displaced in this situation by the law of the parties’ common habitual residence or the law of another more closely connected country, it is hard to see why it cannot be displaced by the law designated by the parties in accordance with Article 14.” 136 Zum Schutzzweck Hager, in: Staudinger, Vor § 823 BGB Rn. 2; zur Entwicklung der Rechtswahl siehe oben S. 15 ff. 137 Der Individualinteresse des Deliktsrechts liegt insbesondere im Rechtsgüterschutz der Parteien des außervertraglichen Schuldverhältnisses, vgl. Hager, in: Staudinger, Vor § 823 BGB Rn. 2. 138 Hierzu, vgl. oben S. 27 ff. 139 Zum Verhältnis der Parteiautonomie zur objektiven Anknüpfung und der Abhängigkeit der mit ihr verfolgten Interessen, vgl. oben S. 60 ff.
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tionalen Lauterkeitsrecht das öffentliche Interesse an einem lauteren Wettbewerb.140 Sieht man die Wertigkeit beider Formen des öffentlichen Interesses als gleichrangig an, müsste die Abwägung zwischen Parteiautonomie und Allgemeininteresse auch im Internationalen Lauterkeitsrecht zugunsten der Parteiautonomie ausfallen. Wenn nämlich das öffentliche Interesse im Deliktsrecht einer Rechtswahl nicht entgegensteht, kann dies dann auch im Internationalen Wettbewerbsrecht, als Teilgebiet des Deliktsrechts nicht der Fall sein. Dogmatisch begründen ließe sich die Möglichkeit der Rechtswahl für Ansprüche wegen bilateralem unlauterem Verhalten mit dem Verweis des Art. 6 Abs. 2 Rom II-VO auf Art. 4 Rom II-VO.141 Das anwendbare Sachrecht folgt demnach aus Art. 4 Rom II-VO und nicht aus „diesem Artikel“ im Sinne von Art. 6 Abs. 4 Rom II-VO.142 Festzuhalten bliebe danach, dass der Ausschluss der Rechtswahl gem. Art. 6 Abs. 4 Rom II-VO im Internationalen Wettbewerbsrecht nur so weit reicht, wie der Anknüpfungsgegenstand des Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO betroffen ist. Gegen eine solche Sichtweise bestehen jedoch Bedenken. Einerseits ist schon die dogmatische Begründung des aufgezeigten juristischen Kunstgriffs fragwürdig und steht kaum im Einklang mit den Willen des europäischen Gesetzgebers. So kann Erwägungsgrund 21 der Rom II-VO eine Differenzierung zwischen Art. 6 Abs. 1 und Abs. 3 Rom II-VO nicht entnommen werden. Vielmehr wird Art. 6 Rom II-VO insgesamt als eine Präzisierung des Art. 4 Rom II-VO bezeichnet. Die präzisierende Wirkung würde indes bei Art. 6 Abs. 2 Rom II-VO fehlen, wenn Art. 6 Abs. 4 Rom II-VO nicht gleichsam für Abs. 2 zur Anwendung kommen würde. Ande140 Hierbei handelt es sich nach der oben erfolgten Einteilung um ein internationalprivatrechtliches Interesse, das aus dem Sachrecht abgeleitet wird, vgl. oben S. 60 ff. 141 Abzulehnen ist jedenfalls die Ansicht (G. Wagner, IPRax 2008, 1, 8; Wurmnest, in: jurisPK-BGB Art. 6 Rom II-VO Rn. 36 m.w.N.), die versucht dieses Ergebnis mithilfe einer teleologischen Reduktion zu erreichen. Jene ist hier weder erforderlich noch möglich. Es mangelt bereits an den Voraussetzungen einer teleologischen Reduktion. Sie kommt in Betracht, wenn der Anwendungsbereich einer Norm zu weit formuliert ist und daher Fälle erfasst, die nicht mit der Telos der Vorschrift harmonieren. Geht man davon aus, dass Art. 6 Abs. 2 Rom II-VO aufgrund des Verweises auf Art. 4 Rom II-VO nicht unter Art. 6 Abs. 4 Rom II-VO fällt, so entfällt schon das Bedürfnis nach einer teleologischen Reduktion. Zählt man demgegenüber Art. 6 Abs. 2 Rom II-VO zu dem von Art. 6 Abs. 4 Rom II-VO bezeichneten „Artikel“, so besteht kein Widerspruch zu dem Telos des Art. 6 Abs. 4 Rom II-VO. 142 Unter Zugrundelegung dieser Sichtweise wäre trotz der damit verbundenen Restriktionen des Art. 6 Abs. 4 Rom II-VO bei einer Konkurrenz von Art. 6 Abs. 1 zu Art. 4 Rom II-VO bzw. anderen möglicherweise einschlägigen Statuten die getroffene funktionale Differenzierung aufrechtzuerhalten. Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO i.V.m. Art. 6 Abs. 4 Rom II-VO zeigt, dass aufgrund des Ausschlusses der Rechtswahlmöglichkeit in ihrem Anwendungsbereich weiterhin ein Bedürfnis nach einer differenzierten Anknüpfung verschiedener Ansprüche, die auf derselben Handlung beruhen, besteht.
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rerseits ist für die Zulässigkeit der Rechtswahl entscheidend, welche Zwecke der europäische Gesetzgeber mit der Normierung des jeweiligen Statuts verfolgt. Überwiegt das schützenswerte Allgemeininteresse einer Anknüpfung, kann dies nicht mittels einer Rechtswahl derogiert werden.143 Für die Entscheidung über die Zulässigkeit der Rechtswahl bei betriebsbezogenem unlauterem Wettbewerbsverhalten kommt es also darauf an, ob dem Allgemeininteresse oder dem Individualinteresse Vorrang eingeräumt wird.144 Überwiegende Gemeininteressen vermögen dabei die Rechtswahlbeschränkungen zu legitimieren.145 Fraglich ist vorliegend demzufolge, ob bei einem rein betriebsbezogenem unlauteren Wettbewerbsverhalten die Individualinteressen der Parteien des außervertraglichen Schuldverhältnisses tangiert werden. Der deutsche Gesetzgeber hat in seiner Gesetzesbegründung zu § 1 UWG ausgeführt, dass den Schutzzwecktrias insgesamt gleichwertig Rechnung zu tragen sei.146 Wenn die Gegenansicht anführt, dass die Rechtswahlvereinbarung bei bilateralem Wettbewerbsverhalten nur inter partes wirke und Drittinteressen von der Rechtswahl stets unberührt bleiben, ist ihr zwar grundsätzlich zuzustimmen. Zugleich überzeugt dieses Argument allerdings nur beschränkt, weil Art. 14 Rom II-VO ohnehin grundsätzlich nur eine Wirkung inter partes zulässt.147 Dies führt jedoch nicht dazu, dass die Rechtswahlmöglichkeit in allen Bereichen ausgeschlossen ist, in denen möglicherweise Rechte Dritter tangiert werden.148 Gegen die Möglichkeit der Rechtswahl spricht vielmehr, dass auch auf europäischer Ebene ein gleichwertiger Schutz der Schutzzwecktrias zugrunde zu legen ist. So wird man dem Lauterkeitsrecht auch eine (gleichrangige) präventive Funktion zubilligen können, wettbewerbsbeschränkendes Verhalten zu unterlassen.149 Diese Funktion bleibt davon unberührt, ob ein Verhalten rein bilateral wirkt oder auch auf den Markt Bezug nimmt. Das öffentliche Interesse an einem lauteren Wettbewerb besteht in beiden Fäl143 144
Siehe bereits oben S. 60 ff. Dies ist nicht zuletzt das Ergebnis des Grundsatzes vom Vorrang der Parteiautonomie, wonach die Beschränkung der Rechtswahlmöglichkeit die rechtfertigungsbedürftige Ausnahme von der Rechtswahlfreiheit darstellt; vgl. hierzu bereits oben S. 60 ff. 145 Eine Parallele lässt sich hier zur Rechtsprechung des EuGH im Hinblick auf die Einschränkbarkeit der europäischen Grundfreiheiten ziehen. Der EuGH geht dabei davon aus, dass zwingende Erfordernisse des Allgemeinwohls – unter die wohl alle Allgemeinwohlinteressen fallen können – zur Rechtfertigung eines Eingriffs in die Grundfreiheiten gerechtfertigt sind, vgl. EuGH Rs. C-324/93, Evans, Slg. 1995 I-563 Rn. 36; Bieber/Epiney/Haag, Die Europäische Union, § 10 Rn. 15. 146 BT-Drucks. 15 (2003)/1487 S. 16. 147 Vgl. hierzu unten S. 360 ff. 148 Zu den Rechtsfolgen der „Rechtswahl zulasten Dritter“, siehe unten S. 348 ff. 149 So im Ergebnis auch Schricker (in: Großkomm Einl. UWG Rn. F 194 ff.), der eine Interessensverflechtung feststellt, ähnlich auch Koos, WRP 2006, 499, 504; Hausmann/ Obergfell, in: Fezer, Einl. I UWG Rn. 24.
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len. Darüber hinaus führt die Ermöglichung einer Rechtswahl im Internationalen Lauterkeitsrecht zu Abgrenzungsschwierigkeiten mit dem Internationalen Kartellrecht. Im Internationalen Kartellrecht ist die Rechtswahl gem. Art. 6 Abs. 4 Rom II-VO umfassend ausgeschlossen.150 Vor dem Hintergrund, dass Wettbewerbshandlungen, die gegen die Regeln zum Schutze des unlauteren Wettbewerbs verstoßen zugleich die Voraussetzungen einseitiger Wettbewerbsbeschränkungen im Sinne des Kartellrechts erfüllen können, stellt sich die schwierige Frage nach der Abgrenzung beider Anknüpfungen.151 Diese Problematik würde durch die Ermöglichung einer ohnehin zweifelhaften Rechtswahl unnötig verschärft werden. Die enge Verzahnung mit dem Internationalen Kartellrecht verdeutlicht schließlich das besondere öffentliche Interesse, das auch im Lauterkeitsrecht zum Ausdruck kommt. Die Argumentation des europäischen Rechtsausschusses gegen eine Normierung des Internationalen unlauteren Wettbewerbsrechts lässt sich folglich auch gegen die Möglichkeit der Rechtswahl im Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 2 Rom II-VO anführen.152 Eine Rechtswahl im Internationalen Lauterkeitsrecht sollte infolgedessen aufgrund der verfolgten Allgemeininteressen für unzulässig erachtet werden. Art. 6 Abs. 4 Rom II-VO ist mithin wörtlich auszulegen. II. Kartellrecht, Art. 6 Abs. 3 Rom II-VO Der Ausschluss der Rechtswahl nach Art. 6 Abs. 4 Rom II-VO betrifft nicht nur das Internationale Wettbewerbsrecht, sondern gleichsam das Internationale Kartellrecht.153 Deshalb ist auch hier eine Grenzziehung zum allgemeinen Deliktsstatut bzw. anderen Statuten erforderlich, bei denen der Anwendungsbereich des Art. 14 Rom II-VO eröffnet ist. Verstärkt wird dieses Bedürfnis durch die Urteile Manfredi154 und Courage155 des EuGH, wonach die Mitgliedstaaten u.a. die Pflicht haben, ihr „Deliktsrecht in den Dienst einer effektiven Durchsetzung des europäischen Kartellrechts zu
150 Handig, wbl 2008, 1, 11; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 730; de Boer, YbPIL 9 (2007)19, 24 f.; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 631; Ofner, ZfRV 2008, 1, 18; Mankowski, IPRax 2010, 389, 395 ff. 151 Sie tritt beispielsweise in den Fällen des Verkaufs unter Einstandspreis oder bei Boykottaufrufen auf, vgl. hierzu Drexl, in: MünchKommBGB, IntUnlWettbR Rn. 131; Emmerich, in: Die Europäisierung des Kartell- und Lauterkeitsrechts S. 73, 75 ff.; W.H. Roth, in: FS Kropholler, 2008, S. 623, 642 ff. 152 Zur Stellungnahme des Rechtsausschusses, vgl. oben S. 88 ff. 153 Handig, wbl 2008, 1, 11; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 730; de Boer, YbPIL 9 (2007) 19, 24 f.; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 631; Ofner, ZfRV 2008, 1, 18; Mankowski, IPRax 2010, 389, 395 ff. 154 EuGH Rs. C-295-298/04, Manfredi, Slg. 2006, I-6619 Rn. 2 ff. 155 EuGH Rs. C-453/99, Courage, Slg. 2001, I-6397 Rn. 26 ff.
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stellen.“156 Nicht nur im Hinblick auf die internationale Zuständigkeit des mitgliedstaatlichen Gerichts, sondern auch bezüglich der kollisionsrechtlichen Anknüpfung157 und in der Folge auch im Hinblick auf die Ausübung der Parteiautonomie taucht damit die Frage nach dem Verhältnis zu den anderen möglichen Anknüpfungen auf.158 1. Gegenstand des Kartellrechts Das Kartellrecht beschäftigt sich mit der Verhinderung und Bekämpfung von wirtschaftlichen Wettbewerbsbeschränkungen.159 Denn ein unverfälschter Wettbewerb setzt einen „wirksamen Wettbewerb“ voraus.160 Dabei geht es folglich nicht nur um Beschränkungen des Wettbewerbs durch Kartelle, das heißt wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen zwischen Unternehmen, sondern allgemein um das Recht gegen Wettbewerbsbeschränkungen.161 Entsprechend sieht Art. 6 Abs. 3 lit. a Rom II-VO die Anwendung des Rechts des Staates vor, dessen Markt durch ein den Wettbewerb einschränkendes Verhalten beeinträchtigt ist oder wahrscheinlich beeinträchtigt wird (sog. Auswirkungsprinzip)162. Wird der Markt in mehr als einem Staat beeinträchtigt (Streudelikt) kann der Kläger gem. Art. 6 Abs. 3 lit. b Rom II-VO das Recht des lex fori-Staates wählen, sofern der Markt in diesem Mitgliedstaat unmittelbar und wesentlich durch das wettbewerbsbeschränkende Verhalten beeinträchtigt wurde.163 Bei Klagen ge156 So W.H. Roth, in: FS Kropholler, 2008 S. 623; deutlich wird die Problematik auch durch den Beschluss des BGH (NJW 2011, 1632), der dem EuGH im Wege des Vorabentscheidungsverfahren die Frage vorgelegt hat, ob unter Art. 5 Nr. 3 EuGVO auch etwaige kartellrechtliche Ansprüche fallen, deren Nichtbestehen durch eine negative Feststellungsklage nachgewiesen werden sollen. 157 Zur Frage, ob auf eine gesonderte Anknüpfung des Internationalen Kartellrechts aufgrund der Regelung des Art. 4 Rom II-VO verzichtet werden könnte, vgl. Zimmer/Leopold, EWS 2005, 149 ff. 158 Zum Verhältnis zwischen Internationalem Lauterkeitsrecht und dem Internationalen Wettbewerbsrecht, vgl. sogleich unten S.107 ff. sowie die Ausführungen von Drexl, in: MünchKommBGB, IntUnlWettbR Rn. 131 ff. 159 Neef, Kartellrecht § 1 Rn. 1; Lettl, Kartellrecht Rn. 1; Emmerich, Kartellrecht § 1 Rn. 1 ff. 160 EuGH Rs. 26/76, Metro, Slg. 1977, 1875 Rn. 20; Lettl, Kartellrecht, § 1 Rn. 1; Garimartìn Alférez, EuLF 2007, I-77. 161 Neef, Kartellrecht § 1 Rn. 1. 162 W.H. Roth, in: FS Kropholler, 2008, S. 623, 625; Emmerich/Rehbinder/Markert, in: Immenga/Mestmäcker, § 130 GWB Rn. 118; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 730; Immenga, in: FS Kühne, 2009, S. 725 ff. 163 Der Kläger hat folglich ein Wahlrecht, um seinen gesamten Schaden nach der lex fori qualifizieren zu können. Ohne diese Regelung würde das Mosaikprinzip zur Anwendung gelangen [siehe bereits S. 88 ff. Der Zweck liegt dabei vordergründig in der Erleichterung von Klagen Privater zur Durchsetzung des EU-Kartellrechts. Für den Richter
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gen mehrere Schädiger ist die Wahl der lex fori nur zulässig, wenn das wettbewerbsbeschränkende Verhalten jedes Beklagten auch den Markt der lex fori unmittelbar und wesentlich beeinträchtigt hat, Art. 6 Abs. 3 lit. b HS. 2 Rom II-VO. 2. Anknüpfungsgegenstand Art. 6 Abs. 3 Rom II-VO regelt nur das Kartellprivatrecht.164 Behördliches Kartellrecht ist vom Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 3 Rom II-VO nicht erfasst.165 Den Anknüpfungsgegenstand des Internationalen Kartellrechts bildet das außervertragliche Schuldverhältnis, das aus einem den Wettbewerb einschränkenden Verhalten resultiert.166 Der autonom auszulegende Begriff der Einschränkung des Wettbewerbs167 erfasst dabei Verbote von Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen und abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs in einem Mitgliedstaat oder innerhalb des Binnenmarktes bezwecken oder bewirken sowie das Verbot der missbräuchlichen Ausnutzung einer beherrschenden Stellung in einem Mitgliedstaat oder innerhalb des Binnenmarktes, sofern solche Vereinbarungen, Beschlüsse, abgestimmte Verhaltensweisen oder ist die Anwendung der lex fori freilich einfacher, da es das Recht ist, mit dem er am besten vertraut ist, so Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 6 Rom II-VO Rn. 31. 164 Mankowski, IPRax 2010, 389, 395; ders., RIW 2008, 177, 178; Garcimartín Alférez, EuLF 2007, I-77, I-86; Rosenkranz/Rohde, NIPR 2008, 435, 436; Rodriguez Pineau, JPrIL 311, 319; Immenga, in: FS Kühne, 2009, S. 725, 727. 165 Immenga, in: FS Kühne, 2009, S. 725, 732; Mankowski, RIW 2008, 177, 181; Gebauer/Staudinger, in:, Terhechte, Internationales Kartelle- und Fusionsverfahrensrecht, 2008, Rn. 7.53; a.A. Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 630. Auch Art. 4 Rom II-VO kann nicht hilfsweise herangezogen werden. Jenes Teilgebiet ist dem öffentlichen Recht zuzuordnen, das gem. Art. 1 Abs. 1 S. 1 Rom II-VO mangels Qualifikation als Zivil- oder Handelssache schon nicht Gegenstand der Rom II-VO Verordnung ist. Die Frage, wann keine Zivilsache mehr vorliegt wird vom EuGH dahingehend beantwortet, dass es darauf ankommt, ob die fragliche Handlung gleichermaßen durch einen Privaten vorgenommen werden könnte. Dies lässt sich bei einem Handeln seitens des Kartellamtes kaum bejahen, vgl. zur Abgrenzung bereits oben S. 77 ff., sowie EuGH, Rs. 12/76, Tessili, Slg. 1976, 1473; EuGH NJW 1993, 2091 (Sonntag); EuGH, Rs. C-292/05, Lechouritou, Slg. 2007, I-1519 Schadensersatzansprüche gegen die BRD aus Kriegshandlungen im zweiten Weltkrieg; Coester-Waltjen, Jura 2003, 320, 323; Lackmann, in: Musielak, Art. 1 EuGVO Rn. 2; Rauscher, IPR Rn. 1604 ff.; Hess, IPRax 1994, 9, 12; Kubis, ZEuP 1995, 846, 854 f.; Haas, ZZP 108 (1995), 219, 221 f.; Vogeler, VersR 2011, 588. 166 Handig, GRUR Int 2008, 24, 26 f.; Garcimartín Alférez, EuLF 2007, I-77, I-85 f.; Mankowski, IPRax 2010, 389, 395 f.; zur Entstehungsgeschichte vgl. W.H. Roth, in: FS Kropholler, 2008, S. 623, 632 ff. 167 Mankowski, RIW 2008, 177, 179 f.; Handig, wbl 2008, 1, 4; Wurmnest, in: jurisPK-BGB Art. 6 Rom II-VO Rn. 14.
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Missbräuche nach den Art. 81 und 82 des Vertrages (Art. 101, 102 AEUV n.F.) oder dem Recht eines Mitgliedstaats verboten sind.168 Ein kartellrechtlich relevantes Verhalten im Sinne von Art. 6 Abs. 3 Rom II-VO liegt also sowohl bei Verstößen gegen nationales als auch gegen europäisches Kartellprivatrecht vor.169 Diese Aufzählung aus Erwägungsgrund 23 der Rom II-VO ist an die Sprachfassung des Art. 101, 102 AEUV angelehnt.170 Qualifikationsprobleme können mithin unter Rückgriff auf die diesbezüglich bereits ergangene Rechtsprechung des EuGH geschmälert werden.171 Der Grund hierfür liegt gleichsam in den genannten Urteilen des EuGH,172 wonach die kollisionsrechtliche Anknüpfung kartellrechtlicher Ansprüche der Durchsetzbarkeit des europäischen Kartellrechts zumindest nicht entgegenstehen darf.173 Dies bedeutet, dass in den Fällen, in denen das europäische Kartellrecht an sich anwendbar wäre, das europäische Kollisionsrecht zur Gewährleistung der Durchsetzbarkeit jener kartellrechtlichen Vorschriften auf das Recht eines Mitgliedstaates verweisen solle und die Anwendbarkeit drittstaatlichen Rechts auf diese Weise vermieden werde.174 Hierin lässt sich im Ergebnis zugleich der Grund für den Ausschluss der Rechtswahl im Internationalen Kartell(delikts)recht erblicken. Art. 6 Abs. 4 Rom II-VO bezweckt im Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 3 Rom II-VO, dass neben dem Schutz einzelner Marktteilnehmer insbesondere die Funktionsfähigkeit des Marktes gewährleistet wird.175 Im Gegensatz zum Deliktsrechts steht also nicht der Schutz (der Rechtsgüter) des Einzelnen, sondern das Allgemeininteresse im Vordergrund.176 Die Wahl des Rechts eines Drittstaates und die damit einhergehende Abwahl der mitgliedstaatlichen Gesetze zur Durchsetzung der europäischen bzw. nationa168 169
Vgl. Erwägungsgrund 23 der Rom II-VO. Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 6 Rom II-VO Rn. 1; Wurmnest, in: jurisPKBGB, Art. 6 Rom II-VO Rn. 12 ff.; W.H. Roth, in: FS Kropholler, 2008, S. 623, 634 f.; vgl. auch Erwägungsgrund 22 der Rom II-VO. 170 Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 6 Rom II-VO Rn. 12 ff. 171 Scholz/Rixen, EuZW 2008, 327, 328 f.; Wurmnest,in: jurisPK-BGB, Art. 6 Rn. 12 ff. 172 EuGH Rs. C-295-298/04, Manfredi, Slg. 2006, I-6619 Rn. 60; EuGH Rs. C453/99, Courage, Slg. 2001, I-6397 Rn. 26. 173 W.H. Roth, in: FS Kropholler, 2008, 623, 624. 174 Mit anderen Worten soll eine Weiterverweisung auf das Recht eines Drittstaates möglichst unterbleiben, da dieses die Durchsetzung kartellprivatrechtlicher Ansprüche – je nach Ausgestaltung – erschweren könnte, so W.H. Roth, in: FS Kropholler, 2008, S. 623, 624. 175 Zimmer/Leopold, EWS 2005, 149, 154; Hamburg Group for Private International Law, RabelsZ 67 (2003), 1, 35 f.; v. Hein, RabelsZ 64 (2000), 595, 613. 176 Leible, RIW 257, 259; Zimmer/Leopold, EWS 2005, 149, 154; v. Hein, RabelsZ 64 (2000), 595, 613; Hamburg Group for Private International Law, RabelsZ 67 (2003), 1, 35 f.
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len Kartellgesetze177 würden dieses Ziel möglicherweise konterkarieren bzw. dessen Verwirklichung erschweren. Die Vereinbarkeit mit dem Effektivitätsgrundsatzes würde folglich in Zweifel gezogen werden.178 3. Verhältnis zu anderen Anknüpfungen Die Durchsetzung des Kartellprivatrechts erfolgt mangels Existenz eines europäischem Zivilgesetzbuchs179 durch die zur Anwendung berufene nationale Rechtsordnung.180 Vor diesem Hintergrund können insbesondere Ansprüche aus Vertrag, cic, Delikt und Bereicherungsrecht die Durchsetzung der Art. 101, 102 AEUV181 gewährleisten.182 So stritten sich in dem Vorabentscheidungsverfahren der Rechtssache Courage die Firma Courage Ltd. mit dem Beklagten Crehan, einem Schankwirt und Pächter, über von 177
Von einer Derogation der Art. 101, 102 AEUV kann hier nicht gesprochen werden, da nach richtiger Betrachtungsweise die Rom II-VO nicht über die Anwendbarkeit des Art. 101, 102 AEUV aufgrund der Normenhierarchie zwischen Primär- und Sekundärrecht entscheiden kann, vgl. hierzu auch Mankowski, IPRax 2010, 389, 395 f.; Immenga, in: FS Kühne, 2009, S. 725, 728. Art. 101, 102 AEUV enthalten nach überwiegender Ansicht selbst eine kollisionsrechtliche Regelung, die an das Auswirkungsprinzip anknüpft. Art. 6 Abs. 3 Rom II-VO entscheidet daher im Wesentlichen darüber, nach welchem nationalem Recht die Durchsetzung des Kartellverbots erfolgt. Außerhalb des Anwendungsbereichs des Art. 6 Abs. 3 Rom II-VO stellt auch § 130 Abs. 2 GWB gegenüber Art. 40 EGBGB eine Sonderregelung für das deutsche Internationale Kartellrecht dar, vgl. hierzu im Ganzen Scholz/Rixen, EuZW 2008, 327, 328 f. 178 Zum effet utile, vgl. bereits oben S. 51 f. 179 Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist es deshalb eine Sache des innerstaatlichen Rechts der einzelnen Mitgliedstaaten, die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der dem Bürger aus der unmittelbaren Wirkung des Gemeinschaftsrechts erwachsenden Rechten gewährleisten sollen, vgl. etwa EuGH Rs. C-453/ 99, Courage, Slg. 2001, I-6397 Rn. 29; EuGH Rs. 68/79, Just, Slg. 1980, 501 Rn. 26; EuGH Rs. 238/78, Ireks-Arkady/Rat und Kommission, Slg. 1979, 2955 Rn. 14; EuGH Rs. C-441/98 und C-442/98, Michailidis, Slg. 2000, I-7145, Rn. 31. 180 EuGH Rs. C-282/95, Guérin automobiles, Slg. 1997, I-1503, Rn. 39; Zimmer/Leopold, EWS 2005, 149, 150; Mankowski, IPRax 2010, 389, 396. 181 Bzw. des nationalen Kartellrechts. 182 Umgekehrt existiert in der EuGVO oder im LugÜ kein Gerichtsstand für kartellrechtliche (oder lauterkeitsrechtliche) Klagen. Vor diesem Hintergrund erlangt insbesondere Art. 5 Nr. 3 LugÜ/EuGVO eine Vorreiterstellung bei Klagen, hierzu Heinze, IPRax 2009, 231 ff. Sofern auch vertragliche Ansprüche in Betracht kommen spielt im Hinblick auf die Problematik der Annexkompetenz insbesondere der allgemeine Beklagtengerichtsstand nach Art. 2 Abs. 2 EuGVO/LugÜ eine entscheidende Rolle, vgl. hierzu Spickhoff, IPRax 2009, 128, 132 f.; ders., in: FS Müller, 2009, S. 287, 292 f. Ist die EuGVO bzw. das LugÜ nicht anwendbar ist für Klagen in Deutschland die Regelung des § 130 Abs. 2 GWB bei der analogen Anwendung der Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zu berücksichtigen, vgl. Emmerich/Rehbinder/Markert, in: Immenga/Mestmäcker, § 130 GWB Rn. 330; so wohl auch Zimmer/Leopold, EWS 2005, 149, 150; v. Hoffmann, in: Staudinger, Vor Art. 40 EGBGB Rn. 103; Böhlke, RIW 1980, 216.
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diesem nicht bezahlte Bierlieferungen. Der Schankwirt hatte mit der Klägerin einen Bierlieferungsvertrag geschlossen, wonach er ausschließlich das Bier von ihr beziehen durfte und musste. Weil die Klägerin das Bier an Dritte zu günstigeren Tarifen verkaufte, weigerte sich der beklagte Schankwirt eine noch offen gebliebene Rechnung zu bezahlen. Geht man von der Unwirksamkeit der Abnahmeverpflichtung zu den festgelegten Konditionen wegen Verstoßes gegen Art. 101, 102 AEUV bzw. dem jeweiligen nationalen Kartellrecht aus, so kämen unter Zugrundlegung deutschen Rechts auch vertragliche Ansprüche bzw. solche aus culpa in contrahendo in Betracht.183 Weitere Ansprüche aus Delikt scheinen vorliegend ausgeschlossen zu sein. Zur Durchsetzung des Kartellrechts wären indes Ansprüche aus der Verletzung eines Schutzgesetzes oder einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung generell denkbar. Da der Durchsetzung des Kartellprivatrechts folglich das anwendbare Sachrecht dient, treten ebenso wie im Internationalen Lauterkeitsrecht Überschneidungen mit den übrigen Rechtsgebieten auf. Auf der Ebene des Kollisionsrechts muss diese sachrechtliche Einordnung indes außer Acht gelassen werden. Zwar nimmt Erwägungsgrund 23 der Rom II-VO zur Konkretisierung des Anknüpfungsgegenstandes ausdrücklich auf die nationalen Rechtsordnungen Bezug. Dies gilt jedoch nur zur Bestimmung des Anwendungsbereichs der Internationalen Kartellrechts.184 Im Gegensatz zum Internationalen Lauterkeitsrecht verbliebe dem Internationalen Kartellrecht andernfalls kein Anwendungsraum. Vielmehr ist auch hier Erwägungsgrund 21 der Rom IIVO heranzuziehen, der den gesamten Art. 6 Rom II-VO als eine Präzisierung der allgemeinen Regel aus Art. 4 Rom II-VO umschreibt. Der Grundsatz lex specialis derogat legi generali findet folglich auch für das Internationale Kartellrecht im Sinne von Art. 6 Abs. 3 Rom II-VO Anwendung, soweit dieselbe kartellrechtlich Handlung den Streitpunkt bildet. Andere Anknüpfungen müssen im Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 3 Rom IIVO folglich unberücksichtigt bleiben. Dies gilt gem. Art. 6 Abs. 4 Rom IIVO gleichsam für die subjektive Anknüpfung nach Art. 14 Rom II-VO.
183 Zur Streitfrage nach der dogmatisch Einordnung der cic, vgl. Volders, NIPR 2008, 464 ff., ders., YbPIL 9 (2007), 127 ff. Nach dem europäischen Kollisionsrecht handelt es sich aufgrund der Regelung in Art. 12 Rom II-VO unzweifelhaft um ein gesetzliches Schuldverhältnis. 184 Aufgrund der unterschiedlichen Ausgestaltung der Anknüpfung zwischen Sachrecht und Kollisionsrecht kann sich die gesonderte Anknüpfung des Internationalen Kartellrechts in der Praxis möglicherweise als tückisch erweisen, sodass sie schnell übersehen wird.
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III. Zwischenergebnis Im Hinblick auf die Rechtswahlmöglichkeiten im Anwendungsbereich des Internationalen Kartell- und Lauterkeitsrecht kann festgehalten werden, dass ihr umfassender Ausschluss in Art. 6 Abs. 4 Rom II-VO gerechtfertigt ist. Er führt dazu, dass den öffentlichen Interessen durch die allein maßgebliche objektive Anknüpfung in angemessener Weise Rechnung getragen wird. Zudem wird die schwierige Abgrenzungsproblematik185 zwischen dem Internationalen Lauterkeitsrecht und dem Internationalen Kartellrecht entschärft.186 Insbesondere durch die Ablehnung einer Rechtswahl bei betriebsbezogenem unlauteren Wettbewerbsverhalten wird den Parteien des außervertraglichen Schuldverhältnisses im Hinblick auf das anwendbare Sachrecht somit größere Rechtssicherheit geboten. IV. Rechte des geistigen Eigentums, Art. 8 Rom II-VO Entgegen der im Kom-V vorgesehen Regelung,187 sind außervertragliche Schuldverhältnisse, die auf einer Verletzung der Rechte des geistigen Eigentums beruhen, gem. Art. 8 Abs. 3 Rom II-VO vom Anwendungsbereich des Art. 14 Rom II-VO ausgeschlossen.188 Ebenso wie im Internationalen Lauterkeits- und Kartellrecht stellt sich also auch hier die Frage nach der Reichweite des Ausschlusses der Rechtswahlmöglichkeiten und ihrer Rechtfertigung. Dies setzt zunächst die Präzisierung des Anwendungsbereichs des Art. 8 Rom II-VO und dessen objektiver Anknüpfung voraus.
185 Diese Abgrenzungsfrage zählt zu den Hauptproblematiken im Internationalen Wirtschaftsrecht, vgl. hierzu umfassend Glöckner, in: Harte-Bavendamm/HenningBodewig, Einl. C UWG Rn. 87 ff.; Emmerich, in: Die Europäisierung des Kartell- und Lauterkeitsrechts S. 73; Drexl, in: MünchKommBGB, IntUnlWettbR Rn. 131; Köhler, WRP 2005, 645; Koppensteiner, WRP 2007, 475; Buchner, GRUR Int 2005 1004, 1008; Glöckner, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, Einl. C Rn. 92. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf die Abgrenzung von Kartell- und Lauterkeitsrecht, sondern auch im Hinblick auf die Abgrenzung vom Anwendungsbereich des Art. 8 Rom II-VO (Rechte des geistigen Eigentums), vgl. hierzu Sack, WRP 2008, 845, 858. Bezüglich der Rechtswahlmöglichkeiten ist die Abgrenzungsfrage dieser drei Statuten damit unerheblich. 186 Dies gilt nicht zuletzt, weil das Auswirkungsprinzip, der Ort der Interessenskollision und der Schadenseintrittsort häufig zu denselben Ergebnissen führen werden. 187 Vgl. oben S. 37 ff. 188 Lipstein, CLJ 2005, 593; ders., CLJ 2002, 295 ff.; Buchner, GRUR Int. 2005, 1004, 1007; Spindler, IPRax 2003, 412, 413; Obergfell, IPRax 2005, 9, 12; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 9; ders., in: AnwK-BGB, Art. 40 Rn. 75; A. Fuchs, GPR 2004, 100, 103; Drexl, in: MünchKommBGB, IntImmGR Rn. 1 ff.; Hamburg Group for Private International Law, RabelsZ 67 (2003), 1, 23; Gottschalk, in: Conflict of Laws in a Globalized World, 2007, S. 184, 196.
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1. Anknüpfungsgegenstand Art. 8 Rom II-VO trägt die Überschrift „Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums“. Das geistige Eigentum umschreibt folglich den Anwendungsbereich des Art. 8 Rom II-VO und zugleich dessen Anknüpfungsgegenstand.189 Er ist autonom auszulegen und umfasst gemäß Erwägungsgrund 26 der Rom II-VO insbesondere Urheberrechte, verwandte Schutzrechte, das Schutzrecht sui generis für Datenbanken und gewerbliche Schutzrechte. Die Aufzählung ist nicht abschließend.190 Der Begriff des geistigen Eigentums deckt sich mit dem des Immaterialgüterrechts.191 Jene stellen absolut subjektive Rechte dar.192 Diese sind wie das körperliche Eigentum einerseits durch ihre Verkehrsfähigkeit gekennzeichnet und andererseits dass sie dazu berechtigen, den Zugriff Dritter auf sie auszuschließen und Sekundäransprüche bei ihrer Verletzung geltend zu machen.193 Hervorzuheben ist insbesondere, dass es sich um unkörperliche Gegenstände des Rechtsverkehrs handelt, die im Gegensatz zum Persönlichkeitsrecht194 auf Dritte übertragen oder zumindest lizenziert werden können.195 Das Immaterialgüterrecht lässt sich in den Gewerblichen Rechtsschutz und das Urheberrecht einteilen.196 Während im Urheberrecht die schöpferische Leistung im Vordergrund steht, unterteilt sich der gewerbliche Rechtsschutz in den Schutz von Leistungsschutz-197 und Kenn189 190 191
Grünberger, ZVglRWiss 108 (2009), 134, 136. Vgl. nur den Wortlaut von Erwägungsgrund 26 der Rom II-VO. Grünberger, ZVglRWiss 108 (2009), 134, 141; ders., in: Hilty/Jaeger/Kitz, Geistiges Eigentum S. 1, 3; vgl. auch die Nachweise bei Drexl, in: MünchKommBGB, IntImmGR Rn 1 Fn. 1. 192 Götting, in: Götting/Nordemann, Einl. UWG Rn. 139; Grünberger, ZVglRWiss 108 (2009), 134, 141 spricht von „Ausschließlichkeitsrechten“; Sack, WRP 2008, 845, 862. 193 Grünberger, ZVglRWiss 108 (2009), 134, 141; zu den deutschen Begrifflichkeiten Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht Rn. 19 unter Verweis auf Kohler, Urheberrecht an Schriftwerken und Verlagsrecht, 1907 S. 1: „[Rechte,] die die an unkörperlichen, geistigen Gütern bestehen, die regelmäßig auf eine bestimme Person zurückgeführt werden können, doch eine von dessen Persönlichkeit ablösbare selbstständige Erscheinungsform angenommen haben“. 194 Vgl. zum Ausschluss des Anwendungsbereichs der Rom II-VO bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen gem. Art. 1 Abs. 2 lit. g Rom II-VO und die Abgrenzung zum Internationalen Immaterialgüterrecht die Ausführungen von Grünberger, ZVglRWiss 108 (2009) 134, 173; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht Rn. 1018; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 8 Rom II-VO Rn. 2; Drexl, in: MünchKommBGB, IntImmGR Rn. 154. 195 Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht Rn. 21. 196 Sack, WRP 2008, 1405, 1406; Drexl, in: MünchKommBGB, IntImmGR Rn. 2. 197 Patente, Gebrauchsmuster, Sortenschutzrechte, vgl. auch die Aufzählung von Wurmnest, in: jurisPK-BGB Art. 8 Rom II-VO Rn. 1.
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zeichenrechten198, die beide der gewerblichen Wirtschaft dienen.199 Art. 8 Rom II-VO trifft hierbei eine einheitliche Anknüpfung für alle Rechte des geistigen Eigentums und unterscheidet nur im Hinblick auf den sachrechtlichen Geltungsbereich des jeweiligen Schutzrechtes, d.h. ob eine europarechtlich vollharmonisierte sachrechtliche Regelung besteht.200 a. Art. 8 Abs. 1 Rom II-VO In der Folge differenziert Art. 8 Rom II-VO zwischen drei Anknüpfungen. Gem. Art. 8 Abs. 1 Rom II-VO ist auf außervertragliche Schuldverhältnisse, die aus einer Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums beruhen das Recht des Staates anzuwenden, für den der Schutz beansprucht wird. Es findet folglich das sog. Schutzlandprinzip (lex loci protectionis) Anwendung.201 Angewendet wird danach das Recht des Staates, in bzw. für dessen Gebiet der Schutz beansprucht wird.202 Damit korrespondiert das Territorialitätsprinzip, wonach der Geltungsbereich eines nationalen Immaterialgüterrechts auf das entsprechende Staatsgebiet beschränkt ist.203 Die Geltung des Territorialitätsprinzips ist für formale Immaterialgüter nahezu unstreitig.204 Die Entstehung des Rechts ist hierbei unter anderem von einem staatlichen Akt, nämlich der Eintragung in ein staatliches Register ab198 Eingetragenen Marken, Unternehmenskennzeichen, geographische Herkunftsangaben, Titel, (streitig, vgl. Sack, WRP 2008, 1405, 1406; Knaak, in: FS Tilmann, 2003, S. 373, 376 f.; Tilmann, GRUR Int. 2001, 673, 675), siehe auch Erwägungsgrund 26 der Rom II-VO. 199 Zwischen den beiden Untergliederungen stehen die Halbleitertophographien und Geschmacksmusterrechte, die an das kreative Schaffen anknüpfen aber insbes. der gewerblichen Wirtschaft dienen, so Drexl, in: MünchKommBGB, IntImmGR Rn. 2. 200 Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 634; im Ergebnis auch Sack, WRP 2008, 1405, 1407 f., der nur auf die Wirkung von europäischen Verordnungen und nicht auf Richtlinien abstellt. 201 Vgl. Erwägungsgrund 26 der Rom II-VO; Götting, in: Götting/Nordemann, Einl. UWG Rn. 139; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 9; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht Rn. 1044; D. Fuchs, ZfRV 2009, 261, 263; Dickinson, The Rome II Regulation Rn. 8.01; Ofner, ZfRV 2008, 13, 19; Handig, wbl 2008, 1, 10; ders., GRUR Int. 2008, 24, 27; Junker, NJW 2007, 3675, 3680; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom IIVO Rn. 6; Ahrens, WRP 2011, 945 ff. 202 Drexl, in: MünchKommBGB, IntImmGR Rn. 10; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht Rn. 1044; D. Fuchs, ZfRV 2009, 261, 263; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 8 Rn. 8.01; Götting, in: Götting/Nordemann, Einl. UWG Rn. 139. 203 Hiestand, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 1834; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 8 Rom II-VO Rn. 4; Oppermann, Die kollisionsrechtliche Anknüpfung internationaler Urheberrechtsverletzungen S. 86 ff.; Lipstein, CLJ 2002, 295, 298; ders., CLJ 2005, 593, 598; Boschiero, YbPIL 9 (2007), 87, 94 ff.; SchmidtKessel, in: Kollisionsrecht in der EU, S. 97, 107 f.; vgl. auch EuGH, Urteil v. 4. 10. 2011, Murphy, Rs. C-403/08, C-429/08; hierzu Leistner, JZ 2011, 1140 ff. 204 Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 634; Schack, in: FS Kropholler, 2008, S. 651, 661 f.
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hängig, dessen Wirkung auf das eigene Hoheitsgebiet begrenzt ist (z.B. Patentrechte)205.206 Die kollisionsrechtliche Anknüpfung an das Schutzlandprinzip ist daher notwendige sachrechtliche Konsequenz.207 Bei informalen Immaterialgütern entsteht das Recht hingegen kraft Gesetzes allein mit der Erstellung des Werkes oder der Vornahme einer sonstigen sachrechtlich geschützten Handlung.208 Nach dem Territorialitätsprinzip wäre es in erster Linie Sache des jeweiligen Landes auf seinem Territorium zu bestimmen, ob und in welchem Umfang gegenüber urheberrechtlich relevanten Handlungen Schutz gewährt wird.209 Es existiert folglich kein einheitliches Urheberrecht oder ein nationales Urheberrecht mit Internationalem Geltungsanspruch210, sondern „ein Bündel territorial begrenzter nationaler Schutzrechte“211.212 Das Universalitätsprinzip, deren Anwendung als Gegenposition zum Territorialitätsprinzip zunehmend häufig vertreten wird, geht hingegen von der universellen Anwendung desselben Rechts, sei es das Recht des Ursprungslandes213 (lex originis) bzw. der lex loci delicti, der lex loci protectionis oder einer anderen Anknüpfung214 aus.215
205 Vor diesem Hintergrund wurde das Europäische Patentübereinkommen geschlossen (EPÜ), welches die Patenterteilung in Europa zentralisieren soll und das Patentrecht der europäischen Staaten harmonisiert, Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente (EPÜ) vom 13.12 2007 (BGBl. I Nr. 45 vom 5.9.2007, S. 2166 ff.) 206 Schönherr, in: FS Troller, 1976, S. 57, 62; Schack, in: FS Kropholler, 2008, S. 651, 661 f.; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 634 m.w.N. 207 Ähnlich auch Handig, wbl 2008, 1, 10; Buchner, GRUR Int 2005, 1004, 1006. 208 Wandtke, in: Wandtke/Bullinger, Einl. UrhG Rn. 21 Schack, in: FS Kropholler, 2008, S. 651, 662. 209 Zur Problematik der Bestimmung des Schutzlandes anhand einer tauglichen Verletzungshandlung, vgl. Sack, WRP 2008, 1405, 1411. 210 So aber im Ergebnis zum Beispiel die IPR-Gesetze aus Griechenland (Art. 67 Abs. 3 S. 1), Portugal (Art. 48), Rumänien (Art. 61), die das Urheberrecht an das Recht des Ursprungslandes anknüpfen, vgl. Schack, in: FS Kropholler, 2008, S. 651, 655. 211 So Grünberger, ZVglRWiss 108 (2009), 134, 146. 212 BGH GRUR 2007, 691 Rz. 18; BGH GRUR 2005, 48, 49; BGH GRUR 2004, 855, 856; BGHZ 136, 380, 385 (Spielbankaffaire); Grünberger, ZVglRWiss 108 (2009), 134, 146; Katzenberger, in: Schricker, vor §§ 120 ff UrhG Rn. 121; Kegel, in: Soergel, Art. 12 EGBGB Anh. Rn. 16; Hiestand, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 1834; Garcimartín Alférez, EuLF 2007, I-77, I-87. 213 Die Anhänger des Universalitätsprinzips differenzieren im Hinblick auf dessen Anwendung. So sei für bestimmte (Vor-) Fragen wie etwa die Rechtsinhaberschaft die lex originis maßgeblich. Inhalt, Schranken und Erlöschen des Urheberrechts seien demgegenüber nach dem Schutzlandprinzip anzuknüpfen, vgl. z.B. Regelin, Das Kollisionsrecht der Immaterialgüterrechte S. 150 ff.; Goldstein, International Copyright S. 102 ff.; Fawcett/Torremans, Intellectual Property and Private International Law S. 499 ff.; Klass, GRUR Int 2007, 373 ff.; Metzger, JZ 2010 929 ff.; sowie die Ausführungen sogleich. Die Anknüpfung an das Ursprungslandprinzip ist indes nur eine Ausprägung des Universalitätsprinzips. Neben dem Universalitätsprinzip und dem Schutzlandprinzip wird teilweise
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Diesen undurchsichtigen und mit besonderem Nachdruck geführte Streit216 hat der europäische Gesetzgeber mit der Etablierung des Art. 8 Abs. 1 Rom II-VO teilweise entschieden, indem er ausdrücklich für alle Rechte des geistigen Eigentums das Schutzlandprinzip als feste Anknüpfungsregel festgeschrieben hat.217 Da das Schutzlandprinzip im Ergebnis die Konsequenz des sachrechtlichen, weltweit anerkannten218 Territorialitätsgrundsatzes darstellt, ist augenscheinlich auch der europäische Gesetzgeber diesem Grundsatz bei der Normierung des Internationalen Immaterialgüterrechts gefolgt.219 Dies gilt allerdings nur, soweit das Schutzlandprinzip Anwendung findet. Aus Art. 8 Abs. 1, 13, 15 lit. a, c Rom II-VO folgt, dass sich sowohl die Voraussetzungen als auch die Rechtsfolgen einer Immaterialgüterrechtsverletzung nach dem Recht des Schutzlandes richten.220 Ungeklärt ist indes, ob das Schutzlandprinzip auch für die Entstehung des Rechts, seine Inhaberschaft sowie dessen Inhalt anzuwenden ist oder ob diese Aspekte als Vorfragen bzw. Teilfragen zu behandeln sind, die einer Sonderanknüpfung unterliegen.221 auch eine Anknüpfung bestimmter Fragen an die lex fori befürwortete, vgl. zum bisherigen Streitstand die gute Darstellung von Klass, GRUR Int. 2007, 373, 374 ff. 214 Nach der Idee des Universalitätsprinzips steht nicht die Festlegung auf eine bestimmte Anknüpfung im Vordergrund, sondern die weltweite Geltung des einmal entstandenen (informalen) Rechts, ebenso Oppermann, Die kollisionsrechtliche Anknüpfung internationaler Urheberrechtsverletzungen S. 99 f. 215 Peinze, Internationales Urheberrecht S. 185 f.; Knörzer, Das Urheberrecht im deutschen IPR S. 118 ff.; Drexl, in: MünchKommBGB, IntImmGR Rn. 127 ff.; v. Bar, IPR II Rn. 708; Katzenberger, in: Schricker, vor §§ 120 ff. UrhG Rn. 129; Baetzgen, Internationales Wettbewerbs- und Immaterialgüterrecht Rn. 212; Grüneberger, ZVglRWiss 108 (2009), 134, 144; zusammenfassend Bernitt, Die Anknüpfung von Vorfragen im europäischen Kollisionsrecht S. 160; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht Rn. 919 ff.; Klass, GRUR Int. 2007, 373, 380; Pfeifer, ZUM 2006, 1, 2. 216 Dies stellt auch Bernitt, Die Anknüpfung von Vorfragen im europäischen Kollisionsrecht S. 160 f. fest. 217 Insofern muss Erwägungsgrund 26 widersprochen werden, wenn er davon ausgeht, dass das Schutzlandprinzip international anerkannt sei, ebenso Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 8 Rom II-VO Rn. 1; a.A. Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 58. 218 Vgl. die Nachweise bei Grünberger, ZVglRWiss 108 (2009) 134, 146. 219 Ähnlich Sack, WRP 2000, 269, 270 f.; Katzenberger, in: Schricker, Vor §§ 120 ff. UrhG Rn. 124; kritisch Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht Rn. 910 ff. 220 Grünberger, ZVglRWiss 108 (2009) 134, 157 ff.; anders Schack, in: FS Kropholler, 2008, 651, 656. 221 Vgl. hierzu Regelin, Das Kollisionsrecht der Immaterialgüterrechte S. 150 ff.; Goldstein, International Copyright S. 102 ff.; Fawcett/Torremans, Intellectual Property and Private International Law S. 499 ff.; Oppermann, Die Kollisionsrechtliche Anknüpfung internationaler Urheberrechtsverletzungen S. 97 ff.; Ofner, ZfRV 2008, 13, 19; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613; Drexl, in: MünchKommBGB, IntImmGR Rn. 110; Buchner, GRUR Int 2005, 1004, 1006; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht Rn. 1030 ff.; ders., in: FS Kropholler, 2008, S. 651, 664 ff.; Grünberger, ZVglRWiss 108 (2009),
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b. Art. 8 Abs. 2 Rom II-VO Nach Art. 8 Abs. 2 Rom II-VO ist bei einer Verletzung von Gemeinschaftsschutzrechten für Fragen, die nicht unter die europäische Regelung fallen, das Recht des Handlungsortes anzuwenden.222 Dies ist die denklogische Konsequenz des Schutzlandprinzips, da bei Gemeinschaftsschutzrechten das Schutzland in dem gesamten Gebiet der Gemeinschaft zu erblicken wäre.223 Für Fragen, die von dem europäischen Regelungswerk beantwortet werden, ist Art. 8 Abs. 2 Rom II-VO gegenüber der sachrechtlichen Regelung subsidiär.224 Erfasst werden hierbei nur Verordnungen, da europäische Richtlinien in nationales Recht transferiert werden und daher nicht als Gemeinschaftsschutzrecht eingestuft werden können.225 Derzeit geltende Verordnungen sind die Verordnung über Gemeinschaftsmarken226, Verordnung über Gemeinschaftsgeschmackmuster227, die Verordnung über den gemeinschaftlichen Sortenschutz228 und der gemeinschaftliche Schutz geographischer Herkunftsangaben229. Soweit diese Verordnungen für materielle Folgeansprüche keine Regelungen enthalten findet als dritte Anknüp-
134, 157 ff.; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 8 Rom II-VO Rn. 17 ff. Fraglich ist dann auch, ob an das lex originis, das lex loci delicti, das lex loci protectionis oder eine andere Regel anzuknüpfen sei; hierzu Hausmann, in: FS Schwarz, 1988, S. 47, 62 f.; Mäger, Der Schutz des Urhebers im Internationalen Vertragsrecht S. 52 ff.; Obergfell, IPRax 2005, 11; Ahrens, WRP 2011, 945 ff. 222 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 8 Rom II-VO Rn. 5; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 8 Rn. 8.03; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 633; Ofner, ZfRV 2008, 13, 19; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 2 f., 9; Leible/Engel, EuZW 2004, 7, 13; Huber/Bach, IPRax 2005, 73, 80; Garcimartín Alférez, EuLF 2007, I-77, I-88. 223 Fayaz GRUR Int. 2009, 566; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 8 Rn. 8.03. 224 So im Ergebnis auch Wurmnest, in: jurisPK-BGB Art. 8 Rom II-VO Rn. 16, Ofner, ZfRV 2008, 13, 19. 225 Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 8 Rn. 8.15. 226 Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates über die Gemeinschaftsmarke vom 26. Februar 2009 (ABl. Nr. L 78 vom 24.3.2009, S. 1-42). 227 Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster vom 12. Dezember 2001 (ABl. Nr. L 3 vom 5.1.2002, S. 1 ff.). 228 Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates vom 27.Juli 1994 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz (ABl. EG Nr. L 227 S. 1). 229 Verordnung Nr. 2081/92 EWG des Rates zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel vom 14. Juli 1992 (ABl. Nr. L 208 vom 24. Juli 1992, S. 1 ff.); zur problematischen Abgrenzung zwischen Art. 8 Rom II-VO und Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO beim Schutz geographischer Herkunftsangaben durch das Lauterkeitsrecht, siehe Götting, in: Götting/Nordemann, Einl. UWG Rn. 139; Sack, WRP 2008, 845, 862; allgemein siehe Drexl, in: MünchKommBGB, IntUnlWettbR Rn. 121.
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fung gem. Art. 8 Abs. 2 Rom II-VO das Recht des Staates Anwendung, in dem die (taugliche) Verletzungshandlung begangen worden ist.230 2. Ausschluss der Rechtswahl gem. Art. 8 Abs. 3 Rom II-VO a. Rechtfertigung des Ausschlusses der Parteiautonomie „Das Schutzlandprinzip ist der Parteiautonomie entzogen“.231 Mit diesen Worten wird vielfach der Ausschluss der Rechtswahl für Immaterialgüterrechtsverletzungen nach Art. 8 Abs. 3 Rom II-VO begründet.232 Ebenso fadenscheinig ist die Begründung des Kommissionsvorschlags, wonach der Grundsatz der Parteiautonomie im Immaterialgüterrecht ausgeschlossen sei, weil sie sich „für den Bereich des geistigen Eigentums nicht eignet“233 obwohl sich das europäische Parlament zuvor noch für eine Rechtswahl ausgesprochen hatte.234 Diese Absage an die Parteiautonomie im Internationalen Immaterialgüterrecht ist grundsätzlich begründet, wenn man das Schutzlandprinzip als ihr kollisionsrechtliches Pendant zugrunde legt.235 Kollisionsrechtliche Anknüpfungen versuchen den gemeinsamen international-privatrechtlichen und sachrechtlichen Regelungen und Interessen des fraglichen Rechtsgebiets Rechnung zu tragen.236 Wie bereits im Internatio230 Vgl. Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 8 Rn. 8.03; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 633; Ofner, ZfRV 2008, 13, 19; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 2 f., 9; Leible/Engel, EuZW 2004, 7, 13; Huber/Bach, IPRax 2005, 73, 80; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 8 Rom II-VO Rn. 5. 231 Fayaz, GRUR Int. 2009, 566, 571 575 f.; Drexl, in: MünchKommBGB, IntImmGR Rn. 230. 232 Siehe z.B. G. Wagner, IPRax 2008, 1, 9; dasselbe gilt innerhalb der nationalen Kollisionsrechte, vgl. etwa Herkner, die Grenzen der Rechtswahl im internationalen Deliktsrecht S. 94 ff.; A. Fuchs, GPR 2004, 100, 103; Wagner, in: AnwK-BGB, Art. 40 Rn. 75. 233 Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) KOM (2003) 427 endg., S. 24. 234 Vgl. Diana Wallis, Bericht 27. Juni 2005 über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) (KOM(2003)0427 – C5-0338/2003 – 2003/0168(COD)),abrufbar unter: , Stand: 22.03.2012. 235 Buchner, GRUR Int. 2005, 1004, 1008; a.A. Leible, RIW 2008, 257, 259; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 636, die sich für die Möglichkeit der Rechtswahl im Hinblick auf die Rechtsfolgen einer Verletzung von Immaterialgüterrechten aussprechen; generell für eine Rechtswahl Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 8 Rn. 8.54; ähnlich de Boer, YbPIL, 9 (2007), 19, 26. 236 Zum Verhältnis von Sachrecht und Kollisionsrecht, siehe ausführlich Kegel/ Schurig, IPR § 1 VIII m.w.N. sowie die Ausführungen oben S. 9 ff.
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nalen Kartell- und Lauterkeitsrecht gesehen wurde, ist bei einem bestehenden überwiegenden Allgemeininteresse gegenüber dem Individualinteresse eine parteiautonome Gestaltung des anwendbaren Rechts ausgeschlossen.237 Bereits aus der Formulierung des Schutzlandprinzips, wonach das Recht desjenigen Staates Anwendung finden soll, für den der Schutz beansprucht wird, ergibt sich, dass die Zulässigkeit einer kollisionsrechtlichen Rechtswahl hierzu im Widerspruch stehen würde. Tatsächlich dienen beispielsweise die Urhebergesetze unter anderem dazu, die Kultur und Wissenschaft zu fördern, indem dem Urheber zumindest vorübergehend die ausschließlichen Rechte an seinem Werk zugesprochen werden.238 Bei förmlichen Schutzrechten steht das Ziel, die eigene nationale Volkswirtschaft zu fördern im Vordergrund.239 Die Ermöglichung einer Rechtswahl würde darüber hinaus zur Umgehung des Territorialitätsprinzips führen, welches mit dem Schutzlandprinzip zumindest bei formalen Rechten des geistigen Eigentums fest verbunden ist.240 Dass einer subjektiven Anknüpfung bei der Verletzung formaler Immaterialgüterrechte nicht stattgegeben werden kann, liegt auf der Hand, da der Geltungsbereich eines nationalen Verwaltungsaktes an den eigenen Staatsgrenzen endet.241 Für diesen gilt das Recht der Erlassbehörde.242 Eine Rechtswahl kann hier selbstverständlich nicht wirken. Eine andere Frage ist, ob unter Zugrundelegung des Universalitätsprinzips bei informellen Immaterialgütern, insbesondere im Bereich des Internationalen Urheberechts, eine Rechtswahl möglich wäre. Dafür spricht jedenfalls, dass die informellen Immaterialgüterrechte universelle und nicht bloß territoriale Anwendung finden würden und somit eine Abkehr von der „Bündeltheorie“243 erfolgen würde.244 Neben prozessualen Vorteilen wie der Beschleunigung des Verfahrens, der Dezimierung des Prozessrisikos und der größeren Rechtsklarheit für die Parteien des außervertraglichen 237 238
Siehe oben S. 88 ff., 104 ff. So die Interessen der Allgemeinheit in den USA; andere Rechtsordnungen insbes. in Europa stellen demgegenüber die Belohnung des Urhebers für sein Werk in den Vordergrund, siehe Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht Rn. 9 ff. 239 Schack, in: FS Kropholler, 2008, S. 651, 654, 662. 240 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 8 Rom II-VO Rn. 4; Kreuzer, riv.dir.int.priv.proc. 2006, 45, 56; Obergfell, IPRax 2005, 9, 11; Ulmer, Die Immaterialgüterrechte im IPR Nr. 12. 241 Schack, in: FS Kropholler, 2008, S. 651, 661 f.; v. Bar/Mankowski, IPR I, § 4 Rn. 53; Schönherr, in: FS Troller, 1976, S. 57, 62; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 634 m.w.N. 242 v. Bar/Mankowski, IPR I, § 4 Rn. 53; Eichenhofer, Internationales Sozialrecht und IPR S. 268. 243 Kegel, in: Soergel, Art. 12 EGBGB Anh. Rn. 12. 244 Hiestand, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 1834 Fn. 3; Kegel, in: Soergel, Art. 12 EGBGB Anh. Rn. 12.
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Schuldverhältnisses, würde auch den neuen Medien und den damit einhergehenden möglichen Verletzungshandlungen mit ihrer internationalen Wirkweise in rechtstatsächlicher Hinsicht Rechnung getragen werden.245 Diese Frage bleibt jedoch hypothetischer Natur, da Art. 8 Abs. 1 Rom IIVO nicht zwischen formellen und informellen Schutzrechten differenziert und das Schutzlandprinzip folglich auch für informelle Schutzgüter zur Anwendung kommt.246 Unabhängig davon, ob man das Schutzlandprinzip für zeitgemäß erachtet, ist die pauschale Regelung des Art. 8 Abs. 3 Rom II-VO insofern konsequent und eindeutig. Für alle Fragen, die mit Art. 8 Rom II-VO beantwortet werden, ist mithin eine Rechtswahlmöglichkeit grundsätzlich ausgeschlossen. Die Diskussion über das Universalitätsprinzip im Anwendungsbereich des Art. 8 Rom II-VO ist nach geltendem Recht weitgehend ohne Bedeutung. b. Rechtswahl kraft Sonderanknüpfung Dies gilt freilich nur für die Fragen, die auch unter die Verweisung des Art. 8 Rom II-VO fallen. Wie eingangs erwähnt, ist bislang noch ungeklärt, ob der Bestand und die Übertragbarkeit des Immaterialgüterrechts, dessen Inhaberschaft sowie dessen Inhalt als Vorfragen bzw. Teilfragen sonderanzuknüpfen sind.247 Im Falle der Befürwortung einer Sonderanknüpfung könnten diese Fragen möglicherweise auch einer Rechtswahl zugänglich sein. Das diesbezüglich anwendbare Recht wäre dann nicht das Ergebnis der Anknüpfung aus Art. 8 Rom II-VO, sodass auch der Rechtswahlausschluss nach Art. 8 Abs. 3 Rom II-VO möglicherweise keine Anwendung fände. Erkennt man das Universalitätsprinzip an, entfiele in diesem Bereich zugleich das Bedürfnis nach einer Beschränkung der Rechtswahl, da einzelstaatliche überwiegende Interessen dann ohnehin nicht gewährleistet werden könnten, insbesondere wenn man, wie innerhalb dieser Meinungsgruppe überwiegend vorgeschlagen wird, an das Ur-
245 Zu den Risiken einer solchen Rechtswahl, vgl. Herkner, Die Rechtswahl im internationalen Deliktsrecht S.96 f.; ähnlich Kreuzer, riv.dir.int.priv.proc. 2006, 45, 56. 246 Dies erkennt auch Leible, RIW 2008, 257, 259; kritisch Schack, in: FS Kropholler, 2008, S. 651, 663. 247 Regelin, Das Kollisionsrecht der Immaterialgüterrechte S. 150 ff.; Goldstein, International Copyright S. 102 ff.; Fawcett/Torremans, Intellectual Property and Private International Law S. 499 ff.; Oppermann, Die Kollisionsrechtliche Anknüpfung internationaler Urheberrechtsverletzungen S. 97 ff.; Ofner, ZfRV 2008, 13, 19; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613; Drexl, in: MünchKommBGB, IntImmGR Rn. 110; Buchner, GRUR Int. 2005, 1004, 1006; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht Rn.1030 ff.; ders., in: FS Kropholler, 2008, S. 651, 664 ff.; Grünberger, ZVglRWiss 108 (2009), 134, 157 ff.; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 8 Rom II-VO Rn. 17 ff.; Ahrens, WRP 2011, 945, 946 f.
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sprungsland als Ort der engsten Verbindung anknüpft.248 Die Rechtfertigung für die Beschränkung der Parteiautonomie würde mithin fehlen. Eine solche Sonderanknüpfung käme indes nur für informale Immaterialgüter in Betracht. Die Entstehung eines förmlichen Immaterialgüterrechts ist von der Eintragung in ein staatliches Register abhängig.249 Dessen Übertragung ist sodann zwar regelmäßig formfrei möglich,250 allerdings bedarf es zum Zwecke der Bekanntmachung und Legitimation einer Änderung des Rechtsinhabers im Register, bei deren Nichterfolgen bestimmte rechtliche Konsequenzen wie etwa eine fehlende Aktiv-/Passivlegitimation eintreten.251 Insofern lässt sich hier eine Parallele zu den Wertungen im Internationalen (Immobiliar-) Sachenrecht bei der Anknüpfung an die lex rei sitae ziehen, wo eine Rechtswahl zumindest nach deutschem IPR gleichsam überwiegend für unzulässig gehalten wird.252 Auch im Hinblick auf den Inhalt des Rechts ist aufgrund der Nähe zu den Voraussetzungen einer Verletzungshandlung und deren Rechtsfolgen, für die unzweifelhaft das Schutzlandprinzip zur Anwendung kommt,253 keine andere Betrachtungsweise geboten.254 Im Rahmen von formellen Immaterialgüterrechten ist der Ausschluss der Rechtswahl somit insgesamt als gerechtfertigt anzusehen und die Regelung des Art. 8 Abs. 3 Rom II-VO extensiv auszulegen. Eine andere Bewertung könnte indes bei der Anknüpfung jener Fragen bei informellen Immaterialgüterrechten gerechtfertigt sein. Für die Anerkennung der Rechtswahl sprechen viele Zweckmäßigkeitserwägungen. So entstehen formlose Immaterialgüterrechte kraft sachrechtlicher Regelung, d.h. kraft Gesetzes durch Vornahme einer bestimmten Handlung.255 Da die 248 Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht Rn. 1026 ff.; Klass, GRUR Int 2007, 373, 385 ff.; vgl. auch Ahrens, WRP 2011, 945, 946. 249 Schack, in: FS Kropholler, 2008, S. 651, 661 f.; Drobnig, RabelsZ 40 (1976), 195, 197 ff.; zu Unrecht zweifelnd Beckstein, Einschränkungen des Schutzlandprinzips S. 61. 250 Eichmann, in: Internationales und Europäisches Wirtschaftsrecht, Bd. 3 S. 348 f. Dies ist abhängig von der jeweiligen nationalen Regelung, in der Schweiz wird z.B. Schriftform verlangt, siehe etwa Art. 33 Abs. 2 SchweizerPatG. 251 OLG Düsseldorf, Urteil vom 1.10.2010 – Az. I-2 U 41/07; Eichmann, in: Internationales und Europäisches Wirtschaftsrecht, Bd. 3 S. 347 ff. 252 Siehe z.B. BT-Drucks. 14/343 S. 16; BGH NJW 1998, 1322; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 43 EGBGB Rn. 6; R. Wagner, IPRax 1998, 429, 435; Kreuzer, in: Vorschläge und Gutachten zur Reform des deutschen Internationalen Privatrechts der außervertraglichen Schuldverhältnisse, 1983, S. 37, 75 ff.; Thorn, in: Palandt, Vor. Art. 43 Rn. 3; Rauscher, IPR Rn. 1400; Ritterhoff, Parteiautonomie im Internationalen Sachenrecht; Einsele, RabelsZ 60 (1996) 417, 436 ff.; Kieninger, Mobiliarsicherheiten im Europäischen Binnenmarkt S. 210 ff.; Kropholler, IPR, S. 558 m.w.N. 253 Ebenso Grünberger, ZVglRWiss 108 (2009) 134, 157 ff. 254 Grünberger, ZVglRWiss 108 (2009) 134, 158 ff. 255 Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht Rn. 30; ders., in: FS Kropholler, 2008, S. 651, 662; Schönherr, in: FS Troller, 1976, S.57, 62.
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Entstehung eines Immaterialgüterrechts folglich von der jeweils anzuwendenden sachrechtlichen Regelung abhängig ist, führt die objektive Anknüpfung zu einem circulus vitiosus, der durch eine Rechtswahl seitens der Parteien gerade vermieden werden könnte.256 Zudem erfolgt die Übertragung des informellen Immaterialgüterrechts bzw. dessen Nutzungsrecht beispielsweise im deutschen Recht in der Regel durch Abtretung, welcher ein (Schuld-)vertrag zugrunde liegt.257 Das auf diesen Vertrag anwendbare Recht kann, unabhängig davon, ob man der (früheren) Einheits- oder Spaltungstheorie258 folgt bzw. aufrechterhalten will259 oder das Abtretungsstatut260 oder das allgemeine Vertragsstatut261 für einschlägig erachtet, gem. Art. 3 Abs. 1 Rom I-VO gewählt werden.262 Die Befürwortung einer Rechtswahl im außervertraglichen, informellen Bereich würde aufgrund der fehlenden Möglichkeit einer akzessorischen Anknüpfung folglich zur Gleichbehandlung mit dem etwaigen vertraglichen Schuldverhältnis führen und somit im Einklang mit den vertraglichen Wertungen stehen.263 Eine solche rechtsaktübergreifende Auslegung264 sowie reine Zweckmäßigkeitserwägungen können aber nicht der Beantwortung der Frage dienen, ob die erste Inhaberschaft und der Bestand des Immaterialgüterrechts rechtsdogmatisch als Vorfragen sonderanzuknüpfen sind. Die Antwort muss der Rom II-VO selbst entnommen werden. Unzweifelhaft gibt das nach dem jeweiligen Statut bestimmte anwendbare Recht auch Auskunft über die Voraus-
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Zu den Lösungsmöglichkeiten, vgl. Sack, WRP 2008, 1405, 1411. Eichmann, in: Internationales und Europäisches Wirtschaftsrecht, Bd. 3 S. 349 f. Hierzu Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom I-VO Rn. 2 f.; Grüneberger, ZVglRWiss 108 (2009) 134, 164; Unteregge, in: FG Sandrock, 1995, S. 167, 169 ff. 259 Dies widerspräche jedoch Erwägungsgrund 38 der klarstellt, dass in Rechtsordnungen, in denen das Abstraktionsprinzip gilt, auch der dingliche Vertrag Art. 14 Rom IVO unterfällt. 260 Grünberger, ZVglRWiss 108 (2009) 134, 166 ff., der eine analoge Anwendung vorschlägt. 261 Die von Grünberger ZVglRWiss 108 (2009) 134, 166 ff. vorgeschlagene analoge Anwendung des Art. 14 Abs. 1 Rom I-VO ist nicht erforderlich, da Art. 4 Rom I-VO eine Auffangregelung bereithält, sodass es an einer Regelungslücke fehlt. Dagegen spricht schließlich nicht nur Art. 14 Abs. 3 Rom I-VO, der nur von Forderungen spricht, sondern auch das Fehlen einer dem § 413 BGB vergleichbaren Regelung in der Rom I-VO; zu einem solchen Schluss siehe auch Junker, in: MünchKomm, Art. 15 Rom II-VO Rn. 4. 262 A.A. Loewenheim, in: FS Schwarz, 1988, S. 47, 62 f.; Ulmer, Die Immaterialgüterrechte im IPR Nr. 67; die unter Zugrundelegung des deutschen IPR auch für die Verfügung über das Urheberrecht an das Schutzlandprinzip anknüpfen möchten. Dies ist nach der Rom II-VO indes kaum möglich, da Art. 15 lit. e Rom II-VO ausschließlich von der Übertragbarkeit spricht, während Art. 14 Rom I-VO die Übertragung von Forderungen regelt, hierzu zusammenfassend Obergfell, IPRax 2005, 9, 11 m.w.N. 263 Grünberger ZVglRWiss 108 (2009) 134, 175 f. 264 Zu den Auslegungsmethoden siehe die Ausführungen oben S. 43 ff.
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setzungen und die Rechtsfolgen eines (Sekundär-)Anspruchs.265 Fraglich ist also zunächst, ob die Inhaberschaft und Existenz eines Immaterialgüterrechts sowie dessen Übertragbarkeit als Vor- oder Teilfrage einzustufen ist. Von einer Vorfrage spricht man immer dann, wenn die Frage nach einem präjudiziellen Rechtsverhältnis von der lex causae aufgeworfen wird.266 Eine Teilfrage liegt hingegen vor, wenn die Kollisionsnorm selbst auf ein bestimmtes Recht bzw. Rechtsverhältnis Bezug nimmt, das seinerseits kollisionsrechtlich eingeordnet und angeknüpft werden muss.267 Voraussetzung und Kennzeichen beider Fragen ist, dass sie außerhalb des eigentlichen Verweisungsziels der jeweiligen Kollisionsnorm liegen und deshalb ihre gesonderte Anknüpfung in Rede steht. Daran könnte es bei den aufgeworfenen Fragen nach dem Bestand und der Übertragbarkeit des Rechts, seiner Inhaberschaft und seinem Inhalt fehlen. Art. 8 Abs. 1 Rom II-VO sieht vor, dass für außervertragliche Schuldverhältnisse, die aus einer Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums resultieren, einheitlich das Recht des Schutzlandes angewendet wird. Auch wenn jene Fragen nicht ausdrücklich angesprochen werden, kann der Wille und das Bedürfnis nach einer Sonderanknüpfung Art. 8 Abs. 1 Rom II-VO nicht entnommen werden. Vielmehr spricht für eine einheitliche Anknüpfung die Regelung des Art. 8 Abs. 2 Rom II-VO. Bei der Verletzung von gemeinschaftsweit einheitlichen Rechten des geistigen Eigentums kommt für Fragen, die nicht unter den einschlägigen Rechtsakt der Gemeinschaft fallen das Recht des Handlungsortes zur Anwendung. Dies bedeutet zugleich, dass Art. 8 Abs. 2 Rom II-VO alle übrigen Fragen, die von dem Gemeinschaftsrechtsakt nicht beantwortet werden und hierzu in einem engen Zusammenhang stehen, umfassend regelt.268 Nichts anderes kann dann im Umkehrschluss auch für Art. 8 Abs. 1 Rom II-VO gelten, der durch Art. 8 Abs. 2 Rom II-VO nur ergänzt wird.269 Darüber hinaus spricht die Regelung des Art. 15 Rom IIVO und die exemplarische Nennung des Verweisungsgehalts der objektiven Anknüpfungen in den lit. a-h für eine kollisionsrechtliche Gleichbehandlung. So nennt lit. a die Voraussetzungen und lit. c die Rechtsfolgen
265 Siehe z.B. Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 15 Rom II-VO Rn. 2 ff.; Drexl, in: MünchKomm, Art. 15 Rn. 6 ff.; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 645; Dickinson, EBLR 13 (2002) 369, 377; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 731; unter Verweis auf Art. 15 lit. a, c Rom II-VO. 266 v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 6 Rn. 57 f.; Kropholler, IPR S. 134 f. 223 f.; Rauscher, IPR S. 105 f. 267 Hüßtege, IPR S. 20; v. Hoffmann/Thorn, IPR § 6 Rn. 43 ff.; Neuhaus, Grundbegriff S. 136 ff. m.w.N. 268 Zu dieser Schlussfolgerung kommt auch Sack, WRP 2008, 1405, 1409 f., der diesen aus Art. 15 lit. f. Rom II-VO herleitet. 269 Siehe oben S. 114 ff. zum Grund der Regelung des Art. 8 Abs. 2 Rom II-VO.
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einer Verletzungshandlung, lit. e die Übertragbarkeit270 und lit. f die anspruchsberechtigte Person. Vor diesem Hintergrund lassen sich die aufgeworfenen Fragestellungen weder als Vor- noch als Teilfrage einstufen. Vielmehr liegen sie im Verweisungsziel der objektiven Anknüpfungen, sodass eine Sonderanknüpfung ausscheidet.271 Nach der Wertung des europäischen Gesetzgebers überwiegt damit auch bei informellen Immaterialgüterrechten das Allgemeininteresse gegenüber dem Individualinteresse. Wegen der ausdrücklichen Regelung in Art. 8 Abs. 3 Rom II-VO ist für solche Fragen damit ebenso wie bei informellen Schutzrechten eine Rechtswahl ausgeschlossen.272 Abgrenzungsschwierigkeiten zu anderen Regelungen bestehen nur im Hinblick auf das Internationale Lauterkeits- und Kartellrecht.273 Aufgrund der Regelung des Art. 6 Abs. 3 Rom II-VO kann diese Frage hier allerdings dahingestellt bleiben. c. Rechtswahl bei gemeinschaftsweit einheitlichen Schutzrechten Festzuhalten bleibt demnach, dass das in Art. 8 Abs. 1 Rom II-VO zugrundeliegende Anknüpfungsmoment des Schutzlandprinzips nicht durch den übereinstimmenden Parteiwillen ersetzt werden kann. Dies gilt aufgrund der klaren Regelung des Art. 8 Abs. 3 Rom II-VO auch für die objektive Anknüpfung nach Art. 8 Abs. 2 Rom II-VO. Die Maßgeblichkeit des Handlungsortes ist die notwendige Konsequenz der Existenz gemeinschaftsweit einheitlicher Schutzrechte. Die dahinter stehenden Interessen decken sich indes aufgrund der Ergänzungsfunktion von Art. 8 Abs. 2 Rom II-VO im Hinblick auf die gemeinschaftsweit einheitlichen Schutzrechte mit denen des Schutzlandprinzips. Dies gilt nicht nur, wenn die Wahl des Rechts eines Drittstaates ermöglicht würde, sondern auch bei der Wahl des Rechts eines Mitgliedstaates. Aufgeworfen ist damit die Frage, ob innerhalb der sachrechtlich harmonisierten Schutzrechte eine Rechtswahl zulässig sein sollte. Festgestellt sei an dieser Stelle aber nur, dass Art. 8 Abs. 3 Rom II270
Freilich steht die Übertragbarkeit im Sinne von Art. 15 lit. e Rom II-VO im Zusammenhang zu einem Schadensersatzanspruch. Die Aufzählung ist dort aber nur exemplarisch (vgl. „insbesondere“), sodass im Hinblick auf Art. 8 Rom II-VO auch die Übertragbarkeit geistigen Eigentums als erfasst angesehen werden kann. 271 Ebenso Sack, WRP 2008, 1405, 1409 f.; Buchner, GRUR Int. 2005, 1004, 1008; ähnlich Grüneberger, ZVglRWiss 108 (2009) 134, 157 ff. der die Frage nach der Inhaberschaft, dem Bestand des Immaterialgüterrechts und dessen Übertragbarkeit aufgrund der Nähe zu den Voraussetzungen (der Entstehung eines außervertraglichen Schuldverhältnisses zwischen den streitenden Parteien), die gem. Art. 15 lit. a Rom II-VO Gegenstand des nach Art. 8 Rom II-VO anzuwendenden Rechts sind, gleichsam dem Schutzlandprinzip zuordnet. 272 Im Ergebnis ebenso Kreuzer, riv.dir.int.priv.proc. 2006, 45, 56; Ofner, ZfRV 2008, 13, 19; Buchner, GRUR Int 2005, 1004, 1007 f. 273 Sack, WRP 2008, 845, 862; Drexl, in: MünchKommBGB, IntUnlWettbR Rn. 121.
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VO bei wortlautgetreuer Auslegung einer Rechtswahl jedenfalls nicht entgegenstünde.274 V. Teleologische Reduktion des Anwendungsbereich von Art. 14 Rom II-VO Außerhalb der Regelungen des Art. 6 Abs. 4 Rom II-VO und Art. 8 Abs. 3 Rom II-VO ist der „Anwendungsbereich der Parteiautonomie“ grundsätzlich eröffnet. Der Ausschluss der Rechtswahl im Internationalen Lauterkeits-, Kartell- und Immaterialgüterrecht kann mit den dahinterstehenden öffentlichen Interessen des Sachrechts gerechtfertigt werden. Gleichwohl ist sie in allen drei Gebieten scharfer Kritik ausgesetzt. Dies verdeutlicht die Schwierigkeit, die mit der jeweiligen objektiven Anknüpfung verfolgten Interessen mit dem Grundsatz der Parteiautonomie, d.h. dem Interesse an der Anknüpfung an den Parteiwillen miteinander sachgerecht abzuwägen. Diese Problematik setzt sich fort bei der Frage, ob im Rahmen des Internationalen Umwelthaftungsrecht (Art. 7 Rom II-VO) und im Internationalen Arbeitskampf (Art. 9 Rom II-VO) eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs des Art. 14 Rom II-VO erfolgten sollte.275 Eine Einschränkung der Parteiautonomie sehen Art. 7 Rom II-VO und Art. 9 Rom II-VO nicht vor. Fraglich ist mithin, ob dem Interesse an einer Anknüpfung an den Parteiwillen im Rahmen dieser Anknüpfungsgegenstände Vorrang gegenüber den dort verfolgten Interessen eingeräumt werden kann. 1. Verhältnis des Art. 14 Rom II-VO zu Art. 7 Rom II-VO (Umweltschädigung) a. Grundsätze der objektiven Anknüpfung Art. 7 Rom II-VO trifft eine Sonderregelung für die zivilrechtliche Haftung bei Umweltschädigungen. Insbesondere werden Schädigungen von Gütern
274 Zur Rechtswahl bei Gemeinschaftsmarken, vgl. Fayaz GRUR Int. 2009, 566, 575; allgemein zum Gemeinschaftsgeschmackmuster siehe Eichmann/v.Falckenstein, Geschmacksmustergesetz, 2010; allgemein zum Gemeinschaftssortenschutz vgl. Leßmann/Würtenberger, Deutsches und europäisches Sortenschutzrecht, 2009; zum gemeinschaftlichen Schutz geografischer Herkunftsangaben siehe z.B. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, §§ 126 ff; Fezer, Markenrecht, §§ 126 ff. 275 de Boer, NILR 2009, 295, 324; ders., YbPIL, 9 (2007) 19, 24 f.; Mankowski, IPRax 2010, 389; Hay, EULF 2007, I-137, I-145; v. Hein; RabelsZ 73 (2009), 461, 498; Evju, RIW 2007, 898; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 637; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 1; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 10; Ofner, ZfRV 2008, 3, 18; Junker, in: MünchKomm Art. 14 Rn. 13; Kramer, NIPR 2008, 414, 422; Symeonides, AJCL (56) 2008, 173, 186; de Lima Pinheiro, riv.dir int.priv.proc. 2008, 1, 13.
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und Personen als das Ergebnis einer menschlichen Handlung erfasst.276 Das Statut der Umweltschädigung ist durch das vielfach kritisierte277 Ubiquitätsprinzip gekennzeichnet.278 Grundsätzlich findet auf das außervertragliche Schuldverhältnis das Recht des Schadenseintrittsortes Anwendung, wenn der Geschädigte nicht das Recht des Handlungsortes wählt. Die zeitliche Geltung des Optionsrechts wird durch nationale Durchführungsbestimmungen geregelt.279 Die grundsätzliche Anknüpfung an den Erfolgsort verfolgt das Ziel zu vermeiden, dass Firmen ihren Standort in einen Staat mit geringen Umweltschutzstandards verlegen, ohne die nachbarrechtlichen (höheren) Standards zu beachten.280 Die optionale Anknüpfung an das Recht des Handlungsortes dient nach der Kommissionsbegründung dazu, dass ein Geschädigter aus einem Staat mit niedrigeren Schutzstandards von den höheren Standards seiner Nachbarländer profitieren kann.281 Darüber hinaus trägt das Ubiquitätsprinzip augenscheinlich auch Staatsinteressen Rechnung.282 Die Anknüpfung an den Erfolgsort entspricht dem Schutzinteresse des Staates und der Gemeinschaft (Art. 191 AEUV) an ihrer Umwelt. Damit billigt der Mitgliedstaat im Ergebnis die Verdrängung seiner eigenen schwächeren Regelungen durch höhere Standards eines an276 Begründung der Kommission zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, KOM (2003) 427 endg., 21. 277 Fricke, VersR 2005, 726, 740; Posch, YbPIL 2004, 129, 144; Duczek, Rom II-VO und Umweltschädigung S. 20 m.w.N. 278 Leible/Engel, EuZW 2004, 7, 13; Symeonides, in: FS Jayme, 2004, Bd. 1 S. 935, 951 f.; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 631 f.; siehe auch Matthes, GPR 2011, 146, 147. 279 Der deutsche Gesetzgeber hat eine Durchführungsbestimmung in Art. 46a EGBGB geschaffen. Diese wird aufgrund der knappen Ausschlussfristen vielfach als Anwaltsfalle kritisiert, vgl. hierzu v. Hein/Wolf, in: Environmental Liablility, 2005 S. 381, 432 ff.; Kadner Graziano YbPIL 9 (2007), 71, 79. 280 So Leible/Engel, EuZW 2004, 7, 13; Symeonides, in: FS Jayme, 2004, Bd. 1 S. 935, 951 f.; ders., YbPIL 9 (2007), 149, 165 f; Matthes, GPR 2011, 146, 147; de Boer, NILR 2009, 295, 324 f. 281 Begründung der Kommission zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, KOM (2003) 427 endg., 21.; kritisch Hay, EuLF 2007, I-137, I-145. Im Interesse einer Hebung des Umweltschutzes im Allgemeinen genüge es zudem nicht, bloß den Erwartungen des Geschädigten Rechnung zu tragen, insbesondere weil eine Umweltschädigung häufig wirtschaftliche Vorteile für den Schädiger mit sich bringe, KOM (2003) 427 endg., 22: „Eine ausschließliche Anwendung des Rechts des Ortes des Schadenseintritts könnte einen Wirtschaftsteilnehmer dazu bringen, sich an der Grenze niederzulassen und im Vertrauen auf die weniger strenge Regelung im Nachbarstaat Abwässer in einen Fluss zu leiten. Eine solche Lösung würde der Philosophie der europäischen Sachnormen im Umweltbereich und dem Verursacherprinzip (“the polluter pays“) zuwiderlaufen.“ 282 Symeonides, AJCL 2008, 179, 210.
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deren Staates. Die Anknüpfung an den Handlungsort entspricht dem Interesse des Staates, dass den Umweltschutzstandards auf seinem Staatsgebiet entsprochen wird.283 Wie bereits festgestellt, unterliegt der Tatbestand des Art. 14 Rom II-VO grundsätzlich keinen besonderen Anforderungen.284 Fraglich ist daher, ob Art. 14 Rom II-VO auch für den Anknüpfungsgegenstand der zivilrechtlichen Haftung für Umweltschädigungen eröffnet ist, oder ob eine teleologische Reduktion des Art. 14 Rom II-VO zu erfolgen hat. b. Streitstand Gegen die Möglichkeit der Rechtswahl wird vorgetragen, dass die Umwelthaftung aufgrund der dahinterstehenden öffentlichen Interessen mit der Regelung des Internationalen Kartell- und Lauterkeitsrecht vergleichbar sei und deshalb ebenso wie nach Art. 6 Abs. 4 Rom II-VO eine Rechtswahl unzulässig sei.285 Zudem widerspreche die Möglichkeit der Rechtswahl dem im Umweltrecht international geltenden Prinzip “the polluter pays“, wenn die Wahl eines Rechts mit geringeren Umweltschutzstandards zulässig ist.286 Demgegenüber wird von der überwiegenden Literaturansicht die Möglichkeit der Rechtswahl entweder schon nicht in Zweifel gezogen287 oder diese auch im Rahmen von Umweltschädigungen befürwortet.288 So wird angeführt, wenn schon das einseitige Wahlrecht aus dem Ubiquitätsprinzip nicht unter der Prämisse stehe das Recht zu wählen, welches am meisten Schutz für die Umwelt gewährleistet, sondern vielmehr auch durch andere Vorteile einer anderen Rechtsordnung geleitet werden könne, sei 283 Betlem/Bernasconi, LQR 2006, 124, 141; Duczek, Rom II-VO und Umweltschädigung S. 20 ff. 284 Schäden durch Kernenergie sind gem. Art. 1 Abs. 1 lit. f. Rom II-VO vom Anwendungsbereich ausgenommen, hierzu Brand, GPR 2008, 298, 299. 285 de Boer, YbPIL 9 (2007), 21, 25: “Since protection of the environment would seem to be no less a public interest of the state concerned than protection against unfair competition or restriction trade practices, I fail to see why Article 7 does not also contain a restriction on a choice by both parties similar to the one laid down in Article 6 (4)”. 286 Fallon, in: Basedow/Baum/Nishitani, S. 261, 270 f.: “the application of the “polluter pays” principle [….] should prevail about the freedom of choice by the parties, which is not excluded.”. 287 Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 7 Rn. 3; Junker, in: MünchKomm, Art. 7 Rom II-VO Rn. 7; ders., NJW 2007, 3675, 3680; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 7 Rom II-VO Rn. 5; ders., in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 1; Duczek, Rom II-VO und Umweltschädigung S. 5 ff.; Garcimartín Alférez, EuLF 2007, I-77, I-87; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 729; Ofner, ZfRV 2008, 1, 18; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 9; Brand, GPR 2008, 298, 301 f.; Thorn, in: Palandt, Art. 7 Rn. 6; Bogdan, in: The Rome II Regulation, S. 219, 229. 288 v. Hein, ZEuP 2009, 6, 23; Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 7; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 45; ders., YbPIL 9 (2007), 71, 72.
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auch kein Grund dafür ersichtlich warum ein zweiseitiges Wahlrecht nach Art. 14 Rom II-VO ausgeschlossen sein sollte.289 Zudem sei eine Rechtswahl so lange möglich, wie keine ausdrückliche Ausnahmevorschrift dem entgegenstehe.290 Schließlich sei auch schon in der französischniederländischen Entscheidung Bier ./. Mines de Potasse d’Alsace291 des EuGH die einvernehmliche Wahl der lex fori (niederländisches Recht) für zulässig erachtet worden.292 c. Stellungnahme Die Gegner der Rechtswahl befürworten ihren Ausschluss, um das geltende Ubiquitätsprinzip als politisches Mittel gegen niedrige Umweltschutzstandards einsetzen zu können. So sollen Staaten mit geringen Umweltschutzstandards nicht davon profitieren können, dass ihr Staat dadurch als Wirtschafts- und Rechtsstandort attraktiver wird.293 Dieses erstrebenswerte Ziel vermag einen Ausschluss der Rechtswahl dennoch nicht zu rechtfertigen. Gewiss kann in einer sozialen Marktwirtschaft nicht damit argumentiert werden, dass die Rom II-VO nur die zivilrechtliche Haftung für Umweltschädigungen regelt, obwohl die öffentlich-rechtlichen Regelungen, die gerade das Allgemeininteresse vor den Augen haben, für das Umweltrecht charakteristisch sind. Mithin könnte man sich auf den Standpunkt stellen, das öffentliche Umweltrecht294 trägt den Allgemeininteressen des Umweltschutzes Rechnung, während zivilrechtliche Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche vordergründig das Ziel verfolgen, einen entsprechenden Interessenausgleich für eine erlittene Einbuße zu schaffen. Eine solche grundsätzliche Zweiteilung des Umweltrechts in einen öffentlichrechtlichen und einen zivilrechtlichen Teil lässt sich jedoch nicht konsequent aufrechterhalten. Durch die Etablierung des Ubiquitätsprinzips hat der europäische Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass auch das europäische Kollisionsrecht vor dem Hintergrund des Art. 191 AEUV den Umweltschutz fördern soll.295 Die Zubilligung des Optionsrechts des Geschädigten zielt primär nicht auf die Begünstigung des Geschädigten ab, son-
289 290 291 292 293
v. Hein, RabelsZ 73 (2009), 461, 499. v. Hein, ZEuP 2009, 6, 23. EuGH Rs. 21/76, Mines de Potasse d’Alsace, Slg. 1976, 1735. Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 45. Begründung der Kommission zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, KOM (2003) 427 endg., 21 f. 294 Das öffentliche Umweltrecht umfasst alle öffentlich-rechtlichen Normen, die dem Umweltschutz dienen, Erbguth/Schlacke, Umweltrecht § 2 Rn. 20. 295 Ofner, ZfRV 2008, 1, 18; Duczek, Rom II-VO und Umweltschädigung S. 10.
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dern leistet einen Beitrag für einen höheren Umweltschutz.296 Mit der Ausgestaltung des Art. 7 Rom II-VO werden folglich insbesondere auch öffentlich-rechtliche Interessen durchgesetzt. Die Etablierung des Ubiquitätsprinzips bedeutet im Ergebnis zugleich die Abkehr vom Territorialitätsprinzip.297 Geht man davon aus, dass die Umweltschutzstandards des einzelnen Landes als öffentlich-rechtliche Regelungen dem Territorialitätsprinzip unterliegen, so wäre schon die Grundanknüpfung an den Schadenseintrittsort fernliegend. Wie sich einerseits aus dem gesetzlichen Optionsrecht zugunsten des Handlungsortsrechts ergibt und andererseits aus der Begründung der Kommission folgt, gelten aber für die Umweltschutzstandards nach freier Wahl des Geschädigten grundsätzlich diejenigen des Erfolgsortrechts oder des Handlungsortrechts.298 Demzufolge muss auch die Rechtswahl, d.h. die einvernehmliche Pro- und Derogation einer Rechtsordnung die jeweiligen Standards umfassen. Exemplarisch sei der bereits erwähnte Fall Mines de Potasse d’Alsace aufgegriffen, bei dem ein in Frankeich ansässiges Unternehmen Schadstoffe in den Rhein geleitet hat, wodurch ein niederländischer Gärtnereibetrieb, dessen Bewässerungsanlagen an den Rhein angeschlossen waren, zu Investitionen in Reinigungsvorrichtungen gezwungen wurde. Demnach könnten die Parteien theoretisch nach ihrem Belieben ein Recht mit höheren oder niedrigeren Umweltschutzstandards wählen. Für die Anerkennung der Rechtswahlmöglichkeit im Anwendungsbereich des Art. 7 Rom II-VO spricht hingegen der Vergleich mit der Privatautonomie. Art. 7 Rom II-VO realisiert mit dem Ubiquitätsprinzip ein vom Sachrecht abgeleitetes Interesse an einem effektiven Umweltschutz.299 Die Begutachtung des Verhältnisses der Partei- zur Privatautonomie hat ge296 Aufgrund der nicht möglichen Trennung zwischen zivilrechtlichen und öffentlichen Umweltrecht bestünde sonst ein Widerspruch zu den Ausführungen im Rahmen von Art. 6 Abs. 2 Rom II-VO, wo eine Rechtswahl auch bei bilateralem lauterkeitswidrigem Verhalten aufgrund des dahinter stehenden öffentlichen Interesses nach hier vertretener Ansicht zu recht ausgeschlossen ist, siehe oben S. 105 ff. 297 Hierzu im Rahmen des Kollisionsrecht für Umweltschädigungen Sturm, in: Vorschläge und Gutachten zur Reform des deutschen internationalen Privatrechts der außervertraglichen Schuldverhältnisse, 1983, S. 338, 360. 298 Begründung der Kommission zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, KOM (2003) 427 endg., 22; Duczek, Rom II-VO und Umweltschädigung, S. 14 f. 299 Im deutschen Sachrecht ist der Gefährdungshaftungstatbestand aus § 1 UmweltHaftG dispositiv, vgl. Rehbinder, in: Landmann/Rohmer, § 1 UmweltHaftG Rn. 57: „Der Ersatzberechtigte kann durch Individualvereinbarung oder aufgrund einer Einwilligung des potentiell Geschädigten grundsätzlich Ansprüche nach dem UmweltHG ausschließen, sofern dem nicht das besondere soziale Schutzbedürfnis einer Person entgegensteht; ein Haftungsausschluß durch allgemeine Geschäftsbedingungen ist dagegen problematisch.“
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zeigt, dass die Grenzen der Privat- und Parteiautonomie weitgehend parallel verlaufen, soweit das Kollisionsrecht die sachrechtlichen Interessen aufgreift. So sind die Parteien beispielsweise im deutschen Sachrecht dazu in der Lage, Ansprüche aus Umweltschädigungen durch Individualvereinbarung abzubedingen.300 Konsequenterweise müsste dann auch eine Anknüpfung an die Parteiautonomie grundsätzlich möglich sein. Ausschlaggebend für die Anerkennung einer Rechtswahlmöglichkeit ist letztendlich allerdings die Anwendung des Art. 17 Rom II-VO, wonach Sicherheitsund Verhaltensvorschriften angemessen zu berücksichtigen sind.301 Zu diesen Sicherheitsregeln können auch umweltrechtliche Genehmigungen, in denen sich die jeweiligen nationalen Umweltschutzstandards widerspiegeln, gezählt werden.302 Art. 17 Rom II-VO begründet dabei keine Sonderanknüpfung ausländischer Verhaltens- und Sicherheitsvorschriften.303 Vielmehr sind sie als faktische Gegebenheit, d.h. als Sachverhaltselement zu berücksichtigen.304 Im Rahmen des Art. 7 Rom II-VO wird die Rolle des Art. 17 Rom II-VO zumeist auf die Legalisierungswirkung von Genehmigungen beschränkt, welche eine grenzüberschreitende Emission, die zu einem Schaden bei einer anderen Person führt, rechtfertigen kann.305 300 301
Rehbinder, in: Landmann/Rohmer, § 1 UmweltHaftG Rn. 57. Zur Art und Weise der Berücksichtigung, vgl. Betlem/Bernasconi, LQR 2006, 124, 149 f.; Bogdan, in: The Rome II Regulation, S. 219, 227 f.; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 17 Rn. 5 m.w.N. 302 Begründung der Kommission zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, KOM (2003) 427 endg., 22; im Ergebnis wohl auch Junker, in: MünchKomm, Art. 7 Rom II-VO Rn. 32 f.; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 5; Duczek, Rom II-VO und Umweltschädigung S. 15; zur Frage, ob ausländische Genehmigungen über Art. 17 Rom II-VO zu berücksichtigen sind, vgl. zusammenfassend Mankowski, IPRax 2010, 389 ff.; Duczek, Rom II-VO und Umweltschädigung S. 15 ff. m.w.N. Diese Frage stellt sich nicht nur im Hinblick auf die gerichtliche Berücksichtigung von Genehmigungen im Staat des Handlungsortes, sondern generell im Hinblick auf die Umweltstandards als Sicherheits- und Verhaltensregeln. Diese haben in der Genehmigung lediglich ihren Niederschlag gefunden, so wohl auch Junker, in: MünchKomm, Art. 7 Rom II-VO Rn. 33; in diese Richtung scheint auch die Begründung der Kommission zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, KOM (2003) 427 endg., 22 zu tendieren. 303 v. Hein, VersR 2007, 440, 446; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 637; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 17 Rom II-VO Rn. 5; Junker, in; MünchKomm, Art 17 Rn. 2 m.w.N. 304 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 17 Rom II-VO Rn. 5; v. Hein, VersR 2007, 440, 446; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 637. 305 Streitig, vgl. Matthes, GPR 2011, 146, 150 f.; Duczek, Rom II-VO und Umweltschädigung, S. 14 f.; Unberath/Cziupka, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 7 Rom II-VO Rn. 43.
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Etwaige „Regelungen […], die die Verhaltensstandards potentieller Umweltschädiger näher spezifizieren“306 können umgekehrt über Art. 17 Rom II-VO auch zulasten des Schädigers berücksichtigt werden.307 Diese erlangen im Rahmen des Rechtswidrigkeitsurteils besondere Bedeutung.308 Die Umweltschutzstandards des Handlungsortsrechts können durch eine Rechtswahl folglich nicht vollständig derogiert werden. Ihre Berücksichtigung hängt maßgeblich davon ab, ob der grenzüberschreitende Eintritt des Schadens für den Schädiger vorhersehbar war.309 Dies wird entgegen anderer Stimmen in der Literatur im Regelfall zu bejahen sein.310 Wählen die Parteien abweichend vom Ubiquitätsprinzip ein neutrales Recht können sie dadurch folglich nicht ohne weiteres den Verhaltensstandard senken. Vor dem Hintergrund, dass Art. 17 Rom II-VO ebenso wie Art. 14 Rom II-VO in Abhängigkeit zur lex fori stehen, kann jenes Berücksichtigungsgebot nicht „abgewählt“ werden. Mithin können die Parteien zwar ein neutrales Recht wählen. Sie können sich aber nicht ohne weiteres von den Verhaltensstandards des Handlungsortsrechts lösen. Unter der Prämisse, dass der Richter nach Art. 17 Rom II-VO die umweltrechtlichen Verhaltensstandards des Handlungsortsrechts berücksichtigt, kann eine Beschränkung der Parteiautonomie nicht gerechtfertigt werden.311
306 307 308 309 310 311
Unberath/Cziupka, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 7 Rom II-VO Rn. 43. Unberath/Cziupka, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 7 Rom II-VO Rn. 43. Unberath/Cziupka, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 7 Rom II-VO Rn. 43. G. Wagner, IPRax 2008, 1, 5; Matthes, GPR 2011, 146, 151. Anders Matthes, GPR 2011, 146, 151. Folgt man gleichwohl der Gegenansicht, kann eine Korrektur der Parteiautonomie indes dogmatisch nur mit dem vorhandenen, gewöhnlichen juristischen Handwerkszeug begründet werden. In Betracht käme einerseits eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs des Art. 14 Rom II-VO und andererseits eine Analogie zu Art. 6 Abs. 4 Rom II-VO und Art. 8 Abs. 3 Rom II-VO. Beide Methoden knüpfen an den Willen des Gesetzgebers an. Die teleologische Reduktion kann auch als Gegenstück zur Analogie bezeichnet werden. Während bei einer teleologischen Reduktion der Anwendungsbereich einer Norm entgegen dem Willen des Gesetzgebers zu weit gefasst ist, ist bei einer Analogie der Anwendungsbereich einer Norm entgegen dem Willen des Gesetzgebers zu eng formuliert, sodass der Rechtsgedanke dieser Norm bei einer vergleichbaren Rechts- und Interessenslage übertragen werden darf (so im Ergebnis Zippelius, Juristische Methodenlehre S. 64 ff.) Die Indizien, die auf den Willen des Gesetzgebers schließen lassen sprechen jedoch augenscheinlich für die Zulässigkeit der Rechtswahl bei grenzüberschreitenden Umweltschädigungen. Der europäische Gesetzgeber war sich bei der Schaffung des Art. 7 Rom II-VO über die Möglichkeit der Rechtswahl bewusst, zumal Art. 7 Rom IIVO systematisch zwischen Art. 6 und Art. 8 steht, für die eine Rechtswahl ausdrücklich ausgeschlossen wurde. Vor diesem Hintergrund lässt sich unabhängig von dem Verhältnis zwischen teleologischer Reduktion und Analogie ein planwidriges Verhalten des Gesetzgebers nicht feststellen. Eine Korrektur der Rechtswahlmöglichkeit wäre zwar aufgrund der verfolgten öffentlichen Interessen grundsätzlich geboten. Sie bleibt dem jedoch
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2. Verhältnis des Art. 14 Rom II-VO zu Art. 9 Rom II-VO (Haftung für Arbeitskampfmaßnahmen) Wie eingangs erwähnt wurde, ist das parteiautonome Wahlrecht im Hinblick auf die Haftung für Arbeitskampfmaßnahmen Kritik ausgesetzt. Parallel zur Haftung für Umweltschädigungen stellt sich auch hier die Frage, ob die hinter Art. 9 Rom II-VO stehenden Interessen einen Ausschluss der Rechtswahl rechtfertigen können. a. Grundsätze der objektiven Anknüpfung Vielfach wird Art. 9 Rom II-VO entsprechend seiner Überschrift als Anknüpfung für Arbeitskampfmaßnahmen oder für industrial actions bezeichnet.312 Dies ist jedoch ungenau. Art. 9 Rom II-VO behandelt ausweislich seines Wortlauts ausschließlich die haftungsrechtlichen Folgen des Arbeitskampfes.313 Jene Anknüpfung des Arbeitskampfes und damit zugleich die Bestimmung des Anknüpfungsgegenstandes des Art. 9 Rom IIVO bleibt den mitgliedstaatlichen Gerichten vorbehalten.314 Die erforderliche Qualifikationsentscheidung treffen nach Erwägungsgrund 27 S. 1 mangels Gemeinschaftskompetenz315 die innerstaatlichen Vorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten. Überwiegend wird dies als Verweis auf die lex fori ausgelegt, 316 was jedoch nicht unbestritten geblieben ist.317 Insgesamt sollen die Mitgliedstaaten versuchen, aus den eigenen nationalen Begrifflichkeiten eine autonome Definition des Arbeitskampfbegriffs herauszuarbeiten.318 Erfasst werden sollen beispielsweise Streitaktionen oder Ausdem europäischen Gesetzgeber vorbehalten. Bis dahin ist eine Rechtswahl im Sinne von Art. 14 Rom II-VO jedenfalls möglich. 312 So zum Beispiel Sujecki, EWS 2009, 310, 317; G. Wagner, IPRax 2006, 372, 386. 313 Knöfel, EuZA 2008, 228, 234; Evju, RIW 2007, 898, 907; Fallon, in: Japanese and European Private International Law, S. 265, 274; Ofner, ZfRV 2008, 13, 19; Junker, NJW 2007, 3675, 3677. 314 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 9 Rom II-VO Rn. 1; Thorn, in: Palandt, Art. 9 Rom II-VO Rn. 2; Knöfel, EuZA 2008, 228, 241. 315 So Junker, NJW 2007, 3675, 3680. 316 So die wohl h.M., vgl. Knöfel, EuZA 2008, 228, 234; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 9 Rom II-VO Rn. 1; Thorn, in: Palandt, Art. 9 Rom II-VO Rn. 2. Mit der Qualifikation nach der lex fori sind der Möglichkeit des forum shopping freilich Tür und Toren geöffnet, so auch Thorn, in: Palandt, Art. 9 Rom II-VO Rn. 1. 317 Junker, in: MünchKomm, Art. 9 Rom II-VO Rn. 15 für eine Qualifikation nach der lex causae; ähnlich Heinze, RabelsZ 73 (2009), 770, 782 der das Handlungsortsrecht für maßgeblich hält. Für eine Anknüpfung an das Handlungsortrecht spricht die klare Zuordnung zu einer Rechtsordnung, was im Hinblick auf das Ubiquitätsprinzip im Rahmen von Art. 5 Nr. 3 EuGVO erforderlich wäre, da dem Kläger bei einer Anknüpfung an das Recht der lex fori damit einseitig und partiell zugleich ein kollisionsrechtliches Wahlrecht zugebilligt würde. 318 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 9 Rom II-VO Rn. 1.
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sperrungen.319 Nach dem im deutschen Sachrecht überwiegend vertretenen weiten Arbeitskampfbegriff, ist dieser als zielgerichtete Ausübung von kollektivem Druck durch die Arbeitnehmer- oder Arbeitgeberseite mittels Zufügung von Nachteilen oder deren Abwehr, definiert.320 Den Regelungsgegenstand des Art. 9 Rom II-VO bildet die Haftung von Arbeitnehmern, Arbeitgebern und ihren Interessenverbänden für Schäden aus Arbeitskampfmaßnahmen.321 Haben Geschädigter und Schädiger ihren gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Staat, so richtet sich die Haftung vorrangig nach dem Recht dieses Staates.322 Andernfalls unterliegen diese Ansprüche dem Recht des Staates, in dem die Arbeitskampfmaßnahme erfolgt ist oder erfolgen soll, d.h. dem Handlungsort.323 Der Grund für die Anknüpfung an den Handlungsort liegt in dem Schutz der Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer und Arbeitgeber.324 Insbesondere soll eine Haftung nach dem Erfolgsortrecht vermieden werden, wenn die Arbeitskampfmaßnahme nach dem Handlungsortrecht rechtmäßig ist.325 Teilweise wird dies dahingehend gedeutet, dass die Maßgeblichkeit des Kampfortes das Ziel verfolge, die Anwendung ausländischen Rechts auf inländische Streiks zu verhindern.326 Unberührt bleiben von der Anknüpfung nach Art. 9 Rom II-VO die Bedingungen für die Durchführung von Arbeitskampfmaßnahmen nach nationalem Recht sowie die im Recht der Mitgliedstaaten vorgesehene Rechtsstellung der Gewerkschaften oder der repräsentativen Arbeitnehmerorganisationen.327 Gem. Art. 15 Rom II-VO entscheidet die Anknüpfung insbesondere über den Haftungsgrund, wovon auch die Rechtswidrigkeit der Maßnahme erfasst wird.328 Ein Beispiel für einen 319 320
Erwägungsgrund 27 S. 2 der Rom II-VO. Kissel, Arbeitskampfrecht § 13 Rn. 1; Waas, in: Schwerpunktkommentar Arbeitsrecht, Art. 9 GG Rn. 2. 321 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 9 Rom II-VO Rn. 1; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 731; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 637; Sujecki, EWS 2009, 310, 317; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 10; Thorn, in: Palandt, Art. 9 Rom II-VO Rn. 2. 322 Sujecki, EWS 2009, 310, 317; Ofner, ZfRV 2008, 13, 19 f.; Knöfel, EuZA 2008, 237; Dornis, EuLF 2007, I-152 ff.; v. Hein, VersR 2007, 440, 449; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 10. 323 Thorn, in: Palandt, Art. 9 Rom II-VO Rn. 3; Ofner, ZfRV 2008, 13, 19 f.; Sujecki, EWS 2009, 310, 317; zur Schwerpunktbetrachtung siehe Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 9 Rom II-VO Rn. 3. 324 Erwägungsgrund 27 S. 2 der Rom II-VO. 325 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 9 Rom II-VO Rn. 2; Schlachter, in: Erfurter Kommentar, Art. 9 Rom II-VO Rn. 2; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 458; Heinze, RabelsZ 73 (2009), 770, 781; Joubert, in: Le règlement communautaire «Rome II», S. 55, 78. 326 G. Wagner, IPRax 2006, 372, 386; ders., IPRax 2008, 1, 10. 327 Erwägungsgrund 28 der Rom II-VO. 328 Zum Umfang der Verweisung im Rahmen von Art. 9 Rom II-VO vgl. Knöfel, EuZA 2008, 228, 239.
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grenzüberschreitenden Arbeitskampf bildet die Rechtssache Viking Line329.330 In dem zugrundliegenden Sachverhalt wollte das finnische Fährunternehmen Viking eines ihrer Schiffe nach Estland ausflaggen, um das dortige (niedrigere) Lohnniveau anwenden zu können. Daraufhin drohte die finnische Matrosengewerkschaft (FSU) mit Streik und bat die internationale Transportarbeiter-Föderation (ITF), deren Hauptsitz in London liegt, um Solidaritätsmaßnahmen. Das Unternehmen Viking verklagte sowohl die FSU als auch die ITF vor einem Gericht des Vereinigten Königreichs. Gem. Art. 6 Nr. 1 EuGVO ist dieses Gericht für beide Klagen international zuständig, weil der Hauptsitz der ITF in Großbritannien liegt. Da der Arbeitskampf in Finnland geführt wurde, war finnisches Recht anzuwenden. Dies führt zu der Frage, ob die Parteien unter Zugrundelegung der Rom II-VO die Anwendung dänischen Rechts wählen könnten.331 b. Streitstand Für einen Ausschluss der Parteiautonomie im Rahmen von Art. 9 Rom IIVO wird die Formulierung aus einem Bericht über das Plenarsitzungsprotokoll vom 27.6.2005 angeführt, wonach „[d]as Recht von Arbeitnehmern auf Arbeitskampfmaßnahmen, einschließlich Streik, das nach einzelstaatlichem Recht garantiert ist, […] nicht untergraben werden [darf].“332 Daraus wird für die heute geltende Rom II-VO geschlossen, dass die Anknüpfung 329 330
EuGH Rs. C-438/05, Viking Line, Slg. 2007, I-10779. Als weiteres Beispiel käme die Rechtssache Torline (EuGH Rs. C-18/02, Torline, Slg. 2004, I-01417) in Betracht. In dem Fall rief eine schwedische Gewerkschaft polnische Matrosen zum Streik auf, die auf der finnischen Fähre, die zwischen Großbritannien und Dänemark verkehrte, arbeiteten. Diese sollten die Be- und Entladung der Fähre in den schwedischen Häfen verhindern. Sitz des Anstellungsunternehmens, mit dem der Abschluss eines Kollektivarbeitsvertrages scheiterte, war in Dänemark. Der behauptete Schaden trat am Sitz des Unternehmens ein. Während nach Art. 5 Nr. 3 EuGVO eine Klage sowohl in Schweden als auch in Dänemark wahlweise möglich wäre, ist nach objektiver Anknüpfung gem. Art. 9 Rom II-VO unabhängig vom Klageort ausschließlich schwedisches Recht anzuwenden, da dort der Arbeitskampf geführt wurde. Zu berücksichtigen ist freilich, dass für Dänemark das Übereinkommen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 19.10.2005 (Abl. EU Nr. L 299, S. 62) dient. Dies ist mit dem Inhalt der EuGVO und ihrer Durchführungsbestimmungen identisch. Der EuGH ist zu dessen Auslegung befugt. Gem. Art. 1 Abs. 4 Rom II-VO wendet der dänische Richter jedoch sein eigenes IPR an. Art. 9 und 14 Rom II-VO kämen hier folglich nicht zur Anwendung. Dies wird häufig übersehen, siehe etwa Garcimartín Alférez, EuLF 2007, I-77, I-88. 331 Zu den Vorteilen der Wahl der lex fori, siehe oben S. 2 ff. 332 So der Bericht über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) vom 27.6.2005, Plenarsitzungsdokument A6-0211/2005 endg., S. 25.
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an das Handlungsortsrecht dazu dient, der Anwendung ausländischen Rechts entgegenzuwirken.333 Vor diesem Hintergrund sei eine Rechtswahl zumindest nach dem Telos der Anknüpfung ausgeschlossen. Zu berücksichtigen sei ferner, dass die einzelnen gesetzlichen Regelungen zum Arbeitskampf dazu führen, dass dieser derart mit der Rechtsordnung des Handlungsortes verknüpft ist, dass dessen Recht stets zur Anwendung kommen müsse.334 Darüber hinaus betreffen Arbeitskampfmaßnahmen soziale und ökonomische Interessen, die ihrem Rang nach über den Parteiinteressen an der Disponibilität ihrer Ansprüche stehen.335 Zudem bestehe auch kein Bedürfnis für ein parteiautonomes Bestimmungsrecht.336 Die Befürworter einer Rechtswahl sind demgegenüber zwar zahlenmäßig überlegen, was sich jedoch nicht in der argumentativen Auseinandersetzung widerspiegelt. Entsprechend der praktischen Bedeutung der Rechtswahl bei Arbeitskämpfen findet eine Diskussion dieser Frage kaum statt.337 c. Stellungnahme Eine schwarz-weiß-Entscheidung im Hinblick auf die Zulässigkeit der Rechtswahl lässt sich aufgrund der Komplexität der Problematik nur schwer formulieren. Bei der Frage, ob das öffentliche Interesse an einem nach dem Handlungsortsrecht reglementierten Arbeitskampfrechts überwiegt oder ob der zivilrechtliche Charakter im Vordergrund steht, sind zahlreiche Faktoren zu berücksichtigen. Obwohl der Arbeitskampf zwischen Privatpersonen geführt wird, liegt seine rechtliche Grundlage rechtsvergleichend häufig in der Verfassung, für die grundsätzlich das Territorialitätsprinzip gilt.338 Ferner können Arbeitskämpfe gesetzlich normierten Regelungen unterliegen, die beispielsweise Fristen vorsehen.339 Alsdann hängt ihre Erlaubnis, deren Reichweite und konkrete Ausgestaltung wiederholt von tarifvertraglichen Regelungen ab.340 Eine akzessorische An333 334
G. Wagner, IPRax 2006, 372, 386; ders., IPRax 2008, 1, 10. So zum alten Recht Gamillscheg, Internationales Arbeitsrecht S. 365 f.; ders. RdC 181 (1983), 285, 335; Junker, Internationales Arbeitsrecht im Konzern S. 484; Morgenstern, International Conflict of Labour Law S. 112; Evju, RIW 2007, 898, 902 m.w.N. 335 de Boer, YbPIL 9 (2007), 19, 24 f. 336 Fallon, in: Japanese and European Private International Law, S. 263, 274. 337 Palao Moreno, YbPIL 9 (2007), 115, 121; Knöfel, EuZA 2008, 228, 246; Heinze, RabelsZ 73 (2009), 770, 787; Schlachter, in: Erfurter Kommentar, Art. 9 Rom II-VO Rn. 2; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 9 Rom II-VO Rn. 3; Junker, in: MünchKomm, Art. 9 Rom II-VO Rn. 7; Thorn, in: Palandt, Art. 9 Rom II-VO Rn. 3; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 9 Rom II-VO Rn. 12; anders Ofner, ZfRV 2008, 13, 20 der die Verneinung der Rechtswahlmöglichkeit als herrschende Ansicht bezeichnet. 338 Vgl. Kropholler, IPR S. 151; Kegel/Schurig, IPR S. 1096. 339 Evju, RIW 2007, 898, 902 f. 340 Evju, RIW 2007, 898, 902 f.
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knüpfung an das Tarifvertragsstatut sieht die Rom II-VO jedoch nicht vor.341 Eine Rechtswahl im Hinblick auf den Tarifvertrag ist nach überwiegender Auffassung demgegenüber wohl möglich.342 Ebenso können Arbeitskampfmaßnahmen Einfluss auf das individuelle Arbeitsverhältnis, etwa bei Änderungskündigungen,343 haben sowie auch strafrechtliche Folgen auslösen.344 Bei der Abwägung ist ferner (ebenso wie im Internationalen Deliktsrecht)345 das Interesse des Forderungsinhabers an der Disponibilität seiner zivilrechtlichen Haftungsansprüche zu berücksichtigen. Fraglich ist daher, ob diese genannten Kriterien eher für eine überwiegendes öffentliches oder ein zivilrechtliches Interesse stehen. Das Arbeitsrecht ist typischerweise durch ein Subordinationsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gekennzeichnet. Dies führt zu einer gewissen Ähnlichkeit zum öffentlichen Recht, was durch die Verankerung des Streikrechts in der Verfassung und Art. 28 der Grundrechtecharta der EU noch verfestigt wird.346 Vor diesem Hintergrund existieren zugunsten des Arbeitnehmers aufgrund seiner schwächeren Verhandlungsposition regelmäßig besondere Schutzvorschriften. Dass grundsätzlich auch eine persönliche Haftung des Einzelnen in den Anwendungsbereich von Art. 9 Rom II-VO fällt,347 spricht auf der einen Seite gegen die Derogationsmöglichkeit territorialer Schutzvorschriften durch die Wahl eines ausländischen Rechts. Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass nach der Wertung des europäischen Gesetzgebers in diesem Bereich weder bei der Internationalen Zuständigkeit noch im Internationalen Schuldvertragsrecht nach der Rom I-VO eine besondere Regelung zum Schutz des Arbeitnehmers erforderlich ist. Dies beruht darauf, dass die Interessen des Arbeitnehmers und seine Verhandlungsposition durch die Gewerkschaften insoweit ausreichend geschützt und unterstützt werden. Sofern gleichwohl besondere Schutzvorschriften aufgrund der getroffenen Rechtswahl außer Betracht gelassen werden, verbliebe schließlich die Notbremse des ordre public und die Möglichkeit der Sonderanknüpfung nach Art. 16 Rom II341 Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 59; ders., rev.crit.dr.int.priv 97 (2008), 464, 494. 342 Basedow, in: Recht der Flagge und "Billige Flaggen", 1990 S. 75, 92 ff.; Junker, Internationales Arbeitsrecht im Konzern, S. 436 f.; Bittner, Europäisches und internationales Betriebsrentenrecht S. 451. 343 BAG DB 1968, 2176; Waas, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Art. 9 GG Rn. 11; Nipperdey, AP Nr. 39 zu Art. 9 GG; vgl. auch Deinert, RdA 2009, 144 ff. 344 Evju, RIW 2007, 898, 903. 345 Siehe hierzu oben S. 27 ff. 346 Palao Moreno, YbPIL 9 (2007), 115, 121; Waas, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Art. 9 GG Rn. 21. 347 Knöfel, EuZA 2009, 228, 239; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 9 Rom II-VO Rn. 1.
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VO. Die schutzwürdigen Belange des Arbeitnehmers können folglich nur partiell für ein überwiegendes öffentliches Interesse und damit für einen Ausschluss der Rechtswahl angeführt werden. Auch die verfassungsrechtliche Verankerung des Streikrechts spricht nicht pauschal für ein öffentliches Interesse. Einerseits trifft diese nämlich schon keine unmittelbare Aussage über die Haftung aufgrund einer rechtswidrigen Arbeitskampfmaßnahme und zum anderen dient die Verankerung als Grundrecht beispielsweise in Deutschland dazu, dem Staat eine strenge Neutralitätspflicht aufzuerlegen, was die zivilrechtliche Haftung jedoch unberührt lässt.348 Für die Möglichkeit der Rechtswahl spricht vielmehr, dass der Arbeitskampf regelmäßig die Beeinflussung einer tarifvertraglichen Einigung bezweckt.349 Wenn für diese Einigung eine Rechtswahl zulässig ist und damit auch die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen für einen Arbeitskampf (tarif-) vertraglich geregelt werden können, warum sollten dann die weiteren Haftungsvoraussetzungen einer Rechtswahl entzogen sein? Schließlich bildet den Regelungsgegenstand des Art. 9 Rom II-VO nicht das auf Arbeitskampfmaßnahmen anwendbare Recht, sondern allein die zivilrechtliche Haftung für rechtswidrige Arbeitskampfmaßnahmen. Alle übrigen Fragen des Arbeitskampfes werden weiterhin nach dem Handlungsortsrecht beantwortet. Ein Grund für die Beschränkung der Parteiautonomie besteht bei der Haftung für Schäden aus rechtswidrigen internationalen Arbeitskämpfen daher wohl nicht. Vielmehr leistet die Rechtswahl einen Beitrag zu größerer Rechtssicherheit und -klarheit der Parteien, die auch auf dem Gebiet des Arbeitskampfrechts in Zweifel gezogen wird.350 Schließlich ist auch kein Raum für eine teleologische Reduktion des Art. 14 Rom II-VO oder für eine analoge Anwendung der Art. 6 Abs. 4, 8 Abs. 3 Rom II-VO vorhanden.351 Der Wille des europäischen Gesetzgebers für eine entsprechende Korrektur kann der Rom II-VO jedenfalls auch hier nicht entnommen werden. Die Möglichkeit der Rechtswahl bei tarifvertraglichen Einigungen und deren Disponibilität spricht vielmehr gleichsam für den Parteiwillen als vorrangiges Anknüpfungsmoment.
348 Vgl. Dietrich, in: Erfurter Kommentar, Art. 9 GG Rn. 148 ff.; Waas, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Art. 9 Rom II-VO Rn. 80 ff. 349 Waas, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Art. 9 Rom II-VO Rn. 2; Dietrich, in: Erfurter Kommentar, Art. 9 GG Rn. 94 ff. 350 Man denke an einen Streik von Lokführern oder Piloten, grenzüberschreitenden Demonstrationszügen oder grenzüberschreitende Leiharbeit und der vorgeschlagenen Schwerpunktbetrachtung, zur Leiharbeit siehe den Fall EuGH Rs. C-341/05, Vaxholm, Slg. 2007 I-11767, hierzu zusammenfassend Ahlberg/Bruun/Malberg, transfer 2006, 155 ff.; Köhler, ZESAR 2008, 65 ff. 351 Vgl. hierzu bereits die Ausführungen zu Art. 7 Rom II-VO, S. 125 f.
§ 5 Der Anknüpfungsgegenstand des Art. 14 Rom II-VO
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VI. Zwischenergebnis Der Tatbestand des Art. 14 Rom II-VO ist im Anwendungsbereich der Rom II-VO außerhalb der Anknüpfungsgegenstände des Art. 6 Rom II-VO und Art. 8 Rom II-VO somit eröffnet. Insbesondere ist eine Rechtswahl im Rahmen der Anknüpfungsgegenstände für die Haftung für Arbeitskampfmaßnahmen und die zivilrechtliche Haftung für Umweltschädigungen möglich. Gründe für einen Ausschluss der Parteiautonomie für die weiteren Anknüpfungsgegenstände der Rom II-VO, d.h. der allgemeinen Kollisionsnorm für unerlaubte Handlungen, für die Produkthaftung, die ungerechtfertigte Bereicherung sowie die Geschäftsführung ohne Auftrag und das Verschulden bei Vertragsverhandlungen bestehen nicht. Innerhalb ihres Anwendungsbereichs ist eine Anknüpfung an den Parteiwillen damit grundsätzlich möglich. VII. Die Rolle des Art. 15 Rom II-VO im Anwendungsbereich der Parteiautonomie Haben die Parteien eine Rechtswahlvereinbarung getroffen, kann sich im konkreten Fall die Frage stellen, ob die auftretende Streitfrage von der getroffenen Rechtswahlvereinbarung erfasst sein sollte. Im Interesse einer umfassenden Regelung aller Ansprüche werden Rechtswahlklauseln in der praktischen Rechtsanwendung häufig in Generalklauseln formuliert. Die Kehrseite der Medaille besteht darin, dass nicht feststellbar ist, welche Rechtsfragen der bezeichneten Rechtsordnung nach dem ursprünglichen Parteiwillen unterstellt werden sollten.352 Diese Frage wird im Rahmen der antizipierten Rechtswahl naturgemäß häufiger zutage treten. Infolge der Etablierung des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO ist diese Problematik nunmehr auch für das außervertragliche Schuldrecht relevant geworden. Die Lösung dieser Auslegungsschwierigkeiten wird durch Art. 15 Rom II-VO erleichtert. Dessen Kodifizierung trägt dem praktischen Bedürfnis an Rechtssicherheit Rechnung.353 Art. 15 Rom II-VO dient der Sicherstellung der einheitlichen Anknüpfung außervertraglicher Schuldverhältnisse.354
352 Hier tritt der Gerechtigkeitsgedanke der antizipierten Rechtswahl zutage, wonach im Zeitpunkt des Abschlusses des Rechtswahlvertrages die in Betracht kommenden Rechtsordnungen grundsätzlich (noch) gleichwertig sind, da der Gegenstand eines etwaigen künftigen Streites noch nicht fest. Nach Entstehung der Streitigkeit kann hingegen häufig festgestellt werden, welche Rechtsordnung für welche Partei im Einzelfall günstiger ist, vgl. hierzu Pfister, RIW 1973, 440442 zum Internationalen Schuldvertragsrecht. 353 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 15 Rom II-VO Rn. 2; Junker, in: MünchKomm, Art. 15 Rom II-VO Rn. 5. 354 Bach, in: Huber, The Rome II Regulation, Art. 15 Rom II-VO Rn. 1; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 15 Rom II-VO Rn. 1; Thorn, in: Palandt, Art. 15 Rom II-VO Rn. 3;
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Die Vorschrift gibt Auskunft über den Geltungsbereich jedes einzelnen Statuts und dient dementsprechend der Vereinfachung der Qualifikationsentscheidung.355 Im Hinblick auf die Parteiautonomie kommt Art. 15 Rom IIVO folglich eine Doppelfunktion zu. Zur Feststellung, ob die Anknüpfung an den Parteiwillen im Einzelfall zulässig ist, muss der Anknüpfungsgegenstand ermittelt werden.356 Dafür muss zunächst die (streitige) Rechtsfrage einer objektiven Kollisionsnorm zugeordnet werden. Ebenso wie im Rahmen der objektiven Anknüpfungen erläutert Art. 15 Rom II-VO hierbei die Reichweite des Statuts.357 Die Ausführungen in Art. 15 Rom II-VO sind nicht abschließend.358 Ist nach dem gefundenen Anknüpfungsgegenstand eine Rechtswahl grundsätzlich zulässig, stellt sich die Frage nach der Reichweite der subjektiven Anknüpfung. Die Tragweite des Parteiwillens bleibt dabei freilich eine Frage der Auslegung der getroffenen Vereinbarung.359 Art. 15 Rom II-VO differenziert nicht zwischen objektiver und subjektiver Anknüpfung. Vor diesem Hintergrund wird man Art. 15 Rom II-VO in Bezug auf Art. 14 Rom II-VO als Auslegungsregel qualifizieren dürfen. Haben die Parteien keine anderweitige Vereinbarung getroffen ist davon auszugehen, dass sie mit ihrer Rechtswahlklausel zumindest alle in Art. 15 lit. a-h Rom II-VO aufgeführten Fragestellungen regeln wollten. Haben die Parteien hingegen eine von Art. 15 Rom II-VO abweichende Regelung vereinbart, liegt eine sog. « dépeçage », d.h. Teilrechtswahl360 vor, deren Zulässigkeit streitig ist und auch nach dessen Befürwortern besonderen Voraussetzungen unterliegt.361 Fraglich ist in diesem Zusammenhang ferner, in welchem Verhältnis die Rechtswahlvereinbarung zu Vorfragenanknüpfungen steht. Erkennt man an, dass der Parteiwille als Anknüpfungsmoment nur so weit reichen kann, wie der Anknüpfungsgegenstand dies zulässt, so ergibt sich daraus zugleich, dass die Fragen der Rechts- und Geschäftsfähigkeit, der Form und der Stellvertretung von einer getroffenen Rechtswahlvereinbarung auf Junker, in: MünchKomm, Art. 15 Rom II-VO Rn. 2; Dickinson, Rome II-Regulation, Ch. 14 Rn. 14.02. 355 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 15 Rom II-VO Rn. 1; Junker, in: MünchKomm, Art. 15 Rom II-VO Rn. 1; Dörner, in: HK-BGB, Art. 15 Rom II-VO Rn. 1; Carruthers, in: The Rome II Regulation, S. 25, 36. 356 Siehe oben S. 60 ff. 357 Junker, in: MünchKomm, Art. 15 Rom II-VO Rn. 1. 358 Dickinson, Rome II-Regulation, Art. 15 Rom II-VO Rn. 14.02; Dörner, in: HKBGB, Art. 15 Rom II-VO Rn. 1; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 1. 359 Vgl. zur Auslegung der Rechtswahlvereinbarung unten S. 169 ff. 360 Vgl. hierzu im Einzelnen unten S. 321 ff. 361 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 15 Rom II-VO Rn. 1; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 15 Rom II-VO Rn. 2; Thorn, in: Palandt, Art. 15 Rom II-VO Rn. 2.
§ 5 Der Anknüpfungsgegenstand des Art. 14 Rom II-VO
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Grundlage von Art. 14 Rom II-VO nicht erfasst werden.362 Dies lässt sich auf zweierlei Weise begründen. Zum einen ist für die Fragen der Rechtsund Geschäftsfähigkeit sowie der Stellvertretung der Anwendungsbereich der Rom II-VO schon nicht eröffnet,363 sodass jene Fragen auch aus dem Anwendungsbereich von Art. 14 Rom II-VO herausfallen müssen. Zum anderen handelt es sich hierbei um Vor-, Erst- oder Teilfragen, welche nach überwiegender Auffassung364 selbstständig angeknüpft werden und daher aus dem Anknüpfungsgegenstand aller Kollisionsnormen herausfallen.365 Dies gilt dann grundsätzlich auch für die subjektive Kollisionsnorm des Art. 14 Rom II-VO. Daraus folgt indes nicht, dass sich der geäußerte Parteiwille nicht auf Vorfragenanknüpfungen erstrecken kann. Es konnte eingangs festgestellt werden, dass Kollisionsnormen selbst einer privatautonomen Gestaltung zugänglich sind, wenn diese keine (gegenüber dem Parteiwillen) höherrangigen Ziele verfolgen. Zwar findet diese Gestaltungsfreiheit ihre Grundlage in der Privatautonomie. Eine Aufspaltung der Rechtsgrundlagen kann indes nicht zugleich eine differenzierte Handhabung des Parteiwillens legitimieren. Wählen die Parteien zur Beurteilung ihres Schuldverhältnisses eine bestimmte Rechtsordnung, ist im Zweifel von einer umfassenden einheitlichen Rechtswahl auszugehen, die alle damit im Zusammenhang stehenden Fragen erfassen soll. So hat auch der BGH aufgrund einer getroffenen Rechtswahlvereinbarung das Formstatut als abbedungen angesehen und dem gewählten Recht unterstellt.366 Für die Rechtswahlmöglichkeit nach Art. 14 Rom II-VO ist diese Auslegungsregel freilich von geringerer Relevanz.
362 363 364
Schwung, WM 1984, 1301, 1303 f.; Siehr, in: FS Keller, 1989, S. 485, 502. Vgl. Art. 1 Abs. 2 Rom II-VO. Hierzu jeweils m.w.N. Koch/Magnus/Winkler v. Mohrenfels, IPR und Rechtsvergleichung S. 20; Kegel/Schurig, IPR S. 371 ff.; Kropholler, IPR S. 32 ff.; Sonnenberger, IPRax 2011, 225, 330. 365 Ob die Parteiautonomie darüber hinaus eine inhaltliche Abänderung dieser Sonderanknüpfungen zulässt, indem die Parteien etwa das Günstigkeitsprinzip aus Art. 21 Rom II-VO zugunsten der ausschließlichen Geltung des Geschäftsstatuts vereinbaren könnten, ist eine hiervon zu trennende Frage, vgl. hierzu oben S.64 ff. sowie Schwung, WM 1984, 1301, 1204. 366 BGHZ 57, 337 ff.; siehe auch den Fall OLG München, IPRax 1990, S. 320; hierzu Spellenberg, IPRax 1990, 295, 297 wonach die Rechtswahlvereinbarung (nach Art. 27 EGBGB) auch die Formvorschriften erfassen soll.
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§ 6 Das Anknüpfungsmoment des Art. 14 Rom II-VO Das Anknüpfungsmoment ist nach überwiegender Auffassung Teil des Tatbestandes einer Kollisionsnorm.367 Es besteht aus einem Anknüpfungspunkt,368 nach dem sich die anwendbare Rechtsordnung bestimmt.369 Das Anknüpfungsmoment des Art. 14 Rom II-VO liegt in dem wirksam geäußerten und übereinstimmenden Parteiwillen,370 genauer dem Rechtswahlvertrag.371 Auf den Parteiwillen kann nach dem gefundenen Ergebnis grundsätzlich zurückgegriffen werden, wenn nach der erfolgten Qualifikationsentscheidung ein Ausschluss der Parteiautonomie nicht ausdrücklich kodifiziert ist.372 Damit sind die Parteien dazu in der Lage das anwendbare Recht zu wählen, dem das außervertragliche Schuldverhältnis unterliegen soll.373 Abhängig von dem Zeitpunkt des wirksamen Zustandekommen des Vertrages stellt Art. 14 Abs. 1 Rom II-VO zu den allgemeinen Voraussetzungen zusätzliche Voraussetzungen an das Anknüpfungsmoment.374 Im Gegensatz zu den objektiven Anknüpfungen, in denen die anwendbare Rechtsordnung grundsätzlich durch die bloße Subsumtion unter den Anknüpfungspunkt ermittelt werden kann, werden bei der subjektiven Anknüpfung besondere Voraussetzungen an das Anknüpfungsmoment gestellt, deren Einhaltung für eine Anknüpfung an den Parteiwillen obligatorisch ist.375 Eine Anknüpfung an den Parteiwillen setzt voraus, dass jener Wille von den Parteien übereinstimmend wirksam gebildet worden ist, d.h. dass der Rechtswahlvertrag wirksam zustandegekommen ist und ihm keine Unwirksamkeitsgründe entgegenstehen.376 Inhaltlich müssen sich die Parteien 367 Seibl, Die Beweislast bei Kollisionsnormen S. 42; a.A. Kropholler, IPR S. 105 f.; vgl. auch die Ausführungen unten S. 54 ff. 368 Als Synonym für das Anknüpfungsmoment wird auch der Anknüpfungspunkt verwendet, so etwa v. Bar/Mankowski, IPR I, S. 553 ff. 369 Vgl. etwa Kegel/Schurig, IPR S. 311; Kropholler, IPR S.105; Siehr, IPR S. 401 ff. 370 Dies wird zumeist als selbstverständlich vorausgesetzt, vgl. etwa Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; Kadner Graziano, 73 (2009), 1, 5 ff.; Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 3. 371 So bereits H. Stoll, in: FS Heini, 1995, S. 429, 441; Sumampouw, RabelsZ 30 (1966), 334, 335 f.; Moser, Vertragsabschluss, Vertragsgültigkeit und Parteiwille im internationalen Obligationenrecht, S. 231; Vischer, Internationales Vertragsrecht S. 66; Lorenz, Vertragsabschluss und Parteiwille im Internationalen Obligationenrecht, S. 188; siehe hierzu bereits oben zur Systematik des Art. 14 Rom II-VO S. 56 ff. 372 Siehe hierzu oben S. 135 ff. 373 Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 726; Bertoli, Dir. UE 2009, 231 ff.; ders., riv.dir.int.priv.proc. 2009, 697 ff.; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 622 f.; Ofner, ZfRV 2008, 13, 21; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 13; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 5. 374 Vgl. hierzu im Einzelnen unten S. 247 ff. 375 Hierzu sogleich unten S. 167 ff. 376 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 10 Rom I-VO Rn. 3.
§ 6 Das Anknüpfungsmoment des Art. 14 Rom II-VO
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auf einen tauglichen Rechtswahlgegenstand geeinigt haben.377 Nur wenn diese Bedingungen kumulativ erfüllt sind, ist eine Anknüpfung an den Parteiwillen möglich und es treten die Rechtsfolgen gemäß dem Parteiwillen grundsätzlich ein. Im Allgemeinen setzt der Tatbestand jeder Kollisionsnorm ferner voraus, dass ihm der Zeitpunkt für die Anknüpfung an den entscheidenden Umstand, d.h. das jeweilige Anknüpfungsmoment, entnommen werden kann.378 Dies gilt nicht nur für die objektiven Kollisionsnormen, sondern auch für die Anknüpfung an den Parteiwillen.379 Während sich in den objektiven Kollisionsnormen zumeist keine ausdrückliche Nennung jenes Zeitpunktes findet,380 liegt hierin ein Wesensmerkmal des Art. 14 Rom II-VO. So differenziert Art. 14 Rom II-VO zwischen einer antizipierten und einer nachträglichen Rechtswahl. Während eine nachträgliche Rechtswahl von allen natürlichen und juristischen Personen vereinbart werden kann, verlangt Art. 14 Rom II-VO für eine Rechtswahl, die vor Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses geschlossen wird, die Bedingungen381 der kommerziellen Tätigkeit beider Parteien, und dass die Vereinbarung von allen Parteien frei ausgehandelt worden ist.382 Zu untersuchen ist entsprechend der praktischen Prüfungsreihenfolge zunächst, welche Voraussetzungen Art. 14 Rom II-VO an den Parteiwillen stellt, damit dieser als Anknüpfungsmoment berücksichtigt werden darf.
377 378
Siehe unten S. 291 ff. Kropholler, IPR, S. 136; Trammer, in: FS Schmitthoff, 1973, S. 367 ff.; Raape, in: FS Boehmer, 1954, S. 111; Raape/Sturm, IPR, Bd. 1, S. 100. 379 Raape, in: FS Boehmer, 1954, S. 111. 380 Kropholler, IPR, S. 136. 381 So die Formulierung in Erwägungsgrund 31 Rom II-VO. 382 Bach, in: Huber, The Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 23 ff.; de Boer, YbPIL 9 (2007), 19, 27 f.; ders., NILR 2009, 295, 325 f.; Bertoli, riv.dir.int.priv.proc. 2009, 697, 703 f.; ders., Dir. UE 2009, 231, 245; Chong, ICLQ 57 (2008), 863, 875; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13, Rn. 13.06; Hay, EuLF 2007, I-137, I-151; v. Hein, RabelsZ 73 (2009), 461, 486 f; ders., Tul. L. Rev. 82 (2007-2008), 1662, 1693 f.; ders., ZEuP 2009, 6, 20 f.; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 21 f.; Kadner Graziano, in: The Rome II Regulation, S. 113, 120 f.; ders., RabelsZ 73 (2009), 1, 7 f.; ders., rev.crit.dr.int.priv. 97 (2008), 445, 452 f.; Kramer, NIPR 4 (2008), 414, 422; Kreuzer, riv.dir. int.priv.proc. 2006, 45, 54 f.; Leible, RIW 2008, 257, 259 f.; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 726 f.; Ofner, ZfRV 2008, 13, 21 f.; Petch, JIBLR 2006, 449, 453; Rushworth/Scott, L.M.C.L.Q. 2008, 274, 291; Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 5; Sujecki, EWS 2009, 310. 313; Symeonides, YPIL 9 (2007), 149, 170 f.; dies., NIPR 2010, 191, 204 f.; Thorn, in: FS Schmidt, 2009, S. 1561, 1565 f.; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 13; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 14.
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Zweites Kapitel: Der Tatbestand des Art. 14 Rom II-VO
A. Zustandekommen und Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung Primäre Voraussetzungen für den Eintritt der Rechtsfolgen einer Rechtswahlvereinbarung sind ihr wirksames Zustandekommen und das Fehlen von Unwirksamkeitsgründen. Die Abgrenzung zwischen Zustandekommen und Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung kann in verordnungskonformer Weise unter autonomer Auslegung danach erfolgen, dass zum Zustandekommen „die Fragen der vertraglichen Einigung und zur Wirksamkeit die übrigen Voraussetzungen vertraglicher Bindung gehören, jeweils unter Vorbehalt von Sonderregelungen, […].“383 Dies bedeutet im Einzelnen, dass unter dem Zustandekommen des Vertrages insbesondere Fragen nach einem wirksamen Angebot und Annahme der Rechtswahlerklärungen sowie ihrer Abgabe und Zugang zu verstehen sind sowie Fragen des Dissenses und anderer Einigungsmängel.384 Ferner fallen hierunter die Abgrenzung von Angebot und bloßer invitatio ad offerendum sowie die Wirkungen von Bedingungen und Befristungen.385 Darüber hinaus wird man generell auch die Umdeutung der Rechtswahlerklärungen dem Zustandekommen der Vereinbarung zuordnen können.386 Demgegenüber werden unter der Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung alle Fragen verstanden, die nicht bereits zum Zustandekommen der Rechtswahlvereinbarung zählen.387 Erfasst werden Willensmängel, die auf Irrtum, Täuschung oder Drohung beruhen, Fragen des Schein- und Scherzgeschäfts und der Mentalreservation sowie die Nichtigkeit von Verträgen infolge Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot oder Sittenwidrigkeit, was bei Rechtswahlverträgen freilich kaum in Betracht kommt.388 Ferner sind das Bestimmtheitsgebot und die Einhaltung einer etwaigen vorgeschriebenen Form zu beachten. 383 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 10 Rom I-VO Rn. 3; ebenso v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 31 EGBGB Rn. 14; Mankowski, RIW 1996, 382; ders., RIW 1993, 453, 454; Hausmann, in: Staudinger, Art. 31 EGBGB Rn. 14; Mäsch IPRax 1995, 371, 372; Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB S. 104; v. Bar, IPR , Bd. 2 Rn. 536; Kost, Konsensprobleme im Internationalen Schuldrecht S. 91. 384 Vgl. hierzu im Einzelnen OLG München RIW 2001, 864; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 10 Rom I-VO Rn. 3; Mankowski, RIW 1993, 453, 454; ders., RIW 1996, 382; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 31 EGBGB Rn. 15 ff. 385 Ebenso AG Wuppertal VuR 1993, 55; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 31 EGBGB Rn. 16; Leible, in: in: AnwK-BGB, Art. 31 EGBGB Rn. 11; a.A. Meyer-Sparenberg RIW 1989, 347, 349; Mankowski RIW 1996, 382, 387; Hausmann, in: Staudinger, 10 Rom IVO Rn. 49 ff. 386 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 10 Rom I-VO Rn. 6; Thorn, in: Palandt, Art. 10 Rom I-VO Rn. 3. 387 Die Abgrenzungsfrage wirkt sich hinsichtlich der analogen Anwendung des Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO aus, vgl. hierzu unten S.157 ff. 388 Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB S. 104; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 175; Meyer-Sparenberg, RIW 1989, 347, 348.
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Die Rom II-VO normiert in Art. 14 nur vereinzelt Voraussetzungen, die das Zustandekommen der Rechtswahlvereinbarung regeln. Hierzu zählen die Bedingungen, dass sich die Rechtswahlvereinbarung ausdrücklich oder mit hinreichender Sicherheit aus den Umständen des Falles ergeben muss sowie im Fall des Abschlusses einer antizipierten Rechtswahlvereinbarung die Ausübung einer kommerziellen Tätigkeit aller Parteien und ihr freies Aushandeln. Jene Kriterien unterliegen einer autonomen Auslegung und sind demzufolge ohne Rückgriff auf mitgliedstaatliches Sachrecht auszulegen.389 Regelungen, welche die Unwirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung betreffen, enthält die Rom II-VO nicht.390 Insoweit stößt der Grundsatz der autonomen Auslegung an seine Grenzen.391 Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, nach welchem Recht sich das Zustandekommen und die Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung bemessen. Im Gegensatz zur Rom I-VO sieht die Rom II-VO keine dem Art. 3 Abs. 5, 10, 13 Rom IVO entsprechende Regelung vor, obwohl für die fehlende Anordnung einer entsprechenden Regelung kein Grund ersichtlich ist.392 Damit stellt sich die Frage, wie diese Regelungslücke zu schließen ist. I. Rechtswahlstatut 1. Rechtswahl Zu erwägen ist in erster Linie, ob die Parteien nicht nur das auf das außervertragliche Schuldverhältnis anwendbare Sachrecht, sondern auch das auf den Rechtswahlvertrag anwendbare Recht wählen können. Für das schweizerische IPR vertritt Schwander die Ansicht, dass „für den Verweisungsvertrag selbst eine eigene Rechtswahl“ getroffen werden kann, um ihn der lex fori unterstellen zu können.393 Dies sei insbesondere dann sinnvoll, wenn die Parteien eine dépeçage getroffen haben, da dann ein Rückgriff auf objektive Anknüpfungen, d.h. insbesondere ein Abstellen auf das gewählte Recht394 zu Schwierigkeiten führen würde.395 Hiergegen spricht, 389 390
Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 10 Rom I-VO Rn. 4. Begrüßenswert sind vor diesem Hintergrund die Bestrebungen nach der Kodifikation eines europäischen Zivilgesetzbuches. 391 Siehe oben S. 50 ff. 392 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 27. Sie wird darauf zurückzuführen sein, dass die Rom II-VO zeitlich vor der Rom I-VO ausgearbeitet wurde und sich die Rom I-VO im Wesentlichen an den Vorgängervorschriften des EVÜ orientierte, in dessen Regelungswerk sich eine entsprechende Regelung befindet, während die Rom II-VO als neues Regelungswerk anzusehen ist. Fraglich ist demnach, welches Recht auf den Rechtswahlvertrag anzuwenden ist. 393 Schwander, in: FS Keller, 1989, 473, 482. 394 Hierzu sogleich S. 165 f. 395 Schwander, in: FS Keller, 1989, 473, 482.
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Zweites Kapitel: Der Tatbestand des Art. 14 Rom II-VO
dass sich im Fall der Anerkennung einer solchen Rechtswahlmöglichkeit unmittelbar die Frage stellt, welches Recht dann über die zuletzt getroffene Rechtswahlvereinbarung entscheidet. Die Folge wäre eine unendliche Anzahl an denkbaren Rechtswahlvereinbarungen. Stützt man die Möglichkeit einer solchen Rechtswahlvereinbarung auf Art. 3 Abs. 1 Rom I-VO könnte in Art. 3 Abs. 5, 10 Rom I-VO freilich eine objektive Regelung erblickt werden, die über das auf die zuletzt getroffene Rechtswahlvereinbarung anwendbare Recht entscheidet. Art. 3 Abs. 5, 10 Rom I-VO enthielte schließlich für jene genannten Bedenken die Regelung, dass sich „[d]as Zustandekommen und die Wirksamkeit des Vertrags oder einer seiner Bestimmungen […] sich nach dem Recht [beurteilen], das nach dieser Verordnung anzuwenden wäre, wenn der Vertrag oder die Bestimmung wirksam wäre.“ Voraussetzung wäre hierfür jedoch, dass Art. 3 Rom I-VO bzw. generell die Rom I-VO auch auf Rechtswahlverträge Anwendung findet. Zwar unterscheidet sich der Rechtswahlvertrag über das auf das außervertragliche Schuldverhältnis anwendbare Recht im Ergebnis von anderen (sachrechtlichen) Verträgen nur im Hinblick auf dessen Rechtsfolgen als kollisionsrechtliche Verweisung.396 Auch bei der Wahl des auf den Rechtswahlvertrag anwendbaren Rechts würde es sich grundsätzlich um eine kollisionsrechtliche Verweisung handeln. Die Rom I-VO gilt jedoch in Abgrenzung zur Rom II-VO nur für vertragliche Schuldverhältnisse. Ein solches Schuldverhältnis ist nach der Rechtsprechung des EuGH bei jeder freiwillig eingegangenen Verpflichtung anzunehmen.397 Eine Rechtswahlvereinbarung zeichnet sich jedoch gerade dadurch aus, dass es an einer Verpflichtung fehlt.398 Ihr kommt vielmehr gestaltende Wirkung zu.399 Vor diesem Hintergrund wäre ein Rückgriff auf nationales Kollisionsrecht erforderlich, das allerdings in der Regel keine entsprechende kollisionsrechtliche Regelung enthält.400 Denkbar ist demnach nur, dass die Parteien auf Grundlage der Privatautonomie einen sachrechtlichen Rechtswahlvertrag 396
In Abgrenzung zur materiell-rechtlichen Verweisung, vgl. bereits oben S. 6 f.,
9 ff. 397 EuGH, Rs. C-334/00, Tacconi, Slg. 2002, I-7357 Rn. 23; EuGH, Rs. C-27/02, Engler, Slg. 2005, I-481 Rn. 50, EuGH, Rs. 26/91, Handte, Slg. 1992, I-3967 Rn. 15; EuGH, Rs. C-51/97, reunion européenne, Slg, 1998, I-6511 Rn. 22; zum Vertragsbegriff umfassend Magnus, in: Staudinger, Art. 1 Rom I-VO Rn. 27 ff. 398 Ebenso wohl Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 26 Fn. 87, die aus der Natur des Rechtswahlvertrages als kollisionsrechtlicher Verweisungsvertrag die Unanwendbarkeit der Rom I-VO und des EVÜ folgern; ähnlich auch Plender/Wilderspin, The European Private International Law of Obligations Rn. 29-011 ff., die die fehlende Anwendbarkeit wohl auf die unterschiedliche Terminologie von Vereinbarung (Rom II-VO) und Vertrag (Rom I-VO) zurückführen. 399 Siehe hierzu oben S. 69 ff. 400 Sie fehlt insbesondere im deutschen IPR.
§ 6 Das Anknüpfungsmoment des Art. 14 Rom II-VO
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schließen.401 Die zwingenden Vorschriften des nach objektiver Anknüpfung anzuwendenden Rechts blieben von dieser materiell-rechtlichen bzw. sachrechtlichen Verweisung unberührt. Die Konsequenz wäre ein law mix, der im Interesse einer ökonomischen Regelungsweise sowie der Rechtsklarheit und -sicherheit vermieden werden sollte. Selbst wenn man einen solche sachrechtliche Verweisung anerkennen würde, wäre ihre tatsächliche Ausübung in der Regel jedoch nicht zu empfehlen.402 2. Objektive Anknüpfung Im Regelfall ist zur Ermittlung des Rechtswahlstatuts mithin ein Rückgriff auf objektive Anknüpfungen erforderlich. Welches Anknüpfungsmoment für die Ermittlung des auf die Rechtswahlvereinbarung anwendbaren Rechts maßgeblich sein soll, wird unterschiedlich beurteilt. Unter Anwendung allgemeiner kollisionsrechtlicher Grundsätze müsste bei Fehlen einer subjektiven Anknüpfung auf die objektiven Kollisionsnormen zurückgegriffen werden. Die Rom I-VO ist hierfür jedoch nicht anwendbar, da diese nur das auf Schuldverträge anwendbare Recht regelt. Erforderlich wäre mithin die Existenz einer Regelung innerhalb der Rom II-VO. Daran fehlt es jedoch. Bislang wurde diese Frage zur Rom II-VO nur beiläufig behandelt. Die vorgebrachten Argumente sollen nachfolgend daher insbesondere unter Berücksichtigung der zum nationalen Kollisionsrecht vertretenen Ansichten sowie hinsichtlich ihrer Übertragbarkeit auf die heutige Rechtslage untersucht werden. a. Meinungsstand zur Rom II-VO und alternative Lösungsansätze im nationalen IPR Nach überwiegender Ansicht ist zur Beurteilung des Zustandekommens und der Wirksamkeit des Rechtswahlvertrages im Sinne einer „Münchhausentheorie“ die Wirksamkeit der Rechtswahl zu unterstellen und anhand des gewählten Rechts zu urteilen.403 Zur Begründung wird überwiegend 401 402
Vgl. zu diesem Begriff oben S. 6 f. Zur Frage, ob eine solche Rechtswahlvereinbarung im Hinblick auf die sonst eingreifende objektive Anknüpfung sinnvoll ist, vgl. die Ausführungen sogleich. 403 Bach, in: Huber, Rome II-Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 16 f.; Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 11; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 3; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR; Art. 14 Rom II-VO Rn. 27; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 18; Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, Art. 14 Rom II-VO Rn. 3; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; Loacker, Der Verbrauchervertrag im IPR S. 13 ff., 154 ff. m.w.N.; Leible, RIW 2008, 257, 260; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 6 f.; ders., in: The Rome II Regulation, S. 113, 123 f.; Rushworth/Scott, L.M.C.L.Q. 2008, 274, 292; Pfütze, ZEuS 2011, 35, 52: Rom I kann „hineingelesen werden“; zum bisherigen autonomen Kollisionsrecht OLG Hamm, NJW-
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auf eine analoge Anwendung der Art. 3 Abs. 5, 10 Rom I-VO verwiesen.404 Der daraus zugleich resultierenden Missbrauchsgefahr könne mithilfe von Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO Rechnung getragen werden, wonach sich eine Partei für die Behauptung, sie habe dem Vertrag nicht zugestimmt, auf das Recht des Staates ihres gewöhnlichen Aufenthalts berufen kann, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass es nicht gerechtfertigt wäre, die Wirkung des Verhaltens einer Partei anhand der unterstellten Wirksamkeit des Rechtswahlvertrages zu beurteilen.405 Teilweise wird dieser Lösungsvorschlag auch als akzessorische Anknüpfung an das auf das außervertragliche Schuldverhältnis anwendbare Recht bezeichnet.406 Alternativ zur Analogie des Art. 3 Abs. 5, 10 Rom I-VO spricht sich Bach für eine Anwendung von Art. 4 Abs. 4 Rom I-VO aus, d.h. eine Anknüpfung des Rechtswahlvertrages an dessen engste Verbindung, welche in dem gewählten Recht erblickt werden könne.407 Die Begründungen für die Maßgeblichkeit jener Anknüpfungsmomente sind vielfältig. Neben der in Erwägungsgrund 7 postulierten Auslegungsharmonie zwischen der Rom I-VO und Rom II-VO408 ist das Bedürfnis an Rechtssicherheit die wichtigste Argumentationsgrundlage.409 So wird angeführt, dass der „Kern der Verweisungsfreiheit […] in einer vorausschauenden Beurteilung der Vertragsbeziehung durch die Partner und im Bestreben, eine für die Beteiligten möglichst günstige Ausgangsposition zu schaffen, [liegt].“410 Ohne die Kenntnis über die einzuhaltenden
RR 1989, 496, 497; OLG Celle, ZIP 2001, 1724; Simitis, JuS 1966, 209, 216; Baumert, RIW 1997, 805, 806 f.; Schwung, WM 1984, 1301, 1302; Schwander, in: FS Keller, 1989, S. 473, 481 f.; Basedow, Rechtswahl und Gerichtsstandsvereinbarungen, 1987, S. 6 ff., 10; E. Lorenz, RIW 1992, 697, 698 f.; Sandrock, RIW 1096, 841, 848 f.; W. Lorenz, Vertragsabschluß und Parteiwille im internationalen Obligationenrecht S. 204 f.; Sieg, RIW 1997, 811, 815; H. Stoll, in: FS Heini, 1995, S. 429, 430 ff.; Jayme, in: FS W. Lorenz, 1991, S. 435; Heiss, RabelsZ 65 (2001), 634, 636 ff.; Eckert, EWiR 2001, 1051 f.; zur Rom I-VO Leible/Lehmann, RIW 2008, 528, 532; Coester-Waltjen, in: FS Sonnenberger, 2004, S. 343, 349 f. 404 Rushworth/Scott, L.M.C.L.Q. 2008, 274, 292; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 6 f.; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 18; Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 11; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR; Art. 14 Rom II-VO Rn. 27; Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, Art. 14 Rom II-VO Rn. 3; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; Leible, RIW 2008, 257, 260; Pfütze, ZEuS 2011, 35, 52; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 3. 405 Vgl. Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO. 406 Baumert, RIW 1997, 805, 806; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 100; Hausmann, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 167. 407 Bach, in: Huber, Rome II-Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 17. Er geht entgegen der hier vertretenen Ansicht von der Anwendbarkeit der Rom I-VO aus. 408 Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rn. 11. 409 Simitis, JuS 1966, 209, 216. 410 Simitis, JuS 1966, 209, 216 m.w.N.
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Voraussetzungen sei der Abschluss einer Rechtswahlvereinbarung schließlich sinnlos.411 Nach der Gegenansicht soll die lex fori über das auf die Rechtswahlvereinbarung anwendbare Recht entscheiden.412 Diese, noch aus dem autonomen Kollisionsrecht herrührende Ansicht413 hat mit Inkrafttreten der Rom II-VO (und des EVÜ) eine Vielzahl ihrer Anhänger verloren.414 Nach ihrer ursprünglichen Konzeption führe die Annahme einer Vorwirkung des gewählten Rechts zu einem circulus vitiosus.415 „Denn was kollisionsrechtlich als Rechtswahl durch die lex fori bzw. im Rahmen des EVÜ autonom zu qualifizieren ist […], kann nicht durch die lex causae bestimmt werden, da diese erst zur Prüfung berufen ist, wenn überhaupt eine Rechtswahl gegeben ist, die entweder ausdrücklich erfolgt oder sich mit hinreichender Sicherheit ergibt.“416 Eine Anknüpfung an die lex fori sei ferner sachgerecht, weil schließlich auch die lex fori über die Möglichkeit der kollisionsrechtlichen Rechtswahl entscheide.417 Im Hinblick auf die Rom II-VO wird darüber hinaus angeführt, dass kein „Gleichklang der rechtlichen Beurteilung von Rechtswahlvertrag und Hauptvertrag hergestellt werden muss, weil das anzuknüpfende Schuldverhältnis kein vertragliches, sondern ein außervertragliches ist.“418 Auch im Übrigen greife das europäische IPR zur Lückenfüllung nicht auf die lex causae, sondern wie etwa bei Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO oder Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO einfachheitshalber auf das Sachrecht der lex fori zurück. Im Sinne der Lehre vom Einheitsstatut stellte eine weitere Meinungsgruppe darauf ab, dass der kollisionsrechtliche Verweisungsvertrag und der materielle Hauptvertrag eine Einheit bildeten, wonach die Wirksamkeit des
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Simitis, JuS 1966, 209, 216. Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 26; Schwung, WM 1984, 1301, 1302; Ferid, IPR, Rn. 6-18; Raape, IPR, S. 467 f.; Herkner, Grenzen der Rechtswahl, S. 116 ff.; H. Stoll, in: FS Heini, 1995, S. 429, 440; Ferid, Zum Abschluß von Auslandsverträgen, S. 24 ff.; Jaspers, Nachträgliche Rechtswahl, S. 68, 134. 413 Siehe etwa Schwung, WM 1984, 1301, 1302; Ferid, IPR, Rn. 6-18; Raape, IPR, S. 467 f.; Herkner, Grenzen der Rechtswahl, S. 116 ff.; H. Stoll, in: FS Heini, 1995, S. 429, 440; Ferid, Zum Abschluß von Auslandsverträgen, S. 24 ff.; Jaspers, Nachträgliche Rechtswahl, S. 68, 134. 414 Statt aller wohl nur noch Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 26. 415 Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 26; ders., JZ 2000, 477, 478; Schwung, WM 1984, 1301, 1302; Ferid, IPR, Rn. 6-18; Raape, IPR, S. 467 f.; Herkner, Grenzen der Rechtswahl, S. 116 ff.; H. Stoll, in: FS Heini, 1995, S. 429, 440; Jaspers, Nachträgliche Rechtswahl, S. 68, 134; Dörner, in: FS Stoll, 2001, S. 491, 492. 416 Baumert, RIW 1997, 805, 806. 417 Raape, IPR, S. 468. 418 Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 26.
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Hauptvertrages in Abhängigkeit zur Wirksamkeit der Rechtswahl stehe.419 Danach komme es gerade nicht auf die Wirksamkeit der Einigung über einen Rechtswahlvertrag nach dem Recht einer bestimmten Rechtsordnung an. Das Rechtswahlstatut bestehe lediglich darin, dass „beide Parteien die Anwendung einer bestimmten Rechtsordnung […] tatsächlich wollen und diesen Willen auch durch Abschluss des Vertrages praktizieren.“420 Eine Übertragung dieser Ansicht auf die Rom II-VO würde einer grundsätzlich denkbaren autonomen Auslegung des Vertragsschlusses anhand der Kriterien des Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO entsprechen. Einer vierten zum autonomen Kollisionsrecht vertretenen Ansicht zufolge könne der circulus vitiosus, den die herrschende Ansicht aufgrund ihrer Vorwirkung zur Folge habe, vermieden werden, indem sich das anwendbare Recht nach der ursprünglichen lex causae richte.421 Es gelte demnach das nach objektiver Anknüpfung auf das außervertragliche Schuldverhältnis anzuwendende Sachrecht auch für den Rechtswahlvertrag.422 Mit dieser akzessorischen Anknüpfung an das Statut des außervertraglichen Schuldverhältnisses könne ein klares Anknüpfungsmoment für das Rechtswahlstatut etabliert werden, das den allgemeinen Anknüpfungsregeln des Internationalen Privatrechts folgt und welches in gerechtfertigter Weise das Zustandekommen und die Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung anhand demjenigen Recht misst, zu dem das außervertragliche Schuldverhältnis die engste Verbindung aufweist. b. Stellungnahme Mit dem Abschluss einer Rechtswahlvereinbarung beabsichtigen die Parteien in erster Linie den Gewinn an Rechtssicherheit.423 Dieser Gedanke ist bei der Beurteilung des Rechtswahlstatuts von besonderer Bedeutung, weil erst das Bestehen eindeutiger Voraussetzungen die notwendige Sicherheit für die Parteien schafft, um von Art. 14 Rom II-VO Gebrauch zu machen.424 Durch eine Anknüpfung an die lex fori oder die ursprüngliche lex 419 So H. Stoll, in: FS Heini, 1995, S. 429, 435; hierzu auch Sandrock, RIW 1986, 841, 850. 420 H. Stoll, in: FS Heini, 1995, S. 429, 436. 421 BGH NJW 1983, 2772, 2773; Tomaszewski, rev.crit.dr.int.pr. 1972, 567, 594, 596; Plender, European Contracts Convention, S. 98, Nr. 5.17; Nygh, Autonomy in International Contracts, S. 101. 422 BGH NJW 1983, 2772, 2773; kritisch Mann, NJW 1984, 2740, 2741. 423 Siehe oben S. 2 ff. 424 Die Vereinbarung eines Rechts ist für die Parteien insbesondere dann sinnvoll, wenn sie bei gemeinsamen grenzüberschreitenden Tätigkeiten Rechtssicherheit über das anwendbare Recht gewinnen möchten, weil sie beispielsweise über ihr vertragliches oder außervertragliches Pflichtenprogramm Sicherheit haben wollen oder etwa über das im Streitfall anwendbare Recht, vgl. bereits oben S. 2 ff.; vgl. im Ergebnis auch Bendreff,
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causae wird einerseits die Prüfung von mindestens zwei unterschiedlichen Rechtsordnungen erforderlich, was ein etwaiges gerichtliches Verfahren wider des Beschleunigungsgrundsatzes in die Länge zieht, andererseits stehen bei Abschluss der Rechtswahlvereinbarung die einzuhaltenden Voraussetzungen für den Abschluss einer Rechtswahlvereinbarung noch nicht mit hinreichender Sicherheit fest. Sieht man das Anknüpfungsmoment in der lex fori, ist der maßgebliche Gerichtsstand bei Abschluss der Rechtswahlvereinbarung häufig noch nicht feststellbar.425 Die Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung stünde dann unter der zusätzlichen Voraussetzung, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung getroffen wurde und diese gleichsam wirksam ist. Mithin würde eine Gerichtsstandsvereinbarung über die internationale Zuständigkeit eine mittelbare Rechtswahl über das auf die Rechtswahlvereinbarung anwendbare Recht ermöglichen. Dies birgt die Gefahr, dass dadurch die besonderen Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 1 lit. a Rom II-VO umgangen werden. Knüpft man an die ursprüngliche lex causae an, ist bei einem Bezug zu Drittstaaten häufig ebenso nicht feststellbar, welche Kollisionsnormen welchen Staates Anwendung finden, da diese gleichsam dem lex-fori-Prinzip unterfallen.426 Zwar geht es vorRIW 1980, 386; de Boer, NILR 2009, 295; ders., RdC 257 (1996) 223, 331; Flessner, Interessenjurisprudenz im IPR (1990) S. 117 ff.; ders., in: FS Canaris, 2008 Bd. 2, S. 545, 551 ff.; Gamillscheg, AcP 157 (1958/58), 303 ff., 315 ff.; Haudek, Die Bedeutung des Parteiwillens im IPR, 1931, S. 31 f.; Hohloch, in: FS Thue, 2007, 257 ff (263).; van Houtte, in: Responsabilités et assurances, 1994, S. 574, 576; Leible, in: FS Jayme, Bd. 1, 2004, S. 485 ff.; Lüderitz, in: FS Kegel, 1977, S. 31, 36 ff.; Oschmann, in: FG Sandrock, 1995, 25, 26; Kreuzer, in: FS v. Caemmerer, 1978, S. 705, 718 ff.; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 6 ff.; Mankowski, RIW 2003, 2 ff.; Mincke, IPRax 1985, 313 ff.; Lagarde, RdC 196 (1986) 9, 104; Schmeding, RabelsZ 41 (1977), 299 ff.; Siehr, in: FS Keller, 1989, S. 485 ff.; Simitis, JuS 1966, 209, 216; vgl. Sumampouw, RabelsZ 30 (1966), 329, 334, 335; Corneloup, in: Le règlement communautaire Rome II S. 85, 100; Tassikas, Dispositives Recht und Rechtswahlfreiheit S. 13 ff.; Vischer, in: FS Keller, 1989, S. 547 ff.; G. Wagner, IPRax 2006, 372, 375. 425 Vgl. bereits oben S. 2 ff. 426 Gegen eine Anknüpfung an die ursprüngliche lex causae spricht nicht nur ihre fehlende Praktikabilität und damit verbundene Rechtsunsicherheit, sondern auch der fehlende Bezug des Rechtswahlvertrages zu dem nach objektiver Anknüpfung anzuwendenden Sachrechts. Diese Lösung war vielmehr auf Art. 42 EGBGB zugeschnitten, da dort nach überwiegender Ansicht lediglich eine nachträgliche Rechtswahl gestattet wurde. Siehe etwa v. Hoffmann, in: Staudinger, Art. 42 EGBGB Rn. 3; Hohloch, in: Erman, Art. 42 EGBGB Rn. 9; Heldrich, in: Palandt, 68. Aufl., 2009, Art. 42 EGBGB Rn. 1; Freitag/Leible, ZVglRWiss 99 (2000), 101, 103; Junker, JZ 2000, 477, 478; Koch, VersR 1999, 1453, 1457; Looschelders, VersR 1999, 1316, 1322; S. Lorenz, NJW 1999, 2215, 2217; Sonnenberger, rev.crit.d.int.priv. 1999, 647, 661; Vogelsang, NZV 1999, 497, 500; a.A. v. Hein, RabelsZ 64 (2000), 595, 606 ff.; Freitag, Der Einfluß des Europäischen Gemeinschaftsrechts auf das internationale Produkthaftungsrecht S. 362 ff. Mit Etablierung des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO kann diese Ansicht indes nicht aufrechterhalten
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liegend nur um den Abschluss einer nachträglichen Rechtswahlvereinbarung in AGB. Jedoch sollte der Zeitpunkt der Rechtswahlvereinbarung keinen Einfluss auf das Anknüpfungsmoment des Rechtswahlstatuts haben.427 Alternativ käme folglich nur eine autonome Auslegung des Zustandekommens der Rechtswahlvereinbarung in Fortsetzung der zum autonomen Kollisionsrecht vertretenen Ansicht in Betracht. Damit müsste die Vereinbarung an Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO gemessen werden, d.h. die Einigung müsste ausdrücklich erfolgt sein oder sich mit hinreichender Sicherheit aus den Umständen des Falles ergeben. Mit jener autonomen Auslegung würde das Zustandekommen der Einigung allerdings nur fragmentarisch geregelt sein. Wichtige Fragen wie die Abgabe und der Zugang der Rechtswahlerklärung blieben ungeklärt, was einer willkürlichen Handhabung Tür und Tor öffnet und das Ziel der Rechtssicherheit gleichsam aus den Augen verliert. Darüber hinaus geht eine Rechtswahl nach Art. 14 Rom II-VO zumeist mit einer Rechtswahlvereinbarung nach Art. 3 Rom IVO einher. Die Etablierung eines einheitlichen Anknüpfungsmoments des Rechtswahlstatuts steht mithin nicht nur im Interesse einer rechtsaktüberschreitenden Rechtsharmonisierung, wie sie Erwägungsgrund 7 der Rom II-VO vorsieht, sondern dient auch der Vorhersehbarkeit des anwendbaren Rechts und trägt damit den generellen Zielen, die den Anstoß für die Ausarbeitung der Rom-Verordnungen gaben, Rechnung.428 Freilich scheint eine Anknüpfung an das gewählte Recht zu einem Zirkelschluss zu führen, da auf das Ergebnis einer Rechtswahl abgestellt wird, obwohl ihre Wirksamkeit noch in Frage steht. Allerdings ist kein Grund ersichtlich, weshalb ein solcher „Zirkelschluss“ nicht toleriert werden sollte, zumal die Praktikabilität der Anknüpfung dadurch nicht in Zweifel gezogen wird.429 Eine solche Vorgreiflichkeit ist selbst Art. 14 Rom II-VO nicht unbekannt, wenn dieser von der Rechtswahl des auf ein außervertragliches Schuldverhältnis anwendbaren Rechts spricht, obwohl das tatsächliche Bestehen des außervertraglichen Schuldverhältnisses von dem anwendbaren Sachrecht abhänwerden, zumal die objektiven Anknüpfungsregeln der Rom I-VO hierfür nicht anwendbar sind. Siehe hierzu bereits oben S. 141 ff. 427 Die Argumentation von Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom I-VO Rn. 26 wonach Erwägungsgrund 7 der Rom II-VO nicht beachtet werden müsse, „weil das anzuknüpfende Schuldverhältnis kein vertragliches, sondern ein außervertragliches ist“ überzeugt nicht, weil es hier nicht um eine Auslegungsharmonie von außervertraglichen Schuldverhältnis und Rechtswahlstatut geht, sondern von Rechtswahlstatut der Rom IVO und dem Rechtswahlstatut der Rom II-VO. 428 Siehe oben S. 15 ff. 429 Zur Bedeutung eines Zirkelschlusses im Recht vgl. W. Lorenz, AcP 159 (1960), 193, 209: „Auch eine Norm, die z.B. das Zustandekommen des Kaufvertrags vom Wohnsitzrecht des Verkäufers abhängig machte, knüpfte im Grunde an etwas Hypothetisches an, weil von einem Verkäufer erst gesprochen werden könnte, falls der Kaufvertrag zustandegekommen ist.“
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gig ist. Vielmehr wird die herrschende Meinung dem Gewinn an Rechtssicherheit und an Praktikabilität am ehesten gerecht, da einheitlich nur eine einzige Rechtsordnung zur Anwendung gebracht wird. Aus der vorhandenen Regelung in der Rom I-VO darf man schließlich nicht den zwingenden Schluss ziehen, dass der europäische Gesetzgeber gerade von einer solchen Anknüpfungsregel im Rahmen der Rom II-VO absehen wollte. Man wird ihr Fehlen vielmehr als Redaktionsversehen einstufen können.430 Voraussetzung für eine Anknüpfung an den Parteiwillen ist freilich, dass das maßgebliche Anknüpfungsmoment auch mit den Parteiinteressen im Einklang steht. Die Begründung für eine analoge Anwendung der Art. 3 Abs. 5, 10, 13 Rom I-VO wurde u.a. mit der einheitlichen Handhabung mit der Rechtswahl für das auf vertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht befürwortet. Zu beachten ist allerdings, dass den Gegenstand der Rechtswahl im Rahmen von Art. 14 Rom II-VO außervertragliche Schuldverhältnisse bilden. Dieses soll dann sogleich das auf einen Vertrag, nämlich das auf den Rechtswahlvertrag anwendbare Recht regeln, was zumindest auf den ersten Blick befremdlich wirkt. Schließlich kommt eine analoge Anwendung von Art. 3 Abs. 5, 10, 13 Rom I-VO nur dann in Betracht, wenn tatsächlich eine vergleichbare Rechts- und Interessenslage mit Art. 14 Rom II-VO gegeben ist, woran vor diesem Hintergrund gezweifelt werden könnte. Das Abstellen auf das gewählte Recht ist im Internationalen Vertragsrecht ohne weiteres einleuchtend, da sowohl der Bezugspunkt der Rechtswahl als auch die Rechtswahlvereinbarung einen Vertrag bilden. Fraglich ist daher, ob die Maßgeblichkeit des gewählten Rechts dem Parteiinteresse entspricht, wenn die Parteien etwa für ein zwischen ihnen bestehendes vertragliches Schuldverhältnis eine andere Rechtsordnung für maßgeblich erklärt haben als für ein außervertragliches Schuldverhältnis. Sollten dann nicht alle Verträge und mithin auch der Rechtswahlvertrag einheitlich einem Recht unterstellt werden, anstelle im Ergebnis akzessorisch an das auf das außervertragliche Schuldverhältnis anwendbare Recht anzuknüpfen? Hiergegen sprechen jedoch die Komplexität einer solchen Prüfung und die damit verbundene Rechtsunsicherheit. Würde man das Rechtswahlstatut nach Art. 14 Rom II-VO akzessorisch an das Rechtswahlstatut des Art. 3 Rom I-VO anknüpfen, würde sich die Wirksamkeit der Rechtswahl nach Art. 14 Rom II-VO erst in Abhängigkeit zu Art. 3 Rom I-VO ergeben. Zudem stellt sich die Frage, wie bei einer Rechtswahlvereinbarung zu verfahren ist, wenn die Parteien in keinerlei vertraglicher Beziehung zueinander stehen.431 Eine Gleichbehandlung mit Art. 3 Abs. 5, 430 Die beidseitige Anpassung der Rom-Verordnungen erscheint in Anbetracht dessen nur grobflächig erfolgt zu sein. Der Nachbesserungsbedarf liegt auf der Hand. 431 Zu den Beispielen siehe S. 234 ff. Neben der Komplexität einer solchen Prüfung spricht indes auch die Frage des Gerichtsstands kraft Sachzusammenhangs gegen eine
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10 Rom I-VO ist daher sachgerecht und liegt im schließlich auch im Parteiinteresse. Dies wird unterstrichen durch Art. 6 Rom III-VO, der gleichsam zur Beurteilung des Zustandekommens und der Wirksamkeit der Rechtswahlvertrages eine gesetzliche Vorwirkung des Parteiwillens ausspricht. Im Sinne einer „Münchhausentheorie“ urteilt das gewählte Recht folglich zugleich über das Zustandekommen und die Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung. Um einen Missbrauch dieser Anknüpfungsregel zu vermeiden, kann sich eine Partei für die Behauptung, sie habe dem Vertrag nicht zugestimmt, auf das Recht des Staates ihres gewöhnlichen Aufenthaltes berufen.432 Mit der überwiegenden Literaturansicht sind diese Ergebnisse folglich unter analoger Anwendung des Art. 3 Abs. 5, 10, 13 Rom I-VO zu erzielen.433 3. Anschein einer Einigung und Berufung auf das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts Unter Anwendung der herkömmlichen Differenzierung im Tatbestand einer Kollisionsnorm zwischen Anknüpfungsgegenstand und Anknüpfungsmoment liegt das Anknüpfungsmoment der subjektiven Kollisionsnorm nach dem gefundenen Ergebnis folglich in dem geäußerten Parteiwillen.434 Denklogisch stellt sich damit im Anschluss die Frage, welche Anforderungen an die Willensäußerung zu stellen sind, um die Anwendung des in ihr bezeichneten Rechts zu rechtfertigen. Insbesondere ist der Frage nachzugehen, ob eine einseitige Offerte zum Abschluss eines Rechtswahlvertrages für die Beurteilung ihrer Wirksamkeit nach eben diesem Recht ausreichend ist. Festzustellen ist hierfür zunächst, dass die Anforderungen an die Wilsolche Anknüpfungsregel. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist ein solcher Gerichtsstand für die internationale Zuständigkeit nicht anzuerkennen, sodass es dem angerufenen Gericht grundsätzlich untersagt ist, beispielsweise im Gerichtsstand der unerlaubten Handlung über vertragliche Ansprüche zu urteilen, vgl EuGH Urteil, Rs. 189/87, Kalfelis, Slg. 1988, 556; Nagel/Gottwald, IZPR, § 3 Rn. 67 f.; H. Roth, in: FS Schumann, 2001, 355, 370 f.; Gottwald, IPRax 1989, 272; ders., in: MünchKomm, Art. 5 EuGVO Rn. 8; Looschelders, IPRax 2006, 14, 16; Lackmann, in: Musielak, Art. 5 EuGVO Rn. 5; Spickhoff, IPRax 2009, 128, 132 f.; ders., in: FS Müller, 2009, S. 287, 292 f.; siehe auch BGH VersR 2003, 663 mit Anm. Spickhoff. Dies schließt zwar nicht zwingend die Prüfung des auf einen Vertrag anwendbaren Rechts aus. Sie sollte aber vermieden werden. 432 Vgl. Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO. Denkbar wäre, dass eine Partei den Abschluss eines Rechtswahlvertrages über ein Recht offeriert, nach dem Schweigen ein Erklärungswert zukommt. Auf diese Weise könnte zu seinen eigenen Gunsten die Anwendung einer bestimmten Rechtsordnung erschlichen werden, siehe auch das Beispiel bei Schwung, WM 1984, 1301, 1302. 433 Diese objektive Anknüpfungsregel führt dazu, dass eine sachrechtliche Rechtswahl umso weniger empfehlenswert ist, da sie zur Anwendung zwei unterschiedlicher Rechtsordnungen führen würde. 434 Hierzu bereits oben S. 56 ff.
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lensäußerung europarechtlich harmonisierten Maßstäben unterliegen müssen. Das Rechtswahlstatut entscheidet über das auf das Anknüpfungsmoment des Art. 14 Rom II-VO anwendbare Recht. Voraussetzung ist gerade auf der Sekundärebene des Rechtswahlstatuts, dass sich der Inhalt jenes Statut mit hinreichender Sicherheit ermitteln lässt, um die Anforderungen an die Rechtswahlvereinbarung feststellen zu können. Dies gilt umso mehr, solange kein europäisches Zivilgesetzbuch existiert. Ein Rückgriff auf mitgliedstaatliches oder drittstaatliches Sachrecht würde zu einem unüberwindbaren Zirkelschluss führen und die Ziele der Rom II-VO, ein europaweit einheitliches Kollisionsrecht zu schaffen, konterkarieren. Das Rechtswahlstatut hat unmittelbare Auswirkung auf das Anknüpfungsmoment des Art. 14 Rom II-VO und eröffnet den Parteien die Möglichkeit, es einseitig und mit egoistischen Motiven auszuüben. Mittelbar kann damit das auf das Hauptschuldverhältnis anwendbare Recht beeinflusst werden. Ein erster Schritt dem entgegenzuwirken liegt daher in der autonomen Auslegung des Rechtswahlstatuts. a. Anforderungen an die Willensäußerung Fraglich ist somit, welche autonomen Anforderungen an die Willensäußerung zu stellen sind. Festzuhalten ist zunächst, dass zur Beurteilung der getätigten Äußerungen der Parteien ein objektiver Maßstab zugrundzulegen ist.435 Es kommt mithin auf den objektivierten Parteiwillen an. Im Rahmen des Art. 3 Abs. 4, 8 Abs. 1 EVÜ, der Vorgängervorschrift des Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO, war es umstritten, welche Indizien für einen übereinstimmenden Parteiwillen vorliegen mussten, um das in ihnen bezeichnete Recht anwenden zu können.436 Weitgehende Einigung bestand darin, dass zumindest der „Anschein einer Rechtswahl“ vorliegen muss.437 Den Gegenstand des Streites bildete die Frage, ob jener Anschein von beiden Parteien gesetzt werden muss oder ob die einseitige Hervorrufung eines entsprechenden Rechtsscheins ausreicht. Diese Frage setzt sich im Rahmen der Rom I-VO und mithin auch im Rahmen ihrer analogen Anwendung zur Identifizierung des Rechtswahlstatuts fort. 435 436
Wohl auch Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB, S. 111. Vgl. zum Streitstand Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB S. 108 ff. m.w.N. 437 Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB S. 108 ff.; Kost, Konsensprobleme im internationalen Schuldrecht S. 39 f.; Tiedemann, IPRax 1991, 424, 425 f.; Kropholler, IPR, S. 300; Mann, NJW 1984, 2740, 2741; H. Stoll, in: FS Heini, 1995, S. 429, 430; v. Bar, IPR, Bd. 2, Rn. 535; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 101; Mankowski, Seerechtliche Vertragsverhältnisse im IPR, S. 30; W.H. Roth, Versicherungsvertragsrecht S. 533; v. Hoffmann, RabelsZ 36 (1972), 510, 533; Simitis, JuS 1966, 209, 216; Dutta, ZVglRWiss 104 (2006), 461, 464 ff.; Baumert, RIW 1997, 805, 806 f.; Sieg, RIW 1997, 811, 816; Meyer-Sparenberg, RIW 1989, 347, 350.
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aa. Meinungsstand Nach bislang überwiegender Ansicht genügt es, wenn eine Partei den Rechtsschein einer Einigung einseitig setzt.438 Dabei seien keine konkreten Anforderungen an eine Willensäußerung zu stellen. Im Allgemeinen sei vielmehr darauf abzustellen, ob ein ausreichender Sachgrund vorgetragen wird, „der es vernünftig erscheinen läßt, jener Frage überhaupt nachzugehen.“439 Der Anschein einer Annahmeerklärung müsse gerade nicht vorliegen, da die Frage des wirksamen Vertragsschlusses erst eine Frage des anzuwendenden Rechts sei.440 Die Gegenansicht verlangt das Vorliegen eines zweiseitig gesetzten Rechtsscheins, um zu vermeiden, dass das Verhalten einer Partei, in dem die Annahmeerklärung erblickt wird, nach einem Recht beurteilt wird, das in keinem Zusammenhang zu dem fraglichen Verhalten steht.441 Zudem bestehe sonst Ungewissheit darüber, ob der Rechtswahlgegner überhaupt Kenntnis von dem gesetzten Rechtsschein hatte.442 Darüber hinaus sei es systemwidrig, wenn das anwendbare Recht durch einseitige Erklärung bestimmt werden könne, insbesondere im Rahmen der hier relevanten subjektiven Anknüpfung und dass das danach anzuwendende Recht in keinem Zusammenhang zu dem Parteiwillen stehen müsse.443 bb. Stellungnahme Zur Beurteilung jener Fragen muss die nach Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 2 Rom I-VO bestehende Möglichkeit einer Partei, sich auf das Recht ihres gewöhnlichen Aufenthaltes zu berufen, dass sie mit ihrem Verhalten einer Rechtswahl nicht zugestimmt habe, mitberücksichtigt werden.444 Neben Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO ist bei der Beurteilung der Voraussetzungen, die an die Willensäußerung zu stellen sind, ferner das Verhältnis des Rechtswahlstatuts zu Art 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO zu beachten, wonach sich die 438 Tiedemann, IPRax 1991, 424, 425 f.; Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB S. 108 ff.; Freitag, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 10 Rom I-VO Rn. 10; Spellenberg, in: MünchKomm, Art. 10 Rom I-VO Rn. 165; Thorn, in: Palandt, Art. 10 Rom I-VO Rn. 1 f. 439 v. Bar, IPR, Bd. 2 Rn. 535. 440 v. Bar, IPR, Bd. 2 Rn. 535; Freitag, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 10 Rom IVO Rn. 10; Hausmann, in: Staudinger, Art. 10 Rom I-VO Rn. 35 f. 441 Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB S. 108 ff.; in diese Richtung tendieren wohl auch LG Duisburg, RIW 1996, 774, 775; Hau, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, IntGV Rn. 24, 80. 442 Kost, Konsensprobleme im internationalen Schuldrecht S. 39 f.; W.H. Roth, Versicherungsvertragsrecht S. 533; v. Hoffmann, RabelsZ 36 (1972), 510, 533; Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB S. 108 ff. 443 Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB S. 110. 444 Art. 10 Rom I-VO analog.
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Rechtswahl zumindest mit hinreichender Sicherheit aus den Umständen des Falles ergeben muss. Nach Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO kann sich eine Partei auf das Recht des Staates ihres gewöhnlichen Aufenthaltes berufen, wenn „sich […] aus den Umständen [ergibt], dass es nicht gerechtfertigt wäre, die Wirkung des Verhaltens einer Partei nach dem […] bezeichneten Recht zu bestimmen […].“ Die Vorschrift trägt mithin insbesondere den Fallgestaltungen Rechnung, in denen eine Partei auf ein (Rechtswahl-) Angebot hin schweigt und sich über den Erklärungswert ihres Verhaltens geirrt hat.445 Sie hat insbesondere im grenzüberschreitenden Handelsverkehr im Hinblick auf den Erklärungswert von Schweigen besondere praktische Bedeutung, da die staatlichen Rechtsordnungen hier vielfach divergierende Regelungen getroffen haben. Während beispielsweise im deutschen Sachrecht Schweigen grundsätzlich kein Erklärungswert beigemessen wird,446 kann sich nach britischem Recht gegenteiliges ergeben.447 Umgekehrt räumt das deutsche Recht einem Schweigen im Handelsverkehr Erklärungswert ein, wenn auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben geschwiegen wird,448 während dieses Rechtsinstitut in anderen Rechtsordnungen gänzlich unbekannt geblieben ist.449 Die analog anzuwendende Regelung des Art. 10 Abs. 2 Rom II-VO spricht dafür, die einseitige Hervorrufung des Rechtsscheins einer Rechtswahlvereinbarung zur Bestimmung des Anknüpfungsmoments des Rechtswahlstatuts für ausreichend anzusehen. Die Bedeutung und Wirkung der Regelung des Art. 10 445 Grundlegend BGH NJW 1972, 391 m. Anm. Geimer und Schmidt-Salzer; BGH NJW 1971, 2126; BGH, WM 1976, 1311 m. Anm. Buchmüller, NJW 1977, 501; BGH AWD 1973, 631; BGHZ 135, 124, 137; OLG Karlsruhe RIW 1994, 1046, 1047; OLG Schleswig IPRspr 1989 Nr 48; OLG Hamburg NJW 1980, 1232 f.; Sandrock, RIW 1986, 841, 849; Ebenroth, ZVglRWiss. 77 (1978), 186; v. Dücker BB 1996, 3, 10; vgl. auch H. Stoll, in: FS Beitzke, 1979, S. 759, 761; kritisch Mann, NJW 1984, 2740, 2741; Hohloch, in: Erman, Art. 31 EGBGB Rn. 11 ff.; ders., JuS 1997, 943, 945; Mankowski, RIW 1996, 385; Freitag, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR; Art. 10 Rom I-VO Rn. 16. 446 BGH NJW 1951, 398; BGH BB 1957, 726; BGH NJW 1963, 759; BGH DB 1976, 1573, 1574; Palm, in: Erman, § 182 BGB Rn 6; Bork, in: Staudinger, § 146 BGB Rn 6; Hausmann, in: Staudinger, Art. 10 Rom I-VO Rn. 105; v. Dücker BB 1996, 3 ff.; Diederichsen, Jus 1966, 129; Ebenroth, ZVglRWiss. 77 (1978), 161 ff.; Fabricius, JuS 1966, 1 ff.; Hanau, AcP 165 (1965), 220 ff; Haberkorn, MDR 1968, 108; Hopt, AcP 183 (1983), 691; Kuchinke, JZ 1965, 167; Schmidt-Salzer, BB 1971, 591 f; Thamm, BB 1964, 910 ff.; Walchshöfer, BB 1975, 719 ff.; Zunft, NJW 1959, 276; v. Dücker, BB 1996, 3, 9 f.; Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448; Esser, ZfRV 1988, 167. 447 OLG Hamburg, NJW 1980, 1232; OLG Nürnberg, AWD 1974, 405; OLG Frankfurt a.M. IPRax 1988, 99 m. Anm. Schwenzer, S. 86; v. Dücker, BB 1996, 3, 9 f.; Nörenberg, NJW 1978, 1082, 1085. 448 BGH WM 1964, 1951; BGH WM 1967, 898; BGH NJW 1990, 386; BGH NJW 2007, 987, 988; Schramm, in: MünchKomm, § 146 BGB Rn. 29. 449 OLG Hamburg NJW 1980, 1232 f. für das englische Recht; Nörenberg, NJW 1978, 1082, 1085.
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Abs. 2 Rom I-VO sowie ihr Bedürfnis wird in einem vom Hanseatischen OLG Hamburg im Jahr 1979 zu entscheidenden Fall deutlich. Zu jenem Zeitpunkt bestand auch im deutschen nationalen Kollisionsrecht keine dem Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO entsprechende Regelung. In dem zugrundeliegenden Sachverhalt stritten sich ein deutsches und ein englisches Unternehmen über die wirksame Einbeziehung einer Gerichtsstandsvereinbarung in AGB.450 Der deutsche Kläger und der englische Beklagte hatten sich über die Lieferung von Vestolen geeinigt. Die Klägerin sandte der Beklagten daraufhin eine Verkaufsbestätigung mit folgendem Inhalt zu: „Wir bestätigen hiermit dankend, Ihnen aufgrund unserer umseitigen Verkaufsund Lieferungsbedingungen verkauft zu haben: …” Auf der Vorderseite war abgedruckt: „Die angeheftete Bestätigung erbitten wir unterzeichnet an uns zurück. Nichtrücksendung betrachten wir als stillschweigendes Einverständnis.” Erst auf der Rückseite jener Bestätigung fanden sich die AGB der deutschen Firma, die Hamburg als Erfüllungsort und Gerichtsstand vorsahen. Das OLG stellte zur Beantwortung der Frage, welches Statut über die Abschlusskontrolle der AGB entscheide, auf das Vertragsstatut ab, welches darüber entscheide, ob und mit welchem Inhalt ein wirksames Rechtsgeschäft zustande gekommen sei.451 Diese Anknüpfung gelte jedoch nicht ohne Ausnahmen. „Der Grundsatz, daß das Vertragsstatut auch für das Wirksamwerden etwaiger Willenserklärungen maßgebend ist, muß nämlich insoweit eine Ausnahme erfahren, als es darum geht, ob einem bestimmten Verhalten, insbesondere einem Schweigen, überhaupt rechtsgeschäftliche Bedeutung zukommt. Hat ein entsprechendes Verhalten nach dem Heimatrecht eines ausländischen Beteiligten keine rechtsgeschäftliche Relevanz, so ist es nicht gerechtfertigt, es unter diesen Umständen nach dem Vertragsstatut als konstitutiv für bestimmte Rechtsfolgen zu werten; in derartigen Fällen ist dann vielmehr das Heimatrecht des Betroffenen maßgeblich […]. Dies gilt nur dann nicht, wenn der ausländische Betroffene nach den Umständen nicht damit rechnen konnte, daß sein Verhalten nach seinem Heimatrecht beurteilt würde […].“452 Setzt man voraus, dass der Rechtsschein von beiden Parteien der Rechtswahlvereinbarung gesetzt werden muss, müsste vorliegend, unter450 OLG Hamburg NJW 1980, 1232 f.; zu einem ähnlichen Fall bereits grundlegend BGH NJW 1972, 391 ff.; BGH NJW 1976, 2075; BGH JZ 1977, 602 ff. 451 OLG Hamburg NJW 1980, 1232 f. 452 OLG Hamburg NJW 1980, 1232 f. Einen ähnlichen Fall hatte das OLG München IPRax 1991, 46 ff. mit Anm. Geimer S. 31, 34 sowie das OLG Karlsruhe RIW 1994, 1046 zu entscheiden, wonach ein deutscher Verkäufer seinem ausländischen Kunden eine Auftragsbestätigung unter Verweis auf die beigefügten AGB zugesandt hat. Nach dem Heimatrecht des Käufers musste er nicht widersprechen. Die AGB wurden daher nicht Vertragsinhalt; siehe auch Fischer, Verkehrsschutz im internationalen Vertragsrecht, S. 337 ff.
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stellt auch eine Rechtswahlvereinbarung wäre in den AGB vorhanden gewesen, eine Beurteilung nach Art. 10 Abs. 1 Rom I-VO (analog) ausscheiden. Lässt man es demgegenüber ausreichen, dass der Anschein einer Rechtswahlerklärung allein durch eine Partei gesetzt werden kann, eröffnet Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO (analog) Möglichkeiten, um unbillige Ergebnisse zu vermeiden.453 Der Fall zeigt, dass die heutige Regelung des Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO gegenüber der Möglichkeit, das auf das Rechtswahlstatut anwendbare Recht durch einseitige Erklärung zu bestimmen, eine angemessene Antwort bereit hält, auch wenn Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO nur das Zustandekommen der Rechtswahlvereinbarung betrifft und ihre Wirksamkeit vom Anwendungsbereich der Vorschrift ausgenommen ist.454 Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO begründet eine optionale Alternativanknüpfung.455 Die Vorschrift ist systematisch vergleichbar mit der Ausgestaltung des Ubiquitätsprinzips im Sinne von Art. 40 Abs. 1 EGBGB. Der Rechtswahlgegner kann danach im Ergebnis wählen, ob er dem Rechtswahlangebot zustimmt456 oder ob er sich auf das Recht seines gewöhnlichen Aufenthaltes beruft und damit die Rechtswahl zu Fall bringt. Wer behauptet, dass eine solche Form der einseitigen Beeinflussung des anwendbaren Rechts dem Kollisionsrecht fremd sei und insbesondere mit der subjektiven Anknüpfung nicht in Einklang zu bringen ist, irrt. Zum einen handelt es sich bei dem Rechtswahlstatut um eine objektive Anknüpfung, welche lediglich den objektivierten Parteiwillen zum Anknüpfungsmoment hat. Zum anderen kann aufgrund der Geltung der Vorschrift des Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO kaum von einer einseitigen Beeinflussung gesprochen werden. Wer dies behauptet, unterstellt vielmehr ausgehend vom Heimatrecht, dass Schweigen kein Erklärungswert habe, was indes rechtsvergleichend und mithin auch europäisch autonom nicht zwingend der Fall sein muss. Selbst wenn man gleichwohl die Einseitigkeit des hervorgerufenen Anscheins einer Rechtswahlvereinbarung in den Vordergrund rückt, kann beispielsweise auch der gewöhnliche Aufenthalt verlegt werden und auf diese Weise das Anknüpfungsmoment, z.B. des Verbraucherstatuts nach Art. 6 Rom I-VO 453 Vgl. zur Entstehungsgeschichte Hausmann, in: Staudinger, Art. 10 Rom I-VO Rn. 1 ff.; zum Streit zwischen der Schuldstatuttheorie und anderen Sonderanknüpfungslehren siehe ausführlich Linke, ZVglRWiss 79 (1980), 1, 4 ff. 454 BGHZ 135, 124, 137; BGH NJW 1997, 1697, 1700; Hohloch, JuS 1997, 943, 945; Mankowski IPRax 1991, 305, 312; Baumert RIW 1997, 805, 807; Hausmann, in: Staudinger, Art. 10 Rom I-VO Rn. 57 ff.; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 31 EGBGB Rn. 31; Looschelders Art 31 EGBGB Rn 20; Giuliano/Lagarde, Bericht über das Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, BT-Drucks. 10/503, S. 36, 60. 455 Zur alternativen Anknüpfung vgl. v. Bar/Mankowski, IPR, Bd. 1, § 7 Rn. 104. 456 Vorausgesetzt nach seinem Heimatrecht kommt Schweigen grundsätzlich kein Erklärungswert zu.
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faktisch einseitig beeinflusst werden. Nachteilig ist an der Regelung des Art. 10 Rom I-VO freilich, dass dem Rechtswahlgegner – unabhängig davon ob in seinem Heimatrecht eine entsprechende Regelung existiert – die „Verteidigungslast“ auferlegt wird. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass bei Abschluss einer Rechtswahlvereinbarung in AGB in den hier relevanten Fällen den Rechtswahlgegner auch ohne die Regelung des Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO eine Äußerungsobliegenheit trifft, da die Rechtswahlofferte andernfalls unter Zugrundelegung des gewählten Rechts wirksam (in den Vertrag einbezogen) werden würde. Ferner kann dem Bestehen jener Verteidigungslast Rechnung getragen werden, indem nur geringe Anforderungen an die erforderliche Äußerung zu stellen sind, um eine etwaige Belastung abzuwehren. Zudem ist die Äußerungsobliegenheit die notwendige Konsequenz des Günstigkeitsprinzips, welches im Ergebnis dem Rechtswahlgegner die endgültige Entscheidungsmöglichkeit über das anwendbare Recht eröffnet. Wie eingangs erwähnt ist neben der Vorschrift des Art. 10 Abs. 2 Rom IVO auch Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO zu berücksichtigen, wonach sich die Rechtswahlvereinbarung zumindest mit hinreichender Sicherheit aus den Umständen des Falles ergeben muss. Geht man davon aus, dass hierin nicht nur die Ermöglichung einer konkludenten Rechtswahl, sondern auch generelle Anforderungen an die Rechtswahlvereinbarung umschrieben werden, könnten an der Zulassung einer einseitigen Bestimmung des Rechtswahlstatuts Zweifel gehegt werden. Doch verlangt Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO nicht, dass eine beidseitige Hervorrufung eines zurechenbaren Rechtsscheins vorliegen muss. Vielmehr wird man es als ausreichend ansehen können, wenn die Äußerung einer Partei keine ernsthaften Zweifel daran lässt, dass eine Rechtswahlvereinbarung offeriert werden sollte. Ferner lässt sich aus Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO ableiten, dass die Äußerung hinreichend bestimmt sein muss, d.h. es muss sich aus ihr in hinreichend bestimmter Weise ergeben, welches Recht auf das außervertragliche Schuldverhältnis anwendbar sein soll. Da es keinen Unterschied machen kann, ob mithilfe des Parteiwillens das auf den Rechtswahlvertrag anwendbare Recht oder das auf ein außervertragliches Schuldverhältnis anwendbare Recht bestimmt wird, sind dieselben Anforderungen an den Anschein der Rechtswahlvereinbarung zu stellen, wie an die Rechtswahlvereinbarung selbst.457 Voraussetzung ist darüber hinaus, dass der Rechtsschein in zurechenbarer Weise gesetzt worden ist. Dies ist unter Zugrundelegung einer objektiv normativen Betrachtungsweise zu entscheiden. Möglich ist demnach auch die Setzung eines Rechtsscheins durch einen Dritten, wie etwa einen Vertreter. Auf eine Zurechnung des Rechtsscheins entsprechend den Regeln über die Stellvertretung oder andere 457
Zum Bestimmtheitserfordernis der Rechtswahlvereinbarung siehe unten S. 227 ff.
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Zurechnungsvorschriften kommt es hingegen nicht an. Demnach ist auf der einen Seite eine weite Handhabung der Äußerungsmöglichkeiten zuzulassen, wenn auf der anderen Seite der daraus resultierenden Missbrauchsgefahr durch eine großzügige Auslegung des Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO analog begegnet wird.458 Es genügt mithin eine einseitige Erklärung einer Vertragspartei zur Bestimmung des Rechtswahlstatuts.459 b. Einschränkungen durch das Aufenthaltsstatut nach Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO analog Die Ermöglichung der einseitigen Bestimmung des auf die Rechtswahlvereinbarung anwendbaren Rechts führt dazu, dass dem Schweigen des anderen Vertragsteils auf eine entsprechende einseitige Äußerung besonderes Augenmerk gewidmet werden muss. In den unterschiedlichen staatlichen Rechtsordnungen divergieren die Ansichten, inwieweit Schweigen Erklärungswert zukommt.460 Vor diesem Hintergrund ist eine nähere Untersuchung des Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO geboten, um zu klären unter welchen Voraussetzungen sich eine Partei auf das Recht ihres gewöhnlichen Aufenthalts berufen kann und auf diese Weise das Zustandekommen einer Rechtswahlvereinbarung, die lediglich auf einer einseitigen Erklärung beruht, zu verhindern. aa. Anwendungsbereich Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO setzt voraus, dass eine Partei dem Vertragsschluss nicht zugestimmt habe. Mit dieser Formulierung wird der Anwendungsbereich der Norm umschrieben, die folglich nur den Vertragsschluss, d.h. das Zustandekommen des Vertrages zum Regelungsgegenstand hat und nicht auch dessen Wirksamkeit.461 Insoweit betrifft Art. 10 Abs. 2 Rom IVO nur einen Teil des Rechtswahlstatuts, das aufgrund der Akzessorietät von Rechtswahlstatut und Vertragsstatut nicht zu einer Rechtszersplitterung führt, sondern infolge des Fehlens einer Rechtswahlvereinbarung auf 458 a.A Freitag, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 10 Rom I-VO Rn. 3 für eine enge Auslegung. 459 v. Bar, IPR, Bd. 2 Rn. 535. Selbst bloße Absichtserklärungen (sog. letter of intent), denen zunächst keine rechtliche Bindungswirkung beizumessen ist, wird man als ausreichend ansehen können. 460 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 10 Rom I-VO Rn. 9. 461 BGHZ 135, 124, 137; BGH NJW 1997, 1697, 1700; Giuliano/Lagarde, Bericht über das Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, BT-Drucks. 10/503, S. 36, 60; Baumert, RIW 1997, 805, 807; Hohloch, JuS 1997, 943, 945; Hausmann, in: Staudinger, Art. 10 Rom I-VO Rn. 57 ff.; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 31 EGBGB Rn. 31; Looschelder, IPR, Art 31 EGBGB Rn 20; Mankowski, IPRax 1991, 305, 312; siehe auch bereits oben S.150 ff.
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die objektiven Anknüpfungen der Rom II-VO zurückzugreifen ist. Wie eingangs erwähnt liegt der Hauptanwendungsfall des Art. 10 Rom I-VO, auch im Hinblick auf den wirksamen Abschluss von Rechtswahlvereinbarungen,462 in dem Schweigen auf ein Vertragsangebot, das nach einem anderen Recht als dem Heimatrecht als Zustimmung gewertet wird.463 bb. Gewöhnlicher Aufenthalt Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO erlangt vordergründig bei Distanzgeschäften an Bedeutung.464 Die Vorschrift führt als Billigkeitsnorm zu einer kumulativen Anwendung des Aufenthaltsstatuts.465 Sie wird nur relevant, wenn das Aufenthaltsstatut nicht mit dem Vertragsstatut identisch ist.466 Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts entspricht allgemeinen international privatrechtlichen Grundsätzen und ist in Art. 19 Rom I-VO (Art. 23 Rom II-VO) teilweise legaldefiniert.467 Für Personenzusammenschlüsse ist danach auf ihre Hauptniederlassung abzustellen.468 Bei natürlichen Personen kommt es darauf an, ob ihre berufliche oder nicht berufliche Tätigkeit betroffen ist. In ersterem Fall ist gleichsam auf den Ort der Hauptniederlassung abzustellen.469 In letzterem Fall ist nach den allgemeinen Regeln des IPR auf den Ort abzustellen, an dem der Betroffene seinen Lebensmittelpunkt hat, d.h. sich tatsächlich und nicht nur vorübergehend aufhält.470 Berücksichtigung findet insbesondere das Kriterium der sozialen Integration, wonach 462 So die Regelung des Art. 3 Abs. 5 Rom I-VO für das Rechtswahlstatut im Rahmen des internationalen Schuldvertragsrecht nach der Rom I-VO. 463 Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 271 f.; Hausmann, in: Staudinger, Art. 10 Rom I-VO Rn. 2, 54; Spellenberg, in: MünchKomm, Art. 10 Rom I-VO Rn. 282; Kling, Sprachrisiken im Privatrechtsverkehr, S.110; Giuliano/Lagarde, Bericht über das Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, BT-Drucks. 10/503, S. 36, 60. 464 So im Ergebnis auch Hausmann, in: Staudinger, Art. 10 Rom I-VO Rn. 43. 465 Spellenberg, in: MünchKomm, Art. 10 Rom I-VO Rn. 211; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 10 Rom I-VO Rn. 9; Hausmann, in: Staudinger, Art. 10 Rom I-VO Rn. 21. 466 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 10 Rom I-VO Rn. 10; vgl. hierzu z.B. BGHZ 78, 293; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 5 Rn. 72 ff.; Kropholler, IPR, S. 281; Baetge, IPRax 2001, 573. 467 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 10 Rom I-VO Rn. 10. 468 Magnus, in: Staudinger, Art. 19 Rom I-VO Rn. 10; Thorn, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 19 Rom I-VO Rn. 9; Martiny, in: MünchKomm, Art. 19 Rom I-VO Rn. 10. 469 Thorn, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 19 Rom I-VO Rn. 11; Magnus, in: Staudinger, Art. 19 Rom I-VO Rn. 14; Martiny, in: MünchKomm, Art. 19 Rom I-VO Rn. 10. 470 Sonnenberger, in: MünchKomm, Einl. IPR Rn. 720 f.; Martiny, in: MünchKomm, Art. 19 Rom I-VO Rn. 11; Garcimartín Alférez, EuLF 2008, I-61, I-69; Ofner, ZfRV 2008, 13, 16.
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derjenige Ort maßgeblich sein soll, an dem die stärkeren familiären, sozialen und beruflichen Bindungen bestehen als zu anderen Orten.471 cc. Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung nach dem gewählten Recht Weiterhin ist die Anwendung des Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO nur dann erforderlich, wenn die Rechtswahlvereinbarung nach dem gewählten Recht tatsächlich wirksam zustandegekommen ist.472 Andernfalls ist eine Berufung auf das Heimatrecht überflüssig.473 dd. Rechtfertigung der Abweichung vom gewählten Recht Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO spricht ferner davon, dass sich aus den Umständen des Falles ergeben muss, dass es nicht gerechtfertigt ist, auf das Vertragsstatut abzustellen. An dieser Voraussetzung wird der normative Charakter der Vorschrift deutlich.474 Erforderlich ist die Durchführung einer umfassenden Interessensabwägung.475 Besondere Relevanz kommt in diesem Zusammenhang der Schutzbedürftigkeit des Vertrauens des Rechtswahlgegners zu.476 Daran kann es fehlen, wenn die Partei damit rechnen musste, dass ihr Verhalten als Willenserklärung aufgefasst wird, wobei ein objektiver Maßstab zugrundzulegen ist.477 Allein die fehlende positive Kenntnis von dem Erklärungswert seines Verhaltens (als Annahmeerklärung) genügt für eine Berufung auf das Heimatrecht nicht.478 Unter wertender Betrachtung kann eine Interessensabwägung zugunsten des Rechtswahlgegners ausfallen, wenn die Rechtswahlofferte aus dem Ausland zugeht, da man sein Verhalten grundsätzlich nicht am Maßstab des auslän471 BGHZ FamRZ 1981, 135 m. Anm. Schlosshauer-Selbach, S. 536 ff.; BGH IPRax 1994, 131 m. Anm. v. Bar, S. 100 ff.; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 5 Rn. 75; Magnus, in: Staudinger, Art. 19 Rom I-VO Rn. 31; Sonnenberger, in: MünchKomm, Einl. IPR Rn. 720 f. 472 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 10 Rom I-VO Rn. 9. 473 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 10 Rom I-VO Rn. 9. 474 Vgl OLG Köln RIW 1996, 778; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 10 Rom I-VO Rn. 9; Thorn, in: Palandt, Art. 10 Rom I-VO Rn. 4; Maxl IPRax 1989, 398, 399 zum autonomen österreichischen Recht. 475 Hausmann, in: Staudinger, Art. 10 Rom I-VO Rn. 61 ff.; Mankowski RIW 1996, 382, 383 f; Hohloch, in: Erman, Art 31 EGBGB Rn. 16; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 10 Rom I-VO Rn. 9. 476 Fischer, Verkehrsschutz im Internationalen Vertragsrecht, S. 335 ff., 337; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 10 Rom I-VO Rn. 9. 477 BGHZ 57, 72, 77; Spellenberg, in: MünchKomm, Art. 10 Rom I-VO Rn. 256; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 10 Rom I-VO Rn. 9. 478 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 10 Rom I-VO Rn. 12; Hausmann, in: Staudinger, Art. 10 Rom I-VO Rn. 64; Fischer, Verkehrsschutz im Internationalen Vertragsrecht, S. 314 ff.; Spellenberg, in: MünchKomm, Art. 10 Rom I-VO Rn. 252.
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dischen Rechts messen muss.479 An einem „schutzwürdigen Vertrauen“ fehlt es demgegenüber im Rahmen laufender Geschäftsbeziehungen, wenn die Parteien das außervertragliche Schuldverhältnis stets demselben Recht unterstellen oder im Rahmen früherer Kontakte unterstellt haben sowie beispielsweise bei offenkundigen Gepflogenheiten im Handelsverkehr.480 Allein die Kenntnis, dass ausländisches Recht auf das außervertragliche Schuldverhältnis oder den Vertrag anzuwenden ist, begründet indes nicht den Ausschluss des Vetorechts nach Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO. ee. Verteidigungslast des Rechtswahlgegners: Berufung auf das Aufenthaltsrecht Der Rechtswahlgegner muss sich darauf berufen, dass er dem Vertrag nicht zugestimmt habe. Wie eingangs erwähnt, sind hieran keine strengen Anforderungen zu stellen. Möglich ist auch ein konkludenter Widerspruch, „indem z.B. eine Partei (vor allem in rechtlicher Hinsicht) bestreitet, dass ihr Verhalten als Zustimmung gewertet werden könne, und sich dabei auf Rechtsgrundsätze ihres Aufenthaltsrechts beruft.“481 Das Vetorecht hat mithin den Charakter einer Einrede.482 In zeitlicher Hinsicht muss der Rechtswahlgegner widersprechen, sobald erstmalig über die Frage nach dem anwendbaren Recht gesprochen wird. ff. Reichweite des Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO Denkbar ist, dass das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts weitergehende Lösungsrechte, d.h. zum Beispiel Widerrufsrechte, vorsieht als das gewählte Recht. In diesem Fall stellt sich die Frage, ob der Rechtswahlgegner zur Ausübung jener Rechte berechtigt ist, um das wirksame Zustandekommen der Rechtswahlvereinbarung zu verhindern.483 Dagegen wird angeführt, dass es an der Unzumutbarkeit fehle, wenn sich eine Partei bereits nach dem Recht der lex causae vom Vertrag lösen kann.484 Dafür spreche indes 479
v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 31 EGBGB Rn. 38; Hausmann, in: Staudinger, Art. 10 Rom I-VO Rn. 71; demgegenüber wird eine Berufung auf Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO abgelehnt, wenn der Rechtswahlgegner selbst eine rechtsgeschäftliche Erklärung ins Ausland geschickt hat, vgl. W. Lorenz, IPRax 1987, 269, 274 Fn. 52; Leible, in: AnwK-BGB, Art. 31 EGBGB Rn. 31; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 10 Rom I-VO Rn. 9. 480 OLG Hamburg RIW 1997, 70; Hausmann, in: Staudinger, Art. 10 Rom I-VO Rn. 73 ff.; Lagarde, rev.crit.dr.int.priv. 1991, 287, 327; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 10 Rom I-VO Rn. 9; v. Hoffmann, in: Soergel, Art 31 EGBGB Rn 43–46. 481 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 13 f. 482 Spellenberg, in: MünchKomm, Art. 10 Rom I-VO Rn. 232; Kost Konsensprobleme im Internationalen Schuldrecht, S. 147 f; Leible, in: AnwK-BGB, Art. 31 EGBGB Rn. 28; Looschelders, IPR, Art 31 EGBGB Rn 18. 483 Freitag, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 10 Rom I-VO Rn. 18. 484 Spellenberg, in: MünchKomm, Art. 10 Rom I-VO Rn. 224.
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der Wortlaut, der nur das Fehlen der Zustimmung nach dem Heimatrecht „bei gleichzeitiger Qualifikation ihres Verhaltens als Zustimmung durch das Vertragsstatut“ zur Voraussetzung hat.485 Wie eingangs erwähnt wurde betrifft Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO lediglich die Frage nach dem Zustandekommen des (Rechtswahl-)Vertrages. Ordnet man demgegenüber die Behandlung von Willensmängeln der Wirksamkeit des Rechtswahlvertrages zu, wird die Problematik bereits infolge ihres nahezu fehlenden Anwendungsbereichs entschärft. Ausnahmsweise ist aber beispielsweise eine Anfechtung zuzulassen, wenn das Heimatrecht die Fallgestaltung des fehlenden Erklärungsbewusstseins auf diese Weise regelt. Schließlich geht es im Rahmen von Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO um das fehlende Erklärungsbewusstsein, welches zum Tatbestand einer Willenserklärung und mithin zur „Zustimmung“ zum Abschluss der Rechtswahlvereinbarung zählt. Freilich muss der Anfechtungsgegner dann auch die Rechtsfolgen nach seinem Heimatrecht, wie etwa eine Schadensersatzpflicht, in Kauf nehmen. gg. Zwischenergebnis Es ist somit als ausreichend anzusehen, wenn eine Partei den Anschein bzw. Rechtsschein einer Rechtswahlvereinbarung in zurechenbarer Weise gesetzt hat. Die Vorschrift des Art. 10 Abs. 2 Rom II-VO grenzt die Möglichkeit eines Rechtswahlmissbrauchs im Hinblick auf das Zustandekommen der Rechtswahlvereinbarung in angemessener Weise ein und hindert mithin die „Münchhausentheorie“ an einer ausufernden Anwendung. Die Voraussetzungen des Art. 10 Abs. 2 Rom II-VO können vom Rechtswahlgegner grundsätzlich einfach bewiesen werden. Die Interessensabwägung und Äußerungsobliegenheit schafft dabei die erforderliche Flexibilität und Einzelfallgerechtigkeit in dem Labyrinth ausländischer Rechtsordnungen. Durch die Übertragung der Äußerungsobliegenheit auf den Rechtswahlgegner wird dem Richter im Interesse eines zügigen Verfahrens schließlich die Ermittlung mehrerer unterschiedlicher Rechtsordnungen vereinfacht. Insbesondere wird es dem Rechtswahlgegner bzw. dessen Prozessvertreter leichter fallen, das Ergebnis des anwendbaren Heimatrechts zu ermitteln, als dem mit der Sache befassten Richter. Die analoge Anwendung des Art. 3 Abs. 5, 10 Rom I-VO führt mithin auch für das Rechtswahlstatut im Rahmen des Rechtswahlvertrages nach Art. 14 Rom II-VO zu sachgerechten Ergebnissen. c. Rechtswahlstatut bei widersprechenden Rechtswahlklauseln Folgt man der herrschenden Meinung, dass die einseitige Hervorrufung eines Rechtsscheins für das Vorliegen einer Rechtswahl als Anknüpfungs485
Freitag, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 10 Rom I-VO Rn. 18.
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moment des Rechtswahlstatuts ausreichend ist, ermöglicht dies das Vorliegen zwei sich widersprechender Rechtswahlklauseln und mithin das Vorliegen zweier Rechtscheine. Haben beide Parteien den Anschein für die Wahl einer anderen Rechtsordnung gesetzt, stößt das Anknüpfungsmoment des Rechtswahlstatuts an seine Grenzen, weil sich das „gewählte Recht“ nicht mit hinreichender Sicherheit ermitteln lässt. Das Vorliegen widersprechender Rechtswahlklauseln scheint auf den ersten Blick nur von geringer praktischer Relevanz zu sein. Der Anschein trügt jedoch, wenn man berücksichtigt, dass Rechtswahlklauseln zumeist im handelsrechtlichen Verkehr gebräuchlich sind, in dem die Vertragsbedingungen in der Regel in AGB festgehalten werden. Das Vorliegen sich widersprechender AGB ist in Anbetracht dessen nicht ungewöhnlich. Die Behandlung widersprechender Rechtswahlklauseln und die alternative Ermittlung des Rechtswahlstatuts bilden vor diesem Hintergrund den Gegenstand einer lebhaften Kontroverse.486 Die Frage nach dessen rechtlicher Behandlung muss folglich entschieden werden. aa. Meinungsstand Teilweise wird behauptet, das Vorliegen einer Rechtswahlvereinbarung setze eine Einigung über das anzuwendende Recht voraus.487 Bei divergierenden Rechtswahlklauseln fehle es allerdings offenkundig an einem solchen Konsens. Daher stelle sich die Frage nach dem Anknüpfungsmoment im Rahmen des Rechtswahlstatuts schon nicht, was zugegebenermaßen insbesondere der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zuträglich ist.488 In der Folge existiere nach allgemeinen international privatrechtlichen Grundsätzen nur der Hauptvertrag oder ein außervertragliches Schuldverhältnis, dessen anwendbares Recht anhand objektiver Anknüpfungen ermittelt werden könne.489 486 487
Siehe zum Streitstand auch Dutta, ZVglRWiss 104 (2005) 461, 463 ff. AG Langenfeld NJW-RR 1998, 1524; v. Bar, IPR, Rn. 475; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 31 EGBGB Rn. 9 f.; Kost, Konsensprobleme im Internationalen Schuldrecht S. 59 f.; Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB S. 76 f.; Hausmann, in: Staudinger, Art. 10 Rom I-VO Rn. 36; Magnus, in: Staudinger, Art. 27 EGBGB Rn. 142; Stankewitsch, Entscheidungsnormen im IPR, S. 509 f.; Thorn, in: Palandt, Art. 10 Rom I-VO Rn. 4; Gamillscheg, AcP 157 (1958/1959), 303, 340; Jayme, ZHR 142 (1978), 105, 122; Hübner, NJW 1980, 2601, 2606; Schwenzer, IPRax 1988, 86, 87; Martiny, ZEuP 1997, 107, 116; ders., in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 272 f.; H. Stoll, in: FS Heini, 1995, S. 429, 436. 488 Kost, Konsensprobleme im Internationalen Schuldrecht S. 59 f.; Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB S. 77. 489 v. Bar, IPR, Rn. 475; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 31 EGBGB Rn. 9 f.; Kost, Konsensprobleme im Internationalen Schuldrecht S. 59 f.; Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB S. 76 f.; Hausmann, in: Staudinger, Art. 10 Rom I-VO
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Anderer Ansicht zufolge sei eine Einzelbetrachtung jeder Rechtswahlklausel vorzunehmen, d.h. jede Rechtswahlklausel sei separat anhand des in ihr bezeichneten Rechts auf ihr wirksames Zustandekommen hin zu überprüfen.490 Ergibt sich daraus, dass beide Rechtswahlklauseln wirksam sind, sei mangels Bestimmtheit des anwendbaren Rechts auf die objektiven Anknüpfungen zurückzugreifen.491 Dasselbe gelte, wenn beide Rechtswahlklauseln unwirksam sind. Führt hingegen eine Rechtsordnung zur Wirksamkeit der Rechtswahl und die andere zu dessen Unwirksamkeit, beurteile sich der Rechtswahlvertrag nach jener wirksamen Rechtswahlvereinbarung.492 Zur Begründung wird der Rechtsgedanke des Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO angeführt, wonach jede Klausel gesondert auf seine Wirksamkeit hin zu überprüfen sei, wenn der Anschein einer Rechtswahlvereinbarung zu unterschiedlichen Rechtsordnungen führt. Dutta schlägt demgegenüber vor zunächst zu ermitteln, zu welchem Ergebnis die Anwendung der unterschiedlich bezeichneten Rechtsordnungen führen würde.493 Kommen beide Rechtsordnungen zu demselben Ergebnis, könne die weitere Ermittlung des anwendbaren Rechts unterbleiben. Bei divergierenden Ergebnissen sei demgegenüber auf das Recht abzustellen, mit dem der Rechtswahlvertrag die engste Verbindung aufweise. Dies sei regelmäßig das auf das Hauptschuldverhältnis anwendbare Recht. Zur Begründung führt sie an, dass das Gesetz für den Fall widersprechender Kollisionsnormen keine Regelung bereithalte. Diese Lücke müsse mit dem Rechtsgedanken des Art. 3 Abs. 5, 10 Rom I-VO geschlossen werden. Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO verwirkliche dabei den Grundsatz der engsten Verbindung. Führen demnach beide Rechtswahlklauseln zu demselben Ergebnis, müsse die Frage nach der engeren Verbindung nicht geklärt werden. Andernfalls besteht die engste Verbindung zumeist zu dem Rn. 36; Stankewitsch, Entscheidungsnormen im IPR, S. 509 f.; Thorn, in: Palandt, Art. 10 Rom I-VO Rn. 4; Gamillscheg, AcP 157 (1958/1959), 303, 340; Jayme, ZHR 142 (1978), 105, 122; Hübner, NJW 1980, 2601, 2606; Schwenzer, IPRax 1988, 86, 87. 490 Meyer-Sparenberg, RIW 1989, 347, 348; Tiedemann, IPRax 1991, 424, 425; Looschelders, IPR, Art. 27 EGBGB Rn. 31; Egeler, Konsensprobleme im internationalen Schuldrecht, S. 202; Mankowski, Seerechtliche Vertragsverhältnisse im internationalen Privatrecht S. 30 f.; Sieg, RIW 1997, 811, 817; Schröder/Wenner, Internationales Vertragsrecht Rn. 61; Schwander, SZIER 8 (1998), 408, 420; Dannemann, in: Lex Mercatoria, 2000, S. 199, 200; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 174; Wengler, in: FS Lalive, 1993, S. 211, 212. 491 a.A. Wengler, in: FS Lalive, 1993, S. 211, 212, der ähnlich der Theorie des letzten Wortes auf das zuletzt gewählte Recht abstellen will; ferner Schwander, SZIER 8 (1998), 408, 420, der auf die engere Verbindung zum Hauptschuldverhältnis abstellen will. 492 Meyer-Sparenberg, RIW 1989, 347, 348; Egeler, Konsensprobleme im internationalen Schuldrecht, S. 202; Dannemann, in: Lex Mercatoria, 2000, S. 199, 200; Mankowski, Seerechtliche Vertragsverhältnisse im internationalen Privatrecht S. 30 f. 493 Dutta, ZVglRWiss 105 (2005), 461, 471 ff., 478.
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Staat, „dessen Recht nach objektiver Anknüpfung des Hauptschuldverhältnisses berufen wäre.“494 bb. Stellungnahme Wenn v. Bar explizit schreibt, dass mit der fehlenden Einigung über das anwendbare Recht „zugleich auch die Möglichkeit (und die Notwendigkeit), das Statut des Rechtswahlvertrages aufzusuchen“ entfällt, weil von vornherein nur ein sachrechtlicher Hauptvertrag vorliege“, so überspringt er gewissermaßen die Prüfung des Rechtswahlstatuts und verlagert die Frage des Zustandekommen des Rechtswahlvertrages auf die primäre kollisionsrechtliche Ebene, vorliegend also unmittelbar das Anknüpfungsmoment des Art. 14 Abs. 1 Rom II-VO. In der weit überwiegenden Anzahl der Fälle wird er mit dieser Behauptung im Ergebnis Recht behalten, weil das Fehlen einer Einigung bei zwei widersprüchlichen Rechtswahlklauseln auf der Hand liegt. Überspringt man jedoch gerade die kollisionsrechtliche Ebene des Rechtswahlstatuts und befinden sich die Rechtswahlklauseln in den AGB des jeweiligen Vertragspartners, lehnt sich diese Auffassung im Geltungsbereich des heutigen harmonisierten Kollisionsrechts zu stark an das deutsche Sachrecht an. So folgt die englische Common-LawRechtsprechung etwa der auch in Deutschland vorgeschlagenen Theorie des letzten Wortes, wonach die AGB desjenigen Vertragsteils wirksam in den Vertrag einbezogen werden, der sich zuletzt auf sie beruft.495 Demnach ist eine „Einigung“ trotz Vorliegen widersprechender Rechtswahlklauseln denkbar. Dieses Recht würde dann sowohl über das Rechtswahlstatut als auch über das auf das Hauptschuldverhältnis anzuwendende Recht entscheiden. Das Rechtswahlstatut sollte daher nicht übersprungen, sondern stets ermittelt werden. Richtigerweise ist allerdings weder der Einzelbetrachtungslehre zu folgen noch hilfsweise an die engste Verbindung anzuknüpfen. Vielmehr unterliegt das Rechtswahlstatut unmittelbar der lex causae des Hauptschuldverhältnisses. Beide Ansichten streben danach, dem Parteiwillen Geltung zu verschaffen. Die Einzelbetrachtungslehre erachtet es als ausreichend, wenn ein wirksamer Vertragsschluss zumindest nach einer genannten Rechtsordnung erfolgt. Damit wird eine Partei einseitig bevorzugt, obwohl die Äußerungen beider Parteien gleichwertig behandelt werden müssen. Kommen beide Ansichten zur Wirksamkeit des Vertrages, so soll nach Dutta das Bedürfnis für die Ermittlung der engeren Verbindung entfallen. Nicht nur im Hinblick auf die Revisibilität ausländi494 495
Dutta, ZVglRWiss 105 (2005), 461, 471, 478. Sog. „battle of forms“, vgl. Butler Machine Tool Co. V. Ex-C ell-O-Corp. (England) Ltd. [1979] 1 WLR 401; v. Bernstorff, Einführung in das englische Recht, S. 101; ähnlich auch Dutta, ZVglRWiss 104 (2005), 461, 466; vgl. auch Schmidt, NJW 2011, 3329, 3333 m.w.N. zur Rechtsprechung.
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schen Rechts,496 sondern auch im Hinblick auf die ausgesprochene Rechtsfolge des Rechtswahlstatuts erscheint dies allerdings zweifelhaft. Eine Anknüpfung an die engste Verbindung kommt schließlich auch nicht in Betracht, da auf diese Weise die Wahl eines neutralen Rechts für eine Partei nachteilig sein kann, weil sie sich gegenüber dem anderen Rechtswahlvorschlag, der ein Recht benennt, das in einem engeren Zusammenhang zu der Hauptschuldverhältnis steht, nicht durchsetzen kann. Denkbar wäre ferner, die Lösung in der schlichten Anwendung der lex fori zu suchen.497 Dagegen sprechen jedoch nicht nur die Harmonisierungszwecke der Rom I- und Rom II-VO, sondern auch die Ermöglichung des forum shopping. Als „Notlösung“ sollte daher akzessorisch an das Hauptschuldverhältnis angeknüpft werden. Dies bringt zwar auf der einen Seite den Nachteil der mangelnden Vorhersehbarkeit des anwendbaren Rechts, insbesondere im außervertraglichen Schuldrecht. Doch wird auf der anderen Seite auf diese Weise der Gleichheit beider Parteien der potentiellen Rechtswahlvereinbarung am ehesten Rechnung getragen. In aller Regel liegt bei widersprechenden Rechtswahlklauseln keine wirksame Einigung über das anwendbare Recht vor. Ob ausnahmsweise dennoch einer „Rechtswahlerklärung“ der Parteien der Vorzug zu gegeben ist, muss anhand einer „neutralen Anknüpfung“ entschieden werden. Hierfür ist nach allgemeinen international privatrechtlichen Grundsätzen bei Fehlen einer eindeutigen Rechtswahl auf die objektive Anknüpfung zurückzugreifen. Zur Beurteilung des Rechtswahlstatuts im Sinne von Art. 14 Rom II-VO sind mithin die Art. 4 ff. Rom II-VO anzuwenden.498 d. Rechtswahlstatut bei Teilrechtswahl Problematisch und fraglich ist ferner, wie das Anknüpfungsmoment des Rechtswahlstatuts im Falle der Vornahme einer Teilrechtswahl ausgestaltet ist.499 Unter der Prämisse, dass man eine Teilrechtswahl für zulässig erachtet,500 führt ihre Erklärung zu Anknüpfungsschwierigkeiten. Eine Teil496 Zur Frage, ob die Revision auf die Verletzung ausländischen Rechts gestützt werden kann, dafür Aden, RIW 2009, 475ௗff.; Hess/Hübner, NJW 2009, 3132ௗff.; Eichel, IPRax 2009, 389ௗff.; Hau, FamRZ 2009, 821, 824; dagegen BGHZ 48, 214, 216; BGH NJW 1988, 647; BGH NJW 1988, 3090, 3091; BGH NJW-RR 1996, 732; BGH NJW 1998, 1321; BGH NJW-RR 2004, 308; Sturm, JZ 2011, 74 ff.; Althammer, IPRax 2009, 381, 389; H. Roth, JZ 2009, 585, 590; Ball, in: Musielak-ZPO, § 545 ZPO Rn. 7 m.w.N. 497 Ablehnend auch Dutta, ZVglRWiss 104 (2005), 461, 464. 498 Im Ergebnis auch Freitag, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 10 Rom I-VO Rn. 15 unter Berufung auf Dutta, ZVglRWiss 104 (2005), 461, 476. 499 Gegen die Zulässigkeit einer Teilrechtswahl, vgl. Dörner, in: HK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 5. v. Hein, ZEuP 2009, 6 m.w.N. dafür Jayme, in: FS Kegel, 1987, S. 253 ff.; Jakob/Picht, Art. 14 Rom II-VO Rn. 34 m.w.N. 500 Vgl. hierzu unten S. 321 ff.
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rechtswahl ist denkbar, wenn die Parteien etwa Tatbestand und Rechtsfolge nach unterschiedlichen Rechtsordnungen beurteilen möchten, um beispielsweise die Anwendung von punitive damages zu vermeiden aber zugleich von diversen Haftungserleichterungen profitieren zu können. Fraglich ist in diesen Fällen, wie sich das auf die Rechtswahlvereinbarung anwendbare Recht bestimmt. Grundsätzlich ist hier ebenfalls eine Anknüpfung an Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO denkbar, da auch eine Teilrechtswahlvereinbarung im Rahmen eines selbstständigen Vertrages abgeschlossen wird, über dessen Zustandekommen und Wirksamkeit das gewählte Recht entscheiden könnte. Dafür spricht auch die Regelung des Art. 3 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO, die eine Teilrechtswahl ausdrücklich vorsieht und in Art. 3 Abs. 5 Rom I-VO gleichwohl keine Erwähnung erfährt. Von diesem Grundsatz ist indes eine Ausnahme zuzulassen.501 Die Anerkennung der Möglichkeit der Teilrechtswahl birgt das erhöhte Risiko, dass die Parteiautonomie missbräuchlich verwendet wird, um zwingende sachrechtliche Vorschriften zu umgehen oder um den anderen Vertragsteil von einer Rechtsverfolgung abzuhalten. Die Maßstäbe für die Annahme der Missbräuchlichkeit sollten dabei einem neutralen Sachrecht entnommen werden, das im Fall der mehrfachen Teilrechtswahl eine einheitliche Betrachtung ermöglicht. Im Einklang mit den Ausführungen zur Behandlung widersprechender Rechtswahlklauseln ist im Interesse der Rechtssicherheit indes nicht auf das Sachrecht der lex fori abzustellen, sondern auch hier die Lösung in der objektiven Anknüpfung zu suchen. Das Rechtswahlstatut beurteilt sich für diesen Fall mithin akzessorisch an dem nach objektiver Anknüpfung anzuwendenden Sachrecht. Im Übrigen ist auf Art. 3 Abs. 5, 10 Rom I-VO analog zurückzugreifen. e. Zwischenergebnis Auf die Rechtswahlvereinbarung nach Art. 14 Rom II-VO findet gem. Art. 3 Abs. 5, 10 Rom I-VO analog das gewählte Recht Anwendung. Der Rechtswahl kommt folglich eine Vorwirkung zu. Es genügt die einseitige Offerte einer Vertragspartei zum Abschluss des Rechtswahlvertrages, um das wirksame Zustandekommen der Rechtswahlvereinbarung anhand jenes Rechts festzustellen. Einschränkungen hinsichtlich des Zustandekommens können sich aus Art. 10 Abs. 2 Rom II-VO ergeben, sofern einem Schweigen in der Rechtsordnung des Rechtswahlgegners, in der er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, keinen Erklärungswert beigemessen wird. Liegen zwei sich widersprechende Offerten für den Abschluss einer Rechtswahlvereinbarung vor, ist das Rechtswahlstatut und die Behandlung dieses 501 Vgl. auch Heiss, RabelsZ 65 (2001), 634, 637 der sich für weitere Ausnahmen ausspricht.
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Widerspruchs anhand der Rechtsordnung zu ermitteln, die nach der objektiven Anknüpfung anzuwenden ist. II. Zustandekommen des Rechtswahlvertrages Das Anknüpfungsmoment der subjektiven Kollisionsnorm liegt gleichwohl in dem geäußerten übereinstimmenden Parteiwillen. Über das Zustandekommen und die Wirksamkeit des Rechtswahlvertrages entscheidet das gewählte Recht. Anhand dessen sind demnach die Voraussetzungen, die für die Beurteilung des Zustandekommens und der Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung einzuhalten sind, zu ermitteln. Die Voraussetzungen sind demnach abhängig von dem jeweils anwendbaren Sachrecht, sodass eine nähere Auseinandersetzung mit den Voraussetzungen hier nicht möglich ist. Einerseits sieht die Rom II-VO jedoch selbst autonome Voraussetzungen vor, die von den Parteien eingehalten werden müssen und mithin grenzüberschreitende Wirkung entfalten. Andererseits besteht in staatlichen Rechtsordnungen ein Konsens über die Grundbedingungen für einen wirksamen Vertragsschluss. 1. Voraussetzungen a. Einigung Wie jeder andere Vertragsschluss setzt eine wirksame Rechtswahl eine Einigung der Parteien voraus. Den Parteien kommt hierbei eine grundsätzliche Gestaltungsfreiheit zu.502 Sie findet allerdings ihre Schranken in den autonomen Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 1 Rom II-VO sowie den durch Art. 10 Abs. 1 Rom I-VO auch auf kollisionsrechtlicher Ebene für anwendbar erklärten sachrechtlichen Vorschriften. Nach dem vom EuGH in ständiger Rechtsprechung postulierten Grundsatz der autonomen Auslegung bleibt für einen Rückgriff auf die lex fori oder lex causae nur Raum, wenn der jeweilige europäische Rechtsakt eine solche Auslegung zulässt.503 Dies ist im Einzelfall denkbar, wenn eine autonome Auslegung an ihre Grenzen stoßen würde504, weil eine Grundlage für eine europäisch autonome fehlt, sie zu einem Zirkelschluss führt, eine einheitliche Begriffsbildung nicht mit dem Zweck des Begriffs in Einklang zu bringen ist oder wenn der Rückgriff auf das nationale Recht ausdrücklich vorgesehen ist.505 Vorliegend ist zur Beurteilung des Zustandekommens des Rechtswahlvertrages nur unter diesen Bedingungen auf eine analoge Anwendung des 502 503 504 505
Vgl. zu den Funktionen der Parteiautonomie oben S. 2 ff. Siehe hierzu bereits oben S. 50 f. Vgl. hierzu beispielsweise Vogeler, VersR 2011, 588, 591 f. EuGH, Rs. C-125/92, Mulox, Slg. 1992 I-4075 Rn. 10; EuGH, Rs. C-440/97, GIE Group Concorde u.a., Slg. 1999 I-6307 Rn. 11; Hess, IPRax 2006, 348, 352.
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Art. 10 Abs. 1 Rom I-VO, d.h. auf das gewählte Recht, zurückzugreifen.506 Der Grundsatz der autonomen Auslegung bleibt im Übrigen unberührt. Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO sowie Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO stellen mit der Einräumung einer ausdrücklichen oder konkludenten Rechtswahlmöglichkeit sowie für die Vornahme einer antizipierten Rechtswahl, wonach die Vereinbarung von kommerziell tätigen Parteien frei ausgehandelt werden muss, eben solche autonom auszulegende Voraussetzungen auf.507 Für die weiteren Voraussetzungen muss grundsätzlich auf das gewählte Recht abgestellt werden.508 Im Rahmen des Zustandekommens der Rechtswahlvereinbarung geht es dabei insbesondere um Fragen nach dem Tatbestand einer Willenserklärung, d.h. das Vorliegen einer wirksamen Angebots- und Annahmeerklärung, ihre Abgabe und ihr Zugang bei der anderen Partei, das Fehlen von Einigungsmängeln, die Lösung eines Dissens sowie die Umdeutung von Rechtswahlerklärungen.509 Ferner sind auch Fragen nach einer wirksamen Bedingung und Befristung einer Rechtswahlvereinbarung grundsätzlich nach dem gewählten Recht zu beurteilen.510 Nachfolgend soll zunächst der Versuch unternommen werden, die autonom auszulegenden Voraussetzungen inhaltlich zu konkretisieren sowie mit ihnen zusammenhängende Fragestellungen zu erörtern bevor auf etwaige zu beachtende Besonderheiten im Rahmen der analogen Anwendung des Art. 10 Abs. 1 Rom I-VO im Hinblick auf das Zustandekommen der Rechtswahlvereinbarung eingegangen wird. b. Ausdrückliche und konkludente Einigung Der Abschluss einer Rechtswahlvereinbarung nach Art. 14 Rom II-VO setzt unabhängig von der jeweils anwendbaren Rechtsordnung voraus, dass sich die Parteien über die Anwendung eines Rechts auf ein (hinreichend) bestimmtes außervertragliches Schuldverhältnis geeinigt haben. Art. 14 506 507
Siehe hierzu bereits oben S. 146 ff. Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 27; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; ders., in: FS Kropholler, 2008, S. 671, 683; Leible, RIW 2008, 257, 260 Fn. 54; Sonnentag, ZVglRWiss 105 (2006), 256, 278; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Ch. 13 Rn. 13 ff.; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.35 ff. 508 Vgl. Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 171; Dörner, in: HK-BGB Art. 14 Rom II-VO Rn. 3 ff. 509 RGZ 95, 164 ff.; OLG München, WM 1988, 1408; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; v. Bar, IPR, Bd. 2 Rn. 536. Vgl. hierzu bereits die Ausführungen zur Abgrenzung von Zustandekommen und Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung oben S. 140 ff. 510 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 31 EGBGB Rn. 16; a.A. Magnus, in: Staudinger, Art. 10 Rom I-VO Rn. 15; Meyer-Sparenberg, RIW 1989, 347, 349; Mankowski, RIW 1996, 382, 387.
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Rom II-VO lässt sowohl eine ausdrückliche als auch eine konkludente Einigung zu. 511 Erforderlich ist für die Annahme einer konkludenten Rechtswahl, dass sie sich mit hinreichender Sicherheit aus den Umständen des Falles ergibt.512 Ihre Voraussetzungen sind autonom auszulegen, d.h. ohne Rückgriff auf sachrechtliche Regelungen inhaltlich zu konkretisieren.513 aa. Auslegung der Einigungserklärungen Davon zu trennen ist die Frage, nach welchem Recht sich die Maßstäbe der Auslegung ausdrücklicher oder konkludenter Rechtswahlerklärungen richten.514 Die Frage ist streitig. Sie wird insbesondere dann relevant, wenn Inhalt und Umfang der Rechtswahlvereinbarung nicht ohne weiteres eindeutig sind.515 Besonders im Rahmen der konkludenten Rechtswahl spielt die Auslegung des Parteiverhaltens eine große Rolle.516 Seit Geltung des EVÜ plädiert ein Teil der Literatur bis heute für die Bildung autonomer Maßstä511 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 29; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 70 ff.; Dörner, in: HK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; Kadner Graziano, in: The Rome II Regulation, S. 113, 121 f.; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.21; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 6; Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 6; Bach, in: Huber, Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 11. 512 Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; Bach, in: Huber, Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 11; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 29; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 70 ff.; Dörner, in: HK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.21; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 6; Kadner Graziano, in: The Rome II Regulation, S. 113, 121 f.; Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 6. 513 Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 27; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 6; Rushworth/Scott, L.M.C.L.Q. 2008, 274, 291 ff.; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 20; Leible, RIW 2008, 258, 260. 514 Hierzu ausführlich BGH NJW-RR 2000, 1002 ff.; BGH WM 2009, 245, 246 Tz. 18; Leible, in: AnwK-BGB, Art. 27 EGBGB Rn. 45; Jayme, in: FS W. Lorenz, 1991, S. 435, 438; Dicey/Morris/Collins, Conflict of Laws, Vol. 2 Rn. 32-079; E. Lorenz, RIW 1992, 697, 699 f.; Looschelders, Art. 27 EGBGB Rn. 16; zu den Rom-VOen Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 66; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 114; ders., in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 44; Mankowski, EWiR Art. 27 EGBGB 1/2000, 967, 968.; ders., in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, S. 63, 64; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 9; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 34; ders., IPR, § 10 Rn. 31; Lando, RabelsZ 38 (1974), 388, 391; Hohloch/Kjelland, IPRax 2002, 30, 31; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO 28; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 10 Rom I-VO Rn. 4; v. Bar, IPR, Bd. 2 Rn. 460. 515 Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 66; vgl. zum Beispiel BGH JZ 2000, 1120 mit Aufs. Sandrock, JZ 2000,1118 ff. 516 Vgl. die Ausführungen zu den Indizien für eine schlüssige Rechtswahlerklärung S. 198 ff.
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be.517 Teilweise wird indes auch eine Anwendung der Auslegungsgrundsätze der lex fori518 oder der lex causae 519 vorgeschlagen. Jener Streit ist aus dem Blickwinkel des geltenden Rechts antiquiert. Erstens führte die Frage nach der richtigen Auslegung der Erklärungen in der Praxis bislang kaum zu unterschiedlichen Ergebnissen.520 Zweitens findet sich in Art. 12 Abs. 1 lit. a Rom I-VO die Regelung, dass das Vertragsstatut über die Auslegung entscheidet.521 Vor diesem Hintergrund spielt es keine Rolle, ob man Art. 10 Abs. 1 Rom I-VO für die Frage nach der Auslegung für anwendbar hält.522 Ebenso wie Art. 15 Rom II-VO ist Art. 12 Abs. 1 lit. a Rom I-VO als Auslegungsregel zu begreifen.523 Auch wenn die Rom IVO auf Rechtswahlvereinbarungen nicht unmittelbar anwendbar ist, gibt sie, insbesondere auch aufgrund der Regelung in Erwägungsgrund 7 der Rom II-VO in Art. 12 lit. a Rom I-VO einen klaren Hinweis auf die sachrechtliche Reichweite der Erklärungen der Parteien. Vor dem Hintergrund, dass es sich bei dem Rechtswahlvertrag nicht um einen Prozessvertrag,524 sondern um eine materiell-rechtliche Vereinbarung handelt, über deren wirksames Zustandekommen die lex causae, d.h. das gewählte Recht entscheidet, ist es sinnvoll, dass über die Auslegung dieser materiell-rechtlichen Vorschriften dieselbe lex causae entscheidet. Wie etwa im Recht der 517 Zum EVÜ Leible, in: AnwK-BGB, Art. 27 EGBGB Rn. 45; Mankowski, EWiR Art. 27 EGBGB 1/2000, 967, 968.; Jayme, in: FS W. Lorenz, 1991, S. 435, 438; Dicey/Morris/Collins, Conflict of Laws,Vol. 2 Rn. 32-080; E. Lorenz, RIW 1992, 697, 699 f.; Looschelders, Art. 27 EGBGB Rn. 16; zu den Rom-VOen Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 66; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 114; Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, S. 63, 64; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 9. 518 Zum EVÜ v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 34; ders., IPR, § 10 Rn. 31; Lando, RabelsZ 38 (1974), 388, 391; zur Rom I-VO Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 44; Hohloch/Kjelland, IPRax 2002, 30, 31; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO 28. Argumentativ wird angeführt, dass bei zwei in Betracht kommenden Rechtsordnungen nur über die lex fori eindeutige Auslegungsmaßstäbe erzielt werden können. 519 Vgl. Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 10 Rom I-VO Rn. 4; zum deutschen IPR vgl. v. Bar, IPR, Bd. 2 Rn. 460; E. Lorenz, RIW 1992, 697, 698 ff. 520 Im Ergebnis ebenso Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 10 Rom I-VO Rn. 4; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 9; Leible, in: AnwK-BGB, Art. 27 EGBGB Rn. 44. 521 Ebenso Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 10 Rom I-VO Rn. 4; a.A. v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 9, der aus dem fehlenden Verweis in Art. 3 Abs. 5 Rom I-VO den Umkehrschluss zieht, dass der Gedanke des Art. 12 lit. a Rom I-VO nicht zum Tragen kommen solle. 522 Dagegen Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 66; a.A. Thorn, in: Palandt, Art. 10 Rom I-VO Rn. 3. 523 Siehe oben S.135 f. 524 Vgl. bereits oben S. 69 f.
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AGB sind die Vorschriften des Sachrechts und die diesbezüglichen Auslegungsgrundsätze häufig aufeinander abgestimmt. Die Anwendung einer von der lex causae abweichenden Rechtsordnung würde daher nicht nur die Rechtsermittlung unnötig verkomplizieren, insbesondere fehleranfällig und teurer machen, sondern auch eine einheitliche Rechtsordnung wider den dargelegten Grundsätzen zur Teilrechtswahl525 künstlich aufspalten. bb. Ausdrückliche Einigung (1) Allgemeine Anforderungen Wie eingangs erwähnt unterliegt die Frage, wann eine ausdrückliche Einigung angenommen werden, einer autonomen Auslegung.526 Sie ist anzunehmen, wenn die Erklärungen mit gesprochenen oder geschriebenen Worten ausgedrückt werden.527 (2) Zustandekommen einer nachträglichen Rechtswahl in AGB Im Internationalen Vertragsrecht wird eine ausdrückliche Rechtswahlvereinbarung zumeist antizipiert in Allgemeinen Geschäftsbedingungen abgeschlossen. Eine nachträgliche Rechtswahlvereinbarung findet in AGB demgegenüber nur selten statt. Diese Entwicklung wird sich voraussichtlich auch im außervertraglichen Schuldrecht abzeichnen, vorausgesetzt eine solche Rechtswahlvereinbarung ist zulässig. Denkbar ist die Verwendung von Formularverträgen etwa im Rahmen von „Vergleichs- und Abfindungserklärungen.“528 Im Handelsverkehr oder im Internet wird man sich demgegenüber kaum nachträglich über eine Rechtswahl durch die Verwendung von AGB einigen. Zumeist werden die Parteien hier individualvertraglich tätig. Dogmatisch und inhaltlich ist bei der Untersuchung der Rechtswahlmöglichkeit in AGB insbesondere im außervertraglichen Internationalen Schuldrecht zwischen der antizipierten und nachträglichen Rechtswahl zu
525 526
Vgl. hierzu unten S. 321 ff. Dies wirkt sich im Hinblick auf die Bestimmung der „Ausdrücklichkeit“ einer Einigung nicht aus, da jene Voraussetzungen rechtsvergleichend wohl weitgehend identisch ausgelegt werden. 527 Medicus, BGB AT Rn. 334 zum deutschen Begriff, der auch unter europäisch autonomer Auslegung zutreffend und mithin übertragbar ist. 528 Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; Leible, RIW 2008, 257, 260.
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unterscheiden.529 An dieser Stelle soll zunächst nur die Möglichkeit der nachträglichen Rechtswahl untersucht werden.530 (a) Zulässigkeit einer nachträglichen Rechtswahl in AGB Der Wortlaut des Art. 14 Abs. 1 lit. a Rom II-VO scheint dem Abschluss einer nachträglichen Rechtswahlvereinbarung in AGB nicht entgegenzustehen. Im Vergleich zur antizipierten Rechtswahlvereinbarung fehlt nämlich eine dem Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO entsprechende Bestimmung, wonach die Rechtswahlvereinbarung frei ausgehandelt werden muss.531 Dieses Kriterium wird überwiegend dahingehend ausgelegt, dass der Abschluss einer antizipierten Rechtswahlvereinbarung in AGB ausgeschlossen sei.532 Für Art. 14 Abs. 1 lit. a Rom II-VO genügt demgegenüber eine bloße Vereinbarung der Parteien. In der Literatur wird jedoch teilweise vorgeschlagen, das Erfordernis der frei ausgehandelten Vereinbarung auch auf die nachträgliche Rechtswahlmöglichkeit zu erstrecken.533 Es sei als widersprüchlich anzusehen, wenn kommerziell tätige Parteien eine Rechtswahlvereinbarung frei aushandeln müssen, während nicht kommerziell tätige Parteien, wie etwa Verbraucher, eine Rechtswahlvereinbarung treffen dürften.534 Richtig ist, dass der kommerziell Tätige von seiner Geschäftserfahrenheit profitieren kann und daher grundsätzlich weniger schutzbedürftig ist.535 Ein innerer Widerspruch des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO zu Art. 14 Abs. 1 lit. a Rom II-VO ist dennoch nicht zu erkennen. Geht man 529 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 28; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 5 ff.; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 17 ff.; Bach, in: Huber, The Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 22 ff. 530 Die Möglichkeit einer antizipierten Rechtswahlvereinbarung in AGB wird aufgrund des engeren Zusammenhangs zu den Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO dort behandelt, siehe hierzu unten S. 273 ff. 531 Ob hierin ein Ausschluss der antizipierten Rechtswahl in AGB zu sehen ist, ist streitig. Vgl. hierzu im Einzelnen unten S. 271 ff. 532 Vgl. hierzu unten S. 273 ff. sowie etwa Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; Leible, RIW 2008, 257, 260; Mankowski, IPRax 2010, 389, 400; de lima Pinheiro, riv.dir.int.priv.proc. 2008, 1, 5, 12; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; Hay, EuLF 2007, I-137; Rushwort/Scott, L.M.C.L.Q. 2008, 274, 293; Garcimartín Alférez, EuLF 2007, I-77, I-82; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 20; ders., RabelsZ 73 (2009), 461, 487; Sujecki, EWS 2009, 310, 313; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 11; Rugullis, IPRax 2008, 319, 322; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.37 ff.; Dörner, in: HK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 3; scheinbar auch Pfütze, ZEuS 2011, 35, 66 f.; Symeonides, NIPR 2010, 191, 121. 533 Statt aller Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 34; Symeonides, NIPR 2010, 191, 121. 534 Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 34; Pfütze, ZEuS 2011, 35, 67. 535 Siehe zu den Interessenkonflikten bei Vornahme einer antizipierten Rechtswahl die Ausführungen unten S. 230 ff.
§ 6 Das Anknüpfungsmoment des Art. 14 Rom II-VO
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davon aus, dass mit der Regelung des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO eine antizipierte Rechtswahlvereinbarung in AGB ausgeschlossen werden sollte, gilt dies freilich nicht nur für kommerziell tätige Parteien, sondern auch für Verbraucher.536 Im Hinblick auf eine nachträgliche Rechtswahlvereinbarung können sowohl kommerziell tätige als auch nicht kommerziell tätige Parteien eine entsprechende Vereinbarung treffen.537 Dies ist auf die fehlende zeitliche „Überrumpelungssituation“ und die fehlende praktische Relevanz der nachträglichen Rechtswahl in AGB zurückzuführen.538 Bei dem Abschluss einer nachträglichen Rechtswahlvereinbarung nach Art. 14 Rom II-VO ist schließlich in der Regel das außervertragliche Schuldverhältnis bereits entstanden, sodass auch ein Verbraucher nicht ohne weiteres zu einer unüberlegten Rechtswahl verleitet werden kann.539 Bilden Ansprüche aus unerlaubter Handlung den Gegenstand des außervertraglichen Schuldverhältnisses, ist damit der Schaden zumeist bereits spürbar geworden, sodass nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Verbraucher eine Rechtswahl in AGB ohne weiteres akzeptieren würde.540 Die Differenzierung zwischen Art. 14 Abs. 1 lit a und lit b Rom II-VO ist daher durchaus gerechtfertigt. Ein Grund für eine Übertragung des Kriteriums der frei ausgehandelten Vereinbarung auf eine nachträgliche Rechtswahlvereinbarung besteht mithin nicht.541 Der Abschluss einer nachträglichen Rechtswahlvereinbarung in AGB ist damit ohne weiteres zulässig.542 Die aufgezeigte Differenzierung zwischen Zustandekommen und Wirksamkeit setzt sich bei der Rechtswahlvereinbarung in AGB mit der Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle fort.543 Zum Zustandekommen zählen dabei die Vornahme einer Einbeziehungskontrolle sowie das Vorliegen einer überraschenden Klausel.544 Der Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung
536
Vgl. zur Abgrenzung von vorheriger und nachträglicher Rechtswahl unten S. 238
ff. 537 Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 16; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR; Art. 14 Rom II-VO Rn. 13. 538 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR; Art. 14 Rom II-VO Rn. 13; vgl. auch Sonnentag, ZVglRWiss 105 (2006), 256, 274, 277 f.; Fröhlich, Non-Contractual Obligations, S. 27, 31; v. Hein, ZVglRiss 102 (2003), 528, 548. 539 Zur Abgrenzung zwischen antizipierter und nachträglicher Rechtswahl, siehe unten S. 238 ff. 540 Vgl. hierzu unten S. 230 ff. 541 Im Ergebnis ebenso Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623. 542 Vgl. zur Rechtswahl in AGB im Fall der nachträglichen Rechtswahl S. 171 ff., im Fall der antizipierten Rechtswahl S. 273 ff. 543 Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB, S. 104; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 10 Rom I-VO Rn. 6. 544 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 10 Rom I-VO Rn. 6; Schwenzer, IPRax 1988, 86, 87; Hausmann, in: Staudinger, Art 31 EGBGB Rn 15; Spellenberg, in: MünchKomm,
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ist demgegenüber die Inhaltskontrolle und die Rechtsfolgen unwirksamer AGB zuzuordnen.545 (b) Einbeziehungskontrolle Den Geltungsgrund für Allgemeine Geschäftsbedingungen bildet die Einigung der Parteien über die einzelnen Vereinbarungen, nicht hingegen die Ausübung der einseitigen Rechtsetzungsmacht eines Vertragsteils.546 Voraussetzung ist demnach in erster Linie, dass sich über die Vertragsbedingungen und mithin auch über die Rechtswahlklausel rechtsgeschäftlich geeinigt wurde.547 Im Hinblick auf das AGB-Recht spiegelt sich dies in der Voraussetzung wider, dass die Rechtswahlklausel wirksam in den (Haupt-) Vertrag einbezogen worden sein muss.548 Jene Klausel unterliegt daher nach heute allgemeiner Ansicht einer Abschluss- bzw. Einbeziehungskontrolle.549 Über die wirksame Einbeziehung der AGB in den Vertrag entscheidet gem. Art. 3 Abs. 5, 10 Rom I-VO analog grundsätzlich das gewählte Recht, sofern keine europäisch autonomen Voraussetzungen vorrangig zu berücksichtigen sind.550 Eine vom allgemeinen Rechtswahlstatut abweichende Anknüpfung ist hier weder sinnvoll noch geboten. In europäisch sachrechtlicher Hinsicht ist das AGB-Recht durch die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Art. 10 Rom I-VO Rn. 25; zum deutschen AGB-Recht vgl. etwa Jacob, in: Schwerpunktkommentar Arbeitsrecht, § 305 c BGB Rn. 2. 545 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 10 Rom I-VO Rn. 6; Hausmann, in: Staudinger, Art 31 EGBGB Rn 15, 19; Leible, in: AnwK-BGB, Art. 31 EGBGB Rn. 21; Looschelders, IPR, Art 31 EGBGB Rn. 9; Heiss RabelsZ 65 (2001), 634, 636 ff; Spellenberg, in: MünchKomm, Art. 10 Rom I-VO Rn. 25; v. Hoffmann, in: Soergel, Art 31 EGBGB Rn. 17; Schwenzer, IPRax 1988, 86, 87; Hohloch, in: Erman, Art 31 EGBGB Rn. 6. 546 Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB, S. 103; Brunner, AGB im IPR S. 22 f.; Meyer-Sparenberg, RIW 1989, 347; Fastrich, Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht S. 29 ff. 547 Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB, S. 103. 548 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 10 Rom I-VO Rn. 6; Schwenzer, IPRax 1988, 86, 87; Hausmann, in: Staudinger, Art 31 EGBGB Rn 15; Spellenberg, in: MünchKomm, Art. 10 Rom I-VO Rn. 25. 549 Mann, NJW 1984, 2740; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 10 Rom I-VO Rn. 6; Schwenzer, IPRax 1988, 86, 87; Hausmann, in: Staudinger, Art 31 EGBGB Rn 15; Spellenberg, in: MünchKomm, Art. 10 Rom I-VO Rn. 25. 550 Vgl. Mann, NJW 1984, 2740, 2741; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 25; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; Leible, RIW 2008, 257, 260; a.A. H. Stoll, in: FS Heini, 1994, 429, 439. Diskutiert wurde auch die Frage, ob die jeweiligen nationalen Vorschriften über die Einbeziehungskontrolle von AGB aufgrund des häufig anzutreffenden qualifizierten Hinweispflichten des Verwenders als Formvorschriften zu qualifizieren sind, vgl. hierzu Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB S. 114 ff.
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Klauseln in Verbraucherverträgen europarechtlich harmonisiert worden.551 Den Mitgliedstaaten wurde dabei ein weiter Umsetzungsspielraum zugebilligt, sodass im Hinblick auf die Einbeziehungskontrolle keine einheitlichen Voraussetzungen feststellbar sind.552 Als Beispiel soll hier das deutsche Sachrecht dienen.553 Danach sind im Rahmen des persönlichen und sachlichen Anwendungsbereichs (§§ 305 Abs. 1 310 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 4 BGB) und bei Vorliegen von AGB im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB insbesondere folgende Einbeziehungsvoraussetzungen zu beachten: Die Einbeziehung erfolgt gem. § 305 Abs. 2 BGB, wenn „der Verwender bei Vertragsschluss die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen, und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.“ Ferner ist gem. § 305 Abs. 3 BGB eine Einbeziehung durch Abschluss eines Rahmenvertrages möglich. Unter die Einbeziehungskontrolle wird man ferner die Vorschrift des § 305c BGB zuordnen können, wonach überraschende Klauseln nicht Vertragsbestandteil werden.554 Hierzu zählen alle Klauseln, die inhaltlich oder formal nicht in der Form erwartet werden mussten.555 Dies ist grundsätzlich auch bei Rechtswahlklauseln denkbar. Inhaltlich überraschend kann eine Klausel insbesondere sein, wenn das außervertragliche Schuldverhältnis keinerlei Auslandsbezug aufweist oder die gewählte Rechtsordnung in keinem Zusammenhang zu dem bestehenden Auslands-
551 Hierzu zum Beispiel Frey, ZIP 1993, 572 ff.; Remien, ZEuP 1994, 34 ff.; Niebling, WiB 1994, 863 ff.; Michalski, DB 1994, 665; Heinrichs, NJW 1993, 1817; ders., NJW 1995, 153; ders., NJW 1996, 2190; Ulmer, EuZW 1993, 337; Eckert, WM 1993, 1070; ders., ZIP 1994, 1986 ff.; ders., ZIP 1996, 1238; Habersack/Kleindied/Wiedenmann, ZIP 1993, 1670; C. Wagner/Athen, RIW 1995, 546; Schmidt-Salzer, JZ 1995, 223; Reich, VuR 1995, 1; Bultmann, VuR 1994, 137; Brandner, MDR 1997, 312; CoesterWaltjen, Jura 2004, 609. 552 Das Bedürfnis nach einem europäischen Zivilgesetzbuches tritt hier wieder deutlich zutage. 553 Vgl. überblicksartig zum italienischen, französischen, spanischen, englischen, schweizerischen und US-amerikanischen Recht die Ausführungen von Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB, S. 134-156. 554 Heiss, RabelsZ 65 (2001), 634, 641; Jacob, in: Schwerpunktkommentar Arbeitsrecht, § 305c BGB Rn. 2; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 10 Rom I-VO Rn. 6; Schwenzer, IPRax 1988, 86, 87; Hausmann, in: Staudinger, Art 31 EGBGB Rn 15; Spellenberg, in: MünchKomm, Art. 10 Rom I-VO Rn. 25. 555 BAG NJW 2000, 3299, 3300.
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bezug steht.556 Formal überraschend kann eine Rechtswahlklausel sein, wenn sie in einem Vertragsabschnitt steht, in dem mit einer Rechtswahl nicht gerechnet werden musste.557 Die Rechtswahlklausel sollte grundsätzlich am Anfang stehen, da die nachfolgenden AGB die Geltung jenes bezeichneten Rechts zugrunde legen. Im Hinblick auf die Auslegung enthält § 305c Abs. 2 eine sog. Unklarheitenregelung, wonach Zweifel bei der Auslegung zulasten des Verwenders gehen.558 Diese Regelung wird allerdings durch Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO überlagert, wonach sich eine Rechtswahlvereinbarung mit hinreichender Sicherheit aus den Umständen des Falles ergeben muss.559 Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO kommt damit eine Doppelfunktion zu. Die Regelung ermöglicht nicht nur die Vornahme einer konkludenten Rechtswahl, sondern beinhaltet zugleich ein Transparenzgebot. Danach ist nicht im Sinne des § 305c BGB zwischen mehreren denkbaren Auslegungsmöglichkeiten diejenige zu wählen, die für den Verbraucher am Günstigsten ist.560 Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO führt vielmehr zur Unwirksamkeit der Rechtswahlklausel und zur Anwendung der einschlägigen objektiven Anknüpfung.561 Zweifel bei der Auslegung gehen zulasten der Rechtswahlerklärung.562 Wenn die Einbeziehungsvoraussetzungen des jeweiligen nationalen Rechts erfüllt sind, ist die Rechtswahlvereinbarung grundsätzlich wirksam zustandegekommen. 556
Mankowski, RIW 1996, 1001 f.; Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB S. 124; Meyer-Sparenberg, RIW 1989, 347, 350. In ersterem Fall ist freilich das nationale Kollisionsrecht anzurufen, dass über das Ob und Wie der Einbeziehungskontrolle entscheidet, da der Anwendungsbereich der Rom II-VO nicht eröffnet ist, vgl. hierzu oben S. 141 ff. Allerdings läuft dies zumeist auf einen Gleichlauf mit Art. 14 Rom IIVO hinaus, siehe etwa Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 26; ders., JZ 2000, 477, 478; Dörner, in: FS Stoll, 2001, S. 491, 492. 557 Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB S. 124; Mankowski, RIW 1996, 1001 f.; Stadler, in: Jauernig, § 305c BGB Rn. 2; Basedow, in: MünchKomm, § 305 c BGB Rn. 1. 558 Hierzu BGH NJW 2003, 1237, 1238; BGHZ 112, 65, 68; BGH NJW 2007, 504; BGH NJW-RR 2007, 1697; BGH M 2008, 1350; BGH NJW 2008, 2172; BGH WM 2009, 1180; BGH NJW 2009, 2051; Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 305 c BGB Rn. 39 ff.; Grüneberg, in: Palandt, § 305c BGB Rn. 15 ff. m.w.N. 559 Ebenso Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB S. 132; Jayme, in: FS W. Lorenz, 1991, S. 435, 438; anders zum deutschen Kollisionsrecht OLG Düsseldorf NJW-RR 1994, 1132 f.; OLG Düsseldorf RIW 1996, 681, 683; Pfeiffer, NJW 1997, 1207, 1211; Meyer-Sparenberg, RIW 1989, 347, 350; zurückhaltender Mankowski, RIW 1994, 421, 422; ders., RIW 1996, 1001. 560 So auch Jayme, in: FS W. Lorenz, 1991, S. 435, 438. 561 In diese Richtung tendiert wohl auch Thorn, in: FS Schmidt, 2009, S. 1561, 1580; vgl. auch die Ausführungen zu den Rechtsfolgen unwirksamer Rechtswahlvereinbarungen unten S. 348 ff. 562 Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB S. 84 ff., 90 zum Vertragsrecht nach dem EVÜ.
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(c) Inhaltskontrolle und Missbrauchskontrolle bei Rechtswahlvereinbarungen in AGB? Der Abschluss einer Rechtswahlvereinbarung in AGB birgt stets die Gefahr, dass eine Partei die Möglichkeit des einseitigen Stellens eines Rechtswahlvorschlags zu ihren eigenen Gunsten ausnutzt. So sind AGBs tatbestandlich dadurch gekennzeichnet, dass nur ein Vertragsteil in der Regel die Möglichkeit hat, auf ihren Inhalt Einfluss zu nehmen.563 Daraus resultierende materiell-rechtliche Benachteiligungen können dem Vertragspartner des Verwenders folglich nicht angelastet werden.564 Hieraus rechtfertigt sich die strengere sachrechtliche Wirksamkeitskontrolle im Verhältnis zur Individualvereinbarung.565 Während die Einbeziehungskontrolle also „formal“ das wirksame Zustandekommen zum Regelungsgegenstand hat, beschäftigt sich die Inhaltskontrolle mit der inhaltlichen Wirksamkeit der Rechtswahlklausel.566 Die Inhaltskontrolle funktioniert als Instrument zur Beschränkung der Vertragsfreiheit des Verwenders und dient damit dem Schutz schwächerer Parteien.567 Umstritten ist, ob zum Schutz schwächerer Parteien neben der Vornahme einer Abschlusskontrolle auch eine Inhalts- bzw. Missbrauchskontrolle erfolgen muss und, sofern man dies anerkennt, wie diese inhaltlich ausgestaltet ist.568 Zu berücksichtigen ist, dass das Internationale Privatrecht und das Sachrecht grundsätzlich auf zwei verschiedenen Ebenen Wirkung entfalten. Materiell-rechtliche und international privatrechtliche Interessen 563 Schlosser, in: Staudinger, § 305 BGB Rn. 27; Becker, in: Bamberger/Roth, § 305 BGB Rn. 1; Roloff, in: Erman, Vor § 305-310 BGB Rn. 1; Grüneberg, in: Palandt, Vor § 305 BGB Rn. 6. 564 Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB S. 199. 565 Coester-Waltjen, AcP 190 (1990), 1, 4; Fastrich, Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht S. 10; Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB S. 199. 566 Schaub, in: Inhaltskontrolle im IPR, S. 195, 206 f. 567 Riesenhuber, in: Inhaltskontrolle im IPR, S. 1; Fastrich, Richterliche Rechtskontrolle im Privatrecht S. 12; Brunner, AGB im IPR S. 43. 568 LG Düsseldorf IPRspr. 2001 Nr. 31 S. 81; OLG Frankfurt, IPRax 1990, 236, 239; LG Hildesheim, IPRax 1993, 173, 174; OLG Hamm, IPRax 1990, 242, 244; LG Limburg, NJ-RR 1989, 119 f.; LG Stuttgart, IPRspr. 1990 Nr. 36, LG Düsseldorf IPRspr. 2001 Nr. 31 S. 81; LG Düsseldorf, RIW 1995, 415 f.; Heiss, RabelsZ 65 (2001), 634, 636 ff.; Jayme, in: FS W. Lorenz, 1991, S. 435, 438; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 14; Pfütze, ZEuS 2011, 35, 66; Leible, RIW 2008, 257, 260; Thorn, in: FS Schmidt, 2009, S. 1561, 1568; H. Stoll, in: FS Heini, 1995, S. 429, 439 f.; Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB S. 198 ff; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 178; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 5; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-O Rn. 36; Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 9; Mankowski, RIW 1993, 453, 455 f.; ders., RIW 1996, 1001, 1002; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR; Art. 3 Rom I-VO Rn. 43; Jayme, in: FS W. Lorenz, 1991, S. 435, 437 f.; Meyer-Sparenberg, RIW 1989, 347, 350.
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stimmen zwar in der Regel in den Zielen überein, doch benutzen sie zu ihrer Verwirklichung unterschiedliches Werkzeug.569 International privatrechtliche Interessen und ihre Durchsetzung im Wege einer „Inhaltskontrolle“ werden dabei häufig durch eigene Rechtsinstitute, wie die Gesetzesumgehung, den ordre public oder die Sonderanknüpfung von Eingriffsnormen gewährleistet. Daher besteht Einigkeit darin, dass eine (zusätzliche) Inhaltskontrolle nur außerhalb des Anwendungsbereichs jener speziellen international privatrechtlichen Rechtsinstitute in Betracht kommen kann.570 Der Streit findet daran anknüpfend seinen Ausgangspunkt in der Differenzierung zwischen der Privatautonomie und Parteiautonomie. Die Inhaltskontrolle hat ihre Grundlage in der Privatautonomie und führt zu einer Beschränkung derselben, während eine Rechtswahlklausel nach Art. 14 Rom II-VO auf der weiterreichenden Parteiautonomie beruht.571 Eine Anwendung der Inhaltskontrolle auf eine kollisionsrechtliche Rechtswahlklausel führt damit unmittelbar zu einem Eingriff in die Parteiautonomie.572 Fraglich ist, ob gleichwohl eine materiell-rechtliche Inhaltskontrolle zuzulassen ist. Die Befürworter einer Inhaltskontrolle sprechen sich dafür aus, nicht nur die Rechtswahlvereinbarung als solche, sondern auch die Regelungsinhalte des gewählten Rechts im Verhältnis zum objektiv anwendbaren Rechts einer Inhaltskontrolle zu unterziehen.573 Den Gegenstand der Inhaltskontrolle sollen nicht nur die Rechtswahlvereinbarung als solche, sondern auch die Regelungsinhalte des gewählten Rechts bilden.574 Dabei unterliegen die prorogierten Vorschriften einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle. Nach der Ansicht von Heiss seien darüber hinaus mit ihr im Zusammenhang stehende Nebenabreden, wie etwa ein Verzicht auf die Ausübung von Anfechtungsrechten, die u.a. auch die Rechtswahlvereinbarung sowie das Transparenzgebot von der Inhaltskontrolle erfasst.575 Zur Begründung wird auf den Wortlaut des Art. 3 Rom I-VO bzw. Art. 14 Rom II569
Schaub, in: Inhaltskontrolle im IPR, S. 195, 206 f.; vgl. auch bereits oben S. 7 ff.,
60 ff. 570 571
Schaub, in: Inhaltskontrolle im IPR, S. 195, 206 f. Siehe zur Differenzierung zwischen Parteiautonomie und Privatautonomie bereits oben S. 7 ff. 572 Im Ergebnis ebenso Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB S. 201. 573 LG Düsseldorf IPRspr. 2001 Nr. 31 S. 81; OLG Frankfurt, IPRax 1990, 236, 239; LG Hildesheim, IPRax 1993, 173, 174; OLG Hamm, IPRax 1990, 242, 244; LG Limburg, NJ-RR 1989, 119 f.; LG Stuttgart, IPRspr. 1990 Nr. 36, LG Düsseldorf IPRspr. 2001 Nr. 31 S. 81; LG Düsseldorf, RIW 1995, 415 f.; Heiss, RabelsZ 65 (2001), 634, 636 ff.; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; Pfütze, ZEuS 2011, 35, 66; Leible, RIW 2008, 257, 260. 574 Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB S. 199 f. 575 Heiss, RabelsZ 65 (2001), 634, 651.
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VO verwiesen, der eine Inhaltskontrolle nicht explizit ausschließe, sondern vielmehr aufgrund des Verweises des Art. 3 Abs. 5 Rom I-VO statthaft sein müsse.576 Andernfalls müssten die Anwendungsbereiche der Einbeziehungs-, Überraschungs- und Inhaltskontrolle eindeutig definiert werden, was weder überzeugend noch praktikabel sei.577 Wer eine Einbeziehungskontrolle nach Maßgabe des gewählten Rechts zulasse, der müsse konsequenterweise auch eine Inhaltskontrolle erlauben.578 Zudem sei die Missbrauchskontrolle als allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts anzusehen, woraus auch eine begrenzte Inhaltskontrolle von Rechtswahlvereinbarungen geschlussfolgert werden könnte.579 Zwar führe eine Inhaltskontrolle zur Beschränkung der Vertragsfreiheit und mithin auch zur Parteiautonomie. Jedoch dient eine Inhaltskontrolle umgekehrt der Vertragsfreiheit des Schwächeren. Denn „die Parteiautonomie verliert ihren Sinn […] wenn sie zur Herrschaft des Stärkeren gegenüber dem Schwächeren wird.“580 Insgesamt sei daher eine Inhaltskontrolle am Maßstab des gewählten Rechts geboten. Im Schrifttum wird hingegen überwiegend die Vornahme einer Inhaltskontrolle abgelehnt, weil das IPR, mit Ausnahme des ordre publics, „keine Noten an ausländische Rechtsordnungen“581 verteile.582 Die Inhaltskontrolle einer Rechtswahlvereinbarung sei Sache des Kollisionsrechts und nicht des Sachrechts.583 Das Kollisionsrecht habe sich nämlich bewusst gegen eine sachrechtliche Inhaltskontrolle ausgesprochen: Der Wortlaut des Art. 3 Rom I-VO (Art. 14 Rom II-VO) erlaube eine beziehungslose Wahl jeglichen Rechts. Damit werde bereits der mögliche Inhalt von Rechtswahlver576 Heiss, RabelsZ 65 (2001), 634, 637 f. Einer weiteren Ansicht zur Folge, seien die Vorschriften des AGB-Rechts als international zwingende Vorschriften anzusehen, die im Wege der Sonderanknüpfung als Eingriffsnorm zur Anwendung kommen können, vgl. Graf von Westphalen, NJW 1994, 2113, 2117; hierzu ablehnend Schlechtriem, in: FS W. Lorenz, 2001, S. 565, 569 f. 577 Heiss, RabelsZ 65 (2001), 634, 641. 578 Heiss, RabelsZ 65 (2001), 634, 640. 579 Riesenhuber, System und Prinzipien des Europäischen Vertragsrechts S. 35; Leible/Röder, RIW 2007, 481, 482. 580 Kropholler, IPR, S. 297. 581 Mankowski, RIW 1996, 1001, 1002. 582 Thorn, in: FS Schmidt, 2009, S. 1561, 1568; H. Stoll, in: FS Heini, 1995, S. 429, 439 f.; Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB S. 198 ff; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 178; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom IIVO Rn. 5; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 14; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-O Rn. 36; Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 9; Jayme, in: FS W. Lorenz, 1991, S. 435, 438; Mankowski, RIW 1993, 453, 455 f.; ders., RIW 1996, 1001, 1002; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR; Art. 3 Rom I-VO Rn. 43; Meyer-Sparenberg, RIW 1989, 347, 350; Jayme, in: FS W. Lorenz, 1991, S. 435, 437 f.; vgl. auch Leible, RIW 2008, 257, 260, der sich aber für eine europäische Missbrauchskontrolle ausspricht. 583 Mankowski, RIW 1996, 1001, 1002.
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einbarungen geregelt.584 Die Regelung, dass das gewählte Recht über die Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung entscheide, gelte nur für die Abschlusskontrolle und nicht für die Inhaltskontrolle. Eine Anwendung des Art. 3 Abs. 5, 10 Rom I-VO müsse daher ausscheiden.585 Das Rechtswahlstatut entscheide schließlich nur über die Wirksamkeit der Einigung. Bei einer Inhaltskontrolle gehe es demgegenüber um die „Rolle der Parteiautonomie überhaupt.“586 Zudem würde eine Inhaltskontrolle nach dem Recht eines Drittstaates darauf hinauslaufen, dass die von der Rom I-VO und Rom II-VO gewährleistete Rechtswahlfreiheit ganz oder teilweise beschränkt werden könnte.587 Die von der lex fori gewährleistete Parteiautonomie würde mithin durch die Anwendung ausländischen Rechts in unüberschaubarer Weise zurückgenommen werden. Ferner könnte eine Inhaltskontrolle am Maßstab des gewählten Rechts paradoxerweise dazu führen, dass jenes Recht sich selbst für inhaltlich unangemessen einstufe.588 Alsdann enthalte die Rom II-VO keine Regelungen, anhand derer eine materiell-rechtliche Inhaltskontrolle vorgenommen werden könnte.589 Überdies sei Art. 20 Rom I-VO, Art. 24 Rom II-VO zu entnehmen, dass die Rechtswahlwahlvereinbarung nur das anwendbare Sachrecht betrifft, nicht aber das Kollisionsrecht der gewählten Rechtsordnung, sodass eine spezifisch internationalprivatrechtliche Inhaltskontrolle nicht möglich sei.590 Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass das IPR mit den Instituten der Gesetzesumgehung, den Eingriffsnormen etc. eine eigenständige Inhaltskontrolle vorsehe, die für eine materiell-rechtliche Inhaltskontrolle keinen Raum lässt und die den Interessen des IPR besser gerecht werde.591 Im Interesse der Rechtssicherheit ist eine einheitliche Behandlung der Inhaltskontrolle für die Rechtswahlmöglichkeiten im Bereich des vertraglichen und außervertraglichen Schuldrechts sowie von antizipierter und nachträglicher Rechtswahl geboten. Bei ihrer Beurteilung sind daher auch die Auswirkungen auf die jeweils anderen Formen der Rechtswahl zu berücksichtigen. Den Gegenstand der materiell-rechtlichen Inhaltskontrolle 584 585 586
Mankowski, RIW 1993, 453, 456; Thorn, in: FS Schmidt, 2009, S. 1561, 1568. Jayme, in: FS W. Lorenz, 1991, S. 435, 438. Jayme, in: FS W. Lorenz, 1991, S. 435, 438. Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB S. 196 f. 587 H. Stoll, in: FS Heini, 1995, S. 429, 440. 588 v. Bar/Mankowski, IPR, Bd. 2, § 4 Rn. 473 ff.; Mankowski, RIW 1995, 364, 366; ders., RIW 1993, 453, 456; H. Stoll, in: FS Heini, 1995, S. 429, 440. 589 Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-O Rn. 36; a.A. Pfütze, ZEuS 2011, 35, 67. 590 Mankowski, RIW 1995, 364, 366; ders., RIW 1993, 453, 456; Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB S. 201. 591 Schaub, in: Inhaltskontrolle im IPR, S. 195, 213; Mankowski, RIW 1996, 1001, 1002.
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bildet nach Ansicht ihrer Befürworter nicht isoliert die Rechtswahlvereinbarung,592 sondern auch der Inhalt der gewählten Rechtsordnung.593 Mit dieser Sichtweise werden die Ebenen des Kollisionsrechts und des Sachrechts in unzulässiger Weise vermengt. Die Vereinbarung von Vertragsklauseln wird durch die Privatautonomie gewährleistet. Durch die Inhaltskontrolle wird jene Privatautonomie beschränkt, indem unangemessen benachteiligende Klauseln für unwirksam erklärt werden. An ihre Stelle tritt grundsätzlich die gesetzliche Regelung. Demgegenüber wird der Abschluss eines Rechtswahlvertrages durch die Parteiautonomie gewährleistet. Den Parteien wird damit die Möglichkeit eingeräumt, eine Rechtsordnung in ihrer Gesamtheit abzuwählen und durch eine andere Rechtsordnung mitsamt ihrer zwingenden Vorschriften zu ersetzen. Es handelt sich der Rechtsnatur nach um eine kollisionsrechtliche Verweisung.594 Die Ausübung der Parteiautonomie begründet als Rechtsfolge folglich unmittelbar nur die Anwendung einer bestimmten Rechtsordnung. Mittelbar wird hierdurch die gesetzliche Regelung geschaffen, die, als Vertragsklausel formuliert, möglicherweise als unangemessene Benachteiligung einzustufen wäre. Gegen die Unterwerfung einer Inhaltskontrolle sprechen aus dem Gesagten insbesondere folgende Erwägungen: In dogmatischer Hinsicht fällt es schwer, der Inhaltskontrolle, die zur Beschränkung der Privatautonomie führt, zugleich die Macht einzuräumen, die übergeordnete Parteiautonomie zu beschränken.595 In der praktischen Rechtsanwendung wird dies darin deutlich, dass die Rechtsfolgen einer materiell-rechtlichen Inhaltskontrolle mit den Rechtsfolgen eines kollisionsrechtlichen Verweisungsvertrages nicht übereinstimmen. Denkbar ist beispielsweise, dass die Parteien für ein etwaiges künftiges außervertragliches Schuldverhältnis die Anwendung dänischen Rechts vereinbaren. Im Unterschied zur AGB-rechtlichen Klauselkontrolle kann allein die Wahl dänischen Rechts nicht als unangemessene Benachteiligung eingestuft werden. Hierin liegt aber die unmittelbare Rechtsfolge, die eine Rechtswahlvereinbarung bewirkt und die einer Inhaltskontrolle bei antizipierten Rechtswahlvereinbarungen kaum zugänglich ist. Bei einer konsequenten Übertragung der Grundsätze des Sachrechts auf das Kollisionsrecht müsste abstrakt geprüft werden, ob allein die Prorogation einer bestimmten Rechtsordnung als unangemessene Benachteiligung für den Rechtswahlgegner einzustufen ist. Dies wird man allenfalls bei der Wahl eines afrikanischen Stammesrechts annehmen können,
592
Etwa im Hinblick auf mit ihr verbundene Kosten oder Informationsrisiken, vgl. Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB S. 199 f. 593 Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB S. 200. 594 Siehe oben S. 69 ff. 595 Zum Verhältnis zwischen Privatautonomie und Parteiautonomie vgl. oben S. 9 f.
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jedoch kaum bei der Wahl eines anerkannten staatlichen Rechts.596 Die Schablone der materiell-rechtlichen Inhaltskontrolle lässt sich daher nur schwerlich über eine kollisionsrechtliche Rechtswahlvereinbarung legen und mit ihr derselbe Weg nachzeichnen. Während im Voraus häufig also nicht feststellbar ist, ob eine Rechtsordnung für eine Partei benachteiligend wirkt, zeigt sich dies bei Eintritt der Streitigkeit umso deutlicher. So würde sich in dem oben genannten Fall bei Eintritt des Schadensfalles zeigen, dass das dänische Recht für das Schmerzensgeld haftungsrechtliche Höchstgrenzen in Höhe von umgerechnet etwa € 9.000 für angemessen hält,597 während beispielsweise im deutschen Recht Schmerzensgeldansprüche bis € 600.000 zugesprochen werden.598 Die Benachteiligung ist evident. Doch ist eine solche Evidenz noch immer vorhanden, wenn es sich um einen arthaftungsrechtlichen Sachverhalt handelt, in dem nach dem objektiv anwendbarem deutschem Recht ein Verschulden des Arztes nicht nachweisbar wäre und nach dänischem Recht das Arzthaftungsrecht als Gefährdungshaftung ausgestaltet ist? Der Fall zeigt, dass die Durchführung einer Inhaltskontrolle bezüglich einer Rechtswahlvereinbarung nicht nur in dogmatischer Hinsicht, sondern auch im Rahmen der praktischen Rechtsanwendung auf Schwierigkeiten stößt. Die Vornahme einer Inhaltskontrolle am Maßstab materiellen Rechts führt folglich zu einem Vergleich zwischen objektiv und subjektiv anwendbarem Recht. Es liegt in der Natur der Sache, dass unterschiedliche Rechtsordnungen unterschiedliche Regelungen enthalten. Ob die Prorogation eines ausländischen Rechts als angemessen einzustufen ist, hängt häufig von der Zufälligkeit der Fallgestaltung ab. Insbesondere stellt sich die Frage, wann eine getroffene Rechtswahl als missbräuchlich anzusehen wäre, wenn nach dem gewählten AGB-Recht auch eine entsprechende Vereinbarung zulässig wäre. Dabei ist freilich auch der Grundsatz der Gleichwertigkeit ausländischen Rechts zu berücksichtigen, der eine beziehungslose Rechtswahl in den Grenzen des Art. 14 Abs. 2, 3 Rom II-VO grundsätzlich ermöglicht.599 Selbst wenn man die materiell-rechtlichen Regelungen des gewählten Rechts als potentiellen Gegenstand der Inhaltskontrolle anerkennt, scheitert ihre praktische Durchführung zumindest an der Vorhersehbarkeit der auszusprechenden Rechtsfolge. Voraussetzung ist für die Vornahme einer solchen Inhaltskontrolle, dass mit Aufnahme der Rechtswahlklausel in den Vertrag feststellbar ist, 596 597
a.A. Heiss, RabelsZ 65 (2001), 634, 651. Vgl. § 3 SVG (Gesetz über Schadensersatzverantwortung):„Pro Krankheitstag erhält der Geschädigte 130 DKK an Schmerzensgeld. Die Zulage darf nicht mehr als 67.000 DKK überschreiten.“. 598 Vgl. hierzu die Übersicht von Slizyk, Beck'sche Schmerzensgeldtabelle, 7. Aufl., 2011. 599 Vgl. hierzu Schack, IZVR, Rn. 39; Neuhaus, RabelsZ 20 (1955), 201, 229; Mittermaier, AcP 14 (1831), 84, 95; Geimer, IZPR, Rn. 37 f.
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ob diese den Rechtswahlgegner in angemessener Weise benachteiligt. Bei antizipierten Rechtswahlvereinbarungen fehlt es daran. Wie eingangs erwähnt, sollte eine Inhaltskontrolle aber nicht auf nachträglich abgeschlossene Rechtswahlklauseln beschränkt werden, zumal die Missbrauchsgefahr bei nachträglichen Rechtswahlvereinbarungen im Verhältnis zu antizipierten Rechtswahlvereinbarungen äußerst gering ist und ein Bedürfnis mithin umso weniger besteht. Dieses Ergebnis erscheint auf den ersten Blick paradox: den Parteien wäre es auf der einen Seite grundsätzlich gestattet, dänisches Recht zu wählen und auf diese Weise Haftungshöchstgrenzen in den Vertrag einzubeziehen. Auf der anderen Seite wären die Parteien möglicherweise nicht dazu in der Lage, als standardmäßige Vertragsklausel zu vereinbaren, dass ein etwaiger Schadensersatzanspruch nicht mehr als € 9.000 beträgt. Dabei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass es bei der Beurteilung des Rechtswahlvertrages erst um die Bestimmung des Anknüpfungsmomentes geht. Insbesondere wirken auf der Rechtsfolgenseite der Kollisionsnormen Rechtsinstitute, die eine kollisionsrechtliche Inhaltskontrolle vorsehen. Im vorliegenden Fall scheint die Annahme einer Gesetzesumgehung naheliegend, die zur gänzlichen Unwirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung führen würde. Denkbar wäre indes auch ein Verstoß gegen den ordre public, der wiederum auf der materiell-rechtlichen Ebene zur Anpassung des gefundenen Ergebnisses führen würde. Es fehlt mithin an einer Regelungslücke. Mit der überwiegenden Ansicht ist daher eine AGB-rechtliche Inhaltskontrolle am Maßstab des gewählten Rechts im Verhältnis zum objektiv anwendbaren Recht abzulehnen. (3) Ungeschriebene europäische Missbrauchskontrolle? (a) Argumente für eine europäische Missbrauchskontrolle Nach dem gefundenen Ergebnis ist eine Inhaltskontrolle auf Grundlage des AGB-Rechts der lex causae ausgeschlossen. In Anlehnung an die Diskussion zur Vornahme einer europäischen Missbrauchskontrolle von Gerichtsstandsvereinbarungen im Sinne von Art. 23 EuGVO600 wird anstelle einer Inhaltskontrolle nach nationalen Maßstäben eine europäische Miss600 Vgl. EuGH Rs. C-269/95, Benincasa, Slg 1997, I-3767 Rn. 12; EuGH Rs. C159/97, Castelletti, Slg 1999, I-1597 Rn. 19 f.; OLG Hamburg, NJW 2004, 3126 ff.; LG Mainz, WM 2005, 2319; Gottschalk/Breßler, ZEuP 2007, 56, 66 ff.; Leible/Röder, RIW 2007, 481; Leible, RIW 2001, 422 ff.; Weigel/Blankenheim, WM 2006, 664, 665; Gottwald, in: MünchKomm, Art. 23 EuGVO Rn. 60; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, Art. 23 EuGVO Rn. 31; Kropholler, Art. 23 EuGVO Rn. 89; Wieczorek/Schütze/Hausmann, Art. 23 EuGVO Rn. 75; Mankowski, in: Rauscher, EuZPR, Art. 23 EuGVO Rn. 12 f.; Geimer/Schütze, Art. 23 EuGVO Rn. 181; Borges, RIW 2000, 933; Horn, IPRax 2006, 2, 3 f.; H. Roth, IPRax 1992, 67, 69; Lindenmayr, Vereinbarung über die internationale Zuständigkeit, S. 359.
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brauchskontrolle für formularmäßig gestellte und individualvertraglich ausgehandelte Rechtswahlklauseln vorgeschlagen.601 Im Wege der Rechtsfortbildung sollen gemeinschaftsrechtsautonome Kriterien für eine europäische Missbrauchskontrolle gewonnen werden.602 Diese Aufgabe komme dem EuGH zu.603 Ihre Grundlage bilde der sowohl im Gemeinschaftsprivatrecht als auch im gemeineuropäischen Privatrecht anerkannte604 Grundsatz von Treu und Glauben, dessen Anwendungsbereich nicht auf die Ausübung von Rechten beschränkt sei, sondern auch ihre Begründung erfasse.605 Im Hinblick auf die Durchführung einer europäischen Missbrauchskontrolle von Gerichtsstandsvereinbarungen wird vorgetragen, dass rechtsvergleichend weitgehende Einigkeit bestehe, dass beispielsweise eine Gerichtsstandsvereinbarung als unwirksam anzusehen sei, wenn sie unter „Ausnutzung einer wirtschaftlichen Machtposition zustande gekommen ist“606 oder wenn sie trotz Fehlen eines Auslandsbezuges auf einen anderen Staat verweist.607 Es sei daher generell möglich, Fallgruppen herauszuarbeiten, die aufgrund ihrer Rechtsmissbräuchlichkeit in der Regel zur Unwirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung führen. Insbesondere die europäischen Grundrechte und die Grundrechte der EMRK sollen den Maßstab bilden.608 Das Erfordernis einer europäisch autonomen Missbrauchskontrolle beruhe insbesondere darauf, dass sich ein Missbrauchskontrolle anhand der lex causae zulasten der Rechtssicherheit auswirke, während ein 601 Leible, RIW 2008, 257, 260; Pfütze, ZEuS 2011, 35, 57 ff.; Heiss, RabelsZ 65 (2001), 634, 648 ff., 653. Insgesamt wird eine Missbrauchskontrolle nach dem Vorbild des Art. 5 Abs. 2 Schweizer IPRG sowie Art. 4 Abs. 3 des nicht in Kraft getretenen Haager Übereinkommens über Gerichtsstandsvereinbarungen befürwortet. 602 Leible/Röder, RIW 2007, 481, 482; dafür im Ergebnis auch Heiss, RabelsZ 65 (2001), 634, 653 der eine sachrechtliche Inhaltskontrolle zu einem Zeitpunkt vorschlug, in dem der EuGH nicht die Auslegungskompetenz für das Kollisionsrecht besaß. 603 Kropholler/v. Hein, EuZPR, Art. 23 EuGVO Rn. 89; vgl. auch Leible/Röder, RIW 2007, 482. 604 Ranieri, in: Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, Bd. 2, S. 1496 ff.; ders., Europäisches Obligationenrecht, S. 1801 ff.; Grundmann, Europäisches Schuldvertragsrecht, Bd. 1, Rn. 194 m.w.N. zur Rechtsprechung des EuGH. 605 Leible/Röder, RIW 2007, 481, 482. 606 Leible/Röder, RIW 2007, 481, 486. 607 Kropholler/v. Hein, EuZPR, Art. 23 EuGVO Rn. 89; Samtleben, NJW 1974, 1590, 1596; Baumgärtel, in: FS Kegel, 1977, S. 285, 298; Stein/Jonas, § 38 ZPO Rn. 27; Jung, Vereinbarungen über die Internationale Zuständigkeit, S. 55 ff.; Kohler, IPRax 1983, 265, 266; Kröll, ZZP 113 (2000), 135, 151; Aull, Der Geltungsanspruch des EuGVÜ, S. 125. Zu berücksichtigen ist freilich, dass bei einem fehlenden Auslandsbezug der Anwendungsbereich der EuGVO schon nicht eröffnet ist, sodass sich die Missbrauchskontrolle nach nationalem Recht richten muss, vgl. EuGH C-240/98, Océano Grupo, Slg. 2000, I-4941-4977; ebenso Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, Art. 23 EuGVO Rn. 31; Borges, RIW 2000, 933, 983. 608 Pfütze, ZEuS 2011, 35, 84 f.
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Verzicht auf eine entsprechende Kontrollmöglichkeit auf der einen Seite einseitig die Rechtssicherheit begünstige und auf der anderen Seite schwerwiegende Ungerechtigkeiten in Kauf nehme.609 Eine Inhaltskontrolle von Rechtswahlvereinbarungen nach europäischen Maßstäben sei zudem gegenüber einer sachrechtlichen Inhaltskontrolle weit überlegen.610 So würde eine Inhaltskontrolle nach nationalen Maßstäben aufgrund der Vielzahl der möglichen anzuwendenden Rechtsordnungen zu einer „unüberschaubaren Überfrachtung von Einschränkungsmöglichkeiten des Grundsatzes der Parteiautonomie“ führen, was mit den Zielen des Europäischen Kollisionsrecht nicht in Einklang zu bringen sei. Für eine europäische Inhaltskontrolle sprechen indes nicht nur die einheitlichen Beurteilungskriterien, sondern auch Erwägungsgrund 31, 14 und 16 der Rom II-VO, wonach zum Schutz schwächerer Parteien besondere Bedingungen geschaffen werden sollten, worunter auch eine Inhaltskontrolle falle. Ferner billigen die Erwägungsgründe dem Richter ein Ermessen zur Schaffung von Einzelfallgerechtigkeit zu. Daraus folge u.a., dass die Verordnung insgesamt offen für eine Inhaltskontrolle sei. Dass es freilich eine „Grauzone“ zwischen rechtmäßiger und unrechtmäßiger Beeinflussung des anwendbaren Rechts gäbe, liege in der Natur des Rechts und sei hinzunehmen.611 (b) Stellungnahme Richtig ist, dass Gerichtsstandsvereinbarungen und Rechtswahlklauseln miteinander Hand in Hand gehen, um über die einzuhaltenden Voraussetzungen einer Rechtswahlvereinbarung Sicherheit zu erhalten. Auch wenn Gerichtsstandsvereinbarungen im Gegensatz zu Rechtswahlvereinbarungen ihre Legitimation in der Privatautonomie finden, rechtfertigt dies aufgrund desselben Prüfungsmaßstabs, nämlich den Wertungen des EU-Rechts, nicht von vornherein eine differenzierende Behandlung.612 Zweifelhafte, hier nicht weiter zu vertiefende Voraussetzung ist zunächst, dass jenen Wertungen des Europarechts, die sich insbesondere in den EU-Grundrechten und 609 Leible/Röder, RIW 2007, 481, 482; zur Frage nach welchem Recht sich das wirksame Zustandekommen der Gerichtsstandsvereinbarung richtet, vgl. Kropholler/v. Hein, EuZPR, Art. 23 EuGVO Rn. 89; Horn, IPRax 2006, 2 f.; Weigel/Blankenheim, WM 2006, 664; Hausmann, in: FS W. Lorenz, 1991, S. 359, 361; Wagner, Prozeßverträge, S. 346 ff.; Schack, IZVR Rn. 495 ff. 610 So im Ergebnis Leible/Röder, RIW 2007, 481, 482; Pfütze, ZEuS 2011, 35, 65 ff.; siehe auch Heiss, RabelsZ 65 (2001), 634, 653, der sich zwar im Ergebnis für eine sachrechtliche Inhaltskontrolle ausspricht, aber eine europäische Missbrauchskontrolle bevorzugen würde. 611 Pfütze, ZEuS 2011, 35, 65. 612 EuGH Rs. C-387/98, Handeslveem B.V., Slg. 2000, I-9337 Rn. 14; Gottschalk/Breßler, ZEuP 2007, 56; Weller, Ordre-Public Kontrolle, S. 26; Wagner, Prozeßverträge, S. 48 ff.
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der EMRK widerspiegeln, auch (Dritt-) Wirkung im Privatrecht entfalten.613 Erkennt man eine solche Drittwirkung an, wirkt sich aufgrund desselben Prüfungsmaßstabs der Unterschied zur kollisionsrechtlichen Ebene für eine europäische Missbrauchskontrolle nicht aus. Gleichwohl geht der pauschale Verweis von Leible auf die Parallelität von Rechtswahlvereinbarungen und Gerichtsstandsvereinbarungen ins Leere. 614 Selbst wenn man eine ungeschriebene europäische Missbrauchskontrolle für Gerichtsstandsvereinbarungen im Sinne von Art. 23 EuGVO anerkennt, stellt sich die Frage, ob die Argumentation für eine solche Kontrolle auf Rechtswahlvereinbarungen ohne weiteres übertragbar ist.615 Das Bedürfnis für eine Missbrauchskontrolle von Gerichtsstandsvereinbarungen beruht darauf, dass eine Bezugnahme auf die sachrechtlichen Vorschriften der lex causae zulasten der Rechtssicherheit ginge, da für Gerichtsstandsvereinbarungen und ihre Voraussetzungen das lex fori-Prinzip Anwendung findet und mithin dem forum shopping Tür und Tor öffnen würde.616 Demgegenüber ist nach der Wertung des Art. 10 Rom I-VO die lex causae ohne weiteres feststellbar und anwendbar. Bei der Vornahme einer Europäischen Missbrauchskontrolle soll vordergründig festgestellt werden, ob eine Partei durch die Ausübung eines unzulässigen wirtschaftlichen Drucks oder anderer unlauterer Mittel zum Abschluss einer Gerichtsstandsvereinbarung bzw. Rechtswahlvereinbarung motiviert wurde.617 Deutlich wird hier bereits, dass eine Übertragung jener Grundsätze schon deshalb ausscheidet, weil es hier nicht um eine Inhaltskontrolle im engeren Sinne, sondern unter Zugrundlegung der AGB-rechtlichen Begrifflichkeiten um die Einbeziehungskontrolle geht. Hierüber entscheidet nach heute ganz überwiegender 613 Ablehnend Kingreen, in: Calliess/Ruffert, Art. 51 GRCh Rn. 18; Ehlers, in: Ehlers, EGuG, § 2 Rn. 48; Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention, § 19 Rn. 8 ff.; Szczekalla, Grundrechtliche Schutzpflichten, S. 900ௗff.; Jaeckel, Schutzpflichten im deutschen und europäischen Recht, S. 117ௗff.; Borowsky, in: Meyer, Grundrechtecharta, Art. 51 GRCh Rn. 31; Magiera, DöV 2000, 1017, 1025; Gersdorf, AöR 199 (1994), 400, 420ௗf.; Hatje, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 51 GRCh Rn. 20; Jarass, EU-GR, § 4, Rn. 19; Kober, Der Grundrechtsschutz in der Europäischen Union, S. 180ௗff.; Kühling, in: von Bogdandy/Bast, EuVerfR, S. 657, 675ௗf.; Pfütze, ZEuS 2011, 35, 71; Streinz/Michl, EuZW 2011, 384, 386. 614 Leible, RIW 2007, 257, 260. 615 Zweifelnd gegenüber einer Europäischen Missbrauchskontrolle OLG Hamburg NJW 2004, 3126, 3128; LG Mainz WM 2005, 2319, 2322 f.; Gottschalk/Breßler, ZEuP 2007, 56; Horn, IPRax 2006, 2; Schulte-Hillen/Friedl, EWiR 2005, 825; Weigel/Blankenheim, WM 2006, 664. 616 Vgl. Leible/Röder, RIW 2007, 481, 482; für einen Rückgriff auf die lex causae hingegen Mankowski, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 23 Brüssel I-VO Rn. 12e. 617 Kröll, ZZP 11 (2000), 135, 150; Schwartze, JZ 2001, 246, 248 f.; Pfütze, ZEuS 2011, 35, 57; Heiss, RabelsZ 65 (2001), 634, 640; Kropholler, IPR, S. 297; Lindenmayr, Vereinbarung über die internationale Zuständigkeit, S. 359.
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Meinung das gewählte Recht.618 Nach den Befürwortern einer Europäischen Missbrauchskontrolle bilde die Handlung, die zum Abschluss der Gerichtsstandsvereinbarung geführt hat, den Gegenstand der Missbrauchskontrolle. Dabei sollen die Vor- und Nachteile der Pro- und Derogationswirkung gegenübergestellt werden.619 Wie bereits bei der Beantwortung der Frage nach der Vornahme einer Inhaltskontrolle anhand sachrechtlicher Maßstäbe deutlich wurde, ist ein derartiger Vergleich bei der Rechtswahl aufgrund der zahlreichen Gestaltungsmöglichkeiten eines Sachverhaltes aber im Vorhinein meist nicht möglich.620 Bei lebensnaher Betrachtung liegt der Hauptanwendungsfall einer unterstellten europäischen Missbrauchskontrolle von Rechtswahlvereinbarungen in den Fällen vor, in denen eine Gerichtsstandsvereinbarung oder der objektive Gerichtsstand und die Rechtswahlklausel zu unterschiedlichen Rechtsordnungen führen. Dies allein kann natürlich weder von vornherein einen Verstoß gegen Treu und Glauben begründen noch vermag es die Etablierung einer Missbrauchskontrolle zu rechtfertigen.621 Ersteres verstößt schon seinerseits gegen die Vorstellungen eines gemeinsamen Binnenmarktes, wenn ausländisches Recht im Prozess als potentieller Missbrauch gewertet werden würde.622 Letzteres wird bereits durch Art. 14 Abs. 2 und Abs. 3 Rom II-VO sowie die Rechtsinstitute der Gesetzesumgehung und des ordre public einer kollisionsrechtlichen Inhaltskontrolle unterworfen.623 Im Ergebnis wird damit bereits auf kollisionsrechtlicher Ebene vermieden, dass die zwingenden Vorschriften einer Rechtsordnung ohne weitere Voraussetzungen derogiert werden können. Mithin fragt sich, ob überhaupt ein darüberhinausgehendes Bedürfnis an „Korrekturmöglichkeiten“ erforderlich ist oder ob nicht um618 619 620
Vgl. oben S. 141 ff. Leible/Röder, RIW 2007, 481, 485. Freilich könnte man sich auf den Standpunkt stellen, dass an dieser Stelle nur eine nachträgliche Rechtswahlvereinbarung von AGB relevant sei. Doch sollte im Interesse der Rechtssicherheit eine einheitliche Behandlung aller denkbaren Rechtswahlklauseln erfolgen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Vereinbarungen auf Art. 3 Rom I-VO oder Art. 14 Rom I-VO beruhen oder antizipiert oder post delictum getroffen werden, vgl. bereits oben S. 171 ff. 621 Hinzutreten müssten vielmehr weitere Umstände, welche die Annahme eines Rechtsmissbrauchs rechtfertigen können. 622 Siehe zum comitas-Grundsatz S. 7 f. 623 Die Etablierung einer europäischen Rechtswahlkontrolle wäre möglicherweise zu rechtfertigen, wenn die Annahme einer Gesetzesumgehung infolge ihrer strengen Voraussetzungen in der Regel scheitern würde. Verzichtet man richtigerweise auf die Vornahme einer Umgehungsabsicht, sondern verlagert jenes subjektive Element in eine umfassende Interessensabwägung, sollte der Möglichkeit des Rechtsmissbrauchs indes in ausreichender Weise ein Riegel vorgeschoben werden [vgl. Benecke, Gesetzesumgehung im Zivilrecht, S. 227 ff, 273 ff..; Schurig, Kollisionsnorm und Sachrecht, S. 244]; zur Rolle Gesetzesumgehung siehe unten S. 404 f.
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gekehrt die Parteiautonomie in jenen vorgegebenen kollisionsrechtlichen Bahnen umfassend gewährleistet sein sollte. Zweifelhaft ist darüber hinaus, ob überhaupt eine Missbrauchskontrolle am Maßstab von Treu und Glauben erfolgen kann. Zumeist erfolgt hier eine zu starke Anlehnung an das deutsche Begriffsverständnis.624 In europäisch rechtsvergleichender Hinsicht divergieren jedoch die inhaltlichen Ausgestaltungen des bona fides-Grundsatzes. So wird etwa der bonne foi des französischen Rechts sowie der goede trouw der Niederlande oder der buona fede des italienischen Rechts im Gegensatz zum deutschen Recht auch eine subjektive Bedeutung (im Hinblick auf die Kenntnis oder Unkenntnis eines Rechtssubjekts) beigemessen.625 Eine einheitliche europäische Auslegung dieses Grundsatzes existiert mithin nicht. Auch der EuGH hat sich bislang geweigert, den Grundsatz von Treu und Glauben als „allgemeines Rechtsprinzip des Europäischen Gemeinschaftsprivatrechts ausdrücklich anzuerkennen.“626 Dies allein vermag den EuGH freilich nicht daran zu hindern, Fallgruppen zu entwickeln, in denen die Rechtsmissbräuchlichkeit eines Verhaltens in der Regel vorliegt. Ausschlaggebend ist letztendlich wiederum das in den Erwägungsgründen 14, 16, 18 der Rom II-VO zum Ausdruck kommende Gebot der Rechtssicherheit. Eine Missbrauchskontrolle am Maßstab von EMRK und der EU-Grundrechte, wie Pfütze vorschlägt, würde dazu führen, dass die Parteien von einer Rechtswahlvereinbarung Abstand nehmen, da die objektive Anknüpfung paradoxerweise dann mehr Rechtssicherheit leisten kann als eine Rechtswahlvereinbarung. Darüber hinaus bliebe auf sachrechtlicher Ebene ohnehin stets die Möglichkeit, dass etwaigen Verstößen gegen EU-Grundrechte oder die EMRK im Rahmen des ordre public Rechnung getragen wird, der in seinen Rechtsfolgen nicht zuletzt die flexiblere Lösungsmöglichkeit bietet und für unerträgliche Widersprüche zu den Wertvorstellungen der lex fori, zu denen auch europäische Wertvorstellungen gezählt werden können, angemessene Ergebnisse leisten kann.627
624 625
So nämlich Leible/Röder, RIW 2007, 481, 482. Zweifelnd Ranieri, in: Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, Bd. 2, S. 1500; siehe auch allgemein Hesselink, Good Faith in European Private Law, 1999; Zimmermann/Whittaker, in: Good Faith in European Contract Law, 2000, S. 7 ff.; Goode, The Concept of “Good Faith“ in English Law, 1992. 626 Ranieri, in: Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, Bd. 2, S. 1500. 627 Vgl. Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 26 Rom II-VO Rn. 18; Junker, in: MünchKomm, Art. 26 Rom II-VO Rn. 19; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 734. Vgl. zur Missbrauchsgefahr bei Vornahme einer Teilrechtswahl unten S. 324 ff.
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(4) Zwischenergebnis Im Ergebnis kann festgehalten werden, dass eine nachträgliche Rechtswahlvereinbarung in AGB zulässig ist. Dabei unterliegt die Rechtswahlklausel einer Einbeziehungskontrolle am Maßstab des gewählten Rechts. Eine Inhaltskontrolle sowohl auf Grundlage der lex causae als auch anhand einer europäisch autonomen Ausprägung von Treu und Glauben ist unzulässig. Sie findet nur auf kollisionsrechtlicher Ebene statt.628 Dies gilt nicht nur für nachträgliche Rechtswahlvereinbarungen nach Art. 14 Rom I-VO, sondern im Interesse der Rechtssicherheit für alle Formen der kollisionsrechtlichen Rechtswahl auch auf Grundlage von EU-Recht. cc. Konkludente Einigung (1) Ausschluss des hypothetischen Parteiwillens Gem. Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO genügt es alternativ zu der Vornahme einer ausdrücklichen Rechtswahl, dass sie sich mit hinreichender Sicherheit aus dem Umständen des Falles ergibt. Jene Formulierung unterliegt einer europäisch autonomen Auslegung.629 Nach einhelliger Ansicht in der Literatur eröffnet sie die Möglichkeit einer konkludenten Rechtswahl.630 Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass sich die Parteien über die Anwendung einer bestimmten Rechtsordnung einigen, ohne dies ausdrücklich zu erklären.631 Nach Erwägungsgrund 31 der Rom II-VO muss das Gericht bei 628 629
Vgl. hierzu im Einzelnen auch unten S. 358 ff. Junker, in: MünchKomm, Art. 3 Rom-VO Rn. 45; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 11; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 71. 630 Rühl, Statut und Effizienz, S. 610; Moss, in: FS Thue, 2007, 367, 374; W.H. Roth, in: FS Georgiades, 2006, S. 905; Mankowski, in: Das Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, S. 36; Coester-Waltjen, in: FS Sonnenberger, 2004, S. 343, 344; E. E. Lorenz, RIW 1992, 697, 698; Ofner, ZfRV 36 (1995), 149, 151; Steinle, ZVglRWiss 93 (1994) 300, 302; Gebauer, in: Wandlungen oder Erosion der Privatautonomie, 2007, S. 257, 265; Kessedijian, in: Japanease and European Private International Law, 2008, S. 105; Veltins, JPS 1989, 126, 128 f.; Leible, in: Le nouveau règlement européenne, 2008, S. 61, 63 ff.; ders., RIW 2008, 259, 260 f.; Hohloch, NZV 1988, 161, 167; Bertoli, riv.dir.int.priv.proc. 2009, 697, 706 f.; Kassedijian, in: Japanease and European Private International Law, S. 105, 109; Junker, in: MünchKomm, Art. 3 Rom-VO Rn. 45; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 11; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 71; Riesenhuber, DB 2005, 1571, 1573; Dicey/Morris/Collins, Conflict of Laws, Vol. 2 Rn. 32-095 ff.; Kadner Graziano, RabelsZ 7 (2009), 1, 6 f.; ders., in: The Rome II Regulation, S. 113, 121 f. 631 BGH JZ 2000, 1115, 1117; BGH NJW-RR 2005, 206, 208; BGH NJW 2009, 1205; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 19; Leible, in: AnwK-BGB, Art. 27 EGBGB Rn. 46; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 11; Hohloch/Kjelland, IPRax 2002, 32; Moss, in: FS Thue, 2007, S. 374; Ferrari, in: Ferrari, Art. 27 EGBGB Rn. 24; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 46 f.;
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der Prüfung, ob eine solche Rechtswahl vorliegt den Willen der Parteien achten. Damit beabsichtigt der europäische Gesetzgeber, die Anknüpfung an einen hypothetischen Parteiwillen zu unterbinden.632 Dieser hypothetische Parteiwille ist von einem konkludent geäußerten Parteiwillen klar zu unterscheiden. Beide Anknüpfungsmomente stehen in einem Alternativverhältnis zueinander.633 Während der hypothetische Parteiwille danach fragt, welches Recht die Parteien vermutlich gewählt hätten, „wenn sie sich der kollisionsrechtlichen Frage, welches Recht maßgeblich sein soll, bewußt gewesen und über die Antwort einig gewesen wären“634, geht es bei dem konkludenten Parteiwillen um die Ermittlung der tatsächlichen vorhandenen und übereinstimmenden Rechtswahlerklärungen.635 Der konkludente Parteiwille wird anhand objektiver Indizien ermittelt.636 Mitursächlich für den Ausschluss des hypothetischen Parteiwillens als Anknüpfungsmoment im europäischen Kollisionsrecht war die in Deutschland637
W.H. Roth, in: FS Georgiades, 2006, S. 906; Kassedijian, in: Japanease and European Private International Law, S. 105, 109. 632 Ebenso v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 11; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 29; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 71; Riesenhuber, DB 2005, 1571, 1572; zum hypothetischen Parteiwillen vgl. RGZ 68, 203, 205; RGZ 73, 379, 388; RGZ 161, 296, 298; RG IPRspr. 1930 Nr. 32 S. 87, 88; LAG Berlin, IPRspr. 1932, Nr. 37 S. 83, 84; Weitnauer, der Vertragsschwerpunkt S. 150; Steinle, ZVglRWiss 93 (1994), 300, 304 ff.; Veltins, JPS 1989, 126, 128; Moss, in: FS Thue, 2007, 367, 374; Haudek, Die Bedeutung des Parteiwillens im IPR S. 106 m.w.N. Vgl. auch oben zur Gesetzeshistorie S. 37 ff. 633 Kegel/Schurig, IPR S. 659; Gamillscheg, AcP 157 (1958/59), 303, 323; Haudek, Die Bedeutung des Parteiwillens im IPR S. 106 ff.; Dreher, Rechtswahl im internationalen Erbrecht S. 6; Moss, in: FS Thue, 2007, S. 367, 374; Kreuzer, in: FS v. Caemmerer, 1978, S. 705, 709 f.; Mann, JZ 1962, 6, 7 m.w.N. 634 Neuhaus, Grundbegriffe, S. 263 f. 635 RGZ 120, 72; RGZ 161, 298; RG JW 28, 1196; BayObLG IPRspr. 1931, Nr. 32; Kegel/Schurig, IPR S. 659; Gamillscheg, AcP 157 (1958/59), 303, 323; Haudek, Die Bedeutung des Parteiwillens im IPR S. 106 ff.; Dreher, Rechtswahl im internationalen Erbrecht S. 6; Moss, in: FS Thue, 2007, S. 367, 374; Kreuzer, in: FS v. Caemmerer, 1978, S. 705, 709 f.; Mann, JZ 1962, 6, 7 m.w.N. 636 Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 113 m.w.N. zur Rechtsprechung; Dreher, Rechtswahl im internationalen Erbrecht, S. 6. Auch für den hypothetischen Parteiwillen galt bislang ein objektiver Maßstab, d.h. es war aus der Sicht einer vernünftig und gerecht denkenden Partei zu urteilen, vgl. BGHZ 5, 35; BGHZ 17, 89; BGHZ 19, 110; Veltins, JPS 1989, 126, 128; Neuhaus, Grundbegriffe, S. 265. 637 Erstmals in BGH AWD 1958, 33, wo der BGH das Verhandeln der Parteien einzig über deutsches Recht als Indiz zur Wahl deutschen Rechts gewertet hat; zuvor aber bereits RG v. 13.4.1882 GruchBeitr. 26, 889 m.w.N. bei Kreuzer, Das Internationale Privatrecht des Warenkaufs S. 194 ff., 245 ff.; vgl. zudem die Ausführungen S. 27 ff.
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(und weiteren Mitgliedstaaten)638 gängige Spruchpraxis zur konkludenten Rechtswahl, die durch die Apfelschorf-Entscheidung des BGH auch auf das außervertragliche Schuldrecht erstreckt wurde.639 Diese im deutschen Sachrecht zur Produkt- und Produzentenhaftung bekannt gewordene Entscheidung aus dem Jahr 1981 beschäftigte sich mit einem deutschen Obstbauer, der von einem US-amerikanischen Spritmittelhersteller Schadensersatz aus Garantievertrag und unerlaubter Handlung vor deutschen Gerichten verlangte, weil sich das Mittel im Jahr 1974 zur Bekämpfung des Apfelschorfs als unwirksam erwiesen hatte.640 Für den hier relevanten Bereich der Rechtswahl stellte der BGH fest, dass das Berufungsgericht auf die Ermittlung des günstigeren Rechts im Sinne des Günstigkeitsprinzip und damit insgesamt auf die Ermittlung des anwendbaren Rechts verzichten konnte, weil die Parteien durch ihr Prozessverhalten stillschweigend die Anwendung der deutschen Rechtsordnung vereinbart hätten. Hieraus entwickelte sich sodann auch für das außervertragliche Schuldrecht die in der Literatur stark kritisierte641 ständige Spruchpraxis des BGH, wonach es für die Annahme einer konkludenten Rechtswahl als ausreichend angesehen wurde, wenn sich die Parteien einzig über deutsches Recht streiten, ohne sich über den Auslandsbezug bewusst sein zu müssen.642 In der Folge mussten sich die Mehrzahl der vor deutschen Gerichten mit Auslandsbezug verhandelten Fälle den Vorwurf des Heimwärtsstrebens gefallen lassen.643 Dem BGH wurde infolge des Verzichts auf ein Erklärungsbewusstsein vorgeworfen, systemwidrig den hypothetischen Parteiwillen unter dem Deck-
638 Zum Beispiel hat sich auch in Österreich eine vergleichbare Rechtsprechung herausgebildet, vgl. etwa OGH ZfRV 1977, 230; OGH IPRax 1986, 246; siehe auch Ofner, ZfRV 1995, 149, 151 ff.; Bydlinski, Privatautonomie S. 9 ff.; 36 ff. 639 Vgl. Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 6 f. m.w.N. 640 BGH IPRax 1982, 13 mit Anm. Kreuzer S. 1 ff. 641 Zum Vertragsrecht Schack, IPRax 1986, 272, 273; Leible, in: AnwK-BGB, Art. 27 EGBGB Rn. 55; Hohloch, in: Erman, Art. 27 EGBGB Rn. 17; Dörner, in: FS Stoll, 2001, S. 491, 493; Heiss, in: Czernich/Heiss, Art. 3 Rn. 3; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 3 Rn. 37; Martiny, ZEuP 1995, 67, 75; Steinle, ZVglRWiss 93 (1994), 300, 313; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 82 ff. m.w.N. 642 Zum Vertragsrecht BGH IPRax 1981, 93, 94 mit Anm. Spellenberg S. 75; BGH NJW 1991, 1292, 1293; BGH NJW-RR, 2000, 1002, 1004; BGH NJW-RR 2004, 1482; BGH VersR 2005, 811; BGH NJW 2009, 1205 Rn. 19; OLG Nürnberg, NJW 1985, 1296, 1297. 643 BGH NJW 1987, 592, 594; BGH NJW-RR 1988, 534, 535; BGH IPRax 1984, 30; BGH NJW 1994, 1408, 1409; vgl. Kreuzer, IPRax 1982, 1 ff.; Spickhoff, LMK 2009, 280900; Hohloch, NZV 1988, 161, 168; vgl. Schack, NJW 1984, 2736 m.w.N. zur entsprechenden Rechtsprechung im Internationalen Vertragsrecht.
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mantel der konkludenten Rechtswahl als Anknüpfungsmoment zu gebrauchen.644 Die höchstrichterliche Rechtsprechung des BGH zur konkludenten Rechtswahl, wonach allein das Verhandeln zu einer Rechtsordnung ausreichen sollte, ist indes nicht nur vor dem Hintergrund des fehlenden Erklärungsbewusstseins zu kritisieren. Der großzügige Umgang mit der Auslegung des Parteiverhaltens führte zu einer Anwaltsfalle:645 Im Allgemeinen birgt eine Rechtswahlvereinbarung nicht nur große Risiken für den Mandanten im Hinblick auf den Prozessausgang, sondern auch für den Rechtsanwalt hinsichtlich seiner Haftung. Das auf den Rechtsanwaltsvertrag anwendbare Recht richtet sich gem. Art. 4 Abs. 1 lit. b Rom I-VO grundsätzlich (vorbehaltlich Art. 6 Rom I-VO) nach dem Recht des Staates, in dem der Rechtsanwalt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.646 Dies entspricht in der Regel dem Recht der lex fori. Die nachträgliche Wahl eines Rechts, das für den Mandanten materiell-rechtlich schlechter647 als das nach objektiver Anknüpfung anwendbare Recht ist, kann nach deutschem Recht etwa wegen Verstoßes gegen den Grundsatz des sichersten Weges648 als Pflichtverletzung aus dem Anwaltsvertrag einzustufen sein.649 Zwar kann die Wahl einer Rechtsordnung, die materiell-rechtliche Schwächen aufweist, gleichwohl aus weiteren Gründen für den Mandanten vorteilhaft sein. Den Rechtsanwalt trifft – abhängig von dem anwendbaren Recht – im Hinblick auf die Risiken und Folgen einer solchen Rechtswahl jedoch diesbezüglich 644 v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 52; Vgl. Mitterer, Die stillschweigende Wahl des Obligationenstatuts, S. 121, 137 ff.; Kadner Graziano, RabelsZ 7 (2009), 1, 7; Mansel, ZVglRWiss 86 (1987), 1, 11 f.; Schack, NJW 1984, 2736, 2738; ders., IPRax 1986, 272, 273 f.; Sandrock, RIW 1986, 841, 848; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 13; Hohloch/Kjelland, IPRax 2002, 30 ff.; E. Lorenz, RIW 1992, 697, 703. 645 Nach der Rechtsprechung des BGH trifft einen Anwalt die Pflicht, wenn er keine entsprechenden Rechtskenntnisse auf dem fraglichen Rechtsgebiet besitzt, dass er sich „diese Kenntnisse verschafft und sich insbesondere über die in Frage kommende höchstrichterliche Rspr. unterrichtet.“, so BGH MDR 1959, 646. 646 Der Begriff des Dienstleitungsvertrags unterliegt einer europäisch autonomen Auslegung. In Abweichung zum deutschen Sachrecht sind auch Rechtsanwaltsverträge hierunter zu subsumieren, vgl. Magnus, in: Staudinger, Art. 4 Rom I-VO Rn. 300; Martiny, in: MünchKomm, Art. 4 Rom I-VO Rn. 51; Thorn, in: Palandt, Art. 4 Rom I-VO Rn. 9; Plender/Wilderspin, The European Private International Law of Obligations Rn. 7058. 647 Denkbar sind etwa die erhebliche Erhöhung des Prozessrisikos aufgrund deutlich strengerer Voraussetzungen für den glaubhaft zu machenden Anspruch oder etwa geringere Schadensersatzsummen. 648 BGH NJW 2006, 288; BGH NJW 2000, 3560; BGH NJW 1994, 1472; hierzu Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht S. 150 ff. 649 Allgemein zur Pflichtverletzung des Anwalts Hörmann, Die zivilrechtliche Haftungssituation des Rechtsanwalts, S. 50 ff.
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in der Regel eine Aufklärungspflicht, deren Unterlassen haftungsbegründend wirken kann.650 Nach der deutschen Rechtsprechung muss der Rechtsanwalt stets die erforderliche Rechtskenntnis auf dem in Betracht kommenden Rechtsgebiet besitzen, wozu insbesondere auch die höchstrichterliche Rechtsprechung zählt.651 Mithin musste der Rechtsanwalt wissen, dass sein Prozessverhalten als stillschweigende Wahl der lex fori gedeutet werden kann. Selbst ein Verhalten ohne Erklärungsbewusstsein konnte mithin zur vertraglichen Haftung des Anwalts führen. Während der BGH und die Instanzgerichte jene Rechtsprechung im vertraglichen Schuldrecht trotz Bestehens einer dem Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO bzw. Art. 3 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO entsprechenden Regelung in Art. 3 Abs. 1 S. 2 EVÜ, wonach sich die Rechtswahl gleichsam mit hinreichender Sicherheit aus den Umständen des Falles ergeben musste, in ähnlicher Weise fortsetzten, indem sie meist unreflektiert das Verhandeln der Parteien zu einer Rechtsordnung für die Annahme einer konkludenten Rechtswahl ausreichen ließen,652 scheint sich in jüngerer Zeit eine Änderung der Rechtsprechung abzuzeichnen. Der BGH betont nunmehr infolge der geäußerten Kritik, dass das Erklärungsbewusstsein zur Voraussetzung einer konkludenten Rechtswahl zählt. Doch handhabt er dieses Kriterium großzügig.653 So soll die rügelose Hinnahme einer Urteilsbegründung im Berufungsverfahren grundsätzlich ein ausreichendes Indiz für dessen Annahme darstellen.654 Vor dem Hintergrund jener Rechtsprechung stellt Er650 Hörmann, Die zivilrechtliche Haftungssituation des Rechtsanwalts, S. 71 ff; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht S. 128 ff. Diese Pflicht wird man als Teil der Aufklärungspflicht über das Prozess- und Verfahrensrisiko einstufen können. 651 BGH MDR 1959, 646; Hörmann, Die zivilrechtliche Haftungssituation des Rechtsanwalts, S. 50 f.; Odersky, NJW 1989, 1, 3; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht S. 121. 652 BGH NJW 1991, 1292, 1293; BGH NJW 1992, 909; BGH NJW 1992, 1380; BGH RIW 1992, 585, 586; BGH NJW 1994, 187; BGH RIW 1995, 410, 412; OLG Zweibrücken IPRspr. 2002 Nr. 71; OLG Saarbrücken IPRspr. 2002 Nr. 43; OLG Köln RIW 1994, 970, 971; OLG Hamm RIW 1995, 681, 682; OLG Saarbrücken WM 1998, 836; OLG Karlsruhe MDR 1998, 1470, 1471; OLG Karlsruhe NZG 2001, 748, 749; vgl. auch Steinle, ZVglRWiss 93 (1994), 300, 309 f.; Spickhoff, LMK 2009, 280900; ders., in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 26. Für die Annahme eines beiderseitigen Gestaltungswillens neuerdings BGH RIW 2009, 245, 246; BGH WM 2011, 1324, 1329 m.w.N.; vgl. hierzu unten S. 27 ff. 653 Kritisch hierzu Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 26. 654 BGH NJW 1991, 1292, 1293; BGH RIW 2009, 245, 246; BGH RIW 2010, 629, 630 f.: „Beide Parteien haben sich jedoch hinsichtlich des vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzanspruchs ausschließlich auf Vorschriften des deutschen Rechts berufen, zuletzt in der Revisionsbegründung und der Anschlussrevisionsbegründung; hierdurch haben sie stillschweigend eine Rechtswahl i.S. des Art. 27 Abs. 1 EGBGB getroffen (vgl. statt vieler BGHZ 103, 84, 86; 154, 276, 278; MünchKomm-BGB/Martiny, 5. Aufl., Art. 3 Rom I-VO Rn. 53 m.w.N.).“
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wägungsgrund 31 der Rom II-VO im Unterschied zum EVÜ klar, dass eine konkludente Rechtswahl nicht ohne weiteres vom Gericht unterstellt werden darf. Vielmehr müssen tatsächliche Anhaltspunkte für einen Rechtswahlwillen der Parteien bestehen.655 Auch wenn nach dem gewählten Recht, welches das Rechtswahlstatut bildet, der Tatbestand einer Willenserklärung kein Erklärungsbewusstsein voraussetzt, wird dieses Kriterium folglich durch die autonomen Begrifflichkeiten des Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO überlagert.656 Fraglich ist daher, wie sich das Zusammenspiel von Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO mit Erwägungsgrund 31 der Rom IIVO auf die neuere höchstrichterliche Rechtsprechung auswirken wird.657 (2) Allgemeine Anforderungen und Beweisregeln Die Möglichkeit der konkludenten Rechtswahl besteht unabhängig davon, ob der Vertrag, in dem die Rechtswahlklausel verwendet wird, im Übrigen bestimmten Anforderungen unterliegt.658 Denkbar ist beispielsweise, dass der Hauptvertrag eine ausdrückliche Einigung voraussetzt. Unter Zugrundelegung einer umfassenden Gesamtabwägung sind für die Ermittlung des Parteiwillens für die Vornahme einer ergänzenden Vertragsauslegung alle maßgeblichen Indizien zu berücksichtigen.659 Rechtsprechung und Literatur sind dazu aufgerufen, Fallgruppen zu bilden, um einerseits einer willkürlichen und andererseits einer zu restriktiven Handhabung entgegenzuwirken.660 Dabei darf einzelnen Hinweisen auf eine bestimmte Rechtsordnung nicht zu viel Gewicht beigemessen werden.661 Umgekehrt muss eine Typenbildung und Gewichtsbestimmung anhand objektiv auszulegender Indizien erfolgen, damit die Annahme einer konkludenten Rechtswahl nicht zu einer „unvorhersehbaren Einzelfallentscheidung“662 wird.663 Mate655 Spickhoff, in: FS Kropholler, 2008, S. 671, 683; ders., in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 6; ders., LMK 2009, 280900; Sonnentag, ZVglRWiss 105 (2006), 256, 278; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 29. 656 Andeutungsweise wohl auch Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 7. 657 Vgl. hierzu unten S. 198 ff. 658 Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 70; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 109. 659 BGH RIW 1992, 54; BGH RIW 1997, 426; BGH RIW 1999, 537; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 71; v. Hein, in Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom IVO Rn. 18; Coester-Waltjen, in: FS Sonnenberger, 2004, S. 343, 346; Mankowski, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 113. 660 Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 64. 661 Mankowski, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 113; Riesenhuber, DB 2005, 1571, 1574; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 71. 662 Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 71. 663 v. Bar, IPR, Bd. 2, Rn. 468; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 71; Coester-Waltjen, in: FS Sonnenberger, 2004, S. 343, 346, die von einer „Orientierungshilfe“ spricht.
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riell-rechtliche Ziele, wie etwa der Schutz schwächerer Parteien, müssen bei der Gewichtung der Indizien unberücksichtigt bleiben.664 Aufgrund der Objektivität der Auslegungskriterien steht die Annahme einer schlüssigen Rechtswahl mithin zwischen einer ausdrücklichen Rechtswahlvereinbarung und einer objektiven Anknüpfung. Im Gegensatz zu den objektiven Anknüpfungsmomenten gibt es aufgrund der Einzelfallabhängigkeit der jeweiligen Fallgestaltung keinen zwingenden und abschließenden Katalog an maßgeblichen Indizien.665 Nach der Formulierung des Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO muss sich die Rechtswahl mit hinreichender Sicherheit aus den Umständen des Falles ergeben. Für die Annahme einer stillschweigenden Rechtswahl müssen mithin Indizien bestehen, die einen sicheren Rückschluss auf den Parteiwillen, insbesondere das Erklärungsbewusstsein zulassen.666 Schwierigkeiten bereitet indes die Bestimmung des Maßstabes, welcher über die Annahme einer konkludenten Rechtswahl entscheiden soll. Während Art. 3 EVÜ noch die Voraussetzung aufstellte, dass sich die Rechtswahl „mit hinreichender Sicherheit aus den Umständen des Falles“ ergeben muss, wird nunmehr von Art. 3 Abs. 1 Rom I-VO verlangt, dass sich die Rechtswahl „eindeutig aus den Bestimmungen des Vertrags oder aus den Umständen des Falles“ ergibt.667 Die Rom II-VO greift in der deutschen Sprachfassung demgegenüber wiederum die Formulierung des EVÜ auf. Demgegenüber entspricht beispielsweise die französische und italienische Sprachfassung wieder der Rom I-VO.668 Fraglich ist daher, welche Auswirkungen diese Entwicklung auf die Auslegung des Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO hat. Im Rahmen der Rom I-VO ist unter Zugrundelegung der deutschen Sprachfassung streitig, ob mit der Neuformulierung der „konkludenten Rechtswahl“ eine Verschärfung des Maßstabs einhergehen sollte.669 Überwiegend wird 664 665 666
v. Hein, in Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 13. BAGE 125, 24 ff. Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 29; Spickhoff, in: FS Kropholler, 2008, S. 671, 683; ders. in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 6; Sonnentag, ZVglRWiss 105 (2006), 256, 278; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn.71; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 17; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 13. 667 Vgl. etwa auch die englische Sprachfassung: The choice shall be made expressly or clearly demonstrated by the terms of the contract or the circumstances of the case. 668 Vgl. hierzu umfassend v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 24 ff. 669 Dafür Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn.71; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 14; W.H. Roth, in: FS Georgiades, 2005, S. 905, 913; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 29; Lando/Nielsen, CMLR 45 (2008), 1687, 1698; Leible/Lehmann, RIW 2008, 528, 532; dagegen Garcimartín Alférez EuLF I-61, I-66; Einsele, WM 2009, 289, 290; Rühl, in: FS Kropholler, 2008, S. 187, 197 Fn. 46.
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Zweites Kapitel: Der Tatbestand des Art. 14 Rom II-VO
dies mit der Begründung bejaht, dass die heutige Formulierung des Art. 3 Rom I-VO bereits als Verbesserung zu Art. 3 EVÜ vorgeschlagen wurde, um „verschärfende“670 Anforderungen an eine konkludente Rechtswahl zu stellen und damit der Rechtsprechung des BGH Steine in den Weg zu legen.671 Unter Zugrundelegung des allgemeinen Sprachgebrauchs könnte daraus der Umkehrschluss gezogen werden, dass die Anforderungen an eine konkludente Rechtswahl im Rahmen der Rom II-VO niedriger sind.672 Dies hätte freilich zur Folge, dass sich bei Vorliegen derselben Indizien einerseits für eine Rechtswahl für ein außervertragliches Schuldverhältnis entschieden werden könnte, während eine vertragliche Rechtswahl ausscheiden müsste, obwohl die Parteien möglicherweise eine Rechtswahl für beide Schuldverhältnisse treffen wollten. Nach Entstehung einer entsprechenden Streitigkeit ist eine solche Rechtswahlvereinbarung aufgrund der näheren Spezifizierbarkeit der Vor- und Nachteile zumeist nicht nachholbar. Die Rechtssicherheit spricht daher auch hier wiederum für die Anlegung einheitlicher Maßstäbe. Rechtfertigen ließe sich eine entsprechende Differenzierung schließlich auch nicht mit den weiterreichenden Rechtsfolgen, die eine vertragliche Rechtswahl aufgrund der Möglichkeit der akzessorischen Anknüpfung auf das außervertragliche Schuldrecht hat. Diese findet nur statt, wenn keine Rechtswahlvereinbarung auf Grundlage der Rom II-VO getroffen wurde. Die deutsche Sprachfassung legt indes nahe, dass mit der Neuformulierung des Art. 3 EVÜ auch eine inhaltliche Änderung gewollt ist. Vor diesem Hintergrund sind entsprechend dem Grundsatz lex posterior derogat legi priori im Interesse einer einheitlichen Auslegung gleichsam strengere Anforderungen an eine konkludente Rechtswahl nach Art. 14 Rom II-VO zu stellen.673 Dafür sprechen nicht nur der französische und italienische Wortlaut, sondern schließlich auch Erwägungsgrund 31 der Rom II-VO, wonach bei der Prüfung, ob eine konkludente Rechtswahl vorliegt, der Willen der Parteien vom Gericht beachtet werden muss. Hiermit sollten die Anforderungen, die Art. 3 EVÜ bzw. Art. 14 Abs. 1 S. 2 670 671
Siehe bereits W.H. Roth, in: FS Georgiades, 2006, S. 905, 913. So W.H. Roth, in: FS Georgiades, 2006, S. 905, 913; Lando/Nielsen, CMLR 45 (2008), 1687, 1698; Leible/Lehmann, RIW 2008, 528, 532; Lagarde, in: Europäisches Gemeinschaftsrecht und IPR, 2007, S. 13, 17. 672 So Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 71; Lando/Nielsen, CMLR 45 (2008), 1687, 1698; Rauscher, IPR, Rn. 1085; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 13 f.; R. Wagner, IPRax 2008, 377, 378 f. 673 v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 14; de Boer, YBPIL 9 (2007), 19, 23 Fn. 19; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 30; Leible, RIW 2008, 257, 260; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 727; Hill, ICLQ 53 (2004), 325, 327 f.; W.H. Roth, in: FS Georgiades, 2006, S. 905, 907 ff.; Mitterer, Die stillschweigende Wahl des Obligationenstatuts, S. 19 ff.; Rühl, in: FS Kropholler, 2008, S. 187, 197 Fn. 46; dies., Statut und Effizienz, S. 613 für gleiche Maßstäbe; für strengere Maßstäbe bereits im Rahmen des EVÜ vgl. Hohloch/Kjelland, IPRax 2002, 30, 32.
§ 6 Das Anknüpfungsmoment des Art. 14 Rom II-VO
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Rom II-VO an die Rechtswahlvereinbarung stellt, konkretisiert und verschärft werden. Im Rahmen der Revision der Rom-Verordnungen sollte der Wortlaut der Vorschriften künftig entsprechend adaptiert werden. Die einzelnen zu berücksichtigenden Umstände wirken als europarechtlich vereinheitlichte Auslegungsregeln. Sie geben darüber Auskunft, inwieweit von dem Vorliegen eines bewiesenen Umstands auf das Bestehen einer konkludenten Rechtswahlvereinbarung geschlossen werden kann.674 Der Grad der Indizwirkung kann sowohl im konkreten Fall als auch im Verhältnis zu anderen Faktoren variieren. Die Indizwirkungen sind widerlegbar.675 Die hierfür erforderlichen Anstrengungen steigen und fallen spiegelbildlich zum Grad der Indizwirkung.676 Der deutsche Richter ermittelt das Vorliegen einer konkludenten Rechtswahl von Amts wegen.677 „Die Beurteilung der Frage, ob die Parteien ihren Vertragsverhandlungen im Wege der Individualvereinbarung eine stillschweigende Rechtswahl […] zugrunde gelegt haben, ist Gegenstand tatrichterlicher Auslegung und in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt überprüfbar […]. Der Kontrolle durch den Senat unterliegt nur, ob das Berufungsgericht seiner Auslegung die zutreffenden rechtlichen Maßstäbe zugrundgelegt hat, ob es den Prozeßstoff umfassend und widerspruchsfrei gewürdigt und ob es die indizielle Bedeutung der in Betracht kommenden Anknüpfungspunkte erkannt hat.“678 Die Prüfung von Amts wegen befreit die Parteien freilich nicht von ihrer Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des Vorliegens der Indizien.679 Es gilt der allgemeine Grundsatz, dass „jede Partei die Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen der ihr günstigen Rechtsnorm zu tragen hat“680.681 Der Begriff der Vermutung ist nachfolgend von den sog. Beweislastregelungen zu unterscheiden. Die Parteien schaffen nur die Tatsachengrundlage für die Indizien, dem Richter obliegt demgegenüber die Beurteilung ihrer Indizwirkung für die konkludente Rechtswahl. 674 675 676
Vgl. Coester-Waltjen, in: FS Sonnenberger, 2004, 343, 350 f. Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 64, 66. Vgl. im Ergebnis Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 66; Leible, RIW 2008, 257, 260 f. 677 BGH NJW 2009, 916, 917; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 103; demgegenüber zum sog. fakultativen Kollisionsrecht vgl. Spickhoff, Jura 2007, 407 ff.; Einsele, Rabels 60 (1996), 417, 419 ff.; G. Wagner, ZEuP 1999, 6, 16 f. unter Hinweis auf § 293 ZPO, wonach ausländisches eher als Tatsache behandelt werden soll. 678 BGH RIW 2009, 245, 246; BGH NJW-RR 2005, 206, 208; BGH NJW-RR 1997, 686, 687; BGH NJW-RR 2000, 1002, 1003. 679 Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 29; Coester-Waltjen, in: FS Sonnenberger, 2004, 343, 350. 680 Musielak, JA 2011, 561 f. 681 Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 29; Laumen, in: Prütting/ Gehrlein, ZPO, § 286 ZPO Rn. 52; Leipold, in: Stein/Jonas, ZPO, § 286 Rn. 61 ff.; Foerste, in: Musielak, § 286 Rn. 35; Musielak, JA 2011, 561 f.
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Zweites Kapitel: Der Tatbestand des Art. 14 Rom II-VO
(3) Indizien für eine konkludente Rechtswahl nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO Welche Indizien für eine Rechtswahl in Betracht zu ziehen sind, ist von wenigen Ausnahmen abgesehen bereits an anderer Stelle ausführlich zum Vertragsrecht erörtert worden.682 Infolge des bisherigen Ausschlusses einer antizipierten Rechtswahlmöglichkeit im außervertraglichen Schuldrecht, wurde sich bei der Diskussion um die Bewertung von Indizien für die Annahme einer konkludenten Rechtswahl hauptsächlich auf das Prozessverhalten beschränkt. Mit Etablierung des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO wurde der praktische Anwendungsbereich der konkludenten Rechtswahl nunmehr für weitere Indizien geöffnet. Grundsätzlich sind jene Ausführungen zum Vertragsrecht auf das außervertragliche Schuldrecht übertragbar.683 Doch sind auch Einschränkungen zu machen. So muss bei der Übertragung auf die konkludente Rechtswahl nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom IIVO berücksichtigt werden, dass sich die Frage, ob eine konkludente Rechtswahl getroffen wurde, häufig erst nach Entstehung einer Streitigkeit stellt. In Abhängigkeit zu dem jeweiligen herangezogenen Indiz kann folglich vielfach der konkludente Abschluss einer antizipierten Rechtswahl in Frage stehen. Diese ist im Rahmen von Art. 14 Rom II-VO jedoch nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 1 lit b Rom II-VO zulässig.684 Gehen die Parteien demnach keiner kommerziellen Tätigkeit nach, kann die Frage nach einer entsprechenden Indizwirkung grundsätzlich dahingestellt bleiben.685 Bedeutung erlangt dann die Möglichkeit der akzessorischen Anknüpfung.686 Davon unberührt bleibt freilich die Mög682 Siehe etwa die umfassende Darstellungen von Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 70 ff.; Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 65 ff.; Steinle, ZVglRWiss 93 (2004), 300, Ofner, ZfRV 1995, 149 ff.; Schack, IPRax 1986, 273 ff.; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 48; E. Lorenz, RIW 1992, 697, 698 ff.; W.H. Roth, in: FS Georgiades, 2006, 905, 907 ff.; Giuliano/Lagarde, Bericht über das Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, BT-Drucks. 10/503, S. 36, 47 ff.; Mitterer, Die stillschweigende Wahl des Obligationenstatuts, S. 81 ff.; Dickinson, Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.21; allgemein zur konkludenten Rechtswahl Coester-Waltjen, in: FS Sonnenberger, 2004, S. 343, 345. 683 Ebenso Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 30. 684 Siehe hierzu im Einzelnen unten S. 247 ff. 685 Ebenso Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 30; Leible, RIW 2008, 257, 261; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 32. Möglich bliebe eine nachträgliche Bestätigung der unwirksamen konkludenten Rechtswahl. Dies wird jedoch die Ausnahme bleiben. Das hierauf anwendbare Recht richtet sich nach dem Rechtswahlstatut, vgl. oben S. 141 ff. 686 Vgl. zum Beispiel zum Mobbing am Arbeitsplatz, wenn nur für den Arbeitsvertrag eine Rechtswahl getroffen wurde LAG Köln, Urteil v. 11.01.2010, Az. 5 Sa 1085/09 Rz. 44 ff.
§ 6 Das Anknüpfungsmoment des Art. 14 Rom II-VO
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lichkeit, dass eine nachträgliche konkludente Rechtswahl getroffen wird. Mit der Differenzierung zwischen einer nachträglichen und antizipierten Rechtswahl können indes auch die Gewichtungen der einzelnen Indizien für eine konkludente Rechtswahl variieren.687 Für diese Beurteilung ist eine differenzierende Betrachtung der einzelnen Indizien erforderlich. Nachfolgend sollen vor diesem Hintergrund die wesentlichen Ergebnisse der bisherigen Diskussion zum Vertragsrecht zusammengefasst, ihre Übertragbarkeit im Hinblick auf die Rechtswahl nach Art. 14 Rom II-VO überprüft und soweit erforderlich ergänzt werden. (a) Rechtswahlvereinbarung nach Art. 3 Rom I-VO Bislang wurden die indiziellen Wechselwirkungen von Rechtswahlvereinbarungen nach Art. 3 Rom I-VO und Art. 14 Rom II-VO kaum untersucht. Vor Inkrafttreten der Rom II-VO bestand das bedeutsamste Indiz für die Annahme einer konkludenten Rechtswahl in einer Gerichtsstandsvereinbarung.688 Mit Etablierung der antizipierten Rechtswahlmöglichkeit in Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO wurde dieses Indiz nunmehr von seiner Vorreiterrolle durch den Abschluss einer Rechtswahlvereinbarung nach Art. 3 Abs. 1 Rom I-VO verdrängt.689 Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Parteien eine einheitliche Behandlung ihrer gegenseitigen vertraglichen und außervertraglichen Ansprüche erstreben. Dies führt nicht nur zur Beschleunigung des Verfahrens und qualitativ höherwertigen Entscheidungen, sondern vermeidet im Fall der Wahl eines ausländischen Rechts die Einholung mehrerer Rechtsgutachten und ist für die Parteien mithin kostengünstiger.690 Jedoch lässt nicht jede vorangegangene Rechtswahlvereinbarung auf Grundlage des Art. 3 Abs. 1 Rom I-VO einen entsprechenden Schluss zu.691 Fraglich ist vor diesem Hintergrund, welche Anforderungen eine solche Rechtswahlvereinbarung erfüllen muss, um eine entsprechende Indizwirkung auf das außervertragliche Schuldrecht zu entfalten. Hierfür kann zwischen einer ausdrücklichen und einer konkludenten Rechtswahlvereinbarung differenziert werden. Wurde die Rechtswahl nach Art. 3 Rom I-VO ausdrücklich getroffen, muss die Formulierung der Rechtswahlvereinbarung einer genaueren Prüfung unterzogen werden. Bezieht sich die Verein687 Im Ergebnis auch Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 32, die einer nachträglichen Gerichtsstandsvereinbarung eine Vermutungswirkung zugunsten einer nachträglichen konkludenten Rechtswahl zuschreiben wollen. 688 Vgl. etwa Herkner, Die Grenzen der Rechtswahl S. 131 f. m.w.N. 689 Bertoli, riv.dir.int.priv.proc. 2009, 697, 709. 690 Vgl. bereits oben S. 2 ff. 691 Vgl. Kadner Graziano, in: The Rome II Regulation, 113, 121 f.; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 33; Bertoli, riv.dir.int.priv.proc. 2009, 697, 709.
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Zweites Kapitel: Der Tatbestand des Art. 14 Rom II-VO
barung allein auf vertragliche Schuldverhältnisse, kann ihr grundsätzlich keine Indizwirkung beigemessen werden.692 Ist die Vereinbarung demgegenüber offen formuliert, spricht eine starke Vermutung dafür, dass die Parteien auch eine konkludente Rechtswahl für das außervertragliche Schuldrecht getroffen haben.693 Lässt sich der Wortlaut im Nachhinein hingegen nicht mehr ermitteln, etwa weil die Vereinbarung mündlich getroffen wurde, ist im Zweifel von einer offenen Formulierung auszugehen. Wurde die Rechtswahl nach Art. 3 Rom I-VO konkludent geschlossen, d.h. ergibt sie sich eindeutig aus den Umständen des Falles, so liegt in der Regel auch eine Rechtswahl für ein außervertragliches Schuldverhältnis vor, wenn die weiteren Umstände des Falles nicht belegen, dass allein vertragliche Schuldverhältnisse den Gegenstand der Rechtswahlvereinbarung bilden sollten. Häufig geht es im Rahmen von Art. 3 Rom I-VO indes um antizipiert getroffene Rechtswahlvereinbarungen. Den Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO kommen daher besondere Bedeutung zu. Wurden diese nicht eingehalten, kann gleichwohl eine Indizwirkung von der Rechtswahlvereinbarung nach Art. 3 Rom I-VO bestehen. Die unwirksame Rechtswahlvereinbarung nach Art. 14 Rom II-VO müsste dann jedoch von den Parteien bestätigt werden.694 Das Vorliegen einer Bestätigung richtet sich entsprechend der allgemeinen Grundsätze zum Zustandekommen und der Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung nach dem gewählten Recht.695 Ist die vertragliche Rechtswahlvereinbarung unwirksam, entfällt ihre Indizwirkung. Ebenso wie Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO mit der vertragsakzessorischen Anknüpfung einen Gleichlauf mit dem Vertragsstatut herstellen möchte, ist im Zweifel davon auszugehen, dass die Parteien eine entsprechende Rechtswahlvereinbarung für außervertragliche Schuldverhältnisse nur für den Fall treffen wollten, dass die vertragliche Rechtswahlvereinbarung wirksam ist. Sie steht mithin gleichsam unter der konkludent vereinbarten Bedingung der Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung nach Art. 3 Rom I-VO. Da die Voraussetzungen des Art. 14 Rom IIVO enger sind als die des Art. 3 Rom I-VO, wird diese Fallgestaltung jedoch die Ausnahme bleiben.696 692 Ebenso Kadner Graziano, in: The Rome II Regulation, 113, 121 f.; Bertoli, riv.dir.int.priv.proc. 2009, 697, 709. 693 Vgl. Bertoli, riv.dir.int.priv.proc. 2009, 697, 709; Kadner Graziano, in: The Rome II Regulation, 113, 122. 694 Vgl. Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 33. 695 Vgl. bereits oben S. 166. 696 Aufgrund der identischen Parteiinteressen entfaltet eine getroffene Rechtswahlvereinbarung nach Art. 14 Rom II-VO umgekehrt auch zugunsten einer konkludent getroffenen Rechtswahl nach Art. 3 Rom I-VO Indizwirkung. Da die Parteien typischerweise das auf das außervertragliche Schuldverhältnis anwendbare Recht in Abhängigkeit
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(b) Gerichtsstandsvereinbarungen Im Vordergrund der Diskussion um die maßgeblichen Indizien für eine konkludente Rechtswahl steht die Indizwirkung von Gerichtsstandsvereinbarungen (qui eligit iudicem, eligit ius).697 Neben den Vorteilen, welche die Anwendung des richterlichen Heimatrechts zur Folge haben,698 ist dies darauf zurückzuführen, dass sich die Anwendbarkeit der europäischen Kollisionsnormen nach der lex fori richtet. Erst mit Abschluss einer Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten eines Mitgliedstaates besteht Sicherheit über die für den wirksamen Abschluss einer Rechtswahlvereinbarung einzuhaltenden kollisionsrechtlichen Voraussetzungen.699 Der Praxis ist daher stets der gemeinsame Abschluss von Rechtswahl- und Gerichtsstandsvereinbarung zu empfehlen.700 Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der neuen Regelung des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO , wenn gewährleistet sein soll, dass die antizipierte Rechtswahl für außervertragliche Schuldverhältnisse auch im Rahmen von Beziehungen zu Drittstaaten wirksam sein zum anwendbaren Vertragsrecht setzen, ist auf weitere Indizien und die Besonderheiten des Einzelfalls besonderes Augenmerk zu richten. 697 Vgl. BGH NJW-RR 1990, 183; BGH NJW 1991, 1420; BGHZ 104, 268; BGH NJW 1996, 2569; BAGE 125, 24; OLG Frankfurt RIW 1998, 477; LAG Düsseldorf RIW 1987, 59; OLG Celle RIW 1988, 127; OLG Zweibrücken IHR 2002, 67; OLG Frankfurt RIW 1989, 911, 912; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 16; Bach, in: Huber, The Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 12 f.; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; Ofner, ZfRV 2008, 13, 21 Fn. 80; Leible, in: Neues Internationales Vertragsrecht, S. 41; ders., in: AnwK-BGB, Art. 27 EGBGB Rn. 48; ders., in: Le nouveau règlement européen, S. 61, 64 ff.; Peruzzetto, in: Enforcement of International Contracts, 2004, S. 343 ff.; Basedow, Rechtswahl und Gerichtsstandsvereinbarungen nach neuem Recht; Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB S. 90 ff.; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR; Art. 3 Rom I-VO Rn. 20 ff.; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 75; Lando/Nielsen, CMLR 45 (2008), 1687, 1699; dies., JPrIL 2007, 29, 34 f.; Leible/Lehmann, RIW 2008, 532 f.; Fricke, VersR 2006, 745, 747; Heiss, in: Czernich/Heiss, Art. 3 EVÜ Rn. 10; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 14; ders., NZV 1988, 161, 167; Steinle ZVglRWiss. 93 (1994), 310ௗf.; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 10 Rn. 35; Lüderitz, IPR, Rn. 271; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 48; ders., in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 116; Thorn, in: Palandt, Art. 3 Rom I-VO Rn. 7; Plender/Wilderspin, The European Private International Law of Obligations Rn. 5.11; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 47; Mitterer, Die stillschweigende Wahl des Obligationenstatuts, S.89; Lagarde, rev.crit.dr.int.priv. 80 (1991), 287, 303; E. Lorenz, RIW 1992, 697, 702; v. Bar, IPR, Bd. 2, Rn. 469 f. 698 Vgl. hierzu oben S. 2 ff. 699 BGH IPRspr. 1960-61 Nr. 39b; Bach, in: Huber, The Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 15; Kassedijian, in: Japanese and European Private International Law, S. 105, 111 f. 700 Vgl. zu den Fallstricken eines Prozesses unter Anwendung ausländischen Rechts Graf v. Westphalen, NJW 1994, 2115 ff.; vgl. auch Mankowski, RIW 2003, 2 ff.; Oschmann, in: FG Sandrock, 1995, S. 25, 27 ff.
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Zweites Kapitel: Der Tatbestand des Art. 14 Rom II-VO
soll.701 Umgekehrt werden mit dem Abschluss einer Gerichtsstandsvereinbarung und einer Rechtswahlvereinbarung häufig stark voneinander abweichende Zwecke erfüllt.702 Daher stellt sich bei Fehlen einer Rechtwahlvereinbarung zugunsten der Gerichte eines ausländischen Staates die Frage, ob die Parteien in sachrechtlicher Hinsicht stillschweigend auch eine Rechtswahl getroffen haben.703 Während die Rom II-VO keine Anhaltspunkte für die Annahme einer konkludenten Rechtswahl bei Vorliegen einer Gerichtsstandsvereinbarung bietet, findet sich in Erwägungsgrund 12 Rom I-VO die Auslegungsregel, dass der Abschluss einer Gerichtsstandsvereinbarung, welche die ausschließliche Zuständigkeit eines mitgliedstaatlichen Gerichts begründet, einer der zu berücksichtigenden Faktoren sei.704 Nach Erwägungsgrund 7 der Rom II-VO ist eine Auslegungsharmonie zwischen der Rom I-VO, Rom II-VO und der EuGVO zu erzielen.705 Demnach sind grundsätzlich auch die Auslegungsregeln der Rom I-VO auf die Rom II-VO zu übertragen.706 Erwägungsgrund 12 der Rom I-VO ist folglich auch für die Beurteilung der Anforderungen an eine konkludente Rechtswahl nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO heranzuziehen.707 Der divergierende Wortlaut des Erwägungsgrunds 12 („eindeutig“) ist mit den obigen Argumenten als unerheblich anzusehen. Nicht nur die Sicherheit über die einzuhaltenden Voraussetzungen, sondern auch die Beschleunigung eines Verfahrens und die damit verbundene Kostenreduzierung sowie die Qualität der Entscheidung rechtfertigen die Vermutungswirkung zugunsten des Sachrechts der lex fori.708 Ferner spricht die Revisibilität der 701 Art. 14 Rom II-VO nimmt mit der Etablierung der antizipierten Rechtswahlmöglichkeit eine Vorreiterrolle im internationalen Vergleich an, vgl. hierzu unten S. 230 ff. 702 Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 14; v. Bar, IPR, Bd. 2, Rn. 469. 703 Siehe zum Beispiel BGH IPRspr. 1960-61 Nr. 39b; BAG RIW, 2011, 167; BGE 82 II 550, 553. 704Vgl. zur Entstehungsgeschichte ausführlich v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 21 ff. 705 Vgl. hierzu bereits oben S. 45 ff. 706 Vgl. v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Einl Rom I-VO Rn. 23; Magnus, in: Staudinger, Einl. zur Rom I-VO Rn. 62. 707 Wohl auch Dickinson, Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13. 22; vgl. Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 6; a.A. Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 29. 708 BGHZ 104, 268; BGH NJW 1996, 2569; BGH NJW-RR 1990, 183; BGH NJW 1991, 1420; OLG Frankfurt RIW 1998, 477; LAG Düsseldorf RIW 1987, 59; OLG Celle RIW 1988, 127; OLG Zweibrücken IHR 2002, 67; OLG Frankfurt RIW 1989, 911, 912; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 75; Lando/Nielsen, CMLR 45 (2008), 1687, 1699; dies., JPrIL 2007, 29, 34 f.; Leible/Lehmann, RIW 2008, 532 f.; Leible, in: AnwK-BGB, Art. 27 EGBGB Rn. 48; Heiss, in: Czernich/Heiss, Art. 3 EVÜ Rn. 10; Hohloch, in: Erman, Art. 27 EGBGB Rn. 12; Steinle ZVglRWiss. 93 (1994), 310ௗf.; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 10 Rn. 35; Lüderitz, IPR, Rn. 271; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 48; ders., in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht,
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Entscheidung und die Ersparnis von Gutachterkosten eine Rolle.709 Vor diesem Hintergrund ist es missverständlich, dass Erwägungsgrund 12 der Rom I-VO nur von den Gerichten eines Mitgliedstaates spricht.710 Richtigerweise sind auch abseits von Gerichtsstandsvereinbarungen zugunsten mitgliedstaatlicher Gerichte die Parteiinteressen dieselben.711 Für Gerichtsstandsvereinbarungen zugunsten drittstaatlicher Gerichte gilt daher dieselbe Indizwirkung.712 Nach dem Wortlaut des Erwägungsgrunds 12 der Rom I-VO muss zwischen der Begründung einer ausschließlichen Zuständigkeit und einer nicht-ausschließlichen Zuständigkeit unterschieden werden. Letzteres ist bei fakultativen und optionalen Gerichtsstandsvereinbarungen gegeben. Diese räumen nur einer Partei das Recht ein, in Abweichung von der objektiv gegebenen Regelung eines oder mehrere Gerichte anzurufen.713 Der Unterschied beider Zuständigkeitsformen liegt in dem Grad der Vermutungswirkung. Gerichtsstandsvereinbarungen, die eine ausschließliche Zuständigkeit begründen, haben grundsätzlich eine starke Vermutungswirkung.714 Dabei sind je nach Einzelfall Faktoren zu berücksichtigen, welche Rn. 116; Thorn, in: Palandt, Art. 3 Rom I-VO Rn. 7; Plender/Wilderspin, The European Private International Law of Obligations Rn. 5.11; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 47; a.A. Mitterer, Die stillschweigende Wahl des Obligationenstatuts, S.89 der eine Indizwirkung gänzlich ablehnt; Lagarde, rev.crit.dr.int.priv. 80 (1991), 287, 303 für zusätzliche Indizien; ebenso E. Lorenz, RIW 1992, 697, 702; v. Bar, IPR, Bd. 2, Rn. 469 f.; Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, Art. 14 Rom II-VO Rn. 5; Riesenhuber, DB 2005, 1571, 1573; Kassedijian, in: Japanease and European Private International Law, S. 105, 109; Fricke, VersR 2006, 745, 747; wohl auch Gebauer, in: Wandlungen oder Erosion der Privatautonomie, S. 257, 265. 709 Schack, IPRax 1984, 2736. 710 Ebenso Leible, in: Le nouveau règlement européen, S. 61, 66; ders., in: Neues Internationales Vertragsrecht, S. 41, 44; Garcimartín Alférez, EuLF 2008, I-61, I-67; Leible/Lehmann, RIW 2008, 528, 533; Gebauer, in : Wandlungen oder Erosion der Parteiautonomie, S. 257, 265. 711 Es ist nicht davon auszugehen, dass Erwägungsgrund 12 der Rom I-VO die Indizwirkung von Gerichtsstandsvereinbarungen zugunsten drittstaatlicher Gerichte ausschließen wollte. Der restriktive Wortlaut ist darauf zurückzuführen, dass die EuGVO nach überwiegender Ansicht [vgl. hierzu Kropholler/v. Hein, EuZPR, Art. 23 EuGVO Rn. 83 m.w.N.] nur anwendbar ist, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat hat. Nur im Rahmen dieses Anwendungsbereichs finden auch die Rom-Verordnungen Anwendung. Bei Anrufung eines drittstaatlichen Gerichts gilt daher weder die EuGVO noch die Rom I-VO oder Rom II-VO. 712 Ebenso Leible, in: Le nouveau règlement européen, S. 61, 66. 713 v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR; Art. 3 Rom I-VO Rn. 24; Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 67 f. 714 Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn 75; Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 66; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 24; Looschelders, Art. 27 EGBGB Rn. 18; Martiny, ZEuP 2008, 79, 89; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 21.
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die Vermutungswirkung erhöhen oder schmälern können. Nach überwiegender Ansicht führt die Unwirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung zur erheblichen Abschwächung der Vermutung, weil aus den bereits ausgeführten Gründen Gerichtsstands- und Rechtswahlvereinbarung zumeist aufeinander abgestimmt sind.715 Eine solche Sichtweise führt allerdings die Anknüpfung an den hypothetischen Parteiwillen durch die Hintertür wieder ein. Schließlich kennen die Parteien im Zeitpunkt der konkludenten Rechtswahl zumeist die Unwirksamkeit ihrer Gerichtsstandsvereinbarung nicht. Allein die Tatsache, dass infolge der Unwirksamkeit der Vereinbarung Parteiinteressen nicht mehr durch jene Abrede verwirklicht werden können, vermag einen konkludent geäußerten Rechtswahlwillen nicht zu verhindern.716 Schließlich ist es den Parteien einerseits unbenommen, die konkludente Rechtswahl nachträglich zu ändern.717 Andererseits liegt die Annahme nahe, dass die Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung unter der auflösenden Bedingung der Wirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung steht.718 Dies stünde im Einklang mit den Indizwirkungen einer Rechtswahlvereinbarung auf Grundlage des Art. 3 Rom I-VO. Von einer unwirksamen Gerichtsstandsvereinbarung kann daher nicht auf eine Rechtswahlvereinbarung geschlossen werden. Die juristische Kenntnis der Parteien über die Möglichkeit des Abschlusses einer entsprechenden Rechtswahlvereinbarung soll hingegen keine Auswirkungen auf die Vermutungswirkung haben.719 Um einer Anknüpfung an den hypothetischen Parteiwillen entgegenzuwirken, sollte die Kenntnis der Parteien aber in jedem Fall berücksichtigt werden.720 715 BGH DB 1969, 1053; OLG Hamm, IPRspr. 2004 Nr. 36; Mankowski, Seerechtliche Vertragsverhältnisse, S. 34; ders., RabelsZ 63 (1999), 203, 213; ders., in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 67; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 77; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 49; ders., in: Reithmann/Martiny, Rn. 117; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 21; a.A. OLG Celle, IPRspr. 1999 Nr. 31 S. 77. 716 Ebenso Leible, in: Le nouveau règlement européen, S. 61, 66 m.w.N. 717 Vgl. auch Coester-Waltjen, in: FS Sonnenberger, 2004, S. 343, 350 zum Vertragsrecht; vgl. zur Möglichkeit der Abänderung einer einmal getroffenen Rechtswahl die Ausführungen unten S. 338 f. 718 Ohne diese Konstruktion müsste man konsequenterweise der unwirksamen Gerichtsstandsvereinbarung ebenso eine Indizwirkung einräumen, vgl. Leible, in: Le nouveau règlement européen, S. 61, 66 m.w.N.; die Parteiinteressen können durch eine abändernde Rechtswahl (s.u.) zugunsten der „neuen“ lex fori schließlich weiter verfolgt werden. 719 So Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 66; a.A. v. Bar, IPR, BD. 2, Rn. 469; Mitterer, Die stillschweigende Wahl des Obligationenstatuts, S.91; Bach, in: Huber, The Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 14; Coester-Waltjen, in: FS Sonnenberger, 2004, S. 343, 350 f. 720 Die Nichtberücksichtigung der Kenntnis der Parteien scheint zu einer starken Rückbesinnung auf die Anknüpfung an den hypothetischen Parteiwillen zu führen. So ist
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Die Indizwirkung, die von einer ausschließlichen Gerichtsstandsvereinbarung ausgeht, ist – wie jede andere – widerlegbar, d.h. kann erschüttert werden.721 Erforderlich ist der Nachweis, dass verfahrensrechtliche oder prozessuale Fragestellungen vordergründig das Motiv für den Abschluss der Gerichtsstandsvereinbarung bildeten.722 Der Grad der Vermutungswirkung von fakultativen Gerichtsstandsvereinbarungen ist demgegenüber geringer.723 Entsprechend einfacher ist die Möglichkeit der Entkräftung der Vermutung. Dies beruht im Wesentlichen auf dem fehlenden Derogationseffekt der Gerichtsstandsvereinbarung.724 Erwägungsgrund 12 der Rom IVO führt nicht etwa dazu, dass nicht-ausschließlichen Gerichtsstandsvereinbarungen keinerlei Bedeutung mehr beizumessen ist.725 Dass sich die Parteien im Vorhinein auf die Anwendung eines Rechts geeinigt haben, obwohl das Forum noch nicht bestimmbar ist, lässt allerdings nur einen schwachen Rückschluss auf den Parteiwillen zu.726 Schließlich können die Parteien die Vorteile einer Rechtswahlvereinbarung vor Klageerhebung nicht mit Sicherheit realisieren.727 Ferner könne dies bei einem abweichenden Forum und dem Erfordernis einer erneuten Rechtswahl zu einem Statutenwechsel mit entsprechenden Übergangsproblemen führen.728 Neben der Differenzierung zwischen ausschließlichen und fakultativen Gerichtsstandsvereinbarungen kann zwischen vorherigen und nachträglichen
die Situation mit der dargestellten Abgrenzungsfrage vergleichbar: „Hätten die Parteien von der Möglichkeit der kollisionsrechtlichen Rechtswahl gewusst, welches Recht hätten sie gewählt?“ Lässt man die Unkenntnis der Parteien unberücksichtigt, führt dies zu einer Parallele mit der st. Rspr. des BGH, wonach auf das Vorliegen eines Erklärungsbewusstseins verzichtet wurde. Daher sollte die Kenntnis der Parteien für die Annahme einer Indizwirkung nicht unberücksichtigt bleiben. 721 Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 66; Leible, RIW 2008, 257, 260 f. 722 Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 66. 723 Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 68; a.A. Magnus, in. Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 78 für einen völligen Ausschluss der Indizwirkung. 724 Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 68. 725 Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 68; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 24; a.A. im Ergebnis Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 78. 726 BGH IPRspr. 1958-59 Nr. 53; LG Freiburg, IPRspr. 1966-67 Nr. 34 A.; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 50; Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 68; ders., VersR 2002, 1177, 1180; Leible, RIW 2008, 257, 261; Patrzek, Die vertragsakzessorische Anknüpfung im IPR,S. 9. 727 Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 68. 728 Dieses Argument überzeugt aufgrund der Möglichkeit der Vereinbarung einer ex tunc Wirkung nicht, vgl. hierzu unten S. 344 ff.
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Gerichtsstands- und Rechtswahlvereinbarungen unterschieden werden.729 Der Zeitpunkt des Vertragsschlusses entspricht im außervertraglichen Schuldrecht dem Zeitpunkt des Eintritts des schädigenden Ereignisses730.731 Wie eingangs bereits erwähnt wurde, ist eine antizipierte Rechtswahlvereinbarung nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO statthaft. Eine antizipiert abgeschlossene Gerichtsstandsvereinbarung kann daher u.a. nur dann als Indiz für eine antizipierte Rechtswahlvereinbarung herangezogen werden, wenn die Parteien kommerziell tätig sind.732 Bei einer nachträglich abgeschlossenen Gerichtsstandsvereinbarung sei nach Ansicht der Rechtsprechung die Annahme einer Indizwirkung gänzlich ausgeschlossen.733 Dagegen wird seitens der Literatur angeführt, dass Art. 14 Abs. 1 lit. a Rom II-VO gerade den Regelfall der Rechtswahl bilde, sodass eine entsprechende Vermutung für eine solche Rechtswahl bestehen könne.734 Zu berücksichtigen ist hierbei, dass das Fundament einer Vermutungswirkung in Umständen liegt, die Rückschlüsse auf einen Parteiwillen zulassen. Dass Art. 14 Abs. 1 lit. a Rom II-VO die nachträgliche Rechtswahl zum Regelfall erklärt, lässt indes keine Rückschlüsse auf einen solchen Parteiwillen zu. Gleichwohl wird man einer Gerichtsstandsvereinbarung, die nach Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses getroffen wird, eine schwache Indizwirkung zugunsten einer konkludenten Rechtswahlvereinbarung beimessen können.735 Schließlich differenziert auch Erwägungsgrund 12 der Rom I-VO nicht nach dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Ferner sollte die beidseitige Kenntnis der Parteien von der Möglichkeit einer entsprechenden Rechtswahlvereinbarung Berücksichtigung finden. Im Ergebnis kommt damit einer antizipierten Gerichtsstandsvereinbarung zwischen kommerziell Tätigen Parteien die stärkste Indizwirkung zu. Im Verhältnis zum vertraglichen Schuldrecht nimmt das außervertragliche Schuldrecht im Hinblick auf Gerichtsstandsvereinbarungen zumeist eine Außenseiterrolle ein. Dies muss auch bei der Auslegung der Gerichts729 Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 30 f.; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 50. 730 Vgl. zu diesem Begriff unten S. 239 ff. 731 BAG IPRspr. 1958-59 Nr. 51; OLG Düsseldorf IPRspr. 1970 Nr. 15; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 32; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 48. 732 Vgl. bereits oben S. 198 ff.; zur kommerziellen Tätigkeit siehe unten S. 248 ff. 733 BAGE 7, 362 = IPRspr. 1958-59 Nr. 51; OLG Düsseldorf WM 1971, 168 = IPRspr. 1970 Nr. 15; vgl. im Ergebnis auch Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 14, 17. 734 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 32. 735 Vgl. Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 32; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 31.
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standsvereinbarung für die Frage, ob die Parteien eine konkludente Rechtswahl nach Art. 14 Abs. 1 Rom II-VO getroffenen haben, berücksichtigt werden. Im Einzelfall muss daher sorgfältig geprüft werden, ob eine getroffene Gerichtsstandsvereinbarung auch außervertragliche Ansprüche erfassen soll.736 Wie die Analyse des Tatbestandes des Art. 14 Rom II-VO gezeigt hat, ist dessen Anknüpfungsgegenstand an die Anknüpfungsgegenstände der einzelnen objektiven Anknüpfungen angelehnt. Ergibt sich aus der Auslegung der Gerichtsstandsvereinbarung, dass auch außervertragliche Ansprüche erfasst sind, muss grundsätzlich zwischen den einzelnen Anknüpfungsgegenständen differenziert werden.737 Denkbar ist beispielsweise, dass die Parteien für Umweltschädigungen einen anderen Gerichtsstand gewählt haben, als für sonstige Ansprüche aus unerlaubter Handlung. In diesem Fall ist eine genaue Differenzierung anhand des jeweiligen Anknüpfungsgegenstandes sachgerecht. (c) Schiedsvereinbarungen und ADR Drittwichtigstes Indiz für die Annahme einer konkludenten Rechtswahl kann das Bestehen einer Schiedsvereinbarung sein (qui eligit arbitrum, eligit ius).738 Aufgrund des vertraglichen Charakters der Schiedsvereinbarung besteht eine gewisse Vergleichbarkeit zur Gerichtsstands- und Rechtswahlvereinbarung nach Art. 3 Rom I-VO.739 Zu beachten ist die Regelung des Art. 1 Abs. 2 lit. e Rom I-VO, wonach die Rom I-VO nicht auf Schiedsvereinbarungen Anwendung findet.740 Voraussetzung ist neben der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung, dass das Schiedsgericht qualifiziert lokali736 Vgl. allgemein OLG Düsseldorf, Urteil v. 03.09.2010 Az. I-17 U 171/09, 17 U 171/09 Rz. 57. 737 Ebenso Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 30. 738 BGH IPRspr. 1964/65 Nr. 38; BAGE 125, 24; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom IVO Rn. 15; Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 69. 739 Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 15; allgemein hierzu Mankowski, RIW 2011, 30, 31. 740 Streitig, so die hM auch schon zur Vorgängerregelung des Art. 3 Abs. 2 lit. d EVÜ; vgl. Pfeiffer, EuZW 2008, 622, 623; ders., in: Arbeitsgemeinschaft Internationaler Rechtsverkehr, S. 178, 189; Klingel, Principles of European Law, S. 33; Basedow, JPS 1 (1987), 3, 4; Sandrock, RIW 1992, 785, 792; Schlosser, RIW 1994, 727; Solomon, RIW 1997, 981, 986; Martiny, ZEuP 1999, 246, 248; ders. ZEuP 2001, 308, 309; ders., in: MünchKomm, Vor Art. 1 Rom I-VO Rn. 100; Handorn, Sonderkollisionsrecht S. 60 ff.; Kulpa, Internationales Handelsschiedsgerichtsverfahren S. 344 ff.; Kondring, RIW 2010, 184, 189 ff.; Ostendorf, SchiedsVZ 2010, 234, 237; Brödermann/Wegen, in: Prütting/Wegen/Weinreich, Art. 1 Rom I-VO Rn. 20; Hohloch, in: Erman, Art. 1 Rom I-VO Rn. 9; a.A. Ringe, in: jurisPK-BGB, Art. 1 Rom I-VO Rn. 33; Hartenstein, TranspR 2010, 261, 264 f.; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 3 Rn. 3.38; Mankowski, RIW 2011, 30 ff. m.w.N.
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sierbar ist.741 Die Vermutung gilt dann entsprechend wie bei einer Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten der lex loci arbitri, d.h. des Schiedsortes, sofern beide Parteien von der Anwendung jenes Rechts ausgegangen sind.742 Zumeist wird sich die Verbindung mit einem Ort bereits aus dem Namen der jeweiligen Schiedsinstitution ergeben.743 Bei ad-hoc gebildeten Schiedsgerichten lässt sich demgegenüber nicht unmittelbar auf einen entsprechenden Rechtswahlwillen schließen.744 Eine Indizwirkung scheide bei Vorliegen einer unwirksamen Schiedsklausel gänzlich aus, weil die objektiven Regelungen zur Internationalen Zuständigkeit zu einem vom Schiedsort gänzlich abweichenden Ort führen können.745 Die eigentlich begründeten Vorteile der Wahl des Schiedsortrechts wären dann obsolet. Ebenso wie bei Gerichtsstandsvereinbarungen gehen von optionalen Schiedsvereinbarungen nahezu keine Indizwirkungen aus.746 Insbesondere wenn die Wahl des Schiedsortes anhand der Schiedsordnung einer Schiedsinstitution festgestellt wird oder die Wahl des Schiedsortes ihr überlassen wurde, kann nicht von einer entsprechenden konkludenten Rechtswahl ausgegangen werden.747 Im Ergebnis würde dies der Schiedsorganisation mittelbar die „Wahl“ des anwendbaren Rechts ermöglichen.748 Die Schiedsklausel muss sich auch auf außervertragliche Ansprüche beziehen. Nach denselben Grundsätzen wie bei der Rechtswahl – und Gerichtsstandsvereinbarung muss daher geprüft werden, welche Ansprüche von der Schiedsvereinbarung erfasst werden sollen, d.h. ob auch über außervertragliche Ansprüche entschieden werden soll.749 Nur für diesen Fall kann der Vereinbarung frei741 Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 69; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 15. 742 BGH IPRspr. 1964/65 Nr. 38; BGH NJW 1983, 1267 f.; BGH WM 1987, 1153, 1154; BGH AWD 1970, 31; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 15; Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 69. 743 Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 69. 744 Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 119; ders., in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 52; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 30; Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 69; Kropholler, IPR, S. 460; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 81. 745 Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 70; zurückhaltender Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 52; a.A. Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 119; vgl. ferner die Ausführungen zur Indizwirkung einer unwirksamen Gerichtsstandsvereinbarung. 746 Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 70; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 81; Lüthge, Die kollisionsrechtliche Funktion der Schiedsvereinbarung S. 157 ff.; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 15. 747 Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 70. 748 Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 70. 749 Vgl. Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 31; zurückhaltend auch Leible, RIW 2008, 257, 261 Fn. 55 f.; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 32.
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lich auch eine Indizwirkung für eine Rechtswahlvereinbarung zugunsten der lex loci arbitri entnommen werden. Alternativen Formen der Streitbeilegung (ADR) können grundsätzlich keine Indizwirkungen entnommen werden, weil in diesen Fällen nicht die am Recht orientierte Beurteilung angestrebt wird, sondern im Hinblick auf die Parteiinteressen die Erzielung eines „pareto-effizienten Ergebnisses“ im Vordergrund steht.750 (d) Verbundene Verträge Bestehen zwei wirtschaftlich eng miteinander verbundene Verträge kann eine ausdrückliche Rechtswahl in dem einen Vertrag ein Indiz für dieselbe konkludente Rechtswahl in dem anderen Vertrag begründen.751 Die Identität der Parteien beider Verträge ist nicht zwingend.752 Dabei ist freilich zu berücksichtigen, dass die Parteien häufig eine einheitliche Behandlung von vertraglichen und außervertraglichen Schuldverhältnissen erstreben. Im Einklang zu den Indizwirkungen einer Rechtswahlvereinbarung nach Art. 3 Rom I-VO muss daher stets geprüft werden, ob sowohl Anhaltspunkte für eine Rechtswahl nach Art. 3 Rom I-VO als auch für eine Rechtswahl nach Art. 14 Rom II-VO bestehen.753 Im Zweifel ist davon auszugehen, dass die Parteien eine einheitliche Behandlung desselben Vertrages bezwecken. Je nachdem, ob der frühere oder später abgeschlossene Vertrag die Rechtswahlvereinbarung enthält, kommt eine antizipierte oder nachträgliche Rechtswahlvereinbarung in Betracht.754 Im Rahmen der antizipierten Rechtswahlvereinbarung müssen freilich die besonderen Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO eingehalten werden. (e) Verhalten der Parteien im Prozess Das Verhalten der Parteien im Prozess bildete in der Praxis bislang eines der wichtigsten Indizien für eine nachträgliche Rechtswahl und stellt den Hauptanwendungsbereich einer nachträglichen Rechtswahl dar.755 Haben 750 751
Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 70. BGH NJW 1997, 1150; BGH NJW 2001, 1936, 1937; BAGE 125, 24; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 24; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 31; Lagarde, rev.crit.dr.int.priv. 80 (1991), 287, 304; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 66; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 46; W.H. Roth, in: FS Georgiades, 2006, S. 905, 917. 752 v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 31. 753 W.H. Roth, in: FS Georgiades, 2006, 905, 917; vgl. zur Indizwirkung einer Rechtswahl auf Grundlage des Art. 3 Rom I-VO oben S. 198 ff. 754 v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 31. 755 Zum seltenen Fall der antizipierten stillschweigenden Rechtswahl vgl. BGH VersR 2009, 558; dazu Spickhoff, LMK 2009, 280900; Seibl, IPRax 2010, 347.
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die Parteien nicht an die Möglichkeit einer antizipierten Rechtswahlmöglichkeit gedacht, können auf diese Weise die Anwendung ausländischen Rechts im Prozess und die damit einhergehenden Schwierigkeiten756 vermieden werden.757 Im außervertraglichen Schuldrecht fehlt es darüber hinaus häufig an einer Möglichkeit, vorherige Rechtswahlvereinbarungen zu treffen, sei es, weil die Parteien nicht kommerziell tätig sind oder weil die Parteien sich vor Entstehung des außervertraglichen Schuldrechts nicht kannten. Wird den Parteien die Möglichkeit der Wahl ausländischen Rechts etwa aufgrund eines richterlichen kollisionsrechtlichen Hinweises zur Anwendung ausländischen Rechts bewusst,758 wird regelmäßig eine ausdrückliche Rechtswahl anzutreffen sein, sofern sich die Parteien über ein Recht einigen können.759 Andernfalls hat der Richter – zumindest im deutschen Kollisionsrecht – häufig die Möglichkeit der nachträglichen konkludenten Rechtswahl genutzt, indem er das Verhalten der Parteien im Prozess dahingehend ausgelegt hat, dass sie das Sachrecht der lex fori gewählt haben.760 Wie eingangs bereits geschildert wurde, war im deutschen Kollisionsrecht die Möglichkeit der konkludenten Rechtswahl durch die bisherige Rechtsprechung des BGH und der Instanzgerichte zum Verhalten der Parteien im Prozess gekennzeichnet.761 Die noch zur Apfelschorf-Entscheidung ergan756 757 758 759 760
Vgl. hierzu oben S. 2 ff. Zu den Vorteilen einer Wahl des Rechts der lex fori vgl. oben S.V ff. Hierzu sogleich. Vgl. hierzu bereits oben S. 168 ff. Siehe etwa BGHZ 103, 84, 86; BGH NJW 1992, 1380; BGH IPRax 1994, 452 m. Aufs. Straub S. 432; BGHZ 130, 371; BGH RIW 1996, 602; BGH VersR 1999, 347 m. Anm. Wandt; ZIP 2002, 1155, 1157; BGH ZIP 2003, 838, 839; BGH NJW-RR 2004, 1482; OLG Bremen TranspR 1986, 153; OLG Celle RIW 1990, 320; OLG Düsseldorf NJW-RR 1987, 483; OLG Düsseldorf TranspR 1991, 235 OLG Düsseldorf WM 1992, 1898 OLG Düsseldorf WM 1992, 1937; OLG Düsseldorf TranspR 1992, 218 OLG Düsseldorf NJW-RR 1994, 1524; OLG Düsseldorf NJW 1994, 506; OLG Düsseldorf TranspR 1999, 109; OLG Düsseldorf TranspR 1996, 152; OLG Koblenz RIW 1989, 61 m. Anm. v. Hoffmann; OLG Köln IPRspr. 1991 Nr. 48; OLG Köln NJW-RR 1995, 245; OLG Köln IHR 2002, 21; OLG Köln VersR 2002, 1374; OLG Hamm NJW-RR 1996, 179; OLG Hamm RIW 1999, 787; OLG Frankfurt RIW 1991, 865; OLG Celle IPRspr. 1999 Nr. 31; OLG Karlsruhe NJW-RR 2002, 1206; OLG München IPRspr. 1991 Nr. 45; OLG München IPRspr. 1997 Nr. 51; OLG Saarbrücken RIW 1996, 605; OLG Saarbrücken WM 1998, 833; OLG Rostock IHR 2003, 17; OLG Zweibrücken IHR 2002, 67; OLG Stuttgart WM 2007, 447. Teilweise wird auch vertreten, dass es sich hierbei nicht um eine kollisionsrechtliche Rechtswahl im Sinne von Art. 3 Rom I-VO (bzw. Art. 3 EVÜ) handele, sondern eine prozessuale Präklusion (§ 295 ff. ZPO) darstelle, die nicht nur auf Angriffs- und Verteidigungsmittel beschränkt sei [vgl. v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 52; Magnus, in: Staudinger, Art. 27 EGBGB Rn. 73], sondern auch das Vorbringen über das anwendbare Recht erfasse. 761 BGH NJW 2001, 1936; BGHZ 103, 84, 86; BGH NJW 1992, 1380; BGH IPRax 1994, 452 m. Aufs. Straub S. 432; BGHZ 130, 371; BGH RIW 1996, 602; BGH VersR
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gene höchstrichterliche Rechtsprechung im außervertraglichen Schuldrecht zur stillschweigenden Rechtswahl, wenn beide Parteien einzig zu einer Rechtsordnung verhandeln, ohne sich über den Auslandsbezug bewusst sein zu müssen, wurde nach Inkrafttreten des EVÜ zunehmend relativiert.762 Der BGH erkennt nunmehr das Bedürfnis für das Vorliegen eines Erklärungsbewusstseins an.763 In jüngeren Entscheidungen spricht der BGH von der Voraussetzung eines beiderseitigen Gestaltungswillen für die Rechtswahlvereinbarung.764 Vieles deutet daher auf eine Kehrtwende der höchstrichterlichen Rechtsprechung hin. Wie aus Erwägungsgrund 31 S. 3 der Rom II-VO deutlich wird, verlangt Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO für die Annahme einer Rechtswahlvereinbarung, unabhängig von dem Recht der lex causae 765 das Vorliegen von aktuellem Erklärungsbewusstsein.766 Den Parteien muss folglich bewusst
1999, 347 m. Anm. Wandt; ZIP 2002, 1155, 1157; BGH ZIP 2003, 838, 839; BGH NJWRR 2004, 1482; OLG Bremen TranspR 1986, 153; OLG Celle RIW 1990, 320; OLGR Düsseldorf 2009, 430 ff.; OLG Düsseldorf NJW-RR 1987, 483; OLG Düsseldorf TranspR 1991, 235 OLG Düsseldorf WM 1992, 1898 OLG Düsseldorf WM 1992, 1937; OLG Düsseldorf TranspR 1992, 218 OLG Düsseldorf NJW-RR 1994, 1524; OLG Düsseldorf NJW 1994, 506; OLG Düsseldorf TranspR 1999, 109; OLG Düsseldorf TranspR 1996, 152; OLG Koblenz RIW 1989, 61 m. Anm. v. Hoffmann; OLG Köln IPRspr. 1991 Nr. 48; OLG Köln NJW-RR 1995, 245; OLG Köln IHR 2002, 21; OLG Köln VersR 2002, 1374; OLG Hamm NJW-RR 1996, 179; OLG Hamm RIW 1999, 787; OLG Frankfurt RIW 1991, 865; OLG Celle IPRspr. 1999 Nr. 31; OLG Karlsruhe NJW-RR 2002, 1206; OLG München IPRspr. 1991 Nr. 45; OLG München IPRspr. 1997 Nr. 51; OLG Saarbrücken RIW 1996, 605; OLG Saarbrücken WM 1998, 833; OLG Rostock IHR 2003, 17; OLG Zweibrücken IHR 2002, 67; OLG Stuttgart WM 2007, 447; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 26; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 121; Lorenz RIW 1992, 697, 703. 762 Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 17; Spickhoff, in: Bamberger/Roth Art. 3 Rom I-VO Rn. 26; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 36; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 82, 84. 763 Spickhoff, in: Bamberger/Roth Art. 3 Rom I-VO Rn. 26; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 36; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 82, 84. 764 BGH NJW 1991, 1292, 1293; BGH NJW-RR 2000, 1002, 1004; BGH NJW-RR 2004, 1482; BGH NJW 2009, 1205, 1206; BGH WM 2011, 1324, 1329. 765 Im deutschem Sachrecht genügt für den Tatbestand einer Willenserklärung nach überwiegender Ansicht potentielles Erklärungsbewusstsein, vgl. Medicus, BGB AT Rn 607 ff.; Bydlinski, JZ 1975, 1 ff; Ellenberger, in: Palandt, Einf vor § 116 BGB Rn. 17; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 24 Rn 8. 766 Vgl. zum EVÜ Leible, in: AnwK, Art. 27 EGBGB Rn. 46; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 53 ff.; Mansel ZVglRWiss 86 (1987), 1, 12: real vorhandener Wille; Hohloch/Kjelland IPRax 2002, 30, 32; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 13 f., 17; vgl. auch BGH NJW 1991, 1292, 1293; OLG Köln RIW 1993, 1023, 1024 f; Schack NJW 1984, 2736, 2738; Thorn, in: Palandt, Art. 3 Rom I-VO Rn 8; Sandrock
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sein, dass sie mit ihrem Verhalten (irgend)eine rechtsgeschäftliche Erklärung abgeben.767 Nehmen die Parteien im Prozess nur auf eine Rechtsordnung Bezug, kann dies eindeutig bzw. mit hinreichender Sicherheit weder dahingehend ausgelegt werden, dass die Parteien dieses Recht wählen wollen, noch umgekehrt dahingehend, dass sie keine schlüssige Rechtswahlvereinbarung zugunsten dieses Rechts treffen wollten.768 Schließlich nehmen die Parteien in Fällen ohne Auslandsbezug in gleichem Maße auf eine Rechtsordnung Bezug wie in Fällen mit Auslandsbezug, über den die Parteien jedoch nicht weiter reflektiert haben. Die Bezugnahme auf die Vorschriften einer bestimmten Rechtsordnung kann daher allenfalls als schwaches Indiz zugunsten einer entsprechenden Rechtswahl gewertet werden.769 Einen zwingenden Schluss auf das Vorliegen eines entsprechenden Erklärungsbewusstseins lässt dies aber nicht zu. Hinzutreten müssen vielmehr weitere Indizien, es sei denn, der Richter hat im Rahmen seiner Befugnisse einen entsprechenden Hinweis auf das anwendbare Recht gegeben.770 Die Zulässigkeit eines solchen Hinweises ist allerdings nicht unproblematisch. Unter Zugrundelegung deutschen Rechts darf nach § 139 ZPO eine richterliche Aufklärung nur erfolgen, wenn der Hinweis des Gerichts „zumindest andeutungsweise“ im Parteivortrag eine Grundlage findet.771 Daran fehlt es jedoch, wenn die Parteien einzig zu einer Rechtsordnung verhandeln. Im Anwaltsprozess sind gar strengere Anforderungen zu stellen.772 Daher lässt
RIW 1986, 841, 848; ders., JZ 2000, 1118, 1119 Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom IVO Rn. 82. 767 Musielak, Grundkurs BGB, Rn. 60 ff.; Medicus, BGB AT Rn 607 ff.; Bydlinski, JZ 1975, 1 ff; Ellenberger, in: Palandt, Einf. vor § 116 BGB Rn. 17; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 24 Rn 8. 768 Ebenso wie hier Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 82; a.A. BGH NJW-RR 2000, 1002, 1004; BGH, NJW-RR 1996, 1034; BGH, NJW-RR 1999, 813; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 53; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 82; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 17; Hohloch/Kjelland, IPRax 2002, 30, 32. 769 Ähnlich Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 82, der sich gleichsam für das Hinzutreten weiterer Indizien ausspricht; siehe auch W.H. Roth, in: FS Georgiades, 2006, 905, 917 f.; am Rande auch BGH JZ 2000, 1120 mit Aufs. Sandrock, JZ 2000, 1118, 1119. 770 BGH MDR 1976, 379ௗf.; Spickhoff, IPRax 2000, 1, 7; ders., Richterliche Aufklärung und materielles Recht, 1999, 21ௗff.; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 56. 771 BT-Drucks. 14/4722 S. 77; Stadler, in: Musielak-ZPO, § 139 ZPO Rn. 5. 772 Streitig, vgl. zur Frage, welche Voraussetzungen im Anwaltsprozess für das Eingreifen der Hinweispflicht erfüllt sein müssen OLG Celle NJW-RR 1998, 493; OLG Schleswig NJW 1986, 3146, 3147; Stadler, in: Musielak, § 139 ZPO Rn. 6; Burbulla, JA 2004, 905, 907; Stürner JZ 1986, 1089, 1092ௗff.; Schneider, MDR 1989, 1069ௗff.; Schilken, Zivilprozessrecht, Rn. 359; Schmidt, in: FS Schneider, 1997, S. 193, 206; Wagner,
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sich nach deutschem Prozessrecht eine Hinweismöglichkeit nur auf § 139 Abs. 2 ZPO stützen, wonach Überraschungsentscheidungen verboten sind.773 Hierzu zählt auch die Anwendung ausländischen Rechts.774 Im Anwaltsprozess ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass eine konkludente oder ausdrückliche Rechtswahl im Prozess nur bei wirksamer Vertretungsmacht in Betracht kommt.775 Gehen die Parteien übereinstimmend von der Anwendung ausländischen Rechts aus, kann darin umgekehrt ein starkes Indiz für eine schlüssige Rechtswahl erblickt werden, da die Parteien in diesem Fall den Auslandsbezug erkannt und sich auf ein entsprechendes Recht geeinigt haben.776 Trägt eine Partei ihre rechtliche Ansicht zum anwendbaren Sachrecht vor und widerspricht die andere Partei nicht, ist hierin keine konkludente Zustimmung zu sehen.777 In Verbindung mit weiteren Indizien kann sich allerdings die erforderliche Eindeutigkeit ergeben.778 Ferner kann ein starkes Indiz für eine konkludente Rechtswahl im Einklang mit der heutigen Rechtsprechung des BGH in der rügelosen Hinnahme einer Urteilbegründung im Berufungsverfahren gesehen werden.779 Die Berufungsbegründung ist aufgrund ihrer ausdrücklichen Bezugnahme auf das angewandte Kollisionsrecht zur Ermittlung des anwendbaren Rechts auf derselben Stufe anzusiedeln wie die richterliche Hinweispflicht aus § 139 Abs. 2 ZPO. in: MünchKomm, § 139 ZPO Rn. 11ௗff.; Vollkommer, Die Stellung des Anwalts im Zivilprozeß, 1984, S. 52. 773 Stadler, in: Musielak-ZPO, § 139 ZPO Rn. 17. 774 Ebenso BGH MDR 1976, 379ௗf.; Spickhoff, IPRax 2000, 1, 7; ders. Richterliche Aufklärung und materielles Recht, 1999, 21ௗff.; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom IVO Rn. 56. 775 Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 121; Schack, NJW 1984, 2736, 2739; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 86; Mansel, ZVglRWiss 86 (1987), 1, 13; vgl. hierzu unten S. 221 ff 776 Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 82. 777 Ebenso BGH NJW-RR 2004, 1482, 1484; BGH NJW 1983, 1126; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 83. 778 Hiervon zu trennen ist die Frage, inwieweit Schweigen Erklärungswert zukommt. Die Antwort ist in dem gewählten Recht zu suchen. Vgl. hierzu bereits oben S. 146 ff. Das Erfordernis der Eindeutigkeit bzw. der hinreichenden Sicherheit schließt das Zustandekommen einer Rechtswahlvereinbarung durch Schweigen nicht zwingend aus. 779 BGH RIW 2009, 245, 246; BGH NJW 1991, 1021, 1023 f.; OLG Celle IPRspr. 1999, Nr. 31; OLG Hamburg TranspR 1987, 69; OLG Hamburg VersR 1978, 713; OLG Karlsruhe IPRspr. 1979 Nr. 28b; OLG Bremen VersR 1978, 509; kritisch demgegenüber Spickhoff, in: Bamberger/Roth Art. 3 Rom I-VO Rn. 26; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 37. Zur Frage der möglichen Präklusion vgl. Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 85; siehe auch. v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 52; Magnus, in: Staudinger, Art. 27 EGBGB Rn. 73, die die Frage nach der stillschweigenden Rechtswahl durch Prozessverhalten als Präklusionsproblematik einstuf[t]en.
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Eine abweichende Behandlung ist daher nicht geboten.780 Der BGH wird vor dem Hintergrund der Regelung des Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO sowie des Erwägungsgrunds 31 der Rom II-VO und der Adaption an die Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO seine alte Rechtsprechung zur stillschweigenden Rechtswahl im Prozess nicht wieder aufleben lassen können. Sofern der BGH die bislang betonte Voraussetzung des beiderseitigen Gestaltungswillen auch praktisch umsetzt, bewegt er sich im Hinblick auf die Voraussetzung des Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO im Rahmen der Europarechtskonformität. Im Anwaltsprozess besteht für die Annahme einer Indizwirkung durch Parteiverhalten im Prozess die zusätzliche Voraussetzung, dass der Parteivertreter zur Rechtswahl bevollmächtigt wurde.781 (f) Bezugnahme des übrigen Vertrages auf ein bestimmtes Recht Bestehen zwischen den Parteien vertragliche Beziehungen, können sich aus ihrem Inhalt weitere Indizien für eine Rechtswahlvereinbarung ergeben. Dabei muss allerdings stets beachtet werden, dass in der Regel das Vertragsverhältnis im Vordergrund steht. Außervertragliche Ansprüche bleiben häufig unberücksichtigt bzw. bilden nicht den unmittelbaren Regelungsgegenstand. Daher können den einzelnen Bestimmungen, die für eine Rechtswahl nach Art. 3 Rom I-VO ein deutliches Indiz darstellen, keine ebenso eindeutigen Rückschlüsse auf ein entsprechendes Erklärungsbewusstsein der Parteien für eine Rechtswahl nach Art. 14 Rom II-VO entnommen werden. Indizien für einen übereinstimmenden Parteiwillen hinsichtlich der Wahl bzw. Geltung einer bestimmten Rechtsordnung können sich auch bei einer Analyse der weiteren getroffenen vertraglichen Vereinbarung zwischen den Parteien ergeben.782 Häufig finden sich in internationalen Wirtschaftsverträgen sog. construction clauses, mit denen die Parteien entscheiden, welches Recht über die Auslegung der Vertragsbestimmungen Anwendung finden soll.783 Diese Klauseln haben ihren Ursprung im engli-
780 781
a.A. Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 26. Mansel, ZVglRWiss 86 (1987), 1, 13; vgl. hierzu die Ausführungen zur Vertretung bei Rechtswahlvereinbarungen unten S. 221 ff. 782 OLG München IPRax 1989, 42, 44; LG München IPRax 1984, 318 f.; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 88 ff.; Mankowski, Seerechtliche Vertragsverhältnisse im IPR, S. 29; ders., VersR 2002, 1177 f.; Schröder, IPRax 1985, 131, 132; Riesenhuber, DB 2005, 1571, 1574; W. Lorenz, IPRax 1989, 22, 24 f.; Patrzek, Die vertragsakzessorische Anknüpfung im IPR, S. 11; E. Lorenz, RIW 1992, 697, 703 f.; Mankowski, in: Vertragsrecht der Internet-Provider, Teil III Rn. 21. 783 Schröder, IPRax 1985, 131, 132; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 57; Jayme, in: FS Kegel, 1987, S. 253, 263 f.
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schen common law.784 Die englische Rechtsprechung ist nach anfänglichen Zweifeln785 dazu übergangen, in der Formulierung einer construction clause zugleich eine Rechtswahlvereinbarung zu sehen. Auch in Deutschland findet diese Betrachtung zunehmenden Zuspruch786, obwohl auch die Konstruktion einer Teilrechtswahl denkbar wäre.787 Im Hinblick auf außervertragliche Schuldverhältnisse erlangt eine solche construction clause jedoch nur im Rahmen der akzessorischen Anknüpfung an Bedeutung. Ebenso wie bei der Indizwirkung einer ausdrücklichen Rechtswahlvereinbarung nach Art. 3 Rom I-VO, die nur auf vertragliche Schuldverhältnisse Bezug nimmt, müssen weitere Anhaltspunkte hinzutreten um annehmen zu können, dass sich die Vereinbarung auch auf außervertragliche Schuldverhältnisse erstrecken sollte.788 Ein Rückschluss auf ein Erklärungsbewusstsein der Parteien hinsichtlich einer Rechtswahl für das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht kann in einer construction clause, die sich auf einen konkreten Vertrag bezieht, jedenfalls nicht gezogen werden.789 Werden in dem Vertrag zwischen den Parteien Vorschriften einer bestimmten Rechtsordnung zitiert oder baut der Vertrag ersichtlich auf einer bestimmten Rechtsordnung auf,790 kann hierin ein Indiz für eine Rechtswahl nach Art. 3 Rom I-VO gesehen werden.791 Die Indizwirkung ist freilich davon abhängig, ob die Vorschriften individuell ausgehandelt wurden oder im Rahmen von AGB verwendet werden. Ferner kommt es darauf an, 784 785 786
Schröder, IPRax 1985, 131, 132. Vgl. W. Lorenz, IPRax 1989, 24 f. OLG München IPRax 1989, 42, 44; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 88 ff.; Schröder, IPRax 1985, 131, 132; Riesenhuber, DB 2005, 1571 1574; Mankowski, VersR 2002, 1177 f.; W. Lorenz, IPRax 1989, 22, 24 f.; Patrzek, Die vertragsakzessorische Anknüpfung im IPR, S. 11; E. Lorenz, RIW 1992, 697, 703 f.; Mankowski, Seerechtliche Vertragsverhältnisse im IPR, S. 29; ders., in: Vertragsrecht der InternetProvider, Teil III Rn. 21 f. 787 Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 57; Jayme, in: FS Kegel, 1987, S. 53, 63. 788 Vgl. zum Beispiel OLG Düsseldorf, Urteil v. 03.09.2010 Az. I-17 U 171/09, 17 U 171/09 Rz. 57. 789 Siehe auch Jayme, in: FS Kegel, 1987, S. 253, 263 f., der aufgrund der Vorschrift des Art. 32 EGBGB a.F. (bzw. Art. 12 Rom I-VO, Art. 15 Rom II-VO) auch eine Teilrechtswahl hinsichtlich des auf die Auslegung anwendbaren Rechts für möglich hält. 790 Beispielsweise durch die Verwendung bestimmter Rechtsbegriffe, vgl. RGZ 95, 164, 165 f.; BGH JZ 1963, 167 f.; BGH NJW-RR 1996, 1034; BGH NJW 2001, 1936; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 16. 791 Ebenso OLG Köln RIW 1993, 414, 415; LAG Frankfurt, Urteil v. 24.11.2008, Az. 17 Sa 682/07 Rn. 57 f.; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 16; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 10 Rn. 34; ders., in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 45; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 33; Thorn, in: Palandt, Art. 3 Rom I-VO Rn. 7; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 58.
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ob die Vorschriften eindeutig auf das Recht eines bestimmten Staates verweisen oder ob nur in eine ungefähre Richtung, wie etwa das Common Law, verwiesen wird.792 Für eine Rechtswahl nach Art. 14 Rom II-VO kann jenen vertragsinternen Indizien nur eine beschränkte Indizfunktion zugebilligt werden. Es müssen weitere Anhaltspunkte hinzutreten, um Sicherheit darüber zu erlangen, dass die Parteien auch etwaige außervertragliche Schuldverhältnisse demselben Recht unterstellen wollten.793 Die Vereinbarung eines Erfüllungsortes ist als Indiz im internationalen Vertragsrecht nur noch von untergeordneter Bedeutung.794 Die Vereinbarung erfasst in der Regel die vertraglichen Hauptleistungspflichten sowie u.U. auch vertragliche Sekundäransprüche.795 Sofern der Erfüllungsort beispielsweise auch außervertragliche Schadensersatzpflichten oder Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung erfassen soll, kann hierin grundsätzlich ein schwaches Indiz für eine entsprechende Rechtswahlvereinbarung erblickt werden.796 Umso seltener ist ein solcher einheitlicher Erfüllungsort im außervertraglichen Schuldrecht anzutreffen und umso geringer ist die von ihm ausgehende Indizwirkung. Dem angegebenen Abschlussort, der Währung, Staatsangehörigkeit oder Vertragssprache kann im Einzelfall eine entsprechende Indizwirkung beigemessen werden.797 Sie ist jedoch von geringerem Gewicht. Hinzutreten müssen weitere Umstände, die einen eindeutigen Rückschluss auf den Parteiwillen zulassen.798
792 793
Moss, in: FS Thue, 2007, 367, 375. Zur Frage, ob die Akzeptierung der Vertragsbedingungen des anderen Vertragsteils eine stillschweigende Rechtswahl zugunsten des „Klauselstellers“ indiziert, vgl. Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 93; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 61 m.w.N. 794 OLG München IPRspr 2009, Nr. 15, 35 ff.; für das Hinzutreten weiterer Indizien ebenfalls Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 96; Leible, in: AnwK-BGB, Art. EGBGB Rn 57; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 10 Rn 35; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 34; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 65; anders die frühere überwiegende Ansicht, vgl. etwa RGZ 58, 367; RGZ 81, 275; OLG Köln RIW 1994, 970; Kegel/Schurig § 18 I 1c. 795 Siehe etwa zum Erfüllungsort bei Auskunftsansprüchen OLG München IPRspr 2009, Nr. 15, 35. 796 Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 96; Leible, in: AnwK-BGB, Art. EGBGB Rn 57; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 10 Rn 35; Mankowski, in: Leible 78 f; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 34; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 65. 797 BGH NJW 2009, 1482; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 38 m.w.N. 798 BGH NJW-RR 1990, 183; BGH IPRspr. 2000 Nr. 33; Thorn, in: Palandt, Art. 3 Rom I-VO Rn. 7; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 98; Martiny ZEuP 1997, 107, 113; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 38 m.w.N.
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(g) Sonstige Umstände Weitere außervertragliche Umstände können in einer langjährigen Vertragspraxis der Parteien liegen.799 Denkbar ist ferner die konkludente Wahl des Rechts des gewöhnlichen Aufenthalts, um auf dessen Grundlage einen Haftungsausschluss stillschweigend (im Falle eines Unfalls mit einem Mietwagen im Ausland zwischen Fahrer und Beifahrer)800 vereinbaren zu können.801 Auch der Sitz der Parteien, d.h. ihr Niederlassungsort und ihr gewöhnlicher Aufenthalt können ein entsprechendes Indiz bilden.802 Bei außervertraglichen Schuldverhältnissen ist dies denkbar, wenn beide Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Staat haben und sich zwischen ihnen im Ausland ein Unfall ereignet hat. dd. Zwischenergebnis Die Ausführungen haben gezeigt, dass Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO im Allgemeinen nicht nur als Unklarheitenregelung und als Konkretisierung des Bestimmtheitsgrundsatzes803 heranzuziehen ist, sondern auch die autonom auszulegende inhaltliche Regelung aufstellt, dass die Parteien aktives Erklärungsbewusstsein besitzen müssen, um eine Anknüpfung an den hypothetischen Parteiwillen zu verhindern. Vor diesem Hintergrund sollte die Annahme einer konkludenten Rechtswahl nicht vorschnell erfolgen. Es zeichnet sich ab, dass die bisherige Rechtsprechung des BGH zum Prozessverhalten der Parteien einem Wandel unterliegt. Dies ist vor dem Hintergrund der nunmehr bestehenden Auslegungskompetenz des EuGH für die Rom II-VO nicht überraschend. Ferner hat sich gezeigt, dass von Rechtswahlvereinbarungen auf Grundlage des Art. 3 Rom I-VO starke Indizwirkungen ausgehen können. Im Rahmen des Art. 14 Rom II-VO ist allerdings stets sorgfältig zu prüfen, ob die in Betracht kommenden Indizien auch Rückschlüsse auf den Parteiwillen dahingehend zulassen, dass der außervertragliche Bereich geregelt werden sollte. c. Zulässigkeit einer bedingten oder befristeten Rechtswahlvereinbarung Die Annahme, dass die Wirksamkeit einer Rechtswahlvereinbarung nach Art. 3 Rom I-VO oder einer Gerichtsstandsvereinbarung nach Art. 23 799
Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 87; Riesenhuber, DB 2005, 1571,
1572. 800 801
BGH NJW 2009, 1482. hierzu Spickhoff, LMK 2009, 280900; Seibl, IPRax 2010, 347 ff.; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 87. 802 LAG Hessen, Urteil v. 04.10.2010 Az. 16 Sa 1982/09 Rn. 32 ff.; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 97. 803 Vgl. zu den Bestimmtheitsanforderungen unten S. 227 ff.
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Zweites Kapitel: Der Tatbestand des Art. 14 Rom II-VO
EuGVO eine Prämisse für den Eintritt einer Indizwirkung für eine konkludente Rechtswahlvereinbarung ist, impliziert die grundsätzliche Zulässigkeit bedingter (und mithin auch befristeter) Rechtswahlerklärungen.804 Die Zulässigkeit einer solchen oder anderer Bedingungen im Rahmen von Rechtswahlvereinbarungen wird jedoch national und international angezweifelt.805 Die Frage, die auch unter dem Begriff der floating choice of law clause806 oder der alternativen Rechtswahl behandelt wird,807 ist dem Bereich des wirksamen Zustandekommens der Rechtswahlvereinbarung im Sinne von Art. 10 Rom I-VO zuzuordnen.808 Die sachrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen sind daher grundsätzlich dem nationalen Recht zu entnehmen. Voraussetzung ist hierfür aber vorangehend, dass der Abschluss einer solchen bedingten Vereinbarung überhaupt zulässig ist. Diese Frage muss das europäische Kollisionsrecht beantworten.809 Im englischen Recht wird die Rechtswahlvereinbarung ganz überwiegend für bedingungsfeindlich gehalten.810 Die Begründung basiert im Wesentlichen auf zwei Argumenten, die auch von deutschen Autoren und In-
804 805
Siehe oben S. 198 ff. Hierzu Rasmussen-Bonne, Alternative Rechts- und Forumsklauseln; Jaspers, Nachträgliche Rechtswahl, S. 82f., 96 ff., 136 ff.; Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 105; Rasmussen-Bonne, Alternative Rechtswahl- und Forumswahlklauseln, S. 3 f.; Leible, in: AnwK-BGB, Art. 27 EGBGB Rn. 42; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 72 m.w.N. 806 Gemeint ist damit die Konstellation, dass sich das anwendbare Recht nach der künftigen lex fori richten soll, d.h. die Rechtswahl steht unter der aufschiebenden Bedingung der Ausübung der Klagemöglichkeit bei mehreren begründeten Gerichtsständen, vgl. Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 105; Siehr, in: FS Keller, 1989, S. 485, 500; Kropholler, IPR S. 463. 807 v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 72; Siehr, in: FS Keller, 1989, 485, 500. 808 Ebenso Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 31 EGBGB Rn. 16; a.A. Magnus, in: Staudinger, Art. 10 Rom I-VO Rn. 15; Meyer-Sparenberg, RIW 1989, 347, 349; Mankowski, RIW 1996, 382, 387. 809 v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 21; Meyer-Sparenberg, IPRax 1989, 347, 349; Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 105; Rasmussen-Bonne, Alternative Rechtswahl- und Forumswahlklauseln, S. 3 f. 106, 124 f.; Leible, in: AnwK-BGB, Art. 27 EGBGB Rn. 41 f., jeweils für die lex fori. Dasselbe gilt freilich für die Frage der Befristung. 810 Kahn-Freund, RdC 143 (1974-III), 139, 402; Briggs, L.M.C.L.Q. 1990, 192, 194; ders., L.M.C.L.Q. 1986, 508, 514 f.; ders., L.M.C.L.Q. 1987, 523, 526, 531; Beck, L.M.C.L.Q. 1987, 523, 526; Fletcher, Conflict of Laws and European Community Law, S.159; vgl. Plender/Wilderspin, The European Contracts Convention, Rn. 5-06; Pierce, Mod.L.Rev. 50 (1987), 176, 197 ff.; Dicey/Morris/Collins, Conflict of Laws, Vol. 2 Rn. 32-087 m.w.N.; Jaspers, Nachträgliche Rechtswahl, S. 136 ff. m.w.N. zur Rechtsprechung; a.A. Tetley, ETL 1993, 149, 163; Carter, BYbIL 64 (1993), 464, 478.
§ 6 Das Anknüpfungsmoment des Art. 14 Rom II-VO
219
stanzgerichten zum EVÜ vertreten wurden.811 Einerseits müsse das anwendbare Recht im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (der Rechtswahlvereinbarung) feststehen, damit die Parteien Sicherheit über ihre Rechte, Pflichten und Obliegenheiten erhalten.812 Andererseits fehle es im Fall der aufschiebenden Bedingung oder Befristung an einer anwendbaren Rechtsordnung, da sich das Vertragsstatut bis zu ihrem Eintritt in der Schwebe befinde. Ein Rückgriff auf objektive Anknüpfungsregeln finde nicht statt. Demnach wäre eine Vereinbarung, wonach die Parteien das anwendbare Recht von einem künftigen etwaigen Gerichtsort abhängig machen, unzulässig.813 Eine solche Bedingungsfeindlichkeit der Rechtswahlvereinbarung wäre in der Tat anzunehmen, wenn eine schwebende Parteivereinbarung mit der Rechtssicherheit und den Interessen einer Partei nicht in Einklang gebracht werden kann.814 Dafür spricht Erwägungsgrund 31 der Rom II-VO, der klarstellt, dass die Parteiautonomie der Gewährleistung von Rechtssicherheit dienen soll. Der Abschluss einer Bedingung hindert hingegen auf den ersten Blick die Vorhersehbarkeit des anwendbaren Rechts, was durch die Kollisionsrechtsharmonisierung jedoch gerade erreicht werden sollte.815 Beispielsweise der Pflichtenkreis der Parteien oder die Verjährung könnten „variieren“. Gleichwohl wird man den Abschluss einer Bedingung oder Befristung der Rechtswahlvereinbarung für zulässig erachten müssen.816 Zum einen enthält die Rom II-VO (und Rom I-VO) keine Regelungen, die eine solche privatautonome Gestaltung der Abrede ausschließen.817 Zum anderen widerspricht der Abschluss einer Bedingung nicht zwingend dem 811 OLG Hamburg, IPRspr. 1934 Nr. 38; Haudek, Die Bedeutung des Parteiwillens im IPR S. 72; Wengler, ZfRV 23 (1982), 11, 25; W. Lorenz, IPRax 1987, 269, 273. 812 So die Argumentation in Englands Literatur, wonach solche Vereinbarungen überwiegend für unzulässig gehalten werden, vgl. Plender/Wilderspin, The European Contracts Convention, Rn. 5-06; Pierce, Mod.L.Rev. 50 (1987), 176, 197 ff.; Dicey/Morris/Collins, Conflict of Laws, Vol. 2 Rn. 32-087 m.w.N.; Jaspers, Nachträgliche Rechtswahl, S. 136 ff. m.w.N. zur Rechtsprechung. 813 Zu diesem Beispiel v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 72 m.w.N.; Dicey/Morris/Collins, Conflict of Laws, Vol. 2 Rn. 32-087 m.w.N. 814 Raape, IPR, S. 470; ders. in: FS Boehmer, 1954, S. 111, 119; Siehr, in: FS Keller, 485, 500; vgl. die Nachweise bei Jaspers, Nachträgliche Rechtswahl S. 138. 815 Vgl. oben S. 15 ff. 816 Ebenso OLGR Frankfurt 2008, 647 ff. zur hilfsweisen Anwendung belgischen Verfahrensrechts im Schiedsverfahren; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 72; Leible, in: AnwK-BGB, Art. 27 EGBGB Rn. 42; Meyer-Sparenberg, RIW 1989, 347, 349: befristete Einigung ist zulässig; einschränkend Abend, die lex validitatis S. 289; Dörner, DNotZ 1988, 67, 89 f. 817 v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 72. Dieses Argument ist nicht zwingend. Denkbar ist freilich weiterhin ein Ausschluss aufgrund ungeschriebener Regeln.
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Zweites Kapitel: Der Tatbestand des Art. 14 Rom II-VO
kollisionsrechtlichen Verständnis von Rechtssicherheit. Jener Begriff verfolgt im Allgemeinen und mithin auch im Kollisionsrecht das Ziel, dass die Parteien das anwendbare Recht vorhersehen und ihr Verhalten entsprechend daran ausrichten können.818 Tritt die Bedingung, unter der die Rechtswahlvereinbarung steht, nicht ein, so richtet sich das anwendbare Recht, abhängig davon, ob es sich um eine auflösende oder aufschiebende Bedingung handelt, nach dem gewählten Recht oder dem nach objektiver Anknüpfung anwendbaren Recht.819 Es ist mithin zu jedem Zeitpunkt eine Rechtsordnung klar ermittelbar, anhand derer sich die Parteien orientieren können. Mit Eintritt der Bedingung findet in der Folge die gewählte oder nach objektiven Anknüpfungsmomenten bestimmbare Rechtsordnung Anwendung.820 Ob hierbei von einer Wirkung ex nunc oder ex tunc auszugehen ist, entscheidet die Auslegung der Parteivereinbarung.821 Die Parteien entscheiden folglich selbst darüber, ob sie einen Statutenwechsel (Wirkung ex nunc) bzw. einen Statutentausch (Wirkung ex tunc) begründen wollen oder es bei der Anwendung des objektiv anwendbaren Rechts bzw. im Fall der auflösenden Bedingung es bei dem gewählten Recht belassen wollen.822 Für die Zulässigkeit bedingter und befristeter Rechtswahlvereinbarungen spricht auch ein Vergleich zur sachrechtlichen Privatautonomie. Gemäß dem Grundsatz vom Vorrang der Privatautonomie können beispielsweise im deutschen Recht Bedingungen grundsätzlich beliebig vereinbart werden.823 Eine Ausnahme besteht aber für einseitige Rechtsgeschäfte, die den Rechtskreis eines anderen betreffen, wenn dieser den Eintritt der Bedingung nicht willentlich steuern kann.824 Begründet wird dies mit der unzumutbaren Rechtsunsicherheit für den Erklärungsgegner.825 Im Hinblick auf die Rechtswahlvereinbarung im Sinne von Art. 14 Rom II-VO 818 819
v. Arnauld, Rechtssicherheit, S. 109 ff. So die bislang überwiegende Auffassung zum EVÜ, vgl. Briggs, L.M.C.L.Q. 1990, 192, 196 Fn. 17; Carter, BYbIL 64 (1993), 464, 478; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 21; Kötters, Parteiautonomie und Anknüpfungsmaximen, S. 49, 53; Mankowski, Seerechtliche Vertragsverhältnisse im IPR S. 165 f., 217; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 54; Kropholler, IPR, S. 463; Dicey/Morris/Collins, The Conflict of Laws, Vol. 2 Rn. 32-086. 820 Vgl. zur Auslegung oben S. 169 ff. 821 Kropholler, IPR S. 463; Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 106; vgl. unten zur Wirkung ex nunc/ex tunc S. 344 ff. 822 Vgl. zum Statutenwechsel und Statutentausch Fudickar, Die nachträgliche Rechtswahl, S. 52. 823 Bork, Allgemeiner Teil des BGB, Bd. 2, Rn. 1257; Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, S. 697 f.; zu den Prozessbedingungen, vgl. G. Wagner, Prozessverträge, S. 302 f. 824 BGHZ 97, 264; Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. 2, S. 697 f.; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 50 Rn. 29. 825 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. 2, S. 697 f.
§ 6 Das Anknüpfungsmoment des Art. 14 Rom II-VO
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sollte bereits aufgrund des Einigungserfordernisses der Parteien dasselbe gelten.826 Schließlich wird keine Partei durch den Abschluss einer Bedingung in vergleichbarer Weise unzumutbar belastet. Freilich besteht aufgrund des nicht feststehenden Pflichtenprogramms der Parteien Rechtsunsicherheit über die einzuhaltenden Verhaltensstandards und Rechtsfolgen im Fall ihrer Verletzung.827 Bei einer nachträglichen Rechtswahl werden indes dieselben Wirkungen des Statutenwechsels bzw. -austausches erzielt.828 Dieses Ergebnis wird von Art. 14 Rom II-VO (und Art. 3 Rom IVO) gebilligt und ist Gegenstand jahrzehntelanger richterlicher Rechtsanwendung.829 Ferner unterliegen die Kollisionsnormen dem Prinzip der lex fori, sodass bis zur Klageerhebung häufig nicht feststeht, nach welchem Recht ein Verhalten zu beurteilen ist. Auch hier besteht mithin große Rechtsunsicherheit, die jedoch vom Kollisionsrecht in Kauf genommen wird. Vor diesem Hintergrund ist kein Grund ersichtlich, der eine Beschränkung der Partei- und Privatautonomie rechtfertigen könnte. 2. Weitere Voraussetzungen des Zustandekommens Zum wirksamen Zustandekommen der Rechtswahlvereinbarung im Sinne von Art. 3 Abs. 5, 10 Rom I-VO zählen neben der Bedingung und Befristung der Rechtswahlvereinbarung ferner die Fragen nach welchem Recht sich die Stellvertretung sowie die Geschäfts- und Rechtsfähigkeit richten. a. Einigung unter Einschaltung eines Vertreters Gegen die Möglichkeit eines Vertragsschlusses unter Einschaltung eines Vertreters bestehen keine europarechtlichen Bedenken.830 Der Abschluss einer Rechtswahlvereinbarung stellt kein höchstpersönliches Rechtsgeschäft dar. Entsprechend den allgemeinen Regeln ist zwischen der Prozessvertretung und der materiell-rechtlichen Vertretung zu unterscheiden. Über die Voraussetzungen der materiell-rechtlichen Stellvertretung ent-
826 Vgl. oben zur Differenzierung zwischen Parteiautonomie und Privatautonomie S. 9 ff. Einschränkungen der Zulässigkeit von Bedingungen und Befristungen sind lediglich hinsichtlich des Optionsrechts in Art. 7 Rom II-VO geboten. 827 Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 54; Kropholler, IPR S. 463. 828 Für eine Behandlung der aufschiebend bedingten Rechtswahl wie eine nachträgliche Rechtswahlvereinbarung Mankowski, Seerechtliche Vertragsverhältnisse S. 166; Leible, in: AnwK-BGB, Art. 27 EGBGB Rn. 41; Rasmussen-Bonne, Alternative Rechtsund Forumswahlklauseln, S. 121 ff.; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 54; Kropholler, IPR S. 463. 829 Zur Frage, ob eine aufschiebend bedingte Rechtswahlvereinbarung als vorherige oder nachträgliche Rechtswahl einzustufen ist, vgl. unten S. 344 ff. 830 Vgl. z.B. OLG Saarbrücken MDR 2010, 1338 f. zum EVÜ.
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Zweites Kapitel: Der Tatbestand des Art. 14 Rom II-VO
scheidet grundsätzlich das Vertragsstatut, d.h. das gewählte Recht.831 Ob eine wirksame Vertretungsmacht oder Bevollmächtigung gegeben ist, beurteilt sich nach dem sonderanzuknüpfenden Vollmachtstatut.832 Dieses unterliegt gem. Art. 1 Abs. 2 lit. g Rom I-VO den nationalen, kollisionsrechtlichen Grundsätzen.833 Die Erteilung und der Umfang der Prozessvollmacht unterliegen aufgrund ihrer Wirkungen auf den Prozess grundsätzlich der lex fori.834 Soweit man in dem Parteiverhalten ein Indiz für die Annahme einer Rechtswahlvereinbarung sieht, muss der Richter im Anwaltsprozess zusätzlich prüfen, ob der Parteivertreter zur Rechtswahl wirksam bevollmächtigt wurde.835 Für das deutsche Verfahrensrecht legt § 81 ZPO fest, dass die Prozessvollmacht alle den Rechtsstreit betreffenden Prozesshandlungen erfasst. Der Abschluss einer Rechtswahlvereinbarung ist von dem Umfang der Vollmacht damit grundsätzlich gedeckt.836 Eine Ausnahme sollte nach früherer Ansicht gelten, wenn die Rechtswahlvereinbarung „Wirkung über den Prozeß hinaus entfaltet.“,837 d.h. wenn die Vereinbarung zum Beispiel Einfluss auf das Verhältnis zu einem Dritten, wie einer nicht am Verfahren beteiligten Haftpflichtversicherung hat.838 Aufgrund der akzessorischen 831 832
Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 1 Rom I-VO Rn. 32. BGH NJW 1954, 1561; BGH NJW 1982, 2733; BGHZ 43, 21, 26; BGHZ 64, 183, 192; OLG Düsseldorf IPRspr 2003 Nr. 25; Fischer, IPRax 2005, 269, 270; Leible, IPRax 1998, 257 ff.; Martiny, in: MünchKomm, Art. 1 Rom I-VO Rn. 68; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 1 Rom I-VO Rn. 32. 833 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 1 Rom I-VO Rn. 32; Martiny, RIW 2009, 737, 738; Behnen, IPRax 2011, 221, 224; vgl. Schwung, WM 1984, 1301, 1304. 834 BGH DB 1958, 1010; BGH IPRax 1991, 247: Bevollmächtigung ist Prozesshandlung; a.A. OLG Zweibrücken IPRspr. Nr. 191: Prozessbevollmächtigung unterliegt dem Wirkungsstatut. Da die Vollmacht an dem Prozessort Wirkung entfalten soll, führt diese Ansicht zumeist gleichsam zur lex fori, vgl. Schack, IZVR Rn. 616 f. m.w.N. War der Vertreter zum Abschluss der Rechtswahlvereinbarung nicht berechtigt, aber ist die Vereinbarung im Außenverhältnis wirksam, stellt sich die Frage, inwieweit der Vertreter als falsus procurator gegenüber dem Geschäftsherrn haftet, vgl. zur Qualifikation des falsus procurator Behnen, IPRax 2011, 221, 227. Unabhängig von der richtigen Qualifikation des falsus procurator ist es grundsätzlich denkbar, dass der der Vertreter bei einer antizipierten Rechtswahlvereinbarung gegenüber dem Rechtswahlvertragspartner auf Schadensersatz haftet. Bei einer nachträglichen Rechtswahlvereinbarung wird es demgegenüber meist an einem kausalen Schaden fehlen. 835 Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 17; Mansel, ZVglRWiss 86 (1987), 1, 24; Schack, NJW 1984, 2736, 2739; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 121. 836 Schack, NJW 1984, 2736, 2739; Mansel, ZVglRWiss 86 (1987), 1, 13. Beschränkungen der Vollmacht können freilich vereinbart werden. 837 Mansel, Direktansprüche gegen den Haftpflichtversicherer, S. 49 f.; ders., ZVglRWiss 86 (1987), 1, 13. 838 Neuhaus, Grundbegriffe, S. 263; Mansel, ZVglRWiss 86 (1987), 1, 13.
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Anknüpfung des Direktanspruchs an das Vertrags- bzw. Deliktsstatut könne sich der Parteiwille auch auf das Verhältnis zum Dritten auswirken.839 Der Abschluss einer Rechtswahlvereinbarung falle dann nicht unter den gesetzlichen Mindestumfang der Vollmacht. Erforderlich sei vielmehr eine darüberhinausgehende Ermächtigung des Anwalts zum Abschluss einer solchen Vereinbarung.840 Aufgrund der Vorschrift des Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO, wonach Rechte Dritter von der Rechtswahlvereinbarung unberührt bleiben, lässt sich diese Ansicht nach heutiger Rechtslage nicht mehr aufrechterhalten. Die Regelung stellt den Grundsatz des Verbots von Verträgen zulasten Dritter noch einmal ausdrücklich klar.841 Fraglich ist allerdings, ob dies auch für eine Verbesserung der Rechtsstellung des Dritten gilt. Die Frage muss hier jedoch nicht beantwortet werden.842 Schließlich ist kein Grund dafür ersichtlich, weshalb zu einer Rechtswahlvereinbarung, die positive Auswirkungen auf die Rechtsstellung eines Dritten hat, nachdrücklich bevollmächtigt werden muss, während eine Rechtswahlvereinbarung, die ausschließlich Wirkungen inter partes entfaltet, von dem gesetzlichen Umfang der Vollmacht ausgenommen sein soll. b. Rechts- und Geschäftsfähigkeit, Art. 7, 12 EGBGB Da der Regelungsgegenstand der Rom II-VO in dem auf außervertragliche Schuldverhältnisse anwendbaren Recht liegt, enthält die Rom II-VO keine Regelungen zur Rechts- und Geschäftsfähigkeit. Der Rechtswahlvertrag für das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht setzt indes wie jeder andere Vertrag die Rechts- und Geschäftsfähigkeit der Vertragsparteien voraus.843 Als Frage des wirksamen Zustandekommens müsste bei konsequenter Anwendung der Münchhausentheorie des Art. 10 Abs. 1 Rom I-VO auf die gewählte lex causae abgestellt werden. Jedoch handelt es sich bei der Rechts- und Geschäftsfähigkeit (sowie auch der Handlungsfähigkeit) je nach Fallgestaltung grundsätzlich um Vor- oder Teilfragen, deren Anknüpfung streitig ist.844 Im Wesentlichen dreht sich der Streit um die Frage, ob eine selbstständige Anknüpfung nach dem IPR der lex fori 839 840 841
Mansel, ZVglRWiss 86 (1987), 1, 13. Mansel, ZVglRWiss 86 (1987), 1, 13. Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 7; Leible RIW 2008, 257, 261; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 49 f.; Kreuzer, in: Reichelt/Rechtberger, S. 13, 28; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 727; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 126 ff.; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 24. 842 Vgl. hierzu im Einzelnen unten S. 364 ff. 843 Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 37; Bernitt, Die Anknüpfung von Vorfragen, S. 9 ff. 844 Schwung, WM 1984, 1301, 1303 f.; Neuhaus, IPR, S. 133; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 6 Rn. 43; Kropholler, IPR, S. 221 ff.; Rauscher, IPR, S. 105 f.; Siehr, IPR, S. 470 f.
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oder eine unselbstständige Anknüpfung nach dem IPR der lex causae erfolgen muss.845 Dieser Meinungsstreit hat für die Anknüpfung der Rechtsund Geschäftsfähigkeit im Rahmen des Anknüpfungsmoments des Art. 14 Rom II-VO keine Bedeutung. In Abweichung zu der gewöhnlichen dogmatischen Einordnung jener Fragen handelt es sich hier um eine sog. Erstfrage. Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass das Bedürfnis nach ihrer Anknüpfung bereits im Tatbestand einer Kollisionsnorm besteht,846 weil bereits der Rechtswahlvertrag, der das Anknüpfungsmoment der subjektiven Kollisionsnorm bildet, die Frage nach der Rechts- und Geschäftsfähigkeit der Parteien stellt. Die Vorgreiflichkeit des Rechtswahlstatuts auf die lex causae muss aufgrund der Sonderanknüpfung dieser „Tatbestandsvoraussetzung“ dogmatisch unberücksichtigt bleiben. Erstfragen unterliegen unstreitig einer selbstständigen Anknüpfung.847 Die Besonderheit besteht darin, dass sich nach Beantwortung der Erstfrage im Rahmen des Sachrechts erneut die Frage nach der Rechts- und Geschäftsfähigkeit stellen kann. Dabei handelt es sich in der Regel um eine Teilfrage. Folgt man der Ansicht, die eine unselbstständige Anknüpfung nach dem IPR der lex causae befürwortet, kann dies zu dem merkwürdigen Ergebnis führen, dass unterschiedliche Antworten auf die inhaltsgleichen Erst- und Teilfragen gefunden werden. Für den Fall der Rechts- und Geschäftsfähigkeit verweist Art. 3 Abs. 5 Rom I-VO auf Art. 13 Rom I-VO. Im Übrigen ist die Vorschrift des Art. 1 Abs. 2 lit. a Rom I-VO zu beachten, wonach die Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit von natürlichen Personen von der Verordnung nicht geregelt wird. Folglich ist hierfür auf die Regelungen des nationalen Kollisionsrechts zurückzugreifen. Dort findet in der Regel das Staatsangehörigkeitsprinzip Anwendung. Für das Verhältnis von Art. 13 Rom I-VO und Art. 12 EGBGB gilt, dass Art. 13 Rom I-VO grundsätzlich vorrangig ist. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass die Rechtswahlvereinbarung keinen Vertrag im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Rom I-VO darstellt.848 Für eine analoge Anwendung des Art. 13 Rom I-VO fehlt es aufgrund der Regelung des
845 846
Sonnenberger, IPRax 2011, 325, 330. Bernitt, Die Anknüpfung von Vorfragen, S. 12 ff.; Neuhaus, IPR, S. 140 ff.; Kegel/Schurig, IPR, S. 374. 847 So die deutsche Auffassung, die auch im europäischen Kollisionsrecht aufrechtzuerhalten ist, siehe hierzu v. Bar/Mankowski, IPR, Bd. 1, § 7 Rn. 186; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 6 Rn. 52; Kropholler, IPR, S. 223 f.; Winkler v. Mohrenfels, RabelsZ 51 (1987), 21; Neuhaus, IPR, S. 133 ff.; Rauscher, IPR, S.106; Schwimann, Grundriß des IPR, S. 26; Siehr, IPR, S 567. 848 Siehe oben S. 141 ff.
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Art. 10 EGBGB an einer planwidrigen Regelungslücke.849 Die Frage wirkt sich aufgrund der inhaltlichen Identität der Regelungen aber nicht aus. In der Regel gilt das Staatsangehörigkeitsprinzip. III. Wirksamkeit des Rechtswahlvertrages Neben dem wirksamen Zustandekommen der Rechtswahlvereinbarung bildet die Einhaltung der Wirksamkeitsvoraussetzungen die nächstwichtigste Bedingung für den Eintritt der Rechtsfolgen. Zur Wirksamkeit im Sinne von Art. 3 Abs. 5 Rom I-VO zählen insbesondere das Fehlen von Willensmängeln, die auf Irrtum, Täuschung oder Drohung beruhen, Fragen des Schein- und Scherzgeschäfts und der Mentalreservation sowie die Nichtigkeit von Verträgen infolge Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot oder Sittenwidrigkeit.850 Ferner zählt hierzu die Frage der Form und der hinreichenden Bestimmtheit der Rechtswahlvereinbarung. Jene Unwirksamkeitsgründe sollen nachfolgend, soweit sie nicht in Abhängigkeit zum anwendbaren Sachrecht stehen, untersucht werden. 1. Allgemeine Unwirksamkeitsgründe Mit Ausnahme der Bedingung der Formwirksamkeit sowie der hinreichenden Bestimmtheit der Rechtswahlvereinbarung entscheidet über die Wirksamkeitsvoraussetzungen gem. Art. 3 Abs. 5, 10 Rom I-VO analog das gewählte Recht.851 Hierunter fallen insbesondere Willensmängel, die auf Irrtum, Täuschung oder Drohung beruhen, wobei der Irrtum über das Ergebnis der Anwendung ausländischen Rechts als bloßer Rechtsfolgeirrtum in der Regel nicht zur „Vertragsaufhebung“ berechtigt.852 Dasselbe gilt grundsätzlich für die Fragen des Schein- und Scherzgeschäfts sowie der Mentalreservation. Überschneidungen zu Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO sind grundsätzlich ausgeschlossen, da in diesen Fällen nicht die Frage der Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit, sondern nur der innere Wille einer oder beider Parteien betroffen ist. Die Nichtigkeit von Verträgen infolge Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot oder Sittenwidrigkeit ist nur schwer vor849 Ebenso Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 11; anders die wohl hM, vgl. Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 27 m.w.N.; für das Vertragsstatut OLG Düsseldorf IPRax 1996, 199 m. Aufs. Baetge, S. 185. 850 Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB S. 104; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 175; Meyer-Sparenberg, RIW 1989, 347, 348. 851 Vgl. hierzu bereits oben S. 143 ff. 852 Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB S. 104; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 175; Meyer-Sparenberg, RIW 1989, 347, 348; zur Unbeachtlichkeit des Rechtsfolgeirrtum vgl. etwa BGHZ 177, 62, Rn. 15; BGHZ 168, 210, Rn. 19; OLG Hamm, NJW-RR 2011, 1436 f.; rechtsvergleichend zu den Irrtümern Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S. 405 ff.
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stellbar.853 Zumeist käme hier dann auch eine Anwendung der Art. 16 Rom II-VO oder Art. 26 Rom II-VO in Betracht, was freilich nur subsidiär zu prüfen ist. 2. Form der Rechtswahlvereinbarung Fraglich ist, inwieweit die Rechtswahlvereinbarung selbst Formvorschriften unterliegt. Die Frage muss die Rom II-VO selbst durch eine Sachnorm regeln oder die Antwort muss „dem durch eine Verweisungsnorm ermittelten Formstatut überlassen werden.“854 Die Rom II-VO schreibt für die Rechtswahlvereinbarung keine besondere Form vor.855 Daraus folgt jedoch nicht unmittelbar, dass der Abschluss einer Rechtswahlvereinbarung formfrei möglich ist.856 Für außervertragliche Schuldverhältnisse bestehen allerdings grundsätzlich keine Formvorschriften. Gem. Art. 3 Abs. 5 Rom IVO analog unterliegt die Frage der Form der Rechtswahlvereinbarung einer Sonderanknüpfung. Dabei handelt es sich ebenso wie im Rahmen der Anknüpfung der Rechts- und Geschäftsfähigkeit um eine sog. Erstfrage, die unstreitig nach dem IPR der lex fori beantwortet wird.857 Auf die Rechtswahlvereinbarung nach Art. 14 Rom II-VO findet mithin das Formstatut des nationalen Kollisionsrechts der lex fori Anwendung.858 Diese sind in der Regel durch das sog. Günstigkeitsprinzip gekennzeichnet.859 Denkbar wäre, dass Formvorschriften für die Rechtswahlvereinbarung gelten, wenn der Hauptvertrag, in dem die Rechtswahlklausel vorhanden ist, formbedürftig ist und das anwendbare Sachrecht eine Verknüpfung von Hauptvertrag und Nebenabrede fordert. Allerdings wird die Rechtswahlvereinbarung in der Regel nicht als Nebenabrede, sondern als eigenständi-
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Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklauseln in AGB S. 104; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 175; Meyer-Sparenberg, RIW 1989, 347, 348. 854 Siehr, in: FS Keller, 1989, S. 485, 494. 855 Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 109 f.; Spickhoff, IPRax 1998, 462, 464; Rühl, in: FS Kropholler, 2008, S. 187, 198; a.A. Jayme, in: Kollisionsrecht in der EU, S. 63, 70 der in Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO eine autonome Formvorschrift erblickt. 856 Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 109; Rühl, in: FS Kropholler, 2008, S. 187, 198; 857 v. Bar/Mankowski, IPR, Bd. 1, § 7 Rn. 186; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 6 Rn. 52; Kropholler, IPR, S. 223 f.; Winkler v. Mohrenfels, RabelsZ 51 (1987), 21; Neuhaus, IPR, S. 133 ff.; Rauscher, IPR, S.106; Schwimann, Grundriß des IPR, S. 26; Siehr, IPR, S 567. 858 BGH DtZ 1997, 288; ebenso ausdrücklich Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 11; vgl. bereits oben zur Frage der Rechts- und Geschäftsfähigkeit S. 223 ff. 859 Vgl. Art. 11 Rom I-VO als Ergebnis der rechtsvergleichenden Betrachtung, siehe etwa auch Frick, IPRax 1994, 241 ff. zum schweizer Recht.
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ger Vertrag zu qualifizieren sein, sodass sich der Grundsatz der Formfreiheit auch im Sachrecht fortsetzt.860 3. Bestimmtheit und Widerspruchsfreiheit der Rechtswahlvereinbarung Eine Rechtswahlvereinbarung kann in Form einer selbständigen Vereinbarung oder in Form einer Klausel in einem Vertrag geschlossen werden. Voraussetzung für die Wirksamkeit der Rechtswahl ist ihre hinreichende Bestimmtheit.861 Dies ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass andernfalls die Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung nicht eindeutig feststellbar sind. Zwar ist der Parteiwille als Anknüpfungsmoment nur auf der Tatbestandsseite der subjektiven Kollisionsnorm beachtlich.862 Jedoch lehnen sich die Rechtsfolgen an das Anknüpfungsmoment an.863 Das Bestimmtheitsgebot folgt unmittelbar aus Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO und unterliegt mithin einer autonomen Auslegung.864 Erforderlich ist, dass sich die Rechtswahlvereinbarung mit hinreichender Sicherheit aus den Umständen des Falles ergibt.865 Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO stellt demnach keine strengen Anforderungen an die Wahrung des Bestimmtheitsgrundsatzes. Zulässig ist daher ein Rückgriff auf den allgemeinen Grundsatz, dass die bloße Bestimmbarkeit der Rechtswahlvereinbarung zu ihrer Wirksamkeit genügt.866 Dies impliziert zugleich, dass eine unklare Rechtswahlvereinbarung nicht ohne weiteres unwirksam ist.867 Vielmehr ist bei Zweifeln der
860 BGHZ NJW 1970, 999; BGHZ 57, 337, 338ௗf.; BGHZ 73, 391, 394; OLG München IPRax 1990, 320; Jayme, NJW 1972, 1618; Spellenberg, IPRax 1990, 295; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 15; Siehr, in: FS Keller, 1989, S. 485, 494ௗf.; Lüderitz, IPR, Rn. 269; restriktiver Spickhoff, IPRax 1998, 462, 464; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 103. 861 Vgl. BGH IPRax 2005, 150; OLG Frankfurt IPRax 2002, 399; Spickhoff, IPRax 2005, 125; ders., in: Bamberger/Roth, Art. 22 Rom I-VO Rn. 3; Staudinger, IPRax 2005, 129; Krapfl, IPRax 2002, 380. 862 Vgl. oben S. 56 ff. 863 Vgl. zu der Streitfrage, ob das Anknüpfungsmoment Teil des Tatbestandes oder der Rechtsfolgenseite der Kollisionsnorm ist oben S. 56 ff. 864 Zwar folgt aus der Stellung der Vorschrift und dem Verhältnis zur ausdrücklichen Rechtswahl, dass dieses Kriterium in erster die Vornahme einer konkludenten Rechtswahl ermöglichen soll. Daneben ist es allerdings möglich und sinnvoll der Regelung autonome Maßstäbe für die hinreichende Bestimmtheit der Rechtswahlvereinbarung zu entnehmen. Ebenso Staudinger, IPRax 2005, 129 zum EVÜ. 865 Staudinger, IPRax 2005, 129. 866 Staudinger, IPRax 2005, 129; Spickhoff, IPRax 2005, 125, 126; Martiny, in: MünchKomm, Art. 22 Rom I-VO Rn. 6. 867 Vgl. z.B. BGH NJW 2006, 1971, 1971 f.; BGH NJW 1997, 2671 f.; Flume, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts, § 35 I 1; Busche, in: MünchKomm, § 145 BGB Rn. 6.
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Wille der Parteien zunächst durch Auslegung zu ermitteln.868 Nur wenn ein übereinstimmender Parteiwille nicht ermittelbar ist, führt dies zur Unwirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung.869 Das Bestimmtheitserfordernis erstreckt sich auf die essentialia negotii des Rechtswahlvertrages, d.h. die Parteien der Rechtswahlvereinbarung, die anzuwendende Rechtsordnung und das Rechtsverhältnis (außervertragliche Schuldverhältnis) auf das sich die Rechtswahlvereinbarung bezieht bzw. im Fall der antizipierten Rechtswahlvereinbarung die konkreten tatsächlichen Beziehungen der Parteien aus denen ein künftiges etwaiges außervertragliches Schuldverhältnis möglicherweise erwächst.870 Probleme hinsichtlich der Bestimmbarkeit der anzuwendenden Rechtsordnung können insbesondere bei der Wahl des Rechts eines Staates auftreten, in dem mehrere Teilrechtsordnungen existieren (z.B. USA), ohne dass die konkrete Teilrechtsordnung bezeichnet wird.871 Art. 25 Rom II-VO stellt klar, dass in diesem Fall jede Gebietseinheit mit eigenen Rechtsnormen für außervertragliche Schuldverhältnisse als Staat zu behandeln ist. In diesem Fall ist der wirkliche Parteiwille mittels Auslegung zu ermitteln. Dies fällt leicht, wenn der Sachverhalt nur zu einer bestimmten Teilrechtsordnung Berührungspunkte aufweist.872 Andernfalls ist die engste Verbindung des Sachverhalts zu ermitteln.873 Sofern die danach ermittelte Teilrechtsordnung jedoch nicht mit hinreichender Sicherheit dem Parteiwillen entspricht, ist die Rechtswahlvereinbarung unwirksam. Ferner müssen das Rechtsverhältnis bzw. die konkreten tatsächlichen Beziehungen, auf das bzw. die sich die Rechtswahlvereinbarung bezieht, bestimmbar sein. Voraussetzung ist nicht, dass ein konkretes außervertragliches Schuldverhältnis bezeichnet wird. Erforderlich ist vielmehr, dass das Bezugsattribut der Rechtswahl festgelegt wird, d.h. der Geltungsbereich der Rechtswahl bestimmt wird. Wird eine Rechtswahlklausel nach Art. 14 Rom II-VO beispielsweise in einem Hauptvertrag aufgenommen, so ist im Zweifel davon auszugehen, dass die Rechtswahl für alle künftigen außervertraglichen Schuldverhältnisse gelten soll, die im Rahmen der Durchführung des Vertrages entstehen. Im Fall einer isolierten Rechts868 869
Vgl. zur Auslegung oben S. 169 ff. BGH NJW 1997, 2671 f.; Busche, in: MünchKomm, § 145 BGB Rn. 6; Eckert, in: Bamberger/Roth, § 145 BGB Rn. 34. 870 Insofern ist die Rechtswahlvereinbarung mit einer Schiedsvereinbarung vergleichbar, vgl. hierzu Münch, in: MünchKomm, § 1029 BGB Rn. 69 ff. 871 Vgl. BGH IPRax 2005, 150; OLG Frankfurt, IPRax 2002, 399; Spickhoff, IPRax 2005, 125; ders., in: Bamberger/Roth, Art. 22 Rom I-VO Rn. 3; Staudinger, IPRax 2005, 129; Krapfl, IPRax 2002, 380. 872 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 22 Rom I-VO Rn. 3; ders., IPRax 2005, 125. 873 Spickhoff, IPRax 2005, 125; ders., in: Bamberger/Roth, Art. 22 Rom I-VO Rn. 3; für eine analoge Anwendung des Art. 4 Abs. 3 S. 1 EGBGB Martiny, in: MünchKomm, Art. 22 Rom I-VO Rn. 6.
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wahlvereinbarung muss der Bezugspunkt gleichsam ermittelbar sein. Schließen die Parteien etwa im Rahmen einer grenzüberschreitenden Segelregatta eine Rechtswahlvereinbarung ab, so ist davon auszugehen, dass die Rechtswahlvereinbarung nur für außervertragliche Schuldverhältnisse im Rahmen jenes Wettkampfes gilt und mit dessen Beendigung auch die Wirkungen der Rechtswahlvereinbarung erlöschen sollen. Wollte man die Dogmatik der kollisionsrechtlichen Rechtswahl verbaliter in die Praxis übernehmen, so müsste die Rechtswahlvereinbarung stets den konkreten Anknüpfungsgegenstand bezeichnen, d.h. es müsste ausdrücklich zwischen GoA, unerlaubter Handlung, Produkthaftung, Umweltschädigung etc. unterschieden werden.874 Dies beruht darauf, dass die Rechtswahlvereinbarung stets auf einen konkreten Anknüpfungsgegenstand und mithin auf ein konkretes außervertragliches Schuldverhältnis Bezug nimmt.875 Eine solche formalistische Betrachtung würde aber der Erwägung zuwiderlaufen, dass die Bestimmbarkeit der essentialia negotii zur Wahrung des Bestimmtheitsgrundsatzes ausreicht. Im Zweifel ist davon auszugehen, dass die Parteien eine umfassende Rechtswahlvereinbarung treffen wollten. Daher ist grundsätzlich als Auslegungsregel festzuhalten, dass von der Rechtswahlvereinbarung der Parteien alle außervertraglichen Schuldverhältnisse erfasst sind, die zwischen den Parteien im Rahmen ihres „Rechtsverhältnisses“ entstehen. Die Einhaltung des Bestimmtheitsgrundsatzes kann mithin besonders hinsichtlich des Rechtswahlgegenstandes fraglich sein. Insbesondere im Rahmen der Beurteilung der Zulässigkeit einer Teilrechtswahl wird noch einmal darauf zurückzukommen sein.876 In einem engen Zusammenhang zum Bestimmtheitsgebot steht das Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtswahlklausel. Auch hierfür gilt primär die Widersprüchlichkeit einer Rechtswahlvereinbarung durch Auslegung des Parteiwillens aufzuklären. Nur wenn dies nicht möglich ist, führt die Widersprüchlichkeit zur Unwirksamkeit der Vereinbarung. IV. Zwischenergebnis Nach dem gefundenen Ergebnis ist das Rechtswahlstatut, d.h. das auf den Rechtswahlvertrag anwendbare Recht unter analoger Anwendung des Art. 3 Abs. 5, 10 Rom I-VO zu bestimmen. Anhand des gewählten Rechts werden demnach das Zustandekommen und die Wirksamkeit des Verweisungsvertrages beurteilt. Zur Anwendung des gewählten Rechts genügt es, wenn einseitig der Anschein eines Vertragsschlusses hervorgerufen wurde. Der Rechtswahlvertrag kann durch ausdrückliche oder konkludente Erklä874 875
Vgl. hierzu oben S. 56 ff. Siehe oben S. 56 ff.; zu den Auswirkungen bei der Unwirksamkeit der Rechtswahl vgl. S. 348 ff. 876 Vgl. hierzu unten S. 321 ff.
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rung zustande kommen. Dem Erklärungswert von Schweigen wird über Art. 10 Abs. 2 Rom II-VO Rechnung getragen, wonach den Rechtswahlgegner eine Äußerungsobliegenheit trifft. Die nachträgliche Rechtswahlvereinbarung kann grundsätzlich nicht in AGB abgeschlossen werden. Im Hinblick auf die Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung ist insbesondere der Bestimmtheitsgrundsatz zu beachten, der sich auf die Parteien des Rechtswahlvertrages, den Gegenstand der Rechtswahl und das außervertragliche Schuldverhältnis bezieht. Jene Anforderungen müssen sowohl für eine nachträgliche als auch für eine antizipierte Rechtswahl erfüllt sein, um den Parteiwillen als Anknüpfungsmoment berücksichtigen zu können. Für den Abschluss einer antizipierten Rechtswahlvereinbarung stellt Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO zusätzliche Voraussetzungen auf, die von den Parteien eingehalten werden müssen, damit dem übereinstimmenden Parteiwillen kollisionsrechtliche Wirkung verliehen werden kann. B. Antizipierte Rechtswahl, Art. 14 Abs. S. 1 lit. b Rom II-VO Wird eine Rechtswahlvereinbarung vor Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses geschlossen, liegt eine sog. antizipierte Rechtswahl vor, welche nur unter den genannten zusätzlichen Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO zulässig ist.877 Der Grund für die gesetzgeberische Unterscheidung zwischen einer vorherigen und einer nachträglichen Rechtswahl ist im Zusammenhang mit den unterschiedlichen kollidierenden Interessen zu sehen. I. Interessenkonflikte Wie sich bei der Untersuchung der Gesetzeshistorie des Art. 14 Rom II-VO gezeigt hat, bestand über die Zulässigkeit einer vorherigen Rechtswahl Uneinigkeit.878 Den Ausgangspunkt des Streites bildeten die mit einer vorherigen Rechtswahl verbundenen Interessenkonflikte. Auf der einen Seite steht der Grundsatz vom Vorrang der Parteiautonomie, wonach in erster Linie der Parteiwille das maßgebliche Anknüpfungsmoment bildet, wenn keine vorrangigen öffentlichen Interessen entgegenstehen.879 Dieser Grundsatz ist vom Gesetzgeber zu beachten. Beschränkungen bedürfen der Rechtfertigung.880 Auf der anderen Seite besteht seit dem ersten Bestreben nach einer Rechtsvereinheitlichung im Internationalen Schuldrecht881 Ei877 878 879
Siehe unten S. 247 ff. Vgl. hierzu bereits die Ausführungen oben S. 21 ff. So Leible, Rom I und Rom II S. 26; ders., in: Reichelt, Europäisches Gemeinschaftsrecht und IPR, 2007, S. 31, 46; Hohloch, in: FS Thue, 2007, S. 257, 263. 880 Vgl. bereits oben S. 13 ff. 881 Siehe oben S. 15 ff.; wesentlicher Ausgangspunkt war wohl das EWGÜbereinkommen von 1972. Eine Ausnahme bildet indes der Präs-E, der eine zeitlich un-
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nigkeit darüber, dass Parteien in „schwächeren Verhandlungspositionen“ vor der vorschnellen Wahl einer fremden Rechtsordnung geschützt werden müssen.882 Zur Feststellung worauf diese schwächere Verhandlungsposition inhaltlich beruht, sind die Parteien der Rechtswahlvereinbarung zu betrachten. Wird eine Rechtswahlvereinbarung zwischen einer kommerziell tätigen und einer nicht kommerziell tätigen Partei geschlossen, treten die typischen Gefahren einer gestörten Verhandlungsparität in Erscheinung. Schwächere Parteien können sich vor Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses aufgrund einer ungleichen Verhandlungsstärke in einer Überrumpelungssituation befinden, die zu einer unüberlegten und für sie nachteiligen Rechtswahl führen kann.883 Ähnlich wie im Recht der AGB lässt sich diese schwächere Situation mit „der wirtschaftlichen, intellektuellen, informationellen und psychologischen Überlegenheit“884 des kommerziell Tätigen gegenüber dem nicht-kommerziell Tätigen begründen.885 Wird die Rechtswahlvereinbarung hingegen zwischen zwei nicht-kommerziell tätigen Parteien geschlossen tritt die beiderseitige geschäftliche Unerfahrenheit in den Vordergrund. Dasselbe gilt für den Vertragsschluss, bei der nur eine Partei nicht kommerziell tätig ist. Diese Parteien sind mit Rechtswahlvereinbarungen im Rechtsverkehr in der Regel nur wenig vertraut.886 Jene Parteien können daher regelmäßig erst mit dem Eintritt des Schadens, d.h. wenn die Folgen des Schadens spürbar werden, die Konsequenzen einer Rechtswahlvereinbarung überblicken, die Vor- und Nachteile einer Rechtswahl abwägen und notfalls vor Abschluss einer solchen Vereinbabeschränkte Rechtswahl für zulässig erklärte, ohne zugleich verbraucher- und arbeitnehmerschützende Vorschriften vorzusehen, vgl. oben S. 26 ff. 882 R. Wagner, EuZW 1999, 709, 713; ders., IPRax 2008, 1, 13; Rugullis, IPRax 2008, 319, 323; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 9; de Boer, nILr 2009, 295, 325 f.; ders., YbPIL 9 (2007), 19, 27; v. Hein, ZVglRWiss 102 (2003), 528, 547 f.; Benecke, RIW 2003, 830, 836. 883 EuGH Rs. C̻40/08, Asturcom Telecomunicaciones, Slg. 2009, I̻9579 Rn. 29; EuGH Rs. C-76/10, Pohotovos, ABl EU 2011, Nr C 30, 12; EuGH Rs. C-240/98 bis C244/98, Océano Grupo Editorial und Salvat Editores, Slg. 2000, I-4941 Rn. 25; EuGH Rs. C-168/05, Mostaza Claro, Slg. 2006, I-10421 Rn. 25; EuGH EuZW 2011, 27; Rühl, in: Conflict of Laws in a Globalized World, 2007, S. 153, 180; Kreuzer, riv.dir.int.pirv.proc. 2006, 45, 52. 884 Kötz, JuS 2003, 209, 210; Graf v. Westphalen, NJW 1994, 2113, 2115; ders., NJW 2010, 2254, 2255; ders., NJW 2011, 2098, 2099 unter Besprechung von BGH NJW 2011, 50, 54; kritisch gegenüber dem AGB-Recht Dauner-Lieb/Axer, ZIP 2010, 309 ff.; vgl. auch BVerfG NJW 1994, 36 zur Verhandlungsparität bei Bürgschaften. 885 Vgl. auch Magnus, in: Staudinger, Art. 6 Rom I-VO Rn. 1 zum Verbraucherbegriff. 886 Symeonides, YbPIL 9 (2007), 149, 171; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 13; ders., IPRax 2006, 372, 387; Rugullis, IPRax 2008, 319, 323; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 9; v. Hein, RabelsZ 64 (2000), 595, 601.
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rung noch rechtlichen Rat einholen.887 Mit jener geschäftlichen Unerfahrenheit geht das Unvermögen einher, sich die kollisionsrechtlichen, sachrechtlichen und praktischen Rechtsfolgen einer Rechtswahlvereinbarung vorstellen zu können.888 Unter die Risiken der antizipierten Rechtswahl fallen insbesondere die Unkenntnis über die Wirkungen einer Rechtswahl im Hinblick auf die Abwahl zwingender und damit häufig schützender Vorschriften, die Unkenntnis über die inhaltliche Ausgestaltung des prorogierten Rechts sowie die Unkenntnis über die prozessrechtlichen Konsequenzen der getroffenen Rechtswahlvereinbarung, wonach der Richter, unter den Voraussetzungen des Art. 14 Rom II-VO, an die Vereinbarung gebunden ist. Auch der Rechtsgüterschutz, der durch das (Internationale) Deliktsrecht verwirklicht wird, spielt eine Rolle.889 Trotz dieser Risiken und der Möglichkeit der vertragsakzessorischen Anknüpfung verzichtete der europäische Gesetzgeber nicht auf die Einführung einer vorherigen Rechtswahlmöglichkeit.890 Insofern kann man Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO als Kompromiss bezeichnen, weil er weder dem Grundsatz vom Vorrang der Parteiautonomie noch dem Schutz des Schwächeren einseitig Rechnung trägt.891 Fraglich ist aber, worin der Grund für die abweichende Behandlung der nachträglichen Rechtswahl liegt, die keinen weiteren einschränkenden Voraussetzungen unterliegt. Die Antwort gibt ein Vergleich mit den Risiken der nachträglichen Rechtswahl. Unter der Prämisse, dass jene Vereinbarungen mit ex tunc Wirkung geschlossen werden,892 kann eine nachträgliche Rechtswahl bereits entstandene Ansprüche rückwirkend wieder entfallen lassen.893 Zudem birgt eine nachträgliche Rechtswahl im vertraglichen wie außervertraglichen Bereich die Gefahr, dass die „Rechte- und Pflichtenordnung“,894 anhand derer sich die Parteien orientiert haben, nachträglich durch die einer anderen Rechtsordnung ersetzt wird. Auf diese Weise kann ein zunächst ordnungsgemäßes 887
Rugullis, IPRax 2008, 319, 323; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 9; Bertoli, riv.dir.int.priv.proc. 2009, 697, 704; ders., Dir. UE 2009, 231, 244; Thorn, in: FS Schmidt, 2009, S. 1561, 1564 f.; Symenonides, AJCL 56 (2008), 173, 215. 888 Vgl. Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 9; Thorn, in: FS Schmidt, 2009, S. 1561, 1564 f.; Bertoli, riv.dir.int.priv.proc. 2009, 697, 704; ders., Dir. UE 2009, 231, 244; Symenonides, AJCL 56 (2008), 173, 215; Bach, in: Huber, The Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 29 f. 889 Ebenso Thorn, in: FS Schmidt, 2009, S. 1561, 1566. 890 Siehe zur Bedeutung der vorherigen Rechtswahl die Ausführungen unten S. 234 ff. 891 Rugullis, IPRax 2008, 319, 322; ebenso G. Wagner, IPRax 2008, 1, 13. 892 Vgl. hierzu unten S. 344 ff. 893 Zum Beispiel wenn das gewählte Recht einen entsprechenden Anspruch unter anderen Voraussetzungen gewährt. So zum Vertragsrecht Pfister, RIW 1973, 440, 441. 894 Pfister, RIW 1973, 440, 442.
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Verhalten haftungsbegründend wirken.895 So hängt etwa die ärztliche Aufklärungspflichtverletzung über ein konkretes Behandlungsrisiko von dessen Aufklärungsbedürftigkeit ab. Eine nachträgliche Rechtswahl kann dazu führen, dass ein an sich rechtmäßiges Unterlassen rückwirkend zur Haftung führt, wenn nach der gewählten Rechtsordnung das eingetretene Risiko rückwirkend aufklärungsbedürftig wird.896 Auch der nicht geschäftlich Tätige wird die kollisionsrechtlichen, sachrechtlichen und prozessrechtlichen Rechtsfolgen einer nachträglichen Rechtswahlvereinbarung häufig nicht vorhersehen können. Denkbar ist, dass sich auch hier die wirtschaftliche, intellektuelle und psychologische Überlegenheit des anderen Vertragspartners auswirken kann. Daher ist auch er grundsätzlich schutzbedürftig. Gleichwohl hat sich der europäische Gesetzgeber dazu entschlossen, nur vor den Risiken einer antizipierten Rechtswahlvereinbarung zu schützen.897 Insoweit muss sich jeder selbst vor einer Übervorteilung absichern. Deutlich wird vor diesem Hintergrund, dass das wesentliche Kennzeichen der „schwächeren Verhandlungsposition“ im Sinne von Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO in der mangelnden Kenntnis über die Folgen einer Rechtswahlvereinbarung liegt. Bei einer nachträglichen Rechtswahl haben beide Parteien die Möglichkeit, vor Abschluss der Rechtswahlvereinbarung juristischen Rat einzuholen und damit ihr eigenes informationelles Defizit auszugleichen. Begründen lässt sich diese These ferner mit Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO, der nicht etwa auf die ungleiche Verhandlungsstärke zwischen Verbraucher und Unternehmer abstellt, sondern verlangt, dass alle Parteien einer kommerziellen Tätigkeit nachgehen und eine frei ausgehandelte Rechtswahlvereinbarung schließen.898 Trotz der aufgezeigten 895 896
Pfister, RIW 1973, 440, 442. In diese Richtung auch Rumetsch, MedR 2011, 289 f. Bei der Aufklärungspflicht handelt es sich nicht um Sicherheits- und Verhaltensregeln im Sinne von Art. 17 Rom IIVO, vgl. Deutsch, in: FS Ferid, 1978, S. 117, 125 ff.; Fischer, in: FS Laufs, 2006, S. 781, 785 f.; Spickhoff, in: FS Müller, 2009, S. 287, 302. 897 Ob die Beschränkung der antizipierten Rechtswahl auch im Hinblick auf die Risiken einer nachträglichen Rechtswahl gerechtfertigt werden kann, mag man bezweifeln. Eine mögliche Konsequenz wäre indes auch die Einführung einer bedingungslosen antizipierten Rechtswahl (in diese Richtung weist auch de Boer, YbPIL 9 (2007), 19, 28). Dafür spricht nicht nur der Vergleich mit der nachträglichen Rechtswahl, sondern auch die durch die Brüssel I – Verordnung eröffnete unbeschränkte Möglichkeit Gerichtsstandsvereinbarungen vor Entstehung der Streitigkeit abzuschließen. Beschränkungen oder Grenzen für den Abschluss von Gerichtsstandsvereinbarungen seitens nichtkommerziell tätiger Parteien bestehen nicht, obwohl ein vereinheitlichtes Kollisionsrecht im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung noch nicht etabliert war. Beschränkungen bestehen lediglich im Rahmen der Gerichtsstände für Verbraucher-, Arbeitnehmer- und Versicherungssachen. Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO geht aber darüber hinaus, wenn er verlangt, dass „alle Parteien einer kommerziellen Tätigkeit“ nachgehen müssen. 898 Vgl. hierzu auch die Ausführungen unten S. 247 ff.
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Risiken einer antizipierten Rechtswahlvereinbarung wurde sich in der Literatur vielfach für eine zeitlich unbeschränkte Gewährleistung der Parteiautonomie ausgesprochen.899 Dem ist Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO entgegengekommen, indem er nunmehr unter Berücksichtigung der kollidierenden Interessen den Abschluss einer vorherigen Rechtswahlvereinbarung für zulässig erklärt und ihre Voraussetzungen regelt. Kontrovers wird allerdings nach wie vor die Frage nach dem praktischen Bedürfnis für eine solche Regelung beurteilt. II. Praktische rechtliche Bedeutung der vorherigen Rechtswahl Bereits vor der formalen Einleitung des Rechtsetzungsverfahrens durch den Kommissionsentwurf vom 22.7.2003 war streitig, ob ein Bedürfnis für eine antizipierte Rechtswahl im Internationalen Recht der außervertraglichen Schuldverhältnisse besteht.900 Für den Fall, dass zwischen den Parteien des außervertraglichen Schuldverhältnisses eine vertragliche Beziehung existiert, wurde das fehlende Regelungsbedürfnis mit der Möglichkeit der akzessorischen Anknüpfung an das Vertragsstatut begründet, für das eine antizipierte Rechtswahl (nach Art. 3 EVÜ) ohne weiteres zulässig ist.901 Besteht hingegen keine schuldrechtliche Sonderbeziehung zwischen den Parteien, sei eine antizipierte Rechtswahl praxisfern, da die Entstehung eines außervertraglichen Schuldverhältnisses in der Regel vom Zufall abhänge.902 Darüber hinaus wird kritisiert, dass eine antizipierte Rechtswahl schon aus chronologischen Gesichtspunkten keinerlei Bedeutung im Rahmen der Haftung aus culpa in contrahendo (Art. 12 Rom II-VO) oder für außervertragliche Schuldverhältnisse aus GoA (Art. 11 Rom II-VO) habe, sodass der europäische Gesetzgeber von einer diesbezüglichen Rechtswahlmöglichkeit absehen sollte bzw. hätte absehen sollen.903 899
Siehe zum Beispiel v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 11 Rn. 45; Hohloch, NZV 1988, 161, 164; Lüderitz, IPR, Rn. 310; Lüderitz, in: Soergel, Art. 12 EG Rn. 45; H. Stoll, in: FS Kegel, 1977, S. 120 ff.; de Boer, YbPIL 9 (2007), 19, 27; A. Fuchs, GPR 2003/2004, 100, 102; Bennecke, RIW 2003, 830, 836; Busse, RIW 2003, 406, 409; v. Hein, ZVglRWiss 102 (2003) 528, 548; Kadner Graziano, in: The Rome II Regulation, S. 113, 114; kritisch Rugullis, IPRax 2008, 319, 32; Symeonides, YbPIL 2007, 149, 170 f.; v. Bar, IPR, Bd. 2 § 6 Rn. 677; Staudinger, SVR 2005, 441, 444. 900 Siehe bereits oben S. 21 ff. 901 v. Bar/Mankowski, IPR, Bd. 1, § 7 Rn. 73; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 11 Rn. 45; in diese Richtung auch de Boer, YbPIL 9 (2007), 19, 27; Huber/Bach, IPRax 2005, 73, 75; Staudinger, SVR 2005, 441, 444; Kreuzer, RabelsZ 65 (2001), 383, 403; Kadner Graziano, in: The Rome II Regulation, S. 113, 114. 902 de Boer, YbPIL 9 (2007), 19, 27; Leible/Engel, EuZW 2004, 7, 15; Hay, EuLF 2007, I-137, I-151. 903 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 18; Hay, EuLF 2007, I-137, I-151.
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Zu Recht hat sich der europäische Gesetzgeber gleichwohl für eine Kodifizierung der antizipierten Rechtswahl entschieden.904 Die Etablierung der Rechtswahlmöglichkeit soll u.a. die Wahl eines neutralen Rechts ermöglichen.905 Bei einer antizipierten Rechtswahl stehen sich zu diesem Zweck die in Betracht kommenden ausländischen Rechtsordnungen grundsätzlich als gleichwertig gegenüber, da noch nicht feststeht, welches Ereignis möglicherweise eintreten wird. Die Rechtswahl kann somit für jede Partei begünstigend oder belastend sein.906 Demgegenüber kann nach Eintritt jenes Ereignisses in der Regel konkret festgestellt werden, welche Rechtsordnung für eine Partei günstiger ist.907 Durch eine Beschränkung auf die nachträgliche Rechtswahl wäre die Wahl eines neutralen Rechts in der praktischen Rechtsanwendung mithin ausgeschlossen. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die vorherige Rechtswahl eine „einheitliche Anknüpfung der Schuldrechtsbeziehungen von international tätigen Unternehmen“908 ermöglichen soll.909 Wird allein eine Rechtswahl für einen konkreten Vertrag getroffen, hat dies auf Grundlage der akzessorischen AnknüpAnknüpfung nicht zwingend zur Folge, dass das künftige außervertragliche Schuldverhältnis nach demselben Recht beurteilt wird, da jene im Ermessen des Richters steht.910 Die akzessorische Anknüpfung dient dazu die starren objektiven Anknüpfungsregeln korrigieren zu können, um auf diese Weise im Einzelfall zur Anwendung derjenigen Rechtsordnung zu kommen, mit der das außervertragliche Schuldverhältnis am engsten verbunden ist.911 Indes betont auch die Literatur den Ausnahmecharakter der Vorschrift und rät der Praxis zur vorsichtigen Handhabung der Ausweichklau-
904 So auch Freitag/Leible, ZVglRWiss 99 (2000), 101, 103 ff.; Leible/Engel, EuZW 2004, 7, 15; Bertoli, riv.dir.int.priv.proc. 2009, 697, 703 f.; Posch, YbPIL 6 (2004), 129, 150; Benecke, RIW 2003, 830, 826; v. Hein, ZVglRWiss 102 (2003), 528, 548; A. Fuchs, GPR 2004, 100, 102; Busse, RIW 2003, 406, 409. 905 Siehe zu den Funktionen einer Rechtswahl bereits oben S.V ff. 906 So bereits Pfister, RIW 1973, 440, 442 zum internationalen Schuldvertragsrecht. 907 Pfister, RIW 1973, 440, 442; Kadner Graziano, in: The Rome II Regulation, S. 113, 114, 117. 908 Kreuzer, in: Reichelt/Rechberger, Europäisches Kollisionsrechts S. 13, 21. 909 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 18; Kreuzer, in: Reichelt/Rechberger, Europäisches Kollisionsrechts S. 13, 21; Kadner Graziano, in: The Rome II Regulation, S. 113, 114 m.w.N. 910 v. Hein, RabelsZ 73 (2009), 461, 487; ders., ZEuP 2009, 6, 21; ders., RabelsZ 64 (2000), 595, 601; ders., ZVglRWiss 102 (2003), 528, 548; Hohloch, NZV 1988, 161, 164; G. Wagner, IPRax 2006, 372, 387; Freitag/Leible, ZVglRWiss 99 (2000), 101, 105; Leible, RIW 2008, 257, 258; Leible/Engel, EuZW 2004, 7, 15; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 4 Rom II-VO Rn. 12 f. 911 Junker, in: MünchKomm, Art. 4 Rom II-VO Rn. 46; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 20 f.; ders., rev.crit.dr.int.priv. 97 (2008) S. 445, 463.
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sel.912 Ferner ist streitig, wie der Begriff der „engen Verbindung“ im Sinne von Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO auszulegen ist, d.h. wie der Zusammenhang zwischen dem Rechtsverhältnis, an das akzessorisch angeknüpft werden soll und der unerlaubten Handlung ausgestaltet sein muss.913 Wollen die Parteien zum Beispiel eine Haftungsbeschränkung im Deliktsrecht für grob fahrlässiges Handeln vereinbaren, können sie sich nicht darüber sicher sein, ob ihre Abrede wirksam ist, wenn sie nach dem Recht des einen Landes, das auf den Vertrag anzuwenden ist, wirksam wäre, während sie nach dem Recht des anderen Landes, das nach objektiver Anknüpfung maßgeblich ist, unwirksam wäre. Umgekehrt sollten die Parteien dazu in der Lage sein, die akzessorische Anknüpfung „auszuschalten“, wenn jene Abrede nach dem nach objektiver Anknüpfung maßgeblichem Recht wirksam ist, aber nach dem auf den Vertrag anwendbaren Recht unwirksam ist.914 Andernfalls schlägt sich die unzulängliche Gewährleistung der Parteiautonomie auch auf die praktische Reichweite der Privatautonomie nieder. Kurz, die Nachteile der akzessorischen Anknüpfung liegen in der bestehenden Rechtsunsicherheit für die Parteien, die aus dem richterlichen Ermessen herrührt.915 Demgegenüber könnte eine antizipierte Rechtswahlvereinbarung in Verbindung mit einer entsprechenden Gerichtsstandsklausel zugunsten eines europäischen Mitgliedstaates den Parteien die notwendige Rechtssicherheit bieten.916 Die gesetzgeberische Ermöglichung einer antizipierten Rechtswahl fügt sich folglich in die Ziele der Vereinheitlichung des Kollisionsrechts ein, welches hauptsächlich auch in der Gewährleistung von Rechtssicherheit liegt.917 Praktisch bedeutsam ist die Möglichkeit 912 Siehe z.B. Junker, in: MünchKomm, Art. 4 Rom II-VO Rn. 46; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 4 Rom II-VO Rn. 12. 913 Siehe etwa den Streitstand zu der Frage, in welchem Verhältnis das bestehende Rechtsverhältnis zur unerlaubten Handlung stehen muss bei Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 15; v. Hoffmann, in: Staudinger, Art 40 EGBGB Rn 11; Staudinger, DB 1999, 1589, 1593. 914 So auch Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 18; v. Hein, RabelsZ 64 (2000), 595, 602; ferner G. Wagner, IPRax 2006, 372, 387. 915 v. Hein, RabelsZ 64 (2000), 595, 601; G. Wagner, IPRax 2006, 372, 387; ders., IPRax, 1, 13; Leible, RIW 2008, 257, 258; G. Wagner, IPRax 2006, 372, 387. 916 Bertoli, Dir. UE, 231, 244; G. Wagner, IPRax 2006, 372, 387; die Aufnahme einer Gerichtsstandsklausel zugunsten eines mitgliedstaatlichen Gerichts ist aufgrund des geltenden lex fori Prinzips für Kollisionsnormen empfehlenswert, da die Möglichkeit einer antizipierten Rechtswahl nicht in allen IPR-Gesetzes vorgesehen ist und bei einer Klage vor einem außereuropäischen Gericht somit u.U. nicht beachtet wird (vgl. etwa Schwander, in: FS Keller, 1989, S 473, 482). Sie schafft damit Sicherheit über die Voraussetzungen, die an eine wirksame Rechtswahlvereinbarung gestellt werden. 917 Erwägungsgrund 31 Rom II-VO; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 13; Mankowski, IPRax 2010, 389, 399; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 7; zum deutschen IPR v. Hein, RabelsZ 64 (2000), 595, 601; Einsele, RabelsZ 60 (1996), 417, 418.
§ 6 Das Anknüpfungsmoment des Art. 14 Rom II-VO
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der Rechtswahl darüber hinaus zwischen Kaufleuten, welche ihren Vertragsbeziehungen das UN-Kaufrecht zugrunde legen.918 Da das CISG ausschließlich Regelungen zum vertraglichen Schuldrecht enthält, ist eine (mittelbare) Beeinflussung des auf außervertragliche Ansprüche anwendbaren Rechts ausgeschlossen, weil eine vertragsakzessorische Anknüpfung demzufolge ins Leere ginge.919 Entsprechende Relevanz wird diesem Gedanken künftig auch im Rahmen (der intendierten Schaffung) eines europäischen Zivilgesetzbuches zukommen, unabhängig davon, ob es der Optin oder Opt-out-Lösung folgt.920 So sollte im Interesse des Rechts- und Handelsverkehrs eine separate Pro- und Derogation des künftigen europäischen Einheitsrechts ermöglicht werden, um nicht nur der Partei-, sondern auch der Privatautonomie und dem damit einhergehenden Bedürfnis nach Rechtssicherheit Rechnung zu tragen.921 Wenngleich keine schuldrechtliche Beziehung zwischen den Parteien während des Eintritts des schadensbegründenden Ereignisses existiert, kann ein Bedürfnis nach einer vorherigen Rechtswahl bestehen.922 Dies kommt etwa dann in Betracht, wenn eine vertragliche Beziehung zwischen den Parteien fehlt, weil es sich um ein bloßes Gefälligkeitsverhältnis handelt, im Rahmen dessen die schadensbegründende Handlung vorgenommen wurde.923 Darüber hinaus kann eine antizipierte Rechtswahl immer dann Bedeutung erlangen, wenn zwar keine rechtsgeschäftliche Zusammenkunft aber eine tatsächliche Zusammenkunft von mehreren Personen stattfindet, wie etwa bei „nicht-vertraglichen Beziehungen zwischen Subunternehmern
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Art. 5 CISG ermöglicht die Abwahl des UN-Kaufrechts. Ebenso v. Hein, RabelsZ 64 (2000), 595, 601; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 18; Mankowski, IPRax 2010, 389, 399; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 9; Sonnentag, ZVglRwiss 105 (2006), 256, 275 ff.; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 726; Leible, RIW 2007, 257, 258. 920 Mankowski, IPRax 2010, 389, 399; vgl. zur Entwicklung eines Europäisches Zivilgesetzbuches z.B. Riesenhuber, JZ 2011, 537 ff.; Leible, BB 2008, 1469 ff.; Kronke, RpF 2002, 3 ff.; Meller-Hannich, AcP 210 (2010), 925 ff.; Sonnenberger, JZ 1998, 982 ff.; Doralt, AcP 211 (2011), 1 ff.; Pouliadis, in: FS Georgiades, 2006, S. 889 ff.; Hellwege, AcP 211 (2011), 665 ff.; Reich/Micklitz, EWS 2011, 113 ff. 921 Mankowski, IPRax 2010, 389, 399. 922 Freitag/Leible, ZVglRWiss 99 (2000), 101, 112, 114 f.; Leible/Engel, EuZW 2004, 7, 15; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 9; Mankowski, IPRax 2010, 389, 399; v. Hoffmann, IPR, 2002, § 11 Rn. 45; wohl auch Bertoli, riv.dir.int.priv.proc. 2009, 697, 704. 923 Kadner Graziano, Gemeineuropäisches IPR, S. 185 f.; diese Möglichkeit wird aufgrund des Erfordernisses der kommerziellen Tätigkeit und dem erforderlichen Zusammenhang zwischen der Rechtswahlvereinbarung, dem außervertraglichen Schulverhältnis und der kommerziellen Tätigkeit praktisch wohl nur sehr selten zum Tragen kommen können, vgl. hierzu im Einzelnen unten S. 248 ff.
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bei Großvorhaben“924 oder Sportveranstaltungen925 oder „im Schiffahrtsrecht zwischen Passagier oder Belader einerseits und Schiffseigner, Reeder und Schiffsführer andererseits […].“926 Trotz der Möglichkeit der akzessorischen Anknüpfung sowie abseits bereits vorhandener vertraglicher Beziehungen besteht folglich ein Bedürfnis nach der Möglichkeit einer antizipierten Rechtswahl.927 III. Abgrenzung von vorheriger und nachträglicher Rechtswahl Zu Recht hat sich der europäische Gesetzgeber also für die Normierung der vorherigen Rechtswahlmöglichkeit entschieden. Folglich unterscheidet die Rom II-VO ausdrücklich zwischen der nachträglichen (Art. 14 Abs. 1 S. 1 lit. a Rom II-VO) und der antizipierten Rechtswahl (Art. 14 Abs. 1 S. 1 lit. b Rom II-VO). Gem. Art. 14 Abs. 1 Rom II-VO ist die nachträgliche Rechtswahl ohne zusätzliche Voraussetzungen möglich.928 Demgegenüber verlangt die vorherige Rechtswahl die einschränkenden Erfordernisse der „kommerziellen Tätigkeit“ beider Parteien sowie das „freie Aushandeln“ der Rechtswahlvereinbarung.929 Im Übrigen gelten indes dieselben Anfor-
924 v. Hoffmann, IPR, 2002, § 11 Rn. 45; v. Hein, RabelsZ 64 (2000), 595, 602; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 18; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 9; Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 7. 925 v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 11 Rn. 45; Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 7. 926 Hohloch, NZV 1988, 161, 164; Beitzke, SchweizJbIntR 1979, 112, 114. 927 Im Bereich der Geschäftsführung ohne Auftrag und der culpa in contrahendo wird die vorherige Rechtswahl demgegenüber kaum relevant werden, da sich die Parteien vor der Entstehung des außervertraglichen Schuldverhältnisses entweder nicht kennen oder zeitlich kein Raum für eine Rechtswahlvereinbarung bleibt (so die Kritik von Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 11 f.). Die Kritik an der praktischen Bedeutung ist insoweit gerechtfertigt. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang allerdings die Dogmatik der subjektiven Anknüpfung in der Rom II-VO. Danach ist eine Rechtswahl grundsätzlich für alle Anknüpfungsgegenstände der Rom IIVO möglich, soweit keine Ausnahme ausdrücklich normiert ist. Auf diese Weise wird vermieden, dass der Gesetzgeber eine spezielle Regelung zur Rechtswahl in jeder objektiven Kollisionsnorm der Rom II-VO festschreiben musste. Im Interesse einer „ökonomischen Regelungsweise“ folgt die Verordnung mit der Nennung von „Grundsatz und Ausnahme“ der deutschen Regelungssystematik. Solange kein Bedürfnis nach einer Beschränkung der Rechtswahl für die GoA und cic besteht, gilt jener Grundsatz also auch für diese Anknüpfungsgegenstände. Warum sollte der europäische Gesetzgeber schließlich umgekehrt eine Negativ-Regelung treffen, für die kein Bedürfnis besteht? 928 Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 726; Bertoli, Dir. UE 2009, 231, 243; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 13. 929 G. Wagner, IPRax 2008, 1, 13; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 19 f; Ofner, ZfRV 2008, 13, 21; Bertoli, riv.dir. int.priv.proc. 2009, 697, 703; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 5 f.
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derungen für das Zustandekommen der Rechtswahlvereinbarung.930 Zu klären ist daher zunächst die Frage, wann eine Rechtswahl ex post und wann eine Rechtswahl ex ante angenommen werden kann und wann demgemäß die besonderen Voraussetzungen der „kommerziellen Tätigkeit“ und der „frei ausgehandelten Vereinbarung“ im Sinne von Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO zu beachten sind. 1. Bestimmung des Zeitpunktes a. Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses Den maßgeblichen Bezugspunkt für die Unterscheidung zwischen vorheriger und nachträglicher Rechtswahl bildet nach dem übereinstimmenden Wortlaut der europäischen Sprachfassungen der Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses.931 Art. 14 Rom II-VO unterscheidet folglich zwischen der Entstehung des außervertraglichen Schuldverhältnisses einerseits und dem Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses andererseits. Beide Begriffe sind autonom auszulegen.932 Eine europäisch-autonome Definition des außervertraglichen Schuldverhältnisses im Sinne der Rom II-VO hat sich bislang nicht etabliert. Vielmehr findet im Einklang mit Erwägungsgrund 11 der Rom II-VO aufgrund des beschränkten sachlichen Anwendungsbereichs der Verordnung (Art. 1 Abs. 2 Rom II-VO) und der divergierenden Definitionen in den einzelnen mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen eine Orientierung an den Anknüpfungsgegenständen der Kollisionsnormen statt.933 Aus dem Vergleich zur Rom I-VO, die das auf vertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht regelt, kann geschlossen werden, dass die Charakteristik des außervertraglichen Schuldverhältnisses auch auf internationalprivatrechtlicher Ebene darin liegt, dass eine Person unter bestimmten sachrechtlichen Voraussetzungen kraft Gesetzes von einem anderen ein Tun, Dulden oder Unterlassen verlangen kann.934 Im Hin930 So im Ergebnis auch de Boer, YbPIL 9 (2007), 19, 22; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 13; anders Symeonides, NIPR 2010, 191 ff. 931 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 9; Dickinson, The Rome II-Regulation, Ch. 13 Rn. 13.34; so etwa die englische Sprachfassung „[…] after the event giving rise to the damage occurred“ oder die französische Sprachfassung: „[…] à la survenance du fait générateur du dommage“. Eine zweisprachige Darstellung aller amtlichen Sprachfassungen findet sich unter: , Stand: 22.03.2012. 932 Erwägungsgrund 10 Rom II-VO, vgl. auch die Ausführungen oben S. 45 ff. 933 Siehe oben S. 77 f. 934 Dies kann mit der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 5 Nr. 1, 3 EuGVO und dem bestehenden Auslegungszusammenhang zur Rom I-VO und Rom II-VO begründet werden. Der EuGH nimmt einen Vertrag im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Rom I-VO bei jeder freiwillig eingegangen Verpflichtung an, vgl. EuGH, Rs. C-334/00, Tacconi, Slg. 2002, I-
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blick auf die Unterscheidung zwischen vorheriger und nachträglicher Rechtswahl bedeutet dies, dass der Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses nicht mit der Entstehung des gesetzlichen Schuldverhältnisses verwechselt werden darf.935 Das schadensbegründende Ereignis ist dem gesetzlichen Schuldverhältnis vielmehr vorverlagert.936 Es bildet in der Regel eine Voraussetzung für die Entstehung des außervertraglichen Schuldverhältnisses, enthält aber keine Aussage zu den weiteren Voraussetzungen, die zur Entstehung des Schuldverhältnisses erforderlich sein können.937 Aus Art. 2 Abs. 2 Rom II-VO wird gefolgert, dass der Zeitpunkt des schadensbegründenden Ereignisses den Zeitpunkt des haftungsrelevanten Verhaltens umschreibt und nicht erst den Zeitpunkt des Verletzungserfolges.938 Bei Gefährdungshaftungen kommt es demgemäß bereits auf den Zeitpunkt der konkreten Gefährdung des Rechtsguts an.939 Dies gilt umso mehr, weil bei der Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen (Art. 2 Abs. 2, 3 Rom II-VO) auf die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts abgestellt werden müsse.940 Fallen also Handlungszeitpunkt und Erfolgseintritt auseinander, ist eine nachträgliche Rechtswahl tatbestandlich bereits nach Vornahme der schadensbegründenden Handlung aber noch vor der Entstehung des außervertraglichen Schuldverhältnisses möglich.941 Von einer antizipierten Rechtswahl ist e contrario nur vor der Vornahme der schadens7357 Rn. 23; EuGH, Rs. C-27/02, Engler, Slg. 2005, I-481 Rn. 50, EuGH, Rs. 26/91, Handte, Slg. 1992, I-3967 Rn. 15. EuGH, Rs. C-51/97, reunion européenne, Slg, 1998, I-6511 Rn. 22. Im Umkehrschluss wird man daher das außervertragliche Schuldverhältnis grundsätzlich als unfreiwillig eingegangene Verpflichtung umschreiben können. Kennzeichnend ist dementsprechend, dass die Rechtsfolgen einer Handlung nicht kraft übereinstimmenden Parteiwillens eintreten, sondern kraft Gesetzes. 935 So schon Rugullis, IPRax 2008, 319, 323; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 17; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 9; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 18. 936 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 9. 937 Z.B. die Rechtswidrigkeit oder das Verschulden. 938 EuGH Rs. 21/76, Mines de Potasse d’Alsace, Slg. 1976, 1735; Hartley, ICLQ 57 (2008), 899; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; ders., in: FS Kropholler, 2008, S. 671, 682; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 18; a.A. Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 726; Leible, in: FS Jayme, Bd. 1, 2004, S. 485, 494, die auf den Schadenseintritt abstellen; zur Entstehungsgeschichte der Anknüpfung an den Zeitpunkt des schadensbegründenden Ereignisses, vgl. Rugullis, IPRax 2008, 319, 321 f. 939 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; a.A. Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 18; ders., JZ 2008, 169, 170 m.w.N. der auf die Realisierung der Gefahr, d.h. den Eintritt der Rechtsgutverletzung abstellt. 940 Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 618; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 20; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; für eine analoge Anwendung des Art. 2 Abs. 3 lit. a Rom II-VO im Geltungsbereich des Art. 10 und 11 Rom II-VO, vgl. Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 12. 941 So auch Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 9.
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begründenden Handlung zu sprechen.942 Dafür spricht schließlich, dass der Begriff des schadensbegründenden Ereignisses auch bei Art 4 Abs. 1 Rom II-VO verwendet und dort im Sinne des Handlungsortsrechts interpretiert wird.943 Eine abweichende Auslegung beider Begrifflichkeiten in Art. 14 Rom II-VO und Art. 4 Rom II-VO erscheint im Interesse der Rechtsklarheit nicht geboten.944 aa. Handlungsbegriff für deliktische Schadenersatzansprüche und cic Mit anderen Worten erklärt Art. 14 Abs. 1 Rom II-VO den Zeitpunkt des haftungsrelevanten Verhaltens zum maßgeblichen Abgrenzungskriterium. Problematisch ist hierbei, dass häufig mehrere Handlungen derselben oder verschiedener Personen den Schaden herbeigeführt haben können. Ferner sind bloße Vorbereitungshandlungen von dem schadensbegründenden Ereignis auszugrenzen.945 Die Rom II-VO enthält jedoch keine Anhaltspunkte für eine einschränkende, konkretisierende Auslegung des Handlungsbegriffs. Der Begriff des schadensbegründenden Ereignisses taucht indes nicht nur im Rahmen von Art. 4 Rom II-VO auf, sondern findet auch im Rahmen von Art. 5 Nr. 3 EuGVO mittelbare Verwendung.946 Danach kann eine Person auch vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, verklagt werden.947 Der Begriff des schädigenden Ereignisses wird im Sinne des Ubiquitätsprinzips interpretiert.948 Der Kläger hat bei Distanzdelikten ein Wahlrecht zwischen dem Handlungs- und Erfolgsort.949 Für den hier relevanten Handlungsort wird neben dem Vor-
942 Anders Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 5, der von der Entstehung des gesetzlichen Schuldverhältnisses spricht. 943 Vgl. nur Junker, in: MünchKomm, Art. 4 Rom II-VO Rn. 18; ebenso Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 9 m.w.N. 944 So im Ergebnis auch Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom IIVO Rn. 9; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 18. 945So Schack, IZVR Rn. 339 ff zur Internationalen Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 3 EuGVO. 946 EuGH Rs. 21/76, Mines de Potasse d’Alsace, Slg. 1976, 1735; EuGHE 95, 2719 (Mariani); Kropholler/v. Hein, EuZPR, Art. 5 EuGVO Rn. 72 f.; Schlosser, EUZivilprozessrecht, Art. 5 EuGVVO Rn. 19; Hess, EuZPR, § 6 Rn. 70 ff.; Nagel/Gottwald, IZPR, § 3 Rn. 68 ff.; zur rechtsaktübergreifenden Auslegung, vgl. oben S. 43 ff 947 Kropholler/v. Hein, EuZPR, Art. 5 EuGVO Rn. 72 f.; Schlosser, EUZivilprozessrecht, Art. 5 EuGVVO Rn. 19; Hess, EuZPR, § 6 Rn. 70 ff.; Nagel/Gottwald, IZPR, § 3 Rn. 68 ff. 948 Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, Art. 5 EuGVVO Rn. 19; Hess, EuZPR, § 6 Rn. 70 ff.; Nagel/Gottwald, IZPR, § 3 Rn. 68 ff.; Kropholler/v. Hein, EuZPR, Art. 5 EuGVO Rn. 72 f. 949 EuGH Rs. 21/76, Mines de Potasse d’Alsace, Slg. 1976, 1735; Nagel/Gottwald, IZPR, § 3 Rn. 69.
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Zweites Kapitel: Der Tatbestand des Art. 14 Rom II-VO
liegen einer tatbestandlichen Handlung950 deren Kausalität für den eingetretenen bzw. den drohenden Schaden verlangt.951 Auf die Tatbestandsmäßigkeit der Handlung für die Entstehung des außervertraglichen Schuldverhältnisses kommt es folglich nicht an, sodass diesbezüglich ein zweifelhafter Rückgriff auf die lex causae erspart bleibt.952 Möglicherweise könnte diese Rechtsprechung zur Internationalen Zuständigkeit auf Art. 14 Rom II-VO übertragen werden. Das Kausalitätserfordernis dient dazu, alternative Handlungszweige auszugrenzen.953 Dass die fragliche Handlung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Rom II-VO dazu geeignet sein muss, den eingetretenen oder drohenden Schaden herbeizuführen, erscheint selbstverständlich.954 Dabei kommt es allerdings nicht darauf an, ob in sachrechtlicher Hinsicht eine wirksame tatbestandliche Handlung vorliegt.955 Die Antwort auf diese Frage bleibt dem noch zu ermittelndem Sachrecht vorbehalten. Entscheidend ist vielmehr, welche der in Betracht kommenden Handlungen dazu geeignet ist, den geltend gemachten Schaden auszulösen. Diese Frage sollte ohne Rückgriff auf die lex causae, d.h. unter autonomer Auslegung beantwortet werden, um „willkürlich handhabbare“ Schwierigkeiten bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts zu vermeiden.956 Für maßgeblich wird man (von mehreren in Betracht kommenden Handlungen) die zeitlich erste Handlung ansehen können, die für den Eintritt des Scha950 951
Im Sinne des Art. 14 Rom II-VO. EuGH Rs. C-189/08, Zuid-Chemie BV, Slg. I-0000; EuGH Rs. 21/76, Mines de Potasse d’Alsace, Slg. 1976, 1735; Nagel/Gottwald, IZPR, § 3 Rn. 68. 952 Man denke hier etwa an die Fälle fehlenden Handlungsbewusstseins; anders wohl aber Schack, IZVR Rn. 339 ff., der zur Bestimmung der internationalen Zuständigkeit einen Rückgriff auf die lex causae befürwortet. 953 EuGH Rs. 21/76, Mines de Potasse d’Alsace, Slg. 1976, 1735 ; EuGH Rs. C189/08, Zuid-Chemie BV, Slg. I-0000. 954 Unter Zugrundelegung der deutschen Terminologie kommt es folglich auf die haftungsbegründende Kausalität im Sinne von § 823 BGB an. 955 So aber Schack, IZVR Rn. 339 ff., zur Bestimmung des Handlungsortes im Sinne von Art. 5 Nr. 3 EuGVO. 956 Denkbar wäre zwar einerseits Art. 10 Rom I-VO analog anzuwenden und auch im Sinne einer Vorwirkung die Frage der Kausalität von dem gewählten Recht abhängig zu machen. Andererseits wäre zu erwägen das nach der objektiven Anknüpfung maßgebliche Recht über die Kausalitätsfrage entscheiden zu lassen oder gar auf die lex fori abzustellen, was freilich bei einer Klage nach Art. 5 Nr. 3 EuGVO auf Grundlage des Handlungsortes zu einem Zirkelschluss führen würde. Im Interesse einer einheitlichen Anwendung der Art. 5 Nr. 3 EuGVO, Art. 4 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 Rom II-VO seitens aller mitgliedstaatlichen Gerichte, erscheint die Herausarbeitung autonomer Kriterien am sinnvollsten. Einen ersten Schritt in diese Richtung scheint der EuGH bereits getan zu haben, indem er für die Handlung im Sinne von Art. 5 Nr. 3 EuGVO einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Schaden und dem ihm zugrundeliegenden Ereignis gefordert hat, vgl. EuGH Rs. C-189/08, Zuid-Chemie BV, Slg. I-0000; EuGH Rs. 21/76, Mines de Potasse d’Alsace, Slg. 1976, 1735.
§ 6 Das Anknüpfungsmoment des Art. 14 Rom II-VO
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dens kausal geworden ist, d.h. denjenigen Zeitpunkt, in dem die erste wesentliche Teilhandlung vorgenommen wurde.957 bb. Handlungsbegriff im Rahmen der ungerechtfertigten Bereicherung Während für deliktische außervertragliche Schuldverhältnisse sowie Ansprüche aus culpa in contrahendo auf den „Eintritt des schadensbegründenden Ereignis“ abgestellt wird, stellt sich die Frage, wie die maßgebliche Abgrenzung zwischen vorheriger und nachträglicher Rechtswahl im Rahmen der ungerechtfertigten Bereicherung im Sinne von Art. 10 Rom IIVO erfolgen kann. Eine Anknüpfung an den „Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses“ wirkt im Fall der ungerechtfertigten Bereicherung befremdlich. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass unter Zugrundlegung deutscher Terminologie die Leistungskondiktion von Art. 10 Rom II-VO nach überwiegender Ansicht nicht erfasst wird.958 Art. 10 Rom II-VO regelt vielmehr das auf die Eingriffs- und Rückgriffskondiktion anwendbare Recht.959 Vor diesem Hintergrund ist das „schadensbegründende Ereignis“ in der Regel feststellbar. Abzustellen ist folglich auf das „[…] event, giving rise to the defendant’s enrichment“,960 d.h. den Zeitpunkt des Eintritts des Ereignisses, das die ungerechtfertigte Bereicherung zur Folge hat (Art. 10 Abs. 2 Rom II-VO).961 cc. Handlungsbegriff im Rahmen der Geschäftsführung ohne Auftrag Schwierigkeiten, den Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses zu bestimmen, bestehen auch im Rahmen der Geschäftsführung ohne Auftrag
957 In diese Richtung wohl auch Schack, IZVR Rn. 340 zur Abgrenzung von bloßen Vorbereitungshandlungen; ähnlich auch Hess, EuZPR, § 6 Rn. 70. 958 Arg. e. Art. 12 Abs. 1 lit. e Rom I-VO, vgl. Magnus, in: Staudinger, Art. 12 Rom I-VO Rn. 76, 78; Thorn, in: Palandt, Art. 12 Rom I-VO Rn. 9; Geiben, in: jurisPK-BGB, Art. 12 Rom II-VO Rn. 22; Spellenberg, in: MünchKomm, Art. 10 Rom II-VO Rn. 10; Einsele, JZ 1993, 1025; Schlechtriem, IPRax 1995, 65; Fischer, IPRax 2002, 1, 3; Hohloch/Jaeger, JuS 2000, 1133, 1134; R. Wagner, IPRax 1998, 429, 431; Spickhoff, NJW 1999, 2209, 2211; Kreuzer, RabelsZ 65 (2011), 383, 406; vgl. allgemein zur Rechtswahl im Internationalen Bereicherungsrecht Chong, ICLQ 57 (2008), 863, 874 ff. 959 Spellenberg, in: MünchKomm, Art. 10 Rom II-VO Rn. 10; Einsele, JZ 1993, 1025 f.; Schlechtriem, IPRax 1995, 65; Thorn, in: Palandt, Art. 10 Rn. 8; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 10 Rom II-VO Rn. 10. 960 So Dickinson, The Rome II-Regulation, Ch. 13 Rn. 13.34. 961 Ebenso G. Wagner, IPRax 2008, 1, 14; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 10; Ofner, ZfRV 2008, 13, 22; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 19; Rugullis, IPRax 2008, 319, 321; a.A. Leible, in: FS Jayme, Bd. 1, 2004, S. 485, 494, der wohl den Eintritt der Bereicherung für maßgeblich erachtet.
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im Sinne des Art. 11 Rom II-VO.962 Im Vordergrund stehen bei der Geschäftsführung ohne Auftrag nämlich nicht (deliktische) Ansprüche auf Schadensersatz.963 Vielmehr geht es häufig um den Ersatz von Aufwendungen, von Schäden aufgrund einer Pflichtverletzung aus dem entstehenden gesetzlichen Schuldverhältnis sowie um Auskunftsansprüche.964 Die GoA setzt sich demgemäß typischerweise aus mehreren Schuldverhältnissen zusammen, auch wenn jene Schuldverhältnisse aus einem einheitlichen Sachverhalt resultieren.965 Um ein Auseinanderfallen der Voraussetzungen für eine Rechtswahlvereinbarung nach Art. 14 Abs. 1 Rom II-VO zu vermeiden, ist im Einklang mit der überwiegenden Ansicht einheitlich an den Zeitpunkt anzuknüpfen, in dem die erste Geschäftsführungsmaßnahme erfolgte.966 b. Kritische Betrachtung des Abgrenzungskriteriums Zu Recht ist die Anknüpfung an den Zeitpunkt des Eintritts des schadensbegründenden Ereignisses Kritik ausgesetzt.967 Wie gesehen wurde, kann mangels „Schadens“ nicht ohne weiteres auf das schadensbegründende Ereignis im Rahmen der Geschäftsführung ohne Auftrag (Art. 11 Rom IIVO) und des Bereicherungsrechts (Art. 10 Rom II-VO) abgestellt werden.968 Zudem könnte eine Anknüpfung an den Zeitpunkt des Schadenseintritts im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO den Zielen des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO möglicherweise besser gerecht werden.969 Unter Schadenseintritt im Sinne von Art. 4 Rom II-VO ist nach autonomer Auslegung der Eintritt des sog. Primärschaden zu verstehen.970 Maßgeblich wäre demnach der Zeitpunkt, in dem der erste von mehreren denkbaren Schäden
962 Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 19; Ofner, ZfRV 2008, 13, 22; Dickinson, The Rome II Regulation Rn. 13.34; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 11 m.w.N. 963 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 11; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 19. 964 Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 19; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 11; im Ergebnis auch Pitel, in: The Rome II Regulation, S. 231, 253. 965 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 11. 966 Ebenso Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 19; ders., NJW 2007, 3675, 3676; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 11; wohl auch Dickinson, The Rome II Regulation Ch. 13 Rn. 13.34; wohl auch Leible, in: FS Jayme, Bd. 1, 2004, S. 485, 494; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 14. 967 Siehe etwa Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 9. 968 Ebenso Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 9 f. 969 Siehe hierzu bereits oben S. 230 ff. 970 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn.9.
§ 6 Das Anknüpfungsmoment des Art. 14 Rom II-VO
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eingetreten ist.971 Für eine Differenzierung zwischen vorheriger und nachträglicher Rechtswahl anhand des Schadenseintrittsortes spricht schließlich der Zweck der Beschränkung des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO, der in der (möglicherweise) schwächeren Verhandlungsposition der nicht kommerziell tätigen Partei liegt.972 Können Handlungszeitpunkt und Zeitpunkt der Entstehung des außervertraglichen Schuldverhältnisses auseinanderfallen, so ist sich die vermeintlich schwächere Partei erst dann über die rechtlichen Konsequenzen einer Rechtswahlvereinbarung bewusst, wenn sie das nach objektiver Anknüpfung geltende Sachrecht kennt.973 Daran kann es aber gerade fehlen, wenn beispielsweise Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO an den Eintritt des Primärschadens und gerade nicht an den Handlungsort anknüpft. Ferner spricht für eine Anknüpfung an den Schadenseintrittsort, dass dem Geschädigten die Reichweite und Bedeutung des Schadens und damit auch der Rechtswahl vor die Augen geführt wird.974 In systematischer Hinsicht ist darüber hinaus der Bezug zu Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO zu beachten, wonach es für die Feststellung, ob ein sog. Inlandssachverhalt vorliegt, gleichsam auf den Zeitpunkt des Eintritts des schadensbegründenden Ereignisses ankommt.975 Dies widerspricht der gebotenen Berücksichtigung des Erfolgsortes als denkbares Auslandselement. Doch auch im Verlauf der Entstehung des Art. 14 Rom II-VO war nicht der Schadenseintritt, sondern vielmehr die „Entstehung der Streitigkeit“ als maßgebliches Abgrenzungskriterium in Betracht gezogen worden, welches freilich für eine solche Gradwanderung an zu erfüllenden Voraussetzungen zu unbestimmt ist.976 Fraglich ist daher, warum sich der europäische Ge971 Im deutschen Sachrecht wird der Primärschaden vielfach mit der Rechtsgutverletzung nach § 823 BGB gleichgesetzt. Dass dies nicht stets der Fall ist zeigt BGHZ 176, 342. Dort stellt der BGH klar, dass für die Annahme eines tauglichen Primärschadens die Eignung zur Schadenshaftung gegeben sein muss, was nicht gewährleistet wäre, wenn man in der medizinischen Behandlung ohne die erforderliche Aufklärung nur eine Verletzung des Selbstbestimmungsrechts erblickt, anstelle einer tatbestandlichen Körperverletzung, hierzu Seibl, MedR 2008, 668 ff.; Spickhoff, NJW 2009, 1716 ff.; v. Sachsen Gessaphe, MedR 2009, 283 ff.; Geimer, LMK 2008, 264761; Vogeler, VersR 2011, 588 ff. 972 So Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 9. 973 Bertoli, riv.dir.int.priv.proc. 2009, 697, 704; ders., Dir. UE 2009, 231, 244; Thorn, in: FS Schmidt, 2009, S. 1561, 1564 f.; Symenonides, AJCL 56 (2008), 173, 215. 974 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 9; vgl. Rugullis, IPRax 2008, 319, 323. 975 Vgl. hierzu unten S. 376 ff. 976 Vgl. oben S. 24 ff.; so nämlich der GEDIP-V von 1998 (Groupe européen de droit international privé, Proposition pour une convention européenne sur la loi applicable aux obligations non contractuelles, Projekt Nr. GR/97/051) sowie der Änderungsvorschlag der Kommission vom Februar 2006 KOM(2006) 83 endg., Geänderter Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) vom 21.2.2006).
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setzgeber für eine Anknüpfung an den Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses anstelle des Schadenseintritts entschieden hat. Dafür spricht, dass auch eine Anknüpfung an den Schadenseintritt die Abgrenzungsfrage zwischen vorheriger und nachträglicher Rechtswahl im Rahmen von Art. 10, 11 Rom II-VO nicht eindeutig beantworten würde, da auch hier auf den „Schaden“ Bezug genommen wird. Ferner spricht für eine Anknüpfung an den Zeitpunkt des Eintritts des schädigenden Ereignisses, die Auslegungsharmonie zu Art. 31 Rom II-VO. Der intertemporale Anwendungsbereich der Rom II-VO knüpft danach gleichsam an den Zeitpunkt des schadensbegründenden Ereignisses an.977 Damit wird der zeitliche Anwendungsbereich der Rom II-VO im Interesse einer frühestmöglichen Rechtsharmonisierung vorverlagert. Aufgrund der systematischen Unzulänglichkeiten dieses Abgrenzungskriteriums sollte im Rahmen einer Novellierung der Rom II-VO auf den Zeitpunkt des Schadenseintritts rekurriert werden. 2. Aufschiebend bedingte oder befristete Rechtswahl als nachträgliche Rechtswahl Eine Abgrenzungsschwierigkeit zwischen vorheriger und nachträglicher Rechtswahlvereinbarung tritt in dem Sonderfall einer aufschiebend bedingten oder befristeten Rechtswahlvereinbarung auf. Eine aufschiebende Bedingung ist dadurch gekennzeichnet, dass die vertraglich vereinbarten Rechtsfolgen erst mit Eintritt der Bedingung bzw. im Fall der Befristung mit Zeitablauf eintreten.978 Denkbar ist beispielsweise, dass die Parteien vereinbaren, die Wirksamkeit der Rechtswahl soll davon abhängen, ob im Fall eines Schadenseintritts, der Versicherungsschutz eingreift.979 Der Abschluss einer Rechtswahlvereinbarung unter einer solchen Bedingung bzw. Befristung ist zulässig.980 Entgegen vielfach geäußerten Stimmen in der Literatur ist diese Vereinbarung als antizipierte Rechtswahl einzustufen.981 Der nachträgliche Bedingungseintritt führt indes nicht dazu, dass der Rechtswahlvertrag vor Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses zustande kommt. Nicht nur die konsequente Anwendung des autonomen Abgrenzungskriteriums, sondern auch die besonderen Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO lassen keinen anderen Schluss zu. Mit Einführung des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO kann diese Ansicht nicht mehr aufrechterhalten werden. 977 978 979
Hierzu Rugullis, IPRax 2008, 319, 323. Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, S. 681. Vgl. zu den sog. floating choice of law clauses die Ausführungen zur Zulässigkeit einger bedingten Rechtswahlvereinbarung oben S. 217 ff. 980 Siehe oben S. 217 ff. 981 Plender, The European Contracts Convention Rn. 5-06; Leible, in: AnwK-BGB, Art. 27 EGBGB Rn. 41.
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IV. Besondere Voraussetzungen nach Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO Neben den allgemeinen Voraussetzungen, die für die vorherige und nachträgliche Rechtswahl gleichermaßen erfüllt sein müssen, stellt Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO besondere Anforderungen an den Abschluss einer vorherigen Rechtswahlvereinbarung. Erwägungsgrund 31 der Rom II-VO sieht vor, dass die Rechtswahl zum Schutz der schwächeren Partei mit besonderen Bedingungen versehen werden sollte. Im Allgemeinen tragen bereits die Regelungen in Art. 14 Abs. 2 und 3 Rom II-VO dem Schutz schwächerer Parteien Rechnung.982 Im Besonderen, d.h. für die Wirksamkeit einer vorherigen Rechtswahlvereinbarung setzt Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO die Erfüllung der parteibezogenen Bedingung der kommerziellen Tätigkeit aller Parteien sowie das Vorliegen einer frei ausgehandelten Vereinbarung voraus.983 1. „Alle Parteien“ Gem. Art. 14 Abs. 1 können die Parteien das Recht wählen, dem das außervertragliche Schuldverhältnis unterliegen soll. Für eine antizipierte Rechtswahl verlangt Abs. 1 lit. b sodann, dass alle Parteien einer kommerziellen Tätigkeit nachgehen und dass alle Parteien die Rechtswahlvereinbarung frei ausgehandelt haben. Unter dem Begriff der Parteien sind weder die Parteien im prozessualen Sinne noch diejenigen des künftigen außervertraglichen Schuldverhältnisses zu verstehen, sondern die der Rechtswahlvereinbarung.984 Dass Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO von allen 982 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 5; vgl. hierzu im Einzelnen unten S. 360 ff. 983 Bach, in: Huber, The Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 23 ff.; de Boer, YbPIL 9 (2007), 19, 27 f.; ders., NILR 2009, 295, 325 f.; Bertoli, riv.dir.int.priv.proc. 2009, 697, 703 f.; ders., Dir. UE 2009, 231, 245; Chong, ICLQ 57 (2008), 863, 875; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13, Rn. 13.06; Hay, EuLF 2007, I-137, I-151; v. Hein, RabelsZ 73 (2009), 461, 486 f; ders., Tul. L. Rev. 82 (2007-2008), 1662, 1693 f.; ders., ZEuP 2009, 6, 20 f.; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 21 f.; Kadner Graziano, in: The Rome II Regulation, S. 113, 120 f.; ders., RabelsZ 73 (2009), 1, 7 f.; ders., rev.crit.dr.int.priv. 97 (2008), 445, 452 f.; Kramer, NIPR 4 (2008), 414, 422; Kreuzer, riv.dir.int.priv.proc. 2006, 45, 54 f.; Leible, RIW 2008, 257, 259 f.; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 726 f.; Ofner, ZfRV 2008, 13, 21 f.; Petch, JIBLR 2006, 449, 453; Rushworth/Scott, L.M.C.L.Q. 2008, 274, 291; Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 5; Sujecki, EWS 2009, 310. 313; Symeonides, YPIL 9 (2007), 149, 170 f.; dies., NIPR 2010, 191, 204 f.; Thorn, in: FS Schmidt, 2009, S. 1561, 1565 f.; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 13; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 14. 984 Ebenso Dickinson, Rome II Regulation Rn. 13.09; Rushworth/Scott, LMCLQ 2008, 274, 293 Fn. 136; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 19; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 21. Dies lässt sich damit be-
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Parteien spricht impliziert, dass der Vertrag nicht nur zweiseitig, sondern auch mehrseitig geschlossen werden kann.985 Die Abweichung des Wortlauts (die Parteien/alle Parteien) kann als sprachliche Ungenauigkeit des europäischen Gesetzgebers verzeichnet werden.986 Naheliegend ist, dass der europäische Gesetzgeber mit der divergierenden Formulierung lediglich klarstellen wollte, dass „wirklich keine Partei des Rechtswahlvertrages einer nichtkommerziellen Tätigkeit nachgehen darf.“987 Ein Grund für eine inhaltlich abweichende Interpretation ist jedenfalls nicht ersichtlich.988 Um die parteibezogene Voraussetzung der kommerziellen Tätigkeit und der frei ausgehandelten Vereinbarung im Streitfall nachweisen zu können, sollte eine klare Bezeichnung der Parteien des Rechtswahlvertrages erfolgen. 2. „Kommerzielle Tätigkeit“ Voraussetzung für den wirksamen Abschluss einer vorherigen Rechtswahlvereinbarung ist also zunächst, dass alle Parteien einer kommerziellen Tätigkeit nachgehen. Was sich hinter dem Begriff der kommerziellen Tätigkeit verbirgt, ist unklar und bildet den Gegenstand einer bewegten Diskussion. Diese erstreckt sich nicht nur auf die Definition jenes Begriffs, sondern auch auf die Frage, in welchem Verhältnis die kommerzielle Tätigkeit zu dem Rechtswahlvertrag und dem außervertraglichen Schuldverhältnis stehen muss.989 gründen, dass Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO die Voraussetzung der kommerziellen Tätigkeit aufstellt. Den maßgeblichen Bezugspunkt der kommerziellen Tätigkeit wird man nicht in dem außervertraglichen Schuldverhältnis, sondern in der Rechtswahlvereinbarung erblicken müssen. Hier wirkt sich also die Frage nach dem Zusammenhang zwischen der kommerziellen Tätigkeit und dem Abschluss der Rechtswahlvereinbarung aus, d.h. ob die Rechtswahlvereinbarung in Ausübung der kommerziellen Tätigkeit abgeschlossen werden muss. Unbeschadet dessen muss das außervertraglichen Schuldverhältnis freilich auch in einem Zusammenhang zur kommerziellen Tätigkeit stehen. Siehe hierzu unten S. 270 ff. 985 Damit steht die Formulierung im Einklang mit der Rechtsnatur der Rechtswahlvereinbarung als materiell-rechtlicher Verweisungsvertrag, vgl. hierzu Schwander, in: FS Keller, 1989, S. 473, 482 sowie die Ausführungen oben S. 69 ff. 986 So bereits Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 21. 987 Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 21; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 13: „iterativer Erzählstil“. 988 Ebenso Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 21. 989 Zur Definition der kommerziellen Tätigkeit, vgl. die Ausführungen unter S. 248 ff.; zum Verhältnis von Rechtswahlvereinbarung, außervertragliches Schuldverhältnis und kommerzieller Tätigkeit siehe zum Beispiel Thorn, in: FS Schmidt, 2009, S. 1561, 1568; Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 8; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 14 sowie die Ausführungen unter S. 270 ff.
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a. Meinungsstand zur Auslegung der „kommerziellen Tätigkeit“ Die causa für den Diskussionsbedarf liegt in der Einführung eines scheinbar unbekannten Rechtsbegriffs. Der Begriff der kommerziellen Tätigkeit finde weder in der Schwesterverordnung Rom I noch in der EuGVO Erwähnung.990 Tatsächlich wird dort von Unternehmer, Arbeitgeber, Versicherer bzw. den Antonymen Verbraucher, Arbeitnehmer, Versicherungsnehmer etc. gesprochen.991 Dies legt die Schlussfolgerung nahe, dass mit der Etablierung eines neuen Begriffs auch eine inhaltliche Neuausrichtung intendiert wurde. Gegen einen solchen Schluss wendet sich hingegen der ganz überwiegende Teil des Schrifttums.992 Teilweise wird die Abweichung damit gerechtfertigt, dass die Begriffe Unternehmer, Verbraucher, Arbeitnehmer etc. nicht auf außervertragliche Schuldverhältnisse zugeschnitten seien, da man eine deliktische Handlung nicht etwa als Verbraucher begehe.993 Zumeist wird die gewählte Begrifflichkeit indes kritisiert. Die Kritiker folgern das Bedürfnis für eine berichtigende Auslegung aus dem Gebot der einheitlichen Auslegung der Rom II-VO 994 mit der Rom I-VO und EuGVO995 oder fordern die inhaltliche Deckungsgleichheit der Begriffe, damit der Schutz aus Art. 6, 8 Rom I-VO nicht durch das Internationale Deliktsrecht wieder ausgehebelt werden kann.996 Teilweise wird auch ohne nähere Begründung oder mit schlichtem Verweis auf den Telos eine Begriffsidentität mit dem Unternehmerbegriff angenommen.997 Trotz der un990 Zu diesem Trugschluss sogleich; vgl. Art. 1 Abs. 1 Rom I-VO bzw. Art. 1 Abs. 1 EuGVO jeweils in der englischen oder französischen Sprachfassung. 991 Vgl. etwa Art. 6, 8 Rom I-VO, Art. 8 ff., 15 ff., 18 ff. EuGVO. 992 Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 726 f.; Leible, RIW 2008, 257, 258; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 20; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 13; Ofner, ZfRV 2008, 12, 21 f.; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.37; Mankowski, IPRax 2010, 389, 399 f.; Thorn, in: FS Schmidt, 2009, S. 1561, 1566 f.; ders., in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 7 f.; Rushworth/Scott, L.M.C.L.Q. 2008, 274, 293; Kadner Graziano, in: The Rome II Regulation, S. 113, 120 f.; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 20; Sujecki, EWS 2009, 310, 313; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; Bach, in: Huber, Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 23; Wurmnest, in: jurisPKBGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 14; Kreuzer, riv.dir.int.priv.proc. 2006, 45, 55. 993 Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 726; Leible, RIW 2008, 257, 260; Bach, in: Huber, The Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 23; kritisch hierzu Junker, in: MünchKomm, Art. 15 Rom II-VO Rn. 23; Mankowski, IPRax 2010, 389, 400. 994 Vgl. Erwägungsgrund 7 Rom II-VO sowie bereits oben S. 43 ff. 995 So Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 23; Mankowski, IPRax 2010, 389, 400; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 20; Rushworth/Scott, L.M.C.L.Q. 2008, 274, 293; Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 8 der zugleich eine Begriffsidentität mit den verbraucherschützenden EG-Richtlinien für gegeben hält. Hierzu unten S. 263 ff. 996 G. Wagner, IPRax 2006, 372, 387. 997 Thorn, in: FS Schmidt, 2009, S. 1561, 1566 f.; Mankowski, IPRax 2010, 389, 400; Ofner, ZfRV 2008, 13, 22; Sujecki, EWS 2009, 310, 313; Schaub, in: Prüt-
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Zweites Kapitel: Der Tatbestand des Art. 14 Rom II-VO
terschiedlichen Terminologie des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO wird folglich überwiegend für eine Gleichsetzung der kommerziellen Tätigkeit mit den Terminologien Unternehmer und Verbraucher im Sinne von Art. 6 Rom I-VO, Art. 15 EuGVO plädiert.998 b. Die Bedeutung der commercial activity des Art. 1 Abs. 1 Rom II-VO (Rom I-VO/EuGVO) Eine nähere Auseinandersetzung mit dieser Frage wäre indes nicht erforderlich, wenn der europäische Gesetzgeber mit dem Begriff der commercial activity aus Art. 1 Abs. 1 Rom II-VO (EuGVO/Rom I-VO) eine Begriffseinheit angestrebt hat. Einerseits entspricht es den europäischen Auslegungsgrundsätzen zum Wortlaut, dass jede Sprachfassung für sich verbindlich ist.999 Andererseits ist bei der Auslegung zu beachten, dass die sprachliche Diversität zu unterschiedlichen Übersetzungen und demzufolge auch zu verschiedenen Interpretationen führen kann.1000 Im Interesse einer einheitlichen Auslegung sind bei der grammatikalischen Auslegung daher stets die weiteren amtlichen Sprachfassungen der Verordnung im Blick zu behalten.1001 Den Auslöser für die vielfach geäußerte Kritik gegenüber dem Begriff der kommerziellen Tätigkeit begründet dessen bisherige fehlende Verwendung in den verwandten Rechtsquellen. Diese Behauptung lässt sich allerdings nur aufrechterhalten, wenn man einzig die deutsche Sprachfassung betrachtet. So findet der Begriff commercial oder commerciale in Art. 1 Abs. 1 Rom I-VO und Rom II-VO bzw. Art. 1 Abs. 1 EuGVO in der englischen und französischen – gleichermaßen verbindlichen1002 – amtliting/Wegen/Weinreich, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 15; Kreuzer, riv.dir.int.priv.proc. 2006, 45, 52, 55; Dörner, in: HK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 3. 998 Vgl. etwa Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 20; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 13; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 726 f.; Ofner, ZfRV 2008, 12, 21 f.; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.37; Mankowski, IPRax 2010, 389, 399 f.; Thorn, in: FS Schmidt, 2009, S. 1561, 1567. 999 EuGH, Rs. 283/81, Cilfit, Slg. 1982, 3415 Rn. 18; EuGH, Rs. C-72/95, Kraaijeveld, Slg. 1996, I-5403 Rn. 28; EuGH, Rs. C-36/98, Spanien, Slg. 2001, I-779 Rn. 47; EuGH, Rs. C-1/02, Borgmann, Slg. 2004, I-3219 Rn. 22-25; Reiher, Der Vertragsbegriff im europäischen IPR S. 28; Junker, in: MünchKomm, Vor Art. 1 Rom II-VO Rn. 31 ff. 1000 Siehe oben S. 47. 1001 EuGH, Rs. 6/60, Humblet, Slg. 1960, 1125, 1194; EuGH, Rs. 283/81, Cilfit, Slg. 1982, 3415 Rn. 18; EuGH, Rs. C-72/95, Kraaijeveld, Slg. 1996, I-5403 Rn. 28; EuGH, Rs. C-36/98, Spanien/Rat, Slg. 2001, I-779 Rn. 47; EuGH, Rs. C-1/02, Borgmann, Slg. 2004, I-3219 Rn. 22-25; Reiher, Der Vertragsbegriff im europäischen IPR S. 28; Junker, in: MünchKomm, Vor Art. 1 Rom II-VO Rn. 31 ff. 1002 EuGH, Rs. 6/60, Humblet, Slg. 1960, 1125, 1194; EuGH, Rs. 283/81, Cilfit, Slg. 1982, 3415 Rn. 18; EuGH, Rs. C-72/95, Kraaijeveld, Slg. 1996, I-5403 Rn. 28; EuGH, Rs. C-36/98, Spanien, Slg. 2001, I-779 Rn. 47; EuGH, Rs. C-1/02, Borgmann, Slg. 2004,
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chen Sprachfassung Verwendung. Die deutsche Sprachfassung spricht als Äquivalent von Handelssache. Damit stellt sich die Frage, ob sich der europäische Gesetzgeber mit der Etablierung des Begriffs der commercial activity an den bekannten Begriff der commercial matters anlehnen wollte. Eine übergreifende Auslegung ist allerdings nur denkbar, wenn insbesondere der jeweilige Sinnzusammenhang, in dem der fragliche Begriff besteht, nicht entgegensteht.1003 Gegen eine Anlehnung an den Begriff der Handelssache spricht jedoch, dass dieser der Bestimmung des sachlichen Anwendungsbereichs der Verordnung dient. Im Vordergrund steht die Abgrenzung zum öffentlichen Recht.1004 Neben dem Begriff der Zivilsache kommt der Handelssache daher nur noch eine untergeordnete Rolle zu.1005 Während es für die Konturierung des Anwendungsbereichs der Verordnung nicht auf eine präzise Begriffsbestimmung der Handelssache ankommt, sondern grobmaschigere Abgrenzungskriterien angesetzt werden können,1006 gewinnt gerade die exakte Definition der commercial activity in Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO an Bedeutung. So kommt es beispielsweise im Rahmen von Art. 1 Abs. 1 Rom II-VO auf die Frage, ob die Partei mit Gewinnerzielungsabsicht handeln muss, nicht an.1007 Aufgrund der unterI-3219 Rn. 22-25; Reiher, Der Vertragsbegriff im europäischen IPR S. 28; Junker, in: MünchKomm, Vor Art. 1 Rom II-VO Rn. 31 ff. 1003 Siehe oben S. 48 ff.; dies ist eigentlich eine Frage der systematischen Auslegung. Sie soll aber wegen des inhaltlichen Zusammenhangs bereits hier beantwortet werden. 1004 EuGH Rs. 29/76, Eurocontrol, Slg. 1976, 1541 Rn. 3; EuGH Rs. 814/79, Rüffer, Slg. 1980, 3807, Rn. 7; EuGH Rs. C-172/91, Sonntag, Slg. 1993, I-1963 Rn.18; EuGH Rs. C-266/01, Tiard, Slg. 2003, I-4867 Rn. 20; EuGH Rs. C-343/04, CEZ, Slg. 2006, I4557, Rn. 22; EuGH Rs. C-435/06, C, Slg. 2007, I-10141 Rn. 46; EuGH Rs. C-420/07, Apostolides, 2009, Rn. 41; vgl. v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 1 Rom I-VO Rn. 12; Garcimartín Alférez, EuLF 2008, I-61, I-62; Wilderspin, ERA-Forum 2008, 259, 262, Dutta, in: Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, Bd. 2, S. 1807 ff. 1005 Aufgrund der Ausnahmeregelung des Art. 1 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO, wonach insbesondere Steuer- und Zollsachen nicht von der Rom II-VO geregelt werden sollen, kann diesem Begriff, zumindest für den sachlichen Anwendungsbereich der Verordnung, kaum eine eigenständige Bedeutung beigemessen werden, ebenso Basedow, in: FS Thue, 2007, S. 151, 164; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 1 Rom I-VO Rn. 12. 1006 Hierzu EuGH Rs. 29/76, Eurocontrol, Slg. 1976, 1541 Rn. 4; EuGH Rs. 814/79, Rüffer, Slg. 1980, 3807, Rn. 8; EuGH Rs. C-172/91, Sonntag, Slg. 1993, I-1963 Rn. 22; EuGH Rs. C-266/01, Tiard, Slg. 2003, I-4867 Rn. 30; EuGH Rs. C-343/04, CEZ, Slg. 2006, I-4557, Rn. 22; EuGH Rs. C-420/07, Apostolides, 2009, Rn. 44; vgl. v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 1 Rom I-VO Rn. 12; Vogeler, VersR 2011, 588 ff.; Garcimartín Alférez, EuLF 2008, I-61, I-62; Wilderspin, ERA-Forum 2008, 259, 262, Dutta, in: Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, Bd. 2, S. 1807 ff.; Geimer, IPRax 2003, 512 ff.; Hess, IPRax 1994, 10 ff.; Basedow, in: FS Thue, 2007, 151 ff.; Dutta, FamRZ 2008, 835 ff.; passim Solész, Der Begriff der Zivilsache. 1007 Vgl. zur Abgrenzung zum „öffentlichen Recht“ z.B. EuGH Rs C-172/91, Sonntag, Slg. 1993 I 1963 Rn. 25; siehe hierzu auch Schack, IZVR Rn. 906 ff.; Kubis, ZEuP
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Zweites Kapitel: Der Tatbestand des Art. 14 Rom II-VO
schiedlichen Funktionen der verwendeten Terminologie kann von einer Anlehnung an den Begriff der commercial matters nicht ausgegangen werden. c. Der Begriff der kommerziellen Tätigkeit Unter Anwendung der allgemeinen Auslegungsmethoden ist somit der Frage nachzugehen, ob eine Gleichsetzung der kommerziellen Tätigkeit mit dem Unternehmerbegriff im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Rom I-VO, Art. 15 Abs. 1 EuGVO geboten ist. Dies ist der Fall, wenn die einzelnen Definitionselemente beider Begriffe im Ergebnis übereinstimmen. Zu klären ist daher zunächst, wer kollisionsrechtlich als Unternehmer anzusehen ist. Unternehmer ist nach der Legaldefinition des Art. 6 Abs. 1 Rom I-VO, wer einen Vertrag in Ausübung seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit schließt.1008 Unter der beruflichen Tätigkeit im Sinne von Art. 6 Rom I-VO wird vor allem freiberufliches Handeln verstanden.1009 Gewerbliches Handeln liegt hingegen in jeder selbstständigen, geschäftlichen Tätigkeit, wobei kein Gewerbe im Sinne der GewO ausgeübt werden muss.1010 Erfasst werden danach alle Geschäfte, die im Rahmen und für die Zwecke eines Geschäfts- oder Gewerbebetriebs abgeschlossen werden.1011 Für die Annahme einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit ist demzufolge eine gewisse Dauer und Häufigkeit sowie eine planmäßige Tätigkeit zu verlangen, um bloße gelegentliche, vorübergehende und zufällige Tätigkeiten, die nach dem Schutzzweck eher der Verbraucherseite zuzuordnen wären, auszugrenzen.1012 Ferner ist die Eigenständigkeit bzw. Selbstständigkeit der Tätigkeit qua definitionem Voraussetzung für die Unternehmereigen-
1995, 846, 854 f.; Hess, IPRax 1994, 9, 12; Vogeler, VersR 2011, 588; Haas, ZZP 108 (1995), 219, 221 f. 1008 Staudinger/Steinrötter, JA 2011, 241, 246; ders., in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 15 Brüssel I-VO Rn. 2; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, Art. 15 EuGVO Rn. 3; Geimer, in: Geimer/Schütze, EuZVR, Art. 15 EuGVO Rn. 17 ff.; Maultzsch, RabelsZ 75 (2011), 60, 72. 1009 Martiny, in: MünchKomm, Art. 6 Rom I-VO Rn. 7; Mankowski, ZVglRWiss 105 (2006),120, 147; Magnus, in: Staudinger, Art. 6 Rom I-VO Rn. 43 m.w.N. 1010 Magnus, in: Staudinger, Art. 6 Rom I-VO Rn. 52; Martiny, in: MünchKomm, Art. 6 Rom I-VO Rn. 7; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 6 Rom I-VO Rn. 20; Bach, in: jurisPK-BGB, Art. 6 Rom I-VO Rn. 14; Hohloch, in: Erman, Art. 29 EGBGB Rn. 22; E. Lorenz, RIW 1987, 569, 576. 1011 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 6 Rom I-VO Rn. 20; Magnus, in: Staudinger, Art. 6 Rom I-VO Rn. 43 Martiny, in: MünchKomm, Art. 6 Rom I-VO Rn. 7; E. Lorenz, RIW 1987, 569, 576; Bach, in: jurisPK-BGB, Art. 6 Rom I-VO Rn. 14; Hohloch, in: Erman, Art. 29 EGBGB Rn. 22. 1012 Im Ergebnis auch Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 20; Micklitz, in: MünchKomm, § 14 BGB Rn. 19 f.
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schaft.1013 Darüber hinaus ist fraglich, ob die Annahme einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit deren Entgeltlichkeit voraussetzen oder ob gar ein Handeln mit Gewinnerzielungsabsicht erforderlich ist.1014 Für den handelsrechtlichen Kaufmannsbegriff im Sinne des HGB, der an den Gewerbebegriff anknüpft, wurde bislang überwiegend eine Gewinnerzielungsabsicht gefordert.1015 Der Unternehmerbegriff und demgemäß zugleich die berufliche und gewerbliche Tätigkeit unterliegen indes einer europäischautonomen Auslegung.1016 Zur Vermeidung, dass öffentliche Unternehmen aus dem Unternehmbegriff herausfallen, wird europarechtlich überwiegend ein objektiv autonomer Unternehmerbegriff zugrunde gelegt, der für eine Gewinnerzielungsabsicht keinen Raum lässt.1017 Im diesem Sinne hat auch der BGH im Hinblick auf den autonom auszulegenden Unternehmerbegriff der Verbraucherkreditrichtlinie1018 und der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie1019 festgestellt, dass der Begriff der gewerblichen Tätigkeit als Teil des Unternehmerbegriffs keine Gewinnerzielungsabsicht voraussetze.1020 Auf ein dauerhaftes Gewinnstreben komme es in diesem Zusammenhang nicht
1013 Geimer, in: Geimer/Schütze, EuZVR, Art. 15 EuGVO Rn. 21; Hertz, Jurisdiction in Contract and Tort under the Brussels Convention, S. 195; Magnus, in: Staudinger, Art. 6 Rom I-VO Rn. 55; anders Mankowski, ZVglRWiss 105 (2006), 120, 146 wonach unter die berufliche Tätigkeit auch unselbstständige Tätigkeiten fallen sollen, um jenem Definitionselement neben der gewerblichen Tätigkeit noch einen eigenständigen Anwendungsbereich zu geben. 1014 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 20; Thorn, in: FS Schmidt, 2009, 1561, 1567; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 13. 1015 BGHZ 33, 325, BGHZ 36, 276, BGHZ 49, 260, BGHZ 53, 223, BGHZ 57, 199, BGHZ 66, 49, BGHZ 83, 386, BGHZ 95, 157; BGHZ 155, 240, 245; BGH Urteil v. 29.3.2006 – Az. VIII ZR 173/05 Rz. 19; Canaris, Handelsrecht, § 2 Rn 3; Hopt, in: Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, § 1 Rn. 15; Roth, in: Koller/Roth/Morck, HGB, § 1 Rn. 4. 1016 Siehe hierzu oben S. 47 ff. 1017 EuGH Rs. 196/87, Steymann, Slg. 1988, 6159 Rn. 11ௗff.; Kluth, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 57 AEUV Rn. 11 ff.; Tiedje/Troberg, in: Groeben/Schwarze, EUV/EGV, Art. 50 AEUV Rn. 7; Micklitz, in: MünchKomm, § 14 BGB Rn. 22. 1018 Richtlinie 87/102/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit („Verbraucherkreditrichtlinie“). 1019 Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter („Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie“). 1020 BGHZ 155, 240, 245; BGH Urteil v. 29.3.2006 – Az. VIII ZR 173/05 Rz. 19; hierzu Graf v. Westphalen, ZGS 2006, 416 ff.; Lorenz, EWiR 2006, 453 ff.; Faust, LMK 2006, 185484; gegen eine Gewinnerzielungsabsicht auch Schmidt, ZHR 151 (1987), 302, 305; dafür Horn, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 24 AGBG Rn. 6a.
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an, weil die Schutzwürdigkeit des Verbrauchers davon nicht abhänge.1021 Zwar ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass die autonomen Verbraucherbegriffe der jeweiligen Richtlinie bzw. Verordnung den entsprechenden Zwecken des einzelnen Regelungswerkes Rechnung tragen.1022 Doch ist im Allgemeinen eine grundsätzliche Vergleichbarkeit der Verbraucher- bzw. Unternehmereigenschaft gegeben.1023 Ein Grund für ein abweichendes Verständnis des Unternehmerbegriffs im Sinne der Verbraucherrichtlinien von den Begriffen des Art. 6 Rom I-VO, Art. 15 EuGVO ist nicht ersichtlich.1024 Folgt man dem BGH und der überwiegenden Literaturansicht stellt sich die Frage, ob die Unternehmereigenschaft im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Rom I-VO, Art. 15 EuGVO eine entgeltliche Tätigkeit voraussetzt. Die Antwort ist streitig.1025 Auswirkungen hat diese Frage insbesondere auf juristische Personen, Gesellschaften, Vereine und Stiftungen, die lediglich karitative Zwecke verfolgen.1026 Nach der Rechtsprechung des EuG und EuGH ist der Begriff des Unternehmens jede […] wirtschaftliche Tätigkeit […], die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten.“1027 Das Gericht schließt sich damit der herrschenden Literaturmeinung an, die eine entgeltliche Tätigkeit für die Unternehmereigenschaft voraussetzt.1028 Als Ergebnis kann somit festgehalten werden, dass der europäisch autonome Unternehmerbegriff, der auch in Art. 6 Abs. 1 Rom I-VO, Art. 15 Abs. 1 EuGVO verwen-
1021 BGH Urteil v. 29.3.2006 – Az. VIII ZR 173/05 Rz. 19 = m. Anm. Nassall, jurisPR-BGHZivilR 24/2006 Anm. 1; BGHZ 155, 240, 245; BGH Urteil v. 29.3.2006 – Az. VIII ZR 173/05 Rz. 19. 1022 Rösler, in: Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, Bd. 2, S. 1600. 1023 Mankowski, ZVglRWiss 105 (2006), 120, 148; Rösler, in: Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, Bd. 2, S. 1600; Micklitz, in: MünchKomm, Vor §§ 13, 14 BGB Rn. 102. 1024 G. Wagner, IPRax 2008, 1, 13; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 22. 1025 Micklitz, in: MünchKomm, § 14 Rn 23; §§ Vor 13, 14 BGB Rn. 102 ff; dafür wohl Heiderhoff, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 6 Rom I-VO Rn. 24; Geimer, in: Geimer/Schütze, EuZVR, Art. 15 EuGVO Rn. 25; dagegen Magnus, in: Staudinger, Art. 6 Rom I-VO Rn. 53 f.; Limbach, in jurisPK-BGB, Art 6 Rom I-VO Rn. 23. 1026 Magnus, in: Staudinger, Art. 6 Rom I-VO Rn. 52; andeutungsweise auch Padovini, in: Reichelt, Europäisches Gemeinschaftsrecht und IPR, 2007, S. 85, 89. 1027 EuG Rs. T-513/93, Consiglio Nazionale degli Spedizionieri Doganali, Slg. 2000, II-1807 Rn. 36; EuGH Rs. C-41/90, Höfner und Elsner, Slg. 1991, I-1979 Rn. 21; EuGH Rs. C-244/94, Fédération française des sociétés d'assurance, Slg. 1995, I-4013 Rn. 14; EuGH Rs. C-55/96, Job Centre, Slg. 1997, I-7119 Rn. 21. 1028 EuGH Rs. C-41/90, Höfner und Elsner, Slg. 1991, I-1979 Rn. 21; EuGH Rs. C244/94, Fédération française des sociétés d'assurance, Slg. 1995, I-4013 Rn. 14; EuGH Rs. C-55/96, Job Centre, Slg. 1997, I-7119 Rn. 21.
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det wird, jede eigenständige, entgeltliche Tätigkeit umfasst, die planmäßig und für eine gewisse Dauer ausgeübt wird.1029 aa. Grammatikalische Auslegung Vor diesem Hintergrund ist der Frage nachzugehen, ob der Begriff der kommerziellen Tätigkeit mit dem Unternehmerbegriff im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Rom I-VO, Art. 15 Abs. 1 EuGVO identisch ist. Die Kriterien der Dauer und Häufigkeit sowie der Planmäßigkeit wird man unter Zugrundelegung eines natürlichen Begriffsverständnisses ohne weiteres auch zur Voraussetzung einer kommerziellen Tätigkeit im Sinne von Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO zählen können.1030 Dabei muss die Tätigkeit ebenso nicht nachweisbar in der Vergangenheit ausgeübt worden sein. Vielmehr genügt die Intention, sie künftig planmäßig auf eine gewisse Dauer auszuüben.1031 Fraglich ist allerdings, ob eine kommerzielle Tätigkeit deren Entgeltlichkeit oder möglicherweise sogar ein Handeln mit Gewinnerzielungsabsicht voraussetzt.1032 Der alltagssprachliche Gebrauch legt die Entgeltlichkeit der Tätigkeit nahe. Im Allgemeinen stammt das Wort kommerziell aus dem Lateinischen vom Wort Kommerz (lat. commercium, commercii, n.) ab und bedeutet den Handel betreffend, geschäftlich, Geschäftsinteressen wahrnehmend, auf Gewinn bedacht.1033 Nach etymologischer Betrachtung werden also von der kommerziellen Tätigkeit nur solche Tätigkeiten erfasst, die nicht nur entgeltlich erfolgen, sondern auch auf Gewinn bedacht sind. Ob dies im Einklang mit dem Willen des europäischen Gesetzgebers steht, erscheint fraglich. Insoweit sind die weiteren europäischen Auslegungsmethoden heranzuziehen. Unabhängig von der Antwort auf diese Frage fallen Arbeitnehmer nach dem Wortlaut aus dem Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO heraus, da eine Beschränkung auf eigenständige und selbstständige Tätigkeiten nicht erkennbar ist. bb. Historische Auslegung Während in dem Verordnungsentwurf des Parlaments vom Juni 2005 einst noch von Gewerbetreibenden mit vergleichbar starken Verhandlungsposi1029 Im Ergebnis ahnlich Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom IIVO Rn. 20. 1030 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 20. 1031 So auch Ennuschat, in: Tettinger/Wank/Ennuschat, Gewerbeordnung, § 1 GewO Rn. 8 f. zum Gewerbebegriff im Sinne der GewO. 1032 Würde man die Entgeltlichkeit ausreichen lassen, wären beispielsweise auch Gewerkschaften als kommerziell tätige Parteien zu bezeichnen. Vgl. zu dessen Bedeutung die Ausführungen oben S. 129 ff. 1033 Duden, Stichwort: kommerziell, abrufbar unter .
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tionen1034 bzw. in dem Kommissionentwurf vom Februar 2006 von gewerblicher Tätigkeit1035 die Rede war, wurden diese Terminologien zugunsten der kommerziellen Tätigkeit aufgegeben.1036 Auf diese Weise sollte an Rechtssicherheit gewonnen werden.1037 Die Abkehr von dem ursprünglichen Parlamentsentwurf vom Juni 2005 macht deutlich, dass mit dem „Schwächeren“ der „nicht geschäftlich Tätige“ gemeint ist. Jener Entwurf ging über den Regelungszweck des heutigen Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom IIVO hinaus und beabsichtigte nach seinem Wortlaut auch den Schutz kleiner Unternehmen, die sich gegenüber Großkonzernen in einer gleichsam unterlegenen Verhandlungsposition befinden können.1038 Demgegenüber hat der europäische Gesetzgeber mit der ausdrücklichen Beschränkung auf kommerziell Tätige nunmehr allen kommerziell Tätigen die Schutzbedürftigkeit abgesprochen.1039 Der Schutz von Kleingewerbetreibenden ist damit scheinbar in den Hintergrund gerückt worden.1040 Produzent, Zwischenlieferant als auch Endverkäufer sind nach der Wertung des europäischen Gesetzgebers somit dazu in der Lage, die Folgen einer Rechtswahlvereinbarung vorherzusehen. Dies gilt für den Arzt, Kioskbetreiber oder Landwirt ebenso wie für die Großkanzlei, den Chemiekonzern oder den Betreiber einer Fluggesellschaft. Dass eine solche Pauschalierung im Einzelfall unbillig sein kann, ist offensichtlich. Doch ist das Kriterium der Verhandlungsstärke, wie es der genannte Parlamentsentwurf vorsah, ein unbestimmter und schwer bestimmbarer Rechtsbegriff.1041 Die daraus resultierende Rechtsunsicherheit hätte die praktische Bedeutung der antizipierten Rechtswahl stark beschränkt.1042 Vor diesem Hintergrund ist die Abkehr 1034 Europäisches Parlament, Plenarsitzungsdokument A6-0211/2005 endg., I Bericht über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) vom 27.6.2005. 1035 KOM(2006) 83 endg., Geänderter Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) vom 21.2.2006. 1036 Rugullis, IPRax 2008, 319, 322; v. Hein, VersR 2007, 440, 445. 1037 Hierzu Sonnentag, ZVglRWiss 105 (2006), 256, 277; G. Wagner, IPRax 2006, 372, 378 f.; Petch, JBLR 2006, 449, 453; v. Hein, VersR 2007, 440, 445. 1038 Symeonides, NIPR 2010, 251, 204 f.; vgl. auch Kötz, JuS 2003, 209, 210 ff.; Dauner-Lieb/Axer, ZIP 2010, 312 f zur vergleichbaren Situation im AGB-Recht. 1039 Kritisch Rugullis, IPRax 2008, 319, 322; vgl. auch Kötz, JuS 2003, 209, 210 ff.; Dauner-Lieb/Axer, ZIP 2010, 312 f. im AGB-Recht. 1040 Symeonides, NIPR 2010, 251, 204 f.; vgl. hierzu die Ausführungen zum Zusammenhang zwischen der Rechtswahlvereinbarung und der kommerziellen Tätigkeit unten S. 270 ff. 1041 Ebenso v. Hein, VersR 2007, 440, 445; für das Kriterium der vergleichbaren Verhandlungsstärke allerdings wohl Sonnentag, ZVglRWiss 105 (2006), 256, 276. 1042 Ähnlich v. Hein, VersR 2007, 440, 445. Zu berücksichtigen ist, dass die Rechtssicherheit über die Voraussetzungen einer wirksamen antizipierten Rechtswahlvereinba-
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von diesen ursprünglich verwendeten Begriffen zu begrüßen. Die Kompensation der gestörten Verhandlungsparität zwischen kommerziell tätigen Parteien ist daher nicht in der Definition der kommerziellen Tätigkeit selbst zu suchen. Eine Lösung lässt sich eher in dem kumulativen Erfordernis der frei ausgehandelten Vereinbarung1043 und in der ungeschriebenen Voraussetzung nach einem Zusammenhang zwischen der kommerziellen Tätigkeit, dem außervertraglichen Schuldverhältnis und der Rechtswahlvereinbarung finden.1044 Der Gesetzeshistorie kann indes ein Schluss für eine Gewinnerzielungsabsicht entnommen werden. Während nämlich das gewerbliche Tätigwerden unter autonomer Auslegung nur die Entgeltlichkeit der Tätigkeit zur Bedingung hat,1045 kann im Umkehrschluss aus der neuen Formulierung bzw. der Änderung des Wortlauts das Bedürfnis für eine Gewinnerzielungsabsicht geschlussfolgert werden.1046 Unternehmern, die nur zur Deckung der Kosten ein Entgelt erheben, würde damit die Möglichkeit der antizipierten Rechtswahl nach Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO versperrt bleiben. Davon wären insbesondere öffentliche Einrichtungen betroffen. cc. Telos Mit der ausdrücklichen Kodifikation dieser Bedingung bezweckte der Gesetzgeber Parteien in schwächeren Verhandlungspositionen vor einer „unvernünftigen“ Rechtswahl zu schützen.1047 Die Begründung für das Vorliegen einer schwächeren Verhandlungsposition wird einerseits in der wirtschaftlichen, intellektuellen, informationellen und psychologischen Überlegenheit der kommerziell tätigen Partei gegenüber der nichtkommerziell tätigen Partei gesucht.1048 Wie der Vergleich mit den Risiken rung einen besonderen Stellenwert einnimmt, da die Rechtswahlvereinbarung selbst dazu dient, Rechtssicherheit für die Parteien zu schaffen. 1043 Vgl. hierzu unten S. 271 ff. 1044 Vgl. hierzu sogleich S. 270 ff. 1045 Siehe oben zur Rechtsprechung des BGH S. 252 ff. 1046 Anders Thorn, in: FS Schmidt, 2009, S. 1561, 1567, der explizit die Gewinnerzielungsabsicht erwähnt und eine Divergenz zum Unternehmerbegriff ablehnt. 1047 Erwägungsgrund 31 Rom II-VO; Kreuzer, riv.dir.int.priv.proc. 2006, 45, 52; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 14; Petch, JIBLR 2006, 449, 453; Chong, ICLQ 57 (2008), 863, 875; Rushworth/Scott, L.M.C.L.Q. 2008, 274, 291; Kadner Graziano, in: The Rome II Regulation, S. 113, 120 f.; 1048 Rühl, in: Conflict of Laws in a Globalized World, 2007, S. 153, 180; Kreuzer, riv.dir.int.priv.proc. 2006, 45, 52: “The ante eventum-choice is justified by the reasoning that such an ex ante –agreement may be convenient to regulate all potential aspects of their relationship from the outset. The wording excludes consumer contracts and agreements not freely negotiated (such as standard-form contracts) where the contracting parties do not have equal bargaining power (e.g. insurance, franchise and licensing con-
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einer nachträglichen Rechtwahl gezeigt hat, beruht die maßgebliche Schwächesituation andererseits schwerpunktmäßig auf der Geschäftsunerfahrenheit der Parteien und dem daraus resultierenden informationellen Defizit des nicht geschäftlich Tätigen.1049 Dieser ist häufig erst mit Eintritt des Schadens dazu in der Lage, die Reichweite und Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung zu überblicken.1050 Diese Erwägungen sollen die zusätzlichen Bedingungen, die Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO an die antizipierte Rechtswahlvereinbarung stellt und von denen Erwägungsgrund 31 spricht, rechtfertigen.1051 E contrario sind kommerziell tätige Parteien nach den Wertungen des europäischen Gesetzgebers aufgrund ihrer Geschäftserfahrenheit dazu in der Lage, die Rechtsfolgen und Risiken einer Rechtswahlvereinbarung zu überblicken und richtig einzuschätzen.1052 Als potentiell schwächere Partei gelten im Internationalen Privatrecht seit jeher der Verbraucher und Arbeitnehmer.1053 Während Verbraucher unzweifelhaft keine kommerzielle Tätigkeit ausüben, erscheint dies im Hinblick auf Arbeitnehmer zweifelhaft. Vielmehr ließe sich mit dem Wortsinn eine kommerzielle Tätigkeit durchaus begründen.1054 Soll der Arbeitnehmer allerdings von Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO geschützt werden, muss man ihn aus dem Anwendungsbereich der kommerziellen Tätigkeit herausnehmen.1055 Die Kommerzialität der arbeitnehmerischen Tätigkeit ließe sich mit dem dauerhaften, an Gewinnstreben orientierten Anbieten seiner per-
tracts). […].” Im Vordergrund steht die informationelle Unterlegenheit. Siehe ferner bereits oben S. 230 ff. 1049 Siehe oben S. 230 ff. 1050 Vgl. Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 9; Thorn, in: FS Schmidt, 2009, S. 1561, 1564 f.; Bertoli, riv.dir.int.priv.proc. 2009, 697, 704; ders., Dir. UE 2009, 231, 244; Symenonides, AJCL 56 (2008), 173, 215; Bach, in: Huber, The Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 29 f. 1051 Vgl. zu diesem Schluss bereits oben S. 230 ff. 1052 Zu den Einschränkungen dieser angreifbaren These, vgl. die Ausführungen unten zum Zusammenhang der Rechtswahlvereinbarung und des außervertraglichen Schuldverhältnisses zur kommerziellen Tätigkeit unter S. 270 ff. 1053 Rühl, in: Conflict of Laws in a Globalized World, 2007, S. 153, 167; Mankowski, ZVglRWiss 105 (2006),120, 147; Kropholler, RabelsZ 42 (1987), 634 ff.; Pocar, in: Japanease and European Private International Law, S. 127 ff. 1054 Siehe zum Wortsinn oben S. 255 ff. 1055 Vgl. etwa v. Hein, Tul.L.Rev. 82 (2008), 1663, 1694; ders., ZEuP 2009, 6, 20; Petch, JIBLR 2006, 449, 453; Ofner, ZfRV 2008, 13, 22; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 13; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; Symeonides, NIPR 2010, 251, 204 f.; Leible, RIW 2007, 721, 727; Leible/Lehmann, RIW 2008, 12, 21; anders Heiderhoff, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 6 Rom I-VO Rn. 20; Mankowski, ZVglRWiss 105 (2006), 120, 146 ff., die die Tätigkeit des Arbeitnehmers als „berufliche“ Tätigkeit einschätzen. Zur Behandlung des Arbeitnehmers als Verbraucher, vgl. BAG NJW 2005, 3305, 3308; Micklitz, in: MünchKomm, § 13 BGB Rn. 46 m.w.N.
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sönlichen Arbeitsleistung begründen.1056 Auf die Frage nach der Entgeltlichkeit oder einer Gewinnerzielungsabsicht kommt es für ihn folglich nicht an. Der Telos des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO spricht demgegenüber für das Erfordernis einer selbstständigen bzw. eigenständigen Tätigkeit,1057 da der Arbeitnehmer im Hinblick auf die Schutzzwecke des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO ebenso davon erfasst wird wie ein Verbraucher.1058 Dabei geht es nicht um die kollisionsrechtliche Schutzbedürftigkeit gegenüber ihrem Arbeitgeber, wie Art. 8 Rom I-VO zum Ausdruck bringt.1059 Im Vordergrund steht vielmehr ihre geschäftliche Unerfahrenheit.1060 Das Kennzeichen eines Arbeitnehmers liegt typischerweise in seiner Weisungsabhängigkeit sowie seiner zumeist ausführenden, d.h. unselbstständigen Tätigkeiten.1061 Arbeitnehmer sind daher trotz ihrer geschäftlichen Tätigkeit mit rechtlichen Angelegenheiten in der Regel nur wenig vertraut. Ebenso wie eine nicht geschäftlich tätige Partei kann ein Arbeitnehmer die Folgen einer Rechtswahlvereinbarung in der Regel nicht vorhersehen. Dessen Unvermögen, die rechtlichen und praktischen Rechtsfolgen einer Rechtswahlvereinbarung vorherzusehen kann daher ebenso wie bei einem Verbraucher zu dem Abschluss einer nachteiligen Rechtswahlvereinbarung führen. Der Telos des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO spricht folglich gegen eine Ein-
1056 So Mankowski, ZVglRWiss 105 (2006), 120, 146 f.; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art 14 Rom II-VO Rn. 20. 1057 Ebenso Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art 14 Rom II-VO Rn. 20; Kadner Graziano, in: The Rome II Regulation, S. 113, 120 f.; vgl. etwa v. Hein, Tul.L.Rev. 82 (2008), 1663, 1694; ders., ZEuP 2009, 6, 20; Petch, JIBLR 2006, 449, 453; Ofner, ZfRV 2008, 13, 22; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 13; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; Symeonides, NIPR 2010, 251, 204 f.; Leible, RIW 2007, 721, 727; Leible/Lehmann, RIW 2008, 12, 21. 1058 Symeonides, YbPIL 9 (2007), 149, 170 f.; dies., NIPR 2010, 251, 204 f.; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art 14 Rom II-VO Rn. 20; Kadner Graziano, in: The Rome II Regulation, S. 113, 120 f.; ders., RabelsZ 72 (2009), 1, 7; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 20; Petch, JIBLR 2006, 449, 453; Ofner, ZfRV 2008, 13, 22; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 13; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; Leible, RIW 2007, 721, 727; Leible/Lehmann, RIW 2008, 12, 21. 1059 Vgl. Martiny, in: MünchKomm, Art. 8 Rom I-VO Rn. 1; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 8 Rom I-VO Rn. 1; Mankowski IHR 2008, 133, 145; Junker RIW 2006, 401 ff. 1060 Siehe oben S. 230 ff. 1061 EuGH Rs. 94/07, Raccanelli, Slg. 2008, I-0000, Rn. 33: „Das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht nach dieser Rechtsprechung darin, dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält.“; vgl. auch EuGH, Rs. 66/85, Lawrie-Blum, Slg. 1986, 2121 Rn. 16 f.; EuGH, Rs. C-138/02, Collins, Slg. 2004, I-2703 Rn. 26; EuGH Rs. C-456/02, Trojani, Slg. 2004, I-7573 Rn. 15.
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beziehung von Arbeitnehmern in den Kreis der kommerziell Tätigen.1062 Demzufolge ist die Eigen- bzw. Selbstständigkeit der Tätigkeit Voraussetzung für kommerzielle Tätigkeit.1063 Aus dem Zweck der einschränkenden Voraussetzung der kommerziellen Tätigkeit lässt sich ferner das bereits gefundene Ergebnis bestätigen, dass die Ausübung der kommerziellen Tätigkeit planmäßig, auf Dauer und mit einer gewissen Häufigkeit angelegt sein muss. Wenn der europäische Gesetzgeber kommerziell tätigen Parteien die Möglichkeit der antizipierten Rechtswahl einräumt, unterstellt er ihnen die Kenntnis über die Folgen einer Rechtswahlvereinbarung. Die Annahme einer solchen Fähigkeit ist aber nur gerechtfertigt, wenn die fragliche Tätigkeit nicht bloß gelegentlich, vorübergehend und zufällig ausgeübt wird.1064 Der Zweck des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO spricht ferner deutlich gegen das Erfordernis einer Gewinnerzielungsabsicht und Entgeltlichkeit. Der BGH lehnte im Rahmen der Auslegung der Verbraucherkreditrichtlinie die Notwendigkeit der Gewinnerzielungsabsicht ab, weil der Verbraucher unabhängig davon schutzwürdig sei, ob der Unternehmer mit Gewinnerzielungsabsicht handelt oder nicht.1065 Umgekehrt wird der kommerziell Tätige nicht dadurch schutzwürdiger, dass er ohne Gewinnerzielungsabsicht, sondern lediglich entgeltlich oder gar nur karitativ tätig ist. Maßgeblich ist vielmehr, dass er beständig am Geschäftsverkehr teilnimmt und daher (auf seinem konkreten Tätigkeitsfeld)1066 über die Risiken einer Rechtswahlvereinbarung informiert ist. Andernfalls würde man den kommerziell Tätigen, der ohne Gewinnerzielungsabsicht handelt im Verhältnis zu dem mit Gewinnerzielungsabsicht Tätigen zu Unrecht in seiner Parteiautonomie beschneiden. Weder ein informationelles Ungleichgewicht, noch die psychologische oder intellektuelle Stärke der anderen Partei könnten einen Aus1062 Damit würde man sich wiederum dem Unternehmerbegriff annähern, der gleichsam die Eigenständigkeit zur Voraussetzung für die Annahme einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit hat, vgl. etwa Mankowski, ZVglRWiss 105 (2006),120, 146 ff.; vgl. auch oben S. 248 ff. 1063 Dickinson, Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.37; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 14; Symeonides, YbPIL 9 (2007), 149, 170 f.; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art 14 Rom II-VO Rn. 20; Kadner Graziano, in: The Rome II Regulation, S. 113, 120 f.; ders., RabelsZ 72 (2009), 1, 7; v. Hein, Tul.L.Rev. 82 (2008), 1663, 1694; ders., ZEuP 2009, 6, 20; Petch, JIBLR 2006, 449, 453; Ofner, ZfRV 2008, 13, 22; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 13; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; Symeonides, NIPR 2010, 251, 204 f.; Leible, RIW 2007, 721, 727; ders., RIW 2008, 257, 260; Leible/Lehmann, RIW 2008, 12, 21. 1064 Ähnlich Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art 14 Rom II-VO Rn. 20. 1065 BGHZ 155, 240, 245; BGH Urteil v. 29.3.2006 – Az. VIII ZR 173/05 Rz. 19; hierzu Graf v. Westphalen, ZGS 2006, 416 ff.; Lorenz, EWiR 2006, 453 ff.; Faust, LMK 2006, 185484; gegen eine Gewinnerzielungsabsicht auch Schmidt, ZHR 151 (1987), 302, 305; dafür Horn, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 24 AGBG Rn. 6a. 1066 Hierzu unten S. 270 ff.
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schluss der Parteiautonomie rechtfertigen.1067 Als Schwächeposition wären nur wirtschaftliche Gesichtspunkte und daraus erwachsene Gesinnungen zu berücksichtigen, die jedoch im Hinblick auf den Abschluss einer Rechtswahlvereinbarung nur eine untergeordnete Rolle einnehmen können.1068 Einer grenzüberschreitend tätigen karitativen Stiftung wird man beispielsweise ebenso viel Know-how im Hinblick auf die Rechtsfolgen einer Rechtswahlvereinbarung für außervertragliche Schuldverhältnisse zutrauen können, wie jemand, der vergleichbare Dienste gegen ein Entgelt anbietet. Während die genauere Betrachtung des Wortsinns der „kommerziellen Tätigkeit“ also wohl für eine Entgeltlichkeit bzw. gar für eine Gewinnerzielungsabsicht spricht, ist nach dem Telos des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom IIVO eine Gegenleistung nicht zwingend erforderlich. dd. Systematik Abschließend ist der Begriff der kommerziellen Tätigkeit auch in systematischer Hinsicht zu untersuchen. Jene Auslegungsmethode verfolgt das Ziel, den Gehalt einer Vorschrift im Hinblick auf ihre Stellung im System der Rechtsordnung zu erforschen.1069 Nachfolgend wird daher der Begriff der Kommerzialität im Hinblick auf seine Verwendung im Europarecht untersucht, bevor ein Vergleich mit dem europäischen Verbraucherschutzrecht vorgenommen wird. (1) Vergleichbarkeit mit anderen europäischen Vorschriften Der Begriff kommerzielle Tätigkeit findet in anderen europäischen Rechtsakten nur vereinzelt Verwendung.1070 Es konnte bereits festgestellt werden, 1067 Die Gesichtspunkte der psychologischen, intellektuellen und wirtschaftlichen Überlegenheit treten zwar nach hier vertretener Ansicht hinter die Geschäftsunerfahrenheit zurück (siehe S. 230 f.). Trotz ihrer nachrangigen Rolle muss ihnen gleichwohl entsprechendes Gewicht beigemessen werden. 1068 Wirtschaftliche Gesichtspunkte spielen häufiger für das Verhältnis von Unternehmer und Verbraucher eine Rolle. Dieses Verhältnis schlägt sich zwar auch im Rahmen von Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO nieder, weil eine Rechtswahlvereinbarung zwischen einem kommerziell Tätigen und einem nicht kommerziell Tätigen gleichsam ausgeschlossen ist. In diesem Verhältnis spielt der Schutz vor einer ungleichen Verhandlungsparität aufgrund der wirtschaftlichen, intellektuellen, informationellen oder psychologischen Überlegenheit eines Vertragspartners eine größere Rolle, also bei einer Rechtswahlvereinbarung zwischen zwei nicht kommerziell Tätigen. Dort geht es um das Unvermögen, die Rechtsfolgen einer Rechtswahlvereinbarung abschätzen zu können. Siehe hierzu bereits oben S. 230 ff. 1069 Larenz, Methodenlehre S. 311 ff.; Reiher, Der Vertragsbegriff im europäischen IPR S. 30 f. 1070 Vgl. Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 14; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 726 f.; Leible, RIW 2008, 257, 259; Jakob/Picht, in: Rauscher,
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dass ein Rückgriff auf den Begriff der Handelssache bzw. commercial matters im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Rom II-VO (Rom I-VO/EuGVO) unzulässig ist.1071 Darüber hinaus taucht im europäischen Primärrecht in Art. 167 AEUV der Begriff des nichtkommerziellen Kulturaustauschs auf.1072 Erfasst werden alle Formen des kulturellen Austauschs zwischen den Mitgliedstaaten.1073 Die Nicht-Kommerzialität bezieht sich auf Projekte, die (nicht) auf Gewinnerzielung ausgerichtet sind.1074 Im europäischen Sekundärrecht verwendet die Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr in Art. 2 lit. f, den Begriff der kommerziellen Kommunikation. Unter „kommerzieller Kommunikation“ werden „alle Formen der Kommunikation, die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen […] oder des Erscheinungsbilds eines Unternehmens […] dienen, die eine Tätigkeit in Handel, Gewerbe oder Handwerk oder einen reglementierten Beruf ausübt; […]“ verstanden.1075 Der Begriff kommerziell wird ferner in der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken (commercial practise) verwendet.1076 Nach dessen Art. 2 lit. d sind „Geschäftspraktiken im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern […] jede Handlung, Unterlassung, Verhaltensweise oder Erklärung, kommerzielle Mitteilung einschließlich Werbung und Marketing eines Gewerbetreibenden, die unmittelbar mit der Absatzförderung, dem Verkauf oder der Lieferung eines Produkts an Verbraucher zusammenhängt.“ Parallel hierzu wird in der Literatur ein Rückgriff auf den Begriff des Gewerbetreibenden im Sinne der Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen1077 vorgeschlagen.1078 Gewerbetreibender ist nach dessen Art. 2 lit. c „eine natürliche oder juristische Person, die bei Verträgen, die unter EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 20; Ofner, ZfRV 2008, 12, 21; Mankowski, IPRax 2010, 389, 400; Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 7 f.; im Ergebnis auch v. Hein, ZEuP 2009, 6, 20; Sujecki, EWS 2009, 310, 313. 1071 Siehe oben S. 250 ff. 1072 Art. 167 AEUV lautet: (1) […]. (2) Die Union fördert durch ihre Tätigkeit die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und unterstützt und ergänzt erforderlichenfalls deren Tätigkeit in folgenden Bereichen: - […],nichtkommerzieller Kulturaustausch, […]. 1073 Blanke, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 167 AEUV Rn. 11. 1074 Wemmer, Die neuen Kulturklauseln des EG-Vertrages, S. 92ௗf.; Schmahl, Die Kulturkompetenz der EG, S. 204; Blanke, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 167 AEUV Rn. 11. 1075 Art. 2 lit. f Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr. 1076 Leible, RIW 2008, 257, 260; kritisch zu dessen Heranziehung Mankowski, IPRax 2010, 389, 400. 1077 Richtlinie 93/13/EWG über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl. L 95 vom 21.4.1993 S. 29. 1078 Mankowski, IPRax 2010, 389, 400.
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diese Richtlinie fallen, im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt, auch wenn diese dem öffentlich-rechtlichen Bereich zuzurechnen ist.“ Allen Begriffen ist gemeinsam, dass sie auf die konkreten Ziele des jeweiligen Regelungszusammenhangs abgestimmt sind. Dies gilt sowohl für das EU-Primärrecht als auch das EU-Sekundärrecht.1079 Mit Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO werden indes offenkundig andere Ziele verfolgt als mit Art. 167 AEUV sowie den Richtlinien 2000/31/EG und 93/13/EWG. Eine Übertragung auf Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO ist daher nicht ohne weiteres möglich.1080 Inhaltlich näher an Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO ist die Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, da auch hier die gestörte Verhandlungsparität zwischen zwei Personen den Regelungsgegenstand bildet.1081 Der Schutzzweck des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO geht aber über die mit der Richtlinie verfolgten Zwecke hinaus, da die Schutzbedürftigkeit des nicht kommerziell Tätigen nicht nur auf eine mögliche ungleiche Verhandlungsstärke, sondern auch auf sein Informationsdefizit zurückzuführen ist.1082 Mehr als eine indizielle Wirkung kann den parallel verwendeten Begrifflichkeiten des Primär- und Sekundärrecht daher nicht beigemessen werden.1083 Im Einklang mit dem Wortsinn und der Gesetzeshistorie liegt insoweit der Schluss nahe, dass die Entgeltlichkeit eine Voraussetzung für die Annahme einer kommerziellen Tätigkeit ist. Für die Annahme einer Gewinnerzielungsabsicht spricht sogar die Auslegung des Art. 167 Abs. 2 AEUV. Auch die Dauerhaftigkeit und Häufigkeit klingt in den Richtlinien an. Insofern mag man in der systematischen Auslegung eine teilweise Bestätigung des bisherigen Ergebnisses sehen können. (2) Vergleichbarkeit mit dem Unternehmerbegriff i.S.v. Art. 6 Rom I-VO, Art. 15 EuGVO Ein großer Kritikpunkt im Rahmen des europäischen Verbraucherschutzrechts besteht in seinen divergierenden Unternehmer- und Verbraucherbe-
1079 Sog. Relativität der Rechtsbegriffe, vgl. Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 141 ff.; Wank, Die juristische Begriffsbildung, S. 110 ff.; Leible/ Domröse, in: Gernhuber, Europäische Methodenlehre, S. 254. 1080 Vgl. zur rechtsaktübergreifenden Auslegung oben S. 43 ff. 1081 Im Ergebnis ebenso Mankowski, IPRax 2010, 389, 400. 1082 Siehe oben S. 230 ff. 1083 Anders Mankowski, IPRax 2010, 389, 400, der auf den Begriff des Gewerbetreibenden im Sinne des Art. 2 lit. c der Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen rekurrieren möchte.
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griffen.1084 Die Abweichungen sind mit den unterschiedlichen Zielen, die der einzelne europäische Rechtsakt verfolgt und ihren verschiedenen Regelungsgegenständen zu erklären.1085 Gleichwohl besteht ein übereinstimmender Kerngehalt der europäischen Unternehmer- und Verbraucherbegriffe.1086 Die Schutzwürdigkeit des Verbrauchers beruht im Wesentlichen auf der gestörten Verhandlungsparität infolge der wirtschaftlichen, intellektuellen, informationellen und psychologischen Überlegenheit des Unternehmers.1087 Die europäischen Richtlinien sind dadurch gekennzeichnet, dass sie grundsätzlich „typisierbare[n] Fallgestaltungen […] strukturelle[r] Unterlegenheit“1088, d.h. einer verbraucherschutzrelevanten Situation Rechnung tragen.1089 Es geht also nicht um ein „Verbraucherschutzrecht, das an der Person des Verbrauchers aufgrund einer notwendig normativ zu bestimmenden Verbraucherschwäche anknüpft.“1090 Vielmehr findet zumeist
1084 Heiderhoff, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR; Art. 6 Rom I-VO Rn. 19; Micklitz, in: MünchKomm, Vor §§ 13, 14 BGB Rn. 102; Schmidt-Räntsch, in: Bamberger/Roth, § 14 BGB Rn. 4; Faber, ZEuP 1998, 854 ff.; W.H. Roth, JZ 2001, 475 f. 1085 Micklitz, in: MünchKomm, Vor §§ 13, 14 BGB Rn. 102; Faber, ZEuP 1998, 854 ff. 1086 Thorn, in: FS Schmidt, 2009, S. 1561, 1566; Micklitz, in: MünchKomm, Vor §§ 13, 14 BGB Rn. 102 ff.; Magnus, in: Staudinger, Art. 6 Rom I-VO Rn. 38; anders Reich, in: Reich/Micklitz, Europäisches Verbraucherrecht Rn. 1.38, der die Annahme eines (teil)harmonisierten Verbraucherbegriff bestreitet.; allgemein zum Verbraucherbegriff Denkinger, Der Verbraucherbegriff S. 109 ff.; Meller-Hannich, Verbraucherschutz im Schuldvertragsrecht, S. 63 ff.; im Kollisionsrecht Basedow, in: Enforcement of International Contracts in the European Union, S. 269 ff.; Ragno, in: Rome I-Regulation, S. 129 ff.; zum Primärrecht Reich, in: Systembildung und Systemlücken S. 481 ff.; Straetmans, in: Enforcement of International Contracts in the European Union, 2004, S. 295 ff. 1087 Magnus, in: Staudinger, Art. 6 Rom I-VO Rn. 1; Staudinger/Steinrötter, JA 2011, 241, 246; Maultzsch, RabelsZ 75 (2011), 60, 75; Calliess, Grenzüberschreitende Verbraucherverträge, S. 92 f.; Rühl, in: Conflict of Laws in a Globalized World, S. 153, 167; Ragno, in: Rome I-Regulation, S. 129 ff.; Reinhart, in: FS Trinkner, 1995, S. 658; Coester-Waltjen, in: FS W. Lorenz, 1991, S. 297, 298 ff.; Mankowski, ZVglRWiss 105 (2006), 120, 142. 1088 BVerfGE 89, 214, 232. 1089 Heiderhoff, Grundstrukturen des nationalen und europäischen Verbrauchervertragsrechts, S. 285; Denkinger, Der Verbraucherbegriff, S. 117 f., 209; Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 289 f.; Magnus, in: Staudinger, Art. 6 Rom I-VO Rn. 1; Micklitz, in: MünchKomm, Vor §§ 13, 14 BGB Rn. 67 ff. 1090 Sog. rollensoziologischer Ansatz, vgl. hierzu Denkinger, Der Verbraucherbegriff, S. 113 ff.; Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 302; Ragno, in: Rome I-Regulation, S. 129 ff.; Heiderhoff, Grundstrukturen des nationalen und europäischen Verbrauchervertragsrechts, S. 246 ff.
§ 6 Das Anknüpfungsmoment des Art. 14 Rom II-VO
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ein situativer Verbraucherbegriff Anwendung.1091 So besteht beispielsweise aufgrund der Überrumpelungssituation bei Haustürgeschäften eine kompensationsbedürftige Ungleichgewichtslage, welche das Verhandlungsgleichgewicht zulasten des Verbrauchers beeinflusst.1092 Im AGB-Recht wird die situative Schwächeposition des Verbrauchers damit begründet, dass die AGB vorformuliert sind, sodass dem Verbraucher die Einflussnahme auf die einzelnen Bestimmungen verwehrt ist.1093 Der kollisionsrechtliche und prozessrechtliche Verbraucher- und Unternehmerbegriff des Art. 6 Rom I-VO, Art. 15 EuGVO, an den sich nach der einstimmigen Literaturauffassung die Auslegung des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO orientieren soll,1094 verhilft den sachrechtlichen Schutzvorschriften zur Durchsetzung bzw. „versucht, den Binnenmarktstandard gegenüber Drittstaaten abzusichern.“1095 Aufgrund der gebotenen Auslegungsharmonie zwischen der EuGVO und der Rom I-VO wird allgemein von der Identität der dort verwendeten Verbraucher- und Unternehmerbegriffe ausgegangen.1096 Art. 6 Rom I-VO verfolgt den Schutz des Verbrauchers gegenüber dem profes-
1091 Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 284 ff.; zu diesem Verbrauchermodell vgl. auch Meller-Hannich, Verbraucherschutz im Schuldvertragsrecht, S. 140 f.; Lieb, AcP 183 (1983), 327, 355. 1092 BGH NJW 92, 1889; Ann/Maume, in: Bamberger/Roth, § 312 BGB Rn. 1; Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 312; Stadler, in: Jauernig, § 312 BGB Rn. 1; Masuch, in: MünchKomm, § 312 BGB Rn. 1. 1093 Art. 3 Abs. 2 RL 93/13/EWG; Grüneberg, in: Palandt, Überbl. v. § 305 BGB Rn. 8; Schlosser, in: Staudinger, Vor §§ 305 ff. BGB Rn. 4, 9 ff. 1094 Siehe bereits oben S. 248 ff., sowie Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 726 f.; Leible, RIW 2008, 257, 258; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom IIVO Rn. 20; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 13; Ofner, ZfRV 2008, 12, 21 f.; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.37; Mankowski, IPRax 2010, 389, 399 f.; Thorn, in: FS Schmidt, 2009, S. 1561, 1566 f.; ders., in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 7 f.; Rushworth/Scott, L.M.C.L.Q. 2008, 274, 293; Kadner Graziano, in: The Rome II Regulation, S. 113, 120 f.; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 20; Sujecki, EWS 2009, 310, 313; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; Bach, in: Huber, Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 23; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 14; Kreuzer, riv.dir.int.priv.proc. 2006, 45, 55. 1095 Meller-Hannich, Verbraucherschutz im Schuldvertragsrecht, S. 80; im Ergebnis auch Staudinger, IPRax 1999, 414 ff.; Basedow, in: Internationales Verbraucherschutzrecht, S. 11, 31; R. Wagner, IPRax 2000, 249, 250; Paefgen, ZEuP 2003, 266 ff.; Michaels/Kamann, JZ 1997, 601 ff.; Thorn, in: Palandt, Art. 6 Rom I-VO Rn. 2; Magnus, IPRax 2010, 27, 38. 1096 Heiderhoff, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 6 Rom I-VO Rn. 19; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 23; Mankowski, IPRax 2010, 389, 400; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 20; Rushworth/Scott, L.M.C.L.Q. 2008, 274, 293; Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 8.
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sionellen Anbieter.1097 Durch Art. 6 Rom I-VO i.V.m. Art. 15, 16 Abs. 1 EuGVO sollen insbesondere der Senkung von Rechtsverfolgungskosten durch die Anwendung des Sachrechts der lex fori sowie der Entwicklung des Fernabsatzes Rechnung getragen werden.1098 Prozessual trägt Art. 15 Rom II-VO dem Verbraucherschutz Rechnung, indem Art. 16 Abs. 1 EuGVO die Klagemöglichkeit (auch) an dessen Wohnsitz(-staat) eröffnet.1099 Vor dem Hintergrund dieser Zielsetzungen ist es konsequent, dass das Verbraucherschutzrecht nur Anwendung findet, wenn der persönliche Anwendungsbereich eröffnet ist, der einen Vertragsschluss zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher zum Gegenstand hat. Der Verbraucher gilt folglich nicht per se als schwächere Partei. Er wird es vielmehr erst durch die situative Überlegenheit seines Vertragspartners, den Unternehmer.1100 Im Rahmen von Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO geht es demgegenüber gerade nicht allein um den Schutz des Schwächeren vor einem Verhandlungsstärkeren. Im Vordergrund steht vielmehr zugleich der Schutz vor einer unüberlegten Rechtswahl infolge der geschäftlichen Unerfahrenheit einer nicht kommerziell tätigen Partei. Insofern entspricht Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO der Idee eines rollensoziologischen Leitbilds1101 des nicht-kommerziell Tätigen. ee. Zwischenergebnis Die Auslegung hat ergeben, dass unter der kommerziellen Tätigkeit jede eigenständige, Tätigkeit, die planmäßig und für eine gewisse Dauer ausgeübt wird, zu verstehen ist. Arbeitnehmer sind vom Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO erfasst und üben demnach keine kommerziellen Tätigkeiten aus. Da Arbeitnehmer nach überwiegender Auffassung aus dem Schutzbereich des Art. 15 EuGVO herausfallen,1102 liegt hierin der erste 1097 Magnus, in: Staudinger, Art. 6 Rom I-VO Rn. 1; Thorn, in: Palandt, Art. 6 Rom I-VO Rn. 1; Martiny, in: MünchKomm, Art 6 Rom I-VO Rn. 1 ff.; Heiderhoff, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 6 Rom I-VO Rn. 1. 1098 Erwägungsgrund 24 der Rom I-VO. 1099 Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, Art. 15 EuGVO Rn. 1; Kropholler/v. Hein, EuZPR, Art. 15 EuGVO Rn. 1. 1100 Heiderhoff, IPRax 2005, 230; Thorn, in: FS Schmidt, 2009, S. 1561, 1567. 1101 Zu diesem Begriff Denkinger, Der Verbraucherbegriff, S. 113 ff.; Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 302; Ragno, in: Rome IRegulation, S. 129 ff.; Heiderhoff, Grundstrukturen des nationalen und europäischen Verbrauchervertragsrechts, S. 246 ff. 1102 Arbeitnehmer sind keine Verbraucher im Sinne des Art. 6 Rom I-VO, Art. 15 EuGVO, vgl. hierzu Heiderhoff, IPRax 2005, 230; Weth, in: Musielak, ZPO, Art. 15 EuGVO Rn. 1; Schmidt-Räntsch, in: Bamberger/Roth, § 13 BGB Rn. 2; Pfeiffer, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der EU, A 5 Art. 2 Rn. 7; Kropholler/v. Hein, EuZPR, Art. 15 EuGVO Rn. 7 ff.; a.A. hingegen Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, Art. 15 EuGVO Rn. 3; Riesenhuber, System und Prinzipien des Europäischen Vertragsrechts, S. 255.
§ 6 Das Anknüpfungsmoment des Art. 14 Rom II-VO
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wesentliche Unterschied zu Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO. Ob eine Gewinnerzielungsabsicht Voraussetzung für die Annahme einer kommerziellen Tätigkeit ist, bleibt zweifelhaft. Dafür sprechen der Wortsinn, die Gesetzeshistorie sowie der Vergleich zu Art. 167 AEUV und Art. 2 lit. d 2005/29/EG. Im Hinblick auf den Telos ist demgegenüber weder eine Gewinnerzielungsabsicht noch eine Entgeltlichkeit der Tätigkeit erforderlich. An der Spitze der Hierarchien der europäischen Auslegungsmethoden steht im Europarecht der Telos der Vorschrift.1103 Damit liegt grundsätzlich eine „Pattsituation“ vor. Sieht man allerdings in Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO eine Ausnahme vom Grundsatz der Parteiautonomie, so sind dessen zusätzliche Voraussetzungen eng auszulegen. Von einer Gewinnerzielungsabsicht und der Entgeltlichkeit der Tätigkeit wäre dann trotz des entgegenstehenden alltagsprachlichen Gebrauchs abzusehen. ff. Primärrechtskonforme Auslegung Dieses Zwischenergebnis lässt sich auch im Hinblick auf eine primärrechtskonforme Auslegung aufrechterhalten. Der Grundsatz der primärrechtskonformen Auslegung bedeutet, dass bei mehreren bestehenden Auslegungsmöglichkeiten diejenige vorzuziehen ist, die mit den Vorgaben des Primärrechts im Einklang steht.1104 Bei Binnenmarktsachverhalten sind insbesondere die Grundfreiheiten und das Diskriminierungsverbot zu beachten.1105 Ferner ist der Grundsatz des effet utile zu gewährleisten sowie der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu wahren, wonach nur eine geringstmögliche Beschränkung der Freiheiten des Einzelnen stattfinden darf.1106 Geht man davon aus, dass die Gewährleistung der Parteiautonomie mitunter aus den europäischen Grundfreiheiten abgeleitet werden kann,1107 stellen die zusätzlichen Voraussetzungen, die Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO an die Zulässigkeit einer antizipierten Rechtswahl stellt, eine rechtferti1103 EuGH Rs. 29/76, Eurocontrol, Slg. 1976, 1541 Rn. 5; EuGH Rs. 12/76, Tessili, Slg. 1976, 1473 Rn. 13 ff.; EuGH Rs. C-172/91, Sonntag, Slg. I, 1963-2003 Rn. 18; EuGH Rs. C292/05, Lechouritou, Slg. 2007, I-1519 Rn. 29; Martiny, in: MünchKomm Art. 1 Rom I-VO Rn. 15; v. Hoffmann, in: Soergel Art. 36 EGBGB Rn. 12; Schroeder, JuS 2004, 180, 183; im Gegensatz zum deutschen Recht, vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 322 ff., 333 f. 1104 Beutel, Grenzüberschreitende Verschmelzungen in der EU S. 115 f. 1105 Brödermann, NJW 2010, 807; Schroeder, JuS 2004, 180, 182; Leible/Domröse, in: Gernhuber, Europäische Methodenlehre, S. 266 f.; ausführlich hierzu Schaub, RabelsZ 66 (2002), 18, 23 f.; Basedow, RabelsZ 59 (1995), 1 ff.; W.H. Roth, RabelsZ 55 (1991), 645 f., 651 ff.; Radicati di Brozolo, rev.crit.dr.int.priv. 82 (1993), 401, 411; Sonnenberger, in: MünchKomm, Einl. IPR Rn. 154 ff.; passim Bruinier, Der Einfluss der Grundfreiheiten auf das IPR; Tassikas, Dispositives Recht und Rechtswahlfreiheit; Magnus, in: Staudinger, Einl. Rom I-VO Rn. 8. 1106 Beutel, Grenzüberschreitende Verschmelzungen in der EU S. 115 f. 1107 Vgl. hierzu oben S. 13 ff.
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Zweites Kapitel: Der Tatbestand des Art. 14 Rom II-VO
gungsbedürftige Beschränkung dar.1108 Daher wäre zu erwägen, ob das europäische Primärrecht gegen die Voraussetzung der Entgeltlichkeit oder Gewinnerzielungsabsicht spricht, um auf diese Weise den Anwendungsbereich der Parteiautonomie zu erweitern. Ferner könnte man auch ganz generell die Zulässigkeit der Beschränkung einer antizipierten Rechtswahl auf kommerziell Tätige, die eine frei ausgehandelte Vereinbarung schließen müssen, in Zweifel ziehen.1109 Diesbezüglich soll hier aber der Hinweis genügen, dass der europäische Gesetzgeber aufgrund der weitreichenden Risiken und Folgen einer vorherigen Rechtswahl mit den Beschränkungen des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO ein legitimes Ziel verfolgt. Für die Frage ob und wie er das daraus resultierende Schutzbedürfnis umsetzt, steht ihm grundsätzlich ein weiter Beurteilungsspielraum zu.1110 Würde man auch die Entgeltlichkeit oder das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht zur Voraussetzung der kommerziellen Tätigkeit zählen, würde dies wohl nicht zur Europarechtswidrigkeit der Vorschrift führen.1111 Vor diesem Hintergrund ist eine primärrechtskonforme Auslegung nicht geboten.1112 Der weite Beurteilungsspielraum des europäischen Gesetzgebers spricht danach auch für die europarechtliche Zulässigkeit der gesamten Beschränkung der antizipierten Rechtswahlmöglichkeit. So wurde bereits die Regelung des Art. 42 EGBGB, die nach überwiegender Auffassung eine antizipierte Rechtswahl gänzlich ausschloss, für europarechtlich zulässig angesehen.1113 Daran hat sich auch durch das Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon nichts geändert. Vielmehr ließe sich schlussfolgern, dass die Regelung des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO, die eine vorherige Rechtswahl unter bestimmten Voraussetzungen gewährt, dann erst recht zulässig sein muss.
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Im Ergebnis v. Hein, RabelsZ 64 (2000), 595, 609 f. Basedow, RabelsZ 59 (1995), 1, 28 f.; W.H. Roth, RabelsZ 55 (1991), 623, 660 ff. zu den Beschränkungen der Rechtswahl im Internationalen Vertragsrecht. 1110EuGH Rs. 55/75, Balkan-Import-Export, Slg. 1976, 19, Rn. 8; Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht S. 559; Bieber/Epiney/Haag, Die Europäische Union, § 11 Rn. 63; Lauer, Primärrechtliche Bindung und Gestaltungsfreiheit des Sekundärgesetzgebers S. 57 ff. 1111 Die Beschränkung ließe sich wohl vielmehr auch mit den Schutzzwecken des Begriffs der kommerziellen Tätigkeit und mit dem Beurteilungsspielraum des europäischen Gesetzgebers rechtfertigen. 1112 Voraussetzung für eine primärrechtskonforme Auslegung wäre die Europarechtswidrigkeit aller anderen Auslegungsmöglichkeiten, vgl. EuGH Rs. 205/84, Kommission, Slg. 1983, 4063 Rn. 13; EuGH Rs. C-314/89, Rauh, Slg. 1991, I-1647 Rn. 17; Beutel, Grenzüberschreitende Verschmelzungen in der EU S. 115 f. 1113 v. Hein, RabelsZ 64 (2000), 595, 608 ff. zu Art. 42 EGBGB; Basedow, RabelsZ 59 (1995), 1, 28 f.; W.H. Roth, RabelsZ 55 (1991), 623, 660 ff. zu den Beschränkungen der Rechtswahl bei Verbraucherverträgen.
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gg. Fazit Unter kommerzieller Tätigkeit ist nach dem gefundenen Ergebnis demnach jede eigenständige, Tätigkeit, die planmäßig und für eine gewisse Dauer ausgeübt wird, zu verstehen.1114 Im Verhältnis zum Unternehmer- bzw. Verbraucherbegriff konnten drei wesentliche Abweichungen festgestellt werden. Zum einen sind Arbeitnehmer vom Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO erfasst, während sie aus dem Schutzbereich des Art. 15 EuGVO, 6 Rom I-VO herausfallen. Zum anderen ist entgegen seines alltagsprachlichen Gebrauchs eine Gewinnerzielungsabsicht oder Entgeltlichkeit für die Annahme einer kommerziellen Tätigkeit nicht obligatorisch. Ferner liegt dem Begriff des kommerziell Tätigen ein rollensoziologisches Verständnis zugrunde. Der nicht-kommerziell Tätige gilt als geschäftlich unerfahren. Das daraus resultierende Unvermögen, die Rechtsfolgen einer Rechtswahlvereinbarung zu überschauen, besteht unabhängig davon, ob die Rechtswahlvereinbarung in einer b2c- oder c2c- Situation geschlossen wird.1115 Dies folgt nicht zuletzt aus Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO, wonach alle Parteien der Rechtswahlvereinbarung kommerziell tätig sein müssen.1116 Hätte der europäische Gesetzgeber auf den Unternehmerbegriff abgestellt, wäre in den einheitlichen Kernbereich des europäischen Unternehmer- und Verbraucherbegriffs eingegriffen worden.1117 Die objektiv-teleologische Auslegung1118 spricht daher für die Einführung eines neuen Rechtsbegriffs. Ob der Begriff der kommerziellen Tätigkeit gut gewählt wurde, kann im Hinblick auf die Gewinnerzielungsabsicht und Entgeltlichkeit der Tätigkeit bezweifelt werden. Eine Klarstellung in den Erwägungsgründen zu der verwendeten Terminologie wäre wünschenswert gewesen. Soweit nicht eindeutig feststellbar ist, ob eine Partei als kommerziell tätige Partei einzustufen ist, sollte diese personenbezogene Eigenschaft im Zweifel bejaht werden. Fragwürdig kann dies etwa sein, wenn die Dauer 1114 1115
Ähnlich Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 19. Ähnlichkeit besteht hier mit der Argumentation des BGH zum Erfordernis der Gewinnerzielungsabsicht für die Annahme der Unternehmereigenschaft beim Verbrauchsgüterkauf, wonach das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht für die Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers unerheblich sei, da dieser häufig nicht wissen könne, ob der Vertragspartner möglicherweise auch nur kostendeckend tätig ist, vgl. BGH NJW 2006, 2250. 1116 A.A. Leible, RIW 2008, 257, 258 der wohl in die Richtung einer teleologische Reduktion des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO im Anwendungsbereich zwischen zwei Verbrauchern tendiert; wohl auch Petch, JIBLR 2006, 449, 453: „One party“; Sonnentag, ZVglRWiss 105 (2006), 256, 276; v. Hein, ZVglRWiss 102 (2003), 528, 548; ders., RabelsZ 64 (2000), 595, 613; Wandt, RabelsZ 64 (2000), 765, 770. 1117 Hierzu oben S. 230 ff. 1118 Zu diesem Begriff Larenz, Methodenlehre, S. 322.
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oder Häufigkeit einer Tätigkeit in Frage steht. Für eine weite Auslegung des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO spricht nämlich einerseits der Grundsatz der Parteiautonomie, andererseits führt sie zu einer größeren Rechtssicherheit für die Parteien. Diese würde in Frage gestellt werden, wenn schon über die Voraussetzungen einer Rechtswahlvereinbarung Unsicherheit besteht. Es bleibt jedoch zu berücksichtigen dass die exakte Begriffsklärung aufgrund seines Auslegungsmonopols dem EuGH obliegt.1119 d. Zusammenhangserfordernis Bei wortlautgetreuer Auslegung des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO genügt es für die Möglichkeit einer antizipierten Rechtswahl, dass die Parteien einer kommerziellen Tätigkeit nachgehen. Eine Beziehung der kommerziellen Tätigkeit zum Abschluss der Rechtswahlvereinbarung oder zum außervertraglichen Schuldverhältnis ist danach nicht erforderlich.1120 Dieses Ergebnis ist jedoch kaum mit den Schutzzwecken des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO in Einklang zu bringen. Auch der geschäftlich Tätige ist außerhalb seines konkreten Tätigkeitsfeldes schutzbedürftig. Das Gesetz verlangt nicht, dass er sich in allen denkbaren Geschäftsbereichen professionell auskennt. Durch die Begrenzung auf das konkrete Tätigkeitsfeld kann zudem eine etwaige ungleiche Verhandlungsparität der anderen kommerziell tätigen Partei ausgeglichen werden. Wie im Rahmen der Gesetzeshistorie des Art. 14 Rom II-VO festgestellt werden konnte, hat der europäische Gesetzgeber auf das Kriterium der vergleichbaren Verhandlungsstärke zugunsten der kommerziellen Tätigkeit verzichtet.1121 Dem drohenden Verhandlungsungleichgewicht kann durch die Beschränkung auf das kommerzielle Tätigkeitsfeld entgegengewirkt werden, da die Geschäftserfahrenheit und Professionalität eines kleinen Unternehmens auch gegenüber einem großen Unternehmen vor dem Abschluss einer nachteiligen Rechtswahlvereinbarung schützt. Voraussetzung ist danach im Einklang mit der Formulierung in Art. 6 Rom I-VO, Art. 15 EuGVO, dass die Rechtswahlvereinbarung in Ausübung der kommerziellen Tätigkeit geschlossen wurde bzw. die Rechtswahlvereinbarung in den Bereich der kommerziellen Tätigkeit fällt.1122 Anzuknüpfen ist dabei grundsätzlich unmittelbar an die 1119 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 20; vgl. zu den Auslegungsgrundsätzen und dem Auslegungsmonopol des EuGH bereits oben S. 45 ff. 1120 Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 22; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 726 f.; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 13. 1121 Siehe oben zur historischen Auslegung S. 48 ff. 1122 Mankowski, IPRax 2010, 389, 400; ähnlich Thorn, in: FS Schmidt, 2009, S. 1561, 1567; ders., in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 8; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 22; Ofner, ZfRV 2008, 13, 22; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 20; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 727; wohl auch G. Wagner, IPRax 2008, 1, 13; anders Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 5, Leible, RIW 2008, 257, 260;
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Rechtswahlvereinbarung selbst.1123 Den weiteren Vertragsbedingungen kann hierfür eine indizielle Bedeutung entnommen werden. Verlangt man einen inneren Zusammenhang zwischen der kommerziellen Tätigkeit und der Rechtswahlvereinbarung, folgt daraus notwendigerweise auch das Erfordernis eines Zusammenhangs zum außervertraglichen Schuldverhältnis.1124 Fraglich ist indes, wie eng dieser Zusammenhang zwischen der kommerziellen Tätigkeit und der Entstehung des außervertraglichen Schuldverhältnisses ausgestaltet sein muss. Im Interesse eines Gleichlaufs zur Rechtswahlvereinbarung ist es naheliegend zu fordern, dass die fragliche Handlung, die zur Entstehung des außervertraglichen Schuldverhältnisses führte, gleichsam in Ausübung der kommerziellen Tätigkeit vorgenommen wurde.1125 Wie im Verhältnis zur Rechtswahlvereinbarung kann auf diese Weise den Zwecken des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom IIVO am besten gerecht werden.1126 Ferner entspricht dies der praktischen Bedeutung einer isolierten Rechtswahlvereinbarung. Zwischen den kommerziell tätigen Parteien besteht in der Regel in diesen Fällen zwar ein geschäftlicher Kontakt, ohne dass sie selbst unmittelbare Vertragspartner sind.1127 Die Rechtswahlvereinbarung wird sich damit auch nur auf außervertragliche Schuldverhältnisse beziehen, die zu ihrer kommerziellen Tätigkeit führen. Dies ist schließlich auch im Interesse des Schutzzwecks des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO geboten. 3. Frei ausgehandelte Vereinbarung Neben der kommerziellen Tätigkeit aller Parteien verlangt Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO für den wirksamen Abschluss eines antizipierten Rechtswahlvertrages, dass die Vereinbarung frei ausgehandelt wurde.1128 Hierbei Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; Kadner Graziano, in: The Rome II Regulation, S. 113, 121; ders., RabelsZ 73 (2009), 1, 7; die nur auf einen Zusammenhang zwischen dem Delikt und der kommerziellen Tätigkeit abstellt. 1123 Anders Leible, RIW 2008, 257, 259 f.; ders., in: Europäisches Gemeinschaftsrecht und IPR, S. 31, 45 Fn. 78; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 726 f. 1124 Ebenso Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 5; Mankowski, IPRax 2011, 389, 400; Loquin, in: Le règlement communautaire « Rome II », S. 35, 52; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 8. 1125 Es geht dabei um denselben Handlungsbegriff, der für die Abgrenzung zur nachträglichen Rechtswahl maßgeblich ist, vgl. hierzu oben S. 239 ff. 1126 Siehe hierzu bereits oben S. 230 ff; ähnlich Mankowski, IPRax 2011, 389, 400, der nur von einem „Zusammenhang“ spricht. 1127 Zu den Beispielen siehe oben die Ausführungen zur praktischen Bedeutung S. 234 ff. 1128 Vgl. hierzu Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 34; Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; Leible, RIW 2008, 257, 260; Mankowski, IPRax 2010, 389, 400; de Lima Pinheiro, riv.dir.int.priv.proc. 2008, 1, 5, 12; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; Hay, EuLF 2007, I-137; Rushwort/Scott, L.M.C.L.Q.
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handelt es sich um die dritte Bedingung, die nach Erwägungsgrund 31 Rom II-VO zum Schutz schwächerer Parteien beachtet werden muss. a. Zweck der Voraussetzung: Frei ausgehandelte Vereinbarung Bei der Untersuchung der kollidierenden Interessen der antizipierten Rechtswahlvereinbarung hat sich gezeigt, dass die Voraussetzung der kommerziellen Tätigkeit dem Schutz von Parteien in schwächeren Verhandlungspositionen, die auf der geschäftlichen Unerfahrenheit beruht, dient.1129 Mit ihr soll gewährleistet werden, dass alle potentiellen Parteien dazu in der Lage sind, die rechtlichen und praktischen Folgen einer Rechtswahlvereinbarung zu überblicken.1130 Die Schwächesituation, wie sie für Verbrauchergeschäfte charakteristisch ist, spielt hierfür nur eine untergeordnete Rolle. Ihr kommt jedoch bei der Voraussetzung der frei ausgehandelten Vereinbarung größere Bedeutung zu.1131 Wie die Gesetzeshistorie verdeutlicht hat steht das Ziel im Vordergrund, eine vergleichbare „Verhandlungsstärke“ zwischen den kommerziell tätigen Parteien zu schaffen.1132 Dazu trägt bereits die ungeschriebene Bedingung des Zusammenhangs zwischen dem außervertraglichen Schuldverhältnis, der Rechtswahlvereinbarung und der kommerziellen Tätigkeit bei. In diese Richtung weist auch die Bedingung der frei ausgehandelten Vereinbarung.1133 Zurückzuweisen ist diesbezüglich die Ansicht, welche in jener Voraussetzung nur ein „Wortgeklingel ohne eigenständige Bedeutung“1134 sieht.1135 Beide Voraussetzungen dienen vielmehr der Kompensation einer etwaigen gestörten Verhandlungsparität zwischen den kommerziell tätigen Parteien. 2008, 274, 293; Garcimartín Alférez, EuLF 2007, I-77, I-82; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 20; ders., RabelsZ 73 (2009), 461, 487; Sujecki, EWS 2009, 310, 313; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 11; Rugullis, IPRax 2008, 319, 322; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.37 ff.; Dörner, in: HK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 3; Pfütze, ZEuS 2011, 35, 66 f.; Symeonides, NIPR 2010, 191, 121; Landbrecht, RIW 2010, 783, 784; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 5; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR Art. 14 Rom II-VO Rn. 23; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 13; Ofner, ZfRV 2008, 13, 22; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, S. 326; Kühne, in: FS Deutsch, 2009, S. 817, 826. 1129 Siehe oben S. 230 ff. 1130 Siehe oben S. 230 ff.; die unterstellte Kenntnis über die Rechtsfolgen einer Rechtswahlvereinbarung über ein außervertragliches Schuldverhältnis wird in der Praxis allerdings bislang kaum vorhanden sein. 1131 Im Ergebnis ebenso Bach, in: Huber, Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 27. 1132 Siehe oben S. 230 ff. 1133 Ebenso Bach, in: Huber, Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 27. 1134 Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 36; ders., RIW 2010, 257, 267. 1135 Mankowski, IPRax 2010, 389, 400; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom IIVO Rn. 36.
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b. Begriff der frei ausgehandelten Vereinbarung Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, was unter einer frei ausgehandelten Vereinbarung im Einzelnen zu verstehen ist und auf welche Weise mit dieser Tatbestandsvoraussetzung die dargestellten Ziele erreicht werden sollen. Hervorzuheben ist zunächst, dass es sich hierbei um eine autonome Begrifflichkeit handelt.1136 Anhand dessen findet folglich eine europäisch-autonome Abschlusskontrolle statt.1137 Davon unberührt bleiben freilich die weiteren Voraussetzungen, die für ein ordnungsgemäßes Zustandekommen der Rechtswahlvereinbarung obligatorisch sind1138 sowie die Frage nach einer Inhalts- und Missbrauchskontrolle.1139 Nach dem Grundsatz der autonomen Auslegung sind für die Auslegung der verwendeten europäischen Begrifflichkeiten die Zielsetzungen, die Systematik der Verordnung sowie die allgemeinen Rechtsgrundsätze, die sich aus der Gesamtheit der nationalen Rechtsordnungen ergeben, zu berücksichtigen.1140 Im Vordergrund steht dabei neben der allgemeinen Konkretisierung des Begriffs der frei ausgehandelten Vereinbarung die Frage, ob der Abschluss einer Rechtswahlvereinbarung in AGB zulässig ist. Diese Frage konnte bereits im Hinblick auf die Rechtswahl post delictum ablehnend beantwortet werden1141 und soll nun hinsichtlich der antizipierten Rechtswahlmöglichkeit unter Berücksichtigung der besonderen Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO näher untersucht werden. aa. Meinungsstand zur antizipierten Rechtswahl in AGB Ob das Erfordernis einer frei ausgehandelten Vereinbarung das Zustandekommen einer Rechtswahlvereinbarung in AGB ausschließt, ist streitig. (1) Ausschluss der antizipierten Rechtswahl in AGB Die wohl überwiegende Ansicht geht davon aus, dass mit der Etablierung der Voraussetzung einer frei ausgehandelten Vereinbarung der Ausschluss einer antizipierten Rechtswahlmöglichkeit durch AGB einhergeht.1142 Zur 1136 Ebenso Petch, JIBLR 2006, 449, 453; Landbrecht, RIW 2010, 783; wohl auch Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 5. 1137 Insoweit ergänzt Art. 14 Abs. 2 lit. b Rom II-VO die analog anzuwendenden Vorschriften der Art. 3 Abs. 5, 10 Rom I-VO. 1138 Siehe hierzu oben S. 167 ff. 1139 Siehe hierzu oben S. 171 ff. 1140 So die allgemeine Formel des EuGH zur autonomen Auslegung, vgl. nur EuGH Rs. 12/76, Tessili, Slg. 1976, 1473 Rn. 13 ff.; EuGH Rs. C-172/91, Sonntag, Slg. I, 1963-2003 Rn. 18; EuGH Rs. C-292/05, Lechouritou, Slg. 2007, I-1519 Rn. 29. 1141 Vgl. hierzu oben S. 171 ff. 1142 Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; Leible, RIW 2008, 257, 260; Mankowski, IPRax 2010, 389, 400; de Lima Pinheiro,
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Begründung wird einerseits der Wortlaut und andererseits der Vergleich zu Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen gesucht, wonach AGB tatbestandlich nur bei einer nicht im Einzelnen ausgehandelten („not individually negotiated“) Vertragsklausel vorliegen. Aus der Ähnlichkeit der Formulierung wird geschlossen, dass die Rechtswahlvereinbarung im Einzelnen ausgehandelt werden muss und somit nicht durch die Verwendung von AGB Zustandekommen kann.1143 Dies führt freilich dazu, dass Rechtswahlvereinbarungen in AGB in der praktischen unternehmerischen Rechtsanwendung eine äußerst geringe Rolle einnehmen werden. Die Rechtswahlklausel wäre im Hinblick auf das außervertragliche Schuldrecht unwirksam. Damit würde sich die Frage stellen, ob diese Unwirksamkeit auf eine etwaige Rechtswahlvereinbarung für vertragliche Schuldverhältnisse durchschlägt oder ob eine vertragsakzessorische Anknüpfung doch zur einheitlichen Anwendung derselben Rechtsordnung führen würde.1144 (2) Zulässigkeit einer Rechtswahl in AGB Im jüngeren Schrifttum wird trotz des entgegenstehenden Wortlauts eine antizipierte Rechtswahlvereinbarung in AGB zunehmend befürwortet.1145 Nach den Vertretern dieser Ansicht könne der Wortlaut des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO nicht mit dem aus Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 EWG gleichgesetzt werden. So folge bereits aus der englischen Sprachfassung, dass der Bezugspunkt für das freie Aushandeln im Rahmen von Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO den Vertrag im Ganzen bilde, während im Rahmen der Richtlinie auf die einzelne Klausel abgestellt werden müsse.1146 Ferner solle Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO gerade dem Handelsriv.dir.int.priv.proc. 2008, 1, 5, 12; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; Hay, EuLF 2007, I-137; Rushwort/Scott, L.M.C.L.Q. 2008, 274, 293; Garcimartín Alférez, EuLF 2007, I77, I-82; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 20; ders., RabelsZ 73 (2009), 461, 487; Sujecki, EWS 2009, 310, 313; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 11; Rugullis, IPRax 2008, 319, 322; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.37 ff.; Dörner, in: HK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 3; scheinbar auch Pfütze, ZEuS 2011, 35, 66 f.; Symeonides, NIPR 2010, 191, 121. 1143 Leible, RIW 2008, 257, 260; Mankowski, IPRax 2010, 389, 400; kritisch gegenüber einem Rückgriff auf § 305 BGB Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; Leible, RIW 2008, 257, 260. 1144 Für Letzteres vgl. v. Hein, ZEuP 2009, 6, 21; Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; vgl. hierzu i.E. unten S. 349 ff. 1145 Landbrecht, RIW 2010, 783, 784; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom IIVO Rn. 5; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 34 ff.; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR Art. 14 Rom II-VO Rn. 23; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 13; Ofner, ZfRV 2008, 13, 22; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, S. 326; Kühne, in: FS Deutsch, 2009, S. 817, 826. 1146 So im Ergebnis Landbrecht, RIW 2010, 783, 784.
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verkehr die Möglichkeit einer antizipierten Rechtswahl eröffnen. Dieses Ziel würde indes konterkariert, wenn die typischen Formen des Vertragsschlusses von Handelsgeschäften unberücksichtigt bleiben würden.1147 Teilweise wird zur Begründung auch der Grundsatz vom Vorrang der Parteiautonomie1148 angeführt. Der Schwerpunkt liege nach dieser Ansicht nicht auf dem Begriff des „Verhandelns“, sondern auf der „Freiheit“. Als unfrei seien nur solche Vereinbarungen anzusehen, die beispielsweise durch Täuschung oder Drohung zustandegekommen seien.1149 (3) Vermittelnde Ansicht Nach der Ansicht von Kadner Graziano und Wurmnest soll hingegen eine „einseitige Verwendung einer Rechtswahlklausel in AGB ohne eine gesonderte individuelle Bestätigung […] ausgeschlossen sein.“1150 Aufgrund des praktischen Bedürfnisses für eine vorformulierte Rechtswahlvereinbarung soll es allerdings ausreichen, sich die Rechtswahlvereinbarung von der anderen Partei abzeichnen zu lassen. Benutzen die Parteien ferner zwei übereinstimmende Rechtswahlklauseln in Form von AGB soll dies der Wirksamkeit der Rechtswahl gleichsam nicht entgegenstehen.1151 Damit würde eine Rechtswahlvereinbarung in AGB in der Regel gleichsam zur Unwirksamkeit der Klausel führen. (4) Stellungnahme Im Interesse des grenzüberschreitenden Handelsverkehrs, der zunehmend im Internet stattfindet sowie im Interesse der Förderung eines barrierefreien Binnenmarktes sollte die Vereinbarkeit von Rechtswahlklauseln in AGB für das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht richtigerweise zugelassen werden.1152 Allerdings hat der europäische Gesetzgeber mit der Etablierung der Voraussetzung der frei ausgehandelten Vereinbarung eine Hürde geschaffen, die auch mit den Argumenten der befürwortenden Ansicht nicht überwunden werden kann. Zur Begründung 1147 G. Wagner, IPRax 2008, 1, 14; Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 8; wohl auch Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art 14 Rom II-VO Rn. 5; Kühne, in: FS Deutsch, 2009, S. 817, 826; für eine teleologische Reduktion daher Thorn, in: FS Schmidt, 2009, S. 1561, 1568. 1148 Thorn, in: FS Schmidt, 2009, S. 1561, 1568. 1149 Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 8; ders., in: FS Schmidt, 2009, S. 1561, 1568; Bach, in: Huber, The Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 28; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 34 ff. 1150 Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), S. 1, 8; ders., in: The Rome II Regulation, S. 113, 121; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 16. 1151 Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), S. 1, 8. 1152 Zur deliktsrechtlichen Haftung im Internet, siehe Spindler, ZUM 1996, 533 ff.
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einer antizipierten Rechtswahlmöglichkeit in AGB hilft die grammatikalische Auslegung nur bedingt weiter. Zwar fehlt es an einem identischen Wortlaut mit Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 EWG, was die englische und französische Sprachfassung bestätigen und was grundsätzlich für eine inhaltliche Abweichung spricht.1153 Zudem hat sich der europäische Gesetzgeber sogar bewusst für eine abweichende Formulierung entschieden.1154 Daraus folgt allerdings nicht, dass den Bezugspunkt für das freie Aushandeln im Sinne von Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO der Vertrag im Ganzen bildet und die Richtlinie 93/13EWG den Bezug zur einzelnen Klausel meint.1155 Eine solche Auslegung ist mit dem Wortlaut des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO nicht vereinbar, da sich der Begriff der Vereinbarung, welche frei ausgehandelt werden muss, unzweifelhaft auf die Rechtswahl bezieht. Bei grammatikalisch richtiger Lesart lautet Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO diesbezüglich: „Die Parteien können durch eine frei ausgehandelte Vereinbarung das Recht wählen, dem das außervertragliche Schuldverhältnis unterliegen soll.“ Der divergierende Wortlaut beruht vielmehr darauf, dass allgemeine Geschäftsbedingungen per definitionem im Plural stehen, sodass mit der Formulierung in Art. 3 Abs. 2 Richtlinie 93/13 EWG verdeutlicht wird, dass es auf jede einzelne Klausel ankommt. Demgegenüber weicht der Wortlaut in Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO davon ab, da es hier naturgemäß nur um eine Klausel, nämlich die Rechtswahlklausel geht. Im Hinblick auf den Telos beider Rechtsvorschriften lässt sich indes kein Unterschied feststellen, sodass ein Rückgriff auf Art. 3 Abs. 2 Richtlinie 93/13EWG grundsätzlich möglich ist. Ferner hat sich das Parlament ausdrücklich und eindeutig der Auffassung der Kommission angeschlossen und ausgeführt, dass zum Schutz schwächerer Parteien eine vorherige Rechtswahlvereinbarung in Formularklauseln ausgeschlossen sein soll.1156 Die Betonung liegt daher auf der Voraussetzung des Aushandelns und nicht auf der Freiheit. Es ist daher unrichtig, wenn im Sinne einer europäisch-autonomen Auslegung davon ausgegangen wird, dass eine unfrei ausgehandelte Vereinbarung vorliegt, wenn sie durch Täuschung
1153 Deutsch: im Einzelnen ausgehandelt/frei ausgehandelt; Englisch: individually negotiated/freely negotiated; Französisch: négociation individuelle/librement négocié. 1154 Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.40. 1155 So aber Landbrecht, RIW 2010, 783, 784. 1156 Europäisches Parlament, Plenarsitzungsdokument A6-0211/2005 endg., I Bericht über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) vom 27.6.2005, S. 18; siehe hierzu Rushworth/Scott, L.M.C.L.Q. 2008, 274, 293; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.37 ff.
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oder Drohung zustandegekommen ist.1157 Die Unwirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung ergibt sich in solchen Fällen erst aus dem gewählten Sachrecht.1158 Auch ein Vergleich zu der Vorschrift des Art. 23 EuGVO, welche bereits seit geraumer Zeit vor Inkrafttreten der Rom II-VO Anwendung findet, legt einen Ausschluss von antizipierten Rechtswahlvereinbarungen in AGB nahe. Danach muss eine Gerichtsstandsvereinbarung geschlossen werden: „a) schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung, b) in einer Form, welche den Gepflogenheiten entspricht, die zwischen den Parteien entstanden sind, oder c) im internationalen Handel in einer Form, die einem Handelsbrauch entspricht, den die Parteien kannten oder kennen mussten und den Parteien von Verträgen dieser Art in dem betreffenden Geschäftszweig allgemein kennen und regelmäßig beachten.“ Der Gesetzgeber hat in Kenntnis dieser möglichen Regelungsweise, die eine Vereinbarung von Gerichtsstandsklauseln in AGB grundsätzlich zulässt1159 und die auch für eine Rechtswahlvereinbarung optional gewesen wäre, von einer entsprechenden Regelung abgesehen. Daraus könnte im Umkehrschluss gefolgert werden, dass der Gesetzgeber trotz der Voraussetzung der kommerziellen Tätigkeit den Gepflogenheiten des Handelsverkehrs keine Rechnung tragen wollte und von der Möglichkeit der AGBVereinbarung absehen wollte. Die Rom I-VO sieht eine dem Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO entsprechende Regelung nicht vor. Ginge man mit der Gegenansicht davon aus, dass eine unfrei ausgehandelte Vereinbarung im Sinne einer europäisch autonomen Interpretation vorliegt, wenn sie durch Täuschung oder Zwang zustande gekommen ist, so ist es außerordentlich fragwürdig, warum dieselbe Voraussetzung in der später in Kraft getretenen Rom I-VO nicht etabliert wurde. Mit einem solchen Verständnis lässt sich schließlich auch der Schutzzweck der frei ausgehandelten Vereinbarung erklären. Durch den Ausschluss der Rechtswahlvereinbarung in AGB wird eine einseitige inhaltliche Ausgestaltung der Rechtswahlvereinbarung vermieden. Die einseitige Gestaltungsmöglichkeit einer Rechtswahlklausel birgt beispielsweise das Risiko, dass eine Rechtsordnung gewählt wird,1160 die weitaus kürzere Verjährungsvorschriften vorsieht. Auf diese Weise kann eine Partei eine Fixierung von Klauseln vermeiden, die einer Inhaltskontrolle in AGB möglicherweise selbst nicht standhalten würden. Es wird 1157 So aber Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 8; ders., in: FS Schmidt, 2009, S. 1561, 1568; Bach, in: Huber, The Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 28; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 34 ff. 1158 Siehe zu Willensmängeln beim Zustandekommen der Rechtswahlvereinbarung oben S. 160 ff. 1159 Gottwald, in: MünchKomm, Art. 23 EuGVO Rn. 27; Stadler, in: Musielak, ZPO, Art. 23 EuGVO Rn. 1. 1160 Vorausgesetzt die Bedingungen des Art. 14 Abs. 2, 3 Rom II-VO wird beachtet und es liegt kein Fall der Gesetzesumgehung vor.
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damit der Gefahr vorgebeugt, dass die Vorschriften der Inhaltskontrolle von AGB durch eine nicht zu beanstandende Rechtswahlvereinbarung in AGB rechtmäßig umgangen werden.1161 Vor diesem Hintergrund ist die Vereinbarung einer antizipierten Rechtswahl in AGB ausgeschlossen. bb. Kritik Allein die dogmatische Begründung des Ausschlusses einer Rechtswahlvereinbarung für außervertragliche Schuldverhältnisse in AGB führt indes nicht zu ihrer sachlichen Rechtfertigung. Im Gegenteil, die Voraussetzung der frei ausgehandelten Vereinbarung sollte im Rahmen einer gesetzgeberischen Revision der Rom II-VO beseitigt werden.1162 Gegen sie spricht, dass die Möglichkeit der antizipierten Rechtswahlvereinbarung hauptsächlich im Handelsverkehr eine Rolle spielt, in der die Verwendung von AGB zum täglichen Geschäft zählt. Dort wie auch außerhalb des Handelsverkehrs werden Rechtswahlklauseln in der Regel Formularhandbüchern entnommen, bei denen es sich gleichsam um einseitige, vorformulierte Klauseln handelt, welche die eine Partei der anderen Partei vorlegt.1163 Ferner ist die Voraussetzung im Hinblick auf getätigte Internetgeschäfte nicht zeitgemäß und führt zu einem Rückschritt bezüglich eines zusammenwachsenden Binnenmarktes. Zudem geht der Schutzzweck dieser Voraussetzung zu weit. Der geschilderte Fall der Umgehung einer Inhaltskontrolle wird vor dem Hintergrund der Vorschriften des Art. 14 Abs. 2, 3 Rom IIVO praktisch kaum an Bedeutung erlangen. Einer etwaigen gestörten Verhandlungsparität wird bereits dadurch Rechnung getragen, dass das Informationsgefälle zwischen ungleich starken Verhandlungspartnern durch das Zusammenhangserfordernis mit der kommerziellen Tätigkeit ausgeglichen wird. Das einseitige Stellen von Vertragsbedingungen ist für den Handelsverkehr charakteristisch. Zudem darf nicht übersehen werden, dass, je nach Handelsstufe, auch ein Großunternehmen die AGB eines Kleinunternehmers zumeist bedingungslos akzeptiert.1164 Soll ein neutrales Rechte- und Pflichtenprogramm durch die Wahl eines neutralen Rechts von den Parteien aufgestellt werden können, so muss auch die Rechtswahl in AGB zulässig sein.1165 Wenig erfolgsversprechend ist es allerdings, wenn das auf den Vertrag anwendbare Recht in AGB geregelt werden kann, nicht aber das auf außervertragliche Ansprüche anwendbare Recht. Aufgrund der Abstraktheit der Rechtswahlvereinbarungen für das auf ein vertragliches und 1161 Aufgrund der prinzipiellen Gleichwertigkeit der ausländischen Rechtsordnung wäre die Rechtswahlvereinbarung vermutlich nur schwer zu beanstanden. 1162 Im Ergebnis ähnlich Mankowski, IPRax 2010, 389. 401. 1163 Dieses Problem versucht Landbrecht, RIW 2010, 783, 784 zu lösen. 1164 Kötz, JuS 2003, 209, 215. 1165 Siehe hierzu bereits oben S. 275 ff.
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für das auf ein außervertragliches Schulverhältnis anwendbare Recht würde zwar die Unwirksamkeit der einen Vereinbarung nicht auf die Unwirksamkeit der anderen Vereinbarung durchgreifen.1166 Ein Rückgriff auf die akzessorische Anknüpfung, die im Ermessen des Richters steht, leistet aber wiederum auch einen Beitrag zur Rechtsunsicherheit. Daher sollte der europäische Gesetzgeber die Bedingung der frei ausgehandelten Vereinbarung aus Art 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO herausnehmen und die Voraussetzung eines Zusammenhangs zwischen der antizipierten Rechtswahlvereinbarung, dem außervertraglichen Schuldverhältnis und der kommerziellen Tätigkeit deutlich herausstellen. c. Anforderungen an „freies Aushandeln“ Ungeklärt ist dagegen weiterhin, welche Bedingungen die Parteien erfüllen müssen, damit eine frei ausgehandelte Vereinbarung vorliegt. Geht man davon aus, dass jene Voraussetzung darauf abzielt, Rechtswahlvereinbarungen in AGB zu unterbinden, lässt sich im Umkehrschluss feststellen, dass ein freies Aushandeln gegeben ist, wenn es sich nicht um AGB handelt. Nach europäischer Definition des Art. 3 Richtlinie 93/13 EWG kommt es darauf an, ob eine vorformulierte Klausel vorliegt, auf die der andere Vertragspartner keinen Einfluss nehmen konnte. Da sowohl im Rahmen der AGB als auch im Rahmen von Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO das Aushandeln im Vordergrund steht und dem Telos beider Vorschriften nicht entgegensteht, kann auf die zum AGB-Recht herausgebildete Definition zurückgegriffen werden. Danach kann „von einem „Aushandeln“ […] nur dann gesprochen werden, wenn der Verwender zunächst den in seinen AGB enthaltenen „gesetzesfremden“ Kerngehalt, die den wesentlichen Inhalt der gesetzlichen Regelung ändernden oder ergänzenden Bestimmungen inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt mit zumindest der Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zu beeinflussen.“1167 Dies ist auch konkludent möglich, wie sich aus Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO ergibt. Über das Aushandeln sollte Protokoll geführt werden bzw. die Einräumung der inhaltlichen Gestaltungsmöglichkeit sollte schriftlich fixiert werden. V. Zwischenergebnis Die Möglichkeit, eine antizipierte Rechtswahlvereinbarung abzuschließen, setzt die Einhaltung der in Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO vorgeschriebe1166 1167
Vgl. hierzu im Einzelnen S. 348 ff. In Anlehnung an BGH WM 1992, 401 ff.; BGH NJW 1998, 2600; BGH VersR 2011, 1173, 1175.
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nen Schutztrias voraus. Voraussetzung ist danach zunächst die kommerzielle Tätigkeit aller Parteien der Rechtswahlvereinbarung. Kommerziell tätig ist, wer eine eigenständige Tätigkeit ausübt, die planmäßig erfolgt und auf eine gewisse Dauer angelegt ist. Das weitere Erfordernis der frei ausgehandelten Vereinbarung zielt darauf ab, eine antizipierte Rechtswahl in AGB auszuschließen. Im Gegensatz zur nachträglichen Rechtswahl ist bei einer antizipierten Rechtswahl eine Vereinbarung in AGB unzulässig. Ungeschriebene Voraussetzung aus Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO ist ferner, dass ein Zusammenhang zwischen der kommerziellen Tätigkeit, dem Abschluss der Rechtswahlvereinbarung und dem außervertraglichen Schuldverhältnis besteht. Insbesondere muss die Rechtswahlvereinbarung für das außervertragliche Schuldverhältnis in Ausübung der kommerziellen Tätigkeit abgeschlossen worden sein. Sind diese Bedingungen erfüllt, können die Parteien grundsätzlich eine Rechtswahl vor Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses treffen. Unter Berücksichtigung der mit den Beschränkungen des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO verfolgten Interessen kann sich im Hinblick auf eine antizipierte Rechtswahl nach Art. 3 Rom IVO und der Möglichkeit der akzessorischen Anknüpfung an das Vertragsstatut allerdings ein Wertungswiderspruch ergeben, der möglicherweise einer Korrektur bedarf.1168 VI. Verhältnis der antizipierten Rechtswahl zur akzessorischen Anknüpfung Die Möglichkeit der antizipierten Rechtswahl in Art. 3 Rom I-VO in Verbindung mit der vertragsakzessorischen Anknüpfung ermöglicht eine mittelbare Rechtswahl für damit im Zusammenhang stehende außervertragliche Schuldverhältnisse.1169 Vor dem Hintergrund, dass die Etablierung der akzessorischen Anknüpfung in das Anknüpfungssystem der außervertraglichen Schuldverhältnisse unter anderem das Ziel verfolgte, den Parteien die Möglichkeit einzuräumen, das anwendbare Recht mittelbar zu bestimmen und insbesondere aufgrund dieser Alternative von der Schaffung einer weitergehenden antizipierten Wahlmöglichkeit abgesehen wurde, stellt allein die Ausübung der Rechtswahl nach Art. 3 Abs. 1 Rom I-VO kein Hindernis für eine akzessorische Anknüpfung an das gewählte Recht dar. Ebenso ist die Anwendung der für den Vertrag gewählten Rechtsordnung auf das au1168 Vgl. hierzu v. Hein, ZEuP 2009, 6, 21, ders., RabelsZ 73 (2009), 461, 490; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 10; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009) S. 1, 71 ff.; ders., rev.crit.dr.int.priv. 97 (2008) S. 445, 464 ff.; Landbrecht, RIW 2010, 783, 786 f.; W. Lorenz, in: Vorschläge und Gutachten zur Reform des Internationalen Privatrechts der außervertraglichen Schuldverhältnisse, 1983, S. 97, 135; Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 10; de Boer, YbPIL 9 (2007) 19, 27; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 6 Rom I-VO Rn. 7 sowie Art. 8 Rom I-VO Rn. 17. 1169 Vgl. hierzu oben S. 86 ff.
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ßervertragliche Schuldverhältnis durch den europäischen Gesetzgeber gerade beabsichtigt.1170 Zweifelhaft ist allerdings, ob dies auch dann gilt, wenn eine Partei eine schwächere Verhandlungsposition innehat, sie also Verbraucher oder Arbeitnehmer ist. Im Beispiel des Verbrauchers könnte bei schlichter Gesetzesanwendung einer antizipierte Rechtswahl und eine darauf bezogene akzessorische Anknüpfung erfolgen: Gem. Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Rom I-VO kann in beschränktem Umfang eine Rechtswahlvereinbarung zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher ex ante getroffen werden. Diese Rechtswahl entfaltet nach Art. 4 Abs. 3 S. 2 Rom II-VO für das außervertragliche Schuldverhältnis Wirkung, obwohl gem. Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO eine solche unmittelbare Rechtswahl zum Schutz des Verbrauchers ausgeschlossen wäre. Diese gesetzlich zugelassene mittelbare antizipierte Rechtswahl bei Verbraucher- und Individualarbeitsverträgen, die durch Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO gerade geschützt werden sollen,1171 wird überwiegend als Wertungswiderspruch angesehen.1172 Fraglich ist, ob dieses Ergebnis im Wege einer teleologischen Reduktion korrigiert werden sollte. 1. Schlichte Anwendung des Gesetzes Schon Werner Lorenz hat 1983 im deutschen Internationalen Privatrecht diese Problematik erkannt hat und postwendend mit den Worten abgetan, dass „[d]iese Begrenzungen der Rechtswahl […] sich […] in den meisten Fällen schon aus der in casu eingreifenden akzessorischen Anknüpfung ergeben [werden], weil dann bereits die Wahl des Vertragsstatuts nur in den speziellen Grenzen gestattet ist; […].“1173 So meint auch de Boer: “With regard to the contractual relationship, the parties‘ freedom of choice could be restricted as well. The protection of the weaker party no longer depends on Article 14 (1) Rom II, but on, e.g., Article 6 (2) or Article 8 (1) Rome I […].”1174 Mit anderen Worten scheidet eine Beschränkung der akzessorischen Anknüpfung insoweit aus, als bereits das Vertragsrecht selbst Einschränkungen bezüglich der Rechtswahlmöglichkeit vorsieht. Da die Rechtswahl im Internationalen Vertragsrecht gem. Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO und Art. 8 Abs. 1 Rom I-VO i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Rom I-VO nur in be1170 1171 1172
Siehe bereits oben S. 86 ff. Vgl. hierzu im Einzelnen ausführlich S. 230 ff. v. Hein, ZEuP 2009, 6, 21 auf deutsch, ders., RabelsZ 73 (2009), 461, 490 auf englisch; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 10; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009) S. 1, 71 ff. auf deutsch; ders., rev.crit.dr.int.priv. 97 (2008) S. 445, 464 ff. auf französisch. 1173 W. Lorenz, in: Vorschläge und Gutachten zur Reform des Internationalen Privatrechts der außervertraglichen Schuldverhältnisse, 1983, S. 97, 135. 1174 de Boer, YbPIL 9 (2007) 19, 27, zur Rom II-VO.
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Zweites Kapitel: Der Tatbestand des Art. 14 Rom II-VO
grenztem Umfang möglich ist, wäre zum Schutz des Schwächeren keine Beschränkung mehr für die akzessorische Anknüpfung erforderlich. Auch Junker spricht sich gegen eine teleologische Reduktion des Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO aus, weil die Möglichkeit der akzessorischen Anknüpfung im Fall der antizipierten Rechtswahl vom europäischen Gesetzgeber gerade gewollt sei.1175 Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Regelung in Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO auf das deutsche und schweizerische Internationale Privatrecht zurückzuführen ist und es dort nicht als Widerspruch angesehen wurde, wenn eine Rechtswahl ex ante für unzulässig erklärt, gleichzeitig aber die akzessorische Anknüpfung an das Vertragsstatut vorgesehen wurde.1176 2. Teleologische Reduktion des Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO Insbesondere Kadner Graziano befürwortet grundsätzlich eine Begrenzung der akzessorischen Anknüpfung.1177 Er führt hierzu an, dass die Beschränkung der Rechtswahl auf kommerziell tätige Parteien in Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO vordergründig auf der Befürchtung des Gesetzgebers beruhe, Verbraucher und Arbeitnehmer könnten die Konsequenzen einer Rechtswahl vor einem Haftungsfall nicht hinreichend überblicken.1178 Zum Schutz des Schwächeren sei daher nur eine nachträgliche Rechtswahl statthaft. Diese gesetzlich angeordnete Restriktion dürfe dann nicht durch eine akzessorische Anknüpfung übergangen werden, weil die Gefahr, dass die Konsequenzen einer Wahl nicht hinreichend überblickt werden, noch deutlicher größer sei, wenn die Parteien allein das für ihre Vertragsverhältnisse maßgebliche Recht wählen und diese Wahl über eine akzessorische Anknüpfung auf Deliktsansprüche erstreckt werde. Aufgrund einer systematischen, am Schutzzweck des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO orientierten Auslegung sei daher eine Beschränkung der akzessorischen Anknüpfung insoweit vorzunehmen, wie auch die Rechtswahl für Deliktsansprüche nach Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO begrenzt ist. Von der teleologischen Reduktion können jedoch zwei Ausnahmen gemacht werden. So sei einerseits bei Deliktsansprüchen, die in enger Verbindung mit einem Verbrauchervertrag stehen, der die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 2 der Rom IVO erfüllt,1179 eine akzessorische Anknüpfung nicht an das gewählte Recht, sondern des Rechts des gewöhnlichen Aufenthalts des Verbrauchers 1175 Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 10; so wohl auch Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 10. 1176 So Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009) S. 1, 21. 1177 Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009) S. 1, 71 ff.; ders., rev.crit.dr.int.priv. 97 (2008) S. 445, 464 ff. 1178 Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009) S. 1, 22. 1179 Kadner bezeichnet diese als „qualifizierten Verbrauchervertrag“.
§ 6 Das Anknüpfungsmoment des Art. 14 Rom II-VO
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möglich. Für eine Anknüpfung an das gewählte Recht fehle es laut Kadner an einer offensichtlich engeren Verbindung. 1180 Die offensichtlich engere Verbindung bestehe in diesem Fall zu demjenigen Recht, dessen zwingende Vorschriften nach Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO in das gewählte Recht „hineininjiziert“1181 werden. Dadurch könne ferner vermieden werden, dass drei verschiedene Rechtsordnungen auf denselben Sachverhalt anzuwenden wären, nämlich das gewählte Recht (Art. 3, 6 Abs. 2 S. 1 Rom I-VO), das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Verbrauchers (Art. 6 Abs. 2 S. 2, Abs. 1 Rom I-VO) und das Recht, das auf das außervertragliche Schuldverhältnis anzuwenden ist (Art. 4 Rom II-VO). Andererseits sei als zweite Ausnahme eine akzessorische Anknüpfung an das gewählte Recht möglich, wenn eine Rechtsordnung angewählt werde, die dem Verbraucher näher steht, als das andernfalls anwendbare Recht, da dann der Verbraucherschutz nicht entgegenstehe.1182 3. Ermessensausübung durch den Richter In eine andere Richtung lenken Spickhoff1183 und v. Hein1184. Danach könne der genannte Wertungswiderspruch durch den „wertungsoffenen Wortlaut des Art. 4 Abs. 3 S. 2 („könnte sich … ergeben“, nicht: „ergibt sich“)“ vermieden werden. Dies wird wohl dahingehend zu verstehen sein, dass auf eine akzessorische Anknüpfung bei Vorliegen eines Verbrauchervertrages verzichtet werden sollte, wenn bei einer ausgeübten antizipierten Rechtswahl ein Wertungswiderspruch droht. Die Korrektur des Widerspruchs wäre danach Aufgabe des Richters bei seiner Ermessensausübung im Rahmen von Art 4 Abs. 3 Rom II-VO.1185 4. Günstigkeitsprinzip In Betracht käme weiterhin eine Anwendung des Günstigkeitsprinzips1186 zugunsten des Schwächeren.1187 Geht man davon aus, dass Art. 14 Abs. 1 1180 1181
Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009) S. 1, 23. Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 6 Rom I-VO Rn. 7 sowie Art. 8 Rom I-VO
Rn. 17. 1182 Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009) S. 1, 23. Beispielsweise sei belgisches Recht anwendbar, wenn ein niederländischer Verbraucher bei einem belgischen Reisebüro eine Reise nach Kenia bucht und es dort zu einem Unfall kommt. Aus dem Reisevertrag ergebe sich eine offensichtlich engere Verbindung zum belgischen Recht als zum Recht des kenianischen Unfallortes. 1183 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 1. 1184 v. Hein, RabelsZ 73 (2009), 461, 490; ders., ZEuP 2009, 1, 21. 1185 v. Hein, RabelsZ 73 (2009), 461, 490; ders., ZEuP 2009, 1, 21. 1186 Vgl. zum Günstigkeitsprinzip umfassend v. Hein, Das Günstigkeitsprinzip im IPR S. 6 ff.
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Rom II-VO den Wertungen des Art. 6 Rom I-VO und Art. 8 Rom I-VO Rechnung trägt ist zu erwägen, ob der Schutz des Schwächeren nicht systematisch daran angenähert werden sollte. Die konkrete Ausgestaltung des Verbraucher- und Arbeitnehmerschutz in Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO und Art. 8 Abs. 1 Rom I-VO wirkt auf sachrechtlicher Ebene, indem die zwingenden Verbraucherschutzvorschriften in das gewählte Sachrecht „hineininjiziert“ werden, sofern diese für den Verbraucher oder Arbeitnehmer günstiger sind.1188 Im Bereich der außervertraglichen Schuldverhältnisse existieren, wie bereits erwähnt, keine entsprechenden schützenden Vorschriften. Daher schließt Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom I-VO bereits die Möglichkeit der kollisionsrechtlichen Rechtswahl (bis zur Entstehung des Schuldverhältnisses) aus.1189 In Anlehnung an das in Art. 6 Rom I-VO und Art. 8 Rom I-VO zum Ausdruck kommende Günstigkeitsprinzip könnte dieses auch im Rahmen der akzessorischen Anknüpfung aufrechterhalten werden. Nach dem Vorbild des Art. 7 Rom II-VO wäre somit an das nach Art. 4 Abs. 3 S. 2 Rom II-VO i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Rom I-VO gewählte Recht primär anzuknüpfen und der schwächeren Partei ein zusätzliches Wahlrecht bezüglich des nach objektiver Anknüpfung ermittelten Rechts einzuräumen bzw. den Richter mit der Ermittlung des günstigeren Rechts zu beauftragen. 5. Stellungnahme Auf den ersten Blick scheint die Ablehnung einer teleologischen Reduktion im Einklang mit Lorenz und Junker vorzugswürdig. Warum sollte eine Beschränkung der akzessorischen Anknüpfung an das Vertragsstatut zum Schutz von Parteien mit schwächerer Verhandlungsposition erfolgen, wenn das Vertragsstatut für die Gewährleistung dieser Interessen Sorge trägt? Damit würde den Regelungen in Art. 6 Rom I-VO und Art. 8 Rom I-VO ein unzureichender Verbraucher- und Arbeitnehmerschutz unterstellt werden. Dass dieses Ergebnis dennoch nicht richtig sein kann, zeigt nachfolgender Fall. Ein in Deutschland wohnhafter Verbraucher kauft im Wege des Fernabsatzes einen PKW von einem schweizerischen Unternehmer. Die Parteien vereinbaren die Anwendung schweizer Rechts. Der Käufer fährt zur Abholung in die Schweiz und tritt die geplante Rückfahrt über Frankreich nach Deutschland an. Aufgrund mangelhafter Bremsen, von 1187 In diese Richtung tendieren wohl Mankowski, IPRax 2010, 389, 402; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rn. 17. 1188 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 6 Rom I-VO Rn. 30. 1189 Im Ergebnis werden die Parteien damit auf die Möglichkeit der sachrechtlichen Rechtswahl verwiesen, vgl. hierzu bereits oben S. 9 ff. Zur Frage, inwieweit eine unwirksame kollisionsrechtliche Rechtswahl in eine wirksame sachrechtliche Rechtswahl umgedeutet werden kann, vgl. unten S. 354 ff.
§ 6 Das Anknüpfungsmoment des Art. 14 Rom II-VO
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denen der Verkäufer wusste, kommt es in Frankreich zu einem Unfall. Der Käufer verlangt die Erstattung des Kaufpreises und Schmerzensgeld vor deutschen Gerichten.1190 Ein Anspruch auf Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises könnte sich im vorliegenden Fall aus §§ 357, 346 BGB i.V.m. § 312 b BGB ergeben. Zwar findet nach Art. 6 Abs. 2 S. 1 Rom I-VO i.V.m. Art. 3 Rom I-VO schweizer Recht Anwendung. Gem. Art. 6 Abs. 2 S. 2 Rom I-VO werden die zwingenden Verbraucherschutzvorschriften der Rechtsordnung des gewöhnlichen Aufenthalts des Verbrauchers, soweit sie für diesen günstiger sind als die des gewählten Rechts, in das gewählte Recht „hineininjiziert“1191. Vorausgesetzt, in der Schweiz existiert kein dem deutschen Recht in seinem Schutzniveau entsprechendes Fernabsatzrecht,1192 finden gem. Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO die deutschen1193 Verbraucherschutzvorschriften über Fernabsatzgeschäfte Anwendung. Abgesehen von etwaigen Gegenansprüchen muss der Verkäufer dem Käufer damit den Kaufpreis zurückzahlen, wenn dieser den Widerruf fristgerecht erklärt. Dabei bestimmt sich das Zustandekommen und die Wirksamkeit des (Kauf-)Vertrages gem. Art. 10 Rom I-VO nach dem Vertragsstatut, das heißt dem gewählten schweizer Recht.1194 Nur im Hinblick auf die für den Verbraucher günstigeren Verbraucherschutzvorschriften findet vorliegend deutsches Recht Anwendung.1195 Für den Anspruch auf Schmerzensgeld, kommen sowohl vertragliche als auch deliktische Ansprüche in Betracht. Für den vertraglichen Schadensersatzanspruch findet gem. Art. 6 Abs. 2 S. 1 Rom I-VO i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Rom I-VO schweizer Recht Anwendung. Der deliktische Anspruch aufgrund einer Körperverletzung unterliegt gem. Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO grundsätzlich französischem Recht, da der
1190 Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergibt sich aus Art. 16 Abs. 1 i.V.m. Art. 15 LugÜ. Auf die Frage der Annexkompetenz kommt es im Verbrauchergerichtsstand nicht an, hierzu Czernich/Tiefenthaler/G.Kodek, Europäisches Gerichtsstandsrecht, Art. 15 Rn. 2; Mankowski, in: Rauscher, EuZPR, Bd. I, vor Art. 2 Brüssel I-VO Rn. 2 ff. 1191 Vgl. Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 6 Rom I-VO Rn. 7 sowie Art. 8 Rom IVO Rn. 17. 1192 Hierzu etwa Rehbinder, RIW 1991, 97 ff. In der Schweiz wäre die Rechtswahl demgegenüber gem. Art. 120 Abs. 2 schweizer IPRG unwirksam, wenn dem Verbraucher durch die Rechtswahl sein Schutz entzogen würde, vgl. die umfassende Darstellung von Siehr, in: FS Zäch, 1999, 593 ff. 1193 Die deutschen Verbraucherschutzvorschriften beruhen im Wesentlichen auf europäischen Sekundärrecht, vgl. überblicksartig Gsell, in: Staudinger, Eckpfeiler des Zivilrechts, L Rn. 1 ff. sowie 33 ff. 1194 Dasselbe gilt gem. Art. 12 Rom I-VO für die Auslegung, die Erfüllung der Verpflichtungen, die Folgen der Nichterfüllung, das Erlöschen der Verpflichtungen sowie die Verjährung und Rechtsverluste durch Fristablauf und die Folgen der Nichtigkeit des Vertrages. 1195 Im Allgemeinen so auch Junker, in: MünchKomm, Art. 6 Rom I-VO Rn. 43.
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Schadenseintrittsort in Frankreich liegt.1196 Eine vertragsakzessorische Anknüpfung nach Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO würde demgegenüber bei schlichter Gesetzesanwendung zum schweizer Recht führen. Hierin liegt der Ausgangspunkt der Diskussion. Nach Ansicht Kadner Grazianos handelt es sich vorliegend um einen „qualifizierten Verbrauchervertrag“,1197 sodass eine akzessorische Anknüpfung ausnahmsweise zulässig sei. Diese richte sich jedoch nicht nach dem gewählten schweizer Recht, sondern nach deutschem Recht, weil der gewöhnliche Aufenthalt des Verbrauchers nach Art. 6 Abs. 2 S. 2 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 Rom I-VO die offensichtlich engere Verbindung des Delikts zu dem Kaufvertrag begründe. Demgegenüber wäre nach Lorenz, Junker und de Boer schweizer Recht auf den deliktischen Anspruch infolge der uneingeschränkt möglichen Anwendung des Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO anzuwenden. Spickhoff käme dagegen wohl zur Anwendung französischen Deliktsrechts. Unter Zugrundelegung des Günstigkeitsprinzips käme es darauf an, welches Recht im konkreten Fall den Verbraucher besser stellen würde. Alle Ergebnisse sind nicht unangemessen. Die Beschränkung der vorherigen Rechtswahl nach Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO auf kommerziell tätige Parteien verdeutlicht, dass der europäische Gesetzgeber auch im außervertraglichen Bereich den Schutz „schwächerer Parteien“ bezweckt.1198 Dies gilt aber nur, soweit die Rechtswahlvereinbarung im Sinne von Art. 3 Rom I-VO zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher getroffen wird. Bei einem Vertragsschluss zwischen zwei Verbrauchern, für den Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO gleichsam ein entsprechendes „Verbot“ ausspricht, lässt sich ein Widerspruch nicht feststellen. Wie bereits eingangs zur Entwicklung der Rechtswahl im europäischen Sekundärrecht dargestellt wurde, bestand über die Kodifikation einer antizipierten Rechtswahlwahlmöglichkeit im Bereich der außervertraglichen Schuldverhältnisse Streit.1199 Im Vordergrund der Diskussion stand dabei die Frage, ob der Etablierung eines solches Wahlrechts die 1196 Aufgrund des in Frankreich geltenden non-cumul-Prinzip wäre ein deliktischer Anspruch schon aufgrund des Bestehens eines vertraglichen Anspruchs ausgeschlossen, vgl. hierzu aus dem deutschsprachigen Schrifttum Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung S. 621; Sonnenberger/Autexier, Einführung in das französische Recht S. 122; Hübner/Constantinesco, Einführung in das französische Recht S. 777 ff. m.w.N. 1197 So Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009) S. 1, 23, der Verträge, die in den Anwendungsbereich des Art. 6 Rom I-VO fallen als „qualifizierte Verbraucherverträge“ bezeichnet. 1198 Diese kollisionsrechtliche Beschränkung der Rechtswahl ist auch konsequent, weil die Rechtswahlvereinbarung selbst keinen verbraucherschützenden Vorschriften zugänglich ist. Durch die Beschränkung der kollisionsrechtlichen Rechtswahl werden die Parteien auf eine sachrechtliche Rechtswahl beschränkt, sodass die zwingenden (schützenden) Vorschriften des nach objektiver Anknüpfung anzuwendenden Rechts, nicht abgewählt werden können, siehe hierzu oben S. 6 ff. 1199 Vgl. oben S. 21 ff.
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Schutzbedürftigkeit schwächerer Parteien entgegenstünde. Hervorzuheben ist dabei, was schnell übersehen werden kann,1200 dass die Schutzbedürftigkeit im Rahmen von Verhandlungspositionen in Rede steht und nicht die Rechtsklarheit bezüglich des anzuwendenden Rechts.1201 An letzterer Position, die sicherlich gleichsam durch den Gesetzgeber gewährleistet werden muss, sind beide Parteien gleichermaßen interessiert. Vor diesem Hintergrund kann Kadner Graziano nicht zugestimmt werden, wenn er davon ausgeht, dass durch die akzessorische Anknüpfung das anwendbare Recht intransparent wird und deshalb die Arbeitnehmer und Verbraucher die Konsequenzen einer Rechtswahl vor dem Haftungsfall nicht hinreichend überblicken können.1202 Maßgeblich ist, wie der Verbraucher bzw. Arbeitnehmer davor geschützt werden kann, dass der Unternehmer seine übergeordnete Verhandlungs- und Machtposition zu ihren Lasten ausübt, indem er auf ihre Zustimmung zur Wahl einer für ihn günstigeren Rechtsordnung hinwirkt.1203 Dementsprechend wird man in Anbetracht des Schutzzwecks des Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO eine akzessorische Anknüpfung bei einer vorherigen Rechtswahlvereinbarung zwischen zwei Verbrauchern für zulässig erachten können.1204 Der Widerspruch tritt folglich nur bei einer Rechtswahlvereinbarung zwischen einem Unternehmer und Verbraucher auf. Die in der Literatur vertretenen Lösungsmöglichkeiten des beschriebenen Sachverhaltes haben gezeigt, dass die Rom I-VO anhand des Günstigkeitsprinzips nur vereinzelte Vorschriften zum Schutz des Verbrauchers zur Anwendung kommen lässt. Diese Regelungen in Art. 6 Abs. 2 Rom IVO bzw. Art. 8 Abs. 1 Rom I-VO dürfen jedoch nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass im Grundsatz gleichwohl das gewählte Recht angewendet wird.1205 Wenn also Lorenz oder de Boer davon ausgehen, dass bereits das Vertragsrecht der Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers Rechnung trägt und durch die akzessorische Anknüpfung das Ergebnis dieser Schutzmechanismen auf das außervertragliche Schuldverhältnis übertragen 1200 1201
Dies trifft insbesondere auf Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009) S. 1, 23 zu. de Boer, YbPIL 9 (2007) 18, 27; Maultzsch, RabelsZ 75 (2011) S. 60, 75; Calliess, Grenzüberschreitende Verbraucherverträge S. 92 f.; Hohloch, in: Erman, Art. 29 EGBGB Rn. 1; Ragno, in: Rome I-Regulation S. 129 ff.; Rühl, in: Conflict of Laws in a Globalized World S. 153, 167. 1202 In diesem Fall hätte der europäische Gesetzgeber auch von der konkreten Ausgestaltung der Regelungen in Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO und Art. 8 Abs. 1 Rom I-VO absehen müssen und die Möglichkeit der Rechtswahl insgesamt stärker beschränken müssen, etwa auf das Heimatrecht des Verbrauchers, was dann auch im Einklang mit den Regelungen zum Verbrauchergerichtsstand stünde, vgl. Art. 15 f. EuGVO. 1203 Der Intellekt des Einzelnen sollte nicht pauschaliert als „Schwächeposition“ eines Verbrauchers oder Arbeitnehmers deklariert werden. 1204 Dann ist auch der Anwendungsbereich des Art. 6 Rom I-VO nicht eröffnet. 1205 Limbach, in: jurisPK-BGB, Art. 6 Rom I-VO Rn. 56.
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wird, so ist dies unrichtig.1206 Im Rahmen von Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO bzw. Art. 8 Abs. 1 Rom I-VO wird das günstigere Verbraucherschutzrecht in das gewählte (Vertrags-) Recht hineininjiziert.1207 Die damit anzuwendenden günstigeren Verbrauchschutzvorschriften haben jedoch im außervertraglichen Bereich regelmäßig kein Gewicht und sind daher auch nicht dazu in der Lage, die Verhandlungsposition des Verbrauchers oder des Arbeitnehmers in diesem Bereich zu stärken.1208 In der Rom II-VO fehlt zudem eine den Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO bzw. Art. 8 Abs. 1 Rom I-VO entsprechende (Schutz-)Vorschrift.1209 Aufgeworfen ist demnach die Frage, ob und auf welche Weise diese Lücke zu schließen ist. Wenn der Gesetzgeber in der Rom I-VO den Verbraucher und Arbeitnehmer sowohl für die vorherige als auch die nachträgliche Rechtswahl durch Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO und Art. 8 Abs. 1 Rom I-VO schützt, sowie in der Rom II-VO gleichsam ein Schutz vor der verhandlungsstärkeren Partei von Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO bezweckt wird und der Schutz des Art. 6 Abs. 2 und Art. 8 Abs. 1 Rom I-VO nicht auf die Rom II-VO ausstrahlt, müsste in der Folge grundsätzlich eine Beschränkung der akzessorischen Anknüpfung erfolgen. Fraglich ist aber, ob nicht der europäische Gesetzgeber den Zwecken des Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO Vorrang gegenüber dem Schutz der schwächeren Parteien einräumen wollte. Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO verfolgt vordergründig das Ziel, dass Ansprüche aus vertraglichen und außervertraglichen Schuldverhältnissen nach demselben Recht beurteilt werden.1210 Dafür spricht, dass der Gesetzgeber in Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO und Art. 8 Abs. 1 Rom I-VO eine verbraucher- bzw. arbeitnehmerschützende Regelung getroffen hat, die sowohl für die vorherige als auch die nachträgliche Rechtswahl Wirkung entfaltet aber im Gegenzug die nachträgliche Rechtswahl nach Art. 14 Abs. 1 lit. a Rom II-VO uneingeschränkt zulässt und nur 1206 Lorenz formulierte diese Aussage im Jahr 1983 freilich allgemein und nicht bezugnehmend auf die Regelungen der Rom I-und Rom II-VO. 1207 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 6 Rom I-VO Rn. 7; ders., in: Bamberger/Roth, Art. 8 Rom I-VO Rn. 17. 1208 So dürfen bei der Anwendung des Sachrechts jene Verbraucherschutzrechte lediglich nicht unterlaufen werden. 1209 Für außervertragliche Schuldverhältnisse existiert einzig in Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO eine schützende Vorschrift. Diese findet jedoch nur bei Abschluss einer Rechtswahlvereinbarung für das außervertragliche Schuldverhältnis Anwendung. Eine entsprechende Begrenzung müsste sich dementsprechend in Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO befinden. 1210 So wäre es nicht nur im Interesse der Prozessökonomie durchaus fragwürdig, wenn die Parteien die Wahl dänischen Rechts vereinbart hätten, um haftungsrechtliche Höchstgrenzen für materielle und immaterielle Schadensersatzansprüche zur Anwendung kommen zu lassen und sich diese Grenzen nicht auf den außervertraglichen Anspruch erstrecken würden, vgl. zu den Höchstgrenzen von Schadensersatzansprüchen im dänischen Recht etwa Jorgensen, VersR 1970, 193.
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die vorherige Rechtswahl beschränkt. Auch wenn die Entstehung eines außervertraglichen Schuldverhältnisses im Gegensatz zum vertraglichen Schuldverhältnis in der Regel nicht vorhersehbar ist, lässt sich hier ein innerer Widerspruch der Verordnungen feststellen. Gegen eine teleologische Reduktion des Art. 4 Abs. 2 Rom II-VO bei jedweder Verbraucher- oder Arbeitnehmerbeteiligung spricht insbesondere auch, dass die Rom I-VO den Verbraucher und Arbeitnehmer nur im (engen) Anwendungsbereich der Art. 6 Rom I-VO und Art. 8 Rom I-VO schützt. Außerhalb dessen sieht die Rom I-VO im Hinblick auf die Rechtswahl bis auf den ordre public keinen Schutz der schwächeren Parteien vor, obwohl der Verhandlungsstärke des Einzelnen im Internationalen Vertragsrecht weitaus mehr Einfluss zuzuschreiben ist, als für den Bereich der außervertraglichen Schuldverhältnisse.1211 Kollisionsrechtlich gilt der Schwächere daher nur in diesen gesondert normierten Situationen als schutzwürdig. Vor diesem Hintergrund ist der mit Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO beschränkte Schutz auf die in Art. 6 Rom I-VO und 8 Rom I-VO umschriebenen Situationen zu beschränken. Dieser sollte dann auch nicht durch eine akzessorische Anknüpfung ausgehebelt werden können. Dafür spricht schließlich auch der Gedanke des Verkehrsschutzes. So ergibt sich aus der Systematik der Rom IVO, dass im Anwendungsbereich der Art. 6 Rom I-VO und Art. 8 Rom IVO das Vertrauen des Unternehmers bezüglich der kollisionsrechtlichen Wirkung der Rechtswahl für weniger schutzwürdig angesehen wird, als die Interessen des Verbrauchers oder Arbeitnehmers. Außerhalb ihres Anwendungsbereichs erlangt demgegenüber der Verkehrsschutz höheres Gewicht als der Schutz des Einzelnen. Sieht man also Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom IIVO als Ausprägung des Verbraucher- und Arbeitnehmerschutzes im außervertraglichen Bereich und geht man davon aus, dass der deliktische Schutz nur so weit reicht, wie auch der Schwächere im vertraglichen Bereich geschützt würde,1212 so besteht der festgestellte Widerspruch schon nur insoweit, wie auch der Anwendungsbereich des Art. 6 Rom I-VO und Art. 8 Rom I-VO reicht. Insofern kann der Ansicht Kadner Grazianos nicht gefolgt werden, wenn er die akzessorische Anknüpfung an das nach Art. 3 Rom I-VO gewählte Recht auch außerhalb des Anwendungsbereichs der Art. 6 Rom I-VO und Art. 8 Rom I-VO ausschließen möchte.1213
1211 Dies ist schon denklogisch zwingend, da außervertragliche Schuldverhältnisse im Gegensatz zum vertraglichen Schuldverhältnis auf Gesetz und nicht auf Parteivereinbarung beruhen. 1212 Ebenso im Ergebnis Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rn. 14. 1213 Kadner Graziano bevorzugt wohl eine Beschränkung der akzessorischen Anknüpfung bei jeder Verbraucher- oder Arbeitnehmerbeteiligung, da er Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO sehr weit auslegt, vgl. Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009) S. 1, 23.
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Zweites Kapitel: Der Tatbestand des Art. 14 Rom II-VO
Zur Auflösung des beschriebenen Widerspruchs ist zu erwägen, dessen Korrektur in das Ermessen des Gerichts zu stellen.1214 Dagegen spricht allerdings die damit einhergehende Rechtsunsicherheit und -unklarheit. Zwar wohnt der akzessorischen Anknüpfung per se ein gewisses Maß an Rechtsunsicherheit inne, weil es im bestimmten Umfang1215 in der Macht des Richters liegt, davon Gebrauch zu machen.1216 Diese sollte dann aber nicht zusätzlich verstärkt werden, indem Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO als Einfallstor von Werteentscheidungen gebraucht wird, die abseits von der Feststellung der engsten Verbindung stehen. Ferner käme in Betracht, die Lösung in der objektiven Anknüpfung der Rom II-VO zu erblicken und das Recht anzuwenden, das ohne die akzessorische Anknüpfung zur Anwendung käme. Dafür spricht insbesondere, dass die Rom II-VO in der objektiven Anknüpfung selbst eine Lösungsmöglichkeit bereithält, die als Korrektur des Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO geeignet wäre. Im vorliegenden Fall wäre demnach französisches Recht anzuwenden. Für die Aufrechterhaltung des Günstigkeitsprinzips aus Art. 6 Abs. 2 S. 2 Rom II-VO und Art. 8 Abs. 1 Rom IVO spricht, dass auf diese Weise ein gerechter Ausgleich zwischen den Verkehrsinteressen und der Schutzbedürftigkeit des Schwächeren hergestellt werden würde. Dem Zweck des Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO, die vertragliche und außervertragliche Ansprüche nach demselben Recht zu beurteilen würde gleichsam Rechnung getragen und durch die grundsätzliche Anwendung nur einer Rechtsordnung auch der Prozessökonomie gerecht werden. Darüber hinaus wäre das anwendbare Recht weitgehend vorhersehbar, sodass auch, sofern keine Gerichtsstandsvereinbarung getroffen wird, sich die Wahl des Gerichtsortes u.a. auch am anwendbaren Recht orientieren kann. Auch wenn vor diesem Hintergrund das Ergebnis dieser Lösung am angemessensten scheint, spricht gegen sie doch, dass sie keine Stütze in der Verordnung findet. So existiert für die Ausübung des Wahlrechts im Rahmen von Art. 7 Rom II-VO in Art. 46a EGBGB eine (umstrittene)1217 Ausführungsbestimmung, die in der vorliegenden Situation fehlen würde. Von einer analogen Anwendung des Art. 46a EGBGB sollte abgesehen werden, weil die Vorschrift auf mitgliedstaatlichem Ermessen beruht und damit eine einheitliche Auslegung der Verordnung nicht gewährleistet 1214 1215
So im Ergebnis wohl Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 1. Unter welchen Voraussetzungen eine Abweichung von der Regelanknüpfung möglich sein sollte, war im Gesetzgebungsverfahren streitig. Insbesondere das Europäische Parlament sprach sich für eine Ausweitung der Ausweichklauseln nach amerikanischen Vorbild aus, so auch Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 4 Rom II-VO Rn. 23 unter Verweis auf Sieghörtner, Internationales Verkehrsunfallrecht S. 38 ff. 1216 Junker, in: MünchKomm, Art. 4 Rn. 46 ff.; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 4 Rn. 22 f.; zum deutschen Internationalen Privatrecht Hohloch, NZV 1988, 161, 163; v. Hoffmann, in: Staudinger, Art. 41 EGBGB Rn. 8 f. 1217 Vgl. hierzu Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 46a EGBGB Rn. 4 f. m.w.N.
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wäre. Überzeugender erscheint es insgesamt gesehen, die Lösung in Art. 6 Abs. 1 Rom I-VO zu suchen und an das Recht des Staates anzuknüpfen, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Der Lösungsvorschlag, den Kadner Graziano als Ausnahme deklariert, sollte demnach den Grundsatz darstellen. Dafür spricht nicht nur die Feststellung, dass die Rom II-VO bis auf Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO keine schützenden Vorschriften der schwächeren Parteien enthält, die zur Auflösung des Widerspruchs geeignet wären, sondern auch, dass das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Verbrauchers bei einer unwirksamen Rechtswahl zur Anwendung kommt und sich hiernach dann auch die akzessorische Anknüpfung richten würde. Auf diese Weise würde demgemäß dasselbe Schutzniveau, das Art. 6 Rom II-VO gewährleisten will und dem Art. 14 Rom I-VO Rechnung tragen will, auf die Rom II-VO übertragen. Dagegen lässt sich zwar einerseits anführen, dass auf diese Weise möglicherweise zwei verschiedene Rechtsordnungen zur Anwendung gebracht werden würden, was der Prozessökonomie zuwiderläuft. Andererseits bleibt es den Parteien hierdurch unbenommen, das anwendbare Recht nach Entstehung des außervertraglichen Schuldverhältnisses zu wählen. Ein großer Vorteil dieser Anknüpfung kann zudem darin erblickt werden, dass eine gewisse Parallele zum Verbrauchergerichtsstand nach Art. 15 ff EuGVO geschaffen würde, wonach Klagen gegen den Verbraucher nur am Recht seines gewöhnlichen Aufenthaltes zulässig sind, sodass in diesem Fall im Hinblick auf das außervertragliche Schuldverhältnis und die zwingenden (verbraucher-/arbeitnehmerschützenden) Vorschriften des Internationalen Vertragsrechts das Heimatrecht des Richters zur Anwendung käme, was unter prozessökonomischen Gesichtspunkten zu begrüßen ist. Auch die rechtsaktübergreifende Auslegung1218 spricht daher für einen Rückgriff auf Art. 6 Rom I-VO zur Korrektur der akzessorischen Anknüpfung. Im vorliegenden Beispielsfall wäre demnach deutsches Deliktsrecht sowie die deutschen verbraucherschützenden Vorschriften des Fernabsatzrechts durch die deutschen Gerichte anzuwenden. C. Gegenstand der kollisionsrechtlichen Rechtswahl Zu den essentialia negotii einer Rechtswahlvereinbarung zählen neben der Bezeichnung der Parteien die anzuwendende Rechtsordnung und das Rechtsverhältnis auf das sich die Rechtswahlvereinbarung bezieht bzw. die Bezeichnung der konkreten tatsächlichen Beziehungen der Parteien, aus denen ein etwaiges außervertragliches Schuldverhältnis möglicherweise künftig resultiert. Von besonderer Bedeutung ist demnach die präzise Be1218 Hierzu siehe oben S. 43 ff.; so ausdrücklich Heinze, in: FS Kropholler, 2008, S. 105, 110 f.
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stimmung des anwendbaren Rechts durch die Parteien. Damit sind die Fragen verbunden, ob das gewählte Recht in Kraft sein muss, inwieweit die Wahl des Rechts eines Drittstaates zulässig ist und ob die Wahl nichtstaatlicher Regelungswerke zulässig ist.1219 Ferner stellt sich in jenem Zusammenhang die Frage, welche Gestaltungsmöglichkeiten den Parteien im Hinblick auf ihre Rechtswahlvereinbarung zukommen, d.h. ob sie eine Teilrechtswahl treffen können oder eine einmal getroffene Vereinbarung beliebig ändern und aufheben können. Jene Fragen wurden in Bezug auf das außervertragliche Schuldrecht bislang nur spärlich behandelt. Unter Zugrundelegung einer ergebnisorientierten Betrachtung wird sich dies im Hinblick auf die Wählbarkeit drittstaatlichen Rechts auch im Rahmen der Rom II-VO fortsetzen. Jene Rechtswahlmöglichkeit ist nach Art. 3, 14 Abs. 3 Rom II-VO unzweifelhaft zulässig.1220 Im Übrigen erfolgte die Erörterung dieser Problemkreise zumeist innerhalb des Internationalen Vertragsrechts, was vor dem Hintergrund, dass eine antizipierte Rechtswahlmöglichkeit für außervertragliche Schuldverhältnisse dem mitgliedstaatlichen Kollisionsrecht weitgehend unbekannt war, nicht überraschend ist.1221 Ferner kommt der Rechtswahl im vertraglichen Schuldrecht naturgemäß größere Bedeutung zu, zumal im Handelsverkehr häufig von der lex mercatoria oder den UNIDROIT-Prinzipien1222 Gebrauch gemacht wird.1223 Doch mehren sich auch im außervertraglichen Schuldrecht die Zugriffsmöglichkeiten auf nicht-staatliche Regelungswerke wie etwa die Principles of European Tort Law1224 der European Group on Tort Law oder der bereits er-
1219 Rühl, Statut und Effizienz S. 622; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 47 ff.; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 99 ff.; ders., in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 28; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 40 ff. 1220 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 36; dasselbe gilt für die Rom I-VO, siehe hierzu v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom IVO Rn. 47; a.A. W. Lorenz IPRax 1987, 269, 271; v. Bar, IPR, Bd. 2 Rn 417; Kegel/Schurig, IPR, S. 663; Kindler RIW 1987, 660, 661. 1221 Vgl. oben S. 15 ff. Die Rom I-VO und Rom II-VO legen nicht nur im Hinblick auf Erwägungsgrund 7 der Rom II-VO unzweifelhaft denselben Begriff des Rechts in Art. 14 Abs. 1 Rom II-VO und Art. 3 Abs. 1 Rom I-VO zugrunde. 1222 Internationales Institut für die Vereinheitlichung des Privatrechts, Grundregeln der Internationalen Handelsverträge (UNIDROIT-Prinzipien), Rom 1994, abrufbar unter , Stand: 22.03.2012.; deutsche Fassung der UNIDROIT-Prinzipien abgedruckt bei Bonell, An International Restatement of Contract Law, S. 489-542; Stand 2004. 1223 Spickhoff, RabelsZ 56 (1992), 116, 120 f. 1224 European Group on Tort Law, Principles of European Tort Law, 2005; zu weiteren Rechtsakten und Gesetzesvorschlägen der European Group on Tort Law, siehe .
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wähnte Draft Common Frame of Reference (DCFR)1225, der in den Büchern V-VII das außervertragliche Schuldrecht zum Regelungsgegenstand hat.1226 Denkbar ist auch die Wahl einer religiösen Rechtsordnung, soweit sie Regelungen zum außervertraglichen Schuldrecht enthält und im Einzelfall nicht, wie etwa die Scharia, zugleich als staatliches Recht ausgestaltet ist.1227 Ferner kann die Vornahme einer (Teil-)Rechtswahl zugunsten von Sportbestimmungen, die sportliches Verhalten und Wettkampfvoraussetzungen näher definieren und Rechtsfolgen im Falle des Verstoßes aussprechen, geboten sein.1228 Fraglich ist, ob jene privaten Regelungswerke einer kollisionsrechtlichen Rechtswahl zugänglich sind. I. „Recht“ im Sinne von Art. 14 Rom II-VO (Art. 3 Rom I-VO) Insbesondere im internationalen Handelsverkehr ist das Interesse an einem einheitlichen Sachrecht, das eine neutrale und gerecht ausgestaltete Grundlage für getätigte Geschäfte bietet, nach wie vor1229 unbestreitbar.1230 Privatkodifikationen – in der Regel für einen speziellen Teilbereich – erfreuen sich jener Beliebtheit, weil grenzüberschreitende einheitliche staatliche Regelungen nicht oder nur unzureichend existieren.1231 Insbesondere im internationalen Handelsverkehr könnten Handelshemmnisse durch einheitliche sachrechtliche Regelungen beseitigt werden.1232 Zu den Vorteilen der Wahl eines entsprechenden privaten Regelungswerkes zählen im außerver1225 Abrufbar unter , Stand 09.12.2011; zur Rechtsnatur des DCFR siehe unten S. 311 f. 1226 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 36; Leible, RIW 2008,3 257, 261; Rühl, Statut und Effizienz S. 622 f.; Bach, in: Huber, The Rome II Regulation, Art 14. Rom II-VO Rn. 9; Sujecki, EWS 2009, 310, 314; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 10; ders., in: The Rome II Regulation, S. 113, 119. 1227 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 11; Bälz, IPRax 2005, 44 f.; Plender/Wilderspin, The European Private International Law of Obligations Rn. 29-015; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 60; Bälz, IPRax 2005, 44, 45; Mankowski, IHR 2008, 133, 136; Briggs, Agreements on Jurisdiction and Choice of Law Rn. 10.07 ff.; Dicey/Morris/Collins, Conflict of Laws, Vol. 2, Rn. 32-081. 1228 Hierzu Röthel, JZ 2007, 755, 757 f.; zum „Cyber Law“ Pfeiffer, JuS 2004, 282 ff. 1229 Thorn, in: FS Schmidt, 2009, 1561, 1569; zur Geschichte der lex mercatoria Spickhoff, RabelsZ 56 (1992), 116, 118 f.; Schmitthoff, RabelsZ 28 (1964), 47, 49; Weise, Lex mercatoria, S. 8 ff.; W. Lorenz, in: FS Neumayer, 1985, 407 ff. 1230 Vischer, in: FS Schlechtriem, 2003, S. 445, 447; Mankowski, RIW 2003, 2, 11 ff.; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 9 ff.; Thorn, in: FS Schmidt, 2009, 1561, 1569 f. für die Schaffung eines Sonderkollisionsrechts für Unternehmer zugunsten der Anwendung nicht-staatlichen Rechts. 1231 Spickhoff, RabelsZ 56 (1992), 116, 118 f. 1232 Thorn, in: FS Schmidt, 2009, 1561, 1569; Leible, ZVglRWiss 97 (1998), 286, 309; Kropholler, Internationales Einheitsrecht, S. 10; Weimer, Grundfragen grenzüberschreitender Rechtsetzung S. 97.
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traglichen Schuldrecht insbesondere die Prognostizierbarkeit von Haftungsrisiken, die beispielsweise Auswirkungen auf die Höhe von etwaigen Versicherungssummen haben können. Die Schaffung einheitlicher staatlicher Regelungen kann indes auch rechtspolitisch sinnvoll sein. Schließlich treten im außervertraglichen Schuldrecht zu dem allgemeinen Rechtsgüterschutz heute modernere Phänomene wie der Verbraucher- und Arbeitnehmerschutz hinzu, die über ein einheitliches Sachrecht freilich viel effektiver realisiert werden können und auf die sich der Rechtsverkehr aufgrund der damit einhergehenden größeren Rechtsklarheit gleichsam einfacher ausrichten kann. Ferner ermöglichen private (Teil-)Kodifikationen spezieller Rechtsmaterien die Wahl eines neutralen Rechts. Dies spricht allerdings nicht allein für die kollisionsrechtliche Wählbarkeit nicht-staatlicher Regelungswerke, sondern auch für die Schaffung eines europäischen Zivilgesetzbuches als Alternativlösung. Die bislang fehlenden staatlichen Regelungen und das damit einhergehende Bedürfnis nach der kollisionsrechtlichen Wählbarkeit eines nicht-staatlichen Rechts haben auch ihre Schattenseiten.1233 Im Wesentlichen sprechen gegen die Wählbarkeit nicht-staatlichen Rechts neben der fehlenden Bestimmtheit, Publizität und demokratischen Legitimation, dass gravierende Qualitätsunterschiede zwischen den privat ausgearbeiteten Regelungswerken entsprechende Differenzierungen im Hinblick auf ihre kollisionsrechtliche Wählbarkeit erforderlich machen würden.1234 Es widerspricht allerdings international privatrechtlichen Grundgedanken, die Anwendbarkeit eines Regelungswerkes von dessen Qualität abhängig zu machen.1235 Wie bereits erwähnt handelt es sich darüber hinaus bei den nicht-staatlichen Regelungswerken zumeist nicht um eine einheitliche Rechtsordnung, sondern nur um fragmentarische Regelungen, die einen speziellen Teil eines Rechtsgebietes einheitlich gestalten sollen.1236 Mithin müsste eine Teilrechtswahl erfolgen.1237 Ein solcher law mix, der nicht nur die zwingenden Vorschriften, sondern gleichsam 1233 Vgl. umfassend zu den Vor- und Nachteilen der Wählbarkeit nicht-staatlichen Rechts W.H. Roth, in: FS Jayme, Bd. 1, 2004, S. 757, 763 ff.; Mankowski, RIW 2003, 2, 7 ff.; ders., in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 94 ff., 97. 1234 v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 52. Hierzu sogleich unten. 1235 Kropholler, IPR, S. 18; näher v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3Rom IVO Rn. 52. Nach dem savigny‘schen kollisionsrechtlichen Prinzipien ist einheimisches und fremdes Recht mit Ausnahme der Eingriffsnormen grundsätzlich gleichgestellt, d.h. eine Differenzierung zwischen anwendbaren Rechten findet nicht statt. 1236 Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 94 ff. Röthel, JZ 2007, 755 ff.; man denke etwa an die Haager Regelungen zu Straßenverkehrsunfällen, die heute freilich z.T. als völkerrechtlicher Vertrag ausgestaltet sind, vgl. hierzu bereits oben S. 84 ff. 1237 Vgl. zu den Voraussetzungen für die Vornahme einer Teilrechtswahl unten S. 321 ff.
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dispositive Vorschriften einer Rechtsordnung weiterhin zur Anwendung kommen lässt, bringt allerdings große Rechtsunsicherheit mit sich.1238 Privat entworfene Vorschriften, die potentiell international oder zumindest in Europa Anwendung finden sollen, sind in der Regel ferner auf die Gesetzesdogmatik und rechtliche Wertungen einer staatlichen Rechtsordnung nicht zugeschnitten. Sie können vor diesem Hintergrund keine umfassende Vertragsgerechtigkeit gewährleisten.1239 Ferner weist v. Hein zu Recht darauf hin, dass sich eine Rechtsordnung nicht nur durch die Kodifikation von Normtexten auszeichnet, sondern auch durch das Vorhandensein der „zur Normanwendung und Normdurchsetzung notwendigen institutionellen Vorkehrungen“1240.1241 Nicht-staatliches Recht enthält aufgrund seiner fehlenden demokratischen Legitimation keine zwingenden Vorschriften, sodass es auch keine innerstaatlich zwingenden Vorschriften ersetzen kann.1242 Es handelt sich folglich nicht um eine gleichwertige Rechtsordnung und stellt in rechtstechnischer Hinsicht mithin keine Rechtsgeltungsquelle1243 dar.1244 Zudem kann sich die Ermittlung nicht-staatlichen Rechts als schwierig erweisen, wenn das gewählte Recht weitgehend unbekannt geblieben ist, was häufig der Fall ist, da für die Veröffentlichung des Normtextes keine einheitlichen Anforderungen an den privaten Normgeber existieren, die beispielsweise mit einer Verkündung im Bundesgesetzblatt vergleichbar sind.1245 Das Interesse der Parteien an der Wählbarkeit nicht staatlichen Rechts einerseits und der Bewältigung der damit im Streitfall einhergehenden praktischen Schwierigkeiten bei der Rechtsanwendung andererseits sind bei der Beurteilung der Frage, ob staatliches Recht wählbar ist sowie welche staatlichen Rechtsakte zum Recht im Sinne von Art. 14 Rom II-VO (bzw. Art. 3 Rom I-VO) zählen, zu berücksichtigen. 1238 1239
W.H. Roth, in: FS Jayme, Bd. 1, 2004, S. 757, 763. v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 53; Martiny, ZEuP 2008, 79, 88 a.A. Thorn, in: FS Schmidt, 2009, 1561, 1569 f. 1240 v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 50. 1241 Goode, JT 11 (1999-2000), 253, 256; Lagarde, Études offertes à Berthold Goldman, S. 125, 134 f.; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 50. 1242 Sonnenberger, in: FS Kropholler, 2008, S. 227, 234 f. 1243 Vgl. zu diesem Begriff sogleich die Ausführungen unten. Für den staatlichen Richter ist die Anwendung nicht-staatlichen Rechts darüber hinaus wesensfremd, W.H. Roth, in: FS Jayme, Bd. 1, 2004, S. 757, 763 f. 1244 Die Vergleichbarkeit der nationalen staatlichen sachrechtlichen Gesetze mit dem gewählten Recht ist für die Wirksamkeit der Rechtswahl obligatorisch, vgl. zum Begriff des Rechts im Sinne von Art. 14 Rom II-VO/Art. 3 Rom I-VO unten S. 299 ff. 1245 Lagarde, in: Europäisches Gemeinschaftsrecht und IPR, 2007, S. 13, 18. Um die Wählbarkeit nicht-staatlichen Rechts zu gewährleisten wäre beispielsweise die Etablierung einer europäischen oder internationalen Sammelstelle für private Regelungswerke denkbar, in die nur qualitativ hochwertige Arbeiten aufgenommen werden, für dessen Beurteilung ein europäischer oder internationaler Sachverständigenrat zuständig wäre.
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1. Wählbarkeit nicht-staatlichen Rechts Wie gesehen wurde war vor Inkrafttreten der Rom I-VO und Rom II-VO streitig, ob den Gegenstand der kollisionsrechtlichen Rechtswahl das Recht eines Staates bilden muss.1246 In den Arbeiten zur Rom I-VO hat die Kommission im Jahr 2005 einen Vorschlag eingereicht, nach dem „die Parteien […] als anzuwendendes Recht auch auf internationaler oder Gemeinschaftsebene anerkannte Grundsätze und Regeln des materiellen Vertragsrechts wählen [können].“1247 Jener Vorschlag konnte sich im Ergebnis nicht durchsetzen, weil eine qualitative Grenzziehung zwischen den privaten Regelungswerken kaum möglich erschien und zu großer Rechtsunsicherheit im Hinblick auf die Wirksamkeit der Rechtswahl geführt hätte.1248 Nach heutiger allgemeiner Ansicht findet sich weder in der Rom I-VO noch in der Rom II-VO eine Stütze für die Zulässigkeit der Wahl eines nicht-staatlichen Regelungswerkes. Die Frage, ob auch nicht-staatliches Recht einer kollisionsrechtlichen Rechtswahl zugänglich ist, wurde mittlerweile ausdiskutiert.1249 Die Art. 1 Abs. 1, 3, 14 Abs. 2 und 3, 24, 25 Rom 1246 Siehe zum Beispiel Canaris, in: Europäische Vertragsrechtsvereinheitlichung, 2000, S. 6, 19; Michaels, RabelsZ 62 (1998), 580, 596; Grundmann, in: FS Rolland, 1999, S. 145, 150 f.; ders., in: FS Buxbaum, 2000, S. 213, 216; Schilf, Allgemeine Vertragsgrundregeln als Vertragsstatut, S. 361 ff.; Vischer, in: FS Schlechtriem, 2003, S. 445, 451 f.; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 29; Leible, in: AnwK-BGB, Art. 27 EGBGB Rn. 30 ff.; ders., in: FS Jayme, Bd. 1, 2004, S. 485, 491; ders., ZVglRWiss 97 (1998), 286, 307 f.; Siehr, in: FS Keller, 1989, S. 485, 500 ff.; in der Schweiz Sumampouw, RabelsZ 30 (1966), 334, 345 f.; Heini, in: FS Moser, 1987, S. 67, 70; Frick, RIW 2001, 416, 417; Wichard, RabelsZ 60 (1996), 269, 282 ff. m.w.N.; Mankowski, RIW 2003, 2, 11 mit zahlreichen weiteren Nachweisen; zum ausländischen Schrifttum. Vgl. zur Problematik der Rechtswahl im Rahmen von Art. 28 Rom II-VO oben S. 84 ff. 1247 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), Kom 2005, 650 endg. v. 15.12.2005, abgedruckt in IPRax 2006, 193 ff.; Gebauer, in: Wandlungen und Erosion der Privatautonomie, 2007, S. 257, 263 f.; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 37; Pfeiffer, EuZW 2008, 622, 624; v. Hein, RabelsZ 73 (2009), 461, 490 f.; Symeonides, NIPR 2010, 191, 200 ff.; Thorn, in: FS Schmidt, 2009, 1561, 1569. 1248 v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 52 m.w.N. 1249 Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 40 ff.; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 100; ders., in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 28 ff.; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 36 f.; Schäfer, GPR 2006, 54 ff,; Schinkels, GPR 2007, 106, 107 ff.; Jud, JBl 2006, 695, 696 f.; W.H. Roth, in: FS Jayme, Bd. 1, 2004, S. 757, 772; Gebauer, Wandlungen und Erosion der Parteiautonomie, 2007, S. 257, 268; Hök, ZfBR 2008, 115 ff.; Plender/Wilderspin, The European Private International Law of Obligations Rn. 29-015; dies., Conflict of Laws, Vol. 2, Rn. 32-081 f.; Kassedjian, in: Japanease and European International Law, 2008, S. 105, 114 f.; Leible, in: Le nouveau règlement européen, 2008, S. 61, 68 f.; ders., RIW 2008, 257, 261; ders., in: Neues Internationales Vertrags-
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II-VO sprechen unabhängig von der jeweiligen Sprachfassung eine deutliche Sprache, wonach den Gegenstand der Rechtswahl die Rechtsnormen eines Staates bilden müssen.1250 Den Parteien bleibt es unbenommen, eine vertragliche Regelung über die Anwendung außerstaatlichen Rechts mit der Wirkung einer materiell-rechtlichen Verweisung zu treffen.1251 Zwingende Vorschriften der objektiv anwendbaren Rechtsordnung blieben dann zwar weiterhin anwendbar. Wollen die Parteien unter allen Umständen ihre Rechtsverhältnisse durch die Anwendung nicht-staatlichen Rechts gestalten, erlangen sie diese Möglichkeit durch die Aufnahme einer Schiedsklausel in den Vertrag.1252 Schließlich ist für die Durchführung von Schiedsverfahren die Möglichkeit der uneingeschränkten Wahl nicht staatlicher Regelungswerke anerkannt.1253
recht, 2007, S. 41, 46 ff.; ders., Rom I und Rom II: Neue Perspektiven im Europäischen Kollisionsrecht, S. 34 ff.; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 14 f.; Bach, in: Huber, The Rome II-Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 9; Wurmnest, in: jurisPKBGB, Art. 14 Rom-II Rn. 5; Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 86 ff.; Lagarde, in: Reichelt, Europäisches Gemeinschaftsrecht und IPR, 2007, 13, 17 f.; Thorn, in: FS Schmidt, 2009, S. 1561, 1568 ff.; ders., in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 2; Symeonides, NIPR 2010, 195, 200 ff.; Sujecki, EWS 2009, 310, 314; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 22; ders., RabelsZ 73 (2009), 461, 490 f.; Rühl, Statut und Effizienz S. 622 f.; dies., in: Conflict of Laws in a Globalized World, 2007, S. 153, 164 ff.; dies., in: FS Kropholler, 2008, S. 187, 189; wohl auch Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 10 f.; ders., in: The Rome II Regulation, S. 113, 119. 1250 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 37; Sujecki, EWS 2009, 310, 314; Rühl, in: Conflict of Laws in a Globalized World, 2007, S. 153, 164; Dicey/Morris/Collins, Conflict of Laws, Vol. 2, Rn. 32-081; Bach, in: Huber, The Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 9. 1251 Thorn, in: FS Schmidt, 2009, 1561, 1569; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 5; Vischer, in: FS Schlechtriem, 2003, S. 445; 448; Veltins, JbPraxSch 3 (1989), 126, 137. 1252 W.H. Roth, in: FS Jayme, Bd. 1, 2004, S. 757, 760; Spickhoff, RabelsZ 56 (1992), 116, 128; Leible, in: Le nouveau règlement européen, 2008, S. 61, 68 f.; ders., in: Neues Internationales Vertragsrecht, 2007, S. 41, 46 f.; Kassedjian, in: Japanease and European International Law, 2008, S. 105, 114 f.; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 41. 1253 Spickhoff, RabelsZ 56 (1992), 116, 128; Berger, DZWiR 1998, 45, 52; Labes/Lörcher, MDR 1997, 420, 424 ff.; Leible, in: Le nouveau règlement européen, 2008, S. 61, 68 f.; ders., in: Neues Internationales Vertragsrecht, 2007, S. 41, 46 f.; Kassedjian, in: Japanease and European International Law, 2008, S. 105, 114 f.; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 41; W.H. Roth, in: FS Jayme, Bd. 1, 2004, S. 757, 760; Michaels, RabelsZ 62 (1998), 580, 596; Lohmann, Parteiautonomie und UN-Kaufrecht, S. 77 ff.; Sonnenberger, in: FS Kropholler, 2008, S. 227, 235; Röthel, JZ 2007, 755, 756; Thorn, in: FS Schmidt, 2009, S. 1561, 1570; Siehr, in: FS Keller, 1989, S. 485, 500 f.; Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 98 f.; Vischer, in: FS Schlechtriem, 2003, S. 445.
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Zweites Kapitel: Der Tatbestand des Art. 14 Rom II-VO
Vor diesem Hintergrund ist auch der teilweise angeführte Einwand, der Ausschluss der Wählbarkeit nicht-staatlichen Rechts führe zu einem unzulässigen Eingriff in die Grundfreiheiten der EU und sei daher europarechtswidrig, zurückzuweisen. Begründet wurde diese Ansicht mit der größeren Rechtssicherheit, die von nicht-staatlichen Regelungswerken ausgehen könne sowie dem Erfordernis, neutrale Vorschriften wählen zu können.1254 Richtig ist, dass die Parteiautonomie u.a. von den Grundfreiheiten, insbesondere Art. 28 AEUV, gewährleistet wird, um die Sicherheit und Vorhersehbarkeit des anwendbaren Rechts sicherzustellen, die allein durch objektive Anknüpfungen nicht erreicht werden können.1255 Dies gilt auch für die Parteiautonomie hinsichtlich des auf außervertragliche Schuldverhältnisse anwendbaren Rechts.1256 Im Vordergrund der Rechtfertigung steht dabei die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs. Vor dem Hintergrund der bereits aufgezeigten Schattenseiten der Wahl nicht-staatlichen Rechts können an der Verhältnismäßigkeit indes keine ernsthaften Zweifel bestehen, da private Regelungswerke nur partiell zu größerer Rechtssicherheit führen können, wenn sie von hoher Qualität sind.1257 Gerade dieses Differenzierungskriterium führt jedoch zur Rechtsunsicherheit im Hinblick auf die Wirksamkeit der getroffenen Rechtswahlabrede. Zu berücksichtigen ist darüber hinaus, dass die Vereinbarung einer materiellrechtlichen Verweisung stets möglich ist sowie dass die Wahl eines neutralen staatlichen Rechts von Art. 14 Rom II-VO und Art. 3 Rom I-VO gleichsam gewährleistet wird.1258 Ferner können die Parteien sich freilich auch mit kollisionsrechtlicher Wirkung über das anzuwendende nichtstaatliche Regelungswerk einigen, wenn sie zugleich dazu bereit sind, etwaige Streitigkeiten außergerichtlich beizulegen. Für die Annahme einer unverhältnismäßigen Beschränkung der Grundfreiheiten müssten mithin Art. 14 Rom II-VO und Art. 3 Rom I-VO stärkere Restriktionen in der Wahlmöglichkeit staatlichen Rechts vorsehen. Die Beschränkung auf staatliches Recht erfolgt aber im Rahmen der gesetzgeberischen Einschätzungsprärogative und ist europarechtlich mithin nicht zu beanstanden.
1254
v. Wilmowsky, RabelsZ 62 (1982), 1 ff.; Lando/Nielsen, CMLR 45 (2008), 1687,
1697. 1255 1256 1257 1258
Siehe oben S. 13 ff. Zu denken ist etwa an das auf Produkthaftungsfälle anwendbare Recht. Ebenso v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 55. Canaris, in: Europäische Vertragsrechtsvereinheitlichung, 2000, S. 5, 21; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 55; Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 92; Frick, RIW 2001, 416, 417; Herber, IHR 2003, 1, 8; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 16.
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2. Wählbarkeit staatlichen Rechts Aufgrund der eindeutigen Rechtslage mag man es als Tatsache bezeichnen können, dass zwingende staatliche Vorschriften von der Wahl eines nichtstaatlichen Regelungswerkes unberührt bleiben.1259 Umgekehrt können die Parteien auf kollisionsrechtlicher Ebene nicht jedes Recht wählen, das nicht als nicht-staatliches Recht zu qualifizieren ist. Insbesondere aufgrund der zunehmenden gesetzgeberischen Tätigkeiten der EU und ihrer unterschiedlichen Handlungsformmöglichkeiten (Art. 288 AEUV) verschiebt sich die Problematik der Wählbarkeit nicht-staatlichen Rechts hin zu der Frage, welche Rechtsnatur ein Rechtsakt innehaben muss, um als Recht im Sinne von Art. 14 Rom II-VO einer Wahl zugänglich zu sein. Zu erwägen wäre hierfür im Einklang mit der Kommentarliteratur eine Differenzierung zwischen EU-Recht, Völkerrecht und nationalem Recht sowie der dort möglichen Handlungsformen vorzunehmen. Effizienter erscheint es jedoch Kriterien herauszuarbeiten, die unabhängig von der jeweiligen Rechtsebene allgemeine Verbindlichkeit haben. a. Der kollisionsrechtliche Begriff des „Rechts“ im Sinne von Art. 14 Rom II-VO Der Begriff des Rechts ist anhand europäisch autonomer Maßstäbe zu interpretieren. Zu diesem Zweck ist eine Auslegung anhand des Wortlauts, der Gesetzeshistorie, Systematik und dem Zweck der Regelung vorzuneh1259 So im Ergebnis Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 11; Althammer, JA 2008, 772, 773; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 40 ff.; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 100; ders. in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 28 ff.; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 36 f.; Schäfer, GPR 2006, 54 ff,; Sujecki, EWS 2009, 310, 314; Schinkels, GPR 2007, 106, 107 ff.; Jud, JBl 2006, 695, 696 f.; W.H. Roth, in: FS Jayme, Bd. 1, 2004, S. 757, 772; Gebauer, Wandlungen und Erosion der Parteiautonomie, 2007, S. 257, 268; Hök, ZfBR 2008, 115 ff.; Plender/Wilderspin, The European Private International Law of Obligations Rn. 29-015; dies., Conflict of Laws, Vol. 2, Rn. 32-081 f.; Bach, in: Huber, The Rome II-Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 9; Kassedjian, in: Japanease and European International Law, 2008, S. 105, 114 f.; Leible, in: Le nouveau règlement européen, 2008, S. 61, 68 f.; ders., RIW 2008,3 257, 261; ders., in: Neues Internationales Vertragsrecht, 2007, S. 41, 46 ff.; ders., Rom I und Rom II: Neue Perspektiven im Europäischen Kollisionsrecht, S. 34 ff.; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 14 f.; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom-II Rn. 5; Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 86 ff.; Lagarde, in: Reichelt, Europäisches Gemeinschaftsrecht und IPR, 2007, 13, 17 f.; Thorn, in: FS Schmidt, 2009, S. 1561, 1568 ff.; ders., in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 2; Symeonides, NIPR 2010, 195, 120; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 22; ders., RabelsZ 73 (2009), 461, 490 f.; Rühl, Statut und Effizienz S. 622 f.; dies., in: Conflict of Laws in a Globalized World, 2007, S. 153, 164 ff.; dies., in: FS Kropholler, 2008, S. 187, 189; wohl auch Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 10 f.; ders., in: The Rome II Regulation, S. 113, 119.
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men.1260 Der Wortlaut der Art. 14 Rom II-VO (und Art. 3 Rom I-VO) lässt keinen zwingenden Schluss für eine Begriffskonkretisierung zu. Im Vordergrund stehen daher eine an der Systematik, Gesetzeshistorie und am Telos orientierte Auslegung. Dem Telos kommt dabei nach der Rechtsprechung des EuGH das größte Gewicht zu.1261 Der für die Auslegung maßgebliche Zweck der Rechtswahl besteht in der Wahl des auf ein Schuldverhältnis anwendbaren Sachrechts.1262 Mit Ausübung der Rechtswahlmöglichkeit sollen die Parteien bestimmen können, welche Vorschriften auf ihr (künftiges) Rechtsverhältnis Anwendung finden. Den Parteien steht es dabei grundsätzlich frei eine gesamte Rechtsordnung oder nur abgrenzbare Teile einer Rechtsordnung zu wählen.1263 In erster Linie bezweckte der europäische Gesetzgeber dabei die Wahl einer Rechtsordnung, um dessen zivilrechtlichen Regelungen, wie sie etwa im französischen code civile oder im deutschen HGB und BGB niedergeschrieben sind, zur Anwendung zu bringen.1264 Die Stellung des Art. 14 Rom II-VO im Gesamtgefüge der Verordnung unterstreicht den Telos der subjektiven Anknüpfung. Die im Rahmen der Rom II-VO voranstehenden objektiven Anknüpfungen führen zwangsläufig zu dem Sachrecht einer staatlichen Rechtsordnung.1265 Da der Parteiwille nur als Anknüpfungsmoment Berücksichtigung findet, muss die Rechtsfolge grundsätzlich mit derjenigen der objektiven Anknüpfungen vergleichbar sein. Danach findet unter Berücksichtigung der Grundsätze zur Normenhierarchie das gewählte Sachrecht einer international anerkannten Rechtsordnung eines Staates (nach dem Prinzip der engsten Verbindung) Anwendung. Vor diesem Hintergrund sollte das gewählte Recht grundsätzlich dieselben Eigenschaften aufweisen, wie jene herkömmlichen sachrechtlichen Regelungen, d.h. es sollte eine Vergleichbarkeit mit den Charakteristika jener Regelungen bestehen. Dies bedeutet unter Zugrundelegung rechtsquellentheoretischer Befunde, dass es sich bei dem Recht im Sinne von Art. 14 Rom II-VO in Abgrenzung zur Rechtserkenntnisquelle um eine Rechtsgeltungsquelle handeln muss.1266 Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass sie für den einzelnen verbindlich ist, „d.h. daß sie den Rechtsunterworfenen und den Rechtsanwen1260 1261 1262
Vgl. zu den europäischen Auslegungsmethoden bereits oben S. 43 ff. Siehe oben S. 43 ff. Die Ausgestaltung der Rechtswahl als kollisionsrechtliche Rechtswahl kann nicht auf Grundlage von Art. 14 Rom II-VO erfolgen, sondern folgt nach hier vertretener Ansicht einzig aus der Privatautonomie, vgl. oben zur Disponibilität von Kollisionsnormen S. 64 ff. 1263 Vgl. zur Teilrechtswahl unten S. 321 ff. 1264 v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 2 ff., 6; Leible, in: AnwK-BGB, Art. 27 EGBGB Rn. 1; Köthe, Schranken der Parteiautonomie S. 12 f. 1265 Zu den Fallgruppen wählbarer Rechtsordnungen siehe unten S. 291 ff. 1266 Canaris, in: Europäische Vertragsrechtsvereinheitlichung, 2000, S. 6, 8.
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der auf der Ebene des rechtlichen Sollens (unter bestimmten Voraussetzungen) binden und also Befolgung beanspruchen“1267.1268 Hierzu zählt auch das Gewohnheitsrecht.1269 Erwägungsgrund 13 der Rom I-VO und das Bedürfnis nach der Gleichbehandlung mit der Rom II-VO sprechen im Übrigen für eine positivistische Sichtweise.1270 Voraussetzung ist damit, dass das in Betracht kommende Regelungswerk den sog. test of pedigree1271 besteht, d.h. die Regelung muss von dem zuständigen staatlichen Organ in dem dafür vorgesehenen formellen Verfahren erlassen worden sein.1272 Der sophistische1273 Ansatz, beispielsweise die UNIDROIT-Principles oder die lex mercatoria als Recht aller Staaten und daher auch als staatliches Recht anzusehen, liegt den Rom-Verordnungen nicht zugrunde.1274 Folglich kann beispielsweise der lex technica, die mitunter als das Resultat „outgesourcter Gesetzgebung“ angesehen wird, nicht als Recht im kollisionsrechtlichen Sinne qualifiziert werden. Dem test of pedigree halten auch die Besonderheiten des Common Law stand, in dem die gerichtlichen Urteile (Präzedenzfälle) gewissermaßen die Rechtsgeltungsquelle bilden und daher als abstrakt generelle Regelungen gedeutet werden können.1275 Deutlich wird daran zugleich, dass es nicht darauf ankommt, ob der fragliche Rechtsakt nach deutschem Verständnis der Legislative zuzuordnen ist. Die strenge Gewaltenteilung der deutschen Staatsorganisation ist in anderen Staaten häufig weniger stark ausgeprägt.1276 Aus der bestehenden Möglichkeit der Vornahme einer Teilrechtswahl kann geschlossen werden, dass die lückenlose Regelung einer Rechtsmaterie nicht Voraussetzung für die Annahme von Rechtsqualität im Sinne von Art. 14 Rom II-VO ist.1277 Prämis1267 1268
Canaris, in: Europäische Vertragsrechtsvereinheitlichung, 2000, S. 6, 8. An der Eigenschaft als Rechtsgeltungsquelle fehlt es insbesondere bei den privaten Regelungswerken, vgl. auch Mertens, RabelsZ 56 (1992), 219, 238 ff.; Riesenhuber, System und Prinzipien des europäischen Vertragsrechts S. 183 Fn. 72. 1269 Heinrich, Formale Freiheit und materiale Gerechtigkeit S. 135. 1270 Über die Grundsätze zur Anwendung ausländischen Rechts im Prozess finden – zumindest vor deutschen Gerichten – im Ergebnis auch richterrechtliche Ausgestaltungen Anwendung, vgl. hierzu v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 3 Rn. 140. 1271 Dworkin, Taking Rights Seriously, S. 22 ff., 39 ff.; vgl. hierzu Canaris, in: Europäische Vertragsrechtsvereinheitlichung, 2000, S. 6, 13; Schinkels, GPR 2007, 106, 107. 1272 Canaris, in: Europäische Vertragsrechtsvereinheitlichung, 2000, S. 6, 13; Schinkels, GPR 2007, 106, 107. 1273 So Michaels, RabelsZ 62 (1998), 580, 597. 1274 Weise, Lex mercatoria, S. 169; hierzu Michaelis, RabelsZ 62 (1998), 580, 597; siehe auch umfassend Spickhoff, RabelsZ 56 (1992), 116, 120 ff. zu den verschiedenen Theorien zur rechtsquellentheoretischen Einordnung des Internationalen Handelsrechts. 1275 Vgl. hierzu v. Bernstorff, Einführung in das englische Recht, S. 9 ff. 1276 So kann auch eine Entscheidung des BVerfG, die gem. § 31 Abs. 2 S. 1 BVerfGG Gesetzeskraft hat, grundsätzlich als abstrakt generelle Regelung verstanden werden. 1277 Vgl. zur Teilrechtswahl die Ausführungen sogleich unten S. 321 ff.
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se ist vielmehr in erster Linie, dass sichergestellt ist, dass das nach objektiver Anknüpfung anwendbare Sachrecht durch eine vergleichbare Regelung ersetzt wird. Unter Geltung der heutigen Rom-Verordnungen ist für die Begriffsbestimmung im Rahmen einer systematischen Betrachtung ferner der Anwendungsbereich der europäischen Anknüpfungsregeln zu beachten. Die Ausübung der Rechtswahl nach Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom IIVO sowie Art. 3 Rom I-VO setzen voraus, dass der sachliche Anwendungsbereich der Verordnungen eröffnet ist.1278 Dies wird bei einer antizipierten Rechtswahl häufig übersehen. Voraussetzung ist danach insbesondere, dass eine Zivilsache den Gegenstand der Streitigkeit bildet. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist der Begriff der Zivilsache autonom auszulegen und in Abgrenzung zu einer öffentlich-rechtlichen Sache dann anzunehmen, wenn die fragliche Tätigkeit auch durch eine Privatperson vorgenommen werden kann.1279 Eine Rechtswahlvereinbarung nach Art. 14 Rom II-VO kommt mithin nicht in Betracht, wenn ein originär hoheitliches Handeln in Rede steht.1280 Dies steht im Einklang mit dem ausdrücklichen Ausschluss des sachlichen Anwendungsbereichs für actu iure imperii nach Art. 1 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO. Jene Rechtsprechung des EuGH muss sich konsequenterweise auch bei der Beurteilung der tauglichen Rechtswahlgegenstände fortsetzen. Der Anwendungsbefehl des Art. 14 Rom II-VO umfasst demnach nur solche Vorschriften, die eine Zivilsache zum Regelungsgegenstand haben.1281 Unter Zugrundelegung der allgemeinen europäischen Abgrenzungskriterien kommt es hierfür nicht darauf an, ob die Parteien als Amtsträger oder als Private tätig sind, d.h. ob die Parteien der Rechtswahlvereinbarung etwa als öffentlich-rechtliche Körperschaft oder als Privatmann auftreten.1282 Entscheidend ist, ob die geregelte Rechtsma1278 1279
Siehe hierzu oben S. 77 ff. EuGH Rs. C-292/05, Lechouritou, Slg. 2007, I-1519 Rn. 30 ff.; EuGH Rs. 29/76, Eurocontrol, Slg. 1976, 1541. nach der Rechtsprechung des EuGH (EuGH, Rs C-172/91, Sonntag, Slg. 1993 I 1963 Rn. 25) ist auch dann eine Zivilsache gegeben, wenn etwa ein verbeamteter Lehrer auf einem Schulausflug im Ausland seine Aufsichtspflicht verletzt und ein Schüler deshalb zu Schaden kommt, da die Aufsichtspflichtverletzung auch durch den Lehrer einer Privatschule begangen werden konnte, siehe hierzu auch Schack, IZVR Rn. 906 ff.; Kubis, ZEuP 1995, 846, 854 f.; Hess, IPRax 1994, 9, 12; Haas, ZZP 108 (1995), 219, 221 f.; ähnlich verhält es sich, wenn ein schweizer Arzt in einem öffentlichen Spital als Amtsträger tätig wird und einen deutschen Patienten über medikamentöse Nebenwirkungen nicht ausreichend aufklärt, siehe hierzu Spickhoff, NJW 2009, 1716 ff.; Seibl, MedR 2008, 668 f.; Vogeler, VersR 2011, 588, 590. 1280 Zum Beispiel bei dem Erlass eines Verwaltungsaktes oder der Beurteilung von Kriegshandlungen im Ausland, siehe hierzu EuGH Rs. C-292/05, Lechouritou, Slg. 2007, I-1519 Rn. 30 ff.; Kropholler/v. Hein, EuZPR, Art. 1 EuGVO Rn. 9; siehe auch Spickhoff, in: Spickhoff, Medizinrecht Art. 26 Rom II-VO Rn. 5. 1281 Im Ergebnis ebenso bereits Spickhoff, IRPax 2005, 125, 127. 1282 Vgl. zum Begriff der Zivilsache bereits oben S. 77 ff.
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terie Tätigkeiten betrifft, die nicht ausschließlich von einem Amtsträger, sondern auch von einem Privaten vorgenommen werden können.1283 Vergleichbar mit der im deutschen Sachrecht vertretenen modifizierten Subjektstheorie ist mithin adressatenbezogen zu ermitteln, ob die in Betracht kommenden Vorschriften lediglich Hoheitsträger ermächtigen und verpflichten oder ob auch Private Adressat der Vorschriften sind. Dabei ist freilich nicht die Rechtsnatur des Regelungswerks im Ganzen zu bestimmen. Vielmehr muss der Blick auf die einzelne Vorschrift gerichtet werden, die im Einzelfall zur Anwendung kommen soll. Schließlich gibt die Stellung einer Vorschrift in einem Regelungswerk keine zwingende Auskunft über ihre Rechtsnatur.1284 Soweit diese nach autonomer Auslegung eine öffentlich-rechtliche Sache regelt, ist sie von dem Anwendungsbereich und dem Anwendungsbefehl der Rechtswahl ausgenommen, da für jene Vorschriften grundsätzlich das Territorialitätsprinzip Anwendung findet.1285 Dies muss bei der Auslegung des Parteiwillens Berücksichtigung finden.1286 Bedingung für die Wählbarkeit staatlichen Rechts ist folglich, dass das gewählte Recht mit dem nach objektiver Anknüpfung berufenen Sachrecht potentiell vergleichbar ist. Dies bedeutet zum einen, dass den Gegenstand des gewählten Rechts zivilrechtliche Regelungen im europäisch autonomen Sinne bilden müssen. Zum anderen muss dem fraglichen Rechtsakt unmittelbare Geltung gegenüber und unter den Bürgern zukommen, sog. Geltungsanordnung.1287 Drittens muss der abstrakt-generelle Charakter eines Rechtsaktes gewahrt sein, d.h. die fragliche Regelung muss sich an jedermann richten und allgemein formuliert sein. Ferner muss die Regelung des sog. test of pedigree bestehen und muss darüber hinaus in der Regelungsdichte mit den klassischen sachrechtlichen Regelungen vergleichbar sein. Daran wird es jedoch regelmäßig nicht fehlen, weil nach dem gefundenen Ergebnis nur solche Rechtsnormen gewählt werden können, die auch tatsächlich praktiziert werden.
1283 EuGH Rs. C-292/05, Lechouritou, Slg. 2007, I-1519 Rn. 30 ff.; Vogeler, VersR 2011, 588, 590. Die nationale Einstufung als öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich ist nicht maßgeblich, siehe Spickhoff, IPRax 2005, 125, 127. 1284 v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 3 Rn. 9. 1285Spickhoff, IPRax 2005, 125, 127; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 6: „eigene Kollisionsnorm“. Siehe auch unten zur Rechtsfolge der wirksamen Rechtswahlvereinbarung S. 341 ff. 1286 Dieses Kriterium wird in der Praxis nicht relevant werden. Der Anwendungsbereich der Rom II-VO ist nach Art. 1 Rom II-VO schon nicht eröffnet, wenn der Gegenstand der Streitigkeit als öffentlich-rechtlich im Sinne dieser Verordnung zu qualifizieren ist. 1287 Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 87.
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b. Einzelne Rechtswahlmöglichkeiten An dem gefundenen Maßstab müssen sich mithin die in der Literatur anerkannten und umstrittenen Rechtswahlmöglichkeiten messen lassen. Fraglich ist, ob die bisherigen Literaturansichten zu den möglichen Rechtswahlgegenständen unter Berücksichtigung der ermittelten Kriterien weiterhin aufrechterhalten werden können. aa. Negative Rechtswahl Die bislang einhellige Literaturauffassung ging davon aus, dass die Parteien eine negative Rechtswahlvereinbarung treffen können, indem sie die Anwendung einer objektiv anwendbaren Rechtsordnung ausschließen.1288 Verabreden die Parteien, dass staatliches Recht schlechthin ausgeschlossen sein soll, sei die Vereinbarung kollisionsrechtlich unwirksam.1289 Die Parteiautonomie gewährleiste demnach nicht die Schaffung eines „(zivil)rechtsfreien Raums“.1290 Verabreden die Parteien demgegenüber nur den Ausschluss der objektiv anwendbaren Rechtsordnung, sei hilfsweise nach allgemeinen Grundsätzen des IPR auf die nächst engere Verbindung des Sachverhalts abzustellen.1291 Diese Ansicht ist auch unter Geltung der Rom-Verordnungen aufrechtzuerhalten.1292 Wenn Art. 14 Rom II-VO (Art. 3 Rom I-VO) den Parteien positiv die Bestimmung der anwendbaren Rechtsordnung ermöglichen, muss ihnen a maiore ad minus auch die Möglichkeit zukommen auszusprechen, welches Recht keine Anwendung finden soll. Ferner entspricht dies der Auslegung von Gerichtsstandsvereinbarungen nach Art. 23 EuGVO, wonach der Wirksamkeit einer getroffenen Derogationsabrede die fehlende Stütze im Wortlaut nicht entgegenstehe.1293 Seine Grenze findet die negative Rechtswahl dort, wo eine Verbindung des Sachverhaltes zu einer staatlichen Rechtsordnung nicht mehr feststellbar 1288
Leible, in: AnwK-BGB, Art. 27 EGBGB Rn. 44; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 18 ff. 1289 Lagarde, rev.crit.dr.int.priv. 80 (1991), 287, 301; Dicey/Morris/Collins, Conflict of Laws, Vol. 2, Rn. 32-081; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 18 ff. 1290 Ebenso Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 11; Dicey/Morris/ Collins, Conflict of Laws, Vol. 2, Rn. 32-081; Heidemann, ZEuP 2008, 625 ff.; Spickhoff, RabelsZ 56 (1992), 116, 126; ders., in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 11; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 19; anders E. Lorenz RIW 1987, 569, 573. 1291 v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 20; Leible, in: AnwK-BGB, Art. 27 EGBGB Rn. 44. 1292 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 11; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 71; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 19; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 67 f.; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 10 Rn. 28. 1293 v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 71 m.w.N.
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ist.1294 Dies steht im Einklang mit den Ausführungen zu dem Begriff des Rechts im Sinne von Art. 14 Rom II-VO (Art. 3 Rom I-VO). Dem staatlichen Richter muss mithin generell eine staatliche Rechtsordnung an die Hand gegeben werden bzw. sie muss für ihn ermittelbar sein. Dies entspricht auch dem Wortlaut der subjektiven Anknüpfungen, wonach das Schuldverhältnis (irgend-)einem Recht unterliegen muss. Im Übrigen stehen die oben aufgezeigten Kriterien der Vornahme einer negativen Rechtswahl grundsätzlich nicht im Wege. bb. Wählbarkeit allgemeiner Rechtsgrundsätze (general principles) Dies leitet zu der Frage über, ob die ausschließliche oder kumulative Wahl allgemeiner Rechtsgrundsätze mit kollisionsrechtlicher Wirkung zulässig ist. Die Antwort ist streitig. Praktische Relevanz erhielt die Frage etwa bei der Aushandlung des Eurotunnel-Anlagenbauvertrages. „Fünf englische und fünf französische Anlagenbaufirmen standen gleichberechtigt auf der einen Seite des Vertrages, das englisch-französische Unternehmen TransManche-Link auf der anderen, eine bilaterale Regierungskommission, die britische und französische Eisenbahngesellschaft sowie Hunderte von Subunternehmen verschiedenster Nationalitäten waren beteiligt.“1295 Jene Beteiligten mussten sich auf die Anwendung einer Rechtsordnung einigen. Das Ergebnis bestand in der Wahl „derjenigen Prinzipien, die dem englischen und französischen Recht gemeinsam sind“.1296 Ebenso wie dort wird nicht selten von derartigen Klauseln im Rahmen von Schiedsverfahren Gebrauch gemacht.1297 Im Vordergrund steht hier allerdings die Erwägung, ob die Parteien unter Ausschluss der nach objektiver Anknüpfung anwendbaren Rechtsordnung allein eine Entscheidung des staatlichen Richters anhand jener allgemeinen Rechtsgrundsätze herbeiführen können.1298 Mit dem Begriff der allgemeinen Rechtsgrundsätze, der aus dem Völkerrecht bekannt ist (Art. 38 IGH Statut)1299, werden gemeinhin anerkannte Prinzipien verstanden, die durch eine umfassende rechtsvergleichende Umschau 1294 Vgl. Lagarde, rev.crit.dr.int.priv. 80 (1991), 287, 301; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 18 ff. 1295 So die Zusammenfassung von Berger, JZ 1999, 369, 376. 1296 Dies wurde von dem mit der Sache befassten Schiedsgericht dahingehend gedeutet, dass die Parteien eine Wahl der UNIDROIT-Prinzipien wollten, vgl. Berger, JZ 1999, 369, 376; Schlechtriem, in: FS Craushaar, 1997, S. 157 ff. 1297 Vgl. Channel Tunnel Group Ltd. v. Balfour Beatty Construction Ltd. (1993) AC 33, 357, 368); Berger, JZ 1999, 369, 376; W. Lorenz, in: FS Neumayer, 1985, S. 407 ff. zur lex mercatoria. 1298 Wengler, ZfRV 23 (1982), 1, 16. 1299 Danach ist primär Völkervertragsrecht anzuwenden, bevor auf Völkergewohnheitsrecht und anschließend auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze zurückgegriffen werden kann, vgl. etwa Kropholler, Internationales Einheitsrecht, S. 152.
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in anderen staatlichen Rechtsordnungen ermittelt werden.1300 Ihren Ursprung haben die allgemeinen zivilrechtlichen Rechtsgrundsätze in den Regelungen innerstaatlicher Rechtsordnungen.1301 Hierzu zählen etwa die Pflicht zur Schadensminimierung oder der Wiedergutmachungsfunktion von Schadensersatz.1302 Uneinigkeit besteht vor diesem Hintergrund bereits darin, ob es sich hierbei überhaupt um staatliches Recht handelt.1303 Die Bezeichnung als „transnationales Recht“ scheint die Rechtsnatur zumindest begrifflich am treffendsten zu umschreiben.1304 Soweit ihr staatlicher Charakter scheinbar anerkannt wird, wird der Vereinbarung über die Anwendung allgemeiner Rechtsgrundsätze überwiegend nur eine materiellrechtliche Wirkung beigemessen, soweit die Rechtsgrundsätze hinreichend bestimmbar sind.1305 Eine kollisionsrechtliche Wirkung müsse aufgrund der Unbestimmtheit der inhaltlichen Regelung, des hohen Ermittlungsaufwand und der damit verbundenen Kosten sowie der fehlenden Praktikabilität grundsätzlich außer Betracht bleiben.1306 Nach überwiegender Ansicht ist für die Annahme einer kollisionsrechtlichen Verweisung mithin eine Zuordnung der gewählten und hinreichend bestimmten Vorschriften zu einer konkreten staatlichen Rechtsordnung erforderlich. Abweichend hiervon finden sich auch Stimmen, die der Vereinbarung aufgrund der Unbestimmtheit des Rechtswahlgegenstandes überhaupt keine Wirkung beimes-
1300 Kötz, RabelsZ 34 (1970), 671 f.; Diedrich, RIW 2009, 378, 380; Kropholler, Internationales Einheitsrecht, S. 151 ff.; Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 102; Grundmann, in: FS Buxbaum, 2000, S. 213, 215, 221 ff.; vgl. Frick, RIW 2001, 416, 417. 1301 Vgl. Berger, JZ 1999, 369, 376; Grundmann, in: FS Buxbaum, 2000, S. 213, 215 ff. 1302 Diedrich, RIW 2009, 378, 380. 1303 Dafür wohl Wengler, ZfRV 23 (1982), 11, 16; Kropholler, Internationales Einheitsrecht, S. 153 f.; dagegen Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 56; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 54 f. unter Bezugnahme auf Erwägungsgrund 13 der Rom I-VO. 1304 Hierzu J. Stoll, Vereinbarungen zwischen Staat und ausländischem Investor, S. 42 ff.; Weick, in: FS Traub, 1994, S. 451, 462; Langen, Transnationales Recht S. 13 ff. mit weiteren zahlreichen Nachweisen; siehe auch Spickhoff, RabelsZ 56 (1992), 116, 121 ff. 1305 v. Bar, IPR, Bd. 2, Rn. 425; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 10 Rn. 28; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 101; ders., in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 32; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 56; Diedrich, RIW 2009, 378, 381; Garcimartín Alférez, EuLF 2008, I-61, I-67; Lando/Nielsen, CMLR 2008, 1687, 1698; Siehr, in: FS Keller, 1989, S. 485, 500; siehe zum Beispiel Leible, ZVglRWiss 97 (1998), 286, 307 ff. für eine Gleichsetzung mit den privaten Regelungswerken der lex mercatoria und UNIDROIT-Prinzipien. 1306 Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 102.
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sen1307 bzw. bei Verträgen zwischen Staaten und Privaten ihr umgekehrt gar eine kollisionsrechtliche Wirkung zuschreiben wollen.1308 Unter Zugrundelegung der herausgearbeiteten Kriterien für die Annahme von Rechtsqualität ist der herrschenden Ansicht grundsätzlich zuzustimmen. Voraussetzung für die Wählbarkeit eines Teils einer staatlichen Rechtsordnung ist die potentielle Vergleichbarkeit mit nationalen sachrechtlichen Regelungen. Daran fehlt es jedoch bei der Wahl allgemeiner Rechtsgrundsätze. Zum einen sind jene im Hinblick auf das Detailreichtum anderer staatlicher Regelungen nicht annähernd vergleichbar. Zum anderen besteht bei der ausschließlichen Wahl allgemeiner Grundsätze eine Rechtslage, die eher mit der Vornahme einer unzulässigen negativen Rechtswahl1309 vergleichbar ist als mit der Prorogation einer innerstaatlichen Rechtsordnung. Auf die Praktikabilität und den erhöhten Kostenaufwand kann es hingegen nicht ankommen, da die Entscheidung hierüber in der Verantwortung der Parteien liegt. Die ausschließliche kollisionsrechtliche Wahl allgemeiner Grundsätze dürfte vor diesem Hintergrund gleichwohl ausgeschlossen sein. cc. Wählbarkeit völkerrechtlicher Verträge Völkerrechtliche Verträge sind jedoch nach bislang herrschender Literaturansicht von der kollisionsrechtlichen Wählbarkeit ausgenommen, wenn der jeweilige Staatsvertrag nicht selbst eine Regelung zur objektiven Anknüpfung bereithält.1310 Gegen ihre kollisionsrechtliche Wählbarkeit wird vorgetragen, dass einem völkerrechtlichen Übereinkommen nicht als international selbstständige Rechtsordnung Geltung zukomme, sondern lediglich als Teil der Rechtsordnung eines Vertragsstaates.1311 Die Wahl eines völkerrechtlichen Übereinkommens, das in der Regel nur Spezialvorschriften für einen bestimmten Teilbereich einer Rechtsmaterie enthält, könne aber nur eine materiell-rechtliche Wirkung entfalten, da sich die Vorschriften 1307 Dicey/Morris/Collins, Conflict of Laws, Vol. 2, Rn. 32-079; Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 102; Sonnenberger, in: FS Kropholler, 2008, S. 227, 234 ff. 1308 v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 28; Simitis, JuS 1966, 209, 213; Schlesinger/Gündisch, RabelsZ 28 (1964),4, 29 ff.; Kropholler, Internationales Einheitsrecht, S. 153 f. 1309 Siehe oben S. 304 ff. 1310 Zusammenfassend für die kollisionsrechtliche Wählbarkeit des CISG Lohmann, Parteiautonomie und UN-Kaufrecht, S. 321 ff.; vgl. v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 62 f.; Looschelders, IPR, Art. 27 EGBGB Rn. 13; Mankowski, RIW 2003, 2, 10; Magnus, in: Staudinger, Art. 6 CISG Rn. 64 f.; a.A. Lohmann, Parteiautonomie S. 317 ff.; Loewe, Internationales Kaufrecht, S. 31; v. Bar, IPR, Bd. 2, Rn. 425; siehe zum Verhältnis von völkerrechtlichen Regelungen zur Rom II-VO S. 84. 1311 v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 62 f.; Bonell, in: Bianco/Bonell, Art. 6 CISG, Anm. 3.5.2, S. 62 f.; Mankowski, RIW 2003, 2, 10 f.
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des Übereinkommens an die im Übrigen anwendbare Rechtsordnung anpassen müsse.1312 Zudem drohe die Gefahr der Versteinerung und mithin der fehlenden Aktualität der Regelungen, weil Änderungen von internationalem Einheitsrecht meist nur unter Mitwirkung einer Konvention zustande kommen und sich häufig nur nach Jahrzehnten realisieren lassen.1313 Demnach setze die kollisionsrechtliche Verweisung die Wahl eines bestimmten staatlichen Rechts voraus. Die Befürworter der kollisionsrechtlichen Wählbarkeit beschreiten zu dessen Rechtfertigung argumentativ zwei Wege. Einerseits wird hinsichtlich des UN-Kaufrechts argumentiert, dass es sich um außerstaatliches Recht handele, das trotz seiner innerstaatlichen Geltung als nationales Recht über den staatlichen Rechtsordnungen schwebe und daher einer kollisionsrechtlichen Rechtswahl zugänglich sein müsse.1314 Andererseits, und hierin wird man das richtige Verständnis der kollisionsrechtlichen Parteiautonomie erblicken müssen, könne die Wählbarkeit des völkerrechtlichen Übereinkommens als zulässige Teilrechtswahl1315 behandelt werden.1316 Innerhalb des Anwendungsbereichs des jeweiligen völkerrechtlichen Rechtsaktes ersetzen die dort vorhandenen Vorschriften mithin auch die zwingenden Vorschriften der im Übrigen anwendbaren Rechtsordnung. Durch die Ratifizierung des völkerrechtlichen Übereinkommens und dessen Umsetzung ins staatliche Recht erlangt der völkerrechtliche Vertrag die Qualität als Teil einer staatlichen Rechtsordnung und wird damit für den Bürger des Vertragsstaates grundsätzlich (erst) verbindlich.1317 Vor diesem Hintergrund ist auch kein Bezug der Parteien oder des Sachverhaltes zu dem völkerrechtlichen Übereinkommen erforderlich. Unterstellt man beispielsweise, dass das Haager Übereinkommen über das auf Straßenverkehrsunfälle anzuwendende Recht1318 eine Rechtswahl zuließe,1319 kann sich die Frage stellen, ob ein Deutscher und ein Däne, die ihre gewöhnlichen Aufenthalt in ihrem Heimatstaat haben, die nicht Vertragsstaaten des Übereinkommens sind, die Anwendung jenes Übereinkommens gleichwohl bestimmen können, wenn der Sachverhalt keinen Bezug zu dem Recht eines Vertragsstaates aufweist. Die Frage ist mit einem ein1312 Bonell, in: Bianco/Bonell, Art. 6 CISG, Anm. 3.5.2, S. 62 f.; Mankowski, RIW 2003, 2, 10 f. 1313 Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 89. 1314 Lindbach, Rechtswahl im Einheitsrecht, S. 194 ff.; Siehr, RabelsZ 52 (1988), 587, 611; hierzu Lohmann, Parteiautonomie und UN-Kaufrecht, S. 327 f. 1315 Vgl. hierzu sogleich unten S. 321 ff. 1316 Lohmann, Parteiautonomie und UN-Kaufrecht, S. 329 f. 1317 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht, Bd. I/1, S. 101. 1318 Hierzu bereits oben S. 84 ff. 1319 Die Frage ist streitig, weil das Haager Übereinkommen eine entsprechende Regelung zur Parteiautonomie nicht enthält, vgl. hierzu bejahend OGH ZfRV 36 (1995), 212; Hoyer, ZfRV 32 (1991), 34; ablehnend Kropholler, IPR, S. 536.
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deutigen „Ja“ zu beantworten.1320 Ebenso wie etwa der code civile von ausländischen Parteien gewählt werden kann, muss auch eine Teilrechtswahl zugunsten eines umgesetzten völkerrechtlichen Vertrages möglich sein. Unter welchen Voraussetzungen ein völkerrechtlicher Vertrag als in die nationale Rechtsordnung inkorporiert und mithin als verbindlich anzusehen ist, unterliegt dem Territorialitätsprinzip.1321 Die Wählbarkeit der Vorschriften des Übereinkommens ist freilich auf seinen sachlichen Anwendungsbereich beschränkt, nicht aber auf den räumlichen Anwendungsbereich.1322 Es kommt nicht darauf an, dass den Rechtswahlgegenstand eine international selbstständige Rechtsordnung bildet, sondern dass die in Betracht kommenden Vorschriften einen Teil einer international selbstständigen Rechtsordnung bilden.1323 Völkerrechtliche Verträge, die von einer Rechtsordnung in nationales Recht inkorporiert wurden, eine Zivilsache zum Regelungsgegenstand haben und als abstrakt generelle Regelungen für die Bürger von mindestens zwei Staaten verbindlich sind, erfüllen entgegen der bislang überwiegenden Literaturauffassung mithin die kollisionsrechtlichen Anforderungen, um als staatliches Regelungswerk prorogiert werden zu können.
1320 Ebenso im Ergebnis v. Bar, IPR, Bd. 2, Rn. 425; ausführlich hierzu Lohmann, Parteiautonomie und UN-Kaufrecht, S. 329 f., Bach, in: Huber, The Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 9; zur Derogation des Haager Übereinkommens v. Hein, RabelsZ 73 (2009), 461, 491 f. m.w.N. 1321 Siehe die rechtsvergleichende Betrachtung bei Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht, Bd. I/1, S. 104 ff. 1322 So bereits das Grünbuch der Kommission von 2003 in Frage 8: „Sollten sich die Vertragsparteien Ihrer Ansicht nach unmittelbar für die Anwendung eines internationalen Übereinkommens oder sogar allgemeiner Rechtsgrundsätze entscheiden dürfen? Was spricht Ihrer Meinung nach für bzw. gegen eine solche Lösung?“, Grünbuch über die Umwandlung des Übereinkommens von Rom aus dem Jahr 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht in ein Gemeinschaftsinstrument sowie über seine Aktualisierung, vom 14.1.2003, KOM (2002) 654 endg. S. 7, 28. Die Frage wurde im Anschluss im Kommissionsvorschlag von 2005 nicht mehr behandelt, siehe hierzu v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 62. Daraus wird man allerdings nicht den zwingenden Schluss ziehen können, dass diese Wahlmöglichkeit nach dem Willen des europäischen Gesetzgebers ausgeschlossen sein sollte. 1323 Im Ergebnis ähnlich etwa W.H. Roth, in: FS Jayme, Bd. 1, 2004, S. 757, 770 f.; v. Bar, IPR, Bd. 2, Rn. 425; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 63, Bach, in: Huber, The Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 9 die eine entsprechende Vereinbarung wegen der Auslegungsmöglichkeit zugunsten des Rechts eines Vertragsstaates für zulässig halten.
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dd. Wählbarkeit von Völkergewohnheitsrecht und allgemeiner Grundsätze des Völkerrechts Sachlich in engem Zusammenhang hierzu steht die Frage der Zulässigkeit einer Rechtswahl zugunsten von Völkergewohnheitsrecht1324 und der allgemeinen Regeln des Völkerrechts.1325 Die Frage spielt insbesondere im Rahmen von Internationalen Verträgen zwischen Staaten und Privatunternehmen eine Rolle.1326 Die Ausübung einer kollisionsrechtlichen Rechtswahl wird hier teilweise für zulässig erachtet, weil bei Verträgen zwischen Staaten und einem ausländischen Privaten nach objektiver Anknüpfung das Recht des staatlichen Vertragspartners Anwendung findet, dieser gleichzeitig als Gesetzgeber tätig werden kann und auf diese Weise die Vertragsbeziehungen einseitig beeinflussen könnte.1327 Durch die Prorogation der allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts könnte eine einseitige Änderung des anwendbaren Rechts völkerrechtlich als ersatzpflichtige Vertragsverletzung eingestuft werden.1328 Dabei könne die fehlende Völkerrechtssubjektqualität des Privaten1329 durch eine analoge Anwendung der jeweils einschlägigen völkerrechtlichen Regelungen überwunden werden. Eine kollisionsrechtliche (Teil-)Rechtswahl dieser allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts sei daher zulässig.1330 Unter Anwendung der Kriterien für die Annahme von Rechtsqualität im kollisionsrechtlichen Sinne ist richtigerweise weder die Wahl von Völkergewohnheitsrecht noch von allgemeinen Regeln des Völkerrechts zulässig. Zwar ist der Begriff des Rechts im Sinne von Art. 14 Rom II-VO (und Art. 3 Rom I-VO) unabhängig davon, ob die Parteien der Rechtswahlvereinbarung etwa als öffentlich-rechtliche Körperschaft oder als Privatmann auftreten, einheitlich auszulegen. Jedoch fehlt es im Hinblick auf das Völker1324 v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 26; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, S. 5; Herdegen, Völkerrecht, § 7 Rn. 6. 1325 Dagegen v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 64; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 25 ff. m.w.N. 1326 Veltins, JBPraxSch3 (1989), 126, 138; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 105; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 26; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, S. 5; Herdegen, Völkerrecht, § 7 Rn. 6. 1327 v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 26. 1328 Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 105; kritisch Simitis, JuS 1966, 209, 213. 1329 Hierzu Verdross ZaöRV 18 (1957/58), 635, 639; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, S. 5; Herdegen, Völkerrecht, § 7 Rn. 6; Böckstiegel, AWD 1973, 117, 120; Catranis, RIW 1982, 19, 23; J. Stoll, RIW 1981, 808, 810; extensiver Kemper/Hillgruber, Völkerrecht S. 38 ff. 1330 Schröder/Wenner, Internationales Vertragsrecht Rn. 81 ff.; für eine solche kollisionsrechtliche Rechtswahlmöglichkeit unter Privatpersonen; Mann, Rev. Belge dr. int. 11 (1975), 564 f.; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 26 für eine kollisionsrechtliche Rechtswahl im Verhältnis Staat und Privatperson.
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gewohnheitsrecht offenkundig an dem Vorliegen einer Zivilsache im Sinne von Art. 1 Rom I-VO/Rom II-VO, da jenes objektiv durch eine allgemeine Übung und subjektiv auf einer dieser Übung entsprechenden Rechtsüberzeugung beruht, die ausschließlich durch staatliches Verhalten gebildet werden kann.1331 Soll der staatliche Richter allein auf Grundlage der allgemeinen Regeln des Völkerrechts entscheiden, kommt die Rechtswahlvereinbarung nicht als Anknüpfungsmoment im Sinne von Art. 14 Rom IIVO (Art. 3 Rom I-VO) in Betracht. Die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts sind zwar grundsätzlich auf einen Vergleich staatlicher Rechtsordnungen zurückzuführen.1332 Jedoch erlangen sie Ihre Bedeutung im Verhältnis der Völkerrechtssubjekte untereinander.1333 Es wird mithin ebenso wie im Rahmen des Völkergewohnheitsrechts kein Rechtsverhältnis im Sinne einer Zivilsache nach Art. 1 der Rom-Verordnungen geregelt. Die Wahl jener völkerrechtlichen Rechtsquellen hat mithin nur eine materiell-rechtliche Bedeutung.1334 In diesem besonderen Fall ist es vielmehr Aufgabe der Parteien, durch vertragsgestalterische Mittel einer einseitigen Beeinflussung des anwendbaren Rechts entgegenzuwirken. Die Aufnahme einer Schiedsvereinbarung bzw. die Aufnahme einer Stabilisierungsklausel,1335 die Wahl eines neutralen Rechts oder etwa die privatautonome Vereinbarung von Ausgleichsregelungen könnte der Problematik bereits gerecht werden.1336 ee. Wählbarkeit von Rechtsakten der EU Auf europäischer Ebene wird im Hinblick auf das internationale außervertragliche Schuldrecht die Frage diskutiert, ob der DCFR einer kollisionsrechtlichen Rechtswahl zugänglich ist.1337 Im Schrifttum wird die Wählbarkeit von europäischen gemeinschaftsrechtlichen Instituten zum Teil für
1331
Herdegen, Völkerrecht, § 16 Rn. 1; Ipsen, Völkerrecht, S. 213; Doehring, Völkerrecht S. 126 f. 1332 Herdegen, Völkerrecht, § 16 Rn. 2 ff. 1333 Herdegen, Völkerrecht, § 16 Rn. 2 ff. 1334 Richtigerweise ist auch außerhalb der Rom-Verordnungen eine Wahl des Völkerrechts nicht zuzulassen, da der Gegenstand der Rechtswahl dann nicht mehr das Internationale Privatrecht, sondern das Internationale öffentliche Recht bildet. 1335 Diese entfaltet allerdings nur materiell-rechtliche Wirkung, vgl. hierzu unten S. 316 ff. 1336 v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 26; Veltins, JBPraxSch3 (1989), 126, 138; a.A. wohl Dicey/Morris/Collins, Conflict of Laws, Vol. 2, Rn. 32-082 “[…] ”stabilisation clauses” in contracts between States and private parties are not effective under the Rome Convention […]”. 1337 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 38.
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zulässig erachtet.1338 Begründet wird dies damit, dass aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht der DCFR nicht als „unausgewogen und lückenhaft“ gelten könne, da es sich hierbei gleichsam um ein gemeinschaftsrechtliches Regelungswerk handele.1339 Der private Charakter der Vorschriften entfalle zudem, wenn der DCFR als Verordnung oder Empfehlung im Sinne von Art. 288 AEUV erginge.1340 Dieser Ansicht kann nur teilweise zugestimmt werden. Bei der Beurteilung der Frage ist zu berücksichtigen, dass es sich bislang bei dem DCFR lediglich um ein akademisches Projekt handelt.1341 Eine klare Antwort auf diese Frage lässt sich daher so lange nicht finden, wie die Rechtsnatur des DCFR nicht feststeht.1342 Dies gilt für andere gemeinschaftsrechtliche Regelungswerke gleichermaßen. Maßgeblich sind die Rechtsnatur des jeweiligen Rechtsakts und die funktionale Vergleichbarkeit mit dem Sachrecht. Grundsätzlich ließe sich zwar an der Rechtsqualität von EU-Vorschriften bereits zweifeln, weil die EU kein Staat im Sinne des Völkerrechts, sondern einen Staatenverbund darstellt.1343 Entscheidend für die Annahme eines staatlichen Rechts ist jedoch einerseits, dass die Regelung von dem zuständigen staatlichen Organ in dem dafür vorgesehenen formellen Verfahren erlassen wurde, d.h. unter anderem, dass die EU zum Erlass des fraglichen Regelungswerkes durch Parlamentsgesetz ermächtigt wurde und andererseits, dass die Verordnung für den Bürger unmittelbare Wirkung entfaltet und in dieser Hinsicht mithin kein Unterschied zum nationalen (Parlaments-)Gesetz besteht. Dem Rechtsakt muss mithin eine staatliche Geltungsanordnung inne wohnen.1344 Für die Beurteilung der Handlungsformmöglichkeiten (Art. 288 AEUV) der EU bedeutet dies, dass allein eine europäische Verordnung einer kollisionsrechtlichen Rechtswahl zugänglich ist. Europäische Richtlinien, Beschlüsse, Empfehlungen und Stellungnahmen können nicht unter den Begriff des Rechts im Sinne von Art. 14 Rom II-VO und Art. 3 Rom I-VO subsumiert werden. Die Richtlinie ist für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels in allen ihren Teilen
1338 Dafür Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 38; Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 86; dagegen v. Hein, ZEuP 2009, 6, 22; Leible, Rom I und Rom II S. 35 ff. 1339 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 38; Schäfer, GPR 2006, 54, 57. 1340 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 38. 1341 Lehmann, in: Der gemeinsame Referenzrahmen, 2009, S. 434, 436. 1342 Vgl. Lehmann, in: Der gemeinsame Referenzrahmen, 2009, S. 434, 436. 1343 Kirchhof, in: Bogdandy/Bast, EuVerfR S. 1018; Simonis/Elbers, Externe EUGovernance, S. 166. 1344 Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 87.
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verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.1345 Adressat der Richtlinie ist allerdings grundsätzlich nur die Regierung oder das Parlament eines Mitgliedstaates.1346 Die Wahl einer noch nicht umgesetzten europäischen Richtlinie ist aufgrund ihrer Unverbindlichkeit für den Bürger daher unzulässig. Im Gegensatz zum völkerrechtlichen Vertrag kann sie folglich nicht selbst unmittelbar kollisionsrechtlich angewählt werden. Die Vereinbarung einer materiell-rechtlichen Wirkung ist freilich möglich. Auch Beschlüsse unterliegen keiner kollisionsrechtlichen Rechtswahl. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass sie verpflichtende oder gestalterische Wirkung nur innerhalb der „Rechtssphäre der Union entfalt[en]“1347. Sie sind für den Bürger mithin unverbindlich. Ebenso unterliegen Empfehlungen und Stellungnahmen keiner kollisionsrechtlichen Wählbarkeit. Diese sind für den Bürger gleichsam unverbindlich. Spricht die Kommission eine Empfehlung etwa über die Anwendung des DCFR aus, so ändert dies nichts an der Rechtsqualität als private Vorschriften, weil es an der staatlichen Geltungsanordnung fehlt und die Vorschriften nicht den test of pedigree bestehen würden.1348 Allein eine Verordnung im Sinne von Art. 288 AEUV ist mit den sachrechtlichen Regelungen einer international anerkannten Rechtsordnung vergleichbar und – sofern ihren Gegenstand einer Zivilsache bildet – kollisionsrechtlich wählbar. Sie wird daher auch als das Gesetz der EU bezeichnet.1349 Zu begrüßen wäre es vor diesem Hintergrund, wenn der DCFR als Verordnung im Sinne von Art. 288 AEUV verabschiedet werden würde.1350 Auf die An- und Abwählbarkeit, d.h. die Optionalität des Regelungswerkes kommt es dabei nicht an, da diese nicht die staatliche Geltungsanordnung, sondern nur die Anwendungsanordnung betrifft.1351 Die Verabschiedung des DCFR in einer eigenständigen Verordnung entspricht im Ergebnis auch dem Interesse an einem möglichst weitem Anwendungsbereich des DCFR, da auf diese Weise eine Anwendung des Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO (Art. 3 Abs. 3 Rom I-VO) umgangen werden kann und mithin die Prorogation auch bei reinen Inlandssachverhalten 1345
Härtel, Europäische Rechtsetzung, § 9 Rn. 15; Haltern, Europarecht Rn. 663; Herdegen, Europarecht, § 8 Rn. 36; Hobe, Europarecht, § 10 Rn. 28; Haratsch/ Koenig/Pechstein, Europarecht Rn. 383 ff. 1346 Haltern, Europarecht Rn. 663; Herdegen, Europarecht, § 8 Rn. 36; Hobe, Europarecht, § 10 Rn. 28; Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht Rn. 383 ff.; Härtel, Europäische Rechtsetzung, § 9 Rn. 15; siehe auch EuGH Urteil v. 22.11.05, Mangold, C144/04 Slg. 2005, I-9981; BVerfG NJW 2010, 3422. 1347 Härtel, Handbuch Europäische Rechtsetzung, § 10 Rn. 22. 1348 a.A. Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 38. 1349 Ruffert, in: Calliess/Ruffert, Art. 288 AEUV Rn. 16 m.w.N. 1350 Ähnlich v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 62. 1351 Mankowski, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 63, 86; Eidenmüller, in: Vereinheitlichung und Diversität des Zivilrechts S. 237, 241; Huber, ERA Forum 2003, 85, 95.
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ermöglicht werden könnte. Unabhängig von der Rechtsnatur der Regelung bleibt die Vornahme einer materiell-rechtlichen Rechtswahl freilich stets möglich.1352 ff. Zwischenergebnis Die Untersuchung der in der Literatur vertretenen Ansichten zum Kreis der wählbaren Rechte bestätigt die im Wege der autonomen Auslegung des Begriffs des Rechts im Sinne von Art. 3 Rom I-VO und Art. 14 Rom II-VO herausgearbeiteten Kriterien. Sie führen zu vernünftigen Ergebnissen. Die Parteien können eine negative Rechtswahl vereinbaren. Mangels Eigenschaft als Rechtsgeltungsquelle unterliegen die transnationalen allgemeinen Grundsätze nicht der Parteiautonomie und stehen damit auf einer Stufe mit privaten Regelungswerken. Die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts und das Völkergewohnheitsrecht können gleichsam nicht prorogiert werden, da jene schon nicht in den Anwendungsbereich des Internationalen Privatrechts fallen. Völkerrechtliche Verträge können hingegen im Wege der Teilrechtswahl wirksam angewählt werden, sofern ihren Gegenstand zivilrechtliche Vorschriften im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Rom II-VO (Rom IVO; EuGVO) bilden. Von den verschiedenen europäischen Handlungsformmöglichkeiten ist allein eine Verordnung im Sinne von Art. 288 AEUV einer Rechtswahl zugänglich. Während damit der bislang überwiegenden Ansicht unter Zugrundelegung der autonomen Kriterien zugestimmt werden konnte, muss jedoch im Hinblick auf die Wählbarkeit völkerrechtlicher Verträge und der Wählbarkeit von EU-Rechtsakten widersprochen werden. Grundsätzlich führen Art. 3 Rom I-VO und Art. 14 Rom II-VO somit zu einer größeren Rechtswahlfreiheit der Parteien. II. Unmittelbare und mittelbare Wahl des anwendbaren Kollisionsrechts Von den vorangegangen Fragen, welche Rechtsnatur Vorschriften haben müssen, um einer kollisionsrechtlichen Rechtswahlvereinbarung nach Art. 14 Rom II-VO zugänglich zu sein ist die Frage zu unterscheiden, ob die Parteien die Rechtswahlvereinbarung als kollisionsrechtliche Verweisung ausgestalten können, d.h. ob die Parteien auf diese Weise auch das anwendbare Kollisionsrecht mittelbar wählen können. Der Streit entzündet sich an Art. 24 Rom II-VO (bzw. Art. 35 EGBGB a.F.), wonach unter „dem nach dieser Verordnung anzuwendenden Recht eines Staates […] die in diesem Staat geltenden Rechtsnormen unter Ausschluss derjenigen des In-
1352 Vgl. zur Umdeutung einer kollisionsrechtlichen Rechtswahl in eine sachrechtliche Rechtswahl unten S. 354 ff.
§ 6 Das Anknüpfungsmoment des Art. 14 Rom II-VO
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ternationalen Privatrechts zu verstehen“ sind.1353 Nach hier vertretener Auffassung liegt der Diskussion allerdings ein unrichtiger Ausgangspunkt zugrunde. Richtigerweise ist unter den Begriff des Rechts im Sinne von Art. 14 Rom II-VO nicht das Kollisionsrecht zu subsumieren. Zum einen passen die Regelungen des Art. 14 Abs. 2 und Abs. 3 Rom II-VO nicht auf eine Wahl des Kollisionsrechts. Zum anderen wirkt sich hier die Frage nach der Disponibilität von Kollisionsnormen aus, die gerade nicht Teil der Parteiautonomie im Sinne von Art. 14 Rom II-VO ist, sondern in den Anwendungsbereich der Privatautonomie fällt.1354 Diesbezüglich wird man zwar davon ausgehen können, dass Art. 24 Rom II-VO zum kollisionsrechtlichen ius dispositivum zählt. Die rechtliche Grundlage für die Abbedingung des Art. 24 Rom II-VO bildet indes nicht Art. 14 Rom II-VO, sondern die Parteiautonomie als solche.1355 Vor diesem Hintergrund fällt die Ausgestaltung der subjektiven Anknüpfung als Sachnorm- oder Gesamtverweisung ebenso wenig unter Art. 14 Rom II-VO wie die teilweise diskutierte Frage,1356 ob eine unmittelbare Wahl des Kollisionsrechts zulässig ist. Denkbar ist beispielsweise, dass die Parteien eine Derogation der Rom II-VO vereinbaren. Eine solche Vereinbarung hat auch im Hinblick auf die Disponibilität von Art. 14 Rom II-VO keine Wirkung, da jene Vorschrift ebenso wie Art. 3 Rom I-VO, die die Voraussetzungen der Parteiautonomie regeln, zum ius cogens des Kollisionsrechts zu zählen sind.1357 Insofern sind die Parteien auf eine mittelbare Kollisionsrechtswahl beschränkt. Rechtswahlklauseln, die einen Ausschluss der Vorschriften des IPR vorsehen sind im Zweifel als Sachnormverweis auszulegen und aufgrund der Regelung des Art. 24 Rom II-VO (bzw. Art. 20 Rom I-VO) überflüssig.1358 1353 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 20 Rom I-VO Rn. 3; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 67 ff.; Martiny, in: MünchKomm, Art. 20 Rom I-VO Rn. 6; Thorn, in: Palandt, Art. 20 Rom I-VO Rn. 1; ders., in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 20 Rom IVO Rn. 2; Sandrock, in: FS Kühne, 2009, S. 881 ff.; Mallmann, NJW 2008, 2953; W. Lorenz, IPRax 1987, 269, 276; Kartzke, IPRax 1988, 8; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 35 EGBGB Rn. 7. 1354 Siehe oben S. 9 ff. 1355 Vgl. oben zur Grundlage der Parteiautonomie S. 64 ff. 1356 W. Lorenz, IPRax 1987, 269, 276; Kartzke, IPRax 1988, 8; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 35 EGBGB Rn. 7 m.w.N. 1357 Vgl. hierzu oben S. 64 ff. Zur Privatautonomie siehe Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des BGB, § 3 Rn. 102. 1358 Hierzu Mallmann, NJW 2008, 2953; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 69; Mankowski, RIW 2003, 2, 7 f.; vgl. auch Simitis, JuS 1966, 209, 210 m.w.N.: „[…] der Parteiautonomie, die stets lediglich eine Verweisung auf die Gesamtheit der Normen einer Rechtsordnung gestattet. Gemeint sind freilich nur die materiellrechtlichen Vorschriften, nicht das Kollisionsrecht. Der Grund ist einfach: würde sich die Verweisung auf die Bestimmungen des IPR erstrecken, so schlösse das auch die Möglichkeit ei-
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Zweites Kapitel: Der Tatbestand des Art. 14 Rom II-VO
III. Wahl intertemporalen Privatrechts 1. Wahl geltenden staatlichen Sachrechts Fraglich ist, inwieweit die Parteien dazu in der Lage sind, auf den zeitlichen Anwendungsbereich der sachrechtlichen Vorschriften gestalterisch einzuwirken. Gem. Art. 24 Rom II-VO „sind unter dem nach dieser Verordnung anzuwendenden Recht eines Staates […] die in diesem Staat geltenden Rechtsnormen unter Ausschluss derjenigen des Internationalen Privatrechts zu verstehen.“ Kollisionsrechtlich wählbar ist mithin nur ein geltendes Recht.1359 Künftiges oder totes Recht ist von einer kollisionsrechtlichen Rechtswahl ausgenommen.1360 Möglich ist auch hier freilich die Vereinbarung einer materiell-rechtlichen Verweisung.1361 Schwierigkeiten können hinsichtlich des temporalen Anwendungsbereichs des gewählten Rechts entstehen, wenn der nationale Gesetzgeber Änderungen an dem gewählten Recht vornimmt, indem er beispielsweise Verjährungsvorschriften umgestaltet oder einen neuen Gefährdungshaftungstatbestand einführt. Die Frage der „Auflösung der Kollision zwischen alten und neuen Normen des Privatrechts, von denen potentiell jede auf den Sachverhalt angewendet werden könnte, ist Gegenstand des intertemporalen Privatrechts.“1362 2. Kollisionsrechtlicher Schutz vor nachträglicher Rechtsänderung Teilweise wird davon ausgegangen, dass die Vorschriften des Internationalen Privatrechts dynamische Verweisungen auf das anwendbare Recht aussprechen.1363 Überwiegend wird demgegenüber die Beantwortung der Frage, ob eine Verweisung als dynamisch oder als statisch anzusehen ist, der lex causae überlassen.1364 Danach entscheiden die jeweiligen nationalen ner Rückverweisung in sich. Die Vertragspartner haben jedoch durch ihre Wahl ihre Rechtsbeziehungen einer konkreten Rechtsordnung unterstellt. Es hieße ihren Willen mißachten, wollte man auf dem Wege über die Rückverweisung ein anderes als das im Vertrag angegebene Recht anwenden.“ 1359 Allgemeine Ansicht, vgl. nur Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 50; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 23; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom IVO Rn. 10. 1360 v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 68; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 10; Rühl, in: FS Kropholler, 2008, S. 187, 194. 1361 Leible, ZVglRWiss 97 (1998), 286, 304 f.; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 68 m.w.N. 1362 Vonkilch, Das Intertemporale Privatrecht, S. 9. 1363 So wohl Schinkels, Normsatzstruktur des IPR, S. 58 f. m.w.N.; dafür, dass das IPR der lex causae über die Verweisung entscheidet Merkt, Investitionsschutz durch Stabilisierungsklauseln, S. 186 ff. 1364 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 10; Vischer, in: FS Keller, 1989, S. 547; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 26; ders., in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn.110; David, Clunet 113 (1986), 79, 83.
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Vorschriften zum intertemporalen Anwendungsbereich über die Ausgestaltung der Verweisung. Dasselbe gilt mithin für die subjektive Anknüpfung, wonach das gewählte Recht über die Frage nach der Art der Verweisung entscheidet.1365 Dynamisch ist eine Verweisung, wenn vorgesehen ist, dass das Recht in seiner jeweils geltenden Fassung Anwendung finden soll.1366 Den Gegenbegriff bildet die statische Verweisung, wonach das Recht Anwendung findet, wie es zu einem bestimmten Zeitpunkt, wie etwa dem Zeitpunkt der Entstehung des Schuldverhältnisses oder dem Abschluss des Rechtswahlvertrages ausgestaltet war.1367 Nachträgliche Änderungen des Rechts berühren das Rechtsverhältnis nicht. Streitig ist, ob die Parteien eine Versteinerung der Rechtslage auf den im Zeitpunkt des Vertragsschluss bestehenden Zustand vereinbaren können, um sich im Fall der dynamischen Verweisung vor nachträglichen Gesetzesänderungen durch den staatlichen Gesetzgeber zu schützen.1368 Die Frage stellt sich unabhängig davon, ob die Parteien eine Rechtswahlvereinbarung getroffen haben. Es handelt sich daher nicht um eine Problematik, die zwingend mit Art. 3 Rom I-VO und Art. 14 Rom II-VO verknüpft ist, sondern sie betrifft die Parteiautonomie als solche. Hinsichtlich der Handhabung wird grundsätzlich zwischen Versteinerungsklauseln und Stabilisierungsklauseln differenziert. Soll ein Schuldverhältnis, das zwischen zwei Privaten zustandegekommen ist, vor nachträglichen legislativen Änderungen geschützt werden, wird von sog. Versteinerungsklauseln gesprochen.1369 Demgegenüber spricht man von sog. Stabilisierungsklauseln, wenn ein Schuldverhältnis zwischen einem Privaten und dem Staat besteht, das vor künftigen Gesetzesänderungen, die der am Schuldverhältnis beteiligte Staat möglicher-
1365 v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 68; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 10; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 26. 1366 Schinkels, Normsatzstruktur des IPR, S. 55; Ossenbühl, DVBl. 1967, 401; Klindt, DVBl. 1998, 373, 374; Bleckwenn, in: Der ländliche Raum als Wirtschaftsstandort, S. 91, 99 zur Problematik der dynamischen Verweisung im öffentlichen Recht. 1367 Sachs, NJW 1981, 1651; Ossenbühl, DVBl. 1967, 401 ff. zur Terminologie. 1368 Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 51; v. Bar, IPR, Bd. 2 Rn. 482; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 10; Leible, in: FS Jayme, Bd. 1, 2004, 485, 490; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 26; ders., in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn.106 ff.; Dicey/Morris/Collins, Conflict of Laws, Vol. 2, Rn. 32-082 (‘are not effective’); a.A. Sandrock, in: FS Riesenfeld, 1983, S. 211 ff. 1369 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 10; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 10; die Begriffe werden indes nicht ganz einheitlich verwendet, vgl. die Nachweise bei Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 25 f. Fn. 74; ders., in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn.109; Leible, ZVglRWiss 97 (1998), 286, 304 f.
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weise selbst vornehmen könnte,1370 geschützt werden soll.1371 Dass die Parteien eine solche Vereinbarung auf Grundlage der Privatautonomie abschließen können, ist weitgehend anerkannt.1372 Zwingende Vorschriften des Sachrechts würden mithin nur in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung finden.1373 Problematisch ist hingegen, ob die Parteien den Verweisungsvertrag als statische Verweisung mit kollisionsrechtlicher Wirkung konzipieren können, sodass die Änderungssperre auch für zwingende staatliche Vorschriften Wirkung entfaltet.1374 Im Hinblick auf die Vereinbarung von Versteinerungsklauseln wird von der überwiegenden Literaturansicht eine kollisionsrechtliche Wirkung abgelehnt.1375 Hinsichtlich der Vereinbarung von Stabilisierungsklauseln ist die Literatur großzügiger mit der Zulässigkeit einer solchen Klausel, da sie das praktische Bedürfnis sieht, die bestehende Möglichkeit einseitiger Vertragsänderungen durch den staatlichen Vertragspartner zu verhindern.1376 Diese Differenzierung erfolgt zu Unrecht. Geht man davon aus, dass das Internationale Privatrecht stets dynamische Verweisungen ausspricht, kann weder einer Versteinerungsklausel noch einer Stabilisierungsklausel kollisionsrechtliche Wirkung beigemessen werden. Der Grund liegt in der Reichweite der Parteiautonomie. Folgt man der hier vertretenen Ansicht und differenziert im Rahmen des Art. 14 Rom II-VO zwischen der Privatund Parteiautonomie wird an dieser Stelle das Zusammenspiel beider Gestaltungsmittel besonders deutlich. Die parteiautonome Gestaltung des Sachrechts ist in Art. 14 Rom II-VO im Hinblick auf das auf außervertrag1370 Wenn keine Rechtswahlvereinbarung getroffen wurde hängt dies davon ab, ob die objektive Anknüpfung zu dem Recht des Staates führt, der zugleich Partei des Schuldverhältnisses ist. 1371 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 10; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn 23; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 68 f.; Sandrock, in: FS Riesenfeld, 1983, S. 211, 212, 215 f.; Merkt, Investitionsschutz durch Stabilisierungsklauseln, S. 40 ff.; Fiedler, Stabilisierungsklauseln und materielle Verweisung S. 65 f. 1372 Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 26. 1373 Kegel/Schurig, IPR, S. 654. 1374 Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 51; v. Bar, IPR, Bd. 2 Rn. 482; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 10; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom IVO Rn. 26; ders., in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn.106 ff., 111; Dicey/Morris/Collins, Conflict of Laws, Vol. 2, Rn. 32-082 (‘are not effective’); a.A. Sandrock, in: FS Riesenfeld, 1983, S. 211 ff.; Leible, in: FS Jayme, Bd. 1, 2004, S. 485, 490. 1375 Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 51; v. Bar, IPR, Bd. 2 Rn. 482; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 10; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom IVO Rn. 26. 1376 Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 10; Mengel, RIW 1983, 739 ff.; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 52; allgemein hierzu J. Stoll, Vereinbarungen zwischen Staat und ausländischem Investor.
§ 6 Das Anknüpfungsmoment des Art. 14 Rom II-VO
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liche Schuldverhältnisse anwendbare Recht abschließend geregelt. Art. 14 Rom II-VO ist der Privatautonomie entzogen.1377 Nach der Systematik der subjektiven Anknüpfungen sind der Anknüpfungsgegenstand und die Rechtsfolgen der subjektiven Anknüpfung von der Wirkung des Parteiwillens ausgenommen. Der Parteiwille ist damit ausschließlich als Anknüpfungsmoment von Interesse. Die Frage, ob die ausgesprochene Verweisung der Parteien als dynamische oder statische Verweisung auszulegen ist, betrifft allerdings die Rechtsfolgenebene der subjektiven Anknüpfung, die einer parteiautonomen Gestaltung nicht zugänglich ist. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nicht, ob die Parteien die Rechtswahlvereinbarung als statische Verweisung ausgestalten können, da diese Frage außerhalb des Anwendungsbereichs der Parteiautonomie liegt.1378 Erforderlich wäre mithin ein Rückgriff auf die privatautonomen Gestaltungsmöglichkeiten. Geht man davon aus, dass die Frage des intertemporalen Anwendungsbereich von der lex causae beantwortet wird, scheitert eine kollisionsrechtliche Wirkung von Versteinerungs- oder Stabilisierungsvereinbarungen gleichsam an der Reichweite der Parteiautonomie.1379 Wie bereits erwähnt wurde, berechtigt die Parteiautonomie abstrakt dazu, das auf ein Schuldverhältnis anwendbare Recht zu bestimmen. Die Parteiautonomie berechtigt indessen nicht dazu, einzelne staatliche sachrechtliche Regelungen zu gestalten bzw. zu pro- oder derogieren. Hierüber entscheidet die Privatautonomie, deren Reichweite grundsätzlich von dem nationalen Gesetzgeber festgelegt wird. Andernfalls würde die europäische Parteiautonomie die Souveränität des nationalen Staates in Frage stellen. Da die Vorschriften des intertemporalen Privatrechts grundsätzlich nationale Regelungen darstellen, muss über ihre Disponibilität dieselbe Rechtsordnung entscheiden. Unabhängig davon, ob man die dynamische Verweisung aus der kollisionsrechtlichen oder sachrechtlichen Ebene herleitet, können folglich weder Versteinerungs- noch Stabilisierungsklauseln wirksam mit kollisionsrechtlicher Wirkung vereinbart werden. Im Hinblick auf die praktische Relevanz jener Gestaltungsmöglichkeit sollte die Problematik nicht überbewertet werden. Nicht zuletzt gewährleistet die Privatautonomie ausreichende Gestaltungsmöglichkeiten, um Abhilfe zu schaffen. IV. Wahl beziehungslosen Sachrechts Der Rechtswahlgegenstand muss nicht nur in sachlicher Hinsicht, sondern auch in räumlicher Hinsicht korrekt gewählt worden sein. Besondere Vo1377 1378
Siehe oben S. 64 ff. Vorausgesetzt wird hier freilich, dass nach der Ansicht, welche die dynamische Verweisung dem IPR zuordnet, diese spezifische Rechtsfolge als ius cogens des IPR anzusehen ist. 1379 Ebenso Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 26.
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raussetzungen müssen diesbezüglich nicht beachtet werden. Art. 3 Rom IIVO stellt klar, dass die Rom II-VO auch im Verhältnis zu drittstaatlichem Recht Anwendung findet. Dies wird zugleich von Art. 14 Abs. 3 Rom IIVO, wonach bei einem rein innerstaatlichen Sachverhalt durch die Rechtswahl nicht von den zwingenden Vorschriften des Gemeinschaftsrechts abgewichen werden kann, vorausgesetzt.1380 Die Wahl des Rechts eines Drittstaates ist daher nach allgemeiner Ansicht ohne weiteres zulässig.1381 Eine Anknüpfung an die objektiv engste Verbindung findet nicht statt.1382 Andernfalls müsste die Wahl eines neutralen Rechts, was durch Art. 14 Rom II-VO gerade ermöglicht werden sollte, unzulässig sein. Allein bei einem rein innerstaatlichen Sachverhalt sind die Restriktionen aus Art. 14 Abs. 2 und 3 Rom II-VO zu beachten.1383 V. Zwischenergebnis Insgesamt bleibt somit festzuhalten, dass nur die Wahl eines staatlichen Sachrechts als tauglicher Rechtswahlgegenstand nach Art. 14 Rom II-VO in Betracht kommt. Private Regelungswerke können nicht mit kollisionsrechtlicher Wirkung angewählt werden. Der Ausschluss der Wählbarkeit nicht-staatlichen Rechts steht dabei im Einklang mit dem europäischen Primärrecht. Erforderlich ist, dass die gewählten staatlichen Regelungen mit den typischen sachrechtlichen Vorschriften, wie etwa den mitgliedstaatlichen Zivilgesetzbüchern vergleichbar sind. Die Vorschriften müssen mithin grundsätzlich unmittelbare Wirkung gegenüber dem Bürger entfalten und für ihn verbindlich sein sowie abstrakt generell formuliert sein. Da der Rechtswahlgegenstand zu den essentialia negotii der Rechtswahlvereinbarung zählt muss er hinreichend bestimmt sein, woran allerdings keine strengen Anforderungen zu stellen sind. Ferner müssen die Vorschriften zumindest einen Teil einer eigenständigen Rechtsordnung bilden und eine Zivilsache im Sinne von Art. 1 Rom II-VO zum Regelungsgegenstand haben. Möglich ist allein die Wahl eines Sachrechts. Die Wahl eines Kollisionsrechts fällt nicht in den Anwendungsbereich der in Art. 3 Rom I-VO und Art. 14 Rom II-VO gewährleisteten Parteiautonomie. Sofern ein hinreichender Auslandsbezug besteht, ist die Wahl eines neutralen Rechts, zu 1380 1381
Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 8. v. Bar, IPR, Bd. 2, Rn. 417; Kegel/Schurig, IPR, S. 653; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 8; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 8; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 47; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 20 f.; Thorn, in: Palandt, Art. 3 Rom I-VO Rn. 4; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 137; v. Hoffmann, IPRax 1989, 261, 262; Mankowski, RIW 2003, 2, 5; a.A. BAG IPRspr. 1972 Nr. 142; W. Lorenz, IPRax 1987, 269, 271; Kindler RIW 1987, 660, 661; Mincke, IPRax 1985, 313, 315 f. 1382 v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 47. 1383 Vgl. hierzu unten S. 369 ff., S. 378 ff.
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dem der Sachverhalt keine Beziehungen aufweist, ohne weiteres möglich. Dies gilt auch für das Recht eines Drittstaates. Totes Recht und künftiges Recht sind von der kollisionsrechtlichen Wählbarkeit ausgenommen. Versteinerungs- und Stabilisierungsklauseln können zum Schutz vor der nachträglichen Änderung zwingenden staatlichen Rechts nicht mit kollisionsrechtlicher Wirkung vereinbart werden. VI. Inhaltliche Gestaltungsmöglichkeiten des Rechtswahlgegenstandes Die Parteiautonomie gewährleistet die kollisionsrechtliche Rechtswahlfreiheit.1384 Sie wird ausgeübt durch den Abschluss eines materiell-rechtlichen Verweisungsvertrages, dem kraft Gesetzes kollisionsrechtliche Wirkung zukommt.1385 Hinsichtlich jenes Verweisungsvertrages sind die Parteien auf Grundlage der Privatautonomie dazu imstande, den Inhalt beliebig zu gestalten.1386 Diese Gestaltungsfreiheit ermöglicht den Parteien, das Anknüpfungsmoment einer Kollisionsnorm durch Parteivereinbarung zu ändern.1387 Die wichtigste zu beachtende Schranke stellt der Bestimmtheitsgrundsatz dar, der sich auf die essentialia negotii der Parteivereinbarung und mithin auf den Gegenstand der Rechtswahl erstreckt.1388 Wie bereits gesehen wurde, hindert jener Grundsatz die Parteien nicht daran, die Rechtswahlvereinbarung beispielsweise unter eine aufschiebende oder auflösende Bedingung zu stellen oder die Vereinbarung zu befristen. Ferner wurde im Rahmen der Erörterung der Wählbarkeit nicht-staatlichen Rechts bereits die Zulässigkeit einer Teilrechtswahl vorausgesetzt. Fraglich ist vor diesem Hintergrund, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Teilrechtswahl zulässig ist, ferner, ob eine kumulative Rechtswahl erfolgen kann und inwieweit eine einmal getroffene Rechtswahl einer Änderung zugänglich ist. 1. Teilrechtswahl a. Grundlagen der Teilrechtswahl Die Frage ob und unter welchen Voraussetzungen eine Teilrechtswahl mit kollisionsrechtlicher Wirkung vereinbart werden kann zählt trotz ihrer Rarität in der Praxis1389 zu den umstrittensten Problemkreisen der Rechts1384 1385 1386 1387 1388 1389
Siehe hierzu oben S. 6 ff. Siehe oben S. 56 ff. Vgl. oben S. 9 ff sowie zur Disponibilität von Kollisionsnormen S. 64 ff. Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 19; siehe oben S. 64 ff. Vgl. hierzu bereits oben S. 64 ff. v. Hein, in: Calliess/Baetge, Art. 14 Rom II-VO Rn. 35; Calliess, in: Calliess/ Baetge, Art. 3 Rom I-VO Rn. 48; zuversichtlicher Siehr, in: FS Keller, 1989, S. 485, 499;
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wahlfreiheit.1390 Während im außervertraglichen Schuldrecht hauptsächlich die Frage diskutiert wird, ob überhaupt eine Teilrechtswahl wirksam vereinbart werden kann, liegt im vertraglichen Schuldrecht der Diskussionsschwerpunkt auf den Grenzen der Teilrechtswahl. Letzteres ist freilich auch für die Rechtswahl nach Art. 14 Rom II-VO von Interesse. Begrifflich ist zunächst zwischen der Teilrechtswahl i.w.S. und der Teilrechtswahl i.e.S. zu unterscheiden. Erstere umschreibt die Möglichkeit der Parteien, unterschiedliche Anknüpfungsmomente unterschiedlichen Rechtsordnungen zu unterstellen.1391 Die Parteien können danach beispielsweise vereinbaren, dass für Ansprüche aus Produkthaftung das Recht des Landes X Anwendung finden soll, während für Ansprüche aus Umweltschädigungen das Recht des Landes Y Anwendung findet. Unter Berücksichtigung der Systematik der subjektiven Anknüpfung im System des europäischen Kollisionsrechts ist die Bezeichnung dieser Gestaltungsmöglichkeit als Teilrechtswahl nicht ganz zutreffend. Die Untersuchung der Systematik des Art. 14 Rom II-VO hat ergeben, dass eine Rechtswahl stets nur Bezug zu einen konkreten Anknüpfungsgegenstand hat.1392 Treffen die Parteien eine Vereinbarung über alle außervertraglichen Schuldverhältnisse, muss die Wirksamkeit jener Vereinbarung stets im Hinblick auf den einzelnen Anknüpfungsgegenstand untersucht werden.1393 Differenzieren die Parteien mithin zwischen den einzelnen Anknüpfungsmomenten, üben sie nach der Struktur des Kollisionsrechts den dogmatischen Regelfall der Rechtswahl aus. Der Begriff der Teilrechtswahl i.w.S. ist folglich das Ergebnis der in der Praxis verwendeten Rechtswahlklauseln. Diese ist ohne weiteres zulässig. Kondring, IPRax 2006, 425, 426; Reese, Colum. L. Rev. 73 (1973), 60 ff.; Kassedijian, in: Japanease and European Private International Law, 2008, S. 105, 109. 1390 Vgl. nur BGH IPRax 1990, 320 m. Anm. Spellenberg S. 295; Moss, in: FS Thue, 2007, 367, 371 ff.; Jayme, in: FS Kegel, 1987, S. 253 ff.; ders., in: Kollisionsrecht der EU, S. 63, 73 ff.; Tassikas, Dispositives Recht und Rechtswahlfreiheit S. 36 ff.; Kessedijian, in: Japanease and European Private International Law, 2008, S. 105; 109; v. Hein, in: Calliess/Baetge, Art. 14 Rom II-VO Rn. 35; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 6; Windmöller, Die Vertragsspaltung im IPR S. 60 ff.; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 67 ff.; Siehr, in: FS Keller, 1989, S. 485, 499; Kondring, IPRax 2006, 425, 426; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.20; Reese, Colum. L. Rev. 73 (1973), 58; Mills, in: The Rome II Regulation, S.133, 136; Schinkels, GPR 2007, 106, 108; Heini, in: FS Moser, 1987, S. 67, 69; Bertoli, Dir.UE 2009, 231, 245; ders., riv.dir.int.priv.proc. 2009, 697, 704; Schwander, in: FS Keller, 1989, S. 473, 479; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 19; Dicey/Morris/Collins, Conflict of Laws, Vol. 2, Rn. 32-047 ff.; Simitis, JuS 1966, 209, 213. 1391 Windmöller, Die Vertragsspaltung im IPR S. 20, der von einer „objektbezogenen Spaltung“ spricht. 1392 Siehe oben S. 56 ff. 1393 Vgl. auch die Ausführungen zum Bestimmtheitsgrundsatz oben unter S. 227 ff.
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Demgegenüber beschreibt die Teilrechtswahl i.e.S. eine parteiautonome Differenzierung des anwendbaren Rechts im Rahmen desselben Anknüpfungsgegenstandes, genauer für dasselbe außervertragliche Schuldverhältnis.1394 Die Teilrechtswahl i.e.S. wird auch als dépeçage bezeichnet.1395 Zu berücksichtigen ist indes, dass der Begriff der dépeçage ambivalent, d.h. auch im Rahmen objektiver Anknüpfungen verwendet wird.1396 Sein Kennzeichen besteht im Einklang mit seiner Übersetzung ins Deutsche1397 darin, dass mindestens zwei unterschiedliche Rechtsordnungen im Hinblick auf dasselbe Schuldverhältnis zur Anwendung kommen.1398 Erachtet man die Ausübung jener parteiautonomen Gestaltungsmöglichkeit für statthaft, könnten die Parteien etwa die Frage nach dem Bestehen des Anspruchs dem Recht des Landes X unterstellen während für die Verjährung des Anspruchs das Recht des Landes Y gelten soll. Die Vornahme einer materiellrechtlichen Teilrechtswahl auf Grundlage der Privatautonomie ist unzweifelhaft zulässig. Schließlich können die Parteien die innerstaatlichen dispositiven Vorschriften durch eine entsprechende Vereinbarung in ihrem Vertrag abbedingen oder einzelne Regelungen oder Abschnitte einer ausländischen Rechtsordnung durch einen entsprechenden vertraglichen Verweis inkorporieren.1399 Problematisch ist allerdings, ob die Parteien auch eine bzw. mehrere Teilrechtswahlvereinbarungen mit kollisionsrechtlicher Wirkung abschließen können und auf diese Weise einzelne zwingende Vorschriften de- oder prorogieren können.1400 Für das Internationale Schuldvertragsrecht erklärt Art. 3 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO die Möglichkeit der kol1394 BGH IPRax 1990, 320 m. Anm. Spellenberg S. 295; Moss, in: FS Thue, 2007, 367, 371; Jayme, in: FS Kegel, 1987, S. 253 ff.; ders., in: Kollisionsrecht der EU, S. 63, 73; Kondring, IPRax 2006, 425, 427; Tassikas, Dispositives Recht und Rechtswahlfreiheit S. 36 ff.; Kessedijian, in: Japanease and European Private International Law, 2008, S. 105; 109; v. Hein, in: Calliess/Baetge, Art. 14 Rom II-VO Rn. 35. 1395 Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 104; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.20; Tassikas, Dispositives Recht und Rechtswahlfreiheit S. 36; Reese, Colum. L. Rev. 73 (1973), 58; Weintraub, C.W.R.L.R. 25 (1974), 16; Jayme, in: Kollisionsrecht der EU, S. 63, 73; Bach, in: Huber, The Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 10. 1396 Siehe v. Hein, Tul.L.Rev. 82 (2007-2008), 1664, 1687; Windmöller, Die Vertragsspaltung im IPR, passim; vgl. auch Jayme, in: FS Kegel, 1987, S. 253, 263; Dicey/Morris/Collins, Conflict of Laws, Vol. 2, Rn. 32-051. 1397 Dépeçage = Zerlegen, aufteilen; vgl. auch Kassedijian, in: Japanease and European Private International Law, 2008, S. 105, 109 für eine Übersetzung ins Englische mit „severability“ oder „bifurcation“. 1398 Weintraub, C.W.R.L.R. 25 (1974), 16, 18; Reese, Colum. L. Rev. 73 (1973), 58; Mills, in: The Rome II Regulation, S.133, 136. 1399 Vgl. Schwander, in: FS Keller, 1989, S. 473, 479; v. Hoffmann, IPRax 1989, 261, 262; Simitis, JuS 1966, 209, 213 m.w.N. 1400 v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 87; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.20; Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4.
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lisionsrechtlichen Teilrechtswahl i.e.S. für zulässig.1401 Umfasst wird hiervon auch die mehrfache Teilrechtswahl hinsichtlich desselben Schuldverhältnisses.1402 Im Rahmen der Rom II-VO fehlt hingegen eine entsprechende Regelung. Fraglich ist daher, ob auch im internationalen außervertraglichen Schuldrecht die Vornahme einer kollisionsrechtlichen Teilrechtswahl zulässig ist. b. Vor- und Nachteile einer dépeçage Die Vorteile einer dépeçage werden unter anderem darin gesehen, dass durch die Spaltung des Schuldverhältnisses für jeden Teilbereich aus Sicht der Parteien eine Anknüpfung an die engste Verbindung erfolgen kann.1403 Diesem Vorteil steht indes eine Vielzahl an Nachteilen gegenüber. Jede Rechtsordnung bildet für sich eine geschlossene Einheit, „wobei Inhalt und Umfang jedes Rechtsbegriffes oder Rechtsinstitutes durch die Gesamtheit der übrigen Rechtsbegriffe definiert wird.“1404 Wie bereits bei der Beurteilung der Wählbarkeit nicht-staatlicher Regelungswerke festgestellt werden konnte, führt die parallele Anwendung mehrerer einzelstaatlicher Rechtsordnungen unabwendbar zu Überschneidungen und einem Bruch der inneren Systematik beider Rechtsordnungen.1405 Fehlt die Festlegung einer „Normenhierarchie“ zwischen den anwendbaren Rechtsordnungen resultiert hieraus aufgrund jener Überschneidungen stets die Gefahr, dass der Richter seine Pflicht zur Ermittlung des anwendbaren Rechts von Amts wegen nur mit erhöhtem Aufwand oder gar nicht erfüllen kann, wodurch die Qualität der Entscheidung negativ beeinflusst werden kann.1406 Die Teilrechtswahl führt stets zur der Anwendung von mindestens zwei unter1401 Schinkels, GPR 2007, 106, 108; Kassedijian, in: Japanease and European Private International Law, 2008, S. 105; 109; Calliess, in: Calliess/Baetge, Art. 3 Rom I-VO Rn. 48; Heini, in: FS Moser, 1987, S. 67, 69; Bertoli, Dir.UE 2009, 231, 245; ders., riv.dir.int.priv.proc. 2009, 697, 704; Schwander, in: FS Keller, 1989, S. 473, 479; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 19; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.20; Dicey/Morris/Collins, Conflict of Laws, Vol. 2, Rn. 32-047 ff.; Bach, in: Huber, The Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 10; Plender/Wilderspin, The European Private International Law of Obligations Rn. 29-024. 1402 Dicey/Morris/Collins, Conflict of Laws, Vol. 2, Rn. 32-051. 1403 Reese, Colum. L. Rev. 73 (1973), 58, 60. 1404 Wiesner, Die Zulässigkeit der kollisionsrechtlichen Teilrechtswahl, S. 117; vgl. auch Niederer, Die Spaltung des Vertrages, S. 285a.; Jayme, in: FS Kegel, 1987, S. 253, 257; Neuhaus, WM 1966, 134 ff. 1405 Wiesner, Die Zulässigkeit der kollisionsrechtlichen Teilrechtswahl, S. 117; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 106; Tassikas, Dispositives Recht und Rechtswahlfreiheit S. 37. 1406 Hier liegt ein wesentlicher Unterschied zu den sonstigen Regelungen im europäischen Kollisionsrecht, die eine dépeçage bewirken, vgl. etwa Art. 14 Abs. 2, 3 Rom IIVO, Art. 6 Abs. 2 S. 2 Rom I-VO.
§ 6 Das Anknüpfungsmoment des Art. 14 Rom II-VO
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schiedlichen Rechtsordnungen, sodass der mit der Sache befasste Richter Kenntnisse im ausländischen Recht haben muss oder ein entsprechendes kostenintensives Rechtsgutachten einholen muss. Ferner können sich die Systemunterschiede einzelner Rechtsordnungen im Rahmen der Rechtsanwendung als derart mächtig erweisen, dass eine eindeutige Qualifikation einer Rechtsfrage im Sinne einer Subsumtion unter die Teilrechtswahlklausel kaum möglich ist. Vor diesem Hintergrund wird die dépeçage auch als „rechtliches Potpourri“1407 oder als „deep cage“1408 bezeichnet.1409 Hinzu tritt das theoretische Risiko, dass die anzuwendenden Rechtsordnungen zu widersprüchlichen Ergebnissen führen oder durch die teilweise Pro- und Derogation der Rechtsordnungen einen Normenmangel hervorrufen.1410 Durch die Anwendung von zwei Rechtsordnungen hinsichtlich desselben Schuldverhältnisses wächst somit die Gefahr von Anpassungsproblemen.1411 Der bedeutendste praktische Nachteil einer Teilrechtswahl liegt indes nicht in etwaigen Anpassungs- oder „Qualifikationsproblemen“, die aus dem Aufeinanderstoßen zweier Rechtsordnungen stets resultieren können.1412 Vielmehr besteht die größte Schwierigkeit darin, die Teilrechtswahl derart zu formulieren, dass für den Richter eine klare Grenzziehung zwischen den beiden Rechtsordnungen möglich ist.1413 Dieser muss ermitteln können, welche Rechtsfragen von welcher der beiden Rechtsordnungen beantwortet werden. Bereits die Auslegung der von den Parteien verwendeten Rechtsbegriffe kann Rechtsermittlungsprobleme schaffen.1414 Zudem neigen die Parteien bei antizipierten Rechtswahlvereinbarungen in der Praxis verständlicherweise dazu, generalklauselartige Formulierungen 1407 1408 1409
Raape, IPR, S. 472; dies aufgreifend Kondring, IPRax 2006, 425, 428. Jayme, in: FS Kegel, 1987, S. 253. Kondring, IPRax 2006, 425, 428; Simitis, JuS 1966, 209, 213; Wolff, Jur.Rev. 49 (1937), 123. 1410 Tassikas, Dispositives Recht und Rechtswahlfreiheit S. 37 f; Schwander, in: FS Keller, 1989, S. 473, 479; Jayme, in: Kollisionsrecht der EU, S. 253, 256; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 70; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 57; Calliess, in: Calliess/Baetge, Art. 3 Rom I-VO Rn. 48; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 19 ff.; Mills, in: The Rome II Regulation, S. 133, 149. 1411 Calliess, in: Calliess/Baetge, Art. 3 Rom I-VO Rn. 48; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 67; Beispiele bei Jayme, in: FS Kegel, 1987, S. 253, 261. 1412 Schwander, in: FS Keller, 1989, S. 473, 479; ; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 57; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 19 ff.; Tassikas, Dispositives Recht und Rechtswahlfreiheit S. 37 f.; vgl. zur Anpassung im IPR v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 6 Rn. 31 ff.; Jayme, in: Kollisionsrecht der EU, S. 253, 257; ders., in: FS Kegel, 1987, S. 253, 258. 1413 Tassikas, Dispositives Recht und Rechtswahlfreiheit S. 37 f.; Wengler, IPRRechtsnormen, S. 18. 1414 Wiesner, Die Zulässigkeit der kollisionsrechtlichen Teilrechtswahl, S. 118; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 21.
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in den Vertrag aufzunehmen, um für möglichst jede denkbare Konstellation eine Regelung bereit zu halten. Im Hinblick auf eine Teilrechtswahl verwischt dies allerdings die Grenzen zwischen den anzuwendenden Rechtsordnungen. Insbesondere in den Grenzbereichen beider Rechtsordnungen muss der Richter dann durch Auslegung der Rechtswahlvereinbarung versuchen, den Willen der Parteien zu ermitteln, um die jeweilige Rechtsfrage anhand des richtigen Rechts zu beurteilen. Während die Gewährleistung der Parteiautonomie in Art. 14 Rom II-VO (und Art. 3 Rom I-VO) ausweislich von Erwägungsgrund 31 der Rom II-VO vordergründig das Ziel verfolgt, gegenüber der Anwendung der objektiven Kollisionsnormen Rechtssicherheit zu gewährleisten, führt die Vornahme einer Teilrechtswahl mithin zu einen gegenteiligen Ergebnis.1415 Bei der Ausübung einer antizipierten Rechtswahlvereinbarung sind jene Schwierigkeiten den Parteien jedoch regelmäßig nicht bewusst. Im Rahmen einer Rechtswahlvereinbarung, die nach Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses geschlossen wird, kann der Entstehung jener Probleme aufgrund der besseren Vorhersehbarkeit der anzuwendenden Vorschriften, einfach vorgebeugt werden.1416 Zu Recht spielt die Teilrechtswahl in der Praxis nahezu keine Rolle. c. Meinungsstand zur Zulässigkeit der dépeçage Gleichwohl hat der europäische Gesetzgeber in Art. 3 Abs. 1 S. 2 Rom IVO klargestellt, dass den Parteien die Möglichkeit zukommt, eine Teilrechtswahl zu vereinbaren. Jene Regelung existierte bereits in der Vorgängerregelung des Art. 3 Abs. 1 S. 2 EVÜ. Vor diesem Hintergrund wird in der Literatur vertreten, dass das Fehlen einer entsprechenden Regelung in der Rom II-VO e contrario einen Schluss auf den gesetzgeberischen Willen zulasse, wonach eine Teilrechtswahl im Bereich des internationalen außervertraglichen Schuldrechts ausgeschlossen sei.1417 Ferner seien gesetzliche Schuldverhältnisse im Vergleich zum vertraglichen Schuldrecht weniger gut mit anderen Rechtsordnungen kombinierbar, da jene „eine organische 1415 1416
Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 67. Im Allgemeinen sollte die Vornahme einer einheitlichen Rechtswahlvereinbarung in Verbindung mit einer Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten der lex fori erfolgen, um die Vorhersehbarkeit des anwendbaren Rechts zu gewährleisten, dem Richter die Ermittlung des anwendbaren Rechts zu vereinfachen und auf diese Weise ein zügigeres und kostengünstigeres Verfahren zu initiieren. 1417 Dickinson, Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 13.20; Heldrich, in: Palandt, Art. 42 EGBGB, 67. Aufl., Rn. 1; Kramer, NIPR 2008, 414, 423; de Lima Pinheiro, riv.dir.int.priv.proc. 44 (2008), 5, 13; zum EGBGB siehe auch Simitis, JuS 1966, 209, 213; Vischer, Internationales Vertragsrecht, S. 59 f.; Raape, IPR, S. 471; a.A. v. Hein, in: Calliess/Baetge, Art. 14 Rom II-VO Rn. 35; Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; Jayme, in: Kollisionsrecht der EU, S. 63, 74.
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Einheit bilden“1418.1419 Außerdem sprechen Erwägungsgrund 31 S. 3 der Rom II-VO und Art. 14 Abs. 1 Rom II-VO nur im Singular von dem anwendbaren Recht anstelle von den anwendbaren „Rechten“, sodass im Anwendungsbereich der Rom II-VO eine Teilrechtswahl ausgeschlossen sein müsse.1420 Zuzugeben ist, dass der europäische Gesetzgeber vor dem Hintergrund der bereits vorhandenen Regelung in Art. 3 Abs. 1 S. 2 EVÜ zur Teilrechtswahl die Problematik kaum übersehen haben kann.1421 Auch kann nicht von der Hand gewiesen werden, dass Vorschriften über gesetzliche Schuldverhältnisse im Vergleich zu vertraglichen Schuldverhältnissen in der Regel nicht in demselben Umfang auf eine privatautonome Gestaltung ausgerichtet sind. Gegen die Zulässigkeit einer Teilrechtswahl sprechen ferner die Gefahr, dass einzelne zwingende Vorschriften umgangen werden könnten sowie die damit im Zusammenhang stehende Problematik, dass die Grenzen einer Teilrechtswahl kaum bestimmbar sind.1422 Doch ist die Antwort nicht in den Vor- und Nachteilen einer Teilrechtswahl zu suchen oder durch Umkehrschlüsse der Versuch zu unternehmen, den gesetzgeberischen Willen zu erforschen.1423 Vielmehr wird man sie in der durch die Parteiautonomie gewährleisteten Gestaltungsfreiheit erblicken können.1424 Im Rahmen des europäischen Gesetzgebungsverfahrens zur Rom I-VO wurde von der überwiegenden Anzahl der befragten Sachverständigen geäußert, dass eine Teilrechtswahl für zulässig erachtet werden müsse, weil sie unmittelbarer Ausfluss der Parteiautonomie sei.1425 Dies steht im Einklang mit dem hier vertretenen Verständnis der Partei- und Privatautonomie.1426 Erkennt man an, dass die Parteiautonomie auf kollisionsrechtlicher 1418 1419
Heldrich, in: Palandt, Art. 42 EGBGB, 67. Aufl., 2008, Rn. 1. Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, Art. 3 Rom I-VO Rn. 2; Heldrich, in: Palandt, Art. 42 EGBGB, 67. Aufl., 2008, Rn. 1. 1420 Dickinson, Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 13.20; v. Hein, in: Calliess/Baetge, Art. 14 Rom II-VO Rn. 35; vgl. auch Bach, in: Huber, The Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 10; Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 2. 1421 Ebenso v. Hein, in: Calliess/Baetge, Art. 14 Rom II-VO Rn. 35. 1422 Hierzu v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 79; H. Stoll, in: FS Kegel, 1987, S. 623, 648; zu den Grenzen der Rechtswahl sogleich unten S. 358 ff. 1423 Ein solcher Umkehrschluss ist schon deshalb nicht zwingend, weil im Hinblick auf die analoge Anwendung des Art. 3 Abs. 5 Rom I-VO zur Beurteilung des Rechtswahlstatuts gleichsam eine analoge Anwendung vorgenommen wird, obwohl eine entsprechende Regelung in Art. 14 Rom II-VO fehlt, siehe hierzu oben S. 143 ff.; ebenso Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4. 1424 Siehr, in: FS Keller, 1989, S. 485, 499. 1425 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 2; Siehr, in: FS Keller, 1989, S. 485, 499; Mills, in: The Rome II Regulation, S.133, 148; Hohloch, in: Erman, Art. 14 Rom II-VO Rn. 7; Jayme, in: Kollisionsrecht der EU, S. 63, 74. 1426 Vgl. hierzu bereits ausführlich oben S. 6, 9, 64 ff.
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Ebene eine grundsätzlich umfassende Wahlfreiheit im Hinblick auf den Rechtswahlgegenstand des Art. 14 Rom II-VO gewährleistet, folgt daraus zugleich die Möglichkeit, verschiedene Rechtsordnungen hinsichtlich desselben gesetzlichen Schuldverhältnisses zur Anwendung zu bringen.1427 Art. 3 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO ist daher lediglich als klarstellender Hinweis zu anzusehen. Einen Umkehrschluss lässt sich hieraus nicht ziehen. Dies wird noch deutlicher, wenn man berücksichtigt, dass dem Gesetzgeber neben dem Grundsatz der Freiheit der Rechtswahl die Problematik der Teilrechtswahl bekannt war und keine entsprechenden Restriktionen vorgesehen hat, obwohl aus der grundrechtlichen und grundfreiheitlichen Verbürgung der Privat- und Parteiautonomie eine Vermutung für die Gestaltungsfreiheit resultiert.1428 Vor dem Hintergrund, dass in Art. 3 Abs. 1 S. 2 EVÜ bereits eine entsprechende Regelung zur Teilrechtswahl existierte mag man sich vielmehr umgekehrt die Frage stellen, welche Auswirkungen eine Streichung des Art. 3 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO für die Auslegung der Vorschrift im Hinblick auf die Zulässigkeit einer Teilrechtswahl gehabt hätte. Daher besteht auch kein Bedürfnis für eine analoge Anwendung des Art. 3 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO, um die Zulässigkeit der Teilrechtswahl zu rechtfertigen.1429 Zu berücksichtigen ist schließlich, dass Art. 14 Abs. 2 und Abs. 3 Rom II-VO selbst die Anwendung von mindestens zwei unterschiedlichen Rechtsordnungen vorsehen. Eine Spaltung des außervertraglichen Schuldverhältnisses ist der Rom II-VO mithin nicht fremd. Im Interesse eines Gleichlaufs zwischen vertraglichen und außervertraglichen Schuldverhältnissen, den auch Erwägungsgrund 7 der Rom II-VO vorsieht, sollte mithin eine Gleichbehandlung der Möglichkeit der Teilrechtswahl erfolgen.1430 Insgesamt gesehen ist eine Teilrechtswahl auf Grundlage des Art. 14 Rom II-VO damit grundsätzlich zulässig.
1427 1428 1429
Siehr, in: FS Keller, 1989, S. 485, 499. Ebenso Siehr, in: FS Keller, 1989, S. 485, 499. So aber Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 2; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 6; Köthe, Schranken der Parteiautonomie, S. 82 ff.; wohl auch Leible, RIW 2008, 257, 260; Bertoli, Dir.UE 2009, 231, 245; ders., riv.dir.int.priv.proc. 2009, 697, 704; teilweise wird Art. 3 Abs. 1 S. 2 Rom I-VO auch als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens verstanden, vgl. Bach, in: Huber, Rome II Regulations, Art. 14 Rom II-VO Rn. 10, Thorn; in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 37; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; a.A. Dickinson, Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 13.20; Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, Art. 3 Rom I-VO Rn. 2. 1430 Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 6; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; Leible, RIW 2008, 257, 260.
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d. Grenzen der Teilrechtswahl aa. Reichweite der Teilrechtswahl Da die Teilrechtswahlvereinbarung den Rechtswahlgegenstand betrifft, der zu den essentialia negotii des Vertrages zählt, findet das Bestimmtheitsgebot des Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO Anwendung.1431 Ist der Richter nicht dazu in der Lage, das anwendbare Recht im Einzelfall zu ermitteln, weil er den Willen der Parteien nicht eindeutig identifizieren kann, führt dies zur Unwirksamkeit der Teilrechtswahl.1432 Diese Situation bedingt grundsätzlich, dass eine Teilrechtswahl sinnvollerweise nur dann vorgenommen werden kann, wenn ganz konkrete, einzelne Detailfragen ihren Gegenstand bilden.1433 Möglich wäre danach beispielsweise, dass die Parteien vereinbaren, dass die Maßstäbe für eine sittenwidrige Schädigung im Sinne von § 826 BGB iranischem Recht entnommen werden sollen, während im Übrigen deutsches Recht Anwendung finden solle.1434 Voraussetzung sei allerdings, dass die jeweils getroffene Teilrechtswahl eine abspaltbare Teilfrage betreffe.1435 Gegen die Vornahme einer solchen Mikroteilrechtswahl wird vorgetragen, dass sich die Parteien in der Folge durch mehrfache Teilrechtswahl im Sinne einer Rosinentheorie die für sie günstigen dispositiven und zwingenden Regelungen herauspicken und auf diese Weise faktisch einen rechtsordnungslosen Vertrag generieren könnten.1436 Es sei nicht hinnehmbar, dass die Parteien durch die Wahl unterschiedlicher Teilrechtsordnungen Regelungen treffen könnten, die unwirksam wären, wenn der gesamte Vertrag einer der Teilrechtsordnungen unter1431 1432 1433
Siehe bereits oben S. 227 ff. Vgl. zu den Folgen einer unwirksamen Rechtswahlvereinbarung unten S. 348 ff. Ähnlich Siehr, in: FS Keller, 1989, S. 485, 499; ders., IPR, S. 124; Windmöller, Die Vertragsspaltung im IPR, S. 70 f. Dagegen ließe sich zwar anführen, dass beispielsweise auch Art. 6 Abs. 2 S. 2 Rom I-VO entsprechende Abgrenzungsschwierigkeiten hervorruft, wenn festgelegt wird, dass verbraucherschützende Vorschriften von einer Rechtswahl nicht erfasst, wenn diese für den Verbraucher günstiger sind. Das Günstigkeitsprinzip für den Verbrauch führt jedoch dazu, dass einen Hierarchie zwischen den anzuwendenden Vorschriften feststellbar ist, die Abgrenzungsschwierigkeiten entgegenwirkt. 1434 Eine andere Frage ist, ob die innerdeutschen Wertungen nicht über § 138 BGB und Art. 16 Rom II-VO dennoch Berücksichtigung finden würden. 1435 Kondring, IPRax 2006, 425, 428. 1436 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 28; Tassikas, Dispositives Recht und Rechtswahlfreiheit S. 38; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 6; Raape, IPR, S. 471f.; H. Stoll, in: FS Kegel, 1987, S. 623, 648; Wengler, RabelsZ 47 (1983), 215, 220 f.; a.A. Lagarde, riv.dir.int.priv.proc. 11 (1975), 649 ff. Windmöller, Die Vertragsspaltung im IPR, S. 70; v. Hoffmann, IPRax 1989, 261, 262; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 108; W.H. Roth, in: FS Jayme, Bd. 1, 2004, S. 757, 762.
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stellt werden würden.1437 Vor diesem Hintergrund sei allein die Vornahme einer Makroteilrechtswahl zulässig, d.h. für einen größeren Teilbereich einer Rechtsordnung, der sinnvoll abspaltbar ist.1438 Trotz aller Nachteile, die eine Teilrechtswahl für die Parteien und den staatlichen Richter mit sich bringen kann, ist unter Berücksichtigung der Dogmatik der Parteiautonomie ein liberaler Ansatz hinsichtlich ihrer Zulässigkeitsvoraussetzungen zugrunde zu legen. Die Möglichkeit der freien Rechtswahl als das Produkt aus der Privat- und Parteiautonomie gewährleistet, dass die Parteien in der Ausgestaltung der kollisionsrechtlichen Anknüpfung und des anwendbaren Rechts grundsätzlich frei sind.1439 Der Auslandsbezug des Sachverhaltes führt dazu, dass das Interesse des Staates an dessen Regelung weniger ausgeprägt ist.1440 Die Parteien dürfen daher grundsätzlich selbst darüber entscheiden, welchen Gesetzen sie sich unterwerfen wollen.1441 Damit einher geht der Comitas-Grundsatz, der die Berücksichtigung ausländischen Rechts gebietet.1442 Vor diesem Hintergrund sind die Parteien grundsätzlich dazu in der Lage, sich (innerhalb der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen) eine eigene Rechtsordnung zu erschaffen. Jene Gestaltungsfreiheit unterliegt allerdings auch Einschränkungen. Der Grundsatz der Gleichwertigkeit ausländischer Rechtsordnungen findet auf kollisionsrechtlicher Ebene in den Vorschriften über die Sonderanknüpfung von Eingriffsnormen (Art. 16 Rom II-VO) seine Grenzen.1443 Auf diese Weise behält sich der Staat für seine zwingenden Vorschriften, die er nicht nur für national sondern für international zwingend erachtet, die Anwendung vor.1444 Dies beugt der befürchteten Umgehung zwingenden staatlichen Rechts vor.1445 Dies gilt umso mehr, wenn man der Ansicht folgt, wonach ausländische Eingriffsnormen der nach objektiver Anknüpfung ermittelten lex causae entgegen dem Wortlaut des Art. 16 Rom II-VO im Wege einer zusätzlichen Sonderanknüpfung Berücksichtigung finden soll1437
Jayme, in: Kollisionsrecht der EU, S. 253, 257; v. Hoffmann, IPRax 1989, 261, 262; Steindorff, JZ 1963, 200, 202; Klinkhardt, IPRax 1985, 192, 198; Schinkels, GPR 2007, 106, 108. 1438 Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 6; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 28; Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, Art. 14 Rom II-VO Rn. 2; Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 2. 1439 Siehe oben S. 9 ff. 1440 H. Stoll, in: FS Kegel, 1987, S. 623, 647; Kropholler, IPR, S. 52. 1441 H. Stoll, in: FS Kegel, 1987, S. 623, 646 f. Den Parteien kommt diese Gestaltungsmöglichkeit zu, weil sie von den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen gewährleistet wird. 1442 Siehe bereits oben S. 7 ff. 1443 Looschelders, IPR, Art. 6 Rn. 1. 1444 v. Hoffmann, IPRax 1989, 261, 262; Junker, in: MünchKomm, Art. 16 Rom IIVO Rn. 1. 1445 v. Hoffmann, IPRax 1989, 261, 262.
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ten, wodurch die Gefahr einer Ausschaltung ausländischer Eingriffsnormen durch eine Teilrechtswahl effektiv begegnet werden kann.1446 Die kollisionsrechtliche Wirkung einer Teilrechtswahl darf vor diesem Hintergrund nicht überbewertet werden. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Parteien in ihrer privatautonomen Gestaltungsfreiheit in den Grenzen der zwingenden Vorschriften ohnehin frei sind. Der weit überwiegende Teil einer Rechtsordnung ist disponibel. Die kollisionsrechtliche Teilrechtswahl erstreckt sich mithin nur auf jene zwingenden Vorschriften, denen kein internationaler Geltungsanspruch innewohnt, sodass die Gefahr von Gesetzesumgehungen gering ist.1447 Zudem haben die Parteien in der Regel kein Interesse daran, mehrere Teilrechtsordnungen zur Anwendung zu bringen. Der Nutzen einer solchen Vertragsspaltung ist gering. Die Parteien haben vielmehr ein starkes Interesse an einer vorhersehbaren und ausgeglichenen Beurteilung ihrer rechtlichen Beziehungen.1448 Beabsichtigen die Parteien trotz der geschilderten Nachteile die Vornahme einer Teilrechtswahl, so werden sie das anwendbare Recht danach ausrichten, dass beide Rechtsordnungen materiell-rechtlich miteinander harmonieren.1449 Im Ergebnis ist die Zulässigkeit der Teilrechtswahl mithin ein Ausfluss der Parteiautonomie, der nur von rechtstheoretischer Bedeutung ist und welcher die Gefahr der Gesetzesumgehung nahe legt, deren praktische Bedeutung allerdings gleichsam kaum vorhanden ist.1450 Unter Berücksichtigung der erwähnten kollisionsrechtlichen Dogmatik sind sowohl die Vornahme einer Makroals auch einer Mikroteilrechtswahl gleichwohl grundsätzlich zulässig. bb. Das Kriterium der Abspaltbarkeit als Zulässigkeitsvoraussetzung Art. 16 Rom II-VO stellt auf kollisionsrechtlicher Ebene nicht die einzige Schranke einer Teilrechtswahl dar. Das erwähnte Kriterium der Abspaltbarkeit der Teilfrage muss als Grenze von den Parteien weiterhin beachtet 1446 So Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 16 Rom II-VO Rn. 8; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 644; ferner v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 80 ff. für die Rom I-VO; Siehr, in: FS Keller, 1989, S. 485, 506 ff. zum EVÜ. 1447 Ebenso Siehr, in: FS Keller, 1989, S. 485, 503. Ferner sind die Grundsätze über die fraus legis zu beachten, die einer unzulässigen Gesetzesumgehung Rechnung tragen, vgl. hierzu unten S. 404 f. 1448 Tassikas, Dispositives Recht und Rechtswahlfreiheit S. 38; Schwander, in: FS Keller, 1989, 473, 487. 1449 Ebenso Tassikas, Dispositives Recht und Rechtswahlfreiheit S. 37; Wengler, IPR-Rechtsnormen, S. 37. Sollte sie die Gefahr der Gesetzesumgehung gleichwohl realisieren, bietet der ordre public (Art. 26 Rom II-VO) auf der Ebene des Sachrechts eine weitere Möglichkeit, um zwingende Wertungen des Forumstaates gleichwohl zu berücksichtigen. 1450 Ebenso Tassikas, Dispositives Recht und Rechtswahlfreiheit S. 38.
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werden. Nicht nur die Vertreter einer Makroteilrechtswahl, sondern auch die Befürworter einer Mikroteilrechtswahl erkennen das Erfordernis an, einer Teilrechtswahl Grenzen setzen zu müssen. Beide Ansichten stimmen insoweit überein, dass die Abspaltbarkeit der Teilfrage Zulässigkeitsvoraussetzung für die Rechtswahl ist.1451 Streitig ist allerdings, welcher Maßstab an die Abspaltbarkeit anzulegen ist, d.h. „zu bestimmen, inwieweit sich Rechtsregeln zu Teilfragen so verselbstständigen lassen, daß sie von anderen Normen getrennt werden können“1452.1453 Das hierzu vertretene Meinungsspektrum reicht von einer Anknüpfung an die Auflistung in Art. 15 Rom II-VO1454 über Differenzierungen nach dem „Wie“, „Was“ und „Wieviel“ der teilweisen Wahl einer Rechtsordnung1455 hin zu bloßen weiteren pauschalen Aussagen, wonach etwa einheitliche Zusammenhänge eines Rechtssystems nicht zerrissen werden dürfen1456 oder die Teilrechtswahl dort ihre Grenze finde, wo widersprüchliche Ergebnisse erzielt werden.1457 Insgesamt ist die Anzahl der Konkretisierungsbestrebungen groß.1458 Allerdings vermag keine zu gänzlich befriedigenden Ergebnissen zu führen, da sie entweder zu unbestimmt oder zu restriktiv ist oder für eine praktische Handhabung ungeeignet ist.1459 Hier soll auch nicht der weitere Versuch unternommen werden, positive Kriterien zur Abgrenzung einer zulässigen von einer unzulässigen Teilrechtswahl herauszuarbeiten. Vielmehr soll der Frage nachgegangen werden, ob das Kriterium der Abspaltbarkeit im Wege einer Negativdefinition konkretisiert werden kann und damit angemessene Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Teilrechtswahl entwickelt werden können. 1451 So die heute herrschende Meinung Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom IVO Rn. 28; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 70; Kondring, IPRax 2006, 425, 428; Windmöller, Die Vertragsspaltung im IPR, S. 71 f.; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 19. 1452 Jayme, in: FS Kegel, 1987, S. 253, 255. 1453 Weintraub, C.W.R.L.R. 25 (1974), 16, 21; Jayme, in: FS Kegel, 1987, S. 253, 255. 1454 Jayme, in: FS Kegel, 1987, S. 253, 263. 1455 Wiesner, Die Zulässigkeit der kollisionsrechtlichen Teilverweisung, S. 117 ff. 1456 Firschinger, in: Staudinger, 10. Aufl., vor Art. 12 EGBGB Rn. 341. 1457 Zum Streitstand Windmöller, Die Vertragsspaltung im IPR, S. 71 ff. 1458 Siehe z.B. Weintraub, C.W.R.L.R. 25 (1974), 16, 21; Jayme, in: FS Kegel, 1987, S. 253, 255; Wiesner, Die Zulässigkeit der kollisionsrechtlichen Teilverweisung, S. 117 ff.; Windmöller, Die Vertragsspaltung im IPR, S. 85 ff.; v. Hoffmann, IPRax 1989, 261 ff.; ders., in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 57 ff.; Firsching, in: Staudinger, 10. Aufl., vor Art. 12 EGBGB Rn. 341; Moss, in: FS Thue, 2007, 367, 373; Kropholler, IPR, S. 462 f.; Lagarde, rev.crit.dr.int.priv. 80 (1991), 287, 302; W. Lorenz, IPRax 1987, 269, 272. 1459 Siehe zu dieser Untersuchung bereits Windmöller, Die Vertragsspaltung im IPR S. 74 ff.
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Mit dem Kriterium der Abspaltbarkeit soll vermieden werden, dass inhaltlich zusammenhängende Fragen künstlich aufgespalten werden, d.h. dass die Vertragsspaltung in systematisch sinnvoller Weise erfolgt.1460 Auf diese Weise sollen Rechtsermittlungs- und Rechtsanwendungsprobleme vorgebeugt werden, welche mit der dépeçage einhergehen können.1461 Eine positive Definition des Kriteriums der Abspaltbarkeit ist im Interesse der Rechtssicherheit einerseits erstrebenswert, da sie Rechtssicherheit über die Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung und das anwendbare Recht schafft. Andererseits besteht die Problematik einer Begriffskonkretisierung darin, dass die Möglichkeiten unterschiedlicher Vertragsspaltungen scheinbar unbegrenzt sind. Dies bedingt, dass allein die Etablierung abstrakter Grundsätze, unter deren Einhaltung eine Teilrechtswahl zulässig ist, alle Möglichkeiten einer Teilrechtswahl umfassen kann. Aufgrund ihres Abstraktionsgrades sind sie für eine präzise Konkretisierung des Begriffs der Abspaltbarkeit allerdings wiederum ungeeignet. Die Ausarbeitung einer allgemein gültigen Definition ist mithin kaum realisierbar.1462 Geeigneter erscheint es vor diesem Hintergrund, die Voraussetzung der Abspaltbarkeit einer Negativdefinition zu unterwerfen und den Ausgangspunkt der Lösung nicht in einer systematischen Abspaltbarkeit der jeweiligen Rechtsfrage zu erblicken, sondern eine inhaltliche Betrachtung vorzunehmen, die an allgemeine Vertragsgrundsätze anknüpft. Dies steht im Ergebnis im Einklang mit der überwiegenden Literaturauffassung, die unter Zugrundelegung eines liberalen Ansatzes eine Teilrechtswahlvereinbarung ablehnt, wenn sie zu „unüberwindbaren Schwierigkeiten und absoluter Inkompatibilität der sich aus den verschiedenen zu Anwendungen berufenen Rechtsordnungen ergebenen Ergebnisse führen würde“1463.1464 Für eine inhaltliche Betrach1460 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 28; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 70; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 109. 1461 Giuliano/Lagarde, Bericht über das Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, BT-Drucks. 10/503, S. 36, 49; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 109; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 28; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 70; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 57; Windmöller, Die Vertragsspaltung im IPR, S. 83 ff. 1462 Zu berücksichtigen ist, dass die Parteien, wenn sie eine Teilrechtswahl treffen wollen, diese auch bezeichnen müssen. Die Parteien werden daher in der Regel selbst dafür Sorge tragen, dass den Gegenstand der Rechtswahl einen abgrenzbaren bzw. abspaltbaren Teilbereich bildet. 1463 Kondring, IPRax 2006, 425, 428. 1464 Kondring, IPRax 2006, 425, 428; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 71; ähnlich v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 59 ff.; Tassikas, Dispositives Recht und Rechtswahlfreiheit S. 38; Jayme, in: FS Kegel, 1987, S. 253, 261; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 6; Köthe, Schranken der Parteiautonomie S. 82 ff.; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 37; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 21.
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tung spricht die Erwägung, dass die Spaltung einer „nicht sinnvoll zu trennenden Teilfrage“ nicht vermieden werden muss, wenn unter Anwendung beider Teilrechtsordnungen das anwendbare Recht feststellbar ist und keine widersprüchlichen Ergebnisse erzielt werden.1465 Schließlich verfolgt die Voraussetzung der inhaltlichen Abspaltbarkeit nicht das Ziel, einer Rechtsordnung oder dem Teil einer Rechtsordnung zur Durchsetzung zu verhelfen. Wie eingangs bereits erwähnt wurde, tritt der staatliche Geltungsanspruch aufgrund des Auslandsbezuges in den Hintergrund. Im Ergebnis steht daher vielmehr das Ziel im Vordergrund, Rechtsermittlungs- und Rechtsanwendungsprobleme zu vermeiden, welche die Anwendung von zwei Rechtsordnungen begründen können.1466 Eine Abspaltbarkeit könnte demnach anzunehmen sein, wenn die Teilfrage nicht wegen Perplexität oder Unbestimmtheit unwirksam ist.1467 Perplexität in diesem Sinne ist anzunehmen, wenn die Parteien mindestens zwei Teilrechtswahlvereinbarungen getroffen haben, die sich bereits auf kollisionsrechtlicher Ebene gegenseitig widersprechen oder wenn sich im Rahmen der Rechtsermittlung und -anwendung widersprüchliche Ergebnisse ergeben, die nicht durch Auslegung der Rechtswahlvereinbarung beseitigt werden können. Eine Verletzung des Bestimmtheitsgrundsatzes müsste dann angenommen werden, wenn die Bestimmbarkeit des anwendbaren Rechts nicht mehr gewährleistet ist. Dies wäre im vorliegenden Zusammenhang der Fall, wenn die Rechtswahlvereinbarung den Rechtswahlgegenstand zu unpräzise umschreibt und daher das anwendbare Recht für den Richter nicht mit hinreichender Sicherheit im Sinne von Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO ermittelbar ist.1468 Nicht jede geringfügige Widersprüchlichkeit oder Unbestimmtheit kann danach die Unwirksamkeit der Vereinbarung begründen. Im Interesse einer umfassend gewährleisteten Rechtswahlfreiheit ist kein strenger Maßstab anzulegen. Als Rechtsfolge führen die Perplexität und Unbestimmtheit zur Unwirksamkeit der Teilrechtswahlvereinbarung. Dies steht im Einklang mit der Lösung von Anpassungsproblemen bei Normenwidersprüchen, wonach zur Auflösung von Normenwidersprüchen u.a. die 1465 Die Vornahme einer Teilrechtswahl mag dann zwar aus objektiver Sicht unnötig sein. Die Motive der Parteien sind hier jedoch außer Betracht zu lassen. 1466 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 28; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 109; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 70; Giuliano/Lagarde, Bericht über das Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, BT-Drucks. 10/503, S. 36, 49; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 57; Windmöller, Die Vertragsspaltung im IPR, S. 83 ff. 1467 Halten die Parteien im Rahmen ihrer Teilrechtswahl jene Voraussetzungen ein, mag die Prognose gewagt werden, dass mit ihr auch eine inhaltlich sinnvolle Abspaltbarkeit einhergeht. 1468 Hohloch, in: Erman, Art. 14 Rom II-VO Rn. 7; vgl. zum Bestimmtheitsgrundsatz bereits oben S. 227 ff.
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Anwendung einer einheitlichen Anknüpfung, vorgeschlagen wird.1469 Im Hinblick auf die Ermittlung des anwendbaren Rechts hat dies zur Folge, dass einheitlich auf die objektive Anknüpfung zurückzugreifen ist. Wurden mehrere Teilrechtswahlvereinbarungen getroffen, stellt sich die Frage, ob die Unwirksamkeit der einen Teilrechtswahl auf die anderen bzw. weiteren Vereinbarungen durchschlägt. Maßgeblich ist hierfür der Parteiwille im Einzelfall. Im Zweifel ist von der Wirksamkeit der anderen Teilrechtswahlvereinbarung auszugehen. So ist bei einer Perplexität aufgrund von Widersprüchen im anzuwendenden Sachrecht im Zweifel nicht davon auszugehen, dass die andere Teilrechtswahlvereinbarung unwirksam sein soll. Dasselbe gilt bei einer Unwirksamkeit der Teilrechtswahlvereinbarung, wenn diese aufgrund der unzureichenden Bestimmbarkeit ihres Rechtswahlgegenstandes unwirksam ist. Zwar ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Parteien im Zweifel für ihr Schuldverhältnis ein einheitliches Recht zur Anwendung bringen möchten.1470 Haben die Parteien allerdings zwei Teilrechtswahlvereinbarungen getroffen, bringen sie damit den gegenteiligen Willen zum Ausdruck. Ist die Teilrechtswahlvereinbarung infolge einer Perplexität aufgrund des Verhältnisses zu der anderen Teilrechtswahlvereinbarung unwirksam, führt diese Fehlerdidentität freilich zur Unwirksamkeit beider Teilrechtswahlvereinbarungen. cc. Zwischenergebnis Insgesamt kann somit festgestellt werden, dass Art. 14 Rom II-VO eine Mikro- und Makroteilrechtswahl erlaubt, wenn mit ihr keine widersprüchlichen Ergebnisse erzielt werden und die Vereinbarung hinreichend bestimmt ist. Unter Einhaltung dieser Voraussetzungen wird regelmäßig auch das Kriterium der inhaltlichen Abspaltbarkeit gewahrt bleiben. Bei antizipierten Rechtswahlvereinbarungen ist von der Vornahme einer Teilrechtswahl aufgrund der mit ihr einhergehenden Rechtsunsicherheit im Hinblick auf ihre Wirksamkeit und der mit ihr einhergehenden Qualifikations- und Anpassungsschwierigkeiten abzuraten. Eine nachträgliche Rechtswahlvereinbarung ist einer Teilrechtswahl besser zugänglich. Die Parteien sollten allerdings gute Kenntnisse in den anwendbaren Rechtsordnungen haben, sich über die Rechtsfolgen bewusst sein und den Teilrechtswahlgegenstand hinreichend bestimmt bezeichnen.
1469 1470
v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 6 Rn. 36; Kropholler, IPR, S. 238 f. BGH JZ 1961, 261 m. Anm. Henrich S. 262, 263; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 65; E. Lorenz; RIW 1992, 697, 703; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 19; Spellenberg, IPRax 1990, 295; Moss, in: FS Thue, 2007, S. 367, 372.
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dd. Missbrauchskontrolle bei Teilrechtswahl Wie bereits bei der Beurteilung des Anknüpfungsgegenstandes der Rechtswahl und der Voraussetzungen für eine antizipierte Rechtswahl festgestellt werden konnte, endet die Parteiautonomie dort, wo öffentliche Interessen oder Interessen Dritter den Parteiwillen überlagern.1471 In diesem Fall wird der Bereich einer legitimen Teilrechtswahl überschritten. So darf etwa im Interesse einer funktionierenden Rechtspflege und Rechtsschutzes die Rechtswahl nicht dazu führen, dass der Richter zum bloßen Spielball der Parteien wird oder eine Partei aufgrund des erhöhten Rechtsermittlungsaufwandes von ihrer Rechtsverfolgung abgehalten werden würde.1472 Angesprochen ist damit die allgemeine Missbrauchsgefahr, welche die Kehrseite des Grundsatzes der Parteiautonomie bildet und die im Rahmen einer Teilrechtswahl besonderes Augenmerk verdient.1473 Wie bereits festgestellt werden konnte, findet auf der kollisionsrechtlichen Ebene mit Ausnahme der bereits erwähnten Vorschriften keine europäische Inhaltskontrolle statt.1474 Die Grundlage für die Urteilung über eine missbräuchliche Teilrechtswahl bildet das anwendbare Sachrecht. Grundsätzlich entscheidet über die Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung das gewählte Recht.1475 Dies gilt gem. Art. 3 Abs. 1 S. 2, 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO analog auch für die Teilrechtswahl.1476 Würde man in der Folge diesen Grundsatz auf die Teilrechtswahl uneingeschränkt übertragen, könnte damit der eigentlichen 1471 1472
Siehe hierzu oben S. 60 ff. Die Argumentation ist diesbezüglich in weiten Teilen mit der Argumentation hinsichtlich der Wählbarkeit nicht-staatlichen Rechts identisch, vgl. hierzu oben S. 296 ff. 1473 Vgl. allgemein zur Zulässigkeit einer europäischen Missbrauchskontrolle oben S. 183 ff. 1474 Siehe oben S. 183 ff. 1475 OLG Hamm, NJW-RR 1989, 496, 497; OLG Celle, ZIP 2001, 1724; Bach, in: Huber, Rome II-Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 16 f.; Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 11; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 3; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR; Art. 14 Rom II-VO Rn. 27; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 18; Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, Art. 14 Rom II-VO Rn. 3; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; Loacker, Der Verbrauchervertrag im IPR S. 13 ff., 154 ff. m.w.N.; Leible, RIW 2008, 257, 260; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 6 f.; ders., in: The Rome II Regulation, S. 113, 123 f.; Rushworth/Scott, L.M.C.L.Q. 2008, 274, 292; Pfütze, ZEuS 2011, 35, 52; Simitis, JuS 1966, 209, 216; Baumert, RIW 1997, 805, 806 f.; Schwung, WM 1984, 1301, 1302; Schwander, in: FS Keller, 1989, S. 473, 481 f.; Basedow, Rechtswahl und Gerichtsstandsvereinbarungen, 1987, S. 6 ff., 10; E. Lorenz, RIW 1992, 697, 698 f.; Sandrock, RIW 1096, 841, 848 f.; W. Lorenz, Vertragsabschluß und Parteiwille im internationalen Obligationenrecht S. 204 f.; Sieg, RIW 1997, 811, 815; H. Stoll, in: FS Heini, 1995, S. 429, 430 ff.; Jayme, in: FS W. Lorenz, 1991, S. 435; Heiss, RabelsZ 65 (2001), 634, 636 ff.; Eckert, EWiR 2001, 1051 f.; Leible/Lehmann, RIW 2008, 528, 532; Coester-Waltjen, in: FS Sonnenberger, 2004, S. 343, 349 f. 1476 Heiss, RabelsZ 65 (2001), 624, 637.
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Problematik, nämlich der mehrfachen Vornahme einer Teilrechtswahl, aus deren Gesamtschau die Missbräuchlichkeit resultiert, nicht Rechnung getragen werden. Zur Ermittlung der Maßstäbe für eine Missbräuchlichkeit ist daher ausnahmsweise auf das nach objektiver Anknüpfung anwendbare Sachrecht abzustellen.1477 ee. Anwendbarkeit der allgemeinen Regeln und Auslegung Auf die Teilrechtswahlvereinbarung finden i.Ü. die allgemeinen Regeln über das Zustandekommen und die Wirksamkeit Anwendung.1478 Die Teilrechtswahlvereinbarung kann somit ausdrücklich oder konkludent abgeschlossen werden sowie vor oder nach Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses erfolgen.1479 Darüber hinaus unterliegt sie derselben Gestaltungsfreiheit wie eine einheitliche Rechtswahlvereinbarung und kann somit gleichsam grundsätzlich unter eine Bedingung oder Befristung gestellt werden. Eine ausdrücklich getroffene Teilrechtswahl begründet nach überwiegender Ansicht nicht die Auslegungsregel, dass im Zweifel das gesamte Schuldverhältnis dem gewählten Recht unterliegen soll, weil die Parteien das übrige Recht auch der objektiven Anknüpfung unterstellen können.1480 Dies entfaltet etwa im Rahmen der bereits erwähnten construction clauses Relevanz,1481 mit deren Hilfe die Parteien das auf die Auslegung anwendbare Recht wählen.1482 Im Übrigen entscheidet über die Auslegung der getroffenen Teilrechtswahlklausel unter konsequenter analoger Anwendung des Art. 3 Abs. 5, 10 Rom I-VO und der Berücksichtigung des Art. 12 Abs. 1 lit. a Rom I-VO das gewählte Recht.1483 Hilfsweise wird auf das 1477 1478
Ebenso Heiss, RabelsZ 65 (2001), 624, 637. v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 84 ff.; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 27; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 104 ff.; Moss, in: FS Thue, 2007, 367, 373. 1479 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 27; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 84; Giuliano/Lagarde, Bericht über das Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, BT-Drucks. 10/503, S. 36, 49; Moss, in: FS Thue, 2007, S. 367, 373; Kondring IPRax 2006, 425; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 105; Bertoli, riv.dir.int.priv.proc. 2009, 697, 704 f.; ders., Dir.UE 2009, 231-266; Mills, in: The Rome II Regulation, S. 133, 149. 1480 Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 73; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 37; ders., JZ 2000, 477, 479; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 84; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 65; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 107; Jayme, in: FS Kegel, 1987, S. 253, 264. 1481 Vgl. hierzu oben S. 198 ff. 1482 Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 104; Jayme, in: FS Kegel, 1987, S. 253, 264; Dicey/Morris/Collins, Conflict of Laws, Vol. 2, Rn. 32-050. 1483 Vgl. hierzu bereits oben S. 146 ff, S. 166. Im Allgemeinen ebenso Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 10 Rom I-VO Rn. 4; a.A. v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR,
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nach objektiver Anknüpfung anwendbare Recht zurückzugreifen sein, wenn die Auslegung sich mit den erwähnten „Qualifikationsschwierigkeiten“ zu beschäftigen hat, die eine unpräzise Teilrechtswahlklausel mit sich bringt, d.h. wenn die Frage beantwortet werden muss, ob eine aufgeworfenen Teilfrage unter die Rechtswahlklausel fällt oder nicht. Eine konkludente Teilrechtswahl ist aufgrund der schwerwiegenden Nachteile für die Rechtsermittlung und Rechtsanwendung nur bei äußerster Zurückhaltung und eindeutiger Indizien anzunehmen.1484 Umgekehrt spricht aufgrund dessen viel für eine tatsächliche Vermutung gegen eine Teilrechtswahl.1485 Im Zweifel ist vielmehr davon auszugehen, dass die Parteien eine einheitliche Regelung beabsichtigten.1486 2. Kumulative Rechtswahl Als weitere Gestaltungsmöglichkeit des Anknüpfungsmomentes wird in der Literatur ferner der praktisch unwahrscheinliche Fall diskutiert, dass die Parteien sich auf die Anwendung zweier Rechtsordnungen einigen, die parallel zueinander anzuwenden sind (sog. kumulative Rechtswahl).1487 Unter Berücksichtigung der zur Teilrechtswahl angeführten Argumente ist eine solche Rechtswahlvereinbarung wegen Perplexität oder Unbestimmtheit grundsätzlich unwirksam, es sei denn die Parteien vereinbaren eine Hierarchie zwischen den beiden Rechtsordnungen, zum Beispiel, dass eine Rechtsordnung nur lückenfüllend heranzuziehen sei.1488 3. Wandelbarkeit der Rechtswahl Neben der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein außervertragliches Schuldverhältnis durch eine Teilrechtswahl gespalten werden kann, stellt sich die Frage, inwieweit eine einmal getroffene Rechtswahlvereinbarung wieder abgeändert werden kann. Die Ausgangssituation beider Fragen Art. 3 Rom I-VO Rn. 9, der aus dem fehlenden Verweis in Art. 3 Abs. 5 Rom I-VO den Umkehrschluss zieht, dass der Gedanke des Art. 12 lit. a Rom I-VO nicht zum Tragen kommen solle. 1484 Ausführlich hierzu v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 86; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 27; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 19. 1485 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 27; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 19; Kropholler IPR, S 462; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 65. 1486 BGH JZ 1961, 261 m. Anm. Henrich S. 262, 263; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 65; E. Lorenz; RIW 1992, 697, 703; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 19; Spellenberg, IPRax 1990, 295; Moss, in: FS Thue, 2007, S. 367, 372. 1487 v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 82 f.; Heini, in: FS Moser, 1987, S. 67, 71; Bälz, IPRax 2005, 44, 46; Kondring, IPRax 2007, 241, 244. 1488 Ähnlich v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 82 f.
§ 6 Das Anknüpfungsmoment des Art. 14 Rom II-VO
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ist weitgehend identisch. Ebenso wie im Rahmen der Teilrechtswahl entscheidet über die Zulässigkeit der Neuwahl die lex fori.1489 Die Rom II-VO enthält für diese Form der Gestaltung des Anknüpfungsmomentes jedoch keine Regelung.1490 Die Rom I-VO, deren Regeln im Anwendungsbereich der Rom II-VO gleichsam zur lex fori zählen, sieht in Art. 3 Abs. 2 S. 1 Rom I-VO hingegen die Regelung vor, dass eine Rechtswahlvereinbarung einer jederzeitigen Änderungsmöglichkeit unterliegt.1491 Vor diesem Hintergrund könnte auch hier erwogen wären, ob der europäische Gesetzgeber bewusst unterschiedliche Regelungen gewählt hat, um das Gebot einer inhaltlich differenzierenden Auslegung zu verdeutlichen.1492 Dagegen ist wiederum anzuführen, dass die Parteiautonomie im Einklang mit der Überschrift der subjektiven Kollisionsnorm grundsätzlich eine freie Rechtswahl gewährleisten will, welche die Parteien nicht an eine getroffene Rechtswahlvereinbarung bindet.1493 Einer analogen Anwendung des Art. 3 Abs. 2 S. 1 Rom I-VO bedarf es daher nicht.1494 An der Zulässigkeit der Änderung einer bereits getroffenen Rechtswahlvereinbarung können auch vor dem Hintergrund des Erwägungsgrunds 71495 der Rom II-VO keine ernsthaften Zweifel bestehen.1496 Das Fehlen einer entsprechenden Regelung ist genau1489 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 29; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 78; Giuliano/Lagarde, ABL. EG 1980 Nr. C 272 S. 17 f. 1490 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; Wurmnest, in: jurisPKBGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 7; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 24. 1491 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 29; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 24; Ringe, in: jurisPK-BGB, Art. 3 Rom I-VO. 1492 Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 24. 1493 Die einzelne Partei ist an eine getroffene Rechtswahlvereinbarung grundsätzlich gebunden. Eine einseitige Änderung ist ausgeschlossen. Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 22; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 125. 1494 Anders Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 7; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 24. 1495 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 4; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 24. 1496 Bereits das Reichsgericht hat die Möglichkeit bejaht eine bereits getroffene Rechtswahlvereinbarung wieder zu ändern, vgl. RG IPRspr. 1626/27 Nr. 37; hierzu Raape, in: FS Boehmer, 1954, S. 111, 114 f.; ebenso BGH NJW 1991, 1292; OLG Frankfurt IPRax 1992, 314-318; OLG Köln, NJW 1987, 1151, 1152; LG Stuttgart Urteil v. 06.04.2006, Az. 17 O 241/05 Rn. 105: LG Heidelberg IPRspr 2004, Nr. 21, 43-46; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 47; ders., IPRax 1998, 462, 464 f.; Schack, NJW 1984, 2736, 2737; Ringe, in: juris-PK-BGB, Art. 3 Rom I-VO; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 7; Thorn, in: Palandt, Art. 3 Rom I-VO Rn. 11; ders., in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 11; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.36; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 80; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 24; ders., JZ 2000, 477, 478; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 124; v. Hein, in: Rauscher, Art. 3 Rom I-VO Rn. 95; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 130; Lüderitz, in: FS Keller, 1989, S. 459, 460; Mansel, ZVglRWiss 86 (1987), 1, 6 f.; Pfister, RIW 1973, 440, 443;
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Zweites Kapitel: Der Tatbestand des Art. 14 Rom II-VO
so unschädlich für das Bestehen einer Änderungsmöglichkeit, wie für die Möglichkeit der Teilrechtswahl.1497 Man spricht auch von der sog. Wandelbarkeit des Vertragsstatuts.1498 Auf den neuen Rechtswahlvertrag finden die allgemeinen Regeln Anwendung.1499 Die Vorschriften über die Wirksamkeit und das Zustandekommen der Rechtswahlvereinbarung sind demnach gemäß Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO analog dem neu gewählten Recht zu entnehmen.1500 Die Parteien können ferner eine Teilrechtswahl treffen oder abändern oder die Vereinbarung bedingen, befristen oder gänzlich aufheben.1501 Sie können der Änderungsvereinbarung auch nur eine materiell-rechtliche Wirkung zuschreiben. Im Prozess ist die Änderbarkeit des gewählten Rechts so lange möglich, wie die jeweiligen nationalen Prozessvorschriften die Einführung neuer Tatsachen zulassen.1502
W. Lorenz, IPRax 1989, 269, 273; Krapfl, IRPax 2002, 380, 383; Reinhart, IPRax 1995, 365, 367 f.; Freitag/Leible, ZVglRWiss 99 (2000), 101, 109; Kondring, IPRax 2006, 425, 431; Hohloch/Kjelland, IPRax 2002, 30; Hohloch/Jaeger, JuS 2000, 1133, 1136; Hohloch, NZV 1988, 161, 164; ders., in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 22, 23; Raape, in: FS Boehmer, 1954, S. 111, 115 f. 1497 Im Ergebnis ebenso Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 7; Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 11; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom IIVO Rn. 24. 1498 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 29; Hohloch, NZV 1988, 161, 164. 1499 Thorn, in: Palandt, Art. 3 Rom I-VO Rn. 11; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 78. 1500 Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 78. 1501 BGH NJW 1991, 1292, 1293; OLG Hamm, RIW 1993, 939, 940; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 29; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 67; zur Frage, ob die Änderung einer Rechtswahlvereinbarung im Zweifel ex nunc oder ex tunc wirkt, siehe unten S. 344 ff. Entsteht zwischen den Parteien ein weiteres außervertragliches Schuldverhältnis und treffen die Parteien hierfür eine abweichende Rechtswahl nach Art. 14 Abs. 1 Rom II-VO, kann hieraus nicht unmittelbar geschlussfolgert werden, dass die Parteien damit eine Änderung des anwendbaren Rechts für das zuvor bestehende außervertragliche Schuldverhältnis (konkludent) beabsichtigt haben, vgl. zum internationalen Vertragsrecht Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 79; Hill, ICLQ 53 (2004), 325, 332 f. Hinzutreten müssen vielmehr weitere Umstände, die eine solchen Schluss nahelegen. 1502 OLG Düsseldorf RIW 1987, 793; Hohloch, in: Erman, Art. 14 Rom II-VO Rn. 7; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 78; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 29.
Drittes Kapitel
Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung § 7 Wirkungen von Rechtswahlvereinbarungen A. Wirkungen wirksamer Rechtswahlvereinbarungen Enthält der von den Parteien in Bezug genommene Anknüpfungsgegenstand keine Restriktionen hinsichtlich der Zulässigkeit der getroffenen Rechtswahlvereinbarung und liegen die Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Parteiwillens als Anknüpfungsmoment vor, spricht Art. 14 Rom II-VO als Rechtsfolge einen entsprechenden Anwendungsbefehl für das gewählte Sachrecht aus, der für die Parteien und den Richter grundsätzlich verbindlich ist. Dieser Anwendungsbefehl geht nicht über den Anknüpfungsgegenstand und den im Rechtswahlvertrag bezeichneten Rechtswahlgegenstand hinaus.1 Treffen die Parteien beispielsweise eine Rechtswahlvereinbarung „für ihre gegenseitigen Ansprüche aus einem Autounfall zugunsten der Rechtsordnung von Land X“, werden grundsätzlich nur die hierfür qualifizierten Vorschriften zur Anwendung berufen. Es findet trotz gegenteiliger Formulierung in der Rechtswahlvereinbarung nicht die gesamte Rechtsordnung Anwendung, da die Rechtswahl auf den Anknüpfungsgegenstand beschränkt ist. Vor diesem Hintergrund stellt Art. 15 Rom II-VO als Auslegungsregel klar, welche weiteren Teilbereiche von dem gewählten Recht erfasst werden.2 Sofern Vorschriften etwa im Rahmen einer kollisionsrechtlichen Vorfrage i.w.S.3 oder Teilfrage4 Anwendung fin1 2
Vgl. oben die Ausführungen zur Systematik S. 56 ff. Vgl. oben S. 135 ff. Grundsätzlich spielt die nationale Rechtsnatur der einzelnen Vorschriften für den Anwendungsbefehl des Art. 14 Rom II-VO keine Rolle. Es kommt darauf an, ob das Verhalten der Normadressaten, das jene Vorschriften regeln, als originär hoheitlich einzustufen ist. Ist dies der Fall, findet für sie grundsätzlich das Territorialitätsprinzip Anwendung (siehe Kegel/Schurig, IPR, S. 1092 ff.). Jene Vorschrift regelt dann keine Zivilsache im Sinne von Art. 1 Rom I-VO/Rom II-VO, sondern eine öffentlich-rechtliche Sache. Das streitgegenständliche Verhalten fällt dann ferner aus dem Anwendungsbereich der Rom-Verordnungen ausweislich ihres Art. 1 heraus, vgl. etwa Spickhoff, IPRax 2005, 125, 127, der das Vorliegen einer Zivilsache anhand des Gebührenrechts für Rechtsanwälte prüft. 3 Eine kollisionsrechtliche Vorfrage i.w.S. stellt sich, wenn nach dem Bestehen eines präjudiziellen Rechtsverhältnisses gefragt wird, das grundsätzlich von dem materiellen Recht der berufenen Rechtsordnung, d.h. der lex causae, aufgeworfen wird. Die Vorfrage
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Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung
den sollen, die abweichend von der Hauptfrage zu qualifizieren sind und mithin einem anderen Anknüpfungsgegenstand unterliegen, muss die Zulässigkeit der Rechtswahl für den jeweiligen Anknüpfungsgegenstand sowie der Inhalt des Parteiwillens und dessen diesbezügliche Reichweite erneut geprüft werden. Im Zweifel ist davon auszugehen, dass die Parteien eine einheitliche Betrachtung jener Fragen beabsichtigten. Fraglich ist, wie die Wirkungen des Anwendungsbefehls des Art. 14 Rom II-VO konkretisiert werden können. I. Prorogations- und Derogationswirkung Im Regelfall bestimmen die Parteien das anwendbare Sachrecht im Wege eines positiven Verweises auf die Rechtsordnung eines bestimmten Staates. Sie treffen mithin eine Prorogationsvereinbarung. Den Parteien steht es allerdings auch frei, eine Derogationsabrede dahingehend zu treffen, welches Recht keine Anwendung finden soll.5 Während früher die Ansicht vertreten wurde, dass die Parteiautonomie zur unmittelbaren Ersetzung der zwingenden sachrechtlichen Vorschriften führe, d.h. dass die zwingenden Vorschriften unmittelbar in den Vertrag inkorporiert werden würden,6 wird diese Wirkung heute nur noch der materiell-rechtlichen Verweisung zugeschrieben.7 Im Hinblick auf die kollisionsrechtliche Wirkung der Vereinbarung wird im Einklang mit den Wirkungen von Gerichtsstands- und Schiedsvereinbarungen nunmehr mit den Kriterien der pro- und derogati-
i.w.S. kann für sich allein erheblich sein und stellt sich nur nach der kollisionsrechtlichen Verweisung. Siehe hierzu v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 6 Rn. 42 ff. 4 Die kollisionsrechtliche Teilfrage ist dadurch gekennzeichnet, dass sie Teil einer Hauptfrage ist und für sich allein nicht erheblich werden kann. Sie stellt sich nur nach der kollisionsrechtlichen Verweisung. Zu diesem Begriff v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 6 Rn. 42 ff. 5 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 11; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 71; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 19; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 67 f.; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 10 Rn. 28; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 18 ff.; Leible, in: AnwK-BGB, Art. 27 EGBGB Rn. 44; Diese Möglichkeit folgt nach hier vertretener Aufassung aus der Privatautonomie und der daraus gewährleisteten Gestaltungsfreiheit. Da sie aufgrund der hilfsweisen Anknüpfung an die nächst engere Verbindung nicht die gleichen Vorteile wie eine positive Rechtswahlvereinbarung hinsichtlich der Sicherheit über das anwendbare Recht bieten kann, wird sie die Ausnahme bleiben; siehe auch bereits oben S. 9 ff. 6 Boggiano, RdC 170 (1981/1), 9, 50 ff.; siehe auch Rassmussen-Bonne, Alternative Rechts- und Forumswahlklauseln, S. 218. 7 Ferrari, in: Ferrari, Internationales Vertragsrecht, Art. 3 Rom I-VO Rn. 6 f.; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 15; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 39; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 2; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/ EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 4.
§ 7 Wirkungen von Rechtswahlvereinbarungen
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ven Wirkung gearbeitet.8 In erster Linie kommt der Rechtswahlvereinbarung bei positiver Bestimmung des anwendbaren Rechts damit eine Prorogationswirkung zu, d.h. die Parteien wählen eine bestimmte Rechtsordnung mitsamt seiner zwingenden Vorschriften.9 Aus dem grundsätzlichen Ausschluss der Möglichkeit einer kumulativen Rechtswahl10 und dem Zusammenspiel von objektiver und subjektiver Anknüpfung11 lässt sich ableiten, dass die Kehrseite der Prorogationswirkung in der Derogationswirkung des nach objektiver Anknüpfung anwendbaren Sachrechts liegt.12 Durch die prorogative Wirkung werden sowohl die zwingenden als auch die dispositiven Vorschriften des ohne die Rechtswahlvereinbarung anwendbaren Rechts durch die angewählten Regelungen ersetzt.13 Der wirksam gebildete Parteiwille verdrängt hinsichtlich desselben Anknüpfungsgegenstands mithin die jeweilige objektive Anknüpfung, d.h. sie wird vom Parteiwillen derogiert. In dieses Bild fügt sich der Grundsatz vom Vorrang der Parteiautonomie ein, wonach der Parteiwille vor den objektiven Anknüpfungen zu beachten ist.14 Sofern Restriktionen im Hinblick auf den Umfang des gewählten Rechts kollisionsrechtlich vorgesehen sind, wirkt sich dies in der Reichweite der Verweisung unmittelbar aus. So sind z.B. nach Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO die zwingenden Vorschriften des Rechts
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H. Stoll, in: FS Kegel, 1987, S. 623, 647 f.; Heiss, in: Rome I Regulation, S. 1, 3. Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 15; Thorn, in: Palandt, Art. 3 Rom I-VO Rn. 2; Ferrari, in: Ferrari, Internationales Vertragsrecht, Art. 3 Rom I-VO Rn. 6 f.; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 38; Ringe, in: jurisPK-BGB, Art. 3 Rom IVO Rn. 9; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 12. 10 Vgl. oben S. 338 ff. 11 Vgl. oben zur Systematik S. 56 ff. sowie die Ausführungen sogleich unten. 12 Dies ist grundsätzlich denkbar. Der Derogationseffekt hat aber dann nur eine geringe dogmatische Bedeutung. Ob und unter welchen Voraussetzungen eine Rechtswahl zulässigerweise vereinbart werden kann, richtet sich nach der lex fori. Im Anwendungsbereich des Art. 14 Rom II-VO ist die positive Bestimmung des anwendbaren Rechts mithin stets beachtlich; die Derogationswirkung spielt keine Rolle. Außerhalb des Anwendungsbereichs der Rom II-VO, d.h. bei Klagen in Dänemark oder drittstaatlichen Ländern richtet sich die Beachtlichkeit der Rechtswahlvereinbarung gleichsam nach dem Kollisionsrecht der lex fori. Inwieweit einer Rechtswahlvereinbarung pro- oder derogative Wirkung zukommt, richtet sich somit nach den dort geltenden Grundsätzen. Erkennt man eine Derogationswirkung gleichwohl an, kann sie etwa im Rahmen von Art. 6 Abs. 2 S. 2 Rom I-VO Bedeutung erlangen. Dort fände sie ihre Grenzen, weil zum Schutze des Verbrauchers die für ihn günstigeren zwingenden Vorschriften weiterhin Anwendung finden. Die Derogationswirkung wird insoweit durchbrochen 13 Vgl. im Ergebnis Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 15; Thorn, in: Palandt, Art. 3 Rom I-VO Rn. 2; Ferrari, in: Ferrari, Internationales Vertragsrecht, Art. 3 Rom I-VO Rn. 6 f.; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 38; Ringe, in: jurisPKBGB, Art. 3 Rom I-VO Rn. 9. 14 Leible, in: Europäisches Gemeinschaftsrecht und IPR, 2007, S. 31, 46.
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Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung
des Staates, mit dem der Sachverhalt allein verknüpft ist,15 von der prorogativen Wirkung ausgenommen, wenn ein reiner Inlandssachverhalt vorliegt.16 Jene Vorschriften unterliegen somit gleichzeitig auch einer derogativen Wirkung. Dieser Erkenntnisgewinn hat im Vergleich zur derogativen Wirkung von Gerichtsstandsvereinbarungen17 indes kaum praktische Auswirkungen.18 Dort besteht das Bedürfnis nach einer ausschließlichen Zuständigkeit des prorogierten Gerichts, weil der Prorogationseffekt nur die Zuständigkeit eines bestimmten Gerichts begründet. Wenn eine Partei entgegen der Zuständigkeitsvereinbarung das Gericht eines derogierten Mitgliedstaates anruft, muss dieses in der Folge die Wirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung auf Rüge des Beklagten hin überprüfen.19 Ohne einen entsprechenden Derogationseffekt bliebe die Klagemöglichkeit an anderen gesetzlich begründeten Gerichtsständen mithin bestehen, wenn die Parteien den prorogierten Gerichtstand nicht als ausschließlichen deklarieren.20 Demgegenüber wird die prorogative Wirkung von jedem angerufenen mitgliedstaatlichen Gericht gleichermaßen beachtet.21 Dem Derogationseffekt kommt vor diesem Hintergrund nur dogmatische Relevanz zu. II. Zeitliche Wirkung antizipierter und nachträglicher Rechtswahlvereinbarungen In der Folge stellt sich die Frage, ab welchem Zeitpunkt die objektiven Anknüpfungen von dem übereinstimmenden Parteiwillen verdrängt werden, d.h. welche zeitliche Wirkung einer Rechtswahlvereinbarung zukommt, wenn die Parteien keine diesbezügliche Abrede getroffen haben. Hierfür muss zwischen der vorherigen und nachträglichen Rechtswahl differenziert werden. Der Abschluss einer antizipierten Rechtswahlvereinbarung hat grundsätzlich eine ex nunc-Wirkung, sofern die Parteien keine anderweitige Regelung getroffen haben, indem sie die Vereinbarung beispielsweise aufschiebend befristet haben. Entsprechend dem Abgrenzungs15
Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 41. Diese Regelung ist dogmatisch konsequent. 16 v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 100, 121; Hohloch, in: Erman, Art. 14 Rom II-VO Rn. 14; vgl. hierzu im Einzelnen unten S. 369 ff. 17 Hierzu Gottwald, in: MünchKomm-ZPO, Art. 23 EuGVO Rn. 70; Kropholler/ v. Hein, EuZPR, Art. 23 EuGVO Rn. 13, 97; Mankowski, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 23 Brüssel I-VO Rn. 59. 18 Er wird in der Literatur daher zu Recht vernachlässigt. 19 Kropholler/v. Hein, EuZPR, Art. 23 EuGVO Rn. 13, 96; Gottwald, in: MünchKomm-ZPO, Art. 23 EuGVO Rn. 70; Stadler, in: Musielak-ZPO, Art. 23 EuGVO Rn. 13. 20 So im Ergebnis auch Mankowski, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 23 Brüssel IVO Rn. 59; Magnus, in: Magnus/Mankowski, Brussel I Regulation, Art. 23 EuGVO Rn. 147. 21 Vgl. Art. 3 Rom II-VO.
§ 7 Wirkungen von Rechtswahlvereinbarungen
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kriterium von antizipierter und nachträglicher Rechtswahl treten die Wirkungen der antizipierten Rechtswahl im Regelfall ab Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses ein.22 Haben die Parteien eine nachträgliche Rechtswahlvereinbarung getroffen oder wollen sie eine bereits getroffene Rechtswahlvereinbarung ändern oder aufheben, stellt sich die Frage, ob diese Vereinbarung auf den Zeitpunkt des Eintritts des schadensbegründenden Ereignisses zurückwirkt oder nur in Zukunft Geltung entfaltet.23 Aus dem Grundsatz der Parteiautonomie und der daraus resultierenden Gestaltungsfreiheit folgt, dass in erster Linie der Parteiwille über die zeitliche Wirkung der Rechtswahl entscheidet.24 Fraglich ist vor diesem Hintergrund, welche Wirkung anzunehmen ist, wenn eine entsprechende Abrede fehlt. Die Frage war unter Geltung des EVÜ streitig.25 Insbesondere weil das gewählte Recht auch über das Zustandekommen und die Wirksamkeit des Schuldverhältnisses ent22 Dies schließt freilich nicht aus, dass tatbestandlich relevante Tatsachen, die zuvor eingetreten sind, berücksichtigt werden. 23 RG IPRspr. 1626/27 Nr. 37; BGH NJW 1991, 1292; OLG Frankfurt IPRax 1992, 314-318; OLG Köln, NJW 1987, 1151, 1152; LG Stuttgart Urteil v. 06.04.2006, Az. 17 O 241/05 Rn. 105; LG Heidelberg IPRspr 2004, Nr. 21, 43-46; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 47; ders., IPRax 1998, 462, 464 f.; Schack, NJW 1984, 2736, 2737; Ringe, in: jurisPK-BGB, Art. 3 Rom I-VO; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 7; Thorn, in: Palandt, Art. 3 Rom I-VO Rn. 11; ders., in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 11; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.36; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 80; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 24; ders., JZ 2000, 477, 478; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 124; v. Hein, in: Rauscher, Art. 3 Rom I-VO Rn. 95; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 130; Lüderitz, in: FS Keller, 1989, S. 459, 460; Mansel, ZVglRWiss 86 (1987), 1, 6 f.; Pfister, RIW 1973, 440, 443; W. Lorenz, IPRax 1989, 269, 273; Krapfl, IPRax 2002, 380, 383; Reinhart, IPRax 1995, 365, 367 f.; Freitag/Leible, ZVglRWiss 99 (2000), 101, 109; Kondring, IPRax 2006, 425, 431; Hohloch/Kjelland, IPRax 2002, 30; Hohloch/Jaeger, JuS 2000, 1133, 1136; Hohloch, NZV 1988, 161, 164; ders., in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 22, 23; Raape, in: FS Boehmer, 1954, S. 111, 115 f. 24 Im Ergebnis ebenso Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 7; Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 11; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 24. 25 Für eine Rückwirkung BGH NJW 1991, 1292; OLG Köln, NJW 1987, 1151, 1152; LG Stuttgart Urteil v. 06.04.2006, Az. 17 O 241/05 Rn. 105; LG Heidelberg IPRspr 2004, Nr. 21, 43-46; Lüderitz, in: FS Keller, 1989, S. 459, 460; Mansel, ZVglRWiss 86 (1987), 1, 6 f.; Pfister, RIW 1973, 440, 443; W. Lorenz, IPRax 1989, 269, 273; Krapfl, IPRax 2002, 380, 383; Reinhart, IPRax 1995, 365, 367 f.; Freitag/Leible, ZVglRWiss 99 (2000), 101, 109; Kondring, IPRax 2006, 425, 431; Hohloch/Kjelland, IPRax 2002, 30; Hohloch/Jaeger, JuS 2000, 1133, 1136; Hohloch, NZV 1988, 161, 164; Lagarde, rev.crit.dr.int.priv. 80 (1991), 287, 304; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 73; Gegen eine Rückwirkung OLG Frankfurt IPRax 1992, 314 ff.; Heldrich, in: Palandt, 51. Aufl., 1992, Art. 27 EGBGB Rn. 10; W. Lorenz, IPRax 1987, 269, 273.
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Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung
scheidet, wurde die Regel, dass im Zweifel eine Rückwirkung der Rechtswahlvereinbarung seitens der Parteien gewollt sei, in Frage gestellt.26 Diese Ansicht wird zur Rom I-VO und Rom II-VO soweit ersichtlich nicht mehr vertreten. Aus Art. 3 Abs. 2 S. 2 Rom I-VO, der im Wesentlichen Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO entspricht und wonach Rechte Dritter27 von der Rechtswahlvereinbarung unberührt bleiben, wird geschlussfolgert, dass diese Regel eine Ausnahme zum Grundsatz der ex tunc-Wirkung darstelle, da sie andernfalls überflüssig wäre.28 Dieser Rückschluss ist angreifbar. Zum einen sollen Rechte Dritter wohl auch bei einer Wirkung ex nunc unberührt bleiben.29 Dies erkannte bereits Raape im Jahr 1954 als er im Hinblick auf die Änderbarkeit einer einmal getroffenen Rechtswahlvereinbarung feststellte: „Es bleibt also dabei: Rückwirkende Kraft hat die nachträgliche, rückgängig gemachte, geänderte Wahl der Rechtsordnung uneingeschränkt nur inter partes, gegenüber Dritten dagegen nicht zu ihrem Nachteil.“30 Zum anderen ergibt sich im Vergleich zur Regelung des Art. 14 Rom II-VO, dass Art. 3 Abs. 1 S. 2 sowie Art. 3 Abs. 2 S. 1 Rom IVO lediglich klarstellende Bedeutung zukommen, da die dort niedergeschriebenen Gestaltungsmöglichkeiten auch unmittelbar der Rechtswahlfreiheit entnommen werden können.31 Die bereits zur Teilrechtswahl angesprochene Auslegungsmaxime, wonach die Parteien im Zweifel eine einheitliche rechtliche Behandlung ihres Schuldverhältnisses wünschen, muss sich auch hier fortsetzen.32 Von der Teilrechtswahl unterscheidet sich die Frage der Änderbarkeit des anwendbaren Rechts allerdings darin, dass die Situation zwischen dem vertraglichen und dem außervertraglichen Schuldverhältnis nicht unmittelbar vergleichbar ist. Im Rahmen von Art. 3 Rom I26 W. Lorenz, IPRax 1987, 269, 273; Heldrich, in: Palandt, 51. Aufl., Art. 27 EGBGB Rn. 10. 27 Art. 3 Abs. 2 S. 2 Rom I-VO stellt darüber hinaus klar, dass auch die Formgültigkeit der Rechtswahlvereinbarung unberührt bleiben. 28 v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 95; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 124; Jaspers, Nachträgliche Rechtswahl, S. 151 f.; Reinhart, IPRax 1995, 365, 639; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 73 m.w.N. 29 Ebenso Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 30. 30 Raape, in: FS Boehmer, 1954, S. 111, 115 f. 31 Siehe zur Teilrechtswahl S. 321 ff. und zur Änderbarkeit einer bereits getroffenen Rechtswahl oben S. 338 ff. 32 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 30; im Ergebnis auch ders., IPRax 1998, 462, 464 f.; Schack, NJW 1984, 2736, 2737; Ringe, in: jurisPK-BGB, Art. 3 Rom I-VO; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 7; Thorn, in: Palandt, Art. 3 Rom I-VO Rn. 11; ders., in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 11; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.36; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 80; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 24; ders., JZ 2000, 477, 478; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 124; v. Hein, in: Rauscher, Art. 3 Rom IVO Rn. 95; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 130.
§ 7 Wirkungen von Rechtswahlvereinbarungen
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VO stellt die antizipierte Rechtswahlmöglichkeit den Regelfall dar, während Art. 14 Rom II-VO davon ausgeht, dass in der Regel eine Rechtswahl nach Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses stattfinden wird. Mit welcher Wirkung eine einmal getroffene Rechtswahlvereinbarung geändert werden kann, ist daher im internationalen Vertragsrecht von weit größerer Relevanz als im internationalen außervertraglichen Schuldrecht, wo sich regelmäßig erst nachträglich (erstmalig) auf ein anwendbares Recht geeinigt wird. Im außervertraglichen Schuldrecht ist die nachträgliche Rechtswahlvereinbarung mithin der Regelfall. Ebenso muss die Rückwirkung einer Rechtswahlvereinbarung den Regelfall bilden.33 Die ex nunc-Wirkung einer nachträglichen Rechtswahl führt stets zu einem Statutenwechsel, d.h. dasselbe außervertragliche Schuldverhältnis wird im Ergebnis in zwei Teile gespalten.34 Erhöhte Rechtsermittlungskosten, ein längeres Verfahren und eine schlechtere Qualität des gerichtlichen Urteils sind die Konsequenzen, welche die Parteien mit der Ausübung der Rechtswahl eigentlich vermeiden wollten.35 Vor diesem Hintergrund ist im Einklang mit den Ausführungen zur Teilrechtswahl grundsätzlich eine Rückwirkung der Vereinbarung anzunehmen, wenn die Parteien keine anderweitige Regelung getroffen haben.36 Ist im Prozess speziell die Frage der Rückwirkung streitig und liegt ein non liquet zwischen den Parteien vor, wird teilweise vorgeschlagen, die Rechtswahlvereinbarung bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts außer Betracht zu lassen, da es eine gesetzliche Vermutung der Rückwirkung nicht gebe, aus Art. 3 Abs. 2 S. 1 Rom I-VO kein entsprechender Schluss gezogen werden könne und auch die Grundsätze zum Anscheinsbeweis
33 Faktisch kann auch einer objektiven Anknüpfung eine Rückwirkung zukommen, solange nicht feststeht, ob innerhalb oder außerhalb der EU Klage erhoben wird. 34 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 30; zum Begriff des Statutenwechsels v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 5 Rn. 97; Kropholler, IPR, S. 187 ff.; Rauscher, IPR, S. 68 f. 35 Vgl. bereits oben zu den Vorteilen einer Rechtswahl S. 2 ff. 36 Siehe Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 7; Thorn, in: Palandt, Art. 3 Rom I-VO Rn. 11; ders., in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 11; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 80; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 24; ders., JZ 2000, 477, 478; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 124; v. Hein, in: Rauscher, Art. 3 Rom I-VO Rn. 95; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 130; Lüderitz, in: FS Keller, 1989, S. 459, 460; Mansel, ZVglRWiss 86 (1987), 1, 6 f.; Pfister, RIW 1973, 440, 443; Krapfl, IPRax 2002, 380, 383; Reinhart, IPRax 1995, 365, 367 f.; Freitag/Leible, ZVglRWiss 99 (2000), 101, 109; Kondring, IPRax 2006, 425, 431; Hohloch/Kjelland, IPRax 2002, 30; Hohloch/Jaeger, JuS 2000, 1133, 1136; Hohloch, NZV 1988, 161, 164; ders., in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 22, 23; Raape, in: FS Boehmer, 1954, S. 111, 115 f.
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Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung
nicht weiterhelfen.37 Dem ist grundsätzlich zuzustimmen. Allerdings unterliegt die Frage der Beweislast gem. Art. 22 Rom II-VO dem nach dieser Verordnung anzuwendenden Recht. Aus der analogen Anwendung des Art. 3 Abs. 5, 10 Rom I-VO folgt, dass das (gegebenenfalls neu) gewählte Recht über die Wirksamkeit des Rechtswahlvertrages entscheidet. Die Frage, ob der Rechtswahlvereinbarung die Wirkung ex nunc oder ex tunc zukommt, ist zu den accidentalia negotii des Rechtswahlvertrages zu zählen. Vor diesem Hintergrund sollte jene Frage anhand der (Beweislast-)Regeln über den offenen oder verdeckten Einigungsmangel (Dissens) entnommen werden, die dem gewählten Recht zu entnehmen sind. B. Wirkungen unwirksamer Rechtswahlvereinbarungen Der gesetzliche Anwendungsbefehl des Art. 14 Rom II-VO findet nur Anwendung, wenn die Voraussetzungen, die Art. 14 Rom II-VO an den übereinstimmenden Parteiwillen stellt, eingehalten werden.38 Eine Vereinbarung, welche die tatbestandlichen Voraussetzungen nicht erfüllt oder die ein Schuldverhältnis betrifft, welches nach einer entsprechender Qualifikationsentscheidung einem Anknüpfungsgegenstand zuzuordnen ist, wonach eine Rechtswahlvereinbarung nicht gestattet, ist von Anfang an unwirksam. Antizipierte Rechtswahlvereinbarungen konnten bislang nur auf Grundlage des Art. 3 Rom I-VO geschlossen werden. Von dieser Möglichkeit wurde regelmäßig Gebrauch gemacht, wenn der materiell-rechtliche Hauptvertrag zwischen den Parteien die Erbringung grenzüberschreitender Leistungen zum Gegenstand hat.39 Durch die Ermöglichung der antizipierten Rechtswahl für außervertragliche Schuldverhältnisse nach Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO ist zu erwarten, dass die Parteien nunmehr zwei Rechtswahlvereinbarungen in den Vertrag aufnehmen bzw. die Vereinbarung treffen, dass „Ansprüche zwischen den Parteien aus diesem Vertrag und Ansprüche aus einem außervertraglichen Schuldverhältnis, die im Rahmen der Durchführung dieses Vertrages entstehen, dem Recht des Landes X unterliegen“ sollen. Zwischen den Parteien können mithin drei Abreden bestehen, die voneinander zu trennen sind: der Rechtswahlvertrag im Sinne von Art. 3 Rom I-VO, der Rechtswahlvertrag im Sinne von Art. 14 Rom II-VO sowie der materiell-rechtliche Hauptvertrag. Fraglich ist vor diesem Hintergrund, welche Auswirkungen die Unwirksamkeit des sach37
Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 30; ders., IPRax 1998, 462,
465. 38
Vgl. hierzu bereits die Ausführungen zur Systematik der subjektiven Kollisionsnorm oben S. 56 ff. 39 Siehe zum Beispiel EuGH EuZW 2011, 302; BGH Urteil v. 26,10.2011, Az. VIII ZR 30/11; BGH RIW 2009, 245; Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg IPRspr. 2008, Nr. 15, 25.
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rechtlichen Vertrages auf die Rechtswahlklauseln nach Art. 14 Rom II-VO und Art. 3 Rom I-VO hat,40 welche Wirkung die Unwirksamkeit des einen Rechtswahlvertrages auf den anderen hat und ob die Unwirksamkeit einer kollisionsrechtlichen Rechtswahl in eine materiell-rechtliche Rechtswahl umgedeutet werden kann. I. Abgrenzung und Verhältnis von sachrechtlichen und kollisionsrechtlichen Vereinbarungen Die Feststellung, dass Art. 14 Rom II-VO insgesamt eine kollisionsrechtliche Verweisung darstellt,41 führt nicht zum Ausschluss der Möglichkeit einer sachrechtlichen Rechtswahlvereinbarung.42 Nicht nur wegen der Frage, ob die getroffene Vereinbarung wirksam zustandegekommen ist,43 sondern auch aufgrund der unterschiedlichen Rechtsfolgen im Hinblick auf die zwingenden Bestimmungen sowie der Beweisregelungen im Prozessrecht wird es für die Praxis wichtig sein, festzustellen, ob die Parteien eine Rechtswahl auf kollisionsrechtlicher Ebene im Rahmen von Art. 14 Rom II-VO getroffen haben oder ob sie nur auf sachrechtlicher Ebene das anzuwendende Recht wählen wollten. Beide Möglichkeiten bestehen.44 Letztere fällt nicht unter Art. 14 Rom II-VO, sondern ist Ausdruck der Privatautonomie.45 Welche Form der Rechtswahl die Parteien im Einzelnen gewollt haben, bleibt dann eine Frage der Auslegung, die häufig nur schwer zu beantworten ist.46 Die besondere Schwierigkeit besteht darin, dass eine Rechtswahlklausel häufig nur knapp formuliert und einer diesbezüglichen Auslegung daher nur schwer zugänglich ist. Von einer sachrechtlichen Rechtswahl ist auszugehen, wenn der Parteiwille nur inhaltlich gestaltend wirken soll.47 Geht es den Parteien hingegen darum, dass ihr Wille auch „statutbestimmend“48 Geltung erlangt und damit die Wirkungen einer Kollisionsnormen auslöst, liegt eine sog. kollisionsrechtliche Verweisung vor.49 Vor dem Hintergrund, dass das wesentliche Differenzierungskriterium in den zwingenden Bestimmungen liegt, wird man den Parteiwillen vordergründig hieran zu messen haben, um die getroffene Vereinbarung 40 Art. 3 Rom I-VO und Art. 14 Rom II-VO sind in dieser Hinsicht grundsätzlich gleich zu behandeln. Allerdings ist im Hinblick auf die Rolle des Hauptvertrages zu differenzieren, siehe hierzu sogleich unten. 41 Vgl. hierzu oben S. 72 ff. 42 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 1. 43 Zu den Voraussetzungen einer kollisionsrechtlichen Rechtswahl siehe S. 138 ff. 44 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 1. 45 Vgl. die Ausführungen S. 9 ff. 46 Bendref, RIW 1980, 386, 387; Ferid, IPR Rn. 6-19. 47 Bendref, RIW 1980, 386, 387; Ferid, IPR Rn. 6-19 48 Bendref, RIW 1980, 386, 387. 49 Bendref, RIW 1980, 386, 387; Ferid, IPR Rn. 6-19.
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Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung
dogmatisch richtig einordnen zu können und damit die einzuhaltenden Voraussetzungen bestimmen zu können.50 Im Zweifel ist von einer kollisionsrechtlichen Rechtswahlvereinbarung auszugehen, weil eine sachrechtliche Rechtswahl ebenso wie bei Art. 14 Abs. 2, 3 Rom II-VO zu einem „law mix“51 führen würde.52 Nicht nur aufgrund von Praktikabilitätserwägungen,53 sondern insbesondere auch aufgrund der Atypizität dieser privatautonomen Konstruktion wird man verlangen müssen, dass die Parteien ihren Willen für eine sachrechtliche Rechtswahl deutlich zum Ausdruck bringen. Die Frage, in welchem Verhältnis der kollisionsrechtliche Rechtswahlvertrag zum sachrechtlichen Vertrag steht, in den die Rechtswahlvereinbarung eingebunden ist, war lange Zeit streitig.54 Der Streit steht im Zusammenhang mit der Diskussion über das richtige Rechtswahlstatut.55 In dieser Hinsicht wurde in der Literatur vertreten, dass eine Anknüpfung an das gewählte Recht zu einem Zirkelschluss führe, wenn der Parteiwille zugleich über das Zustandekommen und die Wirksamkeit des Rechtswahlvertrages und des Hauptvertrages entscheide und daher keine tragfähige Grundlage für eine am Parteiwillen orientierte kollisionsrechtliche Verweisung darstelle. Für eine Abhängigkeit des Verweisungsvertrages vom Hauptvertrag wurde angeführt, dass das Nebeneinander zweier Verträge eine unnötige und umständliche Konstruktion sei.56 Die Rechtswahlvereinbarung bilde mit dem materiellen Vertrag eine Einheit, weshalb eine Son50 Die Unterscheidung ist nicht nur im Hinblick auf die zwingenden Bestimmungen von großer Bedeutung. So bemisst sich z.B. bereits das Zustandekommen der kollisionsrechtlichen Vereinbarung nach dem gewählten Recht, während bei der sachrechtlichen Verweisung das objektive Vertragsstatut über das Zustandekommen und die Wirksamkeit der sachrechtlichen Vereinbarung entscheidet. 51 Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623. 52 Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; Leible, RIW 2008, 257, 262; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 41. 53 „Je mehr Rechte anzuwenden sind, um so schwerer kann es werden, widerspruchsfrei zu entscheiden.“, Schwung, WB 1984, 1301, 1303. 54 BGH JZ 1963, 167, 168; BGHZ 53, 189, 191; BGHZ 73, 391, 394; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 88; ders., in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 14 ff.; Dutta, ZVglRWiss 104 (2005), 461, 473; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 11; Meyer-Sparenberg, RIW 1989, 347, 349; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 10 Rn. 27; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 36; E. Lorenz, RIW 1992, 697, 698; Bendreff, RIW 1980, 386, 387; Simitis, JuS 1966, 209, 216; Moser, Vertragsabschluss, Vertragsgültigkeit und Parteiwille S. 233; H. Stoll, in: FS Heini, 1995, S. 429, 437; wohl im Ergebnis auch v. Bar, IPR, Bd. 2, Rn. 416; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 6; Kropholler, IPR, S. 461; Batiffol, Les conflits de lois S. 46; Haudek, Die Bedeutung des Parteiwillens im IPR S. 92. 55 H. Stoll, in: FS Heini, 1995, S. 429, 432 ff., 435; Moser, Vertragsabschluss, Vertragsgültigkeit und Parteiwille S. 233. 56 Zusammenfassend Moser, Vertragsabschluss, Vertragsgültigkeit und Parteiwille S. 233; H. Stoll, in: FS Heini, 1995, S. 429, 432 f., 437.
§ 7 Wirkungen von Rechtswahlvereinbarungen
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derbehandlung nicht gerechtfertigt werden könne.57 Wie bereits deutlich wurde, herrscht heute weitgehende Einigkeit über die Vorwirkung, die von der Einigung über das anwendbare Recht ausgeht.58 Das Verhältnis zwischen der kollisionsrechtlichen Rechtswahlvereinbarung und dem sachrechtlichen Vertrag, auf den sich die Vereinbarung bezieht, ist anhand autonomer Maßstäbe zu beurteilen. In Betracht kommt eine Übertragung der Grundsätze über das Verhältnis von einer Schiedsvereinbarungen und ein darin in Bezug genommenes Rechtsverhältnis.59 Danach sind die Rechtswahlvereinbarung und der Vertrag, in den die Rechtswahlvereinbarung eingekleidet ist, abstrakt voneinander.60 Für die Richtigkeit dieses Ergebnisses spricht, dass bei einer Rechtswahl nach Art. 3 Rom I-VO der Vertrag nur das Objekt der Anknüpfung bildet, während die Rechtswahlvereinbarung als Anknüpfungsmoment zu berücksichtigen ist.61 Im Hinblick auf die Rechtswahl nach Art. 14 Rom II-VO ist der Hauptvertrag von der Rechtswahlvereinbarung noch weiter entfernt. Dort stellt das außervertragliche Schuldverhältnis das Objekt der Anknüpfung dar. Der Vertrag stellt lediglich den Zusammenhang zwischen Rechtswahlvereinbarung und Objekt der 57 Batiffol, Les conflits de loi S. 46; ähnlich Haudek, Die Bedeutung des Parteiwillens im IPR S. 92, der davon ausgeht, dass die Parteien im Regelfall eine Einheit von Hauptvertrag und Rechtswahlvereinbarung wollen. 58 Bach, in: Huber, Rome II-Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 16 f.; Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 11; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 3; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 27; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 18; Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, Art. 14 Rom II-VO Rn. 3; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; Loacker, Der Verbrauchervertrag im IPR S. 13 ff., 154 ff. m.w.N.; Leible, RIW 2008, 257, 260; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 6 f.; ders., in: The Rome II Regulation, S. 113, 123 f.; Leible/Lehmann, RIW 2008, 528, 532; Rushworth/Scott, L.M.C.L.Q. 2008, 274, 292; Pfütze, ZEuS 2011, 35, 52: Coester-Waltjen, in: FS Sonnenberger, 2004, S. 343, 349 f. 59 Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 36; H. Stoll, in: FS Heini, 1995, S. 429, 432; zur Schiedsvereinbarung BGH, NJW 1991, 2216; OLG Frankfurt a.M. OLGR Frankfurt 2008, 647 f.; OLG München MDR 2008, 943ௗf.; Schlosser, in: FS Böckstiegel, 2001, S. 697, 704ௗff.; Münch, in: MünchKomm-ZPO, § 1040 ZPO Rn. 9; Voit, in: Musielak-ZPO, § 1029 ZPO 13 Rn. 13. 60 BGH JZ 1963, 167, 168; BGHZ 53, 189, 191; BGHZ 73, 391, 394; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 88; ders., in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 14 ff.; Dutta, ZVglRWiss 104 (2005), 461, 473; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 11; Meyer-Sparenberg, RIW 1989, 347, 349; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 10 Rn. 27; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 36; E. Lorenz, RIW 1992, 697, 698; Bendreff, RIW 1980, 386, 387; Simitis, JuS 1966, 209, 216; Moser, Vertragsabschluss, Vertragsgültigkeit und Parteiwille S. 233; H. Stoll, in: FS Heini, 1995, S. 429, 437; wohl im Ergebnis auch v. Bar, IPR, Bd. 2, Rn. 416; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 6; Kropholler, IPR, S. 461; Leible/Lehmann RIW 2008, 528, 532; E. Lorenz, RIW 1992, 697, 698; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 5. 61 Moser, Vertragsabschluss, Vertragsgültigkeit und Parteiwille S. 233.
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Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung
Anknüpfung her. Der Rechtswahlvertrag begründet das Anknüpfungsmoment.62 Schließlich kann es keinen Unterschied machen, ob die Rechtswahlvereinbarung als Klausel in einem Vertrag oder als isolierte Vereinbarung geschlossen wird.63 Vor diesem Hintergrund ist es gar möglich, dass im Fall der nachträglichen Rechtswahl durch die Wahl einer bestimmten Rechtsordnung das in Bezug genommene außervertragliche Schuldverhältnis rückwirkend entfällt, weil jene Rechtsordnung andere, u.U. strengere Voraussetzungen an die Entstehung des außervertraglichen Schuldverhältnisses stellt.64 Die Wirksamkeit des Hauptvertrages berührt daher die Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung ebenso wenig, wie die Unwirksamkeit des Rechtswahlvertrages den Hauptvertrag tangiert.65 Ein Rückgriff auf Auslegungsregeln der lex causae findet nicht statt.66 Den Parteien ist es jedoch gestattet, die Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung zur Bedingung der Wirksamkeit des Hauptvertrages oder des Bestehens des außervertraglichen Schuldverhältnisses zu machen bzw. umgekehrt.67 Davon bleibt die Möglichkeit, dass eine Fehleridentität von Hauptvertrag und Rechtswahlvereinbarung vorliegt, freilich unberührt. Haben die Parteien hingegen lediglich eine materiell-rechtliche Rechtswahlvereinbarung getroffen, so ist diese als Teil des Hauptvertrages anzusehen, deren Wirksamkeit in Abhängigkeit zur Wirksamkeit des in Bezug genommenen Schuldverhältnisses steht.68 Dies gilt auch hinsichtlich der Rechtswahlmöglichkeit 62 Vgl. Moser, Vertragsabschluss, Vertragsgültigkeit und Parteiwille S. 233 zum Internationalen Vertragsrecht. 63 Bendreff, RIW 1980, 386, 387. 64 Siehe hierzu BGH WM 1957, 1047, 1048; Raape, IPR, S. 467 f.; Simitis, JuS 1966, 209, 216; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 11 m.w.N. zur Rechtsprechung. Hierin sind stets die Gefahren einer Rechtswahl begründet. Denkbar ist beispielsweise auch, dass die Parteien französisches Recht für ihren außervertraglichen Anspruch wählen, der aufgrund des dort geltenden non-cumul-Prinzips neben vertraglichen Ansprüche keine Anwendung findet (siehe hierzu aus dem deutschsprachigen Schrifttum Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung S. 621; Sonnenberger/Autexier, Einführung in das französische Recht S. 122; Constantinesco/Hübner, Einführung in das französische Recht S. 777 ff. m.w.N.) oder dass die Parteien ein Recht wählen, das die Beweislastverteilung ändert und die beweisbelastete Partei den Beweis nicht führen kann. 65 Ist die Rechtswahlvereinbarung unwirksam, weil die Parteien beispielsweise nicht kommerziell tätig sind, richtet sich das Zustandekommen des übrigen Vertrages nach dem nach objektiver Anknüpfung anwendbaren Recht. Dasselbe gilt für das außervertragliche Schuldverhältnis. 66 Zu denken ist im deutschen Sachrecht an § 139 BGB; vgl. zur Schiedsvereinbarung BGH, NJW 1991, 2216. 67 Meyer-Sparenberg, RIW 1989, 347, 349; ähnlich früher zum deutschen IPR bereits Haudek, Die Bedeutung des Parteiwillens im IPR S. 92. 68 v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 11 m.w.N.; anzuwenden sind für diesen Fall die jeweiligen Auslegungsregeln der lex causae, d.h. im deutschen Recht § 139 BGB.
§ 7 Wirkungen von Rechtswahlvereinbarungen
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nach Art. 14 Rom II-VO. Der Hauptvertrag und das außervertragliche Schuldverhältnis sind in ihrem Bestand gleichwohl voneinander unabhängig. Für das Verhältnis der Rechtswahlvereinbarung nach Art. 3 Rom I-VO und Art. 14 Rom II-VO gilt grundsätzlich dasselbe. Beide Vereinbarungen sind sowohl in ihrem Inhalt als auch in ihrem Bestand voneinander unabhängig. Schließlich können beide Vereinbarungen in sinnvoller Weise auch ohne die andere Vereinbarung bestehen. Es kommt nicht darauf an, ob die Klauseln in dem Hauptvertrag als Einheit formuliert sind, zwei separate Klauseln bilden oder die Vereinbarungen isoliert getroffen wurden. Zu beachten ist allerdings, dass die Parteien regelmäßig ein besonderes Interesse daran haben, dass ein Gleichlauf zwischen vertraglichen und außervertraglichen Schuldverhältnissen hinsichtlich des anwendbaren Rechts erzielt wird.69 Vor diesem Hintergrund ist regelmäßig die Prüfung erforderlich, ob die Parteien die Wirksamkeit der jeweils anderen Rechtswahlvereinbarung zur gegenseitigen Bedingung gemacht haben. Zudem liegt die Annahme einer Fehleridentität nahe und verdient mithin ein besonderes Augenmerk, wenn eine der Vereinbarungen unwirksam ist. II. Unwirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung wegen Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 3, 8 Abs. 3 Rom II-VO Aufgrund der fehlenden Möglichkeit, eine Rechtswahlvereinbarung vor Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses für außervertragliche Schuldverhältnisse zu treffen, bildete die nachträgliche Rechtswahl (im Prozess) bislang den Hauptfall der praktizierten Rechtswahl. Die eindeutige Bestimmung des außervertraglichen Schuldverhältnisses war vor diesem Hintergrund in der Regel unproblematisch, da das konkrete außervertragliche Schuldverhältnis bereits bestand und die Handlung, die zu dessen Entstehung führte, ohne weiteres beschrieben werden konnte. Bei einer antizipierten Rechtswahlvereinbarung ist die Bezeichnung des außervertraglichen Schuldverhältnisses nicht ohne weiteres möglich. Ebenso wie im Vertragsrecht ist folglich damit zu rechnen, dass die Parteien Vereinbarungen treffen werden, wonach alle außervertraglichen Schuldverhältnisse zwischen den Parteien (z.B. im Rahmen ihrer Geschäftsbeziehungen) dem Recht des Landes X unterstehen sollen. Dies hat zur Folge, dass beispielsweise Ansprüche, die aus wettbewerbsbeschränkendem Verhalten oder aus einer Verletzung geistigen Eigentums resultieren, gleichsam erfasst werden würden und für die eine Rechtswahl gem. Art. 6 Abs. 3, 8 Abs. 3 Rom IIVO ausgeschlossen ist.70 Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob 69 70
Siehe bereits oben zur konkludenten Rechtswahl S. 189 ff. Zur Einhaltung des Bestimmtheitsgebots in diesem Fall siehe oben S. 227 ff.
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Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung
die Unwirksamkeit71 jener Rechtswahlvereinbarung auch eine Unwirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung hinsichtlich der anderen Anknüpfungsgegenstände zur Folge hat. Zu erwägen wäre zunächst, diese Frage dem anwendbaren Sachrecht zu überlassen. Nach den oben genannten Grundsätzen zum Rechtswahlstatut entscheidet gemäß Art. 3 Abs. 5, 10 Rom I-VO analog das gewählte Recht über die Wirksamkeit der Vereinbarung. Haben die Parteien etwa deutsches Recht gewählt, würde dies nach § 139 BGB im Zweifel zur Gesamtnichtigkeit der Vereinbarung führen. Richtigerweise wird man die Antwort jedoch in autonomen Kriterien, nämlich in der Systematik der subjektiven Anknüpfung erblicken können. Danach ist die Rechtswahlvereinbarung stets nur im Hinblick auf den jeweiligen Anknüpfungsgegenstand zu beziehen.72 Treffen die Parteien eine Rechtswahlvereinbarung für „alle außervertraglichen Schuldverhältnisse“ ist diese so auszulegen, als ob die Parteien für jedes potentielle außervertragliche Schuldverhältnis eine eigene Vereinbarung getroffenen hätten. Die Restriktionen aus Art. 6 Abs. 3 Rom II-VO und 8 Abs. 3 Rom II-VO bleiben im Interesse einer umfassenden Gewährleistung der Parteiautonomie auf ihren Anknüpfungsgegenstand beschränkt. In ihrer Wirksamkeit sind jene Rechtswahlvereinbarungen voneinander abstrakt. Die Unwirksamkeit einer Rechtswahlvereinbarung lässt die Wirksamkeit der anderen Rechtswahlvereinbarung mithin unberührt. Nichts anderes kann gelten, wenn die Rechtswahlvereinbarung sich auf „alle“ künftigen außervertraglichen Schuldverhältnisse erstrecken soll. Eine andere Frage ist freilich, ob die Parteien ihre rechtlichen oder tatsächlichen Beziehungen zueinander hinreichend bestimmt haben.73 III. Umdeutungsmöglichkeit in materiell-rechtliche Rechtswahl Haben die Parteien eine Rechtswahlvereinbarung getroffen, die beispielsweise infolge der fehlenden kommerziellen Tätigkeit beider Parteien unwirksam ist oder weil die Vereinbarung nicht im Einzelnen frei ausgehandelt wurde, kann sich die bislang kaum behandelte Frage stellen, ob eine unwirksame kollisionsrechtliche Rechtswahlvereinbarung in eine materiell-rechtliche Rechtswahlvereinbarung umgedeutet werden kann.74 Über die Möglichkeit der Umdeutung und ihre Voraussetzungen entscheidet nach Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1, 12 Abs. 1 lit. e Rom I-VO das gewählte 71 72 73 74
Hierzu sogleich S. 349 ff. Siehe zur Systematik des Art. 14 Rom II-VO bereits oben S. 56 ff. Vgl. hierzu oben S. 227 ff. Dafür Bach, in: Huber, Rome II-Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 40; Haudek, Die Bedeutung des Parteiwillens S. 72; dagegen Rasmussen-Bonne, Alternative Rechtsund Forumswahlklauseln S. 217 f.; zumindest im Ergebnis auch Heidemann, ZEuP 2008, 625, 629 f.
§ 7 Wirkungen von Rechtswahlvereinbarungen
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Recht.75 Ob eine Umdeutung im Einzelfall möglich ist, liegt demnach in den Händen der nationalen Rechtsordnungen. Ausgehend von der deutschen Regelung in § 140 BGB, die ihren Ursprung im römischen Recht findet und der im Rahmen einer rechtsvergleichenden Studie eine Vorbildfunktion für andere europäische Rechtsordnungen zukommt,76 ist eine Umdeutung möglich, wenn ein nichtiges Rechtsgeschäft zugleich den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts entspricht und anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt wäre.77 Die Umdeutung dient dazu, dass der wirtschaftliche Erfolg, der von den Parteien verfolgt wird, auch dann verwirklicht werden kann, wenn ihr gewähltes Mittel unzulässig ist, aber ein anderer legitimer Weg vorhanden ist, der zu einem „annähernd gleiche[n] Ergebnis“78 führt.79 Grundsätzlich kann die materiell-rechtliche Verweisung als ein Minus gegenüber der kollisionsrechtlichen Verweisung eingestuft werden, da sich die Parteien unter Ausklammerung der jeweils zwingenden Bestimmungen gleichsam den Vorschriften einer anderen Rechtsordnung unterwerfen wollen.80 Das Minus gegenüber dem nichtigen Rechtsgeschäft kann darin erblickt werden, dass die bezeichneten Vorschriften im Rahmen der materiell-rechtlichen Verweisung nicht prorogiert, sondern dass die dispositiven Vorschriften in den Vertrag inkorporiert werden.81 Zuzustimmen ist insoweit Bach, der meint: ”If a choice of law agreement does not meet the Requirements set out under Art. l4, it may still have some effect. It may constitute a contractual agreement to incorporate the rule of the chosen 75 Spellenberg, in: MünchKomm, Art. 12 Rom I-VO Rn. 170; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 15; wohl auch Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 78; siehe auch oben S. 140 ff. 76 Vgl. hierzu Grabau, Über die Normen zur Gesetzes- und Vertragsinterpretation, S. 158 ff. 77 BGH NJW 1998, 896, 897; BGHZ 125, 355, 363 BGH NJW 1986, 2944, 2945; BGHZ 68, 204, 206; Roth, in: Staudinger, § 140 BGB Rn. Rn 1; Jauernig, in: Jauernig, § 140 BGB Rn. 1 ff.; Dörner, in: HK-BGB, § 140 BGB Rn. 1 ff.; Busche, in: MünchKomm, § 140 BGB Rn. 1 ff.; Ellenberger, in: Palandt, § 140 BGB Rn. 1 f.; Wendtland, in: Bamberger/Roth, § 140 BGB Rn. 1. 78 Wendtland, in: Bamberger/Roth, § 140 BGB Rn. 1. 79 BGH NJW 1998, 896, 897; BGHZ 125, 355, 363 BGH NJW 1986, 2944, 2945; BGHZ 68, 204, 206; Roth, in: Staudinger, § 140 BGB Rn. Rn 1; Busche, in: MünchKomm, § 140 BGB Rn. 1; Ellenberger, in: Palandt, § 140 BGB Rn. 1; Wendtland, in: Bamberger/Roth, § 140 BGB Rn. 1; Grabau, Über die Normen zur Gesetzes- und Vertragsinterpretation, S. 160. 80 Zur Abgrenzung beider Rechtswahlmöglichkeiten siehe zum Beispiel Ferrari, in: Ferrari, Internationales Vertragsrecht, Art. 3 Rom I-VO Rn. 6 f.; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 15; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 39; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 4. 81 Zu dieser Wirkung Ferrari, in: Ferrari, Internationalen Vertragsrecht, Art. 3 Rom IVO Rn. 6.
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Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung
law, which results in such rules forming a (or multiple) term(s) of the parties' contract. The difference between such a contractual "incorporation"' and a "'regular" choice of law agreement lies in the fact that parties may not escape mandatory provisions by way of contractual incorporation, while a choice of law agreement - subject to the narrow exception of Art. 14 (2) – allows them to do so.”82 Fraglich ist allerdings, ob eine materiell-rechtliche und kollisionsrechtliche Verweisung tatsächlich annähernd zu gleichen Ergebnissen führen. Der Unterschied beider Gestaltungsmittel besteht nicht nur in der kollisionsrechtlichen Wirkung des Art. 14 Rom IIVO im Hinblick auf den Umfang der Rechtswahl und die Funktionsweise der Parteiautonomie, sondern auch hinsichtlich der Abstraktheit zum Hauptvertrag und dem außervertraglichen Schuldverhältnis. Vor dem Hintergrund, dass das Ersatzgeschäft rechtlich und wirtschaftlich hinter dem nichtigen Geschäft zurückbleiben darf und im Vordergrund die Bedingung steht, dass die Wirkungen des Ersatzgeschäfts nicht über die des nichtigen Rechtsgeschäfts hinausgehen dürfen, wird man die erforderliche Kongruenz von materiell-rechtlicher und kollisionsrechtlicher Verweisung gleichwohl annehmen können.83 Eine Umdeutungsmöglichkeit könnte jedoch abzulehnen sein, weil der mit ihr verfolgte Zweck nicht erfüllt wird. Dieser setzt voraus, dass die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts aus der Wahl unzulässiger Mittel der Parteien besteht.84 Eine Umdeutung scheidet hingegen aus, wenn nicht das Mittel, sondern der Erfolg missbilligt wird.85 Dies wäre der Fall, wenn der europäische Gesetzgeber mit der Einführung der besonderen Bedingungen der kommerziellen Tätigkeit nicht nur die kollisionsrechtliche Wirkung der Rechtswahlvereinbarung, sondern insgesamt auch eine Inkorporation von staatlichen Vorschriften verhindern wollte, die von der objektiven Anknüpfung abweichen. Eine solche Sichtweise würde jedoch zur Durchbrechung der Grenzen zwischen der Partei- und Privatautonomie führen.86 Mit den tatbestandlichen Beschränkungen der kollisionsrechtlichen Verweisung bezweckt der europäische Gesetzgeber, die Derogation der zwingenden Vorschriften zu verhindern, da diese in der Regel eine bestimmte Schutzfunktion inne haben.87 Die privatautonome 82 83
Bach, in: Huber, Rome II-Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 40. Siehe zu dieser Voraussetzung BGHZ 125, 355, 363; Wendtland, in: Bamberger/Roth, § 140 BGB Rn. 11; Busche, in: MünchKomm, § 140 BGB Rn. 17; Ellenberger, in: Palandt, § 140 BGB Rn. 6; Roth, in: Staudinger, § 140 BGB Rn. 22; Jauernig, in: Jauernig, § 140 BGB Rn. 4. 84 Wendtland, in: Bamberger/Roth, § 140 BGB Rn. 1. 85 BGHZ 68, 204, 207; Dörner, in: HK-BGB, § 140 BGB Rn. 7; Wendtland, in: Bamberger/Roth, § 140 BGB Rn. 1. Danach muss grundsätzlich zwischen den jeweiligen Unwirksamkeitsgründen differenziert werden. 86 Siehe zum Verhältnis von Partei- und Privatautonomie ausführlich oben S. 9 ff. 87 Kegel/Schurig, IPR, S. 654; G. Wagner, Prozessverträge, S. 77 ff.
§ 7 Wirkungen von Rechtswahlvereinbarungen
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Gestaltungsfreiheit muss davon unberührt bleiben, da deren Beschränkung Aufgabe des Sachrechts ist, welches zugleich über die Zulässigkeit und Voraussetzungen der Umdeutung entscheidet. Die objektiven Voraussetzungen des § 140 BGB sind damit grundsätzlich gegeben. Von besonderer Bedeutung ist im vorliegenden Zusammenhang die weitere subjektive Voraussetzung des § 140 BGB, wonach die Parteien bei unterstellter Kenntnis der Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Geltung des Ersatzgeschäfts gewollt haben müssen.88 In dieser Voraussetzung werden die Weichen für und wider die Umdeutungsmöglichkeit in eine materiell-rechtlichen Verweisung gestellt. Eine materiell-rechtliche Vereinbarung über die anzuwendenden Vorschriften führt zu einer parallelen Anwendung von mindestens zwei verschiedenen Rechtsordnungen. So entstammen die zwingenden Vorschriften der lex causae, während die dispositiven Vorschriften entsprechend dem Parteiwillen der bezeichneten Rechtsordnung zu entnehmen sind und in den Hauptvertrag inkorporiert werden, sofern die zwingenden Bestimmungen der lex causae nicht entgegenstehen.89 Die damit einhergehenden Nachteile sind mit denen der dépeçage vergleichbar.90 In der Konsequenz muss auch an dieser Stelle die kollisionsrechtliche Auslegungsregel Anwendung finden, dass die Parteien im Zweifel eine einheitliche Behandlung ihres Rechtsverhältnisses wünschen.91 Eine Umdeutung kommt vor diesem Hintergrund nur dann in Betracht, wenn die jeweilige mitgliedstaatliche Regelung allein objektiv ausgestaltet ist, d.h. nicht an den Parteiwillen anknüpft. Andernfalls ist eine Umdeutung in der Regel nicht möglich. Wollen die Parteien erreichen, dass für den Fall der Unwirksamkeit der kollisionsrechtlichen Rechtswahlvereinbarung zumindest die dispositiven Vorschriften der bezeichneten Rechtsordnung Anwendung finden, ist die Aufnahme einer salvatorischen
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BGHZ 40, 218, 223; OLG Karlsruhe, Urteil v. 04.09.2007, Az. 17 U 351/05 Rn. 27 f.; Jauernig, in: Jauernig, § 140 BGB Rn. 5; Wendtland, in: Bamberger/Roth, § 140 BGB Rn. 12 f.; Busche, in: MünchKomm, § 140 BGB Rn. 18; Roth, in: Staudinger, § 140 BGB Rn. 28. 89 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 12; Ferrari, in: Ferrari, Internationales Vertragsrecht, Art. 3 Rom I-VO Rn. 6 f. 90 Siehe hierzu oben S. 321 ff. 91 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 30; im Ergebnis auch ders., IPRax 1998, 462, 464 f.; Schack NJW 1984, 2736, 2737; Ringe, in: jurisPK-BGB, Art. 3 Rom I-VO; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 7; Thorn, in: Palandt, Art. 3 Rom I-VO Rn. 11; ders., in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 11; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.36; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 80; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 24; ders., JZ 2000, 477, 478; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 124; v. Hein, in: Rauscher, Art. 3 Rom IVO Rn. 95; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 130; enger Schwander, in: FS Keller, 1989, S. 473, 479.
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Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung
Klausel zu empfehlen, die den dahingehenden Parteiwillen zum Ausdruck bringt. C. Zwischenergebnis Art. 14 Rom II-VO spricht als Rechtsfolge einen Anwendungsbefehl hinsichtlich des Rechts aus, das in der Rechtswahlvereinbarung bezeichnet wurde. Der Anwendungsbefehl bezieht sich dabei nur auf den konkreten Anknüpfungsgegenstand und kann nicht über den Parteiwillen hinausgehen. Er entfaltet im Hinblick auf das positiv gewählte Recht eine prorogative Wirkung; das ohne die Rechtswahlvereinbarung anwendbare Recht wird durch ihn derogiert. In Bezug auf die zeitliche Wirkung der Rechtswahl orientiert sich der Anwendungsbefehl gleichsam am Parteiwillen. Fehlt eine Abrede, ist bei einer antizipierten Rechtswahlvereinbarung grundsätzlich eine ex nunc-Wirkung anzunehmen, während eine nachträgliche Rechtswahl grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Eintritts des schadensbegründenden Ereignisses zurückwirkt. Die Rechtswahlvereinbarungen nach Art. 3 Rom I-VO und Art. 14 Rom II-VO sind voneinander zu abstrahieren, d.h. die Unwirksamkeit der einen Rechtswahlvereinbarung greift nicht auf die andere über, es sei denn, die Parteien haben eine anderweitige Regelung getroffen. Dasselbe gilt für ihr Verhältnis zu einem (etwaigen) materiell-rechtlichen Hauptvertrag. Eine unwirksame kollisionsrechtliche Rechtswahlvereinbarung kann grundsätzlich in eine materiell-rechtliche Rechtswahlvereinbarung umgedeutet werden. Hierüber entscheidet gem. Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1, 12 Abs. 1 lit. e Rom I-VO analog das im Einzelfall anwendbare nationale Recht. Sofern die danach anzuwendende Vorschrift auf den Parteiwillen rekurriert, steht der Umdeutungsmöglichkeit die Auslegungsregel entgegen, dass die Parteien im Zweifel eine einheitliche rechtliche Beurteilung ihrer Rechtsbeziehungen wollen. In Abgrenzung zur bloßen materiell-rechtlichen Verweisung ist ferner grundsätzlich davon auszugehen, dass die Parteien eine kollisionsrechtliche Vereinbarung treffen wollten.
§ 8 Grenzen der Rechtswahl Die systematische Analyse der subjektiven Kollisionsnorm hat ergeben, dass ihre Struktur im Wesentlichen den objektiven Kollisionsnormen entspricht. Der Tatbestand des Art. 14 Rom II-VO untergliedert sich in den Anknüpfungsgegenstand, der im Einzelfall anhand der objektiven Anknüpfungen zu ermitteln ist, sowie in das Anknüpfungsmoment, das unter bestimmten Voraussetzungen den Parteiwillen für maßgeblich erklärt. Zu den einzuhaltenden Voraussetzungen zählen neben dem wirksamen Zustande-
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kommen, der sonstigen Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung (Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1 Rom I-VO analog) und der Bestimmung eines tauglichen Rechtswahlgegenstandes, dass die Rechtswahl ausdrücklich erfolgt oder sich mit hinreichender Sicherheit aus den Umständen des Falles ergibt. Wird die Rechtswahlvereinbarung vor Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses abgeschlossen, sind die zusätzlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen der kommerziellen Tätigkeit der Parteien, das Vorliegen einer frei ausgehandelten Vereinbarung und ein Zusammenhang zwischen der kommerziellen Tätigkeit und der Rechtswahlvereinbarung zu beachten. Als Rechtsfolge spricht Art. 14 Rom II-VO einen Anwendungsbefehl aus, der für die Parteien und den Richter grundsätzlich bindend ist. Für das konkrete außervertragliche Schuldverhältnis ist danach zwischen den Parteien des Rechtswahlvertrages das Recht anzuwenden, das die Parteien vereinbart haben. Jegliche erwähnte Strukturelemente der subjektiven Kollisionsnorm sehen zur Verwirklichung originär international-privatrechtlicher Interessen und solchen, die vom Sachrecht abgeleitet werden, Einschränkungen der Parteiautonomie vor. So ist nach dem gefundenen Ergebnis die Rechtswahlmöglichkeit nach Art. 6 Abs. 3 Rom II-VO und Art. 8 Abs. 3 Rom II-VO ausgeschlossen. Die Beschränkung folgt hier bereits im Rahmen des Anknüpfungsgegenstandes. Hinsichtlich des Anknüpfungsmomentes unterliegt die von der Parteiautonomie gewährleistete Gestaltungsfreiheit durch die genannten Voraussetzungen Beschränkungen. Zur Verwirklichung jener Interessen können weitere Beschränkungen hinsichtlich der Rechtsfolge der subjektiven Kollisionsnorm Wirkung eingreifen. Tatbestandlich sind sonach die Vorschriften des Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO zu beachten, wonach Rechte Dritter von der Rechtswahl unberührt bleiben, sowie Art. 14 Abs. 2 und Abs. 3, wonach im Falle eines reinen Inlands- oder Binnenmarktsachverhaltes die jeweils zwingenden Vorschriften von der Rechtswahl unberührt bleiben. Der grundsätzliche Anwendungsbefehl des Art. 14 Rom II-VO wird in diesen Fällen wieder partiell zurückgenommen bzw. wird danach nur in beschränktem Umfang berücksichtigt. Andere kollisionsrechtliche Restriktionen des Anwendungsbefehls finden sich auf Rechtsfolgenseite in den allgemeinen kollisionsrechtlichen Regelungen durch das Berücksichtigungsgebot von Eingriffsnormen und örtlicher Verhaltensvorschriften sowie den kollisionsrechtlichen Grundsätzen zur Gesetzesumgehung und des ordre public. Nachfolgend sollen die Grenzen der Parteiautonomie, die auf der Rechtsfolgenseite des Verweisungsvertrages Wirkung entfalten, näher auf ihre Reichweite hin untersucht werden.
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Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung
A. Tatbestandliche Grenzen der Rechtswahl I. Schutz Rechte Dritter, Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO 1. Zweck und Anwendungsbereich In systematischer Hinsicht stellt Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO die erste tatbestandliche Grenze dar, die im Hinblick auf die Reichweite der kollisionsrechtlichen Verweisung zu beachten ist. Danach lässt die Rechtswahl Rechte Dritter unberührt. Die Formulierung entspricht weitgehend der Parallelvorschrift des Art. 3 Abs. 2 S. 2 Rom I-VO zum internationalen Vertragsrecht, wonach Rechte Dritter durch eine Bestimmung des anzuwendenden Rechts nicht berührt werden. In erster Linie wird beiden Vorschriften der Zweck zugesprochen, Rechtspositionen Dritter vor einer nachträglichen Rechtswahl zu schützen.92 Noch aus den Materialien zum EVÜ geht konkretisierend hervor, dass mit dieser Formulierung Rechte Dritter geschützt werden sollen, die nach dem objektiven Vertragsstatut bereits entstanden sind.93 Im Hinblick auf Art. 14 Rom II-VO kann der Kommissionsbegründung entnommen werden, dass der europäische Gesetzgeber insbesondere die Regelung des Verhältnisses zu Haftpflicht- und Schadensversicherern vor Augen hatte.94 Über die Zahlungspflicht der Versicherung soll durch eine Rechtswahl des Versicherungsnehmers mit dem Gläubiger nicht zu ihren Lasten disponiert werden können.95 Darüber hinaus können 92 Zur Rom I-VO bzw. zum EVÜ Möllenhoff, Nachträgliche Rechtswahl und Rechte Dritter S. 35; zur Rom II-VO Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom IIVO Rn. 42; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.27. 93 Giuliano/Lagarde, Bericht über das Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, BT-Drucks. 10/503, S. 36, 50; BT-Drucks. 10/504, S. 77; hierzu und insbesondere zum Verhältnis zur „Lehre von den wohlerworbenen Rechten“ und der daran geäußerten Kritik siehe Möllenhoff, Nachträgliche Rechtswahl und Rechte Dritter, S. 35 ff.; Bauer, Grenzen nachträglicher Rechtswahl S. 106 ff. jeweils m.w.N. Zu denken ist etwa an die französische action directe, vgl. hierzu aus dem deutschsprachigen Schrifttum z.B. Beaumart, Haftung in Absatzketten, S. 91; Bauerreis, Das französische Rechtsinstitut der action directe; Schley, Das französische Produkthaftungsrecht S. 91. 94 Siehe KOM (2003) 427 endg., Begründung der Kommission zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 22.7.2003 S. 25; so auch Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 11; ders., in: The Rome II Regulation, S. 113, 122; Sujecki, EWS 2009, 310, 314; v. Hein, VersR 2007, 440, 445; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 727; Leible, RIW 2008, 257, 262; Kreuzer, in: Reichelt/Rechberger S. 13, 28; Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, Art. 14 Rom II-VO Rn. 7; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 7; Bach, in: Huber, The Rome II Regulation, Art 14. Rom II-VO Rn. 31; Fricke, VersR 2005, 726, 738. 95 Bach, in: Huber, The Rome II Regulation, Art 14. Rom II-VO Rn. 31; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 42; Leible, RIW 2008, 257, 262; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 727; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO
§ 8 Grenzen der Rechtswahl
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Rechte Dritter beispielsweise auch bei Forderungsabtretungen oder Ansprüchen gegen Mittäter Bedeutung erlangen.96 Im Vordergrund steht die Erwägung, dass sich Rechtspositionen Dritter nicht ohne ihr Zutun verschlechtern sollen.97 Dies entspricht dem international verbreiteten, allgemeinen Prinzip des Verbots von Verträgen zulasten Dritter, weshalb die Notwendigkeit dieser Regelung freilich in Frage gestellt werden kann.98 Im Vergleich zum vertraglichen Schuldrecht beansprucht der Schutz von Rechten Dritter im außervertraglichen Schuldrecht aufgrund der geringeren Anzahl möglicher Anwendungsfälle nicht dieselben umfassenden Fallstudien, um allen denkbaren Konstellationen gerecht zu werden.99 Umso bedeutsamer sind allerdings die praktischen Folgen im Hinblick auf die Anzahl von Verkehrsunfällen mit Auslandsbezug und den damit verbundenen gesetzlichen Ansprüchen gegen ausländische Haftpflichtversicherungen.100 Grundsätzlich findet auch im Internationalen Privatrecht die Theorie von der Relativität der Schuldverhältnisse Anwendung.101 Danach entfalten Verträge in der Regel nur eine Wirkung inter partes. Treffen die Parteien eine Rechtswahlvereinbarung für ein außervertragliches Schuldverhältnis, so berührt dies die Rechtsverhältnisse mit Dritten grundsätzlich nicht.102 Denkbar ist jedoch, dass ein Dritter Rechte oder Pflichten unmittelbar aus einem außervertraglichen Schuldverhältnis ableitet, das zwischen zwei an-
Rn. 49; v. Hein, VersR 2007, 440, 445; ders., in: Calliess/Baetge, Art. 14 Rom II-VO Rn. 36; Kreuzer, in: Reichelt/Rechberger S. 13, 28. 96 Herkner, Die Grenzen der Rechtswahl im internationalen Deliktsrecht, S. 188 ff.; Rühl, in: FS Kropholler, 2009, S. 187, 202; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 85; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 24. 97 Rühl, in: FS Kropholler, 2009, S. 187, 202; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 83; ders., in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 133; Herkner, Die Grenzen der Rechtswahl im internationalen Deliktsrecht, S. 202. 98 Ebenso Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 7; ders., IPRax 1998, 462, 464; Leible RIW 2008, 257, 261; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 49 f.; Kreuzer, in: Reichelt/Rechtberger, S. 13, 28; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 727; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 126 ff.; Hohloch, in: Erman, Art. 3 Rom I-VO Rn. 24; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 97; Ferid, IPR Rn. 6-26,1; Sieghörtner, Internationales Straßenverkehrsunfallrecht, S. 464 f. 99 Vgl. die umfassenden Darstellungen von Möllenhoff, Nachträgliche Rechtswahl und Rechte Dritter; Bauer, Grenzen nachträglicher Rechtswahl. 100 Vgl. hierzu Junker, JZ 2000, 477 ff.; ders. JZ 2008, 169 ff.; R. Wagner/Berentelg, MDR 2010, 1353 ff.; Looschelders, VersR 1999, 1316 ff.; Sieghörtner, Internationales Straßenverkehrsunfallrecht S. 1. 101 Hierzu Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts I, S. 15; Gernhuber, Das Schuldverhältnis S. 12. 102 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 44; Ferrari, in: Ferrari, Internationales Vertragsrecht, Art. 3 Rom I-VO Rn. 47.
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Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung
deren Personen zustandegekommen ist.103 Zu denken ist an den erwähnten Direktanspruch gegen eine Haftpflichtversicherung, der sich am Anspruch des Geschädigten gegen den Versicherungsnehmer orientiert, oder etwa die Grundsätze über den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, der aus einem weiteren Rechtsverhältnis abgeleitet wird.104 Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO wird folglich relevant, wenn die in Frage stehenden Rechte Dritter in unmittelbarer Abhängigkeit zu dem außervertraglichen Schuldverhältnis stehen.105 Häufig wird die Rechtsstellung Dritter nur bei einer nachträglichen Rechtswahl für gefährdet angesehen.106 Dabei wird übersehen, dass bereits eine antizipierte Rechtswahlvereinbarung, die erst mit Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses Wirkung entfaltet, im Einzelfall in Rechte Dritter, die mit diesem Ereignis gleichsam entstehen, eingreifen kann.107 Der Anwendungsbereich ist entgegen anderslautender Ansichten folglich nicht auf nachträgliche Rechtswahlvereinbarungen beschränkt.108 2. Voraussetzungen a. Rechte Dritter Der Begriff des Dritten wird weit ausgelegt. Hierunter fällt jeder, der nicht Partei der Rechtswahlvereinbarung oder deren Rechtsnachfolger ist.109 Unerheblich ist, ob der Dritte an der Entstehung des außervertraglichen
103 Herkner, Grenzen der Rechtwahl im Internationalen Deliktsrecht, S. 189 ff. mit Beispielen; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 44. 104 Möllenhoff, Nachträgliche Rechtswahl und Rechte Dritter, S. 72 f. Der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter wurde nach funktionaler Betrachtung grundsätzlich deliktisch qualifiziert (vgl. v. Bar, IPR, Bd. 2, Rn. 557; siehe auch die Darstellung von Leicht, Qualifikation, S. 90 f.; anders noch OLG Hamburg, VersR 1983, 350, 351 f.). Diese Einstufung ist unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des EuGH zum Vertragsbegriff aufrechtzuerhalten (siehe hierzu bereits oben S. 77 ff.). 105 Ebenso Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 44; im Ergebnis auch Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 50; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 79. 106 Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 12; ders., in: The Rome II Regulation, S. 113, 122. 107 Ebenso Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 27 f.; anders wohl Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 12. 108 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 47; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 99; ders., in: Calliess/Baetge, Art. 14 Rom II-VO Rn. 37. 109 Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.27; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 42; Herkner, Grenzen der Rechtswahl im Internationalen Deliktsrecht S. 189.
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Schuldverhältnisses mitgewirkt hat110 oder er auf andere Weise an dem Schuldverhältnis beteiligt ist.111 Wie der Begriff des Rechts näher zu konkretisieren ist, wurde bereits im Hinblick auf Art. 3 EVÜ an anderer Stelle umfassend untersucht und dargelegt.112 Es ist nicht ersichtlich, dass der europäische Gesetzgeber mit der Verabschiedung der Rom I-VO eine vom EVÜ abweichende Regelung treffen wollte. Im Interesse einer Auslegungsharmonie mit der Rom II-VO werden daher nachfolgend die gewonnenen Erkenntnisse auch bei der Auslegung von Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO berücksichtigt.113 Unter den Begriff des Rechts fallen danach alle subjektiven Rechte.114 Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass sie einer Person aufgrund der allgemeinen Rechtsordnung zukommen, d.h. durch die Anwendung des objektiven Rechts in Bezug auf eine Person gewährt werden.115 Rein faktische Interessen und Erwerbsaussichten werden infolgedessen nicht geschützt, wenn das objektive Recht sie nicht garantiert.116 In den Schutzbereich fallen auch Rechtspflichten die in der Regel aus einem gesetzlichen (oder vertraglichen) Schuldverhältnis entstammen.117 Daher kann beispielsweise auch die nachteilige Änderung der Höhe einer Zahlungspflicht als Eingriff in ein subjektives Recht gewertet werden. Ähnlich wie im Rahmen der „Lehre von den wohlerworbenen Rechten“118 kann das Bestehen oder Nichtbestehen des Rechts eines Dritten nur durch Anwendung des Sachrechts festgestellt werden.119 Unbestritten ist daher, dass die Rechtsposition des Dritten
110 Ebenso Sieghörtner, Internationales Straßenverkehrsunfallrecht, S. 467; Bach, in: Huber, Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 31; a.A. Herkner, Grenzen der Rechtswahl S. 190 f. 111 z.B. als mittelbar Geschädigter oder als Geschäftsherr, siehe Sieghörtner, Internationales Straßenverkehrsunfallrecht, S. 467. 112 Möllenhoff, Nachträgliche Rechtswahl und Rechte Dritter, S. 49 ff. 113 Erwägungsgrund 7 der Rom II-VO. 114 Wohl auch Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 83; ders., in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 133, der von Rechtspositionen spricht. 115 Horn, Einführung Rn. 31. 116 Möllenhoff, Nachträgliche Rechtswahl und Rechte Dritter S. 63. 117 Möllenhoff, Nachträgliche Rechtswahl und Rechte Dritter S. 64. 118 Siehe hierzu Niederer, IPR, S. 319 f.; Hess, Intertemporales Privatrecht S. 70; Kropholler, IPR, S. 146; Neuhaus, Grundbegriffe, S. 170; Bernitt, Die Anknüpfung von Vorfragen im europäischen Kollisionsrecht S. 31; Köthe, Schranken der Parteiautonomie S. 100 f. 119 Hierzu Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrechts, Rn. 133; ders., in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 83; Möllenhoff, Nachträgliche Rechtswahl und Rechte Dritter S. 35 ff.
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Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung
durch Rückgriff auf das Recht, das ohne Berücksichtigung der Rechtswahlvereinbarung anzuwenden ist, festgestellt werden muss.120 b. Beeinträchtigung und Begünstigung Einigkeit besteht in der Literatur ferner darin, dass Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO eingreift, wenn sich die Rechtsposition des Dritten durch den Rechtswahlvertrag verschlechtert.121 Zu dessen Feststellung ist ein Vergleich anzustellen zwischen dem ohne und mit Rechtswahlvereinbarung anwendbaren Recht.122 Mittelbare Nachteile genügen hierfür nicht.123 Denkbar ist beispielsweise, dass zwei Personen mittäterschaftlich eine andere Person schädigen und der Geschädigte nur mit einem der beiden Mittäter eine Rechtswahlvereinbarung trifft, die für diesen im Hinblick auf die Anspruchshöhe oder Verjährung begünstigend ist. Die Lösung ist hier nicht in Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO zu suchen, sondern in dem anzuwendenden Sachrecht und den dort geltenden Grundsätzen zur gestörten Gesamtschuld. Streitig ist demgegenüber, ob auch eine den Dritten begünstigende Rechtswahlvereinbarung zu seinen Gunsten berücksichtigt werden darf.124 Im Wesentlichen können hier zwei Strömungen unterschieden werden.125 Die Gegner einer drittbegünstigenden Wirkung rücken die Relativität der Verweisung in den Vordergrund und befürworten in der Folge eine aus120
Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 133; ders., in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 83; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 83. 121 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 7; ders., IPRax 1998, 462, 464; ders., IPRax 2000, 1, 2; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 128; Ferrari, in: Ferrari, Internationales Vertragsrecht, Art. 3 Rom I-VO Rn. 47; Reinhart, IPRax 1995, 365, 369 f.; Hohloch, in: Erman, Art. 14 Rom II-VO Rn. 12; Rühl, in: FS Kropholler, 2009, S. 187, 201; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 133; ders., in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 83; Kondring, IPRax 2006, 425, 427; W. Lorenz, IPRax 1997, 269, 273; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 727. 122 So die heute herrschende Meinung, v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 99; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 83; anders noch Umbricht, Die immanenten Schranken der Rechtswahl S. 78 f.; siehe hierzu die Zusammenfassung von Herkner, Grenzen der Rechtswahl im internationalen Deliktsrecht S. 192 ff. 123 Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 50; Sonnenberger, rev.crit.dr.int.priv. 88 (1999), 647, 661; Hohloch, NZV 1988, 161, 166; Schwimann, Grundriß des IPR S. 170. 124 Zum Streitstand Reinhart, IPRax 1995, 365, 369 f.; Herkner, Grenzen der Rechtswahl im internationalen Deliktsrecht S. 192 ff.; Möllenhoff, Nachträgliche Rechtswahl und Rechte Dritter S. 100 ff.; vgl. auch Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 11; ders., in: The Rome II Regulation, S. 113, 122 der unterschiedliche Interpretationsmöglichkeiten des Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO für das Verhältnis zu Versicherungen darlegt. 125 Vgl. zu anderweitigen Lösungsmöglichkeiten Möllenhoff, Nachträgliche Rechtswahl und Rechte Dritter S. 100 ff.
§ 8 Grenzen der Rechtswahl
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schließliche Wirkung inter partes.126 Die deutsche Sprachfassung der Verordnung wird folglich wörtlich ausgelegt, sodass Rechte Dritter insgesamt unberührt bleiben.127 Folglich sind die Rechtsbeziehungen der Rechtswahlparteien untereinander und im Verhältnis zum Dritten im Hinblick auf das anwendbare Recht isoliert zu betrachten.128 Aus der Sicht des Dritten hat eine Rechtswahl nie stattgefunden. Der Vorteil dieser Ansicht ist darin begründet, dass sie die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten klar voneinander trennt und den Dritten nicht gegen seinen Willen begünstigt.129 Überwiegend wird hingegen vertreten, dass Rechtswahlvereinbarungen Wirkung zugunsten von Rechten Dritter entfalten könnten, weil das Verbot aus Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO nur auf belastende Verträge beschränkt sei.130 Sofern die Rechte des Dritten von dem außervertraglichen Schuldverhältnis zwischen den Parteien abhängig sind, könnten begünstigende Wirkungen berücksichtigt werden.131 Dies stehe im Einklang mit der englischen Sprachfassung, die ausdrücklich die negative Wirkung („adversely effect“) betont. Der Telos der Beschränkung in Art 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO liege in dem Schutz des Dritten vor Beeinträchtigungen seiner Rechtspositionen.132 Der Dritte solle bereits erworbene Rechte nicht ohne 126 Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 12; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art.14 Rom II-VO Rn. 46; Reinhart, IPRax 1995, 365, 369 f.; v. Bar, IPR, Bd. 2, Rn. 481; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 79; vgl. auch Mansel, ZVglRWiss 86 (1987), 1, 6, der allerdings dem Dritten eine einseitiges Recht einräumt, an der Rechtswahlvereinbarung zu partizipieren; dem folgend Herkner, Grenzen der Rechtswahl im internationalen Deliktsrecht S. 196 ff. 127 Reinhart, IPRax 1995, 365, 369; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art.14 Rom II-VO Rn. 46; v. Bar, IPR, Bd. 2, Rn. 481; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 79. 128 Mansel, ZVglRWiss 86 (1987), 1, 6; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art.14 Rom II-VO Rn. 42 ff.; Reinhart, IPRax 1995, 365, 369 f.; v. Bar, IPR, Bd. 2, Rn. 481; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 79. 129 Reinhart, IPRax 1995, 365, 369 f.; Mansel, ZVglRWiss 86 (1987), 1, 6. 130 Ferrari, in: Ferrari, Internationales Vertragsrecht, Art. 3 Rom I-VO Rn. 47; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 24; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 128; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 98; ders. in: Calliess/Baetge, Art. 14 Rom II-VO Rn. 36; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 133; ders., in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 83; Bauer, Grenzen nachträglicher Rechtswahl S. 116 ff.; Benecke, RIW 2003, 830, 835; Kondring, IPRax 2006, 425, 427 Fn. 22; Hohloch, NZV 1988, 161, 165 f.; Möllenhoff, Nachträgliche Rechtswahl und Rechte Dritter S. 123 ff.; einschränkend Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 32. 131 Hohloch, NZV 1988, 161, 165 f.; Bauer, Grenzen nachträglicher Rechtswahl S. 116 ff.; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 24. 132 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 32; ders., IPRax 2000, 1, 2; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 128; Kondring, IPRax 2006, 425, 427 Fn. 22.
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Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung
seine Mitwirkung verlieren können.133 Wirkt die Rechtswahlvereinbarung für seine Rechtsposition allerdings begünstigend, entfalle seine Schutzbedürftigkeit.134 Zur Feststellung, ob die Rechtswahl für den Dritten benachteiligend oder begünstigend wirkt, solle anhand des jeweils anwendbaren Sachrechts ein Günstigkeitsvergleich erfolgen, der über die Wirkung entscheide.135 Dies begründe schließlich auch keinen besonderen Ermittlungsaufwand, da die benachteiligende Wirkung gleichsam durch einen Vergleich der anwendbaren Rechtsordnung mit und ohne die Rechtswahlvereinbarung festgestellt würde.136 Die gewählte Rechtsordnung findet im Hinblick auf den Dritten danach nicht im ganzen Umfang Anwendung. Allein die begünstigenden Vorschriften werden als Rechtsfolge in das im Übrigen für seine Rechtsverhältnisse anwendbare Recht „hineininjiziert“. Nach beiden Ansichten ist der Verweisungsvertrag gegenüber dem Dritten relativ unwirksam, wenn die Verweisung seine Rechtsposition nachteilig beeinflusst. Für eine darüber hinausgehende Berücksichtigung drittbegünstigender Wirkungen spricht, dass der Dritte weniger schutzbedürftig ist, wenn die Rechtswahl zu einer Begünstigung seiner Rechtspositionen führt. Sie liegt im Regelfall in seinem Interesse. Durch die Erstreckung der Rechtswahl auf das Rechtsverhältnis zu Dritten wird ferner die Reichweite des Parteiwillens vergrößert, wodurch dem Grundsatz der Parteiautonomie scheinbar am umfassendsten Rechnung getragen wird. Gegen sie spricht allerdings, dass der Grundsatz der Privatautonomie nicht nur eine positive, sondern auch eine negative Vertragsfreiheit gewährleistet.137 Der Begünstigte muss die Möglichkeit haben, in die Begünstigung einzuwilligen oder sie zurückzuweisen.138 Dies gilt freilich auch für Vorteile, die aus einem Rechtswahlvertrag mittelbar resultieren. Allein die begünstigende Wirkung für den Dritten kann einen unmittelbaren Eingriff in seine Rechtssphäre nicht rechtfertigen. Gegen die herrschende Ansicht spricht ferner, dass sie sich zu stark an der Position und den Interessen des Dritten orientiert und das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien der Rechtswahlvereinbarung vernachlässigt. Die Kehrseite der Verbesserung der Rechtsstellung des Dritten liegt in der Regel in der Verschlechterung der Rechtsstellung einer 133 Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 133; ders., in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 83. 134 Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 128; Kondring, IPRax 2006, 425, 427; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 32; Wurmnest, in: jurisPKBGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 24. 135 v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 98. 136 v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 98. 137 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, S. 8 f. 138 Reinhart, IPRax 1995, 365, 370; Möllenhoff, Nachträgliche Rechtswahl und Rechte Dritter S.44; Herkner, Die Grenzen der Rechtswahl im Internationalen Deliktsrecht, S. 199 m.w.N.
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der Parteien der Rechtswahlvereinbarung. So ist es denkbar, dass die Parteien durch die Wahl deutschen Rechts die Anwendung der Grundsätze des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (unbewusst) begründen und damit einen zusätzlichen Gläubiger schaffen, der nach dem objektiv anwendbaren Recht möglicherweise keine oder nur weniger erfolgversprechende Ansprüche hätte. Im Hinblick auf die Rechtsposition einer Haftpflichtversicherung ist es beispielsweise vorstellbar, dass die Parteien eine Rechtsordnung wählen, nach der eine bestimmte Schadensposition nicht ersatzfähig ist, während sie nach objektiv anwendbaren Recht ersatzfähig gewesen wäre.139 Befürwortet man eine Berücksichtigung drittbegünstigender Wirkungen, müsste die Versicherung diesen Schadensposten nicht ersetzen. Dieser Vorteil wirkt sich damit zulasten des Gläubigers aus, obwohl diese die Rechtsbeziehungen mit der Versicherung durch die Rechtswahl möglicherweise gar nicht beeinflussen wollte. Eine solche Auslegung des Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO führt damit nicht zu einer umfassenderen Gewährleistung der Parteiautonomie, sondern vielmehr zu ihrer Beschränkung. Der Wortlaut des Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO bietet für eine solche einschränkende Auslegung indes keine Anhaltspunkte. Zwar spricht die englische Sprachfassung von „adversly affect the right of third parties“ und verdeutlicht somit das Verbot von Verträgen zu Lasten Dritter. Einen zwingenden Schluss auf ein Berücksichtigungsgebot von Vorteilen Dritter lässt sich aufgrund der Divergenzen in den einzelnen Sprachfassungen daraus jedoch nicht ziehen.140 Die Befürworter des Günstigkeitsprinzips gehen davon aus, dass die Parteien die Wirkung zugunsten des Dritten ausschließen können.141 Dies impliziert, dass Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom IIVO die Grundaussage entnommen werden kann, dass die drittbegünstigende Wirkung im Regelfall im Interesse der Parteien liege. Dadurch, dass die Verbesserung der Rechtsstellung des Dritten zulasten einer der Parteien geht, kann eine solche Aussage dem gesetzlichen Wortlaut aber nicht ohne weiteres unterstellt werden. Gegen eine Anwendung des Günstigkeitsprinzips spricht vor diesem Hintergrund ferner, dass Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO die Auslegungsregel einer Teilrechtswahl zugunsten Dritter begründen würde. Wie bereits an anderer Stelle deutlich wurde, entspricht es allgemeinen Auslegungsgrundsätzen, dass die Parteien im Zweifel eine einheitliche Betrachtung ihrer Rechtsverhältnisse erstreben.142 Diesen Grund139 z.B. die französische perte d’une chance, siehe hierzu etwa M. Vogeler, Haftung, S. 406 f.; Brieskorn, Vertragshaftung und responsabilité contractuelle, S 299 m.w.N. 140 Ebenso Herkner, Die Grenzen der Rechtswahl im Internationalen Deliktsrecht, S. 200. 141 v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 98; Leible, in: AnwKBGB, Art. 27 EGBGB Rn. 64; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 86; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 79. 142 Siehe bereits oben S. 321 ff.
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Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung
satz würde Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO durchbrechen, wenn im Regelfall von einer dépeçage zugunsten des Dritten ausgegangen werden müsste. Freilich führt auch eine strenge Anwendung der Theorie von der Relativität der Schuldverhältnisse zu einem law mix. Jedoch werden die einzelnen Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien einheitlich beurteilt. In der Folge würden das Günstigkeitsprinzip und der Anwendungsbefehl des Art. 14 Rom II-VO über den wirklichen Parteiwillen hinausgehen. Vor diesem Hintergrund sind nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO auch positive Wirkungen auf die Rechtsstellung des Dritten ausgeschlossen. Die Rechtswahl entfaltet unter strenger Anwendung der Theorie von der Relativität der Schuldverhältnisse folglich nur eine Wirkung inter partes, es sei denn die Parteien treffen eine davon abweichende Regelung. Zur Ermittlung des Parteiwillens sollte die Frage beantwortet werden, ob die Parteien der Rechtswahlvereinbarung das Ergebnis des Günstigkeitsprinzips als materiell-rechtliche Regelung zugunsten des Dritten in ihren Vertrag aufgenommen hätten. Daran wird es im Regelfall fehlen. 3. Rechtsfolgen Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO bewirkt, dass die Rechtswahl gegenüber dem Dritten als nicht vorgenommen gilt. Die Ansprüche und Rechte des Dritten sind demnach so zu behandeln, als wenn die Rechtswahl nicht getroffen worden wäre. Der von Art. 14 Rom II-VO ausgesprochene Anwendungsbefehl entfaltet im Hinblick auf die Stellung des Dritten folglich keine Wirkung. Er wirkt mithin nur relativ.143 Diese Wirkung schlägt sich auch im Rahmen von Art. 18 Rom II-VO nieder.144 Danach kann der Geschädigte „seinen Anspruch direkt gegen den Versicherer des Haftenden geltend machen, wenn dies nach dem auf das außervertragliche Schuldverhältnis […] anzuwendenden Recht vorgesehen ist.“ Durch die Rechtswahl kann die Passivlegitimation der Versicherung mithin nicht herbeigeführt werden. Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO entfaltet damit auch prozessualen Schutz.145 Sofern sich die Parteien der Rechtswahlvereinbarung über die Drittbeteiligung an ihrem Schuldverhältnis bewusst sind, sollten sie im Interesse einer einheitlichen Behandlung ihrer Rechtsbeziehungen eine 143 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 27; W. Lorenz IPRax 1987, 269, 273. 144 Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.27; Wurmnest, in: jurisPKBGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 24; v. Hein., in: Calliess/Baetge, Art. 14 Rom II-VO Rn. 36; Junker, in: MünchKomm, Art. 18 Rom II-VO Rn. 10; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 18 Rom II-VO Rn. 3; Leible, RIW 2008, 257, 262; Schaub, in: Prütting/Wegen/ Weinreich, Art. 14 Rom II-VO Rn. 7; Garcimartín Alférez, EuLF 2007, I-77, I-82; Köthe, Schranken der Parteiautonomie S. 106; Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 12. 145 Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, Art. 14 Rom II-VO Rn. 7; Leible, RIW 2008, 257, 262.
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dreiseitige Rechtswahlvereinbarung treffen. Diese ist ohne weiteres zulässig. Aufgrund der Aufspaltung und isolierten Betrachtung der einzelnen Rechtsbeziehungen und der damit einhergehenden unterschiedlichen rechtspolitischen Vorstellungen der nationalen Gesetzgeber sollte andernfalls eine Rechtswahl grundsätzlich vermieden werden, um insgesamt einen gerechten Interessenausgleich erzielen zu können. II. Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO (Binnensachverhalt) 1. Zweck und Anwendungsbereich Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO begründet neben Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO eine weitere Beschränkung des Anwendungsbefehls aus Art. 14 Abs. 1 Rom II-VO:146 „Sind [danach] alle Elemente des Sachverhalts zum Zeitpunkt des Eintritts des schadensbegründenden Ereignisses in einem anderen als demjenigen Staat belegen, dessen Recht gewählt wurde, so berührt die Rechtswahl der Parteien nicht die Anwendung derjenigen Bestimmungen des Rechts dieses anderen Staates, von denen nicht durch Vereinbarung abgewichen werden kann.“ Folglich bleiben bei einem reinen Inlandssachverhalt die inländischen zwingenden Vorschriften von einer Rechtswahl unberührt. Die Etablierung einer Vorschrift zur Regelung der kollisionsrechtlichen Rechtswahl bei rein innerstaatlichen Sachverhalten war bereits im Präsidialentwurf unter österreichischer Ratsherrschaft vom 28.10.1998 angelegt.147 Die weiteren Vorschläge für eine Verordnung für das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht übernahmen mit wenigen sprachlichen Abweichungen den Inhalt dieser Vorschrift.148 Der Grund hierfür mag in der Vorbildfunktion des Art. 3 Abs. 3 EVÜ erblickt werden, die ihre Fortsetzung heute in Art. 3 Abs. 3 Rom IVO gefunden hat.149 Im Hinblick auf die Auslegung kann unter Berück-
146 Vgl. Schlechtriem, in: FS W. Lorenz, 2001, S. 565, 573; Rühl, in: Conflict of Laws in a globalized World, 2007, S. 153, 160 ff.; Spickhoff, IPRax 2007, 407, 408; Leible, in: Le nouveau règlement européen, 2008, S. 61, 71 ff.; ders., in: Reichelt, Europäisches Gemeinschaftsrecht und IPR, 2007, S. 31, 46; Ferrari, in: Ferrari, Internationales Vertragsrecht, Art. 3 Rom I-VO Rn. 49; Hay, EuLF 2007, I-137, I-151; Ofner, ZfRV 2008, 13, 22; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; Bertoli, riv.dir.int.priv.proc. 2009, 697, 711; ders., Dir.UE 2009, 231, 256; Dicey/Morris/Collins, Conflict of Laws, Vol. 2, Rn. 32-070; v. Hein, RabelsZ 73 (229), 461, 487 f.; Petch, JIBLR 2006, 449, 453; Althammer, JA 2008, 772, 774. 147 Art. 12 Nr. 5 Präsidialentwurf vom 28.10.1998 (Präs-E), siehe hierzu oben S. 26 ff. 148 Siehe z.B. Art. 6 Nr. 2 des Referentenentwurfs der EG-Kommission vom 21.6.1999 (Ref-E); vgl. hierzu bereits oben S. 33 ff. 149 KOM (2003) 427 endg., Begründung der Kommission zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche
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Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung
sichtigung von Erwägungsgrund 7 der Rom II-VO vor diesem Hintergrund grundsätzlich auf die Vorschriften zum internationalen Vertragsrecht zurückgegriffen werden.150 Zwar sieht Art. 3 Rom I-VO einen von Art. 3 Abs. 3 EVÜ abweichenden Wortlaut vor. Dies wird man jedoch nicht als Hinweis auf eine inhaltliche Änderung, sondern auf die Adaption an die Regelung des Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO zurückführen können.151 Der fehlende Auslandsbezug führt folglich nicht zur Unwirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung, sondern wirkt sich nur auf den Umfang des gesetzlichen Anwendungsbefehls aus.152 Mit Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO verfolgt der europäische Gesetzgeber das Ziel zu verhindern, dass zwingende Vorschriften, die häufig dem Schutz schwächerer Parteien dienen,153 abgewählt werden.154 Die Vorschrift soll folglich Umgehungen von ius cogens entgegenwirken.155 Im Vordergrund steht dabei nicht allein der Schutz schwächerer Parteien, sondern insbesondere auch die Berücksichtigung der völkerrechtlichen Anforderungen an das IPR156 sowie die Durchsetzung des staatlichen Geltungsanspruchs hinsichtlich seiner rechtspolitischen Vorstellungen und Wertungen, die gerade in den zwingenden Vorschriften seiner RechtsSchuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 22.7.2003 S. 25; kritisch zu Art. 3 Abs. 3 EVÜ E. Lorenz, RIW 1987, 569, 574 f. 150 Vgl. Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationalen Vertragsrecht Rn. 448; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 39; Bertoli, riv.dir.int.priv.proc. 2009, 697, 711 f.; ders., Dir.UE 2009, 231, 256. 151 Ebenso Calliess, in: Calliess/Baetge, Art. 3 Rom I-VO Rn. 51; Leible, RIW 2008, 257, 262; ders., in: Le nouveau règlement européen, 2008, S. 61, 71; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 130; v. Hein, in. Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom IVO Rn. 102; vgl. auch Erwägungsgrund 15 S. 3 der Rom I-VO. Als weitere nennenswerte Änderung ist die Streichung der Legaldefinition der zwingenden Bestimmungen im Sinne von Art. 3 Abs. 3 EVÜ zu sehen, die durch eine Legaldefinition des Begriffs der Eingriffsnormen ersetzt wurde. Vgl. zum Verhältnis der beiden Begriffe Erwägungsgrund 37 S. 2 Rom I-VO. 152 KOM (2003) 427 endg., Begründung der Kommission zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 22.7.2003 S. 25; Leible, RIW 2008, 257, 262; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationalen Vertragsrecht Rn 135; ders., in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 87; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 131; Ferrari, in: Ferrari, Internationales Vertragsrecht, Art. 3 Rom I-VO Rn. 49; v. Hein, in: Calliess/Baetge, Art. 14 Rom II-VO Rn. 43. 153 Vgl. Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts I, S. 51 f.; G. Wagner, ZEuP 2010, 243, 257 ff. aus ökonomischer Sicht. 154 KOM (2003) 427 endg., Begründung der Kommission zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 22.7.2003 S. 25. 155 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 34; ders., IPRax 2007, 407, 408. 156 Siehe hierzu Kropholler, IPR, S. 51 ff.
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ordnung zur Geltung kommen.157 Völkerrechtlich ist die Anwendung einer bestimmten Rechtsordnung geboten, wenn der Sachverhalt allein mit dieser Rechtsordnung verbunden ist.158 Damit wird zugleich dem Rechtsanwendungsinteresse des Staates hinsichtlich der Anwendung seiner Rechtsordnung zur Regelung jenes Inlandssachverhaltes Rechnung getragen. Dieser staatliche Geltungsanspruch nimmt ab, je enger der Sachverhalt mit einer anderen ausländischen Rechtsordnung verbunden ist. Umgekehrt nimmt der staatliche Geltungsanspruch dieser anderen staatlichen Rechtsordnung zu, je größer der Bezug des Sachverhalts zu dieser Rechtsordnung ist.159 Nur bei Vorliegen eines entsprechenden Auslandsbezuges muss der Grundsatz der Gleichwertigkeit ausländischer Rechtsordnungen, wonach der Staat das Interesse des anderen Staates an der Regelung des Sachverhaltes anerkennt und die Anwendung ausländischen Rechts vor seinen eigenen Gerichten gestattet, beachtet werden.160 Bei Vorliegen eines reinen Inlandssachverhaltes gilt in der Konsequenz grundsätzlich inländisches (zwingendes) Recht. Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO begründet vor diesem Hintergrund einen Kompromiss zwischen den Befürwortern einer uneingeschränkten Rechtswahl bei einem rein innerstaatlichen Sachverhalt und den Befürwortern eines vollständigen Ausschlusses der Rechtswahlmöglichkeit.161 Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO sieht vor, dass bei Fehlen eines hinreichenden Auslandsbezugs des Sachverhalts die national zwingenden Vorschriften der Rechtsordnung des Staates, zu dem die einzige Verbindung besteht, Anwendung finden. In Abgrenzung hierzu sieht Art. 16 Rom II-VO die
157 Vgl. Leible, RIW 2008, 257, 262; ders., in: Le nouveau règlement européen, 2008, S. 61, 71; ders., ZVglRWiss 97 (1998), 286,, 294; ders., in: Reichelt, Europäisches Gemeinschaftsrecht und IPR, 2007, S. 31, 46; Magnus, in: Staudinger, Art. 9 Rom I-VO Rn. 2. 158 Kropholler, IPR, S. 52 m.w.N. 159 Vgl. H. Stoll, in: FS Kegel, 1987, S. 623, 647; Michaels/Kamann, EWS 2001, 301, 303. 160 Vgl. v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 1 Rn. 13; Neuhaus, Grundbegriffe, S. 30; H. Stoll, in: FS Kegel, 1987, S. 623, 646 f.; Looschelders, IPR, Art. 6 Rn. 1. 161 Giuliano/Lagarde, Bericht über das Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, BT-Drucks. 10/503, S. 36, 50; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationalen Vertragsrecht Rn 135; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 133; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 100; Dicey/Morris/Collins, Conflict of Laws, Vol. 2, Rn. 32-070. Ob tatsächlich von einem gegenseitigen Entgegenkommen ausgegangen werden kann, erscheint allerdings im Hinblick auf den Subsidiaritätsgrundsatz kompetenzrechtlich zweifelhaft, da es wohl nicht Aufgabe des europäischen Kollisionsrechts ist, die nationale Privatautonomie zu beschränken.
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Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung
Sonderanknüpfung von international zwingenden Vorschriften vor.162 Die Vorschrift bildet folglich ein Korrelat zu Art. 16 Rom II-VO, da zwingenden Vorschriften, die dem Schutz schwächerer Parteien dienen, in der Regel kein internationaler Geltungsanspruch zukommt.163 Im Unterschied zu Art. 16 Rom II-VO ist Art. 14 Rom II-VO allseitiger Natur. d.h. mit welchem Staat der Sachverhalt die einzige Verbindung aufweist, ist unerheblich.164 Die praktische Bedeutung dieser Vorschrift sollte indes nicht überschätzt werden. Fehlt ein hinreichender Auslandsbezug, gehen die Parteien im Regelfall von der Anwendbarkeit und Anwendung des Rechts des Staates aus, zu dem der Sachverhalt die einzige Verbindung aufweist. Sofern die Vorschrift im Einzelfall zur Anwendung kommt, kann sie die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien nachhaltig beeinflussen, da das außervertragliche Schuldrecht vielfach durch zwingende Vorschriften gekennzeichnet ist. Während im deutschen Recht zwar nur vereinzelte Vorschriften zum ius cogens zu zählen sind,165 entziehen manche mitgliedstaatliche Rechtsordnungen gar ihr gesamtes Deliktsrecht der parteilichen Disposition.166 2. Voraussetzungen a. Inlandssachverhalt Eine Einschränkung des Anwendungsbefehls aus Art. 14 Abs. 1 Rom IIVO erfolgt nur, wenn der Sachverhalt in einer einzigen Rechtsordnung „eingebettet“ ist, d.h. alle Elemente des Sachverhalts in einem anderen als demjenigen Staat (Art. 25 Rom II-VO) belegen sind, dessen Recht gewählt wurde.167 Die Ausübung einer Rechtswahl mit kollisionsrechtlicher Wirkung setzt danach voraus, dass der Sachverhalt einen Auslandsbezug aufweist. Fraglich ist, welche Elemente für die Begründung eines Auslandsbe162
v. Hein, in: Calliess/Baetge, Art. 14 Rom II-VO Rn. 38; Spickhoff, IPRax 2007, 407, 408; Schlechtriem, in: FS W. Lorenz, 2001, S. 565, 573; Althammer, JA 2008, 772, 774. 163 Vgl. zu den zwingenden Bestimmungen S. 60 ff. Zum Verhältnis von Art. 16 Rom II-VO bei Überschneidungen in ihrem Anwendungsbereich siehe unten S. 402 ff. 164 v. Hein, in: Calliess/Baetge, Art. 14 Rom II-VO Rn. 38; Hay, EuLF 2007, I-137, I-151; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 134 m.w.N.; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationalen Vertragsrecht Rn. 135 m.w.N. Eine Abweichung von der lex fori ist freilich nur denkbar, wenn man in einer Gerichtsstandsvereinbarung keinen hinreichenden Auslandsbezug im Sinne von Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO erblickt. 165 G. Wagner, IPRax 2006, 372, 387; für das deutsche Recht sind etwa §§ 309 Nr. 7, 826 oder § 138 BGB zu nennen. 166 G. Wagner, IPRax 2008, 1, 14; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 8. 167 Ferrari, in: Ferrari, Internationales Vertragsrecht, Art. 3 Rom I-VO Rn. 49; v. Hein, in: Calliess/Baetge, Art. 14 Rom II-VO Rn. 38 f.
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zuges berücksichtigt werden können. Die Vorschrift des Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO muss systematisch im Zusammenhang zu Art. 1 Abs. 1 Rom IIVO gesehen werden, wonach zur Eröffnung des sachlichen Anwendungsbereichs der Rom II-VO der Sachverhalt gleichsam eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten aufweisen muss.168 Vor dem Hintergrund, dass Art. 1 Rom II-VO der Anwendbarkeit des Art. 14 Rom II-VO denklogisch vorausgeht, ist die Formulierung des Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO („alle“) widersprüchlich.169 Diese sprachlichen Ungenauigkeiten finden in inhaltlicher Hinsicht jedoch ihre Berechtigung. Im Einklang mit der überwiegenden Literaturauffassung sind Rechtswahl- und Gerichtsstandsvereinbarungen im Rahmen von Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO als taugliche Sachverhaltselemente, die einen entsprechenden Auslandsbezug begründen können, nicht anzuerkennen.170 Dasselbe gilt dann erst recht für eine (unwirksame)171 Schiedsvereinbarung.172 Umgekehrt sind jene Vereinbarungen für den Bezug des außervertraglichen Schuldverhältnisses zum Recht verschiedener Staaten im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Rom II-VO ausreichend und können mithin den sachlichen Anwendungsbereich der Rom II-VO eröffnen.173 Der Ausschluss der Berücksichtigung von Rechtswahlvereinbarungen hinsichtlich der Regelung des Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO kann unmittelbar den Gesetzesmaterialien entnommen werden. In der endgültigen Kommissionsbegründung wird klargestellt, dass es sich im Anwendungsbereich dieser Norm „im Grunde genommen um einen Fall mit reinem In168 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 24; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 15; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 101. 169 v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 101. 170 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 50; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 88; Sujecki, EWS 2009, 310, 314; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 727; Leible, RIW 2008, 257, 262; ders., in: Le nouveau règlement européen, 2008, S. 61, 71; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 21; ders., VersR 2007, 440, 445; ders., in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 101; ders., in: Calliess/Baetge, Art. 14 Rom II-VO Rn. 38; ders., RabelsZ 73 (229), 461, 487 f.; Sonnentag, ZVglRWiss 105 (2006), 256, 279; Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, Art. 14 Rom II-VO Rn. 8; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 137; a.A. Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 41; Schlechtriem, in: FS W. Lorenz, 2001, S. 565, 574; Spickhoff, IPRax 2007, 407, 408; Thorn, in: Palandt, Art. 3 Rom I-VO Rn. 13. 171 Das Schiedsgericht ist an die Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 2, 3 Rom II-VO wohl nicht gebunden, vgl. Martiny, in: MünchKomm, Vor Art. 1 Rom I-VO Rn. 100; Kondring, RIW 2010, 184, 189; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 33; a.A. wohl G. Wagner, IPRax 2008, 1, 3; Staudinger, AnwBl. 2008, 8, 13; vgl. auch Weller, in: Conflict of Laws in a Globalized World, 2007, S. 243 ff. 172 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 34; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 86. 173 v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 101; v. Hoffmann, in: Soergel, Art. 27 EGBGB Rn. 85; E. Lorenz, in: FS Kegel, 1987, S. 303, 311ௗf.
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Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung
landsbezug [handelt], der nur deshalb in den Anwendungsbereich der Verordnung fällt, weil die Parteien eine Rechtswahl getroffen haben.“174 Der Abschluss einer Rechtswahlvereinbarung genügt demnach für den in Art. 1 Abs. 1 Rom II-VO geforderten Auslandsbezug, nicht jedoch für Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO.175 Für Gerichtsstandsvereinbarungen folgt dies aus der gebotenen Auslegungsharmonie zwischen der Rom I-VO und Rom IIVO.176 So stellt Erwägungsgrund 15 der Rom I-VO, der vormals als tatbestandliche Regelung in Art. 3 EVÜ Anwendung fand, klar, dass Art. 3 Abs. 3 Rom I-VO „unabhängig davon angewandt werden [soll], ob die Rechtswahl zusammen mit einer Gerichtsstandsvereinbarung getroffen wurde oder nicht.“ Ferner spricht für einen Ausschluss von Gerichtsstands- und Rechtswahlvereinbarungen, dass andernfalls der Auslandsbezug durch die einfache Aufnahme einer entsprechenden Klausel in den Vertrag erschlichen werden könnte.177 Teilweise spricht sich die Literatur dafür aus eine Ausnahme hinsichtlich der Berücksichtigung von Gerichtsstandsvereinbarungen als Element im Sinne von Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO zuzulassen, wenn sie als Umstand im Sinne von Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO Beachtung finden können.178 Wann eine solche Beachtlichkeit im Rahmen von Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO gegeben ist, bleibt allerdings offen. Dagegen spricht indes nicht nur das systematische Verhältnis zu Art. 1 Abs. 1 Rom II-VO und das große Manipulationsrisiko des Auslandsbezugs durch Aufnahme einer entsprechenden Klausel, sondern auch, dass es im Vergleich zu Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO nicht auf eine Gesamtabwägung aller Umstände ankommt.179 174 KOM (2003) 427 endg., Begründung der Kommission zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 22.7.2003 S. 25. 175 v. Hein, in: Calliess/Baetge, Art. 14 Rom II-VO Rn. 38; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.30; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 727. 176 v. Hein, RabelsZ 73 (229), 461, 487 f.; Erwägungsgrund 7 der Rom II-VO. 177 Spickhoff, IPRax 2007, 407, 409; Leible, in: Le nouveau règlement européen, 2008, S. 61, 71; Althammer, JA 2008, 772, 774; zu dieser Gefahr siehe auch Bach, in: Huber, Rome II Regulation, Art. 3 Rom I-VO Rn. 34. Der fehlende Hinweis in den Erwägungsgründen der Rom II-VO wird häufig bedauert, vgl. etwa Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 50; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 40; ders., VersR 2007, 440, 445; v. Hein, RabelsZ 73 (229), 461, 487 f.). Vor dem Hintergrund des Erwägungsgrunds 7 der Rom II-VO, der eine einheitliche Auslegung der Verordnungen, gebietet genügt die Klarstellung in Erwägungsgrund 15 der Rom I-VO, vgl. Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 727; Leible, in: Le nouveau règlement européen, 2008, S. 61, 72. 178 Sonnentag, ZVglRWiss 105 (2006), 256, 279; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 50; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 40. 179 Streitig, ebenso v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 107 m.w.N.; E. Lorenz, RIW 1987, 569, 575; a.A. v. Bar, IPR, Bd. 2 Rn. 419.
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Sofern ein berücksichtigungsfähiges Auslandselement vorliegt, mangelt es an einem Inlandssachverhalt.180 Fraglich ist daher, anhand welcher Kriterien ein hinreichender Auslandsbezug ermittelt werden kann.181 Die englische Sprachfassung enthält im Vergleich zur deutschen Formulierung den Zusatz, dass nur die „relevanten“ Elemente Berücksichtigung finden können. Daraus wird einerseits geschlussfolgert, dass dem einzelnen Element ein kollisionsrechtliches Gewicht zukommen muss.182 Andererseits kann dieser Formulierung die selbstverständliche Voraussetzung entnommen werden, dass nicht alle denkbaren Elemente berücksichtigungsfähig sind, sondern nur solche, die in einem Zusammenhang zu dem schadensbegründenden Ereignis stehen. Unzweifelhaft können danach jene Elemente berücksichtigt werden, die als Anknüpfungsmoment in den Art. 4-12 Rom II-VO Verwendung finden.183 Ein hinreichender Auslandsbezug liegt demnach insbesondere vor, wenn Handlungsort, Erfolgsort und/oder Ort des gewöhnlichen Aufenthalts auseinanderfallen.184 Darüber hinaus können grundsätzlich alle Elemente Berücksichtigung finden, die auch für die Ermittlung der akzessorischen Anknüpfung nach Art. 4 Abs. 3 Rom I-VO berücksichtigungsfähig sind.185 Insbesondere das Verhältnis zu einem Vertrag, der nicht in den Anwendungsbereich des Art. 3 Abs. 3 Rom I-VO fällt, kann demnach einen entsprechenden Auslandsbezug begründen.186 Problematisch ist, inwieweit die Staatsangehörigkeit im Rahmen von Art. 14 Rom II-VO einen Auslandsbezug des Sachverhaltes begründen kann. Das Merkmal findet in der Rom II-VO als Anknüpfungsmoment keine Verwendung. Im Vordergrund steht vielmehr eine Anknüpfung an den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt. Die Berücksichtigung der Staatsangehörigkeit als Element des Sachverhaltes erscheint nicht nur im Hinblick auf das Diskriminierungsverbot aus Art. 18 AEUV zweifelhaft, sondern läuft auch dem rechtspolitischen Ziel der Integration immigrierter 180 181 182 183
v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 107. Umfassend hierzu Droste, Der Begriff der zwingenden Bestimmung, passim. v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 107. Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 8; Wurmnest, in: jurisPKBGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 26; vgl. zum Vertragsrecht Ferrari, in: Ferrari, Internationales Vertragsrecht, Art. 3 Rom I-VO Rn. 51 m.w.N. 184 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 8; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 40; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 49; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 26; Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 13; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.30. 185 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 8; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 49; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.30; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 40. 186 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 49 Fn. 147.
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Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung
Bürger zuwider. Im Einklang mit der ganz überwiegenden Literaturauffassung ist die Staatsangehörigkeit kein Element im Sinne von Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO, das einen Auslandssachverhalt begründen kann.187 b. Zeitpunkt Den maßgeblichen Zeitpunkt für das Vorliegen eines Auslands- bzw. Inlandssachverhaltes bildet nicht der Zeitpunkt der Rechtswahl, sondern der Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses.188 Hierunter ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Vornahme der tatbestandsmäßigen Handlung, die zur Entstehung des außervertraglichen Schuldverhältnisses führte, zu verstehen.189 Wie bereits im Rahmen der begrifflichen Konkretisierung der Formulierung „Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses“ festgestellt werden konnte, führt die streng systematische Auslegung unter Berücksichtigung von Art. 5 Nr. 3 EuGVO und Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO zu dem inadäquaten Ergebnis, dass der Erfolgsort im Rahmen von Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO nicht berücksichtigt werden könnte. Das Auseinanderfallen von Handlungs- und Erfolgsort und der daraus abzuleitende Auslandsbezug nimmt jedoch gerade im internationalen Deliktsrecht eine große Rolle ein.190 Es bildet das Musterbeispiel für eine sinnvolle Rechtswahl. Eine bewusste Entscheidung des europäischen Gesetzgebers für eine derartige Beschränkung der Rechtswahl wird man hierin nicht erblicken können. Die Anknüpfung an den Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses wird man vielmehr als Redaktionsversehen einstufen, das im Rahmen einer Revision der Verordnung behoben werden sollte.191
187 v. Hein, in: Calliess/Baetge, Art. 14 Rom II-VO Rn. 40; zu Art. 3 Abs. 3 Rom IVO siehe BGH NJW-RR 2005, 929, 931; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 140; Calliess, in: Calliess/Baetge, Art. 3 Rom I-VO Rn. 54; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 10 Rn. 30; v. Bar, IPR, Bd. 2 Rn. 419; Schlechtriem, in: FS W. Lorenz, 2001, S. 565, 575; großzügiger Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 93; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 109; Sandrock, RIW 1986, 841, 846. 188 v. Hein, in: Calliess/Baetge, Art. 14 Rom II-VO Rn. 42. 189 Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 18; v. Hein, in: Calliess/Baetge, Art. 14 Rom II-VO Rn. 42. Vgl. oben S. 239 ff. 190 Siehe etwa die zahlreichen Nachweise zum Ubiquitätsprinzip aus Art. 42 EGBGB, vgl. etwa BGH VersR 2011, 1405 ff.; LG München, RIW 1996, 955; v. Hoffmann, in: Staudinger, Art. 38 EGBGB, 12. Aufl., Rn. 110 ff.; Binder, RabelsZ 20 (1955), 401, 474 ff.; zum Wahlrecht zwischen Art. 40 Abs. 1 S. 2 und S. 3 EGBGB vgl. Litterscheid, Das Bestimmungsrecht des Verletzten aus Art. 40 Abs. 1 S. 2 und S. 3 EGBGB passim. 191 Alternativ käme eine teleologische Extension des Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO in Betracht, die im Hinblick auf den Willen des europäischen Gesetzgebers allerdings fraglich ist.
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3. Rechtsfolgen Sind alle Elemente des Sachverhaltes im Zeitpunkt des Schadenseintritts somit in einem anderen Staat belegen als demjenigen, dessen Recht gewählt wurde, bleiben die zwingenden Vorschriften des Rechts jenen Staates von der Rechtswahl unberührt. In der Regel sind die zwingenden Vorschriften damit dem nach Art. 4-12 Rom II-VO anwendbaren Recht zu entnehmen, sofern kein vereinheitlichtes Sachrecht vorrangig zu berücksichtigen ist.192 Die kollisionsrechtliche Rechtswahl hat damit nur die Wirkung einer materiell-rechtlichen Verweisung.193 Die Beschränkung des Anwendungsbefehls auf die dispositiven Vorschriften ist kollisionsrechtlich konsequent, da die Parteien auf Grundlage der Privatautonomie die dispositiven Vorschriften des inländischen Rechts ohnehin frei ändern könnten.194 Es kommt somit zu einem law mix.195 Das gewählte dispositive Recht muss sich folglich an den zwingenden, nicht derogierbaren Vorschriften messen lassen.196 Im Fall eines Verstoßes ist die dispositive Vorschrift als unwirksam zu behandeln und nicht anzuwenden. Aufgrund des allseitigen Charakters des Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO ist es denkbar, dass das angerufene Gericht das gewählte Sachrecht anhand ausländischen zwingenden Rechts zu prüfen hat. Im Rahmen des EVÜ wurde der Begriff der zwingenden Bestimmungen ambivalent verwendet.197 Mit Ausarbeitung der Rom II-VO und entsprechender Adaption der Rom I-VO an die genannten Begrifflichkeiten kann nunmehr deutlicher zwischen zwingenden Vorschriften und international
192 Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 41. Die Anwendung vereinheitlichten Sachrechts bei Fehlen eines Auslandsbezuges im Sinne von Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO ist freilich nur schwer vorstellbar. 193 Thorn, in: Palandt, Art. 3 Rom I-VO Rn. 13; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 25; v. Hein, in: Calliess/Baetge, Art. 14 Rom II-VO Rn. 43; Leible, in: Le nouveau règlement européen, 2008, S. 61, 71; ders., in: Reichelt, Europäisches Gemeinschaftsrecht und IPR, 2007, S. 31, 46; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 727; v. Bar, IPR, Bd. 2 Rn. 418; missverständlich Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 131; Kühne, in: FS Deutsch, 2009, S. 813, 828. 194 Siehe oben zum Verhältnis von Privat- und Parteiautonomie S. 9 ff. 195 Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, Art. 14 Rom II-VO Rn. 8; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 25; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 88; Leible, RIW 2008, 257, 262; ders., in: Le nouveau règlement européen, 2008, S. 61, 71; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 41; v. Hein, in: Calliess/ Baetge, Art. 14 Rom II-VO Rn. 43; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; Rühl, Statut und Effizienz, S. 626. 196 Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 25; v. Hein, in: Calliess/Baetge, Art. 14 Rom II-VO Rn. 43. 197 Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 144.
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Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung
zwingenden Vorschriften unterschieden werden.198 Anstelle der zwingenden Vorschriften sprechen die Verordnungen vor diesem Hintergrund nun von „Bestimmungen, von denen nicht durch Vereinbarung abgewichen werden kann“.199 Welche Vorschriften als zwingend im Sinne von Art. 14 Abs. 2 Rom I-VO und welche als dispositiv anzusehen sind, beantwortet der Erlassstaat.200 Unerheblich ist, ob die Vorschriften aus nationaler Sicht dem öffentlichen Recht oder dem Privatrecht zuzuordnen sind oder ihre Grundlage im Richterrecht oder Gewohnheitsrecht liegt.201 Wird danach das gesamte Deliktsrecht als zwingend angesehen, spricht Art. 14 Abs. 1 Rom II-VO überhaupt keinen Anwendungsbefehl aus.202 Sofern die Anwendbarkeit zwingender Vorschriften unter dem Vorbehalt bestimmter Voraussetzungen stehen, die nicht erfüllt sind, sind nach den allgemeinen Grundsätzen zur Anwendung ausländischen Rechts im Prozess die zwingenden Vorschriften so anzuwenden, wie es der Richter in dem ausländischen Staat anwenden würde.203 Bestehen für das außervertragliche Schuldverhältnis in dem Recht des Staates, zu dem der Sachverhalt die einzige Verbindung aufweist, keine zwingenden Bestimmungen, stellt sich die Frage, ob hilfsweise auf die zwingenden Vorschriften des gewählten Rechts zurückgegriffen werden kann. Vor dem Hintergrund, dass zwingende Bestimmungen den Schutz schwächerer Parteien dienen oder andere, gegenüber der Privatautonomie höherrangige Ziele verfolgen, sollte diese Frage zu bejahen sein. Schließlich ist in diesem Fall die Erfüllung des staatlichen Geltungsanspruchs hinsichtlich seiner zwingenden Bestimmungen unmöglich, sodass auch die damit verbundene Rechtsfolge, d.h. die Beschränkung der Parteiautonomie, entfallen muss.204 III. Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO (Binnenmarktsachverhalt) 1. Zweck und Anwendungsbereich In Ergänzung zu der Regelung der Rechtswahl bei Binnensachverhalten nach Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO tritt die Vorschrift des Art. 14 Abs. 3 Rom 198 Freitag, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 167, 172 f.; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 144. 199 Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 144. 200 Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 89. 201 Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 144; Martiny., in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 89 f. 202 Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 41; Wagner, IPRax 2008, 1, 14. 203 Ferrari, in: Ferrari, Internationales Vertragsrecht, Art. 3 Rom I-VO Rn. 49 m.w.N.; Thorn, in: Palandt, Art. 3 Rom I-VO Rn. 13. 204 Im Ergebnis ebenso Ferrari, in: Ferrari, Internationales Vertragsrecht, Art. 3 Rom I-VO Rn. 49 m.w.N.; Thorn, in: Palandt, Art. 3 Rom I-VO Rn. 13.
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II-VO, welche den gesetzlichen Anwendungsbefehl des Art. 14 Abs. 1 Rom II-VO bei Vorliegen eines reinen Binnenmarktsachverhalts einschränkt. 205 Danach „[…] berührt die Wahl des Rechts eines Drittstaats durch die Parteien nicht die Anwendung – gegebenenfalls in der von dem Mitgliedstaat des angerufenen Gerichts umgesetzten Form – der Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts, von denen nicht durch Vereinbarung abgewichen werden kann, [wenn] alle Elemente des Sachverhalts zum Zeitpunkt des Eintritts des schadensbegründenden Ereignisses in einem oder mehreren Mitgliedstaaten belegen [sind].“ Die Vorschrift bildet mithin den materiellrechtlichen Gegenspieler zu Art. 23 EuGVO, wonach Gerichtsstandsvereinbarungen nur Beachtung finden, wenn die Zuständigkeit eines mitgliedstaatlichen Gerichts prorogiert wird.206 Ebenso wie im Rahmen der Rechtswahlmöglichkeit bei Inlandssachverhalten findet sich in Art. 3 Abs. 4 Rom I-VO eine Parallelvorschrift zu Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO für das internationale Vertragsrecht.207 Abweichend von Art. 3 Abs. 3 Rom IVO ist Art. 3 Abs. 4 Rom I-VO nicht auf das EVÜ zurückzuführen.208 Die Vorschrift stellt vielmehr eine Neuerung gegenüber dem bisherigen Art. 3 EVÜ dar.209 Ausweislich der Gesetzesmaterialien nahm die Rom II-VO in dieser Hinsicht eine Vorreiterrolle ein. Das Berücksichtigungsgebot zwingenden Gemeinschaftsrechts bei reinen Binnenmarktsachverhalten beruht im Wesentlichen auf der Umsetzung der sog. Ingmar-Entscheidung des EuGH210, die Ende des Jahres 2000 ergangen ist.211 Erste Reaktionen auf 205 Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 39; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.32; Hohloch, in: Erman, Art. 14 Rom II-VO Rn. 15; Jakob/ Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 51; Rühl, Statut und Effizienz, S. 626 f.; Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, Art. 14 Rom II-VO Rn. 9; Sujecki, EWS 2009, 310, 314; v. Hein, VersR 2007, 440, 445; ders., RabelsZ 73 (2009), 461, 488; ders, ZEuP 2009, 6, 20 f.; ders., in: Calliess/Baetge, Art. 14 Rom II-VO Rn. 44; Leible, in: Reichelt, Europäisches Gemeinschaftsrecht und IPR S. 31, 46; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 727; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 27. 206 Vgl. Mankowski, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 23 EuGVO Rn. 3c; Gottwald, in: MünchKomm-ZPO, Art 23 EuGVO Rn 5; Stadler, in: Musielak-ZPO, Art. 23 EuGVO Rn. 1. 207 Hohloch, in: Erman, Art. 14 Rom II-VO Rn. 15. 208 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 51; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 98; Althammer, JA 2008, 772, 775. 209 Pfeiffer, EuZW 2008, 622, 624 f.; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 51; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 22; Mankowski, IHR 2008, 133, 135. 210 EuGH Rs. C-381/98, Ingmar, Slg. I 2000, 9325; zur prozessualen Seite eines ähnlich gelagerten Falls siehe OLG München Urteil v. 17.5.2006 – Az. 7 U 1781/06. 211 Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.32; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 51; Hoffmann, EWS 2009, 254, 258; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 27; Calliess, in: Calliess/Baetge, Art. 3 Rom IVO Rn. 56; Althammer, JA 2008, 772, 775; Bertoli, riv.dir.int.priv.proc. 2009, 697, 713;
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Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung
die Entscheidung fanden sich bereits in Art. 11 Nr. 3 VO-V des Verordnungsvorschlags vom Mai 2002 zur Schaffung eines einheitlichen Kollisionsrechts für außervertragliche Schuldverhältnisse, der erstmalig eine Regelung über die Anwendung der zwingenden Vorschriften des Gemeinschaftsrechts bei Vorliegen eines reinen Binnenmarktsachverhalts vorsah.212 Die Inlands- und Binnenmarktklausel des Verordnungsvorschlags vom Mai 2002 wurden schließlich in Art. 10 Nr. 2, 3 Kom-V213 übernommen.214 Im Hinblick auf die Verordnungshistorie des internationalen Vertragsrecht fanden sich demgegenüber erst im Jahre 2003 parallele Überlegungen zum damaligen Art. 11 Nr. 3 VO-V.215 Vor dem Hintergrund, dass sowohl Art. 3 Abs. 4 Rom I-VO als auch Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO der erwähnten Ingmar- Rechtsprechung des EuGH Rechnung tragen, ist im Einklang mit Erwägungsgrund 7 der Rom II-VO eine einheitliche Auslegung der Vorschriften geboten. In dem zugrundeliegenden Fall hatte der EuGH auf Vorlage des englischen Court of Appeal die Frage zu beurteilen, ob die Vorschriften der Art. 17, 18 der Handelsvertreterrichtlinie, die eine entsprechende Ausgleichspflicht bzw. Schadensersatzpflicht zugunsten des Handelsvertreters (England) bei Nicht-Zustandekommen des Vertrages vorsehen, gleichwohl Anwendung finden, wenn eine Rechtswahl zugunsten des Rechts eines Nicht-Mitgliedstaates (Kalifornien) getroffen wurde.216 Der EuGH bejahte diese Frage und stützte seine Rechtsauffassung, auf eine ungeschriebene Sonderanknüpfung international zwingender Vorschriften des Gemeinschaftsrechts.217 Er stellte fest, dass der Ausgleichanspruch des Handelsvertreters in einem internationalen Handelsvertretervertrag nicht durch die Wahl des Rechts eines Drittstaates abbedungen werden kann, wenn der Sachverhalt „starke Gemeinschaftsbezüge“ aufweist.218 Ein Rückgriff auf die Sonderanknüpfung von Eingriffsnormen (Art. 7 EVÜ) war nicht möglich, da nach Art. 20 EVÜ das EVÜ gegenüber dem Richtli-
ders., Dir.UE 2009, 231, 257 f.; zweifelnd Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 98; Sonnenberger, in: FS Kropholler, 2008, 227, 232 f. 212 Vgl. oben S. 35 ff. 213 Vgl. hierzu oben S. 37 ff. 214 Vgl. allgemein zur Entstehungsgeschichte des Art. 14 Rom II-VO oben S. 21 ff. 215 Hoffmann, EWS 2009, 254, 255. 216 Vgl. hierzu Jayme, IPRax 2001, 190; Michaels/Kamann, EWS 2001, 301, 302 ff.; Hoffmann, EWS 2009, 254, 258; Kindler, BB 2001, 11; Font i Segura, EuLF 2001, I179; Reich, EuZW 2001, 51; Freitag, EWiR 2000, 1061; Emde, EWiR 2006, 621; Käbisch, IStR 2001, 325; Leible, JA 2001, 270; ders., in: Neues internationales Vertragsrecht, S. 41, 553 f.; Staudinger, NJW 2001, 1974; Nemeth/Rudisch, ZfRV 2001, 179. 217 Michaels/Kamann, EWS 2001, 301, 306; Nemeth/Rudisch, ZfRV 42 (2001), 179, 181; Freitag, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 167, 191. 218 Leible, JA 2001, 270, 272.
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nienrecht zurücktreten musste.219 Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO verfolgt vor diesem Hintergrund das Ziel, bewusste und unbewusste Umgehungen des zwingenden Gemeinschaftsrechts zu verhindern.220 Allein durch die Wahl eines drittstaatlichen Rechts sollen die zwingenden Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts nicht derogiert werden können, die bei Vorliegen eines reinen Inlandssachverhaltes oder Binnenmarktsachverhaltes anzuwenden gewesen wären. Kennzeichen des Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO ist demnach, dass die fehlende Anwendbarkeit der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmung allein auf die Rechtswahl zurückzuführen ist.221 Vergleichbar mit Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO tritt folglich der „staatliche“ Geltungsanspruch der zwingenden gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften bei Vorliegen eines reinen Binnenmarktsachverhalts in den Vordergrund, um insbesondere den Schutz schwächerer Parteien und im Einzelfall verfolgte rechtspolitische Interessen der europäischen Wertegemeinschaft zu gewährleisten.222 Der Anwendungsbereich des Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO ist trotz dieser wichtigen Ziele gering. Dies ist darauf zurückzuführen, dass international zwingende Vorschriften bereits über Art. 16 Rom II-VO sonderangeknüpft werden.223 Wie im Rahmen von Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO erfasst Art. 14 Abs. 3 folglich lediglich einfach zwingende Vorschriften.224 Darüber hinaus finden europäische Richtlinien bzw. die umgesetzten nationalen Vorschriften nur über die Anknüpfung des Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO Anwendung, wenn die in Betracht kommenden Richtlinien keine eigenständige
219 Vgl. im Einzelnen hierzu Nemeth/Rudisch, ZfRV 42 (2001), 179, 181. Das EVÜ war freilich nicht unmittelbar anwendbar. Maßgeblich waren in dem zugrundliegenden Fall die umgesetzten englischen Vorschriften, aus denen sich die fehlende Anwendbarkeit ergab. 220 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 55; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 149; Sujecki, EWS 2009, 310, 314; Bertoli, riv.dir.int.priv.proc. 2009, 697, 714; ders., Dir.UE 2009, 231, 257 f. 221 Hohloch, in: Erman, Art. 14 Rom II-VO Rn. 16; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.32; Leible, in: Neues internationales Vertragsrecht, S. 41, 51; Bertoli, riv.dir.int.priv.proc. 2009, 697, 714; ders., Dir.UE 2009, 231, 257 f. 222 Vgl. Bertoli, riv.dir.int.priv.proc. 2009, 697, 713; Allgemein zur Verwirklichung rechtspolitischer Ziele durch Rechtsharmonisierung v. d. Groeben, NJW 1970, 359, 360; Timmermanns, RabelsZ 48 (1984), 1, 6; Hommelhoff, AcP 192 (1992), 71, 73. 223 Vgl. hierzu Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 4; Magnus in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 148; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 125; Bach, in: Huber, Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 32; v. Hoffmann, IPRax 1989, 261, 263 ff.; Hoffmann, EWS 2009, 254, 259 sowie unten S. 402 ff. 224 Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 139; Mankowski, IHR 2008, 131, 135 f. Zum Konkurrenzverhältnis beider Vorschriften siehe sogleich unten S. 402 ff.
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Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung
Kollisionsregel enthalten, die ihre Geltung bei reinen Binnenmarktsachverhalten absichert (Art. 27 Rom II-VO).225 2. Voraussetzungen a. Binnenmarktsachverhalt Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO setzt zunächst voraus, dass alle Elemente des Sachverhaltes in einem oder mehreren Mitgliedstaaten belegen sind.226 Die Frage, welche Elemente eines Sachverhaltes einen Auslandsbezug begründen können ist parallel zu Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO zu beantworten.227 Es kommt folglich darauf an, ob die fraglichen Elemente des Sachverhaltes als Anknüpfungsmoment im Rahmen der Rom II-VO bedeutsam sind oder bei der Beurteilung einer akzessorischen Anknüpfung Berücksichtigung finden können.228 Gerichtstands- und Rechtswahlklauseln sowie die Staatsangehörigkeit genügen für einen relevanten Drittbezug des Sachverhaltes nicht.229 Damit ist Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO gegenüber der IngmarRechtsprechung des EuGH restriktiver.230 Während der EuGH lediglich einen starken Gemeinschaftsbezug für die Vornahme einer Sonderanknüpfung des zwingenden Gemeinschaftsrechts ausreichen ließ, kommt es bei Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO auf einen reinen Binnenmarktsachverhalt an.231 Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO bleibt folglich hinter den Anforderungen des EuGH zurück. Es genügt im Unterschied zu Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO, dass alle Elemente des Sachverhalts in mehreren Mitgliedstaaten belegen sind.232 Die EU wird dadurch faktisch wie ein Staat behandelt.233 Der Bin225 Mankowski, IHR 2008, 131, 138; Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 151; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn.101. 226 Bertoli, Dir.UE 2009, 231, 266; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 51; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 22; ders., in: Calliess/Baetge, Art. 14 Rom IIVO Rn. 44; zum Vertragsrecht Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 139. 227 Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 99. 228 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 8; Wurmnest, in: jurisPKBGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 27; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 49. 229 Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 153. 230 Hoffmann, EWS 2009, 254, 258; zu weitgehend aber Kieninger, in: FS Kropholler, 2008, 499, 507; für ein Fortbestehen den Ingmar-Entscheidung daher Garcimartín Alférez, EuLF 2008, I-61, I-65; Freitag, IPRax 2009, 109, 112. 231 Leible, JA 2001, 270, 272; Jayme, IPRax 2001, 190, 191; A. Staudinger, NJW 2001, 1974, 1975; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 153. 232 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 52. 233 v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 126; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 100; ders., in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 139; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 149; Mankowski, IHR 2008, 133, 135 m.w.N.
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nenmarktsachverhalt nach Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO entspricht hinsichtlich des Anwendungsbereichs der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem Binnensachverhalt im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Rom II-VO.234 Problematisch ist allerdings, was unter dem Begriff des Mitgliedstaates zu verstehen ist.235 Art. 1 Abs. 4 Rom II-VO sieht die Legaldefinition vor, dass im Sinne dieser Verordnung der Begriff „Mitgliedstaat“ jeden Mitgliedstaat mit Ausnahme Dänemarks bezeichnet. Weist der Sachverhalt folglich Bezüge zu Dänemark auf, könnten die Parteien das Recht eines beliebigen Drittstaates wählen, ohne dass die zwingenden gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften zur Anwendung kämen.236 Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO zielt jedoch gerade darauf ab, dass bei Vorliegen eines reinen Binnenmarktsachverhaltes auch die zwingenden Vorschriften des Gemeinschaftsrechts Anwendung finden. Der Bezug zum Gemeinschaftsrecht wird praktisch dadurch nicht beeinträchtigt, dass die Rom-Verordnungen im Verhältnis zu Dänemark keine Anwendung finden.237 Schließlich stellt Art. 1 Abs. 4 lediglich klar, dass die Rom I-VO und Rom II-VO für Dänemark keine Anwendung finden, das übrige Gemeinschaftsrecht bleibt davon freilich unberührt. Aufgrund des eindeutigen Telos des Art. 14 Abs. 3 Rom IIVO besteht in der Literatur weitgehende Einigkeit darüber, dass Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO einen hiervon abweichenden Begriff zugrunde legt.238 Dagegen wird allerdings vorgebracht, dass Art. 1 Abs. 4 S. 2 Rom I-VO eine ausdrückliche Klarstellung enthält, dass unter den Begriff des Mitgliedstaates im Sinne von Art. 3 Abs. 4 Rom I-VO alle Mitgliedstaaten fal-
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Ebenso Leible, in: Reichelt, Europäisches Gemeinschaftsrecht und IPR S. 31, 46. Siehe hierzu Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 54; Leible, RIW 2008, 257, 263; ders., in: Le nouveau règlement européen, 2008, S. 61, 73; Bach, in: Huber, Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 38; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.33; Magnus, in: Staudinger, Art. 1 Rom I-VO Rn. 40; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 28; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 43; Schaub, in: Prütting/Wegen/ Weinreich, Art. 14 Rom II-VO Rn. 9; v. Hein, in: Calliess/Baetge, Art. 14 Rom II-VO Rn. 44. 236 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 54; Leible, RIW 2008, 257, 263. 237 Bach, in: Huber, Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 37 f. 238 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 54; Leible, RIW 2008, 257, 263; ders., in: Le nouveau règlement européen, 2008, S. 61, 73; Bach, in: Huber, Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 38; Magnus, in: Staudinger, Art. 1 Rom I-VO Rn. 40; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 28; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, Art. 14 Rom II-VO Rn. 9; v. Hein, in: Calliess/Baetge, Art. 14 Rom II-VO Rn. 45; a.A. Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 43; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.32.
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Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung
len, während eine entsprechende Vorschrift in der Rom II-VO fehle.239 Der Wortlaut des Art. 1 Abs. 4 Rom II-VO sei vor diesem Hintergrund zwingend. Gegen die Ansicht spricht jedoch einerseits, dass Erwägungsgrund 7 der Rom II-VO eine Auslegungsharmonie der Verordnungen vorschreibt.240 Zudem begründet Art. 1 Abs. 4 S. 2 Rom I-VO keinen zwingenden Umkehrschluss für die Auslegung des Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO, da diese zeitlich vor der Rom I-VO in Kraft getreten ist und auch im Übrigen etwa im Hinblick auf die Möglichkeit der Teilrechtswahl oder der Änderbarkeit einer einmal getroffenen Rechtswahl Divergenzen bestehen, die gleichsam nicht zu einem zwingenden Umkehrschluss geführt haben.241 Vorgeschlagen wird vor diesem Hintergrund, dass im Hinblick auf das Verhältnis zu Dänemark die Grundsätze der Ingmar- Rechtsprechung oder eine Anwendung des Art. 16 Rom II-VO erfolgen müsse.242 Richtigerweise sollte die Vorschrift des Art. 1 Abs. 4 Rom II-VO im Rahmen von Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO jedoch lediglich unangewendet bleiben und der Begriff des Mitgliedstaates in Anlehnung an Art. 1 Abs. 4 S. 2 Rom I-VO ausgelegt werden. Ein Rückgriff auf die Ingmar-Rechtsprechung würde konkludent die Anerkennung der Geltung des Art. 1 Abs. 4 Rom II-VO für Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO beinhalten, wodurch im Ergebnis eine unzulässige Auslegung contra legem erfolgte. Eine Anwendung des Art. 16 Rom II-VO kommt nicht in Betracht, da Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO gerade die Lücke zwischen Art. 16 Rom II-VO und Art. 27 Rom II-VO schließen soll. Die Verwendung des Begriffs Mitgliedstaat erfolgt insoweit inkohärent und sollte im Rahmen einer Revision der Verordnung angeglichen werden. Neben dem Vorliegen eines Binnenmarktsachverhaltes setzt Art. 14 Abs. 3 voraus, dass die Parteien die Anwendung drittstaatlichen Rechts vereinbart haben. Zu den Drittstaaten zählen auch die sog. EWRStaaten.243 Wollen die Parteien ein neutrales Recht wählen, wird ihre Wahlmöglichkeit auf die mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen begrenzt, wenn der Sachverhalt keinen Auslandsbezug zu einem Drittstaat aufweist. Möglich ist vor diesem Hintergrund auch die Wahl dänischen Rechts. Ob 239 Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 43; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.32. 240 Siehe zum Gebot der rechtsaktübergreifenden einheitlichen Auslegung oben S. 45 ff. 241 Siehe zum zeitlichen Geltungsrahmen der Rom I-VO und Rom II-VO oben S. 81 ff. 242 Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; kritisch hierzu Leible, RIW 2008, 257, 263; für eine analoge Anwendung des Art. 1 Abs. 4 S. 2 Rom I-VO v. Hein, in: Calliess/Baetge, Art. 14 Rom II-VO Rn. 45. 243 Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 43; Wurmnest, in: jurisPKBGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 29; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 154; Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, Art. 14 Rom II-VO Rn. 9.
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die Rechtswahl ausdrücklich, konkludent, teilweise oder im Ganzen oder etwa antizipiert oder post delictum erfolgt, ist unerheblich. b. Zeitpunkt Entscheidend ist nach dem Wortlaut des Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO ferner, dass alle Elemente des Sachverhalts im Zeitpunkt des Eintritts des schadensbegründenden Ereignisses mit dem Binnenmarkt verbunden waren. Um eine Anknüpfung an den Erfolgsort zu ermöglichen, sollte indes auch hier auf den Zeitpunkt des Schadenseintritts im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO zurückgegriffen werden und der Wortlaut entsprechend adaptiert werden.244 3. Rechtsfolgen a. Beschränkungen des Anwendungsbefehls aus Art. 14 Abs. 1 Rom II-VO Liegen die Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO vor, bleiben die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts, von denen nicht durch Parteivereinbarung abgewichen werden kann, von der Rechtswahl unberührt.245 Der Anwendungsbefehl aus Art. 14 Abs. 1 Rom II-VO wird somit in seinem Umfang hinsichtlich der zwingenden gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen beschränkt.246 Im Gegensatz zu Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO lässt sich hier nicht stets von einer materiell-rechtlichen Verweisung sprechen, da die zwingenden nationalen Vorschriften von der Rechtswahl grundsätzlich erfasst werden, wenn nicht zugleich ein reiner Inlandssachverhalt vorliegt. Die Rechtswahl kann damit im Anwendungsbereich des Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO kollisionsrechtliche Wirkung entfalten. Im Hinblick auf die zwingenden Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts kommt es zwischen dem gewählten drittstaatlichen Recht und dem zwingenden Gemeinschaftsrecht zu einem law mix.247 aa. Zwingende Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts Der law mix tritt zwischen den zwingenden Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts und dem gewählten drittstaatlichen Recht ein. Fraglich ist, welche Vorschriften zu den zwingenden Bestimmungen des Gemein244 245
Siehe oben S. 376 ff. Dörner, in: HK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 8; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 8; Hohloch, in: Erman, Art. 14 Rom II-VO Rn. 15 f.; Dickinson, The Rome II Regulation, Ch. 13 Rn. 13.32 f.; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 14 Rom II-VO Rn. 51. 246 Zur Systematik des Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO siehe oben S. 56 ff., 72 ff., 378 f. 247 Rühl, Statut und Effizienz, S. 626 f.; Sujecki, EWS 2009, 310, 314; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 98.
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Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung
schaftsrechts zu zählen sind. In Abgrenzung zu Art. 16 Rom II-VO erfasst Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO nur die einfach zwingenden Bestimmungen, d.h. diejenigen, von denen nicht durch Parteivereinbarung abgewichen werden kann.248 Hierzu zählen in erster Linie die einfach zwingenden Vorschriften des europäischen Sekundärrechts, d.h. insbesondere Verordnungen, Richtlinien sowie auch richterrechtlich entwickelte, zwingende Bestimmungen.249 Mit der eingeschobenen Formulierung in Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO „gegebenenfalls in der von dem Mitgliedstaat des angerufenen Gerichts umgesetzten Form“ macht der europäische Gesetzgeber deutlich, dass die Richtlinien zwischen den Parteien der Rechtswahlvereinbarung keine unmittelbare Wirkung entfalten, sondern dass es auf die jeweils in dem Mitgliedstaat umgesetzten Vorschriften ankommt.250 Dies ist im außervertraglichen Schuldrecht beispielsweise denkbar, wenn die Parteien drittstaatliches Produkthaftungsrecht gewählt haben, das den Parteien zur Disposition gestellt wird und wovon die Parteien Gebrauch gemacht haben, indem sie die Haftung auf Fahrlässigkeit begrenzt haben.251 Aus der nach Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO anzuwendenden zwingenden Vorschrift des § 14 ProdHaftG, wonach durch die Richtlinie begründete Ansprüche nicht im Voraus durch eine Vereinbarung zugunsten des Herstellers beschränkt werden dürfen, würde die im drittstaatlichen Recht gewährleistete Privatautonomie danach entsprechend beschränkt werden und die getroffene Vereinbarung über die Verschuldenshaftung unberücksichtigt bleiben.252 Ob die jeweilige Vorschrift als zwingend im Sinne von Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO anzusehen ist, muss durch Auslegung ermittelt werden. So hat der EuGH beispielsweise in der Ingmar-Entscheidung seinen Schwerpunkt auf die grammatikalische und teleologische Auslegung gelegt.253 Es gelten mithin dieselben Auslegungsregeln wie im deutschen materiellen Recht. Streitig ist, ob zu den Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts im Sinne von Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO auch das Primärrecht, insbesondere die Grundfreiheiten zählen.254 Vor dem Hintergrund, dass der mitgliedstaatliche Richter ohnehin an das Primärrecht gebunden ist und dieses damit stets Anwendung findet,
248 Vgl. Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 160; Mankowski, IHR 2008, 133, 135. 249 Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 161 f. 250 Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 43. 251 Zu diesem Beispiel bereits Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 623; v. Hein, VersR 2007, 440, 445; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 14; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 27; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 8. 252 G. Wagner, IPRax 2008, 1, 14. 253 Siehe auch A. Staudinger, NJW 2001, 1974, 1975; Reich, EuZW 2001, 51. 254 Dafür Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 162; dagegen Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 101.
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wirkt sich der Streit im Ergebnis nicht aus und soll an dieser Stelle daher nicht weiter vertieft werden. bb. Abgrenzung des zwingenden Gemeinschaftsrechts von zwingendem nationalem Recht Das Kennzeichen der EU-Richtlinie besteht darin, dass der europäische und der mitgliedstaatliche Gesetzgeber bei der inhaltlichen Gestaltung der sachrechtlichen Regelungen zusammenwirken.255 Der europäische Gesetzgeber benennt die Ziele der Richtlinie, während die Mitgliedstaaten grundsätzlich selbst entscheiden können, auf welchem Wege sie diese Ziele realisieren.256 In der Praxis sehen die Richtlinien des europäischen Gesetzgebers jedoch vielfach detailliertere Vorschriften vor, welche den Mitgliedstaaten für den Anwendungsbereich der Richtlinie nur einen beschränkten Gestaltungsfreiraum überlassen.257 Gleichwohl finden sich in der Folge in den einzelnen mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen inhaltlich divergierende Vorschriften, die infolge der Grundvorgaben durch die Richtlinie lediglich über denselben kleinsten gemeinsamen Nenner verfügen. Diese Divergenz der Vorschriften wird verstärkt, wenn die Mitgliedstaaten eine sog. überschießende Umsetzung vornehmen.258 Mit dieser Terminologie werden zwei voneinander zu unterscheidende Konstellationen bezeichnet. Zum einen ist es den Mitgliedstaaten grundsätzlich nicht verwehrt, über die Ziele der Richtlinie hinauszugehen und beispielsweise strengere als in der Richtlinie vorgesehene Schutzvorschriften zu erlassen, wenn die Richtlinie sog. Options- oder Öffnungsklauseln enthält.259 Zum anderen können die Mitgliedstaaten Regelungen erlassen, die über den Anwendungsbereich der Richtlinie hinausgehen, indem sie beispielsweise den geschützten Personenkreis der Richtlinie erweitern.260 Beide Konstellationen müssen deut255 EuGH, Rs. C-298/89, Gibraltar, Slg. 1993, I-3605, Rn. 16; Hommelhoff, AcP 192 (1992), 71, 74; Bieber/Epiney/Haag, Die Europäische Union, § 6 Rn. 32; Ruffert, in: Calliess/Ruffert, Art. 288 AEUV Rn. 23. 256 Hommelhoff, AcP 192 (1992), 71, 74; Bieber/Epiney/Haag, Die Europäische Union, § 6 Rn. 32. 257 Hommelhoff, AcP 192 (1992), 71, 74. 258 Siehe hierzu Brandner, Die überschießende Umsetzung von Richtlinien, passim; Jäger, Überschießende Richtlinienumsetzung im Privatrecht, passim; Habersack/Mayer, JZ 1999, 913 ff.; dies., in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, S. 426 f.; Riehm, JZ 2006, 1035 ff. 259 Habersack/Mayer, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre S. 437; Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, Art. 249 EGV Rn. 151; die Richtlinie schreibt mithin nur einen Mindeststandard an Harmonisierung vor, der von den Mitgliedstaaten eingehalten werden muss, sog. Mindestharmonisierung, vgl. hierzu M. Wagner, Das Konzept der Mindestharmonisierung S. 45 ff.; Riehm, JZ 2006, 1035. 260 Riehm, JZ 2006, 1035; Habersack/Mayer, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre S. 430.
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Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung
lich voneinander getrennt werden.261 Mitgliedstaatliche inhaltlich zulässige Modifikationen innerhalb des Anwendungsbereichs der EU-Richtlinie sind für Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO ohne Bedeutung. Die umgesetzten Vorschriften unterliegen nicht nur der richtlinienkonformen Auslegung,262 sondern sind auch als „Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts“ im Sinne von Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO zu behandeln.263 Sofern diese Vorschriften als zwingend anzusehen sind, findet für sie Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO Anwendung.264 Fraglich ist, ob Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO auch diejenigen Vorschriften erfasst, die im Rahmen der Umsetzung der EU-Richtlinie erlassen wurden, aber über den Anwendungsbereich der Richtlinie hinausgehen. Dagegen spricht, dass der Mitgliedstaat außerhalb der Richtlinie seine Rechtsordnung frei gestalten kann. Das Bestehen von Öffnungsvorschriften ist für den Erlass der Regelungen nicht erforderlich. Die Anlehnung an den Inhalt der Richtlinie beruht auf dessen freiwilliger Entscheidung.265 Vor diesem Hintergrund kann jenen Regelungen grundsätzlich kein gemeinschaftsrechtlicher Charakter mehr beigemessen werden. Diese Vermengung von gemeinschaftsrechtlichen und nationalen Vorschriften wird metaphorisch häufig mit „europarechtliche[n] Regelungsinseln im Privatrecht“ umschrieben.266 Treffend fügt Riehm hinzu: „[…], die eine Unterscheidung der Küstenlinien dieser Inseln von der Topographie ihrer Oberfläche“ erforderlich machen.267 Diese Abgrenzung ist auch für den Anwendungsbereich des Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO von Bedeutung. Unter der Prämisse, dass Vorschriften, die zwar im selben Zuge mit der Umsetzung der EU-Richtlinie erlassen wurden, aber außerhalb ihres Anwendungsbereichs liegen, nicht als gemeinschaftsrechtliche Bestimmung im Sinne von Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO eingestuft werden können und daher dem nationalen mitgliedstaatlichen Recht zugeordnet werden müssen, muss das an261 Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, Art. 249 EGV Rn. 151; Riehm, JZ 2006, 1035, 1036; ungenau Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 139; Pfister, NJW 2008, 622, 625. 262 Siehe hierzu Herresthal, in: Langenbucher, Europarechtliche Bezüge des Privatrechts, S. 160 ff.; Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, Art. 249 EGV Rn. 151; Snorbus, RabelsZ 65 (2001), 654, 692. 263 Rühl, Statut und Effizienz, S. 626 f.; der EuGH hat für jene Vorschriften schließlich auch die Auslegungskompetenz, vgl. EuGH, Rs. C-73/89, Fournier, Slg. 1992, I-5621; EuGH, Rs. C-297/88, Dzodzi, Slg. 1990, I-3763; EuGH, Rs. C-88/91, Federconsorzi, Slg. 1992, I-4035; EuGH, Rs. C-231/89, Gmurzynska-Bscher, Slg. 1990, I-4003; EuGH, Rs. C-384/89, Tomatis, Slg. 1991, I-127. 264 a.A. Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 139; Pfister, NJW 2008, 622, 625. 265 Riehm, JZ 2006, 1035, 1036; Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, Art. 249 EGV Rn. 151. 266 Kötz, RabelsZ 50 (1986), 1, 12; Rittner, JZ 1995, 849; Roth, in: FS BGH, Bd. 2, S. 847, 880; Riehm, JZ 2006, 1035, 1037. 267 Riehm, JZ 2006, 1035, 1037.
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gerufene Gericht prüfen, ob die in Betracht kommende Vorschrift innerhalb oder außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie liegt. Streitig ist dabei allerdings, welche Kriterien für die Beantwortung jener Abgrenzungsfrage heranzuziehen sind. Überwiegend wird eine Differenzierung anhand der Tatbestands- und Rechtsfolgenseite befürwortet.268 Eine Erweiterung der Tatbestandsseite führe dazu, dass die Umsetzung außerhalb des Anwendungsbereichs der Verordnung erfolge und demnach in der freien Hand des nationalen Gesetzgebers liege. Eine Änderung der Rechtsfolgenseite erfolge hingegen innerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie und sei daher nur bei Vorliegen einer entsprechenden Öffnungsklausel zulässig, da andernfalls eine Vollharmonisierung beabsichtigt sei. Der Nachteil dieser Differenzierung besteht freilich darin, dass sich Tatbestandsund Rechtsfolgenseite anhand einer autonomen Auslegung nicht stets klar voneinander abgrenzen lassen.269 Vor diesem Hintergrund wird zu Recht vorgeschlagen, dass der Ausgangspunkt der Unterscheidung anhand der Regelungsstruktur der einzelnen Richtlinie erfolgen müsse.270 Danach kommt es darauf an, ob die Richtlinie für den in der nationalen Vorschrift geregelten Fall eine Rechtsfolge vorsieht.271 Maßgeblich ist mithin die Sachverhalt-Rechtsfolge-Relation.272 Nicht zum Gemeinschaftsrecht im Sinne von Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO zählen demnach solche Vorschriften, die einen Sachverhalt regeln, für den die in Betracht kommende EURichtlinie überhaupt keine Rechtsfolge vorsieht.273 Möglich ist demgegenüber, dass die fragliche Regelung indes über Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO zur Anwendung gelangt, wenn der Sachverhalt nur mit einem Mitgliedstaat Berührungspunkte aufweist. Im Rahmen der Rechtsanwendung ist dann zu berücksichtigen, dass die nationalen Regelungen außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie nach überwiegender Ansicht nicht dem Gebot der richtlinienkonformen Auslegung unterliegen.274 In der Regel kann aber davon ausgegangen werden, dass der nationale Gesetzgeber eine einheitli-
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Brandner, Die überschießende Umsetzung von Richtlinien, S. 11 f. Ausführlich hierzu Riehm, JZ 2006, 1035, 1038. Habersack/Mayer, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre S. 437; Riehm, JZ 2006, 1035, 1038. 271 Riehm, JZ 2006, 1035, 1038. 272 Habersack/Mayer, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, S. 437 f; Riehm, JZ 2006, 1035, 1038. 273 Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, Art. 249 EGV Rn. 151. 274 Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, Art. 249 EGV Rn. 151; Ruffert, in: Calliess/Ruffert, Art. 288 AEUV Rn. 83; Mayer/Schürnbrand, JZ 2004, 545, 548ௗf.; allgemein zum Gebot richtlinienkonformer Auslegung im Fall der überschießenden Umsetzung EuGH Rs. C264/96, ICI, Slg. 1998, IǦ4695, S. 4724 f.
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Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung
che Auslegung der Vorschriften beabsichtigte, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, und solchen, die außerhalb dessen liegen.275 b. Zwingendes umgesetztes Gemeinschaftsrecht bei Verbindungen zu mehreren Mitgliedstaaten Erlaubt die Richtlinie dem mitgliedstaatlichen Gesetzgeber, in ihrem Anwendungsbereich weitergehende Regelungen zu erlassen, führt dies zwischen den einzelnen mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen zu inhaltlich divergierenden Umsetzungsakten. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO, der mit den übrigen Sprachfassungen der Verordnung identisch ist, sind die umgesetzten Vorschriften des angerufenen Gerichts anzuwenden.276 Im Interesse der Prozessökonomie wird diese Regelung auf der einen Seite von weiten Teilen der Literatur befürwortet.277 Für sie spricht, dass der angerufene Richter infolge dieser gesetzlichen Anordnung unbesehen des ohne die Rechtswahl anwendbaren Rechts seine eigenen umgesetzten Heimatvorschriften anwenden kann, wodurch Rechtsermittlungskosten und Sprachschwierigkeiten vermieden werden.278 Wenn der europäische Gesetzgeber die Handlungsform der Richtlinie wählt und sog. Öffnungsklauseln in den Richtlinien etabliert, verfolgt er ferner ledig275 Habersack/Mayer, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre S. 452; vgl. hierzu Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, Art. 249 EGV Rn. 151; Canaris, in: FS Bydlinski, 2001, S. 47, 74; Faust, in: Bamberger/Roth, § 433 BGB Rn. 9; der EuGH geht hinsichtlich der richtlinienkonformen Auslegung von einer Vermutung der richtlinienkonformen Willensbildung des mitgliedstaatlichen Gesetzgebers bei der Umsetzung einer Richtlinie aus, vgl. EuGH Rs. C-397/01 bis C-403/01, Pfeiffer, Slg. 2004, I-8835 Rz. 112; Schürnbrand, JZ 2007, 310, 312. Der Mitgliedstaat wird bei einer überschießenden Umsetzung über den Anwendungsbereich der Richtlinie hinaus im Regelfall das Interesse an einer einheitlichen Auslegung haben. Die weiteren Auslegungskriterien sind gleichwohl zu beachten, vgl. BGHZ 150, 248, 260 ff.; Faust, in: Bamberger/Roth, § 433 BGB Rn. 9. 276 Vgl. hierzu Bach, in: Huber, Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 39; Huber/Bach, IPRax 2005, 73, 75; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 449; v. Hein, VersR 2007, 440, 445; ders., ZEuP 2009, 6, 21; ders., RabelsZ 73 (2009), 461, 488; ders., in: Calliess/Baetge, Art. 14 Rom II-VO Rn. 47; Sujecki, EWS 2009, 310, 314; Rühl, Statut und Effizienz, S. 626 f.; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 27; Sonnentag, ZVglRWiss 105 (2006), 256, 279 f.; Leible/Engel, EuZW 2004, 7, 15; Leible, in: Reichelt, Europäisches Gemeinschaftsrecht und IPR S. 31, 46; ders., RIW 2008, 257, 263; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 727; ders., Le nouveau règlement européen, 2008, S. 61, 74 f. 277 Hohloch, in: Erman, Art. 14 Rom II-VO Rn. 16; Bach, in: Huber, Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 39; Martiny, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht Rn. 449; Rühl, Statut und Effizienz, S. 626 f.; v. Hein, VersR 2007, 440, 445 m.w.N. in Fn. 93; ders., ZEuP 2009, 6, 21; ders., RabelsZ 73 (2009), 461, 488.; Sujecki, EWS 2009, 310, 314; Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, Art. 14 Rom II-VO Rn. 9. 278 Hohloch, in: Erman, Art. 14 Rom II-VO Rn. 16; v. Hein, in: RabelsZ 73 (2009), 461, 488.
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lich das Ziel der Mindestharmonisierung. Eine Anknüpfung an die lex causae ist daher vom europäischem Blickwinkel aus betrachtet nicht erforderlich, weil jeder Mitgliedstaat dieselben zwingenden Vorschriften der Richtlinie umsetzen muss und damit den Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts im Sinne von Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO vollständig Rechnung trägt. Ob der mitgliedstaatliche Gesetzgeber darüber hinausgehende Regelungen getroffen hat, die sich zwar noch im Anwendungsbereich der Richtlinie bewegen, aber von ihr nicht unmittelbar vorgeschrieben sind, ist für die Frage der Mindestharmonisierung und der Verwirklichung der in den zwingenden Bestimmungen verkörperten Wertungen ohne Gewicht. Mit diesen Erwägungen ist der Verweis auf die lex fori grundsätzlich nachvollziehbar. Die Vorschrift ist auf der anderen Seite zu Recht starker Kritik ausgesetzt.279 Die beschriebene Sichtweise lässt das europäische Ziel des „freien Verkehrs gerichtlicher Entscheidungen“280 außer Acht. Die Kollisionsrechtsvereinheitlichung zielt darauf ab, die Gefahr des forum shopping zu verringern und den internationalen Entscheidungseinklang zu fördern. Dieses Ziel soll erreicht werden, indem es hinsichtlich des anzuwendenden Sachrechts keinen Unterschied macht, vor welchem mitgliedstaatlichen Gericht Klage erhoben wird.281 Vor diesem Hintergrund werden die Lücken eines gesetzlichen Rechtsanwendungsbefehls der Kollisionsnormen grundsätzlich durch ein Rückgriff auf die lex causae geschlossen.282 Darüber hinaus ist die Klagemöglichkeit bei Vorliegen eines reinen Binnenmarktsachverhalt in der Regel auf mitgliedstaatliche Gerichte beschränkt, sodass im Interesse der Vorhersehbarkeit des anwendbaren Rechts gleichsam ein Rückgriff auf die objektive lex causae vorzugswürdig ist. Im Hinblick auf Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO haben die Parteien bereits drittstaatliches Recht gewählt, sodass der Gerichtsort für sie weniger bedeutsam ist, da aufgrund der Rechtswahl ohnehin ausländisches Recht im Prozess angewendet wird. Der erhöhte Ermittlungsaufwand besteht mithin darin, das konkrete Ergebnis der Rechtsanwendung der zwingenden umgesetzten Vorschriften in den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen zu ermitteln. Die Möglichkeit, die anzuwendenden zwingenden Vorschriften des Gemeinschaftsrechts durch 279 So wohl Huber/Bach, IPRax 2005, 73, 75; Sonnentag, ZVglRWiss 105 (2006), 256, 279 f.; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 27; Leible/Engel, EuZW 2004, 7, 15; Leible, in: Reichelt, Europäisches Gemeinschaftsrecht und IPR S. 31, 46; ders., RIW 2008, 257, 263; ders., Le nouveau règlement européen, 2008, S. 61, 74 f.; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 727; de Lima Pinheiro, Riv. dir. int. priv. proc. 2008, 1, 14; Garcimartín Alférez, EuLF 7 (2007), I-77, I-79; Junker, NJW 2007, 3675, 3677; Brière, JDI 135 (2008), 31, 59; kritisch bereits Hamburg Group for Private International Law, RabelsZ 67 (2003), 1, 36. 280 Siehe hierzu oben S. 15 ff. 281 Vgl. hierzu S. 15 ff. 282 Vgl. Kropholler, IPR, S. 36 f.
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forum shopping einseitig zu bestimmen, ist vor diesem Hintergrund sehr einfach zu realisieren. Für eine Anknüpfung an die lex fori wird ferner angeführt, dass die umgesetzten zwingenden gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften in ihrem wesentlichen Inhalt übereinstimmen, sodass sich die Frage nur im Detail auswirkt. Häufig geht es in diesem Zusammenhang jedoch auch um Fristenregelungen und Ausgestaltungen von Ersatzansprüchen, die auf das Ergebnis des Verfahrens empfindlichen Einfluss ausüben können. Die Entscheidung des europäischen Gesetzgebers muss zwar vorerst akzeptiert werden. Im Rahmen einer Revision der Verordnung sollte diese dogmatische Schwäche allerdings ausgebessert werden. c. Nicht oder verspätet umgesetzte EU-Richtlinie im Forumstaat Nach dem eindeutigen Wortlaut des Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO sind die umgesetzten zwingenden Bestimmungen der EU-Richtlinie der lex fori zu entnehmen. Hat der Gesetzgeber des Gerichtsstaates die anwendbare Richtlinie nicht fristgemäß oder unzureichend umgesetzt, und können der mitgliedstaatlichen Rechtsordnung demzufolge keine zwingenden gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften entnommen werden, stellt sich die Frage, welche Auswirkungen dies auf die Anwendung des gewählten drittstaatlichen Rechts hat. Zu denken wäre zunächst an eine streng am Gesetz orientierte Lösung. Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO entfaltet seine Wirkung in systematischer Hinsicht auf der Rechtsfolgenseite der subjektiven Kollisionsnorm. Die Vorschrift bewirkt, dass der gesetzliche Anwendungsbefehl aus Art. 14 Abs. 1 Rom II-VO um die zwingenden Vorschriften des Gemeinschaftsrechts gekürzt wird. Nach dem Wortlaut des Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO kommt es bei der Handlungsform der EU-Richtlinie auf die im nationalen Recht umgesetzten Vorschriften an. Existieren keine zwingenden umgesetzten Vorschriften, entfaltet in der Konsequenz der Anwendungsbefehl aus Abs. 1 unbeschränkte Wirkung. Für eine solche Sichtweise spricht auch die Francovich-Entscheidung, in der der EuGH festgestellt hat, dass dem Bürger für die Nachteile, die ihm aus der fehlenden Umsetzung entstanden sind, ein Staatshaftungsanspruch zukommen könne.283 Ein Bedürfnis nach einer korrigierende Auslegung des Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO könnte vor diesem Hintergrund abzulehnen sein. Gegen eine solche Auslegung spricht jedoch der Grundsatz des effet utile, wonach unter mehreren in Betracht kommenden Auslegungen diejenige zu wählen, die das Ziel der jeweiligen europäischen Regelung am effektivsten gewährleistet.284 Der angerufene mitglied283 EuGH Rs. C-6/90, C-9/90, Francovich, Slg. 1991, I-5357; vgl. zum Staatshaftungsanspruch Frenz, Handbuch Europarecht, Bd. 5, Rn. 182 ff.; Bieber/Epiney/Haag, Die Europäische Union, § 6 Rn. 38. 284 Siehe zum effet utile oben S. 51 ff.
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staatliche Richter ist an diesen Grundsatz gebunden.285 Vor diesem Hintergrund ist zu erwägen, die Vorschriften der nicht bzw. unzureichend umgesetzten Richtlinie unmittelbar anzuwenden. Der Wortlaut („gegebenenfalls“; engl. appropriate) stünde einer solchen Auslegung nicht entgegen. Allerdings hat der EuGH bereits mehrfach klargestellt, dass eine direkte Horizontalwirkung von Richtlinien zwischen Privatpersonen ausgeschlossen ist.286 Sie komme gegebenenfalls und nur ausnahmsweise im Verhältnis zwischen Staat und Bürger in Betracht, wenn die Richtlinie inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheint und sie nicht fristgerecht oder ordnungsgemäß umgesetzt wurde.287 Der EuGH stützt seine Rechtsprechung auf den effet utile und eine spezielle Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben.288 Danach soll sich der Staat nicht auf die fehlende Umsetzung berufen können, wenn er diese selbst zu vertreten hat.289 Überträgt man diese Grundsätze auf Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO, kommt eine unmittelbare Anwendung der zwingenden Vorschriften der EU-Richtlinie grundsätzlich nicht in Betracht, da diese Wirkung auf die horizontale Ebene beschränkt ist.290 In Betracht kommt daher allein ein hilfsweiser Rückgriff auf die nach objektiver Anknüpfung zu ermittelnde lex causae. Der 285 286
Vgl. Bieber/Epiney/Haag, Die Europäische Union, § 2 Rn. 64. EuGH Rs. 152/84, Marshall I, Slg. 1986, I-723, Rn. 48; EuGH Rs. 372/85 bis 374/85, Traen, Slg. 1987, I-2141, Rn. 24; EuGH Rs. 14/86, Pretore di Salò, Slg. 1987, I2545, Rn. 19; EuGH Rs. 80/86, Kolpinghuis Nijmegen, Slg. 1987, I-3969, Rn. 9; EuGH Rs. C-221/88, Busseni, Slg. 1990, I-495, Rn. 23; EuGH Rs. C-106/89, Marleasing, Slg. 1990, I-4135, Rn. 6; EuGH Rs. C-168/95, Arcaro, Slg. 1996, I-4705, Rn. 36ௗff.; EuGH Rs. C-97/96, Daihatsu, Slg. 1997, I-6843, Rn. 24; EuGH Rs. C-201/02, Delena Wells, Slg. 2004, I-723, Rn. 56. Bieber/Epiney/Haag, Die Europäische Union, § 6 Rn. 64; Ruffert, in: Calliess/Ruffert, Art. 288 AEUV Rn. 57. 287 EuGH Rs. 8/81, Becker, Slg. 1982, I-53; EuGH Rs. 51/76, Nederlandse Ondernemningen, Slg. 1977, I-113; EuGH Rs. 5/83, Rienks, Slg. 1983, I-4223; EuGH Rs. 33/70, SACE, Slg. 1970, I-1213; EuGH Rs. 51/74, Van Duyn, Slg. 1974, I-1337, 1348; EuGH Rs. 148/78, Ratti, Slg. 1979, I-1629; vgl. Ruffert, in: Calliess/Ruffert, Art. 288 AEUV Rn. 47 ff.; Bieber/Epiney/Haag, Die Europäische Union, § 6 Rn. 64 m.w.N. 288 EuGH Rs. 8/81, Becker, Slg. 1982, I-53; EuGH Rs. 51/76, Nederlandse Ondernemningen, Slg. 1977, I-113; EuGH Rs. 5/83, Rienks, Slg. 1983, I-4223; EuGH Rs. 33/70, SACE, Slg. 1970, I-1213; EuGH Rs. 51/74, Van Duyn, Slg. 1974, I-1337, 1348; EuGH Rs. 148/78, Ratti, Slg. 1979, I-1629. 289 EuGH Rs. C-91/92, Paolo Faccini Dori, 1994, I-3325 Rn. 23; Ruffert, in: Calliess/Ruffert, Art. 288 AEUV Rn. 57. 290 EuGH Rs. C-168/95, Arcaro, Slg. 1996, I-4705, Rn. 36ௗff.; EuGH Rs. 152/84, Marshall I, Slg. 1986, I-723, Rn. 48; EuGH Rs. C-201/02, Delena Wells, Slg. 2004, I723, Rn. 56; EuGH Rs. 372/85 bis 374/85, Traen, Slg. 1987, I-2141, Rn. 24; EuGH Rs. 14/86, Pretore di Salò, Slg. 1987, I-2545, Rn. 19; EuGH Rs. 80/86, Kolpinghuis Nijmegen, Slg. 1987, I-3969, Rn. 9; EuGH Rs. C-221/88, Busseni, Slg. 1990, I-495, Rn. 23; EuGH Rs. C-106/89, Marleasing, Slg. 1990, I-4135, Rn. 6; EuGH Rs. C-97/96, Daihatsu, Slg. 1997, I-6843, Rn. 24; Ruffert, in: Calliess/Ruffert, Art. 288 AEUV Rn. 57.
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Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung
Wortlaut lässt eine solche Auslegung zu. Ferner werden die unterschiedlichen Umsetzungen der einzelnen Mitgliedstaaten völker- und europarechtlich als gleichwertig behandelt.291 Zudem wird auf diese Weise dem Effektivitätsgebot Rechnung getragen. Eine einseitige Abwahl der zwingenden gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften durch die Wahl eines Gerichtsstandes, der Fehler in der Umsetzung aufweist, ist damit nicht möglich. Sind demnach die zwingenden gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften der lex fori aufgrund von Fehlern in der Umsetzung nicht ermittelbar, ist hilfsweise auf die Vorschriften der nach objektiver Anknüpfung zu ermittelnden lex causae zurückzugreifen.292 IV. Verhältnis von Art. 14 Abs. 2 zu Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO Fraglich ist, in welchem Verhältnis Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO und Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO zueinander stehen.293 Grundsätzlich können beide Vorschriften anhand ihres unterschiedlichen Regelungsgehaltes voneinander abgegrenzt werden. Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO regelt die Möglichkeit der Rechtswahl bei Vorliegen eines reinen Inlandssachverhaltes.294 Demgegenüber erfasst Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO die Fälle, in denen der Sachverhalt mit einem oder mehreren Mitgliedstaaten verbunden ist.295 Überschneidungen im Anwendungsbereich der Vorschriften können sich ergeben, wenn der Binnenmarktsachverhalt daraus resultiert, dass der Sachverhalt nur einen Bezug zu einem Mitgliedstaat aufweist, die Parteien das Recht eines Drittstaates gewählt haben und die intern zwingenden Vorschriften auf einer EU-Richtlinie beruhen.296 Die Frage hat praktische Auswirkungen, da Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO die Anwendung der zwingenden Vorschriften des Staates vorsieht, mit dem der Sachverhalt ausschließlich verbunden ist, während Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO auf die lex fori verweist.297 Bereits aus den vorangegangen Ausführungen zur Anwendbarkeit des Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO im Fall der überschießenden Umsetzung und der Nicht- bzw. fehlerhaften Umsetzung ist deutlich geworden, dass Art. 14 Abs. 3 Rom II291 292
Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 157. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass auch die nach objektiver Anknüpfung anzuwendenden zwingenden gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften nicht oder nicht ordnungsgemäß umgesetzt wurden, ist wie bei der Behandlung der negativen Rechtswahl (siehe hier oben S. 304 ff.) auf die nächst engere Beziehung zu einem Mitgliedstaat abzustellen. 293 Siehe hierzu auch v. Hein, ZEuP 2009, 6, 22; ders., in: Calliess/Baetge, Art. 14 Rom II-VO Rn. 48. 294 Vgl. hierzu oben S. 369 ff. 295 Siehe oben S. 378 ff. 296 v. Hein, ZEuP 2009, 6, 22; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 45; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 16 Rom II-VO Rn. 57. 297 Siehe oben S. 385 f.
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VO die hierfür maßgebliche Vorschrift bildet. Nach dem gefundenen Ergebnis sind die umgesetzten nationalen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts, die sich im Anwendungsbereich der EU-Richtlinie befinden, als gemeinschaftsrechtlich zwingende Bestimmungen im Sinne von Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO und nicht als national zwingende Bestimmungen im Sinne von Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO zu qualifizieren.298 Daher sollte Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO richtigerweise als lex specialis Vorrang eingeräumt werden.299 Dafür sprechen schließlich auch die explizite Erwähnung des Richtlinienrechts in Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO und der Verweis auf die umgesetzten nationalen Gesetze. B. Allgemeine kollisionsrechtliche Grenzen Die kollisionsrechtlichen Grenzen der Rechtswahl sind dadurch gekennzeichnet, dass sie im Gegensatz zu den tatbestandlichen Grenzen aus Art. 14 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, 3 Rom II-VO auch im Rahmen von objektiven Kollisionsnormen Berücksichtigung finden. Sie sind folglich nicht auf die subjektive Kollisionsnorm beschränkt, sondern begründen allgemeine Grenzen für die kollisionsrechtliche Rechtsermittlung. Innerhalb der kollisionsrechtlichen Grenzen lassen sich zwei verschiedene Wirkungen unterscheiden. So arbeitet Art. 16 Rom II-VO mit einer Sonderanknüpfung bestimmter sachrechtlicher Vorschriften und setzt sich damit über den gesetzlichen Anwendungsbefehl der Kollisionsnorm hinweg.300 Demgegenüber wirkt der ordre public (Art. 26 Rom II-VO) erst auf der sachrechtlichen Ebene mittels einer Korrektur des Ergebnisses der Rechtsanwendung.301 Ebenso erfolgt eine Berücksichtigung von Sicherheits- und Verhaltensvorschriften nach Art. 17 Rom II-VO erst auf der Ebene des Sachrechts.302 Eine weitere ungeschriebene Grenze ist in den Grundsätzen zur Gesetzesumgehung zu erblicken, deren Voraussetzungen und Rechtsfolgen dem nationalen IPR zu entnehmen sind.303 Diese Beschränkungen sollen nachfolgend
298 299
Siehe oben S. 385 ff. Ebenso v. Hein, ZEuP 2009, 6, 22; ders., in: Calliess/Baetge, Art. 14 Rom II-VO Rn. 48; de Lima Pinheiro, riv.dir.int.priv.proc. 44 (2008), 5, 14; zweifelnd Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 45; a.A. Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 16 Rom II-VO Rn. 57. 300 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 16 Rom II-VO Rn. 1; Hohloch, in: Erman, Art. 16 Rom I-VO Rn. 8. 301 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 26 Rom II-VO Rn. 4; Junker, in: MünchKomm, Art. 16 Rom II-VO Rn. 26; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 24; Hohloch, in: Erman, Art. 26 Rom II-VO Rn. 1 ff.; vgl. hierzu umfassend Spickhoff, Der ordre public, passim. 302 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rom II-VO Rn. 1; Hohloch, in: Erman, Art. 17 Rom II-VO Rn. 1 ff. 303 Siehe hierzu sogleich S. 404 ff.
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Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung
auf ihre Bedeutung für die freie Rechtswahl nach Art. 14 Rom II-VO untersucht werden. I. Eingriffsnormen, Art. 16 Rom II-VO 1. Zweck und Anwendungsbereich Art. 16 Rom II-VO schreibt vor, dass Eingriffsnormen der lex fori von dem Anwendungsbefehl der jeweils maßgeblichen Kollisionsnorm unberührt bleiben.304 Dadurch können bestimmte inländische Vorschriften auch dann berücksichtigt werden, wenn der staatliche Richter ausländisches Recht anwenden muss.305 Mit dieser Sonderanknüpfung von international zwingenden Vorschriften verfolgt der europäische Gesetzgeber das Ziel, die Durchsetzbarkeit des Geltungsanspruchs einzelner zwingender Vorschriften zu gewährleisten und damit das staatliche Anwendungsinteresse hinsichtlich der Berücksichtigung seiner international zwingenden Vorschriften zu befriedigen, welches dadurch gerechtfertigt ist, dass der Sachverhalt einen bestimmten Bezug zu dem Staat aufweist.306 Eine Regelung über die Berücksichtigung von Eingriffsnormen findet sich auch für das internationale Vertragsrecht in Art. 9 Rom I-VO. Im Gegensatz zu Art. 16 Rom IIVO enthält Art. 9 Rom I-VO eine Legaldefinition der Eingriffsnormen und eine Regelung hinsichtlich der Berücksichtigungsmöglichkeit ausländischer Eingriffsnormen.307 Die Vorschrift geht auf Art. 7 EVÜ zurück.308 Sie 304 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 16 Rom II-VO Rn. 1; vgl. allgemein Hohloch, in: Erman, Art. 16 Rom II-VO Rn. 1 ff.; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 16 Rom II-VO Rn. 1 ff.; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 644; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 80 ff.; Freitag, IPRax 2009, 109; Althammer, JA 2008, 772, 446; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 726; Freitag, in: Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 2004, S. 167, 173 ff.; 181, 186; W.H. Roth, EWS 2011, 314 ff.; v. Hoffmann, IPRax 1989, 261, 263 ff.; Magnus, in: Staudinger, Art. 9 Rom I-VO Rn. 1; Schlechtriem, in: FS W. Lorenz, 2001, S. 565, 569 ff.; Siehr, in: FS Keller, 1989, S. 485, 506 ff.; Schwung, WM 1984, 1301, 1305; Spickhoff, IPRax 2007, 407, 410. 305 Ebenso Junker, in: MünchKomm, Art. 16 Rom II-VO Rn. 18; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 24; Althammer, JA 2008, 772, 446; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 15. Wendet der Richter sein Heimatrecht an, wirkt sich die Frage nicht aus, ob die zwingende Vorschrift im Wege der objektiven Anknüpfung oder im Wege der Sonderanknüpfung zur Anwendung gebracht wird. 306 Vgl. Leible, ZVglRWiss 97 (1998), 286, 298; Magnus, in: Staudinger, Art. 9 Rom I-VO Rn. 1. 307 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 16 Rom II-VO Rn. 3; Magnus, in: Staudinger, Art. 9 Rom I-VO Rn. 3; Hohloch, in: Erman, Art. 16 Rom II-VO Rn. 3. 308 Thorn, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 9 Rom I-VO Rn. 3; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 15; Althammer, JA 2008, 772, 776; Ofner, ZfRV 2008,13, 22 f.; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 80; zur Entstehungsgeschichte siehe Freitag, IPRax 2009,109, 110.
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wurde jedoch nicht ohne inhaltliche Änderungen übernommen. Unterschiede ergeben sich insbesondere im Hinblick auf die restriktivere Berücksichtigung ausländischer Eingriffsnormen.309 Während nach Art. 7 Abs. 1 EVÜ ausländische Eingriffsnormen berücksichtigt werden konnten, wenn der Sachverhalt mit dem Recht dieses Staates eine „enge Verbindung“ aufweist,310 beschränkt Art. 9 Abs. 3 Rom I-VO nunmehr diese Berücksichtigungsmöglichkeit auf das Recht des Staates, in dem der vertragliche Erfüllungsort liegt und auf den Fall, dass die in Betracht kommenden Eingriffsnormen zur Unrechtmäßigkeit der Erfüllung des Vertrages führen würden.311 Diese restriktivere Handhabung der Berücksichtigung ausländischer Eingriffsnormen ist im Zusammenhang zur Ingmar- Rechtsprechung des EuGH312 und der daraufhin erfolgten Etablierung des Art. 3 Abs. 4 Rom I-VO zu sehen, wonach zwingende Vorschriften des Gemeinschaftsrechts bei reinen Binnenmarktsachverhalten nicht abgewählt werden können und somit – zumindest im Hinblick auf die Rechtswahl – das „staatliche“ Anwendungsinteresse313 an einer Berücksichtigung ausländischer international zwingender Vorschriften verringert wurde.314 Trotz der unterschiedlichen Ausgestaltung der Normierungen über die Sonderanknüpfung von Eingriffsnormen in der Rom I-VO und Rom II-VO ist ein einheitlicher Begriff der Eingriffsnormen zugrunde zu legen.315 Nach Art. 9 Abs. 1 Rom I-VO ist eine Eingriffsnorm „eine zwingende Vorschrift, deren Einhaltung von einem Staat als so entscheidend für die Wahrung seines öffentlichen Interesses, insbesondere seiner politischen, sozialen oder wirtschaftlichen Organisation angesehen wird, dass sie ungeachtet des nach Maßgabe dieser Verordnung auf den Vertrag anzuwendenden Rechts auf alle Sachverhalte anzuwenden ist, die in ihren Anwendungsbereich fallen.“ Art. 16 Rom II-VO spricht demgegenüber von „Vorschriften, die ohne Rücksicht auf das für das außervertragliche Schuldverhältnis maßgebende Recht den Sachverhalt zwingend regeln.“316 Damit deckt sich 309 Thorn, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 9 Rom I-VO Rn. 3; Althammer, JA 2008, 772, 776. 310 Gegenüber der Anwendung des Art. 7 Abs. 1 EVÜ haben mehrere Mitgliedstaaten den in Art. 22 EVÜ vorgesehenen Vorbehalt erklärt, vgl. v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/ EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 80 f.; Leible, ZVglRWiss 97 (1998), 286, 299 f.; Heiss/Loacker, JBL 2007, 613, 644 sowie die Ausführungen sogleich. 311 Ofner, ZfRV 2008,13, 22 f.; Mankowski, IHR 2008, 133, 148. 312 Vgl. hierzu oben S. 378 ff. 313 Vgl. hierzu oben S. 372 ff. 314 Ähnlich wohl Kühne, in: FS Deutsch, 2009, S. 817, 828. 315 v. Hein, ZEuP 2009, 6, 24; Kühne, in: FS Deutsch, 2009, S. 817, 827; Hohloch, in: Erman, Art. 16 Rom II-VO Rn. 5. 316 Die Definition beruht auf der Arblade- und Mazzoleni-Entscheidung des EuGH, vgl. EuGH Rs. C-369/96 und C-376/96, Arblade, Slg. 1999, I-8453 Rn. 30; EuGH Rs. C165/98, Mazzoleni, Slg. 2001, I-2189, I-2221 f.
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Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung
Art. 16 Rom II-VO mit der vorangehenden und extensiveren Formulierung in Art. 7 EVÜ, die ein öffentliches Interesse nicht explizit voraussetzte. Dessen ungeachtet stellt Erwägungsgrund 32 der Rom II-VO klar, dass die Anwendung des Art. 16 Rom II-VO mit Gründen des öffentlichen Interesses gerechtfertigt werden könne, sodass eine inhaltliche Differenzierung grundsätzlich nicht geboten ist.317 Die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Eingriffsnorm regelt Art. 16 Rom II-VO selbst.318 Das Kennzeichen einer Eingriffsnorm besteht danach in dem unbedingten Geltungswillen bzw. dem international zwingenden Charakter der Vorschrift319 einerseits und in der Verfolgung eines öffentlichen Interesses320 andererseits.321 Anhand des international zwingenden Charakters unterscheidet sich Art. 16 Rom II-VO von Art. 14 Abs. 2, 3 Rom II-VO, da einfaches ius cogens einer Sonderanknüpfung nach Art. 16 Rom II-VO nicht zugänglich ist.322 Andernfalls bliebe der Parteiautonomie kein Anwendungsbereich. Der internationale Geltungsanspruch der jeweiligen Norm ist nach der Rechtsordnung des Herkunftslands der Vorschrift zu beurteilen.323 Im außervertraglichen Schuldrecht hat die Sonderanknüpfung von Eingriffsnormen nur eine geringe praktische Bedeutung, da den Vorschriften zumeist der internationale Geltungsanspruch fehlt.324 Im deutschen Recht wird etwa § 84 AMG325 als Eingriffsnorm qualifiziert.326 Darüber hinaus wird beispielsweise über den Eingriffsnormcharakter der öffentlich-rechtlichen Vorschriften über die Streitnotdienstpflichten im Arbeitskampfrecht diskutiert.327 317 Ebenso Junker, in: MünchKomm, Art. 16 Rom II-VO Rn. 9; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 24; Kühne, in: FS Deutsch, 2009, S. 817, 827. 318 Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn 10; vgl. zu den Voraussetzungen im Einzelnen Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 9 Rom I-VO Rn. 8 ff.; Freitag, IPRax 2009, 109, 112. 319 Vgl. hierzu Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 9 Rom I-VO Rn. 10; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 9; v. Hoffmann, IPRax 1989, 261, 263 f.; Schlechtriem, in: FS W. Lorenz, 2001, S. 565, 569 ff. 320 Vgl. hierzu Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 9 Rom I-VO Rn. 11; Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn 12 ff.; E. Lorenz, RIW 1989, 569, 579. 321 Leible, ZVglRWiss 97 (1998), 286, 294 ff.; Althammer, JA 2008, 772, 776. 322 Kühne, in: FS Deutsch, 2009, S. 817, 827; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 16 Rom II-VO Rn. 5. Siehe zum Verhältnis von Art. 16 Rom II-VO und Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO unten S. 402 ff. 323 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 16 Rom II-VO Rn. 5; Hohloch, in: Erman, Art. 16 Rom II-VO Rn. 7. 324 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 16 Rom II-VO Rn. 6. 325 Siehe zu § 84 AMG M. Vogeler, MedR 2011, 81 ff. 326 Spickhoff, in: FS Kropholler, 2008, S. 671, 673; Hohloch, in: Erman, Art. 16 Rom II-VO Rn. 7; Junker, in: MünchKomm, Art. 16 Rom II-VO Rn. 16; weitere Beispiele bei v. Hoffmann, in: FS Henrich, 2000, S. 283 ff. 327 Junker, in: MünchKomm, Art. 16 Rom II-VO Rn. 16.
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2. Bedeutung der Eingriffsnormen für die Rechtswahl nach Art. 14 Rom II-VO Die Berücksichtigung von Eingriffsnormen der lex fori ist im Hinblick auf die Rechtswahl von ebenso großer Relevanz wie bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts anhand von objektiven Kollisionsnormen. Bedeutsamer ist die im Rahmen der Erörterung der Teilrechtswahl bereits angedeutete Frage, ob und in welchem Umfang ausländische Eingriffsnormen nach Art. 16 Rom II-VO Berücksichtigung finden können.328 Ein Bedürfnis für eine Berücksichtigung der Eingriffsnormen der lex causae kann bestehen, wenn das mitgliedstaatliche Gericht aufgrund einer Rechtswahl oder als Ergebnis der objektiven Anknüpfung ausländisches Recht anwenden muss und die Parteien, beispielsweise zur Umgehung eines Genehmigungserfordernisses eine Teilrechtswahl zugunsten einer weiteren ausländischen Rechtsordnung treffen, die ebenso wie die lex fori kein Genehmigungserfordernis vorsieht.329 Damit sind die Parteien dazu in der Lage, Eingriffsnormen der lex causae durch eine Teilrechtswahl abzuwählen und den staatlichen Geltungsanspruch an der Erfüllung des Genehmigungserfordernisses zu vereiteln.330 Im Hinblick auf die Ausübung einer Teilrechtswahl erlangt die umstrittene Frage somit an Bedeutung, ob Eingriffsnormen der lex causae im Wege einer (ungeschriebenen) Sonderanknüpfung Berücksichtigung finden können.331 Die Grundlage des Streits bildet zum einen 328 Eine vertiefte Auseinandersetzung mit dieser Problematik ist an dieser Stelle freilich nicht möglich. Die Ausführungen betreffen daher nur die Berücksichtigung ausländischer Eingriffsnormen unter dem Blickwinkel der Rechtswahlmöglichkeiten; siehe hierzu etwa Benzenberg, Die Behandlung ausländischer Eingriffsnormen, passim; Kuckein, Die "Berücksichtigung" von Eingriffsnormen, passim; Anderegg, Ausländische Eingriffsnormen, passim; überblicksartig Freitag, IPRax 2009, 109 ff.; Leible, ZVglRWiss 97 (1998), 286, 297 ff.; Kropholler, IPR, S. 506 ff. 329 Zu diesem Beispiel Lagarde/Tenenbaum, rev.crit.dr.int.priv. 2008, 772, 779; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 81. Voraussetzung für die Beachtlichkeit von Eingriffsnormen ist stets das Bestehen eines Inlandsbezuges des Sachverhaltes zu dem Staat, in dessen Interesse die Anwendung der Norm steht. Dies steht im Einklang mit den Ausführungen zu Art. 14 Abs. 2, 3 Rom II-VO, die gleichsam dem Geltungsanspruch einer Rechtsordnung Rechnung tragen, weil das Anwendungsinteresse fremder Staaten an bestimmten Normen zurücktritt, wenn der Sachverhalt zu diesen Staaten keine Beziehung aufweist. Demnach muss konsequenterweise auch im Rahmen von Art. 16 Rom II-VO der Auslandsbezug über das bloße Vorliegen einer Gerichtsstandsvereinbarung hinausgehen. 330 v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 80 f. 331 Allgemein hierzu v. Hein, ZEuP 2009, 6, 24; ders., VersR 2007, 440, 446; A. Staudinger, AnwBl. 2008, 8, 12; de Lima Pinheiro, riv.dir.int.priv.proc. 44 (2008), 5, 32; Ofner, ZfRV 2008, 13, 23; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 15; Brière, JDI 138 (2008), 31, 66; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 726; Leible, RIW 2008, 257, 263; Hohloch, in: Erman, Art. 16 Rom II-VO Rn. 3; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 644; Junker, in: MünchKomm, Art. 14 Rom II-VO Rn. 23 ff.
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Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung
der eindeutige Wortlaut des Art. 16 Rom II-VO, der im Gegensatz zu Art. 9 Abs. 3 Rom I-VO lediglich die Anwendung der Eingriffsnormen der lex fori vorschreibt, und zum anderen die komplexe Entstehungsgeschichte332 des Art. 16 Rom II-VO.333 Der Kommissionsentwurf vom 22.7.2003 sah in Fortsetzung vorangegangener Entwürfe eine Nachbildung des Art. 7 EVÜ vor, wonach ausländische Eingriffsnormen beachtet werden mussten, wenn der Sachverhalt enge Beziehungen zu ihrem Herkunftsstaat aufweist.334 Eine „Angstklausel“335 im Sinne einer Vorbehaltsmöglichkeit der Mitgliedstaaten gegen diese Vorschrift sah der Entwurf im Gegensatz zu Art. 7 EVÜ (i.V.m. Art. 22 EVÜ) nicht vor.336 Auf Widerstand von Großbritannien hin wurde schließlich das Berücksichtigungsgebot von Eingriffsnormen auf die lex fori beschränkt.337 Sowohl der Wortlaut des Art. 16 Rom I-VO als auch seine Entstehungsgeschichte sprechen vor diesem Hintergrund gegen eine kollisionsrechtliche Berücksichtigungsmöglichkeit ausländischer Eingriffsnormen.338 Die Befürworter machen demungeachtet geltend, dass eine Berücksichtigung ausländischer Eingriffsnormen dadurch auf europäischer Ebene ausgeschlossen sei, nicht aber auf nationaler kollisionsrechtlicher Ebene.339 Unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte des Art. 7 EVÜ spricht viel für eine Beachtlichkeit ausländischer Eingriffsnormen im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung.340 Art. 7 Abs. 1 EVÜ sah in seiner endgültigen Fassung die Möglichkeit vor, dass die Mitgliedstaaten einen Vorbehalt hinsichtlich der Berücksichtigung ausländischer Eingriffsnormen erklären können.341 Davon hatte u.a. Deutschland Gebrauch gemacht.342 Gleichwohl war man sich darüber weitgehend einig, dass dieser Vorbehalt die Berücksichtigung ausländischer Eingriffsnormen
332 333
Vgl. hierzu Junker, in: MünchKomm, Art. 16 Rom II-VO Rn. 3. Ofner, ZfRV 2008,13, 22 f.; Junker, in: MünchKomm, Art. 16 Rom II-VO Rn. 23; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 24; Leible, RIW 2008, 257, 263. 334 Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 726; Leible, RIW 2008, 257, 263. 335 So Freitag, IPRax 2009, 109. 336 Junker, in: MünchKomm, Art. 16 Rom II-VO Rn. 4. 337 v. Hein, VersR 2007, 440, 446; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 726; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 15; Junker, in: MünchKomm, Art. 16 Rom II-VO Rn. 5. 338 A. Staudinger, AnwBl. 2008, 8, 12; de Lima Pinheiro, riv.dir.int.priv.proc. 44 (2008), 5, 32; Ofner, ZfRV 2008, 13, 23; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 15; Brière, JDI 138 (2008), 31, 66. 339 v. Hein, VersR 2007, 440, 446; ders., ZEuP 2009, 6, 24; Leible, RIW 2008, 257, 263. 340 v. Hein, ZEuP 2009, 6, 24; ders., VersR 2007, 440, 446. 341 v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 80 f.; Leible, ZVglRWiss 97 (1998), 286, 299 f.; Heiss/Loacker, JBL 2007, 613, 644. 342 Kropholler, IPR, S. 507 f.; Leible, ZVglRWiss 97 (1998), 286, 299 f.
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im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung nicht ausschloss.343 Vor dem Hintergrund, dass der Verzicht auf die Normierung der Beachtlichkeit von Eingriffsnormen der lex causae insbesondere auf der kapriziösen Haltung Großbritanniens beruhte und die Mehrzahl der Mitgliedstaaten im Übrigen die Aufnahme einer entsprechenden Regelung befürworteten, sind beide Situationen in ihrer Historie miteinander vergleichbar. Vor diesem Hintergrund sollte den Mitgliedstaaten gleichsam die Entscheidung überlassen werden, inwieweit ihre eigenen Gerichte ausländische Eingriffsnormen berücksichtigen können, soweit keine Einigung auf europäischer Ebene erzielt werden kann.344 Ob ausländische Eingriffsnormen der lex causae Beachtung finden können liegt folglich im Ermessen der Mitgliedstaaten.345 Dafür spricht, dass das angerufene Gericht ohnehin ausländisches Recht im Prozess anwenden muss, sodass die Berücksichtigung der Eingriffsnormen der lex causae keinen wesentlich größeren Ermittlungsaufwand begründet.346 Indem die Entscheidung über die Sonderanknüpfung in die Autonomie des nationalen Rechts gelegt wird, wird zwar auf der einen Seite freilich dem Harmonisierungsgedanken der Rom II-VO widersprochen. Auf der anderen Seite ist die praktische Reichweite der Sonderanknüpfung äußerst gering. Gleichwohl sollte der europäische Gesetzgeber erneut den Versuch unternehmen, eine einheitliche Regelung der Sonderanknüpfung von Eingriffsnormen der lex causae nach dem Vorbild des Art. 7 EVÜ zu etablieren. Als Alternative zu der kollisionsrechtlichen Beachtlichkeit ausländischer Eingriffsnormen wird teilweise die Anwendung von Eingriffsnormen auf materiell-rechtlicher Ebene vorgeschlagen.347 Danach sollen nach dem Vorbild des Art. 17 Rom II-VO ausländische Eingriffsnormen im Rahmen der Rechtsanwendung z.B. als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB oder im Rahmen von § 826 BGB Berücksichtigung finden können.348 Ob die in Betracht kommende Vorschrift als ausländische Eingriffsnorm berücksichtigt werden kann, ist dann konsequenterweise anhand der zwin343 Leible, ZVglRWiss 97 (1998), 286, 299 f. m.w.N.; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 80 f. 344 Ebenso im Ergebnis Junker, in: MünchKomm, Art. 16 Rom II-VO Rn. 24; vgl. auch Leible, RIW 2008, 257, 263; Hohloch, in: Erman, Art. 16 Rom II-VO Rn. 3. 345 Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 644; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 726; v. Hein, VersR 2007, 440, 446; Leible, RIW 2008, 257, 263; Hohloch, in: Erman, Art. 16 Rom II-VO Rn. 3. 346 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 16 Rom II-VO Rn. 10. 347 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 16 Rom II-VO Rn. 10; Kuckein, Die Berücksichtigung von Eingriffsnormen, S. 5 ff. 348 Dies entspricht der Praxis deutscher Gerichte, vgl. BGHZ 34, 169, 177; BGHZ 59, 82, 86; BGH NJW 1962, 1436; siehe auch v. Hoffmann, IPRax 1991, 345; Junker, JZ 1991, 699; Leible, ZVglRWiss 97 (1998), 286, 298.
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Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung
genden Vorschriften der lex causae zu messen.349 Allerdings wird diese Form der Anwendung ausländischer Eingriffsnormen den speziellen Begrenzungserfordernissen der Teilrechtswahl nicht gerecht. Haben die Parteien eine von der übrigen lex causae abweichende kollisionsrechtliche Rechtswahlvereinbarung getroffen, finden hierfür ausschließlich die zwingenden Vorschriften, die durch die Teilrechtswahl berufen werden, Anwendung. Eine materiell-rechtliche Berücksichtigung der Eingriffsnormen des derogierten Teilbereichs der Rechtsordnung ist danach nicht möglich. Dieses Ergebnis kann allein durch eine kollisionsrechtliche Sonderanknüpfung erzielt werden, wie sie bereits in Art. 7 EVÜ festgeschrieben war.350 Art. 16 Rom II-VO bewirkt sonach, dass die in Betracht kommende Eingriffsnorm ohne Rücksicht auf das gewählte Recht anzuwenden ist. Erfasst werden sowohl der Tatbestand als auch die Rechtsfolge der jeweiligen Eingriffsnorm.351 Der Anwendungsbefehl aus Art. 14 Abs. 1 Rom II-VO wird damit partiell durch die international zwingende Norm überlagert. 3. Verhältnis von Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO zu Art. 16 Rom II-VO Fraglich ist, in welchem Verhältnis Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO zu Art. 16 Rom II-VO steht.352 Beide Vorschriften verfolgen grundsätzlich dieselben Ziele, indem sie den staatlichen Geltungsanspruch bestimmter zwingender Vorschriften zur Durchsetzung verhelfen. Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO bestimmt, dass die zwingenden gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften der lex fori Anwendung finden, wenn drittstaatliches Recht gewählt wird. Die Vorschrift erlangt folglich nur dann an Bedeutung, wenn die Parteien eine Rechtswahl zugunsten drittstaatlichen Rechts getroffen haben.353 Demgegenüber erfolgt nach Art. 16 Rom II-VO unabhängig von einer abgeschlossenen Rechtswahlvereinbarung eine Sonderanknüpfung international zwingender Bestimmungen. Vor dem Hintergrund, dass die Sonderanknüpfung von Eingriffsnormen der Durchsetzung öffentlicher Interessen dient, die unabhängig von dem in der Sache anzuwendenden Recht Anwendung finden und damit auch außerhalb des jeweiligen Anknüpfungsgegenstands liegen können, sind Überschneidungen nur selten gegeben. Sie sind vorstellbar, wenn eine zwingende gemeinschaftsrechtliche Vorschrift zugleich 349 350
Zur Wirkung einer materiell-rechtlichen Verweisung siehe oben S. 6 ff. Für eine analoge Anwendung des Art. 7 Abs. 1 EVÜ Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 644. 351 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 16 Rom II-VO Rn. 11; a.A. OLG Celle, BauR 2011, 1029, wonach russische Verbotsgesetze nicht unter § 134 BGB fallen. 352 Vgl. hierzu Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 4; Magnus, in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 148; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 125; Bach, in: Huber, Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 32; v. Hoffmann, IPRax 1989, 261, 263 ff.; Hoffmann, EWS 2009, 254, 259. 353 Hoffmann, EWS 2009, 254, 259.
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als international zwingende Vorschrift im Sinne von Art. 16 Rom II-VO qualifiziert werden kann.354 Streitig ist, wie diese Überschneidungen der Anwendungsbereiche zu behandeln sind. Teilweise spricht sich die Literatur dafür aus, dass Art. 16 Rom II-VO und Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO in einem Exklusivitätsverhältnis zueinander stünden, in dem Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO Vorrang einzuräumen sei.355 Begründet wird dies mit „dem Umstand, dass der europäische Gesetzgeber in den IPR-Verordnungen die internationale Durchsetzung von Gemeinschaftsrecht bei der Rechtswahl und nicht bei den Eingriffsnormen (Art. 9 Rom I-VO bzw. Art. 16 Rom IIVO) verortet hat.“356 Daraus lasse sich schließen, dass „die internationale Durchsetzung von gemeinschaftsrechtlichem Vertragsrecht auf den Rechtswahlfall beschränkt [sei].“357 Dem ist entgegenzuhalten, dass Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO nicht den internationalen Charakter der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften betont, sondern in Anlehnung an Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO den Binnen(markt)sachverhalt in den Vordergrund rückt, weshalb die kollisionsrechtliche Rechtswahl aufgrund des überwiegenden Anwendungsinteresse des Staates, mit dem der Sachverhalt die einzigen Berührungspunkte aufweist, beschränkt werden muss. Art. 14 Abs. 3 Rom IIVO steht folglich in engerem Zusammenhang zu Art. 14 Abs. 2 Rom II-VO als zu Art. 16 Rom II-VO, sodass grundsätzlich nur die einfach zwingenden Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts, die nicht in den Anwendungsbereich des Art. 16 Rom II-VO fallen, erfasst werden sollen. Darüber hinaus ist in dogmatischer Hinsicht zu berücksichtigen, dass Art. 16 Rom II-VO eine Sonderanknüpfung international zwingender Bestimmungen vorsieht und sich damit über den Anwendungsbefehl des Art. 14 Abs. 1 Rom II-VO hinwegsetzt.358 Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO bewirkt, dass der Anwendungsbefehl aus Art. 14 Abs. 1 Rom II-VO um die zwingenden Vorschriften des Gemeinschaftsrechts gekürzt wird. Art. 16 Rom II-VO geht darüber hinaus und knüpft die jeweilige gemeinschaftsrechtliche Eingriffsnorm gesondert an. Vor diesem Hintergrund ist es denkbar, dass beispielsweise die zwingenden nationalen Bestimmungen, die auf einer Richtlinie beruhen, der lex fori entnommen werden, während eine Eingriffsnorm der 354 Magnus in: Staudinger, Art. 3 Rom I-VO Rn. 148; v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 125; Bach, in: Huber, Rome II Regulation, Art. 14 Rom II-VO Rn. 32; v. Hoffmann, IPRax 1989, 261, 263 ff.; Hoffmann, EWS 2009, 254, 259. 355 Hoffmann, EWS 2009, 254, 259 f. 356 Hoffmann, EWS 2009, 254, 260. 357 Hoffmann, EWS 2009, 254, 260. 358 v. Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, Art. 3 Rom I-VO Rn. 125; vgl. auch KOM (2003) 427 endg., Begründung der Kommission zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 22.7.2003 S. 25.
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Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung
lex causae359 entnommen wird und infolge der kollisionsrechtlichen Sonderanknüpfung die nach Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO anzuwendenden Vorschriften verdrängt. Bei Überschneidungen im Anwendungsbereich beider Vorschriften ist Art. 16 Rom II-VO daher Vorrang einzuräumen. II. Weitere allgemeine kollisionsrechtliche Grenzen der Rechtswahl Wie bereits im Rahmen der Begutachtung der Rechtswahl bei der Haftung für Umweltschädigungen festgestellt werden konnte, findet sich eine weitere Beschränkung der Rechtsfolgen der Rechtswahl in Art. 17 Rom II-VO. Danach sind „bei der Beurteilung des Verhaltens der Person, deren Haftung geltend gemacht wird, […] faktisch und soweit angemessen die Sicherheits- und Verhaltensregeln zu berücksichtigen, die an dem Ort und zu dem Zeitpunkt des haftungsbegründenden Ereignisses in Kraft sind.“ Art. 17 Rom II-VO ist keine Kollisionsnorm i.e.S., sondern bildet lediglich eine Hilfsnorm auf Rechtsfolgenseite der Kollisionsnormen (Art. 4-14 Rom IIVO).360 Es findet mithin keine Sonderanknüpfung statt.361 Die Verhaltensnormen sind danach vielmehr als faktische Gegebenheiten, d.h. als Tatbestandselemente des Handlungsortsrechts zu berücksichtigen.362 Die Vorschrift spielt insbesondere im Straßenverkehrsrecht bzw. allgemein im Verkehrsunfallrecht eine besondere Rolle.363 Trotz einer Rechtswahlvereinbarung zugunsten englischen Rechts kann der Richter also beispielsweise bei einem Verkehrsunfall in Deutschland das Rechtsfahrgebot berücksichtigen. Die Ausübung der Rechtswahl hat keine Auswirkungen auf die Berücksichtigung von Verhaltensnormen nach Art. 17 Rom II-VO. Es gelten die allgemeinen Regeln. Neben Art. 17 Rom II-VO sind die Grundsätze über die Gesetzesumgehung als ungeschriebene Schranke der Rechtswahlmöglichkeit zu berücksichtigen.364 Jede Rechtswahl zugunsten ausländischen Rechts birgt die natürliche Vermutung, dass die Parteien mit ihr die Anwendung einer bestimmten Vorschrift umgehen wollen. Nicht zuletzt deshalb sah bereits der Präs-E eine entsprechende Schutzvorschrift zur Vermeidung von Geset359 Zur Berücksichtigung ausländischer Eingriffsnormen im internationalen außervertraglichen Schuldrecht siehe oben S. 399 ff. 360 Junker, in: MünchKomm, Art. 17 Rom II-VO Rn. 2. 361 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 17 Rom II-VO Rn. 1. 362 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 17 Rom II-VO Rn. 5; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 725; Junker, in: MünchKomm, Art. 17 Rom II-VO Rn. 2; ders., NJW 2007, 3675, 3681; ders., JZ 2008, 169, 177; Garcimartín Alférez, EuLF 2007, I-77, I-91. 363 Junker, in: MünchKomm, Art. 17 Rom II-VO Rn. 4. 364 Martiny, in: MünchKomm, Art. 3 Rom I-VO Rn. 11; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 36; ders., Jura 2007, 407, 412; ders., BB 1997, 2593, 2594 ff.; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 6 Rn. 131.
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zesumgehungen vor.365 Dies allein vermag indes keine Anwendung der Grundsätze über die Gesetzesumgehung zu rechtfertigen.366 Sie kommt nur in Extremfällen in Betracht.367 Aufgrund der Vorschriften der Art 14 Abs. 2, Abs. 3, 16, 17, 26 Rom II-VO erlangt sie kaum praktische Bedeutung. Bislang haben sich keine europäisch einheitlichen Voraussetzungen für die Annahme einer Gesetzesumgehung entwickelt. Zwar hat der EuGH festgestellt, dass die fraus legis mit der Rechtstradition in Europa harmoniert und daher als ungeschriebener Bestandteil des europäischen Rechts behandelt werden könne.368 Weitere Konkretisierungen im Hinblick auf den Tatbestand oder die Rechtsfolgen einer Gesetzesumgehung blieben indes aus. Die Beschränkung des Anwendungsbefehls aus Art. 14 Abs. 1 Rom II-VO aufgrund einer Gesetzesumgehung liegt bis dahin in der Verantwortung des jeweiligen nationalen Internationalen Privatrechts.369 Die letzte kollisionsrechtliche Schranke, die vom mitgliedstaatlichen Richter stets zu beachten ist, bildet der ordre public gem. Art. 26 Rom IIVO.370 Die Bedeutung im Hinblick auf die Rechtswahl ist ungleich größer als im Rahmen der objektiven Kollisionsnormen. Der ordre public dient als Korrekturelement des Sachrechts, nämlich wenn die „Anwendung [ausländischen Rechts] mit der öffentlichen Ordnung (‚ordre public‘) des Staates des angerufenen Gerichts offensichtlich unvereinbar ist.“ Zum ordre public zählen nach der Rechtsprechung des EuGH nationale Vorschriften, deren Einhaltung als so entscheidend für die Wahrung der politischen, sozialen oder wirtschaftlichen Organisation des betreffenden Mitgliedstaates angesehen werden, dass ihre Beachtung für alle Personen, die sich im nationalen Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaates befinden, und für jedes dort lokalisierte Rechtsverhältnis vorgeschrieben ist“.371 Der ordre public ist mithin als allgemeine Grenze der Rechtswahl ebenso zu beachten wie im Rahmen des anhand von objektiven Anknüpfungen ermittelten Rechts. Er nimmt im Rahmen von Art. 14 Rom II-VO keine Sonderrolle ein.
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Vgl. S. 26 f. Junker, in: MünchKomm, Art. 17 Rom II-VO Rn. 4. Vgl. zur Gesetzesumgehung Kegel/Schurig, IPR, S. 474 ff. m.w.N. Sonnenberger, IPRax 2011, 325, 330 m. w. N. zur Rechtsprechung des EuGH. Vgl. Sonnenberger, IPRax 2011, 325, 330; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 36; Wurmnest, in: jurisPK-BGB, Art. 14 Rom II-VO Rn. 31. 370 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, Art. 3 Rom I-VO Rn. 38; ders., Jura 2007, 407, 412; Leible, RIW 2008, 257, 263; Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 644 f.; Thorn, in: Palandt, Art. 14 Rom II-VO Rn. 10; Garcimartín Alférez, EuLF 2007, I-77, I-91; Dicey/Morris/Collins, Conflict of Laws, Vol. 2, Rn. 32-077; siehe hierzu umfassend Spickhoff, Der ordre public, passim; Reichelt, in: Reichelt, Europäisches Gemeinschaftsrecht und IPR, 2007, S. 7 ff. 371 EuGH Rs. C-369/96 und C-376/96, Arblade, Slg. 1999, 1-8453 Rn. 30.
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Drittes Kapitel: Rechtsfolgen der Rechtswahlvereinbarung
III. Zwischenergebnis Obschon der Grundsatz der Parteiautonomie die Freiheit der kollisionsrechtlichen Rechtswahl so umfassend wie möglich gewährleistet, unterliegt sie zahlreichen Beschränkungen. So bleiben Rechte Dritter gem. Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO von der Rechtswahl unberührt. Bei reinen Binnensachverhalten kommt der kollisionsrechtlichen Rechtswahl nur eine materiell-rechtliche Wirkung zu. Bei Binnenmarktsachverhalten können die zwingenden gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften der lex fori nicht abgewählt werden. Darüber hinaus sind gem. Art. 16 Rom II-VO international zwingende Vorschriften der lex fori, die ein relevantes öffentliches Interesse verfolgen, sonderanzuknüpfen. International zwingende Vorschriften der lex causae unterliegen u.U. einer ungeschriebenen Sonderanknüpfung. Des Weiteren werden Sicherheits- und Verhaltensvorschriften von der Rechtswahl nicht erfasst, die nationalen Grundsätze zur Gesetzesumgehung sind zu beachten und der ordre public kann als Ergebniskorrektur des gewählten Sachrechts Berücksichtigung finden. Überdies finden sich bereits auf der Tatbestandsebene insbesondere hinsichtlich der Ausübung einer antizipierten Rechtswahlmöglichkeit Schranken, die einer wirksamen Rechtswahl entgegenstehen. Vor diesem Hintergrund besitzt der mitgliedstaatliche Richter für die Gefahren, die mit der grundsätzlichen Anerkennung der Rechtswahlfreiheit einhergehen, ausreichend Werkzeuge, um im Einzelfall interessensgerechte Ergebnisse erzielen zu können.
Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse 1. Die in Art. 14 Rom II-VO gewährleistete Rechtswahlfreiheit ist ein Produkt aus der Partei- und Privatautonomie. Die Parteiautonomie ermöglicht die Pro- und Derogation einer staatlichen Rechtsordnung mitsamt ihrer zwingenden Bestimmungen. Soweit das Rechtswahlstatut von sachrechtlichen Regelungen abhängig ist, erfolgt die Berücksichtigung des Parteiwillens auf Grundlage der Privatautonomie. Sie gewährleistet die Abschluss- und Gestaltungsfreiheit von Verträgen sowie die Partnerwahlfreiheit, Formfreiheit und Auflösungsfreiheit. Jene Gewährleistungen finden auch auf den kollisionsrechtlichen Verweisungsvertrag, mit dem die Parteien die anzuwendende Rechtsordnung bestimmen, Anwendung. Die Parteiautonomie ist folglich kein Ausfluss der Privatautonomie, sondern stellt eine eigenständige Ergänzung der Privatautonomie dar. 2. Die Struktur der subjektiven Kollisionsnorm ist in ihren wesentlichen Merkmalen mit den objektiven Anknüpfungen vergleichbar. Es kann tatbestandlich zwischen dem Anknüpfungsgegenstand und dem Anknüpfungsmoment differenziert werden. Als Rechtsfolge sieht Art. 14 Rom II-VO die Anwendung der in dem Anknüpfungsmoment bezeichneten Rechtsordnung vor. Der Anknüpfungsgegenstand des Art. 14 Rom II-VO orientiert sich dabei an den objektiven Kollisionsnormen. Art. 14 Rom II-VO ist danach so zu lesen, als bildete die Vorschrift einen eigenen Absatz in jeder objektiven Anknüpfung. Das Anknüpfungsmoment der subjektiven Kollisionsnorm liegt in dem kollisionsrechtlichen Verweisungsvertrag. 3. Der Parteiwille ist vom Richter zu beachten, weil die europäische Rechtsordnung in Art. 14 Rom II-VO den Parteiwillen positivrechtlich für beachtlich erklärt. Die generelle Beachtlichkeit des Parteiwillens folgt dabei einerseits aus den europäischen Grundfreiheiten, andererseits aus den nationalen mitgliedstaatlichen Regelungen, welche die Privatautonomie gewährleisten. 4. Im Gesamtgefüge des Kollisionsrechts ist die Etablierung der subjektiven Kollisionsnorm infolge der mangelnden Anknüpfung an die engste Verbindung als dogmatischer Außenseiter einzustufen. Trotz der Restriktionen in Art. 14 Abs. 2 und Abs. 3 Rom II-VO handelt es sich bei der von Art. 14 Rom II-VO ausgesprochenen Rechtsfolge aufgrund
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Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
der strukturellen Vergleichbarkeit mit den objektiven Kollisionsnormen insgesamt um eine kollisionsrechtliche Verweisung. 5. Art. 14 Rom II-VO überlagert dabei die vertragsakzessorische Anknüpfung nach Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO. Dies gilt selbst dann, wenn die Parteien von der Rechtswahlmöglichkeit nach Art. 3 Rom I-VO Gebrauch gemacht haben. 6. Die Möglichkeit der Rechtswahl besteht grundsätzlich für alle außervertraglichen Schuldverhältnisse, die in den Anwendungsbereich der Rom II-VO fallen, sofern der Ausschluss der Rechtswahl nicht ausdrücklich kodifiziert wurde. Gem. Art. 6 Abs. 3, Art. 8 Abs. 3 Rom IIVO ist die Rechtswahl im Internationalen Kartell- und Lauterkeitsrecht sowie bei Ansprüchen, die aus der Verletzung geistigen Eigentums herrühren, zu recht ausgeschlossen. Der umfassende Ausschluss führt dazu, dass den öffentlichen Interessen durch die allein maßgebliche objektive Anknüpfung in angemessener Weise Rechnung getragen wird. Zudem wird die schwierige Abgrenzungsproblematik zwischen dem Internationalen Lauterkeitsrecht und dem Internationalen Kartellrecht entschärft. Insbesondere durch die Ablehnung einer Rechtswahl bei betriebsbezogenem unlauteren Wettbewerbsverhalten wird den Parteien des außervertraglichen Schuldverhältnisses im Hinblick auf das anwendbare Sachrecht somit größere Rechtssicherheit geboten. Die Zulässigkeit der Rechtswahl im Rahmen der Haftung für Umweltschädigungen im Sinne von Art. 7 Rom II-VO wurde demgegenüber zu Recht beibehalten. Aufgrund der Regelung des Art. 17 Rom II-VO sind die Parteien nicht dazu in der Lage, sich von den Umweltschutzanforderungen des Handlungsortsrechts zu lösen, sodass ein Bedürfnis für eine Beschränkung der Parteiautonomie nicht besteht. Dasselbe gilt grundsätzlich hinsichtlich der Haftung für rechtswidrige Arbeitskampfmaßnahmen im Sinne von Art. 9 Rom II-VO. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Tarifvertragsstatut nach überwiegender Auffassung einer kollisionsrechtlichen Rechtwahl zugänglich ist, wird man einen Ausschluss der Rechtswahlmöglichkeit im Rahmen von Art. 9 Rom II-VO nicht rechtfertigen können. 7. Zu den essentialia negotii des kollisionsrechtlichen Rechtswahlvertrages zählen neben der Bezeichnung der Parteien die anzuwendende Rechtsordnung und das Rechtsverhältnis, auf das sich die Rechtswahlvereinbarung bezieht bzw. die Bezeichnung der konkreten tatsächlichen Beziehungen der Parteien, aus denen ein etwaiges außervertragliches Schuldverhältnis möglicherweise künftig resultiert. Jene Anforderungen unterliegen dem Bestimmtheitsgrundsatz, der durch Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO konkretisiert wird. Im Interesse der Ausle-
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gungsharmonie mit der Art. 3 Rom I-VO sollte der Wortlaut der beiden Bestimmungen entsprechend adaptiert werden. 8. Der Rechtswahlvertrag muss ordnungsgemäß zustandegekommen sein, und es dürfen ihm keine Unwirksamkeitsgründe entgegenstehen. Zur Ermittlung des wirksamen Zustandekommens und der Wirksamkeit der Rechtswahl ist grundsätzlich auf das gewählte Recht zurückzugreifen, soweit die Rom II-VO keine autonomen Voraussetzungen vorsieht. Für die Anknüpfung an das gewählte Recht genügt es, wenn eine Partei den Anschein bzw. Rechtsschein einer Rechtswahlvereinbarung in zurechenbarer Weise gesetzt hat. Die Vorschrift des Art. 10 Abs. 2 Rom II-VO grenzt dabei die Möglichkeit eines Rechtswahlmissbrauchs im Hinblick auf das Zustandekommen der Rechtswahlvereinbarung in angemessener Weise ein. 9. Liegen zwei sich widersprechende Offerten für den Abschluss einer Rechtswahlvereinbarung vor, sind das Rechtswahlstatut und die Behandlung dieses Widerspruchs anhand der Rechtsordnung zu ermitteln, die nach der jeweiligen objektiven Anknüpfung anzuwenden ist. 10. Die antizipierte und nachträgliche Rechtswahlvereinbarung kann ausdrücklich oder konkludent geschlossen werden. Die konkludente Rechtswahl ist von der hypothetischen Rechtswahl abzugrenzen. Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO stellt die autonom auszulegende Auslegungsregel auf, dass die Parteien ein aktives Erklärungsbewusstsein besitzen müssen, um eine Anknüpfung an den hypothetischen Parteiwillen zu verhindern. Trotz der abweichenden Formulierung des Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO von Art. 3 EVÜ/Rom I-VO sind keine unterschiedlichen Anforderungen an den konkludent geäußerten Parteiwillen zu stellen. Vielmehr ist die strengere Formulierung in Art. 3 Rom I-VO auch auf Art. 14 Rom II-VO zu übertragen. 11. Zur Ermittlung des Parteiwillens können mehrere Indizien von unterschiedlichem Gewicht berücksichtigt werden. Hierbei handelt es sich nicht um eine Vermutung im Sinne einer Beweislastregelung, sondern um Tatsachen, deren rechtliche Würdigung Aufgabe des angerufenen Gerichts ist. Infolge der Anerkennung der antizipierten Rechtswahl kann neben einer Gerichtsstands- und Schiedsvereinbarung insbesondere auch einer Rechtswahl auf Grundlage des Art. 3 Rom I-VO eine gewichtige Indizwirkung beigemessen werden, sofern jene Vereinbarungen wirksam sind. Ebenso können wirtschaftlich miteinander zusammenhängende Verträge, bei deren Durchführung ein außervertragliches Schuldverhältnis entsteht, Indizwirkungen für eine getroffene Rechtswahlvereinbarung entfalten. Voraussetzung ist im Einklang mit Erwägungsgrund 31 der Rom II-VO freilich stets, dass der Wille der Parteien feststellbar ist, auch das auf außervertragliche Schuldverhält-
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nisse anwendbare Recht zu wählen. Vor diesem Hintergrund kann im Prozess auch nicht ohne weiteres die konkludente Wahl der lex fori unterstellt werden, wenn die Parteien übereinstimmend die Anwendung jenen Rechts zugrunde legen, ohne sich über die Anwendbarkeit ausländischen Rechts bewusst zu sein. 12. Der Abschluss einer nachträglichen Rechtswahlvereinbarung unterliegt keinen weiteren Voraussetzungen. Im Gegensatz zur antizipierten Rechtswahl ist eine Vereinbarung in AGB zulässig. Sie unterliegt dabei einer Einbeziehungskontrolle am Maßstab des gewählten Rechts. Eine sachrechtliche Inhaltskontrolle sowohl auf Grundlage der lex causae als auch anhand einer europäisch autonomen Ausprägung von Treu und Glauben findet nicht statt. Eine Inhaltskontrolle erfolgt lediglich innerhalb der allgemeinen kollisionsrechtlichen Grenzen. 13. Als Abgrenzungskriterium für die Unterscheidung zwischen einer vorherigen und einer nachträglichen Rechtswahlvereinbarung dient nach derzeitiger Rechtslage der Zeitpunkt des Eintritts des schadensbegründenden Ereignisses, d.h. der Handlungszeitpunkt. Zu dessen besseren Bestimmbarkeit sollte indes auf den Zeitpunkt des Schadenseintritts abgestellt werden. 14. Für den Abschluss einer antizipierten Rechtswahlvereinbarung nach Art. 14 Abs. 1 lit. b Rom II-VO müssen besondere Voraussetzungen beachtet werden. Erforderlich ist, dass alle Parteien einer kommerziellen Tätigkeit nachgehen, die Rechtswahlvereinbarung in Ausübung dieser kommerziellen Tätigkeit geschlossen haben und dass sie frei ausgehandelt wurde. Diese Kriterien dienen dazu, schwächere Parteien vor dem Abschluss einer unüberlegten Rechtswahlvereinbarung zu schützen. Die Schwächeposition besteht dabei insbesondere in dem informationellen Defizit über die praktischen Rechtsfolgen einer nicht kommerziell tätigen Partei. Eine kommerzielle Tätigkeit ist jede eigenständige Tätigkeit, die planmäßig und für eine gewisse Dauer ausgeübt wird. Im Gegensatz zum Unternehmerbegriff im Sinne von Art. 6 Rom I-VO, Art. 15 EuGVO ist das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht nach hier vertretener Ansicht keine Voraussetzung für die Annahme einer kommerziellen Tätigkeit. Auf das Kriterium der frei ausgehandelten Vereinbarung sollte im Rahmen einer Revision der Verordnung verzichtet werden, damit im Interesse des Rechtsverkehrs der Abschluss einer antizipieren Rechtswahlvereinbarung in AGB ermöglicht wird. 15. Aus der privatautonomen Gestaltungsfreiheit folgt die Möglichkeit, die Rechtswahlvereinbarung unter eine Bedingung oder Befristung zu stellen. Der Bestimmtheitsgrundsatz steht dem nicht entgegen.
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16. Die Rechtswahlvereinbarung kann unter Einschaltung eines Vertreters geschlossen werden, wobei das Vollmachtstatut grundsätzlich selbstständig anzuknüpfen ist. 17. Der Abschluss einer Rechtswahlvereinbarung setzt die Rechts- und Geschäftsfähigkeit der Parteien voraus, deren Anforderungen anhand des nationalen Kollisionsrechts zu ermitteln sind. 18. Der Abschluss einer Rechtswahlvereinbarung unterliegt grundsätzlich keiner Form. Dies bemisst sich nach dem Recht, das anhand des jeweiligen nationalen Kollisionsrechts ermittelt wird. 19. Die Parteiautonomie gewährleistet, dass die Parteien den Gegenstand ihrer Rechtswahl grundsätzlich frei bestimmen können. Vor staatlichen Gerichten sind die Parteien jedoch auf die Wahl staatlicher Regelungswerke beschränkt. Bedingung für die Wählbarkeit staatlichen Rechts ist, dass das gewählte Recht mit dem nach objektiver Anknüpfung berufenen Sachrecht potentiell vergleichbar ist. Zum einen müssen den Gegenstand des gewählten Rechts zivilrechtliche Regelungen im europäisch autonomen Sinne bilden. Zum anderen muss dem fraglichen Rechtsakt unmittelbare Geltung gegenüber und unter den Bürgern zukommen. Drittens muss der abstrakt-generelle Charakter eines Rechtsaktes gewahrt sein. Ferner muss die Regelung den sog. test of pedigree bestehen und darüber hinaus in der Regelungsdichte mit den klassischen sachrechtlichen Regelungen vergleichbar sein. Danach sind nicht-staatliche Regelungswerke ebenso wie transnationale allgemeine Rechtsgrundsätze sowie die allgemeinen Regeln des Völkerrechts und das Völkergewohnheitsrecht von der Prorogationsmöglichkeit ausgenommen. Möglich sind hingegen die Vornahme einer negativen Rechtswahl, die Wahl völkerrechtlicher Verträge und europäischer Verordnungen. 20. Der Abschluss einer Mikro- und Makroteilrechtswahl ist zulässig, wenn mit ihr keine widersprüchlichen Ergebnisse erzielt werden und die Vereinbarung hinreichend bestimmt ist. Das Rechtswahlstatut beurteilt sich dann akzessorisch nach dem nach objektiver Anknüpfung anzuwendenden Sachrecht. Im Übrigen finden auf sie die allgemeinen Regelungen zum Zustandekommen und zur Wirksamkeit sowie über die Differenzierung zwischen nachträglicher und antizipierter Rechtswahlvereinbarung Anwendung. 21. Die Ausgestaltung der Rechtswahlvereinbarung als Gesamtnormverweis kann nur auf Grundlage der Privatautonomie erfolgen. Sie ist grundsätzlich zulässig. Allerdings muss der Wille, eine Gesamtnormverweisung auszusprechen, eindeutig erkennbar sein. 22. Art. 14 Rom II-VO spricht als Rechtsfolge einen Anwendungsbefehl hinsichtlich des Rechts aus, das in der Rechtswahlvereinbarung be-
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zeichnet wurde. Der Anwendungsbefehl bezieht sich dabei nur auf den konkreten Anknüpfungsgegenstand und kann nicht über den Parteiwillen hinausgehen. Bei der Auslegung des Parteiwillens ist Art. 15 Rom II-VO zu berücksichtigen, der eine Regel aufstellt, welche Fragen im Zweifel von der getroffenen Rechtswahlvereinbarung erfasst sind. Die Grundsätze zur Auslegung des Rechtswahlvertrages sind im Übrigen dem gewählten Recht zu entnehmen. 23. Fehlt eine Abrede über die zeitliche Wirkung ist bei einer antizipierten Rechtswahlvereinbarung grundsätzlich eine ex nunc-Wirkung anzunehmen, während eine nachträgliche Rechtswahl grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Eintritts des schadensbegründenden Ereignisses zurückwirkt. 24. Die Rechtswahlvereinbarungen nach Art. 3 Rom I-VO und Art. 14 Rom II-VO sind in ihrer Wirksamkeit voneinander abstrakt, es sei denn, die Parteien haben eine anderweitige Regelung getroffen. Dasselbe gilt für ihr Verhältnis zu einem (etwaigen) materiell-rechtlichen Hauptvertrag. 25. Eine unwirksame kollisionsrechtliche Rechtswahlvereinbarung kann grundsätzlich in eine materiell-rechtliche Rechtswahlvereinbarung umgedeutet werden. Hierüber entscheidet gem. Art. 3 Abs. 5, 10 Abs. 1, 12 Abs. 1 lit. e Rom I-VO analog das im Einzelfall anwendbare nationale Recht. Sofern die danach anzuwendende Vorschrift auf den Parteiwillen rekurriert, steht der Umdeutungsmöglichkeit die Auslegungsregel entgegen, dass die Parteien im Zweifel eine einheitliche rechtliche Beurteilung ihrer Rechtsbeziehungen wollen. In Abgrenzung zur bloßen materiell-rechtlichen Verweisung ist ferner grundsätzlich davon auszugehen, dass die Parteien eine Vereinbarung mit kollisionsrechtlicher Wirkung treffen wollten. 26. Rechte Dritter bleiben gem. Art. 14 Abs. 1 S. 2 Rom II-VO von der Rechtswahl unberührt. Dies gilt selbst dann, wenn die Rechtswahlvereinbarung für den Dritten begünstigend wirkt. 27. Bei reinen Binnensachverhalten entfaltet der gesetzliche Anwendungsbefehl aus Art. 14 Rom II-VO nur eine materiell-rechtliche Wirkung. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem das schadensbegründende Ereignis eingetreten ist. Im Einklang mit der Abgrenzung zwischen einer vorherigen und einer nachträglichen Rechtswahl sollte hier indes auf den Zeitpunkt des Schadenseintritts abgestellt werden, um einen ausländischen Erfolgsort bei der Beurteilung des Vorliegens eines Binnensachverhaltes berücksichtigen zu können. Dasselbe gilt auch im Hinblick auf die Regelung des Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO für Binnenmarktsachverhalte.
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28. Liegt ein reiner Binnenmarktsachverhalt vor, können die zwingenden gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften der lex fori nicht abgewählt werden. Im Interesse des internationalen Entscheidungseinklangs und der Vermeidung von forum shopping sollten Vorschriften, die eine europäische Richtlinie umsetzen, indes nicht der lex fori, sondern der nach objektiver Anknüpfung ermittelten lex causae entnommen werden. 29. Die Rechtswahlvereinbarung unterliegt den allgemeinen Grenzen der kollisionsrechtlichen Verweisungen, die in den Art. 16, 17, 24 Rom IIVO sowie den Grundsätzen der fraus legis zum Ausdruck kommen. Im Zusammenspiel mit den tatbestandlichen Begrenzungen aus Art. 14 Abs. 1 lit. b, Abs. 2, Abs. 3 Rom II-VO beugen jene Restriktionen einer missbräuchlichen Ausübung der Rechtswahlfreiheit vor.
Formulierungsvorschlag Nach dem gefundenen Ergebnis ist es dem europäischen Gesetzgeber in Art. 14 Rom II-VO großteils gelungen, einerseits die freie Rechtswahl umfassend zu gewährleisten und andererseits Missbrauchsrisiken vorzubeugen. Neben einigen sprachlichen Ungenauigkeiten, wie etwa der Differenzierung in Art. 14 Abs. 1 lit. a und lit. b Rom II-VO zwischen „die Parteien“ und „alle Parteien“, sollte Art. 14 Rom II-VO nicht nur den Zeitpunkt des Schadenseintritts im Sinne von Art. 4 Rom II-VO als maßgebliches Differenzierungskriterium für die Abgrenzung zwischen vorheriger und nachträglicher Rechtswahl sowie als Zeitpunkt für die Bestimmung des Vorliegens eines Binnen- und Binnenmarktsachverhaltes verwenden, sondern aufgrund des zunehmenden digitalen Rechtsverkehrs auch den Abschluss einer antizipierten Rechtswahlvereinbarung in AGB ermöglichen. Dies kann durch Streichung der Voraussetzung „frei ausgehandelte Vereinbarung“ erreicht werden. Ferner sollte die Vorschrift begrifflich und inhaltlich näher an Art. 3 Rom I-VO angelehnt werden. In erster Linie ist hierbei eine Anpassung der Kriterien für eine konkludente Rechtswahlvereinbarung vorzunehmen. Ferner sollte nach dem Vorbild des Art. 3 Abs. 5 Rom I-VO eine Regelung des Rechtswahlstatuts aufgenommen werden. Im Rahmen von Art. 14 Abs. 3 Rom II-VO sollten die Vorschriften des Gemeinschaftsrechts, die eine europäische Richtlinie umsetzen, nicht der lex fori, sondern der nach objektiver Anknüpfung ermittelten lex causae entnommen werden. Vor diesem Hintergrund ergibt sich, dass Art. 14 Rom IIVO partiell neu formuliert und ergänzt werden sollte. Die Vorschrift könnte demnach folgendermaßen lauten:
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Artikel 14 Freie Rechtswahl (1) Die Parteien können das Recht wählen, dem das außervertragliche Schuldverhältnis unterliegen soll: a) durch eine Vereinbarung nach Eintritt des schädigenden Ereignisses; oder b) wenn die Parteien einer kommerziellen Tätigkeit nachgehen, auch durch eine Vereinbarung vor Eintritt des schädigenden Ereignisses. Die Rechtswahl muss ausdrücklich erfolgen oder sich eindeutig aus den Umständen des Falles ergeben. (2) Sind alle Elemente des Sachverhalts zum Zeitpunkt des Eintritts des schädigenden Ereignisses in einem anderen als demjenigen Staat belegen, dessen Recht gewählt wurde, so berührt die Rechtswahl der Parteien nicht die Anwendung derjenigen Bestimmungen des Rechts dieses anderen Staates, von denen nicht durch Vereinbarung abgewichen werden kann. (4) Sind alle Elemente des Sachverhalts zum Zeitpunkt des Eintritts des schädigenden Ereignisses in einem oder mehreren Mitgliedstaaten belegen, so berührt die Wahl des Rechts eines Drittstaats durch die Parteien nicht die Anwendung – gegebenenfalls in der von dem Mitgliedstaat umgesetzten Form – der Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts, von denen nicht durch Vereinbarung abgewichen werden kann. (5) Auf das Zustandekommen und die Wirksamkeit der Einigung der Parteien über das anzuwendende Recht finden die Artikel 10, 11 und 13 der VO EG Nr. 593/2008 entsprechende Anwendung.
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Sachregister Abgrenzung von Angebot und invitatio ad offerendum 140 Abspaltbarkeit 331, 333, 334, 335 Accidentalia negotii 348 Akzessorische Anknüpfung 22, 25, 34 f., 86 f., 119, 133, 144 f., 196, 198, 200, 215, 223 ff., 279 ff., 375, 382 Allgemeine Geschäftsbedingungen 171, 172, 273, 278, – antizipierte Rechtswahl 171 f., 273, 278, 423, – Einbeziehungskontrolle 173 ff., 410 – Missbrauchskontrolle 177, 179, 183, 184, 185, 186, 273, 336, – Nachträgliche Rechtswahlvereinbarung in AGB 171, 172, 173 Allseitige Kollisionsnorm 60 Alternative Rechtswahl 218 Alternativen Formen der Streitbeilegung (ADR) 209 Anknüpfungsmoment des Art. 14 Rom IIVO 138 ff. Anschein einer Rechtswahl 151 Anspruchskonkurrenz 96 Antizipierte Rechtswahl 25, 34, 40, 63, 201, 230, 234, 237, 246 f., 268, 280 f., 336, Anwendungsbereich der Parteiautonomie 78 ff., 122, 135, 267 – der Rom II-VO 77 ff. – des Art. 14 Rom II-VO 88 ff. Apfelschorfentscheidung 29, 42, 191, 210 Arbeitskampfmaßnahmen 51, 88, 129 ff., 408 Auslegung der Einigungserklärungen 169 Auslegungsmethoden – Autonome Auslegung 47 ff., 50 ff – Grammatikalische Auslegung 47 f., 255
– Historische Auslegung 48, 255 – Primärrechtskonforme Auslegung 51, 267 – Rechtsvergleichende Auslegung 50 – Systematische Auslegung 48 – Teleologische Auslegung 49 Battle of Forms 164 Bedingung und Befristung 168, 219, 221, 246, 337, 410 Bestimmtheitsgrundsatz 156, 227, 320, 335, 354, 411 Bilaterale Wettbewerbshandlungen 90 Binnenmarktklausel 38, 40, 41, 380 Binnenmarktsachverhalt 378 ff. Binnensachverhalt 369 ff. CISG 237, 307, 308, Comitas 8, 187 Commercial activity 250, 251 Commercials matters 252 Construction clauses 214 culpa in contrahendo 234 Dépeçage 136, 141, 321 ff., 333, 357, 368, 433 Derogationswirkung 187, 342, 343 Direktanspruch 362 Disponibilität von Kollisionsnormen 64 ff., 300, 315, 321 Distanzdelikte 56, 66, 241 Draft Common Frame of Reference (DCFR) 293, 311 Drittstaatliches Recht 320 Dynamische Verweisung 316 E-Commerce-Richtlinie 84, 428, 452 Effet utile 49, 52, 107, 267, 392 Eingriffsnormen 40 f., 68, 87, 178 ff., 294, 330, 359, 370, 380, 396 ff.,
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Sachregister
Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses 2, 41, 43, 59, 82, 139, 206, 230, 231, 239 ff. , 280, 326, 337, 345, 347, 353, 359, 362, 376 Einzelbetrachtungslehre 164 Entwicklung der Rechtswahl 15 ff. Erklärungsbewusstsein 161, 192, 211 Essentialia negotii 71, 228, 229, 291, 320, 321, 329, 408 Europäische Auslegungsgrundsätze 43 Grundsatz der autonomen Auslegung 45, 46, 50, 91, 95, 141, 167, 168, 273 Europäische Missbrauchskontrolle 184, 186 Europäisches Zivilgesetzbuch 61, 141, 175, 237, 294 Floating choice of law clause 218 Formstatut 65, 68, 137, 226 Formularklauseln 41, 276 Formwirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung 225 ff. Forum shopping 21, 186, 392, 413, 438 Frei ausgehandelte Vereinbarung 39, 172, 173, 239, 247, 248, 257, 272, 273, 275, 277, 278, 279, 280, 359, 410 GEDIP-Vorschlag 19, 38 Gefährdungshaftung 240 Geistiges Eigentum 109 ff. Gerichtsstandsklauseln in AGB 277 Gerichtsstandsvereinbarung 3, 70, 81, 147, 154, 184 ff., 199 ff., 217, 277, 290, 326, 344, 372 ff., 399, 432, 450 Gesamtnormverweisung 66, 411 Geschäftsfähigkeit 136, 223, 224, 226, 411, 416 Geschäftsführung ohne Auftrag 21, 25, 28, 31, 135, 238, 243, 244, Gesetzesumgehung 27, 178, 180, 183, 187, 277, 331, 359, 395, 404, 405, 406, Gleichwertigkeit ausländischer Rechtsordnungen 182, 330, 371 Grenzen der Rechtswahl 358 ff. Günstigkeitsprinzip 39, 137, 191, 226, 283, 284, 329, 368 Handelssache 251 Handlung – bei deliktischen Schadensersatzansprüchen und cic 241
– bei Ansprüchen aus ungerechtfertigter Bereicherung 243 – bei Ansprüchen aus Geschäftsführung ohne Auftrag 243 Handlungsort 114, 120, 121, 123, 127, 132, 242 Heimwärtsstrebens 191 Hinkende Rechtswahl 4 Hypothetischer Parteiwille 189 ff. Immaterialgüterrecht 113 Individualvereinbarung 126, 127, 177, 197 Indizien für eine konkludente Rechtswahl 198 ff. – Rechtswahl nach Art. 3 Rom I-VO 199 – Gerichtsstandsvereinbarungen 201 – Schiedsvereinbarungen und ADR 207 – Verbundene Verträge 209 – Verhalten der Parteien im Prozess 209 – Bezugnahme auf ein bestimmtes Recht 214 – sonstige Umstände 217 Ingmar- Rechtsprechung 380, 382, 397 Inhaltskontrolle 173 ff., 277 f., 336, 410, 420 ff., 448 Inlandssachverhalt 33, 245, 344, 369 ff., 385 Inter partes - Wirkung der Rechtswahl 99, 102, 223, 346, 361 ff. Internationale Zuständigkeit 81, 104, 147, 183, 186, 285 Intertemporales Privatrecht 315 f. Irrtum 140, 225 Isolierte Rechtswahlvereinbarung 229, 271 Kartellrecht 30, 103 ff., 108, 109, 408 Kollisionsrechtliche Verweisung 7, 68, 72, 76, 306, 342, 355, 356, 360 Kommerzielle Tätigkeit 41 ff., 59, 63 f., 139 ff., 198, 206, 233, 237 ff., 354 ff., 415 – Gewinnerzielungsabsicht 251 ff., 410 – Handelssache 251 – Commercial activity 250 f. – Commercials matters 252 – Unternehmer 253 Konkludente Rechtswahl 32, 156, 169, 176, 189 ff., 227, 353, 422
Sachregister Kumulative Rechtswahl 338 Lauterkeitsrecht 88 ff. Law mix 143, 294, 350, 368, 377, 385 Legitimationsgrundlage der Parteiautonomie 13 Lehre vom Einheitsstatut 145 Lex fori 2 ff., 22, 31, 45, 50 f., 60, 65, 70, 85, 96, 104, 113, 125, 128 ff., 141, 145 ff., 165 ff., 192, 201, 204, 210, 218, 221 ff., 326, 339, 343, 372, 391 ff., 402, 406, 410, 413 f. Lex mercatoria 292 Loi uniforme 80 Marktortrecht 90 Materiell-rechtliche Verweisung 7, 29, 59, 68, 84, 298, 315, 355 Mindestharmonisierung 387, 391, 462 Missbrauchskontrolle 177, 179, 183, 184, 185, 186, 273, 336 Mittelbare Rechtswahl 314 Nachträgliche Rechtsänderungen 316 Nachträgliche Rechtswahlvereinbarung 41, 173, 180, 238 ff., 360 ff., 414, 418 Nicht-staatliches Recht 292, 294, 297 f., 411 Negative Rechtswahl 304, 305, 307, 394, 411 Neutrales Recht 3, 13, 128, 165, 235, 278, 294, 311, 320, 384 Ordre public 60, 68, 87, 133, 178, 179, 183, 187, 289, 331, 359, 395, 405 ff. Parteiautonomie – Begriff 6 ff. – Legitimationsgrundlage 13 ff. – Systematik im Kollisionsrecht 7 ff. – Verhältnis zur Privatautonomie 9 ff. Parteien des Rechtswahlvertrages 230, 248, 359 The polluter pays principle 123, 124 Prorogation 6, 72, 181, 307, 310, 313 Prorogationswirkung 343 Prozessvertrag 69, 170 Punitive damages 166 Qualifikation 58, 95, 129, 136, 138, 348
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Rechte Dritter 4, 25, 26, 31 ff., 53, 63, 99, 102, 223, 346, 359, 360 ff. 406, 412 Rechtsfähigkeit 224 Rechtsnatur der Rechtswahl 68 ff., 72 ff. – materiell-rechtliche Verweisung 7, 29, 59, 68 ff., 84, 298, 315, 355 – kollisionsrechtliche Verweisung 7, 68, 72 ff., 76, 306, 342, 355, 356, 360 Rechtssicherheit 2, 4, 14, 21, 23, 31, 33, 42, 62, 94, 109, 134, 135, 144, 146, 162, 166, 180, 184, 186, 187, 189, 196, 219, 220, 236, 256, 269, 298, 326, 333, 408, 416 Rechtswahlstatut 12, 141 ff., 174, 180, 194, 198, 229, 350, 354, 407, 409, 411 Referentenentwurf der EG- Kommission vom 21.6.1999 33 Rosinentheorie 329 Sachnormverweis 7, 29, 59, 68, 84, 298, 315, 355 Schadenseintrittsort 90, 98, 109, 126, 245, 286 Schein- und Scherzgeschäfts 140, 225 Schiedsvereinbarungen 207, 342, 351 Schutz des Schwächeren 63, 232, 266, 282, 284 Schutzlandprinzip 111, 112, 113, 115, 117, 118, 119, 121 Schweigen 150, 153, 155, 157, 158, 166, 213, 230 Selbstständige Kollisionsnorm 59 Sonderanknüpfung 113, 117, 120, 127, 133, 178, 179, 224, 226, 330, 372, 380, 382, 395, 396, 397, 398, 399, 402, 404, 406 Staatlicher Geltungsanspruchs 378 Staatsangehörigkeitsprinzip 224 Stabilisierungsklauseln 316 ff. Statische Verweisung 317 Statutenlehre 8 Statutentausch 220 Statutenwechsel 205, 220, 347 Stellvertretung 156, 221 ff. Systematik der Rechtswahl 6 ff., 53 ff. Täuschung 140, 225, 275, 276 Teilrechtswahl 26, 56, 136, 165, 171, 188, 215, 229, 292, 294, 300, 301, 308, 314, 321 ff., 346, 367, 384, 399, 402 Territorialitätsprinzip 111, 126, 132, 303, 309, 341
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Sachregister
Test of pedigree 301 Theorie des letzten Wortes 163 f. Transparenzgebot 176 ff. Treu und Glauben 184, 187, 189, 393, 410 Ubiquitätsprinzip 56, 66, 123, 124, 125, 126, 129, 155, 241, 376 Überschießende Umsetzung 387, 389 Umdeutung 60, 140, 168, 314, 354 ff. Umweltschädigungen 122 ff., 404, 408 Umweltschutzstandards 123, 124, 125, 127 UNIDROIT-Prinzipien 292, 305, 306, 419, 426, 463 Universalitätsprinzip 94, 112, 117 Unternehmer 253, 264 ff. Urheberrecht 110 Verbraucherschutz 63, 232, 263, 266, 282, 284 Verhaltens- und Sicherheitsvorschriften 127 Verhältnis von Privat- und Parteiautonomie 6 ff., 67, 69, 377 Verhältnis zu völkerrechtlichem Kollisionsrecht 84 Versteinerungsklauseln 317, 452 Vetorecht nach Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO 160 Vorentwurf eines EWG-Übereinkommens von 1972 22 Vorfragenanknüpfung 136, 137 Vorhersehbarkeit des anwendbaren Rechts 3, 14, 148, 165, 219, 298, 326, 391 Vorrang der Parteiautonomie 55, 98, 102, 230, 232, 275, 343 Wahl allgemeiner Rechtsgrundsätze 305 Wahl beziehungslosen Sachrechts 319
Wahl geltenden staatlichen Sachrechts 316 Wahl intertemporalen Privatrechts 316 Wählbarkeit völkerrechtlicher Verträge 307, 314 Wählbarkeit von Rechtsakten der EU 311 Wählbarkeit von Völkergewohnheitsrecht 310 Wandelbarkeit der Rechtswahl 338 ff. Wettbewerbsrecht 88, 91, 103 Widersprechende Rechtswahlklauseln 162, 164, 166 Willensmängel 140, 225 Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung 225 ff., 341 ff. – Allgemeine Unwirksamkeitsgründe 225 ff. – Bestimmtheit der Rechtswahl 226 – Form der Rechtswahl 226 – Widerspruchsfreiheit der Rechtswahl 226 Zeitliche Wirkung einer Rechtswahlvereinbarung 344 – ex nunc 12, 220, 346, 348 – ex tunc 220 Zeitpunkt des haftungsrelevanten Verhaltens 240, 241 Zivilsache 78, 79, 96, 105, 251, 302, 309, 311, 313, 320, 341, 431, 456 Zustandekommen der Rechtswahlvereinbarung 140, 141, 155, 160, 161, 167 ff. – Einigung 167 ff. – Einigung durch AGB 171 ff., 273 ff. – Geschäftsfähigkeit 223 – Rechtsfähigkeit 223 – Stellvertretung 221 f.