Die zivilrechtliche Haftung für Mitspielerverletzungen bei Sport und Spiel [1 ed.] 9783428555864, 9783428155866

Mitspielerverletzungen beim Sport sind ein omnipräsentes Alltagsphänomen. Gleichwohl sind bislang nicht alle wesentliche

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German Pages 386 Year 2018

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Die zivilrechtliche Haftung für Mitspielerverletzungen bei Sport und Spiel [1 ed.]
 9783428555864, 9783428155866

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Beiträge zum Sportrecht Band 55

Die zivilrechtliche Haftung für Mitspielerverletzungen bei Sport und Spiel

Von

Philipp Dördelmann

Duncker & Humblot · Berlin

PHILIPP DÖRDELMANN

Die zivilrechtliche Haftung für Mitspielerverletzungen bei Sport und Spiel

Beiträge zum Sportrecht Herausgegeben von Kristian Kühl, Udo Steiner und Klaus Vieweg

Band 55

Die zivilrechtliche Haftung für Mitspielerverletzungen bei Sport und Spiel

Von

Philipp Dördelmann

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Ruhr-Universität Bochum hat diese Arbeit im Sommersemester 2018 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2018 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Ochsenfurt-Hohestadt Druck: CPI buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 1435-7925 ISBN 978-3-428-15586-6 (Print) ISBN 978-3-428-55586-4 (E-Book) ISBN 978-3-428-85586-5 (Print & E-Book)

Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern in großer Dankbarkeit gewidmet

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2018 von der Juristischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung haben bis August 2018 Berücksichtigung gefunden. Besonderer Dank gebührt meiner Doktormutter Frau Professor Dr. Renate Schaub, LL.M. (Univ. Bristol) für die erstklassige Betreuung der Arbeit und die aktive Förderung des wissenschaftlichen Diskurses. Danken möchte ich ihr auch für die eindrucksvollen und lehrreichen Erfahrungen, die ich als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an ihrem Lehrstuhl sammeln durfte. Von ihnen werde ich wohl sowohl im Rahmen meiner beruflichen als auch meiner privaten Entwicklung noch lange profitieren können. Großer Dank gilt auch Herrn Professor Dr. Markus Fehrenbach für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Dank gilt zudem den Herren Professoren Dr. Klaus Vieweg, Dr. Udo Steiner und Dr. Dr. Dres h.c. Kristian Kühl für die Aufnahme der Arbeit in ihre Schriftenreihe. Mein größter Dank richtet sich an die Personen, die mich in den einzelnen – sowohl in den guten als auch den anspruchsvollen, aufreibenden und herausfordernden – Phasen der letzten Jahre so tatkräftig unterstützt haben. Ihr habt einen entscheidenden Anteil daran, dass ich mich mit der Arbeit verwirklichen konnte! Dafür bin ich zutiefst dankbar. Hervorheben möchte ich neben meiner Familie und meiner Freundin Katrin außerdem die Lehrstuhlteams, denen ich in der Vergangenheit angehören und mit denen ich zusammenarbeiten durfte. Vielen Dank für die gemeinsamen Jahre, Tage und Momente, die mich auf meinem Weg eindeutig geprägt haben! Insbesondere Katrin Herking, M.Sc., Daniel Köhler, Stefan Heisel, M.Sc., Dr. Dominic Janßen, LL.M. (Queen Mary University of London), Dr. Andreas Starcke, Dr. Julia König, Nadja Tamina Gurski, Claire Vander Stichelen, Miriam Powala und AlexanderWilhelm Schulte-Rödding will ich noch einmal von ganzem Herzen für die Unterstützung in den für den Erfolg der Arbeit wesentlichen Zeiten danken. Ebenfalls möchte ich Barbara Cipa ganz herzlich für das sorgfältige Korrekturlesen der Arbeit danken. Gleiches gilt für meinen Onkel Hans-Rudolf Rebernik, der die Veröffentlichung leider nicht mehr miterleben durfte. Die Arbeit widme ich meinen Eltern, denen ich aus mehr als tausend Gründen dafür dankbar bin, dass sie meine Entwicklung stets gefördert und mir die dazu notwendigen Freiheiten gegeben haben. Meiner Mutter Anne danke ich insbesondere für die immerwährende, bedingungslose und aufopferungsvolle Unterstützung auf meinem gesamten Lebensweg. Meinem Vater Klaus, meinem größten Kritiker,

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Vorwort

danke ich insbesondere dafür, dass er der Motor meines Ehrgeizes und meiner Entwicklungsfreudigkeit ist. Castrop-Rauxel, im Juli 2018

Philipp Dördelmann

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 I. Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 II. Ziel der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 III. Gang der Darstellung und methodisches Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 B. Übergeordnete Frage- und Problemstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 I. Das Interesse der Sportler an einer Haftungsmodifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 II. Phänomenologie und Typologie des Sports und der Sportverletzung . . . . . . . . 31 1. Definition des Sports . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 2. Sportverletzung und Mitspielerverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 3. Typizität des Sports und Reziprozität der Verletzungsgefahr . . . . . . . . . . . . . 39 a) Typizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 b) Reziprozität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 c) Das Zusammenspiel beider Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 4. Das haftungsrechtlich besonders Missbilligte einer Mitspielerverletzung . . . 43 a) Die Schwere der Verletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 b) Die Vermeidbarkeit von Regelverstoß und Schädigung . . . . . . . . . . . . . . 45 c) Die individuelle Vorwerfbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 d) Der Regelverstoß und dessen Intensität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 III. Die Bedeutung des Regelwerkes und daraus resultierende Auswirkungen . . . . 51 1. Rechtsnatur der Sport- und Spielregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 a) Spielregeln als rechtlich irrelevante Verhaltensgebote . . . . . . . . . . . . . . . 52 b) Spielregeln als Rechtsnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 c) Gewohnheitsrechtliche Anerkennung der Sportregeln . . . . . . . . . . . . . . . . 54 aa) Im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 bb) Andere Beurteilung bei FIS-Regeln? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 d) Sportregeln als außergesetzliche Verhaltensstandards . . . . . . . . . . . . . . . . 59 2. Funktionen der Sport- und Spielregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 3. Bestimmung der haftungsrechtlich relevanten Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 4. Die Einbeziehung der Sportler in den Geltungsbereich der Regeln . . . . . . . . 63 a) Allgemeingültigkeit der Regelwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 b) Einbeziehung im organisierten Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 aa) Satzungsmäßige Einbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 bb) Rechtsgeschäftliche Einbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

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Inhaltsverzeichnis c) Einbeziehung beim nicht organisierten Freizeitsport . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 IV. Mögliche Anspruchsgrundlagen bei Mitspielerverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . 69 1. Vertragliche Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 2. Deliktische Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 V. Die Unterscheidung zwischen Kampfsport und Parallelsport . . . . . . . . . . . . . . 73 1. Herkömmliche Auffassung und Einteilung der Sportarten . . . . . . . . . . . . . . . 73 2. Problematik dieser Differenzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 3. Besondere Abgrenzungsprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 a) Parallel ausgeübte Sportarten mit Körperkontakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 b) Sport miteinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 c) Kampf- und Mannschaftssportarten ohne regelmäßige Körperberührungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 4. Übertragung der Haftungsprivilegierung auf Parallelsportarten . . . . . . . . . . . 79 5. Neuordnung durch den Bundesgerichtshof im Jahre 2003 . . . . . . . . . . . . . . . 79 6. Beurteilung der Differenzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 VI. Berücksichtigung von Spielen oder sportähnlichen Aktivitäten . . . . . . . . . . . . . 83 VII. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

C. Lösungsansätze bei regelgerecht verursachten Mitspielerverletzungen . . . . . . . . 86 I. Rechtsfreier Raum und tatbestandsausschließendes Einverständnis . . . . . . . . . 87 1. Sport als rechtsfreier Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 a) Die Idee eines rechtsfreien Raumes der Sportausübung . . . . . . . . . . . . . . 89 b) Ablehnung im zivilrechtlichen Sporthaftungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 2. Tatbestandsausschließendes Einverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 II. Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 1. Handlung oder pflichtwidriges Unterlassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 2. Rechtsgutverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 3. Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 4. Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 III. Rechtswidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 1. Mangelndes Rechtswidrigkeitsverdikt einer Mitspielerverletzung . . . . . . . . 100 a) Fehlen eines Verkehrspflichtverstoßes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 b) Sozialadäquates Verhalten des Schädigers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 c) Keine Verwirklichung eines erlaubten Risikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 2. Ausschluss der Rechtswidrigkeit aufgrund eines Rechtfertigungsgrundes . . 109 a) Rechtfertigende Einwilligung durch Teilnahme am Sport . . . . . . . . . . . . . 110 aa) Potentielle Anknüpfungspunkte der Einwilligung . . . . . . . . . . . . . . . 111 (1) Einwilligung in den Verletzungserfolg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 (2) Einwilligung in die Verletzungshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 (3) Einwilligung in das Verletzungsrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114

Inhaltsverzeichnis

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bb) Verbleibender Anwendungsbereich der Einwilligung . . . . . . . . . . . . . 117 cc) Bewertung der Einwilligungslösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 b) Mutmaßliche Einwilligung durch Teilnahme am Sport . . . . . . . . . . . . . . . 121 c) Sportgerechtes Verhalten als Rechtfertigungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 d) Gewohnheitsrechtliche Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 e) Weitere Rechtfertigungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 aa) Staatliche Zulassung und Förderung des Sports als Rechtfertigung 125 bb) Rechtfertigung qua Berufsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 3. Fazit zur Problembewältigung auf der Ebene der Rechtswidrigkeit . . . . . . . 127 IV. Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 1. Sportgerechter Sorgfaltsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 2. Begrenzung der Vorwerfbarkeit auf die diligentia quam in suis . . . . . . . . . . 134 3. Anwendung einer „sport judgement rule“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 4. Gleitende Fahrlässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 5. Fazit zu den Verschuldenslösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 V. Außertatbestandliche Lösungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 1. § 254 BGB und das Handeln auf eigene Gefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 2. § 242 BGB – venire contra factum proprium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 3. Rechtsgeschäftlicher Haftungsverzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 4. Nachträgliche Enthaftungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 5. Fazit zu außertatbestandlichen Lösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 D. Eigener Lösungsansatz bei regelgerecht verursachten Schädigungen . . . . . . . . . . 158 I. Verbliebene Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 II. Der Einfluss weiterer Determinanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 1. Der Einfluss etwaiger Abwehrrechte des geschädigten Sportlers . . . . . . . . . 159 a) Notwehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 b) Unterlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 2. Auswirkungen der Rechtswidrigkeitsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 3. Auswirkungen einer möglichen Teilnehmerhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 4. Der Einfluss eines bestehenden Versicherungsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 III. Auflösung der verbliebenen dogmatischen Herausforderungen . . . . . . . . . . . . . 180 1. Herausforderungen einer Verkehrspflichtkonzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 a) Mitsportlerverletzungen im Lichte der Kombinationslehre . . . . . . . . . . . . 180 b) Der reduzierte „Tabubereich“ bei der Sportausübung . . . . . . . . . . . . . . . . 182 c) Keine Eingriffsdifferenzierungen im Bereich der Sportausübung . . . . . . . 184 d) Verkehrspflichten trotz unmittelbarer Schädigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 e) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 2. Herausforderung einer Verschuldensmodifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188

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Inhaltsverzeichnis IV. Die verbliebenen Lösungsansätze im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 1. Gegenüberstellung der Lösungsoptionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 2. Das vorzuziehende Lösungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 V. Die dogmatischen Auswirkungen einer verkehrspflichtbasierten Lösung . . . . . 193 1. Der Standort der Verkehrspflichten im System des § 823 Abs. 1 BGB . . . . . 193 2. Das Verhältnis der (sportspezifischen) Verkehrspflichten zu § 276 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 3. Die unmittelbaren Folgen für die Verschuldensprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 4. Die Ermöglichung einer Rasterlösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 VI. Ergebnis: Das „Sporthaftungsprivileg“ de lege lata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206

E. Die Beurteilung regelwidrig verursachter Mitspielerverletzungen . . . . . . . . . . . . 210 I. Die Privilegierungswürdigkeit regelwidrigen Verhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 1. Der Bereich der Kampfsportarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 2. Die Privilegierungswürdigkeit der Parallelsportarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 3. Der Einfluss von Typizität und Reziprozität bei Regelwidrigkeiten . . . . . . . 214 II. Die Umsetzung dieser Maxime . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 1. Das vorhandene Meinungsspektrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 2. Ein Verkehrspflichtmodell als einzig zielführende Umsetzungsoption . . . . . 216 F. Die Bestimmung der Verkehrspflichten bei der Sportausübung . . . . . . . . . . . . . . 221 I. Die „allgemeine“ Verkehrspflichtformel als Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . 221 1. Kriterien der Verkehrspflichtformel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 a) Die legitime Verkehrserwartung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 b) Eigenvorsorge des gefährdeten Personenkreises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 c) Möglichkeit und Zumutbarkeit von Sicherungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . 224 d) Ökonomische Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 e) Erhöhtes Sorgfaltsniveau gegenüber begrenzt Verantwortungsfähigen . . . 225 2. Rückschlüsse für den Bereich der Sportausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 II. Die zentrale Bedeutung des Regelwerkes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 1. Die Wechselwirkung zwischen Regelwerk und Verkehrspflicht . . . . . . . . . . 229 a) Der Einfluss der Regelwerke auf die Verkehrspflichten . . . . . . . . . . . . . . 229 aa) Regelwerke als Anhaltspunkte fixierter Verhaltensanforderungen . . . 230 bb) Keine abschließende Festlegung des Pflichtenprogramms durch Sportregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 cc) Das Regelwerk als zentraler Bewertungsparameter . . . . . . . . . . . . . . 235 b) Die unmittelbaren Folgen für die Haftung bei Mitspielerverletzungen . . . 236 aa) Der Haftungsausschluss bei einem regelgerechten Verhalten . . . . . . . 237 (1) Sportregeln als Verkehrspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 (2) Die Einheit der Rechtsordnung als argumentatorische Grundlage 238 (a) Der Ansatz von Looschelders . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238

Inhaltsverzeichnis

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(b) Die Modifikation durch Götz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 (c) Die Untauglichkeit beider Begründungen . . . . . . . . . . . . . . . . 240 (3) Keine missbilligte Gefährdung bei Regelkonformität . . . . . . . . . . 245 bb) Das Verhältnis zwischen Regelverstoß und Verkehrspflicht . . . . . . . . 246 c) Der praktische Unterschied zwischen Regelkonformität und Regelwidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 2. Schlussfolgerungen für die Verkehrspflichtkonkretisierung . . . . . . . . . . . . . . 248 III. Die Bestimmung weiterer Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 1. Verbleibende Elemente der Typizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 2. Reziprozität der Schädigungsgefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 a) Abstrakte Reziprozität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 b) Konkrete Reziprozität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 3. Weitere in der Literatur diskutierte Kriterien und ihr spezifischer Nutzen

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a) Das Fairnessgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 b) Die Wertung des § 1 StVO als Rücksichtnahmegebot im Sport . . . . . . . . 255 c) Der Maßstab des „reasonable sportsman“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 d) Die Freiwilligkeit der Teilnahme als eigenständiges Bewertungskriterium 257 e) Die Erwartungshaltung der Sportler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 f) Erfüllbarkeit der Verkehrspflichten beim Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 4. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 IV. Das Zusammenwirken der Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 1. Der Vorrang des Regelwerkes bei der Bestimmung der Verkehrspflicht . . . . 260 2. Die gleichrangige Wirkung der weiteren Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 3. Die flexible Bewertung in einem beweglichen System . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 G. Praktische Problemfelder der Verkehrspflichtkonkretisierung beim Sport . . . . . 263 I. Besondere Herausforderungen aus dem Bereich der Regelwerke . . . . . . . . . . . 263 1. Die Auslegungsbedürftigkeit mancher Regeln oder Regelkomplexe . . . . . . . 263 2. Die Modifikation von Sportregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 a) Die rechtliche Zulässigkeit der Regelmodifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 b) Die Erscheinungsformen modifizierter Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 aa) Modifikation durch Sportverbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 bb) Modifikation durch die Sportler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 c) Typische praktische Folgen einer Regelmodifikation . . . . . . . . . . . . . . . . 270 3. Die Grenzen der haftungsrechtlichen Anerkennung der Sportregeln . . . . . . . 271 4. Der Einfluss von Schiedsrichterentscheidungen auf die Bewertung . . . . . . . 276 a) Keine materiell-rechtliche Bindung an eine Schiedsrichterentscheidung 277 b) Der prozessuale Wert einer Schiedsrichterentscheidung . . . . . . . . . . . . . . 280 II. Das Schließen weiterer Bewertungslücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282

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Inhaltsverzeichnis III. Die Beurteilung einzelner typischer Problemfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 1. Die personelle Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 a) Der privilegierte Personenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 aa) Gegenspieler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 bb) Mitspieler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 cc) Auswechselspieler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 dd) Trainer und Mannschaftsbetreuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 ee) Schiedsrichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 b) Die Unterscheidung nach weiteren personell geprägten Aspekten . . . . . . 289 aa) Differenzierung nach Alters- und Leistungsklassen sowie Geschlecht 289 (1) Der Einfluss von Alters- und Leistungsklassen . . . . . . . . . . . . . . . 289 (2) Der Einfluss des Geschlechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 bb) Divergierende Erfahrungsstufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 cc) Differenzierungen anhand des Spielstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 dd) Auswirkungen eines fortgeschrittenen Lebensalters . . . . . . . . . . . . . . 295 2. Die temporale Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 a) Wettkampf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 b) Training . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 c) Freizeitsport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 d) Vorbereitung zur Sportausübung sowie Aufwärmphase . . . . . . . . . . . . . . 300 e) Zeitliche Sonderkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 3. Die sachliche Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 a) Intensität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 b) Art . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 c) Ausübungsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 4. Die lokale Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 5. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307

H. Die Grenzziehung zwischen privilegierten und missbilligten Mitspielerverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 I. Pragmatik versus Dogmatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 II. Die möglichen Abgrenzungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 1. Vermeidbarkeit des Regelverstoßes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 2. Vorhersehbarkeit des Regelverstoßes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 3. Risikoübernahme durch den Geschädigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 4. Der Vergleich zwischen dem tatsächlichen und einem hypothetisch verkehrspflichtgerechten Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 5. Die Abgrenzung anhand von Typizität und Reziprozität . . . . . . . . . . . . . . . . 315 III. Besondere Fallkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 1. Der Übergang von zulässiger Härte zur Unfairness . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320

Inhaltsverzeichnis

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2. Regelverstöße aufgrund von Spieleifer, Übermüdung oder ähnlichen Gründen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 3. Schädigungen aufgrund technischen Versagens oder spielerischen Unvermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 4. Beiderseitige Regelverstöße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 5. Vorsätzliche, aber gleichwohl geringfügige Regelverstöße . . . . . . . . . . . . . . 327 6. Haftung bei mangelnder Regelkenntnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 7. Weitere denkbare Konstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 IV. Privilegierung trotz schwereren Regelverstoßes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 V. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 I. Die Privilegierung sportähnlicher Tätigkeiten und Spiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 I. Das Dilemma der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 1. Die Inkonsistenz der Entscheidungsparameter des Bundesgerichtshofs . . . . 337 2. Die Auswirkungen für die Instanzgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 II. Die Privilegierungswürdigkeit sportähnlicher Tätigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 III. Die dogmatische Umsetzung dieser Maxime . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 1. Der Vergleich der Interessenlagen bei Sport und Spiel . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 2. Die Nähe zum Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 3. Die Reziprozität der Schädigungsgefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 4. Die Bewertung anhand der sportspezifischen Verkehrspflichtformel . . . . . . 347 IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 J. Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 K. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379

A. Einleitung I. Ausgangslage „Blutgrätsche mit Folgen“1, „Lebenslange Karriere im Krankenhaus“2, „50.000 Euro Schadensersatz für Blutgrätsche“3, lauteten nur einige der Schlagzeilen, nachdem das OLG Hamm4 einem Amateur-Fußballspieler ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 E nach einem Foul mit extremer Verletzungsfolge zusprach und damit die vorab ergangene erstinstanzliche Entscheidung des LG Dortmund5 bestätigte. Der verletzte Fußballer wurde in einem Verbandsspiel der Kreisliga A mit gestrecktem Bein von dem beklagten Gegenspieler gefoult und erlitt dadurch schwerste Knieverletzungen. Beide Instanzen werteten das Verhalten des Beklagten als massiv regelwidrig und begründeten unter dieser Annahme einen Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 823 Abs. 1 BGB.6 Radioberichterstattungen und auch das Fernsehen griffen den Fall in ihren Sendeformaten auf und diskutierten dabei vordergründig, ob das Schmerzensgeld zu einem gerechten Ausgleich für die extremen Verletzungen des Geschädigten beitragen könne.7 Die Entscheidung befeuerte aber auch die – in den letzten Jahren immer wieder breit in der Öffentlichkeit geführte – Diskussion über erhöhte Gewaltbereitschaft insbesondere im Amateursport, alltäglich werdende Unsportlichkeiten mit teils gravierenden Verletzungsfolgen, die Abkehr vom fairen Aufeinandertreffen der Sportler und den schleichenden Verfall des Vorbildcharakters des Sports und der Sportler. Verlässliche Daten, die diese Thesen eindeutig belegen könnten, existieren bislang aber nicht. So ereignen sich zwar jährlich weit über eine Million Sportunfälle in Deutschland, von denen 90 % dem nicht organisierten und 1 http://www.stern.de/sport/fussball/schmerzensgeld-urteil-im-fussball-blutgraetsche-mitfolgen-1932952.html; zuletzt abgerufen am 31. Juli 2018. 2 http://www.reviersport.de/215650-vfb-luenen-schmerzensgeld-brutalo-foul.html; zuletzt abgerufen am 31. Juli 2018. 3 http://www.lto.de/recht/nachrichten/n/olg-hamm-urteil-i6u24111-blutgraetsche-foul-fuss ball-schadensersatz-schmerzensgeld/; zuletzt abgerufen am 31. Juli 2018. 4 OLG Hamm, SpuRt 2013, 123. 5 LG Dortmund, Urt. v. 24. 10. 2011 – 12 O 415/10. 6 OLG Hamm, SpuRt 2013, 123; LG Dortmund, Urt. v. 24. 10. 2011 – 12 O 415/10. 7 So strahlte der Radiosender „1Live“ eine Straßendiskussion zur Haftung beim Sport aus. Sowohl die „Tagesschau“ als auch die „Tagesthemen“ griffen die Entscheidung in ihren Kurznachrichten auf. Das TV-Magazin „stern TV“ sendete darüber hinaus einen mehrminütigen Beitrag, der sich sowohl mit der Entscheidung als auch mit dem Leidensweg des Geschädigten beschäftigte.

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A. Einleitung

10 % dem organisierten Sport zugeordnet werden.8 Die meisten Sportarten bergen aber nun einmal ein – gegenüber dem alltäglichen Leben – erhöhtes Gefährdungspotential,9 weswegen sich Verletzungen bei der Sportausübung nicht immer vermeiden lassen.10 Dennoch erfolgt die Teilnahme aus freien Stücken. Die Sportler wissen auch, dass viele Sportarten nicht ohne gewisse Regelverstöße durchgeführt werden können oder auch ein regelgerechtes Verhalten des Mitsportlers zu einer Verletzung führen kann.11 Für viele Sportler, Beteiligte und Zuschauer stellen manche spieltypische Regelverstöße12 und ihre spielinterne Sanktionierung gerade auch den Reiz des Sports dar, der verloren ginge, wenn – im Hinblick auf eine etwaig eintretende zivilrechtliche Haftung – auf sie verzichtet werden müsste.13 So sind bestimmte Regelverstöße und teilweise auch Verletzungen im Rahmen mancher Sportarten ausdrücklich gebilligt.14 Schließlich spielt auch der Zufall eine gewichtige Rolle bei eintretenden Verletzungen. In Sekundenbruchteilen zu treffende Entscheidungen, die Schnelligkeit der Bewegungs- und Spielabläufe, der Versuch der Antizipation des gegnerischen Verhaltens sowie viele weitere Faktoren führen neben dem sportimmanenten Verletzungsrisiko dazu, dass es bei einem Sportunfall oftmals

8 S. dazu PHB Sportrecht/Fritzweiler, 5. Teil Rn. 158. S. zu weiteren aktuellen, sportspezifischen Statistiken Burmann/Jahnke, NZS 2017, 52, 52; Lemcke, r+s 2012, 569, 570; Rutz, in: Akzente des Sportrechts, 235, 241 f. sowie ferner zu Sportunfallstatistiken in der Schweiz Erni, in: Sport und Versicherung, 127, 129 ff. Diese Zahlen geben jedoch keinen Aufschluss darüber, ob sie einem härteren Umgang der Sportler untereinander geschuldet sind oder sich bereits dadurch erklären lassen, dass immer mehr Menschen in ihrer Freizeit Sport treiben. 9 S. dazu allein BGHZ 63, 140, 143. So erstaunt es nicht, dass die Gerichte teilweise auch mit Sportarten und eingetretenen Verletzungen konfrontiert werden, die auf den ersten Blick als eher ungefährlich eingestuft werden könnten. S. zum Beispiel OLG Hamm, NJW-RR 1999, 608 zu einer Verletzung beim Minigolf; OLG Nürnberg MDR 2009, 688 zu einer Verletzung beim turnerischen „Bockspringen“ während des Schlittschuhfahrens oder OLG Düsseldorf VersR 1993, 1295 zu einer Verletzung beim „Schattenboxen“. 10 S. aus der Rechtsprechung dazu allein BGHZ 63, 140, 142. Ausdrücklich dazu Grunsky, JZ 1975, 109, 111; so auch Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 50. 11 Reichert, Grundriß des Sportrechts und des Sporthaftungsrechts, 213 f.; Schimke, Sportrecht, 133; Weisemann/Spieker, Sport, Spiel und Recht, Rn. 60. So wissen auch Teilnehmer von Sportarten, die auf den ersten Blick nicht besonders gefahrträchtig erscheinen und nicht zwingend auf Körperkontakt ausgelegt sind, dass sie dabei dennoch verletzt werden können. 12 Paradebeispiel des spieltypischen Regelverstoßes ist das taktische Foul beim Fußball. 13 S. dazu allein Pfister, FS W. Lorenz, 171, 190. 14 BayObLG, NJW 1961, 2072, 2073. Nahezu jede im Wettkampf ausgeübte Kampfkunst billigt die Verletzung des Kontrahenten, um den sportlichen Erfolg erringen zu können; aber auch bei Mannschaftssportarten, wie zum Beispiel beim Eishockey durch einen regelgerecht ausgeführten Bandencheck, ist die körperliche Beeinträchtigung explizit durch Regel 43 der maßgeblichen Eishockeyregeln der „International Ice Hockey Federation“ gebilligt. Eine Strafe wird nur unter einem Verstoß gegen die Regeln 100 ff. und 118 ff. ausgesprochen. S. zum Regelwerk beim Eishockey http://www.iihf.com/fileadmin/user_upload/PDF/Sport/IIHF_Offi cial_Rule_Book_ 2018.pdf; zuletzt abgerufen am 31. Juli 2018.

I. Ausgangslage

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schlicht vom Zufall oder Unglück abhängt, wer in der konkreten Spielsituation zum Schädiger oder Geschädigten wird.15 Die juristische Fachdiskussion dagegen hielt sich stark in Grenzen, da die Entscheidung des OLG Hamm16 der ständigen Rechtsprechung entspricht und sie im Ergebnis auch inhaltlich kein Neuland erschließt:17 Verletzt ein Sportler seinen Kontrahenten bei der Sportausübung durch einen gravierenden Regelverstoß, so ist er dem Geschädigten nach § 823 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet.18 Ganz anders hätte der Fall aber gelegen, wenn sich der Schädiger bei der Verletzung regelgerecht verhalten hätte oder ihm nur ein geringfügiger Regelverstoß zur Last zu legen wäre. Nach heutzutage jedenfalls im Ergebnis nicht mehr bestrittener Ansicht kann der geschädigte Sportler keinen Schadensersatz vom Schädiger verlangen, wenn die Verletzung bei einem Wettkampf mit nicht unerheblichem Gefährdungspotential durch ein regelkonformes Verhalten des Schädigers verursacht wurde.19 Darüber hinaus soll nach weit überwiegender Ansicht auch ein leicht regelwidriges Verhalten des Schädigers nicht zu einem Schadensersatzanspruch führen.20 Die Teilnahme am Sport führt demnach – in Modifikation allgemeiner Haftungsgrundsätze21 – zu einem reduzierten Integritätsschutz des Geschädigten. Im 15

S. dazu die Ausführungen zu Typizität und Reziprozität unter B.II.3. OLG Hamm, SpuRt 2013, 123. 17 So besteht bis dato keine tiefergehende Rezension, Anmerkung oder anderweitige Aufbereitung der Entscheidung. 18 BGH, NJW 1976, 957; 2006, 813, 815; 2008, 1591; 2010 537, 538; OLG Bamberg, NJW 1972, 1820; OLG Düsseldorf, VersR 1992, 841; LG Marburg, NJW-RR 1998, 1243, 1244; BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 564, 584; Erman/Wilhelmi, § 823 Rn. 104; Looschelders, JR 2000, 265, 271 f.; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 694; Soergel/Spickhoff, Vor § 823 Rn. 109. 19 BGHZ 63, 140, 142; 154, 316, 324 f.; BGH, NJW 1976, 957; 1976, 2161; 2010, 537, 538; VersR 1975, 155; BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 564; Bender, in: Haftungsrechtliche Probleme im Fußballsport, 27, 29 ff.; Erman/Wilhelmi, § 823 Rn. 104; Füllgraf, VersR 1983, 705, 710; Herrmann, Jura 1985, 568, 569; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 694; NK-BGB/Katzenmeier, § 823 Rn. 504; Petev, VersR 1976, 320, 323; Soergel/Spickhoff, Vor § 823 Rn. 109; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 50; Teichmann, JA 1979, 293, 295; Zimmermann, VersR 1980, 497, 498. 20 BGHZ 154, 316, 324 f.; Erman/Wilhelmi, § 823 Rn. 104; Herrmann, Jura 1985, 568, 569; NK-BGB/Katzenmeier, § 823 Rn. 504; Looschelders, JR 2000, 265, 272; MünchKomm/ Wagner, § 823 Rn. 695; Rummel, Haftung bei Kanuunfällen, 89; Soergel/Spickhoff, Vor § 823 Rn. 110 f.; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 50; Teichmann, JA 1979, 293, 295; Zimmermann, VersR 1980, 497, 501; im Ergebnis auch Petev, VersR 1976, 320, 323. Für eine Haftungsbegrenzung nur bei regelgerechtem Verhalten Füllgraf, VersR 1983, 705, 711; ähnlich auch RGRK/Steffen, § 823 Rn. 358. Die ältere höchstrichterliche Rechtsprechung hielt sich insoweit meist noch bedeckt und wollte sich bewusst noch in keine Richtung entscheiden, tendierte aber bereits offen in diese Richtung; s. dazu allein BGH, NJW 1976, 957, 958; 1976, 2161. 21 Wendete man bei der Sportausübung allgemeine Haftungsgrundsätze an, führten Mitspielerverletzungen in den weit überwiegenden Fällen zu Schadensersatzansprüchen jedenfalls aus § 823 Abs. 1 BGB, da die Verletzung als tatbestandlich und rechtswidrig zu bewerten wäre 16

20

A. Einleitung

Umkehrschluss könnte daraus schematisch gefolgert werden, dass sich das Verhalten des Schädigers desto wahrscheinlicher oder erst dann haftungsbegründend auswirkt, je weiter es sich vom Regelwerk und der Eigenart der ausgeübten Sportart entfernt.22 Einigkeit besteht aber nur bezüglich des rechtspolitischen Interesses, die Haftung des Schädigers bei der Sportausübung zu begrenzen beziehungsweise zu modifizieren. Die dogmatische Begründung eines „Sporthaftungsprivilegs“23 ist dagegen immer noch nicht abschließend geklärt worden. Seit dem Inkrafttreten des BGB wurden bereits mehr als zwanzig verschiedene Ansätze zur Bewältigung der zivilrechtlichen Haftung bei Sportverletzungen eingebracht.24 Dennoch ist es nach wie vor umstritten, wie das „Besondere“ der Sportausübung innerhalb der Haftungssystematik des BGB erfasst, integriert und gewürdigt werden kann. Viele der eingebrachten Ansätze befassen sich zudem nur mit der dogmatischen Einordnung einer Haftungsbeschränkung oder -freistellung. Oftmals werden Ergebnisse – auch vor dem heutigen Erkenntnisstand der Rechtswissenschaft – lediglich mit rechtspolitischen Erwägungen oder pauschalen Annahmen begründet. Dies mag vielleicht an der polarisierenden Wirkung des Sports liegen, der sich auch der Jurist nicht entziehen kann. Dennoch tragen viele derartige Beiträge nicht ernsthaft zum wissenschaftlichen Diskurs bei. Teilweise wird auch der Anschein erweckt, dass sich Autoren einer klaren inhaltlichen Positionierung entziehen wollen, um ihre meist pragmatisch ausgerichteten Ansätze vor Kritik schützen zu können. Ähnlich verhält es sich zum Teil auch in der Rechtsprechung. Partiell werden mögliche Ansätze zur Problemlösung ohne nähere Begründung angenommen, miteinander vermengt oder gar generell auf sie verzichtet, um den zu entscheidenden Einzelfall handhabbar gestalten zu können.25

und aufgrund des bekannten Gefahrenpotentials beim Sport auch von einem Sorgfaltsverstoß und somit fahrlässigem Verhalten des Schädigers ausgegangen werden müsste. 22 S. dazu die Ausführungen unter H.II.5. 23 Diese Art der Bezeichnung einer Haftungsprivilegierung wird in jüngerer Zeit vermehrt – insbesondere von Gschöpf, Haftung bei Verstoß gegen Sportregeln, 27 und Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 4 sowie Sport und Recht, 129, 162 – verwendet und soll aufgrund ihrer trefflichen Beschreibung, wenn passend, auch im Rahmen dieser Untersuchung genutzt werden. 24 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 2 spricht wohl aus diesem Grund sogar von einer verwirrenden Meinungsvielfalt. Interessanterweise kannte auch das römische Recht schon eine Art Haftungsmodifikation bei der Sportausübung; s. dazu die Ausführungen und Nachweise bei Jansen, die Struktur des Haftungsrechts, 217 ff. sowie Wacke, Stadion III (1977), 4, 5 ff. 25 Auf eine gesonderte Darstellung der Negativbeispiele aus Rechtsprechung und Literatur soll an dieser Stelle verzichtet werden. Sie sollen vielmehr – nur wenn eine ausdrückliche Kritik an ihnen unvermeidbar ist – an entsprechender Stelle aufgegriffen und diskutiert werden. Insgesamt muss allerdings attestiert werden, dass der Rechtsprechung – im Vergleich zur vorhandenen Literatur – oftmals nur wenige Aussagen von grundsätzlichem Gehalt entnommen werden können, die sich zur tiefergehenden Untersuchung der Problematik eignen. Dementsprechend kann vielerorts nur auf Ausführungen der Literatur zurückgegriffen werden.

I. Ausgangslage

21

Dieser Umstand betrifft auch die höchstrichterliche Rechtsprechung. Der BGH änderte innerhalb der letzten sechzig Jahre mehrere Male grundlegend seine Rechtsprechung hinsichtlich der dogmatischen Begründung eines Haftungsausschlusses bei Mitspielerverletzungen und modifizierte sie zwischenzeitlich auch immer wieder.26 Mittlerweile stützt der Bundesgerichtshof den Ausschluss der Haftung bei regelgerechtem und auch bei leicht regelwidrigem Verhalten auf das in § 242 BGB zum Ausdruck kommende Verbot des widersprüchlichen Verhaltens.27 Der verletzte Sportler setze sich bei der Inanspruchnahme des Schädigers in Selbstwiderspruch, wenn er – aufgrund der bei Sportverletzungen häufig auftretenden Zufallskomponente – ebenso hätte Schädiger sein können.28 Zusätzlich fordert der BGH für den Ausschluss der Haftung neben einem sportlichen Wettkampf mit nicht unerheblichem Gefährdungspotential29 eine auch die Integrität des Mitspielers schützende Spielregel30 aus einem anerkannten und rezipierten Regelwerk31. Diesen Grundsatz relativiert der Bundesgerichtshof wiederum durch seine jüngere Rechtsprechung. Bei bestehender Haftpflichtversicherung des Schädigers soll das Bedürfnis einer Haftungsprivilegierung zugunsten des Schädigers entfallen und § 242 BGB nicht zur Anwendung kommen.32 Der Versicherungsschutz des Schädigers wirkte sich demnach entweder haftungsbegründend oder -erhaltend aus. Von Rechtssicherheit oder verlässlichen ex-ante-Betrachtungen kann daher – trotz einer vom Ergebnis her gefestigten Rechtsprechung33 – leider nicht gesprochen werden. Dies zeigt sich bereits bei einem flüchtigen Blick in die Kommentarliteratur, der zu einer fast nicht mehr überschaubaren Kasuistik führt.34 Dieser Befund ist besonders misslich, weil die zivilrechtliche Haftung für Mitspielerverletzungen ein alltägliches Problem darstellt. Jede Sport- und Spielverletzung mit Bezug zum

26 Der BGH ging zunächst davon aus, dass bei einer bewussten Selbstgefährdung – darunter fällt gerade die Teilnahme am Sport – eine Einwilligung des Geschädigten in die Rechtsgutverletzung vorliege, BGHZ 2, 159. Später stellte der BGH klar, dass eine Einwilligung nur noch bei besonders gefährlichen Sportarten angenommen werden könne, ansonsten § 254 BGB als dogmatische Grundlage anzusehen sei, BGHZ 34, 355, 360 ff. 27 BGHZ 63, 140, 144 f.; 154, 316, 323 ff.; BGH, NJW 2006, 813, 814; 2008, 1591, 1592. 28 S. dazu allein BGHZ 63, 140, 144 f. S. dazu auch die Ausführungen unter B.II.3.b). 29 Diese Art der Differenzierung wurde erst durch BGHZ 154, 316 eingeführt. Vorher erfolgte eine Differenzierung zwischen sogenannten Kampf- und Parallelsportarten. S. dazu die Ausführungen unter B.V. 30 S. dazu BGH, NJW 2010, 537, 538. 31 S. dazu BGH, NJW-RR 1995, 857, 858; 2006, 672, 674. S. dazu auch die Ausführungen unter B.II.3.a). 32 Dies wurde in BGHZ 154, 316, 323 angedeutet, durch BGH, NJW 2008, 1591, 1592 bestätigt, in BGH, NJW 2010, 537, 539 allerdings wieder aufgelockert. 33 S. dazu allein die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs BGHZ 63, 140, 142; 154, 316, 324 f.; BGH, VersR 1975, 155; NJW 1976, 957; 2010, 537, 538. 34 S. allein MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 693 ff.; RGRK/Steffen, § 823 Rn. 356 ff.; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 50 ff.

22

A. Einleitung

Mitsportler kann potentiell einen Zivilrechtsstreit nach sich ziehen.35 Die Rechtsfindung wird dabei für den zuständigen Richter zusätzlich durch immense Probleme bei der Sachverhaltsaufklärung und Beweiswürdigung erschwert.36 Die besondere Bedeutung der Problematik für die juristische Praxis resultiert dabei nicht erst aus den aufgezeigten Umständen, sondern bereits im Allgemeinen aus dem Massenphänomen Sport37, seiner Bedeutung für unsere Gesellschaft und dem omnipräsenten Verletzungsrisiko der Sportler. Jeder Sportler weiß um das Gefährdungs- und Verletzungspotential bei der Sportausübung.38 Nur selten setzen sich Untersuchungen oder Beiträge tiefergehend mit konkreten Voraussetzungen, die zur Begrenzung oder zum Ausschluss der Haftung vorliegen müssen, auseinander.39 Die Begründung eines „Sporthaftungsprivilegs“ ist zwar elementare Voraussetzung, um die Existenz einer Haftungsprivilegierung zugunsten des schädigenden Sportlers abzusichern, dennoch wird dadurch lediglich eine grundlegende dogmatische Vorfrage beantwortet. Daran anknüpfend müssen immer noch zahlreiche unbeantwortete Folgefragen aufgelöst werden, bevor von einer abschließenden Klärung der Problematik gesprochen werden kann. Auch die von Götz40 durchgeführte Untersuchung aus dem Jahre 2009 lässt noch viele Aspekte unbeantwortet, da sie sich maßgeblich dem Wettkampfsport widmet, den Freizeitsport allerdings nicht detailliert untersucht. Um der Bedeutung des Sports und seinem Status als Massenphänomen gerecht zu werden, sollte allerdings eine einheitliche Untersuchung und Bewertung vorgenommen werden,41 anhand derer sich Mitspielerverletzungen bei jeglichen Sportarten und Ausübungsformen erklären lassen. Ansonsten ergäben sich immer wieder Bewertungslücken, die einer umfangreichen und abschließenden Betrachtung hinderlich sein könnten beziehungsweise würden. So bereitet bereits die Reichweite des gewollten „Sporthaftungsprivilegs“ immense Probleme. Diese Probleme resultieren maßgeblich aus dem Begriff des Sports. 35 Günther/Kern, VersR 1993, 794 führen daher zu Recht an, dass eine signifikante Zunahme von Sporthaftungsprozessen zu verzeichnen ist und mittlerweile zu den meisten Sportarten auch Entscheidungen der Rechtsprechung bestehen. 36 S. dazu allein Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 56. So kommen beispielsweise bei Mannschaftssportarten – neben etwaig anwesenden Zuschauern – die Spieler der jeweiligen Mannschaften als Zeugen in Betracht, deren Sachverhaltsangaben häufig – bewusst oder unbewusst – voneinander abweichen werden. Der Schiedsrichter kann die Geschehensabläufe auch nicht immer korrekt oder vollständig wahrgenommen haben. Dadurch kann die Sachverhaltsaufklärung für den entscheidenden Richter stark erschwert werden; s. dazu auch BGHZ 63, 140, 148. 37 S. zur Qualifikation des Sports als Massenphänomen allein Zipf, Einwilligung und Risikoübernahme im Strafrecht, 84 f. und Sutter, Rechtsfragen des organisierten Sports, 1 ff. 38 S. dazu auch die Ausführungen unter B.I. 39 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 1. 40 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport. 41 In eine ähnliche Richtung scheint auch Zimmermann, VersR 1980, 497, 497 zu denken, wenn er proklamiert, dass eine generalisierende, von der einzelnen Willensbetätigung unabhängige Lösung, angestrebt werden solle.

I. Ausgangslage

23

Bis heute ist es nicht gelungen, eine Abgrenzungsprobleme ausschließende Definition des Sports zu etablieren.42 Die Tücke besteht darin, dass eine Definition unzählige Kriterien, Facetten und Faktoren berücksichtigen muss, um allein die nach unserem heutigen Verständnis dem Sport zuzuordnenden Tätigkeiten erfassen zu können. Vor diesem Hintergrund erklärt es sich, dass – aufgrund der teilweise fließenden Übergänge und ineinandergreifenden Elemente – eine präzise Abgrenzung zwischen Sport und Spiel oder Sport und weiteren risikoreichen Freizeitbeschäftigungen oftmals nicht durchführbar ist.43 Viele der oben genannten Besonderheiten des Sports können aber auch bei Spielen oder sportähnlichen Tätigkeiten vorliegen, sodass es gerechtfertigt erscheinen könnte, den Anwendungsbereich eines „Sporthaftungsprivilegs“ auch auf diese Fälle zu erstrecken.44 Eine weite Fassung des Anwendungsbereichs bedeutete insoweit aber nicht zwingend eine signifikante Ausweitung der Haftungsprivilegierung, wenn die Haftung von weiteren Kriterien abhinge. Sie würde vielmehr zu einer Auflösung der bestehenden Abgrenzungsproblematik beitragen. Außerdem ergeben sich allein aus den Voraussetzungen, welche die Rechtsprechung für eine eingeschränkte Haftung des schädigenden Mitsportlers statuiert, diverse weitere generelle Probleme und Abgrenzungsschwierigkeiten. Bereits aus der Voraussetzung eines sportlichen Wettkampfs mit nicht unerheblichem Gefährdungspotential45 resultieren zwei gewichtige Folgefragen: Auf der einen Seite stellt sich die Frage nach der Definition und der Reichweite eines sportlichen Wettkampfs. Ist eine Verletzung im Training oder der Vorbereitung möglicherweise anders zu bewerten als eine Verletzung, die sich innerhalb eines Wettkampfs ereignet? Auf der anderen Seite ist fraglich, ob die Haftungseinschränkung alle Sportarten erfassen soll oder ob manche Sportarten grundsätzlich von ihr ausgeschlossen werden sollen, wenn nach Ansicht des BGH ein nicht unerhebliches Gefährdungspotential vorliegen muss.46 Dies führt zu der Folgefrage, ob das erhebliche Gefährdungspotential einer Sportart abstrakt anhaften muss oder auf die konkrete Spiel- oder Gefährdungssituation abgestellt werden sollte.47 42

S. dazu die Ausführungen unter B.II.1. Auch Fritzweiler/Scheffen, SpuRt 1998, 148 weisen in knappen Worten zutreffend auf die teilweise nicht durchzuführende Abgrenzung zwischen Sport und Spiel hin. Schünemann, VersR 1982, 825 sieht in der Jagd beispielweise einen Sport, allerdings ohne eine nähere Konkretisierung vorzunehmen. Dies könnte durchaus auch anders gesehen werden. 44 Ähnlich auch BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535.1; NK-BGB/ Katzenmeier, § 823 Rn. 504, allerdings ohne eine tiefergehende Begründung anzuführen. S. weiterführend dazu die Ausführungen unter I. 45 S. zu diesem Kriterium allein BGHZ 154, 316, 324 f. 46 S. dazu B.V. 47 Das OLG Düsseldorf, VersR 2006, 1267, 1268 qualifizierte ein Tennisdoppel aufgrund der Schnelligkeit der Bewegungsabläufe als besonders gefährliche Sportausübung. Dagegen soll es sich beim Klettern in einer Kletterhalle nach Ansicht des OLG Karlsruhe VersR 2006, 228, 230 nicht um einen besonders gefährlichen Sport handeln, obwohl die Gefahr eines Absturzes aus mehreren Metern Höhe besteht. Sicherlich birgt jede Sportart ihre eigenen Ri43

24

A. Einleitung

Ähnlich verhält es sich mit der Voraussetzung einer integritätsschützenden Spielregel, die auch den Schutz des Mitsportlers beabsichtigen und einem anerkannten und rezipierten Regelwerk entstammen müsse.48 Auch an diese Voraussetzung knüpfen weitere Folgefragen an. Da bei der Entwicklung vieler Sportarten sicherlich nicht an haftungsrechtliche Folgen gedacht wird und wurde, stellt sich die Frage, ob die Spiel- und Sportregeln überhaupt einen Einfluss auf die zivilrechtliche Haftung haben können und wie die Regeln im Verhältnis der Sporttreibenden berücksichtigt werden können.49 Dies könnte zu einer nicht angemessenen Ungleichbehandlung zwischen verbandsmäßig organisiertem Sport und nicht organisiertem Sport führen. Dass es für die Anerkennung oder Anwendung eines „Sporthaftungsprivilegs“ zwingend eines anerkannten und verbandsmäßig rezipierten Regelwerkes bedarf, erscheint fraglich.50 So müsste eine Haftungsmilderung bei neu erfundenen oder modifizierten Sportarten bis zum Zeitpunkt einer festen Rezeption immer ausscheiden, was zu erheblichen Haftungsproblemen führen könnte.51 Ähnlich könnte es sich verhalten, wenn eine Sportart auch lange nach ihrer Entwicklung nicht verbandsmäßig ausgetragen wird52 oder aber wenn Freizeitsportler, die keinem Sportverband angehören, sich zum Sport unter abgeänderten Regeln treffen. Schließlich stellt sich durch die neuere Rechtsprechung des BGH die Frage, ob und gegebenenfalls wie sich ein etwaig bestehender Versicherungsschutz auf die Haftung für Mitspielerverletzungen auswirken kann.53

II. Ziel der Untersuchung Zielsetzung der Untersuchung ist es, das Phänomen Mitspielerverletzung derart zu beleuchten, dass zu einer Klärung der immer noch bestehenden und bislang nicht hinreichend untersuchten Fragen beigetragen werden kann. Dieses Bestreben beruht auf der – auch von Rechtsprechung und Literatur nicht ernstlich in Frage gestellten – Prämisse, dass die Realisierung eines „Sporthaftungsprivilegs“ im geltenden Recht siken, doch erscheint es auf den ersten Blick – insbesondere im Vergleich der den Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalte – eher als gefährlich, aus einer großen Höhe von einer Kletterwand abzustürzen und mit großer Wahrscheinlichkeit schwerwiegende Verletzungen davonzutragen, als bei einem Tennisdoppel vom Schläger des Mitspielers am Kopf getroffen zu werden und dadurch eine Gehirnerschütterung zu erleiden. 48 S. zu dieser Voraussetzung allein BGH, NJW-RR 1995, 857, 858; 2006, 672, 674; NJW 2010, 537, 538. 49 S. dazu B.III.4. 50 Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 51. 51 Teichmann, JA 1979, 347, 348. 52 Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 51 führt dazu als Beispiel das Mannschaftsspiel Völkerball an. Völkerball kann seit einiger Zeit bereits aber auch verbands- und wettkampfmäßig unter der Schirmherrschaft des Deutschen Turner-Bundes gespielt werden. S. dazu http:// www.dtb-online.de/portal/sportarten/voelkerball.html; zuletzt abgerufen am 31. Juli 2018. 53 S. dazu die Ausführungen unter D.II.4.

II. Ziel der Untersuchung

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tatsächlich möglich ist.54 Gleichzeitig soll die Arbeit auch dazu dienen, die eingangs beschriebene und teils unüberschaubare Kasuistik verzichtbar zu machen. Dazu soll – nach Analyse des bestehenden Meinungsspektrums – eine umfassende und dogmatisch tragfähige Lösung de lege lata entwickelt werden, auf deren Grundlage Mitspielerverletzungen jeglicher Sportarten einheitlich haftungsrechtlich bewertet werden können. Um diesem Bestreben gerecht zu werden, müssen die Sportausübung und das Phänomen der Mitspielerverletzung adäquat mit dem zivilrechtlichen Haftungsrecht kombiniert werden. Maßgebliche Aufgabe ist somit, die Besonderheiten des Sports in das geltende deliktische Haftungssystem zu integrieren, um die Interessenlage der Sportler sowie die Typizität und Reziprozität55 von Mitspielerverletzungen haftungsrechtlich angemessen würdigen zu können.56 Nur auf dieser Grundlage lässt sich eine Haftungsprivilegierung zugunsten des Schädigers sinnvoll im bestehenden System des Haftungsrechts verankern, die eine Erklärung ermöglicht, dass der Sport nicht in allen Belangen den allgemeinen zivilrechtlichen Wertungen folgt, sondern vielmehr eine haftungsrechtliche Sonderstellung einnimmt. Das Besondere der Sportausübung setzt sich aus einem Konglomerat verschiedenster Aspekte zusammen, die zur Bewältigung des Problems berücksichtigt werden müssen. Dazu gehören jedenfalls das jeweilige Risiko- und Gefahrenpotential, die Freiwilligkeit der Teilnahme, die einzelnen Facetten, durch die sich die Sportarten voneinander unterscheiden sowie der Schutz gerade auch von Integritätsinteressen durch die Sport- und Spielregeln.57 Diese und weitere Aspekte sollen untersucht und in der Folge detailliert gewürdigt werden. Anknüpfend an die dogmatische Einordnung des „Sporthaftungsprivilegs“ soll erforscht werden, welche konkreten Voraussetzungen für eine Haftungsprivilegierung bei Mitspielerverletzungen erforderlich sind. Auf dieser Grundlage soll ein wesentlicher Beitrag zur Rechtssicherheit geleistet werden, der präzisere rechtliche Würdigungen als bisher ermöglicht, indem die Untersuchung dadurch der bestehenden und immer weiter ausufernden Kasuistik begegnet. Dem Rechtsanwender wäre damit aber nur dann gedient, wenn er einen Sachverhalt analysiert, der eindeutig dem Sport zuzuordnen ist. Gerade bei Sachverhalten, die im Grenzbereich zwischen Sport, Spiel und Sportähnlichkeit liegen, entstünde die relevante Abgrenzungsfrage, ob die Haftungsbegrenzung auf diesen Sachverhalt Anwendung finden kann oder nicht. Diese Problematik bestünde jedenfalls dann nicht, wenn die Begrenzung der Haftung auch bei sportähnlichen Spielen oder Aktivitäten zur Anwendung käme. Daher soll sich die Arbeit auch der Frage widmen, ob die Haftungseinschränkung auch Sachverhalte jenseits der eindeutigen Zuordnung zum Sport erfassen kann. Sollte diese Frage bejaht werden können, würde die bisherige 54

S. dazu die obigen Ausführungen unter A.I. S. zu diesen Kriterien die Ausführungen unter B.II.3. 56 Für diese Herangehensweise spricht sich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 119 aus. Sollte dies scheitern, würde sich die Aufgabe dahingehend verlagern, eine Lösung de lege ferenda zu entwickeln. 57 S. dazu auch Sportrecht in der Praxis/Adolphsen, Rn. 852. 55

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A. Einleitung

Abgrenzungsproblematik entfallen und auf diesem Wege ein Beitrag zur Rechtssicherheit geleistet werden. Sollte dies nicht gelingen, müsste eine handhabbare Leitlinie zur sicheren Abgrenzung entwickelt werden, um dem nicht zufriedenstellenden status quo begegnen zu können. Zur adäquaten Lösung der Problematik reicht es aber nicht allein aus, die Reichweite einer Haftungsprivilegierung zu bestimmen. Die Lösung muss sich vielmehr daran messen lassen, dass sie zahlreiche weitere Faktoren und grundlegende Fragen berücksichtigen kann: Ist eine Mitspielerverletzung im Wettkampf grundsätzlich anders zu bewerten als eine Verletzung beim Freizeitspiel unter Freunden auf dem heimischen Bolzplatz? Welche Personen werden überhaupt vom privilegierten Bereich erfasst? Muss zwischen unterschiedlichen Leistungs- oder Altersklassen differenziert werden? Sind die Maßstäbe des Wettkampfs auch für das Training oder die Wettkampfvorbereitung anzulegen? Muss zwingend auf ein bestehendes Regelwerk abgestellt werden oder können sich die Teilnehmer eigene Regeln setzen, nach denen sich der Haftungsmaßstab bemisst? Was geschieht, wenn explizit nur einzelne Regeln abgeändert werden und ansonsten ein allgemeines Regelwerk besteht? Wie ist bei einem Regelwerk zu verfahren, das aufgrund von Lücken nicht alle typischen Spiel- und Verletzungssituationen erfasst? Allein dieser – freilich nicht abschließende – Fragenkatalog zeigt die Herausforderungen, denen eine Problemlösung gerecht werden muss.

III. Gang der Darstellung und methodisches Vorgehen Auf Grundlage der soeben dargestellten Ausgangslage und Zielsetzung ist die Untersuchung wie folgt aufgebaut: Im ersten Teil der Arbeit werden übergeordnete Frage- und Problemstellungen des Sports und der Mitspielerverletzung analysiert. Dieser Teil dient insbesondere der Beantwortung allgemeiner Fragen des zivilrechtlichen Sporthaftungsrechts und der Mitspielerverletzung. Zugleich soll er dazu dienen, allgemeine Probleme und Besonderheiten, die ansonsten an späterer Stelle immer wieder einzubringen wären, vorab zu klären und somit zur Vereinfachung der Darstellung späterer Teile der Arbeit beitragen. Danach folgt die Darstellung, Analyse und Diskussion der in Literatur und Rechtsprechung vorhandenen Ansätze zur Haftungsmodifikation bei Mitspielerverletzungen. Die Untersuchung soll sich insoweit am klassischen dreistufigen Aufbau des § 823 Abs. 1 BGB orientieren. Zunächst stehen das regelgerechte Verhalten und der eigene Ansatz der dogmatischen Implementierung einer Haftungsprivilegierung im Mittelpunkt. Sodann richtet sich der Fokus auf die Beurteilung regelwidrigen Verhaltens. Im weiteren Verlauf widmet sich die Untersuchung sodann den konkreten Voraussetzungen, die zur Annahme einer Haftungsprivilegierung bei Mitspielerverletzungen erforderlich sind sowie der Abgrenzung von nicht mehr privilegierungswürdigen Verhaltensweisen. Im Anschluss wird die Idee der Übertragbarkeit eben dieser Haftungsbegrenzung auf sportähnliche Aktivitäten erörtert. Schließlich endet die Untersuchung mit einer

III. Gang der Darstellung und methodisches Vorgehen

27

Zusammenfassung sowie einem Ausblick und Fazit. Das Hauptaugenmerk der Arbeit richtet sich dabei auf die dogmatische Verankerung eines „Sporthaftungsprivilegs“ bei Mitspielerverletzungen im geltenden Recht, die Entwicklung seiner notwendigen Kriterien sowie auf die Übertragbarkeit auf Spiele und sportähnliche Aktivitäten. Inhaltlich soll sich die Untersuchung – aufgrund der Vielzahl der in der Vergangenheit angedachten und bereits ausdiskutierten Lösungsansätze – auf die wesentlichen, heutzutage noch vertretenen, Ansätze beschränken. Fast alle dieser Ansätze entstammen allgemeinen Rechtsinstituten, -figuren oder Gedanken, die bereits vielfach Gegenstand eigenständiger Untersuchungen waren. Sollte sich herausstellen, dass sie sich nicht zur Lösung der Haftungsfragen bei Mitspielerverletzungen eignen, sollen sie nicht bis ins kleinste Detail dargestellt werden, sondern eine grundlegende Skizzierung genügen. Die zur Bewältigung in Frage kommenden Gedanken und Argumente sollen allerdings in ihrer gebührenden Tiefe dargestellt und gewürdigt sein. Viele der zu einer bestimmten Sportart entwickelten und eingebrachten Gedanken sind für den weit überwiegenden Teil der Sportarten verallgemeinerungsfähig. Aus diesem Grunde soll daher nur, wenn erforderlich, explizit darauf hingewiesen werden, dass sie allein einer bestimmten Sportart zugeordnet werden sollen oder können. Anderenfalls soll – insbesondere aus Gründen der Darstellbarkeit, die ansonsten erheblich unter den stetigen Hinweisen auf eine einzelne Sportart oder Gruppe von Sportarten litte – von ihrer Allgemeingültigkeit ausgegangen werden können. Die Verallgemeinerungsfähigkeit vieler Gedanken führt auch dazu, dass viele intrasdisziplinäre Gedanken, insbesondere aus dem Strafrecht, übertragen und fruchtbar gemacht werden können und aus diesem Grunde Eingang in die Untersuchung finden. Dazu gilt auch das soeben Genannte: Wenn nicht erforderlich, soll der Hinweis darauf, dass es sich explizit um eine dem Strafrecht zuzuordnende Wertung handelt, unterbleiben. Die Untersuchung soll sich des Weiteren auch nicht allzu starr auf das deutsche Zivilrecht fokussieren. Daher finden – wenn inhaltlich oder dogmatisch integrierbar – auch Ansätze aus dem weiteren deutschen Rechtskreis angemessene Berücksichtigung. Nicht vertieft eingegangen wird auf Ausbildungs- und Lehrverhältnisse im Sport, Fragestellungen des internationalen Privatrechts, arbeits- und sozialrechtliche Besonderheiten sowie Sachschäden. Natürlich kann es beim Aufeinandertreffen der Sportler auch zu Sachschäden – etwa am Sportgerät oder der Sportausrüstung – kommen. Im phänomenologischen Vordergrund stehen aber eindeutig die Mitspielerverletzungen.58 Aus diesem Grunde soll sich die Untersuchung im Wesentlichen auch auf diese beschränken. Da die Problemlage bei Sachschäden sehr ähnlich ist, 58

So auch BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 566.

28

A. Einleitung

wird in diesen Fällen allerdings auf die Ergebnisse bei Mitspielerverletzungen zurückgegriffen werden können. Prozessuale Fragestellungen sollen ebenso wie die konkreten Folgen einer Mitspielerverletzung auf Rechtsfolgenseite und die besonderen Tatbestände der Gefährdungshaftung nur am Rande, sofern erforderlich, untersucht werden.

B. Übergeordnete Frage- und Problemstellungen I. Das Interesse der Sportler an einer Haftungsmodifikation Bevor sich der Fokus im späteren Verlauf der Untersuchung auf die Realisierung einer Haftungsbegrenzung oder eines Haftungsausschlusses bei Mitspielerverletzungen richtet, soll zunächst die Interessenlage der Sportler untereinander gewürdigt werden. Der Blick auf die Interessenlage ist für die Untersuchung bereits dadurch wertvoll, da sie wiederum als Ausgangslage für das allseits befürwortete Ergebnis1 – eine Haftungsbegrenzung für bestimmte Verhaltensweisen beim Sport – gesehen werden kann. Insofern stellt sich die grundlegende Frage, ob Sportler auf einen vollständigen Schutz der körperlichen Integrität vertrauen oder aber mit dem Eintreten von Verletzungen rechnen und diese in einem gewissen Maße hinzunehmen bereit sind. Auf der einen Seite steht fest, dass Sportler – egal bei welcher Sportart2 – möglichst nicht verletzt werden wollen und grundsätzlich auch davon ausgehen, dass die wesentlichen Regeln der spezifischen Sportart eingehalten werden,3 denn ansonsten handelte es sich bei den meisten Sportlern um masochistisch veranlagte Individuen. Des Weiteren wird der weit überwiegende Anteil der Sportler den sportlichen Erfolg auch mit zulässigen „fairen“ Mitteln erreichen wollen und gerade nicht durch das Ausnutzen von Verletzungen des Gegners oder aber durch gezielte Regelverstöße.4 Andererseits wissen Sportler aber auch darum, dass gewisse Re1 S. dazu die obigen Ausführungen unter A.I. Auch Wilms, JR 2007, 95, 96 hebt hervor, dass Einigkeit darüber besteht, dass jedenfalls regelgerechter Einsatz des Sportlers keinen Schadensersatzanspruch nach sich ziehen soll. 2 So versuchen auch Kampfsportler möglichst nicht verletzt zu werden, obschon die Sportart als solche gerade auf das körperliche Überwinden des Gegners ausgerichtet ist und ein spezifisches Verletzungsrisiko diesen Sportarten immanent ist. 3 Auf der anderen Seite akzeptiert der Sportler durch seine Teilnahme aber auch den typischen Ablauf der jeweiligen Sportart, der insoweit auch typische Regelübertretungen mit sich bringen kann. So auch Pfister, FS W. Lorenz, 171, 190 sowie ferner Blüthner, Bekämpfung von Körperverletzungen im Fußballsport durch sportverbandsinterne Maßnahmen und die staatlichen Strafverfolgungsbehörden, 46. 4 Ähnlich auch Blüthner, Bekämpfung von Körperverletzungen im Fußballsport durch sportverbandsinterne Maßnahmen und die staatlichen Strafverfolgungsbehörden, 46. Diese Zielsetzung wird zudem durch viele Sportverbände und Sportorganisationen gefördert, wie zum Beispiel durch Verleihung allgemeiner „Fair-Play-Preise“ oder aber auch durch spezielle Tabellen, wie zum Beispiel der „Fair-Play-Tabelle“ des DFB im deutschen Fußball. Kritisch hingegen Soergel/Spickhoff, Vor § 823 Rn. 110 unter dem Hinweis, dass eine umfassende Haftungsprivilegierung zu regelwidrigem sportlichen Einsatz verleiten könnte.

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B. Übergeordnete Frage- und Problemstellungen

gelverstöße bei der Sportausübung nicht zu vermeiden sind und dass in der Konsequenz auch Verletzungen erst recht nicht immer ausgeschlossen werden können.5 Bei vielen Sportarten können die Sportler zwar durch die Art des Einsatzes auf das Maß des Risikos einwirken.6 Die Annahme eines nicht gegebenen Verletzungsrisikos bei der Sportausübung ist dennoch nahezu utopisch, da sich der Sport eben durch eine gesteigerte körperliche und geistige Tätigkeit auszeichnet, die sich schlichtweg verletzungsfördernd auswirken kann und der Mensch weiß, dass selbst im allgemeinen Lebensgeschehen unerwartete Verletzungen eintreten können.7 Der Sport zeichnet sich vielfach gerade dadurch aus, dass Entscheidungen innerhalb von Sekundenbruchteilen unter großer mentaler und physischer Anstrengung – vor allem auch unter Berücksichtigung der eigenen und gegnerischen Fähigkeiten – zu treffen sind und zudem auch das Verhalten anderer Sportler antizipiert und in die eigene spielerische Aktivität miteinbezogen werden muss.8 Dass dies nicht immer reibungslos funktionieren und es dadurch zu Verletzungen kommen kann, liegt daher auf der Hand. Zudem soll dem Sport auch nicht sein kämpferisches Element abhanden kommen,9 da er ansonsten vielleicht an Attraktivität verlöre.10 So zeigt jeder Sportler durch die freiwillige Teilnahme am Sport eine gewisse – teils geringere, teils größere – Risikobereitschaft. Bei realistischer Betrachtungsweise ist daher davon auszugehen, dass Sportler zwar auf einen verletzungsfreien Ausgang der Sportausübung hoffen, dieser auch regelmäßig eintritt, sie aber gewisse Verletzungen durchaus hinzunehmen bereit sind. Dementsprechend soll der Sportausübung grundsätzlich auch ein haftungsfreies Grundrisiko immanent sein.11 Dies zeigt sich bereits dadurch, dass der Sport ja gerade in Kenntnis etwaiger Risiken freiwillig

5

OLG Saarbrücken, NJW-RR 2011, 109, 109 f.; Reichert, Grundriß des Sportrechts und des Sporthaftungsrechts, 213 f.; Schimke, Sportrecht, 133; Weisemann/Spieker, Sport, Spiel und Recht, Rn. 60; Zeder, Haftungsbefreiung durch Einwilligung des Geschädigten, 70 f.; Wacke, Stadion III (1977), 4, 18. Auch das Reichsgericht wies bereits zutreffend darauf hin, dass der Sport Gefahren mit sich bringt, RG, DR 1939, 770. Zudem wissen auch Teilnehmer von Sportarten, die auf den ersten Blick nicht besonders gefahrträchtig erscheinen und nicht zwingend auf Körperkontakt ausgelegt sind, dass sie dabei dennoch verletzt werden können. 6 Fritzweiler, SpuRt 1994, 131, 133; ähnlich auch Zeder, Haftungsbefreiung durch Einwilligung des Geschädigten, 71. S. im Speziellen für den Wintersport auch Eickmann, Die zivilrechtliche Haftung beim Betrieb von Pistenraupen und die Eigenverantwortlichkeit des Wintersportlers, 51. 7 So wäre es ebenfalls utopisch, wenn von einer absoluten Sicherheit vor Personenschäden im alltäglichen Leben ausgegangen werden würde. 8 S. dazu allein BGH, VersR 1957, 290, 291; 1975, 155, 156; NJW 1976, 957, 958; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 50. 9 BGH, NJW 1976, 957, 958; ähnlich auch BGH, VersR 1975, 155, 157; OLG Celle, VersR 1994, 111, 112. 10 Grunsky, JZ 1975, 109, 111; Richtsfeld, CaS 2016, 131, 131. Zu diesem Ergebnis kam auch schon Hofacker, DJZ 1927, 454, 454. 11 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 268 f.

II. Phänomenologie und Typologie

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betrieben wird.12 Daraus lässt sich des Weiteren aber auch ein grundsätzliches Interesse der Sportler ableiten, dass im Regelfall nicht jede Verletzung bei der Sportausübung einen Schadensersatzprozess nach sich ziehen soll.13 Zudem kann daraus auch – zumindest partiell – gefolgert werden, dass eine rechtliche Überlagerung der Sportausübung, wenn möglich, unterbleiben soll. Somit ist festzuhalten, dass eine Haftungsbegrenzung bei Mitspielerverletzungen eindeutig dem Interesse ders Sportler entspricht.14 Wie weitreichend diese gewollte – und von Rechtsprechung und Literatur auch anerkannte – Haftungsbegrenzung ausgestaltet sein soll und welche Voraussetzungen im Detail vorliegen müssen, soll im weiteren Verlauf festgestellt werden.

II. Phänomenologie und Typologie des Sports und der Sportverletzung Grundlegender Anknüpfungspunkt für eine Haftungsprivilegierung soll die Verletzung bei einer sportlichen Betätigung sein. Dabei muss zunächst festgestellt werden, dass die denkbaren Anspruchsgrundlagen15 gerade nicht an eine Sportverletzung,16 sondern nur generell an eine Pflicht-, Rechtsgut- oder Schutzgesetzverletzung anknüpfen können. Die Sportverletzung könnte aber – ähnlich wie im Arbeitsrecht bei betrieblich veranlasster Tätigkeit17 – als Anknüpfungspunkt für eine modifizierte Haftung dienen. Aus diesem Grunde sollen die Phänomenologie und Typologie des Sports und der Sportverletzung vorab näher beleuchtet werden.

12 Insoweit ist es irrelevant, ob der Sportler von Eigen- oder Fremdschädigungen ausgeht. Jedenfalls weiß er darum, dass Verletzungen, auch wenn sie natürlich unerwünscht sind, eintreten können. S. dazu auch OLG Saarbrücken, NJW-RR 2011, 109 f.; Behrends, DOK 1976, 539, 540 und Wacke, Stadion III (1977), 4, 18. 13 S. dazu allein BGHZ 63, 140, 143 ff. 14 Neben den Sportlern haben naturgemäß auch zahlreiche weitere Gruppen ein besonderes – teilweise auch haftungsrechtliches Interesse – an der Sportausübung. S. insofern Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 15 ff., 33.ff., 39 ff., 48 ff., 93 ff. und Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 20 ff., 36 ff. zu den Interessen der Medien, Wirtschaft, Politik, Zuschauer, Sponsoren, Verbände und Vereine. Diese Interessen wirken sich allerdings nicht unmittelbar auf das Binnenverhältnis der Sportler aus, sodass ihnen bei der Bewertung von Mitspielerverletzungen keine vordergründige Beachtung geschenkt werden muss. 15 S. zu den potentiellen Anspruchsgrundlagen bei Mitspielerverletzungen die Ausführungen unter B.IV. 16 Fritzweiler, Die Haftung des Sportlers bei Sportunfällen, 9; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 74. 17 S. dazu im Allgemeinen BeckOK Arbeitsrecht/Joussen [01. 06. 2018], § 611a BGB Rn. 425 ff.; Erfurter Kommentar/Preis, § 619a BGB Rn. 9 ff.; HWK/Krause, § 619a BGB Rn. 11 ff.; Wedde/Lakies, § 619a BGB Rn. 4 ff.

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B. Übergeordnete Frage- und Problemstellungen

1. Definition des Sports Wenn die Verletzung bei einer sportlichen Betätigung den Anknüpfungspunkt für eine eingeschränkte Haftung des Schädigers bilden soll, bedarf es daher zunächst einer adäquaten Definition des Sports.18 Die Definition des Sports nimmt daher – auch wenn sie vielerorts nur eine untergeordnete Rolle spielt oder ohne nähere Begründung angenommen wird19 – eine gewichtige Rolle für die Betrachtung ein, da durch sie die Reichweite einer Haftungsbegrenzung mitbestimmt werden kann. Bislang ist es allerdings – auch nach tiefergehender Untersuchung20 – nicht gelungen, eine allgemein anerkannte Definition des Sports zu etablieren.21 Dies liegt daran, dass es nahezu unmöglich ist, eine befriedigende Definition des Sports aufzustellen, die jede erdenkliche Sportart und ihre jeweiligen Facetten erfassen kann.22 Götz verweist daher darauf, dass eine Definition des Sports oftmals nicht möglich und teilweise auch nicht sinnvoll sei.23 Dem muss bezüglich des Sinns der Definition widersprochen werden. Je nachdem, wie weit oder wie eng die Definition gefasst wird, hat dies unmittelbaren Einfluss auf den Anwendungsbereich eines „Sporthaftungsprivilegs“, da die Reichweite eben dieser Privilegierung maßgeblich von der Sportausübung abhängt. Auch eine Annäherung über bestimmte Kriterien, die als sporttypisch empfunden werden können,24 führt oftmals nicht weiter. Zwar sprechen Kriterien wie Bewegung, Leistung, Regeln, ein kämpferisches Miteinander, Fairplay oder aber auch das Vorhandensein eines Schiedsrichters oder einer Wettkampfleitung für das Vorliegen von Sport, sie sind aber weder notwendige Voraussetzung dafür, noch dürfen sie zwingende Ausgangspunkte für eine Definition des Sports sein.25 Dies übersehen 18

S. zur sprachlichen Herkunft des Sportbegriffs Berkl, Der Sportunfall im Lichte des Strafrechts, 30 f.; Poschenrieder, Sport als Arbeit, 19; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 54; P. Winter, Das Recht der Sportveranstalterhaftung, 46. 19 Diesen Umstand kritisiert insbesondere auch Ketteler, SpuRt 1997, 73. 20 S. dazu allein Holzke, Der Begriff Sport im deutschen und europäischen Recht. 21 S. dazu allein Berkl, Der Sportunfall im Lichte des Strafrechts, 30 ff.; Berr, Sport und Strafrecht, 19 f.; Bohn, Regel und Recht, 17; PHB Sportrecht/Pfister, Einführung Rn. 1; Sutter, Rechtsfragen des organisierten Sports, 31 ff. 22 Berr, Sport und Strafrecht 21 ff. Ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 327; P. Winter, Das Recht der Sportveranstalterhaftung, 47 ff. 23 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 54; kritisch dazu auch Ketteler, SpuRt 1997, 73. 24 Der wissenschaftliche Beirat des Deutschen Sportbunds, Sportwissenschaft 1980, 437 hat im Jahre 1980 ein Diskussionspapier zur Bestimmung einer Definition des Sports veröffentlicht und insoweit versucht eine Begriffsbestimmung, neben der Einschätzung der jeweiligen Ausübenden, auf bestimmte sporttypische Kriterien zu stützen. 25 Holzke, Der Begriff Sport im deutschen und europäischen Recht, 121 f.; kritisch dazu auch Bohn, Regel und Recht, 17. S. zu weiteren denkbaren Kriterien allein Schild, Jura 1982, 464, 465 f.

II. Phänomenologie und Typologie

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Fritzweiler/Scheffen, wenn sie zur haftungsrechtlichen Abgrenzung zwischen Sport und Spiel die Kriterien Leistung, Wettkampf und Regelwerk – neben Bewegung und Zweckfreiheit, die sowohl auf Sport und Spiel zutreffen sollen – für maßgeblich erklären.26 Niemand würde bestreiten, dass ein unambitionierter Freizeitläufer, der sich lediglich durch die Bewegung ein wenig „in Schuss halten“ möchte, Sport treibt.27 Gleiches gilt, wenn der Sportler keine Ambitionen hegt, an Wettkämpfen teilzunehmen oder aber wenn er sich nicht gegenüber einem Regelwerk verpflichtet fühlt beziehungsweise ohne feste Regeln Sport treibt.28 Ähnliches könnte man auch Vieweg – dessen Darstellung insoweit Missverständnisse hervorrufen mag – vorhalten, wenn er eine Abgrenzung zwischen körperlicher Ertüchtigung, zu der er beispielsweise Nordic Walking, Wandern und Fitnessgymnastik zählt, und anderem Sport von der Beschreibung der jeweiligen Regelwerke abhängig machen will.29 Vieweg will insoweit den Formen der „körperlichen Ertüchtigung“ wohl nicht den Rang als Sport streitig machen, sondern sie lediglich vom Wettkampfsport abgrenzen. Trotzdem ist dies ein weiterer Beleg für die vorliegenden Schwierigkeiten bei der Definition des Sports. Noch deutlicher lässt sich die Problematik am Kriterium Bewegung aufzeigen: Erklärt man eine eigene – intensive – körperliche Bewegung des Sportlers für das Vorliegen von Sport für maßgeblich, könnte man in Versuchung geraten, jeglichem Motorsport, aber auch dem professionellen Schachspiel oder den Schießsportarten den Status als Sport abzusprechen.30 Beim Motorsport könnte man zwar noch einwenden, dass der Sportler das Sportgerät zumindest unter großem Geschick und mit hoher Präzision bewegt,31 wenn auch seine Bewegungen – im Vergleich zu den meisten anderen Sportarten – nur eine geringe Intensität oder Kraftentfaltung mit sich bringen. Dies trifft ebenso auf die Schießsportarten zu, die ebenfalls nur geringe körperliche Bewegung erfordern.32 Beim Schachspiel kommt vordergründig aber nur das Setzen der Spielfiguren als Bewegung in Betracht.33 Beim sogenannten „Blindschach“ dagegen führt der Spieler während des Spiels keine eigene Bewegung aus, da er die Figuren selbst nicht setzt.34 Dennoch werden sowohl der Motorsport als auch das professionelle Schachspiel

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Fritzweiler/Scheffen, SpuRt 1998, 148. In diese Richtung wohl auch Ketteler, SpuRt 1997, 73, 74 f. 28 In diese Richtung wohl auch Ketteler, SpuRt 1997, 73, 74 f. 29 Vieweg, FS Röhricht, 1255, 1260. 30 PHB Sportrecht/Pfister, Einführung Rn. 2. S. dazu auch Berkl, Der Sportunfall im Lichte des Strafrechts, 39 f.; s. ferner Bieresborn, SGB 2007, 472, 478. 31 PHB Sportrecht/Pfister, Einführung Rn. 2. S. dazu auch Bieresborn, SGB 2007, 472, 478. 32 S. dazu Ketteler, SpuRt 1997, 73, 74. 33 Holzke, Der Begriff Sport im deutschen und europäischen Recht, 94. S. dazu auch Bieresborn, SGB 2007, 472, 478. Behrends, DOK 1976, 539, 539; Berkl, Der Sportunfall im Lichte des Strafrechts, 39 und Ketteler, SpuRt 1997, 73, 74 hingegen sehen im Schach und weiteren „Denksportarten“ keinen Sport. 34 S. dazu allein PHB Sportrecht2/Pfister, Einführung Rn. 2 Fn. 12. 27

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B. Übergeordnete Frage- und Problemstellungen

überwiegend als Sport eingeordnet.35 Dies zeigt, dass sogar das Kriterium einer eigenen körperlichen Bewegung Probleme bereitet. Manche versuchen daher das Kriterium der Bewegung weiter zu fassen und wollen auch „geistige“ Bewegungen erfassen, wenn sie mit körperlich ausgeübten Sportarten vergleichbar sind.36 Nimmt man eine so weite Fassung der Bewegung an, wären sowohl der Motorsport als auch das Schachspiel als Bewegungen zu qualifizieren. Eine so weite Fassung führte aber dann zu einer anderen aktuellen Streitfrage: Ist auch das ambitionierte Spielen von Computerspielen Sport? Viele Computerspiele werden mittlerweile in offiziellen Ligen in verschiedensten Modi unter medialer Beobachtung und mit teilweise horrenden Preisgeldern gespielt.37 Immer mehr Spieler spielen sogar so professionell, dass sie ihren Lebensunterhalt mit dem Spielen bestreiten können.38 Zwar bewegt der Spieler beim Spielen lediglich Maus und Tastatur oder ein Gamepad; das Spielen als solches setzt aber ein ebenso hohes Maß an Geschick, Konzentration und auch Strategie voraus wie viele körperlich durchgeführte Sportarten.39 Aus diesem Grunde kann dafür plädiert werden, dass es sich bei dem sogenannten „e-sport“ um Sport handelt. So hat beispielsweise das FG Köln in einer Entscheidung aus dem Jahre 2009 „e-sport“ ohne Bedenken als Sport qualifiziert.40 Bieresborn sieht im „e-sport“ ebenfalls eine Sportart.41 Auch dieses Beispiel zeigt, dass eine Bestimmung des Sports selbst durch eine auf Einzelkriterien gestützte Annäherung nicht zielführend erfolgen kann.42 Dennoch kann der Rückgriff auf bestimmte sporttypische Kriterien für eine grobe Abgrenzung zu anderen Tätigkeiten, die nicht dem Sport 35 S. dazu und zu weiteren Beispielen allein Holzke, Der Begriff Sport im deutschen und europäischen Recht, 91 ff., 98 ff. Ketteler, SpuRt 1997, 73, 74 hingegen spricht dem Schachsport und auch weiteren „Denksportarten“ den Charakter des Sports ab, versteht Motorsport auf der anderen Seite aber als Sport. 36 S. dazu allein Holzke, Der Begriff Sport im deutschen und europäischen Recht, 92 ff., 98 ff. Ähnlich auch Fritzweiler, Die Haftung des Sportlers bei Sportunfällen, 3. S. in diesem Kontext auch Holzhäuser/Bagger/Schenk, SpuRt 2016, 94, 97 f. 37 Das renommierte Sportmagazin „kicker“ berichtet mittlerweile regelmäßig über anstehende „e-sport“-Veranstaltungen und Turniere und betrachtet den “e-sport“ uneingeschränkt als Sport. Auf seinem Online-Portal „kicker.de“ existiert darüber hinaus sogar eine eigene Rubrik, die allein dem „e-sport“ gewidmet ist. S. dazu http://esport.kicker.de/; zuletzt abgerufen am 31. Juli 2018. S. in diesem Kontext auch Holzhäuser/Bagger/Schenk, SpuRt 2016, 94, 94 sowie Lambertz, CaS 2017, 119, 119. 38 S. zu Preisgeldern, medialem Interesse und Profiligen allein Holzhäuser/Bagger/Schenk, SpuRt 2016, 94, 97 f. sowie Lambertz, CaS 2017, 119, 119. 39 So auch Lambertz, CaS 2017, 119, 121. 40 FG Köln, SpuRt 2010, 41, 42. 41 Bieresborn, SGB 2007, 472, 478. Der „e-sport“ sei aber nach Ansicht von Bieresborn kein Betriebssport im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung. Diese Einschätzung wirkt sich allerdings nicht auf die grundlegende Qualifikation als Sport aus. Auch Holzhäuser/ Bagger/Schenk, SpuRt 2016, 94, 97 f. sprechen sich explizit für die Qualifikation des „e-sports“ als Sport aus. 42 So hinsichtlich der konkreten Qualifikation des „e-sports“ als Sport auch Holzhäuser/ Bagger/Schenk, SpuRt 2016, 94, 97 f.

II. Phänomenologie und Typologie

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zuzuordnen sind, einen gewissen Nutzen mit sich bringen, solange diesen Kriterien keine Verbindlichkeit zugesprochen wird. Auch eine Einteilung in verschiedene Typen von Sport, wie Wettkampfsport, Breitensport, Berufssport und Gesundheitssport ist zur Ermittlung einer allgemeingültigen Definition nicht hilfreich,43 da auch eine derartige Einteilung nicht jegliche Abgrenzungsprobleme beseitigen kann und somit lediglich eine Verlagerung der Misslichkeit erfolgte. Es zeigt sich somit allein anhand dieser Beispiele, dass die Definition des Sports immense Schwierigkeiten bereitet. Die Problematik ist insofern mit der Definition des Kunstbegriffs in Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG vergleichbar.44 Auch insoweit ist es – wie in der Vergangenheit auch das Bundesverfassungsgericht herausstellte – nahezu unmöglich, eine befriedigende Definition zu finden.45 Die Diskussion um den Kunstbegriff könnte aber für einen Definitionsvorschlag des Sportbegriffs fruchtbar gemacht werden. Denn überträgt man die Ansichten zum Kunstbegriff auf den Sport, so lässt sich jedenfalls feststellen, dass sowohl ein formeller als auch ein materieller Sportbegriff zu eng gefasst wären. Tätigkeiten nur dann als Sport zu qualifizieren, wenn sie – analog dem Gedanken des formalen Kunstbegriffs46 – bestimmten, bekannten und vorhandenen Strukturen und Typen von Sport unterfielen, würde der Entwicklung neuer Sportarten jegliche Innovations- und Kreationsmöglichkeit rauben. Häufig entwickeln sich neue Sportarten nicht bewusst oder zielgerichtet aus bestehenden Mustern, sondern aus reinem Tatendrang oder Experimentierfreude. Beim Sport dann aber von einem abgeschlossenen System an Erscheinungs- und Ausübungsformen auszugehen, widerspräche der Realität. Auch ein materieller Sportbegriff47 – wenn man einen solchen überhaupt vom materiellen Kunstbegriff ableiten kann – würde wohl noch zu eng sein. Kunst liegt nach dem materiellen Kunstbegriff bei einer freien schöpferischen Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache zur unmittelbaren Anschauung gebracht werden, vor.48 Erachtete man für einen materiellen Sportbegriff somit in Anlehnung an den materiellen Kunstbegriff 43 S. im Allgemeinen zu denkbaren Einteilungen Bohn, Regel und Recht, 18; Holzke, Der Begriff Sport im deutschen und europäischen Recht, 145 ff.; PHB Sportrecht/Pfister, Einführung Rn. 2; Poschenrieder, Sport als Arbeit, 34 ff., 38 ff.; Sutter, Rechtsfragen des organisierten Sports, 31 ff. 44 So auch Berkl, Der Sportunfall im Lichte des Strafrechts, 31. S. zum verfassungsrechtlichen Sachstand Dreier/Wittreck, Art. 5 III GG (Kunst) Rn. 36 ff. 45 S. dazu allein BVerfGE 67, 213, 225. So auch Dreier/Wittreck, Art. 5 III GG (Kunst) Rn. 41. 46 S. zum formalen Kunstbegriff und zur Kritik an diesem allein die Ausführungen und Nachweise von Dreier/Wittreck, Art. 5 III GG (Kunst) Rn. 38; von Münch/Kunig/Wendt, Art. 5 GG Rn. 89. 47 S. im Allgemeinen zum materiellen Kunstbegriff und zur Kritik an diesem Dreier/Wittreck, Art. 5 III GG (Kunst) Rn. 37 sowie von Münch/Kunig/Wendt, Art. 5 GG Rn. 90. 48 BVerfGE 30, 173, 188 f.; 67, 213, 226; 83, 130, 138; 119, 1, 20 f. S. dazu auch Dreier/ Wittreck, Art. 5 III GG (Kunst) Rn. 37 sowie von Münch/Kunig/Wendt, Art. 5 GG Rn. 90.

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B. Übergeordnete Frage- und Problemstellungen

die freie Ausübung unter Berücksichtigung der Eindrücke, Erlebnisse und bestimmter Formen durch die Sportler für maßgeblich, könnten Innovationsmöglichkeiten und bestimmte Neuerungen oder Neudefinitionen sowie Abänderungen immer noch vom Sportbegriff ausgeklammert sein. Zielführend kann aber ein offener Sportbegriff sein, der – neben objektiven Gesichtspunkten, bestehenden Gegebenheiten und Ausübungsformen – auch die Sicht der Ausübenden ausreichend miteinbezieht.49 Schließlich hängt der Charakter einer Sportart auch vom jeweiligen Verständnis der Ausübenden ab.50 Die Tücke besteht dann aber darin, dass, wenn allein auf die Sicht des Ausübenden abgestellt wird, der Anwendungsbereich des „Sporthaftungsprivilegs“ potentiell sehr weit reichte, wenn jegliche Tätigkeit im Zweifel Sport darstellte. Die dadurch möglicherweise hervorgerufene Problematik einer Ausuferung des Sportbegriffs kann jedoch dadurch eingegrenzt werden, wenn nicht nur auf die Sicht der Ausübenden abgestellt wird, sondern auch weitere Sichtweisen mit seinbezogen werden.51 Lässt man beispielsweise auch die Sicht der sportinteressierten Allgemeinheit, von Sportwissenschaftlern und Sportorganisationen oder -verbänden in die Bewertung einfließen,52 kann die Problemsituation eingedämmt werden. Schließlich kann auch die Sicht des sachverständigen Rechtswissenschaftlers berücksichtigt werden, wenn es gerade um die juristische Bewertung sportiver Sachverhalte geht.53 Ein Rückgriff auf die Verkehrsauffassung kann somit als Korrektiv gegen eine unangemessene Ausuferung des Sportbegriffs herangezogen werden.54 Zudem könnte eine Tätigkeit auch dann nicht als Sport zu qualifizieren sein, wenn sich die Berufung auf das Vorliegen von Sport durch den oder die Ausübenden als rechtsmissbräuchlich darstellte.55 Festzuhalten bleibt an dieser Stelle, dass der Begriff des Sports weiterhin massive Probleme bereitet und dass bis dato keine zufriedenstellende Lösung besteht und dies wohl in absehbarer Zeit auch nicht gelingen wird. Für die sporthaftungsrechtliche 49 Dafür PHB Sportrecht/Pfister, Einführung Rn. 2; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 55. 50 Dieser Punkt muss nach Ansicht des Diskussionspapiers des wissenschaftlichen Beirats des DSB, Sportwissenschaft 1980, 437 immer mitberücksichtigt werden. 51 In diese Richtung auch PHB Sportrecht/Pfister, Einführung Rn. 1. Diese Vorgehensweise ist jedenfalls für die Abgrenzung zwischen Kunst und Nichtkunst anerkannt. S. dazu Jarass/ Pieroth/Jarass, Art. 5 GG Rn. 118; von Münch/Kunig/Wendt, Art. 5 GG Rn. 92. 52 Hufen, Die Freiheit der Kunst in staatlichen Institutionen, 116 ff., 124 ff. sowie Voßkuhle, BayVBl. 1995, 613, 615 treten insoweit dafür ein, die Rezeption durch die „Kunstwelt“ in den offenen Kunstbegriff miteinfließen zu lassen. Dieser Gedanke lässt sich auch für einen offenen Sportbegriff fruchtbar machen. 53 In diese Richtung tendiert auch Schick, JZ 1970, 645, 646 f. bezüglich der Einordnung von Kunst. Dabei misst er dem Sachverständigen aber eine verbindliche Sachentscheidung zu. Dies erscheint für die Qualifikation einer Tätigkeit als Sport dagegen nicht erstrebenswert. 54 So auch Ketteler, SpuRt 1997, 73, 76. 55 Ein Missbrauchsausschluss ist jedenfalls im Rahmen von Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG anerkannt. S. dazu allein Dreier/Wittreck, Art. 5 III GG (Kunst) Rn. 42; Sodan/Sodan, Art. 5 GG Rn. 38. Dieser Gedanke kann auch für den Sportbegriff übernommen werden.

II. Phänomenologie und Typologie

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Betrachtung ist dieser Befund aber dann nicht wegweisend, wenn grundsätzlich von einer weitreichenden und offenen Definition des Sports ausgegangen wird. Denn durch die fehlende Konturierung des Sportbegriffs ist gezeigt, dass eine Haftungsprivilegierung aufgrund dessen nur schwerlich allein auf dieses Kriterium gestützt werden kann, sondern neben der Sportausübung noch weitere Kriterien vorhanden sein müssen, um eine eingeschränkte Verantwortlichkeit des Schädigers gegenüber dem Mitsportler herbeiführen zu können.56 Gestaltete man den Anwendungsbereich des „Sporthaftungsprivilegs“ durch eine weitreichende Definition des Sports zunächst relativ breit und offen, könnte die Haftungsprivilegierung in der Folge durch das Hinzutreten weiterer Voraussetzungen wiederum maßgeblich begrenzt werden, sodass im Ergebnis keine Rechtsunsicherheit befürchtet werden müsste. Für das zivilrechtliche Haftungsrecht ist somit folgende Begriffsbestimmung des Sports sinnvoll: Sport ist eine Aktivität, die offen ausgestaltet und nach Ansicht der Ausübenden sowie der Verkehrsanschauung zu bestimmen ist. Sport setzt sich aus vielfältigsten möglichen, aber nicht zwingend erforderlichen Kriterien, wie zum Beispiel Wettkampf, Fairness, Chancengleichheit oder Leistung zusammen und beinhaltet üblicherweise eine Form der Bewegung des Sportlers oder des Sportgeräts. 2. Sportverletzung und Mitspielerverletzung Angelehnt an die Definition des Sports stellt sich des Weiteren die Frage, wann eine Sportverletzung vorliegt. Eine Sportverletzung ist jede bei der Sportausübung erlittene Verletzung, unabhängig vom Vorliegen und der Intensität eines Regelverstoßes.57 Grunsky sieht daher in Sportverletzungen eine Verwirklichung des allgemeinen Risikos, von einem Unglück betroffen zu werden.58 Auch ein gravierender Regelverstoß schließt die Annahme einer Sportverletzung nicht aus. Die Auffassung Vollraths, grobe verletzungsbegründende Regelwidrigkeiten nicht als Sportverletzungen zu qualifizieren,59 geht daher an der Realität vorbei, da für die Annahme einer Sportverletzung lediglich auf deren tatsächlichen Eintritt abzustellen ist.60 56

S. dazu die Ausführungen unter F.II., III., IV. PHB Sportrecht/Fritzweiler, 5. Teil Rn. 3. Fritzweiler unterscheidet weitergehend noch zwischen Sportverletzung und Sportunfall: Eine Sportverletzung liege seiner Ansicht nach bei einer selbst- oder fremdverschuldeten Schädigung bei der Sportausübung vor. Der Sportunfall beschreibe hingegen das plötzlich eintretende schädigende Ereignis bei der Sportausübung, das zu einem Personen- oder Sachschaden führt. Diese Unterscheidung hat für die weitere Untersuchung keine größere Relevanz. Zur einheitlichen Begriffsbildung soll in der Folge dennoch die Terminologie der Sportverletzung bevorzugt verwendet werden. S. ferner zur Definition der Sportverletzung aus medizinischer Sicht Meffert, Sportverletzungen im Fußball, 9 ff. 58 Grunsky, JZ 1975, 109, 109. 59 Vollrath, Sportkampfverletzungen im Strafrecht, 59. 60 So auch Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 10 f. Gleiches gilt für die Auffassung von Mletzko, Die strafrechtliche Bedeutung von Körperverletzungen und Tötungen beim Sport, 11, der in Verletzungen beim Parallelsport keine Sportverletzung im eigentlichen 57

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B. Übergeordnete Frage- und Problemstellungen

Sowohl die Sportverletzung als auch der Sportunfall sind durch ihre tatsächliche Natur geprägt.61 Aus diesem Umstand folgern wohl manche Autoren, dass dem Begriff der Sportverletzung nur geringe rechtliche Relevanz beigemessen werden muss.62 Dem kann allerdings nur bedingt zugestimmt werden. Zwar knüpfen keine Haftungsnormen direkt an eine Sportverletzung an,63 eine Haftungsprivilegierung für Mitspielerverletzungen muss aber – ähnlich wie die Haftungsprivilegierung bei betrieblich veranlasster Tätigkeit im Arbeitsrecht64 – im Zusammenhang zu einem sportiven Sachverhalt stehen. Aus diesem Grunde erlangt das Vorliegen einer Sportverletzung schon eine nicht zu verachtende rechtliche Relevanz. Für die Untersuchung von Bedeutung sind allerdings nur diejenigen Sportverletzungen, die zurechenbar von einem Mitsportler (mit-)verursacht wurden.65 Nur in diesen Fällen besteht die Möglichkeit, den Schaden auf den Schädiger umzuwälzen. Bei Verletzungen ohne zurechenbare Fremdeinwirkung oder -verursachung besteht diese Möglichkeit dagegen regelmäßig nicht. Im Regelfall wird es sich bei den relevanten Schädigungen aus Sportverletzungen um unmittelbare Eingriffe handeln.66 Mittelbare Eingriffe oder Unterlassungen, die sich schadensbegründend auswirken, werden dagegen eher selten vorliegen. Eine eindeutige Zuordnung zu einer bestimmten Art von Eingriff ist bei Sportverletzungen dennoch vielfach nicht möglich, da entweder eine eindeutige Grenzziehung misslingt oder aber Elemente mehrerer Eingriffsarten vorliegen. Regelmäßig wird der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit aber in einem aktiven Tun und einer unmittelbaren Verletzungshandlung zu sehen sein.67

Sinne sehen will. Einer ähnlichen Kritik begegnet auch der Ansatz von Behrends, DOK 1976, 539, 539, der Tätlichkeiten beim Sport nicht als Sportverletzungen, sondern als kriminelle Handlungen qualifizieren will. 61 S. dazu auch Börner, Sportstätten-Haftungsrecht, 26. 62 PHB Sportrecht/Fritzweiler, 5. Teil Rn. 3. Ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 55, aber bezogen auf die Relevanz des Sportbegriffs. 63 Dieser Aspekt scheint wohl für Fritzweilers Einschätzung maßgeblich zu sein, PHB Sportrecht/Fritzweiler, 5. Teil Rn. 3. 64 S. dazu im Allgemeinen BeckOK Arbeitsrecht/Joussen [01. 06. 2018], § 611a BGB Rn. 425 ff.; Erfurter Kommentar/Preis, § 619a BGB Rn. 9 ff.; HWK/Krause, § 619a BGB Rn. 11 ff.; Wedde/Lakies, § 619a BGB Rn. 4 ff. 65 Auch wenn der Begriff der Mitspielerverletzung möglicherweise missverständlich interpretiert werden kann, ist es grundsätzlich unerheblich, ob es sich bei dem geschädigten Sportler um einen Mitsportler der eigenen Mannschaft oder Gruppierung oder aber um einen Kontrahenten oder Gegner handelt. S. insofern auch die Ausführungen unter G.III.1.a)aa), bb). 66 Looschelders, JR 2000, 265, 268. 67 S. zur Abgrenzung zwischen Tun und Unterlassen im Allgemeinen Jauernig/Teichmann, § 823 Rn. 29.

II. Phänomenologie und Typologie

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3. Typizität des Sports und Reziprozität der Verletzungsgefahr Um eine haftungsrechtliche Sonderbehandlung von Mitspielerverletzungen gegenüber alltäglichen Schädigungen rechtfertigen zu können, müssen – schon allein aufgrund der Problematik des Sportbegriffs – neben der Sportausübung und der Interessenlage der Sportler noch weitere Umstände hinzutreten, die den Sport – im Vergleich zu anderen Tätigkeiten – als besonders privilegierungswürdig qualifizieren. Diese Umstände könnten sich aus der Typizität der jeweiligen Sportarten und der Reziprozität des Verletzungsrisikos ergeben. Aus diesem Grunde sollen beide Kriterien bereits an dieser Stelle einer tiefergehenden Untersuchung unterzogen werden. a) Typizität Die erste gefahrerhöhende Besonderheit des Sports resultiert aus seiner Eigenart. Die Typizität einer Sportart ergibt sich aus einem Zusammenspiel aus dem jeweiligen Regelwerk und dem gewöhnlichen Ablauf des Sports.68 Sporttypizität ist demnach nichts anderes als eine Beschreibung und Bestimmung der wesensprägenden Elemente einer Sportart.69 Bei der Bestimmung der Typizität ist aber zu beachten, dass diese durch das Abstellen auf das Regelwerk zwar an sich objektiv zu betrachten ist, aber durch die Einbeziehung des gewöhnliches Ablaufs auch ein gewisses subjektives Element einfließen kann, da sich der gewöhnliche Ablauf – beispielweise je nach Spiel- oder Altersklasse oder aber auch aufgrund regionaler Gepflogenheiten70 – auch innerhalb einer Sportart durchaus unterscheiden kann. Dies führt zu einer gewissen Flexibilität, die nicht zwingend negativ bewertet werden muss, aber möglicherweise eine etwaige Unsicherheit für die rechtliche Betrachtung mit sich bringt, wenn bestimmte Besonderheiten zur haftungsrechtlichen Bewertung mitberücksichtigt werden müssen. Will man diese Unsicherheiten von den Sportregeln entkoppeln, bietet es sich daher an, zwischen einer engen – am Regelwerk ausgerichteten – Typizität sowie einer weiterreichenden – sämtliche Aspekte beinhaltenden – Typizität zu unterschieden. Neben dem Regelwerk, das im Regelfall die Grundausrichtung einer Sportart definiert,71 können viele weitere Aspekte prägenden Einfluss auf die Typizität des 68

Pfister, FS W. Lorenz, 171, 189. S. dazu auch Pfister, FS W. Lorenz, 171, 189 ff. 70 So gilt beispielsweise der in England gespielte Fußball als besonders körperbetont und wird häufiger auch als „härter“ beschrieben als in anderen europäischen Ligen. Zudem berichten Spieler nach einem Wechsel in eine andere Liga häufig auch von anfänglichen Anpassungsproblemen, da sich die Spielweisen in den jeweiligen Ligen teilweise signifikant unterscheiden. Dies sind typische Beispiele regionaler Abweichungen der Sporttypizität. S. dazu auch Pfister, FS W. Lorenz, 171, 190 Fn. 99. 71 So auch Vieweg, JuS 1983, 825, 829. 69

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B. Übergeordnete Frage- und Problemstellungen

Sports nehmen.72 Dabei ist insbesondere an die entsprechenden Bewegungsabläufe, typische Verhaltensweisen und Regelverstöße, in Sekundenbruchteilen zu treffende Entscheidungen, das Antizipieren und Abschätzen des gegnerischen Verhaltens, taktische Ausrichtungen und Verhaltensweisen, die Anforderungen an Auffassungsgabe und Geschicklichkeit sowie die körperliche Belastung und ein Verhalten im Grenzbereich des menschlichen Steuerungsvermögens, zu denken.73 Des Weiteren fließen auch die freiwillige Teilnahme am Sport und eine etwaige psychische Herausforderung in die Wesensmerkmale einer Sportart ein.74 Aber auch die Kehrseite dieser Elemente, wie Unüberlegtheiten oder Regelverstöße, die dem Spieleifer, technischem Versagen, Übermüdung oder ähnlichen Gründen geschuldet sind, kann sporttypisch sein.75 Die Typizität des Sports führt ferner dazu, dass die sonst bestehende körperliche Tabuzone bei vielen Sportarten aufgehoben wird und daher körperliche Berührungen oder Eingriffe – die im Alltag meist unerwünscht sind – beim Sport vorkommen können.76 Darüber hinaus wird aus der Typizität teilweise auch darauf geschlossen, dass auch leichte Regelverstöße, die sich verletzungsbegründend auswirken, nicht zur Haftung des Schädigers führen dürfen.77 Pfister führt dazu aus, dass auch typische Regelverletzungen und spielinterne Sanktionen den Reiz eines Sports bilden.78 Zudem hätten sich die Sportler ja gerade auch für den Sport in seinem typischen Ablauf entschieden, sodass sie auch gewisse Regelverletzungen akzeptierten.79 Sollte ein Regelwerk bestimmte Verhaltensweisen ausdrücklich akzeptieren, zulassen oder sie spielintern nicht oder nur geringfügig sanktionieren, so kann dieses Argument nicht von der Hand gewiesen werden. Dennoch darf allein aufgrund der Typizität nicht auf einen Haftungsausschluss oder eine Haftungsmilderung bei geringfügigen Regelverstößen geschlossen werden. Ein solcher Schluss wäre zu pauschal, da die Typizität primär der Beschreibung des Sports und seines Ablaufes dient, auch wenn dadurch gleichzeitig festgestellt werden kann, dass manche

72 Daher bietet es sich auch aus diesem Grunde an, zwischen einer engen – am Regelwerk ausgerichteten – Typizität sowie einer weiterreichenden – sämtliche Aspekte beinhaltenden – Typizität zu unterscheiden. 73 S. zu diesen typischen Elementen BGH, VersR 1975, 155, 156 f.; NJW 1976, 957, 958; OLG Celle, VersR 1994, 111, 112; LG Gießen, VersR 1995, 1110; AG Bremen, NJW-RR 2004, 749, 750. 74 Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 50. S. dazu auch AG Bremen, NJW-RR 2004, 749, 750. 75 S. zu diesen Kriterien allein BGH, NJW 1976, 957; Sportrecht in der Praxis/Adolphsen, Rn. 861; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 50. 76 Sportrecht in der Praxis/Adolphsen, Rn. 852; ähnlich auch BayObLG, NJW 1961, 2072, 2073; Looschelders, JR 2000, 265, 271. S. ferner auch die Ausführungen unter D.III.1.b). 77 So Fleischer, VersR 1999, 785, 788 sowie Pfister, FS W. Lorenz, 171, 190. 78 Pfister, FS W. Lorenz, 171, 190. 79 Pfister, FS W. Lorenz, 171, 190.

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Sportarten nicht ohne Regelverstoß80 durchgeführt werden können.81 Eine haftungsrechtliche Aussage aber allein auf dieses Kriterium zu stützen, kann nicht überzeugen. Ansonsten könnte eine Haftung generell auch für gravierende und verletzungsfördernde Regelverstöße etabliert werden, wenn sie zur Gewohnheit werden. Dies widerspräche aber sicherlich dem Interesse der meisten Sportler. b) Reziprozität Die zweite gefahrerhöhende Besonderheit des Sports ergibt sich aus der Reziprozität des Schädigungsrisikos. Die Verletzungsgefahr bei der Sportausübung ist dann reziprok, wenn jeder Sportler sowohl potentieller Verletzer als auch potentieller Verletzter sein kann.82 Reziprozität der Verletzungsgefahr bedeutet somit, dass eine wechsel- oder gegenseitige Gefährdungslage vorliegt.83 Daraus folgt auch, dass es häufig schlicht vom Zufall abhängt, wer in der konkreten Situation Schädiger oder Geschädigter wird,84 da das Risiko der Schädigung jeden Beteiligten treffen kann. Durch das Kriterium der Reziprozität lässt sich der Sport in Bezug auf seine Risiken von vielen anderen – ebenfalls schadensgeneigten – Tätigkeiten abgrenzen. Sie ist zwar kein spezifisches Alleinstellungsmerkmal des Sports, dennoch lässt sich der Ausnahmecharakter der gegenläufigen Schädigungsgefahr schwer leugnen und nur bei wenigen anderen Tätigkeiten so offensichtlich auffinden. Daher zeichnet sich die Reziprozität der Verletzungsgefahr schon als Besonderheit vieler Sportarten aus.85 Sie ist außerdem nicht auf bestimmte Sportarten beschränkt. Vielmehr kann sie bei jeglicher Sportart in einer konkreten Spielsituation gegeben sein. Daher überzeugt es nicht, wenn Behrens/Rühle eine Reziprozität des Schädigungsrisikos im Segelsport generell als nicht gegeben erachten.86 Eine so pauschale Sichtweise versperrt den Blick auf die konkrete Gefährdungssituation und greift daher zu kurz. Wenn auch die Reziprozität des Schädigungsrisikos im Segelsport abstrakt eher

80 Insbesondere bei den populären Mannschaftssportarten, wie Eishockey, Fuß-, Hand- oder Basketball, kommt es während des gewöhnlichen Spielablaufs nahezu immer zu leichten Regelwidrigkeiten, da diese wegen der Eigenart der jeweiligen Sportart schlichtweg nicht vermieden werden können. 81 Diese Bewertung steht der Annahme, dass man in den Sportregeln auch die kodifizierte Ausprägung des Interesses der Sportler sehen kann, dass nicht jede Regelübertretung mit Maximalsanktion geahndet werden soll, nicht entgegen. Lediglich diese potentiell aus der Typizität abzuleitende Folge sollte nicht unreflektiert oder unkritisch erfolgen. 82 S. dazu allein BGHZ 63, 140, 145. 83 Burger, Spurt 2007, 192, 194; Fleischer, VersR 1999, 785, 788. 84 S. dazu allein BGHZ 154, 316, 325. 85 Ähnlich auch Leube, VersR 2008, 880, 880. 86 Behrens/Rühle, NJW 2007, 2079, 2081.

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B. Übergeordnete Frage- und Problemstellungen

unüblich oder im Regelfall nur selten gegeben sein mag, so bedeutet dies gleichzeitig nicht, dass sie bei der konkreten Schädigung auch gefehlt haben muss.87 c) Das Zusammenspiel beider Kriterien Weder die gesteigerte Gefahr noch die gegenläufige Verletzungsgefahr allein reichen zur Annahme einer haftungsrechtlichen Sonderkonstellation beim Sport – gerade in Abgrenzung zu anderen Lebensbereichen – aus. Geht die Gefahrensituation aber mit einem mehr oder minder zufällig verteilten Schädigungsrisiko einher, kann von einer besonderen Situation ausgegangen werden, die eine Haftungserleichterung gerechtfertigt erscheinen lässt.88 Daher konstatiert Burger, dass erst bei kumulativem Vorliegen von Typizität und Reziprozität von bewusster Risikoübernahme gesprochen werden kann.89 Ob das Zusammentreffen von Typizität und Reziprozität eine bewusste Risikoübernahme im technischen Sinne bewirkt oder wie sich das Auftreten beider Kriterien auswirkt, bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung. Jedenfalls ist aufgezeigt, dass beiden Kriterien eine besondere Bedeutung zukommt. Kommt es sodann zu einem Zusammenspiel von Typizität und Reziprozität, entsteht eine haftungsrechtliche Sondersituation, wenn die freiwillige Teilnahme an einem nach Regeln ausgeführten Sport auf der einen Seite mit den Besonderheiten des Sports und seinen erheblichen Gefährdungen auf der anderen Seite, in Einklang gebracht werden muss. Die Kombination von Reziprozität und Typizität könnte daher für die weitere Untersuchung – und gerade zur Annahme eines „Sporthaftungsprivilegs“ – neben anderen Kriterien von entscheidender Bedeutung sein und das „Besondere“ des Sports im Vergleich zu anderen Aktivitäten begründen. Das Zusammenspiel dieser Kriterien ist außerdem auch für die Rechtsprechung von erheblicher Relevanz. So greift auch der BGH für seine Lösung auf die Elemente der Typizität und der Reziprozität zurück. Die Rechtsprechung fordert zum einen, dass der Schädiger ebenso hätte Geschädigter sein können90 und die Schädigung mehr oder minder zufällig gerade den Geschädigten in der konkreten Spielsituation

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Aus diesem Grunde differenziert Allgaier, VersR 2010, 34, 36 zu Recht zwischen unterschiedlichen Situationen bei einer Regatta und schließt die Reziprozität des Schädigungsrisikos nicht per se aus. 88 So bestehen mannigfaltige Lebenssituationen oder Lebensbereiche, im Rahmen derer eines der beiden Kriterien gegeben ist oder immanent sein kann. Resultierte daraus bereits eine Haftungsmodifikation, hätte dies Haftungsbesonderheiten bei nahezu allen Lebensbereichen zur Folge. Dies kann nur schwerlich gewollt sein. Aus diesem Grunde bedarf es des Zusammenspiels mehrerer Kriterien, um eine haftungsrechtliche Sondersituation rechtfertigen zu können. 89 Burger, SpuRt 2007, 192, 194. Ähnlich auch Fleischer, VersR 1999, 785, 788. 90 BGHZ 63, 140, 144 f.; BGH, VersR 1975, 155, 156; NJW 2008, 1591, 1592. Ob die Hauptfunktion der Reziprozität allerdings allein darin zu sehen ist, erscheint auf den ersten Blick zweifelhaft und bedarf einer tiefergehenden Untersuchung an entsprechender Stelle; s. dazu B.II.3.c); F.III.2.; G.II.5.

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traf,91 und stellt somit auf die Reziprozität des Schädigungsrisikos ab. Zum anderen muss nach Ansicht des BGH ein Wettkampf mit nicht unerheblichem Gefährdungspotential vorliegen,92 der nach einem fest bestehenden Regelwerk durchgeführt wird.93 Durch diese weiteren Voraussetzungen kombiniert die Rechtsprechung wesentliche Aspekte der Typizität mit der Reziprozität. Allerdings erfolgt im Rahmen des Rückgriffs auf die Typizität von vornherein eine grundlegende und vielleicht auch gravierende Einschränkung: durch das Erfordernis eines sportlichen Wettkampfes mit nicht unerheblichem Gefährdungspotential werden pauschal zahlreiche Sportarten von der Haftungsprivilegierung ausgeschlossen. Dies könnte – aufgrund der pauschalen Ausklammerung – zu einer ungerechtfertigten Bevorzugung gegenüber manchen relativ ungefährlichen Sportarten führen und soll daher ebenfalls kritisch betrachtet werden.94 4. Das haftungsrechtlich besonders Missbilligte einer Mitspielerverletzung Schließlich stellt sich die Frage, welche Aspekte einer Mitspielerverletzung überhaupt Auswirkungen auf das haftungsrechtliche Ergebnis haben können und wie das haftungsrechtlich Missbilligte einer Sportverletzung ermittelt werden kann. Insofern bestehen vier Ansatzpunkte: So könnte die Schwere der eingetretenen Verletzung als Differenzierungs- oder Entscheidungskriterium verwendet werden, die etwaige Vermeidbarkeit der Verletzung ausschlaggebend sein, auf die individuelle Vorwerfbarkeit abgestellt oder eine Differenzierung nach Art oder Schwere des Regelverstoßes durchgeführt werden. Daran anknüpfend stellt sich die Frage, ob eine Kategorisierung der relevanten Aspekte möglich ist, die zur Vereinfachung der Untersuchung von Mitspielerverletzungen genutzt werden könnte. a) Die Schwere der Verletzung Teilweise wird angeführt, dass die Schwere einer Verletzung bei der haftungsrechtlichen Bewertung einer Mitspielerverletzung Berücksichtigung finden müsse.95 Daraus könnte man folgern, dass die haftungsrechtliche Missbilligung der Sportverletzung generell aus ihrer Schwere resultiert. Eine Differenzierung oder Abwägung, die sich nach der Schwere der eingetretenen Verletzung richtet oder der 91

S. dazu allein BGHZ 154, 316, 325. BGHZ 154, 316; BGH, NJW-RR, 2006, 813, 815; NJW 2008, 1591. 93 BGH, NJW, 1995, 857, 858; NJW-RR 2006, 672, 674. 94 S. dazu die Ausführungen unter B.V. 95 OLG Neustadt an der Weinstraße, MDR 1956, 548, 549; Hollenbach, VersR 2003, 1091, 1095. In diese Richtung tendieren auch Günther/Kern, VersR 1993, 794, 796, wenn sie eine Haftungsfreistellung für leichte Regelverstöße mit der Begründung ablehnen, dass in der Folge auch schwerste Verletzungen nicht zur Haftung des Schädigers führten. 92

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Schwere der Verletzung einen entscheidungserheblichen Gehalt beimisst, kann indessen aus mehreren Gründen nicht zielführend sein. Zum einen bestünde eine erhebliche Unsicherheit bei der Rechtsanwendung, wenn die Haftung davon abhinge, ob die Verletzung einen bestimmten Schweregrad erreicht.96 Die Sportler könnten sich ex ante nie sicher sein, ob sich ihr Einsatz eventuell haftungsbegründend auswirkt, auch wenn sie sich regelkonform verhielten.97 Darüber hinaus könnte die Entscheidung, ob eine Haftung dem Grunde nach besteht, über lange Zeit in der Schwebe hängen, wenn nur eine minimale Verletzung zugefügt wurde, diese aber in der Folge Komplikationen hervorruft, Folgeverletzungen verursacht oder die Tragweite der Verletzung zunächst nicht absehbar war. Wollte man die Schwere der Verletzung als maßgeblich ansehen, könnte daraus das kuriose Ergebnis resultieren, dass das Verhalten des Sportlers zunächst von einer Haftungsprivilegierung erfasst wäre, die irgendwann – bei Eintritt einer gewissen Schwere der Schädigung – wieder entfallen könnte.98 Zum anderen würde eine Unterscheidung zwischen regelgerechtem und regelwidrigem Verhalten obsolet, wenn sich auch das regelgerechte, stets von der Interessenlage der Sportler gedeckte, Verhalten haftungsbegründend auswirken könnte, dagegen aber ein regelwidriges Verhalten, durch das aber nur eine geringe Schädigung verursacht wurde, möglicherweise nicht zur Haftung führte. Ein solches Ergebnis widerspräche eindeutig dem Interesse der Sportler. Gleichzeitig würde es aber auch der Grundidee der Fairness nicht gerecht werden. Die Sportler würden, wenn die Schwere der Verletzung für das Eintreten der Haftung mitausschlaggebend wäre, verpflichtet, immer äußerst gegnerschonend vorzugehen.99 Eine solche Verhaltensvorgabe würde den Sinn vieler Sportarten konterkarieren,100 da die Sportler bei den meisten Sportarten am Rande ihrer physischen und psychischen Möglichkeiten agieren und auch eine gewisse regelkonforme Härte durchaus gewollt ist.101 Der sportliche Wettkampf lebt gerade von – oftmals risikobehafteten – ex-ante-Entscheidungen der Sportler und sollte daher nicht durch eine ex-post-Wertung aufgrund der Schwere einer Verletzung beeinflusst werden.102 Somit kann festgehalten werden, dass die Schwere einer Verletzung grundsätzlich keine spezifische Auswirkung auf die haftungsrechtliche Betrachtung von Mit96

Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 252. In diese Richtung auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 252. 98 Gleichzeitig könnte eine solche Sichtweise auch dazu führen, dass Elemente der Haftungsausfüllung mit Aspekten der Haftungsbegründung vermischt werden und die Abgrenzung zwischen beiden Ebenen verschwimmt. 99 Looschelders, JR 2000, 265, 271. 100 Ähnlich auch Looschelders, JR 2000, 265, 271. S. dazu des Weiteren auch die Ausführungen des BGH zum Wesen des Fußballspiels, BGH, VersR 1957, 290, 291. 101 Ähnlich auch BGH, VersR 1957, 290, 291. 102 In diese Richtung auch Schall, SpuRt 2011, 226, 229; Looschelders, JR 2000, 265, 271. 97

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spielerverletzungen hat,103 sondern sie sich allenfalls auf der Rechtsfolgenseite auf die Höhe eines etwaigen Schadensersatzanspruchs auswirken kann. Dies bedeutet gleichzeitig auch, dass selbst schwerste Verletzungen oder sogar der Tod des Geschädigten ersatzlos als Unglück hinzunehmen sind,104 wenn der schädigende Sportler durch eine sportrechtliche Haftungsprivilegierung geschützt wird. Allein aus der Schwere der Verletzung kann gegenüber dem Schädiger aber kein spezifischer haftungsrechtlicher Vorwurf erwachsen. b) Die Vermeidbarkeit von Regelverstoß und Schädigung Andere hingegen sehen in der Vermeidbarkeit eines Regelverstoßes das maßgebliche Kriterium für die Missbilligung einer Sportverletzung und bestimmen die haftungsrechtliche Relevanz auf Grundlage dieses Merkmals.105 Dieser Ansatz begegnet allerdings ähnlichen Bedenken wie eine Fokussierung auf die Schwere der eingetretenen Verletzung. So könnte – stellt man allein auf die Vermeidbarkeit ab – auch ein leichter Regelverstoß, der dem Sportler in der Eile des Spielgeschehens unterlaufen ist, zur Haftung führen, wenn er ex post als vermeidbar eingestuft werden müsste.106 Selbst bei leichtesten Regelwidrigkeiten käme es zur Haftung, obschon diese mitunter der Typizität des Sports entsprechen. Dies widerspräche dem Wesen der meisten Sportarten, die maßgeblich durch Risikoentscheidungen geprägt werden, die ex ante getroffen werden müssen.107 Zudem müsste auch gefragt werden, ob dem Schädiger ein gefahrvermeidendes Verhalten in der konkreten Spielsituation überhaupt zumutbar war.108 So würde neben der Vermeidbarkeit noch eine weitere Abgrenzungsvoraussetzung statuiert und die rechtliche Handhabung dadurch sicherlich nicht erleichtert. Aus diesen Gründen ist auch die Vermeidbarkeit eines Regelverstoßes kein taugliches Kriterium zur Bestimmung der haftungsrechtlichen Missbilligung einer Sportverletzung.109

103 So auch OLG Koblenz, NJW-RR 2016, 536, 539; BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 573; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 252; Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 32; Looschelders, JR 2000, 265, 272; Nolte, Sport und Recht, 219; Teichmann, JA 1979, 293; Thaler, CaS 2006, 172, 191 f. Ähnlich auch Scheffen/Pardey, Schadensersatz bei Unfällen mit Minderjährigen, Rn. 359. 104 BGHZ 63, 140, 145; BGH, NJW 1975, 155, 156; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 50. 105 Teichmann, JA 1979, 293, 297; ähnlich auch Looschelders, JR 2000, 265, 272. 106 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 253. 107 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 253; ähnlich auch Schall, SpuRt 2011, 226, 229. 108 S. insofern BGH, NJW 1976, 957, 958. 109 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 253.

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c) Die individuelle Vorwerfbarkeit Eine weitere Möglichkeit könnte darin bestehen, die besondere haftungsrechtliche Missbilligung in der individuellen Vorwerfbarkeit des schädigenden Sportlers auszumachen. So wird argumentiert, dass ein vorsätzliches Handeln des Schädigers stets haftungsrechtlich zu missbilligen sei, da es sich durch die stärkste Form der Vorwerfbarkeit des Schädigers auszeichnet.110 Bei einem fahrlässigen Verhalten könnte darauf aufbauend möglicherweise abgestuft anhand des Grades der Fahrlässigkeit differenziert werden.111 So ließe sich womöglich rechtfertigen, allein grobe Fahrlässigkeit zu missbilligen, mittlere oder leichte Fahrlässigkeit hingegen nicht. Eine solche Sichtweise mag zwar im ersten Moment vielversprechend erscheinen, sie widerspricht allerdings oftmals der sportiven Realität und ist daher für die Bewertung von Mitspielerverletzungen nicht zielführend.112 Zunächst versperrt das alleinige Abstellen auf die individuelle Vorwerfbarkeit des schädigenden Sportlers oder dessen Willensrichtung den Blick auf die tatsächliche Schädigungssituation.113 So lässt sich aus einem (bedingt) vorsätzlichen Handeln des schädigenden Sportlers gerade nicht schließen, dass grob regelwidrig agiert wurde.114 Vielmehr lässt sich aus der individuellen Vorwerfbarkeit nicht einmal folgern, dass überhaupt regelwidrig gehandelt wurde. Darüber hinaus stehen Vorsatz und Regelkonformität bei der Sportausübung weder in einem Alternativverhältnis, noch schließen sie sich anderweitig aus.115 Insbesondere führt ein vorsätzliches Handeln des schädigenden

110 Für eine generelle Missbilligung vorsätzlicher Regelverstöße sprechen sich BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 586; Bonde, SchlHA 1984, 178, 180; Hauk, Die zivilrechtliche Haftung bei Sportverletzungen, 107; MünchKomm3/Mertens, § 823 Rn. 335; NKBGB/Katzenmeier, § 823 Rn. 504; Roesch, ZfV 1976, 518, 520 und Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 213 aus. 111 S. dazu auch die Ausführungen unter C.IV.4. 112 So jedenfalls im Ergebnis auch Bonde, SchlHA 1984, 178, 180; Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 29; Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 180; Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 146; Schall, SpuRt 2011, 226, 228; Zimmermann, VersR 1980, 497, 501 f. S. ferner aus der strafrechtlichen Literatur Eser, JZ 1978, 368, 374. 113 In eine ähnliche Richtung auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 29. S. auch Wilhelmi, Risikoschutz durch Privatrecht, 115 f. 114 In eine ähnliche Richtung auch Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 145 f.; Zimmermann, VersR 1980, 497, 502. Diesen Umstand hingegen übersieht Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 213, die konstatiert, dass vorsätzliche Handlungen stets zur Haftung führen müssen. Ähnliches gilt für Bachmann, Private Ordnung, 338, der pauschal darauf verweist, dass eine bedingt vorsätzliche Körperverletzung beim Sport zwingend eine Regelübertretung bedeute. 115 Anders hingegen Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 213, die der Fehlvorstellung unterliegt, dass ein vorsätzliches Handeln stets zu einer vorsätzlichen Regelwidrigkeit führte. Einem ähnlichen Irrglauben unterliegen auch Bachmann, Private Ordnung, 338 und Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 151, 158.

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Sportlers allein nicht zwingend zu einem Regelverstoß.116 So kann ein Sportler durchaus regelgerecht agieren und dennoch – Unrechtsbewusstsein vorausgesetzt – bedingt vorsätzlich eine Mitspielerverletzung verursachen, etwa wenn er in Kenntnis der Regelkonformität und des Schädigungsrisikos agiert und die mögliche Verletzung des Kontrahenten als ungewollte Folge zum Erreichen des sportiven Ziels in Kauf nimmt.117 Einer solchen – nicht unüblichen – Konstellation kann, trotz des vorsätzlichen Handelns, allerdings keine besondere haftungsrechtliche Missbilligung zugesprochen werden, wenn dem schädigenden Sportler weder ein Regelverstoß noch eine andere Verfehlung vorgeworfen werden kann.118 Diese Konstellation belegt bereits, dass aus der Willensrichtung oder aufgrund der individuellen Vorwerfbarkeit des Schädigers nicht auf die Missbilligung seines Verhaltens geschlossen werden kann.119 Vielmehr muss man an dieser Stelle zu der Erkenntnis gelangen, dass ein bedingt vorsätzliches Handeln beim Sport nicht zwingend unüblicher Natur sein muss.120 Darüber hinaus muss man ebenfalls anerkennen, dass die Willensrichtung des schädigenden Sportlers keine Möglichkeit bietet, Rückschlüsse auf die Regelkonformität oder Regelübertretung des Schädigerverhaltens abzuleiten. Dementsprechend hat es keinen Sinn, allein aus der individuellen Vorwerfbarkeit auf die haftungsrechtliche Missbilligung einer Mitspielerverletzung zu schließen.121 Vielmehr kann eine solche Sichtweise gar dazu verleiten, den schädigenden Sportler 116 Auch diesen Umstand übersehen Bachmann, Private Ordnung, 338 und Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 213. 117 So auch Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 180, der gar darauf verweist, dass sich der schädigende Sportler eine Schädigung seines Kontrahenten wünscht. S. dazu auch Zimmermann, VersR 1980, 497, 501 f., der zutreffend darauf abstellt, dass der schädigende Sportler allein aufgrund der Vorhersehbarkeit einer möglichen Verletzung seines Kontrahenten, nicht auf seinen sportiven Einsatz verzichten muss. Gleichzeitig wird dadurch verdeutlicht, dass die Ansicht von Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 213, die vorsätzliches Handeln mit einem vorsätzlichen Regelverstoß gleichsetzt, gerade nicht logisch zwingend ist. 118 So auch Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 180. S. im Allgemeinen auch Wilhelmi, Risikoschutz durch Privatrecht, 115. 119 S. dazu auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 29; Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 180; Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 145 f. S. zu weiteren Beispielen vorsätzlicher, allerdings zu missbilligender Verhaltensweisen beim Sport Weisemann/Spieker, Sport, Spiel und Recht, Rn. 87. 120 Ähnlich auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 29; Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 179 ff.; Schall, SpuRt 2011, 226, 228; Zimmermann, VersR 1980, 497, 502. 121 So jedenfalls im Ergebnis auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 29; Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 180; Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 145 f.; Schall, SpuRt 2011, 226, 228; Zimmermann, VersR 1980, 497, 501 f. S. ferner aus der strafrechtlichen Literatur Eser, JZ 1978, 368, 374.

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allein aufgrund seiner Willensrichtung zu stigmatisieren.122 Dies widerspricht aber der Interessenlage der Sportler und dem Wesen der meisten Sportarten. Ähnliches gilt auch für den Bereich der regelwidrig verursachten Mitspielerschädigungen. So lässt sich auch insofern allein aus dem vorsätzlichen Einsatz einer Regelwidrigkeit nicht zwingend folgern, dass eine daraus resultierende Mitspielerverletzung stets haftungsrechtlich zu missbilligen ist.123 Zu denken ist allein an das taktische Foul beim Fußball, etwa durch einen „Trikotzupfer“, das gerade in der Zielrichtung eingesetzt wird, eine aussichtsreiche Spielsituation des Gegners zu unterbinden.124 Dass es sich dabei um eine vorsätzliche Regelwidrigkeit handelt, kann nicht bestritten werden.125 Darauf aufbauend wird – bei bestehendem Unrechtsbewusstsein – oftmals auch eine mögliche Verletzungsfolge zumindest von einem dolus eventualis getragen sein, da der regelwidrig agierende Sportler weiß, dass auch ein leichtes Vergehen zu einer Schädigung seines Kontrahenten führen kann.126 Dennoch lässt sich aus dem Vorsatz des schädigenden Sportlers gerade nicht schließen, dass eine besonders schwerwiegende oder haftungsrechtlich stets zu missbilligende Regelwidrigkeit vorliegt, da die Willensrichtung allein nicht die Möglichkeit bietet, die Intensität des Regelverstoßes abschließend bewerten zu können.127 Der (bedingte) Vorsatz mag zwar eventuell einen Indikator darstellen, mehr lässt sich ihm aber ohne einen Blick auf die Intensität der Regelwidrigkeit nicht entnehmen. Möglicherweise kann der vorsätzliche, leicht regelwidrige Einsatz im Vergleich sogar weitaus geringere Risiken für den geschädigten Sportler hervorrufen als eine alternative, regelkonforme Aktion des Schädigers.128 Daher hat es auch

122 Dies könnte etwa bei der Ansicht von Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 213 die naheliegende Folge sein, wenn Handlung und Regelverstoß einheitlich betrachtet werden. 123 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 267; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 190 f.; ähnlich auch Schall, SpuRt 2011, 226, 228. 124 S. dazu auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 267; Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 29; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 190 f. sowie ferner Schall, SpuRt 2011, 226, 228. S. in diesem Kontext auch Bonde, SchlHA 1984, 178, 180 und Zimmermann, VersR 1980, 497, 502, die in diesem Fall allerdings in Richtung eines haftungsbegründenden Regelverstoßes tendieren. 125 So auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 29. 126 S. in diesem Kontext auch Schall, SpuRt 2011, 226, 228; Zimmermann, VersR 1980, 497, 502. 127 So jedenfalls im Ergebnis auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 29; Schall, SpuRt 2011, 226, 228; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 190 f. In diese Richtung scheint auch Eser, JZ 1978, 368, 374 zu tendieren, wenn er festhält, dass auch vorsätzliche Regelwidrigkeiten nicht zwingend zur Strafbarkeit des schädigenden Sportlers führen müssen. 128 Nimmt man den Fußball erneut als Beispiel, so wird die Verletzungsgefahr, die einem regelwidrigen „Trikotzupfer“ immanent ist, oftmals weitaus geringer sein als diejenige, die aus einer regelkonformen Grätsche resultiert.

II. Phänomenologie und Typologie

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keinen Sinn, die haftungsrechtliche Missbilligung einer Sportverletzung allein anhand der individuellen Vorwerfbarkeit des schädigenden Sportlers zu bestimmen.129 d) Der Regelverstoß und dessen Intensität So verbleibt schließlich die Möglichkeit, eine Differenzierung nach dem Vorliegen und der Art des Regelverstoßes vorzunehmen. Diese beinhaltet den Vorteil, dass strikt zwischen regelgerechtem und regelwidrigem Verhalten unterschieden werden kann. Eine grundsätzliche Unterscheidung zwischen regelgerechtem und regelwidrigem Verhalten ist bereits deshalb erstrebenswert, weil die haftungsrechtlichen Ergebnisse allein aufgrund des deutlichen Unterschieds zwischen beiden Verhaltensweisen divergieren könnten. Aber auch, wenn sich ein regelwidriges Verhalten im Ergebnis nicht haftungsbegründend auswirken sollte, ist dadurch noch nicht gesagt, dass dieses Ergebnis auf demselben Wege begründet werden muss wie bei einem regelgerechten Verhalten.130 Des Weiteren wird auch die Interessenlage häufig einen differenzierten Blick erfordern, da es für den geschädigten Sportler bei vielen Sportarten schon einen Unterschied ergeben wird, ob er durch ein regelgerechtes oder regelwidriges Verhalten des Schädigers verletzt wurde.131 Schließlich ist die Frage nach einem Regelverstoß auch der am nächsten zur Handlung des Sportlers stehende Aspekt einer etwaigen Vorwerfbarkeit. Die haftungsrechtliche Missbilligung einer Sportverletzung ergibt sich somit neben der Schädigung als solcher im Wesentlichen aus dem Vorliegen eines Regelverstoßes und dessen Intensität. Die Differenzierung nach der Art des Regelverstoßes darf aber generell nicht zu starr erfolgen, da sie ansonsten auch zu einem unnötigen Hindernis führen könnte, denn was die Betrachtung des konkreten regelwidrigen Verhaltens anbelangt, können nicht alle Regelwidrigkeiten gleich behandelt werden.132 So können neben der Intensität des Regelverstoßes auch vielfältige weitere Kriterien Einfluss nehmen. Zum Beispiel muss bedacht sein, dass auch häufig vorkommende Regelverstöße schwerwiegend sein können,133 insbesondere wenn sie zu einer „Unart“ werden.134 129

So jedenfalls im Ergebnis auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 267; Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 29; Schall, SpuRt 2011, 226, 228; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 190 f. In diese Richtung auch Eser, JZ 1978, 368, 374. 130 S. dazu die Ausführungen unter E.II.2.; F.II.1.c). 131 Jedenfalls ergibt es für den Schädiger einen erheblichen Unterschied, ob er aufgrund einer regelgerecht oder regelwidrig zugefügten Schädigung in Anspruch genommen werden soll. Bei Vorliegen regelgerechten Verhaltens wird es dem Schädiger nur schwer beizubringen sein, dass er Schadensersatz leisten soll, obwohl er sich keinen spielintern sanktionierten Fehler hat zu Schulden kommen lassen. S. dazu auch BGH, VersR 1975, 155, 156. 132 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 250 ff. 133 Scheffen, NJW 1990, 2658, 2659. Dies scheint der BGH in einer Entscheidung zum Basketball zu verkennen, wenn er die Häufigkeit eines Regelverstoßes bei der Beurteilung, ob fahrlässiges Verhalten vorliegt, berücksichtigen will, BGH, NJW 1976, 2161, 2162; s. in diesem Kontext auch OLG München, NJW-RR 1989, 727.

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B. Übergeordnete Frage- und Problemstellungen

Andererseits kann es sich bei einer Überschreitung der gebotenen Fairness oder dem Vorliegen einer unnötigen Härte möglicherweise auch nur um einen geringfügigen Regelverstoß handeln. Die Intensität des Regelverstoßes sollte daher stets in Anlehnung an die Sporttypizität bewertet werden und nicht anhand der sportinternen Sanktion der Regelwidrigkeit.135 Die besondere haftungsrechtliche Missbilligung ergibt sich gerade daraus, dass sich das Verhalten von dem nach den Regeln zu erwartenden beziehungsweise üblichen Verhalten entfernt und somit eine besondere Gefahr begründet.136 Die spielinterne Sanktion vermag diese Einschätzung zwar vielfach, allerdings auch nicht immer, zu stützen da beispielsweise auch minimale Regelverstöße in der entsprechenden Spielsituation mit der schärfsten Sanktion geahndet werden können, obwohl keine signifikante Gefahrerhöhung für die Rechtsgüter des Geschädigten damit einhergeht.137 Schließlich könnte auch gefragt werden, ob ein regelgerechtes und weniger gefährdungsförderndes Alternativverhalten möglich gewesen wäre.138 Bezogen auf das haftungsrechtliche Ergebnis, könnte es somit geboten sein, zwischen unterschiedlichen Graden der Regelwidrigkeiten noch weitergehend zu differenzieren. Für die dogmatische Einordnung einer Haftungsprivilegierung oder -freistellung bei Mitspielerverletzungen hat es jedenfalls durchaus Sinn, differenziert vorzugehen und grundsätzlich zwischen regelgerechtem und regelwidrigem Verhalten zu unterscheiden.

134 So haben zum Beispiel Kopfverletzungen beim Fußball aufgrund von Ellbogeneinsätzen bei Kopfballduellen einen traurigen Höhepunkt erreicht, obwohl sie von den Schiedsrichtern mitunter konsequent sanktioniert werden. Dennoch lässt sich nicht leugnen, dass in beinahe jedem Spiel mindestens ein unkorrekter Ellbogeneinsatz beim Kopfballduell vorliegt. Ähnlich verhält es sich im Eishockey mit Schulter- oder Bandenchecks nach beendeten Spielsituationen. Auch diese Regelwidrigkeiten haben leider Konjunktur, obwohl Verletzungsfolgen beim Eishockey sogar mit einer Spieldauerstrafe belegt werden können und teilweise sogar müssen. S. zum Strafenkatalog und den unerlaubten Verhaltensweisen im Eishockey die Regeln 100 ff. und 118 ff.; s. zum Regelwerk Fn. 14. 135 So auch So auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 30; Looschelders, JR 2000, 265, 272. 136 Ähnlich auch Pfister, FS W. Lorenz, 171, 190. S. zur Intensität als Abwägungsparamater im Allgemeinen auch Eimer, Rechtsfragen der Bergrettung, 354 f. 137 So auch Pfister, FS W. Lorenz, 171, 190. Zu denken sei allein daran, dass ein geringfügiges Foulspiel ohne signifikanten Körperkontakt beim Fußball zu einem Platzverweis führen kann, wenn dadurch eine klare Torchance vereitelt wird, weil der Verteidiger als „letzer Mann“ die Regelwidrigkeit begeht. 138 Looschelders, JR 2000, 265, 272.

III. Grundsätzliche Fragen aus dem Bereich der Regelwerke

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III. Die Bedeutung des Regelwerkes und daraus resultierende Auswirkungen Eine weitere zentrale Position für die Betrachtung nehmen die jeweiligen Regelwerke139 der entsprechenden Sportarten ein. Die Regeln tragen als Element der engen Typizität zur Wesensbildung der jeweiligen Sportarten bei, grenzen sie voneinander ab und statuieren gleichzeitig auch das zulässige und unzulässige Verhalten bei der Sportausübung.140 Darüber hinaus treffen die jeweiligen Regelwerke auch entscheidende Aussagen zur Sport- und Wettkampforganisation und haben eine Reichweite, die weit über die Sportausübung als solche hinausreicht.141 Teilweise wird ihnen sogar eine – zumindest mittelbare – kommerzielle Wirkung zugesprochen.142 Schon aus diesem Grunde ist eine vorgelagerte Betrachtung allgemeiner Fragen der Sportregeln sinnvoll. Die jeweiligen Regeln könnten sich aber auch – allein oder im Zusammenspiel mit den bereits angesprochenen Kriterien – dergestalt auswirken, dass von den allgemeinen haftungsrechtlichen Grundsätzen bei der Sportausübung eine Ausnahme gemacht werden muss, die einen verminderten Rechtsgüterschutz der Sportler zur Folge hat. Welche dogmatischen und sachlichen Folgerungen sich im Detail aus dem Regelwerk ableiten lassen, soll indes erst an späterer Stelle untersucht werden.143 Jedenfalls kann festgehalten werden, dass dem Regelwerk einer Sportart als typizitätsprägendem Element eine (mit-)entscheidende Rolle für die Bewertung einer Mitspielerverletzung und Etablierung eines „Sporthaftungsprivilegs“ zukommen wird, da sich die Sportausübung als solche maßgeblich an den Regelwerken orientiert und durch sie auch definiert wird.

139

Die Möglichkeit der privatautonomen Regelsetzung ist aufgrund von Art. 9 Abs. 1 GG und dem subsidiär eingreifenden Art. 2 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden. S. zur privaten Regelsetzung beim Sport allein BVerfGE 30, 227, 241; 50, 290, 354; Pereira Borges, Verbandsgerichtsbarkeit und Schiedsgerichtsbarkeit im internationalen Berufsfußball, 7 f.; Buchberger, Die Überprüfbarkeit sportverbandsrechtlicher Entscheidungen durch die ordentliche Gerichtsbarkeit, 270; Butte, Das selbstgeschaffene Recht des Sports im Konflikt mit dem Geltungsanspruch des nationalen Rechts, 83 ff., 480; PHB Sportrecht/Summerer, 2. Teil Rn. 3; Sögüt, Die Überprüfbarkeit von Tatsachenentscheidungen des Schiedsrichters innerhalb der vereinsrechtlichen Gerichtsbarkeit nationaler und internationaler Fußballverbände, 8 ff.; Sportrecht in der Praxis/Nolte, Rn. 42; Vieweg, Normsetzung und -anwendung deutscher und internationaler Verbände, 143 ff., 165 ff., 182 ff. 140 S. zur Typizität auch B.II.3.a). 141 S. zu Funktionen der Sportregeln B.III.2. 142 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 93 ff.; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 36 f. S. ferner zu der Dimension und einzelnen Aspekten der Kommerzialisierung Handbuch des Sportrechts/Haas, Grundlagen des Sportrechts, 1. Kapitel, Rn. 59 ff. sowie Reiter, FS Gitter, 779. 143 Dazu gehören insbesondere die Fragen nach einer etwaigen Bindungswirkung des Regelwerkes für das entscheidende Gericht sowie einer möglichen Modifikation von Spielregeln und den daraus resultierenden Auswirkungen auf die Haftung. S. dazu G.I.1., 2., 3.

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B. Übergeordnete Frage- und Problemstellungen

1. Rechtsnatur der Sport- und Spielregeln Zunächst stellt sich die Frage nach der Rechtsnatur der Regelwerke. Insofern sind drei Positionen denkbar. Einerseits könnte es sich bei den Sportregeln um rein sportinterne Verhaltensvorschriften handeln, die als rechtlich irrelevant einzuordnen wären. Andererseits könnten die Regelwerke oder einzelne Regeln Rechtsnormcharakter aufweisen oder eine gewohnheitsrechtliche Anerkennung erfahren haben und somit direkten Einfluss auf die zivilrechtliche Haftung nehmen. Schließlich ist eine Einordnung zwischen diesen beiden Positionen denkbar, die zwar den Normcharakter der Sportregeln verneint, ihnen aber dennoch eine haftungsrechtliche Relevanz zuspricht. Die Einordung der Rechtsnatur hat somit unmittelbaren Einfluss auf die weitere Untersuchung. a) Spielregeln als rechtlich irrelevante Verhaltensgebote Nach früherer Auffassung sollten die Sportregeln lediglich einen Ehrenkodex ohne haftungsrechtliche Folgen statuieren.144 Den Sportregeln wurde demnach über die Sportausübung hinaus keine eigenständige rechtliche Bedeutung zugemessen.145 Dies bedeutete, dass die Sportregeln lediglich spielinterne Vorgaben aufstellen, aber für eine haftungsrechtliche Betrachtung von Mitspielerverletzungen als irrelevant einzuordnen wären. Zu diesem Ergebnis kommen diejenigen Autoren, die Sportregeln als „Nichtrecht“146 qualifizieren oder ihnen die rechtliche Relevanz absprechen.147 Die Sportregeln seien rechtlich irrelevant, da sie keine öffentlichen Interessen berührten und somit außerhalb des Rechts stünden.148 Zudem bestünde ihre Funktion nicht darin, rechtliche Beziehungen zwischen den Sportlern zu determinieren.149 Hauptaufgabe der Sportregeln ist sicherlich nicht, haftungsrechtlich bedeutsame Fragen zu beantworten.150 Dennoch berühren sie über das sportinterne Verhältnis hinaus teilweise auch die haftungsrechtlichen Belange der Sportler.151 Dies wird insbesondere dadurch deutlich, dass manche Sportregeln bewusst den Sportler und seine körperliche Integrität während der Sportausübung schützen. Insofern kann nicht mehr von einem rein sportinternen Gebot oder einem nur für den Sport rele144

S. dazu Scheffen, NJW 1990, 2658, 2658. S. dazu Pfister, FS Gitter, 731, 732. 146 So Kummer, Spielregel und Rechtsregel, 77. 147 Kummer, Spielregel und Rechtsregel, 77; Schild, in: Fairness-Gebot, Sportregeln und Rechtsnormen, 19, 45 ff.; ähnlich auch Knefeli, Die Haftung bei Sportverletzungen, 32. 148 Kummer, Spielregel und Rechtsregel, 33. 149 Schild, in: Fairness-Gebot, Sportregeln und Rechtsnormen, 19, 45. 150 So zu Recht Looschelders, JR 2000, 265, 270; ähnlich auch Burgstaller, Das Fahrlässigkeitsdelikt im Strafrecht, 53. 151 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 115. 145

III. Grundsätzliche Fragen aus dem Bereich der Regelwerke

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vanten Ehrenkodex gesprochen werden. Gegen die Annahme rechtlicher Irrelevanz der Sportregeln spricht ferner auch, dass der Sport in keinem rechtsfreien Raum stattfindet.152 Die Sportregeln entfalten aus diesem Grunde auch eine gewisse Wirkung über sportinterne Vorgänge hinaus und tangieren somit jedenfalls öffentliche Belange. Ihnen jegliche rechtliche Relevanz abzusprechen, kann daher nicht überzeugen. b) Spielregeln als Rechtsnormen Da die Sportregeln teilweise gesetzesähnliche abstrakt-generelle Verhaltensgebote153 aufstellen und ihnen, wie soeben dargestellt, nicht jegliche rechtliche Relevanz abgesprochen werden kann, könnte es sich bei ihnen auch um Rechtsnormen handeln. Durch eine Qualifikation als Rechtsnorm oder eine gewohnheitsrechtliche Anerkennung wären sie nach Art. 2 EGBGB als Gesetz anzusehen und könnten somit auch ein Schutzgesetz154 im Sinne des § 823 Abs. 2 S. 1 BGB darstellen.155 Sollte es dagegen am Rechtsnormcharakter fehlen, so müsste § 823 Abs. 2 S. 1 BGB als potentielle Anspruchsgrundlage für den Schadensersatz bei Mitspielerverletzungen ausscheiden. Gegen die Einordnung als Rechtsnormen spricht bereits, dass den regelsetzenden Verbänden, Vereinen oder Privaten eine staatliche Rechtssetzungsbefugnis fehlt.156 Zwar kann nicht verneint werden, dass Spiel- und Sportregeln teilweise in ihrer Regelungsdichte und ihren Regelungsgehalten Gesetzen ähneln157 und vielfach auch abstrakt-generelle Verhaltensvorgaben statuieren,158 dennoch entstammen sie lediglich der Feder privater Normgeber. Bereits aus diesem Grunde können sie nicht als 152

Eser, JZ 1978, 368, 368; Grunsky, in: Sportrecht damals und heute, 7, 9; Pfister, FS W. Lorenz, 171, 176; Rössner, FS Hirsch, 313, 315; Rutz, in: Akzente des Sportrechts, 235, 250; Teichmann, JA 1979, 293, 293; im Ergebnis auch Schünemann, NJW 1985, 1514, 1515; jedenfalls für den Bereich der Regelsetzung auch BGHZ 128, 93, 97. 153 Kummer, Spielregel und Rechtsregel, 36 f. In diese Richtung auch Schroeder, in: Sport und Recht, 21, 26 ff.; ähnlich auch Werner, Sport und Recht, 18 f. 154 Dies bedeutet gleichzeitig aber nicht, dass sie zwingend als Schutzgesetze zu qualifizieren sind. So auch Zuck, FS Nirk, 1089, 1096. Diesen Umstand scheint Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 108 allerdings zu übersehen. 155 S. dazu auch Sälzer, Skiunfälle im organisierten Skiraum, 141. 156 Adolphsen, in: Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler 2002, 281, 287; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 109 f.; Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 72; Reichert, Grundriß des Sportrechts und des Sporthaftungsrechts, 55 f.; ähnlich auch Friedrich, NJW 1966, 755, 756; s. ferner zur Rechtssetzung von Privaten BGH, NJW 1987, 2222, 2223. 157 S. dazu beispielsweise für den Skisport Dambeck/H. Wagner, Recht und Sicherheit im organisierten Skiraum, 30 ff. 158 Kummer, Spielregel und Rechtsregel, 36 f.; ähnnlich auch Adolphsen, in: Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler 2002, 281, 289. In diese Richtung auch Schroeder, in: Sport und Recht, 21, 26 ff.; ähnlich auch Werner, Sport und Recht, 18 f.

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B. Übergeordnete Frage- und Problemstellungen

Rechtsnormen qualifiziert werden.159 Die Sportregeln ereilt somit dasselbe Schicksal anderer privat gesetzter Normen oder Normkomplexe, wie beispielsweise DIN oder Unfallverhütungsvorschriften, die ebenfalls nicht als Rechtsnormen qualifiziert werden können.160 Andererseits müsste – wenn dieses Ergebnis als unbillig empfunden werden sollte – auch bedacht werden, dass viele Regelwerke nur rudimentäre Vorgaben enthalten161 und häufig auch Lücken aufweisen.162 Müsste man die Sportregeln als Normen anerkennen, so hätte dies in praktischer Hinsicht jedenfalls auch eine erhebliche Rechtsunsicherheit zur Folge, solange die relevanten Lücken nicht durch den Rechtsanwender erkannt und geschlossen würden. c) Gewohnheitsrechtliche Anerkennung der Sportregeln Wenn zwar eine ausdrückliche Anerkennung als Rechtsnormen aufgrund fehlender Normsetzungskompetenz ausscheiden muss, so könnten die Spiel- oder Sportregeln dennoch eine gewohnheitsrechtliche Anerkennung erfahren haben. Dabei wäre dann zudem zu beachten, dass grundsätzlich auch Gewohnheitsrecht Schutzgesetzcharakter aufweisen kann.163 Wäre dies der Fall, so könnten auch gewohnheitsrechtliche Spiel- oder Sportregeln ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 S. 1 BGB darstellen. 159 So auch Berr, Sport und Strafrecht, 72; Birr, Die Haftung Minderjähriger im Zivilrecht, Rn. 74; Deutsch, VersR 1974, 1045, 1048; Grunsky, JZ 1975, 109, 110; Handbuch Sportrecht/ Vieweg, Haftungsrecht, 129; Heermann, Haftung im Sport, Rn. 85; Heinze, JR 1975, 288; Kleppe, VersR 1968, 127, 128; Korff, Sportrecht, Rn. 227; Marburger, Die Regeln der Technik im Recht, 306; Mäsch, GS Unberath, 303, 309; Reichert, Grundriß des Sportrechts und des Sporthaftungsrechts, 55; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 55; Storch, VersR 1989, 1131, 1132; Surminski, ZfV 1974, 180, 181; Teichmann, JA 1979, 293, 294; Werner, Sport und Recht, 19; Zuck, FS Nirk, 1089, 1096. S. im rechtsvergleichenden Kontext auch Králík, SpuRt 2013, 146, 148. 160 BGH, NJW 1987, 2222; 2223; 1998, 2814, 2815; Palandt/Sprau, § 823 Rn. 57; PHB Sportrecht/Fritzweiler, 5. Teil Rn. 7; jedenfalls im Ergebnis auch MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 448 f.; ähnlich auch Pfeiffer, zfs 1997, 401, 402 sowie Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 49, die die Einordnung als Schutzgesetz verneinen. 161 Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 55 verweist daher zu Recht darauf, dass viele Regelwerke nicht abschließend sind. 162 Nicht so vehement, aber die Lückenhaftigkeit deutlich beschreibend, Surminski, ZfV 1974, 180, 181. Sehr zurückhaltend in diese Richtung auch Birr, Die Haftung Minderjähriger im Zivilrecht, Rn. 74; Deutsch, VersR 1974, 1045, 1048; Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 72. 163 BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 256; Erman/Wilhelmi, § 823 Rn. 155; Staudinger/Hager [2014], § 823 Rn. G 11. Freilich muss bedacht sein, dass das Gewohnheitsrecht konkrete Verhaltensvorgaben statuieren muss, um Schutzgesetzcharakter entfalten zu können. Aus diesem Grunde sollte bei der Bewertung Zurückhaltung geboten sein, da sich aus dem Gewohnheitsrecht in der Regel nur selten konkrete Verhaltensforderungen ableiten lassen. Dieser Umstand ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass Gewohnheitsrecht grundsätzlich auch Schutzgesetz sein kann. In diesem Lichte betrachtet erlangt sodann auch die von MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 490 vorgebrachte Kritik an dieser grundsätzlichen Möglichkeit ihre Berechtigung.

III. Grundsätzliche Fragen aus dem Bereich der Regelwerke

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aa) Im Allgemeinen Zur Bildung eines Gewohnheitsrechts bedarf es einer längeren, ständigen, gleichmäßigen und allgemeinen tatsächlichen Übung, die dazu führt, dass sie von den Beteiligten als verbindliche Rechtsnorm anerkannt wird.164 Vielfach wird angenommen, dass sich ein zur Anerkennung eines Regelwerkes oder einer sozialen Norm führender Rechtsgeltungswille allein innerhalb eines geschlossenen Gesellschaftssystems bilden könne.165 Daran wird es beim Sport in den meisten Fällen bereits fehlen.166 Der Sport zeichnet sich durch seinen Status als Massenphänomen, aber auch gerade dadurch aus, dass er ein offenes System darstellt.167 Dies zeigt sich bezogen auf die entsprechenden Regeln schon allein daran, dass sie oftmals binnen kürzester Zeit geändert, abgeschafft oder abgewandelt werden.168 Zudem unterliegt der Sport einem stetigen Wandel und vielfach auch externen Einflüssen, sodass nur schwerlich von einem geschlossenen Gesellschaftssystem gesprochen werden kann.169 Unabhängig davon, ob der Sport einem geschlossenen Gesellschaftssystem entspricht oder nicht, muss jedenfalls eine Tatsache berücksichtigt werden: Die Sportausübung erfolgt in den meisten Fällen aus der Freude am Sport und ohne Rücksicht auf zivilrechtliche Haftungsfragen.170 Ein etwaig angenommener Rechtsgeltungswille würde daher in vielen Fällen eine Willensfiktion begründen. Dies würde sich insbesondere dann zu Lasten der Sportler auswirken, wenn sie einen normativen Rechtsgeltungswillen einer Sport- oder Spielregel, der sich über den Bereich der Sportausübung hinaus auswirken soll, ablehnen.171 Des Weiteren muss berücksichtigt werden, dass die Sportler das komplette Regelwerk in den meisten 164 BVerfGE 28, 21, 28 f.; RGZ 75, 40, 41; BGHZ 37, 219, 222; KG, ZIP 2004, 1847, 1848. S. zudem auch Bachmann, Private Ordnung, 331 ff. 165 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 112 f.; in diese Richtung auch Storch, VersR 1989, 1131, 1132. S. ferner Bachmann, Private Ordnung, 333 f. 166 So auch Storch, VersR 1989, 1131, 1132. 167 Teichmann, JA 1979, 347, 350. 168 Ähnlich auch Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 55. S. ferner auch Babucke, Die Haftung im Hängegleiter- und Gleitsegelsport, 86, der sich insofern allerdings allein auf den Luftsport fokussiert. 169 Teichmann, JA 1979, 347, 350. 170 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 113; ähnlich auch Schild, Sportstrafrecht, 26. Insoweit unterscheiden sich die Sportregeln wesentlich von DIN und Unfallverhütungsvorschriften. So könnte bei dieser Art von Regeln gleichsam in Frage gestellt werden, ob sie in einem geschlossenen Gesellschaftssystem zur Anwendung kämen. Jedenfalls stehen bei ihnen Haftungsfragen im Regelfall aber nicht so weit im Hintergrund wie bei den Sportregeln. Die Minimierung der Verletzungsrisiken ist sicherlich auch einer der wesentlichen Zwecke der Sportregeln, allerdings nicht zwingend Hauptzweck, wie etwa bei den Unfallverhütungsvorschriften und jedenfalls etwas abgeschwächt auch bei DIN. 171 Ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 113.

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B. Übergeordnete Frage- und Problemstellungen

Fällen nicht kennen werden.172 Vielmehr werden den Sportlern meist nur die relevanten einzelnen Regeln bekannt sein.173 Dies führte dazu, dass gesamte Regelwerke nur selten zu Gewohnheitsrecht erstarken könnten, sondern allenfalls einzelne Regeln.174 Allein anhand dieser Gründe erklärt es sich, dass eine gewohnheitsrechtliche Geltung der Sport- und Spielregeln oder einzelner Sportregeln im Allgemeinen zu Recht ganz überwiegend abgelehnt wird.175 Unzutreffend ist daher die Aussage von Fink, die Regeln des Golfsports als Gewohnheitsrecht zu bezeichnen.176 Zwar mag der Golfsport aufgrund eines – mittlerweile aber auch stark relativierten – elitären Status einer besonderen oder exklusiven Etikette177 unterliegen, daraus folgt gleichzeitig aber nicht, dass es sich beim Golf um ein abgeschlossenes Gesellschaftssystem handelt, das einem Wandel und externen Einflüssen unzugänglich ist. Weiterhin wird angeführt, dass die Annahme von Gewohnheitsrecht mit der Verbandsautonomie des Art. 9 Abs. 3 GG kollidiere, wenn den Sportverbänden durch die Anerkennung von Gewohnheitsrecht die verbandsinterne Normsetzungsbefugnis bezüglich der Regelwerke beschränkt oder beschnitten werde.178 Ob dies generell der Fall ist und ob nicht eine kollisionsarme oder -vermeidende Koexistenz zwischen Gewohnheitsrecht und verbandsautonom gesetzten Normkomplexen für den Bereich der Sportausübung denkbar ist, ist dadurch nicht gesagt, sodass diesem Einwand mit Skepsis begegnet werden sollte.

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S. dazu allein Pfister, FG Zivilrechtslehrer, 457; Zuck, FS Nirk, 1089, 1091. Diese Regeln werden den Sportlern im Regelfall auch nicht im Wortlaut bekannt sein. Vielmehr werden sie im Rahmen des (Laien-)Verständnisses der Sportler verstanden und angewandt werden. 174 Daher bedürfte es der Untersuchung jeder einzelnen Regel, ob sie Gewohnheitsrecht darstellte. So zumindest für den Bereich der FIS-Regeln auch Sälzer, Skiunfälle im organisierten Skiraum, 150 ff. 175 Deutsch, VersR 1974, 1045, 1046; Heermann, Haftung im Sport, Rn. 85; Reichert, Grundriß des Sportrechts und des Sporthaftungsrechts, 56; Thaler, in: Sport und Recht, 129, 149; Zeder, Haftungsbefreiung durch Einwilligung des Geschädigten, 126; für die Regeln des Fußballs auch Franz, Die Rechtsstellung des Amateurfußballers, 8 f. sowie Hess, Haftung und Sportlerschutz in Risikosportarten, insbesondere im Tauchsport, 73 f. für den Tauchsport. Etwas anderes wird vielfach für den Bereich des Skisports und die FIS-Regeln angenommen. S. zu den FIS-Regeln auch Fn. 237. 176 Fink, VersR 1990, 359, 360. Ablehnend auch, aber ohne Bezug auf die Aussagen von Fink zu nehmen, Zuck, FS Nirk, 1089, 1098, der in den Golfregeln lediglich soziale Regeln sieht, die sich insbesondere durch ihre internen Aspekte von Bräuchen und Gewohnheiten unterscheiden sollen. 177 Interessanterweise sollen nach Aussage von Zuck, FS Nirk, 1089, 1098 gerade die Etikette-Regeln des Golfs die am häufigsten missachteten Regeln darstellen. 178 Heermann, Haftung im Sport, Rn. 85 Fn. 101. 173

III. Grundsätzliche Fragen aus dem Bereich der Regelwerke

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bb) Andere Beurteilung bei FIS-Regeln? Ein komplett abweichendes Meinungsspektrum findet sich hingegen bei den FISRegeln179 für den alpinen Skisport. Insoweit erkennt ein beträchtlicher Anteil, wenn nicht sogar die herrschende Meinung, die FIS-Regeln als Gewohnheitsrecht an.180 Daher stellt sich die Frage, ob und gegebenenfalls warum für den Bereich des Skisports eine andere Beurteilung vorzunehmen sein sollte. Die FIS-Regeln, die sich auch in ihrer heutigen Fassung181 noch stark an den von Nirk entwickelten „Eigenregeln des Skilaufs“182 orientieren, wurden 1967 vom internationalen Skiverband „FIS“ aufgestellt und statuieren Verhaltensgebote für den alpinen Wintersportler auf der Skipiste.183 Anders als viele andere Sportregeln wurden die FIS-Regeln gerade mit der Maßgabe entwickelt, gewisse – auch bereits vorher übliche – Regeln schriftlich zu fixieren und daran anknüpfend die bestehenden Risiken im Skisport minimieren zu können.184 Aus diesem Grunde und auch aus dem Umstand, dass den meisten Wintersportlern bekannt ist, dass ein spezielles – der StVO ähnelndes – Verhaltensregelwerk für das Miteinander auf der Skipiste existiert, könnte eine andere Bewertung als bei anderen Sportregeln geboten sein.185 Gleichwohl handelt es sich auch beim alpinen Skisport nicht um ein geschlossenes Gesellschaftssystem, was sich bereits anhand der Innovationen allein bei den denkbaren Abfahrtsgeräten186 und seinem Status als Massensport187 belegen lässt, die 179

Die aktuellen FIS-Regeln sind bei Dambeck/H. Wagner, Recht und Sicherheit im organisierten Skiraum, 31 und unter https://www.ski-online.de/stiftung-sicherheit/fis-verhaltensre geln/fis-regeln-alpin.html; zuletzt abgerufen am 31. Juli 2018, zu finden. 180 OLG Frankfurt, VersR 1995, 544, OLG Hamm, SpuRt 1998, 33 sowie NJW-RR 2001, 1537, 1538; OLG Brandenburg, NJW-RR 2006, 1458 sowie MDR 2008, 860, 861; OLG Stuttgart, NJW-RR 2010, 684, 685; Bertkau, zfs 2009, 662, 662; Dambeck, SpuRt 1998, 34 sowie DAR 1993, 132; Rodegra, MDR 2009, 1322, 1325; Stiffler, SpuRt 2006, 46, 47; wohl auch Fritzweiler/Linnenbrink, SpuRt 1996, 17, 17. 181 Korrekturen der FIS-Regeln wurden in 1990 (Die Querungsregelung in FIS-Regel 5 wurde gestrichen) sowie in 2002 (Erweiterung des Anwendungsbereichs auf Snowboarder und Hangaufwärtsfahrer) vorgenommen. S. dazu auch Dambeck, DAR 2007, 677; Eickmann, Die zivilrechtliche Haftung beim Betrieb von Pistenraupen und die Eigenverantwortlichkeit des Wintersportlers, 54 sowie Pichler, SpuRt 2003, 1. 182 Nirk, NJW 1964, 1829 sowie NJW 1966, 305 und NJW 1966, 2404. 183 S. zur Entstehung der Regeln Dambeck/H. Wagner, Recht und Sicherheit im organisierten Skiraum, 30; PHB Sportrecht/Fritzweiler, 5. Teil Rn. 26; Stiffler, SpuRt 2006, 46. 184 S. dazu auch Dambeck, DAR 2007, 677; Heinemeyer, DAR 2013, 685, 686 f.; Tienes, NJOZ 2011, 1553 sowie im konkreten Kontext der Pistensicherungspflicht Eickmann, Die zivilrechtliche Haftung beim Betrieb von Pistenraupen und die Eigenverantwortlichkeit des Wintersportlers, 54 ff. 185 So erklärt es sich, dass manche Autoren, die sich am Ende gegen eine Qualifikation als Gewohnheitsrecht stellen, zunächst mit dieser Annahme sympathisieren. S. insofern Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 112 sowie Schild, Sportstrafrecht, 26 ff.; ähnlich auch Heinemeyer, DAR 2013, 685, 686 f. 186 S. zu weiteren Abfahrtsgeräten und der Anwendbarkeit der FIS-Regeln auf diese Heermann/Götze, NJW 2003, 3253, 3254 f. sowie Pichler, NJW 2004, 643, 645.

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B. Übergeordnete Frage- und Problemstellungen

in der Vergangenheit Regeländerungen erforderten, um den Anwendungsbereich der FIS-Regeln beispielsweise auch auf Snowboardfahrer oder Monoskifahrer erweitern zu können. Des Weiteren muss auch bezüglich der FIS-Regeln festgestellt werden, dass sie den meisten Skisportlern in ihrer Gesamtheit unbekannt sein werden und vielmehr auch insoweit lediglich einzelne Verhaltensgebote bekannt sein dürften.188 Zudem ist fraglich, ob sich eine ständige allgemeine Übung bereits dann etabliert hat, wenn lediglich über einen Zeitraum von zwanzig Jahren keine gravierenden Änderungen der tatsächlichen Übung eingetreten sind,189 gleichwohl aber stetige Weiterentwicklungen in Technik und Sportausübung zu verzeichnen waren.190 Auch die FIS-Regeln in ihrer Gesamtheit stellen somit kein Gewohnheitsrecht dar.191 Ebenso wenig sind einzelne der FIS-Regeln zu Gewohnheitsrecht erstarkt.192 Dieser Umstand ist nicht unbedingt als negativ zu bewerten, vor allem wenn berücksichtigt wird, dass sich Gewohnheitsrecht bis zu einer gewohnheitsändernden Übung, die allein das bestehende Gewohnheitsrecht ablösen könnte, als statisch erweisen könnte.193 Eine Änderung der Regelwerke durch die Sportverbände könnte sich daher als weitaus dynamischer und somit auch praktikabler herausstellen. Auf 187

S. dazu Pichler, FS Dittrich, 619, 619 sowie Schneider, DAR 2012, 687, 687. S. dazu auch Sälzer, Skiunfälle im organisierten Skiraum, 150 ff., 154 f. Etwas zurückhaltender in diese Richtung auch Heinemeyer, DAR 2013, 685, 686 f. 189 S. dazu im Allgemeinen Sälzer, Skiunfälle im organisierten Skiraum, 144 ff.; ähnlich auch Heinemeyer, DAR 2013, 685, 686 f. Pichler, NJW 2004, 643, 643 f. hingegen verweist zu Recht darauf, dass die Verhaltensgewohnheiten der Skisportler einem kontinuierlichen Wandel unterliegen und sich im Laufe der Zeit verändert haben. Dieser Umstand spricht ebenfalls gegen eine ständige Übung. 190 So verweist Pichler, NJW 2004, 643, 643 f. berechtigterweise darauf, dass die Verhaltensgewohnheiten der Skisportler einem kontinuierlichen Wandel unterliegen und sich im Laufe der Zeit verändert haben. Dieser Umstand lässt jedenfalls auch Zweifel an einer ständigen Übung aufkommen. 191 Hammerstingl, Die Erforderlichkeit staatlicher Regelungen im alpinen Skisport, 114 ff.; Heermann/Götze, NJW 2003, 3253, 3254; PHB Sportrecht/Fritzweiler, 5. Teil Rn. 26; Sälzer, Skiunfälle im organisierten Skiraum, 150; Thaler, CaS 2006, 172, 176 f.; Tienes, NJOZ 2011, 1553; wohl auch von Hein, SpuRt 2005, 9, 10 f.; ausdrücklich offen lassend, aber in diese Richtung tendierend OLG Düsseldorf, VersR 1990, 111 sowie Scheuer, DAR 1990, 121, 121. S. auch Heinemeyer, DAR 2013, 685, 687; Pichler/Fritzweiler, SpuRt 1999, 7. 192 So auch Hammerstingl, Die Erforderlichkeit staatlicher Regelungen im alpinen Skisport, 114 ff.; Sälzer, Skiunfälle im organisierten Skiraum, 154. 193 Heermann/Götze, NJW 2003, 3253, 3254; Sälzer, Skiunfälle im organisierten Skiraum, 140 f. Inkonsequent ist allerdings der Ansatz von Gschöpf, Haftung bei Verstoß gegen Sportregeln, 45, 49 f., der zunächst die Vorteile einer rechtlichen Anerkennung hervorhebt, dann aber in der Folge keine klare Positionierung vornehmen will und es dabei belassen möchte, dass die FIS-Regeln jedenfalls bei der Bestimmung von Sorgfaltspflichten berücksichtigt werden müssten. Im Ergebnis besteht ein erheblicher Unterschied, ob der Rechtsanwender bei der Qualifikation als Rechtsnorm unmittelbar an die Sportregeln gebunden wäre oder ob sie lediglich bei der Beurteilung eines Sorgfaltsmaßstabes neben weiteren Gesichtspunkten Einfluss nehmen können. Insoweit wird die signifikante Bedeutung dieser Frage verkannt. S. zu den FISRegeln Fn. 237. 188

III. Grundsätzliche Fragen aus dem Bereich der Regelwerke

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diesem Wege könnten Änderungen des Sports effizienter berücksichtigt und in bestehende Systeme integriert werden. d) Sportregeln als außergesetzliche Verhaltensstandards Wie soeben herausgestellt, kann den Sport- und Spielregeln weder Normqualitität noch rechtliche Irrelevanz zugesprochen werden. Dies bedeutet gleichzeitig, dass sich ihre Rechtsnatur zwischen diesen beiden Extrempunkten befinden muss. Die Sportler passen ihr Verhalten bei der Sportausübung an die Regelwerke an, sodass sie zumindest im Binnenverhältnis der Sportler eine Modifikation der Verhaltensvorgaben gegenüber dem alltäglichen Leben bewirken.194 Die Übereinkunft, den Sport nach bestimmten – oftmals normähnlich kodifizierten und abstrakt-generellen – Regeln auszuführen, kann rechtlich gesehen dahingehend verstanden werden, dass die Sportler in den Spielregeln eine Art Auslegungsregel zur Bestimmung des zulässigen oder unzulässigen Verhaltens erblicken.195 Jedenfalls richten die Sportler ihr Verhalten an den Sportregeln aus.196 Sicherlich steht dabei eine etwaige zivilrechtliche Haftung nicht im Vordergrund, da die Regeln primär als Verhaltens- oder Sanktionsordnung auf das sportinterne Verhalten ausgerichtet sind.197 Dennoch kann aus der Übereinkunft der Sportler, das spielinterne Verhalten nach den entsprechenden Regeln bewerten zu wollen, darauf geschlossen werden, dass auch zivilrechtlich auf sie zurückgegriffen werden soll.198 Bei den Spiel- und Sportregeln handelt es sich mithin um außergesetzliche Verhaltensanforderungen.199 Sie sind aus diesem Grunde nicht ohne jegliche Bedeutung, sondern grundsätzlich geeignet, Einfluss auf die haftungsrechtliche Beurteilung einer Mitspielerverletzung zu nehmen, wenn sie beispielsweise zur Konturierung oder Konkretisierung von Sorgfalts- oder Verkehrspflichten herangezogen werden.200 Inwieweit sie sich im

194

Looschelders, JR 2000, 265, 270. Ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 116 f. 195 S. dazu die Ausführungen unter F.II.1.a), b), c). 196 Looschelders, JR 2000, 265, 270. 197 Looschelders, JR 2000, 265, 270. Insoweit muss Birr, Die Haftung Minderjähriger im Zivilrecht, Rn. 73 widersprochen werden, wenn konstatiert wird, dass sich die Sportregeln ihrer Ansicht nach nur wenig um den individuellen Schutz der Sportler kümmerten. Nahezu jede Sportart enthält spezielle Regeln zur Schutzausrüstung oder -bekleidung. Diese Regeln dienen primär dem Zweck, das Verletzungsrisiko zu minimieren und somit gerade auch dem individuellen Schutz der Sportler. 198 S. dazu auch die Ausführungen unter B.III.4.b)bb), c). 199 Birr, Die Haftung Minderjähriger im Zivilrecht, Rn. 74; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 116 f.; Looschelders, JR 2000, 265, 270. Im Ergebnis jedenfalls auch Grunsky, JZ 1975, 109, 110. 200 Looschelders, JR 2000, 265, 270. S. ferner BGH, NJW 1984, 801, 802; Handbuch des Sportrechts/Haas, Grundlagen des Sportrechts, 2. Kapitel, Rn. 6; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 447 ff. S. in diesem Kontext auch Gschöpf, Haftung bei Verstoß gegen Sportregeln, 49 f.

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B. Übergeordnete Frage- und Problemstellungen

Ergebnis auch dogmatisch auf die Haftung auswirken, bedarf allerdings einer noch detaillierteren Untersuchung.201 2. Funktionen der Sport- und Spielregeln Um der Komplexität des Sports als Massenphänomen gerecht werden zu können und all seine Facetten und Zielrichtungen adäquat zu erfassen, kommen den Sportund Spielregeln verschiedenste Funktionen zu. Die Hauptfunktion der Sportregeln liegt in der Typisierung einer Sportart, indem wesentliche Aspekte des Sports, seiner Organisation und seiner Ausübung durch die Regeln definiert werden.202 Aus dieser Hauptfunktion, aber auch aus anderen Aspekten, lassen sich sodann weitere Elemente ableiten, die teilweise in unterschiedliche Zielrichtungen verlaufen. So bestehen manche Regeln mit der Zielsetzung, sich primär mit dem sportlichen Wettkampf als solchem auseinanderzusetzen. Diese Regeln sind insbesondere auf einen fairen Wettkampf oder Wettbewerb203, die Wahrung oder Herstellung von Chancengleichheit204, Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen205, den individuellen Schutz der Sportler206 – beispielsweise durch das Verbot von bestimmten Verhaltensweisen oder die Verpflichtung zum Tragen von bestimmter Sport- oder Schutzausrüstung – oder auf die Ordnung des nach den Regeln vorgesehenen sportiven Wettkampfs207 ausgerichtet. Insbesondere 201

S. dazu die Ausführungen unter F.II.1. S. zu Funktionen der Sportregeln im Allgemeinen BGHZ 128, 93, 97 ff.; Marburger, Die Regeln der Technik im Recht, 302 f.; Pfister, FG Zivilrechtslehrer, 457, 460 ff.; Thaler, in: Sport und Recht, 129, 137 ff.; Vieweg, JuS 1983, 825, 829. 203 S. zu diesen Funktionen BGHZ 128, 93, 97 ff.; Friedrich, NJW 1966, 755, 760; RGRK/ Steffen, § 823 Rn. 356. Zu diesen Regeln zählen insbesondere auch Dopingverbote. S. dazu allein Grunsky, SpuRt 2007, 188, 190; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 32 ff. S. ferner auch zur Fairness im Wettkampf Scheffen, NJW 1990, 2658, 2659, die hervorhebt, dass der Fairnessgedanke bereits seit römischer und griechischer Zeit existiert; dieser Umstand wird allerdings von Lämmer, in: Sport und Gewalt, 11, 12 ff. bestritten, der auf die Brutalität und Rohheit vieler antiker Wettkämpfe verweist. 204 S. dazu BGHZ 128, 93, 97 f.; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 88; Grunsky, SpuRt 2007, 188, 190; RGRK/Steffen, § 823 Rn. 356; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 29 f. 205 S. zu Regeln zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 88; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 29 f. 206 S. zu den zum Schutz der Spieler aufgestellten Regeln BGHZ 128, 93, 97 f.; Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 14 sowie SpuRt 2007, 188, 190; Pfister, FS Gitter, 731, 734; RGRK/Steffen, § 823 Rn. 356; Scheffen, NJW 1990, 2658, 2659; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 30 f. 207 S. dazu Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 87; Pfister, FG Zivilrechtslehrer, 457, 461; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 29; Vieweg, JuS 1983, 825, 829. In diesen Bereich fallen insbesondere auch diejenigen Bestimmungen, die sich mit der ordnungsgemäßen Sportstätte, den zulässigen Sportgeräten, der Dauer 202

III. Grundsätzliche Fragen aus dem Bereich der Regelwerke

61

bei den auf den Schutz der Sportler ausgerichteten Spielregeln wird von manchen Stimmen hervorgehoben, dass sie gerade auch dazu entwickelt worden seien, gewisse rohe Verhaltensweisen beziehungsweise unsportliches Verhalten zu vermeiden.208 Andere Regeln hingegen sind auf die Sport- oder Verbandsorganisation ausgerichtet. Diese Regeln dienen der Absicherung und Ausgestaltung der Verbandsautonomie209, regeln verbands- oder sportinterne Zuständigkeiten210, Fragen der Sportgerichtsbarkeit211 oder sind auf die Zulassung, Durchführung und Bewertung von Wettkämpfen oder Sportveranstaltungen212 zugeschnitten. Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, dass mittlerweile auch manche Regeln bestehen, die – gerade oder zumindest mittelbar – auch kommerzielle Interessen der am Sport beteiligten Akteure gegenüber Dritten berücksichtigen sollen.213 Im Allgemeinen sollen die Sportregeln aber nicht darauf ausgelegt sein, bestimmte Vermögensinteressen der Beteiligten zu schützen.214 Aufgrund der verschiedenen Zwecke der Sportregeln wollen viele Autoren die Regeln anhand ihrer Funktion kategorisieren: So wird im Wesentlichen zwischen Sportregeln im engeren und weiteren Sinne,215 mit unmittelbarer und lediglich mittelbarer Wirkung216 sowie nach ihrer Zweckbestimmung217 differenziert.218 Diese eines Spiels, der zugelassenen Spielerzahl und anderen Grundvoraussetzungen der Sportart und ihrer Ausübung befassen. 208 Friedrich, NJW 1966, 755, 760; Grunsky, SpuRt 2007, 188, 190; Scheffen, NJW 1990, 2658, 2659. 209 S. zu Regeln der Verbandsautonomie Andexer, Die nationale Sportgerichtsbarkeit und ihre internationale Dimension, 31 ff.; Ernst, Die Ausübung der Vereinsgewalt, 22 ff., 64 ff., 131 ff.; Pereira Borges, Verbandsgerichtsbarkeit und Schiedsgerichtsbarkeit im internationalen Berufsfußball, 4 ff.; PHB Sportrecht/Pfister, Einführung, Rn. 20 ff. 210 S. dazu Baumann, Die Vereinsstrafgewalt des Deutschen Fußball-Bundes über die Bundesligavereine, Lizenzspieler und Fußball-Lehrer, 5 ff., 20 ff., 39 ff.; Pfister, FG Zivilrechtslehrer, 457, 460 f. 211 S. dazu Andexer, Die nationale Sportgerichtsbarkeit und ihre internationale Dimension, 269 ff.; Pfister, FG Zivilrechtslehrer, 457, 460 f.; Sögüt, Die Überprüfbarkeit von Tatsachenentscheidungen des Schiedsrichters innerhalb der vereinsrechtlichen Gerichtsbarkeit nationaler und internationaler Fußballverbände, 11 ff.; Sommer, Probleme der Sportgerichtsbarkeit, 13 ff., 37 ff., 61 ff. 212 S. zu diesen Funktionen Hohl, Rechtliche Probleme der Nominierung von Leistungssportlern, 5 ff., 21 ff., 130 ff., 205 ff.; Kummer, Spielregel und Rechtsregel, 24 f. sowie PHB Sportrecht/Pfister, Einführung Rn. 22 f. 213 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 93 ff.; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 36 f.; in diese Richtung wohl auch Nesemann, NJW 2010, 1703, 1705 ff. S. ferner zur Dimension und einzelnen Aspekten der Kommerzialisierung Handbuch des Sportrechts/Haas, Grundlagen des Sportrechts, 1. Kapitel, Rn. 59 ff.; Reiter, FS Gitter, 779 sowie zum internationalen Vergleich am Beispiel des Fußballs Galli, SpuRt 1998, 18. 214 Pfister, FS Gitter, 731, 734, 743. 215 Kummer, Spielregel und Rechtsregel, 23 ff.; Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 67. 216 Pfister, FS W. Lorenz, 171, 177.

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B. Übergeordnete Frage- und Problemstellungen

Einteilung mag zur Unterscheidung der einzelnen Regeln durchaus sinnvoll sein, ist aber für die vorliegende Untersuchung ohne Relevanz, sodass eine Kategorisierung oder eine Methode der Kategorisierung hier nicht durchgeführt oder favorisiert werden soll. 3. Bestimmung der haftungsrechtlich relevanten Regeln Vielmehr stellt sich die Frage, wie die für die zivilrechtliche Sporthaftung relevanten Sportregeln ermittelt werden können. Damit eine Sportregel überhaupt für die Bewertung von Mitspielerverletzungen relevant sein kann, muss sie einen Bezug zur körperlichen Integrität der Sportler aufweisen.219 Anders formuliert bedeutet dies, dass die entsprechende Spielregel ihrem Sinn und Zweck nach auch den oder die Sportler schützen muss. Allein diese Sportregeln erlangen eine übergeordnete Relevanz für die Untersuchung, allen anderen Regeln dagegen kommt für die Bewertung einer Mitspielerverletzung allenfalls untergeordnete Bedeutung zu.220 Durch diesen Befund lässt sich allerdings noch keine Aussage dahingehend treffen, wie methodisch vorgegangen werden muss, um eine auch den Sportler schützende Spielregel ermitteln zu können. Dazu könnte auf die soeben dargestellten Konzepte zur Regeleinteilung zurückgegriffen und gefolgert werden, dass sich auch die Integrität der Sportler schützende Spielregeln nur einem gewissen Teil der Regeln entnehmen lassen können. Diese Vorgehensweise griffe aber zu kurz, da beispielsweise auch Sportregeln, die primär Ordnungscharakter aufweisen, sekundär dazu dienen können, gewisse Gefährdungen zu minimieren.221 Eine Differenzierung nach verschiedenen Regeltypen oder wesentlichen Funktionen kann für Mitspielerverletzungen daher nicht erfolgsversprechend sein, da es allein darauf ankommen muss, dass eine Spielregel einen irgendwie gearteten Mitsportlerschutz aufweist. Ein zielführendes Ergebnis lässt sich allerdings erzielen, wenn auf die – bei der Bestimmung des Drittschutzes in § 823 Abs. 2 S. 1 BGB anerkannte – Schutznormtheorie zurückgegriffen wird.222 Eine auch den Sportler schützende Spiel- oder Sportregel besteht demnach, wenn die Spielregel – sowohl in personeller, sachlicher, zeitlicher und örtlicher Hinsicht – auch auf den Schutz der körperlichen Integrität des Sportlers ausgerichtet ist. Der Schutz der Integrität muss allerdings nicht im Vordergrund stehen. Es ist ausreichend, wenn die Regel ihrem Sinn und Zweck nach auch zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit des Sportlers beitragen soll. Zur 217 218 219 220

92 f. 221

Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 86 ff. S. zu weiteren Typisierungsansätzen Schild, Sportstrafrecht, 38 ff. So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 90 ff. Ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport,

Ähnlich auch Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 29 f. S. zur Bestimmung des Drittschutzes anhand der Schutznormtheorie im Allgemeinen Erman/Wilhelmi, § 823 Rn. 157; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 498 ff.; Palandt/Sprau, § 823 Rn. 58; PWW/Schaub, § 823 Rn. 227 ff. 222

III. Grundsätzliche Fragen aus dem Bereich der Regelwerke

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Bestimmung des Schutzcharakters der konkreten Regel sollte aber nicht nach festen Regeln vorgegangen werden, sondern vielmehr ein dynamisches System, das sich anhand von Indizien orientieren kann, zur Anwendung kommen.223 Als Indizien kommen beispielsweise Gebote, bestimmte Verhaltensweisen zu unterlassen, Hinweise auf die korrekte Sportausübung und das sportliche Miteinander sowie Vorschriften zum Eigen- und Fremdschutz, etwa durch Schutzausrüstung, in Betracht. Im Ergebnis bedeutet dies, dass jede einzelne Sportregel auf ihren Schutzcharakter hin überprüft werden muss. Sollte dieser bejaht werden können, erlangt die Regel Relevanz für die haftungsrechtliche Bewertung. Die auch den Sportler schützende Sportregel muss insoweit keiner bestimmten Art von Regeltypus zuzuordnen sein, sondern kann jeder Art von Regelungstyp entstammen. 4. Die Einbeziehung der Sportler in den Geltungsbereich der Regeln Schließlich stellt sich die Frage, wie die Sportregeln im Verhältnis zwischen den einzelnen Sportlern zur Geltung kommen, beziehungsweise wie sich die Sportler den Regeln unterwerfen können. Insoweit kommen mehrere Möglichkeiten in Frage, die unabhängig voneinander vorliegen können und sich gegenseitig nicht ausschließen. a) Allgemeingültigkeit der Regelwerke Die wohl einfachste Option zu einer Bindung der Sportler an die Regeln zu gelangen, besteht, wenn den Sportregeln als außergesetzlichen Verhaltensstandards Allgemeingültigkeit zugesprochen werden kann.224 In diesem Fall bedürfte es keiner weiteren Handlungen der Sportler oder der Sportverbände, da die Sportler bereits unmittelbar an die Regeln gebunden wären. Insoweit muss aber klar zwischen den Sportregeln einer Sportart in ihrer Gesamtheit und einzelnen besonders wesensprägenden Regeln unterschieden werden. Bezogen auf die Regeln in ihrer Gesamtheit muss klargestellt werden, dass diese den Sportlern nur in den seltensten Fällen bekannt sein werden. Vielmehr ist, wie Zuck zutreffend herausstellt, Unkenntnis der meisten Regeln ein weit verbreitetes Phänomen beim Sport.225 Aus diesem Grunde sollte von dem Gedanken der Allgemeingültigkeit der Gesamtheit der Sportregeln Abstand genommen werden.226 Al223 Ähnlich für die Bestimmung im Rahmen des § 823 Abs. 2 BGB auch PWW/Schaub, § 823 Rn. 229. 224 S. dazu auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 103 f. sowie PHB Sportrecht/Pfister, Einführung Rn. 21. 225 Zuck, FS Nirk, 1089, 1091. 226 Anders hingegen PHB Sportrecht/Pfister, Einführung Rn. 21, der allen Sportregeln „auf dem Platz“ unmittelbare Geltungskraft zusprechen will und sich somit für eine Allgemeingültigkeit ausspricht.

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B. Übergeordnete Frage- und Problemstellungen

lerdings kann davon ausgegangen werden, dass den Sportlern die meisten auch den Mitsportler schützenden Spielregeln zumindest innerhalb der Laiensphäre bekannt sein werden und sie ihr Verhalten auch anhand dieser Regeln ausrichten.227 Daher kann von einer faktischen Geltungskraft zumindest dieser Sorte von Regeln ausgegangen werden.228 Dies bedeutet, dass jedenfalls die wesentlichen Regeln mit Integritätsschutz – ohne das Hinzutreten weiterer rechtsgeschäftlicher oder tatsächlicher Umstände – aufgrund der faktischen Anerkennung Bindungswirkung zwischen den Sportlern entfalten229 und so Eingang in die Bewertung von Mitspielerverletzungen erhalten. Diese Annahme darf allerdings nicht zu einer Ausweitung auf weite Regelbereiche führen, sondern muss auf die allgemein bekannten Regeln beschränkt bleiben. In seltenen Fällen könnte dieser Befund dazu führen, dass nur selten Anwendung findende Spielregeln mit Integritätsschutz unter Umständen nicht als allgemeingültig zu qualifizieren wären. Dies wird allerdings nur in einem schwindend geringen Teil der Fälle relevant werden. Für diese denkbaren Fälle bedürfte es einer weiteren Möglichkeit der Berücksichtigung der Regeln. b) Einbeziehung im organisierten Sport Im Bereich des organisierten Sports bestehen zwei denkbare Möglichkeiten der Einbeziehung: Entweder können die Sportler aufgrund ihrer Verbandszugehörigkeit oder aber aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung an die Sportregeln – und dies betrifft, sofern nicht nur ein bestimmter Teil der Regeln Bindungswirkung entfalten soll, sodann die Regeln in ihrer Gesamtheit – gebunden sein.230 Auch eine Kombination beziehungsweise Kumulation beider Elemente ist vorstellbar.231 227 Ähnlich auch Kreutz, JA 2011, 337, 340 sowie Pfister, FS W. Lorenz, 171, 180. So könnte nur schwerlich bestritten werden, dass die elementar auf den Schutz der Sportler ausgerichteten Regeln den Teilnehmern unbekannt sein werden, es sei denn, dass ein Sportler zum ersten Mal mit einer ihm komplett fremden Sportart konfrontiert wird. Aber auch in diesem Fall wird sich der Sportler regelmäßig zumindest flüchtig mit den Regeln vertraut machen wollen, indem er sich mit den Mitsportlern abspricht oder sich zunächst zurückhaltend verhält. 228 So auch Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 58 f. Ähnlich auch Scheffen/ Pardey, Schadensersatz bei Unfällen mit Minderjährigen, Rn. 359. 229 Ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 104. 230 Auf alle Aspekte und Einzelheiten – die sich unabhängig von der vorliegenden Untersuchung ergeben, diese aber nicht tangieren und allein aufgrund ihrer Ausführlichkeit und Komplexität bereits weitere Untersuchungen rechtfertigten – soll nicht vertieft eingegangen werden. Für die vorliegende Untersuchung soll es ausreichen, festzustellen, wie eine Bindung der Sportler an die Sportregeln erreicht werden kann. S. zur Vertiefung Bachmann, Private Ordnung, 233 ff.; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 96 ff.; Handbuch des Sportrechts/Haas, Grundlagen des Sportrechts, 2. Kapitel, Rn. 7 ff.; Pfister, FS W. Lorenz, 171, 183 ff. sowie JZ 1995, 464 und SpuRt 2002, 45; PHB Sportrecht/ Summerer, 2. Teil Rn. 206 ff.; Vieweg, in: Von „Sport und Recht“ zu „Faszination Sportrecht“, 689, 696 ff.

III. Grundsätzliche Fragen aus dem Bereich der Regelwerke

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aa) Satzungsmäßige Einbeziehung Die satzungsmäßige Unterwerfung unter die Regelwerke erfolgt aufgrund der Vereinsmitgliedschaft des Sportlers. Der Sportler unterwirft sich, wenn die Vereinssatzung einen wirksamen Verweis auf die jeweiligen Regularien beinhaltet, bereits durch den Beitritt zu einem Sportverein den Regeln der entsprechenden Sportart.232 Dabei ist aber zu beachten, dass gegenüber dem regelsetzenden Verband im Regelfall keine unmittelbare Bindung besteht, da der Sportler in den meisten Fällen allein Mitglied des entsprechenden Sportvereins und nicht des Sportverbandes sein wird.233 Er erklärt durch die Vereinsmitgliedschaft und die damit verbundene Anerkennung der Vereinssatzung gleichwohl, sich den Regeln des Verbandes zu unterwerfen, sodass sich die Regeln auch auf ihn erstrecken.234 Dies betrifft auch etwaige Regeländerungen während der Vereinsmitgliedschaft, sofern die Verbindlichkeit der Verbandsregeln als Satzungsbestimmung lückenlos in die Vereinssatzung aufgenommen ist.235 Auf eine gesonderte Zustimmung des Sportlers kommt es insoweit nicht an.236 bb) Rechtsgeschäftliche Einbeziehung Die vertragliche Einbeziehung der Regelwerke kann auf unterschiedliche Weise realisiert werden: Der Sportler kann sich entweder durch einen Einzelvertrag, einen Teilnahme- oder Nominierungsvertrag zu einem konkreten Wettkampf oder durch einen Regelanerkennungsvertrag im Rahmen der Erteilung einer Spielerlaubnis den Regeln unterwerfen.237 Insoweit tritt insbesondere die Erteilung einer Spiellizenz oder einer ähnlichen Erlaubnis in den Fokus, da dieses Modell gewährleistet, dass die

231 232

100 ff. 233

S. dazu auch Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 56. S. dazu allein PHB Sportrecht/Summerer, 2. Teil Rn. 206 ff. sowie ferner BGHZ 128, 93,

S. dazu allein PHB Sportrecht/Summerer, 2. Teil Rn. 206 sowie Rn. 211. Pfister, FS W. Lorenz, 171, 184. 235 BGHZ 128, 93, 100 ff.; PHB Sportrecht/Summerer, 2. Teil Rn. 211. Dies kann nach Ansicht von Summerer in der Praxis allerdings zu erheblichen Problemen führen und satzungsbasierten Modellen elementare Hindernisse bereiten; s. dazu und zu Problemen statischer und dynamischer Verweisungen in Vereins- oder Verbandssatzungen allein PHB Sportrecht/ Summerer, 2. Teil Rn. 212 ff. 236 Pfister, JZ 1995, 464, 467; PHB Sportrecht/Summerer, 2. Teil Rn. 210; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 56. Allerdings bedarf es einer geeigneten Bekanntgabe der Regeländerungen, beispielsweise im Mitteilungsblatt eines Sportverbandes; s. insofern Pfister, JZ 1995, 464, 467; PHB Sportrecht/Summerer, 2. Teil Rn. 210. 237 S. zu diesen Möglichkeiten BGHZ 128, 93, 104; Bachmann, Private Ordnung, 233 ff., 303 f.; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 98 ff.; PHB Sportrecht/Summerer, 2. Teil Rn. 216 ff.; Reichert, SpuRt 2003, 3, 3 ff.; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 55 ff.; Vieweg, SpuRt 1995, 97, 99. S. im rechtsvergleichenden Kontext auch Pfister, SpuRt 2015, 235, 237. 234

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B. Übergeordnete Frage- und Problemstellungen

Sportregeln grundsätzlich – dies betrifft insbesondere Dopingbestimmungen – auch außerhalb der einzelnen Wettbewerbe eingehalten werden müssen.238 c) Einbeziehung beim nicht organisierten Freizeitsport Sodann stellt sich die Frage, wie Freizeitsportler, die sich nicht der organisierten Sportausübung verschrieben haben, den Sportregeln unterwerfen. Die Bindung an Sportregeln ist im Freizeitsport von besonderer Bedeutung, da – sollte keine allgemeingültige Spielregel mit Schutzcharakter vorliegen oder aufgrund mangelnder Verbandszugehörigkeit oder Spielerlaubnis keine Bindung außerhalb des organisierten Sports bestehen – erhebliche haftungsrechtliche Unterschiede zwischen dem organisierten und unorganisierten Sport entstehen könnten,239 wenn Freizeitsport anders zu behandeln wäre als Verbandssport.240 Dies kann schwerlich gewollt sein. Insbesondere lassen sich der Systematik des Deliktsrechts und auch dem Vergleich zwischen Verbands- und Freizeitsport keine Anhaltspunkte für eine solche Ungleichbehandlung entnehmen. Grunsky verweist in diesem Kontext zu Recht darauf, dass der Freizeitsport in Bezug auf Verletzungen nicht anders bewertet werden darf als ein im Verband ausgetragenes Punktspiel.241 Daher müssen im Ergebnis auch Freizeitspieler Sport- und Spielregeln bei der Sportausübung unterliegen.242 Von Bedeutung ist daher nicht die Frage, ob eine Regelbindung entsteht, sondern vielmehr wie diese herbeigeführt wird, wenn die Bindungsmöglichkeiten des organisierten Sports ausscheiden. Auch in diesem Fall stellt sich die naheliegende Option als zielführend heraus: Die Bindung entsteht durch die freiwillige und widerspruchsfreie Teilnahme am Sport und gilt uneingeschränkt zwischen allen beteiligten Akteuren.243 Aufgrund der Tatsache, dass die Sportler freiwillig und widerspruchsfrei den Sport ausüben, bringen sie zum Ausdruck, dass sie die jeweiligen Spielregeln akzeptieren wollen

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OLG München, NJW 1996, 2382; PHB Sportrecht/Summerer, 2. Teil Rn. 219; Vieweg, SpuRt 1995, 97, 99. S. zu den Vorzügen dieses Modells im rechtsvergleichenden Kontext auch Pfister, SpuRt 2015, 235, 237. S. ferner auch BGHZ 128, 93, 104 f. sowie Sutter, Rechtsfragen des organisierten Sports, 99 ff. 239 Ähnlich auch Grunsky, JZ 1975, 109, 110; ferner Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 57 f.; Marburger, Die Regeln der Technik im Recht, 306. 240 Dennoch muss betont werden, dass die Fälle, in denen eine Allgemeingültigkeit nicht vorliegen sollte, alles andere als den Regelfall, sondern eher einen hypothetisch geprägten Bereich darstellen werden. Trotzdem kann dieser Ansatz als eine Art Auffanglösung verstanden werden, der jedenfalls in Zweifelsfällen zu einer Regelbindung führen wird. 241 Grunsky, JZ 1975, 109, 110. 242 So auch OLG Hamm, VersR 1999, 463; Looschelders, JR 2000, 265, 273; Pardey, zfs 1995, 281, 282. Ähnlich auch Bonde, SchlHA 1984, 178, 180; Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 57 f. sowie MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 697; unter dem Hinweis, dass eine direkte Anwendung ausscheidet auch LG Nürnberg-Fürth, VersR 1990, 96, 97. 243 S. dazu allein BGH, VersR 1975, 155, 156.

III. Grundsätzliche Fragen aus dem Bereich der Regelwerke

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und sich diesen unterstellen.244 Die Teilnahme führt insbesondere – sollte dem Sportler eine Regel aus welchen Gründen auch immer unbekannt sein oder er sie falsch interpretieren – dazu, dass er sich nicht auf eine etwaige Regelunkenntnis berufen darf.245 Zwar kann im Regelfall davon ausgegangen werden, dass dies keine erheblichen zivilrechtlichen Haftungsprobleme aufwerfen wird,246 da den meisten Sportlern jedenfalls die Spielregeln mit Integritätsschutz bekannt sein werden oder regelunkundige Sportler meist von den anderen Sportlern auf etwaige Besonderheiten hingewiesen werden. Für Zweifelsfälle wäre dieser Umstand dennoch bereits bedacht. Allerdings kann durch die Teilnahme – anders als beim organisierten Sport – keine direkte Bindung an das gesamte Regelwerk entstehen, sondern lediglich eine partielle oder sinngemäße Bindung,247 da die Einbeziehung von Freizeitsportlern einen Vertrag zu Lasten der Sportvereine oder -verbände begründen könnte.248 Daher wird die freiwillige Teilnahme am Sport im Regelfall nicht zu einem Unterstellen unter das gesamte Regelwerk einer Sportart führen.249 Allerdings werden jegliche, die Sportausübung als solche betreffende Regeln – und somit alle Regeln mit Integritätsschutz – einbezogen werden können, da aus ihnen regelmäßig keine rechtlichen Nachteile für die unbeteiligten Vereine oder Verbände erwachsen. Darauf aufbauend besteht weiterhin die Frage nach der Rechtsnatur dieser Bindung. Da durch die Teilnahme die Regeleinbeziehung, die sich unter Umständen mittelbar haftungsmodifizierend auswirken kann, bewirkt wird, liegt dem Tatsächlichen der Sportausübung dennoch ein gewisses rechtsgeschäftliches oder rechtsgeschäftsähnliches Element zugrunde. Dies wird insbesondere deutlich, wenn hervorgehoben wird, dass der Teilnahme die rechtliche Übereinkunft zu entnehmen sei, den Sport nach bestimmten Regeln auszuüben.250 Allerdings darf nicht übersehen werden, dass die Sportausübung ansonsten maßgeblich faktisch geprägt ist und den 244 S. dazu allein BGHZ 63, 140, 142; BGH, VersR 1975, 155, 156, OLG Stuttgart, NJW-RR 2007, 1251, 1252 sowie Looschelders, JR 2000, 265, 270. S. für sportähnliche Aktivitäten OLG Düsseldorf, VersR 1993, 1295, 1296. S. ferner auch Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 58. 245 So auch OLG Hamm, VersR 1983, 1040, 1041. Das OLG Hamm begründet seine Ansicht allerdings anhand des Umkehrschlusses, dass die betreffenden Sportregeln dem Sportler geläufig seien und von ihm beachtet werden müssten. Ähnlich auch PHB Sportrecht/Pfister, Einführung Rn. 21; ferner BGHZ 63, 140, 143. 246 S. zu den Folgen mangelnder Regelkenntnis auch H.III.6. 247 Ähnlich auch OLG Hamm, VersR 1999, 463; OLG Düsseldorf, VersR 2001, 345 sowie LG Nürnberg-Fürth, VersR 1990, 96, 97. 248 Insoweit ist insbesondere an die Konstellation zu denken, dass sich der Verband oder Verein aufgrund besonderer Umstände, beispielsweise nach mehrmaligen Dopingverstößen oder Sportmanipulationen, nicht mehr mit dem Sportler binden will oder dem Sportler nicht seine Verbandsgerichtsbarkeit eröffnen möchte. 249 Diesen Umstand scheint das LG Nürnberg-Fürth, VersR 1990, 96, 97 hervorheben zu wollen, wenn es auf die sinngemäße Bindung abstellt. 250 S. dazu allein BGHZ 63, 140, 142.

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B. Übergeordnete Frage- und Problemstellungen

Sportlern die Konsequenzen ihres freiwilligen Handelns bekannt sein werden. Gegen eine (rein) rechtsgeschäftliche Qualifikation spricht zum einen, dass durch die Teilnahme konkludent ein Rechtsgeschäft mit oder zwischen allen beteiligten Sportlern zustande käme. Dies erscheint realitätsfremd und gekünstelt. Zum anderen ist die Teilnahme am Sport maßgeblich durch ihr tatsächliches Moment geprägt,251 sodass ihr schwerlich ein signifikanter rechtsgeschäftlicher Charakter beigemessen werden kann, da das rechtsgeschäftliche oder rechtsgeschäftsähnliche Element der Teilnahme jedenfalls gegenüber dem faktischen Element stark in den Hintergrund gedrängt wird.252 Schließlich bedarf es außerhalb des Bereichs des Sports im Regelfall auch keiner rechtsgeschäftlichen Betätigung, um einem außergesetzlichen Verhaltensmaßstab zur Geltung zu verhelfen.253 Davon abgesehen wäre eine rechtsgeschäftliche Einordnung auch nur eingeschränkt praktikabel, wenn im Zweifelsfall eine Bindung zwischen allen Sportlern nachgewiesen werden müsste oder ein Beteiligter zu behaupten versuchte, dass die Regelbindung zwischen ihm und einem anderen Sportler nicht zustande gekommen sei. Das Unterstellen unter die Spielordnung oder die Spielregeln ist somit überwiegend tatsächlicher Natur.254 Eine Berücksichtigung rechtsgeschäftlicher Regelungsmechanismen ist aus diesem Grunde nicht erforderlich. Allerdings ist diese Einordnung im Ergebnis auch nicht von entscheidendem Belang, denn auch die Befürworter einer mehr oder minder starken rechtsgeschäftlichen Einordnung des „Unterstellens unter die Spielordnung“ aufgrund der Teilnahme kommen zu dem Ergebnis, dass der Sportler des Schutzes durch die §§ 104 ff. BGB nicht zwingend bedürfe.255 Der Schutz vor den Folgen eines Rechtsgeschäfts sei bei der Sportausübung nicht maßgeblich, sodass im Rahmen einer teleologischen Reduktion anstelle der §§ 104 ff. BGB auf die individuelle Deliktsfähigkeit der Sportler abzustellen sei.256 Diese Lösung erscheint tragfähig, denn den Sportlern ist durch eine Anwendung der §§ 104 ff. BGB nicht geholfen, da sie allenfalls vor den – insoweit auch nur mittelbaren – Folgen ihres tatsächlichen Handels geschützt werden wollen und müssen. Die Regelbindung aufgrund der Teilnahme beinhaltet – unabhängig von der theoretischen Grundlage des Unterstellens unter die Spielordnung – zwei gewichtige Vorteile: Einerseits bedarf es keiner wesentlichen Differenzierung zur Berücksich251

So auch Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 57 f. Den Aspekt der gemeinsamen Teilnahme betont auch Marburger, Die Regeln der Technik im Recht, 307, 309. 253 S. dazu, aber auch zur rechtsgeschäftlichen Unterwerfung unter einen Verhaltensstandard, Deutsch, Fahrlässigkeit und erforderliche Sorgfalt, 172. S. auch Marburger, Die Regeln der Technik im Recht, 308 f. 254 Diesen Anschein erweckt jedenfalls auch Marburger, Die Regeln der Technik im Recht, 308 f.; im Ergebnis wohl auch Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 57 f. und Teichmann, JA 1979, 293, 295. 255 Birr, Die Haftung Minderjähriger im Zivilrecht, Rn. 74; Looschelders, JR 2000, 265, 270; s. ferner Kummer, Spielregel und Rechtsregel, 38 ff. 256 Birr, Die Haftung Minderjähriger im Zivilrecht, Rn. 74; Looschelders, JR 2000, 265, 270. 252

IV. Mögliche Anspruchsgrundlagen bei Mitspielerverletzungen

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tigung minderjähriger Sportler oder Sportler, die aufgrund eines Handicaps geschäftsunfähig sind.257 Auch sie sind aufgrund der freiwilligen Teilnahme bei bestehender Deliktsfähigkeit im Sinne der §§ 827, 828 BGB an die Regeln gebunden und unterliegen somit keinen Besonderheiten.258 Andererseits ist die Lösung nicht auf die Fälle des Freizeitsports beschränkt, sondern findet auch auf den organisierten Sport Anwendung. Dies wird insbesondere dann relevant, falls sich die oben dargestellten Bindungen im Einzelfall als unwirksam oder fehlerbehaftet darstellen sollten oder wenn der organisierte Sport auf Freizeitsport trifft. Somit kann bei der Bewertung von Mitspielerverletzungen ein grundsätzlicher und lückenloser Gleichlauf realisiert werden.

IV. Mögliche Anspruchsgrundlagen bei Mitspielerverletzungen Der geschädigte Sportler wird in aller Regel Schadensersatz für die ihm zugefügten Verletzungen begehren.259 Für die Beurteilung von Mitspielerverletzungen kommen grundsätzlich vertragliche und deliktische Ansprüche in Betracht. 1. Vertragliche Ansprüche Schadensersatzansprüche der Sportler untereinander könnten zunächst vertraglicher Natur sein und nach den §§ 280 ff. BGB bewertet werden. Dafür entscheidend ist das Bestehen eines Schuldverhältnisses zwischen den beteiligten Sportlern. Das Zustandekommen des Schuldverhältnisses unterliegt beim Sport keinen Besonderheiten. Es kann daher nach allgemeinen Grundsätzen der Rechtsgeschäftslehre ausdrücklich oder konkludent entstehen. Im Regelfall bestehen aber keine Anhaltspunkte für ausdrückliche vertragliche Abreden oder das Vorliegen von Sonderverbindungen zwischen den Sportlern. In

257 Ähnlich auch Birr, Die Haftung Minderjähriger im Zivilrecht, Rn. 74; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 697. S. dazu auch Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 57 f., 72; Looschelders, JR 2000, 265, 270. 258 An dieser Stelle soll nur kurz darauf hingewiesen sein, dass eine solche Differenzierung dem Interesse der Sportler mit Handicap im Regelfall diametral entgegenliefe, da sie im Normalfall gerade keine Sonderbehandlung beanspruchen, sondern wie alle anderen Sportler auch behandelt werden wollen. S. zu dieser Thematik auch Reiter, FS Gitter, 779, 784 ff. sowie Eschner, G+G 2008, Heft Nr. 9, 16. 259 So sind bis dato nur wenige Fälle bekannt, in denen der geschädigte Sportler neben dem Ersatz für eine eingetretene Körperverletzung auch Ersatz für beschädigte Sportausrüstung verlangte. Anders liegt dies wohl insbesondere beim Segelsport, bei dem eher der Ersatz für das Sportgerät im Vordergrund zu stehen scheint und nicht der Ersatz von Körper- oder Gesundheitsschäden. S. dazu allein OLG Hamm, NJW-RR 1990, 925; OLG Karlsruhe, NJW-RR 2004, 1257; OLG Nürnberg, NJW-RR 2007, 461.

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B. Übergeordnete Frage- und Problemstellungen

vielen Fällen werden die Sportler nicht einmal die Namen260 der Kontrahenten kennen und sie allenfalls dem gegnerischen Sportverein zuordnen können, sofern es sich um Verbandssport handelt. Des Weiteren stellt sich die Frage, ob die Sportler überhaupt eine haftungsrechtlich relevante Abrede bei der Ausübung des Sports treffen wollen, da sich ihr Augenmerk primär auf die Sportausübung richtet und es somit bereits vielfach am Rechtsbindungswillen fehlen wird.261 Ausdrückliche vertragliche Abreden werden daher regelmäßig nicht bestehen. Ein anderer Ansatz wäre es, in der Teilnahme am Sport eine konkludente Vereinbarung zwischen den beteiligten Sportlern zu erblicken. Dabei wird es meistens aber auch am Rechtsbindungswillen der Sportler mangeln, sodass aus der Vereinbarung der Sportler, sich zur sportlichen Betätigung zusammenzuschließen, kein Vertragsverhältnis resultiert.262 Die Annahme einer konkludenten Vereinbarung der Sportler ist somit ebenfalls im Regelfall nicht anzunehmen.263 Ferner könnte man erwägen – da es an einer direkten Verbindung untereinander mangelt – die Sportler als Dritte im Rahmen eines Vertrags mit Schutzwirkung zwischen den gegeneinander antretenden Sportvereinen zu erfassen, um so eine Haftungsmodifikation der Vereine auf die Sportler zu erstrecken. Dieser Ansatz unterliegt aber erheblichen Bedenken. Zum einen stellt sich die grundlegende Frage, ob sich die gegeneinander antretenden Sportvereine überhaupt vertraglich binden wollen oder sich faktisch auf die Durchführung eines sportlichen Wettkampfs beschränken und ob diese Beziehung dann überhaupt ein schützenswertes Interesse zugunsten des Dritten begründen kann, wenn Regelübertretungen und auch Verletzungen teilweise unvermeidbar sind.264 Zum anderen ist der Kreis der zu schützenden Personen nicht in jedem Fall ausreichend begrenzt, da jeder Spieler einer Vereinsmannschaft als geschützter Dritter in Frage käme und der Schutz somit ausufern könnte.265 So wäre wohl zumindest die Leistungsnähe zweifelhaft.266 Des 260 So ist es gerade beim (Mannschafts-)Freizeitsport üblich, dass der Sport in unterschiedlicher Besetzung betrieben wird und Freunde und Bekannte eines Sportlers als „neue“ Mitspieler willkommene Gäste sind. S. ferner dazu auch Franz, Die Rechtsstellung des Amateurfußballers, 5; Meier, VersR 2014, 800, 802 sowie Weidt, VersR 2001, 349. 261 Franz, Die Rechtsstellung des Amateurfußballers, 5; Fritzweiler, Die Haftung des Sportlers bei Sportunfällen, 24; Sportrecht in der Praxis/Adolphsen, Rn. 850. Für den Bergsport auch Burger, Spurt 2007, 192, 193. In eine ähnliche Richtung auch Meier, VersR 2014, 800, 802. 262 PHB Sportrecht/Fritzweiler, 5. Teil Rn. 14. Ähnlich auch Richtsfeld, CaS 2016, 131, 131; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 66 f. 263 Ähnlich auch Dunz, JZ 1987, 63, 66 sowie Meier, VersR 2014, 800, 802. S. zur Problematik einer Willensfiktion bei der Annahme eines anders gearteten Willens der Sportler insbesondere auch die Ausführungen unter C.III.2.a)aa)(1). 264 Ähnlich dazu auch Fritzweiler, Die Haftung des Sportlers bei Sportunfällen, 29. Diesen Umstand verkennt Meier, VersR 2014, 800, 804 f., wenn er darauf abstellt, dass die Sportler stets auf die Regelbeachtung untereinander hoffen. 265 S. zum geschützten Personenkreis eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter allein BeckOK BGB/Janoschek [01. 05. 2018], § 328 Rn. 50 ff.; Erman/Westermann, § 328 Rn. 15; MünchKomm/Gottwald, § 328 Rn. 179 ff.; Soergel/Hadding, § 328 Anh. Rn. 13 ff.

IV. Mögliche Anspruchsgrundlagen bei Mitspielerverletzungen

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Weiteren könnte ein Verein aber auch ein explizites und vielleicht sogar berechtigtes Ausschlussinteresse bezüglich eines bestimmten gegnerischen Spielers haben, der beispielsweise als besonders rücksichtsloser oder unfair agierender Sportler bekannt ist. Darüber hinaus führte die Annahme eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter zu einer Differenzierung zwischen verbandsmäßig betriebenem Sport und übriger (Freizeit-)Sportausübung.267 Mangels Mitgliedschaft in einem Sportverein oder Sportverband könnte eine Haftungsbegrenzung durch einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter nicht ohne Weiteres auch für Freizeitsportler realisiert werden, obwohl das Interesse dieser Gruppe gleichermaßen auf eine Haftungsbegrenzung ausgerichtet ist.268 Da es sich bei Mitspielerverletzungen aber um ein Phänomen jeglicher Sportausübung handelt, erschiene eine solche Differenzierung wenig zielführend.269 Somit ist vielmehr davon auszugehen, dass sich die Sportler allenfalls vertraglich mit Vereinen oder Verbänden binden, sich diese Verbindungen aber nicht auf das Verhältnis der Sportler untereinander erstrecken.270 Daher ist festzuhalten, dass grundsätzlich keine vertraglichen Ansprüche zwischen den Sportlern bestehen.271 Schadensersatzansprüche der Sportler untereinander sind somit im Regelfall nicht anhand der §§ 280 ff. BGB zu bewerten,272 sondern nach Deliktsrecht.273 266 Fritzweiler, Die Haftung des Sportlers bei Sportunfällen, 28. Auch diesen Aspekt lässt Meier, VersR 2014, 800, 804 f. nicht ausreichend in seine Bewertung einfließen. 267 Dies widerspräche in der Folge insbesondere dem oben unter B.III.4.a), b), c) dargestellten Gleichlauf zwischen Verbands- und Freizeitsport und könnte zu erheblichen Divergenzen bei der Beurteilung von Mitspielerverletzungen führen. 268 Siehe dazu bereits die Ausführungen oben unter B.I. 269 Ablehnend daher auch Haas/Martens, Sportrecht, 178. Weitere erhebliche Probleme könnten bereits dann entstehen, wenn eine verbandsmäßig organisierte Sportmannschaft gegen einen im Aufbau befindlichen Sportverein antritt, bei dem zu diesem Zeitpunkt nur manche Sportler bereits Vereinsmitglieder sind, andere Sportler hingegen nicht. Kritisch zu einer generellen Differenzierung zwischen Freizeit- und Verbandssportler in haftungsrechtlicher Sicht auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 8 ff., aber in Bezug auf § 823 Abs. 1 und 2 BGB. 270 Fritzweiler, Die Haftung des Sportlers bei Sportunfällen, 25; Haas/Martens, Sportrecht, 178; ähnlich auch Scheffen/Pardey, Schadensersatz bei Unfällen mit Minderjährigen, Rn. 363; Sportrecht in der Praxis/Adolphsen, Rn. 850. Ansonsten müsste bedacht sein, dass die Erstreckung des Schutzbereichs auf die Sportler als Dritte in ihrer Reflexwirkung gleichzeitig auch einen Vertrag zulasten Dritter – nämlich zu Ungunsten des vertraglich in Anspruch genommenen Schädigers – begründen könnte, der erst durch diese Erstreckung begründet würde. Aus diesem Grunde müsste eine Einbeziehung der Sportler als Dritte stets kritisch hinterfragt werden, da sie ihrem intendierten Schutz möglicherweise erst gar nicht gerecht werden könnte. Diese Folge bezieht Meier, VersR 2014, 800, 804 f., der sich für einen Vertrag mit Schutzwirkung ausspricht, wohl nicht in seine Überlegung ein. 271 So auch Fechner/Arnhold/Brodführer, Sportrecht, 78; Franz, Die Rechtsstellung des Amateurfußballers, 5; Hauk, Die zivilrechtliche Haftung bei Sportverletzungen, 77; Richtsfeld, CaS 2016, 131, 131; Roesch, ZfV 1976, 518, 518; Schimke, Sportrecht, 138. 272 Etwas anderes ist bei Sportlehrverhältnissen denkbar, wenn ein Vertrag zwischen einer Sportschule bzw. einem Sportlehrer und Sportschülern in Rede steht. S. dazu Babucke, Die Haftung

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B. Übergeordnete Frage- und Problemstellungen

2. Deliktische Ansprüche Der Schadensersatz bei Mitspielerverletzungen vollzieht sich somit fast ausschließlich nach den Maßgaben des Deliktsrechts, insbesondere nach § 823 Abs. 1 BGB.274 Neben § 823 Abs. 1 BGB kommt ebenfalls eine Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit einer Schutzgesetzverletzung in Betracht.275 Da den Sportregeln keine Normqualität beigemessen werden kann,276 kommt insoweit nur eine Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB, insbesondere in Verbindung mit §§ 211 f., 222, 223, 229 StGB oder aber in Verbindung mit einer spezialgesetzlichen Verhaltensvorschrift in Betracht. Schließlich kommen neben Ansprüchen aus Gefährdungs-277 und Billigkeitshaftung278 auch Ansprüche aus § 826 BGB279 in Betracht. Verletzungen und Schädigungen des Mitspielers bei der Sportausübung werden glücklicherweise nur in seltenen Fällen durch sittenwidriges Verhalten hervorgerufen.280 § 826 BGB steht daher im Ergebnis nur bei besonders grobem und auffällig regelwidrigem Verhalten des schädigenden Sportlers zur Diskussion oder aber, wenn der Sportler unter dem Deckmantel der Regelkonformität281 gezielt einen Mitsportler schädigen will. im Hängegleiter- und Gleitsegelsport, 258 ff.; Fritzweiler, Die Haftung des Sportlers bei Sportunfällen, 29 ff. sowie DAR 1998, 260, 253 f. und NJW 2002, 1014, 1017; Günther, SpuRt 2008, 57, 57 f. sowie SpuRt 2013, 191, 191; Hauk, Die zivilrechtliche Haftung bei Sportverletzungen, 114 ff.; Hess, Haftung und Sportlerschutz in Risikosportarten, insbesondere im Tauchsport, 178 ff., 189 ff., 198 ff., 277 ff.; Sauerwein, Spurt 2017, 55 zur aktuellen strafrechtlichen Bewertung sowie im rechtsvergleichenden Kontext Ermacora, SpuRt 2015, 10. Lehrverhältnisse sollen aber nicht Gegenstand der weiteren Untersuchung sein. 273 So auch Fritzweiler, DAR 1997, 137; Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 200 f.; im Ergebnis auch LAG Köln, NJW 1985, 991. 274 Franz, Die Rechtsstellung des Amateurfußballers, 8; Haas/Martens, Sportrecht, 178; Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 200 f.; Richtsfeld, CaS 2016, 131, 131; Sälzer, Skiunfälle im organisierten Skiraum, 124, 192 f. 275 Die Haftung aus § 823 Abs. 2 S. 1 BGB unterliegt ansonsten den gleichen Grundsätzen wie bei § 823 Abs. 1 BGB. S. dazu nur Meier, VersR 2014, 800, 804 sowie Looschelders, FS Müller, 129, 133. 276 S. dazu die Ausführungen unter B.III.1.b) und c). 277 Insoweit ist insbesondere an §§ 833 BGB, 7 StVG, 33 LuftVG zu denken. Die Gefährdungshaftung soll im Rahmen dieser Untersuchung aufgrund ihrer Sonderstellung allerdings nicht in aller Tiefe thematisiert werden. 278 S. zur Billigkeitshaftung bei Sportverletzungen allein Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 199 f. 279 S. zur Haftung des schädigenden Sportlers aus § 826 BGB auch Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 291 ff. 280 So auch Fritzweiler, Die Haftung des Sportlers bei Sportunfällen, 56; Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 198 f. 281 S. auch zur Strafbarkeit in solchen Situationen Eser, JZ 1978, 368, 374. S. ferner auch MünchKomm3/Mertens, § 823 Rn. 337 f.

V. Die Unterscheidung zwischen Kampfsport und Parallelsport

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V. Die Unterscheidung zwischen Kampfsport und Parallelsport Des Weiteren stellt sich die Frage, ob einzelne Sportarten von vornherein anders zu behandeln sind als andere oder ob ein Gleichlauf zwischen allen Sportarten besteht, der den Weg für eine einheitliche Betrachtung ebnen könnte. 1. Herkömmliche Auffassung und Einteilung der Sportarten Nach herkömmlicher Ansicht wird eine Einteilung der Sportarten nach der jeweiligen Ausübungsform vorgenommen. Manche unterscheiden so zwischen Sportarten, die gegeneinander und nebeneinander ausgeübt werden.282 Andere hingegen unterteilen die Sportarten in Kampf- bzw. Mannschaftssportarten und Individual- bzw. Parallelsportarten.283 Individualsport beziehungsweise Sport nebeneinander zeichnet sich dadurch aus, dass Körperkontakt zwischen den Teilnehmern von den entsprechenden Regelwerken weder vorgesehen ist, noch zum Erreichen des sportlichen Ziels notwendig erforderlich ist.284 Der Sport kann dementsprechend allein, nebeneinander oder nacheinander durchgeführt werden.285 Zum Kräftemessen mit einem gegnerischen Sportler – das allerdings nicht immer Körperkontakt erfordert – kommt es zwingend nur im Wettkampf. Training und Wettkampfvorbereitung können hingegen größtenteils ohne Kontrahenten betrieben werden. Beispiele für den Individualsport sind 282 Fritzweiler, Die Haftung des Sportlers bei Sportunfällen, 4 ff.; Hauk, Die zivilrechtliche Haftung bei Sportverletzungen, 79 ff.; Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 4 ff.; RGRK/Steffen, § 823 Rn. 360. Ähnlich auch die Einteilung in Sport „Mann gegen Mann“ und Sport „Mann neben Mann“ bei Geibel, Leibesübungen und Recht, 134 f. und Vollrath, Sportkampfverletzungen im Strafrecht, 47 ff. 283 BGH, NJW 1982, 2555; OLG Düsseldorf, VersR 1996, 73; BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535, 535.2; Bohn, Regel und Recht, 90; Erman/Wilhelmi, § 823 Rn. 102; Fechner/Arnhold/Brodführer, Sportrecht, 79; Fleischer, VersR 1999, 785, 785; Fritzweiler, DAR 1997, 137, 137; Günther/Kern, VersR 1993, 794, 794 f.; Herrmann, Jura 1985, 568; PHB Sportrecht/Fritzweiler, 5. Teil Rn. 20; Scheffen, NJW 1990, 2658, 2658 f.; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 692; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 116; Storch, VersR 1989, 1131, 1131; Weisemann/Spieker, Sport, Spiel und Recht, Rn. 66 f. Eser, JZ 1978, 368, 369 hingegen differenziert noch etwas weitgehender und bildet vier Kategorien von Sportarten: Sportarten, die gerade auf das Beibringen von Körperverletzungen ausgerichtet sind, Sportarten, die durch den Kampf gegeneinander gezeichnet sind und bei denen körperliche Einwirkungen nicht vermieden werden können, Sportarten, die nebeneinander betrieben werden und Sportarten, die lediglich auf der gleichen Anlage durchgeführt werden. Im Ergebnis stellt der Ansatz aber keinen signifikanten Unterschied zur herkömmlichen Einteilung dar. Ähnlich auch Zuck, FS Nirk, 1089, 1096, der jedoch nur relativ grob kategorisiert. 284 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 61; Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 5 f. 285 Anders liegt dies freilich bei den meisten (Spiel-)Feldsportarten wie zum Beispiel (Tisch-)Tennis, Squash, Badminton, Volleyball, dem in Asien sehr populären Sepak Takraw oder aber auch beim Schach, da diese Sportarten auch bei Vorbereitung und Training idealerweise mit einem Gegner durchgeführt werden.

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B. Übergeordnete Frage- und Problemstellungen

die meisten Laufdisziplinen, Leichtathletik, Alpinsport, Turnen, Schwimmen, Golf, Rad- und Motorsport. Sport gegeneinander beziehungsweise Kampfsport zeichnet sich im Gegensatz dazu dadurch aus, dass körperlicher Kontakt durch das Regelwerk entweder ausdrücklich zugelassen ist286 oder er aber unvermeidbar eintreten kann oder sogar muss.287 Ebenso können Regelübertretungen nicht immer vermieden werden.288 Derartiger Sport kann nicht ohne einen Kontrahenten ausgetragen werden, da Ziel der jeweiligen Sportart ist, den Gegner im sportlichen Wettkampf zu besiegen.289 Zudem kann es insbesondere beim Mannschaftsport, gerade auch beim regelgerechten Einsatz, zu unvermeidbaren Verletzungen kommen.290 Auch für Training und Wettkampfvorbereitung bedarf es meist eines Gegners, um eigene Stärken und Schwächen zu trainieren und auf den jeweiligen Gegner abzustimmen. Aufgrund der zwingend erforderlichen Konfrontation und der Unvermeidbarkeit von Regelverstößen und Körperkontakt solle daher ein größeres Risiko als beim Parallelsport vorliegen.291 Zu den Kampfsportarten zählen beispielsweise Boxen sowie andere gegeneinander ausgeübte Kampfkünste, Fußball, Handball, Basketball, (Eis-)Hockey, Rugby oder (Gridiron oder Australian Rules) Football. Aus dem gesteigerten Risiko vieler Kampfsportarten wird vielfach gefolgert, dass die Haftungsbegrenzung nur für Verletzungen bei Sportarten dieser Gruppe Anwendung finden solle.292 Die Herausnahme der Parallelsportarten aus dem privilegierten Bereich wird dabei auf fehlende Reziprozität gestützt.293 Das Risiko, in der 286 S. dazu allein BayObLG, NJW 1961, 2072, 2073; PHB Sportrecht/Fritzweiler, 5. Teil Rn. 20. Nahezu jede im Wettkampf ausgeübte Kampfkunst billigt die Verletzung des Kontrahenten, um den sportlichen Erfolg erringen zu können; aber auch bei Mannschaftssportarten, wie zum Beispiel beim Eishockey, etwa durch einen regelgerecht ausgeführten Bandencheck, ist die körperliche Beeinträchtigung explizit durch Regel 43 der maßgeblichen Eishockeyregeln der „International Ice Hockey Federation“ gebilligt. Eine Strafe wird nur unter einem Verstoß gegen die Regeln 100 ff. und 116 ff. ausgesprochen. S. zum Regelwerk beim Eishockey Fn. 14. 287 Basketball gilt als das „körperlose“ Spiel und Körperkontakt wird durch die Spielregeln sanktioniert. Dennoch sind Berührungen beim Basketball aufgrund der Schnelligkeit der Bewegungsabläufe unvermeidbar. S. zum Regelwerk http://www.basketball-bund.de/dbb/schieds richter/downloads; zuletzt abgerufen am 31. Juli 2018. S. zudem BGH, NJW 1976, 2161. 288 Nach Ansicht von Pfister, FS W. Lorenz, 171, 190 stellen gewisse Regelverstöße sogar den spieltypischen Reiz mancher Sportarten dar, sodass sie eben diesen verlören, wenn sich die Sportler darauf einrichten müssten, gerade keine Regelverstöße zu begehen. S. in diesem Kontext auch Hofacker, DJZ 1927, 454, 454 f. 289 Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 51. 290 Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 116. Nach Ansicht von Wilms, JR 2007, 95, 95 soll die Verletzungsgefahr beim Fußball gerade in niedrigen Spielklassen gegenüber höheren Spielklassen erhöht sein. Einen (statistischen) Nachweis dazu führt Wilms allerdings nicht an. 291 Fleischer, VersR 1999, 785, 785. S. dazu auch Möllers, JZ 2004, 95, 96. 292 BGH, NJW 1982, 2555; Fleischer, VersR 1999, 785, 785; Palandt/Sprau, § 823 Rn. 215 f. Ähnlich auch Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 4 ff. S. ferner auch die Ausführungen von Möllers, JZ 2004, 95, 96. 293 So ausdrücklich BGH, NJW 1982, 2555.

V. Die Unterscheidung zwischen Kampfsport und Parallelsport

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konkreten Situation entweder zum Schädiger oder Geschädigten werden zu können, sei bei Parallelsportarten – anders als bei Kampfsportarten – nicht zufällig verlagert.294 Zimmermann hingegen begründet die Herausnahme der Parallelsportarten mit einem Fehlen einer für die Haftungsbegrenzung erforderlichen Konfrontationssituation beim Parallelsport.295 Dies führte aber ebenfalls dazu, dass die Haftungsbegrenzung bei Mitspielerverletzungen nur bei Kampfsportarten zur Anwendung käme. Gesamtbetrachtend stellt sich daher die Frage, ob eine Kategorisierung der Sportarten überhaupt sinnvoll für die haftungsrechtliche Bewertung von Mitspielerverletzungen sein kann. Zwingende Gründe für eine Differenzierung zwischen den Sportarten bestehen jedenfalls nicht. Vielmehr kann eine haftungsrechtlich nicht gebotene Ungleichbehandlung die Folge sein. 2. Problematik dieser Differenzierung Die wesentliche Problematik einer Einteilung besteht darin, dass ohne das jeweilige Regelwerk und die Reziprozität der Verletzungsgefahr tiefergehend zu betrachten, bestimmte Sportarten kategorisch aus dem privilegierten Bereich ausgeschlossen werden. Dabei wird missachtet, dass nicht jede Sportart pauschal dem Kampf- oder Parallelsport zugeordnet werden kann.296 Häufig enthalten Sportarten Elemente, die beiden Gruppen zugeordnet werden können.297 Weiterhin wird missachtet, dass viele Parallelsportarten in gewissen Spielsituationen ein mit den Kampfsportarten vergleichbares Gefahrenpotential aufweisen können und auch die Gefahr der Schadenszufügung reziprok sein kann.298 3. Besondere Abgrenzungsprobleme Aufgrund dessen ist es nicht verwunderlich, dass bei vielen Sportarten besondere Zuordnungsprobleme bestehen, wie die nachfolgenden Konstellationen verdeutlichen.

294

BGH, NJW 1982, 2555. Zimmermann, VersR 1980, 497, 499; ähnlich auch Herrmann, Jura 1985, 568, 569; Storch, VersR 1989, 1131, 1131. 296 jurisPK-BGB/J. Lange, § 823 Rn. 110 sieht in einem Tennisdoppel sowohl Kampf- und Parallelsport. Seiner Ansicht nach soll das Verhältnis zum Mitspieler – wahrscheinlich wegen des möglichen Körperkontakts – als Kampfsport, das Verhältnis zum anderen Team als Parallelsport eingestuft werden. Ähnlich auch Zuck, MDR 1990, 971. 297 So verläuft beispielsweise ein Radrennen grundsätzlich ohne Körperkontakt, durch die Fahrt in einer Gruppe, bei Windschattenfahrten oder insbesondere beim Zielsprint kann es allerdings durchaus zu Körperkontakt und auch zu unvermeidbaren Verletzungen kommen. 298 Burger, SpuRt 2007, 192, 195; ähnlich auch Heermann, Haftung im Sport, Rn. 209; Pardey, zfs 1995, 281, 282. 295

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B. Übergeordnete Frage- und Problemstellungen

a) Parallel ausgeübte Sportarten mit Körperkontakt Abgrenzungsprobleme bestehen bei Parallelsportarten gerade dann, wenn es bei der Sportausübung überwiegend nicht zum Körperkontakt kommt, er aber in manchen Situationen dennoch – teils gewollt, teils ungewollt – vorkommt.299 Zu denken ist dabei insbesondere an Sportarten, die auf (relativ fest) definierten Strecken durchgeführt werden, wie beispielsweise Radrennen, Laufwettbewerbe, Motorsowie Regattasport oder aber an Sportarten, die auf einem festen Spielfeld ausgetragen werden, wie zum Beispiel Tennis oder Squash. Bei den auf (Renn-)Strecken ausgeübten Sportarten kommt es in der Regel bei Überholmanövern, dem Zusammentreffen einer größeren Gruppe Sportler oder aber auf anspruchsvollen Streckenabschnitten zu Kollisionen und Verletzungen. Freilich besteht auch immer eine gewisse Gefährdung durch äußere Umstände, wie zum Beispiel Reifenplatzer, Motorschäden, ähnliche materialbedingte Ausfälle, durch die Witterung oder aber auf die Strecke gelangte Gegenstände oder Tiere. Allein aus diesen typischen Risiken lässt sich jedoch nicht zweifelsfrei herleiten, dass es sich um eine Sportart mit erheblichem Gefährdungspotential handelt. Die besondere Gefährdungslage ergibt sich regelmäßig aus der konkreten Ausübung des Sports und der jeweiligen Spiel- und Schädigungssituation. So ist mit Sicherheit nicht zu bestreiten, dass der Motorsport generell ein gewisses Gefährdungspotential in sich trägt, es aber bei der Sportausübung nicht zwingend zu Unfällen kommen muss. Dies könnte bei Lauf-, Rad- und Segelsport allerdings mit der Begründung in Abrede gestellt werden, dass bei diesen Sportarten nicht so hohe Beschleunigungs- oder Geschwindigkeitswerte erreicht werden oder längere Reaktions- und Entscheidungszeiträume bestehen.300 Auf der anderen Seite ist das Gefährdungspotential in den besonders gefahrträchtigen Wettkampfsituationen – wie beispielsweise im Zielsprint beim Laufen und Radrennen, Umfahren der Wendemarken beim Segeln oder beim Windschattenfahren auf dem Rad in einem großen Pulk Sportler – nicht zwingend geringer. Gleichzeitig wird der Sportler in diesen Situationen den beste-

299 Bedacht werden muss insoweit, dass auch bei den Parallelsportarten nicht jeder Körperkontakt zwingend einen Regelverstoß begründet. So kann es zum Beispiel bei einem Tennisdoppel zu einem Zusammenprall zwischen den Mitspielern kommen, dem kein regelwidriges Verhalten zugrunde liegt, da die Spielregeln für ein Tennisdoppel den Fall des Körperkontakts mit dem Mitspieler erst gar nicht vorsehen. Teilweise wird Körperkontakt sogar ausdrücklich geduldet: Der Kopfstoß beim Keirin, einer speziellen Form des Bahnradfahrens, ist erst seit einer Regeländerung verboten. Beim Straßenradrennen sind Kopfberührungen in gewissen Maßen zulässig und unterliegen der Kontrolle einer Jury. S. zu den Regeln beim Tennis Fn. 1384 sowie zu einzelnen Regelwerken im Radsport https://www.rad-net.de/modules. php?name=html&f=verwaltung/reglements.htm&menuid=76; zuletzt abgerufen am 31. Juli 2018. 300 In diese Richtung gehend Müller-Stoy, VersR 2005, 1457, 1457 f., der die Vergleichbarkeit einer Segelregatta mit einer Motorsportveranstaltung trotz bestehender Reziprozität und schnell zu treffender Entscheidungen ablehnt. S. dazu auch Behrens/Rühle, NJW 2007, 2079, 2081 f.

V. Die Unterscheidung zwischen Kampfsport und Parallelsport

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henden Risiken körperlich oftmals sogar stärker ausgesetzt sein als bei vielen Kampfsportarten. Das gegenseitige Gefährdungspotential bei auf einem festen Sportplatz ausgetragenen Sportarten besteht demgegenüber meist in einer missglückten Spielführung oder in einer missglückten Abstimmung im Bewegungsablauf der Sportler untereinander. Die Rechtsprechung musste sich insoweit bereits mit einigen Fällen beschäftigen, in denen Sportler bei Tennis und Squash von Bällen des gegnerischen Spielers oder bei einem Doppel vom Schläger des Mitspielers getroffen und teils erheblich verletzt wurden.301 Für diese Konstellation muss festgehalten werden, dass die dem Sport abstrakt innewohnende Gefahr wohl geringer als bei den meisten Kampfsportarten anzusehen ist, in der konkreten Spielsituation – unabhängig von einem regelgerechten oder regelwidrigen Verhalten – aber ebenso gravierende Verletzungen entstehen können. Zudem ist gerade bei einem Tennisdoppel auch die Gefahr des Körperkontakts – und daraus resultierender Verletzungen – unter den Mitspielern dem Grunde nach erhöht und auch in vielen Fällen Reziprozität der Verletzungsgefahr gegeben, da nicht von vornherein feststeht, welcher Spieler bei einer missglückten Abstimmung untereinander zum Schädiger oder Geschädigten wird.302 b) Sport miteinander Überdies ist an Sportarten zu denken, die nicht neben- oder gegeneinander, sondern vielmehr miteinander ausgeübt werden. Besonders auffällig ist dabei der Bergsport. Beim Bergsteigen, aber auch beim Bergwandern oder anderen alpinen Sportarten, kommt es grundsätzlich nicht zum Körperkontakt zwischen den Beteiligten. Dies spräche für eine Einordnung als Parallelsportart. Diese Einordnung griffe jedoch zu kurz, wenn bedacht wird, dass das Bergsteigen, aber auch die Bergwanderung, oftmals miteinander in einer Seilschaft betrieben werden und es dadurch unausweichlich zu körperlichem Kontakt kommen kann. Der Bergsport nimmt daher eine Sonderstellung zwischen Kampf- und Parallelsport ein.303 Des Weiteren muss beachtet werden, dass die Seilschaft wie eine Mannschaft funktioniert, sodass das Gelingen vom Einsatz jedes beteiligten Sportlers abhängt.304 Gleichzeitig hängt der Erfolg der Seilschaft aber auch maßgeblich von der gegenseitigen Sicherung der Teilnehmer ab,305 sodass auch dieses Miteinander berücksichtigt werden muss. 301 S. dazu allein OLG München, NJW 1970, 2297; OLG Braunschweig, VersR 1991, 1066; OLG Hamm, NJW-RR 1991, 149; OLG München, VersR 1993, 237; OLG Hamm, VersR 2001, 346; OLG Düsseldorf, VersR 2006, 1267; LG Wuppertal, VersR 1969, 337. 302 So ausdrücklich auch OLG Braunschweig, VersR 1991, 1066; OLG Düsseldorf, VersR 2006, 1267, 1268. Im Ergebnis auch Günther/Kern, VersR 1993, 794, 797. 303 Burger, SpuRt 2007, 149, 151; Röckrath, Spurt 2003, 189, 189; Schünemann, VersR 1982, 825, 825. 304 Schünemann, VersR 1982, 825, 826. 305 Röckrath, Spurt 2003, 189, 189; Schünemann, VersR 1982, 825, 826.

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B. Übergeordnete Frage- und Problemstellungen

Zugleich muss festgehalten werden, dass sich der Bergsport seiner Konzeption nach von den meisten (Wettkampf-)Sportarten unterscheidet. Zielsetzung ist es gerade nicht, die gegnerische Mannschaft oder den gegnerischen Sportler zu besiegen oder zu überwinden, da in den meisten Fällen306 kein Mitstreiter vorhanden ist. Als Gegner kann vielmehr nur der vor dem Bergsteiger liegende Gipfel angesehen werden, den es zu „besiegen“ gilt. Auch wenn als Zielsetzung eine möglichst schnelle Besteigung oder Bewältigung der Route ausgesprochen wird, so fehlt in dieser Art des Wettkampfs ein Mensch als Gegner. Eine klare Zuordnung des Bergsports zum Kampf- oder Parallelsport ist somit nicht möglich. Der Bergsport nimmt vielmehr eine Sonderstellung ein. c) Kampf- und Mannschaftssportarten ohne regelmäßige Körperberührungen Eine weitere Sonderstellung nehmen Kampf- oder Mannschaftssportarten ein, die ohne Körperberührung mit Sportlern der gegnerischen Mannschaft durchgeführt werden, sich aber durch eine direkte Kraftauswirkung auf den Gegner auszeichnen. Als bestes Beispiel dafür dient das bis 1908 auch olympisch ausgetragene Tauziehen.307 Ziel ist es, die gegnerische Mannschaft durch das Ziehen am Tau über die Mittellinie des Spielfelds zu ziehen. Körperkontakt zwischen Sportlern der gegnerischen Mannschaften ist bereits faktisch durch das – die Mannschaften trennende – Tau ausgeschlossen, sodass Körperkontakt allein zwischen den Sportlern der eigenen Mannschaft bestehen kann. Dennoch findet durch das Ziehen am Tau eine direkte Krafteinwirkung auf den Gegner statt, die sich verletzungsfördernd oder -auslösend auswirken kann. Des Weiteren enthält das Regelwerk auch keine Angaben zu Regelverstößen durch Körperkontakt mit der gegnerischen Mannschaft.308 Somit bestehen neben dem Element des Mannschafts- bzw. Kampfsports auch starke Elemente des Parallelsports. Eine eindeutige Zuordnung zu einer der beiden Gruppen ist somit nicht möglich. Dass aber dennoch ein erhebliches Gefährdungspotential bestehen kann, zeigt der tragische Ausgang eines Freizeitwettkampfs während eines Pfadfinderjugendlagers, bei dem es zu zwei Toten und vielen Schwerverletzten aufgrund eines gerissenen Taus kam.309

306 Zu denken ist natürlich an eine möglichst schnelle Besteigung eines Gipfels in unterschiedlichen Teams. Im Regelfall wird der Bergsport aber gemeinsam in der Seilschaft mit dem Ziel des gemeinsamen Besteigens ausgeführt. 307 S. dazu die Wettkampfordnung des Deutschen Rasenkraftsport- und Tauzieh-Verbands unter http://www.drtv.de/wp-content/uploads/2012/04/Wettkampfordnung-Tauziehen-2015.pdf; zuletzt abgerufen am 31. Juli 2018. 308 S. dazu Kap. 10 der Wettkampfordnung des DRTV. 309 S. dazu AG Westerburg, Urt. v. 5. 6. 1995, 2012 Js 22761/95-3 Cs. Die Entscheidung betrifft zwar die strafrechtliche Verantwortlichkeit der Organisatoren des Jugendfreizeitlagers, verdeutlicht zugleich aber die für das Zivilrecht relevante Abgrenzungsproblematik.

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4. Übertragung der Haftungsprivilegierung auf Parallelsportarten So verwundert es – gerade auch aufgrund der aufgezeigten Beispiele und Sonderkonstellationen – nicht, dass die Eingruppierung in Kampf- und Parallelsport nicht strikt durchgehalten wird und sowohl die instanzgerichtliche Rechtsprechung310 als auch die Literatur311 die Haftungsbegrenzung regelmäßig auch bei Parallelsportarten zur Anwendung kommen lassen. Aus diesem Grunde bezeichnet Börner die Einteilung sogar als unbrauchbar und überflüssig.312 Daher muss die Frage gestellt werden, ob die Eingruppierung in haftungsrechtlich privilegierte und nicht privilegierte Sportarten überhaupt sinnvoll und geboten ist.313 Inkonsequent ist indessen der Ansatz von Günther/Kern, die zunächst für eine strikte Trennung zwischen Kampf- und Parallelsport eintreten, dann aber über das Kriterium des kämpferischen Elements im Wettbewerb, Tennis als Wettkampfsport qualifizieren wollen und somit eine Haftung für regelgerechtes Verhalten des schädigenden Sportlers ablehnen.314 Dies widerspricht gerade der vorher geforderten Herausnahme der Parallelsportarten aus dem Bereich der Haftungsprivilegierung beim Sport. 5. Neuordnung durch den Bundesgerichtshof im Jahre 2003 Dieser Problematik hat sich nunmehr auch der BGH angenommen und die Einteilung in Kampf- und Parallelsportarten durch seine Entscheidung vom 1. April 310 So wendet das OLG Zweibrücken, VersR 1994, 1366 die Haftungsbegrenzung auf das Windschattenfahren beim Rennradsport – der nach herkömmlichem Verständnis eindeutig als Parallelsport einzuordnen wäre – unter Hinweis auf die Reziprozität an. Auch das OLG Stuttgart, NJW-RR 2007, 1251, 1252 überträgt die Haftungsbegrenzung auf einen Radunfall im Rahmen einer Radtouristikfahrt. S. des Weiteren die folgenden Entscheidungen aus jüngerer Zeit, in denen die für Kampfsportarten entwickelten Grundsätze auf Parallelsportarten angewendet wurden: OLG Düsseldorf, VersR 2006, 1267 zum Tennisdoppel; OLG Düsseldorf, VersR 1996, 73 zum Trabrennsport; OLG Düsseldorf, VersR 1993, 1295 zum Schattenboxen; OLG Brandenburg, SpuRt 2012, 27 zum Klettern; OLG Karlsruhe, NJW-RR 1978, 705 zum Bergsteigen; OLG Brandenburg, NJW-RR 2008, 340 zu einem verkehrswidrigen Motorradrennen; OLG Karlsruhe, VersR 2005, 250 zum Segeln; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1997, 408 zu einem Go-Kart-Rennen; OLG München, VersR 1993, 237 zum Squash; OLG Düsseldorf, SpuRt 1999, 152; OLG Rostock, SpuRt 1999, 1520 zum Radsport. 311 Burger, SpuRt 2007, 192, 195; Looschelders, FS Müller, 129, 133; MünchKomm/ Wagner, § 823 Rn. 698; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 116; wohl auch Pardey, zfs 1995, 281, 282; einschränkend Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 51; kritisch PWW/Schaub, § 823 Rn. 161. 312 Börner, Sportstätten-Haftungsrecht, 242. Nicht so vehement, aber dennoch sehr kritisch zum Sinn der Einteilung Zuck, FS Nirk, 1089, 1096. 313 S. insofern im rechtsvergleichenden Kontext Králík, SpuRt 2013, 146, 148, der attestiert, dass die tschechische Rechtspraxis nicht zwischen einzelnen Sportarten differenziere. 314 Günther/Kern, VersR 1993, 794, 795 f.

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B. Übergeordnete Frage- und Problemstellungen

2003 aufgegeben.315 Seitdem unterteilt er die unterschiedlichen Sportarten in Sportarten mit nicht unerheblichem Gefährdungspotential – zu denen er jedenfalls die Kampfsportarten zählt – und Sportarten ohne erhebliches Gefährdungspotential.316 Für die Anwendung der Haftungsbegrenzung sei entscheidend, dass bei dem geforderten, nicht unerheblichem Gefährdungspotential bei regelgerechtem oder leicht regelwidrigem Verhalten typischerweise die Gefahr gegenseitiger Schadenszufügung bestehe.317 Für die Einteilung des BGH ist somit weiterhin neben dem Gefährdungspotential das Kriterium der Reziprozität von entscheidender Bedeutung. Im Ergebnis führt die Neueinordnung des BGH zu einer Aufweichung der vorher relativ starren Grenzziehung und ermöglicht eine etwas flexiblere haftungsrechtliche Beurteilung von Mitspielerverletzungen. Nicht geklärt hat der BGH hingehen, ob das nicht unerhebliche Gefährdungspotential der Sportart abstrakt anhaften muss oder in der konkreten Spiel- oder Wettkampfsituation gegeben sein muss.318 Für eine abstrakte Betrachtungsweise spricht, dass der BGH fordert, dass typischerweise die Gefahr der gegenseitigen Schadenszufügung bestehen müsse.319 Dass er aber im gleichen Zuge das Gefährdungspotential neben die Reziprozität als entscheidendes Kriterium stellt, kann jedoch genauso für eine konkrete Betrachtung sprechen.320 Eine klare Grenzziehung nimmt der BGH jedenfalls nicht vor. Im Ergebnis muss damit festgehalten werden, dass auch die Neueinteilung der Sportarten durch den BGH nicht zu Rechtssicherheit geführt hat, sondern die Problematik lediglich dahingehend verlagert hat, die Erheblichkeit des Gefährdungspotentials festzustellen oder abzulehnen. Dies zeigt sich bereits anhand zweier Beispiele der jüngeren Rechtsprechung: So qualifizierte das OLG Düsseldorf ein Tennisdoppel aufgrund der Schnelligkeit der Bewegungsabläufe als besonders gefährliche Sportausübung.321 Dagegen soll es sich beim Klettern in einer Kletterhalle nach Ansicht des OLG Karlsruhe nicht um einen besonders gefährlichen Sport 315

BGHZ 154, 316. BGHZ 154, 316. 317 BGHZ 154, 316, 324. 318 Heermann, JZ 2008, 1001, 1002 kritisiert daher zu Recht, dass eine abschließende Stellungnahme, wann ein Wettkampf mit unerheblichem Gefahrpotential vorliege, nicht erfolgte. Heermann stellt insoweit zwar klar, dass eine Stellungnahme aufgrund der vielfältigen Konstellationen im Sport nicht zu erwarten war. Es wäre jedoch durchaus wünschenswert gewesen, wenn der BGH zumindest geklärt hätte, ob eine abstrakte oder konkrete Betrachtung vorzunehmen sei. Dadurch wäre dem Rechtsanwender eine ausreichende Handhabung eröffnet worden, ohne wiederum in ein starres System verfallen zu müssen. Kritisch auch Möllers, JZ 2004, 95, 96 f. sowie Richtsfeld, CaS 2016, 131, 134 f. 319 BGHZ 154, 316, 324. 320 S. dazu BGHZ 154, 316, 324. So verweist Burger, SpuRt 2007, 192, 195 zu Recht darauf, dass die Gefährlichkeit der Sportausübung nicht zwingend von Anfang an bestehen muss, sondern sich auch erst im Laufe der konkreten Sportausübung ergeben kann. Für eine Betrachtung der konkreten Spielsituation wohl auch Heermann, Haftung im Sport, Rn. 97. 321 OLG Düsseldorf, VersR 2006, 1267, 1268. 316

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handeln,322 obwohl die Gefahr eines Absturzes aus mehreren Metern Höhe besteht. Sicherlich birgt jede Sportart ihre eigenen Risiken, doch erscheint es auf den ersten Blick – im Vergleich der den Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalte – eher als gefährlich, infolge einer unzureichenden Sicherung des Kletterpartners aus einer großen Höhe von einer Kletterwand abzustürzen und mit großer Wahrscheinlichkeit Knochenbrüche oder andere schwerwiegende Verletzungen davonzutragen, als bei einem Tennisdoppel vom Schläger des Mitspielers am Kopf getroffen zu werden und dadurch eine Gehirnerschütterung zu erleiden. Es verwundert daher nicht, dass die ursprünglich vom BGH vorgenommene Kategorisierung auch von der Literatur nicht umfänglich angenommen wurde. Bereits vor der Neuordnung durch den BGH im Jahre 2003 wollten viele Autoren die Haftungsprivilegierung für Kampfsportarten auch auf ausgewählte Parallelsportarten anwenden.323 Dies wurde dabei meist auf die mit Kampfsportarten vergleichbare Gefährdungssituation oder auch auf eine ebenfalls bestehende Reziprozität gestützt.324 Aber auch seit der Neueinteilung durch den BGH wird von einigen Autoren kritisiert, dass die Einordnung vom Ergebnis her nicht zwingend hilfreich sei325 oder sogar ganz aufgegeben326 werden sollte. 6. Beurteilung der Differenzierung Wie die dargestellten Abgrenzungsprobleme verdeutlicht haben, bestehen keine zwingenden Gründe, die vielfältigen Ausübungsformen des Sports pauschal zu kategorisieren und so bereits eine haftungsrechtliche Grundentscheidung herbeizuführen. Dass die Einordnung in Kampf- und Parallelsport oder Sport mit erheblichem oder unerheblichem Gefährdungspotential oftmals nicht durchzuführen ist, wurde ebenfalls aufgezeigt. Die pauschale Einteilung von Sportarten in Kampf- und Parallelsport oder in Sportarten mit erheblichem und unerheblichem Gefährdungspotential ist daher haftungsrechtlich nicht zielführend. Die Befürworter der Differenzierung sind – bis auf die teilweise gegebene höhere abstrakte Gefährlichkeit der Kampfsportarten – eine systematisch überzeugende Begründung bislang schuldig geblieben.327 322

OLG Karlsruhe, VersR 2006, 228, 230. S. dazu die Ausführungen oben unter B.V.4. 324 So ausdrücklich Pardey, zfs 1995, 281, 282. 325 Möllers, JZ 2004, 95, 96; Richtsfeld, CaS 2016, 131, 134 f. Ähnlich auch Burger, Spurt 2007, 192, 194, der die Kriterien Typizität und Reziprozität zur haftungsrechtlich relevanten Abgrenzung heranziehen will. 326 Heermann, Haftung im Sport, Rn. 209. Anders hingegen Müller-Stoy, VersR 2005, 1457, 1458, der recht pauschal und ohne auf Gefährdungspotential und Reziprozität einzugehen, die Anwendbarkeit der Haftungsbesonderheiten bei Segelregattaunfällen verneint. 327 Vielmehr stellt Teichmann, JA 1979, 293, 294 fest, dass der Erkenntnisgewinn durch die Systematisierung für das bei der jeweiligen Sportart gegebene Risiko nicht allzu aussagekräftig sei. So überzeugt es nicht, dass Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 58 die Unterscheidung 323

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B. Übergeordnete Frage- und Problemstellungen

Wenn allerdings das Kriterium der Reziprozität als ein wesentliches Element der Haftungsprivilegierung ernst genommen wird, bedarf es der Abgrenzung letztlich nicht mehr.328 Entspricht die konkrete Schädigung diesem Erfordernis, so ist es unerheblich, ob es sich um Individual-, Kampf-, oder gefährlichen Sport handelt, da alle Sportarten dieses Zufallselement im Rahmen der konkreten Verletzungshandlung als verwirklichtes Risiko aufweisen müssen. Wenn dennoch seitens einiger Autoren eine Differenzierung zwischen Kampf- und Parallelsport oder Sportarten mit erheblichem und unerheblichem Gefährdungspotential durchgeführt wird,329 so muss klargestellt sein, dass allein aus der Differenzierung keine haftungsrechtlichen Folgen resultieren dürfen. Ansonsten ist sie aufzugeben, da sie dem Rechtsanwender keinerlei Vorteile bringt, sondern lediglich zu unnötigen und vermeidbaren Abgrenzungsproblemen führt. Die haftungsrechtliche Beurteilung von Mitspielerverletzungen beim Sport muss vielmehr anhand der Reziprozität der Verletzungsverursachung innerhalb des jeweiligen Sportgeschehens unter Zuhilfenahme des jeweiligen Regelwerkes330 und zusätzlicher weiterer Elemente der Typizität beurteilt werden.

zwischen Kampf- und Parallelsport immer noch für dogmatisch zwingend erklärt und dafür auf die jeweiligen Sportregelwerke abstellt, im gleichen Moment aber auch bestimmte Parallelsportarten dem Kampfsport zuordnen will. Dadurch wird deutlich, dass es zu einer Unterscheidung zusätzlicher Kriterien bedarf und somit eine pauschale Einordnung nicht zielführend sein kann. Zudem wird missachtet, dass es beim Parallelsport auch regelkonformen Körperkontakt oder regelkonform verursachte Verletzungen geben kann. 328 Im Ergebnis auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 64; ähnlich auch Burger, SpuRt 2007, 192, 194 f., der neben Reziprozität stets auch ein Sich-Begeben in eine drohende Eigengefährdung verlangt. Ob dieses Kriterium zwingend erforderlich erfüllt sein muss, wird sich im späteren Verlauf der Untersuchung zeigen. S. ferner auch Richtsfeld, CaS 2016, 131, 134 f. 329 Wie in jüngster Zeit noch im Rahmen der Untersuchungen von Hess, Haftung und Sportlerschutz in Risikosportarten, insbesondere im Tauchsport, 115 ff.; Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 137 ff., 177 ff. und P. Winter, Das Recht der Sportveranstalterhaftung, 237 ff. oder aber bei BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535, 535.2; Geigel/ Knerr, Der Haftpflichtprozess, 1. Kapitel Rn. 59; Korff, Sportrecht, Rn. 237 ff., 251 ff.; Meier, VersR 2014, 800, 802 f.; Palandt/Sprau, § 823 Rn. 215 f.; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 50 ff, 58 ff. Auf der anderen Seite ist die von Heermann, Haftung im Sport, Rn. 222 ff. vorgenommene Unterteilung durchaus sinnvoll, da ihr gerade keine pauschale haftungsrechtliche Folge beigemessen wird. 330 Ähnlich auch Richtsfeld, CaS 2016, 131, 134 f. Eine weitere Idee wäre es, allein auf den Regelverstoß abzustellen. Dies würde dazu führen, dass bei regelgerechtem Verhalten ein Gleichlauf und keine Unterschiede bestünden, da die Sportler regelgerecht verursachte Verletzungen durch die Teilnahme am Sport hinnehmen. Dies würde im Ergebnis aber zu kurz greifen, da stets auch die Reziprozität beachtet werden sollte. Zudem könnten sich bei leichten Regelverstößen Unterschiede ergeben, da diese bei Kampf- und Parallelsportarten unterschiedlich zu beurteilen sein könnten. S. dazu die Ausführungen unter E.I.1., 2; F.II., III., IV.

VI. Berücksichtigung von Spielen oder sportähnlichen Aktivitäten

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VI. Berücksichtigung von Spielen oder sportähnlichen Aktivitäten Insbesondere aus den Anforderungen an den Sportbegriff331 ergibt sich die Folgefrage, ob eine Haftungsbegrenzung für Mitspielerverletzungen über den Bereich des Sports hinaus auch Fälle denkbarer Mitspielerverletzungen bei Spielen oder sportähnlichen Tätigkeiten erfassen und sodann auch in diesen Bereichen Anwendung finden könnte. Gerade im Randbereich der Sportdefinition kann eine klare Zuordnung zum Sport, zum Spiel oder zu sportähnlichen Tätigkeiten zu – manchmal auch unüberbrückbaren – Herausforderungen führen. Teilweise sind auch Überschneidungen denkbar, die einer klaren Zuordnung entgegenstehen. Zu prüfen ist daher, ob auch in diesen Grenzbereichen oder gar darüber hinaus an eine Haftungsprivilegierung zu denken ist, wenn eine Vergleichbarkeit zum Sport besteht. Die Relevanz dieses Problemkreises ergibt sich nicht erst aus diesem Befund, sondern lässt sich auch empirisch anhand der Fälle, in denen sich die Rechtsprechung bereits mit der Frage beschäftigte, ob auch in diesen Konstellationen eine Haftungsprivilegierung anzunehmen sei, belegen. So wurde die Rechtsprechung bereits mit unterschiedlichsten Fällen aus dem Grenzbereich zwischen Sport, Spiel und ähnlichen Aktivitäten konfrontiert, wie zum Beispiel Rangeleien332, bewaffneten Mittelalterrollenspielen333, Gesellschaftstänzen334, illegalen Autorennen335, Schattenboxen336, gefährlicher Bastelei337, einer „Tannenzapfenschlacht“ unter Kindern338, einem gefährlichen Spiel mit Wurfpfeilen339, Bockspringen auf einer Eisbahn340, gegenseitigem „Ins-Wasser-Schubsen“341, Gotcha342, spontanen Akrobatikübungen in einer Gaststätte343, „Luftgitarre-Spielen“344, Kitzeln345 beziehungsweise gegenseitigem „Necken“346 oder Stockkämpfen347. 331

S. dazu die Ausführungen oben unter B.II.1. LG Tübingen, NJW-RR 1993, 1498. 333 LG Osnabrück, BeckRS 2016, 02117. 334 BGH, NJW-RR 2006, 672 sowie OLG Hamm, NJW-RR 1998, 1245. 335 LG Duisburg, NJW-RR 2005, 105. 336 OLG Düsseldorf, VersR 1993, 1295. 337 BGH, NJW 1986, 1865. 338 LG Mannheim, VersR 1994, 1440. 339 OLG Köln, NJW-RR 1993, 1498. 340 OLG Nürnberg, MDR 2009, 688. 341 BGH, NJW-RR 1995, 857; OLG Bamberg, VersR 1990, 1015 sowie OLG Frankfurt, zfs 1994, 121. 342 OLG Dresden, NJW-RR 2009, 1321 sowie LG Bremen, VersR 1995, 1109. 343 KG, OLGZ 1973, 324. 344 OLG Hamm, NJW-RR 2010, 450. 345 AG Prüm, NJW-RR 2005, 534. 346 OLG Koblenz, NJW-RR 1995, 24. 347 OLG München, MDR 2013, 281. 332

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B. Übergeordnete Frage- und Problemstellungen

Teilweise wendete die Rechtsprechung die für die Sportausübung anerkannte Privilegierung auch in diesen Bereichen an,348 teilweise lehnte sie dies – schon fast kategorisch349 – ab.350 Eine einheitliche Tendenz, aus der sich für den Rechtsanwender eine Leitlinie für den zu entscheidenden Fall ableiten ließe, lässt sich insoweit leider nicht erkennen. Dem ist zuzugestehen, dass die Variationen und Besonderheiten der einzelnen Fälle nicht zu eindeutigen oder unstreitbaren Ergebnissen beigetragen haben, doch erledigt sich dadurch nicht die Problematik. Vielmehr wird sie noch verstärkt, wenn die Spruchkörper teils mit einer Anwendung über den Bereich des Sports hinaus sympathisieren, sie aber letztlich im zu entscheidenden Einzelfall ablehnen.351 Auch innerhalb der Literatur hat sich insoweit noch kein klares Meinungsbild herauskristallisiert.352 Für eine weitreichende Anwendung des „Sporthaftungsprivilegs“ spricht, dass auch bei Spielen oder sportähnlichen Tätigkeiten eine ähnliche Verletzungsgeneigtheit und ebenfalls auch Reziprozität der Verletzungsgefahr gegeben sein kann. Daher sollte eine Ausweitung auf diese Bereiche nicht pauschal ausgeschlossen werden, sondern ihr zumindest dem Grunde nach der Weg eröffnet sein. Was sich zunächst nach einer großen Erweiterung der Haftungsprivilegierung anhört, muss in der Folge immer auch vor dem Hintergrund des gegebenen Risikos gesehen werden: Dass Verletzungen mit erheblichen Folgen bei Spielen eintreten, ist eher unwahrscheinlich. Sollte es aber zu erheblichen Verletzungen kommen, könnte es ungerechtfertigt erscheinen, die Haftungsprivilegierung von vornherein zu versagen, wenn das Spiel die für die Haftungsbegrenzung beim Sport erforderlichen Kriterien ebenfalls erfüllt.353 Gleiches gilt für sportähnliche Aktivitäten. So begründete eine extensive Anwendung keine haftungsrechtliche Revolution, sondern lediglich eine Angleichung an die Besonderheiten der Sportausübung unter Vermeidung einer lästigen Abgrenzungsproblematik.354 Dementsprechend soll in der Folge auch die – 348 OLG Düsseldorf, VersR 1993, 1295; OLG Frankfurt, zfs 1994, 121; LG Tübingen, NJWRR 1993, 1498; LG Mannheim, VersR 1994, 1440, 1441 f.; LG Bremen, VersR 1995, 1109 1110 f.; LG Bremen, VersR 1995, 1109 1110 f.; LG Duisburg, NJW-RR 2005, 105. 349 BGH, NJW-RR 1995, 857, 858; OLG Nürnberg, MDR 2009, 688; ähnlich auch, allerdings nicht so ausdrücklich, BGH, NJW-RR 2006, 672, 674; OLG Hamm, NJW-RR 2010, 450. 350 BGH, NJW-RR 1995, 857; 2006, 672; NJW 1986, 1865; OLG Koblenz, NJW-RR 1995, 24; OLG Hamm, NJW-RR 1998, 1245; OLG Dresden, NJW-RR 2009, 1321; OLG Nürnberg, MDR 2009, 688; OLG Hamm, NJW-RR 2010, 450; OLG München, MDR 2013, 281. 351 So OLG Köln, NJW-RR 1993, 1498; OLG München, MDR 2013, 281. Auch der BGH deutete in jüngerer Zeit in einem obiter dictum, BGHZ 154, 316, 323 f., eine gewisse Sympathie für eine Ausweitung seiner Haftungsgrundsätze über den Bereich des Sports hinaus an. 352 Zwar lassen sich in der Literatur bereits einige Ansätze finden, allerdings kann bislang nur schwerlich von einem vertieften Diskurs gesprochen werden. S. dennoch einleitend BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535.1; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 696 f.; NK-BGB/Katzenmeier, § 823 Rn. 504; s. ferner Pardey, zfs 1995, 281, 282. 353 S. dazu auch die Ausführungen zur abzulehnenden, grundsätzlichen Differenzierung zwischen Gruppen von Sportarten unter B.V. 354 S. in diesem Lichte insbesondere die Ausführungen unter I.I., II.

VII. Zwischenfazit

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insoweit noch nicht tiefergehend beleuchtete – Frage untersucht werden, ob im Rahmen einer extensiven Anwendung der Haftungsprivilegierung auch Spiele und sportähnliche Tätigkeiten erfasst werden können.

VII. Zwischenfazit Die Untersuchung der übergeordneten Frage- und Problemstellungen hat wesentliche Herausforderungen der Haftung bei Mitspielerverletzungen bereits derart beleuchtet, dass sie losgelöst von den spezifischen Meinungen und Ansätzen zur konkreten Problemlösung Bestand haben. Die vorgelagerte Analyse dieser Elemente hat gleichsam dazu geführt, dass die bereits diskutierten Bereiche und Aspekte ihre inhaltliche Eigenständigkeit behalten. Dementsprechend können die getroffenen Wertungen und zu Tage geförderten Ergebnisse uneingeschränkt zur weiteren Problemlösung herangezogen werden und somit die weitere Untersuchung und darauf aufbauende Weichenstellungen der Bewertung von Mitspielerverletzungen beim Sport maßgeblich beeinflussen.

C. Lösungsansätze bei regelgerecht verursachten Mitspielerverletzungen Die weitere Untersuchung widmet sich dem Meinungsspektrum bei regelgerecht verursachten Mitspielerschädigungen. Wie bereits eingangs dargestellt, herrscht sowohl in der Literatur als auch in der Rechtsprechung Einigkeit darüber, dass eine Mitspielerverletzung beim Sport, die aus einem regelgerechten Einsatz des Schädigers resultiert, keinen Schadensersatzanspruch des geschädigten Sportlers begründen soll.1 Trotz dieses Konsenses liegt die dogmatische Begründung eines zur Haftungsprivilegierung des schädigenden Sportlers führenden „Sporthaftungs-privilegs“ immer noch im Argen, was sich im Folgenden schon allein anhand der Vielzahl der unterschiedlichen Lösungsvorschläge aufzeigen lässt. Hinter den einzelnen Lösungsansätzen steht dabei zumeist die anerkennenswerte Maxime, die Handlungsfreiheit der Sportler einerseits sowie deren Integritätsschutz andererseits in einen angemessenen Einklang zu bringen.2 Ob die einzelnen Vorschläge aber auch inhaltlich überzeugen können, ist dadurch nicht gesagt. Die weitere Darstellung soll sich am klassischen dreistufigen Deliktsaufbau des § 823 Abs. 1 BGB orientieren, der die Zentralvorschrift zur Beurteilung einer Haftung für Mitspielerverletzungen darstellt.3 Die einzelnen Lösungsansätze sollen dabei aber nicht nur vorgestellt, sondern auch direkt diskutiert und auf ihre Tauglichkeit zur Problembewältigung untersucht werden. Der Fokus liegt insoweit darauf, herauszustellen, ob die einzelnen Lösungsvorschläge eine Haftungsmodifikation im geltenden Recht begründen können oder ob sie eher dem pragmatischen Wunsch4 entsprungen sind, den schädigenden Sportler haftungsrechtlich zu privilegieren. Da die Untersuchung eine verallgemeinerungsfähige Lösung de lege lata anstrebt, die Mitspielerverletzungen innerhalb jeglicher Sportarten erfassen soll, wird im Folgenden eine Differenzierung zwischen einzelnen Sportarten nur vorgenommen, wenn dies zwingend erforderlich ist. Eine Aufspaltung oder Gruppierung in Einzelsportarten oder Sportgruppen würde diese Zielsetzung negativ beeinflussen. Aus diesem Grunde wird – soweit möglich – auf ein solches Vorgehen verzichtet. 1

S dazu die obigen Ausführungen unter A.I. So spricht sich beispielsweise Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 122 explizit für diese Prämisse aus. 3 S. zur Bedeutung des § 823 Abs. 1 BGB bei der Bewertung von Mitspielerverletzungen B.IV.2. 4 So verweist beispielsweise Schild, Jura 1982, 520, 521 darauf, dass die maßgebliche Aufgabe des Juristen beim Sport gerade darin bestehe, die Verantwortung des Schädigers für sein Verhalten bei der Sportausübung auszuschließen. 2

I. Rechtsfreier Raum u. tatbestandsausschließendes Einverständnis

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I. Rechtsfreier Raum und tatbestandsausschließendes Einverständnis Grundlegend könnte eine Lösung der bestehenden Problematik bereits durch tatbestandsausschließende Ansätze angestrebt werden mit der Folge, dass die aufgezeigten Besonderheiten der Sportausübung erst gar nicht in das Gesamtsystem des § 823 Abs. 1 BGB integriert werden müssten. Dabei ist insbesondere daran zu denken, dass der (organisierte) Sport generell nicht justiziabel sein und allein eigenen verbandsrechtlichen Instituten unterliegen könnte oder aber, dass die Sportausübung zu einem Tatbestandsausschluss führte. Diese Ansätze sollen aufgrund ihrer inhaltlichen Besonderheiten vorangestellt untersucht werden. 1. Sport als rechtsfreier Raum Zunächst soll der Blick auf die Justiziabilität von Sportverletzungen gerichtet werden. Aus der durch Art. 9 Abs. 1 GG gewährten Vereinsfreiheit und der daraus resultierenden Verbandsautonomie,5 die auch die private Rechtssetzung der Sportverbände beinhaltet,6 könnte gefolgert werden, dass sich das System „Sport“ in einem Lebensbereich befindet, der nicht von staatlicher Seite reguliert ist und somit einen „rechtsfreien Raum“7 bildet, der allenfalls durch private Normsetzung determiniert sein könnte. Dieser Ansatz fand in früherer Zeit großen Anklang.8 Betrachtet 5 S. dazu allein BVerfGE 30, 227, 241; 50, 290, 354; Buchberger, Die Überprüfbarkeit sportverbandsrechtlicher Entscheidungen durch die ordentliche Gerichtsbarkeit, 33 ff.; PHB Sportrecht/Summerer, 2. Teil Rn. 1 ff.; Sögüt, Die Überprüfbarkeit von Tatsachenentscheidungen des Schiedsrichters innerhalb der vereinsrechtlichen Gerichtsbarkeit nationaler und internationaler Fußballverbände, 8 ff.; Sportrecht in der Praxis/Nolte, Rn. 41 ff. 6 S. zur Rechtssetzung von Sportverbänden BVerfGE 30, 227, 241; 50, 290, 354; Pereira Borges, Verbandsgerichtsbarkeit und Schiedsgerichtsbarkeit im internationalen Berufsfußball, 7 f.; Buchberger, Die Überprüfbarkeit sportverbandsrechtlicher Entscheidungen durch die ordentliche Gerichtsbarkeit, 270; Butte, Das selbstgeschaffene Recht des Sports im Konflikt mit dem Geltungsanspruch des nationalen Rechts, 83 ff., 480; PHB Sportrecht/Summerer, 2. Teil Rn. 3; Sögüt, Die Überprüfbarkeit von Tatsachenentscheidungen des Schiedsrichters innerhalb der vereinsrechtlichen Gerichtsbarkeit nationaler und internationaler Fußballverbände, 8 ff.; Sportrecht in der Praxis/Nolte, Rn. 42; Vieweg, Normsetzung und -anwendung deutscher und internationaler Verbände, 143 ff., 165 ff., 182 ff. S. ferner Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 44 f. Die private Regelsetzung wird zudem – sofern nicht vorrangig Art. 9 Abs. 1 GG im entsprechenden Falle zur Geltung kommt – durch Art. 2 Abs. 1 GG ermöglicht und ist verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden. 7 Schild, Jura 1978, 449 sowie Jura 1982, 585 untergliedert den rechtsfreien Raum noch weitergehend in einen rechtsunfähigen, rechtsentlassenen und rechtsentzogenen Raum und ordnet die Sportausübung dem rechtsentlassenen Raum zu; Schild, Jura 1978, 449, 456 sowie Jura 1982, 585, 585 f. Zur Vereinfachung der Darstellung soll im Rahmen dieser Untersuchung dagegen lediglich von einem rechtsfreien Raum gesprochen werden. S. ferner zu anderen Möglichkeiten der Nomenklatur des rechtsfreien Raumes Kaufmann, FS Maurach, 336 f. 8 S. dazu Grunsky, in: Sportrecht damals und heute, 7, 9; Pfister, FS Gitter, 731, 732 f.; Vieweg, in: Von „Sport und Recht“ zu „Faszination Sportrecht“, 689, 690.

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C. Lösungsansätze

man hingegen die Entwicklung in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts, so erfolgte – insbesondere aufgrund der Kommerzialisierung des Sports als wirtschaftliches „Produkt“9 – eine immer stärker zunehmende Verrechtlichung und Regulierung des Sports insbesondere durch Sportvereine und -verbände, die in ihrer Folge zu einem generellen Spannungsverhältnis zwischen dem Staat auf der einen und der Verbandsautonomie auf der anderen Seite führte.10 Daraus erklärt sich auch der mittlerweile vorherrschende Ansatz, dass der Sport nicht (mehr) in einem generell rechtsfreien Raum stattfindet.11 Fritzweiler geht sogar so weit und konstatiert, dass sich Literatur und Rechtsprechung bereits seit langer Zeit darüber einig seien, dass sich der Sport nicht in einem rechtsfreien Raum abspiele, sondern allgemeinen Rechtsregeln unterworfen sei.12 Aus der ungeschmälert bestehenden Verbandsautonomie könnte aber dennoch gefolgert werden, dass bestimmte Teile des Sports weiterhin einer Art Rechtsfreiheit unterliegen und somit – bis der Staat das Eigenleben im rechtsfreien Raum nicht mehr hinnehmen kann oder will – autonom durch die jeweiligen Sportler oder Verbände gestaltet werden können.13 Diese denkbare Rechtsfreiheit könnte sodann 9 S. dazu Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 15 ff., 93 ff.; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 36 f. S. ferner zur Dimension und einzelnen Aspekten der Kommerzialisierung Handbuch des Sportrechts/Haas, Grundlagen des Sportrechts, 1. Kapitel, Rn. 59 ff.; Reiter, FS Gitter, 779; s. insbesondere zum Fußballsport Galli, SpuRt 1998, 18; Hilpert, Nationale und internationale Fußballrechtsprechung, 7 sowie Nesemann, NJW 2010, 1703. 10 Auf die generelle Problematik dieses Spannungsverhältnisses soll – aufgrund der Komplexität und des großen Umfangs, der bereits eine eigenständige Untersuchung rechtfertigte – hier nicht weiter eingegangen werden, sondern lediglich die haftungsrechtlichen Auswirkungen untersucht werden. S. grundlegend zu dieser Problematik Baecker, Grenzen der Vereinsautonomie im deutschen Sportverbandswesen, 33 ff.; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 40; PHB Sportrecht/Summerer, 2. Teil Rn. 3 ff. 11 Eser, JZ 1978, 368; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 40; Grunsky, in: Sportrecht damals und heute, 7, 9; Pfister, FS W. Lorenz, 171, 176; Rössner, FS Hirsch, 313, 315; Teichmann, JA 1979, 293, 293. Im Ergebnis auch Schünemann, NJW 1985, 1514, 1515, wenn er das Gebirge als Sportgelände in den Vordergrund stellt. Die Tendenz einer immer stärkeren Kommerzialisierung und Verrechtlichung wird in heutiger Zeit insbesondere – aufgrund seiner Popularität als vorherrschendem Massensport in Deutschland – beim Fußball kontrovers diskutiert und spaltet die Anhängerschaft oftmals in zwei Lager. Dabei wird von den Gegnern dieser Entwicklung vorgebracht, dass die Idee und der Reiz des Sports immer weiter in den Hintergrund treten und durch wirtschaftliche Interessen der Vereine, Verbände, Investoren und Werbepartner überlagert werden. Der von diesen Anhängern geforderte rechtsfreie Raum soll aber – anders als der hier relevante Ansatz – durch eine geringere Vermarktung des Sports als „Produkt“ durch Vereine und Verbände herbeigeführt werden, also durch ein Zurückfahren der wirtschaftlichen Tätigkeit und eine stärkere Fokussierung auf die Sportausübung als solche. Gewünscht ist von diesen Anhängern daher primär nicht die Zurückhaltung des Staates, sondern die Zurückhaltung der Vereine und Verbände bei der Vermarktung. 12 PHB Sportrecht/Fritzweiler, 5. Teil Rn. 2. 13 So Schild, Jura 1982, 585 sowie Sportstrafrecht, 116. S. dazu auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 44 f.

I. Rechtsfreier Raum u. tatbestandsausschließendes Einverständnis

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dazu führen, dass die Justitiabilität, die Tatbestandsmäßigkeit oder aber die Rechtswidrigkeit von Sportverletzungen in Frage gestellt werden könnte. a) Die Idee eines rechtsfreien Raumes der Sportausübung Wenn Pfister daher die Frage, ob nicht ein gewisser Kernbereich des Sports und seine entsprechenden Regeln in einem rechtsfreien Raum liegen und damit staatlicher Kontrolle entzogen sind, positiv beantwortet,14 so könnte sich in diesem Bereich auch das zivile Haftungsrecht befinden, mit der Folge, dass Mitspielerverletzungen zivilrechtlich nicht justitiabel wären.15 Dies bedeutete kurz gesagt, dass der Staat lediglich den Rechtsrahmen des Sports festlegte, allerdings diejenigen Regeln, welche die Sportausübung „auf dem Sportplatz“ betreffen, weder beeinflussen, bewerten, regulieren noch aufheben könne und sie daher auch der gesetzlichen Haftung entzogen sein könnten.16 Mit derselben Begründung geht Schild als (wohl letzter17) moderner Befürworter des Ansatzes eines grundsätzlich rechtsfreien Raumes des Sports davon aus, dass bestimmte Verletzungen bei der Sportausübung als sportädaquat oder sportimmanent einzuordnen seien18 und der Staat insoweit auf eine rechtliche Bewertung des entsprechenden Verhaltens verzichte.19 Seiner Ansicht nach mangelt es daher an der Tatbestandsmäßigkeit von Verletzungen bei der Sportausübung, da ein Tatbestandsausschließungsgrund vorliege.20 Die Grenzen dieses rechtsfreien Raumes 14

Pfister, FG Zivilrechtslehrer, 457, 459, 471 f. S. dazu allein Becker, Sportregeln und allgemeine Rechtssätze im Normen- und Wertgefüge des Sports, 85 ff.; Pfister, FS Gitter, 731, 732; Westermann, Die Verbandsstrafgewalt und das allgemeine Recht, 52 ff. 16 Pfister, FG Zivilrechtslehrer, 457, 460 ff., 467 ff. unterscheidet insoweit zwischen Sportregeln im engeren und weiteren Sinne. Sportregeln im engeren Sinne, zu welchen seiner Auffassung nach auch die Regeln der unmittelbaren Sportausübung zählen, sollen, anders als die Sportregeln im weiteren Sinne, welche die Zulassung oder Organisation des Wettkampfbetriebs oder verbandsinterne Rechtsbehelfe enthalten, nicht gerichtlich überprüfbar sein. Beispielhaft bedeutete dies, dass Rechtsakte der Sportverbände, die lediglich die Organisation und die Struktur des Verbandes regeln, der staatlichen Gerichtsbarkeit unterlägen, dagegen aber die Abseitsregel beim Fußball nicht durch ein staatliches Gericht aufgehoben, geändert oder neugefasst werden könnte. S. dazu auch Schild, Jura 1982, 520, 520 f. 17 Aus diesem Grunde soll sich die Untersuchung des rechtsfreien Raumes der Sportausübung auch maßgeblich am Schild‘schen Ansatz orientieren. 18 S. zu Sportadäquanz und Sportimmanenz Schild, Jura 1982, 585, 586, 590. 19 Schild, Sportstrafrecht, 114 ff. sowie Jura 1982, 585, 592. So auch Zipf, Einwilligung und Risikoübernahme im Strafrecht, 93. 20 Schild, Sportstrafrecht, 117. Andererseits könnte man den rechtsfreien Raum auch auf der Ebene der Rechtswidrigkeit verorten oder als besondere Ausprägung der Lehre der Sozialadäquanz – S. dazu die Ausführungen unter C.II.1.b) – verstehen, mit der Folge, dass gegen den schädigenden Sportler kein Unrechtsvorwurf zu erheben sei, wenn er sich sportadäquat verhalten habe. Abgesehen von der divergierenden dogmatischen Verordnung ergeben sich daraus aber keine weiteren relevanten Unterschiede. 15

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C. Lösungsansätze

sollen dabei entscheidend durch die jeweiligen Sportregeln bestimmt werden.21 Die architektonische Absicherung des rechtsfreien Raumes hinge demnach elementar vom Bestehen von Sportregeln ab. Dass mit der Schaffung der Sportregeln aber gleichzeitig auch die Gründung eines Sportverbands oder eines Verbandssystems zwingend erforderlich ist, erscheint zwar zur Durchführung und Organisation des Sports wünschenswert, kann aber keine notwendige Voraussetzung sein, da es ansonsten zu deutlichen Abweichungen zwischen der verbandsmäßigen und ungebundenen Sportausübung käme.22 Die inhaltliche Ausgestaltung dieses rechtsfreien Raumes und die Beurteilung des haftungsrechtlich relevanten Verhaltens solle nicht an einem „ordentlichen“ – im Sinne eines besonders besonnenen und rücksichtsvollen – Sportler, sondern an einem maßgerechten Sportler23 erfolgen, um neben Regelwerk und gebotener sportiver Fairness auch die persönliche Komponente der Sportausübung ausreichend berücksichtigen zu können.24 Dies führte zwar auf der einen Seite zu einer flexiblen Handhabung des Haftungsausschlusses, bedeutete auf der anderen Seite aber auch, dass nicht jedes regelwidrige Verhalten im rechtsfreien Raum verbliebe. Somit können die Grenzen des rechtsfreien Raumes – und damit auch die Haftungsrisiken – nicht verlässlich ex ante eingeschätzt werden.25 b) Ablehnung im zivilrechtlichen Sporthaftungsrecht Zunächst muss festgehalten werden, dass der Ansatz des rechtsfreien Raumes maßgeblich für das Strafrecht konzipiert wurde und dementsprechend nicht unreflektiert auf das Zivilrecht übertragen werden kann.26 Zwar kann die Einheit der

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Schild, Jura 1982, 585, 586 f. In diese Richtung scheint aber Schild, Sportstrafrecht, 119 sowie Jura 1982, 585, 587 zu tendieren, wenn er den Nutzen der verbandsmäßigen Sportorganisation und -ausübung auch darin sieht, dass der Sport in diesem Fall nicht als nachträglicher Deckmantel für kriminelle Handlungen genutzt werden könne, sondern einem allgemein geregelten Rahmen unterstellt werde. 23 S. zu Einzelheiten des denkbaren Maßstabes eines „reasonable sportsman“ die Ausführungen unter F.III.3.c). 24 Schild, Jura 1982, 585, 590 f. Dabei geht Schild, Jura 1982, 585, 591 sogar so weit, dass er auch vom Gegner provozierte Verhaltensweisen erfassen will, wenn sie von den Teilnehmern des Sports in der entsprechenden Situation als verständlich hingenommen werden können. Dies könnte gerade bei nachvollziehbaren Tätlichkeiten zu Widersprüchen führen, wenn Schild, Sportstrafrecht, 121 nur diejenigen Verhaltensweisen dem rechtsfreien Raum zuweisen will, die – angelehnt an den innerbetrieblichen Schadensausgleich im Arbeitsrecht – bei Ausführung des Sports in einem adäquaten Zusammenhang mit dem Spielverlauf und nicht daneben auftreten. 25 Schild, Jura 1982, 585, 590 nimmt diese Folge aber zugunsten der Flexibilität bewusst in Kauf. Dass darin eine klare Schwäche des Ansatzes liegt, gesteht er hingegen nicht ein. 26 Dies scheint Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 41 zu übersehen oder kritiklos hinzunehmen. 22

I. Rechtsfreier Raum u. tatbestandsausschließendes Einverständnis

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Rechtsordnung als Argument dazu dienen,27 den – freilich nicht unumstrittenen28 – rechtsfreien Raum auch im zivilrechtlichen Sporthaftungsrecht anzuerkennen, die Einheit der Rechtsordnung soll aber lediglich im Ergebnis bestehen,29 sodass durchaus Unterschiede zwischen Zivil- und Strafrecht bestehen können und teilweise auch müssen. So ergeben sich bereits normativ aus § 276 Abs. 3 BGB erhebliche Unterschiede zwischen der zivilrechtlichen und strafrechtlichen Einordnung, die gegen eine Berücksichtigung der Idee des rechtsfreien Raumes für das zivilrechtliche Sporthaftungsrecht sprechen. Wenn aufgrund von § 276 Abs. 3 BGB die Haftung für Vorsatz nicht im Voraus erlassen werden kann, spricht dies bereits entscheidend gegen die Annahme eines rechtsfreien Raumes, wenn dieser nicht jedes Verhalten des Sportlers erfasste. Dies ist allein schon deswegen bedenklich, weil die Justiziabilität einer Sportverletzung insoweit von denjenigen Tatsachen abhinge, die erst noch im Rahmen der Deliktsprüfung zu untersuchen wären. § 276 Abs. 3 BGB setzt einer Haftungsbeschränkung insoweit die Grenzen.30 Diese Problematik erkennt auch Schild, wenn er explizit darauf verweist, dass das zivilrechtliche Schadensersatzrecht für diejenigen Folgen, die über die Sportausübung hinaus fortdauern, weiterhin zur Geltung kommt.31 Darüber hinaus bestehen weitere erhebliche Probleme bei der Bestimmung des haftungsrechtlich relevanten und irrelevanten Verhaltens, die den Nutzen des Ansatzes stark in Frage stellen. Diese Schwierigkeiten entstehen dadurch, dass Schild den von ihm favorisierten Ansatz dadurch relativiert, dass er ihn nicht vollumfänglich anerkennen will.32 Zum einen reduziert er ihn von vornherein auf sportadäquate und sportimmanente Verletzungen.33 Wie aber die Bestimmung derartiger Verletzungen erfolgen soll, erläutert er nicht. Zum anderen will Schild nicht jegliche Sportausübung erfassen, sondern nur anerkannte Sportarten.34 Wann eine Sportart aber als anerkannt gelten soll, erörtert er – abseits der verbandsmäßigen Organisation – ebenfalls nicht. Somit bedürfte es in der logischen Folge der – im Rahmen dieses Ansatzes gerade unerwünschten – Bewertung des Richters, ob es sich um eine sportadäquate Ver27 In diese Richtung scheint auch Rössner, FS Hirsch, 313, 317 f. im Rahmen seiner interdisziplinären Untersuchung zu tendieren. 28 S. zum Meinungsstand, den einzelnen Strömungen und jeweiligen Befürwortern, die Ausführungen und Nachweise von Kindhäuser/Neumann/Paeffgen/Paeffgen, Vor §§ 32 ff. StGB, Rn. 55; Leipziger Kommentar/Rönnau, Vor § 32 StGB Rn. 32 ff.; Roxin, Strafrecht AT I, § 14 Rn. 26 ff.; Schönke/Schröder/Lenckner/Sternberg-Lieben, Vor §§ 32 ff. StGB Rn. 8. 29 S. dazu allein Kohte, AcP 185 (1985), 105, 156 f. sowie ferner im Allgemeinen zur Einheit der Rechtsordnung als disziplinübergreifender Rechtfertigung MünchKomm/Grothe, § 227 Rn. 2 und Roxin, Strafrecht AT I, § 14 Rn. 31 ff. 30 So auch PHB Sportrecht/Fritzweiler, 5. Teil Rn. 11. 31 Schild, Sportstrafrecht, 115. 32 Schild, Sportstrafrecht, 116 ff. 33 Schild, Sportstrafrecht, 116. 34 Schild, Sportstrafrecht, 120 f.

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C. Lösungsansätze

letzung handelte, die sich dann im rechtsfreien Raum befände und nicht weiter durch ein staatliches Gericht bewertet werden würde oder um eine Verletzung, die sich außerhalb des rechtsfreien Raumes befände und wiederum justitiabel wäre. Die Problematik besteht somit darin, dass diejenigen Voraussetzungen, die zum gewünschten Ausschluss der gerichtlichen Kontrolle führen oder ihn rechtfertigen sollen, dennoch von einem staatlichen Gericht untersucht werden müssten. Dies kann aber von den Anhängern eines rechtsfreien Raumes nur schwerlich gewollt sein, da eine inhaltliche Überprüfung des zur Verletzung führenden Verhaltens der Sportler durch den Staat gerade unterbleiben soll. Wenn somit die Beurteilung eines Aspekts der Folgefrage, der die Haftung des Sportlers beeinflussen könnte, zwingend erforderlich wäre, um die Vorfrage der Justitiabilität oder eines Tatbestandsausschlusses zu beantworten, kann dies nicht überzeugen. Daher handelt es sich im Ergebnis lediglich um eine Verlagerung der Problematik und nicht um eine Problemlösung.35 Des Weiteren widerspricht die Annahme eines rechtsfreien Raumes bei der Sportausübung auch den Interessen der Sportler, die nicht in jedem Fall auf etwaige Schadensersatzansprüche verzichten wollen. Vielleicht wünschen sie sich nicht in jedem Falle eine rechtliche Bewertung durch einen Richter in einem Zivilprozess, sondern möglicherweise eine abschließende Beurteilung durch einen Schiedsrichter oder einen Sportverband. Daraus lässt sich aber nicht folgern, dass eine juristische Aufbereitung der Schädigung gänzlich ausgeschlossen sein soll. Darüber hinaus steht die Annahme des rechtsfreien Raumes auch im Widerspruch zur wirtschaftlichen Bedeutung des Sports.36 Schließlich ergeben sich auch keine normativen Anhaltspunkte, warum § 823 Abs. 1 BGB im Rahmen der Sportausübung generell ausgeschlossen oder eingeschränkt sein sollte. Aus der Konzeption von Schild könnte auch gefolgert werden, dass der rechtsfreie Raum lediglich die organisierte Sportausübung erfassen soll.37 Dies würde zu einer offensichtlichen haftungsrechtlichen Benachteiligung von neuen Sportarten führen, die sich im Prozess ihrer gesellschaftlichen Etablierung befinden; aber auch diejenigen Sportarten, die nicht verbandsmäßig oder organisiert ausgeübt werden, würden benachteiligt.38 Warum sollte aber der organisierte Sport 35 Diese Problematik wird gerade nicht – so wie Schild, Sportstrafrecht, 122 es aber vorschlägt – dadurch gelöst, dass der Staat zur Kontrolle der Verbandsautonomie gegenüber den Sportverantwortlichen aufgerufen wird, um so von außen den rechtsfreien Raum zu steuern. Vielmehr stellt dieser Vorschlag auch nur eine weitere Verlagerung der Problematik in horizontaler Richtung dar. 36 S. dazu Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 15 ff., 43. Außerdem verwundert es, wenn Schild als moderner Vertreter eines rechtsfreien Raumes dennoch explizit auf die Kommerzialisierung des Sports hinweist, im Ergebnis aber von der oben dargestellten grundsätzlichen Rechtsfreiheit ausgeht; s. dazu Schild, Jura 1982, 464, 472 f. 37 In diese Richtung scheint Schild, Sportstrafrecht, 120 ff. zu tendieren. 38 Ähnlich auch Füllgraf, VersR 1983, 705, 708 f. sowie Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 83.

I. Rechtsfreier Raum u. tatbestandsausschließendes Einverständnis

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anders behandelt werden als der nicht organisierte Sport? Nimmt man den Fußball als Beispiel, so ändert sich der Sport und das zur Verletzung führende Verhalten nicht grundlegend, wenn auf einer Wiese unter Freunden und Bekannten gespielt oder aber ein Ligaspiel zwischen Profimannschaften in einer hochmodernen Sportarena mit teilweise bis zu 100.000 Zuschauern durchgeführt wird. Dies gilt ebenfalls und in gleicher Weise für alle weiteren Sportarten. Die Idee eines rechtsfreien Raumes der Sportausübung kann somit allenfalls bedingt für eine strafrechtliche Beurteilung von Nutzen sein, zivilrechtlich ist ihr jedoch, wenn auch das Ergebnis teilweise begrüßt wird39, aus den dargestellten Gründen der Boden entzogen. Die Sportausübung findet nicht in einem rechtsfreien Raum statt; Sportverletzungen sind vielmehr uneingeschränkt justitiabel.40 Die Auswirkungen des Verbandsrechts auf das Haftungsrecht können in der Folge vielleicht zu Besonderheiten der Haftung führen, sie aber weder von vornherein ausschließen noch staatlichen Gerichten komplett entziehen.41 Das staatliche Recht wird insoweit nicht durch Verbandsrecht verdrängt.42 Wenn der Staat bestimmte Bereiche des Sports nicht regeln will und sie der Autonomie der Verbände überlässt, heißt dies gleichzeitig nicht, dass er im Kollisionsfalle auf seine Entscheidungsbefugnisse verzichten will. 2. Tatbestandsausschließendes Einverständnis Daneben könnte in der Bereitschaft, Sport zu treiben, ein Einverständnis des Sportlers liegen, das einen Tatbestandsausschluss zur Folge haben könnte. Unabhängig von der Frage nach Reichweite und Anwendungsbereich eines tatbestandsausschließenden Einverständnisses im Zivilrecht,43 führt die Bereitschaft zur Teilnahme am Sport aber lediglich zur Unterstellung unter die Spielordnung.44 Ein

39 40

66.

Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 41. So auch Pfister, FS Gitter, 731, 732 f.; ähnlich auch Kühn, Sportstrafrecht und Notwehr,

41 So weist Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 44 zutreffend darauf hin, dass die Besonderheiten des Sports zu berücksichtigen gerade nicht der Annahme widerspricht, dass es keinen rechtsfreien Raum geben kann. S. dazu auch Deutsch, VersR 1989, 219 sowie Kühn, Sportstrafrecht und Notwehr, 65 f. 42 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 46. S. in diesem Kontext auch Adolphsen, in: Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler 2002, 281, 284 ff. 43 S. im Allgemeinen zum tatbestandsausschließenden Einverständnis im Zivilrecht Ohly, „Volenti non fit iniura“, Die Einwilligung im Privatrecht, 120 ff., 127 ff.; Schenke, Die Einwilligung des Verletzten im Zivilrecht, 1 ff., 123 ff. S. ferner Kohte, AcP 185 (1985), 105, 111. 44 Dabei muss insbesondere bedacht sein, dass der deliktische Rechtsgüterschutz zuvörderst rechtsgutbezogen ausgestaltet ist und ein Einverständnis aus daher schon zum Scheitern verurteilt sein könnte. Kritisch zur Annahme eines Einverständnisses beim Sport auch Füllgraf, VersR 1983, 705, 707.

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C. Lösungsansätze

weiterer Erklärungsgehalt ist im Regelfall nicht anzunehmen.45 Insbesondere die Interessen der Sportler deuten in die Richtung, dass die Haftung grundsätzlich möglich und gerade nicht dahin, dass sie bereits tatbestandsmäßig ausgeschlossen sein soll.46 Jedenfalls ist ein Einverständnis bereits aus diesem Grunde nicht geeignet, eine Haftungsmodifikation für Mitspielerverletzungen rechtlich handhabbar gestalten zu können.

II. Tatbestand 1. Handlung oder pflichtwidriges Unterlassen Auf der Ebene des Tatbestands könnte die Lösung der Haftungsproblematik zunächst im Rahmen der tatbestandlichen Handlung oder des pflichtwidrigen Unterlassens zu suchen sein. Die erste Aufgabe besteht darin, das vorwerfbare Verhalten zu ermitteln. Zum einen könnte an den regelgerecht oder regelwidrig ausgeführten Einsatz des Sportlers – zum Beispiel in Form eines Remplers, Tacklings oder anderer Berührungsformen – angeknüpft werden. Auf der anderen Seite könnte aber auch an ein Außerachtlassen der gebotenen Fairness im Sinne eines Unterlassens zu denken sein. Der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit wird aber regelmäßig in einem positiven Tun des Sportlers erblickt werden können,47 da die Schädigung fast immer infolge des aktiven Einsatzes im Rahmen der sportlichen Betätigung eintritt. Der Vorwurf mangelnder Fairness als Anknüpfungspunkt für ein Unterlassen ist hingegen lediglich Reflex des positiven Tuns und kann aufgrund dessen nicht ausschlaggebend sein. Dem Unterlassen somit eine maßgebliche Rolle zuzuweisen, erschiene gekünstelt.48 Sportverletzungen treten somit im Regelfall aufgrund eines – schwerpunktmäßig – positiven Tuns ein, sodass sich der Fokus auf eben dieses Verhalten richtet.49 Zudem handelt es sich bei den auftretenden Schädigungen im Regelfall um unmittelbare Eingriffe.50

45 S. dazu die obigen Ausführungen unter B.III.4.c) sowie ferner Schmitt, Körperverletzungen bei Fußballspielen, 204. 46 S. dazu auch die obigen Ausführungen unter B.I. 47 S. zur Abgrenzung zwischen Tun und Unterlassen im Allgemeinen Jauernig/Teichmann, § 823 Rn. 29. 48 Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 142 ff. geht sogar so weit und bezeichnet eine Anknüpfung an ein Unterlassen als „Kunstgriff“, der sich stets “dem Vorwurf der Manipulation“ ausgesetzt sehen müsse. 49 So auch Richtsfeld, CaS 2016, 131, 132. 50 Looschelders, JR 2000, 265, 268. Ähnlich auch Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatz-ansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 146. S. dazu auch die Ausführungen und Nachweise unter D.III.1.

II. Tatbestand

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Sodann stellt sich die Frage, wie beim Vorliegen eines aktiven Tuns eine Haftungsprivilegierung realisiert werden könnte. Will man nicht von der gängigen Definition der Handlung als bewusstseins- und willensgelenktem Verhalten des Schädigers abweichen,51 so kann die Handlung kaum als geeigneter Anknüpfungspunkt für die Bewältigung der Haftungsproblematik bei Sportverletzungen fungieren. Allenfalls in äußerst seltenen oder exotischen Fällen könnte an einem willensgelenkten Verhalten gezweifelt werden.52 Zu denken wäre allerdings an Sportler mit Handicap, die ihren Körper nicht in jeder Situation voll beherrschen können und in einer solchen Situation einen anderen Sportler verletzen. Aber auch bei Sportlern mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen kann in den meisten Fällen von einem tatbestandlichen Handeln im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB ausgegangen werden. Sollte es sich andererseits um ein Unterlassen oder einen mittelbaren Eingriff handeln – was, nur sehr selten der Fall sein wird –, würde die Problematik auf die Ebene der tatbestandlichen Zurechnung im Rahmen des Schutzzwecks der Norm verlagert und somit wesentlich von einem Verkehrspflichtverstoß abhängen.53 Im Regelfall lässt sich eine Privilegierung des schädigenden Sportlers somit nicht auf Grundlage der Handlung oder des pflichtwidrigen Unterlassens realisieren. 2. Rechtsgutverletzung Teilweise wurde in der früheren Literatur in Frage gestellt, dass es sich bei einer Sportverletzung um eine Körperverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB handeln könne.54 Dieser Ansatz beruht auf einer Parallele zum ärztlichen Heileingriff, der von manchen Autoren als nicht tatbestandsmäßig eingeordnet wird.55 So wurde aus der gesundheitsfördernden Funktion des Sports gefolgert, dass körperliche Angriffe

51 S. zur Definition BGHZ 39, 103; Jauernig/Teichmann, § 823 Rn. 20; Palandt/Sprau, § 823 Rn. 2; PWW/Schaub, § 823 Rn. 5. 52 So könnten auch externe Faktoren die Handlung des Sportlers ausschließen, beispielsweise wenn seine Willenssteuerung ausgeschlossen wird, sei es durch einen Stich oder Biss eines Tieres, er einem Blitzschlag zum Opfer fällt oder aber – wie in jüngerer Zeit tragischerweise häufiger – einen Herzinfarkt erleidet und in der Folge unkontrolliert einen anderen Sportler schädigt. Ähnlich läge die Situation auch, wenn sich der Sportler während der Sportausübung verletzt und aufgrund dessen ungesteuert einen weiteren Sportler verletzt. 53 S. zu denkbaren Fällen eines Unterlassens mit Fokussierung auf den Fußballsport Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 145 f. 54 S. dazu allgemein Vollrath, Sportkampfverletzungen im Strafrecht, 7 ff. S. ferner zu weiteren strafrechtlichen Tendenzen Schild, Sportstrafrecht, 75 f. 55 Grundlegend dazu Stooss, Chirurgische Operation und ärztliche Behandlung. S. auch Büttner, FS Geiß, 353, 355 ff.; Hart, FS Heinrichs, 291, 300 ff.; Laufs, NJW 1969, 529; Wiethölter, in: Die Aufklärungspflicht des Arztes, 71, 79 ff.

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C. Lösungsansätze

gerade auch der Stärkung des Sportlers dienen, der dadurch seinen Körper „stählen“ könne.56 Die Sportverletzung mit dem ärztlichen Heileingriff gleichzusetzen, muss aber – ohne vertieft auf die immer noch stark umstrittene Beurteilung des ärztlichen Heileingriffs sowohl im Straf- als auch im Zivilrecht einzugehen57 – aus mehreren Gründen ausscheiden. Der ärztliche Heileingriff erfolgt zielgerichtet in der Absicht, die Gesundheit des Patienten aufrecht zu erhalten oder sie wiederherzustellen, mithin um zur Heilung oder Gesundung des Körpers beizutragen.58 Dagegen ist die gesundheitsfördernde Wirkung des Sports – wenn überhaupt – allein in der Ausübung zu sehen, nicht aber in Eingriffen in die körperliche Integrität des Sportlers.59 Selbst wenn davon ausgegangen werden sollte, dass bestimmte Körperpartien durch körperliche Einwirkung des Mitsportlers „gestählt“ werden können, so werden auf der anderen Seite bestimmte Körperpartien in Mitleidenschaft gezogen, sodass dem körperlichen Eingriff beim Sport keine gesundheitsfördernde Wirkung beigemessen werden kann.60 Des Weiteren kann es – gerade im Spitzensport – überhaupt an einer gesundheitsfördernden Wirkung des Sports fehlen.61 Schließlich unterscheiden sich der ärztliche Heileingriff und die Sportausübung in ihrer Zielsetzung: Der behandelnde Arzt handelt primär im Fremdinteresse, wenn er Patienten behandelt. Der Sportler hingegen kann durch die Sportausübung im Regelfall nur seine eigene Gesundheit fördern; die Gesundheit der Mitsportler zu fördern wird allenfalls sekundäres Ziel sein.62 56 Burgardsmeier, Der Ringkampf im Strafrecht, 38; Karding, Straflose vorsätzliche Körperverletzung bei Bewegungsspielen, 13. 57 S. zur Problematik des ärztlichen Heileingriffs im Allgemeinen, zum Meinungsstand, zur Begründung einer eingeschränkten Haftung des ausführenden Arztes und zu den jeweiligen Befürwortern der einzelnen Ansichten Büttner, FS Geiß, 353, 355 ff.; Leipziger Kommentar/ Lilie, Vor § 223 StGB Rn. 3 ff.; MünchKomm-StGB/Joecks, § 223 StGB Rn. 44 ff.; PWW/ Schaub, § 823 Rn. 202 ff.; Schönke/Schröder/Eser, § 223 StGB Rn. 28 ff.; Soergel/Spickhoff, § 823 Anh. I Rn. 52; Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. I 1 ff. 58 Fritzweiler, Die Haftung des Sportlers bei Sportunfällen, 47. 59 So auch Füllgraf, VersR 1983, 705, 707. 60 Dies verkennt Karding, Straflose vorsätzliche Körperverletzung bei Bewegungsspielen, 12 ff., 16, wenn er zunächst auf die Gesamtwirkung für den menschlichen Organismus abstellt. Eine ähnliche Argumentation findet sich jüngerer Zeit auch noch bei Bohlen, Haftungsausschluß durch bewußte Selbstgefährdung, 207, der dem Sport ebenfalls eine rein positive Wirkung auf den menschlichen Körper attestieren will. Kritsch zu diesen Annahmen insbesondere auch Kost, Die Straflosigkeit des sportlichen Eingriffs in die körperliche Unversehrtheit, 4 ff.; s. zudem aus medizinischer Sicht Letzel/Tautz/Nesseler, ErgoMed 2015, 36 sowie Meffert, Sportverletzungen im Fußball, 29 ff., 58 ff. 61 Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 13; ähnlich auch Gschöpf, Haftung bei Verstoß gegen Sportregeln, 24. Dies übersieht Rössner, FS Hirsch, 313, wenn er undifferenziert die gesundheitsfördernde Wirkung des Sports hervorhebt. S. zudem aus medizinischer Sicht Letzel/Tautz/Nesseler, ErgoMed 2015, 36; Meffert, Sportverletzungen im Fußball, 29 ff. 62 Vollrath, Sportkampfverletzungen im Strafrecht, 11. Ähnlich auch Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 13.

II. Tatbestand

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Anhand dieser Gründe wird deutlich, dass eine Parallele zum ärztlichen Heileingriff nicht gezogen werden kann. Die Gleichsetzung der Sportausübung mit dem ärztlichen Heileingriff unter der Prämisse, dass der Sport der körperlichen Ertüchtigung und somit der Förderung des Körpers diene, kann bei Mitspielerverletzungen daher nicht erfolgen.63 Birr bringt es daher treffend auf den Punkt: Ein heftiger Tritt gegen das Schienbein ist sowohl auf als auch neben dem Spielfeld eine Körperverletzung.64 Sportverletzungen sind somit als Körperverletzungen im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB zu qualifizieren. 3. Kausalität Ein weiterer Versuch, eine Haftungsbegrenzung für Sportverletzungen in das System des § 823 Abs. 1 BGB zu integrieren, könnte auf der Ebene der Kausalität unternommen werden. Eine Einschränkung im Bereich der Ursächlichkeit würde aber eine sportspezifische Kausalitätslehre erfordern, da unter Anwendung des herkömmlichen Ansatzes über die conditio-sine-qua-non-Formel mit der Begrenzung durch die Adäquanztheorie keine Einschränkungen der Haftung bei Mitspielerverletzungen zu realisieren sind.65 Dass im Bereich des § 823 Abs. 1 BGB aber unterschiedliche Kausalitätsmodelle zur Anwendung kommen sollen, erscheint sehr fraglich. Zudem wäre es auch für eine sportspezifische Modifikation schwer, bei der Kausalität anzusetzen, ohne auf Wertungen zurückgreifen zu müssen, die sich außerhalb der Verbindung zwischen Rechtsgutverletzung und Handlung befinden. Auf der Ebene der Kausalität kann die Haftung für Mitspielerverletzungen somit nicht zielführend eingeschränkt werden. So verwundert es letztlich nicht, dass dieser Ansatz bislang nur beiläufig untersucht wurde.66 4. Zurechnung Zielführend könnte dagegen eine Bewältigung der Problematik auf der Ebene der tatbestandlichen Zurechnung sein. So könnte der Schutzzweck des § 823 Abs. 1 BGB bei der Sportausübung dergestalt sportiv modifiziert sein, dass es bei einem 63

So auch Fritzweiler, Die Haftung des Sportlers bei Sportunfällen, 46 f. Ablehnend auch Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 21. 64 Birr, Die Haftung Minderjähriger im Zivilrecht, Rn. 75. 65 S. im Allgemeinen zur Kausalität MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 67 ff. sowie PWW/ Schaub, § 823 Rn. 7. Sollten mehrere Beteiligte als Schädiger in Betracht kommen, sind zudem die Besonderheiten des § 830 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB zu berücksichtigen. Sportspezifische Abweichungen resultieren daraus aber nicht; s. in diesem Kontext auch OLG Oldenburg, SpuRt 1994, 202. 66 Dies zeigt sich insbesondere bei Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 27 ff., der sich im Rahmen seiner Untersuchung tiefgründig mit den allgemeinen Erfordernissen der Kausalität auseinandersetzt, sie in der Folge aber lediglich auf Sportverletzungen überträgt.

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C. Lösungsansätze

regelgerechten Verhalten des Schädigers an der Zurechenbarkeit der Handlung fehlte. Dieser Ansatz beruht auf der Annahme, dass dem regelgerecht agierenden Sportler kein sportspezifisch gefahrerhöhendes Verhalten anzulasten sei, wenn er sich den Regeln entsprechend verhalten habe.67 Das „allgemeine Sportrisiko“68 müsse im Rahmen der objektiven Zurechnung Berücksichtigung finden und bewirke somit eine Haftungsmodifikation über das Kriterium des Schutzzwecks der Norm.69 Dies bedeutete, dass dem Sportler eine missbilligte Gefahrerhöhung zur Last gelegt werden müsse, um die tatbestandliche Zurechnung herzustellen.70 Das zugelassene sportive Risiko würde demnach maßgeblich durch die entsprechenden Regelwerke determiniert werden, sodass sich die Regelwerke bereits tatbestandlich haftungsreduzierend auswirkten. Ein regelgerechtes Verhalten verwirkliche somit nicht den Tatbestand.71 Durch eine Modifikation im Rahmen des Schutzzwecks der Norm könnte sodann eine Verkehrspflichtkonzeption auf der Ebene des Tatbestandes implementiert werden. Dies bedeutete gleichzeitig, dass für den Bereich des Sports von der – für unmittelbare Eingriffe wohl vorherrschenden – Lehre vom Erfolgsunrecht eine Ausnahme gemacht werden müsste, wenn zur Verwirklichung des Tatbestands neben Handlung, Erfolg und Kausalität eine signifikante Gefahrerhöhung erforderlich 67 Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 173 ff., insbesondere 202 ff.; Zimmermann, VersR 1980, 497, 498, 500 f. Ähnlich auch Bohlen, Haftungsausschluß durch bewußte Selbstgefährdung, 208 ff.; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 116 sowie Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 16 Rn. 167. 68 So die Bezeichnung von Zimmermann, VersR 1980, 497, 500. 69 BeckOGK BGB/Schaub [01. 06. 2018], § 276 Rn. 174; Bohlen, Haftungsausschluß durch bewußte Selbstgefährdung, 208 ff.; Erman/Wilhelmi, § 823 Rn. 102; Zimmermann, VersR 1980, 497, 501. Einen etwas abweichenden Weg wählt dagegen Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 158 ff., der das „erlaubte Risiko“ des Sports in den Vordergrund der Begründung einer Haftungsmodifikation rückt. Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateurund Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 168 sieht im erlaubten Risiko aber keine eigene Rechtsfigur, sondern lediglich einen Aspekt der Schutzzwecklehre. Bei stringenter Anwendung dieses Gedankens dürften sich die Ergebnisse lediglich in Nuancen von denen der oben genannten Autoren unterscheiden. Aus diesem Grunde kann Krähe zumindest im Ergebnis zu den Befürwortern einer Schutzzweckmodifikation gezählt werden. Schließlich könnte auch generell in Frage gestellt werden, ob zwischen dem von Zimmermann, VersR 1980, 497, 500 beschriebenen allgemeinen Sportrisiko und dem erlaubten Risiko, das Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 168 ff. für maßgeblich erachtet, überhaupt signifikante Wertungsunterschiede auftreten können oder es sich schlichtweg um etwas unterschiedliche Ansätze zur Begriffsbestimmung des Entscheidungskriteriums handelt. 70 Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 141 ff., 148 ff., 173 ff., 378; Zimmermann, VersR 1980, 497, 498, 500 f. Ähnlich auch Bohlen, Haftungsausschluß durch bewußte Selbstgefährdung, 208 ff. 71 Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 21. Ähnlich auch OLG Düsseldorf, SpuRt 1999, 152 sowie Zimmermann, VersR 1980, 497, 501.

II. Tatbestand

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wäre, um dem Schutzzweck der Haftungsnorm zu genügen.72 Mitspielerverletzungen beim Sport wären sodann aus der Sicht der Lehre vom Handlungsunrecht zu betrachten.73 Die Herausforderung dieses Lösungsansatzes ist darin zu sehen, dass er auf der Prämisse beruht, dass aufgrund der Besonderheiten des Sports eine Dispositionsbefugnis hinsichtlich des Schutzzwecks der Norm besteht. Nur unter dieser Annahme können die Sportler oder regelsetzende Verbände den deliktischen Integritätsschutz beeinflussen. Pfister rechtfertigt dies im Allgemeinen mit dem Argument, dass die Autonomie des Sports eine Abweichung vom insoweit dispositiven Gesetzesrecht gestatte.74 Gleiches könnte für die freiwillige Teilnahme am (Freizeit-)Sport gelten, die letztlich nichts anderes ausdrückt als die grundsätzliche Bereitschaft, im ungewünschten Unglücksfalle Schädigungen ohne rechtliche Ausgleichsmöglichkeit hinzunehmen.75 Andererseits richtet sich der Normbefehl des § 823 BGB nicht an Sportler, sondern an jedermann.76 Aus diesem Grunde wenden manche Stimmen ein, dass den Sportregeln bei der Berücksichtigung auf der Ebene des Tatbestands eine zu große Bedeutung beigemessen werde.77 Dieser Kritik unterliegen freilich alle Verkehrspflichtkonzeptionen. Somit handelt es sich letztlich eher um eine Verwirklichung des grundsätzlichen Streits zwischen den Lehren von Handlungs- und Erfolgsunrecht als um eine spezifische Fragestellung von Mitspielerverletzungen bei der Sportausübung.78 Da jedenfalls keine vernichtenden Gründe gegen diesen Ansatz bestehen, könnte er grundsätzlich dazu geeignet sein, einen Haftungsausschluss für regelgerecht zugefügte Mitspielerverletzungen herbeizuführen. Der praktische Vorteil einer Verkehrspflichtkonzeption – unabhängig von einer Einordnung auf Ebene des Tatbe72 S. im Allgemeinen zu den Lehren von Handlungs- und Erfolgsunrecht, zum vorhandenen Meinungsspektrum sowie den spezifischen Auswirkungen der Rechtswidrigkeitsmodelle BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 17 ff.; Erman/Wilhelmi, § 823 Rn. 6 ff.; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 4 ff.; PWW/Schaub, § 823 Rn. 10 ff.; Soergel/Spickhoff, § 823 Rn. 4 ff.; Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. H 14 ff. S. dort auch die Ausführungen und weiterführenden Nachweise zu den einzelnen Strömungen und Befürwortern der jeweiligen Ansichten. PWW/Schaub, § 823 Rn. 13 verweist außerdem zu Recht darauf, dass die Einbettung eines Verkehrspflichtsystems stets zur Anwendung der Lehre vom Handlungsunrecht führt. 73 Diese Folge – unabhängig von der systematischen Ebene der Realisierung einer Verkehrspflichtkonzeption – ausdrücklich befürwortend Bonde, SchlHA 1984, 178, 179; Erman14/ Schiemann, § 823 Rn. 78; Fleischer, VersR 1999, 785, 787; Heermann, Haftung im Sport, Rn. 84; Looschelders, JR 2000, 265, 269 ff.; PHB Sportrecht/Fritzweiler, 5. Teil Rn. 19. 74 Pfister, FS W. Lorenz, 171, 187, 191 f. S. ferner auch Kirchhof, Private Rechtssetzung, 38 f. 75 S. insofern die obigen Ausführungen unter B.I. sowie B.III.4.c). 76 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 134 f. Ähnlich auch Füllgraf, VersR 1983, 705, 707 f. sowie Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 140 f. 77 Birr, Die Haftung Minderjähriger im Zivilrecht, Rn. 75; Füllgraf, VersR 1983, 705, 708. 78 S. dazu auch die Ausführungen unter D.II.2. S. ferner zur Rechtssetzung durch Private Kirchhof, Private Rechtssetzung, 38 f.

100

C. Lösungsansätze

stands oder der Rechtswidrigkeit – liegt jedenfalls in der flexiblen Handhabung für den Rechtsanwender und dem weitreichenden Anwendungsbereich,79 durch den Mitspielerverletzungen jeglicher Sportarten bewältigt werden könnten.

III. Rechtswidrigkeit Für die Realisierung einer Haftungsmodifikation regelgerecht zugefügter Sportverletzungen bieten sich auf der Ebene der Rechtswidrigkeit zwei denkbare Ansatzpunkte an. Auf der einen Seite kann bereits in Frage gestellt werden, ob eine Sportverletzung stets dem Verdikt der Rechtwidrigkeit ausgesetzt sein muss, da ein von den Sportregeln gestatteter Einsatz des schädigenden Sportlers als rechtmäßig eingeordnet werden könnte. Auf der anderen Seite könnte die Rechtswidrigkeit aber auch ausnahmsweise entfallen, wenn die regelgerechte Sportausübung von einem Rechtfertigungsgrund gedeckt wäre. 1. Mangelndes Rechtswidrigkeitsverdikt einer Mitspielerverletzung Zunächst soll sich der Blick auf diejenigen Ansätze richten, die Sportverletzungen nicht pauschal als rechtswidrig qualifizieren. Hinter diesen Ansätzen steht zumeist die Intention, das von Vielen als unbefriedigend empfundene Ergebnis, den schädigenden Einsatz eines regelgerecht agierenden Sportlers mit dem Urteil der Rechtswidrigkeit belasten zu müssen, zu vermeiden.80 Freilich kann dieses Ergebnis nur mit einer handlungsbezogenen Sichtweise des § 823 Abs. 1 BGB herbeigeführt werden, wenn sich das Rechtswidrigkeitsurteil nicht allein aus der Verwirklichung des Tatbestands ergäbe, sondern von zusätzlichen – die Rechtswidrigkeit begründenden – Merkmalen abhinge. Dieser Aspekt muss daher stets berücksichtigt werden, wenn eine positive Feststellung der Rechtswidrigkeit im Rahmen des zivilrechtlichen Sporthaftungsrechts gefordert wird.81 Wenig zielführend ist indessen der von Hollenbach vorgebrachte Einwand, dass eine Lösung auf Ebene der Rechtswidrigkeit der herrschenden Lehre vom Erfolgsunrecht widerspreche.82 Diese pauschale Kritik bietet keinen Mehrwert und missachtet insbesondere die Besonderheiten des Sports und der Sportausübung, die

79

S. insofern auch Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 10. Dies ausdrücklich zugestehend Fritzweiler, Die Haftung des Sportlers bei Sportunfällen, 58; Wilms, JR 2007, 95, 96; s. dazu auch von Caemmerer, FS 100 Jahre DJT Band II, 49, 71 ff. sowie Niese, JZ 1956, 457, 460. 81 S. dazu auch D.V., VI. 82 Hollenbach, VersR 2003, 1091, 1094. 80

III. Rechtswidrigkeit

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gerade für eine handlungsbezogene Interpretation der Rechtswidrigkeit sprechen könnten.83 a) Fehlen eines Verkehrspflichtverstoßes Ein beachtlicher Teil der Literatur fordert zur positiven Feststellung der Rechtswidrigkeit das Hinzutreten eines Verkehrspflichtverstoßes des Sportlers.84 Sollte sich der Sportler regelgerecht verhalten haben, so könne sein Verhalten mangels Verkehrspflichtverstoßes nicht als rechtswidrig eingeordnet werden.85 Eine Mitspielerverletzung beinhalte demnach im Regelfall nicht die Indikation der Rechtswidrigkeit.86 Dies entspricht im Ergebnis der im Rahmen der Zurechnung dargestellten Lösungsoption,87 allerdings mit dem systematischen Unterschied, dass die Implementierung einer Verkehrspflichtkonzeption auf der Ebene der Rechtswidrigkeit erfolgte und nicht im Rahmen des Tatbestands des § 823 Abs. 1 BGB. Die konkreten Verkehrspflichten sollen auch insoweit maßgeblich durch das entsprechende Regelwerk determiniert werden.88 Manche gehen sogar so weit und konstatieren, dass sich für den Bereich des Sporthaftungsrechts generell eine handlungsbezogene Sichtweise des Rechtswidrigkeitsurteils etabliert habe.89 Zu weit gehen allerdings Weisemann/Spieker, die ihre Entscheidung für eine handlungsbezogene Deutung des § 823 Abs. 1 BGB auch darauf stützen, dass sich die Rechtsprechung in BGHZ 63, 140 eindeutig für die Anwendung der Lehre vom Handlungsunrecht im Bereich des Sports entschieden habe.90 Zwar weist der BGH in der Entscheidung auf die Option einer handlungsorientierten Lösung hin,91 entscheidet sich im Endeffekt aber unmissverständlich für

83

S. dazu die Ausführungen und Nachweise unter D.III.1.d) sowie D.VI. Börner, Sportstätten-Haftungsrecht, 240; Fleischer, VersR 1999, 785, 787; Heermann, Haftung im Sport, Rn. 96; HK-BGB/Staudinger, § 823 Rn. 83; Kreutz, JA 2011, 337, 339, 341; Pfister, FS W. Lorenz, 171, 188; PHB Sportrecht/Fritzweiler, 5. Teil Rn. 19; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 54; Weisemann/Spieker, Sport, Spiel und Recht, Rn. 74. 85 Erman/Wilhelmi, § 823 Rn. 146; Pfister, FS W. Lorenz, 171, 188; PHB Sportrecht/ Fritzweiler, 5. Teil Rn. 19. Ähnlich auch Fleischer, VersR 1999, 785, 787. 86 Fleischer, VersR 1999, 785, 787. Ähnlich auch Pfister, FS W. Lorenz, 171, 187; PHB Sportrecht/Fritzweiler, 5. Teil Rn. 19; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 54; Weisemann/ Spieker, Sport, Spiel und Recht, Rn. 74. 87 S. daher auch die Ausführungen unter C.II.4. 88 Fleischer, VersR 1999, 785, 787; Heermann, Haftung im Sport, Rn. 96; PHB Sportrecht/ Fritzweiler, 5. Teil Rn. 19 f.; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 55; Weisemann/Spieker, Sport, Spiel und Recht, Rn. 75. 89 PHB Sportrecht/Fritzweiler, 5. Teil Rn. 17 ff.; nicht in dieser Ausdrücklichkeit, aber durchaus bestimmend Börner, Sportstätten-Haftungsrecht, 240; Mertens, VersR 1980, 397, 400. 90 Weisemann/Spieker, Sport, Spiel und Recht, Rn. 74. 91 BGHZ 63, 140, 142 f. 84

102

C. Lösungsansätze

einen Haftungsausschluss auf der Grundlage der Gebote von Treu und Glauben.92 Es kann daher nur schwerlich davon gesprochen werden, dass sich dieser Lösungsweg durchgesetzt habe,93 wenn der BGH auch in der Folge seine Lösungen auf der Grundlage von § 242 BGB begründete.94 Von der grundsätzlichen Kritik einer handlungsbezogenen Sichtweise des § 823 Abs. 1 BGB abgesehen, gilt das oben Gesagte: Eine Verkehrspflichtkonzeption könnte sich für die Auflösung der Haftungsproblematik bei Mitspielerverletzungen als zielführend erweisen und ist somit nicht auszuschließen. b) Sozialadäquates Verhalten des Schädigers Andere begründen eine Haftungsprivilegierung bei Mitspielerverletzungen auf Grundlage der Lehre von der Sozialadäquanz.95 Mitspielerverletzungen, die auf einem regelkonformen und somit sozial adäquaten Verhalten des Schädigers beruhen, dürften nicht als rechtswidrig beurteilt werden.96 Die von Welzel für das Strafrecht begründete Lehre der Sozialadäquanz97 sei – wie maßgeblich durch Nipperdey nachgewiesen98 – auch im Zivilrecht mit der Folge anwendbar, dass sozialadäquate Verhaltensweisen eines Schädigers als rechtmäßig einzuordnen seien.99 92

BGHZ 63, 140, 144 f. Insbesondere nennt der BGH in seiner jüngsten wegweisenden Entscheidung zur Berücksichtigung eines etwaigen Versicherungsschutzes und Neueinteilung der Sportarten eine derartige Lösung nicht mehr, weist aber gleichzeitig auf Handeln auf eigene Gefahr, Einwilligung, modifiziertes Verschulden oder Haftungsabreden als denkbare Lösungsoptionen hin, BGHZ 154, 316, 322. 94 BGHZ 63, 140, 144 f.; 154, 316, 324 f.; BGH, VersR 1975, 155, 156; ferner NJW 1976, 957; 2010, 537, 538. 95 Bonde, SchlHA 1984, 178, 180; Fink, VersR 1990, 359, 360; Fritzweiler, Die Haftung des Sportlers bei Sportunfällen, 68 ff.; Nipperdey, NJW 1957, 1777, 1778 f.; Nirk, NJW 1964, 1829, 1835, allerdings unter Vermischung mit Elementen einer Verkehrspflichtkonzeption; Pardey, zfs 1995, 281; H. W. Schmidt, VersR 1963, 1101, 1101; Schöntag, Rechtliche Probleme um den Sportschiedsrichter, 272 ff.; jedenfalls im Ergebnis auch OLG München, NJW 1966, 2406, 2407 sowie LG Nürnberg-Fürth, VersR 1990, 96, 97; AG Prüm, NJW-RR 2005, 534; ähnlich auch Heinze, JR 1975, 288. Diese Lösungsoption genießt auch in der strafrechtlichen Literatur eine nicht zu verachtende Popularität, s. Berr, Sport und Strafrecht, 186 ff., 212 ff.; Dölling, ZStW 96 (1984), 36, 55 ff.; Zipf, Einwilligung und Risikoübernahme im Strafrecht, 93 ff.; jedenfalls im Ergebnis auch Eser, JZ 1978, 368, 372 ff., der insoweit auf Elemente der Sozialadäquanz und des erlaubten Risikos zurückgreift. 96 Bonde, SchlHA 1984, 178, 180; Fink, VersR 1990, 359, 360; Nipperdey, NJW 1957, 1777, 1779; Nirk, NJW 1964, 1829, 1835 für den Bereich des Skisports; H. W. Schmidt, VersR 1963, 1101, 1101; Schöntag, Rechtliche Probleme um den Sportschiedsrichter, 273. 97 Welzel, ZStW 58 (1939), 491, insbesondere 514 ff. sowie Das deutsche Strafrecht, 55 ff. und ferner Das neue Bild des Strafrechtsystems, 26 ff. 98 Nipperdey, NJW 1957, 1777 sowie ferner NJW 1967, 1985. 99 Bonde, SchlHA 1984, 178, 180; Fink, VersR 1990, 359, 360; Fritzweiler, Die Haftung des Sportlers bei Sportunfällen, 73 f., 84 ff.; Nipperdey, NJW 1957, 1777, 1779; H. W. Schmidt, VersR 93

III. Rechtswidrigkeit

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Ein sozialadäquates Verhalten des schädigenden Sportlers sei rechtmäßig und könne daher keine Haftung begründen.100 Die Sportausübung sei trotz Kenntnis der Verletzungsrisiken nicht verboten und werde von der Rechtsordnung hingenommen.101 Die unvermeidbaren Rechtsgutverletzungen sollen innerhalb des Rahmens der sozialen Ordnung des gemeinschaftlichen Lebens liegen und könnten aufgrund ihrer Sozialadäquanz nicht rechtswidrig sein.102 Für die Bewertung der Sozialadäquanz komme es auf staatliche Normen, aber auch auf alle Regeln, die im Rahmen der sozialethischen Ordnung erlassen worden sind, an.103 Zielsetzung der Lehre ist somit die Berücksichtigung subjektiver Überzeugungen oder subjektiv geprägter Sozialvorstellungen bei der Bewertung der Rechtmäßig- oder Rechtswidrigkeit des Schädigerverhaltens. Die Berücksichtigung der Lehre von der Sozialadäquanz im Zivilrecht – und insbesondere im Sporthaftungsrecht – unterliegt allerdings erheblichen Bedenken. Knüpfte Welzel die Berücksichtigung der Sozialadäquanz noch an eine im Allgemeinen von der Gesellschaft anerkannte und gestattete Verhaltensweise an,104 so wurden – wohl in der Intention, eine flächendeckende Anerkennung überhaupt ermöglichen zu können – elementare Bestandteile dieser Lehre modifiziert. So wird in jüngerer Zeit – dies betrifft insbesondere auch die strafrechtliche Sichtweise – von anderen Stimmen nur noch eingefordert, dass das Verhalten des Schädigers innerhalb einer Sozialnorm eines rechtlich anerkannten Teilbereichs liegen müsse, um in Sozialadäquanz zu resultieren.105 Diese Sichtweise ist zur Anwendung im Bereich des Sports indes auch notwendige Voraussetzung: Zwar ist der Sport gesellschaftlich anerkannt, gefördert und mittlerweile immer mehr kommerzialisiert, allerdings unterscheidet er sich maßgeblich vom restlichen gesellschaftlichen Dasein und bildet einen eigenen Mikrokosmos, der seine eigene – wenn dies überhaupt möglich wäre – Sozialadäquanz entwickeln könnte.106 Diese würde sich vielfach aber immens von der allgemeinen gesellschaftlichen Sozialadäquanz unterscheiden, ihr teilweise gar widerstreben. Die passende Kontrollfrage lautete somit: Kann Spitzensport überhaupt sozialadäquat sein, wenn er an sich, insbesondere auch was Regelverstöße 1963, 1101, 1101. S. ferner zur allgemeinen Wirkung und Bedeutung der Lehre der Sozialadäquanz im Zivilrecht Westen, FS F. von Hippel, 591, 597 ff. 100 Fritzweiler, Die Haftung des Sportlers bei Sportunfällen, 73 f., 84 ff.; Nipperdey, NJW 1957, 1777, 1779; H. W. Schmidt, VersR 1963, 1101, 1101. 101 Nipperdey, NJW 1957, 1777, 1778; ähnlich auch H. W. Schmidt, VersR 1963, 1101, 1101. 102 Nipperdey, NJW 1957, 1777, 1778; ähnlich auch Fritzweiler, Die Haftung des Sportlers bei Sportunfällen, 69 f.; in diese Richtung auch Bonde, SchlHA 1984, 178, 180. 103 Nipperdey, NJW 1957, 1777, 1778; ähnlich auch Fritzweiler, Die Haftung des Sportlers bei Sportunfällen, 69 ff., 75 ff. 104 Welzel, Das deutsche Strafrecht, 55 f. 105 Dölling, ZStW 96 (1984), 36, 57; Zipf, Einwilligung und Risikoübernahme im Strafrecht, 78 f. 106 In diese Richtung auch Schild, Sportstrafrecht, 106 sowie Jura 1982, 520, 528.

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C. Lösungsansätze

anbelangt, den sozialen Rahmen verlässt?107 Müsste – nach dem Verständnis von Welzel – auf eine gesamtgesellschaftliche Sichtweise zur Beurteilung der Adäquanz abgestellt werden, so wäre eine Aufspaltung in eine äußere beziehungsweise allgemein gesellschaftsadäquate und eine innere oder innerhalb der Welt des Sports anerkannte Sozialadäquanz von Nöten.108 Ansonsten wäre, ohne die mittlerweile durchgeführte Modifikation, eine zielführende Berücksichtigung bereits a limine ausgeschlossen. Will man sich trotz dieser Bedenken nicht gegen den Lösungsansatz stellen, so resultieren aus der Ermittlung der Sozialadäquanz weitere Folgeprobleme. So stellt sich insbesondere die grundlegende Frage, ab welchem Zeitpunkt von einer sozialen Anerkennung gesprochen werden kann. Wenn die Bestimmung der Sozialadäquanz auf Grundlage des Regelwerkes erfolgen soll, ist dadurch noch nicht beantwortet, wann die geforderte Sozialadäquanz eintritt.109 Diese Antwort kann ein Regelwerk regelmäßig nicht liefern. Daraus resultiert, insbesondere bei neu entwickelten Sportarten, aber auch bei Regeländerungen, eine erhebliche Rechtsunsicherheit, da im Anfangs- oder Änderungsstadium sicherlich nicht von Sozialadäquanz gesprochen werden kann.110 Innerhalb der Schwebezeit zwischen Entwicklung oder Modifikation einer Sportart bis zur Manifestation im Teillebensbereich Sport wäre eine haftungsrechtliche Grauzone die Folge,111 die vielfach keinen verlässlichen ex-anteBewertungen zugänglich wäre. Dieser Umstand wird nur schwerlich dem Interesse der Sportler gerecht werden können und ist somit äußerst bedenklich. Dies bedeutet, dass in zeitlicher Hinsicht weitere Kriterien erforderlich wären, um die Sozialadäquanz konturieren zu können. Welche konkreten Kriterien dazu allerdings geeignet sein können, lassen die Befürworter dieses Lösungsansatzes unbeantwortet.112 Zudem muss auch berücksichtigt werden, dass der Entstehungsprozess der Sozialadäquanz sich – wie bei der Bildung eines Gewohnheitsrechts113 – als derart starr herauskristallisieren könnte, dass einer etwaig erforderlichen Dynamik unüber-

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Dies klar verneinend Schild, Jura 1982, 520, 528. Kritisch aus diesem Grunde auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 155; Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateurund Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 82. 109 Ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 156. 110 So auch Füllgraf, VersR 1983, 705, 708 f.; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 157 f.; Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 83. 111 Ähnlich auch Füllgraf, VersR 1983, 705, 708 f. In diese Richtung denkend auch Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 83. 112 Scharfe Kritik diesbezüglich findet sich auch bei Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 82 sowie Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 160. 113 S. insofern auch die Ausführungen oben unter B.III.1.c). 108

III. Rechtswidrigkeit

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windbare Hindernisse in den Weg gelegt sein könnten,114 die den Ansatz für den schnelllebigen Bereich des Sports möglicherweise generell disqualifizierten. Wollte man andererseits allein – und dies betrifft sodann eher die inhaltliche Ausgestaltung der Sozialadäquanz – auf die Existenz eines Regelwerkes abstellen, so würde den regelsetzenden Verbänden oder Akteuren eine zu große Einwirkungsmöglichkeit gegeben,115 aus der allein sich auch keine zwingenden Rückschlüsse auf die im Lebensbereich Sport geltende Sozialnorm ziehen ließen. Schlimmstenfalls könnte eine solche Betrachtung gar Rechtsmissbrauch ermöglichen, wenn die normsetzenden Beteiligten zur Disposition über die Rechtswidrigkeit und konsekutiv über Schadensersatzansprüche nur eine Regeländerung herbeiführen müssten.116 Durch ein solches Vorgehen könnte ein herrschendes Gesellschaftsverständnis bewusst und zielgerichtet umgangen werden und dies sogar ohne in offenen Konflikt zur Rechtsordnung treten zu müssen. Zudem würden weitere Elemente der Sporttypizität, wie beispielweise regionale Unterschiede, keine angemessene Berücksichtigung finden können.117 Dies führte in der Folge zu einer zu pauschalen Betrachtung, die letztlich nicht überzeugen kann. Diese Folgen werden von den Befürwortern des Ansatzes sicherlich auch nicht intendiert sein. Somit müssten auch in sachlicher Hinsicht weitere Kriterien zur Anwendung kommen, allerdings vermisst man auch diesbezüglich konkrete Aussagen. Darüber hinaus sind die Regelwerke in den meisten Fällen objektiver Natur, sodass sich die Frage stellt, auf welche Art und Weise die – im Ausgangspunkt subjektiv geprägten – Sozialvorstellungen letztlich Berücksichtigung finden könnten.118 Auch diesbezüglich wären weiterführende Ausführungen wünschenswert. 114

In diese Richtung scheint auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 157 f. zu tendieren. 115 Füllgraf, VersR 1983, 705, 708; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 160. Kritisch auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 157 sowie Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 81. 116 So auch Füllgraf, VersR 1983, 705, 708 f.; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 157 f.; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 160. Diesen Umstand scheint E. Schmidt, JZ 1954, 369, 373 zu übersehen, wenn er auf die Anerkennungsfähigkeit und staatliche Zulassung einer Sportart oder einer sportiven Betätigung abstellt. 117 So muss stets vergegenwärtigt werden, dass das Regelwerk zwar einen gewichtigen Teil der Sporttypizität bildet, aber noch weitere Elemente existieren, die sich nicht zwingend aus dem Regelwerk ergeben müssen. S. dazu auch die Ausführungen unter B.II.3. 118 Kritisch dazu auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 158; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 160. Fleischer, VersR 1999, 785, 786 kritisiert insbesondere, dass die Lehre der Sozialadäquanz eine Begründung dafür schuldig bleibe, wie sich die Einwirkung der sozialen Anschauungen auf das Haftungsunrecht im Einzelnen vollziehen sollen. Zudem führe die Lehre im Ergebnis dazu, dass der Richter zur Bestimmung der Sozialadäquanz aufgrund der Konturlosigkeit empirische Meinungsforschung betreiben müsse, da sich aus der Lehre keine verlässlichen Orientierungsmarken ergäben. Ob dieser Umstand generell zutreffend ist, mag bezweifelt werden. Der Richter wird aber – je-

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C. Lösungsansätze

Die Erklärungsschwächen setzen sich sodann bei der Bewältigung von Regelwidrigkeiten fort. Trotz oder gerade aufgrund der starken Fokussierung auf das Regelwerk oder die Sozialnorm können vielfach keine Aussagen dahingehend getroffen werden, ob ein regelwidriges Verhalten als sozialadäquat qualifiziert werden kann. Zwar beschreiben Regelwerk oder Sozialnorm, welches Verhalten adäquat oder inadäquat ist, allerdings führte dies zu einer Grenzziehung, die unmodifiziert nur regelgerechtes Verhalten erklären kann.119 Regelwidriges Verhalten müsste, da es ja nicht von der Sozialanschauung getragen ist, ohne das Hinzutreten weiterer – eine klare Grenzziehung ermöglichender – Umstände automatisch als rechtswidrig eingestuft werden. Dies beträfe in der Konsequenz schon leichteste Regelverstöße. Zur Bewältigung dieser Fälle soll auf das Kriterium der Geringfügigkeit zurückgegriffen werden,120 das aufgrund der schwierigen Konturierung aber nur eine Verlagerung der Anforderungen an eine Grenzziehung zur Folge hätte.121 Gegen die Berücksichtigung der Sozialadäquanz spricht auch, dass sie sich zu stark am Verhalten des Schädigers orientiert, den Blick aber – durch die Fokussierung auf das Regelwerk und die Unklarheit weiterer etwaiger Anknüpfungspunkte – nur unzureichend auf das Verhalten des Geschädigten richten kann.122 Dies mag zwar bei einem regelgerechten Verhalten keine weiteren Probleme nach sich ziehen. Es würde aber spätestens dann virulent, wenn ein leichter Regelverstoß, ein beiderseitiger oder – und dies verurteilt die Sozialadäquanz bei Mitspielerverletzungen letztlich auch praktisch zum Scheitern – ein provozierter Regelverstoß vorläge, der auch die Berücksichtigung des Verhaltens des Schädigers erforderlich machte. Insbesondere aufgrund der vorgenannten Kritikpunkte erklärt es sich, dass die Lehre der Sozialadäquanz – bezogen auf ihren praktischen Nutzen zu Recht – als unklar123, unbestimmt124, konturenlos125, diffus126 oder gar dogmatisch überflüssig127 bezeichnet wird. denfalls ist Fleischer insoweit zuzustimmen – in vielen Fällen in Schwierigkeiten geraten, das Sozialübliche fernab von Darlegungs- und Beweislast feststellen zu können. 119 So auch Eser, JZ 1978, 368, 370; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 156 f. 120 Deutsch, VersR 1974, 1045, 1047, der die Sozialadäquanz allerdings nur als Lösungsmöglichkeit bei Regelwidrigkeiten heranziehen will. Ähnlich auch Schöntag, Rechtliche Probleme um den Sportschiedsrichter, 274; in diese Richtung auch Schild, Jura 1982, 520, 528, der geringfüge Beeinträchtigungen der Sportler von der Sozialadäquanz erfassen will. 121 Ablehnend daher auch Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 84. 122 Bohlen, Haftungsausschluß durch bewußte Selbstgefährdung, 132 ff. Diesen Punkt aufgreifend auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 159. 123 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 156. 124 Deutsch, Fahrlässigkeit und erforderliche Sorgfalt, 247; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 156. 125 Rössner, FS Hirsch, 313, 321. 126 Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 82.

III. Rechtswidrigkeit

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Ungeachtet dessen bestehen schließlich zwei generelle dogmatische Einwände, welche die Berücksichtigung der Sozialadäquanz als eigenständiges Rechtsinstitut des Zivilrechts ausschließen. Zum einen enthält das Zivilrecht in § 276 Abs. 2 BGB oder in der Anerkennung von Verkehrspflichten bereits Regelungsmechanismen, auf deren Grundlage ein sozialadäquates oder verkehrsgerechtes Verhalten erfasst und ausreichend gewürdigt werden kann.128 Dies geschieht allerdings unter der Einschränkung, dass eine maßgeblich objektive Bestimmung zu erfolgen hat. Das zivile Haftungsrecht enthält somit Zurechnungskriterien für diese Verhaltensform;129 nur vermögen diese Optionen nicht den Wünschen der Befürworter einer eigenständigen Sozialadäquanz zu genügen. Zum anderen müsste, sollte man die Sozialadäquanz anerkennen wollen, eine stark subjektiv geprägte Bestimmung der Fahrlässigkeit erfolgen, die nicht im Einklang zu § 276 Abs. 2 BGB stünde.130 Insgesamt muss daher festgehalten werden, dass die Berücksichtigung subjektiver Vorstellungen oder Anschauungen in Gestalt der Sozialadäquanz sich für manche Autoren vielleicht als erstrebenswert darstellen kann, ihr ist im geltenden Recht allerdings ausdrücklich die Anerkennung zu versagen. Die Lehre der Sozialadäquanz mag vielleicht im Strafrecht ihre Berechtigung finden,131 für den Bereich des zivilrechtlichen Sporthaftungsrechts ist sie allerdings abzulehnen.132 c) Keine Verwirklichung eines erlaubten Risikos Eine weitere Ansicht begründet eine Haftungsmodifikation bei regelgerecht zugefügten Sportverletzungen auf der Basis eines grundsätzlich erlaubten Risikos.133 127

Hirsch, ZStW 74 (1962), 78, 135. Ähnlich auch Raab, JuS 2002, 1041, 1046. 129 Raab, JuS 2002, 1041, 1046. 130 Friedrich, NJW 1966, 755, 757. Nipperdey, NJW 1957, 1777, 1779 ff. selbst weist auf diesen Umstand hin, will ihn aber ohne Unbehagen hinnehmen, da seiner Ansicht nach die Fahrlässigkeit des § 276 Abs. 2 BGB und die Sozialadäquanz kongruent sein sollen. Eine ähnliche Argumentation liefert auch Fritzweiler, Die Haftung des Sportlers bei Sportunfällen, 69. 131 Ähnlich auch Deutsch, Fahrlässigkeit und erforderliche Sorgfalt, 243 ff.; Fleischer, VersR 1999, 785, 786; Petev, VersR 1976, 320, 321; Raab, JuS 2002, 1041, 1046. 132 So auch Behrends, DOK 1976, 539, 541; Fleischer, VersR 1999, 785, 786; Füllgraf, VersR 1983, 705, 708 f.; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 159; Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 84; Petev, VersR 1976, 320, 321; Rössner, FS Hirsch, 313, 321; Schall, SpuRt 2011, 226, 227; im Ergebnis auch Friedrich, NJW 1966, 755, 757; Kleppe, VersR 1968, 127, 128; für die strafrechtliche Bewertung auch Blüthner, Bekämpfung von Körperverletzungen im Fußballsport durch sportverbandsinterne Maßnahmen und die staatlichen Strafverfolgungsbehörden, 27. 133 AG Brackenheim, VersR 1990, 1286, 1287; Eser, JZ 1978, 368, 372 f.; U. Huber, FS Wahl, 301, 308 f.; Meckel, Die strafrechtliche Haftung für riskante Verhaltensweisen, 120; Stoll, Das Handeln auf eigene Gefahr, 279 ff.; ähnlich auch LG Nürnberg-Fürth, VersR 1990, 96, 97. Den Gedanken des erlaubten Risikos aufgreifend, ihn allerdings im Rahmen eines anderen 128

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C. Lösungsansätze

Ausgangspunkt dieser Auffassung ist die Überlegung, dass es in der modernen Gesellschaft Tätigkeiten oder Unternehmungen gebe, bei denen trotz Einhaltung der gebotenen Vorsicht und Sorgfalt erlaubte Restgefahren bestehen blieben, die – aufgrund des erheblichen gesellschaftlichen Nutzens und der allgemeinen Anerkennung der Unternehmung oder der Tätigkeit – bei Realisierung der Restrisiken haftungsfrei hingenommen werden müssten.134 Zu den vom erlaubten Risiko erfassten Tätigkeiten gehöre auch die Sportausübung.135 Unabhängig von der Fragestellung, ob das erlaubte Risiko eine eigene Rechtsfigur darstellt oder lediglich einen Unterfall der Sozialadäquanz bildet und an welcher Position des Deliktsaufbaus das erlaubte Risiko Berücksichtigung finden soll,136 unterliegt der Ansatz ähnlichen strukturellen Bedenken wie die Lehre von der Sozialadäquanz. Die Berücksichtigung eines erlaubten Risikos lenkt die Sicht zwar, da das Risiko in den Mittelpunkt gerückt wird,137 nicht genauso stark auf das Schädigerverhalten, dennoch wird das Verhalten des Geschädigten nur geringfügig berücksichtigt.138 Der entscheidende Kritikpunkt ist allerdings – ähnlich wie bei der Sozialadäquanz – in der inhaltlichen Ausgestaltung zu erblicken. Allein aus dem bestehenden „Risiko“ bei der Sportausübung kann nur schwer darauf geschlossen werden, welche Gefahren haftungsfrei hingenommen werden sollen und wie eine Grenzziehung zu erfolgen hat, um das erlaubte vom missbilligten Risiko abzuLösungsweges verwendend, auch Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 202 ff.; ebenso Roxin, Strafrecht AT I, § 10 Rn. 38, der die tatbestandliche Zurechnung verneint. S. ferner auch Schmitt, Körperverletzungen bei Fußballspielen, 204, 207, der das erlaubte Risiko auf vorsätzliche Körperverletzungen begrenzt wissen will. 134 U. Huber, FS Wahl, 301, 308 ff.; Münzberg, Verhalten und Erfolg als Grundlagen der Rechtswidrigkeit und Haftung, 350 ff.; ähnlich auch Eser, JZ 1978, 368, 372 ff. 135 AG Brackenheim, VersR 1990, 1286, 1287; U. Huber, FS Wahl, 301, 309; Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 188 ff.; ähnlich auch Eser, JZ 1978, 368, 372 f. sowie Roxin, Strafrecht AT I, § 10 Rn. 38. 136 S. zum Meinungsstand, den inhaltlichen Besonderheiten, insbesondere im Vergleich zur Sozialadäquanz und den Möglichkeiten, das erlaubte Risiko berücksichtigen zu können, allein die Ausführungen von Berr, Sport und Strafrecht, 191 ff. und Kubink, JA 2003, 257, 258 ff. S. insbesondere für das Zivilrecht Bohlen, Haftungsausschluß durch bewußte Selbstgefährdung, 128 ff. 137 S. dazu Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 113 f. sowie Bohlen, Haftungsausschluß durch bewußte Selbstgefährdung, 129 ff. 138 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 161 kritisiert insofern, dass dem Verhalten des Geschädigten keinerlei Bedeutung beigemessen werde. Diese Kritik erscheint etwas zu hart, denn durch die Verlagerung der Anknüpfung auf das Risiko kann eine flexiblere Sicht als bei der Sozialadäquanz erfolgen. Diese wird sich im Regelfall allerdings auch stark am Regelwerk als Bestimmungsmöglichkeit des zu erwartenden Restrisikos orientieren. Da die Regelwerke dem Verhalten des Geschädigten im Regelfall nur wenig Aufmerksamkeit schenken, haftet diese Schwäche – wenn man sie als Schwäche vieler Sportregelwerke deklarieren will – auch dem Ansatz eines erlaubten Risikos an. Dass allerdings keinerlei Berücksichtigung des Handelns des Geschädigten möglich sei, ist unzutreffend.

III. Rechtswidrigkeit

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grenzen.139 Der Ansatz leidet somit unter einer ähnlichen Schwäche wie die Sozialadäquanz, da zusätzliche Bestimmungskriterien hinzutreten müssen, um eine Mitspielerverletzung haftungsrechtlich bewerten zu können.140 Aus dem Risiko selbst lassen sich dagegen keine konkreten Voraussetzungen zur Bewältigung der Problematik ableiten, es dient vielmehr nur zur Absicherung des Befundes, dass Sport gefährlich ist und zu Schädigungen führen kann.141 Aus diesem Grunde ist Rössner zuzustimmen, wenn er feststellt, dass der Hinweis auf das erlaubte Risiko zu keiner Lösung des Problems führt.142 Auf der Grundlage des erlaubten Risikos lässt sich somit keine zielführende Lösung für Mitspielerverletzungen beim Sport entwickeln.143 2. Ausschluss der Rechtswidrigkeit aufgrund eines Rechtfertigungsgrundes Eine weitere Möglichkeit, die Problemlösung auf Ebene der Rechtswidrigkeit herbeizuführen, könnte darin bestehen, die regelgerechte Sportverletzung unter einen Rechtfertigungstatbestand zu subsumieren. Diese Lösungsoptionen sind allerdings allesamt dem Einwand ausgesetzt, dass regelgerecht zugefügte Sportverletzungen zunächst stets dem Verdikt der Rechtwidrigkeit unterlägen und nur ausnahmsweise aufgrund der Rechtfertigung als rechtmäßig anzusehen wären.144 Zwar ist das Verdikt der Rechtswidrigkeit im Zivilrecht sicherlich nicht von so hervorgehobener Bedeutung wie in der strafrechtlichen Beurteilung, dennoch lässt sich aus ihm die rechtliche Missbilligung des Verhaltens entnehmen, die insoweit auch das regelgerechte Verhalten des Sportlers erfasste.145 Dieser generelle Umstand muss 139 Dies lässt sich bereits an den Aussagen von U. Huber, FS Wahl, 301, 310 belegen, der die Grenzziehung zwischen dem erlaubten und missbilligten Risiko durch eine Güterabwägung vornehmen will, die im Ergebnis – wie er selbst ausführt – zu einem variablen Maß an erlaubtem Risiko führen kann. Dieses Vorgehen kann zwar ex-post zu sinnvollen Entscheidungen und Ergebnissen führen, sie steht aber jeglichen ex-ante-Betrachtungen der Sportler im Wege, die sich im Regelfall vor ihrem Einsatz Gedanken über ein etwaig haftungsrelevantes Verhalten machen wollen oder werden und wohl nicht im Nachhinein auf die vorgeschlagene Güterabwägung angewiesen sein wollen. 140 S. dazu die obigen Ausführungen unter C.III.1.b). 141 In diese Richtung denkend auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 160. 142 Rössner, FS Hirsch, 313, 315. 143 Die Lösung über ein erlaubtes Risiko ablehnend auch Bohlen, Haftungsausschluß durch bewußte Selbstgefährdung, 132 ff.; Blüthner, Bekämpfung von Körperverletzungen im Fußballsport durch sportverbandsinterne Maßnahmen und die staatlichen Strafverfolgungsbehörden, 49 f.; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 160; Kühn, Sportstrafrecht und Notwehr, 53 f. 144 S. zum Ausnahmecharakter der Rechtfertigungsgründe MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 72. 145 Looschelders, JR 2000, 265, 268 f. S. zu Funktion und Bedeutung der Rechtswidrigkeit im Zivilrecht allein die Ausführungen und Nachweise von Deutsch, Fahrlässigkeit und erfor-

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C. Lösungsansätze

daher bei allen Rechtfertigungskonzeptionen vergegenwärtigt werden. Als Rechtfertigungsoptionen kommen neben der klassischen Einwilligung auch einige speziellere – sportspezifisch geprägte – Ansätze in Frage. a) Rechtfertigende Einwilligung durch Teilnahme am Sport So könnte in der freiwilligen Teilnahme am Sport eine Einwilligung gesehen werden, durch die jedenfalls diejenigen Körper- und Gesundheitsverletzungen, die aus einem regelgerechten Spiel resultieren, gerechtfertigt wären. Dieser Ansatz erscheint auf den ersten Blick plausibel, da durch ihn ein (partieller) Rechtsschutzverzicht aufgrund eines klassischen Rechtfertigungsgrundes herbeigeführt werden könnte, der sich ohne Weiteres in das System des § 823 Abs. 1 BGB integrieren ließe und zudem dem Interesse der Sportler entsprechen könnte.146 Daher erstaunt es nicht, dass Einwilligungskonzeptionen in früherer Zeit147 großen Zuspruch fanden und auch in jüngerer Zeit148 noch zur Lösung herangezogen werden. Auch die ältere Rechtsprechung sah in der Teilnahme am Sport oftmals eine Einwilligung.149 Bevor sich der Blick auf die konkreten Voraussetzungen einer Einwilligungskonzeption richtet, soll zunächst untersucht werden, ob sie überhaupt für die Problembewältigung geeignet sein kann. Nur bei einem positiven Befund bedürfte es einer tieferen inhaltlichen Auseinandersetzung mit den mitunter immer noch stark umstrittenen Einzelheiten der Einwilligung.150 Die konkreten Voraussetzungen der Einwilligung sollen daher zunächst ausgeklammert werden. Somit stellt sich zunächst die Frage des Anknüpfungspunktes der Einwilligung. Hier ergeben sich drei denkbare Möglichkeiten: Eine Einwilligung in den Verletzungserfolg, die Verletzungshandlung oder aber in das Risiko beziehungsweise die Gefährdung der körderliche Sorgfalt, 236 ff., 250 ff.; Jansen, Die Struktur des Haftungsrechts, insbesondere 301 ff., 405 ff., 562 ff. sowie MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 5 ff. 146 In eine ähnliche Richtung denkend wohl auch Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 144. 147 Knefeli, Die Haftung bei Sportverletzungen, 28 ff.; Nürck, Sport und Recht, Die Leibesübungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung, 279 f.; Reichert, Grundriß des Sportrechts und des Sporthaftungsrechts, 213; Weimar, ZfV 1954, 441, 441; Zeiler, DJZ 1926, 1603, 1603 f.; s. ferner auch die ausführlichen Nachweise bei Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 31 f. 148 So bei Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht Rn. 641; jurisPK-BGB/J. Lange, § 823 Rn. 61, 109; Wilms, JR 2007, 95, 96 ff.; partiell auch bei Schall, SpuRt 2011, 226, 228. 149 RGZ 130, 162; BayObLG, NJW 1961, 2072, 2073; OLG Neustadt an der Weinstraße, MDR 1956, 548, 549; OLG Karlsruhe, VersR 1959, 862, 863; OLG München, NJW 1970, 2297; KG, OLGZ 1973, 324, 325 f. 150 S. zu Einzelheiten der Einwilligung und den jeweiligen dogmatischen Herausforderungen allein die Ausführungen und Nachweise bei Ohly, „Volenti non fit iniura“, Die Einwilligung im Privatrecht, insbesondere 178 ff., 237 ff., 293 ff., 327 ff., 356 ff., 392 ff.

III. Rechtswidrigkeit

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perlichen Integrität. In praktischer Hinsicht kann zunächst festgehalten werden, dass ausdrückliche Einwilligungsbekundungen nur in den seltensten Fällen vorliegen werden.151 Allerdings könnte in der widerspruchsfreien Teilnahme am Sport eine konkludente Einwilligung zu erblicken sein, sodass sich der Fokus in aller Regel auf diese Möglichkeit richtet.152 aa) Potentielle Anknüpfungspunkte der Einwilligung (1) Einwilligung in den Verletzungserfolg Der erste denkbare Anknüpfungspunkt kann im Verletzungserfolg gesehen werden. So könnte in der Teilnahme am Sport die Bereitschaft der Sportler erblickt werden, (konkludent) in aus der Sportausübung resultierende Verletzungen einzuwilligen.153 Diese Annahme erscheint auf den ersten Blick vielversprechend, zumal der Teilnahme am Sport ein rechtsgeschäftliches oder rechtsgeschäftsähnliches Element entnommen werden kann,154 aus dem möglicherweise auch auf eine konkludente Einwilligung geschlossen werden könnte. Allerdings zeigen sich bei einem zweiten Blick erhebliche Bedenken, die gegen diese Lösungsoption sprechen. Einerseits bereitet die Wechselwirkung zwischen dem Willen des Sportlers und der Konkretisierung des Verletzungserfolgs Probleme. Der Sportler weiß bei der Teilnahme am Sport zwar um das Verletzungsrisiko, vielleicht auch um die Verletzungsanfälligkeit bestimmter Körperpartien, er weiß aber nicht um die konkret eintretende Verletzung. Auch eine näherungsweise Bestimmung des Verletzungserfolgs wird der Sportler im Regelfall nicht vornehmen können. Selbst im Verlaufe der zur Verletzung führenden Spielsituation – wenn man eine sich stets aktualisierende oder auf die konkrete Spielsituation abgestimmte

151 Behrends, DOK 1976, 539, 541; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 137; Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 36; Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 92. 152 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 138; Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 36; Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 92; nicht so ausdrücklich, im Ergebnis aber auch Wilms, JR 2007, 95, 96. 153 Diesen Lösungsansatz heranziehend BayObLG, NJW 1961, 2072, 2073; OLG Neustadt an der Weinstraße, MDR 1956, 548, 549; OLG München, NJW 1970, 2297; AG Bad Neustadt, VersR 1995, 1110; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht Rn. 641; Gaisbauer, VersR 1975, 502; jurisPK-BGB/J. Lange, § 823 Rn. 61, 109; Nürck, Sport und Recht, Die Leibesübungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung, 279 f.; Reichert, Grundriß des Sportrechts und des Sporthaftungsrechts, 213; partiell auch Schall, SpuRt 2011, 226, 228; ähnlich auch LG Traunstein, SpuRt 1994, 98. 154 Ähnlich auch Soergel/Spickhoff, Vor § 823 Rn. 109 sowie ferner Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 146. S. zudem auch die Ausführungen unter B.III.4.

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C. Lösungsansätze

Einwilligung annimmt155 – wird der Sportler die konkret eintretende Verletzung nur in den seltensten Fällen einschätzen können. Das bedeutet, dass sogar im letzten denkbaren Moment der Verhaltenssteuerung des Schädigers der alsbald geschädigte Sportler meist nicht um den zu erwartenden Erfolg weiß.156 Daher stellt sich die Frage, ob er ohne konkreten Bezug zum Erfolg überhaupt einwilligen kann, wenn man die Einwilligung nicht zu einer – wohl auch nur schwerlich vom Interesse des Sportlers gedeckten – Generaleinwilligung pervertieren will.157 Dieser Befund bringt die Befürworter einer Einwilligungskonzeption jedenfalls in eine gewisse Erklärungsnot. Andererseits widerspricht eine Einwilligung in den Verletzungserfolg dem Willen und auch dem Interesse der Sportler. Der Sportler weiß zwar, dass aus der Sportausübung Verletzungen resultieren können, dennoch erfolgt die Sportausübung gerade in der Hoffnung, von Verletzungen verschont zu bleiben.158 Kein Sportler will verletzt werden.159 Mit dem sportimmanenten Verletzungsrisiko muss sich der Sportler arrangieren, von einer Bereitschaft, bewusst bestimmte Verletzungen hinnehmen zu wollen und in diese einzuwilligen, kann dagegen nicht ausgegangen werden. Will man dennoch zu einer Einwilligung gelangen, müsste man dem Sportler aber einen solchen Willen unterstellen.160 Den Willen des Sportlers so zu umgehen und eine Einwilligung zu fingieren, kann – insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass nicht die Rechtfertigung einer atypischen Sonderkonstellation, sondern die rechtliche Bewältigung eines Massenphänomens angestrebt wird – nicht überzeugen.161 Die Einwilligung in den Verletzungserfolg beim Sport stellt – es sei 155 In diese Richtung scheint Schild, Jura 1982, 520, 524 zu denken, wenn er von einer situativen Einwilligung spricht. Die Idee einer aktualisierenden Einwilligung beim Sport dagegen generell ablehnend Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 145; ähnlich auch Kohte, AcP 185 (1985), 105, 123. 156 Ähnlich auch Nolte, Sport und Recht, 220 f.; Rutz, in: Akzente des Sportrechts, 235, 258 f. 157 Dies kritisierend auch Blüthner, Bekämpfung von Körperverletzungen im Fußballsport durch sportverbandsinterne Maßnahmen und die staatlichen Strafverfolgungsbehörden, 46 ff.; Eser, JZ 1978, 368, 372; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 145 f.; Mahling, Die strafrechtliche Behandlung von Sportverletzungen, 54; Rössner, FS Hirsch, 313, 317; Schild, Sportstrafrecht, 94 ff.; Zipf, Einwilligung und Risikoübernahme im Strafrecht, 92. 158 BGHZ 63, 140, 144. S. dazu auch BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 571; Blüthner, Bekämpfung von Körperverletzungen im Fußballsport durch sportverbandsinterne Maßnahmen und die staatlichen Strafverfolgungsbehörden, 46; Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 37 f.; Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateurund Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 93 f.; Rössner, FS Hirsch, 313, 316. 159 So auch Wilms, JR 2007, 95, 96; Zimmermann, VersR 1980, 497, 497. 160 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 140; ähnlich auch Looschelders, JR 2000, 265, 268 sowie RGRK/Steffen, § 823 Rn. 356. 161 Aber auch wenn die Rechtfertigung atypischer Konstellationen zur Zielsetzung erklärt würde, erschiene ein solches Vorgehen fragwürdig, da der Wille des Sportlers seine Relevanz verlöre.

III. Rechtswidrigkeit

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denn, dass der Sportler tatsächlich in den konkreten Verletzungserfolg einwilligt162 – eine unzulässige Fiktion dar und ist somit zur Problembewältigung nicht tragbar.163 Diesen Umstand würdigte auch der BGH und distanzierte sich in seiner wegweisenden Entscheidung aus dem Jahre 1974 ausdrücklich von seinem bis zu diesem Zeitpunkt präferierten Lösungsansatz.164 Umso mehr verwundert es, dass einige Autoren auch in jüngerer Zeit noch ernsthaft eine Einwilligung in die Verletzung zur Lösung heranziehen wollen.165 (2) Einwilligung in die Verletzungshandlung Ähnlich bestellt ist es um eine Einwilligung in die Verletzungshandlung. Dahinter steht die Idee, dass – wenn schon eine Einwilligung in den Erfolg ausscheiden muss, die Sportler aber freiwillig Sport treiben – möglicherweise eine Einwilligung in die Verletzungshandlung angenommen werden könne, wenn die zur Verletzung führende Handlung vom Regelwerk gedeckt sei.166 Dieser Ansatz unterliegt allerdings ähnlichen Einwänden wie die Einwilligung in den Verletzungserfolg. Insbesondere die konkrete Verletzungshandlung wird bei der Teilnahme am Sport und auch im Rahmen der zur Verletzung führenden Spielsituation noch nicht hinreichend bestimmbar sein, sondern sich erst im Rahmen der zur Verletzung führenden Situation konkretisieren. Zudem lässt sich der Ansatz nicht immer einwandfrei mit den jeweiligen Regelwerken vereinbaren, da die Regelwerke in den meisten Fällen lediglich gefährliche und daher verbotene Verhaltensweisen beschreiben, bestimmte gerechtfertigte

162 An dieser Stelle soll für diese insoweit schon atypische Konstellation noch einmal festgehalten werden, dass die Einwilligung nur Sinn haben kann, wenn der konkrete Verletzungserfolg zumindest hinreichend bestimmbar ist. Ansonsten müsste man eine Generaleinwilligung annehmen, die wohl regelmäßig den Willen des Sportlers widerspräche. 163 Ablehnend auch BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 571; Fleischer, VersR 1999, 785, 786; Friedrich, NJW 1966, 755, 756; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 140 f.; Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 93 ff.; Pfeifer, Schuldrecht, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 3 Rn. 79; Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 145; Teichmann, JA 1979, 293, 294; Thaler, in: Sport und Recht, 129, 160; Wilms, JR 2007, 95, 96; Zimmermann, VersR 1980, 497, 497. 164 BGHZ 163, 140, 144. 165 So aber Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht Rn. 641; jurisPK-BGB/J. Lange, § 823 Rn. 61, 109 sowie partiell auch Schall, SpuRt 2011, 226, 228. 166 So Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 38 f., der den Ansatz allerdings auf Kampfsportarten begrenzt wissen will. In jüngerer Zeit sympathisiert im schweizerischen Recht auch Geiser, in: Sport und Versicherung, 69, 106 mit dieser Ansicht. Siehe zudem aus dem Bereich des Strafrechts Mahling, Die strafrechtliche Behandlung von Sportverletzungen, 10 f., 67 ff. sowie Mletzko, Die strafrechtliche Bedeutung von Körperverletzungen und Tötungen beim Sport, 33 f.

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C. Lösungsansätze

Verletzungshandlungen allerdings nur selten nennen.167 So bedürfte es vielfach eines Negativtests, um aus dem Regelwerk auf die Rechtmäßigkeit einer Verletzungshandlung schließen zu können. Dass eine solche Herangehensweise aber eindeutige Ergebnisse hervorbrächte, erscheint unsicher. Stattdessen entfernte sich dieses Vorgehen meist mehr als unerheblich vom Regelwerk und könnte daher zu Rechtsunsicherheit oder im schlimmeren Falle gar zu Rechtsmissbrauch führen. Schließlich stellt sich die dogmatische Frage, ob eine Einwilligung in die Verletzungshandlung überhaupt möglich ist, oder ob die Einwilligung nicht auch gleichzeitig den Erfolg miteinbeziehen muss.168 Dies ist insbesondere aus dem Grunde relevant, weil die Handlung keinen unmittelbaren Schluss auf ihre Folgen zulässt. Somit wäre eine Situation denkbar, in der ein gerechtfertigter sittenwidriger Verletzungserfolg eintreten könnte, der bei einer Einwilligung in die Verletzung eben aus dem Umstand der Sittenwidrigkeit nicht rechtfertigungsfähig gewesen wäre.169 Durch eine Einwilligung in die Verletzungshandlung könnten daher – ließe man die Folgen in Gänze außer Acht – die Schranken der Einwilligung umgangen werden. Wieso gerade Hellgardt, der sich für die Einwilligung in die Verletzungshandlung ausspricht, auf diesen Wertungswiderspruch hinweist und seine Argumentation damit selbst entkräftet, ist nicht ersichtlich.170 Auch eine Einwilligung in die Verletzungshandlung ist aus den vorgenannten Gründen für den Bereich der Mitspielerverletzung abzulehnen.171 (3) Einwilligung in das Verletzungsrisiko Um den soeben dargestellten Hindernissen zu entgehen, könnte die Lösung letztlich darin zu sehen sein, die Einwilligung nicht an die Verletzungshandlung oder den -erfolg anzuknüpfen, sondern lediglich an das beim Sport bestehende Schädigungsrisiko. So stellt eine dritte Strömung darauf ab, dass in der freiwilligen Teilnahme am Sport eine Einwilligung in das Verletzungsrisiko beziehungsweise in die Gefährdung der körperlichen Integrität gesehen werden könne.172 167 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 141 f. Diesen Umstand scheint Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 38 f. bei seiner Bewertung nicht richtig erfasst zu haben. 168 S. dazu Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 99 ff. sowie Zipf, Einwilligung und Risikoübernahme im Strafrecht, 70 ff. 169 Diesen Umstand für die Differenzierung zwischen Erfolgseinwilligung und Risikoeinwilligung aufgreifend auch Zipf, Einwilligung und Risikoübernahme im Strafrecht, 72. 170 Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 42 f. Diese Kritik betrifft zudem auch die Auffassung von Geiser, in: Sport und Versicherung, 69, 106, der in seinem Beitrag zum schweizerischen Recht ebenfalls auf die engen Schranken der Einwilligung hinweist. 171 Ablehnend auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 143; Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 101 f.; Thaler, in: Sport und Recht, 129, 160. 172 OLG Köln, SpuRt 2003, 74, 75; AG Rosenheim, VersR 1989, 1207; Hauk, Die zivilrechtliche Haftung bei Sportverletzungen, 96 ff.; Meier, VersR 2014, 800, 801; RGRK/Steffen,

III. Rechtswidrigkeit

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Der entscheidende Vorteil dieses Ansatzes könnte darin bestehen, dass er dem Willen der Sportler nicht offensichtlich widersprechen muss und daher möglicherweise nicht dem Einwand der Fiktion unterliegt. Den Sportlern werde bei einer Einwilligung in die Gefährdung lediglich unterstellt, mit den Risiken oder der Gefährdung der körperlichen Integrität einverstanden zu sein.173 Auf den eintretenden Erfolg hingegen müsse aufgrund des weiterhin bestehenden Integritätsschutzes nicht abgestellt werden.174 Auf diesem Wege könnten auch die Anforderungen an die Bestimmtheit der Einwilligung gelockert sein, da es sich bei Anknüpfung an die Gefährdung – anders als bei den beiden anderen Varianten – mehr um einen potentiellen, als um einen aktuellen Rechtsgutverzicht handeln könnte. So ergäbe es schon einen erheblichen Unterschied, ob von einer Einwilligung in den Erfolg oder die zum Erfolg führende Handlung ausgegangen wird oder lediglich von einer Einwilligung in das Risiko, das dem Sport zwar immanent ist, sich aber nicht zwangsläufig realisieren muss. Dieser Unterschied ist im Ergebnis aber nur scheinbarer Natur, denn auch bei einer Einwilligung in Handlung oder Erfolg muss es nicht immer auch zu einer Verletzung kommen. Die Einwilligung kommt vielmehr nur im Falle einer Verletzung zum Tragen.175 Dieser Umstand gilt aber uneingeschränkt für jede der drei Varianten und ist daher kein Alleinstellungsmerkmal einer Einwilligung in die Gefährdung der körperlichen Integrität. Des Weiteren – und dies ist der entscheidende Punkt, der gegen die Risikoeinwilligung spricht – würde aus der Bereitschaft, das Risiko oder die Gefährdung zu tolerieren, darauf geschlossen, dass der Sportler letztlich auch den Eintritt des Verletzungserfolges hinzunehmen bereit ist.176 Die Einwilligung in das Risiko diente somit im Ergebnis hauptsächlich dem Zweck, den Verletzungserfolg zu rechtfertigen, ohne offensichtlich den Willen der Sportler konterkarieren zu müssen. Da das Risiko somit eine Art notwendiges § 823 Rn. 356; Scheffen, NJW 1990, 2658, 2659; Soergel/Pfeiffer, § 276 Rn. 89; Teichmann, JA 1979, 293, 294 f.; Wilms, JR 2007, 95, 96 f.; für den Bereich des Bergsports Weber, JR 2005, 485, 486; für den Bereich der Schlägermensur auch Hartung, NJW 1954, 1225, 1226; für regelwidriges Verhalten Geigel/Knerr, Der Haftpflichtprozess, 1. Kapitel Rn. 59; Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 24 ff.; ferner Eser, JZ 1978, 368, 373. Ob die Einwilligung in das Verletzungsrisiko die Rechtswidrigkeit des Eingriffs ausschließt oder sie – wie etwa Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht, Rn. 282 hervorhebt – unberührt lässt, soll hier nicht weiter thematisiert werden. 173 Hauk, Die zivilrechtliche Haftung bei Sportverletzungen, 96 ff. S. dazu auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 142; Wilms, JR 2007, 95, 96. 174 S. dazu Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 142; Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 103; Schild, Jura 1982, 520, 523 f.; ferner Herrmann, Jura 1985, 568. 175 Diesen Umstand greift auch Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 40 auf, allerdings um sich für die Einwilligung in die Verletzungshandlung auszusprechen; ähnlich auch Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 102 f. 176 So auch Blüthner, Bekämpfung von Körperverletzungen im Fußballsport durch sportverbandsinterne Maßnahmen und die staatlichen Strafverfolgungsbehörden, 43; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 143.

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C. Lösungsansätze

Durchgangsstadium vor dem Verletzungserfolg darstellt, begegnet dieser Ansatz ähnlichen Bedenken wie die Einwilligung in die Verletzungshandlung. Dadurch soll die grundsätzliche Möglichkeit einer Einwilligung in das Verletzungsrisiko bei Sportverletzungen nicht ausgeschlossen werden.177 Trotzdem stellt sich auch für sie die wesentliche Frage, ob sie sich mit dem Willen der Sportler deckt oder als Fiktion abgelehnt werden muss. Fakt ist, dass sich die Sportler der sportimmanenten Risiken bewusst sind und dass sie sich bei der Sportausübung verletzen können.178 Aus der Bereitschaft am Sport teilzunehmen, kann allerdings nicht gefolgert werden, dass die Sportler mit Sportverletzungen einverstanden sind oder sie gemeinhin gebilligt werden.179 Vielmehr gilt das oben zur Einwilligung in den Verletzungserfolg Gesagte:180 Kein Sportler will verletzt werden.181 Stattdessen besteht die allgegenwärtige Hoffnung, den Sport verletzungsfrei auszuüben und nicht verletzt zu werden.182 Aus diesem Grunde wird auch die Einwilligung in die Gefährdung der körperlichen Integrität vielfach der Lebenswirklichkeit des Sports widersprechen und sich als Fiktion herauskristallisieren.183 Eine Einwilligung in die Gefährdung kann daher nur dann angenommen werden, wenn der Sportler nicht nur die Gefährdung seines Körpers oder seiner Gesundheit hinnimmt, sondern auch den späteren Verletzungserfolg akzeptieren will.184 Dieser Wille wird aber im Regelfall nicht vorhanden sein, da der Sportler ja gerade darauf vertraut, nicht verletzt zu werden.185 Aus diesen Gründen eignet sich auch die Einwilligung in das Schädigungsrisiko nicht zur allgemeinen Problembewältigung bei Mitspielerverletzungen.186

177 Die Möglichkeit, die Einwilligung auch im Sport lediglich auf ein Risiko zu beziehen, ist im Allgemeinen nicht in Frage zu stellen. S. dazu nur Deutsch, VersR 1974, 1045, 1047; Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 24 f.; Zimmermann, VersR 1980, 497, 497; Zipf, Einwilligung und Risikoübernahme im Strafrecht, 70 ff. 178 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 143. 179 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 143. 180 S. zum Willen des Sportlers die obigen Ausführungen unter B.I. sowie C.III.2.a)aa)(1). 181 So auch Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 98; E. Schmidt, JZ 1954, 369, 372. S. zudem auch die Ausführungen oben unter B.I. sowie C.III.2.a)aa)(1). 182 Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 99. S. auch die obigen Ausführungen unter B.I. sowie C.III.2.a)aa)(1). 183 Ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 143; Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 41; Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel 95 f. 184 So auch Burgstaller, Das Fahrlässigkeitsdelikt im Strafrecht, 166 f.; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 142; Vögeli, Strafrechtliche Aspekte der Sportverletzungen, 164. 185 S. dazu allein BGHZ 63, 140, 144. 186 Ablehnend auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 143 f.; Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 41; Looschelders, JR 2000, 265, 268; Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 147; Zimmermann, VersR 1980, 497, 497.

III. Rechtswidrigkeit

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bb) Verbleibender Anwendungsbereich der Einwilligung Anhand der soeben untersuchten Anknüpfungspunkte hat sich ergeben, dass die Einwilligung im Regelfall nicht zur Problemlösung geeignet ist und nur dann zum Zuge kommen kann, wenn tatsächlich eine Inkaufnahme des späteren Verletzungserfolges vorliegt. Fraglich ist trotzdem, ob dieses Ergebnis alle Sportarten betrifft oder ob darüber hinaus ein verbleibender Restanwendungsbereich besteht, im Rahmen dessen sich die Einwilligung als zielführend erweisen könnte. Diese Frage ergibt sich insbesondere aus einem obiter dictum des BGH. Der Bundesgerichtshof erklärte in BGHZ 63, 140, dass eine Einwilligung in den Verletzungserfolg zwar bei den meisten Sportarten ausscheiden müsse, sie aber bei besonders gefährlichen Sportarten denkbar sei.187 Als Beispiele dafür nennt er enumerativ, aber nicht abschließend, gefährliche Autorennen, waghalsige Felsklettereien, Box- und Ringkämpfe oder den Reitsport.188 Insoweit fällt auf, dass der BGH eine exemplarische Aufzählung wählt und, wohl in der Intention Abgrenzungsund Zuordnungsprobleme zu vermeiden, auf eine Definition des gefährlichen Sports verzichtet.189 Dieser Andeutung sind in der Folge manche Autoren gefolgt und greifen in diesen Bereichen auf die Einwilligung zurück.190 Unabhängig von der Herausforderung und dem Sinn, gefährliche Sportarten zu definieren, unterliegt die Einwilligung aber auch in diesen Fällen den oben aufgeführten Kritikpunkten. Die Besonderheit der vom Bundesgerichtshof genannten Sportarten ist lediglich eine signifikante, letztlich aber pauschal bestimmte Gefahrexponierung gegenüber vielen anderen Sportarten. Aus dieser aber auf den Willen, Verletzungen hinnehmen zu wollen, zu schließen, umgeht die Lebenswirklichkeit. Selbst der Boxer oder der Kampfsportler, der im Regelfall Angriffe seines Kontrahenten während eines Wettkampfes „einstecken“ muss, hofft auf einen verletzungsfreien Ausgang.191

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BGHZ 63, 140, 144. BGHZ 63, 140, 144. S. zu weiteren Sportarten, die infolge der nicht abschließenden Aufzählung als besonders gefährlich qualifiziert werden könnten, den Katalog der absoluten Wagnissportarten zum schweizerischen Unfallversicherungsrecht bei Erni, in: Sport und Versicherung, 127, 140 f. 189 Kritisch dazu auch Babucke, Die Haftung im Hängegleiter- und Gleitsegelsport, 144 f. 190 Diesem Ansatz folgend Brüggemeier, Prinzipien des Haftungsrechts, 211; Eickmann, Die zivilrechtliche Haftung beim Betrieb von Pistenraupen und die Eigenverantwortlichkeit des Wintersportlers, 35; Friedrich, NJW 1966, 755, 756; Herrmann, Jura 1985, 568, 568; Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 100; Meier, VersR 2014, 800, 801; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 53; Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 16 Rn. 167; partiell wohl auch Hess, Haftung und Sportlerschutz in Risikosportarten, insbesondere im Tauchsport, 117; diese Ansicht jedenfalls für nachvollziehbar erklärend Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 141; ebenso Erman/Westermann, § 276 Rn. 29; Möllers, JZ 2004, 95, 97; Pichler, SpuRt 1997, 7, 9. 191 So auch Babucke, Die Haftung im Hängegleiter- und Gleitsegelsport, 142; Fritzweiler, DAR 1997, 137, 142; Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 41; Teichmann, JA 1979, 188

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C. Lösungsansätze

Gleiches gilt auch für gefährlichen Bergsport192, Autorennen und weitere sportiv geprägte Aktivitäten, die an der Grenze der körperlichen oder technischen Beherrschbarkeit angesiedelt sind. Eine Einwilligung würde somit auch in diesen Bereichen regelmäßig eine künstliche Unterstellung des Sportlerwillens darstellen und ist daher abzulehnen.193 cc) Bewertung der Einwilligungslösungen Will man sich trotz der Kritik nicht von der Einwilligung distanzieren und zugleich den verbleibenden Anwendungsbereich untersuchen, so sind noch weitere allgemeine Aspekte des Rechtsinstituts zu würdigen. Zunächst stellt sich die Frage nach der Rechtsnatur der Einwilligung, die – wenn man die Einwilligung mit einem beachtlichen Teil der Literatur als Willenserklärung versteht, den Regeln der Rechtsgeschäftslehre und nicht der Deliktsfähigkeit folgte194 – zu einer Ungleichbehandlung gegenüber Minderjährigen oder geistig eingeschränkten Sportlern führte.195 Zudem müsste die Diskussion über die Bestimmtheit der Einwilligung oder ihre Widerruflichkeit noch maßgeblich weitergeführt werden, um sie überhaupt – und dies beträfe nur die Tauglichkeit dem Grunde nach – für die Bewältigung eines Massenphänomens fruchtbar machen zu können.196 Darüber hinaus bereiten die Schranken der Einwilligung immense Probleme, da nach allgemeinem Verständnis nicht in sittenwidrige Verletzungen eingewilligt werden

347, 349; ähnlich auch BeckOGK BGB/Looschelders [01. 06. 2018], § 254 Rn. 141; Hauk, Die zivilrechtliche Haftung bei Sportverletzungen, 95. 192 So auch Ebert, VersR 2006, 899, 907; Hagenbucher, NJW 1985, 177, 180; Zimmermann, VersR 1980, 497, 497. Einen etwas anderen Weg wählt Weber, JR 2005, 485, 486, der sich aus den dargestellten Gründen zwar klar gegen die Einwilligung in den Erfolg ausspricht, aber eine Einwilligung in die Gefährdung annimmt. 193 Ablehnend auch Babucke, Die Haftung im Hängegleiter- und Gleitsegelsport, 142; BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 571; Bornhövd, VersR 1979, 398, 400; Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 98 f.; jedenfalls im Ergebnis auch Staudinger/Schiemann [2017], § 254 Rn. 67. 194 S. zum bestehenden Meinungsspektrum, den einzelnen Befürwortern sowie den wesentlichen Argumenten allein die Ausführungen und Nachweise bei Ohly, „Volenti non fit iniura“, Die Einwilligung im Privatrecht, 178 ff., 201 ff., 293 ff., 327 ff., 356 ff. 195 Siehe zu diesem Kritikpunkt auch Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 98, der sich allerdings auf minderjährige Sportler beschränkt. Ähnlich auch BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535; Behrends, DOK 1976, 539, 541; Schild, Jura 1982, 520, 524; Zipf, Einwilligung und Risikoübernahme im Strafrecht, 92. S. zur Rechtsnatur der Einwilligung und zur Einwilligungsfähigkeit im Allgemeinen Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht, Rn. 282 sowie Ohly, „Volenti non fit iniura“, Die Einwilligung im Privatrecht, 178 ff., 293 ff. 196 Siehe im Allgemeinen zu diesen Kriterien Ohly, „Volenti non fit iniura“, Die Einwilligung im Privatrecht, 327 ff. sowie Kohte, AcP 185 (1985), 105, 124 ff., 137 ff.

III. Rechtswidrigkeit

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kann.197 Somit scheidet die Einwilligung bei Schwerstverletzungen oder Todesfolgen aus.198 Dies hat zur Folge, dass es für diese nicht von der Einwilligung abdeckbaren Fälle einer anderen Lösungsmöglichkeit bedürfte. Vorschläge, wie eine zielführende Parallellösung aussehen könnte, werden von den Befürwortern der Einwilligung allerdings nicht präsentiert. Dieser Umstand führt gleichzeitig dazu, dass die Bewertung einer Mitspielerverletzung nicht mehr maßgeblich vom Vorliegen eines Regelverstoßes abhinge, sondern auch von der Frage der Verletzungsintensität.199 Schließlich kann die Einwilligung aufgrund ihres rechtfertigenden Charakters nur dann zur Anwendung kommen, wenn die Rechtswidrigkeit ausgeschlossen werden soll. Eine regelgerecht zugefügte Sportverletzung müsste daher zuerst als rechtswidrig qualifiziert werden, damit die Einwilligung überhaupt zum Tragen kommen könnte.200 Der regelgerecht ausgeübte Sport wäre somit zunächst pauschal als haftungsrechtlich missbilligt zu deklarieren. Dies kann nicht überzeugen.201 Zusätzlich muss noch berücksichtigt werden, dass die Einwilligung einzelfall- und situationsbezogener Natur ist und somit nur schwerlich zur rechtlichen Erklärung eines Massenphänomens berufen sein kann.202 Gleiches gilt für die – wenn man die Einwilligung als rechtsgeschäftlich qualifizierte – notwendige Willenskomponente.203 So muss zur Problembewältigung die Einwilligung eines jeden Sportlers auch jeden potentiellen Schädiger erfassen und gleichzeitig ein inhaltlicher Mindeststandard zwischen den einzelnen Einwilligungen vorliegen, da ansonsten unter197 Siehe dazu und zu den Schranken der Einwilligung im Allgemeinen die Ausführungen und Nachweise von Ohly, „Volenti non fit iniura“, Die Einwilligung im Privatrecht, 397 ff.; siehe auch Kohte, AcP 185 (1985), 105, 131 ff.; Soergel/Spickhoff, Vor § 823 Rn. 108; s. sportspezifisch ferner Eser, JZ 1978, 368, 373; Schild, Jura 1982, 520, 524 f.; Zeder, Haftungsbefreiung durch Einwilligung des Geschädigten, 76. 198 BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535; Eser, JZ 1978, 368, 373; Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 98 f.; Soergel/Spickhoff, Vor § 823 Rn. 108; Zeder, Haftungsbefreiung durch Einwilligung des Geschädigten, 76; in diese Richtung auch Babucke, Die Haftung im Hängegleiter- und Gleitsegelsport, 142 f. sowie Friedrich, NJW 1966, 755, 756. 199 In eine ähnliche Richtung argumentierend auch BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535; Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 42 f. 200 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 144. Diesen Umstand bewertet Wilms, JR 2007, 95, 97 nicht richtig, wenn er darauf abstellt, dass sich die generelle Möglichkeit der Einwilligung aus der Unterstellung unter das Regelwerk ergeben müsse und das Vorliegen der Rechtswidrigkeit als Anknüpfungspunkt insoweit nicht maßgeblich sei. 201 Diesen Umstand kritisiert insbesondere auch Looschelders, JR 2000, 265, 268 sowie etwas allgemeiner gehalten Erman/Wilhelmi, § 823 Rn. 146. 202 Kritisch dazu auch Zimmermann, VersR 1980, 497, 497 sowie Zipf, Einwilligung und Risikoübernahme im Strafrecht, 92. 203 Kritisch dazu auch Looschelders, JR 2000, 265, 268 sowie etwas entfernter Zipf, Einwilligung und Risikoübernahme im Strafrecht, 92. S. zu den diesbezüglichen Charakteristika der Einwilligung, dem bestehenden Meinungsspektrum, den einzelnen Befürwortern sowie den wesentlichen Argumenten allein die Ausführungen und Nachweise bei Ohly, „Volenti non fit iniura“, Die Einwilligung im Privatrecht, 178 ff., 201 ff., 293 ff., 327 ff., 356 ff.

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C. Lösungsansätze

schiedliche Haftungsfolgen eintreten könnten.204 So erscheint es nicht fernliegend, dass ein Sportler einen Kontrahenten, der ihm möglicherweise aufgrund von Vorgeschehnissen nicht in guter Erinnerung geblieben ist, bewusst von der Einwilligung ausschließen will.205 Dieses Ausschließungsinteresse könnte sogar berechtigter Natur sein, wenn der Kontrahent beispielsweise als besonders aggressiver oder unfairer Sportler bekannt ist. Zwar könnte dieser Ausschließungswille des Sportlers aufgrund seiner Widersprüchlichkeit zur ansonsten freiwillig erfolgenden Teilnahme am Sport für unbeachtlich erklärt werden, allerdings erscheint dieses Vorgehen bei der rechtlichen Bewältigung eines Massenphänomens nicht die optimale Lösung zu sein. Darüber hinaus entfernte sich diese Konstellation auch nicht unerheblich von der Einwilligungsdogmatik, wenn ein erst später gebildeter oder aktualisierter Wille aufgrund etwaiger Widersprüchlichkeit für unbeachtlich erklärt werden müsste.206 All diese weiteren Umstände tragen nicht zur Praktikabilität der Einwilligung bei Sportverletzungen bei, sondern sprechen vielmehr eindeutig gegen die Berücksichtigung auch im denkbaren Restanwendungsbereich. Stattdessen sollte trotz potentieller Anwendbarkeit im Rahmen dieser Fälle generell auf ein anderes Lösungssystem zurückgegriffen und endgültig Abstand von dem Gedanken der rechtfertigenden Einwilligung bei Mitspielerverletzungen genommen werden.207 Anderenfalls hielte man künstlich an einer für Mitspielerverletzungen nicht tragfähigen Konstruktion fest, deren praktische Relevanz aufgrund des phänomenologischen Ausnahmecharakters einer tatsächlich vorliegenden Einwilligungsbekundung gegen Null tendiert. Abschließend kann aus den dargestellten Gründen festgehalten werden, dass die Einwilligungskonzeptionen für den wesentlichen Bereich des zivilrechtlichen Sporthaftungsrechts unbrauchbar sind. Die Kritik an einer Einwilligungslösung im Bereich des zivilrechtlichen Sportrechts fällt dementsprechend hart aus, denn sollte man sich für eine Lösung über eine Einwilligung entscheiden, würden die mannigfachen dogmatischen Folgeprobleme, die der Einwilligung selbst anhaften, sofort virulent werden. Wie Günther/Kern bei gefährlichen Sportarten trotz Kenntnis der 204

S. dazu auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 147; Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 97; Rössner, FS Hirsch, 313, 316 f.; Zipf, Einwilligung und Risikoübernahme im Strafrecht, 92. 205 Diesen Gedanken aufgreifend auch Zipf, Einwilligung und Risikoübernahme im Strafrecht, 92. 206 Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn ein Sportler im Anschluss an eine gravierende Regelwidrigkeit nicht weiter gegen den „unfairen“ Sportler antreten möchte, er aber nicht ohne sportinterne Sanktion oder einen anderweitigen Nachteil von der Sportausübung Abstand nehmen kann. 207 Für eine Ablehnung der Einwilligung in Gänze auch Behrends, DOK 1976, 539, 541; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 144 ff.; Zeder, Haftungsbefreiung durch Einwilligung des Geschädigten, 76 f.; Zipf, Einwilligung und Risikoübernahme im Strafrecht, 93; in diese Richtung auch, letztlich aber noch zweifelnd, Friedrich, NJW 1966, 755, 756; im Ergebnis auch Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 104.

III. Rechtswidrigkeit

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entgegenstehenden Argumente „unproblematisch“ von einer Einwilligung ausgehen können,208 wird wohl ein Rätsel bleiben müssen. Ähnlich bestellt ist es um die Auffassung von Wilms, der die Einwilligung in das Verletzungsrisiko als „dogmatisch einwandfrei zu begründendes Ergebnis“ deklariert.209 Vielmehr kann der Aussage von Eberhard Schmidt, der bereits 1954 schonungslos festhielt, dass die Annahme einer Einwilligung „bedingungslos verneint“ werden müsse,210 ohne inhaltliche Vorbehalte zugestimmt werden. Aus dem zuvor Ermittelten ergibt sich gleichzeitig auch der nahe liegende Erstrecht-Schluss für die haftungsrechtliche Gesamtbetrachtung von Mitspielerverletzungen: Wenn die Einwilligung bereits für die Bewältigung von regelgerechtem Verhalten ungeeignet ist, dann muss sie erst recht auch für den Bereich des regelwidrigen Verhaltens disqualifiziert werden. b) Mutmaßliche Einwilligung durch Teilnahme am Sport Neben der Einwilligung muss auch der Rückgriff auf eine mutmaßliche oder hypothetische Einwilligung bei Mitspielerverletzungen abgelehnt werden.211 Die soeben dargestellten allgemeinen Kritikpunkte betreffen allesamt auch eine hypothetische Einwilligung, die insofern dasselbe Schicksal wie die Einwilligung ereilt.212 Insbesondere ist auch sie nicht dazu geeignet, ein Massenphänomen zu bewältigen und konterkarierte vielmehr den Ausnahmecharakter der Rechtfertigungsgründe. Bereits aus diesen Gründen muss eine mutmaßliche Einwilligung ausscheiden. Darüber hinaus widerspräche auch sie regelmäßig sowohl dem Interesse als auch dem mutmaßlichen Willen der Sportler und müsste somit ebenfalls anhand einer Fiktion begründet werden. Abgesehen von diesen Ausschlussgründen lässt es sich nicht zweifelsfrei erklären, wie die mutmaßliche Einwilligung überhaupt zum Zuge kommen könnte. Entweder misst man der Teilnahme am Sport den konkludenten Erklärungsgehalt bei, im Rahmen von Mitspielerverletzungen auf einen Ausgleich der Schäden verzichten zu wollen, und versucht dann, diese Erklärung als Einwilligung – mit der Folge, dass die hypothetische Einwilligung aufgrund ihrer Subsidiarität nicht zum Zuge kommen könnte213 – zu qualifizieren, oder man dürfte der Teilnahme keinerlei 208

Günther/Kern, VersR 1993, 794, 794. Wilms, JR 2007, 95, 97. 210 E. Schmidt, JZ 1954, 369, 372. Dass es sich insoweit um einen strafrechtlichen Beitrag handelt, ist aus zivilrechtlicher Sicht unbedenklich, da sich die wesentlichen Elemente der rechtfertigenden Einwilligung in Straf- und Zivilrecht nur geringfügig unterscheiden. 211 Anders hingegen PHB Sportrecht/Reinhart, 8. Teil Rn. 79 ff., der in der mutmaßlichen Einwilligung den – jedenfalls für die strafrechtliche Beurteilung – zielführenden Ansatz sieht. 212 S. dazu die Ausführungen unter C.III.2.a). 213 Diesen Gesichtspunkt aufgreifend auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 148; Schiffer, Die strafrechtliche Behandlung der Sportverletzung, 170. 209

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C. Lösungsansätze

Erklärungsgehalt beimessen. Im zweiten Fall könnte dann aber auch nicht mehr an eine mutmaßliche Einwilligung angeknüpft werden, da es entweder an der diesbezüglichen Willensbildung oder -betätigung des Sportlers fehlte oder sich das Abstellen auf sein objektives Interesse gerade einwilligungsausschließend darstellte.214 Wollte man dennoch an eine mutmaßliche Einwilligung anknüpfen, so bedürfte es der Konstruktion einer Zwischenebene, die aus diesen sich gegenseitig ausschließenden Alternativen lediglich zwei Extrempunkte formte und Raum für einen Zwischenbereich ließe, in dem die hypothetische Einwilligung zu einer Existenzberechtigung gelangen könnte. Dies erscheint allerdings realitätsfremd. Daher ist auch eine mutmaßliche Einwilligung des Sportlers im Rahmen von Mitspielerverletzungen beim Sport abzulehnen.215 c) Sportgerechtes Verhalten als Rechtfertigungsgrund Zwischenzeitlich wurde teilweise auch in dem sportgerechten Verhalten als solchem ein Rechtfertigungsgrund gesehen.216 Die Idee einer solchen Rechtfertigung entstammt einer Entscheidung des Großen Senats des Bundesgerichtshofs zum Straßen- und Eisenbahnverkehr.217 So entschied der Große Senat im Jahre 1957, dass demjenigen Schädiger, der sich verkehrsrichtig und somit den objektiven Verhaltensanforderungen entsprechend verhalten habe, nicht der Vorwurf einer rechtswidrigen Schädigung gemacht werden dürfe.218 Ein Verhalten, das sich im Rahmen der Ge- und Verbote der Verkehrsordnung gehalten habe, könne daher nicht mit dem Urteil der Rechtswidrigkeit belegt werden.219 Der Gedanke des verkehrsrichtigen 214 Insoweit muss PHB Sportrecht/Reinhart, 8. Teil Rn. 82, der darauf abstellt, dass der Sportler auf eine Ermittlung seines Willens keinen Wert lege und zum Ausdruck bringe, dass er gewisse Handlungen oder Verletzungen dulde, klar widersprochen werden. Diese Auffassung generalisiert zum einen die innere Einstellung aller Sportler, zum anderen kann in dem für Reinhart maßgeblichen Erdulden – wie auch Schiffer, Die strafrechtliche Behandlung der Sportverletzung, 170 zu Recht moniert – durchaus schon eine konkludente Einwilligung zu sehen sein. Letztlich kann es – gerade auch für eine strafrechtliche Beurteilung – nicht zielführend sein, wenn subjektive Aspekte, Einschätzungen oder Momente auf der Seite des Geschädigten, sei es hier die innere Einstellung der Sportler zu Verletzungen, Verletzungshandlungen oder Verletzungsrisiken, generalisiert werden, um zu einer Allgemeingültigkeit beanspruchenden Lösung zu gelangen. 215 So auch Bohn, Regel und Recht, 128; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 148; Schiffer, Die strafrechtliche Behandlung der Sportverletzung, 170 f.; Schild, Jura 1982, 520, 522. 216 OLG Braunschweig, NdsRpfl. 1960, 233, 234; OLG München, NJW 1970, 2297; OLG Bamberg, NJW 1972, 1820; LG Wuppertal, VersR 1969, 337; H. W. Schmidt, VersR 1963, 1101, 1101. Auffällig ist insoweit, dass die vorgenannten Befürworter des sportgerechten Verhaltens allesamt auf Aspekte anderer Lösungsoptionen zurückgreifen und sie mit dem sportgerechten Verhalten kombinieren oder vermengen. 217 BGHZ 24, 21. 218 BGHZ 24, 21, 26. 219 BGHZ 24, 21, 26.

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Verhaltens220 wurde sodann – obwohl sich die an den Großen Senat gerichtete Vorlagefrage allein auf den Straßen- und Eisenbahnverkehr bezog und der Große Senat keine expliziten Aussagen in Richtung einer etwaigen Allgemeingültigkeit traf221 – auf vereinzelte Lebensbereiche übertragen und schließlich auch zur haftungsrechtlichen Bewältigung von Mitspielerverletzungen vorgetragen.222 Eine unmittelbare und unmodifizierte Anwendung im Bereich des Sports kann allerdings nicht realisiert werden, da zwischen einem verkehrsrichtigen und einem sportgerechten Verhalten signifikante Unterschiede bestehen. Um ein verkehrsrichtiges Verhalten im Lichte der Rechtsprechung des Großen Senats überhaupt als gerechtfertigt anerkennen zu können, müsste § 823 BGB auf eine Rechtsregel treffen, die diesem mindestens gleichrangig wäre.223 Diese Gleichwertigkeit ist bei den Sportregeln aber mangels Normcharakters nicht gegeben.224 Wurde das verkehrsrichtige Verhalten auf das Einhalten eines normativen Verhaltensstandards gestützt, weist der Sport lediglich einen von Privaten oder Verbänden kreierten Regelungskomplex auf. Allein das verkehrsrichtige Verhalten kann sich somit auf eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage stützen und hat regelmäßig durch eine entsprechende Verhaltensvorschrift den Schutz der Verkehrsteilnehmer vor Augen.225 Die Sportregeln hingegen zielen nicht primär auf den individuellen Schutz der Sportler ab;226 sie haben allenfalls sekundär ihren Schutz im Blick.227 Auch insoweit unterscheiden sich verkehrsrichtiges und sportgerechtes Verhalten erheblich voneinander. Zudem stellt sich die Frage, ob ein sportgerechtes Verhalten überhaupt 220 Auf allgemeine Ausführungen bezüglich des verkehrsrichtigen Verhaltens und seiner Existenzberechtigung als Rechtfertigungsgrund im Allgemeinen soll an dieser Stelle verzichtet werden. S. zu Einzelheiten des verkehrsrichtigen Verhaltens, seiner Rechtsnatur, der Kritik an der Entscheidung des Großen Senats, des Anwendungsbereichs und den Folgen einer weitreichenden Anerkennung dieser Entscheidung allein die Untersuchungen von Dohmen, Für und Wider den Rechtfertigungsgrund des verkehrsrichtigen Verhaltens, und Wiethölter, Der Rechtfertigungsgrund des verkehrsrichtigen Verhaltens. 221 BGHZ 24, 21, 25 f. 222 So erklärt H. W. Schmidt, VersR 1963, 1101, 1101, dass das verkehrsrichtige Verhalten im Rahmen aller Gefahrenbereiche und somit auch im Bereich der Sportausübung zu berücksichtigen sei. 223 So auch Storch, VersR 1989, 1131, 1132. 224 S. zur Rechtsnatur der Spiel- und Sportregeln die Ausführungen oben unter B.III.1. 225 So auch Deutsch, VersR 1974, 1045, 1048; Fleischer, VersR 1999, 785, 787; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 150; Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 74 ff. 226 S. zu den Funktionen der Sportregeln die Ausführungen unter B.III.2. 227 Dies kritisierend auch Deutsch, VersR 1974, 1045, 1048; Fleischer, VersR 1999, 785, 787; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 150; Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 77. Insoweit muss der Ansicht des OLG Bamberg, NJW 1972, 1820, 1821, das darauf hinweist, dass eine Vergleichbarkeit zwischen den Sport- und Verkehrsregeln nicht zu verkennen sei, vehement widersprochen werden.

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C. Lösungsansätze

mit einem verkehrsrichtigen Verhalten gleichgesetzt werden kann. Das sportgerechte Verhalten soll im Regelfall eine aus dem Sportbetrieb resultierende Gefahrerhöhung rechtfertigen, die sich gerade aufgrund des Risikos von alltäglichen Sorgfaltserwartungen unterscheidet. Das verkehrsrichtige Verhalten dagegen knüpft an die allgemeinübliche, durch Normen statuierte Sorgfalt an und begründet somit keine Sondersituation, die es zu rechtfertigen gilt. Auch insoweit wird in vielen Fällen ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden Konzeptionen bestehen. Eine unmittelbare Übertragung des verkehrsrichtigen Verhaltens auf den Bereich der Sportausübung muss aus den vorgenannten Gründen ausscheiden.228 Will man sich dennoch nicht vom Gedanken eines sportgerechten Verhaltens als Rechtfertigungsoption verabschieden, so muss klargestellt sein, dass sich das sportgerechte Verhalten nur noch im Entferntesten an das verkehrsrichtige Verhalten anlehnt. Das Ergebnis wäre sodann ein eigener sportspezifischer Rechtfertigungsgrund. Dieser zunächst wohlklingende – und insbesondere die eigenständige Bedeutung des Sportrechts hervorhebende – Gedanke sollte allerdings auch recht schnell wieder verworfen werden, da er erheblichen allgemeinen Bedenken ausgesetzt ist. Zum einen stünde er dogmatisch auf äußerst brüchigem Untergrund, da er nicht mehr als eine Proklamation des Interesses der Sportler und des – dann – in die Tat umgesetzten rechtspolitischen Wunsches nach einer Haftungsmodifikation darstellte. Einen eindeutigen normativen Anknüpfungspunkt, der gerade bei einem Rechtfertigungssatz zu erwarten wäre, ließe er jedenfalls vermissen. Zum anderen wäre er auch in seinem Anwendungsbereich wohl sehr begrenzt. Wollte man nicht jegliche Nähe zum verkehrsrichtigen Verhalten als entferntem systematischen Anknüpfungspunkt verlieren, so könnte ein sportgerechtes Verhalten allein regelgerechtes Verhalten rechtfertigen. Je weiter sich eine schädigende Verhaltensweise aber vom Regelwerk entfernte, umso weniger könnten die Ergebnisse, gerade vor dem Hintergrund der Verkehrsrichtigkeit, überzeugen. Darüber hinaus bestünde eine nicht unerhebliche Missbrauchsgefahr, wenn die Rechtfertigung, ohne das Hinzutreten weiterer Umstände, lediglich von den Sportregeln abhinge. So könnte der deliktische Rechtsgüterschutz allein durch die Sportregeln beeinflusst oder gar teilweise außer Kraft gesetzt werden.229 Um diese Gefahr auszuschließen, bedürfte es daher des Rückgriffs auf weitere Kriterien, wie etwa Typizität und Reziprozität. Ein solcher Rückgriff mag zwar denkbar sein, findet allerdings im Rahmen des verkehrsrichtigen Verhaltens nicht statt. Schließlich ist auch das sportgerechte Verhalten dem generellen Einwand aller Rechtfertigungslösungen ausgesetzt: Die Bewältigung eines Alltagsphänomens durch eine Rechtfertigungskonzeption kann nicht erfolgen ohne den Ausnahmecharakter der Rechtfertigungssätze zu entwerten. Aus 228

Ähnlich auch Behrends, DOK 1976, 539, 540; Deutsch, VersR 1974, 1045, 1048 sowie Fleischer, VersR 1999, 785, 787. 229 Auf diese Gefahr weist auch Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 74 f. explizit hin. S. dazu auch Friedrich, NJW 1966, 755, 756 sowie Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 150; Teichmann, JA 1979, 293, 294.

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diesen Gründen ist auch ein Rechtfertigungsgrund des sportgerechten Verhaltens als Lösungsoption abzulehnen.230 d) Gewohnheitsrechtliche Rechtfertigung Ebenfalls abzulehnen ist eine Rechtfertigung aufgrund Gewohnheitsrechts.231 Wie bereits oben gezeigt wurde, handelt es sich weder bei den Sportregelwerken in ihrer Gesamtheit, noch bei einzelnen Regeln um Gewohnheitsrecht.232 Wenn man aber, wie in jüngerer Zeit noch Fink, zu der Folgerung käme, dass eine regelgerecht zugefügte Sportverletzung nicht rechtswidrig sein könne, weil sie sich im Rahmen des durch die Sportregeln manifestierten Gewohnheitsrechts hielte,233 fehlte diesem Ansatz mangels Gewohnheitsrechtscharakters der Regelwerke schlichtweg der inhaltliche Untergrund.234 e) Weitere Rechtfertigungsgründe aa) Staatliche Zulassung und Förderung des Sports als Rechtfertigung In früherer Zeit fanden sich außerdem noch Ansätze, die eine Rechtfertigung von Mitspielerverletzungen anhand der staatlichen Duldung des Sports, der Sportförderung im Haushaltsplan oder des Erreichens eines öffentlich-rechtlich anerkannten Zwecks begründeten.235 Diese Ansätze konnten sich allesamt nicht durchsetzen und werden in jüngerer Zeit allenfalls noch beiläufig am Rande erwähnt.236 230 Dies führt gleichsam dazu, dass sich Erörterungen zum verkehrsrichtigen Verhalten und den einzelnen Herausforderungen dieses Ansatzes erübrigen. Sich gegen einen Rechtfertigungsgrund des sportgerechten Verhaltens aussprechend auch Deutsch, VersR 1974, 1045, 1048; Fleischer, VersR 1999, 785, 787; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 150; Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 26; Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 80; Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 147 ff.; Storch, VersR 1989, 1131, 1132. 231 So auch Fritzweiler, Die Haftung des Sportlers bei Sportunfällen, 96 f.; Vögeli, Strafrechtliche Aspekte der Sportverletzungen, 114 ff. 232 S. dazu die Ausführungen oben unter B.III.1.c). 233 Fink, VersR 1990, 359, 360. In früherer Zeit sprachen sich auch Karding, Straflose vorsätzliche Körperverletzung bei Bewegungsspielen, 60 ff. und Vollrath, Sportkampfverletzungen im Strafrecht, 41 ff. neben der Annahme weiterer Lösungsoptionen für eine Rechtfertigung qua Gewohnheitsrechts aus. 234 Die Auffassung von Fink, VersR 1990, 359, 360 erscheint zudem auch stark ergebnisfokussiert, da er gleichzeitig auch auf eine vorliegende Sozialadäquanz bei Regelkonformität verweist und somit den Anschein erweckt, dass regelgerechtes Sportlerverhalten entweder nicht als rechtswidrig oder als gerechtfertigt bewertet werden müsse. 235 S. zu diesen Ansätzen und ihren Befürwortern allein die Ausführungen und Nachweise von Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 27 ff. und Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 62 ff.

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C. Lösungsansätze

Im Allgemeinen lässt sich – neben den bereits bestehenden und insofern auch berechtigten Beanstandungen237 – ein gemeinsamer Kritikpunkt gegen diese Ansätze vorbringen, der ihre Berücksichtigung ausschließt: Wenn sich eine Lösung der Haftungsproblematik bei Mitspielerverletzungen zielführend auf Erlaubtheit, Förderung oder Erreichen eines legitimen Zwecks gründen soll, so wird missachtet, dass der Staat dies verfassungsrechtlich durch Einführen einer Staatszielbestimmung238 ähnlich Art. 20a GG oder durch Verabschiedung eines einfachgesetzlichen Rechtfertigungsgrundes positivrechtlich hätte anerkennen können. Wieso aber sollte der Staat – gerade bei der Bewältigung eines Massenphänomens – einen solchen Umweg über die vorgetragenen Ansatzpunkte wählen, wenn er die Lösung auch auf diesem direkten Wege hätte erreichen können? Dass der Gesetzgeber diese Wege – wohl bewusst239 – nicht beschritten hat, spricht vielmehr dafür, dass er in ihnen auch keine Optionen der Rechtfertigung erblicken will. Aus diesem Grunde verwundert es auch nicht, dass diesen Lösungsoptionen in heutiger Zeit kaum noch eigenständige Beachtung geschenkt wird. Sie sind vielmehr als eine Art „Ausreißer“ zu verstehen, die nur über einen kurzen Zeitraum Eingang in die wissenschaftliche Diskussion fanden. bb) Rechtfertigung qua Berufsrecht Ebenfalls abgelehnt werden muss eine Rechtfertigung des Sportlers aufgrund Berufsrechts. Hinter dieser von Karding eingebrachten Idee steht der Gedanke, dass die Sportregeln als eine Art Berufsrecht des Sportlers anzusehen seien und der Sportler bei regelkonformem Verhalten berufsrechtlich gerechtfertigt sei.240 Karding will die Rechtfertigung allerdings nicht auf den Beruf im klassischen Sinne begrenzt sehen, sondern im Rahmen einer extensiven Auslegung des Berufsbegriffs eine 236

So wirkt es vor dem heutigen Erkenntnisstand schon fast erstaunlich, dass sich Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 27 ff. und Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 62 ff. überhaupt in dieser Tiefe mit ihnen auseinandersetzen. Dagegen wird ihnen in den Untersuchungen von Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, und Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, keine eigenständige Beachtung mehr geschenkt. 237 S. dazu die Ausführungen und Nachweise bei Fritzweiler, Die Haftung des Sportlers bei Sportunfällen, 96 f. Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 27 ff. Es ist insbesondere zu kritisieren, dass es diesen Lösungsmodellen an Kontur und Definition fehlt. So wird nicht deutlich, welche Voraussetzungen sie statuieren, wie weit ihre Wirkung reichen soll und wie sie sich vollziehen sollen. 238 S. zur Diskussion über eine verfassungsrechtliche Sportförderungsklausel oder eine in diese Richtung geartete Staatszielbestimmung in jüngster Zeit Handbuch des Sportrechts/ Humberg, Grundlagen des Sportrechts, 7. Kapitel, Rn. 5; Hebeler, SpuRt 2003, 221; Hölzl, Sport in der Verfassung und in der Verfassungswirklichkeit unter Berücksichtigung des Gemeinschaftsrechts, 39 ff., 56 ff., 64 ff., 161; Humberg, ZRP 2007, 57, 58 ff.; Singbartl/Dziwis, JA 2014, 407, 408. 239 Von etwas anderem kann aufgrund der bekannten Problematiken des Sporthaftungsrechts wohl nur schwerlich ausgegangen werden. 240 Karding, Straflose vorsätzliche Körperverletzung bei Bewegungsspielen, 32 ff., 54 ff.

III. Rechtswidrigkeit

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weitreichende Anwendung erreichen.241 Einerseits hätte dies eine schwerwiegende Aufweichung des Berufsbegriffs zur Folge,242 andererseits kann eine haftungsrechtliche Differenzierung allein aufgrund des Berufsstatus des Schädigers nicht überzeugen. So wäre es für die Haftung entscheidend, ob der Schädiger den Sport berufsmäßig ausübte oder nicht.243 Die Situation des Geschädigten hingegen bliebe unbeachtet. Untragbare Zufallsergebnisse könnten die Folge sein, wenn die Haftung allein vom Status des Schädigers abhinge.244 So müsste, um divergierende Ergebnisse vermeiden zu können, für die nichtberufsmäßige Sportausübung ein gleichläufiges Parallelhaftungssystem etabliert werden, dessen Folgen mit denen des berufsrechtlich geprägten Systems übereinstimmten.245 Dies mag zwar nicht unmöglich sein, ist aber doch nur schwerlich umsetzbar. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass eine generalisierende Lösung der Haftungsproblematik angestrebt werden sollte, um verbliebene – zunächst vielleicht gar unentdeckte – Haftungslücken zu vermeiden, kann ein solches Vorgehen nicht überzeugen. Abgesehen von der ansonsten bestehenden berechtigten Kritik,246 versagt die berufsrechtliche Rechtfertigung jedenfalls spätestens aufgrund des Umstandes, dass den regelsetzenden (Sport-)Vereinen oder -Verbänden die Normsetzungsbefugnis fehlt und sie somit kein Berufsrecht kreieren können, das objektiv-rechtlich in Form einer Rechtfertigung anerkannt werden müsste. 3. Fazit zur Problembewältigung auf der Ebene der Rechtswidrigkeit Im Rahmen der handlungsunrechtbasierten Rechtwidrigkeitsansätze haben sich die Lehre von der Sozialadäquanz und auch die Idee eines erlaubten Risikos zu Recht nicht durchsetzen können. Sie enthalten zwar einen anerkennenswerten Kern, darüber hinaus eignen sie sich allerdings nicht zur Problembewältigung. Dagegen 241 Anders kann es nicht verstanden werden, wenn Karding, Straflose vorsätzliche Körperverletzung bei Bewegungsspielen, 54 ff. von der anfangs des 20. Jahrhunderts üblichen Berufsdefinition abweichen will und darauf abstellt, dass ein Beruf bei einer Tätigkeit vorliege, die andauernd unter den Augen von Behörden unwidersprochen geduldet werde. S. dazu auch Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 32. 242 S. dazu auch die Ausführungen und Nachweise von Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 32 und Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 64 f. 243 So auch Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 32. 244 So auch Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 65. 245 Die nichtberufsmäßige Sportausübung stünde – selbst bei einer weitreichenden Berufsdefinition, wie von Karding vorgeschlagen – jedenfalls in Zahlen immer noch weit im Vordergrund, der Berufssport dagegen eindeutig im Hintergrund. S. dazu auch Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 32. 246 S. dazu die Ausführungen und Nachweise von Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 31 ff. und Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 64 f.

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C. Lösungsansätze

könnte sich eine Verkehrspflichtkonzeption auf Ebene der Rechtswidrigkeit – alternativ zu einer verkehrspflichtbasierten Lösung auf Ebene des Tatbestands – als zielführend erweisen. Rechtfertigungskonstruktionen hingegen haben sich in ihrer Gesamtheit nicht durchgesetzt.247 Insbesondere die Einwilligung ist zur Problembewältigung nicht geeignet. Der Sportbetrieb bedarf vielmehr, wie auch Zimmermann treffend feststellt, einer generalisierenden und von der Ermittlung individueller Willensbetätigungen der einzelnen Sportler unabhängigen Lösung.248 Insbesondere der Ausnahmecharakter der Rechtfertigungsgründe würde bei Anwendung einer Rechtfertigungslösung im zivilistischen Sporthaftungsrecht ausgehöhlt, da er sich nur schwerlich mit dem Wesen des Sports als Massenphänomen vereinbaren ließe.

IV. Verschulden Im Rahmen des Verschuldens bestehen mehrere denkbare Anknüpfungspunkte einer Haftungsmodifikation: Die Problemlösung könnte einerseits durch die Implementierung einer sportspezifischen Modifikation des Verschuldens oder andererseits durch einen Rückgriff auf bestehende Rechtssätze oder Rechtsinstitute realisiert werden. Darüber hinaus könnte auch eine Kombination dieser Lösungsansätze zum Ziel führen. Damit sich Lösungen auf dieser Ebene als zielführend erweisen können, sollten sie jedenfalls eine sportangemessene Auflockerung des Verschuldens zur Folge haben, denn ansonsten müssten selbst Verletzungen aus einem regelgerechten Spiel in vielerlei Fällen als fahrlässig qualifiziert werden. Vorab muss allerdings auch bei Konzeptionen auf der Verschuldensebene auf den generellen Einwand hingewiesen werden, dass regelgerecht zugefügte Sportverletzungen stets dem Verdikt der Rechtswidrigkeit unterlägen. Anders als bei den Rechtfertigungsoptionen kann dieser Makel aber nicht nachträglich retuschiert werden. Sportverletzungen wären somit – unabhängig vom Vorliegen eines Regelverstoßes und dessen Intensität – stets mit dem Negativurteil der rechtlichen Missbilligung belegt.249 Daraus könnten insbesondere Gegenrechte des geschädigten Sportlers – insoweit ist vornehmlich an eine Notwehr oder einen Unterlassungsanspruch zu denken – resultieren, die sich auf die weitere Bewertung auswirken könnten.250 Das generelle Problem der Verschuldenslösungen ist indes ein anderes. Zwar widersprechen sie, anders als die Rechtfertigungskonzeptionen, keinem Ausnahmemodell, allerdings tritt an diese Stelle eine andere Tücke: Eine Modifikation des Verschuldens mag zwar im Rahmen der Fahrlässigkeit denkbar sein, eine Modifi247 248 249 250

So auch Zimmermann, VersR 1980, 497, 497. Zimmermann, VersR 1980, 497, 497. S. dazu auch die Ausführungen unter C.II.2. sowie D.III.2. S. dazu die Ausführungen unter D.II.1.

IV. Verschulden

129

kation des Vorsatzes kann hingegen nicht vorgenommen werden. Der Rechtsgedanke des § 276 Abs. 3 BGB schließt dies unweigerlich aus. Zwar könnte der Wortlaut „erlassen“ in § 276 Abs. 3 BGB insoweit missverstanden werden, dass man ihn nur auf rechtsgeschäftliche Abreden angewandt wissen wollte. Dies folgt allerdings aus dem Umstand, dass sich der erste Entwurf des BGB in § 225 E1 explizit nur auf die vorsätzliche Nichterfüllung einer leistungsbezogenen Verbindlichkeit bezog.251 § 233 Abs. 3 E2 und der jetzige § 276 Abs. 3 BGB hingegen erfassen jegliche Schuldverhältnisse, jedoch wurde der Wortlaut „erlassen“ – wohl versehentlich252 – beibehalten.253 Im Rahmen der Entstehungsgeschichte bestand allerdings fernab einer rechtsgeschäftlichen Modifikation Einigkeit, dass eine Modifikation des Vorsatzes, anders als im Rahmen der Fahrlässigkeit254, unter Geltung des BGB ausgeschlossen sein müsse.255 Manche sahen diese Wertung sogar als so selbstverständlich an, dass sie eine Streichung des § 225 E1 beantragten.256 Die überwiegenden Stimmen wollten den jetzigen § 276 Abs. 3 BGB hingegen schon allein aus Klarstellungsgründen in das BGB aufgenommen wissen.257 Dieser historische Gedanke geht auch in heutiger Zeit noch in Sinn und Zweck des § 276 Abs. 3 BGB auf – der Vermeidung von Rechtsmissbrauch durch etwaige Vorsatzprivilegierungen.258 Wenn aus diesem Grunde schon eine rechtsgeschäftliche Modifikation des Vorsatzes explizit ausgeschlossen ist, dann muss dies erst recht auch für den Bereich der faktischen Gestaltung gelten. In der Konsequenz werden somit alle Verschuldenslösungen maßgeblich durch den Rechtsgedanken des § 276 Abs. 3 BGB determiniert. Die fehlende Modifikationsmöglichkeit im Bereich des Vorsatzes könnte daher der entscheidende Nachteil der Verschuldenslösungen sein, da ein nicht unerheblicher Teil der Sportverletzungen von vornherein aus einer Haftungserleichterung ausgeklammert würde. So erscheint es zwar erfreulich, dass nur relativ wenige Regelwidrigkeiten und Verletzungen auf einem absichtlichen Verhalten der Sportler beruhen. Dennoch wird es – insbesondere je höher die Spielklassen reichen oder je professioneller der Sport betrieben wird – gerade zum Erreichen des Wettbewerbszwecks von vielen Sportlern zumindest billigend in Kauf genommen, den sportlichen Erfolg durch bedingt vorsätzlich herbeigeführte Regelwidrigkeiten zu 251

S. dazu Mugdan, Materialien Band II, V. Diese Annahme wird dadurch gestützt, dass sich die Diskussion um § 225 E1 aufgrund des vergleichsweise eingeschränkten Anwendungsbereichs nur um die Möglichkeit einer rechtsgeschäftlichen Modifikation des Haftungsmaßstabes drehte. Im Rahmen der Abstimmungen und weiteren Diskussionen um die Änderungen im zweiten Entwurf in § 233 Abs. 3 E2 finden sich hingegen keine Anhaltspunkte mehr, dass sich die ratio der Norm allein auf rechtsgeschäftliche Abreden bezieht; s. dazu Mugdan, Materialien Band II, 14 ff., 521 ff. 253 S. dazu Mugdan, Materialien Band II, V. 254 S. dazu im historischen Kontext auch Mugdan, Materialien Band II, 15. 255 S. dazu Mugdan, Materialien Band II, 15, 17, 523 f. 256 S. dazu Mugdan, Materialien Band II, 523. 257 S. dazu Mugdan, Materialien Band II, 523 f. 258 S. zu dieser Maxime Mugdan, Materialien Band II, 523 f. 252

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C. Lösungsansätze

erreichen.259 Ebenfalls kann davon ausgegangen werden, dass – auch bei einem regelgerechten Verhalten – eine Schädigung des Mitsportlers in einem nicht unbeachtlichen Teil der Fälle in Kauf genommen wird und somit dolus eventualis vorliegt. Diese bedingt vorsätzlich herbeigeführten Sportverletzungen werden sich aber in vielerlei Konstellationen gar als spieltypisch darstellen und rechtfertigen somit grundsätzlich auch eine Haftungsprivilegierung.260 So leuchtet es beispielsweise nicht ein, dass ein taktisches Foul beim Fußballspiel – etwa durch ein leichtes Trikotziehen oder einen Rempler bei der Spieleröffnung – keiner Haftungserleichterung zugänglich wäre, obschon diese Situation gerade der Typizität des Fußballs entspricht.261 Gleiches hätte sogar für ein regelgerechtes Verhalten zu gelten, etwa wenn der Schädiger den Ball regelgerecht weggrätscht, gleichzeitig den Mitsportler durch diesen Einsatz aber verletzt. Stellte man allein auf die Willensrichtung des Sportlers ab, könnte dies unbillige Folgen begründen. Dies wäre aber aufgrund der eingeschränkten Modifikationsmöglichkeiten bei einer Lösung auf Verschuldensebene die zwingende Folge. So würde – unabhängig vom Vorliegen eines Regelverstoßes und seiner Intensität – derjenige Sportler, der sich über seinen sportiven Einsatz und die möglichen Folgen Gedanken machte und sie zur Erreichung des Spielzwecks akzeptiert, gegenüber demjenigen Sportler, der sich keine Gedanken über Regelverstoß und etwaige Verletzungsfolgen machte und davon ausgeht, dass „schon nichts passieren werde“, pauschal benachteiligt. Gerade im Grenzbereich zwischen luxuria und dolus eventualis, der zwar theoretisch abgegrenzt werden kann, praktisch aber häufig fließende Übergänge aufweist, könnten somit unbillige Ergebnisse entstehen, wenn aufgrund des Rechtsgedankens des § 276 Abs. 3 BGB zu stark auf die Willensrichtung des Sportlers geachtet werden müsste. Daher muss stets berücksichtigt werden, dass eine Verschuldenslösung keine Allgemeingültigkeit beanspruchen kann, sondern lediglich eine Haftungsmodifikation für einen – wenn auch wohl deutlich überwiegenden – Teilbereich der Mitspielerverletzungen begründen könnte. 1. Sportgerechter Sorgfaltsmaßstab Der erste Ansatzpunkt einer Problemlösung auf Verschuldensebene könnte in einer sportangemessenen Interpretation beziehungsweise Modifikation der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt gesehen werden. So wird vertreten, dass eine Haftungsfreistellung bei Mitspielerverletzungen am sinnvollsten durch eine sportgerechte Modifikation des Verschuldenserfordernisses zu bewirken sei.262 Diese Mo259

S. in diesem Kontext auch Weisemann/Spieker, Sport, Spiel und Recht, Rn. 87. S. dazu auch B.II.4.c). 261 S. dazu auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 29; Schall, SpuRt 2011, 226, 228; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 190 f.; Zimmermann, VersR 1980, 497, 502. 262 OLG Düsseldorf, NJW-RR 1997, 408; Friedrich, NJW 1966, 755, 757; Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 72 ff.; Herrmann, Jura 1985, 568, 569; Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 122, 127 ff., 141; Petev, 260

IV. Verschulden

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difikation hätte in vielen Konstellationen zur Folge, dass – verstünde man die Fahrlässigkeit im Sinne des § 276 Abs. 2 BGB in einem sportiven Kontext – ein regelgerechtes Schädigerverhalten, anders als bei Anwendung allgemeiner Sorgfaltsmaßstäbe, keinen Sorgfaltspflichtverstoß begründete und sich somit nicht haftungsbegründend auswirkte.263 Dem könnte Rechnung getragen werden, indem für den Bereich der Sportausübung keine Sorgfalt im Höchstmaß, sondern lediglich eine an den Sportregeln orientierte „durchschnittliche“ Sorgfalt des Sportlers eingefordert würde.264 Wegen des mit dem Sport verbundenen erhöhten Gefährdungspotentials ist nach Ansicht der Befürworter nur diejenige Sorgfalt von den Sportlern einzufordern, die ein umsichtig agierender Sportler gegenüber seinen Mitsportlern aufbringen müsse.265 Der Sorgfaltsmaßstab werde demnach maßgeblich durch das entsprechende Regelwerk sowie den von einem tüchtigen und gewissenhaften Sportler situativ zu erwartenden Einsatz konkretisiert.266 Zudem könnten die subjektiven Komponenten des Verschuldens mehr in den Vordergrund gerückt werden, um auch auf diesem Wege die Verantwortlichkeit des Schädigers einzuschränken.267 Die sportgerechte Modifikation des Verschuldens findet bis in die heutige Zeit einen breiten Zuspruch. So stellt Deutsch fest, dass die Problembewältigung am besten auf der Ebene des Verschuldens zu realisieren sei.268 Herrmann konstatiert zudem, dass die Haftungsfrage bei der Sportausübung auf der Verschuldensebene geklärt werden müsse.269 Sogar Götz, die sich im Rahmen ihrer Untersuchung letztlich gegen eine Verschuldenslösung entscheidet, hebt hervor, dass man bei einer

VersR 1976, 320, 323; Roesch, ZfV 1976, 518, 521; Surminski, ZfV 1974, 180, 181; Thaler, in: Sport und Recht, 129, 162; Vieweg, in: Von „Sport und Recht“ zu „Faszination Sportrecht“, 689, 748 f.; in diese Richtung auch RG, DR 1939, 770, 771 sowie Pfeifer, Schuldrecht, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 3 Rn. 79; Rummel, Haftung bei Kanuunfällen, 42, 88 und Scheffen, NJW 1990, 2658, 2659. 263 Behrends, DOK 1976, 539, 542; Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 136 ff.; ähnlich auch Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 74 f.; s. auch Friedrich, NJW 1966, 755, 757. 264 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 236. In diese Richtung auch OLG Düsseldorf, NJW-RR 1997, 408 sowie Friedrich, NJW 1966, 755, 757. 265 So BGHZ 5, 318, 318 f.; AG Bad Neustadt, VersR 1995, 1110, 1111; Behrends, DOK 1976, 539, 543; Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 75; Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 141; Surminski, ZfV 1974, 180, 181. Ähnlich auch Behrends, DOK 1976, 539, 542 f. 266 Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 138 ff.; in diese Richtung auch Deutsch, VersR 1974, 1045, 1049 sowie Friedrich, NJW 1966, 755, 757; ähnlich auch BGHZ 5, 318, 319 sowie Fritzweiler, NJW 2006, 960, 964. 267 S. dazu Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 74 f. sowie Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 128 ff.; in diese Richtung scheint auch Birr, Die Haftung Minderjähriger im Zivilrecht, Rn. 84 zu denken. 268 Deutsch, VersR 1974, 1045, 1048. 269 Herrmann, Jura 1985, 568, 569.

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C. Lösungsansätze

Berücksichtigung auf der Ebene des Verschuldens mit überzeugender Argumentation zum gewünschten Ergebnis einer Haftungsfreistellung gelange.270 Trotz prominenter Fürsprecher und einer dogmatisch nachvollziehbaren Integration der Besonderheiten des Sports wird der sportgerechte Verschuldensmaßstab aber auch vehement kritisiert. Dazu werden im Wesentlichen allgemeine und systemimmanente Kritikpunkte vorgetragen. So wird kritisiert, dass Sportverletzungen stets den Makel der Rechtswidrigkeit trügen.271 Aus diesem Grunde werde dem Sportler stets unterstellt, dass er sich fehlerhaft verhalten habe, auch wenn sich sein Verhalten im Ergebnis nicht haftungsbegründend auswirke.272 Zudem erführen die Sportregeln eine zu geringe Wertschätzung, wenn sie erst auf der Ebene des Verschuldens Berücksichtigung fänden.273 Darüber hinaus wird moniert, dass vorgelagerte Lösungsoptionen nicht ausreichend gewürdigt würden, weil sich der Blick vorschnell auf die Verschuldensebene richte.274 Eser kritisiert zudem, dass Verschuldenslösungen insbesondere aus dem Grunde herangezogen werden, „um sich im Streit um Sozialadäquanz, Einwilligung, Handeln auf eigene Gefahr weder sachlich noch systematisch festlegen zu müssen“ und sie vielmehr eine „Notbremse“ darstellten.275 Des Weiteren sei nicht ersichtlich, dass das Verschulden des Sportlers bei regelgerechtem oder leicht regelwidrigem Verhalten in jedem Falle verneint werden könne.276 Schließlich wird darauf hingewiesen, dass der Geschädigte – qualifizierte man Sportverletzungen beziehungsweise die dazu führenden Eingriffe stets als rechtswidrig – dem Grunde nach Notwehr gegen den schädigenden Sportler verüben dürfe oder ihn auf Unterlassung in Anspruch nehmen könne.277 Bei näherer Betrachtung zeigt sich allerdings, dass diese Kritikpunkte – bis auf den Makel der Rechtswidrigkeit – recht schnell eliminiert werden können. Insbesondere die Kritik von Eser entkräftet sich nahezu von selbst, da sich nachweisen 270

Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 152. Birr, Die Haftung Minderjähriger im Zivilrecht, Rn. 76; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 152; Looschelders, JR 2000, 265, 268 f. 272 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 152; Zimmermann, VersR 1980, 497, 497. 273 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 152; Zimmermann, VersR 1980, 497, 497. 274 Eser, JZ 1978, 368, 370; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 153 f. 275 Eser, JZ 1978, 368, 370. 276 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 153; Looschelders, JR 2000, 265, 269; Pfister, FS W. Lorenz, 171, 188; ähnlich auch Zimmermann, VersR 1980, 497, 497. 277 Bonde, SchlHA 1984, 178, 179; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 153; Heermann, Haftung im Sport, Rn. 96 Pfister, FS W. Lorenz, 171, 190; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 54; Teichmann, JA 1979, 293, 294; Wilms, JR 2007, 95, 97; ähnlich auch Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 120 ff. S. zu dieser generellen Fragestellung des Sporthaftungsrechts die Ausführungen unter D.II.1. 271

IV. Verschulden

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ließ, dass sich sowohl die Lehre der Sozialadäquanz als auch die Einwilligung nicht zur Problemlösung eignen. Bezüglich des Handelns auf eigene Gefahr – qualifizierte man dieses als Ausprägung des § 254 BGB und somit als außertatbestandlichen Lösungsansatz – bestünden dagegen ähnliche Bedenken wie bei einer Verschuldenslösung, da auch in diesem Fall stets Widerrechtlichkeit vorläge.278 Gleiches gilt für den Einwand, dass vorgelagerte Konzeptionen nicht ausreichend gewürdigt würden, da bereits gezeigt wurde, dass im Rahmen der vorgelagerten Ansätze nur eine Verkehrspflichtkonzeption ernsthaft in Frage kommen kann. Wenn man aber im allgemeinen Systemstreit zwischen Handlungs- und Erfolgsunrecht dem erfolgsbezogenen Ansatz folgt, liegt es nahe, eine Verkehrspflichtkonzeption im Rahmen der Darstellung zu übergehen. Auch der Einwand der „Notbremse“ kann in dieser Form nicht bestehen bleiben, da eine Verschuldenslösung noch vor einer außertatbestandlichen Lösung heranzuziehen wäre und somit nicht als ultima ratio gesehen werden muss. Ebenfalls nicht überzeugen kann die Beanstandung, dass den Regelwerken bei Berücksichtigung auf Verschuldensebene eine zu geringe Bedeutung beigemessen werde. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich Verkehrspflichten und Sorgfaltspflichten bezogen auf den objektiv einzuhaltenden Verhaltensstandard im Regelfall stark ähneln oder gar decken,279 ergeben sich bezogen auf die Wirkung der Regelwerke allenfalls marginale Unterschiede. Dass die Regelwerke beziehungsweise ein regelgerechtes oder leicht regelwidriges Verhalten nicht zu einer Rechtfertigung oder fehlenden haftungsrechtlichen Missbilligung führen können, steht in keiner Relation zu ihrer Wirkweise, sondern ist vielmehr systemisch bedingt. Aus diesem Grunde kann zwar der oben dargestellte Systemeinwand vorgetragen werden, der insoweit auch seine Berechtigung findet, allerdings schmälert dieser Einwand nicht die Relevanz der Regelwerke.280 Vielmehr können die Regelwerke als Element der Typizität, aber auch die Reziprozität der Verletzungsgefahr bei einer Verschuldenslösung in gleicher Weise wie bei einer Verkehrspflichtlösung zur Geltung kommen. Ausgeklammert werden soll an dieser Stelle die Frage etwaiger Gegenrechte des Geschädigten, da es sich insoweit um eine allgemeine Fragestellung der Sporthaftung handelt, die allen Lösungsansätzen immanent ist und auch die Befürworter der Verkehrspflichtlösungen vor Probleme stellen könnte.281 Somit bleiben im Ergebnis lediglich die oben vorab dargestellten generellen Einwände gegen die Verschuldenskonzeptionen bestehen. Problematisch ist insoweit aber allein, dass eine sportgerechte Verschuldensmodifikation lediglich im Rahmen des Fahrlässigkeitsvorwurfs vorgenommen und somit keine allgemeinverbindliche Lösung herbeigeführt werden kann. Dieser Kritikpunkt disqualifiziert den sportgerechten Sorgfaltsmaßstab allerdings nicht. Er schränkt lediglich die Praktikabilität 278

S. zum Handeln auf eigene Gefahr die Ausführungen unter B.V.1. S. dazu die Ausführungen und Nachweise unter D.V.2. 280 So muss es zu einiger Verwunderung führen, wenn Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 152 konstatiert, dass die Regelbeachtung bei einer Lösung auf Verschuldensebene keine signifikante Bedeutung habe. 281 S. dazu die Ausführungen unter D.II.1. 279

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C. Lösungsansätze

ein und führt dazu, dass für den Bereich des Vorsatzes auf ein anderes Konzept zurückgegriffen werden müsste. Für eine partielle Problembewältigung dagegen erscheint ein sportgerechter Sorgfaltsmaßstab nicht ungeeignet. 2. Begrenzung der Vorwerfbarkeit auf die diligentia quam in suis Ein weiterer Anknüpfungspunkt könnte in der Begrenzung der Vorwerfbarkeit auf die eigenübliche Sorgfalt des schädigenden Sportlers gesehen werden.282 Durch einen Rückgriff auf die in § 277 BGB statuierte diligentia quam in suis könnte der Sorgfaltsmaßstab zugunsten des schädigenden Sportlers bis zur Grenze der groben Fahrlässigkeit verschoben werden. Auf diese Weise könnte eine weitreichende Haftungserleichterung bei Mitsportlerverletzungen begründet werden. Fraglich ist allerdings, ob sich dadurch überhaupt eine umfangreiche und zielführende Lösung implementieren ließe. Zum einen begegnet die eigenübliche Sorgfalt den oben dargestellten allgemeinen Bedenken der Verschuldenslösungen, zum anderen treten noch die spezifischen Widrigkeiten der diligentia quam in suis hinzu. Die erste Herausforderung besteht darin, einen tauglichen Anknüpfungspunkt zu finden, der zur Anwendung des § 277 BGB führt. Diesbezüglich könnten §§ 708, 1359, 1664 BGB geeignet sein. Darüber hinaus wird vorgeschlagen, dem Rechtsgedanken des § 277 BGB durch eine entsprechende Anwendung zur Geltung zu verhelfen.283 §§ 690, 2131 BGB scheiden dagegen mangels Sachnähe von vornherein aus. Gegen § 708 BGB spricht, dass im Regelfall kein Gesellschaftsverhältnis zwischen den Sportlern besteht.284 So stellte auch der Bundesgerichtshof bereits in einer seiner früheren Entscheidungen zutreffend fest, dass die kameradschaftliche Sportausübung nicht zu einem Gesellschaftsvertrag und der Anwendung von § 708 BGB führt.285 Dieses Ergebnis ist vor dem Hintergrund der hier vertretenen Auffassung zwingend, da die Sportausübung gerade nicht zu einer besonderen rechtsgeschäftlichen Bindung führt, sondern aus ihr lediglich eine Bindung an die Sportregeln resultiert.286 Dies gilt insbesondere auch für den Bergsport. Dennoch wird teilweise argumentiert, dass § 708 BGB – insbesondere aufgrund des besonderen Näheverhältnisses und der gegenseitigen Sicherheitserwartungen – zwischen 282

Sich für diesen Lösungsansatz aussprechend OLG Rostock, SpuRt 1999, 153, 154; Erman/ Wilhelmi, § 823 Rn. 104; Röckrath, Spurt 2003, 189, 193; Schünemann, VersR 1982, 825, 826 f.; teilweise auch Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 80 sowie Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 131 f., 251 ff. 283 OLG Rostock, SpuRt 1999, 153, 154; Erman/Wilhelmi, § 823 Rn. 104. 284 So auch Pardey, VersR 1995, 145, 146 sowie SpuRt 1995 64, 64; Thaler, in: Sport und Recht, 129, 155 f. 285 BGHZ 39, 156, 158. 286 S. dazu die Ausführungen oben unter B.III.4.b), c).

IV. Verschulden

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den Mitgliedern von Seilschaften und Tourengemeinschaften Anwendung finden müsse.287 Zwar nimmt der Berg- und Alpinsport eine Sonderstellung ein,288 allerdings liegt ihm, wie auch Burger zutreffend feststellt, im Regelfall kein Rechtsbindungswille der Teilnehmer zugrunde.289 Sicherlich kann in Sonderkonstellationen ein Gesellschaftsverhältnis zwischen den Sportlern begründet sein, im Rahmen dessen sodann § 708 BGB anzuwenden wäre, allerdings wird es sich dabei um Einzelfälle handeln. Bei den familienrechtlichen Bindungen bedarf es hingegen keines rechtsgeschäftlichen Aktes, um zur Wirkung der §§ 1359, 1664 BGB zu gelangen. Allerdings ist der Anwendungsbereich von vornherein auf einen recht überschaubaren Bereich beschränkt. §§ 1359, 1664 BGB können daher nicht zur Bewältigung eines Massenphänomens herangezogen werden, sondern vielmehr nur einen Randbereich abdecken und dementsprechend nur innerhalb solcher Konstellationen zur Anwendung kommen.290 Somit könnte sich allein aus der Verallgemeinerung des Rechtsgedankens der diligentia quam in suis eine umfangreiche Lösung ergeben.291 So sieht Wilhelmi den Gedanken eines Haftungsausschlusses gerade in den gesellschafts- und familienrechtlichen Haftungsmilderungen begründet und attestiert dem Sport zudem eine diesen Bindungen ähnelnde Nähe zwischen Schädiger und Geschädigtem.292 Dagegen wird allerdings bereits grundsätzlich eingewandt, dass es sich bei §§ 708, 1359 BGB um eng begrenzte Sondervorschriften handele, die einer Analogie unzugänglich seien.293 Die widerstreitenden Grundpositionen könnten somit nicht unterschiedlicher sein. Befürwortete man eine analoge Anwendung der §§ 708, 1359 BGB oder verallgemeinerte man den Rechtsgedanken der eigenüblichen Sorgfalt, so stellte sich die eigentliche Frage der diligentia quam in suis: Kann sich der Rückgriff auf die eigenübliche Sorgfalt bei Mitspielerverletzungen überhaupt als zielführend erweisen? Die wesentliche Problematik der eigenüblichen Sorgfalt bei der Sportausübung betrifft nämlich nicht ihren dogmatischen Untergrund, sondern ihre Folgen. So hat es den Anschein, dass manche Befürworter nur bis zur Anwendung der eigenüblichen Sorgfalt denken und die Problematik als gelöst ansehen, aber die Folgen der Anwendung nicht ausreichend bedenken. Sicherlich kann eine Berücksichtigung der 287

Röckrath, Spurt 2003, 189, 193; Schünemann, VersR 1982, 825, 826 f. S. dazu auch die Ausführungen oben unter B.V.3.b). 289 Burger, SpuRt 2007, 192, 193. 290 S. exemplarisch zur Anwendbarkeit des § 1359 BGB im Skisport Heinemeyer, DAR 2013, 685, 691 f. 291 Dafür OLG Rostock, SpuRt 1999, 153, 154 sowie Erman/Wilhelmi, § 823 Rn. 104. 292 Erman/Wilhelmi, § 823 Rn. 104. 293 Fleischer, VersR 1999, 785, 790; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 258; im Ergebnis auch BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 94. 288

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C. Lösungsansätze

eigenüblichen Sorgfalt und der insoweit zu beachtenden subjektiven Momente zu einer sportgerechten Verlagerung des Haftungsmaßstabes führen, sie muss es aber nicht. Sie führt insbesondere dazu, dass – je nach Maß der Eigenüblichkeit – unterschiedliche Sorgfaltsmaßstäbe zwischen den einzelnen Sportlern anzusetzen wären. Dies könnte in der Reflexwirkung voneinander abweichende Haftungsergebnisse zur Folge haben, die allein anhand des üblichen Habitus des schädigenden Sportlers entschieden würden. So würde der sorgsamere Sportler in den Grenzen des § 277 BGB gegenüber dem weniger sorgsamen Sportler benachteiligt, wenn er einen Mitsportler schädigt. Dieses Ergebnis erscheint unbefriedigend und könnte gar zu einer Art „Freifahrtschein“ zugunsten des unvorsichtigen Sportlers ausgereizt werden. Dieser könnte vortragen, dass er üblicherweise recht unvorsichtig oder regelwidrig agiere. Daher müssen sich die Befürworter des Rückgriffs auf die diligentia quam in suis fragen lassen, ob ihr Lösungsweg überhaupt zur beabsichtigten Folge führen kann. In Einzelfällen mag dies der Fall sein; eine generelle Berücksichtigung dagegen scheint zum Scheitern verurteilt. Die Berücksichtigung einer individuellen Sorgfaltskomponente klingt zwar im ersten Moment vielversprechend, allerdings tragen ihre Folgen in vielerlei Fällen nicht zu einer gerechten Risikoverteilung bei. Die Berücksichtigung subjektiver Komponenten müsste vielmehr in einem verallgemeinerungsfähigen Rahmen erfolgen, um zu einer Problemlösung bei Mitsportlerverletzungen beitragen zu können. Abgesehen von dem eng begrenzten oder aber dogmatisch umstrittenen Untergrund, führt die Anwendung der diligentia quam in suis bei Sportverletzungen im Allgemeinen nicht zu erfolgsversprechenden Ergebnissen. Aus diesem Grunde sollte sie im Regelfall auch nicht zur Problembewältigung herangezogen werden.294 3. Anwendung einer „sport judgement rule“ Eine bislang gänzlich unberücksichtigte Idee hat in jüngerer Zeit Schall in die Diskussion eingebracht. Schall will den mittlerweile in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG kodifizierten Rechtsgedanken einer „business judgement rule“ auf den Bereich des Sports übertragen und eine Haftungsmodifikation anhand einer „sport judgement rule“ realisieren.295 Die Anwendung der „sport judgement rule“ soll dazu führen, dass 294 Diesen Ansatz ablehnend auch BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 94; Fleischer, VersR 1999, 785, 790; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 258; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 694; im Ergebnis auch Allgaier, VersR 2010, 34, 38. Auch der BGH, NJW 2009, 1875, lehnt in einer jüngeren, zu § 1359 BGB ergangenen, Entscheidung einen Rückgriff auf die eigenübliche Sorgfalt beim Sport ab, da auch die Sportausübung – in Anlehnung an die Rechtsprechung zum Straßenverkehr – keinen Raum für eine eigenübliche Sorgfalt ließe, wenn ein allgemeiner, objektiver Verhaltensmaßstab bestehe. 295 Schall, SpuRt 2011, 226, 228 f. Schall wählt dazu ein zweigleisiges Konzept aus einer „Bagatelleinwilligung“ bei leichten Vergehen und der Anwendung eines besonderen Verschuldensmaßstabes bei schwereren Verfehlungen. Dass die von Schall vorgeschlagene Bagatelleinwirkung abzulehnen ist, muss an dieser Stelle nicht gesondert hervorgehoben werden,

IV. Verschulden

137

Risikoentscheidungen des Sportlers ex ante und nicht ex post bewertet werden.296 Eine auf vertretbarer Grundlage getroffene Risikoentscheidung des Sportlers soll demnach keine Haftung begründen, wenn sie sich im Nachhinein als „falsch“ herausstellt.297 Vertretbare Risikoentscheidungen wären auf dieser Grundlage auch bei einer Schädigung des Mitspielers als nicht pflichtwidrig zu bewerten.298 Der Schädiger haftete in diesem Fall nicht, da eine Bewertung ex post unterbliebe.299 Sollte die „judgement rule“ dagegen nicht vertretbar sein, so bedürfe es zusätzlich der allgemeinen Verschuldensprüfung, im Rahmen derer aber noch einmal die Besonderheiten des Sports explizit berücksichtigt werden sollen.300 Zur Konkretisierung seines Ansatzes führt Schall an, dass die „sport judgement rule“ vertretbar und nicht haftungsbegründend sei, wenn der Sportler in der konkreten Spielsituation eine Wettkampfentscheidung zur Erreichung des Sportzwecks treffe, im Rahmen derer er ex ante annehmen durfte, dass er den Mitsportler nicht erheblich verletze.301 Die Beweislast hinsichtlich der Risikoentscheidung liege beim schädigenden Sportler.302 Eine besonders schwere Verletzung indiziere nach Auffassung von Schall zudem die Pflichtwidrigkeit.303 Die allgemeine Beweislastverteilung solle dagegen keiner Modifikation unterliegen.304 Obwohl die Idee von Schall im Ergebnis zu begrüßen ist,305 da sie insbesondere die konkrete Spielsituation und somit auch die Kriterien von Typizität und Reziprozität ausreichend berücksichtigt und auf dieser Grundlage eine flexible Handhabung ermöglicht, so unterliegt auch sie erheblichen Bedenken. Zum einen kann die vorgeschlagene Kombination aus einer „Bagatelleinwilligung“ und besonderem Verschuldensmaßstab306 für sich gesehen nicht überzeugen. Da die Einwilligung bei Mitspielerverletzungen nach hier vertretener Ansicht insgesamt abzulehnen ist,307 müssten Bagatellfälle einer anderen Lösung zugeführt werden. Dies könnte, um den Gedanken des vorgeschlagenen Ansatzes nicht zu

da auch dieser Bereich im Regelfall von der vorgeschlagenen „sport judgement rule“ erfasst wäre. 296 Schall, SpuRt 2011, 226, 228. 297 Schall, SpuRt 2011, 226, 228. 298 Schall, SpuRt 2011, 226, 228. 299 Schall, SpuRt 2011, 226, 228. 300 Schall, SpuRt 2011, 226, 228. 301 Schall, SpuRt 2011, 226, 228. 302 Schall, SpuRt 2011, 226, 228. S. dazu auch Hilpert, Nationale und internationale Fußballrechtsprechung, 192. 303 Schall, SpuRt 2011, 226, 228. 304 Schall, SpuRt 2011, 226, 228. 305 Ähnlich auch PHB Sportrecht/Fritzweiler, 5. Teil Rn. 52. 306 S. zu diesem Kombinationsmodell Schall, SpuRt 2011, 226, 228 f. 307 S. dazu C.III.2.a)cc).

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C. Lösungsansätze

entwerten, wohl auch im Rahmen einer „sport judgement rule“ geschehen, allerdings bestünde insoweit bereits dem Grunde nach Korrekturbedarf. Zum anderen orientiert sich die Auffassung von Schall zu stark an der eingetretenen Verletzung beziehungsweise ihrer Schwere. Dies zeigt sich insbesondere, wenn Schall die Risikoentscheidung anhand der Verletzungsfolge und nicht anhand der Intensität eines etwaigen Regelverstoßes bewerten will, besonders schweren Verletzungen die Indizwirkung einer Pflichtwidrigkeit zuspricht oder aber vorsätzliche Fouls ohne gravierende Verletzungsfolgen durch eine Einwilligung privilegieren will.308 Dass eine Orientierung anhand der Schwere der Verletzung nicht zielführend sein kann, wurde bereits oben gezeigt.309 Vielmehr muss auf das Vorliegen einer Regelwidrigkeit von besonderer Intensität abgestellt werden, da sich die besondere haftungsrechtliche Missbilligung einer Sportverletzung aus der Kombination von Regelverstoß und Verletzung ableitet.310 Des Weiteren stellt sich die Frage, wie der Sportler im Rahmen seiner Risikoentscheidung ermitteln soll, dass eine schwerwiegende Verletzung des Mitsportlers nicht zu erwarten sei. Der schädigende Sportler wird im Regelfall nicht abschätzen können, ob sein Einsatz eine gravierende Verletzung nach sich ziehen kann oder nicht. Vielmehr entspricht es der Typologie von Sportverletzungen, dass sich Umfang und Ausmaß der Schädigung im Regelfall nicht aus einer ex-ante-Perspektive abschätzen lassen. So kann bereits die leichteste Berührung in einem Zweikampf in Schwerstverletzungen münden. Andererseits muss selbst der vehementeste oder gar grob regelwidrige Einsatz nicht zu einer Verletzung führen. Wie aber soll der Sportler vor diesem Erkenntnisstand in Sekundenbruchteilen eine Entscheidung treffen, bei der er in vertretbarer Weise davon ausgehen kann, dass sie keine gravierende Schädigung nach sich zieht? Ohne Berücksichtigung der Folgen der Sportlerentscheidung wird sich diese Frage in aller Regel nicht beantworten lassen. Wenn aber sodann die Verletzungsfolge mitbetrachtet würde, käme es vielfach doch zur Berücksichtigung des von Schall gerade unerwünschten „hindsight bias“.311 Schließlich begegnet der Ansatz auch einem praktischen Hindernis: Wie soll der Schädiger die Vertretbarkeit seines „sport judgements“ darlegen und beweisen, wenn er seine Risikoentscheidung regelmäßig in Sekundenbruchteilen treffen muss? Dies könnte sich mitunter als problematisch herausstellen, insbesondere wenn sich die konkrete Spielsituation nicht zweifelsfrei rekonstruieren lässt, aber von einem regelwidrigen Verhalten oder einem Verhalten an der Grenze zwischen Regelkonformität und Regelverstoß auszugehen ist. Dieser Umstand könnte den Schädiger in

308

Schall, SpuRt 2011, 226, 228 f. S. dazu die Ausführungen unter B.II.4.a). 310 S. dazu die Ausführungen unter B.II.4.b). 311 So ist es, wie Schall, SpuRt 2011, 226, 228 explizit hervorhebt, wesentliches Anliegen der Konzeption, den Rückgriff auf eine – meist weitaus strenger ausfallende – Nachbetrachtung auszuschließen. 309

IV. Verschulden

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vielen Fällen gegenüber anderen Lösungsoptionen benachteiligen. Jedenfalls schmälert er den praktischen Nutzen des Lösungsvorschlages mehr als unerheblich. Mag sich der Gedanke der „sport judgement rule“ zwar auf den ersten Blick verlockend darstellen, so ist er auf den zweiten Blick zwar nicht unbrauchbar, dennoch aber aufgrund der Kritik in praktischer Hinsicht mit Vorsicht zu genießen und allenfalls dann zu berücksichtigen, wenn andere Konzeptionen versagen sollten. 4. Gleitende Fahrlässigkeit Schließlich könnte sich auf Verschuldensebene noch das System einer gleitenden Fahrlässigkeit zur Lösung eignen. In Anlehnung an die arbeitsrechtlichen Haftungsgrundsätze zur betrieblich veranlassten Tätigkeit soll nach Ansicht einiger Autoren auch im Bereich der Sportausübung auf einen gleitenden Sorgfaltsmaßstab zur Problembewältigung zurückgegriffen werden.312 Dies bedeutete, dass bei leichter Fahrlässigkeit des Sportlers ein Haftungsausschluss bestünde, mittlere Fahrlässigkeit eine Quotelung nach sich zöge, bei grober Fahrlässigkeit zusätzlich noch eine Interessenabwägung stattzufinden hätte, um den Schädiger von der vollen Haftung befreien zu können und lediglich bei Vorsatz keine Haftungserleichterung einträte.313 Ließe man dieses System zur Anwendung kommen, so könnte in einigen Fällen ein interessengerechtes Ergebnis nicht nur für regelwidriges, sondern auch regelgerechtes Sportlerverhalten erzielt werden und eine Haftungsfreistellung jedenfalls für einen Teil der Mitspielerverletzungen realisiert werden.314

312 Bender, in: Haftungsrechtliche Probleme im Fußballsport, 27, 33 ff.; Deutsch, VersR 1974, 1045, 1051 sowie Allgemeines Haftungsrecht, Rn. 434; Grunsky, JZ 1975, 109, 111; Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 165 ff., 192. Auch die Rechtsprechung ließ vereinzelt Elemente der gleitenden Fahrlässigkeit in ihre Entscheidungen einfließen, s. dazu OLG Neustadt an der Weinstraße, MDR 1956, 550 sowie BayObLG, NJW 1961, 2072, 2073. Die Befürworter gingen im Ursprung noch von dem früheren, zur Zeit ihrer Veröffentlichungen vorherrschenden, Ansatzpunkt der schadensgeneigten Tätigkeit aus, der mittlerweile aber durch die betrieblich veranlasste Tätigkeit abgelöst wurde. Dies hat allerdings keine tiefgreifenden Auswirkungen auf die sportrechtliche Betrachtung, sodass im Rahmen dieser Untersuchung allein von dem mittlerweile vorherrschenden Ansatz der betrieblich veranlassten Tätigkeit gesprochen wird. 313 Deutsch, VersR 1974, 1045, 1051; Fritzweiler, Die Haftung des Sportlers bei Sportunfällen, 137 ff. S. dazu auch Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 162. Nach Ansicht von Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 163 ff., 167 soll allerdings auch bei mittlerer Fahrlässigkeit die Haftung des Sportlers ausgeschlossen sein. Interessanterweise wird die gleitende Fahrlässigkeit von den Befürwortern insbesondere im Rahmen eines regelwidrigen Einsatzes herangezogen. Sie findet ihre Berechtigung allerdings auch bei regelgerechtem Verhalten, wenn dieses trotz einer etwaigen sportspezifischen Fahrlässigkeitsmodifikation als sorgfaltswidrig zu bewerten ist. Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich daher gleichsam auf regelgerechtes als auch auf regelwidriges Verhalten des Schädigers. 314 Ähnlich auch Fritzweiler, Die Haftung des Sportlers bei Sportunfällen, 137 ff. sowie Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 256 f.

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C. Lösungsansätze

Die Befürworter dieses Vorgehens stützen sich dazu darauf, dass auch beim Sport eine – dem Arbeitsverhältnis vergleichbare – Risikogemeinschaft bestehe, die ein System der gleitenden Fahrlässigkeit rechtfertige.315 Außerdem wird angeführt, dass sich auch die Gefährdungs- und Interessenlage von Sportlern und Arbeitnehmern stark ähnelten, da sowohl beim Sport als auch bei der Arbeit Fehler nicht immer vermeidbar seien, sodass auch dieser Umstand für eine Haftungsprivilegierung spreche.316 Zudem habe auch der BGH angedeutet, dass die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung auf andere Bereiche übertragen werden können317 und daher nicht allein auf diesen Bereich beschränkt seien.318 Dagegen wird zu Recht eingewandt, dass die Interessenlagen von Sportlern und Arbeitnehmern doch weiter auseinander liegen als es auf den ersten Blick der Fall zu sein scheint.319 Zwar kann nicht bestritten werden, dass beim Sport eine Risikogemeinschaft wie bei Arbeitnehmern besteht.320 Diese gründet sich auf der Freiwilligkeit der Teilnahme.321 Im Arbeitsrecht besteht dagegen die Abhängigkeit vom Arbeitgeber, die zu einem Über- und Unterordnungsverhältnis führt.322 Ein solches Verhältnis liegt beim Sport jedoch nicht vor. Vielmehr treten die Sportler dem Grunde nach gleichberechtigt zur Sportausübung an.323 Aus diesem Grunde fehlt es 315 Deutsch, VersR 1974, 1045, 1051; Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 163 ff. S. dazu auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 256. 316 Deutsch, VersR 1974, 1045, 1051; Fritzweiler, Die Haftung des Sportlers bei Sportunfällen, 139 f.; Grunsky, JZ 1975, 109, 111; Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 165. 317 So in BGHZ 53, 352, 356. 318 Sich für diese Vergleichbarkeit aussprechend Deutsch, VersR 1974, 1045, 1051 sowie allgemeines Haftungsrecht, Rn. 434; Fritzweiler, Die Haftung des Sportlers bei Sportunfällen, 139; Grunsky, JZ 1975, 109, 111. 319 Fleischer, VersR 1999, 785, 789; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 256; Zimmermann, VersR 1980, 497, 501; ferner Füllgraf, VersR 1983, 705, 709; Pardey, VersR 1995, 145, 145; Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 163. Auch Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 165 weist explizit auf diesen Umstand hin, wenngleich er sich für eine gleitende Fahrlässigkeit bei Mitspielerverletzungen ausspricht. 320 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 256; Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 129. 321 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 256 f.; ähnlich auch Zimmermann, VersR 1980, 497, 501. 322 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 257. Ähnlich auch Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 130, der insoweit feststellt, dass allein im Profibereich aufgrund eines zugrunde liegenden Arbeitsverhältnisses an ein Über- und Unterunterordnungsverhältnis gedacht werden könne. 323 Füllgraf, VersR 1983, 705, 709; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 257; Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 163. Auch auf diesen Umstand

IV. Verschulden

141

auch an einer speziellen Fürsorgepflicht wie der des Arbeitsgebers, die neben dem Interesse der Sportler an einer Haftungsbegrenzung einen besonderen Schutz der Sportler nach sich ziehen könnte.324 Darüber hinaus ist auch die Einteilung in Grade der Fahrlässigkeit beim Sport, insbesondere aufgrund der Schnelligkeit der Handlungsabläufe, nur schwer vorzunehmen.325 Somit wäre der Rückgriff auf die gleitende Fahrlässigkeit beim Sport auch aus praktischen Erwägungen abzulehnen. Schließlich muss auch berücksichtigt werden, dass bei einer Sportverletzung im Regelfall kein spezielles Sicherungssystem eingreift, durch welches der Sportler im Schadensfall abgesichert wird.326 All diese Gründe führen dazu, dass die Sportausübung nicht mit der Tätigkeit des Arbeitnehmers gleichgesetzt werden kann.327 Muss dieser Befund aber zwangsläufig dazu führen, dass eine gleitende Fahrlässigkeit für den Bereich des Sports auszuschließen ist? Sicherlich bestehen die oben genannten Unterschiede zwischen Sport und Arbeit; die Aufgabe besteht aber nicht darin, einen Transfer allein mangels Vergleichbarkeit abzulehnen.328 Dies entspricht zudem auch nicht der Andeutung des Bundesgerichtshofs, der gerade nicht forderte, dass Identität zwischen den Ursachen der privilegierten Arbeitnehmerhaftung und einem anderen haftungsrechtlichen Phänomen bestehen müsse.329 Vielmehr muss gefragt werden, ob eine haftungsrechtliche Sondersituation besteht, die eine Abweichung von den allgemeinen Haftungsgrundsätzen erfordert. Diese ist sowohl beim Sport als auch im Arbeitsverhältnis gegeben.330 Somit besteht die Aufgabe darin, eine fundierte Grundlage beziehungsweise ein Rechtsinstitut zu etablieren, das eine Abweichung von allgemeinen Grundsätzen stützen kann. Will man aber den Transfer der arbeitsrechtlichen Grundsätze auf den Bereich des Sports verneinen, so sollte dies nicht ohne einen Blick auf die systematische Grundlage geschehen. Unterzieht man die privilegierte Arbeitnehmerhaftung einer kritischen Würdigung, so kann ihr dogmatischer Untergrund auch in heutiger Zeit immer noch

weist Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 167 explizit hin. 324 Füllgraf, VersR 1983, 705, 709; Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 163. 325 Zimmermann, VersR 1980, 497, 501. 326 Teichmann, JA 1979, 293, 297; ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 257 sowie Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 163. 327 So auch Füllgraf, VersR 1983, 705, 709 sowie Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 163. Ähnlich auch Zimmermann, VersR 1980, 497, 501. 328 Diesen Anschein erwecken allerdings Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 127 ff. und Füllgraf, VersR 1983, 705, 709. 329 BGHZ 53, 352, 356. Der BGH sprach lediglich davon, dass es nicht fernliegend sei, auch in anderen Bereichen, ähnlich der Grundsätze des arbeitsrechtlichen Haftungsrechts, Eingrenzungen der Verantwortlichkeit vorzunehmen. 330 S. für den Bereich des Sports allein die Ausführungen oben unter A.I., II.

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C. Lösungsansätze

angezweifelt werden.331 Vielmehr könnte man sich gar auf den Standpunkt stellen, dass die vorgetragene rechtliche Verankerung allein dem praktischen Bedürfnis einer Haftungserleichterung gefolgt ist und nicht zwingender Natur hätte sein müssen.332 Jedenfalls scheint das dogmatische Fundament einzelner Aspekte der Arbeitnehmerhaftung und ihrer Begründung – trotz des unbestrittenen und ungeschmälerten praktischen Nutzens und Erfordernisses – nicht das sicherste zu sein. Kann es dann aber sinnvoll sein, den Transfer auf den Bereich der Sportausübung allein aufgrund der Divergenz der privilegierungswürdigen Umstände beider Phänomene zu verneinen? Diese Frage sollte negativ beantwortet werden. Vielmehr sollte – insbesondere vor dem dogmatischen Hintergrund beider Bereiche und auch in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH – die grundsätzliche Transfermöglichkeit nicht pauschal ausgeschlossen werden. Ungeachtet dieser Annahme könnte es sich bei einer gleitenden Fahrlässigkeit im Bereich der Sportausübung auch um ein dem Sport immanentes eigenes System handeln, das von keinem anderen System abhinge, wenn es die Besonderheiten des Sports eigenständig und adäquat rechtlich erklären könnte.333 Warum sollte es daher nicht auch erlaubt sein, über eine eigenständige, neue Konstruktion des Sporthaftungsrechts nachzudenken, bevor diese kategorisch abgelehnt wird? Sollte man die Eigenständigkeit einer gleitenden Fahrlässigkeit beim Sport schließlich bestätigen können, entfiele die grundsätzlich vorgebrachte Kritik in Gänze und man könnte sich auf den praktischen Effekt der gleitenden Fahrlässigkeit konzentrieren. Fokussiert man sich allerdings auf die Wirkungen der gleitenden Fahrlässigkeit, so muss festgestellt werden, dass sich aus ihr zwar wünschenswerte Ergebnisse ableiten lassen, die letztlich allerdings nicht vollends überzeugen können. Das Problem der gleitenden Fahrlässigkeit besteht, wie auch bei den anderen Verschuldenskonzeptionen, im Anknüpfungspunkt der Vorwerfbarkeit: Wenn Vorsatz und Fahrlässigkeit an die Rechtsgutverletzung anknüpfen, dann ist dadurch keine Aussage über das Vorliegen eines Regelverstoßes getroffen. So kann eine aus regelgerechtem Spiel resultierende Verletzung durchaus vorsätzlich herbeigeführt werden.334 Gleichzeitig muss sie aber nicht automatisch besonderen Unrechtsgehalt 331

S. zur Grundlage des Schadensersatzes bei betrieblich veranlasster Tätigkeit BeckOK Arbeitsrecht/Joussen [01. 06. 2018], § 611a BGB Rn. 425 ff.; Erfurter Kommentar/Preis, § 619a BGB Rn. 9 ff.; HWK/Krause, § 619a BGB Rn. 11 ff.; Wedde/Lakies, § 619a BGB Rn. 4 ff. 332 So spricht Erfurter Kommentar/Preis, § 619a BGB Rn. 10 offen aus, dass es zu einer vollends überzeugenden Begründung einer, bis dato nicht existenten, Sonderkodifikation bedürfe. Auch BeckOK Arbeitsrecht/Joussen [01. 06. 2018], § 611a BGB Rn. 429 gesteht ein, dass zur dogmatischen Begründung ein Konglomerat verschiedener Erwägungen herangezogen werde, um das allseits gewünschte Ergebnis einer Haftungsprivilegierung des Arbeitnehmers herbeiführen zu können. 333 In diesem Lichte sollten sodann auch die Ausführungen von Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 163 ff., der die Unterschiede zum Arbeitsverhältnis offen anspricht, die gleitende Fahrlässigkeit aber als eigenständige Figur des zivilrechtlichen Sporthaftungsrechts verstehen will, betrachtet werden. 334 S. dazu B.II.4.c), d).

IV. Verschulden

143

verkörpern.335 In diesem Bereich versagen aber die Verschuldenslösungen und somit auch die gleitende Fahrlässigkeit. Die Problematik resultiert daraus, dass keine Kongruenz zwischen Regelkonformität und dem Einhalten der erforderlichen Sorgfalt besteht. Vielfach wird regelgerechtes Verhalten zwar keinen Sorgfaltsverstoß begründen, dies ist aber nicht die zwingende logische Folge. Das Regelwerk beziehungsweise die Regelkonformität oder -übertretung treten vielmehr unabhängig als eine Art Bindeglied zwischen Handlung und Erfolg und führen zur haftungsrechtlichen Integration der Besonderheiten des Sports. Gleiches gilt auch für den Bereich des leichten Regelverstoßes. Die aus einem leichten Regelverstoß resultierende Verletzung muss nicht auf leichter Fahrlässigkeit beruhen, sie kann ebenso aus einem sorgfältigen, aber auch aus einem grob sorgfaltswidrigen oder gar vorsätzlichen Verhalten stammen. Umgekehrt ist auch denkbar, dass ein grober Regelverstoß auf einem leicht fahrlässigen Verhalten beruhen kann. Aufgrund der Inkongruenz zwischen Regelwerk und Sorgfaltserwartungen können somit nicht alle Fälle erfasst werden, die einer Haftungsprivilegierung zugänglich sein müssten. Die gleitende Fahrlässigkeit mag zwar einen Mehrwert generieren, allerdings kann sie keine umfassende Problemlösung herbeiführen. Aus diesem Grunde sollte allenfalls dann auf sie zurückgegriffen werden, wenn sich keine andere Option zur Problembewältigung anbietet. Ein durchaus wertvoller Gedanke lässt sich dem Ansatz allerdings entnehmen: Wenn eine Abstufung auf Grundlage des Verschuldens nicht das gewünschte Ergebnis begründen kann, so könnte die Lösung aber auf einer Abstufung zwischen Regelkonformität und Intensität eines Regelverstoßes aufgebaut werden. Dieser Gedanke soll daher auch im weiteren Verlauf Berücksichtigung finden.336 5. Fazit zu den Verschuldenslösungen Aus dem Spektrum der Verschuldenslösungen könnte sich allein eine sportgerechte Sorgfaltsinterpretation zur umfassenden Problembewältigung bei Mitspielerverletzungen eignen. Insofern müsste aber stets berücksichtigt werden, dass aufgrund der Wertung des § 276 Abs. 3 BGB eine Haftungsprivilegierung bei vorsätzlichen Mitspielerverletzungen ausscheidet. Zudem könnten auch etwaige Gegenrechte des geschädigten Sportlers virulent werden und zu weiteren Herausforderungen führen. Die Vorschläge, eine Haftungsmodifikation anhand einer „sport judgement rule“, durch die Berücksichtigung der eigenüblichen Sorgfalt des schädigenden Sportlers oder durch ein System der gleitenden Fahrlässigkeit zu realisieren, enthalten zwar allesamt einen anerkennenswerten Kern, für eine weitreichende Lösung hingegen können sie nicht uneingeschränkt herangezogen werden.

335 So verweist auch Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 190 f. darauf, dass dem Vorsatz beim Sport nicht zwingend ein besonderer Unrechtsgehalt entnommen werden muss. 336 S. dazu die Ausführungen unter B.II.4.d) sowie H.II.5.

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C. Lösungsansätze

Bei der Bewertung von Sonderfällen oder in atypischen Randbereichen könnten ihre Wertungen aber dennoch von Nutzen sein.

V. Außertatbestandliche Lösungsansätze Abschließend könnten noch außertatbestandliche Lösungsansätze zur Problembewältigung herangezogen werden. Aus diesem Bereich kommen ein über § 254 BGB zu berücksichtigendes Handeln auf eigene Gefahr, das in § 242 BGB zum Ausdruck kommende Verbot widersprüchlichen Verhaltens, ein Verzicht oder eine Enthaftungsvereinbarung in Betracht. Auch diese Lösungsoptionen unterliegen allerdings zwei generellen Bedenken: Zum einen führten sie dazu, dass Sportverletzungen – egal ob regelgerecht oder regelwidrig verursacht – nicht nur dem Makel der Rechtswidrigkeit unterlägen, sondern vielmehr stets auch als schuldhaft bewertet werden müssten. Zum anderen folgte aus diesem Umstand, dass auch stets an eine etwaige Haftung eines weiteren Beteiligten gedacht werden müsste.337 Aus diesen Gründen sollten außertatbestandliche Lösungen als eine Art ultima ratio verstanden werden, die – da sie von einem grundsätzlich bestehenden Schadensersatzanspruch des geschädigten Sportlers ausgehen – nur dann herangezogen werden sollten, wenn sie sich als zwingend erforderlich herauskristallisieren. 1. § 254 BGB und das Handeln auf eigene Gefahr Zunächst soll der Blick auf ein etwaiges Handeln auf eigene Gefahr oder Mitverschulden des geschädigten Sportlers gerichtet werden. So argumentieren manche Stimmen, dass eine Haftungsfreistellung des schädigenden Sportlers am sinnvollsten durch den in § 254 BGB oder dem Handeln auf eigene Gefahr zum Ausdruck kommenden Gedanken einer anspruchsbegrenzenden Selbstgefährdung des Geschädigten zu realisieren sei.338 So müsse dem Geschädigten vorgeworfen werden, dass er sich in Kenntnis des Risikos in eine Situation drohender Eigengefährdung

337

S. zu den möglichen Folgen einer etwaigen Teilnehmerhaftung die Ausführungen und Nachweise unter D.II.3. 338 Friedrich, NJW 1966, 755, 760; Jauernig/Teichmann, § 823 Rn. 55; Stoll, Das Handeln auf eigene Gefahr, 76 ff., 140 ff., 241 ff.; teilweise auch Fritzweiler, Die Haftung des Sportlers bei Sportunfällen, 134 ff. sowie Pardey, zfs 1995, 281, 281. Mit diesem Gedanken sympathisiert auch Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 49 ff. Auch das OLG Hamm, NJW-RR 1992, 856, 857 nimmt ein Handeln auf eigene Gefahr an, spricht sich allerdings für eine Berücksichtigung auf der Ebene des Tatbestands oder der Rechtswidrigkeit aus. Jacoby/von Hinden, Studienkommentar BGB, § 823 Rn. 30 sprechen sich ebenfalls für eine Lösung anhand eines Handelns auf eigene Gefahr aus. Allerdings soll die Selbstgefährdung zur Rechtfertigung der Verletzung führen und nicht zu einem außertatbestandlichen Haftungsausschluss.

V. Außertatbestandliche Lösungsansätze

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begeben und somit auf eigene Gefahr gehandelt habe.339 Dieser Umstand könnte in der Folge zu einem Haftungsausschluss bei einer regelkonform oder leicht regelwidrig zugefügten Verletzung führen. Diese Lösungsoption sieht auf den ersten Blick vielsprechend aus. Allerdings bereiten der Anwendungsbereich und die Reichweite des Handelns auf eigene Gefahr bis heute gravierende Schwierigkeiten.340 Grundlegend kann konstatiert werden, dass das Handeln auf eigene Gefahr in den letzten einhundert Jahren in dogmatischer Hinsicht eine regelrechte Achterbahnfahrt durchleben musste. Das Reichsgericht verortete den Standpunkt für den Bereich der Verschuldenshaftung zunächst bei § 254 BGB;341 spätere Entscheidungen sahen im Handeln auf eigene Gefahr hingegen eine Form der Einwilligung.342 Dieser Tendenz ist zunächst auch der BGH gefolgt und von einem Haftungsausschluss qua Einwilligung ausgegangen.343 Nach massiver Kritik von Seiten der Literatur344 revidierte der Bundesgerichtshof seine Ansicht, da eine Einwilligung überwiegend eine bloße Fiktion darstelle und der Sportler gerade hoffe, dass er nicht verletzt wird.345 Daraufhin berücksichtigte der Bundesgerichtshof das Handeln auf eigene Gefahr wieder im Rahmen des § 254 BGB.346 Im weiteren Verlaufe konstatierte der BGH zudem, dass in besonderen Fällen auch an einen Haftungsausschluss nach § 242 BGB zu denken sei.347 Ein beachtlicher Teil der Literatur geht indessen mittlerweile davon aus, dass das Handeln auf eigene Gefahr als eigenständige Rechtsfigur überflüssig sei, da seine Wertungen entweder im Rahmen des § 254 BGB oder über § 242 BGB ausreichend Berücksichtigung fänden.348 339

OLG Hamm, NJW-RR 1992, 856, 857; Friedrich, NJW 1966, 755, 760; Fritzweiler, Die Haftung des Sportlers bei Sportunfällen, 135 ff.; Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 49. 340 S. im Allgemeinen zum Handeln auf eigene Gefahr, seiner dogmatischen Einordnung und einzelnen Problemfeldern Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 440 ff.; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 48 f.; Stoll, Das Handeln auf eigene Gefahr, insbesondere 1 ff., 92 ff., 241 ff., 345 ff.; s. ferner zu Entwicklungen in der Rechtsprechung E. von Hippel, FS F. von Hippel, 233, 234 ff. 341 RGZ 130, 162, 168 f. 342 RGZ 141, 262, 265; RG, JW 1934, 2033, 2035. 343 BGHZ 2, 159, 162. 344 Besonders harsch kritisiert Flume, FS 100 Jahre DJT Band I, 136, 178 ff. die damalige Auffassung des Bundesgerichtshofs. Aber auch Bemmann, VersR 1958, 583, 585; Böhmer, VersR 1957, 205 sowie VersR 1959, 746 und Wangemann, NJW 1955, 85 sprechen sich explizit und unmissverständlich gegen die Berücksichtigung eines Handelns auf eigene Gefahr als Form einer Einwilligung aus. 345 BGHZ 34, 355, 360 ff. Bemerkenswert ist insofern, wie konstruktiv und offen der BGH mit der – inhaltlich auch berechtigten – Kritik umgeht und klarstellt, dass eine Einwilligung regelmäßig zu einer Fiktion zulasten des Geschädigten verkäme. 346 BGHZ 34, 355, 364; 39, 156, 158 f.; 43, 72, 76 f. 347 BGHZ 34, 355, 363 f.; 63, 140, 144 f. 348 Man kann das Handeln auf eigene Gefahr vielmehr auch als eine bildhafte Umschreibung eines tatsächlichen Verhaltens verstehen, dem allerdings keine rechtliche Bedeutung beigemessen

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C. Lösungsansätze

Ungeachtet der Rechtsnatur stellt sich die weiterführende Frage, welche Lebenssachverhalte von einem Handeln auf eigene Gefahr erfasst werden sollen. Dies wird insbesondere bei der Abgrenzung zur bewussten Selbstgefährdung interessant, die überwiegend nicht als Handeln auf eigene Gefahr qualifiziert wird.349 Manche sprechen vor diesem Hintergrund auch von einem „echten“ und einem „unechten“ Handeln auf eigene Gefahr.350 Das Handeln auf eigene Gefahr habe sich demnach auf Lebenssituationen zu beschränken, denen sich der Geschädigte zwar eigenverantwortlich ausgesetzt hat, die Gefährdung aber vom Schädiger beherrscht beziehungsweise gesteuert wird.351 Das „echte“ Handeln auf eigene Gefahr orientiert sich somit aufgrund der wechselseitigen Risikoverteilung – freiwillige Teilnahme des Geschädigten auf der einen, Gefahrsteuerung des Schädigers auf der anderen Seite – in die Richtung einer Quotelung nach § 254 BGB.352 Sollte dagegen die Herrschaft über das Risiko der Sphäre des Geschädigten zugeordnet werden müssen, so könne nicht mehr von einem Handeln auf eigene Gefahr gesprochen werden.353 Vielmehr handele der Geschädigte in diesen Fällen auf eigenes Risiko, sodass eine bewusste Selbstgefährdung vorliege, die in die Richtung eines Haftungsausschlusses führe.354 Überträgt man diese Differenzierung sodann auf Sportverletzungen, so stellt sich heraus, dass sie sich – unabhängig vom Vorliegen eines Regelverstoßes oder dessen Intensität – nicht schematisch einem „echten“ oder „unechten“ Handeln auf eigene Gefahr zuordnen lassen.355 Dies folgt aus dem Umstand, dass die Verletzung sowohl werden muss. S. dazu die Ausführungen und Nachweise von Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 441 sowie FS Müller, 129, 137; ähnlich Jauernig/ Teichmann, § 254 Rn. 14. Bohlen, Haftungsausschluß durch bewußte Selbstgefährdung, 100 sowie Bornhövd, VersR 1979, 398, 400 f. gehen gar in die Richtung, die Bezeichnung als Handeln auf eigene Gefahr aus dem allgemeinen juristischen Sprachgebrauch verbannen zu wollen. 349 S. zur Abgrenzung zwischen einem Handeln auf eigene Gefahr und einer bewussten Selbstgefährdung die Ausführungen und Nachweise von Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 432 ff. sowie Stoll, Das Handeln auf eigene Gefahr, 252 ff. 350 Diese Differenzierung wurde von Stoll, Das Handeln auf eigene Gefahr, 253 geprägt. Diese Unterscheidung vornehmend auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 165 sowie Münzberg, Verhalten und Erfolg als Grundlagen der Rechtswidrigkeit und Haftung, 306. S. ferner zu weiteren Differenzierungsmöglichkeiten Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 432 ff. 351 S. dazu allein Stoll, Das Handeln auf eigene Gefahr, 253, 296 ff., 345 ff., 365 ff. 352 S. dazu allein die Ausführungen und Nachweise von Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 440 ff. 353 S. dazu allein Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 433 ff., 440 ff. sowie mit sportspezifischem Bezug auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 165 ff.; ferner auch RGRK/Steffen, § 823 Rn. 94. 354 S. dazu allein Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 432 f., 441 ff. sowie im sportrechtlichen Kontext auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 165 f. 355 In diese Richtung auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 166 ff. S. in diesem Kontext auch Brüggemeier, Haftungsrecht, 597, der anhand der

V. Außertatbestandliche Lösungsansätze

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überwiegend der Sphäre des Schädigers, aber auch der Sphäre des Geschädigten entstammen kann. Teilweise wird sich darüber auch gar keine Aussage treffen lassen, wenn beispielsweise der Kausalverlauf von den betreffenden Sportlern in gleichem Maße in Gang gesetzt wurde. Bereits aus diesem Grunde kann die Lösung über ein Handeln auf eigene Gefahr nicht überzeugen, da die Bewertung – losgelöst vom Vorliegen eines regelkonformen oder regelwidrigen Verhaltens – zu stark von der Risikosteuerung und -beherrschung abhinge, die Sportausübung sich aber nicht pauschal in ein solches Schema einfügen lässt.356 Daran anknüpfend zeigt sich sodann – ungeachtet, ob man nun zwischen einem „echten“ oder „unechten“ Handeln auf eigene Gefahr differenziert – das Hauptproblem des Handelns auf eigene Gefahr oder auch einer Berücksichtigung von § 254 BGB für den Bereich der Sportausübung: Der Ansatz fixiert sich zu stark auf die Person des Geschädigten.357 Dies gilt sowohl für ein regelgerechtes als auch für ein regelwidriges Verhalten. Es wird vorausgesetzt, dass eine überwiegende Verantwortlichkeit auf Seiten des Geschädigten besteht. Die Rolle des Schädigers hingegen bleibt weitestgehend unberücksichtigt. In manchen Fällen mag dies zutreffen, wenn eine Mitsportlerverletzung allein oder weit überwiegend der Sphäre des Geschädigten zugeordnet werden kann. In vielerlei Fällen wird diese Annahme hingegen nicht zutreffen. Zudem wird es vielfach schlicht vom Zufall abhängen, wer in der konkreten Spielsituation zum Schädiger und Geschädigten wird, sodass es häufig keinen tiefergehenden Sinn haben wird – und dies auch losgelöst vom Vorliegen eines Regelverstoßes und der Form der Vorwerfbarkeit – über die einzelnen Verursachungsbeiträge der Sportler zu diskutieren.358 Vielmehr muss festgehalten werden, dass sich aus dem Handeln auf eigene Gefahr und auch aus einer isolierten Betrachtung des § 254 BGB kein allgemeingültiges Prinzip zur Bewältigung von Sportverletzungen herleiten lässt.359 Diesem Umstand könnte vielleicht dadurch begegnet werden, dass nicht auf die konkrete Schädigungssituation, sondern allein auf einen vorgelagerten Zeitpunkt abgestellt würde. Die Konsequenz daraus wäre allerdings, dass allein aus der Teilnahme am Sport dem Geschädigten ein Mitverschulden nach Maßgabe des Handelns auf eigene Gefahr erwachsen würde. Dies kann insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Verletzung – ohne gleichzeitiges Vorliegen eines Regelverstoßes – auch bedingt vorsätzlich herbeigeführt werden

Vorwerfbarkeit der Sportler zwischen einem begrenzten und einem klassischen Handeln auf eigene Gefahr differenziert. 356 Ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 166 ff. 357 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 167 f. 358 S. zur Reziprozität der Verletzungsgefahr die Ausführungen oben unter B.II.3.b). 359 Ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 168.

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C. Lösungsansätze

kann, nicht überzeugen. Vielmehr muss klargestellt sein, dass die Teilnahme am Sport als solche grundsätzlich kein Mitverschulden des Geschädigten begründet.360 Schließlich trägt auch die Folge eines Handelns auf eigene Gefahr oder der Anwendung des § 254 BGB nicht signifikant zur Problemlösung bei, da sie im Regelfall zu einer Quotelung und nur im Ausnahmefall zu einem kompletten Haftungsausschluss führt.361 Wenn im Regelfall aber eine Quotelung erfolgte, dann wäre dem Schädiger, der sich regelgerecht oder leicht regelwidrig verhält, nicht immer geholfen, da auch bei einem regelgerechten Verhalten durchaus ein gravierender Verursachungsbeitrag bestehen kann.362 Warum aber sollte eine Abwägung stattfinden, die sich – insbesondere vor dem Hintergrund der Interessenlage der beteiligen Sportler – vielfach zulasten des Schädigers auswirkte, auch wenn er sich regelgerecht verhalten hat? Sicherlich ist die Flexibilität, die eine Abwägung bieten kann, ein grundsätzliches Plus. Allerdings wird sie der Realität nicht gerecht, da gerade bei einem regelgerechten, aber auch bei einem leicht regelwidrigen Verhalten des Schädigers, keine Quotelung eines Schadensersatzanspruchs erfolgen sollte, sondern eine vollständige Haftungsfreistellung.363 Auch aus diesem Grunde eignen sich sowohl ein Handeln auf eigene Gefahr oder eine isolierte Betrachtung des § 254 BGB nicht zur Problemlösung.364 Der Rückgriff auf ein Handeln auf eigene Gefahr kann sich somit nicht als zielführend erweisen. Aus der Ferne betrachtet kann die Sportausübung zwar durchaus als Unterfall des Handelns auf eigene Gefahr klassifiziert werden, aller360

So auch Fritzweiler, DAR 1997, 137, 138; Geigel/Knerr, Der Haftpflichtprozess, 2. Kapitel Rn. 19; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 274 f.; Gschöpf, Haftung bei Verstoß gegen Sportregeln, 143; Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 81; Jaufer, Recht im Sport, 141; Jauernig/Teichmann, § 254 Rn. 18; jurisPK-BGB/Rüßmann § 254 Rn. 10, 15; Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 449 sowie FS Müller, 129, 137; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 144 f.; P. Winter, Das Recht der Sportveranstalterhaftung, 268; Zeder, Haftungsbefreiung durch Einwilligung des Geschädigten, 81, 136; für den Bereich des Berg- und Alpinsports auch Hagenbucher, NJW 1985, 177, 180; ähnlich auch NK-BGB/Katzenmeier, § 823 Rn. 504. 361 Diesen Umstand kritisiert auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 165 ff. S. dazu auch Meier, VersR 2014, 800, 801. 362 Insoweit muss – ähnlich wie im Verhältnis zwischen Regelkonformität und Verschulden – stets bedacht sein, dass ein regelgerechtes oder regelwidriges Verhalten keine zwingende Kongruenz zur Verursachung aufweist. Sie können sich zwar decken, müssen es aber nicht. Sie stehen in keinem planmäßigen Korrelationsverhältnis. Wollte man eine solche Kongruenz allerdings annehmen, würden die Besonderheiten des Sports pauschalisiert werden. 363 Ähnlich auch Grunsky, JZ 1975, 109, 110. So muss es schon zu Verwunderung führen, dass Friedrich, NJW 1966, 755, 761 trotz Kenntnis dieser Gründe hervorhebt, dass eine Abwägung nach § 254 BGB zu gerechten Ergebnissen beitrage. 364 Diese Lösungsoptionen ablehnend auch BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 168 f.; Gschöpf, Haftung bei Verstoß gegen Sportregeln, 143; Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 449; Meier, VersR 2014, 800, 801; H. W. Schmidt, VersR 1963, 1101, 1101 f.; für den Bereich des Berg- und Alpinsports auch Hagenbucher, NJW 1985, 177, 180.

V. Außertatbestandliche Lösungsansätze

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dings resultieren daraus keine rechtlichen Folgen im Sinne dieses Rechtsinstituts. Gleiches gilt für eine isolierte Anwendung des § 254 BGB. Grunsky konstatiert daher zu Recht, dass jedenfalls bei einem regelgerechten Verhalten kein Raum für ein Mitverschulden des Schädigers verbleibt.365 Die Berücksichtigung eines Mitverschuldens kann indes dennoch eine gewichtige Bedeutung bei der Berücksichtigung von Mitsportlerverletzungen erlangen: Sollte die Haftung des Schädigers dem Grunde nach gegeben sein, so kann § 254 BGB im Einzelfall ein geeignetes Korrektiv darstellen, um ein Fehlverhalten des Geschädigten angemessen zu würdigen und den bestehenden Anspruch zu kürzen.366 Dies wird insbesondere dann zu berücksichtigen sein, wenn beiderseitige Regelverstöße, Provokationen, Revanchefouls oder anders geartete, die konkrete Verletzung mitbegründende oder fördernde, Verhaltensweisen des Geschädigten vorliegen.367

2. § 242 BGB – venire contra factum proprium Des Weiteren könnte die Haftung des schädigenden Sportlers aufgrund des in § 242 BGB verankerten Verbots des venire contra factum proprium ausgeschlossen sein. Insbesondere die Rechtsprechung, aber auch ein Teil der Literatur, stützt einen Haftungsausschluss bei regelgerechtem sowie leicht regelwidrigem Verhalten auf das Verbot des widersprüchlichen Verhaltens.368 Hinter dieser Ansicht steht der Gedanke, dass es widersprüchlich sei, wenn der geschädigte Sportler einen Mitsportler für Verletzungen, die auch bei regelgerechtem Verhalten unvermeidbar eintreten können und die er aus diesem Grunde auch in Kauf nimmt, in Anspruch nehmen will.369 Insbesondere vor dem Hintergrund, dass es häufig schlichtweg vom Zufall abhängt, wer in der konkreten Situation zum Schädiger oder Geschädigten wird, sei es treuwidrig, gegen den schädigenden Sportler vorzugehen.370 Es gehe nicht an, dass der Geschädigte die Folgen einer von ihm mitverursachten Gefahrenlage auf den Schädiger abwälze, wenn er aufgrund der sportimmanenten Risiken und der Reziprozität der Schädigungsgefahr selbst keinem Schadensersatzanspruch 365

Grunsky, JZ 1975, 109, 110. S. dazu auch die Ausführungen unter D.V.4. 367 S. dazu LG Trier, zfs 1986, 34; Grunsky, JZ 1975, 109, 111; Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 449; Palandt/Sprau, § 823 Rn. 212. 368 BGHZ 63, 140, 143 ff.; 154, 316, 323; BGH, NJW 1975, 155, 156; 1976, 957; 1976, 2161; NJW-RR 2006, 672, 674; 2006, 813, 814; NJW 2008, 1591, 1592; 2010, 537; OLG Koblenz, VersR 1991, 1067; OLG Hamm, NJW-RR 2005, 1477; OLG Düsseldorf, VersR 2006, 1267, 1268; OLG Stuttgart, NJW-RR 2007, 1251, 1252; OLG Brandenburg, NJW-RR 2008, 340, 341; KG, SpuRt 2008, 76, 77; OLG Saarbrücken, NJW-RR 2011, 109; LG Duisburg, NJW-RR 2005, 105, 106; AG Bremen, NJW-RR 2004, 749, 750; BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 572; Burger, SpuRt 2007, 149 sowie SpuRt 2007, 192, 193 ff.; Füllgraf, VersR 1983, 705, 710 f.; Jauernig/ Teichmann, § 254 Rn. 18; wohl auch Fuchs/Pauker/Baumgärtner, Delikts- und Schadensersatzrecht, 91. 369 S. dazu allein BGHZ 63, 140, 143 sowie BGHZ 154, 316, 323. 370 S. dazu allein BGHZ 63, 140, 144 f. sowie BGHZ 154, 316, 323. 366

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C. Lösungsansätze

ausgesetzt sein wolle.371 Vielmehr müsse jeder Sportler einkalkulieren, dass er als Geschädigter keinen Anspruch gegen seinen Mitsportler geltend machen könne, wenn er in einer ähnlichen Situation selbst Schädiger hätte sein können.372 Nach neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs soll der angestrebte Haftungsausschluss allerdings nur dann zur Anwendung kommen, wenn kein Versicherungsschutz auf Seiten des Schädigers besteht.373 Sollte der Schädiger dagegen eine Haftpflichtversicherung in Anspruch nehmen können, so entfalle die Treuwidrigkeit der Inanspruchnahme.374 Diese Einschränkung hat seitdem zu der Diskussion geführt, ob und gegebenenfalls wie sich ein etwaiger Versicherungsschutz auf die Haftungsgrundsätze bei Mitspielerverletzungen auswirken könnte. Dieser Aspekt soll an späterer Stelle noch eigenständig und vertieft gewürdigt werden, da er sich nicht nur auf die Lösung der Rechtsprechung auswirken könnte.375 Der Vorteil dieser Ansicht ist darin zu sehen, dass sie zum einen Typizität, Reziprozität sowie die Freiwilligkeit der Teilnahme am Sport ausreichend berücksichtigen kann und zum anderen gleichzeitig eine flexible Handhabung des Einzelfalls ermöglicht.376 Allerdings scheint dies auch der einzige Vorteil dieser Auffassung zu sein, da sie gleichzeitig gravierenden Kritikpunkten ausgesetzt ist. So muss zunächst gefragt werden, ob die dargestellten Vorteile nicht auch bei vorgelagerten Lösungen hätten erzielt werden können, die sich besser mit dem zivilrechtlichen Haftungsrecht vertrügen.377 Dieser Frage scheinen die Befürworter des widersprüchlichen Sportlerverhaltens nahezu kategorisch aus dem Weg zu gehen, da sie sich ansonsten wohl eingestehen müssten, dass vorgelagerte Lösungen mindestens zu einem identischen Ergebnis gelangen könnten.378 Götz kritisiert daher zu Recht, dass sich die Auffassung nicht mit Fragen der Rechtswidrigkeit und des Verschuldens auseinandersetzen will, sondern alle Einzelheiten auf die Ebene eines 371

S. dazu allein BGHZ 64, 140, 144 f. sowie ferner BGHZ 154, 316, 323. S. dazu allein BGHZ 64, 140, 144 f. sowie ferner BGHZ 154, 316, 323. 373 Dies wurde zunächst in BGHZ 154, 316, 325 angedeutet und in einer späteren Entscheidung bestätigt, BGH, NJW 2008, 1591, 1592 f. Dieser neue Haftungsgrundsatz wurde sodann in einer jüngeren Entscheidung des Bundesgerichtshofs erneut bestätigt, in Detailfragen allerdings wieder etwas relativiert, BGH, NJW 2010, 537, 539. S. zum gesamten Problemkreis des Versicherungsschutzes bei Mitspielerverletzungen die Ausführungen unter D.II.4. 374 S. dazu allein BGH, NJW 2008, 1591, 1592 f. 375 S. dazu die Ausführungen unter D.II.4. Daher wird zunächst auf tiefergehende Ausführungen verzichtet. 376 Diese Umstände sind insbesondere für Burger, SpuRt 2007, 149 sowie SpuRt 2007, 192, 194 ausschlaggebend, der sich aus diesem Grunde für eine Lösung über § 242 BGB ausspricht. 377 Diesen Einwand tragen auch Faust, JuS 2008, 838, 839; HK-BGB/Staudinger, § 823 Rn. 83; Looschelders, FS Müller, 129, 132; Wilms, JR 2007, 95, 98 und Zimmermann, VersR 1980, 497, 499 vor. 378 Der BGH weist selbst in seiner wegweisenden Entscheidung aus dem Jahre 1974 lediglich darauf hin, dass die Lösung vielleicht auch auf anderem Wege hätte realisiert werden können und widmet sich sodann dennoch allein dem widersprüchlichen Verhalten, ohne näher auf die Alternativlösungen einzugehen; BGHZ 63, 140, 142 ff. 372

V. Außertatbestandliche Lösungsansätze

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Haftungsausschlusses verlagert.379 Der Vorteil dieser Betrachtung ist freilich, dass der Einzelfall stets im Vordergrund steht.380 Außerdem kann sie so bewusst einzelnen Widrigkeiten aus dem Weg gehen.381 Allerdings konterkariert sie insbesondere den Ausnahmecharakter des § 242 BGB.382 Wollte man jegliche regelgerecht oder auch leicht regelwidrig zugefügte Sportverletzung über § 242 BGB handhabbar gestalten, so verkäme die Ausnahme zu einem Prinzip.383 Diese Folge kann nicht gewollt sein. Vielmehr muss § 242 BGB als die viel zitierte „Notbremse“ angesehen werden, die nur dann zum Tragen kommen darf, wenn unhaltbare Ergebnisse die Konsequenz wären.384 Unhaltbare Ergebnisse entstehen aber im Regelfall nicht, da – wie bereits an mehreren Stellen festgehalten – auch andere Lösungsansätze bestehen, die eines Rückgriffs auf § 242 BGB nicht bedürfen.385 Außerdem wird man dem schädigenden Sportler bei Regelkonformität nur schwerlich begreifbar machen können, dass er sich rechtswidrig und schuldhaft verhalten habe und nur ausnahmsweise nicht in Anspruch genommen werden dürfe, weil die Inanspruchnahme als unbillig zu bewerten ist. Jedenfalls trüge es nicht sonderlich zu seinem Vertrauen in die Rechtsordnung bei, wenn man ihm erklären müsste, dass nach Auffassung der – für ihn in der Praxis ja maßgeblichen – Rechtsprechung auch eine vom Regelwerk getragene und adäquate Verhaltensweise grundsätzlich zu einem Schadensersatzanspruch des Mitsportlers führte.386

379 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 171 f. Ähnlich kritisch äußert sich auch Pfister, FS W. Lorenz, 171, 187, der zu Recht hervorhebt, dass das Verdikt der Rechtwidrigkeit bei einer Lösung über § 242 BGB sinnlos werde und es der Würde der Rechtsordnung widerspreche, wenn ein häufig vorkommendes Verhalten als rechtswidrig zu brandmarken sei, gleichzeitig im Ergebnis aber dennoch toleriert werde. 380 Die Flexibilität, die eine Lösung über § 242 BGB bieten soll, wird, in Abwägung zu anderen Lösungsmodellen, insbesondere von Faust, JuS 2008, 838, 839 hervorgehoben. 381 Allerdings dient, wie auch Zuck, FS Nirk, 1089, 1099 f. zutreffend feststellt, § 242 BGB nicht als Entschuldigung dafür, sich nicht inhaltlich positionieren zu wollen. Kritisch zu dieser Vorgehensweise des BGH auch Schiemann, LMK 2003, 141, 142. 382 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 172; Looschelders, FS Müller, 129, 132. Kritisch dazu auch Sportrecht in der Praxis/Adolphsen, Rn. 857; R. Winter, JA 2004, 182, 184; Zimmermann, VersR 1980, 497, 499 sowie zum schweizerischen Recht Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 162. 383 Diesen Umstand kritisieren auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 171 f. und Looschelders, FS Müller, 129, 132; sowie JR 2000, 265, 269; in diese Richtung auch Soergel/Ekkenga/Kuntz, § 254 Rn. 80 f.; Staudinger/Schiemann [2017], § 254 Rn. 66 sowie Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 162. 384 S. dazu auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 172 sowie Looschelders, FS Müller, 129, 132. 385 Umso unverständlicher wird in diesem Lichte die Argumentationsstruktur von Füllgraf, VersR 1983, 705, 710, der eine Lösung über § 242 BGB als notwendige Konsequenz versteht, um überhaupt zu einem Haftungsausschluss des schädigenden Sportlers gelangen zu können. 386 Ähnlich auch Behrends, DOK 1976, 539, 542; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 173 sowie Schiemann, LMK 2003, 141, 142.

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C. Lösungsansätze

Darüber hinaus führt die Lösung über § 242 BGB zu einem vermeidbaren Zirkelschluss, da sie das voraussetzt, was gerade die Problematik begründet, nämlich die Frage, ob regelgerechtes oder aber auch regelwidriges Verhalten eines Sportlers als rechtswidrig und schuldhaft zu bewerten ist und aus diesem Grunde von der Rechtsordnung missbilligt werden muss.387 So muss es doch – folgte man der Argumentation der Befürworter einer Lösung über § 242 BGB – mehr als verwundern, wenn die Verletzung im Rahmen eines gesellschaftlich akzeptierten und geförderten Massenphänomens immer Schadensersatzansprüche auslöst, welche dann aber nicht geltend gemacht werden dürften. Warum wird der Fokus dann aber nicht auf die Frage gerichtet, ob überhaupt ein haftungsrechtlich relevanter Vorgang bei einer Sportverletzung vorliegt? Gerade vor diesem Hintergrund kann es nicht überzeugen, pauschal auf § 242 BGB abzustellen, ohne vorher zu hinterfragen, ob überhaupt ein Anspruch des geschädigten Sportlers besteht.388 Ungeachtet dessen liefern die Befürworter des widersprüchlichen Verhaltens auch keine stichhaltige Begründung dafür, dass Sportverletzungen generell dieser Fallgruppe des § 242 BGB zu subsumieren sind. So kann einerseits in Frage gestellt werden, ob bei der Sportausübung überhaupt ein schützenswertes Vertrauensmoment besteht oder anderseits die Inanspruchnahme zwingend als widersprüchlich zu qualifizieren ist.389 Zwar spricht die Interessenlage der Sportler dafür, dass nicht jede Sportverletzung zu einem Schadensersatzanspruch führen soll, gleichzeitig bedeutet dies aber nicht, dass die Teilnahme auch einen Vertrauenstatbestand schafft, der durch die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs – dessen Entstehen dem Interesse der Sportler gerade widerspräche – beeinträchtigt wird.390 Daran anknüpfend lässt sich nicht belegen, warum die Inanspruchnahme nach einem Sportunfall zwingend widersprüchlich beziehungsweise rechtsmissbräuchlich sein muss. Vielmehr kann ein zivilrechtliches Verfahren gerade zur abschließenden Aufklärung des Sachverhaltes beitragen und – insbesondere dem Geschädigten – eine neue Sichtweise auf den schadensbegründenden Vorgang eröffnen. Wenn sich in der Folge des Verfahrens herauskristallisieren sollte, dass ein Anspruch besteht, dann kann die Inanspruchnahme nicht ohne Weiteres rechtsmissbräuchlich sein.391 Darüber hinaus ist die Inanspruchnahme für einen Anspruchsausschluss praktisch konstitutiv, da der Anspruchsausschluss nach Auffassung der Befürworter auf Fälle regelgerechten und 387 Dies kritisierend auch Fleischer, VersR 1999, 785, 787; Heermann, Haftung im Sport, Rn. 94; R. Winter, JA 2004, 182, 184; ähnlich auch BeckOGK BGB/Looschelders [01. 06. 2018], § 254 Rn. 139. 388 In diese Richtung geht auch die Kritik von Fleischer, VersR 1999, 785, 787 sowie Looschelders, JR 2000, 265, 269. 389 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 174 f. tritt dieser Frage mit einer noch größeren grundsätzlichen Skepsis gegenüber. 390 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 174 f.; Zimmermann, VersR 1980, 497, 499. S. zur Interessenlage die Ausführungen oben unter B.I. 391 So auch Grunsky, JZ 1975, 109, 110; Zimmermann, VersR 1980, 497, 499; ähnlich auch Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 156.

V. Außertatbestandliche Lösungsansätze

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leicht regelwidrigen Verhaltens beschränkt sein soll. Um aber zu erforschen, ob ein solches Verhalten im Rahmen der Schädigung gegeben war, bedarf es ja gerade der beabsichtigten Inanspruchnahme und in der Folge oftmals eines Erkenntnisverfahrens, in dem eben diese Vorgänge zu prüfen und festzustellen sind. Die Inanspruchnahme wird indes vielfach ohne das Hinzutreten weiterer Umstände keine Treuwidrigkeit begründen, sondern muss vielmehr als grundsätzlich legitim angesehen werden.392 Auch die Kumulation von Sportverletzung und Inanspruchnahme trägt im Regelfall keinen besonderen Unwertgehalt in sich, vor dem die Rechtsordnung den Schädiger durch § 242 BGB schützen muss. Dass eine Sportverletzung zwingend einen Anspruchsverlust nach sich ziehen soll, kann jedenfalls in genereller Sicht nicht überzeugen.393 All diese aufgezeigten Gründe führen dazu, dass ein Haftungsausschluss bei Mitspielerverletzungen – unabhängig davon, ob ein regelgerechtes oder regelwidriges Verhalten des Schädigers vorliegt – nicht anhand § 242 BGB realisiert werden sollte.394 Vielmehr darf nur dann auf ein widersprüchliches Verhalten abgestellt werden, wenn ein unhaltbares Ergebnis die Folge wäre, dem aus Billigkeitsgründen die Anerkennung zu versagen ist. Ob dieser Fall aber überhaupt bei Mitspielerverletzungen eintreten kann, erscheint jedenfalls dann zweifelhaft, wenn eine Lösung mit etwaiger Korrektivfunktion etabliert werden kann.395 3. Rechtsgeschäftlicher Haftungsverzicht Auf rechtsgeschäftlicher Basis könnte ein außertatbestandlicher Haftungsausschluss zugunsten des Schädigers außerdem durch einen Verzicht realisiert werden. So könnte die Haftung des regelgerecht oder auch regelwidrig agierenden Sportlers rechtsgeschäftlich eingeschränkt werden, wenn der Geschädigte im Voraus auf einen Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger verzichtete.396 Eine praktische Be392 Ähnlich auch Eser, JZ 1978, 368, 370, der auf die Legitimität des Sports hinweist, sowie Heermann, Haftung im Sport, Rn. 94, der von einer generellen Ausweitung des § 242 BGB spricht. 393 So auch Fleischer, VersR 1999, 785, 787; Heermann, Haftung im Sport, Rn. 94; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 174 f.; Looschelders, JR 2000, 265, 269. 394 Diesen Lösungsansatz ablehnend auch BeckOGK BGB/Looschelders [01. 06. 2018], § 254 Rn. 138 f.; Fleischer, VersR 1999, 785, 787; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 175; Grunsky, JZ 1975, 109, 110; Heermann, Haftung im Sport, Rn. 94; Meier, VersR 2014, 800, 801; Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 155; Soergel/Ekkenga/Kuntz, § 254 Rn. 81; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 162; Wilms, JR 2007, 95, 98; Zimmermann, VersR 1980, 497, 499; jedenfalls im Ergebnis auch Eser, JZ 1978, 368, 370. 395 S. dazu auch die Ausführungen unter D.V.4. 396 Sich explizit für diese Lösungsmöglichkeit aussprechend OLG Saarbrücken, NJW-RR 2011, 109; Pfeifer, Schuldrecht, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 3 Rn. 79; partiell auch Staudinger/Caspers [2014], § 276 Rn. 118. In diese Richtung denkt auch der Bundesge-

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C. Lösungsansätze

sonderheit besteht bei einem Haftungsverzicht darin, dass er teilweise auch im Vertikalverhältnis zwischen einem Sportveranstalter und dem an einer Veranstaltung teilnehmenden Sportler Anwendung finden kann, beispielsweise wenn sich der Veranstalter vor etwaigen Schadensersatzansprüchen des Teilnehmers schützen will.397 Für den Bereich der Mitsportlerverletzung wird eine solche Vertikalvereinbarung dann relevant, wenn sie sich ebenfalls auf die horizontale Ebene erstreckt und somit auch Ansprüche aus Mitsportlerschädigungen ausschließen könnte.398 Insbesondere beim Motorsport wird verstärkt auf ein solches Konstrukt zurückgegriffen, wenn die teilnehmenden Sportler in einer Teilnahmevereinbarung zu einer Veranstaltung oder einem Wettkampf erklären, dass sie auch auf etwaige Ansprüche gegen Mitsportler verzichten wollen.399 Das erste Problem eines Verzichts besteht darin, dass er aufgrund von § 276 Abs. 3 BGB bei vorsätzlich zugefügten Verletzungen ausscheiden muss.400 Bei formularmäßigen Verzichtsvereinbarungen sind außerdem die Klauselverbote des § 309 Nr. 7 a und b BGB zu berücksichtigen, aus denen sich eine noch weitergehende Einschränkung ergibt.401 Somit kann ein Verzicht bereits keine vollumfängliche Lösung herbeiführen. Darüber hinaus sprechen weitere – bereits im Rahmen der rechtfertigenden Einwilligung ausführlich dargestellte402 – gewichtige Aspekte gegen einen Verzicht. So muss aufgrund des rechtsgeschäftlichen Charakters klargestellt sein, dass ein Haftungsverzicht nur dann zum Tragen kommen kann, wenn er von den Beteiligten auch wirklich gewollt ist.403 Allein aus dem Umstand, dass die Sportler bereit sind, gewisse Gefährdungen und Risiken der Sportausübung zu übernehmen, kann nicht richtshof in BGHZ 154, 316, 325 f., letztlich bleibt er aber seiner Positionierung für eine Lösung über § 242 BGB treu. Abzuwarten bleibt indessen, ob der BGH in Zukunft häufiger auf Elemente eines Verzichts neben oder anstelle seiner Erwägungen zur Treuwidrigkeit zurückgreifen wird. In Richtung eines Haftungsverzichts denkt auch Roesch, ZfV 1976, 518, 520, tendiert in der Folge aber zu einem sportgerechten Sorgfaltsmaßstab. 397 S. dazu aus dem Bereich der Sportveranstalter- und Sportstättenhaftung Börner, Sportstätten-Haftungsrecht, 400 ff.; Mohr, SpuRt 1997, 191, 192. S. ferner Fritzweiler, SpuRt 1994, 131, 132. 398 S. zu einer solchen Konstellation OLG Koblenz, VersR 1993, 1164. S. zur Erstreckung auf den Bereich der Mitsportler auch Dressler, in: Aktuelle Rechtsfragen des Sports, 49, 55; Fritzweiler, SpuRt 1994, 131, 132 sowie Pardey, zfs 1995, 281. S. ferner Bachmann, Private Ordnung, 303 f. sowie Börner, Sportstätten-Haftungsrecht, 387 ff., 400 ff. 399 Eine solche Konstellation lag beispielsweise auch BGHZ 154, 316 zugrunde. S. ferner Fritzweiler, Die Haftung des Sportlers bei Sportunfällen, 124 f. 400 So auch Fritzweiler, Die Haftung des Sportlers bei Sportunfällen, 125. 401 S. dazu auch Hess, Haftung und Sportlerschutz in Risikosportarten, insbesondere im Tauchsport, 137; PHB Sportrecht/Fritzweiler, 5. Teil Rn. 11; s. ferner BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 537.2. 402 S. dazu die Ausführungen oben unter C.III.2.a)aa), bb), cc). 403 So explizit auch Friedrich, NJW 1966, 755, 756; Fritzweiler, Die Haftung des Sportlers bei Sportunfällen, 124; Staudinger/Caspers [2014], § 276 Rn. 118. S. dazu auch Pardey, SpuRt 1995, 64, 64; Zimmermann, VersR 1980, 497, 497.

V. Außertatbestandliche Lösungsansätze

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gefolgert werden, dass sie rechtsgeschäftlich auf einen etwaigen Anspruch verzichten wollen.404 Insbesondere werden sie den Eintritt des Verletzungserfolges im Regelfall nicht billigen.405 Soll ein Verzicht bei Mitspielerverletzungen somit nicht zu einer Willensfiktion zulasten des geschädigten Sportlers verkommen,406 müssen eindeutige Anhaltspunkte vorliegen, die auf eine rechtsgeschäftliche Haftungsfreistellung des Schädigers hindeuten.407 Dies bedeutet, dass nur dann Platz für einen Verzicht ist, wenn er explizit intendiert ist.408 Dementsprechend wird man nur in Ausnahmefällen einen ausdrücklichen Verzicht annehmen können. Aus dem gleichen Grunde besteht regelmäßig kein Raum für einen konkludenten Verzicht.409 Sollten somit – was regelmäßig der Fall sein wird – konkrete Anhaltspunkte für eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung zwischen den Sportlern fehlen, so muss Abstand von dem Gedanken eines Verzichts zugunsten des Schädigers genommen werden.410 404 Ähnlich auch Zeder, Haftungsbefreiung durch Einwilligung des Geschädigten, 135. Die Teilnahme am Sport führt nach der hiesigen Auffassung regelmäßig nur zu einer Unterstellung unter die Spielordnung. Weitere rechtsgeschäftliche Folgen treten dagegen nur ein, wenn besondere Umstände oder Vereinbarungen hinzutreten; s. dazu die Ausführungen oben unter B.III.4.c). Diesen Umstand scheint Staudinger/Caspers [2014], § 276 Rn. 118 nicht ausreichend in seine Bewertung einfließen zu lassen. 405 S. dazu bereits die Ausführungen oben unter C.III.2.a)aa)(1). Auch diesen Aspekt scheint Staudinger/Caspers [2014], § 276 Rn. 118 auszublenden. 406 So auch Möllers, JZ 2004, 95; Röckrath, Spurt 2003, 189, 193. Dieser Aspekt wird vom OLG Saarbrücken, NJW-RR 2011, 109, 110 bei seiner Begründung eines konkludenten Haftungsausschlusses schlichtweg übergangen, wenn lediglich auf einen – nur vermeintlich vorliegenden – gemeinsamen Willen der Sportler, der einen Haftungsausschluss rechtfertigen solle, abgestellt wird. 407 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 177; Staudinger/Caspers [2014], § 276 Rn. 118; Weber, JR 2005, 485, 487; jedenfalls im Ergebnis auch H. W. Schmidt, VersR 1963, 1101, 1102; s. ferner Hagenbucher, NJW 1985, 177, 180 sowie Scheffen, NJW 1990, 2658, 2664. Auch auf diesen Aspekt geht das OLG Saarbrücken, NJW-RR 2011, 109, 110 nicht ein. 408 So explizit auch Friedrich, NJW 1966, 755, 756; Fritzweiler, Die Haftung des Sportlers bei Sportunfällen, 124; s. dazu auch Zimmermann, VersR 1980, 497, 497. Fritzweiler, Die Haftung des Sportlers bei Sportunfällen, 124 verweist zudem darauf, dass nur gelegentlich ausdrückliche Haftungsausschlüsse vorliegen. Darauf aufbauend müsste dann aber noch – im Zweifel durch Auslegung – ermittelt werden, ob der intendierte Verzicht lediglich den Bereich des regelkonformen oder aber auch des regelwidrigen Verhaltens erfassen soll. Dies könnte insbesondere dann zu Problemen führen, wenn die Reichweite der Verzichtserklärungen der Sportler untereinander nicht kongruent wäre, etwa weil ein Sportler lediglich auf Schadensersatzansprüche aus regelkonform verursachten Mitspielerverletzungen verzichtete, andere Sportler hingegen auch für diejenigen Schädigungen aus leicht regelwidrigen Verhaltensweisen. 409 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 177 f. Pardey, zfs 1995, 281, 281 stellt zutreffend fest, dass ausdrückliche Haftungsausschlüsse kaum anzunehmen sind. S. ferner H. W. Schmidt, VersR 1963, 1101, 1102. 410 Sich gegen diesen Lösungsansatz aussprechend auch Friedrich, NJW 1966, 755, 756; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 179; Looschelders, FS Müller, 129, 130 f.; Pardey, zfs 1995, 281, 281; Röckrath, Spurt 2003, 189, 193; H. W. Schmidt, VersR 1963, 1101, 1102; Storch, VersR 1989, 1131, allerdings allein für den Bereich des Parallelsports; ferner Hagenbucher, NJW 1985, 177, 180.

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C. Lösungsansätze

Für den verbleibenden Restbereich möglicher Verzichte muss aufgrund der rechtsgeschäftlichen Natur zudem darauf hingewiesen sein, dass ein Verzicht nur zwischen Geschäftsfähigen zum Tragen kommen kann.411 Dies bedeutet, dass minderjährige Sportler oder Sportler mit Handicap anderen Haftungsgrundsätzen unterliegen könnten, wenn es an einer Erklärung des gesetzlichen Vertreters fehlte.412 Diese haftungsrechtliche Inkongruenz würde aber weder der Interessenlage dieser Sportler, noch der Phänomenologie des Sports gerecht werden. Das Ergebnis wäre, dass es zusätzlich zum Verzicht einer Alternativlösung für beschränkt geschäftsfähige oder geschäftsunfähige Sportler bedürfte. Auch dieser Aspekt spricht nicht für die Berücksichtigung eines Haftungsverzichts zur Problembewältigung. 4. Nachträgliche Enthaftungsvereinbarung Die soeben zu einem Haftungsverzicht dargestellten Einwände betreffen ebenfalls eine nachträgliche Enthaftungsvereinbarung.413 Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Rechtsfiguren besteht darin, dass eine Enthaftungsvereinbarung – aufgrund des Abschlusses nach dem schädigenden Ereignis – nicht mit § 276 Abs. 3 BGB kollidiert414 und somit eine umfassende Problembewältigung möglich sein könnte. Auch die Klauselverbote des § 309 Nr. 7a und 7b BGB – sollten formularmäßige Vereinbarungen vorliegen – bereiten keine gesonderten Schwierigkeiten. Allerdings unterliegt dieser Lösungsansatz denselben Kritikpunkten wie ein Haftungsverzicht.415 Dies bedeutet, dass ein nachträglicher Enthaftungsvertrag allenfalls dann angenommen werden könnte, wenn ausreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dieser auch tatsächlich gewollt ist. Zur Bewältigung der Mitspielerverletzung als Massenphänomen ist eine solche Lösung somit ebenfalls nicht geeignet. 5. Fazit zu außertatbestandlichen Lösungen Für den Bereich der außertatbestandlichen Lösungsansätze kann damit festgehalten werden, dass sie sich allesamt nicht zur Problemlösung eignen. Sie folgen primär dem pragmatischen Bedürfnis, Mitspielerverletzungen einer Haftungprivilegierung zuführen zu können. Aus dogmatischer Sicht sind sie hingegen nicht tragfähig. Insbesondere eignet sich auch ein Rückgriff auf die Wertungen von Treu

411

Ähnlich auch für beschränkt geschäftsfähige Sportler Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 178. 412 Für beschränkt geschäftsfähige Sportler auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 178. 413 S. in diesem Lichte die obigen Ausführungen unter C.V.3. 414 S. dazu allein MünchKomm/Grundmann, § 276 Rn. 182. 415 S. dazu die Ausführungen unter C.V.3.

V. Außertatbestandliche Lösungsansätze

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und Glauben nicht zur Problemlösung, da in der Inanspruchnahme nach einer Mitspielerverletzung im Regelfall keine Treuwidrigkeit erblickt werden kann.

D. Eigener Lösungsansatz bei regelgerecht verursachten Schädigungen I. Verbliebene Optionen Auf Grundlage der soeben durchgeführten Untersuchung hat sich ergeben, dass die Möglichkeiten, ein „Sporthaftungsprivileg“ für Mitspielerverletzungen de lege lata begründen zu können, limitiert sind. Die Negativauslese aus dem bestehenden Meinungsspektrum hat gezeigt, dass für eine umfassende Lösung nur zwei Möglichkeiten – eine Modifikation der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt auf der Ebene des Verschuldens einerseits oder aber das Erfordernis eines Verkehrspflichtverstoßes1 andererseits – zur Verfügung stehen.2 Diese Auslese ist allerdings auch vor dem Hintergrund der – bislang auch nicht in Frage gestellten – Prämisse, zu betrachten, dass eine Haftungsprivilegierung zugunsten des schädigenden Sportlers im geltenden Recht überhaupt möglich ist. Schließlich könnte die weitere Untersuchung auch noch zu dem Ergebnis gelangen, dass das allseits gewollte und anerkannte „Sporthaftungsprivileg“ de lege lata nicht existiert. Dieses denkbare Ergebnis ist insbesondere vor dem Hintergrund des bestehenden Meinungsspektrums und der bislang nur am Rande geführten Diskussion um (bedingt) vorsätzlich zugefügte – aber privilegierungswürdige – Schädigungen nicht ausgeschlossen. Weitere Lösungsmöglichkeiten kommen dagegen nicht in Betracht.3 Das Ergebnis ist daher aus diesen drei verbliebenen Optionen zu ermitteln. Da trotz der umfangreichen Untersuchung und Diskussion im vorherigen Abschnitt noch nicht alle Aspekte, die sich auf eine Haftungsmodifikation bei der Sportausübung auswirken könnten, tiefergehenden Eingang in die Untersuchung gefunden haben, muss zunächst untersucht werden, ob und gegebenenfalls welcher Einfluss sich aus weiteren möglichen Determinanten ergibt. Sodann gilt es bestehende Zweifel aufzulösen und auszuräumen, die einer zu entwickelnden abschließenden Lösung noch entgegenstehen könnten. Auch insoweit bietet sich wieder eine Negativauslese an, sodass zunächst untersucht wird, ob eine Lösung auf Grundlage einer Verschuldensmodifikation oder Verkehrspflichtkonzeption realisierbar ist. Sollte dieses Vorhaben allerdings scheitern, gilt es die Folgen 1 Auf welcher Ebene des Deliktsaufbaus die Verkehrspflichten Berücksichtigung finden müssen, soll an dieser Stelle noch nicht thematisiert werden. S. dazu die Ausführungen unter D.V.1. 2 Sicherlich können auch Elemente anderer Lösungsansätze fruchtbar gemacht oder übertragen werden. In Gänze konnte sich allerdings kein weiterer Lösungsvorschlag durchsetzen. Ähnlich auch Heermann, Haftung im Sport, Rn. 95. 3 S. insofern die Ausführungen des vorherigen Abschnitts der Untersuchung.

II. Der Einfluss weiterer Determinanten

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eines Negativergebnisses zu überdenken und eine Lösung de lege ferenda zu entwickeln.

II. Der Einfluss weiterer Determinanten Zunächst gilt es den möglichen Einfluss der bislang nicht tiefergehend gewürdigten Aspekte zu untersuchen. Dabei handelt es sich um allgemeine Determinanten, denen alle Lösungsansätze dem Grunde nach unterliegen und die sich somit auch auf die verbliebenen Lösungsoptionen auswirken könnten. Insoweit ist insbesondere an etwaige Gegenrechte des geschädigten Sportlers, die Möglichkeit einer Teilnehmerhaftung, Auswirkungen eines etwaig bestehenden Versicherungsschutzes sowie weitere allgemeine Einflüsse zu denken. 1. Der Einfluss etwaiger Abwehrrechte des geschädigten Sportlers Zunächst stellt sich die Frage, wie mit etwaigen Gegenrechten des (potentiell) geschädigten Sportlers zu verfahren ist und ob sich diese überhaupt auf die Beurteilung von Mitspielerverletzungen auswirken können. Von praktischer Bedeutung sind insoweit insbesondere Notwehr und Unterlassung. Fokussierte sich die Untersuchung bislang hauptsächlich auf die Position des Schädigers, so blieb die Seite des Geschädigten meist unberücksichtigt. Dieser Umstand gründet darauf, dass nicht jede diskutierte Lösungsoption die Person des geschädigten Sportlers miteinbezieht oder seine Position nur zur Begründung eines Haftungsausschlusses – der sich in diesem Falle ja gerade gegen ihn auswirkte – in den Mittelpunkt gestellt wurde. Insoweit wurde die elementare – sich allein aus dem Gerechtigkeitsempfinden ergebende – Frage, ob sich der (alsbald) Geschädigte einer Sportverletzung erwehren darf, ausgeklammert. Allerdings geschah auch dies nicht ohne Grund, da sich diese Frage nicht pauschal bejahen oder verneinen lässt und vielleicht sogar das komplette Konstrukt eines „Sporthaftungsprivilegs“ disqualifizieren könnte. Denn unterläge die Sportausübung allgemeinen Regeln, so könnte sich der Sportler – insbesondere bei Regelwidrigkeiten, aber möglicherweise auch bei regelgerechtem Verhalten – über Notwehr oder aber über einen (vorbeugenden) Unterlassungsanspruch gegen eine drohende oder alsbald eintretende Schädigung zu schützen versuchen. Legte man diese Annahme zu Grunde, bedeutete dies für eine Lösung, die allgemein von der Rechtswidrigkeit von Mitspielerverletzungen ausginge, dass sich der Geschädigte stets auf Gegenrechte berufen oder aber diese ausüben könnte. Dieses Ergebnis erscheint äußerst unbefriedigend, da der Geschädigte somit auch einen regelgerechten Einsatz des Schädigers mit Notwehr „kontern“ könnte. Zudem bestünde eine besondere haftungsrechtliche Benachteiligung des zuerst beziehungsweise schneller agierenden Sportlers, wenn aus der Handlungsschnelligkeit stets der

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D. Eigener Lösungsansatz

erste abwehrfähige „Angriff“ resultierte. Gleichzeitig bedeutete dies aber auch, dass viele Sportarten in ihrem Sinn und ihrer Durchführbarkeit durch die Geltendmachung von Gegen- und Abwehrrechten des geschädigten Sportlers nahezu komplett ausgehebelt werden könnten, etwa wenn jeder Regelverstoß automatisch zur Möglichkeit der Notwehr führte oder aber ein Sportler versuchte einen Kontrahenten durch einen Unterlassungsanspruch an dessen Einsatz zu hindern.4 Beide Aspekte widersprechen klar der Interessenlage der Sportler5 und führen zu unbefriedigenden Ergebnissen. Aus diesen Gründen verwundert es nicht, dass diese Aspekte regelgerecht „ausgeschlachtet“ wurden, um sich gegen rechtswidrigkeitsvoraussetzende Lösungen und für Ansätze, die nicht zwingend zur Widerrechtlichkeit einer Mitspielerverletzung gelangen, auszusprechen.6 Allerdings wird dabei der entscheidende Punkt missachtet: Auch eine Lösung, die nicht pauschal von der Rechtswidrigkeit einer Mitspielerverletzung ausgeht, kann unter der soeben dargelegten Ausgangssituation nicht überzeugen. Denn hinge die Rechtswidrigkeit von ihrer positiven Feststellung oder dem (Nicht-)Eingreifen eines Rechtfertigungsgrundes ab, kämen Gegenrechte nur dann nicht in Betracht, wenn der Einsatz des schädigenden Sportlers als rechtmäßig zu qualifizieren wäre. Anderenfalls dürfte der Geschädigte aber weiterhin uneingeschränkt auf sie zurückgreifen.7 Gleichzeitig hätte dies zur Folge, dass der alsbald geschädigte Sportler während des sportlichen Gefechts eine ex-ante-Entscheidung treffen müsste, ob der ihm drohende Eingriff als rechtswidrig zu beurteilen wäre und er ihn dementsprechend abwehren dürfte oder aber er ihn tolerieren müsste. Wie aber sollte der geschädigte Sportler dies in Sekundenbruchteilen beurteilen können, ohne sich selbst einem gravierenden Haftungsrisiko auszusetzen? Im Ergebnis müsste bei diesem Szenario wohl davon ausgegangen werden, dass er sich trotz der rechtlichen Möglichkeit regelmäßig nicht oder nur eingeschränkt zur Wehr setzte, um einer etwaigen eigenen Haftung durch sein Abwehrverhalten entgehen zu können. Eine faktische Einschränkung der an sich gegebenen Abwehrmöglichkeiten des Geschädigten könnte die missliche – bezogen auf den Spielsinn aber durchaus gewünschte – Folge sein. Ernsthaft geholfen wäre dem Geschädigten und seiner körperlichen Integrität regelmäßig aber nicht. Vielmehr entsteht auch bei dieser Grundannahme ein unbefriedigendes Dilemma zwischen dem möglichen Rückgriff auf Gegenrechte und dem Wunsch, die Sportausübung vor rechtlichen Interferenzen zu schützen. 4

So auch Heermann, Haftung im Sport, Rn. 96, der die berechtigte Gefahr, dass der Wettkampfcharakter des Sports entwertet werden könnte, anführt. 5 S. zur Interessenlage der Sportler die Ausführungen oben unter B.I. 6 Ein solches Argumentationsmuster wird von Bonde, SchlHA 1984, 178, 179; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 153; Grunsky, JZ 1975, 109, 110; Lange/Schiemann, Schadensersatz, § 10 XV 2; Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 446; Ohly, „Volenti non fit iniura“, Die Einwilligung im Privatrecht, 259; Teichmann, JA 1979, 293, 294 f. und Wilms, JR 2007, 95, 97 verwendet; ähnlich auch RGRK/Steffen, § 823 Rn. 356. 7 In diese Richtung denken auch Teichmann, JA 1979, 293, 294 f. und Wilms, JR 2007, 95, 97.

II. Der Einfluss weiterer Determinanten

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Die zu beiden Grundkonzeptionen passende Antwort scheint allerdings schnell gefunden: Die Sportler sollen sich nur mit sportlichen Mitteln wehren dürfen.8 Rechtliche Mittel müssen ihnen dagegen bei der Sportausübung verwehrt sein.9 Allerdings bedeutete dies, dass der (alsbald) geschädigte Sportler schlimmstenfalls gar zur Zielscheibe seines Kontrahenten pervertiert werden könnte, wenn er sich selbst gegen gravierendste Angriffe nur mit sportlichen Mitteln – wenn diese überhaupt in den entsprechenden Regelwerken vorgesehen sind – wehren dürfte. Die Möglichkeit, sich durch Gegenrechte zu schützen, darf somit nicht gänzlich verwehrt bleiben.10 Gleichzeitig ist damit auch gezeigt, dass den Gegenrechten des Geschädigten eine weitaus größere Bedeutung für die Handhabung von Mitspielerverletzungen zukommt als es auf den ersten Blick erscheinen mag.11 Selbst wenn man sich auf den Standpunkt stellte, dass ein „Sporthaftungsprivileg“ nicht existiert, wäre die Problematik nicht aus dem Weg geräumt und weiterhin zu fragen, wie es um Abwehrrechte des geschädigten Sportlers bei der Sportausübung bestellt ist. Dennoch lässt sich aus dieser vermeintlichen Problemlösung eine Maxime gewinnen: Damit die jeweiligen Sportarten ihren Reiz nicht verlieren, soll eine rechtliche Überlagerung durch die Gegenrechte des geschädigten Sportlers möglichst nicht erfolgen.12 Vielmehr soll sich der Sportler nur der zulässigen Mittel der jeweiligen Sportart bedienen, was freilich aber nicht zu einer vollständigen Aufgabe des Integritätsschutzes verkommen darf.13 Der Rückgriff auf Abwehr- und Gegenrechte soll daher möglichst unterbleiben.14 Aus der Perspektive der jeweiligen Sportart argumentiert, bedeutete dies, dass sich die Sportler grundsätzlich nicht oder nur eingeschränkt auf Abwehrrechte berufen können sollen. Gleichwohl kann diese Einschränkung allerdings auch nicht absoluter Natur sein. 8

So RGRK/Steffen, § 823 Rn. 356; partiell auch Teichmann, JA 1979, 293, 295. So RGRK/Steffen, § 823 Rn. 356; in diese Richtung auch Wilms, JR 2007, 95, 97. 10 Jedenfalls im Ergebnis auch Teichmann, JA 1979, 293, 294 f. und Wilms, JR 2007, 95, 97; in diese Richtung auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 153. Pfister, FS W. Lorenz, 171, 190 und RGRK/Steffen, § 823 Rn. 356 verkennen diesen Umstand hingegen. 11 Dieser Umstand zeigt deutlich, dass es nicht zielführend sein kann, sich pauschal auf den Standpunkt zu stellen, dass eine Notwehr generell zulässig oder ausgeschlossen sein muss. Dennoch findet sich ein solches Argumentationsmuster bei nahezu allen Autoren, die aus den Gegenrechten des geschädigten Sportlers Folgerungen für die Handhabung von Mitspielerverletzungen herleiten wollen. Lediglich Teichmann, JA 1979, 293, 294 f. und Wilms, JR 2007, 95, 97 gehen diesbezüglich etwas differenzierter vor. 12 S. dazu auch die Bewertung des Beispielsfalls bei Teichmann, JA 1979, 347, 349; ähnlich auch Heermann, Haftung im Sport, Rn. 96. 13 Ähnlich auch Teichmann, JA 1979, 293, 294 f. Dieser im Mindestmaß erforderliche Integritätsschutz wird von RGRK/Steffen, § 823 Rn. 356 hingegen nicht angemessen berücksichtigt und führt deswegen wohl dazu, dass für den gänzlichen Ausschluss der Notwehr plädiert wird. 14 Teichmann, JA 1979, 293, 294 f.; ähnlich auch Wilms, JR 2007, 95, 97; s. dazu auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 153. 9

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D. Eigener Lösungsansatz

Noch nicht beantwortet ist dadurch die viel wichtigere Folgefrage, wie sich Abwehr- und Gegenrechte des Sportlers rechtlich einschränken lassen könnten und ob sich dies darüber hinaus auch auf die denkbaren Lösungsmodelle zur Haftung bei Mitspielerverletzungen auswirkte. Einerseits kann die Korrelation aus Einsatz und Gegeneinsatz für eine Lösung der Haftungsproblematik nicht vollkommen belanglos sein. Andererseits erscheint es sehr fraglich, ob die grundsätzliche Handhabung von Mitspielerverletzungen oder einer Haftungsmodifikation signifikant durch ein – zudem stets von der Ausübung beziehungsweise Geltendmachung abhängiges – Gegenrecht des Geschädigten beeinflusst werden kann. Ließen sich die Gegenrechte des Geschädigten aber im Einklang mit der Interessenlage der Sportler reduzieren beziehungsweise einschränken, so wäre diese Problematik ausgeräumt. a) Notwehr Für die Sportausübung von übergeordneter praktischer Bedeutung ist zunächst die Frage, ob sich der angegriffene Sportler durch Notwehr vor dem Einsatz seines Mitsportlers schützen darf. Bliebe es bei der skizzierten Anwendung allgemeiner Grundsätze, bedeutete dies, dass jedenfalls bei jeder haftungsrechtlich erheblichen Regelwidrigkeit ein gegenwärtiger und rechtswidriger Angriff im Sinne des § 227 Abs. 2 BGB vorläge, dessen sich der angegriffene Sportler grundsätzlich durch Notwehr erwehren dürfte. Ginge man, wie dies bei einer Verschuldenslösung der Fall wäre, im Allgemeinen von der Rechtswidrigkeit jeder Mitspielerverletzung – und somit unabhängig davon, ob sie regelgerecht oder regelwidrig zugefügt wurde – aus, so wäre gar Notwehr gegenüber jedwedem Einsatz des schädigenden Sportlers möglich.15 Dass dieses Ergebnis dem Interesse der Sportler und dem Spielsinn der meisten Sportarten widerspricht, ist offensichtlich. Aus diesem Grunde stellt sich die Frage, ob der geschädigte Sportler tatsächlich Notwehr üben darf und ob die Notwehrausübung möglicherweise eingeschränkt ist. Zunächst ist festzuhalten, dass jeder rechtswidrige sportliche „Angriff“ auf die körperliche Integrität des geschädigten Sportlers dem Grunde nach durch Notwehr abgewehrt werden kann.16 Wenn man also keine Modifikation der Angriffsdefinition vornehmen oder die Notwehr bei der Sportausübung nicht entgegen dem Wortlaut reduzieren will, kann ihre grundsätzliche Anwendbarkeit nicht ausgeschlossen werden.17 Dies bedeutet, dass tatsächlich jeder rechtswidrige – insoweit kann man von einem klaren Vorteil einer Verkehrspflichtkonzeption sprechen, da nicht jede

15 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 153; Teichmann, JA 1979, 347, 349; jedenfalls im Ergebnis auch Bonde, SchlHA 1984, 178, 179 sowie Wilms, JR 2007, 95, 97. 16 So auch Teichmann, JA 1979, 347, 349. S. zu den Voraussetzungen der Notwehr im Allgemeinen MünchKomm/Grothe, § 227 Rn. 4 ff.; Soergel/Fahse, § 227 Rn. 1 ff.; Staudinger/ Repgen [2014], § 227 Rn. 9 ff. S. in diesem Kontext auch LG Lüneburg, VersR 1991, 234. 17 Im Ergebnis auch Teichmann, JA 1979, 293, 294 f. und Wilms, JR 2007, 95, 97.

II. Der Einfluss weiterer Determinanten

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Sportverletzung automatisch zur Rechtswidrigkeit führt18 – Angriff von dem durch den sportlichen Einsatz gefährdeten Sportler abgewehrt werden kann. Für die sportive Praxis könnte dies fatale Folgen haben, wenn in jedem Wettkampf unzählige Male Notwehr verübt werden würde. Dass die meisten Regelwerke eine Notwehr aber erst gar nicht kennen und die zivilrechtlich zulässige Abwehr eines sportlichen Angriffs somit selbst einen – vielleicht gar gravierenden – Regelverstoß darstellen könnte, ist für die zivilrechtliche Wertung irrelevant. Dass die Inkongruenz zwischen sportlichem Regelwerk und zivilrechtlicher Rechtfertigung zu kuriosen Fallkonstellationen führen kann, lässt sich zudem durch zahlreiche Beispiele belegen. Zu denken sei hier allein an einen Boxkampf, in dem sich einer der Boxer nicht durch zulässige Schläge, sondern durch einen Tritt in den Unterleib des Gegners gegen dessen Angriffe wehrt und diesen dadurch kampfunfähig macht. So könnte der Tritt zivilrechtlich gerechtfertigt sein, obschon er sportintern gleichzeitig einen gravierenden Regelverstoß darstellt.19 Die sportinterne Sanktionsmöglichkeit muss daher stets losgelöst von der zivilrechtlichen Möglichkeit, von einem Abwehrrecht Gebrauch zu machen, betrachtet werden.20 Allerdings lässt sich aus der grundsätzlichen Möglichkeit, sich gegen einen rechtswidrigen Einsatz auch beim Sport schützen zu dürfen,21 noch keine Aussage dahingehend treffen, wie und gegebenenfalls in welcher Intensität eine Abwehrhandlung verübt werden darf. Zur Einschränkung der Abwehrhandlungen kommen zwei notwehrimmanente Stellschrauben in Betracht: Einerseits könnte die Erforderlichkeit, andererseits die Gebotenheit der Verteidigungshandlung eine Einschränkung bewirken.22 Das Kriterium der Erforderlichkeit führt dazu, dass sich der Geschädigte aus einer ex-ante-Bewertung der konkreten Situation nur des relativ mildesten Abwehrmittels bedienen darf.23 Dies bedeutet übertragen auf die Sportausübung, dass er sich 18 In diesem Lichte muss auch die Aussage von Fritzweiler, Die Haftung des Sportlers bei Sportunfällen, 63 verstanden werden, wenn konstatiert wird, dass der Notwehrfall bei regelgerechtem und sorgfältigem Verhalten im allgemeinen Rechtsverkehr kaum vorkomme. Bei Zugrundelegung einer erfolgsunrechtbasierten Lösung wäre diese Aussage dagegen nicht haltbar. Auf diesen Vorteil weist auch Wilms, JR 2007, 95, 97 hin, allerdings bezüglich des Vorteils einer Einwilligung in die Gefährdung. 19 So auch Teichmann, JA 1979, 347, 349; ähnlich auch Hauk, Die zivilrechtliche Haftung bei Sportverletzungen, 90. S. in diesem Kontext auch LG Lüneburg, VersR 1991, 234. 20 So auch Teichmann, JA 1979, 347, 349. Wie Teichmann trotz dieser Erkenntnis im weiteren Verlauf seiner Argumentation zum Ausschluss der Notwehr gelangen kann, ist allerdings nicht nachvollziehbar. S. auch Pfister, FS W. Lorenz, 171, 190. 21 Wenn Bonde, SchlHA 1984, 178, 179; Lange/Schiemann, Schadensersatz, § 10 XV 2; Pfister, FS W. Lorenz, 171, 190 und RGRK/Steffen, § 823 Rn. 356 wohl dennoch die Notwehr grundsätzlich ausgeschlossen wissen wollen, fehlt dieser Auffassung schlicht der dogmatische Untergrund. 22 S. zur Erforderlichkeit und Gebotenheit der Notwehr die Ausführungen und Nachweise bei MünchKomm/Grothe, § 227 Rn. 12 ff., 19 ff.; Soergel/Fahse, § 227 Rn. 26 ff., 38 ff.; Staudinger/Repgen [2014], § 227 Rn. 55 ff., 65 ff. 23 S. dazu MünchKomm/Grothe, § 227 Rn. 13; Soergel/Fahse, § 227 Rn. 32 f.; Staudinger/ Repgen [2014], § 227 Rn. 60 ff.

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D. Eigener Lösungsansatz

vielfach nicht der sogenannten Trutzwehr bedienen darf, sondern sich auf eine reine Schutzwehr beschränken muss.24 Wie diese in concreto auszusehen hätte, wird sich von Sportart zu Sportart wohl unterscheiden. Ob die geübte Schutzwehr im Einklang mit der jeweiligen Sportart steht, entschiede sich sodann nach dem jeweiligen Regelwerk, sodass trotz einer zivilrechtlichen Rechtfertigung eine spielinterne Sanktion durchaus noch möglich und oftmals wohl auch wahrscheinlich wäre. So könnte – um im eben eingeführten Beispiel zu bleiben – der Tritt in den Unterleib des angreifenden Boxers durchaus erforderlich sein, wenn er das mildeste erfolgsversprechende Abwehrmittel darstellte. Vor diesem Hintergrund müsste sich der geschädigte Sportler genau überlegen, ob er von der Verteidigungsmöglichkeit Gebrauch machen will. Jedenfalls unterliegt der rechtlich zulässige Selbstschutz bei der Sportausübung durch das Kriterium der Erforderlichkeit schon einer gewissen notwehrimmanenten Einschränkung. Eine noch weiterreichende Begrenzung der Verteidigungshandlung ergibt sich sodann aus dem Kriterium der Gebotenheit. Die Gebotenheit dient als sozialethisches Korrektiv dazu, die Rechtmäßigkeit der Verteidigungshandlung auch zum Schutze des Angreifers einzuschränken, wenn sie sich als rechtsmissbräuchlich darstellte.25 Dies bedeutet, dass sich der Notwehrübende trotz bestehender Erforderlichkeit nicht immer aus dem vollen Repertoire an denkbaren Verteidigungsmöglichkeiten bedienen darf.26 Die Gebotenheit kann somit dazu führen, dass dem Angegriffenen ein Ausweichen oder gar eine Duldung des Angriffes zugemutet werden muss27 und ein Rückgriff auf eine Schutz- oder Trutzwehr weitestgehend verwehrt bleibt. Diesbezüglich haben sich in der Vergangenheit verschiedene Fallgruppen herauskristallisiert, im Rahmen derer eine eingeschränkte Verteidigungshandlung angenommen wird, beispielsweise bei evidentem Missverhältnis zwischen Gefährdung und Abwehr, einer Verteidigung gegen schuldlos Handelnde oder Betrunkene, unerheblichen Angriffen oder Unfug, besonderer Nähe beziehungsweise Garantenstellungen oder aber bei provozierten Angriffen.28 Die Sportausübung lässt sich zwar nicht einwandfrei einer dieser Fallgruppen zuordnen, weist aber Elemente zweier Gruppen auf, die jedenfalls in Kombination eine besondere Rücksichtnahme des Notwehrübenden rechtfertigen. Zum einen 24

S. zu dieser Einschränkung bereits auf der Ebene der Erforderlichkeit MünchKomm/ Grothe, § 227 Rn. 13; Soergel/Fahse, § 227 Rn. 32 f.; Staudinger/Repgen [2014], § 227 Rn. 60 ff. 25 S. dazu allein MünchKomm/Grothe, § 227 Rn. 19; Soergel/Fahse, § 227 Rn. 38; Staudinger/Repgen [2014], § 227 Rn. 65. 26 S. dazu allein MünchKomm/Grothe, § 227 Rn. 19 sowie Staudinger/Repgen [2014], § 227 Rn. 65. 27 S. dazu allein MünchKomm/Grothe, § 227 Rn. 20, 23 f. sowie Staudinger/Repgen [2014], § 227 Rn. 66, 70 f. 28 S. zu den einzelnen Fallgruppen der Gebotenheit die Ausführungen und Nachweise bei MünchKomm/Grothe, § 227 Rn. 20 ff.; Palandt/Ellenberger, § 227 Rn. 8 f.; PWW/Deppenkemper, § 227 Rn. 9; Soergel/Fahse, § 227 Rn. 39 ff.; Staudinger/Repgen [2014], § 227 Rn. 66 ff.

II. Der Einfluss weiterer Determinanten

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entsteht zwischen den Sportlern durch die Sportausübung eine besondere Nähekonstellation, die eine gewisse Rücksichtnahme auf die gegenseitigen Interessen begründet. Diese Nähe entspricht vielfach zwar sicherlich nicht der Bindung einer familiären oder freundschaftlichen Beziehung, dennoch zeichnet sie sich durch den besonderen Zweck der Sportausübung aus, der je nach Einzelfall sogar eine Garantenstellung zu begründen vermag. Dies zeigt sich insbesondere anhand des Unterstellens unter die Spielordnung, durch welche die Sportler ja auch – jedenfalls im Mindestmaß – zum Ausdruck bringen, sich innerhalb dieser Nähebeziehung nach den entsprechenden Regeln verhalten zu wollen.29 Zum anderen besteht bei vielen Sportarten keinerlei Möglichkeit, konfrontationslos mit dem sportlichen Gegner umzugehen. Die Sportausübung beziehungsweise der Reiz des sportlichen Erfolgs zwingen den Sportler gerade zum Einsatz gegen seinen Mitsportler oder Kontrahenten.30 Die Sportler werden teilweise sprichwörtlich zur Einwirkung auf den anderen Sportler genötigt. Daher kann man in der Sportausübung selbst bereits eine Art Provokation zum sportiven Einsatz sehen, der die Sportler – wenn sie nicht von vornherein darauf verzichten, gewinnen zu wollen – zur Konfrontation zwingt. Dass in der Folge Regelverstöße oder Notwehrlagen entstehen können, ist nur die logische Konsequenz.31 Diese beiden Umstände führen jedenfalls in Kombination dazu, dass der angegriffene Sportler – sollte er denn Notwehr üben – möglichst schonungsvoll mit seinem Mitsportler umgehen muss.32 Die Möglichkeit des geschädigten Sportlers, von seinem grundsätzlich bestehenden Notwehrrecht Gebrauch zu machen, ist somit in den meisten Fällen beschränkt. Dies bedeutet, dass er regelmäßig zunächst ausweichen muss und nur, wenn dies keinen Erfolg versprechen sollte, auf eine schädigende Verteidigungshandlung zurückgreifen darf. In atypischen Konstellationen könnte sogar die Erduldung des Angriffes geboten sein. Sollte sich der Sportler dennoch eines – unter Zugrundelegung einer Verkehrspflichtkonzeption – erheblich regelwidrigen Einsatzes erwehren wollen oder zu seinem Schutze möglicherweise gar müssen, so muss er anhand eines abgestuften Notwehrmodells vorgehen.33 Anderenfalls wäre auch sein schädigendes Abwehrverhalten als rechtswidrig zu qualifizieren und könnte in der Konsequenz einen Schadensersatzanspruch zugunsten des angreifenden Sportlers auslösen. Dieses Ergebnis wird insbesondere auch der Interessenlage der Sportler gerecht, da es insoweit lediglich zur rechtlichen Anerkennung des ansonsten omnipräsenten sportiven Konsenses, die Sportausübung möglichst nicht juristisch überlagern zu lassen, führt.34 29 S. zum Unterstellen unter die Spielordnung aufgrund der Teilnahme die obigen Ausführungen unter B.III.4.c). 30 In eine ähnliche Richtung argumentiert auch Wilms, JR 2007, 95, 97. 31 S. dazu auch die obigen Ausführungen zu Typizität und Reziprozität B.II.3. 32 S. in diesem Kontext auch LG Lüneburg, VersR 1991, 234. 33 Diese erhebliche Folge scheinen Teichmann, JA 1979, 293, 294 f. und Wilms, JR 2007, 95, 97 zu übersehen, wenn sie pauschal darauf hinweisen, dass ein rechtswidriger Einsatz durch Notwehr abgewehrt werden dürfe. 34 S. zur Interessenlage der Sportler die Ausführungen unter B.I.

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D. Eigener Lösungsansatz

Ob die zulässige Notwehr darüber hinaus auch bei einer abgestuften Vorgehensweise des Geschädigten zu einer spielinternen Sanktionierung führen kann und soll, sei für die zivilrechtliche Bewertung von Mitspielerverletzungen dahingestellt. Vielmehr liegt die Aufgabe an dieser Stelle bei den jeweiligen Regelsetzern, ein rechtlich zulässiges Abwehrverhalten in Einklang mit den jeweiligen Sportregeln zu setzen oder es bewusst bei der ansonsten bestehenden Inkongruenz und den daraus resultierenden Folgen zu belassen. Insgesamt kann festgehalten werden, dass der Notwehrargumentation keine größere Bedeutung für die haftungsrechtliche Bewertung von Mitspielerverletzungen zukommt. Dies ergibt sich insbesondere auch aus der Rechtsfolge der Notwehr, die lediglich dazu führt, dass der schädigende Sportler im Ergebnis keinen Schadensersatz vom geschädigten Sportler für dessen Verteidigungshandlung verlangen kann. Die Frage nach einer allgemeinen Haftungsmodifikation bei Mitspielerverletzungen bleibt davon aber im Kern unberührt, da aus der Notwehr neben der Rechtfertigung des Verteidigungsverhaltens keine weiteren Auswirkungen auf das Schädigerverhalten resultieren. Darüber hinaus könnte es nur schwerlich überzeugen, wenn ein komplettes haftungsrechtliches System allein durch einen – immer noch von der Eventualität und der subjektiven Entscheidung zur Ausübung abhängenden – Rechtfertigungssatz beeinflusst werden könnte. Für die Bewältigung eines Massenphänomens kann dies keine elementare Bedeutung haben. Vielmehr hat es den Anschein, dass das Notwehrargument vielfach lediglich zur vermeintlichen Absicherung des jeweils präferierten Lösungsvorschlags instrumentalisiert wird.35 Dies zeigt sich insbesondere daran, dass auch bei einer Verkehrspflichtkonzeption kein vollständiger Ausschluss der Notwehr möglich ist.36 Dass im Ergebnis weniger Notwehrlagen als bei einer rechtswidrigkeitsvoraussetzenden Lösung entstünden, kann insoweit kein Argument für eine saubere Lösung sein, da die Notwehr spätestens dann wieder virulent werden würde, wenn ein nicht unerheblicher Regelverstoß vorläge.37

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Dieser Anschein wird jedenfalls bei Bonde, SchlHA 1984, 178, 179; Lange/Schiemann, Schadensersatz, § 10 XV 2; RGRK/Steffen, § 823 Rn. 356 und Teichmann, JA 1979, 293, 294 f. erweckt, wenn sie das Notwehrargument lediglich zur Absicherung des eigenen Argumentationsstranges verwenden, ihm in der Folge aber keine weitere Aufmerksamkeit mehr schenken. Auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 153 weist lediglich auf das Notwehrargument hin, befasst sich dann aber nicht weiter mit dessen möglichen Konsequenzen. Ähnliches gilt auch für den „Notwehrtest“ von Ohly, „Volenti non fit iniura“, Die Einwilligung im Privatrecht, 259, der letztlich für eine Problembewältigung auf Ebene der Rechtswidrigkeit sprechen soll. 36 Insoweit muss Teichmann, JA 1979, 293, 294 f. und Wilms, JR 2007, 95, 97 zugute gehalten werden, dass sie – entgegen anderer Autoren – überhaupt auf die denkbare Notwehrausübung bei bestehender Rechtswidrigkeit hinweisen. 37 Dieser Umstand wird – außer bei Teichmann, JA 1979, 293, 294 f. und Wilms, JR 2007, 95, 97 – kategorisch außer Acht gelassen, wenn lediglich angeführt wird, dass der Vorteil einer rechtswidrigkeitsorientierten Lösung in der Vermeidung der Notwehrproblematik zu sehen sei.

II. Der Einfluss weiterer Determinanten

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b) Unterlassung Neben einer etwaigen Notwehrausübung könnte der alsbald geschädigte Sportler zudem versuchen, sich durch einen – vielleicht auch vorbeugenden – Unterlassungsanspruch vor dem Einsatz seines Mitsportlers zu schützen. So könnten die Sportler probieren, sich gegenseitig durch Unterlassungsansprüche am schädigenden Einsatz zu hindern.38 Wäre ein solches Vorgehen möglich, hätte dies gravierende Folgen für die sportive Praxis. So wäre es einerseits möglich, dass bestimmte Verhaltensweisen, die lediglich in manchen Situationen eine signifikante Verletzungsgefahr begründeten, durch Unterlassungsansprüche untersagt werden könnten.39 Andererseits könnte ein Unterlassungsanspruch möglicherweise aber auch so weit reichen, dass bestimmte Sportler, die vielleicht durch ein besonders risikoreiches oder regelwidriges Verhalten (vor-)auffällig geworden sind, von vornherein von der Sportausübung ausgeschlossen werden könnten.40 Unabhängig von der Frage, ob ein Unterlassungsanspruch lediglich einen konkret zu einer Schädigung führenden Einsatz oder aber die Teilnahme am Sport im Generellen ausschlösse, könnten viele Sportarten wohl nicht mehr in ihrer bekannten Gestalt ausgeübt werden. Dass diese Folge der Interessenlage der Sportler, die sich ja gerade für die Sportausübung in ihrer jeweiligen Typizität – und dies bedeutet auch mit ihren üblichen und denkbaren Regelverstößen sowie Verletzungsrisiken – entschieden haben, widerspricht, liegt auf der Hand.41 Vielmehr spricht die Interessenlage der Sportler gerade dafür, den Sport frei von rechtlichen Interferenzen – sei es durch Notwehr oder aber durch Unterlassungsansprüche – ausüben zu können.42 Somit stellt sich – wie auch schon bei der Notwehr – die Frage, ob Unterlassungsansprüche bei der Sportausübung möglicherweise ausgeschlossen sein könnten. Sollte dies der Fall sein, wäre die Interessenlage der Sportler ausreichend berücksichtigt und die Gefahr einer rechtlichen Überlagerung gebannt. Sollte dies allerdings nicht die Folge sein, müsste untersucht werden, ob sich aus einem möglichen Unterlassungsanspruch weiterreichende Folgen für eine Haftungsmodifikation ergäben. 38 S. dazu auch Heermann, Haftung im Sport, Rn. 96; Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 120 f. sowie Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 54. 39 Heermann, Haftung im Sport, Rn. 96; Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 120. Auf diese Möglichkeit weist auch Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 54 explizit hin. 40 Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 120. Ob Heermann, Haftung im Sport, Rn. 96 und Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 54 allerdings auch an diese durchaus denkbare Folge gedacht haben, erscheint fraglich und könnte sie durchaus zum Überdenken des eigenen Ansatzes bewegen. 41 So auch Heermann, Haftung im Sport, Rn. 96; ähnlich auch P. Winter, Das Recht der Sportveranstalterhaftung, 226; s. dazu auch die Ausführungen oben unter B.I. sowie B.II.3.a). 42 Ähnlich auch Heermann, Haftung im Sport, Rn. 96.

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D. Eigener Lösungsansatz

Insoweit kann vorab bereits festgehalten werden, dass die Unterlassungsproblematik – sollte sie denn tatsächlich existieren – sowohl bei einer Verschuldens- als auch bei einer Verkehrspflichtlösung gegeben wäre.43 Der Unterschied bestünde lediglich darin, dass bei einer Verkehrspflichtlösung erst bei einem zur Rechtswidrigkeit führenden Regelverstoß an einen Unterlassungsanspruch des geschädigten Sportlers gedacht werden müsste.44 Bei einer Verschuldenslösung hingegen wäre jeder Einsatz des schädigenden Sportlers als rechtswidrige Beeinträchtigung zu qualifizieren und ein Unterlassungsanspruch somit stets denkbar. Zunächst könnte erwogen werden, ob eine Einschränkung etwaiger Unterlassungsansprüche bei der Sportausübung über die Merkmale der Beeinträchtigung oder der Störereigenschaft realisiert werden könnte.45 Will man insoweit aber nicht von der vorherrschenden Sichtweise abweichen,46 ist eine Begrenzung anhand dieser beiden Merkmale nicht durchführbar, da dem schädigenden Sportler jedenfalls als Handlungsstörer die körperliche Beeinträchtigung seines Mitsportlers zuzurechnen ist. Allenfalls die Rechtswidrigkeit der Beeinträchtigung könnte bei einer Verkehrspflichtlösung entfallen, sie würde aber spätestens bei einem gravierenden Regelverstoß wieder aufleben und somit eine Lösung im Allgemeinen ausschließen.47 Die Lösung muss sich daher entweder aus einer Duldungspflicht oder aber aus einer außertatbestandlichen Eingrenzung ergeben. Ordnete man die Teilnahme am Sport und die daraus resultierende Regelunterstellung als rechtsgeschäftlich ein, so ließe sich daraus eine rechtsgeschäftliche Duldungspflicht herleiten. Aber auch wenn mit der hier vertretenen Auffassung eine überwiegend rechtsgeschäftliche Qualifikation der Teilnahme verneint wird,48 kann aus der Teilnahme eine faktische Gestattung der Beeinträchtigung, die einer Duldungspflicht im Ergebnis gleich käme, angenommen werden. Dies hätte im Vergleich zu einer rechtsgeschäftlichen Qua43

S. dazu auch die obigen Ausführungen unter D.II.1. Dieser Umstand wird von denjenigen Autoren, die ihre Argumentation auf das Unterlassungsargument stützen, wohl kategorisch vernachlässigt. S. dazu auch die obigen Ausführungen zur Notwehr D.II.1.a). 45 S. zur Beeinträchtigung und Störereigenschaft allein die Ausführungen und Nachweise bei MünchKomm/Baldus, § 1004 Rn. 56 ff., 149 ff.; PWW/Englert, § 1004 Rn. 4 f.; Soergel/ Münch, § 1004 Rn. 23 ff., 124 ff.; Staudinger/Gursky [2012], § 1004 Rn. 20 ff., 93 ff. 46 S. dazu allein die Ausführungen und Nachweise bei MünchKomm/Baldus, § 1004 Rn. 56 ff., 149 ff.; PWW/Englert, § 1004 Rn. 4 f.; Soergel/Münch, § 1004 Rn. 23 ff., 124 ff.; Staudinger/Gursky [2012], § 1004 Rn. 20 ff., 93 ff. 47 Die umstrittene Frage des Verhältnisses zwischen Rechtswidrigkeit und Duldungspflicht im Rahmen von § 1004 BGB soll an dieser Stelle außer Acht gelassen werden, da jedenfalls bei einem gravierenden Regelverstoß eine rechtswidrige Beeinträchtigung bestünde und sodann noch zu untersuchen wäre, ob eine Duldungspflicht besteht. S. zum bestehenden Meinungsspektrum und Streitstand allein die Ausführungen und Nachweise bei MünchKomm/Baldus, § 1004 Rn. 192 ff.; Soergel/Münch, § 1004 Rn. 236 ff.; Staudinger/Gursky [2012], § 1004 Rn. 173. 48 S. zur Rechtsfolge aus der Teilnahme am Sport B.III.4.c). 44

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lifikation auch den Vorteil, dass keine Sonderprobleme bei beschränkt geschäftsfähigen oder geschäftsunfähigen Sportlern entstünden, wenn allein auf die Deliktsfähigkeit und nicht auf die Geschäftsfähigkeit abgestellt werden würde.49 Unabhängig davon, ob man der Sportausübung einen überwiegend rechtsgeschäftlichen Charakter beimisst oder nicht, wären Unterlassungsansprüche somit aufgrund einer Duldungspflicht ausgeschlossen. Andererseits könnte dieses Ergebnis ansonsten auch noch durch den Rückgriff auf die Grundsätze der Verwirkung oder eines treuwidrigen Verhaltens begründet werden.50 Dadurch, dass der Sportler sich durch seine Teilnahme vorbehaltlos der Spielordnung unterstellt, bringt er nicht nur zum Ausdruck, dass er sein Verhalten anhand der Sportregeln ausrichten und selbst danach bewertet werden will.51 Er zeigt gleichzeitig auch, dass er sich allein den Mitteln der jeweiligen Sportart bedienen will und nicht auf rechtliche Werkzeuge zurückgreifen möchte.52 Wenn sich der geschädigte Sportler aber durch das Geltendmachen eines Unterlassungsanspruches gerade von dieser Grundeinstellung löst, setzt er sich in Widerspruch zu seiner vorbehaltlosen Teilnahme, sodass ein Unterlassungsanspruch spätestens auf außertatbestandlicher Ebene ausgeschlossen sein muss.53 Dieses Rückgriffes bedürfte es allenfalls dann, wenn ausnahmsweise – und dies würde schon einen recht atypischen Fall darstellen – eine Duldungspflicht nicht angenommen werden könnte. Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Sportler bei der Sportausübung keinen Unterlassungsanspruch bezüglich eines bestimmten Verhaltens gegen seinen Mitsportler erheben kann.54 Gleichzeitig bedeutet dies auch, dass dem Unterlassungseinwand – ebenso wie dem Notwehrargument – keine signifikante Bedeutung für die Beurteilung von Mitspielerverletzungen zukommt. Aus diesem Grunde kann aus der Unterlassungsargumentation auch kein Argument für oder gegen eine der beiden verbliebenen Lösungsoptionen entnommen werden. Wenn dennoch manche Autoren den Vorteil einer Verkehrspflichtkonzeption gegenüber einer Verschuldensmodifikation in der Vermeidung der etwaigen Unterlassungsproblematik sehen,55 ist diese 49 S. zu den Unterschieden der Qualifikation der Teilnahme am Sport die obigen Ausführungen unter B.III.4.b), c). 50 S. dazu allein Soergel/Münch, § 1004 Rn. 274 ff.; Staudinger/Gursky [2012], § 1004 Rn. 209 sowie ferner jurisPK-BGB/Hans, § 1004 Rn. 29 f. 51 So auch Nolte, Sport und Recht, 218; ähnlich auch Lange/Schiemann, Schadensersatz, § 10 XV 2. 52 Ähnlich auch Lange/Schiemann, Schadensersatz, § 10 XV 2 sowie Wilms, JR 2007, 95, 97. Diesen Umstand scheint Teichmann, JA 1979, 293, 294 f. nicht ausreichend zu würdigen, wenn er pauschal darauf verweist, dass bei bestehender Rechtswidrigkeit ein Unterlassungsanspruch möglich sei. 53 Gleiches hätte auch für einen etwaig vorhandenen inneren Vorbehalt zu gelten. 54 Im Ergebnis auch Heermann, Haftung im Sport, Rn. 96; Lange/Schiemann, Schadensersatz, § 10 XV 2; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 54. Allerdings kann die zu diesem Ergebnis führende Argumentation bei keinem der Autoren überzeugen. 55 So aber Heermann, Haftung im Sport, Rn. 96; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 153; Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzan-

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D. Eigener Lösungsansatz

Aussage aus dem hier eingenommenen Blickwinkel fehlerhaft, da beide Lösungsoptionen letztlich nicht von ihr tangiert werden. Insgesamt kann somit festgehalten werden, dass aus den denkbaren Gegenrechten des Sportlers keine Auswirkungen auf die dogmatische Begründung einer Haftungsmodifikation bei Mitspielerverletzungen resultieren. Der geschädigte Sportler kann sich zwar bei einem rechtswidrigen Einsatz durch Notwehr zu schützen versuchen, wobei diese im Regelfall – aufgrund der Gebotenheit – auf ein Ausweichen beschränkt sein wird. Daneben kann der Sportler keinen Unterlassungsanspruch geltend machen, um sich vor einer Schädigung zu schützen. Vielmehr soll er sich, wenn dies realisierbar ist, allein mit sportlichen Mitteln wehren.56 Dieses Ergebnis führt dazu, dass die Sportausübung nicht von der Nutzung rechtlicher Mittel flankiert oder gar überlagert wird und die Interessenlage der Sportler gewahrt bleibt. 2. Auswirkungen der Rechtswidrigkeitsmodelle Im Rahmen der obigen Ausführungen zu etwaigen Gegenrechten des geschädigten Sportlers hat sich gezeigt, dass viele Autoren ihren Lösungsansatz zur Bewältigung von Mitspielerverletzungen argumentatorisch insbesondere auch auf die Vereinbarkeit mit einem der beiden Rechtswidrigkeitsmodelle stützen.57 Dies führt unausweichlich zu der generellen Frage, ob – neben den allgemeinen Vor- und Nachteilen der jeweiligen Lösungsoptionen – die Beurteilung von Mitspielerverletzungen tatsächlich zwingend an eine der beiden Rechtswidrigkeitskonzeptionen gebunden ist. Basierend auf dieser Fragestellung könnte sich der wohl größte Unterschied zwischen einer Verschuldens- und Verkehrspflichtlösung auswirken. Kommt es bei einer Verkehrspflichtkonzeption – unabhängig davon, ob sie Berücksichtigung auf der Ebene des Tatbestands oder der Rechtswidrigkeit findet – zwingend zur Anwendung der Lehre vom Handlungsunrecht, besteht bei einer Verschuldensmodifikation keine Notwendigkeit von der Lehre vom Erfolgsunrecht abzurücken.58 Sollte sich herausstellen, dass ein „Sporthaftungsprivileg“ sinnvolsprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 120 f.; Lange/ Schiemann, Schadensersatz, § 10 XV 2; Teichmann, JA 1979, 293, 294 f.; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 54. 56 Im Ergebnis auch Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateurund Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 120 f.; Lange/Schiemann, Schadensersatz, § 10 XV 2; RGRK/Steffen, § 823 Rn. 356; Wilms, JR 2007, 95, 97, sowie P. Winter, Das Recht der Sportveranstalterhaftung, 226 wenn auch die jeweiligen Argumentationsmuster insgesamt betrachtet nicht überzeugen können. 57 S. dazu D.II.1. 58 S. im Allgemeinen zu den Lehren vom Handlungs- und Erfolgsunrecht die Ausführungen und Nachweise bei BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 17 ff.; Erman/Wilhelmi, § 823 Rn. 6 ff.; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 4 ff.; Jansen, Die Struktur des Haftungsrechts, insbesondere 301 ff., 405 ff., 562 ff.; PWW/Schaub, § 823 Rn. 10 ff.; Soergel/Spickhoff, § 823 Rn. 4 ff.; Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. H 14 ff.; s. speziell aus der Literatur zum Sportrecht

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lerweise nur unter Zugrundelegung einer Rechtswidrigkeitsinterpretation in das deliktische Haftungssystem integriert werden kann, würde dies sprichwörtlich zu einer Vorentscheidung führen, da in diesem Falle de lege lata allein eine Verkehrspflichtlösung oder aber eine Verschuldensmodifikation zur Problembewältigung verbliebe. Andererseits könnte sich aber auch herausstellen, dass eine Haftungsmodifikation dem Grunde nach mit beiden Systemen vereinbar ist und dem allgemeinen Systemstreit zur Beurteilung der Rechtswidrigkeit bei der Sportausübung keine elementare Bedeutung zukäme. Grundlegend kann diesbezüglich festgehalten werden, dass die Lager in der Literatur hinsichtlich dieser Systemfrage stark gespalten sind.59 So kritisieren die Befürworter einer handlungsorientierten Rechtswidrigkeitsinterpretation, dass Sportverletzungen bei Zugrundelegung einer erfolgsorientierten Sichtweise unabhängig vom etwaigen Regelverstoß und dessen Intensität immer dem Makel der Rechtswidrigkeit unterlägen.60 Diese Kritik ist in ihrer Vehemenz sicher nicht unberechtigt, würde danach doch ein von der Gesellschaft gebilligtes und gefördertes Verhalten stets negativ mit der Widerrechtlichkeit etikettiert.61 Darüber hinaus wird moniert, dass den Regelwerken eine zu geringe Bedeutung beigemessen werde, wenn sie erst im Rahmen des Verschuldens Berücksichtigung fänden.62 Dass dies nicht zutrifft, da die Sportregeln die im Verkehr erforderliche Sorgfalt konkretisieren können, wurde bereits dargelegt.63 Für eine erfolgsorientierte Sichtweise hingegen kann ins Feld geführt werden, dass unmittelbare Verletzungen – und diese werden im Sport den mit Abstand größten Anteil der Verletzungen ausmachen64 – stets als rechtwidrig bewertet werden müssen, da ansonsten der absolute Rechtgüterschutz des § 823 Abs. 1 BGB aufgeweicht werden könnte.65 Auch dieser Aspekt scheint nicht unberechtigt zu sein, allerdings basiert er auf der Prämisse, dass eine DiffePHB Sportrecht/Fritzweiler, 5. Teil Rn. 16 ff. sowie Sportrecht in der Praxis/Adolphsen, Rn. 742 ff. 59 Im Ergebnis für die Lehre vom Handlungsunrecht bei Mitspielerverletzungen Bonde, SchlHA 1984, 178, 179; Börner, Sportstätten-Haftungsrecht, 240; Erman14/Schiemann, § 823 Rn. 78; Fleischer, VersR 1999, 785, 787; Heermann, Haftung im Sport, Rn. 84; Looschelders, JR 2000, 265, 269 ff.; Mertens, VersR 1980, 397, 400; PHB Sportrecht/Fritzweiler, 5. Teil Rn. 19; für die Lehre vom Erfolgsunrecht Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 72 ff.; Herrmann, Jura 1985, 568, 569; Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 122, 127 ff., 141; Petev, VersR 1976, 320, 323; Roesch, ZfV 1976, 518, 519 ff.; Sportrecht in der Praxis/Adolphsen, Rn. 747; Surminski, ZfV 1974, 180, 181; Vieweg, in: Von „Sport und Recht“ zu „Faszination Sportrecht“, 689, 748 ff. 60 Birr, Die Haftung Minderjähriger im Zivilrecht, Rn. 76; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 152; Looschelders, JR 2000, 265, 268 f. 61 S. dazu auch die obigen Ausführungen unter C.III., IV. 62 So Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 152; Looschelders, JR 2000, 265, 268; Zimmermann, VersR 1980, 497, 497. 63 S. dazu C.IV.1. 64 S. dazu auch die Ausführungen unter C.IV. sowie D.III.1.a), b), d). 65 So Mertens, AcP 178 (1978), 227, 236.

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D. Eigener Lösungsansatz

renzierung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Schädigungen sowie Unterlassungen auch beim Sport zwingend geboten ist.66 Zudem wird gegen das Handlungsunrecht vorgebracht, dass sich die Regelwerke bei einer Berücksichtigung auf den Ebenen des Tatbestands oder der Rechtswidrigkeit möglicherweise zu stark auf das Haftungsrecht auswirkten,67 sodass möglicherweise gar ein etwaiger Rechtsmissbrauch zu befürchten sei. Dass dieser Kritikpunkt in der vorgebrachten Form nicht aufrecht gehalten werden kann, wurde ebenfalls bereits aufgezeigt.68 Zwischen diese beiden Fronten tritt Grunsky, der konstatiert, dass der Streit zwischen Handlungs- und Erfolgsunrecht bei regelgerecht verursachten Schädigungen im Ergebnis letztlich keine Rolle spiele.69 Insbesondere im Lichte des obigen Ergebnisses, dass sich aus etwaigen Gegenrechten des geschädigten Sportlers – anders als vielfach behauptet – gerade keine spezifischen Auswirkungen ergeben,70 könnte daher diese, in die Mitte tretende Ansicht, zu favorisieren sein. Aber auch vor dem Hintergrund, dass das zivilrechtliche Sporthaftungsrecht in den Kreis der – immer noch nicht ausgefochtenen – allgemeinen Streitigkeit um das Verständnis der Widerrechtlichkeit hineingezogen wird, könnte sich ergeben, dass letztlich keine spezifischen Auswirkungen aus einem der Rechtswidrigkeitsmodelle resultieren. Bereits aus dem Grunde, dass beide Rechtswidrigkeitsmodelle in ihren Ergebnissen bei der zivilrechtlichen Sporthaftung nicht frei von grundsätzlicher Kritik bleiben, ist die bestehende Problematik diffiziler als es auf den ersten Blick scheinen mag. Ungeachtet dessen ist neben den bestehenden Kritikpunkten auch noch keine Aussage darüber getroffen worden, ob die Lehre vom Handlungsunrecht überhaupt der gesetzgeberischen Intention entspricht oder aber lediglich als judizielle Konzeption dem praktischen Bedürfnis der Lückenschließung gefolgt ist und sich nur aus diesem Grunde nachhaltig etablieren konnte.71 Auch vor diesem Hintergrund sollte eher – ohne sich von vornherein zwingend für eines der beiden Modelle positionieren zu müssen – hinterfragt werden, ob die Sporthaftung tatsächlich zu einem entscheidenden Spielball dieser allgemeinen Streitigkeit werden muss. So leuchtet es nämlich nicht ein, dass die für beide Konzeptionen wesentlichen Herausforderungen durch einen rechtlichen Extrembereich – als solcher muss die deliktische Sporthaftung aufgrund ihrer Phänomenologie verstanden werden – aufgelöst werden können oder gar müssen. Vielmehr sollte man die Beurteilung von Mitspielerver66

S. dazu die Ausführungen und Nachweise unter D.III.1.c), d). S. dazu Birr, Die Haftung Minderjähriger im Zivilrecht, Rn. 75; Füllgraf, VersR 1983, 705, 708. S. ferner auch die obigen Ausführungen unter C.II.4. 68 S. dazu C.II.4. 69 Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 15 f. 70 S. dazu die obigen Ausführungen unter D.II.1. 71 Auf diesen generellen Problemkreis der Widerrechtlichkeit sowie diejenigen der judiziellen und legislativen Konzeption des § 823 Abs. 1 BGB soll im Rahmen dieser Untersuchung nur am Rande, wenn erforderlich, eingegangen werden. S. dazu im Speziellen die Ausführungen und Nachweise bei Mertens, AcP 178 (1978), 227, 234 ff. sowie VersR 1980, 397, 397 ff.; Sportrecht in der Praxis/Adolphsen, Rn. 742 ff.; Voss, Die Verkehrspflichten, 58 ff. 67

II. Der Einfluss weiterer Determinanten

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letzungen als eine Art „Stresstest“ beider Konzeptionen verstehen, bei dem es nicht um die Beantwortung existentieller Fragen geht, sondern schlicht um die rechtliche Vereinbarkeit und Beherrschbarkeit der Rechtswidrigkeitsmodelle in diesem Grenzbereich. Mitsportlerverletzungen beleuchten somit in dogmatischer Hinsicht die Grenzen der legislativen und judiziellen Konzeption – wenn man im Rahmen des § 823 Abs. 1 BGB derart differenzieren will –,72 da sie sowohl bei einer erfolgsorientierten, aber auch bei einer handlungsorientierten Rechtswidrigkeitsinterpretation nach heutigem Stand noch nicht vollends überzeugend bewältigt werden können. Legt man dieses Verständnis zu Grunde, so ist kein Rechtswidrigkeitsmodell per se für eine Haftungsmodifikation bei Mitsportlerverletzungen ausgeschlossen. Demnach wäre Grunsky grundsätzlich zuzustimmen, dass es im Ergebnis unerheblich ist, ob man zur Begründung einer Haftungsmodifikation auf die Lehre vom Handlungs- oder Erfolgsunrecht zurückgreift. Allerdings würde insoweit noch die wesentliche Folgeaufgabe ausgelassen. Diese besteht darin, die verbliebenen Restunsicherheiten beider Modelle auszuräumen.73 Bei einer Verkehrspflichtlösung muss somit untersucht werden, ob es zwingend einer Differenzierung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Eingriffen sowie Unterlassungen bedarf oder ob diese Unterscheidung aufgelöst werden kann. Bezüglich einer Verschuldensmodifikation muss bewiesen werden, dass das Verdikt der Rechtswidrigkeit bei Sportverletzungen berechtigt ist und dass es möglich ist – trotz bestehender Widerrechtlichkeit – eine Unterscheidung zwischen regelgerechtem und regelwidrigem Verhalten herbeizuführen, um das regelkonforme Verhalten nicht schlechter zu stellen als regelwidriges Verhalten. Letztlich stellt sich somit weiterhin die für die Rechtswidrigkeitsinterpretation beim Sport existentielle Frage: Darf ein an sich „erlaubtes“ Verhalten wirklich als rechtswidrig gebrandmarkt werden oder ist es aufgrund der Phänomenologie und Typologie des Sports und der Sportverletzungen möglich, ein haftungsreduzierendes Kriterium zu etablieren, obschon der Wortlaut des § 823 Abs. 1 BGB in die andere Richtung zu deuten vermag? Diese Frage gilt es weiterhin zu beantworten, allerdings nicht im Rahmen einer Negativauslese, sondern im Rahmen einer Vereinbarkeitsstudie.74 3. Auswirkungen einer möglichen Teilnehmerhaftung Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob sich eine etwaige Teilnehmerhaftung auf die Lösung auswirken kann. Diesem Aspekt wurde bislang nahezu keine Auf72 S. zu der Unterscheidung zwischen legislativer und judizieller Konzeption sowie der Frage nach der Notwendigkeit dieser Differenzierung allein Kleindiek, Deliktshaftung und juristische Person, 20 ff. sowie Staudinger/Hager [2017], § 823 Rn. A 11. 73 S. dazu die folgenden Ausführungen unter D.III.1., 2., sowie D.IV. 74 S. dazu die Ausführungen unter D.III.1.2. sowie D.IV.1. Auch Sportrecht in der Praxis/ Adolphsen, Rn. 742 sieht darin die wesentliche Aufgabe.

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D. Eigener Lösungsansatz

merksamkeit geschenkt.75 Dies liegt wohl daran, dass man bei der zivilrechtlichen Teilnehmerhaftung im ersten Moment – in Anlehnung an strafrechtliche Grundsätze – Vorsatz des Schädigers und einen entsprechenden Vorsatz beim Teilnehmer voraussetzt.76 Dies bedeutete, dass die Möglichkeit als Gehilfe oder Anstifter ebenfalls für eine Mitsportlerverletzung einstehen zu müssen, zwar nicht ausgeschlossen, aber eher theoretischer Natur wäre. Wenn man allerdings mit einer, freilich nicht unbestrittenen Strömung77 die Möglichkeit einer – gar fahrlässigen78 – Teilnehmerhaftung auch an einem Fahrlässigkeitsdelikt anerkennen oder nicht gänzlich ausschließen will,79 erlangt diese Frage eine generelle Bedeutung für nahezu jede Mitspielerverletzung. Dieser Gedanke erscheint gar nicht so fernliegend, da sich aufgrund der normativen Divergenzen zwischen §§ 26, 27 StGB einerseits und § 830 BGB andererseits kein zwingender Anhaltspunkt im Wortlaut des § 830 BGB auffinden lässt, dass die Teilnehmerhaftung nur bei Vorsatz eingreifen soll.80 Beispielhaft soll allein an eine Anstiftung durch den Trainer oder Mitsportler gedacht sein, der die Spielsituation vermeintlich besser im Blick zu haben scheint und durch ein Kommando den letztlich schädigenden Sportler zu seinem schädigenden Einsatz motiviert.81 75 Immerhin lassen sich bei Schmitt, Körperverletzungen bei Fußballspielen, 52 ff., 213 ff. und Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 4 ff., 122 ff., 230 ff., 251 ff. tiefergehende Gedanken finden, die sich mit der Frage der Verantwortlichkeit weiterer Beteiligter auseinandersetzen. 76 So setzt die wohl herrschende Meinung zu § 830 Abs. 2 BGB Vorsatz auf Seiten des Schädigers und einen entsprechenden Vorsatz des Teilnehmers voraus. S. dazu BGHZ 89, 383, 389; 164, 50, 57 speziell zur Beihilfe; BGH, NJW 2014, 1098, 1099 f.; MünchKomm/Wagner, § 830 Rn. 22 f.; Soergel/Krause, § 830 Rn. 8; Staudinger/Eberl-Borges [2018], § 830 Rn. 28, 38. 77 S. zum Meinungsspektrum, den einzelnen Befürwortern sowie vereinzelten Strömungen allein die Ausführungen und Nachweise bei MünchKomm/Wagner, § 830 Rn. 20 ff. sowie Staudinger/Eberl-Borges [2018], § 830 Rn. 27 ff. 78 Dafür spricht sich explizit Karollus, ZIP 1995, 269, 273 Fn. 52 aus. 79 Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht, Rn. 514 ff.; Ehricke, ZGR 2000, 351, 358 ff.; Fraenkel, Tatbestand und Zurechnung bei § 823 Abs. 1 BGB, 268 ff.; Hommelhoff/Schwab, FS Kraft, 263, 269 f.; Karollus, ZIP 1995, 269, 273; Larenz/Canaris, Schuldrecht II 2, § 82 I 2 f; K. Schmidt, JZ 1978, 661, 666 sowie ZIP 1980, 328, 329; Weckerle, Die deliktische Verantwortung Mehrerer, 76 ff. 80 S. dazu Larenz/Canaris, Schuldrecht II 2, § 82 I 2 f sowie Weckerle, Die deliktische Verantwortung Mehrerer, 76. 81 So wird die fahrlässige Teilnahme den wohl weitaus größeren Prozentsatz der Teilnahme an Mitspielerverletzungen darstellen, sodass das Beispiel auch von dieser Situation ausgehen soll. Allerdings zeigt auch das traurige Beispiel des ehemaligen deutschen Fußballnationalspielers Carsten Jancker, der in seiner Funktion als Co-Trainer von Rapid Wien in einem Ligaspiel der obersten österreichischen Fußballliga einen seiner Spieler vorsätzlich zu einem erheblichen Foul anwies, dass auch eine vorsätzliche Beteiligung – ob es sich letztlich um ein Vorsatz- oder Fahrlässigkeitsdelikt des schädigenden Sportlers handelte sei für das Beispiel unerheblich – durchaus denkbar ist; s. insofern http://www.welt.de/sport/fussball/internationale-ligen/article11 9692068/Jancker-sorgt-in-Oesterreich-fuer-einen-Eklat.html; zuletzt abgerufen am 31. Juli 2018. S. zu weiteren, ähnlichen Konstellationen auch Schmitt, Körperverletzungen bei Fußballspielen, 53 f., 213 ff.

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Ließe man in diesen Fällen eine fahrlässige Beteiligung an einem Fahrlässigkeitsdelikt zu, erlangte die Teilnehmerhaftung beim Sport eine ähnliche Bedeutung wie die eigentliche Mitspielerhaftung. Führt man diesen Gedankengang allerdings weiter, so zeigt sich, dass aus ihm keine Auswirkungen auf eine Verkehrspflicht- oder Verschuldenslösung resultieren.82 Da die Teilnahme jedenfalls im Mindestmaß aber eine fahrlässige Haftungsbegründung auf Seiten des schädigenden Sportlers voraussetzt und es an dieser bei einer Haftungsmodifikation durch Verschuldensmodifikation oder fehlenden Verkehrspflichtverstoß – dies ist ja eine der elementaren Hauptfunktionen, die ein „Sporthaftungsprivileg“ erfüllen soll – gerade fehlt, verbleibt allein die – wohl vielmehr rechtspolitisch bestimmte – Frage, ob die (fahrlässige) Beteiligung an einem Fahrlässigkeitsdelikt anzuerkennen ist oder nicht. Dabei handelt es sich aber um eine originäre Problematik des § 830 BGB, im Rahmen derer die Sporthaftung vielleicht eine gewisse Bedeutung einzunehmen vermag, indessen aber nicht um eine Kernfrage der Haftung bei Mitspielerverletzungen. Allein aus dem oben aufgezeigten Beispiel zeigt sich aber, dass die Anerkennung einer unbeschränkten Teilnehmerhaftung jedenfalls erheblichen Bedenken unterliegt, wenn man sie nicht zu einem rechtlichen Alltagsphänomen hochstilisieren will. 4. Der Einfluss eines bestehenden Versicherungsschutzes Insbesondere seit der für die Bewertung von Mitspielerverletzungen richtungsverändernden Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 2003 hat sich des Weiteren eine Diskussion darüber entfacht, ob und inwieweit sich ein bestehender Versicherungsschutz des Schädigers auf die Haftung bei Mitsportlerverletzungen auswirken kann.83 So zweifelte der Bundesgerichtshof zunächst an, ob von der Treuwidrigkeit der Inanspruchnahme durch den geschädigten Sportler auch dann ausgegangen werden müsse, wenn der Schädiger durch eine Haftpflichtversicherung abgesichert sei.84 Diese Thematik konkretisierte der Bundesgerichtshof sodann in einer Folgeentscheidung und stellte fest, dass die Inanspruchnahme nach einer 82 Ganz anders könnte dies aber bei der Annahme eines außertatbestandlichen Ansatzes liegen. Da im Rahmen dieser Ansätze stets von einem rechtswidrigen und schuldhaften Verhalten des Schädigers ausgegangen würde, wäre jede Mitsportlerverletzung dem Grunde nach beteiligungsfähig. Dies stellt eine außergewöhnliche Schwäche aller außertatbestandlichen Lösungen dar, denkt man allein daran, wie leicht es in der Folge zu einer Haftung der Mitsportler, Vereinsangehörigen oder Zuschauer kommen könnte, wenn sie Einfluss auf den schädigenden Sportler nehmen. Legt man die Auffassung des BGH sodann zu Grunde und ließe die Sportlerhaftung erst über § 242 BGB entfallen, müsste auch bedacht werden, wie ein Teilnehmer in den Genuss einer Haftungsmodifikation gelangen könnte. Konsequenterweise müsste die Rechtsprechung in diesen Fällen wohl auch mit § 242 BGB operieren und ein weiteres Feld der Rechtsunsicherheit bei Sportverletzungen – die Berücksichtigung eines Versicherungsschutzes auf Seiten des Teilnehmers sei zur Vereinfachung noch ausgelassen – wäre die Folge. 83 S. dazu BGHZ 154, 316, 325 f.; BGH, NJW 2008, 1591, 1592; 2010, 537, 538. 84 BGHZ 154, 316, 325.

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D. Eigener Lösungsansatz

Mitsportlerverletzung bei bestehendem Versicherungsschutz des Schädigers möglich sei.85 Streng genommen bedeutete dies, dass sich ein Versicherungsschutz haftungsbegründend oder haftungserhaltend auswirkte,86 da die ansonsten vom BGH angenommene Treuwidrigkeit der Inanspruchnahme bei der Möglichkeit des Rückgriffs auf einen Versicherungsträger gerade nicht bestehen soll. Diese Rechtsprechung steht in einem offenen Widerspruch zum versicherungsrechtlichen Trennungsprinzip.87 Das (Haftpflicht-)Versicherungsrecht wird grundlegend von diesem Prinzip dominiert.88 Dieses bringt zum Ausdruck, dass die etwaige Einstandspflicht der Versicherung gegenüber dem Versicherungsnehmer unabhängig von der Frage der Haftung des Versicherungsnehmers gegenüber dem geschädigten Dritten zu beurteilen ist.89 Anders ausgedrückt bedeutet dies, dass sich das Bestehen der Versicherung demnach nicht auf die Haftung des Versicherungsnehmers gegenüber dem Dritten auswirken darf.90 Nur in Ausnahmefällen soll eine Abweichung von diesem Prinzip möglich sein.91 Wenn der Bundesgerichtshof zunächst in Frage stellt, ob bei bestehendem Versicherungsschutz nicht doch an eine Haftung bei regelgerechter oder leicht regelwidriger Mitspielerverletzung zu denken sei und dies in seiner Folgeentscheidung bestätigt,92 durchbricht er mit seinem Ergebnis diesen versicherungsrechtlichen Grundsatz. Diese Durchbrechung und die vom BGH im Rahmen des § 242 BGB vorgenommene Haftungsmodifikation führen 85

BGH, NJW 2008, 1591, 1592. S. dazu auch BGH, NJW 2010, 537, 538 sowie ferner Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 50. 87 Auf diesen Widerspruch weist auch Schaub, in: Das Prinzip der Selbstverantwortung, 281, 297 hin. S. im Allgemeinen zu diesem versicherungsrechtlichen Grundprinzip die Ausführungen und Nachweise bei Bruck/Möller/Koch, Vor §§ 100 – 112 VVG Rn. 92 ff.; MünchKomm-VVG/ Wandt, § 108 VVG Rn. 1; Versicherungsrechts-Handbuch/von Rintelen, § 23 Rn. 334; Versicherungsrechts-Handbuch/Schneider, § 24 Rn 4, 149a. S. zudem aus der jüngeren Rechtsprechung zum Trennungsprinzip BGHZ 117, 345; BGH, NJW-RR 2001, 1311; NJW 2006, 389. 88 S. insofern Bruck/Möller/Koch, Vor §§ 100 – 112 VVG Rn. 92 ff.; MünchKomm-VVG/ Wandt, § 108 VVG Rn. 1; Versicherungsrechts-Handbuch/von Rintelen, § 23 Rn. 334; Versicherungsrechts-Handbuch/Schneider, § 24 Rn 4, 149a. S. zudem aus der jüngeren Rechtsprechung zum Trennungsprinzip BGHZ 117, 345; BGH, NJW-RR 2001, 1311; NJW 2006, 389. 89 S. dazu Bruck/Möller/Koch, Vor §§ 100 – 112 VVG Rn. 92 sowie Armbrüster, NJW 2009, 187, 192. S. dazu im sportrechtlichen Kontext auch BGH, NJW 2010, 537, 539; OLG Celle, VersR 2009, 1236, 1237 sowie Seyboldt/Wendt, VersR 2009, 455, 461. 90 S. dazu BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 86; Bruck/Möller/Koch, Vor §§ 100 – 112 VVG Rn. 92. S. dazu im sportrechtlichen Kontext auch BGH, NJW 2010, 537, 539; OLG Celle, VersR 2009, 1236, 1237; Diederichsen, DAR 2010, 301, 304; Looschelders, FS Müller, 129, 130; Seyboldt/Wendt, VersR 2009, 455, 461. 91 So ausdrücklich Looschelders, FS Müller, 129, 132. S. dazu auch BGH, NJW 2010, 537, 539. S. zur Möglichkeit der Durchbrechung des Trennungsprinzips, insbesondere auch vor dem Hintergrund jüngerer Entscheidungen der Rechtsprechung, Armbrüster, NJW 2009, 187 sowie Seyboldt/Wendt, VersR 2009, 455, 458 ff. Dieser Umstand scheint für Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 50 hingegen von nicht allzu großer Bedeutung zu sein. 92 BGHZ 154, 316, 325; BGH, NJW 2008, 1591, 1592 f. 86

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im Ergebnis dazu, dass dem Versicherungsschutz in der Praxis eine eigenständige Bedeutung bei der Beurteilung von Mitsportlerverletzungen zukommt.93 Dass dieses Ergebnis der Rechtsprechung nicht frei von Kritik bleiben konnte, verwundert – allein schon aufgrund des offen zu Tage tretenden Widerspruchs zu versicherungsrechtlichen Grundsätzen – nicht. So erscheint es bereits stark bedenklich, die Haftung vom Versicherungsschutz des Schädigers abhängig zu machen.94 Wie auch Faust hervorhebt, widerspricht es gerade der Grundfunktion einer Versicherung, sie eingreifen zu lassen, wenn an sich keine Haftung begründet wurde.95 Bei der Sporthaftung besteht zudem auch keine Ausnahmesituation, die eine Durchbrechung des Trennungsprinzips rechtfertigt.96 Darüber hinaus begründet der Versicherungsschutz auf Seiten des Schädigers unter Zugrundelegung der Auffassung des BGH eine Art Zufallselement für den geschädigten Sportler,97 der letztlich darauf hoffen muss, von einem versicherten Sportler geschädigt zu werden, da er ansonsten keinen Schadensersatz verlangen könnte. In der Reflexwirkung könnte der Geschädigte vielleicht sogar unangemessen privilegiert werden, wenn das Versicherungsargument so weit reichte, dass auch nicht gegebene Anspruchsvoraussetzungen durch den Versicherungsschutz des Schädigers überlagert werden könnten.98 Daher wird zu Recht angeführt, dass es nicht überzeugen kann, wenn derselbe Regelverstoß in einer Schädigungskonstellation mit Versicherungsschutz zur Haftung führte, in einer Konstellation ohne Versicherungsschutz hingegen nicht.99 Führt man diesen Gedankengang weiter, könnten noch weitaus unerwünschtere Ergebnisse die Folge sein, insbesondere, wenn der versicherte Schädiger einer regelgerecht verursachten Mitsportlerverletzung allein aufgrund des Versicherungsschutzes haftete, der Schädiger einer regelwidrig zugefügten Sportverletzung mangels Versicherung hingegen nicht.100 Dieser noch extremere Wertungswiderspruch könnte die Sportler 93

S. dazu auch Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 50. So auch Faust, JuS 2008, 838, 839; in diese Richtung wohl auch Diederichsen, DAR 2010, 301, 304 sowie jurisPK-BGB/Seichter § 276 Rn. 42. 95 Faust, JuS 2008, 838, 839. Diesen Umstand berücksichtigt Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 50 nicht hinreichend, wenn er darauf abstellt, dass die Sportler bei Bestehen eines Versicherungsschutzes diesen regelmäßig auch in Anspruch nehmen wollen. 96 Ähnlich auch Looschelders, FS Müller, 129, 132 sowie Seyboldt/Wendt, VersR 2009, 455, 461 ff. Auf diesem Kritikpunkt basierend verweisen Seyboldt/Wendt, VersR 2009, 1237, 1238 sowie VersR 2009, 455, 461 f. zu Recht auch darauf, dass die Neuregelung des § 108 Abs. 2 VVG das Trennungsprinzip gerade nicht in Frage stellt. 97 So auch Heermann, JZ 2008, 1001, 1004 sowie Looschelders, FS Müller, 129, 136. 98 In diese Richtung scheinen auch Looschelders, FS Müller, 129, 132 ff. und Pick, Verkehrspflichten und Handlungsfreiheit des „Schädigers“, 166 f. zu denken. S. ferner auch BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 577. 99 So OLG Celle, VersR 2009, 1236, 1237; BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 575; Heermann, JZ 2008, 1001, 1002 sowie Looschelders, FS Müller, 129, 136. 100 So nimmt auch Pick, Verkehrspflichten und Handlungsfreiheit des „Schädigers“, 166 f. eine allgemeine Tendenz wahr, dass die Rechtsprechung bei Bestehen einer Haftpflichtversicherung auf Seiten des Schädigers oftmals geneigt sei, vergleichsweise strengere Maßstäbe an 94

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D. Eigener Lösungsansatz

sogar dazu verleiten, sich von ihren Versicherungsverträgen zu lösen und die ansonsten anfallende Versicherungsprämie anderweitig zu verwenden, da sich der Versicherungsschutz letztlich – entgegen seiner eigentlichen Grundidee – gegen sie auswirkte.101 Diese Folgen können sicherlich auch vom BGH nicht gewollt sein. Schließlich wird vorgetragen, dass die Versicherungswirtschaft durch diese Rechtsprechung unberechtigterweise belastet werde und Versicherungen letztlich wirtschaftlich entwertet werden würden.102 Ob dies tatsächlich der Fall sein könnte, müsste empirisch bewiesen werden und mag im Lichte der anderen Kritikpunkte dahingestellt sein. Dieser Kritik konnte sich letztlich auch der BGH nicht erwehren und hielt in einer weiteren Folgeentscheidung fest, dass ein bestehender Versicherungsschutz nicht dazu geeignet sei, ein fehlendes Verschulden auf Seiten des Schädigers zu ersetzen.103 Durch diese Einschränkung relativiert der Bundesgerichtshof zwar seine in den Vorentscheidungen getätigten Aussagen, allerdings trifft er keine eindeutige Entscheidung darüber, ob er den Versicherungsschutz weiterhin zum Entfallen der Treuwidrigkeit der Inanspruchnahme bei Mitsportlerverletzungen heranziehen will.104 Dies wäre wünschenswert gewesen und hätte die weiterhin denkbaren Wertungswidersprüche ausräumen können. Gerade vor dem Hintergrund der Kritik der Literatur und der neuerlichen Relativierung des Versicherungsarguments könnte sich aber eine grundlegende Kehrtwende und Rückbesinnung zu alten Grundsätzen auf Seiten der Rechtsprechung andeuten. Bis dahin muss allerdings davon ausgegangen werden, dass die Rechtsprechung einen Versicherungsschutz auf Seiten des Schädigers weiterhin im Rahmen der Haftungsbegründung oder -erhaltung berücksichtigen könnte. Unbefriedigende Ergebnisse sind somit leider weiter im Bereich des Möglichen. Gerade auch vor diesem Hintergrund sollte die Rechtsprechung – sofern dies ein passender Fall ermöglichte – erneut überlegen, ob sie eine Haftungsmodifikation bei Mitspielerverletzungen weiterhin über § 242 BGB begründen will. Für die vorliegende Untersuchung hat die dargestellte Problematik jedoch nur untergeordnete Bedeutung, da die Begründung eines Sporthaftungsprivilegs generell nicht über den Ausschluss einer treuwidrigen Inanspruchnahme erfolgen kann.105 das Verhalten des Schädigers zu setzen und dadurch den Geschädigten leichter in den Genuss eines Schadensersatzanspruches kommen zu lassen. 101 In eine ähnliche Richtung argumentieren auch Seyboldt/Wendt, VersR 2009, 455, 463. 102 Müller-Stoy, VersR 2005, 1457, 1458; ähnlich auch Leube, VersR 2008, 880, 881, der darauf verweist, dass mit einem erheblichen Anstieg der Inanspruchnahmen im Wettkampfsport zu rechnen sei; Ähnliches befürchtet auch Schimikowski, r+s 2008, 189. 103 BGH, NJW 2010, 537, 539. 104 So weist der Bundesgerichtshof explizit darauf hin, dass diese Frage nicht entschieden werden musste, BGH, NJW 2010, 537, 538. An dieser Stelle wäre ein obiter dictum wohl weitaus zielführender gewesen als der pauschale Verweis, dass der zu entscheidende Streitfall die Problematik nicht tangiert. 105 S. dazu auch die obigen Ausführungen unter C.V.2.

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Dennoch führen die neuerlichen Ansätze der Rechtsprechung zu der Frage, ob eine Berücksichtigung eines Versicherungsschutzes nicht doch im Rahmen der beiden verbliebenen Lösungsmöglichkeiten möglich wäre und wie sich dies in der Folge auf die Dogmatik einer Haftungsmodifikation bei der Sportausübung auswirken könnte.106 Insoweit kann allerdings festgehalten werden, dass dem Versicherungsschutz bei einer Berücksichtigung im Rahmen der verbliebenen Modelle keine isolierte Bedeutung zukommt.107 So besteht – will man nicht offen in Widerspruch zum versicherungsrechtlichen Trennungsprinzip treten – keine Möglichkeit, eine Versicherung im Rahmen des Verschuldens mit einer eigenständigen Wertung zu versehen.108 Dies gilt ebenfalls für die Berücksichtigung im Rahmen einer Verkehrspflichtlösung, unabhängig davon, ob sie zur positiven Begründung der Rechtswidrigkeit oder aber zur Begrenzung der Zurechnung herangezogen werden sollte.109 Im Ergebnis bedeutet dies, dass dem Versicherungsargument im Rahmen der beiden übrig gebliebenen Lösungsoptionen keine eigenständige Bedeutung zukommt.110 Will man das versicherungsrechtliche Trennungsprinzip nicht außer Kraft setzen, kann sich ein bestehender Versicherungsschutz nicht auf die Haftung bei Mitspielerverletzungen auswirken.111 Die Versicherung kann insbesondere auch nicht zur Haftungsbegründung herangezogen werden, wenn dem Grunde nach keine Haftung des Schädigers besteht.112 Einem Versicherungsschutz kommt dennoch erhebliche praktische Bedeutung zu, allerdings nur dann, wenn festgestellt werden sollte, dass der schädigende Sportler auch tatsächlich für die verursachte Mitspielerverletzung haften muss.113 Insoweit handelt es sich aber um eine allgemeine rechtliche und wirtschaftliche Fragestellung und nicht um eine spezifische Besonderheit der Haftung für Mitspielerverletzungen. Bezogen auf die Haftungsgrundsätze des BGH bleibt nur zu hoffen, dass ein Versicherungsschutz des schädigenden 106 So spricht sich in jüngster Zeit Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 50 explizit für die Bedeutung eines etwaigen Versicherungsschutzes bei Mitsportlerschädigungen aus. 107 So auch Looschelders, FS Müller, 129, 136. S. dazu auch OLG Celle, VersR 2009, 1236, 1237 sowie ferner BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535; Schaub, in: Das Prinzip der Selbstverantwortung, 281, 297. 108 So auch Faust, JuS 2008, 838, 839; ähnlich auch Looschelders, FS Müller, 129, 136 sowie Seyboldt/Wendt, VersR 2009, 455, 463. S. ferner jurisPK-BGB/Seichter § 276 Rn. 42. 109 Ähnlich auch Faust, JuS 2008, 838, 839 sowie Looschelders, FS Müller, 129, 136. 110 So auch Looschelders, FS Müller, 129, 136. S. dazu auch OLG Celle, VersR 2009, 1236, 1237 sowie ferner BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535. 111 So auch Burger, SpuRt 2007, 192, 194; jurisPK-BGB/J. Lange, § 823 Rn. 109; Looschelders, FS Müller, 129, 132; Seyboldt/Wendt, VersR 2009, 455, 461 sowie VersR 2009, 1237, 1238. S. dazu auch OLG Celle, VersR 2009, 1236, 1237 sowie ferner Schaub, in: Das Prinzip der Selbstverantwortung, 281, 297. 112 So auch OLG Celle, VersR 2009, 1236, 1237; BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535; Looschelders, FS Müller, 129, 132; Seyboldt/Wendt, VersR 2009, 1237, 1238; bezogen auf ein fehlendes Verschulden jedenfalls jetzt auch BGH, NJW 2010, 537, 538. 113 In diese Richtung deutet auch Looschelders, FS Müller, 129, 132 Fn. 18, wenn er den Aspekt der Versicherbarkeit hervorhebt, der allerdings nur bei der Entscheidung über die generelle Verteilung von Haftungsrisiken Berücksichtigung finden solle.

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D. Eigener Lösungsansatz

Sportlers in Zukunft generell keine Berücksichtigung mehr im Rahmen der Haftungsbegründung finden wird und das versicherungsrechtliche Trennungsprinzip im Rahmen der Mitsportlerverletzungen wieder vollumfänglich zur Geltung gelangt. 5. Zwischenergebnis Die Untersuchung der weiteren denkbaren Einfluss- und Störquellen hat gezeigt, dass weder aus Abwehrrechten des geschädigten Sportlers, den Rechtwidrigkeitsmodellen im Allgemeinen, noch aus der Möglichkeit einer Teilnehmerhaftung oder der Berücksichtigung eines etwaigen Versicherungsschutzes weitere Widrigkeiten entstehen, die es im Rahmen der Realisierung eines „Sporthaftungsprivilegs“ zu bewältigen gäbe. Vielmehr hat sich ergeben, dass sowohl eine Verkehrspflichtlösung als auch eine Verschuldensmodifikation weiterhin grundsätzlich – abgesehen von den Herausforderungen, die sich aus den Rechtswidrigkeitsmodellen im Allgemeinen ergeben und die es noch zu lösen gilt – zur Problembewältigung geeignet erscheinen und nicht durch den Einfluss der examinierten Faktoren ausgeschlossen werden.

III. Auflösung der verbliebenen dogmatischen Herausforderungen 1. Herausforderungen einer Verkehrspflichtkonzeption Die verbliebene Aufgabe, der eine Verkehrspflichtenlösung bei der Sportausübung gerecht werden muss, besteht darin, zu erklären, dass allein aus dem zur Verletzung führenden Einsatz des schädigenden Sportlers noch keine Aussage über die Rechtswidrigkeit getroffen werden kann, sondern es vielmehr zusätzlich eines weiteren Erfordernisses in Gestalt eines Verkehrspflichtverstoßes bedarf. a) Mitsportlerverletzungen im Lichte der Kombinationslehre Die besondere Problematik der angestrebten Vereinbarkeit von Verkehrspflichtmodell und Mitsportlerverletzung folgt maßgeblich aus dem Umstand, dass Mitspielerverletzungen in den weit überwiegenden Fällen unmittelbare Eingriffe darstellen.114 Regelmäßig führt der Einsatz des schädigenden Sportlers ohne das Hinzutreten weiterer Faktoren zur Schädigung des Mitsportlers.115 Dagegen wird es sich im Verhältnis der Sportler untereinander nur in seltenen Fällen um mittelbare 114

Ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 191; allerdings handele es sich ihrer Auffassung nach bei Mitspielerverletzungen stets um unmittelbare Verletzungen. S. in diesem Kontext auch Emmerich, BGB – Schuldrecht Besonderer Teil, § 21 Rn. 9. 115 S. dazu auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 191; BeckOGK BGB/Looschelders [01. 06. 2018], § 254 Rn. 139.1.

III. Auflösung der verbliebenen dogmatischen Herausforderungen

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Eingriffe oder Unterlassungen handeln, die sich bei der Sportausübung schädlich auswirken, da die Typizität des Sports externe Einflüsse größtenteils ausschließt. Überträgt man diese Erkenntnis nun auf die zur Beurteilung der Rechtswidrigkeit herrschende Kombinationslehre116, ergibt sich, dass eine Verkehrspflichtlösung nur bei mittelbaren Eingriffen und Unterlassungen realisierbar wäre.117 Allein im Bereich dieser Schädigungen soll eine handlungsorientierte Rechtswidrigkeitsbeurteilung vorgenommen werden.118 Für den Bereich der – bei der Sportausübung weitaus überwiegenden – unmittelbaren Schädigungen soll dagegen zwingend die Lehre vom Erfolgsunrecht angewandt werden.119 Eine erfolgsorientierte Rechtswidrigkeitsbewertung und eine Verkehrspflichtlösung schließen sich aber gegenseitig aus. Dies hat zur Folge, dass im Lichte der überkommenen Kombinationslehre ein „Sporthaftungsprivileg“ nicht zielführend anhand eines Verkehrspflichtmodells verwirklicht werden kann, sondern es einer verschuldensbasierten Lösung bedürfte.120 Wollte man dennoch mittelbare Schädigungen unter Zugrundelegung einer Verkehrspflichtlösung bewerten, könnte dies zudem missliche Konsequenzen hervorrufen, beispielsweise wenn sich nicht eindeutig feststellen ließe, ob eine mittelbare oder unmittelbare Schädigung vorliegt.121 So wäre allein der Bereich der mittelbaren Schädigung uneingeschränkt durch das Hinzutreten des Erfordernisses eines Verkehrspflichtverstoßes privilegierungsfähig, bei einer unmittelbaren Schädigung hingegen bedürfte es eines anderen Lösungskonzeptes, um ein möglichst einheitliches Ergebnis herbeiführen zu können. Auch dieser Umstand zeigt, dass sich eine Verkehrspflichtlösung bei der Sportausübung nicht sinnvoll mit der Kombinationslehre vereinbaren lässt. Vielmehr bedarf es zur überzeugenden Problembewältigung auf Grundlage eines Verkehrspflichtmodells zwingend einer generell handlungsorientierten Betrachtung, die sich nicht nur auf mittelbare Eingriffe und Unterlassungen fokussiert, sondern auch unmittelbare Schädigungen erfasst. Darauf aufbauend ergibt sich die Frage, ob es bei unmittelbaren Schädigungen zwingend einer erfolgsorientierten Rechtswidrigkeitsbewertung bedarf oder aber – jedenfalls für den Bereich der Sportausübung – eine handlungsbezogene Sichtweise 116 S. zur Kombinationslehre im Allgemeinen HK-BGB/Staudinger, § 823 Rn. 75; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 7; PWW/Schaub, § 823 Rn. 13; Soergel/Spickhoff, § 823 Rn. 18. 117 S. dazu auch HK-BGB/Staudinger, § 823 Rn. 75; Looschelders, FS Müller, 129, 134 f.; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 7; PWW/Schaub, § 823 Rn. 13; Soergel/Spickhoff, § 823 Rn. 18. 118 S. dazu auch HK-BGB/Staudinger, § 823 Rn. 75; Kleindiek, Deliktshaftung und juristische Person, 25; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 7; PWW/Schaub, § 823 Rn. 13; Soergel/Spickhoff, § 823 Rn. 18. 119 S. dazu auch HK-BGB/Staudinger, § 823 Rn. 75; Kleindiek, Deliktshaftung und juristische Person, 25; PWW/Schaub, § 823 Rn. 13; Soergel/Spickhoff, § 823 Rn. 18. 120 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 191. S. ferner Emmerich, BGB – Schuldrecht Besonderer Teil, § 21 Rn. 9. 121 S. zu den auch heutzutage immer noch bestehenden Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen unmittelbaren und mittelbaren Schädigungen allein MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 7.

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D. Eigener Lösungsansatz

der Widerrechtlichkeit ermöglicht werden kann. Zwar konstatieren einige Stimmen, dass sich im Bereich des Sports eine handlungsorientierte Rechtswidrigkeitssicht anböte oder gar durchgesetzt habe.122 Dies geschieht allerdings meist ohne eine konkrete Untersuchung, ob eine Verkehrspflichtlösung überhaupt im Einklang mit der Beurteilung von unmittelbaren Schädigungen stehen kann.123 Daran anknüpfend ergibt sich des Weiteren die Frage, ob es zwangsläufig einer Differenzierung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Eingriffen bedarf, da sie selbst einen Teil der Problematik darstellt. Sollte sich herausstellen, dass diese Unterscheidung nicht zwingend erforderlich ist, wäre ein starkes Argument gefunden, das für die generelle Vereinbarkeit von Verkehrspflichten und Mitspielerverletzungen spricht. b) Der reduzierte „Tabubereich“ bei der Sportausübung Erste Zweifel an der Notwendigkeit einer erfolgsbezogenen Rechtswidrigkeitsbetrachtung bei der Sportausübung sowie dem Sinn einer Differenzierung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Schädigungen ergeben sich aus der Typizität der jeweiligen Sportarten selbst. So herrscht – unabhängig davon, ob es sich um Kampfoder Parallelsportarten handelt – unter den Sportlern generell ein anderes und weitaus legereres Miteinander als in vielen anderen Lebens- und Gesellschaftssituationen.124 Dieser Umstand könnte bereits dafür sprechen, dass im Sportbereich ein anderes Werteverständnis herrscht, aus dem auch darauf geschlossen werden könnte, dass nicht jede Mitsportlerverletzung automatisch mit einer rechtlichen Missbilligung versehen werden muss. Darüber hinaus besteht beim Sport – anders als in den meisten Lebensbereichen – nur ein eingeschränkter Integritätsschutzbereich der Sportler.125 Der üblicherweise bestehende „Tabubereich“ einer Person ist bei der Sportausübung vielfach nur reduziert gegeben oder – je nach Sportart – gar fast aufgehoben.126 Dadurch, dass die Sportler ihrem Sport freiwillig nachgehen und sich den jeweiligen Regeln unterstellen, geben sie freiwillig auch einen gewissen – sich je nach Sportart unter122

PHB Sportrecht/Fritzweiler, 5. Teil Rn. 17 ff. Weisemann/Spieker, Sport, Spiel und Recht, Rn. 74; nicht in dieser Ausdrücklichkeit, aber durchaus bestimmend Börner, Sportstätten-Haftungsrecht, 240; Mertens, VersR 1980, 397, 400; Wacke, Stadion III (1977), 4, 21 f.; Zimmermann, VersR 1980, 497, 498 f. 123 Eine solche, meist vom Ergebnis her geführte Argumentation kritisiert zu Recht auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 193. 124 Ähnlich auch Looschelders, FS Müller, 129, 134; Sportrecht in der Praxis/Adolphsen, Rn. 852 sowie Zimmermann, VersR 1980, 497, 498. 125 Schild, Jura 1982, 520, 528; Zimmermann, VersR 1980, 497, 498. In diese Richtung auch Looschelders, FS Müller, 129, 134 sowie Sportrecht in der Praxis/Adolphsen, Rn. 852. S. ferner auch Bohn, Regel und Recht, 97 f. 126 So auch Looschelders, FS Müller, 129, 134 sowie JR 2000, 265, 269; Sportrecht in der Praxis/Adolphsen, Rn. 852. In diese Richtung auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 197 f.; Schild, Jura 1982, 520, 528; Thaler, CaS 2006, 172, 174 sowie Zimmermann, VersR 1980, 497, 498. S. ferner auch Bohn, Regel und Recht, 97 f.

III. Auflösung der verbliebenen dogmatischen Herausforderungen

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scheidenden – Teil ihres körperlichen „Tabubereichs“ gegenüber ihren Mitsportlern auf.127 Außerdem stellt der Körperkontakt für den Verkehrskreis der Sportler einen Teil des Wesens der Sportausübung dar.128 Dies führt unter anderem auch dazu, dass der Sportler seinen Mitsportler vielfach nicht darauf verweisen kann, dass eine Einwirkung auf seinen Körper zu unterbleiben hat.129 Aus diesem Umstand kann man bereits folgern, dass – trotz der besonderen Nähe zwischen Handlung und Verletzungserfolg bei der Sportausübung – nicht jeder Eingriff in die körperliche Integrität ohne das Hinzutreten weiterer Voraussetzungen als tatbestandliche oder rechtswidrige Körper- oder Gesundheitsverletzung gewertet werden kann.130 Gestützt auf die jeweiligen Regelwerke wird die Einwirkung des Sportlers auf den Mitsportler geradezu rechtlich ermöglicht, teilweise sogar vorausgesetzt.131 Sollte sich die sportliche Einwirkung in der Folge schädigend auswirken, ist die pauschale Annahme der Widerrechtlichkeit nicht immer geboten.132 Vielmehr kann festgehalten werden, dass der Sport als Mikrokosmos lediglich ein abgeschwächtes Verständnis eines körperlichen „Tabubereichs“ beinhaltet,133 das bereits in die Richtung eines Zusatzerfordernisses zur Bestimmung der haftungsrechtlichen Missbilligung interpretiert werden kann. Geht man an dieser Stelle noch weiter, könnte man gar argumentieren, dass bereits aus diesem Grunde die – ansonsten bei unmittelbaren Verletzungshandlungen angenommene – Indizwirkung der Pflichtwidrigkeit beim

127

In diese Richtung auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 198; Sengle, in: Haftungsrechtliche Probleme im Fußballsport, 5, 6 f. sowie Zimmermann, VersR 1980, 497, 498. S. zudem auch Regel 43 der „International Ice Hockey Federation“, die beim Eishockey die körperliche Beeinträchtigung des Gegenspielers durch einen regelkonformen „Bodycheck“ explizit billigt sowie zum Regelwerk im Allgemeinen Fn. 14. Die Aufgabe eines Teiles des „Tabubereichs“ darf aber nicht als eine Form der Einwilligung verstanden werden, da es sich ansonsten um eine Generaleinwilligung handelte, die gerade nicht angenommen werden kann. Vielmehr zeigen die Sportler durch die Regelunterstellung die Bereitschaft, gewisse körperliche „Attacken“ zuzulassen, ohne aber vollständig auf ihren Rechtsgüterschutz verzichten zu wollen, was aber bei einer Einwilligung gerade der Fall wäre. 128 So auch Looschelders, FS Müller, 129, 134. Ähnlich auch Schild, Jura 1982, 520, 528. 129 Ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 198; Thaler, CaS 2006, 172, 174. 130 In diese Richtung auch Looschelders, FS Müller, 129, 134 sowie JR 2000, 265, 269. 131 So auch Zimmermann, VersR 1980, 497, 498; ähnlich argumentiert auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 198, allerdings ohne diesen Aspekt explizit hervorzuheben. S. ferner Pardey, zfs 1995, 281, 281 sowie Sengle, in: Haftungsrechtliche Probleme im Fußballsport, 5, 6 f. So wird etwa beim Eishockey die körperliche Beeinträchtigung des Gegenspielers durch einen regelkonform ausgeführten „Bodycheck“ explizit durch Regel 43 der „International Ice Hockey Federation“ gebilligt. S. zum Regelwerk beim Eishockey Fn. 14. 132 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 198; Looschelders, Schuldrecht BT, Rn. 1176 sowie FS Müller, 129, 134. 133 Ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 198; Thaler, CaS 2006, 172, 174 sowie Zimmermann, VersR 1980, 497, 498.

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D. Eigener Lösungsansatz

Sport gerade nicht besteht.134 Jedenfalls aber lässt der reduzierte „Tabubereich“ berechtigte Zweifel an der Notwendigkeit der erfolgsorientierten Rechtswidrigkeitsbewertung bei der Sportausübung aufkommen. c) Keine Eingriffsdifferenzierungen im Bereich der Sportausübung Neben dem reduzierten Tabubereich bestehen aber noch weitere gewichtige Argumente, die jedenfalls gegen eine Differenzierung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Verletzungen – und somit für eine Ermöglichung einer Verkehrspflichtlösung – im Bereich der Sportausübung sprechen. Insbesondere Looschelders und Wilhelmi üben harsche Kritik an dieser Differenzierung, da es ihrer Ansicht nach bislang nicht gelungen sei, eine sinnvolle Abgrenzung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Verletzungen zu etablieren.135 Außerdem könne der maßgebliche Unterschied zwischen beiden Eingriffsformen nicht darin gesehen werden, dass die Handlung bei einer unmittelbaren Verletzung notwendig und ohne Dazwischentreten weiterer Umstände stets den Verletzungserfolg herbeiführe.136 Vielmehr könne die Handlung immer nur die Gefahr einer mehr oder weniger großen Wahrscheinlichkeit des Eintrittes einer außerhalb der Handlung stehenden Veränderung von Zuständen in der Außenwelt bewirken.137 Wenn die Befürworter der Differenzierung den qualitativen Unterschied zwischen unmittelbaren und mittelbaren Schädigungen insbesondere anhand der besonderen Nähe zwischen Handlung und Erfolg bei unmittelbaren Schädigungen begründen wollen, kann dieser Umstand nicht ernstlich in Zweifel gezogen werden.138 Allerdings greift diese Begründung im Ergebnis zu kurz, da – wie auch Looschelders zu Recht feststellt – nicht ausreichend berücksichtigt wird, dass der Verletzungserfolg nicht allein die logische Konsequenz (irgend-)einer der Schädigung nahestehenden Handlung ist, sondern es zur Verbindung beider Elemente noch des entsprechenden 134 In diese Richtung scheint Looschelders, Schuldrecht BT, Rn. 1176 sowie FS Müller, 129, 134 zu denken. 135 BeckOGK BGB/Looschelders [01. 06. 2018], § 254 Rn. 139.1; Looschelders, Schuldrecht BT, Rn. 1176 sowie FS Müller, 129, 134; Wilhelmi, Risikoschutz durch Privatrecht, 109 f. Kritisch dazu auch MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 21 ff. sowie Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 3. 136 Looschelders, FS Müller, 129, 134 sowie JR 2000, 265, 269; Wilhelmi, Risikoschutz durch Privatrecht, 109 ff. Kritisch dazu auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 196 sowie allgemein Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 110. Dieser Umstand soll nach Ansicht von Stoll, AcP 162 (1963), 203, 207 und U. Huber, FS E. R. Huber, 253, 276 aber schon zur Differenzierung ausreichen. S. ferner zur Abgrenzung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Schädigungen Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 2 ff. 137 Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 234 sowie FS Müller, 129, 134. S. dazu auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 196; allgemein auch Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 110; Zippelius, AcP 157 (1958/1959), 390, 397 f. sowie aus dem Strafrecht Struensee JZ 1987, 53, 58. 138 Diesen Umstand gesteht auch Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 234 sowie FS Müller, 129, 134 ein.

III. Auflösung der verbliebenen dogmatischen Herausforderungen

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Kausalverlaufs bedarf.139 Der die Handlung mit der Schädigung verbindende Kausalverlauf liegt aber auch bei unmittelbaren Verletzungen nicht immer in der Gewalt des Schädigers, sondern kann vielmehr auch auf Ursachen beruhen, die vom Schädiger gerade nicht beherrscht werden können.140 Die Handlung führt somit in der Konsequenz lediglich zu einer Gefahr, die mit einer mehr oder minder großen Wahrscheinlichkeit einen Verletzungserfolg herbeiführen kann.141 Ein finaler Rückschluss von der Verletzungshandlung auf den Verletzungserfolg ergibt sich daher auch bei unmittelbaren Schädigungen nicht zwangsläufig, wenn auch vielfach eine besonders enge Verbindung zwischen Handlung und Erfolg bei einer unmittelbaren Schädigung bestehen mag.142 Kombiniert man diesen Aspekt nun mit den Wertungen des aufgrund der Typizität des Sports nur eingeschränkt bestehenden „Tabubereichs“ der Sportler, so entstehen doch erhebliche Zweifel an der Gebotenheit der Differenzierung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Schädigungen, sodass es sinnvoll erscheint, jedenfalls im Bereich der Sportausübung auf sie zu verzichten.143 Einerseits verschwimmen die Unterschiede zwischen den Eingriffsformen aufgrund der Besonderheiten des Sports bei der Sportausübung noch mehr als im Allgemeinen, wo bereits das Fehlen einer klaren und sinnvollen Leitlinie zur Abgrenzung der Eingriffsformen beklagt werden muss. Andererseits zeigt sich aber auch, dass die Differenzierung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Schädigungen sowie Unterlassungen der Typizität des Sports schon dem Grunde nach nicht gerecht wird und sie vielmehr eher Problemfelder kreiert als sie aufzulösen vermag. Aus diesen Gründen kann jedenfalls für den Bereich der Mitsportlerverletzungen auf die Differenzierung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Schädigungen verzichtet werden.144 Somit scheint der Weg für

139 Looschelders, FS Müller, 129, 134; ähnlich auch Wilhelmi, Risikoschutz durch Privatrecht, 109 ff. S. dazu auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 196; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 22; Zippelius, AcP 157 (1958/1959), 390, 397 f. sowie aus dem Strafrecht Struensee JZ 1987, 53, 58 f. 140 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 196; Zippelius, AcP 157 (1958/1959), 390, 397 f. Ähnlich auch Looschelders, FS Müller, 129, 134; Wilhelmi, Risikoschutz durch Privatrecht, 109 f. 141 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 196; Zippelius, AcP 157 (1958/1959), 390, 397 f.; Wilhelmi, Risikoschutz durch Privatrecht, 110. Ähnlich auch Looschelders, FS Müller, 129, 134. 142 So auch Looschelders, FS Müller, 129, 134 sowie JR 2000, 265, 270; Wilhelmi, Risikoschutz durch Privatrecht, 110 f.; ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 196 sowie allgemein Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 110. 143 In diese Richtung argumentiert auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 196 ff.; im Allgemeinen sprichen sich auch Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 3 und Wilhelmi, Risikoschutz durch Privatrecht, 109 ff. gegen die Differenzierung aus. 144 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 195 ff.; Wilhelmi, Risikoschutz durch Privatrecht, 114; Zimmermann, VersR 1980, 497, 498. Im Allgemeinen sprechen sich zudem auch Kleindiek, Deliktshaftung und juristische Person, 25 f.; Loo-

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D. Eigener Lösungsansatz

eine Verkehrspflichtlösung als Haftungsmodifikation bei Mitsportlerverletzungen geebnet.145 d) Verkehrspflichten trotz unmittelbarer Schädigungen Schließlich verbleibt die Frage, ob neben den soeben untersuchten Aspekten noch ein letztes Hindernis gegen eine Verkehrspflichtkonzeption bei unmittelbaren Schädigungen spricht. Dazu kann jedenfalls nicht darauf verwiesen sein, dass Verkehrspflichten nicht in ein System unmittelbarer Schädigungen implementiert werden können.146 In früherer Zeit wurde insoweit noch teilweise mit einer etwaigen „Illegalität“ der Verkehrspflichten, insbesondere für den Bereich einer unmittelbar zum Verletzungserfolg führenden Handlung, argumentiert.147 Allerdings ist die grundsätzliche Legitimation und Existenz der Verkehrspflichten nach heutigem Erkenntnisstand nicht mehr ernstlich in Frage zu stellen.148 Darüber hinaus wurde – auch im Allgemeinen – schon mehrfach nachgewiesen, dass sich Verkehrspflichten und unmittelbare Schädigungen nicht gegenseitig ausschließen, sondern sich vielmehr im Lichte der Gefahrsteuerung sinnvoll ergänzen können.149 So hat unter anderem Canaris eindrucksvoll bewiesen, dass unmittelbare Schädigungen auch abseits der Sportausübung verkehrspflichtrelevant sein können.150 Die Verkehrspflichten beschränken sich demnach nicht allein auf Unterlassungen und mittelbare Schädigungen.151 Ihr Anwendungsbereich umfasst jegliche Eingriffsformen und schelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 234 sowie MünchKomm/ Wagner, § 823 Rn. 21 ff., 26 f. ausdrücklich für die Aufgabe dieser Differenzierung aus. 145 Im Ergebnis auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 199; Wilhelmi, Risikoschutz durch Privatrecht, 114. 146 Jedenfalls im Ergebnis auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 194 ff.; Looschelders, FS Müller, 129, 134 f.; Wilhelmi, Risikoschutz durch Privatrecht, 112 ff. 147 S. dazu im Allgemeinen die Ausführungen und Nachweise bei Kleindiek, Deliktshaftung und juristische Person, 34 ff.; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 381 ff.; Staudinger/Hager [2017], § 823 Rn. A 9 ff.; Voss, Die Verkehrspflichten, 58 ff. S. im Kontext des Sporthaftungsrechts auch Mertens, VersR 1980, 397, 398 ff. 148 S. dazu allein MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 381 ff.; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 6 ff.; Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. E 1. 149 S. dazu auch MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 21 ff. sowie Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 3 ff. S. ferner auch Münzberg, Verhalten und Erfolg als Grundlagen der Rechtswidrigkeit und Haftung, 332 ff. 150 Canaris, FS Larenz, 27, 79. S. zudem auch Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 110; Mertens, VersR 1980, 397, 400; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 22; Münzberg, Verhalten und Erfolg als Grundlagen der Rechtswidrigkeit und Haftung, 332 ff.; Wilhelmi, Risikoschutz durch Privatrecht, 112 ff. 151 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 199; Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 110; Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 234; ferner Kleindiek, Deliktshaftung und juristische Person, 25 f.; Mertens, VersR 1980, 397, 400; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 21 ff.; Münzberg, Verhalten

III. Auflösung der verbliebenen dogmatischen Herausforderungen

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somit in der logischen Konsequenz auch unmittelbare Schädigungen.152 Dagegen kann auch nicht eingewandt werden, dass – wie von Bar zutreffend feststellt153 – die Verkehrspflichten maßgeblich zur Gefahrsteuerung bei ferner liegenden Verletzungshandlungen entwickelt wurden.154 Dieser Umstand steht einer erforderlichen Implementierung der Verkehrspflichten im Rahmen der Sportausübung gerade nicht entgegen, sondern zeigt vielmehr, dass sich die judizielle Konzeption – wenn man denn zwischen legislativer und judizieller Konzeption unterscheiden will155 – weit über den anfänglich zugedachten Anwendungsbereich hinaus entwickelt hat. Auch fernab dieser Erkenntnis bestehen keine Anhaltspunkte, die noch gegen eine grundsätzliche Anwendbarkeit eines Verkehrspflichtensystems bei unmittelbaren Schädigungen sprechen könnten. e) Zwischenfazit Die obigen Ausführungen haben verdeutlicht, dass eine Verkehrspflichtlösung für Mitsportlerverletzungen den dogmatischen Herausforderungen gerecht wird. Zum einen konnte herausgestellt werden, dass im Rahmen der Sportausübung keine zwingende Notwendigkeit besteht, an der zur Bewertung der Rechtswidrigkeit allgemein vorherrschenden Kombinationslehre festzuhalten, zumal ihr spezifischer Nutzen aufgrund der Besonderheiten des Sports bereits stark in Frage gestellt ist. Diese ablehnende Haltung folgt insbesondere aus dem Umstand, dass trotz der besonders engen Beziehung zwischen der schädigenden Handlung und dem Verletzungserfolg bei Mitsportlerverletzungen allein aus dem Eintritt der Schädigung nicht zweifelsfrei auf die Verwirklichung des Tatbestands des § 823 Abs. 1 BGB oder aber auf die Rechtswidrigkeit geschlossen werden kann. Zum anderen hat sich ergeben, dass auch eine Differenzierung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Schädigungen jedenfalls bei Mitsportlerverletzungen nicht erforderlich ist. Aus diesen Gründen kann bei der Sportausübung trotz regelmäßig unmittelbar zugefügter Verletzungen auf ein Verkehrspflichtmodell zurückgegriffen werden,156 das somit de lege lata den Grundstein für eine eingeschränkte Verantwortlichkeit bei Mitsportlerverletzungen legen kann. Man könnte auf dieser Grundlage gar so weit gehen und und Erfolg als Grundlagen der Rechtswidrigkeit und Haftung, 332 ff.; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 3; Wilhelmi, Risikoschutz durch Privatrecht, 112 f. 152 So auch Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 110 sowie MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 21 ff.; Wilhelmi, Risikoschutz durch Privatrecht, 112 ff.; jedenfalls im Ergebnis auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 199. 153 von Bar, 25 Jahre Karlsruher Forum, Beilage VersR 1983, 80, 83. 154 S. zu der diesbezüglichen Entwicklung der Verkehrspflichten allein Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. E 1 ff. sowie bezüglich dieses Einwandes Mertens, VersR 1980, 397, 398 ff. sowie Münzberg, Verhalten und Erfolg als Grundlagen der Rechtswidrigkeit und Haftung, 332 ff. 155 S. zu dieser Unterscheidung allein Kleindiek, Deliktshaftung und juristische Person, 20 ff. sowie Staudinger/Hager [2017], § 823 Rn. A 11. 156 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 199.

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D. Eigener Lösungsansatz

dahingehend argumentieren, dass eine Abkehr vom erfolgsorientieren Rechtswidrigkeitsverständnis bei der Sportausübung zwingend geboten ist, um der Typizität des Sports angemessen Rechnung tragen zu können. Allerdings steht auch noch eine verschuldensbasierte Lösungsoption im Raume, sodass ein solcher Schluss verfrüht wäre. Jedenfalls hat die vorgenommene Untersuchung gezeigt, dass sich ein Verkehrspflichtmodell und unmittelbare Schädigungen nicht ausschließen, sondern ihr Zusammenspiel zu einer Haftungsmodifikation bei Mitsportlerverletzungen führen kann, deren konkrete Voraussetzungen und Reichweite sodann noch zu untersuchen wären. 2. Herausforderung einer Verschuldensmodifikation Die Herausforderung einer Verschuldensmodifikation scheint sich – jedenfalls bei einfacher Betrachtung – um ein Vielfaches einfacher auflösen zu lassen als die Problemstellung einer Verkehrspflichtlösung. Allerdings zeichnet sich eine angestrebte Verschuldensmodifikation durch einen umso gravierenderen Konflikt aus. So gilt es, Sportverletzungen den Makel der Rechtwidrigkeit zu nehmen. Da die verschuldensbasierten Lösungsansätze aber nicht ohne das Rechtwidrigkeitsurteil auskommen können,157 können sie die rechtliche Missbilligung einer Sportverletzung nicht nachträglich entfallen lassen. Der Makel der Rechtswidrigkeit kann nur im Rahmen einer Rechtfertigung im Nachgang wieder entfallen.158 Eine Verschuldenslösung hingegen ist nicht geeignet, das objektiv missbilligte Verhalten zu rechtfertigen. Vielmehr bleibt die Brandmarkung der Widerrechtlichkeit unweigerlich bestehen, wenn sich die Problembewältigung erst auf der Ebene des Verschuldens vollziehen soll.159 Dies bedeutet, dass jede Sportverletzung – unabhängig davon, ob sie aus einem regelgerechten oder regelwidrigen Verhalten resultiert – stets als widerrechtlich zu beurteilen wäre und somit dem Negativurteil der Rechtswidrigkeit unterläge.160 Nun kann man sicherlich argumentieren, dass der Rechtswidrigkeit im Zivilrecht, allein aufgrund der divergierenden Schutzrichtungen der jeweiligen Disziplinen, eine weitaus geringere Bedeutung als im Strafrecht zukommt.161 Dies ändert indessen nichts an der Tatsache, dass Sportverletzungen stets mit diesem Verdikt gebrandmarkt werden müssten. Zwar führt dieser Umstand nicht zur Disqualifikation einer verschuldensbasierten Lösung, andererseits spricht es aus systematischer Sicht aber auch nicht für eine Lösung, wenn Verletzungen im Rahmen eines anerkannten und geförderten Massenphänomens zivilrechtlich missbilligt würden. Diesen berech-

157 158 159 160 161

S. dazu auch die obigen Ausführungen unter C.IV. S. dazu auch die Ausführungen unter C.IV. S. dazu auch die obigen Ausführungen unter C.IV. S. dazu auch C.IV. S. dazu auch die obigen Ausführungen unter C.III.2. sowie C.IV.

IV. Die verbliebenen Lösungsansätze im Vergleich

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tigten dogmatischen Kritikpunkt muss sich daher ein verschuldensorientierter Lösungsansatz unweigerlich gefallen lassen.

IV. Die verbliebenen Lösungsansätze im Vergleich Anschließend an die Analyse der spezifischen Herausforderungen der verbliebenen Lösungsmöglichkeiten, stellt sich die Frage, welcher Lösungsansatz sich zur Problembewältigung durchsetzen kann oder ob gar beide Lösungsmöglichkeiten in gleichem Maße dazu geeignet sind. Wilms verweist an dieser Stelle darauf, dass eine Verschuldensmodifikation im Vergleich zu anderen Lösungskonzeptionen zu identischen Ergebnissen führe.162 Zweifel an dieser These ergeben sich aber einerseits aus den unterschiedlichen Standorten der jeweiligen Lösungsoptionen im Deliktsaufbau sowie andererseits daraus, dass eine Verschuldensmodifikation die Negativetikettierung der Rechtswidrigkeit der Sportverletzung nicht retuschieren kann, eine Verkehrspflichtlösung den Herausforderungen hingegen gerecht wird.163 1. Gegenüberstellung der Lösungsoptionen Betrachtet man die beiden verbliebenen Lösungsmöglichkeiten aus dogmatischer Sicht, so hat die Untersuchung gezeigt, dass sich ein Verkehrspflichtmodell in das System des § 823 Abs. 1 BGB integrieren lässt.164 Bei einer Verschuldensmodifikation hingegen stünden Mitspielerverletzungen, insbesondere auch regelgerecht verursachte Sportverletzungen, stets unter dem Negativurteil der Rechtswidrigkeit. Nur wenn man diesem Makel im Zivilrecht eine geringe Signifikanz zuspräche, könnte man argumentieren, dass sich eine sportangemessene Verschuldensmodifikation umsetzen ließe.165 Ein weiterer Vorteil einer Verkehrspflichtkonzeption besteht darin, dass sie dem Rechtanwender die größtmögliche Flexibilität in der rechtlichen Handhabe bietet.166 Natürlich kann man darin auch einen Nachteil sehen, da ein Verkehrspflichtmodell gleichzeitig zu einer erheblichen Kasuistik führen kann.167 Dieser Umstand beträfe im Rahmen der Konkretisierung der Sorgfaltsan162

Wilms, JR 2007, 95, 97. S. dazu auch die Ausführungen unter C.II.2., IV. 164 S. dazu auch die Ausführungen unter D.III.1.c), d). 165 S. zur Funktion und Bedeutung der Rechtswidrigkeit im Zivilrecht allein die Ausführungen und Nachweise von Deutsch, Fahrlässigkeit und erforderliche Sorgfalt, 236 ff., 250 ff.; Jansen, Die Struktur des Haftungsrechts, insbesondere 301 ff., 405 ff., 562 ff. sowie MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 5 ff. S. im sporthaftungsrechtlichen Kontext auch Looschelders, JR 2000, 265, 268 f. sowie Pfister, FS W. Lorenz, 171, 187. 166 So auch BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 10. 167 S. zu diesem denkbaren, aber systematisch durchaus überzeugend zu begegnendem Einwand auch Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 10. 163

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D. Eigener Lösungsansatz

forderungen aber gleichermaßen auch eine Verschuldensmodifikation. Allerdings muss dies nicht zwangsläufig der Fall sein, insbesondere dann nicht, wenn dem Rechtsanwender auf Grundlage der Verkehrspflichtformel eine Art Kriterienkatalog zur Bestimmung der Verkehrspflicht an die Hand gegeben werden kann, der vorhersehbare Ergebnisse ohne den zwingenden Rückgriff auf Kasuistik ermöglicht.168 Der erste Aspekt, der eine Verkehrspflichtkonzeption von einer Verschuldensmodifikation abhebt, besteht darin, dass durch Verkehrspflichten im Rahmen der Gefahreröffnung bereits vor einer Prüfung des § 254 BGB auch die Position des Geschädigten erfasst werden kann und somit – anders als bei einer Verschuldensmodifikation – zunächst nicht überwiegend der Schädiger im Blickpunkt steht.169 Nun könnte man dagegen natürlich einwenden, dass auch eine Lösung auf der Ebene des Verschuldens das Verhalten des Geschädigten angemessen mitberücksichtigen könnte. Allerdings entspräche dies eher einer Verlagerung auf die Ebene des § 254 BGB und somit keiner originären Möglichkeit, die der modifizierte Verschuldensmaßstab böte. Dieser Umstand stellt somit ebenfalls einen nicht unerheblichen Unterschied zu einer Verkehrspflichtkonzeption dar, da das Verhalten des Geschädigten bereits im Rahmen der Gefahrsteuerung beziehungsweise der Risikoeröffnung berücksichtigt werden kann und notfalls – und somit letztlich auch zusätzlich – immer noch eine Korrektur über § 254 BGB ermöglicht wird.170 Favorisierte man allerdings eine Verschuldenslösung, so bedürfte es zur Berücksichtigung des Geschädigtenverhaltens im Regelfall dieser Verlagerung auf die außertatbestandliche Ebene, die sodann den Makel aufbürdete, erst das Verschulden des Schädigers annehmen zu müssen, um das Ergebnis schließlich über § 254 BGB anzupassen oder zu korrigieren. Je nach eingenommenem Standpunkt kann die Beurteilung somit zwar leicht abweichen, dennoch ist klar aufgezeigt, dass eine Verkehrspflichtlösung in Bezug auf die soeben angeführten Punkte zu einer harmonischeren Lösung führt. Unabhängig von der Tatsache, dass Sportverletzungen bei einem sportangepassten Verschuldensmaßstab stets den Makel der rechtlichen Missbilligung trügen und das Verhalten des Geschädigten oftmals erst im Rahmen des § 254 BGB berücksichtigt werden könnte, spricht ein weitaus bedeutenderer Umstand gegen sie. Wie schon oben angedeutet, kann im Rahmen einer Verschuldensmodifikation die Haftung für Vorsatz aufgrund von § 276 Abs. 3 BGB nicht angepasst werden.171 Dies wäre dagegen bei einer Verkehrspflichtlösung möglich und vor dem praktischen Hintergrund der Mitspielerverletzungen beim Sport auch geboten.172 Zudem hat Wagner ein tragfähiges Konzept zur Vereinheitlichung von Vorsatz- und Fahrlässigkeitsdelikt vorgeschlagen, das sich insbesondere durch einen stark angenäherten 168

Auf diesen Aspekt verweist auch Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 10. S. dazu allein MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 426 ff.; PWW/Schaub, § 823 Rn. 118 f.; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 28 ff.; Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. E 32. 170 S. zum Verhältnis des Schutzumfangs der Verkehrspflichten und § 254 BGB allein Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 31. 171 S. dazu die Ausführungen oben unter C.IV. 172 S. dazu auch B.II.4. 169

IV. Die verbliebenen Lösungsansätze im Vergleich

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grundsätzlichen Aufbau auszeichnet und im gesamten Deliktsrecht Anwendung finden könnte, vielleicht sogar zwingend sollte.173 Folgt man diesem Vorschlag und vereinheitlicht den Aufbau und die Dogmatik von Vorsatz- und Fahrlässigkeitsdelikt,174 so kann die Sportausübung typizitätsgerecht und unabhängig von der etwaigen individuellen Vorwerfbarkeit in haftungsrechtlicher Sicht grundsätzlich einheitlich beurteilt werden. Anderenfalls stünde weiterhin die – bei einer Verschuldensmodifikation indes bestehende – omnipräsente Gefahr zur rechtspolitischen Debatte, dass eine regelgerecht, aber vorsätzlich zugefügte Mitspielerverletzung zur Haftung des schädigenden Sportlers führte, eine fahrlässig und regelwidrig verursachte Sportverletzung dagegen nicht. Insbesondere auch im Lichte der – jedenfalls für den Bereich der Sportausübung irrelevanten und daher abgelehnten – Differenzierung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Schädigungen175 sowie Unterlassungen hat sich im Verlaufe der Analyse kein stichhaltiger Grund aufgetan, der eine abweichende Behandlung von vorsätzlich zugefügten Mitspielerverletzungen gebietet. Vielmehr hat die Untersuchung gezeigt, dass der Rückgriff auf unterschiedliche oder divergierende Lösungsoptionen gerade nicht zur Lösung beiträgt, sondern vielmehr neue Probleme entstehen lässt. Sicherlich kann man nun unreflektiert einwenden, dass der Vorsatz im Allgemeinen anders behandelt werden sollte als die Fahrlässigkeit. Dieser Umstand ist für die Mitsportlerverletzung aber nicht entscheidend, da die besondere haftungsrechtliche Missbilligung der Mitspielerverletzung beim Sport gerade nicht aus dem Verschuldensgrad oder der Verschuldensform resultiert, sondern aus dem Regelverstoß und dessen Intensität.176 Aus diesem Grunde ist es jedenfalls für die Bewertung von Mitspielerverletzungen mehr als erstrebenswert, diese auch anhand eines einheitlichen Haftungssystems zu bewerten und nicht zwei unterschiedliche Modelle zum Tragen kommen zu lassen.177 Mitspielerverletzungen können somit nach dem Konzept von Wagner sowohl bei vorsätzlicher als auch fahrlässiger Zufügung einheitlich anhand eines Verkehrspflichtmodells beurteilt werden.178 Wollte man dennoch für eine systematische 173 MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 23 f., 26 f., 57. S. auch Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 110 f. Für die einheitliche Bewertung von verkehrspflichtrelevanten Vorsatz- und Fahrlässigkeitsdelikten sprechen sich auch Schröder, AcP 179 (1979), 567, 590 f. und Wilhelmi, Risikoschutz durch Privatrecht, 115 aus. 174 Für diese Vorgehensweise spricht sich insbesondere auch Wilhelmi, Risikoschutz durch Privatrecht, 115 aus. In diese Richtung tendieren zudem Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 180 und Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 3. 175 S. dazu die Ausführungen unter D.III.1.a), c), d). 176 S. dazu die obigen Ausführungen unter C.II.4.d). 177 So auch Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 181. Ein solches Vorgehen wird außerdem der – zu Recht – von Zimmermann, VersR 1980, 497, 497 eingeforderten Unabhängigkeit der Lösung von subjektiven Komponenten gerecht. S. ferner auch Wilhelmi, Risikoschutz durch Privatrecht, 115 f. 178 S. dazu MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 24, 26 f., 57 sowie Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 110 f., 132; ähnlich auch Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur-

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D. Eigener Lösungsansatz

Differenzierung zwischen Vorsatz- und Fahrlässigkeitsdelikten eintreten, so muss allerdings auch die Frage gestattet sein, warum Vorsatztaten im zivilen Haftungsrecht bei einem verkehrspflichtrelevanten Verhalten anders eingeordnet werden sollen als Fahrlässigkeitstaten. Insbesondere vor dem Hintergrund der daraus resultierenden Wertungswidersprüche, wäre eine Antwort mit Spannung zu erwarten.179 Jedenfalls besteht nach der durchgeführten Untersuchung – ähnlich wie bei der Differenzierung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Schädigungen180 – keine zwingende Notwendigkeit, vorsätzlich zugefügte Sportverletzungen nicht anhand eines Verkehrspflichtmodells zu bewerten und somit einer grundsätzlichen Haftungsmodifikation zuführen zu können. Gleichzeitig ist somit auch der elementare Strukturunterschied zwischen einer Verkehrspflichtlösung bei Mitspielerverletzungen gegenüber einer Verschuldenslösung belegt: Eine Verschuldensmodifikation kann nicht alle relevanten und privilegierungswürdigen Mitspielerverletzungen erfassen, eine Verkehrspflichtlösung dagegen schon. 2. Das vorzuziehende Lösungsmodell Die Gegenüberstellung der Verkehrspflicht- und Verschuldenslösung hat verdeutlicht, dass einzig ein Verkehrspflichtmodell in der Lage ist, das Phänomen der Mitspielerverletzung in seiner Gesamtheit einer überzeugenden Haftungsmodifikation zuzuführen. Da eine sportgerechte Modifikation des Verschuldens aufgrund der Wertung des § 276 Abs. 3 BGB nicht den Bereich des Vorsatzes erfassen kann, ist ein Verkehrspflichtmodell zur Implementierung einer Haftungsprivilegierung vorzuziehen. Das „Sporthaftungsprivileg“ bei Mitspielerverletzungen ist somit anhand einer Verkehrspflichtkonzeption zu realisieren und nicht anhand einer sportgerechten Modifikation des Verschuldens. Aus den vorgenannten Gründen muss auch Wilms klar widersprochen werden, da eine Modifikation des Verschuldens bei der Bewältigung von Mitspielerverletzungen – neben den dogmatischen Widrigkeiten – in ihren Ergebnissen deutlich hinter einem und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 179 ff. sowie im Allgemeinen Wilhelmi, Risikoschutz durch Privatrecht, 115. Gleichzeitig könnte der Problemkreis der Mitsportlerverletzung auch dazu beitragen, zu einer generellen Vereinheitlichung von verkehrspflichtrelevanten Fahrlässigkeits- und Vorsatztaten zu gelangen. Zwar wird insbesondere noch von Brüggemeier, Prinzipien des Haftungsrechts 56 ff. vehement gegen eine Gleichbehandlung von Vorsatz und Fahrlässigkeit in systematischer Hinsicht protestiert, allerdings erscheint diese Zuordnung eher rechtspolitisch orientiert zu sein, da die von MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 24 und Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 179 ff. dargestellten, misslichen Konsequenzen einer Ungleichbehandlung von Vorsatz und Fahrlässigkeit im verkehrspflichtrelevanten Bereich nicht übersehen werden können. 179 S. zu den aus einer Differenzierung resultierenden Problemkreisen allein MünchKomm/ Wagner, § 823 Rn. 24 sowie zu sportspezifischen Konsequenzen Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 179 ff. 180 S. dazu die Ausführungen oben unter D.III.1.c), d).

V. Die dogmatischen Auswirkungen eines Verkehrspflichtmodells

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Verkehrspflichtmodell zurückbleibt.181 Allerdings kann zugunsten einer Verschuldenslösung dennoch ein gewichtiger Aspekt festgehalten werden: Setzt man mit einer Auffassung die Verkehrspflichten ihrem Umfang und ihrer Reichweite nach der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt des § 276 Abs. 2 BGB gleich,182 so ergeben sich – natürlich unabhängig von der Bewertung der Verschuldensmodifikation – praktische Unterschiede nur bei der Haftung für vorsätzliche Mitsportlerverletzungen, da durch eine Verschuldensmodifikation solche Mitspielerverletzungen nicht privilegiert werden können. Ansonsten führen beide Lösungsmodelle zu identischen Ergebnissen. Die weitere Untersuchung soll sich indessen lediglich den Verkehrspflichten widmen und sich dementsprechend auf sie ausrichten.

V. Die dogmatischen Auswirkungen einer verkehrspflichtbasierten Lösung Wie soeben festgestellt, lässt sich eine überzeugende und umfangreiche Haftungsprivilegierung des schädigenden Sportlers bei Mitspielerverletzungen einzig auf Grundlage einer Verkehrspflichtkonzeption umsetzen. Allein aufgrund dieses Befundes sind indessen noch nicht alle wesentlichen Fragen und Folgen des Lösungsansatzes abschließend beantwortet. So sind insbesondere noch keine Aussagen über den systematischen Standort der Verkehrspflichten und deren generelle Reichweite sowie zu den Auswirkungen auf den Deliktsaufbau und weiteren praktischen Vorzügen der Lösung getroffen worden. 1. Der Standort der Verkehrspflichten im System des § 823 Abs. 1 BGB Zunächst stellt sich die Frage, an welcher Stelle die Verkehrspflichten innerhalb des Deliktsaufbaus anzusiedeln sind.183 Im Wesentlichen bestehen zwei relevante Grundauffassungen zur systematischen Verortung der Verkehrspflichten im Rahmen des § 823 Abs. 1 BGB, die sich in ihren Einzelheiten und Begründungen mitunter

181 Wilms, JR 2007, 95, 97 hingegen ist der Auffassung, dass beide Lösungsvorschläge zu identischen Ergebnissen führen. 182 S. dazu die folgenden Ausführungen unter D.V.2. 183 Die mittlerweile herrschende und systematisch zutreffende Zuordnung der Verkehrspflichten zu § 823 Abs. 1 BGB soll hingegen nicht angezweifelt werden. S. dazu, zu den Beweggründen früherer und abweichender Ansichten sowie weiteren Einzelheiten, die Ausführungen und Nachweise bei von Caemmerer, FS 100 Jahre DJT Band II, 49, 71 ff.; Canaris, FS Larenz, 27, 77 ff.; Deckert, Jura 1996, 348, 349; Kleindiek, Deliktshaftung und juristische Person, 31 ff.; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 388 f.; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 6 ff., 14.; Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. E 4 f. S. zur Einordnung zu § 823 Abs. 1 BGB auf Seiten der Rechtsprechung allein BGH, NJW 1987, 2671, 2672.

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D. Eigener Lösungsansatz

aber noch teilweise unterscheiden.184 Geht man insoweit von dem allgemein bestehenden Meinungsbild aus, so wäre es einerseits möglich, die Verkehrspflichten im Rahmen der Rechtswidrigkeit zu verorten, sodass es einer positiven Feststellung eben dieser aufgrund eines Verkehrspflichtverstoßes bedürfte.185 Andererseits könnte man die Verkehrspflichten aber auch bereits vorgelagert auf der Ebene des Tatbestands ansiedeln, mit der weiteren möglichen Folge, dass eine Verkehrspflichtverletzung die Rechtwidrigkeit indizierte beziehungsweise positiv begründete.186 Sie dagegen partiell erst im Rahmen des Verschuldens zu berücksichtigen,187 kann bei der Beurteilung von Mitsportlerverletzungen jedenfalls nicht überzeugen, da Sportverletzungen – und somit insbesondere auch die regelgerecht verursachten Verletzungen – ansonsten mit dem Makel der Rechtswidrigkeit etikettiert werden müssten. Nach früherem Verständnis wurden die Verkehrspflichten oftmals der Rechtswidrigkeit zugeordnet.188 Diese Sichtweise fand ihre zeitweilige Berechtigung insbesondere darin, dass die elementaren Einzelheiten der Verkehrspflichten, wie ihre generelle Reichweite, ihre Stellung im Deliktsrecht sowie ihre haftungsrechtliche Funktion noch nicht ausreichend erforscht waren.189 Auf dieser Grundlage kann man es auch aus der heutigen Perspektive als durchaus verständlich bezeichnen, dass sie zunächst der Ebene der Rechtswidrigkeit zugeordnet wurden. Da noch nicht annähernd absehbar war, welche weitläufige Entwicklung die Verkehrspflichten in ihrer Funktion und Reichweite einmal nehmen sollten,190 stellte die Ebene der Rechtswidrigkeit dazu einen nicht ungeeigneten Raum zur Verfügung. Insbesondere ergaben sich aus der Einordnung im Rahmen der Rechtswidrigkeit keine bedeutsamen

184 S. zu den einzelnen Auffassungen sowie deren Einzelheiten die Ausführungen und Nachweise bei MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 391; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 15. 185 Sich für die Berücksichtigung der Verkehrspflichten auf der Ebene der Rechtswidrigkeit aussprechend von Bar, Verkehrspflichten, 173 f. sowie JuS 1988, 169, 173; Esser/Weyers, Schuldrecht BT II 2, § 55 3 b sowie § 55 V 3 c; Kreutz, JA 2011, 337, 339, 341; Larenz, Schuldrecht BT II, § 72 I c und d; Pfister, FS W. Lorenz, 171, 188; PHB Sportrecht/Fritzweiler, 5. Teil Rn. 19; Schröder, AcP 179 (1979), 567, 591. 186 So HK-BGB/Staudinger, § 823 Rn. 75; Kleindiek, Deliktshaftung und juristische Person, 32; Larenz/Canaris, Schuldrecht II 2, § 75 II 3 c; Looschelders, Schuldrecht BT, Rn. 1177; Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, Rn. 647; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 58; Soergel/ Krause, § 823 Anh. II Rn. 15. 187 Dafür RGRK/Steffen, § 823 Rn. 140. Ähnlich auch U. Huber, FS E. R. Huber, 253, 263 ff., 275 ff. 188 So in der etwas jüngeren Vergangenheit noch von Bar, Verkehrspflichten, 173 f. sowie JuS 1988, 169, 173; Esser/Weyers, Schuldrecht BT II 2, § 55 3 b sowie § 55 V 3 c; Larenz, Schuldrecht BT II, § 72 I c und d. 189 S. dazu auch von Caemmerer, FS 100 Jahre DJT Band II, 49, 71 ff. sowie Canaris, FS Larenz, 27, 77 ff.; Schiemann, FS Medicus, 447, 448 ff.; ferner Larenz/Canaris, Schuldrecht II 2, § 76 III 1 c. 190 S. zum Entwicklungsverlauf der Verkehrspflichten allein von Caemmerer, FS 100 Jahre DJT Band II, 49, 71 ff.; Canaris, FS Larenz, 27, 77 ff.; Schiemann, FS Medicus, 447, 448 ff.

V. Die dogmatischen Auswirkungen eines Verkehrspflichtmodells

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Einwirkungen auf allgemeine Strukturmerkmale des § 823 Abs. 1 BGB.191 Dieses Verständnis wurde in der jüngeren Vergangenheit aber mehr und mehr abgelöst, da sich herausstellte, dass die Verkehrspflichten nicht nur zur Haftungsbegründung beim Unterlassen ihre Relevanz erlangen, sondern auch bei der Haftungsbegrenzung aktiver Handlungen.192 Insbesondere die neueren Erkenntnisse der Verkehrspflichtrelevanz unmittelbarer sowie vorsätzlicher Eingriffe verdeutlichen,193 dass die Verkehrspflichten und ihr umfangreiches deliktisches Pflichtenprogramm kein reines Bewertungsmerkmal zur (Negativ-)Etikettierung des Verhaltens sein können, sondern vielmehr das Verhaltensunrecht aktiv mitbegründen.194 Aus diesem Verständnis heraus erklärt sich sodann auch, dass sie sinnvoller im Rahmen des Tatbestandes anzusiedeln sind als auf der Ebene der Rechtswidrigkeit.195 Diese Erkenntnis führte zudem dazu, dass sich auch die generelle Diskussion verlagerte. So wird im Allgemeinen mittlerweile nur noch vereinzelt diskutiert, ob die Verkehrspflichten dem Tatbestand oder der Rechtswidrigkeit zuzuordnen sind, sondern vielmehr im Detail, ob sie auf der Ebene des Tatbestands als Element der Handlung oder aber der haftungsbegründenden Kausalität betrachtet werden müssen.196 Sicherlich ist die Zuordnung der Verkehrspflichten zum Bereich der Handlung reizvoll,197 insbesondere wenn man dahingehend argumentiert, die Gefahrschaffung oder Gefahrvermeidung allein von dieser abhängig gestalten zu können. Dennoch resultiert die haftungsrechtliche Missbilligung zu einem nicht unerheblichen Anteil auch aus dem durch die Handlung in Gang gesetzten – und somit in dem Erfolg der einstigen Gefährdung realisierten – Kausalverlauf, sodass die Verkehrspflichten nicht allein die Handlung betreffen, sondern gerade auch den Zusammenhang zwischen Handlung und Erfolg.198 Infolgedessen sind sie im Speziellen nicht allein der Handlung zuzuordnen, sondern als Teil der haftungsbegründenden Kausalität im 191

S. dazu auch Schiemann, FS Medicus, 447, 448 ff. S. zu diesem Wandel des Deliktsrechts von Caemmerer, FS 100 Jahre DJT Band II, 49, 71 ff.; Schiemann, FS Medicus, 447, 448 ff. sowie ferner Larenz/Canaris, Schuldrecht II 2, § 76 III 1 c. 193 S. dazu auch die Ausführungen unter D.III.1.c), d) und D.V.2., VI. sowie ferner H.III.5. 194 So auch Kleindiek, Deliktshaftung und juristische Person, 32; Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 129; Larenz/Canaris, Schuldrecht II 2, § 75 II 3 c; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 391; Wilhelmi, Risikoschutz durch Privatrecht, 116. Ähnlich auch Raab, JuS 2002, 1041, 1047. 195 So auch Kleindiek, Deliktshaftung und juristische Person, 32. S. dazu auch Looschelders, Schuldrecht BT, Rn. 1177; PWW/Schaub, § 823 Rn. 9. Ähnlich auch Erman/Wilhelmi, § 823 Rn. 9; Raab, JuS 2002, 1041, 1047; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 391; Soergel/ Krause, § 823 Anh. II Rn. 15; Wilhelmi, Risikoschutz durch Privatrecht, 116. 196 S. zu dieser Entwicklungstendenz auch Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 109 sowie ferner Deckert, Jura 1996, 348, 349. 197 Für die Zuordnung allein zur Handlung sprechen sich explizit Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 183 f. und Looschelders, Schuldrecht BT, Rn. 1177 aus. 198 Ähnlich auch Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 15. S. auch PWW/Schaub, § 823 Rn. 7. 192

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D. Eigener Lösungsansatz

Rahmen der Schutzzwecklehre angesiedelt.199 Der Verkehrspflichtverstoß als Moment der haftungsrechtlich missbilligten Gefahrschaffung führt somit in der logischen Konsequenz zur Begründung des Pflichtwidrigkeitszusammenhangs zwischen der Handlung und der – ohnehin missbilligten – Rechtsgutverletzung. Aus diesem Grunde kann auch an der Rechtswidrigkeitsindikation festgehalten werden. Die Verwirklichung des Tatbestandes indiziert somit auch bei Zugrundelegung einer Verkehrspflichtkonzeption die Rechtswidrigkeit des Schädigerverhaltens.200 Trotz der unterschiedlichen Ansätze zur Verortung der Verkehrspflichten im Deliktsaufbau des § 823 Abs. 1 BGB, handelt es sich insoweit wohl eher um eine theoretische Fragestellung, aus der für die auf § 823 BGB aufbauende Rechtsanwendung keine signifikanten Folgen resultieren sollten. Aus diesem Grunde wird teilweise auch darauf verwiesen, dass dieser Thematik jedenfalls für § 823 BGB keine allzu große Bedeutung beigemessen werden müsse.201 Anders verhält es sich allerdings, wenn man auch im Rahmen der Tatbestände der Gefährdungshaftung202 die Prüfung der Schutzzwecklehre als Element der Haftungsbegründung anerkennt.203 Befürwortet man ein solches Vorgehen, so erlangen die allgemeinen Wertungen der Verkehrspflichtdogmatik eine übergeordnete Bedeutung auch für diesen Bereich. Für die auch nach Tatbeständen der Gefährdungshaftung zu beurteilenden Mitsportlerverletzungen bedeutet dies, dass die allgemeinen Wertungen dieser Untersuchung auch im Rahmen der Gefährdungshaftung fruchtbar gemacht werden können und sich das „Sporthaftungsprivileg“ nicht auf die Verschuldenshaftung beschränkt.204

199 Für eine Einordnung im Rahmen der tatbestandlichen Zurechnung sprechen sich auch Fuchs/Pauker/Baumgärtner, Delikts- und Schadensersatzrecht, 106 f.; HK-BGB/Staudinger, § 823 Rn. 62; Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, Rn. 647; PWW/Schaub, § 823 Rn. 7; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 15 aus; jedenfalls im Ergebnis auch Raab, JuS 2002, 1041, 1047. 200 So auch Deckert, Jura 1996, 348, 351; Kleindiek, Deliktshaftung und juristische Person, 32; Larenz/Canaris, Schuldrecht II 2, § 75 II 3 c; Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, Rn. 647; PWW/Schaub, § 823 Rn. 129; Raab, JuS 2002, 1041, 1047; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 15; Wilhelmi, Risikoschutz durch Privatrecht, 117. Aber auch Looschelders, Schuldrecht BT, Rn. 1177 spricht sich für diese Folge aus. 201 So MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 391. 202 Insoweit ist insbesondere an §§ 833 BGB, 7 StVG, 33 LuftVG zu denken. 203 Sich dafür explizit aussprechend Kipp, VersR 2000, 1348, 1349 f.; Pichler, SpuRt 1997, 7, 9. S. zudem auch BGH, NJW-RR 2006, 813, 815. In diese Richtung tendiert wohl auch Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 137 f. S. ferner auch Dunz, JZ 1987, 63, 67. 204 S. dazu auch BGH, NJW-RR 2006, 813, 815. So hebt der Bundesgerichtshof explizit hervor, dass er seine Haftungsgrundsätze für Mitspielerverletzungen nicht nur auf den Bereich der Verschuldenshaftung begrenzt sehe, sondern auch im Rahmen der Gefährdungshaftung zur Anwendung kommen lassen wolle.

V. Die dogmatischen Auswirkungen eines Verkehrspflichtmodells

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2. Das Verhältnis der (sportspezifischen) Verkehrspflichten zu § 276 Abs. 2 BGB Von größerer praktischer Bedeutung könnte die Diskussion um den abstrakten Sorgfaltsmaßstab der Verkehrspflichten sein. Dieser Thematik liegt die komplexe Ausgangsfrage zugrunde, ob die Verkehrspflichten dem Fahrlässigkeitsbegriff des § 276 Abs. 2 BGB gleichzusetzen sind oder aber aufgrund ihrer tatbestandlichen Zuordnung über diesen hinausreichen. Auch im Rahmen dieser Diskussion gehen die Einzelheiten der jeweiligen Ansichten auseinander und divergieren mitunter in ihren einzelnen Strömungen in Nuancen.205 Im Allgemeinen können insoweit aber drei übergeordnete Grundauffassungen ausgemacht werden. Nach einer Auffassung wird für die objektive Erfüllung der Verkehrspflicht im Bereich des Tatbestands ein Höchstmaß an Sorgfalt eingefordert, auf der Ebene des Verschuldens hingegen soll es nur auf die im Verkehr erforderliche Sorgfalt des § 276 Abs. 2 BGB ankommen.206 Dieser Auffassung liegt die Idee eines aufgespaltenen Fahrlässigkeitsbegriffs im Sinne einer objektiven „äußeren Sorgfalt“, die im Rahmen der Haftungsbegründung zu beachten ist und die Verkehrspflicht determiniert, sowie einer „inneren Sorgfalt“, welche die subjektive Vorherseh- sowie Erfüllbarkeit der Verkehrspflicht im Sinne eines individuellen Verschuldensvorwurfs konturiert, zugrunde.207 Auf dieser Grundlage soll der Verstoß gegen die äußere Sorgfalt den Verstoß gegen die innere Sorgfalt indizieren.208 Demnach forderten die Verkehrspflichten von dem Pflichtigen innerhalb des Tatbestandes ein höheres Maß der Sorgfalt als der Fahrlässigkeitsbegriff des § 276 Abs. 2 BGB ein.209 Eine Relativierung des Pflichtenprogramms dagegen erfolge erst durch die innere Sorgfalt auf Verschuldensebene.210 Nach einer weiteren Auffassung, die sich ebenfalls an einer Aufspaltung in eine innere und äußere Sorgfalt ausrichtet, sollen die Verkehrspflichten hingegen in objektiver 205 S. dazu im Allgemeinen MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 392 f.; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 16 f. 206 Für diese Sichtweise sprechen sich insbesondere BGH, NJW 1986, 2757; von Bar, Verkehrspflichten, 172 ff.; Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht, Rn. 107 sowie AcP 202 (2002), 889, 903 ff.; Kleindiek, Deliktshaftung und juristische Person, 33 f.; Larenz/Canaris, Schuldrecht II 2, § 75 II 3 d; Looschelders, Schuldrecht BT, Rn. 1184 und Staudinger/Hager [2017], § 823 Rn. A 6 aus. S. dazu auch aus der weiteren Rechtsprechung BGHZ 80, 186, 199; BGH, NJW 1987, 1947, 1949; 1994, 2232, 2233. 207 S. zu dieser Aufteilung allein von Bar, Verkehrspflichten, 175 ff.; Deutsch, Fahrlässigkeit und erforderliche Sorgfalt, 94 ff. sowie AcP 202 (2002), 889, 903 ff.; MünchKomm/ Wagner, § 823 Rn. 28 ff.; Staudinger/Hager [2017], § 823 Rn. A 5 f. 208 S. dazu allein BGH, NJW 1986, 2757, 2758; Deutsch, AcP 202 (2002), 889, 910; Deutsch/Ahrens, Deliktsrecht, Rn. 337; Looschelders, Schuldrecht BT, Rn. 1185; Staudinger/ Hager [2017], § 823 Rn. A 13. S. ferner aus der weiteren Rechtsprechung BGHZ 80, 186, 199; BGH, NJW 1987, 1947, 1949; 1994, 2232, 2233. 209 So ausdrücklich von Bar, Verkehrspflichten, 178; Kleindiek, Deliktshaftung und juristische Person, 33; Looschelders, Schuldrecht BT, Rn. 1185; Raab, JuS 2002, 1041, 1045, 1047. 210 So ausdrücklich von Bar, Verkehrspflichten, 178; ähnlich auch Larenz/Canaris, Schuldrecht II 2, § 75 II 3 d sowie Staudinger/Hager [2017], § 823 Rn. A 6.

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Hinsicht lediglich das Maß des § 276 Abs. 2 BGB auferlegen.211 Bei einem Verstoß gegen das objektive Verhaltensgebot müsse aber des Weiteren noch geprüft werden, ob in subjektiver Hinsicht auch ein Verstoß gegen die innere Sorgfalt vorliege.212 Auch insoweit soll die dargestellte Indikation bei einem Verstoß gegen die äußere Sorgfalt bestehen.213 Nach einer dritten Ansicht sollen die Verkehrspflichten der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt gleichgesetzt werden.214 Dies bedeutete, dass sich beide Termini ihrem Sorgfaltsmaßstab nach deckten.215 Eine Aufspaltung der Fahrlässigkeit in einen objektiven und einen subjektiven Tatbestand wird von den Befürwortern dieses Ansatzes ausdrücklich abgelehnt, sodass § 276 Abs. 2 BGB in Gänze der Verschuldensprüfung entzogen wäre und vorgelagert berücksichtigt werden müsste.216 Will man die Verkehrspflichten nicht allzu sehr von § 276 Abs. 2 BGB entkoppeln, hat es – unabhängig von der Verortung der Verkehrspflichten – keinen Sinn, die objektiv einzufordernde Sorgfalt enger zu fassen als die normativ durch § 276 Abs. 2 BGB geforderte.217 Zudem ist der praktische Nutzen, ein größtmögliches Sorgfaltsprogramm auf der Ebene des Tatbestandes zu etablieren, nur bedingt gegeben, wenn das objektive Sorgfaltsprogramm kurz darauf auf der Ebene des Ver-

211 Ausdrücklich dafür Erman14/Schiemann, § 823 Rn. 9; Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, Rn. 659; Schröder, AcP 179 (1979), 567, 589 f.; Schlechtriem, Schuldrecht, Besonderer Teil, Rn. 863; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 17. S. dazu auch BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 292; Deckert, Jura 1996, 348, 351 sowie U. Huber, FS E. R. Huber, 253, 267 ff., 274 ff. Bei von Bar, JuS 1988, 169, 173 hat es den Anschein, dass er sich von der geforderten Sorgfalt im Höchstmaß etwas entfernt und sich dem Maßstab des § 276 Abs. 2 BGB annähert. 212 Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, Rn. 659; Schröder, AcP 179 (1979), 567, 589 f.; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 17. S. dazu auch BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 292; Erman14/Schiemann, § 823 Rn. 9 sowie U. Huber, FS E. R. Huber, 253, 267 ff., 274 ff. 213 S. dazu Raab, JuS 2002, 1041, 1048. 214 Brüggemeier, Prinzipien des Haftungsrechts, 75; Esser/Weyers, Schuldrecht BT II 2, § 55 II 3 e; Fabarius, Äußere und innere Sorgfalt, 139; Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 128 f.; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 394; Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 191 ff.; Stathopoulos, FS Larenz, 631, 633 f.; Wiethölter, Der Rechtfertigungsgrund des verkehrsrichtigen Verhaltens, 33 ff., 52 f.; jedenfalls für den Bereich des Sports auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 233, 236; im Ergebnis wohl auch Ebert, VersR 2006, 899, 900. 215 Brüggemeier, Prinzipien des Haftungsrechts, 75. Esser/Weyers, Schuldrecht BT II 2, § 55 II 3 e. S. dazu auch MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 394; Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 193; Stathopoulos, FS Larenz, 631, 633 f.; Wiethölter, Der Rechtfertigungsgrund des verkehrsrichtigen Verhaltens, 52 f. Ähnlich auch Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 191 ff. 216 So Brüggemeier, Prinzipien des Haftungsrechts, 75; Fabarius, Äußere und innere Sorgfalt, 139; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 34 ff., 394 ff.; Stathopoulos, FS Larenz, 631, 633 f. 217 So auch Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 17; ähnlich auch MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 393.

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schuldens auf das Maß des § 276 Abs. 2 BGB reduziert wird.218 Signifikante praktische Auswirkungen wären wohl allein bei den aus der Rechtswidrigkeit – die anhand dieser Auffassung leichter zu begründen wäre – resultierenden Abwehrmöglichkeiten des Geschädigten zu erwarten. Diese erlangen aber – wie untersucht – für den Bereich der Sportausübung keine größere Relevanz.219 In der Reflexwirkung könnten aus dieser Auffassung aber missliche Konsequenzen für die Sportler entstehen. So könnte das „Sporthaftungsprivileg“ möglicherweise nicht die ihm gebührende und angemessene Geltung erfahren, wenn den Sportlern tatbestandlich eine Sorgfalt im Höchstmaß aufgebürdet würde, die im Falle eines Verstoßes zudem zur Indikation der subjektiven Elemente der Vorwerfbarkeit führte. So erscheint es mehr als fraglich, ob der sich optimal verhaltende Sportler im Vergleich zum sorgsamen und fairen, aber dennoch nicht fehlerfreien Sportler, konkurrenzfähig wäre. Darauf aufbauend kann durchaus bezweifelt werden, ob der sich optimal verhaltende Sportler noch dem Wettkampfgedanken der meisten Sportarten gerecht werden kann, wenn er stets die größtmögliche Sorgfalt an den Tag legte.220 So kann insbesondere auch bei einem regelgerechten Verhalten des schädigenden Sportlers nicht automatisch darauf geschlossen werden, dass er auch die Sorgfalt im Höchstmaß beachtet hat.221 Vielmehr indiziert die Regelbeachtung nur ein konformes und somit allgemein sorgfältiges Verhalten, allerdings keine Beachtung der größtmöglichen Sorgfalt.222 Dies führte in der Konsequenz dazu, dass trotz eines regelgerechten Verhaltens möglicherweise dennoch ein Verkehrspflichtverstoß vorliegen könnte, der sodann auch die regelgerecht verursachte Mitspielerverletzung mit dem Negativurteil der Rechtswidrigkeit versähe.223 Ein solches Ergebnis konterkarierte aber eindeutig die Interessenlage der Sportler. Gleichzeitig widerspricht es sowohl der Typizität des Sports als auch der Phänomenologie der Mitspielerverletzungen, von den beteiligten Sportlern eine größtmögliche Sorgfalt einzufordern, die aber – bei den oftmals in Sekundenbruchteilen zu treffenden Entscheidungen – de facto nicht an den Tag gelegt werden kann. Aus diesem Grunde sollte bei der Ausgestaltung der Verkehrspflichten gerade nicht auf eine größtmögliche – und 218 Harsche Kritik übt daher auch MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 393. Nicht so vehement, dennoch aber sehr kritisch Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 17. 219 S. dazu auch D.II.1. 220 S. dazu auch Wacke, Stadion III (1977), 4, 21 f. Kritisch zu einer möglichen Überspannung der Verhaltensanforderungen aufgrund eines zu strengen Verkehrspflichtverständnisses im Allgemeinen auch MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 393. 221 Diesen Umstand bewertet von Bar, Verkehrspflichten, 60 f. unrichtig, wenn er postuliert, dass die Regeleinhaltung regelmäßig von einer Wahrung der größtmöglichen Sorgfalt zeuge. Diese Folgerung ist ohne eine Betrachtung eines optimal risikominimierenden Verhaltens, das die Sportregeln den Akteuren regelmäßig aber gerade nicht gebieten, nicht haltbar. 222 So verweist auch Pfister, FS W. Lorenz, 171, 188 zu Recht darauf, dass viele regelgerechte Spielweisen durchaus verletzungsträchtig sind. Das regelgerechte Verhalten beinhaltet somit keinen Indikator eines sorgfältigen Umgangs der Sportler untereinander. 223 Diese Folge entfällt natürlich, wenn man, wie von Bar, Verkehrspflichten, 60 f., aus der Regelkonformität pauschal auf die Beachtung der Sorgfalt im Höchstmaß schließt.

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somit für den Sportler objektiv vielfach nicht einzuhaltende – Sorgfalt, sondern lediglich auf die im Verkehr erforderliche Sorgfalt, die sich durch ein verkehrskreisentsprechendes und nicht zwingend durch ein optimales Verhalten konkretisieren lässt, abgestellt werden.224 In diesem Punkte nähern sich jedenfalls auch die Befürworter eines strengen Verkehrspflichtmaßstabes wieder der Sorgfalt des § 276 Abs. 2 BGB an, wenn unter anderem auch von Larenz/Canaris erklärt wird, dass kein „Menschenunmögliches“ durch eine Verkehrspflicht auferlegt werden dürfe.225 Letztlich handelt es sich hinsichtlich dieser Fragestellung bei der Bewertung von Mitspielerverletzungen aber wohl eher um ein fehlgedeutetes Theoretikum, da auch die Befürworter eines strengen Verkehrspflichtverständnisses die Verkehrspflichten beim Sport maßgeblich durch die Regelwerke konkretisiert wissen wollen und somit vom bestmöglichen Verhalten abrücken und auf das regelkonforme Verhalten rekurrieren.226 Davon losgelöst ist zu klären, ob die Verkehrspflichten ihrem Inhalt nach § 276 Abs. 2 BGB entsprechen oder lediglich die äußere Sorgfalt innerhalb des Tatbestandes konkretisieren. Für die erste Option spricht bereits, dass so eine Doppelprüfung der Sorgfaltswidrigkeit vermieden werden kann.227 So würde bei einer Aufspaltung in eine äußere und innere Sorgfaltskomponente stets eine doppelte Prüfung der erforderlichen Sorgfalt – einmal auf der Ebene des Tatbestandes und einmal auf der Ebene des Verschuldens – erforderlich.228 Warum aber muss die erforderliche Sorgfalt gleich auf zwei Ebenen des Deliktsaufbaus zur Geltung kommen, wenn die Fahrlässigkeit im Sinne des § 276 Abs. 2 BGB – auch bei einer Aufspaltung in eine innere und eine äußere Sorgfalt – üblicherweise alleine auf einer Ebene des Deliktsaufbaus Berücksichtigung findet? Diese Doppelprüfung wird jedenfalls dann vermieden, wenn man die Verkehrspflichten mit § 276 Abs. 2

224 Kritisch dazu im Allgemeinen auch Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 128 sowie Soergel/ Krause, § 823 Anh. II Rn. 17. 225 Larenz/Canaris, Schuldrecht II 2, § 75 II 3 d. Ferner verweisen Larenz/Canaris, Schuldrecht II 2, § 76 III 7 b auch darauf, dass die Verschuldenshaftung durch eine Überspannung der Anforderungen des Sicherungspflichtigen nicht ausgehöhlt werden dürfe. Auch Looschelders, Schuldrecht BT, Rn. 1182 stellt fest, dass eine „Verkehrssicherung um jeden Preis“ abzulehnen sei. 226 Dies wird insbesondere bei Looschelders, Schuldrecht BT, Rn. 1185 sowie JR 2000, 265, 270 f. deutlich, der allgemein für eine Sorgfalt im Höchstmaß eintritt, die Verkehrspflichten bei der Sportausübung aber an den Regelwerken ausrichten will und somit gerade nicht die größtmögliche Sorgfalt für maßgeblich erklärt. Aber auch bei Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht, Rn. 107, 294 sind die diesbezüglichen Unregelmäßigkeiten nicht zu übersehen, wenn sich die Verkehrspflichten seiner Ansicht nach im Allgemeinen am Höchstmaß der Sorgfalt orientieren sollen, gleichzeitig aber bei seiner auf Verschuldensbasis vorgeschlagenen Lösung nur die im Sport erforderliche Sorgfalt gefordert werden dürfe. 227 S. dazu allein Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 128; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 28 ff., 393. Ähnlich auch Fabarius, Äußere und innere Sorgfalt, 139 ff. 228 S. zu dieser Folge allein Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 128; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 28 ff., 393.

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BGB gleichsetzt.229 Darüber hinaus belegt dieser Umstand auch, dass die Aufspaltung in einen inneren und einen äußeren Teil der Sorgfalt bereits im Allgemeinen und insbesondere für den Bereich der Sportausübung zu hinterfragen ist.230 Darauf aufbauend stellt sich nämlich die Folgefrage, ob eine solche Aufspaltung tatsächlich auch immer möglich ist.231 Aus der theoretischen Perspektive kann man sich natürlich auf den Standpunkt stellen, dass stets eine klare Trennung zwischen äußerer und innerer Sorgfalt besteht. Aus der praktischen Perspektive kann dies aber durchaus bezweifelt werden, vor allem wenn ein rein objektives Verhaltensgebot nicht ohne die Zuhilfenahme von Wertungen der inneren Sorgfalt – insbesondere der Erkennbarkeit des objektiven Verhaltensgebots – statuiert werden kann.232 Solche Probleme entstehen ebenfalls nicht, wenn die Verkehrspflichten der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt des § 276 Abs. 2 BGB gleichgesetzt werden. Somit spricht auch dieser Umstand für die erstgenannte Option. Schließlich wird durch die objektivierte Fahrlässigkeit im Zivilrecht – anders als im Strafrecht – nicht zwingend ein moralisches Schuldurteil über den Schädiger gefällt, sondern lediglich festgehalten, dass sein Verhalten nicht der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt entsprochen hat und er aus diesem Grunde ersatzpflichtig ist.233 Zielsetzung des § 276 Abs. 2 BGB ist gerade nicht, den Schädiger aufgrund seiner individuellen Schuld zu strafen, sondern – nüchtern betrachtet – aufgrund des Verschuldens des Schädigers einen Ausgleichsmechanismus zugunsten des Betroffenen in Gang zu setzen.234 Dementsprechend hat es durchaus Sinn, die Fahrlässigkeit innerhalb einer – auf dem Handlungsunrecht basierenden – Verkehrspflichtkonzeption als reines Merkmal des Tatbestandes zu verstehen, das gerade keinen vordergründigen persönlich-moralischen Schuldvorwurf beinhaltet.235 Auch dieser Umstand spricht – jedenfalls im Bereich der Sportausübung – gegen eine Aufspal-

229 So auch MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 393. Ähnlich auch Fabarius, Äußere und innere Sorgfalt, 139 ff.; Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 191 ff. 230 S. dazu im Allgemeinen Fabarius, Äußere und innere Sorgfalt, 100 ff., 141 ff., 148; Stathopoulos, FS Larenz, 631, 634 ff. sowie im Speziellen für die Sportausübung Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 194 f. In diese Richtung auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 233 ff. 231 S. dazu allein Fabarius, Äußere und innere Sorgfalt, 100 ff., 141 ff., 148. 232 S. dazu Fabarius, Äußere und innere Sorgfalt, 100 ff., 141, 148; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 36; Stathopoulos, FS Larenz, 631, 636. Kritisch dazu auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 235 f. Bezeichnenderweise weist Erman14/ Schiemann, § 823 Rn. 9, der sich für eine Aufspaltung in eine äußere und eine innere Sorgfalt ausspricht, geradezu auf diese Problematik hin. 233 So auch Voss, Die Verkehrspflichten, 44 ff., 231 f. Ähnlich auch Deutsch, Fahrlässigkeit und erforderliche Sorgfalt, 77 ff.; Stathopoulos, FS Larenz, 631, 632 f., 636. S. ferner auch BeckOGK BGB/Schaub [01. 06. 2018], § 276 Rn. 4 sowie Jauernig/Stadler, § 276 Rn. 23. 234 In eine ähnliche Richtung auch Deutsch, Fahrlässigkeit und erforderliche Sorgfalt, 64 ff., 77 ff.; Voss, Die Verkehrspflichten, 44 ff., 231 f. 235 Ähnlich auch Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 113, 116, 129; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 58.

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tung in eine äußere und innere Sorgfalt.236 Aus den vorgenannten Gründen sind die Verkehrspflichten mit § 276 Abs. 2 BGB gleichzusetzen.237 Eine Aufspaltung in eine innere und äußere Sorgfalt ist nicht erforderlich.238 Dementsprechend ist auch eine doppelte Prüfung der Sorgfaltswidrigkeit, wie sie gerade bei einer Aufspaltung in einen äußeren und inneren Teil der Sorgfalt die Folge wäre,239 nicht erforderlich.240 Vielmehr konturieren die Verkehrspflichten die von § 276 Abs. 2 BGB angesprochene, im Verkehr erforderliche Sorgfalt.241 Gleichzeitig ist belegt, dass die Konstruktion einer Aufspaltung in objektive und subjektive Momente keinen zielführenden Mehrwert bringt, sondern eher den Deliktsaufbau negativ beeinflusst.242 Letztlich ergeben sich materiell-rechtlich wohl aber nur marginale Unterschiede zwischen beiden Optionen,243 da sich die Ergebnisse der Befürworter einer Aufspaltung meistens durch die Wertungen und Korrekturmöglichkeiten der inneren Sorgfalt den hiesigen Ergebnissen angleichen werden. In diesem Lichte sind daher auch die Ausführungen von Larenz/Canaris zu verstehen, wenn darauf hingewiesen wird, dass die praktische Bedeutung der Diskussion um das abstrakte Sorgfaltsprogramm der Verkehrspflichten – neben der dogmatisch-theoretischen Akzentuierung – im Allgemeinen von keiner allzu großen Bedeutung sei.244 Darauf aufbauend ist weiterhin zu eruieren, ob bei der Begründung der Verkehrspflichten auch subjektive Elemente aus der Sphäre des Schädigers berücksichtigt werden können oder diese allein der Ebene des Verschuldens zuzuordnen sind. Damit § 276 Abs. 2 BGB bei einem Verkehrspflichtensystem in subjektiver Hinsicht nicht zu verwässern droht, muss die Berücksichtigung individueller subjektiver Komponenten jedenfalls auf begrenzte Ausnahmen beschränkt sein.245 236 Ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 235, die von einem „Zusammenprüfen“ von äußerer und innerer Sorgfalt spricht. 237 So auch Brüggemeier, Prinzipien des Haftungsrechts, 75; Esser/Weyers, Schuldrecht BT II 2, § 55 II 3 e; Fabarius, Äußere und innere Sorgfalt, 139; Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 128 f.; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 394; Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 191 ff.; Stathopoulos, FS Larenz, 631, 633 f.; Wiethölter, Der Rechtfertigungsgrund des verkehrsrichtigen Verhaltens, 33 ff., 52 f. 238 So auch MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 35; ähnlich auch Fabarius, Äußere und innere Sorgfalt, 139 ff. 239 S. zu dieser Folge allein Fabarius, Äußere und innere Sorgfalt, 139; MünchKomm/ Wagner, § 823 Rn. 28 ff., 393. 240 So auch MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 393. 241 So auch Esser/Weyers, Schuldrecht BT II 2, § 55 II 3 e; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 394; ähnlich auch Schröder, AcP 179 (1979), 567, 590 f. 242 Ähnlich auch Esser/Weyers, Schuldrecht BT II 2, § 55 II 3 e; Fabarius, Äußere und innere Sorgfalt, 100 ff., 139 ff., 148 Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 128. 243 So Fuchs/Pauker/Baumgärtner, Delikts- und Schadensersatzrecht, 99, die konstatieren, dass die praktische Relevanz äußerst gering sei. 244 Larenz/Canaris, Schuldrecht II 2, § 75 II 5. Ähnlich in sportspezifischer und rechtsvergleichender Hinsicht auch Eimer, Rechtsfragen der Bergrettung, 340. 245 Ähnlich auch BGH, NJW 1994, 2232, 2233; Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 117 ff.; Stathopoulos, FS Larenz, 631, 631 f.

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Daraus folgt aber nicht automatisch, dass im Rahmen der Verkehrspflichtkonkretisierung nicht dennoch subjektive Aspekte aus der Person des Schädigers objektiviert bewertet werden dürfen. Vielmehr muss klargestellt sein, dass besondere individuelle Aspekte des Schädigers oder seines Verhaltens nur dann in die Verkehrspflichtkonkretisierung einfließen, wenn sie auf objektivierbaren Umständen beruhen, wie etwa bei einer altersbedingten, verminderten Reaktionsfähigkeit.246 Dieser Umstand führt somit nicht dazu, dass eine Gleichsetzung der Verkehrspflichten mit § 276 Abs. 2 BGB scheitert. Demgemäß steht es gerade in keinem Widerspruch zur objektivierten zivilrechtlichen Fahrlässigkeit, im Einzelfall Aspekte aus der Sphäre des Schädigers haftungsausschließend zu berücksichtigen. Allerdings handelt es sich insoweit um besondere personelle Aspekte des Verschuldens, die den Verkehrspflichten als solchen entzogen sind.247 Insgesamt kann somit festgehalten werden, dass die Verkehrspflichten und die im Verkehr erforderliche Sorgfalt des § 276 Abs. 2 BGB kongruent sind.248 Der Maßstab des § 276 Abs. 2 BGB kommt daher im Rahmen einer Verkehrspflichtkonzeption allein auf der Ebene des Tatbestandes zur Geltung und nicht zusätzlich auch noch auf der Ebene des Verschuldens.249 Gleiches gilt insofern auch für den Vorsatz: Er beschreibt das wissentliche, bewusste und willensgetragene Überschreiten der zulässigen Gefährdung beziehungsweise der verkehrserforderlichen Sorgfalt und ist somit ebenfalls allein dem Tatbestand zuzuordnen.250 Dieses Ergebnis führt zudem dazu, dass die Verkehrspflichten einen Großteil ihres vermeintlichen dogmatischen Sonderstatus verlieren und sich harmonisch in das System des § 823 Abs. 1 BGB integrieren lassen.251 Gleichzeitig bedeutet dies für die Befürworter der hier abgelehnten Verschuldensmodifikation, dass bezüglich der konkreten Ermittlung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt nahezu uneingeschränkt auf die Ergebnisse dieser 246 So auch Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 118; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 40. S. ferner Deutsch, AcP 202 (2002), 889, 900. 247 Ähnlich auch MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 60 sowie speziell für den Bereich der Sportausübung Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 271 ff. 248 So auch Brüggemeier, Prinzipien des Haftungsrechts, 75; Esser/Weyers, Schuldrecht BT II 2, § 55 II 3 e; Fabarius, Äußere und innere Sorgfalt, 139; Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 128 f.; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 394; Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 191 ff.; Stathopoulos, FS Larenz, 631, 633 f.; Wiethölter, Der Rechtfertigungsgrund des verkehrsrichtigen Verhaltens, 33 ff., 52 f. Nicht ganz eindeutig, aber wohl in diese Richtung Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 235, die von einem „Zusammenprüfen“ von äußerer und innerer Sorgfalt spricht. 249 So auch MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 51. 250 So auch MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 24, 51; ähnlich auch Wilhelmi, Risikoschutz durch Privatrecht, 115 f.; im Ergebnis auch Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 181. S. zudem auch Kötz/ Wagner, Deliktsrecht, Rn. 111, 113. Mit einer Berücksichtigung des Vorsatzes auf Tatbestandsebene sympathisiert partiell auch Soergel/Pfeiffer, § 276 Rn. 35. 251 So auch MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 395; ähnlich auch Esser/Weyers, Schuldrecht BT II 2, § 55 II 3 e. Fabarius, Äußere und innere Sorgfalt, 193 spricht daher auch von einem „Scheinproblem“.

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Untersuchung zurückgegriffen werden kann. Dass die einzelnen Verkehrspflichten dabei nicht als Rechtsnormen qualifiziert werden können, spielt für die weitere Betrachtung keine Rolle, da sie als deliktische Sorgfaltsgebote das erforderliche Verhalten des Sportlers konturieren und dieses durch ihr Pflichtenprogramm vom missbilligten Verhalten abgrenzen.252 Der zentrale Aspekt der weitreichen Legitimation der Verkehrspflichten bei der Sportausübung ist die missbilligte Gefahrschaffung, die unabhängig von der Eingriffsform und Elementen der individuellen Vorwerfbarkeit zu beurteilen ist.253 Durch dieses Verständnis konturieren die Verkehrspflichten automatisch auch die vertraglichen Schutzpflichten des § 241 Abs. 2 BGB.254 Der Verstoß gegen eine deliktische Verkehrspflicht führt somit bei Bestehen eines vertraglichen Schuldverhältnisses regelmäßig auch zur vertraglichen Haftung auf Schadensersatz.255 3. Die unmittelbaren Folgen für die Verschuldensprüfung Dadurch, dass die Verkehrspflichten der Fahrlässigkeit im Sinne des § 276 Abs. 2 BGB gleichzusetzen sind,256 ergeben sich zwangsläufig auch Folgen für die Verschuldensprüfung. Diese wird, da sowohl die Prüfung des Vorsatzes als auch der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt in die Prüfung des Verkehrspflichtverstoßes integriert werden,257 wesentlich reduziert.258 So bleiben lediglich die spezielle subjektive Vorwerfbarkeit der §§ 827, 828 BGB, individuelle, den Sorgfaltsmaßstab beeinflussende Faktoren sowie das Eingreifen unvermeidbarer Verbotsirrtümer oder etwaiger Entschuldigungsgründe der Verschuldensebene zugewiesen.259 Die Prüfung der Verschuldensebene erlangt daher in einem Verkehrspflichtensystem lediglich eine geringfügige Bedeutung.260 Die verbleibenden Relikte des Verschuldens werden 252 253

200.

Ähnlich auch Looschelders, FS Müller, 129, 134; Stoll, AcP 162 (1963), 203, 229, 233. Ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport,

254 So auch MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 396; insbesondere im sportrechtlichen Kontext auch Weller, NJW 2007, 960, 961. 255 So auch MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 396. Dass vertragliche Ansprüche im Binnenverhältnis der Sportler allerdings nur in seltenen Fällen gegeben sein werden, wurde bereits oben unter B.IV.1. festgehalten. 256 S. dazu die obigen Ausführungen unter D.V.2. 257 Da sich Vorsatz und Fahrlässigkeit sinnvollerweise auf die Rechtsgutverletzung zu beziehen haben und nicht allein auf die Verkehrspflicht, entstehen insofern keine signifikanten Besonderheiten durch ein Verkehrspflichtmodell. S. in diesem Kontext allein Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. E 69. 258 S. dazu allein MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 51 ff., 57 ff. 259 MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 51 ff. Ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 273, die allerdings nicht auf mögliche Verbotsirrtümer hinweist. 260 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 270; Mertens, VersR 1980, 397, 407; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 51 ff., 57 ff.

V. Die dogmatischen Auswirkungen eines Verkehrspflichtmodells

205

bei Mitspielerverletzungen daher nur in selteneren Fällen eine signifikante Bedeutung erlangen. Trotzdem können sie im Zweifelsfall von elementarer Bedeutung sein,261 wenn die Haftung des schädigenden Sportlers allein aus einem solchen Grunde ausgeschlossen werden kann. 4. Die Ermöglichung einer Rasterlösung Losgelöst von den Vorzügen eines Verkehrspflichtmodelles, zeichnet sich eine Verkehrspflichtlösung in praktischer Hinsicht zusätzlich dadurch aus, dass sie eine umfangreiche Rasterlösung samt einer Art Filterfunktion ermöglicht. So können neben dem Erfordernis des Verkehrspflichtverstoßes noch einzelne weitere Faktoren eine angemessene und einzelfallgerechte Bewertung einer Sportverletzung eröffnen. Auf dieser Grundlage können trotz einer vorhersehbaren Allgemeinlösung stets auch individuelle Merkmale oder Besonderheiten erfasst werden, ohne auf dogmatisch fragwürdige Hilfskonstruktionen angewiesen zu sein.262 Gleichzeitig können auf diesem Wege auch die mannigfaltigen Facetten des Sports angemessen und ausreichend bei der zivilrechtlichen Bewertung einer Mitspielerverletzung Berücksichtigung finden. Die Verkehrspflicht bildet dazu als Kernelement die erste Ebene der Filterung. Die Ebenen der Rechtswidrigkeit und des Verschuldens justieren sodann – wenn auch wohl nur in selteneren Fällen – die nächste Ebene des Rasters, bevor eine Feinabstimmung der gesamten Schädigungssituation durch § 254 BGB ermöglicht wird und schließlich – allerdings nur in atypischen Ausnahmefällen und als ultima ratio – § 242 BGB zu einer abschließenden Endkorrektur beitragen kann. So könnte beispielsweise bei einer äußerst atypischen Schädigung aufgrund eines nicht voraussehbaren persönlichen Defizits des Schädigers im Einzelfall – ein Verkehrspflichtverstoß vorher allerdings denknotwendig vorausgesetzt – noch auf der Ebene des Verschuldens durch §§ 827, 828 BGB nachjustiert werden.263 Besondere Defizite des Geschädigten erhöhen das Maß der vom Schädiger zu beachtenden Verkehrspflichten im Allgemeinen indessen nicht.264 In anderen Konstella261 S. zu denkbaren Konstellationen Weisemann/Spieker, Sport, Spiel und Recht, Rn. 92 ff. sowie für den Bereich Minderjähriger Birr, Die Haftung Minderjähriger im Zivilrecht, Rn. 84. 262 Eine verkehrspflichtbasierte Lösung wird daher auch aus diesem Grunde dem Postulat von Zimmermann, VersR 1980, 497, 497, der die Etablierung einer „generalisierenden, von der Ermittlung individueller Willensbetätigungen der einzelnen Spieler unabhängigen Lösung“ fordert, gerecht. 263 Zu denken wäre insoweit – sofern die Verkehrspflichten im Verkehrskreis dieser Sportler nicht von vornherein weiter gefasst wären – an Konstellationen zwischen Sportlern mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen, die zwar in der Lage sind, Handlungen im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB auszuführen, sie oder sich aber nicht vollkommen kontrollieren können, etwa nach einer leichten Epilepsie oder im Rahmen einer Hypoglykämie während der Sportausübung. S. insofern speziell aus medizinischer Sicht Holzgraefe, VersMed 1992, 130. 264 So zu Recht auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 277 sowie Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 233. Etwas anderes mag vielleicht bei der Sportausübung zwischen Personen bestimmter Risikogruppen oder bei dem

206

D. Eigener Lösungsansatz

tionen könnte sodann auch noch das Verhalten des Geschädigten, wie etwa bei einem provozierten Regelverstoß – wenn an der missbilligten Gefahreröffnung nicht zu zweifeln ist – im Rahmen des § 254 BGB gewürdigt werden.265 Die Teilnahme am Sport als solche kann ein Mitverschulden allerdings nicht begründen.266 Dementsprechend bedarf es, um zu einer Anwendung des § 254 BGB gelangen zu können, einer zusätzlichen Gefahrschaffung durch den Geschädigten.267 Schließlich kann, wenn alle vorgeschalteten Raster versagen sollten und ein unbilliges Ergebnis die Folge wäre, noch § 242 BGB zu einer finalen Korrektur ins Feld geführt werden.268 Die Notwendigkeit eines Rückgriffs auf die Wertungen von Treu und Glauben kann vor dem Hintergrund der bisherigen Untersuchung – insbesondere im Lichte der vorab eingreifenden Filter – allerdings als äußerst unwahrscheinlich eingeschätzt werden. Dennoch kann in atypischen Sonderkonstellationen oder bei neuartigen Sportarten, die vor dem Hintergrund des heutigen Erkenntnisstandes möglicherweise ein rechtliches Umdenken erforderlich machen könnten, als ultima ratio an § 242 BGB zu denken sein. Gleichzeitig bedeutet dies aber auch, dass der Rückgriff auf die Wertungen von Treu und Glauben bei der Bewertung von Mitspielerverletzungen wieder seiner eigentlichen Funktion zurückgeführt wird, der sprichwörtlichen „Notbremse“, die allenfalls dann zum Spielmacher rechtlicher Bewertung werden darf, wenn Ungerechtigkeit die drohende Folge wäre.269

VI. Ergebnis: Das „Sporthaftungsprivileg“ de lege lata Die Untersuchung hat ergeben, dass einzig ein Verkehrspflichtmodell geeignet ist,270 Mitspielerverletzungen bei der Sportausübung einer adäquaten haftungsAufeinandertreffen mit Kindern gelten. Insoweit wären die Verkehrspflichten aber auch im Allgemeinen dem Grunde nach schon anders ausgestaltet. S. dazu die Ausführungen unter G.III.1.b)aa)(1). 265 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 276 ff.; Grunsky, JZ 1975, 109, 111; Hauk, Die zivilrechtliche Haftung bei Sportverletzungen, 113; Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 449. S. zu denkbaren Fällen des § 254 BGB bei der Sportausübung Heinemeyer, DAR 2013, 685, 689 ff.; Weisemann/ Spieker, Sport, Spiel und Recht, Rn. 96. 266 So auch Fritzweiler, DAR 1997, 137, 138; Geigel/Knerr, Der Haftpflichtprozess, 2. Kapitel Rn. 19; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 274 f.; Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 81; Jaufer, Recht im Sport, 141; Jauernig/Teichmann, § 254 Rn. 18; jurisPK-BGB/Rüßmann § 254 Rn. 10, 15; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 144 f.; Zeder, Haftungsbefreiung durch Einwilligung des Geschädigten, 81, 136. 267 S. dazu auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 276 ff.; Zeder, Haftungsbefreiung durch Einwilligung des Geschädigten, 80 f., 136. 268 Ähnlich auch Looschelders, FS Müller, 129, 132. 269 S. in diesem Kontext auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 172 f.; Looschelders, FS Müller, 129, 132; Zimmermann, VersR 1980, 497, 499. 270 S. insofern die obigen Ausführungen unter D.I., IV.2.

VI. Ergebnis: Das „Sporthaftungsprivileg“ de lege lata

207

rechtlichen Bewertung zuführen zu können. Alle weiteren diskutierten Lösungsmöglichkeiten – insbesondere auch eine Modifikation des Verschuldens – konnten im Ergebnis nicht überzeugen und sind außerdem mit grundlegenden dogmatischen Bedenken versehen, die gegen eine Berücksichtigung im Rahmen der Sportausübung sprechen.271 Ein Verkehrspflichtmodell ist darüber hinaus auch optimal dazu geeignet, die mannigfaltigen Facetten des Sports und der Sportausübung haftungsrechtlich zu erfassen.272 Gleichzeitig bietet es dem entscheidenden Richter die notwendige Flexibilität, um die Besonderheiten des Einzelfalles adäquat würdigen zu können.273 Die Verkehrspflichten bilden – wie Krause treffend formuliert – die entscheidende Linie zwischen Integritätsschutz des Geschädigten einerseits und Handlungsfreiheit des Schädigers andererseits.274 Der einzige dogmatische Preis – wenn man diesen Umstand überhaupt als Defizit betrachten kann – besteht in der generellen Anerkennung der Lehre vom Handlungsunrecht bei Mitspielerverletzungen sowie der weitläufigen Implementierung eines Verkehrspflichtsystems im Rahmen der Sportausübung. Vehementen Befürwortern eines erfolgsbezogenen Rechtswidrigkeitsverständnisses bliebe allerdings auch eine Lösung über das Verschulden offen, die – unter der dargestellten Kritik und inhaltlichen Einschränkungen – zumindest im Bereich fahrlässiger Schädigungen zu identischen Ergebnissen käme.275 Durch die Implementierung des „Sporthaftungsprivilegs“ im geltenden Haftungsrecht, erübrigen sich für die vorliegende Untersuchung größtenteils weitere, tiefergehende Überlegungen einer Lösungsoption de lege ferenda. Zur Revision des Haftpflichtrechts oder des momentanen Erkenntnisstandes der Zivilrechtswissenschaft sei an dieser Stelle allerdings Folgendes angemerkt: Vor dem Hintergrund des heutigen Wissensstandes können Verkehrspflichtkonzeptionen nicht nur im Rahmen von mittelbaren Eingriffen oder beim Unterlassen zur adäquaten Problembewältigung herangezogen werden, sondern auch bei unmittelbaren Eingriffen.276 Sie können daher – wie die Untersuchung gezeigt hat – flächendeckend und, wie das Massenphänomen des Sports trefflich belegt, auch innerhalb alltäglicher Lebensbereiche Anwendung finden. Eine solch weitreichende Entwicklung wäre den Verkehrspflichten wohl vor zwanzig oder dreißig Jahren sicher nicht in dem Maße zugesprochen worden wie heute.277 So wird sich die weitere Forschung in Zukunft 271

S. dazu allein D.I., IV.2. Dass dieser Umstand die Maxime einer anzustrebenden Lösung darstellt, befindet auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 327. Gleichzeitig wird ein Verkehrspflichtmodell auch der berechtigten Forderung von Zimmermann, VersR 1980, 497, 497, der Etablierung einer „generalisierenden, von der Ermittlung individueller Willensbetätigungen der einzelnen Spieler unabhängigen Lösung“ gerecht. 273 In diese Richtung auch Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 10. 274 Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 5. 275 S. insofern die obigen Ausführungen unter D.IV.2. 276 S. dazu die Ausführungen unter D.III.1.d). 277 S. dazu auch die Ausführungen unter D.III.1. 272

208

D. Eigener Lösungsansatz

wohl auch darauf beziehen, ob Verkehrspflichtsysteme im Allgemeinen auf das Fahrlässigkeitsdelikt beschränkt sind oder – wie hier befürwortet – auch beim Vorsatzdelikt zur Anwendung kommen können. Der Großteil der Literatur steht dem momentan noch kritisch gegenüber;278 ähnlich wie die Gegner der Lehre vom Handlungsunrecht bei unmittelbaren Eingriffen einst. Insoweit kann aber darauf verwiesen werden, dass die Verkehrspflichten in ihrer Begründung, Existenz und ihrem Fortbestand einem stetigen Weiterentwicklungsprozess unterliegen, der in seiner logischen Folge irgendwann auch den Bereich vorsätzlicher Schädigungen erreichen wird.279 Dass in diesem Bereich eine erfolgsorientierte Rechtswidrigkeitsbewertung unentbehrlich oder alternativlos ist, ist – wie Wagner bereits zutreffend festgestellt hat – ebenso wenig haltbar280 wie die Differenzierung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Schädigungen bei der Sportausübung.281 Insoweit kann die Untersuchung vielleicht auch als Grundstein für eine generelle Weiterentwicklung der Verkehrspflichten dienen. Dazu muss abschließend aus dem historischen Blickwinkel angemerkt werden, dass Hans Wolfgang Schmidt bereits 1963 zu Recht konstatierte, dass eine Verkehrspflichtenhaftung klarere Verhältnisse als eine Einwilligung, Handeln auf eigene Gefahr oder ein Haftungsverzicht schafft.282 Rechtsprechung und große Teile der Literatur sollten gerade vor diesem Hintergrund kritisch reflektieren, wieso seitdem noch über einen Zeitraum von mehr als einem halben Jahrhundert um die Einordnung einer Haftungsprivilegierung bei Mitspielerverletzungen gestritten werden musste, obwohl ein zielführender – wenn auch noch nicht ausgefeilter oder nachhaltig untermauerter – Lösungsvorschlag bereits vorgetragen war. Ob das Deliktsrecht aufgrund der Herausforderungen bei der Bewertung von Sportverletzungen einer Revision zu unterziehen ist oder der Bereich des Sports eine partielle Auslagerung in einen eigenen Normenkomplex erfordert, steht hingegen auf einem anderen – im Wesentlichen rechtspolitisch bestimmten – Blatt. Welche konkreten Voraussetzungen nun an die Verkehrspflichten beim Sport zu stellen sind, wie weit die Haftungsmodifikation letztendlich reicht und welche

278 Allerdings mehren sich die Befürworter der haftungsrechtlichen Privilegierung sportüblicher vorsätzlicher Regelwidrigkeiten, wie etwa dem „Trikotzupfer“ beim Fußball, stetig; s. dazu allein die Ausführungen unter H.III.5. 279 S. vor diesem Hintergrund auch Schröder, AcP 179 (1979), 567, 590 f. sowie ferner Westen, FS F. von Hippel, 591, 595 und Wilhelmi, Risikoschutz durch Privatrecht, 115 f. 280 MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 23 f., 26 f., 51, 57. S. auch Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 110 f. Für die einheitliche Bewertung von verkehrspflichtrelevanten Vorsatz- und Fahrlässigkeitsdelikten sprechen sich auch Schröder, AcP 179 (1979), 567, 590 f. und Wilhelmi, Risikoschutz durch Privatrecht, 115 aus. 281 So verbleibt insbesondere eine Haftung aus § 826 BGB für Konstellationen, in denen Schädigungen eines Mitsportlers vorsätzlich unter dem Deckmantel der Regelkonformität herbeigeführt werden. Daher bedarf es auch aus diesem Grunde keiner Korrektur der hier getroffenen Wertungen. 282 H. W. Schmidt, VersR 1963, 1101, 1101 f.

VI. Ergebnis: Das „Sporthaftungsprivileg“ de lege lata

209

weiteren Implikationen möglicherweise aus dem „Sporthaftungsprivileg“ resultieren, soll Bestandteil der weiteren Untersuchung sein.

E. Die Beurteilung regelwidrig verursachter Mitspielerverletzungen Fokussierte sich die Untersuchung bislang überwiegend auf ein regelkonformes Verhalten des schädigenden Sportlers, rückt nun die Frage, ob auch regelwidrig verursachte Mitspielerverletzungen einer Haftungsmodifikation zugunsten des Schädigers zugänglich sind, in den Vordergrund.

I. Die Privilegierungswürdigkeit regelwidrigen Verhaltens Zunächst gilt es insoweit festzustellen, ob regelwidriges Verhalten bei Mitspielerverletzungen überhaupt privilegierungswürdig ist. An dieser Stelle offenbart sich in praktischer Hinsicht erneut die bereits eingangs untersuchte Problematik einer pauschalen Differenzierung zwischen Kampf- und Parallelsportarten oder Sportarten mit erheblichem oder unerheblichem Gefährdungspotential.1 Auffällig ist dabei, dass viele Autoren – trotz der Neuordnung durch den Bundesgerichtshof2 – weiter auf die überkommene Unterscheidung der Sportarten zurückgreifen und den Parallelsportarten pauschal eine grundsätzliche Privilegierung verwehren wollen.3 1. Der Bereich der Kampfsportarten Für den Bereich der Kampfsportarten – wenn man denn die überkommene Klassifizierung dennoch nutzen will4 – scheint die haftungsrechtliche Privilegierung auch eines regelwidrigen Einsatzes heutzutage fast außer Frage zu stehen. Schon die frühen Untersuchungen von Knefeli und Mahling, die insoweit als Wegbereiter des heutigen Verständnisses angesehen werden können, gelangten für den Bereich der Kampfsportarten explizit zu dem Ergebnis, dass eine Haftungsfreistellung bei Mitspielerverletzungen auch den Bereich der Regelwidrigkeiten erfassen müsse.5 In jüngerer Zeit wenden sich nur noch vereinzelte Stimmen offen gegen diese Ein1

S. dazu die Ausführungen oben unter B.V. BGHZ 154, 316, 324. S. dazu auch B.V.5. 3 So ausdrücklich BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535, 535.2; Korff, Sportrecht, Rn. 237 ff., 251 ff.; Palandt/Sprau, § 823 Rn. 215 f.; partiell auch Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 137 ff., 177 ff. 4 S. dazu ferner die obigen Ausführungen unter B.V.1. 5 Knefeli, Die Haftung bei Sportverletzungen, 30 f.; Mahling, Die strafrechtliche Behandlung von Sportverletzungen, 73. 2

I. Die Privilegierungswürdigkeit regelwidrigen Verhaltens

211

schätzung. So wollen Füllgraf und Hellgardt leicht regelwidrig verursachte Mitspielerverletzungen allgemeinen Haftungsgrundsätzen unterstellen,6 was in der Folge regelmäßig zur Haftung des schädigenden Sportlers führte. Roesch und Steffen hingegen wollen die Privilegierung regelwidrigen Verhaltens nicht in jedem Falle gelten lassen.7 Trotz dieser abweichenden Stimmen kann festgehalten werden, dass ein breiter Konsens in Rechtsprechung und Literatur besteht, dass auch leichte Regelverstöße, die zur Schädigung eines Mitsportlers führen, nicht zwingend die Haftung des schädigenden Sportlers begründen sollen.8 Auffällig ist insoweit allein, dass die einzelnen Begründungen zur Privilegierungswürdigkeit leicht regelwidrigen Verhaltens teilweise auseinander gehen. Dieser Umstand ist aber darauf zurückzuführen, dass die einzelnen Autoren zur Begründung einer Haftungsmilderung beim Sport divergierende Anknüpfungspunkte wählen.9 2. Die Privilegierungswürdigkeit der Parallelsportarten Ganz anders hingegen fällt die Beurteilung im Bereich der Parallelsportarten aus. Diese werden teilweise immer noch als nicht privilegierungswürdig qualifiziert,10 6

Füllgraf, VersR 1983, 705, 711; Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 70. RGRK/Steffen, § 823 Rn. 358 f.; Roesch, ZfV 1976, 518, 520. 8 BGHZ 154, 316, 324 f.; BGH, NJW 1976, 957, 968; 1976; 2161; BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 584; Emmerich, BGB – Schuldrecht Besonderer Teil, § 21 Rn. 9; Erman/Wilhelmi, § 823 Rn. 104; Geigel/Knerr, Der Haftpflichtprozess, 1. Kapitel Rn. 59; Hauk, Die zivilrechtliche Haftung bei Sportverletzungen, 102, 105; Herrmann, Jura 1985, 568, 569; NK-BGB/Katzenmeier, § 823 Rn. 504; Looschelders, JR 2000, 265, 272; Meckel, Die strafrechtliche Haftung für riskante Verhaltensweisen, 127 f.; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 695; Petev, VersR 1976, 320, 323; Pfeifer, Schuldrecht, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 3 Rn. 79; Richtsfeld, CaS 2016, 131, 139; Rummel, Haftung bei Kanuunfällen, 89; Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 217; Soergel/Spickhoff, Vor § 823 Rn. 110 f.; Staudinger/ Hager [2017], Vor § 823 Rn. 50; Teichmann, JA 1979, 293, 295; Zimmermann, VersR 1980, 497, 501. 9 So begründet Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 54 die Privilegierung leichter Regelverstöße damit, dass kleinere Regelverstöße auch gewissenhaften Sportlern unterliefen. Soergel/Spickhoff, Vor § 823 Rn. 110 dagegen argumentiert, dass die Sportler mit Spieleifer, Unüberlegtheit, technischem Versagen, Übermüdung oder ähnlichen Ausfällen rechnen müssten und aus diesem Grunde eine Haftungsfreistellung bei Regelwidrigkeiten angemessen sei. Schall, SpuRt 2011, 226, 228 postuliert unterdessen, dass es unterhalb der Ebene der Schwerstverletzungen eine Ebene geben müsse, die haftungsfrei sei. Fleischer, VersR 1999, 785, 788 hingegen sieht in den Kriterien der Typizität und Reziprozität den Grund der Privilegierung regelwidrigen Verhaltens beim Kampfsport, da ein Anspruch des Geschädigten bei einer Schädigung, die er ebenso hätte zufügen wie erleiden können, seiner Auffassung nach ausgeschlossen sein müsse. Zudem verweist er darauf, dass sich diese Annahme zusätzlich auch durch sportwissenschaftliche Untersuchungen zum Aggressionspotential der Wettkampfsportarten abstützen lasse. 10 So ausdrücklich BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535, 535.2; Korff, Sportrecht, Rn. 237 ff., 251 ff.; Palandt/Sprau, § 823 Rn. 215 f.; PHB Sportrecht/Fritzweiler, 5. Teil Rn. 20 ff.; partiell auch Röckrath, Spurt 2003, 189, 191; Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 137 ff.; 177 ff. 7

212

E. Beurteilung regelwidrig verursachter Mitspielerverletzungen

was in der Folge regelmäßig zu einer Haftung des schädigenden Sportlers bei leichten Regelverstößen führen würde. Dieser Annahme muss indessen klar widersprochen werden. Wie bereits eingangs untersucht, hat es keinen Sinn, pauschal zwischen unterschiedlichen Ausübungsformen oder Merkmalen des Sports zu unterscheiden und einzelne Sportarten oder Sportartengruppen infolgedessen haftungsrechtlich zu benachteiligen.11 Vielmehr muss sich die Privilegierung regelwidrigen Verhaltens grundsätzlich auf alle Bereiche des Sports mitsamt seinen Ausübungsformen und somit auch auf die Parallelsportarten erstrecken.12 Dies lässt sich schon allein an einer alltäglichen Schädigungssituation belegen: Denkt man beispielsweise an einen Laufwettbewerb, im Rahmen dessen ein Sportler einem anderen Teilnehmer schädigend auf den Fuß tritt oder während der Bewegung versehentlich ein Bein stellt, so stellt dies keinen unüblichen oder gravierenden Regelverstoß dar, der besonders zu missbilligen ist. Vielmehr handelt es sich um ein Geschehnis, das bei der Sportausübung nun einmal als typisches Unglück eintreten kann.13 Zudem ist eine solche Schädigungssituation regelmäßig auch von einem wechselseitigen Schädigungsrisiko geprägt, da der geschädigte Sportler selbst auch einen anderen Sportler hätte verletzten können. Warum aber sollte diese nicht atypische Mitsportlerverletzung bei einer Parallelsportart trotz regelmäßigen Vorliegens der Reziprozität des Schädigungsrisikos anders bewertet werden als eine nicht unübliche Schädigung im Rahmen einer Kampfsportart? Bereits anhand dieses Beispiels wird deutlich, dass es keinen Sinn hat, den Parallelsportarten die Möglichkeit einer milderen haftungsrechtlichen Bewertung pauschal zu verwehren.14 Betrachtet man zudem die einzelnen Regelwerke genauer, so zeigt sich, dass der maßgebliche Unterschied zwischen den Kampf- und Parallelsportarten in dieser Hinsicht lediglich darin besteht, dass die Regelwerke der meisten Parallelsportarten nicht von körperkontaktbezogenen Regelverstößen ausgehen.15 Dieser Umstand folgt aber im Wesentlichen aus der Ausübungsform der jeweiligen Sportarten, die nun einmal keinen notwendigen Körperkontakt voraussetzen oder herausfordern. Dementsprechend müssen sich die Regelwerke einzelner Parallelsportarten naturgemäß auch nicht mit solchen Regelwidrigkeiten auseinandersetzen beziehungs-

11

S. dazu die obigen Ausführungen unter B.V.6. So explizit auch Handbuch Sportrecht/Vieweg, Haftungsrecht, 131; Heermann, Haftung im Sport, Rn. 209; jedenfalls im Ergebnis auch Möllers, JZ 2004, 95, 96; für den Bergsport auch Burger, Spurt 2007, 192, 194; partiell auch BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535.2; Gschöpf, Haftung bei Verstoß gegen Sportregeln, 95; Pardey, zfs 1995, 281, 282. In diese Richtung auch Staudinger/Caspers [2014], § 276 Rn. 42. S dazu auch B.V.6. 13 Jedenfalls im Ergebnis auch Hauk, Die zivilrechtliche Haftung bei Sportverletzungen, 108 f. 14 S. dazu auch die obigen Ausführungen unter B.V.3.a), 4., 6. 15 Ähnlich auch Hauk, Die zivilrechtliche Haftung bei Sportverletzungen, 105 ff. S. ferner auch BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 582 f. 12

I. Die Privilegierungswürdigkeit regelwidrigen Verhaltens

213

weise sie explizit thematisieren.16 Im Umkehrschluss bedeutet dies aber nicht, dass diese Sportarten keine leichten, körperkontaktbezogenen Regelverstöße kennen.17 Natürlich kann man dagegen einwenden, dass Regelverstöße den Kampfsportarten eher immanent sind als den Parallelsportarten, oder dass man beim Parallelsport bei Körperkontakt eher von einem gravierenderen Verstoß ausgehen kann als bei einem Vergleich zum Kampfsport. Daraus lässt sich aber keine pauschale haftungsrechtliche Schlechterstellung ableiten.18 Wollte man aber einem solchen Argumentationsmuster folgen, wäre auch ernsthaft zu hinterfragen, ob nicht beispielsweise auch Verstöße bei dem als „körperlos“ geltenden Basketball stets zur Haftung des schädigenden Sportlers führen müssten oder aber das Basketballspiel zumindest grundsätzlich strenger zu bewerten wäre als andere Kampfsportarten.19 Dass eine solche Einzeldifferenzierung oder –akzentuierung – insbesondere wenn man jede einzelne Sportart in der weiteren Konsequenz miteinander vergleichen müsste – nicht überzeugen kann, liegt auf der Hand.20 Fokussiert man sich hingegen losgelöst von einer Klassifizierung der Sportarten auf die Untersuchung, ob eine Regelwidrigkeit vorliegt, die nicht offen der Typizität der jeweiligen Sportart widerspricht und gleichzeitig eine Reziprozität der Schädigungsgefahr aufweist, verliert die Eingruppierung einzelner Sportarttypen ihre Bedeutung.21 Legt man dieses Verständnis zugrunde, kann festgehalten werden, dass auch leichte Regelwidrigkeiten bei Parallelsportarten privilegierungswürdig sind.

16 Insoweit sei noch einmal auf das bereits oben unter B.V.3.c) untersuchte Tauziehen verwiesen. Das DTRV-Regelwerk zum Tauziehen kennt keine körperkontaktbezogenen Regelverstöße, obwohl es überwiegend Elemente eines Kampfsports enthält, da der Körperkontakt regelmäßig nicht während der Sportausübung auftritt. Daraus lässt sich allerdings nicht schlussfolgern, dass privilegierungswürdiger Körperkontakt nicht dennoch auftreten kann; er hat lediglich keinen Eingang in das Regelwerk gefunden. S. zum Regelwerk beim Tauziehen Fn. 365. 17 In eine ähnliche Richtung auch BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 582 ff. Diesen Umstand übersieht Looschelders, JR 2000, 265, 273 f., wenn er konstatiert, dass bei den Parallelsportarten keine Notwendigkeit bestehe, Regelverletzungen zur Ermöglichung der wesensgerechten Sportausübung hinzunehmen. 18 Ähnlich auch Heermann, Haftung im Sport, Rn. 209; Möllers, JZ 2004, 95, 96. Dies wäre indessen bei der Beurteilung von Looschelders, JR 2000, 265, 273 f. die Konsequenz. 19 S. dazu auch MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 696 sowie Pfister, FS W. Lorenz, 171, 190 Fn. 100. In eine solche Richtung tendiert allerdings Roesch, ZfV 1976, 518, 520, freilich ohne die daraus resultierenden Wertungsunstimmigkeiten in der Folge aufzulösen. Roesch, ZfV 1976, 518, 520 f. legt lediglich nahe, dass ein „körperbetonter“ Mannschaftssport durchaus strenger bewertet werden könnte als ein „körperloser“. 20 S. dazu auch Heermann, Haftung im Sport, Rn. 209; Korff, Sportrecht, Rn. 236. Dies wäre indessen die logische Konsequenz, wenn man den Gedankengang von Roesch, ZfV 1976, 518, 520 f. konsequent weiterverfolgte. S. dazu auch die obigen Ausführungen unter B.V.3., 4., 6. 21 S. dazu auch B.V.6. In eine ähnliche Richtung blicken wohl auch Hauk, Die zivilrechtliche Haftung bei Sportverletzungen, 108 f.; Heermann, Haftung im Sport, Rn. 209 sowie Richtsfeld, CaS 2016, 131, 134 f., 139.

214

E. Beurteilung regelwidrig verursachter Mitspielerverletzungen

3. Der Einfluss von Typizität und Reziprozität bei Regelwidrigkeiten Vor dem Hintergrund der bisherigen Untersuchung und ihrer Ergebnisse lässt sich eine generelle Ausweitung des „Sporthaftungsprivilegs“ für den Bereich des regelwidrigen Schädigerverhaltens insbesondere aus dem Einfluss der Typizität der jeweiligen Sportarten und der Reziprozität der Schädigungsgefahr ableiten.22 Sicherlich bestehen ein theoretischer und auch ein tatsächlicher Unterschied zwischen einem regelkonformen und einem regelwidrigen Verhalten, allerdings entsprechen leichte Regelverstöße zumeist der Typizität der jeweiligen Sportarten beziehungsweise widersprechen ihr nicht in gravierendem Maße.23 Dies gilt für jegliche Sportarten, unabhängig von ihrer jeweiligen Ausübungsform. Dementsprechend kann aus dem Vorliegen eines Regelverstoßes nicht automatisch eine Haftungsfolge abgeleitet werden.24 Gleichzeitig wird in heutiger Zeit auch niemand mehr ernsthaft in Frage stellen, dass leichte Regelwidrigkeiten auch gewissenhaften und „fair“ agierenden Sportlern unterlaufen können.25 Darüber hinaus wird auch bei Regelwidrigkeiten vielfach eine wechselseitige Verletzungsgefahr zwischen den Sportlern gegeben sein, sodass auch die Reziprozität des Schädigungsrisikos bestehen wird.26 Kombiniert man nun beide Aspekte, so wird der Unterschied zwischen Regelkonformität und Regelwidrigkeit jedenfalls in haftungsrechtlicher Hinsicht relativiert, da nur schwerlich von einer missbilligten Gefahrrealisierung gesprochen werden kann, wenn die Schädigung des Mitsportlers keiner unüblichen Spielsituation entsprungen ist und das Spielgeschehen zudem von einer wechselseitigen Schädigungsgefahr geprägt war.27 Die Kriterien der Typizität und Reziprozität rechtfertigen somit in ihrem Zusammenspiel eine grundsätzliche Privilegierung regelwidrigen Verhaltens.

22

Mit ähnlicher Argumentation auch Fleischer, VersR 1999, 785, 788 f.; Pfister, FS W. Lorenz, 171, 190 sowie für den Bergsport Burger, Spurt 2007, 192, 194. S. dazu auch Möllers, JZ 2004, 95, 96 f. 23 S. dazu auch Fleischer, VersR 1999, 785, 788 f.; Korff, Sportrecht, Rn. 239 ff., 249; Looschelders, JR 2000, 265, 271; Pfister, FS W. Lorenz, 171, 190; Roesch, ZfV 1976, 518, 520. 24 So auch Looschelders, JR 2000, 265, 271; NK-BGB/Katzenmeier, § 823 Rn. 504; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 54. Ein ähnliches Argumentationsmuster lieferte auch schon Knefeli, Die Haftung bei Sportverletzungen, 30 f. 25 Ähnlich auch Looschelders, JR 2000, 265, 271; NK-BGB/Katzenmeier, § 823 Rn. 504; Pfister, FS W. Lorenz, 171, 190; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 54. S. dazu auch Roesch, ZfV 1976, 518, 520. Zu dieser Erkenntnis gelangte übrigens auch schon Knefeli, Die Haftung bei Sportverletzungen, 31 f. 26 In eine ähnliche Richtung auch Fleischer, VersR 1999, 785, 788 f.; Pfister, FS W. Lorenz, 171, 190 sowie Roesch, ZfV 1976, 518, 520. 27 Ähnlich auch Fleischer, VersR 1999, 785, 788 f. sowie ferner Pfister, FS W. Lorenz, 171, 190.

II. Die Umsetzung dieser Maxime

215

II. Die Umsetzung dieser Maxime Losgelöst von der generellen Privilegierungswürdigkeit regelwidrigen Verhaltens stellt sich sodann die Frage, wie eine Haftungsprivilegierung für regelwidrig verursachte Schädigungen realisiert werden kann. 1. Das vorhandene Meinungsspektrum Das vorhandene Meinungsspektrum nähert sich insofern demjenigen des regelkonformen Verhaltens an. Aus diesem Grunde sei – da die wesentlichen Aussagen und Argumente zum regelwidrigen Verhalten bereits dort dargestellt wurden – auf die obigen Ausführungen zur Regelkonformität einer Mitspielerverletzung verwiesen.28 Allerdings zeigt sich im Bereich des regelwidrigen Verhaltens eine Auffälligkeit: Verteilte sich das Meinungsspektrum zum regelgerechten Verhalten noch etwa gleichmäßig auf die Befürworter einer verkehrspflichtbasierten Lösung, einer verschuldensorientierten Lösung oder auf die weiteren Lösungsvorschläge,29 so wird im Bereich des regelwidrigen Verhaltens verstärkt auf die Ebene des Verschuldens zur Problemlösung verwiesen.30 Dahinter steckt zumeist der Gedanke, dass zumindest eine systematische Unterscheidung zwischen der Regelkonformität und der Regelwidrigkeit bestehen soll, wenn auch leicht regelwidrig verursachte Mitspielerverletzungen letztlich keine Haftung begründen sollen. Dies wird insbesondere bei Fleischer, Hager, Spickhoff und auch bei Krause deutlich, die regelkonform verursachte Sportverletzungen anhand eines Verkehrspflichtmodells bewerten wollen, sich im Bereich der regelwidrig zugefügten Schädigungen aber gegen diesen Ansatz wenden und auf eine Verschuldensmodifikation zurückgreifen.31 Zur Begründung dieser Differenzierung führt Fleischer aus, dass es einerseits zwar möglich sei, von einem recht grobmaschigen Verkehrspflichtverständnis auszugehen und somit auch regelwidrige Schädigungen anhand eines Verkehrspflichtmodells zu bewerten, andererseits dadurch aber der Unterschied zwischen regelkonformem und regelwidrigem Verhalten verwässert werde und daher eine Verlagerung auf die Ebene des Verschuldens 28

S. daher die obigen Ausführungen unter C. S. dazu allein die Nachweise oben unter C.II.4., III.1.a), IV. 30 Für eine Bewältigung regelwidrigen Verhaltens auf der Ebene des Verschuldens sprechen sich explizit Fleischer, VersR 1999, 785, 789 f.; Leube, VersR 2008, 880, 880 f.; NK-BGB/ Katzenmeier, § 823 Rn. 504; Pardey, zfs 1995, 281, 281; RGRK/Steffen, § 823 Rn. 367; Roesch, ZfV 1976, 518, 520 f.; Schall, SpuRt 2011, 226, 228 f.; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 54 und Teichmann, JA 1979, 293, 295 f. aus. Aus dem Bereich des Strafrechts spricht sich zudem auch Eser, JZ 1978, 368, 373 für eine verschuldensorientierte Lösung aus. Das OLG Düsseldorf, VersR 1992, 247, 248 hingegen lässt offen, ob eine Privilegierung regelwidrigen Verhaltens auf der Ebene des Verschuldens vorzunehmen sei oder aber eine Gleichsetzung mit einem regelgerechten Verhalten zu erfolgen habe. 31 Fleischer, VersR 1999, 785, 789 f.; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 16; Soergel/ Spickhoff, Vor § 823 Rn. 110; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 54. 29

216

E. Beurteilung regelwidrig verursachter Mitspielerverletzungen

überzeugender sei.32 Spickhoff hingegen sieht in einer Gleichbehandlung die Gefahr eines zurückgedrängten Rechtsgüterschutzes, wenn von den Sportregeln untersagte Verhaltensweisen zunächst als grundsätzlich haftungsrechtlich zulässig eingestuft werden würden.33 Diese Gedanken mögen in ihrem Kern zwar zutreffend sein, allerdings werden sie auch von der grundlegenden Prämisse getragen, dass das Deliktsrecht neben seiner allgemeinen – und bereits durch entsprechende Ge- und Verbote in den Regelwerken abgedeckten – präventiven Funktion zusätzlich auch dazu berufen sei, den Sport und seine bekannten Schädigungsrisiken im Rahmen der Gefahrminimierung beeinflussen zu können. Spickhoff verweist des Weiteren darauf, dass bei einem Gleichlauf möglicherweise auch die Versuchung der Sportler befeuert werden könnte, vermehrt und bewusst Regelwidrigkeiten zum Erreichen des Spielzwecks einzusetzen.34 Für den Juristen mag eine solche Betrachtung von der – in diesem Fall dann nicht eintretenden – Rechtsfolge aus vielleicht nachvollziehbar sein, allerdings lässt sich dieser Gedankengang in praktischer Hinsicht wohl oftmals nicht mit der Lebenswirklichkeit vereinbaren, da die Sportler in der Regel die Sportausübung und den sportiven Wettbewerb, aber nicht die Abgrenzung zum haftungsrechtlich relevanten Verhalten im Blick haben werden.

2. Ein Verkehrspflichtmodell als einzig zielführende Umsetzungsoption Vor dem Hintergrund der bisherigen Untersuchungsergebnisse können für den Bereich des regelwidrigen Verhaltens nur diejenigen Ansätze Bedeutung erlangen, die zur Bewältigung regelgerechten Verhaltens tragfähig sind.35 Andere Lösungsansätze eignen sich, wenn sie schon ein regelgerechtes Verhalten nicht überzeugend bewältigen können, erst recht nicht zur Beurteilung regelwidrig verursachter Mitspielerverletzungen. Aus diesem Grunde verdichten sich die Lösungsoptionen regelwidrigen Verhaltens allein auf eine Verkehrspflichtkonzeption oder aber auf eine Verschuldensmodifikation.36 Allerdings zeigt sich auch im Bereich der regelwidrig verursachten Schädigungen, dass eine Verschuldensmodifikation aufgrund des Rechtsgedankens des § 276 Abs. 3 BGB vielfach keine befriedigenden Ergebnisse liefern kann.37 Nimmt man den Fußball als Beispiel, so stellen taktische Regelverstöße, insbesondere das 32

So Fleischer, VersR 1999, 785, 789 f. Soergel/Spickhoff, Vor § 823 Rn. 110. 34 Soergel/Spickhoff, Vor § 823 Rn. 110. 35 S. insofern die obigen Ausführungen unter D.I., IV.2. 36 S. zu den spezifischen Herausforderungen dieser beiden verbliebenen Lösungsoptionen die Ausführungen unter D.I., III., IV. S. dazu auch Fleischer, VersR 1999, 785, 789 f. 37 S. zu dieser Thematik die obigen Ausführungen unter C.IV. Kritisch im Allgemeinen zur Bewältigung auf der Ebene des Verschuldens auch Looschelders, JR 2000, 265, 271 f. 33

II. Die Umsetzung dieser Maxime

217

„Trikotzupfen“, übliche Regelverstöße dar, die zudem der Typizität des Fußballspiels entsprechen.38 Das taktische Foul beim Fußball ist somit – auch wenn dies teilweise anders beurteilt wird39 – grundsätzlich haftungsrechtlich privilegierungswürdig.40 Wenn man nun aber die Willensrichtung bei diesen Regelverstößen betrachtet, zeigt sich, dass taktische Fouls in aller Regel vorsätzlich begangen und in vielerlei Fällen in der Folge auch daraus resultierende Mitspielerverletzungen zumindest bedingt vorsätzlich herbeigeführt werden.41 Aufgrund der Wertung des § 276 Abs. 3 BGB könnte eine Verschuldensmodifikation eine aus einem solchen Vergehen resultierende Sportlerverletzung haftungsrechtlich aber nicht privilegieren. Warum aber sollte ein typisches Regelvergehen, das in den meisten Fällen wohl auch nur geringfügige Schädigungen herbeiführen kann und im Wesentlichen von den beteiligten Sportlern gebilligt wird, überwiegend nicht privilegierungsfähig sein? Dagegen könnten indessen eher unübliche, aber noch der Typizität des Sports entsprechende Regelverstöße und daraus entstehende Mitspielerschädigungen privilegierungsfähig sein, wenn der Schädiger nur fahrlässig gehandelt hat. Die allein aus diesem Vergleich der unterschiedlichen Regelwidrigkeiten entstehenden Wertungswidersprüche können die verschuldensorientierten Lösungsansätze weder auflösen, noch anderweitig bewältigen. Nun kann man sicherlich diskutieren, ob vorsätzliche Regelverstöße haftungsrechtlich privilegiert werden dürfen oder aber stets zu missbilligen sind.42 Die Untersuchung hat allerdings ergeben, dass die be-

38

So auch Looschelders, JR 2000, 265, 272; Zimmermann, VersR 1980, 497, 502; ähnlich auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 29; Schall, SpuRt 2011, 226, 228; Sportrecht in der Praxis/Adolphsen, Rn. 852; sowie Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 190. 39 Nach der Auffassung von Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 213 und Soergel/ Krause, § 823 Anh. II Rn. 116 sollen vorsätzliche Regelverstöße und somit auch taktische Fouls stets zur Haftung des schädigenden Sportlers führen. S. zur Missbilligung vorsätzlicher Regelverstöße im Allgemeinen zudem Hauk, Die zivilrechtliche Haftung bei Sportverletzungen, 107; NK-BGB/Katzenmeier, § 823 Rn. 504; Roesch, ZfV 1976, 518, 520. 40 So auch Schall, SpuRt 2011, 226, 228. 41 So auch Looschelders, JR 2000, 265, 272. In diese Richtung auch Schall, SpuRt 2011, 226, 228. 42 Für eine generelle Missbilligung vorsätzlicher Regelwidrigkeiten BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 586; Bonde, SchlHA 1984, 178, 180; Hauk, Die zivilrechtliche Haftung bei Sportverletzungen, 107; MünchKomm3/Mertens, § 823 Rn. 335; NK-BGB/Katzenmeier, § 823 Rn. 504; Roesch, ZfV 1976, 518, 520; Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 213. Dagegen wenden sich explizit Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 29; Schall, SpuRt 2011, 226, 228 sowie Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 190 f. Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 180 f. hingegen differenziert basierend auf der Intensität des Regelverstoßes, aber dennoch hält er vorsätzliche Regelwidrigkeiten für grundsätzlich privilegierungswürdig. In eine ähnliche Richtung argumentiert auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 267, die ebenfalls eine grundsätzliche Privilegierung vorsätzlicher Regelverstöße für angemessen erachtet. S. zu der Diskussion, ob auch vorsätzliche Regelwidrigkeiten in haftungsrechtlicher Sicht privilegiert werden können, die Ausführungen unter B.II.4.c) sowie H.III.5.

218

E. Beurteilung regelwidrig verursachter Mitspielerverletzungen

sondere Missbilligung zwar aus dem Regelverstoß folgt,43 jedoch muss dieser Befund stets in Abhängigkeit zur Intensität des Verstoßes betrachtet werden.44 Eine pauschale Antwort zu dieser Diskussion verbietet sich daher aus diesem Grunde, da insoweit nicht nur ein Entscheidungsparameter isoliert betrachtet werden kann. Demgemäß kann mit der hier vertretenen Auffassung45 grundsätzlich auch ein vorsätzlicher Regelverstoß haftungsrechtlich privilegiert werden. Dies kann allerdings – wie soeben betont – nicht uneingeschränkt gelten. Vielmehr bedarf der vorsätzliche Regelverstoß einer engen Bindung zur Typizität und muss im Bereich des üblichen und somit zu erwartenden Verhaltens der Sportler liegen.46 Sollte ein Regelwerk hingegen einen vorsätzlichen Regelverstoß in einem besonderen Maße sanktionieren oder missbilligen, wird man dagegen wohl regelmäßig auch von einem Verkehrspflichtverstoß ausgehen können,47 der sodann bei einer Schädigung des Mitsportlers auch zur Haftung des Schädigers führen kann. Letztlich handelt es sich bei dieser Diskussion aber eher um die praktische Herausforderung der Abgrenzung des privilegierten vom missbilligten Verhalten als um eine Frage der Realisierung einer Haftungsprivilegierung.48 Wenn man mit der hier vertretenen Auffassung die Verkehrspflichten nicht als Sorgfalt im Höchstmaß versteht, sondern sie § 276 Abs. 2 BGB gleichsetzt,49 besteht kein Hindernis, die Verkehrspflichten von vornherein etwas grobmaschiger zu betrachten,50 sodass Regelwidrigkeiten – wenn sie sich nicht zu weit von der Typizität der Sportart entfernen und eine Reziprozität der Schädigungsgefahr vorliegt – nicht zwingend einen Verkehrspflichtverstoß begründen und somit in der Folge nicht direkt von der Haftung des schädigenden Sportlers ausgegangen werden muss. Gerade aufgrund der vorgenannten Bedenken und Tücken einer Verschuldensmo43

S. dazu B.II.4.d). In eine ähnliche Richtung argumentiert auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 29, wenn er festhält, dass – unabhängig von der Willensrichtung des Schädigers – lediglich grobe Regelwidrigkeiten zur Haftung führen sollen. Ähnlich auch Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 180 f. Auch Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 190 ff. differenziert insoweit zwischen „einfachen“ und „groben Spielregelverletzungen“. 45 S. zur besonderen Missbilligung bei der Sportausübung sowie der Bewertung vorsätzlicher Regelverstöße die Ausführungen unter B.II.4.d) und H.III.5. 46 S. insofern die Ausführungen unter H.III.5. 47 Ähnlich auch Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 180 f.; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 190 ff. Im Allgemeinen tendiert wohl auch Pfister, FS W. Lorenz, 171, 190 in diese Richtung. S. zudem die Ausführungen unter H.III.5. 48 Aus diesem Grunde sei im Wesentlichen auch auf die Abgrenzung des privilegierten vom missbilligten Verhalten verwiesen. S. dazu H.II. 49 S. dazu D.V.2. 50 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 232 ff. Nicht explizit, aber im Ergebnis auch Möllers, JZ 2004, 95, 97 sowie Pfister, FS W. Lorenz, 171, 190. S. dazu auch Fleischer, VersR 1999, 785, 789, auch wenn er sich letztlich gegen diese Lösungsoption wendet. 44

II. Die Umsetzung dieser Maxime

219

difikation, sollte sich die Bewältigung regelwidrig verursachter Mitspielerverletzungen ebenfalls anhand eines Verkehrspflichtmodells vollziehen, um eine Privilegierung bei Regelwidrigkeiten zu ermöglichen, die der Wirklichkeit der Sportausübung gerecht wird, der Interessenlage der Sportler entspricht und gleichzeitig die notwendige rechtliche Flexibilität aufweist.51 Anknüpfend an dieses Ergebnis muss noch eruiert werden, ob – wenn schon regelkonformes und regelwidriges Verhalten einheitlich auf Grundlage eines Verkehrspflichtmodells zu bewerten sind – nicht dennoch ein sichtbarer systematischer Unterschied zwischen den beiden Verhaltensformen zum Ausdruck gebracht werden sollte oder gar müsste. So könnte man argumentieren, dass schädigungsverursachende Regelwidrigkeiten nicht auf eine Stufe mit regelkonform verursachten Mitspielerverletzungen gestellt werden dürfen. Andererseits zeigt sich durch die grundsätzliche Privilegierungswürdigkeit eines regelwidrigen Verhaltens und die Lösung anhand eines Verkehrspflichtmodells aber auch, dass kein zwingender Grund besteht, bei der Sportausübung von einer Sorgfalt im Höchstmaß auszugehen und somit zwischen den zur Schädigung führenden Verhaltensformen differenzieren zu müssen.52 Folgt man dem Argumentationsmuster dieser zweiten Grundposition, kann man die Verkehrspflichten bei regelwidrig verursachten Schädigungen systematisch-hierarchisch ebenfalls auf der Tatbestandsebene verorten.53 Will man hingegen mit der ersten Grundposition einen Unterschied zwischen regelkonform und regelwidrig verursachten Schädigungen auch im Deliktsaufbau zum Ausdruck bringen, könnte die Prüfung der Verkehrspflicht bei regelwidrigem Verhalten auf die Ebene der Rechtswidrigkeit verlagert werden. Allerdings hat die bisherige Untersuchung ergeben, dass die Verkehrspflichten das Handlungsunrecht aktiv mitbegründen und somit sinnvollerweise der Ebene des Tatbestandes zuzuordnen sind.54 Für den Bereich der regelwidrig verursachten Schädigungen nun von dieser Erkenntnis abzuweichen, lediglich um eine Unterscheidung zwischen regelkonform und regelwidrig verursachten Mitspielerverletzungen zu manifestieren, erscheint nicht zielführend. Letztlich ergeben sich aus dieser Entscheidung nur theoretische Folgen. Ernstzunehmende praktische Divergenzen sind aufgrund dieser Entscheidung indessen nicht zu befürchten. Eine Unterscheidung zwischen Regelkonformität und Regelwidrigkeit lässt sich somit nicht im Deliktsaufbau ausmachen. Vielmehr sind beide Verhaltensformen einheitlich anhand eines Verkehrspflichtmodells zu bewerten, im Rahmen dessen die 51 Im Ergebnis auch BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 248 f., 260; Looschelders, JR 2000, 265, 271 f.; Möllers, JZ 2004, 95, 97; Pfister, FS W. Lorenz, 171, 190. 52 S. insofern die obigen Ausführungen unter D.V.2., VI. sowie E.I. 53 So auch Looschelders, JR 2000, 265, 266, 271 f.: Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 183 f., 259 ff.; im Ergebnis wohl auch BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535. 54 S. dazu die obigen Ausführungen unter D.V.1.

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E. Beurteilung regelwidrig verursachter Mitspielerverletzungen

Verkehrspflichten auf der Ebene des Tatbestandes zu verorten sind und als Element der Schutzzwecklehre ihre Wirkung entfachen.55

55

S. in diesem Kontext auch die obigen Ausführungen unter D.V.1.

F. Die Bestimmung der Verkehrspflichten bei der Sportausübung Thematisierte die Untersuchung bislang überwiegend die Diskussion und Begründung eines Anknüpfungspunktes einer eingeschränkten Haftung bei Mitspielerverletzungen, wurden dagegen bislang noch keine Aussagen dahingehend getroffen, wie das „Sporthaftungsprivileg“ praktisch mit Leben gefüllt werden kann. Daher richtet sich das Augenmerk nun auf die Bestimmung der Verkehrspflichten bei der Sportausübung.

I. Die „allgemeine“ Verkehrspflichtformel als Ausgangspunkt Zunächst bietet sich ein Blick auf die „allgemeine“ Verkehrspflichtformel an, um ausgehend von dieser zu ermitteln, welche Kriterien für den Bereich der Sportausübung adaptiert werden können und sodann bei der Bestimmung der Verkehrspflichten besondere Bedeutung erlangen. Seit den grundlegenden Entscheidungen des Reichsgerichts zur Haftungsbegründung beim Unterlassen zu Beginn des 20. Jahrhunderts1 hat sich das heutige Verkehrspflichtverständnis dahingehend entwickelt, dass derjenige, der eine Gefahrenquelle schafft oder in seinem Verantwortungsbereich andauern lässt, diejenigen erforderlichen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen hat, dass eine Schädigung Dritter möglichst verhindert werden kann.2 1. Kriterien der Verkehrspflichtformel Rechtsprechung und Literatur haben bis zur heute angewandten Verkehrspflichtformel sukzessiv einzelne Kriterien entwickelt, konturiert, und aufeinander abgestimmt, die – losgelöst von der darauf basierenden Kasuistik – zur abstrakten

1

S. dazu grundlegend RGZ 52, 373, 377 ff.; 53, 53, 54; 54, 53, 58 f.; 102, 39, 42; 102, 373, 374 f. 2 BGHZ 103, 338, 340; 195, 30, 32 f.; BGH, NJW 2007, 762 763; 2007, 1683, 1684; 2010, 544; NJW-RR 2011, 888; VersR 2014, 78; 2014, 642. S. dazu auch Palandt/Sprau, § 823 Rn. 46; PWW/Schaub, § 823 Rn. 106. S. zur Entwicklung zum heutigen Verkehrspflichtverständnis allein Voss, Die Verkehrspflichten, 48 ff.

222

F. Die Bestimmung der Verkehrspflichten bei der Sportausübung

Pflichtenbestimmung herangezogen werden können.3 Für die Bestimmung der Verkehrspflichten in concreto gilt darauf aufbauend, dass ihr Inhalt nicht einheitlich feststeht, sondern stets durch eine einzelfallbezogene Abwägung unter Berücksichtigung der Erwartungen des Verkehrs, der Zumutbarkeit der Sicherungsmaßnahmen des Pflichtigen sowie der Interessen der Allgemeinheit bestimmt werden muss.4 Ziel dieser Abwägung ist, zu ermitteln, welche Maßnahmen zur adäquaten Gefahrenabwehr erforderlich sind und ob diese gleichzeitig auch dem Pflichtigen zugemutet werden können.5 Die einzelnen Kriterien der Verkehrspflichten stehen demgemäß in einem dynamischen Zusammenhang und bilden aufgrund ihrer Wechselwirkungen ein bewegliches System, sodass sich die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen und deren Zumutbarkeit von Fall zu Fall auch unterscheiden können.6 Von besonderer Bedeutung sind insoweit insbesondere die legitime Verkehrserwartung, die mögliche Eigenvorsorge des gefährdeten Personenkreises sowie die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit und Zumutbarkeit zur Ergreifung von Sicherungsmaßnahmen, damit korrelierende ökonomische Aspekte sowie gegebenenfalls ein besonderer Schutz Minderjähriger und eingeschränkt deliktsfähiger Personen.7 a) Die legitime Verkehrserwartung Das Schutzniveau der gebotenen Gefahrsteuerung hängt entscheidend von der legitimen Verkehrserwartung ab,8 die aus der Perspektive des Geschädigten zu be3 S. dazu grundlegend BGHZ 9, 373, 383 f.; 37, 165, 166 ff.; 103, 298, 303; 116, 60, 65 ff.; 123, 102, 105 f.; 136, 69, 77; 195, 30, 32 ff. S. zudem die Ausführungen und Nachweise bei MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 397 ff., 421 ff.; Pick, Verkehrspflichten und Handlungsfreiheit des „Schädigers“, 6 ff.; PWW/Schaub, § 823 Rn. 105 ff.; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 27 ff.; Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. E 25 ff. 4 So explizit Pick, Verkehrspflichten und Handlungsfreiheit des „Schädigers“, 112; PWW/ Schaub, § 823 Rn. 112. S. dazu auch BGHZ 112, 74, 75 f.; 195, 30 32 f.; BGH, NJW 1965, 815; Erman/Wilhelmi, § 823 Rn. 10; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 399; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 27; ähnlich auch Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. E 29 und Wilhelmi, Risikoschutz durch Privatrecht, 164 f. 5 MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 399; PWW/Schaub, § 823 Rn. 112; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 27; ähnlich auch Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. E 29. S. dazu auch BGH, NJW-RR 2005, 251, 253 sowie ferner Wilburg, Die Elemente des Schadensrechtes, 26 ff. 6 S. sportspezifisch Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 186. S. zudem auch im Allgemeinen von Bar, in: Das Bewegliche System im geltenden und künftigen Recht, 63, 65 ff.; Pick, Verkehrspflichten und Handlungsfreiheit des „Schädigers“, 112 f. Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 27 spricht demgemäß von „kommunizierenden Größen“. S. ferner aus der Rechtsprechung BGHZ 112, 74, 75 f.; BGH, NJW-RR 2005, 251, 253 sowie im Allgemeinen zur Bildung eines beweglichen Systems Wilburg, Die Elemente des Schadensrechtes, 28 ff. 7 S. dazu Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 27 ff.; Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. E 27 ff. 8 So explizit BGHZ 195, 30, 33; BGH, NJW 1985, 1076; 1994, 3348, 3349; BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 397; Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. E 27.

I. Die „allgemeine“ Verkehrspflichtformel als Ausgangspunkt

223

stimmen ist.9 Dementsprechend bestimmt sich die legitime Verkehrserwartung anhand des schutzwürdigen Erwartungshorizonts der Außenwelt hinsichtlich der Gefahrenquelle.10 Daher gilt es bei der Bestimmung des erforderlichen Schutzniveaus zunächst festzustellen, von welchen Risiken und Gefährdungen die Verkehrserwartung überhaupt geprägt wird. Besondere Faktoren des schutzwürdigen Erwartungshorizonts sind die Art und das Ausmaß der drohenden Schäden sowie die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts.11 Maßgeblich ist im Rahmen der Bestimmung der Erwartungshaltung die Schutzbedürftigkeit der schwächsten Personengruppe, die in Kontakt zur Gefahrenquelle tritt.12 Da diese Personengruppe am schutzbedürftigsten ist, richtet sich die Verkehrserwartung dem Grunde nach auch an ihr aus. Weniger schutzbedürftige Personenkreise können dadurch in den Genuss eines gesteigerten Sicherheitsniveaus gelangen.13 Zugunsten des Sicherungspflichtigen können aber auch mildernde Faktoren berücksichtigt werden. Beispielsweise bedarf es nur verhältnismäßig geringer Sicherungsmaßnahmen, wenn ausschließlich Verkehrskreise mit einem verringerten Schutzniveau gefährdet werden.14 Andererseits kann aber auch ein vorsätzliches oder fahrlässiges Dazwischentreten Dritter die Sicherungspflicht für die Gefahrenquelle nicht beseitigen, sodass der Pflichtige weiterhin verpflichtet bleibt, den gefährdeten Personenkreis vor Schäden zu schützen.15

9

BGHZ 195, 30, 33; BGH, NJW 1994, 3348, 3349; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 428; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 38; Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. E 27. 10 Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 28; ähnlich BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 314; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 428; PWW/Schaub, § 823 Rn. 118; Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. E 29. 11 BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 397; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 424, 428; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 29; Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. E 27 f. 12 BGHZ 103, 338, 340; BGH, NJW 1985, 620; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 433; PWW/Schaub, § 823 Rn. 120; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 29; Schaub, in: Das Prinzip der Selbstverantwortung, 281, 293; Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. E 27. 13 BGH, VersR 1961, 798, 799; BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 398; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 427 f.; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 29; Staudinger/ Hager [2009], § 823 Rn. E 41. In solchen Konstellationen sollte dann aber auch immer an ein etwaiges Mitverschulden des Geschädigten gedacht werden; s. dazu auch BGH, VersR 1981, 482. 14 MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 427; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 29; Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. E 29. S. dazu auch BGH, NJW 2002, 1263, 1264. 15 BGHZ 37, 165, 170; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 430 ff.; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 36; Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. E 33.

224

F. Die Bestimmung der Verkehrspflichten bei der Sportausübung

b) Eigenvorsorge des gefährdeten Personenkreises Hinsichtlich der Eigenvorsorge des gefährdeten Personenkreises knüpfen die Erwartungen an sich ordnungsgemäß verhaltende Verkehrsteilnehmer an.16 Dementsprechend begründet ein unvernünftiges Fehlverhalten des Geschädigten regelmäßig keinen Verkehrspflichtverstoß.17 Andererseits kann aber ein naheliegendes Fehlverhalten verkehrspflichtrelevant und daher vom Pflichtigen grundsätzlich einzukalkulieren sein.18 Da die zumutbare Eigenvorsorge der Gefährdeten mit der legitimen Verkehrserwartung korreliert, dürfen die Anforderungen an den Pflichtigen letztlich aber nicht überspannt werden. Insbesondere kann von dem Sicherungspflichtigen kein Zustand absoluter Sicherheit verlangt werden, da das Streben nach absoluter (Verkehrs-)Sicherheit einer Utopie entspricht.19 Aus diesem Grunde soll es dem Inhaber einer Gefahrenquelle auch nicht angelastet werden können, wenn sich lediglich allgemeine Lebensrisiken in der Sphäre des Geschädigten verwirklichen.20 Zudem soll der Geschädigte bei einem Verhalten, das zwangsläufig mit gewissen Risiken – wie insbesondere bei der Sportausübung – verbunden ist, Dritte bei der Realisierung dieser Risiken nicht in Anspruch nehmen können.21 Im Ergebnis darf der Pflichtige daher davon ausgehen, dass die potentiell Geschädigten ein gewisses Maß an Eigenvorsorge an den Tag legen.22 c) Möglichkeit und Zumutbarkeit von Sicherungsmaßnahmen Um darüber hinaus den Verantwortungsbereich der Verkehrspflichten nicht unangemessen oder illusorisch weit zu gestalten, wird die Verantwortlichkeit des Pflichtigen durch die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit der Umsetzung der

16 MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 426 f., 430, 437; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 30; Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. E 32. S. dazu auch BGH, VersR 1993, 39; NJW 2008, 3375, 3376. 17 MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 426 f., 429; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 30; Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. E 28, 32, 36. S. dazu auch BGH, NJW 1986, 184, 185; 2008, 3375, 3376. 18 BGHZ 116, 60, 65 f.; BGH, NJW 2002, 1265, 1266; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 429; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 30; Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. E 28, 44. 19 S. speziell zur Skipistensicherung BGH, NJW 1985, 620. S. im Allgemeinen auch BGHZ 108, 273, 274; 195, 30, 33; BGH, NJW 1980, 392; 2008, 3775, 3376; 2010, 1967; MünchKomm/ Wagner, § 823 Rn. 421; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 30; Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. E 25, 35. 20 BGH, NJW 1990, 906; 2008, 3375, 3376; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 427; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 30; Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. E 29, 35. 21 Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 30; Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. E 29. S. dazu auch BGH, NJW 1990, 906 sowie BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 309. 22 MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 426; PWW/Schaub, § 823 Rn. 113; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 30.

I. Die „allgemeine“ Verkehrspflichtformel als Ausgangspunkt

225

Sicherungsmaßnahme begrenzt.23 Dementsprechend sollen nur diejenigen Sicherungsmaßnahmen vom Pflichtigen erwartet werden können, die sich bei einer vorausschauenden Betrachtung als erforderlich herausstellen.24 d) Ökonomische Aspekte Neben der Möglichkeit und Zumutbarkeit der Sicherungsmaßnahme sollen mitunter auch ökonomische Aspekte bei der Bestimmung einer Verkehrspflicht berücksichtigt werden.25 Der Zweck dieses Kriteriums ist die angemessene Begrenzung des erforderlichen Sicherungsaufwandes auf ein im Verhältnis zum gegebenen Risiko stehendes Maß.26 Dementsprechend richtet sich der Umfang der Verkehrspflichten – wie auch im Rahmen der legitimen Verkehrserwartung und in Anlehnung an die Zumutbarkeit – an Art und Ausmaß des drohenden Schadens sowie der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts aus.27 Dies bedeutet, dass sich die Sicherungsanforderungen verschärfen, wenn höherrangige Rechtsgüter gefährdet werden.28 Gleichzeitig darf der erforderliche Aufwand aber auch nicht außer Verhältnis zur drohenden Gefährdung stehen.29 e) Erhöhtes Sorgfaltsniveau gegenüber begrenzt Verantwortungsfähigen Letztlich muss der Sicherungspflichtige eine besondere Sorgfalt walten lassen, wenn Minderjährige oder nur begrenzt verantwortungsfähige Personen in Kontakt mit der Gefahrenquelle geraten.30 Dieses erhöhte Sorgfaltsniveau fußt darauf, dass diese Personen regelmäßig nur in einem geringeren Maße zur adäquaten Gefahr-

23 BGHZ 108, 273, 274 f.; 112, 74, 75 f.; BGH, VersR 1985 641, 642; NJW 2010, 1967; BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 299; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 421; PWW/Schaub, § 823 Rn. 113; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 32; Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. E 35. 24 BGH, NJW 2007, 762, 763; 2007, 1683, 1684; 2008, 3375, 3376; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 421 f.; PWW/Schaub, § 823 Rn. 113; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 32; Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. E 35; ähnlich auch BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 403. 25 S. dazu MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 41 f.; PWW/Schaub, § 823 Rn. 113 f.; Soergel/ Krause, § 823 Anh. II Rn. 33; im Ergebnis auch Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. E 27. 26 BGH, NJW-RR 2005, 251, 253; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 33. 27 BGH, NJW-RR 2005, 251, 253; BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 344; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 424; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 33. 28 RGZ 147, 353, 356; BGHZ 58, 149, 156; BGH, NJW 2010, 1967; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 33; Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. E 28, 31. 29 BGHZ 58, 149, 156 ff.; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 33; ähnlich auch BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 344. 30 Palandt/Sprau, § 823 Rn. 46; Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. E 45, 49; ähnlich auch MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 434; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 33.

226

F. Die Bestimmung der Verkehrspflichten bei der Sportausübung

erkennung in der Lage sind.31 Daher darf der Pflichtige nur abgeschwächt darauf vertrauen, dass sie sich risikominimierend verhalten.32 Zudem neigen insbesondere Minderjährige häufig dazu, Warnungen zu ignorieren oder besondere Risiken durch ihr Handeln einzugehen.33 2. Rückschlüsse für den Bereich der Sportausübung Von elementarer Bedeutung für die weitere Untersuchung ist sodann die Folgeaufgabe, welche Rückschlüsse sich für den Bereich der Sportausübung aus der allgemeinen Verkehrspflichtformel und ihren Einzelkriterien herleiten lassen. Wie auch im Allgemeinen, müssen die Verkehrspflichten bei der Sportausübung anhand einer einzelfallorientierten Abwägung unter besonderer Berücksichtigung der Verkehrserwartung und der Zumutbarkeit der Risikovermeidung entwickelt werden. Trotzdem bestehen bei der Sportausübung manche Besonderheiten, die direkten Einfluss auf die Bestimmung der Verkehrspflichten nehmen. Die erste signifikante Besonderheit im Verhältnis der Sportler untereinander offenbart sich darin, dass den Interessen der Allgemeinheit bei der Verkehrspflichtbestimmung allenfalls eine nachrangige Bedeutung zukommt. Die Allgemeinheit wird – bezogen auf Verletzungen im Binnenverhältnis der Sportler bei der Sportausübung – nicht direkt tangiert und muss aus diesem Grunde regelmäßig auch nicht als unmittelbarer, besonderer Abwägungsparameter berücksichtigt werden.34 Anders liegt dies sicherlich, wenn es um Fälle der Veranstalterhaftung oder der Sportstättenhaftung im Speziellen geht;35 im Bereich der Mitspielerverletzung sind die Interessen der Allgemeinheit hingegen zu vernachlässigen, zumal sie noch eine mittelbare Berücksichtigung im Rahmen der jeweiligen Regelwerke – wenn bei der

31 MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 434; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 33; Staudinger/ Hager [2009], § 823 Rn. E 45, 49. S. insofern auch Schaub, in: Das Prinzip der Selbstverantwortung, 281, 293. 32 BGH, NJW 1997, 582, 583 f.; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 434; Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. E 45, 49. 33 BGH, NJW 1994, 3348; 1995, 2631; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 434, 438; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 37; s. in diesem Kontext auch BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 413 ff. 34 Hiergegen mag man vielleicht einwenden wollen, dass die Allgemeinheit jedenfalls dann – allerdings nur mittelbar – berührt wird, wenn sie in Gestalt der Solidargemeinschaft – sei es durch die gesetzliche Krankenversicherung oder durch weitere soziale Sicherungsmechanismen – für eintretende Gesundheitsschäden der Sportler aufkommen muss. Ein solcher Einwand ist allerdings unberechtigt, da die Sportausübung als solche gesellschaftlich nicht zu missbilligen ist und den Sportlern in der Konsequenz die Absicherung durch soziale Sicherungssysteme nicht pauschal versagt werden darf. 35 S. dazu allein die Ausführungen und Nachweise bei Börner, Sportstätten-Haftungsrecht, 49 ff., 105 ff., 137 ff., 187 ff., 212 ff. und P. Winter, Das Recht der Sportveranstalterhaftung, 119 ff., 128 ff., 137 ff., 146 ff., 182 ff.

I. Die „allgemeine“ Verkehrspflichtformel als Ausgangspunkt

227

Kodifizierung der jeweiligen Regelwerke Allgemeininteressen miteingeflossen sind – erhalten können. Eine weitere Besonderheit besteht darin, dass die Sportregeln – ähnlich wie auch technische Regelwerke, Unfallverhütungsvorschriften oder DIN – gleichzeitig an mehrere Kriterien der allgemeinen Verkehrspflichtformel anknüpfen und somit recht vielseitig auf die Verkehrspflichtbildung einwirken.36 Die Regelwerke stellen daher einen besonderen Faktor der Verkehrspflichtbildung dar, da sie einerseits konkrete Hinweise auf das sporttypische und somit von den beteiligten Sportlern zu erwartende Verhalten liefern und folglich wesentliche Bestandteile der legitimen Verkehrserwartung abdecken.37 Andererseits lassen sich aus ihnen aber auch Rückschlüsse auf den zu erwartenden Eigenschutz der potentiell geschädigten Sportler ableiten.38 Des Weiteren beinhalten sie teilweise auch Aspekte der tatsächlichen Zumutbarkeit eines gefahrvermeidenden Verhaltens. Dementsprechend lässt sich bereits festhalten, dass den jeweiligen Regelwerken – natürlich in Abhängigkeit zur jeweiligen Regelungsdichte und -intensität – eine Zentralrolle bei der Bestimmung des verkehrsgemäßen Verhaltens zukommt. In welcher Intensität die Regelwerke letztlich auf die Verkehrspflichtbestimmung einwirken und ob sich die Verkehrspflichten allein aus ihnen bestimmen lassen, gilt es daher noch weiter zu untersuchen.39 Die nächste Besonderheit der Verkehrspflichtbildung besteht darin, dass die Berücksichtigung ökonomischer Aspekte im Verhältnis der Sportler untereinander stark in den Hintergrund tritt. Dies folgt aus der Tatsache, dass sich die Sportler bei der Sportausübung gleichrangig gegenüberstehen und dabei durch ihre Teilnahme und ihren sportiven Einsatz wechselseitig Gefahren schaffen und diese durch ihr Verhalten auch wechselseitig beeinflussen.40 Die Eigenwelt des Sports wird bezüglich der allgemeinen Risikoallokation hinsichtlich etwaiger Verletzungen allenfalls peripher durch ökonomische Betrachtungen beeinflusst und unterscheidet den Sport jedenfalls in dieser Hinsicht von vielen anderen verkehrspflichtrelevanten Lebensbereichen. Anknüpfend an dieses Kriterium könnte man sicher noch überlegen, ob sich ein etwaiger Versicherungsschutz auf die Verkehrspflichten beim Sport auswirkt, um in der Folge ökonomischen Aspekten zu einer größeren Be36

Ähnlich auch Börner, Sportstätten-Haftungsrecht, 237 ff. Ähnlich auch Börner, Sportstätten-Haftungsrecht, 237 ff. 38 Ähnlich auch Börner, Sportstätten-Haftungsrecht, 237 ff. 39 S. dazu die folgenden Ausführungen unter F.II.1. 40 Die Verkehrspflichtkonkretisierung wird insbesondere nicht durch etwaige Unterschiede hinsichtlich des Marktwertes, Gehaltsniveaus oder der individuellen Kommerzialisierung der beteiligten Sportler berührt. Vielmehr muss im Rahmen der Verkehrspflichtkonkretisierung im Binnenverhältnis der Sportler außer Acht gelassen werden, ob ein besonders „wertvoller“ Sportler geschädigt wird oder lediglich ein Sportler, der den anderen beteiligten Sportlern in wirtschaftlicher Hinsicht gleich gegenübersteht. Gleiches gilt selbstredend auch im umgekehrten Verhältnis, etwa wenn ein unterdurchschnittlich „wertvoller“ Sportler verletzt werden sollte. 37

228

F. Die Bestimmung der Verkehrspflichten bei der Sportausübung

deutung zu verhelfen. Allerdings wurde festgestellt, dass einem etwaigen Versicherungsschutz auch bei der Sportausübung keine haftungsbegründende Funktion zukommen kann.41 Vielmehr belegt auch dieser Befund die Nachrangigkeit wirtschaftlicher Bewertungsparameter bei der Verkehrspflichtbestimmung im Verhältnis der Sportler untereinander. Gleichzeitig ergeben sich aus der wechselseitigen Gefahrschaffung und -beeinflussung der Sportler zwei weitere Besonderheiten: Einerseits zeigt die wechselseitige Gefahrschaffung durch die Sportler selbst, dass in der Teilnahme am Sport allein noch kein Verkehrspflichtverstoß erblickt werden kann, da die Sportausübung lediglich die abstrakte Gefahr einer späteren Schädigung begründet.42 Konkrete Gefahren hingegen, mit denen der Verkehrskreis der Sportler nicht rechnen kann oder nicht zu rechnen braucht, ergeben sich allein aus der Teilnahme am Sport noch nicht.43 Andererseits bedarf es, da der Geschädigte selbst einen Teil der Gefahr und folglich des sporttypischen Risikos darstellt, zur Begründung eines Verkehrspflichtverstoßes eines konkreten Risikos, das die sporttypische und damit zu erwartende Gefährdung signifikant vergrößert und vor dem aus diesem Grunde zu schützen ist.44 Schließlich ist noch festzuhalten, dass der rechtlichen Zumutbarkeit des Ergreifens von Sicherungsmaßnahmen aufgrund der Typizität des Sports faktisch keine Bedeutung zukommen kann. Da die Gefahreinwirkung beim Sport allein aus einem tatsächlichen Verhalten resultiert, besteht für den Schädiger de facto keine zielführende Möglichkeit, sein Verhalten anhand von rechtlichen Gesichtspunkten risikominimierend zu steuern. Dies führt dazu, dass sich die Bewertung der Zumutbarkeit grundsätzlich auf die tatsächliche Zumutbarkeit reduziert. Zusammenfassend hat schon diese erste Betrachtung gezeigt, dass viele Kriterien und Elemente der allgemeinen Verkehrspflichtformel auch im Bereich der Sportausübung Anwendung finden. Allerdings hat sich auch herausgestellt, dass aufgrund der Besonderheiten des Sports und des Verhältnisses der Sportler untereinander gewisse Abweichungen vorliegen beziehungsweise manche Merkmale der Verkehrspflichtformel nicht dieselbe Bedeutung wie in anderen Lebensbereichen erlangen.

41

S. dazu die obigen Ausführungen unter D.II.4. S. dazu auch Westen, FS F. von Hippel, 591, 597. Des Weiteren ist festzuhalten, dass die Verkehrspflichten bei der Sportausübung unabhängig von einem etwaigen Rechtswidrigkeitsurteil bezüglich der Teilnahme als solcher entstehen; s. dazu allein Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 23 sowie Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht, Rn. 103 ff. 43 So – allerdings unter dem Aspekt eines etwaigen Mitverschuldens des geschädigten Sportlers – auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 274 f. S. ferner Westen, FS F. von Hippel, 591, 597. 44 S. dazu im Allgemeinen auch Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. E 40 sowie Wilhelmi, Risikoschutz durch Privatrecht, 153 ff. In eine ähnliche Richtung auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 274 f. 42

II. Die zentrale Bedeutung des Regelwerkes

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II. Die zentrale Bedeutung des Regelwerkes 1. Die Wechselwirkung zwischen Regelwerk und Verkehrspflicht Bereits auf Basis der gerade vollzogenen Analyse der allgemeinen Kriterien der Verkehrspflichtformel wird deutlich, dass den Regelwerken – weil sie gleich an mehrere Elemente des Verkehrspflichtverständnisses anknüpfen – eine Zentralrolle bei der Bestimmung des verkehrsgemäßen Verhaltens zukommt. Wie sich diese in concreto darstellt und welche praktischen Auswirkungen die Sportregeln somit auf die Verkehrspflichtkonkretisierung nehmen, soll daher zunächst losgelöst vom Einfluss weiterer Faktoren beleuchtet werden. a) Der Einfluss der Regelwerke auf die Verkehrspflichten Zunächst kann festgehalten werden, dass die jeweiligen Sportregeln das Gros des sporttypischen Verhaltens statuieren45 und somit unabhängig von der jeweiligen Regelungsdichte jedenfalls wertvolle Hinweise auf das deliktische Verhaltensprogramm liefern.46 Dies zeigt sich insbesondere dadurch, dass sie das zulässige, teilweise aber auch das zu unterlassende Verhalten im Rahmen der Sportausübung konturieren.47 So enthalten die Regelwerke mehr oder minder konkrete Elemente der legitimen Verkehrserwartung, da der Verkehrskreis der Sportler jedenfalls stets mit demjenigen Verhalten rechnen muss, das durch das entsprechende Regelwerk ausdrücklich zugelassen wird.48 Andererseits lassen sich aus dem Regelwerk aber auch bestimmte zu unterlassende Verhaltensweisen ableiten, mit denen die Sportler im Umkehrschluss nicht zu rechnen brauchen. Demgemäß wirken sich die Regelwerke bereits maßgeblich auf die legitimen Erwartungen des Verkehrskreises der Sportler aus und konkretisieren auf dieser Ebene das deliktisch einzufordernde Verhaltensprogramm des Schädigers.49 Gleichzeitig erlangen die Regelwerke auch eine besondere Bedeutung, wenn es den Eigenschutz des Geschädigten sowie die Zumut45

S. dazu auch die obigen Ausführungen unter B.II.3.a) sowie Kreutz, JA 2011, 337, 339 f. So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 213; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 184 f., 191 f.; Vieweg, JuS 1983, 825, 829. S. dazu auch Mertens, VersR 1980, 397, 402. 47 Ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 204 f.; Kreutz, JA 2011, 337, 339 f. S. dazu auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 18; Mertens, VersR 1980, 397, 402; Vieweg, JuS 1983, 825, 829. 48 Aus diesem Grunde müssen – wie auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 18 andeutet – die Sportler auch mit schädigungsanfälligen Spielweisen rechnen, wenn diese durch das entsprechende Regelwerk gestattet werden. So auch Kreutz, JA 2011, 337, 339 f.; ähnlich auch Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 184 f., 191 f. sowie Vieweg, JuS 1983, 825, 829. S. ferner auch Mertens, VersR 1980, 397, 402; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 695. 49 Ähnlich auch Börner, Sportstätten-Haftungsrecht, 236 ff.; Kreutz, JA 2011, 337, 339 f.; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 695; Vieweg, JuS 1983, 825, 829 sowie ferner Mertens, VersR 1980, 397, 402. 46

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F. Die Bestimmung der Verkehrspflichten bei der Sportausübung

barkeit von Abwehrmaßnahmen zu bestimmen gilt.50 Dass die Spielregeln die Bestimmung der Verkehrspflichten somit maßgeblich beeinflussen und eine unmittelbare Wechselwirkung zwischen den Regelwerken und der Verkehrspflichtbestimmung besteht,51 kann nach dem bisherigen Untersuchungsverlauf nicht mehr in Abrede gestellt werden. Fraglich ist allerdings, ob die Spielregeln die Verkehrspflichten abschließend festlegen können oder aber, ob sie „nur“ eine Zentralrolle bei der Konturierung des Pflichtenprogramms einnehmen und noch weitere Kriterien neben dem Regelwerk bei der Bestimmung der Verkehrspflichten zum Zuge kommen. aa) Regelwerke als Anhaltspunkte fixierter Verhaltensanforderungen Aus den vorgenannten Aspekten der Wechselwirkung zwischen Regelwerk und Verkehrspflichten könnte man nun folgern, dass die Regelwerke das deliktische Verhaltensprogramm vollumfänglich fixieren und somit den Entscheidungs- und Bewertungsspielraum des entscheidenden Richters oder Spruchkörpers in dieser Hinsicht maßgeblich reduzieren.52 Diese Auffassung wurde bereits in früherer Zeit maßgeblich von Marburger bezüglich der Bindungswirkung technischer Regelwerke in die wissenschaftliche Diskussion eingebracht53 und in der Folgezeit auch auf den Bereich sportlicher Regelwerke erstreckt.54 Hinter dieser Erwägung steht die – zumindest auf den ersten Blick anerkennenswerte – Prämisse, dass die jeweiligen Regelwerke dem Stand der Technik oder Wissenschaft entsprechen und somit das einzufordernde deliktische Verhaltensprogramm abschließend fixieren.55 Insbesondere sollen sie dazu führen, 50

Ähnlich auch MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 695; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 191 f. sowie ferner Vieweg, JuS 1983, 825, 829. 51 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 205; Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 7 ff.; Marburger, Die Regeln der Technik im Recht, 305 ff.; in diese Richtung auch Vieweg, JuS 1983, 825, 829. 52 S. dazu auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 206; Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 447 sowie JR 2000, 265, 270; Marburger, Die Regeln der Technik im Recht, 303 ff. 53 Marburger, Die Regeln der Technik im Recht, 303 ff., 429 ff., 588 ff., 596 ff. sowie VersR 1983, 597, 600 ff. 54 S. dazu Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 447; Pfister, FG Zivilrechtslehrer, 457, 459 ff. sowie FS W. Lorenz, 171, 186 ff.; Schild, Jura 1982, 520, 528. In diese Richtung auch PHB Sportrecht/Fritzweiler, 5. Teil Rn. 20, nach dessen Ansicht die Verkehrspflichten fast immer abschließend anhand der jeweiligen Regelwerke bestimmt werden können. 55 Marburger, Die Regeln der Technik im Recht, 303 ff.; Schild, Jura 1982, 520, 528; ähnlich auch PHB Sportrecht/Fritzweiler, 5. Teil Rn. 20; mit leichten Einschränkungen auch Eser, JZ 1978, 368, 372 und Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 447. S. dazu, trotz der ablehnenden Haltung, auch Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 49 sowie Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. E 34. S. für den Bereich technischer Regelwerke allein Marburger, VersR 1983, 597, 600 ff.

II. Die zentrale Bedeutung des Regelwerkes

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dass demjenigen Schädiger, der sich entsprechend der jeweiligen Regelanforderung verhalten hat, nicht durch den entscheidenden Richter ein strengerer, möglicherweise haftungsbegründender Maßstab auferlegt wird, den er ex ante nicht einschätzen oder anderweitig in sein Verhalten einfließen lassen konnte.56 Für den Bereich des zivilrechtlichen Sporthaftungsrechts führt Pfister zudem aus, dass das Wesen des (Kampf-)Sports gerade auch in einer genauen Festlegung der Regeln begründet sei.57 Insbesondere sei der Sport aufgrund seiner Autonomie in der Lage, seine Verhaltensvorstellungen zumindest in haftungsrechtlicher Sicht gegenüber dem staatlichen Recht beziehungsweise dessen Wertvorstellungen durchzusetzen.58 Legt man dieses Verständnis der Verkehrspflichtkonkretisierung zugrunde, könnte das Verbandsrecht das staatliche Haftungsverständnis jedenfalls bezüglich des einzufordernden Verhaltensprogramms modifizieren oder gar verdrängen.59 bb) Keine abschließende Festlegung des Pflichtenprogramms durch Sportregeln Obwohl einer verbindlichen Fixierung des Verhaltensprogramms durch die Regelwerke schon ein gewisser Reiz anhaftet,60 muss der Auffassung letztlich doch entschieden entgegengetreten werden.61 Zunächst wird von den Befürwortern einer abschließenden Pflichtenkonkretisierung außer Acht gelassen, dass die jeweiligen Regelwerke teilweise nur rudi56 So Marburger, VersR 1983, 597, 600 ff. für den Bereich der Technik. Marburger, Die Regeln der Technik im Recht, 303 ff. argumentiert zugleich aber auch dahingehend, dass seine Auffassung über den Bereich der technischen Regelwerke hinaus Allgemeingültigkeit entfalten solle; ähnlich auch Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 447. S. dazu, trotz der ablehnenden Haltung, auch BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 534; s. ferner Eser, JZ 1978, 368, 372. 57 Pfister, FG Zivilrechtslehrer, 457, 460. S. ferner dazu Schild, Jura 1982, 520, 528. In eine ähnliche Richtung, allerdings wohl ohne diese Folge im Auge zu haben, argumentiert auch Steiner, Die Autonomie des Sports, 18. 58 Pfister, FS W. Lorenz, 171, 187; ähnlich auch Schild, Jura 1982, 520, 528; partiell auch Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 447. 59 So explizit Pfister, FS W. Lorenz, 171, 187; Schild, Jura 1982, 520, 528; s. ferner Eser, JZ 1978, 368, 372; partiell auch Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 447. Marburger, Die Regeln der Technik im Recht, 306, 308 hingegen spricht sich lediglich für eine verbindliche Festlegung des Pflichtenprogramms im Bereich des Wettkampfsports aus. 60 In eine ähnliche Richtung auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 210 f. 61 So auch Börner, Sportstätten-Haftungsrecht, 239 f.; Deutsch, VersR 1974, 1045, 1048; Looschelders, JR 2000, 265, 270, 273; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 49; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 55; Teichmann, JA 1979, 293, 295; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 185; Vieweg, JuS 1983, 825, 829. Auch Knefeli, Die Haftung bei Sportverletzungen, 32 kam bereits zu dem Ergebnis, dass eine alleinige Bewertung anhand der Regeln nicht überzeugen kann.

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F. Die Bestimmung der Verkehrspflichten bei der Sportausübung

mentär herausgebildet, lückenhaft kodifiziert und manchmal zu stark einzelfallbezogen ausgestaltet sind, als dass von einer verbindlichen Festlegung gesprochen werden könnte.62 Die utopische Vorstellung, dass die Regelwerke alle relevanten Sportsituationen erfassen und bewältigen können, mag zwar reizvoll sein, sie entspricht aber nicht der Wirklichkeit.63 Da mitunter nicht einmal Gesetze lückenlos kodifiziert sind, muss man realiter davon ausgehen, dass auch privat gesetzte Sportregelwerke nicht immer frei von Lücken sein können.64 Wenn man diese Lücken aber schließen wollte oder im Einzelfall zur Vermeidung untragbarer Ergebnisse gar schließen müsste, bedürfte es in der Folge entweder der Entwicklung weiterer ungeschriebener Sportregeln oder der Hinzunahme sonstiger Kriterien.65 Diese Lückenschließung kann aber nicht durch das Regelwerk selbst erfolgen, sondern müsste extern – sofern keine Anpassung durch die regelsetzenden Sportverbände erfolgt – durch den entscheidenden Richter oder Spruchkörper erfolgen.66 Gleiches gilt, wenn man Lücken durch ungeschriebene Regeln schließen wollte.67 Jedenfalls aber können haftungsrechtliche Unzulänglichkeiten nicht ohne den Einfluss weiterer Personenkreise behoben werden. Die Annahme einer verbindlichen Verhaltensprogrammfixierung ist somit jedenfalls dann zum Scheitern verurteilt, wenn der Einzelfall nicht allein anhand des Regelwerks bewertet werden kann. Dieser Umstand belegt bereits, dass eine verbindliche Festlegung der Verkehrspflichten allein aus den Sportregeln nicht überzeugen kann. Betrachtet man diese Einschätzung zudem auch aus der Perspektive der regelsetzenden Akteure, über62 So auch Börner, Sportstätten-Haftungsrecht, 34, 241; Deutsch, VersR 1974, 1045, 1048 ff.; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 211 f.; Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 138 f.; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 448; Surminski, ZfV 1974, 180, 181; ähnlich auch Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 212; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 49; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 55. Auf diesen Umstand weist auch Marburger, Die Regeln der Technik im Recht, 307 hin. 63 So auch Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 139. S. zu spezifischen Herausforderungen der Regelkonkretisierung im Bereich des Fußballs allein Deutsch, VersR 1974, 1045, 1048 sowie ferner Vieweg, JuS 1983, 825, 829. S. ferner auch BGHZ 63, 140, 146. 64 Ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 212. S. ferner Deutsch, VersR 1974, 1045, 1048. 65 Auf diesen Umstand weisen auch Deutsch, VersR 1974, 1045, 1049 f.; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 211 f.; Kreutz, JA 2011, 337, 340; Vieweg, JuS 1983, 825, 829 sowie ferner BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 534 und Looschelders, JR 2000, 265, 268 f. hin. Auch der BGH weist in BGHZ 63, 140, 146 explizit darauf hin, dass die Regelwerke nicht immer erschöpfend sein können, sondern gegebenenfalls durch die Entwicklung weiterer Sportpflichten zu ergänzen seien. 66 Ähnlich auch Deutsch, VersR 1974, 1045, 1048, der konstatiert, dass die Sportregeln den „Ball zurück an das allgemeine Haftungsrecht“ gäben. S. dazu auch Looschelders, JR 2000, 265, 268 f. In diese Richtung wohl auch Teichmann, JA 1979, 293, 295. 67 In eine ähnliche Richtung tendiert auch Deutsch, VersR 1974, 1045, 1049 f. S. ferner Teichmann, JA 1979, 293, 295.

II. Die zentrale Bedeutung des Regelwerkes

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rascht dieser Befund nicht, da die Sportregeln sicherlich nicht den Primärzweck verfolgen sollen, den zivilrechtlichen Verhaltensmaßstab zu regulieren, sondern mit der Zielrichtung konzipiert werden, dem Sport seine Konturen und spezifischen Ausprägungen zu verleihen.68 Darüber hinaus ist zu bedenken, dass man den Regelsetzern maßgeblichen Einfluss auf die deliktsrechtlichen Wertungen überließe, wenn man den einzufordernden Verhaltensmaßstab allein vom Willen der Regelsetzer abhängig machte und gleichzeitig eine eigenständige richterliche Beurteilung der Verkehrspflichten zu unterbleiben hätte. Selbstverständlich sollen die Regelwerke einen maßgeblichen Einfluss auf die Verkehrspflichtbestimmung erhalten, allerdings könnte ihre Tragweite auch über Gebühr ausufern, wenn man das Pflichtenprogramm allein an ihnen auszurichten hätte.69 So müsste man sich stets vergegenwärtigen, dass die Annahme einer abschließenden Festsetzung des Verhaltensmaßstabs auf Grundlage der Sportregeln den Regelsetzern eine – jedenfalls tatbestandlich – nicht mehr korrigierbare Dispositionsbefugnis über den haftungsrechtlichen Gesundheitsschutz der Sportler einräumte.70 Dies könnte in der gravierendsten Folge zu Rechtsmissbrauch verleiten.71 Aber auch verfassungsrechtliche Einwände könnten aufgrund von Art. 2 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 GG ins Feld geführt werden, machte man den deliktischen Verhaltensmaßstab ohne die Möglichkeit einer richterlichen Supervision allein von den jeweiligen Regeln abhängig.72 Allein schon um diese möglichen Folgen zu ver-

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S. dazu auch Birr, Die Haftung Minderjähriger im Zivilrecht, Rn. 73 f.; Deutsch, VersR 1974, 1045, 1048 ff.; jurisPK-BGB/J. Lange, § 823 Rn. 109 sowie Lange/Schiemann, Schadensersatz, § 10 XV 2; Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 138 ff. Ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 211, die darauf verweist, dass sich Sinn und Zweck der Sportregeln keine Argumente für eine abschließende Fixierung des deliktischen Verhaltensprogramms entnehmen ließen. 69 In eine ähnliche Richtung argumentierte auch schon Knefeli, Die Haftung bei Sportverletzungen, 32. 70 Ähnlich auch Lange/Schiemann, Schadensersatz, § 10 XV 2; in diese Richtung auch Looschelders, JR 2000, 265, 270. 71 Kritisch dazu auch Knefeli, Die Haftung bei Sportverletzungen, 32. 72 Die Möglichkeit der privatautonomen Regelsetzung ist aufgrund von Art. 9 Abs. 1 GG und dem subsidiär eingreifenden Art. 2 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden. Trotzdem gilt die Regelsetzung vor dem Hintergrund des Art. 2 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 GG nicht uneingeschränkt. An einem möglichst schonungsvollen Ausgleich beider grundrechtlich geschützter Positionen könnte daher gezweifelt werden, wenn ein privat gesetztes Regelwerk den deliktischen Verhaltensstandard ohne die Möglichkeit der richterlichen Supervision festlegte und bestimmte körperliche Eingriffe ohne Einschränkungen zuließe. S. zur privaten Regelsetzung im Allgemeinen BVerfGE 30, 227, 241; 50, 290, 354; Pereira Borges, Verbandsgerichtsbarkeit und Schiedsgerichtsbarkeit im internationalen Berufsfußball, 7 f.; Buchberger, Die Überprüfbarkeit sportverbandsrechtlicher Entscheidungen durch die ordentliche Gerichtsbarkeit, 270; Butte, Das selbstgeschaffene Recht des Sports im Konflikt mit dem Geltungsanspruch des nationalen Rechts, 83 ff., 480; PHB Sportrecht/Summerer, 2. Teil Rn. 3; Sögüt, Die Überprüfbarkeit von Tatsachenentscheidungen des Schiedsrichters innerhalb der vereinsrechtlichen Gerichtsbarkeit nationaler und

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F. Die Bestimmung der Verkehrspflichten bei der Sportausübung

meiden, muss der alleinigen Verbindlichkeit der Regelwerke zur Verkehrspflichtkonkretisierung widersprochen werden. Des Weiteren hätte es auch in praktischer Hinsicht keinen Mehrwert, von einer abschließenden Fixierung durch die Regelwerke auszugehen. So kämen diejenigen Bedenken, die bereits bezüglich der abzulehnenden Normqualität der Sportregeln aufgeworfen wurden, erneut zum Vorschein.73 Exemplarisch sei deswegen nur genannt, dass die Sportregeln nicht immer den aktuellen Stand der Sportwissenschaft widerspiegeln, auslesungs- und ausfüllungsbedürftige Regelungen enthalten oder ihrem Wesen nach veraltet sein können.74 Zudem wäre es für die Verkehrspflichtbestimmung in vielerlei Situationen äußerst misslich, wenn eine notwendige Anpassung des Pflichtenprogramms immer von der Initiative der regelsetzenden Akteure abhinge und dementsprechend nur langsam auf dynamische Veränderungen der Sporttypizität reagiert werden könnte.75 Schließlich sollte die richterliche Supervision der Verkehrspflichten auch nicht zu negativ bewertet werden, da sie das Potential aufweist, zeitnah auf haftungsrechtlich relevante sportgesellschaftliche Entwicklungen zu reagieren.76 Verwenden die entscheidenden Richter oder Spruchkörper die Regelwerke insoweit als wesentliche Richtschnur,77 ist auch die Gefahr einer zu intensiven staatlichen Einflussnahme auf die Typizität der jeweiligen Sportarten minimiert. Die Sportregelwerke können die Verkehrspflichten somit nicht abschließend festlegen.78 Die verbindliche Festlegung der deliktischen Verhaltenspflichten obliegt internationaler Fußballverbände, 8 ff.; Sportrecht in der Praxis/Nolte, Rn. 42; Vieweg, Normsetzung und -anwendung deutscher und internationaler Verbände, 143 ff., 165 ff., 182 ff. 73 S. dazu die obigen Ausführungen unter B.III.1.d) sowie Lange/Schiemann, Schadensersatz, § 10 XV 2; Looschelders, JR 2000, 265, 270 f. 74 S. dazu allein Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 138 ff.; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 448; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 49; Staudinger/Hager [2009], § 823 Rn. E 34; Vieweg, JuS 1983, 825, 829 f. Selbst Marburger, VersR 1983, 597, 602 weist auf diesen Umstand hin. 75 In eine ähnliche Richtung auch Westen, FS F. von Hippel, 591, 595, der darauf verweist, dass das Verkehrspflichtensystem offen ausgestaltet sein müsse, da zu erwarten sei, dass sich aus der Fortentwicklung der Rechtspraxis stets neue Verkehrspflichten entwickeln dürften. S. ferner auch Börner, Sportstätten-Haftungsrecht, 240 ff. sowie MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 448 für den Bereich der DIN. 76 Ähnlich auch Looschelders, JR 2000, 265, 268 ff.; Sportrecht in der Praxis/Adolphsen, Rn. 761 sowie für den Bereich der Vorschriften der DIN MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 448; Reiff, in: Technische Regeln im Umwelt- und Technikrecht, 155, 167 ff. S. ferner auch Börner, Sportstätten-Haftungsrecht, 238 ff. sowie Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 192. 77 Für eine solche Vorgehensweise auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 214; ähnlich auch Fleischer, VersR 1999, 785, 787; Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 138 f.; P. Winter, Das Recht der Sportveranstalterhaftung, 236. 78 So auch BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 534; Deutsch, VersR 1974, 1045, 1049 f.; Grunsky, JZ 1975, 109, 110; jurisPK-BGB/J. Lange, § 823 Rn. 109; Fleischer, VersR 1999, 785, 787; Looschelders, JR 2000, 265, 270 f.; PWW/Schaub, § 823 Rn. 115;

II. Die zentrale Bedeutung des Regelwerkes

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daher nicht den regelsetzenden Akteuren, sondern der Rechtsprechung.79 Diese entscheidende Aufgabe der Rechtsprechung sollte zudem nicht ernsthaft in Frage gestellt werden, da – wie Krause zu Recht betont – die richterliche Feinabstimmung der Verkehrspflichten ein unverzichtbares Instrument ist, um die Komplexität sozialer Bindungen adäquat abzusichern.80 cc) Das Regelwerk als zentraler Bewertungsparameter Dadurch lässt sich die konkrete Rolle der Sportregelwerke bei der Verkehrspflichtbestimmung allerdings noch nicht exakt identifizieren. So könnte man die Bedeutung der Regelwerke dahingehend interpretieren, dass sie lediglich eine erste Konkretisierungshilfe zur Verkehrspflichtbestimmung darstellen,81 der entscheidende Richter aber neben dem Regelwerk frei auf weitere Kriterien zurückgreifen kann und das Regelwerk nur als Teilaspekt bei der Bewertung des Schädigerverhaltens zu berücksichtigen wäre. Die besseren Gründe sprechen allerdings dafür, die Regelwerke als den zentralen Bewertungsparameter der Verkehrspflichtbestimmung zu verstehen.82 Dies folgt einerseits aus der weitreichenden Abdeckung des Kriterienkanons der Verkehrspflichtformel sowie aus dem Umstand, dass sie die wesentlichen Rückschlüsse auf den Verkehrskreis der beteiligten Sportler ermöglichen. Andererseits zeigt aber auch die Regelbindung der Sportler, dass die Sportler selbst auch maßgeblich anhand des jeweiligen Regelwerkes bewertet werden wollen und Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 49; Sportrecht in der Praxis/Adolphsen, Rn. 758, 761; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 55; Teichmann, JA 1979, 293, 295; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 185; P. Winter, in: Impulse des Sportrechts, 159, 181. S. zudem auch OLG Düsseldorf, r+s 2005, 435, 436. 79 Ähnlich auch Börner, Sportstätten-Haftungsrecht, 240 f.; Deutsch, VersR 1974, 1045, 1049 f.; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 210 f.; Looschelders, JR 2000, 265, 271; Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 139; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 185, 192. 80 Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 10. Dass Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 213 trotz obiger Auffassung die Rolle der Rechtsprechung und der entscheidenden Gerichte bei der Verkehrspflichtbestimmung hervorhebt, erscheint jedenfalls im Hinblick auf ausführliche und umfangreiche Regelwerke etwas widersprüchlich. 81 In diese Richtung tendieren Birr, Die Haftung Minderjähriger im Zivilrecht, Rn. 74; Brüggemeier, Haftungsrecht, 58; Heermann, Haftung im Sport, Rn. 85 f.; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 184 f., 192; Scheffen, NJW 1990, 2658, 2659; Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 211 f.; Steiner, Die Autonomie des Sports, 19; wohl auch Looschelders, JR 2000, 265, 270, 273. 82 So auch BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 568; Börner, Sportstätten-Haftungsrecht, 238 ff.; Fleischer, VersR 1999, 785, 787; jurisPK-BGB/J. Lange, § 823 Rn. 109; Petev, VersR 1976, 320, 323. Auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 21 ff. orientiert sich, wenn auch nicht in solcher Ausdrücklichkeit, in diese Richtung; ähnlich auch BeckOK BGB/Lorenz [01. 05. 2018], § 276 Rn. 24; Dressler, in: Aktuelle Rechtsfragen des Sports, 49, 58; Vieweg, JuS 1983, 825, 829. S. ferner aus der Rechtsprechung BGHZ 63, 140, 146.; OLG Hamm, VersR 1985, 1072, 1073; OLG Koblenz, VersR 1991, 1067; LG Koblenz, SpuRt 2006, 40, 41; LG Coburg, CaS 2016, 46, 47.

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F. Die Bestimmung der Verkehrspflichten bei der Sportausübung

die Regelwerke somit explizit als zentralen Entscheidungsparameter anerkennen.83 Diese Gründe sprechen klar dafür, den Regelwerken die Hauptaufmerksamkeit bei der Herausbildung des deliktisch einzufordernden Verhaltens zuzuwenden, da sie in der Lage sind, das relevante Verhalten entscheidend zu konkretisieren.84 Um dieser Wertung auch praktische Geltungskraft zu verschaffen, sollte sich die Rechtsprechung bei der Verkehrspflichtbildung beim Sport somit an den Regelwerken orientieren und sie als primäre Auslegungs- und Bewertungshilfe zu Rate ziehen, bevor nachrangig weitere Kriterien Bedeutung erlangen.85 Selbst wenn ein umfassendes und auf den ersten Blick abschließendes Regelwerk vorliegt, sollte – entgegen der Auffassung von Götz86 – an dieser Bewertung festgehalten werden. Um eine überzeugende, flexible und einzelfallgerechte Bewertung zu ermöglichen, die sich aus haftungsrechtlicher Sicht nicht vor der Dynamik der Sporttypizität verschließt, sollte auch bei abschließenden Regelwerken die finale Konkretisierung der Verkehrspflichten bei der Sportausübung stets durch den entscheidenden Richter oder Spruchkörper erfolgen. b) Die unmittelbaren Folgen für die Haftung bei Mitspielerverletzungen Wenn die Regelwerke die Verkehrspflichten bei der Sportausübung nicht abschließend festlegen können und „nur“ den zentralen Bewertungsparameter für die Konkretisierung des deliktischen Verhaltensprogramms liefern, stellt sich daran anknüpfend die Frage, ob überhaupt unmittelbare Folgen aus den Regelwerken für die Haftung bei Mitspielerverletzungen resultieren. So könnte man auf Grundlage 83 Ähnlich auch Looschelders, JR 2000, 265, 270 sowie Vieweg, JuS 1983, 825, 829 f. S. ferner OLG Koblenz, VersR 1991, 1067 sowie Geigel/Knerr, Der Haftpflichtprozess, 1. Kapitel Rn. 59. S. zudem die obigen Ausführungen unter B.III.4.c). 84 So auch BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 533 f.; Fleischer, VersR 1999, 785, 787. jurisPK-BGB/J. Lange, § 823 Rn. 109 spricht beispielsweise davon, dass den Regelwerken eine „überragende Bedeutung“ bei der Verkehrspflichtbestimmung zukomme. Vieweg, JuS 1983, 825, 829 bezeugt den Regelwerken eine „eminent praktische Bedeutung“ und verweist auf den wesentlichen Einfluss bei der Bestimmung des einzufordernden Pflichtenprogramms. Auffällig ist dennoch, dass die Bedeutung der Regelwerke immer wieder gesondert für die Wirkweise der für den Skisport maßgeblichen FIS-Regeln betont wird; s. dazu allein BGH, NJW 1987, 1949; Looschelders, JR 2000, 265, 273; Pichler/Fritzweiler, SpuRt 1999, 7; Scheuer, DAR 1990, 121, 121; Siedhoff, VersR 1996, 34, 35 sowie ferner BGHZ 58, 40, 43 ff. S. zu den FIS-Regeln Fn. 237. Dies mag vielleicht dem Umstand geschuldet sein, dass der Skisport dem überkommenen Verständnis nach als Parallelsport nicht ohne Weiteres privilegierungsfähig wäre. Dass diese Wertung allerdings nicht zutreffend ist, wurde im Rahmen der Untersuchung bereits mehrfach herausgestellt, sodass insbesondere auch vor dem Hintergrund der bisherigen Untersuchungsergebnisse festzuhalten bleibt, dass selbstverständlich auch die Regelwerke der Parallelsportarten das deliktsrechtlich relevante Verhalten konkretisieren. 85 Auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 214 präferiert eine solche Vorgehensweise; ähnlich auch Fleischer, VersR 1999, 785, 787. S. ferner Börner, Sportstätten-Haftungsrecht, 240. 86 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 205.

II. Die zentrale Bedeutung des Regelwerkes

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des soeben erlangten Ergebnisses zu der Schlussfolgerung neigen, dass ohne die Berücksichtigung weiterer Faktoren keinerlei Aussagen bezüglich der Haftung des schädigenden Sportlers getroffen werden können. Dieser – wenn auch naheliegende – Schluss trügt jedoch, da die Wirkung des Regelwerkes auf die Verkehrspflichten regelmäßig doch groß genug ist, um haftungsrechtliche Folgen zu verursachen. Daher bietet es sich erneut an, differenzierend vorzugehen und bezüglich der unmittelbaren Folgen zwischen regelgerecht und regelwidrig verursachten Schädigungen zu unterscheiden. aa) Der Haftungsausschluss bei einem regelgerechten Verhalten Obwohl ein breites Spektrum der Literatur zur adäquaten Beurteilung von Mitspielerverletzungen auf eine Verkehrspflichtkonzeption zurückgreifen will,87 findet man trotzdem nur selten präzise Aussagen, wie sich der Haftungsausschluss im Rahmen einer regelgerecht verursachten Schädigung in concreto vollziehen soll. Neben der allgemeinen und recht vagen Aussage, dass die Schädigung stets im Einzelfall in Relation zu den entsprechenden Sportregeln zu bewerten sei, kann man den Ausführungen der meisten Autoren nicht entnehmen, ob ein Verkehrspflichtverstoß schon allein mangels Regelwidrigkeit abgelehnt werden kann oder doch noch zwingend weitere Umstände in die Bewertung einfließen müssen, um das regelgerechte Verhalten des Schädigers mit einem Ausschluss der Haftung zu honorieren.88 Für eine problemorientierte Untersuchung kann es allerdings nicht ausrei87

S. dazu die obigen Ausführungen und Nachweise unter C.II.4. sowie C.III.1.a). So hält Heermann, Haftung im Sport, Rn. 97, 233 zunächst fest, dass der deliktische Verhaltensmaßstab durch die Spielregeln bestimmt werde. Sodann verweist er aber – ohne sich auf eine genaue Vorgehensweise oder Rangfolge der Kriterienbestimmung festzulegen – darauf, dass die Verkehrspflichten stets anhand der Anforderungen des Einzelfalles konkretisiert werden sollen, um letztlich doch zu dem Ergebnis zu gelangen, dass die Regelwerke lediglich einen ersten – allerdings nicht notwendigerweise alleinigen – Maßstab zur Beurteilung beinhalten. Ähnlich aufgebaut ist auch die Argumentationsfolge bei PHB Sportrecht/Fritzweiler, 5. Teil Rn. 19 f., der argumentiert, dass die Verkehrspflichten fast immer den Regeln entnommen werden könnten, trotzdem aber aufbauend auf den Regelwerken ein „subsumtionsfähiger Rechtssatz“ herauszubilden sei, der schließlich noch am Einzelfall gemessen werden solle. Diesem Muster nähern sich auch die Ausführungen von Kreutz, JA 2011, 337, 340 an, die zunächst in Richtung einer Verbindlichkeit der Regelwerke hindeuten, dann aber dahingehend relativiert werden, dass die Regelwerke lediglich eine „Richtschnur“ darstellten. Weisemann/Spieker, Sport, Spiel und Recht, Rn. 74 tendieren ebenfalls zunächst in Richtung einer Verbindlichkeit der Regeln zur Verkehrspflichtbestimmung, relativieren diese These letztlich aber wieder. Fleischer, VersR 1999, 785, 787 hebt zunächst die Bedeutung der Regelwerke hervor, indem er ihnen attestiert, dass sie eine „magna charta der Verkehrspflichten“ bildeten und einen Wegweiser zulässiger und unzulässiger Verhaltensweisen darstellten. Den Wert seiner Aussage relativiert er jedoch umgehend, wenn er nicht mehr dezidiert darauf eingeht, welche weiteren Kriterien zur abschließenden Bestimmung der Verkehrspflichten erforderlich sein sollen. Zimmermann, VersR 1980, 497, 501 begnügt sich ferner damit, dass das allgemeine Sportrisiko noch zu präzisieren und in diesem Bereich noch vieles unklar sei. Ähnlich verhält es sich bei Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 20 f., der konstatiert, dass ohne Regelverstoß keine Verwirklichung des Tatbestandes angenommen werden könne. Selbst Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von 88

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F. Die Bestimmung der Verkehrspflichten bei der Sportausübung

chen, lediglich darauf zu verweisen, dass das Regelwerk und gegebenenfalls weitere Komponenten im Einzelfall heranzuziehen seien, ohne die konkreten Folgen aus dem Regelwerk sowie das Zusammenspiel weiterer Kriterien und deren Wechselwirkung zum Regelwerk zu beleuchten. Glücklicherweise bestätigen auch insoweit Ausnahmen die Regel. (1) Sportregeln als Verkehrspflichten Die erste Ausnahme stellt Pfister dar, der den Haftungsausschluss direkt anhand des Regelwerkes herleitet.89 Seiner Ansicht nach lassen sich die Verkehrspflichten allein auf Grundlage der Regelwerke bestimmen,90 sodass es keines Rückgriffs auf weitere Kriterien bedürfe und die Regelwerke somit eine unmittelbare Wirkung bezüglich der Verkehrspflichtbestimmung entfalteten. Da sich Pfister dabei aber auf die abzulehnende, abschließende Festlegung des Pflichtenprogramms durch die Regelwerke stützt,91 kann seinen Aussagen vor dem Hintergrund des soeben gewonnenen Ergebnisses kein Mehrwert entnommen werden, da gerade die Konsequenzen fehlender Verbindlichkeit verdeutlicht werden sollen. Dennoch ist Pfister zugute zu halten, dass er sich überhaupt dezidiert mit der Problematik auseinandersetzt und ein für seinen Begründungsansatz folgerichtiges Ergebnis präsentiert. (2) Die Einheit der Rechtsordnung als argumentatorische Grundlage Die zweite Ausnahme bilden Looschelders und Götz, die den Ausschluss der Haftung bei einer regelkonform verursachten Mitspielerverletzung anhand der Einheit der Rechtsordnung begründen wollen.92 Ihrer Ansicht nach gebiete das Prinzip der Einheit der Rechtsordnung, ein Verhalten, das innerhalb des Sports rechtmäßig sei, nicht mit einer negativen haftungsrechtlichen Folge für den Schädiger zu belegen.93 In der spezifischen Begründung der Auffassung weichen Götz und Looschelders allerdings deutlich voneinander ab. (a) Der Ansatz von Looschelders Looschelders ist der Auffassung, dass das Prinzip der Einheit der Rechtsordnung zur Geltung kommen müsse, wenn ein Verhalten bei der Sportausübung gerade durch Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 173 ff., 202 ff., 213, der sich tiefgründig mit den Regelwerken und deren Wirkweise auseinandersetzt, kommt lediglich zu dem vagen Ergebnis, dass die Regelkonformität ein Indiz der Verkehrspflichtbeachtung sei. 89 Pfister, FS W. Lorenz, 171, 187 f. 90 Pfister, FS W. Lorenz, 171, 187 f. 91 S. dazu die Ausführungen unter F.II.1.a)aa), bb). 92 Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 448 sowie JR 2000, 265, 271; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 215. 93 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 215 f.; Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 448 sowie JR 2000, 265, 271.

II. Die zentrale Bedeutung des Regelwerkes

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verbindliche Regeln erlaubt werde.94 Dementsprechend sei die haftungsrechtliche Relevanz der Gefahrschaffung zu verneinen, wenn ein Sportregelwerk einen Eingriff in die körperliche Integrität explizit zulasse.95 (b) Die Modifikation durch Götz Götz hingegen begründet die Wirkweise des Prinzips der Einheit der Rechtsordnung anhand der staatlichen „Erlaubtheit des Sports“ sowie dessen gesellschaftlicher Anerkennung.96 Der Ansatz von Looschelders leide ihrer Ansicht nach daran, dass er – obwohl sich Looschelders explizit gegen die verbindliche Festlegung der Verkehrspflichten allein aufgrund der Regelwerke stellt97 – maßgeblich auf der Verbindlichkeit der Regeln aufbaue.98 Da aber auch Götz im Prinzip der Einheit der Rechtsordnung den geeigneten Anknüpfungspunkt zur Begründung des Haftungsausschlusses bei einem regelkonformen Sportlerverhalten innerhalb eines Verkehrspflichtsystems ausmachen will, sei – aufgrund der Unzulänglichkeit der Begründung von Looschelders – lediglich eine andere argumentatorische Grundlage erforderlich.99 Diese könne ihrer Ansicht nach in der gesellschaftlichen Anerkennung und der staatlichen Duldung des Sports erblickt werden.100 So eröffne der Staat durch die Anerkennung der Verbandsautonomie den regelsetzenden Verbänden gerade die Möglichkeit, ihren Sachverstand in die Sportregeln einfließen zu lassen.101 Dadurch werde einerseits ein angemessener Spielraum für den eigenständigen Ausgleich der in den Bereich der Verbandsautonomie fallenden Interessen gewährleistet.102 Andererseits könne der Kompetenz der Sportverbände dahingehend auch vertraut werden, wenn Anhaltspunkte eines etwaigen Missbrauchs der Verbandsautonomie nicht in Rede stünden.103 Resümierend müsse für das Verhältnis zwischen Regelkonformität und Verkehrspflichtenhaftung noch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Existenz der Sportregeln letztlich ein Ausfluss der – durch den Staat an die Sportverbände – übertragenen Regelungsbefugnis sei und daher davon ausgegangen werden könne, dass die Sportverbände ihre Kompe-

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Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 448 und JR 2000, 265, 271. 95 Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 448 und JR 2000, 265, 271. 96 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 216. 97 Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 447 f. sowie JR 2000, 265, 270. 98 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 215. 99 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 215 f. 100 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 215 f. 101 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 216. 102 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 216. 103 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 216.

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F. Die Bestimmung der Verkehrspflichten bei der Sportausübung

tenz und ihren Sachverstand wohl überlegt in die jeweiligen Kodifizierungen einfließen lassen.104 (c) Die Untauglichkeit beider Begründungen Rückt man zunächst die Begründung von Looschelders in den Fokus, ist Götz in ihrer Kritik an der vorgebrachten Argumentation zuzustimmen. So führt es schon zu reichlich Verwunderung, wenn sich Looschelders zunächst explizit gegen die Fixierung der Verkehrspflichten allein anhand der Regelwerke stellt,105 dann aber dem Prinzip der Einheit der Rechtsordnung aufgrund verbindlicher Sportregelwerke zur Geltung verhelfen will. Wollte man die Einheit der Rechtsordnung auf Grundlage der Verbindlichkeit der entsprechenden Regeln zur Argumentation nutzen, begründete man die – gleichwohl auch von Looschelders abgelehnte106 – faktische Festlegung des deliktischen Verhaltensprogramms durch die Regelwerke. Dieser Begründungsansatz führt somit dazu, dass sich Looschelders in einen nicht aufzulösenden Selbstwiderspruch verstrickt.107 Selbst wenn man Looschelders’ Aussage bezüglich verbindlicher Sportregelwerke dahingehend interpretieren wollte, dass es sich insoweit um Verbandsregeln handeln müsste und möglicherweise nur der Wettkampfsport anhand der Einheit der Rechtsordnung bewertet werden könnte, ließe sich dieser Wertungswiderspruch nicht beseitigen. Er zöge immer noch die abzulehnende Fixierung der Verkehrspflichten allein auf Basis der Sportregeln nach sich. Dem Prinzip der Einheit der Rechtsordnung kann daher nicht mit der Begründung, dass verbindliche Regeln bei der Sportausübung vorliegen, die es anhand dieses Prinzips haftungsrechtlich zu respektieren gelte, zur Wirkung verholfen werden.108 Richtet man sodann den Blick auf die Begründung von Götz, gelangt man recht schnell zu dem Ergebnis, dass auch diese nicht überzeugen kann. So konnte an anderer Stelle der Untersuchung bereits herausgestellt werden, dass der „staatlichen Erlaubtheit“ sowie der gesellschaftlichen Anerkennung und Förderung des Sports keine rechtfertigende Wirkung zukommen kann.109 Wenn Götz aber auf diese Figuren zur Begründung einer prinzipiellen Wirkung der Regelwerke in Kombination mit der Rechtsordnung zurückgreifen will, werden diese Anknüpfungspunkte letztlich – obwohl sie bereits im Allgemeinen als Argumentationsgrundlage abzulehnen sind110 – durch die Hintertür salonfähig gemacht und dadurch einer scheinbaren dogmati104

Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 217. Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 447 f. sowie JR 2000, 265, 270. 106 Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 447 f. sowie JR 2000, 265, 270. 107 Diesen Wertungswiderspruch hat auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 215 f. vor Augen. 108 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 215. 109 S. dazu die obigen Ausführungen unter C.III.2.e)aa). 110 S. insofern die obigen Ausführungen unter C.III.2.e)aa). 105

II. Die zentrale Bedeutung des Regelwerkes

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schen Bedeutung zugeführt.111 Allein aus dem Umstand, dass der Staat bestimmte Teile des Sportlebens (bewusst) nicht reguliert und zudem die Verbandsautonomie als solche anerkennt, kann jedenfalls nicht gefolgert werden, dass eine eigenständige Rechtsordnung des Sports entsteht, die im Rahmen der Einheit der Rechtsordnung respektiert oder geduldet werden müsste.112 Dementsprechend baut die Argumentation von Götz auf einem nicht zwingenden Umkehrschluss auf, der sich nicht zweifelsfrei belegen lässt und durchaus auch abweichend interpretiert werden kann. So kann gegen die Argumentation von Götz stets eingewandt werden, dass eine Anerkennung des Sports im Sinne einer eigenständigen Rechtsordnung erst dann angenommen werden kann, wenn eine Staatszielbestimmung ähnlich Art. 20a GG eingeführt wird113 oder spezifische einfachgesetzliche, zivilrechtliche Anhaltspunkte der „staatlichen Erlaubtheit“ des Sports existieren. Daher kann auch der Rückgriff auf die staatliche Duldung des Sports sowie seiner gesellschaftlichen Förderung und Anerkennung nicht dazu dienen, dem Argument der Einheit der Rechtsordnung einen tragfähigen Boden zu bereiten. Wenn man sich trotz der Untauglichkeit der beiden vorgebrachten Begründungsansätze nicht von dem Gedanken der Einheit der Rechtsordnung verabschieden möchte, sind zudem noch die spezifischen Widrigkeiten, die der Auffassung als solcher bei der Berücksichtigung im Bereich der Sportausübung anhaften, zu beleuchten. Damit man die Einheit der Rechtsordnung überhaupt argumentatorisch nutzen könnte, müsste der (verbandsmäßig ausgeübte) Sport zunächst als eigenständige Rechtsordnung qualifiziert werden können. Die entscheidende Frage lautet daher: Kann der Mikrokosmos Sport überhaupt als eigenständige Rechtsordnung qualifiziert werden, die es aufgrund des Prinzips der Einheit der Rechtsordnung auch haftungsrechtlich zu respektieren gilt? Dies erscheint – trotz der nicht in Abrede zu stellenden Verbandsautonomie – mehr als fraglich. Sicherlich wird der verbandsmäßig ausgeübte Sport durch die Verbandsautonomie, die insoweit die Möglichkeit bietet, breite Bereiche innerhalb des Sportlebens eigenständig zu regulieren, geschützt. Dennoch findet auch die Verbandsautonomie ihre Grenzen.114 Aus zivil111

S. dazu auch die obigen Ausführungen unter C.III.2.e)aa). Ähnlich argumentieren auch die Befürworter eines rechtsfreien Raumes der Sportausübung, der – wie oben festgestellt – ebenfalls abzulehnen ist. S. insoweit auch die Ausführungen unter C.I.1. 113 S. zur Diskussion über eine verfassungsrechtliche Sportförderungsklausel oder eine in diese Richtung geartete Staatszielbestimmung in jüngster Zeit Handbuch des Sportrechts/Humberg, Grundlagen des Sportrechts, 7. Kapitel, Rn. 5; Hebeler, SpuRt 2003, 221; Hölzl, Sport in der Verfassung und in der Verfassungswirklichkeit unter Berücksichtigung des Gemeinschaftsrechts, 39 ff., 56 ff., 64 ff., 161; Humberg, ZRP 2007, 57, 58 ff.; Singbartl/Dziwis, JA 2014, 407, 408. 114 S. in diesem Kontext allein Andexer, Die nationale Sportgerichtsbarkeit und ihre internationale Dimension, 59 ff.; Buchberger, Die Überprüfbarkeit sportverbandsrechtlicher Entscheidungen durch die ordentliche Gerichtsbarkeit, 121 ff., 128 ff., 142 ff., 271 ff.; Pereira Borges, Verbandsgerichtsbarkeit und Schiedsgerichtsbarkeit im internationalen Berufsfußball, 20 f.; PHB Sportrecht/Summerer, 2. Teil Rn. 17, 401, 427 ff.; Sögüt, Die Überprüfbarkeit von 112

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rechtlicher und speziell aus haftungsrechtlicher Sicht sind insoweit allein §§ 134, 138, 242 BGB hervorzuheben, die den (regelsetzenden) Verbänden die regulatorischen Grenzen aufzeigen.115 Darüber hinaus kann der Verbandssport seine Angelegenheiten zwar vielfach im Rahmen seiner eigenen Verbandsgerichtsbarkeit überprüfen, letztlich ist eine staatliche Kontrolle dadurch dennoch nicht automatisch ausgeschlossen.116 Diese Umstände sprechen gerade nicht dafür, dass der Verbandssport als eigenständige Rechtsordnung anerkannt werden kann, sondern vielmehr nur von staatlicher Seite nicht regulierte Bereich durch entsprechendes Verbandsreht ausgefüllt werden kann.117 Aus diesem Grunde bestehen bereits ernsthafte Zweifel an der Existenz einer eigenständigen Rechtsordnung im Sport. Darüber hinaus könnten beide Begründungen im Allgemeinen möglicherweise auch zu stark in Richtung des Verbandssports zugeschnitten sein und somit eine Berücksichtigung im Rahmen des ungebundenen Freizeitsports ausschließen.118 So müsste man sich stets vergegenwärtigen, dass im Bereich des Freizeitsports mitunter nicht auf die Einheit der Rechtsordnung zurückgegriffen werden könnte, wenn die Begründung maßgeblich auf der Verbindlichkeit der Regeln oder der staatlichen Anerkennung der Verbandsautonomie fußt. Zu denken ist insoweit nur an Konstellationen, in denen sich Freizeitsportler eigene oder abgewandelte Regeln zum Vorbild nehmen,119 die sich im Zweifelsfall nicht durch die Verbandsautonomie oder die Verbindlichkeit legitimieren lassen. Dies könnte in der misslichsten Konsequenz zur Folge haben, dass eine Inkongruenz zwischen Freizeit- und Verbandssport bei der Bewertung von Mitspielerschädigungen aufträte, die es zur adäquaten Problembewältigung aber tunlichst zu vermeiden gilt.120 Kombiniert man diesen Aspekt nun mit Tatsachenentscheidungen des Schiedsrichters innerhalb der vereinsrechtlichen Gerichtsbarkeit nationaler und internationaler Fußballverbände, 33 ff., 52 f. 115 So explizit Andexer, Die nationale Sportgerichtsbarkeit und ihre internationale Dimension, 50 f., 67 und Buchberger, Die Überprüfbarkeit sportverbandsrechtlicher Entscheidungen durch die ordentliche Gerichtsbarkeit, 128 ff., 142 ff., 271 ff. S. dazu auch Baecker, Grenzen der Vereinsautonomie im deutschen Sportverbandswesen, 36; Pfister, FS W. Lorenz, 171, 182; PHB Sportrecht/Summerer, 2. Teil Rn. 17 ff.; Steiner, Die Autonomie des Sports, 16 f.; s. ferner Reichert, SpuRt 2003, 3, 4. 116 S. insofern allein Buchberger, Die Überprüfbarkeit sportverbandsrechtlicher Entscheidungen durch die ordentliche Gerichtsbarkeit, 120 f.; Pereira Borges, Verbandsgerichtsbarkeit und Schiedsgerichtsbarkeit im internationalen Berufsfußball, 20 f.; PHB Sportrecht/Summerer, 2. Teil Rn. 13, 401, 427 ff.; Sögüt, Die Überprüfbarkeit von Tatsachenentscheidungen des Schiedsrichters innerhalb der vereinsrechtlichen Gerichtsbarkeit nationaler und internationaler Fußballverbände, 33, 52. S. ferner auch Baecker, Grenzen der Vereinsautonomie im deutschen Sportverbandswesen, 91. 117 In eine ähnliche Richtung auch PHB Sportrecht/Summerer, 2. Teil Rn. 13 f. sowie ferner Andexer, Die nationale Sportgerichtsbarkeit und ihre internationale Dimension, 67 f. 118 Diese Befürchtung wird auch von Marburger, Die Regeln der Technik im Recht, 306 geteilt. 119 S. zu abgewandelten oder spontan aufgestellten Regeln die Ausführungen unter G.I.2.a) und G.I.2.b)bb). 120 S. dazu die obigen Ausführungen unter B.III.4.c) sowie Grunsky, JZ 1975, 109, 110 und ferner Marburger, Die Regeln der Technik im Recht, 306.

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den Zweifeln an einer eigenständigen Existenz der „Rechtsordnung“ Sport, müsste zudem stets hinterfragt werden, ob die vorgeschlagene Lösung Allgemeingültigkeit beanspruchen kann. Spätestens aber, wenn man die praktischen Folgen einer „Rechtsordnung“ Sport für die Argumentation betrachtet, muss man zum Ergebnis kommen, dass die Einheit der Rechtsordnung keine taugliche Grundlage zur Erklärung regelkonformer Sportlerschädigungen bieten kann. Wirft man etwa einen Blick auf die Regularien beim Fußball, lassen sich den FIFA-Regeln 4 und 12 die wesentlichen Aspekte des Integritätsschutzes entnehmen.121 Regel 12, die verbotenes Spiel und unsportliches Betragen sanktioniert, verweist ihrem Wortlaut nach explizit darauf, dass der Regelverstoß und dessen Intensität „nach Einschätzung des Schiedsrichters“ zu bewerten ist.122 Die „Rechtsordnung“ des Fußballs hebt somit selbst hervor, dass sie in diesem wesentlichen Punkt stets in Abhängigkeit zum entscheidenden Schiedsrichter betrachtet werden will.123 Ähnlich verhält es sich auch im Rahmen der IHR-Handballregeln, deren Regel 8:6 ebenfalls explizit auf die Schiedsrichter und deren Bewertung bei der Intensität einer Regelwidrigkeit abstellt.124 Wenn Götz und Looschelders nun die Einheit der Rechtsordnung zur haftungsrechtlichen Bewertung einer Mitspielerverletzung heranziehen wollen, bedeutete dies, dass sie – jedenfalls beim Fußball und beim Handball oder aber wenn weitere Regelwerke neben den Fußball- oder Handballregeln ähnliche Wertungen träfen – explizit auch die Entscheidung des Schiedsrichters miteinbeziehen müssten. Wenn man aber die Entscheidung des Schiedsrichters und darauf aufbauend möglicherweise weitergehend auch den Grundsatz der Tatsachenentscheidung125 anerkennen würde, müsste man in der logischen Konsequenz auch Fehlentscheidungen des Schiedsrichters, die sich 121 S. im Allgemeinen zur haftungsrechtlichen Bedeutung der Fußballregeln der FIFA und des DFB die Ausführungen von Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateurund Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 215 ff. S. zu den entsprechenden Regeln beim Fußball https://www.dfb.de/fileadmin/_dfbdam/143897-Fussballregeln_2017_WebPDF. pdf; zuletzt abgerufen am 31. Juli 2018. 122 S. dazu auch Vieweg, JuS 1983, 825, 830 sowie zur Rolle des Schiedsrichter beim Fußball im Allgemeinen Schöntag, Rechtliche Probleme um den Sportschiedsrichter, 27 ff. 123 S. dazu auch Hilpert, Nationale und internationale Fußballrechtsprechung, 81 sowie Schöntag, Rechtliche Probleme um den Sportschiedsrichter, 27 ff. 124 „Stufen die Schiedsrichter eine Aktion als besonders rücksichtslos, besonders gefährlich, vorsätzlich oder arglistig ein, (…).“ S. ferner zur haftungsrechtlichen Bedeutung der Handballregeln PHB Sportrecht/Fritzweiler, 5. Teil Rn. 53. S. zum Regelwerk des ,Deutschen Handballbundes‘ https://dhb.de/fileadmin/downloads/schiedsrichter/Internationale_Handballregeln_2016_ mit_den_ DHB-Zusatzbestimmungen___Stan….pdf; zuletzt abgerufen am 31. Juli 2018. 125 S. im Allgemeinen zum Grundsatz der Tatsachenentscheidung Pfister, SpuRt 1998, 221, 224 f.; PHB Sportrecht/Summerer, 2. Teil Rn. 402 ff.; Sögüt, Die Überprüfbarkeit von Tatsachenentscheidungen des Schiedsrichters innerhalb der vereinsrechtlichen Gerichtsbarkeit nationaler und internationaler Fußballverbände, 95 ff.; Sportrecht in der Praxis/Adolphsen/Hoefer/ Nolte, Rn. 209 ff.; Vieweg, FS Röhricht, 1255, 1260 ff. sowie im speziellen zur Überprüfbarkeit von Strafentscheidungen des Schiedsrichters Schöntag, Rechtliche Probleme um den Sportschiedsrichter, 195 ff.

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dann unmittelbar auf die Haftung der Sportler auswirken könnten, anerkennen. Dies kann aber nur schwerlich gewollt sein, insbesondere wenn der entscheidende Richter sehenden Auges eine – sportintern zwar nicht, zivilrechtlich aber durchaus korrigierbare – unrichtige Schiedsrichterentscheidung haftungsrechtlich anerkennen müsste.126 So verwundert es nicht, dass Götz die Verbindlichkeit von Schiedsrichterentscheidungen ablehnt und stattdessen auf die eigenständige richterliche Würdigung abstellt.127 Würde man die Entscheidung des Schiedsrichters aber – wie von Götz explizit befürwortet128 – durch den entscheidenden Richter ersetzen oder ihr die Verbindlichkeit absprechen, würde man die „Rechtsordnung“ des Fußballs nicht vollumfänglich anerkennen. In diesem Falle wäre dem Argument der Einheit der Rechtsordnung aber der Boden entzogen. Die so entstehende „Zwickmühle“ – der Götz durch die Widersprüchlichkeit ihres Begründungsansatzes letztlich zum Opfer fällt – führte daher entweder zur faktischen Verbindlichkeit der Regelwerke im Rahmen der Verkehrspflichtkonkretisierung oder aber zur Untauglichkeit der Einheit der Rechtsordnung als Argumentationsgrundlage. Beide Optionen führen letztlich dazu, dass die Einheit der Rechtsordnung auch aus praktischen Gründen nicht zur Verkehrspflichtkonkretisierung herangezogen werden kann. Schließlich wird auch nicht zwingend deutlich, welcher eigenständige haftungsrechtliche Sinn der Anerkennung des Verbands- oder Wettkampfsports als Rechtsordnung zur Verwendung als Argumentationsgrundlage beigemessen werden soll. Wenn man den Mikrokosmos Sport tatsächlich als Rechtsordnung anerkennen oder den Regelwerken unmittelbaren Einfluss auf die Verkehrspflichtbildung verschaffen will, könnte man sich auch einfach auf den Standpunkt von Pfister stellen und eine Festlegung des Pflichtenprogramms allein anhand der Sportregeln befürworten.129 In diesem Falle bedürfte es dann der Begründung anhand der Einheit der Rechtsordnung nicht mehr. Ein solches Vorgehen wäre jedenfalls stimmiger als der Versuch, die Lösung anderweitig entwickeln zu wollen. All diese Gründe sprechen dafür, die Einheit der Rechtsordnung als argumentatorische Grundlage zur Verkehrspflichtkonkretisierung der Sportler zu verwerfen. Letztlich muss man Götz und Looschelders aber zugute halten, dass sie sich überhaupt dezidiert mit der Problemlösung auseinandersetzen und gerade nicht auf die vage Begründung, dass die Regelwerke und weitere Kriterien zum Ausschluss der Haftung bei regelkonformem Verhalten führen, zurückgreifen. Dennoch beruhen beide Begründungen auf dogmatisch nicht tragfähigen Kunstgriffen. Losgelöst davon kann auch der Rückgriff auf die Einheit der Rechtsordnung selbst aus den 126 Gleichzeitig müsste der entscheidende Richter sehenden Auges auch die Durchbrechung der Gewaltenteilung durch die Person des Schiedsrichters, da dieser insofern als Organ der sportiven Exekutive und Judikative auftritt, hinnehmen. Dies kann ebenfalls nicht gewollt sein; allerdings wäre diese Folge die logische Konsequenz des Argumentationsmusters von Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 215 ff., 266 ff. 127 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 266 ff. 128 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 266 ff. 129 S. dazu Pfister, FS W. Lorenz, 171, 187 f.

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dargestellten Gründen nicht überzeugen. Das Prinzip der Einheit der Rechtsordnung ist somit nicht geeignet, den Ausschluss der Haftung bei regelkonform verursachten Mitspielerverletzungen zu begründen. (3) Keine missbilligte Gefährdung bei Regelkonformität Letztlich bedarf es dieser Kunstgriffe von Götz und Looschelders aber auch nicht. Da die Sportregeln die wesentlichen Aspekte der legitimen Verkehrserwartung widerspiegeln und konturieren, erhöht ein regelgerechtes Verhalten des schädigenden Sportlers die sporttypische Gefährdung nicht.130 Vielmehr verwirklicht sich allein das vom geschädigten Sportler einzukalkulierende Grundrisiko der Sportausübung.131 Der regelgerecht agierende Schädiger handelt bei einem regelkonformen Einsatz somit nicht entgegen der legitimen Verkehrserwartung. Aus diesem Grunde kann eine regelkonform zugefügte Mitspielerverletzung regelmäßig auch keinen Verkehrspflichtverstoß und demgemäß keine Haftung des schädigenden Sportlers zur Folge haben. Darüber hinaus entsteht bei einem regelgerechten Verhalten keine entgegengerichtete Erwartungshaltung des Geschädigten, aus der sich die Rechtfertigung eines Verkehrspflichtverstoßes ableiten ließe. Die Regelkonformität begründet daher die – freilich in extrem atypischen Konstellationen wiederlegbare – Indikation eines verkehrspflichtgerechten Verhaltens.132 Dass die Regelwerke die Verkehrspflichten nicht abschließend fixieren können, steht diesem Ergebnis nicht entgegen, da bei einem regelgerechten Verhalten der elementare Teil des Verhaltensvorwurfs – sich entgegen der Verkehrserwartung verhalten zu haben – regelmäßig nicht begründet werden kann, zumal das Verhalten des Schädigers im Rahmen des vom Geschädigten zu Erwartenden lag. Vielmehr darf allein aus dem Umstand, dass die Sportregeln die Verkehrspflichten nicht abschließend festlegen können, nicht gefolgert werden, dass sie nicht dennoch wesentliche Einzelaspekte der Verkehrspflichten determinieren können. Freilich lässt sich daraus kein durchgehendes Prinzip entwickeln. Der überragenden Bedeutung der Regelwerke kann aber regelmäßig entnommen werden, dass ein regelgerechtes Verhalten des schädigenden Sportlers der legitimen Verkehrserwartung entspricht. Dementsprechend indiziert die Regelkonformität ein verkehrspflichtgerechtes Verhalten. Somit bedarf es wohl nur im Rahmen besonders atypischer Konstellationen oder marginal herausgebildeter Regeln zwingend des Rückgriffs auf weitere Kriterien. Trotzdem hat es auch im Allgemeinen durchaus Sinn, weitere Kriterien der Verkehrspflichten im Binnenverhältnis der Sportler in die 130

Ähnlich auch Börner, Sportstätten-Haftungsrecht, 237 ff.; Jaufer, Recht im Sport, 133 f. So jedenfalls im Ergebnis auch Jaufer, Recht im Sport, 133 f., 137. Ähnlich auch MünchKomm/Grundmann, § 276 Rn. 23. 132 Diese Auffassung wird im Allgemeinen wohl auch von Bachmann, Private Ordnung, 337 f. geteilt. Die Indikation eines verkehrspflichtgerechten Verhaltens wäre etwa dann zu widerlegen, wenn ein Sportler bewusst und zielgerichtet unter dem Deckmantel der Regelkonformität geschädigt wird. Gleichsam entstünde in einer solchen Konstellation aber auch ein Schadensersatzanspruch des geschädigten Sportlers aus § 826 BGB. 131

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Prüfung miteinzubeziehen, allein schon um das Fehlen eines Verkehrspflichtverstoßes zu untermauern oder womögliche Zweifel an der Regelkonformität einzelfallgerecht ausräumen zu können. bb) Das Verhältnis zwischen Regelverstoß und Verkehrspflicht Anders hingegen fällt die Bewertung im Bereich des regelwidrigen Verhaltens aus. Da die wesentliche Aufgabe bei regelwidrig verursachten Sportlerschädigungen darin besteht, das haftungsrechtlich privilegierte vom missbilligten Verhalten abzugrenzen,133 kann allein aus dem Regelverstoß noch nicht auf einen Verkehrspflichtverstoß geschlossen werden. Dementsprechend sind etwas vage Äußerungen der Literatur, dass die Regelwidrigkeit allein keinen Verkehrspflichtverstoß begründe, sondern lediglich einen Anhaltspunkt eines Verkehrspflichtverstoßes darstelle,134 an dieser Stelle – ganz anders als bei regelkonform verursachten Schädigungen – nicht zu kritisieren, sondern als folgerichtig zu qualifizieren. So formuliert auch Götz in dieser Hinsicht nachvollziehbar vage, dass der Regelverstoß zwar in die Richtung eines Verkehrspflichtverstoßes deute, aber ohne die Berücksichtigung weiterer Umstände keine finale Bewertung des Schädigerverhaltens vorgenommen werden dürfe.135 Nun könnte man allerdings im Umkehrschluss zum regelgerechten Verhalten folgern, dass der Regelverstoß einen Verkehrspflichtverstoß indiziert, zumal sich der schädigende Sportler durch die Regelwidrigkeit gerade vom idealtypischen Verhalten entfernt. Da aber nach der hier vertretenen Auffassung auch leichte Regelverstöße privilegierungswürdig sind,136 bedürfte es zur Annahme der Indikation eines Verkehrspflichtverstoßes jedenfalls konkreter Anhaltspunkte eines erheblichen Regelverstoßes. Darauf aufbauend muss zudem berücksichtigt werden, dass – wie auch Heermann hervorhebt – aus der Schwere einer Verletzung gerade kein Anscheinsbeweis in Richtung der Erheblichkeit eines Regelverstoßes erwächst.137 Dementsprechend kann im Regelfall aus der Regelwidrigkeit selbst noch kein zwingender Rückschluss auf die Verletzung einer Verkehrspflicht gezogen werden.138 133

S. dazu die obigen Ausführungen unter E.I. sowie weiterführend H.I., II. S. dazu allein Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 220, 259 f.; Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 213; Looschelders, JR 2000, 265, 271 f.; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 185; Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 138 f. 135 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 259 f. 136 S. dazu die Ausführungen unter E.I. 137 Behrends, DOK 1976, 539, 544; Heermann, Haftung im Sport, Rn. 235. S. dazu aus der Rechtsprechung auch OLG Bamberg, NJW 1972, 1820, 1821; OLG Nürnberg, VersR 1998, 69, 70; OLG Hamburg, VersR 2002, 500. 138 So auch Heermann, Haftung im Sport, Rn. 235 ff.; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 259 f.; Looschelders, JR 2000, 265, 271 f.; ähnlich auch Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für 134

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Dieses Ergebnis ist zudem von elementarer prozessualer Bedeutung, da anderenfalls der Schädiger mit der (sekundären) Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Geringfügigkeit des Regelverstoßes belastet würde, wenn der Geschädigte lediglich den Regelverstoß darlegen und beweisen müsste, um zu seinen Gunsten die Indizwirkung eines Verkehrspflichtverstoßes herbeizuführen. Dass die Darlegungsund Beweislast bezüglich des Regelverstoßes und dessen haftungsrechtlicher Relevanz aber beim Geschädigten zu liegen hat,139 ist die prozessuale Absicherung einer privilegierten Sportlerhaftung.140 Aus diesem Grunde muss die vorschnelle Annahme einer Indizwirkung besonders kritisch beurteilt werden, da sie sich zu einer prozessentscheidenden Weichenstellung zugunsten des Geschädigten entwickeln und in der Folge die materiell-rechtliche Wertung des „Sporthaftungsprivilegs“ – dass gerade nicht jeder Regelverstoß mit einer Haftungsfolge belegt sein soll – praktisch aufheben könnte.141 Der Regelverstoß allein begründet somit weder den Anscheinsbeweis noch die Indizwirkung eines Verkehrspflichtverstoßes.142 Vielmehr trägt nach allgemeinen Grundsätzen der Geschädigte die Darlegungs- und Beweislast, dass ein haftungsrechtlich erheblicher Regelverstoß des Schädigers zu seiner Verletzung geführt hat.143 Verletzungen beim Fußballspiel, 213; Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 138 f. 139 S. zur Darlegungs- und Beweislast bezüglich des Regelverstoßes allein BGH, NJW 1976, 957; 2010, 537, 538; OLG Bamberg, NJW 1972, 1820; OLG Frankfurt, NJW-RR 1991, 418; OLG Düsseldorf, VersR 1992, 841; LG Marburg, NJW-RR 1998, 1243; BeckOK BGB/Förster [15. 06. 2017], § 823 Rn. 587; Behrends, DOK 1976, 539, 544; Deutsch, VersR 1974, 1045, 1050; Erman/Wilhelmi, § 823 Rn. 104; Lorz, in: Impulse des Sportrechts, 309, 314; MünchKomm/ Wagner, § 823 Rn. 694; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 56, 60. S. ferner auch BGHZ 63, 140, 148; OLG München, VersR 1982, 198. S. ferner zur Darlegungs- und Beweislast im Allgemeinen allein Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 116 Rn. 7, 40 ff. 140 S. dazu auch OLG Bamberg, NJW 1972, 1820; LG Nürnberg-Fürth, SpuRt 1995, 174, 175; Hilpert, Nationale und internationale Fußballrechtsprechung, 192. In eine ähnliche Richtung auch BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 587; Bonde, SchlHA 1984, 178, 180; Bender, in: Haftungsrechtliche Probleme im Fußballsport, 27, 28 f.; Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 359 f.; Vieweg, JuS 1983, 825, 830; Wacke, Stadion III (1977), 4, 20 sowie Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 16 Rn. 167. 141 In diese Richtung auch Vieweg, JuS 1983, 825, 830. S. ferner auch Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 359 ff. 142 In diese Richtung auch Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 213 sowie Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 138 f. Ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 259 f.; Looschelders, JR 2000, 265, 271 f. 143 So auch OLG Köln, SpuRt 2003, 74, 77; LG Coburg, CaS 2016, 46, 46 f.; BeckOK BGB/ Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 587; Behrends, DOK 1976, 539, 544; Brüggemeier, Haftungsrecht, 243; Heermann, Haftung im Sport, Rn. 235 ff.; Krähe, Die zivilrechtlichen Scha-

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c) Der praktische Unterschied zwischen Regelkonformität und Regelwidrigkeit Der praktische Unterschied zwischen regelkonform und regelwidrig verursachten Mitspielerverletzungen besteht somit darin, dass die Regelkonformität die Verkehrspflichtbeachtung indiziert, im Rahmen einer Regelwidrigkeit hingegen nicht automatisch von einer Verkehrspflichtverletzung ausgegangen werden kann. Vielmehr enthält die Regelwidrigkeit lediglich einen ersten Anhaltspunkt, von dem ausgehend zwingend noch weitere Kriterien berücksichtigt werden müssen, um eine finale Aussage über die haftungsrechtliche Relevanz des Verhaltens des Schädigers treffen zu können. Wenn man mit den oben angeführten Stimmen eine Unterscheidung zwischen Regelkonformität und Regelwidrigkeit auch praktisch zum Ausdruck bringen will,144 ist die Unterscheidung in dieser differenzierenden Wertung begründet. Gleichzeitig wird dadurch in praktischer Hinsicht aber auch eine einzelfallgerechte Beurteilung, die letztlich den vielfältigen Interessen der beteiligten Sportler Rechnung trägt, ermöglicht.145 2. Schlussfolgerungen für die Verkehrspflichtkonkretisierung Für die weitere Verkehrspflichtkonkretisierung lassen sich aus den soeben untersuchten Aspekten der Regelwerke folgende Schlussfolgerungen ableiten: Die Regelwerke können die Verkehrspflichten im Binnenverhältnis der Sportler nicht abschließend festlegen, stellen aber den zentralen Bewertungsparameter für die weitere Konkretisierung der deliktischen Verhaltenspflichten dar. Dem wird im Rahmen eines regelgerechten Schädigerverhaltens dadurch Rechnung getragen, dass die Regelkonformität ein verkehrspflichtgerechtes Verhalten indiziert. Dennoch sollten – allein schon um diese Annahme abschließend zu bestätigen oder auf atypische Fallkonstellation angemessen reagieren zu können – auch bei regelkonform verursachten Schädigungen stets noch weitere Aspekte in die abschließende Bewertung der Verkehrspflicht einfließen. Sollte es sich dagegen um eine regelwidrig verursachte Mitspielerverletzung handeln, kann ohne das Hinzutreten weiterer Kriterien in aller Regel noch kein definitiver Rückschluss auf ein verkehrspflichtwidriges Verhalten gezogen werden.146 Manche Autoren kommen aufgrund dessen zu dem Ergebnis, dass den Sportregeln nur eine mittelbare haftungsrechtliche Bedeutung zukomme.147 Dies mag im densersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 359 f.; ähnlich auch Diederichsen, DAR 2010, 301, 304; Vieweg, JuS 1983, 825, 830. 144 S. dazu bereits die Ausführungen unter E.II. 145 S. zu den Interessen der beteiligten Sportler B.I. sowie ferner B.III.4.c). 146 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 214, 223; Vieweg, JuS 1983, 825, 829. 147 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 212; Looschelders, JR 2000, 265, 268 f.; Reiff, in: Technische Regeln im Umwelt- und Technikrecht, 155,

III. Die Bestimmung weiterer Kriterien

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Ergebnis zwar zutreffen, dennoch erscheint eine solche Bezeichnung etwas unglücklich gewählt. Vielmehr sollte die elementare Bedeutung der Regelwerke hervorgehoben und betont werden, dass die Regelwerke signifikant auf Einzelaspekte der Verkehrspflichtformel einwirken und somit den deliktischen Verhaltensmaßstab entscheidend konkretisieren.148 Wenn die Regelkonformität aber zur Indikation eines verkehrspflichtgerechten Verhaltens führt, erscheint es jedenfalls etwas zu negativ dargestellt, den Regelwerken lediglich eine mittelbare haftungsrechtliche Relevanz beizumessen.

III. Die Bestimmung weiterer Kriterien Insbesondere durch den Befund, dass eine abschließende Fixierung der Verkehrspflichten durch die Sportregelwerke gerade nicht erfolgen kann,149 verlagert sich die weitere Aufgabenstellung – insbesondere für den Bereich der Regelwidrigkeiten – dahingehend, die weiteren entscheidungserheblichen Kriterien zur Verkehrspflichtbestimmung zu ermitteln. Wenn das Regelwerk zwar den zentralen Bewertungsparameter liefert, es das einzufordernde Verhaltensprogramm indessen nicht abschließend festlegen kann, müssen neben dem Regelwerk noch weitere Entscheidungsparameter in Erscheinung treten, um die Verkehrspflichten bei der Sportausübung abschließend konturieren zu können.150 Dies gilt allerdings nicht nur für den Bereich der regelwidrig verursachten Mitspielerverletzungen, sondern auch für den Bereich der regelkonform verursachten Schädigungen.151 An dieser Stelle erlangen die weiteren Aspekte der Typizität des Sports sowie der Reziprozität der Schädigungsgefahr ihre hervorgehobene Bedeutung. Darüber hinaus werden in Rechtsprechung und Literatur aber noch weitere Kriterien zur Verkehrspflichtbestimmung diskutiert, deren spezifische Auswirkungen ebenfalls zu untersuchen sind. 1. Verbleibende Elemente der Typizität Zunächst soll sich der Fokus auf die verbleibenden Elemente der Typizität richten. Die Sporttypizität ergibt sich zwar im Wesentlichen aus den jeweiligen Sportregeln, 160 f. S. aus der strafrechtlichen Literatur auch Berkl, Der Sportunfall im Lichte des Strafrechts, 58 f.; Burgstaller, Das Fahrlässigkeitsdelikt im Strafrecht, 53. 148 In eine ähnliche Richtung argumentiert letztlich – wenngleich wesentlich verhaltener – auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 212, wenn sie darauf verweist, dass aus der Regeleinhaltung beim Sport das Indiz eines verkehrsrichtigen Verhaltens entnommen werden könne. 149 S. dazu die Ausführungen unter F.II.1.a)bb), cc). 150 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 214, 223; Vieweg, JuS 1983, 825, 829. 151 S. insofern die Ausführungen unter F.II.1.b)aa)(3).

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wird aber nicht allein anhand der Regelwerke bestimmt. Da ein Regelwerk schon seiner Natur nach nur den abstrakten Grundriss des zu erwartenden beziehungsweise zu vermeidenden Verhaltens der Sportler im Blick haben kann, lassen sich weitere verkehrspflichtrelevante Komponenten nur anhand dessen entwickeln, was unter den Sportlern außerdem als üblich oder erwartbar empfunden wird oder als moralischer Imperativ zu gelten hat. Differenziert man daher zwischen einer regelwerkbasierten, engen Typizität und einer weitergehenden Typizität, welche die verbleibenden Aspekte des sportüblichen und damit zu erwartenden Verhaltens miteinbezieht,152 lassen sich aus der weitergehenden Typizität zusätzliche Rückschlüsse zur Verkehrspflichtbestimmung ermitteln. Die weitergehende Typizität dient somit dem Zwecke, festzustellen, inwieweit sich das Verhalten des schädigenden Sportlers noch mit dem Üblichen der Sportart und -ausübung vereinbaren lässt.153 In rechtstechnischer Hinsicht knüpft die weiterreichende Typizität somit – wie auch die Regelwerke – gleichzeitig an die Verkehrserwartung der potentiell geschädigten Sportler und das von dem Pflichtigen zu erwartende Verhalten an und dient somit als weiterer Entscheidungsparameter auf diesen beiden Ebenen. Von besonderer Bedeutung ist die weiterreichende Typizität insbesondere dann, wenn es um die Bewertung von regelwidrig verursachten Schädigungen geht, da sich das zu erwartende Verhalten insoweit oftmals nicht mehr allein aus dem Regelwerk selbst ableiten lassen wird, sondern es eines weiteren Entscheidungsfaktors bedarf. Gleichzeitig lassen sich anhand der weitergehenden Typizität aber auch weitere Feinabstimmungen vornehmen, wenn die Regelwerke im Allgemeinen keine Aussagen zu bestimmten sportiven Konstellationen treffen, beispielsweise wenn unterschiedliche Leistungsoder Altersklassen beim Sport aufeinandertreffen und die Regelwerke für solche Situationen keine Vorkehrungen treffen oder aber bestimmte Gepflogenheiten zwischen den Sportlern vorherrschen, die aber nicht Teil eines Regelwerkes geworden sind. Die verbleibenden Aspekte der Typizität dienen dementsprechend nicht nur als Bewertungskorrektiv bei Regelverstößen, sondern auch zur Feinjustierung bei der Beurteilung regelfremder Umstände. 2. Reziprozität der Schädigungsgefahr Als weiteres wesentliches Merkmal ist die Reziprozität der Schädigungsgefahr bei der Verkehrspflichtbestimmung sowohl auf Seiten des Schädigers im Rahmen der legitimen Verkehrserwartung als auch auf Seiten des Geschädigten als Aspekt der Eigenvorsorge zu berücksichtigen. Wenn das zur Schädigung führende Verhalten nicht vom Regelwerk erfasst sein sollte, weil es entweder nicht explizit kodifiziert wurde oder es sich um einen regelwidrigen Einsatz handelt, kann das Kriterium einer 152

S. dazu die obigen Ausführungen unter B.II.3.a). Die Berücksichtigung der weiterreichenden Typizität bestätigt zudem die oben unter D.V.2. getroffene Wertung, dass die Verkehrspflichten beim Sport dem Pflichtigen gerade keine Sorgfalt im Höchstmaß konstituieren, sondern sie in ihrem Sorgfaltsmaßstab § 276 Abs. 2 BGB gleichzusetzen sind. 153

III. Die Bestimmung weiterer Kriterien

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wechselseitigen Schädigungsgefahr weitergehende Aufschlüsse liefern, ob ein Verkehrspflichtverstoß vorliegt oder nicht. Bei der Berücksichtigung der Reziprozität im Rahmen der Verkehrspflichtkonkretisierung bestehen allerdings zwei grundsätzliche Möglichkeiten: Einerseits könnte man die Bewertung an eine abstrakte und an den Regelwerken ausgerichtete Reziprozität anknüpfen, andererseits könnte aber auch auf die konkrete Schädigungssituation abgestellt werden. a) Abstrakte Reziprozität Für die Berücksichtigung einer abstrakten Reziprozität der Schädigungsgefahr spricht, dass durch sie pauschal relativ sichere Aufschlüsse dahingehend geliefert werden können, ob eine Sportart oder eine (typische) Verhaltensweise regelmäßig von einer wechselseitigen Schädigungsgefahr geprägt ist. Der Vorteil einer solchen Vorgehensweise besteht somit darin, die Reziprozität in vielerlei Fällen recht strukturiert und vorhersehbar in die Bewertung einfließen lassen zu können. Der Nachteil hingegen liegt darin, dass sich die Beurteilung der Reziprozität mitunter sehr weit vom relevanten Einzelfall entfernt und somit einer überzeugenden Lösung durchaus im Wege stehen kann. b) Konkrete Reziprozität Sinniger ist es daher – gerade um pauschale und somit möglicherweise unbefriedigende Ergebnisse ausschließen zu können – auf die konkrete Schädigungssituation abzustellen und auf dieser Grundlage zu ermitteln, ob der Mitspielerverletzung eine wechselseitige Schädigungsgefahr zugrunde lag oder aber das Risiko der Schädigung weit überwiegend der Sphäre des Schädigers zuzuordnen war.154 Dieses Vorgehen ermöglicht eine angemessene Einzelfallbetrachtung, der aus diesem Grunde der Vorrang einzuräumen ist.155

154 S. insofern – wenn auch unter dem Ansatz der Rechtsprechung – auch OLG Düsseldorf, r+s 2005, 435. In diese Richtung tendiert wohl auch BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 533, wenn er darauf verweist, dass sich die Sorgfaltsanforderungen an der tatsächlichen Situation ausrichteten. 155 Verlässliche ex-ante Betrachtungen werden durch dieses Vorgehen gerade nicht erschwert, da die enge Typizität bereits das abstrakt zu erwartende Verhaltensprogramm bei der Sportausübung konturiert und somit auch typische Konstellationen wechselseitiger Schädigungsgefahr aufgreift.

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3. Weitere in der Literatur diskutierte Kriterien und ihr spezifischer Nutzen Neben Typizität und Reziprozität, die für vereinzelte Stimmen ebenfalls als wesentliche Bewertungsparameter fungieren,156 werden in der Literatur noch weitere Kriterien diskutiert und zur Verkehrspflichtkonkretisierung herangezogen. Diese Kriterien sollen demgemäß auch auf ihren Nutzen untersucht werden. a) Das Fairnessgebot Zunächst wird insoweit meist das Gebot der Fairness genannt, das für viele Autoren einen entscheidenden Aspekt der Verkehrspflichten beim Sport begründen soll.157 So stellt das Fairnessgebot für Götz und Thaler ein wesentliches Abwägungskriterium bei der Verkehrspflichtbestimmung dar, das für sie eine Art obersten Grundsatz jeglicher Sportausübung begründe.158 Zudem heben auch Hager sowie Jérôme Lange das Gebot der Fairness als Bewertungskriterium hervor.159 Darüber hinaus verweist Scheffen darauf, dass der Fairnessgedanke bereits seit römischer und griechischer Zeit existiere und seither auch eine entsprechende rechtliche Berücksichtigung finde.160 Sicherlich kann nicht ernsthaft bestritten werden, dass die Fairness einen elementaren Baustein des Sports darstellt.161 Will man aber bei der Konkretisierung der Verkehrspflichten beim Sport auf einen eigenständigen Bewertungsparameter im Sinne eines Fairnessgebots zurückgreifen, sind jedoch einige Widrigkeiten zu be156 S. insofern Fleischer, VersR 1999, 785, 788; Pfister, FS W. Lorenz, 171, 188 ff.; s. ferner auch Burger, Spurt 2007, 192, 194. 157 So bei BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 588; Diederichsen, DAR 2010, 301, 304; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 224 ff.; Hess, Haftung und Sportlerschutz in Risikosportarten, insbesondere im Tauchsport, 123; jurisPK-BGB/ J. Lange, § 823 Rn. 109; MünchKomm3/Mertens, § 823 Rn. 318; Scheffen, NJW 1990, 2658, 2659; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 55; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 41 f. S. aus der Rechtsprechung LG Kiel, SpuRt 2012, 123, 124. S. aus der strafrechtlichen Forschung zudem Berr, Sport und Strafrecht, 85 f. Lange/Schiemann, Schadensersatz, § 10 XV 2 hingegen ziehen das Fairnessgebot nur zur Begründung einer eingeschränkten Haftung für Mitspielerverletzungen heran. S. zudem im Allgemeinen zur Fairness als Rechtsprinzip Berkemann, JR 1989, 221.; Tettinger, in: Sport, Ethik und Recht, 33, 34 ff.; Vieweg, in: Von „Sport und Recht“ zu „Faszination Sportrecht“, 689, 718 f. 158 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 224 ff.; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 41 f. sowie Sport und Recht, 129, 142. 159 Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 55; jurisPK-BGB/J. Lange, § 823 Rn. 109. 160 Scheffen, NJW 1990, 2658, 2659. Anders hingegen Lämmer, in: Sport und Gewalt, 11, 12 ff., der auf die Brutalität und Rohheit vieler antiker Wettkämpfe verweist. S. zur sprachlichen Herkunft der Fairness auch Jost, Die Fairness, 5 ff.; Tettinger, in: Sport, Ethik und Recht, 33, 34 f. sowie Vieweg, FS Röhricht, 1255, 1268 f. 161 So auch Lenk, Erfolg oder Fairness?, 47 ff., 91 ff.; PHB Sportrecht/Pfister, Einführung Rn. 24; Schild, Jura 1982, 585, 589 f.

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achten, die sich insbesondere aus der Terminologie der Fairness ergeben.162 Die erste wesentliche Tücke ähnelt derjenigen des Sportbegriffs und zeichnet sich in negativer Hinsicht dadurch aus, dass bislang kein Definitionsversuch der Fairness nachhaltig überzeugen konnte.163 Daher sollte stets vergegenwärtigt werden, dass aus der Fairness in vielerlei Fällen keine eindeutigen Rückschlüsse gezogen werden können, wenn schon die Begriffsbildung des Bewertungskriteriums nicht unproblematisch vollzogen werden kann.164 Darauf aufbauend kann aber auch die inhaltliche Ausgestaltung der Fairness zu Unstimmigkeiten führen, da die Bewertung eines Verhaltens als „fair“ oder „unfair“ oftmals stark subjektiv geprägt ist.165 Dies lässt sich insbesondere am Beispiel strittiger Schiedsrichterentscheidungen belegen, die während jedes Wettkampfes zu ausreichend Diskussionsstoff zwischen Experten, Zuschauern und weiteren Sportinteressierten führen und oftmals mehrere vertretbare Meinungsbilder zulassen. Wenn man nun aber die haftungsrechtliche Bewertung auch anhand der Fairness ausrichten will, kann jedenfalls eine gewisse Rechtsunsicherheit aufgrund dieses Kriteriums nicht geleugnet werden.166 Schlimmstenfalls könnten dadurch – unter dem Deckmantel des Fairnessgebots – gewollte Ergebnisse oder Wertungen entwickelt werden, denen es anderenfalls an einer abgesicherten Argumentationsgrundlage fehlte. So moniert Vieweg, dass oftmals vorschnell mit dem Gedanken des fair play argumentiert werde, um ein gewolltes Ergebnis rechtfertigen zu können.167 Dieser Einwand erscheint nicht unberechtigt, wenn die Fairness in vielerlei Fällen zur Argumentation in mehrere Richtungen (aus-)genutzt werden kann. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob der Fairness vor dem Hintergrund der bisherigen Untersuchungsergebnisse überhaupt ein eigenständiger Spielraum im 162

Kritisch im Allgemeinen auch PHB Sportrecht/Pfister, Einführung Rn. 24, der gar konstatiert, dass die sportwissenschaftliche Literatur zur Fairness unübersichtlich und letztlich fruchtlos sei. S. zudem auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 224; Meier, VersR 2014, 800, 801. 163 So auch Vieweg, in: Von „Sport und Recht“ zu „Faszination Sportrecht“, 689, 718 f. S. zu Definitionsversuchen der Fairness Jost, Die Fairness, 86 ff.; Lenk, Erfolg oder Fairness?, 93 ff.; Tettinger, in: Sport, Ethik und Recht, 33, 34 ff.; Thaler, in: Sport und Recht, 129, 142 f.; Vieweg, FS Röhricht, 1255, 1266 ff.; Westermann, in: Fairness-Gebot, Sportregeln und Rechtsnormen, 79, 81 ff. 164 Ähnlich auch Berr, Sport und Strafrecht, 85 f.; PHB Sportrecht/Pfister, Einführung Rn. 24; s. ferner Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 45 f.; Vieweg, FS Röhricht, 1255, 1266 ff. 165 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 225. S. dazu auch Deutsch, VersR 1974, 1045, 1048, der auf die unterschiedlichen Bewertungsmöglichkeiten der Fairness selbst im Rahmen der – mittlerweile zwar so nicht mehr herausgegebenen beziehungsweise verfügbaren – „Anweisungen für Schiedsrichter“ des DFB für den Fußballsport verweist. S. ferner Lenk, Erfolg oder Fairness?, 47 ff., 91 ff.; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 45 f. 166 In diese Richtung wohl auch PHB Sportrecht/Pfister, Einführung Rn. 24. S. ferner Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 45 f. 167 Vieweg, FS Röhricht, 1255, 1256.

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Rahmen der Verkehrspflichtkonkretisierung beigemessen werden sollte. So sind wesentliche Aspekte der Fairness – insbesondere die Chancengleichheit168 – konkludent oder explizit in den Regelwerken verankert169 und gehen daher bereits in der engen Typizität auf. Des Weiteren lassen sich aber auch aus der weiterreichenden Typizität sowie der Reziprozität der Schädigungsgefahr weitere Rückschlüsse darauf liefern, ob das Verhalten eines Sportlers als „fair“ oder „unfair“ zu bewerten ist,170 sodass die Fairness auch im Rahmen dieser Kriterien angemessen berücksichtigt wird.171 Dementsprechend kann man mit guten Gründen argumentieren, dass der Fairness selbstverständlich auch im Rahmen der Verkehrspflichtkonkretisierung Rechnung getragen wird, sie aber kein eigenständiges Bewertungskriterium darstellt. Eine solche Sichtweise lässt sich zudem dadurch bestätigen, dass sie gerade nicht der Gefahr begegnet, voreilige und möglicherweise gewollte Ergebnisse zu ermöglichen, wenn die Fairness entweder an das Regelwerk oder aber an die weitere Typizität oder Reziprozität gekoppelt ist. Götz muss sich daher die Frage gefallen lassen, wieso sie die Konkretisierung der sportiven Verkehrspflichten maßgeblich an einer isolierten Bewertung der Fairness ausrichten will, wenn sie doch selbst zu dem Ergebnis kommt, dass der Begriff der Fairness an sich recht konturenlos ist und daher zu Problemen führen kann.172 Wenn man die Fairness im Rahmen der Verkehrs168

S. dazu auch Vieweg, FS Röhricht, 1255, 1268 f. So auch PHB Sportrecht/Pfister, Einführung Rn. 24. In diese Richtung auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 226; Lenk, Erfolg oder Fairness?, 91 ff. 170 Ähnlich auch PHB Sportrecht/Pfister, Einführung Rn. 24; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 45 f. 171 Ein Verstoß gegen das Fairplay läge damit beispielsweise vor, wenn gegen eine eindeutige Regel verstoßen wird oder aber ein Abweichen von einem grundsätzlichen und damit sporttypischem Verhalten, das von allen „fair“ spielenden Sportlern missbilligt wird, vorliegt. Das Verhalten des „unfair“ agierenden Sportlers würde insoweit aber nur in atypischen Ausnahmefällen aufgrund des Verstoßes gegen die Fairness haftungsrelevant sein, da der Aspekt der Fairness schon durch einen Regelverstoß oder aber durch die weiterreichende Typizität konsumiert werden würde. Somit bestünde kein eigenständiger Anwendungsbereich eines Fairnessgebots, dem durch die Anerkennung als eigenständiges Bewertungskriterium Rechnung getragen werden müsste. Dennoch hebt jurisPK-BGB/J. Lange, § 823 Rn. 109, der insoweit wohl von einem ähnlichen Verständnis ausgeht, explizit hervor, dass das Fairnessgebot in haftungsbegründender Weise verletzt sei, wenn eine Aktion des schädigenden Sportlers nicht dazu geeignet sei, den sportlichen Erfolg zu fördern. Dass ein solches Verhalten aber gleichzeitig einen Regelverstoß begründete und somit nicht isoliert auf die Fairness abgestellt werden bräuchte, erwähnt er jedenfalls nicht explizit. Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 46 hingegen erkennt diesen Gleichlauf zwischen Elementen der Fairness und der Typizität an und sieht in einem Verstoß gegen das Fairplay einen Regelverstoß. In der Konsequenz könnte aber auch er – gerade durch die Anerkennung dieses Gleichlaufs – auf die eigenständige Berücksichtigung der Fairness verzichten, da er sie in Richtung der weiterreichenden Typizität deutet und als nachrangigen Bewertungsparameter gegenüber den geschriebenen Regeln versteht. 172 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 224 ff. Dieser Kritik muss sich auch Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 40 ff., 45 f. ausgesetzt fühlen, der allerdings letztlich doch in die Richtung deutet, dass die Fairness unter Berücksichtigung der Eigenheiten einer Sportart zu konkretisieren sei. 169

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pflichtkonkretisierung aber an die Wertungen eines anderen Kriteriums bindet, erlangt sie jedenfalls eine gewisse Konturierung, die bei einer isolierten Betrachtung des Fairnessgebots gerade nicht garantiert wäre. Eine solche Vorgehensweise begründet daher einen klaren Vorteil gegenüber einer isolierten Berücksichtigung des Gebotes der Fairness. Dies wird auch von den Autoren, die sich für die Eigenständigkeit der Fairness als Bewertungsparameter aussprechen, nicht zu leugnen sein. Als Proklamation oder als besondere sportive Anerkennung eines Verhaltensgebots, mag dem Gebot der Fairness sicher eine berechtigte Funktion zukommen.173 Die rechtliche Bewertung wird dadurch indessen nicht automatisch vereinfacht.174 Will man entgegen dieser Bewertung dennoch den Fokus auf die Eigenständigkeit der Fairness bei der Bewertung eines Verkehrspflichtverstoßes richten, sollte – allein schon aufgrund der nicht unproblematischen Handhabbarkeit des Kriteriums – jedenfalls eine gewisse Zurückhaltung an den Tag gelegt werden, da das Fairnessgebot mitunter fragwürdige oder hauptsächlich vom Ergebnis her gewollte Bewertungen begünstigen könnte. b) Die Wertung des § 1 StVO als Rücksichtnahmegebot im Sport In Anlehnung an den Fairnessgedanken wird zudem auch das Rücksichtnahmegebot des § 1 StVO als Entscheidungskriterium vorgeschlagen.175 So betont Nirk, dass der Grundgedanke des § 1 StVO auch für den Sport gelte.176 Pichler bekräftigt zudem explizit, dass auch der aus § 1 StVO resultierende Vertrauensgrundsatz im Skisport zur Anwendung kommen müsse.177 Gegen eine eigenständige Berücksichtigung der Wertung des § 1 StVO spricht – wie auch Deutsch feststellt – allerdings, dass die Sportregeln nicht mit den Vorschriften der StVO verglichen werden können, insbesondere da sie primär gerade nicht auf den Schutz der Sportler ausgerichtet sind.178 Darüber hinaus besteht aber auch eine weitere signifikante Inkongruenz, die zur Nichtberücksichtigung des Rechtsgedankens führt: Hat § 1 StVO den Grundsatz eines neminem laedere vor 173

S. dazu auch Vieweg, FS Röhricht, 1255, 1270 ff. Ähnlich auch PHB Sportrecht/Pfister, Einführung Rn. 24 sowie ferner Jost, Die Fairness, 5 ff., 86 ff. 175 So bei Bonde, SchlHA 1984, 178, 180 f.; jurisPK-BGB/J. Lange, § 823 Rn. 112; Nirk, NJW 1964, 1829, 1834; Pichler, SpuRt 2004, 2, 4. BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 534 verweist darauf, dass das Gebot der Rücksichtnahme dann zu beachten sei, wenn nicht auf Regelwerke zurückgegriffen werden könne. Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 227 hingegen kombiniert Aspekte der Fairness und der gegenseitigen Rücksichtnahme und diskutiert sie im Zusammenhang mit dem für sie wesentlichen Fairnessgebot. 176 Nirk, NJW 1964, 1829, 1834. In eine ähnliche Richtung auch BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 534 sowie Bonde, SchlHA 1984, 178, 180 f. 177 Pichler, SpuRt 2004, 2, 4. 178 Deutsch, VersR 1974, 1045, 1048. 174

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Augen, so ist dieser Leitgedanke bei der Sportausübung nur eingeschränkt ausgeprägt; teilweise ist er gar (fast) aufgehoben.179 Diese Inkongruenz betrifft indessen nicht nur die Kampfsportarten, sondern auch – wenn auch oftmals nicht in diesem gesteigerten Maße – die Parallelsportarten. Sicherlich vermag das Rücksichtnahmegebot eine anerkennenswerte Maxime aufzuzeigen, letztlich lässt es sich aber nicht ohne Unbehagen mit der sportiven Realität vereinbaren, was sich allein schon durch die Privilegierung auch regelwidrig zugefügter Schädigungen belegen lässt.180 Der Verweis auf die Wertung des § 1 StVO trägt somit nicht zur Konkretisierung der Verkehrspflichten der Sportler bei. c) Der Maßstab des „reasonable sportsman“ Zunächst tiefergehend von Berr, Burgstaller und Schild aus der strafrechtlichen Perspektive untersucht181 und sodann maßgeblich von Götz ins Zivilrecht übertragen182, könnte zudem der Maßstab eines „reasonable sportsman“183 besondere Berücksichtigung im Rahmen der Verkehrspflichtkonkretisierung beim Sport erfahren. Zielsetzung des Kriteriums ist, dass die Verkehrspflichten der Sportler nicht einer Sorgfalt im Höchstmaß entsprechen müssen, sondern vielmehr an einem umsichtigen und gewissenhaften Sportler, dem aber auch Fehler und Unachtsamkeiten unterlaufen können, ausgerichtet werden sollen.184 Götz nutzt dieses Kriterium zum einen explizit zur Angleichung der Verhaltensvorgaben der Verkehrspflichten an den Maßstab des § 276 Abs. 2 BGB, zum anderen will sie aber auch eine inhaltliche Ausrichtung der Verkehrspflichten anhand dieses Kriteriums erreichen.185 So will Götz auf Grundlage des „reasonable sportsman“ feststellen, welche Verhaltenspflichten den Sportler im konkreten Fall treffen und ob er diese auch erkennen und einhalten kann.186 Für die vorliegende Untersuchung stellt sich primär aber nicht die Frage, ob ein Bewertungsparameter im Sinne eines „reasonable sportsman“ im Allgemeinen anzuerkennen ist, sondern vielmehr, ob diese Wertung nicht schon in anderen Kriterien 179 In eine ähnliche Richtung auch Deutsch, VersR 1974, 1045, 1048; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 228. 180 S. dazu die obigen Ausführungen unter E.I., II. 181 Berr, Sport und Strafrecht, 217 ff.; Burgstaller, Das Fahrlässigkeitsdelikt im Strafrecht, 54 ff.; Schild, Jura 1982, 585, 588 ff. 182 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 232 ff. 183 So die unter anderem von Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 232 gewählte Formulierung. Im Deutschen könnte man auch schlicht von einem gewissenhaften, vernünftigen oder maßgerechten Sportler sprechen. 184 So Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 232 f.; Schild, Jura 1982, 585, 590 f. Ähnlich auch Berr, Sport und Strafrecht, 217 ff.; Burgstaller, Das Fahrlässigkeitsdelikt im Strafrecht, 54 ff. 185 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 232 ff., 236 f. 186 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 237.

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enthalten ist. Wenn Götz die Verkehrspflichten an einem umsichtigen Sportler ausrichten will,187 entspricht dies bereits der oben getroffenen Wertung, dass die Verkehrspflichten dem Sportler keine Sorgfalt im Höchstmaß auferlegen, sondern eine an § 276 Abs. 2 BGB orientierte Sorgfalt.188 Insoweit bedarf es daher keiner eigenständigen Berücksichtigung des „reasonable sportsman“ mehr, da dieser Maßstab bereits im Allgemeinen zur Ausrichtung der grundsätzlichen Intensität der Verkehrspflichten beim Sport zur Geltung kommt.189 Richtet man den Fokus sodann auf die Bestimmung der konkreten Verhaltenspflichten, die von einem gewissenhaften und umsichtigen, aber nicht immer fehlerfreien Sportler, eingefordert werden können, lassen sich diese auch anhand der entsprechenden Regelwerke und der weiterreichenden Typizität als wesentliche sportive Ausprägungen der legitimen Verkehrserwartungen ermitteln, da aus der Sportüblichkeit auch auf das übliche Sportlerverhalten geschlossen werden kann.190 Somit bedarf es auch in dieser Hinsicht keines eigenständigen Bewertungskriteriums eines „reasonable sportsman“. Vielmehr gehen dessen Wertungen bereits in den vorgenannten Kriterien auf. Dass die Wertung eines „reasonable sportsman“ und die legitimen Verkehrserwartungen oftmals korrelieren, erkennt aber auch Götz.191 Aus diesem Grunde erstaunt es schon, dass Götz die Bedeutung dieses Bewertungskriteriums so stark hervorhebt, wenn sie selbst einsieht, dass der „reasonable sportsman“ regelmäßig schon in dem allgemeinen Verkehrspflichtkriterium der legitimen Verkehrserwartung oder im Speziellen in der Sporttypizität mitenthalten ist.192 Die vorliegende Untersuchung ist aus den dargestellten Gründen nicht auf die eigenständige Berücksichtigung eines „reasonable sportsman“ als Konkretisierungselement der Verkehrspflichten angewiesen, da dessen Wertungen im Allgemeinen bereits im Verhältnis der Verkehrspflichten zu § 276 Abs. 2 BGB sowie im Speziellen in den Regelwerken und der weiterreichenden Typizität aufgehen. d) Die Freiwilligkeit der Teilnahme als eigenständiges Bewertungskriterium Von Looschelders wird zudem der Aspekt der Freiwilligkeit der Teilnahme als eigenes Bewertungskriterium der Verkehrspflichten beim Sport nahegelegt.193 Seiner Ansicht nach muss die Rechtsordnung die Eigenarten des Sports akzeptieren, sodass 187

Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 232 f. S. dazu die Ausführungen unter D.V.2. 189 S. dazu die Ausführungen unter D.V.2. 190 S. dazu die obigen Ausführungen unter F.I.1.a), b). 191 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 237. 192 S. dazu Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 232 ff., 237. Kritisch zu einer isolierten Betrachtung des „reasonable sportsman“ auch Burgstaller, Das Fahrlässigkeitsdelikt im Strafrecht, 57 f. 193 Looschelders, JR 2000, 265, 271 f. 188

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F. Die Bestimmung der Verkehrspflichten bei der Sportausübung

in der Konsequenz nicht alle Regelwidrigkeiten haftungsrechtlich relevant sein dürfen.194 Um dieser Wertung im Rahmen der Verkehrspflichten Rechnung zu tragen, soll nach der Auffassung von Looschelders die freiwillige Unterstellung unter das Regelwerk zu einer milderen Bewertung des Schädigerverhaltens führen.195 Vor dem Hintergrund der bisherigen Untersuchungsergebnisse kommt der Freiwilligkeit der Teilnahme am Sport – neben der allgemeinen Folge der Regelunterstellung196 – keine isolierte Bedeutung im Rahmen der Verkehrspflichtkonkretisierung zu. Vielmehr geht die Freiwilligkeit der Teilnahme im Allgemeinen im Kriterium der Eigenvorsorge des geschädigten Sportlers auf, das im Binnenverhältnis der Sportler durch die Aspekte der Typizität und Reziprozität abgedeckt wird.197 e) Die Erwartungshaltung der Sportler Daran anlehnend wird insbesondere von Götz auch die Erwartungshaltung der Sportler als eigenständiges Kriterium hervorgehoben.198 So stellt Götz darauf ab, dass die Erwartungshaltung der Sportler sowie eine Art sportspezifischer Vertrauensgrundsatz, dass sich die Sportler im Allgemeinen zulässiger und keiner „unfairer“ Mittel bei der Sportausübung bedienen, naturgemäß auch bei der Sportausübung zur Geltung kommen müssen.199 Dieser Wertung kann im Grunde zugestimmt werden. Allerdings hat die Untersuchung insoweit ergeben, dass die Wertungen der Erwartungshaltung der Sportler insbesondere von dem Kriterium der Sporttypizität, das maßgeblich am allgemeinen Kriterium der legitimen Verkehrserwartungen anknüpft, erfasst werden.200 Dementsprechend bedarf es vor dem Hintergrund der hervorgehobenen Bedeutung der Typizität keines eigenständigen Rückgriffs auf die Erwartungshaltung der Sportler, da sie bereits durch die Typizität erfasst wird und teilweise sogar noch weitergehend durch die Reziprozität in Korrelation zum erforderlichen Eigenschutz gesetzt werden kann.201

194 Looschelders, JR 2000, 265, 271. In eine ähnliche Richtung auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 238. 195 Looschelders, JR 2000, 265, 271 f. In eine ähnliche Richtung argumentiert auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 238. 196 S. dazu die Ausführungen unter B.III.4.c). 197 S. in diesem Lichte die Ausführungen B.I., II.3. sowie F.III.1., 2. 198 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 229 f. 199 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 229 ff. 200 S. in diesem Lichte die Ausführungen B.I., II.3.a) sowie F.III.1. 201 S. dazu auch die obigen Ausführungen unter B.II.3.b) sowie F.III.2.

III. Die Bestimmung weiterer Kriterien

259

f) Erfüllbarkeit der Verkehrspflichten beim Sport Abschließend wird die Erfüllbarkeit der Verkehrspflichten als eigenständiges Merkmal in den Vordergrund gerückt. So fordert Götz, dass die Verkehrspflichten beim Sport auch erfüllbar sein müssen.202 Dieses Postulat stellt allerdings keine spezifische Besonderheit der Verkehrspflichten bei der Sportausübung dar, sondern beleuchtet lediglich einen weiteren selbstverständlichen Aspekt der allgemeinen Verkehrspflichtformel. Vor dem Hintergrund der bisherigen Untersuchungsergebnisse ergibt sich die Erfüllbarkeit, neben dem Rückgriff auf die allgemeinen Merkmale der Verkehrspflichtformel, auch aus dem Gleichlauf zwischen Verkehrspflicht und § 276 Abs. 2 BGB,203 der gerade dazu führt, dass den Sportlern keine unerfüllbaren Verhaltenspflichten auferlegt werden dürfen.204 Für den Sportler ist dieses Kriterium bei der Sportausübung indes nicht von gesteigerter Bedeutung, da es sich regelmäßig erst im Rahmen der Bewertung ex post auswirken kann. Ungeachtet dessen ist die Erfüllbarkeit des Verhaltensgebotes selbstverständlich auch bei der Verkehrspflichtbestimmung zu berücksichtigen.205 4. Zwischenfazit Von besonderer Bedeutung für die Verkehrspflichtkonkretisierung sind neben den jeweiligen Regelwerken die weiterreichende Typizität sowie die Reziprozität der Schädigungsgefahr. Will man letztlich noch deutlicher zwischen der Wirkung von Typizität und Reziprozität bei der Sportausübung differenzieren, kann festgehalten werden, dass die Typizität primär an die Verkehrserwartung und die Reziprozität zuvörderst an die Eigenvorsorge anknüpft. Kombiniert man beide Aspekte, so lassen sich zudem Rückschlüsse sowohl hinsichtlich der Zumutbarkeit als auch der Erfüllbarkeit ziehen. Ökonomische Aspekte vermögen beide Kriterien hingegen allenfalls peripher aufzugreifen. Diese sind im Verhältnis der Sportler untereinander aber zu vernachlässigen.206 Darüber hinaus kann bei der Bewertung auch auf das Gebot der Fairness verwiesen werden, das nach der hier vertretenen Auffassung aber bereits in den Elementen der Typizität und Reziprozität enthalten ist. Dennoch scheint der Verweis auf 202

Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 239. S. dazu die obigen Ausführungen unter D.V.2. und F.I.1., 2. 204 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 239 hingegen stellt allein darauf ab, dass der entscheidende Richter seine Entscheidung stets dahingehend kontrollieren müsse, ob das an den Sportler gestellte Verhaltensgebot auch erfüllbar sei. 205 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 239. 206 Sollte trotz dieser besonderen sportspezifischen Verkehrspflichtkriterien – was freilich nur in äußerst atypischen Konstellationen vorkommen könnte – noch keine abschließende Bewertung möglich sein, kann zur Fixierung des vom Sportler einzufordernden Verhaltens letztlich immer noch auf die Kriterien der allgemeinen Verkehrspflichtformel zurückgegriffen werden. 203

260

F. Die Bestimmung der Verkehrspflichten bei der Sportausübung

die Fairness als eine Maxime des Sports nicht zu schaden, obschon ein eigenständiger rechtlicher Bewertungsspielraum kritisch zu betrachten ist. Weitere, in der Literatur diskutierte Kriterien, wie eine an den Sport angepasste Wertung des § 1 StVO oder der Maßstab eines „reasonable sportsman“ sind für die Verkehrspflichtkonkretisierung nicht erforderlich, da sie entweder bereits in allgemeinen Wertungen aufgehen oder durch die weitergehende Typizität sowie die Reziprozität überlagert werden.

IV. Das Zusammenwirken der Kriterien Abschließend ist noch zu eruieren, wie die herausgearbeiteten Kriterien zur Verkehrspflichtbestimmung bei der Sportausübung zusammenwirken und ob aus deren Zusammenspiel möglicherweise noch Besonderheiten resultieren. 1. Der Vorrang des Regelwerkes bei der Bestimmung der Verkehrspflicht Zunächst kann festgehalten werden, dass den Regelwerken aufgrund ihrer überragenden Bedeutung bei der Bestimmung des deliktisch einzufordernden Verhaltens der Vorrang gegenüber den weiteren Bewertungskriterien einzuräumen ist.207 Orientiert sich der entscheidende Richter bei der Ausarbeitung einer Verkehrspflicht zuvörderst an den entsprechenden Regelwerken, kann er oftmals auf Grundlage der Sportregeln die entscheidenden Aspekte des einzufordernden Verhaltens ableiten und die konkrete Verkehrspflicht aufstellen. Aus einer solchen Vorgehensweise lässt sich regelmäßig aber kein Rückschluss darauf ziehen, wie die Regelwerke – losgelöst von dieser allgemeinen Hervorhebung – neben den weiteren Kriterien zu gewichten sind. Betrachtet man aber neben der besonderen Bedeutung auch die Regelbindung der Sportler, aus der sich folgern lässt, dass die Sportler auch haftungsrechtlich maßgeblich auf Grundlage des Regelwerkes bewertet werden wollen, lässt sich in praktischer Hinsicht folgende Faustformel aufstellen: Je konkreter eine Sportregel den tatsächlichen Fall erfasst, desto geringer ist der Einfluss weiterer Kriterien im Rahmen der Verkehrspflichtbestimmung.208 Sollte dementsprechend eine Verhaltensweise des schädigenden Sportlers ohne Schwierigkeiten einer Sportregel subsumiert werden können, ist der Einfluss weiterer Kriterien regelmäßig nur recht gering.209 Sollte dagegen im umgekehrten Fall das Regelwerk noch nicht entschei-

207

S. insofern auch die obigen Ausführungen unter F.II.1.a)cc). Eine ähnliche Vorgehensweise präferiert auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 242. S. ferner Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 46. 209 Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 242 f. hingegen will in Fällen, die ausschließlich anhand des Regelwerkes bewerten werden können, allein die Sportregeln zum Zuge kommen lassen und erklärt die weiteren Kriterien für subsidiär. 208

IV. Das Zusammenwirken der Kriterien

261

dend zur Verkehrspflichtkonkretisierung beitragen können, erlangen die weiteren Kriterien einen gesteigerten Einfluss.210 2. Die gleichrangige Wirkung der weiteren Kriterien Sollten auf Grundlage des Regelwerkes – wie dies insbesondere bei atypischen Schädigungskonstellationen der Fall sein wird – noch nicht alle wesentlichen Aspekte der Verkehrspflichten des Schädigers konturiert sein, muss noch bestimmt werden, in welchem Verhältnis die weiteren Abwägungskriterien untereinander wirken. Denn dadurch, dass dem Regelwerk bei der Ermittlung des einzufordernden Verhaltens zwar der Vorrang einzuräumen ist, lässt sich noch nicht ableiten, ob es nicht auch zwischen den weiteren Kriterien einer Hierarchie bedarf. Allerdings lässt sich keine pauschale Rangordnung oder Hierarchie ermitteln,211 da die weiterreichende Typizität oder die Reziprozität gerade dann zum Zuge kommen sollen, wenn das Regelwerk keine Aussage ermöglicht. Dementsprechend wird in manchen Konstellationen der Blick auf die weiterreichende Typizität, in anderen Situationen hingegen der Fokus eher auf die Reziprozität der Schädigungsgefahr zu richten sein. Eine schematische Beurteilung oder Rangfolge besteht daher grundsätzlich nicht. Vielmehr kann festgehalten werden, dass die weiteren Kriterien grundsätzlich gleichberechtigt nebeneinanderstehen und ihre Wirkung bei Bedarf entfalten können.212 3. Die flexible Bewertung in einem beweglichen System Fügt man schließlich die einzelnen Aspekte der Verkehrspflichten zu einem Gesamtgebilde zusammen, stellt sich auch für den Spezialbereich des Sports heraus, dass die einzelnen Kriterien der Verkehrspflichtformel in einem dynamischen Zusammenhang stehen. Wenn Krause davon spricht, dass die einzelnen Aspekte der Verkehrspflichten „kommunizierende Größen“ bilden,213 gilt dies nicht nur im Allgemeinen, sondern auch im Speziellen für den Bereich der Sportausübung. Die Besonderheit des Sports gegenüber anderen Lebensbereichen mag man allein darin sehen, dass die Verkehrspflichtkonkretisierung maßgeblich durch die entsprechenden Regelwerke gesteuert wird.214 Dennoch korrespondieren die einzelnen Aspekte der Verkehrspflichten unter der Vormachtstellung der engen Typizität dergestalt miteinander, dass sie – je nach Fallgestaltung – eine flexible und dynamische Be210 211 212

239. 213 214

242.

Ähnlich auch Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 243. So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 239. Ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 27. S. dazu auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport,

262

F. Die Bestimmung der Verkehrspflichten bei der Sportausübung

wertung des konkreten Einzelfalles ermöglichen.215 Somit bilden auch die Verkehrspflichten beim Sport ein bewegliches System, das eine einzelfallgerechte Beurteilung ermöglicht.216 Kritiker mögen dagegen einwenden, dass es zu einer unüberschaubaren Kasuistik oder gar Rechtsunsicherheit führen kann, wenn stets der Einzelfall in den Vordergrund gerückt wird und eine schematische Beurteilung nur von nachrangiger Bedeutung ist.217 Da die Verkehrspflichtbestimmung aber maßgeblich durch die Regelwerke determiniert wird, besteht trotz der gegebenen Dynamik kein Grund von Rechtsunsicherheit oder überflüssiger Kasuistik zu sprechen, da die Regelwerke einen zuverlässigen Parameter darstellen, von dem ausgehend der zu entscheidende Einzelfall flexibel gehandhabt werden kann.218 Der Praktiker ist daher im Allgemeinen in der Lage, anhand der Regelwerke eine richtungsweisende Vorentscheidung zu treffen und ausgehend von dieser zudem imstande, die Besonderheiten des Einzelfalles in die Begutachtung aufzunehmen. Darüber hinaus sollte zudem – wie auch Westen hervorhebt – stets berücksichtigt sein, dass die Verkehrspflichtdogmatik offen und innovationsfähig ausgestaltet sein sollte, damit sich aus der bestehenden Praxis heraus neue Verkehrspflichten entwickeln können, die dem Fortschritt des täglichen Lebens in rechtlicher Hinsicht zur adäquaten Risikoallokation gerecht werden.219

215 Ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 239. S. ferner auch Pichler, SpuRt 1997, 7, 7 f. 216 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 239; Mertens, VersR 1980, 397, 402 ff.; ähnlich auch Pichler, SpuRt 1997, 7, 7 f. S. zur allgemeinen Bewertung der Verkehrspflichten in einem dynamischen System auch Larenz/Canaris, Schuldrecht II 2, § 76 II 3e, 4b sowie Pick, Verkehrspflichten und Handlungsfreiheit des „Schädigers“, 112 f. und Wilhelmi, Risikoschutz durch Privatrecht, 166 ff. S. zur – von Wilburg entwickelten – Bewertung in einem beweglichen System allein Wilburg, Die Elemente des Schadensrechtes, 28 ff. sowie ferner von Bar, in: Das Bewegliche System im geltenden und künftigen Recht, 63, 65 ff. 217 S. dazu auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 242 f. 218 Ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 243. 219 Westen, FS F. von Hippel, 591, 595.

G. Praktische Problemfelder der Verkehrspflichtkonkretisierung beim Sport Aufbauend auf der theoretischen Grundlage der Verkehrspflichtkonkretisierung beim Sport sollen im Folgenden nun die wesentlichen praktischen Problemfelder bei der Bestimmung der deliktischen Verhaltenspflichten beleuchtet werden. Auch hier bietet es sich an, zunächst die besonderen Herausforderungen der Regelwerke zu untersuchen, um daran anknüpfend die potentiellen Folgefragen weiterer Kriterien zu identifizieren und aufzulösen.

I. Besondere Herausforderungen aus dem Bereich der Regelwerke Aus dem Bereich der Regelwerke stellt sich für den Praktiker zunächst die Frage, wie mit auslegungsbedürftigen Regeln zu verfahren ist. Daran anknüpfend sind insbesondere Modifikationen sowie die haftungsrechtliche Anerkennung einzelner Sportregeln von Bedeutung, da beide Themenkreise stets auch zu Problemen bei der Verkehrspflichtkonkretisierung führen können. Abschließend stellt sich die Frage, welcher Wert Schiedsrichterentscheidungen beigemessen werden kann und ob der Schiedsrichter überhaupt eine bedeutsame Rolle im Rahmen der Bewertung von Mitspielerverletzungen einnimmt. 1. Die Auslegungsbedürftigkeit mancher Regeln oder Regelkomplexe Da viele Sportregeln auslegungsbedürftig oder generalklauselartig ausgestaltet sind,1 kann eine Verkehrspflichtkonkretisierung allein anhand der Regeln häufig nicht vorgenommen werden. Dieser Umstand betrifft allerdings nicht nur rudimentär 1 Auslegungsbedürftige oder generalklauselartig ausgestaltete Sportregeln sind insbesondere in den jeweiligen Abschnitten, in denen persönliche Strafen infolge von Regelwidrigkeiten sanktioniert werden, zu finden. S. dazu exemplarisch die IHR-Handballregel 8:6, die Regeln 128 und 168 der „International Ice Hockey Federation“ für das Eishockey oder Regel 26 der „International Tennis Federation“ für den Tennissport. S. in diesem Kontext auch BGHZ 63, 140, 147; RGRK/Steffen, § 823 Rn. 356. Ähnlich auch BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 534. Heermann/Götze, NJW 2003, 3253, 3254 gehen zudem mit einer gewissen Selbstverständlichkeit davon aus, dass die FIS-Regeln für den Alpinsport auslegungsfähig seien. S. zum Regelwerk beim Tennis http://www.dtb-tennis.de/content/download/11249/121511/version/1/ file/Tennisregeln+der+ITF.pdf; zuletzt abgerufen am 31. Juli 2018. S. zu den Eishockey-, FISund Handballregeln auch Fn. 14, 237 und 1288.

264

G. Praktische Problemfelder der Verkehrspflichtkonkretisierung

ausgeprägte Sportregelwerke,2 sondern teilweise auch Regelwerke, die sich durch eine relativ breite Regelungsdichte auszeichnen.3 Die praktische Herausforderung besteht in diesen Fällen darin, die haftungsrechtlich relevante Sportregel so zu konturieren, dass sie – auch unter Berücksichtigung der weiteren Abwägungskriterien4 – zu einer Verkehrspflicht konkretisiert werden kann. Der Praxis bieten sich insoweit gleich mehrere grundsätzliche Möglichkeiten an, die konkrete Verkehrspflicht zu entwickeln: In einem ersten Schritt kann auf sportinterne Auslegungsrichtlinien zurückgegriffen werden, die von den meisten Sportverbänden in Form von Handbüchern, Richtlinien, Schiedsrichter- oder Wettkampfanweisungen herausgegeben werden und so eine Regelkonkretisierung ermöglichen.5 Sollte ein solches Vorgehen keinen Erfolg bringen, kann in Verbindung mit der weiterreichenden Typizität ermittelt werden, ob das schädigende Verhalten als sportüblich oder aber als atypisch zu bewerten ist, um so Rückschlüsse auf die einzufordernde Verhaltenspflicht zu ermöglichen.6 Sollte auch diese Methode nicht zu einer tauglichen Konkretisierung des einzufordernden Verhaltensprogramms führen, können im Einzelfall weitere – ungeschriebene, aber haftungsrechtlich relevante – Sportregeln auf Grundlage des bestehenden Regelwerkes statuiert beziehungsweise die Regelwerke durch solche Regeln ergänzt werden.7 2 So verweist PHB Sportrecht/Fritzweiler, 5. Teil Rn. 57 darauf, dass beim Judo, Taekwondo, Karate, Hapkido und Aikido keine geschriebenen Regeln bestehen und sich die entsprechenden Verhaltensanforderungen aus den Beschreibungen der einzelnen Kampfarten ergeben. S. in diesem Kontext auch Günther, SpuRt 2008, 57. Zudem betont Burger, SpuRt 2007, 149, 151, dass es im Bergsport mit Ausnahme des Skipistensports nur wenige verbindliche Regeln gebe. 3 Insoweit ist insbesondere ein Vergleich zwischen europäisch und US-amerikanisch geprägten Sportarten reizvoll; s. in diesem Zusammenhang auch Dinkel/Kratz, in: Globalisierung und Sport, 59, 60 ff. Die europäisch Sportarten sind regelmäßig durch generalklauselartig formulierte Vorschriften und eine recht dünne abstrakte Regelungsdichte geprägt, die US-amerikanischen Sportarten hingegen weisen meist eine breite Regelungsdichte mit vielen Spezialvorschriften zu einzelnen Teilbereichen der jeweiligen Sportart auf. S. dazu exemplarisch im Vergleich die IIHF-Regeln zum Eishockey und die FIFA-Regeln zum Fußball. S. zu den Regelwerken Fn. 14 und 1285. 4 S. zu diesen die obigen Ausführungen unter F.III.1., 2. 5 S. insofern exemplarisch die „Erläuterungen zu den Spielregeln“ sowie die „Guidelines und Interpretationen“, die den IHR-Handballregeln angefügt sind und wertvolle Hinweise zur Regelinterpretation und somit auch zur Verkehrspflichtkonkretisierung liefern, die „Erläuterungen zu den Korfball-Regeln“, die Schiedsrichtern beim Korfballsport zur Verfügung gestellt werden oder aber die bereits in den Regelwerken enthaltenen Auslegungsrichtlinien, wie etwa beim Fußball in den FIFA-Regeln oder beim Feldhockey in den DHB-Regeln. S. zu den Regeln beim Korfball und Feldhockey https://www.korfball.de/article.php?/korfball-regeln und https://www.hockey.de/ VVI-web/Schiedsrichter/Regeln/RegelnFeld.pdf; beide zuletzt abgerufen am 31. Juli 2018. S. zu den Handballregeln Fn. 1288 sowie Fn. 1285 zu den Regeln beim Fußball. 6 S. dazu die obigen Ausführungen unter F.III.1. Ähnlich auch Thaler, in: Sport und Recht, 129, 136 f., 143. In diese Richtung scheint zudem auch Pardey, zfs 1995, 281, 282 zu denken. 7 S. dazu BGHZ 63, 140, 147; BGH, VersR 1975, 155, 156; OLG Düsseldorf, VersR 1993, 1295, 1296; LG Tübingen, NJW-RR 1993, 1498; BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823

I. Besondere Herausforderungen aus dem Bereich der Regelwerke

265

Insbesondere die letztgenannte Möglichkeit, nachträglich haftungsrechtlich relevante Regeln zu ergänzen oder das Regelwerk in haftungsrechtlicher Hinsicht zu modifizieren, wird weit überwiegend als die geeignete Herangehensweise vorgeschlagen.8 Dass in bestimmten Konstellationen kein Weg an dieser Methode vorbeiführt, ist sicherlich nicht zu bestreiten.9 Dennoch birgt ein solches Vorgehen immer auch die Gefahr, dass dem Sportler eine Verhaltenspflicht auferlegt wird, mit der er ex ante nicht rechnen konnte.10 Aus der Sicht der beteiligten Sportler könnte jedenfalls an der Rechtssicherheit einer solchen Methodik gezweifelt werden, wenn sie ex post aufgrund der ergänzten oder modifizierten Sportregel möglicherweise einem strengeren als dem zunächst aufgrund der allgemeinen Regelinterpretation erwarteten Haftungsmaßstab unterlägen.11 Wenn die Sportler demgemäß die Möglichkeit einer nachträglichen Regelmodifikation ausschließen wollen, sollten sie sich daher im Zivilprozess darum bemühen, ein möglichst konkretes Verhaltensgebot einer Sportregel darzulegen und zu beweisen. Sollte dies gelingen, ist der entscheidende Richter regelmäßig nicht gezwungen, auf eine nachträgliche Regelmodifikation zurückzugreifen. Die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich einer auslegungsbedürftigen Regel trifft insoweit – nach allgemeinen Grundsätzen – diejenige Partei, die sich auf das für sie „günstige“ Verhaltensgebot beruft.12 Darüber hinaus sollte sich die Praxis aber auch im Allgemeinen möglichst von der letztgenannten Option verabschieden und sich zunächst einer der beiden erstgenannten Konkretisierungsmöglichkeiten bedienen und nur wenn zwingend erforderlich, weitere haftungsrechtlich bedeutsame Sportregeln ergänzen.

Rn. 534; RGRK/Steffen, § 823 Rn. 356; Scheffen, NJW 1990, 2658, 2659. Solche Regeln wären sodann auch als Element der Typizität anzuerkennen. 8 Für diese Vorgehensweise sprechen sich insbesondere BGHZ 63, 140, 147; BeckOGK BGB/ Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 534; RGRK/Steffen, § 823 Rn. 356 sowie Scheffen, NJW 1990, 2658, 2659 aus. S. ferner auch BGH, VersR 1975, 155, 156; OLG Düsseldorf, VersR 1993, 1295, 1296; LG Tübingen, NJW-RR 1993, 1498. 9 Zu denken sei allein an den Fall, dass gerade keine sportinterne Konkretisierungshilfe gegeben ist und auch durch die weiterreichende Typizität noch keine eindeutige Aussage zur Sportüblichkeit des Verhaltens ermöglicht wird. 10 Auf diese Problematik weist auch BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 534 hin. 11 In eine ähnliche Richtung auch BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 534 sowie ferner Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 188. 12 S. zur Darlegungs- und Beweislast im Allgemeinen allein Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 116 Rn. 7, 40 ff. S. zu sportspezifischen Aspekten der Darlegungs- und Beweislast allein BGHZ 63, 140, 148; BGH, NJW 1976, 957; 2010, 537, 538; OLG Bamberg, NJW 1972, 1820; OLG Frankfurt, NJW-RR 1991, 418; OLG Düsseldorf, VersR 1992, 841; LG Marburg, NJW-RR 1998, 1243; Deutsch, VersR 1974, 1045, 1050; Erman/Wilhelmi, § 823 Rn. 104; Füllgraf, VersR 1983, 705, 712; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 694; Staudinger/ Hager [2017], Vor § 823 Rn. 56, 60.

266

G. Praktische Problemfelder der Verkehrspflichtkonkretisierung

2. Die Modifikation von Sportregeln Weitere praktische Herausforderungen stellen sich dann, wenn die Modifikation von Spielregeln im Raume steht. So können die Sportregeln im Vorfeld der Sportausübung einerseits durch die Sportverbände oder aber – was den Regelfall darstellen wird – durch die Sportler selbst modifiziert oder abgewandelt werden.13 Insbesondere im Bereich des ungebundenen Freizeitsports wird häufig von den verbandsmäßig etablierten Sportregeln abgewichen. So werden zielgerichtet Regeländerungen vorgenommen, die sich im Falle einer Mitspielerverletzung letztlich immer auch haftungsrechtlich auswirken können. Die tatsächlichen Möglichkeiten der Regelmodifikation sind nahezu unbegrenzt; zudem werden die denkbaren rechtlichen Auswirkungen der Regelabwandlung von den beteiligten Sportlern meist ausgeblendet.14 Von besonderer sporthaftungsrechtlicher Bedeutung sind insbesondere Abweichungen von den integritätsschützenden Sportregeln, beispielsweise durch eine Verschärfung15 oder aber auch durch eine Abmilderung der Regeln oder des Pflichtenprogramms. Andererseits besteht, wie soeben dargestellt, auch die Möglichkeit, die Sportregeln im Nachgang der Sportausübung zur haftungsrechtlichen Bewertung zu modifizieren oder zu ergänzen. Dass eine nachträgliche Modifikation zur haftungsrechtlichen Bewertung von Mitspielerverletzungen möglich und teilweise auch erforderlich ist, hat die Praxis hinlänglich bewiesen.16 Von der dargestellten allgemeinen Kritik an einer solchen Vorgehensweise abgesehen, kann das praktische Bedürfnis zum adäquaten Füllen von ansonsten bestehenden Bewertungslücken auch nicht bestritten werden. Dennoch sollte eine solche Herangehensweise nur im Ausnahmefall das Mittel der Wahl sein.

13 Die kritisch zu bewertende nachträgliche gerichtliche Regelmodifikation soll an dieser Stelle nicht vertieft diskutiert werden (s. dazu die obigen Ausführungen unter G.I.1.), da sich die Sportler ex ante nicht auf solche Regelmodifikationen einstellen können, die keinen Anklang im Regelwerk oder der erweiterten Typizität finden. Vielmehr gilt das oben Gesagte: Nachträgliche Regelmodifikationen sollten stets nur mit angemessener Vorsicht vorgenommen werden, wenn keine minimalinvasiveren Optionen – beispielsweise durch verbandsmäßige Auslegungs- oder Bewertungsrichtlinien – zur Verfügung stehen. 14 So stellt sich insbesondere auch die Frage, ob manche Sportregeln oder deren Modifikationen als Grundlage einer eingeschränkten Haftung bei Mitspielerverletzungen überhaupt rechtlich anerkannt werden können. S. dazu insbesondere die Ausführungen unter G.I.3. 15 S. zu einer solchen Konstellation bei einem „Freundschaftsspiel“ im Fußball allein OLG Hamm, MDR 1997, 553. 16 S. dazu allein BGHZ 63, 140, 147; BGH, VersR 1975, 155, 156; OLG Düsseldorf, VersR 1993, 1295, 1296; LG Tübingen, NJW-RR 1993, 1498. S. ferner auch BGH, NJW 1976, 2161; VersR 1982, 1004, 1005.

I. Besondere Herausforderungen aus dem Bereich der Regelwerke

267

a) Die rechtliche Zulässigkeit der Regelmodifikation Für die Sportler wird zunächst – da sie regelmäßig keinen Einfluss auf eine nachträgliche Regelmodifikation durch die entscheidenden Spruchkörper haben – von größerer Bedeutung sein, ob sie die Sport- und Spielregeln im Vorfeld der Sportausübung auch mit haftungsrechtlichen Konsequenzen abwandeln oder modifizieren können. Die grundsätzliche Möglichkeit, Sportregeln auch mit haftungsrechtlichen Folgen privatautonom zu vereinbaren oder zu modifizieren, wird heute nur noch vereinzelt in Frage gestellt.17 So stellt beispielsweise Looschelders fest, dass der Inhalt der Regeln frei bestimmbar sei.18 Rössner hebt zudem hervor, dass es der Sportgemeinschaft frei stehe, innerhalb ihres Teilsystems die Grenzen selbst zu setzen.19 Auch Vieweg geht schon fast selbstverständlich davon aus, dass eine private Modifikation der Regeln möglich sei.20 Darüber hinaus hat Dunz explizit für verkehrspflichtbasierte Lösungsansätze herausgestellt, dass selbst Gruppen aus wenigen Personen die Verkehrspflichten im Binnenverhältnis der Gruppe grundsätzlich privatautonom bestimmen können.21 Dies wird auch von Pardey bestätigt, der hervorhebt, dass sich das Maß der erforderlichen Sorgfalt an dem gewollten Gefahrenniveau zu orientieren habe.22 Explizit gegen dieses Ergebnis wendet sich Hollenbach, der eine autonome Vereinbarung oder Modifikation der Sportregeln jedenfalls für minderjährige Sportler ausschließen will.23 Seiner Ansicht nach ist es gar lebensfremd, Minderjährigen die Möglichkeit einzuräumen, Sportregeln auch mit haftungsrechtlichen Folgen zu modifizieren.24 Gegen die Auffassung von Hollenbach spricht aber, dass minderjährige Sportler auf Grundlage der Untersuchungsergebnisse bei bestehender Deliktsfähigkeit grundsätzlich nicht anders als andere Sportler zu behandeln sind und sich dementsprechend durch die Teilnahme am Sport auch den Regeln unterstellen 17 Für eine autonome Regelsetzung und -modifikation sprechen sich insbesondere Berr, Sport und Strafrecht, 75; Dunz, JZ 1987, 63, 66 f.; Kirchhof, Private Rechtssetzung, 38 f.; Nipperdey, NJW 1957, 1777, 1778; Looschelders, JR 2000, 265, 270; Pardey, zfs 1995, 281, 284: Rössner, FS Hirsch, 313, 325; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 51; Thaler, in: Sport und Recht, 129, 145 und Vieweg, JuS 1983, 825, 829 aus. In diese Richtung auch Bonde, SchlHA 1984, 178, 180; Grunsky, JZ 1975, 109, 110; Heermann/Götze, NJW 2003, 3253, 3254. Zweifel und Kritik hingegen werden besonders bei Füllgraf, VersR 1983, 705, 711; Hollenbach, VersR 2003, 1091, 1096; Teichmann, JA 1979, 347, 348 und teilweise bei Birr, Die Haftung Minderjähriger im Zivilrecht, Rn. 81 f. deutlich. S. aus der Rechtsprechung auch OLG Düsseldorf, VersR 1993, 1295, 1296; LG Tübingen, NJW-RR 1993, 1498. 18 Looschelders, JR 2000, 265, 270. 19 Rössner, FS Hirsch, 313, 325. 20 Vieweg, JuS 1983, 825, 829. 21 Dunz, JZ 1987, 63, 66 f. S. dazu auch Kirchhof, Private Rechtssetzung, 38 f. 22 Pardey, VersR 1995, 145, 146. S. zudem auch Pardey, zfs 1995, 281, 284. 23 Hollenbach, VersR 2003, 1091, 1092 ff. Ob Hollenbach auch die Abwandlung von Sportregeln durch (unbeschränkt) Geschäftsfähige ablehnt, wird nicht zweifelsfrei deutlich. 24 Hollenbach, VersR 2003, 1091, 1093.

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G. Praktische Problemfelder der Verkehrspflichtkonkretisierung

können.25 Wenn den minderjährigen Sportlern infolgedessen die Möglichkeit zukommt, sich einem gesamten Regelungskomplex zu unterwerfen, dann müssen sie – Deliktsfähigkeit wiederum vorausgesetzt – auch einzelne Sportregeln autonom modifizieren können.26 Darüber hinaus ist die Argumentation von Hollenbach zu extrem von präventiven Gedanken geprägt, durch welche die – wenn auch grundsätzlich begrenzte – Autonomie der minderjährigen Sportler über Gebühr eingeschränkt wird.27 Dies wird insbesondere deutlich, wenn Hollenbach minderjährigen Akteuren ausdrücklich einen strengeren Haftungsmaßstab als den – im Regelfall volljährigen – Profisportlern aufbürden will,28 da das Haftungsrecht seiner Ansicht nach ein „brauchbares Instrument“ sei, „um das Spiel zwischen Kindern und Jugendlichen in angemessene Bahnen zu führen“.29 Ferner hegen sowohl Teichmann als auch Füllgraf vereinzelte Zweifel an der Möglichkeit einer privatautonomen Regelmodifikation.30 So verweist Teichmann darauf, dass die Sportler bei Regelabwandlungen durch divergierende Regelinterpretationen mitunter abweichende Erwartungshaltungen bezüglich des durch die Modifikation zulässigen oder zu unterlassenden Verhaltens entwickelten, die letztlich zu Herausforderungen bei der haftungsrechtlichen Bewertung führen könnten.31 Ähnlich argumentiert auch Füllgraf, der bei neu entwickelten Spielen oder Sportarten, die sich durch die Kombination von Regeln verschiedener Sportarten auszeichnen, zu einer gewissen Zurückhaltung aufruft, falls die Spielidee und der damit einhergehende körperliche Einsatz nicht von Anfang an für alle Teilnehmer ersichtlich sei.32 Die Bedenken von Teichmann und Füllgraf gründen allerdings primär auf der Interpretationsbedürftigkeit mancher Sportregeln, die nicht nur geschriebene oder satzungsmäßig etablierte Regeln betrifft, sondern selbstverständlich auch privat aufgestellte oder spontan vereinbarte Regeln.33 Dass diese Zweifel aber die grundsätzliche Möglichkeit, Regeln autonom aufzustellen oder abzuwandeln, betreffen, ist allenfalls in Ausnahmekonstellationen zu diskutieren. Dementsprechend sollte der Problemkreis der Regelinterpretation argumentatorisch nicht dazu genutzt werden, die Regelmodifikation als solche auszuschließen.

25

S. dazu im Allgemeinen die obigen Ausführungen unter B.III.4.c). Ähnlich auch jurisPK-BGB/J. Lange, § 823 Rn. 61. 27 Hollenbach, VersR 2003, 1091, 1096 f. S. dazu auch Birr, Die Haftung Minderjähriger im Zivilrecht, Rn. 81 f. Die präventive Funktion des Deliktsrechts ist auch im Sporthaftungsrecht nicht in Abrede zu stellen und kommt durch die Regelwerke auch eindeutig zur Geltung. Der Ansatz von Hollenbach geht daher zu weit. 28 Hollenbach, VersR 2003, 1091, 1096 f. S. dazu auch Birr, Die Haftung Minderjähriger im Zivilrecht, Rn. 81 f. 29 Hollenbach, VersR 2003, 1091, 1096. 30 Füllgraf, VersR 1983, 705, 711; Teichmann, JA 1979, 347, 348. 31 Teichmann, JA 1979, 347, 348. 32 Füllgraf, VersR 1983, 705, 711. 33 S. dazu auch die obigen Ausführungen unter G.I.1. 26

I. Besondere Herausforderungen aus dem Bereich der Regelwerke

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Vielmehr können sowohl die Sportler als auch die Sportverbände die Sportregeln privatautonom modifizieren oder anderweitig verändern.34 Dieses Ergebnis lässt sich zudem auch durch einen Vergleich mit der nachträglichen gerichtlichen Regelmodifikation bestätigen: Wenn schon die entscheidenden Spruchkörper im Nachhinein – und somit ohne eine direkte Einflussmöglichkeit der beteiligten Sportler – die Regeln modifizieren können, dann muss erst recht auch eine privatautonome Regelsetzung durch die Akteure im Vorfeld der Sportausübung möglich sein, zumal die haftungsrechtliche Folge für die Sportler allein im Vorfeld ex ante erkennbar ist, bei einer nachträglichen Modifikation hingegen nicht.35 Anderenfalls entstünde ein unnötiges und vermeidbares Ungleichgewicht zwischen der staatlichen Bewertung einer Mitspielerverletzung einerseits und der Privatautonomie der Sportler andererseits, wenn allein eine nachträgliche gerichtliche Regelmodifikation anzuerkennen wäre und die Privatautonomie der Sportler keinen haftungsrechtlichen Ausschlag zur Folge hätte. b) Die Erscheinungsformen modifizierter Regeln aa) Modifikation durch Sportverbände Zunächst kann festgehalten werden, dass eine Modifikation durch die Sportverbände nur vergleichsweise selten auftritt. Zu denken ist gleichwohl an Schauwettkämpfe oder Sportveranstaltungen zu Werbe- oder Vermarktungszwecken, im Rahmen derer die haftungsrechtlich relevanten Sportregeln modifiziert oder abgeändert sein können.36 Für die Bewertung von Mitspielerverletzungen entstehen daraus regelmäßig aber keine besonderen Probleme, da die Regeländerungen im Vorfeld bekannt gemacht werden, sodass sich die Sportler rechtzeitig auf mögliche Besonderheiten einstellen können.37 Dementsprechend treten die Sportler in der Folge unter diesen modifizierten Sportregeln an und etwaig eintretende Mitspielerverletzungen sind in haftungsrechtlicher Sicht konsequenterweise anhand der abgewandelten Regeln zu bewerten. 34 So auch Berr, Sport und Strafrecht, 75; Dunz, JZ 1987, 63, 66 f.; Kirchhof, Private Rechtssetzung, 38 f.; Nipperdey, NJW 1957, 1777, 1778; Looschelders, JR 2000, 265, 270; Pardey, zfs 1995, 281, 284: Pfister, SpuRt 1998, 221, 222; Rössner, FS Hirsch, 313, 325; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 51; Vieweg, JuS 1983, 825, 829. In diese Richtung auch Bonde, SchlHA 1984, 178, 180; Grunsky, JZ 1975, 109, 110. 35 Einschränkungen können sich natürlich dann ergeben, wenn die entsprechende (modifizierte) Sportregel (haftungs-)rechtlich nicht anerkannt werden kann, beispielsweise aufgrund der Unvereinbarkeit mit den Wertungen der §§ 134, 138, 242 BGB. S. dazu die folgenden Ausführungen unter G.I.3. 36 Beispielweise durch ein Abweichen von der ansonsten typischen Wettkampfdauer, Teilnehmerzahl, Spielfläche oder aber auch durch eine Anpassung der integritätsschützenden Sportregeln. Solche Modifikationen werden insbesondere bei den US-amerikanisch geprägten Sportarten im Rahmen der – meist zu Saisonende – ausgetragenen „All-Star-Games“ beim Basketball, Eishockey oder Baseball oder dem „Pro Bowl“ beim Football vorgenommen. 37 S. dazu auch LG Kempten, VersR 1967, 192.

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G. Praktische Problemfelder der Verkehrspflichtkonkretisierung

bb) Modifikation durch die Sportler Weitaus häufiger dagegen werden die Modifikationen der Sportregeln durch die Sportler selbst vorgenommen. Ist dem Wettkampfsport ein solches Vorgehen in aller Regel fremd, wird der ungebundene Freizeitsport oftmals unter abgewandelten oder angepassten Regeln ausgeübt. Die Möglichkeiten der Regelmodifikation sind nahezu unbegrenzt.38 Will man die generellen Ausprägungen der Modifikation aber kategorisieren, stößt man im Regelfall auf drei Varianten: So werden die Sportregeln in einer Vielzahl der Fälle relativ spontan abgewandelt oder angepasst, teilweise Elemente oder Regeln anderer Sportarten adaptiert oder aber Regeln verschiedener Sportarten dergestalt miteinander kombiniert, dass eine neue Sportart entsteht.39 c) Typische praktische Folgen einer Regelmodifikation Praktische Herausforderungen entstehen in allen drei Gruppen, falls sich nicht zweifelsfrei aufklären lässt, ob eine Modifikation bestimmter Regeln zwischen den Sportlern vorgenommen wurde. Dies ist insbesondere der Fall, wenn zwischen dem Schädiger und dem Geschädigten streitig ist, ob eine bestimmte Regel oder deren Inhalt Grundlage der gemeinsamen Sportausübung geworden ist. Diese Problemlage fußt allerdings nicht auf der Möglichkeit, privatautonom Regeländerungen vornehmen zu können, sondern auf dem allgemeinen Risiko der Nichtaufklärbarkeit entscheidungserheblicher Tatsachen. Wenn also bei der haftungsrechtlichen Auseinandersetzung zwischen den beteiligten Sportlern streitig sein sollte, ob eine bestimmte Sport- oder Spielregel beziehungsweise deren Verhaltensgebot im Binnenverhältnis der Sportler vereinbart wurde, handelt es sich primär um eine Frage der Darlegungs- und Beweislast. Belässt man diese auch insoweit bei allgemeinen Grundsätzen, obliegt es dem Geschädigten, den Verkehrspflichtverstoß des Schädigers darzulegen und zu beweisen. Dementsprechend hat der Geschädigte bei streitiger Regelmodifikation – neben dem Regelverstoß und dessen haftungsrechtlicher Erheblichkeit40 – darzulegen und zu beweisen, dass entweder keine Modifikation der Regeln erfolgt ist oder aber eine für die Begründung eines Verkehrspflichtverstoßes „günstige“ Sportregel 38

S. dazu die obigen Ausführungen unter G.I.2. S. dazu im Allgemeinen auch OLG Düsseldorf, VersR 1993, 1295, 1296; OLG Hamm, MDR 1997, 553; LG Tübingen, NJW-RR 1993, 1498; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 51. 40 S. zur Darlegungs- und Beweislast bezüglich des Regelverstoßes allein BGH, NJW 1976, 957; 2010, 537, 538; OLG Bamberg, NJW 1972, 1820; OLG Düsseldorf, VersR 1992, 841; LG Marburg, NJW-RR 1998, 1243, 1243; Deutsch, VersR 1974, 1045, 1050; Erman/Wilhelmi, § 823 Rn. 104; Füllgraf, VersR 1983, 705, 712; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 694; Staudinger/ Hager [2017], Vor § 823 Rn. 56, 60. S. ferner auch BGHZ 63, 140, 148; OLG München, VersR 1982, 198. S. aus rechtsvergleichender Sicht auch Herrmann, Jura 1985, 568, 570. S. ferner zur Darlegungs- und Beweislast im Allgemeinen allein Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 116 Rn. 7, 40 ff. S. zudem die obigen Ausführungen unter F.II.1.b)bb). 39

I. Besondere Herausforderungen aus dem Bereich der Regelwerke

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zwischen den Sportlern vereinbart wurde. Sollte der Geschädigte dieser Anforderung genügen, obliegt dem Schädiger im Rahmen der sekundären Darlegungs- und Beweislast der Beweis, dass ein Verkehrspflichtverstoß aufgrund einer ihm „vorteilhaften“ Modifikation der Spielregeln abgelehnt werden muss. Auf dieser Grundlage lassen sich nahezu alle praktischen Herausforderungen der Regelmodifikationen auflösen. Zudem handelt es sich bei einer solchen Vorgehensweise nicht um eine Verschiebung des Problemfeldes ins Prozessrecht, da nicht die materiell-rechtliche Zulässigkeit einer Regelmodifikation, sondern die Sachverhaltsaufklärung bezüglich einer abweichenden Regelübereinkunft im Fokus steht. Schematisch formuliert trifft die Darlegungs- und Beweislast somit diejenige Partei, die sich im Prozess auf die Regelmodifikation beruft. Da sich aber nicht in jedem Fall allein aus der entsprechenden Sportregel die konkrete Verkehrspflicht entwickeln lassen wird, erstreckt sich die Darlegungs- und Beweislast regelmäßig auch darauf, das aus der Regel folgende Verhaltensgebot oder eine entsprechende, zur Konkretisierung des Verhaltensgebots taugliche, Übereinkunft der Sportler darzulegen und zu beweisen. 3. Die Grenzen der haftungsrechtlichen Anerkennung der Sportregeln Eng verbunden und teilweise auch mit einzelnen Aspekten der Regelmodifikation41 verknüpft, ist die Frage, ob die Sport- und Spielregeln einer gerichtlichen Kontrolle zugänglich sind oder aber Verbände oder Privatleute unabhängig von einem staatlichen Einfluss Regeln setzen können, die sich in der Konsequenz haftungsmodifizierend auf etwaige Mitspielerverletzungen auswirken können. Die haftungsrechtliche Anerkennung der Sportregeln betrifft allerdings nicht nur den Teilbereich der modifizierten Regeln, sondern kann vielmehr jegliche – und somit auch verbandsmäßig etablierte – Sportregeln tangieren. Insbesondere im Bereich der körperbezogenen Kampfkünste wird – meist unabhängig von der Frage einer etwaigen Regelmodifikation – diskutiert, ob die entsprechenden Sportregeln haftungsrechtlich zur Privilegierung von Sportverletzungen herangezogen werden dürfen.42 Festgehalten werden kann zunächst, dass der Sport – bezogen auf seine Spielregeln – gegenüber anderen Tätigkeiten oder Lebenssachverhalten keine absolute Sonderstellung genießt.43 Die private Regelsetzung oder -modifikation muss daher

41

S. dazu die obigen Ausführungen unter G.I.2. S. dazu im Allgemeinen BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535.1; Eser, JZ 1978, 368, 372; Grunsky, JZ 1975, 109, 110; Looschelders, JR 2000, 265, 273; Teichmann, JA 1979, 347, 349. S. ferner auch Fritzweiler, SpuRt 1995, 156, 157. 43 Insbesondere ist die Sportausübung nicht in einem rechtfreien Raum zu verorten. S. dazu die obigen Ausführungen unter C.I.1.b). 42

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G. Praktische Problemfelder der Verkehrspflichtkonkretisierung

jedenfalls in ihren Grenzbereichen einer staatlichen Kontrolle zugänglich sein.44 Ansonsten könnten sich die privaten Normgeber gesetzgebungsähnliche Kompetenzen anmaßen. Dies kann nicht gewollt sein. Den privaten Normgebern ist somit schon allein aufgrund der §§ 134, 138, 242 BGB der rechtliche Rahmen aufgezeigt.45 Looschelders hebt dies beispielsweise hervor, wenn er feststellt, dass die Sportregeln anerkennungsfähig sein müssen.46 Grunsky spricht ferner davon, dass die haftungsrechtliche Beurteilung bei sittenwidrigen Regeln abweichen müsse.47 Bezogen auf die Wertungen der Generalklauseln muss allerdings klargestellt sein, dass die speziellen Wertvorstellungen des Sports ausreichend berücksichtigt werden müssen und sich die sportive Werteordnung in vielerlei Punkten von allgemeinen Wertvorstellungen unterscheidet.48 Einerseits bedeutet dies, dass nicht alle Sportregeln ipso iure haftungsrechtlich anzuerkennen sind. Andererseits dürfen die moralischen Anforderungen an die Spielregeln auch nicht überspannt werden, da der Sport einen eigenständigen Lebensbereich mit eigenen Mechanismen und teilweise auch eigenen Prinzipien bildet.49 In concreto dürfen insbesondere manche Kampfsportarten nicht automatisch 44 So auch Steiner, Die Autonomie des Sports, 16 f.; ähnlich auch Pfister, SpuRt 1998, 221, 221 f.; Reichert, SpuRt 2003, 3, 4. In diese Richtung scheinen auch Looschelders, JR 2000, 265, 273 sowie NK-BGB/Katzenmeier, § 823 Rn. 504 zu denken. 45 S. dazu auch Pfister, FS W. Lorenz, 171, 182; Steiner, Die Autonomie des Sports, 16 f.; ähnlich auch Reichert, SpuRt 2003, 3, 4. S. in diesem Kontext auch Andexer, Die nationale Sportgerichtsbarkeit und ihre internationale Dimension, 50 f., 67 und Buchberger, Die Überprüfbarkeit sportverbandsrechtlicher Entscheidungen durch die ordentliche Gerichtsbarkeit, 128 ff., 142 ff., 271 ff. § 276 Abs. 3 BGB hingegen erlangt insofern allenfalls eine nachrangige Bedeutung, da viele Sportarten die (bedingt) vorsätzliche Beeinträchtigung des Kontrahenten gerade ermöglichen und teilweise auch zwingend vorsehen. Sollte eine Sportregel allerdings gezielt auf eine durch einen dolus directus ersten Grades getragene Verletzung des gegnerischen Sportlers ausgerichtet sein, könnte diese Regel – unter Berücksichtigung der Wertung des § 276 Abs. 3 BGB – als sittenwidrig zu qualifizieren zu sein. Allerdings ist auch insofern Zurückhaltung geboten, da das Ziel der klassischen Kampfsportarten gerade ist, den Gegner im Wettkampf außer Gefecht zu setzen und zu besiegen. Dementsprechend sollte bei der Bewertung darauf abgestellt werden, ob die entsprechende Sportregel das Ziel verfolgt, den Geschädigten durch eine vorsätzliche Verletzung unbillig gegenüber dem Schädiger zu benachteiligen beziehungsweise den Schädiger dadurch zu bevorteilen. Sollte dies der Fall sein, könnte sie unter Zuhilfenahme der Wertung des § 276 Abs. 3 als sittenwidrig bewertet werden. S. dazu im Detail aber die folgenden Ausführungen, insbesondere zur Bewertung des „ultimate fighting“. 46 Looschelders, JR 2000, 265, 273. 47 Grunsky, JZ 1975, 109, 110. S. ferner auch Deutsch, Fahrlässigkeit und erforderliche Sorgfalt, 172. 48 So auch Looschelders, JR 2000, 265, 273; Pfister, FS W. Lorenz, 171, 182. S. ferner auch Becker, Sportregeln und allgemeine Rechtssätze im Normen- und Wertgefüge des Sports, 89 ff. und PHB Sportrecht/Summerer, 2. Teil Rn. 17. 49 In diese Richtung auch Looschelders, JR 2000, 265, 273; Pfister, FS W. Lorenz, 171, 182; P. Winter, in: Impulse des Sportrechts, 159, 178. S. ferner auch Becker, Sportregeln und allgemeine Rechtssätze im Normen- und Wertgefüge des Sports, 89 ff. und PHB Sportrecht/Summerer, 2. Teil Rn. 17.

I. Besondere Herausforderungen aus dem Bereich der Regelwerke

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als sittenwidrig eingeordnet werden,50 da sie zwar – um den Kontrahenten zu besiegen – auf das vorsätzliche Zufügen von Verletzungen ausgerichtet sind, dennoch im Regelfall aber auch den Schutz des sportlichen Gegners ausreichend zu berücksichtigen versuchen.51 Fokussierte sich die Diskussion über sittenwidrige Sportregeln in früherer Zeit im Wesentlichen auf den Boxsport oder klassische Duelle,52 verlagerte sie sich zwischenzeitlich vermehrt auf asiatische Kampfkünste53, Gotcha54 oder auch (illegale) Straßenrennen55. In jüngerer Zeit wird insbesondere die Sittenwidrigkeit von Regeln und Wettkämpfen aus den Bereichen der „mixed martial arts“ oder des „ultimate fighting“ thematisiert.56 So wird – meist auf Grundlage äußerst generalpräventiver Gedanken – versucht, insbesondere die letztgenannten Sportarten pauschal aus dem Bereich der privilegierungswürdigen Sportarten auszugrenzen und allgemeinen Haftungsgrundsätzen57 zu unterstellen.58 Dahinter steht die – wenn auch heutzutage nicht mehr ausdrücklich bekundete – Intention,59 den Sportlern den Reiz der ent50 So aber Teichmann, JA 1979, 347, 349 für den Bereich des Boxsports. Allerdings muss insoweit auch berücksichtigt werden, dass Teichmann seine Aussagen explizit auf die Frage einer etwaigen Einwilligung in konkrete Verletzungen ausrichtet und aus diesem Grunde wohl andere – vornehmlich allgemeine – Maßstäbe an die Anerkennungsfähigkeit von Sportregeln setzt. Korff, Sportrecht, Rn. 250 geht gar so weit und sieht „ultimate fighting“, das nach der hier vorgeschlagenen Definition des Sportbegriffs zweifelsfrei als solcher zu qualifizieren ist, nicht als Sport an. 51 So auch Looschelders, JR 2000, 265, 273. In diese Richtung auch Fritzweiler, SpuRt 1995, 156, 157. 52 S. insoweit Fritzweiler, SpuRt 1995, 156; Grunsky, JZ 1975, 109, 110 sowie Looschelders, JR 2000, 265, 273. S. zur strafrechtlichen Bewertung allein BGHSt 4, 88, 91 f. sowie E. Schmidt, JZ 1954, 369, 370 ff. 53 S. dazu allein Günther, SpuRt 2008, 57, 58, 60. 54 S. insoweit allein OLG Hamm, NJW 1997, 949, 950; LG Bremen, VersR 1995, 1109; BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535.1; Looschelders, JR 2000, 265, 273; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 696. 55 S. insoweit allein OLG Karlsruhe, NJW 2012, 3447; LG Duisburg, NJW-RR 2005, 105; Looschelders, FS Müller, 129, 143 f. S. zur früheren strafrechtlichen Unterscheidung bei erlaubten und unerlaubten Wettkämpfen in diesem Zusammenhang auch BGHSt 4, 88, 92. 56 S. insoweit Bohn, Regel und Recht, 86 f.; Derksen, SpuRt 2000, 141; Kaiser, SpuRt 2010, 98; Korff, Sportrecht, Rn. 250; Kubink, JA 2003, 257. 57 Bewertet man diese Sportarten in der Folge anhand allgemeiner Grundsätze, werden im – durchaus wahrscheinlichen – Falle von Mitsportlerverletzungen regelmäßig Schadensersatzansprüche der Geschädigten die Konsequenz sein. 58 Explizit dafür spricht sich Korff, Sportrecht, Rn. 250 aus. Eine solche Tendenz lässt sich auch bei BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535.1 erkennen. Dass ein solches Vorgehen aber tatsächlich auch zur Prävention und nicht überwiegend zur Repression beiträgt, erscheint zweifelhaft. 59 Zeiler, DJZ 1926, 1603, 1606 hingegen postulierte noch ausdrücklich, dass der Staat zur Abänderung der Sportregeln berufen sei, wenn sich der Sport in Auswüchsen durch eine besondere Rohheit auszeichne oder nicht mehr mit den Wertvorstellungen der Allgemeinheit vereinbart werden könne.

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G. Praktische Problemfelder der Verkehrspflichtkonkretisierung

sprechenden Sportarten dadurch zu nehmen, dass ihnen im Falle der – letztlich nicht unwahrscheinlichen – Verletzung eines Kontrahenten regelmäßig eine explizite haftungsrechtliche Privilegierung verwehrt werden soll.60 Dass diese außerordentlich präventive Zielsetzung aber Früchte trägt, darf allein schon ob der stetig steigenden Popularität der entsprechenden Sportarten in Frage gestellt werden. So muss insbesondere hinterfragt werden, ob aus der Stigmatisierung und der Bewertung anhand allgemeiner Haftungsgrundsätze ein signifikanter und anerkennenswerter Mehrwert resultiert, wenn der generalpräventive Hintergedanke die beteiligten Sportler nicht signifikant beeinflusst oder aber von den Sportlern bewusst verdrängt wird.61 Weitaus förderlicher könnte der Versuch sein, auf eine Revision der jeweiligen integritätsschützenden Sportregeln durch die beteiligten Verbände hinzuwirken oder aber die Sportler diesbezüglich zu sensibilisieren. Eine solche generalpräventive Aufgabe wird wohl eine größere Anerkennung erfahren, wenn sie aus dem Sport heraus vollzogen wird, als extern durch die Androhung entsprechender haftungsrechtlicher Konsequenzen. Letztlich darf diese – im Wesentlichen rechtspolitisch bestimmte – Diskussion aber nicht dazu führen, dass die besonderen Moral- und Wertvorstellungen des Sports, die auch im Rahmen dieser speziellen Sportarten mehr oder minder Berücksichtigung finden, im Allgemeinen in Frage gestellt werden. Somit verbleibt es beim oben Gesagten: Die Wertvorstellungen des Sports müssen nicht zwingend mit allgemeinen Wertvorstellungen korrelieren.62 Die Regelsetzungsbefugnis unterliegt somit sportiv modifizierten Grundsätzen; trotzdem gilt sie nicht unbegrenzt.63 Bedarf es sodann im konkreten Fall der Prüfung, ob eine Sportregel haftungsrechtlich zur Konkretisierung einer Verkehrspflicht anerkannt werden kann, ist sie

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Diese Intention kann man insbesondere an den Ausführungen von Korff, Sportrecht, Rn. 250 erkennen; ähnlich auch BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535.1. 61 In diese Richtung scheint auch MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 696 zu denken, wenn er eine Haftungsprivilegierung auch für das Gotcha-Spiel befürwortet, das seiner Ansicht nach keine anerkannte Sportart darstelle. Ähnlich auch Kaiser, SpuRt 2010, 98, 99 f. Anders hingegen BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535.1, der moniert, dass bei unerlaubten Veranstaltungen das „Verbot gefährlicher Spielarten ansonsten konterkariert“ werde. S. ferner auch LG Duisburg, NJW-RR 2005, 105, 106 f. 62 In diese Richtung auch Kaiser, SpuRt 2010, 98, 99 f.; Looschelders, JR 2000, 265, 273; Pfister, FS W. Lorenz, 171, 182; PHB Sportrecht/Summerer, 2. Teil Rn. 17. S. zudem auch BGHSt 4, 88, 91 f. zur strafrechtlichen Anerkennung von Sportregeln. S. ferner Kubink, JA 2003, 257, 262 f. 63 Diese leichte Einschränkung darf allerdings nicht dazu führen, dass bestimmten Sportarten von vornherein mit einem Generalverdacht einer etwaigen Sittenwidrigkeit des Sports oder bestimmter Regeln begegnet werden darf. Sollte aber eine Sportart, ohne einen höheren Wettbewerbszweck zu verfolgen, allein die Verletzung des Kontrahenten als Primärziel vor Auge haben, könnte diese Sportart sehr wohl als sittenwidrig zu qualifizieren sein und in der Konsequenz allgemeinen und somit strengeren Haftungsmaßstäben als andere Sportarten unterliegen.

I. Besondere Herausforderungen aus dem Bereich der Regelwerke

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zunächst anhand der Generalklauseln der §§ 134, 138, 242 BGB zu messen.64 Sollte die Sportregel dieser Prüfung – was regelmäßig der Fall sein wird65 – standhalten, lässt sich für die weitere Analyse der Anerkennungsfähigkeit schematisch festhalten, dass die Sportregel umso wahrscheinlicher zur Bewertung herangezogen werden kann, je weiter sie oder das entsprechende Regelwerk im Allgemeinen integritätsschützende Elemente aufweist. Anhaltspunkte dafür können beispielsweise Vorschriften über zu unterlassende Verhaltens- oder Einsatzweisen, das Erfordernis bestimmter Schutzausrüstung oder aber auch Regelungen, die eine Wettkampfunterbrechung bei Verletzungen vorsehen, darstellen.66 Qualifiziert man beispielsweise „ultimate fighting“ oder einzelne entscheidungsrelevante Regeln dieser Sportart im ersten Schritt als nicht sittenwidrig, kann man – auch wenn dies sicherlich streitbar sein mag67 – durchaus zu dem Ergebnis gelangen, dass die entsprechenden Regeln, da sie nicht nur integritätsschützende Elemente aufgrund der enthaltenen Schutzausrüstungspflichten, sondern auch Vorschriften zur Kampfunterbrechung und -beendigung aufweisen, haftungsrechtlich anzuerkennen sind und somit einen tauglichen Anknüpfungspunkt zur Verkehrspflichtkonkretisierung darstellen.68 Abschließend ist im Rahmen dieses Themenkomplexes noch zu untersuchen, ob die Anerkennbarkeit der Regeln möglicherweise durch Besonderheiten des AGBRechts beeinflusst werden kann.69 Dies wird allerdings regelmäßig zu verneinen sein.70 So stellte der Bundesgerichtshof in seiner recht bekannt gewordenen „Reitsport-LPO-Entscheidung“ aus dem Jahre 1994 fest, dass sportliche Regelwerke, selbst wenn sie in die Teilnahmebedingungen eines konkreten Wettbewerbs eingebunden werden, keine AGB seien und eine Inhaltskontrolle der Regeln daher nach § 242 BGB zu erfolgen habe.71 Überträgt man diese Wertung auf die Beurteilung von Mitspielerverletzungen und die Anerkennbarkeit einer Sportregel zur Verkehrspflichtkonkretisierung, bedeutet dies, dass auch diejenigen Sportregeln, die einem

64 In eine ähnliche Richtung auch Looschelders, JR 2000, 265, 273. S. ferner auch BGHZ 128, 93, 101 ff. sowie speziell zur Frage der Sittenwidrigkeit im Sport BGHSt 4, 88, 91 f. 65 So auch Looschelders, JR 2000, 265, 273, der konstatiert, dass die rechtliche Anerkennung bei den meisten verbandsmäßig organisierten Sportarten nicht in Frage stehe. 66 S. dazu am Beispiel des „ultimate fighting“ Kaiser, SpuRt 2010, 98, 100 f. S. ferner auch LG Duisburg, NJW-RR 2005, 105, 107. 67 S. insofern, insbesondere im internationalen strafrechtlichen Vergleich, Kubink, JA 2003, 257, 263. 68 So für die strafrechtliche Beurteilung auch Kaiser, SpuRt 2010, 98, 99 ff. Gerade diese Aspekte, die – jedenfalls mittlerweile; s. dazu Bohn, Regel und Recht, 87; Kaiser, SpuRt 2010, 98, 100 f. – auch dem „ultimate fighting“ immanent sind, werden von Derksen, SpuRt 2000, 141, 142 ff.; Korff, Sportrecht, Rn. 250 und Kubink, JA 2003, 257, 264 in ihren ablehnenden Bewertungen nicht ausreichend berücksichtigt. 69 S. dazu im Überblick allein PHB Sportrecht/Summerer, 2. Teil Rn. 10 ff. sowie Sportrecht in der Praxis/Kreißig, Rn. 222. 70 So auch BGHZ 128, 93 101 ff. sowie Sportrecht in der Praxis/Kreißig, Rn. 222. 71 BGHZ 128, 93, 101 ff.

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G. Praktische Problemfelder der Verkehrspflichtkonkretisierung

konkreten Wettbewerb erst durch eine spezielle Teilnahmevereinbarung72 zugrunde gelegt werden, im Falle einer Mitsportlerverletzung anhand der soeben genannten Kriterien zu messen sind. Eine tiefergreifende Einschränkung der Anerkennbarkeit erfolgt aus den §§ 305 ff. BGB daher regelmäßig nicht. 4. Der Einfluss von Schiedsrichterentscheidungen auf die Bewertung Bislang nur beiläufig untersucht wurde die Rolle des Schiedsrichters bei der haftungsrechtlichen Bewertung einer Mitspielerverletzung. Dieser Umstand fußt im Wesentlichen darauf, dass der Schiedsrichter keinen direkten Einfluss bei der grundsätzlichen Realisierung eines „Sporthaftungsprivilegs“ erlangt und sich seine Rolle zudem von Sportart zu Sportart stark unterscheiden kann.73 So bedarf es in manchen Sportarten des Schiedsrichters zur sofortigen Bewertung einer konkreten Spielsituation, die sich innerhalb des Wettkampfes ereignet.74 In anderen Sportarten dient er lediglich der Revision bereits abgeschlossener Spielzüge, Leistungen, Darbietungen oder teilweise gar abgeschlossener Wettkämpfe.75 Manche Sportarten kommen teilweise fast gänzlich ohne einen Schiedsrichter aus.76 Zudem wird im Freizeitsport oftmals bewusst auf ein eigenständiges Bewertungsorgan verzichtet.77 72

S. zu dieser Möglichkeit die obigen Ausführungen unter B.III.4.b)bb). S. zur Entwicklungsgeschichte der Rolle des Schiedsrichters Schöntag, Rechtliche Probleme um den Sportschiedsrichter, 6 ff. 74 Zu denken sei insofern allein an die populären Mannschafts- und Ballsportarten, wie etwa Fuß-, Hand- oder Basketball, Tennis, Eis- und Feldhockey. In all diesen Sportarten bedarf es der sofortigen Entscheidung des Schiedsrichters hinsichtlich einer konkreten Spielsituation, da der weitere Spielverlauf – mehr oder minder – direkt von eben dieser Einschätzung abhängt. 75 Zu denken sei insofern allein an diejenigen Sportarten, in denen die Sportler zunächst ungestört ihre Leistungen präsentieren können und in der Folge von einem Punkt-, Zeit- oder Wettkampfrichter bewertet werden, wie etwa bei vielen Disziplinen des Turnens, den meisten alpinen Skisportarten oder Einzeldisziplinen der Leichtathletik, im Synchronschwimmen, beim Dressurreiten oder dem Turmspringen. In all diesen Sportarten hat der Schiedsrichter regelmäßig keine direkte Einflussmöglichkeit während der konkreten Sportausübung, sondern tritt – wenn überhaupt – erst im Nachhinein in Erscheinung. 76 Insoweit ist insbesondere der Golfsport hervorzuheben, dessen Wesen auf dem „fairen“ Miteinander der Sportler aufbaut und deshalb regelmäßig auf einen Schiedsrichter als Bewertungsorgan verzichtet werden kann. Dieses Wesenselement ist von elementarer Bedeutung für den Golfsport und aus diesem Grunde explizit im Abschnitt des „spirit of the game“ der Etiketteregeln verankert: „Golf wird überwiegend ohne die Anwesenheit eines Schiedsrichters oder Unparteiischen gespielt. Das Spiel beruht auf dem ehrlichen Bemühen jedes einzelnen Spielers, Rücksicht auf andere Spieler zu nehmen und nach den Regeln zu spielen.“ Eines Einsatzes der Spielleitung bedarf es in meistens erst dann, wenn es etwa im Nachgang der Sportausübung gilt, den Sieger des Spiels zu bestimmen und zu ehren. S. zu den offiziellen Golfregeln des Royal & Ancient Golf Club of St. Andrews http://www.golfsuisse.ch/asg/binaryd ata/rules2016_d.pdf; zuletzt abgerufen am 31. Juli 2018. 77 So ist etwa ein Jogger in seiner Freizeit nicht auf ein Bewertungsorgan angewiesen. Vielmehr setzt er sich – je nach am Ambition – seine Ziele selbst und bedarf dafür gerade keiner 73

I. Besondere Herausforderungen aus dem Bereich der Regelwerke

277

Pauschale Rückschlüsse auf den Sport im Allgemeinen verbieten sich daher bereits aus diesen Gründen. Gleichzeitig deutet sich dadurch aber auch an, dass der Einfluss des Schiedsrichters auf die zivilrechtliche Beurteilung einer Mitspielerverletzung aus materiell-rechtlicher Betrachtungsweise wohl nicht allzu groß ausfallen wird. Andererseits könnte der Schiedsrichter aber aufgrund seines Sachverstandes und seines besonderen Sportwissens in prozessualer Sicht besonders bedeutsam werden. a) Keine materiell-rechtliche Bindung an eine Schiedsrichterentscheidung Richtet man den Fokus zunächst auf die materiell-rechtlich relevanten Aspekte einer Schiedsrichterentscheidung, wird die obige These – auch vor dem Hintergrund der bisherigen Untersuchungsergebnisse78 – schnell bestätigt: So bestehen gleich mehrere Gründe, warum einer Schiedsrichterentscheidung keine Bindungswirkung zukommen darf. Der erste Grund resultiert aus der Fehleranfälligkeit von Schiedsrichterentscheidungen. Zwar wird dem Schiedsrichter in den meisten Sportarten eine umfangreiche und umfassende Entscheidungskompetenz zugewiesen.79 Fehlentscheidungen werden dadurch allerdings nicht vermieden; eher werden sie durch die weitreichenden Entscheidungsbefugnisse hervorgerufen und begünstigt.80 Bei manchen Sportarten haben Schiedsrichter gleich mehrere Entscheidungen binnen einer einzigen Minute zu treffen.81 So verweist Steiner anhand statistischer Daten darauf, dass der Schiedsrichter während eines Fußballspiels im Profibereich durchschnittlich über 200 Zweikämpfe bewerten müsse.82 Die daraus resultierende Regelaufsicht. Auch Fußballer, die sich in ihrer Freizeit auf einer Wiese oder einem Bolzplatz zum Spielen treffen, verzichten oftmals bewusst auf einen Schiedsrichter und entscheiden über strittige Spielsituationen im gemeinsamen Dialog. S. zudem auch Hilpert, Nationale und internationale Fußballrechtsprechung, 6 f. sowie zur Entwicklung der Rolle des Schiedsrichters beim Fußballsport Pfister, SpuRt 2002, 45, 47. 78 S. insoweit die obigen Ausführungen zur Wechselwirkung zwischen Regelwerk und Verkehrspflicht unter F.II.1.a), b). 79 So auch RGRK/Steffen, § 823 Rn. 356. S. ferner OLG Celle, VersR 1994, 111, 112 zum recht unbekannten, rugbyartigen „Lochball“ sowie Sengle, in: Haftungsrechtliche Probleme im Fußballsport, 5, 8 zum Fußball. S. zur weitreichenden Entscheidungskompetenz des Schiedsrichters zudem exemplarisch die IHR-Handballregel 17:2, die explizit festlegt, dass die „Aufsicht über das Verhalten der Spieler und der Offiziellen“ durch die Schiedsrichter bereits mit deren Betreten der Wettkampfstätte beginnt und erst mit dem Verlassen wieder endet. S. zu den Handballregeln Fn. 1288. 80 S. dazu auch Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 350 ff. sowie ferner Meier, VersR 2014, 800, 804. 81 S. dazu auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 266 sowie Steiner, Die Autonomie des Sports, 16. S. ferner auch Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 350 ff. 82 Steiner, Die Autonomie des Sports, 16. Auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 266 bezieht sich auf diese Aussagen.

278

G. Praktische Problemfelder der Verkehrspflichtkonkretisierung

Fehleranfälligkeit von Schiedsrichterentscheidungen lässt sich nicht ernstlich leugnen. Vielmehr ist sie vor dem Hintergrund solcher Zahlen gar vorprogrammiert.83 Dass die Wahrnehmung des Schiedsrichters zudem nicht immer im Einklang mit dem tatsächlichen Geschehensablauf stehen wird, ist ebenfalls evident. Insbesondere kann nicht erwartet werden, dass der Schiedsrichter jeden Regelverstoß erkennt.84 Zusätzlich zu der objektiv oder statistisch wahrnehmbaren Komponente85 kann eine Schiedsrichterentscheidung aber immer auch subjektive Komponenten aufweisen, die sich möglicherweise noch weitaus gravierender auf die haftungsrechtliche Bewertung auswirken können. Virulent werden, neben unbewussten Fehlwahrnehmungen im Allgemeinen, insbesondere Situationen, in denen der Schiedsrichter – beispielsweise aufgrund eines ihm durch die Regelwerke eingeräumten Ermessensspielraumes86 – eine sportintern vertretbare Entscheidung trifft, die bezüglich einer etwaigen Sportlerhaftung aber zivilrechtlich nicht ohne Weiteres akzeptiert werden kann. Zu denken sei allein an die in vielen Sportarten recht typische Situation, dass der Schiedsrichter einen Regelverstoß gar nicht oder nicht konsequent bewertet, wenn er den Spielfluss durch eine Häufung zu ahndender Regelwidrigkeiten gefährdet sieht.87 Sportintern mag ein solches Vorgehen zwar – je nach Regelwerk – vertretbar sein. Wäre der Richter bei der Beurteilung einer Mitspielerverletzung aber an die Bewertung des Schiedsrichters gebunden, würden missliche Konsequenzen eintreten, wenn der Regelverstoß nicht geahndet würde und der Richter in der Folge an die Schiedsrichterentscheidung gebunden wäre.88 Noch weitaus gravierender wäre die Situation, wenn der Schiedsrichter bewusst falsche Entscheidungen trifft und beispielsweise Regelverstöße ahndet, die sich tatsächlich

83 Wie das AG Ettenheim, VersR 1991, 1067, 1068 trotz dieser Zahlen zur Überzeugung gelangt, dass der Schiedsrichter nur in Ausnahmefällen einen Regelverstoß nicht erkennen soll, lässt sich jedenfalls empirisch betrachtet nicht nachvollziehen. 84 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 266. Ähnlich auch OLG Celle, VersR 1994, 111, 112 f.; Meier, VersR 2014, 800, 804; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 351 f. Selbst das AG Ettenheim, VersR 1991, 1067, 1068 scheint sich dieser Wertung anzunehmen. 85 S. insofern auch Steiner, Die Autonomie des Sports, 16 sowie ferner Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 266. 86 S. dazu auch OLG Frankfurt, NJW-RR 1991, 418, 419. 87 S. dazu auch OLG Frankfurt, NJW-RR 1991, 418, 419; LG Schweinfurt, VersR 1996, 74 sowie Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 267, die exemplarisch die Vorteilsregelung beim Fußball anführt. In diese Richtung auch RGRK/Steffen, § 823 Rn. 356. 88 Ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 266 f. sowie Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 351 f. Diesen Umstand scheint das AG Ettenheim, VersR 1991, 1067 bei seiner Bewertung, dass eine Entscheidung des Schiedsrichters bis zur Erbringung des vollen Gegenbeweises Bindungswirkung für den Zivilprozess entfalte, nicht ausreichend berücksichtigt zu haben.

I. Besondere Herausforderungen aus dem Bereich der Regelwerke

279

nicht ereignet haben.89 Leider können in Zeiten der Sportmanipulation solche denkbaren rechtsmissbräuchlichen Konstellationen nicht mehr ausgeblendet oder verharmlost werden.90 Vielmehr zeigt sich gerade anhand dieser Konstellation, dass die Verbindlichkeit einer Schiedsrichterentscheidung im Rahmen der Verkehrspflichtkonkretisierung zwingend abgelehnt werden muss, da der schädigende Sportler ansonsten zum Opfer des rechtsmissbräuchlich agierenden Schiedsrichters werden könnte.91 Dies wäre aber der Fall, wenn die bewusst unrichtige Schiedsrichterentscheidung einen Verkehrspflichtverstoß begründete, der – sollte die Schädigung beispielsweise durch ein regelkonformes Verhalten verursacht worden sein – in Wirklichkeit aber gerade abzulehnen gewesen wäre.92 Die schiedsrichterliche Bewertung einer Spielsituation kann somit weder automatisch einen Verkehrspflichtverstoß begründen, noch zur Indikation eines verkehrspflichtgerechten Verhaltens führen.93 Der Richter ist bereits aus diesen Gründen bei der Bewertung einer Mitspielerverletzung nicht an die Entscheidung eines Schiedsrichters gebunden.94 Vor dem Hintergrund der bisherigen Untersuchungsergebnisse ist dieses Ergebnis zudem auch logisch zwingend: Wenn schon die Verkehrspflichtfixierung allein auf Grundlage der Regelwerke abgelehnt werden muss,95 dann muss auch die Bindungswirkung einer auf den Regeln basierenden Schiedsrichterentscheidung abgelehnt werden. Anderenfalls wäre eine Bindungswirkung der Regelwerke über den Umweg des Schiedsrichters die Folge. 89

267 f.

S. dazu auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport,

90 S. allein zur Spielmanipulation durch den ehemaligen Fußballschiedsrichter Robert Hoyzer BGHSt, 51, 165. 91 Dieser Umstand fließt wohl nicht in die Beurteilung des AG Ettenheim, VersR 1991, 1067 ein, wenn entschieden wird, dass eine schiedsrichterliche Bewertung Bindungswirkung bis zur Erbringung des vollen Gegenbeweises entfalte. 92 Dass dieses Verhalten des Schiedsrichters regelmäßig zu einem Schadensersatzanspruch des durch die bewusste Fehlentscheidung geschädigten Sportlers nach § 826 BGB führen wird, kann nicht als adäquater Ausgleich des entstehenden (finanziellen) Nachteils gewertet werden. 93 So auch LG Schweinfurt, VersR 1996, 74; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 266 ff.; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 352; ähnlich auch Pardey, zfs 1995, 281, 282; dagegen AG Ettenheim, VersR 1991, 1067. 94 So auch OLG München, SpuRt 2010, 256, 257; LG Schweinfurt, VersR 1996, 74; BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 534; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 268; Meier, VersR 2014, 800, 804; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 350 ff.; ähnlich auch Pardey, zfs 1995, 281, 282. Gegen dieses Ergebnis wendet sich das AG Ettenheim, VersR 1991, 1067, dessen Entscheidung aber vor dem Hintergrund zahlreicher der Entscheidung immanenten Unzulänglichkeiten als „Ausreißer“ betrachtet werden kann. So ist der Schiedsrichter – anders als das AG Ettenheim, VersR 1991, 1067 urteilt – insbesondere kein Schiedsgutachter im Sinne des § 317 BGB, da im Binnenverhältnis der Sportler keine einseitigen Leistungsbestimmungsrechte bestehen, die durch den Schiedsrichter konkretisiert werden könnten. 95 S. dazu die obigen Ausführungen unter F.II.1.a)bb).

280

G. Praktische Problemfelder der Verkehrspflichtkonkretisierung

Zu Verwunderung führen daher die Aussagen von Götz:96 Wenn ein regelkonformes Verhalten unter Zuhilfenahme der Einheit der Rechtsordnung97 als verkehrspflichtgerecht qualifizieren werden soll,98 dann muss in der Konsequenz dieser Auffassung auch eine Schiedsrichterentscheidung – da der Schiedsrichter und dessen Entscheidungen jedenfalls nach Regel 8:6 der IHR-Handballregeln oder aber nach Regel 12 der FIFA-Fußballregeln direktes Element einer „Rechtsordnung“ des Sports wären99 – Bindungswirkung entfalten. Dies lehnt Götz aber kategorisch ab.100 Vielmehr wendet sie sich explizit – im Sinne der hier vertretenen Auffassung – gegen eine Bindungswirkung von Schiedsrichterentscheidungen und lehnt zudem auch weitere präjudizierende Wirkungen einer schiedsrichterlichen Bewertung ab.101 Ein solches Argumentationsmuster widerspricht der Logik, denn entweder besteht die beschriebene Bindungswirkung der Regeln zur Verkehrspflichtkonkretisierung beim Sport auf ganzer Linie oder sie besteht überhaupt nicht. Wird die Bindung auf Grundlage der Einheit der Rechtsordnung indessen zunächst zur Argumentation genutzt, dann aber an späterer Stelle wieder verneint, mangelt es der Argumentation nicht nur an der logischen Kohärenz, sie nähert sich im Ergebnis vielmehr gar einem „Rosinenpicken“ an.102 Festgehalten werden kann somit, dass dem Schiedsrichter und seinen Entscheidungen materiell-rechtlich keine besondere Bedeutung zukommt. Die Rechtsprechung ist im Rahmen der Verkehrspflichtkonkretisierung insbesondere nicht an eine sportinterne Entscheidung des Schiedsrichters oder eines Sportgerichts gebunden.103 b) Der prozessuale Wert einer Schiedsrichterentscheidung Der Schiedsrichter kann somit allenfalls eine besondere Bedeutung in prozessualer Hinsicht erlangen. Unbestritten kann er als Zeuge zur Aufklärung des Sachverhaltes beitragen. Dadurch lässt sich allerdings noch nicht ermitteln, ob seinen Aussagen 96

Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 266 ff. Dass der Sport aber gerade keine eigenständige Rechtsordnung bildet, wurde oben unter F.II.1.b)aa)(1)(a) nachgewiesen. 98 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 215. 99 S. dazu auch die obigen Ausführungen unter F.II.1.b)aa)(1)(a). 100 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 266. 101 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 266. 102 Einen dahingehenden Vorsatz wird man Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 215 ff., 266 ff. zwar nicht attestieren müssen. Vielmehr kann wohl davon ausgegangen werden, dass sie die Tragweite ihrer Auffassung nicht in Gänze bedacht hat. Dennoch kann die Inkonsistenz der Auffassung nicht geleugnet werden. 103 So auch OLG München, SpuRt 2010, 256, 257; LG Schweinfurt, VersR 1996, 74; Behrends, DOK 1976, 539, 544; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 268; Gschöpf, Haftung bei Verstoß gegen Sportregeln, 89; Pardey, zfs 1995, 281, 282; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 350, 352. S. ferner OLG Frankfurt, NJW-RR 1991, 418, 419; OLG Celle, VersR 1994, 111, 112 sowie im rechtsvergleichenden Kontext Králík, SpuRt 2013, 146, 149. 97

I. Besondere Herausforderungen aus dem Bereich der Regelwerke

281

gegenüber anderen Zeugen ein besonders hoher Beweiswert entnommen werden kann. Sollte der Schiedsrichter bestimmte Wahrnehmungen gerade aufgrund seines sportiven Sachverstandes aufgenommen haben können, kann er auch als sachverständiger Zeuge im Sinne des § 414 ZPO qualifiziert werden.104 Da aber auch § 414 ZPO lediglich zur Anwendung der §§ 373 bis 401 ZPO führt, lässt sich auch bei der Sonderkonstellation eines sachverständigen Zeugen noch kein verallgemeinerungsfähiger Rückschluss auf den Beweiswert der Schiedsrichteraussage ziehen. Basierend auf dieser Ausgangslage wird teilweise erklärt, dass zur Feststellung der Frage, ob in einer Spielsituation die Grenze zwischen zulässiger Härte und haftungsrelevanter Unfairness überschritten wurde, die Bewertung des Schiedsrichters besonders hilfreich sei.105 Eindeutige Folgerungen lassen sich daraus allerdings nicht herleiten. Insbesondere darf nicht verkannt werden, dass sich die Fehleranfälligkeit der schiedsrichterlichen Wahrnehmung106 auch negativ bei der Beweiserhebung und -verwertung auswirken kann. Aus diesem Grunde wird daher einschränkend eingewandt, dass den Feststellungen des Schiedsrichters zur Schwere einer Regelwidrigkeit in einem Spielbericht regelmäßig keine besondere Beweiskraft zukomme.107 Ferner soll auch die Aussage eines Linienrichters nicht allein aufgrund seiner Funktion als glaubhafter erachtet werden dürfen als die Aussage weiterer Zeugen.108 Oftmals wird der Richter sich aber dennoch am Sachverstand und auch an der Wahrnehmung des Schiedsrichters orientieren wollen, manchmal – sollten sich beispielsweise weitere Beweismittel oder andere Zeugenaussagen als unbrauchbar herauskristallisieren – gar müssen.109 Die vorgenannten Tendenzen zeigen recht deutlich auf, dass sich die Rolle des Schiedsrichters in einem Zivilprozess nicht abstrakt systematisieren oder schematisch darstellen lässt. Vielmehr begründen die vorgenannten Aspekte ein gewisses Spannungsverhältnis, das je nach Konstellation eine besondere Bedeutung des Schiedsrichters für den Zivilprozess begründen kann, dennoch aber nicht zwingend muss. Die Rolle des Schiedsrichters und somit auch der (Beweis-)Wert seiner Wahrnehmungen und Aussagen konkretisieren sich somit stets in Abhängigkeit zum zu entscheidenden Einzelfall. In vielerlei Fällen kann die Aussage des Schiedsrichters, insbesondere auch aufgrund seines Sachverstandes, dem entscheidenden Richter eine elementare Hilfestellung bei der Verkehrspflichtkonkretisierung bie104

So auch Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 225. S. zur prozessualen Rolle des sachverständigen Zeugen allein Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 121 Rn. 1 ff., § 122 Rn. 12. 105 OLG Celle, VersR 1994, 111, 112; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 55. 106 S. dazu die obigen Ausführungen unter G.I.4.a). 107 OLG Hamm, MDR 1997, 553; Heermann, Haftung im Sport, Rn. 235; Meier, VersR 2014, 800, 804; Thaler, CaS 2006, 172, 192. Ähnlich auch OLG Düsseldorf, VersR 1996, 73, 74 zur statistischen Dokumentation bestimmter, recht selten auftretender Regelverstöße. 108 So Pardey, zfs 1995, 281, 282. S. ferner auch OLG Nürnberg, zfs 1989, 187, 188. 109 In diese Richtung auch Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 351 f.; ähnlich auch Pardey, zfs 1995, 281, 282.

282

G. Praktische Problemfelder der Verkehrspflichtkonkretisierung

ten.110 Sie kann mitunter aber auch von nachrangiger Bedeutung sein und möglicherweise hinter dem Beweiswert einer anderen Zeugenaussage zurückbleiben.

II. Das Schließen weiterer Bewertungslücken Sollten neben den soeben analysierten Herausforderungen aus dem Bereich der Regelwerke noch weitere Unstimmigkeiten zu Tage treten, bedarf es eines geeigneten Systems, auch diese etwaigen Lücken zu schließen, um eine einwandfreie Konkretisierung einer sportiven Verkehrspflicht zu ermöglichen. Insofern bietet sich wiederum die Möglichkeit an, die verbleibenden Bewertungslücken durch ungeschriebene Regeln111 oder eine ergänzende Regelauslegung zu füllen. Andererseits kann die Lückenschließung aber auch durch die Elemente der weiterreichenden Typizität und der Reziprozität vollzogen werden. Damit die Sportler nicht ex post mit einer Verkehrspflicht konfrontiert werden, mit der sie ex ante auch bei einem sorgfältigem Verhalten nicht rechnen konnten,112 gilt das oben Festgehaltene: Solange Bewertungsherausforderungen auf Grundlage von Reziprozität und Typizität gemeistert werden können, sollte auf den Rückgriff von Kriterien, die den Sportlern ex ante nicht bekannt sein können, verzichtet werden. Nimmt man daher die weiterreichende Typizität sowie die Reziprozität als Mittel der Wahl, erlangen die Sportler die Möglichkeit, das von ihnen erwartete deliktische Verhaltensprogramm ex ante in ihre sportiven Entscheidungsprozesse einfließen lassen zu können. Gleichzeitig lassen sich auf dieser Grundlage auch diejenigen Aspekte einer Verkehrspflicht, die nicht regelbezogen sind, nachvollziehbar und sportangemessen konkretisieren, sodass es im Regelfall nicht des Rückgriffs auf nachträgliche richterlich entwickelte Verhaltensgebote bedarf, die sich möglicherweise im Ergebnis von der Typizität und Reziprozität unterscheiden können. Sollten losgelöst davon weitere Bewertungslücken gegeben sein, lassen sich etwaige Bewertungsprobleme anhand der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast auflösen. Dementsprechend trifft nach allgemeinen Grundsätzen diejenige Partei die Darlegungs- und Beweislast, die sich auf die für sie „günstigen“ Tatsachen beruft.113 110 Ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 268; Gschöpf, Haftung bei Verstoß gegen Sportregeln, 89 f.; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 351 f. 111 Für eine solche Vorgehensweise zur praktischen Lückenfüllung sprechen sich explizit BGHZ 63, 140, 147; Kreutz, JA 2011, 337, 340 und Scheffen, NJW 1990, 2658, 2659 aus. S. zudem auch die obigen Ausführungen unter G.I.1. 112 S. zu dieser Widrigkeit auch Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 188. 113 S. zur Darlegungs- und Beweislast im Allgemeinen allein Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 116 Rn. 7, 40 ff. S. zu sportspezifischen Aspekten der Darlegungs- und Beweislast allein BGHZ 63, 140, 148; BGH, NJW 1976, 957; 2010, 537, 538; OLG Bamberg, NJW 1972, 1820; OLG Frankfurt, NJW-RR 1991, 418; OLG Düsseldorf, VersR 1992, 841; LG Marburg, NJW-RR 1998, 1243; Deutsch, VersR 1974, 1045, 1050; Erman/Wilhelmi, § 823

III. Die Beurteilung einzelner typischer Problemfelder

283

So lassen sich alle weiteren und hier nicht explizit diskutierten prozessualen Fragestellungen der Sportlerhaftung zielführend und zumeist auch ex ante kalkulierbar bewältigen.114

III. Die Beurteilung einzelner typischer Problemfelder Richtet man den Fokus abschließend auf einzelne typische Problemfelder, bietet es sich an, diese anhand ihrer spezifischen Wertungsdimensionen zu konkretisieren. Problematisch ist insbesondere, dass die Rechtsprechung oftmals keine detaillierte Begründung der sportiven Verkehrspflichten liefert. Den Feststellungen der Rechtsprechung lässt sich meist nur entnehmen, dass ein Fußballspieler nicht mehr aggressiv gegen den Ball arbeiten darf, wenn der Torwart ihn bereits unter Kontrolle hat, der Tennisspieler einen Ball nur spielen darf, wenn der Gegenspieler annahmebereit ist oder ein Golfball erst dann zu spielen ist, wenn der Spieler weiß, dass er seine Mitspieler nicht verletzen kann.115 Die darauf aufbauenden Ergebnisse können zwar meist überzeugen, dennoch bleibt die Rechtsprechung oftmals eine Begründung schuldig, wie sie die einzelnen Aspekte des deliktischen Verhaltensprogramms konkretisiert, entwickelt und gewichtet. Aus dogmatischer Sicht ist ein solches Vorgehen in vielerlei Konstellationen recht unbefriedigend.116 Sicherlich kann die Rechtsprechung nicht immer der Aufgabe gerecht werden, die notwendige Begründungstransparenz zu schaffen, um bestimmte Einzelaspekte sinnvoll und insbesondere kasuistikreduzierend systematisieren zu können. Teilweise hat es aber den Anschein, dass allein die pragmatische Ergebnisfindung im Vordergrund steht. Dieser Kritik könnte die Rechtsprechung dauerhaft entgehen, indem sie versuchte, bestimmte Aspekte einer Mitspielerverletzung anhand ihrer spezifischen Wertungsdimension zu systematisieren. So können viele Einzelaspekte des Sports, die zu Herausforderungen bei der haftungsrechtlichen Bewertung führen können, einer sachlichen, persönlichen, zeitlichen oder örtlichen Dimension zugeordnet Rn. 104; Füllgraf, VersR 1983, 705, 712; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 694; Staudinger/ Hager [2017], Vor § 823 Rn. 56, 60. 114 Die Beurteilung nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen führt insoweit auch zu dem Vorteil, dass atypischen Konstellationen zielführend begegnet werden kann. So können – allein schon aufgrund der unzähligen Facetten des Sports – auch heutzutage nicht abzusehende Sonderkonstellationen einem klaren Ergebnis zugeführt werden, ohne dass es der Etablierung besonderer prozessualer Grundsätze bedarf. 115 S. insofern BGH, VersR 1957, 290, 291 zum Fußball; OLG Braunschweig, VersR 1991, 1066; OLG Hamm, VersR 2001, 346; LG Wuppertal, VersR 1969, 337 zum Tennis sowie OLG Nürnberg, NJW-RR 1990, 1503; OLG Hamm, VersR 1998, 67, 68; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1999, 608 zum Golf. S. darauf aufbauend auch die zusammengefasste Kasuistik bei jurisPK-BGB/J. Lange, § 823 Rn. 110, 112; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 693 ff.; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 57, 61. 116 In eine ähnliche Richtung auch Meier, VersR 2014, 800, 801, der darauf verweist, dass sich die Rechtsprechung regelmäßig nicht zu dogmatischen Fragen äußere.

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G. Praktische Problemfelder der Verkehrspflichtkonkretisierung

werden, ohne dass jeder potentiell problematische Einzelaspekt zu einer eigenen Fallgruppe der Sportlerhaftung hochstilisiert werden muss.117 Ein solches Vorgehen beinhaltet gleich zweierlei Vorteile: Einerseits wird eine Systematisierung ermöglicht, anhand derer die Praxis die entsprechenden Verkehrspflichten gezielter für typische Schädigungskonstellationen konkretisieren kann als bisher. Andererseits wird eine Vermengung spezifischer Bewertungsherausforderungen vermieden, wenn in einem ersten Schritt zunächst die relevanten Einzelaspekte herausgebildet und diese erst in einem zweiten Schritt mit den besonderen Sport- oder Spielsituationen des relevanten Einzelfalles kumuliert werden. Durch eine solche Systematisierung kann der weit ausufernden Kasuistik des Sporthaftungsrechts begegnet werden, ohne notwendige Details und Einzelaspekte aussparen zu müssen. Bewertet man diese einzelnen Problemfelder sodann auf Grundlage der hier entwickelten Kriterien der sportiven Verkehrspflichten und insbesondere anhand von Typizität und Reziprozität, lassen sie sich regelmäßig nachvollziehbar und sportangemessen in die einzelfallbezogene haftungsrechtliche Bewertung integrieren. 1. Die personelle Dimension Blickt man zunächst auf die personelle Dimension, lässt sich auf ihrer Grundlage zunächst der privilegierte Personenkreis der Sportlerhaftung konturieren. Sicher ist, dass die aktiven Sportler in den Genuss einer eingeschränkten deliktischen Verantwortlichkeit gelangen sollen. Allerdings lassen sich dadurch keine Aussagen hinsichtlich weiterer aktiv am Sportgeschehen beteiligter Personen, wie beispielsweise Schiedsrichtern, Auswechselspielern, Trainern oder Betreuern, ableiten. Sollten diese Personen ähnlichen Risiken wie die aktiven Sportler ausgesetzt sein, könnte es angemessen sein, auch diese dem privilegierten Personenkreis zuzurechnen. Darüber hinaus ist zu eruieren, ob die Verkehrspflichten im Binnenverhältnis der Sportler ein einheitliches Sicherheitsniveau aufweisen oder vielleicht noch weitere individuelle Aspekte Einfluss nehmen können, beispielsweise wenn Sportler unterschiedlicher Leistungsklassen, Alters- und Erfahrungsstufen aufeinandertreffen, in gemischtgeschlechtlichen Mannschaften gespielt wird oder aber eine Mannschaft oder ein Sportler uneinholbar auf den Sieg zusteuert. Hinsichtlich dieser Aspekte mag man im ersten Moment geneigt sein, pauschale Differenzierungen aufgrund der persönlichen Merkmale der Sportler vornehmen zu wollen. Sollten sich solche Differenzierungen im Rahmen der objektiven Verkehrskreiskonkretisierung rechtfertigen lassen, stehen einem solchen Vorgehen im Ergebnis auch keine gravierenden 117 Negativbeispiele zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass zunächst zwischen Kampf- und Parallelsport unterschieden, gleichzeitig aber auch noch zwischen Leistungsklassen differenziert wird, um letztlich dennoch darauf zu rekurrieren, dass die Schädigung nicht während eines Wettkampfes, sondern im Training verursacht wurde. Ein solches Vorgehen fördert lediglich eine kasuistische Betrachtung, eine tiefergehende systematische Analyse haftungsrechtlich relevanter Sportsituation hingegen wird dadurch nicht gefördert.

III. Die Beurteilung einzelner typischer Problemfelder

285

Hindernisse im Wege. Sollten aber hauptsächlich subjektive Aspekte des einzelnen Sportlers im Vordergrund stehen, ist Vorsicht geboten: So erscheint es im ersten Moment naheliegend, individuelle Komponenten im Rahmen der personellen Dimension mit in die Verkehrspflichtkonkretisierung aufnehmen zu wollen. Es darf aber nicht außer Acht gelassen werden, dass besondere persönliche Aspekte das objektive Sicherheitsniveau nicht zu ausufernd beeinflussen dürfen.118 Jedenfalls sollten, wie auch Petev argumentiert, die persönlichen Fähigkeiten und Möglichkeiten des Schädigers, die Regeln in der entsprechenden Spielsituation einhalten zu können, möglichst unberücksichtigt bleiben.119 Darüber hinaus darf – wie auch Bonde verdeutlicht – nicht vergessen werden, dass die deliktischen Verhaltenspflichten den organisierten und unorganisierten Sport gleichermaßen betreffen.120 Gerade aus diesem Grunde sollen besondere persönliche Eigenschaften oder Besonderheiten des Sportlers nur ausnahmsweise im Rahmen der reduzierten Verschuldensprüfung zur Geltung kommen.121 a) Der privilegierte Personenkreis Wendet man sich zunächst dem grundsätzlich privilegierten Personenkreis der Sportlerhaftung zu, muss zum einen thematisiert werden, welche Personen oder Personengruppen in den Genuss einer eingeschränkten deliktischen Verantwortlichkeit bei der Sportausübung gelangen können. Zum anderen stellt sich auch die Frage, ob innerhalb dieser Personengruppen noch nach subjektiv determinierten Kriterien unterschieden werden kann oder vielleicht auch muss, beispielsweise wenn Sportler unterschiedlicher Leistungsklassen aufeinander treffen. aa) Gegenspieler Da das erhöhte Gefährdungspotential des Sports regelmäßig gegnerische Sportler betrifft, sind diese grundsätzlich dem privilegierten Personenkreis zuzurechnen. Etwas anderes kann natürlich dann gelten, wenn eine bestimmte Sportart von vornherein so ausgetragen wird, dass die einzelnen Sportler nicht in einen direkten Wettkampfkontakt zu ihren Mitsportlern treten, wie beispielsweise bei manchen Disziplinen der Leichtathletik, wie etwa dem Diskus- oder Speerwerfen.122 Dies ändert dennoch nichts an dem Umstand, dass die Gegenspieler des Sportlers der sportspezifischen Gefahr regelmäßig direkt ausgesetzt sind.

118 119 120 121 122

108 f.

S. insofern auch im Allgemeinen die obigen Ausführungen unter D.V.2. Petev, VersR 1976, 320, 323. In diese Richtung auch Deutsch, VersR 1974, 1045, 1049. Bonde, SchlHA 1984, 178, 180. S. insoweit auch die obigen Ausführungen unter D.V.3. S. in diesem Kontext auch Hauk, Die zivilrechtliche Haftung bei Sportverletzungen,

286

G. Praktische Problemfelder der Verkehrspflichtkonkretisierung

bb) Mitspieler Ähnliches gilt für die Mitspieler des schädigenden Sportlers. Wohl aus der Selbstverständlichkeit heraus, dass Mit- und Gegenspieler einem ähnlichen Schädigungsrisiko ausgesetzt sind, wird nicht explizit hervorgehoben, dass die privilegierte Sportlerhaftung nicht nur im Verhältnis zu den Gegenspielern, sondern auch im Verhältnis zu Mitsportlern der eigenen Mannschaft greift. Die Terminologie der Mitspielerverletzung mag insoweit möglicherweise zu begrifflichen Missverständnissen führen.123 Da aber eine erhöhte Verletzungsgefahr und die Reziprozität des Schädigungsrisikos zwischen allen aktiv beteiligten Sportlern – unabhängig ob Mitspieler oder Gegenspieler – entweder gegeben oder nicht gegeben ist, gelten gegenüber Mitspielern des eigenen Teams keine anderen Grundsätze als bei gegnerischen Sportlern.124 Für die Praxis lässt sich dies auch exemplarisch anhand mehrerer Entscheidungen zum Tennis belegen, in denen die Rechtsprechung ohne größere Anstrengungen festhielt, dass das erhöhte Sportrisiko auch dann gegeben ist, wenn der eigene Mitspieler durch einen unbeabsichtigten Treffer mit dem Tennisschläger oder durch einen verunglückten Ball geschädigt wird.125 cc) Auswechselspieler Anders hingegen wird in aller Regel die Bewertung im Verhältnis zwischen aktivem Sportler und Auswechselspieler sowie im Binnenverhältnis von Auswechseloder Reservespielern ausfallen. Da Auswechsel- oder Reservespieler überwiegend nicht mit dem gesteigerten Schädigungsrisiko des Sports und der damit meist auch einhergehenden Reziprozität der Verletzungsgefahr konfrontiert werden,126 unter-

123

S. in diesem Lichte auch die obigen Ausführungen unter B.II.2. sowie G.III.1.a)aa). Im Ergebnis auch Zimmermann, VersR 1980, 497, 500. Etwas abweichend Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 221, der davon ausgeht, dass das Verhalten mit Mitspieler gegenüber anders ausgerichtet sei, als gegenüber dem Gegenspieler. Dies mag im Training zwar oftmals zustimmen, im Wettkampf kann dies aber durchaus bezweifelt werden, wenn der übergeordnete Zweck – der sportliche Sieg – im Vordergrund steht. Letztlich stellt Thaler die grundsätzliche Privilegierung im Verhältnis der Mitspieler aber nicht ernstlich in Frage, sondern befürwortet lediglich die Möglichkeit einer Abstufung des Sorgfaltsniveaus. 125 S. insoweit OLG Hamm, NJW-RR 1991, 418; OLG Braunschweig, VersR 1991, 1066; OLG Düsseldorf, VersR 2006, 1267, 1268 f. sowie AG Nürnberg, r+s 1977, 56. S. ferner OLG München, NJW 1970, 2297; OLG Hamm, VersR 2001, 346, 347. 126 Dies liegt im Wesentlichen daran, dass sie in den meisten Sportarten, auch wenn sie sich für einen alsbaldigen Einsatz bereit machen, nicht mit dem eigentlichen Wettkampf konfrontiert werden, sondern im Regelfall räumlich vom aktiven Sportgeschehen getrennt sind. Anders liegt dies etwa beim Eishockey, wo die Auswechselbank direkt an die Bande des Spielfeldes anschließt. Aus diesem Grunde müssen, wie das OLG Hamm, OLGZ 1989, 235 zutreffend feststellt, auch die Auswechselspieler mit Schädigungen durch einen abirrenden Puck rechnen. 124

III. Die Beurteilung einzelner typischer Problemfelder

287

liegen sie – sollten sie einen anderen Sportler schädigen – regelmäßig nicht der privilegierten Sportlerhaftung.127 Ausnahmen bestehen natürlich bei Sportarten, wie beispielsweise beim Handball oder Eis- und Feldhockey, in denen ein „fliegender Wechsel“ ohne Spielunterbrechung möglich ist.128 Sollte eine Mitsportlerverletzung in einem direkten Bezug zu einem Spielerwechsel stehen, wird oftmals Reziprozität der Schädigungsgefahr gegeben sein. Dies hätte zur Folge, dass auch Auswechselspieler dem privilegierten Personenkreis zugerechnet werden können. Meistens wird aber sowohl im Verhältnis zwischen aktiven Sportlern und Auswechselspielern als auch im Binnenverhältnis der Auswechsel- und Reservespieler, ein gesteigertes, sportimmanentes Schädigungsrisiko und somit die entsprechende Reziprozität der Schädigungsgefahr fehlen. dd) Trainer und Mannschaftsbetreuer Trainer oder auch Mannschaftsbetreuer nehmen in den meisten Sportarten ebenfalls keine aktive Rolle innerhalb des konkreten Spielablaufs ein.129 Dementsprechend werden sie regelmäßig auch nicht mit dem erhöhten, sportimmanenten Verletzungsrisiko konfrontiert. Dies führt dazu, dass sie – in dem wohl auch sehr unwahrscheinlichen Falle der Schädigung eines Sportlers – grundsätzlich nicht der privilegierten Sportlerhaftung unterliegen.130 ee) Schiedsrichter Bezüglich der Position des Schiedsrichters gestaltet sich die Bewertung etwas komplexer. Dies liegt vornehmlich daran, dass die Rolle des Schiedsrichters von Sportart zu Sportart divergiert.131 Teilweise nimmt der Schiedsrichter eine aktive Rolle innerhalb des Spielgeschehens ein, teilweise ist er nicht einmal auf der 127

Sollten sie – im umgekehrten Falle – von einem aktiven Sportler geschädigt werden und sich in der Schädigung lediglich eine typische Sportgefährdung realisieren, wird ein Verkehrspflichtverstoß des Schädigers regelmäßig abzulehnen sein. S. in diesem Zusammenhang auch G.III.1.a)ee). 128 S. zum Eishockey Regel 88 des Rulebooks der „International Ice Hockey Federation“, zum Feldhockey Regel 2.3 lit. a), b) und c) des ,Deutschen Hockey-Bundes‘ sowie zum Handball IHRRegel 4:4 und 4:5 des ,Deutschen Handballbundes‘. S. insofern auch aus der Rechtsprechung zum Eishockey OLG Hamm, OLGZ 1989, 235, 236 f. S. zu den entsprechenden Regelwerken Fn. 14, 1288, 1388. 129 So bezüglich Schädigungen durch Trainer oder Mannschaftsbetreuer auch Schmitt, Körperverletzungen bei Fußballspielen, 53. 130 Im umgekehrten Falle einer Schädigung durch einen aktiven Sportler, wird ein Verkehrspflichtverstoß des Schädigers regelmäßig abzulehnen sein, sofern sich insoweit lediglich eine sporttypische Gefahr realisiert. S. insofern auch G.III.1.a)ee). 131 S. insoweit auch die obigen Ausführungen unter G.I.4.

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G. Praktische Problemfelder der Verkehrspflichtkonkretisierung

Sportfläche zugegen. Pauschale Rückschlüsse verbieten sich aus diesem Grunde.132 Somit kann nur attestiert werden, dass der schädigende Schiedsrichter im Rahmen mancher Sportarten privilegierungswürdig ist, bei manchen anderen Sportarten hingegen nicht.133 Entscheidend sind insoweit wieder die Kriterien von Typizität und Reziprozität.134 Sollte der Schiedsrichter in einer Situation, die von einem gesteigerten Gefährdungspotential und gleichzeitig bestehender Reziprozität eben dieses Risikos geprägt ist, einen Sportler schädigen, unterliegt er grundsätzlich der privilegierten Sportlerhaftung.135 Zu denken sei beispielsweise daran, dass der Schiedsrichter, während er versucht aggressiv aneinander geratene Sportler zu trennen, einen dieser Sportler verletzt.136 Ähnliches gilt, wenn der Schiedsrichter durch einen Sportler geschädigt werden sollte. Ist ein Schiedsrichter in das aktive Spielgeschehen eingebunden, ist es nicht allzu fernliegend, dass ein Sportler auch einmal einen Schiedsrichter im Eifer des sportlichen Gefechts verletzen kann.137 Sollte eine solche Konstellation gegeben sein, die wieder anhand von Typizität und Reziprozität qualifiziert werden kann,138 wird ein Verkehrspflichtverstoß des schädigenden Sportlers auch dem geschädigten Schiedsrichter gegenüber regelmäßig zu verneinen sein.139 Dies gilt allerdings nur für sporttypische Situationen.140 Sollte der Schiedsrichter in einer sportatypischen Situation oder außerhalb einer konkreten Spielsituation durch einen Sportler geschädigt werden, beispielsweise wenn der Schiedsrichter während einer Wettkampfunterbrechung eine körperliche Auseinandersetzung auflösen will, wird regelmäßig ein Verkehrspflichtverstoß und in der Folge auch eine Haftung des schädigenden Sportlers gegeben sein.141 132

S. insoweit auch die obigen Ausführungen unter G.I.4. In diese Richtung auch Korff, Sportrecht, Rn. 262 f. S. ferner BGH, NJW-RR 2006, 813, 815 sowie OLG Hamm, r+s 1994, 297. 134 So auch BGH, NJW-RR 2006, 813, 815. 135 So jedenfalls im Ergebnis auch OLG Hamm, r+s 1994, 297; Korff, Sportrecht, Rn. 262; Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 241; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 50; ähnlich auch Pfister, FS Gitter, 731, 735. S. ferner BGH, NJW-RR 2006, 813, 815. 136 S. dazu OLG Hamm, r+s 1994, 297. So auch Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 50 sowie ferner Schöntag, Rechtliche Probleme um den Sportschiedsrichter, 265 f. 137 S. dazu auch BGH, NJW-RR 2006, 813, 815. 138 Für eine solche Vorgehensweise spricht sich auch der BGH, NJW-RR 2006, 813, 815 aus. 139 Im Ergebnis auch Korff, Sportrecht, Rn. 262; Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 241. 140 So auch OLG Stuttgart, VersR 2001, 347, 348; Korff, Sportrecht, Rn. 262 f. Ähnlich auch Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 241. S. in diesem Kontext auch OLG Oldenburg, SpuRt 1994, 202. 141 So auch Korff, Sportrecht, Rn. 262 f. S. zudem auch Hilpert, Nationale und internationale Fußballrechtsprechung, 46 ff., 182; Weimar, ZfV 1954, 441, 441. S. für den umge133

III. Die Beurteilung einzelner typischer Problemfelder

289

b) Die Unterscheidung nach weiteren personell geprägten Aspekten Von weiterer praktischer Bedeutung ist zudem, ob persönlich geprägte Aspekte eine Differenzierung bei der Verkehrspflichtkonkretisierung ermöglichen oder möglicherweise gar zwingend erfordern. aa) Differenzierung nach Alters- und Leistungsklassen sowie Geschlecht (1) Der Einfluss von Alters- und Leistungsklassen Von besonderer praktischer Bedeutung ist zunächst, ob eine Differenzierung zwischen unterschiedlichen Leistungsklassen vorzunehmen ist. Die Problematik lässt sich recht simpel skizzieren: Im Regelfall werden Sportler höherer Leistungsklassen geschickter in der Sportausübung sein als Sportler niedrigerer Leistungsklassen.142 Dies wird insbesondere deutlich, wenn Entscheidungen in Sekundenbruchteilen zu treffen sind. Während Profisportler oftmals einschätzen können, ob ihr Einsatz einen Regelverstoß oder eine direkte Gefährdung weiterer Sportler nach sich ziehen kann, sind Amateursportler dazu vielfach nicht in dem Maße in der Lage.143 Ob sich daraus aber auch Auswirkungen auf die Verkehrspflichtkonkretisierung ergeben können, ist noch nicht eindeutig geklärt. So wird einerseits argumentiert, dass im Rahmen divergierender Leistungsklassen unterschiedliche Anforderungen an die Verkehrskreise zu stellen seien.144 Auf dieser Grundlage wird insbesondere eine Unterscheidung zwischen Amateur- und Profisport befürwortet.145 Zudem soll so aber auch zwischen Männern und Frauen un-

kehrten Fall, dass der Schiedsrichter im Rahmen einer solchen Situation einen Sportler schädigt auch Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 50. S. ferner OLG Stuttgart, VersR 2001, 347, 348 zu einer Schädigung des Schiedsrichters während einer Spielunterbrechung sowie OLG Oldenburg, SpuRt 1994, 202 zu einer Schädigung nach Spielende. S. insoweit auch aus der kriminologischen Perspektive Schmitt, Körperverletzungen bei Fußballspielen, 43. 142 Ähnlich auch Deutsch, VersR 1974, 1045, 1049. S. ferner auch AG Ettenheim, VersR 1991, 1067, 1068; Fleischer, VersR 1999, 785, 790; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 287 ff.; Schild, Sportstrafrecht, 119. 143 Ähnlich auch AG Ettenheim, VersR 1991, 1067, 1068; Deutsch, VersR 1974, 1045, 1049. S. zudem auch LG Marburg, NJW-RR 1998, 1243; BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 576; Fleischer, VersR 1999, 785, 790 sowie Schild, Sportstrafrecht, 119. S. insbesondere für den Problemkreis minderjähriger Sportler Birr, Die Haftung Minderjähriger im Zivilrecht, Rn. 82. 144 So explizit Kreutz, JA 2011, 337, 341. S. zudem auch OLG Hamm, VersR 1999, 463; AG Ettenheim, VersR 1991, 1067, 1068; Brüggemeier, Haftungsrecht, 243; Deutsch, VersR 1974, 1045, 1049; Fleischer, VersR 1999, 785, 790; Schild, Sportstrafrecht, 119. 145 So Deutsch, VersR 1974, 1045, 1049; Fleischer, VersR 1999, 785, 790; im Ergebnis wohl auch LG Marburg, NJW-RR 1998, 1243, 1243 f. S. aus der Strafrechtsliteratur dazu allein Schild, Sportstrafrecht, 119.

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G. Praktische Problemfelder der Verkehrspflichtkonkretisierung

terschieden werden können.146 Auf dieser Basis wäre es somit möglich, das deliktische Verhaltensprogramm der Profisportler in manchen Situationen strenger auszugestalten als dasjenige der Amateursportler. Lässt man also die Tatsache, dass Amateure regelmäßig nicht die sportliche Präzision eines Profis erreichen können, im Rahmen der Verkehrskreiskonkretisierung einfließen, kann man so auf solider Grundlage ein Sorgfaltsgefälle zwischen Amateuren und Profis begründen.147 Stets beachtet werden muss aber, dass sich die konkreten Verhaltensanforderungen der Profi- und Amateursportler im Ergebnis nicht zu extrem voneinander entfernen dürfen, da sie stets noch den Kriterien von Typizität und Reziprozität gerecht werden müssen. Andererseits wird aus präventiven Erwägungen heraus – insbesondere bei der Beteiligung minderjähriger Sportler – gefordert, dass für Freizeitsportler ein strengerer Sorgfaltsmaßstab als für professionelle Sportler gelten sollte.148 Hinter dieser Auffassung steht die Intention, dass der Freizeitsport und das sportliche Treiben Minderjähriger möglichst risiko- und verletzungsarm ausgestaltet sein sollen. Eine derartige Maxime ist auf den ersten Blick sicherlich anerkennenswert, trotzdem lässt sie sich bei tiefergehender Betrachtung nur schwerlich mit der Wirklichkeit des Freizeit- und Minderjährigensports in Einklang bringen. So führt es insbesondere zu Unbehagen, Freizeitsportlern oder auch minderjährigen Sportlern ein Verhaltensprogramm aufzubürden, das sie schon aus den oben genannten Umständen nicht immer einhalten können. Wenn eingefordert wird, den Amateursport hinsichtlich der deliktischen Verhaltenspflichten strenger auszugestalten als den Profibereich, gleichzeitig aber die Tatsache bekannt ist, dass Amateure regelmäßig gleich aus mehreren Gründen nicht in der Lage sind, das sportliche Niveau eines Profis zu erreichen, klafft eine gravierende Lücke zwischen der sportiven Wirklichkeit und dem Wunsch einer möglichst risikoarmen Sportausübung. Vielmehr könnte der präventive Gedanke dieser Auffassung auch zur Repression verkommen, da die Freizeitsportler ihren Einsatz umso mehr überdenken könnten, wenn sie sich noch sorgfältiger verhalten müssten als professionelle Akteure. Bei realistischer Einschätzung der eigenen Fähigkeiten, Defizite und möglichen haftungsrechtlichen Folgen könnten in der Folge insbesondere umsichtige Freizeitsportler Abstand von der aktiven Sportausübung nehmen. Diese Konsequenz verkehrte aber gerade die Grundidee der Auffassung, die Sportausübung risikoärmer zu gestalten, da sie sicher nicht darauf ausgelegt ist, Sportler aufgrund der haftungsrechtlichen Dimension von

146 So Deutsch, VersR 1974, 1045, 1049; Fleischer, VersR 1999, 785, 790. S. insofern auch die Ausführungen unter G.III.1.b)aa)(2). 147 S. in diesem Kontext auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 287 ff. 148 So Birr, Die Haftung Minderjähriger im Zivilrecht, Rn. 82; Hollenbach, VersR 2003, 1091, 1096, 1097.

III. Die Beurteilung einzelner typischer Problemfelder

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ihrer Leidenschaft abzuhalten.149 Dies wird umso deutlicher, wenn man den Transfer der Verhaltenspflichten eines Profisportlers auf einen minderjährigen Akteur, der möglicherweise nie die Ambitionen eines professionellen Sportlers entwickeln will und wird, hinterfragt. So lässt sich jedenfalls auch aus präventiver Sicht kein stichhaltiger Grund finden, Minderjährige, die regelmäßig sowohl physisch als auch psychisch noch nicht die Entwicklung eines Erwachsenen durchlaufen haben, einem strengeren deliktischen Verhaltensprogramm als einen erwachsenen Profi zu unterstellen.150 So zeigt gerade die Aussage von Hollenbach, der in strengen Verhaltensanforderungen an minderjährige Sportler ein „brauchbares Instrument, um das Spiel zwischen Kindern und Jugendlichen in angemessene Bahnen zu führen“ sieht,151 dass der präventive Grundgedanke insoweit direkt mit einer nicht unwesentlichen repressiven Funktion versehen wird.152 Dass sich allein daraus aber noch keine Risikofreiheit ergibt oder Schädigungen effektiv vermieden werden können, muss letztlich auch Hollenbach eingestehen.153 Schließlich wird eingewandt, dass auch von leistungsschwächeren Sportlern zumindest verlangt werden könne, die Regeln möglichst einzuhalten.154 Dieser, bezüglich der Regelkonformität vollumfänglich zutreffenden Aussage, könnte man entnehmen, dass die Verhaltenspflichten zwischen Amateuren und professionellen Sportlern grundsätzlich identisch ausgestaltet sein sollen. Da ein regelkonformes Verhalten des schädigenden Sportlers nach dem hier entwickelten Lösungsansatz aber keinen Verkehrspflichtverstoß begründet,155 verliert die Aussage letztlich ihre Relevanz für eine mögliche Leistungsdifferenzierung. Zudem lassen sich aus ihr keine Rückschlüsse für den insoweit weitaus relevanteren Bereich des regelwidrigen Verhaltens ableiten. 149 Zudem enthalten die meisten Regelwerke selbst bereits ausreichend präventive Elemente, etwa durch Regelungen zur Schutzausrüstung oder aber auch durch Verbote bestimmter gefährdender Verhaltensweisen. 150 So heben sowohl der BGH, NJW 1987, 1947, 1949 als auch Scheffen, NJW 1990, 2658, 2664 hervor, dass entwicklungstypische Eigenschaften zu Gunsten des minderjährigen Sportlers zu berücksichtigen seien. Diese zutreffende Sichtweise wird durch die Auffassung von Hollenbach, VersR 2003, 1091, 1097 diametral konterkariert. Widersprüchlich sind ferner auch die Ausführungen von Birr, Die Haftung Minderjähriger im Zivilrecht, Rn. 60, 82, wenn zunächst darauf verwiesen wird, dass der Spieltrieb und andere alterstypische Faktoren sorgfaltsmindernd berücksichtigt werden sollen, gleichzeitig für minderjährige (Freizeit-)Sportler aber ein strengerer Maßstab als gegenüber professionellen, erwachsenen Sportlern gefordert wird. 151 Hollenbach, VersR 2003, 1091, 1097. 152 In eine ähnliche Richtung auch Scheffen, NJW 1990, 2658, 2664, die insofern rügt, dass der Spieltrieb, Erfahrungsdrang und oftmals auch ein gewisser Übermut Minderjähriger von der Praxis nicht ausreichend gewürdigt würden. 153 Hollenbach, VersR 2003, 1091, 1097. 154 So Petev, VersR 1976, 320, 323. Ähnlich auch H. W. Schmidt, VersR 1963, 1101, 1102, der konstatiert, dass der Sportler nicht nur beim Golf, sondern auch bei jeder anderen Sportart dafür zu sorgen habe, gefahrlos zu spielen. In diese Richtung auch Deutsch, VersR 1974, 1045, 1049; Scheffen, NJW 1990, 2658, 2659. S. ferner auch die obigen Ausführungen unter D.V.3. 155 S. dazu die obigen Ausführungen unter F.II.1.b)aa)(3).

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G. Praktische Problemfelder der Verkehrspflichtkonkretisierung

Dass gerade im Bereich der Regelwidrigkeiten die grundsätzliche Möglichkeit einer Feindifferenzierung zwischen Freizeit- und Profisportlern sinnvoll sein kann, wurde bereits durch die oben dargestellte Tatsachenlage verdeutlicht. Vollzieht man eine Unterscheidung zwischen Leistungsklassen anhand der Verkehrskreiskonkretisierung, lässt sich auf dieser Grundlage somit durchaus ein unterschiedliches Sorgfaltsniveau zwischen einzelnen Sportlergruppen begründen.156 Im Regelfall kann durch ein solches Vorgehen ein abgeschwächtes Sorgfaltsniveau zugunsten des Freizeit- und Amateursports erreicht werden.157 Dies hat insbesondere dann Sinn, wenn Amateursportler aufgrund unterschiedlichster persönlicher Umstände nicht in der Lage sind, die Fähigkeiten eines Profisportlers zu erreichen. Eine Differenzierung zwischen einzelnen Sportlern des identischen Verkehrskreises hingegen wird man regelmäßig wohl nicht rechtfertigen können. Dies folgt wiederum aus dem bereits oben genannten Umstand, dass die individuellen Fähigkeiten und Möglichkeiten des einzelnen Sportlers innerhalb des konkreten Verkehrskreises nur in Ausnahmefällen zu seinen Gunsten Berücksichtigung finden können. (2) Der Einfluss des Geschlechts Will man auf dieser Grundlage außerdem eine Differenzierung zwischen männlichen und weiblichen Sportlern vollziehen,158 ist zunächst zu unterscheiden, ob der Sport gleich- oder verschiedengeschlechtlich ausgetragen wird.159 Nur bei einer gemischtgeschlechtlichen Sportausübung könnte es überhaupt einer weiteren Feindifferenzierung bedürfen,160 da im Rahmen der gleichgeschlechtlichen Sportausübung anhand des dargestellten Modells bereits nach Leistungsklassen im Rahmen der Verkehrskreiskonkretisierung unterschieden werden kann. Im Rahmen der gemischtgeschlechtlichen Sportausübung stellt sich sodann die Frage, ob ein Sportler aufgrund seiner geschlechtstypischen Attribute einer Besser- oder Schlechterstellung gegenüber dem anderen Geschlecht unterliegt. Dies wird bei 156 So auch Brüggemeier, Haftungsrecht, 243; Deutsch, VersR 1974, 1045, 1049; Fleischer, VersR 1999, 785, 790; Kreutz, JA 2011, 337, 341. S. dazu auch AG Ettenheim, VersR 1991, 1067, 1068. 157 So explizit Fleischer, VersR 1999, 785, 790; in diese Richtung auch Deutsch, VersR 1974, 1045, 1049; Kreutz, JA 2011, 337, 341. S. dazu auch BGH, NJW 1987, 1947, 1949 sowie AG Ettenheim, VersR 1991, 1067, 1068. 158 Für eine solche Differenzierung sprechen sich Deutsch, VersR 1974, 1045, 1049 und Fleischer, VersR 1999, 785, 790 aus. S. ferner zur geschlechtsspezifischen statistischen Verteilung der Verletzungsgefahr und konkreter Verletzungen beim Fußball aus medizinischer Sicht Meffert, Sportverletzungen im Fußball, 29 ff., 48 ff. 159 S. insofern auch Fleischer, VersR 1999, 785, 790, der sich allerdings nicht tiefergehend mit der Thematik beschäftigt, eine gesonderte haftungsrechtliche Beurteilung bei gemischtgeschlechtlicher Sportausübung aber explizit befürwortet. 160 S. zu einer solchen Konstellation Fleischer, VersR 1999, 785, 790. Dass ansonsten nicht zwischen weiblichen und männlichen Sportlern zu unterscheiden ist und die Grundsätze der privilegierten Sportlerhaftung explizit auch für weibliche Sportler gelten, bestätigte in jüngster Zeit das OLG Hamm, Beschl. v. 22. 21. 2016 – 9 U 138/16.

III. Die Beurteilung einzelner typischer Problemfelder

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Sportarten, die im Wesentlichen durch Kraft, Gewicht, Geschwindigkeit und Ausdauer geprägt sind, regelmäßig der Fall sein. Insoweit hat es durchaus Sinn, zwischen den Geschlechtern zu differenzieren und die im Regelfall durch diese Attribute benachteiligten Frauen einem etwas milderen Verhaltensprogramm zu unterwerfen, da sie – gerade um diese geschlechtsüblichen Leistungsnachteile auszugleichen – den Grenzbereich ihrer Leistungsfähigkeit oftmals weiter ausreizen müssen, wenn sie gegen einen Mann antreten. Allerdings lässt sich eine solche Annahme nicht pauschal verallgemeinern, da nicht alle Sportarten, die gemischtgeschlechtlich ausgeübt werden können, bezüglich der verkehrspflichtrelevanten Kriterien eine Sonderstellung eines Geschlechts begründen. So lässt sich etwa hinsichtlich der Attribute Geschicklichkeit, Technik oder Auffassungsvermögen keine verallgemeinerungsfähige Aussage darüber treffen, dass ein Geschlecht dem anderen gegenüber bevorteilt ist. Dementsprechend kann festgehalten werden, dass eine geschlechtsspezifische Feindifferenzierung zwar möglich ist,161 aber auf diejenigen verkehrspflichtrelevanten Bereiche des Sports zu beschränken ist, in denen sie tatsächlich bemerkbar sind. bb) Divergierende Erfahrungsstufen Angelehnt an eine Differenzierung nach Leistungsklassen ist fraglich, ob zudem auch nach Erfahrungsstufen der Sportler zu differenzieren ist. Diese Frage wird insbesondere im Bereich der klassischen Kampfsportarten diskutiert, anhand derer sich die jeweilige Erfahrungsstufe oder der jeweilige Rang, beispielsweise in der Verleihung eines entsprechenden Gürtels oder Fertigkeitsgrades, widerspiegelt. So führt Jérôme Lange aus, dass bei rangverschiedenen Judoka nur solche Techniken zur Anwendung kommen dürften, die dem rangniederen Kämpfer bekannt seien.162 Dem kann – auch wenn die Auffassung auf den ersten Blick plausibel erscheint – allerdings nur hinsichtlich Trainingssituationen mit entsprechender Regelübereinkunft zugestimmt werden. Sollten sich dagegen rangverschiedene Kampfsportler in einem Wettkampf duellieren, wird das einzufordernde Verhaltensprogramm maßgeblich durch das entsprechende Regelwerk konkretisiert und nicht durch die Erfahrungsstufe des rangniederen Kämpfers.163 Dementsprechend begründet die Ausführung einer im Wettkampf zulässigen Technik, auch wenn ein Kämpfer mit dieser nicht allzu vertraut sein sollte, grundsätzlich keinen Verkehrspflichtverstoß. Das einzufordernde Sicherheitsniveau orientiert sich demgemäß nicht an der Erfahrungsstufe, da sich der rangniedere Sportler durch die Teilnahme den entspre-

161

So auch Deutsch, VersR 1974, 1045, 1049; Fleischer, VersR 1999, 785, 790. jurisPK-BGB/J. Lange, § 823 Rn. 110. S. dazu auch OLG Köln, NJW-RR 1994, 1372 sowie aus der strafrechtlichen Perspektive Rutz, in: Akzente des Sportrechts, 235, 252. 163 In diese Richtung wohl auch OLG Düsseldorf, VersR 1993, 1295, 1296. 162

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G. Praktische Problemfelder der Verkehrspflichtkonkretisierung

chenden Wettkampfregeln unterstellt und daher auch mit zulässig eingesetzten Techniken rechnen muss.164 Anders hingegen kann die Beurteilung in Trainingskonstellationen ausfallen. Sollten die Erfahrungsstufen der Sportler divergieren und der gemeinsame Lern- und Trainingseffekt – wie im Training üblich – im Vordergrund stehen, ist der Sportler mit der geringeren Erfahrung zu schützen.165 Diesem Ziel wird regelmäßig durch eine entsprechende Trainingsübereinkunft166 Rechnung getragen.167 Auf dieser Basis lässt sich auch nachvollziehbar erklären, dass der ranghöhere Judoka nach Ansicht des OLG Köln und der Auffassung von Jérôme Lange den rangniederen Kämpfer zu fragen habe, ob eine Technik einer höheren Gefahrstufe bekannt sei, bevor sie eingesetzt werden dürfe.168 Somit kommt eine Differenzierung anhand von Erfahrungsstufen – wenn überhaupt – in bestimmten Trainingskonstellationen in Betracht,169 in Wettkampfsituationen hingegen regelmäßig nicht. cc) Differenzierungen anhand des Spielstandes Des Weiteren hat es keinen Sinn, Differenzierungen anhand eines spezifischen Spielstandes vorzunehmen. Teilweise wird argumentiert, dass ein Sportler oder eine Mannschaft, die ausweislich des Spielstandes maßlos überlegen sei, ihr kämpferisches Verhalten nicht so ausreizen dürfe wie der vermeintlich unterlegene Kontrahent.170 Begründet wird dies insbesondere damit, dass es dem scheinbaren Sieger zuzumuten sei, eine größere Zurückhaltung dem Kontrahenten gegenüber an den Tag zu legen, wenn der Erfolg so gut wie sicher sei.171 Der Gegner dagegen dürfe weiterhin mit vollem Einsatz verfahren.172 164

S. in diesem Kontext auch Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 222 f. So auch OLG Köln, NJW-RR 1994, 1372; Günther, SpuRt 2008, 57, 58. S. dazu auch jurisPK-BGB/J. Lange, § 823 Rn. 110. 166 Die Trainingsübereinkunft drückt aus, unter welchen Grundvorstellungen die Sportler miteinander trainieren und mit welchen Verhaltensweisen ihrer Mitsportler sie rechnen müssen. Sie dient somit dazu, dass vereinbarte Trainingsziel, die erforderlichen Übungen und die zulässigen Aktionen festzuhalten. 167 In diese Richtung auch OLG Köln, NJW-RR 1994, 1372. S. ferner zu Trainingsübereinkünften OLG Zweibrücken, VersR 1994, 1366; OLG Hamm, NJW-RR 2003, 307, 308 sowie Pardey, zfs 1995, 281, 282. 168 OLG Köln, NJW-RR 1994, 1372; jurisPK-BGB/J. Lange, § 823 Rn. 110; s. dazu auch Günther, SpuRt 2008, 57, 58; ähnlich auch OLG Celle, NJW-RR 2000, 559. 169 Ähnlich auch OLG Köln, NJW-RR 1994, 1372; Günther, SpuRt 2008, 57, 58; jurisPK-BGB/ J. Lange, § 823 Rn. 110. 170 So Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 232 f.; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 52; ähnlich auch MünchKomm3/Mertens, § 823 Rn. 337, der allerdings auf eine ungleiche Kampfparität abstellt. 171 Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 52; ähnlich auch Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 232 f.; MünchKomm3/Mertens, § 823 Rn. 337. 165

III. Die Beurteilung einzelner typischer Problemfelder

295

Aus präventiven Gesichtspunkten mag diese Annahme vielleicht bedingt zutreffen, dennoch schlagen ihre Auswirkungen eine tiefe Kerbe zwischen Haftungsrecht und Sportwirklichkeit. Warum sollte eine stärkere Mannschaft nicht ihren vollen Einsatz zeigen dürfen, während der schwächere Kontrahent weiterhin sein Bestes geben darf? Im Ergebnis bedeutete dies, dass der überlegene Sportler im Verhältnis zum unterlegenen Sportler allein aufgrund seiner sportlichen Überlegenheit benachteiligt würde. Dieses haftungsrechtliche Ungleichgewicht lässt sich jedenfalls aus sportiver Sicht nicht rechtfertigen.173 Vielmehr wird der Wettbewerbszweck, die Sportler zu Höchstleistungen zu animieren, durch diese Annahme geradezu konterkariert. Weiterhin könnte eine solche Wertung auch dem Interesse des unterliegenden Sportlers widersprechen. Nicht jeder unterlegene Sportler wird pauschal damit einverstanden sein, dass der stärkere Sportler – vornehmlich aus haftungsrechtlichen Erwägungen heraus – nicht seine volle Dominanz ausspielen dürfte. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Unterliegende von seinem Kontrahenten lernen will, um sein Leistungsniveau auf lange Sicht an das Niveau eines stärkeren Kontrahenten angleichen zu können.174 Darüber hinaus könnte sich der unterlegene Sportler auch gedemütigt fühlen, wenn sein Kontrahent auf den Einsatz seiner Höchstleistung verzichtete und dennoch überlegen siegt. Allein diese Aspekte belegen, dass es keinen Sinn hat, dem überlegenen Sportler pauschal ein anderes Sicherheitsniveau als dem unterlegenen Sportler aufzuerlegen. Vielmehr sollten die deliktischen Verhaltenspflichten zwischen allen Sportlern im Grundsatz gleich ausgeprägt sein. dd) Auswirkungen eines fortgeschrittenen Lebensalters Schließlich ist zu thematisieren, ob das Lebensalter der Sportler zu einer unterschiedlichen Verkehrspflichtintensität führen darf. So kann nicht geleugnet werden, dass sich das Lebensalter regelmäßig gleich in vielerlei Hinsicht auf die sportliche Leistung und Leistungsfähigkeit auswirkt. Dies lässt sich insbesondere anhand der Tatsache belegen, dass die sportlichen Fähigkeiten – je nach Attribut – in aller Regel bereits ab dem 30., spätestens aber ab dem 40. Lebensjahr kontinuierlich gerade aufgrund des steigenden Lebensalters abnehmen.175 Kreutz will diesem Umstand im Rahmen der Verkehrskreiskonkretisierung Rechnung tragen und so ein vermindertes 172

Dies ergibt sich im Umkehrschluss der Ausführungen von MünchKomm3/Mertens, § 823 Rn. 337 und Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 52. 173 Die präventive Funktion des Deliktsrechts kommt zudem bereits ausreichend durch die jeweiligen Regelwerke zur Geltung. 174 Dies kann einerseits ungewollte Folge während eines Wettkampfes sein. Andererseits suchen sich Sportler oder Mannschaften aber auch bewusst überlegene Gegner zu Trainingszwecken aus, beispielsweise während einer Wettkampf- oder Saisonvorbereitung. 175 S. dazu allein Eichberg, Sportaktivität, Fitness und Gesundheit im Lebenslauf, 17 ff.; Hollmann/Strüder, Sportmedizin, 9 ff., 435 ff., 521 ff., 528 ff.; Tittlbach, Entwicklung der körperlichen Leistungsfähigkeit, 46 ff. S. zudem – auch im Hinblick auf empirische Daten – Conzelmann, Wettkampfsport in der zweiten Lebenshälfte am Beispiel der Seniorenleichtathletik, 38 ff.

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G. Praktische Problemfelder der Verkehrspflichtkonkretisierung

Sorgfaltsniveau für „Altherrenmannschaften“ konstituieren, da eine verzögerte Reaktionsfähigkeit im Verkehrskreis älterer Sportler im Vergleich zum Idealsportler typisch und seiner Ansicht nach verkehrsüblich sei.176 Dieser Ansatz erscheint plausibel, wenn die Mitspielerverletzung tatsächlich durch altersbedingte Umstände geprägt ist.177 Gleichzeitig bedeutet dies, dass das deliktische Pflichtenprogramm im Binnenverhältnis der Sportler durchaus unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann, etwa wenn Sportler im Idealalter gegen weitaus ältere Athleten antreten. Das Lebensalter als solches darf trotz dieser Wertung allerdings nicht zu einem haftungsrechtlichen Freifahrtschein pervertiert werden.178 Vielmehr ist von den Sportlern – egal ob jung oder alt – zumindest ein möglichst regelkonformes Verhalten einzufordern.179 Sicherlich wird das Sporthaftungsrecht in jeder Altersstufe durch gewisse entwicklungstypische Herausforderungen flankiert. Dies ändert aber nichts an dem Umstand, dass die Sportler ihr Verhalten an den Regelwerken auszurichten haben, wenn sie eine deliktische Verantwortlichkeit vermeiden wollen. Insbesondere muss die eigenständige Würdigung subjektiver Komponenten auf Sonderkonstellationen beschränkt bleiben.180 Aus diesem Grunde sind altersbedingte Aspekte zwar im Rahmen der Verkehrspflichtkonkretisierung zu berücksichtigen, sie sollten allerdings nicht zu ausufernd zur Privilegierung eines regelwidrigen Verhaltens herangezogen werden.181 2. Die temporale Dimension Im Rahmen der zeitlichen Dimension ist zu thematisieren, ob die besonderen Haftungsgrundsätze der Sportausübung vorwiegend im Wettkampf gelten oder aber auch allgemein im Training oder bei der (Wettkampf-)Vorbereitung Anwendung finden können.182 Darüber hinaus müssen aber auch im Rahmen eines Wettkampfes möglicherweise Sonderkonstellationen, wie etwa Entscheidungswettkämpfe mit Spielzeitverlängerungen oder einer besonderen Wettkampfintensität, berücksichtigt werden. Schließlich lässt sich allein aus dem Umstand, dass eine Mitsportlerschädigung innerhalb eines Wettkampfes eintritt, nicht zwingend folgern, dass die

176

Kreutz, JA 2011, 337, 341. S. dazu auch OLG Hamburg, VersR 2002, 500 sowie Meier, VersR 2014, 800, 803. 177 S. dazu auch OLG Hamburg, VersR 2002, 500; Meier, VersR 2014, 800, 803. 178 Ähnlich auch Kreutz, JA 2011, 337, 341, der darauf abstellt, dass alterstypische Umstände die Hauptursache der Schädigung darstellen müssen. S. ferner auch OLG Düsseldorf, VersR 2001, 345, 346. 179 Ähnlich auch BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 547. 180 S. dazu die obigen Ausführungen unter D.V.3. 181 Ähnlich auch Kreutz, JA 2011, 337, 340 f. S. zu einer denkbaren Konstellation, in der auf dem Alter basierende Umstände Einfluss auf die Verkehrspflichtkonkretisierung erlangen können OLG Düsseldorf, VersR 2001, 345, 346 sowie ferner Meier, VersR 2014, 800, 803. 182 S. zur Relevanz dieser Fragestellung allein jurisPK-BGB/J. Lange, § 823 Rn. 109.

III. Die Beurteilung einzelner typischer Problemfelder

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konkrete Schädigungssituation von einem besonderen sporttypischen Risiko geprägt ist. a) Wettkampf Richtet man den Fokus zunächst auf den Bereich der Sportwettkämpfe, kann man schnell dazu geneigt sein, grundsätzlich alle Mitspielerverletzungen, die während des Zeitraumes eines Wettkampfes eintreten, der privilegierten Sportlerhaftung zuführen zu wollen.183 Da ein Wettkampf im Vergleich zum Training, der Wettkampfvorbereitung oder aber dem Aufwärmen zum eigentlichen Wettkampf meist der größten körperlichen Intensität und folglich dem größten Verletzungsrisiko unterliegt, ist ein solcher Schluss naheliegend.184 Dieser Schein trügt jedoch, da nicht jeder sportliche Wettkampf in Gänze durch eine konkret gesteigerte sporttypische Gefahr der Sportler gekennzeichnet sein muss.185 Insbesondere während Spielpausen und Unterbrechungen sowie bei Schädigungen abseits des eigentlichen Spielgeschehens oder des konkreten Spielablaufs wird eine sporttypische Verletzungsgefahr vielfach zu verneinen sein.186 Sollte sich die Mitsportlerschädigung während einer Wettkampfunterbrechung oder ohne Zusammenhang zum eigentlichen Spielgeschehen – was oftmals bei Tätlichkeiten oder Unsportlichkeiten der Fall ist – ereignen, ist es daher regelmäßig nicht gerechtfertigt, den Schädiger in den Genuss einer eingeschränkten Sportlerhaftung kommen zu lassen.187 Gleiches gilt, wenn ein Sportler trotz einer Spielpause weiterspielt und einen Sportler, der sich aufgrund der Pause nicht mehr auf das eigentliche Wettkampfgeschehen konzentriert, schädigt.188 Der Wettkampf als zeitliches Kriterium allein reicht somit nicht aus, um eine eingeschränkte Verantwortlichkeit eines Sportlers zu rechtfertigen,189 da bei alleiniger Berücksichtigung entscheidende Elemente der Typizität oder Reziprozität fehlen 183 In diese Richtung scheinen Pardey, zfs 1995, 281, 282 und Zimmermann, VersR 1980, 497, 499 zu tendieren. 184 S. insofern auch die Ausführungen unter G.III.3.a). 185 S. zu denkbaren Konstellationen, in denen eine gesteigerte Verletzungsgefahr regelmäßig fehlt, Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 76 f. sowie Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 3 f. 186 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 77; ähnlich auch Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 4, 9 f. sowie Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 3 f. S. ferner auch aus der kriminologischen Perspektive Schmitt, Körperverletzungen bei Fußballspielen, 38 ff. 187 S. dazu auch Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 4, 9 f.; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 77; Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 3 f.; Richtsfeld, CaS 2016, 131, 139. 188 S. dazu auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 77. 189 Ähnlich auch Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 9 f.; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 76 f.; Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 3.

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G. Praktische Problemfelder der Verkehrspflichtkonkretisierung

können. Der zeitliche Anknüpfungspunkt muss daher auch in Verbindung mit dem sportspezifischen Verletzungsrisiko betrachtet werden.190 Das gesteigerte Verletzungsrisiko wird zwar regelmäßig während eines Wettkampfs gegeben sein, es muss aber nicht zwingend in jeder Situation vorliegen. Aus diesem Grunde darf nicht nur starr darauf geachtet werden, ob die Schädigung während eines Wettkampfes erfolgt. Vielmehr ist einschränkend vorzugehen und zu analysieren, ob die sporttypische Schädigungsgefahr auch tatsächlich im Rahmen der konkreten Schädigung vorlag.191 Die zeitliche Dimension ist somit stets auch in Abhängigkeit zu den Kriterien der Typizität und Reziprozität zu betrachten.192 Der Wettkampf ist insoweit zwar ein starker Indikator, wenn die zeitliche Anwendbarkeit privilegierter Haftungsgrundsätze in der Diskussion steht, als alleiniges Bewertungskriterium kann er allerdings aus den genannten Gründen nicht fungieren.193 Vielmehr gibt die sporttypische Schädigungsgefahr – die sich für jede Sportart wiederum anhand der Kriterien von Typizität und Reziprozität konkretisieren lässt – den maßgeblichen Ausschlag, ob der schädigende Sportler auch in zeitlicher Hinsicht einer privilegierten Haftung unterliegen kann oder aber allgemeinen Grundsätzen zu unterstellen ist.194 Aus diesem Befund ergeben sich im Wesentlichen zwei Folgen: Einerseits sollte die zeitliche Dimension, um eine zielführende Verkehrspflichtkonkretisierung zu ermöglichen, die der in Rede stehenden Schädigungssituation gerecht wird, stets – wie auch die sachliche Dimension195 – vor dem Hintergrund der Kriterien von Typizität und Reziprozität betrachtet werden. Andererseits lassen sich allein aus dem Umstand, dass eine Sportlerschädigung während eines Wettkampfes verursacht wurde, in zeitlicher Hinsicht keine pauschalen Rückschlüsse auf die generelle Anwendbarkeit besonderer Sporthaftungsgrundsätze ableiten. Dennoch wird im Regelfall davon ausgegangen werden können, dass eine während eines Wettkampfes

190 In eine ähnliche Richtung auch Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 3, der eine Verbindung zwischen örtlichen und zeitlichen Gegebenheiten für maßgeblich erachtet. 191 Für eine solche Vorgehensweise sprechen sich auch Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 4, 9 f. und Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 76 f. aus. S.ferner Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 3 f. sowie Vollrath, Sportkampfverletzungen im Strafrecht, 58 f. 192 In eine ähnliche Richtung auch Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 4, 9 f. sowie Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 3. 193 In eine ähnliche Richtung auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 76 f. sowie ferner Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 3 f. S. ferner Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 4, 9 f. 194 In eine ähnliche Richtung auch Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 4, 9 f.; Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 3. 195 S. in diesem Lichte auch die Ausführungen unter G.III.3.

III. Die Beurteilung einzelner typischer Problemfelder

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verursachte Schädigung nach den Grundsätzen der privilegierten Sportlerhaftung bewertet werden kann.196 b) Training Überträgt man diese Erkenntnis auf den Bereich des Trainings, ist danach zu differenzieren, ob das Training von einer gesteigerten und sportspezifischen Gefährdung geprägt ist oder nicht. Sollte der Trainingsbetrieb – auch wenn beim Training nicht diejenige körperliche Intensität, die bei einem Wettkampf üblich ist, erreicht werden sollte – in der entsprechenden Schädigungssituation von einem gesteigerten Schädigungsrisiko geprägt sein,197 spricht kein Grund gegen die generelle Anwendung besonderer Sporthaftungsgrundsätze. Vielmehr ist grundsätzlich auch das Training in zeitlicher Hinsicht privilegierungswürdig, wenn die Sportler einem gesteigerten, sportbedingten Schädigungsrisiko unterliegen.198 Dieses Ergebnis entspricht auch der Sichtweise des Bundesgerichtshofs, der seine Haftungsgrundsätze bei Mitsportlerverletzungen – trotz abweichender Begründung199 – gerade auch aus diesen Gründen auf den Bereich des Trainings ausdehnt.200 c) Freizeitsport Gleiches gilt für den Bereich des Freizeitsports oder aber auch für spontane sportliche Betätigungen. Zwar erreicht der in der Freizeit betriebene oder der spontan ausgeübte Sport regelmäßig nicht die Intensität und das Niveau des vergleichbaren Wettkampfsports, dennoch sind diese Sportformen meist durch ein gesteigertes sportives Verletzungsrisiko gekennzeichnet.201 Dementsprechend finden die Grundsätze der privilegierten Sportlerhaftung grundsätzlich auch Anwendung auf 196 So jedenfalls im Ergebnis auch Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 4, 9 f.; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 77; Meiners, Die Haftung des organisierten Mannschaftssportlers für Wettkampfverletzungen, 4; MünchKomm/ Wagner, § 823 Rn. 697. 197 S. dazu auch BGH, NJW 1976, 2161; OLG Düsseldorf, VersR 2001, 345, 346; KG, SpuRt 2008, 66; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 78; Günther/Kern, VersR 1993, 794, 795 f. 198 So jedenfalls im Ergebnis auch BGH, NJW 1976, 2161; NJW-RR 2009, 812; KG, SpuRt 2008, 66, 67; BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 533; BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 568; Gaisbauer, VersR 1975, 502, 503; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 78; Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 233; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 697; Palandt/Sprau, § 823 Rn. 216; PHB Sportrecht/Fritzweiler, 5. Teil Rn. 51; Weisemann/Spieker, Sport, Spiel und Recht, Rn. 91; Zipf, Einwilligung und Risikoübernahme im Strafrecht, 85. 199 S. dazu die obigen Ausführungen unter C.V.2. 200 BGH, NJW 1976, 2161; 2008, 1591; NJW-RR 2009, 812. 201 S. dazu auch OLG Düsseldorf, VersR 2001, 345, 346 sowie ferner BGH, NJW 1976, 2161; KG, SpuRt 2008, 66, 67.

300

G. Praktische Problemfelder der Verkehrspflichtkonkretisierung

den Bereich des Freizeitsports sowie bei spontaner sportlicher Betätigung.202 Unwichtig für die Bewertung ist jedenfalls in zeitlicher Hinsicht, ob die Schädigung dem Bereich des Trainings, des Freizeitsports oder sonstiger spontaner Betätigungen zuzuordnen ist, da die privilegierte Sportlerhaftung stets in Verbindung zum sportimmanenten Risiko zu betrachten ist.203 d) Vorbereitung zur Sportausübung sowie Aufwärmphase Etwas diffiziler hingegen kann die Bewertung ausfallen, wenn eine Mitspielerverletzung während der Vorbereitung zur Sportausübung oder der Aufwärmphase eintritt. Diese Schädigungskonstellationen sind meist von atypischen Abläufen, unwahrscheinlichen Ereignissen oder Zufällen geprägt, die eine Verallgemeinerungsfähigkeit hinsichtlich der Bewertung ausschließen.204 So hatte beispielsweise das AG Bremen im Jahre 2003 darüber zu entscheiden, ob die Haftungsprivilegierung beim Sport auch dann eingreift, wenn sich bereits einige Sportler auf dem Sportgelände beziehungsweise in der Sporthalle einspielen und ein Sportler, der die Sportstätte gerade betritt, durch einen bereits aktiven Teilnehmer geschädigt wird.205 Das AG Bremen verneinte einen Anspruch des geschädigten Sportlers insbesondere mit der Begründung, dass bereits mit dem Betreten der Sportstätte eine gesteigerte, sporttypische Verletzungsgefahr begründet werde, der sich der Geschädigte – auch wenn das eigentliche Training noch nicht begonnen hat – bereits bewusst aussetze.206 Die Argumentation des AG Bremen basiert somit – trotz der divergierenden Handhabung der Haftung bei Mitspielerverletzungen207 – auf einer Kombination von zeitlichen, örtlichen und sachlichen Aspekten, die in Gestalt von Typizität und Reziprozität bei der Entscheidung Berücksichtigung finden.208 Überträgt man diesen Ansatz auf die im Rahmen dieser Untersuchung entwickelten Grundsätze und 202 So auch OLG Hamm, MDR 1997, 553; OLG Düsseldorf, VersR 2001, 345, 346; OLG Stuttgart, VersR 2001, 347; KG, SpuRt 2008, 66, 67; BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 568; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 76; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 697; NK-BGB/Katzenmeier, § 823 Rn. 504; Palandt/Sprau, § 823 Rn. 216; PHB Sportrecht/Fritzweiler, 5. Teil Rn. 51; Weisemann/Spieker, Sport, Spiel und Recht, Rn. 91. Für spontane Spiele auch BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535.1. 203 Ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 76 f. In diese Richtung auch KG, SpuRt 2008, 66, 67 f. 204 S. exemplarisch zu derartigen Konstellationen im Tennissport Gaisbauer, VersR 1975, 502. 205 AG Bremen, NJW-RR 2004, 749. 206 AG Bremen, NJW-RR 2004, 749, 750. 207 S. insoweit AG Bremen, NJW-RR 2004, 749, 750 sowie die obigen Ausführungen unter C.V.2. 208 S. dazu AG Bremen, NJW-RR 2004, 749, 750.

III. Die Beurteilung einzelner typischer Problemfelder

301

Wertungen, bedeutet dies, dass auch der zeitliche Bereich vor Trainings- oder Wettkampfbeginn von der privilegierten Sportlerhaftung erfasst ist, wenn die Sportler bereits einem gesteigerten Verletzungsrisiko ausgesetzt sind.209 Noch weiter geht in dieser Hinsicht Zipf, der grundsätzlich auch Verletzungen erfassen will, die lediglich in einem zeitlich-räumlichen Kontext zur Sportausübung stehen, wie etwa Schädigungen beim Umkleiden in der Umkleidekabine.210 Dem kann allerdings nicht zugestimmt werden, da innerhalb der Umkleideörtlichkeiten in aller Regel keine sportiv gesteigerte Schädigungsgefahr der Sportler angenommen werden kann.211 Schränkt man diesen Ansatz aber insoweit ein, dass die Schädigung in einem zeitlich-räumlichen Kontext zum erhöhten Verletzungsrisiko stehen muss, wird er zustimmungsfähig und ermöglicht insoweit auch die Bewältigung atypischer Konstellationen, etwa wenn sich Sportler in direkter Nähe zur Sportstätte umkleiden. Auch wenn solche Schädigungskonstellationen im ersten Moment vielleicht kurios oder surreal anmuten, hat die Erfahrung hinlänglich gezeigt, dass die Rechtsprechung durchaus auch mit ihnen konfrontiert werden kann.212 e) Zeitliche Sonderkonstellationen Schließlich stellt sich die Frage, ob sich zeitliche Sonderkonstellationen auf die Verkehrspflichtkonkretisierung auswirken können. Zu denken sei insoweit allein an überlange Wettkämpfe, Trainingslager, Entscheidungs- oder Ausscheidungsspiele mit besonderen Verlängerungen oder Nachspielzeiten.213 All diese Konstellationen zeichnen sich dadurch aus, dass ihnen besondere sachliche und zeitliche Aspekte gemein sind, da die körperliche Intensität durch die besondere Dauer der Sportausübung regelmäßig weit über der typischen Belastung der Sportler liegt. Dieser Umstand führt meist dazu, dass bei den Sportlern typische Ermüdungserscheinungen auftreten, die sich insbesondere auf die Reaktions- und Leistungsfähigkeit auswirken. Dem kann – wenn alle Sportler diesem Einfluss ausgesetzt sind – im Rahmen der Verkehrspflichtkonkretisierung Rechnung getragen werden, indem das deliktische Pflichtenprogramm hinsichtlich der Verkehrserwartung sowie der Eigenvorsorge214 etwas milder ausgestaltet wird als im Vergleich zum typischen Sportablauf mit 209 So jedenfalls im Ergebnis auch Gaisbauer, VersR 1975, 502, 503; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 79. So ebenfalls auch Zipf, Einwilligung und Risikoübernahme im Strafrecht, 85, der allerdings keine klare Einschränkung hinsichtlich des Verletzungsrisikos vollzieht. 210 Zipf, Einwilligung und Risikoübernahme im Strafrecht, 85. 211 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 78. 212 S. insoweit allein die obigen Beispiele aus dem Bereich der sportähnlichen Aktivitäten und Spiele unter B.VI. 213 S. insoweit auch RGRK/Steffen, § 823 Rn. 358. 214 S. zu den Kriterien der legitimen Verkehrserwartung und Eigenvorsorge sowie zur sportspezifischen Berücksichtigung durch Typizität und Reziprozität die obigen Ausführungen unter F.I.1.a), b) sowie F.III.1., 2.

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G. Praktische Problemfelder der Verkehrspflichtkonkretisierung

gewöhnlicher Länge.215 Von besonderer Wichtigkeit ist insoweit aber, dass die Länge eines Wettkampfes nicht als Grund vorgeschoben werden darf, um individuelle sportliche Unzulänglichkeiten haftungsrechtlich durch eine eingeschränkte deliktische Verantwortlichkeit salonfähig zu machen. 3. Die sachliche Dimension Betrachtet man nach der zeitlichen die sachliche Dimension, stehen insbesondere die Art des Sports, die spezifische Ausübungsform sowie die körperliche Intensität im Vordergrund. Diese Elemente stehen zwar meist in einem engen Kontext zur Typizität oder sind Teil dieser, aber dennoch können sie in ihrer spezifischen Ausprägung zu Herausforderungen im Rahmen der Verkehrspflichtkonkretisierung führen. Dieser Umstand resultiert im Wesentlichen daraus, dass sich Art, Intensität und Ausübungsform innerhalb ein und derselben Sportart mitunter stark voneinander unterscheiden können, da sie stets vom Gegenspieler, dem eigenen sportlichen Können oder dem konkreten Spielgeschehen abhängig sind.216 So können sich beispielsweise Wettkämpfe mit ebenbürtigen Gegnern wesentlich von Duellen ungleicher Sportler unterscheiden und jeweils unterschiedliche Facetten einer Sportart in den Fokus rücken. Solchen üblichen Einflüssen kann die Typizität allein im Rahmen der Verkehrspflichtkonkretisierung regelmäßig nicht vollumfänglich begegnen, da die Typzität lediglich den notwendigen Rahmen der jeweiligen Sportart festsetzt. Richtet man neben der Typizität den Fokus aber auch auf die Reziprozität und die konkrete Schädigungssituation, lassen sich einzelne Aspekte der sachlichen Dimension zielgerichtet für das deliktische Verhaltensprogramm konkretisieren.217 a) Intensität Betrachtet man zunächst die Intensität einer einzelnen Sportart, könnte man im ersten Moment dazu geneigt sein, Verkehrspflichtabstufungen zwischen Wettkämpfen, Trainingseinheiten und Freizeitsport vornehmen zu wollen. Von einem abstrakten Blickwinkel ausgehend kann man durchaus argumentieren, dass die Intensität des Sports innerhalb eines offiziellen Wettkampfes im Vergleich zum Training oder Freizeitsport am stärksten ausgeprägt ist.218 Eine solche Annahme ist 215 So jedenfalls im Ergebnis auch RGRK/Steffen, § 823 Rn. 358. In diese Richtung tendiert auch Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 52. 216 Jedenfalls vom Ergebnis her in eine ähnliche Richtung auch Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 215 ff. S. in diesem Kontext auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 292 ff. 217 S. insofern auch zur Verkehrspflichtkonkretisierung im Allgemeinen die obigen Ausführungen unter F.IV.3. 218 S. in diesem Lichte auch die obigen Ausführungen unter G.III.2.a), b), c) sowie Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 292 und Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 215.

III. Die Beurteilung einzelner typischer Problemfelder

303

naheliegend, da einem offiziellen Wettkampf regelmäßig eine größere sportive Bedeutung zukommt als dem Training oder der freizeitlichen sportlichen Betätigung.219 Überträgt man diese Annahme auf die Verkehrspflichtkonkretisierung, lassen sich Abstufungen zumindest ernsthaft in Erwägung ziehen.220 Andererseits lässt sich die Intensität einer Sportart nicht verallgemeinern,221 da die Trainingsintensität je nach Vorbereitungszustand durchaus – teilweise gar erheblich222 – über der Wettkampfintensität liegen kann. Dieser Umstand spricht bereits gegen eine Abstufung des Verkehrspflichtniveaus allein aufgrund der Sportintensität. Darüber hinaus kann sich – wie bereits eingangs erwähnt – auch jeder einzelne Wettkampf von anderen Wettkämpfen unterscheiden, sodass in der praktischen Konsequenz möglicherweise auch zwischen unterschiedlichen Wettkampfintensitäten zu unterscheiden wäre. Führt man diesen Gedankengang noch weiter, könnte man auf dieser Grundlage möglicherweise gar gezwungen sein, auch graduell zwischen unterschiedlichen Sportarten zu differenzieren, damit die jeweiligen deliktischen Verhaltenspflichten nicht zu isoliert oder ohne Berücksichtigung des gesamten Lebensbereichs des Sports konkretisiert werden.223 Schließlich kann aber auch die konkrete Schädigungssituation von einer ganz anderen Intensität geprägt sein als der gesamte vorherige Spielablauf. Diese Gründe führen zu dem Schluss, dass allein aus der Intensität einer Sportart keine zwingenden Rückschlüsse im Hinblick auf die Verkehrspflichtkonkretisierung bestimmter Spielformen gezogen werden sollten. Anderenfalls müsste man sich etwa fragen, warum einen Profisportler – während die konkrete Schädigungssituation insofern unbeachtet bliebe – nur aufgrund der abstrakten Intensität unterschiedlich stark ausgeprägte Verhaltenspflichten träfen, wenn er mit Freunden in seiner Freizeit auf einem beliebigen Sportgelände spielte und nicht etwa in einem Wettkampf gegen andere (Profi-) Sportler anträte. Die Intensität einer Sportart allein rechtfertigt daher regelmäßig keinen Differenzierungsbedarf.224 Vielmehr gelten die Grundsätze der Sportlerhaftung grundsätzlich in gleichem Maße im Wettkampf wie im Freizeitsport oder beim Training.225 So stellten etwa das OLG Hamm und das OLG Saarbrücken zutreffend 219

S. dazu auch Geigel/Bacher, Der Haftpflichtprozess, 12. Kapitel Rn. 59. S. ferner BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 581 sowie aus der medizinischen Perspektive hinsichtlich etwaiger Schädigungen beim Fußballsport Meffert, Sportverletzungen im Fußball, 35 f. 220 S. zu einer solchen Abstufung auch Geigel/Bacher, Der Haftpflichtprozess, 12. Kapitel Rn. 59 und Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 218 ff. 221 So auch Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 215 f. 222 Man denke insoweit allein an spezielle Trainingslager mit mehreren täglichen Einheiten zur Vorbereitung auf eine kommende Spielzeit. 223 S. in diesem Kontext auch Fritzweiler, SpuRt 1994, 131. 224 S. in diesem Kontext auch OLG Saarbrücken, NJW-RR 2011, 109, 111. 225 So auch BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 568, 581; MünchKomm/ Wagner, § 823 Rn. 697; NK-BGB/Katzenmeier, § 823 Rn. 504; Wacke, Stadion III (1977), 4, 17; jedenfalls im Ergebnis auch BGH, NJW 2009, 812 sowie jurisPK-BGB/J. Lange, § 823 Rn. 110, wenn auch der Fokus gleichsam auf zeitliche Aspekte gerichtet wird.

304

G. Praktische Problemfelder der Verkehrspflichtkonkretisierung

fest, dass die Grundsätze der privilegierten Sportlerhaftung auch im Rahmen eines „Freundschaftsspiels“ Anwendung finden.226 Zudem wurde festgestellt, dass auch Freizeitsportler spätestens aufgrund der Teilnahme am Sport den Regeln unterliegen.227 Auch insofern folgt allein aus der Intensität im Ergebnis keine Unterscheidung zwischen Wettkampfsport und anderen Sportausübungsformen.228 Kombiniert man die Intensität aber mit der konkreten Schädigungssituation, lassen sich wertvolle Erkenntnisse hinsichtlich des einzufordernden Pflichtenprogramms gewinnen. So sprechen keine Einwände dagegen, die Intensität der Sportausübung als Element der konkreten Schädigungsgefahr zu qualifizieren und so in die Verkehrspflichtkonkretisierung miteinfließen zu lassen. Dies kann im Ergebnis dazu führen, dass sich die konkreten Verkehrspflichten der Sportler im Einzelfall, je nach Sportausübungsform, möglicherweise in Nuancen voneinander unterscheiden und in eine Abstufung der deliktischen Verhaltenspflichten münden können.229 b) Art Ähnliches gilt, wenn man den Fokus auf die Art und Weise der Sportausübung richtet. Insofern ist insbesondere zu analysieren, ob die Anzahl der Sportler, die Wahl des Sportgeräts oder aber die Dauer eines Wettkampfes die Verkehrspflichtkonkretisierung beeinflussen können. So unterscheidet sich beispielsweise ein Fußballspiel mit unterschiedlichen Mannschaftsgrößen deutlich von einem Spiel, das mit gleich großen Mannschaften ausgetragen wird.230 Ähnlich verhält es sich, wenn etwa ein Ball in einer kleineren Größe gewählt oder aber die Spieldauer begrenzt wird.231 All diese denkbaren Faktoren können dazu führen, dass die konkrete Sportausübung nicht mehr mit dem Idealtypus der Sportart übereinstimmt.232 Sollten sich solche Unterschiede allerdings noch im Rahmen der Typizität bewegen, besteht grundsätzlich kein Anlass, im Rahmen der Verkehrspflichtkonkretisierung auf diese denkbaren Veränderungen der Art des Sports zu reagieren. Sollten die Veränderungen allerdings dazu führen, dass sich die Art des Sports so stark von dem üblichen Erscheinungsbild entfernt, könnte im Rahmen der Verkehrspflichtkonkretisierung entsprechend zu reagieren sein. Dies 226

OLG Hamm, MDR 1997, 553; OLG Saarbrücken, NJW-RR 2011, 109, 111. So im Ergebnis auch OLG Nürnberg, VersR 2003, 1134 zur Intensität beim Motorcross sowie LG Krefeld, VersR 2003, 380, 381 zum Rennradtraining. 227 S. dazu die obigen Ausführungen unter B.III.4.c). 228 S. auch insofern OLG Hamm, MDR 1997, 553 sowie Looschelders, JR 2000, 265, 273 und Wacke, Stadion III (1977), 4, 17. 229 S. in diesem Kontext auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 292 ff., die auf einer ähnlichen Grundlage Differenzierungen der Verkehrspflichtintensität befürwortet; ähnlich auch Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 218 ff. 230 S. in diesem Kontext Digel, Sport verstehen und gestalten, 74 ff. 231 S. auch in diesem Kontext Digel, Sport verstehen und gestalten, 74 ff. 232 S. insofern Digel, Sport verstehen und gestalten, 74 ff., 191 ff.

III. Die Beurteilung einzelner typischer Problemfelder

305

wird insbesondere dann der Fall sein, wenn sich die Art des Sports signifikant auf das typische sportive Verletzungsrisiko auswirkt. c) Ausübungsform Neben der Art des Sports kann stets auch die entsprechende Ausübungsform das jeweilige Bild einer Sportart beeinflussen. So können sich Sportler oder Mannschaften beispielsweise dadurch auszeichnen, dass sie sich nur eines bestimmten Repertoires an Techniken, Taktiken oder Spielzügen bedienen und auf weitere zulässige Ausübungsmöglichkeiten verzichten. Dies kann dazu führen, dass sie sich signifikant vom üblichen Bild eines Sportlers oder einer Mannschaft unterscheiden und zugleich möglicherweise auch die weitere Entwicklung einer bestimmten Sportart prägen.233 Fraglich ist insoweit, ob bestimmte Modalitäten der Ausübungsform auch die Verkehrspflichtkonkretisierung beeinflussen. Dies wird regelmäßig zu verneinen sein, da eine zulässige Ausübungsform stets der Typizität des Sports entspricht und als Element dieser bereits in die legitime Verkehrserwartung einfließt. Sollte eine bestimmte Ausübungsform somit zwar als ungewöhnliches, aber dennoch zulässiges Element einer Sportart zu qualifizieren sein, besteht kein Bedürfnis die Ausübungsform isoliert neben der Typizität in die Verkehrspflichtkonkretisierung einfließen zu lassen. Etwas anderes ist nur dann in Betracht zu ziehen, wenn die Ausübungsform nicht mehr mit der Typizität zu vereinen ist. Dies wird in den meisten Fällen allerdings dazu führen, die konkrete Ausübungsform als Regelwidrigkeit qualifizieren zu müssen. 4. Die lokale Dimension Abschließend können noch aus der örtlichen Dimension des Sports spezifische Herausforderungen der Verkehrspflichtbestimmung resultieren. Die lokale Dimen233 So wie etwa der sogenannte „Tiki-Taka“-Spielstil beim Fußball, der maßgeblich auf den ehemaligen Fußballspieler und -trainer Johan Cruyff zurückzuführen ist und in der jüngeren Vergangenheit äußerst erfolgreich von der spanischen Fußballnationalmannschaft sowie dem FC Barcelona als Taktik gewählt wurde. Der Spielstil basiert im Wesentlichen auf einem sehr hohen Ballbesitzanteil und vielen Kurzpässen zwischen den einzelnen Spielern. Gleichzeitig werden Kopfbälle und lange Sprints so gut wie möglich vermieden, da der Fokus auf den Ballbesitz und das genaue Abspiel gelegt werden und der Gegner durch die erforderliche Defensivarbeit „müde gespielt“ werden soll. Diese Spielweise wurde aufgrund ihres Erfolges oftmals kopiert und adaptiert und hat somit auch die Sportausübung an sich verändert. Gleiches gilt in etwa für Taktikkonzeptionen wie den berühmten „Schweizer Riegel“, auf den das sogenannte „Catenaccio“, das vorwiegend in Italien gespielt wurde, zurückging oder aber das für den Zuschauer besondere spektakuläre „Pressing“, welches in Deutschland in der jüngsten Vergangenheit äußerst erfolgreich durch Jürgen Klopp bei Borussia Dortmund eingesetzt wurde. Auch die beiden letztgenannten Spielweisen fokussieren sich lediglich auf einen Teil des möglichen Repertoires, das die Sportart bietet und lässt bestimmte Elemente bewusst unbeachtet, da sie für den Spielstil nicht zwingend erforderlich sind.

306

G. Praktische Problemfelder der Verkehrspflichtkonkretisierung

sion kann insbesondere dann virulent werden, wenn eine Mitspielerverletzung durch die Beschaffenheit einer Sportstätte mitverursacht oder begünstigt wird, die Sportler die Sportfläche frei wählen oder auf einem Sportplatz gegeneinander antreten, dessen Zustand äußerst dürftig ist. In Anlehnung an die soeben erlangten Erkenntnisse kann zunächst festgehalten werden, dass sich lokale Aspekte einer Mitspielerverletzung nur sorgfaltsmindernd auf das deliktische Pflichtenprogramm auswirken können, wenn alle beteiligten Sportler diesen Umständen unterliegen.234 So kann etwa die schlechte Beschaffenheit einer Sportstätte – unabhängig, ob es sich um eine offizielle Sportanlage oder eine frei gewählte Sportfläche handelt – nur dann im Rahmen der Verkehrspflichtkonkretisierung berücksichtigt werden, wenn alle Sportler von dem Zustand betroffen sind.235 Darüber hinaus hat die Wahl der Sportstätte grundsätzlich auch keine Auswirkungen auf die Regelbindung der Sportler.236 Insbesondere kann eine bestehende Regelbindung nicht durch den Umstand entfallen, dass die Sportler auf einer frei gewählten Sportfläche spielen.237 Vielmehr besteht die Regelbindung unabhängig von der gewählten Sportstätte, es sei denn die Regelwerke selbst enthalten Vorschriften oder klare Anhaltspunkte zur örtlichen Anwendbarkeit.238 Will man anhand der lokalen Dimension auf die Verkehrspflichtkonkretisierung einwirken, kommen somit aufgrund der vorgenannten Einschränkungen regelmäßig nur recht atypische Konstellationen in Betracht. Zu denken sei etwa an Sportstätten, die gleichzeitig von Sportlern unterschiedlicher Sportarten genutzt werden oder

234 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 299; RGRK/Steffen, § 823 Rn. 358; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 224. In diese Richtung auch Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 52. S. ferner auch BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 565, der auf lokale Aspekte verweist. 235 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 299. Jedenfalls im Ergebnis auch RGRK/Steffen, § 823 Rn. 358; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 224. In diese Richtung wohl auch Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 52. Sollte die Beschaffenheit einer Sportstätte hingegen als Reserveursache zur Berücksichtigung von sportlichen Defiziten aus der individuellen Sphäre des Sportlers vorgeschoben werden, kann aus der lokalen Dimension keine Abschwächung des deliktischen Pflichtenprogramms abgeleitet werden. 236 Ähnlich auch PHB Sportrecht/Fritzweiler, 5. Teil Rn. 51. S. ferner auch OLG Düsseldorf, VersR 2001, 345; LG Nürnberg-Fürth, VersR 1990, 96, 97 zur sinngemäßen Geltung der DFBund FIFA-Regeln im Rahmen eines Freizeitfußballspiels. S. zum Regelwerk auch Fn. 1285. 237 Ähnlich auch PHB Sportrecht/Fritzweiler, 5. Teil Rn. 51. S. ferner auch OLG Düsseldorf, VersR 2001, 345; LG Nürnberg-Fürth, VersR 1990, 96, 97 zur sinngemäßen Geltung der DFBund FIFA-Regeln im Rahmen eines Freizeitfußballspiels. S. zum Regelwerk auch Fn. 1285. 238 So verweist das LG Traunstein, NJW-RR 1995, 1307 darauf, dass die FIS-Regeln zum Skisport nicht mehr zur Bewertung herangezogen werden dürfen, wenn sich die Sportler nicht mehr auf einer Skipiste befinden. S. in diesem Kontext auch OLG Düsseldorf, NJW-RR 1997, 408.

III. Die Beurteilung einzelner typischer Problemfelder

307

unmittelbar an Sportflächen anderer Sportarten angrenzen.239 In solchen Konstellationen könnte daran zu denken sein, die besonderen Umstände einer gemischten Sportflächennutzung im Rahmen der Konkretisierung des deliktischen Pflichtenprogramms entsprechend zu würdigen.240 Allerdings nur, wenn diese Umstände die Schädigung auch tatsächlich beeinflusst haben. Anderenfalls bleibt es bei den dargestellten allgemeinen Grundsätzen der Sportlerhaftung. 5. Fazit Die Untersuchung der einzelnen Wertungsdimensionen und ihrer Teilaspekte hat gezeigt, dass viele typische Aspekte einer Mitspielerverletzung eigenständig gewürdigt werden können. Dadurch kann die Bestimmung der konkreten Verkehrspflichten in vielen Fällen wesentlich erleichtert werden. Die einzelnen Elemente der dargestellten Dimensionen können insbesondere dann hilfreich sein, wenn es gilt, einzelne Aspekte von Typizität und Reziprozität näher zu konkretisieren sowie nachvollziehbarer und verständlicher auszugestalten. Letztlich steht aber immer die Bewertung des konkreten Einzelfalls im Vordergrund. Trotzdem können bestimmte typische Aspekte mancher Schädigungssituationen systematisiert und vorab eigenständig beurteilt werden, um so die konkrete Entscheidungsfindung zu erleichtern.241 Bei der Beurteilung und eigenständigen Berücksichtigung maßgeblich subjektiv geprägter Aspekte, ist darauf aufbauend allerdings immer zu fragen, ob sie objektivierbar sind und alle Sportler des jeweiligen Verkehrskreises betreffen können.242 Sollte dies der Fall sein, kann erwogen werden, sie eigenständig und mit entsprechender Wirkung im Rahmen der Verkehrspflichtkonkretisierung zu würdigen, ohne dem Einwand ausgesetzt zu sein, den Schädiger – mehr oder minder willkürlich – allein aufgrund seiner individuellen Defizite zu privilegieren. Klargestellt sein muss aber, dass die jeweiligen Wertungsdimensionen stets im Kontext von Typizität und Reziprozität zu betrachten sind, da sich allein aus ihnen keine belastbaren Ergebnisse ab- oder herleiten lassen. Andererseits führt dieser Betrachtungswinkel aber auch dazu, dass einzelne Kriterien nicht losgelöst von den relevanten Bewertungsparametern konkretisiert werden können. Dies ist allerdings nicht negativ zu bewerten, 239 S. insofern etwa LG Landshut, zfs 1989, 153. S. zu denkbaren sozial- und arbeitsrechtlichen Folgen im Allgemeinen Burmann/Jahnke, NZS 2017, 52; Fuchs, SpuRt 1999, 133, bezüglich der gemeinsamen Nutzung einer Sportstätte im Berufssport OLG Karlsruhe, r+s 2012, 568; Lemcke, r+s 2012, 569; Leube, VersR 2008, 880, 881 f. sowie ferner zur kritischen Bewertung im Vergleich zum Wettkampfsport jurisPK-BGB/J. Lange, § 823 Rn. 111. 240 Deutlich restriktiver argumentieren insofern das LG Landshut, zfs 1989, 153, 154 und Pardey, zfs 1995, 281, 282, die bei einer Sportlerschädigung auf einer gemeinschaftlich genutzten Sportfläche lediglich eine Anspruchskürzung nach § 254 Abs. 1 BGB befürworten und von einer grundsätzlichen Haftung der Sportler in einer solchen Schädigungskonstellation ausgehen. 241 S. insofern auch die Ausführungen unter G.III. 242 S. dazu insbesondere G.III.1.a), b).

308

G. Praktische Problemfelder der Verkehrspflichtkonkretisierung

sondern als großer Vorteil zu verstehen, da willkürlich anmutenden Ergebnissen somit effektiv vorgebeugt werden kann.

H. Die Grenzziehung zwischen privilegierten und missbilligten Mitspielerverletzungen An obiger Stelle der Untersuchung konnte bereits festgehalten werden, dass auch leichte Regelverstöße privilegierungswürdig sind und eine Haftungsfreistellung des schädigenden Sportlers de lege lata – wie beim regelgerechten Verhalten – anhand eines Verkehrspflichtmodells realisiert werden kann.1 Dies bedeutet, dass nicht jeder Regelverstoß haftungsrechtlich relevant wird,2 sondern er eine gewisse Erheblichkeit erreichen muss, um die Haftung des schädigenden Sportlers begründen zu können.3 Sollte sich lediglich das sportive Grundrisiko realisieren, scheidet eine Haftung aufgrund einer Mitspielerverletzung hingegen regelmäßig aus.4 Für den Praktiker ist dieser Befund allerdings meist wohl nur von nachrangiger Bedeutung, da sich aus ihm allein noch keine klare Grenzziehung zwischen einem haftungsrechtlich relevanten oder irrelevanten Schädigerverhalten ableiten lässt.5 Wie eine Grenzziehung zwischen privilegierungswürdigen und nicht privilegierungswürdigen Mitsportlerverletzungen erfolgen kann, gilt es im Folgenden zu untersuchen.

I. Pragmatik versus Dogmatik Bevor die möglichen Abgrenzungskriterien einer Grenzziehung ermittelt werden können, muss zunächst festgehalten werden, dass die Grundlagen der privilegierten Haftung für Sportverletzungen oftmals auch pragmatischen Gedankengängen begegnen und durch diese – sei es bewusst oder unbewusst – beeinflusst werden können. Dies wird insbesondere deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass die Abgrenzung zwischen einem privilegierten und einem nicht privilegierten Sportlerverhalten in der Konsequenz die Weichenstellung zwischen der Haftung des schädigenden Sportlers einerseits und dem hinzunehmenden Grundrisiko des Geschädigten andererseits ebnet. Da die Verkehrspflichtkonkretisierung zwar maßgeblich auf Grundlage des Regelwerkes erfolgt, sie in vielen Konstellationen aber 1

S. insofern die obigen Ausführungen unter F.VI. und E.II.2. So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 248. 3 S. dazu insbesondere auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 246 f.; ähnlich auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 29 f. 4 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 249, 268 f. 5 Ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 245; Fleischer, VersR 1999, 785, 788 f. 2

310

H. Die Grenzziehung zwischen Haftung und Unglück

auch von den weiteren Bewertungsaspekten abhängt,6 kann diese Abgrenzung nicht immer reibungslos erfolgen. Allein dieser Umstand bietet genug Spielraum für pragmatische Erwägungen. Gleichzeitig führt er in der Konsequenz auch dazu, dass ein Spannungsverhältnis zwischen dem Bemühen um eine saubere Abgrenzung und der pragmatischen Handhabung eines Einzelfalles entstehen kann. Dieses Spannungsverhältnis auf rein dogmatischer Ebene aufzulösen, erscheint zwar erstrebenswert, jedoch kann aufgrund der aufgezeigten Weichenstellung davon ausgegangen werden, dass die Abgrenzung in der Praxis stets auch von pragmatischen Gedanken beeinflusst werden kann. Zur adäquaten Problemlösung wird die Praxis in manchen Situationen möglicherweise auch dazu gezwungen sein, einen pragmatischen Lösungsweg zu wählen, insbesondere wenn sich eine Abgrenzung auf Grundlage des Regelwerkes nicht reibungslos vollziehen lässt.7 Aus einer rein wissenschaftlichen Perspektive wird man diesen Umstand zwar kritisieren können, das praktische Bedürfnis nach einer flexiblen und einzelfallgerechten Handhabung kann allerdings nicht von der Hand gewiesen werden.8 Letztlich wird der Praktiker vielfach wohl den pragmatischen Weg einer Abgrenzung zwischen relevanten und irrelevanten Mitspielerverletzungen wählen. Dies ändert allerdings nichts daran, dass dem Praktiker dazu zumindest ein tragfähiges Grundgerüst präsentiert werden sollte. Dieses ist durch ein Verkehrspflichtmodell zur Handhabung von Mitspielerverletzungen beim Sport bereitet, sodass die Abgrenzung auf Grundlage der bereits gewonnenen Erkenntnis entwickelt werden kann.9 Daran anknüpfend muss zudem klargestellt sein, dass eine Abgrenzungsmethode, anhand derer jegliche Sportarten in ihren jeweiligen Ausübungsformen im Hinblick auf Verkehrspflichtverstöße und Mitspielerverletzungen bewertet werden können, tendenziell auch einer gewissen Reibung unterliegt.10 Das dogmatische Grundgerüst muss in dieser Hinsicht zumindest teilweise einer gewissen pragmatischen Vorgehensweise zugänglich sein, gerade wenn die Prüfung eines Verkehrspflichtverstoßes des schädigenden Sportlers zu Herausforderungen führt und im Einzelfall womöglich anhand von Indizien abgegrenzt werden muss, ob ein haftungsrechtlich relevantes oder aber ein irrelevantes Verhalten vorliegt.11

6

S. dazu die obigen Ausführungen unter F.II., III., IV. S. zu pragmatischen Erwägungen bei der Abgrenzung auch Fleischer, VersR 1999, 785, 788 f.; Zimmermann, VersR 1980, 497, 502. 8 S. dazu auch aus einer rechtsvergleichenden Perspektive Fleischer, VersR 1999, 785, 788 f. S. ferner auch Zimmermann, VersR 1980, 497, 502. 9 Ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 245 ff. 10 In diese Richtung wohl auch Zimmermann, VersR 1980, 497, 502. 11 In diese Richtung, wenn auch nicht so ausdrücklich, auch Fleischer, VersR 1999, 785, 788 f. 7

II. Die möglichen Abgrenzungskriterien

311

II. Die möglichen Abgrenzungskriterien Es konnte bereits herausgearbeitet werden, dass die besondere haftungsrechtliche Missbilligung einer Sportverletzung weder aus der individuellen Vorwerfbarkeit, der Schwere oder der Vermeidbarkeit der Schädigung resultiert, sondern vielmehr aus der Intensität des Regelverstoßes.12 Aus diesem Grunde muss sich eine zielführende Grenzziehung auch maßgeblich an dieses Kriterium anlehnen.13 Die erstgenannten Aspekte einer Sportverletzung können dagegen im Wesentlichen außer Acht gelassen werden, da ihnen keine wegweisenden Aussagen zur Abgrenzung entnommen werden können.14 1. Vermeidbarkeit des Regelverstoßes Die erste Option zur Abgrenzung des haftungsrechtlich relevanten vom irrelevanten Verhalten könnte in der Vermeidbarkeit des Regelverstoßes erblickt werden. Da die Vermeidbarkeit der Schädigung allein nicht zur Feststellung der haftungsrechtlichen Missbilligung herangezogen werden kann,15 könnte möglicherweise aber an die Vermeidbarkeit des Regelverstoßes angeknüpft werden und so eine Abgrenzungsmöglichkeit etabliert werden. So könnte man darauf abstellen, dass eine haftungsrechtlich relevante Intensität des Regelverstoßes dann bestünde, wenn dieser als vermeidbar zu klassifizieren wäre.16 Dagegen spricht allerdings, dass in der Folge auch leichteste verletzungsverursachende Regelwidrigkeiten haftungsrechtliche Relevanz erlangten, wenn sie vermeidbar gewesen wären.17 Zwar ließen sich viele Regelverstöße vermeiden, wenn die Sportler nicht im Grenzbereich ihres Leistungsvermögens agierten. Dies widerspräche aber dem Wesen vieler Sportarten, Höchstleistungen zu erreichen.18 So müssten die Sportler in vielerlei Fällen darauf achten, nur gemäßigt zu agieren, damit Regelverstöße möglichst vermieden werden können.19 Anderenfalls würde die grundsätzliche Wertung, auch leichte Regelverstöße einer sportrechtlichen Haf-

12

S. dazu die obigen Ausführungen unter B.II.4.d). S. dazu auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 260 ff. 14 S. in diesem Lichte auch die obigen Ausführungen unter B.II.4.a), b), c). 15 S. dazu die obigen Ausführungen unter B.II.4.b). 16 Für eine solche Vorgehensweise spricht sich explizit Teichmann, JA 1979, 293, 297 aus; in diese Richtung tendenziell auch BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535. 17 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 253; ähnlich auch Eser, JZ 1978, 368, 373. 18 Ähnlich auch Eser, JZ 1978, 368, 373; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 253; Pfister, FS W. Lorenz, 171, 190. S. ferner auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 29 ff. 19 Dies kritisiert explizit auch Pfister, FS W. Lorenz, 171, 190. 13

312

H. Die Grenzziehung zwischen Haftung und Unglück

tungsprivilegierung zuführen zu können,20 entwertet.21 Dies kann aus der haftungsrechtlichen Perspektive nicht ernsthaft gewollt sein. Die Vermeidbarkeit eines Regelverstoßes ist daher in dieser Hinsicht nicht geeignet, eine taugliche Abgrenzungsmethode zwischen haftungsrechtlich relevanten und irrelevanten Regelverstößen zu begründen. Darüber hinaus sind bestimmte Regelverstöße – insbesondere im Rahmen von Mannschaftssportarten – wesensprägende Elemente einer Sportart, die mehr oder minder gezielt zum Erreichen des Leistungsziels eingesetzt werden können und, um den Gegner im Wettkampf bezwingen zu können, teilweise auch als ultima ratio eingesetzt werden müssen.22 Viele dieser meist auch üblichen Regelverstöße – wie etwa das taktische Foul beim Fußball – müssten bei einer Verletzungsfolge als haftungsrechtlich relevant qualifiziert werden, da sie in der konkreten Spielsituation meist vermeidbar sind.23 Die Vermeidbarkeit des Regelverstoßes ermöglicht folglich keinen Rückschluss auf die Intensität des Regelverstoßes. Wenn die haftungsrechtliche Abgrenzung aber ohne Rücksicht auf die Intensität des Regelverstoßes vollzogen werden soll, könnten auch leichteste Regelwidrigkeiten mit einer Haftungsfolge belegt werden. Dies könnte ganze Sportarten ihres Wesens oder zumindest bestimmter Facetten berauben,24 wenn selbst leichte, übliche sowie zum Bezwingen des Gegners möglicherweise gar erforderliche Regelverstöße zur Haftung des schädigenden Sportlers führen könnten. Die Vermeidbarkeit eines Regelverstoßes ist daher kein taugliches Abgrenzungskriterium.25 2. Vorhersehbarkeit des Regelverstoßes Ähnlichen Kritikpunkten ist die Vorhersehbarkeit des Regelverstoßes ausgesetzt. Da die Vorhersehbarkeit einer Regelwidrigkeit sich nicht allzu sehr von der Vermeidbarkeit unterscheidet, sondern eine Art Vorstufe auf dem Weg zur Vermeidbarkeit eines inadäquaten Verhaltens darstellt, kann auch die Vorhersehbarkeit nicht als zielführendes Abgrenzungskriterium fungieren. Anderenfalls würde die Haftungsprivilegierung für regelwidriges Verhalten in vielerlei Fällen ausgehöhlt werden, da die Sportler oftmals wissen, dass bestimmte Spielsituationen – unabhängig von der spezifischen Intensität des Verstoßes – in Regelwidrigkeiten münden und daher vorhersehbar sind. Anhand der Vorhersehbarkeit eines regelwidrigen Verhaltens abzugrenzen, ob ein haftungsrechtlich relevantes Verhalten vorliegt, wird 20

S. dazu die obigen Ausführungen unter E.I., II. Ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 253. S. ferner auch Pfister, FS W. Lorenz, 171, 190. 22 S. dazu auch Pfister, FS W. Lorenz, 171, 190. 23 Ähnlich auch Looschelders, JR 2000, 265, 272 sowie Zimmermann, VersR 1980, 497, 502. 24 S. dazu auch Pfister, FS W. Lorenz, 171, 190. 25 So im Ergebnis auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 253. 21

II. Die möglichen Abgrenzungskriterien

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dem Wesen vieler Sportarten daher nicht gerecht. Somit ist auch die Vorhersehbarkeit kein taugliches Kriterium zur Abgrenzung zwischen einem haftungsrechtlich relevanten und einem haftungsrechtlich irrelevanten Verhalten. 3. Risikoübernahme durch den Geschädigten Als weitere Option zur Differenzierung könnte eine Risikoübernahme durch den Geschädigten in Betracht kommen. So verweist Petev darauf, dass lebensnahe Ergebnisse erzielt werden könnten, wenn auf eine Risikoübernahme des Geschädigten abgestellt werde.26 Seiner Ansicht nach nehmen die Sportler diejenigen leichten Regelwidrigkeiten in Kauf, die auch aufmerksamsten Sportlern unterlaufen können.27 Im Umkehrschluss dazu könnte man erwägen, die Grenze des haftungsrechtlich relevanten zum haftungsrechtlich irrelevanten Verhalten am Übergang des in Kauf genommenen zum nicht mehr in Kauf genommenen Verhalten zu setzen. Die Problematik einer Risikoübernahme besteht allerdings darin, dass sie sich zu sehr auf die Position des Geschädigten fokussiert und den Schädiger etwas zu stark vernachlässigt.28 Dies wird insbesondere daran deutlich, dass die Risikoübernahme eher das Kriterium der Reziprozität anspricht und nur wenige Aspekte der Typizität miteinbezieht.29 Insbesondere findet der Grad der Gefährdung, die der Schädiger durch seinen Einsatz setzt, nur geringfügige Berücksichtigung. Wenn darüber hinaus nur diejenigen Regelwidrigkeiten der Risikoübernahme unterfallen sollen, die auch sorgsamsten Sportlern unterlaufen können, wird zudem das Kriterium des „reasonable sportsman“ wiederbelebt.30 Ein eigenständiger Rückgriff auf dieses Kriterium ist allerdings nicht erforderlich, da es in den Elementen der sportiven Verkehrspflichten bereits enthalten ist.31 Wollte man nun eine Grenzziehung gerade anhand des Verhaltens eines sorgsamen Sportlers etablieren, würden die genannten Kritikpunkte wieder virulent werden.32 Daher sollte eine Abgrenzung auch nicht auf Grundlage einer Risikoübernahme des Geschädigten erfolgen33 und auf andere Abgrenzungsoptionen zurückgegriffen werden. 26 27 28

253. 29

Petev, VersR 1976, 320, 323. Petev, VersR 1976, 320, 323. S. dazu auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport,

In eine ähnliche Richtung auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 253. 30 S. dazu die obigen Ausführungen unter F.III.3.c). 31 S. oben F.III.3.c). 32 S. in diesem Lichte die obigen Ausführungen unter F.III.3.c). 33 So im Ergebnis auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 253. Auffällig ist insoweit, dass Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 232 ff., 253 den Ansatz von Petev, VersR 1976, 320, 323 ablehnt, ohne insoweit auf das Kriterium des „reasonable sportsman“, das für sie ja von wesentlicher Bedeutung für die Verkehrspflichtkonkretisierung ist, einzugehen. So wäre eigentlich zu er-

314

H. Die Grenzziehung zwischen Haftung und Unglück

4. Der Vergleich zwischen dem tatsächlichen und einem hypothetisch verkehrspflichtgerechten Verhalten Insbesondere Looschelders und Götz wollen das verkehrspflichtrelevante vom haftungsrechtlich irrelevanten Verhalten anhand eines Vergleichs zwischen dem tatsächlichen und einem hypothetisch verkehrspflichtgerechten Verhalten des Schädigers abgrenzen.34 Dem Schädiger solle nicht die Regelwidrigkeit als solche angelastet werden, sondern nur diejenige Gefahr, die erheblich über derjenigen eines regelgerechten Spieles liege.35 Die haftungsrechtliche Relevanz trete demnach dann ein, wenn diejenige Gefahr, die sich in der konkreten Mitspielerverletzung realisiert hat, bei einem regelkonformen Alternativverhalten nicht geschaffen worden wäre.36 Gehe hingegen das durch die Regelwidrigkeit geschaffene Risiko nicht über das regelkonform bestehende Risiko hinaus, bestehe keine haftungsrechtliche Relevanz.37 Ein Verkehrspflichtverstoß wäre demgemäß abzulehnen, wenn das regelwidrige Verhalten das Risiko einer Mitspielerschädigung im Vergleich zu einem regelgerechten Einsatz nicht steigere.38 Die Problematik dieser Abgrenzungsmethode ist darin zu erblicken, dass immer erst ein hypothetisch verkehrspflichtgerechtes Verhalten als Vergleichsgrundlage gebildet werden muss, bevor der Vergleich zum tatsächlichen, regelwidrigen Verhalten gezogen werden kann.39 Dies mag in praktischer Hinsicht zwar ohne größere Widrigkeiten möglich sein, allerdings entsteht dadurch immer auch ein zusätzlicher Bewertungsspielraum für den entscheidenden Richter – je nachdem, wie streng oder milde er das hypothetisch verkehrspflichtgerechte Verhalten als Vergleichsgrundlage bestimmt.40 Dies kann – wie auch Götz eingesteht41 – in einer gewissen Rechtsunsicherheit resultieren, die möglicherweise vermeidbar wäre.42 warten gewesen, dass Götz der Abgrenzungsidee von Petev zumindest mit einer gewissen Sympathie gegenübertritt. 34 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 260 ff.; Looschelders, JR 2000, 265, 272. S. ferner Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 210 f. sowie aus der Strafrechtsliteratur Rössner, FS Hirsch, 313, 322. 35 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 261; Looschelders, JR 2000, 265, 272. 36 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 261 f.; Looschelders, JR 2000, 265, 272. In eine ähnliche Richtung auch Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 211, der allerdings auch Elemente der Vorherseh- und Vermeidbarkeit miteinfließen lässt. 37 Looschelders, JR 2000, 265, 272; ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 261 ff. 38 Looschelders, JR 2000, 265, 272; ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 261 ff. 39 Kritisch aus strafrechtlicher Sicht auch Burgstaller, Das Fahrlässigkeitsdelikt im Strafrecht, 57 f. 40 Auf diesen Umstand weist Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 265 eplizit hin. Kritisch aus strafrechtlicher Sicht auch Burgstaller, Das

II. Die möglichen Abgrenzungskriterien

315

Darüber hinaus geht der Ansatz – wohl stillschweigend – davon aus, dass nur eine einzige Möglichkeit eines regelgerechten Alternativverhaltens in Frage kommt. Wie wäre aber zu verfahren, wenn gleich mehrere regelgerechte Alternativverhaltensweisen denkbar wären, die den Geschädigten aber unterschiedlichen Gefahrenniveaus aussetzten?43 Müsste auf die gefahrvermeidenste Verhaltensweise abgestellt werden oder dürfte auf diejenige Alternativverhaltensweise, die trotz möglicherweise erheblichen Gefährdungspotentials noch als regelgerecht zu qualifizieren wäre, zurückgegriffen werden? Auf diese, für ihre Abgrenzungsmethodik essentielle, Frage liefern sowohl Götz als auch Looschelders keine Antwort, da sie wohl von der Prämisse ausgehen, dass immer nur eine mögliche, regelgerechte Alternativoption besteht. Die Realität des Sports wird allerdings in vielen Situationen mehrere Optionen eines vergleichbaren und auch regelkonformen Verhaltens zulassen. Solange nicht geklärt ist, welches denkbare regelgerechte Verhalten dem regelwidrigen Schädigerverhalten als Vergleichsgrundlage gegenüberzusetzen ist, sollte nicht anhand des von Looschelders und Götz vorgeschlagenen Vergleichsmodells vorgegangen werden, wenn eine weitere Abgrenzungsmöglichkeit zielführende Ergebnisse ermöglichen kann. 5. Die Abgrenzung anhand von Typizität und Reziprozität Zum Ziel führen könnte schließlich, anhand der Kriterien von Typizität und Reziprozität vorzugehen und auf Grundlage dieser Kriterien eine klare Grenzziehung zwischen haftungsrechtlich missbilligten und haftungsrechtlich privilegierungswürdigen Mitspielerverletzungen vorzunehmen. Die Kombination der Elemente von Typizität und Reziprozität konturiert die haftungsrechtliche Privilegierungswürdigkeit einer Mitspielerverletzung beziehungsweise deren Missbilligung.44 Wenn dies bereits im Allgemeinen sowie im Speziellen im Rahmen der Verkehrspflichtkonkretisierung deutlich wird,45 können diese Kriterien – ohne dass es des Rückgriffs Fahrlässigkeitsdelikt im Strafrecht, 57 f. S. ferner auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 30 f. 41 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 265. 42 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 265 will diese mögliche Rechtsunsicherheit allerdings bewusst hinnehmen. Ihrer Ansicht nach seien die in der Folge denkbaren „grauen Zonen“ der in Kauf zu nehmende Preis, der zu zahlen sei, um einerseits den Sport nicht als rechtsfreien Raum deklarieren zu müssen und andererseits die Autonomie und Eigenheit des Sports angemessen würdigen zu können. S. zudem auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 30 ff. 43 Nimmt man etwa den Fußball als Beispiel, so kann der verteidigende Spieler den Angreifer meistens durch einen Zweikampf vom Ball trennen, ein Tackling einsetzen, ihn im Laufduell stellen oder aber eine Grätsche als Mittel der Wahl verwenden. S. in diesem Kontext auch Richtsfeld, CaS 2016, 131, 135, der verschiedene Zweikampfs- und Abwehrmethoden beim Handball aufzählt. 44 S. dazu die obigen Ausführungen unter B.II.3. sowie F.III.1., 2. 45 S. auch insofern die obigen Ausführungen unter B.II.3. sowie F.III.1., 2.

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H. Die Grenzziehung zwischen Haftung und Unglück

auf eines der analysierten Abgrenzungsmodelle bedarf – auch zur Abgrenzung des verkehrspflichtrelevanten vom verkehrspflichtirrelevanten Schädigerverhalten herangezogen werden.46 Richtet man den Blick zunächst auf das Kriterium der Typizität, kann eine Grenzziehung an dem Punkt erfolgen, an dem der sportive Einsatz des schädigenden Sportlers nicht mehr dem im Rahmen der Sportart zu erwartenden Verhaltensprogramm zugeordnet werden kann. Dies bedeutet schematisch dargestellt, dass, je weiter sich das Verhalten des Schädigers von dem durch die weiterreichende Typizität statuierten Idealverhalten entfernt, desto eher von einem Verkehrspflichtverstoß auszugehen ist.47 Umgekehrt wird ein Verhalten, das sich in der Nähe des anhand der Typizität vorgeprägten und idealtypischen Sportlerverhaltens befindet, regelmäßig keinen Verkehrspflichtverstoß begründen. Wendet man sich sodann der Reziprozität zu, wird ein Verkehrspflichtverstoß dann anzunehmen sein, wenn die konkrete Schädigungssituation nicht mehr von einem wechselseitig geprägten Risiko geprägt ist, sondern maßgeblich durch ein einseitig vom Schädiger gesetztes Risiko.48 Der Übergang von einem wechselseitig geprägten Risiko zu einer einseitig determinierten Gefahr begründet somit im Hinblick auf das Kriterium der Reziprozität die Grenze. Sollte sich der Schädiger demgemäß mit seinem Einsatz entschieden von der Typizität entfernen oder eine Situation vorliegen, bei der gerade keine wechselseitige Schädigungsgefahr mehr besteht, so kann nicht mehr von einem haftungsrechtlich irrelevanten Verhalten ausgegangen werden. Eine besondere und daher missbilligte Gefahrerhöhung ist bei der Sportausübung somit dann gegeben, wenn sich das Verhalten des Schädigers entweder zu weit von der Typizität der betreffenden Sportart oder aber von einer wechselseitigen Schädigungsgefahr entfernt. Sollte dies der Fall sein, verwirklicht sich gerade nicht mehr das einer Sportart immanente Grundrisiko, sondern eine darüber hinausgehende Gefahr, die einen Verkehrspflichtverstoß zur Konsequenz hat. Auf dieser Grundlage lässt sich somit für beide Kriterien eine abstrakte Grenzziehung des privilegierungswürdigen vom missbilligten Sportlerverhalten bestimmen. Die praktische Herausforderung besteht somit darin, den exakten Punkt der Abgrenzung zu lokalisieren. Dieser kann allerdings – allein schon aufgrund der Unterschiede der jeweiligen Sportarten und teilweise auch der einzelnen Verhaltensformen – nicht pauschal festgestellt werden, sondern ist stets anhand des konkreten Einzelfalles zu bestimmen. Dennoch ermöglichen die Kriterien der Typizität und Reziprozität auch bei der Bewertung der entsprechenden Schädigungssituation eine klare Grenzziehung. So lässt sich in tatsächlicher Hinsicht recht präzise feststellen, ob das Verhalten des Schädigers mit der Typizität vereinbar ist oder nicht. 46

S. insofern auch Fleischer, VersR 1999, 785, 788; Pfister, FS W. Lorenz, 171, 188 ff.; s. ferner auch Burger, Spurt 2007, 192, 194. 47 Entfernt in diese Richtung auch Pfister, FS W. Lorenz, 171, 190 ff. S. zudem auch Thaler, CaS 2006, 172, 189. 48 In eine ähnliche Richtung wohl auch Thaler, CaS 2006, 172, 189.

II. Die möglichen Abgrenzungskriterien

317

Gleiches gilt für die Reziprozität. Die eigentliche Herausforderung entsteht erst dann, wenn nicht eindeutig reproduziert werden kann, ob die Schädigungssituation den angesprochenen Kriterien entsprach oder ein relevantes Verhaltensgebot verletzt wurde. Diese Umstände betreffen allerdings nicht die Tauglichkeit der Abgrenzungsgrundlage. Vielmehr gründen sie auf der – gerade beim Sport nicht immer unproblematischen – Sachverhaltsaufklärung sowie der Auslegungsbedürftigkeit der entsprechenden Regeln.49 Diese beiden Problemkreise sind allerdings maßgeblich prozessualer Natur und können – ohne von allgemeinen Grundsätzen abweichen zu müssen – anhand der Darlegungs- und Beweislast aufgelöst werden.50 Dementsprechend hat der Geschädigte darzulegen und zu beweisen, dass seine Verletzung durch eine haftungsrechtlich erhebliche Regelwidrigkeit verursacht wurde.51 Er muss somit darlegen und beweisen, dass die Schädigung nicht mehr in Einklang mit den Kriterien der Typizität und Reziprozität gebracht werden kann. Gelingt ihm dies, ist ein Verkehrspflichtverstoß anzunehmen. Auf Grundlage dieser beiden Kriterien lässt sich so einzelfallgerecht die exakte Grenze eines privilegierungswürdigen Verhaltens lokalisieren. Gleichzeitig können auch problematische oder streitige Konstellationen einer zielführenden Lösung zugeführt werden. Vergleicht man dieses Abgrenzungsmodell mit der vorgeschlagenen Methode von Götz52 und Looschelders53, ist der maßgebliche Vorteil darin zu erblicken, dass durch die Typizität und die Reziprozität als Grundlage der Abgrenzung einer ausufernden Kasuistik begegnet werden kann. Die weiterreichende Typizität wirkt sich dergestalt aus, dass auf ihrer Grundlage bereits große Teile des deliktischen Pflichtenprogramms bestimmt werden können. Die verbleibenden Aspekte der sportiven Verkehrspflicht lassen sich schließlich durch die Reziprozität auffüllen. Somit bedarf es – entgegen der Ansätze von Looschelders und Götz – keiner isolierten Bestimmung eines hypothetisch verkehrspflichtgerechten Verhaltens, auf dessen Grundlage ab-

49

149. 50

S. in diesem Kontext auch die obigen Ausführungen unter G.I.1., 2. sowie BGHZ 63, 140,

S. dazu auch BGHZ 63, 140, 149 sowie die obigen Ausführungen unter F.II.1.b)bb) und G.I.1., 2. 51 S. zur Darlegungs- und Beweislast bezüglich des Regelverstoßes allein BGH, NJW 1976, 957; 2010, 537, 538; OLG Bamberg, NJW 1972, 1820; OLG Frankfurt, NJW-RR 1991, 418; OLG Düsseldorf, VersR 1992, 841; LG Marburg, NJW-RR 1998, 1243; BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 587; Behrends, DOK 1976, 539, 544; Deutsch, VersR 1974, 1045, 1050; Erman/Wilhelmi, § 823 Rn. 104; Füllgraf, VersR 1983, 705, 712; Lorz, in: Impulse des Sportrechts, 309, 314; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 694; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 56, 60. S. ferner auch BGHZ 63, 140, 148; OLG München, VersR 1982, 198. S. ferner zur Darlegungs- und Beweislast im Allgemeinen allein Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 116 Rn. 7, 40 ff. S. zudem die obigen Ausführungen unter F.II.1.b)bb) und G.I.1., 2. 52 Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 260 ff. S. zudem die obigen Ausführungen unter H.II.4. 53 Looschelders, JR 2000, 265, 272. S. zudem die obigen Ausführungen unter H.II.4.

318

H. Die Grenzziehung zwischen Haftung und Unglück

gegrenzt werden muss.54 Darin liegt ein elementarer Mehrwert der hier entwickelten Abgrenzungsmethode. Von besonderer Bedeutung für die Abgrenzung ist allerdings, dass sie in aller Regel losgelöst von der sportinternen Sanktionierung zu vollziehen ist und sich im Wesentlichen auf den tatsächlichen Geschehensablauf fokussiert.55 Vielfach wird die sportinterne Bestrafung oder Sanktionsmöglichkeit einen Rückschluss auf die Intensität des Regelverstoßes liefern, dieser muss aber nicht zwingend brauchbar für die haftungsrechtliche Bewertung sein.56 So wird die Auffassung von Wilms, dass eine Haftung meist bei einem „rotwürdigen Foul“ eintrete,57 zwar vielfach zutreffen, dennoch fehlt ihr die notwendige Präzision, da sie maßgeblich an den spielinternen Sanktionsmechanismus anknüpft und die Elemente von Typizität und Reziprozität nicht zwingend (mit-)berücksichtigt. Gleiches gilt für die Annahme von Schall, der konstatiert, dass eine rote Karte beim Fußball geradezu synonym für einen groben Regelverstoß stehe.58 Die Regelwerke vieler Sportarten sanktionieren gravierende Regelverstöße zwar oftmals mit einem Platzverweis, einer roten Karte oder auch mit besonderen Zeitstrafen, gleichzeitig sehen sie oftmals aber auch unterschiedliche Sanktionsstufen bei mitunter gleichwertigen Regelverstößen vor.59 Nimmt man dazu den Fußball als Beispiel, ist eine „Notbremse“ unabhängig davon, ob es sich bei dem Regelverstoß um einen eher üblichen und an der Typizität gemessenen, geringfügigen oder aber einen atypischen und gravierenden Regelverstoß handelt, mit einem Platzverweis zu ahnden, wenn eine eindeutige Torchance durch die Regelwidrigkeit vereitelt wird.60 Wird allerdings keine klare Torchance oder eine besonders aussichtsreiche Spielmöglichkeit vereitelt, beispielsweise weil sich die Regelwidrigkeit in der Nähe der Mitte des Spielfeldes ereignet hat, bedarf es bei einem geringen Regelverstoß keiner besonderen persönlichen Sanktion des regelwidrig agierenden

54

S. insofern die obigen Ausführungen unter H.II.4. So auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 30; Looschelders, JR 2000, 265, 272. In diese Richtung tendieren auch Eser, JZ 1978, 368, 373 und Pfister, FS W. Lorenz, 171, 190 f. 56 Ähnlich auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 30; Looschelders, JR 2000, 265, 272. 57 Wilms, JR 2007, 95, 99. 58 Schall, SpuRt 2011, 226, 227. Eine ähnliche Argumentationsstruktur wählt auch Brüggemeier, Haftungsrecht, 243. 59 Ähnlich auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 30; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 252; Looschelders, JR 2000, 265, 272. S. insofern auch den Erläuterungsteil des DFB innerhalb der FIFA-Regel 12 zum Fußballsport, der, je nach Eigenart des Regel 12 zu subsumierenden Regelverstoßes, unterschiedliche Sanktionsmöglichkeiten eröffnet. S. zum Regelwerk Fn. 1285. 60 S. dazu den Abschnitt „Feldverweiswürdige Vergehen“ innerhalb der FIFA-Regel 12 zum Fußballsport. S. zum Regelwerk Fn. 1285. S. ferner auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 29; Looschelders, JR 2000, 265, 272. 55

III. Besondere Fallkonstellationen

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Sportlers.61 Aus diesem Grund kann aus der spielinternen Folge keine verbindliche Aussage über eine etwaige Haftung des schädigenden Sportlers getroffen werden, obschon eine nicht zu verachtende Signalwirkung von der Sanktion ausgehen mag.62 Betrachtet man ferner, welche Auswirkungen die Abgrenzungsmethode auf die Bewertung einzelner Sportarten hat, lässt sich wertungsneutral festhalten, dass die Beurteilung von Mitspielerverletzungen innerhalb jeglicher Sportarten stets von der Häufig- und Regelmäßigkeit von Regelverstößen und deren Intensität abhängt. Der Unterschied zwischen einzelnen Sportarten besteht in tatsächlicher Hinsicht somit lediglich darin, dass Regelwidrigkeiten bei manchen Sportarten häufiger auftreten als bei anderen. Gleichzeitig wird es bei bestimmten Sportarten öfters Situationen geben, in denen eine wechselseitige Schädigungsgefahr bestehen kann, als in anderen Sportarten. In der Reflexwirkung werden im Rahmen mancher Sportarten somit häufiger Haftungsfälle zu untersuchen sein als in anderen.63 Diese Umstände haben ansonsten aber keine nennenswerte Auswirkung auf die haftungsrechtliche Relevanz einer konkret zu beurteilenden Mitspielerverletzung, wenn anhand der vorgeschlagenen Methode vorgegangen wird. Berücksichtigt man diese tatsächlichen Umstände bei der deliktsrechtlichen Bewertung, lässt sich anhand von Typizität und Reziprozität bezüglich jeglicher Sportart zielführend abgrenzen, ob ein haftungsrechtlich relevantes oder irrelevantes Schädigerverhalten vorliegt.

III. Besondere Fallkonstellationen Aufbauend auf der hier vorgeschlagenen Abgrenzungsmethode, stellt sich des Weiteren die Aufgabe, wie bestimmte übliche, haftungsrechtlich aber anspruchsvolle, Fallgruppen abstrakt bewertet und voneinander abgegrenzt werden können. Die Bewertung dieser Fallgruppen dient gleichzeitig als „Stresstest“ zur Überprüfung der vorgeschlagenen Methode auf ihre praktische Tauglichkeit. Sollte sich herausstellen, dass die – mitunter nicht leicht abgrenzbaren – Fallgruppen anhand von Typizität und Reziprozität einer eindeutigen Beurteilung zugeführt werden können, wäre ein wesentlicher Beweis zum praktischen Nutzen dieser Kriterien – nicht nur für die Verkehrspflichtkonkretisierung, sondern auch für die Abgrenzung des relevanten vom irrelevanten Verhalten – erbracht.

61 S. insoweit den Erläuterungsteil innerhalb der FIFA-Regel 12 zum Fußballsport. S. zum Regelwerk Fn. 1285. S. ferner auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 30 f. 62 So jedenfalls im Ergebnis auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 30 f.; etwas relativierender hingegen Looschelders, JR 2000, 265, 272. S. ferner auch Pfister, FS W. Lorenz, 171, 190 f. 63 S. in diesem Kontext auch Hauk, Die zivilrechtliche Haftung bei Sportverletzungen, 107 ff.

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H. Die Grenzziehung zwischen Haftung und Unglück

1. Der Übergang von zulässiger Härte zur Unfairness Die wohl am häufigsten thematisierte Abgrenzungsfrage betrifft den Bereich derjenigen Mitspielerverletzungen, die an der Grenze zwischen einer noch zulässigen, körperbetonten und sportiven Härte und einer zu missbilligenden Unfairness eintreten.64 Diese Fallgruppe zeichnet sich gerade dadurch aus, dass ein Regelverstoß in objektiver Hinsicht unstreitig gegeben ist, allerdings nicht einwandfrei ermittelt werden kann, ob dieser haftungsrelevant ist oder nicht.65 Die Herausforderung besteht somit darin, die Mitspielerverletzung entweder der zulässigen und nicht verkehrspflichtrelevanten Härte oder aber der missbilligten Unfairness zuzuordnen beziehungsweise beide Gruppen voneinander abzugrenzen. In praktischer Hinsicht wird insoweit meist attestiert, dass die Grenze zur Haftung überschritten sei, wenn ein Fußballer ohne Aussicht auf ein Erreichen des Balles von hinten seinen Gegenspieler umgrätsche66, ein Torwart in ähnlicher Manier einen Stürmer am Torabschluss hindere67 oder aber der Kontrahent durch ein „Revanchefoul“ 68 oder eine „Blutgrätsche“69 niedergestreckt werde. Sie sei hingegen nicht überschritten, wenn eine realistische Chance bestehe, den Ball zu spielen70, seitlich in Richtung des Standbeines gegrätscht71 oder ein Tackling mit der Aussicht auf eine regelgerechte Balleroberung durchgeführt werde72, der Torwart noch keine Kontrolle über den Ball habe73 oder nicht aufgeklärt werden könne, ob der Stürmer tatsächlich noch die Möglichkeit hatte, den Ball zu erreichen74.

64 S. dazu allein BGH, NJW 1976, 957, 958; 1976, 2161; OLG Hamm, VersR 1999, 1115; OLG Stuttgart, NJW-RR 2000, 1043; OLG Hamburg, VersR 2002, 500; OLG Hamm, NJW-RR 2005, 1477; OLG München, SpuRt 2010, 256; OLG Koblenz, NJW-RR 2016, 536; LG Freiburg, SpuRt 2006, 39; BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535; Korff, Sportrecht, Rn. 253; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 116; Soergel/Pfeiffer, § 276 Rn. 203; Vieweg, in: Von „Sport und Recht“ zu „Faszination Sportrecht“, 689, 749 f. 65 S. dazu auch OLG München, SpuRt 2010, 256, 257; LG Coburg, CaS 2016, 46, 47 sowie BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 584 f. 66 OLG Hamm, VersR 1999, 1115; OLG Stuttgart, NJW-RR 2000, 1043; OLG München, SpuRt 2010, 256; so auch OLG Koblenz, VersR 1991, 1067 für die Bewertung einer Regelwidrigkeit beim Basketballspiel. S. zudem auch Nesemann, NJW 2010, 1703, 1703 sowie ferner BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535, 547. 67 OLG München, VersR 1977, 844; LG Freiburg, SpuRt 2006, 39. 68 OLG Hamm, VersR 1985, 1072. 69 OLG Hamm, NJW-RR 2005, 1477. 70 OLG München, VersR 1986, 247; OLG Hamm, VersR 1998, 68, 69; OLG Stuttgart, MDR 2000, 1432; OLG Koblenz, NJW-RR 2016, 536. 71 BGH, NJW 1976, 957, 958; OLG Nürnberg, VersR 1998, 69, 70; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2000, 1115; OLG Saarbrücken, NJW-RR 2011, 109. 72 LG Nürnberg-Fürth, SpuRt 1995, 174, 175 f. Ähnlich auch, allerdings unter Vermengung mehrerer der bereits vorgenannten Konstellationen, OLG Düsseldorf, r+s 2005, 435, 436. 73 OLG Oldenburg, VersR 1995, 670. 74 LG Koblenz, SpuRt 2006, 40, 41.

III. Besondere Fallkonstellationen

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Wie beide Gruppen aber abstrakt voneinander abgegrenzt werden können, ergibt sich daraus noch nicht. So verweist Vieweg darauf, dass im Rahmen jeder Sportart anhand des Einzelfalles ermittelt werden müsse, ob die zulässige Härte überschritten sei.75 Dem ist zuzustimmen, da ansonsten pauschale Bewertungen vollzogen werden könnten, die aufgrund der mannigfaltigen Facetten des Sports und der Sportausübung gerade zu vermeiden sind. Eine Grenzziehung für solche Konstellationen kann allerdings unproblematisch anhand des hier präferierten Modells durch die Kriterien von Typizität und Reziprozität erfolgen. Sollte eine harte oder körperbetonte Spielweise noch mit der Typizität des Sports vereinbar sein und die Schädigungssituation von einem wechselseitig gesetzten Risiko geprägt sein, ist zulässige Härte gegeben. Sollte hingegen eines der beiden Kriterien nicht mehr angenommen werden können, liegt verkehrspflichtrelevante Unfairness vor. Die Grenzziehung bereitet auf dieser Grundlage somit keine nennenswerten Probleme. Korff hingegen spricht von einer haftungsfreien „Grauzone“, die bestehe, wenn trotz objektiven Regelverstoßes nicht klar sei, ob dieser noch im Bereich der zulässigen Härte oder aber im Bereich der haftungsauslösenden Unfairness zu verorten sei.76 Dies wirft die Frage auf, ob im Übergang zwischen Härte und Unfairness möglicherweise nicht nur eine Grenzlinie, sondern doch eine ganze Grenzfläche existiert, die als „Grauzone“ qualifiziert werden könnte.77 Dieser Gedankengang flankiert allerdings nicht die materiell-rechtliche Betrachtung; er ist wenn überhaupt aus einem prozessualen Blickwinkel nachzuvollziehen. Die rechtliche Wirklichkeit sieht vielmehr so aus, dass ein Grenz- oder Graubereich allenfalls in prozessualer Hinsicht – wenn sich nicht eindeutig ermitteln lässt, ob zulässige Härte oder aber unzulässige Unfairness vorliegt – besteht. Dies ist aber keine Herausforderung der praktischen Grenzziehung, sondern vielmehr der konkreten Sachverhaltsermittlung.78 Sollten daher – was im Grenzbereich zwischen Haftung und Unglück nicht gerade unwahrscheinlich ist – keine eindeutigen Anhaltspunkte vorliegen, die für die eine oder die andere Möglichkeit sprechen, ist anhand der Beweislast zu entscheiden.79 Dies bedeutet, dass der Geschädigte die haftungsrechtliche Erheblichkeit des Regelverstoßes darzulegen und zu beweisen hat.80 Dies kann dem Geschädigten entweder gelingen oder aber auch nicht. Die praktische Grenzziehung auf Grundlage 75 Vieweg, in: Von „Sport und Recht“ zu „Faszination Sportrecht“, 583, 588. In eine ähnliche Richtung auch Bamberger/Roth/Spindler, § 823 Rn. 393, der allerdings anhand der zumutbaren Gefahrvermeidung sowie des Ausmaßes des hinzunehmenden Risikos differenzieren will. 76 Korff, Sportrecht, Rn. 253. Diese Begrifflichkeit wählt auch Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 214. Zudem sprechen auch BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535 und BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 584 von einem „Grenzbereich“. 77 S. dazu auch Bamberger/Roth/Spindler, § 823 Rn. 393; BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 584 sowie MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 695. 78 S. dazu auch MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 695. 79 In eine ähnliche Richtung auch MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 695. 80 S. im Allgemeinen zur Darlegungs- und Beweislast in Fällen der Mitsportlerschädigungen die obigen Ausführungen und Nachweise unter F.II.1.b)bb) sowie G.I.2.c). S. ferner auch MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 695.

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H. Die Grenzziehung zwischen Haftung und Unglück

der diskutierten Abgrenzungsmethoden wird dadurch jedoch nicht berührt. In materiell-rechtlicher Hinsicht bedarf es hinsichtlich dieser Fallgruppe nur in selteneren Fällen der vorgeschlagenen Abgrenzungsmethode, da die Problematik meistens schon durch die (Un-)Aufklärbarkeit des Sachverhalts aufgelöst wird. Warum diese Widrigkeit aber von manchen Stimmen zu einer eigenständigen Fallgruppe hochstilisiert wird, leuchtet nicht ein. Sicherlich führt es zu praktischen Herausforderungen, wenn trotz Regelwidrigkeit nicht eindeutig festgestellt werden kann, ob zulässige Härte oder aber unzulässige Unfairness vorliegt. Eine Art Grenzzone oder eine „Grauzone“, so wie Korff diesen Bereich umschreibt,81 entsteht dadurch aber nicht. Auf solche Phrasen kann daher verzichtet werden, da sie nur von der Bestimmung der klaren Grenzlinie ablenken.82 Nur jene konkret zu lokalisieren, kann mitunter problematisch sein. Es bringt aber weder Wissenschaft noch Praxis weiter, einen materiell-rechtlichen Zwischenraum zu kreieren und über die etwaigen Haftungsfolgen dieses Konstrukts zu diskutieren, wenn eine klare Abgrenzung zwischen relevantem und irrelevantem Verhalten allein aus prozessualen Aspekten zu Herausforderungen führt.83 Die entscheidende Aufgabe besteht daher vielmehr darin, möglichst präzise herauszuarbeiten, welcher der beiden möglichen Kategorien die konkrete Schädigung zugeordnet werden kann.84 Sollte dies möglich sein, in der Folge aber dennoch Abgrenzungsfragen auftreten, dann kann über die methodische Herangehensweise diskutiert werden. Dies bedeutet, dass bei Anwendung des hier vorgeschlagenen Modells – freilich aus abstrakter Sichtweise argumentiert – die zulässige Härte noch von Typizität und Reziprozität gedeckt wäre, unfaire Verhaltensweisen dagegen nicht. 2. Regelverstöße aufgrund von Spieleifer, Übermüdung oder ähnlichen Gründen Eine weitere oftmals diskutierte Fallgruppe betrifft diejenigen Regelverstöße, die aufgrund von Spieleifer, Übermüdung oder weiteren subjektiv bestimmten Gründen eintreten. Diese Fallgruppe zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass der zur 81

Korff, Sportrecht, Rn. 253. Nicht so kritisch, aber auch auf diesen Umstand hinweisend, MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 695. 83 Sicherlich kann auf rechtspolitischer Ebene darüber diskutiert werden, ob es sinnvoll wäre, dem entscheidenden Richter einen haftungsfreien Grenzbereich im Gebiet zwischen Härte und Unfairness zu eröffnen, damit die haftungsrechtliche Folge möglicherweise nicht von winzigen Aspekten der Sachverhaltsermittlung abhängt. Eine solche Idee verdeckt allerdings auch nur das allgegenwärtige Problem der Sportlerhaftung, dass regelmäßig gerade nicht alle Einzelheiten des Sportunfalls aufgedeckt und unstreitig dargelegt und bewiesen werden können. 84 In eine ähnliche Richtung auch MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 695 sowie Soergel/ Krause, § 823 Anh. II Rn. 116, der davon spricht, dass die Haftung des schädigenden Sportlers dann bestehe, wenn der Grenzbereich „klar verlassen wird“. 82

III. Besondere Fallkonstellationen

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Schädigung führende objektive Regelverstoß zusätzlich noch maßgeblich von einem in der Person des Schädigers begründeten Umstand geprägt ist.85 Somit ist im Rahmen der konkreten Mitspielerverletzung zu analysieren, ob aus den subjektiven Aspekten der Übermüdung oder des Spieleifers eine Gefährdung resultiert, welche die übliche Gefährdung durch einen leichten Regelverstoß signifikant übersteigt. Dies wird regelmäßig zu verneinen sein, da zusätzliche subjektive Aspekte das sporttypische Risiko in vielen Fällen nicht steigern werden. So führt es in vielerlei Fällen zu keinem signifikanten Unterschied, ob dem schädigenden Sportler „nur“ ein leichter Regelverstoß zur Last fällt oder ob sich der Regelverstoß zusätzlich noch durch die Übermüdung oder den Spieleifer des Schädigers auszeichnet. Abstrakt betrachtet wird sich das gegebene Risiko durch in der Person des Sportlers liegende Gründe meist nicht wesentlich erhöhen. Dementsprechend ist es – im Einklang mit der mittlerweile vorherrschenden Ansicht – auch gerechtfertigt, solche Regelverstöße regelmäßig als haftungsrechtlich irrelevant zu qualifizieren.86 Vielmehr begründen solche Regelwidrigkeiten nach dem hier vorgeschlagenen Ab85 Diese Fallgruppe wird überwiegend zusammen mit Regelwidrigkeiten, die maßgeblich auf technischem Versagen oder spielerischem Unvermögen beruhen, thematisiert. Der Unterschied zu diesen Regelwidrigkeiten besteht allerdings darin, dass technisches Versagen oder spielerisches Unvermögen überwiegend an der objektiv bewertbaren Spielerleistung anknüpfen und die hier diskutierte Fallgruppe eher subjektiv determiniert ist. S. zu der zweitgenannten Fallgruppe die nachfolgenden Ausführungen unter H.III.3. 86 BayObLG, NJW 1961, 2072, 2073; LAG Köln, NJW 1995, 991, 992; OLG Hamburg, VersR 2002, 500; OLG Köln, SpuRt 2003, 74, 75 f.; OLG Düsseldorf, r+s 2005, 435; OLG Hamm, NJW-RR 2005, 1477; OLG München, SpuRt 2010, 256; OLG Koblenz, NJW-RR 2016, 536, 537; BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535; Geigel/Bacher, Der Haftpflichtprozess, 12. Kapitel Rn. 59; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 695; Nolte, Sport und Recht, 219; Palandt/Sprau, § 823 Rn. 216; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 116; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 50; Vieweg, in: Von „Sport und Recht“ zu „Faszination Sportrecht“, 689, 749 f.; s. ferner auch BGHZ 154, 316, 324 f.; BGH, NJW, 1976, 957, 958; 1976, 2161; NJW-RR 2006, 813; eine eindeutige Positionierung des Bundesgerichtshofs zu dieser Thematik wäre wünschenswert und wohl mittlerweile auch überfällig. Freilich weichen die einzelnen Begründungen insoweit teilweise voneinander ab, dennoch werden solche Regelverstöße im Ergebnis von all diesen Autoren als haftungsrechtlich irrelevant qualifiziert. Abweichend hingegen äußert sich RGRK/Steffen, § 823 Rn. 358, der solche Regelwidrigkeiten nur dann für unerheblich erklären will, wenn alle Sportler diesen Umständen ausgesetzt sind. Sollte dies allerdings nicht der Fall sein, so sollen sich diese Aspekte einer Regelwidrigkeit seiner Ansicht nach haftungsbegründend auswirken, da gerade Spieleifer und Übermüdung das durch die Teilnahme am Sport übernommene Risiko nicht erweitern können. Steffen geht somit im Ergebnis wohl von einer anderen Grundannahme aus, da er dem Spieleifer und der Übermüdung eine besondere Intensität beimisst, die eine übliche oder leichte Regelwidrigkeit zu einer erheblichen Regelwidrigkeit transformiert. Dies steht allerdings nicht im Einklang mit der hiesigen Auffassung, da den subjektiven Aspekten einer Regelwidrigkeit ohne das Vorliegen weiterer Anhaltspunkte regelmäßig gerade keine intensitätssteigernde Wirkung entnommen werden kann. Hellgardt, Die Haftung für Sportverletzungen, 78 f. will des Weiteren Schädigungen in der „Hitze des Gefechts“ per se von einer privilegierten Haftung ausnehmen, wenn sich der Sportler in eine „Art Spielrausch“ hineinspiele und den sportlichen Erfolg um jeden Preis erreichen wolle. Diese pauschale Bewertung ist allerdings abzulehnen, da auch Sportler in einem „Spielrausch“ nicht automatisch unfair agieren müssen.

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H. Die Grenzziehung zwischen Haftung und Unglück

grenzungsmodell nur dann einen Verkehrspflichtverstoß, wenn sie sich nicht mehr mit den Kriterien der Typizität und Reziprozität vereinbaren lassen. Besondere subjektive Komponenten des Sportlers sind dafür aber regelmäßig unbeachtlich. Dementsprechend werden sich subjektive Komponenten wie Spieleifer, Übermüdung oder aber andere maßgeblich subjektiv geprägte Gründe nur dann haftungsbegründend auswirken, wenn diese Faktoren die Intensität eines objektiv leichten Regelverstoßes wesentlich steigern.87 3. Schädigungen aufgrund technischen Versagens oder spielerischen Unvermögens Ähnlich gelagert wie die Fallgruppe des Spieleifers oder der Übermüdung sind Konstellationen, in denen Schädigungen maßgeblich aufgrund spielerischen Unvermögens oder technischen Versagens der Sportler eintreten.88 Aufgrund ihrer Ähnlichkeit zu der soeben diskutierten Kategorie der Regelverstöße, die sich durch Spieleifer, Übermüdung oder ähnliche Gründe auszeichnen, werden beide Gruppen oftmals auch einheitlich behandelt.89 Dennoch unterscheiden sie sich voneinander, weil die erste Gruppe besonders durch subjektive Komponenten geprägt ist, die zweite Gruppe hingegen von der eher objektiv zu bewertenden, tatsächlichen Sportlerleistung.90 Trotzdem kann auf die soeben getroffenen Wertungen zurückgegriffen werden:91 Vielfach wird beim technischen Versagen oder spielerischen Unvermögen der Regelverstoß von geringfügiger Natur sein und noch dem Erwartbaren bei gleichzeitig bestehender Reziprozität der Schädigungsgefahr entsprechen. Aus diesem Grunde werden regelwidrig verursachte Schädigungen in diesen Konstellationen regelmäßig nicht zur Haftung des schädigenden Sportlers führen, da diese zusätzlichen Komponenten die Intensität des Regelverstoßes nicht wesentlich steigern.92

87 Dies wäre sodann auch wieder im Einklang mit der Annahme von RGRK/Steffen, § 823 Rn. 358. Der Unterschied besteht allerdings immer noch darin, dass RGRK/Steffen, § 823 Rn. 358 leichte Regelverstöße, die zusätzlich durch besondere, subjektive Aspekte geprägt sind, pauschal pönalisiert. 88 S. daher zu auf Spieleifer, Übermüdung oder weiteren, subjektiv geprägten Regelwidrigkeiten die obigen Ausführungen unter H.III.2. 89 S. dazu exemplarisch Weisemann/Spieker, Sport, Spiel und Recht, Rn. 91, der diese Aspekte im Allgemeinen als subjektive Momente versteht. 90 In diese Richtung scheint wohl auch MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 695 zu denken, da er primär diese Aspekte nennt und erst nachrangig etwa die Erschöpfung eines Sportlers. 91 S. daher die obigen Ausführungen und Nachweise unter H.III.2. 92 So jedenfalls im Ergebnis auch Meier, VersR 2014, 800, 803; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 695.

III. Besondere Fallkonstellationen

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4. Beiderseitige Regelverstöße Besondere Abgrenzungsprobleme können des Weiteren dann eintreten, wenn die Schädigungskonstellation durch einen beiderseitigen Regelverstoß geprägt ist. Dies kann insbesondere dann zu Herausforderungen bei der Abgrenzung führen, wenn sowohl dem Schädiger als auch dem Geschädigten ein Fehlverhalten anzulasten ist, die Schädigung aber nur einseitig eintritt oder die einzelnen Regelübertretungen eine unterschiedliche Intensität aufweisen.93 Zu denken sei insoweit etwa an eine Situation, in welcher der Schädiger nicht regelkonform agiert, die Verletzung aber durch ein regelwidriges Fehlen von Schutzausrüstung auf Seiten des Geschädigten begünstigt wird oder aber der Geschädigte den Schädiger zunächst regelwidrig attackiert oder provoziert und alsbald Opfer einer Revancheaktion des Schädigers wird.94 Die Lösung von Konstellationen beiderseitiger Regelverstöße liegt in einer Einzelbetrachtung jedes einzelnen Regelverstoßes.95 So wird der eigene Regelverstoß des Geschädigten denjenigen des Schädigers regelmäßig nicht in seiner Intensität beeinflussen können. Denn nur weil dem Geschädigten im Rahmen der Schädigungssituation ebenfalls ein Regelverstoß zur Last fällt, wird dadurch nicht automatisch die Intensität des regelwidrigen Einsatzes des Schädigers beeinflusst.96 Vielmehr muss der Schädiger selbst bei provozierten Regelverstößen die erforderliche Contenance wahren, auch wenn er vehement und möglicherweise regelwidrig von seinem Kontrahenten „bearbeitet“ wird. Die Intensität etwa eines „Revanchefouls“ kann daher im Rahmen der Bewertung, ob ein haftungsbegründender Regelverstoß vorliegt oder nicht, zunächst ohne die vorausgegangene Provokation bewertet werden.97 Ein etwaiges Fehlverhalten des Geschädigten könnte sich aber – 93 S. zu einer solchen Konstellation aus der jüngsten Rechtsprechung OLG Koblenz, NJW-RR 2016, 536. 94 S. dazu auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 276 ff. Neben diesen beiden Beispielen beiderseitiger Regelwidrigkeiten können natürlich etliche weitere Konstellationen erdacht werden, in denen sowohl dem Schädiger als auch dem Geschädigten eine Regelübertretung im Rahmen der Schädigung unterläuft; s. dazu allein Weisemann/Spieker, Sport, Spiel und Recht, Rn. 96 ff. 95 In diese Richtung scheinen auch Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 269 f. und Richtsfeld, CaS 2016, 131, 139 zu tendieren. S. insofern auch OLG Celle, VersR 1980, 874. 96 Von dieser Prämisse geht wohl auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 276 ff. aus, wenn sie Regelwidrigkeiten des Geschädigten ohne nähere Begründung automatisch der Prüfung des § 254 Abs. 1 BGB auf Rechtsfolgenseite zuordnet. Eine ähnliche Vorgehensweise ist auch bei Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 29 f. sowie Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 235 f. zu erkennen. 97 Sollte die vorausgegangene Provokation selbst einen haftungsrelevanten Verkehrspflichtverstoß begründen, ist natürlich an eine etwaige Haftung des Geschädigten gegenüber dem Schädiger zu denken. Dass sich die Konstellation eines „Revanchefouls“ möglicherweise auf die Berechnung eines Schmerzensgeldes auf Rechtsfolgenseite auswirken kann, ist losgelöst davon zu betrachten.

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H. Die Grenzziehung zwischen Haftung und Unglück

je nach Intensität – nach § 254 Abs. 1 BGB anspruchsmindernd auswirken.98 Insoweit wird letztlich wieder eine Gesamtbetrachtung der Schädigungssituation ermöglicht. Dies geschieht allerdings erst auf Rechtsfolgenseite,99 weil die etwaigen Verkehrspflichtverstöße des Schädigers und des Geschädigten isoliert voneinander zu betrachten sind. Gleiches gilt für den erstgenannten Fall einer Schädigung, die durch eine Regelwidrigkeit des Geschädigten begünstigt wird.100 Sollte etwa der Geschädigte regelwidrig auf Schutzbekleidung verzichten oder unzulässige Ausrüstung verwenden, wird dadurch die Intensität des Regelverstoßes des schädigenden Sportlers regelmäßig nicht berührt.101 Dementsprechend ist zu fragen, ob der Regelverstoß des Schädigers einen haftungsrelevanten Verkehrspflichtverstoß begründet oder nicht. Ist dies der Fall, kann das regelwidrige Verhalten des Geschädigten nach § 254 Abs. 1 BGB oder nach § 254 Abs. 2 S. 1 BGB102 wiederum die Höhe des Anspruchs begrenzen.103 Das Entstehen eines Schadensersatzanspruchs wird indessen in der Regel nicht beeinflusst. Die Bewertung dieser Konstellationen beiderseitiger Regelverstöße zeigt, dass bei einer isolierten Betrachtung der jeweiligen Regelverstöße regelmäßig keine zusätzlichen Widrigkeiten auftreten. Vielmehr kann nach dem hier aufgestellten Abgrenzungsmodell verfahren werden und jeder Regelverstoß auf seine Vereinbarkeit mit Typizität und Reziprozität geprüft und sodann abschließend bewertet werden.

98 So auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 276 ff.; Grunsky, JZ 1975, 109, 111; Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateurund Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 270 f.; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 235 f. Ähnlich auch Fink, VersR 1990, 359, 361; jurisPK-BGB/Rüßmann § 254 Rn. 15; Weisemann/Spieker, Sport, Spiel und Recht, Rn. 96 ff.; abweichend hingegen OLG Hamm, VersR 1985, 1072, 1073 unter dem Hinweis, dass das Verschulden des geschädigten Sportlers vor einem Revanchefoul in vielen Fällen als gering zu beurteilen sei. S. zu einem möglichen Mitverschulden bei Revanche- oder Racheattacken im Allgemeinen auch BGH, VersR 1965, 1152. 99 Ähnlich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 276 ff.; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 235 f. 100 S. zu einer solchen Konstellation aus der jüngeren Rechtsprechung OLG München, DAR 2012, 335. 101 S. dazu auch Krähe, Die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche von Amateur- und Berufssportlern für Verletzungen beim Fußballspiel, 271; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 235 f. 102 S. zur Frage, ob bei unzureichender oder fehlender Schutzausrüstung § 254 Abs. 1 BGB oder § 254 Abs. 2 S. 1 BGB zur Anwendung kommen sollte, allein Scholten, DAR 2012, 336. 103 So auch OLG München, DAR 2012, 335; Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 277 f.; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 58; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 235 f. S. dazu auch Fink, VersR 1990, 359, 361; Scholten, DAR 2012, 336; Weisemann/Spieker, Sport, Spiel und Recht, Rn. 96 ff.

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5. Vorsätzliche, aber gleichwohl geringfügige Regelverstöße Eine weitere besondere Fallgruppe stellen vorsätzlich verübte, aber dennoch objektiv geringfügige Regelverstöße dar. Diese Regelwidrigkeiten sind aus haftungsrechtlicher Sicht besonders interessant, weil sie von einer besonderen rechtspolitischen Dimension geprägt sind. So ist zu hinterfragen, ob ein etwaiger Vorsatz des Schädigers zwingend einen haftungsrechtlich relevanten Verkehrspflichtverstoß begründen muss oder aber, ob die Willensrichtung des Sportlers bezüglich der zivilrechtlichen Haftung nur eine nachrangige Bedeutung erlangt und somit auch vorsätzliche Regelwidrigkeiten noch im Rahmen des haftungsfrei hinzunehmenden sportiven Grundrisikos verortet werden können.104 Bei der ersten Betrachtung scheint man dazu geneigt zu sein, sich der ersten Alternative anzuschließen, da auf Seiten des Schädigers nun einmal der Vorsatz als stärkste Form der individuellen Vorwerfbarkeit gegeben ist.105 Dies führte allerdings dazu, dass auch geringfügigste Vergehen aufgrund des Vorsatzes des Schädigers haftungsrechtliche Relevanz erlangten.106 Will man aber einen leichten „Trikotzupfer“ beim Hand-, Fuß-, oder Basketball allein aus dem Grunde, weil er vorsätzlich eingesetzt wird, im Falle einer Verletzung pönalisieren? Sollte man dies bejahen,107 könnte der Schädiger aufgrund dieser Wertung dazu angehalten werden – bewusst fahrlässig – zu einer Angriffsmethode anzusetzen, die im Zweifel ein weitaus größeres Schädigungsrisiko hervorruft, aber möglicherweise aufgrund mangelnden Vorsatzes milderen Haftungsgrundsätzen unterliegt. Dieser Vergleich zeigt bereits, dass ein vorsätzliches Handeln des schädigenden Sportlers – losgelöst von der sportinternen Sanktionsmöglichkeit eines solchen Verhaltens – nicht zwingend das größere Schädigungsrisiko bedingen muss. Warum sollte es im Falle einer Mitspielerverletzung dann auch zwingend haftungsrechtlich pönalisiert werden? Vielmehr kann ein vorsätzlicher Regelverstoß in einem Potpourri möglicher Regelverstöße gar die minimalgefährdendste Option zum Erreichen des Wettkampfziels des Schädigers sein.108 Spätestens in einer solchen Konstellation offenbart sich erneut, 104 S. zu denkbaren vorsätzlichen Regelwidrigkeiten auch Weisemann/Spieker, Sport, Spiel und Recht, Rn. 87. 105 S. dazu auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 29; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 189 f. sowie aus dem Strafrecht Eser, JZ 1978, 368, 374. 106 So aber bei OLG Hamm, VersR 1985, 1072; Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 213 sowie Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 116. S. dazu auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 29; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 190 f. sowie aus dem Strafrecht Eser, JZ 1978, 368, 374. 107 So wie etwa Schmitz, Geschäftsherrnhaftung im Sport, 213 oder Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 116, nach deren Auffassung vorsätzliche Regelverstöße stets zur Haftung führen sollen. 108 Zöge auch Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 116 diesen Vergleich, verzichtete er wohl auch auf eine pauschale Gleichbehandlung aller vorsätzlichen Regelverstöße. Das OLG Hamm, VersR 1985, 1072 hingegen muss sich dieser Kritik nicht ausgesetzt fühlen, da der in dem entsprechenden Fall zu beurteilende Regelverstoß zweifelsfrei nicht mehr mit der Typizität des Fußballsports zu vereinbaren war.

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H. Die Grenzziehung zwischen Haftung und Unglück

dass die haftungsrechtliche Missbilligung einer Sportverletzung maßgeblich von der Intensität des Vergehens und nicht von der individuellen Vorwerfbarkeit abhängig gemacht werden muss.109 Nach der hier vertretenen Auffassung lässt sich aus der Willensrichtung des Sportlers – die letztlich die luxuria vom dolus eventualis abgrenzt – gerade kein pauschaler Rückschluss auf die Intensität des Regelverstoßes ziehen.110 Aus diesem Grunde können auch vorsätzliche Regelverstöße frei von einer Haftung sein,111 wenn sie sich anhand der Kriterien der Typizität und Reziprozität der haftungsfreien Sphäre des Sports zuordnen lassen. Dies mag aus der rechtspolitischen Perspektive von manchen Akteuren zwar möglicherweise kritisch beäugt werden, dennoch ist letztlich die Intensität der Regelwidrigkeit – die zudem nicht anhand der sportinternen Sanktionsfolge zu bewerten ist112 – für die Bewertung maßgeblich.113 Dies führt in der Konsequenz dazu, dass ein vorsätzlicher „Trikotzupfer“ trotz einer daraus resultierenden Schädigung keine Haftung auslöst, wenn die aus diesem Regelverstoß resultierende Gefahr das allgemeine, sportimmanente Schädigungsrisiko nicht signifikant vergrößert.114 Gleiches gilt für weitere geringfügige vorsätzliche Regelverstöße, die das übliche Schädigungsrisiko einer Sportart nicht erheblich vergrößern.115 Diese Wertung führt im Ergebnis auch nicht zu einer ausufernden Wirkung der Haftung bei Mitspielerverletzungen, da die Grenzen des privilegierungswürdigen Verhaltens in der Reflexwirkung wiederum klar durch Typizität und Reziprozität abgesteckt werden. Sollte ein vorsätzliches Verhalten gerade nicht mehr mit diesen Elementen – was wohl spätestens bei unüblichen vorsätzlichen Regelwidrigkeiten der Fall sein wird116 – harmonieren, ist ein relevanter Verkehrspflichtverstoß gegeben. Auf der anderen Seite ermöglicht diese Wertung aber die haftungsrechtliche 109

S. dazu auch die obigen Ausführungen unter B.II.4.c), d) und E.II.2. sowie Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 29 und Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 190 f. 110 S. dazu auch die obigen Ausführungen unter C.IV. sowie E.II.2. 111 So auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 30; Looschelders, JR 2000, 265, 272; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 191. In diese Richtung auch Geigel/Knerr, Der Haftpflichtprozess, 1. Kapitel Rn. 59. 112 So auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 30; Looschelders, JR 2000, 265, 272. In diese Richtung tendieren auch Eser, JZ 1978, 368, 373 und Pfister, FS W. Lorenz, 171, 190 f. S. dazu auch H.II.5. 113 So auch Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 190 ff. 114 So jedenfalls im Ergebnis auch Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 190 f.; ähnlich auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 29; Zimmermann, VersR 1980, 497, 502. 115 So auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 29; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 191 f. 116 Zu denken sei insoweit etwa an Tätlichkeiten, Beleidigungen oder gezielte Tritte, die objektiv keine schwerwiegenden Folgen bedingen, aufgrund des entsprechenden Regelwerkes aber eindeutig nicht mehr dem Usus der Sportart entsprechen. S. zu Beispielen derartiger Regelwidrigkeiten Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 192; Weisemann/Spieker, Sport, Spiel und Recht, Rn. 87.

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Privilegierung üblicher und mitunter gar minimal riskanter Verhaltensweisen, die ansonsten allein aufgrund ihrer Willensrichtung stigmatisiert würden.117 6. Haftung bei mangelnder Regelkenntnis Schließlich ist zu thematisieren, ob mangelnde Regelkenntnis des Schädigers dazu führen kann, einen erheblichen Verkehrspflichtverstoß zu begründen. So konstatiert Zuck, dass mangelnde Kenntnis der Regeln beim Sport weit verbreitet sei.118 Friedrich und Hans Wolfgang Schmidt heben zudem hervor, dass dem regelunkundigen Sportler Fahrlässigkeit vorzuwerfen sei, wenn er sich bei der Teilnahme am Sport nicht mit den Spielregeln vertraut mache.119 Thaler geht noch weiter und fordert, dass sich der Sportler über die Sportregeln im Allgemeinen, erlaubte und verbotene Verhaltensweisen sowie „faire“ und „unfaire“ Aktionen kundig zu machen habe.120 Übertragen auf die hiesigen Untersuchungsergebnisse könnte man aus diesen Aussagen folgern, dass die Grenze zwischen einer haftungsfreien und einer haftungsrelevanten Mitspielerverletzung dann überschritten werde, wenn der Schädiger regelunkundig ist. Einer solchen Folgerung muss allerdings eine klare Absage erteilt werden, da sie eine zu pauschale Bewertung zur Konsequenz hätte. Die Regelunkenntnis kann zwar möglicherweise die abstrakte Gefahr einer Schädigung erhöhen, ob dieser Umstand allerdings auch die konkrete Schädigungssituation betrifft, kann dadurch indessen nicht einmal im Ansatz beantwortet werden. Vielmehr ist zu fragen, ob der Regelverstoß die notwendige Intensität erreicht, um einen relevanten Verkehrspflichtverstoß begründen zu können. Aus der mangelnden Regelkenntnis allein lassen sich aber ohne die Berücksichtigung weiterer Aspekte der Schädigungssituation noch keine pauschalen Schlüsse bezüglich der Intensität des Regelverstoßes herleiten, obschon die Regelunkenntnis einen Indikator darstellen mag, dass der schädigende Sportler wohl nicht dem Idealverhalten entsprechend agiert hat.121 Dennoch muss stets im Einzelfall untersucht werden, ob die Regelübertretung die erforderliche Intensität erreicht, um eine Haftung des schädigenden Sportlers auslösen zu können. Anderenfalls könnten auch Sportler mit einer Haftungsfolge zu belegen sein, die sich zwar regelgerecht verhalten haben, aber im Rahmen ihres sportlichen Einsatzes das konkrete Regelwerk nicht kannten. Dies kann nicht gewollt sein und würde die elementare Wertung des „Sporthaftungsprivilegs“ – einer Haftungsfreistellung bei regelgerechtem Schädigerverhalten – diametral unterlaufen. 117

In eine ähnliche Richtung auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 29 f.; Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 190 ff. 118 Zuck, FS Nirk, 1089, 1091. 119 Friedrich, NJW 1966, 755, 760; H. W. Schmidt, VersR 1963, 1101, 1102. S. ferner auch Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 185. 120 Thaler, Haftung zwischen Wettkampfsportlern, 188. 121 S. dazu auch H. W. Schmidt, VersR 1963, 1101, 1102.

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H. Die Grenzziehung zwischen Haftung und Unglück

Vielmehr darf dem Schädiger die mangelnde Regelkenntnis nicht haftungsbegründend zur Last gelegt werden, wenn er dem Verhaltensgebot des Regelwerkes gerecht geworden ist und somit das Grundrisiko der sportlichen Aktivität nicht gesteigert hat. Sollte hingegen eine regelwidrig verursachte Schädigung vorliegen, so bleibt zu untersuchen, ob die Schädigung noch im Rahmen des zu privilegierenden Verhaltens zu verorten ist oder aber einen Verkehrspflichtverstoß begründet. Allein aus der Regelunkenntnis lassen sich aber keine Anhaltspunkte ableiten, dass der Regelverstoß des Schädigers zwingend haftungsbegründend sein muss. Die Regelkenntnis ist in sporthaftungsrechtlicher Sicht somit regelmäßig – wie auch ein entsprechender Wille zur Regeleinhaltung oder zum regelwidrigen Verhalten122 – unbeachtlich, es sei denn, dass die Intensität des Regelverstoßes durch diesen Aspekt signifikant gesteigert wird. Sollte dies aber der Fall sein, ist die Grenze zum relevanten Verkehrspflichtverstoß überschritten, obschon dies in der Regel abzulehnen ist. Das Ergebnis gleicht sich daher demjenigen der vorsätzlichen Regelwidrigkeiten an: Mangelnde Regelkenntnis kann die sportive Gefahr haftungsrelevant steigern, sie muss dies aber nicht zwangsläufig. Dementsprechend kann die Regelunkenntnis allein nicht als Indikator für die Haftung des schädigenden Sportlers herangezogen werden. Vielmehr ist auch im Rahmen solcher Konstellationen zu analysieren, ob der Regelverstoß – und in der Gesamtschau somit auch die Regelunkenntnis als mögliches Element der Intensität des Verstoßes – noch mit den Kriterien der Typizität und Reziprozität vereinbart werden kann oder nicht. 7. Weitere denkbare Konstellationen Neben diesen, oftmals diskutierten, Konstellationen können naturgemäß auch weitere Konstellationen abgrenzungsbedürftig werden. Da aber bereits die hier explizit untersuchten besonderen Fallkonstellationen anhand des vorgeschlagenen Abgrenzungsmodells behandelt werden können, wird dies auch im Rahmen weiterer möglicher Konstellationen möglich sein. Dementsprechend ist zu untersuchen, ob die Schädigungssituation mit den Kriterien der Typizität und Reziprozität in Einklang gebracht werden kann und sodann auf dieser Grundlage abzugrenzen.

IV. Privilegierung trotz schwereren Regelverstoßes Letztlich stellt sich noch die Frage, ob über den Bereich der privilegierungswürdigen leichten Regelverstöße hinaus auch Mitspielerverletzungen infolge gravierender Regelverstöße den besonderen, den Schädiger privilegierenden Haftungsgrundsätzen unterliegen können. Pauschal lässt sich diese Frage nicht beantworten. Wenn man aber Regelwidrigkeiten konsequent anhand eines Verkehrs122 S. dazu ferner auch Friedrich, NJW 1966, 755, 760; H. W. Schmidt, VersR 1963, 1101, 1102; Weisemann/Spieker, Sport, Spiel und Recht, Rn. 91.

IV. Privilegierung trotz schwereren Regelverstoßes

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pflichtmodells bewertet, so führen gravierende Regelverstöße erst dann zur Haftung, wenn sie einen Verkehrspflichtverstoß begründen. Sicherlich besteht die Tendenz einer Verkehrspflichtverletzung erst recht, wenn ein erheblicher Regelverstoß vorliegt. Trotzdem ist auch für diese Vergehen zu prüfen, ob sie dem Bereich der haftungsrechtlich relevanten oder aber irrelevanten Verstöße zuzuordnen sind. So zieht Zimmermann in Erwägung, ob derjenige Schädiger, dem unbewusst ein erheblicher Regelverstoß unterläuft, möglicherweise nicht haften soll, wenn die Situation mit einer üblichen, leichten Regelwidrigkeit vergleichbar sei.123 Grunsky führt diesbezüglich aus, dass eine normale Regelwidrigkeit noch nicht mit einer Haftungsfolge belegt werden müsse.124 Pardey hingegen stellt recht pauschal fest, dass eine durchschnittlich schwere Regelwidrigkeit stets die Haftung des Schädigers begründen müsse.125 Hager verweist zudem darauf, dass die Haftung immer dann eintrete, wenn dem Schädiger ein grober oder gar vorsätzlicher Regelverstoß unterlaufe.126 Von besonderer Bedeutung zur Bewältigung dieser Thematik ist, dass eine pauschale Bewertung möglichst vermieden werden muss. Dieser Umstand betrifft demgemäß auch die praktische Grenzziehung, die ebenfalls nicht pauschal ohne eine Untersuchung der konkreten Intensität des in Rede stehenden Regelverstoßes durchgeführt werden sollte. In der Reflexwirkung wird dadurch die Bedeutung der Analyse der schadensbegründenden Regelwidrigkeit in den Fokus gerückt. Gleichwohl kann festgehalten werden, dass gravierende Regelverstöße regelmäßig zur Haftung führen.127 Dies ergibt sich aus der oben entwickelten Abgrenzungsmethodik – denn, je weiter sich das Verhalten des Schädigers vom Regelwerk entfernt, umso eher wird die Haftung begründet sein. Dies ist bei einer gravierenden Regelwidrigkeit meistens der Fall, da es entweder an der erforderlichen Reziprozität oder aber der Typizität fehlt. Gravierende Regelverstöße verlassen in aller Regel den Bereich des Üblichen oder des zu Erwartenden,128 sodass sie gerade nicht mehr auf eine Kombination aus Typizität und Reziprozität zurückgeführt werden können. Das gesteigerte Risiko wird daher in diesen Konstellationen überwiegend allein dem Schädiger zuzuordnen sein. Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass selbst ein gravierender Regelverstoß unter besonderen Umständen noch nicht zwingend zu einem relevanten Verkehrspflichtverstoß führen muss, auch wenn sich das Verhalten des Sportlers bereits sehr weit von dem angedachten Verhalten entfernt.129 Aus dieser Wertung resultiert indessen aber kein Dogma. Vielmehr kann in Extremsituationen 123

Zimmermann, VersR 1980, 497, 502. Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 32. 125 Pardey, zfs 1995, 281, 283. 126 Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 50; ähnlich auch Geigel/Bacher, Der Haftpflichtprozess, 12. Kapitel Rn. 59; Soergel/Krause, § 823 Anh. II Rn. 116. 127 So auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 30. 128 So auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 30. 129 In eine ähnliche Richtung wohl auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 29 f. 124

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H. Die Grenzziehung zwischen Haftung und Unglück

auch ein gravierender Regelverstoß unter Umständen noch zu privilegieren sein,130 beispielsweise wenn eine Sondersituation vorliegt, die sich doch noch mit der Typizät und der Reziprozität vereinbaren lässt. Ob die Praxis allerdings jemals mit solchen Konstellationen konfrontiert werden wird und letztlich in solchen Konstellationen nicht doch besondere subjektive Aspekte der Person des Schädigers im Rahmen des Verschuldens berücksichtigen wird, bleibt abzuwarten. Die Abgrenzung, wann ein grober, gravierender, schwerer oder jedenfalls relevanter Regelverstoß vorliegt, erfolgt somit ebenfalls nach dem hier etablierten Modell: Ein nicht mehr zu privilegierender Regelverstoß ist dann gegeben, wenn die Regelwidrigkeit nicht mehr mit Typizität oder Reziprozität vereinbart werden kann.131 Im Umkehrschluss gilt daher uneingeschränkt das bereits Festgehaltene: Die haftungsrechtliche Missbilligung einer Mitspielerverletzung resultiert vornehmlich aus der Intensität und nicht aus der Willensrichtung oder individuellen Vorwerfbarkeit.132 Dementsprechend wird der Schädiger im Rahmen eines erheblichen Regelverstoßes grundsätzlich nicht durch seine Unkenntnis, sein Unvermögen oder eine leichte Form der Fahrlässigkeit geschützt. Diese Aspekte können lediglich in Ausnahmekonstellationen noch bei der reduzierten Prüfung des Verschuldens berücksichtigt werden.133 Gleichwohl führen sie in der Regel nicht dazu, dass dem Schädiger nur ein unerheblicher und somit nicht haftungsrelevanter Regelverstoß zur Last gelegt werden kann.

V. Fazit Bewertet man das regelwidrige Verhalten des Schädigers anhand der Kriterien der Typizität und Reziprozität, lässt sich ein Großteil der – ansonsten nur vage begründeten – Einzelfälle, mit denen sich die Rechtsprechung bislang beschäftigen musste, überzeugend begründet lösen. Die Kriterien der Typizität und Reziprozität ermöglichen eine klare Grenzziehung zwischen privilegierten und nicht privilegierten Mitspielerverletzungen.134 Hilfskonstruktionen, wie etwa eines Grenzbereiches zwischen zulässiger Härte und missbilligter Unfairness, bedarf es nicht, da eine eindeutige Zuordnung möglich ist.135 Sollte die Grenzziehung aufgrund der Nichtaufklärbarkeit des Sachverhalts ausscheiden, ist anhand der Beweislast – und somit regelmäßig zugunsten des Schädigers – zu entscheiden.136 Insofern handelt es 130 In diese Richtung wohl auch Grunsky, Haftungsrechtliche Probleme der Sportregeln, 29 f., der attestiert, dass bei groben Regelverstößen „eine Schadensersatzpflicht durchaus angebracht“ sei. 131 S. dazu auch die obigen Ausführungen unter H.II.5. 132 S. dazu auch B.II.4.c), d); C.IV.; D.IV.1. 133 S. dazu auch die obigen Ausführungen unter D.V.3. 134 S. dazu auch die obigen Ausführungen unter H.II.5. 135 S. insofern H.III.1. 136 S. dazu H.III.1.

V. Fazit

333

sich aber nicht um eine Herausforderung des Abgrenzungsmodells, sondern um eine Widrigkeit der prozessualen Rekonstruktion des Geschehensablaufs. Anhand des hier vorgeschlagenen Abgrenzungsmodells lassen sich darüber hinaus nicht nur die typisch auftretenden Fallkonstellationen lösen, sondern auch die weitaus diffizileren Fallgestaltungen, wie etwa diejenigen vorsätzlicher oder beiderseitiger Regelverstöße.137 Somit lässt sich auch die Bewertung von vermeintlich schwer abgrenzbaren Teilbereichen oder Spielsituationen durch einen Rückgriff auf das Regelwerk, die Typizität im weiteren Sinne sowie die Reziprozität entschärfen und einer abschließenden Bewertung zuzuführen. Dies ist ein wertvoller Beitrag zur Förderung der Rechtssicherheit im zivilrechtlichen Sporthaftungsrecht. Der Rechtsanwender kann darauf aufbauend uneingeschränkt auf folgende Abgrenzungsformel zurückgreifen: Je weiter sich das Verhalten des Schädigers vom Idealtypus des Regelwerkes und der weiterreichenden Typzitität oder aber von einer wechselseitig geprägten Risikoallokation entfernt, desto eher wird eine haftungsrechtlich missbilligte Mitspielerverletzung vorliegen. Die Haftung des schädigenden Sportlers ist somit dann begründet, wenn dessen sportiver Einsatz nicht mehr mit dem Kriterium der Typizität oder dem der Reziprozität in Einklang gebracht werden kann.138 Dagegen ist sein Einsatz aus haftungsrechtlicher Sicht nicht zu missbilligen, wenn der Mitspielerverletzung ein wechselseitiges Schädigungsrisiko zugrunde gelegen hat und die zur Verletzung führende Aktion noch der Typizität der entsprechenden Sportart entsprach.

137

S. dazu die Ausführungen unter H.III.4., 5., 6. Dementsprechend scheidet eine Privilegierung schwerwiegender Regelverstöße im Regelfall aus. Dennoch können in Zukunft möglicherweise Konstellationen zum Vorschein kommen, im Rahmen derer über dieses Ergebnis diskutiert werden muss, da aus ihm kein Dogma resultiert. S. insofern die obigen Ausführungen unter H.IV. 138

I. Die Privilegierung sportähnlicher Tätigkeiten und Spiele Aufbauend auf den bisherigen Ergebnissen zur Privilegierung des Schädigers im Bereich der Sportausübung, ist weitergehend zu analysieren, ob sich die im Rahmen dieser Untersuchung herausgearbeiteten Wertungen über den Bereich des Sports hinaus auch auf sportähnliche Tätigkeiten oder Spiele anwenden lassen. Bereits eingangs der Untersuchung konnte herausgestellt werden, dass die Definition des Sports Rechtsprechung und Literatur nicht nur in der Vergangenheit vor gravierende Abgrenzungsfragen gestellt hat, sondern jedenfalls auch in der näheren Zukunft zu massiven Herausforderungen führen kann und wahrscheinlich auch wird.1 Dies ist zuvörderst in dem Umstand begründet, dass eine Definition des Sports, die der Dynamik und insbesondere dem Innovationsreichtum der Gesellschaft, der sich in der Entwicklung neuer Freizeittätigkeiten, Spiele oder Sportarten niederschlägt, gerecht wird, nahezu unmöglich ist.2 Diese Problematik lässt sich an den verschiedensten Konstellationen, in denen sich die Rechtsprechung bereits mit der Frage beschäftigen musste, ob eine bestimmte Tätigkeit als Sport zu klassifizieren oder den besonderen Haftungsgrundsätzen bei der Sportausübung gleichzusetzen ist, belegen.3 Eindeutig erkennbar ist insoweit, dass sich die Rechtsprechung in solchen Fällen – wenn überhaupt – nur am Rande mit dem Sportbegriff auseinandersetzte.4 Dies erfolgte wohl maßgeblich aus 1 S. dazu die obigen Ausführungen unter B.II.1. S. ferner auch Fritzweiler/Scheffen, SpuRt 1998, 148, 148. 2 S. in diesem Lichte auch Berkl, Der Sportunfall im Lichte des Strafrechts, 30 ff.; Berr, Sport und Strafrecht, 19 ff.; Bohn, Regel und Recht, 17; PHB Sportrecht/Pfister, Einführung Rn. 1; Sutter, Rechtsfragen des organisierten Sports, 31 ff. sowie die weiteren Ausführungen unter B.II.1. 3 S. dazu allein OLG Bamberg, VersR 1990, 1015; OLG Düsseldorf, VersR 1993, 1295; OLG Köln, NJW-RR 1993, 1498; OLG Frankfurt, zfs 1994, 121; OLG Koblenz, NJW-RR 1995, 24; OLG Hamm, VersR 1998, 249; OLG Koblenz, NJW-RR 2004, 822; OLG Brandenburg, NJW-RR 2008, 340; OLG Nürnberg, MDR 2009, 688; OLG Hamm, NJW-RR 2010, 450; OLG Karlsruhe, NJW 2012, 3447; OLG München, MDR 2013, 281; LG Tübingen, NJW-RR 1993, 1498; LG Mannheim, VersR 1994, 1440; LG Bremen, VersR 1995, 1109; LG Duisburg, NJW-RR 2005, 105; LG Osnabrück, BeckRS 2016, 02117. 4 So vermeidet etwa das LG Tübingen, NJW-RR 1993, 1498 eine klare Zuordnung zum Sport oder zur Sportähnlichkeit. Auch das OLG Nürnberg, MDR 2009, 688 sowie das OLG Köln, NJWRR 1993, 1498 vermeiden eine klare Zuordnung. Das OLG Hamm, VersR 1998, 249 erweckt zumindest den Anschein, dass es sich beim „Gotcha-Spiel“ um einen Sport handeln könnte, da es feststellt, dass keine anerkannte Sportart vorliege, die Aktivität aber nicht von vornherein der

I. Die Privilegierung sportähnlicher Tätigkeiten und Spiele

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dem Grunde, eine abschließende Definition des Sports vermeiden zu können und gleichzeitig Schädigungen bei Tätigkeiten, die sich an der Grenze zwischen Sport, Spiel und Freizeit befinden, einer pragmatischen Lösung zuführen zu können.5 Wenn auch die darauf basierenden Ergebnisse insoweit überwiegend nachvollziehbar begründet werden, lässt sich der – durch ein solches Vorgehen entstehende – Beigeschmack einer willkürlich anmutenden Entscheidungsfindung nicht ohne Weiteres beseitigen. Jedenfalls kann nur schwerlich behauptet werden, dass die Entscheidungen der Rechtsprechung auf einem dogmatisch gefestigten Boden fußen. Gleichzeitig führt dieser Umstand aber auch dazu, dass darüber nachgedacht werden sollte, auch Bereiche, die dem Sport ähneln, nach sporthaftungsrechtlichen Grundsätzen zu bewerten, um – gerade bei Abgrenzungsschwierigkeiten – eine Ungleichbehandlung zwischen Sport und Spiel vermeiden zu können.6 Insoweit lässt sich bislang allerdings keine eindeutige Tendenz in Rechtsprechung und Literatur verzeichnen, die für oder gegen die Anwendung sporthaftungsrechtlicher Grundsätze auch für den Bereich von Spielen oder anderer gefährlicher sportähnlicher Freizeit spricht. Warum ein Stockkampf7 unter Jugendlichen aus der Perspektive der Rechtsprechung zwingend haftungsrechtlich anders bewertet werden muss als etwa ein Mittelalterrollenspiel8 mit Bewegungselementen und Waffen oder eine asiatische Kampfkunst9, lässt sich nicht ohne Weiteres erklären,10 zumal die ersten beiden Aktivitäten durchaus auch von vornherein als Sport zu qualifizieren sein könnten. Daher sympathisieren manche Stimmen offen damit, auch Spiele oder sportähnliche Freizeitaktivitäten nach den Grundsätzen für Mitspielerverletzungen zu behandeln.11

Freizeitbeschäftigung zugeordnet wird. S. zudem auch OLG Düsseldorf, VersR 1993, 1295, 1296; LG Bremen, VersR 1995, 1109, 1110. 5 S. in diesem Lichte LG Tübingen, NJW-RR 1993, 1498, wo explizit festgehalten wird, dass es sich bei einer Rangelei um eine „spielerisch-sportliche Betätigung mit kämpferischem Charakter“ handele. Ein ähnliches Vorgehen wird auch beim OLG Nürnberg, MDR 2009, 688 deutlich, wenn kurz angerissen wird, ob „Bockspringen“ Sport sein könnte, in der Folge aber lediglich untersucht wird, ob der Aktivität fest bestehende Regeln zugrunde liegen und nicht mehr auf die Prüfung einer Sportart rekurriert wird. Das OLG Düsseldorf, VersR 1993, 1295, 1296 verweist ferner darauf, dass die Annahme einer Privilegierung auf Grundlage der sportspefizischen Besonderheiten gerade nicht erfordere, dass eine Aktivität einer bestimmten oder anerkannten Sportart zugeordnet werden müsse, solange Spielregeln mit Integritätsschutz vorliegen. S. zudem auch OLG Köln, NJW-RR 1993, 1498; OLG Hamm, VersR 1998, 249; LG Bremen, VersR 1995, 1109, 1110. 6 S. dazu auch die obigen Ausführungen unter B.II.1. sowie B.VI. 7 S. dazu OLG München, MDR 2013, 281. 8 LG Osnabrück, BeckRS 2016, 02117. 9 S. dazu OLG Düsseldorf, VersR 1993, 1295, 1296 sowie LG Trier, ZfS 1986, 34. 10 Kritisch insofern auch Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 51. 11 Für eine Anwendung der sporthaftungsrechtlichen Grundsätze auf den Bereich von sportähnlichen Freizeitaktivitäten oder Spielen sprechen sich BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535.1; Jaufer, Recht im Sport, 137; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 696 f.; NK-BGB/Katzenmeier, § 823 Rn. 504; Pardey, zfs 1995, 281, 282 und Staudinger/Hager

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I. Die Privilegierung sportähnlicher Tätigkeiten und Spiele

Andere hingegen lehnen dies – teilweise kategorisch – ab.12 Darüber hinaus hat sich die Rechtsprechung durch die Aufstellung ihrer eigenen Kriterien der deliktischen Sportlerverantwortung kontinuierlich immer weiter in ein Dilemma navigiert, das unter Beibehaltung ihrer momentanen Argumentation wohl ausweglos erscheint.13

I. Das Dilemma der Rechtsprechung Das Dilemma der Rechtsprechung beruht im Wesentlichen auf zwei, teilweise miteinander korrelierenden, Gründen: Einerseits statuiert der Bundesgerichtshof Voraussetzungen für eine privilegierte Sportlerhaftung, die er selbst nicht konsequent befolgt oder nur partiell zur Anwendung kommen lässt.14 Andererseits mangelt es an einer nachvollziehbaren Entscheidungsstruktur innerhalb der einzelnen Hierarchieebenen. Dieser Aspekt offenbart sich insbesondere, wenn sich manche Instanzgerichte in ihren Entscheidungen dazu gezwungen sehen, in einen offenen Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu treten, andere Instanzgerichte hingegen die Voraussetzungen mitunter konsequenter anwenden als der Bundesgerichtshof selbst.15 [2017], Vor § 823 Rn. 51 aus. S. insofern auch im rechtshistorischen Kontext Hofacker, DJZ 1927, 454, 455 sowie Zeiler, DJZ 1926, 1603, 1605 f. 12 Gegen eine Anwendung der Sporthaftungsgrundsätze wenden sich hingegen BGH, NJW-RR 1995, 857; 2006, 672; Palandt/Sprau, § 823 Rn. 217. Nicht ganz eindeutig positionieren sich BeckOK BGB/Förster [01. 05. 2018], § 823 Rn. 579 und jurisPK-BGB/J. Lange, § 823 Rn. 109 f., obschon sich eine ablehnende Tendenz abzeichnet. 13 S. dazu die nachfolgenden Ausführungen unter I.I.1., 2. 14 So ist der Bundesgerichtshof bei der Erstreckung sporthaftungsrechtlicher Grundsätze auf den Bereich des Trainings wohl bewusst nicht darauf eingegangen, welche – seinem Verständnis nach aber zwingend erforderlichen – fest bestehenden Regeln einem Moto-Cross-Training oder einem Fahrsicherheitstraining einer Motorsportgruppe zugrunde gelegen haben, BGH, NJW 2008, 1591; NJW-RR 2009, 812. Da im Zweifel gerade keine fest bestehenden oder verbandsmäßig etablierten Regeln für den Trainingsbetrieb bestehen, ist dieses Vorgehen nur folgerichtig, da ansonsten die innere Rechtfertigung der eigenen Argumentationsstruktur wegfiele. Andererseits verweist der Bundesgerichtshof bei der Erstreckung der sportspezifischen Grundsätze auf den Bereich von Freizeitaktivitäten – wie etwa in den Entscheidungen zum „Rempeltanz“ oder zum „Ins-Wasser-Schubsen“; BGH, NJW-RR 1995, 857; 2006, 672 – aber stets darauf, dass ein fest bestehendes und rezipiertes Regelwerk bestehen müsse, um von einer der Sportausübung vergleichbaren Schädigungskonstellation sprechen zu können, die eine privilegierte Haftung rechtfertigt. Dies kann aber nur überzeugen, wenn der Bundesgerichtshof diesen Maßstab auch im Bereich des Sports an den Tag legen würde. Die Erstreckung auf den Bereich des Trainingsbetriebs erscheint daher auf Grundlage der Begründung des Bundesgerichtshofs fragwürdig und inkonsistent. 15 Gegen den Bundesgerichtshof wenden sich insofern OLG Düsseldorf, VersR 1993, 1295, 1296; OLG Frankfurt, zfs 1994, 121, 122; OLG Brandenburg, NJW-RR 2008, 340, 341; LG Tübingen, NJW-RR 1993, 1498; LG Bremen, VersR 1995, 1109 1110; LG Duisburg, NJW-RR 2005, 105, 106; jedenfalls im Ergebnis auch OLG Oldenburg Beschl. v. 02. 11. 2015 – 6 U 170/15. Der Linie des BGH hingegen folgen OLG Hamm, VersR 1998, 249; OLG Koblenz, NJW-RR

I. Das Dilemma der Rechtsprechung

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1. Die Inkonsistenz der Entscheidungsparameter des Bundesgerichtshofs Der erste bedeutsame Kritikpunkt besteht in der Inkonsistenz der Entscheidungsparameter, die die Rechtsprechung zur Begründung ihrer Entscheidungen heranzieht. So begründet der Bundesgerichtshof die Haftungsprivilegierung bei der Sportausübung insbesondere anhand der Kriterien eines fest bestehenden Regelwerkes und der verbandsmäßigen Rezeption der Sportart.16 Damit spricht der Bundesgerichtshof Teile der auch für die hiesigen Untersuchungsergebnisse erforderlichen Typizität an. Eine explizite Prüfung, ob eine Tätigkeit als Sport zu qualifizieren ist, unterbleibt hingegen regelmäßig oder wird allenfalls beiläufig thematisiert.17 Vielmehr verwendet der BGH diese Kriterien primär dazu, um bestimmte Tätigkeiten vom Anwendungsbereich der privilegierten Sportlerhaftung auszuschließen. Aber auch wenn der Bundesgerichtshof bestimmte Tätigkeiten gerade nicht nach sporthaftungsrechtlichen Grundsätzen beurteilen will, unterbleibt oftmals eine Prüfung, ob die entsprechende Tätigkeit dem Erfordernis einer Sportart gerecht werden könnte.18 Vielmehr wird allein aus dem Kontext heraus argumentiert, dass die entsprechende Aktivität gerade nicht mit einer Sportart vergleichbar sei.19 Dieser Umstand ist bereits zu kritisieren, allerdings folgt allein aus ihm noch keine unmittelbare Inkonsistenz der Prüfungsvoraussetzungen. Diese entsteht aber dann, wenn der Bundesgerichtshof seine eigens aufgestellten Kriterien allein zum Ausschluss von sportähnlichen Aktivitäten, wie etwa in seiner Entscheidung zum sogenannten „Rempeltanz“, heranzieht,20 die Kriterien bei der Sportausübung aber stillschweigend für gegeben erachtet und sie in der Folge keiner weiteren Prüfung unterzieht. Dies mag im ersten Moment als konsequent erachtet werden, da bei einer Konstellation, in der unstreitig eine Sportart gegeben ist, wohl auch ein fest bestehendes Regelwerk und auch eine verbandsmäßige Rezeption 2004, 822, 823; OLG Nürnberg, MDR 2009, 688; OLG Hamm, NJW-RR 2010, 450 OLG Karlsruhe, NJW 2012, 3447, 3448; OLG München, MDR 2013, 281. 16 S. dazu BGH, NJW-RR 1995, 857, 858; 2006, 672, 673 f. S. zum Kriterium der verbandsmäßigen Rezeption zudem Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 51. 17 So stellt der BGH, NJW 2008, 1591, 1592 auch in jüngerer Zeit lediglich fest, dass ein Rennen der „Akademischen Motorsportgruppe“ eine motorsportliche Veranstaltung sei. S. zu weiteren Konstellationen, in denen der Bundesgerichtshof ohne weitere Untersuchung eine Tätigkeit als Sport qualifizierte BGH, VersR 1975, 155; NJW 1976, 2161; 1976, 957; VersR 1981, 853; 1982, 1004, 1005. 18 S. insofern BGH, NJW-RR 1995, 857, 858; 2006, 672, 673 f. 19 So stellt der BGH, NJW-RR 2006, 672, 673 f. lediglich fest, dass einem „Rempeltanz“ keine festen und anerkannten Regeln zu Grunde liegen und daher eine Bewertung anhand der sporthaftungsrechtlichen Grundsätze ausgeschlossen sei. Ob diese Tanzform aber eine Sportart sein könnte, thematisiert der BGH hingegen nicht. Ein ähnliches Vorgehen wählte der BGH, NJW-RR 1995, 857, 858 auch als er bewerten musste, ob das gegenseitige „Ins-WasserSchubsen“ von Jugendlichen an einem Badesteg nach den Grundsätzen für Mitspielerschädigungen beim Sport zu bewerten sei. 20 S. insofern BGH, NJW-RR 2006, 672, 674.

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I. Die Privilegierung sportähnlicher Tätigkeiten und Spiele

bestehen sollte. Dieser Schein trügt jedoch, da sich allein aus dem Bestehen dieser Voraussetzungen noch keine Rückschlüsse auf die Tragweite des Regelwerkes und der Rezeption ziehen lassen.21 Denn wenn der Bundesgerichtshof in seiner Rechtsprechung auch den Trainingsbetrieb oder den Freizeitsport auf Grundlage der besonderen Grundsätze der Sportlerhaftung bewerten will,22 ist dadurch noch nicht belegt, dass die konkrete Schädigung anhand eines fest bestehenden Regelwerkes beurteilt werden kann oder die entsprechende Ausübungsform auch verbandsmäßig rezipiert ist. Dies wäre bei einem konsequenten Vorgehen aber zunächst zu prüfen, bevor der Fokus auf die nachfolgenden Einzelaspekte der Schädigungssituation gelegt wird. So kann durchaus bestritten werden, ob bestimmte Aspekte der Sportausübung, insbesondere während eines Trainings, unmittelbar durch entsprechende Regeln ausgestaltet sind.23 Sicherlich kann – insbesondere auch vor dem Hintergrund der hiesigen Wertungen – argumentiert werden, dass die Regelwerke jedenfalls sinngemäß auch beim Training greifen,24 aber kann man aus der Perspektive der Rechtsprechung heraus dann tatsächlich noch von einem fest bestehenden und rezipierten Regelwerk ausgehen? Dies mag stark bezweifelt werden. Darüber hinaus darf nicht außer Acht gelassen werden, dass viele Sportregelwerke lückenhaft und auslegungsbedürftig sind.25 So führt das Kriterium des fest bestehenden Regelwerkes auch aus dieser Perspektive zu Spannungen, etwa wenn die Regeln einer Sportart nicht stärker ausgeprägt sein sollten als bei einem vergleichbaren sportähnlichen Spiel. Es überzeugt nicht, wenn das Kriterium des fest bestehenden Regelwerkes für die Rechtsprechung zunächst allein bei Spielen besondere Bedeutung erlangt. So begnügt sich der BGH in seiner Entscheidung zum „Rempeltanz“ damit, dass nicht vorgetragen worden sei, dass dem „Rempeltanz“ ein festes und anerkanntes Regelwerk zugrunde liegt.26 Er überprüft hingegen nicht, ob der Tanz nicht doch nach bestimmten Regeln ausgeführt wird, denen es lediglich an der verbandsmäßigen Natur fehlte. Eine solche Prüfung könnte aber durchaus dazu führen, dass eine Vergleichbarkeit zwischen einer Sportart und einer sportähnlichen Tätigkeit oder einem Spiel begründet werden könnte.27 Die verbandsmäßige Re21 In eine ähnliche Richtung auch Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 51. S. ferner auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 319 f. 22 S. dazu BGH, NJW 1976, 2161; NJW-RR 2009, 812. 23 In eine ähnliche Richtung auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 319 f. S. in diesem Kontext auch BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535.1; Pardey, zfs 1995, 281, 282 und Sauerwein, Spurt 2017, 55, 58. 24 S. zur Geltung der Regelwerke auch beim Training G.III.2.b). 25 Kritisch auch Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 51. S. zudem die obigen Ausführungen unter G.I.1. 26 BGH, NJW-RR 2006, 672, 674. S. dazu ferner auch MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 696. 27 Dies wäre im Falle des „Rempeltanzes“ wohl abwegig, allerdings bei mehreren Konstellationen, über welche die Instanzgerichte bereits zu entscheiden hatten, aber durchaus denkbar. S. insofern etwa OLG Düsseldorf, VersR 1993, 1295, 1296; OLG Hamm, VersR 1998,

I. Das Dilemma der Rechtsprechung

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zeption der Sportregeln stellt zudem lediglich einen Indikator dar, der für eine Sportart sprechen könnte.28 Die Rezeption als solche erlangt darüber hinaus eine allenfalls nachrangige Bedeutung, da festgestellt wurde, dass weitreichende privatautonome Regelmodifikationen möglich sind.29 Wieso sollte daher zwingend auf die verbandsmäßige Rezeption abgestellt werden, wenn die Sportler selbst in der Lage sind, sich entsprechende Spielregeln für ihr Binnenverhältnis zu setzen?30 Gleiches gilt, wenn eine Sportart nur in Teilbereichen über ein ausgeprägtes Regelsystem verfügt, in manchen Bereichen allerdings nur eine rudimentäre Regelungsdichte gegeben ist: Denn nur weil eine Sportart verbandsmäßig rezipiert und an sich durch Verbandsregeln geprägt ist, heißt dies gleichzeitig noch nicht, dass auch der zu entscheidende Einzelfall ohne Weiteres diesen Kriterien genügt.31 Wenn der Bundesgerichtshof seine eigens entwickelten Prüfungsvoraussetzungen demgemäß lediglich heranzieht, um bestimmte Tätigkeiten vom Anwendungsbereich der privilegierten Sportlerhaftung auszuschließen, die Voraussetzungen dann aber beim Sport selbst nicht mehr heranzieht, entsteht eine Inkonsistenz, die sich nur schwerlich nachvollziehen lässt. Wieso aber vermeidet der Bundesgerichtshof in dem einen Bereich eine Prüfung der Voraussetzungen, die er gerade im anderen Bereich zum Ausschluss des Anwendungsbereiches heranzieht und für zwingend erforderlich erklärt? Über die genauen Gründe kann nur spekuliert werden. Naheliegend erscheint aber, dass der Bundesgerichtshof tunlichst vermeiden will, sich in irgendeiner Form mit der Definition des Sportbegriffs auseinanderzusetzen, da dies den generellen Anwendungsbereich der privilegierten Sportlerhaftung beeinflussen könnte.32 Die gewählte Methode, die eigens statuierten Entscheidungsparameter nur partiell anzuwenden, fördert zwar eine solche Zielsetzung, aus dogmatischer Sicht hingegen kann sie nicht überzeugen. Vielmehr führt sie gerade dazu, dass das Dilemma der Rechtsprechung erst in der bestehenden Form entstehen konnte. 2. Die Auswirkungen für die Instanzgerichte So folgt insbesondere aus der Zurückhaltung des Bundesgerichtshofs, den Sportbegriff zu definieren und die Grundsätze der Sportlerhaftung auf ein tragfähiges 249; OLG München, MDR 2013, 281; LG Tübingen, NJW-RR 1993, 1498; LG Bremen, VersR 1995, 1109, 1110. 28 Ähnlich auch Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 51. 29 S. dazu die obigen Ausführungen unter G.I.2. sowie Meier, VersR 2014, 800, 803. 30 Kritisch insofern auch Meier, VersR 2014, 800, 803 sowie Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 51. 31 In eine ähnliche Richtung auch Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 51. 32 Dieser Anschein wird sowohl durch die Entscheidungen erweckt, in denen sich der Bundesgerichtshof gegen die Ausweitung seiner Haftungsgrundsätze auf den Freizeitbereich entscheidet, aber auch durch diejenigen Voten, in denen er stillschweigend eine sportliche Betätigung zu Grunde legt, obwohl es an einem Wettkampf fehlt; s. insofern allein BGH, NJW-RR 1995, 857; 2006, 672; NJW 2008, 1591; NJW-RR 2009, 812.

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I. Die Privilegierung sportähnlicher Tätigkeiten und Spiele

Fundament zu stellen, dass die Instanzgerichte immer dann vor Herausforderungen gestellt werden, wenn sie mit Mitspielerschädigungen bei einer sportähnlichen Tätigkeit oder einem durch Regeln geprägten Spiel konfrontiert werden.33 Die Instanzgerichte werden dadurch vor die äußerst missliche Wahl gestellt, entweder entgegen dem Bundesgerichtshof die Haftungsgrundsätze über den Bereich, der klar dem Sport zugeordnet werden kann, hinaus anzuwenden oder aber schon fast stoisch dem Vorgehen des BGH zu folgen und ein fest bestehendes Regelwerk im Rahmen einer verbandsmäßig anerkannten Sportart einzufordern, um so sportähnliche Tätigkeiten von vornherein vom Anwendungsbereich der privilegierten Haftung auszugrenzen.34 Anders ausgedrückt haben die Instanzgerichte die Wahl, entweder in einen offenen Widerspruch zur Rechtsprechung des BGH zu treten oder aber dessen wenig überzeugende Prüfungskriterien zu rezipieren. Darüber hinaus führt die Zurückhaltung des Bundesgerichtshofs dazu, dass wesentliche Möglichkeiten, auf Fortschritte und Innovationen der Sport- und Freizeitwelt in haftungsrechtlicher Sicht zu reagieren,35 ausgelassen werden. Die Verantwortlichkeit, solchen Veränderungen Rechnung zu tragen, wird somit in Richtung der Instanzgerichte verlagert.36 Gleichzeitig erhöht dies den Druck auf die Instanzgerichte, wenn sie in Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sportähnliche Aktivitäten bewerten müssen und sich zugleich nicht innovationsfeindlich positionieren wollen. So werden die Instanzgerichte durch die Zurückhaltung des Bundesgerichtshofs geradezu gezwungen, den rechtlichen Rahmen für die Innovationen der Gesellschaft zu schaffen. Diese Situation ist gerade deswegen besonders misslich, weil sie eine Vereinheitlichung der Rechtsprechung nachhaltig erschweren kann.37 Die Rechtsprechung im Allgemeinen befindet sich aufgrund dessen in einem Dilemma, das sich wohl nur durch eine Abkehr des Bundesgerichtshofs von den bisherigen Standpunkten und inhaltlichen Begründungen der Grundsätze der Sportlerhaftung auflösen lässt. Insbesondere durch den Umstand, dass manche In33 S. dazu exemplarisch OLG Düsseldorf, VersR 1993, 1295, 1296; OLG Hamm, VersR 1998, 249; OLG Karlsruhe, NJW 2012, 3447, 3448; OLG München, MDR 2013, 281; LG Tübingen, NJW-RR 1993, 1498; LG Bremen, VersR 1995, 1109. 34 S. insofern auch die Ausführungen und Nachweise oben unter I.I. 35 S. zu der rechtspolitischen Idee, auch die Justiz als Teil der staatlichen Sportförderung verstehen zu können, Hilpert, Nationale und internationale Fußballrechtsprechung, 35. 36 Diese Zurückhaltung tritt leider nicht nur im Rahmen der Anerkennung sportähnlicher Aktivitäten und der Diskussion um den Begriff des Sports zu Tage, sondern ist etwa auch bei der Gleichstellung von Kampf- und Parallelsportarten beziehungsweise der Klassifizierung in Sportarten mit erheblichem und unerheblichem Gefahrenpotential zu verzeichnen; s. dazu auch die obigen Ausführungen unter B.IV.4., 5., 6. Diese Umstände hemmen die haftungsrechtliche Entwicklung in einem nicht unerheblichen Maße, insbesondere wenn der Bundesgerichtshof nicht auf bestehende Streitpunkte reagiert und die Entwicklung maßgeblich den Instanzgerichten überlässt. 37 Dies lässt sich allein anhand der divergierenden Entscheidungen zur Anwendung privilegierter Sporthaftungsgrundsätze bei illegalen Straßenrennen belegen; s. insofern OLG Hamm, NZV 1997, 515; OLG Brandenburg, NJW-RR 2008, 340, 341; OLG Karlsruhe, NJW 2012, 3447, 3448; LG Duisburg, NJW-RR 2005, 105, 106.

II. Die Privilegierungswürdigkeit sportähnlicher Tätigkeiten

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stanzgerichte offen der Rechtsprechung des BGH widersprechen müssen und der Bundesgerichtshof nur äußerst schwerfällig auf Veränderungen und Innovationen der Sport- und Freizeitwelt reagiert, wird das Bedürfnis der grundlegenden Diskussion über eine Ausweitung der Haftungsgrundsätze beim Sport auf den Bereich der Sportähnlichkeit deutlich.

II. Die Privilegierungswürdigkeit sportähnlicher Tätigkeiten Ungeachtet des Dilemmas der Rechtsprechung verböte sich die Diskussion um eine Ausweitung des Anwendungsbereichs des Sporthaftungsprivilegs auf Freizeitaktivitäten oder Spiele, wenn diese Bereiche nicht privilegierungswürdig wären. Die Privilegierungswürdigkeit sportähnlicher Tätigkeit ergibt sich indessen aber gleich aus mehreren Gründen. So führen einerseits die Herausforderungen des Sportbegriffs dazu, dass eine klare Grenzziehung und somit eine eindeutige Zuordnung bestimmter Tätigkeiten zum Bereich des Sports oder der Sportähnlichkeit nicht realisierbar ist.38 Dieser Umstand kann mitunter zu willkürlich anmutenden Ergebnissen führen, was sich bereits anhand eines flüchtigen Blicks auf die bisherige Rechtsprechung festhalten lässt: So lässt sich nicht eindeutig belegen, warum illegale Straßenrennen unter klarer Missachtung der Vorgaben der StVO überwiegend anhand der privilegierten Sportlerhaftung bewertet wurden,39 Schädigungen beim legalen sportiven Betrieb eines Go-Karts in der jüngeren Rechtsprechung hingegen nicht.40 Vergleicht man insbesondere die Intensität und Risiken beider Aktivitäten, so lässt sich nicht eindeutig nachvollziehen, wieso die Rechtsprechung allein illegale Straßenrennen anhand der privilegierten Sporthaftungsgrundsätze bewertete und die Schädigungen beim Betrieb des Go-Karts nunmehr allgemeinen Haftungsgrundsätzen unterstellte.41 Andererseits besteht neben der Herausforderung des Sportbegriffs oftmals auch kein sachlicher Grund, bestimmte Tätigkeiten, die nicht zweifelsfrei allein dem 38

So spricht das LG Tübingen, NJW-RR 1993, 1498 bei der Bewertung einer Rangelei wohl bewusst von einer spielerisch-sportlichen Betätigung mit kämpferischem Charakter, um eine klare Zuordnung zum Sport oder der Sportähnlichkeit vermeiden zu können. Auch das LG Bremen, VersR 1995, 1109, 1110 erklärt lediglich recht wertungsoffen, dass es sich beim Gotcha-Spiel „nicht an sich um eine besonders gefährliche Sportunternehmung“ handele. 39 S. dazu OLG Hamm, NZV 1997, 515; OLG Brandenburg, NJW-RR 2008, 340, 341; LG Duisburg, NJW-RR 2005, 105, 106. Gegen eine Anwendung sporthaftungsrechtlicher Grundsätze hingegen stimmt das OLG Karlsruhe, NJW 2012, 3447, 3448. 40 S. dazu OLG Koblenz, NJW-RR 2004, 822, 823. In der früheren OLG-Rechtsprechung wurde dies noch überwiegend – weil das Fahren mit Go-Karts, ohne auf die Herausforderungen der Begriffsbestimmungen einzugehen, als Sport qualifiziert wurde – anders bewertet; s. insofern OLG Saarbrücken, VersR 1992, 248; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1997, 408. 41 S. insofern OLG Hamm, NZV 1997, 515; OLG Koblenz, NJW-RR 2004, 822, 823; OLG Brandenburg, NJW-RR 2008, 340, 341; LG Duisburg, NJW-RR 2005, 105, 106.

342

I. Die Privilegierung sportähnlicher Tätigkeiten und Spiele

Bereich des Sports zuzuordnen sind, anders zu bewerten.42 Richtet man den Fokus insbesondere auf die Kriterien von Typizität und Reziprozität, so zeichnen sich auch viele sportähnliche Aktivitäten oder Spiele durch diese Merkmale aus, mitunter sogar stärker als manche Sportarten.43 Sollten diese Tätigkeiten gleichzeitig auch über ein übliches Wesensmerkmal des Sports – etwa eine intensive körperliche Bewegung – verfügen,44 verblasst die klare Zuordnung zwischen Sport und Sportähnlichkeit vollends.45 Warum aber sollte eine Freizeittätigkeit oder ein Spiel dann dennoch rein nach allgemeinen Haftungsgrundsätzen zu beurteilen sein? Ungerechte Klassifizierungen wären in vielerlei Fällen die Folge, etwa wenn man eine bewegungsintensive Freizeittätigkeit mit einem nur geringfügig bewegungsintensiven Sport vergleicht. Dies kann insbesondere auch aus der Perspektive der Rechtsprechung nicht gewollt sein, denn ansonsten wären die Einzelentscheidungen, in denen Tätigkeiten, die überwiegend einer risikoreichen Freizeitbetätigung zuzuordnen wären, dennoch aber sportiven Haftungsgrundsätzen unterlegt wurden, obsolet und in der Folge auch inkonsequent. Somit belegt auch dieser Umstand die Privilegierungswürdigkeit sportähnlicher Freizeitbetätigungen oder Spiele.46 Schließlich würden die praktischen Auswirkungen wohl auch geringfügiger ausfallen als der erste Eindruck zunächst vermitteln mag. Fordert man etwa ein, dass die entsprechende Freizeittätigkeit sportähnlich ausgestaltet sein und zugleich den Voraussetzungen der hier entwickelten Kriterien der sportiven Verkehrspflichten entsprechen muss, wird der entstehende Anwendungsbereich in der Reflexwirkung wiederum angemessen begrenzt. Erfasst werden sodann die bereits vorher virulenten Fälle, allerdings können sie nun auf Grundlage eines tragfähigen Lösungsansatzes bewertet werden. Konstellationen, die nicht mit einer Sportart vergleichbar sind oder denen es an entsprechender Reziprozität oder vergleichbarer Typizität fehlt, werden hingegen ausgeklammert. Dementsprechend ist das Risiko einer zu starken Ausweitung der privilegierten Haftungsgrundsätze für den Bereich der Freizeitbetätigungen oder Spiele von vornherein überschaubar. Gleichzeitig wird das bislang

42 In diese Richtung wohl auch MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 697; Pardey, zfs 1995, 281, 282 sowie Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 51. Palandt/Sprau, § 823 Rn. 217 scheint diesem Umstand hingegen keine Bedeutung beizumessen, wenn er sich gegen eine Anwendung der Sporthaftungsgrundsätze für den Bereich sportähnlicher Sachverhalte ausspricht. 43 In diese Richtung wohl auch Pardey, zfs 1995, 281, 282; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 51. 44 S. zu solchen typischen Merkmalen die obigen Ausführungen unter B.II.1. 45 S. in diesem Lichte LG Tübingen, NJW-RR 1993, 1498 sowie ferner LG Bremen, VersR 1995, 1109. 46 So jedenfalls im Ergebnis auch BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535.1; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 697; Pardey, zfs 1995, 281, 282; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 51. In eine ähnliche Richtung auch Gschöpf, Haftung bei Verstoß gegen Sportregeln, 35.

III. Die dogmatische Umsetzung dieser Maxime

343

bestehende Dilemma der Rechtsprechung47 aufgelöst und eine einzelfallgerechte Bewertung ermöglicht. Vereint man die vorgenannten Gründe, gelangt man zu dem Ergebnis, dass auch sportähnliche Freizeitbetätigungen und Spiele privilegierungswürdig sind, wenn sie den herausgearbeiteten Kriterien der privilegierten Sportlerhaftung entsprechen.48

III. Die dogmatische Umsetzung dieser Maxime Anknüpfend an die grundsätzliche haftungsrechtliche Privilegierungswürdigkeit von sportähnlichen Freizeitaktivitäten und Spielen, bedarf es nun einer tragfähigen Realisierung. Sollte eine Umsetzung dieser Maxime möglich sein, spricht kein triftiger Grund dagegen, nicht auch besondere, sportähnliche Tätigkeiten oder Spiele anhand sporthaftungsrechtlicher Grundsätze zu bewerten. Dass dies – insbesondere aus der Perspektive der Rechtsprechung – teilweise gar zwingend geboten ist, wurde soeben belegt.49 Dennoch muss von vornherein klargestellt sein, dass eine Ausweitung der Grundsätze der Mitsportlerhaftung nur dann in Frage kommt, wenn die Freizeittätigkeit auch tatsächlich sportähnlich ausgestaltet ist. Dies bedeutet, dass die erforderlichen Kriterien der eingeschränkten Sportlerverantwortlichkeit im Wesentlichen auch bei der Freizeitbeschäftigung vorliegen müssen.50 1. Der Vergleich der Interessenlagen bei Sport und Spiel Bereits eingangs der Untersuchung konnte festgehalten werden, dass die Interessenlage der Sportler regelmäßig eine Haftungsfreistellung für regelkonformes und leicht regelwidriges Verhalten rechtfertigt, da sie solche Schädigungen – gleich aus diversen Gründen – als allgemeines Sportrisiko hinzunehmen bereit sind.51 Diese Bereitschaft ergibt sich insbesondere aus der Freiwilligkeit der Teilnahme in Kenntnis des potentiellen Verletzungsrisikos der Aktivität.52 Dieser Aspekt betrifft allerdings nicht nur den Sport, sondern auch den Bereich sportähnlicher Beschäftigungen. So kann nicht ernsthaft argumentiert werden, dass beispielsweise Teil47

S. dazu die Ausführungen unter I.I. So – je nachdem, welcher dogmatische Lösungsansatz von den einzelnen Autoren favorisiert wird – jedenfalls im Ergebnis auch BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535.1; MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 697; Pardey, zfs 1995, 281, 282; Staudinger/Hager [2017], Vor § 823 Rn. 51. 49 S. dazu die Ausführungen unter I.I. 50 Anderenfalls könnte eine Ausweitung des Anwendungsbereichs der besonderen Haftungsgrundsätze entstehen, die sich inhaltlich womöglich nicht mehr rechtfertigen ließe. 51 S. dazu die obigen Ausführungen unter B.I. S. insofern auch LG Tübingen, NJW-RR 1993, 1498 sowie LG Bremen, VersR 1995, 1109, 1110. 52 S. insofern auch OLG Düsseldorf, VersR 1993, 1295, 1296 sowie ferner LG Bremen, VersR 1995, 1109. 48

344

I. Die Privilegierung sportähnlicher Tätigkeiten und Spiele

nehmer eines Straßenrennens, einer Tannenzapfenschlacht, eines Stockkampfes oder eines Mittelalterrollenspiels stets absolute Risikofreiheit erwarten.53 Zwar werden sie naturgemäß auf einen verletzungsfreien Ausgang der Aktivität hoffen,54 trotzdem kann gerade aufgrund der bekannten Risiken solcher Aktivitäten gefolgert werden, dass auch die Teilnehmer sportähnlicher Veranstaltungen in einem gewissen Maße bereit sind, im Falle eines Unglücks Schädigungen durch andere Akteure hinzunehmen.55 Jedenfalls setzten sie sich aber in einen inneren Widerspruch, wenn sie freiwillig an einer riskanten Aktivität partizipieren, gleichzeitig aber auf einen verletzungsfreien Ausgang beharren. Stellt man etwa auf diesen Aspekt einer Aktivität oder eines Spiels ab, ist eine Vergleichbarkeit zur Interessenlage der Sportler bei der Sportausübung nicht verkennbar. Darüber hinaus besteht eine Vergleichbarkeit regelmäßig auch dann, wenn die sportähnliche Beschäftigung durch (geschriebene) Regelwerke geprägt ist. Durch diesen Aspekt werden nicht nur die Sportler, sondern auch Teilnehmer einer sportähnlichen Aktivität darauf vorbereitet, welche Verhaltensweisen zulässig beziehungsweise nicht zulässig sein können.56 Dies führt in der Konsequenz dazu, dass die Akteure aufgrund der Typizität bereits eindeutige Rückschlüsse auf gewisse, dem Spiel oder der Betätigung immanente, Risiken ziehen können.57 Daraus kann gleichzeitig auch geschlossen werden, dass, je mehr eine sportähnliche Betätigung durch Regeln geprägt ist, desto eher eine Vergleichbarkeit mit der Interessenlage der Sportler angenommen werden kann.58 Ähnliches gilt aber auch für Aktivitäten, deren Regeln nur beiläufig oder spontan zwischen den Teilnehmern vereinbart werden. So wird teilweise darauf verwiesen, dass die Beteiligung an einer Tätigkeit ohne feste Regeln nicht bedeute, dass die Teilnehmer ohne Weiteres auf die Haftung verzich-

53

B.VI.

S. zu weiteren Konstellationen, die bereits von der Rechtsprechung zu entscheiden waren

54 S. insoweit für den Bereich der Sportausübung BGHZ 63, 140, 143 ff. sowie die Ausführungen unter B.I. 55 Ähnlich auch LG Bremen, VersR 1995, 1109. 56 S. in diesem Lichte auch die vom LG Tübingen, NJW-RR 1993, 1498 bewertete Rangelei, im Rahmen derer die Teilnehmer durch die zugrunde gelegten, ungeschriebenen Regeln von vornherein Kenntnis der üblichen Gefahren ihres Handelns hatten. Ähnlich argumentiert auch das OLG Hamm, NJW-RR 1998, 1245, wenn festgestellt wird, dass es auch bei Gesellschaftstänzen zu unvermeidbaren Kollisionen komme, die von den Akteuren hingenommen werden müssten. S. zudem auch OLG Düsseldorf, VersR 1993, 1295, 1296; LG Bremen, VersR 1995, 1109, 1110. Dass bei Spielen – wie Fritzweiler/Scheffen, SpuRt 1998, 148, 148 postulieren – regelmäßig keine Regeln gegeben seien, welche die Sportler auf etwaige Risiken vorbereiten, widerspricht hingegen der Realität. 57 S. insofern auch LG Tübingen, NJW-RR 1993, 1498 sowie ferner OLG Düsseldorf, VersR 1993, 1295, 1296; OLG Hamm, NJW-RR 1998, 1245; LG Bremen, VersR 1995, 1109. 58 Von dieser Prämisse ließ sich wohl auch das LG Tübingen, NJW-RR 1993, 1498 leiten, als es auf eine sportähnliche Rangelei die privilegierten Sporthaftungsgrundsätze entsprechend anwandte. In eine ähnliche Richtung auch OLG Düsseldorf, VersR 1993, 1295.

III. Die dogmatische Umsetzung dieser Maxime

345

ten.59 Dem ist zuzustimmen, wenn die Interessenlage der Teilnehmer eindeutig einer eingeschränkten Verantwortlichkeit widerspricht. Andererseits basiert diese Auffassung aber auch maßgeblich auf der Prämisse, dass bestimmte Regeln gerade nicht bestehen.60 Dies kann mitunter – je nach Aktivität – zu hinterfragen sein. Viele Freizeitbetätigungen, die sich an der Schwelle zwischen Sport, Spiel und Freizeit befinden, sind durchaus von Regeln geprägt, mögen diese gleichwohl oftmals nicht schriftlich kodifiziert oder verbandsmäßig etabliert sein.61 Denn nur weil ein geschriebenes Regelwerk nicht existiert, bedeutet dies nicht gleichzeitig auch, dass nicht anderweitig statuierte Regeln im Binnenverhältnis der Sportler vorliegen können. Somit führt auch der Aspekt eines bestehenden Regelwerkes – je nachdem, wie stark das Regelwerk bezüglich der einzelnen Aktivität ausgeprägt ist – zu einer grundsätzlichen Vergleichbarkeit der Interessenlage mit derjenigen der Sportler.62 Aus diesen Gründen ist die Interessenlage bei einem Spiel oder bei einer sportähnlichen Aktivität in vielerlei Fällen mit derjenigen der Sportler bei der Sportausübung vergleichbar. Dieser erste Aspekt rechtfertigt nicht nur erneut die Privilegierungswürdigkeit solcher Betätigungen,63 sondern stellt gleichzeitig auch einen ersten Fingerzeig für eine tragfähige Erweiterung privilegierter Haftungsgrundsätze dar. So spricht dieser Umstand dafür, dass – wenn schon eine grundsätzliche Vergleichbarkeit der jeweiligen Interessenlagen besteht – die sportspezifische Verkehrspflichtformel auch im Bereich der Sportähnlichkeit zur Anwendung kommen kann. Sollte hingegen die Interessenlage bei einer sportähnlichen Aktivität eindeutig gegen eine eingeschränkte Haftung des Schädigers sprechen, muss unter Umständen bereits aus diesem Grunde Abstand von einer etwaigen Haftungsprivilegierung genommen werden. 2. Die Nähe zum Sport Da die Interessenlage der Teilnehmer einer risikoerhöhten Aktivität allein aber nicht ausreicht,64 um besondere – den Schädiger privilegierende – Haftungsgrundsätze zu rechtfertigen, muss zusätzlich eine gewisse Nähe zum Sport bestehen, damit von einer Sportähnlichkeit gesprochen werden kann. Über die Nähe zum Sport lässt 59 So etwa NK-BGB/Katzenmeier, § 823 Rn. 504; ähnlich auch BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535.1. 60 S. insofern NK-BGB/Katzenmeier, § 823 Rn. 504; ähnlich BeckOGK BGB/Spindler [01. 03. 2018], § 823 Rn. 535.1. 61 S. in dieser Hinsicht auch OLG Düsseldorf, VersR 1993, 1295, 1296; OLG Hamm, VersR 1998, 249; LG Tübingen, NJW-RR 1993, 1498. 62 S. in diesem Lichte auch LG Tübingen, NJW-RR 1993, 1498 sowie ferner OLG Düsseldorf, VersR 1993, 1295, 1296. 63 S. insofern die obigen Ausführungen unter I.II. 64 S. insofern auch die obigen Ausführungen zur Sportausübung unter B.I. sowie B.II.3.

346

I. Die Privilegierung sportähnlicher Tätigkeiten und Spiele

sich zugleich auch der Anwendungsbereich einer eingeschränkten Haftung justieren, denn je enger man dieses Kriterium fasst, umso kleiner wird in der Folge automatisch auch der Anwendungsbereich besonderer Haftungsgrundsätze. Damit der Anwendungsbereich nicht von vornherein auszuufern droht, muss die sportähnliche Aktivität daher wesentliche Kriterien des Sports oder einer in etwa vergleichbaren Sportart aufweisen.65 Da die Bestimmung einer Sportart aber meist nur anhand von Indizien erfolgen kann,66 darf die Nähe zum Sport ebenfalls nicht anhand starrer Parameter, sondern vielmehr auf der Grundlage von sporttypischen Indikatoren begründet werden. Als solche Indikatoren kommen insbesondere Bewegungselemente, Leistung, ein kämpferisches Miteinander, Fairplay, das Vorhandensein eines Schiedsrichters sowie Regelwerke, die den Schutz der Beteiligten oder Verbote bestimmter Verhaltensweisen statuieren, in Betracht.67 Sollte ein Spiel oder eine Beschäftigung solche Elemente oder Facetten verkörpern, kann von einer besonderen Nähe zum Sport ausgegangen werden, die eine Anwendung besonderer Haftungsgrundsätze legitimiert.68 Darüber hinaus kann aufgrund der Herausforderungen des Sportbegriffs aber auch dann von einer Sportähnlichkeit gesprochen werden, wenn eine Aktivität zwar nicht unmittelbar sportüblichen Merkmalen entspricht, sie einer bestimmten Sportart aber mehr als unerheblich ähnelt.69 Sollte eine Aktivität hingegen keine Ähnlichkeit zu typischen Sportelementen oder einer Sportart aufweisen, sind Schädigungen, die im Rahmen ihrer Ausübung auftreten, anhand allgemeiner Grundsätze zu bewerten.70 3. Die Reziprozität der Schädigungsgefahr Darüber hinaus bedarf es zur weiteren Vergleichbarkeit einer Freizeitaktivität mit den besonderen Grundsätzen der Sportlerhaftung auch einer wechselseitigen Ver65 S. dazu exemplarisch aus der Rechtsprechung OLG Düsseldorf, VersR 1993, 1295; LG Tübingen, NJW-RR 1993, 1498. 66 S. dazu die obigen Ausführungen unter B.II.1. 67 S. insofern auch die Ausführungen unter B.II.1. S. ferner auch OLG Düsseldorf, VersR 2001, 345, 346 zum Fußballspiel Minderjähriger auf ein Tor; LG Bremen, VersR 1995, 1109 zum GotchaSpiel sowie zu Zuordnungskriterien aus dem Kreise der jüngsten Literatur Singbartl/Dziwis, JA 2014, 407, 408. 68 So jedenfalls im Ergebnis auch LG Tübingen, NJW-RR 1993, 1498; in eine ähnliche Richtung auch OLG Düsseldorf, VersR 1993, 1295, 1296; OLG Frankfurt, zfs 1994, 121, 121 f.; OLG Düsseldorf, VersR 2001, 345, 346; LG Bremen, VersR 1995, 1109, 1110. Dieses Kriterium wird – allerdings unter umgekehrten Vorzeichen – auch vom OLG Hamm, VersR 1998, 249 zur Argumentation genutzt. 69 Dies gilt insbesondere dann, wenn die vergleichbare Sportart selbst nicht alle typischen Kriterien einer Sportart erfüllt, sondern nur bestimmte Teilaspekte gegeben sind, die überwiegend als sporttypisch empfunden werden, wie etwa beim Motorsport oder den Schießsportarten. S. insofern auch die Ausführungen unter B.II.1. 70 Dies wird im Regelfall zur Haftung des Schädigers aus § 823 Abs. 1 BGB führen.

III. Die dogmatische Umsetzung dieser Maxime

347

lagerung des Schädigungsrisikos.71 So folgt die Privilegierung des Schädigerverhaltens beim Sport maßgeblich aus dem Zusammenspiel von Typizität und Reziprozität.72 Dementsprechend ist für sportähnliche Aktivitäten – neben der Interessenlage und der Sportähnlichkeit – ebenfalls einzufordern, dass eine wechselseitige Verlagerung des Verletzungsrisikos gegeben sein muss. Die Reziprozität erlangt somit auch in diesem Bereich eine besondere Bedeutung, da eine haftungsrechtliche Privilegierung nur durch das Zusammenspiel von Typizität und Reziprozität zu rechtfertigen ist.73 Dementsprechend muss auch im Rahmen einer Freizeitaktivität oder eines sportähnlichen Spiels die Schädigungsgefahr reziprok verlagert sein, damit von einer haftungsrechtlichen Sonderkonstellation gesprochen werden kann, die eine eingeschränkte Schädigerverantwortlichkeit rechtfertigt. Insofern ist allerdings – wie im Rahmen der Sportausübung auch – nicht auf eine abstrakt gegebene Reziprozität abzustellen, sondern auf das konkrete Risiko in der entsprechenden Schädigungssituation.74 Mangelt es hingegen an einer wechselseitig verlagerten Verletzungsgefahr, wird der Schädiger auch im Rahmen einer sportähnlichen Betätigung regelmäßig haften müssen. 4. Die Bewertung anhand der sportspezifischen Verkehrspflichtformel Sollten sowohl der Blick auf die Interessenlage, die Feststellung der Sportähnlichkeit sowie eine reziprok lozierte Schädigungsgefahr eine privilegierte Haftung rechtfertigen, besteht kein Grund, Schädigungen, die während einer sportähnlichen Veranstaltung oder einem Spiel zwischen den Akteuren eintreten, haftungsrechtlich anders beziehungsweise schlechter als eine Schädigung bei der Sportausübung zu bewerten. Dementsprechend bedarf es, um zu einer endgültigen Beurteilung des Verhaltens des schädigenden Akteurs zu gelangen, abschließend der Bewertung auf Grundlage der sportspezifischen Verkehrspflichtformel.75 Gleichzeitig führt eine Begutachtung nach Maßgabe der sportiven Verkehrspflichten auch dazu, dass Mitspielerschädigungen bei sportähnlichen Freizeitaktivitäten oder Spielen im Ergebnis nicht weitreichender privilegiert werden können als Schädigungen bei der Sportausübung. Dies bedeutet, dass zunächst das entsprechende Regelwerk des Spiels oder der Aktivität zu analysieren ist und sodann in einem weiteren Schritt die weiterreichende 71

Dieser Aspekt kommt – wenngleich unter einer divergierenden Grundannahme – auch bei der Argumentation des OLG Düsseldorf, VersR 1993, 1295 und des LG Duisburg, NJW-RR 2005, 105, 107 zum Vorschein. 72 So explizit auch Burger, Spurt 2007, 192, 194. S. zudem auch die obigen Ausführungen unter B.II.3.c). 73 So auch Burger, Spurt 2007, 192, 194. S. zudem auch die obigen Ausführungen unter B.II.3.c). S. ferner auch LG Tübingen, NJW-RR 1993, 1498. 74 S. dazu F.III.2.b) sowie B.II.3.b). 75 Für ein solches Vorgehen spricht sich auch Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 319 f. aus.

348

I. Die Privilegierung sportähnlicher Tätigkeiten und Spiele

Typizität des Spiels sowie die Reziprozität der Schädigungsgefahr in der konkreten Spielsituation zu untersuchen sind.76 Darauf aufbauend muss festgestellt werden, ob ein Regelverstoß vorliegt oder nicht. Sollte die Schädigung auf einem regelgerechten Verhalten des Schädigers basieren, ist auch im Rahmen eines sportähnlichen Spiels kein Verkehrspflichtverstoß gegeben.77 Liegt hingegen eine Regelwidrigkeit vor, ist anhand des hier vorgeschlagenen Modells vorzugehen und zu hinterfragen, ob der konkrete Regelverstoß noch mit den Kriterien von Typizität und Reziprozität in Einklang gebracht werden kann oder nicht.78 Sollte sich das Verhalten des Schädigers zu weit von der Typizität entfernen oder die Schädigungsgefahr innerhalb der konkreten Spielsituation nicht reziprok verlagert gewesen sein, ist ein Verkehrspflichtverstoß gegeben, der in der weiteren Folge regelmäßig auch zur Haftung führt.79 Dass – je nach Aktivität – auch problematisch anmutende Schädigungskonstellationen zur Bewertung kommen können, lässt sich allein schon aufgrund des Innovationsreichtums der Sport- und Freizeitwelt nicht ausschließen. Letztlich bedarf es insoweit aber – wie auch im Rahmen der Sportausübung – immer einer Bewertung im Einzelfall. So kann aktuell zwar keine belastbare Aussage getroffen werden, welche Gruppen von Aktivitäten stets anhand der Grundsätze der Sportlerhaftung bewertet werden können und bei welchen Gruppen möglicherweise Herausforderungen auftreten. Dem Praktiker wird aber ein Leitfaden an die Hand gegeben, anhand dessen er nach eingängiger Prüfung zu einem dogmatisch tragfähigen Ergebnis gelangen kann.

IV. Fazit Die Untersuchung sportähnlicher Aktivitäten und Spiele hat ergeben, dass die Grundsätze der eingeschränkten Sportlerhaftung nicht auf den Bereich, der eindeutig dem Sport zugeordnet werden kann, beschränkt sind, sondern auch darüber hinaus zur Anwendung kommen können. Somit unterliegen auch Mitspielerschädigungen bei sportähnlichen Spielen oder Veranstaltungen den Verkehrspflichten, wenn die entsprechende Aktivität mit den wesentlichen Charakteristika der Sportlerhaftung 76

S. zu diesen Kriterien die Ausführungen unter F.III.1., 2. S. dazu – allerdings unter der abzulehnenden Grundannahme, dass sich ein Haftungsausschluss beim Sport anhand von § 242 BGB vollziehe – auch LG Tübingen, NJW-RR 1993, 1498 sowie LG Duisburg, NJW-RR 2005, 105, 106 f. S. in diesem Kontext auch OLG Hamm, NZV 1997, 515 sowie Götz, Die deliktische Haftung für Sportverletzungen im Wettkampfsport, 319 f. 78 S. dazu die Ausführungen unter H.II.5. Eine ähnliche Vorgehensweise wählt insoweit auch das LG Duisburg, NJW-RR 2005, 105, 106 f. bei der Bewertung eines illegalen Straßenrennens, wenn festgehalten wird, dass an eine Haftung der Beteiligten zu denken sei, wenn das „Nebeneinander“ der Akteure zu einem „Gegeneinander mit bewussten Regelverstößen“ werde. 79 S. zur Abgrenzung anhand von Typizität und Reziprozität auch die Ausführungen unter H.II.5. 77

IV. Fazit

349

vergleichbar ist. Dies führt in der Konsequenz dazu, dass auch bei Schädigungen, die aus sportähnlichen Spielen resultieren, nur dann ein Schadensersatzanspruch des geschädigten Akteurs entsteht, wenn dem Schädiger ein gravierender Regelverstoß zur Last gelegt werden kann. Die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt nach den allgemeinen Grundsätzen der Sportlerhaftung der Geschädigte.80 Dieses Ergebnis führt zudem zu keiner unangemessenen Ausweitung des ursprünglichen Anwendungsfeldes des Sporthaftungsrechts, sondern bereinigt die aktuell bestehende – und zwangsläufig aus den Herausforderungen der Sportdefinition resultierende – Rechtsunsicherheit bei Aktivitäten, die nicht eindeutig dem Sport oder der risikoreichen Freizeit zugeordnet werden können.81 Gleichzeitig kann die bislang diffus anmutende Kasuistik nun durch eine Anwendung eines Verkehrspflichtmodells nach Maßgabe der sportiven Verkehrspflichtdogmatik auf ein tragfähiges Gerüst gestellt werden und muss sich nicht mehr dem Einwand der Willkür ausgesetzt sehen. Darüber hinaus besteht unabhängig von der theoretischen Möglichkeit – wie das Dilemma der Rechtsprechung belegt – auch ein praktisches Bedürfnis, sportähnliche Aktivitäten oder Spiele anhand anderer Voraussetzungen als bisher zu bewerten.82 Das im Rahmen dieser Untersuchung entwickelte Verkehrspflichtmodell bietet auch in dieser Hinsicht eine taugliche Bewertungsgrundlage.

80

S. dazu die obigen Ausführungen unter F.II.1.b)bb) sowie G.I.2.c). So im Rahmen der Bewertung eines Straßenrennens auch OLG Hamm, NZV 1997, 515. 81 S. zu den Herausforderungen des Sportbegriffs allein die obigen Ausführungen unter B.II.1. 82 S. dazu I.I.

J. Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse Die Untersuchung hat folgende wesentliche Ergebnisse zu Tage gefördert: Es besteht ein grundsätzliches Interesse der Sportler, dass nicht jede Sportverletzung haftungsbewehrt sein soll.1 Eine allgemeingültige Definition des Sportbegriffs ist in der Vergangenheit nicht etabliert worden und ist wohl auch in näherer Zukunft nicht zu erwarten. Aufgrund der Herausforderungen des Sportbegriffs sollte eine weitreichende Definition angestrebt werden, die – jedenfalls für den Bereich des zivilrechtlichen Sporthaftungsrechts – wie folgt lauten könnte: Sport ist eine Aktivität, die offen ausgestaltet und nach Ansicht der Ausübenden sowie der Verkehrsanschauung zu bestimmen ist. Sport setzt sich aus vielen möglichen, aber nicht zwingend erforderlichen Kriterien, wie zum Beispiel Wettkampf, Fairness, Chancengleichheit oder Leistung zusammen und beinhaltet üblicherweise eine Form der Bewegung des Sportlers oder des Sportgeräts.2 Die Typizität des Sports und die Reziprozität der Verletzungsgefahr stellen zwei wesentliche gefahrerhöhende Merkmale bei der Sportausübung dar, bei deren kumulativem Vorliegen eine Haftungsbeschränkung zugunsten des schädigenden Sportlers gerechtfertigt erscheint. Gleichzeitig lassen sich durch einen Rückgriff auf die beiden Merkmale – neben der Berücksichtigung des jeweiligen Regelwerkes – wertvolle Konkretisierungen der sportiven Verkehrspflichten vornehmen.3 Die Sportregelwerke – auch die FIS-Regeln für den alpinen Wintersport – sind weder Rechtsnormen noch Gewohnheitsrecht. Sie sind vielmehr als außergesetzliche Verhaltensvorschriften zu qualifizieren, die aufgrund dieses Status zur Konkretisierung der Verhaltenspflichten im Binnenverhältnis der Sportler herangezogen werden können.4 Damit eine Sportregel Bedeutung für die haftungsrechtliche Bewertung einer Mitspielerverletzung erlangen kann, muss ihr Drittschutzcharakter entnommen werden können. Die entsprechende Sportregel muss somit auch den Schutz der

1 2 3 4

S. dazu B.I. S. dazu B.II.1. S. B.II.3. sowie F.III.1., 2. S. dazu B.III.1.

J. Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse

351

körperlichen Integrität der beteiligten Sportler bezwecken. Der Drittschutz kann in methodischer Hinsicht anhand der Schutznormtheorie festgestellt werden.5 Die Sportler unterwerfen sich – sollten sie nicht aufgrund Rechtsgeschäfts, qua Satzung oder durch Allgemeingültigkeit an die Regeln gebunden sein – jedenfalls durch die Teilnahme am Sport den entsprechenden Sportregeln. Da die Bindung maßgeblich durch die freiwillige und vorbehaltlose Teilnahme der Sportler entsteht, unterliegt die Regelbindung nicht den Einschränkungen der Rechtsgeschäftslehre. Somit können sich auch minderjährige und geschäftsunfähige Sportler bei bestehender Deliktsfähigkeit den Regeln unterwerfen. Diese Wertung ist insbesondere zur Gleichbehandlung von Behindertensportlern von wesentlicher Bedeutung.6 Im Verletzungsfalle kann sich der Sportler regelmäßig nur auf deliktische Ansprüche, insbesondere aus § 823 Abs. 1 BGB, berufen. Vertragliche Schadensersatzansprüche sind im Binnenverhältnis der Sportler hingegen im Regelfall nicht gegeben.7 Eine pauschale Differenzierung zwischen einzelnen Sportarten – etwa zwischen Kampf- und Parallelsport oder Sportarten mit erheblichem und unerheblichem Gefährdungspotential – ist abzulehnen, da aus einer solchen Aufteilung eine ungerechtfertigte Benachteiligung bestimmter Sportarten im haftungsrechtlichen Sinne resultiert. Vielmehr ist im Rahmen jeder Sportart die konkrete Schädigungssituation zu analysieren und eine Bewertung anhand der Kriterien von Typizität und Reziprozität vorzunehmen.8 De lege lata sind allein eine sportspezifische Modifikation der Fahrlässigkeit und eine Verkehrspflichtkonzeption zur Problembewältigung geeignet.9 Alle weiteren bislang vorgebrachten Lösungsmodelle weisen so erhebliche dogmatische oder praktische Widrigkeiten auf, dass sie nicht zur Problemlösung herangezogen werden können. Dies gilt insbesondere auch für die oftmals vorgeschlagenen Einwilligungslösungen und die außertatbestandlichen Ansätze.10 Auch der von der Rechtsprechung favorisierte Ansatz über § 242 BGB eignet sich nicht für eine dogmatisch überzeugende Lösung und sollte daher zeitnah aufgegeben werden.11 Im Vergleich der Lösungsoptionen setzt sich eine Verkehrspflichtkonzeption gegen eine sportspezifische Modifikation des Verschuldens durch. Ein Verkehrspflichtmodell wird den dogmatischen Herausforderungen gerecht und lässt sich harmonisch in das System des § 823 Abs. 1 BGB integrieren. Eine Modifikation der im Sport erforderlichen Sorgfalt scheitert an der Wertung des § 276 Abs. 3 BGB und 5

S. B.III.3. S. dazu B.III.4.a), b), c). 7 S. B.IV. 8 S. dazu B.V.6. 9 S. C.II.4., III.1.a), IV.1. sowie D.I. 10 S. dazu C.III.2.a)cc) sowie C.V. 11 S. dazu C.V.2. 6

352

J. Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse

dem omnipräsenten Makel der Rechtswidrigkeit bei regelgerecht verursachten Schädigungen. Mitspielerverletzungen beim Sport sind daher auf Grundlage des Handlungsunrechts zu bewerten.12 Die Tauglichkeit der Lösung wird nicht durch die Möglichkeit einer etwaigen Teilnehmerhaftung oder die Auswirkungen des grundsätzlichen Streits um das Verständnis der Widerrechtlichkeit beeinträchtigt. Sie wird ebenfalls nicht durch etwaige Gegenrechte des (potentiell) geschädigten Sportlers gemindert. Notwehr und Unterlassung des (alsbald) geschädigten Sportlers sind auch bei der Sportausübung dem Grunde nach möglich, allerdings auf eng begrenzte Fälle und Abwehrmodalitäten beschränkt. Im Regelfall stehen nur jeweils zulässige sportliche Mittel zur Abwehr einer körperlichen Beeinträchtigung zur Verfügung. „Zusätzliche“ rechtliche Mittel können regelmäßig nicht eingesetzt werden. Einem etwaig bestehenden Versicherungsschutz des schädigenden Sportlers kommt – über seine eigentliche Funktion hinaus – keine gesonderte Bedeutung bei der Realisierung des „Sporthaftungsprivilegs“ zu. Das Bestehen einer Haftpflichtversicherung kann sich insbesondere nicht haftungsbegründend oder -erhaltend auswirken.13 Die Verkehrspflichten sind im Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB als Element der Schutzzwecklehre in der haftungsbegründenden Kausalität zu verorten. Sie sind in ihrer inhaltlichen Ausgestaltung mit § 276 Abs. 2 BGB gleichzusetzen. Von dem verkehrspflichtigen Sportler ist keine Sorgfalt im Höchstmaß einzufordern, sondern lediglich eine, am Maßstab des entsprechenden Regelwerkes ausgerichtete, verkehrskreisübliche Sorgfalt. Eine Aufspaltung in eine innere und äußere Sorgfaltskomponente ist abzulehnen. Eine Doppelprüfung der Verkehrspflicht auf Tatbestands- und Verschuldensebene erfolgt nicht. Gleiches gilt für den Vorsatz. Auch er ist im Rahmen eines Verkehrspflichtmodells allein im Tatbestand zu verorten. Der Aufbau von Vorsatz- und Fahrlässigkeitsdelikt ist im Wesentlichen angeglichen. Die Verschuldensprüfung wird in der Folge wesentlich reduziert. Sie ist auf die Prüfung der speziellen subjektiven Vorwerfbarkeit aus §§ 827, 828 BGB sowie unvermeidbarer Verbotsirrtümer und etwaiger Entschuldigungsgründe beschränkt.14 Ein Verkehrspflichtmodell bietet eine umfangreiche, flexible und den Besonderheiten des Sports angemessene Rasterlösung mit ausreichenden Filterebenen durch die Prüfung des Verkehrspflichtverstoßes, etwaiger Rechtfertigungsgründe oder einer reduzierten Verschuldensprüfung sowie im außertatbestandlichen Bereich durch die Berücksichtigung eines etwaigen Mitverschuldens. Ergebniskorrekturen können im äußersten Falle zudem noch durch die Wertung des § 242 BGB vorgenommen werden.15

12 13 14 15

S. dazu D.IV.2. S. zu diesen Fragestellungen D.II.1., 2., 3., 4. S. zu den Auswirkungen einer verkehrspflichtbasierten Lösung D.V.1., 2., 3. S. D.V.4.

J. Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse

353

Regelwidrig verursachte Mitsportlerschädigungen sind ebenfalls grundsätzlich privilegierungswürdig. Auch sie sind anhand eines Verkehrspflichtmodells zu bewerten. Andere Lösungsoptionen stehen für die Bewältigung von regelwidrig verursachten Sportverletzungen nicht zur Verfügung.16 Die konkreten sportiven Verkehrspflichten können auf Grundlage des entsprechenden Regelwerks, der weiterreichenden Typizität sowie anhand der Reziprozität des Verletzungsrisikos bestimmt werden.17 Weitere Bewertungsparameter sind zur Bewertung nicht erforderlich.18 Elemente der Fairness können in die Bewertung miteinfließen, allerdings werden sie in aller Regel bereits durch die vorgenannten Parameter berücksichtigt. Eine eigenständige Berücksichtigung eines „Fairnessgebots“, die aufgrund der begrifflichen Herausforderungen zu Problemen bei der praktischen Rechtsanwendung führen könnte, ist nicht erforderlich.19 Die Teilnahme am Sport allein begründet keinen Verkehrspflichtverstoß des schädigenden Sportlers. Vielmehr ist eine signifikante Gefahrerhöhung erforderlich, damit ein Verkehrspflichtverstoß des Schädigers angenommen werden kann.20 Das jeweilige Regelwerk stellt den zentralen Bewertungsparameter der sportiven Verkehrspflichten dar.21 Danach entfalten die weiteren Bewertungskriterien ihre Wirkung.22 Eine Verkehrspflichtkonkretisierung allein anhand des Regelwerks ist abzulehnen.23 Die Regelwerke allein sind nicht dazu berufen, eine sportive Verkehrspflicht abschließend zu konturieren. Der entscheidende Richter ist in seiner Entscheidungsfindung nicht allein an die Regeln gebunden, obschon sie ihm die zentrale Bewertungsgrundlage liefern.24 Insgesamt stehen die jeweiligen Bewertungsparameter in einem dynamischen Zusammenhang unter einer grundsätzlichen Vorherrschaft der engen Typizität.25 Sie können sich wechselseitig beeinflussen und bilden ein bewegliches System, das eine einzelfallgerechte Bewertung von Mitspielerverletzungen beim Sport ermöglicht.26 Der Haftungsausschluss zugunsten eines regelgerecht agierenden Sportlers folgt im Ergebnis daraus, dass der Regelkonformität keine signifikante Gefahrerhöhung entnommen werden kann, da sich lediglich das von der Typizität umschriebene Grundrisiko des Sports verwirklicht und in der Konsequenz keine haftungsrechtlich zu missbilligende Gefährdung vorliegt. Ein regelkonformes Schädigerverhalten 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26

S. E.II.2. S. dazu F. II.1., III.1., 2., IV. S. dazu F.III.3. S. F.III.3.a). S. F.II.2. S. F. II.1.a)cc). S. dazu F.IV.1., 2. S. F.II.1.a)bb). S. F.II.1.a)bb), cc). S. dazu F.IV.1. S. F.IV.3.

354

J. Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse

indiziert daher keinen Verkehrspflichtverstoß. Vielmehr ist positiv festzustellen, dass ein Regelverstoß von signifikanter Intensität zur Schädigung des verletzten Sportlers geführt hat. Die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des Regelverstoßes und dessen Intensität liegt nach allgemeinen Grundsätzen beim Geschädigten.27 Auslegungsbedürftige oder lückenhafte Regeln sind in haftungsrechtlicher Sicht – sofern möglich – in erster Linie durch sportinterne Auslegungshilfen, dann durch die weiterreichende Typizität und nur im Ausnahmefall durch eine nachträgliche Modifikation durch den entscheidenden Richter zu konturieren. Weitere Lücken, die sich nicht allein auf das Regelwerk beziehen, sind ebenfalls nach diesem Muster zu schließen. Im Zweifelsfall kann eine endgültige Entscheidung anhand der Darlegungs- und Beweislast getroffen werden.28 Eine Modifikation der Sportregeln durch die beteiligten Akteure ist möglich. Die Regelmodifikation beeinflusst die konkrete Verkehrspflichtbestimmung und kann sowohl zu einer Verschärfung als auch zu einer Abmilderung des deliktischen Pflichtenprogramms der Sportler führen. Sollte die Modifikation einer Spielregel zu besonderen Widrigkeiten führen, etwa weil Inhalt oder Reichweite der Modifikation streitig sein sollten, ist anhand der Darlegungs- und Beweislast zu entscheiden.29 Damit eine Sportregel zur haftungsrechtlichen Bewertung einer Mitspielerverletzung herangezogen werden kann, muss sie anerkennungsfähig sein. Die Anerkennungsfähigkeit ist im Lichte der §§ 134, 138, 242 BGB zu untersuchen, welche die Regelsetzer insofern limitieren. Bei der konkreten Bewertung sind sportspezifische Wertungen zwingend zu berücksichtigen, da sie sich durchaus von allgemeinen Wertvorstellungen unterscheiden können.30 Der Richter ist im Rahmen seiner Entscheidungsfindung nicht an die sportinternen Entscheidungen eines Sportschiedsrichters gebunden. Der Schiedsrichter nimmt keine besondere materiell-rechtliche Rolle bei der Bewertung einer Mitspielerverletzung ein. Die Aussage eines Sportschiedsrichters kann im Zivilprozess eine wesentliche Bedeutung bei der Sachverhaltsaufklärung erlangen; sie kann allerdings auch vollkommen unbrauchbar sein. Der Schiedsrichter kann in bestimmten Konstellationen als sachverständiger Zeuge im Sinne des § 414 ZPO vernommen werden.31 Einzelne typische Problemfelder der Verkehrspflichtkonkretisierung können oftmals einer persönlichen, zeitlichen, sachlichen oder örtlichen Dimension zugeordnet werden und so losgelöst von weiteren Aspekten des Einzelfalles diskutiert und beurteilt werden. Durch ein solches Verfahren kann eine flächendeckende Kasuistik

27 28 29 30 31

S. dazu F.II.1.b)aa)(3) sowie F.II.1.b)bb). S. G.I.1. S. G.I.2. S. G.I.3. S. zur haftungsrechtlichen Rolle des Schiedsrichters G.I.4.

J. Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse

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vermieden und dennoch eine zielgerichtete und systematische Bewertung ermöglicht werden.32 Der privilegierte Personenkreis kann durch einen Rückgriff auf das gesteigerte Schädigungsrisiko der Teilnahme am Sport sowie der Reziprozität ermittelt werden. Diejenigen Akteure, die einer besonderen sportiven Gefährdung ausgesetzt sind, unterfallen grundsätzlich dem privilegierten Personenkreis.33 Regelmäßig sind somit Mit- und Gegenspieler erfasst, bei Auswechselspielern und Schiedsrichtern hingegen ist je nach Sportart und konkretem Risiko zu entscheiden.34 Trainer und weitere Betreuer sind regelmäßig nicht erfasst.35 Besondere persönliche Aspekte können im Rahmen der Bewertung berücksichtigt werden, wenn sie auf objektivierbaren Umständen beruhen.36 Das Alter eines Sportlers kann berücksichtigt werden, wenn sich ein altersbedingter Faktor auch tatsächlich auf die konkrete Schädigungssituation ausgewirkt hat.37 Eine Differenzierung des Sorgfaltsniveaus auf Grundlage von Alters- und Leistungsklassen kann vorgenommen werden, teilweise auch eine geschlechtsspezifische Abstufung.38 Divergierende Erfahrungsstufen können regelmäßig nur in Trainingssituationen berücksichtigt werden, im Wettkampf hingegen nicht.39 Der konkrete Spielstand hat keine Auswirkungen auf die Verkehrspflichtkonkretisierung.40 In zeitlicher Hinsicht ist grundsätzlich nicht zwischen Wettkampf, Training, Freizeitsport und Wettkampfvorbereitung zu unterscheiden. Vielmehr sind alle zeitlichen Stadien der Sportausübung privilegierungswürdig.41 Zudem muss der zeitliche Anwendungsbereich immer in Verbindung mit dem konkreten Schädigungsrisiko betrachtet werden. Zeitliche Sonderkonstellationen können bei der Bewertung berücksichtigt werden, wenn sich der temporale Aspekt signifikant auf das Sorgfaltsniveau der Sportler auswirkt.42 Die Elemente der sachlichen Dimension führen nicht zwingend zu klaren Ergebnissen bei der Verkehrspflichtkonkretisierung. Sie können relevant werden und die Intensität der konkreten Verkehrspflichten graduell beeinflussen, müssen dies aber nicht zwingend.43 Die lokale Dimension kann sich auf die Verkehrspflichtkonkretisierung auswirken, wenn alle Sportler durch spezielle örtliche Gegebenheiten beeinflusst werden.44 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44

S. G.III. S. dazu G.III.1.a). S. dazu G.III.1.a)aa), bb), cc), ee). S. G.III.1.a)dd). S. dazu G.III.1.b). S. dazu G.III.1.b)dd). S. dazu G.III.1.b)aa). S. G.III.1.b)bb). S. G.III.1.b)cc). S. dazu G.III.2.a), b), c), d). S. G.III.2.e). S. dazu G.III.3. S. G.III.4.

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J. Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse

Damit bei der Sportausübung eine signifikante Gefahrerhöhung, die einen Verkehrspflichtverstoß begründet, angenommen werden kann, muss sich das Verhalten des schädigenden Sportlers so weit von den Kriterien der Typizität und Reziprozität entfernt haben, dass es nicht mehr mit ihnen in Einklang gebracht werden kann.45 Zur Abgrenzung des haftungsrechtlich relevanten vom haftungsrechtlichen irrelevanten Verhaltens bedarf es keines Rückgriffs auf weitere Abgrenzungsparameter. Durch die Kriterien der Typizität und Reziprozität wird eine flexible Grenzziehung ermöglicht, die auch besonderen Einzelfällen und Fallkonstellationen gerecht wird.46 Grob regelwidrig verursachte Mitspielerschädigungen führen regelmäßig zur Haftung.47 Die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Erheblichkeit des Regelverstoßes liegt – nach allgemeinen Grundsätzen – beim Geschädigten.48 Die Grundsätze der eingeschränkten Sportlerhaftung sind nicht auf rein sportive Sachverhalte beschränkt. Aufgrund der Herausforderungen des Sportbegriffs und der nicht immer reibungslos durchführbaren Abgrenzung zwischen Sport und Sportähnlichkeit, können die für den Bereich der Sportausübung entwickelten Grundsätze auch auf den Bereich sportähnlicher Tätigkeiten übertragen werden.49 Die Haftung in einer mit der Sportausübung vergleichbaren Konstellation setzt somit ebenfalls den Verstoß gegen eine Verkehrspflicht voraus, welche auf Grundlage der sportspezifischen Bewertungsparameter zu bestimmen ist.50

45 46 47 48 49 50

S. H.II.5. S. dazu H.III. S. dazu H.IV. S. H.II.5. sowie F.II.1.b)bb). S. dazu I.I., II. S. I.III.4.

K. Ausblick Das zivilrechtliche Sporthaftungsrecht wird weiterhin ein dynamisches und anspruchsvolles Feld rechtlicher Fragestellungen und Überlegungen bleiben. Dies liegt allein schon an seinem Status als Massenphänomen und der Stellung des Sports in der modernen Gesellschaft. Zur Realität gehören allerdings auch rechtliche Konflikte, da Verletzungen bei der Sportausübung und daraus resultierende Streitigkeiten auch in Zukunft nicht ausgeschlossen werden können. Das zivilrechtliche Sporthaftungsrecht und dessen Dynamik werden den Rechtsanwendern somit auch auf Dauer wohl noch zahlreiche Herausforderungen bereithalten. Einer Revision des Haftpflichtrechts bedarf es vor dem Hintergrund der Untersuchungsergebnisse momentan allerdings nicht.1 Das geltende Deliktsrecht stellt ein adäquates Instrumentarium zur rechtlichen Bewertung von Mitspielerverletzungen bei der Sportausübung bereit, das angemessene und zielführende Ergebnisse ermöglicht. Eine verkehrspflichtbasierte Lösung hält selbst atypischen Konstellationen stand. Da die Verkehrspflichten dem Rechtsanwender gleichzeitig auch die größtmögliche Flexibilität bei der Beurteilung bieten, wird es wohl auch in der näheren Zukunft keiner anderweitigen Lösung bedürfen. Dem gesellschaftlichen und sportiven Wandel kann vielmehr im bestehenden System begegnet werden, sodass eine Lösung de lege ferenda nicht erforderlich ist. Dementsprechend bedarf es auch keiner Auslagerung des zivilrechtlichen Sporthaftungsrechts in eine etwaige Sonder- oder Spezialkodifikation. Sicherlich kann eine eigene Sportkodifikation in manchen rechtlichen Teilbereichen zur Auflösung bestehender Herausforderungen beitragen, für den Bereich des Haftungsrechts wäre ein solches Vorhaben allerdings aus mehreren Gründen kritisch zu betrachten. So stellte sich zunächst die Frage, welchen Mehrwert eine eigene Kodifikation brächte, wenn die wesentlichen Problembereiche bereits angemessen und einzelfallgerecht im bestehenden System bewältigt werden können. Darüber hinaus bestünden ernsthafte Zweifel, ob der Gesetzgeber alle denkbaren Facetten möglicher Haftungskonstellationen in eine abschließende und rechtsanwenderfreundliche Kodifikation einfließen lassen könnte, ohne dass eine „Verschlimmbesserung“ des status quo zu befürchten wäre. Bereits die im Rahmen dieser Untersuchung analysierten Themenkreise der Mitspielerverletzungen haben verdeutlicht, welchen vielfältigen und komplexen Anforderungen der Gesetzgeber gerecht werden müsste, damit eine Sonderkodifikation überhaupt den Nutzen einer Lösung auf Grundlage der Verkehrspflichten erreichen könnte. Darüber hinaus wären zudem noch weitere 1

S. insofern die wesentlichen Untersuchungsergebnisse oben unter J.

358

K. Ausblick

Bereiche des Sporthaftungsrechts, wie etwa die Sportstättenhaftung oder Veranstalterhaftung für eine weitreichende Kodifikation des Sporthaftungsrechts zu berücksichtigen, die ebenfalls mannigfaltige Problemkreise beinhalten. Eine Sonderoder Spezialkodifikation sollte daher erst dann in Betracht gezogen werden, wenn spezifischen Problemkreisen nicht mehr angemessen mit den Möglichkeiten des geltenden Rechts begegnet werden kann. Gleiches gilt für eine denkbare Kollektivlösung, beispielsweise im Rahmen des Sozialversicherungssystems. Abzuwarten bleibt ferner, wie sich die Rechtsprechung in Zukunft positionieren wird. Die momentan gewählte Lösungsmöglichkeit ist jedenfalls aus dogmatischer Sicht zwingend abzulehnen. Bereits aus diesem Grunde kann wohl längerfristig von einer Änderung der Rechtsprechung – jedenfalls hinsichtlich der inhaltlichen Begründung – ausgegangen werden. Wünschenswert wäre es, wenn die Rechtsprechung auf die dargelegte Kritik reagiert und Mitspielerverletzungen beim Sport in Zukunft auf Grundlage einer verkehrspflichtbasierten Lösung beurteilt. Dies könnte einen Meilenstein in der Entwicklung des Haftungsrechts des einundzwanzigsten Jahrhunderts darstellen. Für die aktiven Sportler bleibt zu hoffen, dass die Sportausübung auch in Zukunft nicht zu stark von haftungsrechtlichen Erwägungen überlagert wird und sich die Entwicklung des Sports ohne externe Einflüsse vollzieht. So könnte dem bereits zu Lebzeiten berühmt gewordenen Ausspruch des deutschen Fußballspielers Alfred Preißler auch aus haftungsrechtlicher Sphäre Rechnung getragen werden: Denn „Grau ist im Leben alle Theorie, aber entscheidend ist auf‘m Platz“.2

2

S. dazu Fligge/Fligge, Echte Liebe, 152.

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Sachverzeichnis Abwehrrechte der Sportler 159 ff. – Notwehr 162 ff. – Unterlassungsanspruch 167 ff. Anspruchsgrundlagen 69 ff. – Deliktsrecht 72 – Vertragsrecht 69 ff. AGB-Recht 275 f. Anstiftung 174 f. „Allgemeines Sportrisiko“ 29 ff., 98, 342 ff. Altersklassen 39, 250, 289 ff., 295 f. „Altherrenmannschaft“ 296 Arbeits- und Sozialrecht 27 Ärztlicher Heileingriff 95 ff. Ausbildungsverhältnisse 27, 293 f. Ausscheidungswettkampf 301 Ausübungsformen 32 ff., 73 ff., 211 ff., 305 Auswechselspieler 286 f. Behindertensport 68 f., 94 f. Beihilfe 174 f. Berufsrecht 126 f. Besonderheiten des Sports 31 ff., 39 ff., 43 ff. Bewertungsdimensionen 293 ff. – lokale Dimension 305 ff. – personelle Dimension 284 ff. – sachliche Dimension 302 ff. – temporale Dimension 296 ff. Billigkeitshaftung 72 „Blutgrätsche“ 17, 319 Darlegungs- und Beweislast 247, 265, 270 f., 282, 316 Definition des Sports siehe Sportbegriff Deliktsaufbau 26, 201, 204 f. E-Sport 34 Eigenübliche Sorgfalt 134 ff. – Auswirkungen auf die Sportlerhaftung 135 f. – beim Sport 134 ff.

– im Allgemeinen 135 ff. Einbeziehung der Regeln siehe Regelbindung Eingriffe beim Sport 180 ff. – Auswirkungen der Kombinationslehre 180 ff. – Eingriffsdifferenzierungen beim Sport 184 ff. – mittelbare Eingriffe 180 ff., 184 ff. – unmittelbare Eingriffe 180 ff., 184 ff. – Unterscheidung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Eingriffen beim Sport 184 ff. – Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts 184 ff. Einheit der Rechtsordnung 90 f., 238 ff. – als Argument zur Begrenzung der Haftung der Sportler untereinander 238 ff. – Sport als eigenständige „Rechtsordnung“ 240 ff. Einwilligung 110 ff. – Anknüpfungspunkte 111 ff. – Anwendungsbereich 111 ff., 117 f. – ausdrückliche Einwilligung 111 – „Bagatelleinwilligung“ 137 f. – bei tödlichen Folgen 119 – besonders gefährliche Sportarten 117 f. – Bewertung 118 ff. – Fiktion 112 f. – Generaleinwilligung 112 – hypothetische Einwilligung 121 f. – in das Risiko 114 ff. – in den Verletzungserfolg 111 ff. – in die Verletzungshandlung 113 f. – konkludente Einwilligung 111 – mutmaßliche Einwilligung 121 f. – Wille der Sportler 111 ff. Einverständnis siehe Tatbestandsausschließendes Einverständnis Enthaftungsvereinbarung 156 Entscheidungswettkampf 294 f., 301 Erfahrungsstufen 293 f.

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Sachverzeichnis

Erfolgsunrecht 98 ff., 100 ff., 133, 170 ff., 180 ff. Erlaubtes Risiko 107 ff. Fairness 32, 60, 252 ff. – Berücksichtigung bei der Bewertung 252 ff. – Definition 253 – Fairnessgebot 252 ff. Freiwilligkeit 30, 42, 66 ff., 150, 257 ff., 342 f. Freizeitsport 24, 66 ff., 240 ff., 266 ff., 276, 290, 299 f. Freundschaftsspiel 266, 303 Funktionen der Sportregeln 60 ff. Gang der Darstellung 26 f. – inhaltliches Vorgehen 26 f. – methodisches Vorgehen 26 ff. – Negativauslese 26 f. – Vereinbarkeitsstudie 26 f. Gefährdungshaftung 72, 196 f. Gefährdungspotential 18 ff., 39 ff., 73 ff., 158 ff., 210 ff. Gegenspieler 285, 286 Gewohnheitsrecht 54 ff. – Begründung eines Gewohnheitsrechts 55 f. – FIS-Regeln 57 ff. – Sportregeln im Allgemeinen 55 f. Gleitende Fahrlässigkeit 139 ff. – Begründung 139 f. – eigenständiges Modell innerhalb der Sportlerhaftung 141 ff. – Stufenmodell 139 ff. – Vergleich mit arbeitsrechtlichen Grundsätzen 139 ff. Grenzziehung zwischen privilegierten und missbilligten Mitspielerverletzungen 308 ff. – Abgrenzungsformel 314 ff. – abstrakte Grenzziehung 308, 314 ff. – Einzelfallgerechtigkeit 314 ff. – konkrete Abgrenzung 314 ff. – Kriterien 310 ff. – pragmatische Vorgehensweise 308 f. – Typizität und Reziprozität 314 ff.

– Vermeidbarkeit 311 f. – Vorhersehbarkeit 310 f. Haftungsfreies Grundrisiko 30, 245, 309, 315, 326 Haftungsrechtliche Missbilligung 43 ff., 245 ff. – Darlegungs- und Beweislast 245, 246 ff., 248 – Individuelle Vorwerfbarkeit 46 ff. – Intensität des Regelverstoßes 49 f. – keine Missbilligung bei Regelkonformität 245, 246 ff., 248 – Schwere der Verletzung 43 ff. – Vermeidbarkeit von Regelverstoß und Schädigung 45 Haftungsverzicht 153 ff. – Anwendungsbereich 154 ff. – in AGB 154 – Verhältnis zu § 276 Abs. 3 BGB 154 Handeln auf eigene Gefahr 144 ff. – Berücksichtigung im Sport 144 ff. – Bewertung 148 f. – Mitverschulden 145 f. – Rechtsfolge(n) eines Handelns auf eigene Gefahr 145 f. – Ursprung 144 ff. – Wandel der Rechtsprechung 145 Handlung 94 f. Handlungsunrecht 98 ff., 100 ff., 133, 170 ff., 180 ff. Idealverhalten 315, 328 Individuelle Vorwerfbarkeit 46 ff., 191, 199, 205 Integritätsschutz 19, 64, 86, 99, 161, 183, 207, 243, 274 f. Intensität des Regelverstoßes siehe auch Haftungsrechtliche Missbilligung Interesse der Sportler 29 ff. – an einer Haftungsmodifikation 29 ff. – an einer ungestörten Sportausübung 30 f. – Erwartungshaltung 29 ff., 111 ff. – kommerzielle Interessen 30 f., 61 – rechtliche Überlagerung 30 f. – rechtspolitisches Interesse 20, 29 ff. Internationales Privatrecht 27

Sachverzeichnis Kampf- und Parallelsport 73 ff., 210 ff. – Abgrenzungsprobleme 75 ff. – Neubewertung durch den BGH 79 ff. – Sportarten mit nicht unerheblichem Gefährdungspotential 80 ff. – Unterscheidung und Einteilung 73 ff. Kausalität 97 Kollektivlösung 357 Körperverletzung 95 f. Lebensalter 289 ff., 295 f. Lehre von der Sozialadäquanz siehe Sozialadäquanz Leistungsfähigkeit 293, 295, 301 Leistungsklassen 289 ff. Mannschaftsbetreuer 287 Mannschaftsgröße 269, 304 Mikrokosmos Sport 103, 184, 241, 244 Minderjährige Sportler 68 f., 118, 222, 225 f. Mitspieler 37, 386 Mitspielerverletzung 37 f. – Phänomenologie 37 f., 39 ff. – Zurechenbarkeit 38 Mitsportlerverletzung siehe Mitspielerverletzung Mitverschulden 144 ff. – allein durch die Teilnahme am Sport 147 f., 206 – Flexibilität 148 – Quotelung 146, 148 – Verzicht auf Schutzkleidung 275, 324 Notwehr 159 ff. – Angriff 162 – Anwendbarkeit 159 ff. – Ausschluss 162 ff. – Auswirkungen auf das System der Sportlerhaftung 166 – Einschränkung 162 ff. – Gebotenheit 164 – Interesse der Sportler 162 ff. – Rechtswidrigkeit 162 f. – Schutz- und Trutzwehr 164 – zulässige Notwehrmittel 164 ff.

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Pflichtwidriges Unterlassen 94 f. Pragmatik 283 f., 308 f. Privilegierter Personenkreis 285 ff. Reaktionsfähigkeit 203, 295 f. „reasonable sportsman“ 256 f., 312 Rechtfertigungsgründe 109 ff. – Rechtfertigung durch Berufsrecht 126 f. – Rechtfertigung durch Gewohnheitsrecht 125 – Sportgerechtes Verhalten 122 ff. – Staatliche Zulassung und Förderung des Sports als Rechtfertigung 125 f. Rechtsfreier Raum 87 ff. – Berücksichtigung der Idee im Zivilrecht 90 ff. – Justiziabilität 89 – Strafrechtliche Bedeutung 89 ff. – Verhältnis zu § 276 Abs. 3 BGB 91 Rechtsgutverletzung 95 ff. Rechtsnatur der Sportregeln 52 ff. – außergesetzliche Verhaltensstandards 59 f. – DIN- und Unfallverhütungsvorschriften 53 f. – FIS-Regeln für den alpinen Skisport 57 ff. – Gewohnheitsrecht 54 ff. – „Nichtrecht“ 52 – rechtlich irrelevante Verhaltensgebote 52 f. – Rechtsnormqualität 53 f. Rechtswidrigkeit 100 ff., 194 ff., 207 ff., 236 ff. – Verdikt der Rechtswidrigkeit 132, 144, 171, 188 ff., 194 Regelbindung 63 ff., 235 f., 260 – Allgemeingültigkeit der Regeln 63 f. – Anti-Doping-Regeln 65 f. – bei geschäftsunfähigen oder beschränkt geschäftsfähigen Sportlern 68 f. – im Freizeitsport 66 ff. – im organisierten Sport 64 ff. – im Profisport 64 ff. – durch Rechtgeschäft 65 f. – durch Teilnahme am Sport 66 ff. – durch Vereins- oder Verbandsmitgliedschaft 65

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Sachverzeichnis

– Unterstellen aufgrund freiwilliger Teilnahme 66 ff. Rechtswidrigkeitsmodelle 170 ff. – Erfolgsunrecht 170 ff. – Handlungsunrecht 170 ff. – judizielle Konzeption 172 f. – legislative Konzeption 172 f. Regelgerechtes Verhalten 43 ff., 86 ff., 158 ff., 229 ff., 245 f., 314 ff. Regelmodifikation 263 ff., 266 ff. – Auswirkungen auf die Bewertung 270 f. – Darlegungs- und Beweislast 270 f. – Erscheinungsformen 269 f. – Grenzen der Regelmodifikation 266 ff., 271 ff. – nachträgliche Regelmodifikation 263 ff. – praktische Folgen 270 f. – Zulässigkeit 267 ff. Regelverstoß 43 ff., 210 ff., 229 ff., 249 ff., 308 ff. – Auswirkungen auf die Verkehrspflichten 245 f., 246 f., 248 – beiderseitiger Regelverstoß 149, 324 f., 332 – Darlegungs- und Beweislast 246 f. – Einfluss von Typizität und Reziprozität 214, 249 ff. – Intensität 49 f., 128 f., 191, 217 f., 243, 310 ff., 324 f. – geringfügiger Regelverstoß 50, 217, 247, 321 ff. – geringfügige, vorsätzliche Regelverstöße 326 ff. – grober Regelverstoß 143, 218, 329 ff. – keine Rechtswidrigkeitsindikation 245 f., 246 ff., 249 – leichter Regelverstoß 210 ff., 308 ff. – mangelnde Regelkenntnis 328 f. – Privilegierungswürdigkeit 211 ff. – provozierter Regelverstoß 149, 206, 324 f. – Revanchefoul 149, 319, 324 f. – vorsätzlicher Regelverstoß 46 f., 158, 191 f., 217 f. Regelwerke siehe auch Sportregeln Regelwidrigkeit siehe Regelverstoß Reziprozität des Schädigungsrisikos 41 f., 214, 250 f., 260 ff.

– abstrakte Reziprozität 41 f., 214, 251 – konkrete Reziprozität 41 f., 214, 251 – Zusammenspiel mit der Typizität 41 f., 214, 251, 260 ff. Risikobereitschaft 30, 66, 99 Risikoübernahme 42, 312 Rücksichtnahmegebot des § 1 StVO 255 f.

Sachschäden 27 f. Sachverständiger Zeuge 281 Schiedsrichter 243 ff., 276 ff., 287 ff. – Auswirkungen einer Schiedsrichterentscheidung 276 ff. – Bindung an Schiedsrichterentscheidungen 279 – Einfluss auf die Bewertung 276 ff. – Ermessensspielraum 276 ff. – Fehleranfälligkeit 277 f. – materiell-rechtliche Einflüsse des Schiedsrichters 277 ff. – Prozessualer Wert einer Schiedsrichterentscheidung 282 ff. Schmerzensgeld 17, 324 Schutzgesetz 53 f., 72 Schutznormtheorie 62 Schutzzweck der Norm 97 ff., 196, 220 Schwere der Verletzung siehe Haftungsrechtliche Missbilligung Sorgfaltsmaßstab 128 ff., 131 ff., 197 ff. – Maßstab des § 276 Abs. 2 BGB 128 ff., 131 ff., 197 ff. – Vergleich mit den Verkehrspflichten 197 ff. Sozialadäquanz 102 ff. – Begründung 102 f. – Berücksichtigung im Zivilrecht 102 ff. – Sozialnormen im Sport 103 ff. – Vereinbarkeit mit der Fahrlässigkeit 106 f. – Wertevorstellungen 103 f. Spieleifer 40, 321 ff. Spielregeln siehe Sportregeln Spielstand 294 f. Spielunterbrechung 287, 288 Sport 32 ff., 73 ff., 229 ff., 266 ff., 333 ff. – „anerkannte“ Sportart 21 ff., 91, 333 ff. – Ausübungsformen 73 ff., 266 ff., 305

Sachverzeichnis – Behindertensport 68 f., 95, 118, 222, 225 f. – „fest bestehende“ Regeln 43, 263 ff., 333 ff. – gegeneinander 73 ff. – Kampfsport 73 ff., 210 f., 302 ff. – „körperliche Ertüchtigung“ 33, 97 – Massenphänomen 22, 55, 60, 118 ff., 126, 166, 189 – miteinander 77 f. – Parallelsport 73 ff., 211 ff., 302 ff. Sportähnliche Spiele und Aktivitäten 83 ff., 333 ff. – Abgrenzung zwischen Sport und Nichtsport 83 ff., 333 ff. – Anwendung sporthaftungsrechtlicher Grundsätze 346 ff. – Besonderheiten 83 ff., 333 ff. – Darlegungs- und Beweislast 348 – Erfordernis einer eingeschränkten Verantwortlichkeit 340 ff. – Instanzgerichtliche Rechtsprechung 336 ff., 338 ff. – Interessenlage der Beteiligten 342 ff. – Meinungsspektrum 83 ff., 333 ff. – Privilegierungswürdigkeit 340 ff. – Regeln 342 ff. – Typizität und Reziprozität 344 ff. – Vergleichbarkeit zum Sport 344 f. – Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung 336 ff., 338 ff. Sportbegriff 32 ff., 83, 333 f. – Annäherungsversuche 32 f. – Bestimmungskriterien 32 f. – Definitionsansätze 32 f. – Facettenreichtum 32 ff. – fließende Übergänge 32 ff. – offener Sportbegriff 35 f. – Vergleich mit der Kunstfreiheit 35 f. Sportförderung 125 f. – als mögliche Staatszielbestimmung 126 – im Grundgesetz 126 Sportgerechtes Verhalten 122 ff. – Eigenständige Berücksichtigung im Zivilrecht 124 – Vergleich mit einem verkehrsgerechten Verhalten 123 f.

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„Sporthaftungsprivileg“ 22 ff., 51, 84, 158 ff. 207 ff. „sport judgement rule“ 136 ff. – Auswirkungen auf das Verschulden 137 f. – Begründung 136 f. – „business judgement rule“ 136 – Darlegungs- und Beweislast 137 f. – praktische Herausforderungen 137 ff. – Prognoserisiko 137 f. Sportlehrer 71 f., 294 Sportplatz 305 ff. Sportregeln 51 ff., 229 ff., 263 ff. – Allgemeingültigkeit 63 f. – als zentraler Bewertungsparameter bei der Verkehrspflichtkonkretisierung 235 f., 260 ff. – Anerkennungsfähigkeit 271 ff. – Auslegungsbedürftigkeit 263 ff., 316, 337 – DIN, Unfallverhütungsvorschriften und andere technische Regelwerke 54, 227 – fixierte Verhaltensanforderungen 230 ff. – Funktionen 60 ff. – Haftungsrechtlich relevante Regeln 62 f. – lückenhafte Regeln 54, 231 f., 337 – mit Integritätsschutz 62 f. – ohne Integritätsschutz 62 f. – Rechtsnatur 52 ff. – Sittenwidrigkeit 271 ff. – Typizität 39 ff., 229 ff., 249 – Vorrang der Sportregeln bei der Bewertung 260 f. – Wechselwirkungen mit den Verkehrspflichten 229 ff., 236 ff. Sportspezifischer Sorgfaltsmaßstab 128 ff., 130 ff., 197 ff. – Auswirkungen des § 276 Abs. 3 BGB 128 ff., 143, 189 ff. – Begründung 130 ff. – Verschuldensmodifikation 130 ff. Sportstättenhaftung siehe Veranstalterhaftung Sportunfallstatistik 9 f. Sportverletzung 37 f. Strafrecht 27, 72

384

Sachverzeichnis

„Tabubereich“ beim Sport 182 ff. – Das Miteinander der Sportler 182 f. – Reduktion des „Tabubereichs“ 184 – Verhaltensunterschiede beim Sport 183 – Zulässigkeit des Körperkontakts 183 Tatbestandsausschließendes Einverständnis 93 f. Technisches Versagen 323 Teilnehmerhaftung 174 f. – Anstiftung 174 f. – Beihilfe 174 f. – Teilnahme im Strafrecht 174 – Teilnahme im Zivilrecht 174 Trainer 174, 287 Training 293 f., 297 f., 299 Trainingslager 301 Trainingsübereinkunft 293 f. „Trikotzupfer“ 48, 130, 208, 217, 326 f. Typizität des Sports 39 ff., 214, 229 ff., 249 f., 314 ff. – Bestimmung durch Regelwerke und Sportler 39 ff., 229 ff., 263 ff. – Elemente der Typizität 39 ff., 229 ff. – enge Typizität 39 ff., 249 f., 261 – regionale Aspekte 39, 105 – weiterreichende Typizität 39 ff., 249 f., 261 – Zusammenspiel mit der Reziprozität 41 f., 214, 251, 260 ff. Übermüdung 40, 321 ff. Übertragbarkeit der Haftungsgrundsätze 346 ff. Umkleidekabine 301 Unfairness siehe auch zulässige Härte Unterlassen siehe pflichtwidriges Unterlassen Unterlassungsanspruch 128, 159 ff., 167 ff. – Anwendbarkeit 159 ff., 167 ff. – Ausschluss 168 ff. – Auswirkungen auf das System der Sportlerhaftung 169 f. – Beeinträchtigung 168 – Duldungspflicht 168 f. – Interesse der Sportler 167 ff. – Störer 168

Unterstellen unter die Spielordnung 183, 267 f. Unvermögen 323

66 ff.,

Venire contra factum proprium 149 ff. – Begründung der Rechtsprechung 21, 149 ff. – „Notbremse“ 151, 207 – Rechtsmissbrauch 152 – Versicherungsschutz 149 ff., 176 f. – Zirkelschluss 152 Veranstalterhaftung 226 Verbandsautonomie 56, 87 f., 239 Vereinheitlichung von Vorsatz- und Fahrlässigkeitsdelikt 190 ff., 204 f. Verkehrspflichten 97 ff., 158 ff., 216 ff., 221 ff., 263 ff., 308 ff., 333 ff. – Abstufung 283 ff. – Abwägung im Einzelfall 207 ff., 221 f., 226 ff., 236, 261 f. – „allgemeine“ Verkehrspflichtformel 221 ff. – als die im Verkehr erforderliche Sorgfalt 197 ff. – als Moment der Haftungseingrenzung bei Mitspielerverletzungen 245 ff. – Auswirkungen auf die Verschuldensprüfung 204 f. – Auswirkungen der Sportregeln 229 ff. – Begründung 221 ff., 229 ff., 249 ff., 260 ff. – bei unmittelbaren Schädigungen 186 ff. – bei Vorsatz 191 f., 204 – bewegliches System 222, 261 f. – Eigenvorsorge 224 – Entwicklungen des Verkehrspflichtsystems 207 ff., 221 ff. – Erfüllbarkeit 259 – geschlechtsspezifische Einflüsse 292 f. – gleichrangige Wirkung der weiteren Kriterien 261 – Grenzziehung zwischen Integritätsschutz und Handlungsfreiheit 86, 207 ff., 308 ff. – hypothetisch verkehrspflichtgerechtes Verhalten 313 f. – „Illegalität“ der Verkehrspflichten 186 f. – innere und äußere Sorgfalt 197 ff. – keine Sorgfalt im Höchstmaß 197 ff.

Sachverzeichnis – – – – – –

Kriterien 221 ff., 248 ff., 260 ff. legitime Verkehrserwartung 222 f. Mitverschulden 205 f., 324 f. Ökonomische Aspekte 225 Rasterlösung 205 ff. Rechtswidrigkeitsindikation 196, 245 ff., 279 – Schutzzweck der Norm 97 ff., 196, 220 – Standort im Deliktsaufbau 194 ff. – Vereinheitlichung von Vorsatz- und Fahrlässigkeitsdelikt 190 ff., 204 f. – Verfassungsrecht 233 – Verhältnis zu § 276 Abs. 2 BGB 197 ff. – Vorrang des Regelwerks 229 ff., 260 f. – Zumutbarkeit 224 f. Verkehrspflichtverstoß 97 ff., 158 ff., 180 ff., 210 ff., 221 ff. 246 ff., 268 ff., 308 ff. – als auslösendes Moment der Haftung 246 ff. – Darlegungs- und Beweislast 246 f., 282 – Rechtswidrigkeitsindikation 246 f. Verlängerung 296, 301 Verletzungsrisiko 18 ff., 29 ff., 31 ff., 110 ff., 284 ff., 340 ff., 342 ff. Verschulden 128 ff. – Auswirkungen des § 276 Abs. 3 BGB 128 ff., 143, 189 ff. – Modifikation 130 ff.

385

– Vergleich mit den Verkehrspflichten 189 ff., 192 f. Vorbereitung 296 f., 300 f. Vorsatz 46 ff., 128 ff., 143, 158, 191 ff., 204, 271 ff., 326 ff. – als durchaus typisches Element im Sport 38, 46 ff., 217 – dolus eventualis im Sport 38, 46 ff., 129 ff., 272 Versicherungsschutz 21, 150, 175 ff. – Auswirkungen auf das System der Sportlerhaftung 150, 175 ff., 179 – Bewertung 179 f. – versicherungsrechtliches Trennungsprinzip 176 f. – zur Haftungsbegründung 21, 176 f. – zur Haftungserhaltung 21, 176 f. Wertevorstellungen im Sport 182 ff., 271 ff. Wettkampf 19 ff., 73 ff., 210 ff., 296 ff., 342 ff. Zeuge 22, 280 ff. Ziel der Untersuchung 24 ff. Zufallskomponente 18 ff., 41, 82, 147, 300 Zulässige Härte 44, 281, 319 ff. – Abgrenzung zur Unfairness 319 ff. – Entscheidung im Einzelfall 321 – praktische Herausforderungen 320 f. Zurechnung 97 ff., 101 ff., 194 ff.