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German Pages 1421 [1424] Year 2008
Die Zeit der Soldatenkaiser BANDI
DIE ZEIT DER SOLDATENKAISER Krise und Transformation des Römischen Reiches im 3. Jahrhundert n.Chr. (235-284) BANDI Herausgegeben von Klaus-Peter Johne unter Mitwirkung von Udo Hartmann und Thomas Gerhardt
Akademie Verlag
Abbildung auf dem Einband: Die Aurelianische Mauer zwischen der Porta Ostiense und dem Tiber
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie ; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-05-004529-0 © Akademie Verlag GmbH, Berlin 2008 Das eingesetzte Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706. Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form - durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren - reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Einbandgestaltung: breutypo. Christopher Breu, Berlin Druck: Drackhaus „Thomas Müntzer", Bad Langensalza Bindung: Norbert Klotz, Jettingen-Scheppach Printed in the Federal Republic of Germany
Inhalt Erster Band Einleitung I.
Quellen und Forschung LI 1.1.1 1.1.2 1.1.3 1.1.4 1.1.5 1.1.6 I.2
II.
Quellen (Udo Hartmann) Die literarischen Quellen (Udo Hartmann) Die Historia Augusta (Юaus-Peter Johne) Die Primärquellen (Kay Ehling / Udo Hartmann) Die Archäologie (Kathrin Schade) Die orientahsche literarische Überlieferung (Emst Baltrusch / Erich Kettenhofen / Andreas Luther) Die säsänidischen Inschriften und Felsreliefs (Philip Huyse) Forschung (Thomas Gerhardt)
15 19 45 53 59 89 109 125
Die Ereignisse der Reichsgeschichte II. 1 11.2 11.3 11.4 II. 5 11.6 11.7
III.
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Von Maximinus Thrax bis Aemilianus (Ulrich Huttner) Valerianas und Gallienus (Andreas Goltz / Udo Hartmann) Claudius Gothicus und Aurelianus (Udo Hartmann) Das gallische Sonderreich (Andreas Luther) Das palmyrenische Teilreich (Udo Hartmann) Der „Senatskaiser" Tacitus (Klaus-Peter Johne) Probus und Cams (Gerald Kreucher)
161 223 297 325 343 379 395
Völker und Staaten an den Grenzen der Römischen Welt III. 1 III.2 ΙΠ.3 III.4 111.4.1 111.4.2 111.4.3 IIL4.4 III. 5 III.6
Die Völker an der nordwestlichen Reichsgrenze (Andreas Goltz) . Die Völker an der mittleren und nordöstlichen Reichsgrenze (Andreas Goltz) Die Mauren (Andreas Gutsfeld) Staaten und Völker zwischen Rom und Iran Die kaukasischen Reiche (Erich Kettenhofen) Nordmesopotamien (Andreas Luther) Die Charakene und die Juden Babyloniens (Monika Schuol) Die Araber (Udo Hartmann) Das Reich der Säsäniden (Josef Wiesehöfer) Das meroitische Reich und die Blemmyer (Angelika Lohwasser) .
427 449 465 475 501 511 521 531 571
Inhalt
IV.
Der römische Staat IV. 1 IV.2 rv.3 IV.4 IV.5
Das Kaisertum und die Herrscherwechsel (Юаи8-Ре1ег Johne) Das Recht (Monika Schuol) Die Provinzverwaltung (Toni Glas / Udo Hartmann) Das Heer (Michael P. Speidel) Die Städte (Thomas Gerhardt)
583 633 641 673 691
Zweiter Band V.
Die römische Gesellschaft V. 1 V.2 V.3 V.3.1 V.3.2
VI.
Der Senat (Matthäus Heil) Der Ritterstand (Matthäus Heil) Unterschichten und soziale Konflikte (Thomas Gerhardt) Isaurien (Karl Feld) Ägypten (Friederike Herklotz)
715 737 763 791 801
Wirtschaft und Münzwesen VI. 1 VI.2
Die Wirtschaft (Kai Ruffmg) Das Münzwesen (Kay Ehling)
817 843
VII. Bildung und Wissenschaft VII.l VII.2 VII.3
Bildung (Katrin Pietzner) Die Geschichtsschreibung (Udo Hartmann) Die Philosophie (Irmgard Männlein-Robert)
863 893 917
VIII. Die Religionen VIII. 1 VIII.2 VIII.3 VIII.4 VIII.5 Vin.6 IX.
Die paganen Religionen (Monika Schuol) Der Kaiserkult (Friederike Herklotz) Die Juden Palästinas (Emst Baltrusch) Das Diaspora-Judentum (Monika Schuol) Die Christen (Katrin Pietzner) Die Manichäer (Desmond Durkin-Meisteremst)
,
Krise und Transformation des Reiches im 3. Jahrhundert (Klaus-Peter Johne / Udo Hartmann)
927 937 949 965 973 1009
1025
Inhalt
Χ.
Fasti (Thomas Gerhardt / Udo Hartmann) X.1 X.2 X.3 X.4 X.5 X.6 X.7 X.8 X.9
Abkürzungen und Symbole Zeittafel Kaiser Konsuln Stadtpräfekten Prätorianeipräfekten Provinzstatthalter Bischöfe Die orientalischen Monarchien Die germanischen Herrscher
1055 1056 1057 1061 1063 1065 1071 1078 1190 1191 1192
Anhang Abkürzungsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Literaturverzeichnis Autorenverzeichnis Register Karte des Römischen Reiches im Jahr 235 Tafeln
1199 1207 1209 1359 1363
Einleitung
Kaum eine andere Periode der römischen Geschichte war so turbulent wie die Zeit der Soldatenkaiser zwischen 235 und 284. Das Römische Reich wurde in diesem halben Jahrhundert sowohl durch zahlreiche Einfálle auswärtiger Gegner als auch durch häufige Thronwechsel und Bürgerkriege im Innern erschüttert. Die Kräftekonstellation rund um den Mittelmeerraum veränderte sich: Als neue Akteure betraten am Rhein die starken westgermanischen Stammesverbände der Alamannen und Franken, an der Donau und am Schwarzen Meer die Goten und Heruler sowie im Orient die neue persische Dynastie der Säsäniden die Bühne des Weltgeschehens. Die weiten Vorstöße dieser Gegner in die römischen Provinzen und bis nach Italien destabihsierten das Reich, das nach 260 faktisch in drei Herrschaftsbereiche zerfiel. Das palmyrenische und das gallische Sonderreich konnten erst 272 bzw. 274 wieder dem Zentrakeich angegliedert werden. In diese Jahrzehnte fallen auch die ersten größeren dauerhaften Verluste von Reichsterritorien. Eine Reihe von Usuφationen gegen die in Rom anerkannten legitimen Herrscher schwächte das Kaisertum insgesamt und ftihrte zu einer Krise der Institutionen. In vielen Teilen des Reichs lassen sich wirtschaftliche Krisenerscheinungen aufzeigen. Die urbane Kultur, die Kunst und die gelehrte Weh waren von diesen Erschütterungen stark betroffen. Das religiöse Leben befand sich im Umbruch, erstmals waren die Christen reichsweiten Verfolgungen ausgesetzt. Die Soldatenkaiserzeit war aber nicht nur eine Periode von Krise und Verfall, sondern auch von ersten Reformansätzen in den staatlichen Strukturen, in der Religionspohtik und in der Wirtschaft. Aurelian, Probus und Caras gelang etwa ab 270 wieder eine Féstigung der Verhältnisse. Mit Sonderreichen und Mehrkaisertum wurden Erfahrangen in der Aufgliederung des Imperium Romanum in Verantwortungsbereiche gewonnen, die Diocletian und Constantin fur ihre Reformen nutzen konnten. Die Ritter verdrängten die Senatoren vor allem aus den militärischen Positionen und veränderten damit die politische Führungsschicht nachhaltig. So stellt die bislang nicht systematisch erfolgte Untersuchung der Reformansätze dieser Epoche eine grundlegende Voraussetzung für das Verständnis der Tetrarchie und der ihr folgenden Zeit dar. Die Herrschaft der Soldatenkaiser läßt sich also einerseits durchaus als eine Zeit der Krise charakterisieren, andererseits aber auch als eine Periode des „beschleunigten Wandels".' Sie stellt insofern eine äußerst interessante Epoche der römischen Geschichte dar, an der sich Krisenphä-
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So Kolb 1977b, 277. Vgl. Witschel 1999, 11 u. 377.
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Einleitung
nomene und deren Bewältigung durch Reformen sowie Flexibilität und Reformtätigkeit eines Großreiches paradigmatisch studieren lassen. Der fur den Buchtitel verwendete Begriff „Soldatenkaiser" kann sich auf Passagen antiker Quellen stützen, in denen der Herrschaftsantritt des Soldaten Maximinus Thrax im Jahr 235 als ein tiefer historischer Einschnitt gewertet wird.^ In der neueren Literatur taucht er seit der Mitte des 19. Jahrhunderts auf. Zuerst ist er bei Jacob Burckhardt in seinem 1853 erschienenen Buch „Die Zeit Constantin's des Großen" belegt, wurde jedoch lange nur ausnahmsweise als Keimzeichen für die Zeit zwischen den Severem und den Tetrarchen verwendet, so etwa in Oskar Jägers „Geschichte des Altertums" von 1887.^ Erst Michael I. Rostovtzeff hat den Tenninus 1926 mit der „Militäranarchie" der Jahre 235 bis 284 gleichgesetzt und damit als Epochenbegriff eingeführt; als Buchtitel begegnet er erstmals bei Franz Altheim im Jahr 1939, der jedoch die Severerzeit in dieser Periode einschheßt.'* In der neueren Forschung seit dem Zweiten Weltkrieg bezeichnet der Begriff „Soldatenkaiserzeit" zumeist die Periode zwischen dem Herrschaftsantritt des Maximinus Thrax und dem Diocletians. Auch im vorhegenden Handbuch sollen diese historischen Einschnitte Anfangs- und Endpimkt der Betrachtung bilden.^ Trotz ihrer zweifellos großen Bedeutung an der Nahtstelle zwischen Hoher und Später Kaiserzeit stand die Soldatenkaiserzeit lange im Schatten der Forschung, was vor allem auf die schwierige Quellenlage zurückzuführen ist. Dem Althistoriker stellt sich nämlich das Problem, daß für diese Epoche keine geschlossene antike Geschichtsdarstellung vorliegt, wie sie für frühere Zeiten Cassius Dio und noch für die Severerzeit Herodian bietet. Da die zeitgenössische historiographische Tradition bis auf Fragmente verloren ist, muß auf spätere, oft unzuverlässige literarische Quellen wie die lateinischen Breviarien des 4. Jahrhunderts, byzantinische Historiker xmd den sehr problematischen zweiten Teil der Historia Augusta zurückgegriffen werden. Die byzantinische Überheferung, die bis in das 11. imd 12. Jahrhundert reicht, wirft zudem zahlreiche Probleme der Quellenforschung auf. Die meisten dieser Werke bieten nur einen dünnen Ereignisfaden, so daß auch die christlichen Schriften dieser Zeit und die orientahsche Überlieferung als Ergänzung genutzt werden müssen. Über viele Ereignisse sind wir sogar ausschließlich durch nichtliterarische Zeugnisse informiert. Inschriften, Münzen und Papyri besitzen daher für dieses halbe Jahrhundert einen größeren Quellenwert als für die vorangegangenen Zeiten. Das epigraphische, numismatische und papyrologische Material ist jedoch sehr verstreut ediert und fand in Darstellungen bisher oft nicht die
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Aur. Vict. Caes. 24, 8-11; 25, 1; Eutr. 9, 1; Epit. de Caes. 25, 1; HA Maximin. 8, 1. Vgl. Kap. IV. 1 und Kap. IX. Burckhardt 1853, 14; 27; 35; 52 (= 1955, 9; 18; 23; 34); Jäger 1887, 507 (Zwischenüberschrift für die Periode 235-284). Rostovtzeff 1957 (1. Aufl. 1926), 433-468 (Kap. X, „The Military Anarchy"); Altheim 1939. Vgl. Franke 2001. Zum Begriff „Soldatenkaiser" vgl. unten Kap. 1.2 und Kap. IV. 1 sowie Heil 2006,412-418.
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ihm zukommende Berücksichtigung. Neuftmde können in dieser quellenarmen Zeit Ergebnisse der älteren Forschung vielfach obsolet machen: Man denke zum Beispiel an den Köhler Mani-Kodex, die Euphratpapyri, an den Augsburger Siegesaltar mit der luthungen-Inschrift oder an die Inschrift des praeses Terentius Marcianus aus Cremna, nach deren Publikation 1995 die bisherigen Annahmen über die Isaurierkämpfe und das Itinerar des Probus überholt waren. Schließlich bereitet die Verbindxmg des sehr unterschiedhchen, oft widersprüchlichen Quellenmaterials große Schwierigkeiten, so daß in der Forschung an vielen Punkten keine Einigkeit über die Zuordmmg einzelner Quellenpassagen zu bestimmten Geschehnissen und über ihre Auswertung besteht. Neben diesen methodischen Problemen steht man vor der kaum lösbaren Schwierigkeit, daß vor allem in den letzten beiden Jahrzehnten die Zahl der Publikationen zu Einzelfragen der Epoche stark angewachsen ist und die dadurch gewonnenen Erkenntnisse nur partiell ihren Niederschlag in größeren Arbeiten gefunden haben. „Eine allen Ansprüchen genügende Gesamtdarstellung der Reichskrise fehlt" schrieb Alexander Demandi 1989 in der ersten Auflage seines Handbuches zur Spätantike.® 19 Jahre später hat sich an dieser Feststellung nichts geändert: Zwar gibt es eine ganze Reihe von Überblicksdarstellungen zu der Zeit zwischen den Severem und Constantin, die meisten stammen jedoch aus den dreißiger bis sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Die in vielen Punkten veralteten Artikel im Band XII der ersten Auflage der „Cambridge Ancient History" von 1939 boten bis vor kurzem den besten Überbhck über die Epoche. Da der Untersuchungszeitraum unter der Überschrift „The Imperial Crisis and Recovery" jedoch von 193 bis 324 reicht, nimmt die eigenthche Krisenzeit keinen allzu breiten Raum ein.^ Dasselbe läßt sich auch von der grundlegenden Überarbeitung des Cambridger Standardwerks aus dem Jahre 2005 sagen. Der behandelte Zeitabschnitt ist jetzt auf die gesamte Regierungszeit Constantins bis 337 ausgedehnt, steht aber unter dem nunmehr unzutreffenden Titel „The Crisis of Empire". Da das Werk in einigen Teilen auch nicht mehr den neuesten Stand der Forschung präsentiert, hinterläßt es einen insgesamt etwas zwiespältigen Eindruck.® Die Monographien Franz Altheims zur Soldatenkaiserzeit aus der Mitte des 20. Jahrhunderts sind von zweifelhafter Qüahtät und können nicht als Referenz genutzt werden.'
Demandt, Alexander, Die Spätantike, München 1989, 35, Anm. 3. Zur Forschung vgl. Kap. 1.2; vgl. auch Gerhardt 2006. Dieselbe Zeitspanne »mtersucht Besnier 1937. Auch seine Darstellung ist wie die von Calderini 1949 größtenteils veraltet. Überblicke zur Soldatenkaiserzeit bieten die entsprechenden Kapitel bei Rémondon 1964 und Grant 1968, die jedoch auf einen wissenschaftlichen Apparat weitgehend verzichten und zudem wesentlich umfangreichere Zeiträume behandeln, von Marc Aurel bis Constantin bzw. sogar bis Anastasius I. Vgl. die ausfthrliche Rez. von U. Hartmann, in: H-Soz-u-Kult, 10.04.2006 (= Historische Literatur 4, 2006, Heft 2,15-24); vgl. auch Marcone 2007. Altheim 1939; 1943; 1952. Eine Sammlung wichtiger Studien, vor allem aus der САН XII (1939), bietet Alföldi 1967. Walser/Pekáry 1962 analysieren die Forschungen zur Soldatenkaiserzeit von 1939 bis 1959. Alfoldy 1989b enthält eine Sammlung einschlägiger Aufsätze der
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Die zweifellos beste neuere Gesamtdarstellung legte 1997 Michel Christol mit seiner Einführung „L'Empire romain du III® siècle" vor. Er beschränkt sich auf die Ereignisgeschichte zwischen 192 imd 325, die Krisenzeit bildet also wiederum nur einen Aspekt seiner Untersuchung.'" Denselben Zeitraum von den Severem bis zu Constantin behandelt der iiri wesentlichen den Forschungsstand referierende Überblick von Pat Southem aus dem Jahr 2001. Darin werden statt des Einschnitts von 235 die zeithchen Abschnitte 180 bis 260 und von 260 bis 284 vorgeschlagen. Ein noch größerer Zeitraum fmdet sich bei David S. Potter von 2004, bei dem die Soldatenkaiserzeit zwischen Commodus (180) und Theodosius I. (395) eingebettet ist. Auf das halbe Jahrhundert zwischen 235 und 284 beschränkt sich dagegen die sehr kurze Einfuhrung von Michael Sommer aus dem Jahre 2004 in der Reihe „Geschichte Kompakt" der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft. Seine durchweg knappe Darstellung wendet sich an Studierende und historisch Interessierte und kommt daher auch ohne wissenschaftlichen Apparat aus." Im Unterschied zu den meisten der genannten Gesamtdarstellungen oder Sammelwerken konzentriert sich das vorliegende Handbuch auf die Epoche der Soldatenkaiser. Die durch die Quellenlage besser bezeugten und in neueren Arbeiten öfter behandelten Perioden der Severer und der Tetrarchie werden ausgeklammert und nur in dem für das Verständnis dieses halben Jahrhunderts erforderlichen· Maße berücksichtigt. Diese Einschränkung ist jedoch nicht nur der geringeren Beachtung dieser Jahrzehnte zwischen 235 und 284 geschuldet, sondern ist auch inhaltlich zu begründen: Mehrere Krisenphänomene und historische Besonderheiten markieren die geschichtliche Eigentümlichkeit dieser Übergangsepoche und machen deren spezielle Betrachtung notwendig. Dabei ist neben den eingangs bereits erwähnten größeren Bedrohungen an den römischen Grenzen in Ost und West vor allem an die schnellen Herrscherwechsel, die Häufung der Usuφationen oder an die den bisherigen Epochen der römischen Geschichte unbekannte Erscheinung der Sonderreiche zu denken. Auch methodische Probleme rechtfertigen die Beschränkung: Überblickswerke, die sich nicht auf die Soldatenkaiserzeit konzen-
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sechziger bis achtziger Jahre des 20. Jh. Eine populärwissenschaftliche und wenig quellenkritische Darstellung der Epoche findet sich bei Brauer 1975; gleiches gilt für Fitz 1982. Christol 1997c; vgl. auch den guten Überblick bei Bellen 1998, 203-243. Ende der 1990er Jahre erschienen mehrere französische Hochschuleinführungen für die Periode von den Severem bis zu Constantin: Bats/Benvist/Lefebvre 1997; Bonnet/Lançon 1997; Rémy/Bertrandy 1997; Cosme 1998; Demarolle 1998; Carrié/Rousselle 1999. Sie bleiben weitgehend auf dem Niveau von Lehrbüchern ohne wissenschaftlichen Anspruch und bieten zudem teilweise veraltete Forschungsmeinungen. Einfflhrenden Charakter hat auch der Sammelband Le Bohec 1997a. Völlig unzureichend ist der Überblick von Grant 1999: Hier werden oberflächlich und fehlerhaft unterschiedliche Handbuchartikel zusammengetragen und teilweise seitenlang wörtlich zitiert, vgl. K. Strobel, Rez. Grant 1999, in: HZ 269 (1999), 722f. Southem 2001 ; Potter 2004; Sommer 2004b (vgl. U. Hartmann, Rez. Sommer 2004b, in: H-Sozu-Kuh, 06.04.2004 = Historische Literatur 2, 2004, Heft 2, 71-77 sowie Kettenhofen 2004). Vgl. auch die Sammelbände zur Epoche Frézouls/Joufïroy 1998; Johne u. a. 2006; Quet 2006a; Hekster u. a. 2007 (insbesondere mit Beiträgen zum 3. Jh.).
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trieren, räumen in der Untersuchung von Staat, Gesellschaft und Geistesleben den besser bekannten Jahrzehnten am Anfang und am Ende des 3. Jahrhunderts verständUcherweise breiteren Raum ein, so daß die Spezifik der Jahrhundertmitte nicht deutlich genug hervortritt. Schheßlich ermöglicht die Konzentration auf diese Zeit eine tiefergehende Inteφretation der historischen Veränderungen der Umbruchszeit. Das Handbuch bietet eine umfassende Darstellung der politischen Geschichte der Krisenzeit, der inneren Verhältnisse des Römischen Reiches sowie der Geschichte der Staaten und Völker an den Grenzen Roms. Es ist damit die erste Untersuchung dieser Periode, in der neben der Ereignisgeschichte sowohl die staathchen und sozialen Strukturen als auch die außerrömischen Kulturen eingehend berücksichtigt werden. Die Goten, die Westgermanen, die Mauren, die Säsäniden oder auch die Юeinstaaten im Orient kommen nicht nur als Randerscheinung römischer Geschichte zur Sprache, sondern werden als eigenständige Phänomene behandelt. In den Beiträgen zur Geschichte der orientalischen Reiche erfolgt eine Auswertung von deren Quellentraditionen wie den aramäisch-syrischen und säsänidischen Inschriften sowie der syrischen und arabischen Historiographie. Die Analyse der veränderten Strukturen in Staat, Kaisertum, Provinzialverwaltung und Armee soll ebenso wie die Untersuchung der wirtschaftlichen Situation und der gewandelten sozialen Verhältnisse zum besseren Verständnis des komplizierten Transformationsprozesses der Gesellschaft zwischen der Hohen Kaiserzeit und der Spätantike beitragen und den Charakter der Epoche erhellen. Das Handbuch bietet auch Überblicke zur Archäologie, zur Geistesgeschichte und zu den Religionen im 3. Jahrhundert. Es faßt einerseits die Ergebnisse einer fast unübersehbar gewordenen Forschung zusammen imd soll andererseits durch einen umfangreichen wissenschaftlichen Apparat dem Leser einen leichteren Zugang zu den Quellen wie auch eine kritische Gewichtung der Forschungserträge ermöglichen. Das Werk zielt jedoch nicht nur auf eine durch Fachleute erarbeitete Zusammenschau imd Deutung dieser Periode. Vielmehr sind auch bislang vernachlässigte Zeitabschnitte und Fragestellungen auf der Grundlage des aktuellen Forschungsstandes bearbeitet worden. Allerdings köimen im Rahmen eines solchen Handbuchs nicht alle Probleme der Soldatenkaiserzeit erschöpfend untersucht werden: So mußte auf eine umfassende Regionalgeschichte des Römischen Reiches verzichtet werden; andere, insbesondere sozialgeschichtliche Aspekte lassen sich auf Grund der fehlenden Quellengrundlage fiir die Soldatenkaiserzeit kaum sinnvoll behandeln. Das Handbuch gliedert sich in zehn Teile und einen Anhang. Der erste ist den Quellen und der Forschung gewidmet. Darin werden die erhaltenen Werke griechischer und lateinischer, heidnischer imd christlicher Autoren vorgestellt und die verlorenen Vorlagen dieser zumeist deutlich späteren Werke aufgezeigt. Neben Inschriften, Münzen und Papyri sowie Siedlungsbeftmden, Architektur und kunsthistorischen Gattungen behandelt dieser Teil auch die orientalische literarische Überlieferung sowie die säsänidischen Inschriften und Felsreliefs. Im Anschluß daran werden die Schweφunkte der Forschungen zur Soldatenkaiserzeit herausgearbeitet.
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Der zweite Teil beschäftigt sich mit der Ereignisgeschichte im Römischen Reich vom Regierungsantritt des Maximinus Thrax bis zum Tode von Carus, Numerianus und Carinus, wobei auch die Sonderreiche im Osten und Westen berücksichtigt werden. Der dritte Teil vereint die Abschnitte zu den Völkern und Staaten an den Grenzen der römischen Welt. Dabei stehen zim einen die germanischen Stammesverbände an Rhein und Donau sowie das Säsänidenreich als die großen Gegner Roms im Vordergrund. Zum anderen wird den Staaten und Völkern zwischen Rom und Iran erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt, den Kaukasusreichen, Hatra und der Osrhoene, der Charakene und den Arabern. Aus dem nördlichen Afrika werden die Zeugnisse zu den Mauren, Blemmyem und dem Reich von Meroe für diesen Zeitraum vorgestellt. Der vierte Teil betrachtet die Veränderungen im römischen Staat. Analysiert werden der Charakter des Kaisertums und dessen Verhältnis zu Senat imd Soldaten, die Hintergründe der Herrscherwechsel, die Probleme von Dynastiebildung und Kompetenzaufteilung, die Veränderungen im Recht, in der Provinzverwaltung und im Städtewesen. Gravierend waren die Umstrukturierungen im Heer, wie sie sich etwa in der abnehmenden Bedeutung der Prätorianergarde, in den außergewöhnlichen Sonderkommanden und dem sich entwickelnden Bewegungsheer zeigen. Die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse stehen im Mittelpunkt des ftinften Teils. Dabei geht es sowohl um die Veränderungen in den beiden Führungsschichten von Senat und Ritterstand als auch um diejenigen in den Unterschichten. An Hand von zwei für die Periode wichtigen Fallbeispielen werden soziale Konflikte auf Provinzebene betrachtet: im kleinasiatischen Isaurien und in Ägypten. Im Anschluß an die sozialgeschichtlichen Abschnitte erfolgt im sechsten Teil die Analyse der wirtschaftlichen Situation in der Mitte des 3. Jahrhunderts. Diese bietet ein regional sehr differenziertes Bild in der Landwirtschaft wie in Handel und Gewerbe. Dabei wird nach dem Auftreten und der Intensität wirtschaftlicher Krisenphänomene gefragt. Ein spezieller Abschnitt befaßt sich mit dem Münzwesen. Die Beiträge des siebten Teils beleuchten die Geistesgeschichte, das Bil-' dungswesen, die Geschichtsschreibung und die Philosophie. Der achte Teil widmet sich den Religionen. Die Zeugnisse des traditionellen Polytheismus, die Ausbreitung des Mithraskults und die zunehmende kultische Verehrung und SakraUsierung der Kaiser stellen den einen wichtigen Aspekt der Soldatenkaiserzeit dar, der imaufhaltsame Aufstieg des Christentums, der auch durch die Verfolgungen imter Decius und Valerianus nicht aufgehalten werden konnte, den in die Zukunft weisenden anderen. Daneben werden die Juden in Palästina und in der Diaspora sowie der gerade in diesen Jahrzehnten entstehende Manichäismus vorgestellt. Der neunte Teil versucht schließlich eine Deutung des Charakters der Epoche im Spannungsfeld von Krise und Transformation auf der Grundlage der in den speziellen Beiträgen gewonnenen Erkenntnisse. In der Forschung stehen sich in dieser Frage zwei Richtimgen gegenüber: Die ältere, traditionelle Deutung der Soldatenkaiserzeit als der
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einer umfassenden Krise'^ wird in neuerer Zeit zunehmend in Frage gestellt. So meint Karl Strobel, man könne nicht von einer Gesamtkrise, sondern nur von einzelnen, zeitlich begrenzten Krisenphasen sprechen. Christian Witschel betont die starken regionalen Unterschiede und bestreitet reichsweit wirkende Krisenphänomene.Das Beziehungsgeflecht innerer imd äußerer Faktoren deutet jedoch sowohl auf krisenhafte Entwicklungen wie auch auf Transformationsprozesse. Die Konfliktlösungsstrategien zur Stabilisierung des Reichs weisen schließlich auf die Folgezeit der Tetrarchie hin. Die Soldatenkaiserzeit kann so als eine Epoche der umfassenden Transformation des Römischen Reiches von der Hohen Kaiserzeit zur Spätantike verstanden werden. Den Abschluß des Werks bilden die Fasti und ein Anhang mit Tafeln. Die Fasti bieten neben einer Zeittafel die Verzeichnisse der Kaiser und Konsuln, der Stadtpräfekten, Prätorianeφräfekten und Statthalter aller Provinzen mit Quellennachweisen und weiterführender Literatur, der Bischöfe christlicher Metropolen, der Herrscher orientalischer Monarchien und der germanischen Könige. Die Forschungsarbeiten der Artikel werden im Literaturverzeichnis aufgeschlüsselt. Der skizzierte Überblick zum InhaU des Handbuchs dürfte gezeigt haben, daß eine Synthese dieser Art nur in Gemeinschaftsarbeit geleistet werden kann. Der Plan zu diesem Buch ist im Jahre 2001 im Institut ftir Geschichtswissenschaften der HumboldtUniversität zu Berlin eritstanden. Der Herausgeber und sein wichtigster Mitarbeiter hatten sich zu dieser Zeit mit der Thematik bereits unter verschiedenen Aspekten beschäftigt.''* Die in der Folgezeit entstandene Arbeitsgruppe setzte sich aus 25 Wissenschaftlern zahlreicher Institutionen zusammen: von der Humboldt-Universität und der Freien Universität Berlin, von den Universitäten Bamberg, Clermont-Ferrand, Dortmund, Erlangen-Nümberg, Kiel, Marburg, Trier und Tübingen, von der BerlinBrandenburgischen Akademie der Wissenschaften imd der Staatlichen Münzsammlung München sowie vom CNRS Paris und der Universität von Hawaii in Honolulu. Der Gruppe gehörten sowohl hoch qualifizierte und einschlägig ausgewiesene Experten fiir einzelne Arbeitsgebiete als auch Nachwuchswissenschaftler an. Einige Mitglieder haben ihre Kompetenz in altorientalischen, semitischen und persischen Sprachen eingebracht, so daß eine eigenständige Auswertung derartiger Quellen möglich gewesen ist. Die Vielzahl an Themenstellungen und der große Kreis der Autoren bedingten einen längeren redaktionellen Prozeß, in dem die von 2004 bis 2007 in Berlin eingegangenen Manuskripte überarbeitet und an vielen Stellen auch aktualisiert wurden. Die Arbeit an dem Handbuch ist in den Jahren von 2002 bis 2006 als ein Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft durch die Finanzierung eines wissenschafthchen Mitarbeiters und einer studentischen Hilfskraft gefördert worden. Der Kreis der Autoren kam am 15. Februar 2003 und am 9. Oktober 2004 jeweils zu einem Collo12 13 14
So etwa bei Alföldi 1938a; 1939a; 1939b; 1967; Walser 1960/61; Moreau 1961; Birley 1975/76; MacMullen 1976; Alföldy 1984a, 133-153 u. 1989b. Strobel 1993; Witschel 1999. Vgl. Kap. 1.2 und Kap. IX. Vgl. Johne 1993a (bes. 1993b; 1993c; 1993e); Hartniann 2001.
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quium zusammen, das der Besprechung der Schwerpunkte und der Abgrenzung der einzelnen Kapitel sowie allgemeinen Fragen der Zusammenarbeit diente. Vom 8. bis 10. JuU 2005 fand die von den Herausgebern veranstaltete Tagung „Transformationsprozesse des Römischen Reiches im 3. Jahrhundert und ihre Rezeption in der Neuzeit" an der Humboldt-Universität zu Berlin statt. Neben den Mitarbeiten am Handbuch nahmen daran Referenten aus Bamberg, Düsseldorf, Heidelberg, Köln, München und Nijmegen teil. Im Mittelpunkt dieser Veranstaltung stand die Vielfalt der Transformationsprozesse in der Soldatenkaiserzeit. Neben der politischen Transformation auf der Ebene von Kaisertum, Reichsverwaltung imd Heer ging es lun das Verhältnis von Kontinuität und Wandel in verschiedenen Regionen des Römischen Reiches und um Veränderungen in den religiösen Vorstellungen, die als bidikator für einen Mentalitätswandel dienen können. Außerdem wurden Fragen der Rezeption der Epoche im Mittelalter und in der frühen Neuzeit behandelt sowie Grundlinien der modernen Forschimg zum 3. Jahrhundert nachgezeichnet, darunter die Deutungsgeschichte der zentralen Begriffe „Krise" und „Soldatenkaiser". Die Beiträge der Tagimg sind im Jahre 2006 unter dem Titel „Deleto paene imperio Romano" im Franz Steiner Verlag Stuttgart erschienen. Der aufrichtige Dank des Herausgebers, seiner Mitarbeiter und aller Autoren gilt der Deutschen Forschungsgemeinschaft, ohne deren großzügige Unterstützung das Werk nicht hätte erarbeitet werden können. Ein herzlicher Dank gebührt zudem den für das Projekt tätigen Hilfskräften Katharina Umpfenbach und vor allem Toni Glas, die im Lauf ihrer mehrjährigen Tätigkeit an dem Vorhaben zur Mitautorin avanciert ist. Ebenso danken wir der Sekretärin des Bereichs der Alten Geschichte, Yvonne Walczuk, sowie Katja Boegner, die uns bei der Drucklegung und beim Register tatkräftig unterstützte, und allen studentischen Hilfskräften, die bei der Durchfiihrung der Colloquien und der Tagung wie auch sonst eine unverzichtbare Hilfe waren. Schließlich möchten wir Manfred Karras vom Akademie Verlag Berlin für die gute Zusammenarbeit bei der Drucklegung des Handbuches imseren Dank aussprechen.
Berlin, Ostern 2008
Klaus-Peter Johne Udo Hartmann
Thomas Gerhardt
I. Quellen und Forschung
1.1 Quellen Udo Hartmann
Für die Soldatenkaiserzeit hat sich keine ausfuhrliche, zusammenhängende und verläßliche Geschichtsdarstellung aus der Antike erhalten. Das Werk Herodians endet im Jahr 238 mit der Kaisererhebung Gordians III., die Geschichtswerke der anderen zeitgenössischen griechischen Historiker sind bis auf wenige Fragmente verloren. Die übrigen zeitgenössischen Schriften, etwa die theologischen Traktate und Briefe des karthagischen Bischofs Cyprian oder das 13. Sibyllinische Orakel, können nur bedingt für eine Rekonstruktion der Ereignisse herangezogen werden, da sie zwar historische Informationen liefern, aber den Besonderheiten der jeweihgen literarischen Gattung verpflichtet sind. So ist der Historiker vor allem auf die Nachrichten zur Soldatenkaiserzeit in den spätantiken und byzantinischen Quellen angewiesen. Die Angaben zimi 3. Jahrhundert in diesen Werken stellen jedoch eine Herausforderung für die Geschichtswissenschaft dar: Zumeist bieten die Quellen nur kurze Informationen ganz unterschiedlicher Qualität, die Angaben in den einzelnen Quellensträngen sind außerdem oft widersprüchlich. Notorisch unzuverlässige Quellen wie die Historia Augusta erschweren die Arbeit: In dieser Sammlung von Kaiser- und Usuφatorenviten von Hadrian bis Numerianus und Carinus wird zwar über die Soldatenkaiser sehr ausfuhrlich berichtet, doch liefert der Autor vielfach nur erfundene Anekdoten, falsche Dokumente und phantasievolle Schilderungen, die eher unterhalten als informieren sollen. Einige der Usurpatorenviten bieten nur Fiktionen des Autors. Auf Grund dieser ungünstigen Quellenlage gewinnen gerade für die Soldatenkaiserzeit die quellenkritische Betrachtung sowie der Rückgriff auf epigraphische, numismatische, papyrologische und archäologische Zeugnisse sowie die Einbeziehimg der orientalischen Überlieferung große Bedeutung.' Aus der Soldatenkaiserzeit hat sich vollständig nur Herodians griechische Geschichtsdarstellung nach dem Tod Marc Aurels erhalten. Die Werke des wichtigsten Historikers dieser Epoche, Dexippus von Athen, sind dagegen verloren. Seine griechische Chronik und die Skythika, eine Darstellung der Barbarenkämpfe im 3. Jahrhundert, stellen die wichtigste Grundlage für die Darstellungen der späteren Historiker dar. Die lateinische Historiographie des 4. Jahrhunderts brachte eine Reihe von kurzen Breviarien hervor, die auf der sogenannten Enmannschen Kaisergeschichte fußen. Am Ende des 4. Jahrhunderts wurde schließlich die Historia Augusta verfaßt. Die erhaltene byzantini-
Eine umfassende Quellenkunde zum 3. Jh. liegt nicht vor. Einen Überblick bieten Brecht 1999, 38ff.; Hartmann 2001, 17ff.; Kömer 2002a, 5ff. Zur Geschichtsschreibung des 3. Jh. vgl. Kap. VII.2 u. bes. Miliar 1969; Potter 1990, 70ίΤ.; Callu 1994; Zecchini 1995; vgl. auch Zimmermann 1999a; Baldini 2000a (zur Quellenforschung). Die ältere Forschung zu den literarischen Quellen analysieren Walser/Pekáry 1962, 121ff.
16
I. Quellen und Forschung
sehe Historiographie zur Soldatenkaiserzeit setzt um 500 mit der letzten heidnischen Geschichtsdarstellung, der Nea historia des Zosimus, ein. Byzantinische Autoren wie Synkellos im 9. und Zonaras im 12. Jahrhundert liefern für die Soldatenkaiserzeit relativ ausführliche Berichte aus verlorenen Quellen und sind daher von großer Bedeutung. Über das Wachstum der christlichen Kirche und ihre Verfolgungen durch die Kaiser informieren neben den Schriften Cyprians und den Märtyrerakten vor allem die griechische Kirchengeschichte des Eusebius von Caesarea, der auch einige Briefe des Dionysius von Alexandria aus der Mitte des 3. Jahrhunderts bewahrt hat. Wichtige Zeugnisse der Geistesgeschichte in der Soldatenkaiserzeit sind die neuplatonischen Schriften Plotins und seine Vita aus der Feder des Schülers Porphyrius sowie die griechischen theologischen Werke des Origenes.^ Über eine Vielzahl von Fragen sind wir durch die literarische Überiieferung der griechischen und lateinischen Autoren gar nicht oder nur höchst unzureichend informiert. Zur Rekonstruktion der Ereignisse, der Chronologie oder der Strukturen von Staat und Gesellschaft muß daher auf primäre Quellen, Inschriften, Münzen und Papyri, zurückgegriffen werden. Archäologische Forschungen informieren über die Zerstörungen im Zuge der Einfalle fremder Völker und über die römischen Gegenmaßnahmen, über den Bau von Verteidigungsanlagen und Straßen. Großartige Bauvorhaben konnten allerdings in dieser Periode nicht realisiert werden: Herausragend sind lediglich die Stadtanlage von Philippopolis in Arabia und die Aurelianische Mauer in Rom. Für die Geschichte der römisch-persischen Beziehungen im 3. Jahrhundert und die Darstellung der inneren Verhältnisse im neuentstandenen Staat der Säsäniden finden sich bei den aus westlicher Perspektive auf die orientalischen „Barbaren" blickenden griechischen und lateinischen Autoren nur ungenügende Angaben. Glücklicherweise hat sich gerade für die Zeit der frühen Säsäniden des 3. Jahrhunderts eine Fülle von primären Zeugnissen erhalten, Münzen, Inschriften, Felsreliefs, einige Gemmen und Baukomplexe, so daß wir über die Säsäniden und ihre Kriege gegen Rom verhältnismäßig gut unterrichtet sind. Herausragend sind vor allem die dreisprachige Inschrift Säbuhrs I. an der Ka'ba-i Zardust in Naqs-i Rustam bei Persepolis sowie die Felsreliefs des Königs. Die spätere orientalische literarische Überlieferung, vor allem in syrischer, armenischer und arabischer Sprache, bietet ergänzende Angaben: Syrische Chroniken inforÜberblicke zur Literatur der Spätantike bei Engels/Hoffmann 1997; Demandt 2007, Iff.; zur Historiographie vgl. Rohrbacher 2002; Marasco 2003; byzantinische Quellenkunde bei Krumbacher 1897; Moravcsik 1958; Karayannopulos/Weiß 1982; Winkelmann/Brandes 1990; Treadgold 2007. Zu den griechischen Historikern des 3. Jh. vgl. von Christ/Schmid/Stählin 1924, 799ff.; Janiszewski 2006; zur griechischen Rhetorik vgl. Heath 2004; zur christlichen Literatur vgl. vonHamack 1958; LACL; zu den christlichen lateinischen Autoren vgl. Inglebert 1996; femer Hagendahl 1983; zur christlichen lateinischen Literatur des 3. Jh. vgl. Sallmann 1997, 426ff.; zur lateinischen Literatur des 4. Jh. vgl. Herzog 1989; zu den Breviarien des 4. Jh. vgl. denBoer 1972; Bonamente 2003. Mit den byzantinischen Quellen beschäftigt sich Bleckmann 1992; vgl. auch Baldini 2000a. Eine Kommentierung aller westlichen Quellen zu den römisch-persischen Beziehungen im 3. Jh. bei Felix 1985.
1.1 Quellen
17
mieren so über die Geschichte Edessas; arabische Historiker, allen voran Tabarl, schildern die Geschichte der Säsäniden und der Araber an den Grenzen von Rom und Persien. Diese Quellen sind vielfältig und sehr verstreut ediert. Der Zugang zu einigen Werken und Quellengattungen, etwa orientalischer Provenienz, ist zudem nicht immer einfach. Die Vielzahl an spätantiken, byzantinischen und orientalischen Quellen wird aber durch einige neuere Quellensammlungen hervorragend erschlossen: Hervorzuheben sind die französische Sammlung mit Kommentar von Loriot und Nony sowie die Zusammenstellung der Nachrichten der byzantinischen Autoren von Severus Alexander bis Gallienus durch Brecht, die die griechischen Texte mit deutscher Übersetzung und ausfuhrhchem Kommentar bietet. Westhche und orientalische Quellen för die Ereignisse an der Ostgrenze geben in enghscher Übersetzung Dodgeon und Lieu.^ Weitere Quellensammlungen liegen zu den Christenverfolgungen und den Germanen im 3. Jahrhundert vor.''
Loriot/Nony 1997; Brecht 1999; Dodgeon/Lieu 1991. Zu den Beziehungen zwischen Rom und den Säsäniden bieten Winter/Dignas 2001 einige wichtige Quellen in deutscher Übersetzung mit ausführlichem Kommentar (überarbeitete und erweiterte englische Version Winter/Dignas 2007). Weniger überzeugend sind die französischen Quellensammlungen von Badel/Bérenger 1998 (von den Severem bis Constantin) sowie zu den Säsäniden und Palmyra von Gagé 1964. Zu den Christenverfolgungen vgl. die kommentierte zweisprachige Quellensammlung von Guyot/Klein 1993. Die wichtigsten Quellen zu den Einfallen der Germanen bietet in deutscher Übersetzung Capelle 1937,22Iff. Eine Zusammenstellung der Quellen für die Germanen im 3. Jh. am Rhein sowie an der oberen und mittleren Donau liefert griechischΛateinisch-deutsch mit Anmerkungen Herrmann 1988/92, 3-4 (in chronologischer Ordnung der Autoren; bis Zosimus). Eine Sammlung der wichtigsten Quellenpassagen zu den Germanen (sowohl zu den Ost- als auch den Westgermanen) griechisch/lateinisch-deutsch mit Anmerkungen und Einleitung findet sich in Goetz u. a. 2006; vgl. auch Goetz/Welwei 1995; Quellensammlung zu den Alamannen Dirlmeier u. a. 1976/87.
1.1.1 Die literarischen Quellen Udo Hartmann
In diesem Abschnitt werden die wichtigsten griechischen und lateinischen Autoren sowie anonym überHeferte Werke zur Geschichte der Soldatenkaiserzeit mit den in diesem Handbuch verwendeten Standardausgaben vorgestellt. Dabei werden sowohl die Autoren erhaltener Schriften aus der Soldatenkaiserzeit, der Spätantike und der byzantinischen Zeit als auch wichtige verlorene und erschlossene Werke betrachtet, die die Quellengrundlage der spätantiken und byzantinischen griechischen und lateinischen Historiographie darstellen. Die Bedeutung der verlorenen griechischen Historiker der Soldatenkaiserzeit für die spätere Historiographie ist im einzelnen schwer zu bestimmen; bis auf Dexippus wurden sie aber in der Spätantike offenbar kaum noch gelesen. Diese Autoren werden daher im Kap. VII.2 behandelt.'
Agathias Der um 530 geborene griechische Historiker aus Myrina in Kleinasien (PLRE III 23ff.) war Scholasticus in Constantinopel und starb kurz vor 582 (nach dem Tod Xusrös I. im Jahr 579, 4, 29, 7-10, und vor 582, da Kaiser Mauricius in 4,29, 8 nur ,>lauricius, Sohn des Paulus," und Tiberius Constantinus „Augustus" genannt wird). Agathias war Christ (vgl. Cameron 1970b, 89ff.). Er verfaßte seine Historien in 5 Büchern über die Jahre 552 bis 559 im Anschluß an Prokop (prooem. 22-32), sie blieben unvollendet (5, 25, 5). In seinen Perserexkursen liefert er wertvolle Angaben über die Säsäniden, die auf persische Quellen zurückgehen (den Übersetzer Sergios, Agath. 4, 30, 3-4). Standard-Ausgabe: R. Keydell 1967 (CFHB 2). Weitere Ausgaben: B. G. Niebuhr 1828 (CSHB; griechisch-lateinisch); J. D. C. Prendo 1975 (CFHB 2 A; englisch); P. Maraval 2007 (französisch mit Anmerkungen); Cameron 1969/70 (Auszüge zu den Säsäniden, griechisch-englisch mit Kommentar). Literatur: Krumbacher 1897, 240ff.; Левченко, Митрофан В., Византийский историк Агафий Миринейский и его мировоззрение. Византийский Временник 3 (1950), 62-84; Moravcsik 1958, 214fr.; Cameron 1970b; KarayannopulosAVeiss 1982, 281; Kaldellis, Anthony, The historical and religious views of Agathias. A reinteφretation, Byzantion 69 (1999), 206-252 (Agathias sei kein Christ gewesen); Brodka, Dariusz, Die geschichtsmächtigen Faktoren in den Historiae des Agathias von Myrina, JÖByz 52 (2002), 161-176; Cataudella 2003, 417fr.; Brodka, Dariusz, Die Geschichtsphilosophie in der spätantiken Historiographie. Studien zu Prokopios von Kaisareia, Agathias von Myrina und Theophylaktos Simokattes, Frankfurt a. M. u. a. 2004, 152ff.; Treadgold 2007,279-290.
1
Zu den hier nicht behandelten Sophisten des 3. Jh. vgl. Kap. VII.l, S. 863 (zu Philostrat) und S. 875f (Athener Sophisten), zu den Philosophen Kap. VII.3, zu Origenes Kap. VII.l u. VIII.5, zu Commodian Kap. VII.l, S. 872. Zu den Autoren der Spätantike vgl. auch den Überblick bei Demandt 2007, 8-43.
20 Ammianus
Ι· Quellen und Forschung Marcellinus
Der bedeutendste lateinische Historiker der Spätantike stammte aus Syrien (wohl aus Antiochia, insofern er der Empfanger von Lib. epist. 1063 war; vgl. dagegen Fomara, Charles W., Studies in Ammianus Marcellinus I: The letter of Libanius and Ammianus' connection with Antioch, Historia 41, 1992, 328-344; aus Antiochia nach Matthews, John F., The origin of Ammianus, CQ 44, 1994, 252-269; K. Rosen, Ammianus Marcellinus, DNP 1,1996, 596f ; Treadgold 2007, 51f ; nach Barnes 1998, 54ff. aus Syria Phoenice, vermutlich aus Sidon oder Tyrus; unsicher Kelly 2008, 109ff.). Er nahm als protector domesticus an Feldzügen unter Constantius II. und luhan teil. In den letzten Jahrzehnten des 4. Jahrhunderts lebte er wohl in Rom und vollendete hier um 395 seine Res gestae in 31 Büchern, in denen er die römische Geschichte nach dem Ende der Historien des Tacitus ab Nerva bis auf seine eigene Zeit darsteUt (96 bis 378). Das Geschichtswerk endet mit den Ereignissen unmittelbar nach der Schlacht von Adrianopel. Die Res gestae sind ab Buch 14 (ab 353) erhalten und bieten ausführliche Schilderungen zur Zeitgeschichte. Ammians Darstellung des 3. Jahrhunderts ist zwar verloren, in den erhaltenen Büchem findet sich aber eine Reihe von Rückverweisen auf Mhere Angaben (Bames 1998,213-217). Ammianus bietet daher auch einige wertvolle Notizen zur Soldatenkaiserzeit. Er griff hierbei zumeist auf Material aus der EKG und den Annalen des Nicomachus Flavianus zurück. Standard-Ausgabe: W. Seyfarth 1978 (Teubner). Weitere Ausgaben: Ch. U. Clark 1910/15 (lateinisch); W. Seyfarth 1968/71 (lateinisch4leutsch mit kurzen Anmerkungen); J. C. Rolfe 1935/39 (Loeb; lateinisch-englisch); É. Galletier, J. Fontaine, G. Sabbah u. M.-A. Marié 1968/99 (Budé; lateinisch-fi-anzösisch mit Kommentar); O. Veh u. G. Wirth 1974 (Das römische Weltreich vor dem Untergang; Bibliothek der Alten Weh; deutsch mit Anmerkungen). Literatur: Kommentare von P. de Jonge zu Buch 14-19 (Groningen 1935-1982), von J. den Boeft, D. den Hengst, H. C. Teitler u. J.W. Drijvers zu Buch 20-26 (Groningen 1987-2008) und von J. Szidat zu Buch 20-21 (Wiesbaden 1977-1996); Thompson, Edward Α., The historical work of Ammianus Marcellinus, London 1947; Demandt, Alexander, Zeitkritik und Geschichtsbild im Werk Ammians, Bonn 1965; Syme 1968; Gilliam, James F., Ammianus and the Historia Augusta. The lost books and the period 117-285, BHAC 1970 (1972), 125-147; Sabbah, Guy, La méthode d'Ammien Marcellin, Paris 1978; Stertz, Stephen Α., Ammianus Marcellinus on the emperor Gallienus. His sources, AncW 2 (1979), 69-71; Rosen, Klaus, Ammianus Marcellinus, Darmstadt 1982; Seager, Robin, Ammianus Marcellinus, Columbia 1986; Matthews, John, The Roman empire of Ammianus, London 1989; den Boeft, Jan / den Hengst, Daniel / Teitler, Hans C. (Hgg.), Cognitio Gestorum. The historiographie art of Ammianus Marcellinus, Amsterdam u. a. 1992; Frakes, Robert M., Cross-references to the lost books of Ammianus Marcellinus, Phoenix 49 (1995), 232-246; Bames 1998; Drijvers/Hunt 1999; Wittchow, Frank, Exemplarisches Erzählen bei Ammianus Marcellinus. Episode, Exemplum, Anekdote, München u. a. 2000; Sabbah, Guy, Ammianus Marcellinus, in: Marasco 2003,43-84; Rohrbacher 2006 (zu den verlorenen Büchern der Res gestae)·, Treadgold 2007, 51-78; den Boeft, Jan u. a. (Hgg.), Ammianus after Julian. The reign of Valentinian and Valens in Books 26-31 of the Res Gesíae; Leiden u. a. 2007; Kelly 2008. Ps.-Aristides, Εις βασιλέα Die im Coφus des Aelius Aristides überlieferte griechische oratio 35 (Είς βασιλέα) wird in der Forschung auf Grund stilistischer, sprachlicher und inhaltUcher Indizien zumeist als Rede eines unbekannten Rhetors vor einem Soldatenkaiser gedeutet. Der Adressat dieser Rede über den Idealkaiser wird dabei vielfach mit Philippus Arabs identifiziert (Groag 1918; Swift 1966, 267ff.; Alföldy 1974, 94; Oliver 1978, 386ff.; de Blois 1986 u. 1998, 3428ίΓ.; Pemot 1997, 123 u. 179ίΓ.; Zimmermann 1999c, 298; Witschel 1999, 56; Benoist 2007, 263f.; Zweifel bei Behr 1994, 1223), seltener mit Decius (Mazzarino 1956, 406f.) oder Gallienus (von Domaszewski 1906; Faro 1980). Keil 1905 deutete den Kaiser
1.1.1 Die literarischen Quellen
21
noch als Macrinus. Jones hält an der Autorschaft des Aelius Aristides fest, dieser habe die Rede im Jahr 144 in Rom vor Antoninus Pius gehalten (1972, 150f. u. 1981; vgl. dagegen Behr 1994,1219ff.). Librale (1994,1278ff.) macht dagegen Traian als Adressaten von Είς βασιλέα aus. Als eine declamano aus dem rhetorischen Schulbetrieb des 3. oder 4. Jahrhunderts an einen idealisierten Kaiser ohne einen speziellen Adressaten deutet Stertz 1979 die Rede. Kömer 2002b datiert sie ins 3. Jahrhundert, wendet sich aber gegen eine Identifizierung des Adressaten mit Philippus Arabs und konstatiert, daß „eine definitive Zuweisung letztendlich nicht möglich" sei (S. 227). Letztlich muß also die Zuordnung zu einem bestimmten Soldatenkaiser offen bleiben. Standard-Ausgabe: B. Keil 1898 (Aelii Aristidis Smymaei quae supersunt omnia, Bd. 2,253-264). Weitere Ausgaben: Swift 1966, 272-281 (englisch; 281-289: Kommentar); Pernot 1997, 123-161 u. 171-183 (französisch mit Einleitung und Anmerkungen sowie Appendix zur Datierung). Literatur: Keil 1905; von Domaszewski 1906 (Autor war Callinicus von Petra, Verfasser eines Προσφωνητικόν Γαλιήνφ, Suda К 231); Groag 1918 (Autor war wohl der Athener Sophist Nicagoras, Verfasser eines Πρεσβευτικός προς Φίλιππον τόν 'Ρωμαίων βασιλέα. Suda Ν 373); Swift 1966; Jones 1972 u. 1981; Mazza 1976,42ff. (aus dem 3. Jahrhundert); Oliver 1978; Stertz 1979 u. 1987; Faro 1980 (gehalten i m 265/66; 427f mit Forschungsüberblick); de Blois 1986 u. 1998, 3428ff.; Behr 1994, 1219ff.; Librale 1994 (1271ίΓ. mit Forschungsüberblick); Kömer 2002b (218ff. mit Forschungsüberblick). Aurelius Victor Der in Africa um 320 geborene lateinische Historiker Sextus Aurelius Victor (PLRE I 960, Nr. 13) verfaßte 361 einen Liber de Caesaribus (historiae abbreviarne), eine Sammlung von kurzen Kaiserbiographien von Augustus bis Constantius II. (bis 360). In seinem heidnischen, senatsfreundlichen Geschichtsabriß finden sich zahlreiche moralisierende Wertungen. In den Kapiteln zum 3. Jahrhundert kritisiert er die zunehmende Macht der Soldaten, die mangelnde Bildung der Kaiser und den allgemeinen moralischen Verfall. Er liefert für die Soldatenkaiserzeit wertvolle und verläßliche Angaben und nutzt dabei vor allem die EKG (s. u.), zog aber auch noch eine weitere Quellentradition heran. Aurelius Victor stieg aus einfachen Verhältnissen durch Bildung auf, wurde 361 consularis Pannoniae II und 389 praefectus urbis Romae. Im Corpus seiner Werke sind noch drei anonyme Schriften überliefert {Origo gentis Romanae, Liber de viris illustribus urbis Romae, Epitome de Caesaribus). Standard-Ausgabe: F. Pichlmayr/R. Gruendel 1961 (Teubner; Caes.: 75-129). Weitere Ausgaben: Groß-Albenhausen/Fuhrmann 1997 (Tusculum; lateinisch-deutsch mit kurzen Anmerkungen); P. Dufraigne 1975 (Budé; lateinisch-französisch mit Kommentar); M. Festy 1991 (ungedrackte Diss, an der Université Paul-Valéry-Montpellier III; lateinisch-französisch mit Kommentar); A. Cloß 1837/38 (Römische Prosaiker in neuen Uebersetzungen; deutsch; Caes.: 136-247); Α. Forbiger 1866 (Langenscheidt; 2 Bde.; deutsch); H.W. Bird 1994 ( Г Ш ; englisch mit Kommentar). Literatur: Bird 1972; 1984; 1996 (zur Förderang durch Kaiser lulian); den Boer 1972, 19fF.; Herzog 1989, 198ff.; Bleckmann 1997 (zu einem zweiten Quellenstrang neben der EKG, der auch in die Annales des Nicomachus Flavianus einging); Festy 1999a; Witzmann 1999; Rohrbacher 2002, 42ff.; Bonamente 2003, 91ff ; Christ 2005. Cedrenus Der sonst unbekannte byzantinische Chronist Georgius Cedrenus schrieb Ende des 11. oder Anfang des 12. Jahrhunderts eine wenig selbständige Weltchronik von der Schöpfung bis 1057. Für das 3. Jahrhundert sind die Angaben wenig zuverlässig. Standard-Ausgabe: I. Bekker 1838 (CSHB; griechisch-lateinisch). Literatur: Krumbacher 1897, 368f ; Moravcsik 1958,273ff.; Brecht 1999,52f
22
Ι· Quellen und Forschung
Chronica minora In den , Auetores Antiquissimi" der MGH gab Theodor Mommsen eine Reihe lateinischer Chroniken aus dem 4. bis 7. Jahrhundert heraus. Die kurzen historischen Eintragungen zur Soldatenkaiserzeit in diesen spätantiken Schriften gehen vielfach auf die Chronik des Hieronymus und die EKG-Tradition (s. u.) zurück (so etwa die Angaben in der Chronik des Prosper Tiro, Chron. min. I 341-499, in der Chronica Gallica bis 511, Chron. min. I 615-666, und in der Chronik des Cassiodor bis 519, Chron. min. II 109-161); in einigen Fällen finden sich jedoch auch wertvolle Notizen ohne Parallele in älteren Quellen. Für das 3. Jahrhundert sind bedeutsam der (von Mommsen so genannte) „Chronograph von 354", der nach dem Kalligraphen Furius Dionysius Filocalus auch als „Filocalus-Kalender" bezeichnet wird, ein Kalender mit Konsularfasten bis 354, Listen der Stadtpräfekten und römischen Bischöfe, einer Beschreibung Roms, einer Stadtgeschichte Roms und anderem (Chron. min. I 13-196), die Consularia Constantinopolitana, eine Konsulliste bis 394 mit kurzen historischen Einschüben, die Hydatius bis 468 fortführte (Chron. min. I 197-247), sowie der Laterculus des Galliers Polemius Silvius (PLRE II 1012f) aus dem Jahr 448/49, ein Kalender mit einer Liste der Kaiser und УзифаЮren von Caesar bis Valentinian III. und dem Usurpator lohannes Primicerius (423-425), einer Provinzliste, einem Tierverzeichnis, einer Beschreibung Roms und anderem (Chron. min. I 511-551). Standard-Ausgabe: Th. Mommsen (Chron. min. I, 1892, MGH AA IX; Chron. min. II, 1894, MGH AA XI; Chron. min. III, 1898, MGH AA XIII); Fasti Philocali et Polemii Silvii: Th. Mommsen, CIL F (1893), 254-279 (mit Kommentar). Weitere Ausgaben: Stem 1953 (Chronograph von 354); Burgess, Richard W. (Hg.), The Chronicle of Hydatius and the Consularia Constantinopolitana, Oxford u.a. 1993, 175-245 (Consularia Constantinopolitana mit'Einleitung). Literatur: Mommsen, Theodor, Über den Chronographen vom J. 354, in: ders.. Gesammelte Schriften, Bd. 7, Berlin 1909, 536-579; Stem 1953; Rösger 1977, 382ff. (zu Pol. Silv.); Herzog 1989, 178fr. (zum „Filocalus-Kalender"); Croke, Brian, City chronicles of Late Antiquity, in: Clarke, Graeme (Hg.), Reading the past in Late Antiquity, Rushcutters Bay 1990, 165-203; Muhlberger, Steven, The fifth century chroniclers. Prosper, Hydatius, and the Gallic chronicler of 452, Leeds 1990; Salzman 1990; Burgess 1993 (zu Pol. Silv.); Rüpke, Jörg, Geschichtsschreibung in Listenform. Beamtenlisten unter römischen Kalendern, Philologus 141 (1997), 65-85; Divjak, Johannes, Der sogenannte Kalender des Filocalus, in: Primmer, Adolf u. a. (Hgg.), Textsortèn und Textkritik, Wien 2002, 19-38; Wesch-Klein, Gabriele, Der Laterculus des Polemius Silvius, Historia 51 (2002), 57-88 (zur Provinzliste und zur Datierung; kein einheitliches Entstehungsdatum, letzte Teile von 413/18). Chronicon paschale Diese griechische Weltchronik wurde von einem unbekannten Autor in den 630er Jahren verfaßt. Sie reicht von der Schöpfung (am 21. März 5507 v. Chr.) bis zum Jahr 628 und ist insbesondere fiir die Chronologie wichtig. Für die Soldatenkaiserzeit bietet die Osterchronik nur kurze, nicht immer verläßliche Angaben. Standard-Ausgabe: L. Dindorf 1832 (CSHB; griechisch-lateinisch). Weitere Ausgaben: PG 92 (griechisch-lateinisch); M. u. M. Whitby 1992 (TTH; englisch für den Zeitraum 284-628). Literatur: Krumbacher 1897, 337f£; Moravcsik 1958, 241ίΓ.; Brecht 1999, 50f ; Treadgold 2007, 340349; K. Fitschen, Chronicon Paschale, LACL, 147f Continuator Dionis Die 15 Fragmente des Anonymus Continuator Dionis oder Anonymus post Dionem aus den constantinischen Excerpta de sententiis reichen von Valerian (Fr. 1 zu Mareades, zum Jahr 253) bis Constantin dem Großen. Der Anonymus bietet ähnliche Berichte w e Zonaras, der hier aus der auf Petrus Patricius
1.1.1 Die literarischen Quellen
23
(s. u.) zurückgehenden „Leoquelle" schöpft. Der unbekannte Ех2еф1ог wird daher zumeist mit Petrus Patricius identifiziert (de Boor 1992; Boissevain, s. u.; iCrumbacher 1897, 238; A. Nagl, Petros 6, RE XDÍ, 2, 1938, 1302; Bleckmann 1992, 32f.; 51f.; 410ff.; Paschoud 1994, 74; Brecht 1999, 48; Baldini 2000a, 109fr., bes. 133ff.), er dürfte aber zumindest diesen genutzt haben. Gegen eine Identität von Petras Patricius und Continuator Dionis sprechen sich Mazzarino (1971a = Mazzarino 1980,69ff.; der Cont. Dion, sei eher mit Eustathius von Epiphania zu identifizieren). Potter (1990, 395ίΤ.) und Scardigli (1999, 390f.) aus (vgl. dagegen Bleckmann 1992, 97ff.); Zweifel bei Cataudella 2003, 437ff.; vorsichtig auch 'Αντωνόπουλος 1990, 168ff. u. 240f. Treadgold (2007,49) identifiziert den Continuator Dionis mit Heliconius von Byzanz, der eine verlorene χρονική έπιτομή von Adam bis Theodosiu s l . in 10 Büchern verfaßte (Suda E 851; PLRE I 411; Janiszewski 2006, 41 Iff.). Der unbekannte Exzeφtor zog offenbar in seltenen Fällen neben Petrus Patricius auch andere Quellen heran (Hartmann 2001, 27 u. 38): Auffallig sind so die Unterschiede zwischen der Anekdote über die Ermordung des Palmyreners Odaenathus durch einen Neffen bei Zonaras (12, 24 S. 600, 10-23), die dieser aus der „Leoquelle", also Petrus Patricius, schöpfte, und dem Bericht des Continuator Dionis vom Mord an Odaenathus, organisiert durch den römischen Beamten Rufmus (Fr. 7, FHG IV 195 = Petr. Patr. Fr. 166, Exc. de sentent. S. 266). Standard-Ausgabe: FHG IV 191-199 (griechisch-lateinisch). Weitere Ausgaben: U. Ph. Boissevain 1906, 264-271 (Exceφta de sententiis. Fr. 157-191, als Fragmente des Petrus Patricius eingeordnet); Brecht 1999 (Fragmente zur Soldatenkaiserzeit bis 268 griechisch-deutsch mit Kommentar). Literatur: de Boor 1892; Mazzarino 1971a; Bleckmann 1992 u. 1995b; Brecht 1999, 48; Baldini 2000a, 109ff.; Cataudella 2003, 437ff. (mit Lit.); Treadgold 2007, 49; Scardigli 1999 (zu Fr. 5, 1-2). Corpus Iuris Civilis Das Corpus Iuris Civilis (CIC), die wichtigste antike Rechtssammlung, wurde auf Anordnung Kaiser lustinians durch eine Kommission unter Leitung des quaestor Tribonianus 528-534 zusammengestellt. Sie beinhaltet die Institutiones, ein Rechtslehrbuch als Einfuhrung für Anfänger (533), die Digesten oder Pandekten (533), eine Sammlung des Juristenrechts in 50 Büchern mit Auszügen aus rund 2.000 Schriften von 38 römischen Rechtsgelehrten seit der republikanischen Zeit (bes. aus Salvius lulianus, Gaius sowie den severischen Rechtsgelehrten Paulus, Papinianus, Ulpianus und Modestinus), den Codex lustinianus, eine Sammlung von 4600 Gesetzen in 12 Büchern von Kaiser Hadrian (Cod. lust. 6, 23, 1) bis 534, nach Sachtitelh thematisch geordnet, innerhalb der Sachtitel dann chronologisch (erste Ausgabe 529, zweite Ausgabe 534), sowie die Novellae, Nachtragsgesetze und Edikte lustinians und zweier Nachfolger. Für das 3. Jahrhundert ist vor allem der Codex lustinianus interessant, da er zahlreiche Reskripte der Soldatenkaiser überliefert. Eine große Anzahl von Reskripten hat sich von Gordian III. (271 im Cod. lust.), Philippus Arabs (78 im Cod. lust.). Valerian und Gallienus (89 im Cod. lust.) sowie von der Dynastie des Carus (25 im Cod. lust.) erhalten (Körner 2002a, 160f). Juristenrecht entstand nach 235 so gut wie nicht mehr. Vgl. auch Kap. IV.2. Standard-Ausgabe: Софиз Iuris Civilis, Bd. 1, 1872/1908, P. Krüger (Institutiones), Th. Mommsen/P. Krüger (Digesta); Bd. 2, 1877/92, P. Krüger (Codex lustinianus); Bd. 3, 1895, R. Schoell/W. Kroll (Novellae). Weitere Ausgaben: C. E. Otto/B. Schilling/C. F. F. Sintenis 1830/33 (7 Bde.; mit einer teilweise gegenüber der Ausgabe von Mommsen/Krüger abweichenden Zählung; deutsch); O. Behrends/R. Knütel u. a. 1990ff. (deutsche Neuübersetzung, bislang erschienen: Bd. 1, Institutiones, 1990; Bd. 2-4, Digesten 1-27, 1995-2005); J. A. C. Thomas 1975 (Institutionen lateinisch-englisch); P. Birks u. a. 1987 (Institutionen lateinisch-englisch); Härtel/Kaufmann 1991 (Reclam/Leipzig; Cod. lust. deutsch in Auswahl).
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Ι· Quellen und Forschung
Literatur: Wenger, Leopold, Die Quellen des römischen Rechts, Wien 1953; Wieacker 1971; Watson 1973 (Gesetze der Dynastie des Cams) u. 1973/74 (zu Probus); Schnebelt 1974 (zu den Reskripten der Soldatenkaiser); Popescu 1978; Nicoletti 1981 (zu Gordian ΙΠ.); Sternberg 1986; Härtel 1988; Saunders 1991,369-387 (zu Aurelian); Honoré 1994; de Blois 2001b; Kömer 2002a, 158189 (zu Philippus Arabs); Jacob 2004, 135-172 (zu Aurelian). Cyprian Der lateinische Kirchenschriftsteller, Märtyrer und Heilige C. Caecilius Cyprianus Thascius stammte aus einer reichen Familie und war Lehrer für Rhetorik in Karthago. Er wurde um 245 getauft und 248/49 zum Bischof von Karthago gewählt. Am 14. September 258 eriitt er den Märtyrertod. Der wichtigste Kirchenvertreter des lateinischen Westens im 3. Jahrhundert verfaßte theologische Werke (die apologetischen Werke Ad Donatum und Ad Demetrianum sowie die theologischen Schriften Ad Quirinum, De habitu virginum, De lapsis, De unitate ecclesiae. De mortalitate. De dominica oratione. De opere et eleemosynis, De bono patientiae. De zelo et livore und Ad Fortmatum de exhortatione martyrii), in denen er das Christentum verteidigte und zu theologischen Streitfragen (etwa, wie mit den lapsi umzugehen sei) Stellung bezog, sowie Briefe; von den 81 in seinem Corpus gesammelten Briefen sind 16 an ihn gerichtet. Seine Werke geben Aufschluß über die Kirchengeschichte, die Verfolgungen des Decius und des Valerian sowie die Sicht der Christen auf das krisengeschüttelte Reich; vgl. Kap. Vin.5. Standard-Ausgabe: R. Weber/M. Bévenot/M. Simonetti/C. Moreschini 1972/76 (CCSL III I u. A; theologische Traktate); G. F. Diercks 1994/99 (CCSL III B-D; epistulae); G. F. Diercks 2004 (CCSL III E; Sententiae episcoporum numero LXXXVII de haereticis baptizandis, das Protokoll eines Treffens afrikanischer Bischöfe unter dem Vorsitz Cyprians in Karthago 256). Weitere Ausgaben: W. Härtel 1868-1871 (CSEL 3; 3 Bde.); J. Baer 1918/28 (2 Bde.; BKV 34 u. 60 deutsch); R. J. Deferrari 1958 (The fathers of the church 36; theologische Schriften englisch) Demetr.·. J.-C. Fredouille 2003 (A Démétrien, SC 467; lateinisch-französisch mit Kommentar): epist.·. Le Chanoine Bayard 1961/62 (Budé; lateinisch-französisch); Clarke 1984/89 (The letters of St. Cyprian of Carthage, Ancient Christian writers; englisch mit Kommentar). Literatur: Ritsehl 1885; Wickert 1971; Alföldy 1973; Hinchliff 1974; Gülzow 1975; Sage 1975; Saumagne 1975; Osawa 1983; Strobel 1993, 146-184; Bobertz 1992; Sallmann 1997, 532fif. (mit Lit.); Clarke 1998; Schuler 1999; Hoffmann 2000; Leppin 2000; Rist 2000; Bums 2002; A. Hofftnann, Cyprian von Karthago, LACL, 169-174; Seiinger 2002, 18ff; Duval 2005; Christel 2006a; Winterbottom 2007. Dexippus P. Herennius Dexippus (PIR^ H 104; PLRE I 250, Nr. 2; vgl. Kap. VII.2) aus Athen stammte aus einer angesehenen Familie und hatte wichtige munizipale Ämter in seiner Heimatstadt inne, strebte als römischer Ritter aber nicht in den Reichsdienst. Er starb Ende der 270er Jahre. Dexippus, der bedeutendste griechische Historiker der Soldatenkaiserzeit, schrieb eine Diadochengeschichte, eine Chronik von der mythischen Zeit bis zum Tod des Claudius Gothicus (270) und die Skythika, eine Darstellung der Kämpfe mit den nördlich der Donau wohnenden Germanen auf dem Balkan, in Griechenland und in Kleinasien wohl von 238 bis zum Triumph Aurelians 274. Bis auf wenige Fragmente sind die Werke verloren. Seine Chronik stellt eine wichtige Quelle zur Soldatenkaiserzeit ftir die spätantike und byzantinische Historiographie dar, sie wurde auch vom Autor der Historia Augusta fur den Zeitraum 238-270 als Hauptquelle genutzt. Standard-Ausgabe: FGrH 100. Weitere Ausgaben: FHG III 666-687 (griechisch-lateinisch); Martin 2006a, 74-150 (Testimonien und Fragmente griechisch-deutsch in von Jacoby abweichender Zählung; mit Einleitung und Studi-
1.1.1 Die literarischen Quellen
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en); Herrmann 1988/92, 3, 354-365, Nr. 73 (Text und deutsche Übersetzung von Fr. 6-7 u. 30), u. 629-632 (Kommentar). Literatur: Miliar 1969; Potter 1990, 73ίΤ.; Paschoud 1991; Brandt 1999a; Janiszewski 2006, 39ίΤ. (Chronik); 109ff. {Skythika)·, 145ff. (Diadochengeschichte); Martin 2006a (Edition und begleitende Studien). Dionysius von Alexandria Dionysius, einer der wichtigsten Kirchenmänner im Osten des Römischen Reiches in der Soldatenkaiserzeit, war als Schüler des Orígenes umfassend rhetorisch und philosophisch gebildet. Er wurde 231/32 Leiter der Katechetenschule in Alexandria und schließlich 247/48 Bischof der Metropole. Durch Flucht und Exil überlebte Dionysius die Verfolgungen unter Decius und Valerian und verstarb in Alexandria 264/65. Von seinen theologischen Schriften und Briefen (er verfaßte erstmals Osterfestbriefe in Alexandria) haben sich nur Fragmente erhalten. Für die Geschichte der Kirche und der Verfolgungen sowie für die politische Situation in Alexandria in der Mitte des 3. Jahrhunderts sind seine vor allem in Eusebius' Kirchengeschichte bewahrten Briefe interessant; vgl. auch Kap. VIII.5. Standard-Ausgabe: Ch. L. Feltoe 1904 (mit Kommentar); Catena Havniensis in Ecclesiasten von A. Labate 1992 (CCSG 24). Weitere Ausgaben: Ch. L. Feltoe 1918 (englisch); W. A. Bienert 1972 (Bibliothek der griechischen Literatur 2; Fragmente in deutsch; mit Einleitung und Literatur; zu einigen neuen Fragmenten seit Erscheinen der Feltoe-Ausgabe S. 22f ). Literatur: Nautin 1961, 15Ш.; Bienert 1978; Andresen 1979; Churucca 1993; Strobel 1993, 185-210 (auch zur Datierung der Briefe); Tissot 1997; Clarke 1998; Jakab 2001, 227ff.; U. Hamm, Dionysius von Alexandrien, LACL, 201-203; Legutko 2003. Enmannsche Kaisergeschichte (EKG) Diese verlorene lateinische Kaisergeschichte aus der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts (vor 361, vor dem Liber de Caesaribus des Aurelius Victor) vrarde durch Alexander Enmann 1884 aus sprachlichen und inhaltlichen Übereinstimmungen und gleichen Irrtümern in den spätantiken Breviarien (Aurelius Victor, Eutrop, Festus, Epitome de Caesaribus) und der Historia Augusta erschlossen. Die EKGTradition ging auch in die Chronik des Hieronymus ein. Die EKG stellte vermutlich in der Form von Kaiserviten die Zeit von Augustus bis Constantin oder Constantius Π. dar. Der heidnische Autor schrieb mit senatorischer Tendenz und bot für die Soldatenkaiserzeit kurze, aber weitgehend präzise Angaben. Unklar sind der Umfang (ausführliche Darstellung oder knapper Abriß wie Eutrop) und der Endpunkt des Werkes: Die EKG reichte entweder bis zum Tod Constantins 337 (so B¿nes 1970a; Herzog 1989, 197) oder bis zur Schlacht bei Straßburg 357 (so Bird, Harold W., Further observations on the dating of Enmann's Kaisergeschichte, CQ 23, 1973, 375-377; Burgess 1995). Zu spekulativ ist der Versuch von Burgess (1993,495£f.), den Autor mit einem sonst unbekannten Eusebius von Nantes zu identifizieren (zustimmend Paschoud 1995b, 503f ; Rohrbacher 2006, 108; vgl. Kap. Vn.2, Anm. 45). Gegen eine einzige Quelle wenden sich den Boer 1972,21; Bird 1984, 23; Saunders 1991,14ff. Literatur: Enmann 1884; Barnes 1970a; 1978, 91ff.; 1995, 12f; Syme 1971a, 221ff.; Herzog 1989, 196ff. (mit Lit.); Baldini 1992 u. 2000a, 53-96; Burgess 1993; 1995; 1998, 89ff. (zu Hier.); Zecchini 1993, 29ff. (Origo Constantini sei Fragment der EKG) u. 1999 (mit Forschung); Bleckmann 1997 (EKG in Aufbau und Umfang ähnlich dem Breviarium des Eutr.; sie reichte bis 337 und wurde wohl unter Magnentius 351/53 geschrieben); Festy 1999b, xraff (Quelle der Epit. de Caes.); Rohrbacher 2006, 108-112 (als Quelle fiir Anrni.); wenig überzeugend Burgess 2005 (bes. 188fF.: EKG erschien in mehreren Versionen: 1. Rezension bis 358, die Vorlage für Aar. Vict.; 2. Rezension bis 364, die Vorlage für Eutr. u. Fest.; 3. Rezension bis 378, die Vorlage für Hier., HA u. Epit. de Caes.; Eusebius von Nantes war vielleicht nur „a later continuator of the
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Ι· Quellen und Forschung KG material, not the original author"; EKG war eine Geschichte Roms von den Anfängen, nicht nur eine Kaisergeschichte und bot eine umfangreiche Darstellung, die Eutr. nur verkürzt bietet).
Epitome de Caesaribus Diese von einem unbekannten heidnischen Autor um 400 (nach Festy 1999b, Lvf : 402-408) verfaßte und im Coφus des Aurelius Victor (s. o.) überiieferte lateinische Sammlung kurzer Kaiserbiographien (Libellus de vita et moribus imperatorum breviatus ex libris Sexti Aurelii Victoris a Coesore Augusto usque ad Theodosium) steUt (bis 360) in erster Linie einen Auszug aus dem Uber de Caesaribus Victors dar. Die anspruchslose Kompilation reicht von Augustus bis 395. Neben Aurelius Victor (der EKG-Tradition) hat der Autor aber noch eine weitere Quelle genutzt, die griechische Autoren heranzog, wohl Nicomachus Flavianus (s. u.), vgl. Schlumberger 1974, 172ff. u. 233ff.; Zecchini 1993, 51ff.; Festy 1999b, xiuff; Baldini 2000a, 84f In der Epitome de Caesaribus finden sich für die Soldatenkaiserzeit einige nur hier überlieferte Angaben. Standard-Ausgabe: F. Pichlmayr/R. Gruendel 1961 (Teubner-Ausgabe von Aur. Vict.), 131-176. Weitere Ausgaben: Festy 1999b (Budé; lateinisch-französisch mit Kommentar); A. Cloß 1837/38, 248-322 (Römische Prosaiker in neuen Uebersetzungen, Ausgabe von Aur. Vict.; deutsch). A. Forbiger 1866, Bd. 2,42-98 (Ausgabe des Aur. Vict., Langenscheidt; deutsch). Literatur: Schlumberger 1974; Syme 1980b; Biriey 1996; Festy 1997 {terminus post quem der Abfassung der Epitome ist das Todesjahr des Symmachus, 402, S. 478); Jarecsni, János, The Epitome: An original work or a copy? An analysis of the first eleven chapters of the Epitome de Caesaribus, ACD 33 (1997), 203-214; Bonamente 2003, lOOff. Eunapius Der um 347 in Sardis geborene griechische pagane Sophist und Historiker (PLREI 296, Nr. 2) erhielt in Sardis und Athen eine profunde rhetorische und philosophische Ausbildung und lehrte ab 366/67 in seiner Heimatstadt Rhetorik. Er starb nach 414. Seine Historien (ιστορικά υπομνήματα), eine Geschichtsdarstellung im Anschluß an die Chronik des Dexippus (Fr. 1 ; Phot. bibl. cod. 77) von 270 bis 404 in 14 Büchern, verfaßt auf Anregung seines Freundes Oribasius, sind nur fragmentarisch erhaben und boten vielfach wenig verläßliche Angaben. Die Historien erschienen in zwei Ausgaben: Die erste Fassung reichte wohl bis Theodosius I. und entstand um 395/96 (in seinen Sophistenviten verweist er mehrmals auf seine Historien; der erste publizierte Teil reichte bis 364 und wurde vor 396 veröffentlicht: Goulet 1980, 64ff.; die erste Fassung reichte bis 378/79: Bames 1978, 114ff.; Baldini 1984, 155 u. 2000a, 191f.; Liebeschuetz 2003, 180fF.; die erste Fassung reichte bis 394/95: Paschoud 1975, 170ff.; 1980; 1985, 284ff.; Penella 1990, 9ίΓ.; Festy 1997,474; Treadgold 2007, 82; bis 395/96: Baker 1987, 19fr.), während die zweite Fassung (wohl die νέα εκδοσις bei Phot. bibl. cod. 77) mit abgeschwächter antichristlicher Tendenz bis 404 fortgeführt wurde. Beide Fassungen schlossen an Dexippus an; nach Photius (bibl. cod. 77) umfaßten beide denselben Zeitraum. Zosimus übemahm weitgehend seinen Text: Laut Photius stellt sein Bericht eine bloße Epitome aus Eunapius dar (bibl. cod. 98: ενποι δ' αν τις ού γράψαι αύτόν ίστορίαν, άλλα μεταγράψαι τήν Εύναπίου, τφ συντόμω μόνον διαφέρουσαν). Neben Zosimus (ab 1, 48) wurden die Historien (die erste Auflage) wohl auch vom Autor der Historia Augusta (s. u.) als eine Quelle genutzt. Eunap selbst griff auf verschiedene Quellen zurück, neben verlorenen griechischen Historikern offenbar ebenfalls auf die heidnischen Annalen des Nicomachus Flavianus (s. u.; vgl. Zecchini 1993, 51ff.; Paschoud 1994, 72f u. 1997b, 28; Festy 1997, 466ff.; vgl. Girotti 2002: Nicomachus Flavianus wurde von Eunap nicht für die erste Edition, sondem erst für die zweite Edition der Historien genutzt; vgl. dagegen Baldini 2000a, 179-240: Eunaps erste Edition und die Annalen des Nicomachus Flavianus entstanden unabhängig voneinander, mit Analyse der Unterschiede in den Quellentraditionen). Eunaps kurz nach 396 verfaßten (wohl 399/400) und vollständig erhaltenen vitae sophistarum (βίοι σοφιστών) bieten nur wenige Informationen zum
1.1.1 Die literarischen Quellen
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3. Jahrhundert, sie schildern vor allem das Leben von neuplatonischen Philosophen und Sophisten des 4. Jahrhunderts. Standard-Ausgabe, hist.: Blockley 1981/83 (The fragmentary classicising historians of the later Roman Empire, Bd. 1, 1-26 u. 97-106, Einführung; Bd. 2, 2-150, griechisch-englisch mit Kommentar); vit. soph.: J. Giangrande 1956. Weitere Ausgaben, hist.: FHGIV, 7-56; vit. soph.: W. C. Wright 1921 (Loeb mit Philostrat, vit. soph.; griechisch-englisch). Literatur: Barnes 1978, 112ff. (Hauptquelle der HA nach 270); Goulet 1980; R. Goulet, E 121. Eunape de Sardes, DPhA 3 (2000), 310-324 (mit Lit.); Paschoud 1980; 1985; 1989 (zum Proömium); 2000, XLff. (Zos. nutzte für Buch 1 die erste Auflage der Historien des Eunap, der auf Nicomachus Flavianus zurückgriff); Rohrbacher 2002, 64ff.; KarayannopulosAVeiss 1982, 259f ; Baldini 1984 (die erste Edition begann mit Augustus; der Beginn entspricht dem Anfang von Zos., während die zweite Edition an Dexippus anschloß) u. 2000a, 179-240 (ebenso; erste Edition als Kaisergeschichte von Augustus bis Adrianopel, in den 380er Jahren veröffentlicht); Banchich, Thomas M., The date of Eunapius' Vitae Sophistarum, GRBS 25 (1984), 183-192 (Publikation der vitae sophistarum im Winter 399); Sacks, Kenneth S., The meaning of Eunapius' History, H&T 25 (1986), 52-67; Baker 1987 u. 1988; Ochoa, José Α., La transmisión de la Historia de Eunapio, Madrid 1990; Penella 1990 (zu vit. soph.); Buck 1995; Liebeschuetz 2003,177£f.; Treadgold 2007, 81-89. Eusebius von Caesarea Der griechische Kirchenschriftsteller Eusebius wurde kurz nach 260 wohl in Caesarea Maritima geboren und erhielt hier eine Ausbildung beim Origenes-Schüler Pamphilus, Leiter der Katechetenschule von Caesarea. Nach dem Ende der Verfolgungen wurde er 313 oder kurz darauf zum Bischof von Caesarea gewählt und starb um 339/40. Er war in den arianischen Streit verwickelt und wirkte als Berater und Propagandist Kaiser Constantins. Für die Soldatenkaiserzeit sind zwei historische Schriften interessant: seine Chronik und die Kirchengeschichte. Die griechische Chronik (Χρονικοί κανόνες) ab Abraham (2016 v. Chr.) entstand in einer ersten Fassimg nach 303 und wurde dann (von ihm?) bis 325/26 fortgesetzt; sie ist bis auf wenige griechische Fragmente verioren. Erhalten haben sich eine späte armenische Übersetzung (bis 303) sowie die lateinische Überarbeitung und Fortführung durch Hieronymus (s. u.). Eusebius gab hier eine chronologische Einführung mit einem nach Völkern geordneten Überblick (Herrscheriisten und die Folge von Reichen von den Chaldäem bis zu den Römern) sowie die Jahrestabellen („Canon") ab Abraham mit kurzen Angaben zur Geschichte. Für sein Werk nutzte er wohl auch die Chronik des Poiphyrius (s. u.). In seiner Kirchengeschichte (έκκλησιαστική Ιστορία) in ,10 Büchern stellte er die Entwicklung des Christentums bis zum Sieg Constantins über Licinius im Jahr 324 dar; seine Schweφunkte waren die Folge der Bischöfe, christliche Gelehrte, die Häresien, die Christenverfolgungen und die Märtyrer. Die Kirchengeschichte enthält Urkunden, Briefe und zahlreiche Zitate aus älteren christlichen Werken. Sie entstand in mehreren Etappen und wurde um 325 vollendet (nach E. Schwartz, GCS 9. 3, XLvnff, publizierte Eusebius die erste Fassung um 311/12 in 8 Büchern, die zweite um 315, die dritte um 317 und die vierte kurz nach 323; anders Barnes und Burgess, s. u.). Für das 3. Jahrhundert (Buch 6-7) stützt sich Eusebius auf vielfältige zeitgenössische Quellen, die auch zitiert werden (u. a. Briefe des Dionysius von Alexandria, s. o.). Standard-Ausgabe, hist. eccL: E. Schwartz 1903-1909 (Werke, Bd. 2. 1-3; GCS 9. 1-3; 3 Bde.; mit der lateinischen Übersetzung des Rufinus); chron.: s. u. unter Hieronymus; armenische Übersetzung: J. Karst 1911 (Werke, Bd. 5; GCS 20; deutsch); Pr. Ev.: K. Mras 1954-1956 (Werke, Bd. 8; GCS 43). Weitere Ausgaben, hist, eccl.: E. Schwartz 1952 („kleine Ausgabe"); G. Bardy 1952/60 (SC 31,41, 55 u. 73; griechisch-französisch mit Anmerkungen); K. Lake 1926/32 (Loeb; griechisch-englisch);
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Ι· Quellen und Forschung
Ph. Haeuser 1932 (Ausgewählte Schriften, Bd. 2, BKV II 1; deutsch; Neuausgabe mit Einleitung von H. Kraft 1967); chron.: A. Schoene 1866/75. Literatur: Wallace-Hadrill, David S., Eusebius of Caesarea, London 1960; J. Moreau, Eusebius von Caesarea, RLAC 6 (1966), 1052-1088; Chesnut, Glenn F., The first Christian histories: Eusebius, Socrates, Sozomen, Theodoret, and Evagrius, Paris 1978; Mosshammer 1979 (zur Chronik); Bames, Timothy D., The editions of Eusebius' Ecclesiastical History, ORBS 21 (1980), 191-201 (ND: Bames 1984, Kap. XX; erste Fassung der Kirchengeschichte um 295 in 7 Büchem, zweite 313/14, dritte 315, vierte 325); ders., Constantine and Eusebius, Cambridge, Mass. u. a. 1981; Сох 1983, bes. 69ff. (zum Leben des Origenes in hist. eccl. 6); Timpe, Dieter, Was ist Kirchengeschichte? Zum Gattungscharakter der Historia Ecclesiastica des Eusebius, in: Dahlheim, Werner (Hg.), Festschrift Robert Werner, Konstanz 1989, 171-204; Winkelmann, Friedhelm, Euseb von Kaisareia, Beriin 1991; Inglebert 1996, 153ff.; Burgess, Richard W., The dates and editions of Eusebius' Chronici cánones and Historia ecclesiastica, JThS N.S. 48 (1997), 471-504 (erste Edition der Chronik zw. 306 und 313, wohl 311, in 7 Büchem; erste Fassung der Kirchengeschichte um 313); Burgess, Richard W., Studies in Eusebian and post-Eusebian chronography, Stuttgart 1999 (Versuch der Rekonstruktion des griechischen Textes der Chronici cánones für 284-325 aus erhaltenen späteren Chroniken, mit quellenkritischem und historischem Kommentar); Frede, Michael, Eusebius' apologetic writings, in: Edwards u. a. 1999, 223-250; J. Ulrich, Eusebius von Cäsarea, LACL, 240-245; Carriker 2003; Winkelmann 2003, 3ff. u. 18ff.; Monaci Castagno 2004 (Sammelband zur Vita des Origenes in hist. eccl. 6; so u. a. Markschies, Christoph, Eusebius als Schriftsteller. Beobachtungen zum sechsten Buch der Kirchengeschichte, 3350); Treadgold 2007, 2 3 ^ 6 (S. 39: Phasen der hist. eccl·. wie Bames). Eutropius Der lateinische Historiker (PLRE 1317, Nr. 2) verfaßte als magister memoriae für Kaiser Valens (364-378), so die dedicatio des Werkes (an Valens Gothicus maximus, also nach 369 und vor der Publikation des Breviarium des Festus, s. u.), ein Breviarium ab urbe condita, eine kurzgefaßte Darstellung zur römischen Geschichte von Romulus bis ?um Tod lovians (364) in 10 Büchem. Ohne großen literarischen Anspruch gibt er hier einen leicht faßlichen Überblick und verzichtet dabei zumeist auf moralisierende Wertungen. Für die Kaiserzeit stützt er sich nach Sueton auf die EKG (s. u.). Eutrop liefert für die Soldatenkaiserzeit wertvolle und weitgehend verläßliche Angaben. Das in der Tendenz senatsfi-eundliche Geschichtskompendium war in der Spätantike und im Mittelalter sehr populär und wurde von Paianios um 380 sowie von Capito von Lykien im 5. Jahrhundert ins Griechische übersetzt. Eutrops Herkunft (aus Bordeaux oder Italien?) ist ungewiß. Er war wohl ein Heide (vgl. etwa 8, 8,4; 9, 4; 10, 16, 2 mit dem Lob lulians) und nahm am Perserfeldzug lulians teil (10, 16, 1). Ob er mit dem Beamten Eutropius (371/72 proconsul Asiae, 380/81 praefectus praetorio Illyrici und 387 consul posterior) identisch ist, bleibt umstritten (für diese Identität etwa O. Seeck, MGH AA VI 1, 1883, praef. cxxxiif; PLRE I 317, Nr. 2; Bonamente, s. u.; Bird, s. u.; Herzog 1989, 203; Hellegouarc'h, s. u., ixf.; Kelly 2008, 240f ; vorsichtiger Rohrbacher 2002, 50f ; mit plausiblen Argumenten gegen eine Gleichsetzung von Haehling 1978,21 Iff.; starke Zweifel auch bei den Boer 1972, 114f ). Standard-Ausgabe: C. Santini 1979 (Teubner). Weitere Ausgaben: H. Droysen, MGH AA II 1879; Fr. L. Müller 1995 (lateinisch-deutsch mit Anmerkungen); J. Hellegouarc'h 1999 (Budé; lateinisch-französisch mit Kommentar); A. Forbiger 1865/1919 (Langenscheidt; deutsch); H. W. Bird 1993 (TTH; englisch mit Kommentar), M. Rat 1934 (französisch); Text von Buch 7-9 mit französischer Übersetzung und Kommentar von St. Ratti 1996 (Les empereurs romains d'Auguste à Dioclétien dans le Bréviaire d'Eutrope). Literatur: den Boer 1972, 114ff.; Bonamente, Giorgio, La biografia di Eutropio lo Storico, AFLM 10 (1977), 161-210; ders.. Giuliano l'Apostata e il „Breviario" di Eutropio, Roma 1986; von Haehling 1978, 211-237; Bird, Harold W., Eutropius. His life and career, EMC 32 (1988), 51-60;
1.1.1 Die literarischen Quellen
29
Herzog 1989, 201ff.; Ratti 1996a u. 1996b; Burgess, Richard W., Eutropius „u. c. magister memoriae"?, CPh 96 (2001), 76-81 (Zweifel am Amt eines magister memoriae)·, Rohrbacher 2002, 49fr.; Bonamente 2003, JOSff. Festus Der lateinische Historiker Festus schrieb nach Eutropius um 371/72 als magister memoriae (so die Bamberger Handschrift) für Kaiser Valens ein Breviarium rerum gestarum populi Romani (nach dem Gotenkrieg von 369 und vor dem Perserzug des Valens), in dem in knapper Form das Wachsen des Römischen Reiches und seine Provinzen vorgestellt werden (3-14). Festus behandelt zudem ausfuhrlich die Kämpfe gegen Parther und Perser bis loyian (15-29). Für die Kaiserzeit stützt er sich auf die EKG (s. u.). Festus liefert für die Soldatenkaiserzeit wertvolle und verläßliche Angaben. Zweifelhaft ist die Identität dieses heidnischen Historikers mit dem magister memoriae, proconsul Asiae und Heidenverfolger Festus aus Tridentum (proconsul 372-378; Amm. 29,2, 22-27; Zos. 4, 15, 2-3; Suda Φ 279); fiir diese Identität plädieren u. a. PLRE I 334f., Nr. 3; Eadie 1967b, 4fF.; Syme 1968, 105; von Haehling 1978,145f ; Herzog 1989,208; Rohrbacher 2002,57ff.; Bonamente 2003,114f ; Kelly 2008, 240f ; möglich nach Baldwin 1978,197ff.; dagegen den Boer 1972,178ff.; Amaud-Lindet, s. u., xff. Standard-Ausgabe.· Eadie 1967b (mit Kommentar). Weitere Ausgaben: M.-P. Amaud-Lindet 1994 (Budé; lateinisch-französisch mit kurzem Kommentar; mit einiger Unterkapitelzählung); Fr. Hofïmann 1830, 86-112 (Römische Prosaiker in neuen Uebersetzungen; deutsch); Th. M. Banchich u. J. A. Meka 2001 (englisch, online in J)e Imperatoribus Romanis": http://www.roman-emperors.org/festus.htm; Update: 31.01.2001). Literatur: den Boer 1972, 173ίΓ.; von Haehling 1978, 145f; Baldwin 1978; Herzog 1989, 207£f.; Rohrbacher 2002, 57ff.; Bonamente 2003,112ff. Gregor Thaumaturges Gregorios ó θαυματουργός wurde um 210/13 als Sohn einer reichen Familie in Neocaesarea in Pontus geboren und hieß ursprünglich wohl Theodorus. Mit 14 Jahren wandte er sich dem Christentum zu. Um 232/33 wollte er zur Vollendung seiner juristischen Ausbildung mit seinem Bruder Athenodorus nach Beirut gehen, lernte aber in Caesarea Maritima Orígenes kennen und blieb an seiner christlichen Schule. Nach fünf Jahren kehrte er 238/39 mit seinem Bruder in seine Heimatstadt zurück, wo er später zum Bischof gewählt wurde und eine erfolgreiche Missionstätigkeit entfaltete. Gregor ist vermutlich um 270 gestorben. In seiner griechischen Dankesrede an Orígenes (εις Ώριγένην προσφωνηματνκός καΐ πανηγυρικός λόγος), die er bei der Abreise aus Caesarea dem Lehrer widmete, berichtet er ausfuhrlich über seinen Werdegang und die Schule des Orígenes. Unter seinen theologischen Schriften sind insbesondere die Epistula canonica interessant: Gregor erörtert hier Fragen der Kirchendisziplin, die im Zuge eines Einfalles der Goten und Boraner (Βοράδοι, epist. can. 5) in der Mitte der 250er Jahre in Pontus auftraten; der Einfall hatte zu einer Verwilderung der Sitten und zu zahlreichen Mißständen geführt. Gregors Wundertaten sind Gegenstand seiner späteren Viten, allen voran der des Gregor von Nyssa (PG 46, 893-957). Vgl. auch Kap. VIII.5. Standard-Ausgabe, pan. or.: Guyot/Klein 1996 (FC 24; griechisch-deutsch mit ausführlicher Einleitung, im Anhang mit dem Brief des Origenes an Gregor); epist. can.: PG 10, 1019-1048. Weitere Ausgaben: PG 10, 963-1206 (Werke, z. T. unechtes); P. H. Bourier 1911 (deutsch in Auswahl; in: Des Heiligen Dionysius Areopagita angebliche Schríften über die beiden Hierarchien, BKV 2, 211-270; pan. or.: 211-259; epist. can.: 263-270); M. Slusser 1998 (Fathers of the Church 98; englisch mit Anmerkungen und Einleitung 1-37; u. a. Vita des Gregor von Nyssa: 41-87; pan. or.: 91-126; epist. can.: 147-151); pan. or.: PG 10, 1049-1104; P. Koetschau 1984 (im Anhang mit dem Brief des Origenes an Gregor); H. Crouzel 1969 (SC 148; griechischfranzösisch mit Anmerkungen; im Anhang mit dem Origenes-Brief); E. Marotta 1983 (italie-
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Ι· Quellen und Forschung
nisch; im Anhang mit dem Origenes-Brief); epist. can.: Heather/Matthews 1991, 1-10 ( I T H ; englisch mit Einfuhrung). Literatur: Ryssel, Victor, Gregorius Thaumaturgus. Sein Leben und seine Schriften, Leipzig 1880; Crouzel, Henri, L'école d'Origène à Césarée, Bulletin de littérature ecclésiastique 71 (1970), 1527; ders., Gregor I (Gregor der Wundertäter), RLAC 12 (1983), 779-793 (hier auch zu der von Nautin 1977 bestrittenen Identität zwischen dem Bischof und dem Autor von pan. or.); Van Dam, Raymond, Hagiography and history. The life of Gregory Thaumaturgus, ClAnt 1 (1982), 272-308; Wolfram 1990a, 59f.; Guyot 1998 (zum epist. can.); Beyer 2002a (zu den Einfállen der Goten und Boraner); H. Schneider, Gregor der Wundertäter, LACL, 307-309. Herodianus Der griechische Historiker (PIR^ H 160) stammte aus dem Osten des Römischen Reiches (aus Alexandria, Antiochia oder - am wahrscheinlichsten - aus dem westlichen Kleinasien), kam aus einfachen Verhältnissen und hatte wohl ein niederes staatliches Amt, eventuell in Rom, inne. Er verfaßte unter Philippus Arabs oder Decius eine Kaisergeschichte nach Marc Aurel in 8 Büchern über den Zeitraum 180-238 (bis zum Regierungsantritt Gordians ΙΠ. als Alleinherrscher). Seine Darstellung ist vielfach romanhaft ausgestaltet und wenig zuverlässig. Für die Regierung des Maximinus Thrax und das Jahr 238 ist er jedoch die Hauptquelle; weiteres in Kap. VII.2. Standard-Ausgabe: K. Stavenhagen 1922 (Teubner). Weitere Ausgaben: C. M. Lucarini 2005 (Neuausgabe bei Teubner); F. Müller 1996 (griechischdeutsch); Whittaker 1969/70 (Loeb; griechisch-englisch; mit umfangreicher Einfuhrung); F. Cassola 1968 (griechisch-italienisch); C. N. Oslander 1850 (Griechische Prosaiker in neuen Übersetzungen; deutsch); A. Stahr 1858 (deutsch); D. Roques 1990 (französisch mit kurzem Kommentar). Literatur: Altheim 1948/50, 1, 165ff; Cassola 1957; Widmer 1967; Alfbldy 1971a u. 1971b; Kolb 1972 u. 1976 (als Quelle der HA); Martinelli 1987 (Bibliographie von 1883 bis 1987); Sidebottom 1997; 1998; 2007, 78-82; Marasco 1998; Opelt 1998; Hidber 1999 u. 2006 (mit umfassendem Forschungsüberblick); Zimmermann, 1999b; 1999c; 1999d; Kuhn-Chen 2002, 249ff.; de Blois 2003; Policy 2003; Hidber, Thomas, Herodian, in: de Jong, Irene J. F. u. a. (Hg.), Narrators, narrates, and narratives in Ancient Greek literature. Studies in Ancient Greek narrative. Bd. 1, Leiden u. a. 2004, 201-210; Martin 2006b. Hieronymus Der lateinische Kirchenvater Eusebius Hieronymus aus Dalmatien war von 382 bis 384 Sekretär des Papstes Damasus in Rom und führte ab 386 ein asketisches Leben als Abt und Theologe in Bethlehem, wo er 419/20 verstarb. Er verfäßte zahlreiche theologische Schriften und Briefe. Für die Soldatenkaiserzeit ist aber nur seine lateinische Übersetzung, Überarbeitung und Fortführung der griechischen Chronik des Eusebius ab Abraham (2016 v. Chr., s. o.) von Bedeutung, die er bis 378 fortsetze. Für das 3. Jahrhundert nutzte er neben der Vorlage des Eusebius auch ergänzend die EKG-Tradition. Seine Chronologie ist allerdings wenig zuverlässig. Standard-Ausgabe der Chronik: R. Helm 1956 (Eusebius, Werke, Bd. 7, GCS 47). Weitere Ausgaben: A. Schoene 1866/75; J . K . Fotheringham 1923; M. D. Donalson 1996 (Erweiterung des Hieronymus fur die Jahre 327-379 englisch mit kurzem Kommentar); Jeanjean/Lançon 2004 (Erweiterung des Hieronymus 326-378 lateinisch-französisch mit Einfuhrung und Kommentar). Literatur: Burgess, Richard W., Jerome and the Kaisergeschichte, Historia 44 (1995), 349-369; Brugnoli, Giorgio, Curiosissimus Ехсеф1ог. Gli „Additamenta" di Girolamo ai „Chronica" di Eusebio, Pisa 1995 (Rekonstruktion der Zusätze des Hieronymus zur Chronik des Eusebius mit Parallelquellen; mit umfangreicher Einführung in die Geschichtsschreibung des Hieronymus);
1.1.1 Die literarischen Quellen
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Inglebert 1996, 205ίΤ.; Burgess 1998 (zur EKG-Tradition); Α. Fürst, Hieronymus, LACL, 323330; Jeanjean, Benoît, Saint Jérôme, patron des chroniqueurs en langue latine, in: Jeanjean/Lançon 2004, l'37-178. Historia Augusta Diese Sammlung von 30 lateinischen Herrscherviten von Hadrian bis Numerianus (117-285) gibt sich als ein Werk von 6 Autoren, die unter Diocletian und Constantin schrieben (Casaubònus nannte sie 1603 Scriptores Historiae Augustae). Neben den Kaiserviten finden sich hier auch die Nebenviten von Mitregenten und Usurpatoren sowie zwei Sammlungen von Tyrannenviten {tyranni triginta und quadriga tyrannorum). Wahrscheinlich stammt die HA aus der Feder eines einzigen heidnischen Autors, der um 395/400 schrieb. Die in senatsfreundlicher und stadtrömischer Tendenz verfaßte Sammlung enthält neben wertvollen Angaben gerade in den Viten der Soldatenkaiser auch zahlreiche meist gefälschte Dokumente (Briefe, Inschriften), erfundene Geschichten sowie fiktive Personen und Gewährsmänner. Selbst einige der tyranni wurden vom Autor frei erfunden (z. B. Celsus oder Censorinus). Für die Viten der Soldatenkaiser nutzt der Autor bis 238 Herodian (s. o.) als Hauptquelle, ergänzt durch die EKG, für den Zeitraum 238-270 Dexippus' Chronik (s. o.) (Paschoud 1991 u. 1994; für Bleckmann 1992, 214ff. u. 1995b, 76ff. steUt nicht Dexippus, sondern Nicomachus Flavianus die Hauptquelle der HA nach Herodian dar; ähnlich Christol 1998, 134f; Bertrand-Dagenbach 2004, 226fF.). Das chronologische Grundgerüst aus Dexippus wurde für diese Jahre durch Angaben der EKG und aus den Annalen des Nicomachus Flavianus (s. u.) ergänzt (Hartmann 2001, 30f). Ab 270 wurden dann entweder die Annalen des Nicomachus Flavianus zur Hauptquelle,(so Paschoud 1994, 1995a u. 1996, x x x i x f f , lOfF. u. 133ff.) oder der Autor verwendete sowohl die erste Ausgabe der Historien des Eunap (s. u.) als auch die Annalen des Nicomachus Flavianus als Qùellen, wiederum ergänzt durch Angaben aus der EKG (Hartmann 2001,33Í); ausführiich in Kap. 1.1.2. Standard-Ausgabe: E. Hohl 1965 (Teubner). Weitere Ausgaben: I. Casaubonus 1603; D. Magie 1921/32 (Loeb; lateinisch-englisch); Chastagnol 1994c (lateinisch-französisch mit umfangreicher Einleitung); J.-P. Callu/F. Paschoud u. a. 1992ff. (Budé; lateinisch-französisch mit Kommentar; zur Soldatenkaiserzeit bislang: Desbordes/Ratti 2000; Paschoud 1996; 2001); E. Hohl u. a. 1976/85 (Bibliothek der Alten Welt; deutsch mit Anmerkungen); Manni 1969 (v. Valer, u. Gall.; lateinisch-italienisch mit kurzem Kommentar). Literatur: BHAC 1963-1991; НАС N. S. 199Ш. (Colloquia; bislang 10 Bde.); Dessau 1889; Lécrivain 1904; von Domaszewski 1918; Baynes 1926; Fisher 1929 (zur v. Aurelian.); Hartke 1940 (Nicomachus Flavianus iun. als Autor der HA) u. 1951; Straub 1952; Merten 1968 u. 1985/87 (Stellenbibliographie); Syme 1968; 1971a; 1971b; 1983b; Chastagnol 1970b u. 1994c; Kerier 1970; Bames 1972; 1973a; 1978 (112ff.: Eunaps Historien als Hauptquelle der HA nach 270; ähnlich Chastagnol 1994c, LXXllf); 1995 (mit Forschungsüberblick zur Quellenfrage); Kolb 1972; 1976 (Herodian als Quelle der HA); 1987b; 1994; 1995a; Johne 1969; 1976a; 1976b (mit Forschungsüberblick); 1984; Burian 1977a u. 1977b; Rösger 1977 u. 1978; Benario 1980 (Kommentar zur v. Hadr.); Honoré 1987; Wallinger 1990 (zu den Frauen in der HA); Bonamente 1991 (zu den Divi); Lippold 1991 (Kommentar zu v. Maximin.); 1992 (zur v. Claud.); 1995 (Aurelian und Rom); 1998 (Aufsatzsammlung; Entstehung der HA in constantinischer Zeit); 1999 2006 (zu den Frauen in der HA, bes. Zenobia); Paschoud 1991 (zu Dexippus); 1994; 1995a 1995b; 1995c; 1997a; 2003; Meißner 1993 (gegen eine einheitliche Verfasserschaft) u. 1997b den Hengst 1994 (zur v. Tac.); Bleckmann 1995b; Brandt 1996 (Kommentar zu v. Max. Balb.) 2002; 2006; Raepsaet-Charlier 1998; Zawadzki 1998; Hartmann 2001, 30ff. (zu den Quellen) Mündt 2001; Poignault 2001 (zu qua«, tyr.); Biriey, Anthony R., The Historia Augusta and Pagan Historiography, in: Marasco 2003, 127-149 (Einführung); Requena, Miguel, Lo maravilloso y el poder. Los presagios de imperio de los emperadores Aureliano y Tácito en la Historia Augu-
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Ι· Quellen und Forschung sta, València 2003 (zu den omina imperii in der HA für Aurelian, S. 19-66, und Tacitus, S. 6784); Bertrand-Dagenbach 2004 (Nicomachus Flavianus, nicht Dexippus ist die Quelle der HA nach 238; Nicomachus Flavianus iunior als Autor); Festy 2004 u. 2007 (Autor der bis 430 verfaßten HA ist der jüngere Nicomachus Flavianus); Fündling 2006 (Kommentar zur v. Hadr.; mit ausffihrlicher Einleitung zur HA); Ratti 2007 (Autor ist Virius Nicomachus Flavianus senior).
Johannes Antiochenus Der sonst unbekannte Autor (PLRE III 711, Nr. 299) schrieb eine verlorene Weltchronik (ιστορία χρονική) von der Schöpfung (από Αδάμ) bis zum Tod des Phocas (610) bzw. bis zum Anfang des 6. Jahrhunderts. Müller faßte in den FHG die Fragmente aus den Excerpta des Constantinus VII. Porphyrogennitus, der Suda und dem Codex des Salmasius unter dem Namen „lohannes Antiochenus" zusammen. Die Fragmente zur Soldatenkaiserzeit (Fr. 142-163 Müller) stammen zumeist aus dem „constantinischen lohannes" (aus Excerpta de insidiis und de virtutibus et vitiis; Fr. 151, 159 u. 161 Müller = Fr. 228, 242 u. 244-245 Roberto aus den Excerpta Salmasiana). Der „constantinische lohan"nes" nutzte hier Herodian, die EKG-Tradition (die griechische Übersetzung Eutrops) und Zosimus (zu den Quellen vgl. Roberto, s. u., cxxvff.). In den bis 610 reichenden Auszügen aus dem „salmasischen loharmes" findet sich dagegen Material aus der byzantinischen Vulgärtradition (so aus Mal.) und aus der „Leoquelle". Die Gleichsetzung des Autors mit anderen Personen dieses Namens und die Zuordnung der Fragmente sind umstritten: Die beiden Fragmentgruppen, der „constantinische" und der „salmasische lohannes", sind wohl zwei unterschiedlichen Autoren zuzuweisen. Die Fragmente aus der constantinischen Sammlung und der Suda stanmien wahrscheinlich aus dem Werk des .eigentlichen' lohannes Antiochenus; aus der Sammlung des „salmasischen lohannes" kommt dagegen nur Fr. 1 Müller (= Fr. 1 *-37* Roberto) aus lohannes Antiochenus ('Αρχαιολογία 'Ιωάννου Άντιοχέως; zur Zuordnung vgl. Sotiroudis 1989, 5ff.; Bleckmann 1992, 46fF.), die übrigen stammen aus dem Werk eines unbekannten mittelbyzantinischen Chronisten. Den „salmasischen" hielten Patzig und Krumbacher (s. u.) noch fiir den .echten' lohannes. Nach Sotiroudis (1989, 150fr.) schrieb der „constantinische lohannes" um 520-530; die Auszüge aus dem „constantinischen lohannes" reichten bis in die Regierungszeit des Anastasius (491-518). Die späteren Fragmente (ab Fr. 217 Müller= Fr. 314-315 Roberto) bis 610 stammen laut Sotiroudis (1989, 39ίΓ.) nicht aus seinem Werk. Der „constantinische lohannes" sei eventuell mit lohannes Rhetor zu identifizieren (nicht jedoch mit dem antiochenischen Patriarchen lohannes, 631-649). Nach Roberto (s. u.) schrieb loharmes Antiochenus dagegen seine Chronik bis 610 in den ersten Jahren der Regierung des Heraclius in Constantinopel (um 610-626); der orthodoxe Christ sei wahrscheinlich ein Beamter in der kaiserlichen Verwaltung gewesen (S. xiff.). Die Excerpta Salmasiana stammten aus einer späteren Epitome der Ιστορία χρονική des lohannes (S. m i f f ; vgl. dazu die Kritik von B. Bleckmann in seiner Rez., in: GFA 9, 2006, 1071-1075; vorsichtig zustimmend dagegen M. Meier, in: sehepunkte 6, 2006, Nr. 12, 15.12.2006); Datierung in die Zeit nach 610 auch nach Treadgold 2007, 31 If Standard-Ausgabe: FHG IV 535-622 u. V 27-39. Weitere Ausgaben: U. Roberto 2005 (Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur 154; griechisch-italienisch mit umfangreicher Einleitung); C. de Boor 1905, 58-150 (Exceφtade insidiis); Th. Büttoer-Wobst 1906,164-206 (Excerpta de virtutibus et vitiis, Bd. 1); Brecht 1999 (Fragmente zur Soldatenkaiserzeit bis 268 griechisch-deutsch mit Kommentar). Literatur: Patzig, Edwin, Johannes Antiochenus und Johannes Malalas (Abhandlung zu dem Jahresberichte der Thomasschule zu Leipzig, 1891-1892), Leipzig 1892; Krumbacher 1897, 334ff.; Moravcsik 1958, 513£f.; Karayannopulos/Weiss 1982, 306; Sotiroudis 1989; Bleckmann 1992,46fif.; Brecht 1999, 49; Treadgold 2007, 311-329 (Eustathius von Epiphania als Hauptquelle, S. 316ff.).
1.1.1 Die literarischen Quellen
33
lordanes Der lateinische Historiker (PLRE III 713f., Nr. 1) gotischer Herkunft war als notarius des magister militum Gunthigis Baza tätig. Nach seiner conversio verfaßte er in Constantinopel die seinem Freund Vigilius gewidmete Romana (De summa temporum vel origine actibusque gentis Romanorum). Die Arbeit unterbrach er für die Abfassung der Getica (De origine actibusque Getarum). lordanes ist wahrscheinlich nicht mit dem Bischof von Croton zu identifizieren. Die Romana sind eine anspruchslose Kompilation aus erhaltenen Quellen (für das 3. Jahrhundert aus der EKG-Tradition), sie stellen die Weltgeschichte und die Geschichte Roms bis 551 dar. Die Getica sind ein Exzeφt aus Cassiodors verlorener ЯиT)orchester, undatiert); CIL VII 802 = RIB 1956 (Bankshead, Apr. et Ruf. cos.); CIL VII 820 + 822 (Birdoswald, undatiert); CIL VII 287 = CIL VII 287 = ILS 2548 = RIB 605 (Lancaster, 22. August, Censore II et Lipido II COS.); AE 1938, 119 = RIB 2255 (Margam, undatiert); AE 1924, 1 = RIB 2232 (Breague, undatiert); RIB 2260 (Trecastle Hill, undatiert); AE 1965, 219 (Brougham, undatiert). Unsicher: CIL XIII 3035, 2 2 = König 1981, 205, Nr. 62 (Paris). Zu den Meilensteinen (Britannien, Belgica, Germania superior, Gallia Lugdunensis, Aquitania, Tarraconensis): Rathmann 2003, 273f u. 276 (Abb.). Zu Hispanien: Christol 1987 (vgl. auch Rez. Drinkwater 1987, in: RN ser. 6, 32, 1990, 309). Nach Ansicht von Abascal Palazón (2000/01, 271-276) kann das Einsetzen der sog. spanischen Konsularära mit der Herrschaft des Postumus in Zusammenhang stehen (skeptisch aber: AE 2000, 657). Drinkwater 1987,27 u. 168f. Vgl. allgemein Van Gansbeke 1955. Kienast 1996,243; Gricourt 1990,41 (Kämpfe gegen Germanen noch im Sommer 260).
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II· Die Ereignisse der Reichsgeschichte
aus dem Batavergebiet und dem niedergermanischen Raum,^^ auf Münzen derselben Zeit könnte hierauf Bezug nehmen.^'' Möghcherweise war das Gebiet von Xanten (Colonia Ulpia Traiana) um 260/61 Schauplatz militärischer Auseinandersetzungen " Auch in den Jahren nach 262 nahm aber wohl die Bedrohung durch die Germanen nicht wesentlich äb.^® Vereinzelt ist etwa in der Germania inferior ein Bemühen zu erkennen, die Grenzbefestigung durch Aus- oder Neubauten zu verstärken,^^ doch spiegelt sich die Bedrohung etwa in der zunehmenden Zahl von èurgï-Konstniktionen im Binnenland und einer Aufgabe zahlreicher villae rusticae wider/^ Ebenso trieb Postumus wahrscheinlich den Ausbau der Rheinflotte voran.Vielleicht noch unter Postumus erfolgte die militärische Sicherung der Straße zwischen Köln und Boulogne-surMer/" Mit dem römischen Gebiet auf dem rechten Rheinufer wurde in unterschiedlicher Weise verfahren: Die Wetterau wurde erst gegen Mitte der 270er Jahre verlassen.'" Das Decumatland hingegen, das durch die germanischen Einfálle schon im zweiten Drittel des 3. Jahrhunderts stark in Mitleidenschaft gezogen worden war,"*^ wurde nach 260 (möglicherweise sukzessiv) aufgegeben,'*^ auch wenn etwa neugeprägte römische 33
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Zu dieser (mehrfach inschriftlich bezeugten) Gottheit: Stolte 1986, 626-629. Hercules Magusanus hatte wichtige Heiligtümer in Empel (bei 's-Hertogenbosch) und Eist im Siedlungsgebiet der Bataver (vgl. Roymans/Derks 1993; Roymans/Derks 1994; Roymans 2004), doch scheint sein Kult auch im Rheinland verbreitet gewesen zu sein (Horn 1970, bes. 236-238). Van Es 1981, 49; Münzen: Elmer 1941, Nr. 287 u. 293; Schulzki 1996, 53, Nr. 30 (von 260/61). Vgl. König 1981,119-121. So Klages/Liesen 2002,247f. nach Münzfiinden in Xanten. Vgl. Heimberg 2006,47. De Greef 2002, 55f. (postuliert aufgrund der geographischen Verteilung der Mürizhortfimde eine Bedrohung durch Franken). Vgl. etwa den Aureus mit der Legende VIRTVS EXERCITVS von Ende 263 (Elmer 1941, Nr. 322-323; Hollard 1997). Zur Situation an der Rheingrenze vgl. auch Eck 2007,37-41. Vgl. den Überblick bei Van Gansbeke 1955; von Petrikovits 1970,207-209. Westlich von Köln: Kunow 1987, 84-86; 1994, 148 (zivile burgi nahe der Römervillen von Rheinbach-Flerzheim, Titz und Vettweiß-Froitzheim); Schulzki 2001, 73-78 (burgi entstehen nach der Mitte 3. Jh., ab etwa 260 bzw. ab der zweiten Hälfte der 270er Jahre ?); 84, Nr. XI, 16 (Luttre-Liberchies/Hainaut, burgus von etwa 265); CIL XIII 11976 (Mittelstrimmig/Liesenich, Errichtung eines burgus unter Victorinus). Im Stadtgebiet von Noviomagus/Nijmegen verlagerte sich die zivile Besiedlung von der Ulpia Noviomagus Batavorum (die zum großen Teil zwischen 260 und 270 aufgelassen wurde) in die Nähe des Militärlagers: Van Enckevoort/Thijssen 2003, 87. Vgl. Schulzki 2001, 83£, Nr. XI, 1. XI, 18; Eck 2004a, 572. Höckmann 1998, 341-343 (mit CIL XIII 8252 aus Köln und Münzen des Postumus von 260/61, auf denen ein ,4ieuartiger Schiffstyp" abgebildet ist: Elmer 1941, 41, Nr. 130; Schulzki 1996, 55, Nr. 41). Vgl. Creemers 2006, 55£; Heimberg 2006, 47f.; Van Gansbeke 1955, 410; Mertens 1983, 56 (Befestigung der an dieser Straße gelegenen Siedlung von Atuatuca/Tongem um 260). Steidl 1996,28 u. 2000a, 118. Nuber 2005b, 450. Die Deutungen des Ablaufs gehen in der modemen Forschung auseinander. Hierzu sowie zur beginnenden Siedlung der Alamannen im heutigen Südwestdeutschland: Nuber 1990, 52 (Theorie einer durch Rom planvoll durchgeführten germanischen Aufsiedlung); 1993; 1997, 64-68;
II.4 Das gallische Sonderreich
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Münzen dort auch noch nach 260 in Umlauf gelangten.'" Die Westgrenze Raetiens verlief seither entlang der Hier und der Linie Cambodunum/Kempten-Bodensee/^ Weiterhin bemühte sich Postumus darum, dem kontinuierlichen Verfall des Geldwertes entgegenzuwirken, indem er ab Ende 260 neue Bronzemünzen ausgeben ließ, die einen höheren (doppelten ?) Wert besaßen, doch in etwa das gleiche Gewicht aufwiesen.'*® Im Jahre 264 konnte Postumus seine Quinquennalien begehen/^ Zwischen 261 und 265 mußte Gallienus weiterhin seine Kräfte auf den Balkan konzentrieren."'® Wohl erst in den Jahren 266 imd 267,'*' nachdem sich die Lage an der Donau und im Orient zeitweilig stabihsiert hatte,kam es zu einem neuen Vorstoß der Truppen des Gallienus gegen den gallischen Usurpator, bei dem Gallienus im Verlauf einer Städtebelagerung - vielleicht vor Trier - verwundet wurde.^' Im Jahre 267 gelang 1998, 372-379; Bücker 1999 (bes. 218-219); Witschel 1999, 211-214 u. 348; 2004, 270 mit Anm. 142 („geordneter" römischer Rückzug); Steidl 2006 (z. B. 78; 84: plädiert für eine räumlich differenzierte Betrachtung; im rechtsrheinischen Obergermanien sei „in der Tendenz doch eher ein langsamer Niedergangsprozeß zu beobachten"); 2000b, 79; Drinkwater 2007, 52-57 u. 70f. (Abzug der Truppen durch Postumus um 261/62); Schmauder 2002,192-203 (bes. 193: „ein einige Jahrzehnte währender Prozeß des Rückzuges"; 201); Kortüm 1998, 58-60 (konstatiert ein Ende des Münzumlaufs im Limesgebiet zu Beginn der gemeinsamen Herrschaft Valerians mit Gallienus ab 253 und plädiert für eine Räumung in den 250er Jahren); Sommer 2002, 444. Vgl. Loriot/Nony 1997, 13; Drinkwater 1987, 28; Dietz/Fischer 1996, 188-190 (Postumus habe das Gebiet geräumt, um die Südostflanke seines Reiches vor den Truppen des Gallienus zu schützen); Kuhnen 1997 (konstatiert besondere wirtschaftliche Probleme des Decumatlands im 3. Jh. und postuliert ein ,^ieues, auf Mobilität beruhendes Sicherheitskonzept" des Postumus, das Grund für die Aufgabe des obergermanisch-raetischen Limes gewesen sei). Zur Aufgabe des Decumatlands vgl. auch Kap. IV.3. 44 45 46 47 48 49
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Stribmy 1989, bes. 3 9 7 ^ 0 2 ; 425-438. So auch Unruh 1993,252; Schallmayer 1994,65; Wilson 2006,210. Vgl; Steidl 2006. Dietz/Czysz 2001,79-80; Mackensen 1996,137-140 u. 2000,135f Bastien 1967, 30f („doubles sesterces"); Hollard 1992, 74-88 (Folge ist eine Häufimg von Münzschatzfunden Ende 260/Anf 261); 1995,1054. Loriot/Nony 1997,14. Vgl. Hollard 1997, 18. Christol 1997c, 150. Zum Jahr 266: Christol 1997c, 146; 153; 155; Loriot/Nony 1997,14; de Greef 2002,48. Für das Jahr 265 als Beginn der neuen Offensive sprechen sich dagegen aus: Willger 1966, 99; de Blois 1976,7; König 1981,106; Eck 2004b, 150-151 u. 2007,40; Schumacher 2003,14. Zwei Offensiven 262 und 265 nach Strobel 1999, 2 7 i Vgl. Hekster/Manders 2006, 141 (Herkules-Thematik auf den Münzen des Gallienus von 265 als Hinweis auf Kampf mit Postumus). Zu dieser ideologischen Auseinandersetzung zwischen Gallienus und Postumus in der Münzprägung vgl. auch Hekster/Manders 2006 u. Grandvallet 2007. Auf den Münzen des Jahres 266 findet sich die Legende VBIQVE PAX (vgl. Christol 1997c, 153). Im Orient erzielte Odaenathus 263 einen entscheidenden Erfolg gegen die Säsäniden. HA Gall. 4,4: contra hunc — exercitum duxit cumque urbem, in qua iverat — Postumus, obsidere coepisset, dentibus Gallis, Gallienus muros circumiens sagitta ictus est; 7, 1; trig. tyr. 3, 5; 6,1-2; Zon. 12, 24 (S. 598, 9-18). Vgl. Cont. Dio. Fr. 6 (FHGIV 194f = Petr. Patr. Fr. 165, Exc. de sentent. 265f); König 1981, 102-111; Strobel 1999, 27f; vgl. auch Alfbldi 1930a (= 1967, 57-72). Im Jahre 266 ließ Postumus Münzen mit der Legende
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П. Die Ereignisse der Reichsgeschichte
es seinem Feldherm Aureolus nicht, einen anfänglichen Erfolg gegen Postumus, in dessen Gefolge sich auch germanische Söldner befanden, auszunutzen " Wahrscheinlich befand sich Raetien aber in dieser Zeit bereits wieder unter der Kontrolle des Gallienus.^^ Postumus kam nun aiich innenpolitisch in beträchtUche Bedrängnis, wie eine Inschrift aus dem Kastell Gelduba (Krefeld-Gellep) zeigt.^" Im Frühjahr 268 (?) revoltierte jedoch Aureolus selbst gegen Gallienus und unterstellte sich dem Postumus;^^ sein Hauptquartier etablierte er in Mailand.^® Galhenus, der im Balkangebiet stand, eilte nach Norditalien; Aureolus wurde zunächst in der Poebene geschlagen und verschanzte sich in Mailand, wo er sich noch zum Kaiser proklamierte. Bei der Belagerung der Stadt fiel indes Gallienus im September 268 einem Mordanschlag zum Opfer " Dem neuen
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INTERNV(«)TIVS DEORVM prägen, die auf einen militärischen Erfolg hindeutet: Schulzki 1996, 53, Nr. 33; Christol 1997c, 155; Trier: Schumacher 2003, 14 mit Anm. 51. Vgl. dagegen de Greef 2002,49 (Autun ?). HA Gall. 7, 1 : contra Postumum igitur Gallienus cum Aureolo et Claudio duce, qui postea imperium optinuit,... bellum iniit, et cum multis auxiliis Postumus iuvaretur Celticis atque Francicis, in bellum cum Victorino processit, cum quo Imperium participaverat. Victrix Gallieni pars fuit pluribus proeliis eventuum variatione decursis. Vgl. HA trig. tyr. 6, 1-2 (Mitwirkung des späteren Kaisers Victorinus; Teilnahme von ingentibus Germanorum auxiliis); Zon. 12,24 (S. 598, 9 14). Aufgrund von römischen Beigaben in Körpergräbern der Haßleben-Leuna-Gruppe versuchte Werner (1973, 22Í) einen Zusammenhang zwischen den Germanorum auxilia der gallischen Kaiser und thüringischen Germanen des mitteldeutschen Raumes herzustellen. Dagegen aber Erdrich2001,133-134 („abwegig"). Hartmann 2001, 226-227, Anm. 206. Vgl. Bakker 1993, 382; Kellner 1995, 346f ; Steidl 2000a, 118 u. 2000b, 79 (Datum der Rückgewinnung: 265). Anders: von Kaenel 1993, 127 mit Anm. 280-282 (Reparatur des Militärlagers Vindonissa unter Gallienus 260; Hinweise auf militärischen Sieg des Gallienus im Unterwallis); Dietz 1996; Dietz/Fischer 1996, 187f (Raetien sei noch Anfang der 260er Jahre „rasch" an Gallienus zurückgefallen). Einerseits berichtet Aur. Vict. Caes. 33, 17 davon, daß Aureolus usurpiert habe, cum per Raetias legionibus praeesset (vorsichtig indes: König 1981, 127). Andererseits deutet darauf die Tilgung des Namens des Postumus auf dem Augsburger Siegesaltar, die nach dem Tode des Gallienus wohl unterblieben wäre. Stickler 1995, 246f ; Jehne 1996, 202 mit Anm. 115; Eck 2004a, 565f Vgl. auch Kap. II.2, S. 274f Dort ist von der Wiederherstellung eines Bades durch Postumus die Rede, das infolge eines Aufstandes abbrannte (per prodit[ionem hostium] \ publicorum ba[lineum vi incendi] | consumptum a [fundamentiis) refecit]): Eck 2004a, 573f; 2004b, 151f (= AE 2004, 983); 2007, 38-41 (datiert allerdings den Angriff des Gallienus auf Postumus und die Zerstörung des Badehauses in das Jahr 265, den Wiederaufbau um 266-269). Hartmann 2006b, 85: Frühjahr 268. Vgl. König 1981, 128: Sommer 267; Drinkwater 1987, 33: Ende 267/Anfang 268; Peachin 1990,42: April/Mai - September 268; Christol 1997c, 154: Frühling/Sommer 267. Vgl. auch Schulzki 1996, 41; 66, Nr. 101 (erste Mailänder Prägungen des Aureolus für Postumus 266/267); Eck 2004a, 574. Zu Aureolus (PIR» A 1672; PLRE I 138) vgl. Kap. II.2, bes. Anm. 250 u. 280. Vgl. Zos. 1,40,1; Zon. 12,25 (S. 6 0 1 , 1 ^ ) . Aur. Vict. Caes. 33, 20-22; HA Gall, 14, 1-9; Zos. 1, 40, 2-3; loh. Ant. Fr. 152, 3 (FHG IV 599 = Fr. 63, Exc. de ins. 111 = Fr. 232 Roberto). Zon. 12, 25 (S. 601, 1 - 603, 6). Vgl. Christol
II.4 Das gallische Sonderreich
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Kaiser Claudius (Gothicus) gelang es noch 268, die Erhebung des Aureolus niederzuschlagen/® In der Folgezeit blieb Postumus unbehelligt, da Claudius gegen Alamannen in Norditalien sowie gegen die Goten auf dem Balkan vorgehen mußte/' Irti Sommer 269 feierte Postumus seine Decennalien;®° seine Herrschaft scheint indes zunehmend instabil geworden zu sein; dies läßt sich aus dem Silbergehalt seiner Münzen schließen, der sich schon im Jahr 268 verschlechtert hatte. In der Folge hatte Inflation eingesetzt.®' In der zweiten Sommerhälfte 269 (August/September ?) kam es zu der Erhebung des Ulpius Cornelius Laelianus in Mainz, die möglicherweise mit den aktuellen wirtschaftlichen Schwierigkeiten zusammenhängt;®^ offenbar suchte dieser die Unterstützung durch die in Xanten stationierte legio XXX Ulpia Victrix, deim auf Münzen des.Laelianus hält Germania ein Vexillum mit der Zahl XXX in der Hand.®^ Postumus erstickte den Aufstand bereits nach wenigen Wochen.®'' Als er sich indes weigerte, seinen Soldaten die Stadt Mainz zur Plünderung zu überlassen, wurde er selbst getötet.®^ Das Heer erhob in der Folge M. Aurelius Marius zum Kaiser, der ursprünglich ein Lagerschmied war.®® Der neue gallische Sonderkaiser Marius prägte in Mainz (?) und in Köbi;®^ noch im, Herbst 269 wurde auch er ermordet.®®
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1975, 823-825; Saunders 1992b, 93f. (zur Überlieferung über die Mörder des Gallienus); Christel 1997c, 154; Hartmann 2006b. Loriot/Nony 1997,14. Loriot/Nony 1997, 14f.; Christel 1997c, 155 (versetzt die Schlacht von Naissus gegen die Goten vor den Sieg über die Alamannen am Gardasee). Vgl. die Anekdote in Zon. 12, 26 (S. 604, 1319); Hartmann 2006b, 116. Vgl. Weiser 2004 (bes. 501 : August/September 269). Drinkwater 1987,34-35 u. 212; Christol 1997c, 155. Vgl. Ziegler 1983,61; Hollard 1996a, 206. Aur. Vict. Caes. 33, 8. Ulpius Cornelius Laelianus (PLRE I 492; vgl. Kap. X, Germ. sup. 5 ?) war Statthalter von Germania superior oder Kommandeur der legio XXII Primigenia in Mainz (Drinkwater 1987, 34 u. 177; Schumacher 2003, 14). Zum Datum vgl. Weiser 2004, 502. In früheren Studien wurde zumeist ein früheres Datum (zwischen Februar und Juli 269) angesetzt, doch scheinen die Decennalien-Aurei des Postumus für ein tatsächUches Erreichen des Decennalien-Termins im Hochsommer 269 zu sprechen. Vgl. König 1981,132 (Februar/März 269); Gilljam 1982, 17; Loriot/Nony 1997, 15. Christol 1997c, 155 (Juni/Juli 269). Vgl. femer Kienast 1996, 243. Zur Münzprägung des Laelianus: Elmer 1941, 56-58; Gilljam 1982; 1986; 1990; Schulzki 1996,70f RIC V 2, 372£, Nr. 3 (Aureus); 10 (Denar). Vgl. Schulte 1983, 48-50, Nr. 5; Elmer 1941, Nr. 624 CVIRTVS MILITVM). Drinkwater (1987, 34; 176-177) denkt, daß hierdurch um die Xantener Truppen geworben werden sollte. Vgl. Schumacher 2003,14. König 1981, 136; Drinkwater 1987, 35 u. 177; Weiser 2004, 502. Vgl. Christol 1997c, 155 (Herrschaftsdauer, Juin-juillet 269?")· Aur. Vict. Caes. 33, 8; Eutr. 9, 9, 1; loh. Ant. Fr. 152, 1 (FHG IV 598f = Fr. 61, Exc. de ins. 110= Fr. 230 Roberto); Drinkwater 1987, 35 u. 90. Vgl. Schulte 1983, 44f (Tod des Postumus „spätestens Februar/März 269"). Aur.·^ Vict. Caes. 33, 9: ferri quondam opifex; loh. Ant. Fr. 152, 1 (FHG IV 598Í = Fr. 61, Exc. de ins. 110 = Fr. 230 Roberto); König 1981,137-140; Drinkwater 1987,35. So König 1981,139. Vgl. noch Drinkwater 1987, 35 (Rücktransfer der Münzstätte des Postumus nach Köln).
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II· Die Ereignisse der Reichsgeschichte
Sein Nachfolger M. Piavonius Victorinus®' war woM der Sproß einer wohlhabenden gallischen Provinzialen-Familie aus Trier;™ unter Postumus hatte er den Posten eines tribunus praetorianorum irme/' im Jahre 268 bekleidete er gemeinsam mit Postumus den Konsulat/^ Der neue Kaiser war mit zahlreichen Problemen konfrontiert: das kontinuierliche Absinken des Geldwertes nach dem Tode des Postumus scheint das Vertrauen der Provinzialen in die gallischen Kaiser erschüttert und eine Hinwendung zur römischen Zentralregierung begünstigt zu haben." Im Laufe des Krisenjahres 269 büßte das gallische Sonderreich seine spanischen Gebiete ein, wie aus dem inschriftlichen Befund hervorgeht/'* Noch im Jahre 269 kam es zu einem Aufstand der gallischen Aeduer gegen Victorinus, die Kaiser Claudius um Unterstützung baten/' Im Auftrag des Claudius operierten wohl schon 269 Truppen unter lulius Placidianus in der Narbonensis/® Teile des südlichen Galliens und Britannien haben in der Folge wohl die Herr68
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König 1981, 140 (Herbst 269); Drinkwater 1987, 35 (Mitte 269); Loriot/Nony 1997, 15; Christol 1997c, 155 (Herrschaftsdauer .juillet-novembre 269?"); Münzen: Schulzki 1996, 72-75 (Antoniniani). Zu Victorinus: PIR' Ρ 401 ; PLREI 965, Nr. 12. König 1981, 141f. (die Inschrift CIL ΧΙΠ 3679 des Victorinus aus dem Stadtzentrum von Augusta Treverorum dürfte in einem Privathaus angebracht gewesen sein); Drinkwater 1987, 35f. CIL XIII 3679 = ILS 563 = König 1981, 209, Nr. 75 (Trier): M(arcus) Pia{v)onius Victo\rmus tribunusp\r(a)et[orid\norum \ \d{e) Í(MO) ? r]estituit. CIL II 5736. Gricourt/Hollard 1994 (Beginn des 4. Konsulats des Postumus: 1. Januar 268). Vgl. Eck 2004a, 569 (Konsulat 267 oder 268). Nach HA trig. tyr. 6, 1 habe ihn Postumus zum Teilhaber der Kaiserwürde gemacht {Victorinum, militaris industriae virum, in participatum vocavit imperii et cum eodem contra Gallienum conflixit). König 1981,145f. König 1981, 140. Vgl. Solana Sáinz/Hemández Guerra 2002, 67; Inschriften des Victorinus: Lafaurie 1975, 872f.; König 1981, 209-213, Nr. 75-93 (vgl. Nr. 94-96); Gallien·. CIL XIII 3679 (Trier, Belgica, undatiert: Victorinus tribunus praetorianorum)·, 12090= XVII.2 551 (Kyllwald/Neustraßburg, undatiert); CIL XIII 11976 (Liesenich/Zell, Belgica, Victorino Augusto et Sa{n)cto co(n)s(ulibus) X kal{endas) lunias); 9040 = XVII.2 509 (Brimont, Belgica, undatiert); CIL XIII 8958-8961 = XVII.2 466-^67 + 473-474 (Rennes, Gallia Lugdunensis, undatiert); CIL XIII 8975 = XVII.2 461 (Mayenne, Gallia Lugdunensis, undatiert); CIL XIII 8999 = XVII.2 387 (Nantes, Gallia Lugdunensis, undatiert); CIL XIII 9006 = XVII.2 392 (Lescomo, Gallia Lugdunensis, undatiert); CIL XIII 9012= XVII.2 423 (St.Méloir-des-Bois, Gallia Lugdunensis, undatiert); Britannien·. RIB 2238 (Chesterton, undatiert); ILS 565 = RIB 2241 (Bailgate, undatiert); RIB 2251 (Pyle/Neath, undatiert); CIL VII 1162 (Trecastle Hill, undatiert); RIB 2287 (Old Penrith, undatiert); 2296 (Corbridge, undatiert); Germanien: AE 1971, 279 = CIL XVII.2 604 (Illingen, Germania superior, undatiert). Paneg. 5, 2, 5; 5, 4, 2; Auson. parent. 4, 8-10 (Verbannung seines Großvaters, offenbar im Kontext der Erhebung). Vgl. König 1981, 148-157. CIL XII 2228 = ILS 569 (Grenoble, Gallia Narbonensis): Imp(eratori) Caesat{í\ \ М(агсо) Aurífilió) Claudio \ Pio Felici Invicto \ Aug(ustó) Germanico \ max{imó) pipntifici) m(aximo) tribiuniciaé) potes\tatis II co(n)s(uli) patri pa\triae procipnsuli) vexil\lationes adque \ équités itemque |praepositi et duce\nar{ii)protect(pres) ten\dentes in Narb(onensis) \ prov(incia) sub cura Iul(i) I Placidiani v(iri) p(erfectissimi) prae\fect(i) vigil(um) devoti \ numini maiesta\tiq(ue) eius. Vgl. König 1981, 149-150. Ins Jahr 269 verlegt diese Operationen Drinkwater 1987, 36;
II.4 Das gallische Sonderreich
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Schaft des Claudius anerkannt/' Victorinus widmete sich unverzüglich der Niederschlagung des Aufstandes'' und kesselte die Aeduer in ihrem Hauptort Augustodunum (Autun) ein, eine Maßnahme, die seine Kräfte sieben Monate lang beanspruchen sollte und etwa in der Jahresmitte (oder im Herbst) 270 zur Eroberung und völligen Zerstörung der Stadt führte." Die Aeduer konnten indes 270 nicht mehr mit der aktiven Unterstützung der römischen Reichszentrale rechnen: Claudius starb Ende August 270 in Sirmium; in den darauffolgenden Wirren konnte sich der an der Donau erhobene Aurelianus als Kaiser durchsetzen, doch war dessen vordringliche Aufgabe zunächst (270/71) die Abwehr eingefallener luthungen und Vandalen in Italien und Pannonien.®° An der Rheingrenze blieb es unter Victorinus wahrscheinlich weitgehend ruhig,®' auch in Britannien wurde seine Herrschaft anerkannt.®^ Im Jahre 271 (vielleicht im Frühjahr oder Spätsommer) wurde Victorinus in Köln im Zuge einer Meuterei ermordet,®^ die mögUcherweise in Verbindimg zur kurzeitigen Erhebung eines Domitianus (II.) zum Kaiser steht (in Trier ?), welche offenbar im Keim erstickt wurde.®'' Victoria, der Mutter des Victorinus, die über erheblichen politischen
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Christol 1997c, 157; Loriot/Nony 1997, 15. Unklar ist, ob die Expedition des Placidianus in der Folge des Aeduer-Aufstandes geschah oder ihm vorausging (Drinkwater; Loriot/Nony). Zu Placidianus (PIR^ 1468; PLREI 704, Nr. 2) vgl. Kap. II.3, S. 305 und Kap. X, PPO 16. Inschriften, die Claudius Gothicus erwähnen: König 1981,206-209, Nr. 63-74 (Britannien: RIB 2246; Spanien: CIL II 1672; 3619; 3737; 3833; 3834; 4879; 4505; Gallien: König, Nr. 71-74). Vgl. Kap. II.3. Nach Drinkwater (1987,37) setzte die Belagerung erst Anfang 270 ein. Der Panegyriker Eumenius beklagt die Zerstörungen noch im Jahre 297/98: Paneg. 9. Vgl. König 1981, 150-152; Drinkwater 1987, 38 (Herbst); vgl. femer Le Gentilhomme 1943; Könning 2007, 153; 205f ; 227f Die Erfolge des Victorinus wurden durch die Münzprägung - Victorinus prägte in Trier und Köln - propagandistisch verbreitet, vgl. Hollard 1994c, 901. Die Chronologie des Jahres 270 ist unsicher. Vgl. allgemein: Hartmann 2001, 231-241; 352 mit Anm. 1; Peachin 1990, 42-44 (Tod des Claudius etwa Mitte August 270, Erhebung Aurelians Ende August/Mitte September); Christol 1997c, 158-160; Kreucher 1998; Watson 1999,47f u. 216-224. Zum Krieg gegen die luthungen: Saunders 1991, 163-187; 1992a, 325 (postuliert Abfolge: erster luthungen-Einfall Herbst 270; Vandalenkrieg Frühjahr 271; zweiter luthungenEinfall März/Mai 271). Dagegen Estiot 2004, 10-12 u. 129-138 (Zweifel an der Historizität eines ersten luthungen-Einfalls). Vgl. dazu Kap. II.3. Vgl. König 1981,147. Vgl. die Inschriften König 1981,212f, Nr. 88-93. Aur. Vict. Caes. 33, 12; Eutr. 9, 9, 2; loh. Ant. Fr. 152, 1 (FHG IV 598f. = Fr. 61, Exc. de ins. 110= Fr. 230 Roberto). Vgl. HA trig. tyr. 6, 3. Eck 2004a, 577 (Spätsommer 271); Christol 1997c, 161 (zweite Hälfte 271); Drinkwater.1987,40 („early months of271"); König 1981,144. Domitianus (PIR^ D 114; PLRE I 262, Nr. 1 mit Martindale 1980,482) ist wohl mit dem bei Zos. 1 , 4 9 , 2 genannten Usuφator unter Aurelian und mit einem Offizier des Aureolus unter Gallienus (HA Gall. 2, 6; trig. tyr. 12, 13-14; 13, 3) identisch. Früher wurde vermutet, daß die Erhebung im Donauraum oder im östlichen Gallien geschah (Hartmann 1982, 64; Watson 1999, 52 u. 161f: Usuφator in Südgallien). Von diesem Domitianus existierte bislang nur eine einzige, im Jahr 1900 in Cléons (Frankreich) gefundene Münze (RIC V 2, 590, Nr. 1; vgl. 578), die zumeist für eine Fälschung gehalten wurde (Laffranchi 1942, 19-22; Okamura 1992a, 103-109; Kienast
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п. Die Ereignisse der Reichsgeschichte
Einfluß verfugte, gelang es, das gallische Sonderreich vor dem Kollaps zu bewahren, indem sie die Wahl des Gouvemeurs von Aquitania, Tetricus, zum neuen Kaiser durch das Heer bewirkte.^^ Victorinus wurde divinisiert.^® C. Pius Esuvius Tetricus^^ war ein Repräsentant des gallischen Senatsadels; seine Erhebung zielte offenbar darauf ab, einen Ausgleich zwischen Provinzialen und Soldaten nach den Ereignissen von 269/70 herbeizufuhren, deim nicht wenige Provinziale sympathisierten offenbar mit der römi88
sehen Zentralregierung. Bereits zu Beginn seiner Regierung, in den Jahren 271 und 272, war es offenbar für Tetricus nötig, einen Germaneneinfall abzuwehren; den - soweit bekannt - ersten seit 264.®' In diesen Jahren, in denen die Kräfte des Zentralkaisers Aurelian an der Donau und im Orient gebunden waren, scheint sich der Zustand des gallischen Sonderreiches vorübergehend stabilisiert zu haben: Neben den Kemgebieten um Trier und Köln wurde die Herrschaft des Tetricus in Britannien, in den nördlichen und westlichen Teilen Galliens und sogar in der westlichen Narbonensis (Barbaira imd Béziers) anerkannt, wie der inschriftliche Befiind zeigt.'" Die bevorzugte Residenz des Tetricus dürfte Trier
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1996,237; dagegen in jüngerer Zeit für ihre Echtheit und für eine Identifizierung des Domitianus als Kaiser des gallischen Sonderreiches: Weder 1997, 129-133 mit Anm. 14; Schumacher 1997, 248; Estiot 2004, 13f.; 22; pl. 88, 315a; Estiot/Salaün 2004, bes. 214-217. Vgl. Hartmann 1982, 99 mit Anm. 3; von einem gallischen Sonderkaiser Domitianus sprach schon Stein 1902; vgl. auch A. Stein, Domitianus 2, RE V 1, 1903, 131 If.; PIR^ D 114). Im April 2003 wurde indes eine zweite Münze Domitians mit der Legende IMP С DOMmANVS Ρ F AVG in Chalgrove (Oxfordshire) in einem Münzschatz aus dem 3. Jh. mit ungefähr 5.000 Stücken gefunden (vgl. Kurzmitteilung voii G. Gromotka, Numismatisches Nachrichtenblatt 53.5, 2004, 201); seit der Identifikation der Münze im Februar 2004 ist die Existenz dieses gallischen Usuφators zweifelsfi-ei belegt. Zur neuen Münze des Kaisers (heute im Ashmolean Museum in Oxford): Abdy 2004; Abdy/Harling 2005, 176-178; Morgan 2006, 175f ; Brandt 2006,19-20; Hekster/Manders 2006, 135. Aur. Vict. Caes. 33, 14; Eutr. 9, 10 (successit Tetricus senator, qui Aquitaniam honorepraesidis administrons absens a militibus imperator electus est et apud Burdigalam purpuram sumpsit); loh. Ant. Fr. 152, 1 (FHG IV 598f = Fr. 61, Exc. de ins. 110= Fr. 230 Roberto); König 1981, 158-160. Zu Victoria vgl. PLREI 961f Eck 2004a, 578; vgl. Elmer 1941, Nr. 785. Zu Tetricus (PIR' E 99; PLRE I 885, Nr. 1 ) vgl. auch Kap. X, Aqu. 1. König 1981, 159-160. In der Münzprägung finden sich in den Jahren 271-273 die Legenden SPES PVBLICA und FIDES MILITVM (Elmer 1941, Nr. 158-163; S.chulzki 1996, 44-45), die offenbar auf die Provinzialen sowie auf das Heer wirken sollten (König 1981, 169). Zum Verhältnis zum Senat vgl. auch Ziegler 2003 (mit seinen Aurei wollte Tetricus nicht nur Senatoren und Volk im Sonderreich, sondern auch im Zentralreich ansprechen, um sich als Altemative zu Aurelian anzubieten). König 1981, 169; Drinkwater 1987, 40. Münzien mit der Legende VICTORIA AVG ab 271: Schulzki 1996,44 u. 97; 2001, lOf; Eck 2004a, 578; vgl. Elmer 1941, Nr. 748-751. CIL XVII.2 287 = ILS 567 = ILGN 655; CIL XVII.2 299 = ILGN.656 = ÀE 1888, 144 = 1907, 139 (= König 1981, 216f, Nr. 108 u. 114); König 1981, 167-169 (konstatiert S. 168 „einen gewissen politischen Aufschwung" in den ersten Regierungsjahren des Tetricus); Christol 1997c, 161; Inschriften des Tetricus: Lafaurie 1975, 873f.; König 1981, 213-218, Nr. 97-115; Germa-
II.4 Das gallische Sonderreich
337
gewesen sein; diejenigen Forscher, die die Hauptstadt des Postumus in Köln vermuten, postulieren nun eine Verlegimg der Residenz nach Trier;" doch schon zuvor hatte Trier als Münzstätte fiingiert.®^ Im Jahr 272 (oder erst im Frühjahr/Sommer 273 ?) erhob Tetricus seinen Sohn, Tetricus iunior, zum Caesar,'^ eine Maßnahme, die auf vorausgegangene innere Schwierigkeiten schließen läßt. Der Edelmetallgehalt der AntoninianPrägungen des Tetricus hatte in dieser Zeit einen Tieφunkt erreicht.''* Im Herbst 273 war Aurelian von seinen Feldzügen gegen das palmyrenische Teilreich im Osten (272-273) nach Rom zurückgekehrt.'^ Tetricus geriet um dieselbe Zeit in äußerste Bedrängnis, da sich Faustinus, vielleicht der Statthalter von Belgica, ausge-
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nien·. CIL XIII 9041 = XVII.2 526 (Dijon, Germania superior, 271); Gallien·. CIL XVII.2 299 = ILGN 656 = König 1981, 217, Nr. 114 (Barbaira, Gallia Narbonensis, 274, Erwähnung des cos. Tetricus iunior); AE 1978,499 (Caro, Gallia Lugdunensis, 272/73 ?, Erwähnung des Caesars Tetricus iunior); CIL XVII.2 287 = AE 1890, 154 (Béziers, Gallia Narbonensis, 272 ?); CIL XVII.2 302 = AE 1960, 175 (Montgaillard-Lauragais, Gallia Narbonensis, 273, t[rib{unicia) pot(estate) //?] I cos.y, CIL XIII 8925 = XVII.2 365 (St. Léger-Magnazeix, Aquitania, undatiert); CIL XIII 9000 = XVII.2 388 (Nantes, Gallia Lugdunensis, 272/73 ?); CIL XIII 8970 = XVn.2 424 (Rennes/Saint-Gondran, Gallia Lugdunensis, 272 ?); CIL XIII 8927 = XVII.2 432 (Niort/Fundort: Rom, Datum?); CIL XIII 8962-8964= XVIL2 468-479 (Rennes, Gallia Lugdunensis, Datum ?); CIL XIII 8977 = XVII.2 450 (Bayeux, Gallia Lugdunensis, 272/73 ?); CIL XIII 3035, 23 (Paris, undatiert); Britannia: CIL VII 1150-1151 = RIB 2224-2226 (Bitteme, undatiert); RIB 1885 (Birdoswald, undatiert); König 1981, 217, Nr. 113 (Rochboume, 272/73 ?, Erwähnung des Caesars Tetricus iunior). Als Grund hierfür wird ein erhöhtes Sicherheitsbedürfiiis erwogen, aber auch eine Reaktion auf verstärkte Spannungen zwischen dem Kaiser und seinem Rhein-Heer. Vgl. Drinkwater 1987,40; König 1981, 172 (drohende Truppenrevolten in Köln); 174f. (postuliert Differenzen zwischen Tetricus und dem Heer seit Frühjahr/Sommer 272); Schulzki 2001, 11 u. 79 (Veriagerung der Residenz um 272); Eck 2004a, 579. Vgl. auch Elmer 1941, 78-80 (Hauptstadtveriagerung unter Tetricus, erschlossen aus der Veriegung der Goldprägung von Köln nach Trier); Ziegler 1986b, 875; Johne 2007b, 50. Eck 2004a, 576 (Verlagerung von Hauptstadtfunktionen von Köhl nach Trier schon unter Victorinus); Weiser 2003, 9-23 u. 29; 2004, 502 (Trierer Münzstätte sei aus einer unter Laelianus in Mainz aktiven Münze hervorgegangen). Dagegen Drinkwater 1987, 141f ; Bland/Bumett 1988, 147; Gricourt 1990, 36-40 (Trier bereits ab Postumus Hauptresidenz und Münzstätte); Gricourt 1993a, 88, Anm. 3 {Moneta in Trier, Eröffnung einer Kölner Münzstätte durch Postumus erst 268). Vgl. Hollard 1994c; Weder 1998, 105 (nur noch eine Münzstätte der gallischen Kaiser ab Domitianus II. bezeugt); Zschucke 1993,51. Aur. Vict. Caes. 33, 14. Vgl. PIR= E 100; PLRE I 885, Nr. 2; Datum: CIL XVII.2 287= ILS 567 = ILGN 655 aus Béziers nennt Tetricus iunior als Caesar während der trib.pot. //(Dezember 271-272) des älteren Tetricus; König 1981, 162-166; Ziegler 1986b, 875. Dagegen: Loriot/Nony 1997,16 (273); Kienast 1999,248 (273 ?). König 1981, 171 (Fälschungen/Barbarisierungen); Drinkwater 1987, 155; Hollard 1996a, 206; Schulzki 2001, 33; Eck 2004a, 578f (private Prägestätten für Notgeld im Hambacher Forst). Estiot 2004, 19-21; Loriot^siony 1997, 15f ; Christol 1997c, 159f. Vgl. auch König 1981, 175177.
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П. Die Ereignisse der Reichsgeschichte
rechnet in Trier gegen ihn erhoben hatte.'® Wohl nicht zuletzt vor dem Hintergrund eines zu erwartenden Eingreifens des siegreichen Aurelian in Gallien bot Tetricus - wie überliefert wird- der römischen Zentralregierung insgeheim seine Zusammenarbeit an.'^ Im Frühling 274 begann Aurelian einen Vorstoß nach Nordgallien, und eine Feldschlacht bei Catalaimiun (Châlons) brachte bald die Entscheidung: das gallische Sonderreich brach zusammen.'® Aurelian bemühte sich umgehend um eine Reorganisation der gaUischen Gebiete, indem die Münzstätte von Lyon wiedereröf&et wurde (während die Münzen von Köln und Trier geschlossen wurden);" gleichzeitig finden wir im gallischen Raum zahlreiche Meilensteine mit der Neimung Aurelians, der sich nun als restitutor Galliarum undpacator orbis feiern ließ.'°° In Rom feierte Aurelian im Herbst 274 einen Triumph, bei dem neben Tetricus die Palmyrenerin Zenobia mitgeföhrt wurde.'®' Durch die Übereinkunft mit Aurelian kamen Tetricus und sein Sohn nicht allein mit dem Leben d[avon; vielmehr fand Aurelian für den älteren Tetricus Verwendung in der Reichsverwaltung, indem er ihm das Amt eines corrector Lucaniae übertrug.'"^ Ausdruck der dementia Aurelians war es auch, daß das Andenken der gallischen Kaiser nicht getilgt wurde.
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Pol. Silv. 522, 49: Faustinus Treveris; Aur. Vict. Caes. 35, 4. Zu Faustinus (PIR' F 131; PLRE I 326, Nr. 1) vgl. Kap. II.3, Anm. 79, und Kap. X, Belg. 2. Zum Zeitpunkt der Kontakte zwischen Aurelian und Tetricus vgl. König 1981,177 (der bedrängte Tetricus habe Aurelian zum Eingreifen ermutigt); Kotula 1997,150 (erst während der Schlacht bei Châlons). Die gesamte Episode wird von Drinkwater (1987, 42f.) für unhistorisch angesehen und als Bruchstück der Propaganda Aurelians identifiziert; ebenso Watson 1999, 93f. Eutr. 9, 13, 1 {superávit in Gallia Tetricum apud Catalaunos ipso Tétrico prodente exercitum suum, cuius adsiduas seditiones ferre non poterai, quin etiam per litteras occultas Aurelianum ita fuerat deprecatus, ut inter alia versu Vergiliano uteretur: ,^ripe me his, invicte, malis"); Aur. Vict. Caes. 35, 4; Oros. 7, 23, 5; HA trig. tyr. 24, 3; Datum; Kotula 1997, 191; Hartmann 2001, 411. Vgl. Watson 1999, 92-98. Biegel 1975, 760f.; Schulzki 2001, 11 u. 43 (Folge der Schließung der Kölner und Trierer Münzstätten „ist ein katastrophaler und lange andauernder Mangel an offiziellem Geld, der zu gravierenden Konsequenzen fiir den Münzgeldumlauf in dieser Region führt"). König 1981, 178; Christel 1997c, 161. Zum Titel pacator orbis: Estiot 1998, 101-104 (Bezug auf Rückgewinnung Galliens). Eutr. 9,13,2; HA Aurelian. 34,2. König 1981, 179; Kotula 1997, 157; Watson 1999, 95; Hartmann 2001, 416; Eck 2004a, 580. Seinem Sohn wurde die Senatorenwürde bestätigt: Aur. Vict. Caes. 35, 5. Eutr. 9, 13 (qui quidem Tetricus corrector Lucaniae postea fuit ас privatus diutissime vixit)·, НА Aurelian. 39, 1. Vgl. HA trig. tyr. 24, 5 (corrector totius Italiae). Drinkwater 1987, 91. Zu diesem Amt auch Kap. IV.3, S. 665f. Drinkwater 1987, 43 u. 131; Eck 2004a, 580. Auch Amtsträger der gallischen Kaiser konnten ungehindert ihre Karriere fortsetzen, vgl. den Anonymus der Inschrift CIL VI 1641 = AE 1957, 323= 1998, 873): [prarfectus] vehiculorum per Gallias] [proc(urator)] monetae Triveric(a)e praeses | [provijnciae Germaniae superioris. Vgl. Kap. X, Germ. sup. 4.
II.4 Das gallische Sonderreich
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K a u m befriedigend zu beantworten ist die Frage, ob sich im gallischen Sonderreich separatistische Bestrebungen der nordwestlichen Reichsgebiete manifestierten'®'* oder ob es sich bei Postumus und seinen Nachfolgern vielmehr u m „gewöhnliche" U s u φ a t o ren handelte, die sich als Repräsentanten des Gesamtreiches s a h e n . F ü r die erste Deutung spräche etwa der Umstand, daß Eutrop i m Kontext der Einsetzung des Victorinus v o n einem Galliarum Angabe der Historia nominis
Imperium Augusta
spricht.'"® D i e zweite Inteφretation kann sich auf die
stützen, w o n a c h die gallischen Kaiser adseriores
Romani
g e w e s e n seien.'"^ In der Münzprägung sind sowohl spezielle B e z ü g e auf die
gallischen Provinzen'"^ als auch auf R o m imd das Gesamtreich'"® festzustellen. Ein neues Reichszentrum als Gegenpol zu R o m entstand unter den K a i s e m des gallischen Sonderreichs nicht,"® doch ist dieser Umstand w e n i g aussagekräftig i m Hinblick auf
104 Ziegler 1986a, 873; Grünewald 2001b, 300f. (Postumus habe seinem Herrschaftsgebiet „durch einen eigenen Senat, eigene Konsuln und weitere Züge von Eigenstaatlichkeit einen durchaus separatistischen Charakter gegeben"). Vgl. Biffi 1989, 34-36 u. 1990, 3-5. Zu den gallischen Senatoren des 3. Jh. vgl. auch Colin 1954. 105 König 1981, 182-188; Hartmann 2001, 457-460 (,4cein separatistisches gallisches, ,nationales' Reich") mit Anm. 64; Eck 2004a, 565. Vgl. Jullian 1913, 575-578; Hatt 1959, 227; Christol 1985, 96; Drinkwater 1987, 250f.; Kotula 1987b, 354; Christol 1997c, 146f. („L'appréciation de le sécession gauloise doit... être nuancée"); Urban 1999, 89. 106 Eutr. 9 , 9 , 3 : Victorinus postea Galliarum accepit Imperium, vir strenuissimus. 107 HA trig. tyr. 5, 5: ita Gallieno perdente rem p. in Gallia primum Postumus, deinde Lollianus, Victorinus deinceps, postremo Tétricas- nam de Mario nihil dicimus- adsertores Romani nominis extiterunt. 108 Vgl. für Postumus: SALVS PROVINCIARVM (Elmer 1941, Nr. 117; 119; 123; RIC V 2, 340; 344, Nr. 38 u. 87); RESΉTVTOR GALLIAR (Elmer 1941, Nr. 202; 206a; 587; RIC V 2, 343; 355, Nr. 82; 223 - diese Legende findet sich auch auf einer Serie des Victorinus, Elmer 1941, Nr. 729). Markant ist die Erwähnung lokaler Gottheiten auf den Münzen, etwa Hercules Deusoniensis / Hercules Magusanus (s. o.), vgl. Derks 1998, 21 u. 25f. (Signal eines Bruchs mit der Vergangenheit hin zu einer eher martialischen Ideologie). Motive, die lokale gallische Gesellschaftsschichten ansprechen sollten: Kotula 1987b, 361 (Motive zielen auf Loyalität der Rheinarmeen ab); Kaczanowicz 1997b, 32f.; Kluczek 2004, 210; Hekster/Manders 2006, 141. Vgl. Kaczanowicz 1992,116-119 u. 1995,144Í Auf einem Aureus des Postumus ähneln die Gesichtszüge des Gottes Hercules Deusoniensis denen des Kaisers (Thys 1988, 72 u. 77, Nr. 17 = Elmer 1941, Nr. 325). Hinweise auf gallisch-keltische Motive finden sich eventuell auch im Fall einer Darstellung des Gottes Lugus auf einem irregulären/hybriden (?) Doppelsesterz des Postumus von 266/267: Gricourt/Hollard 2002, 131; vgl. noch Gricourt/Hollard 1997, 222-226. Vgl. auch eine Münze mit dem Bild des Gottes Taranis: Gricourt/Hollard 1990; 1991; 1997, 221. 109 Vgl. fiir Postumus: REST(íí«tor) ORBIS (Elmer 1941, Nr. 592; RIC V 2, 363, Nr. 324). Aus der Münzpropaganda des Tetricus läßt sich ebenfalls ein „Anspruch auf die Gesamtherrschaft im Imperium Romanum" ableiten (Ziegler 2003,230). 110 Schulzki 2001, 79: keine besondere wirtschaftliche Blüte Kölns unter Postumus. Vgl. Hellenkemper Salies 1984,96: „Ein nationaler Charakter des gallischen Sonderreichs M t sich weder an Form und Inhalt der Münzprägung nachweisen, noch an einem höfischen Zentrum der Colonia Claudia Ara Agrippinensium"; vgl. femer Hellenkemper 2002, 49 (dort auch zum Bogen des Nordtors in Köln, wo - als „sichtbare Spur" des Herrscherwechsels - die Inschrift [C.] Valeriana Gallieniana offenbar unter Postumus getilgt wurde); Eck 2003, 293f. Aus der Darstellung eines
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П. Die Ereignisse der Reichsgeschichte
die Absichten des Postumus und seiner Nachfolger, da die intensiven Bemühungen um eine Sicherung der Grenzen die Ressourcen und Kräfte banden. Dies mag indes auch der Grund dafür sein, daß die gallischen Kaiser nicht durch einen Marsch auf Rom versuchten, ihre Herrschaft auf Italien auszudehnen, um hierdurch ihre Ansprüche auf die Reichsherrschaft geltend zu machen. Signifikant sind indes einige strukturelle Merkmale des galhschen Sonderreichs, auf die Ziegler aufinerksam gemacht hat: Postumus und seine Nachfolger strukturierten ihr Herrschaftsgebiet nach herkömmhchem römischem Muster. Nachweisbar sindeine Besonderheit bei den Usurpationen des 3. Jahrhunderts - jährlich wechselnde Konsulpaare"^ und eine Prätorianergarde, an deren Spitze wohl spätestens in der Endphase der Regierung des Postumus sein späterer Nachfolger Victorinus stand. Wichtig ist, daß auch eine gallische Notabeinversammlung existiert zu haben scheint, die die Funktionen eines Senates übernahm: Es war offenbar dieses Gremium, das die Divinisierung des Victorinus beschloB.""* Zudem erhielt offenbar die Bevölkerung der Residenz des Postumus ähnliche Privilegien wie die der Stadt Rom, indem sie in den Genuß von liberalitates imd der annona kam."' Christol hat freilich daraufhingewiesen, daß bereits unter Gallienus und seinem Sohn Saloninus (ab 258) gesamtstaathche Institutionen - ein .Staatsrat', eine Münzoffizin - in Köhl arbeiteten."® Es lag insofern nahe, daß sich nach 260 Postumus auf diese vorhandenen Strukturen stützte; demnach ist für das gallische Sonderreich die Herausbildung von Parallelinstitutionen bezeugt, die zumin-
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Triumphbogens auf einem 1997 veröffentlichten Sesterz des Postumus (Hollard 1997a) könnte indes hervorgehen, daß dieser Kaiser (um 260 ?) ein solches Monument - wenigstens als Provisorium - errichten ließ. Vgl. Eimer 1941, 33; Gricourt 1990,50. Christol 1985,95; Ziegler 1996,15£ u. 20; Eck 2004a, 565. Ziegler 1996, 17; Konsuln unter Postumus: Postumus und Honoratianus (260, AE 1993, 1231 a b); Postumus IV und Victorinus (268, CIL II 5736; zum Datum des 4. Consulats des Postumus vgl. Gricourt/Hollard 1994). Seinen zweiten Consulat dürfte Postumus im Januar 261 angetreten haben (Gricourt 1993), den dritten im Januar 262 (vgl. Hollard 1994). Zu einem unbestimmten Zeitpunkt zwischen 263 und 267 amtierten A p r H und Rufl-] (CIL VII 802 = ILS 4722 = RIB 1956), Dialis und Bassus (CIL XIII 3163) sowie Censor II und Lepidus II (AE 1930, 35; CIL XIII 6779; CIL VII 287 = ILS 2548 = RIB 605). Eck (2004a, 568) vermutete, daß Postumus im Falle von Censor und Lepidus auf zwei Senatoren zurückgriff, die bereits vor seiner Erhebung Konsub waren. Hintergrund ist wohl, daß diese in ihrer gallischen Heimat besonderes Ansehen genossen. Ziegler 1996, 18; CIL XIII 3679= ILS 563 (Trier, undatiert). Die Grabinschrift eines möglicherweise unter Postumus verstorbenen Tribuns der Prätorianergarde namens Liberalinius Probinus fand sich in Köln: Eck 2004a, 570; HA trig. tyr. 6,1 (Beteiligung des Victorinus an Kämpfen gegen Gallienus, also ab etwa 266). Ziegler 1986a, 873; 1996, 17£; 2003, 224 mit Anm. 8. Vgl. Alföldi 1939a, 187f. (= 1967, 368). Zweifel an der Existenz eines solchen Senats etwa bei König 1981,187; Eck 2004a, 566-570. Ziegler 1986a, 873 u. 1996, 18-20; Aurei des Postumus mit der Legende LIBERALITAS AVG und ANNONA AVG: Elmer 1941, Nr. 302; 338-345; 376; RIC V 2, 338£, Nr. 19 u. 27. Christol 1985, 95f (,^η quelque sorte, un pouvoir décentralisé s'était mis en place avant même que n'apparaise l'empire de Postume"); 1997a, 252f
II.4 Das gallische Sonderreich
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dest Zeugnis dafür ablegen, daß die gallischen Kaiser ihr Herrschaftsgebiet nach dem Muster der Zentralkaiser strukturierten, ohne daß hierdurch aber ein Anspruch auf die Vertretung des Gesamtreiches aufgegeben worden sein muß.'" Auch nach dem Ende des gallischen Sonderreichs im Jahre 274 gelang es der römischen Reichszentrale nicht, in ausreichendem Maße für die Sicherung der nordwestlichen Provinzen zu sorgen."® Als indes in der diocletianisch-constantinischen Zeit nach einer neuen Lösung für dieses Problem gesucht Und die Reichsverwaltung dezentralisiert wurde, erwies sich das frühere gallische Sonderreich als richtungweisend. Constantin schuf nach 317 vier regionale Prätorianerpräfekturen; die gallische Präfektur imifaßte in etwa das Gebiet des galhschen Sonderreiches in seiner weitesten Ausdehnung.'" Schon in diocletianischer Zeit war Trier zum kaiserlichen Residenzort aufgestiegen, später hatte der zuständige regionale Präfekt seinen Sitz in T r i e r . A u c h die Münze von Trier hatte unter Constantius Chlorus um 293/94 die Prägetätigkeit wieder aufgenommen.'^'
117 Ziegler 1996, 20 („Ein ursprünglich nur als Übergangslösung gedachter Zustand institutionalisierte sich nach und nach"); 2003,230f.; Alföldi 1939a, 187f. (= 1967,367f.). 118 Vgl. Pirling 1998, 638; Schalles 2007, 373 (eventuell Zerstörungen in Xanten 274/76). 119 Vgl. Johne 2007b, 50; Herrmann-Otto 2007,156f. 120 Vgl. Demandt 2007,293f.; Goethert/Kiessel 2007, 304f. 121 Vgl. Gilles 2007, 314.
п.5 Das palmyrenische Teilreich Udo Hartmann
Als die palmyrenischen Trappen im Spätsommer 260 den Säsäniden Säbuhr am Euphrat angriffen, traten die Dynasten aus der syrischen Oasenstadt Palmyra zum ersten Mal in den Blickpunkt der römischen Historiker. Für zwölf Jahre bestimmten sie nun die Geschicke des römischen Orients. Der Stadtherr imd Konsular Odaenathus konnte als Kaiserstellvertreter im Nahen Osten eine persönUche Macht errichten, die dann sein Sohn Vaballathus unter der Regentschaft seiner energischen Mutter, der Königin Zenobia, zu einem Teilreich ausbaute, bis es schließlich im Jahr 272 zum offenen Konflikt mit Kaiser Aurelian kam, der den Untergang dieser besonderen Herrschaft besiegelte. Der Aufstieg der Dynastie, ihre geschickte Politik zur Errichtung einer eigenen Machtstellung innerhalb des Reiches und die Beziehungen zum Kaiser in Rom sollen hier in Grundzügen dargestellt werden.' Die mitten in der syrischen Steppe an der Strecke vom Mittelmeer zum Euphrat gelegene Oasenstadt Palmyra entstand vom 2. bis zum Ende des 1. Jahrhunderts v. Chr. als Zusammenschluß von aramäischen und arabischen Stämmen um ein Kultzentram, den Bel-Tempel.^ bn 1. Jahrhundert v. Chr. war Palmyra ein selbständiges Gemeinwesen zwischen Rom und Parthien. Pompeius beließ den Ort 63 v. Chr. noch außerhalb Zum palmyrenischen Teilreich vgl. bes. Hartmann 2001 (mit Quellen und Lit.; vgl. dazu auch Yon 2002b). Insbesondere mit Zenobia beschäftigt sich Equini Schneider 1993; populärwissenschaftlich und fehlerhaft Stoneman 1992; mit romanhaften Zügen Zahran 2003; in vielen Punkten überholt Février 1931. Die Auseinandersetzung zwischen Rom und Zenobia behandeln die neueren Monographien zu Aurelian, vgl. bes. Saunders 1991, 115ff.; 149ff.; 204ff.; Kotula 1997, 89fr.; Watson 1999, 25ff. u. 57ff.; vgl. noch Homo 1904, 84ff.; populärwissenschaftUch White 2005, 48ff.; 6 0 f ; 88f.; 99ff.; Überblicke bei Drijvers 1977, 846ff.; Will 1992, 172ff.; Miliar 1993, 159ff.; Sartre 2001, 971ff. u. 2005, 51 Iff.; Potter 2004, 256ff.; vgl. femer Teixidor 1997/98; Sartre-Fauriat 1997; Charles-GafFiot 2001; Young 2001,175ίΓ. u. 231ff.; Butcher 2003, 58fr.; Smith 2004, 55ff.; 291fr.; 403ίΤ.; Sommer 2004b, 99ff. u. 2005, 159fr. Unter den Aursätzen zu Einzelfragen seien hervorgehoben Bersanetti 1933; Alföldi 1938b, 68£f. (= 1967, 180ff.); Miliar 1971; Baldini 1975 u. 1976; deBlois 1975; Gawlikowski 1985 u. 2007; Bowersock 1987b; Nakamura 1993; Long 1996; Wieber 2000; zu Palmyra im 3. Jh. vgl. auch den unzureichenden Überblick von Teixidor 2005; Quellensammlung bei t)odgeon/Lieu 1991, 68-110; vgl. auch Gagé 1964; kommentierte Quellenauswahl bei Winter/Dignas 2001,186-196 (= 2007,155163); zu den Passagen der Historia Augusta über Palmyra vgl. Schwartz 1966b. Vgl. auch die Karte in DNP Suppl. 3 (2007), 220f Zu Palmyra vgl. bes. Starclo'/Gawlikowski 1985; Will 1992; Schmidt-Colinet 1995; veraltet Février 1931; Überblick bei Hartmann 2001, 45ff.; vgl. auch Drijvers 1977, 837ff.; Bounni/alAs'ad 1990; Kaizer 2002 (zur Religion); Yon 2002a (zur Gesellschaft); Smith 2004 (zu Gesellschaft und Staat); Sommer 2005,139fr.; vgl. Гетег die Artikel in Palmyre 1976; Ruprechtsberger 1987; Palmyra 1996; Cussini 2005.
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П. Die Ereignisse der Reichsgeschichte
der neuen römischen Provinz Syria, ein militärischer Vorstoß Marc Antons 41 v. Chrj scheiterte. Unter Tiberius wurde Palmyra dann aber in das Provinzgebiet integriert. In der Mitte des 1. Jahrhimderts wurde der Ort als Polis nach griechischem Vorbild reorganisiert.^ Seine Blüte im 2. Jahrhundert verdankte die Stadt den Reichtümern aus dem Karawanenhandel von Indien und Babylonien ans Mittelmeer, der von den Palmyrenem organisiert wurde.'* Palmyrenische Handelsgesellschaften stellten die Karawanen zusammen. Ein Synhodiarch sorgte für den Schutz der Karawane vor räuberischen Nomadenstämmen imd führte sie von den Handelszentren in Parthien durch die unsichere Wüste und entlang des Euphrats nach Palmyra. Die Palmyrener bauten eine umfangreiche Handelsinfrastruktur zwischen Palmyra und dem Persischen Golf auf. Palmyrenische Händler besaßen im 2. Jahrhundert Faktoreien in Spasinou Charax und Forât, Städten in der Mesene, sowie in Vologesias, dem parthischen Emporium bei Ktesiphon. Auf dem Weg von Babylonien nach Palmyra schützte eine palmyrenische Miliz Karawanen und Handelsrouten. Diese irregulären Einheiten standen unter dem Befehl von palmyrenischen Strategen. In der Steppe der Palmyrene zwischen dem Euphrat und der Stadt Palmyra besaß die Miliz ein dichtes Netz an Stationen, die der Versorgung der Karawanen imd dem Schutz der Wege dienten. Die Palmyrener übernahmen wohl für die römische Armee auch den Grenzschutz in der Region, sie kontrollierten die arabischen Nomadenstämme und sorgten für Sicherheit im Grenzraum. Sie arbeiteten dabei eng mit den römischen Behörden zusammen und erhielten dafür ein hohes Maß an Selbständigkeit innerhalb der Provinzstrukturen.' Der Aufstieg Palmyras im 2. Jahrhundert manifestiert sich im prächtigen Ausbau der Stadt. Hadrian stattete Palmyra im Jahr 130 einen Besuch ab und gab der Stadt den Beinamen Hadriana. Besondere Förderung erfuhr sie durch die Severer; Caracalla verlieh ihr 211/12 den Status einer colonia mit ius Itali-
App. civ. 5, 9, 37-38 (Marc Anton); dieser Bericht kann nur wenig Vertrauen genießen, vgl. Hekster/Kaizer 2004; Plin. nat. 5, 88; Starcky/Gawlikowski 1985, 33ff.; Will 1992, 33ίΤ.; Hartmann 2001,46fr.; zur Integration unter Tiberius vgl. auch Teixidor 1984, lOffi; Miliar 1993,34f. Wesentlich später datieren die Integration dagegen Baldini 1974, llSff. (unter Caracalla); Isaac 1990, 141fr. (in der Mitte des 2. Jh.); vorsichtig Edwell 2008, 36fr. (wohl erst im fnihen 3. Jh.). Zur Verfassung Palmyras vgl. Gawlikowski 1973, 42fr.; Will 1992, 40fr.; Sartre 1996, 386fr.; Yon 2002a, 9ff.; vgl. femer Smith 2004, 262fr.; den griechisch-römischen Charakter bestreitet Sommer 2005, HOff. Vgl. bes. Will 1957 u. 1992, 57fr.; Gawlikowski 1983a u. 1996; Teixidor 1984; Drexhage 1988b, 22fr.; Schuol 2000, 379fr.; Young 2001, 136fr.; vgl. femer Smith 2004, 145fr.; Sommer 2005, 202fr; Edwell 2008,31fr.; Überblick bei Hartmann 2001, 52fr. Zur Miliz vgl. Will 1992, 52fr.; Hartmann 2001, 54fr.; Young 2001, 157ff. u. 229Г. (mit Belegen); v g l Гетег Ingholt 1976, 123fr.; Drexhage 1988b, 105fr.; Miliar 1993, 133fr.; Drijvers 1995a; Smith 2004, 324fr Sommer (2005, 179; 206Г.; 212f.) deutet die „Wüstenpolizei" als nomadische und halbnomadische Stammesangehörige ohne feste Organisation, die den zeitweise in Palmyra residierenden und den Handel organisierenden Clanchefs gehorchten; die Oberschicht sei tribale und urbane Elite zugleich gewesen.
II.5 Das palmyrenische Teilreich
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cum. Nunmehr amtierten in der Stadt zwei duumviri. Alle Bürger erhielten das römische Bürgerrecht und den Gentilnamen lulius Aurelius.® Die einseitige Orientierung Palmyras auf den Femhandel machte diesen Reichtum äußerst anfällig für politische Veränderungen an der Ostgrenze. In der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts geriet Palmyra in eine regionale Krise, die eng mit dem Aufstieg der Säsäniden verbunden war. Die Parther hatten den palmyrenischen Händlern weitgehend freie Hand gelassen. Mit der Besetzimg der Mesene durch ArdaSîr I. in den 220er Jahren änderte sich dies jedoch grundlegend. Zwar wurden die Handelswege nicht gesperrt, doch unterlag der Handel nun starken Reglementierungen; der palmyrenische Femhandel ging deutlich zurück. Dies zeigt sieh am drastischen Rückgang der palmyrenischen Karawaneninschriften in der ersten Hälfte des Jahrhunderts: Für den Zeitraum von 212 bis 273 sind lediglich vier Inschriften bekannt.' Die Faktoreien in der Mesene werden nicht mehr erwähnt, Vologesias letztmalig im Jahr 247; die Stationen in Persien mußten offenbar geschlossen werden. Der Niedergang des Femhandels hing auch mit dem geringeren Bedarf an teuren orientalischen Luxusgütem im Römischen Reich in der Soldatenkaiserzeit zusammen.' Eng mit der veränderten politischen Situation in Persien war auch ein zweiter Faktor der Krise in Palmyra verbunden: Bald nach Festigung ihrer Herrschaft begannen die Säsäniden ihre Offensive gegen Rom. In kleineren Vorstößen wurde dabei eine Reihe palmyrenischer Posten am Euphrat erobert, 253 fiel schließlich auch die Station auf der Euphratinsel Anatha. Dadurch geriet das palmyrenische Sicherheitssystem erheblich ins Wanken. Säbuhrs Truppen stießen 253 sogar bis Emesa vor, Pabnyra sah sich damit in den frühen 250er Jahren einer unmittelbaren militärischen Bedrohung ausgesetzt.' In
Zur Stadt: Starcky/Gawlikowski 1985, IBfT.; Will 1992, 122ff.; Hadrian: Halfmann 1986, 193; Willi992, 44f.; Severer: Hartmann 2001, 58ff.; colonia: Ulpian. de cens. 1 in Dig. 50, 15, 1, 4 5; zum Datum vgl. Sartre 1991, 341; Will 1992, 46; anders Miliar 1993, 326 (wohl unter Severus); zur Verfassung der colonia vgl. Miliar 1990,42ff. u. 1993, 326ff.; Sartre 1996, 394fF. Zur Krise vgl. bes. Hartmann 2001, 76ίΓ.; Inv. 3, 21 = CIS II 3933 = PAT 279 (für Zebeidas ZebTdä, von Händlern, die mit ihm nach Vologesias gingen; April 247); Inv. 3, 13 = CIS II 3936 = PAT 282 (flir Salämallät; von 257/58); Inv. 3, 7 (Anm. 34); Inv. 9, 30 = PAT 1360 (für Nebumaeus; nach 212); zu den letzten Karawaneninschriften vgl. Gawlikowski 1983a, 67f.; Schuol 2000, 81 ff. u. 386f ; Hartmann 2001,76f Vgl. bes. Gawlikowski 1983a, 63; Drexhage 1988b, 139f; Hartmann 2001, 76ff.; vgl. aber Yon 2002b, 408f (Rückgang der Inschriften kein Beleg für Niedergang des Handels). Von einer kontinuierlichen Fortsetzung des Handels im 3. Jh., in dem Palmyra weiterhin eine „Schlüsselposition" hatte, geht Sommer (2005, 158f) aus: Odaenathus' Aufstieg habe zu einer Verdrängung anderer Eliteangehöriger von den „Ehrendekreten" und damit zum Rückgang der Inschriften gefuhrt. Die Handelsklausel im Frieden von Nisibis 298, Sommers einziger Beleg, kann jedoch einen kontinuieriichen Osthandel über Palmyra kaum bezeugen. Vgl. Hartmann 2001, 78fif.; Geyer/Monchambert 2003, 271f; zu Anatha vgl. Kettenhofen 1982, 5 0 f ; Kennedy 1986a. Den römischen Außenposten auf der Euphratinsel Blgän (27 km flußabwärts von der Insel Anatha), wo auch palmyrenische Verbände stationiert waren, zerstörten die Säsäniden wohl bereits unter Severus Alexander oder kurz darauf, vgl. Gawlikowski 1983a, 57 u.
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II. Die Ereignisse der Reichsgeschichte
der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts stieg schließHch an den Grenzen der Provinz Arabia und in der Palmyrene die Gefahr von Überfällen durch arabische Nomaden. Bereits seit der Severerzeit lassen sich verstärkte Auseinandersetzungen in der Steppe nachweisen. Mit der Ankunft neuer Stämme aus dem Inneren der arabischen Halbinsel wurde die Situation bedrohUch.'" Die Palmyrener erhoben in dieser schwierigen Lage den bedeutendsten Mann ihrer Stadt, Septimius Odaenathus, zum „Exarchen" (εξαρχος Παλμυρηνών) bzw. „Stadtoberhaupt" (rs' dy tdmwr)}^ Dieses außerordentliche Amt ist inschriftlich erstmals ftir Odaenathus im Jahr 252 sowie für seinen Sohn Hairän im Jahr 251 bezeugt.'^ bi den Inschriften werden beide als Stadtfursten und Senatoren bezeichnet. Eine offenbar ältere Inschrift nennt Odaenathus nur „Stadtoberhaupt", so daß er dieses Amt wohl in der zweiten Hälfte der 240er Jahre von den Palmyrenem verliehen bekam. Die Strukturen der colonia blieben dabei intakt, es handelte sich bei seiner Position also um eine Machtstellung neben der Verfassung. Vermutlich wurden in der Hand des Exarchen alle militärischen Kompetenzen Pabnyras gebündelt, er sollte als Chef der Miliz die Sicherheit in der Palmyrene garantieren. Odaenathus baute in den folgenden Jahren die palmyrenische Miliz aus, stellte Panzerreiter nach parthischem Vorbild auf und bemühte sich um eine Stabihsierung der Lage in der Pahnyrene.'^
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62; 1983/84; zur Euphratfestung Kafrain vgl. Invemizzi 1986a u. 1986b; zu den Posten vgl. auch Edwell 2008, 71ff. ZumEinfall der Perser von 253 vgl. Kap. II.l, 218-221. Vgl. Hartmann 2001, 82fr. und Kap. III.4.4. Zur Karriere des Septimius Odaenathus (PIR^ S 472; PLRE I 63 8f.) vgl. bes. Hartmann 2001, 86fr.; vgl. auch Gawlikowski 1985; Strobel 1989b, 74ff. u. 1993, 247fr.; Potter 1990, 38Ш.; Will 1992, 172fr.; Equini Schneider 1993, 11 u. ISff.; Miliar 1993, 157fr. u. 1995, 414fr.; Gnoli 2000b, 143fr. u. 2007, ЗЗА".; 45fr.; 81ff.; Sartre 2001, 973fr.; Sommer 2005, 160ff.; vgl. femer Starcky/Gawlikowski 1985, 56fr.; Young 2001, 23Iff.; Teixidor 2005, 192ίΤ; Darstellungen аиГ der Grundläge der überholten „Theorie der zwei Odaenathi" (s.u.) bei Février 1931, 70fr.; Schlumberger 1942/43, 41fr.; InghoU 1976, 119fr. Zu möglichen bildlichen Darstellungen des Odaenathus vgl. Balty 2002 (mit Lit.). Gawlikowski 1985, 257, Nr. 13= al-As'ad/Gawlikowski 1986/87, 169f., Nr. 10 = PAT 2815 (April 252): ΣεπτΙμιον ΌδαΙνα|[θον Αί]ράνου 0[ύαΡ]αλλά|θ[ου του Νασώρου] λα[μ]πρό|τατον [εξαρχον Παλμυ]|ρηνών ...; ^Im 'sptmyws Idynt br hyrn\\ br whblt nswr r s l l dy [tdmW\r \ nhyr' ... („Statue des Septimius 0[daenathus, Sohn des Hairân,]| Sohn des Wahballät, Nasör, Oberhaupt von [Tadm6]r,| clarissimus ..."); Inv. 3, 16 = CIS II 3944 = PAT 290 (Oktober 251): ΣεπτΙμιον Αίράνην ΌΙδαινάθου, τόν λαμπρό|τατον συνκλητικόν, | εξα[ρχον των ? Π α λ μυρη]νών firn' dnh dy sptmyws hyrn òr \ 'dynt snqltyq' nyhr' wrs \ tdmwr ... („Diese Statue ist die des Septimius liairän, Sohn des | Odaenathus, clarissimus Senator und Oberhaupt | von Tadmör ..."); Cantineau 1931, 138, Nr. 17 = PAT 2753 (undatierte palmyr. Inschrift für den [rf]· dy tdmwr Odaenathus von Ogeilü; wohl um 250); Inv. 8, 55 = CIS II 4202 = PAT 558 (undatierte Grabinschrift des Senators Odaenathus); zu den Inschriften vgl. Hartmann 2001, 89fr.; HA trig. tyr. 15,1 (princeps Palmyrenorum). Zur Datierung und Bedeutung des Titels vgl. Hartmann 2001, 92ίΤ.; vgl. ferner Gawlikowski 1985, 261; Strobel 1989b, 75 (Verieihung einer „Dynastenposition" während Gordians Perserkrieg oder eher in der Neuorganisation des Orients durch den rector Orientis lulius Priscus). Die
II.5 Das palmyrenische Teilreich
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Über die Herkunft des Septimius Odaenathus liegen kaum Informationen vor. Seine Familie gehörte wahrscheinlich zu den fuhrenden Clans der Stadt, bekam sie doch bereits unter Septimius Severus das römische Bürgerrecht. Offenbar tat sich Odaenathus als erfolgreicher Karawanenschützer hervor. Nach der Verleihung seines Sonderkommandos begann er sofort mit dem Aufbau einer Dynastie, indem er seinem Sohn Hairän seinen Titel übertrug.'"' Diese Emenmmg eines Stadtfursten und die Etablierung einer lokalen Dynastie wurden von Rom gebilligt: Der Kaiser nahm Odaenathus und seinen Sohn um 250 in den Senat auf Der Exarch wurde so als der erste Senator aus seiner Stadt in die Reichsaristokratie eingebunden; zugleich erhieh der Kaiser damit einen einflußreichen militärischen Führer in der Region, den er mit wichtigen Aufgaben an der Ostfront betrauen konnte.'' Zur palmyrenischen Herrscherfamilie liegt ein recht reiches epigraphisches und literarisches Quelleranaterial vor, dennoch ist die Genealogie nur schwer zu rekonstruieren und im einzelnen in der Forschung stark umstritten. Dank der 1985 von Gawlikowski publizierten Inschrift des Senators und Exarchen Septimius Odaenathus von 252 ist nunmehr gesichert, daß es - entgegen der Angabe des Continuator Dionis - nur einen Odaenathus gab, und dieser Sohn eines Hairän, Sohn des Wahballät, Sohn des Nasör, war. Über seine drei Vorfahren ist nichts bekannt.'® Odaenathus wurde wohl
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Bedeutung des Titels rí'/'εξαρχος ist umstritten, vgl. Ingholt 1976, 123 („supreme officer of the Palmyrene militia" und Stadtfürst); Stadtfìirst bei Février 1931, 79ίΓ.; Solari 1937, 240; Starkky/Gawlikowski 1985, 57f. („principauté arabe"); Potter 1990, 389; Will 1992, 173f. (Exarch seit 251); Equini Schneider 1993, 11; Young 2001, 232f. („headship of the city"); vgl. Smith 2004, 292 (vielleicht „а priestly office"). Millar (1995, 417ff.) bezweifelt die Ergänzung εξαρχον in Gawlikowski 1985, 257, Nr. 13 und Inv. 3, 16 (hier sei möglicherweise εξα[ιρετόν Παλμυρη]νων zu ergänzen) und lehnt ein Exarchen-Amt oder eine „dynastic position" ab; vgl. dagegen Hartmann 2001, 93, Anm. 123; Panzereiter: Fest. 24; Zos. 1, 50, 3; Hartmann 2001, 98fif. Gnoli (2000b, 143fr.; 2005b, 505; 2007,45ff.) vermutet ohne Quellenbeleg, daß bereits der Vater des Odaenathus die ύπατεία in Palmyra von Septimius Severus erhielt, er also zum Klientelherrscher Roms erhoben wurde; Odaenathus habe dann als junger Mann in den 230er Jahren diese Position des Exarchen von Palmyra geerbt. Vgl. Hartmann 2001, 86fif. u. lOSff.; zur Verleihung des Bürgerrechts durch Severus vgl. Gawlikowski 1985, 252; Strobel 1993, 248; Sartre 2001, 973f; anders Bleckmann 1992, 127 (unter Hadrian); Zos. 1, 39, 1 (Odaenathus): ανδρα Παλμυρηνόν καΐ έκ προγόνων της παρά των βασιλέων άξιωθέντα τιμής. Yon (2002a, 108 u. 185f) meint, die Familie habe Vorfahren in Dura-Europus gehabt. Vgl. Hartmann 2001, 97f; Gawlikowski 1985, 261 (unter Philippus); anders Strobel 1993, 248f (Clarissimat unter Caracalla); vgl. auch Bowersock 1982a, 666. Vgl. Gawlikowski 1985. Mit Cont. Dio. Fr. 7 (FHG IV 195 = Petr. Patr. Fr. 166, Exc. de sentent. 266) wurde in der Literatur fHiher zwischen einem „älteren" (Senator um 230) und einem .jüngeren" Odaenathus (Sohn oder Bruder Hairäns, Enkel oder Sohn des „älteren") unterschieden, so etwa bei Seyrig 1963, 162; Milik 1972, 321; Bames 1973a, 147; Baldini 1976, 31 u. 2000a, 107f; Ingholt 1976, 132fl·.; Drijvers 1977, 84. Auch die Prosopographien sind teilweise veraltet, vgl. die Einträge PLRE sowie H. Volkmann, Septimius 48, Nr. 1-2, RE Suppl. XI (1968), 1242-
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П. Die Ereignisse der Reichsgeschichte
Anfang des 3. Jahrhunderts geboren und war nach Aussage der Historia Augusta zweimal verheiratet: Sein Sohn Septimius Hairän stammte offenbar aus der ersten Ehe mit einer unbekannten Frau; er ist wahrscheinlich mit dem in einer griechischen Inschrift genannten König der Könige Septimius Herodianus und mit dem in der Historia Augusta „Heredes" genannten Thronfolger identisch. Sein um 250 offenbar bereits erwachsener Sohn Hairän Herodianus wurde von Odaenathus systematisch als Thronfolger aufgebaut: Zusammen mit seinem Vater wurde er Exarch und 263 König der Könige." In zweiter Ehe war Odaenathus mit Septimia Zenobia Bat-Zabbai verheiratet, der Tochter des Antiochus. Der älteste Sohn aus dieser Beziehung, der um 258/60 geborene L. lulius Aurelius Septimius Vaballathus Athenodorus, übernahm nach der Ermordung des Odaenathus dessen Ämter. Unsicher ist die Existenz von zwei nur in der Historia Augusta genannten weiteren Söhnen der Zenobia, Herennianus und Timolaus, für die die Königin angeblich die Regentschaft geführt haben soll. Letztere Nachricht ist offensichtlich erfunden, für beide Kinder gibt es weder epigraphische noch numismatische
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1246; dazu Hartmann 2001, 108ff. (mit weiterer Lit.). Die neue Genealogie wurde allgemein akzeptiert; vgl. dagegen Balty 2005,336ίΤ.; Zweifel auch bei Christel 1997c, 148 u. 172, Anm. 8. Zur Familie des Odaenathus vgl. Hartmann 2001, 112ff. (mit Belegen u. Lit.); andere Zuordnung der Söhne bei Potter 1990, 38Iff.; Stoneman 1992, 78 u. 114ff.; vgl. dagegen Hartmann 2001, III, Anm. 189; vgl. auch Settipani 2000, 433ff. Nach Gawlikowski (1985, 261) wurde Odaenathus um 220 geboren. Da sein Sohn Hairän 251 bereits erwachsen war (er ist schon Senator) und somit um 220/30 geboren wurde, ist seine Geburt aber eher um 200 anzusetzen; Will 1992, 173; HA trig. tyr. 16, 1 (,^ierodes": non Zenobia maire sed priore uxore genitus)·, 16, 3; 17, 2; zur Identität von Hairän und Herodianus vgl. Hartmann 2001, 113ff.; Gawlikowski 2007, 293fif.; Gnoli 2007, 83; Hairän Herodianus (PIR^ S 456 u. 458^59; PLRE I 427, Nr. 3): Inv. 3, 3 (Inschrift auf dem Tripylon in Palmyra; Text nach Schlumberger 1942/43, 38 mit Ergänzungsvorschlägen und Verbesserungen von Gawlikowski 2007, 289fl·., bes. 295ff.; wohl von 263/64): [Β]ασιλεΐ βασιλέων προς [Όρ]όντη [... μίτρα της ? βα]σιλείας τήν κατά | [Π]ε[ρ]σών νείκην άναδησαμένφ Σεπ[τιμ1ω Ήρωδι]ανφ, 'Ιούλιος Αύρήλιος | [Σεπτί]μιος 0[·ί)]ο[ρ]ώδης [έπΙτροπος δουκηνάριος ? καΐ 'Ιούλιος Αύρήλφς | Έ[ρ]μής (oder Σ[αλ]μης ?) κεντηνά[ριος] αμφότεροι στρα[τηγοΙ της λαμ]προτάτης | [κ]ολω[ν]εί[ας ...] AO (?)[...]. In Zeile 5 liest Gawlikowski (2007, 297f.) noch ein α oder 6 und ein о und ergänzt: [κ]ολω[ν]εί[ας του] ο/δο[φ' έτους], „im Jahr 571" oder „574" (259/60 oder 262/63), wobei er sich fUr 259/60 entscheidet. Diese Inteφretation der kaum noch zu erkennenden Buchstaben ist jedoch allzu spekulativ; ob hier tatsächlich eine Jahreszahl angegeben wird, bleibt ganz unsicher (ebenso wie die Lesung einer weiteren Inschrift auf dem Tripylon, Inv. 3, 4, die Gawlikowski als Ehrung für Odaenathus deutet, S. 298f.); zur Datierung der Inschrift ins Jahr 263/64 vgl. Hartmann 2001, 114; 178; 206£; anders Schlumberger 1942/43, 60f (nach dem Tod des Odaenathus); Ingholt 1976, 135 (um 262); Miliar 1990, 45 (265/67); Potter 1990, 385 (262); Will 1996, 112f. (260/61); Yon 2002a, 148 (260/62); vgl. auch Gnoli 2007, 82ff. (unsicher, ob Odaenathus oder Herodianus der Geehrte). Der König Herodianus wird auf einer Bleibulle dargestellt, die auf beiden Seiten seinen Namen und Titel trägt (ΗΡΩΔΙΑΝΟΧ О ΒΑΣΙΛΕΥΣ). Die Vorderseite zeigt den bartlosen jungen König mit einer diademverzierten hohen Tiara und orientalischer Frisur, während er auf der Rückseite mit dem Diadem eines hellenistischen Königs und einer orientalischen Frisur mit Haarknoten zu sehen ist, Seyrig 1937, 3 (pl. vi, 1-2); Hartmann 2001, 114.
II.5 Das palmyrenische Teilreich
349
Belege; wenn es sich bei ihnen um historische Personen handelt, spielten sie am Hof keine politische Rolle.'® In palmyrenischen Ehreninschriften aus dem Jahr 257/58 für Odaenathus und Hairän wird das palmyrenische Stadtoberhaupt schließlich als vir consularis bezeichnet. Eine undatierte Ehrung für Odaenathus fand sich zudem in Tyrus, der Metropolis von Syria Phoenice." Vielleicht wurde der Palmyrener von Valerian mit den ornamenta 18
Zu Antiochus (PIR^ S 434): CIS II 3971 (Anm. 41), palmyr. 7: bt 'ntywkws, „Tochter des Antiochus"; ebenso auf einer Bleibulle, Milik 1972, 318; Kaiinka 1900, 25f., Nr. 11-12 = OGIS 650651; CIL III 6727, vgl. Hartmann 2001, 117ff.; vgl. zudem Clermont-Ganneau 1920, 390ίΤ.; Equini Schneider 1993, 25ff.; KoUila 1997, 104f.; Sartre-Fauriat 1997, 268. Er ist wohl mit dem Usurpator Antiochus (PIR' A 745 = S 434; PLRE171, Nr. 1; Zos. 1, 60; 61,1; HA Aurelian. 31, 2: Achilleo cuidam parenti Zenobiae parentes imperium\ Pol. Silv. 521, 49) identisch, vgl. Hartmann 2001, 119ff. Für einen Sohn Zenobias halten den Usurpator (nach der Deutung von OGIS 650-651 durch Kaiinka 1900,25f., der hier einen Sohn Zenobias und König Septimius Antiochus unterstellte) u. a. PLRE I 73, Nr. 16 u. 71, Nr. 1; Peachin 1990, 409; Kotula 1997, 142; vorsichtiger Saunders 1991, 246; Kienast 1996, 239; Watson 1999, 81. Über die Identität des Achilleus der Historia Augusta mit dem Antiochus des Zosimus besteht kein Zweifel, da sie in demselben historischen Kontext erwähnt werden; dagegen Paschoud 1996, 155. Der in der Forschung (so bei Ingholt 1976, 135fF.; Baldini 1977, 173f ; Wallinger 1990, 139; Stoneman 1992, 2; Kienast 1996, 241; Teixidor 2005, 184) oft als Vater Zenobias unterstellte lulius Aurelius Zenobius Zabdilah (Inv. 3, 22; CIS II 3932; PAT 278; von 242/43) hatte nichts mit der Herrscherfamilie zu tun; anders Settipani 2000, 434£f.; Vaballathus (PIR^ S 492; PLRE I 122, Nr. 2): HA Aurelian. 38, 1; Pol. Silv. 521, 49; vgl. Zos. 1, 59, 1; Hartmann 2001, 124 (weitere Belege); Herennianus (PIR^ H 95; PLRE I 421, Nr. 1) und Timolaus (PIR' S 491; PLRE I 915): HA Gall. 13, 2; trig, tyr. 14, 4; 15, 2; 17, 2; 24, 4; 27-28; 30, 2; fur historisch halten beide Söhne u. a. Seyrig 1963, 170f. (mit RTP 736); Hanslik 1972, 1; Milik 1972, 321; Gawlikowski 1985, 253 (vielleicht); Equini Schneider 1993, 53ff.; Kotula 1997, 106; Erfindung der HA nach Homo 1904, 48, Anm. 8; Schwartz 1966b, 193; Marasco 1988, 227ff.; Chastagnol 1994c, 854; Paschoud 1996, 135; Identität von Herennianus und Timolaus mit Herodianus und Vaballathus nach Alfoldi 1938b, 81, Anm. 1 (= 1967, 196, Anm. 114); Barnes 1972, 160 u. 175. Kienast (1996, 239) identifiziert Hairän, den er von Herodianus trennt, mit Herennianus und Vaballathus mit Timolaus.
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Inv. 12, 37 (för den Konsular Odaenathus; von 257/58); Inv. 3, 17 = CIS II 3945 = PAT 291 (April 258): Σεπ[τίμιον Όδαίναθον], | τον λαμ[πρότατον ύπατικόν], | συντέ[χνια των χρυσοχ]όων | και άργ[·οροκόπων τό]ν δεσπότην | τειμης χάριν, [ετου]ς θξφ' | μηνει Ξανδικω; slm spfmyws 'dynt | nhyr'hp(yq'mm dy \ 'gym Ih tgm'dy qyny'\ 'bd'dhb'wksp'lyqrh | byrh nysn dy snt 569 („Statue des Septimius Odaenathus,| des clarissimus consularis, unseres Herrn, welche | fur ihn errichtet hat die Vereinigung der Schmiede,| die Gold und Silber bearbeiten, zu seiner Ehrung,! im Monat Nîsan des Jahres 569"); BS III 66, Nr. 52 (für Odaenathus; von 257/58); Seyrig 1963, 161f, fig. 1-2 (für Hairanes; fig. 1 von 257/58); Chéhab 1962, 19f., pl. vi, 1 (aus Tyrus): Σεπτίμ(ιον)| Όδαίναθον,Ι τόν λαμπρότατ(ον),| Σεπτιμ1α| κολ(ωνία) Τΰρος | ή μητρόπολις. Zu diesen Inschriften vgl. Hartmann 2001, 102ίΓ. u. 106; zu den ehrenden collegia aus Palmyra vgl. auch Kaizer 2002, 215ff.; Smith 2004, 229ff. Im Jahr 257/58 stellte Odaenathus' Diener Nebüzä (vgl. Anm. 30) wohl in einem Abgal-Heiligtum in der Palmyrene ein Relief mit der Darstellung des Gottes Abgal und seinem Bildnis neben einem Altar auf. Gross 2005, 94-97, Nr. 2 (mit Fig. 2 u. 5): 'bgl \['l]h'\ "bwz | [b]r kptwt fly'\ {d\y 'dynt \ hptyq'\ untere Inschrift: byrh Ibt Í? 569 („Abgal,! der gute | Gott,| Nebüzä,! Sohn des KaphtOt, ,Diener' ! des Odaenathus,! des consularis-, im Monat ?, Jahr ? 569").
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И· Die Ereignisse der Reichsgeschichte
consularia ausgezeichnet. Wahrscheinlicher ist es jedoch, daß er durch ein Suffektkonsulat in absentia zum Konsulat aufstieg. Der Titel consularis bezeichnet in Syrien zudem traditionell den Statthalter: Valerian, der sich nach dem Konsulatsantritt in Rom am 1. Januar 257 nun wieder in Syrien aufhielt, ernannte Odaenathus somit im Jahr 257/58 offenbar zum legatus Augusti pro praetore provinciae Syriae Phoenices. Dieses Amt würde auch erklären, wieso Odaenathus 260 römische Truppen befehligen konnte.^" Mit dieser Emennung betraute Valerian einen bedeutenden lokalen Führer mit dem Schutz der Provinz, wahrscheinlich waren ihm auch wichtige Aufgaben in den kommenden Auseinandersetzungen mit Säbuhr zugedacht. Die Gefangennahme Valerians durch Säbuhr im Juni 260 stürzte das Reich in eine tiefe Krise und hinterließ im Osten ein Machtvakuum. GaUienus erschien nicht auf dem östlichen Kriegsschauplatz; der Chef der Kriegskasse und der Truppenversorgung, Fulvius Macrianus, versuchte daher den Widerstand gegen ääbuhr zu organisieren. Die Säsäniden konnten jedoch relativ unbehelligt durch Nordsyrien, Kilikien und Kappadokien ziehen. Der Konsulat Odaenathus hatte 260 bereits vor dem Einfall Säbuhrs nach Syrien erfolglos Verhandlungen mit dem König am Euphrat geführt.^' Er stellte nun ein Heer aus seiner palmyrenischen Miliz und den Resten der Armee Valerians zusammen und griff den aus Syrien zurückkehrenden, beutebeladenen Zug Säbuhrs beim Euphratübergang im Spätsommer 260 an. Seine Truppe fügte Säbuhr eine Niederlage zu und
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Vgl. Hartmann 2001, 102ff. (mit Lit.); Suffektkonsulat nach PLRE I 638f.; Baldini 1976, 32f.; Hartmann 2001, 104f.; adlectio nach Strobel 1993, 249; ornamenta consularia nach Kuhoff 1979, 27; Kettenhofen 1982, I i i . u. 122f (mit Zweifeln); Potter 1990, 389Í; Kotula 1997, 99; Watson 1999, 30; Sartre 2001, 975; Young 2001, 234f ; Teixidor 2005, 195; Gawlikowski 2007, 301; vgl. femer Gnoli 2000b, 143fiF.; 2005b, 505ίΤ.; 2007, 38f. u. 45fif. (ύπατεία als von Rom bewilligte erbliche Dynastenposition in Palmyra); als Statthalter sehen ihn u. a. Bersanetti 1933, 106; Ingholt 1976, 119; Gawlikowski 1985, 258; möglich nach Will 1992,174; Miliar 1993,165; Kienast 1996, 239; Long 1996, 61; Ablehnung bei Camodeca 1976, 48, Anm. 50; Strobel 1993, 249, Anm. 431; Potter 1990, 389f; Young 2001, 234f; unsicher Sartre-Fauriat 1997, 265; M. Heil, PIR^ S 472. Vgl. Kap. X, Syr. Phoen. 3. Vgl. Hartmann 2001, 129ff. und Kap. Π.2, S. 257-260; Verhandlungen: Petr. Patr. Fr. 10 (FHG IV 187 = Fr. 2, Exc. de leg. Rom. ad gent. 3); loh. Mal. 12, 26 (S. 229, 91-93); Hartmann 2001, 135fF. Das Fragment des Petrus wird oft als Bericht über ein Bündnisangebot des Palmyreners an den Perserkönig gedeutet. Nach Säbuhrs brüsker Ablehnung sei Odaenathus dann auf die Seite der Römer gewechselt; von einem Bündnisangebot 253 sprechen Olmstead 1942, 404; Rostovtzeff 1943/44, 55ff.; Sprengling 1953, 94ff.; Baldus 1971, 238£; Kettenhofen 1982, 72f u. 124f; Watson 1999, 30; Drinkwater 2005, 45; um 256/57 nach Gnoh 2000b, 146ff.; nach der Gefangennahme Valerians laut Enßlin 1949b, 74f; Felix 1985, 80; Winter 1988, 124f; Potter 1990, 341; Bleckmann 1992, 127; vgl. auch Smith 2004, 404ff. Für eine zeitweilige propersische Haltung des Odaenathus gibt es aber keine Anzeichen; vgl. Harl 1978,445f Abzulehnen ist die These, Odaenathus habe bereits 253 gegen Säbuhr gekämpft (so bes. Kettenhofen 1982, 72f u. 122, Anm. 427; Rostovtzeff 1943/44, 54fif.; Baldus 1971, 238f; Strobel 1993, 237; Winter/Dignas 2001,190f. (= 2007, 158f.); Drinkwater 2005,40; unter Verweis auf loh. Mal. 12,26 S. 229, SOSS u. 91-93), vgl. Hartmann 2001, lOOfF.; vgl. femer Felix 1985, 78; Miliar 1993, 161f
II.5.Das palmyrenische Teilreich
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zwang ihn zum schnellen Abzug?^ Nach einigem Zögern riß im Sommer 260 der alte Macrianus die Macht im Orient an sich und erhob seine beiden Söhne, Macrianus iunior imd Quietus, zu Augusti. Während die Macriani gegen Gallienus nach Europa zogen, blieben Quietus imd der praefectus praetorio Ballista im Orient, um dort die Macht zu sichern. Gallienus konnte die beiden Macriani im Sommer 261 auf dem Balkan besiegen. Daraufhin wurde Odaenathus von Gallienus beauftragt. Quietus zu beseitigen. Der Palmyrener besiegte den Usurpator im Herbst 261 vor Emesa und Schloß ihn dort ein. Quietus ermordeten wohl die Bürger der Stadt, während Ballista an Odaenathus übergeben und hingerichtet wurde.^^ Der Konsular Odaenathus wurde von Gallienus zu einem Kaiserstellvertreter für den römischen Orient mit einem imperium maius erhoben. Die Quellen berichten von zwei Emennungen: nach Synkellos und dem aus ihm schöpfenden Zonaras wurde er nach seinem Sieg über Säbuhr am Euphrat zum στρατηγός της έφας, zum dux, erhoben. Nach dem Sieg über Quietus beforderte Gallienus ihn zum στρατηγός της πάσης ανατολής, so Zonaras in einer zweiten Notiz, oder zum totius Orientis imperator, wie die Historia Augusta schreibt.^'* In einer postum für Odaenathus 271 aufgestellten palmyrenischen Inschrift wird er als corrector totius Orientis (mtqm' dy mdnh' klh) bezeichnet, sein Sohn Vaballathus führte neben diesem Titel auch den des dia Romanorum, den er von seinem Vater übemahm.^^ Wie lassen sich diese Emennungen
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Zu den Truppen: Zos. 1, 39, 1; vgl. Fest. 23 {collecta Syrorum agrestium manu); Hier, chron. 221d (a. 2282); HA Valer. 4, 2; trig. tyr. 15, 2; Angriff: Synk. 466, 24-25; Zon. 12, 23 (S. 595, 18-21); vgl. auch Eutr. 9, 10; Fest. 23; Oros. 7, 22, 12; HA Valer. 4, 2-4; loh. Mal. 12, 26 (S. 229, 80-85); Agath. 4, 24,4; Anspielung in Orac. Sib. 13, 167-168; Hartmann 2001,138ίΓ.; vgl. femer Alföldi 1938b, 76 (= 1967, 190); Kerler 1970, 168fif. (zur HA); Kettenhofen 1982, 122ff.; Felix 1985, 76ff.; Bleckmann 1992, 121f ; Will 1992, 176Í Die Historizität des Angriffs bezweifeln Olmstead 1942, 418, Anm. 164; Sprengling 1953, 108f Luther (2006, 207ff.) meint, daß es Odaenathus bereits 260 gelang, Nordmesopotamien wieder unter römische Kontrolle zu bringen. Zur Usuφation vgl. Hartmann 2001, Mlfif. und Kap. II.2, bes. S. 260-262; Emesa: Cont. Dio. Fr. 8, 1 (FHG IV 195 = Petr. Patr. Fr. 167, Exc. de sentent. 266); Zon. 12, 24 (S. 600, 2-7); Synk. 466, 26 - 467, 1; vgl. auch HA Gall. 3, 2. 5; trig. tyr. 14, 1; 15, 4; 18 (Vita des Ballista); Potter 1990, 53f u. 345f; Bleckmann 1992, 253f; Maksymiuk 1998, 148; Watson 1999, 31 (Odaenathus handelte auf eigene Initiative); Hartmann 2001,144f HA Gall. 1, 1 (nach der Gefangennahme Valerians): cum Odenatus iam orientis cepisset Imperium·, 3, 3 (nach dem Sieg über Quietus): totius prope igitur orientis factus est Odenatus imperator; 10, 1 (zum Jahr 264); Zos. 1, 39, 1; Synk. 466, 25-26: στρατηγός της έφας ύπο Γαλιηνοΰ δια τοΰτο (Sieg über Säbuhr) τετίμηται; Zon. 12, 23 (S. 595, 21-22; nach dem Bericht zum Sieg über Säbuhr): δν Γαλιήνος τοΰ στρατηγήματος αμειβόμενος, της έφας προεχειρίσατο στρατηγόν; 12, 24 (S. 600, 7-9; nach dem Bericht zum Sieg über Quietus): Ώδέναθον δέ της άνδραγαθίας ó βασιλεύς (Gallienus) αμειβόμενος, πάσης άνατολής αύτόν προεχειρίσατο στρατηγόν. Vgl. Bleckmann 1992, 124ff.; Hartmann 2001,146ίΓ. Inv. 3, 19 = CIS II 3946 = PAT 292 (August 271): slm spfmyws 'dy[nt\ mlk mlk' \ wmtqnn' dy mdnh' klh spfmy' \ zbd'rb hyV rb' wzby rb hyV \ dy tdmwr qr(s(' 'qym Imrhwn \ byrh Ъ dy snt 582 („Statue des Septimius Odae[nathus], König der Könige | und corrector totius Orientis; die Septimii I Zabdä, Chefkommandant, und Zabbai, Kommandant | von Tadmör, die viri egregii, haben
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П. Die Ereignisse der Reichsgeschichte
rekonstruieren? Gallienus gab dem erfolgreichen Feldherm und Vertrauten Valerians wahrscheinlich im Spätsommer 260 nach seinem Sieg über Säbuhr den Posten eines dwc Romanorum zur Sicherung der Euphratgrenze; zudem wollte er sich so einen Verbündeten gegen Macrianus sichern. Odaenathus erhielt mit diesem militärischen Sonderkommando wohl die Befehlsgewalt über die Truppen an den Orientgrenzen. Nach dem Sieg über Quietus erhob Gallienus ihn im Herbst 261 zum corrector totius Orientis imd übertrug ihm damit auch die zivile Macht im römischen Osten. Der genaue Umfang seines Amtsbereiches ist schwer zu ermessen: Kemgebiet war sicherlich oriens, der römische Nahe Osten, im weiteren Sinne gehörte vielleicht auch ganz Юeinasien dazu. Odaenathus griff hier im Jahr 267 ein, als Ostgermanen Heraclea Pontica attackierten.^® Warum schuf sich Gallienus im Osten einen potentiellen Rivalen? Die Einfálle der Germanen 259/60 und die verschiedenen Usuφationen an Rhein und Donau banden ihn nach der Gefangennahme seines Vaters im Westen. Auch nach dem Sieg über die Macriani konnte er nicht in den Osten gehen, da ihm der gallische Usuφator Postumus im Rücken saß, der seine Abwesenheit sicherlich für einen Marsch auf Rom genutzt hätte.
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sie für ihren Herrn aufgerichtet | im Monat Ab des Jahres 582"). Zu den Titeln des Vaballathus s. u. (in CIS II 3971, palmyr. 3 wird der Titel corrector in der Transkription des griech. Äquivalents έπανορθωτής und der palmyr. Übersetaamg des πάσης kwaicjtotius Orientis angegeben: 'pnrtt' dy mdnh ' klh). Die Interpretation von mtqnn ' dy mdnh ' klh ist problematisch, als Amt eines corrector deuten den Titel Clermont-Ganneau 1920, 386ίΤ.; Chabot 1930, 317f.; Potter 1990, 391fr. u. 1996, 272ff.; Hartmann 2001, 147ίΓ.; ähnlich Alföldi 1938b, 78f. (= 1967, 193f.); Will 1992, 179; Equini Schneider 1993, 16; Nakamura 1993, 144; Strobel 1993, 248; Peachin 1996, 174; Krautkrämer 2000,154; Young 2001, 238; Teixidor 2005,196; als bloße Ehrenstellung (restitutor) verstehen ihn dagegen Cantineau 1933, 217ff. (restitutor totius Orientis ohne „autorité réelle"); Swain 1993, 159fr.; ähnlich Millar 1971, 9f. u. 1993, 170; Stoneman 1992, 106; Gnoli 2000b, 142fr. u. 2007,. 90f.; Sartre 2001, 977 u. 2005, 513. Odaenathus' Titel dux Romanorum (für den es keinen inschriftlichen Beleg gibt) wird in der Forschung zumeist akzeptiert, vgl. u. a. Alföldi 1938b, 78 (= 1967, 192f.); deBlois 1976, 3; Will 1992, 179; Strobel 1993, 248; Long 1996, 62; erst 270 von Vaballathus beansprucht nach Schlumberger 1942/43, 41fr.; Seyrig 1966, 660; Miliar 1971, 9 u. 1993, 170f.; Gallazzi 1975, 250fr.; Potter 1990, 393; Saunders 1991, 116f.; Rotula 1997,102. Ein imperium maius lehnt Vervaet (2007, 137, Anm. 35) ab. Vgl. dazu bes. Hartmann 2001, 146ff. Die Forschung geht im allgemeinen von einer einzigen Ernennung durch Gallienus aus, vgl. z. B. Gawlikowski 1985, 252 u. 2007, 305 (260); Potter 1990, 393 (261); Strobel 1993,248 (Herbst 261); Long 1996, 62 (262); Peachin 1996, 174 (261); Kotula 1997,101 (vor dem Quietus-Zug 261); Bleckmann 2007,52fr (nach der Niederschlagung der Quietus-Usurpation); dagegen Bersanetti 1933, 106 (erst dux, dann corrector)·, zum imperium maius vgl. auch Potter 1996; vgl. ferner Alföldi 1938b, 78f. (= 1967, 193f); Will 1992, 179; Strobel 1993, 248; Long 1996, 62; Zweifel an einer Herrschaft mit legalen Titeln in den römischen Provinzen äußert Christol 1997c, 148 u. 172, Anm. 9; ähnlich Harl 1978, 459ff. (nur militärische Kompetenzen); Swain 1992, 381f; Miliar 1993, 170; zum Machtbereich: Hartmann 2001, 158ff.; vgl. auch Alföldi 1938b, 79 (= 1967, 194: vom Taurusgebirge bis Arabien); Will 1992, 179; Strobel 1993, 249 (von der pontischen Küste bis Arabia); Potter 1996, 281; anders Miliar 1971, SfT (Herrschaft in Palmyra und Emesa; Ausdehnung der palmyr. Herrschaft nach Antiochia, Arabien und Ägypten erst ab 269) u. 1993, 169; ebenso Isaac 1990, 223 u. 275; Rist 1997, 152; Estiot 2004, 115; Heraclea: Synk. 467, 8-10.
II.5 Das palmyrenische Teilreich
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Um weitere Usurpationen im Osten zu verhindern und die Orientgrenzen zu sichern, benötigte Gallienus einen fähigen und treuen General, dem er die entsprechenden Kompetenzen verleihen konnte. Zudem war Odaenathus im Jahr 261 faktisch der mächtigste Mann im Orient, GalUenus legalisierte also nur dessen Machtstellung und konnte sich durch diese Emermung den Aufgaben im Westen widmen. Der Konsular Odaenathus sollte sich als Beamter des Gallienus und Kaiserstellvertreter in den nächsten Jahren bewähren.^^ Nach der Wiederherstellung der inneren Ordnung und der Reorganisation des Heeres begann Odaenathus bereits 262 mit einem großangelegten Perserzug. Der Rachefeldzug für Valerian sollte die verlorenen Gebiete jenseits des Euphrats wieder unter römische Herrschaft stellen und die Niederlage von 260 wett machen. In Edessa standen noch römische Truppen, die übrigen Teile von Nordmesopotamien um Nisibis und Carrhae wurden jedoch von den Säsäniden kontrolliert. Der Konsular überschritt im Frühjahr 262 mit seiner Streitmacht den Euphrat, befreite Carrhae und eroberte und zerstörte Nisibis, dessen Bürger nach der Besetzung durch Säbuhr um 252 mit ihm sympathisiert hatten. Die Provinz Mesopotamia war nun wieder unter römischer Verwaltung. Odaenathus zog dann wahrscheinlich entlang des Chaboras bis zum Euphrat und marschierte entlang des Flusses in das persische Kemland. Dabei zerstörte er auch das jüdische Schulzentrum Neharde'a. Danach zog er durch Babylonien bis zur säsänidischen Residenz Ktesiphon, die er belagerte, aber nicht einnehmen konnte. Zu einer direkten Konfrontation mit Säbuhr kam es offenbar nicht.^® 27 28
Vgl. Hartmann 2001,429ίΓ. HA Gall. 10, 2 {bellum Persis in vindictam Valeriani); 10, 8; Zug: Eutr. 9, 10; Fest. 23; Hier, chron. 221d (a. 2282); HA Gall. 1 0 , 1 - 8 (zum Jahr 264); 12,1; trig. tyr. 15,2-4; Oros. 7, 22,12; Zos. 1, 39, 1-2; Synk. 467, 7-8; vgl. auch Lib. epist. 1006, 2; Prok. BP 2, 5, 6; Agath. 4, 24, 4; Zon. 12, 24 (S. 600, 11-12); Anspielung in Orac. Sib. 13, 167-168. 171; dazu Potter 1990, 341fr.; Strobel 1993, 248; Neharde'a: ISG 82 Τ / Schlüter 1993, 213 (Ü): im Jahr 570 seleuk. = 259/60 zerstörte Papa bar Nasor Neharde'a; zur Identität Papas mit Odaenathus vgl. Hartmann 2001, 41 f.; Seder O l a m Zuta (Mediaeval Jewish Chronicles, hg. v. Α. Neubauer, 2, 72); Seder Tanna'im we-'Amora'im, § 4, S. 4 Т / 2 Ü Kahan; Neusner 1966,43ίΓ.; Oppenheimer 1983,290; Hartmann 2001, 169f.; vgl. ferner de Blois 1975, 12ff. (Zerstörung 258/59 im Kontext des Valerian-Zugs); Soreq 1972, 118f. (Papa nicht Odaenathus, sondern einer der späteren Fürsten seiner Familie); Luther 2006, 207, Anm. 32 (Eroberung wohl 260). Von einem Sieg über Säbuhr vor der Belagerung Ktesiphons wird nur in HA trig. tyr. 15, 3 berichtet, diese Notiz ist unhistorisch; zum ersten Perserzug vgl. bes. Hartmann 2001, 162ff. Odaenathus zog zweimal (262/63 und 267) gegen Ktesiphon (Zos. 1, 39, 2; Fest. 23; Synk. 467, 7), vgl. Alföldi 1938b, 76ff. (= 1967, 190fr.: 262 u. Frühjahr 267); Enßlin 1949b, 77ίΓ. (262 u. Herbst 266); Kettenhofen 1982, 125f (262 u. 266?); Felix 1985, 82fr. (262 u. 266/67); Bleckmann 1992, 122ίΤ. (264 u. 266/67). Sprengling (1953, 109) reduziert die drei Aktionen des Odaenathus gegen àâbuhr (260, 262/63 und 267) auf einen Ktesiphon-Zug 264. Von nur einem Ktesiphon-Zug ab 264 spricht auch 01mstead (1942, 420). De Blois (1975, 12fr.) geht von einem Feldzug 258/59, einem Euphrat-Zug 259 und einem Ktesiphon-Zug 262/64 aus; einen Euphrat-Zug 259 gegen Neharde'a unterstellt auch Gawlikowski 2007, 302fr. Von zwei Vorstößen 262/64 geht Strobel (1993, 249) aus. Daß Odaenathus „imperiale Ambitionen" im Osten hatte und §äbuhr als rex regum verdrängen wollte
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П. Die Ereignisse der Reichsgeschichte
Im Sommer 263 kehrte er siegreich nach Syrien zurück. Die römischen Grenzen waren wiederhergestellt, nur Armenien blieb unter der Kontrolle der Perser. Gallienus feierte in der zweiten Hälfte des Jahres 263 einen Triumph und bèkam den Titel Persicus maximus verliehen.^' Odaenathus blieb auch als Persersieger loyaler Beamter. Sein Sieg ging indes mit einer Steigerung seines Prestiges einher, zudem forderten sicher auch seine palmyrenischen Soldaten eine Rangerhöhung: Odaenathus erhob sich und seinen Sohn Herodian daher nach dem Persersieg in der zweiten Hälfte des Jahres 263 am Orontes bei Antiochia zum König der Könige. In einer palmyrenischen Inschrift vom März 263 wohl aus einem Abgal-Heiligtum in der nordwestlichen Palmyrene, die Odaenathus' Diener Nebüzä aufstellte, wird er noch als clarissimus consularis bezeichnet.^" Die Annahme des Königstitels bezeugen unter anderem eine Ehreninschrift für den rex regum Herodianus am Tripylon von Palmyra, die der duumvir der colonia Palmyra lulius Aurelius Septimius Vorodes 263/64 aufstellte, eine palmyrenische Inschrift für den rex Odaenathus auf einem Krater wahrscheinlich aus dem Jahr 266/67 und eine postume Ehreninschrift fiir den rex regum Odaenathus aus dem Jahr 271.^' Der ihm in der Historia Augusta zugeschriebene Titel imperator ist jedoch nicht historisch.^^
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(so Sommer 2004b, 102), ist unwahrscheinlich. Allzu spekulativ ist Gawlikowskis (2005) Interpretation von zwei parallelen Bildern auf einem im Stadtzentrum Palmyras gefundenen Mosaik aus dem 3. Jh. (Bellerophon in parthischer Tracht auf Pegasus tötet die Chimäre; ein berittener Bogenschütze in parthischer Tracht tötet einen Tiger) als sinnbildliche Darstellung des Persersiegs des Odaenathus. Zur Grenze und Armenien: Hartmann 2001, 173f (vgl. S. 272ff.); zu Triumph und Siegestitel vgl. Kap. II.2, S. 271 f. Teixidor 1997, 6 8 f , Nr. 2 (vgl. HartmannA^uther 1999; 13. März 263; oder 258 ?): bd nbwz'br 1
крШ (ly'dy I 'dynt hptyq'\ nhyr'bhywh \ wdbnwh bn'\l'bgl
31
f¿>' Ъd Ih | bt mwtb'wfbl | Iwhy
snt I 574 I byrh 'dr | ywm / 3 s n ' | fb'ywmbtb („Es hat dies gemacht Nebüzä, Sohn | des Kaphtüt, .Diener' des | Odaenathus, des consularis \ clarissimus, in seinem Leben | und in dem seiner Söhne. Er hat (es) gebaut | für Abgal, den guten | Gott. Er hat gemacht für ihn | das Haus der Versammlung und vollzog das Reinigungsbad - oder: ließ das Tamburin erklingen - 1 um seinetwillen. Jahr I 574, | im Monat Ädär,| Tag 13, ein gutes | Jahr, ein Tag im Guten!"). Gawlikowski (2007, 301) stellt die Lesung der Jahreszahl in Zeile 10 durch Teixidor (5.100 + 20 + 20 + 20 + 10 + 4 = 574) in Frage, das Zahlzeichen für 10 gleiche eher dem (verdrehten) Zeichen für 5 am Anfang der Zeile (5.100 + 20 + 20 + 20 + 5 + 4 = 569, also 257/58). Die Zahl nach den Zwanzigern ist auf der Abbildung bei Teixidor (1997, 69, fig. 2) nur sehr schwer zu lesen: Es könnte sich sowohl um eine verdrehte 10 als auch um eine schlecht geschriebene und verdrehte 5 handeln. Nebüzä hatte im Jahr 257/58 bereits eine andere Weihung für den Gott Abgal aufgestellt (Anm. 19). Aber auch eine frühere Datierung der Inschrift ins Jahr 258 spricht nicht gegen eine Annahme des Königstitels durch Odaenathus nach dem Perserkrieg 263; anders Gawlikowski 2007,295fr. (Titelannahme 259/60, s. u.). Inv. 3, 3 (Anm. 17; nach Gawlikowski 2007, 297f von 259/60); Schlumberger 1951, 60, Nr. 36 (Krater) u. 151, Nr. 21 = PAT 1684 (Nr. 21 a: [...] 'dynt mlk\ „Odaenathus, der König"; zur Datierung vgl. Hartmann 2001, 177f ; vgl. aber Yon 2002b, 405f); Inv. 3, 19 (Anm. 25); vgl. auch CIS II 3971, palmyr. 2 (Anm. 41). Die Annahme des Königstitels im Zusammenhang mit dem Perserkrieg bezeugt auch die Historia Augusta (trig. tyr. 15, 2); Hartmann 2001, 176fF. Die Annahme des Titels durch Odaenathus und Herodianus datieren nach dem Ktesiphon-Zug u. a. Sey-
II. 5 Das palmyrenische Teilreich
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Dieser neue Titel symbolisierte in erster Linie den Sieg über den König der Könige Säbuhr. Odaenathus wertete so seine Position ohne Annahme des Augustus-Titels auf. Der charismatische Feldherr konnte in der Mitte der 260er Jahre eine persönliche, dynastische Macht im Orient aufbauen. Als Kaiserstellvertreter, als von Gallienus eingesetzter römischer Beamter mit den Titeln corrector totius Orientis und dux Romanorum hatte er die militärische und zivile Gewalt in seinen Händen, als König etabherte er eine dynastische Herrschaft." In Pahnyra selbst wurde nun auch die Verfassimg der neuen Situation angepaßt: Der Buleut lulius Aurelius Septimius Vorodes, ein römischer Ritter und der duumvir der colonia von 16Ъ1(А, der zudem seit 261/62 als procurator ducenarius amtierte, wurde Ende 263 oder Anfang 264 von Odaenathus zum iuridicus der Metrokolonie und schUeßlich 264/65 zum Argapeten Palmyras emannt. Die alten Verfassungsorgane wie das Duumvirat oder die Bule sind nun nicht mehr bezeugt. Das zur Metrokolonie aufgewertete Palmyra stand somit unter dem Kommando des Stellvertreters des Königs mit dem parthischen Titel Argapet.^'* Der römische Nahe Osten konnte
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rig 1937, 2; Gawlikowski 1985, 252 (262); Long 1996,62; Erhebung zum König nach dem Sieg am Euphrat bzw. über Quietus nach Gallazzi 1975, 252; Will 1992, 176f. (261); Yon 2002a, 148 (260/62); Balty 2002, 741 (261); Sartre 2005, 513; Gawlikowski 2007, 305 (Königserhebung bei Antiochia nach dem Sieg in einem Euphratzug 259/60). Schlumberger (1942/43, 42 u. 49) trennt die Verleihung des Titels rex regum an Odaenathus (um 260) und Herodianus (261, nach dem Sieg über Quietus); ähnlich Ingholt 1976, 135. Laut Kotula (1997, lOlf.) verlieh Gallienus den Titel rex regum an Odaenathus vor dem Perserzug, Herodianus habe den Titel dann von seinem Vater nach dem Persersieg erhalten; vgl. Alföldi 1938b, 79 (= 1967, 194: Verleihung durch Gallienus); Gawlikowski 2007, 307f. (Titel implizierte den Anspruch auf den Säsänidenthron; Gallienus habe die Palmyrener so 259/60 ermutigen wollen, Persien zu erobern); Gnoli 2000b, 149ff. (Königserhebung durch Valerian als „pretendente" gegen Säbuhr); 2005b, 507; 2007, 8Iff. (antipersische Königserhebung durch Gallienus, „aimed at establishing command over the whole East and at the same time claiming the Arsacid throne in the face of Sasanian usurpation", S. 92); vgl. noch Milik 1972, 321; Potter 1990,393; Equini Schneider 1993,16; rex regum lediglich postume Ehrung durch Zenobia nach Altheim/Stiehl 1965/69, 2, 254; Winter 1988,125f.; Stoneman 1992, 78; Smith 2004, 56. HA Gall. 3, 3; 13,1; trig. tyr. 15, 5; Augustus in HA Gall. 12, 1; tyramus in HA trig. tyr. 15-16; Pol. Silv. 521, 45. Der Titel imperator wird als historisch angesehen u. a. von Bersanetti 1933, 105£ (ab 264); Alföldi 1938b, 78f (= 1967, 193f: nach Ktesiphon-Zug); Picozzi 1961, 125; de Bleis 1975, 12; Baldini 1976, 24 (nach 262); Carson 1978, 221f; Will 1992, 179; Strobel 1993, 248, Anm. 423, u. 252 (nach Persersieg 264); Kienast 1996, 239 (262); Long 1996, 62 u. 65; Winter/Dignas 2001, 192 (= 2007, 160); Jacob 2004, 53; dagegen Schlumberger 1942/43,40; Miliar 1971, 8 f ; Potter 1990,393; Equini Schneider 1993,61, Anm. 1; White 2005,51. Vgl. Hartmann 2001, 180ff. u. 440ίΓ.; ferner Will 1992,179f ; Equini Schneider 1993,16. Zu Vorodes (PIR' S 496; PLRE I 981): Seyrig 1963, 161£, fig. 2 (vom βουλευτής; wohl 257/58); Inv. 3, 12 = CIS 3937 = PAT 283 (258/59); Inv. 3, 11 = CIS 3938 = PAT 284 (fur den procurator ducenarius-, April 262); Inv. 3, 10 = CIS II 3939 = PAT 285 (Dezember 262); Inv. 3, 3 (Anm. 17); Inv. 3, 7 = CIS II 3942= PAT 288 (Vorodes' „Laufbahninschrift", u. a. für τόν κρά|τιστον έ[πίτροπον] Σεβαστού | δουκην[άριον, δι]κεοδότην | της μητ[ροκολω]νείας, den Synhodiarchen, Strategen und Symposiarchen des Bel-Tempels; April, wohl 264; zur Datierung vgl. Hartmann 2001, 205ff.); Inv. 3, 8 = CIS II 3941 = PAT 287 (für den procurator ducenarius
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П. Die Ereignisse der Reichsgeschichte
sich unter der guten Verwaltung des Odaenathus schnell von den Einfállen der Perser erholen. Der syrische Autor des 13. Sibyllinischen Orakels feiert ihn in der Schlußpassage seiner Dichtung als Heilsbringer für den Orient.^^ Im Frühjahr 267 brach Odaenathus zu einem zweiten Zug gegen Ktesiphon auf. Über diesen Perserfeldzug gibt es nur sehr kurze Notizen bei Synkellos und Zosimus sowie in der Historia Augusta. Odaenathus plante wahrscheinlich die Einnahme Ktesiphons, die ihm 262/63 nicht gelungen war. Seine Truppen stießen erneut bis zur persischen Residenz vor, ein Einfall der Goten in das Pontusgebiet im Frühjahr 267 verhinderte jedoch die Vollendung des Zuges. Nach Erhalt der schlechten Nachrichten aus Kleinasien brach Odaenathus den Perserkrieg unverzüglich ab und zog im Sommer oder Herbst 267 durch Kappadokien nach Heraclea Pontica. Die Germanen hatte die Region aber bereits wieder beutebeladen verlassen.^® Nach Ausweis der ägyptischen Papyri trat Vaballathus im Jahr 267/68 seine Regierang an. Odaenathus wurde also im Winter 267/68, wohl Ende 267 ermordet. Laut Zo-
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und argapet; April 265); Inv. 3, 9 = CIS II 3940 = PAT 286 (April 267); Inv. 3, 6 = CIS II 3943 = PAT 289 (April 267); Inghoh 1936, 93ff., Nr. 4 = CIS II 4105 ter = PAT 63 = 453 (Relief mit wrwd 'rgbt', „Woröd, argapet). Zu Vorodes und Palmyra in den 260er Jahren vgl. bes. Hartmann 2001,200ff.; anders Yon 2002a, 35 u. 70f. (Verfassung blieb auch unter Odaenathus erhalten). Die Rekonstruktion der Karriere des Vorodes ist umstritten, vgl. Hartmann 2001, 206f; zu Vorodes vgl. femer Milik 1972, 268ff.; Baldini 1976, 35ff.; Will 1992, ISOf u. 1996 (Inv. 3, 7 von 267; Stratege 260/62; Argapet als Ethnarch, Patron oder Repräsentant einer iranischen Gemeinschaft in Palmyra, gedeutet); Miliar 1993, 165 u. 168ff.; Sartre 1996, 395 (duumvir 162)·, Yon 2002a, 38f; 41f; 104; 148ff.; Smith 2004, 245f u. 289ff.; Gawlikowski 2007, 297ff. (duumvir 259/60, mit anderer Deutung von Inv. 3, 3). Gnoli (2007, 95ff.),inteφretiert den Titel argapet als ziviles Amt eines Chefs des Steuerwesens der autonomen Stadt Palmyra (mit Lit.). Unbegründet sind die Überiegungen, Vorodes sei ein aus Persien geflohener parthischer Adliger (so etwa Altheim 1948/50, 2, 63f.; Seyrig 1963, 166f ; Milik 1972, 269; Yon 2002a, 42 u. 106) oder gar ein propersischer Parteigänger in Palmyra gewesen (so etwa Schlumberger 1972, 340f : Identifikation mit Ούορωδ άγορανόμος, δΚΖ mp. 35/ pa. 28/ griech. 67; Inghoh 1976, 134; Equini Schneider 1993, 18; Nakamura 1993, 139£); vgl. dagegen Will 1996, llOff.; Hartmann 2001,208f ; Gawlikowski 2007,295; Gnoli 2007, 112f Zur Verwaltung: Hartmann 2001, 186ff.; Orac. Sib. 13, 164-171; dazu Geffcken 1902, 61f; Olmstead 1942, 419f.; Potter 1990, 141ff. u. 328£f.; Swain 1992, 381f; Strobel 1993, 21 If; 247f.; 251ff.; Hartmann 2001, 194ff. Dagegen bezieht Baldus (1971, 252ff.) die Schlußpassage (mit 13,150-154) auf Uranius Antoninus. Synk. 467, 7-13; vgl. HA Gall. 12, 6-13, 1; Zos. 1, 39, 2; Fest. 23; vgl. bes. Hartmann 2001, 21 Iff. Zum zweiten Perserzug s. o. u. vgl. Alföldi 1939a, 175 (= 1967, 353; Anfang 267); Enßlin 1949b, 82fr. (Herbst 266); Winter 1988, 126 (Frühjahr 267); Bleckmann 1992, 124 (266/67); Will 1992, 177 (267). Die Historizität des Zuges des Odaenathus nach Heraclea wird in der Forschung zuweilen in Frage gestelh. Synkellos habe aus der Gleichzeitigkeit von Perserzug und Goteneinfall einen Gotenzug des Palmyreners konstruiert, so Manni 1949a, 34f, Anm. 14; Bleckmann 1995b, 94; ähnlich Straub 1952, 59; Felix 1985, 84f Auch sei der Bericht des Synkellos stark verkürzt, so daß sich eine Datierung des zweiten Perserzuges kurz vor dem Tod des Odaenathus auf Grund dieser Darstellung verbiete, so Strobel 1993,249, Anm. 433; vgl. dagegen Hartmann 2001, 212f. Zum Goteneinfall nach Heraclea vgl. Kap. II.2, S. 283.
II.5 Das palmyrenische Teilreich
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simus geschah dies in Emesa bei einer Geburtstagsfeier. Wahrscheinlicher ist aber die Version des Synkellos, nach dem Odaenathus in Heraclea Pontica ermordet wurde. Ähnlich wie Synkellos stelh auch die Historia Augusta einen Zusammenhang von Perserkrieg, Einfall nach Heraclea und Ermordung des Odaenathus her, beide greifen hier vermutlich auf Dexippus zurück. Über die Hintergründe des Mordes geben die Quellen ebenfalls widersprüchliche Angaben: Nach der Historia Augusta wurden Odaenathus und sein Thronfolger „Herodes" Opfer des consobrinus Maeonius; von der Ermordung durch einen Neffen des Odaenathus, den der König auf einer Jagd beleidigt hatte, berichtet Zonaras. Laut Continuator Dionis stand hinter dem Mord der gichtkranke Beamte Rufinus, der vom .jüngeren Odaenathus", also Vaballathus, dafür erfolglos vor Gallienus angeklagt wurde. Der Kaiser habe Rufmus sogar für seine Tat gelobt. Von einem Komplott des Gallienus spricht schließlich Johannes Antiochenus.^^ Odaenathus wurde wahrscheinlich im Zuge einer Verschwörung des Beamten Rufinus im Auftrag des Gallienus ermordet. Er führte die Tat aber nicht selber aus, sondern nutzte offenbar Zwistigkeiten im palmyrenischen Herrscherhaus aus: Ein von ihm angestachelter Neffe des Königs ermordete Odaenathus imd seinen Thronfolger Herodianus bei einem Festbankett; er wurde daraufhin von den Leibwächtern niedergemacht. Ob dieser Mann Maeonius hieß, muß offen bleiben. Der Name ist nur in der Historia Augusta bezeugt. Die Usuφation des Maeonius und die Angabe, Zenobia habe aus Eifersucht auf ihren Stiefsohn „Herodes" den Mörder zu seiner Tat angestiftet, sind jedenfalls vom Autor erfunden. Gallienus befürchtete wohl, daß Odaenathus sich nach seinem zweiten Persersieg zum Kaiser erheben oder weitere Vollmachten und Titel von ihm fordern könnte, und ließ den Palmyrener daher beseitigen. Durch den Aufbau einer persönlichen Macht im Osten durch Odaenathus war die Region mehr imd mehr der Kontrolle Roms entzogen worden. Der Versuch des Gallienus, mit diesem Mord die Herrschaft der Palmyrener im Orient zu beseitigen, scheiterte jedoch.^^ 37
Zur Datierung vgl. Hartmann 2001, 213ff. u. 23Iff.; zu den Positionen in der Forschung vgl. Hartmann 2001,216, Anm. 181; Zos. 1,39,2; Synk. 467,10-14; HA Gall. 12,6-13,1; trig. tyr. 15, 5 (α consobrino suo Maeonio qui et ipse Imperium sumpserat, interemptus est cum filio suo Herode); 16, 3; 17 (Vita des tyrannus Maeonius); Zon. 12, 24 (S. 600, 12-23); Cont. Dio. Fr. 7 (FHG IV 195 = Petr. Patr. Fr. 166, Exc. de sentent. 266); loh. Ant. Fr. 152, 2 ^ΉΟ IV 599 = Fr. 62, Exc. de ins. 110= Fr. 231 Roberto); vgl. loh. Mal. 12, 27 (S. 229, 1 3 - 2 3 0 , 15). Die EKG erwähnt den Tod nur im Zusammenhang mit der Machtübernahme Zenobias, Eutr. 9, 13, 2; Fest. 24; vgl. Hartmann 2001, 218ff Der Ort der Ermordung ist umstritten, vom Tod in Heraclea Pontica oder auf dem Weg in Kappadokien sprechen u. a. Alföldi 1939a, 175 (= 1967, 353); Drijvers 1977, 848; Starcky/Gawlikowski 1985, 60; Will 1992, 177 u. 182ff.; Sommer 2005, 162. Vom Tod in Emesa nach Zosimus sprechen u. a. Enßlin 1949b, 83f. (Ermordung bei Vorbereitungen zum Goten-Zug); Hanslik 1972, 1; Felix 1985, 84; Miliar 1993, 171; Bleckmann 1995b, 94; Equini Schneider 1993, 11; Watson 1999, 237, Anm. 9 (Gotensieg des Odaenathus in Kappadokien 267; Mord in Emesa 267/68); Sartre 2001, 978f.; Potter 2004, 263 (mit Anm. 1: Tod im April 268 in Emesa).
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Vgl. Hartmann 2001, 222ff. Als mögliche Hintergründe der Ermordung werden in der Forschung diskutiert eine Verschwörung des Gallienus (Alfoldi 1938b, 80fF. = 1967, 195ff.; Equini Schnei-
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П. Die Ereignisse der Reichsgeschichte
Nach der Ermordung des Odaenathus brach die palmyrenische Regierung nicht zusammen. Die resolute Witwe des Feldherm, Septimia Zenobia, sicherte vielmehr für ihren noch unmündigen Sohn Vaballathus die Herrschaft im Kembereich der Macht des Palmyreners.^® Die literarischen Quellen bezeugen, daß die palmyrenische Königin die Regierung in oriens übemahm. Mit Hilfe der Getreuen des Odaenathus konnte sie die Herrschaft in den syrischen Provinzen sichern, Antiochia wurde ein Zentrum ihrer Regierung. Ob auch das östliche Юе1па81еп sich ihr imterstellte, bleibt ungewiß. Im Jahr 270 entsandte die Königin Truppen in die Provinzen Arabia und Aegyptus sowie ins westUche Kleinasien, diese Regionen gehörten demnach 267/68 nicht mehr zu ihrem Herrschaftsgebiet.'*" der 1993, 11; Strobel 1993, 252; Sartre 2005, 514; Teixidor 2005, 198; Gnoli 2007, 50, Anm. 51), eine Konspiration der Zenobia (Février 1931, 90; Bersanetti 1933, 108f.; Manni 1949a, 38) oder ein Streit in der Dynastenfamilie (Mattingly 1936, 94; de Blois 1975,21; Bleckmann 1995b, 93ff.; Bray 1997,271ff.; Potter 2004,263; Drinkwater 2005,47); vermittelnde Position bei Gawlikowski 1985, 259; unsicher Will 1992,182ff. Nach Kaizer 2005 läßt sich die Frage nicht klären („Jede Rekonstruktion ... bleibt zweifelhaft", S. 78); ähnlich Sommer 2005, 162; Rufinus: Hartmann 2001, 227f Seine Charakterisierung als Statthalter von Syria Phoenice (so Gilliam 1958, 240; Camodeca 1976/77, 57f., Nr. 14; Thomasson 1984, 320, Nr. 110; vgl. Kap. X, Syr. Phoen. 5), Arabia (Strobel 1993, 258, Anm. 472) oder Syria Coele (angeblich Aradius Rufinus, mit Lib. epist. 825, 3, so E. Groag, PIR^ II, S. xrv, A 1013 a; PLRE I 1024, Nr. 126; Christol 1978a, 149 u. 1986b, 139ff., Nr. 4; Panciera 1987, 549; PIR^ R 143; vgl. Kap. X, Syr. Coel. 16*) bzw. die Identifikation mit dem arabischen Legaten Cocceius Rufinus (von 261/62; PIR^ С 1211; PLRE I 776, Nr. 13; Kap. X, Arab. 10; so Alföldi 1938b, 80 = 1967, 196; Gnoli 2005b, 507f.) sind unwahrscheinlich. Nach Bleckmann (1995b, 9Iff.) wird vom Continuator Dionis ein Prozeß vor Gallienus geschildert, in dem sich auf Betreiben des Odaenathus der kranke Greis Rufinus für den Mord am Vater des Palmyreners oder eher an einem Verwandten verantworten mußte. Den „älteren Odaenathus" soll Rufinus lange Jahre vor dem Prozeß ermordet haben. Bleckmann identifiziert daher Rufinus mit dem Legaten von Syria Phoenice um 227/30, Aradius Rufinus Optatus Aelianus (PIR^ A 1016; Kap. X, Afi-. 15; vgl. Syr. Coel. 16*). Die Ermordung des „älteren" habe somit nichts mit dem Mord am „großen Odaenathus" 267/68 durch einen Verwandten bei einem Fest zu tun; ähnlich Bleckmann 2007, 57fr.; dagegen Hartmann 2001, 228ff.; Maeonius (PIR^ M 71; PLRE 1531): Hartmann 2001, 222f ; erfunden nach Syme 1971a, 8; Bames 1978,69. 39
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Zu Zenobia (PIR» S 504; PLRE I 990) vgl. bes. Hanslik 1972; Equini Schneider 1993; Hartmann 2001, 116ff.; 179; 242ff. Zum Bild Zenobias in der Historia Augusta vgl. bes. Equini Schneider 1993, 34ff.; Hartmann 2001, 22fif.; Krause 2007; vgl. ferner Cazzaniga 1972; Wallinger 1990, 139ff.; Lippold 2006,356ff. Zu ihrer Vita vgl. zudem Marasco 1988,226fif.; Wieber 2000,287ff. Fest. 24; Eutr. 9, 13, 2 (Zenobiam quoque, quae occiso Odenatho marito Orientem tenebat); HA Gall. 13, 2; trig. tyr. 27, 1; 30, 2; Aurelian. 22, 1; 38, 1 (Regentschaft fur Vaballathus); Zos. 1, 39, 2; loh. Ant. Fr. 152, 2 (FHGIV 599 = Fr. 62, Exc. de ins. 110 = Fr. 231 Roberto); SjTik. 467, 13-14 (την άρχήν της έφας); Hartmann 2001, 242ff.; Machtgebiet: Hartmann 2001, 263ff. In der Forschung wird vielfach unterstellt, Zenobia habe auch Syrien mit Antiochia erst 270 besetzt, vgl. Miliar 1971, 9 f ; Baldini 1975, 61; Harl 1978, 463; Göbl 1993, 65; Nakamura 1993, 135; Rist 1997, 152; Watson 1999, 63f (schrittweise Besetzung Nordsyriens und Antiochias vom Frühjahr 270 bis zum Frühjahr 271); vgl. auch Damerau 1934, 60 (zur Jahreswende 268/69 Besetzung Antiochias); Ibba 1997, 206f ; Sommer 2005, 167f (der praeses von Syria Phoenice erkannte Zenobia 270 nicht an); vgl. dagegen Alföldi 1938b, 82f. (= 1967, 199); Strobel 1993, 257.
ILS Das palmyrenische Teilreich
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Wie gelang Zenobia diese Machtübernahme? Odaenathus hatte seit der Mitte der 260er Jahre eine charismatische persönliche Herrschaft errichtet, die ihren Ausdruck im Königstitel fand. Seine Ämter dux Romanorum und corrector totius Orientis waren jedoch nur auf Zeit verliehen und nicht erblich. Zenobia nutzte nun den im Orient tief verwurzelten dynastischen Gedanken, um die Herrschaft des Persersiegers auf seinen Sohn zu übertragen. Der unmündige Vaballathus übernahm unter der Regentschaft seiner Mutter sowohl die persönliche Herrschaft als auch die Amtsvollmachten seines Vaters: Er ftihrte ab 267/68 die Titel seines Vaters, rex regum, corrector totius Orientis und wohl auch dux Romanorum. Durch diesen Schritt war aus der befristeten Amtsgewalt des Konsulars Odaenathus eine dynastische Herrschaft über den Orient geworden. Es bildete sich eine spezifische Herrschaftsform heraus, die hier als „Teilreich" bezeichnet werden soll: das Herrschaftsgebiet eines formal mit römischen Titeln legitimierten Machthabers, der unter Anerkennung der Superiorität des Augustus in Rom kaiserliche Aufgaben in einem Reichsteil als Kaiserstellvertreter im Interesse der Sicherheit des Gebiets übemimmt. Der Regent spaltet so sein Machtgebiet nicht vom Reich ab, sondem regiert hier formal im Auftrag des Kaisers.'" Die Regierung des Vaballathus läßt sich im wesentlichen in drei Phasen teilen: die Herausbildung des Teilreiches und die Festigimg der Macht im Orient (267/68-270), der Ausbau des Herrschaftsterritoriums und die offene Präsentation der Teilreichsherrschaft in offiziellen Dokumenten (270-272) sowie die Usiupation des Augustustitels durch Vaballathus (272)."*^ Nach der Ermordung des Odaenathus bemühten sich die Palmyrener in der ersten Phase, die Herrschaft im Orient zu sichern. Vaballathus setzte die Politik seines Vaters kontinuierlich fort und vermied jede Schmälenmg der Vorrechte des Kaisers. Die Palmyrener bemühten sich um die Sicherung der Orientgrenze; es kam dabei offenbar Ende der 260er Jahre zu kleineren Gefechten an den Grenzen Mesopotamiens."*^ Auf die Anerkennung ihrer Herrschaft von Rom warteten Zenobia und 41
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CIS II 3971 = PAT 317 (Meilenstein zwischen Palmyra und Emesa): [... κ]α[ί ύπέρ σω]|τηρ1ας Σεπτιμίας ΖηνοΙβίας της λαμπροτάτης | βασιλίσσης, μητρός τοΰ | βασιλέως, θυ[γ(ατρός) το]ΰ [Άντιόχου]; 7 A[ywA] wz[kwth dy\ sptymyws \ whblt 'tndr[ws nhy]r' mlk mlk'\ w'pnrtf' dy mdnh' klh br \ spt\ymy]ws ['dynt w/Л] mlk' w? | hyh dy sptymy' btzby nhyrt'\ mlkt' 'mh dy mlk mlk'l bt 'niywkws m 14 („Für [Wohl/Leben] und [Sieg des] Septimius | Vaballathus Athenodor[us, clarissimiiis] rex regum \ und corrector totius Orientis, Sohn des | Sept[imi]us [Odaenathus, rex] regum, und für | das Wohl der Septimia Bat-Zabbai, durissima \ regina, Mutter des rex regum,\ Tochter des Antiochus, Meile 14"). Drei weitere Steine stammen aus derselben Serie, Anm. 18; zu diesem Schritt vgl. Hartmann 2001, 242ίΓ.; 259ff.; 446ff.; zum dux vgl. Hartmann 2001,146f.; dux-T\it\ erst 270 zusammen mit Imperator nach Schlumberger 1942/43, 4Iff.; Millar 1971,9; Gallazzi 1975,250ff.; Potter 1990, 393; Equini Schneider 1993,61, Anm. 1. Vgl. Hartmann 2001, 242fif.; vgl. femer Schlumberger 1942/43, 41ff.; Gallazzi 1975, 250ίΓ.; Potter 1990,393; Estiot 1995b, 94ίΓ. u. 2004,114ff. Zur den Kämpfen vgl. Hartmann 2001, 266ff. Beleg ist neben den Siegertiteln des Vaballathus (s. u.) vor allem der Titel Parthicus maximus des Claudius von 269/70 (CIL VIII 4876 = ILS 571 = ILAlg I 1268); vgl. Enßlin 1949b, 88 (Kämpfe in der Adiabene); Felix 1985, 92; Peachin 1990, 86; anders Damerau 1934, 61 {Parthicus für römischen Sieg über palmyr.-persische Trup-
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II· Di® Ereignisse der Reichsgeschichte
Vaballathus vergebens. Gallienus plante im Frühjahr 268 einen Feldzug gegen Palmyra. Unter dem Vorwand eines Perserzuges sollte der praefectus praetorio Aurelius Heraclianus in den Osten gesandt werden, um Zenobia zu entmachten. Der Aufstand des Aureolus in NorditaUen im Frühsommer 268 und die Ermordimg des Gallienus verhinderten indes diese Pläne.'*'' Claudius, der in schwere Kämpfe gegen die Goten verwikkelt war, tolerierte die Herrschaft der Palmyrener, erkannte sie aber formal nie an.'*^ Im Jahr 270 befand sich Claudius in einer schwierigen Lage, seine militärischen Kräfte waren auf dem Balkan im Kampf gegen die Goten gebunden. Im Frühjahr 270 beauftragte Claudius den praefectus Aegypti Tenagino Probus mit einem Seezug gegen gotische Piraten im Mittelmeer. Zenobia nutzte diese Situation zu einer Ausdehnimg ihres Machtgebiets aus. Ziel der neuen Politik Zenobias war es vor allem, den Herrschaftsbereich ihres Mannes über den ganzen Orient wiederzuerlangen und die wichtige Provinz Ägypten unter ihre Kontrolle zu bringen. Im Frühjahr 270 begannen ihre Truppen eine Offensive. Zuerst wurde die Provinz Arabia besetzt, dabei kam es in Bostra zu schweren Kämpfen, in denen nach Malalas der römische dtix Trassus fiel. Von der Zerstörung des lupiter Hammon-Tempels durch die Palmyrener berichtet eine Inschrift aus dem Lager der legio III Cyrenaica.^^ Daraufhin befahl Zenobia im Sommer 270 die Besetzung Ägyptens. Sie nutzte dazu die Abwesenheit des Statthalters aus, zudem konnte sie sich auf eine einheimische Gruppe um den Ägypter Timagenes stützen. Die palmyrenischen Truppen unter dem Befehl des Generals Septimius Zabdas marschierten in Ägypten ein, die hier verbhebe-
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pen); Ibba 1997, 208. Zum Schutz der Grenze diente auch die Gründung der Festung Zenobia (Halabîyah) am Euphrat (Prok. aed. 2, 8, 8), vgl. Hartmann 2001,268ff. (mit Lit.) Zu Heraclianus (PLRE I 417, Nr. 6; Kap. X, PPO 15): HA Gall. 13, 4-5; Hartmann 2001, 259ff. u. 2006b, 1 lOfF.; vgl. Kap. II.2, bes. S. 279. Laut Historia Augusta zog Heraclianus gegen Zenobia, sein Heer wurde aber von ihren Truppen völlig vernichtet. Diesen Kriegszug im Auftrag des Gallienus halten für historisch u. a. Février 1931, 107f.; Bersanetti 1933, 109f., Manni 1949a, 39f.; Kerler 1970, 175fF.; Kuhoff 1979, 28; Will 1992, 186; Christel 1997c, 156; Sartre 2005, 514; vgl. dagegen AlfÖldi 1938b, 82f. (= 1967, 199: nur Plan des Gallienus); Felix 1985, 88f.; Strobel 1993, 256. Potter (2004, 266f.) datiert den gescheiterten Zug des Heraclianus in das Jahr 270, Claudius habe so den Bruch mit Zenobia herbeigeführt. Vgl. auch Kap. II.2, S. 284 u. 291. Gallienus verweigerte Zenobia die Anerkennung, so etwa Alfoldi 1938b, 82f. (= 1967, 198f.); Will 1992, 186;. Strobel 1993, 256; Hartmann 2001, 255; Anerkennung nach Cizek 1994, 79; Duldung nach Hanslik 1972, 2; Kotula 1997,108; Watson 1999, 61. Vgl. Hartmann 2001, 255f.; einen modus vivendi fand Claudius mit Palmyra nach Mattingly 1936, 102; Kotula 1994b, 44f u. 1997, 108f ; Watson 1999, 61; gegen eine Anerkennung Damerau 1934, 51; 55; 61. Zu Probus vgl. Kap. II.3, S. 306 und Kap. X, Aeg. 18; Num. 11; Arabien: loh. Mal. 12, 28 (S. 230, 25-28). Ein praeses Arabiae Trassus ist sonst unbekannt (Kap. X, Arab. 23); Tempel: IGLS XIII.l 9107; Will 1966, 1415f; Speidel 1977, 723f.; Sartre 1985, 93; Stoll 2007b, 453f Zur Besetzung vgl. Hartmann 2001, 278ff.; vgl. femer Miliar 1971, 9; Hanslik 1972, 3; Bowersock 1983, 136; Graf 1989b, 143Í; Equini Schneider 1993, 61.u. 65fF.; Watson 1999, 61f.; vgl. dagegen Strobel 1993, 257f u. 261 (Eroberung Arabiens nach Einnahme Ägyptens); vgl. ferner Saunders 1991, 155f.; Kotula 1997, llOf
II.5 Das palmyrenische Teilreich
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nen Trappen des Probus wurden gescMagen. Zabdas ließ eine Besatzung in der Provinz zurück und zog nach Syrien. Tenagino Probus kehrte nun auf Befehl des Claudius nach Ägypten zurück und vertrieb die palmyrenische Besatzung. Alexandria geriet wieder in die Hand der Zentralregierung: Nach dem Tod des Claudius Ende August 270 wurde hier im September und Oktober kurzzeitig für Quintillus und das erste Jahr Aurelians (ohne Nennung des Vaballathus) geprägt. Im Herbst 270 ordnete Zenobia schließlich einen zweiten Zug gegen Ägypten an. Probus konnte die Eindringlinge zwar in einer Schlacht besiegen und veijagen, geriet aber in einen Hinterhalt: Er wollte den Trappen Palmyras den Weg nach Syrien absperren und verschanzte sich deshalb auf einem Höhenzug nahe der Stadt Babylon am rechten Nilufer. Seine Trappen wurden hier jedoch von den Palmyrenem mit Unterstützung des Timagenes von hinten angegriffen und vollständig vernichtet. Auch Probus geriet in Gefangenschaft und nahm sich das Leben. Im November 270 fiel Alexandria in die Hand Zenobias.'*^ Damit war ganz Ägypten unter der Kontrolle der Palmyrener. Sie begannen sofort mit der Reorganisation der Provinz: Die Münze in Alexandria prägte für Aurehan und Vaballathus, in der Provinz ordnete man eine gemeinsame Datierangsformel für beide Herrscher an. Der 271 bezeugte Nachfolger des Probus, der Vizepräfekt lulius Marcellinus, wurde von den palmyrenischen Besatzungsbehörden im Herbst 270 als Übergangsstatthalter ohne formale Legitimation durch den Kaiser eingesetzt. Marcellinus erfüllte die Verwaltungsaufgaben in Vertretung eines ordentlichen Präfekten bis ins Frühjahr 271. Nach ihm wurde Statilius Ammianus von Zenobia zum Statthalter Ägyptens ernannt. In den nächsten zwei Jahren sicherte eine palmyrenische Besatzung die Herrschaft in Ägypten. Diese Besatzungsarmee wird durch einen Papyras von 271 dokumentiert, in dem der Stratege den Gerste-Aufsehern befiehlt, den Palmyrenem Gerste gegen Quittung zu liefern. Ein militärischer Vorstoß der Zenobia, die nach Zosimus bereits den ganzen Orient bis Ancyra beherrschte, ins westliche Kleinasien im Jahr 271 scheiterte.'*® 47
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Zos. 1, 44; HA Claud. 11, 1-2; Synk. 470, 1-3; Zon. 12, 27 (S. 607, 4-6). Zur Besetzung vgl. bes. Hartmann 2001, 281ίΤ. (mit Lit.); vgl. femer Février 1931, lOSff.; Schwartz 1953, 66ίΤ. u. 1976b, 147fr.; Saunders 1991, ISlffi; Will 1992, 186f.; Equini Schneider 1993, 70fr.; Strobel 1993, 260fr.; Kotula 1997, lllfT.; Watson 1999, 62f. u. 222fr.; Clauss 2003, 212fr.; Timagenes (PLRE I 913): HA Claud. 11, 1; Zos. 1, 44, 1; vgl. Kap. V.3.2, Anm. 52; Zabdas (PIR^ S 498; PLREI 990): HA Claud. 11,1; Aurelian. 25, 2-3; Zos. 1 , 4 4 , 1 ; 51, 1; Inv. 3, 19-20 (Anm. 25 u. 50). Bei der Wiedereroberung Alexandrias durch Probus wurde wohl das Viertel Bruchium in Alexandria zerstört (vgl. Kap. V.3.2, S. 808-811; Hartmann 2001, 289fr.). Vgl. Hartmann 2001, 287fr.; lulius Marcellinus (PIR^ I 403; PLRE I 549, Nr. 19-20): 271 ó διασημότατος διέπων τήν ήγεμονίαν, PSI 10, 1101, 2-3; Rea 1969, 135f.; Bastianini 1975, 317; Thomasson 1984, 358, Nr. 120; Watson 1999, 168; Hartmann 2001, 287 u. 297; vgl. Kap. Χ, Aeg. 19; Ammianus (PIR^ S 815; PLRE I 53f., Nr. 1 u. 5): Hartmann 2001, 297; vgl. Kap. X, Aeg. 20; vgl. femer Rea 1969; Saunders 1991, 158f u. 429f ; Martin 2000; Gerste: P. Oxy. 43, 3115 (6. Juli 271); Hartmann 2001, 288; Mitthof 2001, 2, 369, Nr. 48. Die Angabe der Historia Augusta, Zenobia habe sich der Abkunft von Kleopatra gerühmt, ist erfunden. Sie wird häufig für authentisch gehalten, so u. a. von Stein 1923, 448ff.; Schwartz 1953, 76f.; Cameron 1967, 382f;
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П. Die Ereignisse der Reichsgeschichte
Mit der Besetzung der Provinzen Arabia und Aegyptus hatte Zenobia ihre Macht erhebhch ausgeweitet. Der Tod des Claudius und die Krise des Zentralreiches, die durch den Bürgerkrieg zwischen Quintillus und Aurelian im September 270 hervorgerufen wurde, ermöglichten den Pahnyrenem nach Abschluß der Besetzung Ägyptens im Herbst 270 die Festigung dieser Machtausdehnung und die offene Präsentation als Herrscher eines Teilreiches mit ausgebauter Titulatur gegenüber der orientalischen Bevölkerung. Vaballathus sollte so iiistitutionell als ICaiserstellvertreter im römischen Orient unterhalb des Augustus fest etabliert werden. Dazu nahm er wahrscheinlich uimiittelbar nach Abschluß des zweiten Ägyptenzuges im November 270 den Titel eines imperator an, den er aber nicht wie der Augustus als Bestandteil des Namens, sondern als einen Amtstitel führte. Als imperator, oberster Feldherr und Imperiumsträger im Orient, stand er nunmehr in seiner eigenen Perspektive eine Stufe unter Kaiser Aurelian. Der Dynast beanspruchte gleichzeitig mit der Annahme des Titels imperator den Rang eines vir consularis. Die neue Titulatur vermied erneut eine offene Usurpation und damit einen Konflikt mit dem Augustus. Mit ihr trat der Wandel im Charakter der palmyrenischen Regierung von der bloßen Amtsgewalt eines Beamten zu einem Teilreich mit persönlicher Herrschaft deutlich hervor.'" Zenobia erweiterte in der zweiten Herrschaftsphase offenbar ebenfalls ihre Titulatur. In einer palmyrenischen Ehreninschrift vom August 271 wird sie clarissima pia regina genannt. Das Epitheton pia stellt an sich ein Vorrecht der Augusta dar. Auch sie rückte damit in die Nähe der Kaiserherrschaft und des Titels einer Augusta.^" Dieser Wandel dokumentiert sich in der Aufnahme einer Münzprägung in Antiochia und Alexandria, in den Datierungsformeln der Papyri und in der Aufstellung von Meilensteinen im Herrschaftsgebiet. Die Titulatur des vir clarissimus rex consul imperator dux Romanorum ist in den gemeinsamen Datierungsformeln für Kaiser Aurelian und seinen Stellvertreter Vaballathus auf ägyptischen Papyri aus den Jahren Aurelian 1 / Vaballathus (Dezember 2 7 0 - Januar 271),'' AureUan 1 A^aballathus 4 (270/71)"
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Barnes 1972, 177; Graf 1989b, 146; Will 1992, 187; Nakamura 1993, 146ίΓ.; Strobel 1993, 251, Anm. 445; Gaggero 1996; Long 1996, 69; Watson 1999, 65f.; Settipani 2000,438ff.; Bussi 2003; Teixidor 2005, 201; Janiszewski 2006,219ff.; vgl. dagegen Equini Schneider 1993, 27ff.; Kotula 1997,122; Hartmann 2001,285; Kleinasien: Zos. 1, 50,1; Hartmann 2001,294ίΤ. Vgl. Hartmann 2001, 245ff.; von einem schrittweisen Ausbau der von Vaballathus seit 270 beanspruchten Titulatur sprechen dagegen Bauzou 1989,1,164ίΓ. (s. u.); Watson 1999,67ff. Inv. 3, 20= CIS II 3947= PAT 293 (August 271): Σεπτιμίαν Ζηνοβίον τήν λαμ|προτάτην εύσεβη βασίλισσαν | Σεπτίμιοι Ζάβδας ó μέγας στρα|τηλάτης καΐ Ζαββαίος ó ένθάδε | στρατηλάτης, οΐ κράτιστον τήν | δέσποιναν, έτους βπφ' μηνεΐ Λωφ; slmt sptmy'btzby nhyrt'
wzdqt'l mlkt'spfmyw'zbd' rb 1гуГ\ rb'wzby rb hyV dy tdmwr qrts{w'\ 'qym Imrthwn byrh Ъ dy
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snt 582 („Statue der Septimia Bat-Zabbai, clarissima und pia \ regina; die Septimii Zabda, Chefkommandant,! und Zabbai, Kommandant von Tadmör, die viri egregii,\ haben sie für ihre Herrin aufgerichtet, im Monat Ab des Jahres 582"); Hartmann 2001,254f. P. Oxy. 40, 2921, 6-11 (7./15. Dezember 270); 2908 II, 20-26 (Dezember 270/Januar 271): (έτους) α' Αυτοκράτορας Καίσαρος | ΛουκΙου Δομιττίου Αύρηλιανοΰ ΕΰσεβοΟς | Εύτυχοΰς Σεβαστοΰ καΐ 'Ιουλίου | Αύρηλίου Σεπτιμίου Ούαβαλάθου | 'Αθηνοδώρου του λαμπροτάτου
II.5 Das palmyrenische Teilreich
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sowie Aurelian 2 / Vaballathus 5 (September 271 - April 272) bezeugt." Sie findet sich auch in lateinischen Inschriften auf Meilensteinen von via nova Troiana in Arabia^'' imd von einer Straße in Syria Palaestina " Deutlichstes Symbol der politischen Veränderungen für alle Orientalen stellte aber wohl die gemeinsame Münzprägung der Herrscher dar.^® Die Münzprägungen des Teilreiches zeigen auf den Vorderseiten den ranghöheren Augustus AureUan und auf den Rückseiten den Kaiserstellvertreter. Die in der Forschung vielfach vertretene These, daß der Kaiser auf der Rückseite der Prägungen aus Antiochia zu sehen sei," ist unwahr-
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βασιλέως | υπάτου αύτοκράτορος στρατηγού 'Ρωμαίω(ν)| Τΰβι (vac.); 2898 II, 23-28; 2908 III, 29-33 (270/71); SB 18,13305,43-45 (21. Januar 271). SB 14, 11589, 20-23 (= Schwartz 1964, 62f., Nr. 7-8; 14. März 271); P. Stras. 1, 8 I, 1-2 (31. März 271); Schwartz 1964, 66f., Nr. 10, 12-13 (21. Mai 271); SB 8, 9912, 16-19 (= Schwartz 1964, 67f., Nr. 11; 23. Mai 271); F. Oxy. 9, 1200, 58-59 (25. Mai 271; vgl. Grenfell/Hunt, F. Oxy. 12, 1916, S. 223); O. Mich. III 1006 (Mai/Juni 271); F. Oxy. 43, 3115, 6 (6. Juli 271); F. Lend. 3, 1241 I (270/71); CFR I 9 (a) 8 (= Stud. Fai. XX 72, 8), (b) 9 u. (c) 9 (Jahr Aurelian 2/Vaballathus 5, retrospektiv: Oktober/November); vgl. auch F. Oxy. 40, 2940, 4 (Dezember 270/Januar 271 ); F. Köln 2 , 8 7 , 4 (270/71 ); SB 16, 12787,2-3 (270/71 ; retrospektiv; s. u.). SB 22, 15339 (7. November 271); F. Stras. 1, 8 I, 7 (17. November 271); F. Oxy. 47, 3367 I, 1416; II, 5-6. 14-17 (15. Januar 272); 40, 2936, 25-28 (Dezember/Januar); Grundz. Wilck. 1.2, Nr. 5, 1-6 (21. Febraar 272); F. Oxy. 10, 1264, 20-27 (4. März 272); BGU 3, 946, 1-5 (11. März 272); SB 16,12787,4 (24. März 272); F. Stras. 1, 8 1 , 7 - 8 (13. April 272); F. Oxy. 40,2904,1524 (17. April 272); CFR I 9 (a) 18-20 (= Stud. Fai. XX 72, 18-20), (b) 20-21 u. (с) 21-23 (271/72); F. Oxy. 46, 3294, 7 u. 14-19 (271/72); Aurelianus/Vaballathus ohne Jahr: F. Oxy. 40, 2916 II, 12-13; 2906 I, 21-26 (wohl 270/71); 2922, 1-6 (10. Januar 271 oder 11. Januar 272); Rathbone 1986, 123f.; Estiot 1995b, 96f.; Long 1996, 64f.; Kreucher 1998, 260f. u. 267f.; Hartmann 2001,233fr. u. 247ff. Bauzou 1989, 2, 41f., Nr. 28 (= 1986, 2, Nr. 1; 1998, 202, Nr. 95 XV В 3): \L{ucius) Iuli\us Aureli[us\ Septi]mius\ [Va]ballath[us \ Ath]enodorus \ [v(i>) c{larissimus) rex\ co{n)s(ut)\ [impe]rator dux \ [ΒΪ\ο[ίη\αηοΓΗΐη \ {millia passuum) XV \ (μείλια) le'; Bauzou 1989, 2, 63, Nr. 52 (= 1986, 3, Nr. 2; 1998, 202, Nr. 96 XX E 1); Bauzou 1989, 2, 144f., Nr. 141 (= 1998, 203, Nr. 97). Isaac 1998, 70 (zwei Meilensteine nördlich von Scythopolis): Vaballatho \ Athenodoro \ v{iro) diarissimo) regi cons{uli)\ imp{eratori) duc{í) Roma\norum. Zu den Inschriften vgl. Hartmann 2001,248. Zu den Münzen mit lateinischen Legenden vgl. RIC V 1, 308 u. V 2, 584f.; Göbl 1993, 65f.; Tafel 136, Tab. 27; Estiot 1995b, 94ίΤ.; 2004, Il4ff.; 222ίΓ.; 271; 430f.; alexandrinische Münzen: BMC Alexandria, 309ff.; Vogt 1924, 1, 213ίΤ.; 2, 160f.; Milne 1933/71, 103f. Zur palmyr. Münzprägung vgl. bes. Mattingly 1936; Ficozzi 1961; Seyrig 1966; Gallazzi 1975; Carson 1978; Equini Schneider 1993, 87ίΤ.; Long 1996; Hartmann 2001, 43f.; 250ff.; 356ff.; vgl. femer von Sallet 1870; Rohde 1881,254ff.; Manns 1939,22£; Delbrück 1940, 160f ; Fleck 2000. Vgl. Rohde 1881, 259ίΓ.; Mattingly 1936, 113; Seyrig 1966, 659; Callu 1969, 235; Gallazzi 1975, 249; Carson 1978, 222; Will 1992, 187; Equini Schneider 1993, 74f; Strobel 1993, 265 (politische Provokation); Estiot 1995b, 102 u. 2004,222f.; Fleck 2000,247. Vaballathus beachtete auch in der zweiten Herrschaftsphase konsequent die Superiorität des Augustus: Der imperator trägt einen untergeordneten Titel und wird in den Papyri immer an zweiter Stelle nach dem Kaiser genannt. Der zeitgenössische Betrachter erkannte Aurelian mit der Strahlenkrone auf der
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II· Die Ereignisse der Reichsgeschichte
scheinlich. In Antiochia wurde nach den Prägungen für Claudius die Emission der Antoniniani für Aurelian und Vaballathus aufgenommen, Quintillus war offenbar von Zenobia nicht anerkannt worden. Vaballathus trägt den Lorbeerkranz des imperator und das königliche Diadem.'® Die Legende VCRIMDR ist entsprechend der Formeln auf den Papyri als vir consularis rex imperator dux Romanorum aufzulösen.^' Nach der Besetzung Alexandrias nahm man auch hier die Emission von gemeinsamen Prägungen auf. Analog zu den Datierungen der ägyptischen Papyri existieren Münzen aus den Jahren Aurelian 1 / Vaballathus, Aurelian 1 / Vaballathus 4 sowie AureUan 2 / Vaballathus 5. Die Billonmünzen mit griechischen Legenden zeigen auf der Rückseite das Porträt des noch sehr jungen Körügs Vaballathus mit individuellen Zügen. Er trägt Diadem und Lorbeerkranz. Die Prägungen geben seine neue Titulatur consul imperator dux Romanorum in griechischer Übersetzung an. Der fehlende Titel rex wird durch das Diadem angedeutet.®" Titulatur und Ikonographie zeigen die Zweigleisigkeit der pahnyrenischen Regierung, die die ersten beiden Phasen der Herrschaft Zenobias charakterisiert: Einerseits erkannte Zenobia die Oberherrschaft des Augustus weiterhin an, andererseits aber baute sie mit der Verleihung des Titels imperator an Vaballathus und dem Begiim von eigenen Münzemissionen die Macht Pahnyras Schritt für Schritt weiter aus. Die Titulatur
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Vorderseite und seinen Stellvertreter im Orient auf der Rückseite der Münzen. Auf der Vorderseite der Antoniniani aus Antiochia sehen Aurelian P. H. Webb, RIC V 1, 260; Manns 1939, 22; Saunders 1991,159, Anm. 60; Nakamura 1993,144; Hartmann 2001,250. Göbl (1993, 65f.) unterscheidet zwischen der staatsrechtlichen (des Augustus) und der technischen Vorderseite. Vgl. RIC V 1, 308, Nr. 381: IMP С AVRELIANVS AVG | VABALATHVS VCRIMDR; Göbl 1993, 65f; Tafel 136, Tab. 27, Nr. 353 (erste Emission aus Antiochia ab Ende 270); Estiot 1995b, 94 (ab November/Dezember 270); 97; 102; 262, Nr. 10809; Hartmann 2001, 250ff. Zu den Claudius-Münzen aus Antiochia vgl. Huvelin 1990; Estiot 1995b, 94; Hartmann 2001,25 If So erstmals von Sallet 1870, 34. Das VC lösen mit vir consularis auf Rohde 1881,259ff.; Février 1931,113; Picozzi 1961, 126; Callu 1969,235; Potter 1990, 61. Häufig wird für das VC die Auflösung vir clarissimus vorgeschlagen, so P. H. Webb, RIC V 1, 260; Mattingly 1936, 94; Seyrig 1966, 659; Gallazzi 1975, 256; Carson 1978, 222; Equini Schneider 1993, 74; Göbl 1993, 66; Nakamura 1993, 144; Strobel 1993, 265; Estiot 1995b, 97 u. 2004, 118; Long 1996, 65. Bauzou (1986, 3; 1989, 1, 164ίΤ.; 1998, 247ff.) verweist auf die Vaballathus-Meilensteine mit v. c. cons. (s. о.), um diese Deutung des VC zu stützen. Nach Bauzou nahm Vaballathus 270 den Titel imperator an und begann mit der Münzprägung in Antiochia ohne den Titel consularis. Diese Legende habe man hier bis 272 beibehalten. 271 habe Aurelian dann Vaballathus im Rahmen eines Vertrages den Konsulrang zugebilligt, den der König nun auf alexandrinischen Münzen und in Inschriften führte; vgl. dagegen Hartmann 2001,247, Anm. 14 u. 252, Anm. 29. Billon-Münzen (Tetradrachmen), Aurelian Jahr 1 / Vaballathus: Vogt 1924, 1, 213f; 2, 160: ΑΥΤ(οκράτωρ) Κ(αΐσαρ) Λ(ο·όκιος) Δ(ομίτιος) ΑΥΡΗΛΙΛΝΟΣ ΣΕΒ(αστός) L Α | Ι(ο·ύλιος) Α(·ύρήλιος) Σ(επτίμιος) ΟΥΑΒΑΛΛΑΘΟΧ ΑΘΗΝΟ(δωρος) Υ(πατος) ΑΥΤ(οκράτωρ) Σ(ι:ρατηγός) ΡΩ(μαίων) (ύπατος nur bei Milne); Milne 1933/71, 103, Nr. 4303^307; Aurelian 1 / Vaballathus 4: Vogt 1924, 1, 214f; 2, 160 (Vaballathus mit L Δ); Milne 1933/71, 103, Nr. 4308^329; Aurelian 2 / Vaballathus 5: Vogt 1924, 1, 214f.; 2, 160; Milne 1933/71, 104, Nr. 4330-4348.
II.5 Das palmyrenische Teilreich
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wendet sich in erster Linie an die orientalischen Untertanen, die von der Rechtmäßigkeit der palmyrenischen Regierung überzeugt werden sollten: Der König Vaballathus tritt gegenüber den Palmyrenem unter Rückbezug auf das Gharisma des Persersiegers als rex regum und gegenüber seinen östlichen Untertanen als rex mit Diadem auf. Vor den römischen Beamten und den Legionen im Orient legitimiert er seine Regierung mit römischen Titeln. Den Provinzialen im Orient sollte so suggeriert werden, daß der Kaiser in Rom die Herrschaft des imperator und rex Vaballathus anerkannt hat. Zugleich stellte dies eine beschwichtigende Geste gegenüber dem neuen Augustus Aurelian dar, dem damit die Anerkennung seiner Regierung signalisiert wurde.®' Die Herrschaft der Palmyrener, die sich als lokale Interessenvertreter profiliert hatten, wurde offenbar im Nahen Osten weitgehend begrüßt. Ablehnung ist nur von Seiten der Juden in Palästina bezeugt; hier kam es sogar zu Unruhen. Unter der Regierung der Zenobia erlebte die Kultur am palmyrenischen Hof eine einzigartige Blüte: Der berühmte syrische Philosoph, Philologe und Rhetor Longinus kam als Berater und Prinzenerzieher Ende der 260er Jahre aus Athen an den Hof. Vielleicht waren hier auch der Sophist Callinicus von Petra und der Historiker Nicostratus von Trapezus tätig. Im antiochenischen Bischof Paulus von Samosata fand Zenobia eine Stütze ihrer Herrschaft. Manichäische Missionare besuchten Palmyra. Zenobia besaß fähige Generäle wie die beiden viri egregii Septimius Zabdas und Septimius Zabbai. Während Zabdas die militärischen Offensiven führte, war Zabbai als Kommandant in Palmyra eingesetzt."
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Zur Ikonographie vgl. Delbrück 1940, 160f.; Equini Schneider 1993, 87ff.; zur Deutung vgl. Hartmann 2001, 254ff.; 298ff.; 448ff.; vgl. auch Harl 1978,463ίΓ.; Nakamura 1993,143ff.; Long 1996,67fr.; Bauzou 1998,249; ferner Watson 1999,64ff., der aber neben römischen Formen der Herrschaftsrepräsentation auch die angeblich antirömischen Elemente der Politik Zenobias betont. Vielfach wird angenommen, daß die Münzprägung Ergebnis eines Abkommens zwischen Aurelian und Zenobia war (so u. a. Groag 1903, 1363ff.; Février 1931, 111 u. 115Í; Bersanetti 1940a, 431f; Starcky/Gawlikowski 1985, 62; Bauzou 1989, 1, 168f.; Strobel 1993, 263; Jacob 2004, 65); sie ist aber eher als Geste Palmyras zu verstehen (vgl. Mattingly 1936, 102; Alföldi 1938b, 91 = 1967,209; Gallazzi 1975,249; Equini Schneider 1993,73i; Drinkwater 2005,52). Zum Teikeich unter Zenobia vgl. bes. Hartmann 2001, 297ff.; Juden: Hartmann 2001, 324fif.; vgl. femer Smallwood 1976, 531ίΤ.; Stemberger 1983, 95f; Equini Schneider 1993, 38fiF.; Strobel 1993, 253ff.; vgl. ferner Kap. VIII.3, S. 964 und Kap. VIII.4, S. 966 u. 971; Hof: Hartmann 2001, 300fr.; vgl. auch Miliar 1971, 2fr; Bowersock 1987b; Nakamura 1993,145fr.; Yon 2002a, 135ff.; Teixidor 2005, 205ff.; Longinus (PIR» С 500; PLRE I 514f., Nr. 2): HA Aurelian. 30, 3; Zos. 1, 56, 3; Suda Л 645; vgl. Kap. VII.2-3; Hartmann 2001, 302ff. u. 391£; Männlein-Robert 2001. Longinus verfaßte eine Rede auf Odaenathus (Lib. epist. 1078). Zu Callinicus und Nicostratus vgl. Kap. VII.2, bes. S. 907 u. 912f.; femer Hartmann 2001, 305ff.; Paulus: Hartmann 2001, 315ff.; vgl. auch Loofs 1924; Bardy 1929; Downey 1961, 263Г u. 309ff.; Miliar 1971; Burke 1975; Norris 1984; Fischer 1986; Burrus 1989; Rist 1997 u. 2000; vgl. femer Baldini 1975; Perrone 1992 (Forschungsbericht); Teixidor 2005, 214ff.; vgl. zudem Kap. VIII.5, bes. S. 989-991. Zu den Manichäem vgl. Kap. VIII.6; femer Tardieu 1992; Tubach 1996; Hartmann 2001, 308ff.; Gnoli 2005a, 137ff.; Durkin-Meisteremst 2006; Zabdas: Anm. 47; Zabbai (PIR^ S 497; PLRE I 990): Inv. 3, 19-20 (Anm. 25 u. 50); Hartmann 2001, 301.
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II. Die Ereignisse der Reichsgeschichte
Die Teilreichspolitik Zenobias fand in Rom nie formale Anerkennung. Die Gotenkämpfe nötigten Claudius zur Tolerierung der Palmyrener. Die Ausdehnung der Macht Zenobias nach Ägypten in der Schlußphase seiner Regierung im Sommer 270 koimte aber auch er nicht mehr akzeptieren: Claudius entsandte daher den Präfekten Probus gegen die palmyrenischen Besatzer. Nachdem Aurelian die Herrschaft in Rom übernommen hatte, bemühten sich die Palmyrener vergeblich bei ihm um Anerkennung. Anfangs tolerierte auch er Zenobia, da er Getmaneneinfálle zurückschlagen und seine Kaisermacht gegen Usuφatoren verteidigen mußte. Nach dem Sieg über die Germanen nahm er aber in der zweiten Hälfte des Jahres 271 unverzüglich die Wiedervereinigung des Reiches in Angriff: Er marschierte nach Byzanz, wo er den Jahreswechsel 271/72 mit Kriegsvorbereitungen verbrachte, und eröffnete im Frühjahr 272 seinen Feldzug gegen Zenobia; Bithynien konnte er noch ohne Kampf durchqueren.®^ Zenobia und Vaballathus sahen sich nun mit der Offensive des Kaisers konfrontiert. In dieser schwierigen Situation gaben sie ihre bisherige Teilreichspolitik auf und nahmen Ende März oder Anfang April 272 den Kaisertitel an; der letzte Papyrusbeleg fiir das Kondominum von Aurehan und Vaballathus aus Ägypten stammt vom 17. April 272. Vaballathus usшpierte die im 3. Jahrhundert übliche Kaisertitulatur: Er nannte sich Imperator Caesar Lucius lulius Aurelius Septimius Vaballathus Athenodorus Persicus maximus Arabicus maximus Adiabenicus maximus pius felix invictus Augustus. Neben dem Augustus-Titel nahm Vaballathus auch drei cognomina ex virtute an, die sich offenbar auf militärische Erfolge an der Ostgrenze während der ersten Phase seiner Regierung als rex bezogen. Der Beiname Persicus maximus verwies zudem auf die Persersiege des Odaenathus. Den Kaisertitel bezeugen Inschriften und Münzen. Als Augustus setzte Vaballathus vier Meilensteine mit lateinischen Inschriften an der via nova Traiana in Arabia, einen Meilenstein an der Küstenstraße zwischen Botrys und Byblus in Syria Phoenice mit einer schlecht erhaltenen lateinischen Inschrift und einen weiteren Stein mit einer teilweise zerstörten griechischen Inschrift bei Byblus.®^ Die Reichsmünze in Antiochia prägte im Frühjahr 272 kleine Emissionen von Antoniniani mit den Averslegenden Imperator Caesar Vhabalathus Augustus und Septimia Zenobia Augusta. Vaballathus mit Bartansatz blickt nach rechts und trägt ähnlich wie Aurelian eine Strahlenkrone. Zenobia wird auf ihren überaus seltenen syrischen Mün-
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Vgl. Hartmann 2001, 255ff. u. 352ff.; Bithynien: HA Aurelian. 22,3; Hartmann 2001, 364f. Zur Usuφation vgl. Hartmann 2001, 354ff. u. 455ff.; ILS 8924 = Thomsen 1917, 38, Nr. 73 b = Bauzou 1998, 203, Nr. 98 XI G 1: Im(peratori) Coesori L(ucio) Julio | Aurelio Septimio \ Voballatho I Athenodoro Pellico moximo Ara\bico máximo Adia\benico máximo pio \ felici invicto Au(gusto)·, Bauzou 1989, 2, 34, Nr. 22 (= 1998, 204, Nr. 99 XIV С 2); Bauzou 1989, 2, 91f., Nr. 82 (= 1998, 204, Nr. 100 XXV F 1); Thomsen 1917, 44, Nr. 96 b = Bauzou 1989, 2, U l f . , Nr. 102 (= 1998, 204f., Nr. 101 XXXVI К 1); Küstenstraße: CIL III 209a = 6728, nach Thomsen 1917, 16f., Nr. 3 eine Inschrift des Vaballathus; Byblus: IGR III 1065 = 1027 (irrtümlich verdoppelt) = OGIS 647; Hartmann 2001, 355f.
II.5 Das palmyrenische Teilreich
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zen mit Stephane und einer Scheitelzopffrisur dargestellt/^ Auch in Alexandria gab man kleine Emissionen von Kaisermünzen mit griechischen Legenden fur die beiden Herrscher heraus. Die Kaisermünzen des Vaballathus Athenodorus zeigen das Brustbild des bartlosen Augustus in Panzer imd paludamentum mit Lorbeerkranz. Er* trägt einen kurzen römischen Haarschnitt. Zenobias Brustbild schmückt die Stephane der Augusta.®® Die Reversdarstellungen der Prägungen aus Alexandria und Antiochia zeigen kein besonderes „orientalisches" Programm der Herrscher, ihre Münzen unterscheiden sich so kaum von denen anderer Soldatenkaiser.®^ Zenobia und Vaballathus, die bis zuletzt an ihrer Teilreichspolitik festgehalten hatten, nahmen den Titel an, weil Aurelian mit dem Beginn seines Zugs seine kompromißlose Haltung verdeuthcht hatte. Mit dem neuen Titel sollte die Gleichrangigkeit der Gegner hergestellt werden. Er verlieh der Sache der Palmyrener zudem größere Legitimität. Das Charisma des Augustus-Namens sollte die Position des jungen Herrschers vor seinem Heer stärken. Mit der Annahme der Kaisertitulatur erhob Vaballathus gleichzeitig Anspruch auf die Herrschaft im Gesamtreich und stellte die Rechtmäßigkeit der Regierung Aurelians in Frage. Die Titelannahme reiht sich somit in die Folge der zahlreichen Usmpationen im 3. Jahrhundert ein. Für die Palmyrener war dieser Schritt zum offenen Bürgerkrieg mit Aurelian nicht ganz so aussichtslos, wie er im nachhinein erscheinen mag: Die senatorische Familie aus Palmyra war im Orient seit einem Jahrzehnt als Herrscherdynastie fest etabliert, Vaballathus regierte schon fünf Jahre; Aurelian, ein Aufsteiger aus dem Ritterstand, war dagegen gerade erst als Usuφator an die Macht gelangt. Er brachte kampfeφrobte Donautruppen mit sich, aber auch die Palmyrener besaßen eine schlagkräftige und erfahrene Armee.®® 65
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RIC V 2, 585, Nr. 1-8: IM С VHABALATHVS AVG; Göbl 1993, 66; Tafel 136, Tab. 27, Nr. 354-359 u. 361 (zweite Emission aus Antiochia); RIC V 2, 584, Nr. 1-2: S ZENOBIA AVG; Göbl 1993, 66; Tafel 136, Tab. 27, Nr. 360; Carson 1978, 225 (mit Katalog der ZenobiaMünzen). Zu den Prägungen vgl. bes. Hartmann 2001, 356ff. Die Authentizität der ZenobiaAntoniniani wurde von Rohde (1881, 266Í), P. H. Webb (RIC V 2, 573), Mattingly (1936, 113) und Picozzi (1961,127) in Zweifel gezogen, von Carson (1978, 224ff.) aber überzeugend verteidigt; ebenso Equini Schneider 1993, 76£ u. 90f ; Göbl 1993, 66; Estiot 1995b, 97ff. (Prägungen März bis Mai) u. 1999,94f Zu den alexandrinischen Billon-Münzen (Tetradrachmen) des Vaballathus Augustus (Regierungsjahr 5 = 271/72): Vogt 1924, 1, 214f; 2, 161: ΑΥΤ(οκράτωρ) Κ(αΐσαρ) ΟΥΑΒΑΛΛΑΘΟΣ ΑΘΗΝΟ(δωρος) ΣΕΒ(αστός) | L Ε; Milne 1933/71, 104, Nr. 4349-4352; Billon-Münzen (Tetradrachmen) der Zenobia Augusta (Jahr 5): Vogt 1924, 1, 214f.; 2, 161: ΣΕΠΤΙ MIA ZHNOBIA ΣΕΒ(αστή) | L E; Milne 1933/71, 104, Nr. 4353; Carson 1978, 223f ; Equini Schneider 1993, 94f ; Estiot 1995b, 97; Hartmann 2001, 358ίΤ. Vgl. Hartmann 2001, 356ff.; Ikonographie: Delbrück 1940,160f ; Equini Schneider 1993, 88ff. Vgl. Hartmann 2001, 359ff. In der Forschung wird zum einen angenommen, Zenobia habe den Zeitpunkt als günstig betrachtet, um offen gegen Aurelian zu rebellieren, da sie sich in einer Position der Stärke gegenüber Rom sah. Dieser antirömische Abfall der orientalischen Königin wird zudem vielfach ins Jahr 271 datiert, vgl. etwa Groag 1903, 1380; Février 1931, 103; 113f ; 116£; Hanslik 1972, 4; Peachin 1990, 45; Stoneman 1992, 165; Göbl 1993, 25f u. 66; Cizek 1994, 103; Paschoud 1996, 134; Jacob 2004, 53; Sartre 2005, 513; ähnlich Smith 2004, 417ff.
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Η· Die Ereignisse der Reichsgeschichte
Mit seiner großen Streitmacht, die aus der dalmatinischen und der maurischen Kavallerie, den von Gallienus aufgestellten Elitereiterarmeen, sowie aus den Prätorianem und aus verschiedenen Abteilungen der Provinzen Raetia, Noricum, Pannonia und Moesia bestand, marschierte Aurelian durch Kleinasien.®' In Galatien traf er auf erste Gegenwehr. Ancyra konnte er jedoch noch ohne größere Probleme einnehmen. Beim Vormarsch durch ICappadokien stieß der Kaiser dann in Tyana auf emstzunehmenden Widerstand: Nach längerer Belagerung erstürmte er mit Hilfe des Verräters Heraclammon die Stadt. Während Heraclammon für den Verrat an seiner Heimatstadt hingerichtet wiurde, zeigte Aurelian gegenüber den Bürgern Tyanas Milde; weder ließ er kompromittierte Bürger hinrichten, noch plünderten seine Truppen die besiegte Stadt. Es wird berichtet, daß Aurelian bei der Belagerung Tyanas vor seinen Soldaten verkündet habe, keinen Himd in der Stadt am Leben zu lassen. Nach der Einnahme Tyanas habe der Kaiser jedoch seinen erzürnten Soldaten Plünderung und Mord verboten und lediglich die Tötung aller Hunde angeordnet.™
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Dieser Schritt hätte aber der bisherigen Politik Palmyras vollkommen widersprochen. Zum anderen wird angenommen, daß Zenobia nach der ersten Niederlage bei Antiochia keinen anderen Ausweg mehr sah, als den Augustus-Titel anzunehmen, so etwa Seyrig 1966, 660f.; Price 1973, 83; Starcky/Gawlikowski 1985, 64; Long 1996, 69; Drinkwater 2005, 52. Die Münzen aus Antiochia und Alexandria sowie die Zahl der Meilensteine sprechen aber gegen eine solche kurze Dauer der Usuφation. Aurelians Anmarsch in Kleinasien zwang also Zenobia zu diesem Schritt, so etwa Chad 1970, 24Ш.; Gallazzi 1975, 262f.; Carson 1978,222f.; Saunders 1991,208f.; Estiot 1995b, 16 u. 97; ähnlich Strobel 1993, 266; Watson 1999, 224; wenig überzeugend Kotula 1997, 115f. (Zenobia habe auch nach der Usurpation Aurelian als Kaiser anerkannt). Zum Zug Aurelians: HA Aurelian. 22-30; Zos. 1, 50-56; vgl. auch Eutr. 9,13, 2; Fest. 24; Hier, chron. 222e (a. 2289); Oros. 7, 23, 4; Com. Dio. Fr. 10, 4-5 (FHG IV 197 = Petr. Patr. Fr. 176177, Exc. de sentent. 268f.); Synk 469,26 u. 470,3-5; Zon. 12,27 (S. 607,5-6); Michael Syros 6, 9 (S. 117 Т / 1, S. 197 Ü); vgl. femer loh. Mal. 12, 30 (S. 231, 45-59); vgl. bes. Saunders 1991, 204ff.; Equini Schneider 1993, 78ff.; Watson 1999, 70ίΤ.; Hartmann 2001, 364ίΓ.; vgl. ferner Groag 1903, 1382ff.; Homo 1904, 85ff.; Février 1931,120ff.; Will 1992, 188ff.; Cizek 1994, 103ff.; Kotula 1997, 125ff.; Estiot 2004, 17ίΓ.; zu Zosimus allzu kritisch Buck 1995; zu HA Aurelian. vgl. Paschoud 1995a u. 1996, 133ff., zu Zosimus Paschoud 2000, 169ff.; zu den Quellen vgl. auch Baldini 2000a, 227ff.; Trappe: Zos. 1,52,3-4; Watson 1999,55f ; Ritteriing 1903,347 {équités Dalmatae u. Mauri Aurelians). Zu Ancyra: Zos. 1, 50, 2; Tyana: HA Aurelian. 22,4-24, 9; Zos. 1,50,2; Paschoud 1996,136ff.; Berges/Nollé 2000, 379ίΓ.; Heraclammon (PIR» Η 85): HA Aurelian. 22, 6; 23, 2. 4-5; 24, 1; erfundene Gestalt nach Syme 1968, 65 u. 172; Paschoud 1996, 137; Hunde: Cont. Dio. Fr. 10, 4 (FHG IV 197 = Petr. Patr. Fr. 176, Exc. de sentent. 268f.); ähnUch HA Aurelian. 22,5-23,4; vgl. Equini Schneider 1993, 78; Paschoud 1995a, 285£f.; Watson 1999, 71f; Berges^^ollé 2000, 383; Long 2006. Von der Erscheinung des aus Tyana stammenden Philosophen Apollonius, der Aurelian von der Zerstörung der Stadt abgehalten haben soll, berichtet nur die Historia Augusta (Aurelian. 24, 2-9). Mit dieser .heidnischen" Vision Aurelians wollte der Autor ofTenbär einen paganen Gegenentwurf zur christlichen Vision Constantins in der Schlacht an der Milvischen Brücke gestalten. Auch die Geschichte vom Eingreifen des Gottes Sol in der Schlacht gegen Zenobia vor Emesa, die sich ebenfalls nicht in der Paralleluberlieferung bei Zosimus findet, ist offenbar eine Erfindung des Autors. Eine divina forma soll die Ordnung in der Schlachtreihe Au-
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Aurelian konnte schnell durch Kilikien nach Syrien vorstoßen. Zenobia und Vaballathus warteten unterdessen in ihrem Hauptquartier seine Ankunft· in Antiochia ab. In der Ebene vor Antiochia kam es wahrscheinlich im Mai 272 zur Schlacht zwischen den Kontrahenten. Sie fand in zwei Etappen statt: Der palmyrenische General Zabdas griff mit der schweren Reiterei die am rechten Ufer des Orontes lagernde Kavallerie Aurelians an, die daraufhin einen Scheinrückzug in östlicher Richtung antrat. Bei Immae kam es dann zur eigentUchen Schlacht zwischen den Truppen des Kaisers imd den erschöpften Reitern Palmyras. In diesem Kampf errangen die wendigen dalmatinischen und maurischen Reiter den Sieg über die schwerfälligen palmyrenischen clibanarii. Die Reste der palmyrenischen Truppen retteten sich nach Antiochia. Aus Angst vor einem Aufstand täuschte Zabdas hier einen Sieg vor, indem er den Bürgern der Stadt einen älteren, verkleideten Mann als den gefangenen Aurelian präsentierte. In der folgenden Nacht flohen die Palmyrener durch das Orontestal nach Emesa. Am nächsten Tag zog der Kaiser kampflos in Antiochia ein.'' Wie in Tyana zeigte Aurelian auch hier große Milde: Er erließ eine allgemeine Anmestie, welche die Rückkehr der geflohenen Bürger gestattete. Nach einem kleinen Gefecht im südlichen antiochenischen Vorort Daphne setzte Aurelian seinen Vormarsch nach Süden fort.'^ In Apamea, Larissa und Arethusa stieß er auf keinen Widerstand. Da sich in der Entscheidungsschlacht gegen Zenobia bei Emesa in seiner Armee laut Zosimus neben den europäischen und den afrikanischen Truppen auch Soldaten aus den Provinzen Asia, Mesopotamia, Syria Coele, Syria Phoenice und Syria Palaestina sowie aus der Stadt Tyana befanden, wechselten die Verwaltungen der orientalischen Provinzen offenbar nach seinem Sieg bei Antiochia die Seiten. Nach Mesopotamia entsandte er den neuemannten praefectus Mesopotamiae Aurelius Marcellinus. Der von Zenobia eingesetzte praefectus Aegypti Statilius Ammianus unterstellte sich im Juni ebenfalls der Zentralregierung in Rom. Aurelian honorierte diesen Schritt mit seiner Anerken-
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relians wiederhergestellt und so den Sieg über Zenobia ermöglicht haben. Nach dieser göttlichen Hilfe habe der Kaiser in Rom einen Sol-Tempel erbaut (Aurelian. 25, 3-6). Der Autor bemüht sich hier also, anhand des Feldzugs Aurelians gegen Zenobia die Wirkung der alten Religion aufzuzeigen, vgl. Dzielska 1986, 58 u. 174ff.; Brandt 1995 (Erfindung des Autors); Hartmann 2001, 366f.; vgl. auch Chastagnol 1994c, cxui; Paschoud 1996, 139ff. (Vision vor Tyana schon bei Nicomachus Flavianus); einen paganen Gegenentwurf zur Vision Constantins bestreiten Lippold 1999, 174ff.; Berges/Nollé 2000, 381ff.; Long 2006, 231ff.; vgl. femer Cizek 1994, 107 (Vision vor Tyana Erfindung Aurelians); Vision vor Emesa historisch nach Groag 1903,1385 u. 1398; Halsberghe 1972, 132 u. 140f; Saunders 1991, 344f; Will 1992, 189; Estiot 1995b, 17 („propaganda imperiale"); Berrens 2004,95f („offizielle Darstellung" Aurelians). Zos. 1, 50, 2; Antiochia und Immae: Eutr. 9, 13, 2; Fest. 24 {apud Immas); Hier, chron. 222e (a. 2289); HA Aurelian. 25, 1; Zos. 1, 50, 2-51,1; Synk. 470,4-5; vgl. loh. Mal. 12, 30 (S. 231,4552); Downey 1950,63ff.; vgl. Saunders 1991, 212ff.; Equini Schneider 1993, 79f ; Watson 1999, 72ff.; Hartmann 2001,368ff. Zos. 1, 51, 2-3; HA Aurelian. 25, 1; Daphne: Zos. 1, 52, 1-2; HA Aurelian. 25, 1; Hartmann 2001, 370f
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П. Die Ereignisse der Reichsgeschichte
nung als praefectus. Damit wurde eine friedliche Integration der Provinz ermöglicht und die Kontinuität der Verwaltung gesichert/^ Bei Emesa traf Aixrelian schließlich auf das verstärkte Heer Palmyras: Diese Schlacht im Juni oder Juli 272 besiegelte das Schicksal Zenobias. Direr überlegenen Kavallerie war es zwar gelungen, Aurelians Reiterei zurückzuschlagen und zu vernichten, doch durch den schnellen Vorstoß der Kavallerie Zenobias kam die palmyrenische Schlachtordmmg durcheinander, so daß es der Infanterie Aurelians gelang, die Orientalen zu überrennen. Nach einem großen Massaker war die Sache Zenobias verloren. Ihre Soldaten mußten sich hinter die Mauern von Emesa retten und flohen dann in die Oasenstadt Palmyra. Aurehan zog nun durch die Steppe nach Palmyra. Der Autor der Historia Augusta und der auf Eimap zurückgreifende Zosimus berichten von einer längeren Belagerung Palmyras durch den Kaiser; doch kann dies nicht zutreffen, da Palmyra damals keine belagerungsfähige Stadtmauer besaß. Offenbar erfand die Quelle der Historia Augusta und des Eunap, wohl Nicomachus Flavianus, diese Belagerung, da sie ihm als das wahrscheinlichste Ende einer solch bedeutenden Stadt gah.^^ Aurelian unterbreitete 73
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Zos. 1, 52, 3-4; Hartmann 2001,371ίΤ. Zosimus (1, 60,1) berichtet von einer einmaligen Ernennung des Marcellinus zum praefectus Mesopotamiae und zum Verwalter des Orients, worin ihm die Forschung ausnahmslos gefolgt ist, vgl. Sotgiu 1961, 64f.; Magioncajda 1982, 228ff.; Saunders 1991, 242; Peachin 1996,175; Watson 1999, 79 u. 167. Zosimus zieht hier aber zwei unterschiedliche Ernennungen zusammen. Aurelian beauftragte Marcellinus nach der Schlacht bei Antiochia mit der Verwaltung Mesopotamiens (vor Emesa standen bereits Truppen aus der Provinz, Zos. 1, 52, 4), um ihm dann bei seiner Abreise die Verwaltung des Orients zu übergeben (s. u.), vgl. Hartmann 2001, 373 u. 393. Daß Mesopotamia unter der Kontrolle Roms war, bezweifeln Felix 1985, 91f ; Eadie 1996b, 73; Kreucher 2003, 160f ; vgl. dagegen Luther 2006, 210. Der Marcellinus bei Zosimus (PIR^ M 178; PLRE I 544, Nr. 1; Thomasson 1984, 340, Nr. 8; vgl. Kap. X, Mes. 4) ist offenbar identisch mit Aurelius Marcellinus, v. p. und dux ducenarius (PIR^ A 1546; PLRE 1549, Nr. 17; CIL V 3329 = ILS 544), sowie mit Marcellinus, 275 consul Ordinarius mit Aurelian (Degrassi 1952, 73; PLRE I 545, Nr. 2); Barbieri 1952, 293, Nr. 1649; Sotgiu 1961, 65; Peachin 1996, 175; Watson 1999, 167; Hartmann 2001, 373. Von einer Identität des praefectus Mesopotamiae und cos. ord. mit lulius Marcellinus, dem ägyptischen Statthalter von 271 und Parteigänger Zenobias (vgl. Anm. 48), sprechen wenig überzeugend Schwartz 1976c, 106; Magioncalda 1982, 229f; Christel 1986b, 113f; Saunders 1991, 405ff.; Ammianus: Hartmann 2001, 372; Saunders 1991, 214f; eine Eroberung Ägyptens durch Truppen Aurelians unterstellen dagegen (teilweise unter Bezug auf HA Prob. 9, 5) u. a. Groag 1903, 1382; Will 1992, 188; Equini Schneider 1993, 77; Strobel 1993, 266; Watson 1999, 7 0 f ; 168; 224; Kreucher 2003,100; White 2005,100; de Jong 2006,40. Zos. 1, 52, 1; 1, 52, 3 - 5 3 ; HA Aurelian. 25, 3-6; Saunders 1991, 221f; Will 1992, 189£f.; Equini Schneider 1993, 80f ; Watson 1999, 75f; Hartmann 2001,374Í; Flucht: Zos. 1, 54, 1-2. Zos. 1, 54, 2-56, 1; HA Aurelian. 26-28, 4; Paschoud 1996, 145ff.; Belagerung historisch nach Groag 1903, 1385f; Hanslik 1972, 5; Drijvers 1977, 853; Potter 1990, 61; Cizek 1994, U l f ; Estiot 1995b, 17 u. 99; Kotula 1997, 132f; Watson 1999, 76f; Zahran 2003, 41ff.; unsicher Equini Schneider 1993, 8Iff.; Belagerung der nicht durchgängig ausgebauten Zollmauer nach Will 1992, 192f ; vgl. dagegen van Berchem 1952, 4, Anm. 2; GawHkowski 1974, 241f; Saunders 1991, 222ff.; Barañski 1994, 9; Buck 1995, 90f ; Hartmann 2001, 375ff. Die heute sichtbare
II.5 Das palmyrenische Teilreich
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Zenobia auf dem Weg durch die Steppe brieflich ein günstiges Angebot: Im Fall einer Kapitulation sicherte er ihr eine milde Behandlung zu. Doch Zenobia lehnte dies in scharfen Worten ab, Aurelian setzte daher seinen Zug fort/® Die Königin entschloß sich jetzt zur Flucht aus Palmyra nach Persien, sie wurde aber am Euphrat von Aurelians Truppen gefangengenommen. In Palmyra diskutierte unterdessen eine zenobiafreimdliche Gruppe mit den Bürgern, die zur Übergabe der Stadt bereit waren. Als der Kaiser im August 272 dann die Oase erreichte, empfingen ihn bereits die Vertreter der .Friedenspartei' vor der Stadt, Aurelian konnte ohne Kampf in Palmyra einziehen. Den Führer dieser ,Partei' nennt eine palmyrenische Inschrift vom März 273: Septimius Haddüdan, der offenbar zweite Senator Palmyras, hatte 272/73. die wichtige Position des Symposiarchen der Bël-Priester inne und half Aurelian bei der Einnahme der Oase. Palmyra wurde milde behandeh. Es gab keine größeren Zerstörungen, Aurelian ließ lediglich die Reichtümer abtransportieren; eine Garnison unter Sandario sicherte nun die Stadt." Den schnellen Sieg ermöglichten zum einen das militärische Geschick Aurelians imd die Kampferfahrung seiner Soldaten, zum anderen aber auch die Politik der dementia gegenüber der östlichen Reichsbevölkerung, die in weiten Teilen hinter der Regierung der Palmyrener gestanden hatte. Da Aurelian harte Strafinaßnahmen gegen die Zivilbevölkerung und die Anhänger Zenobias sowie Plünderungen in den eroberten Städten untersagte, sicherte er sich auf seinem Vormarsch die wachsende Unterstützung der Orientalen. Er nutzte die Politik der dementia auch als Mittel, urh eine reibungslose Wiedervereinigvmg zu organisieren. Die Amnestie ermöglichte eine weitgehende personelle Übemahme der Verwaltung des Teilreiches. Aurelian gelang auf diese Weise eine schnelle Reintegration der Verwaltungen imd Armeen sowie der senatorischen Oberschichten in die Strukturen des Zentralreiches. In Emesa wurde Zenobia und ihrem Beraterstab der Prozeß gemacht. Zimi Tode verurteilte das Kaisergericht aber nur den Berater der Königin Cassius Longinus. Zenobia und Vaballathus wurden begnadigt, da
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Stadtmauer stammt aus diocletianischer Zeit; zu den Befestigungen vgl. Gawlikowski 1974; Barañski 1994; Gregory 1997, 2, 189ff.; Hartmann 2001, 377ff.; anders Zanini 1994, 142ff. u. 1995 (Zenobia erbaute Ende der 260er Jahre eine Stadtmauer auf dem Grundriß der heutigen Mauer, die Aurelian belagerte und zerstörte; lustinian errichtete die heutige Befestigung). HA Aurelian. 26-27; Cont. Dio. Fr. 10, 5 (FHG IV 197= Petr. Patr. Fr. 177, Exc. de sentent. 269). Zos. 1, 54, 2; 55-56,1; HA Aurelian. 28, 3; Synk. 470, 5; Saunders 1991, 230ff.; Equini Schneider 1993, 85f ; Watson 1999, 76f ; Hartmann 2001, 382ff.; Haddüdan (PIR^ H 2; vgl. PIR^ VII.2, S. 175; PLRE 1405): Gawlikowski 1971, 420 (= 1973, 76f, Nr. 11) = PAT 2812 (März 273, ergänzt mit Rücksicht auf Inv. 9, 28 = PAT 1358 vom März 272); vgl. femer Milik 1972, 270ff. Die Inschrift wurde nach der in ihr erwähnten ersten Einnahme Palmyras durch Aurelian im August 272 und vor der Usurpation des Antiochus 273 aufgestellt; Aufstellung der Inschrift nach der Antiochus-Usurpation laut Gawlikowski 1971, 420f; Equini Schneider 1993, 85; Estiot 1995b, 17 u. 2004, 19f. Die Hilfe Haddüdans für Aurelian beziehen Drijvers (1977, 855) und Watson (1999, 81) auf den zweiten Palmyra-Zug des Kaisers; Reichtümer: Zos. 1, 56, 2; Will 1992, 194; Sandario (PLRE I 802): HA Aurelian. 31, 2; Hartmann 2001, 391.
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П. Die Ereignisse der Reichsgeschichte
sie einer senatorischen Familie angehörten. Nach Abschluß des Prozesses und nach der Sicherung der Ostgrenze gegen die Säsäniden (vgl. Kap. II.3) verließ Aurelian im Frühherbst 272 den Orient. Die palmyrenische Führungsschicht führte er mit sich.^^ Zenobia präsentierte er in seinem Triumph im Spätsommer 274 in Rom zusammen mit dem besiegten gallischen Usuφator Tetricus. Die Königin erhielt danach eine Villa in Concae in der Nähe der Hadriansvilla bei Tivoli. bi Rom habe sie, so Synkellos imd Zonaras, einen angesehenen Senator geheiratet. Wann sie starb, ist unbekannt.™ Vor seiner Abreise hatte Aurelian dem ritterlichen Statthalter von Mesopotamia, Aurelius Marcellinus, die Verantwortung für die Orientprovinzen und den Schutz der Ostgrenze übertragen. Er wurde damit zum Kaiserstellvertreter mit ähnlichen militärischen Vollmachten ernannt, wie sie in den 260er Jahren Odaenathus erhalten hatte; vielleicht bekam er wie lulius Priscus den Titel eines rector Orientis. Zur Wiederherstellimg der zivilen Ordnung im Orient setzte Aurelian wahrscheinlich 272 den Konsular Virius Lupus, der in den 260er Jahren Statthalter in Syria Coele gewesen war, zum iudex sacrarum cognitionum per Orientem ein. iïi diesem außergewöhnlichen Amt fungierte Lupus als Richter mit Sondervollmachten und gleichsam als ziviler Kaiserstellvertreter im Orienit neben Marcellinus.^° Die Anhänger der Dynasten in Palmyra gaben sich aber noch nicht geschlagen. Eine Gruppe um Septimius Apsaeus, dem „Prostates" Palmyras,®' plante zum Jahreswechsel 272/73 einen Aufstand der Ostprovinzen. Er versuchte anfangs, Marcellinus zum Abfall von Aurelian und zur Annahme des Augustus-Titels zu bewegen. Marcelhnus stand aber treu zu seinem erfolgreichen Kaiser und dachte nicht daran, sich auf ein derart selbstmörderisches Unternehmen einzulassen. Er hielt es aber für klüger, die 78
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Zur Politik der dementia vgl. Hartmann 2001, 388ίΤ.; Emesa: HA Aurelian. 30, 1-3; Zos. 1, 56, 2-3; Suda Λ 645; vgl. loh. Ant. Fr. 155 (FHGIV 599 = Fr. 50, Exc. de virt. 195 = Fr. 235 Roberto); Hartmann 2001, 391fr.; Männlein-Robert 2001, 114ff.; Abreise: HA Aurelian. 30, 4; Zos. 1, 59; Hartmann 2001, 393f. Zum Triumph: Kap. II.3, bes. S. 319; Hartmann 2001,41 If.; Concae: HA trig. tyr. 30, 27; Hartmann 2001,417fr.; Synk. 470, 5-7; Zon. 12, 27 (S. 607, 6-11; mit der zweiten Version vom Tod Zenobias auf dem Weg nach Rom). Zenobias Nachkommen lebten noch im 4. Jh. in Rom, Eutr. 9,13, 2; Hier, chron. 222-223g (a. 2290); HA trig. tyr. 27, 2; 30, 27; Baldini 1978; 1985; 2000a, 157fr. Eine andere Version überlierert Zosimus (1, 59): Man sage, Zenobia sei auf dem Weg nach Europa umgekommen; Hinrichtung in Rom nach loh. Mal. 12, 30 (S. 231, 58-59); vgl. Hartmann 2001,413fF. Dfer Bericht vom Tod wahrend der Europareise wird nur selten für historisch gehalten (z. B. bei Kienast 1996, 242; Zahran 2003, 15f.), im allgemeinen geht man vom Überleben in Rom aus, vgl. etwa Février 1931, 136; Will 1992, 194; Equini Schneider 1993, 54fr.; Kotula 1997,134; Watson 1999, 83f.; Zweifel bei Saunders 1991, 242f u. 264. Zu Marcellinus (s. o.): Hartmann 2001, 393; Virius Lupus (PLRE I 522, Nr. 5; um 260 praeses Arabiae; um 265 praeses Syriae Coeles; 278 cos. ord.; 278/80 praefectus urbi): CIL VI 31775 = 41235= ILS 1210; Hartmann 2001, 192 u. 393 (mit Lit); vgl. auch Christol 1986b, 263ff., Nr. 62; Peachin 1996,127ff., Nr. 11. Vgl. ferner Kap. X, PU 24; Arab. 9; Syr. Coel. 11. Zu Septimius Apsaeus (PIR» A 977; vgl. PIR^ VII.2, S. 161; PLRE I 89): Inv. 3, 18 = IGR III 1049: Σεπτ(ίμιον) "Αψαιον τόν πολείτην | καΐ προστάτην ή πόλις; Zos. 1, 60, 1; Hartmann 2001, 395f.; Yón 2002a, 143f
II.5 Das palmyrenische Teilreich
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Rebellen hinzuhalten und sich Bedenkzeit auszubitten. Durch einen Boten informierte er unterdessen Aurelian über diese Pläne. Apsaeus durchschaute die Gedanken des Statthalters. Um dem Eingreifen des Kaisers zuvorzukommen, ließ er den Befehlshaber der Besatzimg in Palmyra, Sandario, und seine Soldaten ermorden. Nach dem Massaker riefen die Pahnyrener im Frühjahr 273 Antiochus, wohl den Vater der Zenobia, der in der Oase geblieben war, zum Augustus aus. Der alte Mann, der in der Historia Augusta Achilleus und parens Zenobiae genannt wird, wurde wahrscheinlich von Apsaeus zur Usmpation gezwimgen. Der Drahtzieher der Rebellion wollte so dem Aufstand dynastische Legitimität verleihen. Die Rebellion blieb aber regional auf das Gebiet um Palmyra begrenzt, primäre Zeugnisse wie Münzen oder Inschriften liegen nicht vor. Außerhalb der Palmyrene war man - sieht man eiiunal von den Ereignissen in Ägypten ab Aurelian weitgehend treu. Ohne eigenes militärisches Potential war die Erhebung von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Aurelian ging entschieden gegen sie vor: Sofort nach Erhalt der Nachricht des Marcellinus brach er vom Balkan aus in den Osten auf In Antiochia versetzte er durch sein plötzliches Erscheinen beim Pferderermen die Bevölkerung in Erstaimen. Von hier aus zog er weiter nach Palmyra. Die xmbefestigte Oasenstadt konnte er im Frühsommer 273 ohne größere Probleme ein weiteres Mal einnehmen. Der Aufstand brach bei der Ankunft des Kaisers zusammen. Die Hintermänner Avurden bestraft, der alte Antiochus jedoch, Kaiser wider Willen, ging straffrei aus.^^ Unhistorisch ist der Bericht in der Historia Augusta imd bei Zosimus, Aurelian habe Palmyra vollkommen zerstören lassen: Größere Zerstörungen sind hier in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts archäologisch nicht nachweisbar. Offenkundig plünderte das Heer Aurelians lediglich die Oase; Palmyra wurde dabei aber schwer verwüstet.®^ Man kann zudem nicht von einem plötzlichen Ende der palmyrenischen Zivilisation nach 273 sprechen. Die palmyrenische Kultur, Schrift und Sprache wurden nicht unterdrückt, die Stadt behielt ihren Rechtsstatus als colonia. Die jüngste bislang bekannte 82
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HA Aurelian. 31; Zos. 1, 60-61, 1; Pol. Silv. 521, 49. Zur Usurpation des Antiochus (Anm. 18) und zum zweiten Orientzug vgl. bes. Hartmann 2001, 395ff.; vgl. auch Saunders 1991, 245fF. (April 273: Nachricht von der Usurpation bei Aurelian; Juni 273: zweite Einnahme Palmyras); Will 1992, 195ff.; Equini Schneider 1993, 85f. (Usurpation in der zweiten Hälfte des Jahres 272); Estiot 1995b, 17 u. 100 (Winter 272/73: Usurpation; zweite Einnahme im Frühjahr 273); 2004, 19f.; Kotula 1997, 141ff.; Watson 1999, 80ff. (изифайоп im Frühjahr); vgl. femer Groag 1903, 1389f.; Homo 1904, 109ff.; Février 1931, 136ff.; Göbl 1993, 27 (Usuφation Ende 272); Paschoud 1996, 155f. Zur Sicherung des Ostens stationierte Aurelian wohl 273 die legio I Illyricorum in Palmyra, vgl. Hartmann 2001, 409f.; zu weiteren Maßnahmen des Kaisers in Arabia vgl. Christol/Lenoir2001. HA Aurelian. 31, 3; vgl. 31,4-9; Zos. 1, 61, 1 (beide Berichte wohl aus Nicomachus Flavianus); Hartmann 2001, 398ff. Die Zerstörung der Stadt wird vielfach fflr historisch gehalten, vgl. u. a. Groag 1903, 1389f ; Starcky/Gawlikowski 1985, 67; Kotula 1997, 93 u. 143; Drinkwater 2005, 52; keine Zerstörung, sondem lediglich Plünderung Palmyras nach Will 1966, 1414 u. 1992, 195f; Chad 1970, 249f; Saunders 1991, 246 u. 341f; Equini Schneider 1993, 86; Miliar 1993, 335; Kowalski 1997, 39ίΓ.; Watson 1999, 81f; zum archäologischen Befund vgl. Will 1966, 141 Iff.; Kowalski 1997, 39ff.; vgl. auch Barañski 1994, 9ff.; Hartmann 2001, 399f
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П. Die Ereignisse der Reichsgeschichte
griechisch-palmyrenische Bilingue stammt aus dem Jahr 279/80. In den Jahren nach der Verwüstung der Stadt durch Aurelian setzte allerdings ein rapider Verfall der Kultur Pahnyras ein. Spätestens unter Diocletian war die Stadt nur noch ein unbedeutender Grenzort.®'' Im Zusammenhang mit dem Antiochus-Aufstand kam es in der ersten Hälfte des Jahres 273 auch zu Unruhen in Alexandria, die durch das schnelle Eingreifen des Kaisers im Sommer 273 imterdrückt wurden.®^ Der Autor der Historia Augusta berichtet in diesem Zusammenhang von einem Rebellen namens Firmus: Laut der Vita Aurelians soll er in Ägypten sine insignibus imperii, ohne formale Usuφation, regiert haben. In den quadrigae tyrannorum erhält Firmus aus Seleucia, ein Zenobiae amicus ас socius, allerdings eine eigene Tyrannenvita. Er habe einen Aufstand in Ägypten angezettelt und sei nach seiner и8ифа11оп von Aurelian besiegt und hinrichtet worden. Der tyrannus Firmus wird in keiner anderen Quelle erwähnt, es dürfte sich bei ihm um eine erftmdene Gestalt handeln. Nach der Niederschlagung der Unruhen am Nil setzte Aurelian 273 Claudius Firmus als corrector Aegypti, als Statthalter mit Sondervollmachten zur Wiederherstellung der zivilen Ordnung, in Ägypten ein. Dieser Firmus, der bereits 264/65 als praefectus die Provinz verwaltet hatte, wird sowohl in der Historia Augusta als auch in einer Inschrift aus Alexandria und in zwei Papyri erwähnt, er amtierte noch 274. Da der Autor der Historia Augusta wohl über keine Informationen zur Führung des Aufstands in Ägypten verfugte, fabrizierte er aus dem Namen des damahgen corrector die Gestalt des Rebellenfuhrers Firmus, dessen Lebensbeschreibung er mit den unglaublichsten Details ausschmückte. Im Jahr 273 regelte Virius Lupus als iudex sacrarum cognitionum per Aegyptum die Rechtstreitigkeiten am Nil.®*^ 84
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In der griech.-palmyr. Inschrift des Malchus Malkö von 279/80 wird der Stamm der Mattaböl, einer der vier Stadtstämme, und der Ares/Arsfl-Tempel genarmt, al-As'ad/Gawlikowski 1986/87, 167f., Nr. 8; Yon 2002a, 76f. Der Baaläamin-Tempel (BS III 43f., Nr. 31; von 302) und der Allät-Tempel (Gawlikowski 1983b, 59ίΓ.; Barañski 1994, 11) waren noch in der Tetrarchenzeit in Benutzung. Meilensteine Diocletians erwähnen die colonia Palmyra, vgl. CIL III 6049 = 6727; CIS II 3971, Anm.; CIL III 14177/4 = Bauzou 1989, 2, 416, Nr. 113; Miliar 1990, 43 u. 46; Kowalski 1997, 42fr.; Hartmann 2001, 400ff.; Niedergang Palmyras: Kowalski 1997, 44ff.; Hartmann 2001,425 f. Zos. 1, 61, 1 (σύν τάχει δέ καΐ 'Αλεξανδρέας στασιάσαντας καΐ προς άπόστασιν ίδόντας παραστησάμενος); Paschoud 2000,177; vgl. bes. Hartmann 2001,403ίΓ.; femer Saunders 1991, 248ff. (Juli 273); Marasco 1997; Paschoud 1997a u. 2001, 209 (Aufstand in Alexandria auf Grund der Forderung Aurelians nach nicht an Rom gezahlten Steuem unter palmyr. Herrschaft); Watson 1999, 82f.; vgl. ferner Estiot 1995b, 17 u. 100; Schwartz 1978a, 179ff. Die legio II Traiana fiel offenbar nicht von Aurelian ab (s. u.). HA Aurelian. 32,2-3; Paschoud 1996, 158f ; HA quatt. tyr. 1,4; 3-6 (vita Firmi); zu dieser Vita vgl. Chastagnol 1970b, 89ίΓ. u. 1993; Marasco 1997; Paschoud 1997a; 2001, 169ff. u. 204ff.; Hartmann 2001,403ίΓ.; Poignault 2001; vgl. ferner Gilliam 1980. Als erfimdene Gestalt betrachten den Rebellen Firmus (PIR^ F 162; PLREI 339, Nr. 1) Schwartz 1976b, 149f u. 1978a, 179fr.; Saunders 1991, 250f; Will 1992, 195; Chastagnol 1993, 47; Estiot 1995b, 17; Paschoud 1996, 158f. u. 2001, 204Г.; Marasco 1997, 404fr.; Hartmann 2001, 403ίΤ.; Clauss 2003, 217ίΤ.; Zweifel an der Existenz auch bei Syme 1968, 55; Demicheli 1977, 167f.; Bowman 2005b, 315;
Π.5 Das palmyrenische Teilreich
375
Die spätantiken Quellen, vor allem die Historia Augusta, entwerfen von den Palmyrenem und insbesondere von der Königin Zenobia das Bild fremder, barbarischer Herrscher, die für den Schutz des Römischen Reiches eintraten. Die orientalische Königin habe sich schließlich gegen Aurelian und Rom gewandt. ^^ In der Forschung wurde daher die Herausbildimg des palmyrenischen Reiches vielfach als Ausdruck eines antirömischen, syrischen Separatismus gewertet. Zenobia habe versucht, ihren Machtbereich von Rom abzuspalten und ein eigenes orientahsches Reich zu errichten. Durch ihr Machtstreben sei die Königin in den Konflikt mit Rom geraten.®^ Die Entstehung des palmyrenischen Teilreiches kann jedoch nicht als Herausbildimg eines orientaHschen Gegenreiches und als Aufstand gegen Rom gewertet werden. Die Charakterisierung des Teilreiches sollte vielmehr im Kontext des 3. Jahrhimderts unter Heranziehung der primären Quellen erfolgen: Hier zeigt sich, daß es als Versuch einer Lösung der strukturellen Probleme des Römischen Reiches inteφretiert werden muß.^'
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Rebell Firmus historisch nach Groag 1903, 1390; Barnes 1978, 70f.; Updegraff 1988, 70; Göbl 1993, 27 u. 38; Rotula 1997, 144; Jacob 2004, 55; Teixidor 2005, 223f.; Identifikation des Rebellen Firmus mit Claudius Firmus bei Homo 1904, 112f.; Peachin 1996, 171 u. 180; Claudius Firmus (PIR^ С 866 = 867 = F 163; PLRE I 341, Nr. 7): HA quatt. tyr. 3, 1; 264/65 praefectus Aegypti; 274 ó λαμπρότατος έπανορθωτής, vgl. Kap. X, Aeg. 15 u. 21 (mit Belegen); vgl. Appendix zum corrector Firmus in P. Mert. 1 0948), S. 157-161; Stein 1938, 239£f.; 1950, 146 u. 151 f.; Sotgiu 1961, 71 f.; Thomasson 1984, 358f., Nr. 116 u. 122; Watson 1999, 169; Hartmann 2001, 405ff. Caldwell/Gagos 2000 meinen, daß Aurelian Claudius Firmus bereits im Sommer 272 als corrector eingesetzt habe (P. Bingen 113 von Ende 272/Anfang 273). Zudem ziehen sie die Existenz des Rebellen Firmus in Erwägung. Der undatierte Brief des Soldaten der legio II Traiano fortis Aureliano, der vom corrector Firmus rekrutiert wurde, dürfte m. E. eher aus der zweiten Hälfte des Jahres 273 stammen; Lupus: Anm. 80. Vgl. Hartmann 2001,424f. So etwa Groag 1903, 1381; Février 1931, 103ff.; Solari 1937, 242; Alföldi 1938b, 83f. (= 1967, 199f.); Hanslik 1972, 3 u. 7; Baldini 1975, 60ίΓ.; deBlois 1976, 35; Shahîd 1984b, 38ίΓ.; Graf 1989b, 143; Stoneman 1992, 120ff; Strobel 1993, 266Í; Cizek 1994, 78ff.; Eadie 1996a, 147ff.; Gaggero 1996; Watson 1999, 60ff. u. 98f.; Winter/Dignas 2001, 193f (=2007, 160f); Zahran 2003, 27ff. („Arab empire"); Jacob 2004, 60Í; Kissel 2007, 60f ; vgl. dagegen Bersanetti 1940; Bowersock 1987b, 21; Will 1992, 201ίΤ.; Equini Schneider 1993, 140f.; Miliar 1993, 335; Nakamura 1993,135ff.; Long 1996; Rotula 1997,117ίΓ. u. 176ff.; Sartre 2001,981f Zum Charakter des Teilreiches vgl. bes. Hartmann 2001, 427ff. Sommer (2005, 159ff.) wendet sich gegen diese „staatsrechtliche Ronstruktion" (S. 170, Anm. 108). Unter Nutzung des Modells von Flaig 1992 lehnt er eine Charakterisierung des Aufstiegs der Palmyrener seit 260 als Usurpation ab. Er verkennt indes das Wesen des Teilreiches: Die Palmyrener wollten einen Bruch mit dem legitimen Kaiser in Rom vermeiden, es handehe sich bei ihrem Machtausbau also gerade nicht um einen allmählichen Wandel von außerordentlicher, aber legitimer Gewalt „zur usuφierten Raisergewalt von Vaballathus" mit sukzessiver Aneignung kaiserlicher Titulaturen (S. 167). Die Usuφation von 272 wurde Zenobia von Aurelian aufgezwungen, sie war somit nicht die letzte Ronsequenz ihrer Teilreichspolitik, sondern der Bruch mit ihr (s. u.). Sommers Erklärung von ,palmyras Griff nach der Weltmacht" überzeugt nicht: Er bestreitet den griechischrömischen Charakter der Institutionen Palmyras (S. 170ίΓ.). Die palmyrenische Gesellschaft sei ursprünglich von gentilizischen Strukturen geprägt gewesen. Charismatische „Führerpersönlich-
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П. Die Ereignisse der Reichsgeschichte
Das palmyrenische Teilreich bildete sich in Folge einer außergewöhnhchen historischen Situation in den Jahren 260/61 heraus, Die Schwäche der Zentralmacht in Rom zwang Gallienus, im Orient einen Kaiserstellvertreter zu ernennen, der seine Aufgaben zum Schutz der Ostgrenze vor persischen Angriffen erfüllen und zugleich neue изифаtionen verhindern sollte. Er gab dazu dem 261 mächtigsten General im Osten, dem Konsular und Dynasten Odaenathus, ein befristetes Sonderkommando über Provinzen und Militär. Gallienus selbst war im Westen gebunden, so daß es für ihn zu diesem Schritt keine Alternative gab. Die faktische Machtposition des mächtigsten Militärs im Nahen Osten wurde somit von Rom durch ein Amt legitimiert. Mit der Erhebung des palmyrenischen Exarchen zum corrector totius Orientis und dia Romanorum griff Gallienus auf einen erfahrenen Militär zurück, der mit der palmyrenischen Miliz über ein eigenes militärisches Potential verfügte, der sich als treuer Anhänger seiner Dynastie bewährt hatte und der im Osten über großes Ansehen verfügte. Für einen begrenzten Zeitraum übergab Gallienus dem Konsular die Verantwortung für den Schutz der Ostgrenze und für die Konsolidienmg der inneren Verhältnisse in den Orientprovinzen. Der Repräsentant des Kaisers agierte dabei nicht als Herrscher, sondern als Beamter mit regional begrenzter kaiserlicher auctoritas. Auf Grund der Krisensituatiön der Jahre 260-261 bildete sich somit ein selbständiger Kompetenzbereich des Konsulars mit Imperium maius heraus. Der lokale Dynast und Senator aus Syrien profilierte sich durch den Schutz seiner Heimatregion gleichzeitig als Interessenvertreter des Orients. In den nächsten Jahren entstand im Orient aus diesem Kompetenzbereich eine regionale Herrschaft. Odaenathus konnte diu-ch seine erfolgreichen Züge gegen die Perser und seine gute Verwaltung des Orients eine charismatische persönHche Herrschaft aufbauen. Sie fand ihren sichtbaren Ausdruck in der Annahme des Titels rex regum durch Odaenathus imd seinen Thronfolger Herodianus. Dieser Schritt begründete aber kein hellenistisches Königtum im römischen Orient oder in der Palmyrene; Odaenathus kann nicht als ein von Gallienus eingesetzter Юientelkönig charakterisiert werden, wie dies in der Forschimg vielfach geschieht.^° Der Konsular bheb auch nach der Annahme des
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keiten" hätten dann in der Kaiserzeit die Geschicke Palmyras bestimmt (S. 213ff.). Ein solcher „Patriarch" sei auch Odaenathus gewesen, der wie ein griechischer Tyrann gestützt auf seine Klientel und sein „tribales Netzwerk" die Macht in Palmyra an sich gerissen habe. Das Machtvakuum im Orient in den 260er Jahren habe ihm den Aufstieg ermöglicht. Nach seinem Tod verteidigte Zenobia seine Herrschaft im Orient und präsentierte sich dabei als römische Herrscherin (S. 220ff.). Sommer bestreitet dabei, daß die palmyrenischen Senatoren sich auch als Römer verstanden, dies sei nur ein Oberflächenphänomen gewesen. Kaum plausibel ist seine Annahme, daß sich die Dynasten vor allem auf die lokden Eliten Palmyras stützen. Bei ihrer Errichtung einer Herrschaft im Orient in den 260er Jahren bauten sie ebenso auf die Unterstützung der römischen Heere und der syrischen Oberschichten. Eine Beschränkung auf den lokalen Kontext Palmyras kaim somit den Aufstieg der Kaiserstellvertreter nicht erklären. Vgl. z. B. Février 1931, 84; Solari 1937; Alföldi 1938b, 79 (= 1967, 194: Verleihung des Königstitels durch Gallienus); de Regibus 1938, 254; Baldini 1976, 29ff.; Shahîd 1984a, 12 u. 20 (arab. Klientelkönigreich); Sartre 1991, 61 u. 2005, 512fF.; Saunders 1991, 114; Strobel 1993, 256; Cizek 1994, 77; Kotula 1997, 98; 101; 114; Sartre-Fauriat 1997, 267; Young 2001, 177; Ja-
II.5 Das palmyrenische Teilreich
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Titels rex regum ein römischer Beamter. Seine politische Macht resultierte nicht aus seiner Stellung als rex, sondern aus den römischen Ämtern, die ihm Gallienus verliehen hatte. Der Königstitel war keine staatsrechtlich verankerte Machtstellimg, sondern muß als bloßer Ehrentitel für den Persersieger verstanden werden. Er spiegelt sein neues Charisma nach dem siegreichen Perserzug wider. Odaenathus vermied auf diese Weise zugleich einen Bruch mit Gallienus. Mit der Regierungsübemahme des Vaballathus veränderte sich der Charakter der palmyrenischen Macht im Orient: Das vom Kaiser verliehene Mandat mit befristeten Sondervollmachten in einem bestimmten Verantwortungsbereich wurde zu einer dynastisch legitimierten regionalen Herrschaft in einem Teilreich. Zenobia sicherte für ihren Sohn die Machtstellimg des Vaters, der Königstitel ermöglichte dabei eine dynastische Erbfolge. Gleichzeitig wurden die römischen Ämter des Vaters auf den Sohn übertragen. Mit dem Ausbau des Machtbereiches und der Annahme des Titels imperator im Jahr 270 wiu-de dieser besondere Charakter einer Regionalherrschaft auch offen präsentiert. Der Teilreichsherrscher verstand sich als regionaler Machthaber, der unter der Oberherrschaft des Kaisers den Schutz des Orients übernahm. Alle primären Zeugnisse (Münzen, Papyri imd Inschriften) erweisen den römischen Charakter dieses Teilreiches. Zeichen einer antirömischen, separatistischen oder orientalischen Ideologie sind hier nicht zu finden. In ihrer Titulatur und ihrer Herrschaftsrepräsentation zeigten sich die Palmyrener ihren Untertanen als römische Beamte und Herrscher, die mit Legitimation des Kaisers den Orient regierten. Sie bemühten sich dabei um eine möglichst breite Unterstützimg in allen Teilen der orientalischen Bevölkerung, bei den Eliten, den Soldaten oder auch den Christen. Die Zeugnisse der Usurpatoren Vaballathus und Zenobia unterschieden sich nicht von den übrigen Primärquellen der Kaiser des 3. Jahrhunderts, auch hier handelte es sich also um keinen antirömischen Aufstand." Die Herausbildung des Teilreiches wurde durch die spezifischen Probleme in der Mitte des 3. Jahrhunderts nötig: Die Bedrohung an unterschiedlichen Grenzen machte die Anwesenheit des Kaisers an mehreren Fronten gleichzeitig notwendig. Usuφationen an bedrohten Abschnitten ohne Augustus waren Folge des Bedürfiiisses der Soldaten nach Kaisemähe. Das palmyrenische Teilreich war ein Versuch, dieses Problem durch die Etablierung einer Regionalherrschaft anzugehen. Die Teilreichsherrscher regierten in einem begrenzten Reichsteil und übernahmen bestimmte Momente der Kaiserherrschaft, ohne einen Anspruch auf die Macht in Rom zu erheben. Die pahnyre-
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cob 2004, 61; vgl. dagegen Will 1992, 180; Hartmann 2001, 440ff. Nach Gnoli (2000b, 125fr. u. 2007, 38f.; 45ff.; 77ίΓ.; U l f . ) war Palmyra in der gesamten Kaiserzeit eine autonome Lokalmacht zwischen Rom und Parthien. Rom habe dem Vater des Odaenathus, dem Chef der Stadt, die ύπατεία gegeben und damit seine Dynastenposition in Palmyra sanktioniert, diese Stellung als Khentelkönig sei dann in der Familie des Odaenathus erblich gewesen; Gallienus habe Odaenathus schließlich zum rex regum erhoben. Die Berichte über angebliche persische und armenische Hilfstruppen Zenobias in der Historia Augusta (ζ. В. Aurelian. 27, 4; 28, 2. 4; 35, 4; 41, 10; trig. tyr. 30, 18) sind erfunden, vgl. Hartmann 2001,272ff. u. 385fr.
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П. Die Ereignisse der Reichsgeschichte
nischen Senatoren handelten als Vertreter der lokalen syrischen Eliten im römischen Orient, die vom Kaiser im fernen Europa nur wenig Schutz zu erwarten hatten. Orientalische Partikularinteressen und das Bestreben, die Geschicke in die eigenen Hände zu nehmet^, fanden bereits in den Usurpationen des lotapianus (249) und des Uranius Antoninus (253), die ebenfalls regionalen Charakter trugen, ihren Ausdruck. Die Entstehung des Teilreiches war ein weiterer Versuch, regionale Antworten auf die Fragen der Krise zu geben. Die Dezentrahsierung der Regierung war eine Möghchkeit, die durch die gleichzeitige Bedrohimg an unterschiedlichen Grenzen und die Instabilität der Kaiserherrschaft verursachte institutionelle Krise zu lösen. Die Politik der Dynasten war seit der Erhebung des Odaenathus zum Kaiserstellvertreter durch eine Zweigleisigkeit zwischen dem Ausbau und der Festigung ihrer Macht im Orient einerseits und der Anerkennung des Kaisers andererseits gekennzeichnet. Trotz des Machtausbaus dachten sie zu keinem Zeitpunkt daran, sich vom Reich zu lösen. Sie scheiterten jedoch letztlich mit ihrer Politik, da es ihnen nicht gelang, die Anerkennung der Regionalherrschaft durch Rom zu erreichen. Aurehan betrachtete das palmyrenische Teilreich ebenso wie das gallische Sonderreich als eine Gefahr für die Reichseinheit und als Einschränkung seiner kaiserlichen auctoritas. Mit der Besetzung Ägyptens hatte Zenobia zudem die Kompromißfähigkeit Roms allzusehr strapaziert. Die kontinuierliche Entwicklung des Teilreiches wurde durch den Zug Aurelians beendet; Zenobia mußte ihre Politik aufgeben und die Kaisermacht usurpieren, das einzigartige Experiment einer Teilreichsherrschaft war damit beendet. Die offene Usurpation des Augustus-Titels imd damit der Bürgerkrieg um die Macht in Rom zwischen Aurelian und Vaballathus waren somit Konsequenz der Haltung des illyrischen Kaisers, sie folgten nicht aus der Logik der palmyrenischen Politik. Neben dem palmyrenischen Reich bildete sich in der Krisensituation von 260/61 auòh das gaUische Sonderreich heraus. Beide Sonderreiche boten Lösungsansätze für die strukturellen Probleme der Krise durch Dezentralisierung imd Regionalisienmg der Macht im Reich. Im Gegensatz zu den Herrschern aus Palmyra, die sich auch formal auf ein bestimmtes Gebiet beschränkten, beanspruchten die Usurpatoren aus Gallien von Anfang an den Kaisertitel und damit die Macht in Rom; die Herrscher betrachteten sich de iure als die legitimen Kaiser des gesamten Römischen Reiches. Die Situation in Europa war daher von 260 bis 274 durch einen latenten Bürgerkrieg gekeimzeichnet. Beide Sonderreiche bildeten eine regionale Herrschaft aus, doch nur die Regenten im Orient konnten diese durch ein staatsrechtliches Konstrukt umfassend entwickeln. Das palmyrenische Teilreich stellt somit die konsequenteste Verwirklichung einer RegionalheiTschaft in der Soldatenkaiserzeit dar.'^
92 Vgl. Hartmann 2001, 457fr.; vgl. auch Sommer 2004b, 98ίΓ.
IL6 Der „Senatskaiser" Tacitus Klaus-Peter Johne
In die Zeit nach der Ermordung Kaiser Aurelians im Herbst 275 fállt ein für die Jahrzehnte der Soldatenkaiser singulärer Vorgang. Angeblich kam es zu einem sechsmonatigen Interregnum, weil sich Heer und Senat nicht darüber einigen konnten, von wem ein neuer Kaiser gewählt werden sollte. Schließlich sei der Senat den Anforderungen der Truppen nachgekommen und habe aus seiner Mitte den angesehensten und würdigsten Konsular erhoben. M. Claudius Tacitus, ein alter Herr von 75 Jahren, mußte erst aus dem Badeort Baiae am Golf von PuteoU herbeigeholt werden und nahm die Wahl nach längerem Sträuben an. Nim stellt schon dieses Interregnum eine Besonderheit dar, ebenso ungewöhnlich sind die weiteren Nachrichten über die Regierung des Tacitus. Mehrere lateinische Quellen feiern diese Wahl als eine Wiederkehr der Macht des Senats. Besonders die Historia Augusta will den Eindruck vermitteln, als ob mit dem Herrschaftsantritt dieses Kaisers die Tage der untergegangenen Adelsrepublik zurückgekehrt seien. Nach Aurelius Victor ist der von Gallienus verfügte Ausschluß der Senatoren vom Militärkommando rückgängig gemacht worden. Die vermeintlich wiederhergestellte Senatsherrlichkeit währte allerdings nicht lange. Nach einer Regierung von höchstens einem dreiviertel Jahr kam Tacitus im Sommer 276 auf einem Feldzug gegen die in ICleinasien eingefallenen Goten und Heruler ums Leben. Das aus der Antike überlieferte Bild ist von der modernen Forschung in wesentlichen Punkten korrigiert worden. Die folgenden Ausführungen wollen vor allem den Fragen nachgehen, wie das Interregnum nach Аш-elians Tod zu bewerten ist, von wem Tacitus zum Herrscher proklamiert wurde, wie wahrscheinhch die Nachrichten über sein Leben vor der Thronbesteigung sind und was es mit der „senatorischen Renaissance" unter ihm auf sich hat und damit zugleich, wie berechtigt die Bezeichnung eines „Senatskaisers" ist.' Seit langem ist schon erkannt, daß es ein halbjähriges Interregnum zwischen Aurelian und Tacitus nicht gegeben haben kann. Die Ermordung Aurelians geschah erst im September oder Anfang Oktober 275, da die Papyri ein siebentes Regierungsjahr in Ägypten für die Zeit vom 29. August an belegen, das letzte bisher bekannte Datum ist
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Die traditionelle Sicht auf Tacitus vermitteln Stein 1899; PIR^ С 1036; PLRE I 873, Nr. 3; vgl. Hartmann 1982, 122-125; Kienast 1996, 250f.; Th. Franke, Tacitus 2, DNP 11 (2001), 1214f.; mit der kritischen Aufarbeitung séiner Regierung begann Syme 1971a, 237-247; die neueste umfangreiche Darstellung bietet Kreucher 2003, 105-122; vgl. Johne 1991 u. 2003/04. Zur vita Taciti in der HA vgl. den Hengst 1994; Paschoud 1995c u. 1996. Zur Münzprägung vgl. RIC V 1, 319-348.
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П. Die Ereignisse der Reichsgeschichte
der 19. Oktober.^ Tacitus wiederum hat bereits am 10. Dezember 275 seine zweite tribunizische Gewalt übernommen, muß also bis zum Tag davor nach der ersten gezählt haben. Daraus ergibt sich eine Regierungsübemahme wahrscheinlich im November oder allenfalls noch in den ersten Dezembertagen.^ Das eigentliche Interregnum, in dem über Aurelians Nachfolge verhandelt werden konnte, schrumpft damit auf wenige Wochen im Spätherbst 275 zusammen, auf einen Zeitraum, der sich zwischen vier und maximal acht bis zehn Wochen bewegt."* Das sechsmonatige Interregnum geht zweifellos auf die Enmannsche Kaisergeschichte zurück, die auf die folgende Historiographie nachhaltig eingewirkt hat. In ihr ist offenbar der gesamte Zeitraum zwischen den Kaisem Aurelian und Probus vom Herbst 275 bis Sommer 276 als eine Art Interregnum bezeichnet worden, bestehend aus der tatsächlich kurzen Zwischenphase nach Aurelians Tod, der Regierungszeit des Tacitus und der noch viel kürzeren des Florianus. Erkennbar wird dieser Zusammenhang aus einer Stelle in der Historia Augusta, in der die beiden Regenten direkt als „Zwischenkönige" bezeichnet werden - quasi quidem interreges inter Aurelianum et Probum.^ Bei Aurelius Victor und in der Epitome de Caesaribus schimmert der Sachverhalt nur vage dwch, wenn von einer ,ΛτΙ Interregnum" - interregni species die Rede ist, das bei Victor sechs, in der Epitome dagegen sieben Monate dauert.® Eutrop wiederum weiß gar nichts von dieser Zwischenzeit und vermerkt als einzige Besonderheit der Regierung des Tacitus die Dauer von sechs Monaten.^ Damit bestätigt sich die Vermutung, die EKG habe die Regierungszeiten mit dem Interregnum gleichgesetzt. Eine solche Bewertung der beiden nur nach Monaten zählenden Herrschaft von Tacitus und Florianus zwischen dem immerhin ftinf Jahre regierenden Vorgänger und dem sechs Jahre herrschenden Nachfolger erscheint nicht ganz ungewöhnlich. Es war dann Aurelius Victor, wie es scheint, der in seiner Kaisergeschichte die sechs Monate verdoppelt und sowohl ftir die Regierungszeit des Tacitus selbst wie auch ftir das Intervall davor gebraucht hat. Aus seinem Werk ist der Irrtum in die Aurelians- imd Tacitusvita der Historia Augusta und leicht modifiziert in die Epitome de Caesaribus gelangt.® Von Victor stammt wohl auch der Vergleich Aurelians mit König Romulus imd die Feststellung, nach dem Tode des Kaisers habe sich eine Art Interregnum in der Weise eingestellt wie nach dem Ableben des sagenhaften Staats2 3 4 5 6 7 8
Zu den Vorgängen um Aurelians Tod vgl. Kap. II.3, S. 322; zu den Papyri der Jahre 275/76 Kreucher 2003,54f. u. Strobel 1998b, 135. Die tribunizischen Gewalten und die Konsulate sind bei Kreucher (2003,62-66) aufgelistet. Die unterschiedlichen Vermutungen der jüngeren Forschung zu dieser Frage finden sich bei Kreucher 2003,104, Anm. 93. HA Tac. 14, 5; vgl. Stein 1899, 2878; Paschoud 1996, 190-193 u. 252f.; Watson 1999, 109-111; Kreucher 2003,102, Anm. 80. Aur. Vict. Caes. 35,12; 36,1; Epit. de Caes. 35,10. Eutr. 9,16. Aur. Vict. Caes. 35,12; 36,1 ; Epit. de Caes. 35,10; HA Aurelian. 40,4; Tac. 1,1 ; 2,1 ; 2,6; vgl. Syme 1971a, 237f. u. 1980b, 275f.
II.6 Der „Senatskaiser" Tacitus
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gründers - atque etiam solí quasi Romulo interregni species obvenit, longe vero gloriosior? Der kurze Hinweis, gewonnen aus einer Nachricht bei Livius, wird dann in der Tacitusvita ein ganzes Kapitel lang breit ausgemalt, wobei der Biograph auch seine staatsrechtlichen Kenntnisse über die Königszeit und die frühe Republik in Anlehnung an Cicero ausbreiten will.'" Das tatsächlich auf einige Wochen begrenzte Interregnum vom Spätherbst 275 wirft trotz seiner Kürze einige Fragen auf. Seit den neunziger Jahren des 20. Jahrhundeiis wird in der Forschung die Annahme vertreten, die Witwe des ermordeten Aurelianus habe bis zur Proklamation des Tacitus die Regentschaft im Herbst 275 in Rom ausgeübt." Das Problem dabei ist, daß alle Hterarischen Quellen von der Kaiserin Ulpia Severina nichts wissen und ihre Kenntnis ausschließlich auf Inschriften und Münzen beruht. In der Aureliansvita wird zwar eine Gattin des Kaisers an zwei Stellen erwähnt, doch beide Male wird ihr Name nicht genannt.'^ Da die alexandrinischen Münzen ihr den Augusta-Titel erst ab dem sechsten Regierungsjahr Aurelians beilegen, dürfte sie ihn anläßlich des Triimiphes von 274 erhalten haben. Die volle Titulatur als Domina sanctissima piissima Augusta mater castrorum et senatus et patriae wird sich also nur auf Aurelians letztes Regierungsjahr beziehen.'^ Die Annahme, die Münzprägung der Ulpia Severina sei nach dem Tode ihres Mannes fortgeführt worden, womit die These ihrer Regentschaft begründet wird, beruht auf Kombinationen wie etwa des inschriftlich überlieferten Titels einer mater castrorum mit der als Appell an die Soldaten zu verstehenden Münzlegende Concordia militum oder den Epitheta Pia Felix, die normalerweise dem regierenden Kaiser vorbehalten sind.'"* Da sich die Münzemissionen filr Severina Augusta innerhalb der Jahre 274 und 275 nicht genau eingrenzen lassen, verbleiben diese Kombinationen und die These einer Regentschaft im Bereich der Spekulation.^^ Auch ohne die in Erwägung gezogene Regentschaft einer Kaiserwitwe bietet der Herrscherwechsel dieses Herbstes genügend Besonderheiten. Die Epoche der Soldatenkaiser war ja in der Regel durch mehrere Herrscher zu gleicher Zeit gekennzeichnet.
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Aur. Vict. Caes. 35, 12. Der Epitomator liebt solche Vergleiche, z. B. Hadrian mit Numa Pompilius (14, 2), Pertinax mit den Curiem und Fabriciem (18, 1), Claudius Gothicus mit den Deciern (34,1-2), Diocletian mit Marius (39, 6) und Constantius II. mit Pompeius (42,22). HA Tac. 1,1-6; vgl. Liv. 1, 17; zur Inteφretation Paschoud 1996,252-256. Vgl. bes. Callu 1995b, 22-31 u. 1996,135-145 (Verweis auf die Titel pia felix Augusta)·, Strobel 1993, 269f. u. 1998b, 133ff.; Festy 1999b, 166; vgl. auch Cizek 1991, 116f. u. 1994, 206; Göbl 1993, 29f.; Estiot 1995a, 53f. u. 63; 1995b, 18 u. 31; 2004, 25ίΓ.; Sommer 2004b, 63f. Zu Ulpia Severina vgl. Kap. Π.3, Anm. 48. HA Aurelian. 45, 5; 50, 2; vgl. Paschoud 1996, 86f.; 210f.; 224. Zur Münzprägung der Severina Augusta vgl. RIC V 1, 314-318. Vgl. Strobel 1998b, 124f. Estiot 2004,29; vgl. Strobel 1998b. Vgl. W. Eck, Ulpius 57, RE Suppl. 14 (1974), 943f.; Saunders 1991, 279f.; Watson 1999, 113116; Hartmann 2001, 237f., Anm. 30; Kreucher 2003, 102-104.
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П. Die Ereignisse der Reichsgeschichte
was die Ursache häufiger Bürgerkriege war, doch eine „kaiserlose Zeit" hat es, selbst für einige Wochen, in dem halben Jahrhundert zwischen Maximinus Thrax und Diocletian sonst nicht gegeben. Aurelian ist einer Privatrache zum Opfer gefallen, mit seiner Ermordung war offensichthch keine Usuφation beabsichtigt. Dennoch ist es erstaunlich, daß kein Heerführer diese Situation sofort ausnutzte, sei es in dem von Aurelian geführten Heer oder bei den Truppen an der Donaugrenze. Vielleicht war zu diesem Zeitpunkt kein General in der Position, unangefochten die Nachfolge anzutreten. Die in Frage kommenden Kandidaten wie Probus oder Satuminus waren im Osten, Proculus und Bonosus im Westen, weit entfernt von dem in der Nähe des Bosporus stehenden Kaiserheeres. Weiterhin hätte ein in diesem Heeresteil auftretender Prätendent den Verdacht erregen können, an der Ermordung des Vorgängers beteiligt gewesen zu sein.'® Im Ergebnis des Interregnums wurde auch keiner der aktiven Militärbefehlshaber aus einer der Grenzprovinzen an die Spitze des Reiches gestellt, sondern ein alter Mann aus dem „Ruhestand" geholt, die Wahl war so singular wie das Interregnum! Es scheint sich am ehesten um einen Akt der Verlegenheit gehandelt zu haben, wenn die Armee den Senat um die Bestimmung eines Nachfolgers bat. Die sich hieraus ergebende Wahl konnte nur den Charakter einer Übergangslösung besitzen, bis einer der einflußreichen Militärs dieser Jahre sich zu Wort melden würde. Ein würdiger alter Senator wie Tacitus ohne eigene Ambitionen und ohne Söhne als potentielle Nachfolger erfüllte offenbar in diesem Augenblick die gesuchten Voraussetzungen. Seine Rolle dürfte etwa mit derjenigen Nervas zwischen Domitian und Traian oder der der beiden Senatskaiser Pupienus und Balbinus zwischen Maximinus Thrax und Gordian III. im Jahre 238 vergleichbar sein.'' Für die Wahl selbst ist die Darstellung des Aurelius Victor trotz der bei ihm vorhandenen Irrtümer von maßgeblicher Bedeutung. Danach haben die durch Aurelians Tod führerlos gewordenen Truppen Gesandte nach Rom geschickt, um den Senat zu bitten, einen Nachfolger zu wählen: Interea milites amissa principe legatos statim Romam destinant, uti suopte arbitratu patres imperatorem deligerent. Der Senat gab die Wahl an die Legionen zurück, die wiederum auf einer Entscheidung in Rom bestanden. Der Epitomator wertet dieses Hin und Her als einen Wettstreit in Zurückhaltung und Bescheidenheit: Ita utrimque pudore ас modestia certabatur, ... Um diesen „edlen Wettstreit" als möglichst langanhaltend darzustellen, dehnte Victor ihn auf die sechs Monate aus, die er als Regierungszeit des Tacitus in der EKG vorfand und die er nun zu einem Interregnum vor dessen eigentlicher Herrschaftszeit umgestaltete. Nach diesem Zeitraum wählte der Senat den ehemaligen Konsul zum neuen Kaiser: Igitur tandem senatus mense circiter post Aureliani interitum sexto Tacitum e consularibus, mitem sane virum, imperatorem creat, Die Nachrichten im Liber de Caesaribus werden 16 17 18
Vgl. zu diesen Überlegungen Bird 1972,171 ; Hartmann 1982,122f. ; Kreucher 2003,102f. Vgl. Syme 1971a, 244f. Strobel (1998b, 143-145) betrachtet Tacitus als einen von der Kaiserin Severina ausgesuchten Kandidaten. Aur. Vict. Caes. 35, 9. 11 ; 36, 1 ; vgl. Strobel 1998b, 140.
II.6 Der „Senatskaiser" Tacitus
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von den anderen lateinischen Quellen, sieht man erst einmal von der Historia Augusta ab, weder bestätigt noch widerlegt. Die kurzen Darstellungen bei Eutrop und in der Epitome gehen weder auf die Art der^Herrschaftsübemahme noch auf einzelne Ereignisse der Regierung ein." Ähnlich verhält es sich mit der „Neuen Geschichte" des Zosimus, der zwar über den Krieg in Kleinasien und das Ende des Tacitus besser informiert ist als die sich auf die EKG stützenden lateinischen Breviarien, zum Regierungsantritt aber auch nichts Wesentliches beisteuern kann.^° Die mit Abstand ausführlichste Darstellung der Kaiserproklamation des Tacitus findet sich in seiner Biographie und in der des AureHanus in der Historia Augusta. Die Angaben Victors werden in den Lebensbeschreibungen durch den Wortlaut eines erfundenen Schreibens des Heeres an den Senat und durch die Wiedergabe mehrerer, angeblich in der Kurie gehaltener Reden, darunter einer des Tacitus selbst, „angereichert".^' Die Fiktionalität dieser Dokumente wird an einigen Stellen ganz offensichtlich. So soll die Vorstellung des neuen Herrschers nach der Wahl im Senat vor Volk und Soldaten durch den Stadtpräfekten Aelius Cesettianus erfolgt sein, obwohl nach dem Ausweis des Chronographen vom Jahr 354 zu dieser Zeit Postumius Suagrus als praefectus urbi amtierte.^^ Die erste Rede nach der erfolgten Wahl soll der Konsular Maecius Faltonius Nicomachus gehalten haben, in dem seit langem ein Bezug zu dem bekannten Führer der heidnischen Senatspartei am Ende des 4. Jahrhunderts, Virius Nicomachus Flavianus, gesehen wird.^^ Aus dieser Rede stammt die bekannte Sentenz dii avertant principes pueros et patres patriae dici inpuberes, die sich auf den mit sechs Jahren 383 zum Augustus erhobenen Arcadius imd den mit acht Jahren zur Herrscherwürde berufenen Honorius beziehen dürfte imd die zu dem die Forschung lange stimulierenden Werk „Römische Kinderkaiser" angeregt hat.^'^ Die in der Historia Augusta vorgenommene Ausmalung der Biographie des Claudius Tacitus erhellt mehr die Wunschvorstellungen der spätantiken Senatsaristokratie als die realen Vorgänge der Jahre 275 und 276. Eine ebenfalls knappe, jedoch von den der EKG verpflichteten Darstellungen ebenso wie von Zosimus sich imterscheidende Quelle zu diesem Kaiser ist die zeitlich späteste, die Weltchronik des Johaimes Zonaras aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Dieses Werk geht mit der sogenannten Leoquelle auf einen Traditionsstrang zurück, der bis in das späte 4. Jahrhundert reicht und vielleicht aus den verlorenen Annalen des 19 20 21 22 23
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Eutr. 9, 16; Epit. de Caes. 36, 1. Zos. 1,63. HA Aurelian. 40, 1 ^ 1 , 15; Tac. 2, 1-7, 4; vgl. Paschoud 1996, 190-196 u. 256-274; Kreucher 2003, 105f. HA Tac. 7, 2; vgl. PIR^ A 159; PLRE I 199; Kap. X, PU 34*; Johne 1976b, 129. Zu Suagrus vgl. Kap. X, PU 22. HA Tac. 5, 3; vgl. PIR^ M 52; PLRE I 630, Nr. 2; Johne 1976b, 140; Kreucher 2003, 106. Paschoud (1996, 265) bezieht die drei Namensbestandteile des Maecius Faltonius Nicomachus auf drei verschiedene Personen, die alle Senatoren des ausgehenden 4. Jh. und Stadtpräfekten von Rom gewesen sind. HA Tac. 6, 5; vgl. Hartke 1951,190-242; Johne 1976b, 178.
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Η· Die Ereignisse der Reichsgeschichte
Nicomachus Flavianus geschöpft hat.^^ Zonaras präzisiert als einziger das Alter des senex Tacitus mit 75 Jahren und ist auch besser als Zosimus über die in seine Regierung fallenden Einbrüche ostgermanischer Verbände nach Юeinasien informiert. Der gravierendste Unterschied in seiner Darstellung im Vergleich mit allen anderen Quellen ist jedoch die Art, wie die Kaiseφroklamation geschildert wird. Bei dem byzantinischen Autor wird Tacitus nicht vom Senat gewählt, sondern vom Heer erhoben! Die dazu mitgeteilten näheren Umstände zeigen jedoch sogleich, daß es sich dabei nicht um einen der in diesen Jahrzehnten üblichen Vorgänge gehandelt hat. Der Thronkandidat war nämlich bei der Proklamation gar nicht anwesend, sondern weilte in Kampanien und damit weitab von allem militärischen Geschehen im Jahre 275. Nach der Ausrufimg durch die Soldaten zog er im Gewand eines Privatmannes nach Rom und legte dort die Kaiserinsignien erst an, nachdem seine Wahl durch Senat und Volk sanktioniert worden war.^® So liegt bei Zonaras zwar die Initiative bei der Armee und nicht beim Senat wie bei Victor imd in der Historia Augusta, doch gewähU wird ein aus dem aktiven Dienst geschiedener Mann, fur den die Anerkennung durch den Senat das entscheidende Element seines Regierungsantritts ist. Diese für die Soldatenkaiserzeit untypische Berücksichtigung des Senats und die letztmalige Wahrung der alten Form bei der Erhebung des Kaisers dürfte den authentischen Kem für die Schilderung der \уаЫ bei Aurelius Victor und in den Kaiserbiographien ausmachen.^^ Der Epitomator setzt eine Zäsur zwar erst nach der Ermordung des Probus 282, er bezieht sich dabei jedoch auf die angebliche senatorische Restauration unter Tactius. Victor klagt, seitdem sei die Macht der Soldaten übergroß geworden und dem Senat das Recht zur Kaiserwahl entrissen worden bis zu der Gegenwart, in der er schreibe, also um das Jahr 360: Abhinc militaris potentia convaluit ac senatui imperium creandique ius principis ereptum ad nostrani memoriam ... Im Anschluß daran macht er den Senatoren den Vorwurf, die Regierung des Tacitus nicht genutzt zu haben, um den verlorenen Einfluß zurückzugewinnen.^^ Daß die Zäsur erst 282 imd nicht schon 276 gesetzt wird, hängt mit der sehr positiven Zeichnung des Soldatenkaisers Probus zusammen, der als letzter den Versuch gemacht haben soll, die Macht der Soldaten zu zügeln und sie in Friedenszeiten zur Arbeit in der Landwirtschaft einzusetzen.^' Die Quelle, aus der Zonaras geschöpft hat, war auch dem Verfasser der Tacitusbiographie bekannt. Zwar soll sich der spätere Kaiser seiner Lesart zufolge zur Zeit seiner Wahl in Rom aufgehalten und im Senat das Wort ergriffen haben, doch der Biograph kennt auch die Version vom Aufenthalt in Kampanien. Um beide Nachrichten miteinander in Übereinstimmung zu bringen, behauptet er, Tacitus sei auf das Gerücht
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Vgl. Kap. 1.1.1 ; zu Zonaras vgl. A. Berger, DNP 12.2 (2002), 831 f. ; zur „Leoquelle" Bleckmann 1992,43-54 u. 396-415. Zon. 12,28 (S. 608, 5-10); vgl. Bleckmann 1992, 204f. u. 304-309. Vgl. Bleckmann 1992,308f. Aur. Vict. Caes. 37, 5-7. Aur. Vict. Caes. 37, 1-4; vgl. Kreucher 2003, 179-183.
II.6 Der „Senatskaiser" Tacitus
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von seiner bevorstehenden Wahl auf sein Gut nach Baiae verreist, habe sich dort zwei Monate lang aufgehalten, sei dann von dort wieder gehoh worden und habe als Privatmann an der entscheidenden Senatssitzung teilgenommen.^" Noch offenkundiger wird diese Kenntnis der Zonarasquelle dadurch, daß in den verschiedenen Reden anläßlich der Kaiserwahl, in denen immer wieder die Rolle des Senats beschworen wird, einmal auch das Gegenteil behauptet wird. In seiner Antrittsrede vor der Prätorianergarde sagt Tacitus, zuerst hätten die Soldaten ihn des Kaisemamens für würdig erachtet und erst danach der Senat: at me, sanctìssimi commilitones, primum vos, qui scitis principes adprobare, deinde amplissimus senatus dignum hoc nomine iudicavit?^ In einer erfundenen Rede könnte diese Umkehrung der sonst in der Historia Augusta dargestellten Reihenfolge bei dem Wahlvorgang noch als ein verbales Entgegenkommen gegenüber dem Militär gewertet werden, wenn der Scriptor eben nicht auch an anderen Stellen eine Kenntnis der Quelle des Zonaras verraten würde. Neben dem Wissen um Kampanien ist dies das von einer Invasion ostgermanischer Stämme, die von der Maiotis i^en Ausgang nahm und von Tacitus in Kleinasien aufgehalten wurde, worüber die EKGTradition schweigt.^^ Noch offensichtlicher ist diese Kenntnis bei der Todesart des Kaisers. Hier bekennt der Biograph, sowohl die Version der Ermordung, wie bei Zosimus und Zonaras, als auch diejenige eines Todes durch Krankheit, so die Lesart der EKG, zu kennen: interemptus est enim insidiis militaribus, ut alii dicunt, sexto mense, ut alii, morbo interíit?^ Die Aussage über zwei sich widersprechende Traditionsstränge beweist den Ursprung der Zonarasquelle im 4. Jahrhundert und bestärkt die Auffassung, daß der Dank des Tacitus an die Soldaten für seine Wahl keine reine Erfindung des Scriptors ist, sondern diesem Quellenstrang verdankt wird. Die von dem Byzantiner wie einmal auch von der Biographie gebotene Reihenfolge - Proklamation durch die Armee und danach Bestätigung durch den Senat - dürfte der historischen Wahrheit wohl am nächsten kommen. Die Ansprache an die Prätorianer unmittelbar nach der Wahl führte zu der Vermutung, die Garde der Hauptstadt habe ihn proklamiert, ebenso gut köimte dies jedoch auch die von Aurelian auf dem Balkan zusammengezogene Armee gewesen sein. Anwesend war der Kandidat weder bei der einen wie der anderen Einheit.^"* Sowohl der von der EKG wie der von der „Leoquelle" ausgehende Traditionsstrang haben in der Thronbesteigung wie auch in der Herkunft des Tacitus Besonderheiten gegenüber Vorgängern und Nachfolgern gesehen. Dies wäre nicht der Fall, wenn man die literarischen Zeugnisse außer Acht läßt und die Erhebung dieses Kaisers allein 30 31 32 33 34
HA Tac. 7, 5-7; vgl. 4 , 1 - 5 , 3 ; Paschoud 1996, 274-276 u. 259-265. HA Tac. 8,5. Vgl. HA Tac. 13, 2 mit Zon. 12, 28 (S. 608, 5-20) und Zos. 1, 63,1 im Unterschied zu Aur. Vict. Caes. 3 6 , 1 - 2 ; Eutr. 9 , 1 6 und Epit. de Caes. 36. HA Tac. 13, 5; vgl. Zos. 1 , 6 3 , 2 ; Zon. 12,28 (S. 608,17-20); Aur. Vict. Caes. 36,2; Butr. 9, 16; Epit. de Caes. 36; Bleckmann 1992,204f.; 307f. Vgl. Bleckmann 1992, 307 und Kreucher 2003, 106 einerseits sowie Paschoud 1996, 276 andererseits.
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Η· Die Ereignisse der Reichsgeschichte
aus den numismatischen Quellen zu rekonstruieren versucht. Aus dem Befund, daß die früheste Ausgabe von Goldmünzen für ein Donativum in Lyon erfolgte, wurde die Schlußfolgerung gezogen, Tacitus sei vom Militär in Gallien vermutìich nach der erfolgreichen Abwehr eines fränkischen oder alamannischen Einfalls über den Rhein erhoben worden. Ebenfalls gestützt auf Münzemissionen wird ein Zug des Kaisers von der Rhône über Ticinum (Pavia) nach Rom rekonstruiert. Auch der weitere Regierungsverlauf mit dem Zug durch die Balkanprovinzen nach Юeinasien wird mit Aufenthalten des Herrschers an den Prägestätten für die Goldwährung nachgezeichnet. Hier wird das durchaus berechtigte Verdikt über den Wert der Biographie in der Historia Augusta unberechtigterweise auf die gesamte literarische Tradition ausgedehnt.^^ Wenn Tacitus anläßlich eines Sieges über die Germanen von seinen Truppen erhoben worden wäre, müßte man seine Proklamation als eine für die Mitte des 3. Jahrhunderts ganz übliche betrachten. Unerklärlich bliebe dann, warum die lateinische wie die griechische Historiographie die Thronbesteigung dieses Kaisers mit seiner kurzen Regierungszeit in dieser Weise hervorhebt.^® Neben der Herrschaftsübemahme erscheinen die Herkunft und die Laufbahn des Tacitus für diese Jahrzehnte ungewöhnlich. Die Reaktion eines modernen Lesers, bei der Nennung des Namens Tacitus zuerst an den großen Historiker zu denken, traf auch schon für den Verfasser der Historia Augusta zu. Der Name war für ihn so mit dem des berühmten Schriftstellers verbunden, daß er die Lebensbeschreibung des Kaisers nicht abfassen wollte, ohne darin eine Verbindung zu dem Namensvetter herzustellen. Und so behauptet er, der Herrscher habe dessen Werke Jahr für Jahr in zehn Abschriften vervielfältigen lassen und für deren Verbreitung in allen Bibliotheken gesorgt. Als Grund wird angegeben, der Kaiser habe den Schriftsteller für einen seiner Vorfahren gehalten: Comelium Taciturn, scriptorem historiae Augustae, quod parentem suum diceret, in omnibus bibliothecis conlocari iussit?^ Diese Erfindung des bildungsbeflissenen Biographen ist allein für die Wertschätzung des Verfassers der „Historien" und „Annalen" in der Entstehungszeit der Historia Augusta relevant. Dem Senatskaiser soll neben einer vornehmen Abstammung die Fürsorge für Literatur und Bildung unterstellt werden. Die einzige Verbindung zwischen Herrscher und Schriftsteller ist jedoch das gemeinsame Cognomen, denn der eine trägt den Gentibamen Claudius, der andere Cornelius. Das Cognomen ist nicht gerade häufig, aber auch nicht ganz selten, im epigraphischen Ma35 36
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Weder 1981, bes. 44-47; dagegen Strobel 1998b, 136, Anm. 112; Kreücher 2003, 108; vgl. jedoch neuerdings Estiot 2004,3 If. Das Problem hat auch die Numismatikerin S. Estiot gesehen. Sie möchte die Aussagen von Münzen und Literatur in der Weise verbinden, daß sie Tacitus bei seinem Rombesuch im Dezember 275 eine theatralische Szene unterstellt, in der er, Wochen nach seiner Proklamation in Gallien, die Bestätigung des Senats nachträghch einholt, Estiot 2004, 34. Das Auftauchen Kampaniens in der Überlieferung erklärt sie damit, daß der Kaiser von Lyon die Rhône abwärts ins Mittelmeer bis zum Hafen von Misenum in Kampanien gefahren und von dort nach Rom gereist sei, Estiot 2004,31 mit Anm. 163. HA Tac. 10, 3; vgl. Paschoud 1996, 286-288.
II.6 Der „Senatskaiser" Tacitus
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terial allein der Stadt Rom finden sich 13 Taciti, zu denen weder der Historiker noch der Kaiser gehören.^® Die Konstruktion der Historia Augusta dient der Stilisierung des Tacitus zu einem „guten" Kaiser. Er soll ein begüterter und angesehener Senator aus biteramna, dem heutigen Temi in Umbrien gewesen sein. Sein Vermögen soll 280 Millionen Sesterzen betragen haben, die Güter lagen in Umbrien, Kampanien imd Mauretanien, und er sei durch Schenkungen und Stiftungen hervorgetreten." Auf eine längere Zugehörigkeit zum Senat zielt die Bemerkung, er habe auch schon über andere Kaiser zu Gericht gesessen; die letzte damnatio memoriae vor seiner Regierung war die des Gallienus 268.'*° Daß der Senat bei der Wahl den würdigsten aus seinen Reihen erhoben habe, der auch bisher schon eine hervorragende Rolle in der Aristokratenversammlung spielte, wird durch die Bezeichnimgen princeps senatus, primae sententiae senator und primae sentententiae consularis unterstrichen."" Obwohl diese Nachrichten von ebenso zweifelhaftem Wert sind wie alle anderen über den Privatmann Tacitus, scheint der princeps senatus so gut zu dem „würdigen alten Herrn" zu passen, daß dieses Ehrenamt auch in jüngster Zeit mehrmals ohne jegliche Diskussion aufgeführt wird."*^ Alle drei Bezeichnimgen gehen auf Victors Angabe e consularibus zurück, die man als die einzig verläßliche über die Laufbahn vor der Regierungsübemahme bezeichnen darf."*^ Sie wird durch numismatische und epigraphische Zeugnisse gestützt. Am 1. Januar 276 trat Tacitus sein zweites Konsulat mit einem Aemilianus an. Die Zeugnisse als Konsul in den Monaten November und Dezember 275 fuhren zu der Annahme, daß er dieses Amt bereits vor seinem Regierungsantritt innehatte. Verstärkt wird dieser Eindruck dadurch, daß die Prägestätte Ticinum Münzen mit der Legende consul III verausgabt hat, man dort also sein Konsulat vom Jahresende 275 offenbar schon als das zweite gezählt hat."*^ Als consularis gehörte er bereits vor der Herrschaftsübemahme zum Senat. Darin unterschied sich eben dieser Prätendent von seinen Vorgängern Claudius Gothicus und Aurelianus wie auch von seinem Nachfolgern Florianus imd Probus. In Übereinstimmung mit der Feststellung des Aurelius Victor und den Konsulatsangaben in Inschriften und auf Münzen wird in dem Tacitus, der nach den Fasten im Jahre 273 zusammen mit einem lulius Placidianus consul Ordinarius gewesen ist, der spätere Kaiser gesehen. Allerdings wird der Konsul stets nur mit dem Cognomen genannt, problematisch ist auch das hohe Alter für das erste Konsulat.
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CIL VI 6, 2: Index cognominutn, ed. L. Vidman, 1980,338; vgl. Johne 1991,144 mit Anm. 4. Die Details schildert Kreucher 2003, 108-110 u. 118f. HA Tac. 4 , 4 ; vgl. Paschoud 1996, 262f. mit Parallelen bei Plinius, Tacitus und Eutrop. HA Tac. 4, 1 ; 4, 3; Aurelian. 41,4. Kienast 1996, 250f.; Groß-Albenhausen/Fuhrmann 1997,261. Aur. Vict. Caes. 36,1. Zu den Konsulaten Kreucher 2003, 62-66; zu dem bisher nicht geklärten dritten Konsulat Alföldi 1976; Hartmann 2001, 239 mit Anm. 37; Kreucher 2003, 64f.; Estiot 2004, 33.
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H- Die Ereignisse der Reichsgeschichte
Seit 1986 wird für das ordentliche Konsulat des Jahres 273 statt des späteren Kaisers der Patrizier À. Caecina Tacitus in Anspruch genommen."^ Seine Ämterlaufbahn quaestor candidatus, praetor candidatus, praeses provinciae Baeticae, consul, septemvir epulonum gehört zwar in das 3. Jahrhimdert, kann aber nur in die Zeit zwischen den Severem und spätestens 276 datiert werden, da die Provinz Baetica danach Statthaltern aus dem Ritterstand anvertraut wurde.''® Zeitlich körmte die Laufbahn des Caecina Tacitus zu dem ordentlichen Konsul von 273 passen, dennoch gibt es gute Gründe, an der bis vor kurzem herrschenden Ansicht, daß der Kaiser Tacitus auch der Konsul Tacitus gewesen ist, festzuhalten. Eine Inschrift aus Numidien nennt einen M. Claudius Tacitus cos. an den Kaienden eines April. Nun war am 1. April 276 der Kaiser in jedem Fall consul II zusammen mit Aemilianus, ein Jahr davor wurde an diesem Tag jedoch nach dem dritten Konsulat Aurehans mit einem Marcellinus datiert. Die Inschrift kann sich nur auf das Jahr 273 beziehen. Andemfalls müßte man gleich zwei Unkorrektheiten unterstellen, das Fehlen der Iteration und trotz vollständigem Namen das Fehlen aller Elemente der Kaisertitulatur.'*^ Auf das erste Konsulat körmte sich die einzige sicher bestimmbare Büste des Tacitus beziehen, der Kopf einer heute in Mailand befindlichen Bronzestatue aus Laus Pompeia, dem heutigen Lodi, ohne kaiserliche Insignien.'*^ Für das Problem des für ein erstes Konsulat mit 73 Jahren zu hohen Alters bieten sich zwei Lösungen an. Die genaue Altersangabe bei Zonaras muß nicht zuverlässig sein, da im Chronicon Paschale, das die Regierung des Tacitus völlig übergeht, Aurelian das Alter von 75 Jahren zugesprochen wird, tatsächlich ist er nur 61 geworden. Die Probusvita vermerkt, Tacitus sei älter als Probus gewesen, der mit 44 Jahren an die Regierung gelangte. Auch die Münzporträts und die Büste lassen kein besonders hohes Alter erkennen, so daß wir es bei ihm wohl eher mit einem Mann in den fünfziger oder sechziger als in den siebziger Lebensjahren zu tun haben werden."" Gewichtiger als die Vermutungen zum Alter ist ein anderes Argument. Victors Bezeichnung des Tacitus als eines Mannes e consularibus muß weder eine Herkunft aus der Senatsaristokratie noch eine besonders lange Zugehörigkeit zum Sentatorenstand ausdrücken. Das späte Konsulat fmdet dann eine gute Erklärung, wenn es sich bei ihm um einen Ritter handelt, der nach einer erfolgreichen militärischen Karriere erst in vorgerücktem Alter in den Senat aufgenommen worden ist. Dafür gibt es im 3. Jahrhimdert mehrere Parallelen, darunter zwei zeitgenössische. Der Konsulatskollege des Tacitus im Jahre 273 lulius Placidianus war praefectus vigilum, unter Claudius Gothicus im Jahre 45 46 47 48 49
Christol 1986b, 111-113 u. 183f. CIL VIII 10988; Christol 1986b, 153-158; Alföldy 1969, 174. Zu A. Caecina Tacitus (PIR^ С 107; PLREI 873, Nr. 2) vgl. Kap. X, Hisp. Baet. 3. CIL VIII 18844 = ILAlg II 2, 4549; vgl. Johne 1991, 146f.; 2003/04, 39; Estiot 2004, 33, Anm. 169. Beschrieben bei Alfóldi 1976, 230f. mit Abb. 242f., wo die Möglichkeit erwogen wird, daß Tacitus Statthalter in dieser Region war oder Güter dort besaß; vgl. Kreucher 2003,109f. Vgl. HA Prob. 11, 8; Stein 1899, 2880; Alföldi 1976; Bleckmann 1992, 305; Kreucher 2003, 105; 109f.; Estiot 2004, 30, Anm. 157.
II.6 Der „Senatskaiser" Tacitus
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269 dux in der Gallia Narbonensis und von 272 bis 274 praefectus praetorio. Erst von dieser Spitzenfimktion des Ritterstandes aus gelangte er in den Senat und zwar gleich als consul ordinarius.^° Besser bekannt ist die Laufbahn des L. Petronius Taurus Volusianus, der es von den vierziger bis zu den sechziger Jahren vom Berufssoldaten bis zum ranghohen Senator brachte. Seine Karriere verlief vom centuno deputatus über die Stellung des primuspilus imd mehrere Kohortentribunate bis zum praefectus vigilum und zum praefectus praetorio. Im Jahre 261 bekleidete er mit Kaiser Gallienus das ordentliche Konsulat und stieg danach, nunmehr als Senator, 267 zum praefectus urbi auf.'· Bei Tauras Volusianus wie bei luhus Placidianus war die Stellung des Prätorianerpräfekten mit dem Konsulat verbunden. Eine andere Konstellation findet sich in der Severerzeit bei M. Oclatinius Adventus. Seine Laufbahn ist aus dem Werk des Cassius Dio in allen Einzelheiten bekannt. Vom miles gregarius avancierte er über mindestens vier weitere bekannte Stellungen zum primuspilus und von dort, nunmehr dem Ritterstand angehörig, zum kaiseriichen Procurator in Britannien. Unter Caracalla wurde er Prätorianeφräfekt, erhielt die ornamenta consularia und den Rang eines vir clarissimus, ohne deshalb vorerst Mitglied des Senats zu werden. Nach der Ermordung Caracallas am 8. April 217 wurde zuerst ihm von den Soldaten des großen an der Ostgrenze zusammengezogenen Expeditionsheeres gegen die Parther die Herrschaft angetragen. Hätte er sie angenommen, wäre Oclatinius Adventus und nicht erst Maximinus Thrax der erste Bemfssoldat auf dem Thron gewesen. Doch er lehnte ab, sicher wegen seines Alters von Anfang bis Mitte sechzig, aber wohl auch wegen offenkundiger Schwächen bei der Ausführung des Herrscheramtes in physischer wie intellektueller Hinsicht. Er empfahl seinen bisherigen Amtskollegen Macrinus für die Nachfolge, der dann am 11. April 217 vom Heer zum Kaiser proklamiert worden ist. Dieser honorierte den Verzicht des Adventus mit der Aufhahme in den Senat imd der Übertragung der Stadtpräfektur. Am 1. Januar 218 trat Macrinus mit ihm das ordentliche Konsulat an.^^ Im Hinblick auf den Vergleich mit Tacitus ist wichtig, daß M. Oclatinius Adventus erst in relativ hohem Alter zum Konsulat gelangt ist und am Ende seines Lebens als vir e consularibus bezeichnet werden konnte." Unterstellt man Tacitus eine Karriere, die Ähnlichkeiten mit denen von Oclatinius Adventus, Tauras Volusianus und lulius Placidianus aufweist, vrä-de sie neben dem späten Konsulat auch die Nähe zum Heer wie auch zum Senat erklären. Es spricht gegen alle Wahrscheinlichkeit, daß Heer oder Senat im Herbst 275 einen Thronkandidaten ausgewähh haben könnten, der als Zivilist ohne militärische Erfahrung war. Gut denkbar ist jedoch, daß man sich auf einen Militär im Ruhestand verständigte, der den Heerführern und Offizieren in der von Aurelian aufge50 51 52 53
PIR» 1468; PLRE1704, Nr. 2. Vgl. Kap. II.3, S. 305 und Kap. X, PPO 16. PIR' Ρ 313; PLRE I 980f., Nr. 6; Th. Franke, Petronius 14, DNP 9 (2000), 676. Vgl. Kap. II.2, Anm. 254, und Kap. X, PPO 13; PU 16. PIR" О 9; Johne 1993b, 205-207; K. Groß-Albenhausen, Oclatinius, DNP 8 (2000), 1094. Zu dem Vergleich Adventus-Tacitus Johne 2004.
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botenen Annee gut bekannt war, aber auch als Kohsular dem Senat angehörte.^'* Kaum vereinbar mit dieser These ist die auf Grund des numismatischen Befundes angenommene aktive Kriegsföhnmg in Gallien. Selbst wenn Tacitus ein oder anderthalb Jahrzehnte jünger gewesen sein sollte als ihm Zonaras zuweist, so stand er doch am Ende seiner Laufbahn. Oclatinius Adventus imd Taurus Volusianus waren nach dem Konsulat Stadtpräfekten von Rom, lulius Placidianus verband Konsulat und Prätorianeφräfektur. Die Übernahme eines „Frontkommandos" durch einen gewesenen consul Ordinarius höheren Alters erscheint unwahrscheinlich. Keine Gewißheit läßt sich über die lokale Herkunft des Tacitus gewinnen. In den literarischen Quellen wird allein Interamna in Umbrien genannt.^^ Auf eine norditalische Heimat könnte die Büste von Lodi hinweisen. Andererseits hat man ihn auch in die Reihe der illyrischen Kaiser gestellt wie seine unmittelbaren Vorgänger und so viele seiner Nachfolger.'® Das Cognomen kommt zwar in Raetien, Noricum, Dalmatien und Dacien vor und eine Inschrift aus Aquincimi bezeugt sogar einen Claudius Tacitus, der einen Soldaten der dort stationierten legio II Adiutrix als Patron geehrt hat.'' Dennoch bleibt die donauländische Herkunft nur eine von mehreren Möglichkeiten. Die relative Häufigkeit des Cognomens in Rom mahnt hier ebenso zur Vorsicht wie die Tatsache, daß Personen wie Oclatinius Adventus und Taurus Volusianus aus Italien kamen. Auch bei dieser Frage wie bei der Herrschaftsübemahme gilt es zu bedenken, daß beide Stränge der literarischen Überlieferung bei Tacitus Unterschiede zu den anderen, illyrischen Kaisem betonen. Die vor allem in der Historia Augusta ausgemalte „senatorische Renaissance" in der Regierung des Tacitus hat es so nicht gegeben. Die in der Vita wie im Werk des Aurelius Victor erwogene Wiederherstellung der Senatsautorität gab es zu keinem Zeitpunkt.'' Auch die unter Gallienus begonnene Entwicklimg, die Senatoren vom Militärkommando auszuschließen und diese durch Ritter zu ersetzen, ist in den Jahren 275 und 276 nicht einmal aufgehalten, geschweige denn rückgängig gemacht worden. Dies beweist eine Inschrift aus Ephesus, nach der ein Procurator aus dem Ritterstand die Stelle des senatorischen Proconsuls der Provinz Asia übernahm. lulius Proculus, vir perfectissimus, procurator agens vice proconsulis ex caelesti dignitatione imperatonis Taciti Augusti, ist einer der wenigen sicher bezeugten Amtsträger dieser Regierung.'® Dennoch kam dieser Herrscher der Aristokratenversammlung offenbar weiter entgegen als Vorgänger und Nachfolger, auch wenn sich dadurch an der tatsächlichen Machtverteilung nichts geändert hat. In einer Inschrift aus der Provinz Gallia Narbonensis wird 54 55 56 57 58 59
Vgl. Syme 1971a, 247; Kreucher 2003,107f.; Estiot 2004, 31. HA Tac. 15, 1; vgl. Paschoud 1996,304. Syme (1971a, 247) hält ihn für „one of the Danubian military"; vgl. Kreucher 2003, 107f. CIL III 10510; vgl. Johne 1991,145 mit Anm. 12; Kreucher 2003,108 mit Anm. 119. Alle ihm zugeschriebenen Reformen hat zuletzt Kreucher (2003, 115-119) erörtert; vgl. Watson 1999, U l f PIR^ I 494; vgl. Kap. X, Asia 7 u. Kreucher 2003, 116; 206; 211; zu den Amtsträgem unter Tacitus und Probus allgemein Kreucher 2003, 198-213.
II.6 Der „Senatskaiser" Tacitus
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Tacitus mit dem schönen Titel eines verae libertatis auctor bedacht.®" Auf Münzen erscheint er als restitutor rei publicae und für seine Herrschaft werden auch zivile Parolen wie dementia temponim, temporum felicitas, felicitas publica, spes publica, salus publica, pax publica, pax aeterna und Roma aeterna ausgegeben.®' Sicher bleiben diese Bezeichnungen alle im konventionellen Rahmen, mit ihrer Programmatile sollten sie wohl aber auch den Senat und Bevölkerangskreise außerhalb des Militärs ansprechen. Dazu paßt, daß auf einem Teil der Münzen auch die Sigle SC für Senatus consulto wieder auftaucht, womit sicher keine Wiederherstellung der Münzprägimg verbunden gewesen ist.®^ Zu der Rücksichtnahrmegegenüber dem ordo amplissimus gehört zweifellos der Verzicht auf den von Aurelian gebrauchten Titel dominus et deus sowie das fast völlige Zurücktreten des vor allem vom Militär verehrten Sonnengottes Sol Invictus des „Soldatenkaisers" Aurelian.®^ Beachtenswert erscheint, daß sowohl der Titel wie der Kult imter Tacitus keine Rolle spielen, unter Probus jedoch im Anschluß an Aurelian wieder aufleben. Diese Art der Selbstdarstellung wird es gewesen sein, die in Verbindung mit der Zugehörigkeit zum Senat imd der Bekleidung des Konsulats sowie der letztmahgen Berücksichtigung dieses Gremiums beim Herrschaftsantritt M. Claudius Tacitus im Rückblick aus dem 4. Jahrhundert zum letzten „Senatskaiser" werden ließ. Wie alle Herrscher dieser Jahrzehnte konnte auch Tacitus nach der einmal erfolgten Machtübemahme den innenpolitischen Aspekten keine Priorität mehr einräumen und mußte sich der Verteidigung der Reichsgrenzen widmen. Der Herrschaftssicherung dienten ein Donativ an die Soldaten und ein Kongiarium an das Volk, beides durch Münzlegenden bestätigt, die von allen literarischen Quellen erwähnte Bestrafiing der Mörder Aurelians und der Antritt des ordentlichen Konsulats am 1. Januar 276.®^ Daim brach er nach Юе1па81еп auf, in dessen östliche Provinzen Goten und Heruler eingefallen waren. Sie waren von der Maeotis, dem Asowschen Meer, gekommen und über Pontus und Kappadokien schon bis nach Kilikien im Süden vorgerückt.®' Der Einfall erfolgte wohl schon 275, da der von Aurelian im Herbst in Thrakien vorbereitete Feldzug gegen sie geplant gewesen sein dürfte. Sein Tod, das Interregnum und der Regierungsantritt des Tacitus verzögerten dann das römische Eingreifen. Als der neue Kaiser im Frühjahr in Kleinasien eintraf, waren die in den griechischen Quellen „Skythen" genaimten Germanen schon fast bis an die Küste des Mittelmeers gelangt.®® Die Reiseroute wird nach dem Zeugnis der Münzprägungen von Norditalien über Siscia im heutigen Slowenien, Serdica (Sofia) nach Cyzicus am Marmara-Meer gehend rekonstruiert.®^ Dies ist deshalb überraschend, weil ein wesentlich kürzerer Weg im Süden über die via 60 61 62 63 64 65 66 67
CIL XII5563 = ILS 591 ; vgl. Kreucher 2003,76. Vgl. Weder 1981; Kreucher 2003,116f.; Estiot 2004,31. Weder 1981,46; Kreucher 2003, 116f.; Estiot 2004, 31. Kreucher 2003, 117,196f. Kreucher 2003,11 Of. Zos. 1,63,1; Zon. 12,28 (S. 608,10-14). Vgl. Kap. II.3, bes. Anm. 81 ; Kreucher 2003,111-113. Weder 1981, 46f.
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Η· Die Ereignisse der Reichsgeschichte
Appia nach Brindisi, über die Meerenge von Otranto und über die via Egnatia an den Bosporus führt. Für den Aufenthalt des Tacitus in den kleinasiatischen Provinzen liefert eine in den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts publizierte bischrift aus Perge in Pamphylien wichtige Hinweise. Der Kaiser erhob diese Stadt zur Metropolis der Provinz und gewährte ihr einen dritten Agon, der seinen Namen trug. Für das Selbstverständnis seiner Regierung ist interessant, daß die Stadt sich ihre vom Kaiser verliehenen Vorrechte anschheßend vom Senat in Rom bestätigen ließ.®® Für den Krieg gegen die Goten zog Tacitus den Prätorianeφräfekten M. Annius Florianus heran. Dessen Ernennung gehört zu seinen wichtigsten personalpolitischen Entscheidungen, da er für kurze Zeit sein Nachfolger wurde.® Er soll sein Bruder gewesen sein, doch ist wegen der unterschiedlichen Gentilnamen nur daran zu denken, daß es sich lun einen Halbbruder mütterlicherseits gehandelt habe.™ Wenn die Verwandtschaft stimmen sollte, Wäre sie ein weiteres Argument für die ritterständische Herkunft des Tacitus. Etwa im Frühsommer 276 errang der Kaiser einen Sieg über die eingefallenen Germanen und nahm den Titel Gothicus maximus an, einen Siegemamen, den vor ihm nur Claudius und Aurelian getragen hatten.^' bi Ticinum und Serdica wurden Münzen mit der Legende Victoria Gothica geprägt. Auf einer Prägung aus Ticinum erscheint Tacitus als Kriegsheld mit Panzer, Schild und geschultertem Speer, auf einer anderen mit Globus und Victoria sowie der Legende Invictus AugustusJ^ Ein durchschlagender Erfolg war dem Kaiser jedoch nicht beschieden, denn seine Nachfolger Florianus und Probus mußten sich weiterhin auf der kleinasiatischen Halbinsel mit den germanischen Invasoren auseinandersetzen.'^ Eine weitere Personalentscheidung von Bedeutung war die Emennimg eines Verwandten namens Maximinus zum Statthalter von Syrien, wahrscheinlich der Provinz Syria Coele.^'* Dieser soll sich sehr hochfahrend gegen die fuhrenden Persönlichkeiten der Region verhalten haben, was zu einer Verschwörung führte, der er zum Opfer fiel. Aus Furcht vor der Rache wurde dann auch Tacitus bald danach ermordet. Die Tat geschah im Juni oder JuH 276, das letzte von einem Papyrus bezeugte Datum liegt zwischen dem 25. Juni und dem 24. Juli.'^ Die von Zosimus und Zonaras gebotene Version
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IK 61 (Perge), 331 (= SEG 34, 1984, 1306 = AE 1997, 1506). Vgl. Kaygusuz 1984c; Roueché 1989b; Weiß 1991; Merkelbach/§ahin/Stauber 1997; Kreucher 2003, 113f. Zum Agon vgl. auch IK 61 (Perge), 333-336. Vgl. auch Kap. IV.5. Zos. 1,63,1; Zon. 12,28 (S. 608,13); Chastagnol 1970b, 67, Nr. 40; Sauer 1998,176. Zu M. Annius Florianus (PIR^ A 649; PLREI 367, Nr. 6) vgl. W. Eck, Annius II 4, DNP 1 (1996), 714; Sauer 1998; Kreucher 2003, 122-125. Vgl. auch Kap. II.7 und Kap. X, PPO 17. CIL XII5563 = ILS 591 ; vgl. Kreucher 2003,75f.; Estiot 2004,34-36. Alföldi 1976,227 u. 239; vgl. Kreucher 2003, 114. Vgl. Kreucher 2003,125 u. 133. Zos. 1, 63, 2; Zon. 12, 28 (S. 608, 15-17). Zu Maximinus (PIR^ M 391; PLRE I 576, Nr. 1) vgl. Sauer 1998,177f.; Kreucher 2003,119f. u. 207; vgl. auch Kap. X, Syr. Coel. 12. Vgl. Strobel 1998b, 135 u. 139.
II.6 Der „Senatskaiser" Tacitus
393
von der Ermordung des Kaisers hat die größere Wahrscheinlichkeit iur sich als die eines natürlichen Todes in den lateinischen Quellen, wobei allein die Epitome de Caesaribus dieses Ende mit einem Hinweis auf ein Fieber präzisiert/® Als Todesort verdient die von Aurelius Victor genannte Stadt Tyana in Kappadokien den Vorzug gegenüber dem in der Epitome genaimten Tarsus in Kilikien, wo Victor zufolge vielmehr Florianus ums Leben gekommen ist/^ Nach Zosimus befand er sich zum Zeitpunkt seiner Ermordung auf dem Rückweg nach Europa, wahrscheinlich um den nach Gallien einfallenden Germanen entgegenzutreten, mit denen Probus in den Jahren 277 und 278 Kämpfe zu bestehen hatte/^ Der Tod des Tacitus führte zu einem neuen Bürgerkrieg, da sowohl der bisherige Prätorianerpräfekt Florianus wie auch M. Aurelius Probus, ein Militärbefehlshaber in den Ostprovinzen, von ihren Truppen jeweils zum Kaiser proklamiert wurden. Diesen Wirren ist es wohl geschuldet, daß der Kaiser nicht konsekriert worden ist, für eine damnatio memoriae dürfte seine Regierung keinen Anlaß geboten haben. Das Ende des M. Claudius Tacitus im Sommer 276 wie auch der von ihm in den Monaten davor geführte Feldzug sind Ereignisse, die anderen der Soldatenkaiserzeit ähneln. Wirklich interessant an seiner Herrschaft sind, wie eingangs in der Fragestellung skizziert, die Vorgänge vor und um seinen Regierungsantritt, die Vermutungen zu seiner Herkunft und sein Verhältnis zum Senat.
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Zos. 1, 63,2; Zon. 12,28 (S. 608, 17-20); vgl. loh. Ant. Fr. 157 (FHGIV 599f. = Fr. 67, Exc. de ins. U l f . = Fr. 239 Roberto; wie Zos.); Cedr. 463, 7-10; Epit. de Caes. 36, 1; vgl. Aur. Vict. Caes. 36, 2; Eutr. 9,16. Strobel (2007a, 635) vermutet, daß Probus die Verschwörung angestiftet habe. Aur. Vict. Caes. 36, 2; vgl. 37, 1; Epit. de Caes. 36, 1; Paschoud 1996, 299f.; Kreucher 2003, 119-121. Zos. 1,63,2.
IL 7 Probus und Cams Gerald Kreucher
Zum Nachfolger des Tacitus wurde M. Annius Florianus ausgerufen.' Er war wahrscheinlich ein Halbbruder mütterlicherseits seines Vorgängers^ und stand bereits in fortgeschrittenem Alter/ Tacitus hatte ihn zu seinem Prätorianerpräfekten ernannt imd ihn zur Abwehr der in Юeinasien eingefallenen Goten herangezogen.'* Es war das zu diesem Zweck versammelte Heer, welches Florian vermutlich in der Nähe des Bosporus zum Kaiser ausrief.^ Da zum Zeitpunkt des Todes des nur kurz regierenden neuen Kaisers große Hitze geherrscht haben soll und das Ende des Tacitus durch papyrologische Zeugnisse bestimmbar ist, dürfte die Thronerhebung in den Juli zu datieren sein.® Florian wurde im Westen des Reiches als Kaiser anerkannt, in Spanien, Germanien, Gallien, Britannien, Africa, Dalmatien imd Griechenland. Die Prägestätten in Rom, Ticinum, Lugdunum, Siscia, Serdica und Cyzicus nahmen die Münzprägung für den neuen Herrscher auf.^
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Chron. 354 148, 14; Aur. Vict. Caes. 36, 2; Eutr. 9,16, 2; Epit. de Caes. 36,2; Hier, chron. 223e (zum Jahr 277); HA Tac. 13, 6; Oros. 7, 24, 1; Pol. Silv. 522, 51; Zos. 1, 64, 1; lord. Rom. 292; loh. Ant. Fr. 158, 1 (FHGIV 600 = Fr. 68, Exc. de ins. 112 = Fr. 240 Roberto); loh. Mal. 12, 32 (S. 232, 78-82); Chron. pasch. 509, 1-2; Cedr. 463, 10-11; Synk. 471, 1; Zon. 12, 29 (S. 608, 21 - 609, 2). Zum Leben des Florianus (Kap. II.6, Anm. 70) vgl. Dannhäuser 1909, 30-33; Kennedy 1952, 215-218; Pond 1970, 43f.; Bames 1972, 158; Cizek 1994, 217-219; Kienast 1996, 252; Sauer 1998, 174-203. Zur Titulatur vgl. Peachin 1990, 93f. u. 419-422. Übersicht über die Zeit von 276 bis 285 bei Drinkwater 2005,54-58. Vgl. HA Tac. 17, 4 (vgl. jedoch HA Tac. 5, 2; 9, 6; 13, 6; 14, 1; 14, 4-5; Prob. 13, 3; Aur. Vict. Caes. 36, 2: Bruder); Mattingly 1939, 311; Kennedy 1952, 127, Anm. 30; 215; Vitucci 1952, 24; Cizek 1991, 120; Cizek 1994, 214-217; Paschoud 1996, 300-302; Sauer 1998, 175f.; Paschoud 2000, 180. Zweifelnd: Hartmann 1982, 71f.; 188. Zur Frage der abweichenden Gentilnamen vgl. Hohl 1911, 79f.; Bames 1972, 158; Polverini 1975, 1024, Anm. 39; Bleckmann 1992, 294-300, bes. 295f.; Sauer 1998, 174f. Zum möglichen inschriftlichen Beleg einer Verwandtschaft mit Tacitus vgl. Sauer 1998,201, Nr. 14 (Korrektur zu CIL III 7190). loh. Mal. 12, 32 (S. 232, 82): 65 Jahre. Zur Prätorianeφräfektur vgl. Zos. 1, 63, 1; Zon. 12, 28 (S. 608, 13). Zu den Kämpfen in Kleinasien vgl. HA Tac. 13, 3; Zos. 1, 63, 1; 64, 2; Zon. 12, 28 (S. 608, 10-14); loh. Ant. Fr. 157 (FHG IV 599f = Fr. 67, Exc. de ins. 11 If = Fr. 239 Roberto); loh. Mal. 12, 31 (S. 232, 75-77); Kennedy 1952, 215; Salamon 1971,137f ; Schwarcz 1992, 56; Sauer 1998,176. Vitucci 1952, 26f.; Cizek 1994,218; Sauer 1998,182. Vgl. Zos. 1, 64, 2; Polverini 1975, 1020; Chastagnol 1980b, 80; Peachin 1990, 47; Cizek 1994, 216; Kienast 1996, 252; Sauer 1998, 180. Zu den letzten papyrologischen Zeugnissen seines Vorgängers Tacitus vgl. Kreucher 2003,51; 55. Vgl. Zos. 1, 64, 1; Zon. 12, 29 (S. 609, 1-2); Sauer 1998, 182; Vimcci 1952, 26f; Pònd 1970, 221-224; Cizek 1991, 121f u. 1994, 218; RIC V 1, 319 (Einahrung) u. 350-360 (Coipus).
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Η· Di® Ereignisse der Reichsgeschichte
Über die Regierungshandlungen des neuen Kaisers ist quellenbedingt nur wenig bekannt. Von der Historia Augusta wird ihm unterstellt, die Politik der Sparsamkeit seines Vorgängers aufgegeben zu haben. Doch sollte Florian damit wohl nur morahsch diskreditiert werden. ' Auch die inschriftlich belegte Einsetzung eines ritterlichen Statthalters in der senatorischen Provinz Baetica sollte nicht als Abkehr von einer angebUchen prosenatorischen Politik des Tacitus überbewertet werden.® Dagegen verzichtete Florian auf die unter Aurehan verbreitete Selbstbezeichnung als dominus et deus}° Vermutlich setzte er den von seinem Vorgänger übemommenen Krieg gegen die Goten noch kurze Zeit fort. Bald jedoch erhieh er die Nachricht, daß im Osten des Reiches ebenfalls ein Prätendent die Nachfolge des Tacitus beanspruchte. Um den Usuφationsversuch einzudämmen, entschloß sich Florian, die bereits siegreichen Kämpfe bei der Meerenge abzubrechen und die germanischen Eindringlinge in ihre Heimat abziehen zu lassen." Er machte sich auf den Weg in Richtung Osten und erreichte Tarsus, wofür er mindestens einen Monat, möglicherweise mehr, benötigt haben wird.'^ Sein Herausforderer, M. Aurelius Probus, war am 19. August des Jahres 232 in Sirmium in Pannonien geboren (Tafel 1, Abb. 4).'^ Über seine familiäre Herkunft und frühe militärische Karriere bis zum Griff nach der Macht berichtet fast nur die Historia Augusta (Kap. 3-9). Lediglich die Epitome de Caesaribus nennt seinen angeblichen Vater, Dalmatius, der zur arbeitenden Landbevölkerung gehört haben soll.''* Die Historia Augusta spricht dagegen von einem Tribunen namens Maximus, der in Ägypten gestorben sein soll, und behauptet eine Verwandtschaft mit dem Kaiser Claudius IL Jedoch sind alle diese Angaben offensichtlich fiktiv, und die Abstammung bleibt im Dunkeln.'^ 8 9 10 11 12 13
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Vgl. HA Tac. 14,4; Paschoud 1996,303. Vgl. CIL II 1115 u. 1116. Anders jedoch Kennedy 1952,129; Cizek 1991,121 u. 1994, 219. Kennedy 1952, 163. Vgl. Zos. 1, 64,2; Vitucci 1952, 29; 35; Sauer 1998, 183. Vitucci 1952,29; Sauer 1998, 184; vgl. Cizek 1991,122. Zum Geburtsdatum vgl. Fast. Philocal. / Pol. Silv. (CIL Ρ 255; 270; 301); loh. Mal. 12, 33 (S. 233, 94; gestorben mit 50 Jahren); Syn. Sath. 40, 4-5; zur Geburt in Sirmium vgl. Aur. Vict. Caes. 37, 4 (vgl. 37, 2); HA Prob. 3, 1; RIC V 2, 92, Nr. 701-703; 95, Nr. 727-729; 99f., Nr. 764-766; 102f., Nr. 789-794; 104, Nr. 809. Vgl. Dannhäuser 1909,13; 16, Anm. 1; Crees 1911, 89; Stauffenberg 1931, 392f.; Kennedy 1952, 171f.; 204; Vitucci 1952, If.; Syme 1971a, 211; Paschoud 2001, 63. Zu Probus (PIR^ A 1583; PLRE I 736, Nr. 3) vgl. bes. Kreucher 2003; vgl. femer Dannhäuser 1909; Crees 1911; Kennedy 1952; Vitucci 1952; unzureichend Kaczanowicz 1997a; zur Vita in der Historia Augusta Paschoud 2001. Zu seinem überlebensgroßen Bildnis vgl. Fittschen/Zanker 1994,139-141, Nr. 116; Taf. 143-144. Epit. de Caes. 37,1 (vgl. HA Prob. 3, 1). Vgl. auch den Bericht der HA über die Eltem Aurelians (HA Aurelian. 4, 1-2. 5; 5, 5). HA Prob. 3, 2-4. Vgl. dazu Dannhäuser 1909, 13-15; Crees 1911, 89; Pink 1949, 22; Kennedy 1952, 45f.; 204; Vitucci 1952, 2; 4; Syme 1971a, 275; Barnes 1972, 142; 154; 156; 164; Johne 1976b, 168f.; Ratti 1996a, 203f.; Schlumberger 1998, 317; Schlumberger 1999, 279; Paschoud 2001, 63-66; PLRE I 206, Nr. 2; PIR^ С 1065. Auch der Versuch, eine fiktive Verwandtschaft mit Constantinus zu begründen, wurde vermutet: vgl. Syme 1971a, 224; 232; vgl. Fl. lulius Dal-
II.7 Probus und Caras
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Zu einem unbekannten Zeitpunkt trat Probus in die Armee ein. Die Vita des Probus berichtet in einem Konglomerat von fiktiven Nachrichten und erfundenen Briefen von einer strahlenden militärischen Karriere, die offensichtlich seine besondere Eignung zur Regierung des Reiches belegen soll: Bereits unter der gemeinsamen Regierung Valerians imd des Gallienus soll Probus zum Tribunen befördert und ihm das Kommando über verschiedene Hilfstruppen übertragen worden sein.'® Hohe Auszeichnungen soll er sich während eines Sarmatenkrieges jenseits der Donau verdient haben.'' Allerdings läßt sich dieser Krieg entgegen früheren Aimahmen nicht mit konkreten Ereignissen während der Regierungszeit der Kaiser Valerian imd Gallienus identifizieren, so daß eine Erfindung wahrscheinlich ist.'® Ebenfalls noch unter Valerian soll Probus das Kommando über die legio III Felix übertragen worden sein. Da über die Einheit nichts weiter bekannt ist und auch das damalige Alter des Probus von höchstens 28 Jahren gegen ein solches Kommando spricht, wurde auch diese Nachricht in der Forschung zu Recht bezweifelt." Unter der Alleinherrschaft des Gallienus soll Probus zum Oberbefehlshaber aller Heere Illyriens ernannt worden sein.^" Keine Quellenbelege gibt es für die teilweise in der Forschung vertretene Annahme, Probus habe die durch Gallienus neu geschaffene mobile Feldkavallerie befehligt. Die dauernde Existenz einer solchen Trappe ist auch bisher nicht hinreichend bewiesen worden.^' Daneben behauptet die vita Probi eine Übertragung des Kommandos über die „10. Legion" durch Aurelian und die Nominierang als dessen Nachfolger
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matius, Caesar 335-337: PLRE I 241, Nr. 7. Birley (1996, 76f.) geht von einem Lesefehler des Autors der Epitome de Caesaribus aus. In ihrer griechischen Quelle sei ursprünglich von Probus' Rolle als dalmatischer Kavallerieoffizier die Rede gewesen. HA Prob. 3, 5; 4, 1-3; 5, 1. Zur Fiktivität dieser Angaben vgl. Kennedy 1952, 46; Kettenhofen 1989,227Í ; Paschoud 2001, 66f Teilweise Glauben fand die Vita bei Dannhäuser 1909,16f HA Prob. 5, 1-2. Zu den in der Vita genannten Auszeichnungen vgl. H. O. Fiebiger, Dona militaría, RE V 1 (1903), 1528-1531; Dannhäuser 1909,19; Büttner 1957,143-145; Paschoud 2001, 70f. Zahlreiche Studien brachten den Bericht der HA mit konkreten Ereignissen in Verbindung (vgl. etwa Zos. 1, 28; 31-32; lord. Get. 20, 107ff.; Synk. 466, 1-7 oder 467, 15-28): Dannhäuser 1909, 18f; Vitucci 1952, 5 f ; Homsbyl952, 2 2 f ; Kennedy 1952, 204Í Vgl. jedoch Kettenhofen 1993,412f ; Paschoud 2001, 70. HA Prob. 5, 3-8 (vgl. jedoch HA Aurelian. 11,4). Vgl. Vitucci 1952, 6-9; Kennedy 1952, 46; 204; Paschoud 2001, 72. Anders jedoch Dannhäuser 1909, 19-21. Zur dritten Legion vgl. Ritterling 1924/25,1326; Dannhäuser 1909,19; Baynes 1926,37Í; Vitticci 1952, 8. HA Prob. 6, 2-3. Zur Fiktivität der Nachricht vgl. Dannhäuser 1909, 2 1 f ; Vitticci 1952, 7; 9; Paschoud 2001,73f Für die Authentizität: Pegan 1982, 82. Vgl. Vitticci 1952, 17; Alfdldi 1939a, 217 (= 1967, 408); Kennedy 1952,207. Befürwortet wird die Existenz der Feldkavallerie von deBlois 1976, 26-30; Luttwak 1976, 185; Saunders 1991, 134-136. Gegen ihre Existenz: Carrié 1993,102f Vgl. auch Kap. IV.4. HA Prob. 6, 5 - 7 (vgl. 7, 1). Zur Fiktivität der Nachricht vgl. Paschoud 2001, 74f ; Syme 1971a, 217, Anm. 3; Watson 1999, 168. Teilweise Glauben fand sie noch bei Dannhäuser 1909, 22f. u. Vitucci 1952, 9.
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И. Die Ereignisse der Reichsgeschichte
In derselben Quelle beschriebene iCämpfe gegen die Marmariden in Nordafrika sind nicht dem späteren Kaiser, sondern dem römischen Admiral Tenagino Probus zuzuschreiben, der 268 bis 269 als praeses Numidiens und 269 bis 270 als Präfekt Ägyptens amtierte.^^ Diesem sind auch verschiedene Bau- und Melorationsarbeiten in Ägypten zuzuweisen, die von der Vita dem späteren Kaiser Probus zugesprochen werden?'^ Ob Probus, wie von einigen Forschem erwogen, 272 am erfolgreichen (ersten) Feldzug Aurelians zur Rückeroberung Palmyras teilnahm, der zur Gefangeimahme der Zenobia führte, ist nicht zu entscheiden.^^ Ebenfalls Hypothese muß eine Teilnahme an Aurelians Unternehmung bleiben, die 274 zur Zerschlagung des gaUischen Sonderreiches und zur Gefangennahme Tetricus' I. und seines Sohnes führte.^® Abzulehnen ist auch ein Bericht der Vita über ein angeblich zusammen mit Tacitus bekleidetes Konsulat, da in den Fasten davon nichts berichtet wird.^^ Trotz dieser Erfindungen der Historia Augusta gibt es jedoch Anhaltspunkte dafür, daß sich Probus als Kommandeur in der Kavallerie auszeichnete. Hierfür sprechen die ihm in der Epitome de Caesaribus und (in verschiedener Schreibweise) auf Münzen beigelegte Bezeichnung Equitius}^ Wenn auch die Nachricht der Historia Augusta, 23
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НА Prob. 9,1-2; vgl. jedoch Zos. 1,44, 2; Daniihäuser 1909,27f.; Mattingly 1939, 314, Anm. 1; Vitucci 1952, 143f.; Kennedy 1952, 47; Schwartz 1970, 381; Kotula 1997, 136; Schlumberger 1999, 281; Paschoud 2001, 78-82. Zu Tenagino Probus vgl. AE 1919, 94; 1934, 257; 1936, 58; 1941, 33; 1974, 723 (= CIL VIII2571 = 18057); HA Prob. 9, 5; Zos. 1, 44, 1-22; HA Claud. 11, 1-2 (Probatus!). Zu Tenagino Probus (PLRE I 740f., Nr. 8) vgl. Kap. II.3, Anm. 31 und Kap. X, Num. 11; Aeg. 18; Dannhäuser 1909, 25f.; Crees 1911, 91, Anm. 1; Stein 1950, 148-150; Birley 1950, 66f.; Kennedy 1952, 47f.; 123f.; 208f.; Vitucci 1952, 10-14; Kolbe 1962, 3-14; Schwartz 1970, 381; Pond 1970, 153-157; Barnes 1972, 168; Bastianini 1975, 316; Birley 1983, 97; Bastianini 1988, 515; Saunders 1991,427f.; Thomasson 1996a, 191; Christol 1997c, 158; Hartmann 2001,282-286; Paschoud 2001, 79; 82. HA Prob. 9, 3 ^ ; vgl. Dannhäuser 1909, 28f.; Crees 1911, 90; 154; Vitucci 1952, 19; 109-111; Schwartz 1970, 381-386; Paschoud 2001, 84f. Abzulehnen ist eine durch Homo (1904, 199), Mattingly (1939, 308) und Kennedy (1952, 210) angenommene Emennung des Probus zum Präfekten Ägyptens um 274/75. Vgl. Kennedy 1952, 210. Pink (1949, 24) hieh eine Teilnahme des Probus am zweiten Feldzug Aurelians gegen Palmyra mit Dannhäuser (1909, 27) für wahrscheinlich; ebenso Watson 1999, 70f. u. 168; vgl. dagegen Hartmann 2001,372. Zum Feldzug Aurelians vgl. Kap. II.3 u. II.5. Dannhäuser (1909, 42f.) hielt eine Teilnahme für möglich. Vgl. dazu Vitucci 1952, 17-19. Zur Wiedergewinnung des gallischen Sonderreiches durch Aurelian vgl. Kap. II.3-4. HA Prob. 7, 4. Vgl. Dannhäuser 1909, 23; Kennedy 1952, 46; Paschoud 2001, 77. Pegan 1982, 82; 93 dagegen denkt an ein Suffektkonsulat. Epit. de Caes. 36, 2; RIC V 2, 68-77, Nr. 464-578 (auch als Aequitius) sowie RIC V 2, 38, Nr. 189; 84, Nr. 627; 85, Nr. 634; 105, Nr. 812 (Abbildung eines Pferdekopfes auf dem AV). Vgl. dazu A. Stein, Equitius 5, RE VI 1 (1907), 323f ; Pink 1949, 16; 22; 66f (mit Auflistung der älteren Literatur); Kennedy 1952, 183-185; 207; Vitucci 1952, 3, Anm. 1; Syme 1971a, 223f; Bleckmann 1992, 235. Möglich ist jedoch auch eine Kurzform von aequitas Augusti, wie ebenfalls für Probus belegt (RIC V 2,34, Nr. 150; 85, Nr. 637). Auch eine Textkonjektur der Epitome (... sed cum magna pars exercitus equitum Probum legisset...) ist möglich: Kennedy 1952, 184; gefolgt von Birley 1966, 75.
II.7 Probus und Cams
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Probus sei von Tacitus zum dux des ganzen Ostens ernannt worden, eine Übertreibung darstellt,^' ist jedoch belegt, daß sich Probus zur Zeit seiner Erhebung im Osten des Reiches aufhielt. Ohne militärisches Kommando dürfte ein Usuφationsversuch aussichtslos gewesen sein.'° Insgesamt läßt sich über die militärische Karriere des Probus bis zu seiner Kaisererhebung feststellen, daß sämtliche Angaben der Historia Augusta abzulehnen sind.^^ Wahrscheinhch ist wegen seiner späteren Dienststellung nur, daß Probus sich ausgezeichnet und seine Kommandos besonders im Bereich der Kavallerie iimegehabt hat.^^ Da er für seine reiche Kriegserfahrung zur Zeit seiner Machtübernahme gerühmt wird, dürfte er unter Aurelian schon einen wichtigen Posten bekleidet haben, doch ist mangels genauerer Informationen keine Entscheidung möglich.^^ Infrage kommt das Amt eines Statthalters in einer der Provinzen, die sich bei seiner Erhebung zuerst auf seine Seite stellten: Syria Coele, Phoenice, Palaestina und Aegyptus.^'' Syria Coele war wahrscheinlich von Tacitus an seinen Verwandten Maximinus übertragen worden.^^ Ägypten scheint nach den papyrologischen Zeugnissen nicht immittelbar in die Hände des Probus gefallen zu sein und dürfte gleichfalls ausscheiden.^® Demnach wird Probus bei Beginn seiner Erhebung eine der drei syrischen Provinzen geleitet haben, wenn er nicht ein umfassenderes militärisches Kommando im Osten des Reiches innehatte. Seine Ausrufimg scheint etwa zur gleichen Zeit wie die des Florianus erfolgt zu sein.^' Sie läßt sich durch papyrologische Belege etwa in den Juli 276 datie29
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HA Prob. 7, 2-4; Kennedy 1952, 46; 215; besonders Paschoud 2001, 75f. Vitucci (1952, 15-17 u. 24f.), Sauer (1998, 181f.) und Kuhofr(2001, 413f. u. 430) halten ein solches Kommando des Probus für möglich; ähnlich Strobel 2007a, 635 („Kommando über eine regionale Feldarmee" die Aurelian nach dem Sieg über Palmyra formiert hatte). Zos. 1, 64, 1; Zon. 12, 29 (S. 608, 2 2 - 6 0 9 , 1); Dannhäuser 1909, 23; Vitucci 1952, 14f.; Ken nedy 1952,215. Vitucci 1952, 4f.; 143; Bertrand-Dagenbach 1998, 36-38 u. 56; Schlumberger 1998, 317f. u 1999,279; Paschoud 2001,62-85. Kennedy 1952, 48; 205; vgl. Dannhäuser 1909, 29f.; Vitucci 1952, 4. Hartmann (1982, 139 Anm. 3) vermutet, Probus sei unter Tacitus vielleicht Tribun der kaiserlichen protectores gewor den. Vgl. Aur. Vict. Caes. 37,2; Eutr. 9, 17,1 ; Kennedy 1952,210. Vgl. Zos. 1, 64, 1; Zon. 12, 29 (S. 608, 2 2 - 6 0 9 , 1); Kennedy 1952, 216; Sauer 1998, 181f. Cizek 1991, 122. Die bei Zosimus nicht genannte Provinz Arabia könnte noch unter der Statthalterschaft des Flavius Aelianus gestanden haben und dürfte daher ausscheiden (vgl. Kreucher 2003,208). Vgl. Kap. II.6, Anm. 74 und Kap. X, Syr. Coel. 12. Watson (1999, 164f.) vermutet wohl zu Unrecht, daß Syria Coele zur Zeit der Machtübernahme noch immer unter der Statthalterschaft des Virius Lupus stand. Letzter Beleg einer Regierung des Tacitus aus Ägypten ist PSI 5, 457, 20-21 vom 1. Mesore, dem 25. Juli 276, erster gesicherter Beleg einer Regierung des Probus: P. Stras. 1, 30, 26-29 vom 10. Thoth, dem 7. September 276. Aur. Vict. Caes. 37, 1-2; Epit. de Caes. 36, 2; HA Prob. 10, 1-6. 8; 11, 2-3; 13, 4; Zos. 1, 64, 1; loh. Ant. Fr. 158, 1 (Anm. 1); Gedr. 463; Zon. 12, 29 (S. 608, 21 - 609, 2); Halfinann 1986, 240;
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П. Die Ereignisse der Reichsgeschichte
ren.^® Über den genauen Verlauf der Thronerhebung macht allein die Historia Augusta präzise Angaben, die jedoch fiktiv sind.^^ Probus wird in den erfimdenen Partien nicht zuletzt besondere Ehrerbietung gegenüber dem römischen Senat unterstellt.'"' Nach der Machtübernahme marschierte Probus mit seinen Truppen nach Юeinasien, um sich seinem Gegner Florianus zu stellen. Bei der strategisch günstig gelegenen Stadt Tarsus, die Florian besetzt hatte, trafen beide aufeinander. Dort lagen sich die Heere längere Zeit ohne größere Auseinandersetzung gegenüber. Anscheinend sorgte die unterschiedliche Zusammensetzung der gegnerischen Armeen för dieses Patt, da die starke Reiterei des Probus den Belagerten einen Kampf vor der Stadt wenig aussichtsreich erscheinen ließ, gleichzeitig aber die Eroberung der Stadt erschwerte. Die sommerliche Hitze machte den Truppen Florians schwer zu schaffen, und Krankheiten breiteten sich aus. Ein Angriff des Probus führte zu einem imentschiedenen Gefecht vor der Stadt. Florian, der möglicherweise vor einer Entscheidungsschlacht noch Verstärkungen aus den westlichen Provinzen abwarten wollte, wurde schließlich von seinen eigenen Leuten unter Arrest gestellt und wenig später beseitigt.'" Eine Version, die von einem Selbstmord berichtet, geht offensichtlich auf eine Verwqchslimg zurück.'*^ Die Ermordung dürfte mindestens mit stillschweigender Einwilligung, eher noch auf Betreibén des Probus erfolgt sein."*^ Florian hatte etwa zweieinhalb Monate regiert. Sein Tod wird sich Ende September oder Anfang Oktober ereignet haben.'*^
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Sauer 1998, 181f. Dagegen nahm Vitucci (1952, 132) an, Probus sei kurz nach Florian erhoben worden. Den Regierungsbeginn des Probus berichten auch Chron. 354 148, 15; Eutr. 9, 17, 1; Hier, chron. 223e (zum Jahr 277); Oros. 7, 24, 2; Pol. Silv. 522, 52; Cassiod. chron. 148, 995 149, 996 (zum Jahr 279); lord. Rom. 293; loh. Mal. 12, 33 (S. 232, 83-84); Chron. pasch. 509, 5;Synk. 471,2-4. Zu den papyrologischen Belegen vgl. Kreucher 2003,51-61. Ähnlich Paschoud 2001, 86. HA Prob. 10; Dannhäuser 1909, 33-35; Vitucci 1952, 26f.; Kennedy 1952, 49; Schlumberger 1999,281f.; Paschoud 2001, 86-88. Zum gesamten erfundenen Abschnitt HA Prob. 11, 1-12, 8 vgl. nun die ausfuhrliche Kommentierung von Paschoud 2001, 89-101. Vgl. bes. Zos. 1, 64, 1 ^ ; vgl. femer Chron. 354 148, 14; Aur. Vict. Caes. 37,1 (apud Tarsum)· Hier, chron. 223e (zum Jahr 277); HA Tac. 14,2 (vgl. HA Prob. 10,8); Oros. 7,24,1; Zos. 1,64, 2-4; Cassiod. chron. 148, 996; lord. Rom. 292; loh. Mal. 12, 32 (S. 232, 81-82); Synk. 471, 3; Zon. 12, 29 (S. 609, 2-6); vgl. Dannhäuser 1909, 30-35; Crees 1911, 93-95; Kennedy 1952, 216f.; Vitucci 1952, 29-39; Cizek 1991, 121f. u. 1994, 220f.; Sauer 1998, 181-184; 187-189; Paschoud 2000,181. Zur Ermordung Florians vgl. Hohl 1911, 76-81; Sauer 1998,187f. Epit. de Caes. 36, 2; dazu Zos. 1, 47, 1; Zon. 12, 26 (S. 605, 19 - 606, 1; Tod des Quintillus); Hohl 1911, 24-26 (vgl. 85); Kennedy 1952, 10 u. 112; Hartmann 1982, 104. Vgl. auch Sauer (1998,188) und Cizek (1994, 220), die die Angabe der Epitome für möglich halten. Aur. Vict. Caes. 37,1; Zos. 1, 64,4; loh. Mal. 12, 32 (S. 232, 82) sprechen von einer Ermordung durch die eigenen Soldaten. Die HA (Tac. 14, 2; Prob. 10, 8) versucht Probus zu entlasten; vgl. Kennedy 1952, 215f. Für eine Verantwortung des Probus: Zon. 12, 29 (S. 609, 4-5); Vitucci 1952, 30; Sauer 1998, 188f. Abzulehnen ist eine auf ein Medaillon gestützte Rekonstruktion Pegans (1982, 73-94), Probus habe sich zum Zeitpunkt der Beseitigung Florians bereits im Illyri-
II.7 Probus und Carus
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Probus wurde nun im ganzen Reich anerkannt; die Anhänger Florians erhielten eine Amnestie und blieben weitgehend im Besitz ihrer Ämter.'*' Zeit, den Antritt der Alleinherrschaft zu feiern, blieb nicht: Gallien litt Unter einem verheerenden Einfall der Franken und Alamannen, wobei unklar ist, ob die Lage durch den Bürgerkrieg, der zum Abzug von Truppen der Rheinarmee durch Florian gefuhrt haben wird, ausgelöst wurde.'*® Die schriftlichen Quellen berichten einheitlich von einer großflächigen Verwüstung Galliens durch die angrenzenden Germanenvölker.'*^ Dir Bericht wird durch zahlreiche Münzhorte mit Schlußmünzen der Kaiser Tacitus, Florianus und Probus untermauert.'*' Für die Rekonstruktion des Feldzuges, den Probus zur Beftiedung Gahlens durchführte, bilden die Vita Probi der Historia Augusta und Zosimus die wichtigsten Quellen.'" Anscheinend hatten nicht nur die Franken, sondern auch die Alamarmen die Gelegenheit zum Einfall in römisches Gebiet genutzt. Hierfür spricht neben der Verteilung der Münzhorte (bis an den Mittellauf der Rhône) auch die Nachricht vom Übersetzen des Probus in das frühere Decumatland.'"
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cum befunden (vgl. Aur. Vict. Caes. 37, 2), da Probus seinen früheren Gegner kaum in Tarsus bei seinen ehemaligen Soldaten zurückgelassen haben wird. Vgl. dazu auch Sauer 1998, 188f. Die Quellen geben verschiedene Regierungslängen an: Einen oder zwei Monaten nennt Aurelius Victor (Caes. 37, 2). Knapp zwei Monate: HA Tac. 14, 2. 5; zwei Monate: loh. Mal. 12, 32 (S. 232, 79); 60 Tage: Epit. de Caes. 36, 2; zwei Monate und 20 Tage: Eutr. 9, 16, 2 und loh. Ant. Fr. 158, 1 (Anm. 1); Ermordung im dritten Monat der Regierung: Oros. 7, 24, 1; Zon. 12, 29 (S. 609, 2-5); 88 Tage: Hier, chron. 223e (zum Jahr 277); Chron. 354 148, 14; lord. Rom. 292; Synk. 471, 2; 97 Tage: Chron. pasch. 509, 2. Zur Chronologie der Regierungszeit Florians vgl. Sauer 1998, 188; Chastagnol 1980b, 77; Crees 1911, 94f.; Dannhäuser 1909, 32f.; Cizek 1994, 220f. Für die Kürze spricht auch die geringe Typenvielfalt der Münzprägung (Kennedy 1952, 160) und die abweichende Titulatur der Inschriften (Sauer 1998, 192f.). Zur Länge der Regierungszeit des Florian vgl. auch Dannhäuser 1909, 38; Stein 1924, 51; Vitucci 1952, 133; Kennedy 1952, 217; Polverini 1975, 1019f ; Peachin 1990, 47; Cizek 1994, 216; 220f.(vgl. Cizek 1991, 122). Vgl. HA Prob. 13, 3; Crees 1911, 95-98; Kennedy 1952, 218; Vitucci 1952, 25; Sauer 1998, 189-192; Pegan 1982, 80. Zur Titulatur des Probus vgl. Kennedy 1952,195f.; Peachin 1990, 9498 u. 423-441. Vgl. Aur. Vict. Caes. 37, 3; HA Tac. 3, 4; Prob. 13, 5; Vitucci 1952, 34, Anm. 1; Sauer 1998, 185. Vgl. HA Tac. 3,4; Prob. 13, 5; Aur. Vict. Caes. 37, 3; Eutr. 9,17,1; Hier, chron. 223g (zum Jahr 278); Oros. 7, 24, 2; Cassiod. chron. 149, 998 (zum Jahr 280); Zos. 1, 67, 1; Zon. 12, 29 (S. 609, 21-610, 5); Ewig 2007, 2f. Vgl. Koethe 1942,207; Kennedy 1952,218f.; Kreucher 2003,249-265; Johne 2006b, 275. Vgl. HA Prob. 13, 5-14, 7; Zos. 1, 67, 1-1, 68, 3 (mit fälschlicher Datierung der Ereignisse nach dem Aufstand des Satuminus); Dannhäuser 1909,46-56; Crees 1911, 99-104; Vitucci 1952, 3348; Demougeot 1969,525-527 (wenig überzeugend); Johne 1975,91f. u. 2006b, 275-279. Zos. 1, 68, 1 nennt nur die Franken. Zur Rheinüberschreitung vgl. HA Prob. 13, 7. Schon Dannhäuser 1909, 49 nahm eine Beteiligung der Alamannen an den Kämpfen unter Probus an. Ihm sind u. a. Kennedy 1952, 220; Vitucci 1952, 33f.; Okamura 1984, 304; 313 gefolgt.
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Η· Die Ereignisse der Reichsgeschichte
Von Tarsus aus zog dieser im Herbst 276 an den Bosporus und besiegte unterwegs die Reste der von Florian nur teilweise besiegten Goten.^' Er ließ den Sieg durch die Münzprägung verbreiten und nahm den Titel Gothicus maximus an.^^ Um Gallien zu erreichen, zog der Kaiser über Cyzicus durch die Donauprovinzen und berührte dabei Serdica und Siscia/^ In Siscia oder der Heimatstadt des Probus, Sirmium, wird das Heer überwintert haben. Ein harter Winter könnte die Ursache dafür sein, daß man erst relativ spät weiterzog, vermutlich im Mai 277/"* Am wahrscheinlichsten ist, daß Probus den Weg über Norditalien und die gallische Mittehneerküste nahm, um die Rhône aufwärts nach Lyon zu ziehen.^^ Die Stadt sollte als Ausgangspunkt der geplanten militärischen Unternehmungen dienen, da sie strategisch günstig lag und ihre Münzstätte die Bezahlung der Truppen erleichterte.^® Die Ankunft des Kaisers wurde durch die Münzprägung der Stadt gefeiert.^' Strittig ist die Frage, ob sich Probus während des Marsches nach Gallien im Frühsommer 277 nach Rom begab, wofür ebenfalls numismatische Anhaltspunkte vorliegen. 58
*
Grund könnten Konsultationen mit dem Senat gewesen sein. Trotz zeitlicher Engpässe erscheint die Reise möghch, sofern der Kaiser das Heer dabei nicht mit sich führte und es seinen Weg weiter nach Gallien nehmen ließ.^' Die Ankunft des Heeres in Lyon könnte aufgrund der üblichen Marschgeschwindigkeiten auf etwa Ende August / An-
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Vgl. Zos. 1, 64, 2; Dannhäuser 1909, 47; Kennedy 1952, 218; Vitucci 1952, 35; Pond 1970, 225. Abzulehnen ist die Angabe von Mattingly (1939, 314), der von einem Sieg über die Goten in IIlyrien ausging. Frühester Beleg für Gothicus maximus: CIL XI 1178b; vgl. Kreucher 2003, 77-79. Zur Münzprägung vgl. Bastien 1976b, Nr. 159 == RIC V 2, 21, Nr. 10 (von Bastien in den November/Dezember 276 datiert. Vgl. dazu auch Kennedy 1952, 172f.; Vitucci 1952, 35). Diese Rekonstruktion basiert auf den Adventus-Prägungen der Münzstätten Cyzicus (RIC V 2, 115, Nr. 890; 116, Nr. 903; 117, Nr. 904), Serdica (RIC V 2, 109, Nr. 836) und Siscia (RIC V 2, 78f., Nr. 582-584; 83-85, Nr. 624-636): vgl. Pink 1949, 47 u. 71; Dannhäuser 1909, 47; Kennedy 1952,171 u. 219 (hält auch Schiffsreise auf der Donau für möglich); Vitucci 1952, 35-37. Die Anwesenheit des Probus in Sirmium ist für den 5. Mai 277 in einer Konstitution belegt (Cod. lust. 8, 55,2): vgl. Dannhäuser 1909,47; Pink 1949,71; Vitucci 1952, 37; Kennedy 1952,134. Eine solche Route ist wahrscheinlicher als, vkie von Pink vorgeschlagen, die Überquerung des kleinen St. Bemhard (Pink 1949,62-64; 71, dem auch Kennedy 1952,219 gefolgt ist). Zur Stadt Lyon und ihrer Bedeutung vgl. Latreille 1988. Zur dortigen Prägestätte vgl. Bastien 1976b. Zu Lyon als Ausgangspunkt des Feldzuges vgl. Dannhäuser 1909, 4 7 f ; Pink 1949, 71; Kennedy 1952,172f ; 219. Unentschieden über die Ausgangsbasis ist Vitucci 1952,38f Vgl. die Adventus-Prägungen der 4. Emission Bastiens 1976b (Nr. 184; 197, datiert Mitte bis Ende 277). Vgl. auch Pink 1949, 68-71; Kennedy 1952, 172f ; 219; Pflaum 1972,253f Vgl. die Adventus-Prägungen (Rom): RIC V 2, 31, Nr. 133; 34-36, Nr. 154-167; 44, Nr. 261. Zu den ersten Emissionen des Probus in Rom vgl. auch Estiot/Gysen 2006. Für einen Rombesuch in dieser Zeit: Mattingly 1939, 314; Pink 1949, 71; Kennedy 1952, 219; Estiot 2006, 224. Gegen eine Reise nach Rom: Dannhäuser 1909, 47, Anm. 2; Vitucci 1952, 38; Polverini 1975, 1025f Vitucci und Polverini beziehen die Prägungen auf einen möglichen späteren Besuch.
II.7 Probus und Cams fang September zu datieren sein.®° V o n Lyon aus wird Probus der Straße
403 flußaufwärts
bis Chalón oder Besançon gefolgt sein, w o er sein Heer geteilt haben dürfte. Er könnte die Operationen am Oberrhein g e g e n die Alamaimen übernommen haben, diejenigen in Nordgallien g e g e n die Franken dagegen seinen Generalen übertragen haben.®' Der Kaiser erreichte den Oberrhein und überschritt ihn möglicherweise sogar, w i e die Augusta
Historia
behauptet.®^ Ob die Operationen im ehemahgen Decumatland allerdings, w i e
dort berichtet wird, den Neckar erreichten, ist unklar. Zurückerobert wurde das Gebiet nicht.®' N a c h Kämpfen mit den L u g i e m scheint Probus in Gallien überwintert zu haben, möglicherweise in Lyon.®^ D i e Kämpfe g e g e n die Alamarmen waren damit beendet, während sich im Norden der Krieg g e g e n die über weite Gebiete verstreuten Franken w o h l noch in das Jahr 2 7 8 hinein zog.®^ Insgesamt wurde der Feldzug zur Befriedung Galliens zu einem großen Erfolg, w e i m die in der Historia
Augusta
berichteten Friedensbedingimgen auch sicherlich
fiktiv sind.®® Vermutlich stand der Feldzug Kaiser Julians in den Jahren 3 5 6 - 3 5 9 hier
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Vgl. zu den Marschgeschwindigkeiten Saunders 1991, 89-93. Eine gegenüber Saunders leicht verminderte Marschzahl von 19 km pro Tag erscheint wegen der Schwierigkeit des Geländes als wahrscheinlich. Vgl. Zos. 1, 67, 1; 68, 1. Für eine derartige Einteilung der Operationen: Dannhäuser 1909, 48f.; Vitucci 1952,41-^4; Kennedy 1952, 220; Okamura 1984,313. Vgl. Vitucci 1952,44. Allerdings kann von einem in der Vita (13, 7) berichteten Vorgehen über Niger und Alba keine Rede sein: Vitucci 1952, 39f. Ausführlich diskutiert wird die Angabe nun bei Paschoud 2001, 109-111. Zur Identifikation mit Neckar und Elbe vgl. Straub 1955/6, 136155 gefolgt von Deininger 1997, 57f; Paschoud 2001, I I I ; Johne 2006b, 277-279. Zur Identifikation von Alba mit der (rauhen oder der schwäbischen) Alb: Dannhäuser 1909, 50; Crees 1911, 100; Norden 1934, 31; Kennedy 1952, 221; Enßlin 1953/54, 261-263; gefolgt von Okamura 1984,353, Anm. 96. Für ein Erreichen des Neckars: Vitucci 1952, 47. Dagegen hält Schwartz (1983, 5) die Angabe über den Vormarsch an den Neckar für unglaubwürdig. Demougeot (1969, 526; 530) glaubt an eine teilweise Rückgewinnung des Decumatlandes. Vgl. zu den Kämpfen mit den Lugiem („Longionen") Zos. 1, 67, 2; Dannhäuser 1909, 51 u. 57f ; M. Schönfeld, Lugii, RE XIII 2 (1927), 1715-1717; Vitucci 1952, 4 3 f ; Paschoud 2000, 182f Vgl. auch Kap. X.9, F 3. Zur Überwinterung in Lyon vgl. die Adventus-Prägungen der 5. Emission (Winter 277/278): Bastien, 1976b, Nr. 201; 203-204; 226; 255; 256. Estiot 2006 (bes. 219229) untersucht eine Donativprägung aus Ticinum von Ende 277/Anfang 278 und nimmt an, daß Probus sich Anfang 278 wieder in Norditalien aufhielt, die Kämpfe am Rhein hätten sich über den Zeitraum von Ende 277 bis Anfang 278 erstreckt. Ähnlich Mattingly 1939, 315; Pink 1949, 7 1 f ; Kennedy 1952, 221. Anders Vitucci (1952, 4 2 44), der den gesamten Krieg gegen die Franken in das Jahr 278 und nach den Kampf gegen die Lugier datiert. Vgl. Eutr. 9, 17, 1; Hier, chron. 223g (zum Jahr 278); HA Prob. 14, 3-7; 15, 1-7; Oros. 7, 24, 2; Zos. 1, 67, 3; Dannhäuser 1909, 49-55; Crees 1911, 103f; Norden 1934, 31-37; Kennedy 1952, 50-52; Vitucci 1952, 39f; 45-47; 144-146; Johne 1976b, 98f; Okamura 1984, 314-316; Paschoud 2001, 109; 113-121. Zur Münzprägung des ProbuS aus Lyon von 277/78, die den Schutz der Region durch den Kaiser feiert, vgl. López Sánchez 2007.
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И· Die Ereignisse der Reichsgeschichte
Pate " Allerdings könnte den Franken die Ansiedlung auf dem früheren batavischen Gebiet am Niederrhein gestattet worden sein.®® Zur zukünftigen Sicherung der Grenze wurden zwar nicht, wie die Vita Probi suggeriert, Befestigimgen im ehemaligen Decumatland angelegt, möglicherweise jedoch eine Art Pufferzone gebildet, die von ortsansässigen (romanischen und germanischen) Milizen verteidigt wurde.® Während der Kaiser noch in Gallien die eingedrungenen Germanen bekämpfen mußte, waren auch aus anderen Gebieten Unruhen zu vermelden. In Afrika kam es zu Auseinandersetzungen mit dem im Gebiet der Provinz Mauretania Tingitana lebenden Stamm der Baquaten. Der Statthalter der Provinz, Clementius Valerius Marcellinus, Schloß am 24. Oktober 277 einen Vertrag mit lulius Nuffiizis, der seinen Vater, lulius Matif, den König der Baquaten vertrat. Die Vereinbarung wurde 280 emeuert, nachdem Nuffiizis selbst König geworden war.'° Von Dauer war dieser Frieden anscheinend nicht, so daß schon wenige Jahre später die Stadt Volubilis aufgegeben werden mußte, womit dem Reich auch die Landverbindung zwischen den Provinzen Mauretania Tingitana und Caesariensis verloren ging. Jedoch ist unklar, ob das Ereignis in die Regierungszeit des Probus fällt und nicht eher der Epoche des Caras und seiner Söhne oder Diocletians zuzuweisen ist.^' Die Stadt blieb jedoch weiterhin (bis ins 7. Jh.) von Romanen bewohnt.^^ Probus machte sich im Frühjahr 278 auf den Weg, um auch die Donaugrenze zu sichern. Dabei kam es in Raetien am Lech zu einem Gefecht mit den Germanen, die Zosimus mit den Burgundern und Vandalen identifiziert. Diese hatten unüberlegt den Fluß 67 68 69
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Vgl. Zos. 3, 7, 1-5; Enßlin 1953/54, 260f.; Straub 1963, 16f.; Paschoud 2001, xxrvf; 107-109; 112f. Schönberger 1969,179. Vgl. HA Prob. 13, 8-14, 1; Stribmy 1989, bes. 425-437 (gestützt auf Münzreihen). Dannhäuser (1909, 50f.), Vitucci (1952, 46f.) und Johne (1975, 91) vermuteten Brückenköpfe auf dem rechtsseitigen Rheinufer. Auch Kennedy (1952, 221) dachte nur an ein beschränktes Gebiet. Vgl. daneben Okamura 1984, 314Í Paschoud (2001, U l f . ) hält die Angabe der vita Probi für Wunschdenken, das sich an den späteren Feldzügen lulians und Valentinians I. in dieser Gegend orientiert. AB 1920, 44 = ILAfi- 609 = ILM 46 = lAM II 360 (von 277); AE 1921, 23 = ILAfr 610 = ILM 47 = lAM II 361 (von 280). Vgl. dazu Carcopino 1943, 187f ; 268f ; Kennedy 1952, 135; 147; Vitucci 1952, 73-75; Pond 1970, 58; 227; Kuhofif 1993a, 65-67; Weiß 2002/03, 343; 345f; Witschel 2006,177. Zu Clementius Valerius Marcellinus (PIR^ С 1143; PLRE1550, Nr. 23) vgl. Kap. X, Maur. Ting. 4; zu lulius Matif vgl. PIR' I 415; PLRE I 568; zu lulius Nufifuzis vgl. PIR^ 1441; PLRE I 634; Pond 1970, 69. Zum Volk der Baquaten vgl. Carcopino 1943, 258-275. Zum Formular der Friedensinschriften vgl. Vita-Evrard 1987,200-208; vgl. auch Kap. III.3. Die Aufgabe wird anhand von Inschriften (diese nennen Probus) und Münzreihen datiert. Für eine Aufgabe unter Probus: Spaul 1997, 258; unter Carus und seinen Söhnen: Carcopino 1943, 244-258; unter Diocletian: Vitucci 1952, 75; Luttwak 1976, 158; Johnson 1983, 233. Euzennat (1989, 239) datiert die Aufgabe der Stadt nach dem Jahr 276 und hält 284/5 für wahrscheinlich. Zur Stadt Volubilis vgl. Euzennat 1989, 201-239; Spaul 1997,255. Vgl. auch Kap. IV.3, bes. S. 652. Euzennat 1989, 239; Spaul 1997, 255.
II.7 Probus und Caras
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überschritten und erlitten eine Niederlage. Dir Anführer Igillus fiel in römische Hände. Nach Abschluß eines Vertrages wurden die während der Auseinandersetzung gefangenen Germanen in Britannien angesiedelt.^^ Dort wurden sie anscheinend unter die Hilfstruppen eingereiht und waren Probus bei einem wenig später ausgebrochenen Usurpationsversuch von Nutzen.^" Der Umfang der Auseinandersetzung in Raetien scheint nicht mit derjenigen in Gallien vergleichbar zu sein.^^ Der Kaiser ließ es jedoch nicht mit der Vertreibung der eingedrungenen Germanen bewenden: Ein inschriftliches Zeugnis legt nahe, daß Probus versuchte, die Linie von der Hier bis zum Bodensee zu befestigen.^® Die errungenen Erfolge in Gallien und Germanien ließ er durch die Münzprägung feiem^^ und beanspruchte den Siegestitel Germanicus maximusJ^ Unklar ist, ob Probus von Raetien aus im Sommer 278 Ticinum aufsuchte™ und von dort nach Siscia weiterzog.®" Für die Ereignisse im Illyricum und in Thrakien steht nur das Zeugnis der Historia Augusta zur Verfìigung: Im Illyricum sollen kleinere Kämpfe zu bestehen gewesen sein, unter anderem mit den Sarmaten; in Thrakien sollen sich gotische Völker unterworfen haben.®' Etwa im Spätherbst in Siscia angelangt, feierte Probus diese Erfolge, indem er sich auf Münzen mit Hercules und dessen Taten verglich.®^ Daneben ließ er sich als restitutor Illyrici bezeichnen.®^ Im Illyricum dürfte
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HA Prob. 16, 1; Zos. 1, 68, 1-3. Zur Befriedung Raetiens vgl. Dannhäuser 1909, 56-58; Crees 1911, 99-106; Vitucci 1952,48-50; Kennedy 1952, 221f.; Paschoud 2000,183f. Für eine Datierung in dieses Jahr: Johne 1975, 92. Dagegen datiert Vitucci (1952, 48) die Ereignisse ins Frühjahr 279; Paschoud (2001,118; vgl. 121) setzt den raetischen Feldzug erst an das Ende des Jahres 278. Weitgehend durchgesetzt hat sich die durch Monmisen vorgeschlagene Änderung der Flußbezeichnung bei Zosimus von αιγ\Χ)ς in Λίγυος, Lech: Gefolgt sind ihm unter anderem Dannhäuser 1909, 57; Vitucci 1952, 48f.; Kennedy 1952, 222; Okamura 1984, 316f.; Paschoud 2000, 183. Bezweifelt wird diese Identifikation von Enßlin 1953/54, 260. Zu Igillus (PIR' 119; PLRE I 456) vgl. Kap. X.9, F 4. Zos. 1, 66,2. Vgl. Dannhäuser 1909, 58; Vitucci 1952, 49; Paschoud 2000,184. Vitucci 1952, 48. Dannhäuser 1909, 56 (gefolgt von Okamura 1984, 354, Anm. 102) ging nur von einzelnen Streifzügen der eingedrangenen Germanen aus. Wagner 1956/57, 224, Nr. 30 (von 281, vgl. Kap. X, Raet. 2). Vgl. auch Schönberger 1969, 179; Petrikovits 1971,181; O b m u r a 1984,316f Vgl. zudem Kap. IV.3, Anm. 41. RIC V 2, 32, Nr. 141-142; 33, Nr.l49; 4 0 f , Nr. 217-223; 44, Nr. 254-259; 45, Nr. 208-269; 4 5 f , Nr. 272-278; 48, Nr. 299-300: vgl. dazu Pink 1949, 56-59; 63 u. 1952,174. Vgl. Kreucher 2003, 79-81. Aus Ticinum liegen durch Pink (1949, 62f u. 72) in das Jahr 278 datierte Adventus-Prägungen vor. Vgl. auch Vitucci 1952,40, Anm. 3; Kennedy 1952, 222. Von dort liegen ebenfalls Adventus-Prägungen vor, die von Pink in den Spätherbst 278 datiert werden: Pink 1949, 51f ; 72 u. 1955,18, Nr. 4-5. HA Prob: 16, 2-3. Zur Befriedung des Illyricums vgl. Dannhäuser 1909, 59f ; Crees 1911, 105; Vitucci 1952, 51f ; Paschoud 2001, 121-123. Alföldy 1966 hielt den Sarmatenkrieg für eine Erfindung der Historia Augusta, abgeleitet aus den Sarmatenspielen in der zweiten Hälfte des 4. Jh. RIC V 2, 79, Nr. 585-588. Vgl. dazu Pink 1949, 72. Für die in Siscia ausgegebenen AdventusPrägungen des Probus vgl. RIC V 2, 7 8 f , Nr. 582-584; 83-85, Nr. 624-636. Allerdings werden die Adventusmünzen Siscias von Pink (1949,47-52) auf mehrére Emissionen verteih.
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Π· Die Ereignisse der Reichsgeschichte
der Kaiser auch den Winter ПШ19 verbracht haben, um sich anschließend nach Rom zu begeben.^'* Nicht nur mit von jenseits der Reichsgrenzen eingedrungenen Völkern waren kriegerische Konflikte zu bestehen. Auch im Inneren des Reiches kam es zu schweren Auseinandersetzungen: In der Provinz Lycia et Pamphylia hatte ein isaurischer Räuberhauptmann, der in den Quellen als Palfiierius oder Lydius bezeichnet wird, weite Gebiete ausgeplündert. Das bewaffnete Eingreifen des Staates führte dazu, daß die in die Enge getriebenen Räuber sich in der befestigten Stadt Crenma in Pisidien verschanzten. Die römische Armee sah sich gezwimgen, die Stadt mit allen Mitteln der Belagerungskimst zur Kapitulation zu zwingen, um das Räubemnwesen einzudämmen.®^ Genauere Kermtnisse über die Ereignisse stehen zur Verfügung, seit die Stadt in den Jahren 1985 bis 1987 ausgegraben wurde.®® Offensichtlich ist, daß Probus nicht selbst an der Belagerung teilnahm, sondern die Operationen durch den inschriftlich bezeugten praeses der Provinz, Terentius Marcianus, durchführen ließ. Die Ereignisse, die wohl in der ersten Hälfte 278 begannen, könnten sich bis in das Jahr 279 hinein erstreckt haben.®^ Die Belagerung könnte durch die in Perge stationierte cohors I Flavia
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RIC V 2, 95, Nr. 730. Allerdings wird der einzige Beleg durch Pink (1949, 50; vgl. 25) in das Jahr 277 datiert, also noch vor die Ankunft des Probus in Siscia 278. Vgl. jedoch Kennedy 1952, 176. Etwa zur gleichen Zeit ließ sich Probus auf Prägungen aus Ticinum als RESTITVT(or) SAECVLI feiern; vgl. Pink 1949,15. Pink (1949, 72) nahm an, Probus habe das ganze Jahr 279 dort verbracht (vgl. jedoch Kennedy 1952,176-178^ Auszuschließen erscheint der Ansatz Vituccis (1952, 52f. u. 104), der die Ereignisse in Thrakien sogar erst in das Jahr 280 datieren wollte; gefolgt von Polverini 1975, 1026. Kennedy (1952, 176 u. 222) hielt die Befriedung Illyriens für bereits im Sommer 278 abgeschlossen. HA Prob. 16, 4-17, 1; Zos. 1, 69, 1-70, 5 (vgl. Eun. Fr. 86 Blockley = Fr. 3, FHG IV, 13-14). Vgl. zu den Ereignissen Dannhäuser 1909, 62-64; Crees 1911, 106-108; Α. Stein, Lydius, RE XIII 2 (1927), 2205; Mattingly 1939, 315Í; Kennedy 1952, 223Í; Vitucci 1952, 50-56; MacMullen 1967, 263; Syme 1987, 146f; Brandt 1991, 83-92; Mitchell 1995a, 177-218; Zimmermann 1996, 265-277; Grünewald 1999, 125-128; Paschoud 2000, 184-186 u. 2001, 123-126. Vgl. ferner Kap. V3.1. Cremna ist nun monographisch behandelt durch Mitchell 1995a (zur Belagerung vgl. 188-218). Vgl. auch Mitchell/Waelkens 1987, 46f u. 1988, 57Í; Brandt 1991, 86f; Zimmermann 1996, 265. Zur Belagerung vgl. auch Davies 2000, 151-158. Vgl. AE 1995, 1541 = IK 57 (Central Pisidia), 15 (zweite Hälfte des Jahres 278). Zur Inschrift vgl. Mitchell 1989, 318-323 u. 1995a, 208-210; vgl. Brandt 1991, 86-89; MitchellAVaelkens 1987,47 u. 1988,57. Zu Terentius Marcianus vgl. Kap. X, Lyc. 3. Bereits Bersanetti (1945, 384390) hatte Terentius Marcianus als Kommandanten der Belagerungstruppen vermutet, gefolgt von Vitucci 1952, 55. Gegen eine persönliche Teilnahme des Kaisers an der Belagerung spricht auch, daß die östhchen Münzstätten zu dieser Zeit nicht prägten: Brandt 1991, 91; Pink 1949, 27 (vgl. Callu 1969, 334f); Vitucci 1952, 52; 54; 144; Paschoud 2000, 185f u. 2001, 124; Syme 1968, 48f Bereits Kennedy (1952, 224) Schloß eine persönliche Teilnahme am Feldzug aus; Crees 1911, 108 bezweifelte sie zumindest. Für eine persönliche Teilnahme: Dannhäuser 1909, 62-64; Pink 1949, 72.
II.7 Probus und Caras
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Numidarum durchgeführt worden sein.^® Nach der Belagerung wurden in Crenma keine Arbeiten an den stark beschädigten Befestigungen mehr durchgeführt. Die Stadt bestand weiter fort, hatte jedoch keine strategische Bedeutung mehr, da sie durch den weiterexistierenden Belagerungswall und die niemals erneuerten Stadtmauern keinen hinreichenden Widerstand gegen eine Eroberung mehr hätte leisten können.^' Auch in Ägypten gab es kriegerische Auseinandersetzimgen. Genaue Einzelheiten sind nicht bekannt. Offensichtlich hatte der nomadisierende Stamm der Blemmyer die Gelegenheit genutzt, in Oberägypten Einfälle zu imtemehmen, die das Gebiet der Städte Ptolemais und Coptus berührten.'" Ein Umsichgreifen von Unruhen drohte auf längere Sicht die Komversorgung Roms zu gefährden und zusätzlich vom Perserreich als Schwäche ausgelegt zu werden. Die Lage konnte jedoch ohne persönliches Eingreifen des Kaisers wiederhergestellt werden. Für eine Reise des Probus nach Ägypten gibt es keinen Beleg." Die Auseinandersetzungen scheinen in der ersten Hälfte des Jahres 279 ihr Ende gefunden zu haben.'^ Noch unklarer ist, wie sich die Lage an der Grenze zum Perserreich entwickelte. Die Historia Augusta berichtet, daß der persische Großkönig, durch die römischen Erfolge in Ägypten beeindruckt, um Frieden nachgesucht habe.'^ Da jedoch die Vita nicht den regierenden Herrscher Wahräm II. (276-293) nennt, sondern einen Narseus, erscheint eine Verwechslung mit Wahräms Nachfolger wahrscheinlich, wenn man nicht annehmen möchte, die Verhandlungen seien von Narseh, dem dem Großkönig unterge-
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Zimmermann 1996,272; vgl. Mitchell 1995a, 214. Mitchell 1989,323. HA Prob. 17,2-3 (vgl. 17, 6); Zos. 1, 71,1. Nach der Vita hat Prpbus die Blemmyer unterworfen und gefangene Angehörige dieses Volkes nach Rom überstellt. Die durch die Feinde besetzten Städte Coptus und Ptolemais habe er für Rom zurückgewonnen. Abweichend ist der Bericht bei Zosimus: Ptolemais habe sich vom Kaiser losgesagt, sich mit den Blemmyem verbunden und Coptus mit Krieg überzogen. Probus habe die Lage durch seine Generale wiederhergestellt. Zu den Ereignissen vgl. Dannhäuser 1909, 64f.; Crees 1911, 109f; Kennedy 1952, 225; Vitucci 1952, 56-58; Demicheli 1976, 150f ; Updegraff 1988, 71£; Paschoud 2000, 186f. u. 2001, 126f Vgl. auch Kap. III.6. Vgl. Dannhäuser 1909, 65; Crees 1911, 109; Mattingly 1939, 316; Vitucci 1952, 52; 54; 57;144; Updegraff 1988, 71f ; Brandt 1991, 91f ; Paschoud 2000,186 u. 2001, 126; Kennedy (1952, 110 u. 225) hieh es für nicht feststellbar, ob Probus persönlich ins Feld zog. Datierung entsprechend der Reihenfolge der Ereignisse der literarischen Quellen zwischen die Befriedung der Provinz Lycia-Pamphylia (278) und den papyrologisch belegten Erfolg des Probus gegen Persien, der vor dem 21. Oktober 279 in Ägypten bekannt war (erster Beleg als Persicus Maximus). Spätere Datierungen (etwa Crees 1911, 154; Dannhäuser 1909, 64f ; 92; Vitucci 1952, 56f; Demicheli 1976, 150; ebenso Kettenhofen auf der Karte TAVO В V 11) sind unwahrscheinlich, besonders, da Probus sich Ende 280 / Anfang 281 in Syrien aufhielt und Ägypten nach den zur Verfügung stehenden Belegen nicht aufsuchte. HA Prob. 17, 4-18, 1. Vgl. Dannhäuser 1909, 68f; Kennedy 1952, l l O f ; Vimcci 1952, 62-64; Toumanoff 1969b, 257-261 (mit zu großem Vertrauen in den unzuverlässigen Movsês yorenaçi; daher nur mit Vorsicht zu verwenden); Kerler 1970, 253-256; Paschoud 2001, 127f.; Luther 2006,21Of
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II. Die Ereignisse der Reichsgeschichte
ordneten König Armeniens (ca. 273/74—293) stellvertretend geführt worden.''* Aimahmen, der armenische König habe, um nicht in den von Probus angeblich beabsichtigten Perserkrieg hineingezogen zu werden und eigene Ansprüche auf den persischen Thron zu vertreten, selbständig Verhandlungen aufgenommen und Rom die westliche Hälfte Armeniens abgetreten, sind ebenfalls nicht haltbar.'^ Somit erscheinen alle Versuche, die Angabe der Historia Augusta über Verhandlungen zwischen Probus und Narseh als historisch zu erweisen, als gescheitert. Nicht ausgeschlossen werden können jedoch Verhandlungen zwischen dem Kaiser und dem Großkönig, da durch Papyri gesichert erscheint, daß Probus im Herbst 279 den Titel Persicus Maximus annahm. Ein Erfolg gegen Persien muß also vor dem Herbst 279 errungen worden sein.'® Die Aimahme des Titels ist kein sicherer Beweis für größere kriegerische Auseinandersetzungen. Genauso gut könnte nach kleineren Grenzkonflikten der Status quo festgeschrieben worden sein.'' Ein Streitpunkt könnte der Besitz Mesopotamiens gewesen sein, welches durch den Perserfeldzug des Odaenathus 262/63 zurückgewonnen worden war und inzwischen wieder verloren gegangen sein könnte.'® Daß zumindest zeitweise eine reale militärische Bedrohung bestanden haben köimte, wird durch die Errichtung einer Stadtmauer in Bostra durch den praeses der Provinz Arabia um 278/79 belegt."
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Der in der Historia Augusta angegebene Brief wurde daher zumeist als Fälschung betrachtet: Vgl. Dannhäuser 1909, 68; Vitucci 1952, 62; Bames 1972, 164; 176; Felix 1985, 97; Paschoud 2001, 127f. Zu den Regierungszeiten der Herrscher Irans und Armeniens zu dieser Zeit vgl. die bei Kettenhofen (1995c, 169-171) gebotene Zeittafel. Zur Verwechslung mit einem Zeitgenossen Diocletians vgl. Vitucci 1952, 64; Wirth 1980/1, 329, Anm. 62; Felix 1985, 98; Winter 1988, 152f; Kettenhofen 1995c, 63; Schlumberger 1998, 318Í; Paschoud 2001, 128. Zum König Armeniens vgl. Kettenhofen 1995c, 42-45; 169. Vgl. jedoch auch Amm. 17, 5, 2 (dazu Syme 1968, 42;116f.). Vgl. Toumanoff 1969b, 253; 257-259, der sich auf eine Angabe des unzuverlässigen Moses von Chorene (2, 77) stützt. Vgl. dazu jedoch Kettenhofen 1995c, 54f ; 64-68; 147; 149. Vgl. F. Oxy. 14, 1713 (vom 21. Oktober 279); Kennedy 1952, 225; Vitucci 1952, 62f; Kerler 1970, 254-256; Luther 2006, 211. Abgelehnt wird ein Friedensschluß zwischen Rom und Persien durch Chaumont 1976,184 und Wirth 1980/1,329, Anm. 62. Vgl. Dannhäuser 1909,69; Mattingly 1939, 316; Vitucci 1952, 63f ; Brandt 1991,90. Vgl. Winter 1988, 128. Zosimus (1, 60, 1) nennt einenpraefectus Mesopotamiae unter Aurelian (vgl. Kap. II.5, Anm. 73 u. X, Mes. 4); zum Verlust vgl. Zos. 1, 64, 1 (keine Nennung unter den Probus bei seiner Usurpation unterstützenden Gebieten). Gesichert ist nur, daß Mesopotamien 260 für Rom weitgehend verlorenging, 262 von Odaenathus und spätestens 298 von Galerius erneut zurückgewonnen wmrde: vgl. Kettenhofen 1994, 102. Toumanoff (1969b, 257, Anm. 131) nimmt an, daß Mesopotamien sich bei Regierungsantritt des Probus bereits nicht mehr in römischer Hand befand. IGR III 1324. Zum Statthalter der Provinz, Aelius Petrus (PIR^ A 1570; PLRE I 692, Nr. 4) vgl. Kennedy 1952, 136f; 145; Pflaum 1957, 143, Nr. 31; Pond 1970, 52; 68; 230; 234; Johnson 1983,251.
II.7 Probus und Carus
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Der iCaiser war jedoch nicht persönlich im Osten des Reiches anwesend, da keine Prägetätigkeit der östlichen Münzstätten belegt ist.'°° Der Vertrag mit Persien scheint zunächst von beiden Seiten eingehalten worden zu sein. Die Quellen berichten nichts von persischer Unterstützung für den Usшpator Satuminus 281. Erst danach dürfte sich die Lage in den Augen der Römer derart ungünstig entwickelt zu haben, daß Carus 283 einen Krieg begann. Das weitere Itinerar des Probus ist nur schwer zu rekonstruieren. Während der Ereignisse in Cremna, Ägypten und Persien scheint er in Illyrien geblieben zu sein. Numismatische Zeugnisse sprechen daneben für einen Besuch der Stadt Serdica."" Erst für den Jahreswechsel 280/281 ist die Anwesenheit des Kaisers im syrischen Antiochia bezeugt; Damit steht trotz einer zurückzulegenden Entfernung von mehr als 2500 km ein längerer Zeitraum zur Verfugung, in dem wir über die weitere Vorgehensweise und das Itinerar des Kaisers nichts Sicheres aussagen können. Gut möglich ist jedoch, daß Probus sich um die Jahresmitte 279 in Rom aufgehalten hat, wo er die Aimahme der Siegesbeinamen Germanicus, Gothicus und Persicús Maximus und die jährliche Iteration seiner tribunizischen Gewalt feierlich beging.'"^ Neben papyrologischen Zeugnissen, in denen diese Siegesbeinamen erstmals im Oktober 279 erschemen, sprechen auch numismatische Zeugnisse für diese Aimahme.'"^ Möglicherweise in das folgende Jahr 280 fällt die in mehreren Quellen berichtete Ansiedlung von Bastamem und Franken in Thrakien auf römischem Reichsgebiet. In der Folge kam es zu Plünderungszügen der angesiedelten Germanen, die schließlich beendet werden konnten.'"'* Die in diesem Zusammenhang berichteten maritimen Untemehmimgen der Franken im Mittelmeer dürften sich jedoch nur auf eine kleinere
100 Vgl. Pink 1949, 27; Callu 1969, 334. 101 Vgl. RIC V 2, III, Nr. 854, 856 u. 858 mit dem Zeichen „M" für Moneta (comitatensis) aus Serdica. Zur Rekonstruktion vgl. Pink 1949,72. 102 P. Oxy. 14, 1713 (Ζ. 20-23) gibt für den 21. Oktober 279 der ersten papyrologischen Beleg aller drei Siegestitel, ohne daß ein einzelner von ihnen vorher bereits in den Papyri erwähnt worden wäre. Möglich wäre, daß von Rom aus die drei erwähnten Siegestitel zentral bekannt gegeben wurden, für Ägypten zum gerade passendsten Zeitpunkt, zum Jahresbeginn des fünften (ägyptischen) Regierungsjahres des Kaisers, dem 30. August 279. In den beiden fHihesten ägyptischen Belegen des fünften ägyptischen Jahres des Probus (P. Oxy. 51, 3613,26 und P. Cair. Isid. 3 2 , 1 2) aus dem ersten Monat Thoth kommen jedoch noch keine Siegestitel vor. Zur Iteration der tribunizischen Gewalt vgl. Kreucher 2003, 67-74. Gegen einen Besuch in Rom 279: Hartmann 1982,192. 103 Vgl. die Adventus-Münzen aus Rom, die von Pink (1949,56f.) dem Jahr 279 zugewesen, jedoch in diesem Fall ohne überzeugende Begründung nicht mit einem Besuch des Kaisers in der Hauptstadt in Verbindung gebracht wurden. 104 Vgl. HA Prob. 18, 1-3 (Ansiedlung von 100.000 Bastamem, Gepiden, Greuthungen und Vandalen); Zos. 1,71, 1-2; Paneg. 5, 18, 3; Dannhäuser 1909,70-72; Crees 1911,11 If.; Vitucci 1952, 52f.; Kennedy 1952,226; Elia 1980,579-580; Beisel 1987,14; Paschoud 2001,128-131; Barnes 1994a, 15-18. Die Bastamer der Vita Probi und des Zosimus werden von Paschoud (2001,129f.) mit den Goten identifiziert.
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П. Die Ereignisse der Reichsgeschichte
Abteilung beziehen und ohne größere Bedeutung g e w e s e n sein.'°^ D i e Datierung in das Jahr 2 8 0 basiert ledigUch auf der Reihenfolge der Ereignisse in der Historia
Augusta
und bei Zosimus. D i e Ansiedlung könnte j e d o c h auch zu einem früheren Zeitpunkt, etwa nach der Befriedung Galliens, erfolgt sein.'°® Eine persönliche Teilnahme des Probus an diesen relativ unbedeutenden Ereignissen dürfte auszuschließen sein. A u c h konnte die Ansiedlung ohne Beisein des Kaisers vorgenommen werden.'"^ A u c h in Britannien kam es zu Unruhen: Ein in den Quellen namentlich nicht genannter U s u φ a t o r erhob sich g e g e n den Kaiser, j e d o c h konnte das Problem durch V i c torinus beseitigt werden, der sich als Flüchtling ausgab und den Prätendenten beseitigte.'"^ M ö g l i c h ist, daß in Britannien angesiedelte Germanen, die i m raetischen Feldzug gefangen g e n o m m e n und auf die bisel gebracht worden waren, Victorinus dabei zur Seite gestanden haben."" D i e s e m wurde sein gefáhrhcher Einsatz anscheinend mit d e m ordentlichen Konsulat des Jahres 2 8 2 vergolten."" Hiermit ist auch, neben der A b f o l g e der Ereignisse in den Quellen, der wichtigste Anhaltspunkt iur eine Datierung gegeben: D i e Designation kann spätestens 281 erfolgt sein, so daß die Ereignisse 2 8 0 oder 281 stattge&nden haben werden."' D i e Ursache der Erhebung dürfte in einer Bedrohung 105 Vgl. Crees 1911, 112. 106 Zur Datierung vgl. Dannhäuser 1909, 70; gefolgt von Vitucci 1952, 53; Gerov 1977, 145; Hartmann 1982, 47f. Abweichende Datierung bei Crees 1911, 158; Mattlngly 1939, 316; Kennedy 1952,226. Zur möglichen früheren Ansiedlung vgl. Dannhäuser 1909,72. 107 Dannhäuser 1909, 71. Doch nahm Vitucci (1952, 52f.) an, Probus habe sich in Thrakien am Ort des Geschehens befunden. Kennedy (1952, 226) ging von einer Ansiedlung durch Probus selbst aus, datiert die Flucht aber in die Zeit nach dessen Abreise. Mit den ausbrechenden Unruhen sind möglicherweise einige von Gerov angeführte Münzhorte in Thrakien und Niedermoesien in Verbindung zu bringen: vgl. Gerov 1977, Nr. 307-315. 108 Zos, 1, 66, 2 = loh. Ant. Fr. 158, 2 (FHG IV 600 = Fr. 69, Exc. de ins. 112 = Fr. 241 Roberto); Zon. 12, 29 (S. 609, 13-20); Cedr. 463, 1 5 - 4 6 4 , 2. Zur Usuφation in Britannien vgl. Dannhäuser 1909, 77f.; Crees 1911, 121f ; Kennedy 1952, 227f.; Vitucci 1952, 69; Birley 1981, ISOf.; Paschoud 2000, 181f.; Kreucher 2003, 164f.; Biriey 2005, 366f. u. 2007, 51f. (Usuφation 280 oder 281). Der einzige im zu untersuchenden Zeitraum bekannte Statthalter in Britannien könnte ein L. Septimius (ILS 5435 = RIB 103) gewesen sein, der sein Amt zwischen 274 und 286 innegehabt haben könnte. Doch ist keinesfalls gesichert, daß diese Datierung korrekt ist, noch, daß er der unbekannte Usurpator war. Zu ihm vgl. Kreucher 2003, 203; vgl. dagegen Birley 2005, 367, Anm. 133 u. 426f. (Datierung in die Zeit lulians). Zum Usuφator vgl. auch Kap. X, Brit. sup. 2. 109 Zos. 1, 68, 3; Dannhäuser 1909, 58; Kennedy 1952, 228; Paschoud 2000,184. 110 Vgl. CIL VIII 24095; Dannhäuser 1909, 80; Kennedy 1952, 74, Anm. 10, 228; Pond 1970, 88f.; Paschoud 2000, 182. Anders dagegen die PLRE I 962, 963 (Victori(a)nus 3 und Victorinus 2). Schwer festzustellen ist, ob es sich um die gleiche Person, Pomponius Victori(a)nus, handelt, die in diesem Jahr das Amt des Stadtpräfekten bekleidete (Kap. X, PU 26). Für eine Identifikation des Konsuls mit dem Stadtpräfekten: PLRE I 962, Nr. 3. Unsicher: Kennedy 1952, 133; Pond 1970, 88f; 139. Vgl. Degrassi 1952, 74. 111 Crees (1911, 157) hält es für möglich, daß die Ereignisse in Britannien an den Beginn der Regierungszeit des Probus zu datieren sein könnten und daher noch ins Jahr 277 fielen. Daimhäuser (1909, 80) tritt für das Jahr 281 ein. Für 280/281: Kennedy 1952, 227. Vitucci (1952, 69, Anm. 1) verweist auf Dannhäuser.
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der Insel durch Seeräuber an den Küsten und einer Durchbrechung des Hadrianswalls zu suchen sein, wofür zahlreiche Münzhorte sprechen."^ Für den Westen des Reiches wird in den Quellen noch von zwei weiteren Usurpationsversuchen gesprochen. Proculus und Bonosus sollen sich in Köln erhoben haben, jedoch habe Probus die Lage erneut bereinigen können. Weitere ,J)etails" weiß lediglich die Historia Augusta zu berichten. So soll Proculus sich in Lugdunum erhoben und vergeblich Germanen zu Hilfe gerafeh haben, die es jedoch Heber mit Probus hielten. Bonosus habe sich erhoben, um einer befürchteten Strafe zu entgehen, da die von ihm befehligte Rheinflotte von Germanen verbrannt worden sei.'^^ Auch wenn die Angäben der Historia Augusta über die beiden Usuφatoren auch oft Glauben fanden,'dürften sie dennoch weitgehend fiktiv sein; auch die angebliche Frau des Proculus, Vituriga, ist zweifellos erfunden."^ Sämtliche Münzen mit dem Namen des Bonosus scheinen Barbarisierungen oder moderne Fälschungen zu sein. Lediglich für Proculus existiert möglicherweise ein echtes Exemplar."® Epigraphische Belege für die Usurpation liegen nicht vor."^ Die Eradierung des Namens des Probus auf bischriften des gallischen und spanischen Raumes kann nicht mit den Ereignissen in 112 Vgl. Kreucher 2003, 165, Anm. 495. Mattingly (1939, 317) vermutet dagegen wirtschaftliche Ursachen, verursacht durch die Währungsreform Aurelians. 113 HA Prob. 18, 5-7; quatt. tyr. 12-15; Eutr. 9, 17, 1; Epit. de Caes. 37, 2; Oros. 7, 24, 3; Pol. Silv. 522, 53; vgl. Aur. Vict. Caes. 37, 3 (keine Erwähnung des Proculus). Vgl. zu den Ereignissen um Proculus und Bonosus Dannhäuser 1909, 72-78; 80; Crees 1911, 116-122; Mattingly 1939, 316 (völlig in den Bahnen der HA); Vitucci 1952, 65-73; Kennedy 1952, 53f.; 135f.; 179f.; 226f.; Demougeot 1969, 528-530 (ebenfalls zu stark am Bericht der HA orientiert); Urban 1999, 94 bes. aber Chastagnol 1969, 78-99; Paschoud 2001,134-135; 265-289. Zu Bonosus (PIR^ В 146: PLRB I 163, Nr. 1) vgl. Pond 1970, 55f ; Barbieri 1952, 402, Nr. 8; Bertrand-Dagenbach 1998, 57. Zu Proculus (PIR^ Ρ 995; PLRE I 745, Nr. 1) vgl. Pond 1970, 81 (Revohe in Norditalien lokalisiert); Barbieri 1952,409, Nr. 24. 114 Erhebung in Lugdunum vertraten Dannhäuser 1909, 73-75; Kennedy 1952, 226£; Vitucci 1952, 66. Die Verbrennung der Rheinflotte überzeugte Dannhäuser 1909, 75f ; Vitucci 1952, 68; Kennedy 1952,227; Hartmann 1982,164. 115 Zur Fiktivität der angeblichen Frau des Proculus, Vituriga, vgl. Syme 1968, 58 u. 1971a, 25; Bames 1972, 177; Jacques 1992,274-276; Paschoud 2001, 268f. Zur Fiktivität des Herennianus, des Sohnes des Proculus, vgl. Bames 1972,160; Paschoud 2001, 269. Zur Fiktivität der Frau des Bonosus, Hunila, vgl. Syme 1968, 37f. u. 1971a, 25; 271f; Bames 1972, 160; PIR» Η 232; Paschoud 2001, 285-287. Die Lokalisierung der Usuφation des Proculus in Lyon dürfte auf die Erhebung des Eugenius 392 in dieser Stadt zurückzuführen sein: vgl. Syme 1968, 77; Paschoud 2001, 271. Zur angeblichen Verbrennung der Rheinflotte vgl. Chastagnol 1969, 88; Paschoud 2001,282f 116 Zu den Münzen des Bonosus vgl. Salzmann 1981, 49-58; Mattingly 1971, 196; Giard 1966, 155f ; für eine Authentizität: Dannhäuser 1909, 75; Kennedy 1952, 180; 226£; Vitucci 1952, 68; RIC V 2, 80, Nr. 592. Zweifelnd: Peachin 1990, 48; 443, Anm. 1. Zur ersten möglicherweise echten Münze des Proculus vgl. Nollé 2002, 669-674, bes. 672f; Hekster/Manders 2006, 135. Zu Fälschungen der Renaissance vgl. z. B. Estiot 2002,222, Nr. 12. 117 Kennedy 1952, 136. Vitucci 1952, Pond 1970 und Peachin 1990 waren ebenfalls keine Inschriften bekannt.
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II. Die Ereignisse der Reichsgeschichte
Verbindimg gebracht werden.''^ Offensichtlich ist von einer gemeinsamen Erhebung in Köln auszugehen."' Diese scheint jedoch nicht so weit gediehen zu sein, daß sie größeren Umfang annehmen konnte. Vielleicht wurde die и8ифа11оп bereits in der Vorbereitungsphase unterdrückt. Das geringe Echo in den nichtschriftlichen Quellen scheint dafìir zu sprechen. Probus wird nicht persönlich nach Gallien gezogen sein.'^° Die Datierung der Ereignisse ist anhand der wenigen Aussagen in den schrifthchen Quellen kaum möglich. Von den Kämpfen der Jahre 276 und 277 sind sie sicherlich zu trennen.'^' Numismatische Indizien sprechen für die erste Hälfte des Jahres 281.'^^ Im Osten des Reiches kam es ebenfalls zu einem Aufstand: Im syrischen Antiochia erhob sich Satuminus, konnte jedoch ohne persönliches Eingreifen des Kaisers von Militärverbänden des Ostens beseitigt werden.'^^ Dem aus Afrika stammenden Usurpator'^'* war wahrscheinlich nach der Niederlage Florians die Statthalterschaft über Syria Coele oder ein umfangreiches Militärkommando verliehen worden.'^^ Auch eine Missi-
118 Vgl. CIL II 3738 (= IP 14, 20); AE 1923, 102. Dazu: Vitucci 1952, 68-70; 72f.; Kennedy 1952, 136; 227; Johne 1975,92. 119 Vgl. Dannhäuser 1909, 77. Dagegen nahm Vitucci (1952,71 f.) zwei getrennte Erhebungen an. 120 Dafür spricht auch das Fehlen von Adventus-Prägungen aus Lugdunum seit Ende 277 / Anfang 278: vgl. Kennedy 1952,180; Bastien 1976b, 196. 121 Die Quellen berichten die Ereignisse der Regierungszeit des Probus in verschiedener Reihenfolge, ebenso die Forschung: Crees 1911, 116 (nach der Erhebung des Satuminus); Dannhäuser 1909, 80 (281); Kennedy 1952, 226 (Ende 279 oder Anfang 280); RIC V 2, 80, Nr. 592 (etwa früher als 280); Johne 1975, 92 und Kienast 1996, 255f (zwischen 279 und 281); Polverini 1975, 1026 (um 280/1); Pond 1970, 56; 81 (280 Revolte des Bonosus, 279 bis 280 die des Proculus); Peachin 1990,48 (ca. 280); Pink 1949, 72f (281). 122 Bastien (1976a, 7 7 f ) bringt einige Aurei und Antoniniane ohne Münzzeichen (7. Emission aus dem Sommer 281) mit den Ereignissen in Verbindung. Sie könnten als Donativ nach der Niederschlagung der Usurpation ausgegeben worden sein. 123 Vgl. HA Prob. 18, 4; quatt. tyr. 7, 1-11, 4 (mit vielen erfundenen Details); Hier, chron. 224c (zum Jahr 281); Oros. 7,24, 3; Pol. Silv. 522, 53; lord. Rom. 293; loh. Ant. Fr. 158, 2 (FHGIV 600 = Fr. 69, Exc. de ins. 112 = Fr. 241 Roberto); Synk. 471, 11-13; Zos. 1, 66, 1; Zon. 12, 29 (S. 609, 10-12). Zur Erhebung des Satuminus vgl. Dannhäuser 1909, 65-Í7; Crees 1911, 1 Π Ι 16; Stein 1921, 213-215; Mattingly 1939, 315; Kennedy 1952, 5 3 f ; 178Í; 224; Vitucci 1952, 58-62; Barbieri 1952, Nr. 1613; Gilliam 1958, 237; Pond 1970, 71; Christel 1986b, 203; Paschoud 2000,182 u. 2001, 134f ; 232-265; PIR^ I 546; PLREI 808, Nr. 12; vgl. 370, Nr. 6 u. Alfbldy 1973; PIR' I 540. Estiot (2002, 209-241) untersucht sorgfältig die numismatischen Zeugnisse, trifft jedoch nicht die richtigen Schlußfolgenmgen. Epigraphische Belege gibt es nicht. ICR III 616 ist gegen Dannhäuser (1909, 67, Anm. 1) nicht mit dem Usurpator in Verbindung zu bringen. Zu Satuminus vgl. auch Kap. X, Syr. Coel. 13. 124 Vgl. Zos. 1,66,1; Zon. 12,29 (S. 609,10); Stein 1921,213f ; Paschoud 2001,233f Fiktiv ist die von der HA unterstellte gallische Abkunft: Syme 1968,189f ; Paschoud 2001,233-237. 125 Hier, chron. 224c nennt Satuminus magister exercitus; Synk. 471, 11: στρατοπεδάρχης; lord. Rom. 293 magister militum; Zos. 1, 66, 1 spricht jedoch von der Leitung Syriens. Für eine Statthalterschaft in Syria Coele vgl. Dannhäuser 1909, 66; Kennedy 1952, 224; Christel 1986b, 203; PLRE I 808, 12; PIR» I 546. Für eine Tätigkeit als Heerführer: Barbieri 1952, Nr. 1613 und Bar-
II.7 Probus und Cams
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on zur Behebung der in AntiocMa durch die häufigen Kriege mit Persien verursachten Zerstörungen wurde vermutet.'^® Zuverlässig datieren lassen sich die Ereignisse mit Hilfe numismatischer Zeugnisse:'^' Probus hatte die Stadt besucht und dort anläßlich des feierlichen Antritts seines vierten Konsulats am 1. Januar 281 besondere Münzen prägen lassen.'^^ Erst nach seiner Abreise griff Satuminus nach der Macht, wobei er sich zunächst um eine Anerkennung als Mitkaiser des Probus bemühte und entsprechende Münzen schlagen ließ. Hierbei wurden vorhandene Prägestempel des Probus umgeschnitten.'^' Da die Quellen von einer persönlichen Teilnahme des Kaisers an der Niederschlagung der Erhebung nichts berichten, wird der Kaiser zum Zeitpunkt der Erhebung schon weit vom Ort des Geschehens entfernt gewesen sein. Loyale Truppen oder solche, die eine Bestrafimg fìir ihren Abfall fürchteten, töteten den Usuφator, wahrscheinlich um die Jahresmitte 281 in Apamea.'^" Entgegen der Historia Augusta bheb die Erhebung auf den syrischen Raum beschränkt. Ein Übergreifen auf Alexandria ist auszuschließen.'^' Auch ein Zu-
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ñes 1972,171f. Das von der HA (quatt. tyr. 7 , 2 ) Satuminus zugesprochene Amt eines dux limitis orientalis existierte zu dieser Zeit noch nicht: Stein 1921,214; Estiot 2002,237. Vgl. lord. Rom. 293; loh. Mal. 12,' 33 (S. 232, 86 - 233, 90; Bauten in Antiochia und Vergünstigungen des Probus för die Stadt); Downey 1961, 270f. gefolgt von Hartmann 1982, 118. Ähnlich schon Stein 1921, 214. Paschoud (2001, 235) hält das Sonderkommando eines rector orientis für möglich, welches einige Jahrzehnte zuvor für lulius Priscus inschriftlich bezeugt ist. Die schriftlichen Quellen machen verschiedene Angaben: Hier, chron. 224c nennt das Jahr 281; Synk. 471, 11 das sechste und letzte Jahr des Probus, Zos. 1,66,1 spricht von den Ereignissen zu Beginn der Herrschaft, Oros. 7, 24, 2-3 nach der Befriedung Galliens. Entsprechend variiert die Datierung in der Forschung: vgl. Dannhäuser 1909, 67; Crees 1911, 114; Kennedy 1952, 178; 224; Vitucci 1952, 61; Pond 1970, 71. Vgl. RIC V 2,118, Nr. 914; 119, Nr. 918; Pink 1949, 72; Estiot 2002,236. Die Aurei des Satuminus ähneln stark Prägungen des Probus aus Antiochia (RIC V 2, 119, Nr. 918; vgl. Pomeroy 1969, 55; Pink 1949, 40; Estiot 2002, 232f.). Weitere Aurei des Satuminus zeigen den Rev. VICTORIAE AVGG(ttiton