Die Wahl der Parlamente und anderer Staatsorgane: Band 1/Halbband 2 Europa [Reprint 2012 ed.] 9783110901054, 9783110011579


211 17 37MB

German Pages 871 [676] Year 1969

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Table of contents :
INHALT ERSTER UND ZWEITER HALBBAND
MALTA
MONACO
NIEDERLANDE
NORWEGEN
ÖSTERREICH
POLEN
PORTUGAL
RUMÄNIEN
SAN MARINO
SCHWEDEN
SCHWEIZERISCHE EIDGENOSSENSCHAFT
SOWJETUNION
SPANIEN
TSCHECHOSLOWAKEI
TÜRKEI
UNGARN
DER STAAT VATIΚΑΝSTADT
ZYPERN
NACHTRÄGE
ERRATA DES ERSTEN HALBBANDES
INDEX
Recommend Papers

Die Wahl der Parlamente und anderer Staatsorgane: Band 1/Halbband 2 Europa [Reprint 2012 ed.]
 9783110901054, 9783110011579

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

DIE WAHL DER PARLAMENTE UND ANDERER STAATSORGANE

Herausgegeben von Dolf Sternberger und Bernhard Vogel Redaktion von Dieter Nohlen

DIE WAHL DER PARLAMENTE UND ANDERER STAATSORGANE Ein Handbuch

Herausgegeben von Dolf Sternberger und Bernhard Vogel Redaktion von Dieter Nohlen

Band I: Europa

Zweiter Halbband

Berlin 1969

WALTER DE GRUYTER & CO.

Archiv-Nr. 27 50 69 2 Satz u. Druck: Max Schönherr, Berlin 65 Alle Rechte, einschließlich des Rechts der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen, vorbehalten

INHALT ERSTER

HALBBAND

VORWORT INHALT

(V) . . .

.

Dolf

Sternberger

(XV)

ABKÜRZUNGEN EINLEITUNG

(XXVII)

(XXXI)

. .

Bernhard Vogel

Dieter Noblen BEGRIFFLICHE EINFÜHRUNG Begriff und Funktionen der Wahl 1 — Definition der Wahl als Bestellungstechnik 1 — Inhaltlich-qualitativer Wahlbegriff 5 — Der bürgerlich-demokratische Wahlbegriff 6 — Die Begriffe Akklamation, Ernennung, Plebiszit und Referendum 9 — Der bolschewistische Wahlbegriff (Erste Abgrenzung) 11 — Funktionen der Wahl 12 — Funktionen bürgerlidi-demokratisdier Wahlen 15 — Funktionen kommunistischer Wahlen 17 — Der bolschewistische Wahlbegriff (Definition) 18. Begriff und Bestandteile des Wahlrechts 20 — Wahlrechtsbegriffe 20 — Bestandteile des engeren Wahlrechts 21 — allgemein 22 — gleich 23 — geheim 25 — direkt 26 — frei 26. Begriff und Gestaltungselemente des Wahlsystems 28 — Der Begriff des Wahlsystems 28 — Exkurs: Vorschlag zu einer Revision in der Lehre von den Wahlsystemen 30 — Gestaltungselemente der Wahlsysteme 40 — Der Wahlkreis 40 — Formen der Kandidatur 41 — Stimmgebungsverfahren 43 — Regeln der Stimmenverwertung 45.

LÄNDERBEITRÄGE Dieter Noblen ALBANIEN Historischer Teil 57. Entwicklung zur Unabhängigkeit 57 — Repräsentativ-demokratische Periode 59 — Diktatur Zogus 60 — Faschistische Periode 62 — Entwicklung zur Volksrepublik 63 — Verfassungs- und Wahlrechtsentwicklung nach 1946 64 — Anhang Wahlstatistik 65. Systematischer Teil 66. Wahlrecht zur Volksversammlung 66 — Bibliographie 69.

Wahl der Parlamente

VI ANDORRA

Dieter Noblen

Historischer Teil 71. Systematischer Teil 74. Wahlrecht zum Rat der Täler 75 — Bibliographie 76. Dieter Noblen/Heidemarie Opiela BELGIEN Historischer Teil 77. Revolution von 1830 77 — Verfassung und Wahlrecht von 1831 78 — Wahlrechtsentwicklung 80 — Verfassungsreformen der neunziger Jahre 84 — Auswirkungen des Wahlsystemwechsels 90 — Verfassungsreformen von 1919 93 — Parteiwesen und Wählerverhalten 96 — Verfassungsreformen von 1947/1948 98 — Regierungspraxis 99 — Politische und wahlgeographische Strukturfragen 102 — Anhang Wahlstatistik 105. Systematischer Teil 113. Wahlrecht zur Repräsentantenkammer 113 — Wahlrecht zum Senat 118 — Bibliographie 121. BULGARIEN Rainer-Olaf Schnitze Historischer Teil 125. Entwicklung zur Unabhängigkeit 125 — Verfassung von Tirnovo 128 — Verfassungs-, Wahlrechts- und Parteienentwicklung 1879—1912 129 — Bauerndiktatur 134 — Politische Entwicklung zwisdien den Staatsstreichen von 1923 und 1934 135 — Wahlreformen 1937/38 138 — Entwicklung zur Volksrepublik 139 — Verfassung von 1947 142 — Wahlrecht, Wahlsystem und Wahlpraxis unter der Volksrepublik 143 — Anhang Wahlstatistik 145. Systematischer Teil 149. Wahlrecht zur Volksversammlung 149 — Bibliographie 150. DÄNEMARK Rolf Kraft/Dieter Noblen Historischer Teil 153. Verfassung von 1848 153 — Wahlrechtsentwicklung im 19. Jahrhundert 156 — Parlamentarisierung 159 — Verfassung von 1915 161 — Verhältniswahl 162 — Kandidatenaufstellung 165 — Verfassung von 1953 170 — Politische Entwicklung nach 1945 171 — Färöer und Grönland 174 — Anhang Wahlstatistik 175. Systematischer Teil 181. Wahlrecht zum Folkething 181. Beispiel der Stimmenverredmung 183 — Bibliographie 186. DEUTSCHLAND Bernhard Vogel/Rainer-Olaf Schultze Historischer Teil 189 Auflösung des „alten Reiches" 189 — Verfassungs- und Wahlrechtsentwicklung in den Staaten des Deutschen Bundes 1815—1848 191 — Tabellarische Übersicht 192 — Bestellung und Wahlrechtsdiskussion

Inhalt

VII in der Paulskirche 197 — Tabellarische Ubersicht zum Wahlrecht in den deutschen Staaten während der Revolution von 1848 201 — Das preußische Dreiklassenwahlrecht 206 — Tabellarische Übersicht zum Wahlrecht in den deutschen Staaten während der Reaktion 207 — Die Reichsverfassung von 1871 212 — Wahlrecht und Wahlsystem im Kaiserreich 214 — Verfassung, Wahlentwicklung und Parteiensystem im Kaiserreich 214 — Das Wahlrecht in den Bundesstaaten des Kaiserreichs mit tabellarischer Übersicht 231 — Die Wirkweise des preußischen Dreiklassenwahlrechts und die Reformbestrebungen zur Einführung des gleichen Wahlrechts 237 — Die Parlamentarisierung der Reichsregierung 244 — Novemberrevolution von 1918 und Wahl zur Weimarer Nationalversammlung 246 — Weimarer Reichsverfassung 250 — Wahlrecht und Wahlsystem in der Weimarer Republik 252 — Tabellarische Übersicht zu Wahlrecht und Wahlsystem in den deutschen Ländern während der Weimarer Republik 254 — Parteiensystem und Wahlentwicklung in der Weimarer Republik 258 — Wahlreformvorstellungen in der Weimarer Republik 272 — Verfassungswandel und Machtergreifung der Nationalsozialisten 273 — Wiederaufbau des politischen Lebens in den Westzonen nach dem Zweiten Weltkrieg 277 — Gründung und Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland 282 — Wahlrecht und Wahlsystem in der Bundesrepublik 285 — Tabellarische Übersicht zu Wahlrecht und Wahlsystem in den Bundesländern 288 — Parteiensystem und Wahlentwicklung in der Bundesrepublik 296 — Wahlreformbestrebungen 311 — Wiederaufbau des politischen Lebens in der sowjetischen Besatzungszone 320 — Konstituierung der Deutschen Demokratischen Republik 326 — Verfassung vom 7. Oktober 1949 328 —Wahlrecht, Wahlsystem und Wahlpraxis in der D D R 333 — Verfassung vom 6. April 1968 343. Anhang Wahlstatistik 346. Systematischer Teil 377. Wahlrecht in der Bundesrepublik J77 — Wahlrecht in der Deutschen Demokratischen Republik 382 — Bibliographie 385.

FINNLAND Dieter Nohlen/Günter Torka Historischer Teil 413. Verfassungsentwicklung des Großfürstentums Finnland 413 — Landtagsordnung von 1906 415 — Unabhängigkeit und Verfassung von 1919 419 — Wahlentwicklung und Wahlsystemveränderungen 421 — Politische Entwicklung nach 1945 425 — Wahlreformdiskussion 427 — Autonome Landschaft Aland 429 — Anhang Wahlstatistik 430. Systematischer Teil 434. Wahlrecht zum Reichstag 434 — Beispiel zur Stimmenverwertung 345 — Bibliographie 439. FRANKREICH Gisela Medzeg/Dieter Noblen Historischer Teil 441. Generalstände von 1789 und erste Nationalversammlung 441 —

VIII

Wahl der Parlamente

Verfassung von 1791 443 — I. Republik und Verfassung von 1793 445 — Verfassung und Wahlgesetz von 1795 446 — Staatsstreich Napoleons und Verfassung von 1799 448 — Verfassungsänderungen unter Napoleon 450 — Restauration und Charte von 1814 453 — Julimonarchie und Charte von 1830 456 — Februarrevolution, Nationalversammlung und Verfassung von 1848 458 — Staatsstreich Napoleon III. und Verfassung von 1852 460 — Wahlpraxis unter Napoleon III. 461 — III. Republik und Verfassungsgesetze von 1875 464 — Wahlrecht und Wahlsystem für Senat und Abgeordnetenhaus von 1875 466 — Das Regierungssystem der III. Republik 468 — Verfassungsrevision von 1884 und Wahlgesetze von 1885 und 1889 471 — Verhältniswahlbewegung und Wahlgesetz von 1919 473 — Wahlreform von 1927 und Wahlen 1928—1936 476 — Entwicklung der politischen Parteien und Wahlgeographie seit 1900 478 — Politische Entwicklung nadi 1944 482 — Wahlrecht in den Kolonien 484 — Verfassung der IV. Republik von 1946 486 — Wahlreformen von 1948 (Rat der Republik) und 1951 (Nationalversammlung) 490 — Wahlen von 1951 und 1956 und politische Entwicklung bis 1958 492 — Verfassung der V. Republik und Stellung des Präsidenten 495 — Wahlsystem von Nationalversammlung und Senat 500 — Verfassungsreform von 1962 502 — Wahl- und Parteienentwicklung unter der V. Republik 503 — Reformen im Wahlsystem und Wahlgeographie nach 1945 506 — Mai-Krise und Neuwahlen von 1968 510 — Anhang Wahlstatistik 514. Systematischer Teil 533. Wahlrecht zur Nationalversammlung 533 — Wahlrecht zum Senat 544 — Wahl des Präsidenten der Republik 548 — Zusammensetzung des Verfassungsrats und des Wirtschafts und Sozialrats 550 — Bibliographie 551. GRIECHENLAND Ion Contiades Historischer Teil 555. Revolution und erste Nationalversammlungen 1821—1832 555 — Verfassungs- und Wahlreditsentwicklung unter der Herrschaft Otto I. 1833—1862 560 — Verfassung und Wahlgesetz von 1864 563 — Entwicklung des politischen Systems nach 1875 565 — Verfassungsund politische Entwicklung 1911—1927 567 — Wahlreformen und Wahlen 1927—1936 571 — Besetzung und politische Entwicklung nach 1944 574 — Wahlgesetze von 1951, 1952, 1954, 1955, 1958, 1961, 1963 und Wahlentwicklung 576 — Verfassungskrise und Staatsstreich von 1967 587 — Theoretische Aspekte der Wahlpraxis 590 — Verfassung von 1968 592 — Anhang Wahlstatistik/Graphisdie Darstellungen 594. Systematischer Teil 596. Wahlrecht zum Parlament 596 — Bibliographie 601.

Inhalt

IX

Franz Nuscheier GROSSBRITANNIEN Historischer Teil 605. Ursprünge der parlamentarischen Repräsentation 605 — Entwicklung des parlamentarischen Systems 607 — Reform von 1832 610 — Parteien- und Regierungssystem nach 1832 611 — Reformen von 1867 und 1884 614 — Entwicklung des Parteiensystems und des Regierungssystems nach 1867 617 — Frauenwahlrecht 620 — Der Durchbruch der Labour Party und der Einfluß des Wahlsystems 622 — Wahlsystemdiskussion und Wahlreformen nach 1944 625 — Wahlforschung (Bias und Swing) 626 — Die Kanalinseln und Isle of Man 628 — Anhang Wahlstatistik und Graphische Darstellungen 632. Systematischer Teil 640. Wahlrecht zum Unterhaus 640 — Zusammensetzung des Oberhauses 645 — Bibliographie 646. IRLAND Dieter Noblen Historischer Teil 651. Entwicklung zur Unabhängigkeit 651 — Freistaatsverfassung von 1922 655 — Wahlsystem zum Ddil und seine Auswirkungen 657 — Parteien- und Verfassungsentwicklung (Senatsreform) 660 — Verfassung von 1937 666 — Parteiensystem und Regierungsverhältnisse 669 — Wahlsystem und Wahlgeographie 671 — Auswirkungen des Wahlsystems und Wahlsystemdiskussion 672 — Anhang Wahlstatistik 674. Systematischer Teil 679. Wahlrecht zum Ddil 679 — Beispiel zur Stimmenauszählung und Stimmenverrechnung 680 — Wahlrecht zum Seanad (Senat) 686 — Bibliographie 691. ISLAND Hajo Schnittgerjlngo Wagner Historischer Teil 695. Verfassungs- und Wahlrechtsentwicklung vor 1915 695 — Verfassung von 1918 698 — Wahlreformen von 1934 und 1942 und ihre Auswirkungen 699 — Verfassung von 1944 701 — Wahlreform von 1959 702 — Parteien- und Regierungssystem 703 — Anhang Wahlstatistik und Graphische Darstellungen 705. Systematischer Teil 709. Wahlrecht zum Althing 709 — Bibliographie 711. ITALIEN Dieter Noblen Historischer Teil 713. Einigungsbewegung und Verfassung von 1848 713 — Entwicklung von Wahlrecht und Wahlsystem 1848—1894 714 — Struktur des politischen Systems 717 — Wahlreform von 1912 718 — Parteienentwicklung 718 — Wahlreform von 1919 720 — Wahlen 1919 und 1922 721 — Anfänge des Faschismus und Konsolidierung des faschisti-

χ

Wahl der Parlamente sehen Regimes 722 — Staatlicher Neubeginn nach 1943 727 — Wahlen von 1946 und Parteienentwiddung 728 — Verfassung von 1948 731 — Wahlent wicklung von Senat und Abgeordnetenhaus 731 — Wahlentwicklung und Parteien 1948—1968 735 — Anhang Wahlstatistik 741. Systematischer Teil 744. Wahlrecht zur Abgeordnetenkammer 744 — Wahlrecht zum Senat 748 — Bibliographie 749.

JUGOSLAWIEN Lutz Franke/Klaus Ziemer Historischer Teil 753. Verfassungs- und Wahlreditsentwicklung in Kroatien, Slowenien, Bosnien und Serbien 753 — Parteien in Serbien 758 — Verfassungsentwicklung Montenegros 761 — Gründung des Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen 763 — Verfassung von 1921 764 — Verfassung von 1931 767 — Politisdie Entwicklung der dreißiger Jahre 768 — Zeit des Zweiten Weltkrieges und Entwicklung zur Volksrepublik 769 — Verfassung von 1946 772 — „Eigener Weg zum Sozialismus" 773 — Verfassung von 1953 774 — Politische Entwicklung der fünfziger Jahre 776 — Verfassung von 1963 777 — Wahlreformen und Wahlpraxis 779 — Verfassungsreformen von 1968 782 — Anhang Wahlstatistik 783. Systematischer Teil 786. Wahlrecht zum Bundesrat 786 — Bibliographie 789. LIECHTENSTEIN Holgar Raulf Historischer Teil 793. Verfassungs- und Wahlrechtsentwicklung vor dem Ersten Weltkrieg 793 — Verfassung von 1921 798 — Wahlreformen und Wahlen von 1939 800 — Parteiwesen 801 — Anhang Wahlstatistik 802. Systematischer Teil 803. Wahlrecht zum Landtag 803 — Bibliographie 806. LUXEMBURG Dieter Noblen Historischer Teil 809. Verfassungs- und Wahlrechtsentwicklung vor 1848 809 — Verfassungs- und Wahlrechtsentwicklung 1848—1868 811 — Verfassung von 1868 814 — Parteiwesen und innenpolitische Entwicklung bis zur Verfassungsreform von 1919 815 — Auswirkungen der Wahlreformen, Koalitionspraxis und Auswirkungen des Wahlsystems 818 — Verfassungsreformen nach 1945 820 — Anhang Wahlstatistik 824. Systematischer Teil 828. Wahlrecht zur Deputiertenkammer 828 — Bibliographie 831.

Inhalt ZWEITER

XI HALBBAND

MALTA Franz Nuscheier Historischer Teil 833. Verfassungs- und Wahlrechtsentwicklung im 19. Jahrhundert 833 — Verfassung von 1887 836 — Verfassung von 1921 837 — Verfassungen von 1939 und 1947 841 — Unabhängigkeit und Verfassung von 1964 842 — Anhang Wahlstatistik 844. Systematischer Teil 845. Wahlrecht zum Abgeordnetenhaus 845 — Bibliographie 848. MONACO Heidemarie Opiela Historischer Teil 849. Verfassungsentwidklung im 19. Jahrhundert 849 — Politische Entwicklung seit der Verfassung von 1911 850 — Anhang Wahlstatistik 854. Systematischer Teil 854. Wahlrecht zum Nationalrat 854 — Bibliographie 856. NIEDERLANDE Dieter Nohlen Historischer Teil 857. Verfassungsentwicklung 1814—1848 857 — Parteigruppierungen nadi 1848 860 — Wahlreformen 1883 und 1896 862 — Parteiensystem unter der absoluten Mehrheitswahl 865 — Verfassungsreformen von 1917/19 867 — Auswirkungen der Verhältniswahl 870 — Regierungs- und Parteiensystem 872 — Wählerverhalten und Wahlreformdiskussion 874 — Anhang Wahlstatistik 878. Systematischer Teil 882. Wahlrecht zur Zweiten Kammer 882 — Beispiel zur Stimmenverrechnung 884 — Wahlrecht zur Ersten Kammer 887 — Bibliographie 888. NORWEGEN Jürgen Nicklaus Historischer Teil 891. Reichsversammlung und Grundgesetz von Eidsvoll (1814) 891 — Wahlrecht zum Storting 895 — Arbeiterbewegung und Parlamentarisierung 896 — Ausweitung des Wahlrechts 898 — Parteiensystem bei relativer und (seit 1905) absoluter Mehrheitswahl 899 — Parteiensystem nach Einführung der Verhältniswahl 903 — Minderheitsparlamentarismus 905 — Verhältniswahl und Parteiensystem nach 1945 907 — Anhang Wahlstatistik 912. Systematischer Teil 916. Wahlrecht zum Storting 916 — Bibliographie 918. ÖSTERREICH Karl-Martin Grass Historischer Teil 921. Verfassungs- und Wahlrechtsentwicklung während und nach der Revolution von 1848 921 — Oktoberdiplom, Februarpatent (Vierklas-

XII

Wahl der Parlamente senwahlrecht) und Ausgleich 926 — Verfassung und Wahlrecht von 1867 930 — Wahlreformen von Taaffe, Badeni und Bede 932 — Parteien und Wahlreformen bis zur Revolution von 1918 934 — Nationalversammlung und Verfassung der Ersten Republik 937 — Wahlrecht und Wahlsystem 940 — Parteienentwicklung und Verfassungsreform von 1929 942 — Verfassung von 1934 und politische Entwicklung bis 1945 945 — Parteiensystem und große Koalition in der Zweiten Republik 948 — Bedeutung der Wahlen im Koalitionssystem 951 — Anhang Wahlstatistik 954. Systematischer Teil 962. Wahlrecht zum Nationalrat 962 — Wahlrecht zum Bundesrat 968 — Bibliographie 969.

POLEN Klaus Schrode Historischer Teil 973. Entwicklung zur Unabhängigkeit und Verfassung von 1921 973 — Wahlsystem und Parteiensystem 975 — Verfassungsreform von 1926 und Wahlentwicklung bis 1930 979 — Verfassung von 1935 981 — Wahlen von 1935 und 1938 984 — Politische Entwicklung nach 1939 985 — Verfassunggebender Sejm und Kleine Verfassung von 1947 989 — Verfassung und Wahlgesetz von 1952 991 — Politische Entwicklung nach dem „polnischen Oktober" 993 — Wahlgesetz und Wahlpraxis nach 1956 995 — Gliederung der Nationalen Einheitsfront 997 — Anhang Wahlstatistik 1001. Systematischer Teil 1005. Wahlrecht zum Sejm 1005 — Bibliographie 1007. PORTUGAL Dieter Noblen Historischer Teil 1011. Verfassungs- und Wahlrechtsentwicklung nach der Revolution von 1820 1011 — Verfassung von 1826 1014 — Wahlreformen im 19. Jahrhundert 1015 — Parteien und Regierungssystem der Monarchie 1017 — Verfassung und Wahlrecht der parlamentarischen Republik 1019 — Politische Entwicklung nach 1926 und die Verfassung von 1933 1022 — Wahlrecht und Wahlpraxis unter der korporativen Republik 1023. Systematischer Teil 1026. Wahlrecht zur Nationalversammlung 1026 — Bibliographie 1028. RUMÄNIEN Klaus Ziemer Historischer Teil 1031. Verfassungs- und Wahlrechtsentwicklung nach 1826 1031 — Verfassung und Wahlrecht von 1866 1035 — Politisches System nach 1866 und Wahlrechtsentwicklung bis zum Ersten Weltkrieg 1037 — Wahlreformen 1918/19 und Parteiensystem 1040 — Verfassung von 1923 1042 — Wahlgesetz von 1926 und seine Auswirkungen 1043 —

Inhalt

XIII Funktion der Wahlen und Regierungssystem 1046 — Verfassung und Wahlgesetz von 1948 1055 — Politische Entwicklung vor und nach der Verfassungsreform von 1965 1057 — Anhang Wahlstatistik 1059. Systematischer Teil 1070. Wahlrecht zur Großen Nationalversammlung 1070 — Bibliographie 1072.

SAN MARINO Klaus Landfried Historischer Teil 1075. Verfassungsentwicklung seit dem Mittelalter 1075 — Wahlreformen von 1906, 1920 und 1923 1076 — Wahlrechtsentwicklung und politische Entwicklung nach 1943 1078 — Anhang Wahlstatistik 1080. Systematischer Teil 1080. Wahlrecht zum Großen und Allgemeinen Rat 1080 — Bibliographie 1082. SCHWEDEN Lutz Franke Historischer Teil 1083. Vier-Stände-Reichstag und Reform von 1866 1083 — Zweikammerparlament und Parteigruppierungen 1086 — Wahlreform von 1909 und Entwicklung der Parteien 1088 — Wahlrechts- und Verfassungsreformen 1921/22 1090 — Wahlkartelle und Regierungsverhältnisse nach 1920 1092 — Wahlrechtsreformen nach 1940 1093 — Parteien nach 1945 1094 — Reform der Verhältniswahl/Auswirkungen 1095 — Verfassungsreformdiskussion und Reform für 1971 1099 — Anhang Wahlstatistik 1102. Systematischer Teil 1106. Wahlrecht zur Zweiten Kammer 1106 — Wahlrecht zur Ersten Kammer 1108 — Bibliographie 1109. SCHWEIZERISCHE

EIDGENOSSENSCHAFT

Historischer Teil 1111.

Remte

Atsma Rainer

!

Rund

Zur Geschichte von 1798 1111 — Helvetik und Mediation 1112 — Bundesvertrag von 1815 1115 — Bundesverfassung von 1848 und Wahlgesetz von 1850 1116 — Verfassungsrevision von 1874 1118 — Verhältniswahlbewegung und Wahlreform von 1918 1120 — Parteienentwidklung nach Einführung der Verhältniswahl 1121 — Wahlpraxis 1126 — Frauenstimmrecht 1127 — Regierungssystem 1128 — Anhang Wahlstatistik 1131. Systematischer Teil 1132. Wahlrecht zum Nationalrat 1132 — Auszug aus dem Wahlgesetz betreffend das Zuteilungsverfahren 1134 — Wahlrecht zum Ständerat 1142 — Bibliographie 1143.

XIV

Wahl der Parlamente

Hermann Otto Leng SOWJETUNION Die russische Autokratie und die Verfassungsreformbestrebungen im 19. Jahrhundert 1147 — Revolution von 1905 1151 — Das zarische Dumawahlrecht 1155 — Duma, Parteien und Regierungssystem 1161 — Februarrevolution von 1917 und Wahl zur Konstituante 1165 — Oktoberrevolution und Entwicklung zum bolschewistischen Sowjetstaat 1170 — Der Staatsaufbau nach der „Musterverfassung" von 1918 und nach der 1. Unionsverfassung von 1923/24 1176 — Allgemeine Charakteristik des bolschewistischen Klassenwahlrechts 1918—1936 1180 — Bestandteile des Wahlrechts 1182 — Sowjetföderalismus 1190 — Stalins zweite kommunistische Revolution und die neue Verfassung der UdSSR von 1936 1191 — Staatsaufbau nach der StalinVerfassung 1194 — Allgemeine Charakteristik des bolschewistischen Wahlrechts in seiner heutigen Form 1199 — Blocksystem, Abstimmungsverfahren 1202 — Kandidatenaufstellung 1204 — Wahlorganisation, Wahlkommissionen 1210 — Wahlkampagne 1212 — Abberufungsrecht, Rechenschaftslegung und Wählerauftrag 1214 — Referendum und Demokratisierungsdiskussion 1215 — Anhang Wahlstatistik 1217. Systematischer Teil 1220. Wahlrecht zum Obersten Sowjet 1221 — Bibliographie 1224. SPANIEN Dieter Noblen Historischer Teil 1229. Verfassungsoktroi Napoleons 1229 — Verfassunggebende Cortes und Verfassung von Cadiz (1812) 1230 — Verfassung von 1834 und Wahlgesetze 1834/1836 1234 — Verfassung und Wahlgesetz von 1837 1237 — Verfassung und Wahlgesetz von 1845/46 1240 — Verfassung und Wahlrecht während der Revolutionsepoche 1242 — Verfassung von 1876/Wahlrechtsentwicklung bis zum Wahlgesetz von 1890 1244 — Regierungssystem und Wahlpraxis 1247 — Wahlgesetz von 1907 1248 — Parteiwesen und Regierungssystem 1250 — Staatsstreich von 1923 und Verfassungspolitik Primo de Riveras 1251 — Verfassung, Parteien und Wahlen unter der II. Republik 1253 — Entwicklung Kataloniens 1259 — Grundgesetze des Franco-Regimes 1260 — Repräsentationsvorstellung und Wahlrechtsentwicklung im „Neuen Staat" — Referenden 1947 und 1966 1264 — Verfassungsreformen 1967 1265 — Anhang Wahlstatistik 1269. Systematischer Teil 1277. Zusammensetzung der Cortes 1277 — Wahlrecht zur Familienvertretung in der Cortes 1278 — Wahlrecht zu Vertretung der Gemeinden 1281 — Wahlrecht zur Vertretung der Städte, der Berufskörperschaften und Vereinigungen 1282 — Bibliographie 1282. Rainer-Olaf Schnitze TSCHECHOSLOWAKEI Historischer Teil 1285. Repräsentation der Tschechen im österreichischen Reichsrat 1285 —

Inhalt

XV Unabhängigkeitspolitik und Gründung der Tschechoslowakei 1287 — Verfassung- und Wahlgesetzgebung der Ersten Republik 1289 — Parteiensystem, Regierungsbildung und Wahlentwicklung 1920—1935 1293 — Prozeß der Auflösung der Ersten Republik 1299 — Wiederaufbau des Staatslebens nach dem Zweiten Weltkrieg 1302 — Kommunistischer Umsturz und volksdemokratisches Verfassungssystem von 1948 1306 — Wahlrecht und politisches System 1948—1960 1308 — Verfassungssystem und Wahlpraxis in der Sozialistischen Republik (nach 1960) 1310 — Demokratisierungsprozeß und Modell eines pluralistischen Sozialismus 1313 — Föderalisierungsgesetze von 1968 1319 — Anhang Wahlstatistik 1322. Systematischer Teil 1325. Wahlrecht zur Nationalversammlung 1325 — Wahlrecht zu den Organen der Tschechoslowakischen Sozialistischen Föderation 1327 — Bibliographie 1327.

TÜRKEI Dietrich Brinkmann/Holgar Raulf Historischer Teil 1331. Verfassungs- und Wahlrechtsentwicklung im 19. Jahrhundert 1331 — Jungtürkische Revolution (1908) und anatolische Bewegung (1919) 1333 — Verfassung, Wahlrechtsentwicklung und politisches System unter Kemal Atatürk 1336 — Etablierung des Mehrparteiensystems nach 1945 1341 — Auswirkungen der relativen Mehrheitswahl nach Listen in Mehrmannwahlkreisen 1342 — Wahlpolitik unter Menderes 1345 — Staatsstreich und Verfassungsreform 1960/61 1346 — Einführung der Verhältniswahl und Entwicklung der Parteien nach 1961 1349 — Anhang Wahlstatistik 1354. Systematischer Teil 1357. Wahlrecht zum Abgeordnetenhaus 1357 — Wahlrecht zum Senat 1360 — Bibliographie 1361. UNGARN

Gerhard Bachmann

Historischer Teil 1365. Reichstagsreformen 1847/48 1365 — Ausgleich von 1867 1368 — Regierungssystem, Parteien, Wahlpraxis nach 1867 1369 — Wahlreformen 1913/1918 1373 — Verfassung, Wahlgesetz und Wahlen 1919/1920 1375 — Restauration und politische Entwicklung nach 1920 1379 — Wahlgesetz von 1938 1384 — Politische Entwicklung 1939—1945 1385 — Wahlgesetze und Wahlen 1945—1947 1387 — Volksdemokratische Verfassung von 1949 1391 — Politische Entwicklung nach dem Volksaufstand von 1956 1392 — Wahlgesetz von 1966 und Wahlen von 1967 1393 — Anhang Wahlstatistik 1395. Systematischer Teil 1400. Wahlrecht zum Reichstag 1400 — Bibliographie 1403.

Wahl der Parlamente

XVI

Udo Apel VATIKANSTADT Historischer Teil 1407. Regierungssystem des Vatikan 1407 — Anfänge der Papstwahl 1408 — Ausbildung eines bestimmten Wahlkörpers 1409 — Einrichtung des Konklave und Festsetzung von Stimmgebungsregeln 1412 — Kodifizierung des Papstwahlverfahrens (1621) und seitherige Reformen 1414. Das geltende Papstwahlverfahren 1415 — Bibliographie 1417. ZYPERN

Franz Nuscheier

Historischer Teil 1419. Verfassungs- und Wahlrechtsentwicklung im 19. Jahrhundert 1419 — Verfassungsreform von 1925 1421 — Rahmengesetz und Wahlgesetz von 1959 1423 — Wahlen von 1960 und seitherige politische Entwicklung 1425. Systematischer Teil 1427. Bibliographie 1427.

1429 NACHTRÄGE Dänemark: Referendum über das Wahlalter Deutschland: Herabsetzung des Wahlalters Finnland: Herabsetzung des Wahlalters Frankreich: Referendum und Präsidentschaftswahlen 1969 Großbritannien: Wahlrecht in Nordirland Irland: Dill-Neuwahlen 1969 Jugoslawien: Verfassungsreform und Neuwahl des Bundesparlaments 1969 Polen: Sejm-Neuwahlen 1969 Schweden: Herabsetzung des Wahlalters, Reform der Wahlorganisation Sdiweiz: Wahlreformdiskussion Errata des Ersten Halbbandes

1444

INDEX

1445

MALTA

I. Historischer Teil Die Mittelmeerinsel Malta mit den umliegenden Inselgruppen (Gozo, Comino u. a.) erhielt 1964 von Großbritannien die Unabhängigkeit, blieb aber Mitglied des britischen Commonwealth. Diese Bindung an die ehemalige Kolonialmacht, die die neuere Geschichte Maltas bestimmte, besteht seit 1800, als die Briten die Insel von Napoleons Truppen entsetzten. Dieser hatte während seiner Besetzung (1798 bis 1800) die seit 1530 bestehende feudale Herrschaftsordnung der Malteserritter zerschlagen. Im Widerstand gegen die französische Okkupation konstituierte sich der maltesische „Kongreß", der sich selbst als Nachfolgeorganisation des auf sizilianisch-normannische Ursprünge zurückreichenden Consiglio Popolare (seit 1282) verstand, einer pseudorepräsentativen Versammlung des Adels, Klerus, des städtischen Patriziats und der Landbesitzer, die vor der Ubergabe Maltas an den Johanniterorden (1530) eine ähnlich starke Stellung hatte wie die Senate der italienischen Stadtrepubliken, dann aber seine politischen Funktionen langsam verloren hatte. Dieser Kongreß erließ 1802 aus Protest gegen die im Vertrag von Amiens (1802) angekündigte Restaurierung der Herrschaft des Malteserordens über die Insel die maltesische „Declaration of Rights", in der u. a. die britische Krone nur unter der Bedingung anerkannt wurde, daß sie die alten maltesischen Rechte und Privilegien, d. h. auch den Consiglio Popolare, mit weitgehenden Selbstverwaltungskompetenzen respektiere. Die politischen Führer Maltas fanden sich dann auch nicht mit dem seit 1813 bestehenden (im Ersten Pariser Frieden von 1814 völkerrechtlich bestätigten) Status einer Kronkolonie ab, der eine uneingeschränkte Autokratie der Kolonialgouverneure etablierte. Im Mittelpunkt der politischen Auseinandersetzungen der Malteser mit der britischen Kolonialverwaltung stand bis zum Ende des 19. Jahrhunderts die Forderung nach der Wiederherstellung dieses Consiglio Popolare als Inbegriff maltesischer Autonomie. 1835 unternahm das britische Kolonialministerium einen ersten, allerdings mehr optischen als verfassungspolitisch bedeutsamen Schritt zu einer Mitbestimmung der Malteser an der Verwaltung ihrer Insel, indem es den Gouverneur mit einem „Council of Government" aus fünf ex-officio Mitgliedern und drei von ihm ernannten maltesischen Vertretern mit beratender Funktion umgab. Auch nach der Verfassungsreform von 1849, mit der die Geschichte der maltesischen Reprä53 Sternberg«-Vogel, Parlamente 1,2

834

Reformen von 1849 und 1883 / Parteien

sentation im „britischen Malta" begann, blieben die acht gewählten Abgeordneten gegenüber den zehn ernannten Mitgliedern des „Legislative Council" in der Minderheit. Das aktive und passive Wahlrecht der Malteser blieb bis nach dem Zweiten Weltkrieg an ein kompliziertes System von Besitzqualifikationen, in dem sich britische Traditionen mit maltesischen Rechtseigentümlichkeiten verbanden, und Bildungsqualifikationen mit einem stark einschränkenden Effekt gebunden. Die traditionelle britische Repräsentationsvorstellung, daß das Wahlrecht nicht ein Recht von Personen, sondern ein Privileg von Besitz und Bildung sei, hat in Malta länger die Wahlrechtsgesetzgebung bestimmt als im Mutterland. Nach 1849 besaßen das aktive Wahlrecht Männer nach Vollendung des 21. Lebensjahres, die der englischen oder italienischen Sprache (nicht jedodi der einheimischen maltesischen Sprache, die von der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung gesprochen wurde) mächtig waren und zugleich über £ 8 Jahreseinkommen aus Vermietung bzw. Verpachtung hatten oder die Hälfte dieses Betrages als Miete bzw. Pacht bezahlten oder Geschäftspartner solcher Personen waren, die diese finanziellen Qualifikationen erfüllten. Da nur die kleine maltesische Oberschicht italienisch oder die wenigen englischen Kaufleute englisch sprachen und zugleich die Finanzqualifikationen erfüllen konnten, war das aktive Wahlrecht bei etwa 150 000 Gesamtbevölkerung auf etwa 2700 Personen beschränkt. Von diesen übte gewöhnlich nur ein Drittel das Wahlrecht aus. Das passive Wahlrecht war identisch mit dem aktiven, rechtlich definiert als Wählbarkeit zu den Geschworenen (seit 1828). Klerikern wurde das passive Wahlrecht 1857 abgesprochen, 1870 nach einem Referendum wieder zugesprochen, jedoch mit der Einschränkung, daß nicht mehr als zwei einen Sitz im Council einnehmen durften. Die ganze Insel bildete einen einzigen Wahlkreis, in dem die acht Kandidaten mit der höchsten Stimmenzahl gewählt waren. Auch nach dieser Verfassungsreform von 1849 verblieb dem Gouverneur, neben der potentiellen Majorisierung der gewählten Abgeordneten durch die ernannten Mitglieder, ein absolutes Veto gegenüber allen Beschlüssen des Council. Die Abgeordneten demonstrierten gewöhnlich ihren Protest gegen eine Abstimmungsniederlage oder gegen die Praktizierung dieses Vetos durch die verfassungsrechtlich unwirksame Taktik des Auszuges aus der Versammlung. Diese als politische Unreife verstandene Obstruktion war ein wesentlicher Grund, warum die britische Kolonialverwaltung bis in die achtziger Jahre zu keinen weiteren verfassungsrechtlichen Konzessionen bereit war, obwohl die Forderung der Malteser nach einer Wiederher-

Malta

835

Stellung ihres Consiglio Popolare oder zumindest nach einer Mehrheit der gewählten Abgeordneten im Council und nach einer Einschränkung des absoluten Vetos des Gouverneurs auch von Mitgliedern des britischen Unterhauses unterstützt wurde. Als Auswirkung der großen Wahlrechtsdiskussion im Mutterland wurde in Malta 1883 eine Wahlrechtsreform durchgeführt, die die Sprachqualifikation (Englisch oder Italienisch) beibehielt, aber die Besitzqualifikationen reduzierte. Wahlberechtigt waren nun alle Männer, die für jährlich mindestens £ 6 unbewegliches Vermögen gemietet bzw. gepachtet hatten oder von einem solchen Vermögen ein gleich hohes Einkommen bezogen. Die in England bereits 1838 vollzogene Gleichstellung von beweglichem und unbeweglichem Vermögen war also noch nicht auf die Wahlrechtsgesetzgebung für Malta übertragen worden. Besitz blieb Grundlage des Wahlrechts; der Besitzzensus, relativ niedrig, hatte auf der armen Insel eine erheblich einschränkende Wirkung. Zu Beginn der achtziger Jahre zeichnete sich nach dem Versuch der Kolonialverwaltung, die im höheren Schulwesen und in der Rechtsprechung dominierende italienische Sprache durch die englische zu ersetzen, der Sprachenkonflikt ab, der bis in die dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts die vorrangige innenpolitische Streitfrage blieb und eine emotionale Kulturkampfatmosphäre zum Merkmal des politischen Geschehens auf der Insel machte. Dieser Konflikt brachte auch die ersten Parteigruppierungen und die Gegnerschaft der beiden einflußreichsten politischen Führer Maltas der nächsten Jahrzehnte hervor: Gerald Stricklands „Constitutional Party" war die „English Party", die für eine Anglisierung Maltas, die Verdrängung der italienischen Sprache und Förderung der einheimischen Verkehrssprache eintrat und Dr. Mizzis „Partito Nazionale", die für eine Einführung der italienischen Sprache als einziger Amts- und Verkehrssprache („propria lingua") agitierte. Später kam ihre Unterstützung der Rechtsansprüche der katholischen Kirche („propria religio") hinzu. Mizzis Programmatik entsprach den politischen Wünschen der überwiegenden Mehrheit des italienisch sprechenden Klerus, der Juristen, des Adels und der Landbesitzer, der Gruppe also, die weitgehend identisch war mit der Mehrheit der Wahlberechtigten, mehr als Stricklands Unterstützung der englischen Anglisierungsversuche und seine Skepsis gegenüber dem Klerus. Zunächst konnten sich die beiden späteren Antagonisten noch auf eine gemeinsame Aktionsgemeinschaft zur Erzwingung ihrer verfassungspolitischen Forderungen einigen. Sie boykottierten systematisch die Arbeit des Council und versuchten, durch den eigenen Rücktritt und

836

Verfassung von 1887

die organisierte Wahl von Schwachsinnigen die bestehenden Institutionen zu diskreditieren. Ihr gemeinsamer Erfolg war die Konzession der „Strickland-Mizzi-Ver/tf5S«ttg" von 1887, die sechs ernannten Mitgliedern eine Mehrheit von 14 gewählten Abgeordneten gegenüberstellte. Diese setzten sich aus zwei Gruppen zusammen, für deren Wahl unterschiedliche Qualifikationen für das aktive und passive Wahlrecht eingeführt wurden: die vier „special members" konnten ausschließlich von Klerikern, Adeligen oder reichen Landbesitzern mit mindestens £ 150 Jahreseinkommen von unbeweglichem Vermögen, Graduierten der Universitäten und Mitgliedern der Handelskammer von Malta gewählt werden; jeder dieser vier Gruppen stand je ein Vertreter zu. Diese „special electors" waren jedoch audi für die Wahl der übrigen zehn „general members" wahlberechtigt. Für deren Wahl waren außerdem alle, die als Geschworene wählbar waren oder jährliche Miete bzw. Padit von mindestens £ 6 bezahlten oder (bzw. deren Ehefrauen) ein jährliches Miet- bzw. Pachteinkommen von derselben Höhe hatten, wahlberechtigt. Hatten mehrere Personen ein gemeinsames Vermögen oder Besitztum, waren alle wahlberechtigt, wenn der einzelne Anteil die genannten Bedingungen erfüllte. Das passive Wahlrecht für die zehn „general members" besaßen Männer, die (bzw. deren Ehefrauen) ein unbewegliches Vermögen von mindestens £ 100 Wert hatten oder ein solches für jährlich mindestens £10 mieteten bzw. pachteten, oder für Kost und Logis jährlich £40 oder nur für Logis jährlich £ 10 bezahlten. Nicht gewählt werden konnten bezahlte Beamte und mehr als zwei Kleriker. 1887 wurde auch das Wahlprüfungsrecht dem obersten maltesischen Appellationsgericht übertragen. Im Jahr darauf erfolgte eine Einteilung der Insel in zehn Einmannwahlkreise, wobei ein Sitz für die beiden Inseln Gozo und Comino reserviert wurde. Das bisher geltende relative Mehrheitswahlsystem wurde beibehalten, das in den meisten neuen Einmannwahlkreisen den Mizzi-Anhängern sichere Mehrheiten verschaffte. Mit dieser Wahlkreiseinteilung wurde zugleich allen Landbesitzern, die in verschiedenen Wahlkreisen die Besitzqualifikationen erfüllten, ein Mehrstimmenrecht zugestanden. Die Verfassung von 1887 etablierte zwar einen Legislative Council mit einer Mehrheit gewählter Mitglieder, aber noch keine verantwortliche Regierung. Dem Gouverneur wurde lediglich ein ihm allein verantwortlicher maltesischer „Chefsekretär" zur Seite gestellt. Die Gegensätzlichkeit und Unvereinbarkeit der politischen Ziele, besonders in der Sprachenfrage, zwischen der Exekutive in der Person des Gouverneurs, der nadi den Weisungen des britischen Kolonialmini-

Malta

837

steriums handelte, und der parlamentarischen Mehrheit, der das Budgetrecht zugestanden war, schuf eine permanente verfassungspolitische Krise, in der der Gouverneur letztlich gezwungen war, durch Verordnungen selbst das Budgetrecht der Versammlung zu übergehen. Die Mehrheit der 14 gewählten Mitglieder waren Anhänger Dr. Mizzis, die versuchten, durch das Mittel der Budgetverweigerung gegen die vom Gouverneur verfolgte Kulturpolitik zu obstruieren. Die Gegnerschaft des Klerus gegen eine Reform des auf kanonischem Recht beruhenden maltesischen Eherechts verhärtete in den neunziger Jahren diesen Gegensatz zwischen Parlament und Regierung, d. h. der Kolonialverwaltung noch mehr. 1898 wurde der Vertreter des Klerus der vier „special members" ausgeschlossen und die Zahl der gewählten Mitglieder auf 13 reduziert. Die kompromißlose Haltung der beiden Seiten führte schließlich 1903 zur Suspendierung der Verfassung von 1887 und zur Rückkehr Maltas zum Status von 1849. In der neuen Verfassung wurden den acht Abgeordneten, die in acht neu geschaffenen Einmannwahlkreisen gewählt werden sollten, wieder eine Mehrheit von zehn ernannten Mitgliedern gegenübergestellt. Das bis 1903 geltende aktive und passive Wahlrecht wurde übernommen; Kleriker blieben weiterhin vom passiven Wahlrecht ausgeschlossen. Die unmittelbare verfassungspolitische Folge dieser einschneidenden Verfassungsänderung war die erneute Boykottierung der Arbeit des Council durch die Mizzi-Partei. Ihre Agitation für eine Selbstverwaltung Maltas, unterstützt durch die sozialen Folgen einer Massenarbeitslosigkeit nach dem Ersten Weltkrieg, führten 1919 zu heftigen Unruhen und Ausschreitungen gegen die Kolonialverwaltung. 1921 verlieh die britische Regierung, offiziell in Anerkennung der Verdienste der Malteser im Krieg, Malta eine Verfassung mit weitgehender Selbstverwaltung in inneren Angelegenheiten. Tatsächlich war diese Verfassung ein Experiment für eine „zweigeteilte Exekutive" zwischen einem dem Parlament verantwortlichen und aufgrund der parlamentarischen Mehrheitsverhältnisse bestellten Kabinett und dem unverantwortlichen Gouverneur, dem nicht nur wie den britischen Hochkommissaren in den Dominions eine unpolitische repräsentative Rolle, entsprechend der verfassungspolitischen Rolle der Monarchie im britischen Regierungssystem, zukam, sondern der über den ihm verfassungsrechtlich reservierten Bereich der Außenpolitik und Verteidigung hinaus durdi Rechtsverordnungen in die maltesische Selbstverwaltung eingreifen konnte. Die neue Verfassung führte ein Zweikammerparlament, bestehend aus dem „Senat" (17 Mitglieder) und der „Legislative Assembly" (32 Mitglieder), ein. Prozeduren und Kompetenzen der beiden Kam-

838

Verfassung von 1921

mern wurden weitgehend denen des britischen Unterhauses und Oberhauses angeglichen. Der Senat konnte ein von der ersten Kammer verabschiedetes Gesetz, außer Finanzgesetzen, eine Sitzungsperiode lang verzögern. Bei einer erneuten Zurückweisung in der folgenden Sitzungsperiode konnte der Gouverneur eine gemeinsame Sitzung der beiden Kammern einberufen. In diesem Falle konnte eine Zweidrittelmehrheit der gesetzlichen Mitglieder beider Kammern das vom Senat abgelehnte Gesetz zur Verabschiedung bringen. Wenn auch durch diese Prozedur keine Einigung erreicht werden konnte, konnte der Gouverneur die erste Kammer (Wahlperiode: drei Jahre) oder beide Kammern (Wahlperiode des Senats: sechs Jahre) gemeinsam auflösen. Die 17 Mitglieder des Senats setzten sich aus zehn ständischen Delegierten und sieben Wahlsenatoren zusammen. Die zehn „special members" waren Delegierte folgender Korporationen oder Institutionen, die nach deren interner Regelung oder Satzung ernannt oder gewählt wurden: zwei Kleriker (vom Erzbischof von Malta ernannt), zwei Adelige, zwei Graduierte, zwei Vertreter der Handelskammer und zwei Vertreter des Vorstandes des Gewerkschaftsverbandes. Bedingung für das passive Wahlrecht war die Zugehörigkeit zu der genannten Organisation und das Alter von 35 Jahren. Die übrigen sieben Mitglieder des Senats („general members") mußten ebenfalls 35 Jahre alt und Kleriker, Graduierte, ehemalige Mitglieder der Handelskammer oder des Gewerkschaftsvorstandes, Mitglieder des (bis 1921 bestehenden) Council of Government oder für mindestens zwei Legislaturperioden Mitglieder der neuen Legislative Assembly, höhere Beamte des maltesischen öffentlichen Dienstes (nach Rücktritt) sein oder (bzw. die Ehefrauen) ein jährliches Nettoeinkommen von unbeweglichem Vermögen von mindestens £ 100 haben oder mindestens £ 50 jährliche Miete bzw. Pacht bezahlen. Das aktive Wahlrecht für diese sieben „general members" des Senats besaßen Männer nach Vollendung des 21. Lebensjahres, die lesen und schreiben konnten u n d die (bzw. deren Ehefrauen) mindestens £ 20 Jahreseinkommen hatten oder (bzw. Ehefrauen) ebensoviel jährliche Miete bzw. Pacht bezahlten. Für ihre Wahl wurde das Verhältniswahlsystem mit übertragbarer Einzelstimmgebung (single transferable vote, S. 54; Wahlzahlverfahren: Zahl der abgegebenen Stimmen dividiert durch die Zahl der zu vergebenden Mandate plus eins ergibt die Wahlzahl oder Wahlquote) in zwei Großwahlkreisen mit vier bzw. drei Sitzen eingeführt. Die effektive Beschränkung des passiven und aktiven Wahlrechts für die Wahl der sieben Wahlsenatoren auf Angehörige der besitzenden und gebildeten Oberschicht und die soziale Zusammensetzung der

Malta

839

Wahlkörperschaften der zehn delegierten Mitglieder ergab zwangsläufig eine überwiegende Senatsmehrheit aus Anhängern der ehemaligen Mizzi-Partei. Solange eine „italienische Partei" den Regierungschef stellte, war das Verhältnis zwischen den beiden Kammern nicht gestört. Der verfassungspolitische Konflikt war aber unvermeidlich, sobald die „englische Partei" Stricklands zur Regierungspartei wurde. Dies geschah 1927. Während das aktive Wahlrecht zur Wahl der sieben Wahlsenatoren an eine Kombination von Besitz- und Bildungsqualifikationen gebunden blieb, wurde das aktive Wahlrecht zur Wahl der 32 Abgeordneten der Legislative Assembly durdbi eine Alternative zwischen einer Bildungs- und Besitzqualifikation erweitert: wahlberechtigt waren Männer nach Vollendung des 21. Lebensjahres, die lesen und schreiben konnten o d e r £ 5 Jahreseinkommen hatten oder ebensoviel jährliche Miete bzw. Pacht bezahlten. Bei dem hohen Anteil der Analphabeten (1921 noch 41,5 °/o der Gesamtbevölkerung) und dem niedrigen Lebensstandard, besonders der Landarbeiter, die selten Schulbildung hatten und nur selten Miete bezahlten, bedeuteten diese Qualifikationen eine erhebliche Beschränkung des Wahlrechts. Die städtischen Arbeiter waren dagegen stärker von den Bildungsinstitutionen erfaßt und standen zudem meistens in einem Mietverhältnis. Für das passive Wahlrecht zur ersten Kammer galten dieselben Qualifikationen wie für das aktive Wahlrecht. Allerdings wurde die seit 1918 in England bestehende Bedingung einer Geldhinterlegung bei der Kandidatur auch in Malta eingeführt (hier £ 20). Die hinterlegte Summe wurde einbehalten, wenn der Kandidat nicht ein Zehntel der in seinem Wahlkreis abgegebenen Stimmen auf sich vereinigen konnte. Wie für die Wahl der sieben Wahlsenatoren wurde auch für die Wahl der Abgeordneten der ersten Kammer das Wahlsystem des „single transferable vote" eingeführt und die acht 1903 eingerichteten Einmannwahlkreise in Viermannwahlkreise umgewandelt. Die verschärfte Auseinandersetzung über eine Änderung des Wahlsystems im Mutterland nach dem Ersten Weltkrieg fand damit im Jahr 1921 neben der Einführung des Verhältniswahlsystems im neuen „Irischen Freistaat" auch in Malta ihren experimentellen Ausdrudk. Hier wurde das neue Wahlsystem auch von den Führern der größeren Parteien begrüßt und vor allem auf ihr Drängen hin auch in die späteren Verfassungen übernommen. Die ersten Wahlen unter der neuen Verfassung und nach dem neuen Wahlsystem brachten keiner der vier ins Parlament gewählten Parteien eine parlamentarische Mehrheit (s. T a b . A l ) : die ehemalige Partito

840

Verfassungsentwicklung 1921—1947

Nazionale Mizzis war die in zwei Flügel der „Unione Politica" unter Joseph Howard und der „National Democratic Party" unter dem Sohne Dr. Mizzis, Enrico Mizzi, gespalten. Zu dem traditionellen Antipoden dieser beiden Parteien im erneuerten maltesischen Kulturkampf, der Constitutional Party Stridklands (jetzt Lord Strickland) war die von der Gewerkschaftsbewegung unterstützte „Labour Party" hinzugekommen. Die beherrschende innenpolitische Kontroverse blieb der Sprachenstreit, zu dem einige Jahre später der Streit zwischen Kirche und der Koalition von CP und LP hinzukam. Neben diesen kulturpolitischen Gegensätzen waren es vor allem persönliche Feindschaften der einzelnen Parteiführer, die zu emotional übersteigerten Gegensätzen führten und die aus den unklaren parlamentarischen Mehrheitsverhältnissen resultierenden Komplikationen noch erschwerten. Die Folge der parlamentarischen Kräftekonstellation nach den ersten Wahlen waren labile Koalitionsregierungen mit häufigen Abstimmungsniederlagen der Regierungspartei und deshalb häufige Regierungskrisen, meist aus geringfügigen Anlässen. Durch die Fusion der Unione Politica mit der N D P zur „Nationalist Party" (1926) und die Wahlverluste der Labour Party schien sich jedoch nach der Wahl von 1927 — trotz Verhältniswahl — eine Entwicklung zu einem Zweiparteiensystem und der Möglichkeit einer Alternativregierung zwischen der N P und der CP abzuzeichnen. Diese Entwicklung wurde durch die offene Kampagne der katholischen Kirche gegen die Person und Partei Lord Stricklands und die LP als seinem Koalitionspartner unterbrochen. Der Hirtenbrief der beiden Bischöfe von Malta und Gozo im Wahlkampf von 1930, der einen kirchlichen Bann gegen Lord Strickland aussprach und eine offene Parteinahme für die nationalistische Oppositionspartei enthielt, führte zum Aufschub der Wahlen und schließlich zur Suspendierung der Verfassung durch die britische Regierung. Das Scheitern des ersten parlamentarischen Regierungssystems in Malta kann nicht auf Systemdefekte der Verfassungskonstruktion von 1921 oder auf Auswirkungen des Wahlsystems zurückgeführt werden, sondern war eine unmittelbare Folge der direkten Intervention der beiden Bischöfe, die auch nach den Protesten der britischen Regierung beim Vatikan die Unterstützung der Kurie hatten. Der Versuch des Kolonialministeriums, die Verfassung von 1921 mit einer Modifizierung der Sprachenregelung 1932 wieder einzuführen, scheiterte im folgenden Jahre wieder, nachdem sich die NP, die in der Wahl von 1932 eine absolute Mehrheit erhielt, weigerte, die in der Verfassung verankerte Eliminierung der italienischen Sprache an Primärschulen bei Gleichstellung der englischen und italienischen Sprache an Sekundär- und Hochschulen durchzuführen. Die 1933

Malta

841

suspendierte Verfassung wurde 1936 formal aufgehoben, nachdem die N P dazu übergegangen war, Malta als Irredenta des faschistischen Italiens zu propagieren. Das parlamentarische Regierungssystem wurde wieder durch einen allein dem Gouverneur verantwortlichen Executive Council aus fünf ex-officio Mitgliedern und (mindestens) drei von ihm ernannten Mitgliedern ersetzt. Damit war Malta verfassungspolitisch wieder zum Status von 1835 zurückgefallen. Die „M.acOona\d-Verfassung" von 1939 (benannt nach dem damaligen britischen Kolonialminister) etablierte wiederum einen „Council of Government", bestehend aus zehn vom Gouverneur ernannten Mitgliedern und zehn nach dem bisherigen Verhältniswahlsystem in zwei Fünfmannwahlkreisen gewählten Abgeordneten. Während des Zweiten Weltkrieges (1944) trat ein Nationalkongreß von Delegierten aller politischen und berufsständischen Organisationen Maltas zusammen, der der Forderung nach einer neuen Verfassung mit voller innerer Selbstverwaltung Nachdruck verleihen sollte. Das Ergebnis der Verhandlungen des britischen Beauftragten (Mac Michael) mit dem Verfassungsaussdiuß dieses Nationalkongresses fand in der Verfassung von 1947 seinen Ausdrude, die das parlamentarische Regierungssystem wiederherstellte. Die wichtigsten Veränderungen gegenüber der Verfassung von 1921 waren die (vorläufig auf zehn Jahre geplante) Abschaffung des Senats, die Verlängerung der Wahlperiode von drei auf vier Jahre und die Erhöhung der Zahl der Mitglieder von 32 auf 40. Als verfassungshistorisches Kuriosum kann angesehen werden, daß die britische Konvention, daß alle Minister Mitglieder des Parlaments sein sollten, in dieser Verfassung rechtlich verankert wurde. 1947 wurde in Malta auch das Wahlrecht für Frauen eingeführt, nachdem eine Verordnung von 1945 die Bildungs- und Besitzqualifikationen für das Männerwahlrecht beseitigt hatte. Die Zahl der Wahlberechtigten war damit auf über 140 000 (davon 76 700 Frauen) angewachsen. Das Wahlrecht Maltas war 1947 allgemein, gleich, geheim und direkt. Das 1921 eingeführte Verhältniswahlsystem wurde beibehalten. Die Wahl der 40 Abgeordneten fand in acht Fünfmannwahlkreisen statt. Bei der ersten Wahl unter der neuen Verfassung wurden wieder fünf Parteien in das Parlament gewählt. Allerdings gewann die Labour Party die absolute Mehrheit und konnte bis 1950 allein regieren. Den Wirkungen des Wahlsystems kann man den Erfolg der kleinen regionalen Gozo-Partei und der losen Wählervereinigung der Jones-Partei zuschreiben. Auffallend war der relativ geringe Mandatsgewinn der NP, der stärksten Partei bis zur Verfassungssuspension von 1933, und das Ausscheiden der CP, die zwar in späteren Wahlen wieder

842

Entwicklung zur Unabhängigkeit / Verfassung von 1964

einige Mandate gewinnen konnte, aber nach der Abspaltung der „Progressive Constitutional Party" unter Führung der Tochter Lord Stricklands endgültig ausschied. Durch die Spaltung der LP in den rechten Flügel unter Premierminister Boffa und in den linken Flügel unter dem späteren Premierminister Mintoff trat nach der Wahl von 1950 wieder eine verfassungspolitische Krisensituation ein, die durch unnatürliche Koalitionsbildungen, häufige Regierungskrisen und eine rasche Folge von Parlamentsauflösungen und Neuwahlen gekennzeichnet war. Nach der Wiedervereinigung der beiden Flügel der Labour Party vor der Wahl von 1955 zeigte sich jedoch wiederum, wie zwischen 1921 und 1930, eine Entwicklung zu einem Zweiparteiensystem, bestehend aus der LP und der NP, die bei jeder Wahl ihre Mandatszahlen erhöhen konnte (vgl. Tab. A1). Nach dem Wahlsieg der LP von 1955 propagierte ihr Führer und Premierminister Mintoff den Vorschlag einer Integration Maltas mit dem britischen Mutterland in einem — Nordirland vergleichbaren — föderativen Status. Das Motiv dieses Vorschlags, der von der N P mit Unterstützung des Klerus heftig bekämpft wurde, waren die akuten wirtschafts- und sozialpolitischen Schwierigkeiten Maltas, die durch die Ankündigung der britischen Regierung, die Marinebasis, den größten Arbeitgeber und die Haupteinnahmequelle der Insel, aufzulösen, noch drängender wurden. Ein 1956 abgehaltenes Referendum gab Mintoffs Vorschlag nur eine umstrittene Zustimmung. Nach dem Scheitern der Verhandlungen mit der britischen Regierung, die dem Integrationsplan nicht abgeneigt war, aber mit Mintoffs wirtschaftsund sozialpolitischen Forderungen nicht einverstanden war, schwenkte dieser um und verlangte wie die N P die volle nationale Unabhängigkeit. Nach einer langen Regierungskrise 1958, in der weder der amtierende Premierminister Mintoff mit seiner parlamentarischen Mehrheit, noch der Oppositionsführer der NP, Olivier, gewillt waren, die Regierungsgeschäfte weiterzuführen oder zu übernehmen, war wiederum der Gouverneur gezwungen, die Verwaltung der Insel zu übernehmen. 1959 wurde die Verfassung von 1947 suspendiert und bis 1961 eine Ubergangsverfassung eingeführt, die wie 1936 und 1939 auf einem Council aus ernannten und einigen gewählten Mitgliedern beruhte. Die 1961 wieder konzedierte Verfassung erhöhte die Mitgliederzahl des Parlaments von 40 auf 50 bei etwa 167 000 Wahlberechtigten, die nun in zehn Fünfmannwahlkreisen gewählt werden sollten. Die Unabhängigkeitsverfassung von 1964 übernahm diese Regelung und verankerte das Verhältniswahlsystem verfassungsrechtlich. Die Wahl von 1962 zeigte zunächst wiederum, wie jeweils die ersten Wahlen nach einer zeitweiligen Suspension der Verfassung und

Malta

843

Selbstverwaltung, eine Differenzierung des Parteiensystems (vgl. Tab. A l und A 2 ) . Bei den Wahlen von 1966 entfielen jedocli wieder alle Mandate auf die Regierungspartei unter Premierminister Olivier und die Oppositionspartei unter Mintoff. In Malta hat sich dreimal — trotz Verhältniswahl — in einer kurzen Ubergangsperiode ein Integrationsprozeß von einem Vielparteiensystem zu einem Zweiparteiensystem vollzogen. Die wesentliche Ursache dieses Prozesses war die immer vorhandene klare und scharfe Alternative zwischen den beiden großen Parteien und ihren Führern, wobei ideologische Gegensätze mehr Folge als Ursache der persönlichen Auseinandersetzungen waren. Die leidenschaftliche politische Atmosphäre und Mobilisierung der Bevölkerung drückte sich auch deutlich in hohen Wahlbeteiligungen (1962: 9 0 , 8 % ; 1966: 8 9 , 7 % ) aus. Das Wahlsystem beeinflußte diesen Konzentrations- und Integrationsprozeß kaum, weder fördernd noch hemmend. Allerdings ist zu bemerken, daß das Proporzsystem des „single transverable vote" in den kleinen Fünfmannwahlkreisen Maltas Splitterparteien — wenn sie nidbt lokale Schwerpunkte haben — keine proportionalen Chancen der Repräsentation gibt: der Proporzeffekt verringert sich mit dem Anwachsen der Zahl der Wahlkreise (vgl. Tab. A 2). Jedenfalls kann das wiederholte Versagen des Modells der britischen parlamentarischen Kabinettsregierung nicht auf die Effekte des Wahlsystems zurückgeführt werden, sondern hat seine spezifischen Ursachen in der kompromißlosen Frontstellung in dem langen Sprachenkonflikt, in der starken und unversöhnlichen Einflußnahme des katholischen Klerus in das politische Geschehen und nicht zuletzt in dem nicht geübten Fairplay und dem mehr zur Bedingungslosigkeit als zur notwendigen Kompromißbereitschaft neigenden Temperament der politischen Führer. Trotz der völlig verschiedenen sozio-ökonomischen, historischen und sozialpsychologischen Voraussetzungen läßt das heutige Regierungssystem Maltas das Vorbild des parlamentarischen Systems der ehemaligen britischen Kolonialmacht nidit verkennen.

844

W a h l

d e r

P a r l a m e n t e

Anhang Wahlstatistik

T a b e l l e A l : i n

10

V e r g l e i c h

d e r

W a h l e n

v o n

1 9 6 2

u n d

1 9 6 6

( „ s i n g l e

t r a n s f e r a b l e

v o t e "

F ü n f m a n n - W a h l k r e i s e n )

szijs τκωιυης lusijonf) IMSZ Ί U3ZU3J3JCJJ a u n

isq

3zi;s SunSejuaqQ ipBU u.nuur

I I

I

I I

I

I I -

' J

I

I

I

Λ Η 00 3*· Os Ν •v. ^rn η η

I

lusuonj) ä u n

loq

IH5Z Ί TOZUdJSjgjj

I

I

s i o n b ^ B ^ v

I

I I

I

I I

I

I I

I I

I

I

I

Ph 1-1 s

m Ν m NO Ν Ν

fj



w

ε

^

ν χ V

Μ

I I

I I

H O M W \Ci-

Κ Λ rtO*

Κ Λ Vßt«

« Ν Win ON I N

n o O « N r t

Ν

Λ Ν

m η

ι λ λ

© fs. »Λ

Η Η «η η Ο 4 O K Ν Ν

ι ι ΓΝ|

I

1

ι

( N CM 00 ON ΟΟ m «Λ^· ΙΛΝΟ

η

-t

f S 00 ON ND tift η "f

r no m ^ - o - η co ϋ χΒ =3 % ω • , -ο c ; .. 3 π υ ι

c: — •Ä -S!

T3

«3 3

^ S .a " T 3 rt Ο ρ, υ υ °< ΐ! α, " 3 β

T3 C 5>

-ο c

I ^

\\-o

Ρ

c 3 * -

• q b

c s

§ «

ο Λ ο.-6

1 l-s N«1

Ι Ν

rx no

ι \o Ν

NO tx

[ vß rt in

NO (Χ

I NO ^ NO

NO S

I NC

NO

Κ Ν

I NO en NO

00 κ

ι no r^ in

ON Tt*

5 I

Ι Κ Ν t: Norwegische Männer und Frauen, die im Besitz des aktiven Wahlrechts sind und mindestens zehn Jahre im Reich gelebt haben (§ 61 Vf.). Der Gewählte muß das Mandat annehmen (§ 63 Vf.). Inkompatibilitäten, Ineligibilitäten: Ministeramt ist mit Abgeordnetenmandat unvereinbar. Ebenso können Beamte des Staatsrats sowie des diplomatischen oder konsularischen Dienstes und Bedienstete des Hofes und seine Pensionäre nicht zu Stortingabgeordneten gewählt werden (§ 62 Vf.). Wahlsystem: Verhältniswahl mit lose gebundenen Listen in Mehrmannwahlkreisen (§§ 58, 59 Vf.). Die Mandatsverteilung erfolgt auf Wahlkreisebene (§ 59 Vf.) nadi der „Ausgeglichenen Methode" (Divisorenverfahren mit wie folgt aussehender Divisorenreihe 1,4 — 3 — 5; S. 49). Die zwanzig Wahlkreise sind mit den Regierungsbezirken identisch. Jeder Wahlkreis („fylke")

Norwegen

917

ist unterteilt in mehrere Wahlbezirke („valgsogn"). Jeder Wahlkreis wählt proportional zu seiner Einwohnerzahl eine festgelegte Zahl von Abgeordneten: ö s t f o l d 8, Oslo 13, Akerhus 7, Hedmark 8, Opland 7, Buskered 7, Vestvold 7, Telemark 6, Aust-Agdar 4, Vest-Agdar 5, Rogaland 10, Hordaland 10, Bergen 5, Sogn/Fjordane 5, Möre/Romsdal 10, Sör-Trendelag 10, Nord-Trendelag 6, Nordland 12, Troms 6 und Finnmark 4 (§ 58 Vf.). Wahlbewerbung: Die Parteien wählen in den Wahlbezirken Delegierte zur Wahlkreisversammlung. Diese wählt dann die Kandidaten und setzt ihre Namen in der Reihenfolge der Stimmenzahl, die f ü r sie abgegeben wurde, auf die Parteiliste. Die Liste muß eine Parteibezeichnung haben und so viele Namen aufführen, wie Abgeordnete im Wahlkreis zu wählen sind zuzüglich sedis weiterer Namen. Listenverbindung (Fellesliste) ist zulässig. Überprüfung und Bekanntgabe der Wahlbewerbungen erfolgt durch die Wahlkreisbehörde. Wahlorganisation: Wahlbehörden: In den Wahlbezirken: Wahlaussdiuß („valgstyre"), bestehend aus dem Wahlbezirksleiter und einem Wahlbeamten, und Registrierungsausschuß, bestehend aus dem Wahlbeamten und zwei Mitgliedern der Gemeindebzw. Stadtverwaltung. In den Wahlkreisen: Wahlkreisbehörde („distriktsvalgstyre") bestehend aus dem Regierungspräsidenten und vier weiteren Repräsentanten des Kreisrats („fylkeutvalg") sowie in einigen Wahlkreisen aus von den Wahlausschüssen der Wahlbezirke gewählten Mitgliedern. Wählerverzeichnisse: Der Wahlbeamte stellt im Wahlbezirk jeweils nadi dem 1. August jedes Wahljahres die Wählerliste auf. Registriert werden alle Personen, die am 1. August des Wahljahres im Wahlbezirk stimmberechtigt waren. Nach Überprüfung durch den Regierungsausschuß werden die Verzeichnisse spätestens 35 Tage vor der Wahl ausgelegt. Einspruchsverfahren: Die Wählerverzeichnisse sind bis zum 18. Tag vor der Wahl bei der Wahlkreisbehörde anfechtbar. Gegen ihr Urteil kann beim Storting Berufung eingelegt werden. Termin: September; Tag wird vom König festgelegt. Wahllokal: öffentliches Gebäude im Wahlbezirk. Wahlzeit: Gesetzlich nicht geregelt. Die Wahl kann auf Beschluß der Wahlkreisbehörde mehrere Tage dauern (§ 27 WG). Stimmabgabe:

Geheim und persönlich.

Schutz der Wahlhandlung:

Gesetzlich nicht geregelt.

Brief wähl: Bis zum 18. Tag vor der Wahl im Wahlbezirk. Wahlberechtigte Norweger im Ausland geben ihre Stimme bei einem ernannten Wahlbeamten, meist des Konsulats oder der Botschaft, ab. Stimmenauszählung: Durch den Wahlaussdiuß im Wahlbezirk. Im Anschluß daran findet durch die Wahlkreisbehörde die Mandatsverteilung statt.

Wahl der Parlamente

918

Auszählungskontrolle: Gesetzlich nicht geregelt. Wahlanfechtung: Jeder Wahlberechtigte kann beim Storting erheben.

Einspruch

Wahlprüfung: Das Storting setzt bei seiner Konstituierung einen "Wahlprüfungsausschuß ein. Bibliographie 1. Quellen: Grundgesetz des Königreiches Norwegen vom 17. Mai 1814 (Eidsvoller Grundgesetz); Grundgesetz des Königreiches Norwegen vom 17. Mai 1814 in der Fassung vom 8. März 1962; Wahlgesetz vom 24. Juni 1828 (mit Ergänzungsgesetzen vom 1. Juli 1884, 30. Juni 1888 und 23. Juli 1894); Gesetz vom 14. Februar 1900 (mit Ergänzungsgesetz vom 10. März 1903); Gesetz vom 29. März 1906 Nr. 1 (mit Ergänzungsgesetzen vom 1. Mai 1909 und 27. Februar 1912); Gesetz vom 7. April 1906 Nr. 1 (mit Ergänzungsgesetzen vom 14. Juni 1912, 29. April 1918, 18. Juni 1918, 30. Juli 1918 und 14. Mai 1918); Gesetz vom 2. Juni 1906 (mit Ergänzungsgesetzen vom 1. Mai 1909 und 27. Februar 1912); Wahlgesetz vom 17. Dezember 1920 Nr. 1 (mit Ergänzungsgesetzen vom 7. Dez. 1923 Nr. 2, 16. Febr. 1924, 17. Juli 1925 Nr. 1, 21. März 1930 Nr. 1, 24. Juni 1932 Nr. 4, 24. März 1933 Nr. 13, 5. Mai 1939 Nr. 1, 10. Juni 1949 Nr. 1, 17. Juli 1953 Nr. 11, 1. März 1957, 17. Febr. 1961 und 9. April 1965 Nr. 4); Gesetz über die Nomination zur Stortingwahl vom 17. Dez. 1920 Nr. 2 (mit Ergänzungsgesetzen vom 24. März 1933 Nr. 4, 17. Juni 1949 Nr. 6 und 17. Juli 1953 Nr. 12). 2. Quellenpublikationen: Die Verfassung Norwegens, hrsg. von Tönnes Andenaes, Oslo 1963; Norges Lover 1682—1964, Oslo 1966 (1. Auflage 1934, die Sammlung wird zweijährlich ergänzt und neu aufgelegt); Norwegian Laws, selected for The Foreign Service, published by The Royal Ministry of Foreign Affairs 1963; VfsTexte in: Mirkine-Guetzevitch II, Mayer-Tasch, S. 335 ff. Ausführlicher Nachweis der publizierten Quellen in Menzel/ Groh/Hecker II, S. 87 f. 3. Auswahl aus dem Schrifttum: PolGesdi.: Bull, E. sen.: Die sozialistische Bewegung in Norwegen, in: Archiv für die Geschichte des Sozialismus und der Arbeiterbewegung, III 1913, (Nachdruck 1964).

Midgaard, J.: Eine kurze Geschichte Norwegens, Oslo 1963. Christensen, A. R.: Det Norske Folks Historie, 8 Bde., 1964.

Gjerset, K.: History of the Norwegian People, London 1927.

VR, VfsGesch.:

Cast berg, F.: The Norwegian Way of

einigten Königreiche Norwegen, 1886.

Life, London 1954. Storing, / . : Norwegian London 1963.

Democracy,

Aschehoug, T.: Das Staatsrecht der verSchweden

und

Morgenstierne, B.: Das Staatsrecht des Königreiches Norwegen, Tübingen 1911.

Norwegen Rognlien, St.: Die verfassungsrechtliche Entwicklung in Norwegen in den Jahren 1932 bis Ende 1952, in: JöR, NF 4, (1955) S. 296 ff. Castberg, F.: Die Entwicklung des Verfassungsrechts in Norwegen, in: JöR, NF 10, (1961) S. 427 ff. ParlSt., PSysSt., PtGe.: Kaartvedt, Α.: Kampen mot parlamentarisme 1880—1884, 1956. KaartvedtlDanielsenIGreve: Det norske Storting gjennom 150 aar, Oslo 1964, 4 Bde.

919 Rokkan, St.: (Hrsg.): Approaches to the Study of Political Participation, Bergen 1962. Lipsetl Rokkan: Party Systems and Voter Alignments, New York 1966. Rokkan, St.: Mass Suffrage, Secret Voting and Political Participation, in: Archives europeennes de sociologie 2 (1), 1961, S. 232 ff. Rokkan, St.: Researdi on Elections and the Sociology of Politics in the Northern Countries, in: Social Inquiry 31 (1), 1961, S. 3 ff.

Rokkan, St.: Norway: Numerical Opposition and corporate Pluralism in: R. Dahl: Political Oppositions in Western Democracies, 1966. Katz/Valen: Political Parties in Norway, Oslo 1964.

Fusilier, R.: Norvege. Les Elections legislatives, in: RdDP, Bd. 73 (1957), S. 1031 ff.

WsStud., WSoz., WS tat.: Nicklaus, ].: Das norwegische Parteiensystem in Abhängigkeit von Wählerstruktur und Wahlsystem 1945—1965, phil. diss. Heidelberg, 1968. (mit ausführlicher Bibliographie) RokkanIValen: Parties, Elections and Political Behavior in the Northern Countries: a Review of Recent Research in: Otto Stammer: Politische Forschung, Köln 1960.

Rokkan, St.: Electoral Activity, Party Membership and Organisational Influence: An Initial Analysis of Data from the Norwegian Election studies 1957, in: Acta Sociologica 4, (1959) S. 25 ff.

Rokkan/Valen/Torgersen/Dubeux: Les elections norvegiennes du oct. 57, in: RFSP 8, (1958), S. 73 ff.

RokkanlΗjellum: The Norwegian Parliamentary Election of September 1965. Rokkan / Valen: Stortingsvalget 1965 i Sekelyset, in: Aschehougs leksikonservice, Bd. 4, Heft 4, 1965. Jürgen Nidclaus

ÖSTERREICH

I. Historischer Teil Die Geschichte des parlamentarischen Wahlrechts in Österreich beginnt 1848 mit den Verfassungskämpfen in der Habsburgischen Gesamtmonarchie. Die europäische Großmacht Österreich, zugleich Führungsmadit des Deutschen Bundes, wurde durch die Revolution gegen das neujosefinische System Metternichs in ihrem politisch-sozialen Gefüge und in ihrer spannungsreichen Gliederung heftig erschüttert. Seit 1815 bestand der Kern des Kaiserreichs Österreich aus den alten Stammländern des Hauses Habsburg (Erzherzogtümer Österreich ob der Enns und unter der Enns, Herzogtümer Steiermark, Kärnten und Krain, „Gefürstete Grafschaft" Tirol, Vorarlberg sowie die Gebiete von Görz-Gradiska, Triest und Istrien). Diese historisch selbständigen Kronländer waren seit dem 17. Jahrhundert unter der zentralistischen Politik und Verwaltung der kaiserlichen Hofkanzlei in Wien praktisch zum nie mehr geteilten Kerngebiet des Erzhauses Habsburg zusammengewachsen. Dazu traten, zeitweise getrennt verwaltet, im 19. Jahrhundert aber völlig in die Gesamtmonarchie einbezogen, die Königreiche Böhmen und Dalmatien, die Markgrafschaft Mähren, der Rest des schlesischen Besitzes sowie Galizien und die Bukowina. Diese Ländergruppe, ab 1867 der sogen, cisleithanische Reichsteil, stand den Ländern der Stephanskrone Ungarn, Siebenbürgen und Kroatien mit Slowenien gegenüber. Bis 1859 bzw. 1867 gehörten noch die Lombardei und Venetien zu Österreich, 1878 wurde das türkische Gebiet von Bosnien-Herzegowina erworben (Protektorat 1878, Annexion 1908). Auf rund 625 000 qkm lebten 1850: 31,3 Millionen Menschen, 1910 waren es 51,3 Millionen. Die Bevölkerung zerfiel in 12 Nationalitäten; den politisch führenden Bestandteil bildeten die 11,4 Millionen Deutschen (22,3%), aber zunehmend traten auch Tschechen, Polen und vor allem die Ungarn regional und zentral im politischen Leben der Monarchie hervor. Die von Metternich geschaffene zentrale Staatsorganisation für das Kaiserreich hatte die Eigenständigkeit der Nationalitäten, die sich entwickelnden bürgerlichen Bewegungen und die feudale Adelsgesellschaft soweit eingeschränkt, daß weder nationale, noch liberale oder konservativ-ständische Regungen vor 1848 den Bestand der Monarchie gefährdeten. Allerdings stellten sich schon vor 1848 zwei zunächst noch kleine Gruppen gegen das Metternichsche System. Es entwickelte sich eine liberale, auf parlamentarisch-konstitutionelle, aber

922

Verfassung und Wahlrecht von 1848

zentralistische Organisation des Reiches gerichtete Bewegung und eine konservative, im Adel und Großgrundbesitz verbreitete föderalistische Tendenz, die das „historische Recht" der alten Länder beschwor. Ihr Ziel war die Wiederherstellung alter, ständischer Selbstverwaltung und Landesautonomie, in die gelegentlich auch bäuerliche oder bürgerliche Repräsentanten einbezogen werden sollten. Beide Tendenzen meldeten sich in der Revolution von 1848/1849 zu Wort. Die Bewegung ging von ständisch-föderalen Bestrebungen aus, die die Revolution auffangen wollten, um dann in liberale und später in radikal-demokratische Hände überzugehen. Nach dem Rücktritt Metternichs im März 1848 wurde zunächst der Plan einer ständischen Verfassung entwickelt. Als die öffentlichen Forderungen aber einen österreichischen konstituierenden Reichstag verlangten und die liberalen und demokratischen Gruppen sich gemeinsam durchsetzten, gab die kaiserliche Regierung schrittweise nach. Da weder Regierung noch Verwaltung sich zum Erlaß einer vorläufigen Verfassung legitimiert fühlten, oktroyierte Kaiser Ferdinand I. die nach dem amtierenden, gemäßigt liberalen Innenminister v. Pittersdorf benannte Verfassung vom 25. April 1848. Ungarn und die italienischen Provinzen, die sich wegen der nationalen Gegensätze zu Beginn der Revolution vom Gesamtstaat gelöst hatten, waren nicht mehr berücksichtigt. Die „Verfassung des österreichischen Kaiserstaates" sah einen Reichstag als Zweikammerparlament vor. Ein Senat sollte aus den Erzherzögen, vom Kaiser auf Lebenszeit berufenen Persönlichkeiten und 150 vom Großgrundbesitz zu wählenden Mitgliedern bestehen. Ihm stand ein Volkshaus von 383 Abgeordneten gegenüber; seine Wahl war zunächst nicht geregelt, sollte aber „auf Volkswahl und der Vertretung aller staatsbürgerlichen Interessen" beruhen. Es handelte sich um eine konstitutionellmonarchische und stark zentralistische Verfassung. Gesetze bedurften der Zustimmung beider Kammern und des Kaisers. Die Exekutive übte der Kaiser aus, unter Gegenzeichnung einer Regierung, die er frei berufen konnte und deren Verantwortlichkeit festgelegt, aber nicht präzisiert war. Den Ländern wurden „Provinzialstände" zugebilligt. Die Verfassung von Pillersdorf stieß allein schon, weil sie oktroyiert war, sogleich auf liberale und demokratische Kritik, aber wegen der mangelnden Berücksichtigung der Rechte der alten Länder auch auf Ablehnung bei den Führern der Polen und Tschechen. Die bald folgende „Provisorische Wahlordnung" vom 6. Mai 1848 ließ erkennen, daß die Regierung sie zur Eindämmung der revolutionären Bewegung verwenden wollte. Das aktive Wahlrecht wurde allen männlichen Staatsbürgern über 24 Jahre gewährt, die sedis

Österreich (1848—1919)

923

Monate im Reich ansässig waren. Ausgeschlossen blieben Tag- und Wochenlöhner, Unterstützungsempfänger und Dienstleute; Arbeiter und Abhängige waren also praktisch nicht wahlberechtigt. Wer zum Senat wählte, konnte nicht zum Volkshaus wählen. Wählbar war unter den gleichen Voraussetzungen jeder männliche Österreicher über 30 Jahre. Für das Volkshaus wurde indirekte Wahl durch Wahlmänner festgesetzt und der Wahlkörper in zwei Kurien geteilt. In der ersten Kurie sollten 31 größere Städte auf 20 000 Einwohner einen Abgeordneten wählen, in den Landgemeinden kam auf rund 50 000 Einwohner ein Abgeordneter, so daß das städtische Bürgertum bevorzugt wurde. Für die Senatswahl wurden die Wähler durch einen gleitenden Zensus erst ermittelt. In jeder Provinz sollten 20mal soviel Großgrundbesitzer abstimmen, als Senatsmitglieder zu wählen waren. Die Wähler wurden nach der Höhe ihrer Steuerleistung vom Höchstbesteuerten abwärts geordnet und entsprechend der Wählerzahl festgestellt. So entstand von Land zu Land ein ungleicher Zensus. Sowohl für die Wahlen zum Volkshaus wie für die Senatswahl wurden den einzelnen Ländern feste Mandatsquoten zugeteilt. Dieser konservativen Wahlordnung widersetzten sich die demokratischen Revolutionäre, die sich in Wien und Prag bereits maßgebenden Einfluß erzwungen hatten. Unter ihrem Druck wurde die Wahlordnung am 18. Mai 1848 geändert. Der Senat wurde beseitigt und das zu wählende Volkshaus zum konstituierenden Reichstag bestimmt, der eine Verfassung ausarbeiten sollte. Die indirekte Wahl und die Beschränkung des aktiven Wahlrechts wurden beibehalten, nur „selbständige" Arbeiter erhielten jetzt ebenfalls das aktive Wahlrecht. Das passive Wahlrecht wurde auf 24 Jahre herabgesetzt. Diese Konzessionen in Richtung auf ein relativ allgemeines Wahlrecht, das aber durch die Bevorzugung der Städte ungleich blieb, waren unumgänglich. Inzwischen hatten die Gebiete des Kaiserreiches (ohne Ungarn, Galizien und Italien) — in indirekter Wahl nach den Prinzipien der absoluten Mehrheitswahl unter Aussdiluß der Nichtselbständigen — zur Frankfurter Nationalversammlung gewählt. Denn auch in der Revolution hatten die Deutschen in Österreich ihre Zugehörigkeit zur deutschen Nation und die Führungsrolle Österreichs in Deutschland nicht aufgeben wollen. Die slawischen Nationalitäten allerdings weigerten sich teilweise, Abgeordnete nadi Frankfurt zu entsenden, so daß 70 der 190 österreichischen Mandate nicht besetzt wurden. Damit führte der bis 1918 vorherrschende Konflikt mit den nichtdeutschen Völkern der Monarchie zu einer ersten Distanzierung der Monarchie von Deutschland. Die Infragestellung der

924

Kremsierer Verfassung und Oktroi von 1849

Vormachtposition Österreichs in Deutschland und der Anspruch der nationalen Minoritäten der Monarchie auf Majoritätsrechte in ihrem jeweiligen Kronland, aber auch eine förderale Stellung im Gesamtstaat stand bis 1867 allen Bemühungen um einen zentral regierten Verfassungsstaat in Österreich entgegen, den noch im Dezember 1848 der neue Monarch Franz Josef I. in seiner Proklamation anstrebte. Diese Erklärung des Kaisers richtete sich bereits gegen die verfassungspolitischen Absichten des konstituierenden Reichstags. Er war auf Grund der Wahlordnung vom 18. Mai 1848 gewählt worden und tagte zuerst in Wien, dann in Kremsier (Mähren). In dem Verfassungsentwurf, der am 4. März 1849 beschlußfertig vorlag, hatte sich diese Versammlung der föderalistischen Richtung zugeneigt. Angesichts der ungarischen Revolution blieb die östliche Reichshälfte unberücksichtigt, ebenso die eben erst wieder unterworfenen italienischen Provinzen. Für beide Gebiete sollte es nur eine Personalunion mit dem westlichen Reichsteil geben. Genau wie die Pillersdorfsche Verfassung enthielt die Kremsierer Verfassung einen allerdings erweiterten Grundrechtskatalog. In der Reichsgesetzgebung sollten sich der Kaiser und der aus zwei Kammern bestehende Reichstag teilen. Gesetze bedurften der Zustimmung aller drei Organe. Der Kaiser erhielt ein suspensives Veto und das Recht, den Reichstag aufzulösen. Ein Teil der Kompetenzen regionaler und vor allem wirtschaftlicher Art wurde den zukünftigen Landtagen übertragen. Die Exekutive sollte beim Kaiser und der dem Reichstag allein verantwortlichen Regierung liegen. Diese Verantwortlichkeit trug die Regierung direkt gegenüber dem Reichstag, aber auch den Landtagen gegenüber durch die von ihr berufenen Landesregierungen. In den Ländern besaß sie ein Anweisungsrecht für die Gesetzgebungsinitiativen, und die Landesgesetze bedurften der Zustimmung des Kaisers. Damit wurde der teilweise förderalisierten Legislative eine zentral organisierte, aber doppelt verantwortliche Exekutive gegenübergestellt. Der Reichstag sollte aus 360 Abgeordneten der Volkskammer sowie aus der Länderkammer bestehen. Das aktive Wahlrecht hatte jeder männliche Staatsbürger vom 24. Lebensjahr an; zusätzlich war jetzt — für die liberalen Urheber charakteristisch — ein Zensus von fünf Gulden Steuerleistung jährlich vorgesehen. Das passive Wahlrecht erhielt jeder Reichsbürger über 28 Jahre, wenn er mindestens ein Jahr im Lande ansässig war. Gewählt werden sollte in Wahlkreisen mit je zwei bis drei Abgeordneten. Neben der relativen Mehrheit war zur Wahl mindestens ein Viertel der Stimmen erforderlich. Größere Orte konnten eigene Wahlkreise bilden. Die Länderkammer sollte aus Delegierten der Landtage (je sechs pro Land) bestehen. Zusätzlich sollte in Ländern, die in Kreise unterteilt

Österreich (1848—1918)

925

waren (Galizien zehn, Böhmen neun, Mähren vier, Niederösterreich drei, Tirol drei, Steiermark zwei, möglichst nach Nationalitäten getrennt) von jedem Kreistag ein weiteres Mitglied delegiert werden. Beide Kammern waren in der Gesetzgebung völlig gleichberechtigt und hatten wie die Regierung das Initiativrecht bei der Gesetzgebung. Der Entwurf von Kremsier blieb unausgeführt. Die Wiener Regierung kam einer Verabschiedung durch Schließung des Reichstages zuvor. Dazu hatte sie seit der Unterdrückung der Revolution in Prag und Wien im Herbst 1848 wieder die politische Macht. Kaiser Franz Josef und sein neuer Ministerpräsident Fürst Schwarzenberg hatten außerdem das Ziel des einheitlich zentralistischen Gesamtstaates nicht aufgegeben. Da der Reichstag die zentralistisch gesonnenen radikalen Demokraten mit der föderalen Verfassung überstimmt hatte, die den Nationalitäten und den ständischen Konservativen entgegenkam, war diese Verfassung für die kaiserliche Zentralstaatspolitik nicht brauchbar. Den zunehmenden reaktionären Tendenzen entsprechend wurde am 4. März 1849 sofort eine neue Verfassung vom Kaiser oktroyiert. Diese „Märzverfassung" galt wieder für die gesamte Monarchie mit Ungarn und den italienischen Provinzen. In Ungarn mußte sich die Regierung aber erst militärisch mit russischer Hilfe gegen den rebellierenden Reichstag durchsetzen. Aus der Kremsierer Verfassung wurde die zentrale Exekutive übernommen, die Reichstag und Landtag gleichzeitig gegenüberstand. Die Rechte der Landtage wurden eingeschränkt. Der Kaiser, nicht die Landtage, sollte die Landesverfassungen erlassen. Reichs- und Landesgesetze bedurften seiner Zustimmung. Das Initiativrecht hatten Regierung und Parlament; die Regierung sollte dem Reichstag verantwortlich sein. Letztere Bestimmung wurde aber bald aufgehoben. Der Reichstag sollte aus Oberhaus und Unterhaus bestehen und war ebenfalls dem Entwurf von Kremsier nachgebildet. Das Wahlrecht war jedoch erheblich eingeschränkt. In das Oberhaus sollte jeder Landtag mindestens zwei seiner Mitglieder entsenden, proportional zur Bevölkerungszahl konnte er weitere Delegierte wählen. Die Mitgliederzahl des Oberhauses sollte die Hälfte der des Unterhauses betragen. Wählbar war jeder fünf Jahre lang ansässige Reichsbürger, der im Besitz der bürgerlichen Rechte und mindestens 40 Jahre alt war. Die zusätzlichen Delegierten der Landtage mußten einen sehr hohen Zensus von 500 Gulden Steuerleistung erfüllen. Damit war im Oberhaus praktisch nur der Großgrundbesitz repräsentiert. Das Unterhaus sollte direkt in Wahlkreisen, aber öffentlich gewählt werden. Für das aktive Wahlrecht wurde der Zensus in den Städten

926

Suspendierung 1851 / Oktoberdiplom 1860

auf zehn Gulden Steuerleistung jährlich heraufgesetzt. Das passive Wahlrecht war zusätzlich an ein Mindestalter von 30 Jahren und fünf Jahre Ansässigkeit gebunden. Damit wurde erneut das städtische Großbürgertum bevorzugt. Die Legislaturperioden sollten beim Oberhaus zehn Jahre, beim Unterhaus fünf Jahre dauern, also politische Veränderungen nur sehr langsam widerspiegeln. Damit war ein konservativ-aristokratisches Oberhaus als hemmender Faktor mit einem aus beschränkten Wahlen hervorgehenden Unterhaus verbunden. Es ist offen, ob die Regierung die vorgesehene direkte Wahl wirklich wollte, oder ob nicht schon beim Erlaß der Verfassung beabsichtigt war, sie nicht auszuführen. Das Prinzip der direkten Wahl mußte ja auch auf den Widerstand der ungarischen Politiker stoßen, die Gegner einer direkten Repräsentation waren. Sobald die neue Regierung sich endgültig stabilisiert hatte, wurde die Verfassung zunächst ignoriert und am 31. Dezember 1851 völlig aufgehoben. Die parlamentarischen Einrichtungen wurden gar nicht erst geschaffen, die Gesetzgebung übten Kaiser und Regierung wieder alleine aus. Die Regierung kehrte zur zentralistischen Gesamtstaatsverwaltung zurück. Allerdings wurde die Verfassung in der Verwaltung der Länder und Gemeinden de facto praktiziert. Lediglich der Reichsrat wurde zum dekorativen Ratsgremium des Kaisers umgestaltet und blieb ohne jeden Einfluß bestehen. Erst nach acht Jahren absoluter Regierung, nach dem verlorenen italienischen Krieg (1859) und dem Eintreten schwerer Finanznot des Reiches wurde der Reichsrat 1858—1860 zum Ausgangspunkt von Reformbestrebungen. Am 5. März 1860 wurde ein außerordentlicher, verstärkter Reichsrat berufen, der zwar ebenfalls nur beraten sollte, aber begrenzte Aufgaben zugewiesen erhielt: Haushalt, Staatsschulden, Begutachtung der allgemeinen Gesetzgebung und der Finanzwirtschaft. Er sollte also vorwiegend die finanzielle Lage des Landes verbessern helfen. Die Zusammensetzung des Reichsrates war konservativ-aristokratisch (Erzherzöge, Fürstbischöfe und 38 Ländervertreter, vom Kaiser auf sechs Jahre berufen). Der gemäßigte konservative Teil des Adels meldete sich dennoch zu Wort. Er forderte die Lösung der finanziellen Probleme über politische Reformen. Der Kaiser war zwar offensichtlich einer liberalen Verfassungsreform mit Volkswahl abgeneigt, weil er fürchten mußte, die Nationalitäten weiter zu stärken. Deshalb hatte er den konservativen Weg der Reform über den Reichsrat gewählt. Aber in der Forderung der Ungarn nach Restituierung ihrer Verfassung von 1848 und der Böhmen nach ihrem „historischen Recht" trat auch in diesem Reichsrat der Nationalitätenzwiespalt in ständischer und föderalistischer Ausprägung hervor. Der Reichsrat überschritt deshalb in seinen Tagungen automatisch seine

Österreich (1848—1918)

927

Grenzen und diskutierte die Reform der Verfassung. Auf Grund seiner aristokratischen und regional-orientierten Zusammensetzung hatte er nur eine zentralistische Minorität, während die föderalistisch gesonnenen Mitglieder in der Majorität waren; sie sprachen sich für die Anerkennung der „historisch-politischen Individualität der Länder", ihre Gleichberechtigung und ihre innere Autonomie aus. Damit war im wesentlichen die Entscheidung über die Grundlinien der Verfassung Österreichs bis 1918 gefallen. Die Konsequenzen aus den Reichsratsbeschlüssen wurden im Diplom des Kaisers vom 20. Oktober 1860 gezogen. Die ungarischen Verfassungseinrichtungen sollten wieder aufleben, vor allem der Landtag (später Reichstag). Auch in den übrigen Kronländern wurden die Landtage aktiviert und Landesstatute erlassen. Finanz-, Zoll-, Steuer- und Verkehrssachen verblieben in der Kompetenz des Reichsrates, alle übrigen Aufgaben wurden den Landtagen zugewiesen. Die föderalistische Tendenz wurde also erheblich verstärkt. Das als „Staatsgrundgesetz" bezeichnete Diplom legte aber auch fest, daß für die nichtungarischen Länder jene Angelegenheiten gemeinsam geregelt werden konnten, die schon bisher in gemeinsam gültigen Gesetzen geordnet waren. Praktisch bedeutete dies die Errichtung einer Legislative über den Landtagen, denn die zentrale Verwaltung hatte bisher viele Fragen „gemeinsam" geregelt. Dieses parlamentarische Organ wurde der engere Reichsrat, der sich aus den Reichsratsabgeordneten ohne Ungarn zusammensetzte. Damit war, in Wiederaufnahme der Verfassung von Kremsier, der Keim der späteren dualistischen Reichsstruktur gelegt. Der Reichsrat sollte durdi 100 von den Landtagen zu benennende Vertreter zum beratenden Parlament erweitert werden. Die Zahl der Abgeordneten je Land ergab sich proportional aus der Bevölkerungszahl. Durch die indirekte Wahl sollte eine Entwicklung zur echten Volksvertretung verhindert werden. Mit dem Diplom waren vor allem die Ungarn nicht einverstanden, denn sie forderten die Verfassung von 1848, praktisch also ein Zurückgehen auf eine Personalunion mit dem westlichen Reichsteil. So weit wollte die Regierung aber nicht gehen. Auch in den westlichen Gebieten nahm die Sympathie für das Oktoberdiplom rasch ab, weil die starke Föderalisierung die führenden Deutschen in Staat und Beamtenschaft zu sehr den sich nationalisierenden Landtagen zu unterwerfen drohte. In den Ausführungsgesetzen zum Oktoberdiplom, dem sogen. Februarpatent verstärkte die Regierung dann den Dualismus. Zwar wurde die ungarische Autonomie nicht ausgebaut, das zentralistische Gegengewicht gegen Ungarn, der engere Reichsrat für die westliche Reidishälfte, wurde jedoch verstärkt und aufgewertet. Seine Befugnis, über

928

Februarpatent 1861 / Ausgleich mit Ungarn

die bisher gemeinsam verwalteten Angelegenheiten der nichtungarischen Reichsteile zu beschließen, wurde über das Oktoberdiplom hinaus erweitert. Seiner Kompetenz unterlagen jetzt alle Fragen, die nicht dem Gesamtreichsrat oder durch die Landesstatute in beschränktem Umfang den Landtagen zugewiesen wurden. Der Reichsrat wurde als beteiligtes Organ der Gesetzgebung gleichberechtigt neben den Kaiser gestellt. Der engere Reichsrat wurde später aber das eigentliche Parlament. Der Gesamtreichsrat gliederte sich in Abgeordnetenhaus und Herrenhaus. Die 343 Mandate des Abgeordnetenhauses wurden proportional zur Bevölkerungszahl den Ländern einschließlich Ungarns zugewiesen. Die Abgeordneten sollten von den Landtagen der eigenen Zusammensetzung proportional nach absoluter Mehrheitswahl gewählt werden. U m gegen mögliche Wahlenthaltung von Minoritäten Druck auszuüben, konnte der Kaiser bei Wahlverweigerung eines Landtages die direkte Wahl durch das Volk anordnen. Das bedeutete die erste Durchbrechung des bisher sorgfältig gehüteten Prinzips indirekter Wahl. Das Herrenhaus sollte analog der Märzverfassung von 1849 aus den Erzherzögen, den Fürstbischöfen, den vom Kaiser ernannten erblichen Mitgliedern des adligen Großgrundbesitzes und Mitgliedern auf Lebenszeit bestehen. Es stellte eine reine Pairskammer dar. Durch die indirekte Wahl waren die Wahlrechtsfragen in die Landesordnungen und Landtagswahlordnungen verschoben, die zugleich mit dem Februarpatent nach einheitlichem Schema erlassen wurden. Sie bestimmten mit einzelnen Reformen die Verfassung der Länder bis 1918 und damit im Grunde audi das Reichsratswahlrecht. Sie enthielten das komplizierte, aus ständischen Vorstellungen entwickelte VierKlassen-Wahlsystem, das mit mehrfachen Änderungen bis 1907 in Kraft blieb. Jeder Landtag war in vier Kurien aufgeteilt, zu denen noch einzelne wenige „Virilisten", Inhaber einer Einzelstimme von Amts wegen, kamen. Die Kurien waren 1. Großgrundbesitzer (nicht in Vorarlberg; in Dalmatien Höchstbesteuerte, weil es keinen Großgrundbesitz gab), 2. die größeren Städte, 3. die Handelskammern, 4. die Landgemeinden des flachen Landes. Die Abgeordnetenzahlen und ihre Verteilung auf die Kurien waren starr festgelegt, wenn auch mit der Zeit Veränderungen vorgenommen wurden. Als Beispiel mag Niederösterreich dienen. Neben dem Erzbischof von Wien, dem Bischof von St. Pölten und dem Rektor der Wiener Universität als Virilisten wählten die Großgrundbesitzer (hier waren auch „eigenberechtigte" Frauen wahlberechtigt) 15 Abgeordnete. Die Städte und Handelskammern, in Wahlkreisen von drei bis sechs Gemeinden

Österreich (1848—1919)

929

zusammengefaßt, wählten 28 Abgeordnete und das in Gruppen von zwei bis acht Landbezirken zu Wahlkreisen geordnete flache Land 20 Abgeordnete. Uberall wurde ein Abgeordneter je Wahlkreis gewählt, nur im Wahlkreis Wien-Innenstadt fünf, in drei Landwahlkreisen zwei Abgeordnete. Die Wahl fand öffentlich statt. In den Landwahlkreisen wurde indirekt durch Wahlmänner (einer auf 500 Einwohner) gewählt. Wahlberechtigt waren alle Gemeindebürger (d. h. Grundbesitzer, steuerzahlende Gewerbetreibende sowie besonders als Bürger Anerkannte) und überall war ein von Land zu Land verschiedener Steuerzensus (fünf bis zehn Gulden) vorgeschrieben. Damit wurde eine völlig ungleiche Repräsentation der Bevölkerung geschaffen. Das Überwiegen des Großgrundbesitzes und des Großbürgertums sollte garantiert werden. Die beabsichtigte konservative Wirkung ging allerdings nicht von allen Landtagen aus. In Böhmen, Mähren und Galizien wurden sie zum Schauplatz der Nationalitätenkämpfe um nationale Schulen, um Amts- und Gerichtssprache, um Beamtenstellen und um eine Verwaltungsgliederung nach nationalen Gesichtspunkten. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verknüpften sich diese Kämpfe mit dem Abstieg des Liberalismus. Obwohl er Zuzug aus Adel und Großgrundbesitz erhielt, wurde er durch die zunehmende politische Beteiligung des Kleinbürgertums, freisinniger Schichten und der Arbeiterschaft, die vor allem der ChristlichSozialen Partei und der Sozialdemokratie zugute kam, geschwächt. In den Ländern wurde das Februarpatent wirksam. Im April 1861 trat der engere Reichsrat erstmals zusammen, doch blieben ihm die italienischen und tschechischen Abgeordneten fern. Auch der Gesamtreichsrat kam nicht zustande, weil die ungarischen Länder hartnäckig die Wahl von Repräsentanten verweigerten (nur Siebenbürgen war 1863 zeitweise durch 19 deutsche Abgeordnete vertreten). Der ungarische Landtag verlangte die Rückkehr zum Zustand von 1847/1848 und wandte sich scharf gegen jede Verfassung, die eine Gesetzgebung fremder Abgeordneter (im Gesamtreichsrat) über die ungarischen Länder erlaubte. Die kaiserliche Regierung konnte schon um ihrer Stellung in Deutschland willen — dort wünschte sie keine direkte Wahl — das mögliche Druckmittel nicht anwenden, nämlich die ungarischen Reichsratsvertreter direkt wählen zu lassen. So mußten 1865 Kompromißverhandlungen mit den Ungarn begonnen werden. Das Februarpatent wurde am 20. September 1865 sistiert, während die Landesordnungen in Kraft blieben. Die Niederlage im Krieg gegen Preußen von 1866 entschied den Kampf um die Vormachtstellung in Deutschland und schaltete Österreich aus der deutschen Nationalstaatsbildung aus. Die Deutschen in 59

Sternberger-Vogel, Parlamente 1,2

930

Verfassung und Wahlrecht von 1867

Österreich und die kaiserliche Regierung waren eines entscheidenden politischen Rückhalts beraubt. Der Kaiser war genötigt, auf die ungarischen Forderungen einzugehen. Der „Ausgleich" mit Ungarn von 1867 begründet den Dualismus eines cisleithanischen (Österreich, Böhmen, Galizien) und eines transleithanischen Reichsteiles (Ungarn, Kroatien, Siebenbürgen). Staatsrechtlich handelte es sich fast um eine Personalunion in der Person des „Kaisers und Königs", erweitert um einige zusätzliche Realunionen (Außenpolitik, Militär und gemeinsame Finanzen). Ein gemeinsamer Ministerrat und ein Gremium von Delegationen aus den Parlamenten beider Reichshälften beschlossen über diese gemeinsamen Fragen. Gesetzgeber war der Kaiser nur noch in beiden Teilen getrennt, jeweils mit dem ungarischen Reichstag und dem österreichischen Reichsrat zusammen. Durch eine Änderung des Reichsratsgesetzes und einiger weiterer Gesetze von 1861, die zusammen mit dem Februarpatent als „Staatsgrundgesetze" bezeichnet wurden, schuf der Kaiser eine neue Verfassungsordnung für die westliche Reichshälfte. Der engere Reichsrat bestand als Parlament dieser Gebiete weiter, daher stammt die dauernde Benennung des Hauses. Wie schon im Februar 1861 geplant, wurde ein Herrenhaus — in der bisherigen Zusammensetzung — und ein Abgeordnetenhaus eingerichtet. Es umfaßte jetzt, ohne die ungarischen Vertreter, nur 203 Abgeordnete aus indirekter Wahl der Landtage. Die Kompetenzen blieben unverändert, sie wurden nur zwischen Reichsrat und Landtagen genauer abgegrenzt. Diese Verfassung, eine Kompilation mehrerer kaiserlicher Gesetze aus verschiedenen Jahren (1860, 1861, 1867), bestand bis 1918; nur das Wahlrecht war noch wesentlichen Änderungen unterworfen. Die auf Grund der Dezemberverfassung von 1867 angeordnete neue Reichsratswahl scheiterte teilweise. In Böhmen verweigerte der mehrheitlich tschechische Landtag die Wahl, weil er eine ähnliche Position für die „böhmische Nation" verlangte, wie sie Ungarn erreicht hatte. Bei dieser Abstinenz blieben die Tschechen bis 1878. Die Forderung war zugleich von nationaler Bedeutung, weil dadurch die deutsche Bevölkerung in Böhmen von den Tschechen majorisiert werden konnte. Deshalb weigerte sich die Reichsregierung, solche Konzessionen zu machen, zumal die Konservativen und deutschen Liberalen, die die Regierung unterstützten, auf die Vorrangstellung der deutschen Nationalität drangen. So machte die Regierung von der Möglichkeit des Wahlgesetzes Gebrauch und ließ 1870 in Böhmen direkt wählen. Konsequenterweise konnte danach das direkte Wahlrecht nicht mehr lange verweigert werden. Es wurde 1873 für die drei ersten Kurien eingeführt, nur die Landbezirke wählten noch durch Wahlmänner. Aber

Österreich (1848—1918)

931

auch in dieser vierten Kurie gab es jetzt Wahlkreise; eine Wahl durch den Landtag erfolgte nicht mehr. Die Abgeordneten wurden mit absoluter Mehrheit in Einerwahlkreisen gewählt. Die Mandatszahlen wurden fest auf die Länder und in den Ländern auf die Kurien verteilt (s. Tab. A 2), so daß die Repräsentation und der Stimmenwert regional unterschiedlich blieb. Für eine Wahlperiode von sechs Jahren wurden 353 Abgeordnete (statt 203) bestellt. Die vier Landtagswahlkurien kamen als Wählerklassen ins Reichsratswahlrecht, die Wahlberechtigten wählten in ihren Kurien. Das beschränkte aktive und passive Wahlrecht blieb bestehen. So waren 1873 von rund 20,55 Mill. Einwohnern im Wahlalter rund 1,2 Millionen ( = 17,1 % ) wahlberechtigt. An wenigen Ziffern läßt sich die Ungleichheit der Wahl ablesen: 1873 wählten in ihren Klassen 4931 Großgrundbesitzer 85 Abgeordnete (ein Abg. auf 59 Wähler), 499 Handelskammermitglieder 21 Abgeordnete (ein Abg. auf 23 Wähler), 186 323 städtische Wahlberechtigte 118 Abgeordnete (ein Abg. auf 158 Wähler) und in den Landgemeinden 1 062 259 Wähler indirekt 129 Abgeordnete (ein Abg. auf 8400 Wähler). Das Ubergewicht des konservativen, adeligen und großbürgerlichen Besitzes und der wirtschaftlich maßgebenden Schichten tritt deutlich hervor. Die Einführung der direkten Wahl förderte zusammen mit dem neuen Vereinsgesetz von 1867 die Entstehung von Parteien, die zunächst lokal und nach dem Honoratiorenprinzip organisiert waren. Im Reichsrat fanden sidi die Abgeordneten getrennt nach Nationalitäten zu Klubs (Fraktionen) zusammen, nur der Zusammenhalt der Deutschen lockerte sich früh. Die nationale Gruppenbildung im Parlament Schloß aber differenzierende Parteibildung im Lande nicht aus, sie wurde im Gegenteil zum Ende des Jahrhunderts die Regel. Bis 1878 besaßen die deutschen Liberalen wegen der Abstinenz der Tschechen die absolute Mehrheit im Reichsrat; daneben hatten noch konservative und gemäßigte liberale Großgrundbesitzer politischen Einfluß. Angesichts der Verschärfung der nationalen Auseinandersetzungen leitete die Regierung des Grafen Taaffe eine Politik der Verständigung vor allem mit Polen und Tschechen ein. Als daraufhin die tschechischen Vertreter ins Parlament eintraten, kam es zu einer neuen Konstellation im Reichsrat. Taaffe fand für seine Regierung die parlamentarische Unterstützung der nichtdeutschen Nationalitäten, die mit Unterbrechungen bis in die neunziger Jahre andauerte. Das Parlament war allerdings zunehmend von der Unfähigkeit der Parteien zur Mehrheitsbildung gekennzeichnet. Da unter den bestehenden Nationalitätsverhältnissen keine Partei je Aussicht hatte, die Majorität zu erlangen, mußte sich jede Regierung ihre Mehrheit erst durch Verhandlungen suchen. Infolgedessen wurde die Innenpolitik vom Aushan-

932

Wahlreformen von Taaffe, Badeni und Beck

dein nationaler und sozialer politischer Konzessionen bestimmt, oder es mußte auf den Ausnahmeparagraphen zurückgegriffen werden, wenn eine Einigung im Reichsrat scheiterte. In dieser Zeit wurde die Tradition langer, fast endloser Parteiverhandlungen in der österreichischen Innenpolitik begründet, und es entstand die Neigung, bei unüberbrückbaren Gegensätzen mit dem Ausnahmeparagraphen zu regieren. Da sich dieses Verfahren bewährte, wurde es als legal akzeptiert. Die Reichsverfassung von 1867 hatte in ihrem § 14 der Regierung ein Notverordnungsrecht verliehen für den Fall, daß der Reichsrat nicht versammelt war. Angesichts der permanenten parlamentarischen Schwierigkeiten wurde dieser Paragraph häufig zum rettenden Ausweg, teilweise durch willkürliche Schließung der Sitzungsperioden des Reichsrats. Die Ausbreitung des allgemeinen Wahlrechts war eine wesentliche Streitfrage in den politischen Auseinandersetzungen. Von einer Ausdehnung hing der zunehmende Einfluß der tschechischen Gruppen ab, die in Böhmen sehr häufig die Mittel- und Unterschicht der Bevölkerung bildeten, während die Deutschen noch die wirtschaftlich maßgebende Schicht waren. Von einer Begrenzung hing andererseits der Schutz der Deutschen ab, die in Böhmen in die Minoritätsstellung zu geraten begannen. Als Ministerpräsident Graf Taaffe darum die Verständigung mit den slawischen Parteien suchte, bedeutete das eine Schwächung der bisher dominierenden Deutsch-Liberalen. Der Zensus wurde jetzt generell von zehn auf fünf Gulden herabgesetzt (1882). Die nationalen Kämpfe verschärften sich, weil sich die Jungtschechen und die Christlich-Soziale Partei durch den niedrigeren Zensus bei den Wahlen erheblich verstärkten. Selbstverständlich griffen dadurch die sozialen Gegensätze und Spannungen stärker auf die Reichspolitik über, denn die Situation des Kleinbürgertums zwischen wirtschaftlicher Aufstiegschance und Existenzbedrohung in der industriellen Entwicklung führte zu einem sozialen Sicherheitsbedürfnis, das Restriktionen gegen andere Schichten und Nationalitäten verlangte. Das allgemeine Wahlrecht für Männer wurde durch die Wahlreform von 1897 weitgehend erreicht, die der Ministerpräsident Badeni als Konzession unter dem öffentlichen Druck der Sozialdemokraten erließ. Teilweise kam diese Reform auch den Minoritäten zugute, die in den wirtschaftlichen Oberschichten schlecht vertreten waren. Da die Ungleichheit der Wahl aber weiter bestand, konnte die Sozialdemokratie zunächst nur geringen Nutzen aus der Reform ziehen. Das Gesetz vom 14. Juni 1897 führte eine neue fünfte Wählerklasse ein, in der alle männlichen Staatsbürger stimmberechtigt waren, auch jene, die ohnehin in anderen Klassen wählten. Durch diese Wähler-

Österreich (1848—1918)

933

klasse sollten 72 Mandate besetzt werden, um die der Reichsrat verstärkt wurde. 3,1 Millionen Wähler gaben 1897 in der fünften Klasse ihre Stimme ab, ein Abgeordneter kam auf 69 697 Stimmen. Somit waren die politischen Wirkungen der Reform begrenzt. Allerdings zeigte sich jetzt eine zunehmende Zersplitterung der Nationalitäten in weltanschauliche Parteien. Die Koalition Taaffe war stufenweise bis zur Badenischen Reform zerfallen. Da Badeni zugleich eine sehr umstrittene Neuregelung der Sprachenfrage verwirklichte (1897), die vor allem in Böhmen zu starken Spannungen führte, wurde das Parlament durch die Obstruktion der unzufriedenen deutschen Fraktionen lahmgelegt. Umgekehrt übten nach der Aufhebung der Badenischen Reform 1899 die Tschechen ungehemmte Obstruktion. Dadurch war das Parlament jahrelang nicht ausreichend arbeitsfähig, feste Majoritäten kamen nicht mehr zustande, keine Regierung konnte lange auf die Unterstützung irgendeiner Fraktion rechnen, und oft wurde mit dem Notparagraphen regiert. Lediglich der polnische Klub konnte seine Geschlossenheit erhalten und wurde zum Vermittler zwischen liberalen und konservativen Gruppen, zwischen Deutschen und Tschechen, zwischen Regierung und Fraktionen, und konnte durch diese Vermittlung bedeutenden innenpolitischen Einfluß gewinnen. Den entscheidenden Einschnitt brachte die Wahlreform des Ministerpräsidenten Beck von 1907. Die Wählerklassen wurden jetzt für die Reichsratswahl abgeschafft, das allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahlrecht in Einerwahlkreisen mit absoluter Mehrheitsentscheidung eingeführt. Nur in Galizien wurden zwei Abgeordnete pro Wahlkreis gewählt. Dies war eine Konzession an die polnische Gruppe. Solche Zugeständnisse mußten auch an die anderen nationalen Gruppen gemacht werden. Die Deutschen verlangten und erhielten die Vorschrift, daß das Gesetz nur durch ein hohes Quorum wieder geändert werden konnte, die Tschechen wurden durch die Erhöhung der Sitzzahl auf 516 gewonnen. Da die Deutschen eine Verteilung der Sitze nach Steuerleistung, die Tschechen, die den unteren Bevölkerungsschichten mehr verpflichtet waren, eine solche nach Kopfzahl verlangten, wurde ein Kompromiß geschlossen: Die Sitze wurden auf die einzelnen Länder in unterschiedlichem Verhältnis verteilt, so daß die Deutschen rund 45 °/o, die Tschechen rund 21 % , die Polen rund 16 °/o, die übrigen Nationalitäten rund 1 8 % der Abgeordnetensitze besetzten. Die Wahlkreiseinteilung wurde 1907 noch durch Gesichtspunkte der Nationalität und der sozialen Schichtung bestimmt. Zugleich mit der Reichsratswahl wurde auch das Herrenhaus derart reformiert, daß die Zahl der vom Kaiser auf Lebenszeit zu berufenden Mitglieder auf höchstens 170, mindestens 150 festgelegt wurde.

934

Parteien und Wahlrecht bis zur Revolution von 1918

Damit wollte man der Möglichkeit eines Pairssdiubs vorbeugen und der Regierung ein eventuelles Druckmittel nehmen. Nach dem Zerfall der Koalition Taaifes hatten die Regierungen mit den zersplitterten deutschen Parteien zu regieren versucht, vor allem mit den Christlich-Sozialen. Die Sprachenregelung Badenis führte aber alle deutschen Parteien 1897 zur schärfsten Opposition. Sie übten Obstruktion, um die Aufhebung der Verordnung zu erzwingen, die die anderen Nationalitäten den Deutschen gleichstellte. Durch die Aufhebung 1899 wurde allerdings nichts gewonnen, denn jetzt übten die Tschechen Obstruktion, und eine Mehrheit vermochten die deutschen Parteien nicht mehr zu bilden. Die Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts (1907) brachte weitgehende politische Verschiebungen (s. Tab. A 4). Die Christlich-Sozialen wurden die stärkste Partei (96 Sitze), gefolgt von den Sozialdemokraten mit 87 Mandaten. Mit den Christlich-Sozialen hatten sich die Deutsch-Konservativen verbunden. Der deutsche Liberalismus wurde völlig dezimiert, die Deutsch-Liberale Partei verschwand aus dem Reichsrat. Bei den Tschechen setzten sich die liberalen Agrarier durch, die drittstärkste Partei im Reichsrat wurden (28 Sitze), gefolgt von den Jungtschechen und den katholischen Agrariern. Der Polenklub zerfiel vollständig in Einzelparteien, wahrte aber noch einen parlamentarischen Zusammenhalt. Auch die übrigen nationalen Gruppen zerfielen jetzt mindestens in die Vertreter einer konservativen und einer liberalen Richtung. Durch diese Entwicklung wurde die parlamentarische Lage noch verwirrter, die Gegensätze verschärften sich, eine Mehrheitsbildung wurde weiter erschwert. Im letzten Reichsrat von 1911 gab es 37 Fraktionen, die sich zu zwölf lockeren, zumeist nationalen Klubs formierten. Unter diesen Umständen kam das konstitutionelle Regierungssystem, das Österreich de jure besaß, nie zu voller Wirkung. An eine Einführung des Systems parlamentarischer Regierung mit Bestellung der Regierung durch den Reichsrat und ihrer Abhängigkeit vom Parlament war unter den parlamentarischen Verhältnissen — von konservativen Widerständen ganz abgesehen — nicht zu denken. Immerhin hatte die Wahlreform von 1907 eine gerechtere Repräsentation ermöglicht, Großgrundbesitz und städtisches Großbürgertum hatten ihren Einfluß weitgehend eingebüßt. Die nationalen Kämpfe behinderten aber weiterhin das parlamentarische Leben bis 1914 und bildeten eine Belastung für den Staat. Keine der Nationalitäten stellte aber bis 1918 die Existenz des Reiches als Ganzes in Frage. Man beschränkte sich auf die Forderung nach Autonomie und Gleichstellung mit Ungarn und diskutierte Umbaupläne für die Monarchie.

Österreich (1848—1918)

935

Ohne den Ersten Weltkrieg, der die parlamentarische Krise überdeckte, wäre die Vielvölkermonarchie so rasch kaum am Nationalitätenproblem zerbrochen. Aber auch die Parteien konnten das Nationalitätenproblem nicht lösen, das ein modernes politisches Leben, das Prinzip der Volkssouveränität und der parlamentarischen Regierung damals nicht zuließ. Die Parteien vermochten den Staat nicht aus seiner Strukturkrise zu führen. Dementsprediend gering war letztlich ihr Einfluß und der des Reichsrats in der alten Monarchie. Als sich Ende 1918 die Niederlage Österreich-Ungarns abzeichnete, begannen die separatistischen Vorstellungen emigrierter Nationalitätenführer Anhang zu finden. Jetzt kapitulierte die Monarchie sehr rasch. Um der Unruhe der Nationalitäten vorzubeugen, erließ Kaiser Karl I. am 16. Oktober 1918 ein Manifest, das den Nationalitäten gestattete, eigene Staatswesen im Verbände der Monarchie zu bilden. Auch den deutschen Gebieten stand der Weg zu einem gemeinsamen Bundesstaat frei. Am 21. Oktober 1918 traten daher in Wien die zuletzt 1911 gewählten deutschen Reichsratsabgeordneten entsprechend dem Manifest als „Provisorische Nationalversammlung" für „Deutsch-Österreich" zusammen. Die 208 Vertreter wählten einen zwanzigköpfigen Vollzugsausschuß, der in den letzten Tagen der Monarchie neben der kaiserlichen Regierung amtierte. Diese mußte am 27. Oktober 1918 den Alliierten einen Separatfrieden anbieten. Damit begann die Auflösung des Habsburger Reiches. Die deutschen Parteien wurden jetzt für die deutschsprachigen Gebiete unerwartet rasch zum entscheidenden politischen Faktor. Die meisten Gruppen waren darauf nicht vorbereitet. So hielten die Christlich-Sozialen bis zum Schluß an der Monarchie fest. Nur die Sozialdemokraten verfügten über ein festes Zukunftsprogramm für eine proletarische Republik und für den Anschluß Österreichs an Deutschland, den audi die deutschnationalen Vertreter verlangten. Das Programm der Sozialdemokraten ließ sich im Augenblick nicht realisieren. Die übrigen Nationalitäten der Monarchie benutzten den militärischen Zusammenbrach und das kaiserliche Manifest, um sehr rasch ihre völlige staatliche Selbständigkeit herbeizuführen. Die kaiserliche Regierung verlor allen Einfluß, die deutschen Parteien in der Provisorischen Nationalversammlung mußten die Unabhängigkeitserklärungen der Tschechen und der Jugoslawen anerkennen. Zugleich übernahmen überall revolutionäre Arbeiterund Soldatenräte die Macht. In Deutsch-Österreich bildeten sich viele Volksräte, die Nationalversammlung und ihr Vollzugsausschuß begannen selbständig zu arbeiten. Nach der Kapitulation der österreichischen Truppen zog sich Kaiser Karl I. in einem Manifest (11.November 1918) von den Staatsgeschäf-

936

Friedensvertrag und Nationalversammlung 1919

ten zurück und entließ seine letzte Regierung. Einen Thronverzicht sprach er aber nicht aus. Mit dem Rücktritt des Kaisers war der Weg zu einer neuen politisdien Ordnung in den deutschen Gebieten der Monarchie frei, die jetzt keine Rücksicht mehr auf Nationalitätenfragen zu nehmen hatte. Mit der Anerkennung der tschechoslowakischen, ungarischen und jugoslawischen Unabhängigkeit hörte das Kaiserreich Österreich-Ungarn zu bestehen auf. Die Nationalversammlung erklärte die deutschen Gebiete am 12. November 1918 zur demokratischen Republik. Da die alten Kronländer intakt geblieben waren und ihre politisdien Institutionen behielten, wurden deren Beitrittserklärungen zur Republik eingeholt. Der Vollzugsausschuß wurde im Laufe der Entwicklung zum Staatsrat erhoben, der Exekutive und Vertretung der Republik nach außen vereinigte. Ihm gehörte der Staatskanzler als Sekretär und Leiter der Exekutive an, der mit den Staatssekretären die Ministerien leitete. Bei dieser Versammlungsregierung durdi einen Ausschuß besaß die Versammlung selbst nur akklamative Bedeutung; die Entscheidungen wurden im Staatsrat diskutiert und getroffen, in dem alle Parteien proportional vertreten waren. Im Laufe des Winter 1918/1919 nahmen die Volksräte immer mehr Einfluß auf die Politik und übten in manchen Verwaltungszweigen willkürlichen Druck aus. Sie wurden unterstützt von der radikal links orientierten „Volkswehr". Diese konnte erst nach mehreren erfolglosen Aufständen 1919 von den Sozialdemokraten unter Kontrolle gebracht werden. Die Arbeiterräte wurden im Sommer 1919 in dem harten Konflikt zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten aufgerieben, der durch das mögliche Ubergreifen der ungarischen Räterevolution zeitweise die Republik gefährdete. Die Provisorische Nationalversammlung hatte noch im November 1918 Wahlen zu einer verfassunggebenden Nationalversammlung ausgeschrieben. Die Wahl erfolgte nach allgemeinem, gleichem und direktem Wahlrecht für Männer und Frauen über 20 Jahren nadi dem neu eingeführten Proporzsystem (s. u.). Wählbar war jeder wahlberechtigte Österreicher über 24 Jahren. Das Verhältniswahlsystem setzte sich unumstritten durch; die angestrebte Wahlpflicht dagegen wurde von den Sozialisten abgelehnt, weil sie ein Ubergewicht unpolitischer bürgerlicher Wähler befürchteten. Nur in einzelnen Bundesländern wurde die Wahlpflicht vorgeschrieben (Kärnten, Tirol, Vorarlberg). Nicht alle deutschen Siedlungsgebiete der Monarchie, die man im Staate Deutsch-Österreich zusammenfassen wollte, konnten wie vor-

Österreich (Erste Republik)

937

gesehen an den Wahlen teilnehmen und dadurch ihre Zugehörigkeit bekunden. Südtirol und Südsteiermark waren von fremden Truppen besetzt, ihre Zukunft war ungewiß. Ihre Vertreter wurden von der Nationalversammlung ernannt. In den deutschen Gebieten in Böhmen waren zugleich mit der Revolution zwei eigene Bundesländer Sudetenland und Deutschböhmen konstituiert worden, die den Anschluß an Deutsch-Österreich erklärten. Ihnen waren in 13 Wahlkreisen bereits 85 Mandate zugedacht worden. Diese Länder gerieten jedoch in eine unhaltbare Lage, weil die Tschechen das Gebiet für ihren historischen Nationalstaat beanspruchten. Sie besetzten das Land, die deutschen Landesregierungen wurden vertrieben, alle Anschlußregungen mit Gewalt unterdrückt, der die österreichische Regierung nicht entgegentreten konnte. Die Wahlen zur Nationalversammlung fanden hier gar nicht mehr statt. Der Friedensvertrag von St. Germain, den Österreich am 10. September 1919 akzeptieren mußte, bestätigte die Zugehörigkeit der Sudetenländer zur Tschechoslowakei. Audi Südtirol blieb bei Italien, obwohl das Land Tirol durch Erklärung seiner Unabhängigkeit von Österreich oder durch den Anschluß an Deutschland seine Einheit zu retten suchte. Vorarlberg zeigte ebenfalls längere Zeit Neigung zum Anschluß an die Schweiz. Die Südsteiermark um Marburg an der Drau kam zu Jugoslawien. In Kärnten konnte eine jugoslawische Besatzung durch bewaffneten Widerstand zurückgedrängt und in der Volksabstimmung 1920 die Zugehörigkeit zu Österreich durchgesetzt werden. Der deutschsprachige Teil Westungarns gelangte 1921 auf Grund des Friedensvertrages an Österreich und bildete das selbständige Bundesland „Burgenland". Die Nationalversammlung von 1919 stand vor der Aufgabe, einem Gebiet eine Verfassung zu geben, dessen Zukunft in den Verhandlungen der Großmächte unentschieden, dessen Grenzen bis zum Friedensvertrag unklar waren und dessen politische Verfassungsordnung heftigem Widerstreit ausgesetzt war. Am 16. Februar 1919 wurden 72 Sozialisten, 69 Christlich-Soziale, 26 Vertreter der deutschnationalen Parteien, ein Tscheche, ein bürgerlicher Demokrat und ein Zionist in die Versammlung gewählt. Dazu kamen elf ernannte Vertreter für Südsteiermark und Südtirol, so daß sich eine Gesamtzahl von 170 Abgeordneten ergab. Auf die Ernennung der restlichen 85 Abgeordneten für die böhmischen Gebiete wurde verzichtet. Der bisherige sozialdemokratische Staatskanzler Renner bildete die Regierung, zu der die beiden größten Parteien in eine Koalition zusammentraten. Beide mußten allerdings einen verzichtreichen Kompromiß schließen. Die Sozialdemokraten hielten trotz heftiger innerer

938

Verfassung und Wahlrecht von 1920

Auseinandersetzungen immer noch am Ziel der proletarisdien Revolution fest. Angesichts des hartnäckigen Widerstandes der Bauernschaft konnten sie aber kaum auf Erfolg rechnen. Unter Führung von Karl Renner und Otto Bauer schlugen die Sozialisten deshalb zunächst einen völlig realpolitischen Kurs ein, so daß eine ganze Anzahl wichtiger sozialpolitischer Reformen verwirklicht werden konnte. Die Christlich-Soziale Partei, die sidi weitgehend auf Bauernschaft und Bürgertum stützte, mußte sich vor allem unter dem Druck der Sozialisten zu Abstrichen an ihrem Programm der wirtschaftlichen Sanierung und der Schulpolitik bereitfinden. Zunächst war die Frage der Staatsform zu klären. Der Beschluß zur Proklamation der Republik wurde bestätigt. Der frühere Kaiser lebte noch im Lande; die monarchischen Sympathien der Bevölkerung waren zwar stark gesunken, aber immer noch vorhanden. Sie wurden als Gefahr empfunden, und darum wurde Kaiser Karl I. 1919 aus Österreich ausgewiesen, das Vermögen des Hauses Habsburg vor allem auf Betreiben der SPÖ konfisziert. Nach Österreich durften nur Habsburger zurückkehren, die ausdrücklich den Verzicht auf eventuelle Thronansprüche aussprachen. Offen blieb zunächst auch der Anschluß an Deutschland. In der Revolutionszeit 1919 gewann diese Idee viele Anhänger. Der Vertrag von St. Germain verbot aber den Anschluß ausdrücklich. Er verpflichtete die Republik, sich lediglich „Österreich" zu nennen. Die schwierige innere Lage, vor allem die hoffnungslose Wirtschafts- und Finanzsituation, veranlaßte die Sozialisten, eine Verbesserung des Schicksals der Österreicher und vor allem der Arbeiter nur in einem Anschluß an das Deutsche Reich zu sehen. Die Deutschnationalen, die sich mit der Bauernpartei zur Großdeutschen Vereinigung zusammengeschlossen hatten, agitierten selbstverständlich aus nationalistischen Motiven für den Anschluß. Dagegen hielten sich die Christlich-Sozialen zurück und stellten sich auf den Boden der Tatsachen. Noch 1920 kam es in einzelnen Bundesländern zu Volksabstimmungen; jeweils weit über 90 % der Bevölkerung befürworteten den Anschluß. Diese Stimmung bildete eine der schwersten Belastungen der Republik, weil sie Abneigung gegen die Selbständigkeit Österreichs und Mißtrauen gegen den Staat lebendig erhielt. Die Bundesverfassung mußte zunächst nicht nur im Streit der Parteien, sondern auch der Bundesländer erkämpft werden. Diese verlangten ein starkes Mitspracherecht, das die meist zentralistisch eingestellten Sozialisten in der Wiener Regierung nicht zugestehen wollten. Ein Teil der Bundesländer wurde ausschließlich von den Christlich-Sozialen regiert, die auf diese Weise alle Hoffnungen der Sozialisten auf Durchsetzung ihres sozialistischen Programms zunichte

Österreich (Erste Republik)

939

machen konnten. Diese christlich-sozialen Kräfte standen aber audi ihren eigenen Führern in Wien gegenüber, die aus Gründen der wirtschaftlichen Sanierung eine stärkere zentralistische Verfassung anstrebten. Am 1. Oktober 1920 trat die neue Verfassung in Kraft, die nach 1945 wieder aufgenommen wurde und die heutig gültige Verfassung darstellt. Sie bestätigte das bundesstaatliche Prinzip. An der Spitze des Staates steht der Bundespräsident, auf vier Jahre mit absoluter Mehrheit von der Bundesversammlung zu wählen (1920—1929). Er muß mindestens 35 Jahre alt sein und hatte zunächst nur repräsentative Aufgaben. Die Bundesversammlung setzt sich aus den beiden legislativen Organen, dem Nationalrat und dem Bundesrat zusammen. Der Bundesrat bildet die Vertretung der Bundesländer und hat rechtlich eine schwache Stellung. Er besteht aus 50 Mitgliedern, die die Länder proportional ihrer Bevölkerungsstärke delegieren (mindestens aber drei Vertreter) und die von den Landtagen gewählt werden. Gesetzesinitiativen kann der Bundesrat nur über die Bundesregierung einbringen; gegen Gesetzesbeschlüsse besitzt er ein suspensives Veto, das der Nationalrat als ausschlaggebendes Organ und eigentliche Volksvertretung überstimmen kann. Die schwache Stellung des Bundesrates spiegelt nicht das Gewicht der Länder in der österreichischen Verfassungswirklichkeit wieder; die alte Landestradition ließ ein starkes Eigenbewußtsein weiterleben, das sich gegenüber der Zentrale bemerkbar macht und über die internen Einflüsse in den jeweiligen Regierungsparteien auch die Bundesregierung zu beeinflussen vermag. Der Nationalrat besteht aus 165 Abgeordneten. Er beschließt Gesetze mit einfacher Mehrheit, wobei die Anwesenheit von einem Drittel der Abgeordneten vorgeschrieben ist. Verfassungsgesetze und Verfassungsänderungen bedürfen der Zweidrittelmehrheit und der Anwesenheit der Hälfte der Abgeordneten. Dieses Anwesenheitsquorum gilt auch für die Mißtrauensvoten, die Überstimmung des Bundesrates und Anklagen gegen die Bundesregierung. Die Bundesregierung ist dem Nationalrat verantwortlich, der die ganze Regierung, wie auch einzelne Minister durch Mißtrauensvotum stürzen kann. Die Bundesregierung mußte 1920—1929 noch vom Nationalrat gewählt werden, und zwar auf Grund eines Gesamtvorschlages, den der Hauptausschuß des Nationalrates zu erstellen hatte. Die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern wurde zwar genau geregelt und brachte dem Bund Vorteile; aber die Bestimmungen konnten 1920 zunächst nicht rechtskräftig werden, weil der

940

Wahlrecht und Wahlsystem 1920/1923

Erlaß mehrerer Ausführungsgesetze zur Bedingung gemacht war. Sie kamen mit einer Ausnahme nicht zustande, so daß die Kompetenzverteilung erst 1925 in Kraft gesetzt wurde. Die Wahlen zum Nationalrat wurden durch die Verfassung und durch die Gesetze vom 20. Juli und 7. Dezember 1920 und 11. Juli 1923 geregelt. Wahlberechtigt waren in allgemeiner, gleicher, geheimer und direkter Wahl alle Österreicher über 20 Jahre (Stichtag 1. Januar jeden Jahres). Das passive Wahlrecht begann 1919 mit dem 29., ab 1923 mit dem 24. Lebensjahr. 1929 wurde das Alter für die Erlangung des aktiven Wahlrechts auf 21 Jahre, für die des passiven Wahlrechts wieder auf 29 Jahre erhöht. Die Legislaturperiode des Parlaments wurde 1920 auf drei Jahre, 1923 auf vier Jahre festgelegt. Neuwahlen sollten im letzten Jahr der Periode in der zweiten Oktoberhälfte stattfinden; dazu ist es aber nie gekommen, denn alle österreichischen Parlamente lösten sich bisher vorzeitig auf, wozu ihnen die Verfassung das Recht gibt. Wahlpflicht gab es nach den neuen Landeswahlgesetzen nur in Tirol und Vorarlberg. Zur Wahl der Nationalversammlung von 1919 wurde das Verhältniswahlsystem eingeführt. Das Staatsgebiet wurde in 25 Wahlkreise eingeteilt, deren Abgrenzung bis heute fast unverändert besteht. Die Zahl der Abgeordneten je Wahlkreis — 1919 noch starr — soll der Bevölkerungszahl entsprechend variabel sein. 1920 entfielen 155 von 170, ab 1923 alle 165 Mandate auf die Wahlkreise. Die Wahlbewerbung obliegt den „wahlwerbenden Parteien", eine Personengruppe von mindestens 200 Wählern je Wahlkreis, die eine unterscheidende Parteibezeichnung annimmt. Nach dieser Gesetzesdefinition sind Wahlpartei und politische Partei in Österreich rechtlich zu trennen, in der Praxis fallen sie verständlicherweise meist zusammen. Es könnte eine Partei mehrere Wahlparteien bilden, mehrere Parteien, aber auch parteilose Wahlberechtigte eine Wahlpartei ad hoc aufstellen. Das österreichische Wahlrecht forderte 1920 die starre Liste, auf der höchstens doppelt soviel Bewerber erscheinen können wie Abgeordnete im Wahlkreis zu wählen sind. Für die Wahl zur Nationalversammlung von 1919 war Listenverbindung erlaubt, sie wurde aber 1920 wieder abgeschafft. Die Ermittlung der Mandatsverteilung erfolgte 1919 allein nach dem d'Hondtschen Verfahren (-»- S. 48 f.). 1920 wurde die Verwertung der Reststimmen nach deutschem Beispiel ermöglicht und dazu ein zweites Ermittlungsverfahren eingeführt. Die erste Ermittlung der Stimmenverteilung und der Mandatsverteilung im Wahlkreis erfolgte audi 1920 nach d'Hondt, von 1923 an nach dem System HagenbadiBischoff (-»• S. 46). Für die zweite Ermittlung wurde immer das

Österreich (Erste Republik)

941

d'Hondtsche Verfahren angewendet. Zur Verwertung der Reststimmen hatte man 1920 ganz Österreich als einzigen Wahlkreisverband mit 15 zu verteilenden Sitzen bestimmt. Seit 1923 gibt es vier größere Wahlkreisverbände, in denen jene Mandate zugeteilt werden, die in der ersten Ermittlung nicht besetzt werden können. Wie die Mandate für die Reststimmen in den Parteien verwertet werden, ist im Prinzip freigestellt. Jede Partei kann im ^flskSkteisverband einen ergänzenden Hauptwahlvorschlag einreichen. Sie kann aber auch lediglich ihren Anspruch auf Reststimmenverwertung anmelden. In diesem Falle werden die von einer Partei errungenen Reststimmenmandate nach d'Hondt auf die Wahlkreislisten der Partei zugeteilt. Dort werden die bisher nicht gewählten nächsten Bewerber der Liste berücksichtigt. Parteien, die in keinem Wahlkreis ein Mandat in der ersten Ermittlung erhalten haben (Grundmandat), werden von der Reststimmen Verwertung ausgeschlossen. 1923 wurden für Männer und Frauen verschiedenfarbige Wahlumschläge vorgeschrieben, amtliche Stimmzettel gibt es erst seit 1959. Dieses Wahlverfahren ist heute noch, nach Unterbrechung von 1934 bis 1945 und mit einigen Ergänzungen, in Kraft. 1949 wurde die starre Liste durch eine lose gebundene ersetzt. Der Wähler kann auf jener Liste, der er seine Stimme gibt, Kandidaten streichen oder ihnen eine andere Reihenfolge geben. Lange Zeit warnten die Parteien einmütig die Wähler vor der Anwendung dieses Verfahrens; man gab vor, es führe zu ungültigen Stimmzetteln. Deshalb machte bis 1962 nur jeweils rund vier Prozent der Wähler von dieser Möglichkeit Gebrauch. Dabei veränderten vorwiegend Wähler der bürgerlichen Parteien ihre Stimmzettel. Die Folgen für Wahl oder Nichtwahl eines Bewerbers beschränkten sich in der Praxis auf wenige Fälle. Außer dieser Einführung der lose gebundenen Liste und der amtlichen Stimmzettel wurde nur 1949 das aktive Wahlalter auf 20 Jahre, das passive auf 26 Jahre, 1968 auf 19 bzw. 25 Jahre herabgesetzt. Schon die Nationalratswahlen 1920 und 1923 bestätigten eine grundlegende Voraussetzung des österreichischen politischen Lebens. Die Sozialdemokratische Partei hatte weitgehend die Arbeiterschaft, die Christlich-Soziale Partei weitgehend Bauern- und Bürgertum hinter sich. Daraus entstanden zwei Wählerblocks, die ihr Wahlverhalten nur wenig veränderten, so daß die Verschiebungen in den Stimmenund Mandatsziffern nur geringfügig waren. Beide Wählerblöcke haben sich im Kern bis heute erhalten. Den parteipolitischen und programmatischen Gegensätzen der Parteien lagen stets wirtschaftliche und soziale Gegensätze zugrunde, die einen tiefen, oft unüberbrückbaren Graben zwischen den beiden großen Parteien und ihren Wählern zogen.

942

Parteiensystem und Regierung / Verfassungsreform von 1929

A n diesen widerstreitenden Interessen zerbrach auch Mitte 1920 die große Koalition. Die wirtschaftliche Lage war durch die politische Isolierung des Staates katastrophal. Die industrielle Entwicklung stagnierte, die Staatsfinanzen waren durch Krieg, Friedensvertragsleistungen und Inflation völlig zerrüttet. Sie waren nur durch langfristige Auslandsanleihen zu sanieren, die 1922 und 1931 erlangt wurden, aber besonders 1922 zu harten Einschränkungen im Innern und einer internationalen politischen Aufsicht der Geldgeber über Banken und Staat führten. Unter diesen Umständen konnten die wirtschaftlichen Interessen und Bedürfnisse der Bevölkerung nicht befriedigt, die Wirtschaft nicht mit ausreichendem K a p i t a l ausgestattet werden. D i e sozialen Gegensätze mußten harte Formen annehmen. In der ständig kritischen L a g e konnte der Staat kaum Autorität gewinnen, weil im Grunde seine Lebensfähigkeit von seinen Bürgern bezweifelt wurde. Nach dem Bruch der großen Koalition gelang es nicht mehr, beide großen Parteien in eine Regierung zu bringen. Beide Seiten hatten nicht mehr die Maßnahmen des Partners decken wollen und um den E r f o l g bei den Wählern gefürchtet. Die Neuwahl 1920 brachte den Christlich-Sozialen Mandatsgewinne, aber nicht die Mehrheit. 79 Christlich-Soziale, 62 Sozialdemokraten, 18 Großdeutsche und ein bürgerlicher Demokrat wurden gewählt. Von da an wurde die S P Ö zur permanenten Opposition; ihre Neigung zur Regierungsbeteiligung war nicht groß und wurde von der C S P auch nicht erwidert. Ein permanentes Mißtrauen der Arbeiterschaft gegenüber dem S t a a t blieb deshalb bestehen. Andererseits wurde die C S P immer mehr zur staatstragenden Partei mit allen Gefahren und Autoritätsverlusten dieser Stellung; sie blieb bis 1938 an der Regierung. Einen gewichtigen, störenden Faktor in der Innenpolitik bildeten in der Ersten Republik die bewaffneten Verbände. Aus der Volkswehr, die während der Revolution Waffen erhalten hatte, entstand der straff geführte „Republikanische Schutzbund" (1924). Als Gegenbewegung und zur H i l f e in den Grenzkämpfen entstanden bewaffnete Verbände, unter denen neben vielen Traditions- und Schutzbünden die „ H e i m w e h r " besonderen innenpolitischen Einfluß gewann. Diese Blockbildung vertiefte erneut die politischen Gegensätze zwischen dem bürgerlichen und dem sozialistischen Lager. Nach einem Gerichtsurteil von 1927 k a m es zu schweren Zwischenfällen und Brandstiftung am Wiener Justizpalast. Als bewaffnete Demonstrationen des Schutzbundes folgten, unterdrückte sie der Polizeipräsident Schober mit Waffengewalt. Von nun an war das gegenseitige Mißtrauen unüberwindlich, jede Seite fürchtete Ubergriffe und Putsche der anderen,

Österreich (Erste Republik)

943

Zwischenfälle und Terrorakte nahmen zwischen 1930 und 1934 erheblich zu. Die mit Mißtrauen erfüllte innenpolitische Atmosphäre trug audi zur Krise des Parlamentarismus in Österreich bei. Diese wurde durch die Innenpolitik beschleunigt. Das Parlament war oft unentschlossen, Koalitionen bildeten nicht immer zuverlässige Mehrheiten, schwierige Fragen wurden auf die lange Bank geschoben, oder nur durch wechselseitiges Aushandeln von Konzessionen mit für alle Seiten unbefriedigenden Kompromissen gelöst. Von 1920 an arbeiteten zumeist Christlich-Soziale und Großdeutsche in Koalitionen zusammen. Unter dem einflußreichsten Führer der CSP, Ignaz Seipel, herrschte in seinen beiden Regierungsperioden 1922—1924 und 1925—1927 einigermaßen Stabilität. Ihm gelang die Sanierung von Währung und Staatshaushalt und auch eine leichte Wirtschaftserholung. Nach seinem Rücktritt 1928 folgte der Bruch der CSP mit den Großdeutschen. Diese fürchteten sich abzunutzen, zumal kleinere Parteien auch vom Wahlsystem leicht benachteiligt werden. Die großdeutsche Partei versuchte allein durch Sonderaktionen populär zu werden und stellte in Schober 1928 einen eigenen Präsidentschaftskandidaten gegen den Koalitionspartner CSP auf, dessen Kandidat Miklas nur knapp gewählt wurde. In dieser Situation wurde Schober zum starken Mann, der Christlich-Soziale und Großdeutsche noch einmal als Kanzler zusammenführte, aber durch eine Politik über die Parteien hinweg zur Abwertung des Parlaments beitrug. Er vollendete die Reform der Bundesverfassung. Die Verfassungsreform von 1929 verstärkte die Stellung des Bundespräsidenten. Er wurde von jetzt an durch das Volk gewählt (erstmals 1951 angewendet, da 1933 Verlängerung durch Parlamentsbeschluß, 1945 wegen der inneren Lage Wahl durch die Bundesversammlung) und besitzt das Recht, die Regierung zu ernennen, den Nationalrat aufzulösen und Notverordnungen zu erlassen. Der Nationalrat wurde in seinen Rechten eingeschränkt, indem für ihn bestimmte Sessionen festgesetzt wurden. Die Reform gab der Verfassung mehr präsidiale Züge, obwohl sie als Kompromiß der Parteien vor allem durch Schobers Geschick zustande kam. Trotzdem konnte die Reform die Krise von Parlament und Parteien nicht aufhalten. Die CSP allein konnte nicht regieren, da sie seit 1923 fortlaufend Mandatsverluste erlitten hatte (s. Tab. 5). Eine Wendung nach links war nicht populär, die CSP konnte sie wegen ihrer antimarxistischen Einstellung auch gar nicht vollziehen. So blieb nur der Versuch, die Rechte heranzuziehen. Seipels Experiment mit allen Rechtsgruppen 1927 eine Einheitsliste zu bilden, hatte Verluste ge-

944

Krise des Parteiensystems / Verfassung von 1934

bracht und die Zersplitterung der Rechten eingeleitet. Die Aktionen der CSP gegen Schober führten 1931 zu ihrer Wahlniederlage, so daß die SPÖ die an Mandaten stärkste Partei werden konnte. Die Heimwehr hatte jetzt eine eigene Liste aufgestellt und errang zehn Mandate, den Nationalsozialisten mißlang noch die Erringung eines Grundmandats. Da die Großdeutschen die Zusammenarbeit mit der CSP nicht mehr pflegten, wandte sich diese der Heimwehr zu, die sich inzwischen radikalisiert hatte. Der Kampf gegen den Parlamentarismus, die Parteien und für ein berufsständisches System waren die wichtigsten Programmpunkte der Heimwehr geworden, der Faschismus wirkte als Vorbild. Trotz der Gefahr eines Heimwehrputsches gelang den Christlich-Sozialen 1931 zunächst ein Zurückdrängen der radikalen Kräfte in der Heimwehr. Der gemeinsame Antimarxismus erwies sich in der Krise als wirksames Bindeglied, so daß die CSP von der Heimwehr unterstützt wurde. Außerdem schuf der — gescheiterte — Plan einer Zollunion mit Deutschland eine Welle neuer Anschlußhoffnungen und stärkte die Rechte. Als aber der radikalrevolutionäre Flügel der Heimwehr wieder hervortrat, zog sich die CSP zurück und versuchte, auf sich allein gestellt zu regieren. Die Linke beobachtete diese Entwicklung mit Mißtrauen, verhielt sich aber abwartend und wagte nie eine präventive Demonstration, die die bürgerlichen Gegner erwarteten. Die Internationalisierung der Wirtschafts- und Finanzprobleme des von der Wirtschaftskrise besonders schwer betroffenen Österreich zwangen zu einer Anlehnung an Italien. Als Engelbert Dollfuß 1932 das Kanzleramt übernahm, versuchte er zunächst die Ausschaltung der Heimwehr. Sie gelang nicht völlig, denn diese hatte sich Rückendeckung in Italien verschafft. Dollfuß vermochte aber auch mit dem arbeitsunfähigen Parlament die schwierige wirtschaftliche Lage nicht zu meistern. Häufig wurde nach den Notstandsbestimmungen der Verfassung, wo diese nicht zureichten, nach dem Ermächtigungsparagraphen des immer noch in Kraft befindlichen kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetz von 1917 gegriffen. Am 4. März 1933 machte sich der Nationalrat durch Rücktritt des Präsidiums handlungsunfähig, so daß keine Sitzung einberufen werden konnte. Dollfuß verhinderte auch einen Versuch dazu und schwenkte auf einen autoritären Kurs ein. Wegen seiner Anlehnung an Mussolini sah er sich dem Druck der Heimwehr ausgesetzt. Aber 1933 gab Dollfuß der Forderung auf Ausschaltung der Parteien noch nicht nach, obwohl ihn außer der CSP niemand unterstützte. Sich der Heimwehr mit Hilfe der Nationalsozialisten zu erwehren, die immer mehr das eigentliche „nationale Lager" hinter sich brachten,

Österreich (Erste Republik)

945

kam für Dollfuß nicht in Frage. Die Machtergreifung Hitlers in Deutschland hatte bei derSPÖ alleAnschlußneigungen erstickt, bei den Christlich-Sozialen aus konfessionellen Gründen stark vermindert. Bald unterstützte Mussolini, dessen Hilfe Dollfuß zur Regelung der Finanzprobleme brauchte, die Forderung nach Auflösung der Parteien, vor allem der Sozialdemokratie. Dollfuß sammelte aus den übrigen Schutzbünden zwar eine „Vaterländische Front" hinter der CSP, blieb aber immer auf die Heimwehr angewiesen. Anfang 1934 löste sich die politische Spannung in einem Versuch des Republikanischen Schutzbundes, der von der SPÖ-Führung nicht gebilligt worden war, durch eine präventive Revolte die Verbotsgefahr abzuwenden. Dollfuß unterdrückte den „ Februar-Aufstand" äußerst blutig und verbot die Sozialistische Partei. Jetzt war unter die stufenweise Überschreitung der Verfassung zugunsten einer autoritären Regierungsweise der Schlußpunkt gesetzt. Dollfuß' Stellung war gestärkt, der Führer der Heimwehr, Fürst Rüdiger Starhemberg, arbeitete mit Dollfuß zusammen und führte die Heimwehr in die Vaterländische Front, um damit die radikalen Elemente auszuschalten. Die Vaterländische Front sollte jetzt die einzige politische Organisation des Landes sein; so wollte es auch die neue Verfassung, die Dollfuß am 1. Mai 1934 unter Zuhilfenahme des kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetzes erließ, der aber verfassungsmäßige Legitimität fehlte. Die „Verfassung von 1934" führte den autoritären Ständestaat mit betonter Verankerung in zeitgebundenen Vorstellungen der katholischen Gesellschaftslehre ein. Die Anschlußidee wurde politisch zurückgedrängt, obwohl sie die Neigungen der Bevölkerung beherrschte. Da weder Wahlen stattfanden noch die Verfassung einer Abstimmung unterworfen wurde, waren Aussagen über die Einstellung der Bevölkerung unmöglich. Nach der Verfassung von 1934 gab es jetzt einen Staatsrat, vom Präsidenten auf zehn Jahre berufen, aus 40 bis 50 Mitgliedern, einen Bundeskulturrat aus in Wissenschaft, Kirche und Erziehungswesen zu wählenden Persönlichkeiten (auf sechs Jahre, vom 26. Lebensjahr an, 30 bis 40 Mitglieder), einen Bundeswirtschaftsrat, der die Berufsstände vertreten sollte (von den Berufsständen zu wählen, 70 bis 80 Mitglieder ab 26. Lebensjahr auf sechs Jahre) und der Länderrat, in den die Länder zwei Vertreter entsenden konnten, den Landeshauptmann und den Finanzreferenten der Landesregierung. Diese Räte sollten vorbereitende, gutachtende Organe des eigentlichen Parlamentes sein, konnten wie dieses aber nur auf Veranlassung der Regierung tätig werden. 60 Starnberger-Vogel, Parlamente 1,2

946

Politische Entwicklung 1934—1945

Der Bundestag sollte aus 59 von den Räten delegierten Mitgliedern bestehen (20 aus dem Staatsrat, zehn aus dem Bundeskulturrat, 20 aus dem Bundeswirtschaftsrat, neun aus dem Länderrat). Den Vorsitz führte der Präsident des Staatsrates. Der Bundestag hatte nur das Recht von Annahme oder Ablehnung der Vorlagen, es gab keine Verhandlungen, keine Debatte und kein Initiativrecht. Volksabstimmungen waren vorgesehen, der Bundespräsident wurde de facto völlig übergangen. Dieses Parlament benötigte kein Wahlrecht und führte praktisch nur ein Schattendasein, als es am 1. November 1934 erstmals berufen wurde. Die Berufung durch die Regierung erfolgte, weil die meisten Stände noch nicht in Tätigkeit getreten waren. Leben gewann diese Verfassung nie. Für den Übergang wurde ohnehin die volle Staatsgewalt der Regierung übertragen. Dollfuß erlebte den Beginn der ständischen Periode nicht mehr. Die Nationalsozialisten hatten immer stärker gegen Dollfuß agitiert, weil sie ihre Ausschaltung durch die ständische Verfassung befürchteten, in der nur noch die Christlich-Sozialen und die Heimwehr in der Vaterländischen Front zugelassen wurden. Einem gescheiterten Putschversuch der Nationalsozialisten am 25. Juli 1934 fiel Dollfuß zum Opfer. Die Nationalsozialisten wurden verboten und auf ihre schon lange bestehende Legion in Deutschland beschränkt bzw. in die Illegalität getrieben. Dollfuß' Nachfolger Kurt von Schuschnigg setzte die Politik seines Vorgängers fort. Gegenüber Deutschland hatte er durch die Distanzierung Hitlers von dem Putschversuch Spielraum gewonnen, auch lehnte er sich an Italien an. Bis 1936 gelang Schuschnigg langsam die Ausschaltung der alten Heimwehrführer; er bekam auch die Vaterländische Front in den Griff. Schon Dollfuß hatte allerdings auf einer schmalen und kaum legitimierten Basis gestanden, die Zurückdrängung der Heimwehr schmälerte diese Basis weiter. Schuschnigg war als Monarchist einem Anschluß ab- und einer Habsburger Restauration zugeneigt, konnte diese jedoch nicht riskieren. Er hatte sich der illegalen Aktionen der NSDAP zu erwehren und vermochte sich teilweise nur durch Polizeigewalt Autorität zu verschaffen. So stand er unter Druck von innen und außen, als Hitler sich 1938 entschloß, die österreichische Frage in seinem Sinne zu lösen. Der Kurswechsel Mussolinis seit 1936 hatte den Bundeskanzler inzwischen seines wichtigsten Verbündeten beraubt, als autoritäres Regime fand er auch im westlichen Ausland nicht genügend Unterstützung und mußte am 6. Februar 1938 versprechen, die österreichische NSDAP zu legalisieren und Nationalsozialisten ins Kabinett aufzunehmen. Damit schien eine Art Parteienkoalition wieder aufzuleben. Als er aber versuchte, durch eine Volksabstimmung für sich einen

Österreich (Erste Republik / Zweite Republik)

947

Vertrauensrückhalt in der Bevölkerung zu schaffen, nahm Hitler dies zum Anlaß, Österreich unter Druck zu setzen. Schuschnigg mußte zurücktreten. Seyß-Inquart übernahm die Regierung, während deutsche Truppen Österreichs Souveränität beendeten. Der Bundespräsident weigerte sich, den Anschluß an Deutschland zu proklamieren und trat zurück. Deshalb verkündete Hitler die Eingliederung, durch die Österreich bis 1945 dem Deutschen Reich einverleibt und gleichgeschaltet wurde. Parlamentarisches und politisches Leben gab es nicht mehr. Am 10. April 1938 fand eine Volksabstimmung über den Anschluß statt, die den Umständen entsprechend irreguläre Züge trug (97 °/o Ja-Stimmen); aber eine beträchtliche Mehrheit der Bevölkerung stimmte zweifellos dem lange ersehnten Schritt zu. Diese Zustimmung reduzierte sich jedoch rasch auf kritische Zurückhaltung, besonders seitens der Arbeiterschaft und kirchlich engagierter Bevölkerungsgruppen. Denn Österreich behielt keine eigenständige Stellung im Deutschen Reich; es wurde in seinem historischen und politischen Eigenleben eingeschränkt durch die zentralisierende Gleichschaltung und den Terror der Polizei. Die ehemaligen bürgerlichen und sozialistischen Parteiführer, die zumeist in Konzentrationslager verbracht wurden, verwarfen jetzt für die Zukunft jeden Gedanken an eine weitere staatliche Gemeinschaft mit Deutschland. Sie traten entschieden für die Unabhängigkeit ein, die Österreich bereits 1943 von den Kriegsgegnern Deutschlands versprochen wurde. Als am Ende des Krieges russische Truppen Wien besetzten, lebten zuerst die früheren politischen Parteien wieder auf. Am 27. April 1945 erließen die Kommunistische Partei, die Sozialistische Partei und die neugegründete „österreichische Volkspartei" (ÖVP) eine Proklamation, durch die der österreichische Staat wiederhergestellt wurde. KPÖ und SPÖ waren Wiedergründungen der jeweiligen alten Organisationen, die ÖVP stellte das Sammelbecken der bürgerlichen Kräfte dar mit der ehemaligen CSP als Stamm. Mit Zustimmung der russischen Besatzungsmacht wurde eine provisorische Regierung unter Karl Renner gebildet. Ihr gehörten vorwiegend Sozialisten und Kommunisten an, so daß sie bei den Westmächten und in dem von den Westmächten besetzten Westteil des Landes auf Widerstand stieß. Die von den Parteien neu gebildeten Landesregierungen nahmen sofort überall die politischen Aufgaben wahr. Gegenüber der herrschenden Befürchtung, die Wiener Regierung könnte ein Instrument der Kommunisten werden, gelang es Renner, die mißtrauischen Bundesländer von einer notwendigen Mitarbeit und Unterstützung für die Wiener Regierung zu überzeugen, der dann auch mehrere Minister aus der ÖVP beitraten.

948

Parteiensystem und Große Koalition

Vom September 1945 an begann in Wien ein Alliierter Kontrollrat der vier Besatzungmächte USA, Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich zu wirken, die Hauptstadt selbst erhielt Viermächteverwaltung. Die Regierung Renner wurde anerkannt und auch Renners Antrag auf Nationalratswahlen genehmigt. Die Proklamation der Parteien vom 27. April 1945 setzte die Verfassung von 1920 einschließlich der Revision von 1929 wieder in Kraft. Auch die Gesetzgebung wurde nach dem Stand vom 4. März 1933 wiederhergestellt, dem Tag der Ausschaltung des letzten gewählten Nationalrates. Infolgedessen kam ohne Änderung das alte Wahlsystem wieder zur Anwendung. Auch die Landtage wurden nach der Verfassung von 1920/1929 wieder errichtet. Bei den Wahlen vom November 1945 errang überraschend die ÖVP die absolute Mehrheit. Sie erhielt 85 Mandate vor 76 der Sozialisten und vier Sitzen der KPÖ. Vor den Wahlen war ein Erfolg der Kommunisten befürchtet worden, den audi die russische Besatzungsmacht wohl erwartet hatte. An einen größeren Einfluß oder eine Machtübernahme der Kommunisten war auf Grund dieses Ergebnisses nicht mehr zu denken, ihnen wurde lediglich ein Minister zugestanden. Zwei Versuche der KPÖ, durch Straßendemonstrationen und Streiks sich Macht zu erzwingen, wurden vereitelt. Die Parteien entschlossen sich angesichts der Lage des Landes zu einer Allparteienkoalition, um eine geschlossene Haltung des Staates gegenüber den Besatzungsmächten zu gewinnen. Zum Bundespräsidenten wurde von der Bundesversammlung Karl Renner (nach der Verfassung von 1920) gewählt, die Leitung der Regierung fiel der ÖVP zu (Leopold Figl). Österreich war zunächst besetztes Land, in seinen politischen und Souveränitätsrechten stark eingeschränkt. Die Wirtschaft lag völlig darnieder und kam erst langsam durch amerikanische Hilfe zu einer gewissen Sanierung. Die Alliierte Kontrolle behinderte und erschwerte in den ersten Jahren die politische Arbeit. Die Entfremdung der Weltkriegsalliierten und die Folgen des Ost-West-Konfliktes wirkten sich in der österreichischen Innenpolitik aus. Der österreichische Friedensvertrag scheiterte zunächst an den Verzögerungsversuchen der Sowjetunion, solange diese eine kommunistische Machtübernahme erhoffte. Danach zeigte sich die Sowjetunion hartnäckig in der Frage des deutschen Eigentums, der Fortdauer der Besatzung und der internationalen Stellung Österreichs, bis schließlich auch noch das Triest-Problem damit verknüpft wurde. Erst 1955 ermöglichte die Sowjetunion den Abschluß des Staatsvertrages und den Abzug der fremden Truppen. Österreich verpflichtete sich durch Verfassungsgesetz zur immerwährenden Neutralität.

949

Österreich (Zweite Republik)

Die innenpolitische Lage Österreichs stand deshalb zunächst unter dem Zwang, den Besatzungsmächten eine einheitliche Politik gegenüber zu stellen. Die Koalition der beiden großen Parteien, an der ab 1945 festgehalten wurde, fand darin ihre wesentliche Begündung. Außerdem wirkten sich jetzt die alten politischen Traditionen und die Reaktionen auf die erste Republik aus. Die Sozialisten wollten nach 1945 die Abkehr von der Macht und den Weg in die hilflose Opposition nicht wiederholen. Sie waren stets vorrangig an der Regierungsbeteiligung als Mittel zur Erringung der parlamentarischen Mehrheit interessiert. Die ÖVP ihrerseits konnte sich eine Verlagerung der Koalition und damit ihres inneren Schwergewichtes nach rechts nicht leisten, um nicht in den Verdacht zu kommen, sie wiederhole wie 1931/1934 einen stufenweisen Ubergang von der Demokratie zur autoritären Regierung. Damit war eine Koalition der ÖVP mit der kleineren Partei, die ab 1948 die Rechte in Österreich repräsentierte, dem Verband der Unabhängigen, ab 1956 „Freiheitliche Partei Österreichs" (FPÖ), nicht möglich. Weil er die FPÖ in die Regierung aufnehmen wollte, scheiterte Leopold Figl 1953 bei der Regierungsneubildung; die Sozialisten widersetzten sich heftig und drohten mit außerparlamentarischen Gegenaktionen. FPÖ und KPÖ galten im Grunde als nicht regierungsfähig. So blieb nur ein dauernder Zwang zur großen Koalition, weil von 1949 bis 1962 keine Partei allein die absolute Mehrheit der Mandate erhielt, wobei ÖVP und SPÖ sich als etwa gleich stark erwiesen. Tabelle I: Ergebnisse der Wahlen zum Nationalrat 1945—1966 in Prozent der Stimmen und Mandate Stimmen in «/o ÖVP SPÖ 1945 1949 1953 1956 1959 1962 1966

49,80 44,03 41,26 45,96 44,19 45,40 48,35

44,60 38,71 42,11 43,50 44,79 44,00 42,54

Differenz in °/o + 5,04 + 5,32 -1,15 + 2,46 — 0,60 + 1,40 + 5,81

Mandate in °/o ÖVP SPÖ 51,5 46,6 44,9 49,7 47,9 49,1 51,5

46,0 40,6 44,2 44,9 47,3 46,0 44,8

Für die große Koalition waren die Folgen des Bruchs von 1920 ausschlaggebend. Der unüberbrückbare Graben zwischen dem sozialistischen und dem bürgerlichen Lager sollte nicht neu entstehen. Die Wahlen bestätigten die Fortexistenz der fast gleich starken politischen Partei- und Wählerblöcke, die wenig Neigung zur Veränderung zeigten. Rund 85—90 °/o der Wähler waren lange vor der Wahl in ihrer Entscheidung festgelegt. Die Zahl der Wähler, die zugleich Parteimitglie-

950

Die Struktur des Koalitionssystems

der waren, betrug 1959 bei der SPÖ rund 37 % , bei der ÖVP rund 30 °/o, bei der KPÖ rund 15 % , bei der FPÖ rund 30 Vo. Traditionelle Bindungen bewirkten, daß den Parteien wirtschaftliche und soziale Interessengruppen genau entsprachen, die durch ihre Gegensätze die Zusammenarbeit der beiden großen Parteien in der Praxis stark erschwerten. Notwendigerweise lebte audi im Koalitionssystem die alte österreichische politische Verhandlungstradition wieder auf. Wichtige Entscheidungen wurden wechselseitig auf der Basis interdependenter Kompromisse und Konzessionen in wochenlangem Tauziehen ausgehandelt. Das Verhalten der beiden großen Parteien auf Grund der Erfahrungen vor 1938 wurde durch neue soziologische Bedingungen bestärkt. Beide Parteien hatten als einen ihrer Fehler die mangelnde personelle Verankerung in der Verwaltungs- und Verbandsbürokratie der Ersten Republik erkannt. Nach 1945 begannen deshalb beide mit allen Mitteln ein System der Ämterpatronage, so daß mit der Zeit einzelne Ämter, Verwaltungsbereiche, Verbände oder Organisationen entweder je einer Partei ganz oder nach dem Proporz den Anhängern beider Parteien überantwortet wurden. Parteilosigkeit wurde erschwert, der Mitgliederbestand der Parteien erhöhte sich, jedoch um den Preis bloßer Lippen- und Karrierebekenntnisse vieler Mitglieder. Ein weiteres Instrument zur Verfestigung des Koalitionssystems lieferte die Verfügung über Verbände und die verstaatlichte Industrie. Beide Entwicklungen gehen auf gegenseitige Konzessionen der Parteien im Jahr 1945 zurück. Die Sozialisten wünschten nach 1945 eine institutionelle Vertretung der Arbeiterschaft sowie die Verstaatlichung der Schlüsselindustrien, die ÖVP strebte, als Gegengewicht gegen die Beherrschung der Arbeiterschaft durch die SPÖ, eine Belebung ständischer Prinzipien im Rahmen der demokratischen Verfassung an. Die Verstaatlichung erfolgte demgemäß unmittelbar nach Kriegsende, die verstaatlichten Betriebe wurden für lange Zeit personell und politisch eine Domäne der Sozialisten. Zugleich wurden Kammern der Gewerblichen Wirtschaft, Landwirtschaftskammern und die Arbeiterkammern gebildet. Allen Kammern kommt beträditlidier politischer Einfluß zu, der sich vor allem auf ihre vorgeschriebene Mitberatung bei den jeweiligen Bundesministerien zur Vorbereitung der Gesetze stützt. Die Kammern haben eine Art Initiativrecht bei geplanten Gesetzentwürfen sowie das Recht, Änderungen zu beantragen. Außerdem sind sie in vielen öffentlichen Körperschaften ihrerseits vertreten (Sozialversicherungen). Die Wahlen zu den verschiedenen Kammern erfolgen nach Verhältniswahl durch die Kammerangehörigen (Zwangsmitgliedschaft). Sie gelten als politische Testwahlen, weil der größte Teil der Nationalratswähler hierbei wahlberechtigt ist und weil die beiden großen

Österreich (Zweite Republik)

951

Parteien durch ihre entsprechenden Bünde oder Fachorganisationen Kandidatenlisten vorlegen. Die Zusammensetzung der Kammern gibt demnach ein Spiegelbild der Parteiverhältnisse im Lande. Die Arbeiterkammern beherrscht der „Sozialistische österreichische Gewerkschaftsbund", der eng mit der SPÖ verbunden ist; einen gewissen Einfluß besitzt auch der bürgerliche „österreichische Arbeiter- und Angestelltenbund", der hinter der ÖVP steht. Die beiden anderen Kammern unterstützen weitgehend die ÖVP, vor allem durch den österreichischen Wirtschaftsbund und den Bauernbund; alle drei bürgerlichen Bünde bilden auch organisatorisch das wesentliche Rückgrat der ÖVP und nehmen entsprechenden politischen Einfluß. Durch eine gesetzliche Garantie erfolgt auch die Absprache der Verbände über die Preis- und Lohnentwicklung. Bei der empfindlichen Wirtschaftsstruktur Österreichs und der Gefahr sofortigen Ubergreifens wirtschaftlich-sozialer Krisen auf die Innenpolitik bilden sie ein Ausgleichsinstrument, dessen Handhabung durch Parteien und Verbände ein politisches Machtmittel von besonderer Wirksamkeit bedeutet. Diese enge Interessenverflechtung und organisatorische Verbindung der Verbände mit den Parteien führte dazu, daß das Koalitions- und Proporzsystem aus reinem Macht- und Lebensinteresse der Parteien aufrecht erhalten wurde, auch als die äußeren Gründe seiner Erhaltung 1955 mit dem Abzug der Besatzung wegfielen. Das System schien unerschütterlich. Große Koalition und Proporz hatten im parlamentarischen Leben entscheidende Folgen, zusammen mit der Tatsache, daß beide großen Parteien fast gleich stark und der Treue ihrer Wähler weitgehend sicher waren. Die Bedeutung der Wahlen\z% daher lediglich darin, daß durch Stimmen- und Mandatsverschiebungen der einen oder anderen Koalitionspartei — innerhalb der unverändert von beiden Parteien gebildeten Regierung — mehr oder weniger Gewicht gegeben wurde. Von 1945 an war die ÖVP immer stärkste Partei, bis 1949 mit der absoluten Mehrheit. 1953 und 1959 gelang es der SPÖ, bis auf ein Mandat an die ÖVP heranzukommen. 1956 und 1962 konnte die ÖVP ihren Vorsprung jeweils wieder auf einige Mandate erweitern. Die ÖVP stellte deshalb alle Bundeskanzler (Leopold Figl, Julius Raab, Alfons Gorbach und Josef Klaus). Die SPÖ erhielt immer den Vizekanzler mit beträchtlichem Einfluß. Außerdem gelang es ihr, jeweils für ihre Bewerber um das Bundespräsidentenamt eine Mehrheit unter den Wählern zu finden (1951 Körner, 1957 und 1964 Schärff, 1965 Jonas). Damit bestätigten die Wähler im Grunde ihren Willen zu einem ausgeglichenen gleichgewichtigen Verhältnis der Parteien. Weder Parteien noch Wähler schienen die Alleinregierung einer Partei dem Proporz der großen Koalition vorziehen zu wollen.

952

Regierungssystem / Ende der großen Koalition

Die Rückwirkungen der Wahlen auf die Koalitionspolitik blieben infolgedessen gering. Alle Besitzstände personeller, einflußmäßiger und sachlicher Art wurden jeweils hartnäckig verteidigt, was die Wahlergebnisse unschwer erlaubten, solange der Wille zur großen Koalition vorhanden war. Aber schon jene geringen Verschiebungen im Proporzschlüssel, die zugleich bei einer Ämterbesetzung zum Wechsel der Partei führten, brachten geringe Bewegung und Veränderung der politischen Linie in den betreffenden Ressortbereich. Das an sich vorgesehene System parlamentarischer Regierung mit der Möglichkeit alternierender Parteiregierungen kam deshalb nicht zur Wirkung. Die Opposition im Parlament, die FPÖ, bis 1959 audi die KPÖ, war zahlenmäßig viel zu schwach, um eine Alternative zur großen Koalition bilden zu können. Sie konnte auch keine parlamentarische Kontrollfunktion wahrnehmen, an der die Regierungsparteien ihrerseits kein Interesse hatten. Die notwendige Unterstützung der jeweiligen Parteivertreter in der Regierung durch ihre entsprechenden Fraktionen erzwang geradezu, daß Differenzen und politische Fehler verdeckt wurden. Jede der beiden großen Parteien fürchtete, in die Opposition als eine Verbannung von Macht und Einfluß auf lange Zeit übergehen zu müssen. Dieser Furcht wurden alle Chancen untergeordnet, durch eine kontroverse Politik selbst die Mehrheit zu erreichen, zu der nur wenige Mandate fehlten. Da die beiden Parteiführer ständig als Kanzler und Vizekanzler die Regierung führten, erhielt diese die entscheidende Macht. Der Ausgleich der politischen Differenzen zwischen den Partnern erfolgte in der Regierung, nicht im Parlament durch Mehrheitsentscheidung, erforderlichenfalls nach den Bestimmungen des Koalitionsvertrages und zeitweise durch einen eigenen Koalitionsausschuß. Dieser wurde ein politisches Instrument, das neben dem Kabinett die eigentlichen Entscheidungen traf. Weil die parlamentarischen Fraktionen in diesen Ausschuß einbezogen waren, konnte die Regierung das Parlament fest an der Hand führen; die Kammern übten nur akklamative Funktionen aus. Das Gleichgewicht der beiden Koalitionsparteien, durch die Interessen aufrecht erhalten, war so systematisch und ausgeklügelt verteilt, daß der Proporz, vor allem in den Regierungsämtern, peinlich genau eingehalten werden mußte. Veränderungen, so erwartete man, mußten negativ auf die benachteiligte Partei zurückschlagen. So wirkten der Proporz und das Gleichgewicht auf das Verhältnis der großen Parteien zum Wähler erheblich ein. Veränderte eine größere Wählergruppe ihre Wahlentscheidung, so war jede Partei in Gefahr, Einfluß, ja die Regierungsmacht überhaupt zu verlieren. Da aber vor allem geringfügigere Veränderungen vorkamen, die nur den Proporz etwas verschoben, zugleich ein größerer

Österreich (Zweite Republik)

953

Umschwung für jeden Partner erstrebenswert war, wurde um diese Veränderungen der Wählerentscheidungen hart gerungen, auch dann, wenn ihr Erfolg gering war. Das Verhältniswahlsystem war nicht geeignet, geringe Stimmenverschiebungen sofort in größere Mandatsveränderungen umzusetzen; dies wiederum ließ den Wähler die Stabilität der Proporzregierung erkennen und verleitete ihn zu hilfloser und desinteressierter Stimmabgabe, die zu einer Bekundung der Parteitreue wurde. Seit 1962 zeigten jedoch Koalition und Proporzsystem schwere Abnutzungserscheinungen. Koalitionsausschuß, Kompromisse und Proporz wurden überfordert, sollten minimale Verbesserungen an personellem und institutionellem Einfluß erreicht werden. Zwischen den Koalitionspartnern herrschte ein unerklärter Kampfzustand. Da das System Wählern und öffentlicher Meinung jeden Einfluß auf die Innenpolitik nahm, wurde es unbeliebt. Jüngere Wählerschichten wollten sich nicht damit abfinden, da sie nicht von den Erfahrungen der Ersten Republik bestimmt waren. Wesentliche Kräfte setzten die Auseinandersetzung um die Habsburger Frage 1964 (Einreiseerlaubnis für Otto von Habsburg) und das Rundfunkvolksbegehren 1965 frei. Erstmals versuchte die SPÖ mit Hilfe der rechtsstehenden FPÖ ihren Partner ÖVP im Nationalrat zu überstimmen, ein entscheidender Bruch der Koalition. Die ÖVP distanzierte sich ihrerseits vom bisherigen System und propagierte offen das Ziel, den Proporz abzulösen. Diese Wendung brachte der ÖVP bei den Nationalratswahlen von 1966 Erfolg. Zum ersten Male machten mehr Wähler von ihrem Recht auf Reihung und Streichung Gebrauch, so daß beachtliche Verschiebungen, besonders das Zurückfallen prominenter sozialistischer Parteiführer auf den Listen, die Folge waren. Die absolute Mehrheit der ÖVP beendete die 20jährige große Koalition, die ÖVP stellte allein die Regierung. Die lange befürchteten negativen Folgen eines Bruchs der Koalition blieben bisher aus, eine lange Reihe unerledigter Probleme konnten gelöst werden, zumal spektakuläre Versuche, Interessenbereiche der Opposition (SPÖ) zu beseitigen, unterblieben. Das Parlament wurde wieder eindeutig zum Ort politischer Auseinandersetzungen, das parlamentarische Regierungssystem trat jetzt in volle Tätigkeit.

954

Wahl der Parlamente

Tabelle A 1: Überblick über die Verfassungs- und Wahlrechtsentwicklung in Österreich 1848—1907 PillersdorfVerfassung 1848

Entwurf Kremsier 1849

Märzverfassung 1849

Oktoberdiplom 1860

Erlaß durch Kaiser u. Regier. 2. Charakter der Ver- zentralist. Provinzialstände fassung

Beschluß des Reichstags föderalist. Landtage

Kaiserl. Erlaß

Kaiserl. Erlaß

3. Verfassungsgesetzgeber f. d. Länder 4. Legislative im Reich

Landtage

Kaiser

Kaiser

Reichstag 2 Kammern (eine beim Konstit. RTag) Kaiser und Reichstag Reichstag, Kaiser

Reichstag 2 Kammern

Reichstag 2 Kammern

Reichsrat erweitert

Reichstag und Kaiser dsgl.

Kaiser und Reichstag dsgl.

Kaiser

absolut

suspensiv

absolut

1. Entstehung

5. Gesetzgeber 6. Gesetzesvorsdilagsredit 7. Kaiserliches Veto

beschränkt föde- beschränkt zentraralist. Landtage list. Bundesstaat

Kaiser —

8. Ministerverantwortlidikeit 9. Inkompatibilität

ja

ja

keine Vorschrift

10. Ende der Verfassung

durdi Kremsier

zwischen beiden Kammern Beschluß verhindert

keine ja (aufgehoben) zwischen beiden keine Kammern aufgehoben 1851 teilweise durch nie in Kraft Februarpat.

11. Name der 2. Kammer

Volkskammer

Unterhaus

12. Wahlperiode

Abgeordnetenkammer 5 Jahre

3 Jahre

13. Mitgliederzahl

383

360

14. Aktives Wahlrecht: Bedingungen

österr. Staatsbürgerschaft, Alter 24 Jahre, Ansässigkeit 6 Monate Keine Arbeiter (Taglöhner) und Dienstleute, nur Männer

österr. Staatsbürgerschaft, Alter 24 Jahre, Ansässigkeit

durch Wahlgesetz (nie erlassen) nach der Bevölkerungszahl österr. Reichsbürgerschaft, Alter ungeklärt, Steuerleistung a. d. Land mindestens 5 fl., in Städten mindestens 10 fl., höchstens 20 fl., nur Männer

österr. Staatsbürgerschaft, Alter 30 Jahre, akt. Wahlrecht

österr. Staatsangehörigkeit, Alter 28 Jahre, Ansässigkeit 1 Jahr, akt. Wahlrecht

15. Passives Wahlrecht: Bedingungen



Steuerleistung mind. 5 fl., nur Männer

österr. Reichsbürgerschaft, Alter 30 Jahre, Ansässigkeit 5 Jahre, akt. Wahlrecht



rd. 60 Ernennung

Österreich

955

Februar patent 1861

Dezembergesetze 1867

Reform von 1873

Reform Taffe 1882

Reform Badeni 1896

Reform Beck 1907

Kaiserl. Erlaß

Kaiserl. Erlaß

ReidisratsBesdiluß wie 1867

ReichsratsBesdiluß wie 1867

ReichsratsBeschluß wie 1867

ReichsratsBesdiluß wie 1867

dsgl.

dsgl.

dsgl.

dsgl.

stärker zentralist. dualist. antidualist. Land- föderalist. tage Kaiser dsgl. Reidisrat 2 Kammern

Reidisrat für Cisleithanien 2 Kammern

dsgl.

dsgl.

dsgl.

dsgl.

Kaiser, Reidisrat

Reichsrat Kaiser Reichsrat Kaiser reditl. absolut praktisch wenig ausgeübt

dsgl.

dsgl.

dsgl.

dsgl.

dsgl.

dsgl.

dsgl.

dsgl.

dsgl.

dsgl.

dsgl.

dsgl.

keine

ja (de facto)

dsgl.

dsgl.

dsgl.

dsgl.

keine

zwischen beiden Kammern Revolution 1918

dsgl.

dsgl.

dsgl.

dsgl.

dsgl.

dsgl.

dsgl.

dsgl.

dsgl.

dsgl.

6 Jahre

dsgl.

dsgl.

dsgl.

203

353

353

425

516

Landtagsmitglieder

Landtagsmitglieder

österr. Staatsbürgerschaft, dsgl. dsgl. Alter 24 Jahre, Steuerleistung Steuerleistung Ansässigkeit von mindestens von mindestens 1 Jahr 5 fl. in Städten 4 fl. in Städten in der 5. Kurie keine Steuerdsgl. leistung

Landtagsmitglieder

Landtagsmitglieder

österr. Staatsbürgerschaft, Alter 24 Jahre, Steuerleistung von 10 fl. in Städten. Auf dem Land Gemeindebürger zur indirekten Wahl. nur Männer österr. Staatsbürger seit 3 Jahren, Alter 30 Jahre, akt. Wahlrecht

Kaiser, Reidisrat beschränkt absolut

teilweise durch Dezembergesetze, teilweise 1918 Abgeordnetenhaus keine, da Wahl durch Landtage 343

dsgl.

dsgl.

nur Männer dsgl.

nur Männer dsgl.

nur Männer dsgl.

dsgl. dsgl.

dsgl. dsgl.

dsgl. dsgl.

Wahl der Parlamente

956 Fortsetzung Tabelle A 1 PillersdorfVerfassung 1848

Entwurf Kremsier 1849

Märzverfassung 1849

Oktoberdiplom 1860

16. Wahlsystem

indirekt Wahlmänner Konstituierender Reichstag: absolute Mehrheit, nach 3 erfolglosen Wahlgängen: relative Mehrheit

direkt je Wahlkr. 2—3 Abgeordnete relative Mehrheit und mindestens V4 der Stimmen

direkt öffentlidi je 100 000 Einw. 1 Abgeordneter wie Kremsierer Entwurf

(Ernennung)

17. Einteilung des WahlVerfahrens



18. 1. Kammer, N a m e

Senat höchst. 200

Länderkammer 6 je Landtag 1 je Kreistag

Oberhaus frei, mind. Vi des Unterhauses

19. Mitgliederzahl

erweit. Reichsrat 1. Erzherzöge 2. Bisdiöfe 3. verdiente Persönlichkeiten 4. Landtagsvertreter : Ung. 6, Böhm. 3, Lomb. 2, Dalm. 1, Kroat. 2, Galiz. 3, Oberöst. 1, Tirol 2, Niederöst.2, Salzb.l, Steierm. 1, K ä m t . 1, Bukow. 1, Siebenb.3, Mähren 2, Schles. 1, V o r a r l b . l , Istrien 1, Serbien 2, Krain 1, 1.—3. auf Lebenszeit, 4. auf 6 Jahre.

20. Zusammensetzung

a) b) c)

Erzherzöge 150 Grundbes. v. Kaiser Ernannte

s. 19. 84 Landtagsabg. 31 Kreistagsabg.

2 Abg. je LandT., weitere im Verh. zur Bevölkerungszahl

21. Bestellung

a) b)

automatisch Wahl durch die Höchstbesteuerten Ernennung des Kaisers

Wahl durch Landtage und Kreistage

Wahl durch Landtage

5 Jahre

6 Jahre nadi 3 Jahren Halberneuerung

c) 22. Wahlperiode

Österreich

957

Februar patent 1861

Dezembergesetze 1867

indirekt durch die Landtage in ihren Kurien

indirekt durch direkt in die Landtage in 3 Kurien, ihren Kurien indirekt in der 4. Kurie Wahlkreise mit absoluter Mehrheit

Mitglieder aus den Landtagen: Ungarn 85 Böhmen 54 Lombardei 20 Dalmatien 5 Kroatien 9 Galizien 38 Niederöst. 18 Oberöst. 10 Salzburg 3 Steiermark 13 Kärnten 5 Krain 6 Bukowina 5 Siebenbürgen 26 Mähren 22 Schlesien 6 Tirol u. Vorarlberg 12 Istrien 6 Herrenhaus wechselnd

Reform von 1873

Reform Taaffe 1882 dsgl. dsgl. dsgl.

Reform Badeni 1896

Reform Beck 1907 1.—3. Kurie direkt direkt, Einerwahl4. und 5. Kurie kreise, indirekt absolute Mehrin Wahlkreisen heit, mit absoluter (Galizien: Mehrheit 2 Abgeordnete je Wahlkreis) 5 Kurien neu Einteilung in 5. Kurie: alle feste Einermännlichen wahlkreise Wähler in den Wahlkreisen in den Ländern

ebenso, ohne Ungarn. In den Ländern wird die Abg.zahl noch einmal auf die LandtagsKurien unterteilt; vgl. Tab. A 2

4 Kurien in den Ländern 1. Kurie Großgrundbesitzer 2. Kurie Städte 3. Kurie Handelskammermitglieder 4. Kurie Wahlmänner der Landgemeinden 1 Wahlmann auf 500 Einw.

unverändert

Herrenhaus wechselnd

dsgl. dsgl.

dsgl. dsgl.

dsgl. dsgl.

1. Erzherzöge dsgl. 2. Erbl. Grundbesitzer (Auswahl) 3. Fürstbischöfe 4. besonders Berufene 1. von Geburt dsgl. 3. vom Amt 2. u. 4. vom Kaiser ernannt.

dsgl.

dsgl.

dsgl.

dsgl. wechselnd, bei frei vom Kaiser Berufenen mind. 150, höchst. 170 dsgl.

dsgl.

dsgl.

dsgl.

dsgl.













(Zusammengestellt nach den Verfassungstexten sowie Kolmer und Bernatzik, s.BiblAng.)

958

Wahl der Parlamente

Tabelle A 2: Die Mandatsverteilung auf Länder und Kurien 1873—1896

Böhmen Dalmatien Galizien Niederösterreidi Oberösterreidi Salzburg Steiermark Kärnten Krain Bukowina Mähren Schlesien Tirol Vorarlberg Istrien Görz-Gradiska Triest

Großgrundbesitzer

Städte

23 1 20 8 3 1 4 1 2 3 9 3 5

32 2 13 17 6 2 8 3 3 2 13 4 5 1 1 1 3



1 1 —

85

Handelskammern

Landgemeinden

Gesamt

7

30 6 27 10 7 2 9 4 4 3 11 3 8 3 2 2

92 9 63 37 17 5 23 9 9 9 36 10 18 4 4 4 4



3 2 1 —

2 1 —

1 3 — — — — —

1

116



21

131

353

Tabelle A 3: Die Mandatsverteilung in den Landtagen ab 1861 (mit geringfügigen Veränderungen bis 1918 gültig) Geistlichkeit Rektoren GroßgrundBisdiöfe besitzer Böhmen Bukowina Dalmatien Galizien Istrien Görz Kärnten Krain Mähren Niederösterreidi Oberösterreidi Salzburg Schlesien Steiermark Tirol Triest2) Vorarlberg

4 1 2 7 3 1 1 1 2 2 1 1 1 2 3 —

1

1 —



2 — — — — —

1 — — —

1 1

70 10 101) 44 5 6 10 10 30 15 10 5 9 12 14









Städte

Landgemeinden

Gesamt

87 7 11 23 10 7 12 10 37 28 20 12 12 25 16 48 5

79 12 20 74 12 8 14 16 31 20 19 8 9 23 34 6 14

241 30 43 150 30 22 37 37 100 66 50 26 31 63 68 54 20

') Dalmatien: Kurie der Hödistbesteuerten. 2) Gemeinderat = Landtag (Quelle: Kolmer, Parlament und Verfassung Bd. I, S. 63)

959

Österreich Tabelle A 4 : Die Mandatsverteilung auf die politischen Gruppen im Reichsrat 1897—1911 (vor 1897 ist eine exakte Feststellung unmöglich) 1897

1901

Deutschfortschrittliche Deutschliberale Deutsche Volkspartei Deutsch-Konservative Christliche-Soziale Alldeutsche Freie Alldeutsche Deutsche Agrarier Deutsch-Freiheitliche

47 30 42 43 30 5

39 30 51 37 22 21





— —

Tschechische Konservative Alttschechen Jungtschechen Liberale Agrarier (Tsch.) Nationalsozialisten (Tsch.) Katholische Agrarier Realisten

16

16





63



53 6 5 2





59

62









Polenklub Konservative Polen Nationaldemokraten (Polen) Liberale Demokraten (Polen) Zentrum (Polen) Volkspartei (Polen) Christlich-Soziale Polen Klub der Ruthenen Altruthenen Jungruthenen Radikale Ruthenen Club Italiano Liberale Italiener Konservative Italiener

— —

Südslawischer Klub Slowenen Kroaten Serben Sozial demokraten Unabhängige Insgesamt

1911

19

15





21



29 28 68 3 14 19













3 6

3 5

11

10













19

19









6

5

29

27

Rumänenklub

1907















76 4 22 22 15 —

5 21 28 9 17 2

1 19 37 17 7

15 14 11 14 16 1

17 10 13 1 24 3





5 20 5

2 23 5





4 10

6 10



5

5 —



24 11 2

24 11 2

14

10

87

82

2

2

8

22

425

425

516

516

(Quelle: Weiß, M., im Anhang, s. BiblAng.)

960

Wahl der Parlamente

Stimmen in °/o

Mandate

Stimmen in °/o

Mandate

1919 1920 1923 1927

84,36 80,27 87 89

35,93 41,79 45,00 49

69 85 82 85

40,76 35,99 39,60 42

72 69 68 71

20,78 17,25 12,76 6

27 28 15 9

1930

90

35,70

66

41,10

72

11,60

19

ÖVP

Sozialisten

SPÖ

Deutsch Nationale

1945 1949 1953

94 97 96

49,80 44,03 41,26

85 77 74

44,60 38,71 42,11

76 67 73

1956 1959 1962 1966

96 94 94 94

45,96 44,19 45,43 48,35

82 79 81 85

43,04 44,79 44,00 42,56

74 78 76 74

11,67 10,95 FPÖ 6,52 7,70 7,05 5,35

2,53 4,97

2 1

Heimatblock 6,20 8 KPÖ

VdU —

Sonstige Mandate

Mandate

ChristlichSoziale

Stimmen in °/o

Wahlbeteiligung in °/o

Stimmen in % Mandate

Wahl

Stimmen in °/o

Tabelle A 5 : Ergebnisse der Wahlen zum österreichischen Nationalrat 1919—1966

16 14

5,42 4 5,08 5 5,28 4

6 8 8 6

4,42 3 3,27 3,04 0,411) -



Anmerkung: ' ) Bei den Nationalratswahlen vom 6. März 1966 brachte die Wahlpartei „Kommunisten und Linkssozialisten" nur im Wahlkreis 4 (Wien Nordost) einen Wahlkreisvorschlag ein. (Quelle: Mitteilung des Bundesministeriums für Inneres v. 29.10.1968)

Österreich

961

Tabelle A 6: Die Mandatsverteilung in den österreichischen Landtagen 1945—1968/9 Burgenland ÖVP SPÖ FPÖ KPÖ

1945 17 14

Kärnten

1945 14 18

ÖVP SPÖ FPÖ KPÖ DemP



1



3 1

1949 18 13 1 1

1953 16 14 1 1

1956 16 15 1

1949 12 15 8 1

1953 11 18 6 1

1956 12 18 5 1







Niederösterreich ÖVP SPÖ FPÖ KPÖ

1945 32 22 2

3

3

Oberösterreich ÖVP SPÖ FPÖ KPÖ

1945 30 18

1949 23 15 10

1955 25 19 4

Salzburg

1945 15 10

ÖVP SPÖ FPÖ KPÖ



— —



1 1945 26 20

Tirol

1945 26 10



2



Vorarlberg ÖVP SPÖ FPÖ

1945 20 6

Wien

1945 36 58

ÖVP SPÖ FPÖ KPÖ







6

1954 30 23 —



Steiermark ÖVP SPÖ FPÖ KPÖ ÖVP SPÖ FPÖ

1949 31 22

1949 12 9 5 —



1959 31 25 —



1945 15 13 4 —



1961 25 19 4 —

1959 14 13 5 —

1949 22 18 7 1

1953 21 20 6 1

1957 24 21 3

1949 24 8 4

1953 23 9 4

1949 16 4 6 1949 35 52 6 7

1960 16 15 1 —

1960 12 18 5 1 —

1964 15 16 1 —



1964 31 25 — —

1967 23 21 2 —

1964 15 13 4 —

1969 13 13 6 —

1965 29 24 2 1

1957 23 11 2

1961 23 11 2

1965 25 10 1

1954 16 7 3

1959 21 10 5

1964 20 10 6

1954 35 59

1959 33 60 4 3

1964 35 60 3 2



6

— —

1965 12 18 5 1

1961 24 20 3 1



1968 15 17

1969*) 30 63 4 —

A n m e r k u n g : *) Zwei Mandate erhielt die „Demokratie- und Fortschrittspartei" (DFÖ) von Franz Olah. (Quellen: Liehr, s. BiblAng. Parteien, Wahlen, Wähler, s. BiblAng; AdG) 61

Sternberger-Vogel, Parlamente 1,2

Wahl der Parlamente

962 II. Systematischer

Teil

Gesetzliche Grundlagen: BVerfassungsgesetz vom 7.12. 1929 (BGBl. 392/ 1921) gemäß Art. 1 u. 4 des Verfassungsgesetzes vom 1. 5.1945 (StGBl. 4) in Kraft s. 19. 12. 1945; Bundesgesetz v. 18. 5. 1949 (BGBl. 129/1949) über Die Wahl des Nationalrates i. d. Fassg. v. 17. 3. 1959 (BGBl. 71/1959); WGÄnderung v. 13. 11. 1968 (BGBl. 100/1968). Parlament: Zweikammer-Parlament; Nationalrat und Bundesrat, die in seltenen Fällen zur Bundesversammlung zusammentreten (Kriegserklärung, Angelobung des Bundespräsidenten, Anklage und Untersuchung gegen den Bundespräsidenten). Wahlrecht zum Nationalrat: Mitgliederzahl: 165 (NWO = Nationalratswahlordnung § 1,1). Wahlperiode: 4 Jahre (Art. 27 BV = Bundesverfassung). Vorzeitige Auflösung: Selbstauflösung durch einfaches Gesetz (Art. 29, 2 BV). Durch den Bundespräsidenten, aber nur einmal aus dem gleichen Anlaß (Art. 29, 1 BV). Wahlrechtsgrundsätze: „Der Nationalrat wird vom Bundesvolk auf Grund des gleichen, unmittelbaren, geheimen und persönlichen Wahlrechts der Männer und Frauen nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt" (Art. 26,1 BV). Aktives Wahlrecht: Männer und Frauen, die vor dem 1. Januar des Wahljahres das 19. Lebensjahr überschritten haben (Art. 26, 1 BV). Ausschließungsgründe: Das Wahlrecht haben nicht: rechtskräftig verurteilte Personen a) bis 5 Jahre nach Ablauf der Strafe: bei Verurteilungen wegen eines Verbrechens und wegen Wahlbestechung, Wahlnötigung, Wahlfälschung, Wahlbehinderung, Wahl Vereitelung; b) bis 3 Jahre nach Ablauf der Strafe: bei Verurteilungen wegen Diebstahl, Veruntreuung, Betrug, Untreue, Kuppelei, Plünderung, Wucher, Konkursbetrug und nach dreimaliger Verurteilung wegen Trunkenheit; c) bis zum Ablauf der Strafe: bei Verurteilungen wegen Hochverrat, Störung der öffentlichen Ruhe, Aufstand, Aufruhr, öffentlicher Gewalttätigkeit gegen Ämter, Personen, Versammlungen und Behörden, jeweils aus politischen Gründen, wegen schwerer körperlicher Beschädigung, Zweikampf, Begünstigung dieser Vergehen und Verletzung der Militärdienstpflicht. Die Gründe gelten auch für im Deutschen Reich 1938—1945 entsprechend verurteilte österreichische Staatsbürger, aber nicht bei Verurteilung von Jugendlichen unter 18 Jahren, bei Strafaufschub und bei Tilgung des Urteils, sowie bei Betroffenen der Befreiungsamnestie von 1945. Ferner sind vom Wahlrecht ausgeschlossen: Personen unter Polizeiaufsicht oder im Arbeitshaus bis ein Jahr nach dem Ende der Maßnahme, voll oder beschränkt entmündigte Personen, sowie Personen, denen die väterliche Gewalt entzogen wurde, ebenfalls bis ein Jahr nach Ende der Verfügung ((§§ 24—26 NWO).

Österreich

963

Verlust des Wahlrechts: Bei Verurteilung wegen Wahlbestechung, Wahlnötigung, Wahlfälschung, Wahlbehinderung und Wahlvereitelung bis zu 5 Jahren nach dem Ende der Strafe. Passives Wahlrecht: Alle Männer und Frauen, die österreichische Staatsbürger sind, vom aktiven Wahlrecht nidit ausgeschlossen sind und vor dem 1. Januar des Wahljahres das 25. Lebensjahr überschritten haben (Art. 24, 4 u. 5 BV, § 47 NWO). Wahlpflicht: In Bundesländern, wo gesetzlich vorgeschrieben, § 105 NWO (offenbar gelten die Landesgesetze mit Wahlpflicht vom 17. 3.1931 in Tirol und 23.10.1930 in Vorarlberg als außer Kraft gesetzt durch § 1 des Verfassungsübergangsgesetzes von 1934 lt. Kommentar von L. Adamovidi, beibehalten für die Bundespräsidentenwahl). Entschuldigung nur bei Krankheit, Amts- oder Berufspflichten, Reisen außerhalb des Bundeslandes, unaufschiebbare Familienangelegenheiten, Verkehrsstörungen (§ 105, 3 u. 4 NWO). Sanktionen: Geldbuße bis 1000 S oder 4 Wochen Arrest (§ 105, 3 NWO). Wahlsystem: Verhältniswahl mit lose gebundener Liste bzw. Reihungs- und Streidiungsmöglichkeit bei Kandidaten der gewählten Liste. 25 Wahlkreise, deren Grenzen die der Bundesländer nidit schneiden dürfen, sowie 4 Wahlkreisverbände. Die Größe der Wahlkreise richtet sich nach der Bevölkerungszahl. Die Zahl der je Wahlkreis zu vergebenden Mandate wird durch Division der Bevölkerungszahl des Wahlkreises durch die Bevölkerungszahl Österreichs bestimmt, unter Hinzuziehung der größten Dezimalreste. Die Mandatsverteilung ist nach jeder Bevölkerungszählung zu revidieren (zuletzt 1961). Wahlkreise (in Klammern Zahl der Abgeordnetenmandate seit 1966): Wahlkreisverband I Wien Wien Innen Ost Wien Innen West Wien Nordwest Wien Nordost Wien Südost Wien Südwest Wien West Wahlkreisverband II Niederösterreich Niederösterreich Niederösterreich Niederösterreich Wahlkreisverband III Oberösterreich Oberösterreich Oberösterreich Oberösterreich Oberösterreich

— Viertel oberm Wienerwald — Viertel unt. Wienerwald — Viertel oberm Manhartsberg — Viertel unt. Manhartsberg

— Linz und Umgebung — Innviertel — Hausrückviertel — Traunviertel — Mühlviertel

(4) (3) (5) (7) (6)

(7) (6)

(9) (11) (6)

(7) (6)

(4) (6) (6)

(4)

964

Wahl der Parlamente

Salzburg (8) Tirol (11) Vorarlberg (5) Wahlkreisverband IV Steiermark — Graz und Umgebung (7) Steiermark — Mittel- u. Untersteier (5) Steiermark — Oststeier (5) Steiermark — Obersteier (9) Kärnten (12) Burgenland (6) Stimmenauszählung: Erfolgt derart, daß zunächst die Stimmen der Parteien festgestellt werden. Dann werden Reihungen und Streichungen mit Hilfe von Wahlpunkten ausgewertet. Der erste Bewerber einer Parteiliste erhält soviel Wahlpunkte, wie Bewerber auf der Liste aufgeführt sind. Der zweite, dritte, vierte usw. Bewerber erhalten der Reihe nach einen, zwei, drei usw. Wahlpunkte weniger. Bei Stimmzetteln ohne Reihungs- und Streichungsvermerke ergeben sich die Gesamtwahlpunkte eines Bewerbers aus seiner einfachen Wahlpunktzahl, multipliziert mit der Zahl der Stimmzettel. Bei Stimmzetteln mit Vermerken werden die Wahlpunkte entsprechend der vom Wähler gewünschten, durch Ziffern vor den Namen der Bewerber kenntlidi gemachten Reihenfolge vergeben. Bei Streichungen erhalten die gestrichenen Bewerber keine Wahlpunkte, die der absteigenden Zahlenfolge nach auf die nicht gestrichenen Bewerber vergeben werden. Zettel mit Vermerken bei mehreren Listen oder Vermerke bei einer anderen als der angekreuzten Liste sind ungültig. Die Bewerber werden je Liste nach der Höhe der erreichten Wahlpunkte geordnet (§§ 81—87 N W O ) . Ermittlung der Mandate: Erfolgt in einer ersten Auszählung nach HagenbachBischofF, die von den Kreiswahlbehörden vorgenommen wird. 1. Ermittlung der Wahlzahl: Gesamtsumme der gültigen Stimmen geteilt durch die um eins vermehrte Zahl der im Wahlkreis zu vergebenden Mandate, auf die nächsthöhere ganze Zahl aufgerundet. 2. Jede Partei erhält soviel Mandate, als die Wahlzahl in der Summe der auf ihre Liste entfallenden Stimmen enthalten ist. Restmandate und Reststimmen werden der Verbandswahlbehörde überwiesen. 3. Es folgt die Zusammenzählung der Wahlpunkte der einzelnen Bewerber jeder Liste. Die Bewerber werden nach der Höhe ihrer Wahlpunkte geordnet und die Mandate vom Bewerber mit der höchsten Wahlpunktzahl abwärts vergeben. Bei gleichen Wahlpunktzahlen entscheidet das Los (§§ 88—93 NWO). Die zweite Auszählung zur Ermittlung der Mandate wird von der Verbandswahlbehörde vorgenommen. Aus der Summe der Reststimmen jeder Partei in den zum Verbandswahlkreis zusammengefaßten Wahlkreisen werden nach dem d'Hondtschen Verfahren die Restmandate vergeben. Parteien, die im

Österreich

965

ersten Auszählungsverfahren im Bundesgebiet kein Mandat erreichten, bleiben unberücksichtigt (Grundmandatsklausel). Die Restmandate werden den Parteien auf Verbandswahlvorschläge zugeteilt, die mindestens 8 Tage vor der Wahl überreicht werden müssen und nur Namen von Bewerbern aus den Wahlkreisen des Wahlkreisverbandes enthalten dürfen. Die Zuteilung erfolgt auch hier nach der Höhe der Wahlpunkte. Liegt ein Verbandswahlvorschlag nicht vor oder ist er vorzeitig erschöpft, werden die einer Partei zufallenden Mandate auf deren Wahlkreisvorschläge nach dem d'Hondtschen Verfahren verteilt. Berücksichtigt werden die Bewerber nach1 der Höhe ihrer Wahlpunkte, die bei der ersten Auszählung kein Mandat mehr erhielten. Der Anspruch auf Teilnahme an der zweiten Auszählung muß 14 Tage vor der Wahl angemeldet werden (§§ 94 — 100 NWO). Wahlbewerbung: Selbständige Bewerber müssen sich zu „wahlwerbenden Parteien" formieren (§ 49 N W O in Verb, mit Art. 26, 6 BV). Parteibewerber: Wahlwerbende Parteien (nicht nur politische Parteien, sondern auch unabhängige, selbständige Gruppen) reichen 21 Tage vor der Wahl eine Wahlkreisliste ein von höchstens doppelt soviel Bewerbern, als im Wahlkreis Mandate zu vergeben sind. Die Listen müssen Vorname, Zuname, Beruf, Geburtsjahr und Adresse der Bewerber angeben. Die Reihenfolge ist festzulegen. Der Wahlvorschlag muß eine unterscheidende Parteibezeichnung enthalten und einen zustellungsbevollmächtigten Vertreter benennen. Fehlt beides, so richtet sich die Wahlbehörde nach dem ersten Bewerber (§§ 49, 2 u. 3, 50, 51 NWO). Behinderung der Wahlbewerbung wird mit Arrest von einem bis zu drei Monaten bestraft. Unterschriftenklausel: Jede Liste muß von mindestens 200 Wahlberechtigten des Wahlkreises unterschrieben sein (§ 49, 2 NWO). Prüfung der Wählbarkeit: Erfolgt durch die Kreiswahlbehörde. Nicht wählbare Bewerber werden gestrichen. Bewirbt sich jemand auf mehreren Listen, so wird er zur Erklärung aufgefordert, auf welcher Liste er kandidieren will. Nach Eingang dieser Erklärung (Frist 8 Tage) wird der Kandidat auf den anderen Listen gestrichen. Erfolgt keine Erklärung, so wird der Bewerber auf der zuerst eingereichten Liste belassen, auf den übrigen gestrichen. Überzählige Bewerber werden ebenfalls gestrichen (§§ 52 u. 54 NWO). Prüfung der Unterschriften: Erfolgt durch die Kreiswahlbehörde hinsichtlich der erreichten Zahl. Bei zu wenig Unterschriften gilt ein Vorschlag als nicht eingebracht (§ 52 NWO). Ausfall von Bewerbern: Wegen Verzicht, Tod, Verlust oder Fehlen der Wählbarkeit. In diesem Fall kann die wahlwerbende Partei die Liste durch einen anderen Bewerber bis 10 Tage vor der Wahl ergänzen (§ 53 NWO). Publikation: Sieben Tage vor der Wahl in alphabetischer Folge der Parteibezeichnung (§ 55 NWO). Wahlkosten der Bewerber: 2000 öS (ab 1959) je Partei und Wahlkreis als Kostenbeitrag für den Bund (BGBl 7/1959, Art. 1, 4). Wahlkampfbeschränkung: öffentliche und kostenlose Bewirtung von Wahlberechtigten am Wahltag werden mit 2000 öS Geldstrafe belegt.

966

Wahl der Parlamente

Wahlorganisation: Wahlbehörden: Vor jeder Wahl sind zu bilden: 1. Gemeindewahlbehörden (nicht in Wien), 2. Sprengelwahlbehörden (Unterteilung der Gemeinde), 3. Bezirkswahlbehörden (nicht in Wien), 4. Kreiswahlbehörden, 5. Verbandswahlbehörden, 6. Hauptwahlbehörde (§§ 7—21 N W O ) Zusammensetzung der 'Wahlbehörden: Bei 1. Bürgermeister oder von ihm zu bestellender ständiger Vertreter, mindestens 3, höchstens 12 Beisitzer. 2. Vorsitzender, vom Bürgermeister zu bestellen, mindestens 3, höchstens 6 Beisitzer. 3. Bezirkshauptmann (in Städten mit eigenem Statut: Bürgermeister oder ein von ihm zu bestellender ständiger Vertreter), mindestens 6, höchstens 12 Beisitzer. 4. Vorsitzender in Wien: Leiter des „Magistrats-Bezirksamtes des „Vorortes" des Wahlkreises, im übrigen der Vorstand (Leiter) der Bezirkswahlbehörde, die ihren Sitz am „Vorort" des Wahlkreises hat, mindestens 6, höchstens 12 Beisitzer. 5. Vorsitzender der Bürgermeister von Wien oder der Landeshauptmann von Niederösterreich oder der Landeshauptmann von Salzburg oder der Landeshauptmann der Steiermark, mindestens 6, höchstens 12 Beisitzer. 6. Der Bundesminister des Innern als Hauptwahlleiter, 20 Beisitzer, davon ein Viertel aus dem richterlichen Stand. Jeder Vorsitzende einer Wahlbehörde, bei 1 und 2 der Bürgermeister, hat für den Fall seiner Verhinderung einen stellvertretenden Vorsitzenden der Wahlbehörde zu ernennen. Für jeden Beisitzer wird ein Ersatzmann berufen. Bestellung: Bei 1. und 2. sieben Tage nach der Wahlausschreibung die Sprengelwahlleiter, ständigen Vertreter und stellvertretenden Wahlleiter ( § 1 5 NWO). Beisitzer und Ersatzmänner beruft bei der Hauptwahlbehörde die Bundesregierung, bei den Verbands- und Kreiswahlbehörden die Hauptwahlbehörde, bei Bezirkswahlbehörden die Kreiswahlbehörde, bei den übrigen die Bezirkswahlbehörde (§ 17,1 u. 2 N W O ) . Beteiligung von Parteivertretern: Wahlwerbende Parteien reichen durch ihre Vertrauensmänner Vorschläge f ü r die Beisitzer und Ersatzmänner ein ( § 1 6 N W O ) . Die nicht dem richterlichen Beruf entstammenden Beisitzerstellen werden entsprechend dem letzten Wahlergebnis nach d ' H o n d t auf die Parteivorschläge verteilt. Bleibt eine wahlwerbende Partei dabei unberücksichtigt, so kann sie höchstens zwei Vertreter als Vertrauenspersonen ohne Stimmrecht in die jeweiligen Wahlbehörden entsenden. Die Konstituierung erfolgt spätestens 21 Tage nach der Wahlausschreibung. Die Beisitzer und ihre Ersatzmänner können zurückgezogen und ersetzt werden. Die Behörden sind bis zur nächsten Wahlaussdireibung im Amt zwecks Führung und Prü-

Österreich

967

fung der Wählerkartei in regelmäßiger Form und Behandlung von Beschwerden dagegen. Wählerverzeichnis: (Wählerevidenzgesetz v. 28.11.1960, BGBl. 243/1960). Die Gemeinde legt das Verzeichnis an. Eingetragen wird automatisch jeder Wahlberechtigte in der Gemeinde, in der er seinen ordentlichen Wohnsitz hat. Das Verzeichnis ist eine ständige Kartei, die für alle Wahlen gilt und die die Grundlage der auszulegenden Wählerverzeichnisse abgibt. Einsicht kann jeder nehmen, Abschriften erhalten die Parteien nach Anforderung. Änderungen pflichtgemäß durch die Gemeinde, sonst nur auf Grund eines Einspruchsverfahrens. Einspruchsverfahren: Einspruchsrecht für jedermann, jederzeit, in jeder Form. Aufnahme oder Streichung kann unter Vorlage von Beweisen beantragt werden. Gegen mutwillige Einsprüche kann eine Strafe von 3000 öS oder 2 Wochen Arrest verhängt werden. Vierteljährliche Kontrolle durch die Gemeindewahlbehörde (in Wien Einspruchskommission in den Sprengein). Berufung zur Bezirkswahlbehörde, in Wien zur Kreiswahlbehörde. Wahltermin: Wird bei der Ausschreibung von der Bundesregierung festgelegt im Einvernehmen mit dem Hauptausschuß des Nationalrates. Der Wahltermin ist so festzulegen, daß der neue Nationalrat am Tage nach Ablauf der Legislaturperiode des alten Nationalrates zusammentreten kann. Löst sich der Nationalrat selbst auf, ist nichts festgelegt, das Ende der Legislaturperiode aber üblicherweise im Auflösungsgesetz bestimmt. Bei Auflösung durch den Bundespräsidenten muß die Neuwahl so angeordnet werden, daß der neue Nationalrat spätestens am 100. Tag nach der Auflösung zusammentreten kann. In allen Fällen muß der Wahltag so gelegt werden, daß die Einberufungsfrist von höchstens 30 Tagen vom Bundespräsidenten eingehalten werden kann (§§1 und 22 NWO, Art. 27 und 29 BV). Wahltag: Ein Sonntag oder öffentlicher Ruhetag (§ 1 NWO). Wahlort: Jede Gemeinde. Größere Gemeinden können in Wahlsprengel eingeteilt werden, so daß je Sprengel höchstens 70 Wähler pro Stunde abgefertigt werden müssen. Die Bildung von Sprengein mit weniger als 30 Wählern bedarf besonderer Genehmigung (§§ 56—57 NWO). Wahllokal: Je eines je Wahlsprengel. Gemeinsame Lokale für mehrere Sprengel sind möglich. Bei mehr als 500 Wahlberechtigten sind mindestens zwei Wahlzellen aufzustellen. In das Wahllokal kann jede wahlwerbende Partei zwei offizielle Wahlzeugen entsenden (§§ 58—61 NWO). Wahlzeit: Wird durch Verordnung festgelegt (§ 63 NWO). Stimmabgabe: Geheim und persönlich nach Feststellung der Identität. Blinde, sehbehinderte und gebrechliche Personen dürfen sich von einer Geleitperson in die Wahlzelle führen und diese den Stimmzettel nach ihrer Anweisung ausfüllen lassen. Diese Wahlart ist zu protokollieren. Das Aufsuchen der Wahlzelle ist Pflicht (§§ 68—71 NWO). Die Verletzung des Wahlgeheimnisses wird mit Arrest von einer Woche bis zu 3 Monaten bestraft. Stimmzettel: Amtliche Stimmzettel sind vorgeschrieben (§§ 76—80 NWO).

968

Wahl der Parlamente

Briefwahl: Besteht nicht. Schutz der Wahlhandlung: Im Gebäude des Wahllokals und in einer Festzulegenden Verbotszone sind am Wahltag jede Wahlwerbung, Ansammlungen und das Waffentragen verboten (ausgenommen Sicherheitsorgane). Der Aussschank von alkoholischen Getränken ist vom Tage vor der Wahl 20 Uhr bis zum Wahltag 20 Uhr verboten (§ 62 NWO). Neben den allgemeinen Strafgesetzen gilt weiter das Wahlschutzgesetz vom 26. 1.1907 (RGBl. Nr. 18 von 1907). Wahlnötigung wird danach bestraft mit strengem Arrest bis zu sechs Monaten, bei erschwerenden Umständen bis zu einem Jahr. Wahlfälschung wird bestraft mit Arrest von einem bis sechs Monaten, Wahlbehinderung mit Arrest von einer Woche bis zu drei Monaten, ebenso unbefugte Ausübung des Wahlrechts. Wahlvereitelung durch Beseitigung von Evidenzkartei oder Stimmzettel wird mit Arrest von einer Woche bis zu sechs Monaten bestraft. Stimmenauszählung: Erfolgt im Wahllokal und ist öffentlich. Auszählungskontrolle: Durch die Wahlbeisitzer und Vertrauenspersonen der wahlwerbenden Parteien. Wahlanfechtung: Durch Klage beim Bundesverfassungsgericht. Anfechtung von Einzelergebnissen bei der jeweiligen zuständigen nächsthöheren Wahlbehörde, mit Berufung zur nächsthöheren Wahlbehörde und im Verwaltungsrechtswege. Wahlprüfung: Durch den Nationalrat, Anfechtung der Entscheidung auf dem Verwaltungsrechtswege. Wahlrecht zum Bundesrat Mitgliederzahl: 50 (1969), ebenso viele Ersatzmitglieder. Zusammensetzung: Das bevölkerungsstärkste Bundesland entsendet 12 Mitglieder. Die übrigen Länder entsenden so viele Mitglieder, als dem Verhältnis ihrer Bevölkerungszahl zur Bevölkerungszahl des größten Bundeslandes entspricht. Gegenwärtiger Stand: Wien 12 Tirol 3 Niederösterreich 9 3 Salzburg Steiermark 7 3 Burgenland Oberösterreich 7 3 Vorarlberg Kärnten 3 Jedes Bundesland erhält zumindest eine Vertretung von drei Mitgliedern (VfsArt. 34). Die Zahl der von jedem Land zu entsendenden Mitglieder wird vom Bundespräsidenten nach jeder allgemeinen Volkszählung festgesetzt (VfsArt. 34). Bestellung: Wahl der jeweiligen Landesvertreter durch den Landtag nach Beginn einer neuen Wahlperiode des Landtags. Aktives Wahlrecht: Alle Landtagsmitglieder. Passives Wahlrecht: Alle zum jeweiligen Landtag passiv wahlberechtigten Einwohner (VfsArt. 35).

Österreich

969

Amtsdauer: Die Wahlperiode des jeweiligen Landtags. Inkompatibilitäten: Die Mitgliedschaft im Nationalrat ist mit derjenigen im Bundesrat unvereinbar. Wahlsystem: Die Verteilung der Mandate erfolgt proportional den Fraktionsstärken der Parteien in den jeweiligen Landtagen. „Jedoch muß wenigstens ein Mandat der Partei zufallen, die die zweithöchste Anzahl von Sitzen im Landtag oder, wenn mehrere Parteien die gleiche Anzahl von Sitzen haben, die zweithöchste Zahl von Wählerstimmen bei der letzten Landtagswahl aufweist. Bei gleidien Ansprüchen mehrerer Parteien entscheidet das Los (VfsArt. 35).

Bibliographie 1. Quellen: Verfassung für Österreich vom 25. April 1848 (Pillersdorfsche Verfassung), Politische Gesetzes-Sammlung (PGS) Nr. 49; Kaiserliches Patent vom 8. Mai 1848 (PGS Nr. 57); Kaiserliche Proklamation vom 18. Mai 1848 (PGS Nr. 65); Provisorische Wahlordnung vom 30.5. 1848 (PGS Nr. 75); Entwurf der Konstitutionsurkunde für den österreichischen Staat (4. 3. 1849) bei: A. Springer. Die Protokolle des Verfassungsausschusses des österreichischen Reichstages 1848—1849, Leipzig 1885; Kaiserliches Manifest vom 4. 3. 1849, Reichsgesetzblatt Nr. 49; Kaiserliches Patent vom 13. April 1851, RGBl. Nr. 92 (Reichsrat); Allerhöchstes Kabinettsdireiben vom 20. August 1851, RGBl. Nr. 194 (Aufhebung der Ministerverantwortlichkeit); Kaiserliches Patent vom 31. Dezember 1851, RGBl. Nr. 2/1852 (Aufhebung der Märzverfassung); Kaiserliches Patent vom 31. Dezember 1851, RGBl. Nr. 3/ 1852 (Aufhebung der Grundrechte); Allerhöchstes Kabinettschreiben vom 31. Dezember 1851, RGBl. Nr. 4/1852 (Verfassungsorganisation);Kaiserliches Patent vom 5. März 1860, RGBl. Nr. 56 (Außerordentlicher Reichsrat); Kaiserliches Diplom vom 20. Oktober 1860, RGBl. Nr. 226 (Oktoberdiplom); Kaiserliches Patent vom 26. Februar 1861,RGBl. Nr. 20 mit 46 Beilagen (Landesverfassungen und Landeswahlordnungen; Februarpatent); Kaiserliches Manifest vom 20. 9. 1865, RGBl. Nr. 88 (Sistierung); Kaiserliches Patent vom 20. 9. 1865, RGBl. Nr. 89 (Ausf.-gesetz); Kaiserliches Patent vom 2. Januar 1867, RGBl. Nr. 1 (Änderung des Gesetzes über die Reichsvertretung); Gesetz vom 16. Juli 1867, RGBl. Nr. 98 (Neues Änderungsgesetz); Gesetz vom 25. Juli 1867, RGBl. Nr. 101 (Ministerverantwortlichkeit); Gesetz vom 21. Dezember 1867, RGBl. Nr. 141; Staatsgrundgesetz vom 21. Dezember 1867, RGBl. Nr. 142 (Grundr.); Staatsgrundgesetz vom 21. Dezember 1867, RGBl. Nr. 143 (Reichsgericht); Staatsgrundgesetz vom 21. Dezember 1867, RGBl. Nr. 144 (Gesetz über die richterliche Gewalt); Staatsgrundgesetz vom 21. Dezember 1867, RGBl. Nr. 145 (Gesetz über die Regierungsgewalt); Staatsgrundgesetz vom 21. Dezember 1867, RGBl. Nr. 146 (Gesetz über die Behandlung von gemeinsamen Angelegenheiten mit Ungarn); Gesetz vom 29. Juni 1868, RGBl. Nr. 82 (Notwahlgesetz); Gesetz vom 2. April 1873, RGBl. Nr. 40 (Direkte Wahl); Gesetz vom 2. April 1873, RGBl. Nr. 41 (Neue Wahlordnung); Gesetz vom

970

Wahl der Parlamente

4. Oktober 1882, RGBl. N r . 142 (Reform Taaffes); Gesetz vom 14. Juni 1896, RGBl. N r . 168 (Reform Badems); Gesetz vom 14. Juni 1896, RGBl. N r . 169 (Wahlordnung Badenis); Gesetz vom 26. Januar 1907, RGBl. N r . 15 (Reform Becks); Gesetz vom 26. Januar 1907, RGBl. N r . 16 (Reform d. Herrenhauses); Gesetz vom 26. Januar 1907, RGBl. N r . 17 (Wahlordnung). Beschluß der Provisorischen Nationalversammlung f ü r Deutschösterreich vom 30. Oktober 1918, StGBl. N r . 1; Gesetz vom 12. November 1918, StGBl. N r . 5 (Staatsform); Gesetz vom 14. März 1919, StGBl. N r . 174 (über d. Volksvertretung); Bundesverfassungsgesetz vom 1. Oktober 1920, BGBl. N r . 1; Bundesverfassungsgesetz vom 7. Dezember 1929, BGBl. N r . 392 (Verfassungsreformgesetz); Gesetz vom 18. Dezember 1918, StGBl. N r . 114 (Konstituierende Nationalversammlung); Gesetz vom 18. Dezember 1918, StGBl. N r . 115 (Wahlordnung); Gesetz vom 20. Juni 1920, StGBl. N r . 316 (Neue Wahlordnung); Bundesgesetz vom 11. Juli 1923, BGBl. N r . 367 (Endgültige Wahlordnung); Gesetz vom 30. Juli 1925 über die Besdiränkung der Zulässigkeit von Volksbeauftragten und anderen öffentl. Funktionären in der Privatwirtschaft, Fassg. vom 26. 3. 1931, BGBl. N r . 100; Verfassung 1934, BGBl. N r . 239 vom 24. April 1934 und BGBl. II N r . 1 vom 1. Mai 1934; Verfassungsübergangsgesetz vom 19. Juni 1934, BGBl. N r . 75; Proklamation vom 27. April 1945, StGBl. N r . 1; Verfassungsüberleitungsgesetz vom 1. Mai 1945, StGBl. N r . 4; 2. Überleitungsgesetz vom 18. Dezember 1945, BGBl. N r . 232; Verfassungsgesetz vom 19. Oktober 1945, StGBl. N r . 198 (Wahlgesetz); Nationalratswahlordnung vom 18. Mai 1949, BGBl. N r . 129; Nationalratswahlordnung vom 17. Juli 1962, BGBl. N r . 246 (Wied. Verlautbg.); Bundespräsidentenwahlgesetz 1951 i. d. Fassung vom 17. Juli 1962, BGBl. N r . 247; Wählerevidenzgesetz vom 28. November 1960, BGBl. N r . 243; Volksabstimmungsgesetz vom 22. Januar 1958, BGBl. N r . 1 3 ; Volksbegehrensgesetz vom 10. Juli 1963, BGBl. N r . 197; Volksabstimmungsgesetz vom 17. Juli 1962, BGBl. N r . 248; WG-Änderung vom 13. November 1968, BGBl. N r . 100. 2. Quellenpublikationen: Politische Gesetzessammlung, Wien 1835 ff.; Reichsgesetzblatt, Wien 1849—1918; Staatsgesetzblatt 1918—1920 und Mai—Dezember 1945; Bundesgesetzblatt, Wien 1920—1938, 1945 ff.; österreichische Statistik, 1880, 1897, 1907; Bernatzik, E., Die österreichischen Verfassungsgesetze, 2. Α., Leipzig 1911; Adamovich, L. und Fröhlich, G., Die österreichischen Verfassungsgesetze des Bundes und der Länder, Wien 1925 (Handausgaben österreichischer Gesetze, H e f t 212); 3. Aufl. u. d. T.,Die österreichischen Verfassungsgesetze d. Bundes, Wien 1931; 4. Aufl. u. d. T., Die neue österreichische Verfassung, Wien 1934; 7. Aufl. u. d. T., Die österreichischen Bundesverfassungsgesetze, Wien 1949 (Handausgaben österr. Gesetze, Neue Folge, I, 1); Kelsen, H., Die Verfassungsgesetze der Republik Deutschösterreich, Wien 1919—1922; Adamovich, L., Die Landesverfassungsgesetze und Landtagswahlordnungen, Wien 1950 (Handausgaben Neue Folge I, 2); Fritzer, K., Die Wahlgesetze, Wien 1957 (Handausg. Neue Folge I, 5).

Österreich 3. Auswahl

971 aus dem

Schrifttum:

PolGesdi. Chamatz, R.: Österreichs innere Geschichte von 1848—1907, Leipzig 1911. Redlich, / . : Kaiser Franz Joseph, Berlin 1928. Redlich, ].: Das österreichische Staatsund Reichsproblem, 2 Bde., Leipzig 1920. Benedikt, H.: Die wirtschaftliche Entwicklung der Franz-Joseph-Zeit, Wien 1958. Β retholz, B.: Geschichte Böhmens und Mährens, 4 Bde., Reichenberg 1924. Biebl, V.: Der Zerfall Österreichs, 2 Bde., Wien 1922/24. Hantsch, H.: Das Nationalitätenproblem im alten Österreich; Wiener Historische Studien 1, Wien 1953. Kann, R. Α.: The Multinational Empire, 2 Bde., New York 1950; deutsch in erweiterter Auflage: Das Nationalitätenproblem der Habsburger Monarchie, 2 Bde., Graz 1964. Springer, R.: ( = Karl Renner) Staat und Nation, Wien 1899. Zemann, 1. Α. B.: The Breakup of the Habsburg Empire, 1914—1918, London 1961, deutsch 1963. Sutter, Β.: Die Badenischen Sprachenverordnungen, 2 Bde., Graz 1960/64. Lorenz, P.: Kaiser Karl und der Untergang der Donaumonarchie, Graz 1959. Benedikt, H.: (Hrsg.) Geschichte der Republik Österreich, Wien 1954. Mikoletzy, H. L.: Österreichische Zeitgeschichte, Wien 1962.

Goldinger, Ψ.: Geschichte der Republik Österreich, München 1962. Zöllner, F.: Geschichte Österreichs, 3. Aufl., Wien 1966. VfsGesdi./VR: Gumplowicz, L.: Das österreichische Staatsrecht, Wien 1891. Merkl, Α.: Die Verfassung der Republik Österreich, Wien 1919. Kelsen, H.: österreichisches Staatsrecht, Wien 1923. Spinner, H.: Handbuch des österreichisAen Verfassungsrechtes, 1. Aufl. Wien 1923, 5. Aufl. 1957. Adamovich, L.: österreichisches Staatsrecht, Wien 1928. ders.: Grundriß des österreichischen Verfassungsrechts, 1. Aufl. Wien 1927, 2. Aufl. 1932, 4. Aufl. 1948. Hellbling, E. C.: österreichische Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte, Wien 1956. Merkl, Α.: Die ständisch-autoritäre Verfassung Österreichs, Wien 1934. WernerlKlecatsky: Das österreichische Bundesverfassungsrecht, Innsbruck 1961. Adamovich, L.: Die Entwicklung des österreichischen Verfassungsrechts seit dem 27. April 1945, in: JöR, N F 2 (1952), S. 179. Ermacora, F.: Die Entwicklung des österreichischen Verfassungsrechts seit dem Jahre 1951, in: JöR, N F 6 (1956), S. 319 ff. ders.: Die Entwicklung des österreichischen Bundesverfassungsrechts seit 1956, in: JöR, N F 16 (1967), S. 251 ff.

Shepherd, C.: Engelbert Dollfuß, Wien 1961. Eichstätt, U.: Von Dollfuß zu Hitler. Geschichte des Anschlusses Österreichs an Deutschland 1933—1938, Wien 1955. Vögelin, E.: Der autoritäre Staat, Wien 1936. Neck, R.: Die Entstehung der Zweiten Republik, in: Österreich in Geschichte und Literatur, 6 (1962) S. 14. Siegler, H.: (Hrsg.) Österreichs Weg zu Souveränität, Neutralität und Prosperität 1945—1959, Wien 1959. Weber, W.: (Hrsg.) Österreichs Wirtsdiaftsstruktur gestern, heute, morgen; 2 Bde., Wien 1961.

PolSysStud.: Eberling, F. W.: Geschichte des ersten österreichischen Reichstages, Wien 1949. Hickmann, A. L.: Der österreichische Reichsrat, seine Parteien und Wahlverhältnisse 1873—1901, Wien 1901. Fellner, F.: Kaiser Franz Joseph und das Parlament in den Jahren 1867 bis 1873, Mitt. d. österr. Staatsarchivs 9, Wien 1956. Kollmer, G.: Parlament und Regierung in Österreich, 8 Bde., Wien 1902—1914. ders.: Das Herrenhaus des österreichischen Reichsrats, Wien 1902. Lanius, F.: Die erbliche Reichsratswürde in Österreich, 1939.

972 Schiller, M.: L'obstruction au parlement autrichien, Paris 1908. Hugelmann, K. G.: Das österreichische Parlament bis zur Staatskatastrophe und Österreichs Zukunft, Archiv für Politik und Geschichte 5 (1925), S. 229. ders.: Der österreichische Länderrat und seine Tätigkeit, Wien 1927. Freund, F.: Das österreichische Abgeordnetenhaus, Wien 1907. Skottberg, B.: Der österreidiisdie Parlamentarismus, Göteburg 1940. Sechser, H. P.: Coalition Government. The case of the second Austrian Republic, in: AmPSR 52 (1958); ders.: Representative Democracy of „Chamber State", in: WPQuart 13 (1966). Leclaire, Α.: Große Koalition als permanente Krisenregierung, Diss. Heidelberg 1966. Marcic, R. u. a.: Zur Reform der österreichischen Innenpolitik 1955—1965, Wien 1966. Naßmacher, K.-H.: Das österreidiisdie Regierungssystem. Große Koalition oder alternierende Regierung, Köln-Opladen 1968. PartGesch.: Allmeyer-Beck, J. C.: Der Konservativismus in Österreich, Mündien 1959. Eder, K.: Der Liberalismus in Altösterreidi, Wien 1955. Franz, G.: Die deutschliberale Bewegung in der Habsburger Monarchie, München 1955. Lorenz, W.: Die tschechischen Parteien im alten Österreich, Diss. Wien 1941. Kralik, R.: Lueger und der christliche Sozialismus, Wien 1923. Steiner, H.: Die Arbeiterbewegung Österreichs 1867—1889, Wien 1964. Bruegel, L.: Geschichte der österreichischen Sozialdemokratie, 5 Bde., Wien 1922—25. Mommsen, H.: Die Sozialdemokratie und die Nationalitätenfrage im habsburgisdien Vielvölkerstaat, Wien 1963. v. Preradovich, N.: Der nationale Gedanke in Österreich 1866—1938, Göttingen 1961. Wagner, F.: Der österreichische Legitimismus 1918—1938, Diss. Wien 1956.

Wahl der Parlamente Diamant, Α.: Austrian Catholics and the First Republic. Democracy Capitalism and the Social Order 1918—1934, Princeton 1960. — Deutsche Ausgabe Wien 1956. Jung, Κ.: Geschichte der großdeutsdien Volkspartei 1920—1934, Wien 1934. Molisch, P.: Geschichte der deutschnationalen Bewegung ki Österreich, Jena 1926. WrGesch./WsStud.: Burian, P.: Die Nationalitäten in „Cisleitanien" und das Wahlrecht der März-Revolution 1848/49. Veröffentlichungen der Arbeitsgemeinschaft Ost, 2, Graz 1962. Weiß, M.: Die Ausbreitung des allgemeinen und gleichen parlamentarischen Wahlrechts in der westlichen Reichshälfte der Habsburger Monarchie, Diss. Heidelberg 1965. Fischl, Α.: Nationale Curien, Wien 1908. Jenks, W. Α.: The Austrian Electoral Reform of 1907, New York 1950. Scapinelli: P. Graf, Die Wahlordnung für die konstituierende Nationalversammlung in Deutsdiösterreidi, Wien 1919. Fleischer, F.: Die österreichische Wahlreform, Wien 1929. Liehr, H.: Das Wahlrecht in den Nationalrat, in: Mensch und Staat, Handbuch der österreichischen Politik, hrsg. v. B. Pittermann, 1, Wien 1963, S. 45 ff. Boy er, L.: Wahlrecht in Österreich, I, Wien 1961. Pfeifer, H.: Volksbegehren und Volksentscheid im österreichischen Bundesrecht, Jur. Blätter 80 (1958) Heft 7 u. 8. WSoz./WStat.: Kitzinger, U. W.: Wahlkampf in Österreich, in: PVS 2 (1962), S. 36 ff. Blecha, K., Gmoser, R., u. Kiene, H.: Der durchleuchtete Wähler. Beiträge zur politischen Soziologie in Österreich, Wien 1964. v. Preradovich, N.: Die Führungsschicht in Österreich und Preußen 1804—1918, Wiesbaden 1955. Parteien, Wahlen, Wähler. Ein Wahlhandbuch für Österreich, 3 Bde., Wien 1965

Karl-Martin Grass

POLEN

I. Historischer Teil Die Mittelmächte Deutschland und Österreich-Ungarn proklamierten am 5. November 1916 das russische Kongreßpolen zum „Königreich Polen". Aus diesem Gebiet, der Provinz Posen, dem größten Teil Westpreußens und Galizien entstand 1918 die Republik Polen — ein „Nationalitätenstaat mit nationalstaatlichen Ansprüchen" (H. Roos). Außer Erwerbungen im Südwesten (Oberschlesien) und im Nordosten (Wilna) wurden den Polen 1921 durch den Frieden von Riga beträchtliche Teile Weißrußlands zugesprochen. 1945 mußte Polen dieses Gebiet sowie Ostgalizien an die Sowjetunion abtreten und erhielt stattdessen die deutschen Gebiete östlich der Oder-Neiße-Linie ohne das nördliche Ostpreußen zur Verwaltung. Vor 1916 waren sich die politischen Kräfte Polens in einem Ziel einig: die Unabhängigkeit zu erkämpfen. Der Freiheitswille der Bevölkerung wurde entscheidend mitgetragen von der katholischen Kirche, die bis heute einen der einflußreichsten Faktoren in Polen darstellt. Die älteste und bedeutendste politische Richtung, die der „Nationaldemokratie", knüpfte an die älteren nationalliberalen Ideen der vor dem Aufstand von 1863 mächtigen „Demokratischen Gesellschaft" an. Gegenüber den freiheitlichen Ideen in der Gründerzeit setzten sich jedoch bei ihr in den neunziger Jahren der Machtgedanke und die nationalistische Komponente durch. Wie die Nationaldemokratie, so war auch das sozialistische Lager in Kongreßpolen beheimatet. Die Stellung des Adels war hier durch fehlgeschlagene Aufstände und die russische Bodenpolitik geschwächt worden, aber audi die Sozialisten waren in ihrer Entwicklung durch Polizei und Zensur gehemmt. Zunächst anarchistisch-kosmopolitisch ausgerichtet, lehnten sie in ihrer Mehrheit die Idee der nationalen Unabhängigkeit ab, bekehrten sich aber später, vor allem unter dem Einfluß von Lassalle, zum Patriotismus. Obwohl beiden großen politischen Kräften eine antirussische und nationale Konzeption gemeinsam war, trennten sich ihre Wege aus sozialen Gründen: Die Nationaldemokraten wurden Vertreter der bürgerlich-adligen Schichten, die Sozialisten Sprecher der Arbeiterschaft. In den Parlamenten der Teilungsmächte hatten die polnischen Vertreter recht eigenständige Gruppierungen gebildet. Die Teilgebiete Polens hatten Abgeordnete in den österreichischen Reichstag, in die russische

974

Entstehung der Republik / Verfassung von 1921

Duma und in das preußische Abgeordnetenhaus (siehe Beiträge Österreich, Sowjetunion und Deutschland) entsandt. Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurden sie zum Teil durch adlige Gutsbesitzer und Geistliche, vielfach aber auch bereits durch Angehörige der Mittelschicht repräsentiert. In dem fast rein agrarisch gebliebenen Galizien schwand der Einfluß des großgrundbesitzenden Adels mit der Einführung des allgemeinen Wahlrechts in der Habsburger Monarchie. Am 11. November 1918 übertrug der von den Mittelmächten für ein unabhängiges Königreich im Oktober 1917 eingesetzte dreiköpfige Regentschaftsrat die oberste Gewalt an den sozialistischen Marschall Josef Pilsudski und ernannte ihn zum Staatsdief. Damit war einerseits der Weg zur Bildung einer polnischen Republik beschritten als auch andererseits die Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung gesichert, die der Regentschaftsrat Pilsudski zur Auflage gemacht hatte. Pilsudski bildete eine provisorische Regierung. Noch am 28. November 1918 wurde eine Wahlordnung erlassen, die für Polen das allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahlrecht für alle volljährigen Männer und Frauen einführte. Gewählt wurde nach den Grundsätzen der Verhältniswahl in Wahlkreisen. Die Mandate wurden nach der Methode d'Hondt (-»- S. 48 f.) berechnet. Die Wahlen vom 26. Januar 1919 brachten 19 polnischen Parteien und zwei nationalen Minderheitengruppen Sitze im Parlament und dokumentierten damit eine auffallende politische Zerrissenheit, die in Belastungen der Teilungszeit und vielfachen sozialen Spannungen, vor allem auf dem Lande, begründet lag (s. Tab. A l ) . Die Konstituante beschloß am 17. März 1921 eine Verfassung, die sich an der französischen Verfassung von 1875 und der polnischen Reformverfassung von 1791 orientierte. Im Unterschied zu diesen Vorbildern war jedoch in der neuen polnischen Verfassung bereits verfassungsrechtlich eine deutliche Vormachtstellung des Parlaments angelegt. Der Staatspräsident sollte nur „oberstes ausführendes Organ der Beschlüsse des Sejm" sein und wurde von der Nationalversammlung auf sieben Jahre gewählt. Als stärkste politische Kraft hatten die Nationaldemokraten mit Erfolg darauf gedrungen, die Stellung des Präsidenten auf repräsentative Funktionen zu beschränken, weil sie eine Wahl des Sozialisten Pilsudski befürchteten, dessen überragende politische Stellung durch den unter seiner Führung errungenen Sieg im Grenzkrieg gegen Sowjetrußland 1919/1920 noch gefestigt worden war. Die Machtlosigkeit des Amtes des Staatspräsidenten bestimmte schließlich Pilsudski 1922, auf eine Kandidatur zu verzichten. Obwohl er sidi auch als Generalstabschef und Vorsitzender des Kriegsrates im Jahre 1923 zurückzog, blieb er die starke Macht im

Polen

975

Hintergrund. Das dominierende Organ stellte die Nationalversammlung, bestehend aus zwei Kammern, Sejm und Senat, dar. Die gewichtigere der beiden Kammern, den Sejm, konnte der Staatspräsident nur dann auflösen, wenn der Senat mit Dreifünftelmehrheit zustimmte. Diese Möglichkeit blieb jedoch theoretisch, da Sejm und Senat fast gleichzeitig und nach ähnlichem Wahlsystem gewählt wurden, der Senat also meist die gleiche parteipolitische Gliederung aufwies wie der Sejm. Aber auch sein Recht zur Einberufung, Vertagung und Schließung der Nationalversammlung übte der Staatspräsident seit Oktober 1922 nicht mehr aus, wodurch die Nationalversammlung zu einem ständig tagenden Parlament wurde. Die Ernennung und Entlassung der Regierung durch den Präsidenten mußte im Einvernehmen mit dem Sejm geschehen, denn ausdrücklich bestimmte die Verfassung, daß die Minister zu ihrer Amtsführung des Vertrauens des Parlaments bedurften. Für die Wahlen zu beiden Kammern der Nationalversammlung, deren Wahlperiode fünf Jahre betrug, galt wie zur Konstituante allgemeines, gleiches, geheimes und unmittelbares Wahlrecht für Männer und Frauen. Für die Wahlen zum Senat erhöhte sich allerdings die Altersqualifikation für das aktive Wahlrecht auf 30 und für das passive Wahlrecht auf 40 Jahre. Von der Wählbarkeit zu beiden Kammern ausgeschlossen waren Beamte und Angestellte des Verwaltungs- und Justizdienstes innerhalb des Wahlkreises, in dem sie Dienst taten, sowie verantwortliche Schriftleiter. Die Wahlkreise für die Senatswahlen entsprachen den 16 Verwaltungsbezirken des Landes (Wojewodschaften). Hinzu kam die Stadt Warschau. Gewählt wurde nach der Proportionalwahl mit starrer Liste, die Berechnung der Mandate erfolgte nadi der Methode d'Hondt. Besonders hartnäckig hatten die nationalen Minderheiten das Prinzip der proportionalen Repräsentation verfochten, das für sie — wie für die Sozialisten — gleichbedeutend war mit „Demokratie" und „Fortschritt". Die Führer der Bauernparteien stimmten diesem System deshalb zu, weil sie die zahlenmäßige Stärke der Bauernschaft hinter sich wußten; ebenso die Nationaldemokraten, die erst einmal die Auswirkungen des Proporzes abwarten wollten. Die Mitgliederzahl des Senats belief sich mit 111 auf ein Viertel der Zahl der Sejm-Sitze. 93 Senatoren wurden über Wahlkreislisten, 18 über Staatslisten gewählt. Das beherrschende Verfassungsorgan war der Sejm. Gegen von ihm angenommene Gesetze konnte der Senat nur ein Einspruchsrecht geltend machen, das der Sejm mit einer Mehrheit von 55 Prozent der Abgeordnetenstimmen überwinden konnte. Er zählte konstant 444 Abgeordnete. Wahlberechtigt zum Sejm waren Männer und Frauen,

976

Wahlen von 1922 / Parteiensystem

die das 21. Lebensjahr, wählbar Personen, die das 25. Lebensjahr vollendet hatten. Für 372 Abgeordnete erfolgte die Sitzverteilung auf Wahlkreisebene nach der Methode d'Hondt (-»- S. 48 f.). Die Wahlkreise sollten durch besonderes Gesetz nach jeder allgemeinen Volkszählung neu festgesetzt werden. 1922 waren es 64 Wahlkreise mit 4 bis 14 Sitzen je nach Bevölkerungszahl. Im Jahre 1932 entfiel ein Mandat im Durchschnitt auf etwa 72 000 Einwohner. Große Abweichungen ergaben sich aber teilweise durch die zuungunsten der nationalen Minderheiten vorgenommene Wahlkreiseinteilung. Die Zahl der Kandidaten auf jeder eingereichten Liste durfte das Doppelte der dem Wahlkreis zustehenden Mandate nicht überschreiten. Die übrigen Mandate wurden über die Staatslisten der Parteien vergeben. Bei der Verteilung der Staatslisten-Sitze wurden nur die Parteien berücksichtigt, die mindestens in sechs Wahlkreisen Mandate errungen hatten. Zugeteilt wurde proportional zur Zahl der bereits in den Wahlkreisen errungenen Mandate; die Reststimmen blieben unberücksichtigt. Diese Modifikation der reinen Verhältniswahl ging auf die Nationaldemokraten zurück. Da kleine Parteien kaum Aussicht hatten, über die Staatslisten Sejm-Mandate zu erhalten, förderte dieses Wahlsystem den Zusammenschluß politischer Gruppen zu Wahlblocks („Vereinigte Rechtsparteien" 1922, „Minderheitenblock" 1922 und 1928), die~aber im Parlament keinen Bestand hatten. Erhielten die Vereinigten Rechtsparteien bei den ersten Sejm-Wahlen vom 5. November 1922 als größte Gruppe 169 von 444 Mandaten, so zerfielen sie im Parlament sofort wieder in den „Nationalen Volksverband" (Nationaldemokraten, 98 Mandate), „Christlich-Nationale Volkspartei" (28 Mandate) und „Christliche Demokraten" (43 Mandate). Ähnlich verhielt es sich mit dem Minderheitenblock, dessen insgesamt 87 Mandate sich auf sechs zum Teil kleinste Gruppierungen verteilten. Während die alten Mittelparteien fast völlig verschwanden, sicherte eine gewisse Popularität ihres gemäßigten Agrarprogramms der „Piast" immerhin noch 1 3 , 2 % der Stimmen und 70 Sitze im Sejm. Die Sozialisten (PPS) erreichten 41 Sitze, und „Wyzwolenie" konnte mit 48 Mandaten ihre Position ausbauen. Das Ergebnis der Wahlen zum Senat vom 12. November 1922 war in etwa ein Spiegelbild der parteipolitischen Zusammensetzung des Sejm. 16 Parteien im Sejm und 11 im Senat zeigten erneut die politische Zerrissenheit des Landes auf, welche keine zuverlässige Mehrheitsbildung im Parlament zuließ, von dem aber allein die Bestellung, Stützung und Entlassung der Regierung abhing. Wäre dagegen nach relativer Mehrheitswahl gewählt worden, dann hätte die Vereinigte Rechte 1919 und 1922 wahrscheinlich die absolute Mehrheit in beiden

Polen

977

Häusern gewonnen (A. J. Groth). Doch die Linksparteien hatten sich mit Erfolg gegen jede Wahlsystemänderung gewehrt. Das vielschichtige Spektrum politischer Parteien aus der Zeit vor der Staatsgründung hatte sich, wesentlich audi aufgrund des Wahlsystems, in den beiden Kammern der Nationalversammlung erhalten. Die Ursprünge der aus dem Bürgertum, Teilen des Adels und mittelständischen Bauern gebildeten Gruppierungen, die sich 1919 im „Nationalen Volksverband" (2L-N) zusammenfanden und vor allem im Kampf gegen Pilsudski vereint bis 1930 eine tonangebende Rolle gespielt haben, reichen bis zur Jahrhundertwende zurück. In der Duma waren die meisten Mitglieder der polnischen Fraktion Nationaldemokraten. Ihre Hauptlosung bis 1917 war: ein freies Polen unter dem Zepter des Zaren. Nach dem Umsturz in Rußland richtete sich ihre Politik gegen Deutschland und Österreich-Ungarn, um Polen in den Grenzen von 1772 wiedererstehen zu lassen. Ihre Programmpunkte lauteten: eine starke Regierung und eine schlagfertige Wehrmacht, Förderung privater Initiativen, Industrialisierung, eine Agrarreform, welche die ungerechte Landverteilung beseitigen sollte, und für die Kirche eine bevorzugte Position im staatlichen und gesellschaftlichen Leben. Zur „Rechten" gehörten unter anderem noch die Partei der christlich-nationalen Großgrundbesitzer, die Christlido-Nationale Volkspartei, während die aus Galizien stammende Bauernpartei Piast, die vor 1918 eine starke Fraktion im österreichischen Parlament besaß, der politischen Mitte zuzurechnen war. Unter den linksorientierten Parteien wurden die Polnische Sozialistische Partei (PPS) und die Partei der kleinen Bauern (Wyzwolenie) führend. Die PPS, 1892 in Paris gegründet, beteiligte sich maßgeblich am Aufbau der Legionen Pilsudskis und suchte das Zarenjoch durch Aufstände und Streiks abzuschütteln (die erste russische Revolution 1905 bot hierzu günstige Chancen), das nationale Lager hingegen strebte Polens Freiheit auf dem Wege von Verhandlungen an. Die PPS wollte eine „demokratische, unabhängige, geeinte sozialistische Republik" durch Klassenkampf und die Auflösung des Großgrundbesitzes verwirklichen. Wyzwolenie („Befreiung"), im Jahre 1915 gegründet, national und, wie nahezu alle Parteien, kirchenfreundlich gesinnt, forderte eine radikale Bodenreform und die Verstaatlichung der Grundstoffvorkommen. Die kleine, aber straff organisierte „Kommunistische Partei PolensEnde 1918 entstanden, lehnte gemäß ihrem revolutionär-internationalistischen Programm das neue Staatswesen überhaupt ab. Sie war stark trotzkistisch ausgerichtet und mußte sich 1938 auf Weisung der Komintern auflösen. 62

Starnberger-^Vogel, Parlamente 1,2

978

Politische Entwicklung / Verfassungsreform von 1926

Dem nationalen Lager gelang es nicht, der innenpolitischen Probleme Herr zu werden. Die Instabilität und Diskontinuität des politischen Lebens zeigte sich vor allem in der kurzen Lebensdauer der vom ZL-N geführten Regierungen. Zu ihrer parlamentarischen Unterstützung mußten stets erst mühsam Koalitionen zwischen mehreren Parteien geschlossen werden, die mehr den Charakter lockerer ad-hocArbeitsgemeinschaften annahmen. Zufallsmehrheiten im Sejm führten zum Sturz von Regierungen und Ministern; schon in bloßen Meinungsverschiedenheiten mit der Regierung sahen die Abgeordneten häufig einen Grund dafür, die Regierung zu entsetzen. Im Frühjahr 1926 forderten die Rechtsklubs eine Herabsetzung der Abgeordnetenzahl, von der sie sich eine wirksamere Arbeitsweise des Sejm versprachen, jedoch ohne Erfolg. Verschärft wurde die innere Lage auch dadurch, daß die Regierung eine forcierte Polonisierung der Minderheitenvölker betrieb. Wohl durften die ethnischen Minderheiten im allgemeinen frei Parteien bilden. Man wollte ihnen durch religiöse und kulturelle Autonomie einen gewissen Schutz für ihr Volkstum gewähren. Aber die starken nationalen Minderheiten — 1921 nahezu ein Drittel der Bevölkerung in Polen, die damals 27 177 000 Einwohner umfaßte — waren im Parlament deutlich unterrepräsentiert. Für sie galten nach dem Wahlgesetz Sonderbestimmungen. Die geschlossen siedelnden Minderheiten, besonders die Ukrainer und Weißrussen, waren durch die einseitige Wahlkreisgeometrie benachteiligt, die praktisch dem Grundsatz entsprach: Je geringer der Anteil der Polen an der Gesamtbevölkerung des Wahlkreises, desto höher das Erfordernis an Stimmen für ein Mandat. Dieses Verhältnis konnte sogar wie eins (in rein polnischen Wahlkreisen, wie Krakau, auf 46 000 Einwohner) zu zwei (in ukrainischen Wahlkreisen, ζ. B. Krzemieniec, auf 98 000 Einwohner) sein. So erlangten die Minderheiten nur 87 von 444 Abgeordnetenmandaten (1919: 17 von 432). Wiederholt aber vergebens verlangten die kleinen jüdischen Gruppen in der Nationalversammlung nach einer territorial nichtgebundenen Autonomie, die der jüdischen Diaspora am besten entsprochen hätte. Immerhin gewannen die jüdischen Klubs, da sie mit den nationalen Minderheiten teilweise die Rolle des „Züngleins an der Waage" übernahmen, im Parlament bis 1927 an Einfluß und zwangen die antisemitisch eingestellten Nationaldemokraten zu Zugeständnissen auf kulturellem Gebiet. Die nichtpolnischen Abgeordneten stimmten meist mit der Linken und unterstützten bis 1926 Pilsudski. Neben der jüdischen galt die Fraktion der Deutschen mit 1922 17 Abgeordneten und fünf Senatoren als das aktivste Element der Minderheiten.

Polen

979

Als 1923/1924 in den Industrierevieren Unruhen ausbrachen und ein Drittel der Arbeiterschaft arbeitslos wurde, verstärkten sich die Rufe nach dem „starken Mann": Mehr und mehr wurde von Marschall Pilsudski erwartet, er werde die innenpolitischen, speziell die Wirtschaftsprobleme, die durch Inflation, die Mißernte von 1924 und den deutsch-polnischen Handelskrieg 1925 fast ausweglos waren, meistern. Vor allem die Uberzeugung, daß der Parlamentarismus bei der Lösung der politisch-ökonomischen Krise versagt habe, des Marschalls Abscheu vor Korruption, die inzwischen Beamte und hohe Offiziere erfaßt hatte, schließlich auch die durch die Minderheitenpolitik der nationaldemokratischen Regierung herbeigeführte Radikalisierung der Minoritäten und die wachsende außenpolitische Isolierung Polens seit Locarno bildeten die Motive für Pilsudskis Machtergreifung. Während die Ausschüsse des Sejm über eine Flut von Änderungsentwürfen zur Verfassung und zum Wahlgesetz berieten, die von den Rechtsklubs — besonders zur Eindämmung der Parteienzersplitterung — eingebracht wurden, zwang Pilsudski in der Revolte vom 14. Mai 1926, vor allem gestützt auf die Armee, PPS und Eisenbahnergewerkschaft, Regierung und Präsidenten zum Rücktritt. Der eingeschüchterte Sejm gewährte der neuen, von dem Führer der von Wyzwolenie abgespaltenen pilsudskitreuen „Partei der Arbeit" (SP), Bartel, gebildeten Regierung ausgedehnte Vollmachten und billigte mit den Stimmen der Rechten die Verfassungsänderung vom 2. August 1926, die auf eindeutige Stärkung der Macht von Präsident und Regierung hinauslief. Der Präsident — in dieses Amt war als Vertrauensmann Pilsudskis bereits am 1. Juni 1926 Moscicki mit den Stimmen der Linken und Mitte gewählt worden — erhielt nun das Recht, bei nicht rechtzeitiger Verabschiedung des Haushaltes den Sejm aufzulösen und zwischen den Sessionen Dekrete mit Gesetzeskraft — vorbehaltlich einer späteren Genehmigung durch die Nationalversammlung — zu erlassen. Die Position der Regierung erfuhr insofern eine Stärkung, als Abstimmungen über Mißtrauensanträge nun nicht mehr in derselben Sitzung stattfinden durften. Bei nicht rechtzeitiger Verabschiedung des Haushalts durfte die Regierung Ausgaben im Rahmen des vorherigen Budgets machen. Von den so erweiterten Rechten machte besonders der Präsident ausgiebig Gebrauch. Das Parlament wurde häufig vertagt, die Kammern wurden zu verschiedenen Terminen einberufen und Sessionen wieder beendet, bevor die erste Sitzung stattgefunden hatte. Wichtige Maßnahmen erließ der Präsident im Verordnungswege. Vor Mißtrauensvoten scheuten die Abgeordneten zumeist zurück, da sie fürchteten, daß bei einem zweiten Putsch Pilsudskis das Parlament völlig ausgeschaltet würde.

980

Wahlen 1928, 1930 / Verfassung von 1935

Die Linke hatte Pilsudski an die Macht gebracht. In heftiger Auseinandersetzung mit ihr hatte er die Verfassungsänderung durchgesetzt und stützte seine Regierung wesentlich auf die konservative Rechte, mit deren Einverständnis und Hilfe er audi den Weg einer umfassenden Sozialreform beschreiten wollte. Pilsudskis wechselweises Paktieren mit der Rechten und Linken sollte aber mit der Bildung eines Regierungsblocks, die Anfang 1927 noch vor Ablauf der Wahlperiode gelang, zu einem Ende kommen. Antiparlamentarische Strömungen unterschiedlichster Herkunft und Abspaltungen aus sämtlichen Parteien vereinigten sich im „Unparteiischen Block der Zusammenarbeit mit der Regierung" (BBWR). Diese Formation hatte kein einheitliches Programm; allein die persönliche Bindung an und Hoffnung auf Pilsudski hielt sie zusammen. Bei den Wahlen 1928 gewann der BBWR mit 125 Sejm- und 48 Senatsmandaten etwa 30 °/o der Sitze. Der nationalistisch ausgerichtete BBWR erhielt etwa 6 0 % seiner Stimmen von Wählern, die früher Pilsudskis erbittertste politische Feinde, die Rechtsparteien, gewählt hatten (nach A. J. Groth). Umgekehrt gelang es dem Regierungsblock nicht (trotz Pilsudskis „LinksImage"), die früheren Wähler der Linken, der Minoritäten und der Mittelparteien auf sich zu ziehen. Diese gingen vor allem zur PPS über, die von insgesamt 48 Sitzen auf 74 Sitze anwuchs. Die Linksopposition, die außer dem nationalen Lager dem Regierungsblock gegenübertrat, formierte sich erst nach den Märzwahlen von 1928. Am 1. November 1929 bildete sich aus sechs Parteien — PPS, Piast, Wyzwolenie, Bauernpartei, Nationale Arbeiterpartei und Christliche Demokraten (die Christlichen Demokraten kündigten jedoch kurz vor den Wahlen 1930 den Zweckverband) — der „Zentrolinksblock". Gemessen an seiner Stärke im Parlament konnte sidi dieser Block Chancen auf den Gewinn der Wahlen 1930 ausrechnen. Er war entschlossen, in fester Opposition gegen Pilsudski die Rückkehr zur Vorherrsdiaft des Parlaments zu erzwingen. Damit begann der offene Konflikt zwischen Pilsudski und der Zentrolinken, in welchem der Marschall diktatorische Mittel einsetzte, führende oppositionelle Politiker verhaften, das Parlament auflösen und eine Verfassungsreform vorbereiten ließ. Gelenkte und massiv beeinflußte Wahlen brachten im November 1930 dann dem „Unparteiischen Block" mit 247 Abgeordneten eine absolute, aber nicht die zur Verfassungsänderung nötige Zweidrittelmehrheit. Zweitstärkste Gruppe wurde mit 94 Mandaten die Zentrolinke. Die von Pilsudski vergeblidi umworbene „Nationale Partei" (das frühere ZL-N) erreichte 64 Sitze. Die Minderheiten kamen auf insgesamt 33 Abgeordnete, wobei die ukrainischen Gruppen eine Verringerung ihrer Mandatszahl im Sejm von 40 auf 21 hinnehmen

Polen

981

mußten. Die Schwächung der jüdischen Position resultierte daraus, daß nur die jüdischen Parteien Mittel- und Ostpolens dem Minderheitenblock beitraten, während die galizischen Gruppen häufig mit dem Regierungslager zusammenarbeiteten. Hatte diese von der Regierung geschickt geförderte Zersplitterung einen Rückgang von 35 Parlamentariern im Jahre 1922 auf sieben Abgeordnete im Sejm 1930 gebracht, von denen zudem drei dem Regierungsblodk angehörten, so zeigte sich darin allerdings auch die fortschreitende Tendenz zur Assimilierung, die viele Juden nichtjüdische Abgeordnete wählen ließ. Die Wirtschaftskrise und die Entwicklung zur Diktatur nach 1930 drängte dann aber die Mehrheit der jüdischen Bevölkerung in die Opposition, wie sie auch andererseits ein erneutes Anwachsen des Antisemitismus und den Rückgang der Assimilationsbewegung herbeiführte. Da die Polonisierung indes weiterging, erfüllten sidi die Hoffnungen der Minderheiten auf den Marschall nicht. Ein Guerillakrieg ukrainischer Nationalisten Ende Juli 1930 gegen die polnischen Behörden und Gutsherren löste harte Pazifikationsaktionen Pilsudskis in Ostgalizien aus; von da an entfremdeten sich der Staat und die Führer der nichtpolnischen Volksteile immer mehr. Nach langen Vorberatungen und heftigen Auseinandersetzungen wurde endlich der Verfassungsentwurf, unter Anwendung eines Geschäftsordnungstricks, mit der erforderlichen Mehrheit von beiden Kammern verabschiedet. Nach der am 23. April 1935 in Kraft getretenen neuen Verfassung verkörperte der Staatspräsident die „einheitliche und unteilbare Staatsgewalt". Damit wurde in Polen ein autokratisches Präsidialsystem eingeführt. Der Staatspräsident konnte die Regierung selbständig berufen und entlassen und Entscheidungen treffen, die der zuständige Fachminister nicht gegenzuzeichnen brauchte. Die Regierung war lediglich von ihm abhängig und unterlag nicht mehr der Kontrolle der nur auf legislative Funktionen beschränkten Nationalversammlung, in der sich die „öffentliche Meinung widerspiegeln" sollte. Die schon nach 1926, vor allem aber seit 1930 geübte Praxis parlamentsunabhängiger, autoritärer Regierungen, die in das „Ermächtigungsgesetz" vom 23. März 1933 eingemündet war, wurde damit verfassungsrechtlich fixiert. Die Verfassungspolitik Pilsudskis, der bewußt auf die Errichtung einer absoluten Alleinherrschaft verzichtete, sollte die „moralische Gesundung" der Nation, die „Erziehung des Volkes und Bildung einer Elite zur Lenkung der Demokratie" bewirken. Dodi die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise hatten in Polen die allgemeine Verarmung der Bauernschaft und einen Höhepunkt der Arbeitslosigkeit zur Folge, was zu wachsender Radikalisierung des politischen Lebens führte. Die Nadifolger des am 12. Mai 1935 verstorbenen Marschalls, auf dessen Person das

982

Wahlordnung und Wahlen von 1935

Führerprinzip zugeschnitten war, höhlten die April-Verfassung weiter aus und versetzten den nicht an der Regierung beteiligten Parteien mit der Wahlordnung vom 8. Juli 1935 den Todesstoß. Hinsichtlich des Sejm hielt die neue Wahlordnung am herkömmlichen Grundsatz der allgemeinen, gleichen, geheimen und unmittelbaren Wahlen fest. Beim aktiven und passiven Wahlrecht zum Sejm wurde das Wahlalter auf 24 bzw. 30 Jahre erhöht. Besonders bezeichnete Gruppen von Staatsbediensteten konnten nicht in den Sejm und den Senat gewählt werden. Wie bisher durften aktive Offiziere nicht wählen. Die Mitgliederzahl im Sejm wurde von 444 auf 208 herabgesetzt. Ein wesentliches Novum war die Einführung des relativen Mehrheitswahlsystems. Gewählt waren in den 104 Wahlkreisen jeweils die zwei Kandidaten mit den meisten Stimmen (mindestens 10 000). Die entscheidende Neuerung betraf aber den Bereich der Wahlbewerbung. Unter dem propagierten Ziel, das Niveau der parlamentarischen Gremien durch eine Abgeordnetenauslese nach „sachlichen" Gesichtspunkten zu heben, wurden die politischen Parteien weitgehend ausgeschaltet. Die Nominierung der Kandidaten für den Sejm wurde besonderen Kreiswahlversammlungen übertragen, deren Vorsitzende vom Innenministerium berufene staatliche Kommissare waren. Die Kreiswahlversammlungen, die sich aus Vertretern der Gemeinden, Kreise, Berufsstände und Verbände der Wirtschaft zusammensetzten, welche ihrerseits von den Kommunen und Landkreisen entsandt wurden, wählten jeweils mindestens vier Kandidaten. In diesem Stadium der „Vorwahlen" trug das Wahlsystem ausgesprochen korporative Züge: die Delegierten der Wirtschaftskammern und verschiedenster beruflicher und gesellschaftlicher Organisationen stellten das ständestaatliche Element dar. Für die Parteien gab es bei der Nominierung nur die Möglichkeit, Gruppen von 500 Wählern zu mobilisieren, die je einen Delegierten benennen konnten. Von etwa 13 000 Delegierten, die im Jahre 1935 die Kandidatenlisten für den Sejm aufzustellen hatten, gehörten 8313, das heißt 64,0 °/o, der Gebietsselbstverwaltung an; auf ihre Zusammensetzung nahm die Regierung mit Hilfe der Kommissare zum Nachteil der Opposition maßgeblichen Einfluß. Gewählt war, wer 10 000 Stimmen auf sich vereinigte. Von den jetzt 96 Mitgliedern des Senats wurde ein Drittel (32) vom Präsidenten ernannt. Bei der Wahl von 64 Senatoren wurden die Grundsätze der Allgemeinheit, Gleichheit und Unmittelbarkeit fallengelassen. Allein die „Elite der Nation" — Ritter hoher Orden, Offiziere, Personen mit bestimmter höherer Schulbildung, Lehrer, Amtsträger der Selbstverwaltung und Berufsverbände und Vorsitzende von „Vereinen mit höheren Zwecken" — war wahlberechtigt. Da die Uberzeugung vorherrschte, daß die „Elite" nur ihresgleichen

Polen

983

wählen werde, wurde von einer besonderen Beschränkung der Wählbarkeit abgesehen. Wählbar war jede(r) mindestens 40jährige, der zum Sejm passiv wahlberechtigt war. Die Wahlberechtigten traten in den Wahlbezirken der Wojewodschaften, die etwa 90 bis 120 Wähler umfaßten, zu Bezirksversammlungen zusammen, die jeweils einen Delegierten in die Wojewodschaftswahlkollegien wählten, die dann ihrerseits zur Wahl der — je nach Bevölkerungszahl — zwei bis sechs Senatoren pro Wahlkreis (Wojewodschaft) zusammenkamen. Kandidieren durften höchstens doppelt so viele Bewerber, wie auf die Wojewodschaft Mandate entfielen. Da das Regime über die Kandidatenaufstellung die Wahlen für Sejm und Senat in seinem Sinne manipulieren konnte, beschlossen die Oppositionsparteien, von der Nationaldemokratie bis zu den Kommunisten, angesichts ihrer geringen Erfolgschancen einen Boykott der Septemberwahlen 1935. Dies führte zu hohen Wahlenthaltungen, die das Wahlergebnis entwerteten. Nicht nur zu den Sejm-Wahlen war die Wahlbeteiligung mit 46,5 °/o (in Warschau nur 30,1 °/o) der Wählerschaft niedrig. Auch die „Elite" der Senatswähler blieb in ihrer Beteiligung unter 50 % und damit sehr hinter den Erwartungen des Regimes zurück. Für Sejm und Senat ergab sich ein ähnliches Bild: Von 208 Abgeordneten gehörten 153, von den 64 gewählten Senatoren 60 dem Regierungslager an, das sich im Senat um die 32 ernannten Senatoren vergrößerte, unter denen sich frühere Ministerpräsidenten Pilsudskis befanden. Die Minderheiten erreichten nur etwa ein Achtel der Mandate, obwohl sie mit über zehn Millionen ungefähr ein Drittel der Gesamtbevölkerung ausmachten. Dabei hatte die Wahlbeteiligung in den ausgesprochenen Minoritätsgebieten (östlichen Wojewodschaften) 57 bis 6 7 % betragen. Für die Repräsentation der eine Million starken deutschen Volksgruppe ernannte Staatspräsident Moscicki zwei Senatoren deutscher Nationalität. Das Wahlergebnis dokumentierte, daß das Regime sich nur scheinbar gefestigt hatte. Nach wie vor waren besonders die beiden großen Oppositionsparteien, Zentrolinksblock und Nationalpartei, eines fühlbaren Rückhalts in der Bevölkerung sicher. Dazu trug audi bei, daß es den Erben Pilsudskis, die sich bald um den richtigen „Pilsudskismus" zu streiten begannen, nicht gelang, mit den durch die agrarische Übervölkerung brennend aufgeworfenen Landwirtschaftsproblemen fertig zu werden. Die von Slawek herbeigeführte Auflösung des BBWR im Oktober 1935 leitete zu den Machtkämpfen über, die nun zur Spaltung des Regierungslagers führten. Besonders die SlawekGruppe des Parlaments schien der Regierung gefährlich, da sie mit der Linksopposition in Verbindung stand. PPS und die 1931 durch

984

Besetzung / Politisdie Entwicklung 1939—1944

den Zusammenschluß einiger Bauerngruppierungen gegründete radikale „Bauernpartei" (SL) inszenierten 1937 größere Streiks, die die Regierung blutig niederschlagen ließ. Zur Ausschaltung der parlamentarischen Opposition löste der Präsident am 22. September 1938 beide Kammern auf. Aus den gelenkten November-Wahlen kehrte das neugegründete Regierungs-„ Lager der Nationalen Einigung" — eine Sammlung von Offizieren, Beamten und halbstaatlichen Funktionären, die nicht mehr die soziologische Breite des ehemaligen BBWR erreichte — bei einer Wahlbeteiligung von 67,4 °/o mit 161 von 208 Sitzen im Sejm und fast allen Senatssitzen zurück. Alle oppositionellen Gruppen boykottierten die Wahlen. Gab die letzte Nationalversammlung der Republik eine Plattform für die nach langen Jahren endlich errungene Einparteienherrschaft (Militärdiktatur) ab, so bestanden dennoch die innerstaatlichen und parteipolitischen Gegensätze weiter. Erst der deutsch-polnische Konflikt drängte sie in den Hintergrund; die folgenden Jahre standen im Zeichen der außenpolitischen Spannungen und des Zweiten Weltkrieges. Mit dem Einmarsdi deutscher Truppen in Polen am 1. September 1939 und der anschließenden Besetzung begann ein neues Kapitel in der Geschichte Polens. Am 17. September teilte die Sowjetunion der polnischen Regierung mit, daß sie Polen nicht mehr als existent betrachte. Im Rahmen des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspaktes besetzte sie das ihr in einem geheimen Zusatzprotokoll zugestandene ostpolnische Interessengebiet. Im Gegensatz zu Hitler, der rein polnische Territorien zu „Eingegliederten Ostgebieten" proklamierte und mit dem „Generalgouvernement für die besetzten polnischen Gebiete" mit Regierungssitz Krakau sozusagen eine Kolonie schuf, vermied es die Sowjetunion, die Annektion Ostpolens auf reines Eroberungsrecht zu gründen, sondern berücksichtigte dem Anschein nach das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Nachdem scheindemokratisch gewählte westukrainische und westweißruthenische Nationalversammlungen Anfang November 1939 um „Aufnahme" der durch sie repräsentierten Gebiete gebeten hatten, wurden sie der Sowjetunion einverleibt. In Rumänien, wohin Regierung und Heeresleitung geflohen waren, demissionierte der Präsident wegen Behinderung der Staatsgewalt und übertrug sein Amt gemäß der Verfassung von 1935 an den in Paris lebenden Senatsmarschall. Vor allem die alten Oppositionsparteien Nationale Partei (SN), Bauernpartei (SL), Sozialisten (PPS) und Partei der Arbeit (SP, 1936 aus der Fusion der christlichen Demokraten mit der Nationalen Arbeiterpartei hervorgegangen) wollten die Kontinuität des Staates wahren. Auf diese Parteien gestützt berief der Senatsmarschall eine Exil-

Polen

985

regierung, die bald von Großbritannien, Frankreich und den USA anerkannt wurde. Aus 19 Politikern der vier Parteien konstituierte sich im Dezember 1939 ein Exilparlament, der Nationalrat (RN). Diese polnischen Exilorgane, die ihren Sitz ab Juni 1940 in London nahmen, waren für die Kriegsführung von Bedeutung. Ihnen unterstand späterhin die polnische Exilarmee und in Polen selbst eine „Armee im Lande" (AK, seit Februar 1942) sowie zivile Untergrundorganisationen. Einen gewissen politischen Spielraum gewannen sie durch die Veränderung der politischen Situation, die der Angriff Hitlers auf die Sowjetunion herbeiführte. Auf britischen Druck hin kam am 30. Juli 1941 das polnisch-sowjetische Abkommen zustande, das die deutsch-sowjetischen Teilungsverträge für nichtig erklärte und im gemeinsamen Kampf gegen Deutschland den Aufbau einer polnischen Armee in der Sowjetunion vorsah. Den Anspruch auf das östliche Polen gab die Sowjetregierung aber nicht auf. Uber die sowjetische Nichtanerkennung der territorialen Integrität Polens kam es zu einer exilpolnischen Regierungskrise und zur Auflösung des Exilparlaments am 3. September 1941. Der neue Nationalrat setzte sich aus 20 Abgeordneten der Nationaldemokratie, Bauernpartei (SL), Sozialisten (PPS) und Partei der Arbeit (SP), zwei des polnischen Judentums und neun sonstigen zusammen. Die Reaktion der Exilregierung auf die Entdeckung der Massengräber bei Katyn nahm die Sowjetregierung am 25. April 1943 zum Anlaß, die diplomatischen Beziehungen abzubrechen. Aus der Sowjetunion nach Polen zurückgekehrte Kommunisten gründeten im Januar 1942 die „Polnische Arbeiterpartei" (PPR) und bauten die Kampforganisation „Volksgarde" (ab 1. Januar 1944 „Volksarmee") auf. Auf sie ging aber auch im Verein mit den anderen kommunistisch orientierten bzw. der sowjetischen Politik für Polen aufgeschlossenen Kräften die Bildung des „Landesnationalrates" (KRN) in der Neujahrsnacht 1943/1944 zurück, der sich als Vorläufer eines zukünftigen Sejm verstand. Entsprechend der Verfassung von 1921 wurde dieses anfänglich kleine Gremium auf 444 Abgeordnete erhöht. Diese waren nicht nach allgemeinem Wahlrecht vom Volk gewählt, sondern setzten sich — zusätzlich zu den bisherigen Mitgliedern — aus Vertretern politischer, wirtschaftlicher, sozialer Berufs- und polnischer Auslandsorganisationen und bis zu einem Viertel aus Gelehrten, Künstlern, Offizieren usw. zusammen, welche der Nationalrat selbst, auf Vorschlag seines Präsidiums, ernannte. Dem Nationalrat gehörten Mitglieder der PPR, PPS, Bauernpartei und Demokratischen Partei an. Von der K R N und der ebenfalls kommunistisch orientierten „Vereinigung polnischer Patrioten in der Sowjetunion" sowie im Verein mit kleineren linken Parteiabspaltungen und

986

Lubliner Komitee / Parteien nach 1945

mit Hilfe der Sowjetregierung wurde am 21. Juli 1944 das „Polnische Komitee der Nationalen Befreiung" (PKWN, „Lubliner Komitee") geschaffen. Mit ihm, das sich aus Kommunisten und Sozialisten zusammensetzte, welche von Stalins „Säuberungen" verschont geblieben waren, hatte die Sowjetmacht eine gefügige Gegenregierung gebildet und den Grundstein für die Volksrepublik Polen gelegt. Die Sowjetunion erkannte das Lubliner Komitee als amtliche polnische Regierung an und überließ ihm die „befreiten Gebiete" zur Verwaltung. Als parlamentarisches Gegenstück zur K R N bildete sich am 8./9. Januar 1944 ein Untergrund-Sejm: die alten Parteien im Lande, welche die Exilregierung als rechtmäßige Regierung ansahen, gaben sich in dem „Rat der Nationalen Einheit" (RJN) eine gemeinsame Repräsentation. Wladislaw Gomulka drang mit seinem Vorschlag, mit den Sozialisten, der Bauernpartei (SL) und der Exilregierung zu verhandeln und zusammen mit dem Rat der Nationalen Einheit ein gemeinsames Parlament zu bilden, nicht durch. Auch Verhandlungen zwischen dem Ministerpräsidenten und Führer der Bauernpartei, Mikolajczyk, und der K R N über eine gemeinsame Regierung scheiterten, weil man sich nicht einigen konnte, ob die Nachkriegsregierung auf der Grundlage der Verfassung von 1921 oder — wie es die Exilregierung gewünscht hatte, um die Kontinuität des Staates zu demonstrieren — der von 1935 Zustandekommen sollte. Nach dem Rüdetritt Mikolajczyks etablierte sich, einem Beschluß des Landesnationalrates zufolge, am 1. Januar 1945 als Nachfolgerin des Lubliner Komitees in Warschau eine Provisorische Polnische Regierung, die für einen in allgemeinen Wahlen zu berufenden Sejm und „demokratische Grundsätze" plädierte. Bei den Verhandlungen über die Zukunft Polens in Jalta vom 4. bis 11. Februar 1945 setzte sich der sowjetische Standpunkt durch, daß die Provisorische Regierung nicht neugebildet werden sollte, sondern nur durch die Aufnahme von Mitgliedern der Parteien aus Polen selbst und der Exilregierung zu erweitern sei. Die so umgebildete Regierung sollte „so bald wie möglich auf Grund des allgemeinen und geheimen Wahlrechts freie und ungehinderte Wahlen für eine Verfassunggebende Nationalversammlung durchführen". Auf sowjetischen Druck hin schlossen am 21. Juni 1945 die Vertreter der Bauernpartei (SL) und der provisorischen Regierung ein Abkommen, das die Beteiligung des SL an der Regierung und im künftigen vergrößerten Nationalrat mit einem Drittel der Sitze und allgemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlen zum Sejm für spätestens Ende 1945 vorsah. Auf dieser Grundlage wurde am 28. Juni in Warschau die „Regierung der Nationalen Einheit" (PRZN) gebildet, auf die die drei Westmächte eine Woche später die Anerkennung, welche bisher der Exilregierung galt, übertrugen. Darin besetzte die bisherige Pro-

Polen

987

visorische Regierung („Lublin-Polen") von insgesamt 21 Ministerposten zwölf, darunter fast alle Schlüsselministerien. Mit dem erfolgreichen Vordringen der Roten Armee in Polen waren die Würfel über das Schicksal des Landes gefallen. Den Kommunisten kamen dabei die starken Bevölkerungsverschiebungen zugute; Polen wurde allmählich zum Nationalstaat. Nachdem die Sowjets die Verwaltungshoheit über das deutsche Reichsgebiet östlich der Oder-Neiße (außer Nordostpreußen) an polnische Behörden übergeben hatten, wurde dieses Gebiet in Wojewodschaften aufgeteilt und mehr und mehr dem polnischen Staatsverband eingegliedert. Die Potsdamer Konferenz vom Juli/August 1945 trug den vollendeten Tatsachen Rechnung, jedoch mit der Einschränkung, daß die ostdeutschen Gebiete nur vorläufig unter polnische Verwaltung gestellt werden sollten. Unbeschadet hiervon gilt seitdem das polnische Recht in vollem Umfang audi in den polnisch verwalteten deutschen Ostgebieten. Im Hinblick auf die versprochenen freien Wahlen lebte rasch die Tätigkeit der früheren Parteien wieder auf, neue Gruppierungen entstanden. Durch Beschluß der K R N vom Dezember 1945 wurde dann allerdings die Gründung von nur sechs Parteien zugelassen: Die „Lubliner" Polnische Arbeiterpartei (PPR), PPS, Bauernpartei (SL) und Demokratische Partei (SD) sowie die anfänglichen Oppositionsparteien Partei der Arbeit (SP) und Polnische Volkspartei (PSL). Die Polnische Arbeiterpartei (PPR), in Polen selbst schwach, besaß die entschiedene Unterstützung der Sowjets und beherrschte die Regierung der Nationalen Einheit. Außer umfangreichen Sozialreformen verkündete sie die Gleichberechtigung der nichtpolnischen Nationalitäten — zwei von den anderen Parteien nicht genügend beachtete Programmpunkte. Die PPR verfocht ferner die Westverschiebung Polens, den Rückgewinn der „alten polnischen Westgebiete". Offene wie illegale Zirkel in deutschen und sowjetischen KZs waren die Keimzellen der Polnischen Sozialistischen Partei der Nachkriegszeit (PPS), die ihre Aufgabe in der Befreiung von sowjetischer und nationalsozialistischer Herrschaft sah. Die Partei bildete sich vor allem aus zwei politischen Kräftegruppen: aus den demokratischen Sozialisten, die der traditionellen PPS anhingen, und aus den von den Sowjets unterstützten kommunistenfreundlichen „Lublin-Polen". Gegen deren Einfluß innerhalb der PPS konnte sich der demokratische Flügel auf die Dauer nicht durchsetzen. Wenn auch der gemäßigte „alte" Stamm der PPS bedeutend größer war und rege um Mitglieder warb, um die Stellung der „Lubliner" in der Partei zu schwächen — Anfang 1946 wies die PPS 200 000 Mitglieder auf —, ist die PPS doch infolge

988

Volksentscheid und Wahlgesetz von 1946

wiederholter Säuberungen seitens ihrer prosowjetischen Führung ein Werkzeug der PPR geworden und geblieben. Die wiedergegründete christlich-demokratisdie Partei der Arbeit (SP) wurde bald in ihrer Tätigkeit eingeschränkt und, nach dem Ausschluß ihrer sieben Abgeordneten aus der K R N und der Bestellung eines genehmen Parteivorsitzenden, ab September 1946 ein Anhängsel der PPR und löste sich bald auf. Die bürgerliche „Lubliner" Demokratische Partei (SD) vermochte keinen Zuzug aus den traditionellen Parteien zu gewinnen. Die Anhänger der früheren Nationalen Partei und Pilsudskis traten in keiner Partei mehr in Erscheinung. Eine Schlüsselstellung fiel daher der de facto einzigen Oppositionspartei zu: Mikolajczyks „Polnischer Volkspartei" (Bauernpartei, PSL), die im September 1945 entstand und der sicii die meisten Bauernführer der Vorkriegszeit angeschlossen hatten. Von ihr erwarteten weite Kreise die Befreiung des Landes im Einvernehmen mit Großbritannien und den USA, denn viele glaubten zumindest an einen „polnischen Mittelweg" zwischen der Sowjetunion und dem Westen. Trotz kommunistischen Drucks stieg die Mitgliederzahl der Partei bis Januar 1946 auf 600 000 an. Eine Vereinigung mit dem „Lubliner" SL scheiterte vorerst, da die Regierung hierdurch einen Machtzuwachs der Volkspartei befürchtete. Daher ließ die Regierung verständigungsbereite Politiker beider Seiten verhaften. Da die Gründung weiterer Parteien untersagt war, durften — entgegen den Abmachungen von Jalta — somit nur diese sechs zugelassenen Parteien an den Wahlen teilnehmen. Die Wahlen indes wurden wiederholt verschoben. Um sich zunächst einmal eine eindrucksvolle Mehrheit zu verschaffen, die dem Ausland die Legitimation des gegenwärtigen Regimes vor Augen führen und zeigen sollte, daß in Polen über die großen Fragen Einmütigkeit herrsche, außerdem um Zeit zum Ausbau des Polizeiapparates zu gewinnen, ließ die Regierung am 30. Juni 1946 einen Volksentscheid über 1. die Abschaffung des Senats, 2. die Billigung der Agrarreform und Verstaatlichung der Schwerindustrie sowie 3. die Oder-Neiße-Linie als endgültige polnische Westgrenze veranstalten. Bei fast 90prozentiger Wahlbeteiligung war das offizielle Ergebnis dieser „Generalprobe für die Sejm-Wahlen", wie die Abstimmung bezeichnet wurde, 68 °/o, 77,2 % und 9 1 , 6 % „Ja"-Stimmen. Wegen Terrormaßnahmen, welche sich in Verhaftungen und drastischer Behinderung der PSL-Propaganda zeigten, und wegen gesetzwidriger Auszählung in den Wahlkreisen statt in Wahlbezirken hatte das PSL — inzwischen zum Sammelbecken aller antikommunistischen Riditungen geworden — sofort, aber umsonst, gegen die Abstimmung Einspruch erhoben.

Polen

989

Nachdem durch dieses Referendum vor aller Welt eine breite Unterstützung des Regimes durch die Bevölkerung glaubhaft schien, gingen Regierung und PPR daran, die Wahlen zum Verfassunggebenden Sejm vorzubereiten. Offiziell wandte man sich gegen den Einparteienstaat, ging aber an die Bildung einer „gemeinsamen Front der Arbeiter und Bauern gegen die Reaktion", eines „Blocks der demokratischen Parteien". Stalin persönlich diktierte den Gang der Dinge, wobei er äußerte, die Wahlen müßten schon „vor den Wahlen" gewonnen werden (Stanislaw Mikolajczyk, The Rape of Poland, S. 171). Das von der K R N verabschiedete Wahlgesetz vom 22. September 1946 lehnte sich zwar äußerlich noch an die Verfassung von 1921 mit ihrem vieradjektivischen Wahlrecht an, beließ der Regierung aber Möglichkeiten wirksamer Lenkung: 1. Bei der Wahlkreiseinteilung wurden die dünn bewohnten, unter polnische Verwaltung genommenen deutschen Ostgebiete mit ihrer weitgehend regierungsabhängigen Bevölkerung — fünf Millionen neu angesiedelte Polen (davon 1,5 Millionen aus den an die UdSSR abgetretenen Ostgebieten), 800 000 „Autochthone" — bevorzugt, indem hier 20 000 Stimmen gegenüber 120 000 in den eigentlichen Landesteilen für ein Mandat ausreichten. Etwa 300 000 Zuwanderer (Rückkehrer und Umsiedler aus den polnischen Ostgebieten) waren im zweiten Halbjahr wahlberechtigt. 2. Das Wahlgesetz sah vor, daß wegen „Kollaboration" mit den Deutschen ganzen Wählergruppen das Wahlrecht aberkannt werden konnte; dies geschah in ungefähr einer Million von Fällen. Daher sank die Zahl der Wahlberechtigten vom 30. Juni 1946 bis 19. Januar 1947 um fast 3,5 Prozent. 3. Den Wahlkomitees präsidierten durchweg Mitglieder der PPR oder ihrer Gefolgsparteien. 4. Das „reaktionäre" PSL, das mit der weiter existierenden Londoner Exilregierung in Verbindung stand, lehnte das Angebot der PPR, 20 % der Sitze zu erhalten, wenn es seinem Anschluß an eine Wahlliste zustimme, ab, obwohl ihm klar war, daß PPS und PPR das Bestehen einer Opposition nicht länger dulden würden. Mit der Begründung, sie hielten Kontakte zu illegalen Widerstandsverbänden, wurden Kandidaten des PSL verhaftet und in zehn von 52 Wahlkreisen, die früher meist Domänen des PSL waren und ein Viertel der Gesamtbevölkerung umfaßten, gestrichen. Eine gemeinsame Wahlliste von PSL und oppositionellen Sozialisten in vier Wahlkreisen wurde nur in einem Wahlkreis zugelassen. Die Stimmabgabe in den Wahllokalen erfolgte zum Teil offen. Das Wahlergebnis brachte bei einer Beteiligung von 89,8 °/o den erwünsch-

990

Verfassungen von 1947 und 1952

ten Sieg des „Demokratischen Blocks" (PPR, PPS, SD, SL) mit 80,1 % Stimmen und 394 Sitzen. SP (Partei der Arbeit) und PSL„Nowe-Wyzwolenie" — eine Absplitterung vom PSL — traten, obgleich sie die PPR unterstützten, mit eigenen Listen auf und erhielten 4,7 und 3,5 % . PSL kam auf 10,3 °/o Stimmen, aber nur auf 6 °/o der Mandate, nämlich 27 von 444. Laut Angaben von Vertrauensleuten des PSL, die in 1300 der im ganzen 5200 Wahlbezirke an der Auszählung mitgewirkt hatten, sollen dort in Wirklichkeit aber 60 bis 80 % aller Stimmen für das PSL abgegeben worden sein. Durch die neugebildete „Katholische Fortschrittspartei" (die spätere „Pax"-Bewegung), die nur in drei Wahlkreisen Kandidaten aufstellen durfte, wollte das Regime demonstrieren, daß es den Katholiken das Recht einräumte, im Sejm als Sondergruppe aufzutreten. Nachdem in den Gemeinden, Kreisen und Wojewodschaften nach sowjetischem Vorbild das System der Volksräte eingeführt und so die alte Bürokratie Polens beseitigt war, schuf der Verfassunggebende Sejm — noch in Anlehnung an die Verfassung von 1921 — die vorläufige formal-demokratische „Kleine Verfassung" vom 19. Februar 1947. Durch sie wurde aber ein neues ständiges Vollzugsorgan geschaffen, das dem Präsidium des Obersten Sowjet nachgebildet ist: der „Staatsrat", der in sich exekutive, wichtige legislative und kontrollierende Funktionen vereinigt; zwischen den Sitzungsperioden des Sejm kann er Gesetzesdekrete erlassen. In der neuen Regierung bekam die PPR zusätzlich das Außenministerium und Erziehungsministerium; die Kommunisten hielten nun mit nur fünf von 24 Ressorts die Zügel fest in den Händen. Das PSL war ausgebootet. Nach Mikolajczyks Flucht nach England stellte auch die neue linksgerichtete Führung der kleinen PSL-Fraktion die Opposition ein. Wer das Regime ablehnte, sah allenfalls in der Sozialistischen Partei eine letzte Chance legalen Wirkens. Nach einer gründlichen „Reinigung" fiel die PPS mit 650 000 Mitgliedern Anfang Juli 1947 hinter die PPR (850 000 Mitglieder) zurück und wurde reif für den Zusammenschluß mit den Kommunisten. Auf den Kongressen der PPR und PPS folgte eine zweite große „Abrechnung" mit internen Parteigegnern. Die nationalkommunistische Gruppe der im Lande gebliebenen Partisanen gegen die deutsche Besetzung propagierte den „eigenen polnischen Weg", stemmte sich gegen eine rasche Kollektivierung der Landwirtschaft und nahm eine versöhnliche Haltung zur PPS ein. Diese Richtung unter Gomulka wurde 1948 aus den Partei- und Staatsämtern entfernt. In die am 15. Dezember 1948 zur „Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei" (PZPR) vereinigte Einheitspartei brachte die PPS gerade die halbe Mitgliederzahl der rund 900 000 starken

Polen (Volksrepublik)

991

P P R ein. Im Politbüro der P Z P R nahmen drei PPS- und acht PPR-Leute Platz. Das Beispiel der „Einheit der Arbeiterklasse" wirkte vorbildhaft: Auch die „Lubliner" Bauernpartei (SL) hatte „reaktionäre" Mitglieder ausgestoßen, und das P S L war auf die Linie der P P R eingeschwenkt. Daraufhin zwangsfusionierten beide Parteien zur „Vereinigten Volks-(Bauern-)Partei" (ZSL; Ende November 1949). Sowjetischem Vorbild folgend, wurden alle Lebensbereiche den Weisungen der kommunistischen Partei untergeordnet. Durch Verfassungsgesetz vom 26. Mai 1951 konstituierte sich eine Kommission, die im September mit der Ausarbeitung eines Verfassungsentwurfs begann. Dieser wurde am 27. Januar 1952 öffentlich zur Diskussion gestellt und am 22. Juli gleichen Jahres als Verfassung der Volksrepublik Polen verabschiedet. Sie gilt mit kleinen Änderungen bis heute. Ihr Modell ist die Stalinsche Verfassung von 1936. Wie diese verwirft sie den Gedanken einer Gewaltentrennung. Stattdessen ist die Idee einer einheitlichen, zentralistisch gesteuerten Staatsgewalt maßgebend, als deren alleiniger Träger — laut Verfassung — der Sejm fungiert, dem in „allgemeinen, gleichen und geheimen Wahlen" formal die Grundlage der staatlichen Gewalt, die „Macht des arbeitenden Volkes", für vier Jahre übertragen wird. Der Sejm soll den Staatsrat, jenes heute 17köpfige Gremium, dessen Vorsitzender als Staatsoberhaupt amtiert, den Präsidenten der obersten Kontrollkammer und den Ministerrat (den Ministerpräsidenten und die einzelnen Regierungsmitglieder) bestellen und abberufen. In der Verfassungspraxis bedeutete jedoch die Errichtung der Volksrepublik Polen die Uberlagerung der staatlichen Institutionen durch die Organe der kommunistischen Partei, so daß der Sejm die ihm von der Verfassung eingeräumte Präponderanz im Regierungssystem nicht zu verwirklichen vermag. E r unterliegt faktisch der Weisungsgewalt der kommunistischen Partei, deren Mitglieder die überwiegende Mehrheit der Abgeordneten stellen. Die Funktionen des Sejm sind weitgehend auf die Verabschiedung des Haushalts- und Wirtschaftsplanes beschränkt. Die normsetzende Tätigkeit und die Ausübung von Kontrollaufgaben lagen in der stalinistischen Zeit praktisch allein beim Staatsrat. Der Staatsrat hat unter anderem das Recht, Wahlen zum Sejm anzuordnen und das Parlament einzuberufen, und kann auf einigen Gebieten Dekrete mit Gesetzeskraft erlassen sowie die Gesetze (die der Sejm nur zu bestätigen hat) „authentisch" interpretieren — Kompetenzen, von denen bis 1956 in großem Umfang Gebrauch gemacht wurde. Zwischen 1952 und 1956 hat der Sejm nur 16 Gesetze, der Staatsrat dagegen 165 Dekrete erlassen. Die Dekrete wurden jedesmal anschließend rasch und oft mehrere en bloc vom Sejm formal genehmigt.

992

Wahlgesetz von 1952 / „Polnischer Oktober" 1956

Die verfassungsreditlidi bedeutsame Position des Sejm wird besonders durch den Führungsanspruch der PZPR unterminiert. Sie sieht sich als „Avantgarde des Volkes", die die Leitung beim Aufbau des Sozialismus übernommen hat, und ihrer Führungsrolle und Ideologie haben sich die anderen Gruppen unterworfen. Es gibt keine konkurrierenden Parteien, sondern lediglich eine „ständige schöpferische Diskussionsopposition" („Zycie literachie", Krakau, 1956). Der „dynamische Sozialismus" erfordert das Einparteiensystem, denn „der Versuch, das Mehrparteiensystem einzuführen, hieße das Bündnis mit der Sowjetunion verletzen. Es geht nicht darum, daß die 20 Millionen Menschen, die nicht der Partei angehören, an die Macht gelangen, sondern darum, daß die Partei im Einverständnis mit der Meinung der Gesellschaft regiert" („Nowa Kultura", Warschau, 1956). Zwischen den drei in der „Nationalen Einheitsfront" zusammengeschlossenen Parteien PZPR, Vereinigte Bauernpartei und „Demokraten" bestehen mehr weltanschauliche als politische Meinungsunterschiede. Alle drei Parteien nehmen am Prozeß der politischen Willensbildung und der Bildung der Staatsorgane teil. Aber es findet zwischen ihnen kein Kampf um die Macht statt, als deren Träger allein die kommunistische Partei anerkannt wird. Die Partei hielt in den Jahren bis zum „Polnischen Oktober" 1956 den Staatsapparat bis ins einzelne fest unter Kontrolle und traf oft anstelle der zuständigen Organe die Entscheidung. Dies gelang ihr durch die enge personelle Verflechtung der Parteispitze (vor allem des Politbüros und des Generalsekretariats) mit der Führung des Ministerrates. So gab es bis 1956 wiederholt gemeinsame Beschlüsse der Regierung bzw. des Staatsrates und des ZK der PZPR. Ein bestimmendes Element in der Herrschaft der kommunistischen Partei über das Parlament stellt die Bestellungsweise des Sejm dar: Mit dem Wahlgesetz vom 1. August 1952, das in den Jahren 1956, 1960 und 1965 in einzelnen Punkten geändert wurde, ist eine Situation „tiefgründiger, in der Geschichte . . . bisher unbekannter Demokratie" entstanden („Trybuna Ludu", Zentralorgan der PZPR, Warschau 1952). Wahlberechtigt sind Personen ab 18, wählbar Personen ab 21 Jahre. Inkompatibilitätsbestimmungen gibt es nicht, ein Sitz im Sejm gilt als eine mit jedem Beruf vereinbare Tätigkeit. Das Prinzip der proportionalen Repräsentation, das noch der Wahl zum Verfassunggebenden Sejm 1947 zugrunde lag, wurde abgeschafft. In jedem Wahlkreis wurden 1952 und 1957 entsprechend der Einwohnerzahl innerhalb des Wahlkreises so viele Abgeordnete gewählt, daß auf je 60 000 Einwohner ein Abgeordneter entfiel. Die Anzahl der Wahl-

Polen (Volksrepublik)

993

kreise legt bis heute der Staatsrat jeweils vor der Wahl fest (1952 waren es 67, 1965 80 Wahlkreise). Nach einem kombinierten Listenund Persönlichkeitswahlsystem konnten rechtlich in den Wahlkreisen konkurrierende Listen aufgestellt werden. Die Praxis volksdemokratischer Wahlen sieht jedoch stets eine einzige Liste vor, wobei auch die Verteilung der Sitze auf die Parteien und Massenorganisationen festgelegt wurde. Auf diese Liste einigte man sich 1952 und 1957 jeweils vor den Wahlen in den Bezirksverständigungskommissionen der politischen Parteien und sozialen Organisationen. Der Schlüssel für die Verteilung der Sitze auf der Einheitsliste steht im großen und ganzen fest. Die Fraktion der PZPR erhält jeweils stets über 50 % der Mandate, die genaue Verteilung wird vor jeder Wahl neu vereinbart. Gewählt sind die Kandidaten auf der Einheitsliste, für die im Wahlkreis die meisten gültigen Stimmen abgegeben wurden und die mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen erhalten haben, es sei denn, die Zahl der gewählten Kandidaten überschreitet die Zahl der Mandate, die auf den betreffenden Wahlkreis entfallen. Die ersten Parlamentswahlen 1952 verliefen unter dem im Ostblock üblichen Propagandaaufwand ohne Überraschungen. Auf die Einheitsliste der Nationalen Front entfielen 99,8 »/ο der gültigen Stimmen (bei etwa 95 % Wahlbeteiligung). Vereinbarungsgemäß erhielten die PZPR 273, die Vereinigte Bauernpartei (ZSL) 90 und die „Demokraten" (SD) 25 Mandate. Die „Parteilosen" (meist Angehörige der Massenorganisationen und „fortschrittliche Katholiken") erlangten 37 Sitze. Etwa 1953 („Neuer Kurs") setzte in der PZPR ein DifFerenzierungsprozeß ein, der nach einer langen Periode des Zögerns unter Einwirkung des Posener Aufstandes vom 28. Juni 1956 zum „polnischen Oktober" von 1956 führte. In seinem Verlauf fand eine Auswechslung von durch die Stalin-Ära belasteten Personen in einigen Schlüsselpositionen statt, die einen Kurswechsel von Partei und Regierung zum Ziel hatte. Der „Polnische Weg zum Sozialismus" war der Kompromiß, den die Partei zugunsten einer freiheitlichen Politik mit der Bevölkerung einging. Gestützt auf weite Kreise des polnischen Volkes kehrte Gomulka an die Partei- und Staatsspitze zurück. Bisher hatte die Partei nur auf Grund ihrer absoluten Macht eine „Herrschaft der Lüge, Unterdrückung und der Verbrechen", wie man nachträglich die stalinistische Zeit nannte, errichten können. Jetzt aber wurde zunehmend die Forderung laut, die Partei solle im Kontakt mit der „parteilosen Gesellschaft" regieren und diese mitbeteiligen. Um die Willensbildung von unten zu beleben, griff man in Partei, Staat und Wirtschaft auf die „Grundregeln der innerparteilichen und proletarischen Demokratie" und andererseits auch auf das „Prinzip des demokratischen Zentralismus" zurück. Bisher war das Staatssystem straff 63

Stemberger-Vogel, Parlamente 1,2

994

Parlaments- und Wahlreform 1956/1957

hierarchisch strukturiert. An der Spitze dieser Befehlsstruktur standen der Generalsekretär der PZPR und faktisch Stalin. Darin erblickten jetzt erhebliche Teile der Partei eine Verletzung des Grundsatzes des demokratischen Zentralismus, nach dem Organe niederen Ranges höheren Organen nicht in blindem Gehorsam untergeordnet und nidit von diesen bestimmt, sondern von „unten" gewählt werden sollen. Differenzen auf unteren Ebenen durften und konnten nun wieder offener ausgetragen werden. Kritik erhob sich audi gegen die institutionellen Praktiken des Regimes, gegen die Dekret-Gesetzgebung des Staatsrates sowie die Unterbewertung und ungenügende Aktivität des Sejm. Ohne die führende Stellung der PZPR beeinträchtigen zu wollen, sollten des weiteren den anderen Parteien eine größere Verantwortung und gewisse Eigenständigkeiten eingeräumt werden. PZPR und das ZSL legten Ende 1956 eine „brüderliche Zusammenarbeit" fest, wonach das ZSL „Bundesgenosse und gleichberechtigter Partner" sein sollte. Ab 1956 wurde daher das selbständige politische Initiativrecht und Mitspracherecht der ZSL und SD stärker betont: das ZSL erhielt einen stellvertretenden Ministerpräsidenten und zwei Plätze im Staatsrat und besetzte 1957 den Posten des Sejm-Marschalls. Dem gleichen Ziel einer generellen Aufwertung der Parteien wie auch der Position des Sejm sollte die Parlamentsreform vom 1. März 1957 dienen. Die Abgeordneten erhielten das Recht, sich zu Fraktionen zusammenzuschließen, deren politischer Spielraum aber weiterhin nodi eng begrenzt blieb. Während 1952 bis 1957 die Abgeordneten nach Wojewodschaften gruppiert im Sejm saßen, wurde nun die Sitzordnung nach Fraktionen gestaltet, was ihre parlamentarische Wirksamkeit fördern konnte. Die parteilosen Abgeordneten können statt einer Fraktion „Zirkel" („Klubs") bilden. Unter diesen Zirkeln trat die Gruppe „Znak" 1956/1957 besonders lebhaft in Parlamentsdebatten hervor. Oder sie schließen sich als Hospitanten den Parteifraktionen an. Uber die Hälfte der Parteilosen im Sejm, also vor allem die Abgeordneten der Massenverbände, hospitieren bei der Fraktion der PZPR. Gegenüber sehr kurzen Sitzungsperioden von meist nur zwei bis vier Tagen in der Zeit von 1952 bis 1955 war der Sejm in der Zeit von Frühjahr 1957 bis Anfang 1958 durchschnittlich je vier Monate lang bei zusammen 22 Plenarsitzungen an 30 Sitzungstagen versammelt. Eine zweite Lesung der Gesetzgebungsvorlagen wurde eingeführt. Der zeitlichen Ausdehnung der Sitzungsperioden entsprachen eine gewisse Belebung des parlamentarischen Lebens und ein neuer Geist der Kritik, der sich im September 1956 bereits in der seit 1952 erstmaligen Abänderung eines Dekrets des Staatsrats durch den Sejm niedergeschlagen hatte. Vom Interpellationsrecht machten die Abgeordneten zwischen 1956 und 1957 häufig Gebrauch; während der er-

Polen (Volksrepublik)

995

sten Sitzungsperiode 1956 wurden mündlich und schriftlich 38 Anfragen gestellt. Bei Ausweitung der Zahl der Ausschüsse (1967: 19 Ausschüsse) und ihres Tätigkeitsbereiches mußte jetzt jedes Dekret vom zuständigen Parlamentsausschuß geprüft werden. Von ihnen wurde bisher noch keine der geprüften Gesetzesvorlagen (die meist von der Regierung eingebracht werden) abgelehnt. Es gab aber Fälle, in denen das Kabinett seinen Entwurf zurückzog, was praktisch einer Ablehnung gleichkam. Durch das Wahlgesetz vom 24. Oktober 1956 wurde eine für die Regelung des Wahlergebnisses in sozialistischen Staaten bemerkenswerte Variante eingeführt. Die Wähler können vom Wahlvorschlag der Einheitsliste, die mehr Kandidaten aufweist, als Abgeordnete im Wahlkreis zu wählen sind, einzelne Kandidaten von der Liste streichen. Bei einem zulässigen Uberhang von 50 °/o Bewerbern gegenüber der Mandatszahl wurden 1957 von einer zentralen Verständigungskommission (die etwa 100 Spitzenkandidaten benannte) und von lokalen Verständigungskommissionen für die gemeinsame Wahlvorbereitung der Parteien der Nationalen Einheitsfront aus einer Gesamtzahl von etwa 60 000 vorgeschlagenen Namen für 459 Sitze 723 Kandidaten aufgestellt (PZPR 363, ZSL 180, SD 60). Vorschlagsberechtigt waren die politischen Parteien und sozialen Organisationen. Nur ein Bruchteil dieser Kandidaten gehörte dem bisherigen Sejm an. Das 1960 geänderte Wahlgesetz enthält keine Artikel über die Aufstellung der Kandidatur mehr. Die Kandidaten werden seitdem so bestimmt, daß die drei Parteien ihre Kandidaten auf internen Parteikonferenzen nach einem Proporzverfahren aufstellen, während Parteilose und katholische Bewerber auf Wojewodschafts-Konferenzen der Nationalen Einheitsfront ermittelt werden. Am 22. Dezember 1960 verabschiedete der Sejm eine Verfassungsänderung, nach der sich die Mitgliederzahl des Sejm nicht mehr nach der Bevölkerungszahl orientiert, da dies eine ständige Veränderung der Mitgliederzahl des Sejm zur Folge hatte, sondern grundsätzlich auf 460 fixiert ist. Die Zahl der Wahlkreise wurde von 116 auf 80 vermindert. Bei einer gleichbleibenden Abgeordnetenzahl von 460 konnten die Wähler durch Streichungen auf den Listen 1961 unter 616 und 1965 unter 670 Kandidaten auswählen. Die seit 1957 durchgehende Tendenz, parteilose und neue Kandidaten zu unterstützen, dagegen ältere und unbeliebte zu streichen, zwingt die Partei zu größerer Rücksichtnahme auf die Öffentlichkeit. Wie ein Vergleich der Wahlergebnisse 1961 und 1965 zeigt (vgl. Tab. A 6), blieb das Abschneiden einzelner Kandidaten bei der Wähl 1961 nicht ohne Einfluß auf ihre Plazierung für die Wahl 1965. Im Rahmen der

996

Wahlpraxis / Parlamentsstruktur

festen Quoten kann die Wählerschaft durch die Kandidatenstreichung personelle Präferenzen zum Ausdruck bringen. Damit finden die Blockwahlen ein gewisses Interesse. Doch ist nur die Möglichkeit eingeräumt, bestimmte Bewerber abzulehnen, nicht aber, eine wirkliche Auswahl zwischen mehreren zu treffen. Daher wird, trotz der Möglichkeit zu streichen, das Wahlsystem in Polen als „ungenügend" betrachtet, und selbst polnische Staatsrechtslehrer sprechen von „Scheinwahlen". Nach Schätzungen von Pressebeobachtern haben 1957 kaum zehn Prozent der Wähler die Wahlkabinen aufgesucht. 89,4 % gaben die Stimme unverändert ab. Eine Absicht, die Kabinen so zu postieren, daß der Wähler, der sie aufsuchte, auffallen mußte, war 1965 nicht zu erkennen. Die Zahl der „geheimen Wähler" war in kleineren Städten, wo die Kandidaten persönlich bekannt sind, ungleich höher als in Großstädten. Gestrichen wurden 1957 vor allem Kandidaten, die im Rufe standen, Stalinisten zu sein, sowie auch Parteilose und Katholiken, deren enge Bindung an das Regime bekannt war. Der Führer der „Pax" erhielt 1965 mit 88,34 °/o die wenigsten Stimmen im ganzen Land. Ähnlich schlecht schnitten 1965 Mitglieder des ZK, Minister, Führer der „Koalitionsparteien" und Funktionäre aus der fernen Hauptstadt ab. In Nowy Sacz wurde 1957 eine Nachwahl erforderlich, weil nur zwei statt drei Kandidaten 50 °/o erreicht hatten, ebenso in Krakau 1961, als dort keiner der Kandidaten die notwendigen 50 °/o erhalten hatte. Das waren bisher die einzigen Fälle, in denen Kandidaten durchfielen. Bei den Wahlen 1957, 1961 und 1965 entsprach aber in keinem Wahlkreis die Plazierung der Kandidaten auf den Listen der Reihenfolge ihres Abschneidens. Am häufigsten wurden die auf die vorderen Plätze gesetzten Kandidaten gestrichen. 1961 erhielten nur sieben Erstplazierte und 1965 nur neun Erstplazierte auch die meisten Stimmen in ihrem Wahlkreis. Je weiter unten ein Bewerber piaziert war, desto mehr Stimmen erhielt er in der Regel. So erreichten 1965 in den 16 Siebenmann Wahlkreisen sechsmal die Sechstplazierten und siebenmal die an siebter Stelle Piazierten die höchsten Stimmenzahlen in ihrem Wahlkreis, in den 29 Sechsmannwahlkreisen achtmal die Fünftplazierten und elfmal die Sechstplazierten, und in den 29 Fünfmannwahlkreisen sechsmal die Viert- und achtzehnmal die Fünftplazierten. In 13 Wahlkreisen verhielten sich die Stimmenergebnisse genau umgekehrt zur Plazierung: der Letztplazierte wurde Erster, der Zweitletztplazierte Zweiter usw. Die relativ geringe Wahlbeteiligung in Tichau (80,6 % ) , Tarnow, Lublin, Neumarkt und Krakau 1957 (90—92%), bei sehr hoher Beteiligung in den deutschen Ostgebieten, ließ erkennen, daß im Süden oppositionelle Kräfte sich am stärksten regten.

Polen (Volksrepublik)

997

Die von der Nationalen Einheitsfront beschlossene Zusammensetzung des Sejm ist nach dem Gesichtspunkt „sozialer Repräsentativität" ausgerichtet. Nach einer offiziösen Angabe bilden im vierten, 1965 gewählten Sejm „die in der Produktion Beschäftigten" (90) und „die in der Landwirtschaft tätigen Personen" (75) die stärksten Berufsgruppen. Dem Parlament gehören 57 Frauen an (1961: 60, 1957: 19). Viele Abgeordnete sind im Partei- und Regierungsapparat tätig, 1965 sind insgesamt 105 Abgeordnete Vertreter staatlicher Industrie-, Transport- und Landwirtschaftsunternehmen. Von den 460 Abgeordneten haben 242 eine Hochschule besucht, 126 eine höhere Schule. Das 1965 neugewählte Parlament besteht unter anderem aus 27 Aktivisten der „alten Garde", die dem Sejm von Anfang an angehören (nur zwei davon waren schon vor dem Kriege Kommunisten); die meisten von ihnen sind über 60 Jahre. 36 Abgeordnete begannen 1965 ihre vierte Legislaturperiode, Gomulka und seine Freunde stellen die Hälfte in dieser Gruppe. Die übrigen sind frühere Stalinisten, die sich inzwischen mit Gomulka arrangiert haben. Weniger als drei Prozent der Abgeordneten sind jünger als 30 Jahre. Fast ein Viertel ist unter 40, über die Hälfte unter 50. Zehn Prozent sind älter als 60 Jahre. (Für 1957 lauteten die Zahlen: Unter 25 Jahre: zwei, 26 bis 30 Jahre: 17, 31—40 Jahre: 106, 41—50 Jahre: 198, 51—60 Jahre: 113, 61—70 Jahre: 19, über 70 Jahre: drei.) Doch die Aktivierung des parlamentarischen Lebens kam nach 1957 bald wieder zum Erliegen. Mit dieser Tendenz ging eine allgemein zu beobachtende innenpolitische Verhärtung einher, die in einer Einschränkung politischer und geistiger Freiheiten und in wieder verstärkt gehandhabter Zensur sichtbar wurde. Die wesentlichen politischen Entscheidungen fallen nach wie vor außerhalb des Sejm, in dem bisher in keinem Fall ein Antrag auf Abberufung eines Regierungsmitgliedes gestellt wurde. Die eigentliche Entscheidungsinstanz ist die kommunistische Einheitspartei, die de facto das alleinige Recht hat, die Regierung zu bilden oder umzubilden. Ausgeführt wurden Regierungsumbildungen meist vom Staatsrat zwischen den Parlamentsperioden, und der Sejm billigte sie ohne Debatte und einstimmig. Innerhalb der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PZPR) lassen sich seit Jahren ausgeprägte Gruppenbildungen erkennen, die dadurch gefördert wurden, daß der Partei bei der Gründung neben Kommunisten Sozialisten, radikale Bauern, Leute der Untergrundbewegung und Emigranten angehörten und bis heute angehören. Die engere Gruppe um Gomulka verstand es, 1956 bis 1959 das Politbüro besetzt zu halten. Sie verfolgte eine Politik der mittleren Linie und

Parteien der Nationalen Front

998

maßvollen Neuorientierung und bildet den ausgleichenden, stabilisierenden Faktor in der PZPR, obwohl Gomulka heute nicht mehr über die breite Gefolgschaft von 1956 verfügt und seine „Unabhängigkeit von Moskau" längst zur Legende geworden ist. Neuerdings drängen gegenüber der moskautreuen Gomulka-Gruppe die nationalbewußten und antisemitischen „Partisanen" um Innenminister Moczar, die im Krieg im Untergrund gegen die Deutschen kämpften, stärker nach vorn. Die Gesamtmitgliederzahl der kommunistischen Partei (Mitglieder und Kandidaten) hat sich seit dem Vereinigungskongreß im Dezember 1948 wie folgt entwickelt:

Arbeiter Bauern „Intelligentia" andere

1948

28. 2.1954

1959

1964

1 503 000*) 60 °/o 18 °/o 17 °/o 5 °/o

1 297 000 48 °/o 13 °/o 37 °/o 2 °/o

1 023 000 42 °/o 12% 42 °/o 4«/o

1 568 000 40 °/o 11 °/o 44 % 5%

*) Stand v o m 1. April 1949: 1 369 000, 1951: 1 138 000 Mitglieder. (Quellen: R. F. Staar, s. BiblAng.; ferner G. Rhode [in: Marken, Handbuch Polen, s. BiblAng.])

Osteuropa-

Die Partei ist zwischen 1948 bis 1964 um 68 000 Mitglieder angewachsen, trotz dieses Zuwadises aber im Verhältnis zur Bevölkerung von 6,1 auf 5 % zurückgegangen. Anfang 1967 besaß sie 1,87 Millionen Mitglieder. Die soziale Struktur zeigt deutlich die Entwicklung der „Partei der Arbeiter und Bauern" hin zur Partei der Funktionäre und Technokraten („Intelligentia"). Wie der Vorsitzende der Parteikontrollkommission 1964 erklärte, gehören der Partei audi viele gläubige Christen an. Diese werde man auch weiterhin aufnehmen und taktvoll im Sinne der eigenen Weltanschauung erziehen. Langjährige Parteiaktivisten aber, die praktizierende Katholiken seien, stünden im Widerspruch zum Parteistatut. Im übrigen müsse bei den Parteiaufnahmen den Ansichten der Kandidaten mehr Beachtung geschenkt werden, da eine ideologisch-politisch uneinheitliche Partei ihre führende Rolle unter den Massen nicht wahrnehmen könne. Nach amtlichen Statistiken von 1964 sind 58,2 °/o aller Mitglieder unter 40 Jahre. Das Durchschnittsalter beträgt im Z K über 50, im Politbüro über 55 Jahre. Die „Bauernpartei sozialistischen Typs" (ZSL) und die Demokratische Partei (SD) verfügen über einen eigenen Parteiapparat, haben jedoch seit 1962 verstärkt wieder den Charakter von gleichgeschalteten Hilfsorganisationen der P Z P R : für das Bauerntum (ZSL) und für Handwerker und Freiberufliche (SD). In Z S L und SD brachen, wie

Polen (Volksrepublik)

999

innerhalb der PZPR, Richtungskämpfe sowohl mit „Dogmatikern" als auch mit „reaktionären Anhängern des bürgerlichen Systems" („Rechtsabweichlern") aus, so daß es 1962 zu Führungswechseln kam. Daraufhin schwenkte das ZSL, das lange Zeit eher für die Interessen der privaten Bauern und für freie genossenschaftliche Zusammenschlüsse eingetreten war, völlig auf die Linie der PZPR ein. Heute wendet es sich gegen die „Zersplitterung" in der Landwirtschaft und setzt sich für eine erneute Zusammenfassung der Individualwirtschaften in Produktionsgenossenschaften ein. Das ZSL hatte im September 1966 365 600 Mitglieder. Die 1939 gegründete, aber erst nadi 1944 in Erscheinung tretende Demokratische Partei (SD) mit 1966 73 140 Mitgliedern durfte nur in dem weithin zerschlagenen und entwurzelten Mittelstand Mitglieder werben und verfügt nicht über das Kräftereservoir und die organisatorische Breite des ZSL. Das SD vereinigt „fortschrittliche" Gruppen der Intelligenz, der Handwerker und anderer Angehöriger der städtischen Mittelschichten. Die größere Gefügigkeit des SD kam in der relativ günstigen Berücksichtigung im Kabinett zum Ausdruck (bis 1957: zwei Sitze = 6,3 °/o bei 8,9 % der Sejmsitze, ZSL bis 1957: drei von 32 Ministerien = 9,4 %> bei fast 26 °/o der Sejmsitze). Ein spezifisch polnisches Merkmal sind die drei katholischen Abgeordnetenklubs im Sejm, die offiziell — wie die Abgeordneten der Massenverbände — unter der Kategorie „Parteilos" firmieren: Die regimefreundliche Pax-Gesellschafl sucht Marxismus und Katholizismus zu einer Art von Synkretismus zu versöhnen, lehnt aber die Bildung einer von Rom getrennten schismatischen Nationalkirche ab. „Pax" sollte nach dem Willen von Partei und Regierung als einzige Gruppe „die Katholiken" repräsentieren. Ein zweiter katholischer Zirkel ist die Gruppe „Znak" (das Zeichen), die man als Repräsentantin der romtreuen katholischen Bevölkerung im polnischen Parlament ansehen konnte. Sie stand in engem Einvernehmen mit hohen kirchlichen Stellen und erhielt nach den Wahlen von 1957 den Status einer eigenen parlamentarischen Gruppe. Zwischen 1961 und 1965 hat Znak dreimal gegen Gesetzesvorlagen gestimmt. Bei der Bestätigung einer Regierungsumbildung am 25. November 1959 enthielten sich die Abgeordneten des Znak der Stimme, mit der charakteristischen Begründung: „Wir sind keine politische Partei und haben keine diesbezüglichen Ambitionen. Wir genießen die Freiheit, unsere Ansichten zu äußern, aber an der Regierung sind wir nicht beteiligt, und wir tragen daher auch keine politische Verantwortung. Wir können schwer Entscheidungen beurteilen, aufgrund derer die Partei sich entschließt, diese oder andere Personen in die Regierung zu entsenden oder aus

1000

Wahl der Parlamente

ihr abzuberufen." Znak protestierte im April 1968 im Sejm als einzige Gruppe gegen den harten Polizeieinsatz bei Studentendemonstrationen. Eines ihrer Mitglieder stellte sein Amt im Staatsrat zur Verfügung. Doch geriet die Gruppe unter den Einfluß früherer PaxFunktionäre, wodurch sich auch ihr Verhältnis zur kirchlichen Hierarchie verschlechterte. Der dritte katholische Klub im Sejm ist die von der Pax-Gesellschaft abgesplitterte „Christlich-Soziale Gesellschaft", deren politische Linie etwa zwischen den beiden anderen Gruppen in der Mitte liegt. Alle drei Gruppen verfügen über ein eigenes Publikationswesen, haben jedoch keine nennenswerte Bedeutung erlangt. Das politische Leben im heutigen Polen bietet trotz 20j ähriger kommunistischer Herrschaft kein geschlossenes Bild. Im Grunde hat sich Polen das Wesen einer Nation westeuropäischen Typus' bewahrt. Das Nebeneinander von Partei und Kirche, den beiden Kräften, denen nominell über 96 °/o des polnischen Volkes angehören, verleiht Polen zusammen mit einer jungen, undogmatisch denkenden, nach politischen Reformen strebenden Intelligenz, dem Konservatismus der größtenteils privatwirtschaftlich arbeitenden Bauern und einer selbstbewußter gewordenen Arbeiterschaft eine besondere Stellung innerhalb der osteuropäischen Länder, die allerdings gegenwärtig wegen der völligen Abhängigkeit des Landes von der Sowjetunion und der verhärteten innenpolitischen Lage kaum in Erscheinung treten kann. Zu den Wahlen von 1969 siehe Nachträge, S. 1429 ff.

Polen

1001

Anhang Wahlstatistik Tabelle A Is Wahlen zu Sejm und Senat 1919—1922 Kammer

Wahlen vom

Verfassunggebender Sejm 26.1.1919

Parteien Nationaler Volksverband (ZL-N) Nationale Volkspartei Christlich-Nationale Volkspartei Katholische Volkspartei Christliche Demokraten Polnische Bauernpartei Piast Polnische Bauernpartei Wyzwolenie Nationale Arbeiterpartei Nationale Arbeitspartei Radikale Bauernpartei Konstitutionspartei Bürgervereinigung Verband der Volksräte Volksverband links Poln. Sozialistische Partei Kommunistische Partei Ukrainische Bauernpartei Ukrainischer Klub Jüdische Vereinigung Jüdische Volkspartei Deutsche Vereinigung Klub der Weißrussen Parteilos

Sejm

Senat

5.11.1922

12.11.1922

Mandate 81

45 26 7 26 96 24 21 6

98*

29

28*

11

43* 70 48 18

7 17

16 11 5 11 34 2

10 7 4 432

2 41 2 5s' 19* 34* 1* 17* 11* 3 444

6 12 5 2 4 111

Anmerkung: * Gemeinsame Listen (Vereinigte Rechtsparteien [„Christlich-Nationale Union"] und „Minderheitenblock"). (Quelle: Falkenthal, s. BiblAng., S. 12/13, 46/47. Die Zahlen bei Markert, s. BiblAng., S. 34, weichen zum Teil ab; die Angaben im „Kleinen Statistischen Jahrbuch der Republik Polen", 1. Jg. Warschau 1934, betreffen offensichtlich nicht die Mandatsverteilung direkt nach den Wahlen, sondern während der Wahlperioden.)

1002

Wahl der Parlamente

Tabelle A 2: Wahlen zu Sejm und Senat 1928—1930 Kammer Wahlen vom Wahlbeteiligung in Prozent

Sejm Senat Sejm Senat 4. 3.1928 11. 3. 28 16.11.30 23.11.30 78,3 63,4 63,9 74,8 Mandate

Parteien Unparteiischer Block zur Zusammenarbeit mit der Regierung (Regierungspartei, BBWR) Nationaler Volksverband (ZL-N; ab 7.10.1928 „Nationale Partei" (SN), bei den Wahlen 1930 „Nationale Liste" der Nationaldemokraten und Christlich-Nationalen Partei) Christliche Demokraten \ Polnische Bauernpartei Piast J Polnische Bauernpartei Wyzwolenie Nationale Arbeiterpartei Bauernpartei (SL; 1931 „Radikale Bauernpartei") Polnische Sozialistische Partei (PPS) Bauernverband Arbeiter- und Bauernvereinigung Nationalstaatlicher Arbeitsblock Katholische Union der Westgebiete Polnische Sozialistische Linkspartei Kommunistische Partei Minderheitsblock: Ukrainer Juden Deutsche Weißrussen Nationaljüdische Gruppen Ukrainische Sozialistische Arbeiterund Bauernvereinigung rechts (Selrob-Prawica) links (Selrob-Lewica) Ukrainisch-Sozialist. Arbeiterblock Ukrainische Arbeiterpartei Russische Partei Lokale Listen Parteilos

125

48

247

76

38

9

64

12

34 b)

}

6 b)

41 11 25 64 3 5 4 3

7 3 3 10

24 —

















— —

23 9 19 d) 4 6

444

14 c)







2 a)





4 3 9 1 1 12

14 a) 15 14 10 c) 17

1 5 9 5 5 2 1

1

— —

21 e) —

d)

4 e) —

3

5 —



7



























1 —



1 111



444



111

Anmerkungen: a) „Katholischer Volksblock (Christliche Demokraten)", b) Wahlbündnis, c) „Zentrolinksblock", d) schlossen sich dann dem Regierungsblock an, e) „Ukrainisch-Weißrussischer Wahlblock".

Polen

1003

Tabelle A 3: Wahlen zu Sejm und Senat 1935—1938 Sejm 8.9.35 46,5

Kammer Wahlen vom Wahlbeteiligung in Prozent

153

Regierungsblock (1938 „Lager der Nationalen Einigung")

Senat 15.9. 35 46,5 602)

Sejm 6.11. 38 n. b.1) 161

Senat 13.11.38 n.b. n.b.

Anmerkungen: *) Bei allen vier Wahlen übten die meisten Oppositionsparteien Wahlboykott (s. HistT.). 2) Hinzu kamen zwei Ukrainer und zwei Bauernparteiler außerhalb des Blocks. Die 32 vom Präsidenten ernannten Senatoren sind nicht mit einberedinet (Angaben nadi AdG).

Tabelle A 4 : Wahlen zum Verfassunggebenden Sejm vom 19. Januar 1947 Wahlbeteiligung in Prozent Für Demokratischen Block in Prozent Mandate: Demokratischer Block davon: PPR PPS Bauern Demokraten Mikolajczyk Arbeitspartei (SP) PSL „Neue Befreiung" Fortschrittliche Katholiken Andere Insgesamt

89,8 80,1 394

119 119 106 38 27 12 7 3 1 444

Anmerkung: *) Für diese Wahlen weichen in der Literatur die Zahlenangaben erheblich voneinander ab. Quelle der hier wiedergegebenen Daten ist Markert, s. BiblAng., S. 234, für die Aufschlüsselung der Mandate des Demokratischen Blocks: The polish diet, s. BiblAng., S. 82.

Wahl der Parlamente

1004 Tabelle A 5: Wahlen zum Sejm 1952—1965 Wahlen vom Wahlbeteiligung in Prozent Nationale Front in Prozent

26.10. 52 95,03 99,8

20.1. 57 94,14 98,4

18.4.61 94,83 98,34

30. 5. 65 96,62 98,81

Mandate der Nationalen Front davon: Polnische Vereinigte Arbeiterpartei (PZPR) Demokratische Partei (SD) Bauernpartei der Regierung (Vereinigte Bauernpartei, ZSL) Parteilos davon: Gruppe „Znak" Gruppe„Pax" Christlich-Soziale Gesellschaft

425

459

460

460

273

238

255

255

25 90

39 119

39 117

39 117

37

63

49

49

5 3 3

5 5 3

11

8 4»)



1

Anmerkung: l ) Gruppe „Pax" und Christlich-Soziale Gesellschaft zusammen. (Quelle: Markert, s. BiblAng.)

Tabelle A 6: Wahlergebnisse 1961 und 1965 in vier Wahlkreisen Okreg Wyborczy nr 1 w Warszawie-Srodmiescie (Wahlkreis 1, Warschau 1) a1) 1961

Stimmen

in °/o

b')

a

1. Wycech, C. 2. Lange, O. W.2)

260 738

97,86

261 480

98,14

5 3

3. Albrecht, J. 4. Stypullkowska, Z.

259 442

97,37

6

261 020

97,97

4

262 441

98,50

1

261 828 5 677

98,27 2,13



3 646

1,37



5. Bukowski, ]. 6. Korotynski, H. 7. Orzechowski, M. 8. Pawula, F.

2

1965

Stimmen

in °/o

b

1. Lange, Ο.

285 933

97,51

4

2. Wende, J.

284 095

96,88

6

3. Korotynski, H. 4. Bukowski, ].

785 029

97,20

5

288 020

98,22

5. Czeszko, B. 6. Szukula, J.

286 210 286 302

97,60

1 3

7· Sobiech, St. 8. Wawer, J.

8 522

97,63 2,91



6 532

2,23



2

Okreg Wyborczy nr 3 w Warszawie-Praga (Wahlkreis 3, Warschau 3) 1961

Stimmen

in °/o

248 219

1965

2. Zarzycki, J.

245 973

99,54 98,64

1 4

1. Gomulka, W. 2. Kociolek, St.

3. Urban, T. 4. Hryniewiecki, J. 5. Ruszkowski, E.

245 170

98,32

5

246 610

2 3

3. Skibniewska, H. 4. Ruszkowski, E.

246 184

98,89 98,72

2 661 1 746

1,07 0,70

1. Gomulka,

W.

6. Rudnicki, T. 7. Cichawa, M.



5. Lorentz, St. 6. Borodzik, A.



7. Krezlewicz, J.

Stimmen

in »/o

260 211

99,30

1

257 192

98,15

4

257 125

98,12 98,07

5

256 991 257 947

98,44

2

257 404 6 665

98,23

3

2,54

6



Polen

1005

Okreg Wyborczy nr 38 w Nowym Saczu (Wahlkreis 38, Nowy Sacz) a 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.

Stimmen

1961 Bienkowski, W. Gertych, Z. Cabaj, W. Jaworski, J. Lukaszczyk, T. Schneider, J. Macura, Z. Bogusz, St. Rytel-Kuc, W.

222 224 223 225 223 225 225 19 13

839 957 563 905 918 035 586 521 176

in °/o

b

a

90,66 91,52 90,95 91,90 91,10 91,55 91,77 7,94 5,36

7 4 6 1 5 3 2

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.

— —

1965 Motyka, L. Olszynski, J. Bienkowski, W. Adamuszek, W. Cabaj, W. Razny, J. Lubecka, A. Gadi, F. Cidionski, J.

Stimmen

in %>

b

240 980 241 927 242 379 242 190 242 817 244 964 244 382 23 053 19159

91,28 91,64 91,81 91,74 91,98 92,79 92,57 8,73 7,26

7 6 4 5 3 1 2

186 198 186 560 187 618 187137 188 395 7 564 6 082

95,08 95,27 95,81 95,56 96,21 3,86 3,11

— —

Okreg Wyborczy nr 77 we Wroclawiu II (Wahlkreis 77, Breslau 2) 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Ostapczuk, B. Toczek, T. Heidner, St. Dudek, M. Uzar, Z. Pakula, A. Woznica, J.

175 175 175 175 175 6 4

054 577 352 723 880 106 939

95,71 96,00 95,87 96,08 96,16 3,34 2,70

5 3 4 2 1 — —

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Tomczyk, Z. Ostapczuk, B. Stefaniak, T. Heidner, St. Serwicki, St. Zygadlo, J. Wascinski, J.

Anmerkungen: ') a = Reihenfolge der aufgestellten Kandidaten auf den Stimmzetteln, b = Reihenfolge der gewählten Kandidaten. 2 ) Kursiv gesetzt sind die Namen der Kandidaten, die 1961 und 1965 auf den Listen der vier Wahlkreise standen. (Quelle: Monitor Polski) II.

Systematiseber

Teil

Gesetzliche Grundlagen: Verfassung der Volksrepublik Polen vom 22. Juli 1952 (Dziennik Ustaw Polskiej Rzeczypospolitej Ludowej [D. U . ] N r . 33, Pos. 2 3 2 ) und Einführungsgesetz (D. U . Pos. 2 3 3 ) ; Wahlgesetz vom 24. Oktober 1956 (D. U . Pos. 210), geändert am 22. Dezember 1960 und 30. Mai 1965. Parlament: Sejm (Nationalversammlung); eine Kammer (Art. 15 Vf.). Mitgliederzahl: 4 6 0 (Art. 16 Vf.). Die Zahl der Abgeordneten, die in jedem Wahlkreis gewählt werden, legt der Staatsrat fest (Art. 11 W G ) . Wahlperiode: Vier Jahre (Art. 23 Abs. 1 Vf.). Vorzeitige Auflösung: Keine Regelung in der Vf. vorgesehen. Wahlrechtsgrundsätze: Allgemein, gleich, direkt und geheim (Art. 2 Abs. 1 Vf.; Art. 1 Abs. 1; Art. 4 ; Art. 5 Abs. 1; Art. 6 W G ) . Aktives Wahlrecht: Jeder Bürger, der das 18. Lebensjahr vollendet hat (Art. 1 Abs. 1 W G ) . Ausscbließungsgründe: Geschäftsunfähigkeit infolge Geisteskrankheit; beschränkte Geschäftsfähigkeit. Aberkennung der Bürgerrechte oder bürgerlichen Ehrenrechte durch rechtskräftiges Gerichtsurteil (Art. 2 W G ) . Passives Wahlrecht: Vollendung des 21. Lebensjahres (Art. 3 W G ) . Ausschließungsgründe: Entsprechend wie beim aktiven Wahlrecht.

5 4 2 3 1 — —

1006

Wahl der Parlamente

Bedingte Unwählbarkeit: Personen, die einer Wahlkommission angehören, die in dem Wahlkreis, in dem sie kandidieren (möchten), ihre Tätigkeit ausübt (ausgenommen die Staatliche Wahlkommission), können nicht kandidieren (Art. 38 Abs. 3 WG). Wahlpflicht: Besteht nicht. Wahlsystem: Absolute Mehrheitswahl (Art. 69 Abs. 2 WG). Zweiter Wahlgang nötig, wenn weniger als die Hälfte der Wahlberechtigten eines Wahlkreises an der Wahl teilgenommen oder wenn einzelne Kandidaten nidit die absolute Mehrheit der gültigen Stimmen erhalten haben und dadurch nicht alle Mandate des betreffenden Wahlkreises besetzt wurden. Bei Wiederholungswahlen ist gleichfalls absolute Mehrheit erforderlich (Art. 72 WG). Einheitslistenwahl. Der Wähler hat eine Stimme (Art. 4 WG); er kann einzelne Kandidaten aus der Liste ausstreichen (Art. 54 Abs. 3 WG). Zahl der Wahlkreise: Schwankend. Die Zahl, Grenzen und Nummern der Wahlkreise legt der Staatsrat fest (Art. 11 Abs. 1 WG). Mehrmandatige Wahlkreise. Ein Wahlbezirk soll 1000 bis 3000 Einwohner umfassen (Art. 13 WG). Wahlbewerbung (im Wahlgesetz nicht geregelt): Die drei Parteien (PZPR, ZSL und SD) stellen ihre Kandidaten auf internen Parteikonferenzen nach einem Proporzverfahren auf. Parteilose und katholische Kandidaten werden auf Wojewodschaftskonferenzen der Nationalen Front ermittelt. Wahlorganisation: Wahlbehörden: a) Staatliche Wahlkommission: gebildet vom Staatsrat aus den von den politischen und gesellschaftlichen Organisationen benannten Personen, zusammengesetzt aus einem Vorsitzenden, zwei Stellvertretern, einem Sekretär und 12 Mitgliedern (Art. 19 WG). b) Wahlkreiskommissionen: gebildet von den entsprechenden Wojewodschafts-Nationalräten, zusammengesetzt aus einem Vorsitzenden, einem Stellvertreter und einem Sekretär (Art. 20 WG). c) Wahlbezirkskommissionen: gebildet von den örtlichen Nationalräten, zusammengesetzt aus einem Vorsitzenden, einem Stellvertreter, einem Sekretär und — in Wahlbezirken mit über 300 Wahlberechtigten — zwei bis sechs Mitgliedern. Wählerverzeichnisse: Für jeden Wahlbezirk; vom Präsidium des örtlichen Nationalrates dreifach angefertigt (Wählerlisten, Art. 26 WG) und vom Vorsitzenden und Sekretär des Präsidiums des Nationalrates unterzeichnet (Art. 27 WG). Automatische Eintragung des Familien-, Vor- und Vatersnamen sowie des Geburtsdatums und der Wohnung des Wahlberechtigten (Art. 27 WG). Wahltermin: Spätestens zwei Monate nadi Ablauf der Wahlperiode des alten Sejm (Art. 23 Abs. 2 Vf.; Art. 8 WG). Der Wahltag — ein gesetzlich arbeitsfreier Tag (Art. 8 Abs. 1 WG) — wird spätestens einen Monat vor Ablauf der Wahlperiode des Sejm vom Staatsrat angesetzt (Art. 7 WG). Gleichzeitig mit den Nationalratswahlen für die Lokalparlamente.

Polen Wahllokal:

1007 Eines für jeden Wahlbezirk.

Wahlzeit: 6 bis 2 2 Uhr. Beendigung vor 22 Uhr, wenn schon zuvor alle Wahlberechtigten abgestimmt haben. Stimmabgabe: Briefwahl:

geheim und persönlich (Art. 6 ; Art. 5 Abs. 2 W G ) . Nidit vorgesehen.

Stimmauszählung: In den Wahlbezirken = Wahllokalen (Art. 57 ff. W G ) . Auszählungskontrolle: Durch von den politischen und sozialen Organisationen benannte Vertrauensleute (Art. 57 Abs. 2 ; Art. 62 Abs. 5 ; Art. 64 Abs. 2 ; A r t . 66 Abs. 3 W G ) . Einspruchsverfahren: Nach Auslegung der Wählerlisten beim Präsidium des betreffenden Nationalrates Beanstandung falscher Eintragung (Art. 30 Abs. 1 W G ) , und gegen dessen Entscheidung, einer Beanstandung nicht stattzugeben oder den Namen einer Person in der Wählerliste zu streichen, Beschwerde beim Kreisvolksgeridit zulässig. Das Gericht hat innerhalb von drei Tagen die endgültige Entscheidung zu treffen (Art. 30 Abs. 4 W G ) . ScA»iz der Wahlhandlung: Agitationsverbot im Wahllokal während der Abstimmung. Bei „Verbrechen gegen die Abstimmung in öffentlichen Angelegenheiten" Bestrafung nach dem Strafgesetzbuch. Wahlprüfung: Ungültigkeitserklärung durch den Sejm bei wesentlichen V e r stößen gegen die Abstimmung in öffentlichen Angelegenheiten oder gegen Vorschriften des Wahlgesetzes, wenn diese Verstöße einen wesentlichen Einfluß auf die Wahlergebnisse ausüben konnten, für den Wahlkreis oder Wahlbezirk, in dem der Grund für die Ungültigkeitserklärung gegeben war. Gleichzeitig erklärt damit der Sejm die Mandate für ungültig (Art. 73, 74, 75 W G ) . Wahlanfechtung:

I m Wahlgesetz nicht vorgesehen.

Bibliographie 1. Quellen: a) Verfassungsgesetzgebung: Gesetz über die höchste repräsentative Gewalt der Republik vom 22. November 1918, sogen. „Pilsudski-Verfassung" (Dziennik Ustaw Rzeczypospolitej Polskiej [ D . U . ] N r . 17, Pos. 4 1 ) ; Beschluß des Sejm vom 20. Februar 1919, sogen. „Kleine Verfassung" (D. U. N r . 19, Pos. 2 2 6 ) ; Verfassung der Republik Polen vom 17. M ä r z 1921, sogen. „Märzverfassung" (D. U . N r . 44, Pos. 267), Änderung vom 2. August 1926 ( D . U . N r . 78, Pos. 4 4 2 ) ; Verfassung der Republik Polen vom 23. April 1935, sogen. „Aprilverfassung" ( D . U . N r . 30, Pos. 2 2 7 ) ; Manifest des Polnischen Komitees zur nationalen Befreiung vom 22. Juli 1944 (D. U . N r . 1 vom 15. August 1944, Anlage 1); Gesetz betreffend Einsetzung der provisorischen Regierung der Republik Polen vom 31. Dezember 1944 ( D . U . N r . 19, Pos. 9 9 ) ; Gesetz über die Verfassung und den Aufbau und den Tätigkeitsbereich der höchsten Organe der polnischen Republik vom 19. Februar 1947, sogen. „Kleine Verfassung" ( D . U . N r . 18, Pos. 71), abgeändert durch die Gesetze vom 8. November 1949 (D. U . N r . 57, Pos. 4 4 7 ) und vom 20. M ä r z 1 9 5 0 ( D . U . N r . 14, Pos. 1 2 9 ) ; Verfassungsgesetz be-

1008

Wahl der Parlamente

treffend die Vorbereitung und Beschlußfassung der Verfassung der Volksrepublik Polen vom 26. Mai 1951 ( D . U . Nr. 33, Pos. 255); Verfassung der Volksrepublik Polen vom 22. Juli 1952 (D. U. Nr. 33, Pos. 232) und Einführungsgesetz (D. U. Pos. 233). b) Wablgesetzgebung: Dekret über die Wahlordnung für den Verfassunggebenden Sejm vom 28. November 1918 (D. Praw Nr. 18, Pos. 46), geändert durch Dekrete vom 26. Dezember 1918 und 8. Februar 1919 (D. Praw Nr. 21, Pos. 74, und Nr. 14, Pos. 198); Gesetz über die Wahlen zum Sejm vom 28. Juli 1922 (D. U. Nr. 66, Pos. 590), geändert durch Gesetz vom 21. September 1922; Gesetz über die Wahlen zum Senat vom 28. Juli 1922 (D. U. Nr. 66, Pos. 591); Wahlgesetz vom 8. Juli 1935 ( D . U . Nr. 47, Pos. 319, 320); Gesetz über die Volksabstimmung vom 27. April 1946 (D. U. Nr. 15, Pos. 104), Änderung vom 20. Dezember 1946 ( D . U . Nr. 72, Pos. 394); Wahlgesetz vom 22. September 1946 zum Verfassunggebenden Sejm; Wahlgesetz vom 1. August 1952 (D. U. Pos. 246), geändert am 24. Oktober 1956 (D. U. Pos. 210), 22. Dezember 1960 und 30. Mai 1965. 2. Quellenpublikationen: Verfassung der Republik Polen vom 17. März 1921 („Märzverfassung") in: JöR 12 (1923/1924), S. 300; Verfassung der Republik Polen vom 23. April 1935 („Aprilverfassung") in: Osteuropa 1934/ 1935, S. 581; ZaöR 5 (1935), S. 685; Gesetz vom 19. Februar 1947 in: AÖR 35 (1948), S. 478; Verfassungsgesetz vom 26. Mai 1951 in: Osteuropa 1951, S. 101; Verfassung der Volksrepublik Polen vom 22. Juli 1952 in: JöR 3 N . F. (1954), S. 388; Konstitucja i podstawowe akty ustawodawcze Polskiej Rzeczypospolitej Ludowej. Wydanie, 2 wedlug stanu prawnego na dzien 15. lut. 1954 r. (Die gesamte Verfassungsgesetzgebung, 2. Auflage, nach dem Stand vom 15. Februar 1954. Warschau 1954); Verfassung der Volksrepublik Polen, in: Die Verfassungen der europäischen Länder der Volksdemokratie, Berlin, VEB Deutscher Zentralverlag 1954, und in JöR 6 N . F. (1957), S. 391 ff.; Wahlgesetz der Volksrepublik Polen, in: Das Wahlrecht der sozialistischen Staaten Europas, Berlin, VEB Deutscher Zentralverlag 1958, S. 187, Auszug in: Duverger, S. 494. 3. Auswahl aus dem PolGesch.:

Schrifttum:

Marken, W. (Hrsg.): Osteuropa-Handbuch. Polen, Köln-Graz 1959. Roos, H.: Geschichte der polnischen Nation. 1916—1960, Stuttgart 1961. Birke, E. / Neumann, R. (Hrsg.): Die Sowjetisierung Ost-Mitteleuropas, I. Bd., Frankfurt/M. 1959. Mikolajczyk, St.: The Rape of Poland. Pattern of Soviet Aggression, N e w York 1948.

VR/VfsGesdi.: Schätzet, W.: Entstehung und Verfassung der polnischen Republik, in: JöR 12 (1924), S. 289 ff.

Cybichowski, S.: Die Entwicklung des polnischen Staatsrechts in den Jahren 1921—1934, in: JöR 22 (1935), S. 527 ff. ders.: Polnisches Staatsrecht, 3 Bände, 2. Aufl. 1933 (1934). ders.: Die Entwicklung der polnischen Verfassung, in: MZOst 1 (1934), 21. ders.: Der Entwurf der polnischen Verfassung, in: A Ö R 25 (1934), S. 316. Bahr, H.-G.: Geschichte und Aufbau der polnischen Verfassung vom 23. 4 . 1 9 3 5 , (Diss.) Hamburg 1937. Stanieda, H.: Polens neue Verfassung, in: Osteuropa 10 (1934/35), S. 535 (mit weiteren Literaturangaben).

Polen

1009

Rath je, H. U.: Der Aufbau des polnischen Staates, Königsberg und Berlin 1938.

tion in Prewar Poland, in: SlavR. 23 (1964), S. 103.

Strobel, G. W. / Volle, H.: Die Staatswerdung des neuen Polen, in: E A 4 (1949), S. 2613.

PartGesch./PolSysStud./WR.: Görlich, ]. G.: Die polnischen Sozialisten, in: PolS (1962), S. 656. Laeuen, H.: Der polnische Parteikongreß, in: Osteuropa 4 (1954), S. 174. Staat, R. F.: Gomulka hält die Stellung, in: HinEV Heft 9 (1964), S. 9. Großer, G.: Über die Herausbildung des Mehrparteiensystems in den volksdemokratischen Ländern Europas, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 11 (1963), S. 857.

Schultz, L.: Die Verfassungsentwicklung Polens seit 1944, in: JöR 3 (1954), S. 367 ff. Sobolewski, M.: Die verfassungspolitische Entwicklung in Polen seit 1952, in: JöR 8 (1959), S. 267 ff. ParlStud./WR/WsStud. (vor 1939): Falkenthal, H.: Das Parlament der polnischen Republik von 1919 bis 1930, (Diss.) Bromberg 1933. Groth, A. }.: Polish Elections 1919— 1928, in: SlavR.24 (1965), S. 653. Wierczynski, L.: Le parti politique et Election proportionelle dans la loi du 28 juillet 1922, concernant les elections i la diete polonaise, (Diss.) Fribourg 1945. Stanieda, H.: Das neue Wahlrecht in Polen, in: AÖR 28 (1937), S.220. Vgl. auch in: Osteuropa 10 (1934/35), S. 637, 725. Groth, A. / . : Proportional Representa-

64

Stemberger-Vogel, Parlamente 1,2

Pelczynski, 2.: Parliamentarism in Poland, in: ParlAff. 10 (1957), S. 495. Geilke, G.: Die Entwicklung des polnischen Parlaments, in: DÖV 10 (1957), S. 36. The polish diet: Warsaw 1959 (Ed. by the Polish Sejm). Ptakowski, / . : Politische Manöver in Warschau, in: HinEV Heft 6 (1964), S. 10. ders.: Parlamentswahlen in Polen, in: OstR. Heft 10 (1965), S. 15. Pelczynski, Z.: Poland 1957, in: Elections abroad (Ed. D. E. Butler), London 1959. Klaus Schrode

PORTUGAL

I. Historischer Teil Seit Ende des 17. Jahrhunderts waren in Portugal keine ständischen Cortes (bestehend aus drei Ständen: Klerus, Adel und Vertreter der Städte) mehr einberufen worden, als am 24. August 1820 in Oporto eine liberale Revolution ausbrach, die die moderne konstitutionelle Entwicklung des Landes einleitete. Das Vorgehen militärischer Kräfte, die anstelle des Regentschaftsrates (König Joäo VI war 1807 vor den Invasionstruppen Napoleons nach Brasilien geflohen) und bis zum Zusammentritt einer Nationalversammlung die Regierungsführung übernahmen, richtete sich gegen den überstarken Einfluß britischer Politik in Portugal, die die Unabhängigkeit des Landes gefährdete. Ihm zugrunde lagen aber die fortschrittlichen Ideen, die die Franzosen ins Land getragen hatten, und insbesondere die revolutionären Vorgänge im Nachbarland Spanien vom März gleichen Jahres, die zur Wiedereinrichtung der liberalen Verfassung von Cadiz geführt hatten. Am 11. November 1820 proklamierte die provisorische Regierung die spanische Verfassung von 1812 vorbehaltlich der von der Nationalversammlung an ihr vorzunehmenden Änderungen zur Verfassung Portugals. Die hundert Abgeordneten der verfassunggebenden Versammlung, die am 6. Januar 1821 in Lissabon zusammentrat, waren gewählt aufgrund der Bestimmungen der spanischen Verfassung: in mehrstufigen, mittelbaren Wahlen bei nahezu allgemeinem Wahlrecht. Wahlberechtigt waren alle „Bürger", d. h. unabhängige Portugiesen bei vollendetem 21. Lebensjahr und festem Wohnsitz in Portugal. Das passive Wahlrecht war gebunden an einen siebenjährigen Aufenthalt in der betreifenden Provinz, ein jährliches Einkommen aus eigenem Besitz und an ein Mindestalter von 25 Jahren. Auf 30 000 Einwohner sollte ein Abgeordneter entfallen. Jede Gemeinde mit 200 Seelen wählte einen Wahlmann. Kleinere Gemeinden bestellten Vertreter, die dann erst Wahlmänner wählten. Am 23. September 1822 nahm die Nationalversammlung, in der die Mehrheit konstitutionell-monarchisch gesinnt war, eine Verfassung an, die von der spanischen Cortesverfassung wesentlich nur in den Wahlrechtsbestimmungen abwich. Gleich ihr fußte sie auf den Prinzipien der Volkssouveränität und der Teilung der Gewalten in Exekutive und Legislative, wobei der Nationalversammlung als einziger

1012

Verfassungsentwicklung 1820—1838

Kammer das entscheidende verfassungspolitische Gewicht zufiel. Dem König wurde bei der Gesetzgebung nur ein suspensives Veto eingeräumt. Er konnte die Cortes nicht auflösen. Zwischen Regierungsamt und Abgeordnetenmandat bestand Inkompatibilität. A n die Stelle des komplizierten mehrstufigen Wahlverfahrens der spanischen Cortesverfassung trat ein direktes Wahlrecht mit zensitärer Beschränkung (VfsArt. 32). Der Zensus war allerdings gering und verfolgte nur die gleiche Absicht wie die Bestimmungen der spanischen Verfassung, den „unabhängigen Bürger" vom „Abhängigen" zu scheiden. Die Wahlperiode betrug zwei Jahre. Die Möglichkeit der direkten Wiederwahl bestand nicht. Ein Abgeordneter entfiel auf 30 000 Einwohner. Obwohl König Joao, der auf die Nachricht von den revolutionären Ereignissen nach Portugal zurückgekehrt war, am 1. Oktober 1822 den Eid auf die Verfassung ablegte, war diesem Grundsatz nur ein kurzes Leben beschieden. Bereits im Jahre 1823 faßte, bestärkt durch die restaurativen Tendenzen Europas, die namentlich im Eingreifen der Heiligen Allianz zugunsten der absoluten Herrschaft Ferdinand V I I . in Spanien zum Ausdruck kamen, die Gegenrevolution in Portugal Fuß, an deren Spitze sich der zweite Thronfolger Dom Miguel setzte. Er gewann Teile der Armee für die Reaktion, besetzte Lissabon und zwang den durchaus konstitutionell gesinnten König Joäo V I . vom 4. Juni 1824 zur Außerkraftsetzung der Verfassung von 1822. In den folgenden drei Dezennien bestimmten zuerst die Absolutisten und Konstitutionellen, dann die Gemäßigt-Liberalen („Chartristen") und Linksliberalen („Septembristen") den Kampf um die politische Grundordnung, in dem die Mitglieder des Königshauses Braganza auf beiden Seiten zu finden waren. Der Gegensatz innerhalb der Konstitutionellen basierte anfänglich auf der Auseinandersetzung zwischen den Prinzipien der Volkssouveränität und der prärogativmonarchischen Gewalt. Die beiden Gruppierungen besaßen dementsprechend ihr eigenes Verfassungskonzept. Dabei kam der Frage des Wahlrechts große Bedeutung zu, vor allem, ob direkt oder indirekt gewählt werden sollte. Nach dem Tode Joao V I . 1826 gab der Thronfolger Dom Pedro vor seiner Abdankung auf den portugiesischen Thron (er blieb Kaiser von Brasilien) zugunsten seiner Tochter Maria da Gloria am 29. April 1826 dem Lande eine Verfassung, die im großen und ganzen der französischen Chartre von 1814 nachgebildet war, aber auch Elemente der Verfassung von 1822 und der brasilianischen Verfassung enthielt. Sie führte insbesondere das Zweikammersystem in Portugal ein. Mitglie-

Portugal

1013

der der Pairskammer (Camara dos Pares) waren der Thronfolger und die Infanten im Alter von über 25 Jahren sowie der Patriarch von Lissabon und die Prälaten kraft eigenen Rechts und weiterhin vom König ernannte Personen in unbeschränkter Zahl, deren Mitgliedschaft teils auf Lebenszeit bestand, teils auch erblich war. Die Bestellung der Abgeordnetenkammer (Camara dos Deputados) erfolgte über indirekte Wahlen. Die Wahlberechtigten in den Pfarrschaften wählten Provinz-Wahlmänner, die die Abgeordneten bestellten. Das aktive Wahlrecht in der Pfarrschaft war gebunden an die Volljährigkeit (25 Jahre), ein jährliches Einkommen von 100 Milreis und an einen gewissen Grad von Unabhängigkeit. In häuslichen Diensten stehende Personen sowie Familiensöhne im Hause des Vaters, die kein öffentliches Amt bekleideten, schließlich auch Ordensleute, waren nicht wahlberechtigt. Dagegen senkte sich die Altersbedingung für Priester, Ehemänner, Offiziere und Personen mit höherem Schulabschluß auf 21 Jahre. Das passive Wahlrecht wurde an ein jährliches Einkommen für Wahlmänner von 200 Milreis, für Abgeordnete von 400 Milreis gebunden. Die Mitgliederzahl des Abgeordnetenhauses sollte in einfacher Gesetzgebung geregelt werden, die Wahlperiode vier Jahre betragen. Für die Zeit der Minderjährigkeit der Königin wurde der absolutistisch gesinnte Dom Miguel zum Regenten ernannt. Er setzte 1828 die Charte wieder außer Kraft und ließ sich am l . J u n i 1828 von einer gemäß dem Grundgesetz von Lamego (1143) einberufenen ständischen Versammlung (Vertreter des Klerus, des Adels und der Städte) zum König ausrufen. Damit begann ein sechsjähriger Bürgerkrieg zwischen Traditionalisten und Konstitutionellen, den die letzteren, geführt von dem wieder in Portugal erschienenen Dom Pedro, siegreich beendeten. Dom Pedro übergab 1834 den Thron erneut an Maria da Gloria und restaurierte die Verfassung von 1826. Mit Gesetz vom 28. Mai gleichen Jahres wurde die Mitgliederzahl der Abgeordnetenkammer auf 125 Abgeordnete festgesetzt. Nachdem die Liberaldemokraten bei den Wahlen des Jahres 1836 im Norden des Landes erfolgreich gewesen waren, erzwangen sie September 1836 die Wiedereinführung der Verfassung von 1822. Die zum Zwecke der Revision dieser Verfassung einberufene Versammlung verabschiedete am 4. April 1838 eine bis auf das Wahlrecht gemäßigte Verfassung als Kompromiß zwischen den Verfassungstendenzen der Konstitutionellen. Im Zweikammersystem wurde nun die erste Kammer (Senat) in unmittelbaren Wahlen gewählt. Einziges Mitglied kraft eigenen Rechts war der Thronfolger (Altersbedingung

1014

Verfassung von 1826 / Wahlrechtsentwicklung

25 Jahre). Das aktive Wahlrecht hing — wie zur Bestellung der zweiten Kammer — von einem jährlichen Einkommen von 80 Milreis ab. Das passive Wahlrecht war gebunden an ein Mindestalter von 45 Jahren und an ein jährliches Einkommen von 2 000 Milreis aus Grundbesitz oder 4 000 Milreis aus beweglichem Besitz. Das aktive Wahlrecht zur Abgeordnetenkammer, deren Wahl ebenfalls direkt war, hing von einem jährlichen Einkommen von 80 Milreis, das passive Wahlrecht von einem solchen von 400 Milreis ab. Die Altersqualifikation blieb bei 25 Jahren. Die Wahlperiode betrug drei Jahre; die zweite Kammer zählte 142 Mitglieder (Gesetz vom 9. April 1838). Als die Chartristen bei den Stadtratswahlen von 1842 im Norden des Landes die eindeutige Mehrheit errangen, proklamierten sie zuerst dort, dann auch in Lissabon erneut die Verfassung von 1826, welche nun über verschiedene Revisionen, die vor allem das Wahlrecht betrafen, bis zur Errichtung der Republik im Jahre 1910 in Kraft blieb. Die Verfassung von 1826 ging von der königlichen Prärogativgewalt aus. Bestellung und Entlassung der Regierung erfolgten über die Krone. Zwar waren die Kabinette auch dem Parlament politisch verantwortlich. Die Krone besaß aber über das Recht der Vertagung, Auflösung und Neuwahl der Cortes die Machtmittel, um die politische Willensbildung des Parlaments zu steuern. Auf der Grundlage dieses Verfassungssystems kam es nun zu einem Kompromiß zwischen den Tendenzen des Liberalismus in Portugal. Die Differenzen zwischen Chartristen und Septembristen, die sich im Bestellungsmodus der Kammern der Cortes aufrechterhalten hatten, wurden namentlich in der Zusatzakte von 1852, die auch das jährliche Steuerbewilligungsrecht der Cortes einführte, abgebaut. Zur Abgeordnetenkammer wurde nun direkt gewählt. Das aktive Wahlrecht erhielten alle Portugiesen über 25 Jahren mit einem jährlichen Einkommen von 100 Milreis. Priester, Ehemänner und Offiziere waren bei gleichem Zensus bereits mit 21 Jahren wahlberechtigt. Zusätzlich wurde jenen Personen das Wahlrecht zuteil, die ohne jeglichen Einkommensnachweis sich durch ihre Bildung qualifizierten: Universitäts- und Hochschulabsolventen, Lehrer und Priester der heiligen Orden. Das passive Wahlrecht verlangte ebenfalls 400 Milreis als jährliches Einkommen oder einen akademischen Grad (Gesetz vom 30. September 1852). Die Zahl der Abgeordneten der zweiten Kammer wurde auf 156 erhöht. Seither stand bis ins 20. Jahrhundert hinein die Verfassung selbst nicht mehr als politische Streitfrage im Zentrum der Diskussionen und

Portugal

1015

Machtkämpfe. Chartristen und Septembristen, deren Name und Formierung sich aus ihrem ideologischen und Verfassungsgegensatz herleitete, entwickelten sich zu zwei verfassungstreuen parlamentarischen Gruppierungen. Nachdem von den Chartristen das Prinzip der direkten Wahl zur zweiten Kammer anerkannt worden war, stand die Wahlrechtsfrage im Schatten eines politischen und nicht weniger sozio-ökonomischen Kompromisses. Beide Gruppen verkörperten Besitz und Bildung. Die Septembristen stützten sich vornehmlich auf eine Mittelschicht, die Handwerk, Gewerbe und Handel pflegte, die Chartristen auf das reiche Bürgertum, welches unmittelbar aus dem Zurückdrängen der Kirche als sozialem, wirtschaftlichen und politischem Faktor (Enteignung des Kirchenbesitzes an Grund und Boden) entscheidenden Gewinn gezogen hatte. Beide Schichten sicherten sich über das Wahlrecht ihre politische Vorrangstellung. Die Bestellungsweise der Pairskammer, deren verfassungspolitische Bedeutung im Laufe des Jahrhunderts zurückging, blieb lange Zeit unverändert. Erst das Gesetz vom 3. Mai 1878 beschränkte das bislang freie Ernennungsrecht der Krone auf Personen im Alter von über 30 Jahren und auf gewisse Kategorien (Zivilämter, Militärs, ehemalige Politiker, Professoren sowie Großgrundbesitzer, Handels- und Gewerbetreibende bei hoher Steuerqualifikation), wodurch allerdings mehr die bisherige Ernennungspraxis des Königs bestätigt als eine wirkliche Einengung seines Ernennungsrechtes herbeigeführt wurde. Das Gesetz vom 24. Juli 1885 führte dann die Bestellung von 50 Mitgliedern der Pairskammer durch indirekte Wahl ein. Fünf Pairs wurden durch die wissenschaftlichen Institute mittels Wahlmänner gewählt, 45 indirekt durch die Wahlberechtigten im Lande. Jede Gemeinde entsandte eine entsprechend ihrer Familienzahl (Gemeinden unter 3 000 Familien zwei Vertreter, über 3 000 Familien drei Vertreter) abgestufte Anzahl von Wahlmännern, zumeist die kommunalen Abgeordneten, in den Wahlkörper, der die Pairs wählte. Das passive Wahlrecht zum Pair war an die Bedingung geknüpft, die auch das königliche Ernennungsrecht einschränkten. Die Wahlperiode betrug drei Jahre. Die gewählten Mitglieder der ersten Kammer traten zu den wenigen Pairs kraft eigenen Rechts — der Thronfolger und die Infanten im Alter von über 25 Jahren sowie die Prälaten — zu den 52 vom König ernannten erblichen Pairs und zu den von ihm auf Lebenszeit ernannten Pairs, deren Zahl nun nicht mehr als 40 betragen konnte. Die indirekte Wahl eines Drittels der Pairs wurde aber bereits im Gesetz vom 25. September 1894 wieder aufgehoben und die Zahl der vom König auf Lebenszeit ernannten Mitglieder auf

1016

Wahlgesetze von 1846—1895 / Parlamentsgruppen

90 erhöht. Somit blieb der Krone unter der Monarchie das Bestellungsmonopol für die erste Kammer erhalten. Für die Wahlen zur zweiten Kammer waren vor 1859 Mehrmannwahlkreise verschiedener Größe gebildet worden, die bis zum Jahre 1846 der Provinzeinteilung des Landes entsprachen. In den einzelnen Wahlkreisen wurden zwischen zwei und 30 Abgeordnete gewählt. Das Dekret vom 27. Juli 1846 schuf eine größere Zahl von Wahlkreisen mit nun zwei bis zehn Mandaten. Der Abbau der großen Wahlkreise, die der Regierung die Beherrschung der Wählerschaft erleichtert haben sollen, wurde im Dekret vom 30. September 1852 weitergeführt. Das Land mitsamt den anliegenden Inseln und den Uberseeprovinzen wurde in 48 Wahlkreise untergliedert, in denen zwei bis fünf Abgeordnete zu wählen waren, mit Ausnahme von Viseu, wo sieben, und Macao und Timor, wo nur jeweils ein Abgeordneter zu bestellen waren. Schließlich wurde durch das Gesetz vom 23. November 1859 das ganze Land in Einerwahlkreise eingeteilt, in denen gewählt war, wer die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhalten hatte. Wurde diese qualifizierte Mehrheit nicht erreicht, so genügte allerdings audi die relative Mehrheit. Die Wahlen fanden in Kirchen und kultischen Gebäuden statt. Die Stimmabgabe war geheim. Die Zahl der Parlamentsmandate betrug nun 179, wurde aber 1869 um mehr als ein Drittel auf 107 gesenkt. Eine Ausweitung des Wahlrechts strebte das Gesetz vom 8. Mai 1878 an. Es hob den Steuerzensus für das aktive Wahlrecht auf, machte seine Ausübung aber neben der Volljährigkeit (25 Jahre) vom Status des Familienvorstandes oder von der Kenntnis des Lesens und Schreibens abhängig. Familienvorstand war, wer seit einem Jahr für den Unterhalt einer Familie oder einer zweiten Person aufkam. Sorgten in einer Familie mehrere Personen für den Unterhalt, so war der Älteste wahlberechtigt. Der Nachweis des Lesens und Schreibens wurde durch ein schriftliches Gesuch um Aufnahme in die Wählerliste erbracht.

Tabelle I: Zahl der Wahlberechtigten in Portugal im 19. Jahrhundert Jahre

Bevölkerung

Wahlberechtigte

in Prozent

1871 1890 1900

6126 510 5 049 729 5 423 132

428 352 434 177 530 315

6,9 8,6 9,6

(Quelle: Anuario Estatistico Lissabon 1957; Braunias, I, S. 450; Figueiredo, Portugal, Lissabon 1873, S. 25)

Α.:

Portugal

1017

Die neue Qualifikation führte keine wirksame Ausweitung der Wahlberechtigtenzahl herbei, da der Prozentsatz der Analphabeten im Lande hoch war. Noch 1900 konnten 79 Prozent der Bevölkerung weder leisen noch schreiben. Die Bedingung des Lesen- und Schreiben-Könnens hat in der Folgezeit, namentlich audi zu Zeiten der Republik, den Wahlkörper stets klein gehalten, da die Voraussetzung zum Abbau des Analphabetismus, die allgemeine Schulpflicht, zwar 1894 gesetzlich fixiert, aber erst seit 1911 in der Praxis durchgesetzt wurde. Die Zahl der Abgeordneten der zweiten Kammer änderte sich weiterhin fortlaufend. Das Gesetz vom 8. Mai 1878 erhöhte sie auf 149 und legte das Verhältnis der Mandate für das Mutterland, die anliegenden Inseln und die Uberseegebiete, die bereits seit 1822 in den Cortes vertreten waren, folgendermaßen fest: Kontinent 127 Sitze, Azoren und Madeira 10 Sitze, Uberseegebiete 12 Sitze. Als im Gesetz vom 21. Mai 1884 die Abgeordnetenzahl auf 180 erhöht wurde, blieb die Zahl der Vertreter von Ubersee mit 12 Abgeordneten konstant. Die Mitgliedsstärke der Abgeordnetenkammer pendelte sich gegen Ende der Monardiie auf etwa 150 Mandate ein. Im erwähnten Gesetz von 1884 wurde in Portugal die Listenwahl mit beschränkter Stimmgebung eingeführt. In Mehrmannwahlkreisen verschiedener Größe hatte der Wähler in Wahlkreisen mit 3 Abgeordneten zwei Stimmen, mit 4 drei Stimmen, mit 5 und 6 Abgeordneten jeweils vier Stimmen zu vergeben. Die relative Mehrheit der Stimmen entschied. Dieses Wahlsystem galt in den Hauptstädten der Distrikte. Auf dem Lande wurde dagegen die relative Mehrheitswahl in Einmannwahlkreisen aufrechterhalten. Zudem konnten bis zu sechs Abgeordnete außerhalb der Wahlkreise gewählt werden, wenn sie im ganzen Land 5 000 Stimmen erhielten. Dieser sehr differenzierte Bestellungsmodus wurde im Gesetz vom 28. März 1895 zugunsten der relativen Mehrheitswahl in Einerwahlkreisen wieder abgeschafft, im Jahre 1901 aber erneut eingeführt. Mit der Umbenennung der Fraktionen in „Regeneradores" und „Historische Linke" am Anfang der 50er Jahre ging ein Wandel der politischen Ziele und Verhaltensweisen der Parlamentsgruppen einher, der in der Folgezeit, insbesondere nach 1870, ein System wechselnder „Partei"-regierungen ermöglichte. War es bislang den Kabinetten infolge der steten Desintegrationstendenzen liberaler Fraktionen schwergefallen, aus Wahlen hervorgegangene Mehrheiten in den Kammern beisammenzuhalten, so stabilisierte sich das Fraktionensystem vor allem mit der Gründung der „Fortschrittlichen Partei" im Jahre 1876. Die Progressisten setzten zwar die Forderung nach allgemeinem Wahl-

1018

Parteiensystem / Zerfall

recht und Verfassungsreform auf ihr Programm, gaben sich aber mit der Wahlrechtsänderung von 1878 und der Verfassungsrevision von 1885 (Senkung der Wahlperiode der Cortes von vier auf drei Jahre, Festsetzung der jährlichen Mindest-Sitzungsdauer auf drei Monate) zufrieden. So eröffnete sich für die beiden monarchischen Gruppen, Progressisten und Regeneristen, unter Anerkennung der gegebenen Verfassungsordnung ein Wechselspiel in der Regierungsausübung, welches äußerlich der als Modell dienenden britischen Regierungsweise alternierender Parteiregierungen ähnlich war: Jahre

Regierungspartei

Jahre

Regierungspartei

1871—77 1877—81 1881—86 1886—90 1890—91

Regeneradores Progressisten Regeneradores Progressisten Regeneradores

1891—1893 1893—1897 1897—1900 1900—1904

Progressisten Regeneradores Progressisten Regeneradores

Aber nur dem Anscheine nach glich die portugiesische der britischen Regierungsweise. Die Regierungen waren nur einem Parlament verantwortlich, deren Mehrheiten von den jeweiligen Regierungsparteien in gefälschten Wahlen gemacht worden waren. Ähnlich wie in Spanien bedeutete bei dieser Verfassungspraxis das Entlassungs- und Ernennungsdekret der Krone ebenso wie das Dekret zur Auflösung der Cortes den Schlüssel des partei- und verfassungspolitischen Kräftespiels. Die Fraktionen selbst aber hatten sich strukturell, programmatisch und verhaltensmäßig soweit angenähert, daß ein Regierungswechsel in bestimmten Zeiträumen als natürlich angesehen wurde. Erst durch die Auflösung des „historischen Parteiensystems" im ersten Dezennium dieses Jahrhunderts fand dieses Wechselspiel, für das im Portugiesischen der Begriff „rotafäo de partidos" (Rotieren) gebräuchlich wurde, ein Ende. Dem Zerfall der stabilen Parteimehrheiten im Parlament und der Gründung von neuen Gruppierungen immer noch aus dem Parlament heraus lag der Mangel an Reformwilligkeit und Dynamik der alten Parteien zugrunde. Die Kritik kam aus den eigenen Reihen der die Monarchie tragenden Kräfte, aber auch in stets stärkerem Maße von den Republikanern, die bereits 1876 die „Republikanisch-unitarische Partei" gegründet hatten. Sie hatte seit 1880, abgesehen von einer Phase des Wahlboykotts 1893 bis 1899, stets einige wenige Abgeordnete, vor allem aus den Städten, in die Abgeordnetenkammer gebracht. Zwar versuchte die regeneristische Partei nach Abspaltung der liberalen Regeneristen unter Joäo Franco 1903 über einseitige Wahlkreisgeometrie die Vormachtstellung der historischen Parteien zu retten, so daß bei den Wahlen von 1904 nur ein

1019

Portugal

Parteigänger der 25 abgespaltenen Regeneristen ein parlamentarisches Mandat errang und kein Republikaner in die zweite Kammer gewählt wurde. Aber auch mit diesen Mitteln war der Zerfall des Parteiensystems und der monarchischen Gruppen in einer Zeit schwerer innenund finanzpolitischer Krisen nicht aufzuhalten. Die Monarchie versuchte, der Schwierigkeiten, die durch anarchistische Aktionen verstärkt wurden, über eine verfassungsmäßige Diktatur Joäo Francos (1907—1908) Herr zu werden, eine Maßnahme, die den revolutionären Kräften, insbesondere den Republikanern, verstärkten Zulauf vor allem von der Intelligenz her brachte. Die Republikaner gewannen 1908 die Gemeinderatswahlen in Lissabon und konnten auch ihre Mandate in den Cortes erhöhen, wie die Ergebnisse der letzten drei Wahlen unter der Monarchie aufzeigen: Tabelle I I : Ergebnisse der Wahlen zur zweiten Kammer Aug. 1906 Regeneristen Liberale Regeneristen Progressisten Liberale Dissidenten Konservativ-monardi. Block Unabhängige Nationalisten Republikaner Sitze im Parlament insgesamt (Quelle:

A. Marvaud,

April 1908

30 70 43 2

63 3 59 7





4

15 1 7

149

155

— —

Sept. 1910 80 —

11 43 2 —

14 149

s. BiblAng.)

Die Diktatur Joäo Francos hat so zum Niedergang der Monarchie beigetragen, welche sich überdies zu sehr mit dem korrupten Regierungssystem identifiziert hatte, als das in ihr noch ein gesundes Element für die Herausführung Portugals aus der allgemeinen Krise von Wirtschaft, Staat und Gesellschaft gesehen werden konnte. Am 5. Oktober 1910 wurde von den Republikanern die Republik ausgerufen. Dieser revolutionäre Akt fand schnell und ohne ernsthafte monarchische Gegenwehr Ausbreitung und Anerkennung im ganzen Land. Die von den Republikanern gebildete provisorische Regierung berief eine verfassunggebende Nationalversammlung ein, die auf der Grundlage des Wahlgesetzes vom 15. März 1911 gewählt wurde. Wahlberechtigt waren alle männlichen Portugiesen im Alter von über 21 Jahren, die lesen und schreiben konnten. Die Wählbarkeit begann mit 25 Jahren. Das Wahlverfahren war für die Wahl zur verfassunggebenden Nationalversammlung nicht einheitlich für das ganze Land geregelt. Die

1020

Verfassung von 1911 / Parlamentarismus

zwei großen Städte Lissabon und Porto waren jeweils in zwei Wahlkreise eingeteilt, in denen nach Verhältniswahl und in Anwendung des d'Hondtschen Höchstzahlverfahrens (-»• S. 48 f.) jeweils acht Abgeordnete gewählt wurden. In den ländlichen Wahlkreisen erfolgte die Wahl nach dem Listensystem mit beschränkter Stimmgebung. In jedem der Vier-MannWahlkreise besaßen die Wahlberechtigten drei Stimmen. In den Kolonien wurden jeweils Einmannwahlkreise gebildet. Hier kam die relative Mehrheitswahl zur Anwendung. Entsprechend den Wahlverfahren unterschied sich auch der Modus der Kandidatennominierung. In den beiden Städten stellten die politischen Parteien jeweils eine Liste auf, die von mindestens 200 Wahlberechtigten vorgeschlagen sein mußte. Auf dem Lande konnten alle passiv Wahlberechtigten zur Wahl kandidieren. Die Wahl selbst fand nicht mehr in Kirchen oder kultischen Gebäuden statt. In die verfassunggebende Nationalversammlung zogen 220 ausschließlich republikanische Abgeordnete ein. Dem Wahltag war eine umfangreiche republikanische Propagandatätigkeit auf dem Lande vorausgegangen. Die monarchischen Parteien, die selbst jahrzehntelang die Wahlen gefälscht hatten, nahmen an den Wahlen mit der Begründung nicht teil, es bestehe keine Freiheit und Aufrichtigkeit der Wahl. Die Nationalversammlung verabschiedete am 21. August 1911 eine Verfassung, die weitgehend den Verfassungsgesetzen der französischen III. Republik nachgebildet war. Einem schwachen Präsidenten stand mit dem Parlament ein starkes Verfassungsorgan gegenüber, aus dem die Regierung hervorging und dem sie verantwortlich war. Das Zweikammersystem wurde beibehalten. Der Abgeordnetenkammer gehörten 163 Mitglieder an, die alle drei Jahre in Listenwahlen mit beschränkter Stimmgebung vom Volke direkt gewählt wurden. Wahlberechtigt waren alle männlichen Portugiesen über 21 Jahren, die des Lesens und Schreibens kundig waren. Für das passive Wahlrecht wurde ein Mindestalter von 25 Jahren festgesetzt. Der Senat wurde in den Festland-Provinzen, die je drei Mitglieder stellten, und den Uberseeprovinzen mit je einem Senator von dem gleichen Wahlkörper und im gleichen Verfahren gewählt wie die zweite Kammer. Das passive Wahlrechtsalter betrug hier 35 Jahre, die Wahlperiode sechs Jahre bei Halberneuerung alle drei Jahre bzw. stets zugleich mit der Neuwahl des Abgeordnetenhauses. Die Qualifikation des Lesens und Schreibens wurde als Grundbedingung zur Ausübung des Wahlrechts aufrechterhalten, so daß gegenüber der Monarchie der Wahlkörper nur eine geringe Ausweitung

1021

Portugal

erfuhr. Im Jahre 1925 waren von den 2 855 818 männlichen Einwohnern über 21 Jahre nur 680 707 des Lesens und Schreibens mächtig. Die Wahlbeteiligung betrug bei den Wahlen des gleichen Jahres 71,04 Prozent. Tabelle III: Zahl der Wahlberechtigten unter der Republik Jahr

Bevölkerung

1911 1920 1925

5 960 000 6 032 991 6 033 000

(Quelle:

Anuario Estatistico,

in e /o

Wahlberechtigte 617 201 686 536 574 260 Lissabon 1928, 1957;

Braunias,

10,4 11,5 9,5 I, S. 450)

Der Parlamentarismus der portugiesischen Republik gestaltete sich entsprechend seinem französischen Vorbild. Die parteipolitische Zersplitterung wurde gleich in der verfassunggebenden Versammlung offenbar, als sich drei republikanische Gruppen bildeten: die redits stehenden, konservativen „Evolutionisten" um Antonio Jose de Almeida, die radikalen und antiklerikalen Demokraten („Partido Republicano Portugues", der größten Gruppe) um Alfonso Costa und die „Unionisten" Brito Camachos, die in der Tradition der ersten republikanischen Partei Portugals standen. Eine ganze Reihe von Parlamentariern blieb noch außerhalb dieser Gruppen. Späterhin bildeten sie teilweise eigene Fraktionen ohne straffe Organisation, deren Zahl im Parlament während der Jahre der parlamentarischen Republik auf insgesamt 20 anstieg. Fortlaufend erfolgten Umgruppierungen, vor allem vor jeder Wahl. Dieser Entwicklung konnte ein Wahlsystem nicht entgegenwirken, das zwar nach der relativen Mehrheit entschied, aber in Mehrmannwahlkreisen verschiedener Größe durch das Verfahren der beschränkten Stimmgebung kleinen, regional stärkeren Gruppen die Chance einräumte, parlamentarische Mandate zu erringen. Zur Bildung parlamentarischer Mehrheitsregierungen waren stets Vielparteien-Koalitionen erforderlich, die Parteien aber wenig bereit, Kompromisse zu schließen. Besonders nach dem Ersten Weltkrieg wirkte sich die Parteienvielfalt verheerend auf die Regierungsstabilität aus. In den Jahren 1919, 1920 und 1921 wurden vier, sieben und fünf Kabinette gebildet, in den Jahren von 1910 bis 1926 insgesamt 44 Regierungen. Die durchschnittliche Lebensdauer eines Kabinetts betrug nur etwa drei Monate. Unter dieser extremen Regiemngsinstabilität, die ein Eingreifen des Militärs und temporäre diktatoriale Regime (u. a. Sidonio Pais von Dezember 1917 bis Dezember 1918) geradezu herausforderte, waren

1022

Verfassung und Wahlgesetze von 1933

die Probleme des Landes gegenüber 1910 noch angewachsen. Portugal stand vor dem Staatsbankrott. Die innenpolitische Atmosphäre war gekennzeichnet durch politische Attentate in großer Zahl — u. a. wurden am 19. Oktober 1921 sämtliche politischen Führer einer Partei getötet — und 42 Umsturzversuche, bis der Militärputsch des Generals Gomez da Costa am 28. Mai 1926 zum Ende der parlamentarischen Republik führte. Antonio Oliveira Salazar stand zuerst im Schatten der Militärs, vor allem Carmonas, der an die Stelle da Costas getreten war. Aber die Generale besaßen kein Konzept der Neuordnung des Staates und der in allen Bereichen notwendigen Reform. Ihre wesentliche Tat war die Aktion gegen das gewesen, was die parlamentarische Republik an Mißständen gezeigt hatte: Mangel an Führung, an Stabilität, an wirtschaftlichen und sozialen Leistungen. Diesen Maßnahmen gegen die bisher die Politik bestimmenden Elemente entsprach insbesondere das Verbot aller Parteien. Salazar stellte sich den Militärs erst als Finanzminister zur Verfügung (1928), als ihm mit diesem Posten zugleich entscheidende Macht übergeben wurde. Seine erfolgreiche Finanzpolitik bildete die Basis für die Übernahme der Ministerpräsidentschaft im Jahre 1932. Bereits bevor Salazar an die Macht kam, hatte er in einer Gruppe, die sich „katholischer Kreis" nannte, Idee und Programm eines korporativen Staates konzipiert. Beeinflußt wurde sein Denken durch die Enzyclica „Quadrogesimo Anno" vom 15. Mai 1931, in der u. a. der übermäßige Individualismus in Staat und Gesellschaft kritisiert und dagegen eine „organische" Gliederung des Volkes in Gruppen, entsprechend ihren sozialen Funktionen, gefordert wurde. Unter spezifischer Weiterführung dieser Gedanken formulierte Salazar sein Programm eines „Estado Novo" in Portugal: sozial und korporativ, unter autoritärer Führung, bzw.: anti-demokratisch, anti-parlamentarisch und anti-liberal. Im Jahre 1931 begann eine Kommission von Professoren und führender Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens mit der Ausarbeitung einer Verfassung, die am 19. März 1933 in einem Referendum bei Abstimmungspflicht aller Stimmberechtigten (Familienvorstände ab 21 Jahren) mit 95 Prozent Ja-Stimmen angenommen wurde. Bei einer Bevölkerung von etwa sieben Millionen waren nur 587 000, das sind etwa 8,6 Prozent, wahlberechtigt. Die offiziellen Daten des Abstimmungsergebnisses lauteten: ja: 580379; nein: 5405; enthalten: 11 528. Nach der Verfassung besitzt der Präsident der Republik die weitaus stärkste Position im Regierungssystem. Er ernennt nach eigener Wahl den Präsidenten des Ministerrats. Er besitzt das Recht, die National-

Portugal

1023

Versammlung aufzulösen und desgleichen ein starkes Veto im Gesetzgebungsverfahren, das nur mit Zwei-Drittel-Mehrheit der Nationalversammlung überwunden werden kann. Bei seiner Funktionsausübung wird der Präsident konsultativ von einem Staatsrat unterstützt, dem 15 Mitglieder angehören: fünf ex-officio Mitglieder (der Ministerpräsident, die Präsidenten der Nationalversammlung, der korporativen Kammer und des höchsten Gerichtshofes, der Justizminister) und zehn auf Lebenszeit ernannte Mitglieder, meist ehemalige Minister und Abgeordnete. In der Verfassungspraxis ist die Stellung des zweiten Exponenten der Regierung, des Ministerpräsidenten, bedeutend gewichtiger. Ihm kommt, bislang insbesondere durch die Person Salazars, die wirkliche Macht im Staate zu. Obgleich er verfassungsrechtlich dem Präsidenten der Republik verantwortlich ist, existiert in der Praxis kein dieser Verfassungsnorm entsprechendes Abhängigkeitsverhältnis. Im Gegenteil: der Ministerpräsident übt nahezu unbeschränkte Macht aus. Ihm sind die Minister verantwortlich, während die von ihm gebildete Regierung vom Votum der Nationalversammlung völlig unabhängig ist. Das verfassungspolitische Gewicht der Nationalversammlung, deren jährliche Sitzungsdauer drei bis vier Monate beträgt, ist gering. Sie kann zwar Gesetze beraten und beschließen und den Haushalt überwachen, aber ihre Gesetzgebungs- und Kontrollfunktion ist wesentlich beschränkt, einmal durch die Unabhängigkeit der Regierung vom Votum der Nationalversammlung und zum anderen durch die bedingungslose Regimetreue der Gesamtheit ihrer Mitglieder, die sämtlich einer Partei angehören, der „Nationalen Union". Diese Partei wurde als nationale Einigungsbewegung und einzige politische Gruppe 1930 zugelassen. Ihr kommt aber keine große politische Bedeutung zu. Ihre Hauptfunktion erfüllt sie anläßlich von Wahlen. Eine oppositionslose Nationalversammlung ist das Ziel der Wahlpolitik, der sich die Wahlrechtsbestimmungen unterordnen. Die Nationalversammlung wird auf vier Jahre gewählt. Ihre Mitgliederzahl wurde von 90 Abgeordneten nach dem Wahlgesetz vom 27. Dezember 1933 über 120 Abgeordnete entsprechend der Reform vom 31. Dezember 1945 auf seit 1959 130 Abgeordnete erhöht. Von diesen 130 Mandaten entfallen 107 auf das Mutterland mit seiner Bevölkerung von achteinhalb Millionen und 23 auf die Provinzen in Ubersee, deren verfassungsrechtliche Integration in die portugiesische Republik 1951 erfolgte, mit einer Bevölkerung von elf Millionen. Die Abgeordneten werden in beschränkter, ungleicher, direkter und nur formal geheimer Wahl bestellt. Das Wahlrecht wurde entgegen

1024

Wahlreformen und Wahlen nach 1933

der Bestimmung der Verfassung von 1933, nach der nur die Familienvorstände wahlberechtigt sind (Art. 19), im Wahldekret vom 27. Dezember gleichen Jahres auf alle Portugiesen über 21 Jahre ausgedehnt, die je nach Geschlecht folgende Bedingungen erfüllen: die männlichen Bürger müssen lesen und schreiben können oder ein Minimum an Steuern von 100 Escudos zahlen; die Frauen müssen eine höhere Schulbildung oder Fachausbildung nachweisen. Diese Bestimmungen wurden durch die Verordnung vom 31. Dezember 1945 bestätigt. Vom passiven Wahlrecht sind alle Analphabeten ausgeschlossen und neben jenen, welche die Bedingungen des aktiven Wahlrechts nicht erfüllen, noch die Portugiesen, welche die portugiesische Staatsbürgerschaft durch Einbürgerung erworben haben oder während der letzten fünf Jahre im Ausland wohnhaft waren. Um die Eintragung in die Wählerlisten müssen sich die Portugiesen, die die Wahlrechtsbedingungen erfüllen, persönlich bemühen. Die Regierung kann dabei willkürlich die Eintragung verhindern oder Wahlberechtigte von der Wählerliste streichen, da vom Wahlrecht auch solche Personen ausgeschlossen werden können, die „Meinungen vertreten, die gegen die gesellschaftliche Disziplin und die Unabhängigkeit des Staates gerichtet sind". Nur etwa 15 Prozent der Bevölkerung (im Mutterland für 1961 von einer Gesamt-Bevölkerung von 8 510 799 nur 1 235 902) sind in den Wählerlisten eingetragen und somit effektiv wahlberechtigt. Nach dem Wahldekret vom 6. November 1934 bildete Portugal, das Mutterland und die Uberseeprovinzen, einen einzigen Wahlkreis, für den von der Nationalen Union eine Liste aufgestellt wurde, die von den Wahlberechtigten nur ganz angenommen oder ganz verworfen werden konnte. Seit der Reform dieses strengen Wahlregiments im Wahlgesetz vom 31. Dezember 1945 können rechtlich nun in einer Mehrzahl von Wahlkreisen, deren Bildung entsprechend der administrativen Gliederung des Landes erfolgte, konkurrierende Listen aufgestellt werden. Die Wähler können Namen von der Liste streichen. Die relative Mehrheit der Stimmen auf Wahlkreisebene entscheidet. Der Bewerbung oppositioneller Listen um Mandate werden aber in der Praxis von der Regierung alle nur denkbaren Hindernisse in den Weg gestellt. Dies hat zumeist zur Folge, daß Oppositionslisten schon bereits vor der Wahl wieder zurückgezogen werden. Im Jahre 1949 stellte die Opposition in zwei Wahlkreisen Listen auf, 1953 in Lissabon, Porto und Aveiro und erhielt bei diesen Wahlen offiziell bekanntgegebene 16,7 Prozent der abgegebenen Stimmen. 1961 zog die Opposition ihre Listen in zehn Wahlkreisen wieder zurück, um damit

Portugal

1025

gegen die Propagandabeschränkung und Verfolgung ihrer Kandidaten durch die Regierung zu protestieren. Bei der Wahl von 1965 wurden die Oppositionslisten dadurch ausgeschaltet, daß die Nationale Union die vorgeschriebene Papierart der Wahlzettel in ihren Besitz brachte. Das Prinzip der geheimen Wahl ist bei den Wahlen mit konkurrierenden Listen stets dadurch durchbrochen worden, daß die Stimmzettel, die allen Wahlberechtigten zugesandt wurden, für Regierungs- und Oppositionskandidaten verschiedene Größe und verschiedenes Format besaßen. Damit war die Wahlentscheidung der Wähler erkennbar. Zur Verbannung der Opposition aus dem politischen Leben wird eine Vielzahl von Methoden verwandt. Noch nie erreichte ein Kandidat der Opposition ein parlamentarisches Mandat. Die politische Opposition, die ja eine prinzipielle Opposition zum korporativen Staat darstellt, bewegt sich dabei auf gefährlichem Boden. Selbst wenn oppositionelle Abgeordnete in die Nationalversammlung gelangen würden, was bei der Beherrschung der Wählerschaft durch Wahlausschluß, Stimmzetteleinzug und Wahlfälschung ausgeschlossen erscheint, so besteht keine parlamentarische Immunität (VfsArt. 89, GeschO Art. 12). Der politischen Justiz sind keine Grenzen gesetzt. Wird die Nationalversammlung noch nach beschränkt individuellem Wahlrecht gewählt, so gilt für die Bestellung der korporativen Kammer, die der Nationalversammlung — zumindest verfassungsrechtlich — nachgeordnet ist, das korporative Wahlrecht. In ihr sind die wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und administrativen Gebilde und Interessen vertreten. Sie zählt seit 1960 (Gesetz vom 23. September) 185 Mitglieder (vordem 140), die drei Bereichen entstammen: den lokalen Vertretungsorganen, den wirtschaftlichen und kulturellen Korporationen und der öffentlichen Verwaltung. Mitglieder der berufsständischen Kammer sind so die Präsidenten der Stadtversammlungen von Lissabon und Oporto, ein weiterer für die restlichen Städte und drei weitere für die ländlichen Gemeinden. Die korporativen Gebilde entsenden ihre Präsidenten und Vertreter, die von den Sektionen der Korporationen gewählt werden, wobei Arbeitgeber und Arbeitnehmer in gleicher Anzahl berücksichtigt werden. Die Vertreter der öffentlichen Verwaltung, deren Anzahl nicht ein Drittel der Gesamtmitgliederzahl der korporativen Kammer übersteigen darf, werden vom korporativen Rat ernannt. Die überwiegende Zahl der Mitglieder leitet ihr Mandat von der Ausübung eines Amtes her, in welches sie die Regierung selbst eingesetzt hat. Die Wahl des Staatspräsidenten, dessen Amtszeit sieben Jahre beträgt, erfolgte ehedem vom Volk in „allgemeinen" Wahlen der Wahl65

Sternberger-Vogel, Parlamente 1,2

1026

Präsidentenwahlen

berechtigten (Wahlgesetz vom 3. Oktober 1949). In der Wahlkampagne zur Präsidentschaftswahl im Juni 1958 versuchte die Opposition gegen alle Beschränkungen ihrer Propagandatätigkeit einen politischen Durchbrach. Ihrem Kandidaten fielen immerhin offiziell anerkannte 23 Prozent der abgegebenen Stimmen zu. Die veröffentlichten Daten lauteten: für den Salazar-Kandidaten: 758 998 Stimmen, für den Oppositions-Kandidaten: 236 528 Stimmen. Das Wahlergebnis bedeutete einen ganz spektakulären Erfolg der Gegner des korporativen Staates, der — neben der Verfolgung des oppositionellen Teams — eine Modus-Änderung der Präsidentenwahlen nach sich zog. Salazar besdiloß 1959, zukünftig den Präsidenten der Republik, der über 35 Jahre alt sein muß, durch ein regimetreues Wahlgremium wählen zu lassen, das aus der Nationalversammlung, der korporativen Kammer, Vertretern der gesetzgebenden Räte der Uberseegebiete und solchen der Gemeinderepräsentation gebildet wird (VfsArt. 72). Insgesamt kommt somit dem Wahlrecht im heutigen Portugal eine äußerst geringe Bedeutung zu. Es dient ausschließlich dazu, regimetreue Repräsentativkörperschaften zu bilden: Von effektivem Konstitutionalismus kann in der Verfassungspraxis keine Rede sein. Auch die Presse kann ihrer Funktion der Kritik und psychologischen Kontrolle nicht nachkommen. Seit 1926 unterliegt sie einer ständigen Zensur. Sie bildet ein willfähriges Instrument der Beeinflussung der öffentlichen Meinung durch Staat und Partei. Ob sich nach dem durch Amtsunfähigkeit bedingten Rücktritt Salazars im September 1968 und nach der Ernennung von Marcelo Caetano zum Ministerpräsidenten eine liberalere Regierungspraxis ergeben wird (u. a. unbeschränkte Zulassung von Oppositionsparteien, effektive Kandidaten- und Parteienkonkurrenz), bleibt trotz der dahingehenden Neigungen des neuen Regierungschefs fraglich. II. Systematischer Teil Gesetzliche Grundlagen: Verfassung vom 21. März 1933 mit Änderungen; Wahlgesetze vom 27. Dezember 1933, 6. November 1934, 31. Dezember 1940, 31. Dezember 1945, 28. Mai 1946, 3. Oktober 1949, 23. September 1960. Parlament: Zwei an der Gesetzgebung beteiligte Kammern: Assembleia Nacional (Nationalversammlung) und Cämara Corporativa (Korporativkammer). Wahlrecht zur Nationalversammlung: Mitgliederzahl: Gegenwärtig 130 (VfsArt. 85). Wahlperiode: Vier Jahre (VfsArt. 85). Vorzeitige Auflösung: Der Präsident der Republik kann, „wenn die höheren Interessen der Nation dies erfordern" (VfsArt. 81,6) die Nationalversamm-

Portugal

1027

lung vorzeitig auflösen. Neuwahlen müssen innerhalb von 60 Tagen stattfinden; wenn „höhere Staatsinteressen es erfordern", ist Fristverlängerung auf sechs Monate möglich (VfsArt. 87). Aktives Wahlrecht: Besitzen alle Portugiesen über 21 Jahre, wenn sie folgende Bedingungen erfüllen: für männliche Portugiesen: Nachweis des Lesens oder Schreibens oder Zahlung von 100 Escudos jährlich an Steuern; weibliche Portugiesen: Nachweis einer höheren Schul- oder Fachschulbildung. Ausschließungsgründe: Straffälligkeit. Vom Wahlrecht sind Personen ausgeschlossen, „welche Meinungen vertreten, die gegen die gesellschaftliche Disziplin und Unabhängigkeit gerichtet sind" (WG v. 31. Dezember 1945). Passives Wahlrecht: Besitzen alle Portugiesen, die aktiv wahlberechtigt sind, ausgenommen: Analphabeten, Portugiesen, die die Staatsbürgerschaft durch Einbürgerung erworben haben, und solche, die während der letzten fünf Jahre im Ausland wohnhaft waren. Inkompatibilitäten: Unvereinbar ist die gleichzeitige Mitgliedschaft in der Nationalversammlung und der Korporativkammer (Vfs Art. 85, 2). Mandatsverlust: „Die Nationalversammlung kann denjenigen Abgeordneten das Mandat entziehen, die Meinungen äußern, die dem Bestehen Portugals als unabhängiger Staat widersprechen oder auf irgendeine Weise zum gewaltsamen Umsturz der politischen und sozialen Ordnung aufstacheln" (VfsArt. 89, 2). Des weiteren zieht — mit Ausnahmen — Mandatsverlust nach sich: 1. die Annahme einer bezahlten Stellung oder eines entlohnten Auftrages von der Regierung oder irgendeiner ausländischen Regierung; 2. die Ausübung ihres Amtes während der effektiven Amtstätigkeit der Nationalversammlung, wenn es sich um öffentliche, zivile oder militärische Beamte handelt; 3. die Übernahme von Verwaltungs-, Direktions- und Aufsichtsposten, die nicht auf Grund einer Ernennung durch die Regierung ausgeübt werden; oder beim Tätigwerden als juristische oder technische Berater in Unternehmen und Gesellschaften, die durch besondere Verträge oder Konzessionen des Staates errichtet wurden oder von diesem gewährte Vorrechte genießen, die nicht durch ein allgemeines Gesetz erteilt wurden, oder aber Beihilfen oder Ertragsgarantien oder Zinsen erhalten; 4. der Abschluß von Verträgen mit der Regierung. Schließlich verlieren die Mitglieder der Nationalversammlung 5. ihr Mandat, wenn sie Konzessionäre, Aufkäufer oder Gesellschafter von Aufkäufern von öffentlichen Konzessionen, Versteigerungen oder Unternehmen sind oder an Finanzoperationen des Staates teilnehmen (VfsArt. 90). Wahlpflicht: Besteht nicht. Wahlsystem: Relative Mehrheitswahl nach Listen in Mehrmannwahlkreisen verschiedener Größe. Die Wahlkreiseinteilung entspricht im Mutterland und den nahen Inselgruppen (Madeira, Azoren) der administrativen Gliederung des Landes (WG v. 1949, Art. 11). Die Kandidatenlisten werden im Wahlkreis aufgestellt. Der Wähler kann Kandidaten von den Listen streichen. Der einzelne Kandidat erhält die für die Liste abgegebenen Stimmen abzüglich der Streichungen seines Namens (Art. 28). Im Wahlkreis erhält die Liste, die die relative Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhalten hat, alle

1028

Wahl der Parlamente

zu vergebenden Mandate zugesprochen. Zwischen den Kandidaten der siegreichen Liste entscheidet ebenfalls die relative Mehrheit der Stimmen über den Mandatsgewinn. Wahlbewerbung: Erfolgt über Kandidatenlisten in den Wahlkreisen. Die Wahlkreislisten haben zumindest soviele Namen zu enthalten, wie Abgeordnete im Wahlkreis zu wählen sind. Die Kandidaten müssen individuell oder kollektiv eine schriftliche Erklärung beifügen, daß sie die Verfassung und die grundlegenden Prinzipien der bestehenden gesellschaftlichen Ordnung respektieren wollen (Art. 13). Prüfung der Wahlbewerbung: Erfolgt durch den Zivilgouverneur im Wahlkreis ( = administrativen Distrikt) und den Präsidenten des Obersten Verwaltungsgerichts (Art. 12). Wahlorganisation: Wahlbehörden: Die Mitglieder der Wahlbehörden (u. a. der Wahlvorstände in den Wahllokalen) werden von der Regierung ernannt. Wählerverzeichnisse: Werden ständig geführt. Eintragung erfolgt auf Antrag. Wähler, die subversive Meinungen vertreten, können von der Wählerliste gestrichen werden. Einspruchsverjahren: Besteht nicht. Schutz des Wahlrechts: Ist nicht gegeben. Stimmabgabe: Erfolgt persönlich. Die geheime Stimmabgabe ist zwar gesetzlich fixiert (Art. 61), in der Praxis aber'nidit gewährleistet. Stimmenauszählung: Erfolgt in den Wahllokalen durch die Wahlvorstände, Vertreter der Kandidatenlisten sind bei der Stimmauszählung nicht zugelassen. Wahlprüfung: Wird durch die Nationalversammlung vorgenommen (VfsArt. 86).

Bestellungsweise der Korporativkammer: Mitgliederzahl: 185 Bestellungsweise: Die Mitglieder der Korporativkammer werden von den örtlichen Selbstverwaltungsorganen, den korporativen Gebilden von Wirtschaft und Kultur sowie der öffentlichen Verwaltung entsandt. Bibliographie 1. Quellen: Verfassungen vom 23. September 1822, 28. April 1826, 4. April 1838, 21. August 1911 und 11. April 1933; Zusatzakte vom 5. Juli 1852; Wahlgesetze, Verfassungsänderungen, wahlgesetzliche Dekrete und Verfügungen vom 28. Mai 1834, 8. Oktober 1836, 9. April 1838, 5. März 1842, 12. August 1847, 20. Juni 1851, 30. September 1852, 29. April und 23. November 1859, 18. März 1869, 3. und 8. Mai 1878, 21. Mai 1884, 24. Juli 1885, 20. Februar 1890, 25. September 1894, 28. März 1895, 21. Mai 1896, 26. Juli 1899, 8. August 1901, 5. April 1911, 3. Juli 1913, 20. Januar 1915, 1. Juni 1915, 3. Juli 1915, 1. März 1919, 14. Februar 1920, 13., 16. und 25. Juni 1921, 11. April 1922, 25. Juni 1926, 29. Dezember 1927, 27. De-

Portugal

1029

zember 1933, 6. November 1934, 31. Dezember 1940, 22. September 1945, 31. Dezember 1945, 28. Mai 1946, 3. Oktober 1949, 23. September 1960. 2. Quellenpublikationen: Gesetzessammlung: Coleccäo Oficial de Legisla^äo Portuguesa, Lissabon. — Manuel Pereira, Α.: As Constitutes politicas Portuguesas, Porto 1961. VfsText von 1911 in: Dareste II, J ö R 8 (1913) VfsText von 1933 (und Ergänzungen) in: Duverger, S. 501 ff.; dtsch in: Mayer-Tasch, S. 424 ff. WG-Text: Codigo Eleitoral, ed. Imprensa Nacional, Lissabon. Ausführlidier Nachweis der publizierten Quellen in: Menzel/Groh/Hecker II, S. 108 f. 3.

Auswahl

aus dem

Schrifttum:

VR/VfsGesdi.: Manuel Pereira, Α.: Organizafäo politica e administrativa de Portugal, — desde 1820 —, Porto 1949. Roelants, W.: Le pouvoir legislatif et les Chartes en Portugal, Brüssel 1890. Many, L.: Etude critique sur la Constitution de la Republique portugaise, Paris 1915. Pereira dos Santos, F.: Un έtat corporatif. La Constitution sociale et politique portugaise, Paris 1935, 2. Aufl. 1940. Jakobs, A. ].: Constitutional development in Portugal since 1926, in: JöR, N. F. Bd. 8 (1959), S. 399 ff. Sd»c6ez Agesta, L.: El corporativismo autoritario y la constituciön portuguesa,

in: ders.: Curso de Derecho Constitucional comparado, Madrid 1963, S. 393 ff. PolGesch. / PolSystStud. / WR: Nogueira Soares, D. G.: Consideracoes sobre ο presente e ο futuro politico de Portugal, Lissabon 1883. Marvaud, Α.: Le Portugal et ses colonies, Paris 1912. Fryer, P. / Mc.Gowan, P.: Le Portugal de Salazar, Paris 1963. Kühnen, H.-J.: Das Regierungssystem Oliveira Salazars, Berlin 1968. Les elections legislatives au Portugal, in: Bulletin de la Comission des Juristes, 13, Mai 1962, Genf. Dieter Nohlen

R U

MANIEN

I. Historischer Teil Zwischen dem Osmanischen Reich und Rußland gelegen, erlangte Rumänien erst nach zahlreichen Spannungen zwischen seinen Nachbarn auf dem Berliner Kongreß 1878 die volle Souveränität, auf die seit Mitte des 19. Jahrhunderts verstärkt hingearbeitet worden war. Kernlande des Staates waren die Fürstentümer Moldau (Moldova) und Walachei (Muntenia), die seit dem 14. bzw. 15. Jahrhundert zunächst unter der Oberhoheit der Hohen Pforte standen und dann zunehmend unter russischen Einfluß gerieten. Nachdem sich die adeligen Großgrundbesitzer (Bojaren) beim Einbruch des russischen Generals Ypsilanti 1821 passiv verhalten hatten, konnten sie beim Sultan durchsetzen, daß anstelle der griechischen Herrscher („Phanarioten", seit 1712 bzw. 1716) nun einheimische Fürsten („Hospodaren") eingesetzt wurden. Nach der Konvention von Ackermann zwischen Rußland und der Hohen Pforte (1826) wurde in beiden Provinzen durch einen Diwan (Versammlung) von Bojaren und hohen Geistlichen ein Hospodar auf sieben Jahre gewählt, wobei die Hohe Pforte ihre Einwilligung geben mußte. Sie konnte allerdings einen Gewählten nur im Einverständnis mit Rußland ablehnen. Während des russisch-türkischen Krieges von 1828 bildete die russische Besatzung unter General Kisseleff in den Fürstentümern eine „Reformkommission" aus je vier moldauischen und walachischen Mitgliedern und legte ihr einen Verfassungsentwurf zur Beratung vor. Nach dem Ende des Krieges wurde der Entwurf ohne große Änderungen von den beiden Diwanen 1831 als „Organisches Reglement" angenommen und 1834 durch die Russen bestätigt. Der Fürst übte die Exekutive und zusammen mit dem Diwan auch die Legislative aus. Uber die Bestellung des Diwans, die noch auf ständischer Grundlage erfolgte, enthielt das Reglement ausführliche Bestimmungen. Von den 35 Abgeordneten der Moldau waren die drei höchsten Bischöfe Mitglieder ex officio, di^ übrigen Deputierten wurden je zur Hälfte von den Großbojaren in der Hauptstadt sowie von den Notabein (Bojaren und Söhne der Bojaren) in den Distrikten nach absoluter Mehrheitswahl gewählt. In der Walachei (43 Abgeordnete) waren neben dem hohen Klerus 20 Großbojaren und 19 Notabein Mitglieder der Versammlung. Auf jeden Distrikt entfiel ein Abgeordneter. Das aktive Wahlrecht war an ein Alter von 25, das passive an ein Alter von 30 Jahren gebunden. Die Wahlperiode betrug fünf Jahre. Der

1032

Verfassungen und Wahlgesetze bis 1858

Fürst rief den Diwan einmal im Jahr zusammen, konnte ihn aber nicht auflösen. Zur Wahl eines neuen Fürsten wurde ein außerordentlicher Diwan gebildet, dem in der Moldau 132, in der Walachei 192 Abgeordnete angehörten. Die Mitglieder setzten sich neben Angehörigen der Geistlichkeit und der Großbojaren aus Kleinbojaren, Distriktsdeputierten, Abgeordneten der städtischen Körperschaften des Handels und Gewerbes sowie einem Deputierten der Akademie des öffentlichen Unterrichts zusammen. Der Hospodar verfügte politisch über wesentlich mehr Macht als der Diwan, sah sich aber ständig dessen Rivalität gegenüber. Bei Streitigkeiten konnten beide Seiten den Sultan oder die russische Regierung anrufen. Da man in den Fürstentümern bestrebt war, die Abhängigkeit von der Hohen Pforte weiter zu lockern, wurde der Sultan in solchen Fällen kaum um eine Entscheidung ersucht, und Rußland gewann durch das Reglement neue Einflußmöglichkeiten. Im Jahre 1848 kam es in beiden Fürstentümern zu Unruhen besonders unter Bojarensöhnen, die im Ausland studiert hatten. Sie verlangten Verantwortlichkeit der Minister, ein Wahlrecht, das alle Bevölkerungsschichten berücksichtigte, Abschaffung der Zensur etc. In der Moldau lehnte Prinz Stürza die Forderungen als revolutionär ab und verwies zahlreiche Aufrührer des Landes. In der Walachei aber waren die Revolutionäre unter den Brüdern Golescu sowie Ion Ghica und einer radikaleren Gruppe um Ion Brätianu und C.-A. Rosetti siegreich, nachdem Prinz Bibescu wegen der Gefahr eines Bürgerkrieges zurückgetreten war. Zur Ausarbeitung einer Verfassung kam es jedoch nicht, da nach kurzer Zeit türkische Truppen in die Walachei einrückten und die provisorische Regierung stürzten. In der Konvention von Balta Liman setzten danach Rußland und die Hohe Pforte am 1. Mai 1849 die wichtigsten Punkte des Organischen Reglements außer Kraft, hoben die ordentlichen und außerordentlichen Diwane auf und ersetzten sie durch „Diwane ad hoc", denen nur die Steuerverteilung und Rechnungsprüfung zustand. Diese und weitere Bestimmungen sollten für sieben Jahre gelten, doch beendete der Krimkrieg (1853—1856) ihre Gültigkeit. Der Friedensvertrag von Paris von 1856 beließ Moldau und Walachei weiter unter der Suzeränität der Hohen Pforte; jedoch waren in beiden Provinzen Diwane ad hoc zu bilden, die an der Neuorganisation der Fürstentümer mitwirken sollten. Die Diwane waren so zu bestellen, daß sie „die genaueste Vertretung der Interessen aller Gesellschaftsklassen darstellten" (Art. 24). Eine Botschafterkonferenz der Signatarmächte erließ am 8. März 1857 in Bukarest dazu folgende Ausfüh-

Rumänien

1033

rungsbestimmungen: 1. Der Metropolit und die Diözesanbischöfe sind Mitglieder ex officio. Die Klöster entsenden zusammen vier, der Weltklerus einen Abgeordneten je Diözese. 2. Die Bojaren und ihre Söhne wählen nach absoluter Mehrheitswahl je Distrikt zwei Deputierte. Für das aktive Wahlrecht werden 150 ha, für das passive 450 ha Grundbesitz sowie ein hoher Zensus verlangt. 3. Großgrundbesitzer mit über 130 ha Land wählen im Hauptort des Wahlkreises fünf Wahlmänner, die dann einen Abgeordneten bestellen. 4. Ebenfalls wahlberechtigt sind die Bauern, die je Wahlkreis einen Deputierten stellen. Dieser wird nicht wie bei den Großgrundbesitzern in zwei, sondern in drei Stufen gewählt. 5. Jede Hauptstadt entsendet vier, die größeren Städte zwei, die kleinen einen Abgeordneten. Diese Deputierten werden jeweils nach absoluter Mehrheitswahl von einer Versammlung der reichsten Bürger (20 000 Piaster Einkommen in der Hauptstadt, 8000 in den anderen Städten), der freien Berufe und des Handels sowie der Zunftvorstände gewählt. Im Oktober 1857 verabschiedeten beide Versammlungen eine gemeinsame Erklärung, in der weitergehende Autonomie und die Vereinigung beider Fürstentümer zu einem Staat „Rumänien" gefordert wurden. In der Pariser Konvention von 1858 kamen die Signatarmächte von 1856 diesen Wünschen entgegen, ohne jedoch die Union zu vollziehen. An der Spitze jeder Provinz stand weiterhin ein Hospodar, der von dem jeweiligen Diwan gewählt wurde. Diese Versammlungen wurden nun nicht mehr, wie vor 1856, nach ständischem Prinzip, sondern nach Zensuswahl bestellt. In einem Annex zur Pariser Konvention wurden die Wahlbestimmungen festgelegt, die die Wählerschaft in drei Klassen einteilten. Im ersten Kollegium wählten die Einwohner der Städte mit je 6000 Dukaten Vermögen je nach der Größe der Stadt ein bis drei Abgeordnete. Das zweite Gremium bildeten die Bewohner der Distrikte mit je 1000 Dukaten Einkommen aus Grundbesitz; sie bestellten pro Distrikt zwei Deputierte. Indirekt wahlberechtigt waren in der dritten Klasse alle Distriktbewohner mit mindestens 100 Dukaten Einkommen. In den einzelnen Verwaltungsbezirken bestellten sie je drei Elektoren, die dann ihrerseits in der Distriktshauptstadt einen Abgeordneten wählten. Abgestimmt wurde in allen Wählerkollegien nach absoluter Mehrheitswahl, nötigenfalls mit relativer Mehrheit im zweiten Wahlgang (Art. 16). Der Metropolit und die Diözesanbischöfe gehörten der Versammlung weiterhin ex officio an. Für das aktive Wahlrecht war ein Alter von 25 Jahren, für das passive Wahlrecht ein Alter von 30 Jahren und ein Mindesteinkommen von 400 Dukaten erforderlich. Der Zensus war so hoch angesetzt, daß von den 2,5 Millionen Einwohnern der Walachei nur 2394 und von den 2 Millionen Ein-

1034

Statut von 1864 / Verfassung von 1866

wohnern der Moldau nur 1742 wahlberechtigt waren. Die Wahlperiode sollte sieben Jahre dauern. Eine bedeutende Konzession gegenüber den Einigungswünschen bedeutete die Bildung einer sechzehnköpfigen „Zentralkommission", die paritätisch von den beiden Versammlungen bestellt wurde. Sie sollte Gesetzgebung und Verwaltung koordinieren und somit eine weitgehende staatliche Einheit schaffen. Die beiden Parlamente gingen über diese Bestimmungen jedoch noch hinaus und wählten im Januar 1859 jeweils Alexander Cuza zum Hospodaren, der noch im selben Jahre die Vereinigung beider Fürstentümer unter dem Namen „Rumänien" proklamierte. Die Vertragsmächte der Pariser Konvention gaben ihre Zustimmung, allerdings unter der Bedingung, daß nach dem Ende von Cuzas Regierungszeit die alte Trennung wieder eingeführt werden sollte. Als sich die Großbojaren in der gewählten Versammlung der von Cuza geforderten Bauernbefreiung widersetzten, löste Cuza das Parlament auf und führte im Mai 1864 nach einem Staatsstreich seine Pläne durch. Im Juni 1864 ersetzte er die Pariser Konvention durch eine neue Verfassung, das sog. „Statut", das am sardinischen „Statuto Albertino" von 1848 orientiert war. Wichtigste Bestimmung war die Einführung einer zweiten Kammer, des Senats, dem die höchsten Geistlichen, der erste Präsident des Kassationshofes und der älteste aktive General ex officio angehörten. 32 Senatoren wurden vom Fürsten ernannt. Sie mußten entweder hohe Beamte sein oder 800 Dukaten jährliches Einkommen nachweisen. Ferner präsentierten die Distriktsräte dem Fürsten in jedem Distrikt drei Kandidaten, aus denen er je einen auszuwählen hatte. Auf diese Weise wurden weitere 32 Senatoren bestellt. Die Mitglieder der Abgeordnetenkammer wurden ohne Ausnahme gewählt. Die Prinzipien, nach denen Cuza ein neues Wahlgesetz gestaltete, waren bereits in einem Annex zum Statut von 1864 formuliert. Die Drei-Klassen-Einteilung der Wählerschaft wurde aufgehoben. Für das direkte Stimmrecht wurde einheitlich für Städte und Distrikte ein Mindesteinkommen von 100 Dukaten verlangt; befreit von jedem Zensus waren Angehörige der Intelligenz und der freien Berufe. Alle übrigen Bürger waren, ohne Rücksicht darauf, ob sie Steuer zahlten oder nicht, indirekt wahlberechtigt, wobei je 50 solcher Wähler einen Wahlmann bestellten, der dann zusammen mit den direkten Wählern stimmte. Auf die Distrikte entfielen je zwei, auf Bukarest sechs, auf Jassy vier und auf die übrigen Städte je ein oder zwei Abgeordnete. Die Altersgrenze für aktives und passives Wahlrecht blieb bei 25 bzw. 30 Jahren. Für die Wählbarkeit wurde

Rumänien

1035

ein Zensus von mindestens 200 Dukaten gefordert (ausgenommen: hohe Staatsbeamte, die höheren Offiziere und die Universitätsprofessoren). Um in der Auseinandersetzung mit den Bojaren seine Herrschaft auf eine breitere Basis zu stellen, ließ Cuza das „Statut" nach napoleonischem Muster in einem Plebiszit legitimieren, bei dem alle volljährigen männlichen Rumänen stimmberechtigt waren und sich mit 683 928 gegen 1307 Stimmen bei 52 232 Enthaltungen für die Annahme der neuen Verfassung aussprachen. Die Bojaren, denen neue Agrarreformen Cuzas zu weit gingen, zwangen den Fürsten durdi einen Staatsstreich im Februar 1866 zum Rücktritt. Entsprechend einem Beschluß der beiden Diwane ad hoc von 1857 suchte nun ein provisorisches Ministerium trotz der Proteste der Hohen Pforte einen ausländischen Herrscher für den rumänischen Thron zu gewinnen. Nachdem Graf Philipp von Flandern abgelehnt hatte, wurde Karl von Hohenzollern-Sigmaringen vorgeschlagen. In einem Plebiszit, an dem gut ein Sechstel der fünf Millionen Einwohner teilnahm, wurde er mit überwältigender Mehrheit zum neuen Fürsten gewählt. Die Abgeordnetenkammer, die im April 1866 gewählt worden war, erklärte sich zur Konstituante und arbeitete gemeinsam mit dem neuen Monarchen eine Verfassung aus. Obwohl die "Wahlen nach dem Wahlgesetz von 1864 vorgenommen waren, kamen die Mitglieder der Konstituante fast ausschließlich aus den Reihen der Bojaren, die auf eine Stärkung ihrer Position bedacht waren. Die Verfassung vom 1. Juli 1866 stellte dann einen Kompromiß zwischen den Bestrebungen des Fürsten und den Wünschen der Bojaren dar. Das Vorbild für diese Konstitution bildete die belgische Verfassung von 1831; sie war im Aufbau und in sehr vielen Bestimmungen mit ihr identisch. Das seit 1864 bestehende Zweikammersystem wurde beibehalten. Der Senat wurde wesentlich erweitert, das Recht, seine Zusammensetzung zu bestimmen, dem Fürsten weitgehend entzogen. Für aktives und passives Wahlrecht wurde ein hoher Zensus (300 bzw. 800 Dukaten) festgesetzt, ferner war je ein Mindestalter von 40 Jahren erforderlich. In den einzelnen Distrikten wurden insgesamt 113 Senatoren nach Listenwahl mit relativer Mehrheit, 71 weitere von den Mitgliedern der Gemeinde- und Distriktsversammlungen gewählt. Die Handels-, Industrie-, Arbeits- und Landwirtschaftskammern entsandten je vier, die Universitäten Bukarest und Jassy je zwei Mitglieder in den Senat. Senatoren ex officio waren der Thronfolger, die Bischöfe, je ein Vertreter der anerkannten Konfessionen, denen mindestens 200 000 Gläubige angehörten, ein Vertreter der Musel-

1036

Das politische System nach 1866

manen sowie der Präsident der rumänischen Akademie. Für die gewählten Senatoren galt eine achtjährige Wahlperiode mit Halberneuerung nach vier Jahren. Die Abgeordnetenkammer setzte sich auch nach der neuen Verfassung nur aus gewählten Mitgliedern zusammen. Die Zensusbestimmungen wurden jedoch gegenüber 1864 verschärft, die Zahl der Wählerklassen von zwei auf vier erhöht. Die Angehörigen der ersten und zweiten Kategorie (300 bzw. 100 Dukaten jährliche Steuer) wählten je Distrikt einen Abgeordneten direkt. Ebenfalls direkt bestellten die Angehörigen der dritten Klasse (Beamte im Ruhestand, Professoren und Angehörige freier Berufe mit mindestens 80 Piaster jährlicher Steuerleistung) je nadi der Größe des Wahlkreises bis zu sechs Abgeordnete. Schließlich wählten im vierten Kollegium (alle, die überhaupt Steuern zahlten) je 50 Urwähler einen Wahlmann. Die Elektoren bestellten je Distrikt einen Abgeordneten. Innerhalb der einzelnen Wählerklassen war die Stimmenzahl gestaffelt nach dem Einkommen. Die Wahlperiode der Abgeordneten dauerte vier Jahre, das aktive und passive Wahlrecht war an ein Alter von 21 bzw. 25 Jahren gebunden. Nach diesen Bestimmungen waren bei fünf Millionen Einwohnern in der ersten Klasse 3388, in der zweiten 4814, in der dritten 15 382 und in der vierten 370 700 zur Wahl der insgesamt 148 Abgeordneten wahlberechtigt. Das ungleiche und sehr beschränkte Wahlrecht sowie die Bestimmungen der Verfassung von 1866 blieben im Kern bis in die Jahre des Ersten Weltkrieges bestehen. Der Monarch und eine durch das Wahlrecht eng begrenzte Oberschicht waren die beherrschenden Kräfte des politischen Lebens. Im Parlament entwickelte sich ein Dualismus zwisdien zwei locker gegliederten Fraktionen, deren Ursprünge bis in die Zeit vor 1856 zurückreichten. Damals war eine Gruppe junger Intellektueller um Ion Brätianu und C.-A. Rosetti in der Walachei für die Bildung einer Republik eingetreten. Allerdings änderten sie ihre Einstellung bald und hatten wesentlich Anteil an der Thronbesteigung Karls im Jahre 1866. Im Parlament bildeten sie eine eigene Fraktion, aus der sich die „Nationalliberale Partei" entwikkelte, während sich unter Demeter Ghica und Lascär Catargiu die „Konservative Partei" formierte. Beide Gruppen lösten sich ständig in der Regierungsführung ab. Die Liberalen waren dabei wesentlich länger an der Macht und beeinflußten die Struktur des Staates nachhaltig. Ähnlich wie in anderen Ländern Europas bestand eine enge Verbindung zwischen den Liberalen und der Nationalbewegung, deren Ziel die Unabhängigkeit des Landes und die Vereinigung mit den rumänischen Nationalitäten unter habsburgischer und russischer Herrschaft war. In Mitteleuropa konnte sich der Liberalismus vor allem

Rumänien

1037

auf die Bourgeoisie stützen. Da diese in Rumänien ebenso fehlte wie ein breiter Mittelstand, machten die Liberalen von Anfang an den Staat zum Träger des wirtschaftlichen und politischen Fortschritts. Der Staat erhielt weitgehende Kontrolle über Handel und Finanzen sowie eine Monopolstellung in der sich bildenden Industrie. Bei der engen Verflechtung von Wirtschaft und Staat führte auch der wirtschaftliche Aufstieg des einzelnen nur über eine politische Karriere. Dies hatte zur Folge, daß eine sehr begrenzte Schicht die industrielle, finanzielle und politische Macht in den Händen hielt und eine Erweiterung ihres Kreises zu verhindern suchte. Bei der Bedeutung, die dem Staatsapparat in Rumänien zukam, stieg die Zahl der Beamten stark an, was zur Unterbezahlung der Beamtenschaft führte. Diese Umstände bewirkten, daß fast überall im öffentlichen Leben die Korruption blühte, zumal die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung in großer Armut lebte. Vor diesem Hintergrund ist auch die Funktionsweise des politischen Systems nach 1866 zu verstehen. Der Monarch hatte das Recht, ungeachtet der parlamentarischen Mehrheitsverhältnisse Regierungen zu ernennen und zu entlassen. Besaß eine Regierung aus sachlichen oder persönlichen Differenzen nicht mehr sein Vertrauen, ernannte er meist den Führer der Oppositionsgruppe zum Ministerpräsidenten und ließ das Parlament auflösen. Bei Neuwahlen errang dann die neue Regierungspartei stets überwältigende Siege. Mit dem Regierungswechsel war nämlich ein Austausch der Beamtenschaft bis in die subalternen Positionen verbunden, was die Wirkungen des bestehenden Korruptionssystems noch verstärkte und zu ständigen Wahlmanipulationen führte. Auch die Einführung der geheimen Stimmabgabe 1904 änderte nichts an dieser Wahlpraxis. Nach dem russisch-türkischen Krieg erlangte Rumänien 1878 die Unabhängigkeit und wurde 1881 zum Königreich erhoben. Die Verfassung erhielt entsprechende geringfügige Veränderungen, die vor allem die Forderungen des Berliner Kongresses nach Emanzipation der Juden in Rumänien betrafen. 1884 wurde das Wahlgesetz leicht modifiziert und erhielt eine Fassung, die — abgesehen von wenigen technischen Änderungen — bis 1917 Gültigkeit besaß. Die Zahl der Senatoren wurde auf 119 verringert, von denen nur noch sieben Mitglieder ex officio waren. Zwei Senatoren entsandten die Universitäten. Die übrigen Mitglieder wurden von zwei Wählerklassen gewählt, die getrennte Wahlkreise bildeten, in denen bereits die relative Mehrheit den Ausschlag gab. Der ersten Klasse, die je Distrikt zwei Senatoren (insgesamt 60) bestellte, gehörten Personen mit einem Jahreseinkommen von mindestens 2000 Lei an, ferner

1038

Wahlreformen und -entwicklung bis 1918

hohe Würdenträger von Staat und Kirche, Militärs, Personen mit akademischen Titeln u. a.; zur zweiten Gruppe, die pro Distrikt einen bis fünf (insgesamt 50) Senatoren wählte, zählten Angehörige des langsam wachsenden Mittelstandes und Personen mit einem Jahreseinkommen ab 800 Lei. Die Zahl der Wählerklassen für die Abgeordnetenkammer wurde zwar von vier auf drei reduziert, an der Ungleichheit der Stimmen änderte sich jedoch nichts. So wählten im Jahre 1911 nach der offiziellen Wahlstatistik bei 7 086 796 Einwohnern 15 298 Wähler des ersten Kollegiums (mindestens 1200 Lei jährliches Einkommen) 77 Abgeordnete und 33 199 Wähler der zweiten Gruppe (Stadtbewohner mit 20 Lei direktem jährlichen Steuersatz, außerdem ohne Rücksicht auf die Steuerleistung Angehörige der freien Berufe und Absolventen der Grundschule) 72 Abgeordnete. In der dritten Kategorie bestellten 52 768 direkte Wähler (Einkommen aus Grund und Boden, Kenntnisse im Lesen und Schreiben) und 976 000 indirekte Wähler (auf 50 Urwähler ein Wahlmann) 40 Abgeordnete. In jedem Distrikt wurde für jede Klasse ein Wahlkreis gebildet, in dem mit absoluter, im zweiten Wahlgang mit relativer Mehrheit gewählt wurde. Bei Senatswahlen war nur rund ein Viertel der direkten Wähler zur Abgeordnetenkammer stimmberechtigt (vgl. Tab. A 2), d. h. etwa 0,3 bis 0,4 v.H. der Bevölkerung. Die angeführten Zahlen zeigen, daß auch nach den neuen Bestimmungen ein Großteil der Bevölkerung politisch keinen Einfluß nehmen konnte. Zudem war der Druck der Regierung gerade auf die unteren Wählerklassen am wirkungsvollsten. So gab es zwischen 1891 und 1914 bei Wahlen zur Abgeordnetenkammer in der ersten Wählerklasse 62, in der zweiten 61, in der dritten aber nur neun Stichwahlen. Noch deutlicher war die Abstufung bei den Prozentzahlen für Regierung und Opposition (vgl. Tab. A 2). Unter den beiden rivalisierenden Gruppen der politisch relevanten Schicht — Konservativen und Liberalen — zeigten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts allmählich auch stärkere strukturelle Differenzierungen. Beide Lager besaßen ihren Rückhalt vor allem unter den Bojaren, wobei die Konservativen ausdrücklich die Interessen des Großgrundbesitzes vertraten, während sich die Liberalen zunehmend auch auf Angehörige der Intelligenz und der Beamtenschaft sowie derjenigen Berufsgruppen stützten, die ihr Entstehen der Entwicklung des Staates verdankten. Bei den Liberalen errang Ion Brätianu allmählich eine beherrschende Stellung, wogegen die Konservativen viele Energien auf Führungskämpfe einzelner Personen und Cliquen verwandten. Bei aller Unterschiedlichkeit in Struktur und politischer Zielsetzung waren sich jedoch beide Gruppen darin einig, die politische Macht der sozialen Oberschicht zu erhalten.

Rumänien

1039

Unruhen unter der Bauernschaft, zu der die Mehrzahl der Bevölkerung zählte, wuchsen jedoch ständig. Zwar war die Bauernbefreiung seit 1864 verwirklicht; an der sozialen Lage der Bauernschaft hatte sich aber fast nichts geändert. Eine Hauptforderung war die Neuverteilung des Grundbesitzes (1905 umfaßte weniger als ein Prozent der Güter fast 50 Prozent der Anbaufläche). Nach einem schweren Bauernaufstand, der 1907 das ganze Land erschütterte, wurden vier Reformgesetze erlassen, die aber nur die Oberfläche der Probleme streiften. Erst 1913 griff Ion I. C. (Ionel) Brätianu die Agrarfrage auf und verband sie mit der Forderung, alle volljährigen Bürger in einer einzigen Wählerklasse zusammenzufassen. Die zahlreichen Analphabeten sollten allerdings nur indirektes Stimmrecht erhalten. Im Mai 1914 wurde eine Konstituante gewählt, die die betreffenden Verfassungsartikel revidieren sollte. Zwei vorbereitende Kommissionen waren konstituiert, als der Erste Weltkrieg ausbrach und die Arbeit der Versammlung eingestellt wurde. Der Verlauf des Krieges beschleunigte indessen den Demokratisierungsprozeß. Der König versprach eine umfassende Agrarreform, und in der Kriegshauptstadt Jassy beschloß die Nationalversammlung 1917 die Einführung des allgemeinen Wahlrechts für alle volljährigen männlichen Staatsbürger, die in allgemeiner, gleicher, unmittelbarer, obligatorischer und geheimer Wahl die Abgeordnetenkammer wählen sollten. Ein gewisser Minderheitenschutz war zu gewährleisten. Durch diese Bestimmungen wurden nun alle männlichen Staatsbürger wenigstens de jure politisch gleichberechtigt. Die Ergebnisse des Ersten Weltkrieges brachten für Rumänien eine Reihe tiefgreifender Veränderungen; im Gegensatz zu anderen osteuropäischen Staaten blieb (in institutioneller, teilweise auch personeller Hinsicht) eine Kontinuität in Monarchie und Regierung erhalten. Nach dem Zusammenbruch des russischen Reiches und der Donaumonarchie fielen 1918 Bessarabien, Siebenbürgen, Ostbanat und die Bukowina an das bisherige Königreich. Das Territorium Rumäniens war gegenüber der Vorkriegszeit um mehr als das Doppelte erweitert, die Bevölkerungszahl von 7,3 Millionen im Jahre 1913 auf 15,9 Millionen im Jahre 1919 gestiegen. Nadi dem Anschluß der neuen Landesteile waren nur noch rund 70 Prozent der Bevölkerung Rumänen; Ungarn, Deutsche, Ukrainer, Juden u. a. bildeten nationale Minderheiten. Der neue Staat, der sich nunmehr aus fünf verschiedenen Rechtseinheiten mit unterschiedlicher Geschichte und eigener politischer und sozialer Struktur zusammensetzte, mußte zunächst zu einer wirklichen Einheit zusammenwachsen. Vordringliche Aufgabe war daher die Bil-

1040

Wahlreform 1918—1919 / Parteiensystem nach 1918

dung einer Konstituante, zumal in den Vereinigungsbeschlüssen der neuen Gebiete die Notwendigkeit betont worden war, für Großrumänien eine neue Verfassung zu schaffen. Bei den ersten Wahlen zu einem gemeinsamen Parlament wurden noch unterschiedliche Wahlsysteme angewandt. In Siebenbürgen und der Bukowina wurden die Abgeordneten nach den beiden Wahldekreten vom 24. August 1919 nach absoluter Mehrheitswahl in Einerwahlkreisen gewählt. Kandidierte nur ein Bewerber, galt dieser auch ohne Abstimmung als gewählt. Die Wahlordnung vom 14. November 1918 führte für das alte Königreich und Bessarabien Verhältniswahl nach d'Hondt (-»- S. 48 f.) in Mehrmannwahlkreisen ein und sah für je 30 000 Wähler einen Abgeordneten und für je 70 000 Wähler einen Senator vor. Diese Bestimmungen wurden jedoch bald geändert, nachdem sich die aus den Wahlen vom November 1919 hervorgegangenen Kammern (568 Abgeordnete, 236 Senatoren) als zu umfangreich und zu schwerfällig erwiesen. Von 1920 an entfiel ein Abgeordneter auf je 50 000 Einwohner, wobei die Wahlkreise, deren Grenzen in der Regel mit den Distriktsgrenzen zusammenfielen, mindestens je vier Abgeordnete stellen mußten. Die neuen Bestimmungen reduzierten die Zahl der Abgeordneten auf 369 (für die Wahlen von 1920 und 1922). Die Zahl der Wahlkreise verringerte sich von 79 auf 77. Nach dem Ersten Weltkrieg vollzogen sich die Wahlen vor einem stark veränderten Hintergrund. Durch die Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts erlangten die Bauern plötzlich große politische Bedeutung. Ihren Forderungen nach einer Neuverteilung des Bodens wurde durch umfangreiche Agrarreformen zwischen 1918 und 1921 Rechnung getragen. Allerdings wurde die Durchführung der Gesetze nach 1921 ständig verschleppt, so daß die Reform bis zum Zweiten Weltkrieg noch nicht vollständig abgeschlossen war. Die neugeschaffenen Bauernstellen waren in ihrer wirtschaftlichen Existenz nicht gesichert, aber die Reformen stellten die Bauern wenigstens in der ersten Zeit nach 1918 zufrieden und verhinderten eine Revolution. Die veränderte soziale Struktur der Wählerschaft und der Anschluß der neuen Gebiete bewirkten einen Umbruch des Parteiensystems. Der konservativen Partei, die im Großgrundbesitz ihre Stütze besessen hatte, wurde durch das allgemeine und gleiche Wahlrecht die politische und durch die Agrarreform auch die wirtschaftliche Macht genommen. Zudem war die Parteiführung schon vor dem Ersten Weltkrieg gespalten. Take Ionescu, der sich 1908 von den Konservativen getrennt und 1912 für kurze Zeit sogar an der Regierung gewesen war, übernahm die Führung der „Konservativen Demokraten", die in der ersten Zeit nach dem Weltkrieg auch in einer Koalitionsregierung

Rumänien

1041

mitwirkten. Eine andere Gruppe unter Alexandru Marghiloman bildete die „Progressiven Konservativen", die aber nie über die Stärke einer Splitterpartei hinauskamen. Auch die zweite bisher führende Partei, die Nationalliberalen, hatte nach 1918 Schwierigkeiten, sich den neuen Bedingungen anzupassen. Nach den Agrarreformen konnte sie den Bauern nicht mehr als Gegensatz zu den Bojaren erscheinen und wurde nun endgültig zu einer Interessenvertretung der Industrie- und Finanzkreise. Der Einfluß der N L P erstreckte sich zunächst nur auf das alte Königreich, während in den neuen Provinzen anfangs andere Parteien dominierten. In Siebenbürgen hatte sich in den Jahren nach 1900 unter Führung von Iuliu Maniu und Alexandru Vaida Voevod die „Rumänische Nationalpartei" entwickelt, die die Interessen der rumänischen Bevölkerung Siebenbürgens gegenüber den Ungarn vertrat und zur stärksten Partei in Siebenbürgen wurde. Ihr gehörten vor allem Bauern, aber audi Angehörige anderer Berufsgruppen an. Eine ausgesprochene Bauernpartei entstand aus Teilen der kurzlebigen „Partei der Arbeit", die ihrerseits 1917 aus Dissidenten der Liberalen hervorgegangen war. Rasch konnte diese Partei außerhalb des Altreiches auch in Bessarabien Fuß fassen, wo sich ihr die „Demokratische Partei" unter Pan Halippa anschloß, die bereits über einen festgefügten Organisationsapparat verfügte. Die „Bauernpartei" verfolgte zunächst radikale, klassenkämpferische Ziele, schlug dann aber schnell einen gemäßigteren Kurs ein. Eine eigene Gruppe bildeten die Parteien der nationalen Minderheiten (Ungarn, Deutsche, Juden), die aber im Parlament, gemessen an ihrem Bevölkerungsanteil, unterrepräsentiert waren. Einige Bedeutung erlangten auch die „Volkspartei" des populären Generals Averescu und die „Nationaldemokraten" des Historikers Nicolae Iorga. Beide Vereinigungen waren jedodi allein auf ihre Führerpersonen zugeschnitten; ihnen fehlte ein fester Wählerstamm. Einige weitere kleine Parteien, die von den Marxisten bis zu Gruppen der Rechten reichten, blieben zunächst noch ohne Einfluß. Kennzeichnend für die Innenpolitik war in den ersten Jahren Großrumäniens das Bestreben der NLP, den Staat zentralistisch aufzubauen, d. h. in Bukarest, der Hochburg der Nationalliberalen, alle Macht zu konzentrieren und von dort aus ihren Einflußbereidi auch auf die neuen Provinzen auszudehnen. Die Parteien dieser Gebiete, deren Macht bis Mitte der zwanziger Jahre noch regional eng begrenzt war (vgl. Tab.A 3), zielten dagegen auf eine föderalistische Lösung. Besonders in Siebenbürgen, das eine höher entwickelte politische und soziale Struktur als das Altreich aufwies, erhob sich Widerstand gegen eine Unterordnung unter Bukarest. 66 Sternberger-Vogel, Parlamente 1,2

1042

Verfassung von 1923 / Wahlgesetz von 1926

An der traditionellen Wahlkorruption änderte sich audi nach Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts nichts; eine Beeinflussung der Wahlen war im Gegenteil durch das Auftreten breiter, politisch unerfahrener Schichten noch leichter geworden. So sicherte sich bis 1937 jede Regierung, die Wahlen ausschrieb, eine klare Mehrheit. Eine Ausnahme bildet lediglich das Ergebnis vom November 1919, als unter der kommissarischen Regierung General Vaitoianus — vielleicht zum ersten Male überhaupt — in Rumänien einigermaßen freie Wahlen abgehalten wurden. Die siebenbürgische Nationalpartei und die Zaranisten (Bauernpartei) errangen die meisten Mandate (199 bzw. 120) und bildeten zusammen mit der Partei Iorgas (27 Sitze) eine Koalitionsregierung, während die Nationalliberalen mit 103 Mandaten in die Opposition gehen mußten. Die politischen Verhältnisse waren jedoch auch nach Bildung einer parlamentarisch gestützten Regierung äußerst labil. Die Traditionsparteien, besonders die NLP, intrigierten beim König gegen die Machtstellung der neuen Parteien, die sich ihrerseits nicht in ihre Aufgabe finden konnten und durch ständige interne Differenzen meist persönlicher Art geschwächt waren. Die erste Regierung trat bereits nach drei Monaten zurück; auch die folgenden Kabinette waren nicht von langer Dauer. Lediglich General Averescu, der sich 1920 in Neuwahlen auch eine Mehrheit im Parlament sicherte, konnte über ein Jahr regieren. Zu der seit 1918 immer wieder geplanten Verfassungsreform kam es erst, als 1922 Ionel Brätianu (NLP) die Regierung übernahm. Da die Opposition nach den Wahlen vom März 1922, die den Nationalliberalen einen klaren Sieg brachten, der Regierung Wahlfälschung vorwarf und sich aus Protest von den Ausschußarbeiten zurückzog, war die neue Verfassung vom 28. März 1923 weitgehend das Werk der Nationalliberalen. Die Grundzüge der Verfassung von 1866 blieben im großen und ganzen erhalten. Dem König kam weiterhin eine Schlüsselposition innerhalb des Verfassungssystems zu. Er stellte die Spitze der Exekutive dar und bildete zusammen mit dem Parlament auch die Legislative. Die Regierung war sowohl dem König als auch dem Parlament verantwortlich, konnte aber nur vom König eingesetzt werden. Das Zweikammersystem (Abgeordnetenversammlung und Senat) wurde beibehalten. Die Altersbegrenzung für das aktive und passive Wahlrecht wurde auf 21 und 40 bzw. 25 und 40 Jahre festgelegt, so daß bei Wahlen zur zweiten Kammer rund 20 Prozent, bei Senatswahlen dagegen nur etwa zehn Prozent der Bevölkerung wahlberechtigt waren. Dem Senat gehörte auch ferner eine Zahl von Personen an, die von verschiedenen Körperschaften (Gemeinde- und

Rumänien

1043

Komitatsräte, Industrie-, Handels-, Arbeits- und Landwirtschaftskammern, Universitäten) delegiert wurden, sowie Mitglieder, die ihr Amt dank einer hohen Stellung im öffentlichen Leben und in der Kirche innehatten, außerdem Politiker und Militärs, die eine bestimmte Laufbahn absolviert hatten. Die Zusammensetzung des Senats war damit dem Einfluß der neuen Wählerschichten weitgehend entzogen. Die Wahlperiode betrug für alle Abgeordneten und Senatoren vier Jahre, ausgenommen die genannte Sondergruppe. Der letzte Verfassungsartikel verlangte die Einführung eines einheitlichen Wahlgesetzes noch für die laufende Wahlperiode. Das am 26. März 1926 erlassene Wahlgesetz beließ für den Senat die relative Mehrheitswahl nach Listen. Für die Abgeordnetenkammer wurde ein Misch- und Prämienwahlsystem eingeführt, das eine Modifikation des italienischen Wahlgesetzes von 1923 darstellte. In Mehrmannwahlkreisen verschiedener Größe (je nach Bevölkerungszahl zwei bis 20 Sitze pro Wahlkreis) erhielt zunächst eine Partei, die hier die absolute Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigt hatte und nicht stimmstärkste Partei im ganzen Lande war, soviele Mandate, wie ihr in dem betreffenden Wahlkreis proportional zustanden. Auf diese Weise sollte ein gewisser Minderheitenschutz gewährleistet werden. Von den übrigen Mandaten erhielt die stärkste Partei automatisch 50 Prozent, wenn sie mindestens 40 Prozent der Stimmen gewonTabelle I : Verteilung der Mandate zur Abgeordnetenkammer nadi den Wahlen vom 2. Juni 1926

Parteien Volkspartei NBP

In Wahl-

50 v . H .

kreisen

der Sitze

mit absoluter

für die

Mehrheit')

Mehr-

Stimmen —

154 915

NLP



LANC



Zusammen

154 915

heitsMan2) partei date

Stimmen

v. H .

insgesamt

ManStimmen date

Mandate

1 366 160

60,57

110

1 366160

292

23



572 287

25,37

46

727 202

69





192 399

8,53

16

192 399

16



124 778

5,53

10

124 778

10

2 255 624 100,00

182

2 410 539



23

182

Proporzzuteilung s )

182

387

Anmerkungen: *) Gilt nur f ü r Minderheitsparteien; 2 ) Nach Abzug der Wahlkreismandate; s ) Nach Abzug der Listen mit weniger als zwei Prozent der Stimmen und derjenigen Stimmen, für die Direktmandate in den Wahlkreisen vergeben wurden. (Quelle: Nach Angaben des Monitorul Oficial N r . 122 vom 4. Juni 1926, Seite 8005)

Auswirkungen des Wahlgesetzes von 1926

1044

nen hatte. Anschließend wurden die restlichen Sitze proportional zum Stimmenanteil vergeben, und zwar audi an die Mehrheitspartei, die somit in der Praxis zwischen 70 und 90 Prozent der Mandate innehatte (vgl. Darstellung I, Abb. 3). Bei der Sitzverteilung wurden Parteien mit weniger als zwei Prozent der Wählerstimmen nicht berücksichtigt. Die Oppositionsparteien protestierten zwar heftig gegen diese Bestimmungen, aber keine Partei, die nach der NLP an die Regierung gelangte, nahm Änderungen daran vor. Wegen der zahlreichen Analphabeten führte jede Partei neben ihrem Namen ein geometrisches Symbol, das auch auf dem Stimmzettel abgedruckt war. Hatten die Nationalliberalen bereits in der Verfassung von 1923 ihre Konzeption des Staatsaufbaus durchsetzen können, so gewannen sie durch die einzelnen Bestimmungen des Wahlgesetzes endgültig die beherrschende Stellung im Staat. Der Anteil der Sitze in der Abgeordnetenkammer wurde deutlich zugunsten des alten Königreiches verschoben: Tabelle II: Wahlberechtigte und Verteilung der Mandate zur zweiten Kammer bei den Wahlen von 1922 und 1926 nach Provinzen Provinzen

Abgeordnete 1922 1926

Bessarabien Bukowina Siebenbürgen Neue Provinzen insgesamt Altes Königreich insgesamt Rumänien

51 17 121 189 180 369

51 18 122 191 196 387

Wahlberechtigte 1922 1926 487 988 160 106 852 7681) 1 500 8 622) 1 407153 2 908 0152)

506 904 171927 1 280 764 1 959 585 1 537 229 3 496 814

Anmerkungen: ') Die Zahl bezieht sich nur auf die 87 der 121 Wahlkreise Siebenbürgens, in denen tatsächlich abgestimmt wurde. 2) Zahlen entsprechend Anm.'). (Quelle: Nach Karl Braunias, 1922 (s. BiblAng.), passim, und Annuaire statistique de la Roumanie 1928, Bukarest 1929, S. 12 ff.)

Erklärtes Ziel des Wahlgesetzes war es, der Regierung eine tragfähige parlamentarische Mehrheit zu verschaffen, kleinere Parteien auszuschalten und ein überschaubares und funktionsfähiges Parteiensystem zu gewährleisten. Anfangs schien sich das Wahlgesetz tatsächlich so auszuwirken. Am 10. Oktober 1926 vereinigten sich die Zaranisten (Bauernpartei) und die Nationalpartei, die schon 1919 eine Koalitionsregierung gebildet hatten, zur „Nationalen Bauernpartei" (NBP), deren Vorsitz Iuliu Maniu übernahm. Diese Partei konnte auch zahlenmäßig ein Gegengewicht zu den Nationalliberalen darstellen, verfügte über einen festen Wählerstamm und bildete so einen stabilisierenden Faktor innerhalb des Parteiensystems. Allerdings nahmen einige führende Politiker die Fusion zum Anlaß, die NBP zu ver-

1045

Rumänien

Darstellung I : Stimmen- und Sitzverteilung bei den Wahlen zur rumänischen Abgeordnetenkammer 1926—1937 • = Stimmen et Stimmen und Mandate der NLP E3 = Mandate 82,2 m v: 80 74,7 0 61,7 .60 «ji ts

51,0

47,5

-

Uo 20 0

'

%3 A-f ö z L 1926 b

13,6 1927

1931(1)

Stimmen und Mandate der ftΒ Ρ 89,9 77,8

80

c; t Ν

1928

M . 1932

1933(2)

1937(3,

13,9 3* ΧΖΆ. 1933

1937

!

70,8

60

Wj3_

•40

27J 17,8

22,1

Μ

20 0

1926(4)

1927

'Λ 1928(5)

1Sfi JL m . 1931

2 1932(2.

c Stimmen und Mandate der RegierungsHste ohne Rücksicht auf Parteizugehörigkeit 8Z9 80

IC ft

60

£ 40

75.5 7y

74,7

77Λ 70,8

61,7 51,0

52,1 VI,5

¥1,3

35J 39,3

20 0

1926 1927 1931 1928 1932 1933 1937 Anmerkungen: (1) Nationale Union, bestehend aus: NLP, der Deutschen Partei, den Parteien N. Iorgas und C. Argetoianus (2) Zusammen mit der Deutschen Partei (3) Zusammen mit den Parteien N. Iorgas und A. Vaida Voevods (4) Bauernpartei und Nationalpartei noch getrennt, aber gemeinsame Wahlliste (5) Zusammen mit den Sozialdemokraten und der Deutschen Partei (Quelle: Nadi Angaben des Monitorul Oficial)

1046

Funktion der Wahlen / Politische Entwicklung

lassen und eigene Parteien zu gründen, die in späteren Wahlen ζ. T. einen erheblichen Stimmenanteil erringen konnten (Argetoianu, Iorga, Filipescu, Lupu). Die NBP gewann jedoch durch die Austritte an innerer Geschlossenheit, und in den ersten Jahren nach 1926 schien es, als würde sich das Zweiparteiensystem aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg in modifizierter Form (Nationalliberale und Nationalzaranisten) wieder herausbilden. Die kleineren Parteien schlossen sich häufig einer großen Liste an und sicherten sich in ihr einen bestimmten Mandatsanteil. Die Zweiprozentklausel reduzierte die Zahl der Parteien, die Abgeordnete stellten, zunächst erheblich. Die Zahl der Listen, die sich an der Wahl beteiligten, verringerte sich 1926 gegenüber 1922 um rund die Hälfte. In die zweite Kammer entsandten 1926 vier, 1927 drei und 1928 fünf Parteien bzw. Listenverbindungen Abgeordnete. Diese Konzentration der Parteien führte jedoch kaum zu einer größeren innenpolitischen Stabilität, da audi nach Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts dem parlamentarischen System, das von den westlichen Demokratien der Form nach übernommen war, in Rumänien die Verwurzelung in der Bevölkerung fehlte. Die Bauern, die nicht über die sozialen und bildungsmäßigen Voraussetzungen verfügten, sich politisch zu organisieren, waren in den Parteien kaum vertreten. Selbst von den bedeutenden Persönlichkeiten der NBP war nur Ion Mihalache bäuerlicher Herkunft. Die Mehrheit der Wählerschaft bildete eine amorphe, politisch fluktuierende Masse, die bei einem erheblichen Anteil von Analphabeten (1930: 38 % ) in hohem Maße von der jeweiligen Regierung lenkbar war (vgl. Darstellung I). Nur vor diesem Hintergrund sind Funktion und politische Bedeutung von Wahlen in Rumänien zwischen den beiden Weltkriegen zu verstehen. Die fast immer manipulierten Wahlergebnisse dienten der jeweils führenden Gruppe nur zur formalen Legitimierung ihrer Herrschaft, ohne daß die Wähler tatsächlich darauf hätten Einfluß nehmen können, welche Partei die Regierung stellte. Aus den Wahlergebnissen läßt sich mit Sicherheit nur ersehen, welche Partei gerade an der Herrschaft war. Wie groß die Möglichkeiten der Wahlbeeinflussung durch die Regierung blieben, zeigt wohl am krassesten der Wahlsieg der an sich kleinen Volkspartei General Averescus. Averescu, der 1926 erneut zum Ministerpräsidenten ernannt wurde, übertrug in zahlreichen Distrikten aktiven Militärs das für die Durchführung von Wahlen bedeutende Amt des Präfekten. Die Wahlparolen der Opposition wurden zensiert und mehrere Oppositionsführer verhaf-

Rumänien

1047

tet. Die Volkspartei errang dann 52 Prozent der Stimmen und — dank der Prämienzuteilung nach dem neuen Wahlgesetz — 75 Prozent der Sitze. Trotz dieser erdrückenden Mehrheit war Averescus politische Stellung äußerst labil. Bereits im nächsten Jahr wurde er vom König entlassen, da er bei der einsetzenden innenpolitischen Krise nicht die von König Ferdinand geforderte Koalitionsregierung bilden konnte. Die Stärkung seiner parlamentarischen Position durch eine solche Koalition wäre unerheblich gewesen, Averescu hätte jedoch seine Stellung innerhalb der kleinen Führungsgruppe festigen können, der in der Verfassungswirklichkeit eine weit höhere Bedeutung zukam als dem Parlament. Die Volkspartei blieb bei den Wahlen von 1927 unter zwei Prozent der Stimmen und verlor sämtliche Mandate. Es zeigte sich damit deutlich, daß die parlamentarischen Mehrheitsverhältnisse, zumal die vom Prämienwahlsystem geschaffenen Mehrheiten, keine politische Relevanz besaßen. Die inneren Mängel des bestehenden Regierungssystems wurden durch äußere Ereignisse noch verstärkt. Der wegen privater Affären umstrittene Sohn König Ferdinands, Kronprinz Carol, verzichtete Anfang 1926 auf die Thronfolge und ging ins Exil, worauf die Nationalversammlung (Senat und Abgeordnetenkammer) Carols dreijährigen Sohn Mihai zum Thronfolger erklärte. Der Tod König Ferdinands und der Ionel Brätianus, in welchem die Nationalliberalen ihre stärkste Machtstütze besessen hatten, im Jahre 1927 beeinflußte das innenpolitische Kräfteverhältnis nachhaltig. Für den unmündigen Thronfolger wurde eine Regentschaft eingesetzt, die sich als äußerst schwach erwies und die bisherige politische Stellung der Krone nicht ausfüllen konnte. Im Herbst 1928 wurde Iuliu Maniu, einer der wenigen persönlich integren politischen Führer Rumäniens, mit der Regierungsbildung beauftragt. Ohne die Wahlen zu manipulieren, errang die NBP danach den höchsten Sieg einer rumänischen Partei zwischen den beiden Weltkriegen. Das Sinken der Agrarpreise nach Einsetzen der Weltwirtschaftskrise führte jedoch sehr rasch wieder zu Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Dazu kam eine ständig wachsende Inflation der rumänischen Währung, die ausländische Anleihen bis weit in die dreißiger Jahre notwendig machte und eine Dauerkrise der Staatsfinanzen zur Folge hatte. Als im Juni 1930 Carol aus dem Exil zurückkehrte, hob die Nationalversammlung angesichts der verfahrenen innenpolitischen Situation ihren Beschluß von 1926 auf, erklärte Mihai für abgesetzt und ernannte Carol zum König. Dieses Ereignis kennzeichnet einen wichtigen Einschnitt in der Geschichte Rumäniens zwischen 1918 und 1940.

1048

Wahlen 1933, 1937 / Verfassung von 1938

Das vorhandene Machtvakuum wurde nun durdi den König allmählich ausgefüllt. Bei zunehmenden Krisenerscheinungen in Parlament und Parteien verstand es Carol II., seine Rechte der Ernennung und Entlassung des Ministerpräsidenten, Auflösung des Parlaments etc. voll auszuschöpfen, so daß er zum Mittelpunkt des Verfassungssystems wurde. Nach 1930 konnten auch die starken Anreize zur Konzentration, die das Wahlgesetz von 1926 bot, nicht verhindern, daß sidb das wenigstens formal stabilisierte Parteiensystem immer mehr auflöste. Die Zahl der Parteien und Gruppen, die sich an der Wahl beteiligten, nahm sprunghaft zu (1931: 37, 1932: 61, 1933: 102). Bei den Wahlen von 1933 kamen nach dem amtlichen Endergebnis vier „Gruppen" auf je nur eine Stimme. Verfügten 1927 nur drei Listen über Sitze im Parlament, waren es 1932 bereits zwölf. Begünstigt wurden diese Veränderungen durch Schwächeperioden der beiden großen Parteien. Bei den Nationalliberalen hatte die Krise schon nach der schweren Wahlniederlage von 1928 eingesetzt. Nach der Rückkehr Carols, der sich die Mehrheit der N L P widersetzte, trennten sich 1930 die sogenannten „Jungliberalen" unter Gheorge Brätianu, einem Sohn Ionel Brätianus, von der bisherigen Partei. Sie gelangten zwar nie an die Regierung, erhielten bei den Wahlen aber immer einen Stimmenanteil von rund fünf Prozent und wurden damit zu einer der stärksten Parteien. Die NBP machte ebenfalls zahlreiche innere Krisen durch. Führende Männer — so Vaida Voevod — verließen die Partei und wanderten zur Rechten ab. Ein von fast allen Parteien einseitig propagierter Antikommunismus, weitverbreiteter Antisemitismus und vor allem die Unzufriedenheit über die Mißerfolge der bisher führenden Parteien bereitete den Boden für ein Anwachsen der Rechtsparteien in den Jahren nach 1930. Die bedeutendste unter ihnen, die Eiserne Garde, wurde 1927 nach der Spaltung der antisemitischen Partei Professor Cuzas von Corneliu Zelea Codreanu gegründet. Die große Popularität der Eisernen Garde beruhte auf ihrem betont nationalistischen Programm, das gleichzeitig soziale Verbesserungen für alle Schichten versprach. Die Partei wurde mehrfach verboten, nahm aber dann jeweils einen anderen Namen an („Erzengel Michael", „Alles-für-das-Vaterland-Partei") und konnte sich so bei geringfügigen Programmänderungen behaupten. Die politische Labilität Rumäniens äußerte sich zu Beginn der dreißiger Jahre auch in einer größeren Zahl relativ rasch wechselnder Regierungen. Da die Parteien sich nicht auf eine von Carol geforderte Koalition einigen konnten, ernannte der König 1931 Nicolae Iorga zum Ministerpräsidenten. Innenminister wurde Constantin Argetoianu,

Rumänien

1049

ein Spezialist für Wahlmanipulationen, der bereits unter General Averescu 1920 das Innenministerium geleitet hatte. Iorga bildete eine Koalitionsregierung mit den Nationalliberalen, die sich inzwischen mit Carol ausgesöhnt hatten, scheiterte aber an Finanzproblemen und trat 1932 zurück. Nach mehreren kurzlebigen Kabinetten der NBP gelangten 1933 die Nationalliberalen unter Duca (Ende 1933 von Angehörigen der Eisernen Garde ermordet) und Tatarescu für eine volle Wahlperiode an die Regierung, ohne allerdings ihre unter Ionel Brätianu innegehabte Macht wiederzuerlangen. Der König besaß jetzt dominierenden Einfluß und förderte zudem Rivalitäten zwischen dem Regierungschef und dem neuen Parteiführer Constantin Brätianu. Bei den für die weitere Entwicklung wichtigen Wahlen von 1937 ging Ministerpräsident Tatarescu ein Wahlbündnis mit den nationalistischen Gruppen Vaida Voevods und Iorgas ein. Überraschend Schloß die NBP ein Wahlabkommen mit der Eisernen Garde, gegen deren Anwachsen sie bisher heftig opponiert hatte. Die Vereinbarung, der auch Gheorghe Brätianu beitrat, sah keine Wahlabsprachen oder eine gemeinsame Liste, sondern nur einen „Nichtangriffspakt" vor, der verhindern sollte, daß die Regierung ihre üblichen Wahlpraktiken durchsetzen konnte. Maniu wurde aber scharf kritisiert, da die Eiserne Garde durch die Zusammenarbeit mit der NBP erheblich an Ansehen gewinnen konnte. Das unmittelbare Ziel des Abkommens wurde indessen erreicht: Die Regierungskoalition erhielt zwar mit 35,9 Prozent der Stimmen die Mehrheit, doch verfehlte erstmals eine amtierende Regierung die vorgeschriebenen 40 Prozent der Stimmen für die Zuteilung der Prämien. Mit der Regierungsbildung beauftragte Carol nun weder die NBP (22 %), mit deren Führer Iuliu Maniu er verfeindet war, noch die Eiserne Garde (16 %), die ihm zu gefährlich schien, sondern Oktavian Goga von der „National-Christlichen Partei" (der Vereinigung der nationalistischen und antisemitischen Parteien Cuzas und Gogas), die mit neun Prozent Stimmenanteil viertstärkste Partei war. Mit dieser Regierungsbildung bereitete der König endgültig die eigene Machtübernahme vor. Bereits Anfang 1938 entließ er die Regierung Goga und ersetzte sie durch eine Regierung des Patriarchen Miron Christea. In einem Plebiszit ließ Carol dann im Februar 1938 eine neue Verfassung billigen. Danach wurden alle bisherigen Parteien aufgelöst, der König trat an die Spitze einer Einheitspartei, der „Partei der nationalen Wiedergeburt", der Überläufer aus allen Lagern angehörten. Aus diesem Kreis rekrutierten sich auch die Regierungen, die jetzt nur noch vom Vertrauen des Königs abhingen. Das Zweikammersystem blieb erhalten, aber Wahlsystem und Wahlrecht wurden radikal geändert. Die Al-

1050

Wahlgesetz von 1939 / Anfänge der KPR

tersgrenze für aktives und passives Wahlrecht wurde auf je 30 Jahre angehoben. Die Wahlen waren direkt, gleich und geheim, aber nicht allgemein. Wähler und Kandidaten wurden für die Wahlen zu beiden Kammern nach berufsständischen Gesichtspunkten eingeteilt. Nach dem Wahlgesetz vom 9. Mai 1939, nach dem am 1. Juni 1939 Wahlen stattfanden, wurden für die Abgeordnetenkammer in insgesamt elf Wahlkreisen je fünf bis zehn Abgeordnete pro Berufsgruppe gewählt. Die Zahl der Abgeordneten war trotz erheblicher Differenz der Zahl der Wahlberechtigten pro Wahlkreis für alle Wählerklassen gleich (s. Tab. III). Dadurch wurde besonders die Gruppe „Industrie und Handel" (Wahlkreis Bukarest: 6,2 % der Wahlberechtigten, vgl. Tab. A 5) begünstigt, deren Wahlbeteiligung und Zustimmung zu den Kandidatenlisten in den Wahlkreisen, für die entsprechende Ergebnisse vorliegen, um mehr als zehn Prozent über dem Durchschnitt lag (Staat und Wirtschaft waren weiterhin eng verflochten). Jeder Wähler besaß soviele Stimmen, wie in dem betreffenden Wahlkreis Mandate zu vergeben waren. Auf der Einheitsliste waren — nach Wahlkreis differierend — 10-50 Prozent mehr Kandidaten aufgestellt, als Abgeordnete zu wählen waren. Zu den gewählten SenatsTabelle III: Aufschlüsselung der Abgeordneten und Senatoren nach Berufsgruppen nach dem Wahlgesetz vom 9. Mai 1939 Berufsgruppen

Abgeordnetenkammer

Senat

Landwirtschaft Arbeit

|

86

Industrie Handel

|

86

:: }

22

86

22

22

Intellektuelle Berufe Zusammen

ä }

258

44

88

(Quelle: Nach Monitorul Oficial Nr. 106, Teil 2, v o m 9. Mai 1939, S. 2956)

mitgliedern kamen noch diejenigen Senatoren, die ihr Amt nach der Verfassung von 1923 ex officio innegehabt hatten. Etliche Verfassungsartikel sicherten dem König eine diktaturähnliche Machtstellung. Verfassungsänderungen konnten nur auf seine Initiative hin vorgenommen werden. Opposition erhob sich nur von Seiten der NBP Iuliu Manius, die passiven Widerstand übte, sowie von der Eisernen Garde. Carol ließ daraufhin den Führer der Eisernen Garde

Rumänien

1051

verhaften und „auf der Flucht" erschießen. Von diesem Schock erholte sich die Bewegung jedoch rasch und wurde für den König zu einer immer größeren Gefahr. Obwohl die rumänischen Regierungen nach 1918 innenpolitische Probleme zurückgestellt und sich vor allem um die Sicherung der neuen Grenzen bemüht hatten, mußte Rumänien 1940 weite Teile im Norden an die UdSSR und Ungarn und im Süden Gebiete an Bulgarien abtreten. Innerhalb von zwei Monaten verlor Rumänien ein Drittel seines Territoriums. Carol II büßte dabei so sehr an Vertrauen ein, daß er zugunsten seines Sohnes Mihai zurücktreten mußte. Die Regierung übernahm General Antonescu, der noch 1940 die Verfassung von 1938 wieder außer Kraft setzte. Antonescu übte zwar ein faschistisches Regime aus, hatte aber dennoch bis 1941 erbitterte Machtkämpfe mit der Eisernen Garde zu bestehen. Iuliu Maniu und Constantin Brätianu unterstützten — unter gleichzeitigem Protest gegen Antonescus Diktatur — die Allianz mit dem Großdeutschen Reich bis zur Wiedervereinigung mit Bessarabien und der Bukowina. Später forderten sie den Rückzug Rumäniens aus dem Krieg und unternahmen — zum Teil mit Billigung Antonescus — an verschiedenen Orten Geheimverhandlungen mit den Alliierten über einen Waffenstillstand, die aber zu keinem Ergebnis führten. Nachdem die Rote Armee weite Teile Rumäniens besetzt hatte, wurde General Antonescu am 23. August 1944 von König Mihai und Vertretern der Parteien gestürzt. Mit dem Einmarsch der Roten Armee gewann schlagartig die Kommunistische Partei (KPR) an Bedeutung, die vorher in Rumänien fast ohne Einfluß gewesen war. 1893 war die erste sozialistische Partei gegründet worden, in der sich seit Mitte der 1860er Jahre bestehende „Arbeiterzirkel" zusammenschlossen. Initiatoren und Führer waren Intellektuelle, darunter der auch von internationalen Sozialistenkongressen bekannte Christian Rakovski sowie Constantin Dobrogeanu-Gherea. Die Partei verfolgte zunächst einen gemäßigten Kurs und versuchte die wachsende Industriearbeiterschaft zu organisieren. Während des Ersten Weltkrieges bildete sich unter dem Einfluß der internationalen sozialistischen Bewegung ein starker Trend nach links, aus dem 1921 die Spaltung der rumänischen Sozialisten in Sozialdemokraten und Kommunisten resultierte. Die Sozialdemokratische Partei stützte sich im wesentlichen auf die Gewerkschaften, spielte aber jetzt und in der Zukunft nur eine unbedeutende Rolle. Auch die Kommunistische Partei besaß lange Zeit nur geringen Einfluß. Durch ihre Zusammensetzung (viele Mitglieder waren Angehörige nationaler Minderheiten, in der Mehrzahl jüdische Intellek-

1052

Entwicklung der K P R / W a h l e n von 1946

tuelle) und durch ihre Abhängigkeit von der Sowjetunion, die Anspruch auf Bessarabien erhob, war die KP in Rumänien diskreditiert. Dazu vertrat sie — gemäß den Weisungen der Internationale — die Forderung, die Staatszugehörigkeit der neuen Gebiete müsse nach den Grundsätzen der Selbstbestimmung entschieden werden. In den Augen der meisten Rumänen waren dadurch Kommunismus und Verrat Synonyma. Ihre Hauptwählersdiaft besaß die KPR in Gebieten mit starken nationalen Minderheiten und einer relativ hoch entwickelten Wirtschaft. So umfaßte der Anteil der Wähler der kommunistisch beeinflußten Partei bei den Wahlen von 1928 in Siebenbürgen 45 Prozent der Wählerschaft dieser Partei im ganzen Lande, während der Anteil Siebenbürgens an der Gesamtbevölkerung nur 18 Prozent betrug. Im Banat lautete das Verhältnis entsprechend 21 : 5, im alten Königreich dagegen 12 :49. Die Agitation war für die KPR äußerst schwierig, da sie 1924 als Vergeltung für die russische Bessarabienpolitik verboten wurde. Bei Wahlen beteiligte sie sich dann in der kommunistisch beherrschten „Arbeiterpartei", die teilweise zu einem „Arbeiter- und Bauernblock'' erweitert wurde und 1931 fünf Sitze in der Abgeordnetenkammer errang. Bei der Bildung einer Volksfront in den 1930er Jahren arbeitete die KP audi mit der 1933 in Siebenbürgen von Petru Groza gegründeten „Pflügerfront" zusammen, die radikale Ziele verfolgte, zunächst aber keinen großen Anhang besaß. Bedeutend für die Struktur der Parteiführung der KPR bis 1944 war das „rumänische Büro" der russischen KP, das sich bereits im März 1920 in Moskau konstituierte. Von hier aus wurden häufig Umbesetzungen in den Spitzenpositionen der KPR vorgenommen, wobei Moskau die KPR vornehmlich als Instrument der russischen Politik betrachtete, ohne auf die Interessen der rumänischen Kommunisten Rücksicht zu nehmen. Die Kommunistische Partei wurde von der Propaganda fast aller rumänischen Parteien zwar ständig als große Gefahr bezeichnet; doch zählte sie 1940 nur etwa 1000 Mitglieder und trat nur bei der Organisation von Streiks (1929, 1933) hervor. Versuche der Kommunisten, während des Krieges ihre Stellung unter den politischen Parteien zu verstärken, gelangen nicht im erhofften Umfang. Von der KP ging aber 1943 die Initiative zur Bildung der sogenannten „Antifaschistischen Patriotischen Front" aus, der die KPR, die Pflügerfront, der Ungarische Nationalverband (Madosz) und der „Bund der Patrioten", eine Partei linksstehender Intelligenzkreise angehörten. Die Bewegung wurde zur „Nationaldemokratischen Front" (NDF) umgebildet, als ihr im Mai 1944 die beiden „historischen" Parteien (NLP und NBP) und die Sozialdemokraten beitraten. Die Nationalliberalen und die Nationalzaranisten ver-

Rumänien

1053

ließen die N D F allerdings sehr rasch wieder, da die Kommunistische Partei schnell die treibende Kraft wurde. Auch nach dem Sturz General Antonescus blieben Nationalismus und Antikommunismus der ideologische Rahmen für alle Parteien mit Ausnahme der KPR, der Sozialdemokraten und der linken Bauernorganisationen. Die NBP wurde dabei zu einem Sammelbecken für Antikommunisten, in dem sich auch frühere Faschisten fanden. In geringem Maße traf ähnliches auch für die Nationalliberalen zu. Die ersten drei Regierungen wurden von den Generalen Sanatescu und Radescu gebildet, die — trotz Teilnahme prominenter Kommunisten an ihren Kabinetten — einen bürgerlichen, antisowjetischen Kurs verfolgten und sich von faschistischer Unterstützung nicht distanzierten. Nach starkem russischen Druck mußte König Mihai am 6. März 1945 Dr. Petru Groza von der „Pflügerfront" zum Ministerpräsidenten einer linksgerichteten Regierung ernennen. Zwei Vertreter der „historischen" Parteien, die erst nach Protest von König Mihai und den Westmächten ins Kabinett aufgenommen worden waren, verließen die Regierung schon nach wenigen Monaten, da sie ihr Amt in der Praxis nicht ausüben konnten. Am 14. Juli 1946 wurde eine neue Wahlordnung erlassen, um eine Forderung der Moskauer Außenministerkonferenz vom Dezember 1945 nach freien und ungehinderten Wahlen zu erfüllen. Erstmals waren auch die Frauen bei allgemeiner, gleicher, direkter und geheimer Wahl stimmberechtigt. Die Altersgrenze für aktives und passives Wahlrecht wurde auf 21 bzw. 25 Jahre festgesetzt. Bei Listenwahl nach Proporz entfiel ein Abgeordneter auf 40 000 Wähler. Nach diesen Bestimmungen wurde am 19. November 1946 die Abgeordnetenkammer gewählt, die nach einer Verfassungsänderung die einzige Kammer des Parlaments bildete. Im Wahlkampf wurden die Oppositionsparteien aufs stärkste behindert, mehrere bürgerliche Kandidaten verhaftet. Die Koalitionsparteien der Regierung Groza hatten eine „Einheitsfront des demokratischen Blocks" gebildet. Nach den ersten Auszählungen am Abend des 19. November schien die NBP Manius einen klaren Sieg errungen zu haben. Dann wurden drei Tage lang keine weiteren Ergebnisse veröffentlicht, und erst am 22. November 1946 verlautete das offizielle Endergebnis. Danach hatte die Regierungsliste bei einer Wahlbeteiligung von 88,99 Prozent 78,0 Prozent der abgegebenen Stimmen und 376 von 414 Mandaten gewonnen. Die NBP Manius erhielt 33 Sitze (12,8 % der Stimmen), die N L P drei (3,8 % ) und die Bauernpartei Lupus zwei Sitze (2,3 °/o). Die unabhängigen Sozialdemokraten unter Titel Petrescu, die sich von der Sozialdemokratischen Partei

1054

Wahlgesetz 1948 / Verfassungen 1948, 1952

abgespalten hatten, da sie eine gemeinsame Liste mit den Kommunisten ablehnten, kamen nur auf ein Prozent der Stimmen und erhielten kein Mandat zugesprochen. Die Wahl vom 19. November 1946 stand somit ganz in der Tradition früherer rumänischer Wahlen und bildete in gewisser Weise sogar den Höhepunkt an Manipulationen. Ein Protest der Westmächte gegen die Art der Durchführung der Wahl blieb erfolglos. Die Regierung Groza festigte schrittweise ihre innenpolitische Stellung. Eine bedeutende Maßnahme war dabei die Landreform, die allerdings nicht mehr die Ausmaße der Agrarreform von 1918/21 besaß. Der noch bestehende Großgrundbesitz wurde entschädigungslos enteignet und schied als innenpolitischer Machtfaktor endgültig aus. Eine weitere Stärkung der Regierung bedeutete der am 10. Februar 1947 in Paris zwischen Rumänien und den alliierten und assoziierten Mächten abgeschlossene Friedensvertrag, der Rumänien die 1940 an Ungarn abgetretenen Gebiete des nördlichen Siebenbürgen zurückgab. Dafür verlor Rumänien endgültig Bessarabien und die Nordbukowina an die Sowjetunion und die Süddobrudsdia an Bulgarien. Die Macht im Staate wurde nun eindeutig vom Kabinett Groza ausgeübt. König Mihai, der nach der Verfassung die Spitze der Exekutive bildete, wurde durch ultimative Forderungen der Regierung am 30. Dezember 1947 zur Abdankung gezwungen und mußte auch für seine Nachkommen auf den Thron verzichten. Die Verfassung von 1923 wurde wieder außer Kraft gesetzt und Rumänien zur Volksrepublik erklärt. Vordringliche Aufgabe war nun die Ausarbeitung einer neuen Verfassung. Das Parlament löste sich am 24. Februar 1948 auf, und für den 28. März 1948 wurden Wahlen zu einer Konstituante ausgeschrieben. Auch unter den Parteien waren alle wichtigen Opponenten der Regierung ausgeschaltet. Die Nationale Bauernpartei war im August 1947 verboten worden; die NBP-Parlamentsmitglieder konnten als Unabhängige im Parlament bleiben. Die Sozialdemokraten, die in der ersten Zeit nach 1944 eine große Anhängerschaft besonders unter den Industriearbeitern besaßen, lösten sich selbst auf, nachdem sich am 21. Februar 1948 ihr linker Flügel mit der KPR zur „Arbeiterpartei Rumäniens" (APR) vereinigte. Die Parteien der Kaolitionsregierung wurden Anfang 1948 gleichgeschaltet und bildeten sich zur „Volksdemokratischen Front" (VDF) um. Am 21. Januar 1948 war von der Regierung ein neues Wahlgesetz vorgelegt worden, das für die Wahl zur verfassunggebenden Versammlung Gültigkeit erlangte. Das Alter für aktives Wahlrecht wurde auf 20, für passives auf 23 Jahre herabgesetzt. Auch Staatsbeamte und

Rumänien (Volksrepublik)

1055

Militärpersonen waren jetzt passiv wahlberechtigt. Bei den Wahlen am 28. März 1948, an denen sich die offiziell noch existierende NLP aus Protest gegen die äußeren Begleitumstände nicht beteiligte, gewann die VDF 405 von 414 Sitzen. Nur eine dissidente Gruppe der N L P unter Gheorghe Tatarescu erhielt sieben, die Bauernpartei Dr. Lupus zwei Mandate. Die Regierung besaß nun auch völlige Kontrolle über das Parlament. Die neue Verfassung vom 17. April 1948 lehnte sich in Inhalt und Aufbau an die sowjetische von 1936 an, übernahm aber auch einige Züge aus der jugoslawischen Verfassung von 1946. Nominell höchstes Staatsorgan wurde das Parlament. Es konnte den Ministerrat als oberstes Organ der Staatsverwaltung einsetzen und entlassen und für die Zeit, in der es nicht tagte, seine Vollmachten auf ein von ihm abhängiges „Präsidium" delegieren. Auf lokaler Ebene sollten „Volksräte" die unterste Verwaltungseinheit bilden. Die Wahlperiode der „Großen Nationalversammlung" (Marea Adunare Nationäla"), wie das Parlament jetzt hieß, betrug vier Jahre. Das Mindestalter für das aktive und passive Wahlrecht lag nun bei 18 bzw. 23 Jahren. Die Wahlen waren allgemein (Art. 3), nur „unwürdige Personen" waren von ihnen ausgeschlossen (wer damit gemeint war, wurde nicht näher ausgeführt). Bereits 1946 war folgenden Gruppen das Wahlrecht aberkannt worden: 1. Personen, die in den vorrevolutionären Verwaltungsorganen Rumäniens verantwortliche Stellen bekleidet hatten, 2. führenden Mitgliedern faschistischer Organisationen, 3. Personen, die freiwillig gegen die Mitgliedsstaaten der U N O gekämpft hatten, 4. Personen, die aufgrund des Gesetzes über die Säuberung des Staatsapparates (vom 30. März 1945) entlassen worden waren. Im September 1950 wurden die historischen Verwaltungseinheiten beseitigt und durch neue Einheiten nach sowjetischem Muster ersetzt, was vor allem eine straffere Zentralisierung ermöglichte. Da sich die gesellschaftliche Struktur Rumäniens sehr rasch verändert hatte und die Grundlagen des Sozialismus gelegt waren, wurde bereits am 24. September 1952 eine neue Verfassung verabschiedet, die sich am engsten von allen Verfassungen des Ostblocks an das sowjetische Vorbild anlehnte. Die früheren jugoslawischen Einflüsse entfielen. Rumänien wurde als „Volksdemokratie" bezeichnet, in der die Herrschaft bei den Werktätigen liege, unter Leitung der Arbeiterklasse, die ihrerseits von der Kommunistischen Partei geführt werde. Damit wurde im Gegensatz zu 1948 die Kommunistische Partei (bzw. die APR) in der Verfassung ausdrücklich genannt. Gleichfalls in die Verfassung aufgenommen wurden Freundschaft und Bündnis mit der Sowjetunion. Das Recht auf Selbstauflösung des Parlaments,

1056

Politische Entwicklung / Verfassung von 1965

das die Verfassung von 1948 noch gewährt hatte, entfiel. Die Abgeordneten, die nicht Repräsentanten des ganzen Volkes waren, sondern nur je ihre Wähler vertraten, wurden verpflichtet, diesen ständig Rechenschaft über ihre Tätigkeit abzulegen. Die Wähler erhielten das Recht, ihren jeweiligen Abgeordneten jederzeit abzuberufen. Drei Tage nach Annahme der Verfassung verabschiedete das Parlament ein neues Wahlgesetz, dessen wesentliche Bestimmungen noch heute gültig sind. Anstelle des Proporzsystems nach Listen wurde die absolute Mehrheitswahl in Einerwahlkreisen mit Stichwahl im zweiten Wahlgang eingeführt. Zur Gültigkeit der Wahl ist eine Wahlbeteiligung von mindestens 50 Prozent erforderlich. In der Praxis wird pro Wahlkreis nur ein Kandidat auf einer Einheitsliste aufgestellt. Er wird — entsprechend dem Wahlgesetz — von der Partei und den Massenorganisationen vorgeschlagen. Da die Partei auch diese Vereinigungen beherrscht, hat sie die genaue Kontrolle über die Aufstellung der Kandidaten. 1952 entfiel ein Abgeordneter auf 40 000 Einwohner. Die Altersgrenze für das Wahlrecht blieb bei 18 bzw. 23 Jahren. Nach Artikel 94 der Verfassung, der eine Bestimmung vom 7. September 1950 bekräftigte, wurde das Wahlrecht Personen entzogen, die noch größere Unternehmungen in der Privatwirtschaft besaßen, sowie Personen, die wegen Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen den Frieden oder die Menschlichkeit verurteilt waren. Diese Regelung galt bis zum 27. November 1956. Zwar erhielt die Große Nationalversammlung durch die Verfassung von 1952 unter Betonung der Gewaltenkonzentration (im Gegensatz zur Gewaltenteilung der bürgerlich-westlichen Demokratien) neben der Legislative auch ausdrücklich das Kontrollrecht über sämtliche Organe der Staatsgewalt und der Staatsverwaltung zugesprochen (Art. 14); da das Parlament aber in der Regel nur zweimal im Jahr zu kurzen Sessionen zusammentritt, verlagerte sich die eigentliche gesetzgeberische Tätigkeit immer mehr auf das Präsidium der Großen Nationalversammlung und den Ministerrat. Das in der Verfassungswirklichkeit ausschlaggebende Macht- und Kontrollorgan ist nicht das Parlament, sondern das Politbüro der Arbeiterpartei. Die Partei, die seit 1965 auch offiziell wieder „Kommunistische Partei" heißt, ist nach dem Zweiten Weltkrieg eindeutig zum beherrschenden Faktor in Rumänien geworden. In der ersten Zeit nach 1944 gab es an der Parteispitze harte Führungskämpfe zwischen den Angehörigen des ehemaligen Moskauer Büros und der Gruppe um Gheorghe Gheorghiu-Dej. 1952 wurden die alten Spitzenfunktionäre Vasile Luca, Ana Pauker und Teohari Georgescu aus der Partei entfernt, und Gheorghiu-Dej blieb von nun an unbestrittener Führer der Partei. War in den Jahren nach 1944 eine Erweiterung der Zahl der

Rumänien (Sozialistische Republik)

1057

Parteimitglieder forciert betrieben worden (1945: 200 000, 1947: 710 000), so stagnierte die Zahl nach der Säuberung der Partei von „opportunistischen und unzuverlässigen Elementen" im Jahre 1950, als 192 000 Mitglieder wieder ausgeschlossen wurden. Erst seit Anfang der sechziger Jahre ist ein anhaltendes rasches Wachstum der Partei zu beobachten (1960: 835 000, 1965: 1 450 000). Im März 1968 zählte sie bei rund 20 Millionen Einwohnern knapp 1,8 Millionen Mitglieder; dazu kommen 2,5 Millionen Angehörige der kommmunistischen Jugendverbände und über vier Millionen Mitglieder des Gewerkschaftsbundes (die letzten Zahlenangaben nach dem Stand von 1966). Seit Mitte der sechziger Jahre hat sich die soziale Zusammensetzung der Partei zunehmend zugunsten der „Intellektuellen" und Beamten (1968 :22,6 % ) verschoben, während die Zahl der Arbeiter und Bauern prozentual gesehen im Sinken begriffen ist (42,0 und 28,7 % , andere Berufe 6,7 %). Eine analoge Entwicklung weist auch die Zusammensetzung der Großen Nationalversammlung auf. In der Wahlperiode 1961—1965 gehörten ihr 335 „Arbeiter und Bauern" und 130 „Intellektuelle" an, für die Wahlperiode 1965—1969 lauteten die Zahlen dagegen 272 und 193. Zuletzt waren 67 Abgeordnete (14,4%) Angehörige nationaler Minderheiten, die damit etwa im Verhältnis zu ihrem Bevölkerungsanteil repräsentiert waren. Vor allem aus Gründen wirtschaftlicher Unabhängigkeit löste sich Rumänien seit Beginn der sechziger Jahre aus dem Satellitenverhältnis gegenüber der Sowjetunion und verfolgte eine nationalkommunistische Politik. Nach dem Tode Gheorghiu-Dejs im Jahre 1965 wurde dieser Kurs modifiziert fortgesetzt. Seither wurden wesentliche Bereiche von Partei und Staat einer umfassenden Neugestaltung unterzogen. Bereits im Jahre 1961 war nach dem Beispiel der DDR das Parlamentspräsidium in den „Staatsrat" umgewandelt worden, der neben dem Parlament zum höchsten Staatsorgan erklärt wurde. Nach dem endgültig 1962 verkündeten Sieg der sozialistischen Produktionsverhältnisse in Rumänien und der damit bedingten Veränderung der Klassenstruktur der Volksdemokratie wurde 1965 eine neue Verfassung eingeführt, die die „Volksrepublik" zur „Sozialistischen Republik Rumänien" erklärte. Die Macht gehört nach dem Abbau der Klassengegensätze dem „Volk" (Art. 2) (nicht wie bisher den „Werktätigen"), das nun eine „sozialistische Nation" bildet. Erhalten bleibt die führende Rolle der Arbeiter, doch werden neben den Bauern erstmals audi „die intellektuellen und die anderen Schichten der Werktätigen" genannt (Art. 2), was die bereits angeführte wachsende Bedeutung der „Intellektuellen" unterstreicht. Die 1961 vollzogenen Verfassungsreformen wurden bestätigt, dodi ent67

Sternberger-Vogel, Parlamente 1,2

1058

Reformen nach 1965

fielen die bisherigen Einflüsse der sowjetischen Verfassung weitgehend. Ein Hinweis auf die russische Oktoberrevolution fehlt ebenso wie die früheren Bekenntnisse zur Sowjetunion. Wahlrecht und Wahlsystem blieben unverändert. Eine Bestimmung vom 29. Dezember 1964, die die Zahl der Wahlkreise auf 465 festlegte, wurde beibehalten. Die Einteilung der Wahlkreise, die eine gleiche Einwohnerzahl haben müssen, wird vom Staatsrat vorgenommen. Das Wahlgesetz wurde 1966 neu formuliert. Im wesentlichen wurden jedoch nur einige technische Bestimmungen der Verfassung von 1965 angepaßt. Bedeutender sind dagegen die im Dezember 1967 vollzogenen Umstrukturierungen im Partei- und Regierungsgefüge. An der Spitze besitzt Nicolae Ceausescu nun ebenso viel Macht wie Gheorghiu-Dej in seinen letzten Lebensjahren. Gleichzeitig wurden in Wirtschaft und Verwaltung zahlreiche Befugnisse auf untere Ebenen verlagert. Äußerten sich Selbstbewußtsein und Flexibilität der rumänischen Politik im Anfang der sechziger Jahre vorwiegend nach außen (Ablehnung der sowjetischen Pläne für Rumänien innerhalb des RGW; Neutralität im ideologischen Streit zwischen der Sowjetunion und China usw.), so zeigt sich die Stärke der Partei in den letzten Jahren auch darin, daß sie tiefgreifende Reformen im Innern durchführen kann. Allerdings ist bis jetzt kaum eine Entwicklung zu erkennen, die die Wahlpraxis bei Wahlen zur Großen Nationalversammlung so weit modifizieren würde, daß — wie etwa in Ungarn und Polen sowie in Ansätzen auch bei rumänischen Kommunalwahlen — eine beschränkte Auswahl wenigstens unter mehreren Kandidaten der Einheitspartei möglich wäre. Die am 24. Oktober 1968 vom ZK-Plenum beschlossene „Front der Sozialistischen Einheit" (FSE) kann einen Ausgangspunkt für einen solchen Prozeß bilden. Die FSE, der neben der KPR auch die Gewerkschaften, die einzelnen Berufsverbände und andere Massenorganisationen angehören, soll unter der Führung der Partei als Transmissionsorgan zu den in den einzelnen Organisationen erfaßten „breiten Massen" dienen, eine optimale Koordinierung beim Ausbau der sozialistischen Gesellschaftsordnung gewährleisten und die „sozialistische Nation" noch enger zusammenschließen. Zu diesem Zweck wurden Ende 1968 auch je ein „Rat der Werktätigen magyarischer bzw. deutscher Nationalität" konstituiert, die im Rahmen der FSE fungieren und auch die beiden größten nationalen Minderheitsgruppen noch stärker in den sozialistischen Staat integrieren sollen. Der FSE wird bei der Entwicklung der sozialistischen Demokratie rumänischer Prägung eine hervorragende Bedeutung beigemessen. Dies

1059

Rumänien

manifestiert sich vor allem darin, daß die FSE eine führende Rolle bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahlen erhält. Die Räte der nationalen Minderheiten haben dabei die Möglichkeit, auf eine noch stärkere Vertretung ihrer Volksgruppen besonders in den örtlichen Volksräten hinzuwirken. Die Partei behält sich allerdings audi in Zukunft ausdrücklich die Leitung der Wahlkampagnen vor, die in ihren Augen unverändert große Bedeutung haben. Denn mittels der Wahlen soll die angesichts der außenpolitischen Lage Rumäniens dringend erforderliche Einheit von Partei und Volk noch enger gestaltet werden. Gleichzeitig kann die von vorneherein sichere hohe Zustimmung zu den Einheitslisten die Ubereinstimmung von Partei und Volk dokumentieren (s. Tab. A 7), insbesondere in den Fragen, die von der Partei in den Wahlversammlungen in den Mittelpunkt gerückt wurden (1969 vor allem die Unabhängigkeit Rumäniens und die Sicherung seiner Grenzen). Die Wahlkampagnen sind damit ein wichtiges innen- und indirekt auch außenpolitisches Instrument in der Hand der Partei.

Anhang Wahlstatistik Tabelle A 1: Wählerzahlen für die rumänische Abgeordnetenkammer von 1891 bis 1914, aufgeschlüsselt nadi Wählerklassen WahlJahr

Bevölkerungszahl

5 1891 1892 5 1895 5 5 1899 6 1901 1905 6 1907 6 1911 7 1914 Febr. 7 1914 Mai 7

392 424 635 956 045 480 684 086 771 771

576 517 434 690 352 300 265 796 341 341

10 10 13 15 15 15 16 15 19 20

I

Wahlberechtigt II IIP)

543 529 493 848 823 973 390 298 422 395

26 26 29 31 31 34 35 33 44 47

197 098 985 782 782 742 445 199 593 234

31 31 34 39 41 42 49 52 63 63

840 668 328 735 375 907 614 768 719 214

zus.

68 68 77 87 88 93 101 101 127 130

580 295 806 365 980 622 449 265 734 843

I

8 730 8 366 9 943 12 590 11 249 11 675 12 250 11 990 14 447 15 985

Wahlbeteiligung II III

18 18 18 22 21 22 24 24 30 32

135 195 955 412 045 700 590 558 699 912

20 20 23 28 25 29 34 37 44 43

608 319 243 231 053 711 308 107 767 480

zus.

47 46 52 63 57 64 71 73 89 92

473 880 141 233 347 086 148 655 913 377

I

ungültig II III

zus.

267 414 620 1 555 527 1 147 151 427 672 1 313 549 745 1 209 698 448 1 965 350 1 579 1 323 3 691 463 5 706 789 198 1 1 097 3 230 159 4 1 202 2 313 306 3

301 229 250 607 355 894 477 693 486 821

Anmerkung: *) Die Angaben beziehen sich nur auf die Zahlen der direkten Wähler. (Quelle: Annuaire statistique de la Roumanie 1915/16, Bukarest 1919, S. 10)

Stichwahlen I II I I I zus.

18 16 1 35 9 9 1 19 — 2 3 5 2 5 — 7 — 1 1 2 4 3 1 8 5 5 1 11 7 8 1 16 13 6 — 19 4 6 — 10

1060

Wahl der Parlamente

Tabelle A 2 : Wahlergebnisse zu den Parlamenten von 1907, 1911 und 1914 Wählerklasse

Wahlbe- Wahlbeteiligung rechtigte absolut v. H.

ungültig

gültige Stimmen

für die Regierung absolut v. H.

für d. Opposition absolut v. H.

1907 Senat I Senat II Abg.-Kammer I Abg.-Kammer II Abg.-Kammer III 1 ) Zusammen

11 369 14 548 16 390 35 445 49 614

8 283 10 089 12 250 24 590 34 308

72,86 69,30 74,74 69,38 69,15

920 549 1 323 3 691 463

15 595 20 523 33 495 80 138 46 503

8 657 14 405 20 367 57 209 37 458

55,51 70,19 60,81 71,39 80,55

6 938 6 118 13 128 22 929 9 045

44,49 29,81 39,19 28,61 19,45

127 366

89 520

70,29

6 946

196 254

138 096

70,37

58 158

29,63

1911 Senat I Senat II Abg.-Kammer I Abg.-Kammer II Abg.-Kammer III 1 ) Zusammen

11 160 13 812 15 298 33 199 52 768

8 132 9 891 11 990 24 558 37 107

72,87 71,61 78,38 73,97 70,32

448 345 706 789 198

15 811 22 078 33 700 91 789 51 048

8 209 13 844 19 027 52 574 39 633

51,92 62,70 56,46 57,28 77,64

7 602 8 234 14 673 39 215 11 415

48,08 37,30 43,54 42,72 22,36

126 237

91 678

72,62

2 486

214 426

133 287

62,16

81 139

37,84

52,72 89,61 59,97 73,86 97,09

5 526 1 493 10 271 13 482 1 503

47,28 10,39 40,03 26,14 2,91

97,15 2 )

32 275

Konstituante 1914 Senat I Senat II Abg.-Kammer I Abg.-Kammer II Abg.-Kammer III 1 ) Zusammen

15 292 18 131 20 395 47 231 66 214

11 065 12 020 15 981 32 920 43 480

72,35 66,29 78,35 69,69 65,66

1 248 447 1 202 2 313 306

11 688 14 375 25 661 51 583 51 521

6 162 12 882 15 390 38 101 50 018

167 263

115 466

69,07

5 516

154 828

122 553

Anmerkungen: *) Die Angaben beziehen sich nur auf die Zahlen der direkten Wähler. 2 ) Offensichtlich Redaktionsfehler. Die Zahlen müssen lauten: 79,15 v. H. für die Regierung und 20,85 v. H. für die Opposition. (Quelle: Annuaire Statistique de la Roumanie, Bukarest 1912, S. 12, und Annuaire Statistique de la Roumanie 1915/16, Bukarest 1919, S. 12. Anmerkungen zu Tabelle A 3: *) Gemeinsame Liste der Zaranisten und der Nationaldemokraten (Iorga) im Wahlkreis Dorohoi. 2 ) Jeder Wähler hat so viele Stimmen, wie in dem betreffenden Wahlkreis Mandate vergeben werden. 8 ) Die Zahlen gelten nur für die 87 Wahlkreise, in denen tatsächlich Stimmen abgegeben wurden (in 34 von 121 Wahlkreisen gab es „stille Wahlen"). 4 ) Ausgenommen: Czernowitz-Stadt (Bukowina): relative Mehrheitswahl in Dreierwahlkreis. 5 ) Vgl. Anmerkung 3. (Quelle: nadi Braunias, 1922, s. BiblAng., passim)

2,85*)

Rumänien

1061

S. 46 ff., 41 ff.). Wahlkreise: Jeder Kanton und jeder Halbkanton bildet einen Wahlkreis (Art. 73 BV). Die 200 Sitze des Nationalrates werden unter die Kantone jeder Kanton und Halbkanton Anspruch auf mindestens einen Sitz hat (Art. 72 BV und BG über die Verteilung der Abgeordneten des Nationalrates unter die Kantone v. 8. 3.1963). In Wahlkreisen, die nur einen Abgeordneten zu wählen haben (gegenwärtig: Appenzell-Innerrhoden, Nidwaiden, Obwalden und Uri) findet die Wahl nach relativer Mehrheit statt (NWG Art. 1,3). Eine Neuverteilung der Sitze auf die 25 Wahlkreise erfolgt auf Grund jeder eidgenössischen Volkszählung durch den Bundesrat (BG v. 8. 3.1963). Nach der eidg. Volkszählung von 1960 verteilen sich zur Zeit die Sitze wie folgt (Kantone in der historischen Aufzählung des Art. 1 BV): Zürich Bern Luzern Uri Sdrwyz Obwalden Nidwaiden Glarus

35 33 9 1 3 1 1 2

Zug Fribourg Solothurn Basel-Stadt Basel-Landsdiaft Schaffhausen Appenzell-Inrrh. Appenzell-Arrh.

2 6 7 8 5 2 1 2

St. Gallen Graubünden Aargau Thurgau Tessin Waadt Wallis Neuenburg Genf

13 5 13 6 7 16 7 5 10

Freie Liste: Der Wähler hat soviele Stimmen wie Abgeordnete im Wahlkreis zu wählen sind. Er ist „berechtigt, mittels eines gedruckten Wahlzettels oder durch ganzes oder teilweises Ausfüllen des leeren Wahlzettels mit Namen von Vorgeschlagenen, welche auf irgendeiner der veröffentlichten Listen

1134

Wahl der Parlamente

stehen, sein Wahlrecht auszuüben. Es ist ihm gestattet, an dem gedruckten Wahlzettel Streichungen, Änderungen oder Ergänzungen handschriftlich vorzunehmen . . . , den Namen eines Kandidaten (aber) nicht mehr als zweimal auf einen Wahlzettel zu setzen . . „ A u f mechanischem Wege vervielfältigte Wahlzettel mit Namen von Vorgeschlagenen aus verschiedenen Listen sind ungültig." (NWG 14. 2. 1919 Art. 13). „Das planmäßige Einsammeln, Ausfüllen oder Abändern von Wahlzetteln und das Verteilen so ausgefüllter oder abgeänderter Wahlzettel ist verboten. Widerhandlungen werden mit Buße bis zu 50 000 Franken oder mit Haft bis zu einem Monat bestraft. Beide Strafen können verbunden werden. Die allgemeinen Bestimmungen des Strafgesetzbuches, gemäß StGB (Art. 334) sind anwendbar. Die Widerhandlungen sind der Bundesstrafgerichtsbarkeit unterstellt. Das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement kann die Untersuchung und Beurteilung den kantonalen Behörden übertragen." (NWG Art. 13 bis, eingefügt durch BG v. 22.12.1938, Art. 1.) „Enthält ein Wahlzettel weniger gültige Kandidatenstimmen als Mitglieder des Nationalrates zu wählen sind, so gelten die fehlenden Stimmen als Zusatzstimmen für diejenige Liste, deren Bezeichnung oder Ordnungsnummer auf dem Wahlzettel gedruckt oder geschrieben ist. Fehlt eine solche Bezeichnung, oder enthält der Wahlzettel mehr als eine der eingereichten Listenbezeichnungen, so gelten die fehlenden Stimmen als leer. Enthält ein Wahlzettel mehr Namen als Vertreter zu wählen sind, so werden die letzten Namen gestrichen. Namen, welche auf keiner Liste stehen, fallen außer Betracht; die auf sie gefallenen Stimmen werden jedoch als Zusatzstimmen gezählt, wenn der Wahlzettel eine Listenbezeichnung trägt. Wahlzettel, die eine Listenbezeichnung, jedoch keinen gültigen Kandidatennamen enthalten, sind ungültig. Wahlzettel, die ehrverletzende Bemerkungen enthalten, sind ungültig." (NWG 14. 2. 1919, Art. 14). Zuteilungsverfahren: Die Mandate werden den Parteilisten auf Wahlkreisebene nach der Methode Hagenbach-Bischoff zugeteilt. Die Ermittlung findet folgendermaßen statt (Auszug aus dem NWG = BG v. 14. 2. 1919 in der heute gültigen Fassung): Art. 15: Nach Schluß der Wahlverhandlung wird durch die Kantonsregierung auf Grund der Protokolle der Bureaux festgestellt: 1. Die Zahl der Stimmen, welche die einzelnen Kandidaten jeder Liste erhalten haben (Kandidatenstimmen); 2. Die Zahl der Stimmen nach Art. 14, Abs. 1 und 3, welche jede Liste erhalten hat (Zusatzstimmen); 3. Die Summen der Kandidaten- und Zusatzstimmen, welche den einzelnen Listen zugefallen sind (Parteistimmenzahl); 4. für die verbundenen Listen die Gesamtzahl der auf die Listengruppe vereinigten Stimmen. Art. 16: Hierauf werden die zu wählenden Mitglieder des Nationalrates auf die einzelnen Listen im Verhältnis ihrer Parteistimmenzahl (Art. 15, Ziff. 3)

Schweiz

1135

so verteilt, daß auf die gleiche Verteilungszahl bei allen Listen je ein Vertreter kommt. Dabei wird nadi Maßgabe der Art. 17 bis 20 verfahren. Art. 17: Die Gesamtzahl der gültigen Stimmen (Parteistimmenzahlen) wird durch die um eins vermehrte Zahl der zu wählenden Mitglieder des Nationalrates geteilt. Die nächsthöhere ganze Zahl, welche auf den so erhaltenen Quotienten folgt, ist die vorläufige Verteilungszahl. Jede Liste erhält soviel Mal ein Mitglied des Nationalrates zugeteilt, als die vorläufige Verteilungszahl in ihrer Stimmenzahl enthalten ist. Wenn durdi die Verteilung nicht so viele Mitglieder des Nationalrates herauskommen, als zu wählen sind, so wird die Stimmenzahl jeder Liste durch die um eins vermehrte Zahl der ihr schon zugewiesenen Mitglieder geteilt und der erste noch zu vergebende Sitz der Liste gegeben, welche hierbei den größten Quotienten aufweist. Das gleiche Verfahren wird wiederholt, solange noch weitere freigebliebene Sitze zu vergeben sind. Art. 18: Ergibt im Falle des Art. 17, Abs. 3 und 4, die Teilung zwei oder mehr gleiche Quotienten, so erhält je diejenige Liste den Vorzug, welche bei der Teilung mit der vorläufigen Verteilungszahl den größeren Rest aufwies. Sind auch die Parteistimmenzahlen dieser Listen gleich, so erhält diejenige Liste den Vorzug, bei welcher der in Betracht kommende Kandidat die größere Stimmenzahl aufweist. Sind auch die Kandidatenstimmenzahlen gleich, so entscheidet das Los. Art. 19: Von jeder Liste sind entsprechend der vorgenommenen Verteilung die Kandidaten gewählt, welche die meisten Stimmen erhalten haben. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Reihenfolge der Kandidaten auf der Liste. Ist jedoch die Stimmenzahl eines Kandidaten geringer als die Hälfte der durchschnittlichen Stimmenzahl der Kandidaten der betreffenden Liste, wobei bei kumulierten Kandidaten nur die einfache Stimmenzahl gilt, so ist er nicht gewählt. In diesem Falle finden Ergänzungswahlen nach den für die Hauptwahlen geltenden Vorschriften statt. Art. 20: Werden einer oder mehreren Listen mehr Sitze zugeteilt als sie Namen enthalten, so sind vorerst alle ihre Kandidaten gewählt. Für die überzähligen Sitze findet eine Ergänzungswahl nach Art. 25 statt. Art. 21: Jede Gruppe miteinander verbundener Listen wird im Vollzug der Art. 17, 18 und 20 zunächst als eine einzige Liste behandelt. Die Gesamtzahl der auf sie entfallenden Sitze wird sodann auf die Einzellisten der Gruppe unter entsprechender Anwendung der Art. 17 bis 20 verteilt. Art. 22: Ist nur eine Liste vorhanden oder überschreitet die Gesamtzahl der Kandidaten aller Listen nidit die Zahl der zu wählenden Vertreter, so werden alle Kandidaten ohne Wahlverhandlung von der Kantonsregierung als gewählt erklärt. Ist die Gesamtzahl der Kandidaten aller Listen geringer als die Zahl der zu wählenden Vertreter, so erklärt die Kantonsregierung zunächst alle Kandidaten als gewählt. Für die unbesetzt gebliebenen Sitze finden Ergänzungswahlen nadi den für die Hauptwahlen geltenden Vorschriften statt.

1136

Wahl der Parlamente

Sind keine Listen vorhanden, so können die Wähler für beliebige wählbare Personen stimmen, und es sind diejenigen gewählt, welche am meisten Stimmen erhalten haben. Bei gleicher Stimmenzahl entscheidet das Los. Art. 24 (Ersatzmänner): Gemäß BG v. 22. 6.1939, Art. 1: Die Wiederbesetzung von Stellen im Nationalrat im Falle der Erledigung während der Amtsdauer erfolgt in der Weise, daß die Kantonsregierung von der Liste, auf welcher das ausscheidende Mitglied gewählt worden ist, denjenigen der nicht gewählten Kandidaten als gewählt erklärt, welcher am meisten Stimmen erhalten hat. Bei gleicher Stimmenzahl entscheidet die Reihenfolge der Kandidaten auf der Liste. Bei Tod oder Wahlunfähigkeit eines Ersatzmannes rückt der Nachfolgende an seine Stelle. Art. 25: (Ergänzungswahl): Ist auf der betreffenden Liste oder bei verbundenen Listen auf der betreffenden Einzelliste kein wählbarer Ersatzmann vorhanden, so findet eine Ergänzungswahl statt. Für die Ergänzungswahlen haben zunächst nur die Unterzeichner derjenigen Liste, zu welcher die ausgeschiedenen Mitglieder des Nationalrates gehörten, das Recht auf Einreichung eines Vorschlages. Sie sind ermächtigt, Mitunterzeichner der ursprünglichen Liste, deren Unterschrift nidit erhältlich ist, durch Zuzug anderer Stimmberechtigter zu ersetzen. Machen die Unterzeichner der ursprünglichen Liste von dem Vorschlagsrecht keinen Gebrauch oder können sie sich nicht auf einen Vorschlag einigen, so finden die Ergänzungswahlen nach den für die Hauptwahlen geltenden Vorschriften statt, wobei jedoch auf die Ersatzwahl für einen einzigen freigewordenen Sitz Art. 1, Abs. 3, Anwendung findet. Art. 22 gilt auch für die Ergänzungswahlen. Wahlbewerbung: Anmeldung der Vorschläge: Spätestens 34 Tage (am fünfletzten Montag) vor dem Wahltag bei der Kantonsregierung; die Kantonsregierungen geben dem Bundesrat von den Wahlvorschlägen unverzüglich Kenntnis (NWG Art. 3 in der Fassung gemäß BG v. 30. 8. 1946). Erfordernisse an die Wahlvorschläge: 1. Bewerberliste, höchstens soviele Bewerber als Vertreter zu wählen sind, kein Name darf mehr als zweimal auf dem Wahlvorschlag enthalten sein (NWG Art. 4). 2. Jeder Wahlvorschlag muß von mindestens 15 im Wahlkreis Stimmberechtigten unterzeichnet sein (NWG Art. 5). 3. Ein Stimmberechtigter darf nicht mehr als einen Wahlvorschlag unterzeichnen (NWG Art. 5). 4. Jeder Wahlvorschlag muß zu seiner Unterscheidung von anderen Wahlvorschlägen eine Bezeichnung tragen (NWG Art. 5). 5. Die Unterzeichner des Wahlvorschlages haben für den Verkehr mit den Behörden einen Vertreter und einen Stellvertreter zu bezeichnen (NWG Art. 5). Eine Annahmeerklärung der Bewerber ist nicht erforderlich. Wenn ein Vorgeschlagener jedoch bis spätestens am 30. Tage (fünfletzten Freitag) vor dem Wahltag der Kantonsregierung schriftlich erklärt, daß er eine Wahl ablehne, so wird er von Amts wegen auf dem Wahlvorschlag gestrichen (NWG Art. 8, Fassung gemäß BG v. 30. 8.1946). Überprüfung der Wahlvorschläge: Die Kantonsregierung oder die von ihr

Schweiz

1137

bezeichnete Amtsstelle prüft die Wahlvorschläge auf formale Aspekte hin (NWG Art. 9). Verbindung von Wahlvorschlägen: Verbundene Listen sind bis spätestens am 27. Tag vor dem Wahltag durch die übereinstimmende Erklärung der Unterzeichner oder ihrer Bevollmächtigten-Vertreter bei der Kantonsregierung anzumelden (NWG Art. 7, Fassung BG v. 30. 8. 1946). Bekanntmachung der bereinigten Wahlvorschläge (Listen): Nach dem 27. Tag vor der Wahl dürfen an den Wahlvorschlägen keine Änderungen mehr vorgenommen werden (NWG Art. 9, Abs. 4, Fassung gemäß BG v. 30. 8.1946). Die bereinigten Wahlvorschläge heißen Listen. Die Kantonsregierung macht die Listen, die nach der Reihenfolge ihres Eingangs mit Ordnungsnummern versehen sind, öffentlich bekannt (im Kantonalen Amtsblatt und in der Tagespresse). Bei verbundenen Listen wird die Listenverbindung mitgeteilt (NWG Art. 10). Bei Vorverfahrensstreitigkeiten: (unzureichende Prüfung der Wahlvorschläge durch das kantonale Wahlbureau: nicht fristgerechte Einreichung des Vorschlags, mehrfache Kandidatur, fehlende Wählbarkeit u. a.) sind die Kantonsregierungen „unter Vorbehalt der Befugnisse des Nationalrates" zuständig (NWG Art. 12). Die rechtliche Ausgestaltung des Verfahrens ist Sache der kantonalen Gesetzgebung (NWG Art. 12). Wahlorganisation: Wahlbehörden: Für den Wahlkreis: Kantonales Wahlbureau (oder Kantonsregierung) (NWG Art. 6 ff. und W Art. 1) durch die Kantonsregierung bezeichnet. Die Parteien sind in diesem Bureau in angemessener Weise vertreten. Für die Stimmstelle: Gemeindewahlbureau. Die Organisation und Instruktion der Gemeindewahlbureaux obliegt den Kantonsregierungen ( W Art. 4), d. h., daß hierfür die kantonalen Gesetze betr. Abstimmungen und Wahlen angewendet werden. Beispiel: Im Kanton Bern wählen die Einwohnergemeinderäte die Gemeindewahlbureaux (Gesetz über die Volksabstimmungen und Wahlen v. 30.1. 1921 Art. 7 und Dekret über das Verfahren bei Volksabstimmungen und Wahlen v. 10. 5. 1921 Art. 6). Das Gemeindewahlbureau setzt sich aus fünf Mitgliedern zusammen, wobei auf die Parteiverhältnisse angemessene Rücksicht zu nehmen ist; bei Streitfällen über die angemessene Berücksichtigung der Parteien entscheidet der Regierungsstatthalter; in größeren Einwohnergemeinden, die in mehrere Abstimmungskreise geteilt sind, muß der Gemeinderat für jeden Abstimmungskreis ein Wahlbureau wählen (Gesetz über die Volksabstimmungen und Wahlen v. 30.1.1921 Art. 7; Dekret über das Verfahren bei Volksabstimmungen und Wahlen v. 10. 5.1921 Art. 6; Verordnung über die Obliegenheiten der Gemeinderäte und der Stimmausschüsse bei Volksabstimmungen und Wahlen v. 30.12.1921 Art. 1—3). Für die Bereitstellung der Abstimmungsräume und für die nötigen Einrichtungen zur Wahrung des Stimmgeheimnisses sorgt der Gemeinderat (Ergänzung zum Dekret über das Verfahren bei Volksabstimmungen und Wahlen vom 10. 5.1921, beschlossen am 26.11.1956, Art. 5). 72

Sternberger-Vogel,

Parlamente 1,2

1138

Wahl der Parlamente

Wählerverzeichnisse: („Stimmregister" oder „Stimmrötel") werden in den Gemeinden geführt und unterliegen in ihren Modalitäten der kantonalen Gesetzgebung. Aufzunehmende Personen: Die in der Gemeinde als Ortsbürger, Niedergelassene oder Aufenthalter wohnhaften Personen (WAG Art. 3). Auflegung der Wählerverzeichnisse: Die Stimmregister sollen mindestens 14 Tage vor der Wahl öffentlich aufgelegt und nicht früher als drei Tage vor der Abstimmung geschlossen werden (WAG Art. 6). Stimmregisterstreitigkeiten: (Weigerung, einen angeblidi stimmberechtigten Bürger in das Wählerverzeichnis aufzunehmen oder Weigerung, einen angeblich nicht oder nicht mehr stimmberechtigten Bürger im Wählerverzeichnis zu streichen): In erster Linie sind die kantonalen Behörden zuständig. Der Bundesrat entscheidet als letzte Instanz bei Streitigkeiten formell-rechtlicher Natur (ζ. B. Vorenthaltung von Wahlausweisen); dagegen ist als letzte Instanz bei Streitigkeiten über die materielle Stimmberechtigung das Bundesgericht zuständig. Die Besch wer deschrift mit Antrag und Begründung ist dem Bundesgericht, binnen 30 Tagen von der Veröffentlichung oder Mitteilung des anzufechtenden Entscheides an gerechnet, einzureichen (BV Art. 113, Abs. 1 Ziff. 3; WAG Art. 7; OG Art. 15, 17, 29—35, 37—39, 85 lit. a, 86 Ziff. 1, 89—96). Streitigkeiten, die das Wahlvorbereitungsverfahren betreffen: (Unterlassung der Bestellung von Wahlausschüssen, der öffentlichen Auflegung des Stimmregisters oder der fristgerechten Versendung der Wahlausweiskarte usf.): hierfür sind in erster und letzter Instanz die kantonalen Behörden zuständig, soweit nicht Bundesrecht verletzt wird. Bei Streitigkeiten, die sich auf Verletzung von Bundesrecht beziehen (ζ. B. Veröffentlichung der Wahlprotokolle), entscheidet der Bundesrat als letzte Instanz. Die Beschwerdeschrift ist, analog der staatsrechtlichen Beschwerde an das Bundesgericht, binnen 30 Tagen dem Bundesrat zuzuleiten (BV Art. 102 Ziff. 2; WAG Art. 7; OG Art. 125—134). Wahldelikte werden strafrechtlich verfolgt: a) Bei der W a h l v o r b e r e i t u n g sind strafbar: Verfälschung oder Beseitigung eines Stimmregisters, Anmaßung des Aktivbürgerrechtes, aktive und passive Wahlbestechung, planmäßiges Einsammeln, Ausfüllen oder Verändern von Wahlzetteln und deren Verteilung. b) bei der S t i m m a b g a b e sind strafbar: Hinderung oder Störung der Wahl durch Gewalt oder Androhung ernstlicher Nachteile, Eingriffe in das individuelle Wahlrecht (Verhinderung oder Nötigung zur Ausübung des Wahlrechts), unbefugte Beteiligung an der Wahl, Verletzung des Wahlgeheimnisses. c) Bei der W a h l e r m i t t l u n g sind strafbar: Gewaltanwendung oder Drohung gegen die Wahlbehörde, um sie zur Wahlfälschung zu verleiten, aktive Bestechung der Wahlbehörde, unbefugtes Aufbrechen der Urnen, Anmaßung von Amtsbefugnissen, Verfälschung oder Vernichtung eines Stimmregisters, Fälschung des Wahlergebnisses und passive Bestechung auf seiten der Wahlbehörden, Verletzung des Wahlgeheimnisses.

Schweiz

1139

Die Strafverfolgung wird von Amts wegen eingeleitet. Alle Delikte, die mit der Nationalratswahl in Zusammenhang stehen, unterstehen der Bundesgerichtsbarkeit (NWG Art. 13 bis; StGB Art. 279—288, 290, 312, 314—316, 320, 333 Abs. 2, 334, 340, 341 lit. d, 342; BV Art. 112 Abs. 3; OG Art. 12; BStP Art. 18 und Art. 100 ff.). 'Wahltermin: Die Wahlen für die ordentliche Gesamterneuerung des Nationalrates finden am letzten Sonntag im Oktober jeden vierten Jahres statt (NWG Art. 2; BV Art. 76). Die Kantone sind ermächtigt, die vorzeitige Stimmabgabe an einem oder mehreren der vier dem Abstimmungssonntag vorausgehenden Tage für das ganze Kantonsgebiet oder für einzelne Gemeinden anzuordnen (BG v. 25. 6.1965 Art. 1, Abs. 1). Für Gemeinden mit über 800 Stimmberechtigten muß die Stimmabgabe an mindestens zwei der Vortage des Abstimmungssonntags angeordnet werden; ebenso für Gemeinden, wenn mindestens 30 Stimmberechtigte diese Erleichterung spätestens drei Wochen vor dem Abstimmungssonntag verlangen (BG v. 25. 6. 1965 Art. 1, Abs. 3). (Nach dem BG v. 30. 3. 1900 waren die Kantone ermächtigt, die Stimmabgabe am Vorabend des Wahlsonntages zuzulassen; die Stimmabgabe konnte auf Grund des Kreisschreibens des Bundesrates v. 3. 4.1925 dann auf den ganzen Vortag ausgedehnt werden. Das BG v. 30. 6.1960 gestattete die Stimmabgabe bereits am Freitagabend, so daß 1963 der Nationalrat zum ersten Mal an zwei dem Abstimmungssonntag vorausgehenden Tage gewählt wurde. Das BG v. 25. 6. 1965 „Über die Einführung von Erleichterungen der Stimmabgabe an eidg. Wahlen und Abstimmungen" setzte den Abstimmungstermin in obigem Sinne fest und wurde bei den Nationalratswahlen 1967 zum ersten Mal angewendet.) Wahlzeiten: Die Festsetzung der Wahlzeiten ist Sache der Gemeinden. Bei den Öffnungszeiten der Wahllokale wird den verschiedenen geographischen Gegebenheiten Rechnung getragen. In der Stadt Zug waren die Öffnungszeiten für die Nationalratswahlen 1967 wie folgt angesetzt: Freitag, 27.10. 1967, von 17—19 Uhr, Samstag, 28. 10. 1967, von 11—13 Uhr, Sonntag, 29.10.1967, von 10—14 Uhr. In der Stadt Zürich konnten die Stimmberechtigten bei den Nationalratswahlen ihre Stimmen in den Kreis- und Quartierbüros am 26. 10.1967 von 7—11.30 und 13.30—17.45, am 27. 10. 1967 von 7—11,30 und 13.30 bis 19 Uhr, am 28.10.1967 von 7—12.30 Uhr abgeben, oder aber in den Bahnhöfen wählen, und zwar am 28. 10.1967 von 6—8 und 12—15 Uhr, und am Sonntag, dem 29. 10. 1967, von 4.30—10 Uhr. Stimmzettel: Die Kantonsregierungen senden den Stimmberechtigten bis spätestens Freitag vor dem Wahltag gedruckte Stimmzettel zu, die je eine amtlich veröffentlichte oder sämtliche Listen enthalten; ferner haben die Kantonsregierungen den Stimmberechtigten einen leeren Stimmzettel zu übersenden oder im Wahllokal zur Verfügung zu stellen (NWG Art. 11). Stimmabgabe: Die Stimmabgabe ist geheim; Stimmabgabe durch Stellvertre tung ist untersagt (WAG Art. 8). Briefwahl: Zur Ausübung des Wahlrechts auf dem Korrespondenzweg sind berechtigt: Kranke und Gebrechliche, Stimmberechtigte, die sich auf Grund

1140

Wahl der Parlamente

ihrer beruflichen Tätigkeit außerhalb ihres Wohnsitzes aufhalten, sowie Wahlberechtigte, die aus Gründen „höherer Gewalt" verhindert sind, ihre Stimme persönlich im Wahllokal abzugeben (BG v. 2 5 . 6 . 1 9 6 5 Art. 5 Abs. 1). Die Soldaten geben ihre Stimme ebenfalls auf dem Korrespondenzweg ab; der Bundesrat erläßt hierfür einheitliche Bestimmungen (BG 25. 6. 1965 Art. 4). Die Briefwahl kann von Stimmberechtigten nur ausgeübt werden, wenn sie ihren Wohnsitz in der Schweiz haben und sich in der Schweiz aufhalten (BG 25. 6.1965 Art. 4 Abs. 2). Wer sein Wahlrecht auf dem Korrespondenzweg ausüben will, muß das „Stimmaterial für die betreffende Wahl . . . bei der zuständigen Behörde schriftlich unter Angabe der Gründe rechtzeitig anfordern" (BG v. 25. 6. 1965 Art. 6). Die Kantone regeln das Verfahren der Stimmabgabe. Den Wahlberechtigten steht gegen „letztinstanzliche Entscheide kantonaler Behörden betreffend Verweigerung der Möglichkeit der Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege das Besdiwerderecht an den Bundesrat zu" (BG v. 25. 6. 1965 Art. 7 Abs. 1 und 2). Die Kantone erlassen zur Gewährleistung des Stimmgeheimnisses bei der Briefwahl und zur Verhinderung des Mißbrauchs einer doppelten Stimmabgabe (d. h. Briefwahl und Urnengang) die entsprechenden Vorschriften (BG v. 25. 6.1965 Art. 7 Abs. 3). Die Kantone bestimmen ferner, ob der Wahlberechtigte, der seine Stimme infolge Krankheit oder Gebrechlichkeit mittels Briefwahl abgeben will, ein ärztliches Attest vorlegen muß (BG v. 25. 6. 1965 Art. 7 Abs. 4). Stimmenauszählung: Die Stimmen werden im Wahllokal ausgezählt. Die Ermittlung der Gesamtzahl der Kandidaten- und Zusatzstimmen (die Summe ergibt die Parteistimmenzahl) aller Listen erfolgt im Wahlprotokoll, für dessen Richtigkeit der Vorstand des Gemeindewahlbureaus verantwortlich zeichnet (VV Art. 5—13 und VV-Anhang Formular 4). Die Wahlprotokolle der Gemeindewahlbureaux werden zusammen mit den Wahlzetteln nach beendigter Auszählung dem kantonalen Wahlbureau zugestellt ( W Art. 14). Das kantonale Wahlbureau ermittelt auf Grund der Protokolle der Gemeindewahlbureaux die Ergebnisse des Wahlkreises und bestimmt die Verteilung der Sitze bis spätestens an dem dem Wahlsonntag folgenden Samstag ( W Art. 15 und 16). Das kantonale Wahlbureau fertigt ebenfalls über die Wahlergebnisse ein Protokoll an, das u. a. die Namen der gewählten und nichtgewählten Kandidaten „jeder Parteiliste in der Reihenfolge der erhaltenen Stimmen aufzuführen" hat ( W Art. 19). Die Kantonsregierungen haben sofort den Inhalt des Wahlprotokolls im kantonalen Amtsblatt zu veröffentlichen und den Gewählten eine schriftliche Anzeige zu machen, sowie dem Bundesrat vorläufig die Namen der Gewählten zur Kenntnis zu bringen (VV Art. 20). Nach Abschluß der Einsprachefrist senden die Kantonsregierungen das Protokoll der kantonalen Wahlbureaux samt den eventuellen Beschwerden und Gutachten über dieselben an den Bundesrat (VV Art. 21 Abs. 1). Der Bundesrat stellt dann in einem an den neugewählten Nationalrat gehenden Bericht die Wahlergebnisse zusammen. Die Kantonsregierung sendet außerdem die Formulare sämtlicher Gemeindewahlbureaux zur statistischen

Schweiz

1141

Bearbeitung an das Eidg. Stat. Amt (Bern); nach beendeter Arbeit werden die Formulare an die Kantonsregierungen wieder zurückgeschickt (VV Art. 21 Abs. 2). Auszählungskontrolle: Die Kontrolle wird in dem Gemeindewahlbureau vorgenommen. Die Richtigkeit der Auszählung bezeugen die Mitglieder des Gemeindewahlbureau (Stimmenzähler) (VV-Anhang Formular 3 = Zählbogen). Der Vorstand des Gemeindewahlbureau zeichnet bei der Zusammenstellung des Ergebnisses im Gemeindewahlprotokoll verantwortlich (VVAnhang Formular 4). Das kantonale Wahlbureau ist verpflichtet, bei Verdacht der Unkorrektheit des Gemeindeergebnisses, eine Nachzählung von sich aus vorzunehmen oder eine solche durch das Gemeindewahlbureau vornehmen zu lassen ( W Art. 17). Wahlanfecbtung: Bei Streitigkeiten, die das Ermittlungsverfahren betreffen (Anzweiflung der formellen Richtigkeit des Wahlergebnisses: Rechenfehler usw.) entscheidet grundsätzlich der Nationalrat. Die Beschwerdeschrift ist binnen sechs Tagen von der Veröffentlichung des kantonalen Wahlprotokolls im kantonalen Amtsblatt an geredinet, bei der Kantonsregierung zuhanden der Bundesbehörden einzureichen (WAG Art. 9—11; VV Art. 19—21). Wahlkassation (oder Ungültigkeitserklärung einer Wahl): Das allgemeine Wahl- und Abstimmungsrecht, durch das die Annulierung eines Wahlgangs verlangt werden kann, ist im WAG Art. 10 statuiert. Im Wahlkassationsverfahren kann die Ungültigkeitserklärung einer Wahl angestrebt werden. Nicht nur ein formell, sondern ein materiell unrichtiges Wahlergebnis wird angefochten, das durch widerrechtliches Eingreifen in die Wahlverhandlung (Wahldelikte oder rechtswidrige Entscheidungen der Wahlbehörden) zustandegekommen ist. Eine kassierte Wahl muß grundsätzlich wiederholt werden. a) Vor Abschluß der Wahlverhandlung ist die Anfechtungsbeschwerde innerhalb von drei Tagen der Kantonsregierung zuzuleiten, die eine Wahlkassation bei grober Verletzung der Wahlordnung durch Wähler, Bewerber oder Wahlbehörden anordnen kann. Es ist aber auch möglich, deren Entscheid nach Abschluß der Wahl vermittels Kassationsbeschwerde beim Nationalrat anzufechten. b) Nach Abschluß der Wahl ist das Kassationsbegehren innerhalb von sechs Tagen der Kantonsregierung zuzustellen, die dieses an den Bundesrat zuhanden des Nationalrates zu überweisen hat. Über Kassationsbeschwerden entscheidet der neugewählte Nationalrat in seiner konstituierenden Sitzung, in der die Gültigkeit der Wahl überprüft wird (WAG Art. 29 und 30). Ein vom „Provisorischen Bureau" des Nationalrates gewählter Ausschuß prüft die Wahl und erstattet dem Nationalrat Bericht, der daraufhin über die Gültigkeit der Wahl entscheidet. Alle Abgeordnete, selbst wenn ihre Wahl angefochten sein sollte, sind hierbei stimmberechtigt. Werden aber Wahleinsprachen, bei denen sie selbst beteiligt sind, behandelt, so haben sie in den Ausstand zu treten. Ist ihre Wahl für ungültig erklärt worden, so haben sie sich jeder weiteren Teilnahme an den Verhandlungen

1142

Wahl der Parlamente

zu enthalten. Sind die Wahlen von mindestens der absoluten Mehrheit der Abgeordneten validiert, so gilt die Konstituierung des Nationalrates als erfolgt (WAG Art. 10, 11, 29 und 30; VV Art. 20 und 21; Geschäftsreglement des N R Art. 2—4). Wahlprüfung: Der Bundesrat übermittelt die Wahlprotokolle der kantonalen Regierungen in einem Bericht dem Alterspräsidenten des Nationalrates. Das von dem Alterspräsidenten gebildete „Provisorische Bureau" bestellt vor Beginn der Session des Nationalrates eine provisorische Wahlprüfungskommission, die die Wahlergebnisse und die Einsprüche prüft und dann dem Nationalrat Bericht erstattet. Dieser entscheidet mit absoluter Mehrheit über die Gültigkeit der Wahl (Geschäftsreglement des N R Art. 2—4). Wahlrecht zum Ständerat: Mitgliederzahl: 44 Abgeordnete. Jeder Kanton wählt zwei Abgeordnete, die Halbkantone dagegen jeweils nur einen (Art. 80 BV). Wahlperiode: Durch die kantonale Gesetzgebung geregelt. In den meisten Kantonen werden heute die Ständeräte für die gleiche Amtsdauer wie die Abgeordneten in den Nationalrat gewählt. 1 Jahr in den Kantonen: Glarus und Freiburg; 3 Jahre in den Kantonen: Obwalden und Graubünden; 4 Jahre in den übrigen Kantonen; in folgenden Kantonen finden die Ständeratswahlen gleichzeitig mit den Wahlen zum Nationalrat statt: Aargau, Appenzell-Außerrhoden, Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Genf, Luzern, Sdiaffhausen, Schwyz, Solothurn, St. Gallen, Thurgau, Uri, Waadt, Wallis und Zürich. Im Kanton Zug erfolgt die Wahl jeweils ein Jahr vor der Erneuerung des Nationalrates, während die Ständeräte im Tessin am ersten Sonntag im Dezember nach den eidgenössischen Wahlen bestellt werden. Wahl des Ständerates: Ursprünglidi fiel die Ständeratswahl in den Bereich der kantonalen „Großen Räte". Dodi nach und nach ging ein Kanton nach dem anderen zur Volkswahl über. Der Ständerat wird heute gewählt: 1. Durch das Volk: a) Mittels unmittelbarer Wahl in den Kantonen: Aargau, Appenzell-Außerrhoden, Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Genf, Graubünden, Luzern, Schaffhausen, Schwyz, Solothurn, St. Gallen, Tessin, Thurgau, Uri, Waadt, Wallis, Zürich und Zug; b) An der Landsgemeinde: Appenzell-Innerrhoden, Glarus, Nidwaiden und Obwalden. 2. Durch den „Großen Rat" in den Kantonen: Bern, Freiburg und Neuenburg. Stimmberechtigung: Haben bei den Volkswahlen alle schweizerischen Aktivbürger, die in kantonalen Angelegenheiten das Stimmrecht besitzen, so in den Kantonen Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Genf und Waadt auch die Frauen. Wählbarkeit: Durch die kantonale Gesetzgebung geregelt. Der geistliche Stand ist nicht überall Ausschließungsgrund. Inkompatibilitäten: 1. Für Mitglieder des Nationalrates (Art. 81 BV); 2. Für Mitglieder des Bundesrates (Art. 81 BV); 3. Für Mitglieder des Bundes-

Schweiz

1143

gerichtes (Art. 108 BV); 4. Für Mitglieder des eidgenössischen Versicherungsgerichtes (Bundesbeschluß über die Organisation des eidg. Versicherungsgerichtes v. 28. 3.1917, Art. 3); 5. Zwischen dem Mandat und dem Besitz bzw. der Annahme von Orden, Pensionen, Geschenken usw. seitens auswärtiger Regierungen (Art. 12 BV); 6. Begrenzung der Anzahl von Mitgliedern der Kantonsregierungen in der Bundesversammlung (ausgenommen Appenzell-Innerrhoden, Basel-Stadt, Bern, Genf, Glarus, Neuenburg, Nidwaiden, Obwalden, Schwyz, St. Gallen, Tessin und Uri). Wahlsystem: Die kantonale Gesetzgebung regelt das System der Mehrheitswahl. Bei Volkswahl ist in der Regel f ü r den ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erforderlich, während im zweiten Wahlgang das relative Mehr entscheidet. Vorzeitige Auflösung: Besteht nicht, ausgenommen nach Art. 120 BV (vgl. dazu: WR zum N R — vorzeitige Auflösung).

Bibliographie 1. Quellen: a) Verfassungsgesetzgebung: Verfassung der helvetischen Republik vom 12. 4. 1798; Mediationsverfassung vom 19. 2.1803; Bundesvertrag vom 7. 8.1815; Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 12.9.1848; Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 29. 5.1874. b) Wahlgesetzgebung: Verfassung der helvetischen Republik vom 12. 4. 1798, Titre I I I et IV; Mediationsverfassung vom 19. 2. 1803; Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 12. 9. 1848, Art. 61—66, 69 und 70; BG betr. die Wahl der Mitglieder des N R vom 21.12.1850; Naditraggesetz betr. die Wahlen in den N R vom 23. 7.1863; BG betr. die eidg. Wahlen u. Abstimmungen vom 19.7. 1872 (WAG); Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 29. 5.1874, Art. 72—76 und 80; BG betr. Erleichterung der Ausübung des Stimmrechtes vom 20. 12.1888; BG betr. Erleichterung der Ausübung des Stimmrechtes und Vereinfachung des Wahlverfahrens vom 30. 3. 1900; BG betr. die Wahl des N R vom 14. 2.1919 (NWG); Vollziehungsverordnung zum BG betr. die Wahl des N R vom 8. 7.1919 (W); Bundesratsbeschluß über die Abänderung der W zum BG betr. die Wahl des N R vom 27. 8. 1935 (Art. 8, 11, 12 und 21 betr. die gemeindeweise Ermittlung des Wahlergebnisses und die Übermittlung des kantonalen Wahlprotokolls an die Bundesbehörden); BG über die Einfügung eines Artikels 13 bis in das BG betr. die Wahl des N R vom 22.12.1938 (Verwendung der Stimmzettel); BG über die Abänderung des BG betr. die Wahl des N R vom 22. 6.1939 (Verbot der mehrfachen Kandidatur, Aufhebung der Art. 3, 6 und 24 des BG vom 14.2.1919); Bundesratsbeschluß betr. die Beteiligung der Wehrmänner an eidg., kantonalen und kommunalen Wahlen und Abstimmungen vom 10. 12. 1945; BG betr. Abänderung der durch das Gesetz über die Wahl des N R vorgesehenen Fristen vom 30. 8.1946 (Änderung der

1144

Wahl der Parlamente

Art. 3 Abs. 1, 6, 7, 8 und 9 Abs. 4 der BG vom 14. 2.1919 und vom 22.6.1939); BG vom 3.10.1951 (WAG-Zusatz Art. 3 bis); BG vom 30. 6. 1960 über die Einführung der vorzeitigen Stimmabgabe in eidgenössischen Angelegenheiten; Geschäftsreglement des Nationalrates vom 2. 10. 1962, Art. 2—4; Bundesbeschluß über die Erwahrung des Ergebnisses der Volksabstimmung vom 4. 11. 1962 betr. den Bundesbeschluß über die Änderung des Art. 72 BV (Wahl des NR) vom 14.12.1962; BG vom 8. 3.1963 über die Verteilung der Abgeordneten des N R unter die Kantone; BG vom 25. 6. 1965 über die Einführungen von Erleichterungen der Stimmabgabe an eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen (Aufhebung des BG vom 30. 6. 1960). 2. Quellenpublikationen: Franz, Günther (Hrsg.): Staatsverfassungen, Darmstadt 2 1964; Hilty, Carl (Hrsg.): Die Bundesverfassungen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Bern 1891; Nabholz, Hans, u. Kläui, Paul: Quellenbuch zur Verfassungsgeschichte der Schweizerisdien Eidgenossenschaft und der Kantone, Aarau* 1947; Schweiz. Bundeskanzlei (Hrsg.): Wappen, Siegel und Verfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Kantone, Bern 1948; Sämtliche Wahlgesetze sind publiziert in: Amtliche Sammlung der Bundesgesetze und Verordnungen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Alte Folge (ASaF) 1848—1874 und Neue Folge (ASnF) 1875 ff.; vgl. auch: Bereinigte Sammlung der Bundesgesetze und Verordnungen 1848 bis 1917 hrsg. v. d. Schweiz. Bundeskanzlei, Bern 1949 Bd. 1: WAG v. 19. 7.1872: S. 157—163; BG v. 30.3.1900: S. 163 f.; Bundesratsbeschluß v. 10.12.1945: S. 165—168; N W G v. 14.2.1919: S. 180—187; W v. 8. 7.1919: S. 188—207; Sammlung der eidg. Gesetze, Amtliche Sammlung der Bundesgesetze und Verordnungen: BG v. 3.10.1951 (WAG Art. 3 bis), Jg. 1952, S. 69; Geschäftsreglement des NR, Jg. 1962, S. 1321—1338; Bundesbeschluß betr. Art. 72 BV vom 14.12.1962, Jg. 1962, S. 1637 f.; BG v. 8. 3. 1963 (Verteilung der Abgeordneten), Jg. 1963, S. 419—421; BG v. 25. 6. 1965 (Erleichterung der Stimmabgabe), Jg. 1966, S. 849—852. 3. Auswahl aus dem Schrifttum: PolGesdi.:

zerischen Bundesredits, 2 Bde., Zürich

Oechsli, W.: Geschichte der Schweiz im 19. Jahrhundert, 2 Bde., Leipzig 1903/ 1913.

1849/1852. Rappard, W.: La Constitution federate de la Suisse 1848—1948, Neuchätel 1948.

Nabholz, H. / v. Muralt, L. / Feller, R. /

Salts, L. R. v.: Schweizerisches Bundes-

Bonjour, E.: Geschichte der Schweiz, 2 Bde. Zürich 1932/1938. Gagliardi, E.: Geschichte der Schweiz, 3 Bde., 4. durchgesehene Aufl., Zürich 1939_

recht. Staats- und verfassungsrechtliche Praxis des Bundesrates und der BundesVersammlung seit dem 29. Mai 1874, 5 Bde, 2. bis Ende 1902 fortgeführte Aufl., Bern 1903/1904.

Martin, W.: Histoire de la Suisse, 4e id. augmentie par P. Biguin, Lausanne 1959.

Burdthardt, W.: Kommentar der schweizerischen Bundesverfassung vom 29. Mai 1874, 3. Aufl., Bern 1931.

VfsGesdi. / V R : Bluntschli, J. C.: Geschidite des Schwei-

Burckhardt, W.: Schweizerisches Bundesredit. Staats- und verfassungsrechtliche Praxis des Bundesrates und der Bundes-

Schweiz Versammlung (seit 1903), 5 Bde., Frauenfeld 1930/1931. His, Ε.: Geschichte des neueren Schweizerischen Staatsrechts, 3 Bde., Basel 1920 bis 1938. Giacometti, Z.: Das Staatsrecht der schweizerischen Kantone, Zürich 1941. ders.:/Fleiner, F.: Schweizerisches Bundesstaatsrecht, Zürich 1949. Ruck, E.: Schweizerisches Staatsrecht, 3. erweit. Aufl., Zürich 1957, mit einem Nachtrag 1957—1965, Zürich 1965. Bridel, M.: Pricis de droit constitutionnel et public suisse, Lausanne 1965. Favre, Α.: Droit constitutionnel suisse, Fribourg 1966. Schumann, K.: Die Revision der Schweizer Bundesverfassung, in: Verfassung und Verfassungswirklichkeit, Jb 1967, Teil 1, S. 87—106. ParlStud. / ReprStud. / PolSystStud.: Gruner, E. u. a.: Die schweizerische Bundesversammlung 1848—1920, 3 Bde., Bern 1966. Bundeskanzlei (Hrsg.): Handbuch der schweizerischen Bundesversammlung. Mit den bis 1. Jan. 1948 erfolgten Abänderungen, Bern 1948. Kamer, H.-U.: Das Zweikammersystem im schweizerischen Bundesstaat, Diss, iur., Zürich 1953.

1145 Lehmbruch, G.: Proporzdemokratie, Tübingen 1967. PartGesdi. / PartSysStud.: Rimli, B.: Sozialistische Ideen der schweizerischen Liberal - Konservativen 1815—1939, Diss.phil., Zürich 1950. Gruner, E.: Zur Sozial- und Parteiengeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, in: SchwZG N.F. 7 (1957), S. 362— 378. Rosenberg, W.: Die konservativ-diristlichsoziale Volkspartei der Schweiz, in: PolStud. 15 (1964), S. 399 ff. Steinmann, E.: Geschichte des schweizerischen Freisinns, Bd. 1, Bern 1955. Schenker, E.: Die sozialdemokratische Bewegung in der Schweiz von ihren Anfängen bis zur Gegenwart, Diss, phil., Bern 1926. Masnata, F.: Le parti socialiste et la tradition democratique en Suisse, These, Paris (A. Colin) 1964. Lachenal, F.: Le parti politique, Diss, iur., Basel 1944. Girod, R.: Le systeme des partis en Suisse, in: RFSP X I V (1964), S. 1114— 1133. Gruner, E.: Eigentümlichkeiten der schweizerischen Parteienstruktur — Zur Typologie frühliberaler Klassenparteien, in: PVS, 5 (1964), S. 203—217.

Briner, R.: Der tatsächliche Einfluß der Bundesversammlung auf die Verfassungsgesetzgebung, Diss, iur., Zürich 1958.

Meynaud, J.IKorff, Α.: La Migros et la politique. L'Alliance des independants, Montreal 1965.

Hughes, Ch.: The Parliament of Switzerland, London 1962. Sauser-Hall, G.: Guide politique suisse, Lausanne 1965, 7e ed. entierement refondue. Bäumlin, R.: Die Kontrolle des Parlaments über Regierung und Verwaltung, in: Sdiweizerischer Juristen verein, Referate und Mitteilungen, Jg. 100 (1966) H . 3, S. 165—319.

WrGesch. / WsStud. / WSoz. / WStat.:

Niclauss, K.: Strukturprobleme der schweizerischen Demokratie, in: PVS 8 (1967), S. 126—144.

Blocher, E.: Die Entwicklung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts in der neuen Eidgenossenschaft, in: ZSR, N.F. Bd. 25 (1905). S. 107 ff. Hagenbach-Bischoff, E.IStuder, H./Pictet, R.: Berechtigung und Ausführbarkeit der proportionalen Vertretung bei unseren politischen Wahlen, Basel 1885. Hagenbach-Bischoff, E.: Die Anwendung der Proportionalvertretung bei den schweizerischen Nationalratswahlen, Basel 1892.

1146 Klöti, E.: Die Proportionalwahl in der Schweiz, Diss.iur., Zürich 1901. Rudolf, Α.: Das eidgenössische Proportionalwahlrecht, Bern 1922. Gueli, V.: II sistema elettorale elvetico, Florenz 1946. Schälchlin, H.: Die Auswirkungen des Proportionalverfahrens auf Wählerschaft und Parlament, Diss.iur., Zürich 1946. Schnewlin, B.: Das Verfahren zur Wahl des schweizerischen Nationalrates, Diss, iur., Bern 1946. Krafft, Α.: Guide de l'electeur pour les elections au Conseil National et aux Grands Conseils romands selon la representation proportionelle, 5e ed. revue et mise ä jour par R. A. Foex, Lausanne 1951. Schmidt, B.: Die Listenverbindung im schweizerischen Proportionalwahlrecht, Diss.iur., Zürich 1962. Kläy, H.: Zensuswahlrecht und Gleidiheitprinzip, Diss.phil., Bern 1955.

Wahl der Parlamente Laely, K.: Die stille Wahl in der Demokratie, Diss.iur., Bern 1951. Picenoni, V.: Die Kassation von Volksabstimmungen in Bund, Kantonen und Gemeinden, Diss.iur., Zürich 1945. Dürrenmatt, P.: Zur Soziologie des N a tionalrates, in: Wirtschaftspolitische Mitteilungen, Jg 11 (1955), N r . 10. Gruner, E.: Der Schweizer Wähler 1963. Wissenschaftliche Analyse der Nationalratswahlen vom 25., 26. und 27. Oktober 1963, Basel (NZ) 1963. ders ./Siegenthaler, ].: Die Wahlen in die eidgenössischen Räte im Oktober 1963, in: Association Suisse de Science politique, Annuaire 4 (1964), S. 113—153. Böschenstein, H.: Wir wählen den N a tionalrat, Bern 1967. Statistik der Nationalratswahlen (1919 ff.), hrsg. v. Eidgenössischen Statistischen Amt (Beiträge zur Schw. Statistik).

Renate Atsma / Rainer Rund

SOWJETUNION

I. Historischer Teil Die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) ist der staatliche Nachfolger des kaiserlichen Reiches; die spezifische Form der staatlichen Institutionalisierung der kommunistischen Bewegung ist nicht ohne die traditionellen Herrschaftsstrukturen des autokratischen Rußland zu verstehen. Aus der bolschewistischen Revolution ging das traditionelle politische System weniger strukturell verschieden als vor allem revolutioniert im Hinblick auf sein politisches Vorzeichen hervor, da die Entwicklung Rußlands zu einem Verfassungsstaat erst im 20. Jahrhundert begann und auch dann nur brüchig und episodenhaft blieb. Die Kontinuität autokratischer Herrschaft wurde ergänzt durch Parallelen in der Legitimierung der Regime: das theokratische Element des Zarentums blieb im Bolschewismus in mutierter Form lebendig. Vorläufer demokratischer Institutionen waren im mittelalterlichen Rußland in Form der vece (Stadtversammlungen) durchaus vorhanden gewesen. Mit der Entstehung des moskauischen Absolutismus gingen im Zuge der russischen Reichsbildung diese demokratischen Ansätze jedoch verloren. Unter Peter dem Großen verschwanden dann auch die alten Institutionen des Moskauer Staates vollends, die Bojarenduma und die Landesversammlung (zemsky' sobor), deren einschränkende Wirkung auf die Autokratie in der Literatur allerdings umstritten ist (sie erlebte während ihres Bestehens 1550—1658 insgesamt nur 17 Einberufungen). Die Bedeutung des Sobor wurde später durch den gemäßigten Teil der Slawophilen verklärt, der einer beratenden Duma nicht abgeneigt war und die moskauische Landesversammlung zum Vorbild einer Lösung nahm, die die Selbstherrschaft des Zaren wahren konnte. Mit dem Begriff der Selbstherrschaft verband sich die spezifisch russische, übersteigerte Form monarchischer Souveränität; ihm lag die Vorstellung von der unmittelbar göttlichen Herkunft der Herrschergewalt zugrunde. Die beständige äußere Gefahr bewirkte — neben der Zentrierung der Regierungsgewalt — von Beginn an die Untertänigkeit des Adels, der im Staatsdienst stand, dessen Amtsprivilegien jedoch nicht erblich waren. Damit entfiel weitgehend die Möglichkeit, wie teilweise in Westeuropa geschehen, auf dem Boden einer Auseinandersetzung zwischen Adel und Monarchen den Parlamentarismus zu initiieren.

1148

Reformen im 19. Jahrhundert

Immerhin gab es im 19. Jahrhundert eine Reihe von Reformvorschlägen und -ansätzen, die unter Aufrechterhaltung des selbstherrlichen Charakters der Monarchie einen vermittelnden Weg zwischen russischer Staatstradition und westlichem Konstitutionalismus aufzeigen wollten: 1809: Verfassungsentwurf Speranskis. Dieser nicht verwirklichte Entwurf sah eine konsequente Gewaltenteilung vor. Eine ständisch gegliederte Duma sollte neben dem Reichsrat als Organ der Gesetzgebung bestehen. Dem Aufbau des Staates in vier Stufen (Bezirk, Kreis, Gouvernement, Reich) sollte ein ebenfalls vierstufiges Wahlsystem zur Duma entsprechen. Der Entwurf diente allen weiteren Verfassungsplänen bis hin zur Bulyginschen Verfassung von 1905 als Vorbild. 1810: Der Reichsrat aus vom Zaren berufenen Honoratioren tritt als ein koordinierendes, den Herrscher bei seinen unbeschränkten Rechten beratendes Gremium erstmals zusammen. 1832: Erlaß der Staatsgrundgesetze im Rahmen svod zakonov, die bis 1906 in Kraft blieben. Sie brachten eine Kodifizierung des gesamten russischen Staatsrechts. Die „Rechtmäßigkeit" der „Selbstherrschaft" als Bindung der Krone an die von ihr erlassenen Rechtsnormen beruhte jedoch allein auf der Einsicht des Monarchen und wurde nicht als aus den subjektiven Rechten der Staatsbürger abgeleitet verstanden. Als unbeschränkter Herrscher vereinigte der Kaiser weiterhin alle drei Gewalten in sich. Während der Reformepoche unter Alexander II. (1855—1881) kam es in Zusammenhang mit der Bauernbefreiung von 1861, die infolge ihrer Halbheit die Spannungen eher verschärfte, vorübergehend zu konstitutionellen Bestrebungen des Adels, der für seine wirtschaftlichen Verluste eine politische Kompensation forderte. Die Vorstellungen über eine Verfassung blieben jedoch verworren. 1864 brachte das Zemstvo-Statut die Einführung lokaler Selbstverwaltungskörperschaften auf dem Lande. Wahlsystem zu den Zemstvos: Drei separat wählende Kurien: 1. ländliche Grundbesitzer; Wahlzensus: Anzahl der Desjatinen des Landbesitzes (die kleineren Grundbesitzer übten entsprechende Bruchteile des Wahlrechts aus). 2. Städter (Unternehmer und Immobilienbesitzer): Vermögenszensus. 3. Bauern, die ein Landlos zur Nutzung innehatten; kein Wahlzensus, im Gegensatz zu den beiden ersten Kurien jedoch indirekte Dreistufenwahl. Die einzelnen Wahlkörper wählten jeweils aus ihrer Mitte heraus in die nächsthöhere Stufe. Wenn auch keine der Kurien im Zemstvo die absolute Mehrheit haben durfte, so war die Bevorzugung des Großgrundbesitzes doch eindeutig. Die Methode, den

Sowjetunion

1149

Wahlzensus jeweils nach den örtlichen Gegebenheiten festzulegen, war bereits voll ausgebildet. Gewählt wurde auf drei Jahre, das Mindestalter für das Stimmrecht betrug 25 Jahre. Die staatliche Oberaufsicht über die Zemstvos blieb durchweg erhalten, auch in personeller Hinsicht: die Zemstvo-Funktionäre bedurften einer Bestätigung durch die Regierung, die nicht selten versagt wurde. Die in zwei Stufen auf Kreis- und Gouvernementsebene jährlich in ein bis zwei Sessionen tagenden Zemstvos, deren Vorsitz stets der Adelsmarschall innehatte, wählten ihre Exekutive aus ihrer Mitte heraus. Die Zemstvos haben nie das ganze Reich durchdrungen, die Wurzel einer föderativen Entwicklung oder autonomen örtlichen Selbstverwaltung vermochten sie nicht zu werden. Ab 1870 wurden Stadtdumen nach preußischem Vorbild eingerichtet; Dreiklassenwahlrecht. Wahlberechtigt waren nur Immobilienbesitzer; sie wählten in drei nach dem Steuerzensus eingerichteten Kurien. Insgesamt gesehen blieben die Ansätze für eine Demokratisierung und Parlamentarisierung der russischen Autokratie im 19. Jahrhundert kümmerlich. Zwar war der Reichsrat, wenn auch der Grad seiner Bedeutung unter den einzelnen Monarchen sehr schwankte, als solcher ungleich beständiger als in Frankreich und Preußen. Er blieb indes während seines 95jährigen Bestehens unverändert ein Hilfsorgan der selbstherrlichen Gewalt ohne politisches Eigenleben. Die Zemstvos erzielten trotz ihrer oft weitreichenden Teilbefugnisse gemessen an den Gesamtbedürfnissen des Staates nur bescheidene Ergebnisse. Immerhin trugen sie dazu bei, konstitutionelles Gedankengut in der russischen Gesellschaft überhaupt zu verbreiten. Dies geschah vor allem durch die Heranbildung einer eigenen, politisch aufgeschlossenen Beamtenschaft, des sogen, dritten Elements. Im März 1881 erhob die Narodnaja Wolja, die für die .Hinrichtung' Alexanders II. verantwortlich war, in einem Brief ihres Exekutivkomitees an Alexander III. als zentrale Forderung die „Einberufung von Vertretern des ganzen Volkes zur Beratung und Neugestaltung der Formen des sozialen und politischen L e b e n s . . . Wir halten es jedoch für notwendig, darauf hinzuweisen, daß die Macht nur legalisiert werden kann, wenn die Wahlen vollkommen frei sind. Diese müssen deshalb unter folgenden Bedingungen stattfinden: 1. Die Deputierten sollen aus allen Klassen ohne Unterschied nach Maßgabe der Einwohnerzahl berufen werden. 2. Weder für die Wähler, noch für die Gewählten dürfen Beschränkungen irgendwelcher Art festgesetzt werden. 3. Wahlagitation und die Wahlen selbst müssen vollkommen frei sein. Die Regierung muß daher bis zu einem Beschluß der Volksvertretung bewilligen: a) volle Freiheit der Presse, b) volle

1150

Reaktion / Revolution 1905

Freiheit der Rede, c) volle Versammlungsfreiheit, d) volle Freiheit des Wahlprogramms." — Erstrebt wurde hier von der Narodnaja Wolja lediglich eine konstitutionelle Monarchie. Unter Alexander III. siegte jedoch die Reaktion. Der Ausbau des berüchtigten russisdien Polizeistaates bedeutete Russifizierungspolitik, Judenpogrome, Säuberungstätigkeit der politischen Polizei, Vernichtung akademischer Freiheiten, scharfe Pressezensur, gegen die Entfaltung kapitalistischer Produktivkräfte eingestellte Wirtschaftspolitik, Entmutigung der bürgerlichen Intellektuellen, Beginn der Politik der Verhängung lokaler „Ausnahmezustände", die die Regel audi nach 1905 blieben. Die Zemstvo-Verwaltungen erfuhren eine verstärkte Behinderung durch die Staatsbürokratie. Durch Änderung des Wahlrechts wurde zudem der Anteil des Adels in den Zemstvos auf 57 % erhöht. Nikolaus II. (1894—1917) enttäuschte nach seinem Regierungsantritt die in ihn gesetzten Hoffnungen auf liberale Reformen; er klammerte sich stattdessen an das seinem Vater gegebene Versprechen, von der Selbstherrschaft kein Jota abzuweichen. Die ohne jedes zeitgemäße politische Konzept agierende Zarenherrschaft, die den mit der Industrialisierung verbundenen Wirtschaftsproblemen bei einem sich rasch verschärfenden sozialen Konflikt hilflos gegenüberstand, sowie schließlich die Niederlagen im Krieg mit Japan führten zu den revolutionären Ereignissen des Jahres 1905. Bereits im Dekabristenaufstand von 1825 war allerdings schon zutagegetreten, daß Rußland der gesellschaftlichen Schicht entbehrte, die eine konstitutionelle Entwicklung hätte durchkämpfen und tragen können. Infolge des schwachen Bürgertums fehlte eine politische Mitte, und die russische Politik war in die beiden Extreme einer kompromißlosen Reaktion auf der einen und in radikalrevolutionäre Bestrebungen auf der anderen Seite zerfallen. Mögliche Integrationsfaktoren wie etwa ein zeitgemäßer Bund zwischen Liberalismus und Nationalismus hatte die Reaktion mit ihrer Politik des militanten großrussischen Chauvinismus und Kulturkampfes zunichte gemacht. Der russische Liberalismus, in den sehr unterschiedliche Strömungen eingingen, fand in den Zemstvos seine eigentümliche Organisationsbasis. Erst nach 1900 jedoch wurde dieser Zemstvoliberalismus zu einer allgemeinen Bewegung. Einigkeit bestand in dem Willen zur Befreiung vom autoritär-bürokratischen System. Darüber aber, wie die zu gewinnende Freiheit ausgestaltet werden sollte, gab es sehr verschiedene Ansichten. Dem rechten Flügel schwebte eine ,geläuterte' Monarchie vor: Unter der Führung des bodenständigen Adels sollte

Sowjetunion

1151

die Kluft zwischen Staat und Volk, zwischen Zar und Untertan wieder geschlossen werden: durch Ausbau der lokalen Selbstverwaltung und durch Schaffung einer Landesversammlung mit beratender Funktion. Bürgerliche Rechte und Freiheiten, audi das Wahlrecht, sollten sich in einer ständisch gegliederten Gemeinschaft verwirklichen. Das Postulat der Gleichheit wurde als bloßer Formalismus abgelehnt. Der linke Zemtsvoflügel hingegen, der im Laufe der Revolution von 1905 zunehmend an Boden gewann, erstrebte eindeutig einen Konstitutionalismus nach westlichem Muster. Träger ausgesprochen revolutionärer Bewegungen war im 19. Jahrhundert allein die Intelligenzia, ein spezifisch russisches Phänomen. Sie rekrutierte sich keineswegs aus einer einheitlichen sozialen Schicht; ihre Mitglieder lösten sich jedoch, soweit sie privilegierter Herkunft waren, von ihrer sozialen Sphäre. Einig nur in dem Willen zur Revolution und bewußter Distanzierung vom staatlichen Leben, hing die Intelligenzia in der Revolution von 1905 eindeutig demokratischen, in ihrem wachsenden radikalen Teil sozialistischen Ideen an. Ihre Forderung nach einer Konstituante — hervorgehend aus freien demokratischen Wahlen — war kategorisch. Der Blutige Sonntag vom 9. Januar 1905 führte zum offenen Ausbruch der schon länger gärenden Revolution. Unter der Parole „Nieder mit der Selbstherrschaft" wuchsen die an sich heterogenen Strömungen der unterdrückten Nationalitäten, der proletarisierten Teile der Bauern, der Arbeiter und der Intelligenzia zu einem revolutionären Zweckbündnis zusammen. Primär war das Aufbegehren gegen die unerträglich gewordene Pauperisierung. Unter dem Druck der Ereignisse verfolgte die zarische Regierung eine hinhaltende Politik der Teilzugeständnisse und verließ sich darauf, daß das Ideengut des westeuropäischen Parlamentarismus den russischen Massen im Grunde fremd war. Zwar mußten die Monarchisten schließlich den ihnen widerwärtigen Gedanken an eine allgemeine Volksvertretung ins Auge fassen, hatten aber mit ihrer Politik der vagen Versprechungen und Verzögerungsmanöver letztlich Erfolg. Mit dem einzigen konkreten Projekt, das die Regierung während des Revolutionsjahres vorlegte, scheiterte sie allerdings völlig: Die am 6. August 1905 verkündete sogenannte Bulyginsche Verfassung entfachte einen Sturm der Entrüstung, da sie an der Selbstherrschaft uneingeschränkt festhielt. In einem Zweikammersystem sollte die zu wählende Reichsduma als Unterhaus von dem weiterhin nur aus vom Zar berufenen Honoratioren bestehenden Reichsrat als Oberhaus geknebelt werden. Die Wahlordnung nach der Bulyginschen Verfassung wurde zur Grundlage der späteren Wahlen zu den ersten beiden Reichsdumen.

1152

Verfassung / Oktobermanifest / Wahlordnung von 1905

Als Vorlage diente das von der sozialen Entwicklung längst überholte Zemstvo-Wahlgesetz von 1864. Insbesondere wurde an dem nach Ständen differenzierten indirekten Wahlverfahren festgehalten. Außer in den Städten benötigten die Elektoren, die schließlich die Dumaabgeordneten zu wählen hatten, zu ihrer Wahl jeweils die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Von den Wahlen völlig ausgeschlossen waren zunächst einmal die Arbeiter, stark benachteiligt der städtische Mittelstand, da hier der nach Gewerbe- und Mietsteuer bemessene Zensus überaus hoch war. Auch die Juden blieben „wegen mangelnder Bürgereigenschaft" ohne Wahlrecht. Bereits zwei Monate später, am 17. Oktober, besiegelte ein Manifest des Zaren selbst das Scheitern des Bulyginschen Verfassungsprojekts, nachdem am 7. Oktober der Generalstreik ausgebrochen war. Das Oktobermanifest war Ausdruck des zunächst bedingungslosen Nachgebens der Regierung. Zwar schwieg es zu den brennenden sozialen Fragen; versprochen wurden aber u. a. bürgerliche Grundrechte ohne Unterschiede des Standes und praktisch das allgemeine Wahlrecht. Die Bulyginsche Wahlordnung sollte, um die Wahlen zur Reichsduma nicht weiter zu verzögern, sofort entsprechend erweitert werden. Dem „neu zu bestimmenden Verfahren der Gesetzgebung" sollte dann die notwendige Gesamtreform des Wahlsystems überlassen bleiben. Die zu wählende Reichsduma — die allerdings nicht als Konstituante zugestanden wurde — sollte umfassende Kontrollbefugnisse erhalten, und kein Gesetz ohne ihre Zustimmung in Kraft treten. Das Manifest nahm der Revolution ihren Elan, indem es vor allem die bisherige Geschlossenheit der Opposition brach. So gaben sich u. a. auch die menschewistischen Sozialdemokraten zufrieden. Lediglich die Kräfte, die wie die Bolschewiki keine Zugeständnisse sondern allein die vollständige Vernichtung der bisherigen Staats- und Sozialordnung forderten, setzten den offenen Kampf fort. Die junge russische Bourgeoisie war ohnehin nur darauf bedacht gewesen, sich einen ihrer wachsenden wirtschaftlichen Bedeutung entsprechenden Anteil an der Staatsgewalt zu sichern. Die ZemstvoNobilität hatte ihre Aktivität auf Kongresse und Resolutionen beschränkt, denen jedoch wiederum die Regierung — im Gegensatz zu ihrem Verhalten dem aufgewühlten Volk gegenüber — eine relativ große Beachtung geschenkt hatte. Von den Bürgerlich-Liberalen wurde die konstitutionelle Beschränkung der Autokratie erstrebt. War dies erreicht — und nach dem Oktobermanifest mußte es so scheinen — waren sie bereit, sich mit dem Zarismus gegen die sozialen Forderungen zu stellen. Drei entscheidende Fragen der politischen Gesamtverfassung Rußlands wurden somit gar nicht erst zu lösen versucht: die

1153

Sowjetunion

Agrarfrage, das Nationalitätenproblem sowie die Frage des Staatskirchentums. Zudem bedeutete das Oktobermanifest letztlidi nur ein vages Versprechen. Der Zar blieb, wenigstens bis zum Zusammentritt der Duma, unbeschränkter Selbstherrscher. So hatte er audi rechtlich die Möglichkeit, die im Manifest angekündigten Abänderungen der alten Staatsgrundgesetze noch vor dem Zusammentritt der Duma nach eigenem Gutdünken vorzunehmen. Am 11. Dezember wurde zwar das Wahlrecht im Rahmen des durch die Bulyginsche Wahlordnung gegebenen indirekten Kurienwahlsystems wie im Oktobermanifest angekündigt wirksam erweitert. Die Ausführungsbestimmungen zur Dumawahl vom 20. Februar zeigten indes schon ganz deutlich, daß die reaktionären Kräfte wieder allein tonangebend waren. Eine ganze Reihe genereller Ausschließungen wurde festgelegt. So hatten Studenten, Angehörige des Militärs, nicht nur gerichtlidi Verurteilte sondern auch bloß Angeklagte, sowie Beamte, deren Wohnsitz nicht außerhalb der Ortschaft lag, in der sie ihre Funktion ausübten, überhaupt kein Stimmrecht. Letztere Bestimmung richtete sich gegen die niederen Beamten („drittes Element" s. S. 1149); die Großgrundbesitzer, die in der Stadt oft ein Amt innehatten, behielten ihren Wohnsitz auf dem Lande ja bei. Zudem war generell zur Erlangung des Wahlrechts der Nachweis eines in der Regel seit mindestens einem Jahr bestehenden festen Wohnsitzes erforderlich; eine Bedingung, die Arbeiter sowie große Teile der „Landarmut" oft nicht erfüllen konnten. Die Amtsdauer der Duma wurde auf fünf Jahre festgesetzt, der Zar behielt das Redit, jederzeit Auflösung und Neuwahl zu verfügen. Die folgenden Verfassungsreformen, die noch vor dem Zusammentritt der ersten Duma vollendete Tatsachen schufen, waren ganz von der erneuten Konsolidierung des Zarismus geprägt: Die Umgestaltung des Reichsrats vom 20. Februar 1906 verlieh diesem die Stellung eines Oberhauses, das sich aus vom Zar ernannten und aus gewählten Mitgliedern zusammensetzte. Die ernannten Mitglieder unterschieden sich in 1. aktive mit Sitz und Stimme, 2. Ehrenmitglieder. Die Zahl der ernannten aktiven Mitglieder durfte die der gewählten nicht überschreiten. Die Ernennung konnte von Jahr zu Jahr entzogen werden. Die 98 gewählten Mitglieder gingen aus zum Teil direkten, zum Teil indirekten Wahlen bestimmter Korporationen hervor: aus der Vertretung der orthodoxen Kirche (sechs); aus den Zemstvos (56) (In den Gebieten, in denen die Landschaftsvfg. nicht bestand, aus den Großgrundbesitzerorganisationen); aus den Adelsversammlungen (18); aus den Universitäten und der Akademie der Wissenschaften (sechs); aus den Börsenkomitees 73

Stemberger-Vogel,

Parlamente 1,2

1154

Verfassung von 1906 / Wahlordnung von 1907

(sechs); aus den gewerblichen Verwaltungen und der Kaufmannsschaft (sechs). Gewählt wurde auf neun Jahre im rollierenden System mit Drittelerneuerung alle drei Jahre. Wiederwahl war zulässig. Für das passive Wahlrecht war ein Alters- und Bildungszensus vorgeschrieben. Zwischen der Angehörigkeit zum Reichsrat und zur Reichsduma bestand Inkompatibilität. Der Zar hatte das Recht, jederzeit Neuwahlen auszuschreiben. A m 23. April

1906 w u r d e die Neuredaktion

der

Staatsgrundgesetze

oktroyiert. Damit wurde das Versprechen des Oktobermanifestes formal eingelöst und eine Anpassung an die vorangegangenen Teilreformen vollzogen. Zwar ergab sich der konstitutionelle Charakter der Verfassung eindeutig aus den Bestimmungen der Artikel 7, 84, 86, 91, 98, 111, dennoch wurde selbst innerhalb der formalen Rechtsverfassung die Herrschersouveränität nicht wirksam beschränkt; sie blieb weiterhin gleichsam sakrosankt. Die Fülle der Staatsgewalt blieb beim Monarchen, bei ihrer Ausübung war er lediglich hinsichtlich der Gesetzgebung auf die Mitwirkung der Duma und des Reichsrates (Art. 7, 36, 111) und hinsichtlich der Rechtssprechung auf die Gerichte angewiesen (Art. 22), während ihm die Verwaltung in vollem Umfange zustand (Art. 10). Die Minister wurden vom Zaren ernannt, eine Verantwortlichkeit bestand allein ihm gegenüber (Art. 123). Art. 87 gab darüber hinaus dem Kaiser, mit der Auflage einer nachfolgenden parlamentarischen Bestätigung, ein Notverordnungsrecht, wobei allerdings Änderungen der Verfassungsgesetze, der Gesetze über Staatsduma und Staatsrat sowie der Wahlordnung ausgenommen waren. Der Zar behielt des weiteren das Recht der Verhängung regionaler Kriegs- oder Ausnahmezustände (Art. 15), mit dessen extensiver Auslegung der größere Teil Rußlands jederzeit der verfassungsgerichtlichen Garantien und Grundrechte beraubt und durch Polizeiverordnungen regiert werden konnte. Die am 27. April 1906 gewählte erste Reichsduma wurde bereits am 8. Juli gleichen Jahres wieder aufgelöst, nachdem sie einem Manifest des Zaren mit einer eigenen Erklärung entgegengetreten war. Auch die zweite Duma, die erst am 20. Februar 1907 gewählt wurde, lebte nur wenige Monate. Ministerpräsident Stolypin hatte auf eine direkte Wahlrechtsänderung noch verzichtet. Mit Hilfe einer extensiven Auslegung einiger dem Regime gelegenen Wahlgesetzparagraphen sowie massiver Regierungspropaganda verbunden mit Drohungen hatte er gehofft, den Wählerwillen wirksam beeinflussen zu können. Die zweite Duma wurde jedoch noch eindeutiger von den Oppositionellen beherrscht. Diese glaubten, mit Hilfe der Duma und ihrer großen Resonanz im Volke das seit dem Frühjahr 1906 wieder konsolidierte

Sowjetunion

1155

Zarenregime neuerlich erschüttern zu können. Die beiden ersten Dumen sind so im Grunde noch der Revolution zuzurechnen, dem Ringen, ob Rußland wirklich eine Wende vollzogen habe oder nicht. Mit der Auflösung der zweiten Duma am 3. Juni 1907 wurde zugleich eine neue Wahlordnung oktroyiert, die von der Regierung insgeheim vorbereitet worden war. Dieser Schritt stand im Widerspruch zu Art. 87 der Verfassung und kam einem Staatsstreich gleich. Der vollständige Sieg der Reaktion war damit besiegelt. Das neue Wahlsystem, das bis zur Februarrevolution von 1917 in Kraft blieb, war ganz nach den Bedürfnissen der zarischen Administration ausgerichtet. Die bisher oppositionelle Duma wurde durch die Sicherung einer regierungstreuen Majorität ,arbeitsfähig', die konstitutionellen Elemente der Staatsgrundgesetze von 1906 wurden wertlos. Die Intention des Zarismus bei der Organisation der ihm aufgezwungenen Wahlen lag darin, ein System zu schaffen, das die Wählermehrheiten der oppositionellen und radikalen Strömungen ausschaltete. Mit der Wahlrechtsänderung von 1907 ist ihm dies in bewundernswert ausgeklügelter Weise gelungen. Wie alle zarischen Wahlgesetze fußte auch das neue System auf der Zemstvo-Wahlordnung von 1864, verstärkte aber noch die manipulatorischen Elemente. Dieses Duma-Wahlrecht war weder allgemein, noch gleich, noch direkt, kannte aber die geheime Stimmabgabe. Ein aus ständestaatlichen Vorstellungen hervorgegangenes Klassenwahlrecht, das eindeutig auf die vermögende Oberschicht, besonders die Großgrundbesitzer zugeschnitten war. Das aktive Wahlrecht war bei den Grundbesitzern und städtischen Wählern an einen verschieden gestalteten Vermögenszensus gebunden, von dem zugleich das tatsächliche Stimmgewicht des Einzelnen abhing. Bei den Arbeitern und Bauern gab es keinen Vermögenszensus, ihre große Stimmenzahl absorbierte die indirekte Stufenwahl. Es bestanden zudem auch eine Reihe genereller Ausschließungen sowie Sonderbestimmungen, die kleinere Gruppen betrafen, vor allem nationale Minderheiten. Viele der „Fremdvölkischen" ermangelten des Stimmrechts entweder völlig oder waren stark diskriminiert. Die „Reichsduma muß dem Geist nach russisch sein", hieß es im Einführungsmanifest zum Wahlgesetz. Zu der verhältnismäßig großen Gruppe sozial Deklassierter, denen das Stimmrecht entzogen war, gehörten u. a. Gemeinschuldner, unter gerichtlicher Untersuchung Stehende sowie ihres Amtes entsetzte Funktionäre und Geistliche. Auch die einzelnen lokalen Klasseninstitutionen, wie die des Landadels, konnten einzelne Mitglieder verstoßen, wodurch diese automatisch jegliches Wahlrecht verloren. Ebenfalls vom Wahlrecht ausgeschlossen

1156

Wählerkurien / Wahldirigismus

waren Schüler und Studenten sowie aktive Angehörige des Heeres und der Flotte. Die Frauen hatten kein Stimmrecht; sofern sie jedodi Vermögen besaßen, konnten sie sich durch ihren Gatten oder Sohn repräsentieren lassen. Das Wahlrecht der Besitzklasse unter den aktiven Soldaten wurde auf die gleiche Weise gesichert, durch Delegation an den Sohn. Das Mindestalter für das aktive Wahlrecht betrug 25 Jahre. Die gesamte Wählerschaft war in fünf Kurien eingeteilt: eine der Grundbesitzer, eine der Bauern, zwei städtische und eine der Arbeiter. Bei den Kurien der Bauern und Arbeiter achtete man peinlich darauf, daß in ihnen nur wirklich im Ackerbau bzw. in der Industrieproduktion Tätige waren. Bei den Grundbesitzern entschied die Größe des Landbesitzes über die unmittelbare Zugehörigkeit zur Großgrundbesitzerkurie, die die Wahlmänner zum Elektorenkongreß des Gouvernements wählte. Die erforderliche Größennorm des Landbesitzes war für jedes Gouvernement spezifisch festgelegt; im Durchschnitt betrug sie 400 Desjatinen. Die kleineren Grundbesitzer wählten nur Bevollmächtigte in die Großgrundbesitzerkurie. Auf jeden Bevollmächtigten mußten mindestens so viel Desjatinen entfallen wie für die Einstufung als Großgrundbesitzer erforderlich war. Da jeder in den Elektorenkongreß zu entsendende Wahlmann die absolute Mehrheit der Stimmen der Versammlung benötigte, war es für die Großgrundbesitzer oft ein Leichtes, die kleineren Grundbesitzer, die ja nur durch ihre wenigen Bevollmächtigten vertreten waren, zu majorisieren. Die meist liberal eingestellten kleineren Grundbesitzer konnten indes häufig auch sdion in der vorgeschalteten Versammlung, die die Bevollmächtigten in die Großgrundbesitzerkurie wählte, überstimmt werden. In diesem Wahlkörper saßen nämlich audi die Vertreter des Klerus, der in vielen Gouvernements vorwiegend Ödländer besaß. Die städtischen Wähler wurden nun in zwei Kurien eingeteilt und damit die Erweiterung des Wahlrechts von Dezember 1905 auf sämtliche städtischen Einwohner, die eine Wohnung auf ihren Namen besaßen, entwertet. In den Städten erhielt das obere Besitzbürgertum sein Übergewicht zurück, da die zahlenmäßig kleine Kurie der Unternehmer und der Besitzer bedeutender Immobilien in der Regel mehr Wahlmänner als die zweite Kurie stellte, in der die Masse der städtischen Wähler vertreten war. Der Klassencharakter des Wahlsystems wurde noch durch die Bestimmung verschärft, daß die von den Wahlkörpern aller Stufen gewählten Wahlmänner jeweils den sozialen Status der sie wählenden Versammlung haben mußten. In Abänderung der Bestimmungen von 1905 mußten so beispielsweise die Delegierten der Bauern nunmehr stets

Sowjetunion

1157

auch im Ackerbau tätig sein. Die Funktion eines Filters für das Regime war also nicht nur in der Mehrstufigkeit der Wahl gegeben, sondern die Wirksamkeit des Dirigismus bei der Zuteilung der Wahlmänner auf die einzelnen Kurien war auch durch die künstliche Konservierung der Klassen gewährleistet. Ein ausgeprägter Dirigismus der Administration, auch im Detail, war für das gesamte Wahlsystem kennzeichnend. Die legalistische Manipulation ad hoc bestand hauptsächlich auf Wahlkreisebene. In Gebieten mit nichtrussischer Bevölkerung nutzte die russische Beamtenschaft ihre Rechte hauptsächlich zum Schutz der russischen Minderheit. Wo es der Administration opportun schien — und nur dort — konnte jede der einzelnen Kurien weiter aufgesplittert werden, sei es nach geographischen Gesichtspunkten, sei es nach der Art des Besitzes, sei es nach Nationalitäten. Entsprechend wurde dann die Zahl der zu entsendenden Wahlmänner neu verteilt. Wiewohl die Zahl der Wahlmänner für jede einzelne Kurie in jedem Gouvernement separat festgesetzt war (Verteilungspolitik!), lassen sich als Durchschnittswerte folgende Zahlen angeben: ein Wahlmann entfiel jeweils auf 230 Großgrundbesitzer, auf 1000 Städter der oberen Besitzschicht, auf 15 600 Wähler der zweiten städtischen Kurie, auf 60 000 Bauern und auf 125 000 Industriearbeiter. In Prozent: 51,3 o/o der Wahlmänner entfielen auf die Grundbesitzer, 2 4 % auf die städtischen Wähler, 22,4 % auf die Bauern und 2,3 °/o auf die Arbeiter. 1905, als die Bauern noch als konservativ und regierungsfreundlich eingeschätzt worden waren, waren ihnen 43 °/o der Elektoren zugestanden worden, dem Großgrundbesitz, wenngleich schon damals überrepräsentiert, nur 34 %>. Das indirekte Wahlsystem war sehr differenziert. Lediglich die beiden städtischen Kurien und die der Großgrundbesitzer wählten zweistufig. Für die Arbeiter war das System ebenso wie für die kleineren Grundbesitzer dreistufig. Die Bauern wählten gar in vier Stufen. Nur in sieben größeren Städten bestellten die beiden städtischen Kurien ihre Duma-Abgeordneten direkt. Die unterste Stufe des vierstufigen Systems der Bauern bestand darin, daß sie Deputierte in die Volostversammlungen wählten. Ihre Wahlprozedur begann also nicht wie die der übrigen gleich auf der Kreisebene sondern in den einzelnen Bezirken des Kreises. Auf zehn bäuerliche Haushalte der zum Volost gehörenden Dörfer entfiel ein Deputierter. Jede Volostversammlung entsandte ihrerseits wiederum zwei Bevollmächtigte in die auf Kreisebene zusammentretende Bauernkurie, die dann endlich die ihr zugewiesene Zahl Wahlmänner in den Elektorenkongreß des Gouvernements wählte. Ein gewichtiger Rie-

1158

Wahlkreiseinteilung / Stufenwahlsystem

gel zur Eindämmung oppositioneller Elemente lag hierbei bereits auf der Volostebene: In Abänderung des Modus von 1905/1906 wurde die Wahl der beiden Bevollmächtigten für die Kurie auf Kreisebene nicht mehr von einer eigens anläßlich der Dumawahl sich konstituierenden Volostversammlung durchgeführt, sondern als Wahlkörper fungierte die ständige Volostversammlung, der begrenzte administrative Aufgaben oblagen. Im übrigen war es gleichgültig, ob der Bezirk ζ. B. 2 000 oder 60 000 Einwohner hatte, die Volostversammlung entsandte stets nur zwei Bevollmäditigte in die Wahlkreiskurie. Das dreistufige Wahlsystem der Arbeiter war völlig auf deren Isolierung als mehr oder minder abseits stehende Klasse ausgerichtet. Die Versammlung der Wahlbevollmächtigten der Arbeiter, die die ihnen zugestandene Zahl Wahlmänner in den Elektorenkongreß des Gouvernements entsandte, trat nicht wie die anderen Kurien auf Kreis-, sondern auf Gouvernementsebene zusammen; denn die Arbeiter-Urwähler wählten nicht nach dem Territorial- sondern nach dem Produktionsprinzip. Die Bevollmächtigten wurden von den Arbeitern in den einzelnen Betrieben ermittelt. Von Fabriken und Bergwerken mit mehr als 50 und bis zu 1000 Arbeitskräften wurde ein Bevollmächtigter entsandt; Unternehmen mit mehr als 1000 Arbeitern stellten dann für jedes weitere volle Tausend noch einen Wahlbevollmächtigten. Die kleineren Betriebe wurden also bevorzugt, man erwartete von ihnen weniger radikale Vertreter. Die Wahlkreiseinteilung folgte in der Regel der administrativen Gliederung des Landes in Gouvernements und Kreise. Die Wählerkurien konstituierten sich auf dem Lande auf Kreisebene und entsandten ihre Wahlmänner in die auf Gouvernementsebene zusammentretenden Elektorenkongresse. Bei der Zuteilung der zu wählenden Elektoren pro Kurie war die Zahl der Wähler, die die jeweilige Kurie umfaßte, ohne Belang. Die Kurien der Großgrundbesitzer stellten im Gouvernement meist mehr Wahlmänner als alle anderen Kurien zusammengenommen. Im Elektorenkongreß wurden die dem Gouvernement zugestandenen Dumaabgeordneten in geheimer Wahl aus der Mitte der Elektoren heraus gewählt. Erforderlich war die absolute Mehrheit, im Falle der Notwendigkeit eines zweiten Wahlgangs die relative Mehrheit der Anwesenden. Auch die Nominierung der Kandidaten erfolgte geheim mit Stimmzetteln. Zunächst wählte der Elektorenkongreß für jede Kurie, die in ihm vertreten war, (die Arbeiter hatten nur in sechs Gouvernements eine Wählerkurie) je einen Dumaabgeordneten. Die restlichen zu entsendenden Dumaabgeordneten wurden danach en bloc gewählt. Nach dem Wahlgesetz von 1905 hatten nur die Bauern das Recht gehabt, pro Gouvernement

1159

Sowjetunion Darstellung I: Das zarische Stufenwahlsystem am Beispiel des Gouvernements Voronei nach dem Gesetz vom 3. 6.1907 Reichsduma (442 Abgeordnetenmandate) 12 Abgeordnete

Stufe I

/

Elektorenkongreß des Gouvernements 140 Mitglieder

\ (Wahl1

U

•Ω

II

< Β-8

ei S $ g W> β PP «-» s l .

Wahl der Parlamente

1220 Tabelle A 3: Berufe der Abgeordneten des Obersten Sowjet (Am Beispiel des im März 1962 gewählten Obersten Sowjet)

Absolute Zahlen Prozentsätze Unionssowjet Nat. Sowjet Unionssowjet Nat. Sowjet Arbeiter Brigadeleiter Meister Betriebsdirektor, Abteilungsleiter Kolchosbauern K.-Brigadeleiter Landw. Mechaniker Agronomen Koldiospräsidenten Sovdiosbauern S-Brigadeleiter S-Mechaniker Sovdiosdirektoren Ingenieure Parteifunktionäre Staatsfunktionäre H o h e Offiziere Wissenschaftler Lehrer Künstler, Komponisten Schriftsteller Gewerkschaftsfunktionäre Ärzte Übrige

117 49 20

79 25 14

14,8 6,2 2,5

12,1 3,8 2,1

15 74 12 9 13 52 19

1,9 9,4 1,5 1,3 1,6 6,6 2,4

1 8 10 163 110 39 34 10 6 14 5 9 2

6 69 9 13 13 46 16 3 3 6 5 104 131 31 16 17 13 13 7 10 3

0,1 1,0 1,3 20,6 13,9 4,9 4,3 1,3 0,8 1,7 0,6 1,1 0,2

0,9 10,6 1,4 2,0 2,0 7,3 2,5 0,5 0,5 0,9 0,8 16,0 20,1 4,7 2,5 2,6 2,0 2,0 1,1 1,5 0,1

Insgesamt

791

652

100,0

100,0



Nadi Berufskategorien: Funktionäre abs. in % Unionssowjet Nat.-sowjet

392 331

49,2 50,8

Geistesarbeiter abs. in °/o 96 87

12,1 13,3

Werktätige abs. in °/o 220 180

27,8 27,6

Übrige abs. in % 83 54

11,6 8,3

(Quelle: Pravda vom 25. 4. 1962) IL

Systematischer

Teil

Gesetzliche Grundlagen: Verfassung der U n i o n der Sozialistischen Sowjetrepubliken v o m 5. Dezember 1936; insbesondere Art. 33—36, 47, 50, 54 und Art. 1 3 4 — 1 4 2 ; Ukas v o m 10. Dezember 1945 bezüglich der Heraufsetzung des Alters für das passive Wahlrecht v o n 18 auf 23 Jahre; Ordnung über die Wahlen in den Obersten Sowjet der U d S S R (WG) v o m 9. Januar 1950 nach der Ausgabe Moskau 1954; Änderung bzw. Ergänzung dieses W G am 27. Dezember 1961 in Art. 2 und entspr. in Art. 14 (i. e. Fortfall der gerichtlichen Aberkennung des Wahlrechts), in Art. 15 und 28 und entspr. in Art.

1221

Sowjetunion

36, 40, 44, 51, 52, 58, 95 (i. e. Fortfall des Amtsbezirks (volost) und Kreises (uezd) als relevante Einheit), in Art. 29—31, 33 und 35 (Ausbau der Flexibilität bei der Wahlbezirkseinteilung), in Art. 109 (Bezahlung des Sekretärs der Wahlbezirks-Kommission), in Art. 110 (betr. Wahlfälschung); Ukas vom 27. Dezember 1961 ad Sonderbestimmungen für die Sonderwahlbezirke auf Schiffen, Flughäfen und dergl.; Änderung des WG am 19. März 1966: in Art. 25 (jede Unionsrepublik entsendet nunmehr 32 Deputierte in den Nationalitätensowjet), in Art. 74 und entspr. 84 (Verkürzung der Wahlzeiten); Ukas vom 23. Mai 1966 betr. Errichtung von Sonderwahlbezirken für wiss. Expeditionen und dergleichen. Parlament: Verchonyi Sovet (Oberster Sowjet). Zwei Kammern: Sovet Sojuzov (Unionssowjet) und Sovet Nacional'nostej (Nationalitätensowjet). Der jew. Oberste Sowjet wird nach seiner Legislaturperiode bezeichnet, so heißt der gegenwärtige (1966—1970): „Oberster Sowjet der UdSSR der siebten Einberufung (sozyva)". Wahlrecht zum Obersten Sowjet: Mitgliederzahl: 750. Wahlperiode:

Unionssowjet gegenw. 767; Nationalitätensowjet gegenw. Vier Jahre (VfsArt. 36).

Vorzeitige Auflösung: Durch das Präsidium des Obersten Sowjet, falls ein Meinungskonflikt zwischen beiden Kammern auch nach Einschaltung einer Schlichtungskommission nicht beigelegt werden kann (VfsArt. 47). W'ahlrechtsgrundsätze: „ . . . auf der Grundlage des allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrechts in geheimer Abstimmung..." (VfsArt. 134, außerdem VfsArt. 135—140, WG Art. 1—7). Aktives Wahlrecht: Männliche und weibliche Bürger der UdSSR nach vollendetem 18. Lebensjahr (VfsArt. 135, WG Art. 2 und 9). Ausschließungsgründe: Seit dem 27. Dezember 1961 nur noch in gesetzlich festgelegter Form erklärte Geisteskrankheit (VfsArt. 135, WG Art. 2 und 14). Passives Wahlrecht: Ab vollendetem 23. Lebensjahr (VfsArt. 135, WG Art. 3). Inkompatibilitäten: Bestehen zwischen der Kandidatur und der Zugehörigkeit zu einer der Wahlkommissionen im selben Wahlkreis (WG Art. 60) und zwischen der gleichzeitigen Zugehörigkeit zum Unions- und Nationalitätensowjet, da sich der Kandidat nur in einem Wahlkreis bewerben darf (WG Art. 59). Wahlpflicht: Keine. Wahlsystem: Absolute Mehrheitswahl in Einmannwahlkreisen (WG Art. 24, 25 und 102). Zweiter Wahlgang, falls keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit der Stimmen erhalten hat — Stichwahl zwischen den beiden Erstplacierten (WG Art. 105) — oder, wenn die Zahl der im Wahlkreis abgegebenen Stimmen unter 50 % der Wahlberechtigten liegt, Wiederholungswahl (WG Art. 106). In beiden Fällen muß der zweite Wahlgang spätestens zwei Wochen nach dem ersten stattfinden. Jeder Wähler hat eine Stimme für die Wahl zum Unions- und eine für die Wahl zum Nationalitätensowjet;

1222

Wahl der Parlamente

er „verfährt . . . so, daß er auf jedem Stimmzettel (ein Stimmzettel für die Wahl zum Unions- und ein zweiter für die Wahl zum Nationalitätensowjet) den Namen des Kandidaten stehen läßt, für den er stimmt, während er die Namen der übrigen Kandidaten ausstreicht" (WG Art. 79). Nachwahl: Erfolgt beim vorzeitigen Ausscheiden eines Deputierten im betreffenden Wahlkreis (WG Art. 108). Vorzeitige Abberufung des Deputierten: Durch Mehrheitsbeschluß der Wähler möglich (VfsArt. 142). Wahlkreiseinteilung: Wird vor jeder Wahl neu vom Präsidium des Obersten Sowjet vorgenommen (WG Art. 26). Für die Wahlen zum Unionssowjet erfolgt die Wahlkreiseinteilung gemäß der Vertretungsnorm ein Deputierter auf 300 000 Wähler (VfsArt. 34, WG Art. 24) für das gesamte Staatsgebiet ohne Rücksicht auf föderative Grenzen. Die Größe der Wahlkreise für die Wahlen zum Nationalitätensowjet ist hingegen sehr unterschiedlich, denn diese werden nach der Norm 32 Wahlkreise für jede Unionsrepublik, elf für jede autonome Republik, fünf für jedes autonome Gebiet und einer für jeden nationalen Bezirk gebildet (VfsArt. 35, WG Art. 25 Neufassung). Die Wahlkreise werden in — für die Wahlen zum Unions- und Nationalitätensowjet gemeinsame — Wahlbezirke (Stimmbezirke) unterteilt (WG Art. 27). Die Bildung der Wahlbezirke erfolgt durch die Exekutivkomitees der jeweiligen lokalen Sowjets der Rayonebene (WG Art. 28). Im allgemeinen soll ein Wahlbezirk für 500 bis 3000 Einwohner eingerichtet werden (WGArt. 29 Neufassung). Für kleinere Ortschaften, dünnbesiedelte Gebiete, militärische Einheiten, Schiffe, Krankenhäuser, Altersheime etc., Fernzüge, Flughäfen, Bahnstationen sowie für wiss. Expeditionen und dergl. ist die Errichtung von Sonderwahlbezirken — bis zu einer Größe von drei Wählern herab — vorgesehen (WG Art. 30—35, zum Teil neugefaßt, Ukas vom 27. Dezember 1961 und 23. Mai 1966). Wahlbewerbung: Selbständige Bewerbung: Ist nidit vorgesehen. Wahlvorschlag: Hat von den hierzu berechtigten „Organisationen der Kommunistischen Partei, den Gewerkschaften, Genossenschaften, Jugendorganisationen und kulturellen Vereinigungen" (VfsArt. 141) zu erfolgen. Alle Organisationsebenen der Genannten bis zur Rayonstufe (WG Art. 58). Außerdem werden noch allgemeine Betriebsversammlungen der Arbeiter und Angestellten, der Militärangehörigen sowie Versammlungen der Bauern als nominationsberechtigt genannt (WG Art. 58). „Die gesellschaftliche Organisation oder Vereinigung der Werktätigen", die einen Kandidaten aufgestellt hat, muß für die Registrierung des Kandidaten der Wahlkreiswahl-Kommissionen neben den Angaben zur Person des Kandidaten (auch über seine Zugehörigkeit zur Partei und / oder gesellschaftlichen Organisationen und seine Tätigkeit) das Protokoll der Nominierungsversammlung vorlegen, welches u. a. die Teilnehmerzahl der Versammlung aufführen und mit den Unterschriften des Präsidiums der Versammlung versehen sein muß (WG Art. 61).

Sowjetunion

1223

Prüfung der 'Wählbarkeit: Erfolgt durch die Wahlkreiswahl-Kommission (WG Art. 46, 47 und 63). Einspruch: Gegen die Weigerung der Wahlkreis-Wahlkommission, einen Kandidaten zu registrieren, kann innerhalb von zwei Tagen bei der Zentralen Wahlkommission Einspruch eingelegt werden, „deren Entscheidung endgültig ist" (WGArt. 66). Bei den Wahlen zum Nationalitätensowjet sind hierbei noch die Wahlkommissionen der jeweiligen föderativen Einheit als vorletzte Einspruchsinstanz dazwischengeschaltet (WG Art. 67). Wahlkosten: Werden vom Staat getragen (WGArt. 11). Wahlkampfbeschränkung: Ist insofern gegeben, als Wahlpropaganda nur für die durch die Wahlkreis-Wahlkommission registrierten Kandidaten erfolgen darf (WG Art. 70) und die Rede-, Presse-, Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit nur „in Übereinstimmung mit den Interessen der Werktätigen und zum Zwecke der Festigung der sozialistischen Ordnung" (VfsArt. 125) gegeben ist. Wahlorganisation: Wahlbehörden: a) die Zentrale Wahlkommission für die Wahlen zum Obersten Sowjet insgesamt „ . . . wird gebildet aus Vertretern der Gewerkschaften, Genossenschaften, Kommunistischen Partei, Jugendorganisationen, kulturellen, technischen und wissenschaftlichen Vereinigungen und der anderen in der gesetzlich vorgeschriebenen Form registrierten Organisationen und Vereinigungen sowie aus Vertretern der Versammlungen der Arbeiter und Angestellten in den Betrieben und Institutionen, der Militärangehörigen in den Truppenteilen, der Versammlungen der Bauern in den Kollektivwirtschaften und Dörfern und der Arbeiter und Angestellten der Sowjetwirtschaften in den Sowjetwirtschaften" (WG Art. 36). b) Für die Wahlen zum Nationalitätensowjet jeweils eine Wahlkommission für jede föderative Einheit (WG Art. 39). c) Wahlkreis-Wahlkommissionen für jeden Wahlkreis für die Wahlen zum Unionssowjet (WG Art. 43). d) Wahlkreis-Wahlkommissionen für jeden Wahlkreis für die Wahlen zum Nationalitätensowjet (WG Art. 47). e) Wahlbezirks-Wahlkommissionen — für die Wahlen zum Unions- und Nationalitätensowjet identisch — in jedem Wahlbezirk (WG Art. 51). Art der Bestellung: Für alle Wahlkommissionen wie bei a) (WG Art. 40, 44, 48, 51). Die Wahlkommissionen werden von den Exekutivkomitees der Sowjets der jeweiligen Verwaltungseinheit, mit der sie korrespondieren, 50 Tage — bei den Wahlbezirks-Wahlkommissionen sind es 40 Tage — vor der Wahl bestätigt (WG Art. 37, 41, 45, 49, 52). Zusammensetzung: Sämtliche Wahlkommissionen bestehen aus einem Vorsitzenden, Stellvertreter und Sekretär; dazu bei a) 24 Mitgl., bei b) 10—16, bei c) und d) 8, bei e) 4—8, in den besonders kleinen Wahlbezirken 1—3 Mitglieder, dort entfällt audi der Stellvertreter (WG Art. 37, 41, 45, 49, 52). Wählerverzeichnisse: Werden vom Exekutivkomitee des jeweiligen lokalen Sowjets (WGArt. 15) „für jeden Wahlbezirk einzeln" (WGArt. 16) in sehr

1224

Wahl der Parlamente

detaillierter Form aufgestellt — fallweise Verzeichnisse bei automatischer Eintragung. 30 Tage vor der Wahl müssen sie zur allgemeinen Bekanntmachung aushängen (WGArt. 18). "Wer seinen Aufenthaltsort in der Zeit zwischen der Veröffentlichung der Wählerliste und dem Wahltag wechselt, wird als „abwesend" im Verzeichnis vermerkt und erhält einen Wahlschein, mit dem er an seinem neuen Aufenthaltsort wählen kann (WG Art. 20). Berichtigung und Einspruchsverfahren: Eingaben wegen falscher Eintragung hat zunächst das Exekutivkomitee des Sowjets, das das Wählerverzeichnis erstellt hat, innerhalb von drei Tagen zu prüfen (WG Art. 21). Es nimmt entweder die Berichtigung vor, oder teilt dem Antragsteller die Gründe der Ablehnung schriftlich mit (WG Art. 22). Dem Antragsteller bleibt dann noch die Anrufung des ordentlichen Volksgerichtes, dessen Entscheidung endgültig ist (WG Art. 23). Wahlrechtsschutz: Ist voll gegeben; Verstöße werden strafrechtlich verfolgt (WG Art. 109 Neufassung). Wahltermin: Spätestens zwei Monate nach Ablauf der Legislaturperiode des Obersten Sowjets oder seiner vorzeitigen Auflösung (VfsArt. 54). Die Wahlen finden zum Unions- und Nationalitätensowjet gleichzeitig und für die gesamte UdSSR einheitlich an einem arbeitsfreien Tage statt (WG Art. 71 und 72). Wahllokal: Je eines für jeden Wahlbezirk. Vorgeschrieben sind abgeteilte Wahlkabinen (WGArt. 76). Jede Wahlagitation im Wahllokal ist verboten (WG Art. 81). Wahlzeiten: Nach der Neufassung der WG Art. 74 und 84 von 6 bis 22 Uhr. Nach Ukas vom 27. Dezember 1961 kann mit Sondergenehmigung die Stimmauszählung in den kleinen Sonderwahlbezirken, auf Schiffen usw., schon früher beginnen. Stimmabgabe: Persönlich (WG Art. 77) und geheim (VfsArt. 140, WG Art. 8).

Schutz der Wahlhandlung: In WG Art. 76, 79 und 83 gegeben. Briefwahl: Ist nicht vorgesehen. Stimmauszählung: Erfolgt durch die Wahlbezirks-Wahlkommission im Wahllokal. Bevollmächtigte Vertreter der gesellschaftlichen Organisationen und Vertreter der Presse dürfen anwesend sein (WG Art. 85 und 97). Amtliche Auszählungskontrolle: Ist durch die Bestimmungen der WG Art. 89 ff. gegeben. Fälschungen bei der Auszählung werden strafrechtlich verfolgt (WGArt. 110 Neufassung). Wahlanfechtung: Im ganzen und gerichtlich ist nicht vorgesehen. Wahlprüfung: Erfolgt durch die Mandatsprüfungskommission des Unionsund Nationalitätensowjets (VfsArt. 50). Bibliographie 1. Quellen: Sammlung der Gesetze des Russischen Reiches (Svod Zakonov) 1832; Polnoe Sobranie Zakonov Russikojse Imperij 1648—1916; Zemstvo-

Sowjetunion

1225

Statut Januar 1864; Verfassung (Bulyginsche) und Wahlordnung 6. August*) 1905; Erweiterung der Wahlordnung 11. Dezember 1905; Ausführungsbestimmungen zur Dumawahl 20. Februar 1906; Neufassung der Staatsgrundgesetze 23. April 1906; Wahlordnung 3. Juni 1907; Wahlordnung zur Konstituante-Wahl 2. August 1917; Deklaration der Rechte des werktätigen und ausgebeuteten Volkes 10. Januar 1918; Verfassung der RSFSR 10. Juli 1918; (Neufassung 11. Mai 1925 und 21. Januar 1937); Verfassung der UdSSR (1. Unionsvfg.) 31. Januar 1924; Verfassung der UdSSR (Stalinsche) 5. Dezember 1936; Ordnung über die Wahlen in den Obersten Sowjet der UdSSR 9. Juli 1937; Ordnung über die Wahlen in den Obersten Sowjet der UdSSR 9. Januar 1950. 2. Quellenpublikationen: Polozenie ο vyborach ν gosudarstvennuju dumu s raz-neniami pravitel'stvujusiego senata i ministerstva vnutrennich del (Die Wahlordnung für die Wahlen zur Reichsduma mit Erläuterungen des regierenden Senats und des Innenministeriums), Petersburg 1907; Harper, S. N.: The N e w Electoral Law for the Russian Duma, Chicago 1908; Palme, Α.: Die russische Verfassung, Berlin 1910; Spravocnik partijnogo rabotnika (SPR): (Handbuch des Parteiarbeiters), 8 Bde. 1921—34, 9. Bd. 1957; Engelbert, H. (Hrsg.): Die Verfassungsgesetzgebung des Sowjetstaates, Berlin-O. -954; Hellmann, M.: D i e russische Revolution 1917, München 1964; Brunner,G.: Das Parteistatut der K P d S U 1903—1961, Köln 1965; Meissner, B.: Das Parteiprogramm der K P d S U 1903—1961, Köln 1965 3 . 3. Auswahl aus dem Schrifttum: VR/VfsGesch.: Alexejev, Ν. N.: Im Sammelwerk: Das Recht Sowjetrußlands, Tübingen 1925. Timaschow, N.: Grundzüge des sowjetrussisdien Staatsrechts, Mannheim 1925. Mirkine-Guetzevitch, B.: La thiorie generale de I'etat sovietique, Paris 1928, dt. Deuticke 1929. Gurvic, G. S.: Osnovy sovetskogo constitucii (10 ijulja 1918 goda) (Grundlagen der Sowjetverfassung vom 10. Juli 1918) (mit dem Text) Moskau 1922. Vysinskij, A.J.: Sovetskoe gosudarstvennoe pravo (Sowjetisches Staatsrecht), Moskau 1938, engl.: The Law of the Soviet State, New York 1948. Trainirt, I. P., Levin, l. D.: Sovetskoe gosudarstvennoe pravo (Sowjetisches Staatsrecht), Moskau 1948. Babb, H. W. (Übers.): Soviet Legal Philosophy, Cambridge (Mass.) 1951. Schultz, L.: Russische Rechtsgeschichte, Lahr 1951. *) Bis zur Einführung des Gregorianischen Daten im alten Stil.

Maurach, R.: Handbuch der Sowjetverfassung, München 1955. Denisov, Α. I., Kiricenko, M. G.: Sovetskoe gosudarstvennoe pravo (Sowjetisches Staatsrecht), Moskau 1957. Μ. V.: Jstorija sovetskogo Koiernikov, s u d a 1 9 1 7 _ 1 9 5 6 (Geschichte des sowjetischen Reditswesens 1917—1956), Mos1957^ Sovetskoe gosudarstvennoe pravo (SoM o s ^ m S ^ Bibliographie. Morgan, G.: Soviet Administrative Legality, Stanford 1962. Voprosy sovetskogo gosudarstvennogo prava (Fragen des sowjetischen Staatsrechts), hrsg. von der Akademie der Wissenschaften, Moskau 1959. Osnovy sovetskogo gosudarstva i prava; pod red. A. S. Fedoceeva (Grundlagen des sowjetischen Staats und Rechts; unter Red. von A. S. Fedoceev), Moskau 1962. Kalenders am 1. (14.) Februar 1918 alle

1226

Wahl der Parlamente

PolGesch./PartGesch.: Anweiler, O.: Die Rätebewegung in Rußland 1905—21, Leiden 1958. Neubauer, H.: Car und Selbstherrscher, Wiesbaden 1964. Walkin, ].: The Rise of Democracy in Prerevolutionary Russia, New York 1962. Stählin, K.: Geschichte Rußlands, Stuttgart 1923—39, Bd 3 f. Gitermann, V.: Geschichte Rußlands, Hamburg 1949, Bd. 3. Carr, Ε. H.: A History of Soviet Russia, London 1950 ff., bisher 8 Bde. Geschichte der Sowjetunion 1917—57 (Obers, a. d. Russ.) Berlin-O. 1961. v. Rauch, G.: Geschichte des bolschewistischen Rußland, Frankfurt / Hamburg 1963. Stökl, G.: Russische Geschichte, Stuttgart 1965. Jstorija SSSR (Geschichte der UdSSR), 12 Bde., Moskau 1967. Schapiro, L.: The Origin of the Communist Autocracy, London 1955. Seton-Watson, G.: Von Lenin bis Malenkow, München 1955. Leonhard, W.: Kreml ohne Stalin, Köln 1959. Meissner, Β.: Rußland unter schtschow, München 1960.

Chru-

Geschichte der Kommunistischen Partei der Sowjetunion; revidierte Ausgabe, Berlin-O. 1960. Schapiro, L.: Die Geschichte der kommunistischen Partei der Sowjetunion, Frankfurt/M. 1962. PolSystStud.: Große Sowjet-Enzyklopädie (russ.) ζ. T. auch dt. Berlin-O.

(GSE)

Gurian, W. (Ed.): The Soviet Union — Background, Ideologie, Reality, Notre Dame 1951. Towster, / . : Political Power in the USSR 1917—47, New York 1952.

Simmons, Ε. (Ed.): Continuity and Change in Russian and Soviet Thought, Cambridge (Mass.) 1955. Schlesinger, R. (Ed.): The Nationalities' Problem and Soviet Administration, London 1956. Friedrich, C. J./Brzezinski, 2. K.: Totalitäre Diktatur, Stuttgart 1957. Bochenski, J. Μ., Niemeyer, G.: Handbuch des Weltkommunismus, Freiburg 1958. Fainsod, M.: Smolensk under Soviet Rule, Cambridge (Mass.) 1958. Bauer / Inkeles (Ed.): How the Soviet System Works, Cambridge (Mass.) 19593. Black, C. (Ed.): The Transformation of Russian Society, Aspects of Social Change Since 1861, Cambridge (Mass.) 1960. Koch, H. (Hrsg.): Sowjetbuch, Köln I960 2 . McClosky / Turner: The Soviet Dictatorship, New York/London 1960. Mouskhely / Jedrik: Le gouvernment de l'URSS, Paris 1961. Scott, D.: Russian Political Institutions, New York 1961. v. Beyme, K.: Der Föderalismus in der Sowjetunion, Heidelberg 1964. Grundlagen des Marxismus-Leninismus (Lehrbuch), Berlin-O. 1964. Fainsod, M.: Wie Rußland regiert wird, erw. dt. Ausg. von: How Russia is ruled, Köln 1965. Grottian, W.: Das sowjetische Regierungssystem, Köln 19652. Meyer, Α.: The Soviet Political System. An Interpretation, New York 1965. Schapiro, L.: Partei und Staat in der Sowjetunion, Köln 1965. Kernig, C. (Hrsg.): Sowjetsystem und demokratische Gesellschaft. Eine vergleichende Enzyklopädie, Freiburg 1966 ff. Kommunismus in Geschichte und Gegenwart; ausgewähltes Bücherverzeichnis, hrsg. v. d. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 19662.

Sowjetunion WrGesch./WsStud.: Saratov Zemstvo: VseobSSceje izbiratel' noe pravo (Allgemeins Wahlrecht), Saratov 1905. Radkey, O.: The election of the Russian Constituent Assembley of 1917, Cambridge (Mass.) 1950. Svjatitskij, Ν. V.: Itogo vyborov vo vserossijskoe Ucreditel'noe sobranie (Wahlergebnisse zur Gesamtrussischen Konstituierenden Versammlung) Moskau 1918. lsakovich, D.: Le pouvoir central et le systeme electoral de la Russie sovietique, Paris 1927. Kim, A. f.: Sovetskaja Izbiratel'naja Sistema (Das sowjetische Wahlsystem), Moskau 1962.

1227 Vysinskij, A. ].: Izbiratel'nyj Zakon SSSR ν voprosach i otvetach (Das Wahlgesetz der UdSSR, in Fragen und Antworten), Moskau 1954. Carson, G.: Electoral Practices in the USSR, New York 1956. Kravcov, B. P.: Sovetskaja Izbiratel' naja Sistema (Das sowjetische Wahlsystem) Moskau 1957. GorscheniewITscheljapow: Das sowjetische Wahlsystem (Ubers, aus dem Russ.), Berlin-O. 1958. Nolte, M.: Soviet Local and Republic Elections, Stanford 1965. Kim, A.].: Sovetskoe Izbiratel'noepravo (Das sowjetische Wahlrecht), Moskau 1965.

Hermann Otto Leng

SPANIEN

I. Historischer

Teil

Das traditionalistisch-katholische, an der Kultur des Goldenen Zeitalters (1492—1598) orientierte Spanien begegnete gegen Mitte des 18. Jahrhunderts der von Frankreich einströmenden Aufklärung, die in der Folgezeit einen großen Teil des spanischen Adels und Bürgertums erfaßte. Stärker als in anderen Ländern — in denen der Protestantismus historisch auf eine Assimilierung von Altem und Neuem hingewirkt hatte — wurde in Spanien die Auseinandersetzung zwischen der Geisteshaltung der Erneuerung auf der Grundlage europäischer Ideen und der des Traditionalismus im breitesten Bereich geführt. Am geistesgeschichtlichen Vergleich bildeten sich die Gruppen der „afrancesados" (Französlinge), die Spanien die neue Kultur aufpfropfen wollten, und der Traditionalisten, die mehr in nationaler Reaktion verharrten, als wirklich einen am spanischen Mittelalter orientierten Konstitutionalismus einzuführen versuchten. Der Einfall Napoleons in Spanien im Jahre 1808 beschleunigte den Niedergang des ancien regime, das aus sich heraus nicht die Kraft besaß, tiefgreifende Reformen des Staates herbeizuführen. Napoleon, dem sich einige Kollaborateure aus den Reihen der Afrancesados anschlossen, zwang die spanischen Könige Karl IV. und Ferdinand VII. zur Abdankung, setzte seinen Bruder Joseph, König von Neapel, auf den Thron und berief eine Notabelnversammlung nach Bayonne ein. Am 6. Juni 1808 oktroyierte er eine Verfassung (Estatuto de Bayona), die ein scheinkonstitutionelles Regime in Spanien einführte. Die einkammerigen Cortes sollten 172 Mitglieder umfassen und aus den drei Ständen Klerus, Adel (mit jeweils 25 Mitgliedern) und Volk (122 Mitglieder) bestehen. Von den Volksvertretern sollten 62 als Vertreter der Provinzen indirekt von den ältesten Einwohnern und den Pfarrern der Landgemeinden bestellt, 30 als Vertreter der größeren Städte und Inseln von den Bürgermeistereien bestimmt und je 15 Vertreter des Handels und der Universitäten vom König ernannt werden. Die Einberufung der Cortes sollte mindestens alle drei Jahre und die Neuwahl der Volksvertreter bei Zulässigkeit der Wiederwahl für jede einberufene Cortes erfolgen. Der im gleichen Jahr 1808 beginnende Aufstand und Volkskrieg gegen die Franzosenherrschaft verhinderte einen Erfolg der napoleonischen Spanienpolitik. Die eigentliche konstitutionelle Bewegung

1230

Verfassunggebende Cortes von 1810

ging zudem jetzt auch von Spanien selbst aus. Liberale Erneuerer versuchten während des nationalen Befreiungskrieges auf der Grundlage von Rousseaus Lehre vom Contrat social (neuer Vertragsabschluß) und nach den Ideen Montesquieus (Gewaltenteilung) einen neuen spanischen Staat zu gestalten. Zu den nach Cadiz, der einzigen von den Franzosen nicht besetzten Stadt, einberufenen verfassunggebenden Cortes waren im Jahre 1810 alle männlichen Spanier über 25 Jahren wahlberechtigt, die einen eigenen Hausstand besaßen, wählbar diejenigen, die darüber hinaus aus der Provinz stammten, die sie repräsentieren sollten. Auf 50 000 Einwohner des Mutterlandes und auf 100 000 weiße Einwohner der Überseegebiete sollte ein Abgeordneter entfallen. Die Wahl erfolgte stufenweise. Die Urwähler bestellten im Pfarrbezirk Wahlmänner, die im Gerichtsbezirk zusammentraten und erneut Wahlmänner wählten, die sich dann in der Provinzhauptstadt versammelten und die Abgeordneten wählten, allerdings nicht direkt. Das Los entschied zwischen den Kandidaten, die die meisten Stimmen erhalten hatten. Daneben entsandten die 37 Städte, die früher in den mittelalterlichen Cortes Sitz und Stimme besaßen, sowie die aus den nationalen Erhebungen hervorgegangenen etwa 50 Provinzjuntas je einen Vertreter in die verfassunggebenden Cortes. In keiner Provinz soll es in der dritten Wahlstufe weniger als 100 Wahlmänner gegeben, in Madrid ihre Zahl sogar fast 4000 erreicht haben. Infolge der Besetzung des Landes konnten aber nicht in allen Provinzen Wahlen abgehalten werden. Ernennungen von Abgeordneten, wie sie in Aragon erfolgt waren, erkannte die Regentschaft in Cadiz nicht an. Sie verlangte, daß ordentliche Wahlen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchgeführt wurden. Auch die Repräsentation der Ubersee-Gebiete, die nach 1823 bis zur spanischen Revolution von 1868 völlig aufgegeben wurde, war 1810 großen Schwierigkeiten unterworfen. Die verfassunggebende Versammlung sollte an sich aus 258 Abgeordneten bestehen. Die tatsächliche Abgeordnetenzahl erhöhte sich erst im Laufe der Sitzungszeit von 100 bei Eröffnung auf 223 Abgeordnete bei Schließung. Viele unter ihnen, zu Sitzungsbeginn über die Hälfte, waren nur „suplentes", Ersatzabgeordnete, zu deren Wahl sich der Regentschaftsrat im Dekret vom 10. August 1810 entschloß, um überhaupt die verfassunggebenden Cortes eröffnen zu können. Die Suplentes wurden unter den zahlreichen, in Cadiz sich aufhaltenden Gebürtigen der verschiedenen Provinzen des Landes und auch des spanischen Amerika in nach Provinzen aufgeteilten Versammlungen gewählt. Die Abgeordneten wurden wieder unter den Kandidaten, die bei der Wahl die meisten Stimmen erhalten hatten, durch Losentscheid ermittelt.

Spanien (1808—1834)

1231

Die Suplentes waren von nicht geringem Einfluß auf die politische Ausrichtung der Cortes, weil sie weitgehend den liberalen Handelsund Wirtschaftskreisen angehörten. Da der Tagungsort Cadiz infolge der Besetzung des Landes von See her besser zugänglich war, waren zudem unter den tatsächlich eintreffenden gewählten Abgeordneten die aufstrebenden, aufgeklärten Küstenlandschaften gegenüber den traditionsgebundenen Inlandprovinzen überrepräsentiert. So strebte eine kleine Gruppe vor allem wirtschaftlich interessierter Liberaler, eine an „Europa" orientierte intellektuelle Minderheit, nach gesellschaftlicher und politischer Emanzipation und brach mit der tief verwurzelten konservativen Gesinnung des Volkes. Darüber hinaus suchte ihr Werk keinen Ausgleich zwischen den sich in der Versammlung selbst bildenden Gruppen der Traditionalisten (Serviles) und Liberalen (diese Bezeichnung ist dort für die fortschrittlichen Abgeordneten als Parteibezeichnung aufgekommen), sondern beließ die Konservativen in Opposition zur Verfassung. Von 1812 ab bestimmten die beiden Prinzipien „Tradition" und „liberale Erneuerung" das Wechselspiel der spanischen Verfassungsgeschichte. Verfassungsbemühungen und -Verhalten von Cadiz wurden zum bezeichnenden Beispiel für die gesamte spätere Verfassungsgebung. Die in Extremen versteifte Haltung der Spanier, die sich aus ihrer Geschichte und und Mentalität erklärt, ließ eine „consciencia publica" nicht aufkommen und führte auch im politischen Bereich zur These von den „beiden Spanien", einer Vereinfachung zwar, die aber die ständige Präsenz einer geistigen und kämpferischen Alternative zum jeweils bestehenden Verfassungssystem veranschaulicht. Aus dem für das Entstehen einer Verfassung so wesentlichen Verfassungskampf aller politischen Kräftegruppen ist — vielleicht mit Ausnahme der Verfassung von 1876 — nie ein tragbarer Kompromiß, sondern stets eine mehr oder weniger typische Kampfverfassung hervorgegangen. Der sozio-ökonomische Entwicklungsstand des Landes ließ überdies die politische Auseinandersetzung um den modernen Staat als verfrüht erscheinen. Die bürgerliche Schicht, die das neue System hätte tragen sollen, war durch eine so geringe Minderheit vertreten, daß für die modernen Begriffe von Freiheit und Gleichheit, Staatsbürgertum und Verfassung die sozialen Voraussetzungen fehlten. Die Restauration des absolutistischen Regimes war jedoch nach der Konfrontation des Volkes mit den konstitutionellen Ideen nicht mehr möglich. In eineinhalb Jahrhunderten wurde fast die ganze Skala politischer Grundordnungen durchgespielt, wobei die allgemeine Respektlosigkeit gegenüber der verfassungsmäßigen Ordnung sowie namentlich

1232

Verfassung von 1812 / Reaktion

der Einfluß des Militärs auf die Politik wesentliche Faktoren der politischen Instabilität darstellten. Die Verfassung von Cadiz basierte entsprechend ihrem Vorbild, der französischen Verfassung von 1791, auf den Prinzipien der Volkssouveränität und der Teilung der Gewalten in Exekutive und Legislative. Die einkammerigen Cortes wurden nach einem nahezu allgemeinen, aber indirekten Männerwahlrecht gewählt. Wahlberechtigt waren alle unabhängigen Spanier, die das 21. Lebensjahr vollendet hatten und ihren Wohnsitz in Spanien besaßen. Das passive Wahlrecht war gebunden an ein Alter von 25 Jahren und ein jährliches Einkommen aus eigenem Besitz, darüber hinaus an die Geburt oder eine siebenjährige Wohnsitznahme in der Provinz, in welcher die Kandidatur erfolgte. Auf 70 000 Einwohner des Mutterlandes und auf 100 000 Einwohner der Überseegebiete sollte je ein Abgeordneter entfallen, die Wahlperiode zwei Jahre betragen. Das Wahlverfahren blieb im wesentlichen unverändert. In den Wahlversammlungen der Pfarreien sollten jeweils elf Wahlmänner gewählt werden, die dann den Wahlmann der Pfarrei für die Bezirksversammlung bestellten. In der Pfarrei war demnach die Wahl bereits zweistufig. Auf 200 Wahlbürger sollte ein Wahlmann der Pfarrei entfallen. War die Zahl der Bürger höher, so stieg auch die Zahl der Wahlmänner und der Pfarreiwahlmänner, so daß bei 400 Wahlbürgern 21 Wahlmänner und von diesen zwei Pfarreiwahlmänner gewählt wurden. Die Pfarreivertreter versammelten sich im Gerichtsbezirk und wählten eine erneute Kategorie von Wahlmännern, die ihrerseits schließlich das letzte Gremium von Wahlmännern bestellte, die Provinzversammlung, die dann die Cortesabgeordneten für die betreffende Provinz wählten. Die Wahl der Abgeordneten durch die Provinzwahlmänner erfolgte bei offener Stimmabgabe nach absoluter Mehrheitswahl mit Stichwahl im zweiten Wahlgang. Die Zahl der Abgeordneten richtete sich nach der Einwohnerzahl der Provinz, die Zahl der Provinzwahlmänner nach derjenigen der in der Provinz zu wählenden Abgeordneten. Sie mußte dreimal so groß sein. Nach diesem umständlichen, indirekten Wahlverfahren wurden im Herbst 1813 die ersten Wahlen zu ordentlichen Cortes abgehalten, bei denen erneut Wahlfälschungen vermerkt wurden. Von den gewählten Abgeordneten erschienen jedoch nur einige Dutzend in Cadiz. Für die Fehlenden wurden die Vertreter der betreffenden Provinzen berufen, die auch schon in den verfassunggebenden Cortes ihre Provinz repräsentiert hatten, was im Gegensatz zum Artikel 110 der Verfassung stand, der eine Wiederwahl von Abgeordneten in direkter Folge ausschloß.

Spanien (1808—1834)

1233

Die neue politische Ordnung wurde jedoch von Ferdinand VII. nicht anerkannt. Nach seiner Entlassung aus französischer Gefangenschaft als Folge der Niederlage Napoleons gegen seine europäischen Gegner kehrte er zu absolutistischer Regierungsweise zurück, unterstützt von den „Servilen", die in Cadiz gegen die Verfassung gestimmt hatten, teils aus absolutistischen Motiven, teils weil sie eine konstitutionelle Entwicklung in engerer Anlehnung an die mittelalterlichen Institutionen Spaniens erstrebten. Die folgenden beiden Jahrzehnte wurden gekennzeichnet durch die Auseinandersetzung zwischen Liberalen einerseits und Absolutisten und Traditionalisten andererseits, die einander mit äußerster Vehemenz bekämpften. Die jährlichen Umsturzversuche der Liberalen nach 1814, die eine verfassungsmäßige Regierung des Königs zum Ziele hatten, scheiterten, bis schließlich dem Pronunciamiento des Commandante Riego im Jahre 1820 Erfolg beschieden war und die Verfassung von Cadiz erneut proklamiert und jetzt von Ferdinand VII. beschworen wurde. In der politischen Praxis zeigten sidi nun erhebliche Funktionsschwächen der gewaltenteilig angelegten Verfassung. Ehe diese und andere innenpolitische Schwierigkeiten die Liberalen, die sich in „Exaltados" (spätere Progressisten) und „Moderados" (Gemäßigte) spalteten, scheitern ließen, kam es zur Intervention Frankreichs, das 1823 im Auftrage der Heiligen Allianz die absolute Herrschaft Ferdinand VII. in Spanien wiederherstellte. Nach Jahren intensiver Verfolgung der Liberalen, die größtenteils emigrierten, fand der König zu Beginn der dreißiger Jahre vor allem im Zusammenhang mit der Nachfolgefrage (Ferdinand VII. Tochter Isabella oder sein Bruder Don Carlos) zu einer gemäßigteren Politik, die den Bereich und die Fronten der politischen Auseinandersetzung veränderte und einen konstitutionellen Neubeginn ermöglichte. Die Anhänger des regierenden Königshauses gingen größtenteils zu den gemäßigten Liberalen über, während die Parteigänger von Don Carlos (Karlisten), die ihre politischen Ziele militärisch durchsetzen wollten (Karlistenkriege: 1834—1839; 1847—1849; 1872—1876) in absolutistischer Reaktion verharrten. Nach dem Tode Ferdinand VII. im Jahre 1834 wurde von den tragenden politischen Gruppen die Beschränkung der monarchischen Rechte durch eine Volksvertretung grundsätzlich nicht mehr in Frage gestellt. Umkämpft blieb in den folgenden Jahrzehnten zwischen den Flügeln der Liberalen das Ausmaß der Kompetenzen der Cortes und ihre Bestellungsweise, vor allem das engere Wahlrecht. Um das Wahlsystem hat es im 19. Jahrhundert in Spanien keine bedeutende Diskussion gegeben, wiewohl von einigen Autoren in einer Änderung des Wahlsystems zugunsten der Verhältniswahl ein Mittel ge78

Stemberger-Vogel,

Parlamente 1,2

1234

Verfassung von 1834 / Wahldekrete von 1834 und 1836

sehen wurde, der Wahlfälschung Herr zu werden, und obgleich sich bereits am Ausgang des 18. Jahrhunderts Joseph Isodoro Morales in einer mathematisch fundierten Studie (Memoria matemätica sobre el cälculo de la opinion en las elecciones, Madrid 1797) mit dem Wahlsystem beschäftigt hat. Morales wies mit Entschiedenheit auf die Bedeutung des Wahlsystems für die politische Repräsentation hin und empfahl als die genaueste Methode der Wahl die Klassifikation der Kandidaten durch die Wähler. Die oktroyierte Verfassung von 1834 (Estatuto Real), die der französischen Charte von 1830 nachgebildet war, verließ die demokratische Linie der „Constitucion de Cadiz", hob die strikte Gewaltentrennung von 1812 auf und ließ in der Verfassungspraxis die Verantwortung der Regierung gegenüber dem Parlament zu. Allerdings konnte das Parlament kein Ubergewicht im Verfassungssystem erringen; der Krone verblieb der entscheidende Einfluß auf die Regierung, die sie in aller Regel nicht nach, sondern entgegen dem Mehrheitswillen des Parlaments ernannte, das sie auflösen konnte. Die von der Krone gestützte Regierung erlangte dann in Neuwahlen „ministerielle" Mehrheiten. Das Estatuto Real führte das Zweikammersystem und hohe Zensuserfordernisse für das Wahlrecht in Spanien ein. Die Mitglieder der ersten Kammer, der „Proceres del Reinol", wurden im wesentlichen ernannt. In ihr fanden vor allem die alten privilegierten Stände, Adel und Geistlichkeit, Aufnahme, wobei unterschieden wurde zwischen Mitgliedern kraft Geburt oder eigenen Rechts: die Granden über 25 Jahren, die jährlich über 200 000 Reale Einkommen bezogen, und Mitgliedern, die der König aus folgenden Kategorien ernannte: Prälaten, Mitglieder des Hochadels bei einem Mindestalter von 25 Jahren und einem Einkommen von 80 000 Realen, Industrielle und Vertreter der Wissenschaft bei einem Einkommen von 60 000 Realen und schließlich verdiente ehemalige Abgeordnete. Die Zahl der Mitglieder der ersten Kammer war unbegrenzt und die Procer-Würde bestand auf Lebenszeit. Zur Wahl der zweiten Kammer, der „Procuradores del Reino", sollten nach dem Dekret vom 20. Mai 1834 in jeder Bezirksstadt die Mitglieder des Gemeinderates und eine gleiche Anzahl von Höchstbesteuerten zusammen den Wahlkörper bilden, der zwei Bezirkswahlmänner bestellte. Diese Wahlmänner kamen in den Provinzhauptstädten zusammen, um die Prokuradoren zu wählen. Das Wahlalter wurde von 21 auf 30 Jahre erhöht. Für das passive Wahlrecht wurde die Vollendung des 30. Lebensjahres und ein Einkommen von 12 000 Realen gefor-

Spanien (1834—1868)

1235

dert, dazu eine mindestens zweijährige Ansässigkeit in der zu vertretenden Provinz. Die ehedem durch mehrstufige Wahl erfolgte Bestellung eines letzten Wahlgremiums, das die Abgeordneten wählte, wurde nun durch den Zensus als Kriterium ersetzt. Ein Abgeordneter sollte auf 50 000 Einwohner entfallen. Die Wahlperiode wurde von zwei auf drei Jahre erhöht; die Abgeordneten konnten direkt wiedergewählt werden. Nach diesem Wahlgesetz waren etwa 18 000 Spanier, 0,15 Prozent der Bevölkerung, wahlberechtigt. Sie bestellten etwa 1000 Wahlmänner, die 190 Abgeordnete wählten. Die Basis des Repräsentativsystems hatte sich gegenüber 1812 erheblich verengt, so daß selbst große Teile jener sozialen Schicht vom Wahlrecht ausgeschlossen waren, die als Stütze der konstitutionellen Entwicklung Spaniens angesehen werden mußte. Begründet wurde die drastische Beschränkung der Zahl der Wahlberechtigten mit der Notwendigkeit, einen unabhängigen Wahlkörper zu schaffen, der in seiner Stimmabgabe nicht manipuliert werden könnte. In den Beratungen der Cortes des Estatuto stand die Reform des Wahlgesetzes, namentlich die Einführung der direkten Wahl der Abgeordneten und die Ausweitung des Wahlkörpers, im Mittelpunkt. Das Dekret vom 24. Mai 1836, das aus den Debatten der Cortes hervorging, ohne dort selbst verabschiedet worden zu sein, schuf zwei Wählergruppen: Höchstbesteuerte und Kapazitäten. Wahlberechtigt waren die Höchstbesteuerten in jeder Provinz im Verhältnis von 200 für jeden zu wählenden Abgeordneten. Daneben erhielten das aktive Wahlrecht die Familienvorstände mit eigenem Hausstand in der betreffenden Provinz und bei einem Alter von über 25 Jahren, wenn sie bestimmte berufliche Qualifikationen erbrachten: 1. Rechtsanwälte zwei Jahre nach Studienabschluß; 2. Ärzte und Apotheker nach zweijähriger Berufstätigkeit; 3. Doktoren und akademisch Graduierte; 4. Architekten, Maler, Bildhauer mit dem Titel „academicos de las Bellas Artes"; 5. Hochschullehrer; 6. Angehörige oder Ex-Angehörige des Militärs ab Dienstgrad Capitan, wenn deren militärische Einheiten sich nicht zur selben Zeit in der Provinz befinden, in der sie ihr Stimmrecht ausüben; 7. Führer und Capitanes der Guardia Nacional. Nach der vollständigsten Quelle (Caballero, El Gobierno y las Cortes del Estatuto. Materiales para su historia, Madrid 1836; 47 von 49 Provinzen) weitete das neue Wahldekret die Wählerschaft auf 65 067 Wahlberechtigte aus, etwa 0,5 bis 0,6 Prozent der Bevölkerung. Die Zahl der Höchstbesteuerten unter ihnen belief sich auf 50 141, die der Kapazitäten auf 14 926 (Militär: 3231; Guardia Nacional: 2680;

1236

Auswirkungen der Wahlgesetze / Verfassung von 1837

Rechtsanwälte: 2644; Ärzte: 2548; Apotheker: 1931; Doktoren und akademisch Graduierte: 1892). Das Verhältnis von Höchstbesteuerten und Kapazitätenwähler differierte stark nach Provinzen: z.B. kamen in Madrid auf 2924 Wahlberechtigte 1193 Kapazitätenwähler, in Castellon auf 1062 nur 172. Der Anteil der Kapazitäten an der Wählerschaft einer Provinz war deshalb von Bedeutung, weil er ein Bestimmungselement der politischen Ausrichtung des beschränkten Wahlkörpers darstellte. Die Kapazitäten waren in stärkerem Maße fortschrittlich-liberal gesinnt als die Höchstbesteuerten. Kaum weniger Gewicht als die Frage der Gestaltung des Wahlrechts besaß in den Cortes-Auseinandersetzungen die Frage der Wahlkreiseinteilung, die mit dem Wahlsystem zusammenhing. Die Gemäßigten-Liberalen propagierten die Wahl nach Distrikten, in kleineren Einheiten, praktisch in Einerwahlkreisen, da für sie die Trennung von Stadt und Land aufgrund ihres größeren Einflusses in den Gemeinden und kleineren Städten auf dem Lande vorteilhaft war. Ihren Vorstellungen entsprechend wurde 1834 in kleinen Wahlkreisen zumeist jeweils nur ein Abgeordneter gewählt, wobei die Wahlkreiseinteilung Sache der Provinzdeputationen war und nicht nach für ganz Spanien einheitlichen Richtlinien erfolgte. Dagegen forderten die Progressisten die Wahl nach Provinzen in großen Mehrmannwahlkreisen, weil ihre Macht, die sich auf Handel und Gewerbe stützte und sich in den Geheimgesellsdiaften verkörperte, in den Provinzhauptstädten dominierte, die 1836 fast ein Viertel der Wählerschaft stellten. In den Provinzen als Wahlkreisen wurden nach dem neuen Wahldekret die Abgeordneten direkt von den Wahlberechtigten in absoluter Mehrheitswahl gewählt. Die Wähler hatten soviel Stimmen zu vergeben, wie Abgeordnete zu wählen waren. Da auf 50 000 Einwohner ein Abgeordneter entfallen sollte, konnten sie bei unterschiedlicher Einwohnerzahl der Provinzen teilweise 20 bis 30 Stimmen vergeben. Gewählt waren die Kandidaten, die eine Anzahl von Stimmen erreichten, die der absoluten Mehrheit der an der Wahl teilnehmenden Wahlberechtigten entsprach. In der erweiterten Stichwahl des zweiten Wahlganges, an der für jedes unbesetzt gebliebene Mandat die drei stimmstärksten Kandidaten des ersten Wahlganges teilnehmen sollten, genügte die relative Mehrheit. Die Wahl in den Provinzen als Wahlkreisen hatte vor allem die Wirkung, die Wahlchancen lokal bekannter Persönlichkeiten, die vordem in den teilweise auf ihre Anhängerschaft zugeschnittenen Einerwahlkreisen erfolgreich gewesen waren, zu vermindern, und regional, insbesondere in den Hauptorten bekannte Personen zu begünstigen, zumal sidi hier die Wählerschaft des Zensus- und Kapazitätenwahlrechts konzentrierte. Ebenso wie die engeren Wahlrechtsbestim-

Spanien (1834—1868)

1237

mungen war audi das Wahlsystem frühzeitig dem parteipolitischen Opportunitätsdenken unterworfen, wobei die Möglichkeit der Manipulierung von Wähler und Wahlen, die die politischen Gruppen je in ihrem System für sich besser gegeben sahen, besonders relevant war. In der Folgezeit wechselte mit den gemäßigten und fortschrittlichen Verfassungen das System der Wahlkreiseinteilung. Bei den ersten direkten Wahlen in Spanien im Jahre 1836 erzielte die gemäßigte Regierung Isturiz, die von der Regentin gegen eine bestehende progressive Parlamentsmehrheit ernannt worden war, bei einer Wahlbeteiligung von etwa 70 Prozent im ersten Wahlgang 80 Mandate gegenüber 56 der Opposition. Es wurde erwartet, daß es ihr gelingen würde, sich die parlamentarische Mehrheit bei der Bestellung der restlichen 105 Abgeordneten der insgesamt 241 Cortesmitglieder zu erhalten bzw. sie noch auszubauen. Die Abhaltung des zweiten Wahlganges aber wurde vom demokratischen Flügel der Progressisten verhindert. In der Verschwörung von La Granja wurde die Regentin zur erneuten Proklamierung der Verfassung von Cadiz gezwungen, die gültig sein sollte, bis verfassunggebende Cortes eine neue Verfassung ausgearbeitet hätten. Wie in der liberalen Zwischenphase von 1820 bis 1823 wurde nun erneut nach den Wahlrechtsbestimmungen der Verfassung von 1812 gewählt. Bei diesen letzten vierstufigen Wahlen zur Konstituante von 1837 waren 3 216 000 Einwohner aktiv wahlberechtigt. Sie bestellten durch 200 000 Wahlmänner in der Pfarrei 16 000 Vertreter der Pfarreien, die 460 Gerichtsbezirksvertreter wählten, welche dann die Abgeordneten bestellten. Die Urwählerschaft betrug im Jahre 1836 etwa 24 bis 26 Prozent der Bevölkerung, so daß ein nahezu allgemeines Männerwahlrecht bestand. Die von der verfassunggebenden Versammlung verabschiedete Verfassung vom 18. Juni 1837 rüdcte endgültig von der Verfassungstradition von Cadiz ab und trennte Demokraten und Progressiv-Liberale. Wie im Verfassungssystem, das auf der monarchischen Prärogative beruhte und dem Parlament nur eine nachgeordnete Stellung einräumte, griffen die Progressiven 1837 auch im Wahlrecht wesentlich auf die Maßstäbe von 1834/36 zurück, versuchten aber, die Zahl der Wahlberechtigten auszuweiten. Dabei hoben sie das Kapazitätenwahlrecht auf und machten die Ausübung politischer Aktivbürgerrechte ausschließlich vom Besitz abhängig. Das Zweikammersystem von 1834 wurde übernommen und blieb ein Merkmal aller späteren spanischen Verfassungen bis 1931. Beide Kammern wurden jetzt gewählt und zwar von der gleichen Wählerschaft. Das Wahlrecht war gebunden an ein gegenüber

1238

Wahlgesetz von 1837 / Politische Gruppen

1834 reduziertes Wahlalter von 25 Jahren und an einen ebenfalls ermäßigten Zensus: a) eine Steuer von 200 Realen oder b) ein festes Einkommen von jährlich 1500 Realen oder die Zahlung von 3000 Realen jährlicher Pacht oder die Miete bzw. das Bewohnen eines Hauses, dessen Mietwert in Madrid 2500 Reale betrug, in Städten über 50 000 Einwohner 1500 Reale, 1000 Reale in kleineren Städten, teilweise auf dem Lande auch nur 100 Reale. In den Provinzen, in denen keine 300 Steuerwähler der Gruppe a) auf einen zu wählenden Abgeordneten entfielen, sollte der Zensus so weit gesenkt werden, daß die geforderte Zahl an Steuerwählern in der Provinz erreicht wurde. Tatsächlich ergaben sich nach Provinzen große Unterschiede. Während es in Huesca, Zaragoza, Sevilla und anderen Provinzen über 3000 Zensuswähler gab, mußte in Santander, Lugo und Oviedo der Zensus gesenkt werden, um 300 Zensuswahlberechtigte pro Abgeordneten zu erhalten. Für den Senat besaßen alle über 40 Jahre alten Spanier ohne zensitäre Beschränkung das passive Wahlrecht. Der Krone stand allerdings das Recht zu, aus einer Liste gewählter Kandidaten, die die dreifache Zahl der letztlich zu bestellenden Senatoren enthielt, die Senatsmitglieder auszuwählen. Senatoren waren zudem k r a f t eigenen Rechts der direkte Thronfolger und die Söhne des Königs über 25 Jahren. Die Mitgliedsstärke des Senats wurde auf drei Fünftel des Abgeordnetenhauses beschränkt. Die Neuwahl der Senatoren sollte jeweils zu einem Drittel mit den Wahlen zum Abgeordnetenhaus alle drei Jahre erfolgen. Für den Kongreß wurde das passive Wahlrecht entsprechend belgischem Vorbild (-»- S. 78) an keinen Zensus gebunden. Voraussetzung war ein Alter von 25 Jahren und der weltliche Stand der Abgeordneten, nachdem die Geistlichkeit in den bisherigen spanischen Cortes, vor allem in der Zeit von 1810 bis 1814, eine wichtige Rolle gespielt hatte. Unverändert sollte auf 50 000 Einwohner ein Abgeordneter entfallen. Die Mandatsstärke des Kongresses variierte in der Folgezeit kaum und betrug auch 1843/44 noch 241. Die Wahl war direkt und die Abgeordneten konnten ohne Einschränkung wiedergewählt werden. Indem die Progressiven 1837 vom System einer festen Höchstbesteuerten-Quote von 200 in der Provinz auf einen Abgeordneten abgingen, hoben sie zum einen die großen Unterschiede auf, die sich bei den Wahlen von 1836 hinsichtlich des Zensus ergeben hatten, der zur Erlangung der Wahlberechtigung in den Provinzen erforderlich war. Während in Madrid, Sevilla und Cordoba über 500 Reale Steuern zu entrichten gewesen waren, hatten in Oviedo 58, in Almeria 122

Spanien (1834—1868)

1239

und Lugo 142 Reale Steuerleistung genügt. Zum anderen ermöglichten sie, daß wirtschaftliche Entwicklungen nun eine fortschreitende Ausweitung der Wählerschaft herbeiführten und nahmen dabei in Kauf, daß sich die Zahl der Wahlberechtigten entsprechend der Wirtschaftsund Besitzstruktur der Provinzen sehr unterschiedlich gestaltete. Während in Lugo, Santander und Pontevedra weniger als 30 Einwohner auf einen Wahlberechtigten entfielen, betrug ihre Zahl in Alava, Castellon und Guipuzcoa über 80. Nach den für 46 der damals 49 Provinzen vorliegenden Daten waren 257 984 Spanier wahlberechtigt, etwa 2,1 Prozent der Bevölkerung. Gegenüber 1834 hatte sich die Zahl der Wahlberechtigten vervierfacht; sie stieg in den folgenden Jahren aufgrund einer sich verstärkenden Inflation kontinuierlich auf etwa 600 000, ungefähr fünf Prozent der Bevölkerung, an (s. Tab. A l ) , in einigen Provinzen (Alava, Guipuzcoa, Zamora) sogar auf sechs bis sieben Prozent. Mit der Ausweitung der Wählerschaft wuchs auch die Wahlkorruption der nun wirksamer auftretenden politischen Gruppen oder Cliquen. Von den Wählervereinigungen des Estatuto Real, die noch keineswegs für die Kandidatenaufstellung Bedeutung erlangt hatten — so bewarben sich 1836 insgesamt 6224 Kandidaten, im Schnitt 138 in jeder Provinz, 26 für jedes zu besetzende Mandat — , ging die Entwicklung zu Parteiclans, die sich bald durch ihre autoritäre Führung von der in den konstitutionell regierten Ländern vorherrschenden Form der Honoratiorenpartei unterschieden. Vor allem die großen Gruppen, Gemäßigte, Progressisten und späterhin die Liberale Union, wurden durch Persönlichkeiten geführt, die ihr Ansehen aufgrund militärischer Leistungen erworben hatten (Espartero, Narvaez, O'Donnel, Serrano, Prim usw.). Sie drängten selbst zur Verbindung mit einem, meist geadelten, General, da im Lande kein ziviler Politiker ein solches Prestige besaß. Es blieb nicht aus, daß die Streitkräfte in die Politik hineingezogen und mit ihr aufs engste verbunden wurden. Das Militär bildete sowohl für die gemäßigte Partei als auch für die Fortschrittler die reale Machtbasis oftmals diktatorialer Herrschaftspraxis. Von ihm gingen schließlich sogar die eigentlichen Impulse für das politische Leben aus. Regierungswechsel zwischen Liberalen und Konservativen erfolgten fast ausschließlich über gewaltsame Eingriffe des Militärs durch die Praxis der Pronunciamientos. Neben die Militärs als Parteiführer trat nach außen hin ein Stab von Zivilisten. Sie dienten selten als wirkliche Berater. Das Herz des Teams bildeten die Wahlfachmänner, die sich nach der Regierungsübernahme sogleich des Innenministeriums bemächtigten und die nächsten Wahlen „machten", sobald die Kommunikation

1240

Wahlpraxis / Wahlgesetze von 1846 und 1865

zwischen der Zentrale und den Provinzen, Städten und Dörfern hergestellt war. Gestützt auf das autoritäre Regime des Generals Narvaez unternahmen die gemäßigten Liberalen im Jahre 1845 eine Verfassungsreform. Die neue Verfassung vom 23. Mai gleichen Jahres stärkte die königliche Stellung im Verfassungssystem. Wesentlich war vor allem die Änderung der Bestellungsweise der Cortes. Die Verfassung und das nachfolgende Wahlgesetz vom 18. März 1846 hoben die Bestellung des Senats durch Wahl wieder auf. Die Krone ernannte erneut wie 1834 die Senatoren aus einer Anzahl von Personen, die verschiedenen Kategorien angehörten: ehemalige Minister, Granden, Erzbischöfe, Botschafter, wenn sie 30 Jahre alt waren und ein auf Lebenszeit sicheres, jährliches Einkommen von 20 000 Realen bezogen, in unbeschränkter Zahl und auf Lebenszeit. Bis auf die Königssöhne gab es keine Mitglieder der ersten Kammer kraft eigenen Rechts. Für das Wahlrecht zum Kongreß wurde der Zensus auf 400 Reale direkter Steuern, die seit einem Jahr entrichtet worden sein mußten, erhöht. Für die Gebildeten — als solche galten: Akademiemitglieder, Doktoren, Kapitelmitglieder, Pfarrer, Beamte, Offiziere (wenn sie pensioniert waren), Advokaten und Persönlichkeiten des öffentlichen und geistigen Lebens — reduzierte sich der Zensus auf 200 Reale. Das passive Wahlrecht wurde, nachdem 1837 kein Zensus bestand, an den Bezug eines Einkommens von 12 000 Realen oder die Zahlung direkter Steuern in Höhe von 1000 Realen geknüpft. Die Bestimmung, daß der Zensusnachweis für das vorausgegangene Jahr erbracht werden mußte, sollte die Kandidatur von Personen einer sozialen Schicht und Stellung sichern, die nicht erst aus der politischen Betätigung heraus erwachsen sein sollte. Die Wahlperiode wurde von drei auf fünf Jahre erhöht. Gewählt wurde jetzt wieder in kleinen Wahlkreisen. Bei der Einteilung des Landes in Wahldistrikte wurde vorgesehen, daß auf sie wenigstens 150 Wahlberechtigte entfielen. Bei Nichterreichen dieser Zahl sollten die nächstfolgenden Höchstbesteuerten zu Wahlberechtigten aufrücken. Über die Einteilung der Provinzen in Wahlkreise entschied nun die Regierung, so daß sie in Ausführung des Wahlgesetzes sowohl auf die Zahl der Wahlberechtigten als auch auf die Chancen der Kandidaten durch gezielte Wahlkreisgeometrie Einfluß besaß. Das neue Wahlgesetz schränkte den Kreis der Wahlberechtigten ganz erheblich ein. Entgegen 1844 etwa 600 000 waren im Jahre 1846 nur 97 100 Spanier wahlberechtigt. Noch weitergehende Restriktionen wurden im Verfassungsentwurf Bravo Murillos aus dem Jahre 1852

Spanien (1834—1868)

1241

geplant, nach dem das Land in 171 Wahlkreise eingeteilt und je ein Abgeordneter direkt von den 150 Höchstbesteuerten gewählt und damit die Wählerschaft auf 25 650 Wahlberechtigte gesenkt werden sollte. Der liberale Aufstand von 1854, aus dem die Liberale Union, ein Zusammenschluß von fortschrittlichen Moderados und gemäßigten Progressisten, hervorging, richtete sich vor allem gegen das autoritäre Regime des Generals Narvaez. Nach zweijährigen Beratungen einer verfassunggebenden Versammlung, die nach dem Wahlgesetz von 1837 gewählt worden war und die einen maßvoll progressistischen Verfassungsentwurf ausarbeitete, kehrten die Moderados über ein neuerliches Pronunciamiento im September 1856 an die Macht zurück. Die Verfassung von 1845 wurde, versehen mit einer Zusatzakte, die geringfügige liberale Zugeständnisse enthielt, wieder eingeführt. Im Oktober gleichen Jahres erfolgte bereits die Aufhebung der Zusatzakte. Die Zahl der Wahlberechtigten war seit 1845 zwar gestiegen, aber erst das Wahlgesetz vom 18. Juli 1865 brachte, nachdem die Progressisten aus Protest gegen die autoritäre Herrschaftspraxis der Moderados sich bereits 1863 nicht mehr an den Wahlen beteiligt hatten, eine umfangreichere Ausweitung des Wahlrechts von etwa 1,2 auf 2,6 Prozent der Bevölkerung. Indes, die Wahlberechtigtenzahl von 1844 wurde unter dem Zensuswahlrecht nicht wieder erreicht (s. Tab. A l ) . Die Wahlrechtsänderungen betrafen den Steuerzensus, der auf 200 Reale gesenkt und ebenso für die Gebildeten auf die Hälfte ermäßigt wurde. Damit veränderte sich das prozentuale Verhältnis der Wahlberechtigten, die aufgrund ihrer Steuerleistung und solchen, die aufgrund ihrer Bildung das aktive Wahlrecht erhielten, wesentlich zugunsten letzterer, deren Anteil an der Gesamtwahlberechtigtenzahl von fünf auf 15 Prozent stieg. Der Vorrang des Besitzes, insbesondere des Landbesitzes, als Qualifikation und Maßstab des Wahlrechts wurde allerdings nicht ernsthaft in Frage gestellt (s. Tab. A 2). Immerhin hat diese Wahlreform, durch die auch die relative Mehrheitswahl in Spanien eingeführt wurde, den liberalen Kräften einen Zugang zum Parlament, dem nun 349 Abgeordnete angehörten, verschafft, da die Kontrolle der Regierung über die zensitär privilegierte Wählerschaft, die auf einer stillschweigenden Interessenübereinkunft beruhte, nicht in gleicher Weise auf die durch Bildung privilegierten politischen Aktivbürger ausgedehnt werden konnte. Die Wahlbeteilung war seit 1858 ständig gesunken. Im Jahre 1865 nahmen nur 53 Prozent der Wahlberechtigten teil. Dabei variierte die Wahlbeteiligung zwischen den Gruppen der durch Besitz Wahlberechtigten mit 54 Prozent und der durch Bildung Wahlberechtigten mit 45 Prozent, Reflex des Protestes der Gebildeten gegen die

1242

Revolution von 1868 /1. Republik

liberale Monarchie der spezifisch spanischen, konservativ-autoritären Ausprägung. Die Forderung nach dem allgemeinen Wahlrecht wurde im wesentlichen von den republikanisch-demokratischen Kräften erhoben. Diese hatten den Kompromiß der Liberalen mit den Gemäßigten in der Verfassung von 1837 abgelehnt und sich bewußt in die Tradition der Verfassung von Cadiz gestellt. Gleich in ihren Anfängen fanden sie sich mit der aufkommenden sozialen Bewegung zusammen. Eine Demokratisierung des Wahlrechts lag jedoch solange nicht im Bereich des Möglichen, als die Liberalen mit den Moderados trotz aller verfassungspolitischen Gegensätze im Grunde verfassungstheoretisch die gemeinsame Grundlage eines doktrinären Liberalismus bzw. Monarchismus teilten, dessen Basis gerade in der Bindung des Wahlrechts an Bildung und Besitz bestand. Erst als die fortschrittlichen Liberalen in grundsätzliche Opposition zu den extrem konservativen Regimen unter Isabella II. traten, fanden sie sich in stärkerem Maße mit demokratischen Gruppen zusammen, deren Kräfte insgesamt in der Revolution freigesetzt wurden. Die spanische Revolution vom September 1868, in deren Verlauf Isabella II. nach Frankreich floh und für abgesetzt erklärt wurde, stellt den Wendepunkt in der Geschichte des parlamentarischen Wahlrechts in Spanien dar. Die Revolution selbst enthielt als eine ihrer wesentlichsten Forderungen die Einführung des allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrechts für alle männlichen Spanier über 25 Jahren. Nach diesen Wahlrechtsgrundsätzen wurde zu den verfassunggebenden Cortes von 1869 gewählt, die 388 Mitglieder zählten; 352 Abgeordnete repräsentierten das Mutterland, 18 Kuba und elf Puerto Rico. Erstmals seit 1823 besaßen die spanischen Uberseegebiete wieder eine Vertretung in den Cortes. Gegenüber 418 000 im Jahre 1865 waren nun 3,8 Millionen Spanier wahlberechtigt, etwa 24 Prozent der Bevölkerung. Erheblich stieg auch die Wahlbeteiligung auf fast 70 Prozent an, obwohl infolge des hohen Analphabetismus zwei Drittel der Wählerschaft von 1869 weder lesen noch schreiben konnte und insofern ihrer wirklichen Politisierung entscheidende Grenzen gesetzt waren. In der von den verfassunggebenden Cortes (Zusammensetzung s. Tab. A 3) ausgearbeiteten demokratisch-parlamentarischen Verfassung vom 5. Juni 1869 wurde das Wahlrecht als ein natürliches Recht des Menschen verstanden und in den Grundrechtskatalog aufgenommen. Kein Spanier, der die vollen bürgerlichen Rechte besaß, sollte des Wahlrechts beraubt werden können. Unbescholtenheit und Besitz der geistigen Kräfte waren grundsätzlich audi in allen früheren Wahlgesetzen gefordert worden.

Spanien (1868—1876)

1243

Neben dem Kongreß, dessen Wahlperiode drei Jahre betragen und für den auf je 40 000 Einwohner ein Abgeordneter gewählt werden sollte, erfolgte die Bestellung des Senats ebenfalls nach allgemeinem Männerwahlrecht. Der Wahlmodus war allerdings verschieden. In den Gemeinden erfolgte die Wahl von Wahlmännern, deren Zahl den sechsten Teil der Gemeindevertretung ausmachen sollte. Diese Wahlmänner vereinigten sich auf Provinzebene mit der Provinzvertretung zu dem Wahlgremium, welches in jeder Provinz vier Senatoren wählte. Passiv wahlberechtigt waren Spanier über 40 Jahren, die eine der folgenden Qualifikationen erfüllten: Minister, Abgeordnete der verfassunggebenden Cortes, Ex-Abgeordnete, die bereits viermal vorher Mandatsträger gewesen waren, Botschafter, Prälaten, Staatssekretäre, Generäle, Universitätsrektoren und die Präsidenten der wissenschaftlichen Akademien, Bürgermeister größerer Städte, viermalige Provinzabgeordnete, schließlich die 50 höchstbesteuerten Landeigentümer und die 20 mit den höchsten Industrieabgaben belasteten Spanier in jeder Provinz. Die Wahl erfolgte bei Viertelerneuerung der Mandate alle drei Jahre gleichzeitig mit der Wahl zum Kongreß. Die Revolution stand innenpolitisch vor erheblichen Schwierigkeiten, die bereits in der langen Suche nach einem geeigneten Monarchen zum Ausdruck kamen. Die Wahl fiel auf Amadeus von Savoyen, der jedoch der spanischen Politik fremd blieb. Die parteipolitische Zersplitterung, die bald einsetzte und Demokraten, Republikaner und Progressisten erneut trennte, erlaubte keine stabile parlamentarische Regierung. Die bei den Wahlen errungenen Mehrheiten der Parteien hatten keinen Bestand. Wenn bei den vier Wahlen in einem Zeitraum von 26 Monaten von März 1871 bis Mai 1873 jeweils eine andere Gruppe die absolute Mehrheit der Mandate erhielt (s. Tab. A 3), so wurde deutlich, daß sich in Spanien kein fähiger, erprobter Wahlkörper gebildet hatte, der Grundlage des politischen Systems der Revolution hätte werden können. Vielmehr erhöhte sich mit der Ausweitung des Wahlrechts die Manipulationsmöglichkeit der Wahlen, so daß die wahlpolitische Situation des nun souveränen Volkes Ausdruck der weiterhin unbedeutenden Funktion der Wählerschaft im Verfassungssystem war. Besonders unter der ersten Republik, die nach der Abdankung des Königs von der Nationalversammlung (Senat und Kongreß) ausgerufen wurde und in der das Wahlalter im März 1873 auf 21 Jahre gesenkt wurde, vermehrte sich die innenpolitische Unruhe und Anarchie. Zwar hatten Republikaner und Demokraten — nicht zuletzt aufgrund ihrer Verbindung mit der sozialen Bewegung, die seit 1871 auch in den Cortes auftrat — als erste einen Wandel zur organisierten Mitgliederpartei unternommen. Die Organisation in den Provinzen war aber noch sehr unvollkommen, wie sich während der

1244

Verfassung von 1876 / Wahlgesetz von 1878

ersten Republik erwies, als die von den Parteizentralen ausgegebenen politischen Richtlinien auf dem Lande kaum befolgt wurden. Dies trug entscheidend zum Autoritätsverlust der demokratisch-republikanischen Regierungen bei und führte mit zum Eingreifen des Militärs zugunsten einer Restauration der bourbonischen Monarchie. Im Dezember 1874 erfolgte das Pronunciamiento des Generals Martinez Campos, der Alfons XII., den Sohn von Isabella II., zum König proklamierte. Die Restauration der 1868 vertriebenen Bourbonen wurde begleitet von der Rückkehr der bürgerlich-großgrundbesitzenden Schicht an die Macht sowie von der Wiederaufnahme gemäßigt-liberaler, „doktrinärer" Verfassungsvorstellungen. Sie war von Antonio Canovas del Castillo vorbereitet worden, der nun die Regierung übernahm und von einer Kommission ehemaliger Cortesabgeordneter eine Verfassung nach seinen Vorstellungen ausarbeiten ließ, welche von den Cortes, die nach allgemeinem, gleichen, direkten und geheimen Männerwahlrecht (WG von 1869) gewählt worden waren, beraten und beschlossen wurde. Die neue Verfassung vom 30. Juni 1876 stellte die königliche Prärogative im Verfassungssystem wieder her. Der König besaß das Recht, die Regierungen zu ernennen und zu entlassen sowie die Cortes aufzulösen, denen gegenüber die Regierungen politisch verantwortlich waren. Im Zweikammersystem setzte sich der Senat mit insgesamt höchstens 360 Mitgliedern aus drei Kategorien zusammen: a) Mitgliedern kraft eigenen Rechts: den Königssöhnen ab einem Alter von 25 Jahren, den Granden bei einem Einkommen von jährlich 60 000 Peseten und den Inhabern bestimmter Ämter (Erzbischöfe, Generalkapitäne usw.) nach zweijähriger Amtsausübung; b) vom König aus bestimmten Personengruppen benannte Mitglieder; c) gewählte Mitglieder, deren Zahl 180 betrug, und zwar: neun durch die höhere Geistlichkeit gewählt, sechs durch die Akademien, zehn durch die Universitäten, fünf indirekt durch die Wirtschaftsgesellschaften und 150 Vertreter der Provinzen, ähnlich dem Senat von 1869 gewählt, indirekt je drei Senatoren für jede Provinz aus bestimmten Kategorien bzw. den Höchstbesteuerten, die ein Einkommen von 20 000 Peseten aufweisen oder 4000 Peseten direkter Steuern entrichten mußten. Es wurde Halberneuerung der gewählten Mitglieder alle fünf Jahre vorgesehen, oder Ganzerneuerung bei Auflösung des Senats zusammen mit dem Kongreß. Nachdem im Dekret vom 20. Juli 1877 provisorisch das Wahlgesetz von 1865 wieder eingeführt worden war, wurde ebenso im Wahlgesetz vom 28. Dezember 1878 das Wahlrecht zum Kongreß wieder zensitär beschränkt. Das aktive Wahlrecht wurde an die Zahlung einer Landsteuer von 25 Peseten oder eine Industrieabgabe von 50 Peseten jährlich mit ein- repektive

Spanien (Restauration)

1245

ι zweijähriger Vorauszahlung oder einen Bildungszensus gebunden, aufgrund dessen Personen, die einen akademischen Grad erworben hatten, Lehrer, höhere Beamte und Offiziere sowie Pfarrer wahlberechtigt waren. Das Mindestalter betrug 25 Jahre, die Wahlperiode fünf Jahre. Auf 50 000 Einwohner sollte ein Abgeordneter entfallen. Um die Eintragung in die Wählerlisten mußten sich die Wahlberechtigten selbst bemühen. Das Wahlsystem wurde nicht wesentlich verändert. Im Jahre 1881 wurden in 330 Wahlkreisen 392 Abgeordnete nach relativer Mehrheit gewählt. In der Hälfte der Provinzen kam es zur Bildung von Mehrmannwahlkreisen in unterschiedlicher Zahl. In Madrid wurden in sechs Wahlkreisen 13 Abgeordnete gewählt. Der Wähler besaß auch in Mehrmannwahlkreisen nur eine Stimme. Zehn weitere Abgeordnete konnten zum Zwecke der Minderheitenvertretung über Stimmenakkumulation auf Landesebene gewählt werden, allerdings nur in jenen Wahlkreisen, in denen nur ein Abgeordneter zu wählen war. Infolge der Rückkehr zum Zensuswahlrecht fand der eigentliche Kampf um das allgemeine Wahlrecht in Spanien erst in der Epoche der Restauration statt, nachdem vorher bereits mehrfach nach allgemeinem Männerwahlrecht gewählt worden war. Gegenüber den etwa vier Millionen Wahlberechtigten während der Revolutionsjahre wurde nun der Wahlkörper auf 846 961 im Jahre 1881 und 808 243 im Jahre 1884 reduziert, Daten, die in drastischer Weise den konservativen Charakter der Restauration offenbaren, da die Wahlberechtigtenzahl prozentual zur Bevölkerung noch unter der von 1844 lag. In den 49 Provinzen traten erhebliche Schwankungen im Wahlkörper auf: von 2,69 Prozent (Kanarische Inseln) bis 10,18 Prozent (Provinz Alava) Wahlberechtigte auf die Bevölkerung. Dabei läßt sich ein Zusammenhang mit der Sozial- und Wirtschaftsstruktur des Landes nicht von der Hand weisen. Im gesamten agrarisch bestimmten Süden, in der Provinz Madrid und in den katalanischen Industrieprovinzen sowie in einigen nordwestlichen Provinzen an der Biscaya, in denen der Rohstoffabbau vorherrschte, lag die Wahlberechtigtenzahl prozentual unter dem Landesdurchschnitt. Im Vordergrund der Argumentation gegen das allgemeine Wahlrecht, dessen Wiedereinführung die demokratischen Parteien zu fordern nun nicht mehr nachließen, stand das verhältnismäßig sehr niedrige Bildungsniveau des Volkes (1841: 90,79%; 1877: 75,52%; 1900: 66,55 «/ο Analphabeten) und die als notwendig ausgegebene Sicherung der politischen Vorrangstellung der Besitzenden gegenüber den „verantwortungslosen" Massen. Die Alternative einer Verhinderung des allgemeinen Wahlrechts oder einer permanenten Wahl-

1246

Wahlgesetz von 1890 / Regierungssystem

fälschung, von den Konservativen aufgezeigt, drängte sich auch den Liberalen auf. Trotzdem glaubten die Liberalen nach 1885 im wesentlichen aus taktisch-politischen Erwägungen heraus, die Wiedereinführung des allgemeinen Wahlrechts durchsetzen zu müssen. Sie hofften, den republikanisch-demokratischen Parteien durch Erfüllung ihres Hauptprogrammpunktes das Fundament ihrer Oppositionspolitik zu nehmen. Und in der Tat wurde die Wiedereinführung des allgemeinen Wahlrechts im Jahre 1890 von einigen fortschrittlichen Kräften in geradezu grotesker Verkennung der doktrinär-liberal, anti-demokratischen Grundlage des Verfassungssystems der Restauration als Symptom einer völligen Demokratisierung des Regimes gewertet und zum Anlaß genommen, ihre oppositionelle Haltung aufzugeben (E. Castelars Posibilistas). Im Wahlgesetz vom 26. Juni 1890 wurden allerdings die Gebildeten und die Angehörigen von Berufskammern in gesonderte Wahlkreise eingeteilt, in denen anstelle von einem Abgeordneten auf 50 000 Einwohner ein Mandat auf 5000 Wähler entfiel. Das passive Wahlrecht wurde den Beamten und jenen Personen, die mit der Ausführung öffentlicher Arbeiten beschäftigt waren, in ihrem Wahlkreis aberkannt. Die Zahl der gewählten hohen Beamten aus Madrid durfte 40 nicht übersteigen. Zugleich wurde 1890 die Listenwahl mit beschränkter Stimmgebung eingeführt (sistema de listas con voto restringido). Sie sah vor, daß in Wahlkreisen, in denen mehr als zwei Abgeordnete zu wählen waren, die Zahl der Stimmen der Wähler um eine, zwei oder drei gegenüber der Zahl der zu wählenden Abgeordneten zurückblieben. Gegenüber der relativen Mehrheitswahl nach Listen in Mehrmannwahlkreisen räumt dieses Wahlsystem der politischen Minderheit eine Chance ein, parlamentarische Mandate zu erringen. Dem guten Abschneiden derjenigen kleineren Gruppen bei den Wahlen von 1891, die nicht in grundsätzlicher Opposition zur Verfassung standen, lagen zweifellos wahltaktische Motive der Regierungspartei zugrunde. Dagegen zeigte sich in etwa die Wirkweise des Wahlsystems bei Karlisten und Republikanern, die, wie Tabelle I zeigt, fast die dreifache Stimmenzahl der Liberal-Konservativen zum Gewinn eines Mandats benötigten. Tabelle I: Vergleidiszahlen der Stimmen, die die Parteien zum Erhalt eines Mandats bei den Wahlen von 1891 benötigten. Martos-Gruppe Liberal-Konservative Gamacisten Unabhängige

6 6 7 8

354 674 287 004

Romeristen Liberale (Fusionisten) Karlisten Republikaner

9 10 18 19

956 368 213 815

(Quelle: Beredinet nach „La Epoca" v o m 23. Februar 1891; zu den Auswirkungen des Wahlsystems auf die Relation von Stimmen und Mandaten siehe audi Tab. A 6)

1247

Spanien (Restauration)

Das Regierungssystem der Restauration wurde in den ersten Jahrzehnten von einem künstlichen Parteienmechanismus zweier politischer Gruppierungen geprägt, den Liberal-Konservativen, einem Zusammenschluß von Moderados und Unionisten unter Canovas del Castillo, und den Liberalen („Fusionistas"), einer Vereinigung verschiedener fortschrittlicher Gruppen, die dem Verfassungswerk von 1869 nahestanden, unter Führung von Praxedes Sagasta. Sie wechselten sich ständig in der Regierung ab. Dieser Austausch ging — nachdem das Militär nun aus der Politik verdrängt werden konnte — über die Krone vor sich. Sie beauftragte wechselweise die beiden Parteiführer mit der Regierungsbildung. Eigentliche Grundlage dieses Alternierens der Parteien („turno de los partidos"), das formal dem britischen Modell nachgebildet wurde, Darstellung I: Wechsel der Parlamentsmehrheiten und Praxis der Regierungsernennungen in Spanien 1875—1901 I.Pendel

der

Parlomentsmehrheiten

2. Die parlamentarische Ernennung

M

r

Liberale

e

1S7S



^

r

e

der

Basis

Minderheits-

(Fusionisten)

bei

Regierungen Mehrheits-

bereich

bereich

- Ϊ Ζ 7 Martinez Campos •333

1880

293 CänovasM

1885 —

1890



1895

— -

Η Azcarraga

pagastaW

88

1900

-



0

SO

100 Zahl

150 der

200

250

300

Abgeordneten

350

0



SO

SUveia

100 Zahl

150

der

200

250

300

Abgeordneten

350

1248

Wahlkorruption / Wahlgesetz von 1907

war die zum System erhobene Wahlfälschung. Der König ernannte, wie Darstellung I zeigt, in aller Regel Minderheitsregierungen, die sich über Neuwahlen parlamentarische Mehrheiten verschafften, so daß — in Theorie und Praxis — die Wahlfälschung zum systemimmanenten Element alternierender parlamentarischer Parteiregierungen wurde. Die Wahlkorruption hat die Entwicklung des Parlamentarismus in Spanien nachhaltig beeinflußt. Wenn trotz teilweise liberal-fortsdirittlicher Verfassungen und einer weitgehenden Demokratisierung des Wahlrechts die oligarchische Herrschaftsstruktur aufrechterhalten blieb, so ist dies im wesentlichen auf die Wahlfälschung zurückzuführen. Besonders seit Einführung des allgemeinen Männerwahlrechts wurde der „Kazike" zur politischen Schlüsselfigur. Er übernahm die Aufgabe, im Lande und auf den Dörfern das soziale Abhängigkeitsverhältnis, Unwissenheit, Armut und die natürliche Schwäche der Individuen gegenüber der Administration politisch auszunutzen. Wie verschieden audi die Sozialstruktur Spaniens in den Regionen war, sie bot doch überall Ansatz zu Einflußnahme und Ausübung von Druck. Reichte dies nicht aus, um im Gesamten das erwünschte Wahlergebnis sicherzustellen, so wurde zu massiven Fälschungen gegriffen, etwa zu systematischer Ausschließung vieler Wähler von den Listen und ihrer Ersetzung durch ausgedachte Namen und solche Verstorbener, zur Besetzung der Wahllokale mit Anhängern und zur vorzeitigen Schließung derselben, um den politischen Gegner nicht zur Stimmabgabe kommen zu lassen. Eine vom Gouverneur, dem Vertreter der Regierung in den Provinzen, ausgehende Anweisung an die Kreiswahlleiter aus dem Jahre 1891 beleuchtet in drastischer Weise die Wahlmanipulation: „Ihre Aufgabe ist es, die f ü r die Opposition abgegebenen Stimmzettel zu vernichten und an ihrer Stelle solche für die Regierung in die Urne zu werfen. Was Sie zu tun haben ist, die Wahl zu fälschen, wenn sich das als erforderlich erweist, um den Regierungskandidaten durchzubringen . . . Wenden Sie alle Mittel an, denn Sie dürfen sicher sein, daß die Regierung auf jeden Fall hinter Ihnen s t e h t . . . " (zit. nach Fernandez Almagro). Die Wahlfälschung ging vom Innenministerium aus über einen gut funktionierenden, hierarchisch nach Provinz, Kreis und Gemeinde gegliederten Apparat teils mit einem öffentlichen Amt betrauter, teils privater Personen („el caciquismo"). Indem auf diese Weise von offizieller Seite die Wahlen manipuliert wurden, wurde die Ausbreitung des Wahlrechts als Maßstab für die Demokratisierung des Regimes wertlos. Das von Antonio Maura eingebrachte Wahlgesetz vom 8. August 1907, das zum gleichen Wahlrecht zurückkehrte und darüber hinaus das Mindestalter auf 23 Jahre senkte, versuchte, die Wahlkorruption

Spanien (Restauration)

1249

einzudämmen. Es wies die Aufstellung und Überwachung der Wählerlisten einem unabhängigen Institut und die Wahlprüfung dem Obersten Gerichtshof zu. Gleichzeitig wurde die Wahlpflicht eingeführt, um die Zahl der Wahlenthaltungen zu reduzieren, die mit der Ausbreitung des Wahlrechts angestiegen war. Das politische Desinteresse breiter Bevölkerungskreise ging namentlich auf die Wahlkorruption und die im politischen Bereich offen zutage tretende Unmoral und Dekadenz zurück. Die Regelung des Artikels 29 verschaffte aber den politischen Kräften in veränderter Weise Einfluß auf die Wahlen. In Wahlkreisen, in denen nicht mehr Kandidaten sich bewarben als Abgeordnete zu wählen waren, sollten ohne weitere Wahlhandlung diese für gewählt erklärt werden. Die für Ausnahmefälle gedachte Wahlvereinfachung wurde zum Schlüssel für Manipulationen, die sich nun in den Bereich der Kandidatenaufstellung verlagerten. Das Innenministerium vereitelte die Bewerbung mißliebiger Kandidaten in den Wahlkreisen und konnte von vornherein die Zahl der oppositionellen Abgeordneten festsetzen, die stets in einer gewissen Zahl zugelassen wurden, „um ihnen die Lust am Weiterspielen nicht zu nehmen" (S. de Madariaga). So belief sich die Zahl der Abgeordneten, die ohne Wahl ins Parlament einzogen, im Schnitt auf 105, also auf über mehr als ein Viertel der Gesamtabgeordnetenzahl. Zugleich zeigte sich, daß die Wahlpflicht und die mit ihr verbundenen Sanktionen (öffentlicher Tadel, Zahlung eines Steuerzuschlags von zwei Prozent der normalen Steuerleistung oder, bei öffentlichen Bediensteten, Einhaltung von einem Prozent des Gehaltes, im Wiederholungsfalle Ausschluß von der Wahl oder Ernennung in ein öffentliches Amt, WG Art 84 f.) nicht geeignet waren, die Wahlbeteiligung wesentlich zu erhöhen. Im Gegenteil: nach 1910 fiel sie bei den nachfolgenden fünf Wahlen, wie Tabelle II zeigt, in den Wahlkreisen, in Tabelle II: Zahl der nach Artikel 29 nidit gewählten Abgeordneten und Wahlbeteiligung b e i d e n Wahlen zum Kongreß 1910—1923»)

Wahlen

Zahl der nach Art. 29 ohne Wahl proklamierten Abgeordneten

1910 1914 1916 1918 1919 1920 1923

119 93 145 62 82 93 146

Wahlbeteiligung in den restlichen Wahlkreisen 73,7 68,7 68,1 66,6 64,3 60,0 65,0

°/o °/o °/o °/o °/o °/o °/o

Wahlbeteiligung aller Wahlberechtigten 52,9 53,9 44,0 61,1 51,7 50,5 42,1

*) Zum Anteil der Parteien an den Mandaten nadi Art. 29 siehe Tab. A 7. 79

Sternberger-Vogel,

Parlamente 1,2

°/o °/o ®/o °/o 0/0 °/o °/o

1250

Politisches System / Staatsstreich von 1923

denen es überhaupt zur Stimmabgabe kam, von 73,7 auf 60,0 Prozent. Effektiv wählten 1923 nur mehr 42,1 Prozent der Wahlberechtigten. Die ständigen Wahlfälschungen, die sich auch in der hohen Zahl der Wahlanfeditungen widerspiegeln — bei den Wahlen von 1919 wurde die Wahl in 136 Wahlkreisen angefochten; die Wahl von 18 Abgeordneten wurde vom Obersten Gerichtshof für ungültig erklärt, in elf Fällen Neuwahlen ausgeschrieben, in sieben Fällen der unterlegene Kandidat als gewählt erklärt — , schalteten nicht nur die demokratisch-republikanische Opposition und die sozialistische Bewegung jahrzehntelang parlamentarisch aus (s. Tab. A 4, A 5), sie vereitelten auch notwendige Strukturveränderungen innerhalb der Parteien. Stärke und Dauerhaftigkeit außerparlamentarischer Parteiorganisationen erwiesen sich als politisch unbedeutend. Mit der Wahlpraxis entfiel die Notwendigkeit der politischen Erfassung breiter Wählerschichten. Dies hatte zur Folge, daß in Spanien ein organisierter, erprobter und fähiger Wahlkörper nicht geschaffen und ein politisches Bewußtsein des Wählervolkes, das sich kontinuierlich hätte entwickeln können, nidit gefördert wurde. Die Parteien blieben im wesentlichen Parlamentsfraktionen ohne demokratische Verwurzelung im Volke. Ihr Organisationsbedürfnis beschränkte sich auf den Unterhalt eines Patronagesystems, des Wahlapparates, der Wahlhelfer bis in die Gemeinden hinein umfaßte, die sich den Parteien zur Verfügung stellten in der Hoffnung, bei der Regierungsübernahme ihrer Partei einen Posten in der Administration zu bekommen. Und in der Tat wechselte mit der Regierung stets der ganze Verwaltungsapparat, vom Provinzgouverneur bis zum niedrigsten Angestellten der Lokalverwaltung. Die Wahlen auf dem Lande wurden zumeist von Kandidaten aus Madrid bestritten; durchgängig weniger als ein Drittel der Abgeordneten kamen aus der Provinz. Die Verbindung des Abgeordneten zu seinem Wahlkreis ist sdion allein aufgrund dieses Faktums stets sehr schwach gewesen, — trotz des Mehrheitswahlsystem in überwiegend Einmannwahlkreisen. Die fraktionelle Kohärenz der Abgeordneten war gering, was einmal durch den ständigen Wechsel im Parlament bedingt war — im Schnitt wurden alle zwei bis drei Jahre Neuwahlen durchgeführt, wobei zumeist weniger als 20 Prozent der Abgeordneten bei einem Wechsel der Parteien in der Veranstaltung von Wahlen wiedergewählt wurden — , mehr aber noch durch den Personalismus bewirkt wurde, der auch bei zeitweiser Verdrängung des Militärs aus der Politik ein wirkkräftiges Element blieb. Im Parlament unterschieden sich einige politische Gruppierungen hauptsächlich durch ihre jeweiligen Führer.

Spanien (Restauration)

1251

Eine weitgehende Zersplitterung der Parteien setzte vor allem mit Beginn des 20. Jahrhunderts ein und wurde durch den verstärkten Regionalismus (regionale Parteigründungen) gefördert. Waren aus den Wahlkämpfen teils noch klare Parteimehrheiten hervorgegangen, so löste sich im Parlament selbst eine mögliche Regierungsmehrheit in kleinere Gruppen auf. Labile Regierungen waren die Folge. Vor« 1898 bis 1923 wurden insgesamt 44 Regierungen mit einer durchschnittlichen Lebensdauer von sieben Monaten gebildet. Diese Diskontinuität in der Regierungspraxis war allerdings kein Novum in Spanien (von 1834 bis 1868 waren es 46 Regierungen, von 1868 bis 1874 sogar 21 Regierungen mit einer durchschnittlichen Lebensdauer von vier Monaten), hob sich aber doch entschieden von den ersten Jahrzehnten der Restauration ab. Gegenüber einem besonders nach 1912 „atomisierten", zur Regierungsbildung fast unfähigen Parlament, dessen Mehrheitsverhältnisse sich immer schwieriger über Wahlen dirigieren ließen, machte Alfons X I I I . zunehmend eigenen politischen Einfluß geltend und brachte vor allem nach 1917 in Abwehr der revolutionären sozialistischen und anarchistischen Aktionen sowie der Autonomiebestrebungen vor allem Kataloniens das Militär ins Spiel. In der radikalisierten politischen Atmosphäre gaben die marokkanischen Verwicklungen schließlich den Anlaß zum Pronunciamiento Primo de Riveras, der das Ende eines Parlamentarismus herbeiführte, dem es nicht gelungen war, und dessen Träger, die alten Parteien, es nicht als zwingend notwendig ansahen, die neuen sozialen und politischen Kräfte zu integrieren. Primo de Rivera bildete 1923 ein Militär-Direktorium, ließ das Parlament auflösen, die Grundrechte aufheben und die Vertreter der alten Parteien aus den öffentlichen Ämtern entfernen. Gestützt auf den König und Teile der Armee konnte er bis 1930 als Diktator regieren. Der Versuch, seinem Regime eine verfassungsmäßige Grundlage zu geben, wurde nach 1925 begonnen, aber nicht zu Ende geführt. In diesem Jahr war auch das Militär-Direktorium durch eine zivile Regierung ersetzt worden, ein Jahr zuvor mit der „Union Patriotica" eine Art Einheitspartei ins Leben gerufen worden. Die 1927 geschaffene Nationalversammlung besaß ausschließlich beratende Funktion, sollte aber auch den Vorentwurf einer Verfassung ausarbeiten. Ihr gehörten von der Regierung ernannte Mitglieder der Berufsorganisationen der Landwirtschaft, der Industrie, des Handels, der Lehrerschaft und der Presse an, des weiteren Mitglieder kraft eigenen Rechts und ex-officio Mitglieder wie die Erzbischöfe, höhere Staatswürdenträger und Militärs, die Vorsitzenden der Provinzverbände der Union Patriotica sowie deren Vorsitzender und Generalsekretär. Von der Gesamtzahl der Mitglieder der Nationalversammlung, die zwischen

1252

Municipal wählen und Wahldekret von 1931

325 und 375 betragen sollte, wurden 100 indirekt gewählt, je ein Gemeinde- und ein Provinzvertreter für jede Provinz. Die Gemeindevertreter wurden von den Gemeinderäten einer jeden Provinz, die Provinzvertreter von den Provinzversammlungen jeweils aus der Mitte der Körperschaften nach relativer Mehrheit gewählt. Nach dem 1929 vorgelegten Verfassungsvorentwurf sollten die 412 Mitglieder der einkammerigen Cortes zur Hälfte direkt und auf fünf Jahre gewählt werden. Von der zweiten Hälfte sollten 50 durch den König auf Lebenszeit ernannt und die restlichen Mitglieder über die Provinzversammlungen, die Wahlmänner der Gemeinden und verschiedene Berufskörperschaften ebenfalls auf fünf Jahre bestellt werden. Wirksame soziale und politisch-institutionelle Reformen, deren Notwendigkeit sich seit 1917 aufdrang und deren Verschleppung zur Diktatur geführt hatte, wurden audi von Primo de Rivera nicht in Angriff genommen. Vielmehr brachte die Diktatur, indem ihr Reformwille erlahmte, die Monarchie gegenüber 1923 noch stärker in Mißkredit. Die Opposition nahm immer entschiedener antimonardiische Züge an. Als Primo de Rivera Januar 1930 in einer schweren Finanzkrise zurücktrat und sein liberaler Nachfolger, General Damaso Berenguer, zur Verfassung von 1876 (s. o.) zurückkehrte und die politische Praxis der Zeit vor der Diktatur wiederbeleben wollte, schlossen sich Republikaner, Sozialisten und Katalanische Linke zusammen (Pakt von San Sebastian) und verbanden mit der Forderung nach der Reform des Staates vor allem den Ruf nach der Republik. Neben hervorragenden Vertretern der Intelligenz (Ortega γ Gasset, Marafi 19 706 3 006

40,3 7,5

12 503

25,6 18,3 8,4

48 944

100,0

blutige Auseinandersetzung zwischen Monarchisten und Republikanern zu vermeiden, zog Alfons XIII. aus dem Wahlergebnis die Konsequenz abzudanken. Er entsprach damit dem Ultimatum eines revolutionären Komitees unter Leitung Alcala Zamoras, der nach der Ausrufung der Republik am 14. April 1931 die Führung einer provisorischen Regierung übernahm. Für die Wahlen zur verfassunggebenden Versammlung wurde im Dekret vom 8. Mai 1931 der Artikel 29 abgeschafft und das aktive Wahlalter von 25 auf 23 Jahre gesenkt. Die Frauen erhielten das passive Wahlrecht, blieben aber vom aktiven Wahlrecht noch ausgeschlossen. Stärkere politische Bedeutung gewann nun das Wahlsystem. Anstelle der Einerwahlkreise, in denen (nach dem Stand von 1920) 311 Abgeordnete gewählt wurden, und der 28 Wahlkreise, in denen mehrere Mandate, insgesamt 95, zu vergeben waren, wurden nun Wahlkreise verschiedener Größe geschaffen, die den Provinzen entsprachen. In ihnen wurde für je 50 000 Einwohner und zusätzliche 30 000 Einwohner ein Abgeordneter gewählt. Städte über 100 000 Einwohner wie Madrid, Barcelona, Cordoba, Sevilla, Malaga u. a., insgesamt zehn, bildeten eigene Wahlkreise, die teilweise auch ländliche Gebiete einschlössen. Die beiden spanischen Besitzungen auf afrikanischem Boden, Ceuta und Melilla, erhielten jeweils einen Abgeordneten. Insgesamt entstanden 63 Wahlkreise. Gewählt wurde nach relativer Mehrheitswahl mit beschränkter Listenstimmgebung. In Wahlkreisen, in denen 20 Abgeordnete gewählt wurden, konnte jeder Wähler 16 Stimmen abgeben; bei 19 bis einschließlich 16 Abgeordneten ebenso vier weniger, bei 15 bis 11 drei weniger, bei 10 bis 6 zwei weniger und bei 5 bis 2 je eine Stimme weniger. Die Partei

Corteswahlen und Verfassung von 1931

1254

(-Liste), die im Wahlkreis die relative Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigte, erhielt ebenso viele Mandate zugesprochen, wie der Wähler Stimmen vergeben konnte. Entsprechend der Größe der Wahlkreise konnte die Prämie, die der relativen Mehrheit zufiel, schwanken. Sie betrug im Schnitt 75 Prozent, während der Minderheit im Wahlkreis die restlichen 25 Prozent der Mandate zukamen. Um gewählt zu sein, Tabelle IV: Mandatsanteil (Prämie) der stimmstärksten Partei, absolut und prozentual, nadi Wahlkreisgrößen

Mandatszahl im Wahlkreis 20 19 18 17 16 15 14 13 12 11

Mandate für die stimmstärkste Partei absolut in °/o 16 15 14 13 12 12 11 10 9 8

80 79 78 77 75 80 78 77 75 72

Mandatszahl im Wahlkreis 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1

Mandate für die stimmstärkste Partei absolut in °/o 8 7 6 5 4 4 3 2 1 1

80 78 75 71 67 80 75 67 50 100

wurden allerdings 20 Prozent der abgegebenen Stimmen gefordert. Wurde diese Stimmenzahl nur von einer Partei erreicht, fielen ihr alle Mandate im Wahlkreis zu, so daß tatsächlich nur eine qualifizierte Minderheit an der Vergabe der restlichen 25 % Mandate teilhaben konnte. Blieben alle Parteien unter 20 Prozent der Stimmen, so fand 14 Tage später ein zweiter Wahlgang statt, in welchem die relative Mehrheit der Stimmen entschied. Dieses Wahlsystem begünstigte die organisierten Parteien gegenüber den Einzelkandidaten. Es regte zudem die Bildung von Wahlkartellen der Parteien an, da die relative Mehrheit in den Wahlkreisen übergroße Vorteile besaß. Solche Wahlbündnisse, die in großer Zahl geschlossen wurden, kamen bei den Wahlen zur verfassunggebenden Versammlung nicht wieder — wie bei den Municipalwahlen von 1931 — auf nationaler Ebene zustande, sondern beschränkten sich auf den regionalen Bereich. Bereits hierin zeigte sich, daß die politischen Differenzen zwischen den verschiedenen sozialistischen und republikanischen Gruppen an Gewicht gewonnen hatten; sie leiteten eine parteipolitische Zersplitterung ein, die für die zweite Republik insgesamt kennzeichnend wurde.

Spanien (II. Republik)

1255

Während 1931 die „Sozialistische Partei" (PSOE) als äußerste Linke die Mandatsgewinne anderer sozialistischer Gruppen, vor allem audi der Kommunisten, verhindern konnte, waren die Republikaner bereits in über zehn Gruppen gespalten (s. Tab. A 8). Der größere Teil von ihnen zählte zur Linken und linken Mitte, wie die „Radikalsozialisten", die „Republikanische Bewegung" Manuel Azanas und die „Katalanische Linke"; für sie bildete die Verbindung mit den Sozialisten eine unabdingbare Voraussetzung für den sozialen Strukturwandel (Bodenreform) und die demokratische Entwicklung Spaniens. Hingegen drängte die republikanische Mitte, zu der vor allem die „Radikalen" unter Lerroux zählten, zu einer Verbindung mit den konservativen Republikanern unter Alcala Zamora und der gemäßigten Rechten, die, wie auch die extreme Rechte, bei den Wahlen von 1931 politisch wie organisatorisch sich erst zu formieren begann. Die Spaltung der Republikaner vertiefte sich als Folge der heftig antiklerikalen Politik der Koalition Azanas mit den Sozialisten. Damit wurde die Grundlage geschaffen für die enge Anlehnung und das schließliche Aufgehen der gemäßigten Mitte (republikanisches Bürgertum) in den beiden Extremen von rechts und links. Auch die Verfassung vom 9. Dezember 1931 ging von einem „militanten Laizismus" (A. Posada) aus. Sie gab dem Präsidenten, der von den jetzt einkammerigen Cortes auf sechs Jahre gewählt wurde, verfassungsrechtlich und besonders aufgrund der indirekten Wahl keine starke Machtposition. Zwar konnte dieser Regierungen entlassen und das Parlament auflösen, so daß die Regierungen gegenüber dem Parlament und dem Präsidenten verantwortlich waren. Alcala Zamora, der erste Präsident, griff 1933 und 1936 zur Kammerauflösung, obwohl eine parlamentarische Mehrheitsbildung nicht vollkommen ausgeschlossen war. Diese Konflikte schufen allerdings die Voraussetzung zu seiner eigenen Abwahl durch die Cortes im Jahre 1936, da die Verfassung die politische Verantwortlichkeit des Präsidenten gegenüber dem neugewählten Parlament bei zweimaliger Kammerauflösung innerhalb einer Amtsperiode vorsah. Die Cortes, nach deren jeweiligen Mehrheitsverhältnissen die Regierungen gebildet werden sollten, wurden auf vier Jahre in allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlen gewählt. Aktives und passives Wahlrecht besaßen alle Männer und Frauen über 23 Jahren. Das Wahlsystem von 1931 wurde im Gesetz vom 27. Juli 1933 in einigen Punkten modifiziert. Eine Partei (-Liste) mußte im Wahlkreis statt bislang 20 Prozent der abgegebenen Stimmen nun einen Kandidaten aufweisen, der mindestens 40 Prozent der abgegebenen Stimmen erhalten hatte, um an den Mandaten teilhaben zu können.

1256

Wahlen von 1933 und 1936

Wenn im Wahlkreis kein Kandidat die Stimmenzahl erreichte, fand 14 Tage später ein zweiter Wahlgang statt, an dem nur die Kandidaten teilnehmen konnten, die im ersten Wahlgang acht Prozent der gültigen Stimmen erhalten hatten. Im zweiten Wahlgang, in welchem unverändert die relative Mehrheit entschied, war dem Wähler gestattet, die Reihenfolge der Listenkandidaten zu verändern. Des weiteren bildeten nur noch die Städte über 150 000 Einwohner besondere Wahlkreise, somit nur noch Madrid, Barcelona, Valencia, Sevilla, Malaga, Zaragoza, Bilbao und Murcia, so daß sich die Zahl der Wahlkreise von 63 auf 60 reduzierte. Die November-Wahlen von 1933 zeigten ein gegenüber 1931 wesentlich verändertes Bild. Die Rechte besaß nun einige politische Organisationszentren, die sich — unter Einschluß von Gruppierungen der gemäßigten Mitte — zu einem Wahlbündnis vereinigten. Unter den Rechtsgruppen waren die „Spanische Erneuerung" (Renovacion Espafiola) und die „Volksbewegung" (Acci6n Popular) entschieden monarchisch gesinnt, während die Agrarier und die „CEDA" (Confederacion Espafiola de Derechas Aut6nomas) unter Führung von Gil Robles — eine Vereinigung verschiedener regionaler Rechtsgruppen wie etwa der sehr erfolgreichen „Derecha Regional Valenciana" — nicht, zumindest nicht primär, die Republik bekämpften, sondern vor allem die sozialistische und laizistische Gesetzgebung. Ganz im Gegensatz dazu war die Linke in Richtungskämpfe verwickelt, weil besonders bei den Sozialisten die Anarchisten an Boden gewannen. Die Linke brachte deshalb keine großen Wahlbündnisse zustande, während die rechten Gruppierungen den Erfolgsbedingungen des Wahlsystems entsprachen. Unter dem Einfluß der nun audi wahlberechtigten Frauen auf das Wahlergebnis — sie bewirkten insgesamt einen Reditsruck der Wählerschaft — fielen der Rechten von den 44 Wahlkreisen, in denen bereits im ersten Wahlgang die Wahl entschieden Tabelle V : Stimmen und Mandate bei den Cortes-Wahlen vom November / Dezember 1933 Stimmen Gruppierungen absolut Rechte Mitte Linke Mitte Sozialisten Links-Koalitionen

Mandate

in °/o d. Wahlberechtigten

3 400 000 1 600 000 650 000 1 800 000 700 000

(Quelle: Nach Bicarud, s. BiblAng., S. 126 f.)

27,0 13,0 4,5 14,0 5,0

absolut

210 160 40

in °/o

44,6 34,1 8,5 12,8

Spanien (II. Republik)

1257

wurde, 36 zu, in denen sie die Mehrheitsprämie erhielt. Die Auswirkung des Wahlsystems wird beim Vergleich des prozentualen Stimmen· und Mandatsanteils der Gruppierungen deutlich. Die Sozialisten erreichten zwar über die Hälfte der auf die Rechte entfallenen Stimmen, erzielten aber nur wenig über ein Viertel der Mandate der Rechten. Dagegen erreichte die Mitte einen überaus hohen Mandatsanteil, da sie infolge der vielfachen Listenverbindungen mit der Rechten an deren Prämie partizipierte. Eine parlamentarische Regierungsbildung von CEDA (98 Mandate) und Radikalen (100 Mandate) unter Gil Robles und Lerroux war nur auf Kosten größerer Abspaltungen von beiden Parteien möglich, da die Koalition den antirepublikanischen Flügel der CEDA ebenso enttäuschte wie die antireaktionäre Gruppe der Radikalen um Martinez Barrio. Er gründete die „Republikanische Union" und ging zur Linken über, die nicht nachließ, die demokratisch-republikanische Gesinnung des auf eine Verfassungsreform (laizistische Gesetze) drängenden Gil Robles anzuzweifeln. Sie versuchte, durch Terror und Gewalt die Regierungsübernahme durch die Rechte zu verhindern und verließ dabei als erste den Boden der Legalität. Die Extreme steigerten sich nun in eine Konfrontation hinein, die die Möglichkeit einer Politik des Ausgleichs völlig ausschloß und sich bei Niedergang der gemäßigten Parteien der Mitte zum Bürgerkrieg zu entwickeln drohte. Die Wahlen vom Februar 1936 bedeuteten noch einmal eine nach demokratischen Spielregeln verlaufene Auseinandersetzung der Rechten mit der nun vereinigten Linken. Die Linksgruppierungen, die Republikanische Union, die Republikanische Linke, die Katalanische Linke, die Sozialisten, Kommunisten und die trotzkistisdie Arbeiterpartei (POUM) schlossen sich zur Volksfront zusammen. Wie bereits 1933 war auch die Rechte von den Monarchisten bis zur Katalanischen Liga geeint; nur die Falangisten blieben in der Regel außerhalb des Rechtsblocks. Ihm Schloß sich zumeist die Mitte an. Nur in einem Wahlkreis verbündete sie sich mit der Linken, in neun anderen blieb sie zerspalten und trat mit jeweils drei Kandidatenlisten auf. Das Wahlergebnis überraschte vor allem die Rechtsparteien. Sie konnten zwar die absolute Zahl ihrer Stimmen weiter erhöhen, unterlagen aber der Volksfront, die jetzt, wie Tabelle VI zeigt, den Vorteil erhielt, der aufgrund des Wahlsystems der stärksten Partei zufiel. Ein weiteres Resultat stellte die wesentliche Reduzierung der Abgeordnetenzahl der Mitte dar. Der Niedergang der gemäßigten Parteien, der für die zweite Republik verhängnisvoll wurde, war vor allem ein Ergebnis des Wahlsystems. Von ihren 50 Mandaten konnte die Mitte

1258 Tabelle VI:

Politische Entwicklung bis zum Bürgerkrieg Stimmen und Mandate bei den Cortes-Wahlen vom Februar 1936 Mandate

Stimmen Gruppierungen absolut

in %> d. Wahlberechtigten

Rechte und angeschlossene Mitte

4 000 000

29

Mitte Linke (Volksfront)

450 000 4 800 000

3 35

absolut

/ 150 1 35 15 260

in ®/o

32,6 7,6 3,3 56,5

(Quelle: Nach Bikarud, s. BiblAng., S. 156 f.)

über zwei Drittel nur in Verbindung mit den Listen der Rechten erreichen. Eine gemäßigte Politik zwischen den Blöcken war aufgrund des Wahlsystems politisch nicht durchführbar. Wie insgesamt die Mitte zur Rechten hin tendierte und ihr unterlag, so waren ihre linken Abspaltungen wie etwa die Republikanische Union sogleich zu einer Verbindung mit der Volksfront gezwungen, wenn sie parlamentarisch überleben wollten. Wie 1933 die Sozialisten fanden sich nun auch die Rechtsgruppen nicht damit ab, daß ihr Mandatsanteil prozentual so wesentlich unter ihrem Stimmenanteil lag. Zwar war den Rechtsparteien 1933 erneut der Vorwurf gemacht worden, auf dem Lande wieder die alten Methoden der Wahlfälschung angewandt zu haben: im Zusammenhang der Wahlen bildete aber jetzt das Wahlsystem die entscheidende Ursache der Vergiftung der politischen Atmosphäre und der Zuspitzung der Gegensätze. In den auf den Wahlsieg und die Regierungsbildung der Volksfront folgenden Monaten weitete sich die innenpolitische Unruhe zu blindem Terror und Anarchie aus. Auch nach dem Wahlsieg der Linken gingen aus den Cortes keine stabilen parlamentarischen Regierungen hervor. Insgesamt wurden unter der II. Republik vom 14. April 1931 bis zum 18. Juli 1936 unter acht verschiedenen Ministerpräsidenten 19 Regierungen gebildet. Nur eine Regierung war länger als 14 Monate im Amt; in der Zeit vom 25. September 1935 bis 14. Mai 1936 hielt sich keine Regierung länger als zwei Monate. Die Neuwahlen und das Wahlergebnis von 1936 ermunterten aber die Cortes, gegen den Präsidenten der Republik vorzugehen. Sie setzten Alcala Zamora am 7. April 1936 mit 238 gegen fünf Stimmen ab. Die gesamte politische Rechte hatte bei dieser Abstimmung über den Präsidenten, die verfassungsrechtlich strittig war, da Alcala Zamora keine zwei ordentlichen Cortes hintereinander aufgelöst hatte, die Kammer verlassen. Zum Nachfolger wurde von einer Versammlung, die sich aus den Abgeordneten der Cortes und einer gleichen Anzahl von Wahlmännern der Provinzen

Spanien

1259

zusammensetzte und 911 Mitglieder zählte, mit 754 von 847 abgegebenen Stimmen der mehrmalige Ministerpräsident Manuel Azafia gewählt. Die Wahlmänner der Provinzen waren nach allgemeinem Wahlrecht bestellt worden; sie mußten über 40 Jahre alt sein. Die politischen Wirren endeten schließlich im militärischen Austrag der Gegensätze. Der Bürgerkrieg (18. Juli 1936 bis 26. Januar 1939) war die logische Folge einer nicht auf einen Kompromiß hinzielenden innenpolitischen Auseinandersetzung und insofern die Fortsetzung des Verfassungskampfes des 19. Jahrhunderts unter den veränderten Verhältnissen des 20. Jahrhunderts. Darstellung VII: Zur Entwicklung des Wahlkörpers und der Wahlbeteiligung

Anmerkung: ') Für die Wahlbeteiligung in den Jahren 1910 bis 1923: Daten unter Einsdiluß der Wahlkreise, in denen nadi Art. 29 des Wahlgesetzes von 1907 nidit gewählt wurde; s. Tab. II. (Quellen: s. Tab. A 1).

Das Ergebnis des Bürgerkrieges setzte vorläufig auch den regionalen Autonomiebestrebungen in Spanien ein Ende, die unter der zweiten Republik besonderes Gewicht gewonnen hatten. Der Regionalismus ist historisch in der Tradition des spanischen Mittelalters begründet. Während er im ausgehenden 18. Jahrhundert weitgehend als überwunden gelten konnte, lebte er im 19. Jahrhundert wieder auf, als namentlich in Katalonien das Bürgertum unter dem Einfluß roman-

1260

Katalonien / Grundgesetze nach 1938

tisdier Ideen ein neues Eigenbewußtsein entwickelte und wirtschaftlich in einem Autonomiestatus im Gesamtverband des spanischen Staates Vorteile erblickte. Genährt wurden diese Bestrebungen durch die Bevormundung, die sich das aufstrebende Gebiet durch das wirtschaftlich schwächere Madrid gefallen lassen mußte. Später ging die Bewegung regionaler Sonderung auch auf das Baskenland und Galicien über. Als einzige Region hat jedoch nur Katalonien zeitweilig eine gewisse Sonderstellung erhalten. Im Jahre 1914 traten die vier Provinzvertretungen Kataloniens, die nach allgemeinem Männerwahlrecht (Wahlgesetz von 1907) gewählt worden waren, zu einem Parlament der „Mancommunitat de Catalunya" zusammen, das in den folgenden Jahren versuchte, Kompetenzen an sich zu ziehen, die etwa dem eines Landes in einem Bundesstaat entsprochen hätten. Diese Entwicklung wurde 1925 durch Primo de Rivera abgeschnitten, der das Regionalparlament auflöste. Am 14. April 1931 wurde in Barcelona die „Katalanische Republik" ausgerufen, die sich als „Generalitat de Catalunya" in die spanische Republik eingliederte. Eine vorläufige Deputation arbeitete ein Statut aus, das in einer Volksabstimmung mit Frauenbeteiligung von einer großen Mehrheit angenommen wurde. Am 23. März 1932 fanden auf der Grundlage eines Proportionalwahlsystems mit Prämie für die stärkste Partei die einzigen Wahlen zum Regionalparlament Kataloniens statt. Die „Republikanische Linke", die vor allem die Autonomiebestrebungen getragen hatte, errang dabei mit 67 Abgeordneten einen eindeutigen Sieg über die konservative „Regionale Liga" mit 17 Abgeordneten.

Bereits während des Bürgerkrieges begann der Aufbau eines „Neuen Staates" (Estado Nuevo), der sich in Anbetracht der Ausnahmesituation auf die Koordination der höchsten militärischen und politischen Gewalt in der Hand des Divisionsgenerals Francisco Franco Bahamonde als Staatschef beschränkte. Die institutionelle Ausgestaltung des neuen Regimes erfolgte dann als verfassungsrechtlicher Prozeß der Selbsteinschränkung der Machtfülle des Staatschefs, der mit dem Organischen Staatsgesetz des Jahres 1967 einen gewissen Abschluß gefunden hat. Die aus der Vielzahl der Dekrete des Staatschefs — der ursprünglich einzigen, revolutionären legislativen Gewalt — in Artikel zehn des „Gesetzes über die Nachfolge" zu Grundgesetzen erhobenen und zu einer formalen Verfassungsordnung zusammengeschlossenen fünf Dekrete bilden mit dem „Gesetz über die Prinzipien der nationalen Bewegung" die wichtigsten Etappen

Spanien (Franco-Regime)

1261

dieses Prozesses. Erstens: der „Fuero del Trabajo" vom 9. März 1938; er enthält die Prinzipien der neuen sozialen und wirtschaftlichen Ordnung; zweitens: das Gesetz über die Cortes vom 17. Juli 1943; drittens: der „Fuero de los Espaüoles" vom 17. Juli 1945; er führt die Rechte und Pflichten des Menschen in einem christlichen spanischen Staate auf; viertens: das Gesetz über das Referendum vom 22. Oktober 1945; fünftens: das Gesetz über die Nachfolge (Ley de sucession) vom 26. Juli 1947; es sichert die Kontinuität des Regimes in institutioneller Hinsicht, indem es vor allem den Staatsrat (Consejo del Reino) als vorrangiges beratendes und, nach dem Ableben Francos, entscheidendes Organ einrichtete, und erklärt die Monarchie zur bestehenden Staatsform; sechstens: das Gesetz über die Prinzipien der nationalen Bewegung vom 17. Mai 1958, das namentlich ein zukünftiges Staatsoberhaupt an die Prinzipien der Bewegung binden soll. Diese Grundgesetze wurden teilweise revidiert und insgesamt umrahmt durch das Organische Staatsgesetz vom 10. Januar 1967. Die Gesetze über die Cortes und das Referendum betreffen die „Mitbeteiligung des Volkes am Staat". Das erstere brach radikal mit der Tradition des individuellen Wahlrechts zur Volksvertretung. Die Propagandisten der nationalen Erneuerung argumentierten folgendermaßen: Das allgemeine Wahlrecht, das die organische Gruppierung des Volkes unberücksichtigt lasse, habe zu schlechten Ergebnissen geführt. Die Repräsentation des Volkes sei einerseits durch die Wahlkorruption ständig verfälscht worden; andererseits habe die Parteizersplitterung zum Abgleiten des Volkes in den Bürgerkrieg geführt. Für den Neuaufbau Spaniens sei deshalb die Beendigung der fruchtlosen Parteikämpfe und die Stärkung der Exekutivgewalt eine unabdingbare Voraussetzung. Nicht der einzelne bzw. das Volk in seinen Individuen solle in den Cortes vertreten werden, sondern der Mensch als soziales Wesen in seiner sozialen Umgebung. Die Ambivalenz dieser Argumentation zeigte sich, wenn im weiteren auf die direkte Wahl der Munizipalvertreter durch die Familien vorstände hingewiesen wurde und in dieser, dem bisherigen Wahlrecht vergleichsweise nahestehenden Bestellungsweise ein wesentliches Element der „totalen Demokratisierung des Regimes" (Fraga Iribarne) gesehen wurde. Tatsächlich ist denn auch die Entwicklung des Wahlrechts in Spanien nach 1942 in Richtung auf eine erneute Ausprägung des individuellen Wahlredits hinausgelaufen; auch hat sich die Wahl als Bestellungsmodus von Repräsentativorganen entscheidend ausweiten können. Damit ist aber weder ein Abbau der organischen Staatsvorstellung noch eine effektive Demokratisierung des Regimes einhergegangen.

1262

Repräsentationsvorstellung und Wahlrecht

Die als „organisch" bezeichnete Repräsentation, aufgrund derer die Mitglieder der Cortes sich nicht nur als Repräsentanten der nationalen Gemeinschaft, sondern audi als Vertreter von „Ständen" und Körperschaften verstehen, vollzieht sich über die Familie, Gemeinde, Gewerkschaft, kurz: über soziale Gebilde, die als pluralistische Gruppierungen und als Organe solcher Repräsentation anerkannt sind. Zum Teil wurde sogar auf eine proportionale Vertretung der sozialen Gruppen in den Cortes geachtet. So stellten die Gewerkschaften bis 1967 ein Drittel aller Abgeordneten, da ein Drittel der Bevölkerung, Arbeitnehmer wie Unternehmer, ihnen obligatorisch angehört. Auf die Mitwirkung politischer Parteien bei der Bestellung der Repräsentation des Volkes wird dabei verzichtet. Die „Falange" (Falange Espanola Tradicionalista y de las Juntas Ofensivas Nacional-Syndicalistas) ist ein Zusammenschluß an sich heterogener Kräfte, der erst während des Bürgerkriegs erfolgte (Unifikationsdekret vom 19. April 1937). Sie ist eine Partei sui generis, weder eine Einheitspartei, die die Kandidatenliste für die Cortesmitglieder beherrschen könnte: Sie entsprach selbst in den kämpferischen Jahren weder ideologisch noch zahlenmäßig den totalitären Massenbewegungen in Italien und Deutschland; noch ist sie — und unter gar keinen Umständen — eine demokratische Partei, über die dem Volke die Mitwirkung an der politischen Machtausübung offenstünde. Der Anteil der Falange-Mitglieder an der Besetzung öffentlicher Ämter ist ständig zurückgegangen, allerdings auch nie so groß gewesen, daß man die Falange als Pflanzstätte des politischen Personals des Franco-Regimes hätte ansprechen können. Als Machtfaktor hat sich die Partei durch die ständigen inneren Auseinandersetzungen zwischen den Gruppen der katholischen Traditionalisten, antiklerikalen Syndikalisten und rechtsextremen Sozialisten selbst matt gesetzt. Im Gesetz über die Cortes wird das Parlament als oberstes Organ des Volkes bezeichnet, welches dessen Mitbeteiligung an den Aufgaben des Staates herbeiführen soll. Die Cortes sind aber nicht nur ohne Einfluß auf die Regierungsbildung und -politik, sie unterliegen im Gegenteil — entsprechend den Prinzipien der Einheit der Gewalt und der Koordinierung der Funktionen als den Grundlagen des institutionellen Systems — der Kontrollgewalt der Regierung. Die funktionelle Abhängigkeit der Cortes findet ihren Ausdruck vor allem in der Stellung ihres Präsidenten. Das leitende Organ der Cortes wurde bis 1967 von der Regierung auf unbestimmte Zeit ernannt, seither vom Staatschef für eine Amtsperiode von sechs Jahren. Der Cortes-Präsident bedarf bei der Ausübung seiner wichtigsten Funktionen (Einberufung und Vertagung der Sitzungen, Festlegung der Tagesordnung und Bestellung der Ausschüsse) der Zustimmung der

Spanien (Franco-Regime)

1263

Regierung. Darüberhinaus wirkt die Regierung — allerdings in besonders seit 1967 abnehmendem Maße — bei der Bestellung eines Teiles der Abgeordneten mit. Die Zahl der durch den Staatschef ernannten Abgeordneten betrug etwa acht Prozent, die der Abgeordneten kraft Amtes, welche von der Regierung ihre Amtsstellung erhalten hatten, etwa 25 Prozent der Gesamtmitgliedschaft. Die Bestellungsweise der einkammerigen Cortes, namentlich die Dreiteilung ihrer Mitglieder in Gruppen, die sich nach der Art der Bestellung grundsätzlich unterscheiden, erinnert an die Zusammensetzung der früheren ersten Kammern. Nach dem Gesetz über die Cortes bestand die Volksvertretung aus indirekt gewählten Abgeordneten — mit ihrer Wahl alle drei Jahre begann jeweils eine neue Legislaturperiode — , Abgeordneten kraft Amtes und solchen, die vom Staatschef ernannt wurden. Bis zum Jahre 1967, „dem Jahr der größten politischen Entwicklung unseres Regimes" (Franco), war die Wahl eines Drittels der Gemeinderäte, von denen die Bestellung der indirekt gewählten Cortes-Mitglieder ausging, die einzige, periodisch ausgeübte, direkte Wahl eines wie sehr auch immer beschränkten Wahlberechtigtenkreises. Die Gemeindevertretungen werden alle drei Jahre halberneuert. Sie setzen sich aus drei gleichstarken Gruppen zusammen, die nach ihrer Bestellungsart zu unterscheiden sind in Vertreter der Familien, der Syndikate und der freien Berufsverbände. Die Wahlberechtigung des Individuums erklärt sich allein aus seiner Zugehörigkeit zu den drei sozialen Gruppierungen. Der Einzelne kann dabei, je nach der Anzahl seiner Zugehörigkeiten, an der Wahl der Gemeindevertreter in nur einer oder mehrerer der Gruppierungen mitwirken. Die Vertreter der Familien werden in direkter Wahl von den Familienoberhäuptern gewählt, wobei hier das Prinzip des „eine Familie — eine Stimme" zur Anwendung kommt. Ist die Grundbedingung, nämlich Haushaltvorstand zu sein, erfüllt, so sind grundsätzlich alle Spanier beiderlei Geschlechts über 21 Jahren wahlberechtigt. Zur Kandidatenaufstellung gelangen Personen, die 1. bereits Kommunalvertreter waren, 2. vorgeschlagen wurden durch entweder zwei Cortes-Mitglieder oder drei Provinzdeputierte oder vier Kommunalvertreter, oder 3. von fünf Prozent der Wahlberechtigten. Jeder Wahlberechtigte kann soviel Stimmen abgeben, wie Abgeordnete zu wählen sind. Der Wahl Vorgang ist am Wahlgesetz von 1907 (s. o.) ausgerichtet. Die Wahl in den Gemeinden trägt überwiegend unpolitischen Charakter, da eine politisch-programmatische Differenzierung der Kandidaten nicht erkennbar ist. Die Wahlbeteiligung liegt trotz Wahlpflicht in der Regel kaum über 50 Prozent der Wahlberechtigten,

1264

Referenden 1947, 1966 / Reform von 1967

wobei die Größe der Wählerschaft vor Erweiterung des Frauenwahlrechts etwa 20 Prozent der Bevölkerung ausmachte. Die zweite Gruppe der Gemeindevertreter wird indirekt über Wahlmänner durch die Syndikate gewählt; die Kandidaten werden jeweils vom lokalen Ausschuß für die Syndikatswahlen aufgestellt. Die dritte und letzte Gruppe wird von den beiden schon gewählten Abgeordnetengruppen bestellt im Zusammenspiel mit den im Gemeinderat verbliebenen Vertretern. Die Kandidaten der freien Berufsverbände werden vom Provinzgouverneur, dem Vertreter der Zentralregierung in den Provinzen, ernannt. Die Gemeinderäte bestellten zur Hälfte die Provinzdeputationen, die die Vertreter der Familien und Gemeinden in die Cortes wählten. Die zweite Hälfte der Provinzdeputationen wird durch die in der Provinz ansässigen kulturellen, wissenschaftlichen und berufsständischen Organisationen über Wahlmänner bestellt. Das Wahlrecht wurde somit auf unterster Ebene in praxi nicht negiert, blieb aber politisch bedeutungslos, insbesondere im Hinblick auf die höchste nationale Repräsentation, die Cortes. Eine wichtige, erneute Anerkennung fand das Prinzip des individuellen und allgemeinen Stimmrechts im Gesetz über das Referendum. Im Ausführungsgesetz zum Referendum vom 8. Mai 1947 wurde das „klassische Wahlgesetz" vom 8. August 1907 zur Grundlage erklärt und mit einigen Abänderungen versehen. Danach sind alle Spanier beiderlei Geschlechts über 21 Jahren stimmberechtigt und -pflichtig. Die beiden Wählerlisten der a) Großjährigen und b) Familienväter werden vom staatlichen Institut für Statistik aufgestellt und vom zentralen Ausschuß für die Aufstellung der Wählerlisten unter Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichts überwacht. Uber die Anwendung besagt Artikel eins des Gesetzes über das Referendum, daß „wenn die Bedeutung bestimmter Gesetze es nahelegt oder das öffentliche Interesse es fordert, . . . der Staatschef zum besseren Dienst an der Nation die von den Cortes ausgearbeiteten Gesetzentwürfe zum Volksentscheid bringen ( k a n n ) " . Bei Änderung der zu Grundgesetzen erhobenen Dekrete soll das Referendum allerdings obligatorisch sein. Das Referendum wurde bislang kaum angewandt, dabei einzig im Falle von Grundgesetzänderungen oder -Erweiterungen. Das von den Cortes am 7. Juni 1947 beschlossene „Gesetz über die Nachfolge" wurde am 6. Juli gleichen Jahres einem Volksentscheid unterworfen. Von den 17178812 eingeschriebenen Stimmberechtigten nahmen 15219563 am Referendum teil; 14.145.163 stimmten mit ja, 722.656 mit nein, 351 744 Stimmzettel waren ungültig. Die Annahme des Gesetzes wurde von den nationalen Erneuerern als grundsätzliche Zustimmung des Volkes zum Franco-Regime gewertet, obwohl die Fragestellung des Referendums, die keine Alternative zum gegenwärtigen Regime

Spanien (Franco-Regime)

1265

enthielt, eine solche Auslegung kaum zuließ. Das Referendum muß als ein Mittel angesehen werden, gegenüber der eigenen Bevölkerung und gegenüber dem Ausland den Anschein demokratischer Legitimation der Institutionenordnung des Franco-Regimes zu erwecken, die selbst keine demokratische Willensbildung über ein in allgemeinen Wahlen gewähltes Parlament vorsieht. Mit Annahme der Organischen Staatsgesetzes vom 10. Januar 1967 in einem zweiten Referendum vom 14. Dezember 1966, in welchem sich bei einer Wahlbeteiligung von 88,8 Prozent von den insgesamt 21 301 540 eingeschriebenen Wahlberechtigten 18 130 612 oder 95,86 Prozent der Abstimmenden für und 342 338 oder 1,81 Prozent gegen den grundgesetzändernden und -ergänzenden Entwurf aussprachen (ungültige oder leere Stimmzettel: 440687 oder 2,33 Prozent; Zahlen nach AdG), wurde die Zusammensetzung der Cortes umfassend verändert, ohne daß allerdings die organische Basis der Repräsentation davon berührt wurde. Es wurde eine Gruppe von Familienvertretern in den Cortes geschaffen, die von den Wahlberechtigten direkt gewählt werden. Ihre Zahl beträgt 104, ihre Wahlperiode vier Jahre. In jeder Provinz werden unabhängig von deren Einwohnerzahl zwei Cortesmitglieder nadi relativer Mehrheitswahl bestellt. Wahlberechtigt sind neben den Familienvorständen nun audi die verheirateten Frauen bei gleicher Altersbedingung von 21 Jahren, wenn sie in die Wählerliste eingetragen sind. Andere sozio-ökonomische und territoriale Gruppen-Repräsentationen wurden in ihrer Mandatsstärke gekürzt: die Zahl der Syndikatsvertreter von 194 auf 150, die der indirekt gewählten Gemeinde- und Provinz Vertreter von 161 auf 113. Jede Provinz stellt jetzt statt früher drei nun zwei Vertreter mit Ausnahme jener, die eine Stadt von über 300 000 Einwohnern in ihren Grenzen haben. Sie werden weiterhin von den Gemeindevertretungen und den Provinzdeputationen bestellt, demnach unverändert indirekt gewählt. Diese drei gewählten Gruppen bilden den Kern der neuen Cortes mit insgesamt 366 von total 563 Mitgliedern. Als nächststärkste Einzelgruppe folgen die Nationalräte der Bewegung mit unverändert 99 Vertretern, deren Mandatscharakter allerdings modifiziert wurde: Die Nationalräte besitzen nun ein persönliches Mandat, wohingegen sie vordem kraft Amtes Mandatsträger waren. Sie werden fast zur Hälfte vom Caudillo ernannt, 51 in den Provinzen von den Sektionen der Bewegung, je Provinz einer, gewählt. Die Zahl der direkt vom Staatschef zu Cortes-Mitgliedern Ernannten wurde von 50 auf 25 gesenkt, während die Vertreter der Berufskörpersdiaften sich zahlenmäßig leicht erhöhten und bis zu 30 betragen können. Unverändert gehören die Regierungsmitglieder kraft 80

Sternberger-Vogel,

Parlamente 1,2

Reformen von 1967

1266

Tabelle V I I : Zusammensetzung der spanischen Cortes nach dem Gesetz über die Cortes von 1942, reformiert im Dekret v o m 29. Dezember 1945, und nach dem organischen Staatsgesetz vom 10. Januar 1967

Soziale Gruppierungen o. ä.

Familie Gemeinde u. Provinz Gewerkschaften Nationalräte d. Bewegung Berufskörperschaften Kulturelle Organisationen (Hochschulen) Vom Staatschef ernannt Regierung / hohe Staatsämter Sonstige Insgesamt

davon davon davon ernannt 1 9 4 2 / 4 5 direkt indirekt od. kraft gewählt gewählt Amt

161 190 138 15 18 50 19 2 593

— — — —

davon davon davon ernannt 1967 direkt indirekt od. kraft gewählt gewählt Amt 104 112 150 99 30

104



112 104 59 29

109 122 54 14

52 68 84 1

3

15 50 19 2

19 25 24









15 25 24









291

563

104

308

151

— —













302

— — — —

4



Amtes den Cortes an. Zu dieser Gruppe von ex-officio-Mitgliedern der Cortes zählen auch die Präsidenten der höchsten fünf Staatsorgane, des Obersten Gerichtshofes, des Staatsrates, des Obersten Militärgerichts, des Obersten Rechnungshofes und des Nationalen Wirtschaftsrates. Die Wahl des Familienfünftels der Cortes wurde im Wahlgesetz vom 28. Juni 1967 näher geregelt. Familienvorstand ist danach, wer in seinem Hause andere Personen „aus Gründen der Verwandtschaft, Vormundschaft, Adoption, Unterkunft, des religiösen Standes oder der Leistung häuslicher Dienste in Abhängigkeit von sich leben hat" (WG; Art. II, a). Das passive Wahlrecht wurde vielfältigen Bedingungen unterworfen (s. SystT.), die vor allem sicherstellen sollen, daß regimetreue Abgeordnete gewählt werden. So müssen die Kandidaten bei ihrer Bewerbung, für die erforderlich ist, entweder tausend Unterschriften von Wahlberechtigten beizubringen bzw. deren 0,5 Prozent einer Provinz, oder — alternativ dazu — die Empfehlung durch zumindest fünf Cortesmitglieder bzw. sieben Provinzvertreter, schriftlich versichern, daß sie die Prinzipien der Nationalen Bewegung wie auch die anderen grundlegenden Gesetze der spanischen Monarchie achten werden. Stark reglementiert wurde der Wahlkampf, der sich nur auf die Zeit von 14 Tagen zwischen der Proklamation der Kandidaten und dem Wahltag erstrecken darf. Wahlveranstaltungen unterliegen der Genehmigung durch den Provinzausschuß, werden von diesem nach Ort und Zeit festgelegt und



46 40 1

Spanien (Franco-Regime)

1267

dürfen einheitlich für alle Kandidaten nicht länger als zwei Stunden in jeder Gemeinde dauern. Alle Druckerzeugnisse, die der Wahlpropaganda dienen, müssen den Bestimmungen des Pressegesetzes entsprechen und vom Provinzausschuß autorisiert sein. Ausdrücklich verboten sind Geldsammlungen oder Veranstaltungen, die den Zweck verfolgen, finanzielle Mittel für die Durchführung eines Wahlfeldzuges beizubringen. Zuwiderhandlungen gegen die Wahlkampfbeschränkungen ziehen den Ausschluß des Kandidaten von der Wahl nach sich. Der Kandidat kann sich dann auch bei den folgenden zwei Wahlen nicht bewerben und hat das fünffache der Summe als Strafe zu zahlen, deren Ausgabe im Wahlkampf untersagt war. Zur Wahl der Familienvertretung bildet jede Provinz einen Zweimannwahlkreis. Jeder Wähler kann zwei Stimmen vergeben. Gewählt sind die beiden Kandidaten, die die meisten Stimmen auf sich vereinigen. Bei Stimmengleichheit ist der Kandidat gewählt, der die meisten Kinder hat (!). Melilla und Ceuta wählen jeweils nur einen Abgeordneten. Hier hat der Wähler nur eine Stimme. Praktisch als eine Art zweite Kammer, der nach Verfassung und mehr noch in der Verfassungswirklichkeit bedeutend größeres Gewicht als den Cortes zukommt, besteht unverändert der Staatsrat. Er hat „Vorrang gegenüber allen anderen beratenden Körperschaften der Nation" (Art. zwei des Gesetzes vom 22. Juli 1967) und ist den Cortes in den Funktionen, die sie ausüben können, in Beratung und Entscheidung vorgeschaltet. Sein Präsident ist zugleich auch Präsident der Cortes. Der Staatsrat setzt sich seit 1967 aus sechs ex-officio Mitgliedern und zehn von den Vertretungsgruppen in den Cortes getrennt gewählten Mitgliedern zusammen (vorher: sechs ex-officio, sechs gewählte und drei vom Staatschef ernannte Mitglieder), die sämtlich den Cortes angehören und eine enge personelle Verbindung zwischen den beiden Organen und eine leitende Einflußnahme des Staatsrates herstellen. An der Struktur des politischen Systems hat sich durch das Organische Staatsgesetz und durch die ihm nachfolgende große Zahl von Gesetzen und Dekreten nichts geändert. Zwar geht die Bestellung der Amtsträger des Regimes in höherem Maße als vorher auf Wahl zurück. Diese Veränderung darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß weder eine freie Ausübung der Wahl besteht, also keine demokratische Willensbildung sich über die jetzigen Wahlen in Spanien vollziehen kann, noch die Wahl als politisch relevantes Instrument gelten kann. Der Bürger hat tatsächlich keine Möglichkeit, mit seiner Stimmabgabe auf die Leitung des Gemeinwesens Einfluß zu nehmen.

1268

Wahlen 1967

Am 10. Oktober 1967 fanden die ersten direkten Wahlen des Familienfünftels statt. 316 Kandidaten, etwa sechs in jeder Provinz, stellten sich den 16 415 720 wahlberechtigten Familienwählern, die etwa die Hälfte der Gesamtbevölkerung ausmachen. Sie nahmen trotz Wahlpflicht nur zu 64,36 Prozent an der Wahl teil, wobei die Wahlbeteiligung zwischen Stadt und Land und auch zwischen Männern und den wieder in größerer Zahl wahlberechtigten Frauen (etwa 7,0 Millionen gegenüber 9,4 Millionen Männern) teilweise erheblich schwankte. Den wenigen bekannt gegebenen bzw. bekannt gewordenen Daten muß mit großem Vorbehalt begegnet werden. Sowohl für das Regime als auch für die Opposition, die nur von einer Wahlbeteiligung zwischen 15 und 20 Prozent spricht, erfüllen die Zahlenmaterialien zu den Wahlen eine propagandistische und eminent politische Funktion. Die Presse ist nicht in der Lage, über den Kandidatendirigismus und den Wahldruck zu berichten. 115 Bewerber um ein Cortesmandat des Familienfünftels sollen sich durch Sammlung der geforderten 1000 Unterschriften zur Kandidatur qualifiziert haben und etwa 180 Kandidaten nicht zugelassen worden sein.

1269

Spanien

Anhang Wahlstatistik Tabelle A l : Zur Entwicklung der Wählerschaft in Spanien in den Jahren 1834 bis 1936*) Jahr

Bevölkerung

1834 1836 1836 1837 1839 1840 1841 1844 1846 1850 1851 1857 1858 1864 1865 1869 1872 1873 1876 1879 1881 1884 1891 1899 1900 1907 1910 1914 1916 1918 1919 1920 1923 1931 1933 1936

12 162 000 12 286 000 » » —



13 100 000



14 500 000 15 455 15 464 15 645 15 655 15 658 16 794

212 340 000 467 586 970

η

16 623 384 » »

17 254 17 560 18 400 18 594

764 352 000 000



19 927 000 —

23 500 000 20 842 902 21 22 24 24 24



303 000 026 100 500

18 65 3 216 265 342 423

000 067 460») 000 559 707







Wahlberechtigte absolut in ·/«

000 000 571 s ) 000») 000»)

0,15 0,55 26,18 2,1 2,8 3,5 —

600 000 5,0 97 100 0,8 121 770 1,1 122 700 1,1 157 725 1,02 160 952 1,2 166 291 1,1 2,6 418 271 3 801 071 24,2 4 030 792 24,0 4 551 436 27,1 3 604 000 21,7 — 952 000 4,97 846 961 808 243 4,86 4 805 000 27,9 4 237 396 23,4 4 300 066 23,1 — 4 579 114 4 701 508 ! ) 23,5 4 742 817 2 ) — 4 753 699 ! ) 23,2 4 641 020 2 ) — 4 675 830 s ) — —

5 6 12 13

053 199 954 300



836 ! ) 750 652 000

22,7 25,4 55,0 55,0

Wähler

45 380 —

143 026 — —

316 566 —

64 548 82 375 86 312 91 689 111 706 102 610 223 211 —

1 878105 1 855 115 2 189 008 652 000 604 758 587 458 —

2 798 262 2 888 021 3 071 142 2 494 082 2 551 403 2 089150 2 790 164 2 399 895 2 342 872 2 026 317 4 348 691 8 727 416 9 100 000

in °/o

70,0 —

56,0 63,6 75,8 — —

66,5 67,6 70,3 58,1 69,0 62,0 53,0 70,0 46,0 40,0 60,7 68,5 71,4 72,7 —

66,0 67,0 67,0 73,7 68,7 68,1 66,6 64,3 60,0 65,0 70,1 67,5 68,0

Wahlgesetze und Dekrete vom 10. Mai 1834 24. Mai 1836 21. August 1836 28. Juni 1837



„ η

»

18. März 1846 η

»



η

»

18. Juli 1865 9. November 1868 23. Juni 1870 11. März 1873 23. Juni 1870 28. Dezember 1878 Μ »

26. Juni 1890

„ »



7. August 1908



η

„ » » η

15. September 1931 27. Juli 1933 »

Anmerkungen *) Die nachfolgenden Daten gehen auf sehr unterschiedliche Quellen zurück und sind teilweise unsichere Werte, auch wenn sie offiziellen Statistiken entstammen. Denn auch die amtliche Wahlstatistik, die systematisch

Wahl der Parlamente

1270

und kontinuierlch erst mit den Wahlen von 1907 beginnt, stützt sich auf mehr oder weniger unzuverlässige Quellen, vor allem die zeitgenössische Presse. Für die Jahre 1869 bis 1931 hat neuerdings M. Martinez Cuadrado nach umfangreichen, zehnjährigen Materialstudien Daten zusammengestellt, die Vertrauen verdienen. *) Wahlberechtigt entsprechend WG von 1812; indirekte, vierstufige Wahlen; 2 ) Zahl der Wahlberechtigten in den Wahlkreisen, in denen tatsächlich gewählt wurde und nidit Art. 29 WG zur Anwendung kam: 1910: 3 383 070; 1914: 3 712 106; 1916: 3 067 597; 1918: 4 189 976; 1919: 3 734 182; 1920: 3 913 334; 1923: 3 128 928 3

) Mit den spanischen Besitzungen auf afrikanischem Boden Ceuta und Melilla.

(Quellen: Gaceta de Madrid; Diario de Sesiones, Congreso; Anuario Estadistico de Espafia, verschiedene Jahrgänge; Resefia geografica y estadistica de Espafia, 1886 und 1888; Tomas Villarroya, Sanchez Agesta, Martinez Cuadrado, Zancada, Vicens Vives, Sevilla Andres, B^carud, s. sämtlich BiblAng.; Murillo Ferrol, F.: Estudios de Sociologia politica, Madrid 1963)

Tabelle A 2: Die Auswirkungen des Wahlgesetzes vom 18. Juli 1865 1864

1863

1865

1867

Besitz

Bildung

Besitz

Bildung

Besitz

Bildung

Besitz

Bildung

170 537

8876

158 042

8249

355 387

62 884

337 915

58 948

95,05

4,95

95,03

4,97

84,96

15,04

85,14

14,86

106 687

5022

98 045

4565

194 329

28 882

179 231

26 149

in Prozent der Wähler

59,46

2,79

58,95

2,74

46,46

6,90

44,64

6,58

in Prozent der Klasse

62,55

56,57

62,03

55,34

54,58

45,92

53,04

44,37

Wahlberechtigte absolut in Prozent Wähler

(Quelle: Martinez Cuadrado, s, BiblAng., S. 64 f.; Sevilla Andres, s. BiblAng., S. 236)

Spanien

1271

Tabelle A 3 : Die Mandatsverteilung in den spanischen Cortes der Revolutionsepoche 1869—1873 (nach zwei Quellen) Parteien

Januar 1869

Demokraten

20

Progressisten

159

Unionisten

Radikale Republikaner Konservative Sagastinos

April 1872

August 1872

Mai 1873









237





— —

69





2





Republ. Unitarier Federalisten

März 1871

69 —

t-n! füllten

87

348



62

224

22



129

20

4



82

Unabhängige Isabellinos

14







Alfonisten



12





Montpensieristen



10





Karlisten

18

62

38

insgesamt

351 1 )

369

353



1

42





— —

2 —





331

367

Anmerkung: ') N u r Abgeordnete des Mutterlandes. (Quelle: Hennessy, s. BiblAng., passim)

Parteien Monarchische Demokraten

1869

1871

1872

1872

1873

236

235





Republikaner

85

52

52



Republikanische Federalisten







77

343





42

274

20



236

14

Radikale Republikaner Konservative und andere (Sagastinos)

enthalten



1

7

Gemäßigte



Canovisten/Alfonsisten



Unabhängige



Montpesieristen



7







Karlisten



51

38





Absolutisten

20









Andere 1 )



19

9

12

17

391

391

391

391

Insgesamt 2 )

532

18 9

11





3

9



3



3



Anmerkungen: x ) Audi nicht gewählt oder nidit festzustellen. ! ) N u r Abgeordnete des Mutterlandes (Halbinsel, Balearen und Kanarische Inseln). (Quelle: M . Martinez Cuadrado, s. BiblAng., I. Halbband, passim)

1272

Wahl der Parlamente

Tabelle A 4 : Mandatsverteilung in der zweiten Kammer der spanischen Cortes 1876—1905 Parteien und Parteirichtungen

Wahlen von 1876 1879 1881 1884 1886 1891 1893 1896 1898 1899

Extrem-Konservative 1 )

12

11

3

Karlisten 2 )





2

333

293

Liberal-Konservative')

39

2

7

7

8

5

3

7

7

5

56

253

44

269

68

222

79

234

115







318

1901 1903 1905

Konservative Dissidenten 4 )

















10

11

Romeristen









11







6

3

8

6

7



17

10









281

88

266

93

233

102

229



29

12





30

Silvelisten





Liberale®)

27

56

Liberale Dissidenten")

5







Linksliberale 7 )



7

Possibilisten



7

Republikaner Unabhängige



7

297

1 Λ7

/ 32





15

10





31

278

74





8

36

10

9

5

22

31









14

4



33

1

14

18

19

36

4

5

10

12

28

11

8

6

7

7



Regionalisten Andere 8 )

1

Nicht festzustellen

6

3

9

2

391

392

392

392

Insgesamt







1



1

8

16



392

399



400









19

22

11

9

401

401

402

401



403



3 404

Anmerkungen: ' ) Unter verschiedenen Namen: 1876: Moderados Intransigentes, 1879: Gemäßigte und Ultramontane, 1881: Katholische Union. *)

Karlisten, Integristen, Traditionalisten und Katholiken, die vielfach Wahlbündnisse eingingen. 3) Unter verschiedenen Namen und jeweils, wenn Regierungspartei, die Anhänger der Regierung (Ministeriales). Nach 1886: Konservative, nach 1898: Konservative Union, nach 1901: Konservative Partei. Bei den Wahlen von 1905 96 Mauristen und 19 Anhänger von Villaverde. 4) 1898: Unabhängige Konservative, 1899: Tetuanisten. ®) Mit wechselndem Namen und, wenn Regierungspartei, jeweils die Anhänger der Regierung mit umschließend. Vor 1881: Konstitutionelle, danach Fusionisten; nach 1891: Liberale. ·)

Unter verschiedenen Namen und Programmen; 1876: Radikale, 1891: Martisten, 1899 und 1901: Gamacisten. 7) Unter verschiedenen Bezeichnungen und Programmen; 1879: Progressistisdidemokratisdie Partei, 1884 und 1886: Dynastische Linke, 1891: Reformisten. e) 1876: ein Demokrat; 1891: ein Cassolitist; 1896: ein Integrist. (Quelle: Zusammengestellt nach M. Martinez Cuadrado, s. BiblAng.)

Spanien

1273 1—< T* 00 tH

ο ON

υο

4c> •fl (6,3 Millionen) für die Annahme der Verfassung aus. 3,9 Millionen Gegenstimmen waren jedoch ein Indiz dafür, daß die Popularität der Revolution nicht mehr so groß war wie zu Beginn. Einmal war die angestrebte wirtschaftliche Sanierung nicht gelungen, zum anderen hatte sich die harte Verfolgung und Verurteilung der ehemaligen Menderes-Anhänger als Fehlschlag erwiesen, wobei sich besonders die Vollstreckung der Todesurteile gegen Menderes und zwei seiner Minister auf das Vertrauensverhältnis zwischen dem Regime und der Bevölkerung außerordentlich negativ auswirkte. In ihrer Präambel bringt die neue Verfassung zum Ausdruck, daß sie keinen Bruch mit der Vergangenheit darstelle, sondern eine Neuregelung der staatlichen Ordnung im Sinne eines Schlußstriches unter eine einheitliche historische Entwicklung. Der Umsturz vom Mai 1960 wird gerechtfertigt durch ein naturrechtlich begründetes Widerstandsrecht „gegen ein Regime, das durch sein verfassungs- und gesetzwidriges Verhalten und Vorgehen seine Legitimität eingebüßt hatte". Nach VfsArt. eins ist der türkische Staat eine Republik; VfsArt. zwei bestimmt, daß die Türkische Republik „ein auf den Menschenrechten und den in der Präambel zum Ausdruck kommenden Grundprinzipien ruhender nationaler, demokratischer, laizistischer und sozialer Rechtsstaat" ist. Das Parlament besteht aus zwei Kammern, dem Senat der Republik und der Nationalversammlung (Abgeordnetenhaus). Dem Abgeordnetenhaus gehören 450 Mitglieder an, die auf vier Jahre in allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlen (VfsArt. 67) gewählt werden; dem Senat der Republik 150 f ü r die Dauer von sechs Jahren bei Drittelerneuerung alle zwei Jahre in allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlen gewählte Mitglieder, wobei 15 weitere, vom Präsidenten der Republik bestellte Mitglieder hinzukommen und einige sogenannte „natürlidie Mitglieder", ζ. B. Altpräsidenten der Republik. Der Präsident der Republik wird vom Plenum der T G N V mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Gesamtzahl der Mitglieder auf sieben Jahre gewählt; Wiederwahl ist nicht möglich. Als Staatsoberhaupt repräsentiert er die Einheit der Nation. Der Ministerrat besteht aus dem vom Präsidenten der Republik bestellten Ministerpräsidenten und den von diesem ausgewählten Ministern, die nicht Parlamentsmitglieder zu sein braudien. Der Ministerrat ist vom Vertrauensvotum des Parlaments abhängig. Laut VfsArt. 108 kann der Ministerpräsident vom Präsidenten der

Türkei

1349

Republik die Anordnung von Neuwahlen verlangen, wenn auf Grund eines mit absoluter Mehrheit ausgesprochenen Mißtrauensvotums der Ministerrat innerhalb von 18 Monaten zweimal gestürzt ist und zum dritten Mal ein Mißtrauensvotum erteilt wird. Im Gegensatz zu der entsprechenden Bestimmung in der Verfassung der Vierten Französischen Republik, die auch in einigen weiteren Artikeln der türkischen Verfassung als Vorbild diente, ist in einem solchen Falle die Auflösung des Parlaments nicht unbedingt erforderlich, sondern bleibt dem Ermessen des Präsidenten überlassen, der lt. VfsArt. 108 seine Entscheidung nach Konsultierung der Präsidenten beider Versammlungen trifft. Dem neu eingerichteten Verfassungsgericht (VfsArt. 145) obliegt die Kontrolle über die Vereinbarkeit der Gesetze und Geschäftsordnungen des Parlaments mit der Verfassung sowie die Entscheidung über die mit dem Amt zusammenhängenden strafbaren Handlungen des Präsidenten der Republik, der Mitglieder des Ministerrats, des Präsidenten und der Mitglieder der oberen Gerichte, des Hohen Richterausschusses, der Generalstaatsanwälte sowie seiner eigenen Mitglieder (VfsArt. 147). Das Verfassungsgericht ist weiterhin zuständig für das Verbot politischer Parteien und der von ihnen herausgegebenen Publikationen und für die Kontrolle der Parteifinanzen. Nach VfsArt. 57 müssen Statuten, Programme und Tätigkeit der politischen Parteien „den auf den Menschenrechten und -freiheiten beruhenden Idealen der demokratischen und laizistischen Republik und der Grundnorm der Unteilbarkeit des Staatsgebietes und des Staatsvolks entsprechen". Das Parteiengesetz (Nr. 648) vom 13. Juli 1965 zählt bis ins einzelne die Verbotsgründe auf. Hiernach sind Parteien u. a. zu verbieten, die sich nicht zur Legitimität der neuen Verfassung und des vorausgegangenen Umsturzes bekennen; die gegen die guten Sitten verstoßen; deren Ziele nicht vereinbar sind mit den Reformen Atatürks und die in ihren Namen Begriffe verwenden wie „Kommunist, Anarchist, Faschist, Nationalsozialist". Die seit langem geforderte Reform der Wahlgesetzgebung und damit verbunden die Einführung der Verhältniswahl erfolgte durch drei neue Wahlgesetze, die von der Konstituante wenige Tage vor Annahme des Verfassungstextes verabschiedet worden waren. Während die Verfassung nur Mindestgarantien enthält für das aktive und passive Wahlrecht sowie die Wahlgrundsätze frei, gleich, geheim, unmittelbar und allgemein (VfsArt. 68, 71, 72, 55) sind die Bestimmungen für die Wahlen im einzelnen niedergelegt im Allgemeinen Wahlgesetz (AWG) vom 26. April 1961, im Gesetz über die Abgeordnetenwahl (GAW) vom 25. Mai 1961 und im Gesetz über die

1350

Wahlrecht und Wahlsystem

Wahl der Mitglieder des Senats der Republik (GWS) vom gleichen Datum, wobei letzteres durch das Gesetz vom 22. April 1964 geändert wurde, das auch für die Wahl der Senatoren die Verhältniswahl einführte. Wahlberechtigt ist jeder Türke beiderlei Geschlechts nach Vollendung des 21. Lebensjahres. Ausschließungsgründe sind Entmündigung und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte. Die Ausübung des Wahlrechts ruht für die unter Waffen befindlichen Mannschaften und Unteroffiziere sowie für die Kadetten der Kriegsschule. Wählbar zur N a tionalversammlung ist jeder türkische Staatsbürger nach Vollendung des 30. Lebensjahres; wählbar zum Senat der Republik jeder Türke nach vollendetem 40. Lebensjahr und abgeschlossenem Hochschulstudium. Vom passiven Wahlrecht ausgeschlossen sind Entmündigte, Analphabeten, Personen, die ohne Genehmigung in fremden Staatsdiensten stehen, die die Befähigung zur Bekleidung öffentlicher Ämter verloren haben oder die ihren Militärdienst nicht abgeleistet haben, obwohl sie dazu verpflichtet gewesen wären. Inkompatibilitäten bestehen bei beiden Versammlungen für Richter, Offiziere, Militärbeamte und Unteroffiziere; sie können im Amt weder kandidieren noch gewählt werden. Beamte und Staatsangestellte sowie Angehörige der Streitkräfte, die in dem Wahlkreis kandidieren, in dem sie Funktionen ausüben, müssen zwei Monate vor Beginn der Wahlen oder bei Neuwahlen nicht später als sieben Tage nach Bekanntmachung des Wahltermins aus dem Dienst ausscheiden. Abgesehen von besonderen Bestimmungen hinsichtlich der Wahlkreiseinteilung — ζ. B. im Anhang des GWS — bildet jede der 67 Provinzen einen Wahlkreis und jede Gemeinde einen Wahlbezirk. Die Gemeinden sind in Stimmbezirke für durchschnittlich 300 Wähler eingeteilt. Je nach der Größe seiner nach der letzten Volkszählung ermittelten Einwohnerzahl entfällt für die Wahlen zur Nationalversammlung auf die Wahlkreise ein oder mehrere der insgesamt 450 Abgeordnetensitze. Die genaue Anzahl der Sitze wird durch einfache Division errechnet: Divisor ist die Zahl, die sich ergibt, wenn die Einwohnerzahl der gesamten Republik durch 450 geteilt wird, Dividend ist die jeweilige Einwohnerzahl der einzelnen Provinzen. Bleibt bei dieser Rechnung ein Rest an 450 Sitzen, erhalten zunächst diejenigen Provinzen je einen Abgeordnetensitz, deren Einwohnerzahl nicht zur Entsendung eines Abgeordneten ausreichte; dann erst werden an die übrigen Provinzen in der Reihenfolge der Größe ihrer überschießenden Einwohnerzahl die restlichen Sitze verteilt (Art. 4 GAW). Gewählt wird nach Verhältniswahl nach Listen bei gleichzeitiger Zulassung von freien Kandidaturen. Die Mandatszuteilung

Türkei

1351

bei Kandidaten von politischen Parteien erfolgt durch Teilung der für die einzelnen Parteien gültigen Stimmen durch die Wahlzahl. Die unabhängigen Kandidaten müssen mindestens soviel gültige Stimmen erhalten, wie die Wahlzahl ausmacht. Die Wahlzahl ergibt sich aus der Division der Gesamtzahl der gültigen Stimmen in jedem Wahlkreis durch die Anzahl der zu stellenden Sitze. Die nach dieser Rechnung übrig bleibenden Abgeordnetensitze werden nach dem gleichen Prinzip folgendermaßen verteilt: Die Reststimmen der einzelnen Parteien in den verschiedenen Wahlkreisen werden als Summe zusammengefaßt in einem „Nationalwahlkreis". Die „Nationalwahlzahl" wird errechnet auf Grund der Division aller Stimmen des „Nationalwahlkreises" durch die Zahl der noch zu verteilenden Sitze (Art. 32 GAW). Die Nominierung von Kandidaten durch politische Parteien ist an Bedingungen geknüpft, die das Entstehen von Splitterparteien oder rein regional organisierten Parteien verhindern sollen. Politische Parteien können sich an den allgemeinen Wahlen nur unter der Voraussetzung beteiligen, daß sie ihren ersten satzungsgemäßen Parteitag abgehalten und in mindestens 15 der 67 Provinzen seit sechs Monaten Provinz- und Kreisorganisationen gebildet haben und für jede dieser 15 Provinzen soviele Kandidaten aufstellen, wie Abgeordnetensitze auf jeden dieser Wahlkreise entfallen (Art. 10—13 GAW). Listenverbindungen sind unzulässig. Um ein Ubergewicht der Parteispitze bei der Nominierung der Kandidaten zu verhindern, darf die Anzahl der von der Parteispitze bestimmten Kandidaten zehn Prozent nicht übersteigen, die diese Partei durch ihre Provinz- und Kreisorganisationen nominiert (Art. 15 GAW). Im ursprünglichen Text des G A W hatte man die Unpersönlichkeit der Listenwahl dadurch zu mildern gesucht, daß jeder Wähler auf seinem Stimmzettel den Kandidaten, den er bevorzugt, kenntlich macht. Die das System der Vorzugsstimmen regelnden Bestimmungen der Art. 25 und 26 des G A W wurden aufgehoben, da sie offensichtlich für die Analphabeten unter den Wählern wenig praktikabel waren. An die Stelle der seit 1877 üblichen Mehrheitswahl (ohne Stichwahl) bei der Bestellung der Mitglieder des Senats trat 1964 ebenfalls die Verhältniswahl. Hier ist jedoch — anders als bei den Abgeordnetenwahlen — die Anzahl der von jeder Provinz zu wählenden Senatoren in einer Anlage zum Gesetz fest bestimmt und unabhängig von der wechselnden Bevölkerungszahl. Jede Provinz gilt als Wahlbezirk, nur die Provinzen Ankara, Istanbul und Ismir sind in drei einzelne Wahlbezirke aufgeteilt. Ankara (Merkez, Yeni Mahalle, Cankaya) wählt insgesamt sieben Senatoren; Istanbul (Eminonü, Beyoglu, Adalar) zehn Senatoren und Ismir (Merkez, Karsiyka, Bornova) insgesamt sechs Senatoren. Von den übrigen 64 Provinzen stellen 24

1352

Wahlen 1961/1965

je einen Senator, 25 je zwei Senatoren, acht je drei und sechs je vier sowie eine Provinz fünf Senatoren. Die ersten Wahlert nach eineinhalbjähriger Amtszeit der Militärregierung fanden am 15. Oktober 1961 statt; die Wahlergebnisse (s. Tab. A 2) waren — wie schon das Ergebnis der Volksabstimmung über die neue Verfassung — ein weiteres Zeichen dafür, daß die der Revolution zunächst entgegengebrachten Sympathien stark abgenommen hatten. Die Republikanische Volkspartei, von der sich die Militärregierung einen klaren Wahlsieg erhoffte, erhielt eine nur knappe Mehrheit vor der vorwiegend aus ehemaligen Anhängern der Demokratischen Partei bestehenden „Gerechtigkeitspartei". Auch die „Neue Türkische Partei" bestand in der Mehrzahl aus früheren Anhängern der Demokratischen Partei, während sich die „Bauernpartei" besonders auf die islamische Wählerschaft Anatoliens stützte. Als Folge des knappen Wahlsieges mußte die Republikanische Volkspartei — praktisch auf Geheiß der Armee und des von ihr gestellten Präsidenten Gürsel — unter der Führung von Ismet Inönü eine Koalitionsregierung mit der Gerechtigkeitspartei bilden. Inönüs erstes Kabinett, von vornherein geschwächt durch jene Kräfte in den Reihen der ehemaligen Demokraten, die entschieden gegen jede Verbindung mit den Republikanern waren, bestand nur sechs Monate und wurde am 25. Juni 1962 abgelöst durch eine neue Koalition, die diesmal aus Vertretern der Republikanischen Volkspartei, der Neuen Türkischen Partei sowie Unabhängigen bestand. Während der Amtszeit dieser Regierung kam es zu einigen wirtschaftlichen Erfolgen; die beiden kleinen Parteien verließen jedoch die Koalition, als die Gerechtigkeitspartei bei Gemeindewahlen hohe Stimmengewinne erzielte. Das dritte Kabinett Inönü bestand nur noch aus Vertretern seiner eigenen Partei und Unabhängigen. Die im Februar 1965 von dem parteilosen Senator Suat Hayri Ürgüplü gebildete Koalitionsregierung (Gerechtigkeitspartei, Bauern- und Nationalpartei) war eine Übergangsregierung und diente der Vorbereitung der Wahlen von 1965. Da die Republikanische Volkspartei für 1965 einen Wahlsieg der Gerechtigkeitspartei befürchtete, wurde mit den Stimmen der kleinen Parteien ein Gesetz über die Reststimmenverwertung erlassen, durch das sich die Republikaner begünstigt glaubten. Der Kampf um die Wählerstimmen gestaltete sich sehr hart, machte aber deutlich, daß sich die Parteien weniger auf programmatische Alternativlösungen zur Behebung vor allem der wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Landes konzentrierten als vielmehr auf mitunter persönlich gefärbte gegenseitige Anschuldigungen. Die Gerechtigkeitspartei unter der neuen Führung des gemäßigten, jungen Industriellen Süleyman Demirel trat für weitgehende wirtschaftliche Privatinitiative ein und

Türkei

1353

lieferte damit Angriffsflächen für die Republikaner, die sich ihrerseits für das in der Verfassung niedergelegte Prinzip der staatlichen Planung einsetzten. Unter den am Wahlkampf beteiligten vier kleinen Parteien taten sich besonders die Nationale Republikanische Bauernpartei und die neugegründete „Arbeiterpartei" hervor, wobei die Bauernpartei vornehmlich die konservativ-nationalistischen Wählerschichten ansprach, während sich die Arbeiterpartei außenpolitisch für einen prosowjetischen Neutralismus und innenpolitisch für radikale Bodenreformen einsetzte. Die Nationalpartei und die Partei Neue Türkei unterschieden sich in ihren Forderungen kaum von den Riepublikanern und der Gerechtigkeitspartei und strebten offensichtlich danach, die kommende neue Regierung in Koalition mit einer der beiden großen Parteien zu bilden. Die von den Republikanern vorgenommene Wahlgesetzänderung vermochte einen Wahlsieg der Gerechtigkeitspartei — sie erhielt 52,87 °/o der Stimmen — nicht zu verhindern: Ebenso wie alle anderen Parteien war sie an der Reststimmenverwertung beteiligt und gewann zusätzlich zu den im ersten Zuteilungsverfahren erhaltenen 204 Sitzen noch 36 Restmandate. Von der neuen Reststimmen Verwertung profitierten vor allem die kleineren Parteien. Die Nationalpartei erhielt im zweiten Zuteilungsverfahren 80,65 Prozent, die Partei der Neuen Türkei 84,21 Prozent, die Arbeiterpartei 86,67 Prozent und die Nationale Republikanische Bauernpartei die Gesamtzahl ihrer Mandate, wohingegen die Republikanische Volkspartei nur 23,88 Prozent ihrer Mandate über die Reststimmenverwertung erlangte, die Gerechtigkeitspartei mit 15 Prozent allerdings übertraf (s. Tab. A 2). Trotz der Einführung der Verhältniswahl, die ein etwa proportionales Verhältnis von Stimmen und Mandaten herstellt (s. Tab. A 2), konnten sich in der Türkei zwei starke Parteien behaupten. Die Wahlergebnisse von 1961 und 1965 deuten darauf hin, daß sich der Wähler immer mehr auf diese beiden großen Parteien konzentriert und sich gegenüber den kleinen Parteien mit ihren teilweise radikalen Zielsetzungen zurückhält. Die Homogenität des ausnahmslos aus Gemäßigten bestehenden Kabinetts Demirel darf als weitere Grundlage angesehen werden für den in der Zukunft möglichen Erfolg der Bemühungen, die aus kulturellen, wirtschaftlich-sozialen und verfassungspolitischen Problemen sowie aus der latenten Zypernkrise herrührende politische Instabilität zu überwinden. Im übrigen gehen neuere Wahlreformbestrebungen dahin, die Reststimmenverwertung wieder aufzuheben und die Mandate ausschließlich auf Wahlkreisebene zu vergeben.

1354

Wahl der Parlamente

Anhang Wahlstatistik: Tabelle A 1: Stimmen und Mandate bei den Wahlen zur türkischen Nationalversammlung 1950—1957 1950

1954

1957

20 947 188 8 905 743 42,5 7 953 085 89,3

23 433 030 10 262 063 43,8 9 095 617 88,6

25 498 226 12 078 623 47,4 9 250 949 76,6

Wahlen

Stimmen in 0 /«

Sitze absolut

Sitze in °/o

Stimmen in »/o

Sitze absolut

Sitze in %>

Stimmen in °/o

Sitze absolut

Sitze in "/ο

Bevölkerung davon wahlberechtig in «/o Wahlbeteiligung in °/o

Demokraten (DP) Republikaner (CHP) National-Republ. Bauern-Partei (CKMP) Freiheitspartei (HP) Andere

54,91 41,05

416 67

85,72 13,95

58,22 36,34

504 31

93,15 5,73

47,91 41,03

424 178

69,52 29,18

3,41

1

0,07

4,8

5

0,92

0,61

3

0,26

0,62

1

0,2

7,19 0,06 3,78

4 4 —

0,65 0,65 —

Insgesamt

99,98

487

100,00

99,98

541

100,00

99,97

610

100,00

Parteien

(Quellen: Türkiye istatistik yilligi (Annuaire Statistique, Republique Turque), Jg. 1966; Hermens, s. BiblAng., S. 292)

1355

Türkei

Wahlen

Gerechtigkeitspartei (AP) Republikanische Yolkspartei (CHP) Bauernpartei (CKMP) Neue Türkische Partei (YTP) Nationalpartei (MP) Arbeiterpartei (TIP) Unabhängige Insgesamt

35,11

52,87

240

36,7 14,0

173 54

38,44 12,0

2,24 3,72

11 19

13,7

65

14,45

6,26 2,97 3,19

31 15



— —

— -

Sitze absolut

158

Sitze in °/o

34,8

204

im zweiten Zuteilungsverfahren

im ersten Zuteilungsverfahren

31 391 207 13 679 753 43,6 9 748 678 71,3 95,5 Stimmen in °/o

28 271 000 12 925 395 45,2 10 522 716 81,4 96,3

Sitze absolut

Parteien

1965

Stimmen in °/o

Bevölkerung davon wahlberechtigt in %> Wahlbeteiligung in °/o Gültige Stimmen in °/o

1961

Sitze in °/o

Tabelle A 2 : Wahlen z u r Nationalversammlung v o m 15. Oktober 1961 und 10. Oktober 1965

36

53,33

3

11 16

2,44 4,22

6 2

25 13

6,89 3,33









450

317

133



0,8 100,00 450 100,00 100,00

99,99

(Quellen: T ü r k i y e istatistik yilligi (Annuaire Statistique, Republique Turque), Jg. 1966; Hermens, s. BiblAng., S. 287)

1356

Wahl der Parlamente

Tabelle A 3 : Wahlen zum türkisdien Senat 1961—1968 1961

1964 1 )

Bevölkerung

28 602 411

10 281 724

davon wahlberechtigt

12 926 837

4 668 865

Wahlen

1966 1 )

1968 1 )

5 466 284

5 416153

Gültige Stimmen in Prozent

95,4

98,1

96 ,5

92,4

Parteien

Mandate3) insgesamt

66,4

Stimmen in %>

56,2

Mandate

60,2

Stimmen in °/o

81,4

Mandate

Wahlbeteiligung in Prozent

Stimmen in%>

45,4

Mandate

45,7

Stimmen in °/o

in Prozent

Gerechtigkeitspartei (AP)

35,5

70

50,3

30

56,9

35

49,8

101

Republikanische Volkspartei ( C H P )

37,2

36

40,8

20

29,6

13

27,5

34

Republik. Bauernund Volkspartei (CKMP)

13,5

16

3,0



1,9

1

2,0

1

28

3,5



2,46



1





Neue Türkische Partei ( Y T P ) Vertrauenspartei (GP)



Nationalpartei (MP)







5,3

Arbeiterpartei (TIP)







3,9

Unabhängige (B)

0,4

Andere 2 ) Insgesamt:

i 100,6(i)

!

150



1

2,3 1 9 9 , 9

1

1

0,04

i

51



100,0

11

6,0

1

4,7

1

1,8



1

S,5

!

51

100,3 (!)

33

!

183

Anmerkungen: ' ) Drittelerneuerung des Senats; 2 ) U n t e r „Andere" fallen hier die Angehörigen des Senats auf Lebenszeit (1968: 18) und die Senatoren des Präsidentenkontingents (1968: 15) 8 ) Verteilung der Mandate im Senat, Stand November 1968. (Quellen: Türkiye istatistik yilligi (Annuaire Statistique, Ripublique Turque), Jg. 1 9 6 6 ; AdG, verschiedene Jge.; Auskunft des Presserats der Türkischen B o t schaft, H e r r n Seljuk Bakkalbasi, v o m 1 8 . 1 1 . 1 9 6 8 )

1357

Türkei

IL Systematischer

Teil

Gesetzliche Grundlagen: 1. Türkiye Cumhuriyeti Anayasasi (Verfassung der Türkischen Republik vom 9. Juli 1961); 2. Allgemeines Wahlgesetz (AWG, Ges. Nr. 298 vom 26. April 1961 betreffend die Grundbestimmungen für Wahlen und Wählerverzeichnisse); 3. Gesetz über die Abgeordnetenwahl (GAW, Ges. Nr. 306 vom 25. Mai 1961, Änderungen s. Bibliographie); 4. Gesetz über die Wahl der Mitglieder des Senats der Republik (GWS, Ges. Nr. 304 vom 24. Mai 1961, Änderungen s. Bibliographie); 5. Parteiengesetz (Ges. Nr. 648 vom 13. 7. 1965); 6. Gesetz über die Einführung der Verhältniswahl zur Wahl des Senats der Republik (Ges. Nr. 447 vom 22. 4. 1964). Parlament: Türkiye Büyük Millet Meclisi (Türkische Große Nationalversammlung: TGNV) zwei Kammern: Nationalversammlung ( = Abgeordnetenhaus); Senat der Republik. Wahlrecht zum Abgeordnetenhaus: Mitgliederzahl: 450 (VfsArt. 67; Art. 3 GAW). Wahlperiode: Vier Jahre (VfsArt. 69). Neuwahlen können durch einfaches Gesetz im Kriegsfall um ein Jahr verschoben werden. Vorzeitige Auflösung: Eine Verkürzung der Wahlperiode auf Verlangen des Ministerpräsidenten durch den Präsidenten der Republik; Voraussetzung: wenn auf Grund eines gemäß VfsArt. 69 und 104 ausgesprochenen Mißtrauensvotums der Ministerrat innerhalb von 18 Monaten zweimal gestürzt ist und zum dritten Mal ein Mißtrauensvotum erteilt wird (VfsArt. 108). Wahlrechtsgrundsätze: Frei, gleich, geheim, unmittelbar und allgemein (VfsArt. 55, Art. 1 GAW). Aktives Wahlrecht: Voraussetzungen sind Staatsangehörigkeit (VfsArt. 55) und vollendetes 21. Lebensjahr (Art. 6 AWG) bei einem Volljährigkeitsalter von 18 Jahren. Ausschließungsgründe: Entmündigung, Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, entehrende Strafen (AWG); die Ausübung ruht für die unter Waffen befindlichen Mannschaften, Unteroffiziere sowie für Kadetten der Kriegsschule. Passives Wahlrecht: Gebunden an ein Alter von 30 Jahren (AWG, GAW). Nicht wählbar ist: wer nicht Türkisch lesen und schreiben kann, wer entmündigt ist, wer ohne Genehmigung in fremden Staatsdiensten steht, wem die Befähigung zur Bekleidung öffentlicher Ämter aberkannt ist, wer, obwohl dazu verpflichtet, seinen Militärdienst nicht abgeleistet hat (Art. 9 GAW). Inkompatibilitäten: Richter, Offiziere, Militärbeamte, Unteroffiziere im Amt können weder kandidieren noch gewählt werden (VfsArt. 68). Beamte und Staatsangestellte müssen zwei Monate vor Beginn der allgemeinen Wahlen oder bei Neuwahlen nach vorzeitiger Auflösung des Parlaments nicht später als sieben Tage nach Bekanntmachung des Beschlusses aus dem Dienst ausscheiden, wenn sie in dem Wahlkreis kandidieren, in dem sie Funktionen ausüben (Art. 18 GAW), desgleichen Angehörige des Heeres (Art.l8GAW).

1358

Wahl der Parlamente

Wahlpflicht: Besteht nicht. Wahlsystem: Verhältniswahl nach Listen bei gleichzeitiger Zulassung von freien Kandidaturen. Verrechnung auf Wahlkreisebene. Die insgesamt 67 Provinzen bilden je einen Wahlkreis. Die Anzahl der von jedem Wahlkreis (Provinz) zu entsendenden Abgeordneten wird durdi einfache Division ermittelt: Divisor ist die Zahl, die sich ergibt, wenn die Einwohnerzahl der gesamten Republik durch 450 geteilt wird, Dividend ist die jeweilige Einwohnerzahl der einzelnen Provinzen. Bleibt bei dieser Rechnung ein Rest an 450 Sitzen, erhalten zunächst diejenigen Provinzen je einen Abgeordnetensitz, deren Einwohnerzahl nicht zur Entsendung eines Abgeordneten ausreichte, dann erst werden an die übrigen Provinzen in der Reihenfolge der Größe ihrer überschießenden Einwohnerzahl die restlichen Sitze verteilt (Art. 4 GAW). Diese Berechnung erfolgt durch den Hohen Wahlausschuß in Ankara und wird 15 Tage vor dem Beginn der Wahl, bei Neuwahlen nach vorzeitiger Auflösung innerhalb drei Tagen nach Besdilußfassung im Amtsblatt und durdi Rundfunk bekanntgemacht (Art. 7 GAW). Mandatszuteilung: Erfolgt bei Kandidaten von politischen Parteien durch Teilung der für die einzelnen Parteien gültigen Stimmen durch die Wahlzahl. Die unabhängigen Kandidaten müssen mindestens ebensoviel gültige Stimmen erhalten wie die Wahlzahl ausmacht. Die Wahlzahl ergibt sich aus der Division der Gesamtzahl der gültigen Stimmen in jedem Wahlkreis durch die Anzahl der zu stellenden Sitze. Die nach dieser Rechnung übrigbleibenden Abgeordnetensitze werden nach dem gleichen Prinzip folgendermaßen verteilt: Die Reststimmen der einzelnen Parteien in den verschiedenen Wahlkreisen werden als Summe zusammengefaßt in einem „Nationalwahlkreis". Die „Nationalwahlzahl" wird errechnet durch Division aller Stimmen des „Nationalwahlkreises" durch die Zahl der noch zu verteilenden Sitze (Art. 32 GAW). Wahlbewerbung: Sie ist zu richten an den Vorstand des jeweiligen Provinzialwahlausschusses (Art. 19 GAW). Niemand kann in mehr als einem Wahlkreis kandidieren (Art. 20 GAW). Die Nominierung von Kandidaten durch die politischen Parteien ist an besondere Voraussetzungen geknüpft, die das Entstehen von Splitterparteien oder nur regional organisierten Parteien verhindern sollen. 1. Muß ein satzungsmäßiger Parteitag abgehalten worden sein; 2. In 15 Provinzen müssen seit sechs Monaten Provinz- und Kreisorganisationen gebildet und für jede der 15 Provinzen die erforderliche Anzahl von Kandidaten ( = Zahl der zu verteilenden Sitze) aufgestellt sein (Art. 10—13 GAW). Die Anzahl der von der Parteispitze nominierten Kandidaten darf zehn Prozent nicht übersteigen (Art. 15 GAW). Die Nominierung hat spätestens am 37. Tage vor der Wahl zu erfolgen (Art. 14 GAW). Die endgültige Kandidatenliste gibt der Hohe Wahlausschuß am 27. Tag vor dem Wahltag bekannt (Art. 22 GAW). Einspruchsverfahren: Innerhalb von zwei Tagen kann nach der vorläufigen Bekanntmachung der Kandidaturen Einspruch erhoben werden beim Provinzialwahlausschuß. Entschieden werden muß darüber bis zum 32. Tag vor

Türkei

1359

dem Wahltag. Einspruch gegen Beschlüsse des Provinzialwahlausschusses innerhalb von zwei Tagen beim Hohen Wahlausschuß möglich, der innerhalb von drei Tagen, spätestens bis zum Tage der Bekanntgabe der endgültigen Kandidatenlisten entscheidet. Wahlkosten: Gemäß dem Stimmenanteil bei den letzten Abgeordnetenwahlen gewährt die Staatskasse den Parteien einen jährlichen Zuschuß, bei einem Stimmenanteil von 5—10 % = 500 000 T L 1 1 — 2 0 o/o = 1 000 000 T L 2 1 — 3 0 o/o = 2 000 000 T L

3 1 — 4 0 o/o = 2 500 000 T L 4 1 — 5 0 o/0 = 3 000 000 T L mehr als 50 o/0 = 3 500 000 T L .

Wahlkamp fbeschränkung: Propagandafreiheit gibt es nur innerhalb strenger gesetzlicher Grenzen, betreffend Versammlungen unter freiem Himmel und in geschlossenen Räumen, Rundfunksendungen, Verteilung von Drucksachen usw. (Bestimmungen im A W G ) . Wahlorganisation: Wahlbehörden: Alle mit den Wahlen zusammenhängenden Geschäfte und Aufgaben werden durch Wahlausschüsse erledigt: 1. Hoher Wahlausschuß, Sitz Ankara, Präsident, sechs ordentl. und vier Ersatzmitglieder (Mitglieder des Kassationshofes und des Staatsrates, für vier Jahre gewählt). 2. Provinzialwahlausschuß: Sitz Provinzhauptstadt, drei ranghöchste Richter der Stadt, die politischen Parteien entsenden je einen nicht stimmberechtigten Vertreter, der an den Arbeiten und Verhandlungen teilnimmt. 3. Kreiswahlausschuß: Ranghöchster Richter im Kreis und sechs gewählte Mitglieder (vier von den politischen Parteien, zwei von der Lehrerschaft). 4. Stimmbezirkswahlausschüsse: Vorsitzender und vier Beisitzer. Wählerverzeichnisse: Werden automatisch als ständige Listen in alphabetischer Reihenfolge mit Namen, Vornamen, Name des Vaters und Angaben über Geburtsort und -datum aller Wahlberechtigten von den lokalen Verwaltungsbehörden geführt und einmal jährlich in der Zeit vom 23. April bis zum 31. Mai überprüft (WG Nr. 5545 vom 16. Februar 1950, Art. 7 bis 32). Den Verwaltungsbehörden der Provinzen und Distrikte obliegt die Überprüfung der ordnungsgemäßen Anlage der Wählerverzeichnisse, die zu einem von den lokalen Behörden festgesetzten Termin einmal jährlich für sieben Tage zur öffentlichen Einsicht ausgelegt werden. Einspruchsverfahren: Einspruch gegen die Wählerverzeichnisse kann in schriftlicher oder mündlicher Form innerhalb der siebentägigen Auslegungsfrist erfolgen; über den Einspruch entscheidet innerhalb von zwei Tagen der zuständige Kreiswahlausschuß. Gegen diese Entscheidung ist Einspruch möglich innerhalb von fünf Tagen beim zuständigen Polizei-Magistrat, dessen innerhalb von drei Tagen zu treffende Entscheidung endgültig ist. ( W G 1950 Art. 22). Wahltermin: Stimmabgabe erfolgt alle vier Jahre am 2. Oktobersonntag ( G A W Art. 1).

1360

Wahl der Parlamente

Wahllokal:

öffentliche Gebäude, ζ. B. Schulen.

Wahlzeit: Stimmabgabe möglich innerhalb der Zeit von 8 bis 18 Uhr. Stimmabgabe

erfolgt geheim und persönlich (Art. 1 GAW).

Schutz der Wahlhandlung: Am Abstimmungstag ist der Verkauf und Ausschank von alkoholischen Getränken verboten, alle öffentlichen Vergnügungsstätten bleiben für die Dauer der zur Stimmabgabe festgesetzten Zeit geschlossen. Niemand mit Ausnahme der Sicherheitsorgane darf in der Öffentlichkeit Waffen tragen. Am Abstimmungstag bis 18 Uhr sind Rundfunksendungen und sonstige Publikationen von Nachrichten, Vermutungen und Kommentaren über die Wahlen und ihre Ergebnisse verboten (AWG). Briefwahl:

Besteht nicht.

Stimmenauszählung und Kontrolle: Erfolgt durch die Wahlbehörden des Stimmbezirks; über die Auszählung werden Protokolle angefertigt, letzte Kontrolle steht dem Hohen Wahlausschuß zu (Art. 29 AWG). Wahlanfechtungs- und Prüfungsaufgaben: Obliegen in letzter Instanz dem Hohen Wahlausschuß in Ankara (Art. 75 Vfs.). Wahlrecht zum Senat der Republik: Mitgliederzahl: 150 aus allgemeinen Wahlen hervorgehende, 15 vom Präsidenten der Republik bestellte Mitglieder; hinzu kommen die „natürlichen Mitglieder" (Mitglieder des Nationalen Einheitskomitees bis 1960 und die Alt-Präsidenten (VfsArt. 70). Wahlperiode: Art. 73).

Beträgt sechs Jahre, alle zwei Jahre Drittelerneuerung (Vfs-

Vorzeitige Auflösung: Wie Abgeordnetenhaus (VfsArt. 74 und 108). Wahlrecht: Wie Abgeordnetenhaus. Passives Wahlrecht: Siehe Abgeordnetenhaus, gefordert ist zusätzlich ein abgeschlossenes Hochschulstudium und ein Alter von 40 Jahren, Wiederwahl ist möglich. Inkompatibilitäten: Siehe Abgeordnetenhaus, „natürliche Mitglieder" verlieren Zugehörigkeit, wenn sie einer Partei beitreten, mit der nächsten auf den Beitritt folgenden Senatswahl. Wahlsystem: Siehe Abgeordnetenhaus. Die Verteilung der Sitze: Auf die Provinzen ist gesetzlich festgelegt und unabhängig von der Bevölkerungszahl: Ankara: sieben Senatoren; Istanbul; zehn Senatoren; Ismir: sechs Senatoren; 24 Provinzen mit je einem Senator; 25 Provinzen mit je zwei Senatoren; acht Provinzen mit je drei Senatoren; sechs Provinzen mit je vier Senatoren und eine Provinz mit fünf Senatoren. Wenn in einem Wahlkreis mehr als ein Mitglied zum Senat der Republik zu wählen ist, so wird die Wahlzahl in der Weise ermittelt, daß die Zahl der gültigen Stimmen durdi die Zahl der Senatorensitze plus eins (1) geteilt

1361

Türkei

wird. Diese Vorschrift wird audi angewendet in jenen Wahlkreisen, in denen nur zwei Abgeordnete gewählt werden (Art. 1 GWS). Wahltermin: Die Stimmabgabe erfolgt am ersten Sonntag im Juni. Wahlzeit: 8 bis 18 Uhr.

Bibliographie 1. Quellen: Edikt von Gülhane vom 3. November 1839; Grundgesetz des Osmanischen Reiches vom 23. Dezember 1876; Entwurf eines Wahlgesetzes vom Jahre 1877; Kaiserlicher Erlaß vom 2. August 1908 zum Entwurf eines Wahlgesetzes vom Jahre 1877; Kabinettsbeschluß vom 4. Januar 1919; „Provisorische" türkische Verfassung vom 20. Januar 1921; Änderungsgesetz vom 20. September 1922 zum Wahlgesetz vom 2. August 1908; Wahlgesetz vom 3. April 1923; Verfassung der türkischen Republik vom 20. April 1924; Gesetz vom 5. Dezember 1934 zur Abänderung der Verfassung vom 20. April 1924 Wahlgesetz für Wahlen zum Parlament vom 21. Juli 1946; Wahlgesetz vom 21. Februar 1950 (hierzu vier Änderungsgesetze); Allgemeines Wahlgesetz, Gesetz Nr. 298 vom 26. April 1961; Gesetz über die Abgeordnetenwahl, Gesetz nur. 306 vom, 25. Mai 1961; Verfassung vom 9. Juli 1961; Änderungs- und Ergänzungsgesetze: Nr. 348 vom 16. August 1961, Nr. 369 vom 7. September 1961; Nr. 533 vom 13. Februar 1965; Art. 128 des Gesetzes Nr. 648 vom 13. Juli 1965; Gesetz Nr. 656 vom 14. Juli 1965; Gesetz über die Wahl der Mitglieder zum Senat der Republik; Gesetz Nr. 304 vom 24. Mai 1961; Abänderungsgesetze: Nr. 349 vom 16. August 1961, Nr. 238 vom 29. Mai 1963, Nr. 447 vom 22. April 1964, Nr. 656 vom 14. Juli 1965; Parteiengesetz (Gesetz Nr. 648) vom 13. Juli 1965. 2. Quellenpublikationen: Hirsch, Ε. E.: Die Verfassung der Türkisdien Republik. Die Staatsverfassungen der Welt in Einzelausgaben. Bd. Frankfurt/M.—Berlin 1966 enthält: Verfassung von 1961 mit Kommentar; Grundgesetz des Osmanischen Reiches von 1876; Verfassung von 1921; 1924; Vorläufiges Gesetz Nr. 1 vom 12. 6. 1960; Gesetz Nr. 157 über die Verfassunggebende Versammlung; Gesetz Nr. 304 über die Wahl zum Senat der Republik; Gesetz Nr. 306 über die Abgeordnetenwahl.

3. Auswahl aus dem

Schrifttum:

PolGesch.:

Kral, Α., Ritter V.: Das Land Kemal

Jorga, N.: Geschichte des osmanischen Reidies. Nach den Quellen dargestellt, Bd. V. (bis 1912), Gotha 1913. Hazard, Η. W. u. W.: Atlas of Islamic History, Princeton 1954. 86

Sternberger-Vogel,

Parlamente 1,2

Atatürks. Der Werdegang der modernen Türkei, 2. umgearb. u. erw. Auflage Wien 1938. Krüger, K.: Die Türkei. Berlin 1951. Peters, R.: Geschichte der Türken. Stuttgart 1961.

1362

Wahl der Parlamente

Ziemke, K.: Die neue Türkei. Politische Entwicklung 1914 bis 1929, Berlin 1930. Kohn, H.: Die Europäisierung des Orients, Berlin 1934. Beige, B. D.: Modern Turkey, in: International Äff airs, Nov. 1939, S. 745 ff. Baily, F. E.: British Policy and the Turkish Reform Movement, Cambridge/ Mass. 1942.

Abadan, Y.: Die Entstehung der Türkei und ihre verfassungsrechtliche Entwicklung (bis 1960), in: JöR NF 9 (1960), S. 353 ff. ders.: Die türkische Verfassung von 1961, in: JöR NF 13 (1964), S. 325 ff. Giritli, L: Some Aspects of the New Turkish Constitution, in: MidEJ Bd. 16 (1962), S. 1—17.

Allen, Η. E.: The Turkish Transformation: a study in social and religious development, Chicago 1955. Laqueur, W.: The Middle East in Transition, London 195. Gökalp, 2.: Turkish Nationalism and Western Civilisation, New York Col. University Press 1959.

Hirsch, Ε.: Die Verfassung der türkischen Republik, Frankfurt/M./Berlin 1966. Abadan, Y.: Das türkische Parteiengesetz, in: Die moderne Demokratie und ihr Recht, Festschrift Leibholz, Bd. II, Tübingen 1966.

Lewis, Β.: The Emergency of modern Turkey, Oxf. University Press 1961. Robinson, R. D.: The first Turkish Republic, Harvard Univ. Press 1963. VR/VfsGesdi.: Schmidt, F.: Die Türkei — Verfassung, Verwaltung, Volkswirtschaft. Mönchengladbach 1915. Jäscbke, G.: Die Entwicklung des osmanischen Verfassungsstaaten von den Anfängen bis zur Gegenwart, Berlin 1917. Kraelitz-Greifenhorst, F. v.: Die VerFassungsgesetze des osmanisdien Reiches, Wien 1919. Pritsch, E.: Die türkische Verfassung vom 20. April 1924, in: Mitteil. d. Sem. f. orient. Sprachen, XXVI—XXVII 1924 S. 164 ff. Earle, Ε. M.: The New Constitution of Turkey, in: PSQuart. (1925) S. 73 ff. Davis, Η. M.: Constitutions, Electoral Laws and Treaties of States in the Near and Middle East, Duke Univ. Press, Durham 1947, 2. Aufl. 1953. Jäschke, G.: Der Islam in der Neuen Türkei. Eine rechtsgeschichtliche Untersuchung, Leiden 1951. Khadduri, M.: Law in the Middle East, Washington 1955.

PolSystStud./PartSystStud./PartGesch.: Yalman, Α. E.: The Struggle for MultiParty Government in Turkey, in: MidEJ Bd. 1 (1947), S. 46 ff. Ellis, Ε. D.: Evolution of Turkish Political Institution, in: Current History, Dec. 13 (1947), S. 347 ff. Price, P.: The Parliament of Turkey and Persia, in: ParlAff (1948), S. 43 ff. Rondot, P.: Parliamentary Regime in the Middle East, in: MEAff. Bd. 7, (1953), S. 257 ff. Khaddury, M.: The Role of the Military in Middle Eastern Politics, in: AmPSR XLVII (1953), S. 511 ff. McCally, S. P.: Party Government in Turkey, in: JoP 2 (1956), S. 197 ff. Gorvine, Α.: An Outline of Turkish Provincial and Local Government, Ankara 1956. Derya, S. K.: Party Developments in Turkey (1945—1950), Ann Arbor 1953. Key, Κ. K.: The Origins of Turkish Political Party, in: World Affairs Interpreter, April 19, S. 49 ff. Karpat, K.: Turkey's Politics. The Transition to a Multi-Party System, Princeton 1959. Hermens, F. Α.: Mehrparteiensystem, Revolution und verfassungspolitischer Neubeginn, in: Verfassung und Ver-

Türkei fassungswirklidikeit, S. 284 ff.

1363 Bd. I

(1966),

WsStud./WStat.: Fischer, A. / . : Turkey after the First Five Elections, in: Quarterly World Affairs, oct. 1946, S. 220 ff. Tunaya, Τ. Z.: Elections in Turkish History, in: MEAff. Bd. 8 (1954), S. 116 ff.

Hanson, A. H.: Democracy Transplanted. Reflections on a Turkish Election, in: ParlAff. IX (1955/56), S. 65—74. Karpat, K.: The Turkish Elections of 1957, in: WPQuart. Bd. 14 (1961), S. 436 ff. Szyliowicz, J.: The Turkish Elections 1965, in: MidEJ Bd. 20 (1966), S. 473 bis 494.

Dietrich Brinkmann/Holgar Raulf

UNGARN

I. Historischer Teil Repräsentative Körperschaften haben in Ungarn eine lange Tradition. Der auf ständischer Grundlage gebildete Reichstag vermochte seine Rechte gegenüber der Krone zu wahren und sich erfolgreich Versuchen zu widersetzen, eine absolutistische Herrschaft in Ungarn einzurichten. Er erfüllte als Kern der ungarischen Nation die Aufgabe, unter wechselnden fremden Dynastien und während lang dauernder nationaler Zersplitterung die Nation vor der Gefahr der Überfremdung und des Verlustes der nationalen Selbständigkeit zu schützen. So gehört das Bewußtsein, die Belange der Nation in einer zum Teil aus Wahlen hervorgegangenen Vertretung behandelt zu wissen, zu den Grundlagen des ungarischen nationalen Selbstverständnisses. Eine wichtige Rolle spielten bei der Wahrung dieser Tradition eines parlamentarischen Lebens auf ständischer, d. h. vorwiegend aristokratischer Grundlage, die „Komitate", die sich gleidisam als kleine Adelsrepubliken weitgehend selbst verwalteten. Diese Voraussetzungen sind wichtig zum Verständnis der Tatsache, daß die Reformen, die zu einem Parlamentarismus moderner Prägung hinführten, nicht von außen durch neu aufkommende Volksschichten dem Reichstag abgerungen wurden, sondern daß innerhalb des Reichstags selbst eine Reformbewegung entstand. Eine Gruppe liberal gesinnter Adeliger wollte die nationale Erneuerung auf dem Boden der alten parlamentarischen Tradition durch Hinzuziehung anderer sozialer Schichten durchführen. Diesen Kräften gesellten sich andere Adelige hinzu, die unter dem Eindruck der revolutionären Ereignisse in Westeuropa und besonders in Wien einer ähnlichen Entwicklung in Ungarn durch rechtzeitige Ausdehnung politischer Rechte zuvorkommen wollten. Der alte Reichstag vor 1848 bestand aus zwei Häusern: der „Magnatentafel", die sich aus Angehörigen des königlichen Hauses, den großjährigen Grafen und Baronen und den durch ihr Amt ihr angehörenden Würdenträgern (Hofwürdenträgern, höchste Richter und Würdenträgern der Rezipierten, d. h. der vom Staat anerkannten christlichen Kirchen) bildete, und der „Deputiertentafel", die sich neben den Vertretern einiger königlicher Kreisstädte vorwiegend aus den durch den Komitatsadel gewählten Ablegaten der Komitate zusammensetzte.

1366

Wahlreformen 1847/1848

Die Reformen der Jahre 1847/1848 setzten bei der Ablegatentafel an. Nach dem neuen Wahlrecht (Gesetzesartikel G. Α. V.: 1848) wurden die Abgeordneten des von nun an so genannten Unterhauses in unmittelbaren Wahlen in Einerwahlkreisen gewählt. Das aktive Wahlrecht war auf Männer beschränkt und an einen Zensus gebunden neben dem Mindestalter von 20 Jahren und der Zugehörigkeit zu einer der rezipierten Kirchen. 1. Das Maß des Besitzzensus war in den Städten der Besitz eines Hauses oder eines Grundstückes im Werte von 300 Gulden oder in anderen Gemeinden der Besitz einer Viertelurbatialsession (Landmaß unterschiedlicher Größe). 2. Auf Grund des Einkommenszensus erhielten das Wahlrecht diejenigen, die aus Grund- oder Kapitalbesitz ein gesichertes Einkommen von jährlich 100 Gulden nachweisen konnten. 3. Auf Grund der Beschäftigung die, die als Kaufleute oder Fabrikanten einen eigenen Betrieb oder ein eigenes Geschäft besaßen oder als Handwerker über einen ständigen Gehilfen verfügten. 4. Auf Grund der höheren Bildung alle Inhaber eines Hochschuloder gleichwertigen Diploms. Das passive Wahlrecht, ebenfalls nur für Männer, war an ein Alter von 24 Jahren und die Kenntnis der magyarischen Sprache gebunden. Die Stimmabgabe war offen und konnte in jedem Wahlkreis nur in einem Wahllokal vorgenommen werden. Gewählt wurde nach absoluter Mehrheitswahl. Erhielt keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit, kam es im zweiten Wahlgang zu einer Stichwahl zwischen den beiden Bewerbern mit den meisten Stimmen. Durch den G.A. V: 1848 erhöhte sich die Zahl der Wahlberechtigten um das Vierfache, von etwa 200 000 auf etwa 800 000, von 1,6 auf 7,1 °/o der Bevölkerung. Sie sollte somit diejenigen Schichten des Volkes einschließen, von denen man Interesse am Staat und am „allgemeinen Wohl" erwartete. Die wenigen Stimmen, die schon 1848 nach dem allgemeinen Wahlrecht riefen, fanden keinen Widerhall. Außerdem war der fortschrittliche und auf die Zukunft gerichtete Reichstag einig in dem Gedanken, die allgemeine Bildung und den Wohlstand zu erhöhen, daß sich die Zahl der Wähler allein dadurch erweitern sollte. Diejenigen Personen, die schon vor 1848 das Wahlrecht besessen hatten, die neuen Zensusbestimmungen aber nicht erfüllen konnten, behielten dennoch das Wahlrecht. Da diese Gruppe langsam abnahm, verringerte sich auch die Zahl der Wahlberechtigten in den folgenden Jahren geringfügig. Man kann sagen, daß diese etwa sieben Prozent der Bevölkerung, die nach dem G.A. V: 1848 wahlberechtigt wurden, tatsächlich jenem

Ungarn (1848—1918)

1367

Teil des Volkes entsprachen, der das wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Leben des Landes bestimmte. Die große Masse der besitzlosen Landarbeiter, der Klein- und Kleinstlandwirte, ebenso wie die erst im Entstehen begriffene Schicht der kleinen Beamten und Angestellten und die Industriearbeiterschaft, war noch unorganisiert und konnte ihre wirtschaftlichen und politischen Wünsche (ζ. B. nach einer Landreform) noch nicht artikulieren. Wenn Ungarn in den folgenden Jahrzehnten bis zum Ersten Weltkrieg zunehmend reaktionäre Züge aufwies, dann deshalb, weil das Programm des Reichstages von 1847/1848, die Ausweitung des Wahlrechtes durch Hebung von Bildung und Wohlstand, von der herrschenden Schicht nicht erfüllt, sondern eher hintertrieben wurde. Diese herrschende Schicht setzte sich vorwiegend aus dem Kleinadel, der das Land verlassen hatte und nun die hohen Beamtenstellen in den Städten innehielt, und dem Besitz- und Bildungsbürgertum zusammen; daneben wußte auch der Großgrundbesitz seine Macht zu wahren. Alle heftige politische Diskussion und Agitation, die das politische Leben Ungarns so farbig machte, darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß im Grunde diese Schicht in ihren wirtschaftlichen und politischen Interessen und durch gesellschaftlich-familiäre Zusammenhänge sehr homogen war. Vor allem gab es das gemeinsame Fundament des sehr ausgeprägten magyarischen Nationalismus, den auch Teile des Bürgertums mit ursprünglich deutscher oder jüdischer Herkunft bereitwillig annahmen. Die stark assimilierende Wirkung, die die magyarische Lebensart bei diesen wirtschaftlich und bildungsmäßig fortschrittlichen Schichten der Bevölkerung aus sich heraus bewies, darf über den oft genannten Maßnahmen zur Unterdrückung der nicht-magyarischen Bevölkerung des Reiches nicht vergessen werden. Um ihre Stellung zu wahren, mußte sich diese Schicht gegen zwei Seiten absichern. Einmal gegen die sehr langsam an Bedeutung gewinnenden unteren sozialen Schichten, sodann gegen die sogen. Nationalitäten, d. h. gegen die nicht-magyarischen Teile der Bevölkerung, die gut die Hälfte der Einwohner des Reiches ausmachten. Zu diesen beiden Zwecken war u. a. das eingeschränkte Wahlrecht zusammen mit den Möglichkeiten der Wahlmanipulation, die es in reichem Maße bot, eine nicht zu unterschätzende Hilfe. Zu einer ernsthaften Gefährdung des Systems ist es dann allerdings nicht gekommen. Die zum Teil alten, noch vor 1848 entstandenen Gruppierungen und Parteiungen auf Nationalitätenbasis, ζ. B. die der Rumänen oder der Siebenbürgener Sachsen, führten ein Leben außerhalb des Parlaments und nahmen kaum Einfluß auf das politische

1368

„Ausgleich" von 1867 / Regierungssystem

Geschehen; die von ihnen unterstützten Abgeordneten gingen meistens in anderen Parteien auf. So gab es erst nach der Jahrhundertwende im Parlament einige Abgeordnete, die einer ausgesprochenen Nationalitätenpartei angehörten. Auch die Organisation der Industrie- und Landarbeiter in sozialistischen Parteien und in Gewerkschaften setzte in nennenswertem Umfang erst nach der Jahrhundertwende ein, ohne jedoch eine das politische System gefährdende Stärke zu erreichen. Dem ersten Schritt von der Ständevertretung zu einem moderneren konstitutionellen System durch die Gesetze des Jahres 1848 folgten fast zwei Jahrzehnte, in denen das parlamentarische Leben nahezu vollständig zum Erliegen kam. In dem Kampf um die Unabhängigkeit Ungarns von Österreich unterlag die gemäßigte Gruppe unter Führung des Grafen Betthyany der radikalen Richtung unter Kossuth, die die völlige Trennung beider Reiche anstrebte. Der Aufstand wurde 1849 durch österreichische und russische Truppen blutig niedergeschlagen, und dem Land wurden alle staatsrechtlichen Privilegien genommen. In diesem Kampf zeichnete sich bereits jener grundsätzliche Gegensatz ab, der in den letzten Jahrzehnten des alten Ungarns kennzeichnend bleiben sollte für die politische Auseinandersetzung zwischen den Parteien im Lande und im Parlament. Es standen sich zwei Gruppierungen gegenüber, deren eine für einen Verbleib Ungarns im Gesamtverband der Monarchie bei Wahrung einer weitgehenden Autonomie eintrat, während sich die andere für die völlige Unabhängigkeit einsetzte. Erst als sich die Stellung Österreichs in den sechziger Jahren durch die außenpolitischen Rückschläge zunehmend verschlechterte, sah sich die Krone gezwungen, gegenüber Ungarn einzulenken. Am Ende der langen Verhandlungen stand der „Ausgleich" von 1867, der den Dualismus zwischen Österreich und Ungarn begründete. Von diesem Zeitpunkt an bestand der Zusammenhang beider Staaten in der Person des gemeinsamen Kaisers bzw. Königs, d. h. in einer Personalunion; nur in der Behandlung der „gemeinsamen Angelegenheiten", Heerwesen, Außenpolitik und Finanzpolitik, soweit sie die beiden ersteren Punkte betraf, blieb es bei einer Realunion beider Reiche. Die Verhandlungen waren von ungarischer Seite vorwiegend von Deak und Andrassy geführt worden. Deak verfügte im Reichstag über eine sehr starke Gruppe von Anhängern, so daß es ihm zu verdanken war, wenn der Ausgleich dort eine Mehrheit fand. Durch die Ausgleichsgesetze war in Ungarn wieder ein „verfassungsgemäßer" Zustand hergestellt. Eine geschriebene Konstitution hat es in Ungarn, wenn man von der Räterepublik absieht, bis zum Ende

Ungarn (1848—1918)

1369

des Zweiten Weltkrieges nicht gegeben; im Gegenteil war man stolz darauf, daß die alte Staatstradition eine solche überflüssig erscheinen ließ. Durch diesen „Mangel" erhielt die politische Ausgestaltung des positiven Staatsrechts in der Verfassungswirklichkeit eine besondere Bedeutung. Der Idee nach lag die Macht ungeteilt bei dem Reichstag mit seinen beiden Häusern und dem König. Ober- und Unterhaus sowie der König hatten das Recht der Gesetzesinitiative, ohne die Zustimmung der drei Institutionen erlangte kein Gesetz Gültigkeit. Der König besaß theoretisch erhebliche Prärogativrechte. Er ernannte den Ministerpräsidenten und bestätigte die Minister, berief den Reichstag nach Budapest ein und konnte ihn vertagen und auflösen. Da die Prüfung des alten Haushalts und die Festsetzung des neuen jeweils vor Jahreswechsel durch das Parlament erfolgen mußte, war allerdings in den letzten drei Monaten eines Jahres ein handlungsfähiges Parlament erforderlich, dem die Regierungsmitglieder zwar nicht angehören mußten, dem sie aber verantwortlich waren. Gesetzentwürfe mußten, bereits bevor sie in den Reichstag kamen, vom König sanktioniert werden; ihm stand auch das Recht der Gesetzessanktion für die vom Reichstag verabschiedeten Gesetze zu. In der Praxis wurden diese Rechte des Königs — mit Ausnahme während der Krise von 1905 — nicht genutzt. Die Doppelstellung des Herrschers als Kaiser und König sowie der problemreiche Zusammenhang beider Reiche boten dauernd neuen Konfliktstoff, so daß die ständige Gefahr eines Zusammenbruchs des im Grunde unsicheren Gebäudes der österreichungarischen Monarchie den König zu einem sehr behutsamen Umgang mit den Vertretern der ungarischen Nation zwang. Von den beiden Häusern des Parlaments besaß das Oberhaus faktisch weniger Gewicht, da es seine Rechte, ζ. B. seine Einflußmöglichkeit auf das Budget, vielfach nicht ausschöpfte. Die politische Macht war im Unterhaus konzentriert, zumal da bis 1907 die Mitgliedschaft in beiden Kammern kompatibel war und von den aktiven politischen Kräften das Unterhaus als politische Wirkungsstätte vorgezogen wurde. Das Recht der Gesetzesinitiative übte es beinahe ausschließlich aus. In den weitaus meisten Fällen wurde der Ministerpräsident erst ernannt, wenn er einer Majorität im Unterhaus sicher war. Kein Minister und keine Regierung konnten sich einem direkten Mißtrauensvotum des Unterhauses widersetzen, auch wenn sie dem Gesetz nach nur dann zum Rücktritt gezwungen gewesen wären, wenn ihre persönliche Integrität nicht mehr gegeben war oder ein bewußtes Handeln zum Schaden der Nation nachgewiesen werden konnte. Tatsächlich hat es auch in der Geschichte des ungarischen Parlaments

1370

Parteien / Wahlpraxis

kein formelles Verfahren gegen einen Minister gegeben. In der Innenpolitik hatte das Unterhaus praktisch freie Hand. In der Frage des Heerwesens allerdings war die Prärogative des Königs von Bedeutung; darin lag auch der Streitpunkt, der den Bau des Dualismus am stärksten gefährdete. Das Unterhaus wurde für drei Jahre gewählt. Erst durch den G.A. 1: 1886 wurde die Wahlperiode auf fünf Jahre verlängert; außerdem wurde darin bestimmt, daß nach Auflösung des Parlaments das neue Abgeordnetenhaus innerhalb von drei Monaten zusammentreten mußte und daß jährlich mindestens eine Session stattzufinden hatte. Die Gruppe von Abgeordneten, die während des Reichstages von 1865/1868 die Ausgleichsbemühungen Deaks und Andrassys unterstützt hatte, stellte unter der Bezeichnung „liberale Partei" für fast 40 Jahre die Majorität im Unterhaus. Geläufiger als „liberale Partei" war der Name „Deak-Partei", wodurch ein Charakteristikum des ungarischen Parteiwesens zum Ausdruck kommt, das sich bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges im wesentlichen erhalten sollte. Die Parteien stellten lodkere Gruppierungen von Abgeordneten um einzelne, hervorragende Persönlichkeiten dar. Außer der allgemeinen Unterscheidung von Anhängern und Gegnern des Ausgleichs waren kaum programmatische Gegensätze unter den Parlamentariern vorhanden, was bei der homogenen Schicht, der Wähler wie Gewählte angehörten, audi nicht zu erwarten war. Der politische Standortwechsel der Politiker war häufig taktisch motiviert. Das persönliche Moment zeigte sich ζ. B. audi darin, daß sich solche Parteiungen für die meist kurze Dauer ihrer Existenz offiziell nach ihrem Führer nannten (Urgon-Partei 1896, 1901; Just-Partei 1910). 1875 profitierte die liberale Partei von dem Übertritt Kaiman Tiszas, der vorher Führer der größten Oppositionspartei gewesen war und nun den überwiegenden Teil seiner Partei mit der Partei Deaks vereinigte. Die Opposition fand ihren Zusammenhalt in den Ideen der 1848er Revolution und erhielt tatkräftige Unterstützung durch die Proklamation Kossuths, dessen Worte auch aus dem Exil noch begeisterte Hörer fanden. Die radikalsten Verfechter der ungarischen Unabhängigkeit sammelten sich in der „Unabhängigkeit- und 1848er-Partei"; ihr rechneten sich nach den Wahlen von 1867 sieben, nach 1872 38 Abgeordnete zu. Das Wahlgesetz von 1848 war von Anfang an mit einer Reihe von Mängeln behaftet, die auf die Eile bei seiner Konzipierung und das Fehlen von Erfahrungen zurückzuführen waren; besonders fehlten jeglidie statistischen Unterlagen bei der Einteilung der Wahlkreise.

Ungarn (1848—1918)

1371

Man richtete sich weitgehend nach den Komitatsgrenzen, was dazu führte, daß erhebliche Größenunterschiede entstanden und ζ. B. in einer Stadt mit 2500 Einwohnern ebenso zwei Abgeordnete gewählt wurden, wie in einer anderen mit mehr als 200 000 Bürgern. Die Majorität im Unterhaus war an der Beseitigung dieser Ungleichheiten nicht interessiert, ja, durch den Gesetzartikel X X X I I I : 1874 wurden sie unter dem Vorwand, MißVerständnisse des Gesetzes von 1848 auszuräumen, eher noch verstärkt. Man bediente sich dazu einer Bindung des Zensus an verschiedene Formen der direkten Steuer, was auf eine versteckte Erhöhung des Zensus hinauslief, wodurch besonders die auf Grund ihres Landbesitzes Wahlberechtigten benachteiligt wurden. Das Miß Verhältnis im Gewicht der einzelnen Stimmen untereinander, das schon durch die Einteilung der Wahlkreise gegeben war, wurde dadurch noch erhöht, daß durch die Bindung des Zensus an ein Grundsteuerminimum, das von Bezirk zu Bezirk in der Höhe schwankte, zur Erlangung der Wahlberechtigung in einem Bezirk eine Steuer von 68 Hellern ausreichte, in den anderen Bezirken dafür aber 87 Kronen nötig waren. Waren schon die durch Mängel des Gesetzes bedingten Ungleichheiten geeignet, die Wahl zu kompromittieren, so wurde sie erst recht durch die Wahlmißbräuche und Manipulationen, die ihre Ursache in der offenen Stimmabgabe hatten, in ihrem Aussagewert fragwürdig. Die Regierungspartei besaß mit Hilfe des Verwaltungsapparats vielfältige Möglichkeiten, den Wahlausgang in ihrem Sinne zu beeinflussen. So fanden die möglichen Wähler der Opposition die Wege zum Wahllokal unpassierbar, ganze Ortschaften wurden willkürlich tierärztlich gesperrt oder es wurde sonstiger Druck auf die Wähler ausgeübt. Sichere Wahlkreise für die Regierungsparteien waren vor allem die dünner besiedelten und ärmeren Randgebiete des Reiches, die zudem noch von Nationalitäten bewohnt wurden. Diese waren gegenüber den reichen, dichter und vorwiegend von Ungarn bewohnten Gebieten Innerungarns, die naturgemäß die sicheren Bezirke für die nationalistischen Oppositionsparteien bildeten (aus ihnen hatte sich die Armee Kossuths rekrutiert), durch die oben angeführten Mängel der Gesetze bevorzugt, sandten aber, da in ihnen die Wahlergebnisse gänzlich von den magyarischen Behörden bestimmt wurden, vorwiegend regierungsfreundliche, magyarische Abgeordnete in das Unterhaus. In der relativ entspannten Atmosphäre des Reichstages von 1896 bis 1901 gelang es, durch den Gesetzartikel XV : 1899 wenigstens die gröbsten Mißstände bei den Wahlen abzustellen. Die rechtsraubende Wirkung von Steuerrückständen, die durch den Gesetzartikel

1372

Wahlreformen 1874/1885 / Parteien nach 1900

X X X I I I : 1874 eingeführt worden war, wurde aufgehoben und dadurch ein leichtes Ansteigen der Wählerzahl erreicht. Die Opposition, deren Aktionsrahmen durch die obengenannten Umstände sehr eingeschränkt blieb, versuchte, sich im Parlament mittels Obstruktion Gehör zu verschaffen, wozu ihr die Geschäftsordnung viel Raum ließ. Durch fortwährende Abstimmungen und endlose Interpellationen suchte sie, ein Funktionieren des Parlamentes zu verhindern. Den gesellschaftlichen Veränderungen trug der G. Α. VII: 1885 Rechnung; durch ihn wurde das Oberhaus, das bis dahin in seiner alten Form unangetastet geblieben war, reformiert. Den bisherigen beiden Kategorien der Mitglieder wurden zwei neue hinzugefügt: 50 Mitglieder, die vom König auf Grund ihrer Verdienste ernannt wurden, und weitere 50, die von den Magnaten, denen die erbliche Mitgliedschaft genommen war, weil sie den Zensus nicht erfüllen konnten, gewählt wurden. Durch diese Maßnahmen gelangten Vertreter des Bildungsbürgertums und der Wirtschaft in das Oberhaus, und dem verarmten Adel wurde im beschränkten Maße sein politisches Gewicht belassen. Indirekt wurde dadurch die Stellung des Königs verstärkt, der durch die Ernennung der geistlichen Mitglieder und von weiteren 50 Mitgliedern Einfluß auf die Gesetzgebung hätte ausüben können; auch ein Pairsschub war den Gesetzen nach nicht ausgeschlossen. In den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts ließ sich eine gewisse Auflockerung des Parteiengefüges beobachten (zu den Wahlergebnissen 1896—1910 s. Tab. A 2). Mit der „Volkspartei" kam 1896 zum erstenmal eine Partei in das Parlament, die zwar auch den Ausgleich anerkannte, sich aber in kirchenpolitischen Fragen im Gegensatz zu der liberalen Partei befand. Sie begann als erste Gruppe Interesse für soziale Fragen zu zeigen. Eine gemäßigte Opposition im Vergleich zu der Kossuth-Partei stellte die „Nationale Partei" dar. Ohne schon Sitze im Parlament erringen zu können, organisierten sich die Arbeiter — vor allem in Budapest — in einer „Sozialistischen Partei"; die Zahl der organisierten Arbeiter stieg von 1902 bis 1908 um das Zehnfache. Die Landarbeiter der Tiefebene trennten sich 1900 von der zentralen Organisation und gründeten eine eigene, die „Neuorganisierte sozialdemokratische Partei". Auf ihrem Programm stand in erster Linie eine Bodenreform, durch die der Großgrundbesitz begrenzt und teilweise parzelliert werden sollte. Audi die Kleinbauern organisierten sich, mehr jedoch, um durch Kooperativen und Kreditinstitute ihre wirtschaftliche Lage zu bessern. Wenn auch diese neuen politischen Kräfte noch keine oder nur wenige Parlamentsmandate erreichten, so zeigte sich aber doch, auf welche Weise die politische Stagnation, in die das Land verfallen war, zu

Ungarn (1848—1918)

1373

überwinden war. Ihre Organisationen wurden die Vorläufer für die nach dem Weltkrieg aufkommenden neuen Parteien. Die Wahl von 1905 brachte bereits erhebliche Veränderungen in das bisherige Parteiengefüge. Die Oppositionsparteien hatten durch ihre militärischen Forderungen, die auf eine Trennung der gemeinsamen Armee hinausliefen, die Mehrheit im Parlament erringen können. Die Kossuth-Partei allein besaß mehr Sitze als die Liberale Partei. Da jedoch die Forderungen der neuen Mehrheit für die Krone gänzlich unannehmbar waren, denn sie hätten praktisch das Ende der Union bedeutet, wurde zum erstenmal ein Ministerium unter dem Ministerpräsidenten Fejervary berufen, das sich nicht auf eine Partei stützte und keine Mehrheit hinter sich hatte. Das geschah nicht ohne das ausdrückliche Bedauern der Krone, zu diesem Abweichen von der langgeübten Praxis gezwungen worden zu sein. Das Parlament wurde aufgelöst. In dieser Auseinandersetzung drohte die Krone, durch Einführung des allgemeinen Wahlrechts wie zum österreichischen Reichsrat das ganze politische Gefüge Ungarns umzustürzen. Wenn sich diese Drohung auch nur auf dem Wege eines Staatsstreiches hätte verwirklichen lassen, so genügte sie doch, eine Koalitionsregierung zustande zu bringen, in der die alte Kossuth- oder Unabhängigkeitspartei die Mehrheit hatte. Dem Zwang der Umstände folgend, aber wohl auch in der Erkenntnis, daß eine Krise der Doppelmonarchie zum Schaden Ungarns ausschlagen würde, nahm der überwiegende Teil der Abgeordneten eine realistische Haltung ein und erkannte den Ausgleich an. Vom allgemeinen Wahlrecht wurde nicht mehr gesprochen; im Grunde war beiden Seiten an einer fundamentalen Änderung der politischen Struktur des Landes nichts gelegen. Aus den nachfolgenden Wahlen von 1906 ging die Unabhängigkeitspartei mit großer Mehrheit hervor. Aus jenen Gruppen, die die Politik auf der Basis des Ausgleichs weiterverfolgen wollten, gelang es dem Grafen Stefan Tisza, eine neue Partei zu formen, die „Partei der nationalen Arbeit", die in den Wahlen von 1910 die Mehrheit errang. Die Krise hatte allerdings zahlreiche Abspaltungen und Neugruppierungen hervorgebracht, so daß das Parlament schon 1906, mehr aber noch 1910 eine Vielfalt von Splittergruppen schwer bestimmbarer Zielsetzung enthielt. In den Jahren unmittelbar vor dem Weltkrieg wurden Fragen einer Reform des Wahlrechts von Seiten der jeweiligen Opposition im Parlament aufgeworfen. Die Forderung nach dem allgemeinen Wahlrecht, das nach Ansicht von einigen Oppositionsrednern zusammen mit dem Pluralstimmrecht verwirklicht werden sollte, wurde hier und da ausgesprochen, ohne jedoch von einer tragfähigen Gruppe unterstützt zu

1374

Wahlgesetze 1913/1918 / Verfassung von 1919

werden. Eine weitergehende Änderung des Wahlrechts erfolgte durch den G. Α. XIV: 1913. Die wesentlichen Bestimmungen waren die Einführung der geheimen Abstimmung in den städtischen Wahlkreisen und einer Ausrichtung des Zensus auf geistige Vorbedingungen, die die bisher vorwiegenden materiellen Qualifikationen ablöste. Vorbedingung für das Wahlrecht war: 1. Zurückgelegte Mittelschule (Gymnasium) oder zurückgelegte sechs Klassen Volksschule und zwei Kronen jährliche direkte staatliche Steuer oder 2. Kenntnis des Lesens und Schreibens und zwanzig Kronen jährliche direkte staatliche Steuer oder 3. beim Fehlen der intellektuellen Vorbedingungen vierzig Kronen Steuer. Durch dieses Gesetz wurde die Zahl der Wähler nur um 27,8 Prozent auf etwa zehn Prozent der Bevölkerung erhöht. Die gewerblichen Arbeiter erhielten zum erstenmal die Möglichkeit, an einer Wahl teilzunehmen; ihre Zahl blieb aber sehr gering, denn üblicherweise dauerte der Schulbesuch nur vier Jahre, während der Zensus eine Mindestforderung von sechs Jahren erhob und der Steuerzensus so hoch blieb, daß nur wenige Arbeiter ihn erfüllen konnten. Durch den Gesetzesartikel XIV: 1913 wären die Städte, in denen sich naturgemäß das Bildungsbürgertum sammelte und die überdies durch die geheime Abstimmung vor Wahlmißbräuchen besser geschützt waren, bevorzugt worden. Während des Krieges fanden aber keine Wahlen statt. Die Entwicklung des Wahlrechts bis zum Ersten Weltkrieg war so entgegen den Vorstellungen des auf Reformen gerichteten Reichstages von 1847/1848, der im zensitären Wahlrecht nur eine Zwischenphase sah, restriktiv, auf die Sicherung der Macht der herrschenden Gesellschaftsschichten ausgerichtet geblieben. Im Wahlrecht zeigte sich ebenso wie auf sozialem und wirtschaftlichem Gebiet, daß Ungarn hinter der Entwicklung in anderen Ländern zurückgeblieben war. Unmittelbar vor Kriegsende sah sich die ungarische Regierung unter dem Eindruck der Kriegsereignisse genötigt, einer Demokratisierung des Wahlrechts stattzugeben. Der Reformentwurf wurde noch Gesetz (G. Α. XVII: 1918), aber durch den Auseinanderfall des Reiches hinfällig; er sah eine Erhöhung der Zahl der Wahlberechtigten um 100 °/o gegenüber der letzten Wahl zum Reichstag im Jahre 1910 vor, von 6,91 auf etwa 14 Prozent. Die wesentlichen Vorbedingungen für das aktive Wahlrecht waren: 1. Zurücklegung der sechsten Volksschulklasse, 2. Zahlung von jährlich sechs Kronen staatlicher direkter Steuern, 3. Besitz von acht Joch Liegenschaften oder

Ungarn (1919—1939)

1375

4. Selbständige Ausübung eines Handels oder Gewerbes oder 5. Selbständige Anstellung, Unteroffiziersgrad, Besitz der Tapferkeitsmedaille oder des Karl-Truppenkreuzes. Das passive Wahlalter wurde auf 24 Jahre erhöht. Zwei Wochen vor der formellen Kapitulation Ungarns hob der derzeitige Ministerpräsident Weckerle die Union mit Österreich auf. Weckerle wurde zwei Wochen später von dem Grafen Karolyi abgelöst, der die Regierung im Verein mit dem von ihm selbst gebildeten Nationalrat, der sich aus einer Reihe von linksstehenden Gruppen zusammensetzte, ausübte. Dieser Nationalrat, obgleich ohne verfassungsmäßige Grundlage, vermochte sich mehr Rückhalt in der Öffentlichkeit zu verschaffen als das noch bestehende Parlament. Von ihm wurde die Volksrepublik Ungarn ausgerufen. Neben einer radikalen Landreform gehörte die Schaffung eines neuen Wahlgesetzes zu den ersten innenpolitischen Maßnahmen. Das Wahlgesetz gab allen Männern über 21 Jahren und allen Frauen über 24 Jahren das Wahlrecht; vorgesehen waren allgemeine, gleiche, unmittelbare und geheime Wahlen. Ehe jedoch dieses Gesetz wirksam werden konnte, scheiterte die gemäßigte linke Regierung Karolyis und wurde von den linksrevolutionären Gruppen unter Führung von Bela Khun ausgeschaltet. Khun und viele seiner Anhänger waren als Kriegsgefangene in Rußland Zeugen der Revolution geworden. Im März 1919 riefen sie die Ungarische Sowjetrepublik aus. Die von ihnen geschaffene provisorische Verfassung vom 2. April 1919, die erste geschriebene Verfassung Ungarns, gewährte allen Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet hatten, das aktive und passive Wahlrecht mit Ausnahme jener, die als Feinde der Arbeiterklasse galten. Die Wahl sollte in Stufen erfolgen: die aufgrund allgemeiner Wahlen zusammengetretenen Stadt- und Dorfräte delegierten im Verhältnis ihrer Einwohnerzahlen Mitglieder in Bezirksräte, diese ihrerseits schickten Delegierte in die Landesversammlung der föderativen Räte. Die endgültige Verfassung vom 23. Juni 1919 übernahm die wahlrechtlichen Vorschriften der provisorischen. Eine Eigenart dieser Verfassung war, daß Arbeiter und Bauern nach unterschiedlichen Normen repräsentiert wurden. Die Arbeiterklasse sollte durch günstigere Vertretungsbedingungen in ihrer führenden Rolle innerhalb der sozialistischen Revolution gestärkt werden. Benachteiligt wurden die Bauern noch dadurch, daß die wenigsten von ihnen ohne eine Hilfskraft gearbeitet hatten und allein durch diesen Umstand schon vom Wahlrecht ausgeschlossen blieben. Infolge außen- und innenpolitischer Schwierigkeiten brach die Rätediktatur Bela Khuns nadi wenigen Monaten zusammen. Ihm folgte

1376

Wahlgesetz und Wahlen 1919—1920 / Parteien

nach einem kurzen Zwischenspiel einer sozialdemokratischen, von den Gewerkschaften unterstützten Regierung, die konservative Gegenrevolution. Die in Szeged gebildete Gegenregierung setzte sich aus national-konservativen Kräften zusammen. Sie erhielt die Unterstützung der Entente, die nach der Besetzung weiter Teile Ungarns durch rumänische Truppen faktisdi die Macht im Staate besaß und die zur Regelung der innerungarischen Angelegenheiten eigens einen Delegierten nach Budapest gesandt hatte, unter der Bedingung, daß die zu bildende Regierung sich auch auf liberale und sozialdemokratische Kräfte zu stützen habe. Außerdem sollte das Provisorium sobald wie möglich durch einen aus Wahlen hervorgegangenen Nationalrat ersetzt werden. Das daraufhin von dem Ministerpräsidenten Friedrich erlassene Wahlgesetz (Verordnung des Min.-Präsidenten 5985/1919) schränkte die Zahl der Wahlberechtigten gegenüber dem Gesetz der KarolyiRegierung etwas ein, bedeutete aber im Vergleich zu dem Wahlrecht des alten Ungarn einen deutlichen Schritt zur Demokratisierung hin. Das Wahlalter wurde für Männer auf 24 Jahre erhöht, Voraussetzung war ferner eine mindestens sechsjährige ungarische Staatsbürgerschaft und ein fester Wohnsitz in einer ungarischen Gemeinde seit mindestens einem halben Jahr; Frauen waren unter denselben Vorbedingungen wahlberechtigt, sofern sie lesen und schreiben konnten. Die Stimmabgabe war geheim; die Wahl erfolgte unverändert nach absoluter Mehrheitswahl mit Stichwahl in Einerwahlkreisen. Durch dieses Gesetz wurden 39,7 °/o der Bevölkerung wahlberechtigt. In den Wahlen vom Januar 1920 (zu den Wahlergebnissen 1920 bis 1935 s. Tab. A 3) errangen die Parteien, die die Träger der Gegenrevolution waren, unter ihnen die „Christlich Nationale Union" als die stärkste, eine knappe Mehrheit vor der „Union der Landarbeiter und Kleinbauern", die die meisten Mandate als Einzelpartei erhielt. Die Regierung setzte sich aus Angehörigen beider Richtungen zusammen, womit den Wünschen der Entente Rechnung getragen wurde, was aber auch bei den knappen Mehrheitsverhältnissen das Gegebene schien. Die Wahlen waren nur in den Gebieten abgehalten worden, die unter der Kontrolle der Regierung standen. Erst nach der Unterzeichnung des Vertrages von Trianon durch die neue Regierung am 14. Juni 1920 erfolgte die Räumung der von Rumänien und den Alliierten besetzten Gebiete. Die Ergänzungswahlen in diesen Teilen des Landes im Juni 1920 ergaben keine wesentliche Veränderung der Sitzverteilung. Der Nationalrat setzte sich demnach aus zwei fast gleichstarken Gruppen zusammen, von denen die eine von Anfang an nationalso-

Ungarn (1919—1939)

1377

zialistisch-restaurative Tendenzen vertrat, während die Kleinlandwirte und Landarbeiter eher demokratisch-sozial ausgerichtet zu sein schienen. Die eigentliche Linke, d. h. Kommunisten und Sozialisten, war im Parlament nicht vertreten, da die Kommunisten durch Gesetz von den Wahlen ausgeschlossen waren und die Sozialdemokraten sich aus Protest fernhielten. Dieser Protest richtete sich gegen den sogenannten „weißen Terror", mit dem die Gegenrevolution die Anhänger des Khun-Regimes angeblich verfolgten, dem aber alle ausgesetzt waren, die mit der Linken sympathisierten. Es ist oft gesagt worden, daß der Erfolg der Konservativen vorwiegend auf diese Unterdrückung der Linken zurückzuführen sei. Der schnelle und mühelose Sieg der Restauration in den folgenden Jahren zeigte aber doch, daß die Kräfte der demokratisch-sozialen Richtung im politischen Leben Ungarns nicht sehr stark entwickelt waren, so daß die Gegenrevolution bei der Durchführung ihrer ganz in alten gesellschaftlichen und politischen Vorstellungen verhafteten Zielsetzungen auf keinen großen Widerstand stieß. Audi die Partei der Kleinlandwirte machte darin kaum eine Ausnahme. Ihre Abgeordneten setzten sich in der Mehrzahl keineswegs für die Interessen der Besitzer von landwirtschaftlichen Kleinbetrieben oder der Landarbeiter ein, wie der Name der Partei vermuten ließ, wenn man von den schwächlichen und letzten Endes erfolglosen Versuchen zur Durchsetzung einer Landreform absieht. Ihre Wähler setzten sich vorwiegend aus jenen Kreisen zusammen, die vor dem Kriege in Opposition zum Ausgleich gestanden hatten; die Partei der Kleinlandwirte war demnach eher die Heimat der Anti-Habsburger, nicht aber die Vertreterin der wirtschaftlichen Interessen der ärmeren Landbevölkerung; sie akzeptierte daher schnell die Ziele der konservativen Richtungen, nachdem sich in der Frage der Habsburger-Nachfolge ein Kompromiß angebahnt hatte. Sichtbares Zeichen der Restauration war die Wahl von Admiral Nikolaus von Horthy zum Reichsverweser. Der Reichsverweser erhielt für die Dauer der Sedisvakanz mit wenigen Ausnahmen die Rechte, die im alten Ungarn der König innehatte. Vorenthalten blieben ihm im besonderen die reinen Majestätsrechte, d. h. das Tragen der Krone, das Recht zur Nobilierung und die Stellung als oberster Patronatsherr der Kirche. Der Nationalrat war 1920 zusammengetreten, um das Land aus den schlimmsten Wirren der Nachkriegszeit herauszuführen und das politische Leben auf eine feste Grundlage zu stellen. Seine Amtsdauer war daher auf zwei Jahre begrenzt, welche für die genannten Aufgaben als ausreichend angesehen wurden. Tatsächlich wurden in ihr die grundlegenden Entscheidungen für die kommenden Jahre ge87

Sternberger-Vogel,

Parlamente 1,2

1378

Politische Entwicklung na A 1920

troffen, die wesentlich beeinflußt waren von der wohl stärksten politischen Persönlichkeit Ungarns in der Zeit zwischen den Kriegen, Graf Bethlen. Er war als parteiloser in den Nationalrat gewählt worden und erwies sich bald als die führende Kraft innerhalb der konservativen Richtung. Sein Ziel war die Restauration des alten Ungarn, d. h. die Wiederherstellung der alten Grenzen und der alten aristokratisch-großbürgerlichen Schicht als Träger der politischen Macht. Anhänger f ü r dieses Programm fand er in dem Nationalrat in großer Zahl, seine Durchsetzung auf längere Sicht erreichte er, indem es ihm gelang, jene beiden Gruppen, von denen Widerstand zu erwarten war, zu überspielen. Mit den Sozialdemokraten erreichte er eine Vereinbarung, die es dieser Partei erlaubte, ihre Stellung unter den Industriearbeitern auszubauen; auf die Agitation unter den Landarbeitern mußte sie jedoch ausdrücklich verzichten, ebenso auf politische Streiks, auf Verbindungen mit liberal-demokratischen Gruppen sowie auf Agitation f ü r die republikanische Staatsform. Zusammen mit sozialen Maßnahmen, die die Lebensbedingungen der ohnehin zahlenmäßig nicht sehr starken Industriearbeiterschaft im Vergleich zu den Landarbeitern verbesserten, wurde durch diese Abmachung erreicht, daß die Sozialdemokraten mit wenigen Abgeordneten ein politisch einflußloses Dasein mit Duldung der Regierungspartei führten. Bei den Landwirten gelang es Bethlen, das in diesen Kreisen traditionsgemäß starke Anti-Habsburg-Sentiment auszunutzen. Der AntiHabsburg-Affekt war so stark, daß man jeden, der sich gegen eine Rückkehr Karls IV. aussprach, als einen Gegner der Reaktion als solcher ansah. So gelang es dem Reaktionär Bethlen, indem er sich gegen Habsburg wandte, Hilfe für sein Programm auch von Seiten zu erhalten, auf denen normalerweise seine Gegner hätten stehen müssen. N u r so ist es zu verstehen, daß der Rückgriff auf das Wahlgesetz von 1913, mit dem Bethlen die Basis der politischen Struktur Ungarns wesentlich einengte, von der Partei der Kleinlandwirte und Landarbeiter unterstützt und von den Sozialdemokraten hingenommen wurde. Bei den Kleinlandwirten kam neben der Ablehnung der Habsburger noch die im Grunde konservative Haltung der Landbevölkerung zum Durchbruch, geschickt angesprochen durch den Hinweis Bethlens, daß nur innerhalb der „alten Ordnung" die sozialen Änderungen, wie ζ. B. die Landreform, duchgeführt werden könnten, nicht aber unter der Herrschaft von Marxisten und anderer „subversiver Elemente". Bereits im Juli 1920 hatte es Bethlen erreicht, aus der Christlich-Nationalen Partei und einem großen Teil der Kleinlandwirte, die seine

Ungarn (1919—1939)

1379

Politik unterstützen, eine neue Partei zu bilden. Damit waren jene Elemente in einer Partei zusammengefaßt, die — wenn audi unter wechselnden Benennungen — bis in den Zweiten Weltkrieg hinein die Politik des Landes bestimmten. Diese Partei umfaßte mit wenigen unwesentlichen Erweiterungen wiederum jene Schichten, die schon vor dem Kriege die politische Macht innehatten. Nur das unumgängliche Minimum an Konzessionen wurde anderen Schichten des Volkes zugestanden, wie zum Beispiel eine Landreform (die jedoch von Mal zu Mal hinausgezögert, schließlich nur in Ansätzen verwirklicht wurde) oder das Versprechen, bei der Wiedererrichtung des Oberhauses der Landbevölkerung und den Arbeitern eine angemessene Vertretung zuzubilligen (auch dieser Punkt wurde nur unzureichend erfüllt). Beide Tendenzen — Restauration des alten Systems und minimale Konzessionen an neue Schichten — zeigten sich auch bei dem von Bethlen durchgesetzten Wahlrecht. Bethlen ging davon aus, daß das Wahlgesetz von 1920 nur unter dem Druck der Ereignisse zustandegekommen sei und daher als ein Provisorium von der Nationalversammlung in eine gültige Fassung gebracht werden müsse; die staatsrechtliche Gültigkeit sei außerdem fraglich gewesen, da das letzte, unter normalen Bedingungen entstandene Wahlrecht von 1913 den ungarischen Verfassungstraditionen gemäß noch in Kraft sei. Sein Entwurf eines Wahlgesetzes, den er am 11. Februar 1922 dem Nationalrat vorlegte, ging deshalb auf den G. Α. XIV: 1913 zurück. Er sah ein Wahlalter von 24 Jahren für Männer und von 30 Jahren für Frauen vor, außerdem einen Besuch von mindestens vier Volksschulklassen für Männer und von sechs für Frauen; Voraussetzung für beide war eine mindestens zehnjährige ungarische Staatsbürgerschaft und eine zweijährige Ansässigkeit in derselben Gemeinde. Geheime Abstimmung blieb nur noch in den städtischen Wahlkreisen, dort bestand auch Wahlpflicht. Gegen diesen Entwurf wehrte sich die Opposition durch Obstruktion; sie konnte dadurch verhindern, daß der Entwurf auf legalem Wege Gesetz wurde, was bei den herrschenden Mehrheitsverhältnissen zweifellos erfolgt wäre. Der Nationalrat wurde aufgelöst, das Gesetz als Verordnung des Ministerpräsidenten (2200/1922) in Kraft gesetzt. Bethlen rechtfertigte sein Vorgehen damit — und fand dabei Unterstützung bei dem Reichsverweser —, daß ihm die politische Lage keine andere Wahl gelassen habe und die nachträgliche Sanktionierung durch die neugewählte Nationalversammlung sicher gewesen sei. Aus der Wahl im Mai 1922 ging die Partei Bethlens mit überwältigender Mehrheit hervor: seine „Christliche Kleinlandwirte, Landarbeiter

1380

Verfassungssystem und Regierungspraxis nach 1925

und Bürgerpartei" erhielt 143 von 245 Sitzen. Die endgültige Festigung seines Systems erreichte Bethlen durch den G. Α. XXVI: 1925, der die Bestimmungen der Verordnung von 1922 übernahm, die geheime Wahl aber in den Städten, die nur einen Abgeordneten zu wählen hatten, wieder aufhob, so daß nur noch 40 von 245 Abgeordneten in geheimer Wahl gewählt wurden. In den Wahlen von 1926 konnte die Partei Bethlens, nun „Partei der Einheit" genannt, ihre Mehrheit noch ausbauen. Ziel der Bemühungen Bethlens war es letzten Endes nicht, das Wahlrecht einer kleinen Schicht von privilegierten oder reichen Berechtigten vorzubehalten und dadurch die politische Machtstellung der Gesellschaft der Vorkriegszeit wiederherzustellen, sondern ihm ging es darum, die Bedeutung von Wahlen überhaupt als einen die Politik bestimmenden Faktor auszuschalten, auch wenn er darauf bedacht war, die äußeren Erscheinungsformen der ungarischen Verfassungstradition zu wahren. Nach außen hin hatte Ungarn zwischen den Kriegen audi das Bild einer konstitutionellen Monarchie nach dem Muster des alten Ungarn der Vorkriegszeit. Das Oberhaus wurde durch den G. Α. XXII: 1926 in veränderter Form wiederhergestellt. Seine Mitglieder setzten sich aus vier Gruppen zusammen: 1. Mitglieder aufgrund ihres Amtes oder ihrer Würde (ζ. B. Bischöfe, Gerichtspräsidenten), 2. den Angehörigen des Hauses Habsburg — Lothringen, sofern sie volljährig, in Ungarn wohnhaft, ungarische Staatsbürger waren und Liegenschaften im Lande hatten (insgesamt nur vier), 3. Mitglieder durch Wahl, die von den Munizipien und verschiedenen berufsständischen Organisationen (ζ. B. Börse, wissenschaftliche Institute, Berufskammern) und von den Familien, die früher das Recht auf erbliche Mitgliedschaft besaßen, gewählt wurden, 4. Mitgliedern, die das Staatsoberhaupt auf Vorschlag des Ministerrats auf Lebenszeit ernannt hatte, deren Zahl aber auf 40 begrenzt war. Die Rechte des neuen Oberhauses wurden im Vergleich mit denen des alten nur geringfügig zugunsten des Abgeordnetenhauses geändert. Diese Vorbehalte wurden jedoch durch den G. Α. XXVII: 1937 wieder aufgehoben, wodurch das Oberhaus mit den gleichen Rechten wie das Unterhaus ausgestattet wurde. Nur Gesetze, die den Staatshaushalt betrafen, konnte das Unterhaus ohne Zustimmung des Oberhauses dem Regenten zuleiten. Bei anderen Gesetzen war, wenn Differenzen aufgetreten waren und eine vorgeschriebene Vermittlungsprozedur fehlschlug, eine gemeinsame Sitzung beider Häuser vorgesehen, bei der die in Frage stehenden Gesetze ohne Debatte zur Abstimmung kamen.

Ungarn (1919—1939)

1381

Als formelle Anerkennung eines bestehenden Zustandes wurden in dem G. Α. X X X : 1937 die Rechte des Reichsverwesers so erweitert, daß sie mit Ausnahme der reinen Majestätsrechte alle Rechte des Königs umfaßten. Er erhielt das Recht der vorherigen Gesetzessanktionierung. Er hatte das Recht, Gesetzesentwürfe zweimal zurückzuweisen; fanden sie dann immer noch nicht die Zustimmung des Reichstages, konnte er das Unterhaus auflösen, mußte das Gesetz aber verkünden, wenn es ihm von dem neugewählten Haus in unveränderter Form wieder vorgelegt wurde. Durch die in diesem Gesetz erfolgte Ernennung Horthys zum Regenten auf Lebenszeit wurde die Habsburgerfrage, die — wenn auch mit abklingender Intensität — ein Streitpunkt zwischen den Gruppen im Parlament geblieben war, auf längere Zeit aus der Welt geschafft. Diese fast vollständige Anpassung der Stellung des Reichsverwesers an die des Königs hatte — außer als Symptom für die Restauration des alten Staatsgedankens — kaum praktische Bedeutung, da Horthy die meisten seiner Rechte nicht wahrnahm. Es ist der Zurückhaltung Horthys zu danken, daß es nidit zu einer Diktatur des Regenten kam, was bei seinen weitgehenden Rechten und der großen Zahl seiner Anhänger durchaus möglich gewesen wäre. Für ihn waren die Verfassungstraditionen Ungarns verpflichtende Leitlinien des politischen Handelns. Er bemühte sich daher weitgehend, sein Handeln nach dem allgemeinen Willen der Nation auszurichten. Den Ministerpräsidenten ernannte er nach Konsultierung der Präsidenten der beiden Häuser und der Führer der Parteien, wozu er den Gesetzen nach nicht verpflichtet gewesen wäre. Von dem aufschiebenden Vetoredit machte er keinen Gebrauch, ebenso enthielt er sich jeglicher Einflußnahme auf die Gesetzgebung. Hinter dieser Fassade einer konstitutionellen Ordnung wurde die Politik von anderen Faktoren und Praktiken als den im positiven Staatsrecht fixierten bestimmt. In dem System Bethlens kam dem Führer der „Regierungspartei" die entscheidende Rolle im Spiel der politischen Kräfte zu. Die Macht des Parteiführers beruhte auf der Konvention, daß dieser die Kandidaten der Partei in den einzelnen Wahlkreisen nominierte. Sein Bestreben mußte es also nur sein, Personen aufzustellen, die seine Ziele unterstützten oder die durch Protektion und Bestechung in verschiedenen Graden der Ausprägung von ihm abhingen. Als Führer der Mehrheit im Parlament war der Ministerpräsident von seinem Wohlwollen abhängig, wenn nicht beide Posten — wie bei Bethlen — in einer Person vereinigt wurden. Der Ministerpräsident war, zum Teil über den Innenminister, Chef der Verwaltung, der Polizei und der Gendarmerie. Nachdem aber durch die offene Stimmabgabe in den meisten Wahlkreisen und andere Mängel des Wahlgesetzes die Wahlbeeinflussungen und offene Wahlfäl-

1382

Innenpolitische E n t w i c k l u n g in den dreißiger J a h r e n

schungen wieder gang und gäbe geworden waren, wurden die Wahlen in der Praxis von der Verwaltung „gemacht". Das System Bethlens basierte also auf einer engen und möglichst lückenlosen Zusammenarbeit von Partei und Verwaltung. Die Abhängigkeit der Abgeordneten von der Parteiführung war daher seit 1922 so stark, daß in den allermeisten Fällen ein Abgeordneter seine Existenz aufs Spiel setzte, wenn er gegen die Parteispitze vorging. Es war daher nicht verwunderlich, wenn die Partei der Einheit zu einer Formation von dem Regime loyalen und nützlichen Personen absank, die alle Maßnahmen der Regierung widerspruchslos hinnahm. Ein eigentliches Programm fehlte ihr; die gemeinsame Grundlage der „Gegenrevolution", die 1920/1922 noch das Gesicht der Partei hatte bestimmen können, verlor mit der Konsolidierung des Regimes und der Entmachtung potentieller Gegenkräfte an Aktualität und den Kampf gegen das „Unrecht von Trianon" hatten eigentlich alle Parteien und nicht nur die Regierungspartei auf ihre Fahnen geschrieben. Die Anhänger der Partei der Einheit wurden daher mehr durch den gemeinsamen Vorteil der anteiligen Machtausübung als durch ein gemeinsames Programm zusammengehalten. Das System Bethlens war nicht auf eine völlige Ausschaltung von oppositionellen Gruppen ausgerichtet und sollte nicht de jure zu einer Alleinherrschaft seiner Partei führen. Die demokratische Kulisse wurde gewahrt, der parlamentarische Betrieb ging weiter, auch wenn es die allgemeine Uberzeugung war, daß die politischen Entscheidungen nicht mehr im Parlament getroffen wurden. Unter den geduldeten oppositionellen Gruppen blieb die Sozialdemokratische Partei in den Wahlen von 1926, 1931 und 1935 ungefähr gleichstark. Ihr Betätigungsfeld war durch das Verbot, außerhalb der Industriearbeiterschaft zu werben, stark eingeschränkt, da sie dadurch nicht die Landarbeiter erfassen konnte, bei denen die soziale Unzufriedenheit sehr ausgeprägt war. Diese große Bevölkerungsgruppe blieb ohne Vertretung im Parlament. Außerdem gab es noch andere Gruppierungen von Abgeordneten, die unter häufig wechselnden Benennungen in Opposition zur Regierungspartei standen, ohne diese jedoch, da sie audi untereinander uneins waren, zu gefährden, zumal ihre Opposition oft weniger in politischen als in persönlichen Differenzen begründet war. Zehn Jahre lang konnte Bethlen in dieser Weise regieren. Als sich unter den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise die Situation Ungarns verschlechterte, wurde sein System brüchig. Schon in den Wahlen hatten oppositionelle Gruppen an Boden gewonnen, während die Partei der Einheit Sitze verlor. Das Ende der Ära Bethlens wurde

Ungarn (1919—1939)

1383

jedoch nicht durch die Opposition herbeigeführt, die dazu nach Zahl der Sitze und unter den gegebenen politischen Verhältnissen nicht in der Lage gewesen wäre, sondern durch Kämpfe um die Parteiführung innerhalb der Regierungspartei. Bethlen wurde gewissermaßen ein Opfer seines eigenen Systems. Da er eine tiefergehende Demokratisierung des politischen Lebens verhindert und die Partei als bloßes Instrument seiner persönlichen Macht gebraucht hatte, wandten sich seine Anhänger, als sein Regime in Mißkredit geriet, anderen Persönlichkeiten zu, von denen sie Protektion und Vorteile erwarten konnten. Bethlen trat 1932 als Ministerpräsident zurück, nachdem sein Versuch, vom Parlament die Ausnahmegewalt zu erhalten, gescheitert war. Danach wurde das Parlament zum Schauplatz der Kämpfe von Gruppen, die sich um einzelne Persönlichkeiten gebildet hatten. Noch einmal gelang es einem Mann, Julius Gömbös, mit den Methoden Bethlens eine zahlreiche persönliche Anhängerschaft zu versammeln. Seine Partei, die rechtsradikale „Partei der nationalen Einheit", erreichte in den Wahlen von 1935 die absolute Mehrheit mit 170 Sitzen. Neben ihr gelangte noch ein Dutzend weitere Parteien zu Sitzen im Abgeordnetenhaus. Nach dem Tode Gömbös (1936) zerfiel jedoch diese Partei in einzelne Gruppen. In den folgenden Jahren wurde das parlamentarische Leben von einem ständigen Zusammengehen und Auseinanderfallen von Gruppen und Bewegungen gekennzeichnet. Als allgemeine Tendenz zeichnete sich unter dem Eindruck der Ereignisse im übrigen Europa ein Erstarken von nationalistischen Bewegungen innerhalb und außerhalb des Parlamentes ab, so daß die konservative Richtung, die unter Bethlen das politische Leben geprägt hatte, einer mehr nationalistisch-rassistischen Richtung Platz machte, was ζ. B. seinen Niederschlag in den zwei Judengesetzen fand (1938 und 1939), durch die die wirtschaftliche und politische Tätigkeit der Juden eingeschränkt wurde. Die Mitgliedschaft von Juden im Oberhaus wurde verboten, das Wahlrecht zur Unterhauswahl konnten sie nur ausüben, wenn sie nachweisen konnten, daß sie oder ihre Eltern vor 1868 in Ungarn geboren waren, was praktisch den Ausschluß einer großen Zahl von Juden bedeutete. Als sich die Bildung dauerhafter Mehrheiten nach 1936 als unmöglich erwies, ging die bestimmende Rolle, die vorher der Führer der Regierungspartei de facto innehatte, in starkem Maße auf den Reichsverweser über. Die innere Aushöhlung des Parlaments, die sich nach dem Abtreten Bethlens abzeichnete, zu der dieser aber die Grundlagen gelegt hatte, verstärkte zwangsläufig den Einfluß Horthys. Die vorher gesuchte Einheit mit dem Parlament mußte einer mehr autoritären Haltung weichen. Gegen den Willen der Mehrheit entließ oder unterstützte er gegen Ende der dreißiger Jahre Regierungen. In den

1384

Wahlgesetz yon 1938 / Wahlen von 1939

Kriegsjahren kam es schließlich dazu, daß der Reichsverweser weitgehend selbst die Politik des Landes bestimmte. In diesen Krisenjahren des Parlaments entstand ein neues Wahlgesetz, das als G. Α. XIX: 1938 in Kraft trat. Es sah die Wahl von 135 Abgeordneten in Einzelwahlkreisen und von 125 in Listenwahlkreisen vor. Die Vorbedingungen für die Wahl in Einzel- und Listenwahlkreisen waren unterschiedlich. Die wesentlichen Voraussetzungen für die Listenwahl waren: für Männer: ein Alter von 26 Jahren, seit zehn Jahren ungarischer Staatsbürger, seit sechs Jahren in demselben Ort ansässig oder Besitz einer eigenen Wohnung, sechsjähriger Besuch einer Volksschule (bei den vor 1912 geborenen vierjährig); für Kriegsversehrte und Inhaber bestimmter Kriegsauszeichnungen sowie für selbständige Kaufleute, Handwerker und Landwirte gab es begünstigende Bestimmungen, die das Wahlrecht begründeten, auch wenn sie die ersten Bedingungen nicht erfüllten. Frauen über 30 Jahre waren unter denselben Bedingungen wahlberechtigt. Die Wahlberechtigung hing in den Einzelwahlkreisen von einer Vielfalt von Bedingungen ab: Altersgrenze 30 Jahre, zehnjährige Staatsangehörigkeit, sechsjährige Ansässigkeit oder eine eigene Wohnung, Familie, Besuch von sechs Volksschulklassen, ständiger Beruf. Für Frauen galten analoge Bedingungen: verheiratete Frauen, die 30 Jahre alt waren und sechs Volksschulklassen besucht hatten, waren audi wahlberechtigt, wenn ihre Männer die sonstigen Bedingungen erfüllten. Außerdem audi solche Frauen, die nur sdireiben und lesen konnten, jedoch drei oder mehr legitime Kinder geboren hatten, von denen noch wenigstens drei am Leben waren. Für Männer und Frauen mit Universitätsbildung waren die Altersbegrenzungen aufgehoben. Die Vorbedingungen für das passive Wahlrecht entsprachen weitgehend denen für die aktive Wahl und wurden zusätzlich von einem langen, detaillierten Kanon anderer Bestimmungen begleitet. In den Einzelwahlkreisen mußte im ersten Wahlgang ein Kandidat einen Stimmenanteil von mindestens 40 °/o erreicht haben, um als gewählt zu gelten, andernfalls kam es zu einer Stichwahl zwischen den beiden stimmstärksten Bewerbern. In den Listenwahlkreisen erfolgte die Verteilung der Sitze nach dem Wahlzahlverfahren (-> S. 46) und der Restmandate nach dem größten Überrest. Die Wahlen waren nun überall geheim und obligatorisch, wodurch die Kriterien der Wahl in den wenigen Städten, die schon früher in geheimer Wahl gewählt hatten, auf das ganze Land ausgedehnt wurden. Wie schon durch den G. Α. XXVI: 1925 blieb das Militär von der Wahl ausgeschlossen. Das Land wurde mit einem doppelten Netz von Listen- bzw. Einzelwahlkreisen überzogen. Diejenigen, die die Vorbedingungen zur Auf-

Ungarn (1919—1939)

1385

nähme in beide Wahllisten erfüllten, stimmten für einen Kandidaten und für eine Liste. Ausnahmen bildeten Budapest, wo nur nach Listen gewählt wurde, aber beide Rechtgruppen zugelassen wurden, und die anderen sieben großen Städte Ungarns, wo auch nur nach Listen, aber nur aufgrund der Zulassung zur Listenwahl gewählt wurde. Der einzige Fortschritt, den dieses Gesetz brachte, war die Einführung der geheimen Wahl. Es erweiterte den Kreis der Wahlberechtigten keineswegs, sondern beschränkte ihn weiterhin auf jene Schichten, von denen man die Stabilisierung der alten Ordnung erwartete. Nur die Sozialdemokraten und eine Gruppe von liberalen Abgeordneten hatten erfolglos für eine Ausweitung des Wahlrechts plädiert. Eindeutig durch den Zensus benachteiligt waren die Personenkreise, die nicht für längere Zeit am selben Ort beschäftigt waren, insbesondere die große Masse der Saisonarbeiter in Industrie und Landwirtschaft. Durch dieses Gesetz und die Judengesetze wurde erreicht, daß der Anteil der Wahlberechtigten von 3 3 , 8 % (1935) auf 3 0 , 4 % (1939) gesenkt wurde. Wie sich dieses Gesetz auf die Dauer ausgewirkt hätte, läßt sich nicht sagen, da die einzige Wahl nach diesem Gesetz im Mai 1939 erfolgte. Nichtamtlichen Zahlen zufolge erhielt die von Graf Teleki geführte „Partei des Ungarischen Lebens" mit 180 Mandaten in den Wahlen von Ende Mai 1939 die Mehrheit. Die äußerst rechte Opposition konnte ihre Position auf Kosten anderer oppositioneller Parteien mit insgesamt 43 Abgeordneten wesentlich stärken (Pfeilkreuzler 28, Nationale Front drei, Vereinigte Ungarische Nationalsozialistische Front drei, Parteilose Rassenschützler einer, Volkswille einer u. a.). Der Rest der insgesamt 260 Mandate entfiel auf eine Reihe kleinerer Parteien (Vereinigte Christliche Partei drei, Unabhängige Kleinlandwirte 14, Partei der Bürgerlichen Freiheit fünf, Sozialdemokraten fünf, Parteilose zwei u. a.). Wenngleich gegen Ende der dreißiger Jahre ein deutlicher Zug zur Radikalisierung in Richtung auf eine nationalistische Politik im öffentlichen Leben Ungarns sich bemerkbar machte, der durch die scheinbaren Erfolge Italiens und des Deutschen Reiches ständig neue Nahrung erhielt, so blieben doch die einflußreichen Kreise und besonders Horthy selbst in einem distanzierten Verhältnis zu den faschistischen Staaten. Einerseits waren rassenideologisches Denken und die Vorstellung von der Berufung der Ungarn zur Ordnungsmacht im Donauraum nicht ohne Tradition in diesem Land, andererseits jedoch wurden die grundsätzlichen und tiefgehenden Unterschiede der ungarischen staatlichen und gesellschaftlichen Tradition zum Faschismus besonders hitlerisdier Prägung mit den Jahren immer deutlicher.

1386

Besetzung / Erste Nachkriegswahlen

In Fehleinschätzung der Möglichkeiten seines Landes versuchte Horthy zwar, im guten Einvernehmen mit den Achsenmächten den Vorteil Ungarns zu finden, ohne dabei die Brücke zu den westlichen Alliierten gänzlich abzubrechen. Der Mechanismus der zunehmenden Abhängigkeit vom Deutschen Reich riß aber zuletzt auch Ungarn in den Untergang, nachdem es zuvor eine Erweiterung seines Staatsgebietes um 80 000 Quadratkilometer erreicht hatte. Als die militärische Lage immer aussichtsloser geworden war, ein Großteil der ungarischen Armee in Rußland den Tod gefunden hatte und das Land schon unmittelbar von russischen Truppen bedroht wurde, wollte Horthy das Bündnis lösen und die Kampfhandlungen beenden. Dies führte zur Besetzung Ungarns durch deutsche Truppen am 19. März 1944 und zur kurzfristigen Herrschaft der ungarischen Faschisten, der Pfeilkreuzler, deren Führer Szalasi sich für wenige Wochen bis zur Eroberung des Landes durch die Russen zum ungarischen Ministerpräsidenten aufschwang. Zusammen mit den sowjetischen Truppen, die bis Ende 1944 über die Hälfte des Landes erobert und am 13. Februar 1945 Budapest eingenommen hatten, kamen kommunistische Agitatoren in das Land, bei denen es sich zum Teil noch um Anhänger des Bela Khun-Regimes handelte oder um Emigranten aus der Zeit zwischen den Kriegen, teilweise auch um Kriegsgefangene, die während der Gefangenschaft auf die kommunistische Linie eingeschwenkt waren. Sie entfalteten eine lebhafte Tätigkeit, die in jeder Weise von der Besatzungsmacht unterstützt wurde. Sie beschränkten sich jedoch nicht nur darauf, die eigene Partei aufzubauen, sondern halfen in der Absicht, eine Volksfront zu schaffen, auch anderen Parteien, mit denen sie eine demokratische Koalition bilden wollten. Zwei Parteien boten sich an: die Sozialdemokratische Partei, deren Organisation und Anhängerschaft in den Industriezentren und in den Gewerkschaften zu reaktivieren war, und die Partei der Kleinlandwirte, die in den ländlichen Gebieten über eine lockere Parteiorganisation verfügte. Als vierte Partei bildete sich die Nationale Bauernpartei, die sich vorwiegend aus intellektuellen Experten für landwirtschaftliche Fragen zusammensetzte, und von der die Kommunisten hofften, sie als Gegengewicht gegen die mehr konservativen Kleinlandwirte einsetzen zu können. Anfang Dezember 1944 schlossen sich im bereits von der sowjetischen Armee besetzten Szegedin Sozialdemokraten, Kleinlandwirte, Nationale Bauern und die in „Ungarische K P " umbenannte ehemalige „KP Ungarns" sowie die von den Militärbehörden ebenfalls zugelassene Bürgerlich-demokratische Partei zur Nationalen Unabhängigkeits-

1387

Ungarn ( 1 9 4 4 — 1 9 4 9 )

front zusammen, die sofort mit den Vorbereitungen zur Bildung einer provisorischen Nationalversammlung begann, deren Zusammentritt Mitte Dezember 1944 in Debrezin erfolgte. Die stärkste Fraktion innerhalb der provisorischen Nationalversammlung — ihre Mitglieder waren in von vier Kommissionen der Nationalen Unabhängigkeitsfront organisierten Massenveranstaltungen in den von den sowjetischen Truppen besetzten Gebieten durch Akklamation bestellt worden — bildete die Ungarische KP; am 23. Dezember 1944 wurde auf Vorschlag der Kommunisten ein zu den Sowjets übergelaufener ehemaliger General Horthys zum Ministerpräsidenten gewählt und ein Mehrparteienkabinett gebildet, in dem Kommunisten die wichtigsten Ministerposten innehatten. Tabelle I: Zusammensetzung der provisorischen Nationalversammlung Parteien

Mitglieder

Kommunisten Kleinlandwirte Sozialdemokraten Delegierte der Gewerkschaften

127 123 94 63

Parteien

Mitglieder

Nationale Bauernpartei Demokratisch-bürgerliche Partei Unabhängige Insgesamt

39 22 30 498

In der folgenden Zeit versuchten die Kommunisten, die neugeschaffenen Parteien und die daneben noch bestehenden Organisationen zu unterwandern. Es gelang ihnen zum Teil in der Sozialdemokratischen Partei und in den Gewerkschaften. Auch bei den Bauern konnten sie nach der im März 1945 unter dem kommunistischen Landwirtschaftsminister Imre Nagy vorgenommenen Bodenreform Anhänger finden. Die ersten Wahlen nach dem Kriege, die Gemeindewahlen in Budapest im Oktober 1945, ließen jedoch erkennen, daß die Ungarische KP ihre Position überschätzt hatte; statt des erwarteten leichten Sieges der von den Kommunisten und Sozialdemokraten gemeinsam vorgelegten Einheitsliste kam es zu einem klaren Erfolg der bis dahin in Budapest wenig erfolgreichen Kleinlandwirtepartei, die mit 51 °/o die absolute Mehrheit der Stimmen gewann, während auf die „Einheitsliste der Werktätigen" 42 % der abgegebenen Stimmen entfielen. Aufgrund des für sie unerwartet schlechten Wahlausgangs versuchten die Kommunisten, für die auf den 4. November 1945 festgesetzten Parlamentswahlen eine Einheitsliste aller Parteien zustandebringen, wobei die Zahl der Sitze vorher festgelegt werden sollte. Das Angebot an die Kleinlandwirte lautete anfänglich auf 40 %>, dann auf 45 o/o und endlich auf 47,5 °/o der Sitze. Die Partei lehnte jedoch ab

Wahlgesetze und Wahlen von 1945 und 1947

1388

und bestand auf einer Wettbewerbswahl, wie es das von der provisorischen Nationalversammlung bereits vor den Budapester Kommunalwahlen gebilligte neue Wahlgesetz (8/1945) vorsah. Gewählt wurde nach Verhältniswahl auf der Grundlage des allgemeinen und direkten Wahlrechts in geheimer Abstimmung, jedoch unter der Voraussetzung, daß unabhängig von dem Ergebnis der Wahlen die Koalition der fünf Parteien beibehalten werden sollte. Das aktive Wahlrecht besaßen alle ungarischen Staatsangehörigen über 21 Jahre, ehemalige Widerstandskämpfer bereits mit 18 Jahren. Armee- und Polizeiangehörige waren wahlberechtigt, jedoch nicht wählbar. Als vom aktiven Wahlrecht ausgeschlossen galten Geisteskranke, Personen, die ihrer politischen Rechte für verlustig erklärt oder vom Volksgerichtshof verurteilt worden waren; ferner Internierte, gerichtlich Verfolgte, Kriegsverbrecher sowie Leiter von faschistischen oder pro-faschistischen Organisationen. Außer den Parteien der Nationalen Unabhängigkeitsfront konnten sich auch alle anderen von den Militärbehörden lizensierten Parteien an den Parlamentswahlen beteiligen. Die Novemberwahlen brachten wiederum einen eindeutigen Sieg für die Kleinlandwirtepartei, die die absolute Mehrheit sowohl an Stimmen (57 % ) als auch an Mandaten (245 von insgesamt 415) auf sich vereinigte. Tabelle II: Ergebnisse der Parlamentswahlen v o m 4. November 1945 Parteien

Abgegeb. gült. Stimmen

Stimmen in °/o

Zahl der Mandate

Mandate in %>

Kleinlandw. 820 000 787 000 Sozialdem. Kommunisten 321 000 Nat. Bauernp. 2 681 000 Bürgerl.-Demokrat. P. 77 600 5 700 Radikale

57,0 17,4 17,0 7,0 1,5 0,1

245 69 76 23 2

59,0 16,6 18,4 5,5 0,5





4 691 700

100,0

415

Insgesamt

100,0

Die Kommunisten verstärkten daraufhin ihre Bemühungen, den Hauptgegner auszuschalten, indem sie einzelne Mitglieder der Kleinlandwirtepartei persönlich diffamierten und den scheinbaren Nachweis faschistischer und restaurativer Tendenzen erbrachten. Die Führungsspitze der Kleinlandwirte, die angesichts der Besetzung des Landes durch die Rote Armee eine Zusammenarbeit mit den Kommunisten für unerläßlich ansah, beugte sich den Forderungen der Ungarischen KP nach „Säuberungen"; die Zahl der Abgeordneten der Mehrheitspartei sank von 245 auf 203 im Februar 1947 (Verlust der absoluten

1389

Ungarn (1944—1949)

Mehrheit) und schließlich auf 197 im Sommer 1947. Gleichzeitig gerieten alle staatlichen, politischen und wirtschaftlichen Bereiche immer mehr unter den Einfluß der Ungarischen KP, die insbesondere die „Nationalen Komitees" — Unterorganisationen der Unabhängigkeitsfront in den Städten und Gemeinden; befugt zur Anordnung von Verhaftungen und zum Erlaß von Verordnungen mit Gesetzeskraft — als Instrumente ihrer auf die Unterwerfung aller oppositionellen Strömungen geriditeten Politik benutzte. Im Juli 1947 wurde die inzwischen in „Reichstag" umbenannte Nationalversammlung aufgelöst; Neuwahlen wurden für den 31. August 1947 festgesetzt. Ein von den Regierungsparteien (Kleinlandwirte, Kommunisten, Sozialdemokraten, Nationale Bauernpartei) am 23. Juli 1947 beschlossenes Gesetz (WG 22/1947) bestimmte, daß für die Neuwahlen zum Reichstag alle Volksdeutschen, „Kollaborationisten und wegen Verbrechens gegen die Demokratie Verurteilte" kein aktives Wahlrecht erhielten. Ferner wurde ein Block der vier Koalitionsparteien geschaffen, wobei die Parteien das Recht beibehielten, eigene Listen aufzustellen, sich jedoch dazu verpflichteten, sich im Wahlkampf nicht gegenseitig zu bekämpfen und ein gemeinsames „antireaktionäres Programm" vorzulegen. Außerdem wurde die Bildung von Wahlkomitees beschlossen, deren Befugnisse sich auch auf den Ausschluß bestimmter Kandidaten erstreckte. Aufgrund dieses Gesetzes hatten alle Parteien ihre Absicht, an den Reichstagswahlen teilzunehmen, Tabelle III: Ergebnis der Parlamentswahlen vom 31. August 1947 Parteien

Abgegeb. gült. Stimmen

Kommunisten 1 113 050 Sozialdemokraten 744 641 Kleinlandwirte 769 763 Nationale Bauernp. 415 465 Demokrat. Volksp. 820 453 Unabhängigkeitsp. 670 547 Unabhäng. Demokr. P. 260 420 Radikale Partei 84169 Schladita-Partei 69 536 Bürgerl.-demokr. P. 50 294 Insgesamt

4 994 183

Stimmen in °/o

Zahl der Mandate

22,0 14,6 15,1 8,7 16,1 14,3 5,1 1,9 1,3 0,9

100 67 68 36 60 49 18 6 4 3

24,3 16,3 16,5 8,8 14,6 11,9 4,4 1,5 1,0 0,7

100,0

411

100,0

Mandate in °/o

innerhalb von fünf Tagen nach Auflösung des Parlaments dem Obersten Nationalrat zu melden. Insgesamt kündigten zehn Parteien ihre Teilnahme an: Kommunisten, Sozialdemokraten, Kleinlandwirte,

1390

Parteien / Wahlen und Verfassung von 1949

Nationale Bauernpartei, Demokratische Volkspartei, Unabhängigkeitspartei, Unabhängige Demokratische Partei, Radikale Partei, Schlachta-Partei und die Bürgerlich-demokratische Partei. Bei einer Wahlbeteiligung von 90 °/o erreichten die vier Parteien der Regierungskoalition nadi offizieller Angabe insgesamt 60,4% der Stimmen; überraschend hoch — vor allem im Hinblick auf die erheblichen Widerstände, die ihnen von den Kommunisten entgegengesetzt worden waren — fiel der Stimmenanteil der linkskatholischen Volkspartei (16,1 o/o) und der Unabhängigkeitspartei (14,3%) aus. Nach den Wahlen wurde die Unterwanderung der Sozialdemokratischen Partei mit prokommunistischen Mitgliedern fortgesetzt und schließlich, im Frühjahr 1948, die Verschmelzung der Sozialdemokratischen Partei mit der Kommunistischen Partei zur „Partei der Ungarischen Werktätigen" (Ungarische Arbeiterpartei) vollzogen, die praktisch ausschließlich in der Hand der Kommunisten war; die Demokratische Volkspartei und die Unabhängigkeitspartei wurden als selbständige Parteien ausgeschaltet, ihre Gründer gingen ins Exil. Im Februar 1949 erfolgte der Zusammenschluß der Partei der Ungarischen Werktätigen mit der Kleinlandwirtepartei und der Nationalen Bauernpartei zur Ungarischen Unabhängigen Volksfront, die bei den Neuwahlen zum Reichstag am 15. Mai 1949 zum erstenmal mit einer Einheitsliste auftrat, auf der alle an der Wahl beteiligten Parteien und Körperschaften zusammengeschlossen waren (Ungarische Unabhängige Volksfront; Unabhängige Demokratische Partei; Demokratisch-Radikale Partei; Bund ungarischer Frauen; Bund ungarischer Jugendlicher). Bei allen folgenden Wahlen bis 1963 (zu den Wahlergebnissen seit 1949 s. Tab. A 4) gab es seitdem nur noch die Einheitsliste der Volksfront, deren Kandidaten in der ersten Phase der Wahlaktion von den zuständigen örtlichen Parteiorganisationen ausgewählt und aufgestellt wurden, wobei nach einem Beschluß des Politbüros der kommunistischen Partei vom November 1962 „die Meinung der Werktätigen, der zuständigen Räteorgane und Volksfrontausschüsse, der gesellschaftlichen und Massenorganisationen mitberücksichtigt werden (sollten)". Die Einflußnahme des Wählers auf die Aufstellung der Kandidaten beschränkte sich auf die Bestätigung oder Ablehnung der Bewerber der Volksfront-Einheitslisten bei Wahlversammlungen, die in den einzelnen Stimmkreisen von dem örtlichen Volksfrontausschuß und einem besonderen „Stimmkreis-Ausschuß" einberufen und geleitet wurden. Die Ersetzung eines Kandidaten der Volksfront-Einheitsliste durch einen anderen, von der Wahlversammlung gewünschten Kandidaten, war nur mit nachträglicher Billigung der beiden Ausschüsse möglich.

Ungarn (Volksrepublik)

1391

Bei der Abstimmung selbst war eine Auswahl unter den auf der Einheitsliste verzeichneten Kandidaten nicht möglich, ihre Zahl entsprach der der Abgeordnetenmandate. Wie auch bei allen weiteren Wahlen wurde 1949 auf die Wähler massiver Druck ausgeübt, um sie zum Aufsuchen der Wahllokale und zur offenen Stimmabgabe zu bewegen. Bei einer Wahlbeteiligung von 94,6 °/o (6 053 972 Wahlberechtigte insgesamt = 6 5 , 8 % der Gesamtbevölkerung) stimmten 9 6 , 5 % der Wähler für die Einheitsliste der Unabhängigen Ungarischen Volksfront. Zum Präsidenten des 43 Mitglieder umfassenden „Provisorischen Rats der Volksfront" (Partei der Werktätigen: 17 Vertreter; Kleinlandwirtepartei: acht; Nationale Bauernpartei: fünf; Ungarischer Gewerkschaftsbund: f ü n f ; Bund der Werktätigen Bauern und Landwirte: vier; Demokratischer Frauenbund: zwei; Jugendbund: zwei) wurde der Vize-Ministerpräsident und Generalsekretär der Partei der Werktätigen, Matthias Rakosy, gewählt, der eine neue Verfassung ankündigte, die am 20.Aprill949mKra.it trat und bis heute gültig ist. Nach Artikel zwei der Verfassung, die dem Muster der sowjetischen Verfassung von 1936 entspricht, ist die „Ungarische Volksrepublik" „ein Staat der Arbeiter und werktätigen Bauern", das Parlament „höchstes Organ der staatlichen Gewalt". Entscheidende Bedeutung kommt VfsArt. 56, 2 zu, in dem der Grundsatz niedergelegt ist, daß „ . . . die Arbeiterklasse, die sich auf die demokratische Einheit des Volkes stützt und von ihrer Vorhut geführt wird . . . , die leitende Kraft der staatlichen und gesellschaftlichen Tätigkeit (ist)". Hierdurch ist auch verfassungsrechtlich der alleinige Führungsanspruch der Kommunistischen Partei verankert, die nach den Prinzipien des Staatsaufbaus in den Volksdemokratien ihre Macht faktisch unumschränkt durch den aus 20 Mitgliedern und einem Präsidenten bestehenden Präsidialrat der Volksrepublik ausübt, der in der Zeit zwischen den Parlamentssessionen — das System der permanenten Sitzungen ist aufgehoben; im ersten Halbjahr 1964 trat der Reichstag ζ. B. für insgesamt fünf Tage zusammen — die Befugnisse des Parlaments wahrnimmt und ermächtigt ist, Gesetzesverordnungen zu erlassen, die nicht der Zustimmung des Reichstags bedürfen. Die von Gewaltmethoden geprägte Herrschaft Rakosys — während seiner Amtszeit kam es zur vollständigen Bindung Ungarns an die Sowjetunion — endete mit dem Tode Stalins. Nach den Parlamentswahlen von 1953, zu denen das Wahlalter auf 18 Jahre herabgesetzt worden war und die 98,2 % Ja-Stimmen für die Einheitsliste der Volksfront erbrachten, wurde Imre N a g y Ministerpräsident und

1392

Aufstand 1956 / Wahlen 1958/1963 / Wahlgesetz von 1963

schlug einen wesentlich liberaleren „Neuen Kurs" ein; Rakosy blieb Erster Sekretär der Partei. Nach dem Sturz Nagys im April 1955 — eine Folge der Ereignisse um Malenkow in der Sowjetunion — bekamen die Parteifunktionäre Rakosys wieder das Ubergewicht; Rakosy selbst mußte zwar auf Moskauer Weisung im Juli 1956 zurücktreten, aber sein Nachfolger, Ernö Gero, war wiederum einer der entschiedensten Stalinisten. Die sich seit langem in latenter Unruhe ausdrückende Abneigung gegen die kommunistische Partei, den Staatsapparat und die Kontrollorgane entlud sich schließlich im Oktober 1956 im ungarischen Aufstand, in dessen Verlauf es zur Absetzung Geros und zur Übernahme der Parteispitze durch Janos Kadar kam, der nach Auflösung der bis zum Volksaufstand aus rund 850 000 Mitgliedern bestehenden Partei der Ungarischen Werktätigen am 1. November 1956 eine „Ungarische Sozialistische Arbeiterpartei" gründete und unter dem Schutz der Sowjets dem am 3. November von Nagy aus Vertretern sämtlicher Parteien von 1945 gebildeten Koalitionskabinett eine Gegenregierung entgegensetzte. Nach Scheitern des Aufstandes wurde Imre Nagy abgesetzt. Kadar, sowohl Partei- als auch Regierungschef, festigte nach und nach die vorherrschende Stellung der neuen kommunistischen Partei Ungarns (Ungarische Sozialistische Arbeiterpartei; Magyar Szocialista Munkaspart; Abk. MSZMP) und lehnte im Mai 1957 endgültig die Einführung eines Mehrparteiensystems und die Bildung einer Koalitionsregierung ab, die im November 1956 noch Gegenstand von Verhandlungen zwischen ihm und der bald darauf wieder aufgelösten Kleinlandwirtepartei gewesen war. Die Mitgliederzahl der Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei (USAP) betrug im Mai 1957 nach Angaben der Partei 300 000 und stieg bis Juni des gleichen Jahres auf etwa 346 000, von denen sich rund 85,2 % aus Mitgliedern der alten Partei der Werktätigen rekrutierten. Die Neuwahlen zum Reichstag, die im Frühjahr 1957 hätten stattfinden müssen, wurden auf den 16. November 1958 verschoben und ergaben bei einer Wahlbeteiligung von 98,4 °/o für die Einheitsliste der „Patriotischen Volksfront" 99,6 °/o Ja-Stimmen; gewählt wurden 338 Abgeordnete, von denen 50 % der Industriearbeiterschaft, 24 °/o der Intelligenz, 1 6 % der Landarbeiterschaft und 5 , 5 % den Kleinbauern angehörten. Bei den darauffolgenden Parlaments- und Kommunalwahlen am 24. Februar 1963 wurde bei den Rätewahlen in 100 Budapester Wahl-

Ungarn (Volksrepublik)

1393

bezirken aufgrund eines Beschlusses des Politbüros den Teilnehmern der Stimmkreisversammlungen zum erstenmal die Möglichkeit gegeben, mehrere Kandidaten vorzuschlagen und auf die Stimmzettel zu bringen; hiervon wurde in 170 Wahlversammlungen Gebrauch gemacht. Gleichzeitig nahmen die Wähler in den Versammlungen die Möglichkeit, die von der Volksfront aufgestellten Bewerber für die Parlamentswahlen gegen andere Kandidaten auszutauschen, in einem verstärkten Maße wahr. Insgesamt wurden bei über 105 000 Versammlungen mit rund 3,4 Millionen Teilnehmern — von denen sich ca. 370 000 zu Wort meldeten — 4303 Kandidaten ausgetauscht. Von den in 24 Wahlkreisen (19 Komitate und fünf Stadtbezirke) gewählten 340 Parlamentsmitgliedern (Wahlbeteiligung 97,2 °/o; für die Liste der Patriotischen Volksfront 98,9 °/o) wurden 126 zum erstenmal in den Reichstag gewählt. Dies verdeutlichte die Tendenz des Kadar-Regimes, jüngeres und fachlich besser qualifiziertes Personal an die Stelle altgedienter Parteifunktionäre zu setzen. Von den 340 Abgeordneten waren 30 °/o nominell parteilos, faktisch jedoch parteiloyal; 42 °/o galten als der Arbeiterschaft zugehörig, 39 °/o wurden zu den geistig Schaffenden, 18 °/o zu den Landwirten und 4 °/o zu den Angestellten gezählt. 61 Abgeordnete waren Frauen, über ein Drittel aller Parlamentsmitglieder verfügte über ein abgeschlossenes Hochschulstudium. Wenige Wochen nach der Wahl erklärte Kadar, daß das Parlament in der „Phase des vollständigen Aufbaus des Sozialismus" neue Aufgaben erhalten müsse und kündigte, da man mit der Aufstellung mehrerer Kandidaten bei den Rätewahlen gute Erfahrungen gemacht habe, ein neues Wahlgesetz an. Dieses am 11. November 1966 vom Parlament einstimmig gebilligte neue Wahlgesetz führte die absolute Mehrheitswahl in Einmannwahlkreisen „auf der Grundlage des allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrechts in geheimer Abstimmung" ein (WG § 1, Abs. 1). Unverändert blieben die Bestimmungen über das aktive und passive Wahlrecht und die vierjährige Wahlperiode. Nach dem Wortlaut des Gesetzes müssen Neuwahlen stattfinden, falls keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit der Stimmen erhält oder wenn die Zahl der im Wahlkreis abgegebenen Stimmen unter 5 0 % der Wahlberechtigten liegt. In beiden Fällen muß der zweite Wahlgang, für den auch neue Kandidaten aufgestellt werden können, spätestens 15 Tage nach dem ersten stattfinden. Der Wähler verfährt bei der Wahl in der Weise, daß er den Namen des ihm genehmen Kandidaten stehenläßt und die Namen derer, die er nicht gewählt haben möchte, durchstreicht. 88 Sternberger-Vogel, Parlamente 1,2

1394

Wahlen von 1967

Vorzeitige Abberufung eines Abgeordneten ist durch Mehrheitsbeschluß der Wähler bei öffentlicher Abstimmung in Wählerversammlungen möglich, die auf Vorschlag des Präsidiums des Landesrates der Patriotischen Front vom Wahlbezirksausschuß einberufen werden können. Bei der vorzeitigen Erledigung eines Mandats erfolgt Neuwahl. Die Mitgliederzahl des Parlaments ist nicht festgesetzt; die Wahlkreiseinteilung wird bis spätestens zwanzig Tage nach Ausschreibung der Wahl durch den Präsidialrat der Volksrepublik derart vorgenommen, daß auf 30 000 Einwohner ein Abgeordneter entfällt. Obwohl das Gesetz die grundsätzliche Möglichkeit bietet, in einem Wahlkreis auf Vorschlag der von den örtlichen Kommissionen der Patriotischen Volksfront organisierten Versammlungen von Wohngebieten, Betrieben, Unternehmen, landwirtschaftlichen Genossenschaften, staatlichen landwirtschaftlichen Betrieben sowie der bewaffneten Macht, der bewaffneten Organisationen und Polizeiorganisationen mehrere Kandidaten aufzustellen, ist der entscheidende Einfluß der USAP gesichert, da das Protokoll der Versammlungen an den zuständigen Komitatsausschuß (hauptstädtischen Ausschuß) der Patriotischen Volksfront weitergeleitet werden muß. Dieser Ausschuß unterbreitet seinen aus den Vorschlägen der Wählerversammlungen gebildeten Vorschlag dem Präsidium des Landesrates der Vaterländischen Volksfront, welches schließlich die Kandidatenliste an das Landeswahlpräsidium weiterleitet. Hier wird entschieden, ob die Vorschläge den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen; ein Einspruchsverfahren gegen die Weigerung des Landeswahlpräsidiums, einen Kandidaten zu registrieren, ist im Gesetz nicht vorgesehen. Seine erste Anwendung fand das neue Wahlgesetz bei den Parlaments- und Rätewahlen vom 19. März 1967, bei denen 99,7 °/o der Stimmen auf die Einheitsliste der Patriotischen Volksfront entfielen und insgesamt 349 Parlamentsabgeordnete gewählt wurden. In neun Parlamentswahlkreisen wurden erstmals seit 1947 mehrere Kandidaten aufgestellt; in 37 ländlichen sowie in einem Bezirks- und zwei städtischen Wahlkreisen mußten Nachwahlen stattfinden, da keiner der Kandidaten die notwendige Mehrheit erhalten hatte. Das neue Wahlgesetz kennzeichnete mit der Einräumung der Möglichkeit, mehr Kandidaten aufzustellen, als Mandate zu vergeben sind, die mit der Konsolidierung des Kadar-Regimes einhergehende langsame Erweiterung der politischen Bedeutung des Reichstags. Der Wähler kann sich zwar nicht für eine grundsätzlich andere politische Richtung entscheiden, besitzt aber jetzt einen größeren Einfluß als bisher auf die personelle Zusammensetzung des Parlaments, dem nach den Wah-

1395

Ungarn (Volksrepublik)

len von 1967 durch seinen Präsidenten Kallai der Auftrag erteilt wurde, einen „neuen Arbeitsstil" zu entwickeln. Dies bezog sich in erster Linie auf die Parlamentsausschüsse, die insbesondere zur Erfüllung der von der Partei als vorrangig angesehenen Aufgabe, die wirtschaftliche Entwicklung Ungarns rascher voranzutreiben, erweiterte Befugnisse zur Überwachung der Arbeit der Ministerien erhielten. Wenn auch der aus 21 Mitgliedern bestehene Präsidialrat der Volksrepublik das entscheidende politische Gremium darstellt und nicht das Parlament — laut Verfassung „höchstes Organ der staatlichen Gewalt" — , so ist doch gegenüber der Rakosy-Zeit eine Vergrößerung des politischen Wirkungskreises des Reichstags unverkennbar. Anhang Wahlstatistik: Tabelle A 1 : Zahl der Wahlberechtigten in Ungarn von 1848—1958 Jahr

Wahlberechtigte der Bevölkerung in absoluten in Prozent Zahlen

nach Gesetzesartikeln, Verordnungen und Wahlgesetzen

vor 1848

200 000

1,8

1848

800 000

7,1

GA.

1881

821 241

6,0

GA. 33: 1874

1901

1 025 259

6,1

GA. 15: 1899

1910

1 162 241

6,4

1919

4 300 000

50,0

5 : 1848

»

W G (Karoly) 1919

1920

3 133 094

39,7

V O . 5985: 1919

1922

2 1 8 3 598

29,5

V O . 2200: 1922

1926

2 229 806

26,6

GA. 2 6 : 1925

1931

2 553 310

29,4

1935

3 003 940

33,8

„ „

1939

2 759 759

30,4

GA. 19: 1938

1945

5 164 661

59,7

WG

1947

5 407 893

59,6

»

1949

6 053 972

65,5

W G 22/1947

1953

6 501 869

68,0

1958

6 600 686

66,8

8/1945



η

(Quelle: Ungarische Statistische Jahrbücher, Budapest, erschienen in ungarischer, ζ. T . audi in deutscher und französischer Sprache, jeweilige Jahre; AdG, jeweilige Jahre)

1396

Wahl der Parlamente

Tabelle A 2: Ergebnisse der Wahlen in Ungarn 1896—1910 Parteien

I

II

III

IV

380 64 98 117 50 18 2 12

120 8 3 13 3 2

170 25 15 37 8 8





290 33 18 50 11 10 1







741

149

264

413

440 74 166 36 3 15 11 7 53

88 3 23 1



189 22 56 12 1 5 4 1

277 25 79 13 1 13 4 1







805

123

290

413

323 45 16 39 238 4 57 13 23 8 13

51 13 4 9 49



108 14 9 16 116 2 2 6 8 1 1

159 27 13 25 165 2 2 10 8 1 1

780

130

283

413

Wahlen 1896: Liberale Partei Nationalpartei Volkspartei Kossuth-Partei Ugron-Partei Parteilose Rumänische Nat. Partei Verschiedene

Wahlen 1901: Liberale Partei Volkspartei Kossuth-Partei Ugron-Partei Demokratische Partei Parteilose Slowakische Nat. Partei Serbische Nat.-Partei Verschiedene



8 —

Wahlen 1905: Liberale Partei Dissidenten Partei Neue Partei Volkspartei Kossuth-Partei Demokratische Partei Sozialistische Partei Parteilose Rumänische National Partei Slowakische National Partei Serbische Nationalpartei

Spalte I = Spalte II = Spalte III = Spalte IV =

— —

4 — —

Zahl der von den Parteien aufgestellten Kandidaten Zahl der im ersten Wahlgang gewonnenen Mandate Zahl der im zweiten Wahlgang gewonnenen Mandate Gesamtzahl der Mandate

Ungarn Parteien

1397 I

II

III

IV

355 97 13 43 3 3 1 28 44 18 17 57

135 29 6 18 2

100 42 7 15 1 1 1 11 11 7 4

253 71 13 33 3 1 1 13 14 7 4







679

213

200

413

326 36 1 1 54 125 168 26 20 3 3 7 30 48

53 9

202 11 1

255 20 1 1 13 54 41 13 4 2 1 3 5

Wahlen 1906: Unabhängigkeitspartei Verfassungspartei Sachsenpartei Volkspartei Demokratische Partei Neuorganisierte Sozialdem. Partei Bauernpartei Parteilose Rumänische National Partei Slowakische National Partei Serbische National Partei Verschiedene



2 3 — —

Wahlen 1910: Nationale Arbeiterpartei 67er Parteilose 67er Kleinlandwirte Neue Partei Volkspartei Kossuth-Partei Justh-Partei 48er Parteilose 48er Kleinlandwirte Demokratische Partei Christliche-soz. Partei Slowakische Partei Rumänische Nat. Partei Verschiedene

848



1 1 12 2 3 — — —

2 3 —

86



12 42 39 10 4 2 1 1 2 —



327

413

(Quelle: Ungarische Statistische Jahrbücher, Budapest, jeweilige Jahre)

1398

Wahl der Parlamente

Tabelle A 3: Ergebnisse der Wahlen in Ungarn 1920—1935 Parteien

I

II

III

IV

236

10

77

87

68 141

6 17

18 57

24 74

13 11 33 3 21

4 6 3

6

10 6 6 1

Wahlen 1920: Kleinlandwirte u. Landarbeiterpartei Christliche Landarbeiterund Kleinlandwirtepartei Christliche Nationale Einigungspartei Christliche sozialistische Wirtschaftspartei Nationale Demokr. Bürgerpartei Parteilose Magyarische Arbeiterpartei Verschiedene



3 1

— —





526

40

168

208

246 30 66

23

120 2 20

143 2 20

50

1

10

11

8

8

4 3 1 2 22 1 1 25

4 3 1 2 24 1 1 25

Wahlen 1922: Christliche Kleinlandwirte-, Landarbeiter- und Bürgerpartei Nationale Bürgerpartei Christlich-Nationale Einigungspartei Christliche nationale Landarbeiterund Bürgerpartei Vereinigte nationale demokratische und liberale Partei Unabhängige Kleinlandwirte, Landarbeiter- und Bürgerpartei Unabhängige 48er Kleinlandwirtepartei Nationale Arbeiterpartei Unabhängige 48er Kossuth-Partei Parteilose Christliche soziale Partei Vereinigte christliche Opposition Sozialdemokratische Partei Verschiedene

36 22 16 2 19 44 9 14 60 44 658

Spalte I = Spalte I I = Spalte I I I = Spalte I V =

— —



— — — —

2 — — — —

26

'



219

Zahl der von den Parteien augestellten Kandidaten Zahl der im ersten Wahlgang gewonnenen Mandate Zahl der im zweiten Wahlgang gewonnenen Mandate Gesamtzahl der Mandate

245

1399

Ungarn Parteien

I

II

III

IV

249

74

96

170

67 1 40 4 30 6 45 55 8

13 1 2 1 2

22



2 7 1 9 14

35 1 3 3 9 1 9 14







93

152

245

54

104

158

9

5

23 10 14 6 3 2 1 1 14

32 10 14 6 3 2 1 1 19





68

177

245

48

122

170

14

14

24

25

2 1 1 1 4 11 7 1 1 1

2 1 1 1 10 11 7 1 1 1

190

245

Wahlen 1926: Einigungspartei Christliche nationale Wirtschaftsund sozial. Partei Kleinbürger-Landespartei Rassenschutzpartei Agrarpartei Parteilose Unabhängige 48er Kossuth-Partei Nationale demokratische Partei Sozialdemokratische Partei Verschiedene

505

— —

1

Wahlen 1931: Einigungspartei Christliche Wirtschafts- und sozialistische Partei Unabhängige Kleinlandwirtepartei Sozialdemokratische Partei Nationale Liberale Partei Nationale Demokratische Partei Christliche Opposition Magyarische Nationale Radikale Partei Parteilose Verschiedene

— — — — — — —



Wahlen 1 9 3 5 : Nationale Einigungspartei Christliche Wirtschaftsund sozialistische Partei Unabhängige Kleinlandw.-, Landarbeiter und Agrarpartei Magyarische N a t . Sozialist. Landarbeiterpartei u. Arbeiterpartei Nationale Volkspartei Reform-Partei Christliche Opposition Parteilose Sozialdemokratische Partei Liberale und demokr. Opposition National-Radikale Partei Partei des Volkswillens Nationale Landwirtsch. Opposition

233 51



1

94 32 23 1 3 24 44 33 14 1 2 555

— — — —

6 — — — — —

55

(Quelle: Ungarische Statistische Jahrbücher, Budapest, jeweilige Jahre)

1400

Wahl der Parlamente

Tabelle A4: Wahlen in Ungarn 1959—1967 Wahlbeteiligung absolut

in %

Für Einheitsliste der Vaterländischen Front absolut in °/o

5 730 519 6 370 519 6 493 680 6 915 644 7131 151

94,6 98,0 98,4 97,2 98,8

5 478 515 6 256 653 6 431 832 6 813 058 7 045 577

Wahlen am

15. 5.1949 17. 5.1953 16.11.1958 24. 2.1963 19. 3.1967

95,6 98,2 99,6 98,8 99,7

Zahl der Mandate

395 298 338 340 349

(Quelle: AdG, jeweilige Jahre)

II. Systematischer

Teil

Gesetzliche Grundlagen: Verfassung vom 20. August 1949; Gesetzesartikel III vom Jahre 1966 „Über die Wahl der Reichstagsabgeordneten und der Räte" ( = WG). Parlament: Orsziggyül£s (Reichstag). Eine Kammer. Mitgliederzahl: Nicht festgesetzt. Die Wahlkreiseinteilung (und damit die Zahl der Abgeordneten) wird derart bestimmt, daß auf 30 000 Einwohner ein Abgeordneter entfallen soll (WG Art. 12,2 a). Wahlperiode: Vier Jahre (VfsArt. 1 und 60,1). Vorzeitige Auflösung: Wird nur erwähnt im Zusammenhang mit der Beendigung des Mandats, jedoch nicht näher ausgeführt (WG Art. 57,1 a). Wahlrechtsgrundsätze: „ . . . auf der Grundlage des allgemeinen, gleidien und direkten Wahlrechts in geheimer Abstimmung" (VfsArt. 67,1; W G A r t . 1,1)·

Aktives Wahlrecht: Alle großjährigen Staatsbürger (VfsArt. 63,1; W G A r t . 2,2), d. h. Vollendung des 18. Lebensjahres. Ausschließungsgründe: „Feinde des werktätigen Volkes . . . sind vom Wahlrecht ausgeschlossen" (VfsArt. 63,2). Aberkennung des Wahlrechts: Freiheitsstrafe, Präventivhaft, Polizeiaufsicht und Geisteskrankheit, unabhängig davon ob der Betreffende unter Kuratel steht oder nicht (WG Art. 2,2). Passives Wahlrecht: Jeder, der das aktive Wahlrecht besitzt (VfsArt. 65; WG Art. 2,4). Inkompatibilitäten: Bestehen zwischen der Kandidatur und der Zugehörigkeit zum Wahlpräsidium oder zu einer der Wahlkommissionen im selben Wahlkreis (WG Art. 32,2). Vorzeitige Abberufung des Abgeordneten: Durch Mehrheitsbeschluß der Wähler, bei offener Abstimmung, möglich. Die Versammlung wird auf Vorschlag des Präsidiums des Landesrates der Vaterländischen Volksfront (Hazafias U p f r o n t Orszdgos Tandcsa Elnöksige) vom Wahlbezirksausschuß zusammengerufen (WG Art. 57, 1 c; 58 f.) (WG Art. 1,2; 50,3).

Ungarn

1401

Wahlpflicht: Keine. Wahlsystem: Absolute Mehrheit in EinmannWahlkreisen. Zweiter Wahlgang (Nachwahl), falls keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit der Stimmen erhalten hat — wobei audi neue Kandidaten aufgestellt werden können — oder, wenn die Zahl der im Wahlkreis abgegebenen Stimmen unter 50 % der Wahlberechtigten lag. In beiden Fällen muß der zweite Wahlgang spätestens 15 Tage nach dem ersten stattfinden (WG Art. 54,1). Bei der vorzeitigen Erledigung eines Mandats erfolgt Neuwahl (WG Art. 55,1). Der Wähler verfährt bei der Wahl in der Weise, daß er den Namen des ihm genehmen Kandidaten stehenläßt und die Namen derer, die er nicht gewählt haben möchte, durchstreicht (WG Art. 46,2). Zahl und Einteilung der Wahlkreise (valaszt6kerületek): Wird vom Präsidialrat der Volksrepublik (Nepköztdrsasdg Elnöki Tanacsa) vorgenommen (WG Art. 12,1). Auf 30 000 Einwohner hat ein Abgeordneter zu entfallen (WG Art. 12,2a). Die Wahlkreiseinteilung muß bis spätestens 20 Tage nach der Ausschreibung der Wahl veröffentlicht werden (WG Art. 15). Zahl und Einteilung der Wahlbezirke (szavaz6körök). Wird vom Exekutivkomitee der städtischen, der (haupt-) städtischen Bezirks- oder der Gemeinderäte mindestens 40 Tage vor dem Tage der Wahl derart vorgenommen, daß 600—700 Wähler auf einen Wahlbezirk entfallen (WG Art. 24). Sie wird mindestens zehn Tage vor der Wahl von den örtlichen Wahlpräsidien (einer Stadt), eines (haupt-) städtischen Bezirkes oder einer Gemeinde veröffentlicht (WG Art. 35). Wahlbewerbung: Selbständige Bewerbung: Nicht vorgesehen. Wahlvorschlag: H a t von Versammlungen von Wohngebieten, Betrieben, Unternehmen, landwirtschaftlichen Genossenschaften, staatlichen landwirtschaftlichen Betrieben sowie der bewaffneten Macht, der bewaffneten Organisationen und Polizeiorganisationen zu erfolgen. Diese Versammlungen werden von den örtlichen Kommissionen der Vaterländischen Volksfront organisiert (WG Art. 29,1). In einem Wahlkreis können auch mehrere Personen aufgestellt werden (WG Art. 28,2). Das Protokoll über die Versammlung muß an den zuständigen Komitatsausschuß (hauptstädtischen Ausschuß) der Vaterländischen Volksfront weitergeleitet werden (WG Art. 29,3). Dieser unterbreitet seinen aus diesen Vorschlägen gebildeten Vorschlag dem Präsidium des Landesrates der Vaterländischen Volksfront (WG Art. 30,1), welches die Kandidatenlisten an das Landeswahlpräsidium (Orsz£gos V4lasztäsi Elnöksig) weiterleitet (WG Art. 30,2). Das Landeswahlpräsidium prüft, ob die Vorschläge den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen (WG Art. 30,3) und schickt die Liste der angenommenen Kandidaten dem zuständigen Wahlkreisausschuß und dem hauptstädtischen, städtischen oder Komitatswahlpräsidium zu und benachrichtigt davon den Komitats- oder den hauptstädtischen Ausschuß der Vaterländischen Volksfront (WG Art. 30,5).

1402

Wahl der Parlamente

Einspruch: Gegen die Weigerung des Landeswahlpräsidiums, einen Kandidaten zu registrieren, ist nicht vorgesehen. Wahlkosten: Werden vom Staat getragen (WG Art. 63,4). Wahlorganisation: Wahlbehörden: a) Das Landeswahlpräsidium (Orszagos Valasztasi Elnöks£g) wird spätestens 30 Tage vor dem Tage der Wahl gebildet (WG Art. 16). Seine Mitglieder werden vom Präsidium des Landesrates der Vaterländischen Volksfront bestellt (WGArt. 17,1) und vom Präsidialrat der Volksrepublik (N^pköztarsasig Elnöki Tanäcsa) bestätigt (WGArt. 17,2). Das Landeswahlpräsidium hat elf Mitglieder, die aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden, einen stellvertretenden Vorsitzenden und einen Sekretär wählen (WG Art. 17,3). b) Wahlpräsidien (valasztasi elnöksέgek): Werden in der Hauptstadt, den Komitaten, Städten, städtischen Bezirken und Gemeinden spätestens 30 Tage vor dem Tage der Wahl gebildet (WG Art. 16). Seine Mitglieder werden von den örtlichen Ausschüssen der Vaterländischen Front bestellt (WG Art. 18.1) und vom Exekutivkomitee des Rates gleicher Ebene bestätigt (WG Art. 18.2). Das Wahlpräsidium hat fünf bis sieben Mitglieder, die aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden, seinen Stellvertreter und einen Sekretär wählen (WGArt. 18,3). c) Wahlkreiskommissionen (välasztokerületi bizottsagok) werden spätestens 30 Tage vor dem Tage der Wahl gebildet (WG Art. 20). Seine Mitglieder werden vom Komitats- (hauptstädtischen) Ausschuß der Vaterländischen Volksfront bestellt und vom Exekutivkomitee des Rates gleicher Ebene bestätigt (WGArt. 21,2). Die Wahlkreis-Wahlkommission hat fünf Mitglieder, die aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden und einen Sekretär wählen (WG Art. 21.3). d) Wahlbezirks-Wahlkommission (szavazatszedö bizottsagok) werden spätestens zehn Tage vor dem Tag der Wahl gebildet (WG Art. 26,1). Seine Mitglieder werden vom örtlichen Ausschuß der Vaterländischen Volksfront vorgeschlagen und vom Wahlpräsidium der betreffenden Stadt, des betreffenden (haupt-) städtischen Bezirks bzw. der betreffenden Gemeinde zusammengestellt (WG Art. 26,2). Die Wahlbezirks-Wahlkommission hat einen Vorsitzenden, einen Sekretär und drei Mitglieder (WG Art. 27,1). Wählerverzeichnisse: Werden vom Exekutivkomitee des städtischen, (haupt-) städtischen Bezirks- bzw. Gemeinderates (WG Art. 3,2) für jeden Wahlbezirk einzeln (WG Art. 5,1) zusammengestellt. Das nach dem Einspruchsverfahren festgelegte endgültige Wählerverzeichnis wird 15 Tage vor dem Wahltag für drei Tage zur allgemeinen Bekanntmachung ausgehängt (WG Art. 10). Wer seinen Aufenthaltsort nach der Veröffentlichung des Wählerverzeichnisses wechselt, erhält eine Bescheinigung, mit der er an seinem neuen Aufenthaltsort die Aufnahme in das Wählerverzeichnis beantragen kann (WGArt. 11). Einspruchsverfahren: Eingaben wegen falscher Eintragung haben innerhalb von acht Tagen nach der Bekanntmachung des vorläufigen Wählerverzeich-

Ungarn

1403

nisses beim Exekutivkomitee des Rates zu erfolgen (WG Art. 7,2). Findet dieses die Auslassung für ungerechtfertigt, wird der Betreffende in eine Ergänzungsliste aufgenommen (WG Art. 8,2), in allen anderen Fällen leitet es den Einspruch spätestens an dem dem Einspruch folgenden Tag an das zuständige Bezirksgericht (jarasbirosag) bzw. Städtische Gericht (varosi birosag), in Budapest an das Zentrale Bezirksgericht (Központi Kerületi Bir0sag) weiter (WG Art. 8,2), das innerhalb von drei Tagen endgültig entscheidet (WG Art. 9,1). Wahltermin: Spätestens drei Monate nach Ablauf der Legislaturperiode (WG Art. 60,2). Der Wahltag wird vom Präsidialrat der Volksrepublik mindestens 45 Tage früher auf einen arbeitsfreien Tag angesetzt (WG Art. 33). Wahllokal: Je eines für jeden Wahlbezirk. Vorgeschrieben sind zwei abgeteilte Wahlkabinen (WG Art. 37,1). Jede Wahlagitation im Wahllokal während der Wahl ist verboten (WG Art. 38,2). Wahlzeiten: 7—20 Uhr. Haben die Wahlberechtigten, die im Wählerverzeichnis aufgeführt sind, abgestimmt, kann die Abstimmung von der Wahlbezirks·Wahlkommission audi früher für beendet erklärt werden. Sie kann die Wahlzeit ausnahmsweise auch höchstens um zwei Stunden verlängern (WG Art. 36). Stimmabgabe: Persönlich (WG Art. 40,2) und geheim (WG Art. 40,3—4). Schutz der Wahlhandlung: Gegeben (WGArt. 37, 38 und 42). Hinsichtlich von Straftaten gegen die Ordnung der Wahl ist Art. 143 des Gesetzesartikels V vom Jahre 1961 (Strafgesetzbuch) maßgebend (WGArt. 64). Briefwahl: Nicht vorgesehen. Stimmauszählung: Erfolgt durch die Wahlbezirks-Wahlkommission im Wahllokal. Außer den Mitgliedern der Wahlbezirks-Wahlkommission dürfen nur die mit einem Ausweis versehenen Mitglieder des Landeswahlpräsidiums, ferner der territorial zuständigen Wahlpräsidien und Wahlkreis-Wahlkommissionen, die zugeteilten Bürokräfte, die Vertreter der Vaterländischen Volksfront und der Presse im Wahllokal anwesend sein (WG Art. 44,1—2). Wahlanfechtung: Einsprüche gegen das Ergebnis der Stimmauszählung können bei der Wahlkreis-Wahlkommission eingereicht werden, die darüber unverzüglich zu befinden hat (WG Art. 42). Wahlprüfung: Erfolgt im Falle der Anfechtung durch den Reichstag (WG Art. 52,3). Bibliographie 1. Quellen: GArt. ( = GesetzesArtikel) I I I : 1848 (Bildung einer verantwortlichen Regierung); GArt. IV: 1848 (jährliche Session des Reichstags); GArt. V: 1848 (Wahl der Reichstagsabgeordneten); GArt. X X X I I I : 1874 (Einführung des Steuerzensus); GArt. VII: 1885 (Abänderung der Organisation des Oberhauses); GArt. I: 1886 (Verlängerung der Wahlperiode von drei auf fünf Jahre); GArt. X V : 1899 (Abschaffung der rechtsraubenden Kraft von Steuerrückständen); GArt. X X I V : 1901 (über die Inkompatibilität); GArt.

1404

Wahl der Parlamente

XIV: 1913 (Änderung von Zensus und Wahlalter; geheime Abstimmung in den städtischen Wahlkreisen); GArt. X V I I : 1918 (Veränderung des Zensus); WG (der Karolyiregierung: allgemeines, gleiches, unmittelbares und geheimes Wahlrecht); Provisorische Vf. (RRR VO XXIV) vom 2. April 1919; Vf der ungarischen Räterepublik vom 23. Juni 1919; Verordnung des MinisterPräsidenten (5985/1919) (Wahl zur Nationalversammlung); Verordnung des Ministerpräsidenten (2200/1922) mit Ergänzungen 2733/1922 und 3400/ 1922 (Wahl der Nationalversammlung von 1922); GArt. X X V I : 1925 (Wahl der Reichstagsabgeordneten); GArt. X X I I : 1926 (Wiedereinriditung des Oberhauses) mit Abänderungsgesetzen GArt. X I I I : 1928 und GArt. XLII: 1930); GArt. X I X : 1938 (Wahl der Reichstagsabgeordneten); WG 8/1945 (vom 18. September; Wahl zur Nationalversammlung); WG 22/1947 (vom 23. Juli; Wahl zum Reichstag); Vf. vom 20. August 1949; GArt. I I I : 1966 (vom 11. November: Über die Wahl der Reichstagsabgeordneten und der Räte). 2. Quellenpublikationen: Törvinyek Gyüjtem&iye. Budapest, offizielle Publikation durch das Innenministerium von 1869 bis 1944. Eine offizielle Übersetzung in deutscher Sprache hiervon: Landesgesetzsammlung (1872 bis 1887), Gesetzsammlung (1888—1905), Ung. Reichsgesetzsammlung (1906 bis 1944); Als eine nichtamtliche Veröffentlichung mit ausführlichen Erläuterungen und Motivenberichten erschien bis 1948: Märkus, Dezsö und später T^rfi, Gyula (Hrsg.) Corpus Juris Hungarici — Magyar T ö i r i n y t i r , Budapest. Die amtlichen Veröffentlichungen wurden und werden fortgesetzt in: Magyar Közlöny, Hivatalos Lap (Ungar. Mitteilungsblatt etc.), Debrecen, später Budapest, 1944 ff; seit 30. 8. 1949 in drei Abteilungen: a) Törv&iyek 6s Tön^nyerejü Rendeletek T i r a (Sammlung von Gesetzen und Verordnungen mit Gesetzeskraft); b) Minisztertanicsi 6s Miniszteri Rendeletek Tira (Sammlung von Verordnungen des Ministerrates und der Minister); c) Hivatalos Lap, Hivatalos R6sz (Amtsblatt, offizieller Teil); Seit 30. 6. 1950 in zwei Abteilungen, seit dem 11. 5. 1951 in einer Abteilung unter dem Titel: Magyar Közlöny, a Magyar Nipköztirsasdg Hivatalos Lapja (Ungarisches Mitteilungsblatt, Amtsblatt der Ungarischen Volksrepublik); Zu weiteren Veröffentlichungen und Einzelheiten vgl.: Legal Sources and Bibliography, hrsg. von Gsovski, bearb. von Α. K. Bedo und G. Torzsay-Biber, New York, 1956; Vfs Texte: Α Magyar Nepköztarsasag Alkotmlnya, hrsg. von Istvdn Dobi, Budapest 1959, franz in: MirkineGuetz^vitch II; dtsch.: Verfassung der Ungarischen Volksrepublik — Stand vom 31. 3. 1960, verantwortlich für die Redaktion der dt. Übersetzung Eva Eckstein, Berlin, 1960 (Die Verfassungen der europäischen Länder der Volksdemokratie, Heft 6). 3. Auswahl aus dem Schrifttum: VR/VfsGesch.: Marczali, H.: Ungarisches Verfassungsrecht, Tübingen 1911. ders.: Ungarische Verfassungsgesdiichte, Tübingen 1910.

Scbweissguth, E.: Das Verfassungsrecht ungarischen Räterepublik von 1919,

der in:

JbOstr. Bd. 1 (1960). Csekey, St.: Die Verfassung Ungarns, Budapest 1944.

Ungarn

1405

Revesz, L.: Die Entwicklung des ungarischen Rechtssystems seit 1945, in: Ungarn — zehn Jahre danach, 1956—1966, hrsg. von W. Frauendienst, Mainz 1966. Adam, Α.: Α. Nioközt^rsasag Elnöki Tanacsa. Der Präsidialrat der Volksrepublik, Budapest, 1959. Beer / Kovics / Szamel: Magyar illamjog (Ung. Staatsrecht), Budapest 1964. Bihari, O.: Ällamjog Budapest 1964.

(Staatsrecht),

PolGesch./PartGesdi.: Macartney, C. Α.: A History of Hungary 1929—1945, 2 Bde., New York 1957; auch unter dem Titel: October fifteenth. A History of modern Hungary, 2 Bde., Edinburgh 1957. Bogyay, Th. von: Grundzüge der Geschichte Ungarns, Darmstadt 1968. Helmreich, Ε. C. (Hrsg.): Hungary, New York 1967. Kann, R. Α.: Das Nationalitätenproblem der Habsburger Monarchie, 2 Bde., Graz-Köln, 2. Aufl. 1964. Darnoy, P.: Ungarn nach dem Volksauf stand, Köln-Berlin 1960. Silagi, D.: Ungarn, Hefte zur Ostkunde 5, Hannover 1964.

Vincze, E. S.: A Magyarorszagi Szocialdemokrata Part megalakuUsa es tev£kenyseg£nek elsö ivei (1890—1896) [Die Entstehung der Ungarländischen Sozialdemokratischen Partei und die ersten Jahre ihrer Tätigkeit], Budapest, 1961. Säle, T.: Sozialdemokratie in Ungarn. Zur Rolle der Intelligenz in der Arbeiterbewegung 1899—1910, Beiträge zur Geschichte Osteuropas Bd. 6, Köln-Graz 1967. Toth, Α.: Die ungarischen Parteien und die Reichstagswahlen im 19 Jahrhundert aus soziologischer und geographischer Sicht, Diss, phil., Heidelberg 1968. Laszlo, £ . : The Communist Ideology in Hungary. Handbook for Basic Research, Dordrecht 1966. WR/WsStud.: Vazsonyi, W.: Entwurf des neuen ungarischen Wahlrechtsgesetzes mit allgemeinem Motivbericht, Wien 1918. Varga, ].: Die Neuregelung des Wahlsystems, (in ung. Sprache) in: Jogtudomanyi Közlöny (Reditswissensdiaftlidies Mitteilungsblatt, 1, 1967. ders.: Das ungarische Wahlsystem, in: Wiss. Dienst Südosteuropa, 12 (1963), 5.

Gerhard Bachmann

DER

STAAT

I. Historischer

VATI

ΚΑΝ

STADT

Teil

Der heute bestehende Staat Vatikanstadt (Cittä del Vaticano) wurde am 11. Februar 1929 durch Vertrag zwischen dem Königreich Italien und dem Heiligen Stuhl gegründet. Damit wurde die „römische Frage" gelöst, die Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und dem italienischen Staat in ein für beide Seiten erträgliches Verhältnis gebracht. Trotz der Realunion mit dem Heiligen Stuhl — der als Völkerrechtssubjekt behandelt wird wie die UNO oder UNESCO — wird dem Staat Vatikanstadt selbständig die Qualität eines Völkerrechtssubjektes zuerkannt. Die Vertretung gegenüber anderen Staaten wird durch das Staatssekretariat wahrgenommen; die ausländischen Vertreter sind praktisch alle beim Heiligen Stuhl akkreditiert. Das Territorium der Vatikanstadt umfaßt 48 ha; hinzu kommen einige exterritoriale Liegenschaften, darunter Castel Gandolfo mit 55 ha. Die Bevölkerung besteht aus etwa 630 Staatsbürgern und etwa 300 Personen mit zeitweiliger oder dauernder Aufenthaltsgenehmigung. Das Regierungssystem des Staates Vatikanstadt ist das einer absoluten Wahlmonarchie auf Lebenszeit; der Papst als Souverän besitzt die gesamten gesetzgebenden, ausführenden und rechtsprechenden Gewalten, die er ζ. T. selbst wahrnimmt, ζ. T. in seinem Auftrag von verschiedenen Organen wahrgenommen werden; beratendes Organ des Papstes ist der Generalrat des Staates. Die gesetzgebende Gewalt ist an die „Päpstliche Kommission" für den Staat Vatikanstadt delegiert, die aus einer wechselnden Zahl von Kardinälen besteht; diese Kommission erläßt auch Ausführungsbestimmungen; eine „Consulta", bestehend aus 24 Laien, berät die Kommission. Die ausübende Gewalt liegt beim Governatore, dem verschiedene Ämter verwaltungsmäßiger und technischer Art unterstellt sind: Standesamt, Notariat, Amt für Verkehr und Nachrichtenwesen, Postamt, Eisenbahnstation, Münzwesen, Gesundheitsdienst, Bibliotheken, Archive, Schiffahrt, Militär (Palastwache, Nobelgarde, Schweizergarde, Gendarmerie) etc. Eine Aufsicht über diese Ämter wird von der Päpstlichen Kommission für den Staat ausgeübt. Organe der rechtsprechenden Gewalt sind ein Einzelrichter, ein Gericht erster Instanz, ein Appellationshof und ein Kassationshof.

1408

Erste Regelungen der Papstwahl

Die Organe des Staates führen ihre Tätigkeit nur insoweit aus, wie es für die Erhaltung der staatlichen Souveränität notwendig ist und um die Dienste für die Bewohner zu sichern. Darüber hinausgehende Tätigkeiten werden von der Stadt Rom und von der Republik Italien ausgeübt, die eine Anzahl Pflichten übernommen haben, durch welche die Freiheit des Heiligen Stuhls und des Staates Vatikanstadt garantiert werden sollen. Die Papstwahl ist eines der ältesten Wahlverfahren. Von ihr ist in der Geschichte eine zivilisierende Wirkung ausgegangen. Bei der Bestellung von 262 anerkannten Päpsten wurde eine Vielzahl von dokumentierten und nicht-dokumentierten Verfahren angewandt. Das heute geltende Wahlverfahren ist eine Sammlung von Vorschriften, die — jede einzeln — einmal Antwort auf eine besondere und zu einer Reform zwingenden Situation gewesen sind. Zu berücksichtigen ist, daß die Vorschriften nicht immer nach ihrem Erlaß auch praktiziert wurden; ein Teil der Vorschriften hat sich nur langsam durchgesetzt. In jahrhundertelanger Erfahrung und Einübung entstand bis heute ein Wahlverfahren von seltener Ausgeglichenheit. In den ersten Jahrhunderten nach Chr. wurde der römische Bischof wie jeder andere Bischof gewählt: vom örtlichen Klerus, dem christlichen Volk und den Nachbarbischöfen. Die Abstimmung war öffentlich, und es wurde Einstimmigkeit verlangt. Nach katholischer Auffassung hat der römische Bischof aufgrund der Petrus-Nachfolge und der besonderen Beauftragung des Petrus durch Christus ein Primat über alle anderen Bischöfe. In der Praxis begann sich diese Lehre seit der Mitte des dritten Jahrhunderts durchzusetzen, im Jahre 378 wurde sie vom römischen Kaiser anerkannt, seit etwa 400 nannte sich der römische Bischof „Papst" und nahm die oberste Jurisdiktion über alle christlichen Gemeinden in Anspruch. Damit gewann die Wahl des römischen Bischofs — des Papstes — eine hervorragende Bedeutung sowohl innerhalb der Gesamtkirche als auch für den Staat. Seit Anfang des 4. Jahrhunderts hatte die christliche Bevölkerung Roms so stark zugenommen, daß eine Beteiligung des gesamten christlichen Volkes von Rom an der Papstwahl praktisch nicht mehr möglich war. Zusammen mit der Lehre vom Primat des römischen Bischofs entwickelte sich nun auch ein anderer Wahlkörper: an Stelle des Volkes traten — erstmals wohl 325 — der römische Senat und die römischen Notabein. Dieser Wahlkörper nun — römischer Klerus, die Nachbarbischöfe, römischer Senat und die Notabein — konnte nicht immer die geforderte Einstimmigkeit bei der Papstwahl erreichen. Diese Schwierigkeit suchte man zu überwinden, indem man bei nicht eindeutigem Wahlergebnis den Kaiser um Entscheidung bat. Ungewollt hatte man

Der Staat Vatikanstadt

1409

sich damit in eine Abhängigkeit begeben, von der man sich nur schwer wieder lösen konnte. Nachdem einmal der Kaiser als Schiedsrichter angerufen worden war, nahmen die weltlichen Herrscher in den folgenden Jahrhunderten für sich in Anspruch, bei den Papstwahlen ein entscheidendes Wort mitzureden. Für lange Zeit — besonders deutlich bis ins 11. Jahrhundert — bestand ein Kampf zwischen den Interessen der römischen Adelsparteien, der byzantinischen und fränkischen Kaiser und Könige auf der einen Seite und dem Bestreben nach Unabhängigkeit der Wahl auf der anderen Seite. Der erste Versuch, sich von weltlicher Einflußnahme zu befreien — (Papst Gelasius I. [492—496] hatte die Zweigewaltenlehre entwickelt) —, hatte für seine Zeit zwar keine praktische Bedeutung und Wirkung, diente in den folgenden Jahrhunderten aber als Vorbild. Papst Symmachus versuchte 499 zusammen mit 72 Bischöfen, 74 Presbytern und 7 Diakonen die Papstwahl wieder von außerkirchlicher Einflußnahme unabhängig zu machen, indem er bestimmte: Wenn bei der Wahl keine Einstimmigkeit erzielt werden kann und ein Papst keine Verfahrensbestimmungen über die Wahl des Nachfolgers getroffen hat, „soll die Meinung der meisten siegen". Diesem ersten Versuch einer Regelung folgten eine Anzahl von Ergänzungen: Verbot von Parteibildungen zu Lebzeiten des Papstes 607, Wahlrecht nur für römische Kleriker und Ausschluß von Laien 769 und Versuche, sich von der Zustimmung der fränkischen und byzantinischen Kaiser zu lösen. Tatsächlich jedoch waren die Päpste sehr oft „byzantinische" (6.—7. Jahrh.) oder „deutsche" (11. Jahrh.) Päpste; teilweise waren sie die Favoriten einer der römischen Adelsparteien. Ein Recht der Kaiser und der römischen Adelsparteien, in den Akt der Papstwahl einzugreifen, ist de jure nie anerkannt worden. Aber erst im 11. Jahrhundert begann sich eine vergleichsweise starke Unabhängigkeit gegenüber staatlichem Einfluß durchzusetzen; gleichzeitig entstand die Ausbildung eines bestimmten Wahlkörpers. Bis zum 11. Jahrhundert hatte sich ein mächtiges Kardinalskollegium herausgebildet, das, unterstützt durch die clunyazensische Bewegung, den Anspruch der Unabhängigkeit gegenüber staatlicher Macht auch durchsetzen konnte. Unabhängig vom Dienst an einer Kirche, waren die Kardinäle zu Diplomaten, zu Beratern des Papstes, zu einem Päpstlichen Senat unter Vorsitz des Kardinalbischofs von Ostia geworden. Der Personenkreis, der im Verlaufe der Geschichte zum päpstlichen Wahlkörper wurde, war aus den Bischöfen, Priestern und Diakonen der Stadt Rom und Umgebung hervorgegangen. Im 1. Jahrhundert 89

Sternberg«-Vogel,

Parlamente 1,2

1410

Entwicklung des Wahlkörpers

unterstützten den römischen Bischof sieben Diakone, die in den 14 Bezirken der Stadt die Aufgaben als Kirchendiener, Fürsorger und Katecheten wahrnahmen; im 11. Jahrhundert zählte man nach mehrmaligem Wechsel der Zahl 19 Diakone. Zu den Helfern des Bischofs gehörten um 80 außerdem 25 Priester, denen später Pfarreien zugeteilt wurden (tituli); auch ihre Zahl wechselte, im 11. Jahrhundert war Rom in 28 Pfarrbezirke aufgeteilt. Die Bischöfe aus den sieben suburbikarisdien Diözesen Ostia, Palestrina, Sabina, Porto und Rufina, Albano, Valletri und Frascati assistierten an je einem Tag der Woche dem Bischof von Rom und späteren Papst beim Gottesdienst und den laufenden Amtsgesdiäften. Mit zunehmender Christianisierung, etwa seit 300, erhielten die Bischöfe, Priester und Diakone Gehilfen. Sie selbst wurden deshalb sowohl im Unterschied zu diesen als auch zu den vielen Wanderpredigern Kardinalbischof, -priester oder -diakon genannt. Diese Bezeichnung für die festbestallten Geistlichen und Hauptgeistlichen fand sich in der gesamten christlichen Welt. Das Adjektiv cardinalis für diesen Personenkreis verschwand aber im Laufe der Zeit und wurde nur in Rom beibehalten. Zunächst bildeten die suburbikarischen Kardinalbischöfe und Kardinalpriester den „Senat des Bischofs von Rom" nach Vorbild des byzantinischen Kaiserhofs (Konsistorium); im 12. Jahrhundert kamen die Kardinaldiakone als Gleichberechtigte hinzu. Alle wichtigen Angelegenheiten wurden in diesem Kreise behandelt, wobei sich der Papst souveräne Entscheidung vorbehielt. Bis zum 11. Jahrhundert hatte es sich durchgesetzt, daß die Päpste sich nicht von den Kardinalpriestern, Kardinaldiakonen und Kardinalbischöfen beraten ließen, sondern umgekehrt ihre Berater in diese Ämter einsetzten. Seit dem 12. Jahrhundert ernannten die Päpste auch Ausländer zu Kardinälen, ohne daß diese in Rom residieren mußten (1163 Konrad von Wittelsbach, Bisdiof von Mainz; 1179 Wilhem de Champagne, Bischof von Reims). Die Kardinäle aller drei Klassen (ordines) bilden bis heute den „Senat des Bischofs von Rom" (Codex Iuris Canonici, can. 230). Die Zahl der Kardinäle war im Verlaufe der Geschichte sehr unterschiedlich: im 2. Jahrhundert zählte man 32, im 12. Jahrhundert 53, 8 im Jahre 1277; im 14. Jahrhundert gab es Bestrebungen, die Zahl auf 20 festzusetzen, im Jahre 1517 gab es 65 Kardinäle; Sixtus V. legte 1586 folgende Zahl fest: 6 Bischöfe, 50 Priester und 14 Diakone. Diese Bestimmung wurde in den Codex Iuris Canonici, can. 231, aufgenommen. Erst Papst Johannes X X I I I . erhöhte die Zahl der Kardinäle auf 85 und Paul VI. auf über 100.

Der Staat Vatikanstadt

1411

Bis 1917 brauchten die Kardinaldiakone nicht zu Priestern und die Kardinalpriester nicht zu Bischöfen geweiht zu werden. Im can. 231 des Codex Iuris Canonici wurde 1917 festgelegt, das alle Kardinäle die Priesterweihe haben müssen, und Johannes XXIII. bestimmte 1962 die Bischofsweihe für alle Kardinäle. Ernannt werden die Kardinäle vom Papst in einem Konsistorium der Kardinäle; die Kardinäle haben bei Ernennungen kein Mitspracherecht, sie haben der Ernennung durch den Papst nur zu akklamieren in einem vorgeschriebenen Zeremoniell, das an die ehemalige Funktion des Konsistoriums als Senat erinnert (Codex Iuris Canonici, can. 232—233). Die Kardinäle sind die Vorsteher der verschiedenen kirchlichen Ämter und Einrichtungen (Kurie), mit besonderen Aufgaben und Beraterfunktionen betraut und die seit dem 11. Jahrhundert Alleinzuständigen für die Papstwahl. Seit dem 14. Jahrhundert kamen alle Päpste aus dem Kardinalskollegium; der letzte Nichtkardinal wurde 1378 als Urban VI. gekrönt. Zuvor gab es einige Päpste, die zwar nicht Kardinäle waren, aber doch bestimmte Stellungen in der Kurie oder im römischen Klerus innehatten. Im internationalen diplomatischen Verkehr haben die Kardinäle Anspruch auf die Rechte der Prinzen von Geblüt, sie sind gleichsam Kronprinzen. Papst Nikolaus II. verfügte auf dem Römischen Konzil 1059 im Dekret „In Nomine Domini", daß die bis dahin entstandenen Regeln und Gepflogenheiten geltendes Recht seien und fügte folgende Bestimmungen hinzu: a) der Wahlkörper besteht aus den Kardinalbischöfen und Kardinalpriestern, wobei sich die Kardinalbischöfe auf einen Kandidaten einigen müssen, der von ihnen zusammen mit den Kardinalpriestern gewählt werden kann; b) gewählt werden „sollte" nur ein römischer Kleriker; c) Wünsche seitens der römischen Adelsparteien und der Kaiser nehmen die Kardinalbischöfe während ihrer Verhandlungen entgegen; d) Simonie wird unter Strafe gestellt; e) es kann nur ein Kandidat als gewählt gelten, dem das römische Volk und der niedere Klerus akklamiert haben; f) ist in Rom die Freiheit der Wahl nicht garantiert, können die Kardinalbischöfe einen anderen Ort bestimmen. Eine bedeutende Fortführung dieses Dekretes ist in Alexander III. „Licet de vitanda" von 1179 zu sehen, das auf dem Konzil erlassen wurde. Seit Symmachus und bestätigt durch Nikolaus II. galt die Bestimmung, die Mehrheit solle bei der Papstwahl siegen. Welche Mehrheit aber siegen sollte, war streitig. Alexander III. verfügte deshalb, es solle derjenige gewählt sein, der eine Zwei-Drittel-Mehrheit auf sich vereinigen könne. Eine weitere Neuerung des Alexander III.

1412

Konklave- und Stimmgebungsregeln

war die Gleichheit der Wahl für die Kardinäle aller drei Klassen (in dieser Zeit 53—54 Personen). Wenn nun auch Eindeutigkeit über die zu erreichende Mehrheit geschaffen war, so folgte doch gerade daraus eine andere Schwierigkeit: es dauerte manchmal Jahre, bis eine Wahl erfolgreich war. In solchen Situationen zu befürchtender langer Sedisvakanzen griffen die Bürger von Perugia (1216), Rom (1241), Neapel (1261) und Viterba (1268) zu drastischen Mitteln der Wahlbeschleunigung, indem sie, nachdem der Papst in ihrer Stadt gestorben war und Kardinäle anwesend waren, die Kardinäle in einen Raum einschlossen und ihnen immer weniger Essen in das „Konklave" gaben. Dieses Verfahren hatte zwar den gewünschten Erfolg, war aber von den Bürgern der Städte so brutal durchgeführt worden, daß sich nach einem ersten Versuch durch Innocenz IV. (Quia frequenter 1245) Papst Gregor X. 1274 auf dem Konzil von Lyon veranlaßt sah, in seinem Dekret „Ubi periculum maius" das Konklave einzuführen und an Regeln zu binden. Die wichtigsten Regeln und Bestimmungen Gregor X. waren: a) in der Stadt, in der ein Papst stirbt, warten die anwesenden Kardinäle auf die abwesenden Kardinäle; b) am elften Tag beginnt die Wahl; die Kardinäle gehen mit je einem Diener in das Konklave, das aus einem Raum besteht; später eintreffende Kardinäle werden eingelassen; c) der Kontakt zur Außenwelt besteht in einer Essendurchreiche, die so klein sein muß, daß keine Person dadurch Einlaß finden kann; d) wird Kontakt mit der Außenwelt aufgenommen, dann nur mit Wissen aller Kardinäle; e) verhandelt wird nur in Sachen Wahl; f) kranke Kardinäle dürfen das Konklave verlassen und werden nach der Genesung wieder eingelassen; g) nach drei Tagen wird zu Mittag und zu Abend je nur noch ein Gericht zugelassen; nach acht Tagen erfolgloser Wahl wird nur noch Brot, Wasser und Wein gereicht; während der Wahl ruhen alle Einkünfte; h) die Einhaltung der Vorschriften garantieren die Bürger des Wahlortes, also die Bürger Roms (bis auf wenige Ausnahmen fanden die Wahlen stets in Rom statt); i) Verstöße ziehen Exkommunikation nach sich. In dem nun folgenden Jahrhundert wurde die von Gregor X. erlassene Konklaveordnung ergänzt. Clemens V. bestimmte 1312 (in: „Ne romani"), daß während der Sedisvakanz jede Jurisdiktion, auch über die Wahl- und Konklaveordnung, ruht. Clemens VI. erlaubte 1351 (in: „Licet in constitutione") die Mitnahme zweier Diener je Kardinal und die Aufteilung des Konklaveraumes in abgetrennte Zellen je Kardinal. In der Praxis waren die Konklaven bis heute von unterschiedlicher Dauer. Bis Ende des 18. Jahrhunderts bedeutete die Papstwahl stets

Der Staat Vatikanstadt

1413

ein Politikum und man hielt in einigen Fällen pro forma solange Wahlgänge ab, bis die politisch wichtigen Kardinäle eingetroffen waren. Seit etwa 1800 dauerten die Konklaven durchschnittlich zwei bis drei Wochen, in neuester Zeit nur wenige Tage. Eine für die Zukunft der Papstwahlen wichtige Neuerung wurde 1417 von Martin V. festgelegt, die electio per scrutinium (= Wahl durch Stimmzettel). (Die Wahl von Martin V. zum Papst stellt eine Besonderheit in der Geschichte der Papstwahlen dar. Er wurde in der besonderen Situation, die durch die Schwierigkeiten der Beilegung des abendländischen Schismas bedingt war, nicht vom Kardinalskollegium gewählt, sondern von einem erweiterten Wahlkollegium, dem die Vertreter der einzelnen Nationen angehörten.) Schon auf dem Laterankonzil 1215 war die electio per scrutinium behandelt worden. Von Martin V. wurde sie nun legalisiert und von Pius IV. 1562 näher bestimmt. Pius IV. legte fest, daß täglich eine Wahl per scrutinium stattfinden könne und zu jeder Wahl ein Acceß möglich sei. Die Wahl per scrutinium mit Acceß bedeutete: nach der Auszählung einer schriftlichen Wahl können diejenigen Wähler, die in einem Wahlgang ihre Stimmen nicht demjenigen gegeben hatten, der eine Vielzahl Stimmen erhielt (wenn auch nicht die erforderliche Zwei-DrittelMehrheit), ihre abgegebene Stimme für nichtig erklären und den Stimmen für einen anderen Kandidaten hinzufügen („accedo"). Aus den Bullen, Dekreten und Constitutionen von 1506 ab ist zu ersehen, daß seit dieser Zeit zwei neue Probleme auftauchten, die geregelt werden mußten. Das eine Problem war, daß die Kardinäle einen Kandidaten durch unterschriebene Wahlkapitulationen auf ein bestimmtes, zumeist reformerisches Regierungsprogramm festlegen wollten und über ein zukünftiges Programm schon zu Lebzeiten eines Papstes verhandelten. Das andere Problem war die Einwirkung monarchischer Interessen auf die Papstwahlen. Während sich in früheren Jahrhunderten nationale Fraktionen gebildet hatten, um so die Wahl eines ihrem Monarchen mißliebigen Kandidaten zu verhindern (ius inclusivae), traten nun die katholischen Monarchen mit dem Anspruch auf, Kardinäle zu benennen, die auf keinen Fall gewählt werden dürften (ius exclusivae). Die Päpste haben, so oft sie auch vor ihrer Wahl Kapitulationen unterschrieben hatten, Wahlkapitulationen nie anerkannt. Ebenso ist das staatliche Recht auf Exclusion nie legalisiert worden, so oft auch die Kardinäle aus politischen Zweckmäßigkeiten nach dem staatlichen Einspruch gehandelt haben mögen. Die Bullen Julius II. von 1506 und Paul IV. von 1558 und 1559 stellen Verhandlungen über einen Nachfolger zu Lebzeiten eines Papstes, Exclusion durch Fraktionsbildung

1414

Kodifizierung von 1621 / Seitherige Reformen

und von Staats wegen und die Aufstellung von Wahlkapitulationen unter Strafe. Eine umfassende Neukodifizierung der Papstwahl, die das von Alexander III., von Gregor X . und neu Hinzugekommenes in eine neue Form brachte, nahm Papst Gregor X V . 1621 in „Aeternis patris", „Decet Romanum" und in einer Ceremoniale vor: a) die Exclusion durch Fraktionsbildung und durch Einspruch von außen werden wiederum unter Strafe gestellt; b) die ausschließliche Wahlzuständigkeit der Kardinäle wird ebenso bestätigt wie die Zweitdrittelbestimmung von 1179 und die Konklavevorschriften von 1274; c) als Wahlarten gelten die electio per inspirationem (d. h. es darf keine Gegenstimme laut werden; die öfter praktizierte electio per adorationem, d. h. durch laute Zustimmung, wird aber verboten), die electio per compromissum (d. h. die Wahlbefugnisse werden einem kleinen Kreis von Kardinälen übertragen) und die Wahl per scrutinium (zweimal täglich mit der Möglichkeit je eines Accesses). Alle nun folgenden Verfügungen über die Papstwahlen haben den Bestimmungen Gregor X V . von 1621 nichts wesentlich Neues hinzugefügt: erhalten blieben die alleinige Zuständigkeit der Kardinäle, die Bestimmungen über das Konklave, die drei möglichen Wahlarten und die Zweidrittelmehrheit. Auch Pius X . hat in den Constitutionen „Commissum Nobis" und „Vacante Sede Apostolica" von 1904 materiell keine neuen Bestimmungen, formell aber ein völlig neues Wahlgesetz geschaffen, das der neuen Zeit angemessen war. Hervorzuheben ist nur, daß aus gegebenem Anlaß das ius exclusivae und seine Beachtung mit Nachdruck verboten und daß das scrutinium täglich morgens und mittags mit je einem Access nun aufgehoben wurden und dafür morgens und mittags je zwei Wahlgänge per scrutinium festgesetzt wurden; die Möglichkeit des Accesses entfiel. Benedikt X V . bestätigte aus Anlaß der Neufassung des kirchlichen Rechtsbuches 1917 das Wahlgesetz P i u s X . Eine Verlängerung der Wartezeit auf die abwesenden Kardinäle von elf auf 18 Tage verfügte Pius X I . 1922, womit er der Tatsache Rechnung trug, daß es inzwischen eine Anzahl Kardinäle gab, die in überseeischen Ländern amtierten. Das heute gültige Wahlgesetz wurde 1945 von Pius X I I . in der Constitution „Vacantis Apostolicae Sedis" festgelegt und ist von Johannes X X I I I . 1962 nur geringfügig ergänzt worden. Audi in diesem Wahlgesetz sind die wesentlichen Bestimmungen erhalten geblieben, wie sie von G r e g o r X V . und P i u s X . kodifiziert wurden.

Der Staat Vatikanstadt

1415

Neu war, daß der Eid über die Geheimhaltungspflicht über die Vorgänge im Konklave sehr genau fixiert und die Abgeschlossenheit des Konklave zur Außenwelt dadurch präzisiert wurde, daß Pius X I I . die Mitnahme von Geräten zur Nachrichtenübermittlung (Radio, Fernsehen etc.) verbot. Die andere Neuerung Pius X I I . bezog sich auf das Wahlverfahren: seit dem 13. Jahrhundert war eine Selbstwahl verboten. Zur Kontrolle dieser Bestimmung und zur Kontrolle einer richtigen Durchführung des bis 1904 geltenden Accesses, w a r namentliche Abstimmung erforderlich. Pius X I I . schaffte die namentliche Abstimmung und die nötigen Kontrollen dadurch ab, indem er verfügte, daß zur gültigen Wahl eine Zweidrittelmehrheit plus einer Stimme nötig ist; eine Selbstwahl ist damit zwar nicht ausgeschlossen, aber die Zweidrittelmehrheit ist in jedem Fall erhalten. Diese Bestimmung über die Zweidrittelmehrheit wurde von Johannes X X I I I . erneut modifiziert: es ist nur dann eine Zweidrittelmehrheit plus einer Stimme erforderlich, wenn die Zahl der Abstimmenden nicht durch drei teilbar ist; in allen anderen Fällen genügt eine Zweidrittelmehrheit. Die grundsätzlichen Erfordernisse, die Zweidrittelmehrheit verlangen und Selbstwahl ausschließen (ohne daß über namentliche Abstimmung kontrolliert werden muß), sind auch durch diese Bestimmung nicht geändert worden.

II. Systematischer Teil Das geltende

Wahlverfahren

Nach katholischer Auffassung handelt es sich bei der Papstwahl nicht um die Übertragung der Amtsgewalt, wie sie ζ. B. Mitglieder einer Vereinigung einem Vertreter durch Wahl übertragen. Da die Amtsvollmacht und Amtsgewalt auf der Nachfolge des von Christus berufenen Petrus beruht, können die wählenden Kardinäle keine Vollmachten übergeben. Die Papstwahl wird aufgefaßt als Bezeichnung, Designation, einer Person, die ihre Amtsvollmacht und Amtsgewalt unmittelbar von Christus als Nachfolger des Petrus erhält. Die gegenwärtige Papstwahl wurde durch die Constitution Pius XII. „Vacantis Apostolicae Sedis" ( V A S ) geregelt und durch ein Motu proprio Johannes X X I I I . von 1 9 6 2 geringfügig ergänzt. Der Heilige Stuhl ist nicht besetzt („vakant"), wenn ein Papst auf sein A m t verzichtet, wenn ein Papst vom Kardinalskollegium zum Häretiker oder für schwachsinnig erklärt wird und wenn ein Papst verstorben ist. Solange eine Vakanz des Heiligen Stuhls andauert, liegt die Regierung der katholischen Kirche und des Staates Vatikanstadt bei der Vollversammlung der Kardinäle. Sie dürfen jedoch nur dann Regierungsgewalt ausüben, wenn es unumgänglich nötig ist (grundsätzlich „ruht jede potestas und iurisdic-

1416

Das geltende Papstwahlverfahren

tion", VAS, Art. 1); die getroffenen Maßnahmen können vom neu gewählten Papst wieder außer Kraft gesetzt werden. Die Aufgabe der Kardinäle soll nur sein, die abwesenden Kardinäle zu benachrichtigen, die Trauerfeierlichkeiten für den verstorbenen Papst abzuhalten, die Papstwahl vorzubereiten und durchzuführen. Frühestens am 16., spätestens am 19. Tage nach dem Tode des Papstes ziehen alle wahlberechtigten Kardinäle in das Konklave. Wahlberechtigt sind auch suspendierte, interdizierte und exkommunizierte Kardinäle (VAS, Art. 34); nichtwahlberechtigt sind abgesetzte Kardinäle und solche, die mit Zustimmung des Papstes resigniert haben. Später kommende Kardinäle werden eingelassen, kranke Kardinäle können auf ärztliches Attest hin das Konklave verlassen und nach ihrer Genesung wieder betreten. — Zusammen mit den Kardinälen ziehen in das Konklave bis zu drei Diener f ü r jeden Kardinal, ein Zeremonienmeister mit Personal f ü r allgemeine liturgische Dienste, Hilfspersonal für die Wahlhandlungen, sowie zwei Ärzte, drei Apotheker, ein Chirurg, Küchenpersonal und Handwerker ein. — Alle Teilnehmer müssen einen vorgeschriebenen Eid über die Geheimhaltung der Vorgänge im Konklave ablegen. (Johannes X X I I I . , „Motu proprio" Art. X—XI.) Nach dem Einzug wird der Konklavebereidi von innen und außen versiegelt. Kontakt mit der Außenwelt ist nur dem Kardinalkämmerer erlaubt und mit Wissen aller Kardinäle. Die Mitnahme von Geräten zur Nachrichtenübermittlung (Radio, Fernsehen, Funk etc.) sowie Magnetophonband und Photoapparate sind verboten. Nach Schließung des Konklavebereiches können die Wahlhandlungen beginnen. Die Wahlhandlungen finden in einem abgeschlossenen Raum statt, in dem bei Stimmabgabe nur Kardinäle anwesend sind (Sixtinische Kapelle). — Wählbar ist jeder männliche Christ, der nicht Häretiker ist, nidit schwachsinnig und im Weihealter ist (für Bischöfe 30 Jahre). Für eine gültige Papstwahl sind drei Wahlformen zulässig: 1. electio per inspirationem: durch Zuruf wird ein Kandidat genannt und ohne Personaldebatte und ohne Gegenstimme gewählt, indem jeder einzelne Kardinal deutlich „eligo" sagt. (Nach den erreichbaren Unterlagen hat es eine electio per inspirationem noch nicht gegeben.) 2. electio per compromissum: die Kardinäle einigen sich einstimmig und schriftlich auf drei, fünf oder sieben Kardinäle, die in einem abgetrennten Raum die Wahl vornehmen; die Modalitäten ihrer Wahlhandlungen, mit welcher Mehrheit, ob einer aus ihrer Mitte etc., werden ihnen von den Kardinälen vorgeschrieben. (Audi diese Art der Wahl dürfte — soweit bekannt — noch nicht praktiziert worden sein.) 3. electio per scrutinium: an jedem Tag finden zwei Wahlhandlungen mit je zwei Wahlgängen statt; f ü r eine erfolgreiche Wahl ist eine Zweidrittelmehrheit nötig; ist die Zahl der Wähler nicht durch drei teilbar, wird Zweidrittelmehrheit plus einer Stimme verlangt. Für jede Wahlhandlung werden drei Stimmenauszähler (Skrutatoren), drei Wahlprüfer (Rekognitoren) und drei Helfer für die Kranken (Infirmarii) ausgelost.

Der Staat Vatikanstadt

1417

Jeder Wahlgang erfolgt geheim auf amtlichen Stimmzetteln; es besteht Wahlpflicht für die Anwesenden. Stimmt die Zahl der abgegebenen Stimmen nicht mit der Zahl der Wähler überein, ist die Wahl ungültig. Das Ausfüllen, Abgeben und Auszählen sowie die Überprüfung der Stimmzettel geschieht nach bis ins einzelne gehenden Vorschriften. Nach Feststellung des Wahlergebnisses wird ein Protokoll über das Ergebnis der Wahl angefertigt und mit allen Aufzeichnungen der Kardinäle für das Ardiiv versiegelt. Nach jeder Wahlhandlung werden die Stimmzettel verbrannt. War die Wahl per inspirationem, per compromissum oder per scrutinium erfolgreich, wird der Gewählte gefragt, ob er die Wahl annimmt. Mit seinem „Ja" übernimmt er die volle Jurisdiktionsgewalt über die katholische Kirche und den Staat Vatikanstadt (VAS, Art. 100). Bibliographie 1. Quellen: 499: Symmachus, römische Synode 6. Jahrhundert: Liber diurnus, Formularsammlung 607: Bonifaz III. 779: Stephan III. 817: Abmachung mit Ludwig dem Frommen 824: Abmachung mit Lothar I. 898: Johann IV., römische Synode 962: Kaiser Otto I. verlangt den „römischen Eid" 1059: Nikolaus II., Dekret „In nomine Domini" 1179: Alexander III., Dekret „Licet de vitanda" 1216: Laterankonzil 1245: Innocenz IV., Constitution „Quia frequenter" 1274: Gregor X., Dekret JJbi periculum maius" 1276: Johannes XXI. 1310: Clemens V., Bulle „Ne romani" 1351: Clemens VI., Bulle „Licet in constitutione" 1378: Gregor XI., Constitution „Periculis et detriment is" 1417: Martin V. 1432: Basler Konzil 1506: Julius II., Bulle „Cum tarn divino"

1558: Paul IV., Bulle „Cum secundum Apostolum" 1561: Pius IV., Bulle „Prudentis patris familias" 1562: Pius IV., Bulle „Ineligendis" 1586: Sixtus V., Bulle „Postquam verus" 1621: Gregor XV., Bulle „Aeternis Patris" 1621: Gregor XV., Constitution „Decet Romanum" 1622: Gregor XV., Ceremoniale 1626: Urban VIII., Bulle „Ad romani Pontificii" 1692: Innocenz XII., Bulle „Romanum decet Pontificem" 1732: Clemens XII., Bulle „Apostolatus officium" 1732: Clemens XII., Handschreiben „Avendo noi" 1744: Benedikt XIV., Bulle „In Apostolicae" 1744: Benedikt XIV., Bulle „Pastor Bonus" 1798: Pius VI., Bulle „Cum nos" 1807: Pius VII., Bulle „Quae potissimum" 1809: Pius VII., Bulle „Novae leges" 1869: Pius IX., Bulle „Cum Romanis Pontificibus"

Wahl der Parlamente

1418 1871: Pius IX., Bulle „In hoc sublimi" 1874: Pius IX., Bulle Apostolicas"

„Licet per

1877: Pius IX., Bulle „Consulturi" 1878: Pius IX., ein Regolamento 1882: Leo XIII., Constitution „Praedecesssores Nostri" mit einem Regolamento

1904:

Pius X., Constitution „Commissum Nobis" 1904: Pius X., Constitution „Vacante Sede Apostolica" 1917: Benedikt XV., im Codex Iuris Canonici, can. 160 1922: Pius XI., „Motu proprio" 1945: Pius XII., Constitution „Vacantis Apostolicae Sedis" 1962: Johannes X X I I I . , Motu proprio „Summi Pontificis"

2. Quellenpublikationen: Acta Apostolicae Sedis (seit 1909 offizielles päpstliches Mitteilungsorgan), Vatikanische Druckerei; Ebers, G., ].: Der Papst und die römische Kurie. Wahl, Ordination und Krönung. Quellensammlung zur kirchlichen Rechtsgeschichte, hrsg. v. E. Eichmann, Bd. 3, Paderborn 1916; Mayer OSB, S.: Neueste Kirchenrechtssammlung, 4 Bde., Freiburg— Basel—Wien 1959; Mirbt, C.: Quellen zur Geschichte des Papsttums und des römischen Katholizismus, 5. Aufl., Tübingen 1925; Sägmüller, J. B.: Die Papstwahl und das staatliche Recht der Exklusive, Tübingen 1892. 3. Auswahl

aus dem

Schrifttum:

Caspar, E.: Geschichte des Papsttums, 2 Bde., Berlin 1933. Eichmann-Moersdorf: Lehrbuch des Kirchenrechts, 3 Bde., 11. Aufl., Paderborn 1964. Feine, Η. Ε : Kirchliche Rechtsgeschichte, 4. Aufl., Köln-Graz 1964. Plöchl, W. M.: Geschichte des Kirchenrechts, 3 Bde., München 1959. Kempf, F.: Handbuch der Kirchengeschichte, Freiburg 1966. von Pastor, L.: Geschichte der Päpste, 16 Bde., Freiburg 1901—1933. Seppelt, F. X., SAwaiger, G.: Geschichte der Päpste. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, München 1964.

Lexikon für Theologie und Kirche, Freiburg 1963. Ehrle, F., Egger, H.: Die Konklavepläne. Beitrag zu ihrer Entwicklungsgeschichte, Vatikanstadt 1933. Wurm, H. ].: Die Papstwahl. Ihre Geschichte und Gebräuche, Köln 1902. Fuhrmann, H.: Die Wahl des Papstes. Ein historisdier Rückblick in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 9, 1958. Kissel, L.: Die Papstwahl nach der Konstitution Pius' XII. Vacantis Apostolicae Sedis vom 8. XII. 1945, jur. Diss, masdiinensdir. bei W. Jellinek, Heidelberg 1950. van Lierde, P. C., Giraud, Α.: Das Kardinalskollegium, Aschaffenburg 1965.

Udo Apel

ZYPERN

I. Historischer Teil Im August 1960 proklamierte der Gouverneur der britischen Kronkolonie Zypern die Unabhängigkeit der „Republik Zypern". Großbritannien hatte 1878 nach 300jähriger osmanischer Herrschaft (seit 1573) aufgrund eines Geheimvertrages mit dem Sultan die Verwaltung der Insel übernommen, die zwar bis zur britischen Annexion zu Beginn des Ersten Weltkrieges nominell türkisches Territorium blieb, aber von der neuen Besatzungsmacht von Anfang an wie ein Kolonialbesitz verwaltet wurde. Die erste Kolonialverfassung von 1878, die die erste Phase der modellartigen Verfassungsentwicklung in den britischen Kolonien einleitete, stellte dem mit autokratischen Vollmachten ausgestatteten „Hochkommissar" (dieser Titel wies auf den Sonderstatus der Insel hin) einen Executive Council und einen Legislative Council zur Seite, gestand ihnen aber nur beratende Funktionen zu. Auch die Mitglieder des Legislative Council — drei britische Kolonialbeamte („official members") und drei nichtbeamtete Zyprioten („unofficial members") — wurden vom Hochkommissar ernannt. Die Verfassungsreform von 1882 leitete mit der Teilwahl des Legislative Council — überraschend schnell — die zweite Phase der kolonialen Verfassungspolitik ein: sie erhöhte dessen Mitgliederzahl auf 18, die sich nun aus sechs ernannten britischen Beamten („non elective members") und zwölf gewählten Zyprioten („elective members") zusammensetzten. Um die Mitwirkung der türkischen — religiösen und ethnischen — Minderheit zu sichern, wurde eine „communal representation" eingeführt: dem griechischen"') oder „nicht-mohammedanischen" Bevölkerungsteil, der 1882 etwa 74 °/o der Gesamtbevölkerung (von etwa 186 000) ausmachte, wurden neun, der türkischen*) oder „mohammedanischen" Minderheit mit 24,5 °/o der Bevölkerung drei Sitze zugestanden. Die restlichen christlichen Minderheiten (Armenier, Maroniten, Katholiken) wurden der „nicht-mohammedanischen" Wählergruppe zugezählt. Der Mandatsproporz war so eingerichtet, daß die griechische Mehrheit jederzeit von einer anglotürkischen Koalition mit der bei Stimmengleichheit entscheidenden Stimme („casting vote") des Hochkommissars, der den Vorsitz im Legislative Council innehatte, überstimmt werden konnte. Dieser *) Anm. „griechisch" oder zypriotisdi bedeuten.

„türkisch" soll griechisch-zypriotisdi

oder

türkisch-

1420

Verfassung von 1882 / Reform von 1925

hatte außerdem ein absolutes legislatives Veto und das Recht, die auf fünf Jahre gewählte teilrepräsentative Versammlung aufzulösen. Die parlamentarische Konstellation war von Anfang an durch ein Oppositionsverhältnis und häufig durch ein Obstruktionsverhältnis zwischen den griechischen Abgeordneten und der gemeinsamen Front der türkischen Abgeordneten und der ernannten, jederzeit austauschbaren, britischen Mitglieder gekennzeichnet. Das aktive Wahlrecht besaßen Männer nach Vollendung des 21. Lebensjahres, die eine der verschiedenen und weit gestreuten Arten der „Verghi"-Steuer (Grund-, Einkommen- und Vermögensteuer) entrichteten, zu der fast jeder Haushaltsvorstand veranlagt war. Die Ausübung des Wahlrechts wurde von der Registration in den jährlich zu erstellenden Wählerlisten abhängig gemacht. Für die Nicht-Briten und Nicht-Türken kam außerdem die Bedingung eines fünfjährigen Aufenthalts auf der Insel hinzu. Das passive Wahlrecht war mit dem aktiven identisch; nicht wählbar waren jedoch Richter, Unternehmer mit öffentlichen Aufträgen, Bankrotteure und zu über sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilte Personen. Die Insel wurde in drei Wahlbezirke eingeteilt, in denen je ein türkischer und je drei griechische Abgeordnete nach relativer Mehrheit gewählt wurden. Das Wahlprüfungsrecht wurde einem Richter des Obersten Gerichtshofes, die Entscheidung über Einsprüche gegen Disqualifikationen vom aktiven Wahlrecht den Präsidenten der Distriktgerichte übertragen. Bei Sitzvakanzen fanden Nachwahlen statt. Der Hochkommissar konnte nicht nur Ort und Zeit, sondern auch die „Art und Weise" der Wahl, d. h. geheime oder offene Wahl dekretieren. Die geheime Wahl wurde erst 1925 verfassungsrechtlich verankert. Diese Verfassung von 1882 blieb bis zur Verleihung des Status der Kronkolonie 1925, der faktisch seit 1914 bestanden hatte, unverändert. Sie konzedierte dem Hochkommissar potentiell uneingeschränkte Befugnisse: Er konnte sich aufgrund seiner „reserved powers" jederzeit über die Mehrheitsbeschlüsse des Legislative Council, dem auch noch kein Initiativrecht zugestanden worden war, hinwegsetzen. Dessen Zuständigkeit endete grundsätzlich dort, wo sie das Interesse der Kolonialmacht berührte, selbst in Budgetfragen. Der umstrittene „Tribut" an den Sultan, der durch Steuern aufgebracht werden mußte, blieb seiner Kontrolle entzogen, da er einfach der „imperial sphere" zugezählt wurde. Die Mitglieder des Executive Council, zu dem seit 1897 audi Nicht-Briten hinzugezogen wurden, wurden weiterhin ausschließlich vom Hochkommissar ernannt und waren allein ihm verantwortlich. Mit dieser Verfassungskonstruktion,

Zypern

1421

besonders mit der Stellung des Legislative Council, waren zunächst weder die Türken zufrieden, die sich ihrer früheren Privilegien beraubt sahen, noch die Griechen, deren Mehrheit jederzeit neutralisiert werden konnte. Dennoch veränderte die Verfassungsreform von 1925 die bisherige Kompetenzverteilung nicht. Sie erhöhte lediglidi die Mitgliederzahl des Legislative Council von 18 auf 24, die sich nun aus neun ernannten Mitgliedern (drei „ex officio-members" und sechs „nominated members"), aus zwölf griechischen und drei türkischen Abgeordneten zusammensetzten. Dem griechischen Bevölkerungsteil wurden zwar drei Vertreter mehr zugestanden, dennoch wurde der Mandatsproporz wieder so balanciert, daß die Griechen von einer anglo-türkischen Koalition majorisiert werden konnten. Für die Wahl der drei türkischen Abgeordneten wurde die Insel in drei, für die Wahl der zwölf griechischen in zwölf Einerwahlkreise eingeteilt. Die Bedingungen für das aktive und passive Wahlrecht wurden nur geringfügig modifiziert: Vom aktiven Wahlrecht wurden Empfänger öffentlicher Unterstützung und alle Wahlhelfer eines Kandidaten ausgeschlossen. Frauen besaßen weiterhin kein Wahlrecht — im Gegensatz zu der Wahlrechtsentwicklung in Großbritannien. Beim passiven Wahlrecht wurde die Altersbedingung auf 25 Jahre heraufgesetzt; Analphabeten waren nicht wählbar. Detaillierte Bestimmungen, wie sie Ende des 19. Jahrhunderts in Großbritannien erlassen worden waren, sollten jegliche Art illegaler Wahlpraktiken unterbinden. Während sich die türkische Minderheit allmählich mit dieser nur rudimentären Selbstregierung abfand, weil ihr die britische Kolonialregierung einen wirksamen Schutz gegen die griechische Mehrheit garantierte, forderten die Griechen mit wachsender Ungeduld die innere Autonomie, eine von einem Parlament ohne ernannte Mitglieder gewählte und diesem Parlament allein verantwortliche eigene Regierung. Ihre eigentliche Forderung war jedoch seit dem Abzug der türkischen Besatzung die „Enosis", d. h. die Vereinigung Zyperns mit Griechenland. Diese vor allem vom griechisch-orthodoxen Klerus getragene Bewegung, die einer Parteienbildung entgegenwirkte, beschränkte sich zunächst auf unzählige Resolutionen und Petitionen an die britische Regierung, führte aber schließlich zu einer heftigen antibritischen Propaganda und 1931 zu blutigen Unruhen. Der aktuelle Anlaß war die Mißachtung des von einer Mehrheit des Legislative Council verabschiedeten Budgets durch die Kolonialregierung. Die britische Besatzung schlug den Aufstand nieder, suspendierte die Verfassung und verbot jede politische Betätigung. Anstelle der beiden bisher bestehenden Verfassungsorgane an der Seite des Gouverneurs

1422

Parteien / Rahmengesetz von 1959

(Titel seit 1925) wurde 1933 ein „Advisory Council" als Konsultativorgan konstituiert, das aus vier ex officio- und zehn ernannten Mitgliedern bestand. Während des Zweiten Weltkrieges, an dem viele griechische Zyprioten freiwillig auf der Seite der Alliierten teilnahmen, erlaubten die Briten die Einberufung einer „Repräsentativen Versammlung", die Vertreter der Städte und Gemeinden, der verschiedenen Gruppen und Organisationen, besonders der gut organisierten Gewerkschaften, zusammenführte. Das wichtigste politische Ergebnis dieser Versammlung war die Bildung verschiedener Parteien, die bis 1931 nur rudimentär in Form von Agitationsgruppen bestanden und danach verboten waren. Die Gewerkschaften gründeten die sozialistische „Fortschrittspartei der Arbeiter" (AKEL), die sich allmählich zu einer kommunistischen Partei entwickelte. Als Gegengewicht etablierte sich bald darauf die nationalistische „Zypriotische Nationalpartei" (KEK), die vor allem vom griechisch-orthodoxen Klerus unterstützt wurde. Daneben entstand eine Fülle kleinerer Parteigruppierungen, deren bedeutendste eine Agrarpartei (die PEK) und eine gemäßigte sozialistische Partei (die PESP) waren. 1948 existierten 34 griechische und drei türkische Partei- und Agitationsgruppen. Die griechischen Gruppen waren sich zwar in ihrer antibritischen Haltung und in der Forderung nach der Enosis einig, aber ihre ideologischen Gegensätze schufen nun — wie in Griechenland — eine bürgerkriegsähnliche Situation. Da sie 1947 fast einheitlich die Einberufung einer „Consultative Assembly" aus 40 Mitgliedern boykottierten und den britischen Verfassungsvorschlag von 1948, der zwar eine beschränkte Selbstregierung vorsah, aber die Forderung der Enosis nicht erfüllte, ablehnten, blieb ihr politisches Wirkungsfeld zunächst auf die kommunale Ebene beschränkt. Hier gelang es den Rechtsparteien nach 1949, die bei den ersten Kommunalwahlen sehr erfolgreiche AKEL auf ihre Hochburgen in den Hafenstädten Limassol, Famagusta und Larnaka zurückzudrängen. Nach 1950 wurde der neue (durch Volkswahl bestellte) Erzbischof und Ethnarch Makarios zum Führer der Enosisbewegung, die — legitimiert durch ein von der griechisch-orthodoxen Kirche im Jahre 1950 organisiertes Referendum, in dem 96 °/o der Stimmberechtigten für die Enosis votierten — zu immer schärferen Gegensätzen mit der britischen Kolonialverwaltung und nach 1955 zum bewaffneten Aufstand der Geheimorganisation EOKA unter der Führung des Obersten Grivas führte. Die „Zypern-Frage" wurde zu einem internationalen Konflikt, nachdem die beiden NATO-Partner Griechenland und Türkei ihre bisherige Zurückhaltung aufgegeben hatten und die Forderungen der beiden Volksgruppen der Insel (Enosis und Taksim = Teilung) zu ihrer Sache machten.

Zypern

1423

Der britische Verfassungsvorschlag von 1956 („Radcliff-Constitution"), der eine weitgehende Autonomie der Insel unter einer Dyarchie des britischen Gouverneurs als dem Sachwalter der imperialen Interessen der Kolonialmacht und eines zypriotischen Ministerpräsidenten vorsah, und der Macmillan-Plan von 1958, der getrennte Vertretungen der beiden Volksgruppen (also communal representation) und einen gemischten Ministerrat unter dem Vorsitz des Gouverneurs vorschlug, wurden von der griechischen und türkisdien Regierung und den Sprechern der beiden Volksgruppen, Makarios und Kücük, abgelehnt. Die bedrohliche Verschärfung des internen und internationalen Konflikts konnte 1959 durch die Übereinkunft zwischen Griechenland und der Türkei und das Einlenken der beiden genannten Führer der Communities im Züricher Abkommen vorübergehend beendet werden. Das anschließende Londoner Abkommen der beiden Staaten mit Großbritannien enthielt neben verschiedenen völkerrechtlidien Regelungen ein Rahmengesetz für die zu schaffende „Republik Zypern" („Basic Structure of the Republic of Cyprus"), das als unabänderlicher Bestandteil in die spätere Verfassung aufgenommen wurde. Das Merkmal dieser ohne britische Mitwirkung erarbeiteten Verfassung war der institutionalisierte Dualismus zwischen den beiden Nationalitäten, die an allen Organen des Staates nach einem statischen Verhältnis (70 zu 30 °/o in Parlament, Ministerrat, Verwaltung, Polizei; 60 zu 40 °/o in der Armee) beteiligt werden sollten. Bei einem tatsächlichen Verhältnis von etwa 78 zu 18 °/o wurde also der türkischen Minderheit ein unproportional hoher Anteil zugestanden. Der Präsident des von der „Basic Structure" vorgeschriebenen Präsidialsystems mußte Grieche, der Vizepräsident Türke sein. Beide sollten direkt und getrennt von den beiden ethnischen Gruppen gewählt werden. Bei der ersten Präsidentschaftswahl (Dezember 1959) setzte sich Erzbischof Makarios gegen seinen Gegenkandidaten Clerides durch, der weiterhin für die Enosis agitierte. Der Führer der türkischen Minderheit, Kücük, wurde ohne Wahlgang Vizepräsident, da er keinen Gegenkandidaten hatte. Präsident und Vizepräsident besitzen gemeinsam und getrennt ein Veto gegen alle Beschlüsse des Kabinetts, des Parlaments (ein absolutes Veto in Fragen der Außenpolitik, Verteidigung und Sicherheit, ein suspensives Veto in allen anderen Fragen) und vor allem gegeneinander. Neben dem gemeinsamen „Repräsentantenhaus" sollten zwei gesonderte „Kommunale Kammern" der beiden Communities bestehen, die für alle Fragen der Erziehung, Kultur, Religion, des Personenstandes, der Zivilgerichtsbarkeit, der sozialen Fürsorge (u. a. m.) zuständig sein sollten. Für die Bestellung, Zusammensetzung und Rechtsstellung dieser repräsen-

1424

Wahlgesetz yon 1 9 5 9 / W a h l e n von 1960

tativen Institutionen bestimmten die einschlägigen Verfassungsartikel (vgl. Art. 61—111) und das noch von der britischen Verwaltung für die ersten Wahlen erlassene Wahlgesetz von 1959: Das „House of Representatives" sollte aus 35 griechischen und 15 türkischen Abgeordneten bestehen. Eine Änderung dieser Zusammensetzung sollte nur durch Zustimmung von Zweidrittel-Mehrheiten der beiden Gruppen möglich sein. Dieses auf fünf Jahre gewählte gemeinsame Parlament sollte nur durch Selbstauflösung durch die Stimmen der Hälfte der gesetzlichen Mitglieder, die ein Drittel der türkischen Abgeordneten einschließen muß, aufgelöst werden können. Das aktive Wahlrecht war allgemein, gleich, direkt und geheim, das Wahlalter 21 Jahre. Für das passive Wahlrecht bestand eine Altersbedingung von 25 Jahren und eine Residenzpflicht von mindestens sieben Jahren innerhalb der letzten 15 Jahre. Durch Inkompatibilität ausgeschlossen wurden Präsident und Vizepräsident, Minister, Mitglieder oder Kandidaten der beiden „kommunalen Kammern", Mitglieder der Gemeinderäte und Gemeindeverwaltungen, Armeeangehörige und Angehörige des öffentlichen Dienstes jeder Art, bei den Türken audi kirchliche Funktionsträger (din adami). Die relative Mehrheitswahl wurde beibehalten, allerdings in einer organisatorischen Form, in der die spezifischen Auswirkungen des sogen, reinen Mehrheitswahlsystems nicht zur Geltung kommen konnten: Griechen und Türken wählten nun in jeweils sechs gesonderten (d. h. „kommunalen") Mehrmannwahlkreisen mit verschiedenen Mandatszahlen (Nicosia: zwölf Griechen und fünf Türken, Limassol: sieben/zwei, Famagusta: sieben/drei, Larnaca: drei/zwei, Paphos: vier/ zwei, Kyrenia: zwei/eins). Jeder Stimmberechtigte hatte soviel Stimmen wie im jeweiligen Wahlkreis Mandate zu vergeben waren; Kumulieren war jedoch nicht gestattet. Zur Beschränkung der Kandidaturen wurde eine Geldhinterlegung von £ 75 gefordert, die dann einbehalten wurden, wenn der Kandidat nicht mehr als ein Fünftel der im jeweiligen Wahlkreis abgegebenen Stimmen erhielt. Eine weitere — dem britischen Vorbild eigentümliche — Regelung war die gesetzlich fixierte Beschränkung der Wahlkampfkosten: die persönlichen Ausgaben des einzelnen Kandidaten durften nicht mehr als £ 100, sonstige Wahlkampfkosten nicht mehr als £ 300 betragen. Wie in Großbritannien gab es jedoch keine Regelung für die Wahlkampfausgaben der Parteizentralen. Das Wahlprüfungsrecht übertrug das Wahlgesetz einem „Election Judge" des bestehenden Obersten Gerichtshofes, die Verfassung dagegen dem zu konstituierenden Verfassungsgericht (Artikel 145). Die Mitgliederzahl der ebenfalls 1960 gewählten griechischen „kommunalen Kammer" betrug 21, die der türkisdien 30. Auch für diese

Zypern

1425

beiden Repräsentativorgane wurde die relative Mehrheitswahl in sechs gesonderten Mehrmannwahlkreisen, jedoch mit verschiedenen Mandatszahlen (Nicosia: sieben Griechen, 10 Türken; Limassol: vier/ vier; Famagusta: vier/sechs; Lanarca: zwei/vier; Paphos: zwei/vier; Kyrenia: zwei/zwei) eingeführt. Diese auf Desintegration, nicht auf Integration der beiden Nationalitäten angelegte Verfassungskonstruktion beruhte also wesentlich auf der von der britischen Kolonialverwaltung eingeführten und von den Türken geforderten „communal representation". Innerhalb der beiden Communities hatte jedoch der Wille zur vereinten Frontstellung einen starken Integrations- und Konzentrationseffekt der politischen Kräfte. Bei den ersten Wahlen zum Repräsentantenhaus (Juli 1960) und zu den beiden kommunalen Kammern (August 1960) kurz vor der Proklamation der Unabhängigkeit konzentrierten sich die verschiedenartigen griechischen Agitationsgruppen auf wenige organisierte Parteien. Schließlich schlossen auch noch die beiden einflußreichsten Parteien, die 1959 gegründete „Vaterländische Front" des Präsidenten Makarios und die seit 1941 bestehende und am besten organisierte AKEL, ein Wahlbündnis. Da die oppositionelle „Demokratische Union" und die „Union der EOK Α-Kämpf er", die beide den im Züricher Abkommen sanktionierten Verzicht auf die Enosis bekämpften, die Wahl boykottierten, fielen 30 der 35 griechischen Sitze — teilweise ohne Wahlgang („uncontested election"), da nur sieben unabhängige Bewerber als Gegenkandidaten auftraten — an die Vaterländische Front und die restlichen fünf an die verbündete AKEL. In den türkischen Wahlkreisen wurden acht Kandidaten der „Nationalen Union" des Vizepräsidenten Kücük ebenfalls ohne Wahlgang gewählt; die übrigen Kandidaten dieser Partei gewannen die restlichen sieben Mandate gegen unabhängige Gegenkandidaten. Bei der Wahl zu der griechischen Kommunalkammer wurden durch Wahlabsprache zwischen den beiden Parlamentsparteien und den drei christlichen Minderheiten, denen je ein Mandat zugesprochen wurde, 25 der 26 Sitze ohne Wahlgang besetzt. In gleicher Weise wurden sämtliche 30 Sitze der türkischen Kammer besetzt, da die oppositionelle „Türkisch-Zypriotische Volkspartei" nicht gegen die Nationale Union kandidierte. Von einer spezifischen Wirkung des Wahlsystems kann unter diesen Umständen kaum gesprochen werden. Die wenigen Gegenkandidaturen und die Wahlabsprachen zwischen Parteien, die sich programmatisch keineswegs nahestanden, zeigen eine auffallende Zurückhaltung der inneren Gegensätze innerhalb der beiden ethnischen Gemeinschaften: der eigentliche Gegner war die nationale Minderheit oder Mehrheit. Dieser Gegensatz bestimmte von 90 Sternberger-Vogel, Parlamente 1,2

1426

Politische Entwicklung nach 1960

Anfang an die innen- und außenpolitische Situation des neuen Staates, lähmte das Zusammenwirken zwischen Präsident und Vizepräsident, die ihr wechselseitiges Vetorecht ausschöpften, verhinderte eine einheitliche Willensbildung des Kabinetts und paralysierte die Arbeit des Repräsentantenhauses. Die Mehrheit versuchte, die von fremden Mächten auferlegten verfassungsrechtlichen Schranken zu überspielen und die Minderheit gebrauchte wiederum ihre verfassungsrechtlichen Möglichkeiten, die Politik der Mehrheit zu behindern. Die gemeinsamen Verfassungsorgane wurden arbeitsunfähig, weil keine der beiden Seiten zur Zusammenarbeit bereit war. Diese verfassungspolitische Situation lag den Forderungen des Präsidenten Makarios nach verschiedenen Verfassungsänderungen zugrunde: Beseitigung des Vetorechts, Abschaffung der obligatorischen getrennten Parlamentsmehrheiten, Ämterbesetzung nach dem tatsächlichen Bevölkerungsproporz, Ersetzung der beiden kommunalen Kammern durch andere Einrichtungen, schließlich Beseitigung der gesonderten Repräsentation. Die Türken lehnten diese Vorschläge ab, weil damit ihre Rechte erheblich beschnitten worden wären. Nach dem erneuten Ausbruch eines blutigen Bürgerkrieges (Dezember 1963) zogen sich die türkischen Abgeordneten aus dem Repräsentantenhaus zurück. Das griechische Rumpfparlament erklärte den Vizepräsidenten und die türkisdien Minister für abgesetzt. Auf Initiative des Präsidenten schaffte es 1965 die griechische Kommunalkammer ab und verabschiedete ein neues Wahlgesetz — verfassungswidrig, da Wahlgesetzänderungen der Zustimmung der Minderheit bedürfen — mit einer „common roll", das die „communal representation" beseitigen sollte und der türkischen Minderheit nur noch geringe Chancen einer Repräsentation gegeben hätte. Dieses Gesetz stieß dann audi auf den heftigen Widerstand der beiden Garantiemächte Großbritannien und der Türkei. Da aber auch nach dem Wahlgesetz von 1959 ordnungsgemäße Wahlen nicht mehr möglich waren, verlängerten die beiden Teilrepräsentationen (ebenfalls verfassungswidrig) inzwischen das dritte Mal ihre eigene Wahlperiode und die Amtszeit des Präsidenten bzw. des Vizepräsidenten jeweils um ein Jahr. Ende Februar 1968 fand zwar eine Präsidentenwahl statt, bei der Makarios mit 95 °/o der Stimmen wiedergewählt wurde, aber eine Parlamentswahl steht weiterhin aus. Die Weitergeltung der Verfassung von 1960 wird von der griechischzypriotischen Regierung verneint. Sie bereitet eine neue Verfassung vor, die vor allem die institutionelle Trennung der beiden Communities beseitigen soll.

Zypern

1427

II. Systematischer

Teil

Vorbemerkung: Da das Wahlgesetz von 1959 von der griechisch-zypriotischen Regierung nicht mehr anerkannt wird, andererseits das von ihr vorgelegte Wahlgesetz von 1965 aufgrund des Widerstandes der Garantiemächte bisher nicht praktiziert werden konnte, gibt es kein anerkanntes Wahlrecht, aufgrund dessen Neuwahlen stattfinden könnten. Deshalb wird hier auf eine systematische Darstellung der beiden Wahlgesetze verzichtet. (Zum Wahlgesetz von 1959 s. HistT.). Bibliographie 1. Quellen: Zur Verfassungsentwicklung von 1878—1925: Orders in Council vom 14. 9. 1878, 30. 11. 1882, 6. 7. 1907, 5. 11. 1914, 6. 2. 1925; Letters Patent vom 10. 3. 1925 (Status der Kronkolonie). Zur Reaktion der Kolonialverwaltung auf die Unruhen von 1931: Proklamation des Gouverneurs vom 22. 10. 1931; Rechtsverordnung des Gouverneurs vom 23. 10. 1931; Letters Patent vom 12. 11. 1931. Zur Verfassungsentwicklung bis zur Unabhängigkeit: Verfassungsentwurf vom 7. 5. 1948; Verfassungsentwurf vom Dezember 1956 („RadcliffeConstitution"); Macmillan-Plan vom Juni 1958 (in: Han. Pari. Deb. Bd. 589, Sp. 1321—1325); Basic Structure of the Republic of Cyprus, 1959; Verfassung vom 16. 8.1960; Elections (House of Representatives and Communal Chambers) Law, 1959; Registration of Electors Law, 1959; Elections (House of Representatives) Law, 1965. 2. Quellenpublikationen: Statute Laws of Cyprus, Nicosia (für die britische Zeit); Dischler, L.: Die Zypernfrage, Frankfurt und Berlin 1960 (enthält die wichtigsten verfassungshistorischen Dokumente); Tzermias, P.: Die Verfassung der Republik Cypern, in: JöR, N F 10 (1961), Dokumentenanhang S. 496 ff. 3. Auswahl aus dem Schrifttum: Arnold, 1956.

P.: Cyprus Challenge, London

Dendias, Μ.: La question chypriote aux points de vue historique et de droit international, Paris 1934. ders.: L'arrangement du probleme de Chypre, Festschrift für Walter Schätzel, Düsseldorf und Hamm 1960, S. 71 ff. Distiller, L.: Die Zypernfrage, Frankfurt und Berlin 1960. Georghiades, Α.: Die Zypernfrage, Bonn 1963. Hill, Sir G.: A History of Bd. IV, Cambridge 1952.

Cyprus,

Home, G.: Cyprus. Then and London 1960.

Now,

Mayes, St.: Cyprus and Makarios, London 1960. Spyridakis, C.: A Survey of the History of Cyprus, Nicosia 1962. Tzermias, P.: Der neue Status Cyperns, in: AöR, Bd. 84, 1959, S. 459 ff. ders.: Die Entstehung der Republik Cypern, in: JöR, N F Bd. 9 (I960), S. 245 ff. ders.: Die Verfassung der Republik Cypern, in: JöR, N F Bd. 10 (1961), S. 485 ff.

Franz Nuscheier

NACHTRÄGE

Dänemark Die konservativ-liberale-sozialliberale Regierung Hilmar Baunsgaard brachte im Frühjahr 1969 einen Gesetzentwurf ein, der die Senkung des aktiven und passiven Wahlrechts zum dänischen Folketing auf 20 Jahre vorsah. Die Mehrheit des Parlaments hielt diese Reduktion für ungenügend und lehnte den Entwurf ab. Gefordert wurde eine Senkung des Wahlalters auf 18 Jahre und dieses Ziel durch eine Volksabstimmung zu erreichen versucht. In der Volksabstimmung vom 24. Juni 1969 sprach sich eine absolute Mehrheit der Wahlberechtigten gegen die Herabsetzung des Wahlalters aus: Tabelle Ν 1 : Ergebnis des Referendums v o m 24. Juni 1969

Absolut In Prozent der Stimmberechtigten In Prozent der Abstimmenden

Gültige Stimmen

Ja-Stimmen

Nein-Stimmen

2 083 628

445 066

1 638 562

63,8

13,6

50,2



21,3

78,7

(Quelle: Nach AdG)

Deutschland Nach Hamburg ( - * S. 345; s. a. S. 288 ff.) haben im Juni und Juli 1969 vier weitere Landtage der Bundesländer durch Gesetz das Wahlalter gesenkt. Für die kommenden Landtags- und Kommunalwahlen beträgt damit neben Hamburg auch in Schleswig-Holstein (Ges. vom 10. Juni 1969), Nordrhein-Westfalen (Ges. vom 2. Juli 1969), im Saarland (Ges. vom 9. Juli 1969) und in Berlin (Ges. vom 17. Juli 1969) die Altersqualifikation für das aktive Wahlrecht 18 Jahre und für die Wählbarkeit 23 Jahre.

Finnland Im Juli 1969 verabschiedete der finnische Reichstag ein neues Wahlgesetz, das in Teilen erst für die übernächste Wahl angewandt wird. Wesentliche Neuerung ist die Herabsetzung des aktiven Wahlalters auf 20 Jahre. Im Bereich der Wahlbewerbung ist hervorzuheben, daß

1430

Wahl der Parlamente

die Kandidaten nun von registrierten Parteien nominiert werden. Dieser Neuregelung ging im Januar 1969 die Verabschiedung eines Parteiengesetzes voraus. Das neue Wahlgesetz schreibt nun audi vor, daß sich jeder Kandidat nur noch in einem Wahlkreis bewerben kann (vgl. S. 424 im 1. Halbband).

Frankreich Der Gesetzentwurf über die Schaffung von Regionen und die Erneuerung des Senats, über den die französische Wählerschaft im Referendum vom 27. April 1969 zu entscheiden hatte, sah für den Senat nur noch eine beratende Funktion vor. Von den Kammern des Parlaments sollte nur nodi die Nationalversammlung das Initiativrecht besitzen und Gesetze, audi die verfassungsändernden, verabschieden können. Die 323 Mitglieder des Senats sollten sich wie folgt verteilen: Vertretung der Gebietskörperschaften des Mutterlandes 160 Vertretung der Ubersee-Departements Martinique, Guadeloupe, Guyane und Reunion 7 Vertretung der Uberseegebiete 6 Vertretung der repräsentativen Organisationen des Wirtschafts-, Sozial- und Kulturlebens 146 Vertretung der außerhalb Frankreichs wohnenden Franzosen 4 Die Senatoren, welche die Gebietskörperschaften vertreten, sollten indirekt und je zur Hälfte alle drei Jahre neu gewählt werden. Das Wählbarkeitsalter sollte 23 Jahre betragen. Die 146 Senatoren der Organisationen des Wirtschafts-, Sozial- und Kulturlebens sollten sich wie folgt aufschlüsseln: Vertreter der Arbeitnehmer des privaten und öffentlichen Sektors 42 Vertreter der Landwirte 30 Vertreter der Industrie, des Handels, der Handwerker, der Schiffahrt, Werften und Fischerei 36 Vertreter der Familien verbände und Elternschaft 10 Vertreter der freien Berufe 8 Vertreter des Hochschulwesens und der Forschung 8 Vertreter des sozialen und kulturellen Lebens 12 Die Bestellung dieser Senatoren hätte im wesentlichen auf Ernennung beruht. Sie sollten nur zweimal hintereinander ein Senatsmandat innehaben dürfen. Das Referendum vom 27. April 1969 stellte sidi für de Gaulle und aufgrund der Interpretation, die er dem Volksentsdieid gab, auch

Nachträge

1431

für die Öffentlichkeit als ein Personalplebiszit dar. Die Alternative „de Gaulle oder das Chaos" war jedoch für einen Teil der bürgerlichen Wählerschaft nicht mehr einsichtig und prägend für ihr Wahlverhalten. In Georges Pompidou bot sich der gemäßigten Mitte ein Nachfolger an, dem ein wesentlicher Anteil an der Uberwindung der Mai-Krise von 1968 zugeschrieben wurde. So zeichnete sich eine Niederlage de Gaulles — durch demoskopische Umfrageergebnisse erhärtet — bereits vor der Stimmabgabe deutlich ab. Tabelle Ν 2: Ergebnis des Referendums vom 27. April 1969 Stimmberechtigte Abgegebene Stimmen in Prozent

28 656 494 23 091 019 80,57

Ungültige Stimmen in Prozent Gültige Stimmen

632 131 2,30 22 485 888

Ja-Stimmen in Prozent der Stimmberechtigten in Prozent der gültigen Stimmen

10 515 655

Nein-Stimmen in Prozent der Stimmberechtigten in Prozent der gültigen Stimmen

11 943 233

36,69 46,82

41,67 53,17

(Quelle: Informationsblätter, 18. Jg., Nr. 52, Mai 1969)

Nachdem der negative Ausgang des Referendums feststand, gab de Gaulle am 28. April 1968 bekannt, daß er am gleichen Tage aufhöre, die „Funktionen als Präsident der Republik auszuüben". Alain Poher, Präsident des Senats und gemäß Artikel sieben der Verfassung Interimspräsident, ließ für den 1. und 15. Juli Neuwahlen ausschreiben. Um die Präsidentschaft bewarben sich sieben Kandidaten: Gaston Deferre als Kandidat der „Sozialistischen Partei", die auf dem Landesparteikongreß der SFIO als Sammelbecken für die gemäßigte Linke gegründet worden war. Dem Bürgermeister von Marseille stellte sich der ehemalige radikalsozialistische Ministerpräsident der IV. Republik, Pierre Mendts France, als Premierministerkandidat zur Verfügung. Deferre vereitelte mit seiner Kandidatur die Bewerbung eines gemeinsamen Kandidaten der Linken. Die Kommunisten stellten mit Jaques Duclos einen eigenen Kandidaten auf. Die Zersplitterung der Linken gegenüber den Präsidentschaftswahlen von 1965 kam weiterhin in der Kandidatur von Alain Krivine und Michel Rocard zum Ausdruck, ersterer Repräsentant einer militanten trotzkistischen Gruppe mit dem Namen „Kommunistische Liga", letzterer Kandidat der PSU. Zusammen mit Louis Ducatel, einem unabhängigen Kandidaten, wurden diesen Bewerbern nur äußerst geringe Chancen eingeräumt.

1432

Wahl der Parlamente

Die Wahlentscheidung mußte zwischen Georges Pompidou, dem Kandidaten der U N R , der sich die Unterstützung der Unabhängigen Republikaner Giscard d'Estaings sichern konnte, und Alain Poher liegen, dem Kandidaten der Mitte unter dem „Zeichen der Einigung und Wiederversöhnung der Franzosen". Die Meinungsforschung, deren Ergebnisse die Kandidatur des Interimspräsidenten mit bestimmt hatte, räumte Alain Poher für den Fall, daß die Kommunisten im zweiten Wahlgang die Stimmabgabe frei geben würden, große Chancen ein, die Stichwahl zu seinen Gunsten zu entscheiden, da nicht anzunehmen war, daß Pompidou oder ein anderer Kandidat im ersten Wahlgang die geforderte absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen erreichen würde. Die Kommunisten indes, deren Kandidat beachtliche 21,27 Prozent der Stimmen im ersten Wahlgang erzielte, (Deferre dagegen nur 5,07 Prozent) erklärten, die Wahl zwischen Pompidou und Poher sei die zwischen Pest und Cholera, und forderten ihre Anhänger zur Wahlenthaltung auf. Faktisch unterstützten sie damit Pompidou, dessen außenpolitisches Konzept sie weniger kategorisch ablehnten als das von Poher, und sicherten somit den Wahlsieg des Gaullisten. Tabelle Ν 3: Ergebnis der französischen Präsidentenwahl v o m 1. und 15. Juni 1969 (im Mutterland) Erster Wahlgang

Zweiter Wahlgang

28 775 786

28 747 988

22 500 644

19 851 728

78,20 6 275 232 22 210 722

69,08 8 896 260 18 557 099

1,00

4,50

Stimmen in °/o d. in °/o d. Wahl- abgeg. berech- gültig. tigten Stimm.

Stimmen in °/o d. in °/o d. Wahlabgeg. berech- gültig. tigten Stimm.

Wahlberechtigte Wähler absolut in °/o der Wahlberechtigten Enthaltungen Gültige Stimmen Ungültige Stimmen in »/» Kandidaten

absolut Georges Pompidou Alain Poher Jacques Duclos Gaston Deferre Michel Rocard Louis Ducatel Alain Krivine

9 763 5 202 4 781 1 128 814 284 236

428 271 838 049 053 820 263

33,93 18,07 16,61 3,92 2,82 0,98 0,82

43,95 23,42 21,52 5,07 3,66 1,28 1,06

absolut 10 686 498 7 870 601

37,17 27,37

57,58 42,41

— — — — —

(Quelle: Le Monde, 17. Juni 1969; Endergebnis unter Einschluß der Oberseegebiete s. A d G 1969, S. 14 742 f.)

Nachträge

1433

Großbritannien Innerhalb des „Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Nordirland" verfügt Nordirland als einzige der vier britischen Regionen über einen föderativen Status. Dies geht zurück auf die zur Jahrhundertwende für ganz Irland geforderte Selbstregierung („ HomeRule"), die nach der Trennung Irlands und dem Ausscheiden des Irisdien Freistaates S. 651 ff.) jedoch nur für die sechs nordöstlichen Ulster-Grafschaften realisiert wurde. Zugrunde liegen dieser besonderen Stellung, die den nordirischen Selbstverwaltungskörperschaften gemäß dem Government of Ireland Act von 1920 — mit Ausnahme einer Reihe von gesamtstaatlichen Angelegenheiten — weitgehende Autonomie gewährt, vielfältige, meist auf einer langen historischen Tradition basierende Gegebenheiten und Entwicklungen, die Nordirland auch heute noch in starkem Maße von England, Wales und Schottland unterscheiden. Vor allem der unversöhnliche Gegensatz zwischen protestantischer Bevölkerungsmehrheit (65 v. H.) und katholischer Minderheit (34,9 v. H.) bestimmt die innenpolitische Situation Nordirlands. Rechtliche, soziale und wirtschaftliche Faktoren und Entscheidungen sowie in gewisser Weise audi das Institutionensystem werden diesem Antagonismus fast völlig untergeordnet. Zudem ist das Parteiensystem ausschließlich religiös strukturiert. Das nordirische Institutionensystem ist dem britischen weitgehend nachgebildet. So besteht das nordirische Regionalparlament, der Stormont, — entsprechend dem Government of Ireland Act, das trotz mehrmaliger Abänderungen nodi immer die verfassungsrechtliche Grundlage darstellt — aus zwei Kammern, dem „Senate" und dem „House of Commons". Entscheidender politischer Einfluß kommt indes aufgrund der Bestellungsweise des Senats und der daraus folgenden weitgehend gleichen parteipolitischen Zusammensetzung nur der zweiten Kammer zu. Der Senat übt ähnlich dem britischen Oberhaus nur beratende Funktionen aus. Er besteht aus 26 Mitgliedern, von denen 24 für eine achtjährige Wahlperiode bei vierjähriger Halberneuerung nach „single transferable vote" (-»• S. 54) vom House of Commons gewählt werden. Hinzukommen noch der Lord Mayor of Belfast und der Mayor of Londonderry als ex-officio Senatoren. Die 52 Abgeordneten des nordirischen Unterhauses werden erst seit der jüngsten Wahlgesetzänderung vom 28. November 1968 in allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlen für eine fünfjährige Wahlperiode bestellt. Noch das Wahlgesetz von 1962 hielt an dem in Anlehnung an das damalige britische Unterhauswahlrecht in den zwanziger Jahren eingeführten, in Großbritannien aber bereits 1948 beseitigten Pluralwahlrecht fest (Zweitstimmenrecht für 1. die Uni-

1434

Wahl der Parlamente

versitätswähler, d. h. alle in Nordirland lebenden Briten, die die Universität als „graduate" verlassen haben, in einem gesonderten Universitätswahlkreis mit vier nach single transferable vote bestellten Abgeordneten; 2. die sogen, „occupiers of business premises", d. h. Haus-, Land- oder Geschäftsbesitzer, und deren Ehefrauen). Das Mehrstimmenrecht war jedoch insoweit eingeschränkt, als die Zusatzstimme nur in einem anderen als dem Residenzwahlkreis abgegeben werden durfte und somit für die aufgrund des Besitzes gewährten Zweitstimme zumindest der Nachweis von zwei in verschiedenen Wahlkreisen gelegenen Wohnsitzen erbracht werden mußte. Während für die auf gleichem Wahlrecht basierenden Wahlen zum britischen Unterhaus im Jahre 1964 890 551 Nordiren wahlberechtigt waren, betrug die Gesamtzahl der Stimmen für die nordirischen Parlamentswahlen 912 684. Von den 22 133 Zusatzstimmen entfielen dabei 14 507 auf die Uni versitätswähler; 7626 wurden gemäß der Besitzqualifikation vergeben. Erst seit 1968 entsprechen aktives und passives Wahlrecht den Bestimmungen des britischen Unterhauswahlredits (-»- S. 640). Wahlberechtigt und wählbar sind seither alle Männer und Frauen über 21 Jahre, die sidi im Besitz der bürgerlichen und politischen Ehrenrechte befinden, entweder in Nordirland geboren wurden oder aber mindestens seit sieben Jahren im Vereinigten Königreich leben. Hinzutreten als grundsätzliche Voraussetzungen für das aktive Wahlrecht die Residenzpflicht im Wahlkreis und eine dreimonatige Aufenthaltspflicht in Nordirland. Universitätswahlkreis und Pluralstimmensystem wurden durch die Wahlgesetzmodifikation beseitigt. Eine erstmals eingesetzte Wahlkreiskommission (boundary commission) gestaltete die seit 1929 unveränderte Wahlkreiseinteilung neu und glich die Wahlkreisgrößen, die im Jahre 1963 bei einer durchschnittlichen Wahlberechtigtenzahl von 18 348 pro Wahlkreis erhebliche Differenzen — zwischen minimal 7478 im Wahlkreis Dock, Belfast und maximal 40 990 im Wahlkreis Mid Down — aufwiesen, den Bevölkerungsveränderungen an. An die Stelle des Universitätswahlkreises traten vier weitere Einerwahlkreise, so daß die 52 Mitglieder des nordirischen Unterhauses gegenwärtig sämtlich nach relativer Mehrheitswahl in Einerwahlkreisen gewählt werden. Trotz dieser teilweise erheblichen Veränderungen ergab die vorzeitige Neuwahl vom 23. Februar 1969 gegenüber der Wahl von 1965 nur geringfügige Unterschiede in der parteipolitischen Zusammensetzung. Die überstarke Mandatsmehrheit der seit 1921 ununterbrochen regierenden protestantischen Unionistenpartei im nordirischen Unterhaus blieb — wie die nachstehende Tabelle zeigt — erhalten. Dies beruht bei dem das Parteiensystem prägenden religiösen Antagonismus nicht

Nachträge

1435

Tabelle Ν 4: Mandatsverteilung im nordirischen Unterhaus nach den von 1965 und 1969 Parteien

Wahlen

Mandate 1965

Mandate 1969

Unionisten Nationalisten Nordirische Labour Party Republikanische Labour PartyUnabhängige Unionisten (Anhänger O'Neills) Volksdemokraten (Partei der Bürgerrechtsbewegung) Sonstige

36 9 2 2

36 6 2 2 2

3

2 2

Insgesamt

52

52





(Quelle: AdG 1969, S. 14634)

zuletzt auf den systemimmanenten Wirkungen der relativen Mehrheitswahl. Die beständige überstarke Mehrheit der Unionisten hat zur Folge, daß die Parlamentsfraktion der Regierungspartei keinen geschlossenen Block bildet. Zudem haben sich unter der angespannten innenpolitischen Situation die Gegensätze zwischen dem gemäßigten, um Reformen zugunsten der katholischen Bevölkerung bemühten und dem eher „konservativen", auf die Erhaltung der antagonistischen Positionen bedachten Flügel wesentlich verstärkt. So standen sich bei der Neuwahl vom Februar 1969 in der Mehrzahl der Wahlkreise zwei Kandidaten der Unionistenpartei gegenüber. Auch die neugewählte Parlamentsfraktion ist — wie im Regierungswechsel vom Frühjahr 1969 deutlich wurde — in sich gespalten. Anlaß und Voraussetzung der Ende 1968 offen zutage getretenen innenpolitischen Krise bilden zwei scheinbar voneinander unabhängige Faktoren: die Wohnungszuteilung und das Lokalwahlrecht. Beide sind jedoch aufs engste miteinander verknüpft und bedingen sich gegenseitig; beide sind in ihrer Gestaltung und Handhabung auf die Majorisierung der katholischen Minderheit ausgerichtet. Die einseitige Benachteiligung des erheblich ärmeren katholischen Bevölkerungsteils bei der Wohnungszuteilung ist einerseits zwangsläufig nur dort möglich, wo die zuständigen lokalen Verwaltungen von einer protestantischen Gemeinderatsmehrheit geführt werden; die Mehrheitsverhältnisse in den für eine dreijährige Wahlperiode bestellten Stadt- und Gemeinderäten andererseits werden von dem u. a. von der Wohnungszuteilung abhängigen Wahlrecht maßgeblich beeinflußt. Das Lokalwahlrecht beruht auf einem Zensus- und Pluralwahlreckt (-> S. 22 if.), das heute nur noch als anachronistisch bezeichnet werden

1436

Wahl der Parlamente

kann. Die Kombination von zensitären Bestimmungen und Mehrstimmenrecht stellt jedoch auch im Vergleich mit den vielfältigen historischen Erscheinungsformen beschränkten Wahlrechts eine Besonderheit dar. Aktiv wahlberechtigt sind zunächst alle Männer und Frauen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, die bürgerlichen und politischen Ehrenrechte besitzen und entweder in Nordirland geboren wurden oder aber mindestens sieben Jahre lang in Großbritannien gelebt haben. Neben diesen grundsätzlichen Voraussetzungen, in denen Parlaments- und Lokalwahlrecht noch übereinstimmen, bestehen indes erhebliche Beschränkungen des aktiven Wahlrechts durch die weiteren Qualifikationen, vor allem den Besitz- und Eigentumszensus. Wahlberechtigt sind nämlich in aller Regel (s. u.) nur diejenigen Nordiren (einschließlich ihrer Ehefrauen), die Eigentümer oder Mieter eines Wohnhauses bzw. einer Wohnung sind oder unabhängig davon Land- oder Geschäftsbesitz im Wert von mindestens zehn englischen Pfund nachweisen können. Infolge dieser zensitären Erfordernisse sind gegenwärtig etwa 240 000 Bürger über 21 Jahre, i. e. rund ein Viertel der zu den nordirischen Unterhauswahlen Wahlberechtigten, vom Lokalwahlrecht ausgeschlossen. Zudem darf jeder Wahlberechtigte — unabhängig davon, ob die Lokalwahlen gleichzeitig stattfinden oder nicht — in allen Gemeinden („local government electoral areas") wählen, in denen er die Zensusbedingungen nachweisen kann. Allerdings erhält er in jeder Gemeinde nur eine Stimme, und zwar auch dann, wenn er beide zensitären Qualifikationen oder eine von beiden mehrfach erfüllt. Das mit diesen Bestimmungen trotz aller Einschränkungen im Grundsatz aufrecht erhaltene Prinzip der Territorialrepräsentation vergrößert erneut den Einfluß der besitzenden, reicheren Bevölkerungsschichten. Obwohl die Zählwertgleichheit der Stimmen (-> S. 23) gewahrt ist, wird durch die Bindung des Wahlrechts an den Besitz der Gleichheitsgrundsatz der Wahl verletzt. In erheblichem Ausmaß ungleich wird das nordirische Lokalwahlrecht jedoch durch das Mehrstimmensystem; der bereits bestehende plutokratisdie Charakter wird durch die sogen. „Company Votes" wesentlich verstärkt. Jede Gesellschaft, der in einer Gemeinde Land- oder Grundbesitz im Wert von mehr als zehn englischen Pfund gehören, erhält für jeweils zehn Pfund ihres Besitzes bis zu maximal sechs Stimmen. Sie kann diese an alle diejenigen ihrer Mitglieder, Beamten und Angestellten verteilen, die die grundsätzlichen Erfordernisse des aktiven Wahlrechts, Staatsangehörigkeit, Wahlalter, politische Ehrenrechte und Residenzpflicht (s. o.) erfüllen. Die zensitären Qualifikationen bilden somit keine unabdingbare Voraussetzung für die Benennung zum „Company Elector" durch die Gesellschaft; sie stellen allerdings auch keinen Hinderungsgrund bei der Vergabe der Zusatz-

Nachträge

1437

stimmen dar. Eingeschränkt ist das Mehrstimmrecht jedoch insofern, als jede Gesellschaft die von ihr bestimmten Company Electors in jeder Gemeinde nur einmal benennen, die sechs Zusatzstimmen also nicht auf nur eine Person kumulieren darf. Da aber eine Person von verschiedenen Gesellschaften jeweils eine Pluralstimme erhalten kann, ist es möglich, daß im Extremfall einige besonders einflußreiche Geschäftsleute über bis zu 15 Stimmen verfügen. Die Gestaltung wie auch die Auswirkungen des Lokalwahlrechts müssen im Zusammenhang mit dem religiösen Antagonismus gesehen werden. Hinzu kommt aber auch die spezifische Sozialstruktur Nordirlands, die dadurch gekennzeichnet ist, daß die große Mehrheit der katholischen Bevölkerung wesentlich ärmer und sozial wie wirtschaftlich schlechter gestellt ist als die protestantische. Durch die einseitige Benachteiligung der Katholiken bei der Wohnungszuteilung ist man zudem bemüht, dieses Mißverhältnis weiterhin unverändert aufrechtzuerhalten. Beide Faktoren, die soziale Asymmetrie zuungunsten der katholischen Minorität, aber auch die Manipulationen bei der Wohnungszuteilung, bestimmen im Zusammenwirken mit dem Pluralwahlrecht und den zensitären Beschränkungen, durch die in erster Linie Katholiken vom Wahlrecht ausgeschlossen werden, in entscheidender Weise die parteipolitische Struktur der Gemeindeparlamente. Die protestantische Unionistenpartei besitzt gegenwärtig in 57 von 68 Lokalparlamenten die Mandatsmehrheit. Auch in der Stadt Londonderry, dessen Bevölkerung zu zwei Dritteln katholisch ist, verfügen die Protestanten mit gegenwärtig 17 zu elf Mandaten über eine überwältigende Mehrheit. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen zwischen Protestanten und Katholiken, die unvermindert weiter andauern, teilweise bürgerkriegsähnliche Ausmaße annehmen, steht die Frage der Wahlrechtsreform. Die Formel „One Man — One Vote" läßt dabei die Forderungen der katholischen Bürgerrechtsbewegung mehr als deutlich werden. Sie zielt auf die Beseitigung der überkommenen Territorialrepräsentation, der daraus resultierenden Bindung des Wahlrechts an Besitz und Eigentum sowie auf die Abschaffung des Pluralwahlrechts. Die Anerkennung des Kopfzahlprinzips und damit die Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts auch für die Lokalwahlen scheiterte jedoch bislang an der unentschlossenen und eher ablehnenden Haltung der protestantischen Unionistenpartei. Unter dem Eindruck der schweren Auseinandersetzungen vom Frühjahr 1969 konnte der gemäßigte Flügel der Partei in einer Kampfabstimmung am 23. April 1969 mit 28 zu 22 Stimmen zwar eine Mehrheit der Unterhausfraktion für die Änderung des Wahlrechts gewinnen, der Sturz des Ministerpräsidenten Marne O'Neill und seine Ablösung durch James Chichester-Clark

Wahl der Parlamente

1438

haben aber dazu geführt, daß die Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts erneut hinausgezögert wird.

Irland Am 18. Juni fanden in Irland Neuwahlen zum Dail statt. Vorausgegangen waren während der letzten Wahlperiode ein Wechsel im Amt des Premierministers (Jack Lynch folgte Sean Lemass nach) und ein Referendum über die Einführung der relativen Mehrheitswahl in Irland, ein Plan, den die Fianna Fail als eindeutig stärkste Partei seit einigen Jahren verfolgt (-»- S. 672 f.). Das Referendum vom 16. Oktober 1968 ging jedoch zuungunsten der Regierung aus: Tabelle Ν 5 : Ergebnis des Referendums v o m 18. Oktober 1968

absolut in Prozent

Gültige Stimmen

Ja-Stimmen

1 081 396 —

423 498 39,17

Nein-Stimmen 657 898 60,83

(Quelle: Nach Angaben der Botschaft der Republik Irland in Bad Godesberg)

Bei den Wahlen von 1969 zeigte sich aber, welch erheblich mehrheitsbildenden Charakter das bestehende Wahlsystem des single transferable vote in kleinen bis mittelgroßen Wahlkreisen besitzt. Tabelle Ν 6 : Ergebnis der Wahlen zum Diil v o m 18. Juni 1969

Parteien Fianna Fail Fine Gael Labour Andere (Unabhängige) Insgesamt

Erststimmen absolut

in Prozent

Mandate absolut

in Prozent

602 227 4 5 0 013 223 282

45,7 34,1 17,0

75 50 18

52,0 34,7 12,5

42 478

3,2

1

0,8

1 318 000

100,0

144

100,0



(Quelle: Nach Angaben der Botschaft der Republik Irland in Bad Godesberg)

Fianna Fail fiel zwar im Stimmenanteil der Erststimmen gegenüber den Wahlen von 1965 von 47,8 auf 45,7 Prozent zurück, konnte ihren Mandatsanteil jedoch von 50,4 auf 52,0 verbessern. Wesentlich ungünstiger als 1965 (s. Tab. A 3, S. 676 f.) schnitt Labour im StimmenMandatsverhältnis ab. Mit 17,0 Prozent der Erststimmen erhielt sie nur 12,5 Prozent der Mandate.

1439

Nachträge

Diese starken Differenzen zwischen Stimmen- und Mandatsanteil bei der stärksten und der drittstärksten Partei, die bei den Wahlen von 1923 bis 1965 nicht auftraten, gehen auf die Wahlkreisreform von 1969 zurück. Nach dem die Einführung der relativen Mehrheitswahl im Referendum scheiterte, stärkte die Fianna-Fail-Regierung die mehrheitsbildende Wirkung des bestehenden Wahlsystems, indem sie die Zahl der Dreierwahlkreise entscheidend erhöhte:

1965 1969

Dreier-

Vierer-

Fünferwahlkreise

Insgesamt

17 26

12 14

9 2

38 42

Das Entscheidungsprinzip der Verhältniswahl, das dem single transferable vote zugrundeliegt, bestimmt somit immer weniger die Stimmen-Mandatsrelation der Parteien. Die kleinen Wahlkreise verbürgen eine erhebliche mehrheitsbildende Wirkung, die nach der Wahlkreisreform von 1969 nun dem Effekt der relativen Mehrheitswahl in Einerwahlkreisen naherückt {-*• S. 36 f., 40, 54, im I. Halbband).

Jugoslawien In Ergänzung des Nachtrags der Redaktion von S. 782, I. Halbband, ergeben sich folgende Details, die vor allem den Systematischen Teil (heute gültiges Wahlrecht), S. 786 f., korrigieren. Die Bundesversammlung besteht nach der Verfassungsreform von 1968 aus fünf Kammern: 1. dem Nationalitätenrat (Rat der Völker), der 140 Abgeordnete zählt und in den die einzelnen Republiken unabhängig von ihrer Bevölkerungszahl je 20 Abgeordnete entsenden, die Autonomen Provinzen je 10. Die Mitglieder des Nationalitätenrats werden von den Räten der Republikversammlung (bzw. Provinzversammlung) delegiert. 2. dem Gesellschaftlich-Politischen Rat, Organ der „sozialistischen Selbstverwaltungsgemeinschaft der Bürger". Diese Kammer umfaßt 120 Abgeordnete und wird von den Bürgern direkt gewählt. 3. den drei Kammern der Arbeitsorganisationen, dem Wirtscbaftsrat, dem Bildungs- und Kulturrat und dem Sozial- und Gesundheitsrat, die jeweils 120 Mitglieder haben und indirekt mittels eines Wahlgremiums gewählt werden, „denen Mitglieder der Gemeindeversammlungen und Delegierte der Arbeitsgemeinschaften der Arbeiterkollektive sowie anderer Organisationen der kooperativen Arbeit, ferner

Wahl der Parlamente

1440

Delegierte von durch Gesetz bestimmten Gemeinschaften der entsprechenden Arbeitsbereiche angehören." (Art. VIII, 2) Die komplizierte Gliederung der Bundesversammlung soll die „drei Strukturen" der jugoslawischen Gesellschaft widerspiegeln: Nationalitäten (Völker), Bürger und Werktätige (Produzenten). Alle Abgeordneten der Bundesversammlung werden auf vier Jahre bestellt. Das rollierende System mit zweijähriger Halberneuerung (Vfs Art. 81, WG Art. 3) wurde abgeschafft. Maßgebend war, daß sich der häufige Wechsel in den Ausschüssen der Bundesversammlung wie auch in den politischen Vollzugsorganen nachteilig auf die Arbeitsfähigkeit ausgewirkt hatte. Dieses Erfordernis, das eine gewisse Kontinuität im Amt verlangt, hat auch dazu geführt, VfsArt. 82 aufzuheben und die Möglichkeit der Wiederwahl für die gleiche Kammer zu schaffen. Im April 1969 wurden die Bundesversammlung sowie die Lokalund Regionalparlamente neu bestellt. Insgesamt waren etwa 40 000 Mandate zu besetzen. Nach Abschluß der vom Sozialistischen Bund der Werktätigen beherrschten Kandidatennomination gab es für rund 60 Prozent der Mandate mindestens zwei Bewerber. Um die 620 Mandate der Bundesversammlung bewarben sich 932 Kandidaten. Die Zahl der Kandidaten war in den einzelnen Republiken sehr unterschiedlich. In Serbien, das 200 Abgeordnete in die Bundesversammlung entsendet, gab es 305 Kandidaten, wobei sich in 78 Wahlkreisen zwei, in zwölf Wahlkreisen drei Kandidaten gegenüberstanden; in 113 Wahlkreisen war nur ein Bewerber nominiert worden. Der Wahlprozeß selbst zog sich infolge der vorwiegend indirekten Wahlen über drei Wochen hin. Exakte statistische Angaben über den Wahlausgang stehen noch aus.

Polen Am 1. Juni 1969 fanden die Wahlen zum fünften Sejm statt, verbunden mit Wahlen zu den sog. Volksräten. Für die 460 zu besetzenden Mandate kandidierten 622 Bewerber. Das offizielle Wahlergebnis lautet: Tabelle Ν 7: Wahlen zum Sejm vom 1. Juni 1969

Absolut In Prozent

Wahlberechtigte

Abgegebene Stimmen

Ungültige Stimmen

Für Nationale Front

21 148 879

20 642 449 97,61

7 766 0,04

20 473 114 99,2

(Quelle: Nach AdG)

1441

Nachträge

Die Verteilung der Mandate innerhalb der Nationalen Front ist gegenüber 1961 und 1965 unverändert geblieben. Da die Kandidatenstreichungen der Wähler in keinem Falle ausgereicht haben, einen „gesetzten" Kandidaten durchfallen zu lassen, hat die Stimmabgabe der Wähler an dem vorher festgelegten Mandatsergebnis nichts geändert. Tabelle Ν 8: Zusammensetzung sozialer Schichtung

des Sejm nach politischen Gruppen und nach Mandate

Mandate Polnische Vereinigte Arbeiterpartei ( P Z P R )

255

Vereinigte Bauernpartei (ZSL)

117

Demokratische Partei (SD)

39

Parteilose Davon Gruppe „Znak" Gruppe „ P a x " " Christlich-Soziale Gesellschaft

49 5 5 4

Arbeiter Bauern Handwerker Lehrer Ingenieure Wirtschaftler Rechtsanwälte Schriftsteller, Journalisten Landwirtschaftsexperten Ärzte Offiziere Juristen

79 59 8 55 49 42 28 27 18 8 7 6

Allerdings haben die Kandidatenstreidotmgen zu teilweise erheblichen Stimmeneinbußen hoher Funktionäre geführt. So ist etwa Ministerpräsident Cyrankiewicz in seinem Heimatwahlkreis Krakau vom ersten auf den achten Platz der Wahlliste bei insgesamt elf Kandidaten zurückgefallen. In ähnlicher Weise wurden 39 von insgesamt 80 höchsten Funktionsträgern in Partei und Staat durch Streichungen auf den Wahllisten niedriger piaziert, als sie von der Nationalen Front eingestuft waren, dies entgegen der Propagierung einer offenen Stimmabgabe ohne Benutzung der Wahlkabinen.

Schweden Mit Reichstagsbeschluß vom 26. Juni 1969 erhalten zum ersten Mal bei der Reichstagswahl von 1970 19jährige das aktive und 20jährige das passive Wahlrecht. Zugleich mit der Herabsetzung des Wahlalters wurde das Volljährigkeitsalter von 21 auf 20 Jahre gesenkt. Umfangreiche Änderungen betreffen die Wahlorganisation. Bei den ersten gemeinsamen Reichstags-, „Landsting"- und Kommunalwahlen am 20. September 1970 werden die Stimmzettel durch farbige Lochkarten ersetzt (gelb: Reichstag, blau: Landsting, weiß: Gemeinde). 91

Sternberger-Vogel,

Parlamente 1,2

1442

Wahl der P a r l a m e n t e

Das Aufdruckmuster wird nicht geändert, jedoch werden die Felder, die der Wähler früher bei der Stimmabgabe ankreuzte, perforiert, und das Ankreuzen wird zu einem Lochen. Die Stimmkarten werden dann in der Wahlkabine in eine neutrale Kassette eingelegt. Die Kassetten werden vom Wähler in einen „Urnen"-Computer deponiert, worauf ein Knopfdruck des Wahlleiters genügt, um die Lochkarte unsichtbar zu entnehmen. Nach Schließen der Wahllokale um 21 Uhr werden die örtlichen Wahlurnen ungeöffnet in eines der 58 regionalen Wahlzentren gebracht und die Lochkarten in einen Zentralcomputer eingefüttert, der die lokalen Ergebnisse unverzüglich an das Statistische Zentralamt nach Stockholm weiterleitet. Bereits nachts um ein Uhr soll das endgültige Wahlergebnis vorliegen, ergänzt um das nach Listen bzw. erfolgreichen Kandidaten aufgesplitterte personelle Wahlergebnis in den 28 Wahlkreisen. Neben dieser Beschleunigung der Stimmenauszählung gilt der absolut gesicherte Schutz des Wahlgeheimnisses als besonders vorteilhaft, während die vorgesehene Konzeption, die Wahlergebnisse der lokalen Stimmbezirke nicht mehr einzeln aufzuführen, auf heftige Kritik gestoßen ist. Die Briefwahl muß jeweils bis Freitag vor dem Wahl-Sonntag vorgenommen werden — adressiert an das zuständige Wahlzentrum, das diese Stimmen sonntags nach 21 Uhr sofort mitberücksichtigt. Die Herstellungskosten der Stimmkarten werden für die Reichstagsparteien von der Staatskasse getragen, neuen Parteien werden die Kosten auferlegt und nur bei einem Wahlerfolg erstattet.

Schweiz Der Schweizer Bundesrat hat im Sommer 1966 eine Arbeitsgruppe beauftragt, „das Material für eine Totalrevision der Bundesverfassung zu sammeln und zu sichten und das Schweizervolk und seine Organisationen zur Mitarbeit und zur Einreichung von Vorschlägen aufzurufen". Nach Abschluß von Vorarbeiten und Vorlage der ersten Reform Vorschläge hat seit Herbst 1968 eine rege Diskussion eingesetzt, in deren Mittelpunkt eine Strukturreform des Regierungssystems und Wahlsystemfragen stehen. Im Zusammenhang der Bildung eines Regierungssystems mit wechselnden Mehrheiten ist ein Einkammersystem vorgeschlagen worden. Die 2 5 0 Abgeordnete des Parlaments sollen in Dreierwahlkreisen gewählt werden. Jeder Kanton (auch Halbkanton) soll zumindest einen Dreierwahlkreis erhalten. Die restlichen 175 Mandate sollen entsprechend der Bevölkerungszahl

Naditräge

1443

auf die Kantone verteilt werden, wobei wenn möglich erneut Dreierwahlkreise gebildet werden sollen. Im Falle eines Restes sollen audi ein oder zwei Zweierwahlkreise zustande kommen können (Vorschlag der Arbeitsgemeinschaft der Universität Zürich.) An eine Rückkehr zu einem System der Mehrheitswahl bei Nationalratswahlen wird aber von den Parteien weniger gedacht. Eine Repräsentation der Minderheiten soll weiterhin gewährleistet sein. So denkt man vor allem bei den Freisinnigen und den Sozialdemokraten mehr an eine Reform innerhalb der Verhältniswahl. Die personalisierte Verhältniswahl des deutschen Bundeswahlgesetzes ist das Modell ihrer Vorstellungen, wobei namentlich die Sozialdemokraten durch Verbindung der Nationalrats- mit den Ständeratswahlen die Mehrheitswahl für den Ständerat aufheben und ein für beide Kammern einheitliches Wahlsystem schaffen wollen. Die Totalrevision der Bundesverfassung von 1874 wird der Zustimmung der Schweizer Stimmbürger und der Stände unterliegen.

1444

Wahl der Parlamente

ERRATA DES ERSTEN HALBBANDES Seite X I , Zeile 9:

Statt representration: representation

Seite X I I , Zeile 34:

Statt Rainer Torka: Günter Torka

Seite X X X I V , Anm. 9:

Der angegebene Buchtitel muß hier lauten: Georges E. Lavau·, Partis politiques et halites sociales. Contribution ä. une itude r£aliste des partis politiques, Cahiers 38, Paris 1953

Seite X X X I X , Zeile 2:

Statt Gerhard Weigand: Gerhard Weygandt

ebenda, Zeile 11:

Statt Karl Freudenberg: Richard Freudenberg

Seite 189, Zeile 20:

Statt geistiger Fürstentümer: geistlicher Fürstentümer

Seite 362, Tab. A 14:

Gegeneinander auszutauschen sind die Titel der Zahlenkolumnen: „Parteien, die keine Mandate erhielten" und „Parteien, die Mandate erhielten".

Seite 377, unter:

„Gesetzliche Grundlagen": sind die Zeilen zwei und drei gegeneinander auszutauschen

Seite 400, rechte Spalte, 6. Titel:

Statt Varain, H. J . : Varein, H. J .

Seite 553, linke Spalte, 1. Titel:

Statt Arzt, F. B.: Artz, F. B.

ebenda, 14. Titel, muß es heißen:

Dix-huit ans de suffrage universel, 1876— 1893

Seite 606, 5. Zeile:

Statt Anm.: *)

Seite 626, 2. Zeile:

Statt Tab. A 4: Tab. A 5 und A 6

Seite 627, 5. Zeile:

Statt Tab. A 5: Tab. A 6

INDEX

Hinweise zur Benutzung ABC-Folge Die Einordnung der Umlaute folgt nicht der DIN-Regel; ä gilt also nicht als ae; so finden sidi ζ. B. die Stichworte Ämterhäufung, Ämterkauf und Ämterpatronage nicht zwischen den Stichworten Adelsparteien und Afrancesados, sondern zwischen den Stichworten Alttschecben und Amtliche Stimmzettel. Fettdruck Die fettgedruckten Seitenzahlen verweisen auf die wahlsystematische Erläuterung in der Begrifflichen Einführung ( - » S. 1 ff.) und auf besondere wahlsystematische Begriffe und Erscheinungen, die an anderer Stelle im Kontext selbst erklärt werden. Fettgedruckte Seitenzahlen finden sich audi bei dem übergeordneten Stichwort Musterverfassungen. Unter diesem Stichwort sind in chronologischer Anordnung eine Reihe verfassungsgeschichtlich relevanter europäischer Verfassungen zusammengefaßt. Auf sie wird nicht weiter gesondert verwiesen; so findet sich ζ. B. das Stichwort Charte von 1814 nur hier und nicht unter dem Buchstaben C. Fettgedruckte Seitenzahlen geben den Verweis auf die Verfassung selbst, Seitenzahlen im Normaldruck kennzeichnen den Einfluß auf die Verfassungen anderer Länder. Abkürzungen und Zeichen Der Pfeil -*• verweist auf das angegebene Stichwort; s. a. = siehe auch das folgende Stichwort; SystT. = Systematischer Teil. Die abgekürzten Länderbezeichnungen innerhalb des Index entsprechen den international gebräuchlichen Kraftfahrzeugkennzeichen; ihre Reihenfolge bestimmt sich nach der Gliederung der Länderbeiträge des Handbuches, so daß die Abkürzung für Österreich' (A) nicht am Beginn der Verweise steht, sondern wie der Länderbeitrag selbst auf Norwegen (N) folgt. Albanien Andorra Belgien Bulgarien Dänemark Deutschland Finnland Frankreidi Griechenland Großbritannien Irland Island

= = = = = = = = = = = —

AL AND Β BG DK D SF F GR GB IRL IS

Italien Jugoslawien Liechtenstein Luxemburg Malta Monaco Niederlande Norwegen Österreich Polen Portugal Rumänien

= = =

= = = = -

— =

I YU FL L MAL MC NL Ν A PL Ρ R

Wahl der Parlamente

1446 San Marino Schweden Schweiz Sowjetunion Spanien

= = = = =

RSM S CH SU Ε

A Aargau C H 1113 f. Abberufung (-sredit) AL 66; D 334, 339 ff.; YU 776; FL 799; R 1056; SU 1166, 1185, 1201, 1210, 1214 f.; Η 1394 Abgeordnetenclub Β 81; A 931; PL 999 Abgeordnetenhaus D 209 ff., 229, 237 ff., 287; IRL 656; 1714 ff.; MAL 845; A 928, 930; PL 974; CS 1291 ff.; T R 1332 ff., 1348 ff., 1357; Η 1380 Abgeordnetenkammer F 453 ff., 456 ff., 466 ff., 486; G R 560 f.; 1727, 730 f., 733 ff., 744; Ρ 1013 f., 1020; R 1034 ff., 1042 ff., 1050, 1053 Ablegatentafel Η 1366 Abruzzen I 723 Absolute Mehrheitswahl 42, 45; AL 64; A N D 72; Β 79, 84; BG 144; DK 160; D 199, 205 f., 216 ff., 245, 251, 253, 313, 316, 335; SF420; F442, 444, 446 f., 449, 451 ff., 456 f., 459, 461, 464 ff., 469, 471 ff., 476, 486, 489 ff., 498, 500 f., 512; GR 561, 564; 1714, 716, 725; YU754, 756, 761; FL 795, 798; L 810 f., 813, 815; MC 850, 854; NL 860, 865, 870; Ν 901, 903 f.; A 923, 928, 931, 933; PL 995; Ρ 1016; R 1031, 1033, 1038, 1040, 1056; C H 1117; SU 1152, 1156, 1158, 1201; Ε 1232, 1236; CS 1286, 1310, 1313; Η 1366, 1376, 1393 Absolutismus D 189, 194; GB607; YU 761; FL 793; MC 849; A 926; SU 1147 Abstimmung 10; AL 64; 1715, 725 f.; C H 1120; SU 1181; (s. a. Volksabstimmung) Abstimmungspflicht ->• Wahlpflicht Acceß V 1413 f. Achtelerneuerung S 1090, 1100

Tschechoslowakei Türkei Ungarn Vatikan Zypern

= = = = =

CS TR Η V CY

Adel Β 78, 80; D 191, 205, 209, 211, 221 f.; FL 793; MAL 833, 835 f., 838; A 922, 926, 929; PL 973 f.; RSM 1075 f.; SU 1148 f., 1150 f., 1160 f., 1165; Ε 1229; Η 1 3 6 7 ; (s. a. Adel als Stand) Adelsparteien V 1409, 1411 Afrancesados Ε 1229 Agrarparteien BG 132 ff., 139 ff.; A 934; C H 1123; Ε 1256; CS 1286, 1288 f., 1293 ff., 1304; CY 1422 (s.a. Bauernparteien) Agrarreform Bodenreform Akklamation 4, 8 f., 12, 18 ff., 25; D 247, 276; GR 556; SU 1181, 1195 f., 1201, 1207; CS 1303, 1315; Η 1387; V 1411 Akklamatorische Wahl 9 Aland SF 416, 429 Alava Ε 1239, 1245 Albanien 57 ff.; I 727; YU 769; TR 1334 Albanische Liga AL 57 Alderney GB 628 ff. Algerien F 459, 464, 467, 472, 476, 483 ff., 487 ff., 490 ff., 495, 497, 500 f. Alleinherrschaft SU 1172, 1201; CS 1303, 1308; Η 1381 Allgemeine Wählerklasse DK 157 Allgemeines Männerwahlrecht (Begriff) 22 Allgemeines Männerwahlredit (Einführung) AL 59 A N D 72; Β 93; BG 129; D 198 f., 205 f., 211; F 446, 448, 458 f., 461; GR 557 ff., 561, 565; GB 621; 1718; YU 755, 760 f., 763; FL 796, 799; MC 850; N L 867; Ν 899; A 932 f.; Ρ 1011; R 1039; RSM 1077; S 1088 f.; C H 1112 f., 1116 f.; Ε 1230, 1232, 1237, 1243, 1260; CS 1285; T R 1337 f.; Η 1375 f.

Index Allgemeines Männerwahlrecht (Forderung auf Einführung) GB 607, 613, 616; 1715; L815; C H 1 1 1 6 Allgemeines Wahlrecht (Begriff) 21 ff. Allgemeines Wahlrecht (Einführung) AL 64; Β 98; BG 139; DK 157, 161 f.; D 248, 252; SF 415 f.; F 483; GR 580; GB 621, 628, 631; IRL 651, 657; IS 697; 1728, 731; YU 771 f.; L 817 f.; MAL 841; MC 852 f.; N L 867; Ν 899; A 936, 940; PL 974 ff.; R1053; S 1090; SU 1167, 1200f.; Ε 1255; CS 1291; TR 1340; Η 1388; CY 1424 Allgemeines Wahlrecht (Forderung auf Einführung) Β 82, 84, 92; D 196 f., 226; SF415; F443; I 717 f.; L 812, 816; N L 862; Ν 897, 899; Ρ 1017 f.; RSM1076; S 1088; SU 1152; Ε 1242, 1245 f.; TR 1366, 1373 Allgemeines Wahlrecht (Auswirkungen) D 200; SF 417; F 460; IS 697; MC 853; NL 867; A 934; S 1089, 1091; Ε 1248; CS 1286 Alliierte Β 139; D 277 ff., 320; A 948; R 1051; CS 1302; TR 1341; Η 1376, 1386; CY 1421 Alliierte Hohe Kommission D 296 Alliierte Kommandantur D 277 Alliierter Kontrollrat D 277; A 948 Allparteienregierung GR 587 f.; N L 873; Ν 907; A 948; S 1093 Allrussische Sowjetkongresse (VZIK, I.—IV.) SU 1166, 1170 f., 1174, 1177 ff., 1181 Allunions-Sowjet (ZIK) SU 1178 f., 1191, 1195 Almeria Ε 1238 Alternate Members Ν 904, 911 Alternatives Regierungssystem 16; D 253, 310 f.; GB 618; MAL 840; A 952 Alternativstimmgebung (Alternative Vote) 43 ff.; GB 624 Alternierende Parteien Ρ 1017 f.; Ε 1247 f. Altersstruktur (der Parlamente) -> Soziologische Struktur Altfinnen SF 415, 417 f. Althing IS 695 ff., 709 Aktschechen CS 1285 Ämterhäufung kumulierung) Β 86; C H 1128 Ämterkauf GR 565

1447 Ämterpatronage GR 565; A 950 (s. a. Patronage) Amtliche Stimmzettel Stimmzettel Amtsdauer (der Gewählten) D 251, 283, 329; SF 420; F449, 459, 466, 486, 498; IRL 656, 666; 1730; FL 798; A 939; PL 974; Ρ 1025; RSM1075; SU 1186 f.; Ε 1255; CS 1290, 1311; Η 1377 Analphabetismus AL 57, 61; BG 127, 129; GR 563; I 714 f., 718; YU 760, 763 f.; MAL 839; Ρ 1017, 1024; R 1039, 1043, 1046; Ε 1245, 1246; T R 1343, 1350 f.; CY 1421 Anarchie (~isten) GR 559 f., 564, 1717 720 Anatolien GR 569; TR 1331, 1335, 1352 Anatolische Bewegung T R 1335 f. Andorra 71 ff. Andrae ('sehe Methode) 54; DK 155, 158, 164; IS 698 Andra Kammaren S 1085 ff., 1106, 1108 Ankara T R 1335 Annahmepflicht f ü r das Mandat SF434 Annuitätsprinzip F445; GR 557; GB 613, C H 1112 Ansässigkeit (und Wahlrecht) Β 85; D 240; F 444 f., 449, 458, 461; G R 561, 567, 591; IS 696; L 813; MC 850; N L 858; Ν 892; A 922, 924 ff.; Ρ 1011; S 1086; C H 1114; Ε 1230, 1234; Η 1379, 1384 Antibolschewismus 1723; SU 1171 Antifaschistische Front R 1052 Antifaschistischer Block D 278, 320, 322, 326, 330 Antifaschistischer Rat YU 770 ff. Antikommunismus marxismus) SF 426; A 944; R 1048, 1053 Antiparlamentarismus D 257, 259, 269, 273 f.; F 472, 479, 489; N L 866; Ρ 1022 Antirevolutionäre Partei N L 860 ff., 863 ff., 873 Antisemitismus D230, 264; PL 981; R 1048 Aosta I 728 731 Apertura a sinistra I 736 Apparentment Β 92 Appenzell C H 1111, 1114, 1126 f. Aragon Ε 1230 Arbeiterbewegung Β 81; SF415; GB 622; 1716 f.; Ν 896 f.

1448 Arbeiterklasse 17; D 330, 341 f., 344; R 1055; Η 1375, 1391 Arbeiterparteien -»Sozialdemokratische, Sozialistische Parteien Arbeiter- und Kleinbauernpartei SF 421 f., 427 Arbeiterräte D 246 ff.; A 936 Arbeiter- und Bauernrat L 817; SU 1171 Arbeiter- und Soldatendeputierte SU 1165 ff. Arbeiter- und Soldatenräte D 246 ff.; A 9 3 5 ; SU 1165, 1181 Arbeiterschaft BG 135; D K 159; D 196, 199, 204, 261, 271, 305 f., 310; SF 415; GB 613, 616; I R L 661; IS 704; I 718 f., 721; Y U 7 7 4 ; N L 867; A 929, 941 f., 947, 950; PL 973; S 1087; C H 1122; SU 1148, 1151 ff., 1155 ff., 1160, 1165, 1175, 1180; CS 1286, 1295; Η 1367 f., 1378 Arbeiterschaft (und Wahlrecht) Β 82, 87 ; D 311; GB 610; Ν 897; SU 1152 f., 1155 f., 1158, 1165, 1180 Arbeiterverein N L 862 Arbeitslosigkeit D 2 6 2 , 270 ff., MAL 837; PL 981; RSM 1076 Ardionten G R 556 Arengo RMS 1075 f. Argos G R 539 Aristokratie Β 79; C H 1111 (s. a. Adel) Armenien T R 1331 Armenunterstützung, öffentliche D K 156, 160; D 195, 199, 205, 214; FL 796; C Y 1421 Arrondissement BG 129, 132, 134; F 443, 449, 451 ff., 456 f., 466 f., 469, 476, 492 Arta G R 565, 575 Assemblea magna A N D 74 Assemble Monigasque MC 851 Assemble Nationale F 441 ff. Athen G R 555, 560, 566, 569 ff., 573, 575 f., 582, 590 Attika G R 575, 582 Auflösung, -srecht (des Parlaments) Β 92; B G 128 f.; D K 161, 171; D 213 f., 224, 228, 260, 274, 284; SF 418; F 456, 461, 466, 468, 487, 497, 510; G R 557, 562, 564 f., 567 f., 571 ff., 586, 588; GB 613, 619, 623; I R L 656 f., 665 f., 670; IS 701 f.; Y U 762, 764, 766; FL 796, 798; L 812, 814, 816, 823; MAL 838, 842; MC

Wahl der Parlamente 850; N L 861, 863, 874; Ν 893; A 924, 943; PL 975, 979, 984; Ρ 1014, 1018, 1023; R 1034, 1037, 1048, 1055 f.; S 1087, 1097, 1101; SU 1153 f., 1164 f., Ε 1234, 1244, 1251, 1255; T R 1332, 1334 ff., 1345, 1349; Η 1369 f., 1373, 1381, 1389 Aufstellungskreise 40, DK 165 ff. Ausgeglichene Methode 49 ff.; D K 170, 172; SF 427 f.; Ν 908 f.; S 1095 f. Ausgleich von 1867 A 930; Η 1368, 1370, 1372 Ausgleichsmandate 40; IS 701 (s. a. proportionaler Ausgleich) Ausländerwahlrecht A N D 72 f., 75; F 466 Ausscheiden (aus der Fraktion) D K 156; D 200, 221; F 464, 470, 489 f.; GB 612; I 717; Ε 1250 Außerparlamentarische Regierung D 273 f.; Ν 872 (s. a. Beamtenregierung) Außerrhoden C H 1114, 1126 f. Aussdiließungsgründe (vom Wahlrecht) BG 132, 138 f., 143; D K 156; D 195, 200, 205, 214, 322, 333; F 444, 472; G R 561, 578; Y U 758, 762, 765, 771, 779; FL 796; A 922 f.; Ρ 1013, 1024; R 1055; S 1090, 1093; SU 1152 f., 1155 f., 1182; CS 1304, 1308; T R 1350; Η 1375, 1383 f., 1388 f.; C H 1421 (s. a. den SystT. des jeweiligen Länderbeitrages) Auswahl 4 f., 8, 11 f., 19, 27; Y U 776; SU 1181 Auszählungskontrolle SystT. des jeweiligen Länderbeitrages Autochthonen G R 557 Autokratie I 725; Y U 760; MAL 833; PL 981; SU 1147, 1149, 1161, 1164, 1183 Automatische Methode 41, 48; D 257 f., 267, 272 Automatische Wiederwahl I R L 657 Autonomie AL 57, 62; D K 174; SF 413 f., 418, 429; GB 605, 628; L 809; MAL 833; A 922, 927, 934; PL 978; R 1033; SU 1177; CS 1290, 1302, 1308, 1319; Η 1368; C Y 1423 (s. a. Unabhängigkeit) Autoritärer Staat BG 137 f.; D 274; G R 573, 579, 590; Y U 767 f., A 944 ff.; Ρ 1022 ff.; Ε 1241; CS 1302

Index

1449

Azoren Ρ 1017

Β Back Bencher GB 619, 628 Baden D 191 f., 194 f., 199, 201, 206 f., 218, 233, 254, 275, 282, 288, 351 f., 365 ff., 370 Badenische Wahlreform A 932 f. Baden-Württemberg D 288, 291, 293, 301, 304 f., 318, 366 f., 370 f. Bailiff GB 629 Balkankriege AL 57; GR 567; YU 762; TR 1334 Ballot Act GB 615 Banat R 1039, 1052 Basel (Land, Stadt) 1111, 1114 f., 1122, 1124 f., 1127 Bauern IS 696; I 714, 718; L 816; Ν 892, 895 f.; A 938, 941; PL 981; R 1033, 1039 f.; SU 1148, 1151, 1155 ff., 1160, 1164 f., 1169, 1175, 1180 ff. Bauern (als Stand) — S t ä n d e Bauernbefreiung R 1034, 1039; SU 1148 Bauernbund BG 132 f.; SU 1162 Bauern-, Bürger- und Gewerbepartei C H 1123 f. Bauernparagraph Ν 893 Bauernparteien DK 174; D 216, 268; SF 417 ff., 426; IRL 662, 664 f.; YU 763, 766, 772; N L 876; Ν 902, 906; A 938; PL 975 ff., 980, 984 ff., 992 ff., 998 f.; R 1041 f., 1044 ff., 1052 ff.; S 1087, 1090 f., 1093 f., 1096; TR 1342 f., 1352 f.; Η 1386, 1388 ff. (s. a. Agrarparteien) Bayeristhe Volkspartei D 262, 267, 270 f. Bayern D 191 f., 199, 201, 206 f., 232, 254, 262, 267, 273, 275, 282 f., 288, 291, 295 f., 298, 301, 303 f., 309, 351 f., 365 ff., 370 f.; GR 560 Bayernpartei D 296 f., 303 Beamte D 212, 240, 247, 272, 305; IS 696; I 714 f.; SU 1149 Beamte (Inkompatibilität) D 214, 245, 287; G R 592; IS 703; YU 760; MAL 836; Ν 892; A 975; SU 1153; Ε 1246; T R 1332, 1340, 1350 (s. a. Inkompatibilität) Beamte (als Stand) -*• Stände

Beamtenparlament F 458; Ν 891, 895 Beamtenregierung D 273; N L 867; Ν 897; CS 1295, 1297 Beck'sche Wahlreform A 933 Bedeutung (der Wahlen) D 276, 338 ff.; GR 590 ff.; A 951 ff.; Η 1380 (s. a. Funktionen) Befreiungskriege D 191, 196, 200; GR 563 Bekämpfung (von Splitterparteien) -> Sperrklausel, Quorum Belgien 77 ff.; D 2 8 2 ; N L 857; L 809, 817 Berlin D 215 f., 238, 248 f., 277, 279, 282, 287 ff., 293, 325 ff., 334, 372 f. Berliner Abgeordnete D 287, 334, 342 Berliner Kongreß BG 125, 127; YU 758; R 1031, 1037 Bern C H 1111, 1114, 1122, 1125 f. Berufskammern Β 93; D 227; IRL 667 f; I 735 ff.; MAL 838; A 928, 931, 944 ff.; PL 982; Ρ 1023, 1025; R 1050; Ε 1262 ff.; Η 1380 Berufsständische Vertretung D 227, 243; GR 572; IRL 656, 667 ff.; YU 774; R 1050; Ε 1263 (s. a. Korporationen) Berufsständische Ordnung Ständische Gliederung Besatzungsmächte AL 63; DK 169; D 277, 325; A 947 f; Η 1386 Besatzungszonen D 277 ff.; G R 574 Beschränkte Stimmgebung 43 f.; I 715; Ρ 1017, 1020 f.; Ε 1246, 1253 (s. a. Mehrstimmgebung) Besetzung AL 58; A N D 72; DK 169; GR 574, 590; IS 701; Y U 769 f.; L 809, 816; MAL 833; MC 851 f.; N L 873; Ν 9 0 6 ; A937, 947; PL 984; CS 1302, 1318; Η 1386 Besitz (als Qualifikation) 23; D 195; SF 414; F 4444; GR 559, 561, 564; GB 609 ff., 613 f., 616, 621, 631; I 714; MAL 834 ff., 838 ff.; N L 862; Ν 892, 898; A 929; R 1033; S 1085 f., 1092; C H 1114; SU 1148, 1155; Ε 1237, 1241; Η 1366 Bessarabien R 1039 f., 1044, 1051, 1054 Bestellungstechniken Bestellung kraft eigenen Rechts AL 58; Β 79; BG 126; D 189, 194; F 452; GR 556; I 713, 733; YU 753 ff., 761; A 928; Ρ 1013; Ε 1234, 1238, 1240,

1450 1244, 1251; weitere Bestellungstechniken wie Akklamation, Erbfolge, Ernennung, Ex-officio, Los -»• das jeweilige Stidvwort Bevölkerungsveränderung, ~wanderung, ~ z a h l 24, 25; D 209, 215, 287 f., 335; GR 561, 563, 565, 590; GB 616, 625; IRL 657; IS 698 f.; I 714; L 814; NL 859; RSM 1076; C H 1117 Bias GB 625 ff., 639 Biel C H 1111 Bildungs- und Kulturrat YU 778 f. Bildungszensus 23; Β 83; BG 129; IS 696; I 714 f., 718; YU 754, 760, 765; MAL 834 f., 838 f.; Ρ 1014, 1016, 1019f., 1024; R 1038; RSM 1078; Ε 1245; Η 1366, 1374, 1379, 1384 Bill of Rights GB 607 Birobidschan SU 1190 Bischöfe V 1408 ff. Bizone D 281 f. Block der demokratischen Parteien PL 988 ff. Blockparteien D 230, 239 Blockpolitik D 320, 324, 333; CS 1303, 1314 Blocksystem D 279, 320, 323 f., 329, 331, 333, 336 f., 343; SU 1202, 1215; CS 1303, 1314; Η 1389 Blockwahlen D 220, 229 f.; PL 996 Bodenreform AL 59 f.; BG 134; D 320; GR 559, 569; YU 773; PL 977, 988; R 1040 f., 1054; Ε 1255; CS 1289, 1296, 1304; Η 1372, 1375, 1378, 1387 Böhmen A 921, 924, 926, 929 f., 932 f., 937, 958; CS 1285, 1292 f., 1300, 1308 Bojaren R 1031 ff., 1038, 1041 Bojarenduma SU 1147 Bolsdiewiki SU 1152, 1162 f., 1168 ff., 1171, 1182, 1188 f., 1199 ff., 1207 f., 1213 ff. (s. a. Kommunistische Parteien) Bolschewisierung SU 1167, 1171 ff., 1174 f., 1178 Bolschewismus BG 135; SU 1147, 1180 Bonapartisten F 460, 463, 469, 472, 478 f. Böotien GR 575 Boroughs GB 606, 608 ff., 614, 616, 625 Bosnien YU 754 ff., 759, 763 f., 770; A 921 Boss (-System) GR 564, 566

Wahl der Parlamente Boundary Commission GB 625 Bourgeoisie (und Wahlrecht) SU 1156 f., 1160, 1165, 1181, 1183 Brandenburg D 322, 324, 337, 375 Braunschweig D 192, 199, 201, 207, 233, 254, 270, 351 f., 365 Bremen D 199, 233, 254, 282, 289, 291, 298, 301, 305, 318, 351 f., 365 ff., 370 f. Briefwahl D 333; GB 621; IRL 663, 667;' IS 703; RSM 1079 f., S 1093 (s. a. den SystT. des jeweiligen Länderbeitrages) Brüssel Β 109 f. Budapest Η 1385 ff. Budgetrecht A N D 71; Β 78; BG 126, 128; DK 153, 155; D 194, 212 f., 233; SF 413; F 449; GB 606, 608, 620; IS 696; YU 756, 761; FL 793; L 811 f., 814; MAL 837; MC 850; N L 858 f.; Ν 894; Ρ 1014; R 1032; S 1083; CY 1421 Bukowina A 921, 958; R 1039 f., 1044, 1051, 1954 Bulgarien 125 ff.; YU759, 769; R 1051, 1057 Bulygin'sdie Verfassung SU 1151 ff. Bundesexekution D 205 Bundeskanzler D 283 ff., A 951 Bundeskulturrat A 945 f. Bundesländer (Wahlrecht in) D 288 ff.; A 938 f. Bundesliste D 286, 312 Bundespräsident D 2 8 3 f., 287, 345; A 939, 943, 948 Bundespräsidium D 212 Bundesrat D 212 ff., 230 f., 245, 283 ff., 314, 381; YU 771 ff., 774 ff., 778 ff., 786; A 939, 962, 968 f.; C H 1116, 1129 f. Bundesrepublik Deutschland D 283 ff., 345, 377 ff. Bundesstaat (-en) D 226, 231 ff., 246, 283 ff.; A 939; C H 1113, 1116; SU 1192; CS 1319 Bundestag D 198, 205, 283 ff., 377; A 946 Bundesverfassungsgericht D 281, 291, 319 Bundesversammlung D 2 8 3 ; YU 779, 786; A 939, 943, 948; C H 1116 ff., 1128 ff., 1132; CS 1315, 1319 f., 1327 Bundesvollzugsrat YU 776 f., 779

Index

1451

Bundeswahlgesetz 31, 36, 38; D 287 ff. Bundeswirtschaftsrat A 945 f. Burgenland A 961 Bürgerblock CS 1297 Bürgerkrieg AL 63; SF418f., 421; GR 558 f., 573 f., 576, 590; GB 607; IRL 661; Ρ 1013; SU 1169, 1174, 1176; Ε 1259 ff., CY 1426 Bürgerliche Linke F 474, 476, 489, 504 f., 509 f. Bürgerliche Parteien BG 135; DK 171; D 220, 249, 267, 271 f., 279 ff., 303 ff., 325, 330; SF 417, 425 f.; GR 573 f., 581, 589; Ν 911; S 1096, 1101; C H 1128 Bürger (als Stand) -> Stände Bürgertum Β 78, 87; DK 156; D 191, 196 f., 204, 209, 239 f., 246, 263 f., 267, 298 ff., 306; F 441 f.; GR 555, 559, 565; IRL 661; I 714, 716, 722 f.; FL 793; N L 861 f.; Ν 898; A 938, 941; Ρ 1015; S 1085, 1087; SU 1150, 1152, 1161, 1181; Ε 1229, 1252, 1255, 1259; CS 1285; Η 1367, 1372, 1374 By-election GB 627

C Cadiz Ε 1230 f. Camara dei Deputati I 744 Camara dos Deputados Ρ 1013 Camara dos Pares Ρ 1013 Canvasser GB 615, 641 Capitani Reggenti RSM 1075 Cäsarismus F 448 Castellön Ε 1236, 1239 Caucus GB 617 Ceuta Ε 1253 Chambre Consultative MC 851 f. Chambre de Commerce MC 849 Chambre des ϋ έ ρ ^ έ β F 453 ff., 456 ff., 466 ff. Chambre des Pairs -*• Pairskammer Chambre des Reprisentants F 452 Chancengleichheit der Parteien 6, 7 f., 25; D 313, 319; GB 615 Chartisten D 196; GB 613 Chartristen Ρ 1012, 1014 f. Christliche Demokraten Β 82; D 278, 280 ff., 286, 293, 298 ff., 301 ff., 310 ff., 320, 323 ff., 328, 330; I 729 f., 733 ff., 739; PL 976, 980, 984

Christliche Volkspartei D 248, 250; Ν 905 ff. Christlich-Historische Union N L 865 f., 873 Christliche-nationale Parteien PL 976 f.; Η 1376, 1378 Christlich-soziale Parteien FL 801 f., L 820 ff.; A 929, 932 ff., 937 f., 941 ff.; RSM 1078; C H 1121 ff.; CS 1294ff. Cisleithanischer Reichsteil A 921, 930 Cittadini RSM 1075 Clann na Probladita IRL 669 ff. Clann na Talham IRL 662 Combinazioni (System der I 717 Congresso di Stato RSM 1078 Commonwealth IRL 655, 664, 666; MAL 833 Conseil d'Etat —>- Staatsrat Conseil des Etats -*• Ständerat Conseil National MC 850 ff., 854 (s. a. Nationalrat) Concell General de las Valls d'Andorra A N D 75 Consiglieri RSM 1075 Consiglio Grande e Generale RSM 1075 ff., 1080 Consiglio Popolare MAL 833, 835 Constitutional Party MAL 835, 840 ff. Constitution —>- Musterverfassungen Constitution Commissum Nobis V 1414 Constitution Vacante Sede Apostolica V 1414 Constitution Vacantis Apostolicae Sedis V 1414 f. Contadini RSM 1075 Convention Nationale -> Konvent Cordoba Ε 1238 Cornwall GB 609, 614 Corps ligislatif F 449 ff., 461 ff. Cortes Ρ 1011 ff.; Ε 1229 ff., 1262 ff., 1277 Cortes constituyentes -*• Verfassunggebende Cortes Cumann na n'Gaedhael IRL 652, 661 f., 664 f., 669 f.

D Dahomey F 485 Dail Eireann IRL 653 ff., 667 ff., 679

657 ff.,

1452 Dalmatien I 721; YU 753, 763 f.; A 921, 928, 958 Dänemark, 153 ff.; GR 563; IS 695 ff., 701; Ν 891; Nachträge 1429 ff. Dänische Methode 49 ff. Deik-Partei Η 1370 de Borda 38 Dekabristenaufstand SU 1150 Delegierte F 442, 467, 471, 488, 490, 498; GB 605, 607; A 924 Deliberative States GB 629 Democrazia cristiana I 729 f., 733 ff., 739; RSM 1079 f. Demokratie, direkte (unmittelbare) 10; D 250 f., 283; F 443, 445, 463; IRL 656, 665; C H 1118 f., 1128, 1130; SU 1200, 1214 Demokratiebegriff (bolschewistischer) 18 f.; SU 1180 Demokratische Parteien D 198 f., 203 ff., 209, 247; GR 581, 582; I 720 f.; YU 763 ff., 771 f.; PL 987 f., 992 ff., 999; R 1041; RSM 1077 f.; C H 1122 ff.; Ε 1237, 1243; CS 1303, 1305; TR 1341 ff., 1352; Η 1390 Demokratischer Zentralismus BG 143 f.; D 325, 331 f., 343 f.; PL 993 f.; SU 1175, 1191, 1200, 1210; CS 1307, 1310 Demokratisierung A N D 74; D 231, 244; GB 613; YU 780 ff.; R 1039; CS 1313 ff. Departement F 443 f., 447, 449 ff., 453 ff., 458, 461, 465 f., 469, 471, 474, 484, 487 ff.; GR 561, 565, 567 Departementale Liste F 449 Deputiertenkammer L 811 ff., 814 ff., 828

Deputiertentafel Η 1365 Desintegration (des Parteiensystems) D 217, 218 f.; N L 876; CY 1425 Deutschböhmen A 937 Deutsch-dänischer Krieg DK 155; D 211 Deutsch-französischer Krieg D 212; F 463 Deutsche Demokratische Partei D 248 ff., 262 ff. Deutsche Demokratische Republik D 328 ff., 382 ff. R 1057 Deutsche Länder (Wahlrecht in) D 192 f., 201 ff., 207 f., 232 ff., 254 f., 288 ff.

Wahl der Parlamente Deutsche Partei D 281 f., 294, 298, 300, 303, 305 Deutsche Reichspartei D 218, 222, 228, 239, 264 Deutsche Volkspartei D 248 ff., 263 ff. Deutscher Bund DK 155; D 191 ff.; FL 793; L 809, 813; A 921 Deutsches Reich BG 138; D 212 ff.; YU 769; L 820; A 947; R1051; CS 1299, 1301 f; Η 1385 f. Deutsch-Konservative Partei D 215, 218, 221 f., 238, 264; A 934 Deutschland 189 ff.; DK 169; SF425; I 727; FL 800; L 815; A 923, 929, 935, 937 f., 944 ff.; PL 973, 977; Ε 1262; Nachträge 1429 ff. Deutschnationale Parteien A 937 f. Deutschnationale Volkspartei D 248 ff., 256 f., 262 ff. Deutschösterreich A 935 ff. Devolutives System Β 89 Dezember-Verfassung A 930; CS 1285 d'Hondt (Methode, Höchstzahlverfahren) 30, 36, 49 ff., 53; Β 89, 94; DK 160, 162, 164, 172; D 245, 248 f., 257 f., 286, 294, 312, 317, 322 f.; SF 416, 423, 427; GR 568; IS 697 f.; I 721, 731; L 822; N L 871; Ν 904, 908 f.; A 940; PL 974 ff.; Ρ 1020; R 1040; S 1088, 1091, 1093, 1095 f.; CS 1317 Diaspora GR 555; PL 978 Diäten D 221; GB 613; S 1086, 1089 Dichasmos GR 571 f. Dienstverhältnis (und Wahlrecht) DK 153, 156, 160; D 195, 199, 204; F 444; GR 561; GB 616; YU 758; FL 796; A 923; Ρ 1012 f.; C H 1115 (s. a. Selbständigkeit) Diktatur BG 133 f.; D 274 ff.; F 446, 448, 462; GR 555, 570, 573, 589 f.; GB 607; I 727; PL 981, 984; Ρ 1019; R 1050; Ε 1251 ff. Diktatur des Proletariats SU 1171 f., 1174, 1180, 1211; CS 1311 Direktes Wahlrecht 21 f., 26; AL 64; DK 154, 157, 160, 162, 170; D 190, 195, 198 f., 204 ff., 210 f., 213, 220, 240, 242, 251, 345; SF 414 f.; F 441, 459, 461, 497, 502; G R 559; GB 629f.; IRL 657, 662, 666; IS 696; I 718, 728, 733; YU 758, 760, 763, 765, 772, 779 f.; FL 798 f.; L 809, 811 ff.;

Index MAL 841; M C 850, 852; N L 859; Ν 891, 901, 911; A 925 f., 928, 930 f., 933, 936, 940; PL 974 f., 982, 986, 991; Ρ 1012, 1014 f., 1020, 1024; R 1034, 1036,1050,1053; S 1083; C H 1115ff.; SU 1148, 1153, 1167, 1178, 1183, 1200; Ε 1235 ff., 1242, 1244, 1252, 1255, 1263; CS 1285, 1316, 1319; T R 1342 f., 1348 f.; Η 1388, 1393; CY 1423 f. (s. a. unmittelbares Wahlrecht) Direktmandat D 292, 295 f. Direktorium F 446 ff.; C H 1111 f. Disproportion (von Stimmen und Mandaten) 32, 35,40; DK 162; D 210, 217 ff., 238 f., 257 f., 273, 293 f.; SF 422, 427; F473, 475 ff., 492 f., 503; G R 569, 578 ff.; G B 6 2 4 ; I R L 655, 659 f., 671; IS 698, 700, 702; 1731 f.; L 819, 821 f.; Ν 903 f.; S 1091, 1095; Ε 1257 f.; T R 1344 Dithmarsdien D 189 Divisorenverfahren 36, 45, 48 ff., 52 Diwan R 1031 ff., 1035 Dobrudsdia R 1054 Dodekanes G R 575 D o k t r i n ä r e r Liberalismus Β 80, 83; Ε 1242, 1244 (s. a. Liberalismus) Dominion I R L 655, 661, 666 Doppelabhängigkeit der Regierung BG 128; D 252, 259, 273; SF419; F 4 5 8 ; G R 564 f.; G B 6 0 8 ; FL 798; Ρ 1014; T R 1332 Doppelherrschaft SU 1166 f. Doppelmonarchie IRL 653; A 930; CS 1285; Η 1373 Doppelwahl G R 560, 564, 584 D o r f - u n d Stadtsowjet BG 144; SU 1177, 1183 Dreierwahlkreis (-^Wahlsystem) 31, 35, 37, 40; D 317, 319; I R L 659, 671 f.; C H 1117 Dreiklassenwahlrecht D 206 ff., 228 f., 237 ff., 246; R 1033, 1038; SU 1148 f. Dreiparteiensystem Β 100, 104; DK 164; D 317; L 822 Drittelerneuerung F 447, 467, 470 f.; IRL 663; N L 8 5 9 f . ; R S M 1 0 7 7 ; S 1085; C H 1112; SU 1154; Ε 1238; T R 1348 D r i t t e r Stand F 441 Drittes Reich D 242, 274 ff. D r o o p (Quota) 54; I R L 658, 671, 681

1453 Dualismus (als Verfassungsprinzip) D 229, 237, 242, 283; A 927, 930; T R 1332; Η 1368, 1370 Duma PL 974, 977; SU 1148, 1151 ff., 1155, 1160 ff., 1166, 1180, 1197

Ε Eduskunta SF 419 ff., 434 Eerste Kamer N L 882 Efri deild IS 696, 709 Eidgenossenschaft C H 1111, 1113 ff. Eidsvoller Grundgesetz Ν 892, 894 Eigener Weg (zum Sozialismus) Y U 773 f. Einberufung (des Parlaments) D 2 1 3 ; SF 413; GB 606; IS 701; Y U 7 6 4 ; FL 793, 796, 798; PL 975; Ε 1229; CS 1291 Einerwahlkreis 30, 34, 37 ff., 43; AL 64; Β 84; BG 144; DK 154, 157, 160, 162; D 205, 214, 216, 245, 273, 286 ff., 292, 312 ff.; SF417, 429; F 446, 455 ff., 466, 469, 472, 476 f., 492, 500; G R 5 6 5 , 578; GB613, 616, 626, 629, 639; IRL 652, 672; IS 698 ff, 703; 1714, 716 f., 724, 731 f.; Y U 775 f.; MAL 836 f., 839; N L 860, 865; Ν 901, 903 f.; A 929, 931, 933; Ρ 1016 f., 1020; R 1040; S 1085,1088; C H 1117; SU 1201; Ε 1236, 1253; CS 1310, 1313; Η 1366, 1384, 1393; C Y 1421 Einerwahl u n d Verhältniswahl DK 158, 166 ff.; D 272 f., 292 ff.; S F 4 2 3 f f . ; I 731 ff. Einheitliche Demokratische Linke G R 577, 579 ff., 586 Einheitsfront D 320; R 1053; CS 1303 Einheitsliste 12; D 326 f., 335 ff.; I 725; Y U 772; FL 800; A 943; PL 993, 995; Ρ 1024; R 1050, 1056, 1058 f.; RSM 1078; CS 1304, 1309; Η 1387, 1390 ff. Einheitsparteien D 3 2 1 ; PL 990 f.; R 1049; Ε 1251 Einigungsbestrebungen D 1 9 6 f., 205, 211; 1713, 716 Einkammersystem BG 128 ff., 142; DK 154, 169; SF415; F443, 459, 513; G R 563; G B 6 2 0 ; IRL 657; IS 700; Y U 764; L 810 f.; MAL 841; M C 851; Ν 893; A 923; PL 988 ff.; Ρ 1012; R

1454 1053 f f . ; S 1100 f . ; Ε 1229, 1232 ff., 1252, 1255, 1263; C S 1307 f f . ; T R 1339; Η 1391 ff. E i n k o m m e n s z e n s u s 2 3 ; DK 157; D 195; Ν 898; M A L 834 ff., 838 f . ; Ρ 1011, 1013 f . ; R 1033 ff., 1037 f . ; S 1085 f., 1088; Η 1366 E i n m a n n - „ L i s t e " SF 423 f. E i n p a r t e i e n s y s t e m D 274 f f . ; PL 989, 992; S U 1173 f f . ; T R 1340 f. E i n s t i m m i g k e i t V 1408 E i n z e l k a n d i d a t u r 30, 41 f . ; DK 166 f f . ; SF 423 f f . ; F 4 7 4 ; C S 1317; T R 1350 f. E i n z e l s t i m m g e b u n g 43 (s. a. M e h r stimmgebung) Eiserne G a r d e R 1048 ff. Electio p e r a d o r a t i o n e m V 1414 Electio p e r c o m p r o m i s s u m V 1414, 1416 f. Electio p e r i n s p i r a t i o n e m V 1414, 1416 f. Electio p e r s c r u t i n i u m V 1413 f., 1416 f. E l e k t o r e n DK 154; SF 414, 4 2 0 ; F 442 ff., 4 4 7 ; R 1033; S U 1152, 1160 (s. a. W a h l m ä n n e r ) E l e k t o r e n k o n g r e ß S U 1156 ff., 1160 E l f e n b e i n k ü s t e F 485 Elis G R 581 E l s a ß - L o t h r i n g e n D 214, 223, 248, 351 f . ; F 464, 475, 480, 508 E l v e r u m s v o l l m a c h t Ν 906 E n g e r e r R e i d i s r a t A 929 f. Engeres W a h l r e c h t 8, 20 ff. A L 58 f.; A N D 7 2 ; Β 77, 79, 84, 9 2 ; BG 128, 1 3 9 , 1 4 2 ; DK 157, 162; D 190, 197 ff., 204 f., 213 f., 226, 231, 248, 250, 252, 284, 322, 329, 335; S F 4 1 5 , 420; F 442 f., 448 f., 459, 4 6 1 ; G R 557, 561, 563; GB 628, 6 3 1 ; I R L 651, 657, 666; IS 696 f . ; 1 7 1 8 , 728, 7 3 3 ; Y U 7 5 8 , 760, 762 f., 765, 767, 772, 7 7 9 ; FL 7 9 9 ; L 811, 818; M A L 8 4 1 ; M C 850; Ν 9 1 1 ; A 933, 936, 9 4 0 ; PL 974 f., 982, 986, 9 9 1 ; Ρ 1023; R 1039, 1050, 1053; S 1085; C H 1112, 1117; S U 1167, 1200; Ε 1233, 1242, 1244, 1255; C S 1285, 1 2 9 1 , 1 3 0 4 , 1 3 0 7 , 1 3 1 6 , 1 3 1 9 ; T R 1342 f., 1348 f . ; Η 1375, 1388, 1393; C Y 1424 E n g l a n d D 189, 253, 2 7 2 ; G R 563; GB 605, 607, 609 f., 617, 6 2 2 ; Ν 9 8 1 ; C S 1287 (s. a. G r o ß b r i t a n n i e n ) Enosis C Y 1421 ff.

W a h l der P a r l a m e n t e Entente G R 568 f.; 1 7 1 8 ; C S 1287 f . ; T R 1336; Η 1376 E n t f e r n u n g ( z u m W a h l l o k a l ) G R 592; C S 1291 E n t z u g des a k t i v e n W a h l r e c h t s Β 86; BG 143; 1 7 2 5 ; R 1 0 5 0 (s. a. A u s schließungsgründe) Enzykliken Β 82; GR 579; IRL 667; Ρ 1022 Erbfolge (Bestellung nach) 3, 14, 2 8 ; D 2 4 3 ; F 452, 454; GB 6 1 9 ; A 928; Ρ 1013, 1015; Ε 1234 E r f o l g s w e r t (der S t i m m e n ) 25 E r f u r t e r P r o g r a m m D 226 E r g ä n z u n g s l i s t e D 273, 286, 316 E r g ä n z u n g s w a h l e n -»- N a c h w a h l e n , Teilwahlen, Drittelerneuerung, Halbern e u e r u n g , V i e r t e l e r n e u e r u n g usw. E r h ö h u n g der Gesetzgebungsdauer -*• Wahlperiode E r h ö h u n g des W a h l a l t e r s Wahlalter E r h ö h u n g des Zensus - > Zensuswahlrecht Ermächtigungsgesetz D 2 7 5 f . ; G R 5 7 3 ; P L 981 E r m i t t l u n g s v e r f a h r e n 45 f f . ; BG 137; D 257 f., 2 9 3 ; G R 576 f., 582; Y U 765; A 9 4 0 ; C S 1296, 1304, 1308 (s. a. M a n d a t s z u t e i l u n g ) E r n e n n u n g 4, 8 ff., 11, 14, 20, 2 8 ; BG 126 f., 130; DK 154; D 213, 243, 251, 2 7 4 ; F 449 ff., 454, 456, 461, 4 6 6 ; G R 559, 561 f . ; GB 6 2 0 ; I R L 654, 656, 668; IS 6 9 6 ; 1 7 1 3 f., 7 2 6 ; Y U 757 f., 762, 7 6 7 ; L 814, 823; M A L 834, 836 f . ; Ν 892; A 922, 928, 9 3 3 ; PL 9 8 2 ; Ρ 1013, 1015, 1023; R 1034; S U 1153, 1172, 1189; Ε 1230, 1234, 1240, 1244, 1252, 1263 f f . ; T R 1332; Η 1372, 1380; V 1 4 1 1 ; C Y 1419 ff. E r s a t z k a n d i d a t e n ( ~ t u r ) Β 85; DK 158; D 199 f.; F 444, 4 5 2 ; FL 799, 801; Ν 904; S U 1206; Ε 1230 Erscheinungspflidit ( i m W a h l l o k a l ) N L 874 Erste K a m m e r L 8 0 9 ; . N L 858, 860, 862, 867 f., 887; S 1085 ff., 1097 ff., 1106 Erster W e l t k r i e g A 5 8 ; Β 81, 9 3 ; BG 133, 135; DK 161; D 240 ff., 2 4 8 ; SF 418 f . ; F 470, 474, 478 f f . ; G R 566, 5 6 8 ; GB 618, 621 f.; I R L 651 ff., 661; 1 7 1 6 , 718, 720, 7 3 1 ; Y U 7 6 2 ;

1455

Index FL 797, 801; L 8 1 6 ; M A L 837, 839; NL 867; Ν 904; A 935; PL 974; R 1036, 1039 f., 1046, 1051; S 1090, 1092; CS 1287, 1292; T R 1331, 1335; Η 1367; C Y 1419 Erstpräferenz 54; IRL 658, 671 ff. Erststimme D 292, 295, 314; IRL 665, 669, 671 Erzerum T R 1335 Estado Novo Ρ 1022 Estado Nuevo Ε 1260 Estatuto de Bayona Ε 1229 Estatuto Real Ε 1234, 1239 Estland SU 1169, 1178 Ethnisdie Minderheiten Nationale Minderheiten Eventualstimmgebung 43.; GB 624 Exaltados Ε 1233 Examenswähler NL 864 (s. a. Bildungszensus) Exardiat BG 125 Executive Council C Y 1419 f. Exekutive BG 126 ff., 137; DK 170, 174; D 1 9 0 , 194, 211 ff., 227, 230, 321, 326, 331; S F 4 2 9 ; F 4 4 3 , 445, 448, 452 f., 456, 459, 466, 472, 495; GR 557 f., 579; IRL 652; IS 695, 701; 1713; Y U 773; MAL 836 f.; M C 850; NL 858; Ν 892; A 924 f., 936; Ρ 1011; R 1 0 3 1 , 1042; S1084, 1098; C H 1112; SU 1149, 1172; Ε 1232; T R 1346 Exekutivkomitee SU 1165, 1172 1177, 1189 Exil D 278; NL 873 Exilparlament PL 985; CS 1302 Exilregierung F 4 8 2 ; Y U 7 7 0 f . ; L 8 2 0 ; Ν 907; PL 984 ff. Ex-officio (Bestellung nach) 3, 11; BG 126; D 195, 212, 250, 285; GB 619, 629; IRL 654; Y U 7 5 3 , 755, 761 f.; MAL 833, 841; Ρ 1023; R 1031, 1033, 1035, 1037 f., 1050; Ε 1251, 1263, 1266 f.; C Y 1421 Extra-parlamentarische Kabinette Außerparlamentarische Regierung Extreme Rechte SU 1161; Ε 1255 Extreme Linke 1717

F Fachmännerregierung SF 420; N L 867

Falange Ε 1257, 1262 ff. Fälschungen -> Wahlfälschungen, ~ Manipulationen Familienhäupter, ~ vorstände (und Wahlrecht) AND 72; Β 92; Ρ 1016, 1022, 1024; RSM 1077; Ε 1235, 1263, 1265 Familienstimmrecht Ρ 1204; Ε 1263 ff. (s. a. Familienhäupter und Wahlrecht) Fancy Franchise GB 613 Färöer DK 153, 170, 173 f.; IS 696 Faschismus D 274 ff.; 1723 ff.; A 944; R 1051; RSM 1077 f.; Η 1385 Faschistische Parteien D 268 ff.; GB 623; IRL 669; I 722 ff., 728; RSM 1078 Fasci Italiani di Combattimento I 723 ff. Februarpatent A 927 ff. Fellesliste Ν 904, 906 Fennomanen SF 414 f.; Fianna Fail IRL 660, 663 ff., 669 ff. Fine Gael IRL 669 f. Finnland 413 ff.; Nachträge 1429 ff. Flandern (Flamen) Β 87, 96, 98, 102, 109 f. Floating Vote GB 626 Flüchtlinge D 3 0 1 ; S F 4 2 5 ; GR 569 f., 572, 576 Föderalismus D 212 f., 250 f., 276, 283, 326, 329 ff.; Y U 7 6 3 , 769 ff., 774; C H 1113, 1124; CS 1319 ff. Föderation der demokratischen und sozialistischen Linken F 504, 506, 510 Folketing (Volksting) DK 153 ff., 170 ff. Formateur NL 872 Första Kammaren S 1085 ff., 1106 Fortschrittliche (Parteien) Β 80, 83; D 209, 212, 221 ff., 227, 231, 262; SF 418, 427; GR 565 f., 574, 576, 579, 581 f.; IRL 663; IS 698 ff., 704; Y U 759; FL 797, 800 f.; Ρ 1017; SU 1162, 1165; Ε 1233, 1236 ff., 1241, 1243 Fraktionen AL 59; DK 156; D 200, 204 f., 217 f., 220; GB 612 f., 617; 1717; L 816; N L 8 6 5 ; A 931, 934; PL 994; R 1036; S 1087, 1097; C H 1121, 1125; T R 1334 Franken D 267 Frankfurt/Main D 199 Frankfurt/Oder D 270 Frankfurter Nationalversammlung D 199 ff.

1456 Frankreich 441 ff.; A N D 71; D 196; GR 559 f., 563; Y U 7 6 8 ; L 816 f.; MC 849; A 948; C H 1115; SU 1149; Ε 1229, 1233, 1242; CS 1287, 1302; Nachträge 1429 ff. Frauenwahlrecht (allgemein) 22; AL 64; Β 98; BG 139; DK 162; D 248, 252; SF 415 f.; F 442; GR 580; GB621; IRL 657; IS 697; I 728, 731; YU 771 f.; L 817 f.; MAL 841; MC 852 f.; N L 867; Ν 899; A 936, 940; PL 974 ff.; R 1053; S 1090; SU 1167, 1201; Ε 1255; CS 1291; TR 1340; Η 1388; CY 1424 Frauenwahlrecht (beschränkt) Β 93; BG 138; DK 160; D 195; GR 580; GB 621, 631; IRL 651, 655; Y U 7 5 5 ; Ν 899; A 928; Ρ 1024; RSM 1079; SU 1156, 1182; Ε 1253; Η 1375 f., 1379, 1384 Frauenwahlrecht (Einführung) AL 64; Β 98; BG 139; DK 160, 162; D 248, 252 f.; SF 415 f.; F483 f.; GR 580; GB 621; IRL 651, 657; IS 697; 1728, 731; Y U 7 7 1 f.; L 8 1 7 f . ; MAL841; MC 852 f.; N L 867; Ν 899; A 936, 940; PL 974 ff.; R 1053; RSM 1079; S 1090; C H 1127 f.; SU 1156, 1167; Ε 1253, 1255; CS 1291; TR 1340; Η 1375 f., 1388; CY 1424 Frauenwahlrecht (Forderung auf Einführung) Β 93; DK 160; D 226 f., 246; F 443; GB 620 f.; I 718, 720; FL 799 f.; N L 867; C H 1127 f. Freehold GB 608 f., 632 Freiburg (Schweiz) C H 1111, 1114 f. Freie Demokratische Partei D 278, 281 f., 286, 293, 305 f., 310 ff. Freie Liste 38, 42 f.; SF 424 f.; IRL 673; L 821; C H 1121 Freies Mandat D190, 194, 221, 256, 285, 334; CS 1296 Freie Wahlen 21, 26 f.; D 2 8 4 ; T R 1349 Freiheitliche Partei A 949 Freisinnige (Parteien) D 227 f.; G R 570 ff.; N L 865; S 1093; C H 1121 ff., 1128 Friedensresolution des Reichstages D 244 Friesland N L 857 Frisinnede Venstre Ν 902 Front Bencher GB 619, 627 Führerprinzip D 257, 276

Wahl der Parlamente Fünferwahlkreis IRL 671; MAL 841 ff.; C H 1117 Fünfjahresplan SU 1183, 1190 f. Fünfklassenwahlrecht A 932; SU 1156 ff. Fünfparteiensystem NL 873, 877; S 1092; SF 428 Fünftelerneuerung F 454 Fünfziger-Ausschuß (des Vorparlaments) D 198 f. Funktionen (der Wahl) 1, 12 f.; D 315, 336 ff.; R 1046; SU 1213 ff. (s. a. Bedeutung)

G Galizien A 921, 923 f., 929 f., 933, 958; PL 973 f., 977, 981 Ganzerneuerung Β 78, 87 Gaullisten F491, 493, 500, 503, 507, 509 ff. Gebundenes Mandat -*• Imperatives Mandat Geheimes Wahlrecht 21 f., 25; AL 59; A N D 73; Β 79, 84, 93; BG 139, 141; DK 159 f., 162, 170; D 190, 205 f., 211, 213, 231, 240, 242 f., 247 f., 250 ff., 284, 322, 329, 335; SF415; F 442, 444, 446 ff., 454 f., 459 ff.; GR 561, 563; GB 613 ff., 628, 631; IRL 651, 657, 666; IS 697; 1715, 718, 728, 733; YU 756, 760, 763, 765, 772, 779; FL 799; L 809, 811, 813, 815; MAL 841; MC 850; N L 8 6 4 ; Ν 911; A 933, 936, 940; PL 974 f., 982, 986, 991; Ρ 1016, 1023, 1025; R 1037, 1039,1050,1053; S 1085; C H 1117 f.; SU 1155, 1158, 1167, 1201 f.; Ε 1242, 1244, 1255; CS 1285, 1291, 1304, 1307, 1316, 1319; T R 1332, 1339, 1342 f., 1348 f.; Η 1374 f., 1379, 1384 f., 1388,1393; V 1417; CY 1420, 1424 Geistliche (Unvereinbarkeit oder Unwählbarkeit) Inkompatibilität Geistliche Fürstentümer D 189 Geistlichkeit (als Stand) Stände Gelderland N L 857 Gemäßigte (Parteien) F466, 481, 489, 491, 493 f., 500, 503 f., 508, 511; Ε 1233, 1239 Gemäßigte Rechte und Russisch Nationale SU 1161

Index

1457

Gemeinderäte F 467, 471, 490, 498; 776 f.; PL 991; R 1056; SU 1172, GR 560; GB 629; MC 850 ff.; N L 1185; Ε 1262; TR 1332 858; Ε 1234, 1252, 1263 Gewerkschaften Β 82, 91; BG133; D Gemeindewahlen D 254, 321 ff., 328, 224, 247, 265, 271, 324, 331; F510; GB 622, 624, 631; IRL 661, 667; IS 335; GR 560; 1729, 736; MC 852 f.; 704; 1717, 725, 728; Y U 7 6 6 ; MAL S 1090; Ε 1252; CS 1301; TR 1340; 838, 840; Ν 902; A 951; PL 979; R Η 1387 (s. a. Kommunalwahlen) 1051; S 1094; SU 1189; Ε 1262; Η Gemeine Herrschaften C H 1111, 1113 1368, 1376, 1386 f.; CY 1422 Gemeinsame Abstimmungen (beim Gibraltar GB 605, 631 preußischen Dreiklassenwahlrecht) D Giolitti'sche Wahlreform 1718 206, 210, 237 f. Girondisten F 445 Gemeinsamer Ausschuß ( ~ R a t ) DK Glarus C H 1111, 1114, 1127 153, 161; IRL 654; S 1086, 1097 ff. Gleiches Wahlrecht 8, 21 f., 41; AL 59; Generalrat F 467, 488, 490 f., 498; V Β 93; BG 129, 139, 142; DK 162, 170; 1407 D 190, 196 ff., 205 f., 211, 213, 220, Generalstaaten L 809; NL 858, 882 237, 239, 242 ff., 247 f., 250 f., 252, Generalstände F 441 f. 284, 322, 329, 335; SF415; F 4 4 2 f . , Genf C H 1114 f., 1122, 1124 ff. 448 f., 459, 461; GR 561; GB 607, Genossenschaften -*• Korporationen 628, 631; IRL 657, 666; IS 696 f.; I Gentry GB 607, 611 718, 728, 733; YU 760, 762 f., 765, Gerechtigkeitspartei TR 1352 f. 767, 772, 779; FL 799; L818; MAL Geronten GR 556 841; MC 850; NL 867; Ν 911; A 933, Gerrymandering 41 (s. a. Wahlkreis936, 940; PL 974 f., 982, 986, 991; geometrie) R 1039, 1050, 1053; RSM 1077; S Gesamtdeutscher Blodt D 301 1085; C H 1112 ff., 1117; SU 1167, Geschäftskabinett (~regierung) GR 1200; Ε 1242, 1244, 1247, 1255; CS 576, 578, 584, 586, 588, 592 f. 1285, 1291, 1304, 1307, 1316, 1319; Gesellschaftliche Organisationen -> TR 1342 f., 1348 f.; Η 1375, 1388, Massenorganisationen 1393; V 1412; CY 1424 Gesellschaftsstruktur —>- Sozialstruktur Gleichschaltung BG 140 f.; D 275 f., 322, Gesetzgebungsrecht AL 58; A N D 71; Β 324 f.; A 947; R 1054 78; BG 126, 128; DK 153; D 191, Goden IS 695 194, 212 f., 223, 250 f., 281, 284 f., Godesberger Programm D 306 f. 329 f.; SF 413; F449, 453; G R 5 6 1 ; Görz-Gradiska A 958 GB 606; IS 696; 1713; YU756, 761; Gothaer Programm Β 81; D 226; Ν 902 L 811 f.; MC 850; N L 858; Ν 894; Gouvernement als Wahlkreis SU 1149, A 922, 924 f., 928; PL 975, Ρ 1014; 1156 ff., 1160, 1178 S 1083; C H 1116; SU 1164, 1777; Gouvernementssowjet SU 1183, 1187 f. CS 1290 f.; TR 1332; Η 1396; CY Government by influence GB 608, 611 f. 1419 ff. Grabensystem D 314 Gesetzgebungsdauer Wahlperiode Graduierte Stimmgebung SF 414 Gestaltungselemente (des Wahlsystems) Graduiertes Stimmrecht S 1085, 1088 f. 28, 30 f., 33, 35 f., 40 ff.; D 256, 308, (s. a. Pluralwahlrecht) 311, 316 Grafschaften GB 606, 608, 610 f., 614 ff., Gewaltenteilung ( ~ t r e n n u n g ) AL 58; 622 BG 143; DK 153; D 191, 194, 252, 328; SF 419; F 4 4 2 f . , 445 ff., 459, Graubünden C H 1113 f., 1117, 1122, 496; GR 557; IS 699; Y U 7 5 7 ; MC 1124, 1126 850, 852; Ν 892; PL 991; Ρ 1011; SU Griechenland 555 ff.; AL 57; BG 138; 1148, 1172, 1183, 1185; Ε 1230, \ CY 1422 f. 1232 ff.; TR 1346 f. Grondwet NL 857 f. Gewaltenvereinigung BG 143; D 191, Groningen N L 857 194, 212, 328, 331, 333, 343 f.; YU Grönland DK 153, 170, 173 f. 92

Stemberger-Vogel,

Parlamente 1,2

1458 Großbritannien 605 ff.; BG 140; DK 164; D 277; GR 559 f., 562 f., 574; IRL 651, 654, 661, 663, 670; Y U 7 7 1 ; L 833; A 948; PL 988; CS 1302; CY 1419,1423 f., 1426; Nachträge 1429 ff. (s. a. England) Großbürgertum D 198, 200, 203, 209, 222, 264; GR 562; L 813; A 926, 929, 934 Großdeutsche D 205; A 942 ff. Große Koalition D 260 f., 264, 273, 300, 311, 315; GR 586, A 942, 949 ff. Große Nationalversammlung BG 126, 128 ff.; R 1055 ff., 1070; TR 1336 ff., 1339, 1357 Großer Rat CH 1112, 1115 f., 1127 Großer Rat des Faschismus I 725 ff. Großer und Allgemeiner Rat RSM 1075 f., 1078, 1080 Großgrundbesitz (-er) AL 57, 60, 62; AND 72; Β 87; DK 156; D 194, 198, 200, 205, 209, 211, 222, 257, 264; GR 569; IRL 669; YU 755; A 922 f., 925, 928 f., 931, 934; PL 974, 977; R 1031, 1033, 1038, 1040, 1054; SU 1153, 1155 ff., 1160 f., 1165, 1181; CS 1286; Η 1367, 1372 Großindustrie (~elle) D 222; CS 1293 Größter Durchschnitt (Methode des) 48, 52; F 474, 484, 487 f., 491 f.; NL 871 Großwahlkreise -»• Mehrmannwahlkreise Grundbesitz (-er) Β 83; L 8 1 6 ; A 929; SU 1148, 1155 f. Grundgesetz D 283, 285, 326, 328, 345; SF 413; NL 857 f. Grundrechte DK 153; D 191, 275, 326, 328, 330; GR 558, 567, 572; NL 860; A 924; SU 1152, 1154, 1177, 1192; Ε 1242, 1251; TR 1347 Grundstimme D 240, 242 Grunnloven Ν 891 Grütliverein CH 1122 Guadeloupe F 456, 464, 467, 472, 483 f., 490, 492 Guayana (Französisch-) F 459, 464, 467, 472, 483 f., 490, 492 Guernsey GB 628 ff. Guinea F 485, 501 Guipuzcoa Ε 1239

Wahl der Parlamente Η Habsburg (Habsburger Monarchie) I 713; YU 753; A 921; PL 974; CS 1285, 1287 (s. a. Österreich) Hadeln D 189 Hagenbach-Bischoff ('sehe Methode) 38, 46 f ; BG 134, 139; GR 571, 575 f., 583; I 728, 734; FL 800; L 818; NL 871; A 940; CH 1120 f., 1134 ff.; CS 1292, 1296 f., 1305 Halberneuerung AND 72; Β 78 ff.; DK 154, 164; F 450, 488; GB 629; IS 697 f.; YU 779; FL 795; L 810, 814, 823; NL 860, 868; Ρ 1020; R 1036; Ε 1244, 1263 Hamburg D199, 233, 254, 282, 289, 291, 295, 298, 301, 304, 345, 351 f., 365 ff., 370 f. Handwerker DK 165; D 196, 199 f., 204, 272 Hannover D 192, 197, 199, 201, 207, 270 Hare ('sches Verfahren) 38, 54; DK 155; YU 760, 763 Hare ('sdhe Wahlzahl) 46; YU 760, 763 Harmonisierende Mehrheitswahl D 316 f. Hauptstimme Β 89; D 312 f. Hausstand (und Wahlredit) Β 83, 85; DK 156; D 190, 195, 199; Ε 1230, 1235 Heidelberger Konvent D 197 Heiliger Stuhl I 715, 725; V 1407 ff. Heimatfront Ν 907 Heimatwehren A 942, 944 ff. Helvetische Republik CH 1111 ff. Heppenheimer Tagung D 197 Herabsetzung der Abgeordnetenzahl -»· Mitgliederzahl Herrn GB 628 Herrenhaus D 229, 242 ff.; A 928, 930, 933 Herzegowina YU 754 f., 759, 763 f., 770; A 921 Hessen D 233, 254, 275, 282, 289, 291, 293, 301, 304 f., 351 f., 365 ff., 370 f. Hessen-Darmstadt D 191 f., 197, 201, 207 Heterodithonen GR 557 Hilfsstimme D 312 f. Historische Länder CS 1285 ff., 1302 Historisches Recht A 922, 926; CS 1285

Index

1459

Hochburgen (von Parteien) Β 89; D 267, 271, 281, 316 f., 319, 322; GB 624, 626; IRL 661, 671; C Y 1422 Höchstbesteuerte DK 157, 161; D 206; F 454 f., 457; Y U 7 5 5 ; N L 860, 862; A 923, 928; Ε 1234 ff., 1240 f., 1244 Höchstzahlverfahren 48 ff. Högerpartiet S 1089 Hohenzollern-Hechingen D 192, 194, 201, 207 Hohenzollern-Sigmaringen D 192, 195, 201, 207; FL 794 Hohe Pforte BG 125; Y U 755, 757; R 1031 f., 1035 H 0 j r e DK 155 f., 159 f., 164; Ν 899 f., 902, 907, 910 f. Holland N L 857 Home Rule GB 618; IRL 651 f., 654 f., 657; IS 697 Honoratiorenparlament D 200; I 717 Honoratiorenparteien D 220, 256 f., GR 565, 567, 575; A 931; S 1089; Ε 1239 Hospodar R 1031 f. House of Commons GB 606 ff., 640; IRL 651, 654 f. House of Keys GB 630 House of Lords GB 606 ff., 640 House of Representatives MAL 845; C Y 1424 Huesca Ε 1238 Hultschiner Ländchen CS 1203 Huntington (Methode) 49 Hydra G R 556, 561 I Immunität G R 588, 590, 593; Ρ 1025; CS 1299 Imperatives Mandat A N D 74; F 442 f.; G R 539; SU 1195, 1201, 1214 Imperiali (Methode) 49 Indemnität(-gesetzgebung) D 2 1 1 ; G R 589, 593 Indigenatsrat D K 153, 156, 160 Indirektes Wahlrecht 26; AL 59; BG 130; DK 157, 164; D 195, 198 f., 206, 231, 237, 239, 247, 283; SF 420; F 442, 447 f., 501; GR 556 ff.; GB 629; Y U 757 f., 780; FL 795; L 810 f., 813; N L 858, 860, 868; Ν 891 f., 901; A 923, 927 ff.; Ρ 1013,

1015; R 1033 f., 1038 f.; S 1083; C H 112; SU 1148, 1152 f., 1155 ff., 1178, 1180, 1183, 1207; Ε 1229 f., 1232, 1244, 1252, 1263 f.; T R 1333, 1337 ff.; Η 1375 Indochina (Französisch-) F 472, 485, 487, 490, 495 Indonesien N L 857 Industrialisierung Β 102; D 196, 209, 215, 224, 267, 271; SF415; F 4 8 0 f . ; IS 698; 1717; FL 797, 802; N L 8 6 6 ; Ν 897 f., 902; PL 977; RSM 1076; S 1084, 1087, 1091; SU 1150, 1191; CS 1285 Ineligibilität 22; G R 593; Y U 757 f., 760, 765 (s. a. Inkompatibilität) Inflation D 263 f., 266 ff. Informateur N L 872 Inkompatibilität 22; Β 86; BG 132, 134, 138; D 214, 245, 287, 334; F 443, 446, 460, 496; G R 557, 567, 571 f., 578, 592 f.; IS 703; Y U 757 f., 760, 765; L 823; MAL 836; N L 872; Ν 892, 904, 912; A 975, 982, 992; C H 1117; SU 1153 f.; Ε 1246; CS 1292; T R 1332, 1340, 1350; C Y 1420, 1424 (s. a. den SystT. des jeweiligen Länderbeitrages) Innerrhoden C H 1111, 1126 Instabilität DK 173; D 259; SF 420; F 468 ff., 479, 481, 494 f.; PL 978; R 1046 ff.; Ε 1232; CS 1296 (s. a. Regierungsstabilität) Instruierte Vertreter Imperatives Mandat Integration 15, 17, 19, 39; D 259, 301; G R 569 f.; G B 6 2 3 ; 1739; MAL 843 Intelligenz (und Wahlrecht) Β 82; DK 156, 165; D 196, 198, 204; G R 565; IS 696; 1715; SU 1151, 1163 Interessengruppen (innerparteiliche) D 256 f., 295 f., 316; IS 703; A 950 Interessenparteien B G 1 3 3 ; D216, 256, 259, 267 f., 300 f.; L 820 Interfraktioneller Ausschuß D 231, 244 f. Internationale (Kommunistische) Β 81; Ν 9 0 4 ; R 1052; CS 1286 Interner Proporz D 313, 316 f. Interpellation (-sredit) D 231; F 458, PL 994 f. Irish Nationalist Party IRL 651 ff.

Wahl der Parlamente

1460 Irland (Irischer Freistaat) 651 ff.; GB 605, 608, 618; MAL 839; Nachträge 1429 ff. Isle of Man GB 605, 628, 630 f. Island 695 ff.; DK 153 Istrien 1721; Y U 7 6 3 ; A 921 Italien 713 ff.; BG 138; GR 575; YU 763, 769, 773; A 923, 937, 944, 946; RSM 1077; Ε 1262; Η 1385; V 1407 Ius exclusivae V 1413 f. Ius inclusivae V 1413

J Jakobiner F 448 Jalta (Konferenz von) D 277; Y U 7 7 1 ; PL 986, 988 Jersey GB 628 f. Jethou GB 628 Jeunesses democrates et sociales MC 852 f. Johanniterorden MAL 833 Juden GR 570; R 1037; SU 1152, 1169, 1190; Η 1383, 1385 Judenprogrome SU 1150 Jüdische Parteien - > Nationale Minderheiten Jugoslawien 753 ff.; BG 136, 138, 142 Julibotschaft (~erlaß) D 243 Julimonarchie F 457, 462, 466 Jungfinnen SF415, 417 f. Jungtschechen A 932, 934; CS 1285 f. Jungtürken T R 1333 Jungwähler D 249, 307, 345 Jutland DK 154, 162

Κ Kabinettsstruktur Β 81; DK 159; GR 562 Kader (Nomenklatur) D 3 4 1 ; Y U 7 7 0 ; SU 1172, 1209 Kadetten SU 1161 ff. Kaiser (Deutscher) D 189, 212 ff. Kaiserreich D 189 f., 195, 212 ff., 250, 259, 262, 280, 285, 296, 322; F 451 f., 460 ff.; A 921 ff. Kalifat TR 1331 ff., 1337 Kamerun F 485 Kammer der Faschisten und Korporationen I 726

Kammer der Nationen CS 1319 f., 1327 Kanalinseln GB 605, 628 ff. Kanarisdie Inseln Ε 1245 Kandidatenaufstellung nominierung) 5 f., 12, 19, 41 ff.; AL 64; A N D 73; BG 143 f.; DK 165 ff.; D 221, 256, 294 ff., 338 ff.; GR 588; GB 615, 617, 621, 623; IRL 658 f., 667 f.; YU 779 ff.; L 810; NL 868; PL 982 f., 995; Ρ 1020; S 1101; SU 1158, 1185, 1203 ff., 1208 ff., 1212 ff.; Ε 1239, 1249, 1263; CS 1309 f., 1312, 1316; TR 1351; Η 1381, 1390, 1394 Kandidatenauswahl D 337 ff.; Y U 7 8 1 ; R 1058; CS 1313 Kandidatenlisten 5 f., 43; D 324, 326; SF 416, 423 f.; F453, 459; GR 578, 581, 586; IRL 663, 667; Y U 7 6 4 ; FL 800; MC 853; PL 982; R 1050; SU 1169; TR 1342, 1345 Kandidatenstreichung BG 133; D 335; F 449; PL 995 f.; Ρ 1024; CS 1313; Η 1393 Kandidatenverbindung I 731 Kantonalwahlen Β 83; L 813; C H 1115 ff. Kantone F 443, 446 f., 451 f., 488; L 810 ff.; C H 1111 ff. Kapazitätenwahlrecht 23; Β 77, 83 f., 92; 1714 f.; Ε 1235 ff. Kapetanaei GR 556, 558, 562 Kapitel D 189 Kardinalskollegium V 1409 ff. Karlisten Ε 1246 Karlsbad CS 1292 Kärnten 1721; A 921, 936 f., 958, 961 Karpathorußland CS 1289 ff., 1292 f., 1302, 1304 Kartellparteien D 228 Kartellwahlen D 218, 222 f., 227 f. Kaschauer Programm CS 1303 f., 1306 Katalanische Linke Ε 1252, 1255, 1257 Katalanische Republik Ε 1260 Katalonien Ε 1251, 1259 f. Katholiken Β 78, 81, 87 ff., 96, 102 ff.; IRL 661; L 8 1 6 ; N L 861, 864, 867 Katholische Volkspartei N L 873 ff.; CS 1286, 1288, 1293, 1295 ff., 1303 ff. Katholizismus (politischer) Β 77, 80, 96; 1714, 716, 719 f.; Y U 7 5 4 ; L 8 1 5 ; NL 873 Kaufmannsstand D 195; SU 1165 Kazike Ε 1248

Index Kings Bench Division GB 645 Kirchenstaat I 713; V 1407 ff. Kirchliche Bindung (und Wahlverhalten) Β 98; D 2 6 1 f . , 267, 270 f. (s. a. Wählerverhalten) Klasseneinteilung D 209 ff., 237 ff. Klassenwahlrecht 24; BG 127; D 206 ff., 237 ff.; A 928 ff.; R 1033, 1036, 1038; SU 1148 f., 1153, 1155 ff., 1180 ff., 1186, 1200, 1204 f., 1207 f., 1211 ff.; CS 1286 Klassifikation von Kandidaten Β 89; Ε 1234 Kleinbauern DK 155, 159, 165; IRL 661, 664; Ν 896; S 1084; CS 1285 f.; Η 1367 f., 1372 Kleinbürgertum D 198, 200, 264; F 493; GR 562; GB610; 1716, 723; L 812; A 929, 932; SU 1161, 1165; CS 1285, 1297 Kleindeutsche D 200, 222 Kleiner Rat C H 1115 Kleine Verfassung PL 990 Kleinlandwirtepartei Η 1376 ff., 1385 ff., 1390 ff. Klerus Β 80; BG 125 f., 129, 132; F 441 f., 478; GR 579; GB 606; IRL 661; YU 755, 759; MAL 833 ff., 838, 842 f.; Ρ 1011, 1013; R 1031, 1033; SU 1156; TR 1344; V 1408, 1411 (s. a. Geistlichkeit als Stand) Klientelherrschaft GR 555 f., 559, 566, 590 Klöster D 189; F 441; R 1033 Koalitionsregierung BG 133; DK 159 ff., 170 ff.; GB 623; Η 1387, 1492 (s. a. Regierungssystem) Koalitionsvertrag A 952 Kollektivierung der Landwirtschaft SU 1183, 1188, 1190 ff. (s. a. Bodenreform) Kolonien F441, 445, 447, 450, 458 f., 461, 464, 467, 472, 476, 483 f.; NL 857 Komintern YU 770; PL 977; CS 1295 Komitat Η 1365, 1370, 1393 Komitee f ü r Einheit und Fortschritt TR 1333 f. Kommatarchen GR 564, 566 Kommunale Kammern CY 1423 ff. Kommunale Liste F 449 Kommunalwahlen Β 83; DK 160; GR 580; GB 621; R 1058; S 1090, 1092 f.,

1461 1100 f.; CS 1289, 1298, 1300 (s. a. Gemeindewahlen) Kommune, Pariser F 465; YU 776 Kommunistische Parteien 12; AL 64; BG 135, 138 ff.; DK 167, 169, 171; D 256 f., 261, 265 f., 275, 278, 281 ff., 286, 320 ff., 327, 344; SF 420 ff., 425 ff.; F 476 ff., 481, 483 ff., 489 f., 493, 500, 503 ff., 508, 510; GR 570 f., 573 f., 576; GB 623; IS 704; I 719, 722, 729, 734 ff., 738; YU 765, 770 ff., 774 ff.; L 817, 820 f.; Ν 904 f., 907; A 947 ff.; PL 977, 983, 985 ff., 992 ff., 997 f.; R 1051 ff., 1056 ff.; RSM 1078; S 1090, 1092 f., 1095; C H 1123, 1125; SU 1152, 1162 f., 1168 ff., 1171, 1182, 1188 1'., 1199 ff., 1207 f., 1213 ff.; Ε 1253, 1255, 1257; CS 1294 ff., 1303 ff., 1313 ff.; Η 1377, 1386 ff., 1391 ff.; CY 1422 Komoren F 485 Kompatibilität Β 86; F 452 f., 458, 462, 466; C H 1128; Η 1369 f. Konfessionsgegensatz Β 77; NL 857 Kongreß Ε 1238, 1240, 1243 f. Konjunktur (und Wahlverhalten) Β 102; D 259, 265, 269 ff., 300 f.; A 950; S 1094; CS 1298 f. (s. a. Wählerverhalten) Konklave V 1412 ff., 1416 f. Konkurrenz (der Kandidaten, Parteien) 6f., 11, 15, 20, 27; AL 60; BG 144; D 337; 1725; YU 776; Ρ 1025; SU 1181; CS 1316; Η 1394 Konservative (Parteien) Β 80; BG 127, 129 ff.; DK 155 ff., 164 f.; D 200, 210 f., 215, 218 f., 221 ff., 226 ff., 238 ff., 242, 244, 263; F 460, 466, 475, 478, 480 f.; GR 558 , 565; GB 612, 614, 616 ff., 621 ff., 625 ff.; IS 699, 703 f.; 1719; L812, 815 ff., 820; N L 860 ff.; Ν 898 ff.; A 922, 930 f.; R 1036, 1038, 1040 f.; RSM 1077; S 1088 f., 1091 ff.; C H 1116, 1120 ff., 1128; Ε 1231, 1239, 1246 f. Konsistenz (im Wahlverhalten) D 307; N L 874 Konsistorium V 1410 f. Konstituante AL 60; DK 153; D 212, 246 ff.; F 458, 482 f.; GR 566 f.; IRL 655; I 728 f.; YU 761, 772; L 811; A 923 f., 937; PL 974; R 1035,1039 f.,

1462 1054; SU 1151 f., 1162, 1166 ff., 1170 f.; Ε 1273; T R 1347 ff. (s. a. Verfassunggebende Versammlungen) Konstituierender Reichstag A 923 f. Konstitutionalismus D 191 f., 210, 212 ff., 252; SU 1151, 1164, 1166; Ε 1229 Konstitutionelle Parteien Ρ 1011 ff.; SU 1161 Konstitutionelle Prinzipien D 191, 194, 211, 213 Konstruktives Mißtrauensvotum D 285, 329; G R 593 Konsulat F 448 ff. Konsularverfassung F 448 ff., 460 ff. Kontrollfunktion (des Parlamentes, der Wähler) 15 f.; BG 128; D213, 248 f.; F 458; L 823; Ν 894 f.; S 1084; C H 1130; T R 1344 Konvent F 445 f., 463; Y U 776 Konzentration (des Parteiensystems) DK 164; D 298, 302 ff., 314; MAL 843; N L 873 f.; R 1046; T R 1353 Konzentration (des Wählerverhaltens) D 267 f., 293, 302 ff., 314; IRL 671 f. Konzentrationseffekt (des Wahlsystems) GB 623 Kooptation 4; Β 94, 99; D 334; F 4 4 9 ; IRL 663; RSM 1076 ff.; C H 1115; CS 1288 Kopenhagen D K 154, 157, 162, 164 Kopfzahlprinzip D 197; F 441 Korporationen Β 82; D 189; 1725 ff.; MAL 838; R 1035, 1043; SU 1153; Η 1380 Korporative Kammer I 726; Ρ 1025 f. Korporativer Staat BG 134, 137 f.; D 189 f.; 1725 ff.; Ρ 1022 Korporativsystem 1726 f. Korruption G R 562, 564 f.; GB 608 f., 614 f., 618; IRL 668 f.; I 717, 724; R 1037, 1041; T R 1343 Kosmet Y U 770, 774 Krain 1721; Y U 7 5 4 ; A 921, 958 Kremsierer Verfassung A 924 f. Kreta G R 556, 574 Kriegskommunismus SU 1173 f. Krise (des Parlamentarismus) A 943 Kritikwahlscheine G R 592 Kroatien YU753, 763 f., 766, 768 ff.; A 921, 930

Wahl der Parlamente Kronkolonie GB 605, 631; MAL 833; C Y 1420 Kronländer A 921, 924, 927, 936 Kronrat M C 850, 852 Kronstädter Aufstand SU 1174 f. Kuba Ε 1242 Kubus-Kegel D 317; GB 627, 639 Kubisches Wahlsystem 36; D 317 Kugelgeber G R 563 f. Kugelungssystem 25; AL 64; G R 563 f., 567, 571; Y U 7 6 0 , 763, 771 Kulaken SU 1161, 1183 Kulturkampf D 218, 223, 227 Kumulieren 43 f.; F 454, 459, 467, 471, 474; G R 576, 591; L 818; C H 1121, 1125; C Y 1424 Kurhessen D 192, 199, 201, 207 Kurien (-Wahlrecht) 24; Y U 7 5 5 f . ; A 923, 928ff.; SU 1148 f., 1153, 1155 ff., 1159; V 1411; (s. a. Klassenwahlrecht) Kurland SU 1169 Kurendit Popullor AL 66 L Labour Party GB 620 ff., 625 ff., 630; IRL 661, 663 ff., 669 ff.; MAL 840 ff. Lagting DK 173 f.; Ν 893 ff., 912, 916 Lancashire GB 609 Landammann FL 793; C H 1114 Landarbeiter I 714, 718 f.; MAL 839; N L 867; Ν 896; S 1084; Η 1367, 1372 Landarbeitskammer -»- Berufskammern Landbesitzer MAL 833, 835 f. Landbund D 2 6 8 ; S 1090 Länder (deutsche, Wahlrecht in) D 192 f., 201 ff., 207 f., 232 ff., 254 f., 288 ff. Länderkammer D 328 ff.; Y U 772, 774; A 924 Länderrat A 945 Landesausschuß FL 796 Landesebene 36; SF 422; IS 697; I 728; N L 868, 877; T R 1351 Landeslisten DK 169; D 286, 292 ff., 312, 314, 316 f.; GR 593; I 733; C H 1126 Landesnationalrat PL 985 Landesrat DK 174 Landesversammlung SU 1147; Η 1375

Index

1463

Landgemeinden A 923, 928, 931; Ε 719 ff., 729 f., 734 ff., 738; YU754, 1229 758 f.; L 812, 815 ff., 820 ff.; NL 859 ff., 863 ff., 867, 874; Ν 896 ff.; Ländlicher Stand -*- Stände A 921 f., 930 ff., 934; Ρ 1012 f.; R Landreform ->- Bodenreform j 1036, 1038, 1041; S 1088 ff., 1092 ff.; Landsmandsforbundet Ν 902 | CH 1116, 1120 ff.; SU 1152, 1161, Landstände FL 794 1163 f., 1168 f.; Ε 1231, 1233, 1236, Landständische Verfassung D 191; FL 1239, 1241 f., 1246 f.; TR 1334; Η 793 f. 1370, 1372 f. Landsting DK 153 f., 156 ff., 168 ff.; S Liberalismus D 197, 262; NL 864; Ν 1085 896; A 929, 934; Ρ 1014; R 1036 f.; Landstyre DK 174 S 1084; SU 1150 ff.; Ε 1242 Landtag D 189 f., 194 ff., 197, 322, 331, Liechtenstein 793 ff. 336 f.; SF 413 ff.; YU 753, 755, 762; Ligurien I 724, 739 FL 793 ff., 803; A 924 f., 927 ff., 930, Lippe D 191 f., 199, 201, 207, 233, 254, 939 351 f., 365 Landtagswahlen D 280, 293, 296, 303 f., Liste 7, 30, 36, 39, 41 ff.; SF 416 f., 318, 320 f., 323, 328, 336 f., 374 f.; 423 ff.; GR 576, 578, 581; IS 698; SF 415, 418 NL 871, 873 (s. a. Listenwahl) Landvogt FL 793 f. Listeforbund Ν 906 Lappland 416 Listenanführer NL 869, 881 Lapuabewegung SF 421 f. Listengruppen Β 94; NL 868, 873 Laterankonzil von 1215 V 1413 Listenkandidaten D 293, 295 Lebenszeit (Mitgliedschaft auf DK Listenlose Verhältniswahl single 157; D 243; F 449, 454, 456, 461, transferable vote 467, 471; GR 561; GB 620; I 713, Listenmandat D 295, 312, 314, 316 733; YU 761; NL 858; A 928, 933; Listenstimmen 43 f.; Β 90 Ρ 1013, 1023; Ε 1234, 1240, 1252; Listen Verbindung Β 94, 99; BG 133, TR 1332 135, 139; DK 162; D 248, 256, 293, Legislative BG 126 ff.; D 194, 212 ff., 313, 316, 322, 336; SF 416 f.; F 475, 252, 326, 331; F 443, 445, 449, 456, 492f.; NL 868; Ν 904; A 940; CH 459, 466, 472, 495; GR 557, 573; IRL 1126; CS 1292, 1304, 1308; TR 1351 653; IS 695 f., 701; I 713; Ν 892; A Listenwahl 26, 37 f.; Β 84; BG 129, 132, 924, 927; Ρ 1011; R 1031, 1042; CH 134, 137; D 292; F 454, 459, 467, 1115; SU 1172; Ε 1232; TR 1346 469 ff., 474, 484, 487, 490 f., 500; Legislative Assembly MAL 837 ff. GR 571, 574 f., 578, 581 ff.; IS 698, Legislative Council GB 630 f.; MAL 701; I 715 f., 721, 728, 731, 733; 834, 836; CY 1419 ff. YU 760, 764, 771 f., 775; FL 800; Legislaturperiode -»· Wahlperiode L 818; MC 850; NL 868; Ν 903 f.; Legitimation (Legitimität) 14 f.; D 337; A 940; PL 975, 993; Ρ 1017, 1020; SU 1157, 1166, 1180, 1192, 1200 f. R 1035, 1040, 1043, 1053; RSM 1077; Legitimisten F 459, 464, 469 CH 1121; SU 1167 f.; CS 1292, 1304, Lehnsfürsten AND 71 1308, 1317; TR 1342, 1344, 1350; Η Leipzig D 249 1384 f., 1388 (s. a. lose gebundene, Lettland SU 1169, 1178 starre Liste) Levellers GB 607 Listenwahlquotient DK 166 ff.; SF 417, Liberale (Parteien) Β 78 ff., 87 ff., 92, 423 ff.; I 721; NL 868 f. 97; BG 127, 129 ff.; DK 155 f., 164 f.; Litauen SU 1178 D 198 f., 203 ff., 209 ff., 219 ff., Lizenzparteien D 278, 280, 320, 323; 226 ff., 262 ff., 320, 323 ff., 328, 330; Η 1388 SF 414; F 454; GR 559, 563, 567 ff., Lodger Franchise GB 614 571 ff., 575 ff., 581 f.; GB 612 f., Lögretta IS 695 617 f., 621 ff., 626; IS 703; I 714 ff., Lohnwähler NL 864

Wahl der Parlamente

1464 Lombardei I 713, 724, 739; A 921 London GB 616 Londoner Konferenzen D 282; L 809, 814; N L 857 Londoner Protokolle DK 154 f.; GR 559 Lose gebundene Liste 42f.; BG 133, 139; DK 166; D 286; F 488; I 721, 728, 733; FL 800; N L 869; A 941; RSM 1077 Losentscheid (Bestellung durch) 3 f., 14, 28; A N D 72; DK 155; SF 420; N L 859; C H 1112 f., 1117; Ε 1230 Lübeck D 233, 255, 351 f., 365 Lubliner Komitee PL 986 Lugo Ε 1238 f. Luxemburg 809 ff.; D 282 Luzern C H 1111, 1114

Μ Machtergreifung D 273, 280; A 944 Madagaskar F 485 Madeira Ρ 1017 Madrid Ε 1236, 1238, 1245, 1252, 1260 Magnaten GB 605, Η 1372 Magnatentafel Η 1365 Mähren A 921, 924, 929, 958; CS 1285, 1292 f., 1300, 1308 Majorz -> Mehrheitswahl Malta 833 ff. Malteserorden MAL 833 Mancommunitat de Catalunya Ε 1260 Mandatsniederlegung MC 851 f. Mandatsverlust -»• SystT. des jeweiligen Länderbeitrages Mandatszuteilung (bei Verhältniswahl) 29; Β 89 ff., 94; BG 133 f., 137, 139; DK 158, 162, 170 ff.; D 248 f., 257 f., 293, 322 f.; SF 416, 423, 427 f.; F 474 f., 484 f., 487 f., 490 ff., 498; GR 568, 571, 575 ff., 583, 591; IRL 658 f.; IS 698, 703; I 721, 723, 728, 732, 734 f.; FL 800; L 818, 822; MAL 838; N L 868 f., 871; Ν 904, 908 ff.; A 940 f.; PL 974 ff.; Ρ 1020; R 1040; S 1088, 1091, 1095 f.; C H 1121; SU 1168; CS 1292, 1304 f., 1308 f.; TR 1350 f.; Η 1384 Marea Adunare Nationäla R 1055, 1070 Marginal Seats GB 626

Marokko F 490 Martinique F 464, 467, 472, 483 f., 490, 492 Marxismus-Leninismus SU 1171 f., 1180, 1200 Marxistische Partei 17; D 330, 339, 344 Märzforderungen D 197 Märzverfassung von 1849 A 925 Massenorganisationen D 323 f., 326, 328, 330 f., 334 ff., 341 ff.; PL 993; R 1056, 1058; SU 1193, 1210; CS 1304, 1306, 1311 ff.; Η 1390 f., 1394 Massenparteien D 220 f., 256 f.; SF 425; GB 622; I 720, 729 f.; A 949 f.; S 1094 Mauretanien F 485 Mazedonen (~ien) BG 125, 134, 137; GR 569 f., 574; YU 756, 763 f., 770, 782; TR 1334 Mecklenburg D 191, 237, 248, 255, 267, 322, 324, 337, 351 f., 365, 375 Mediationsverfassung von 1803 C H 1113 ff. Mediatisierung D 190 Mehrfachkandidatur D 256; SF 424; F 455, 457, 460 f., 465, 467, 472; YU 762 Mehrheit (als Entscheidungsmaßstab) 33 ff., 39, 45 Mehrheitsbildendes Wahlsystem 16, 24, 33 ff.; Β 102; D 308, 311, 314 ff., 345; I 724; Mehrheitsbildung (und Wahlsystem) 16; Β 95; DK 157 ff., 170 ff.; D 253 f., 258 f., 727, 286, 298, 310 ff., SF 426, 428; GR 571 ff., 576, 581, 592; L 820 f.; NL 870; A 934 Mehrheitsparteien des Reichstages D 242, 244 ff., 250 Mehrheitsprämie F 474, 492 (s. a. Prämienwahlsystem) Mehrheitsprinzip Β 104 Mehrheitsregierung Β 99; F 455, 503, 506, 510 f.; GB619; Ρ 1021 (s. a. Regierungsverhältnisse) Mehrheitssozialdemokraten D 241, 246 ff. Mehrheitswahl 24, 30 ff., 40 f., 43; GR 568 f., 571, 578, 580, 591; GB 624; YU 757; Ν 892; CS 1317; Η 1384 (s. a. absolute, relative Mehrheitswahl)

Index

1465

Mehrheitswahl nach Listen Β 84, 87 f.; D 335; F 459 ff., 465, 471; I 715 f.; MAL 850; PL 995; Ρ 1017; R 1035, 1043; Ε 1246, 1253, 1255; T R 1342, 1344 Mehrmannwahlkreise 30, 40, 42 ff.; Β 84; DK 162, 170; D 245 f., 248, 252 f., 286, 335; SF 422; F 473 ff., 484; G R 561, 565, 573 ff., 578, 580; GB 625, 628 ff.; I R L 652; IS 698, 703; I 715 f., 720 f., 724, 728, 731, 733; Y U 764; FL 799; L 811, 818; MAL 838 f.; N L 860; Ν 892, 904; A 924, 940; PL 976, 993; Ρ 1016 f., 1021; R 1036, 1040, 1043, 1050; S 1088; C H 1117; SU 1167 f.; Ε 1236, 1245 f., 1253; CS 1292, 1304, 1313, 1317; T R 1342, 1344, 1350; Η 1384; C Y 1424 f. Mehrparteiensystem D 329; CS 1314; T R 1341 (s. a. Parteiensystem) Mehrstimmgebung 24, 43 ff.; Β 84; D 286; F 454, 458 f., 474; G R 561; L 813, 818; MAL 836; MC 853; N L 858; Ρ 1017; R 1050; C H 1117, 1120; Ε 1236, 1267; C Y 1424 Melilla Ε 1253 Menschenrechte F 442 Menschewiki SU 1152, 1162 f., 1168, 1170, 1174 Merseburg D 249, 267 Militäradministration (~regierung) D 278; G R 566, 590 Militärische Liga BG 136 ff. Militär (und Wahlrecht) — Wählerverhalten Modellparlament von 1295 GB 606 Moderados Ε 1233, 1241 f., 1247 Moderate Ν 900 Moldau R 1031 f., 1034 Monaco 849 ff. Monarchie, absolute F 4 4 1 f . ; GR 555, 560 ff.; FL 793; A 926 f.; Ε 1233; V 1407 Monarchie, erbliche AL 58; Β 78; BG 126, 128 ff.; DK 153 ff.; D 212 ff.; F451, 453, 456; GR560, 573; GB 607 ff.; 1 7 1 3 ff.; YU 764ff.; FL 794 ff.; L 809 ff.; MC 849 ff.; N L 857 ff.; Ν 891 ff.; A 922 ff.; Ρ 1011 ff.; S 1083 ff.; SU 1147 ff.; Ε 1233 ff.; TR 1332; Η 1368 Monarchie, konstitutionelle AL 58; BG 126; DK 153 ff.; D 212 ff., 240; SF 413; F 453, 456; GR 559, 561 ff., 573 f.; GB 607; Y U 7 6 7 ; FL 794 ff.; L 809 f., 813; MC 849; N L 857, 859; Ν 891 ff.; A 922; Ρ 1011 ff.; R 1037 ff.; S 1083 f.; SU 1150; Ε 1244; TR 1332 f.; Η 1368 Monarchie, parlamentarische Β 78 ff.; DK 159 ff.; GB 605, 612 ff.; 1713 ff.; YU 764 ff.; FL 798 ff.; L 814, 823; NL 861 ff.; Ν 897 ff.; R 1046; S 1097; TR 1334 Monarchisches Prinzip Β 78; D 194, 228; F 453, 456; Ρ 1012, 1014; Ε 1237, 1244 Monarchisten AL 59; F 459 f., 463 ff., 466, 470, 472, 478; GR 568; 1730, 734, 746 ff.; SU 1164; Ε 1252 f., 1257 (s. a. Royalisten) Montenegro (~griner) AL 57; YU 753, 761 ff., 769 f., 782 Moskau SU 1147, 1169 Mühlhausen C H 1111 Münchener Abkommen CS 1291, 1302 Muntenia R 1031 Musterverfassungen Magna Charta von 1215 GB 605 Amerikanische Bundesverfassung von

Wahl der Parlamente 1789; Einfluß auf: G R 558; GB 609; C H 1128 Französische Verfassung von 1791 F 443; Einfluß auf: Ε 1232 Französische Verfassung von 1793 F 443 Französische Direktorialverfassung von 1795 F 446 ff.; Einfluß auf: GR 557; C H 1111 Verfassung von Cadiz Ε 1232 f., 1237, 1242; Einfluß auf: Ρ 1011 Französische Charte von 1814 F 4 5 2 ; Einfluß auf: D 1 9 1 ; Ρ 1012 Französische Charte von 1830 F456; Einfluß auf: GR 560; I 713; Ε 1234 Belgische Verfassung von 1831 Β 78 f.; Einfluß auf: DK 153; GR 560; L 811; R 1035; TR 1332 Spanische Verfassung von 1837 Ε 1237 Statuto Albertino von 1848 I 713 ff., 726; Einfluß auf: MC 849; R 1034 Preußische Verfassung von 1850 D 206, 213; Einfluß auf: TR 1332 Deutsche Reichsverfassung von 1871 D 212 ff. Französische Verfassung von 1875 F 465 f.; Einfluß auf: PL 974; Ρ 1020; CS 1289 Verfassung der RSFSR von 1918 SU 1173, 1176 f. Weimarer Verfassung von 1919 D 250 ff., 328 Verfassung der UdSSR von 1923 SU 1178 Verfassung der UdSSR von 1936 SU 1191 ff.; Einfluß auf: AL 63; BG 142; D 328; YU 772; PL 991; R 1055; C H 1129; CS 1310 Jugoslawische Verfassung von 1946 YU 772 f.; Einfluß auf: R 1055 Französische Verfassung von 1958 F 495 ff. Mutterland F 445, 467; MAL 834, 839, 842; N L 857; Ρ 1017, 1023; Ε 1230, 1232, 1242

Ν Nachfolgekandidaten D 334 f. Neuwahlen Β 85; D 336; SF 417; F 446, 448, 455 ff., 460 f., 465, 467, 472, 474, 491 ff.; GB 627; IRL 653,

Index 660, 663, 667; PL 996; Η 1394; C Y 1420 Namenstimmgebung (Nominalstimmgebung) 43; Β 89 ff.; D K 165 ff.; A 953, 963 Narodnaja Wolja SU 1149, 1162 Narodniki SU 1162 Narodni shromazdeni CS 1291, 1325 Nasjonal Sämling Ν 906 f. Nassau D 191, 193, 195, 199, 202, 207 Nationalausschuß CS 1285, 1288 f., 1303 ff., 1309 f. National-Christliche Partei R 1049 Nationaldemokraten D 3 1 5 ; MAL 840; PL 973 ff., 983, 985; R 1041; CS 1288, 1293, 1295 ff., 1304 Nationale Front 12; D 330 f., 334, 336 ff., 344; PL 992 ff.; CS 1303 ff., 1309 ff.; Η 1385 Nationale Klubs A 934; PL 978 Nationale Liste SF422; F 4 4 9 ; 1723, 737 Nationale Minderheiten 23, 41; DK 174; D 215 f., 218, 233, 292; SF416; G R 570; Y U 7 6 5 ; PL 974 ff., 980 f., 983; R 1039, 1041, 1051 f., 1058 f.; SU 1155, 1157, 1164, 1168, 1185, 1190; CS 1286, 1292 f., 1295; T R 1331, 1333 f.; C Y 1419 (s. a. Nationalitäten) Nationale Radikale Union GR 759, 581 f., 588 Nationaler Rat der Korporationen 1726 Nationaler Volksverband PL 976 f. Nationale Sammlungspartei SF418, 427 Nationale Unabhängigkeitsfront Η 1386 ff. Nationale Union Ρ 1023 ff. Nationalismus 1723; R 1 0 5 3 ; SU 1161; CS 1285; T R 1333 f.; Η 1367 Nationalisten IRL 651 f. Nationalitäten A 921, 923 ff., 931 ff.; SU 1151, 1157; Η 1367 f. (s. a. Nationale Minderheiten) Nationalitätenfrage (~probIem) SF415; A 9 3 5 ; SU 1153, 1165; CS 1296, 1298 ff. Nationalitätenkämpfe A 929 Nationalitätenrat YU771, 774 ff., 778 ff. Nationalitätensowjet SU 1178 f., 1190,

1467 1194, 1196 ff., 1201, 1203, 1211, 1221 Nationalitätenstaat PL 973 Nationalkomitee T R 1346 f. Nationalkongreß Β 77 f., 85; MAL 841 Nationalliberale (Parteien) DK 153,156, 158; D 211 f., 218 ff., 226 ff., 237 ff., 242 ff., 262, 264; R 1036, 1041 f., 1044 f., 1052 f.; S 1088 Nationalpartei Y U 767; MAL 835, 839 ff.; PL 980, 983 f.; R 1041 f., 1044; CS 1294; T R 1342, 1352 f.; Η 1372; C Y 1422 Nationalrat Y U 762 f.; M C 850 ff., 854; A 939 ff., 948 ff., 962; PL 985 f.; C H 1116 ff., 1128 ff., 1132; Ε 1265; CS 1287 f., 1308, 1319 f.; Η 1375 ff., 1389 f. Nationalrepräsentation D189, 197; F 442 Nationalsozialisten DK 169; D 256 ff., 265 ff., 280, 322; SF422; Ν 906 f.; A 944, 946; CS 1286, 1288 ff., 1294 ff., 1303 ff.; Η 1385 Nationalversammlung D 198 ff., 246 ff., 286; F 442 ff., 459, 464 ff., 486 ff., 496 ff., 533; G R 556 ff., 560 ff., 569 f., 572 f.; Y U 759, 763; PL 974 ff.; Ρ 1011, 1022 ff., 1026; R 1047; Ε 1243, 1251 f.; CS 1291 ff., 1307 ff., 1325; TR 1348 ff., 1357; Η 1379 Natürliche Mitglieder T R 1348 Nedri deild IS 696, 709 Neofaschisten I 730, 734, 736 Nepotismus G R 656 Neue Ära D 209 Neuenburg C H 1111, 1114, 1117, 1122, 1124 ff. Neue ökonomische Politik SU 1173, 1183 Neukaledonien F 485 Neunmannwahlkreis C H 1117 Neuwahlen 14; BG 128, 130; DK 161, 171, D 214, 224, 228, 247, 260, 263, 284, 322; SF 420; F 468, 482, 497, 502, 504, 510; GR 567 f., 572, 578, 581, 586 ff., 593; GB 623; IRL 657, 665, 670; IS 701 f.; 1721 f., 727; Y U 762, 766; FL 796, 798; L 812, 816 f., 823, MAL 842; M C 850, 852; N L 863 f., 874; A 940, 942; Ρ 1014, 1020;

Wahl der Parlamente

1468 R 1037, 1042, RSM 1078 f.; S 1097, 1101; SU 1153 f., 1166, 1175, 1211; Ε 1234, 1248, 1250; T R 1334 ff., 1349 f.; Η 1389, 1392 f. Nichtwahl D 2 1 1 , 307 (s. a. Wahlenthaltung, ~ b o y k o t t ) Nidwaiden C H 1111, 1114, 1126 Niederlande 857 ff.; D 282; L 809 Niederösterreich A 924, 928, 958, 961 Niedersadisen D 282, 290 f., 293, 298, 301, 303 ff., 318, 366 f., 370 f. Niger F 485 Nitti'sdie Wahlreform I 720 f. Nobilität RSM 1075 Nominierungsmonopol einer Partei AL 64 Nom6s GR 561, 565, 567, 572, 574, 582 Norddeutscher Bund D 212, 214, 222, 231 Norddeutschland D 270, 280 Nordirland GB 605, IRL 654 f.; MAL 842; Nachträge 1429 ff. Nordrhein-Westfalen (auch Rheinland, Westfalen) D 273, 282, 290 f., 293, 301, 303 ff., 314, 366 f., 370 f. Norwegen 891 ff.; DK 169; IS 695 Notabein D 197; F449, 466, 501; GR 556; 1717; Y U 7 5 5 ; L 809; R 1 0 3 1 ; V 1408 Notabelnversammlung Β 77; BG 125 ff.; M C 851; NL 857 f.; Ε 1229 Notverordnung(-sredit) D 251, 274 f.; S F 4 2 2 ; F 4 9 7 ; A 932 f., 943; SU 1154 Novi Pazar Y U 764

I I ι ! j | |

Oder-Neiße-Linie PL 973 , 987 f. Offenburger Tagung D 197 Offene Stimmabgabe Stimmabgabe Offizielle Kandidatur F 4 6 1 ff.; GR 562 Oireachtas IRL 679 Oktober-Diplom A 927 ff. Oktobermanifest SU 1152, 1154, 1161 Oktobristen SU 1160 ff. j Oldenburg D 234, 255, 351 f., 365 Oligarchie GR 556 ff., 563, 565 ff.; RSM 1076; C H 1111 Organisation der Parteien Parteiorganisation Organisationspolitisdier R a t Y U 778 f. Organisches Reglement BG 126 ff.; R 1031 f. Organisches Wahlrecht —• Repräsentationsvorstellung, organische Orleanisten F 459, 464, 466, 469, 478 Orszaggyüles Η 1400 Osmanisches Reich AL 57; BG 125; GR 555; R 1 0 3 1 ; TR 1331 ff.; C Y 1419 Ostdeutschland D 270, 280 Osteraufstand IRL 653 Osterbotschaft D 242 f. Österreich (-Ungarn) 921 ff.; D 197, 199, 211, 321; Y U 7 5 3 f., 755, 757 ff., 762; FL 793, 797, 800 f.; PL 973, 977; CS 1285, 1287, 1289, 1301; Η 1368 Ostfriesland D 189 Ostindien (Niederländisch-) NL 857 Ostpreußen D 2 1 5 , 270 Ostrumelien BG 125, 131 Oubangui-Chari F 485 Overijsel NL 857 Oviedo Ε 1238

Ο Obere Kammer IS 696 f., 699, 703, 709 Oberhaus GB 606, 610, 612, 615 f., 619 f., 624, 640; IRL 651; A 925 f.; Η 1369 ff., 1379 ff. Oberland FL 793, 795 f., 798 f. Oberösterreich A 958, 961 Oberster Sowjet SU 1193 ff., 1198, 1201, 1203, 1206, 1209, 1221 Obervolta F 485 Obstruktion D 213, 226; G R 567, 584; GB 612, 620; MAL 834 ff.; A 933 f. Obwalden C H 1111, 1114, 1126 Odelsting Ν 893 ff., 897, 912, 916

Ρ Pairskammer F 452 ff., 466; A 928; Ρ 1013, 1015 Pairssdiub D 243; GB 610, 619 f.; A 934; Η 1372 Palaeokommatismö GR 566 Panaschieren 43, 45; D 2 8 6 ; F454, 459, 467, 471, 474, 492; GR 576, 591; 1721; L 818; M C 853; C H 1121 Panel Members IRL 686 Panslawismus BG 125; SF414; GR 563; CS 1285

Index Papstwahl V 1408 ff. Parastaten GR 557 Pareatje A N D 71 Paris F 442 ff., 446, 450, 460, 480, 492, 508 Pariser Vorortverträge D 252, 259, 263; GR 568; 1721; A 937; CS 1289; TR 1337; Η 1376 Parlament GR 596 Parlamentarischer Rat D 282 ff., 286 f., 345 Parlamentarisches Regierungssystem Β 78 ff.; BG 136; DK 159 ff., 170 ff.; D 230 f., 244 ff., 251 ff., 283 ff., 301, 311, 315, 329; F455, 457 f., 463 ff.; 468 ff., 486 ff., 502; GR 562, 564 ff., 581, 585, 589; G B 6 1 2 f f „ 624; IRL 653; IS 705; 1719, 730 ff.; FL 798; L 814, 823; MAL 837 f., 840 f., 843; NL 861 ff., 872; Ν 987 ff., 911 ff.; A 934 f., 939, 952; R 1046; S 1097; C H 1129; CS 1291 ff.; TR 1334, 1339 f., 1348 ff. Parlamentarisierung D 230 f., 241 f., 244 ff.; F 463; GB 607 f., 612; YU 758 f.; S 1085 Parlamentarismus D 228, 247, 257; SF 419 ff.; GR 556, 589 f.; 1716 ff.; NL 860, 865; Ν 896 f., 905, 911; A 944; PL 979; Ρ 1021; SU 1151, 1161; Ε 1248, 1251; CS 1290; Η 1365 Parlamentsauflösung -»- Auflösung (des Parlaments) Parlamentsbeauftragte DK 171 Parlamentskommission Β 93 Parlamentsreform D 345; GR 567; GB 619; PL 994; S 1086 Parlamentsstruktur D 200, 221, 247, 341 ff.; F 463 f.; 1717 (s. a. Soziologische Struktur) Parlement MC 849 Parma 1713

1469 ; | ! ; I ι

! 1 !

Ι ! j ; | ! i ' ! | i i j

Parteidisziplin GR 587; GB 619; SU 1175 Parteien -> Parteiensystem Parteienkonzentration Konzentration Parteienneugründung BG 136 f.; D 221, 280, 320; I 725 Parteienpartikularismus D 259 Parteienpluralismus D 278, 296; S 1092 (s. a. Mehrparteiensystem) Parteiensystem Β 96; BG 129 f., 131 f.; DK 155 f., 164 f., 171 ff.; D 221 ff., 226 ff., 258 ff., 265, 268, 278 f., 285, 296 ff., 320, 333; SF 414 ff., 417, 421 f., 425 ff.; F 468 f., 478 ff., 489 f., 503 ff.; GR 558, 565, 576, 586; GB 607, 612, 616 ff., 621; IRL 660 ff., 669 ff.; IS 697, 703 ff.; I 716 f., 729 f., 737 ff.; YU 758 f., 762, 766; FL 797, 801; L 812, 820 f.; MAL 835, 839 ff.; MC 853; NL 860 ff., 865, 870, 873 ff.; Ν 898 ff., 902, 904 f., 910 ff.; A 931, 934, 941 f., 949; PL 977, 987, 997 ff.; Ρ 1017 ff.; R 1036 f., 1040 f., 1044 ff.; S 1087 ff., 1094; C H 1121 ff.; SU 1160 ff., 1163; Ε 1231, 1250 f., 1243 ff., 1257 f.; CS 1286, 1293 ff., 1303 ff.; T R 1342, 1352 f.; Η 1370, 1372 f., 1386 f.; CY 1422, 1425 Parteienverbot BG 136 f., 139; D 224, 276; SF 420; GR 589 f., 593; I 725; YU 765 f.; A 945; R 1049; C H 1125; CS 1304; Η 1377 Parteienzersplitterung BG 131 ff., 136 ff.; D 217, 258, 268, 272, 286, 292, 296, 298, 300, 311; SF 420; F 469 f., 487, 500; GR 576; IRL 671; NL 863, 865, 870; Ν 900; A 933; PL 979; Ρ 1021; R 1048; C H 1123; Ε 1243, 1251, 1254 f., 1261; CS 1296 Parteiidentifikation (des Wählers) SF 423 f.

Parteiapparat D 2 5 6 f . ; 1721; SU 1173; CS 1296 Parteilose Abgeordnete BG 144; SU Parteibürokratie D 256 1162 (s. a. Unabhängige) Parteiclub GR 567 Parteiorganisation Β 91 f., 96; BG 143, Partei der Arbeit N L 873 ff.; PL 979, 145; DK 156; D 220 f., 225, 256 f., 265, 278 f., 295; SF 414; F 464, 470, 984 f., 987 f.; C H 1125 479; GR 564, 567, 575; GB 611, Partei der Einheit Η 1380, 1382 f. ! 617 ff., 622; IRL 669; IS 704; I 717, Partei der nationalen Arbeit Η 1373 720; YU 759; L 816; N L 867, 873; S Parteidiktatur SU 1172 f., 1175, 1188, 1088 f., 1094 f.; C H 1125 f., SU 1175; 1191, 1195, 1200 f., 1208, 1214, 1216

1470 Ε 1243, 1250; CS 1295; Η 1370, 1386; C Y 1425 (s. a. P a r t e i s t r u k t u r ) Parteipolitische Zusammensetzung der Parlamente -*• den wahlstatistischen A n h a n g des jeweiligen Länderbeitrages Parteisäuberung P L 986; SU 1191; Η 1388, 1392 Partei als Staatsorgan D 276, 330, 344; I 725 ff.; PL 991 f.; R S M 1057 f.; SU 1193, 1197 f.; CS 1311 Parteistimme D K 165 f. P a r t e i s t r u k t u r F 469, 485 f.; I R L 670; L 816; PL 998; R 1057 (s. a. Parteiorganisation, Soziologische S t r u k t u r der Parteien) P a r t e i z u s t i m m u n g z u r Bewerbung -»· SystT. des jeweiligen Länderbeitrages, St ich w o r t : W a h l b e w e r b u n g Participation F 512 Patenschaften G R 566 Patriotische F r o n t Η 1392, 1394 Patriziat M A L 833; C H 1115 Patronage G R 591; G B 608, 611 f., 619; Ε 1250 Paulskirche D 198 ff., 214 Paulskirchen Versammlung D 198 f f . Pax-Gesellschaft P L 990, 999 Peloponnes G R 556, 558 Pendelschlag G B 618, 628; Ε 1247 Personalisierte Verhältniswahl D K 162; D 292 ff., 298, 308, 311, 313 f., 316, 319 Personalisierung (der Wahl) D 2 7 3 ; G B 618 Personalsteuer N L 862 Personalstimmgebung D K 165 ff. Personalunion AL 62; D 212, 242; SF 413 ff.; IS 698; L 809; A 924, 927, 930; Η 1368 Personenwahl (Persönlichkeitswahl) 37 f.; D 200, 204, 292; G R 564; I R L 672; I 731; PL 993 Petersburg (Petrograd) SU 1165, 1169, 1175 Petersburger Sowjet SU 1165 f. Petka CS 1295 f. Pfalz D 253 Pfarrschaft A N D 73 Pfeilkreuzler Η 1385 Piast PL 976 f., 980 P i e m o n t I 724, 739 Pillersdorffsche Verfassung A 922

Wahl der Parlamente Plebiszit 8, 10; F 448, 450, 460, 463, 472; G R 569 f., 573, 595; R 1035, 1049; CS 1316 (s. a. R e f e r e n d u m , Volksabstimmung) Plebiszitärer C h a r a k t e r (von Wahlen) D 302 f.; G R 567 f., 578; GB 618 Pluralwahlrecht 24; Β 86, 93; D 218, 239 ff., 244; GB 613, 616, 621, 625, 631; S 1085, 1088; C H 1115; Η 1373 Pocket (nomination) boroughs GB 609, 611, 614 Poisson'sdie Regel GB 639 Polarisierung Β 87, 101; D 301 ff.; Ν 910 ff. Polen 973 f f . ; D 215 f., 233, 344; SF 413; R 1058; SU 1178; Nachträge 1429 ff. P o l i t b ü r o D 331; Y U 773; PL 991 f., 997; R 1056; SU 1196 f. Politische Verantwortlichkeit -*• Ministerverantwortlichkeit Polnischer O k t o b e r PL 993 Polynesien (Französisch-) F 4 8 5 P o m m e r n D 215, 270 P o n t e v e d r a Ε 1239 Poslanedca SnSmovna CS 1291 Poujadisten F 493 Portugal 1011 ff. Potsdamer Kommunique (Abkommen) D 277 f. P o t s d a m e r K o n f e r e n z D 277 f.; PL 937 P r ä f e r e n z s t i m m g e b u n g 43 f., 54; D K 165 f.; F 492; G R 576, 580, 582, 585 f., 591; I R L 658, 662, 668, 671, 673; I 721, 728 f., 733, 737; L 819; N L 868 f., 874; PL 996; R S M 1077, 1079; CS 1317 f.; T R 1351 Prälaten (als Stand) -*• Stände Prämien Wahlsystem BG 134 ff., F 474, 492 ff.; I 723 f., 735 f.; Y U 767; R 1043, 1047; R S M 1078; Ε 125^, 1257, 1260; CS 1317 f. Präsentationswahlen D 243 Präsident D 328 f.; SF 419 f., 426; F 459 f., 465 ff., 486, 496 ff.; I R L 666; IS 701, 705; I 730 f.; Y U 775, 777 ff.; PL 974, 981; Ρ 1022 f.; Ε 1255; CS 1290, 1307, 1311, 1320; T R 1338 f , 1348; C Y 1423 ff. Präsidentenwahl SF 420; F 497, 499, 502, 505 f., 509, 513; G R 559, Ρ 1025 f., C Y 1423, 1426

Index Präsidentielles System BG 140; SF 419 ff.; F 460 ff., 496 ff., 502; GR 558; IS 701 ff.; PL 981; CY 1423 Präsidialregierung D 274 Präsidium des Parlaments BG 142; D 326, 334; YU 773; R 1055 ff.; SU 1179, 1194 ff., 1196 ff.; CS 1311; Η 1391 Pressefreiheit 5; F 451; GR 572, 593; IS 696; I 725; L 810; S 1085; SU 1175; CS 1314 Preußen D 190 f., 193, 195 f., 197, 199, 201 ff., 206 ff., 220, 227, 229, 234, 237 ff., 251, 255, 275, 351 f., 365; L 809; A 929; PL 973; SU 1149 Preußische Städteordnung D 190, 210 Preußische Wahlreform D 239 ff. Prevesa GR 575 Primärversammlung F 444, 447, 451 f. Primaten GR 556, 558 ff., 562 Privy Council GB 607 f. Pröceres del Reino Ε 1234 Procuradores del Reino Ε 1234 Produktionsprinzip SU 1158, 1183, 1185, 1201, 1204 Produzentenrat YU 774 ff. Progressive, Progressisten Fortschrittliche (Parteien) Proletariat F 460; SU 1162,1169, 1181 f. Pronunciamento GR 566; Ε 1233, 1239, 1241, 1244, 1251 Proportionaler Ausgleich DK 162, 172; D 273, 286, 293, 314; SF 422; F 484; IS 699 f., 703; S 1101; CS 1292, 1296, 1305, 1317; TR 1351 Proportionalwahl —>- Verhältniswahl Proporzeffekt (des Wahlsystems) 33 f.; Β 91, 95; SF 417, 423, 427; IRL 659, 672; MAL 843 Proporz, freiwilliger CH 1129 f. Provinzialräte Β 86, 94; GR 560 Provinzialrepräsentation DK 154 Provinzialstaaten NL 858 ff. Provinzialstände D 191, 196; A 922 Provinzialwahlen Β 83, 98; GR 560 Provinzlandtage S 1085, 1090 Provisorische Nationalversammlung A 935 f.; CS 1304; Η 1387 f. Provisorische Regierung AL 58, 63; Β 77; SU 1165 ff., 1170 f.; CS 1302; Psara GR 556, 561 Puerto Rico Ε 1242 Pyramiden Wahlsystem SU 1183

1471 Q Quorum Β 94; D 257, 268; GR 575 f., 583, 591, 593; I 716; A 941; PL 976; CS 1292, 1296 f., 1300, 1308 (s. a. Sperrklausel) Quota System Droop 54; IRL 658, 671, 681 Quotienten-Verfahren Β 94; BG 137; DK 158 (s. a. Wahlzahlverfahren) R Radikale (Parteien) Β 80, 83, 96; F 471, 473, 475 f., 479 ff., 483, 486, 489 ff., 503, 505, 508; GB 612 f., 616 f.; I 717, 720 f., 730, 735 f.; YU 759, 768 f., 771 f.; NL 864 f., 867; CH 1121; Ε 1255; TR 1334; Η 1390 Radikale Venstre DK 160 ff. Radikale Volkspartei YU 763 f., 766 Radikalisierung D 265, 268 ff.; PL 981; SU 1167; Η 1385 Radikalsozialisten F 473, 476, 479, 481, 494 f., 504 Rat der Alten F 446 f.; CH 1112 Rat der Fünfhundert F 446 ff.; CH 1112 Rat der Republik F 486 ff. Rat der Volksbeauftragten D 246 ff., 252 Rat der Volkskommissare SU 1171, 1173, 1177, 1179, 1196 Rat der Täler AND 71 Rätedemokratie system) D 246 f.; SU 1172 f., 1214; Η 1368 Rayonierung SU 1198 f. Reaktion D 205 f., 207 ff., 224, 231; SU 1150 Realunion A 930; Η 1368; V 1407 Rechenschaftslegung pflicht) 18 f.; D 339; R 1056; SU 1175, 1205, 1214 f. Rechtspartei S 1089 Rechtsstaatspartei DK 171 Referendum 8, 10; DK 162, 169 f., 174; D 251; F 443, 445 ff., 450, 463, 482, 495, 497, 501, 504, 510, 513; GR 568, 593; IRL 656, 665 f., 669, 672 f.; FL 799; L 817 f.; MAL 834, 842; Ν 901; PL 989; Ρ 1022; CH 1118 f., 1121, 1125; SU 1215 f.; Ε 1261 f., 1264 f.;

Wahl der Parlamente

1472 TR 1339; CY 1422 (s. a. Plebiszit, Volksabstimmung) Referendum (fakultatives) C H 1118 Referendum (konsultatives) Β 103; DK 162; FL 800; SU 1216 Referendum (obligatorisches) C H 1118 Reform Act GB 610 f., 614, 616, 621, 627 f. Regenerados Ρ 1017, 1019 Regentschaft(-srat) AL 59; GR 573 f., 589; YU 768; PL 974; Ρ 1011, 1013; R 1047; Ε 1230; Η 1381 Regierungsbildung D 259 f., 272 ff., 300, 310 f.; GB 612; N L 871 f., 874 f. Regierungsbildung (und Wahlsystem) DK 165, 172 f.; SF 420 f., 427 f.; GR 571 f.; IRL 671; IS 702 Regierungsblock PL 979 Regierungsinstabilität F 470; GR 564, 576, 578, 582 f., 592; GB 612; I 721; Ρ 1021 f. (s. a. Instabilität) Regierungskoalition D 229 f., 260, 300, 311; GR 571; IRL 655, 669, 671; IS 702, 704; I 720; L 820 f.; MAL 840, 842; N L 866, 871; Ν 905, 910; A 943 Regierungskrise Β 102; D 311; SF 420; GR 587; MAL 840, 842; NL 874; RSM 1079 Regierungssystem Β 81, 99 ff.; BG 133; DK 161 f., 170 ff.; D 213 f., 221, 226 ff., 250 ff., 260, 268, 273 f., 285, 298, 300 ff.; SF 419 ff., 426; F 455, 457 f., 460 f., 463, 467 ff., 479, 481 ff., 486 f., 493 f., 496 f., 499 f., 508; GR 564 f., 571 ff., 576j 586 f,· 592; GB 605, 608, 612 f., 616, 618 f., 621, 628; IRL 655 f., 670 f.; IS 701, 705; I 717, 721 f., 730 f., 735 ff.; YU 765 f., 773, 777 ff.; FL 796, 798 f., 801; L 812 f., 815 f., 820 f.; MAL 837 f., 840 ff.; NL 866 ff., 871; Ν 892, 902, 910 ff.; A 931, 939 f., 943, 949 f.; PL 978, 991 f.; Ρ 1017 ff., 1021 ff.; R 1037, 1042 f., 1047; S 1086, 1097 ff.; C H 1128 ff.; SU 1164, 1171 ff., 1195 ff.; Ε 1239 f., 1243, 1247 ff., 1262 f., 1267 f.; CS 1295 f.; TR 1336 f., 1348 f.; Η 1381 f.; V 1407; CY 1423 ff. Regierungsverhältnisse AL 60; Β 99 ff.; D 227 ff., 258, 273 f.; SF 426; F 464, 468 f., 481 f., 486 f., 494 f., 507; GR

' ι , j j

ι j

572, 579, 586 f., 592; GB 608, 612 f., 618; IRL 670 f.; IS 702, 705; I 717, 735 f.; YU 765 f.; L 815; MAL 840; NL 871; Ν 905; A 931 f., 934, 942, 950 ff.; PL 978; Ρ 1018; R 1073, 1041, 1046 f., S 1093; C H 1123; Ε 1243, 1251, 1257 f.; Η 1383 Regionale Ebene I 730 f. Regionale Listen C H 1126 Regionale Parteien D 286, 298, 303 Regionalismus Ε 1259 f. Registrierung (der Parteien, der Kandidaten) D 323; SU 1204, 1207, 1212; CS 1316 Registrierung (der Wähler) GB 611, 615, 621; Ν 895, 899; CY 1420 Reichsdeputationshauptsdiluß D 190 f. Reichsgeridit D 272; Ν 895, 897 Reidisgründung D 212, 221, 237 Reichskanzler D 212 ff., 250 ff. Reichspräsident D 251 ff. Reichspräsidentenwahl D 262, 274, 364 Reichsrat D 250 f., 276; YU 754; A 926 ff.; PL 973; SU 1148 f., 1151, 1153 f., 1164 ff., 1197; CS 1286 f., 1293 Reichsstädte D 190, 199 Reichstag DK 162, 169; D 189, 212 ff., 250 ff., 276; SF 419 ff., 429; IS 696; A 922, 934 f.; S 1083 ff.; Η 1365 ff., 1389 ff., 1400 Reichsversammlung Ν 891 Reichsverweser Η 1377, 1379, 1383 Reichswahlvorschlag D 257, 273 Relative Mehrheitswahl 34, 36, 38, 42, 45; AL 61; Β 78; BG 129, 132; DK 154, 157, 160, 162, 164 f., 170; D 258, 292, 295, 317, 319; SF 416, 428; GR 564, 572 f., 579; GB 609, 616, 618, 621, 624, 629 f., 639; IRL 651 f., 654 f., 672 f.; IS 696 ff., 700, 703; I 716, 724; YU 756, 775 f., 780; FL 795; MAL 836; N L 858; A 924; PL 982; Ρ 1017, 1020 f., 1024; R 1035, 1037, 1043; RSM 1077; S 1085, 1088; Ε 1241, 1245 f., 1252, 1256, 1265, 1267; TR 1342, 1344; CY 1420, 1424 f. Religiöse Minderheiten AL 57, TR 1333; CY 1419, 1425 Repräsentantenhaus IRL 679; CY 1423 ff. Repräsentantenkammer Β 78, 86; F 452

Index Repräsentantenversammlung T R 1347 Repräsentation (Zielvorstellungen) 33 f f ; D 248; 253 f.; SF416, 427 f.; L 9 1 8 ; Ν 903 f.; CS 1292 Repräsentationsmodelle (~prinzipien) 32 ff. Repräsentationsschlüssel 41; Β 79; BG 129, 139, 142; D 199, 205, 214, 248, 250 ff., 281 f., 287, 293, 328, 330; F 444 ff., 447, 458, 461, 467, 474, 484, 488, 490, 498; G R 557, 561, 563, 565; IRL 657; 1714, 733; Y U 7 5 8 , 760, 764 f., 771 f., 774, 776; FL 795; L 810 f., 814; N L 860; A 923, 929, 933; PL 976, 992; Ρ 1011 f., 1015; R 1040, 1043, 1053; S 1086 f., 1097; C H 1126 f.; SU 1178, 1181; Ε 1230, 1232, 1235 f., 1238, 1243, 1245 f., 1253; CS 1310; T R 1332 f., 1337, 1342; Η 1371, 1394 Repräsentation (ungleiche) Ν 893, 904; A 929 Repräsentationsvorstellung 32 ff. Repräsentationsvorstellung, korporativ/ organisch Β 86; I 725 f.; Y U 774; N L 858; Ρ 1022; SU 1115; Ε 1262 ff. Republik AL 61; BG 140 f.; D 250 ff., 283 ff., 328 ff.; SF 419 ff.; F 445 ff., 459 f., 464 ff.; G R 557, 570 ff.; IRL 653, 666, 670 ff.; IS 701 ff.; I 730 ff.; Y U 772 ff.; L 817; MAL 842; A 935 ff.; PL 973 ff.; Ρ 1014, 1017, 1019; R 1054 ff.; RSM 1075 ff.; C H 1111 ff., 1147, 1173 ff.; Ε 1243, 1252 ff.; CS 1288 ff.; T R 1331, 1338 ff.; C Y 1423 ff. Republikanische Parteien AL 59; F 459 f., 465 ff., 470, 472 f., 478 ff., 504, 506, 510 f.; G R 570 f., 573; IRL 654; I 717, 730, 734; Ρ 1018 ff.; RSM 1077; Ε 1243, 1246, 1252 f., 1255, 1257 f., 1260 Residenzpflicht S 1085 f., 1088, 1101; C H 1114; C Y 1424 (s.a. Ansässigkeit) Restauration F 453, 462; G R 573; GB 607; M C 849; C H 1115; Ε 1244 ff.; Η 1377 ff., 1381 Restmandate Β 94, 99; BG 133 f., 139; F 475, 484; G R 576 f.; I 728; FL 801; L 822; N L 896 f.; CS 1292, 1296 f.; T R 1353; Η 1384 93

Sternberger-Vogel, Parlamente 1,2

1473 Reststimmen Verwertung 48, 52; Β 94; D 257, 273, 323; F 474, 484, 488 ff., 498; G R 576; IRL 659; FL 801; L 822; A 941; PL 976; S 1091; C H 1117; CS 1292, 1296, 1309; T R 1350 ff.; Η 1384 Restteilungsverfahren 52 f. Reunion F 459, 464, 467, 472, 483 f., 490, 492 Reuß D 191, 234, 351 f. Revisionismus Β 97; BG 135; D 225 Revisionsparlament G R 566 f., 569, 573 Revolution Glorreiche Revolution von 1689 (englische) GB 607 Revolution von 1789 (französische) 21 f.; D 190; F 4 4 1 ff.; GB 610; RSM 1076; C H 1113 Revolution von 1820 (portugiesische) Ρ 1011 Revolution von 1821—1829 (griechische) G R 555 f. Juli-Revolution von 1830 (französische) Β 77; D 184, 196; F 456; C H 1116 Revolution von 1830 (belgische) Β 77; L 809 Februar-Revolution von 1848 (französische) Β 80; D K 153; D 197; F 458 f.; L 811; Ν 896 Revolution von 1848/49 (deutsche) D 197 ff., 201, 221, 223 f., 231, 325; A 922 Revolution von 1868 (spanische) Ε 1230, 1242 Revolution von 1905 (russische) SF 415; SU 1150 f., 1166 Jungtürkische Revolution von 1908 AL 57; BG 132; T R 1333 f. Februar-Revolution von 1917 (russische) D 240 f.; F 418; SU 1165 f. Oktober-Revolution von 1917 (russische) BG 135; SU 1166, 1170, 1211 November-Revolution von 1918 (deutsche) D 246 f. Revolution von 1960 (türkische) T R 1345 f. Revolutionäre Nationalversammlung CS 1288 ff. Rexisten Β 96 Rheinbund D 190 f.; FL 793 Rheinischer Landtag D 196 Rheinland-Pfalz D 282, 290 f., 305, 309, 318, 366 f., 370 f.

1474

Wahl der Parlamente

Richtlinienkompetenz D 285 Rigsdag SF 419 ff., 434 Rigsräd D K 154 Riksdag S 1083 ff., 1105 Risorgimento B G 125; I 713 Ritterschaft (als Stand) ->- Stände Regierendes System L 823 SU 1254 (s. a. Teilerneuerung) Romagna I 713, 723 Romanische Mehrheitswahl 42; D 316; F 461, 465, 512; Ν 901; C H 1118 f. Römischer Bischof V 1408 Rote Armee B G 135; PL 978; R 1051; SU 1175, 1189; Η 1388 Rotten boroughs GB 609 f., 614 Royalisten F 445, 448, 454; G R 573 (s. a. Monarchisten) Ruhen des Stimmrechts - > Wahlrecht, aktives Rumänien 1031 ff.; B G 126; D 343 f.; Y U 769; Η 1376 Rumelien B G 125, 131; T R 1331 Rußland BG 125 f., 130 ff.; SF 413 ff.; G R 559, 563; Y U 757; Ν 891; R 1031 f.; SU 1147ff.; Η 1375; Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik (RSFSR) SU 1173, 1176 ff., 1190, 1198 Russische Sozialistische Sowjetrepublik SU 1171

S Saarland D 290 f., 309, 366 f., 371 Sabor Y U 753, 755 Sachsen (Königreich, Land) D 193, 195, 199, 202, 208, 234 f., 255, 275, 321 f., 324, 337, 351 f., 365, 375 Sachsen-Altenburg D 193, 202, 208, 235, 351 f. Sachsen-Anhalt (Provinz Sachsen) D 191, 232, 254, 322, 324, 337, 351 f., 365, 375 Sachsen-Coburg-Gotha D 191, 199, 202, 208, 235, 351 f. Sachsen-Meiningen D 193, 199, 202, 208, 235, 351 f. Sachsen-Weimar D 193, 199, 202, 208, 235, 351 f. Sainte-Languesches Verfahren 49 ff.; D K 162, 172; Ν 908 f.; S 1095 f.

Säkularisation D 190, 195 Saloniki G R 568, 570, 572, 580, 582, 584 Salzburg A 958, 561 Sammlungsbewegung des französischen Volkes F 489 f., 493, 508 Samos G R 556 Sandschak Y U 764 Sankt Gallen C H 1111, 1113 f., 1117 Sanktionen (bei Wahlpflicht) Β 86; I 733; FL 800; L 819 (s. a. den SystT. des jeweiligen Länderbeitrages) San Marino 1075 ff. San Stefano (Frieden von) BG 125 Santander Ε 1238 f. Sardinien I 713; MAL 839 Sardinien-Piemont I 713 Sark GB 628 Savezna SkupSStina Y U 786 Savezna Vijece Y U 786 Savoyen M C 849 Schaffhausen C H 1111, 1114 f., 1125 f., 1128 Schaumburg-Lippe D 191, 193 f., 203, 208, 215, 235, 255, 275, 351 f., 365 Schellenberg FL 793 f. Schlesien D 215, 218; A 958; PL 973; CS 1285, 1292 f., 1300, 1308 Schleswig-Holstein D 191, 193, 195, 199, 203, 208, 270, 282, 291, 298, 301, 303 f., 318, 366 f., 370 f. Schleswig D K 153 ff. Schlüsselministerien, ~ Positionen in der Regierung BG 139; D 320; SF 427; G R 589; CS 1303; Η 1387 Schottland GB 605, 609, 617, 622, 625 Schulfrage Β 81, 104; F 489; L 816 f.; N L 861, 870; A 929 Schutz des Wahlrechts —>- SystT. des jeweiligen Länderbeitrages Schwarzburg-Rudolfstadt D 236, 351 f. Schwarzburg-Sondershausen D 193, 195, 203, 236, 351 f. Schweden 1083 ff.; SF 413, 429; IS 695; Ν 891; Nachträge 1429 ff. Schweiz 1111 ff.; FL 797, 799, 801 f.; A 937; Nachträge 1429 ff. Schwyz C H 1111, 1114, 1127 Scrutin d'ecrasement 42; Β 84 Seanad fiireann I R L 656 ff., 679 Sechsmannwahlkreis C H 1117 Sechstelerneuerung S 1088 Sejm PL 974 ff., 991 ff., 1005

Index Selbständigkeit (und Wahlrecht) 23; D 195, 198 f., 204; A 9 2 3 ; Ρ 1013; C H 1114; Η 1375 Selbständigkeitspartei IS 697 ff., 703 f. Selbstherrschaft SU 1147 f., 1150 f., 1153 f. Selbstverwaltung A N D 71; DK 173 f.; D 190, 243, 277; SF 429; GR 557; GB 630 f.; IRL 651; YU 774, 777, 780; MAL 833, 837; Ν 896; A 922; SU 1149, 1151, 1173; CS 1299, 1308, 1310, 1319 Selbstverpflichtung 18; D 338 Senat (-wählen) AL 61; Β 78, 86, 93, 98; BG 127, 131; F 449 ff., 460 ff., 466, 470 f., 474 f., 481, 486, 499 ff., 513, 533; GR 559, 561 ff., 571 f.; IRL 651, 654, 656 f., 662 ff., 666 ff., 679; I 713 f., 718, 726, 730 ff., 744, 748; YU 761, 767, 769; L 823; MAL 837 f, 841; A 922 f.; PL 975 f.; Ρ 1013, 1020; R 1034 ff., 1042 ff.; S 1112; Ε 1238, 1240, 1243 f.; CS 1291; TR 1332 ff., 1348 ff., 1357, 1360; V 1408 f. Senatoren Β 87, 93; F 449, 467, 471; GR 562, 572; GB 629; IRL 662 f., 667 f.; I 713; MAL 838; N L 860; Ρ 1020; R 1034, 1037 f., 1040; Ε 1240, 1244; CS 1291; TR 1332 Senegal F 459, 464, 472, 485 Septembristen Ρ 1012, 1014 f. Serbien AL 57; BG 126; YU 753, 756, 758, 762, 766, 769 f. Sevilla Ε 1238 Siebenbürgen A 921, 929 f.; R 1039 ff., 1044, 1052, 1054 Single transferable vote (listenlose Verhältniswahl) 38, 45, 54; DK 155, 158, 167; GB 624, 631; IRL 658, 662 f., 667, 678, 680 ff., 687; MAL 838 f., 843 Sinn Ρέίη IRL 652 ff., 657, 661 f., 664, 671 Sivas TR 1335 Skupstina YU 756 ff., 760 ff., 765 ff., 771, 777, 779, 781 Slawonien YU 753, 764 Slowakei CS 1286 ff., 1292 ff., 1302, 1305 ff., 1319 f. Slowenien YU 753 f., 763 f., 766, 768, 770; A 921 Smyrna GR 568 f.; TR 1335, 1337

1475 Sobranie BG 126 ff., 134 ff. Soldatenräte Arbeiter- und Soldatenräte Soldatenwahlredit D 214, 252; F 458, 461, 483; GR 567, 570, 580, 585, 592; YU 758, 765; PL 982; R 1054 f.; S 1090; SU 1156, 1167, 1181; TR 1338; Η 1384 Solothurn C H 1111, 1114, 1125, 1128 Somaliland (Französisch-) F 485 Souveränität F 441 f., 453, 456; GR 559 f.; IRL 666; IS 695, 697 f.; FL 793; L 809, 814; MC 849 Sovet Nacional'nostej SU 1178 f., 1221 Sovet Sojuzov SU 1178 f., 1221 Sowjet SU 1165 ff., 1171 ff., 1177 ff., 1183, 1188 f., 1192 f., 1199, 1201, 1214 Sowjetdemokratismus SU 1171, 1173 f., 1179, 1186, 1190, 1192 Sowjet-Föderalismus SU 1177, 1190 ff. Sowjetische Besatzungszone D 278 f., 320 ff. Sowjetische Militäradministration D 320 f., 323, 325 Sowjetunion 1147 ff.; AL 65; BG 139; D 246, 277, 344; SF 420, 425; YU 777; A 948; PL 974, 984 ff., 988, 992; R 1051 f., 1054 f., 1057 f.; CS 1295, 1302 ff., 1318; Η 1391 f. Sozialdemokratische Parteien BG 132, 135, 139 ff.; DK 159 ff.; D 215, 219, 221 f., 224 ff., 228 ff., 237 f., 241, 244 ff., 248 ff., 260 ff., 272, 275, 278 ff., 286, 293, 306 ff., 310 ff., 320 f.; SF 415 ff., 421 f., 425 ff.; IS 698 f., 704; I 729, 734 ff.; N L 866 f.; Ν 904 ff., 909; A 929, 932, 934 ff., 937 f., 941 f., 945, 947 ff.; R 1051 ff.; RSM 1079 f.; S 1089 ff., 1092 ff., 1101; C H 1120, 1122 ff., 1128; SU 1152, 1162 f., 1168, 1170, 1174; CS 1286, 1288 f., 1294 ff., 1303 ff.; Η 1337 f., 1382, 1385 ff. Soziale Frage SF 415; GB 622; YU 759; RSM 1076; SU 1150 Soziale Marktwirtschaft D 282, 300, 306 Soziale Schichtung Β 98; D 270; A 933 Sozialisierung D 247, 281, 300, 320; YU 773; A 950; PL 977, 988; CS 1304 Sozialismus Β 97; D 224 ff., 281 f., 306, 330, 339, 342 ff.; I 717, 729;

1476 YU 773 f.; PL 993 f.; R 1057 f.; SU 1191 ff., CS 1310 ff., 1315 (s. a. Sozialistische Parteien) Sozialismus in einem Lande SU 1191 Sozialistische Einheitspartei D 278 f., 281, 321 ff., 328 ff., 338 ff., 342 ff. Sozialistische Parteien BG 81, 87 f., 97 ff., 102 ff.; DK 171; D 247; F 460, 471, 473 ff., 479 ff., 483 ff., 489 ff., 495, 500, 503 ff., 508; I 716 ff., 729, 734 ff., 738; Y U 772; L 815 ff., 820 ff.; MC 853; Ν 899 f., 902 ff., 909 ff.; PL 973, 977, 980, 983, 985 f.; RSM 1076 ff.; S 1088; Ε 1252 f., 1255 ff.; TR 1353; Η 1377; CY 1422 Sozialistische Parteien (und Wahlsystem) AL 58; DK 153; D 226, 315, 319; SF 415 f.; L 816; C H 1120 Sozialistische Republik D 343 f.; R 1057 ff.; CS 1310 ff. Sozialistische Volkspartei DK 171; Ν 909 ff. Sozialistengesetz D 224 f., 228 Sozialliberale DK 160 f., 164 f. Sozialrevolutionäre SU 1162 f., 1167 ff., 1171, 1174, 1189 Sozialstruktur AL 97; BG 130; D 196 f., 209, 215 f., 220 f., 224, 238, 245, 259, 270 ff., 287, 291, 306; G R 561, 565; IRL 655, 661; I 718; Y U 756, 774; Ν 895; S 1084; Ε 1246, 1248; CS 1297 Sozial- und Gesundheitsrat Y U 778 f. Soziologische Struktur (des Parlaments) AL 65; Β 79; BG 126; D 341 f.; GB 611; PL 997; R 1057; Η 1393 (s.a. Parlamentsstruktur) Soziologisdie Struktur (der Parteien) AL 65; Β 95; D 269 f.; I 719; R 1057 (s. a. Parteistruktur) Spanien 1229 ff.; GB 631; MC 849; Ρ 1011, 1018 Spanische Verfassung von 1869 Ε 1242 Spanisdie Verfassung von 1876 Ε 1244 Spartakusbund D 246, 261 Sparwähler 23; N L 864 Sperrklausel 34 f.; DK 170; D 257 f., 292 f., 298, 301, 313 f., 319; SF 428; F 492, 500, 507, 512; G R 575 f., 581 f., 591; IS 703, 705; I 733; YU 767; FL 800 f.; N L 876 f.; R 1044, 1046; S 1101

Wahl der Parlamente Sperrminorität D 317, 319; I 721 Spetsae G R 556, 561 Spiegelbildrepräsentation D 341 f.; SU 1209 Splitterparteien gruppen) Β 91; D 248, 267 f.; GR 582, 591; IRL 671; I 733 f.; Y U 765; FL 801; L 820; MAL 843; N L 866, 868, 870, 876 f.; S 1091, 1096; CS 1297; T R 1351 Spradienstreit frage) Β 87, 102 f.; SF 414 f.; MAL 835 f., 840, 843; A 929, 933 f.; CS 1296 Sporazum YU 769 Sprecher (des Parlaments) GB 624 f.; IRL 657, 665 Staatenbund C H 1115 f. Staatsbürgerschaft (und Wahlrecht) 22; A N D 73; D 195, 199, 214, 243, 248, 322, 333; SF 416; F 444; G R 561; IRL 657; I 718; YU 758; FL 796, 799 MC 850; Ν 892; A 922, 924; Ε 1232; CS 1291 f., 1304; T R 1332; Η 1376, 1378, 1384, 1388 Staatskongreß RSM 1078 Staatsliste PL 976 Staatsrat BG 126, 130 f.; D 329, 335, 344; F 449 ff.; GR 558 f., 571; GB 607 f.; Y U 757, 759 f., 764; L 814, 817, 823; MC 850; Ν 982, 894, 896; A 936, 945 f.; PL 990 f., 997; Ρ 1023; R 1057; RSM 1078; S 1083, 1098; SU 1154; Ε 1267; CS 1302 Staatsstreich BG 134 f., 137; F 448, 460, 468; GR 559, 570, 589; YU 761; R 1034 f.; SU 1155; Η 1373 Staatsstreichplan D 227 f. Stabilität D 262, 265; SF 426; GR 565; IS 705; L 815, 820, 823; S 1092; CS 1297 Stadtduma SU 1149 Stadt und Land im Wahlrecht D 194 ff., 209f., 215, 238, 243, 245, 308; G R 565, 590 f.; GB 614, 626; Y U 758, 774; Ν 891 ff., 904; A 923; R 1033; S 1086 f., 1089; SU 1170, 1181, 1183; Ε 1236 Stalinismus SU 1173, 1188, 1191 ff. Stammbaum (der Parteien) D 297; N L 880; SU 1163 Stände 24; DK 155; D 189, 194; SF 413 ff.; YU 757; N L 858; Ρ 1011, 1013; S 1083 f.; SU 1165; Ε 1229, 1234, 1262

Index Stände Adel D 189; S F 4 1 3 f . ; F441; GB606; YU 754; N L 858; PL 1011, 1013; S 1083 f.; Ε 1229, 1234 Bauern D 189, 194; SF 413 f.; Y U 7 5 7 ; S 1083 f., 1086 f. Beamte Ν 892 Bürger SF 414; F 441 f.; YU 757 Geistlichkeit D 189; SF 413 f.; F441, 466; GB 606; YU 754; FL 793; R 1031, 1033; S 1083 f.; SU 1153, 1156, 1165, 1182; Ε 1229, 1234, 1238, 1244 Ländlicher Stand NL 858 Prälaten D189, 195; GR 556; 1713; Ρ 1013; Ε 1234 Ritterschaft D 189, 194 ff.; GB 605 f. Städte D 189, 194, 196 f.; SF413; GB 606; NL 858 f.; A923, 928, 931; Ρ 1011, 1013; S 1083; SU 1156 ff., 1160 Volk Ε 1229 Ständeparlament D 189 ff., 194, 237, 243 Ständerat C H 1116 ff., 1128 ff., 1132, 1142 Ständestaat D 189; A 945 f. Ständeversammlung FL 793; L 809 f.; Ρ 1013; R 1031; Η 1368 Ständige Wählerverzeichnisse -*• Wählerverzeichnisse Ständische Gliederung D 206, 227, 231; A 944 f.; RSM 1075 ff.; C H 1114; SU 1148; Ε 1365 Ständischer Dualismus D 189, 191 Ständische Verfassung D 194; A 922 Starre Liste 26, 38, 42 f.; DK 162, 166 f.; D 245 f., 248, 256, 292, 322, 335 f., 340; SF 423; F 484 f., 488, 490 f., 498, 500 f.; GR 590; I 715, 728; N L 869; A 940 f.; SU 1167, 1169; CS 1292, 1304, 1308, 1317 States GB 629 f. Statthalter A N D 71 Steiermark A 921, 924, 937, 958, 961 Stein-Hardenbergsche Reformen D 190 Steuerbewilligungsrecht -*• Budgetrecht Steuerabteilung (~klasse) 24; D 206, 209 f., 237 ff. (s. a. Klassen-[Kurien-] Wahlrecht) Steuerrückstände als Ausschließungsgrund -*- Aussdiließungsgründe Steuerstimme D 2 4 1 f . ; R 1036; S 1085

1477 Steuerzensus 23; Β 77 f., 83; DK 154; D 198, 206, 237 ff.; F442, 444, 451, 454 f., 457; IS 696; I 714 f., 718, 725; YU 754 f., 758, 760 f.; L 810, 813 f.; N L 858 ff., 862; A 923 ff., 929, 932; Ρ 1016; R 1036, 1038; RSM 1078; S 1085; SU 1149; Ε 1238, 1240 f., 1244; TR 1332; Η1371, 1374; CY 1320 Steuerwähler N L 864 (s. a. Steuerzensus) Stichwahl 42; A N D 72; D 205 f., 216, 218 ff., 228, 312, 316; SF420; F442, 444, 446, 451 ff., 456, 506; I 714; YU 754, 761; FL 795, 798; L 810, 815; N L 860, 865, 870; R 1038, 1056; C H 1118; Ε 1232, 1236; CS 1310, 1320; Η 1366, 1376, 1384 Stifte D 189 Stille Wahlen 6; DK 157; GB 615; 1724; FL 800; L815; R 1 0 4 0 ; C H 1227; Ε 1249; CY 1423, 1425 Stimmabgabe 25, 27, 29; Β 85; NL858, 868; Ε 1235, 1248 (s. a. den SystT. des jeweiligen Länderbeitrages) Stimmabgabe durch Beauftragte F442; GB 621; Y U 7 5 5 ; SU 1156 Stimmabgabe im Hause L 810 Stimmabgabe, öffentliche 21, 25; A N D 72; DK 157; D200, 204, 226, 237 f., 247. 333; F442, 444, 446, 449, 454; GR 557, 563; GB 609, 615; YU 756 ff., 761, 767 f.; L 810; Ν 892; A 925, 929; PL 989; C H 1117; SU 1202; Ε1232; Η 1366, 1381, 1391; V 1408; CY 1420 Stimmabgabe, ungültige Β 86; D 324, 327, 338; F 474; GR 573, 593; IS 703; YU 782; L 819; A 941; SU 1203 Stimmberechtigung ->• Wahlrecht, aktives Stimmbezirk 38; BG 132; D 240 f.; Stimmenauszählung -*• SystT. des jeweiligen Länderbeitrages Stimmenkauf GR 562; I 717 Stimmenthaltung —>- Wahlenthaltung Stimmenüberschuß IRL 658, 678, 680 ff. Stimmgebung, abgestufte SF 416 f. Stimmgebungsverfahren 8, 11, 43 ff., 54 Stimmgruppe SF 416, 424 f. Stimmkabine -»- Wahlkabine

Wahl der Parlamente

1478 Stimmkugel GR 563 (s. a. Kugelungssystem) Stimmübertragung -*• single transferable vote Stimmzettel 25, 41; AL 64; Β 79, 84 f., 89; DK 155, 159; D 327; GR 561; IRL 658; FL 801; L 813, 815; NL 864; A 941; R 1044; RSM 1077; CH 1117; SU 1158; CS 1313; V 1417 Stimmzetteleinzug Ρ 1025 Stormont IRL 655 Storting Ν 892 ff., 916 Strafrechtliche Verantwortlichkeit Ministerverantwortlichkeit Streik (und Wahlrechtsforderung) Β 84, 92; Stufenwahl SU 1148, 1152 f., 1155 ff., 1159, 1180, 1183 ff. (s. a. Indirektes Wahlrecht) Sudan F 485 Süddeutschland D218, 227, 229, 264 Sudetendeutsdie Heimatfront CS 1299 Sudetendeutsche Partei CS 1299 ff. Sudetenland A 937; CS 1289, 1302 Südtirol 1721 Suffragetten GB 621 Sultanat TR 1331 ff., 1337 Suplentes Ε 1230 Suspension des Stimmrechts NL 857 Svekomanen SF 414 f. Swing D 310; GB 618, 626 f. Syndics AND 71 Syndikalisten Ε 1263 ff. Synegoren GR 557 Syrien TR 1334

Τ Taggelder -> Diäten Tagsatzung CH 1111, 1113 ff. Taksim CY 1422 Teilerneuerung wählen) GR 572, 580 (s. a. Drittelerneuerung, Halberneuerung usw.) Tesdien CS 1292 f. Tessin C H 1113 f., 1116, 1120, 1125, 1128

Thessalien GR 565 Thraniterbewegung Ν 896 f. Thrazien GR 568 ff.; TR 1331, 1335 Thurgau CH 1113 ff.

Thüringen D255, 267, 322, 324, 337, 365, 375 Tirnovo (Verfassung von) BG 128 ff., 131 ff., 138 ff. Tirol D 189; A 921, 924, 936, 940, 958, 961 Togo F 485 Tories GB 607, 610, 612 f., 617 Toskana 1713, 723, 738 Totalitarismus SU 1192, 1216 Traditionalisten Ε 1231, 1233 Transleithanisdier Reichsteil A 930; CS 1286 Transmissionsriemen 18 f.; AL 64; BG 143; D 330, 344; R 1058; SU 1172, 1188, 1207; CS 1309 Trasformismo 1717, 720 Tribunal F 449 ff. Tribut(-pflidit) AND 71; BG125; CY 1420 Triest 1721, YU 773; A 921, 958 Tschad F 485 Tschechoslowakei 1285 ff.; BG 140; D 343 f.; A 937; S 1095 Tunesien F 490 f. Türkei 1331 ff.; GR 555; YU 757; CY 1422 f., 1426 Türkiye Büyük Millet Meclisi TR 1339 ff., 1357 Tweede Kamer NL 882 Tynwald Court GB 630 U Überhangmandate D287, 293; GR 576 Überrepräsentation D218, 237 f., 253, 273, 298 f.; F476, 500 f.; GR 556, 569, 582; S 1095; CH 1120 Überrest (Methode des größten ~s) 48, 52; F 490 ff., 498; GR 577; I 728; FL 801; NL 869, 871; CS 1292, 1297; Η 1384 Uberrest (Methode des kleinsten ~ s ) 48, 52; CS 1309 Überseegebiete Ρ 1017, 1020, 1023, 1026; Ε 1230, 1232, 1242 (s. a. Kolonien) Ubertragbare Einzelstimmgebung DK 155, 158 (s. a. single transferable vote) Ukraine SU 1169 Ulster IRL 652, 654 f., 664 Umbrien 1713, 723, 738

Index Umrechnung —>- Mandatszuteilung Unabhängige (Abgeordnete) IRL 659, 663, 665, 672; T R 1342 f., 1352 Unabhängige Sozialdemokraten D 241, 246, 248 ff., 256, 260 f. Unabhängigkeit Β 77; BG 125; SF 418 f.; GR 557; IRL 653, 665; IS 697; YU 758, 761; L814; MAL 833, 842; Ν 891; A 935; R 1037; C H 1114 CY 1419 (s. a. Autonomie) Unabhängigkeitsbewegung AL 57 ff.; IS 695 f.; N L 858; Ε 1251, 1259 ff.; CS 1285 ff.; Η 1368 Unabhängigkeitspartei Η 1370, 1373 Ungarn 1365 ff.; D321, 344; Y U 7 6 9 ; A 921 ff., 925 ff., 930, 934; R 1041, 1051, 1054, 1088; CS 1302 Ungarischer Aufstand von 1956 Η 1392 Ungleiches Wahlrecht D206, 237; GB 631; IRL 651; A 923, 931 f.; Ρ 1023; R 1036, 1038; C H 1155, 1183; Η 1375 Ungültige Stimmen Stimmabgabe Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) SU 1178 ff. Union des 17. Oktober SU 1161, 1165 Union f ü r die neue Republik (Union der Demokratie f ü r die V. Republik) F 502 ff., 508, 510 f. Unionisten Β 79; IRL 652, 654, 657 f., 661, 663 Union nationale et dimocratique MC 853 Uniön Patri6tica Ε 1251 Unionsakte IS 698 Unionssowjet SU 1178 f., 1190, 1194, 1196 ff., 1201, 1203, 1210 f., 1221 Universitäten (und Wahlrecht) 24; D 189, 191, 195, 243; GR 561, 573; GB 608, 616, 621, 624, 628; IRL 655, 657, 665, 668, 689; A 928; R1035, 1037, 1043; SU 1153; Ε 1229, 1244 Unmittelbare Volksgesetzgebung Demokratie, direkte Unmittelbares Wahlrecht 21, 26; BG 129, 139, 142; D 195, 199, 231, 237, 239, 242, 248, 250, 252, 283 f., 322, 329, 335; F 452; G R 561, 563; GB 628, 631; Ρ 1013; R 1039; S 1085; SU 1182, 1200; CS 1291, 1304, 1307; Η 1366, 1375 (s. a. direktes Wahlrecht)

1479 Unmündigkeitserklärung (und Wahlrecht) DK 156 (s. a. den SystT. des jeweiligen Länderbeitrages) Untere Kammer IS 696, 699, 703, 709 Unterhaus GB 606, 608 ff., 640; IRL 651, 653 f., 657 ff.; A 925 f.; Η 1366, 1369 ff., 1380 ff. (s. a. House of Commons) Unterland FL 793, 795 f., 798 f. Unterrepräsentation D 218, 225 f., 253, 273; GR 569; GB 614; IS 698; Ν 893, 904; C H 1120 Unterschriftenklausel (Quorum) SystT. des jeweiligen Länderbeitrages, Stichwort: Wahlbewerbung Unterwaiden C H 1111 Unverbindliche Nominierung SU 1204 ff. Unvereinbarkeit -*• Inkompatibilität Unverwertete Stimmen ->- Reststimmenverwertung Unwählbarkeit -»• Inkompatibilität (s. a. Wählbarkeit) Uri C H 1111, 1114, 1126 Urwähler D 195, 200, 206, 209 f., 237 f.; SF 420; YU 757 f.; FL 796; L 810 f., 813; N L 859; R 1036, 1038; C H 1112; SU 1158, 1160, 1185, 1207; Ε 1230, 1237; TR 1333, 1338 f. (s. a. Indirektes Wahlrecht) Utrecht N L 857

V Vaduz FL 793 f., 797 Vakanz Η 1377; V 1412, 1415 Van de Walle-System Β 92, 94, 112 Vasallen GB 605 f. Vaterländische Front BG 139 ff.; A 945; CY 1425 Vaterländische Union FL 800 f. Vatikan 1407 ff.; D 2 2 7 ; N L 8 6 1 Vece SU 1147 Venetien 1713, 715, 724; A 921 Venstre DK 155 ff.; Ν 899 f., 902 f., 910 f. Verantwortlichkeit (der Regierung) -»Ministerverantwortlichkeit Verchonyi Sovet SU 1193 ff., 1221 Vereinigter Althing IS 699 ff., 709 Vereinigte Rechtsparteien PL 976

1480 Vereinigte Staaten BG 140 ff.; D 240, 277; SF 420; G R 574; A 948; PL 988; CS 1287 Verfassunggebende Cortes Ε 1230 ff., 1237, 1242 Verfassunggebende Nationalversammlung Y U 7 6 3 ; A 936 f.; Ρ 1019; CS 1288 ff., 1304 ff. Verfassunggebender Sejm PL 989 Verfassunggebende Versammlung IRL 655; YU 772; Ν 891; PL 974; Ρ 1011; Ε 1253 Verfassungsänderung -»- Verfassungsreform Verfassungsausschuß Β 77; D 204 f., 326; G R 572; IS 696 Verfassungsgericht (-shof) GR 590, 593; TR 1347, 1349 Verfassungskonflikt D 209 ff., 214, 218, 220, 237; L 810; N L 861 Verfassungsoktroi D 191, 206, 211, 241; YU 755, 757; L 809, 813; M C 850 f.; A 9 2 5 ; Ε 1229, 1234 Verfassungsreform revision) Β 84, 86, 93; BG 130f.; DK 155, 161; D211, 227, 230 f., 331, 343 f.; SF 415 ff., 419; F 446, 450; GR 567, 577 f., 589, 594; IRL 656, 666 ff.; YU767, 774, 777, 782; L 811, 814, 817 f., 823; MC 851, 853; N L 859; A 930, 939, 943 f., 945 f.; PL 979, 981; Ρ 1012 ff., 1018, 1022; R 1035, 1042, 1049, 1053, 1057 f.; S 1099 f.; C H 1116, 1118; Ε 1240; CS 1310 ff.; T R 1334, 1347 f. Verfassungssystem, liberal-pluralistisdies 2, 5, 7, 14; CS 1316 Verfassungssystem, monokratisches 2, 14 Verfassungswandel D 273 ff. Verhältnisausgleich -*• proportionaler Ausgleich Verhältniswahl 30 ff., 40 f.; Β 91, 93; BG 133 ff., 139; DK 155, 160, 162, 164 f., 170; D 218 f., 245, 253, 256, 267, 272, 283, 286, 312, 316, 322, 335; SF 416, 424, 428 ff.; F 473 f., 484, 488 ff., 498, 500; GR 568, 573 f., 580 f.; GB 656, 658, 662, 667; IRL 657 ff.; IS 698 ff., 703; I 731, 733; YU 764 f., 771 f., 775; L 819; MAL 841 f.; N L 870, 876; Ν 904; A 940;

Wahl der Parlamente R 1053; C H 1126; Ε 1260; CS 1304, 1308; T R 1351; Η 1388 Verhältniswahl (Einführung) Β 88 f.; BG 133; DK 155; D243, 248, 253; SF 416; F 474, 483 f.; G R 570 ff.; GB 624, 631; IRL 652, 655, 657; IS 697; 1720 f., 728; Y U 7 6 0 ; FL 800; L 818; MAL 838 f.; N L 8 6 8 ; Ν 903; A 936, 940; PL 974 f.; Ρ 1020; R 1040; RSM 1077; S 1088; C H 1119 f.; SU 1167 f.; CS 1292; T R 1349 ff.; Η 1384 Verhältniswahl (Forderung auf Einführung) D 218, 226, 237, 245 f.; SF 415; G R 581, 585; GB 624; L 8 1 6 ; S 1088; Ε 1233 f.; CS 1317 Verhältniswahl (Auswirkungen) Β 90 f., 95; DK 162 ff.; D 258 ff.; SF 417, 427; F 485 f.; G R 571, 573, 582; IRL 658 ff., 671 ff.; IS 698 f., 701; 1721, 731, 733 f.; Y U 768; FL 801; L 821 f.; N L 868 ff.; Ν 903 f., 909 f.; PL 976 f.; R 1043 ff.; S 1089, 1091 f., 1095 f.; C H 1120 f.; SU 1169; CS 1297; T R 1353 Verhältniswahl, verstärkte GR 576, 581, 583, 585, 591 Verlust (des Wahlrechts) - > SystT. des jeweiligen Länderbeitrages Vermittlungsaussdiuß D 284 Verrechnungsverfahren 8, 30, 35, 41, 45 ff.; Β 94; DK 158, 172; D 226, 335; SF 428; NL4870 f. (s. a. Mandatszuteilung) Versammlungsfreiheit 5; N L 860 Versammlungsregierung F 446, 463, 483; A 936; C H 1128 f.; SU 1195; T R 1336 f., 1339 Versäulung N L 876 Verstaatlichung -»- Sozialisierung Verteilerzahl DK 164, 167 Verzerrung (der Repräsentation) GB 611 (s. a. Über-, Unterrepräsentation) Vetorecht DK 161, 170; D 212, 277, 294; SF 418, 429; F 443; GB 619 f., 629; IRL 651; IS 697 f.; I 713; L 811, 814; MAL 834 f.; Ν 894; A 924, 939; Ρ 1012, 1023; SU 1164; T R 1332; CY 1419, 1423, 1425 Vidovdan-Verfassung YU 764 f. Vielparteiensystem D 217, 259, 296, 298; SF 415, 419 ff., 428; F468, 478;

Index GB623; IRL 761; NL 870, 873; CS 1290, 1297 (s. a. Parteiensystem) Vielvölkerstaat YU 774; A 921; SU 1190; CS 1289 Viererwahlkreis (^Wahlsystem) 35, 40; D 317; IRL 671; MAL 839; Ρ 1020; C H 1117 Vierklassenwahlrecht 24; A 928 ff.; R 1036 Vierparteiensystem DK 164, 172 Vier-Stände-Landtag SF413, 430 Vier-Stände-Reidistag S. 1083 f., 1086 Viertelerneuerung IRL 656, 662, C H 1112;Ε 1243 Virilisten A 928 Vogtei C H 1113 Volksabstimmung 10; D 276, 326, 338, 343; GR 563, 568, 570, 573 ff., 589, 592 f.; GB 631; IS 698, 701; 1713; YU 771; FL 799; A 937 f., 946 f.; C H 1119 f., 1125 f.; Ε 1260; CS 1290; TR 1348, 1352 (s.a. Plebiszit, Referendum) Volksbefragung 20; L 818; S 1091, 1097; SU 1215 f. Volksbegehren D 251, 328; FL 799; C H 1119 f. Volksblock BG 137 Volksdemokratische Front R 1054 Volksentscheid 10; BG140; D251, 328, 343; IRL 666; YU 776, 778; PL 988; SU 1215 f. Volksfront AL 63; BG 138; SF425f.; F 477, 481; GR 583, 586, 588; 1735; YU 770 ff., 776, 780; PL 988; R 1052; RSM 1079; SU 1192; Ε 1257 f.; Η 1386, 1390 ff. Volksgerichte BG 139 Volkshaus D 205; A 922 f. Volksinitiative C H 1119 Volkskammer D 329 f., 333 f., 341 ff.; 382; YU 772; A 924; CS 1319 f. Volkskommissare -»· Rat der Volkskommissare Volkskongreß D 324 ff. Volksparteien D 298, 306 f., 309, 315; SF 416 f., 422, 425 ff.; F 478; GR 570 ff., 575 ff., 581 ff.; 1720 ff., 730; YU 762 f., 768; FL 797 f., 800 f.; NL 873 f.; A 947 ff.; PL 987 f.; R 1041, 1046 f.; RSM 1077 f.; C H 1123; CS 1294 ff., 1304; TR 1338 ff., 1342 ff.,

1481 1352 f.; Η 1372 1389 f. Volksrat D 326, 331; A 935 f.; PL 990; R 1055, 1059 Volksrepublik AL 63 ff.; BG140ff.; D 328 ff.; YU 772 ff.; PL 991 ff.; R 1054 ff.; SU 1178; CS 1307 ff.; Η 1375, 1391 Volksrepublikaner F 483, 486, 489, 491, 495, 500, 503 ff., 508 f. Volkssouveränität Β 78; D 250, 284, 328 f., 334, 336, 341; F442, 445; GB 607; FL795, 798; L811, 818; NL 861; A 935; Ρ 1011 f.; RSM 1077; C H 1114, 1116; SU 1193; Ε 1232; TR 1336 Volksting -»• Folketing Volksversammlung AL 64 f.; BG 142 ff. Volkswahl D251, 283; F459, 497, 502; IRL 666; IS 701; A 922, 926, 943; Ρ 1025 f.; CY 1422 f. Volkswehr A 936, 942 Volkswillen 17; D 248; F445; GR 570; CS 1307, 1310 Volkswirtschaftsrat D 227 Volkszählung D 205, 248; C H 1117, 1126; CS 1292; TR 1350 Volljährigkeit (und Wahlrecht) 23; D 195, 345; GB611; PL 974; Ρ1013, 1016; R 1035, 1039; RSM 1077 f. Volost (-Sowjet, -Versammlung) SU 1157 f., 1183, 1211 Vorarlberg A 921, 928, 936 f., 940, 958, 961 Vorkumulation C H 1125 Vormärz D 196 f., 205, 222 Vormundschaft (und Wahlrecht) D 195, 198, 205, 214 (s. a. den SystT. des jeweiligen Länderbeitrages, Stichwort: Aktives Wahlrecht) Vorparlament D 197 ff. Vorwahlen 20; Β 84; D 200; PL 982 Vorzeitige Auflösung (des Parlamentes) -*SystT. des jeweiligen Länderbeitrages Vorzugsstimmen gebung

—>• Präferenzstimm-

W Waadt C H 113 f., 1122, 1124 f., 1127 f. Wahlabsprachen DK 164; D 219, 227,

Wahl der Parlamente

1482 230, 302; F476, 503, 505; IRL 660, 672; NL 866, 870; R 1049; CY 1425 (s. a. Wahlbündnis) Wahlagitation D 218, 221 Wahlakt 6, 12, 19; D 3 3 8 ; 1714; SU 1185 Wahlalter 23 f.; AL 59, 61, 63; AND 73; Β 77 f., 85, 92, 94; BG 129, 139, 143; DK 153 f., 156, 160, 162; D 195, 205, 214, 226, 240, 246, 252, 283, 287, 322, 333, 345; SF415f., 429; F 441 f., 444 ff., 447 f., 452, 457, 460 f., 467, 484, 488; GR 557, 564, 567, 574; GB 611, 621; IRL 656 f., 663; IS 696 f., 702; I 714 f., 718, 725, 728, 731, 733; Y U 7 5 4 f . , 758, 763, 765, 771 f., 776, 779; FL 796, 798; L 810, 817 f.; MAL 834, 838 f.; MC 850 f., 853; NL 858 ff., 862, 864, 867, 873; Ν 892, 899, 904, 908; A 922 ff., 936, 940 f.; PL 974 ff., 982, 992; Ρ 1011, 1013 f., 1019 f.; R 1031, 1033 ff„ 1042, 1050, 1053 ff.; RSM1077f.; S 1083, 1085, 1088, 1090, 1092 ff., 1101; CH 1112, 1117; SU 1148, 1156, 1167, 1182, 1201; Ε 1230, 1232, 1235, 1237 f., 1240, 1243 f., 1253, 1255, 1263 f.; CS 1291, 1304, 1308; T R 1332 f., 1337, 1340, 1350; Η 1366, 1375 f., 1379, 1384, 1388, 1391; C Y 1420 f. Wahlanfechtung G B 6 1 5 f . ; SU 1160 (s. a. den SystT. des jeweiligen Länderbeitrages) Wählbarkeit 20 ff.; AL; AND 72 f.; Β 77 ff., 86 ff., 93 f.; BG 127, 129, 132, 138 f., 143; DK 156 f.; D 195 f., 199, 205 f., 214, 248, 252, 287, 322, 333; SF 416; F 443 ff., 447, 449, 452, 454, 458 f., 461, 484; GR 557, 567, 570, 579, 593; GB611, 613; IRL655, 666; IS 696 f., 703; 1714, 728, 731, 733; YU 754 f., 757 f., 760, 762, 764, 771 f., 776, 779; FL 786, 798; L 810; MAL 834, 836, 838 f.; MC 850 f., 853; NL 859 f., 863, 867, 873; Ν 892, 898 f.; A 923 ff., 936, 940; PL 975, 982 f., 992; Ρ 1011, 1013 ff., 1019 f., 1023; R 1031, 1033 ff., 1036, 1042, 1050, 1053 ff.; RSM 1077 f.; S 1085 f., 1088 ff., 1092 ff., 1101; CH 1112, 1114 f.; SU 1154, 1167, 1182, 1201;

Ε 1230, 1232, 1234, 1238, 1240, 1243, 1253, 1255, 1263 f.; CS 1291, 1304, 1308; T R 1332, 1338, 1350; Η 136^ 1375 f., 1379, 1384, 1388, 1393; V 1416; CY 1420 f., 1424 Wahlbegriff 1 ff. Wahlbegriff, bolschewistischer (sozialistischer) 11 ff., 17 ff.; D 335; SU 1201

Wahlbegriff, bürgerlich-demokratischer 6 ff., 11 ff., 19; D 333, 337; CS 1316 Wahlbegriff, inhaltlicher 4 ff., 13 f., 27 Wahlbegriff, technischer 1 ff., 14 Wahlbehörden (~beamte) GR 563; I 716; TR 1343 (s. a. den SystT. des jeweiligen Länderbeitrages) Wahlberechtigung ->- Wahlrecht, aktives Wahlberechtigte AL 65; AND 72 ff.; Β 80 f., 85, 98, 105 f., 108; BG 129, 141, 145; DK 154, 162, 170, 175; D 190, 206, 209 f., 214 ff., 220, 225, 237 f., 240 f., 243, 247, 252 f., 287, 304, 310, 335, 351 ff., 356 ff., 365 ff., 372, 375 f.; SF416f., 425; F 443 ff., 447 ff., 454 ff., 458, 460 f., 465, 471, 476, 483 ff., 498, 514 f.; GR 563; GB 610 f., 614, 616, 632 ff.; IRL 663, 674; IS 696, 701, 706; 1714 ff., 723, 741; YU 753, 771, 776, 783 ff.; FL 799; L 811, 813 ff., 819, 824; MAL 834 ff., 841 f.; MC 853 f.; NL 860, 863 f., 867, 878; Ν 892 f., 895, 899, 901, 913; A 931; PL 983, 989; Ρ 1016 f., 1020 f., 1024; R 1033 f., 1036, 1038, 1042, 1050,1059 ff.; RSM 1079; S 1086, 1089, 1091, 1101 f.; SU 1178, 1219; Ε 1235 ff., 1239 f f , 1245, 1250, 1265, 1269, 1269 f.; CS 1293, 1305, 1325; T R 1333, 1348, 1354 ff.; Η 1366, 1371, 1374, 1376, 1385, 1391, 1393, 1395; CY 1422 Wahlbeteiligung 18, 21; AL 65; AND 74; Β 85 f , 105 f., 108; BG 129, 133, 145; DK 154, 162, 171, 175; D 2 0 9 f , 221, 223, 225, 238, 249, 252 f., 263, 304, 324, 338, 348, 351 f f , 356 f f , 365 f f , 372, 375 f.; SF417, 420, 431; F 463, 470, 475, 507 f„ 514 f.; GR 566, 568 f , 571 f f , 581, 592 f.; GB 627; IRL 674; IS 697, 701, 703, 706; 1714, 741; YU 767, 772, 778, 783 ff.; FL 800; L 819, 824; MAL 843; NL 874; Ν 895, 898, 901, 913; A 960; PL

Index 983 f., 988, 996, 1002 ff.; Ρ 1201; R 1050, 1053, 1056, 1059 ff.; S 1086, 1102; SU 1187 ff., 1219; Ε 1237, 1241 f., 1249 f., 1263, 1265, 1269, 1269 f.; CS 1325; TR 1342, 1348, 1354 ff.; Η 1390 f., 1393, 1400 Wahlbewegung D 338 ff. Wahlbewerbung 5 ff., 11, 18 f., 22, 41; AL 67; Β 84; BG 140, 143 f.; D 294 ff, 323, 336; SF 425; F 474; GR 578, 588; GB 615, 617; IRL 658 f.; I 714 f., 724 f.; YU 764, 776; FL 801; L810; NL 873; A 940; PL 982; CS 1309 f., 1312, 1316; Η 1394 Wahlbewerbung (heute [1968] gültige) AND 75; Β 114, 120; BG 149; DK 185; D 378, 383; SF 436; F 538, 547 f., GR 589; GB 642; IRL 684, 687 690; IS 710; 1746, 748; YU 787; FL 804; L 829; MAL 846; MC 855; NL 886, 888; Ν 9 1 7 ; A965; PL 1006; Ρ 1027; R 1070; RSM 1080; S 1107, 1109; CH 1136; SU 1222; Ε 1279, 1281; CS 1326; TR 1358; Η 1401 Wahlbezirk BG 133; D 194, 209, 237 f.; F 441 f.; GR 560, 564, 567 f., 571 f.; GB 616; Y U 776; PL 988, 990; S 1096; SU 1185; TR 1350 f.; CY 1420 Wahlblock PL 976 Wahlboykott GR 573; IRL 654; YU 772; PL 983 f.; Ρ 1018; SU 1190; CY 1425 (s. a. Wahlenthaltung) Wahlbündnis Β 83; DK 160, 165; D 226, 229, 248; SF416f., 422, 424 f.; F 464, 473 ff., 479, 481, 484, 492, 500, 506; GR581 f., 591; IRL655; 1722; Ν 906; R 1049; Ε 1254, 1256; CY 1425 (s. a. Wahlabsprachen) Wahlbürgsdiaften GB 623 Wahldauer GR 561 f., 565; GB621 (s. a. Wahlzeit) Wahldistrikt GR 557, 561, 563; Ρ 1017; R 1031, 1033, 1037 f., 1040; Ε 1236, 1240 Wahldivisor Β 94, 99 Wahl durch Stellvertretung -»• Stimmabgabe durch Beauftragte Wahl durch Bevollmächtigte SU 1158, 1160 Wahlenthaltung Β 85 f.; F 446, 448, 455; GR 568, 570, 573 f., 585; GB 626; L 819; MC 850; A 928; PL 983; SU 1164, 1183, 1186 f., 1188 ff., 1203;

1483 Ε 1249 (s. a. Wahlboykott) Wählerauftrag 19; SU 1206, 1214 f. Wählerbewegung 1737 (s. a. Wählerfluktuation) Wählerfluktuation D298, 303, 305 ff.; GB 626 Wahlergebnisse ->• den Wahlstatistisdien Anhang des jeweiligen Länderbeitrages Wählerklassen A 931 ff.; R 1037 f., 1050 (s. a. Klassenwahlredit) Wählerkreise (~reservorir, ~schiditen) D 261, 263 f., 295, 298 ff., 301, 306, 309; F 509; GB626; IS 704; 1716 f., 723; S1093 Wählerlisten 22; GB611, 615; 1716; L 819; Ρ 1016, 1024; Ε 1245, 1249, 1264 f.; TR 1339, 1392; CY 1420 (s. a. Wahllisten) Wählerunterschriften AL 61 (s. a. den SystT. des jeweiligen Länderbeitrages, Stichwort: Wahlbewerbung) Wählervereinigungen Β 80 Wählerverhalten Β 96 ff.; DK 171 f.; D 249 f., 259 f., 265, 267 ff., 272, 285, 293, 296, 298, 300, 302 ff., 309 ff., 314, 345; SF425ff.; F477, 483, 492, 508 f.; GR 580; GB 621 ff., 626 f.; IRL 661 f.; IS 704 f.; I 7 3 7 f f . ; L818, 822; NL 874 ff.; A 941, 949 f.; S 1049 f.; CH 1125; CS 1297; TR 1353; Η 1376 Wähler(-vertreter)-versammlung D 334, 339 f.; YU 776; SU 1207 Wählerverzeichnisse BG 129; DK 156; GR 565, 573 ff., 580, 583 ff., 591; 1716; Ν 895; SU 1203, 1211 (s. a. den SystT. des jeweiligen Länderbeitrages) Wählerzahl -»- Wahlberechtigte Wahlfachmänner Ε 1239 Wahlfälschung BG 133; D 327; GR 561 ff., 565 f., 570, 573 f., 584; GB 611; Ρ 1018, 1025; R 1 0 4 2 ; Ε 1232, 1234, 1246 f., 1250; Η 1381 f. (s. a. Wahlmanipulation) Wahlfreiheit 5, 8, 11, 19, 25; SU 1167, 1186 Wahlgänge 42; AND 72; Β 79; BG 129; DK 160; D 199, 205 f., 216, 218, 220, 228, 2251, 316; SF420; S442, 444, 447, 451 ff., 454, 456 f., 459, 461, 464 ff., 469, 471 f., 474, 476 f.,

1484 489 ff., 498, 500 f., 503, 506 f., 510 f.; GR 561; 1714, 716, 725 f., 731; YU 754; FL 795, 798; L810, 812 f., 815; MC 850, 854; Ν 901; R 1033, 1038, 1056; C H 1174 f.; SU 1158, 1201; Ε 1232, 1236 f., 1254, 1256; CS 1310, 1320; Η 1366, 1393; V 1417; CY 1423, 1425 Wahlgebiet 37, 40, 48; D 287, 293, 316 f., 335; S F 4 2 2 f . ; GR 575 f., 581; IRL 655; CS 1308 Wahlgeheimnis F 462; GR 653, 580, 584; SU 1181 (s. a. Geheimes Wahlrecht) Wahlgeographie (und Wahlsystem) 34; Β 87, 102 ff.; SF417, 422, 428; F480, 508 f.; GR 569 f., 590 f.; GB 622, 626; IRL 659, 661, 671; IS 698; I 737 ff.; L 822; SU 1169 f.; Η 1371 Wahlgericht GR 572, 578; CS 1296 Wahlgeschenke GR 591 Wahlgleichheit 5, 20 f., 24 f.; GR 591; GB 614 (s. a. Gleiches Wahlrecht) Wahlkabine L815; PL 996 (s. a. den SystT. des jeweiligen Länderbeitrages) Wahlkampf (~kampagne) 20; Β 85; DK 168; D 251, 302, 306, 323, 338 f.; F 464, 490, 510 f.; GR 561, 566, 580, 585, 588 f., 591; GB 615, 617 f., 621 ff., 627; IS 705; L 823; NL870; Ν 898: Ρ 1026; R 1053: S 1089; C H 1127; SU 1160, 1183, 1186, 1190, 1206, 1212 ff., 1216; Ε 1251, 1266 f.; CS 1305, 1316; T R 1342, 1344, 1353; Η 1389 Wahlkampfbeschränkung SystT. des jeweiligen Länderbeitrages Wahlkartell Β 92,104; L 816; S 1091 ff., 1095 f.; Ε 1254 Wahlkoalition NL 904; S 1101 Wahlkollegium F 450 ff., 467, 484 f., 488, 490 f., 497 f., 501; IRL 663, 668; MC 851; PL 983; CS 1304; V1413 Wahlkommission (~komitee) 12; D 221, 327, 334, 340; F 462; GR 576 f.; YU 780; PL 989; SU 1182, 1204 ff., 1210 ff.; CS 1313, 1316; TR 1340; Η 1389 Wahlkörper 6, 9; D 226, 304; F 455, 485; I 731; L 818; A 923; Ρ 1015, 1017, 1020; C H 1112; SU 1148,

Wahl der Parlamente 1156 ff.; Ε 1234 ff., 1243, 1245, 1250; V 1408 ff. Wahlkorruption Ε 1239, 1248 f., 1261 s. a. Korruption, Wahlfälschung, ^manipulation) Wahlkosten Β 86; GB 621, 623; CY 1424 (s. a. den SystT. des jeweiligen Länderbeitrages) Wahlkreis 24, 36f., 40 f., 44 ff.; Β 79, 91; BG 129, 132, 137; DK 155 ff., 160, 165 ff., 174; D 190, 205, 214 ff., 220, 228, 237, 243, 245, 248 f., 256, 267, 273, 286 f., 291, 295, 305, 312, 319, 335; SF416f., 422 ff., 428 f.; F 446, 461, 465, 467, 470, 472, 474 f., 477, 484, 490, 500, 510; GR 561 f., 567, 568 ff., 572, 574 ff., 578, 582 f., 586, 590, 593; GB611, 614, 616, 625, 629; IRL 651, 658, 673; IS 696 f.; I 716, 719, 722 ff., 728, 731, 733; YU 754, 756, 764 f., 767, 776; FL 779; L 810, 812, 821 ff.; MAL 834; N L 859, 877; Ν 892 f., 901, 904; A 924 f., 928 ff., 940; PL 974 f., 982, 988, 990, 992, 995; Ρ 1016, 1024; R 1033, 1036 ff., 1040, 1043, 1050, 1058; RSM 1077; S 1088 f., 1091, 1095, 1100; C H 1117; SU 1167 f., 1201, 1205, 1212; Ε 1236, 1240, 1245, 1249, 1253, 1255; CS 1296, 1300, 1304, 1310; TR 1333, 1339; Η 1366, 1381, 1384, 1393; CY 1424 f. Wahlkreisdelegiertenkonferenz D 295; SU 1206 Wahlkreisebene (Mandatszuteilung auf ~ ) Β 92, 95; BG 139; D 248, 257, 292, 317, 322; SF 416; IRL 658; I 721, 728; YU 760; L 818, 821; Ν 904; A 940; PL 976; Ρ 1024; S 1088, 1091 f., 1095 f., 1101; SU 1157, 1168 f., 1206; CS 1292, 1304, 1308, 1317; T R 1350 f. Wahlkreiseinteilung, ^revision 24, 35 f., 40 f.; A N D 73; D 214 ff., 218 ff., 226, 238, 248, 252 f., 287, 291, 333, 335; SF 416; F 443, 456, 458, 461, 466 f., 474, 476; GR 590 f.; GB610; 614, 616, 621, 625 f.; IRL 657 ff.; IS 699; 1720 f.; L822; MAL 836; N L 860, 864; A 933, 940; PL 975 f., 898; Ρ 1016; R 1058; S1091, 1096, 1100; C H 1117, 1126 f.; SU 1158, 1167 f.;

Index Ε 1236, 1240; CS 1286, 1292, 1304; T R 1339, 1350; Η 1370 f., 1394 Wahlkreisgeometrie 41; GB 625; PL 978; Ρ 1018 f. Wahlkreisgröße 35, 40; D215, 287, 291; F 476; G R ; GB 613, 625; IRL 658; 1718 Wahlkreiskandidaten D 294 ff., 312 f.; 1731 Wahlkreismandat 35; DK 165 f., 170; D 292, 295 f., 305, 312 ff., 316; IS 703 ff. Wahlkreisverband D 252, 257, 273; GR 575, 577, 585; A 941 Wahllisten IRL 662, 668; FL 796, 801; L 810; N L 864; A 941; CS 1316; Η 1385 (s. a. Wählerlisten, ~verzeichnisse) Wahllokal GR 563 f., 576, 585; GB 615; L 815; N L 864, 874; PL 989; SU 1213; Ε 1248; Η 1366, 1371, 1391 (s. a. den SystT. des jeweiligen Länderbeitrages) Wahlmanipulationen Β 83 ff.; BG 131 ff., 138; D204, 209, 327; F448, 455, 461 f.; GR 558, 569, 582, 590 f.; GB 614 ff.; 1717, 724; Y U 7 6 8 ; L 819; PL 980, 988; Ρ 1024 f.; R 1037, 1046, 1048, 1054; RSM 1077; C H 1115; SU 1157, 1160, 1162, 1180, 1185 f., 1211 f.; Ε 1235, 1243, 1248 ff.; T R 1334, 1342 f.; Η 1367, 1371; V 1413 (s.a. Wahlfälschung) Wahlmänner (-wählen) 24, 26; AL 59, 61; DK 157 f., 164; D 195, 200, 204, 206, 210, 220, 237 f.; SF 420; GR 557, 560; Y U 7 5 7 f . ; FL 795 f.; L 810 f.; 813; MC 851; N L 858 f.; Ν 892 f.; A 923, 929 f.; Ρ 1011, 1013, 1015; R 1033 f., 1036, 1038; RSM 1083, 1090, 1092; C H 1112; SU 1156 ff.; Ε 1230, 1232, 1234 f., 1237, 1243, 1252, 1264; T R 1333, 1338 ff. Wahlmännerkollegium DK 158, 161; D 221; SF 420; GR 558, 560; N L 8 5 9 ; C H 1112 Wahlmasdiine 25 (s. a. den SystT. des jeweiligen Länderbeitrages, Stichwort: Stimmabgabe) Nachträge 1429 ff. Wahl mittels Kugeln Kugelungssystem Wahlmodus Β 79; D 198 ff., 205 f., 220,

1485 237, 239, 247; F 4 5 0 f . , 464; SU 1186, 1200; Ε 1243 (s. a. direktes, indirektes, unmittelbares, mittelbares Wahlrede) Wahlmonarchie V 1407 Wahlorganisation (heute [1968] gültige) AL 67; A N D 75; Β 117, 121, BG 150; DK 185; D 380, 383; SF437; F540, 547; GR 598; GB 643; IRL 685, 688, 690; IS710; 1746, 749; Y U 7 8 8 ; FL 805; L 830; MAL 847; M C 855; N L 886, 888; Ν 917; A 965; PL 1006; Ρ 1028; R 1071; RSM 1080; S 1107, 1109; C H 1137; SU 1223; Ε 1280; CS 1326; T R 1359; Η 1402; V 1417 Wahlpatronage -»• Patronage Wahlperiode AL 58; Β 78, 87; BG 129, 142; DK 154, 157, 164 f.; D205, 214, 250, 260, 284, 300, 322, 329, 335, 339, 342 f.; SF413, 415, 429; F444 f., 447, 450 ff., 454, 456 f., 460 f., 467 f., 481, 487 f., 495; GR 557, 560, 563, 593; GB 608, 629 f.; IRL 651, 656 f., 662 f., 665, 668, 670; IS 697 ff., 702 f.; 1714, 716, 731, 733; YU 762, 765, 773, 776, 779; FL 795, 798; L 810, 814, 823; MAL 838, 841; M C 850, 853; N L 8 5 9 f . , 868; Ν 892, 906; A 926, 931, 939; PL 975, 979, 991; Ρ 1012 ff., 1018, 1020, 1023; R 1031, 1034, 1036, 1042 1055; RSM 1077 ff.; S 1085, 1088 ff., 1100 f.; C H 1112; SU 1148, 1153 f., 1201; Ε 1232, 1234, 1238, 1240, 1243 ff., 1252, 1255, 1263, 1265; CS 1291, 1304, 1307, 1319; T R 1332 f., 1336, 1338 ff., 1348; Η 1370, 1393; C Y 1420, 1424, 1426 (s. a. den SystT. des jeweiligen Länderbeitrages) Wahlpflicht (Abstimmungspflicht) 21; Β 86; BG 133; D 2 2 6 ; GR 571, 579, 592; 1733; FL 795, 800; L 8 1 8 f . A 936, 940; Ρ 1022; R 1039; SU 1203; Ε 1249, 1263 f.; CS 1291, 1304; Η 1379, 1384; V 1417 (s. a. den SystT. des jeweiligen Länderbeitrages) Wahlprämie G R 590 ff. (s. a. Prämienwahlsystem) Wahlpraxis 11, 27; SF423; F442, 448; GR 561 f.; GB 614 f.; PL 995 f.; Ρ 1024 f.; R1037, 1041, 1056, 1058; SU 1168, 1181 f., 1185 f., 1212 ff.; Ε

1486 1248 ff.; CS 1312 f., 1316; Η 1371, 1390 f.; V 1412 ff.; CY 1421 Wahlprinzipien -*• Engeres Wahlrecht Wahlprüfung(-srecht) GR 565, 567; GB 615; MAL 836; Ε 1249 CY 1420,1424 (s. a. den SystT. des jeweiligen Länderbeitrages) Wahlquotienten(-verfahren) 46; NL 869; F 474 ff., 484, 488, 490 ff., 498; GR 575 f. Wahlrecht, aktives 20, 22; AL 59, 61, 63; AND 72; Β 77 ff., 82, 85 f., 93, 98; BG 127, 129, 138 f., 143; DK 153 f., 156 f., 162; D 195 f., 199, 205 f., 214, 240, 247 f., 252, 287, 322, 333; SF 416; F 442 ff., 447, 449, 452, 454, 457 ff., 461, 484; GR 557, 561, 564, 575; GB 609, 614, 632 ff.; IRL 657; IS 696 f., 703; I 714, 725, 728, 731, 733; YU 754 f., 758, 761, 765, 771 f., 776, 779; FL 796, 798; L 810 f., 813 f.; MAL 834 ff., 838 f.; MC 850; NL 858 f., 864, 867, 873; Ν 892, 898 f.; A 922 ff., 929, 936, 940; PL 974 ff., 982, 992; Ρ1011,1013 f., 1016, 1019 f., 1023; R 1031, 1033 f., 1036, 1042, 1050, 1053 ff.; RSM 1077f.; S 1085 f., 1088 ff., 1092 f., 1101; CH 1112, 1114 f.; SU 1154 ff., 1167, 1182, 1201; Ε 1230, 1232, 1235, 1237 f., 1240, 1243 f., 1253, 1255, 1263 f.; CS 1291, 1304, 13008; TR 1332, 1337, 1340, 1350; Η 1366, 1374 ff., 1379, 1384, 1388, 1393; V 1416; CY 1420 f., 1424 Wahlrecht, Begriff 20 ff. Wahlrecht (heute [1968] gültiges) AL 66; AND 75; Β113, 118; BG149; DK 181; D 377, 382, SF434; F534, 545, 548; GR 596; GB 640; IRL 679, 686, 689; IS 709; I 744, 748; YU 786; FL 803; L 8 2 8 ; MAL 845; MC 854; NL 883, 887; Ν 916; A 962; PL 1005; Ρ 1026; R 1070; RSM 1080; S 1106, 1108; CH 1132; SU 1221; Ε 1278, 1281; CS 1325; TR 1357; Η 1400; V 1416 Wahlrecht, beschränktes 23 (s. a. Klassen·, Plural-, Zensuswahlrecht) Wahlrecht, passives -*• Wählbarkeit Wahlrechtsausschuß (-kommission, -beirat) D 313, 316; GR 561

Wahl der Parlamente Wahlrechtsreform Β 84 ff., 91 ff.; BG 138 f.; DK 162; SF415f.; F 4 5 7 f „ 483 f.; GR 564 f.; GB 610 f., 614; I 715, 718, 728; YU763 ff.; FL799; L 811, 813, 817 f.; MAL 835, 841; NL 862 ff., 867; Ν 898 f.; A 932 f.; Ρ 1016 f.; R 1038 f., 1050, 1053; RSM 1078 f.; S 1088, 1090; SU 1199 ff.; Ε 1235; TR 1337, 1340; Η 1374 f., 1384; CY 1424 Wahlreformdiskussion Β 88 f.; D 226, 239 ff., 244, 253 f., 272, 285 f., 308, 311 ff.; SF 422 f., 427 f.; F 469 f., 472 f., 477, 490 f.; GB 623 f.; IRL 672 f.; NL 867, 876; CH 1119 f.; TR 1344 f. Wahlreklamation AND 73 Wahlringe 40; NL 868, 877 Wahlschein -> SystT. des jeweiligen Länderbeitrages Wahlsektion TR 1333 Wahlsoziologie Β 101 f., 104; DK 165, 171 f.; D 271 f., 305, 308, 310, 315; F 480, 508 f.; GB625ff.; IS 703 ff.; NL 873 ff.; A 949 f. (s. a. Wählerverhalten) Wahlstatistik den Wahlstatistischen Anhang des jeweiligen Länderbeitrages Wahlsystemänderung Β 84, 88; BG 134, 136 f.; D 245 f., 272 f.; F 506 f.; GR 580; IRL 663; I 715 f., 723 ff., 735 ff.; NL 870 f., 876; Ν 901, 908; Ρ 1017; S 1095; Ε 1241, 1253, 1255 f.; CS 1296, 1300; TR 1352 f.; Wahlsystematik I f f . , 28 ff.; D319; SF 424 Wahlsystem (Auswirkungen) 30 ff.; Β 90 f., 95; DK 162 ff.; D 200, 210, 212, 218 ff., 225, 228, 230, 238 ff., 249 f., 258 ff., 292 ff.; SF417, 427; F 464, 470, 472 f., 475 ff., 485 f., 492, 503; GR 569, 571, 573, 578 f., 582; GB 616, 618, 622 f., 625 f.; IRL 654 f., 658 ff., 671 ff.; IS 698 f.; I 721, 731 ff.; Y U 7 6 8 ; FL 801; MAL 839 ff., 843; NL 868 ff.; Ν 903 f., 909 f.; PL 976 f., 995 f.; Ρ 1021; R 1043 ff.; S 1089, 1091 f., 1096 f.; CH 1119 f.; SU 1156 f., 1169; Ε 1254, 1257 f.; CS 1297; TR 1344 f., 1353

Index Wahlsystem (heute [1968] gültiges) AL 67; A N D 75; Β 114, 120; BG 149; DK 182; D 378, 382; SF434; F538, 545, 549; GR 597; GB641; IRL 680, 687, 690; IS 709; 1745, 748; Y U 7 8 7 ; FL 804; L 829; MAL 846; MC 855; N L 883, 887; Ν 916; A 963; PL 1006; Ρ 1027; R 1070; RSM 1080; S 1106, 1109; C H 1133; SU 1221; Ε 1279, 1281; CS 1326; TR 1358; Η 1401; V 1416 Wahlsystemwedisel ( ~ r e f o r m ) 37; Β 88, 104; BG 133; DK 160; D248, 335; SF 428; F 449, 451, 459, 461, 464 ff., 476 f., 483, 500, 502; GR 564, 570 f.; IS 699 ff., I 720 f.; YU 760, 775; FL 800; L 817; MAL 838; Ν 868; Ν 903; A 936; PL 982, 995; Ρ 1020; R 1040, 1056; RSM 1077; S 1088; C H 1119 f.; SU 1167; CS 1310; T R 1349 ff.; Η 1384, 1393 Wahltag ( ~ t e r m i n ) 12; D 247, 321 f., 328; GR 566, 582; Ρ 1020; SU 1189, 1203, 1213; TR 1342 (s. a. den SystT. des jeweiligen Länderbeitrages) Wahlterror GR 562, 584, 591; 1724 Wahlumschlag A 941 Wahlurne 25; F561, 563; YU 760, 772; C H 1121; SU 1168 Wahlverein D 221, 256 Wahlverfahren 28; F 4 4 1 ; GR 556; Ρ 1019 f.; RSM 1079; SU 1166; Ε 1232; T R 1333; V 1408 ff. Wahlversammlung F 442, 446 f., 451 ff., 455, 462, 471; YU 776, 779 f.; PL 982; R 1058; SU 1164, 1185, 1204, 1207, 1211, 1213; Ε1232; Η1390, 1393 f. Wahlvorschlag 6, l l f . , 19; D 248, 323, 335 f., 340; YU 767; FL 800 f.; MC 853; N L 858; A 941; C H 1117 f.; SU 1161, 1204 ff. (s. a. Kandidatenaufstellung, Wahlbewerbung) Wahlzahl BG 134, 139; DK 155; IRL 658, 663; I 721, 728; N L 869 ff., 873; CS 1296 f. Wahlzahlverfahren 36, 45 ff., 52 f.; Β 94; DK 162, 170; D 322; F484; GR 576; I 723, 735, 737; N L 869; CS 1292, 1296, 1305, 1308 f.; TR 1350 f.; Η 1384 Wählzeichen GR 563 (s. a. den SystT. des jeweiligen Länderbeitrages)

1487 Wahlzeit -*• SystT. des jeweiligen Länderbeitrages Wahlzelle 25 Wahlzettel GR 586, 570, 573, 584 f.; IRL658; PL 1024; TR 1345 (s. a. Stimmzettel) Wahlzone DK 170 Währungsreform D 267, 282, 300 Walachei R 1031 ff., 1036 Waldeck D 1 9 3 f „ 203, 208, 236, 255, 351 f., 365 Wales GB 605, 622 Wallis C H 1114, 1126, 1128 Wallonien Β 81, 96, 102, 109 f. Wechselwähler Β 98; D 265, 271 Weimar D 248 ff., 285 Weimarer Koalition D 2 5 0 f . , 260, 262 Weimarer Republik D 219, 249 ff., 280 f., 284 ff., 296, 321 f.; SF 419; F 497, 502 Weimarer Verfassung D 250 ff., 328 Weißrußland PL 973 Weifen D 233 Weltwirtschaftskrise D 262 f., 266, 268 ff.; GR 572; PL 981; R 1047; CS 1289; Η 1382 Westdeutschland D 218, 264 Westminsterparlament GB 628; IRL 654 Westzonen D 278 ff., 320 f., 324 ff., 328 Whigs GB 607, 610, 612 ff., 617 Whips GB 612, 617 Wiborg SU 1164 Widerstand (-sbewegung, -sredit) DK 169; D 278, 321; F 446, 482, 485 f.; I 728; YU 770; PL 985 f. Wiederwahl Β 86; D 251, 283, 329; SF 444, 447, 449 f., 459; GR 593; IRL 657, 662, 666; IS 701; Y U 7 7 9 ; FL 795; Ρ1012; SU 1154, 1201, 1205; Ε 1229, 1232, 1235, 1238; T R 1339, 1348 Wien A 928 f., 947, 961 Wiener Bundesakte D 191; FL 793 Wiener Konferenzen (1834) D 194 Wiener Kongreß Β 77; D 1 9 1 ; L 809; N L 857 Wiener Sdilußakte D 194 Wilna PL 973 Wirtschaftskammer PL 982 Wirtschaftskrise Β 81 (s. a. Weltwirtschaftskrise) Wirtschaftsparteien D 268

Wahl der Parlamente

1488 Wirtsdiaftsrat D 281 ff.; YU 778 f. Wirtschafts- und Sozialrat F 501, 513 Witwenurnen YU 772 Wohnsitz (und Wahlrecht) DK 156 f.; D190, 196; GB 616; YU758, 760; N L 862 ff.; Ρ 1011 Wohlfahrtsausschuß F 446 Wojewodschaft PL 975, 983, 990 Wojwodina YU 754, 763 f., 770 f., 774 Württemberg D 189, 191, 193, 199, 203, 208, 236, 248, 253, 275, 305, 351 f., 365 Württemberg-Baden D 282, 291, 366 f., 370 Württemberg-Hohenzollern D 282, 291, 366 f., 370 Wyzwolenie PL 977, 979 f., 990

Ζ Zabern-Affäre D 231 Zadruga YU 756, 761 Zahl der Wahlkreise SystT. des jeweiligen Länderbeitrages Zählwert 23 ff., 35; D 335; GB 625 Zamora Ε 1239 Zaragoza Ε 1238 Zaranisten R 1042 Zarismus SU 1152 ff., 1164 ff. Zeeland N L 857 Zemsky'sobor SU 1147 Zemstwo SU 1148 ff., 1152 ff., 1165, 1186 Zensuswahlredit 23; Β 77 ff., BG 127, 130; DK 154, 157, 160; D 190, 195 f., 198 f., 203, 231, 237; SF414; F442, 444, 454, 457; GR 609 ff., 613 f.; IS 696; 1714 f., 718; Y U 7 5 3 f f . , 758, 760 f.; L 809 ff., 813 f.; MAL 834 ff., 838 f.; N L 858 f., 861 ff.; Ν 892, 898; A 923 ff., 929, 932; Ρ 1011 ff., 1016, 1019 f.; R 1033 ff., 1037 f.; RSM 1078; S 1085 f.; C H 1114 f.; SU 1148 f., 1152 ff., 1155 ff., 1159, 1180; Ε 1232, 1234 ff., 1238, 1240, 1244; T R 1332; Η 1366, 1371, 1374, 1379, 1384; CY 1420 Zentralexekutivkomitee SU 1178 ff., 1183, 1195, 1211; Zentralismus D 276; YU 763 f., 769; A 922; R 1055; C H 1111 ff.; SU 1172 f., 1177, 1186; CS 1289, 1308

Zentralkomitee D 331; YU 773; SU 1197, 1209; CS 1306, 1313 Zentralliste BG 137; CS 1292 Zentrolinksblock PL 980, 983 Zentrumsparteien D 218,221 ff., 226 ff., 239 f., 242, 244 f., 248 ff., 256, 261 ff., 272, 280, 282, 303, 305; SF 426 ff.; F 505, 507, 509; GR 576 ff., 581 ff., 586 ff.; IRL 669; Ν 909 ff.; S 1094; C H 1122 Zersplitterung (der Parteien) -*• Parteienzersplitterung Znak PL 999 Zug C H 1111, 1114 Z u n f t R 1033; C H 1111, 1114 Zürich C H 1111, 1114 f., 1123 ff., 1128 Zusammenfassung der Gewalten -*• Gewaltenvereinigung Zusatzstimme 24; Β 85, 92; D 240 ff., 244; 1721 Zuschlagsmandate 40; DK 162, 164 170 Zuteilungsverfahren 48 ff.; D 248, 257 f., 293, 323; F 474, 484, 487; GR 574, 576 f., 581, 583, 585, 590; 1734 (s. a. Mandatszuteilung) Zuwahl Kooptation Ζ veno BG 136 ff. Zwangsvereinigung (von Parteien) D 279, 321 Zweigewaltenlehre V1409 Zweikammersystem AL 61; Β 78; BG 127, 130 f.; DK 153; D 191, 205, 212 ff., 250 f., 248 f., 330; F 446 f., 453, 456, 460 f., 466 ff., 486, 499; G R 560 f.; GB 605 ff., 630; IRL 651, 654, 656 ff.; 666 ff.; IS 696, 699 ff.; I 713 ff., 730 ff.; YU 760, 767, 771 f., 774; MAL 837 f.; MC 850; N L 858 ff.; A 922, 924 f., 939; PL 975; Ρ 1012 ff., 1020; R 1034 ff., 1042 ff., 1049; S 1083, 1085 ff., 1099 ff.; C H 1116 ff., 1128 ff.; SU 1151, 1193 ff.; Ε 1234, 1237, 1244; CS 1290 ff., 1319 ff.; TR 1332, 1347 ff.; Η 1365, 1369, 1380 Zweimannwahlkreis 37, 40; IS 700; A 933; PL 982; C H 1117, 1127 Ε 1267 Zweiparteiensystem 16; Β 84, 91 f.; DK 164; D 253 f., 298; F 477, 481; GR 565 f., 579 f., 586; GB 617, 623 f.; FL 801; L 815; MAL 840, 842 f.; Ν 900, 910; R 1046; TR 1343

Index Zweite Kammer DK 154; NL 858 ff., 862 ff., 867 ff., 873 ff., 882; S 1085 ff., 1097 ff., 1106, 1108 Zweiter Vereinigter Landtag D 197. Zweiter Wahlgang -*• Wahlgänge Zweiter Weltkrieg AL 62; Β 98; BG 138; DK 171, 174; D 276, 283, 320; SF 416, 420, 425, 429; F 443, 471, 482 f., 485, 489; GR 574; GB 625,

94

Sternberger-Vogel, Parlamente I, 2

1489 628, 631; I 727; YU 769, 772; FL 802; L 823; MAL 834, 841; MC 850, 853; NL 857, 872; PL 984; R 1040, 1051, 1056; S 1093; CS 1302 f.; TR 1341; Η 1369, 1379; CY 1421 Zweitpräferenzen 44, 54; IRL 658, 673 Zweitstimme D 292, 314; GB 621, 625, 628 Zypern 1419 ff.

Die Wahl und Ernennung der gemeindlichen Wahlbeamten in der Bundesrepublik V o n ROLF

MEYER

Oktav. X V I , 133 Seiten. 1964. DM 18,— (Neue Kölner Rechtswissenschaftliche Abhandlungen, Heft 31)

Die Wahlverfahren und ihre Vereinbarkeit mit den demokratischen Anforderungen an das Wahlrecht V o n HERIBERT

WESTERATH

Oktav. VIII, 71 Seiten. 1955. DM 7,25

(Münsterisdie Beiträge zur Rechts- und Staatswissenschaft, Heft 3)

Das Wesen der Repräsentation und der Gestaltwandel der Demokratie im 20. Jahrhundert V o n P r o f . D r . D r . GERHARD

LEIBHOLZ

3., um einen Vortrag erweiterte Auflage. Oktav. IV, 275 Seiten. 1966. Ganzleinen DM 38,— Die rechtsprechende Gewalt. Wegmarken des Rechtsstaates in Deutschland E i n e E i n f ü h r u n g v o n Oberlandesgeriditsrat DIETER BRÜGGEMANN

Oktav. X V I , 196 Seiten. 1962. Ganzleinen DM 28,—

Einladung zur Subskription Das Parlamentsrecht des Deutschen Reidies Im Auftrage des Deutschen Reichstages d a r g e s t e l l t v o n JULIUS HATSCHEK

Groß-Oktav. X I I , 628 Seiten. 1915. Nachdruck geplant. Subskriptionspreis Ganzleinen DM 80,—

Der Nachdruck wird durchgeführt, wenn eine ausreichende Anzahl von Bestellungen vorliegt.

WALTER DE GRUYTER & CO

·

BERLIN 30

Privatsphäre und Ämter für Verfassungsschutz v o n D r . HANS-ULRICH

EVERS

Oktav. X V I , 293 Seiten. 1960. DM 32,— Zur Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde gegenüber Grundreditsverletzung des Gesetzgebers durdi Unterlassen v o n D r . JAKOB

SEIWERTH

Oktav. X V I , 120 Seiten. 1962. DM 15,— (Neue Kölner Rechtswissenschaftliche Abhandlungen, Heft 20) Das Rechtsschutzbedürfnis Eine Gesamtdarstellung unter besonderer Berücksichtigung des Verfassungsprozesses v o n D r . B O D O STEPHAN

Oktav. X L , 186 Seiten. 1967. DM 32 — (Neue Kölner Rechtswissenschaftliche Abhandlungen, Heft 50) Grundgesetz und Internationalprivatredit V o n P r o f . D r . GÜNTHER BEITZKE

Oktav. 37 Seiten. 1961. DM 5,— (Schriftenreihe der Juristischen Gesellschaft e. V. Berlin, Heft 7) Das völkerrechtliche Gewaltverbot Probleme und Entwicklungstendenzen V o n P r o f . D r . D r . WILHELM

WENGLER

Oktav. IV, 61 Seiten. 1967. DM 14,— (Schriftenreihe der Juristischen Gesellschaft e. V. Berlin, Heft 28) Staat und Verbände. Gesetzgeber und Verwaltung B e r i c h t e v o n GERHARD LEIBHOLZ u n d G Ü N T H E R WINKLER, KLAUS VOGEL u n d ROMAN

HERZOG

Oktav. 267 Seiten. 1966. DM 40,— (Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 24)

Das Staatsoberhaupt in der parlamentarischen Demokratie Verwaltung durch Subventionen B e i t r ä g e v o n O T T O K I M M I N I C H , P E T E R P E R N T H A L E R , H A N S P E T E R IPSEN, HANS F .

ZACHER

Oktav. IV, 457 Seiten. 1967. DM 58,— (Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsreditslehrer 25)

WALTER DE GRUYTER & CO

·

BERLIN 30

Wörterbuch des Völkerrechts B e g r ü n d e t v o n P r o f . KARL STRUPP

2., völlig neubearbeitete Auflage. Neu herausgegeben von Prof. Dr. H. J. SCHLOCHAUER, Frankfurt (Main), unter Zusammenarbeit mit den Professoren D r . HERBERT KRÜGER, H a m b u r g ,

D r . HERMANN MOSLER, H e i d e l b e r g , D r .

ULRICH

SCHEUNER, Bonn, in Verbindung mit der deutschen Gesellschaft für Völkerrecht. Lexikon-Oktav. 3 Bände und 1 Registerband. Halbleder DM 620,— Das Werk wird nur komplett abgegeben. Band I: Aachener Kongreß bis Hussar-Fall. X X , 800 Seiten. 1960. Band II: Ibero-Amerikanismus bis Quirin-Fall. X V , 815 Seiten. 1961. Band III: Rapallo-Vertrag bis Zypern. X I I , 901 Seiten. 1962. Registerband: IV, 141 Seiten. 1962 Zwanzig Jahre Vereinte Nationen Internationale Bibliographie 1945—1965. International Bibliography 1945—1965. Bibliographie Internationale 1945—1965 V o n K L A U S H Ü F N E R u n d J E N S NAUMANN

Groß-Oktav. LV, 519 Seiten. 1967. Ganzleinen DM 78,— (Beiträge zur auswärtigen und internationalen Politik, Band 2) Vertage Revolution Die Politik der Kuomintang in China, 1923—1937 V o n JÜRGEN DOMES

Groß-Oktav. Mit 1 Faltblatt. X X , 795 Seiten. 1969. Ganzleinen DM 124,— (Beiträge zur auswärtigen und internationalen Politik, Band 3) Das amerikanische Sicherheitssystem 1945—1949 Studie zur Außenpolitik der bürgerlichen Gesellschaft V o n ERNST-OTTO

CZEMPIEL

Groß-Oktav. X X , 442 Seiten. 1966. Ganzleinen DM 64,— (Beiträge zur auswärtigen und internationalen Politik, Band 1) POLEC Dictionary of politics and economics — Dictionnaire de politique et d'economie — Lexikon für Politik und Wirtschaft V o n H A R R Y BACK, H O R S T CIRULLIES, GÜNTER MARQUARD

2., verbesserte und erweiterte Auflage Oktav. X V I , 1037 Seiten. 1967. Plastikeinband DM 48,— Sonderprospekte und Verzeichnisse auf Anforderung.

WALTER DE GRUYTER & CO

·

BERLIN 30