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German Pages 250 Year 2004
Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft Band 154
Die steuerfreie Kostenpauschale der Abgeordneten Verfassungsmäßigkeit und Möglichkeiten einer Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht
Von
Reimer Stalbold
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
REIMER STALBOLD
Die steuerfreie Kostenpauschale der Abgeordneten
Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft Herausgegeben im Auftrag der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster durch die Professoren Dr. Heinrich Dörner Dr. Dirk Ehlers Dr. Ursula Nelles
Band 154
Die steuerfreie Kostenpauschale der Abgeordneten Verfassungsmäßigkeit und Möglichkeiten einer Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht
Von
Reimer Stalbold
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster hat diese Arbeit im Jahre 2003 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
D6 Alle Rechte vorbehalten # 2004 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten (Allgäu) Printed in Germany ISSN 0935-5383 ISBN 3-428-11461-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Meinen Eltern
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2003 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster als Dissertation angenommen. Das Manuskript wurde Ende Februrar 2003 abgeschlossen; aktuelle Entwicklungen (insbesondere der erst am 8.4.2003 veröffentlichte Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4.12.2002 zur doppelten Haushaltsführung sowie das Steueränderungsgesetz 2003 vom 15.12.2003) konnten darüber hinaus noch bis Dezember 2003 berücksichtigt werden. Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Dieter Birk, der die Arbeit betreut hat. Während meiner Tätigkeit am Institut für Steuerrecht der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster hat er mich in vielerlei Hinsicht gefördert und mir stets genügend Freiraum für die Erstellung dieser Arbeit gewährt. Mein Dank gilt daneben Herrn Prof. Dr. Bodo Pieroth für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Für die Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe danke ich den Herausgebern, Frau Prof. Dr. Ursula Nelles, Herrn Prof. Dr. Heinrich Dörner und Herrn Prof. Dr. Dirk Ehlers. Dem Münsteraner Freundeskreis Rechtswissenschaft danke ich für den großzügigen Druckkostenzuschuss. Dank schulde ich ferner Herrn Markus Gerding für die kritische Durchsicht des Manuskripts. Mein besonders herzlicher Dank gilt aber meinen Eltern, die mich während meines Studiums und der Promotion uneingeschränkt unterstützt haben. Münster, im Dezember 2003
Reimer Stalbold
Inhaltsverzeichnis Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
Erster Teil Besteuerung der Abgeordnetenbezüge nach geltendem Recht
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§ 1 Begriff des Abgeordneten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 § 2 Bestandteile und Höhe der Abgeordnetenbezüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Bezüge der Mitglieder des Bundestages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Bezüge der Mitglieder der Landtage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Bezüge der Mitglieder des Europäischen Parlaments . . . . . . . . . . . . . . . . .
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§ 3 Besteuerung der Abgeordnetenbezüge nach geltendem Recht . . . . . . . . . 34
Zweiter Teil Geschichtliche Entwicklung und rechtspolitische Diskussion
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§ 4 Die Besteuerung der Abgeordnetenbezüge in der geschichtlichen Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 § 5 Überblick über die rechtspolitische Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
Dritter Teil Verfassungsmäßigkeit der steuerfreien Kostenpauschale der Mitglieder des Bundestages
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§ 6 Überblick über die verfassungsrechtliche Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . 48 A. Die steuerfreie Kostenpauschale als Typisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 B. Verfassungsrechtliche Problematik typisierender Regelungen . . . . . . . . . 50 § 7 Vergleich zwischen Abgeordneten und der Allgemeinheit der Einkommensteuerpflichtigen (externer Vergleich) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 A. Ungleichbehandlung von Abgeordneten und der Allgemeinheit der Einkommensteuerpflichtigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 I. Bestimmung der Vergleichsgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
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Inhaltsverzeichnis 1. Erfordernis der wesentlichen Gleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wesentliche Gleichheit der Allgemeinheit der Einkommensteuerpflichtigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Eigener Ordnungsbereich für Einkünfte von Abgeordneten? b) Genaue Bestimmung der Vergleichsgruppen . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einkommensteuerpflichtige mit vergleichbaren Aufwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Allgemeinheit der Einkommensteuerpflichtigen . . . . . . . . II. Ungleichbehandlung durch die steuerfreie Kostenpauschale . . . . . . 1. Voraussetzungen einer Ungleichbehandlung im Bereich des Steuerrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anwendung auf die steuerfreie Kostenpauschale . . . . . . . . . . . . . . a) Ermittlung der Einkünfte nach allgemeinen Regelungen . . . . b) Bevorzugung der Abgeordneten im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundsätzliche Unbedenklichkeit der Steuerfreiheit von Aufwendungsersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) „Echte“ Steuerbefreiung durch Pauschalierung des steuerbefreiten Aufwendungsersatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Kein Nachweiserfordernis aufgrund der Pauschalierung. III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung der steuerfreien Kostenpauschale I. Maßstab für die Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeine Grundsätze zum Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei Art. 3 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bloßes Willkürverbot oder Bindung an Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Art. 3 Abs. 1 GG als bloßes Willkürverbot . . . . . . . . . . . . bb) Sog. neue Formel: Strengere Anforderungen durch Bindung an Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkte . . . . . . . . . . . cc) Anwendungsbereiche der unterschiedlichen Prüfungsmaßstäbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Strenge Bindung an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als Folge für die steuerfreie Kostenpauschale . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kein anderer Maßstab aufgrund bereichsspezifischer Anforderungen im Bereich des Steuerrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kein anderer Maßstab aufgrund Differenzierung zwischen bevorzugender und benachteiligender Typisierung . . . . . . . . . . . . . . II. Parlamentsautonomie als Rechtfertigung der Pauschalierung . . . . . 1. Rechtsprechung des EuGH zum Europäischen Parlament . . . . . . 2. Übertragbarkeit auf die nationalen Parlamente . . . . . . . . . . . . . . . a) Erfassung der Abgeordnetenentschädigung durch die Parlamentsautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55 57 57 60 61 63 64 64 68 69 73 73 75 79 81 81 84 84 84 84 85 86 88 90 93 95 99 100 102 103
Inhaltsverzeichnis b) Rechtswirkungen der Parlamentsautonomie nur im Innenbereich des Parlaments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. „Freies Mandat“ (Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG) als Rechtfertigung der Pauschalierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schutzbereich des „freien Mandats“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beeinträchtigung des „freien Mandats“ durch Anwendung der allgemeinen steuerlichen Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Materiell-rechtliche Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verfahrensrechtliche Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Praktikabilität der Norm als Rechtfertigung der Pauschalierung . . 1. Praktikabilität der Norm als Rechtfertigung von Typisierungen a) Befugnis des Gesetzgebers zur Typisierung . . . . . . . . . . . . . . . . b) Abwägung zwischen individueller Gleichbehandlung und Praktikabilität der Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtfertigung der Pauschalierung dem Grunde nach („Ob“) . . a) Anforderungen an die Rechtfertigung der Pauschalierung dem Grunde nach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Meinungsstand zur steuerfreien Kostenpauschale der Abgeordneten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Allgemeine Grundsätze zur Typisierung . . . . . . . . . . . . . . . cc) Strukturvergleich: Typisierung durch die Verwaltung . . . dd) Diskussion und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anwendung auf die steuerfreie Kostenpauschale der Mitglieder des Bundestages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtfertigung aus dem besonderen Charakter der Einkünfte von Abgeordneten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtfertigung für die einzelnen Positionen der Kostenpauschale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Mehraufwendungen am Sitz des Bundestages und bei Reisen (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AbgG) . . . . . . . . . . . . . (a) Unterhaltung einer Zweitwohnung am Sitz des Bundestages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Berücksichtigung nach allgemeinen Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Rechtfertigung der Pauschalierung gerade für die Mitglieder des Bundestages . . . . . . . . . . . . (b) Übernachtungen bei Mandatsreisen . . . . . . . . . . . . . (aa) Berücksichtigung nach allgemeinen Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Rechtfertigung der Pauschalierung gerade für die Mitglieder des Bundestages . . . . . . . . . . . . (c) Verpflegung bei Abwesenheit vom Wohnsitz infolge des Mandats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Berücksichtigung nach allgemeinen Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis (bb) Rechtfertigung der Pauschalierung gerade für die Mitglieder des Bundestages . . . . . . . . . . . . (2) Kosten für Fahrten in Ausübung des Mandats (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 AbgG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Berücksichtigung nach allgemeinen Regelungen. (b) Rechtfertigung der Pauschalierung gerade für die Mitglieder des Bundestages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Kosten zur Einrichtung und Unterhaltung eines Wahlkreisbüros (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AbgG) . . . . . . . . . . (a) Berücksichtigung nach allgemeinen Regelungen. (b) Rechtfertigung der Pauschalierung gerade für die Mitglieder des Bundestages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Sonstige mandatsbedingte Kosten (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 AbgG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Berücksichtigung nach allgemeinen Regelungen (b) Rechtfertigung der Pauschalierung gerade für die Mitglieder des Bundestages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zulässige Ausgestaltung der Pauschalierung („Wie“) . . . . . . . . . a) Anforderungen an die Ausgestaltung der Pauschalierung . . . aa) Zulässiger Abgeltungsbereich der Pauschalierung . . . . . . bb) Realitätsgerechte Festsetzung der Pauschalierung . . . . . . . (1) Zulässige Streubreite der Pauschalierung . . . . . . . . . . . (2) Zulässige Festsetzung des konkreten Betrages . . . . . . (a) Durchschnittlicher Aufwand als Orientierungspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Überprüfung der Festsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers . . (bb) Erfordernis einer nachvollziehbaren Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Meinungsstand zur steuerfreien Kostenpauschale der Abgeordneten . . . . . . . . . . . (b) Meinungsstand in der allgemeinen Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (g) Diskussion und Stellungnahme . . . . . . . . . b) Anwendung auf die steuerfreie Kostenpauschale der Mitglieder des Bundestages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Abgeltung nur der nach § 9 EStG als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Mehraufwendungen am Sitz des Bundestages und bei Reisen (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AbgG) . . . . . . . . . . . . . (a) Unterhaltung einer Zweitwohnung am Sitz des Bundestages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Bisherige Privilegierung der Abgeordneten ..
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Inhaltsverzeichnis (bb) Neuregelung der doppelten Haushaltsführung durch das StÄndG 2003 . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Übernachtungen bei Mandatsreisen . . . . . . . . . . . . . (c) Verpflegung bei Abwesenheit vom Wohnsitz infolge des Mandats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Kosten für Fahrten in Ausübung des Mandats (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 AbgG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Kosten zur Einrichtung und Unterhaltung eines Wahlkreisbüros (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AbgG) . . . . . . . . . . (5) Sonstige mandatsbedingte Kosten (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 AbgG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Realitätsgerechte Festsetzung der Kostenpauschale . . . . . (1) Zulässige Streubreite der Kostenpauschale . . . . . . . . . (2) Zulässige Festsetzung des konkreten Betrags . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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§ 8 Vergleich der Abgeordneten untereinander (interner Vergleich) . . . . . . . 200 § 9 Möglichkeiten einer verfassungsmäßigen Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 Vierter Teil Möglichkeiten einer Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht § 10 Rechtsschutzmöglichkeiten der von der Pauschalierung ausgeschlossenen Steuerpflichtigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Konkrete Normenkontrolle im Rahmen einer finanzgerichtlichen Klage eines von der Pauschalierung ausgeschlossenen Steuerpflichtigen . . . . . I. Ältere Rechtsprechung: Nichtigkeit der drittbevorzugenden Norm II. Neuere Rechtsprechung: Chance auf Einbeziehung durch bloße Unvereinbarerklärung der drittbevorzugenden Norm . . . . . . . . . . . . . . . . III. Neueste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts: Abwehr der eigenen gleichheitswidrigen Belastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Verfassungsbeschwerde eines von der Pauschalierung ausgeschlossenen Steuerpflichtigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts . . . . . . . . II. Neueste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts . . . . . . . . . C. Diskussion und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246
„Die Demokratie des Grundgesetzes ist eine grundsätzlich privilegienfeindliche Demokratie.“ (BVerfGE 40, 296, 317 – „Diätenurteil“) „Daß Gleichheit vor dem Gesetz besteht, ist eine der wesentlichen Garantien der Demokratie. Dadurch soll die Gewähr gegeben werden, daß auch der Gesetzgeber unter seinem Gesetz leidet. Das darf ihm vor allem in der Steuergesetzgebung nicht erspart bleiben.“ (Theodor Eschenburg, Der Sold des Politikers, 1959, S. 76)
Einführung Nachdem in der Folge des sog. Diätenurteils des Bundesverfassungsgerichts vom 5.11.19751 der Gesetzgeber die Entschädigung der Abgeordneten sowie deren Besteuerung neu geregelt hat2, ist die Kritik nicht mehr verstummt. Ein Hauptkritikpunkt ist, dass zwar die Grundentschädigung der Abgeordneten der Besteuerung unterworfen, jedoch ihre Kostenpauschale weiterhin steuerfrei belassen wurde. Ähnlich wie schon vorher die Steuerfreiheit der gesamten Abgeordnetenbezüge wird auch die steuerfreie Kostenpauschale vielfach als ungerechtfertigtes Steuerprivileg der Abgeordneten angesehen. In den diesbezüglichen Stellungnahmen ist die Rede davon, dass sie die Abgeordneten gegenüber den übrigen Steuerbürgern „auffällig krass privilegiert“3, zu „krassen Ungerechtigkeiten“ 4 führe und daher „verfassungsrechtlich nicht zu halten“5 sei. Teilweise wird überdies ausgeführt, dass die steuerfreie Kostenpauschale „von fast allen Kennern in der gegenwärtigen Form als verfassungswidrig angesehen wird“.6 Zutreffend ist, dass die Steuergleichheit, die heute als „die wichtigste Ausprägung der Egalität im modernen Gemeinwesen“7 angesehen wird, auch und gerade für Abgeordnete konse1
BVerfGE 40, 296 ff. Gesetz zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestags v. 18.2.1977 (BGBl. I S. 297). 3 Geiger, ZParl 1978, 522, 529. 4 von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 107. 5 von Arnim, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, S. 284. 6 Fromme, FAZ v. 23.10.1980, S. 8. 2
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quent zu verwirklichen ist. Die ihre Besteuerung betreffenden Regelungen dürfen keine unzulässigen Privilegien aufstellen, also nicht ohne sachlichen Grund ungleich behandeln und damit gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Das gilt um so mehr, als es eine alte und zudem universelle Erkenntnis ist, dass gerade die Frage der Vergütung hoher öffentlicher Ämter von nicht zu unterschätzender Bedeutung für die Beziehung zwischen Regierenden und Volk ist.8 Wenn es um die Stellung des Abgeordneten und insbesondere seiner Entschädigung und Versorgung geht, besteht andererseits – wie auch die eher reißerischen Titel einiger Abhandlungen zu diesem Themenbereich anklingen lassen9 – die Gefahr des Abgleitens der Diskussion ins Polemische und Populistische und möglicherweise sogar der Anlegung eines überhöhten, übersteigerten Maßstabs. Es ist daher stets darauf zu achten, gleichheitswidrige und damit unzulässige Privilegien von sachgerechten Differenzierungen abzugrenzen, von Rechtsstellungen, die die Rechtsordnung den Berechtigten um der sachgerechten Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben willen im Rahmen des sachlich zu Rechtfertigenden überträgt.10 Es ist notwendig, die den Abgeordneten gewährte steuerfreie Kostenpauschale einer umfassenden Überprüfung anhand des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG zu unterziehen. Dabei ist – was an sich selbstverständlich sein sollte, aber gerade hier noch einmal zu betonen ist – darauf zu achten, wie bei jedem anderen Steuergesetz auch die allgemein hierzu entwickelten und anerkannten Grundsätze der Steuergerechtigkeit heranzuziehen. Die Diskussion um die steuerfreie Kostenpauschale hat sich stattdessen bisher in Teilen unter Abkehr von diesen Grundsätzen in einer Art Eigenleben entwickelt. So werden einige speziell für die Kostenpauschale vertretene strengere Anforderungen wie etwa ein selbständiges „verfahrensmäßig-prozedurales“ Begründungserfordernis oder die Heranziehung des strengeren formalisierten Gleichheitssatzes auch auf die steuerliche Lastengleichheit der Abgeordneten untereinander auf den Prüfstand zu stellen sein. Andererseits werden auch Fragen zu beantworten sein, die bisher für die Kostenpauschale kaum diskutiert worden sind, nach allgemeinen Grundsätzen dagegen als wesentlich für die Verfassungsmäßigkeit eines Steuergesetzes anerkannt sind. Insbesondere wird in der Diskussion bisher so gut wie gar nicht angesprochen, ob die Kostenpauschale – unabhängig von ihrer möglicherweise 7
Leisner, Gleichheitsstaat, S. 158. Vgl. Hood/Peters, Rewards at the top, S. 1: „In fact, rewards for high public offices go as close as any issue can do to the heart of the relationship between rulers and the ruled.“ 9 So etwa von Arnim, Macht macht erfinderisch; ders., Der Staat als Beute; ders., Die Partei, der Abgeordnete und das Geld; ders., Politik Macht Geld; ders., Fetter Bauch regiert nicht gern. 10 So auch H. H. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 48 Rn 208. 8
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unzulässigen Ausgestaltung – überhaupt dem Grunde nach zu rechtfertigen ist. Einer genauen Erörterung bedarf auch die Frage, welche Einkommensteuerpflichtigen im Rahmen von Art. 3 Abs. 1 GG eigentlich als Vergleichsgruppe herangezogen werden können. Bei der Untersuchung der den Abgeordneten gewährten steuerfreien Kostenpauschale ist häufig der erste Gedanke, dass es aufgrund der wenigen Fälle insgesamt lediglich um relativ geringe Summen gehen muss. Tatsächlich ist angesichts der im Vergleich zu den übrigen Steuerpflichtigen geringen Anzahl von Abgeordneten – der Bundestag und die Landtage haben aktuell insgesamt 2473 Mitglieder11 – das Gesamtvolumen der Pauschalierung naturgemäß beschränkt. Selbst wenn man unterstellt, die Landtagsabgeordneten würden ebenso wie die Bundestagsabgeordneten eine Kostenpauschale in Höhe von aktuell 3.503 A (ab dem 1.1.2004 3.551 A) monatlich erhalten, überschritte das jährliche Gesamtvolumen die eher geringe Summe von 104 Mio. A (ab dem 1.1.2004 106 Mio A) nicht.12 Im Vergleich betrug etwa das Gesamtvolumen des gemäß § 9a S. 1 Nr. 1 EStG gewährten Arbeitnehmer-Pauschbetrags bereits zur Zeit seiner Einführung durch das StReformG 199013 bei den damals zu Grunde gelegten 26,6 Mio. Lohnsteuerpflichtigen – unterstellt, diese haben sämtlich den Pauschbetrag geltend gemacht und keine höheren Werbungskosten nachgewiesen – 53,2 Mrd. DM (= 27,2 Mrd. A)14. Eine andere Relation ergibt sich jedoch, wenn man die dem einzelnen Steuerpflichtigen gewährten Beträge betrachtet. Die steuerfreie Kostenpauschale für ein Mitglied des Bundestages beträgt aktuell 42.036 A (ab dem 1.1.2004 42.612 A) jährlich. Dagegen beträgt der Arbeitnehmer-Pauschbetrag gemäß § 9a S. 1 Nr. 1 EStG als höchste gesetzliche Pauschalierung von Werbungskosten nur 1.044 A (ab dem 1.1.2004 sogar nur noch 920 A15) jährlich. Bei bestimmten Einkünften aus selbständiger Arbeit gemäß § 18 EStG wird durch Verwaltungsvorschriften der Finanzverwaltung ein pauschaler Abzug von Betriebsausgaben von maximal 4.800 DM = 2.455 A jährlich gewährt.16 Bis vor 11 Bundestag: 603; Baden-Württemberg: 128; Bayern: 180; Berlin: 141; Brandenburg: 88; Bremen: 83; Hamburg: 121; Hessen: 110; Mecklenburg-Vorpommern: 71; Niedersachsen: 183; Nordrhein-Westfalen: 231; Rheinland-Pfalz: 101; Saarland: 31; Sachsen-Anhalt: 115; Sachsen: 120; Schleswig-Holstein: 89; Thüringen: 78 (Stand: Dez. 2003). 12 Auch die jährlichen Kosten des Bundestags insgesamt betrugen im Jahr 1994 lediglich 10,48 DM pro Kopf der Bevölkerung, 1953 sogar nur 0,36 DM, vgl. Schindler, S. 3223. 13 Steuerreformgesetz 1990 v. 25.7.1988 (BGBl. I S. 1093). 14 Vgl. BT-Drucks. 11/2536, S. 50. 15 Allerdings ist die im HBeglG 2004 enthaltene Absenkung des ArbeitnehmerPauschbetrags möglicherweise mangels ordnungsgemäßer Gesetzesinitiative formell verfassungswidrig, vgl. dazu die Berichterstattung etwa im Handelsblatt v. 18.2. 2004, S. R1.
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Einführung
einigen Jahren gewährte die Finanzverwaltung darüber hinaus bestimmten Berufsgruppen mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit pauschale Abzüge von bis zu 4.380 DM jährlich17, vorher Parlamentsjournalisten auch bis zu 10.800 DM jährlich18, was jedoch überwiegend als gleichheitswidrig angesehen wurde.19 Die steuerfreie Kostenpauschale für Abgeordnete stellt damit die mit Abstand höchste Pauschalierung von Erwerbsaufwendungen dar, die das Einkommensteuergesetz kennt. Es handelt sich geradezu um ein „Prachtexemplar“ einer Pauschalierung. Angesichts dessen kommt – ungeachtet des geringen Gesamtvolumens – der Frage ihrer Verfassungsmäßigkeit ein erheblicher Gerechtigkeitsgehalt zu, deren genaue Untersuchung sich allein schon deswegen „lohnt“.
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Vgl. BMF v. 21.1.1994, BStBl. I 1994, 112. Die dort gewährten Pauschbeträge sind von der Finanzverwaltung bisher noch nicht in Euro umgestellt worden. 17 Vgl. R 47 LStR 1999 (nicht mehr enthalten in LStR 2000). 18 Vgl. BMF v. 27.12.1989, BStBl. I 1990, 14 (aufgehoben durch BMF v. 16.12.1993, BStBl. I 1993, 1002). 19 Insbesondere hinsichtlich der Pauschale für Parlamentsjournalisten war das fast einhellige Auffassung, vgl. etwa Tipke, StRO I, S. 292 und StRO II, 1. Aufl., S. 642; ders., in: Raupach/Tipke/Uelner, S. 133, 152; Prinz, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 9a EStG Anm. 80; Puhl, DStR 1991, 1141, 1145. Vgl. zu den anderen berufsgruppenspezifischen Pauschalen etwa Tipke/Lang, 15. Aufl., § 9 Rn 285; FG Köln, EFG 1996, 1159; FG Berlin, EFG 1999, 224.
Erster Teil
Besteuerung der Abgeordnetenbezüge nach geltendem Recht Bevor die steuerfreie Kostenpauschale insbesondere im Hinblick auf ihre Verfassungsmäßigkeit näher untersucht werden kann, ist im Folgenden zunächst ein Überblick darüber zu geben, welche Bezüge die Abgeordneten erhalten und welche steuerrechtlichen Sonderregelungen das geltende Recht diesbezüglich vorsieht.
§ 1 Begriff des Abgeordneten Im staatsrechtlichen Sinn versteht man unter Abgeordneten nur die Parlamentsabgeordneten, also die vom Volk gewählten Mitglieder der Legislativorgane. Dazu gehören die Mitglieder des Bundestages, die Mitglieder der Landtage sowie die (in Deutschland gewählten) Mitglieder des Europäischen Parlaments.1 Keine Abgeordneten sind dagegen die Mitglieder anderer Vertretungskörperschaften, wie vor allem die ehrenamtlichen Mitglieder kommunaler Vertretungen.2 Auch die steuerrechtlichen Sonderregelungen erfassen nur Abgeordnete in diesem Sinne. Als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 4 EStG steuerpflichtig sind nur die Bezüge, die aufgrund des Abgeordnetengesetzes des Bundes, der 1 Auch das Europäische Parlament hat inzwischen aufgrund seiner Beteiligungsund Mitwirkungsrechte auf europäischer Ebene Legislativfunktion (vgl. Schoo, in: Schwarze, Art. 189 EGV Rn 19, 20). Da aber die Europäische Union bisher keine volle staatliche Qualität erreicht hat, ist auch das Europäische Parlament vorläufig kein vollständig souveränes Parlament. Nach wie vor ist auf europäischer Ebene der aus den Regierungen der Mitgliedstaaten zusammengesetzte Rat Hauptrechtsetzungsorgan. Damit bleibt die Stellung des Europäischen Parlaments noch erheblich hinter der Rolle zurück, die der Volksvertretung unter staatlichen parlamentarischen Verfassungen zusteht (vgl. dazu Oppermann, Rn 263, 279). 2 Vgl. BVerfGE 78, 344, 348. Diese sind keine Legislativorgane, sondern gehören der Exekutive an. Auch wenn sie durch den Erlass von Satzungen Aufgaben der regionalen oder kommunalen Gesetzgebung im materiellen Sinn wahrnehmen, können sie doch keine Gesetze im formellen Sinn (Parlamentsgesetze) erlassen. Entsprechend werden die Mitglieder auch nicht als Abgeordnete bezeichnet, sondern etwa als Ratsfrauen/-herren bzw. Stadt-/Kreisverordnete.
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1. Teil: Besteuerung der Abgeordnetenbezüge
Abgeordnetengesetze der Länder und des Europaabgeordnetengesetzes gezahlt werden. Damit ist zugleich der persönliche Anwendungsbereich von § 22 Nr. 4 EStG auf die Mitglieder des Bundestages, die Mitglieder der Landtage sowie die Mitglieder des Europäischen Parlaments festgelegt.3 Nicht anwendbar ist § 22 Nr. 4 EStG dagegen auf ehrenamtliche Mitglieder kommunaler Vertretungen.4 Ebenso fallen die Bezüge der Inhaber anderer politischer Ämter nicht unter § 22 Nr. 4 EStG.5 Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 12 S. 1 EStG ist nur auf Aufwandsentschädigungen anwendbar, die als solche in einem Bundes- oder Landesgesetz6 festgesetzt und im Haushaltsplan ausgewiesen sind. Das ist bei Abgeordneten aufgrund der Festsetzungen in den Abgeordnetengesetzen der Fall.7 Aufwandsentschädigungen der Mitglieder anderer Vertretungskörperschaften können dagegen lediglich unter den eingeschränkten Voraussetzungen des § 3 Nr. 12 S. 2 EStG steuerfrei sein.8
3 Über § 57 Abs. 5 EStG ist § 22 Nr. 4 EStG zudem auf vergleichbare Bezüge anzuwenden, die aufgrund des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Abgeordneten der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik vom 31.5.1990 (GBl. I Nr. 30, S. 274) gezahlt worden sind. Diese bleiben für die Untersuchung jedoch außer Betracht. 4 Diese erzielen Einkünfte aus selbständiger Arbeit gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG, vgl. BFH, BStBl. II 1988, 266, 267 f.; 1996, 431. 5 So fallen etwa die Bezüge kommunaler Wahlbeamter wie etwa Landräte und Bürgermeister als Verwaltungsspitze unter § 19 EStG, vgl. BFH, BStBl. II 1971, 353, 354. Vgl. insgesamt zur Besteuerung von Inhabern politischer Ämter Lohr, DStR 1997, 1230 ff. 6 Nach § 3 Nr. 12 S. 1 EStG genügt allerdings auch die Festsetzung in einer auf einem Bundes- oder Landesgesetz beruhenden Rechtsverordnung oder in einem Kabinettsbeschluss der Bundes- oder einer Landesregierung, was für diese Untersuchung jedoch nicht weiter von Interesse ist. 7 Neben den Aufwandsentschädigungen der Abgeordneten hat § 3 Nr. 12 S. 1 EStG nur einen sehr eng begrenzten Anwendungsbereich. Noch unter § 3 Nr. 12 S. 1 EStG fallen vor allem die Aufwandsentschädigungen des Bundespräsidenten, des Bundeskanzlers, der Bundes- und Landesminister, der Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, der obersten Bundesgerichte und der sonstigen Obergerichte sowie der Leiter der oberen Bundes- und Landesbehörden (vgl. dazu Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/ Raupach, § 3 Nr. 12 EStG Anm. 10). Auch in diesen Fällen ist die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 12 S. 1 EStG verfassungsrechtlich bedenklich (zu den verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 3 Nr. 12 S. 1 EStG insgesamt vgl. etwa Bergkemper, in: Herrmann/ Heuer/Raupach, § 3 Nr. 12 EStG Anm. 3; von Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3 Rn B 12/25). 8 Vgl. für die Entschädigungen und Sitzungsgelder ehrenamtlicher Mitglieder kommunaler Vertretungen etwa FG Münster, EFG 1993, 710; FG Köln, EFG 1988, 347. Die Finanzverwaltung hat allerdings Schätzungsrichtlinien aufgestellt, nach denen pauschal festgelegt wird, welcher Betrag der dort gezahlten Bezüge unter § 3 Nr. 12 S. 2 EStG fällt, vgl. etwa FinMin NW v. 6.4.1982, DStR 1982, 593 und v. 12.2.1990, DB 1990, 561.
§ 2 Bestandteile und Höhe der Abgeordnetenbezüge
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§ 2 Bestandteile und Höhe der Abgeordnetenbezüge A. Bezüge der Mitglieder des Bundestages Mitglieder des Bundestages erhalten gemäß § 11 Abs. 1 AbgG9 eine monatliche Grundentschädigung („Diäten“). Diese orientiert sich gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 AbgG an einem Zwölftel der Jahresbezüge eines Richters bei einem obersten Gerichtshof des Bundes (Besoldungsgruppe R 6) und eines kommunalen Wahlbeamten auf Zeit (Besoldungsgruppe B 6). Es handelt sich hierbei allerdings lediglich um eine Zielvorgabe und nicht um eine automatische Koppelung an diese Gehaltsregelungen.10 Diese soll der Bundestag beachten, wenn er gemäß § 30 AbgG jeweils zu Beginn einer Wahlperiode die Anpassung der Entschädigung in mehreren Raten für die gesamte Wahlperiode beschließt (sog. Staffeldiät).11 Gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 AbgG beträgt die Grundentschädigung aktuell 7.009 A. Der Bundestagspräsident und seine Stellvertreter erhalten gemäß § 11 Abs. 2 AbgG darüber hinaus eine monatliche Amtszulage in Höhe der jeweils aktuellen Grundentschädigung bzw. der Hälfte davon.12 Weiterhin erhalten die Mitglieder des Bundestages gemäß § 12 Abs. 1 AbgG zur Abgeltung ihrer durch das Mandat veranlassten Aufwendungen eine sog. Amtsausstattung als Aufwandsentschädigung, die Geld- und Sachleistungen umfasst. Die Amtsausstattung umfasst gemäß § 12 Abs. 2 AbgG zunächst eine monatliche Kostenpauschale. Gemäß § 12 Abs. 2 S. 1 AbgG ist sie zum Ausgleich insbesondere von folgenden Kosten bestimmt: 1. Kosten zur Einrichtung und Unterhaltung von Wahlkreisbüros außerhalb des Sitzes des Bundestages, einschließlich Miete und Nebenkosten, Inventar und Büromaterial, Literatur und Medien sowie Porto,
9 Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages (Abgeordnetengesetz – AbgG) in der Fassung der Bekanntmachung v. 21.2.1996 (BGBl. I S. 326), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes v. 16.2.2002 (BGBl. I S. 693). 10 Zur verfassungsrechtlichen Unzulässigkeit einer solchen Koppelung BVerfGE 40, 296, 316 und 327. 11 Zur Zulässigkeit dieses Vorgehens vgl. H. H. Klein, Festschrift für Blümel, S. 224, 254 f.; dagegen allerdings Determann, BayVBl. 1997, 385, 391; von Waldthausen, S. 284 ff. 12 Zulagen für diese beiden parlamentarischen Funktionen hat das Bundesverfassungsgericht bereits im Diätenurteil zugelassen, vgl. BVerfGE 40, 296, 318. In neuerer Rechtsprechung hat es darüber hinaus Zulagen auch für die Fraktionsvorsitzenden gebilligt, vgl. BVerfGE 102, 224, 242 ff. Diese werden auf Bundesebene jedoch nach wie vor nicht gewährt.
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1. Teil: Besteuerung der Abgeordnetenbezüge
2. Mehraufwendungen am Sitz des Bundestages und bei Reisen mit Ausnahme von Auslandsdienstreisen, 3. Fahrtkosten für Fahrten in Ausübung des Mandats innerhalb der Bundesrepublik Deutschland unbeschadet der Regelungen in den §§ 16 und 17 AbgG und 4. sonstige mandatsbedingte Kosten (Repräsentation, Einladungen, Wahlkreisbetreuung usw.), die auch sonst nicht aus dem der Lebensführung dienenden beruflichen Einkommen zu bestreiten sind. Ein Nachweis, dass die Kosten tatsächlich entstanden sind, ist nicht erforderlich. Die Kostenpauschale ist gemäß § 12 Abs. 2 S. 2 AbgG an die Entwicklung der allgemeinen Lebenshaltungskosten aller privaten Haushalte im jeweils vorvergangenen Jahr gekoppelt.13 Der jeweils aktuelle Betrag der Pauschale wird gemäß § 34 Abs. 3 AbgG im Amtlichen Handbuch des Deutschen Bundestages veröffentlicht.14 Sie beträgt aktuell 3.503 A (ab dem 1.1.2004 3.551 A).15 Der Bundestagspräsident erhält gemäß § 12 Abs. 5 AbgG eine zusätzliche Amtsaufwandsentschädigung in Höhe von monatlich 1.023 A, seine Stellvertreter in Höhe von monatlich 307 A. Steht einem Mitglied des Bundestages ein Dienstwagen des Bundes zur ausschließlichen Verfügung, erhält er gemäß § 12 Abs. 6 AbgG eine um 25 % verminderte Kostenpauschale.16 Ist ein Mitglied des Bundestages an einem Sitzungstag nicht anwesend oder nimmt er an einer namentlichen Abstimmung oder einer 13 Zur Zulässigkeit dieser Dynamisierung der Kostenpauschale vgl. H. H. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 48 Rn 191; Wiefelspütz, ZParl 2001, 765, 773 f. Die Einzelheiten des jährlichen Anpassungsverfahrens sind in den gemäß § 12 Abs. 2 S. 3 AbgG erlassenen „Ausführungsbestimmungen des Ältestenrates zur jährlichen Anpassung der Kostenpauschale nach § 12 Abs. 2 Abgeordnetengesetz“ v. 18.1.1996 geregelt. Diese sind entgegen § 34 Abs. 1 AbgG weder im Amtlichen Handbuch des Deutschen Bundestages noch anderswo veröffentlicht (vgl. zu ihnen aber Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 12 Rn 29 ff.). Ausführungsbestimmungen zur Höhe der am tatsächlichen Aufwand orientierten Einzelansätze der Kostenpauschale, zu denen § 12 Abs. 2 S. 3 AbgG ebenfalls ermächtigt, sind dagegen bisher noch nicht vom Ältestenrat erlassen worden. 14 Darüber hinaus ist nach den Ausführungsbestimmungen (Fn. 13) auch eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger vorgesehen, vgl. Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 34 Rn 6. 15 Vgl. Amtliches Handbuch Deutscher Bundestag, Teil I. 1., AbgG, a.E. Der aktuelle Betrag der Kostenpauschale findet sich auch unter www.bundestag.de. 16 Anspruch auf einen personengebundenen Dienstwagen des Bundestages haben der Bundestagspräsident und seine Stellvertreter, vgl. § 3 Abs. 1 der Richtlinie für die Nutzung von Dienstfahrzeugen des Deutschen Bundestages (DKfzR-BT, nicht veröffentlicht, vgl. zu ihr aber Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 12 Rn 72). Auch Mitgliedern des Bundestages mit Ministeramt oder im Amt eines Parlamentarischen Staatssekretärs wird vom jeweiligen Ministerium ein personengebundener Dienstwagen zur Verfügung gestellt (vgl. Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 12 Rn 72).
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Wahl mit Namensaufruf nicht teil, wird die Kostenpauschale nach Maßgabe des § 14 AbgG gekürzt. Dabei sind für einzelne Fälle der Abwesenheit unterschiedliche Kürzungsbeträge vorgesehen. Zur Amtsausstattung gehören daneben bestimmte Sachleistungen und Einzelerstattungen. Zu diesen zählen gemäß § 12 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 AbgG die Bereitstellung eines eingerichteten Büros am Sitz des Bundestages, gemäß § 12 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 AbgG die Bereitstellung und Nutzung des gemeinsamen Informations- und Kommunikationssystems des Bundestages17 sowie gemäß § 12 Abs. 4 S. 1 Nr. 5 AbgG die sonstigen Leistungen des Bundestages (z. B. den wissenschaftlichen Dienst). Gemäß § 12 Abs. 3 S. 1 AbgG werden weiterhin Aufwendungen für die Beschäftigung von Mitarbeitern zur Unterstützung bei der Erledigung der parlamentarischen Arbeit des Abgeordneten ersetzt. Hier ist allerdings ein Nachweis der tatsächlich angefallenen Kosten erforderlich.18 Art. 48 Abs. 3 S. 2 GG räumt den Mitgliedern des Bundestages das Recht der freien Benutzung aller staatlichen Verkehrsmittel ein. Infolgedessen stehen ihnen gemäß § 12 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 AbgG i.V. m. § 16 Abs. 1 S. 1 AbgG im Rahmen der Amtsausstattung die Verkehrsmittel der Deutschen Bahn AG kostenfrei zur Verfügung. Das gilt zunächst für Fahrten in Ausübung des Mandats. Jedoch erstreckt sich diese Befugnis auch auf private Fahrten.19 Gemäß § 12 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 AbgG i.V. m. § 16 Abs. 1 S. 2 AbgG werden daneben für Reisen in Ausübung des Mandats im Inland die Kosten für die Benutzung von Flugzeugen und Schlafwagen bis zur höchsten Klasse erstattet. Dafür ist ein Nachweis der tatsächlich angefallenen Kosten erforderlich. Gemäß § 12 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 AbgG können Mitglieder des Bundestages 17 Einzelheiten dazu sind in den gemäß § 12 Abs. 4 S. 2 AbgG erlassenen „Ausführungsbestimmungen des Ältestenrates zu § 12 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 AbgG für die Bereitstellung und Nutzung des gemeinsamen Informations- und Kommunikationssystems des Bundestages“ v. 24.2.2000 i. d. F. v. 29.11.2001 geregelt. Seit der 15. Wahlperiode sind diese nunmehr auch, wie nach § 34 Abs. 1 AbgG vorgesehen, im Amtlichen Handbuch des Deutschen Bundestages veröffentlicht (vgl. Amtliches Handbuch Deutscher Bundestag, Teil I. 1., Anlage 2 zum AbgG). 18 Einzelheiten über den Umfang und die Voraussetzungen für den Ersatz von Aufwendungen, über nicht abdingbare Mindestvoraussetzungen für den Arbeitsvertrag und sonstige Fragen sind in den gemäß § 12 Abs. 3 S. 4 AbgG erlassenen „Ausführungsbestimmungen für den Ersatz von Aufwendungen, die den Mitgliedern des Deutschen Bundestages durch die Beschäftigung von Mitarbeiter(inne)n entstehen“ v. 19.1.1978 i. d. F. v. 1.7.2002 geregelt. Auch diese sind seit der 15. Wahlperiode nunmehr in Übereinstimmung mit § 34 Abs. 1 AbgG im Amtlichen Handbuch des Deutschen Bundestages veröffentlicht (vgl. Amtliches Handbuch Deutscher Bundestag, Teil I. 1., Anlage 1 zum AbgG; eine ältere Fassung findet sich bei Vetter, Anlage IV, S. 247 ff.). 19 H. H. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 48 Rn 197. A. A. Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 16 Rn 3.
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1. Teil: Besteuerung der Abgeordnetenbezüge
schließlich die Dienstfahrzeuge des Bundestages innerhalb eines festgelegten Umkreises um den Sitz des Bundestages kostenfrei benutzen. Als Surrogat können sie den öffentlichen Personennahverkehr am Sitz des Bundestages gegen Kostenerstattung nutzen.20 Darüber hinaus werden die Kosten für Dienstreisen außerhalb der Amtsausstattung gemäß § 17 AbgG gesondert erstattet. Die Erstattung erfolgt differenziert nach Inlands- und Auslandsdienstreisen. Gemäß § 17 Abs. 2 S. 1 AbgG gilt bei Inlandsdienstreisen das Tagegeld durch die Kostenpauschale als abgegolten. Es wird jedoch gemäß § 17 Abs. 2 S. 2 AbgG in entsprechender Anwendung des Bundesreisekostengesetzes auf Antrag Übernachtungsgeld und gegebenenfalls gemäß S. 3 ein unvermeidbarer Mehrbetrag sowie Fahrtkostenerstattung oder alternativ gemäß § 17 Abs. 4 AbgG Wegstreckenentschädigung gewährt. Bei Auslandsdienstreisen erhalten die Mitglieder des Bundestages gemäß § 17 Abs. 3 AbgG auf Antrag Tage- und Übernachtungsgeld sowie bestimmte Fahrtkostenerstattungen.21 Schließlich werden Mitgliedern des Bundestages noch gemäß § 27 Abs. 1 AbgG Zuschüsse in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen, gemäß § 27 Abs. 2 AbgG Zuschüsse zu Versicherungen und gemäß § 28 AbgG Unterstützungen in besonderen Fällen gewährt. Ehemalige Mitglieder des Bundestages erhalten gemäß § 18 AbgG Übergangsgeld sowie gemäß § 19 AbgG eine Altersentschädigung oder gemäß § 23 AbgG eine Versorgungsabfindung. Diese Leistungen zur sozialen Sicherung sind für die vorliegende Untersuchung jedoch nicht von Interesse.22
B. Bezüge der Mitglieder der Landtage Auch die Mitglieder der Landtage erhalten nach Maßgabe der jeweiligen Landesabgeordnetengesetze23 eine monatliche Grundentschädigung24, deren 20 Beschluss des Ältestenrates v. 30.9.1999 (nicht veröffentlicht, vgl. dazu Braun/ Jantsch/Klante, AbgG, § 12 Rn 64, § 16 Rn 9). 21 Einzelheiten zur Genehmigung von Dienstreisen und Gewährung von Vergütungen oder Zuschüssen für diese sind in den gemäß § 17 Abs. 5 AbgG erlassenen „Ausführungsrichtlinien für Reisen von Mitgliedern des Deutschen Bundestages“ v. 24.3.1977, zuletzt geändert durch Beschluss v. 1.7.1994 geregelt. Diese sind auch weiterhin entgegen § 34 Abs. 1 AbgG nicht im Amtlichen Handbuch des Deutschen Bundestages veröffentlicht (vgl. zu ihnen Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 17 Rn 4, 17). Im Übrigen finden gemäß § 17 Abs. 5 AbgG die Vorschriften des Bundesreisekostengesetzes sinngemäß Anwendung. 22 Vgl. zur sozialen Sicherung der Abgeordneten ausführlich Welti, passim. 23 Baden-Württemberg: Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Landtags (BadWürttAbgG) v. 12.9.1978 (GBl. S. 473), zuletzt geändert durch Gesetz v. 16.7.2003 (GBl. S. 354); Bayern: Gesetz über die Rechtsverhältnisse des Bayerischen Landtags (BayAbgG) in der Fassung der Bekanntmachung v. 6.3.1996 (GVBl.
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Höhe allerdings zwischen den Ländern stark differiert.25 Wie im Bund erhalten der Landtagspräsident und seine Stellvertreter eine monatliche AmtsS. 82), zuletzt geändert durch § 1 des Gesetzes v. 9.6.2003 (GVBl. S. 360); Berlin: Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Abgeordnetenhauses von Berlin (BerlAbgG) v. 21.7.1978 (GVBl. S. 1497), zuletzt geändert durch Art. I § 1 des Gesetzes v. 15.10.2001 (GVBl. S. 540); Brandenburg: Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Landtages Brandenburg (BbgAbgG) in der Fassung der Bekanntmachung v. 18.1.2002 (GVBl. I S. 2), zuletzt geändert durch Gesetz v. 9.10.2003 (GVBl. I S. 272); Bremen: Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Bremischen Bürgerschaft (BremAbgG) v. 16.10.1978 (Brem.GBl. S. 209), zuletzt geändert durch Gesetz v. 27.8.2002 (Brem.GBl. S. 413); Hamburg: Hamburgisches Abgeordnetengesetz (HbgAbgG) v. 21.6.1996 (HmbGVBl. S. 141), zuletzt geändert durch Gesetz v. 23.4.2002 (HmbGVBl. S. 46); Hessen: Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Abgeordneten des Hessischen Landtags (HessAbgG) v. 18.10.1989 (GVBl. I S. 261), zuletzt geändert durch Gesetz v. 15.7.2003 (GVBl. I S. 202); Mecklenburg-Vorpommern: Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern (MVAbgG) v. 20.12.1990 (GVOBl. M-V S. 3), zuletzt geändert durch Gesetz v. 13.5.2003 (GVOBl. M-V S. 286); Niedersachsen: Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Abgeordneten des Niedersächsischen Landtages (NdsAbgG) in der Fassung v. 20.6.2000 (Nds.GVBl. S. 129), zuletzt geändert durch Gesetz v. 25.6.2003 (Nds.GVBl. S. 212); NordrheinWestfalen: Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Landtags Nordrhein-Westfalen (AbgG NW) v. 24.4.1979 (GV.NW. S. 238), zuletzt geändert durch Gesetz v. 25.3.2003 (GV.NRW. S. 174); Rheinland-Pfalz: Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Landtags Rheinland-Pfalz (RhlPfAbgG) v. 21.7.1978 (GVBl. S. 587), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes v. 9.4.2002 (GVBl. S. 164); Saarland: Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Landtages des Saarlandes (SaarlAbgG) v. 4.7.1979 (Amtbl. S. 656), zuletzt geändert durch Gesetz v. 23.5.2001 (Amtsbl. S. 1306); Sachsen-Anhalt: Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Landtages von Sachsen-Anhalt (SachsAnhAbgG) in der Fassung der Bekanntmachung v. 14.6.2002 (GVBl. LSA S. 270); Sachsen: Gesetz über die Rechtsverhältnisse des sächsischen Landtags (SächsAbgG) in der Fassung der Bekanntmachung v. 4.7.2000 (GVBl. S. 336), zuletzt geändert durch Gesetz v. 20.5.2003 (GVBl. S. 135); Schleswig-Holstein: Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Schleswig-Holsteinischen Landtages (SchlHlAbgG) in der Fassung der Bekanntmachung v. 13.2.1991 (GVOBl. S. 100), zuletzt geändert durch Gesetz v. 16.12.2002 (GVOBl. S. 269); Thüringen: Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Abgeordneten des Thüringer Landtags (ThürAbgG) in der Fassung der Bekanntmachung v. 9.3.1995 (GVBl. S. 121), zuletzt geändert durch Gesetz v. 24.10. 2001 (GVBl. S. 265). 24 § 5 Abs. 1 BadWürttAbgG; Art. 5 Abs. 1 BayAbgG; § 6 BerlAbgG; § 5 Abs. 1 BbgAbgG; § 5 Abs. 1 BremAbgG; § 2 Abs. 1 HbgAbgG; § 5 Abs. 1 HessAbgG; § 6 Abs. 1 MVAbgG; § 6 Abs. 1 NdsAbgG; § 5 Abs. 1 AbgG NW; § 5 Abs. 1 RhlPfAbgG; § 5 Abs. 1 SaarlAbgG; § 6 Abs. 1 SachsAnhAbgG; § 5 Abs. 1 SächsAbgG; § 6 Abs. 1 SchlHlAbgG; § 5 Abs. 1 ThürAbgG. Teilweise wird die Grundentschädigung wie im Bund als Staffeldiät für die gesamte Wahlperiode, teilweise auch als Festbetrag jeweils durch ein neues Gesetz festgelegt. Thüringen hat sich für ein völlig anderes System, nämlich für eine Indexierung der Grundentschädigung entschieden (zur Verfassungsmäßigkeit vgl. ThürVerfGH, NVwZ-RR 1999, 282, 284 ff.). 25 Vgl. die Übersicht bei Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 11 Tabelle 5 nach Rn 103.
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1. Teil: Besteuerung der Abgeordnetenbezüge
zulage, die in den einzelnen Ländern unterschiedlich bemessen wird.26 In einem Teil der Länder wird darüber hinaus auch den Fraktionsvorsitzenden eine Amtszulage gewährt.27 Daneben erhalten auch die Mitglieder der Landtage zur Abgeltung ihrer durch das Mandat veranlassten Aufwendungen eine Amtsausstattung als Aufwandsentschädigung, die Geld- und Sachleistungen umfasst.28 Allerdings wird diese nach verschiedenen Systemen gewährt. Nach dem Umfang und der Ausgestaltung der pauschalierten Erstattung lassen sich im Wesentlichen drei Systeme unterscheiden.29 Teilweise gewähren die Länder wie der Bund eine Einheitspauschale, die neben den allgemeinen Kosten auch die Mehraufwendungen für Verpflegung am Sitz des Landtages und bei mandatsbedingten Reisen sowie die Kosten für mandatsbedingte Fahrten abgilt.30 In anderen Ländern werden für einen Teil der mandatsbedingten Aufwendungen gestaffelte Pauschalen gewährt. Während die allgemeinen Kosten und die Tagegelder mit einer einheitlichen Pauschale abgegolten werden, werden die Fahrtkosten je nach Entfernung des Wohnsitzes zum Sitz des Landtags gestaffelt pauschaliert.31 Eine dritte Gruppe von Ländern schließlich gewährt nur eine Teilpauschale zur Abgeltung der allgemeinen Kosten.32 Diese wird durch 26 § 5 Abs. 2 BadWürttAbgG; Art. 5 Abs. 2 BayAbgG; § 6 Abs. 2 BerlAbgG; § 5 Abs. 2 BbgAbgG; § 5 Abs. 2 BremAbgG; § 2 Abs. 2 HbgAbgG; § 5 Abs. 2 S. 2 HessAbgG; § 6 Abs. 2 MVAbgG; § 6 Abs. 3 NdsAbgG; § 5 Abs. 2 AbgG NW; § 5 Abs. 2 RhlPfAbgG; § 5 Abs. 2 SaarlAbgG; § 6 Abs. 2 SachsAnhAbgG; § 5 Abs. 2 SächsAbgG; § 6 Abs. 2 SchlHlAbgG; § 5 Abs. 2 ThürAbgG. 27 § 2 Abs. 2 HbgAbgG; § 5 Abs. 2 S. 2 HessAbgG; § 6 Abs. 2 MVAbgG; § 5 Abs. 2 SaarlAbgG; § 6 Abs. 2 SchlHlAbgG). Obwohl nach BVerfGE 102, 224, 244 f. weitere Funktionszulagen (vor allem für stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Ausschussvorsitzende und Parlamentarische Geschäftsführer) unzulässig sind, werden solche in § 2 Abs. 2 HbgAbgG und § 6 Abs. 2 SchlHlAbgG nach wie vor gewährt. Diese Länder müssen ihre Abgeordnetengesetze noch entsprechend anpassen. Allerdings war auch in dem unter anderem hierzu bestimmten und bereits beschlossenen, dann aber noch vor Verkündung wieder aufgehobenen (vgl. Gesetz v. 13.5.2003, GVOBl. S. 226) neuen SchlHlAbgG noch eine Funktionszulage für je Fraktion einen Parlamentarischen Geschäftsführer vorgesehen (§ 6 Abs. 2 Nr. 5, Abs. 4 der am 2.4.2003 beschlossenen Fassung, vgl. LT-Drucks. 15/2516). 28 § 6 Abs. 1 BadWürttAbgG; Art. 6 Abs. 1 BayAbgG; § 7 Abs. 1 BerlAbgG; § 6 Abs. 1 BbgAbgG; § 7 Abs. 1 BremAbgG; § 3 ff. HbgAbgG; § 6 HessAbgG; § 8 Abs. 1 MVAbgG; § 7 ff. NdsAbgG; § 6 Abs. 1 AbgG NW; § 6 Abs.1 RhlPfAbgG; § 6 Abs. 1 SaarlAbgG; § 7 Abs. 1 SachsAnhAbgG; § 6 Abs. 1 SächsAbgG; § 8 Abs. 1 SchlHlAbgG; § 6 Abs. 1 ThürAbgG. 29 Zu der Höhe der Kostenpauschalen in den unterschiedlichen Ländern vgl. die Übersicht bei Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 12 Tabelle 2 nach Rn 95. Einige Abgeordnetengesetze sehen wie im Bund eine jährliche dynamische Anpassung der Kostenpauschale an die Entwicklung der Lebenshaltungskosten vor (Art. 6 Abs. 2 BayAbgG; § 6 Abs. 1 HessAbgG; § 28a MVAbgG; § 6 Abs. 2 ThürAbgG). In den übrigen Ländern muss die Anpassung jeweils durch Gesetz vorgenommen werden. 30 Art. 6 Abs. 2 BayAbgG; § 7 Abs. 2 BerlAbgG; § 6 Abs. 2 SächsAbgG.
§ 2 Bestandteile und Höhe der Abgeordnetenbezüge
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Einzelerstattungen ergänzt. Mehraufwendungen für Verpflegung werden durch gesondert gezahlte Tagegelder erstattet.33 Fahrtkosten werden einzeln erstattet. Bei Fahrten im eigenen Kraftfahrzeug wird in der Regel für jeden Kilometer der Fahrstrecke ein bestimmter Entschädigungsbetrag erstattet.34 In Hamburg und Bremen werden – vermutlich wegen der geringen Entfernungen – keine Fahrtkostenerstattung für die regelmäßigen Fahrten zu den Sitzungen der Bürgerschaft gewährt, sondern nur für Dienstreisen.35 Im Saarland und in Schleswig-Holstein finden sich gemischte Systeme. Für die allgemeinen Kosten wird eine Teilpauschale gewährt.36 Mehraufwendungen für Verpflegung werden durch ein Tagegeld erstattet.37 Fahrtkosten werden dagegen durch eine gestaffelte Fahrtkostenpauschale berücksichtigt.38 Mehraufwendungen für Übernachtungen am Sitz des Landtages werden in den Ländern anders berücksichtigt als im Bund. Der Grund hierfür liegt vermutlich in den geringeren Entfernungen vom Wohnsitz der Abgeordneten zum Sitz des Landtages, aufgrund derer für den Regelfall nicht von einer doppelten Haushaltsführung ausgegangen werden kann. Nur in wenigen Ländern werden Übernachtungskosten als Teil der Pauschale berücksichtigt.39 Stattdessen werden Kosten für mandatsbedingte Übernachtungen am Sitz des Landtages in den meisten Ländern gesondert erstattet.40 In einigen Ländern ist eine solche
31 § 6 Abs. 2 BadWürttAbgG; § 6 Abs. 2 BbgAbgG; § 6 Abs. 2 AbgG NW; § 6 Abs. 2 RhlPfAbgG; § 6 Abs. 2 ThürAbgG. In Baden-Württemberg wird bei der Staffelung zusätzlich die Fläche des Wahlkreises berücksichtigt, § 6 Abs. 2 Nr. 3 S. 2 BadWürttAbgG. 32 § 7 Abs. 2 BremAbgG; § 3 Abs. 2 HbgAbgG; § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 HessAbgG; § 9 Abs. 1 MVAbgG; § 7 Abs. 1 NdsAbgG; § 8 Abs. 1 SachsAnhAbgG. 33 § 8 BremAbgG; § 4 HbgAbgG; § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 HessAbgG; § 11 i.V. m. § 10 MVAbgG; § 11 i.V. m. § 8 NdsAbgG. 34 § 7 Abs. 1 HessAbgG; § 13 MVAbgG; § 10 Abs. 1 i.V. m. § 8 NdsAbgG; § 12 Abs. 2 SachsAnhAbgG. 35 § 3 Abs. 4 S. 2 HbgAbgG; § 10 BremAbgG. In Bremen werden den Abgeordneten aus Bremerhaven allerdings doch die Fahrtkosten zu den Sitzungen der Bürgerschaft erstattet, § 10 Abs. 3 BremAbgG. 36 § 6 Abs. 2 Nr. 1 SaarlAbgG; § 9 Abs. 1 SchlHlAbgG. 37 § 7 SaarlAbgG; § 11 i.V. m. § 10 SchlHlAbgG. 38 Im Saarland erfolgt die Staffelung nach Entfernung, § 6 Abs. 2 Nr. 2 SaarlAbgG. In Schleswig-Holstein erfolgt die Staffelung nach Entfernung sowie danach, ob es sich um einen städtischen oder einen ländlichen Wahlkreis handelt, § 13 Abs. 1 SchlHlAbgG. 39 Art. 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BayAbgG; § 6 Abs. 2 Nr. 3 AbgG NW. 40 § 6 Abs. 3 BadWürttAbgG; § 6 Abs. 6 BbgAbgG; § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 HessAbgG; § 12 i.V. m. § 10 MVAbgG; § 12 i.V. m. § 8 NdsAbgG; § 6 Abs. 4 RhlPfAbgG; § 11 SachsAnhAbgG; § 6 Abs. 3 SächsAbgG; § 12 i.V. m. § 10 SchlHlAbgG; § 10 Abs. 4 ThürAbgG. Zum Teil ist diese Erstattung auf einen Höchstbetrag begrenzt.
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1. Teil: Besteuerung der Abgeordnetenbezüge
Erstattung auch gar nicht vorgesehen. Eine Erstattung von Übernachtungskosten erfolgt dort nur bei Dienstreisen.41 Besonderen Funktionsträgern wird auch in der Mehrzahl der Länder eine zusätzliche Amtsaufwandsentschädigung in unterschiedlicher Höhe gewährt. Zu diesen gehören in der Regel wie im Bund der Parlamentsspräsident und seine Stellvertreter.42 In einigen dieser Länder zählen darüber hinaus Ausschussvorsitzende, stellvertretende Ausschussvorsitzende oder Fraktionsvorsitzende dazu.43 In einem Teil der Länder ist demgegenüber keine zusätzliche Aufwandsentschädigung für besondere Funktionsträger vorgesehen.44 Auch in den Ländern sind Kürzungen der Kostenpauschale für bestimmte Fälle vorgesehen. So wird in der Regel die Kostenpauschale um einen bestimmten Prozentsatz gekürzt, wenn einem Mitglied des Landtages ein Dienstwagen zur ausschließlichen Verfügung steht.45 In einigen Ländern erfolgt im Unterschied zum Bund zudem eine Kürzung, wenn ein Mitglied des Landtages Amtsbezüge bezieht (insbesondere als Mitglied der Landesregierung).46 Schließlich wird die Kostenpauschale wie im Bund gekürzt, wenn ein Mitglied des Landtages an einem Sitzungstag nicht anwesend ist oder an einer namentlichen Abstimmung nicht teilnimmt, wobei für einzelne Fälle der Abwesenheit unterschiedliche Kürzungsbeträge vorgesehen sind.47 41 Das ist vor allem in den Stadtstaaten und in sehr kleinen Bundesländern der Fall, § 9 BerlAbgG; § 3 Abs. 4 S. 2 HbgAbgG; § 10 BremAbgG; § 9 SaarlAbgG. 42 § 6 Abs. 7 BadWürttAbgG; Art. 6 Abs. 6 lit. a), b) BayAbgG; § 7 Abs. 3 BerlAbgG; § 6 Abs. 4 BbgAbgG; § 7 Abs. 1 S. 2 NdsAbgG; § 6 Abs. 5 AbgG NW; § 6 Abs. 6 RhlPfAbgG; § 6 Abs. 4 SaarlAbgG; § 6 Abs. 6 SächsAbgG. 43 § 6 Abs. 7 BadWürttAbgG; Art. 6 Abs. 6 lit. c), d BayAbgG; § 7 Abs. 1 S. 2 NdsAbgG; § 6 Abs. 4 SaarlAbgG; § 6 Abs. 6 SächsAbgG; § 6 Abs. 6 RhlPfAbgG. In Sachsen-Anhalt und Thüringen erhalten neuerdings ausschließlich die Ausschussvorsitzenden (§ 8 Abs. 4 SachsAnhAbgG) und zudem die Parlamentarischen Geschäftsführer (§ 6 Abs. 3 ThürAbgG), nicht aber der Landtagspräsident oder die Vizepräsidenten eine zusätzliche Aufwandsentschädigung. Das legt den Verdacht nahe, dass es sich tatsächlich nicht um eine Aufwandsentschädigung handelt, sondern das vom Bundesverfassungsgericht in BVerfGE 102, 224, 244 f. ausgesprochene Verbot von Funktionszulagen für diese parlamentarischen Funktionsträger (siehe bereits S. 26 Fn. 27) umgangen werden soll (vgl. dazu Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 11 Rn 110 sowie jüngst ThürVerfGH, NVwZ-RR 2003, 793 ff.). 44 Das ist in Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, SchleswigHolstein der Fall. 45 § 6 Abs. 2 S. 3 BadWürttAbgG; Art. 6 Abs. 2 S. 2 BayAbgG; § 6 Abs. 3 S. 2 BbgAbgG; § 13 Abs. 3 MVAbgG; § 6 Abs. 2 S. 2 AbgG NW; § 6 Abs. 2 S. 4 RhlPfAbgG; § 6 Abs. 2 Nr. 2 S. 3 SächsAbgG; § 13 Abs. 5 SchlHlAbgG; § 6 Abs. 2 S. 2 ThürAbgG. 46 § 9 Abs. 1 S. 3 MVAbgG; § 8 Abs. 1 S. 2 SachsAnhAbgG; § 5 Abs. 2 Nr. 2 S. 3 SächsAbgG; § 9 Abs. 2 SchlHlAbgG. Hier fallen die Kürzungen allerdings der Höhe nach sehr unterschiedlich aus. Sie bewegen sich zwischen 25 % in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein und 80 % in Sachsen-Anhalt.
§ 2 Bestandteile und Höhe der Abgeordnetenbezüge
29
Auch in den Ländern gehören zur Amtsausstattung darüber hinaus bestimmte Sachleistungen und Einzelerstattungen. Dazu gehört in den meisten Ländern ähnlich wie im Bund die Nutzung eines eingerichteten Büros am Sitz des Landtages, der vom Landtag gestellten Fernsprechanlagen und der Informations- und Kommunikationseinrichtungen sowie der sonstigen Sachleistungen im Landtag oder zumindest die Erstattung der entsprechenden Kosten.48 Die meisten Länder erstatten auch Aufwendungen für die Beschäftigung von Mitarbeitern zur Unterstützung bei der Erledigung der parlamentarischen Arbeit. Dabei sind die einzelnen Regelungen vergleichbar mit der Regelung im Abgeordnetengesetz des Bundes.49 Den Mitgliedern der Landtage stehen im Rahmen ihrer Amtsausstattung die Verkehrsmittel der Deutschen Bahn AG zumindest in dem jeweiligen Land kostenfrei zur Verfügung.50 Ist eine solche kostenfreie Nutzung nicht vorgesehen, werden zumindest die entstandenen Kosten erstattet.51 Die Kosten für Dienstreisen werden in den Ländern in vergleichbarer Weise wie im Bund außerhalb der Amtsausstattung gesondert erstattet.52 Schließlich werden auch in den Ländern Zuschüsse in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen, Zuschüsse zu Versicherungen und Unterstützungen in besonderen Fällen sowie für ehemalige Mitglieder der Landtage Über47 § 7 BadWürttAbgG; Art. 7 BayAbgG; § 8 BerlAbgG; § 7 AbgG NW; § 7 RhlPfAbgG; § 8 SächsAbgG; § 8 ThürAbgG. Diese Kürzung entfällt natürlich in Ländern, in denen von vornherein ein Tagegeld nur bei Anwesenheit ausgezahlt wird. 48 § 6 Abs. 5 S. 1 BadWürttAbgG; Art. 6 Abs. 3, 4 BayAbgG; § 6 Abs. 2 BbgAbgG; § 7 Abs. 3 BremAbgG; § 3 Abs. 1, 5 HbgAbgG; § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 HessAbgG; § 8 Abs. 2 S. 1 MVAbgG; § 7 Abs. 4 NdsAbgG; § 6 Abs. 6 AbgG NW; § 6 Abs. 5 RhlPfAbgG; § 7 Abs. 3 SaarlAbgG; § 7 Abs. 2, 3 SachsAnhAbgG; § 6 Abs. 5 SächsAbgG; § 8 Abs. 2 SchlHlAbgG; § 6 Abs. 1 S. 1 ThürAbgG. 49 § 6 Abs. 3 BadWürttAbgG; Art. 76 Abs. 7 BayAbgG; § 6 Abs. 5 Nr. 1, 2 BbgAbgG; § 3 Abs. 3 HbgAbgG; § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 HessAbgG; § 9 Abs. 2 MVAbgG; § 7 Abs. 2 NdsAbgG; § 6 Abs. 6 AbgG NW; § 6 Abs. 3 RhlPfAbgG; § 8 Abs. 2 SachsAnhAbgG; § 6 Abs. 4 SächsAbgG; § 9 Abs. 3 SchlHlAbgG; § 7 ThürAbgG. Lediglich in Berlin, Bremen und im Saarland fehlt eine entsprechende Regelung. 50 § 6 Abs. 6 S. 1 BadWürttAbgG; Art. 6 Abs. 5 BayAbgG; § 6 Abs. 7 i.V. m. § 8 BbgAbgG; § 3 Abs. 4 HbgAbgG; § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 HessAbgG; § 8 Abs. 2 S. 4 MVAbgG; § 9 AbgG NW; § 6 Abs. 5 S. 2 RhlPfAbgG; § 6 Abs. 3 S. 3 SaarlAbgG; § 12 Abs. 1 SachsAnhAbgG; § 6 Abs. 5 S. 2 i.V. m. § 10 SächsAbgG; § 8 Abs. 2 S. 2 SchlHlAbgG; § 9 ThürAbgG. Lediglich Berlin und Bremen sehen eine solche Freifahrtberechtigung nicht vor. 51 So § 10 Abs. 2 NdsAbgG. 52 § 9 Abs. 2 S. 2 BadWürttAbgG; Art. 10 BayAbgG; § 9 BerlAbgG; § 9 BbgAbgG; § 10 BremAbgG; § 3 Abs. 4 HbgAbgG; § 7 HessAbgG; § 14 MVAbgG; § 8 ff. NdsAbgG; § 10 AbgG NW; § 9 RhlPfAbgG; § 9 SaarlAbgG; § 9 SachsAnhAbgG; § 11 SächsAbgG; § 14 SchlHlAbgG; § 10 ThürAbgG. Auch hier finden die Landesreisekostengesetze entsprechende Anwendung.
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1. Teil: Besteuerung der Abgeordnetenbezüge
gangsgeld und eine Altersentschädigung oder eine Versorgungsabfindung gewährt, was wie bereits ausgeführt hier aber nicht von Interesse ist. Aufgrund der im Detail unterschiedlichen Ausgestaltung der Amtsausstattung nach den Abgeordnetengesetzen der Länder können im Rahmen dieser Untersuchung nicht alle danach gewährten verschiedenen steuerfreien Kostenpauschalen im Einzelnen auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüft werden. Ausführlich auf ihre Verfassungsmäßigkeit untersucht wird im 3. Teil daher nur die steuerfreie Kostenpauschale der Mitglieder des Bundestages. Da zumindest die Grundsystematik der Pauschalierungen in den Ländern ähnlich ist, werden diese Ausführungen jedoch in vielem auf diese übertragbar sein.53
C. Bezüge der Mitglieder des Europäischen Parlaments Die Bezüge der Mitglieder des Europäischen Parlaments weisen demgegenüber einige Besonderheiten auf. Sie werden zum Teil nach den unterschiedlichen nationalen Regelungen von den Mitgliedstaaten und nur zum Teil vom Europäischen Parlament selbst gewährt. In der Verantwortung der Mitgliedstaaten liegt zunächst die Gewährung einer Grundentschädigung, die daher für die Abgeordneten aus den verschiedenen Mitgliedstaaten eine unterschiedliche Höhe erreicht.54 Das deutsche Europaabgeordnetengesetz55 gewährt jedem in Deutschland gewählten Mitglied des Europäischen Parlaments, das nicht gleichzeitig dem Bundestag angehört, eine monatliche Grundentschädigung in der gleichen Höhe, wie sie den Mitgliedern des Bundestages zusteht, aktuell also 7.009 A, § 9 EuAbgG i.V. m. § 11 Abs. 1, 3 AbgG.
53
Die Verfassungsmäßigkeit der Abgeordnetengesetze der neuen Bundesländer und insbesondere auch der dort gewährten Kostenpauschalen wird untersucht von A. Fischer, S. 124 ff. Darüber hinaus finden sich Untersuchungen zur Verfassungsmäßigkeit der Abgeordnetengesetze von Rheinland-Pfalz bei Wieland, Rechtsgutachten Rheinland-Pfalz, passim; von Thüringen bei dems., Rechtsgutachten Thüringen, passim und von Bayern bei von Arnim, Rechtsgutachten Bayern, passim. Auch zum Hessischen Abgeordnetengesetz finden sich verschiedene Untersuchungen, vgl. zur Neufassung des Hessischen Abgeordnetengesetz von 1988 von Arnim, Macht macht erfinderisch, passim; zu dem nach dessen Aufhebung kurze Zeit wieder geltenden Hessischen Abgeordnetengesetz von 1985 Maaß/Rupp, Rechtsgutachten, passim; von Arnim, Rechtsgutachten Hessen, passim; Hirsch, Kurzgutachten, passim sowie schließlich zum geltenden Hessischen Abgeordnetengesetz von 1989 von Arnim, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, S. 322 ff. 54 Vgl. zu den Regelungen der verschiedenen Mitgliedstaaten die Übersicht bei Hölscheidt, in: Grabitz/Hilf, Art. 190 EGV Rn 45. 55 Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland (EuAbgG) v. 6.4.1979 (BGBl. I S. 413), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes v. 15.8.2003 (BGBl. I S. 1655).
§ 2 Bestandteile und Höhe der Abgeordnetenbezüge
31
Daneben gewährt das Europäische Parlament seinen Mitgliedern eine mit der Amtsausstattung nach den nationalen Abgeordnetengesetzen vergleichbare Kostenerstattung. Grundlage hierfür ist die vom Präsidium des Europäischen Parlaments nach Art. 5 GO-EP beschlossene und regelmäßig aktualisierte „Regelung betreffend die Kostenerstattung und die Vergütung für die Mitglieder des Europäischen Parlaments“.56 Danach erhalten die Mitglieder des Europäischen Parlaments zunächst eine allgemeine Kostenpauschale in Höhe von monatlich 3.385 A.57 Zusätzlich wird eine sog. Telematikzulage von bis zu 1.000 A jährlich gewährt. Daneben wird bei Teilnahme an den Sitzungen des Europäischen Parlaments ein Tagegeld von 240 A pro Tag gezahlt. Zur Abgeltung der Fahrten zwischen Wohnort und Sitzungsort wird eine pauschale Reisekostenvergütung gewährt, die nach der Entfernung zwischen beiden Orten berechnet wird.58 Für weitere Reisen werden die Kosten gegen Nachweis bis zu einem Höchstsatz von 3.500 A jährlich vergütet. Schließlich stehen für die Einstellung von persönlichen Mitarbeitern bis zu 9.765 A monatlich zur Verfügung. Wiederum nach dem deutschen Europaabgeordnetengesetz werden den in Deutschland gewählten Mitgliedern des Europäischen Parlaments zusätzlich bestimmte Sachleistungen gewährt. Dazu zählt gemäß § 10a EuAbgG die Mitbenutzung eines Büroraumes am Sitz des Bundestages, die Benutzung der Dienstfahrzeuge und der Fernmeldeanlagen des Bundestages sowie die sonstigen Sach- und Dienstleistungen des Bundestages. Gemäß § 10 EuAbgG stehen ihnen auch die Verkehrsmittel der Deutschen Bahn AG kostenfrei zur Verfügung. Die Kosten für die Benutzung von Flugzeugen und Schlafwagen werden gemäß § 10 S. 2 EuAbgG i.V. m. § 16 Abs. 2 AbgG erstattet.
56
Diese wird vom Europäischen Parlament nicht veröffentlicht (vgl. Bangemann/ Klepsch/Weber/Bieber, S. 202; eine Pflicht zur Veröffentlichung derartiger Beschlüsse des Parlamentspräsidiums nimmt aber zu Recht Bieber, EuR 1981, 124, 135 Fn. 37 an). Das Parlamentspräsidium tagt bei der Beschlussfassung zudem nicht öffentlich (vgl. Bieber, EuR 1981, 124, 134). Für die nationale Parlamente würde eine solche Art der Beschlussfassung nicht den vom Bundesverfassungsgericht im Diätenurteil aufgestellten Kriterien genügen (vgl. BVerfGE 40, 296, 316 und 327). Auf europäischer Ebene hat sie indes soweit ersichtlich noch keinen Anstoß erregt. Eine nähere Erläuterung der Regelung findet sich allerdings im vom Rechnungshof vorgelegten Sonderbericht Nr. 10/98, S. 2 ff. Weitere Erläuterungen finden sich in der Kommentarliteratur, vgl. vor allem Hölscheidt, in: Grabitz/Hilf, Art. 190 EGV Rn 46 f.; Braun/Jantsch/ Klante, AbgG, § 12 Rn 89 f. 57 Die Höhe der einzelnen Bestandteile der vom Europäischen Parlament gewährten Kostenerstattung sind den Angaben von Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 12 Rn 89 entnommen und befinden sich sämtlich auf dem Stand des Jahres 2001. 58 Siehe dazu den Sonderbericht des Rechnungshofs, S. 2 f.
32
1. Teil: Besteuerung der Abgeordnetenbezüge
Auch die damit weitgehend pauschalierte Kostenerstattung der Mitglieder des Europäischen Parlaments sowie ihre steuerliche Behandlung sollen allerdings im Rahmen der verfassungsrechtlichen Prüfung ausgeklammert bleiben. Nicht nur wegen der in einigen Punkten von der Amtsausstattung der nationalen Parlamente abweichenden Struktur der Kostenerstattung, sondern vor allem aufgrund des gemeinschaftsrechtlichen Bezuges fehlt für eine eingehende Untersuchung hier der Raum. Nach einer Entscheidung des EuGH verbietet es das Gemeinschaftsrecht, dass die Mitgliedstaaten die vom Europäischen Parlament seinen Mitglieder aus Gemeinschaftsmitteln gewährte pauschalierte Kostenerstattung der Besteuerung unterwerfen, es sei denn, dass es sich bei dieser um ein verschleiertes Entgelt handelt.59 Nach dieser Entscheidung wäre der Maßstab für eine Untersuchung der Kostenerstattung weitgehend vom nationalen Verfassungsrecht auf das Gemeinschaftsrecht verlagert.60 Zumindest könnte dieses aufgrund seines Anwendungsvorrangs auch vor nationalem Verfassungsrecht61 dazu führen, dass eine mögliche durch die Pauschalierung bewirkte steuerliche Ungleichbehandlung gerechtfertigt ist. Auf der Grundlage des durch den Amsterdamer Vertrag neu eingefügten Art. 190 Abs. 5 EGV wird derzeit an einem gemeinschaftsrechtlich geregelten einheitlichen Statut für die Mitglieder des Europäischen Parlaments gearbeitet. Es besteht die Aussicht, dass in diesem Statut unter anderem die den Mitgliedern gewährte Kostenerstattung neu geregelt wird.62 In dem Entwurf 59
EuGH, Slg. 1981, 2205 ff. (Lord Bruce). Auch der Nachweis, dass die pauschalierte Kostenerstattung teilweise ein verschleiertes Entgelt darstellt, wäre nach Ansicht des EuGH nach Gemeinschaftsrecht zu führen (EuGH, Slg. 1981, 2205, 2221 – Tz 21; noch weitergehend Bangemann/ Klepsch/Weber/Bieber, S. 205, nach denen auch eine überhöhte Gewährung der Pauschalen nicht zu einem Besteuerungsrecht der Mitgliedstaaten führt, sondern gegen diese nur auf EG-Ebene durch die Kommission oder den Rat vorgegangen werden kann). 61 Vgl. dazu nur Jarass/Pieroth, GG, Art. 23 Rn 34. 62 Hauptanliegen des geplanten Statuts ist indes, die aufgrund der unterschiedlichen nationalen Regelungen in ihrer Höhe sehr stark divergierende Grundentschädigung für alle Mitglieder des Europäischen Parlaments gemeinschaftsrechtlich zu vereinheitlichen sowie sie einer einheitlichen Besteuerung zugunsten der Europäischen Gemeinschaften zu unterwerfen (Bericht Rothley v. 18.11.1998, S. 17 und 19; vgl. dazu auch Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 11 Rn 95 f.; Fleuter, S. 121). Mittelbar hängt indes auch die Frage der Neuregelung der Kostenerstattung damit zusammen. Es wird allgemein angenommen, dass die bisherige Kostenerstattung unangemessen hoch festgesetzt wurde, um den Abgeordneten mit einer niedrigeren Grundentschädigung einen Ausgleich zu gewähren (vgl. Fleuter, S. 122). Das wird vom Europäischen Parlament auch selbst eingeräumt (vgl. den Leserbrief von Nicole Fontaine, zu dieser Zeit noch Präsidentin des Europäischen Parlaments, Handelsblatt v. 30.11.2000, S. 11). Kritisch zur bisherigen Kostenerstattungsregelung auch der Sonderbericht des Rechnungshofs, S. 6 f. 60
§ 2 Bestandteile und Höhe der Abgeordnetenbezüge
33
des Europäischen Parlaments vom 3.12.199863 war zwar weiterhin vorgesehen, dass für einen Großteil der Kosten Pauschalen festgesetzt werden können, die auch weiterhin keiner Besteuerung unterliegen sollten (Art. 11 Abs. 2, 3 des Entwurfs). Der Entwurf löste allerdings eine heftige Kontroverse mit dem Rat aus, die diesen veranlasste, einen eigenen Vorschlag eines Statuts vorzulegen.64 In diesem wurde in Abkehr vom bisherigen System eine Einzelerstattung der Kosten gegen Nachweis aufgebracht (Art. 9 Abs. 6 des Vorschlags).65 In den Empfehlungen der in der Folge eingesetzten unabhängigen Kommission war zumindest noch eine weitgehende Nachweispflicht als Kompromissvorschlag enthalten.66 Hätte sich der Ratsvorschlag oder zumindest der Kompromissvorschlag durchgesetzt, wäre die Problematik der steuerlichen Behandlung der Kostenerstattung auf europäischer Ebene weitgehend entschärft worden. Aufgrund der unterschiedlichen Vorstellungen zwischen Europäischem Parlament und Rat ist allerdings offen, ob es überhaupt in absehbarer Zukunft zu einem gemeinschaftsrechtlichen Statut kommen wird.67
63
Entwurf eines Statuts für die Abgeordneten des Europäischen Parlaments v. 3.12.1998, abgedruckt in BR-Drucks. 1007/98, S. 6 ff. Dieser Entwurf beruhte im Wesentlichen auf dem Bericht Rothley v. 18.11.1998. 64 Vgl. zu dessen Inhalt den Bericht Rothley v. 3.5.1999, S. 8 ff. Allerdings sieht Art. 190 Abs. 5 EGV kein Initiativrecht des Rates vor, so dass die Vorgehensweise des Rates im Bericht Rothley v. 3.5.1999, S. 7 zu Recht kritisiert wird. 65 Dieser Vorschlag wurde vom Europäischen Parlament indes vehement abgelehnt, vgl. dazu den Bericht Rothley v. 3.5.1999, S. 10 f., auf dessen Grundlage das Europäische Parlament seinen bisherigen Entwurf in einer weiteren Entschließung v. 5.5.1999 (ABl. EG 1999 Nr. C 279/161/171) bekräftigte. 66 Empfehlungen der Gruppe hochrangiger Persönlichkeiten zum Statut der Mitglieder v. 6.6.2000, Kapitel IV. Für die Reisekostenvergütung wurde dort eine vollständige Einzelerstattung gegen Nachweis gefordert während hinsichtlich der allgemeinen Kostenvergütung vorgesehen war, dass lediglich im Nachhinein mindestens 50 % der Kosten nachzuweisen sind mit der Folge, dass die Vergütung im folgenden Jahr um den Anteil gekürzt wird, der zuvor nicht belegt werden konnte. Nach der in der Folge entstandenen Stellungnahme des Ausschusses für Recht und Binnenmarkt v. 10.4.2002 sollte der Kostenerstattungsanspruch allerdings nur noch dem Grunde nach geregelt werden und die weitere Ausgestaltung dem Parlament überlassen werden (Art. 19 Abs. 3 des dort enthaltenen Entwurfs). Ebenso die letztendlich vom Europäischen Parlament am 4.6.2003 beschlossene Fassung des Abgeordnetenstatus (in Art. 27 Abs. 2; vgl. dazu den Bericht Rothley v. 23.5.2003). 67 Jedenfalls das vom Europäischen Parlament am 4.6.2003 beschlossene Statut ist aufgrund der Ablehnung des Rates inzwischen endgültig gescheitert, vgl. dazu die Berichterstattung etwa im Handelsblatt v. 27.1.2004, S. 6.
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1. Teil: Besteuerung der Abgeordnetenbezüge
§ 3 Besteuerung der Abgeordnetenbezüge nach geltendem Recht Die Grundentschädigung der Mitglieder des Bundestages nach § 11 Abs. 1 AbgG ist gemäß § 22 Nr. 4 S. 1 EStG steuerpflichtig. Das Gleiche gilt für die Amtszulagen für den Bundestagspräsidenten und seine Stellvertreter nach § 11 Abs. 2 AbgG.68 Die Amtsausstattung insbesondere in Form der Kostenpauschale nach § 12 Abs. 2 AbgG ist dagegen gemäß § 3 Nr. 12 S. 1 EStG steuerfrei.69 Das gilt auch für die zusätzliche Amtsaufwandsentschädigung des Bundestagspräsidenten und seiner Stellvertreter nach § 12 Abs. 5 AbgG. Ebenso unter die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 12 S. 1 EStG fallen die in den §§ 12 Abs. 4, 16 AbgG gewährten geldwerten Vorteile sowie die Erstattung der Aufwendungen für Mitarbeiter nach § 12 Abs. 3 AbgG.70 Die Steuerfreiheit folgt allein daraus, dass diese aus einer Bundeskasse gezahlten Bezüge in § 12 Abs. 1 S. 1 AbgG als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind und als solche im Haushaltsplan ausgewiesen werden. Sie ist unabhängig davon, ob dem Mitglied des Bundestages tatsächlich Aufwand in entsprechender Höhe entstanden ist und ob ein solcher allein durch das Mandat veranlasst ist bzw. ob Sachleistungen allein in Ausübung des Mandats genutzt werden.71 Nicht als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind dagegen die gesonderten Erstattungen für Dienstreisen nach § 17 AbgG. 68
Jansen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 22 EStG Anm. 468. Nicht aufgrund des Abgeordnetengesetzes gezahlte sonstige Bezüge der Mitglieder des Bundestages für politische Ämter im Zusammenhang mit ihrer parlamentarischen Tätigkeit (z. B. von den jeweiligen Fraktionen gewährte Bezüge für die Fraktionsvorsitzenden und die Parlamentarischen Geschäftsführer) fallen dagegen nicht unter § 22 Nr. 4 S. 1 EStG, sondern können nach den §§ 19, 22 Nr. 1 S. 1 oder Nr. 3 EStG steuerpflichtig sein, vgl. Tipke/Lang, § 9 Rn 590; Lohr, DStR 1997, 1230, 1231 und 1232; FG Berlin, EFG 2002, 1228. 69 Zur Anwendung von § 3 Nr. 12 S. 1 EStG auf diese Leistungen vgl. BVerfGE 49, 1, 5; BayVerfGH, VerfGHE 35, 148, 165; BFH, BStBl. II 1983, 601; 1988, 433, 434; Schmidt/Heinicke, EStG, § 22 Rn 162. Im Ansatz anders allerdings Jansen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 22 EStG Anm. 468, der davon ausgeht, dass die Amtsausstattung bereits gar nicht nach § 22 Nr. 4 S. 1 EStG steuerbar ist. 70 Auch diesbezüglich können sich verfassungsrechtliche Probleme ergeben, die aber hier nicht weiter verfolgt werden sollen. So fällt etwa auch der geldwerte Vorteil durch die im Rahmen von § 12 Abs. 4 S. 1 Nr. 2, 16 AbgG erlaubte Benutzung der Freifahrtberechtigung für private Zwecke (siehe dazu unter § 2 A., S. 23) unter die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 12 S. 1 EStG. Art. 48 Abs. 3 S. 2 GG bietet hierfür keine Rechtfertigung, da dieser nach einhelliger Ansicht lediglich die freie Benutzung für mandatsbedingte Fahrten garantiert. Vgl. zu dieser Problematik von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 195, 211; H. H. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 48 Rn 197 sowie zu weiteren bei den übrigen Sachleistungen denkbaren und nach allgemeinen Regeln steuerpflichtigen Privatanteilen die Aufzählung bei o. V., KÖSDI 1995, 10432.
§ 3 Besteuerung nach geltendem Recht
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Sie fallen daher nicht unter § 3 Nr. 12 S. 1 EStG. Jedoch sind sie unter den engeren Voraussetzungen des § 3 Nr. 13 EStG ebenfalls steuerfrei.72 Da somit den Mitgliedern des Bundestages zur Abgeltung des durch das Mandat veranlassten Aufwandes eine Aufwandsentschädigung gezahlt wird, besteht gemäß § 22 Nr. 4 S. 2 EStG für durch das Mandat veranlasste Aufwendungen ein Abzugsverbot. Dieses geht insoweit über die Regelung des § 3c EStG hinaus, als durch die Zahlung der Werbungskostenabzug generell ausgeschlossen ist. Insbesondere im Fall der Kostenpauschale gilt das Abzugsverbot unabhängig davon, ob sie im Einzelfall die tatsächlich angefallenen Aufwendungen deckt oder nicht.73 Mitglieder des Bundestages können also keine durch das Mandat veranlassten Aufwendungen als Werbungskosten gemäß § 9 EStG abziehen. Zusätzlich stellt § 22 Nr. 4 S. 3 EStG ein weiteres ausdrückliches Abzugsverbot für Wahlkampfkosten auf. Entsprechendes gilt für die Besteuerung der Bezüge der Mitglieder der Landtage. Eine Besonderheit stellen die dort teilweise gesondert gezahlten Tage- oder Sitzungsgelder dar. Jedoch fallen auch diese unter die Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 12 S. 1 EStG.74 Auch bei den (in Deutschland gewählten) Mitgliedern des Europäischen Parlaments fällt die nach dem deutschen Europaabgeordnetengesetz gezahlte Grundentschädigung unter § 22 Nr. 4 S. 1 EStG. Jedoch muss zur Begründung der vom EuGH geforderten Steuerfreiheit für die vom Europäischen Parlament selbst gewährte pauschalierte Kostenerstattung nicht § 3 Nr. 12 S. 1 EStG herangezogen werden. Diese ist, da sie nicht aufgrund des Europaabgeordnetengesetzes gezahlt wird, bereits gar nicht nach § 22 Nr. 4 S. 1 EStG steuerbar.75 Dagegen sind die nach dem Europaabgeordnetengesetz gewährten Sachleistungen steuerbar, aber nach § 3 Nr. 12 S. 1 EStG steuerbefreit.
71 Vgl. zu dieser umfassenden Befreiungswirkung von § 3 Nr. 12 S. 1 EStG allgemein Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 3 Nr. 12 EStG Anm. 9 f. 72 Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 17 Rn 1. 73 BFH, BStBl. II 1983, 601 f.; 1988, 266, 269; Nds. FG, EFG 2001, 1048. 74 Vgl. R 168b S. 3 EStR 2001. 75 Das verkennen Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 12 Rn 98. Eine Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 12 S. 1 EStG wäre im Übrigen gar nicht möglich, da Zahlungen des Europäischen Parlaments keine Bezüge aus einer Bundes- oder Landeskasse im Sinne von § 3 Nr. 12 S. 1 EStG darstellen (vgl. FG Bremen, EFG 1991, 519, 520).
Zweiter Teil
Geschichtliche Entwicklung und rechtspolitische Diskussion § 4 Die Besteuerung der Abgeordnetenbezüge in der geschichtlichen Entwicklung Im Absolutismus unterlagen Adel und Geistlichkeit nicht der Besteuerung.1 Auch nach der Französischen Revolution war in den Monarchien das Staatsoberhaupt traditionell von direkten Steuern befreit.2 Die persönliche Steuerbefreiung wurde als natürliches Attribut der Souveränität des Monarchen angesehen.3 Es wurde für begrifflich ausgeschlossen gehalten, dass dem Monarchen für seine Person die Entrichtung einer direkten Steuer an die von ihm selbst verkörperte Staatsgewalt oblag.4 In ähnlicher Weise waren die Standesherren steuerlich privilegiert.5 Bis ins Deutsche Reich seit 1871 unterlagen die deutschen Fürsten6 weder der Besteuerung durch die Gliedstaaten noch durch das Reich.7 Noch heute unterliegt die britische Königin nicht der Besteuerungsgewalt und zahlt lediglich seit 1993 freiwillig Steuern.8 Diese Argumentation traf auf Abgeordnete als Volksvertreter allerdings nicht zu. Zunächst 1
Vgl. ausführlich dazu Hattenhauer, Rn 104 f. Vgl. dazu Antoni, FinArch 1888, 382, 417 ff. 3 Tipke, StRO I, S. 286; Antoni, FinArch 1888, 382, 412. 4 Antoni, FinArch, 1888, 382, 412. 5 Standesherren waren diejenigen (hochadeligen) Grafen, Fürsten und Herren, die bis 1806 entweder zu den Reichsständen oder zu dem nichtreichsständischen, aber reichsunmittelbaren Adel gehörten. Ihre steuerliche Privilegierung ging zurück auf Art. 14 der auf dem Wiener Kongress vereinbarten deutschen Bundesakte und wurde mit Rücksicht auf ihre frühere souveräne Stellung getroffen (vgl. auch zu deren steuerlichen Privilegien Antoni, FinArch 1888, 382, 424). 6 Träger der Souveränität war im Deutschen Reich zumindest nach der Konzeption der Reichsverfassung nicht der Kaiser, sondern die im Bundesrat vertretene Gesamtheit der deutschen Fürsten (sowie der freien Städte Lübeck, Hamburg und Bremen), vgl. Huber, Bd. III, S. 811 f. und 849. Teilweise wird indes angenommen, dass auch der Kaiser und zudem bereits das Volk einen Teil der Staatsgewalt trugen, vgl. etwa Frotscher/Pieroth, Rn 411 ff. 7 Vgl. Antoni, FinArch 1888, 382, 425. Das war allerdings nicht unbestritten, kritisch äußerte sich etwa Anschütz, DJZ 1913, 658 ff. 8 Vgl. dazu Barnett, S. 356. 2
§ 4 Die Besteuerung in der geschichtlichen Entwicklung
37
repräsentierten sie das Volk gegenüber dem Monarchen als Träger der staatlichen Souveränität.9 Nach dem Ende der Monarchie und Anerkennung der Volkssouveränität war das Volk Träger der Staatsgewalt und übte diese lediglich durch die Abgeordneten als Repräsentanten aus (vgl. Art. 1 Abs. 2, Art. 5 WRV, 20 Abs. 2 S. 1 GG).10 Abgeordnete genossen infolgedessen nie eine umfassende persönliche Steuerbefreiung. Allerdings bestanden für sie hinsichtlich ihrer Bezüge aus dem Mandat seit jeher umfangreiche sachliche Steuerbefreiungen. Im Deutschen Reich von 1871–191811 war zunächst in Art. 32 der Reichsverfassung ein Verbot jeglicher Besoldungs- und Entschädigungszahlungen an die Reichstagsabgeordneten (sog. Diätenverbot) festgelegt. Die Regelung wurde vor allem damit begründet, dass den Gefahren eines „Berufsparlamentarismus“ vorgebeugt werden sollte.12 Zudem versprach sie als Korrektiv gegen das allgemeine Wahlrecht zu wirken13, was auch wohl der ausschlaggebende Grund für sie gewesen ist.14 Die Übernahme eines Abgeordnetenmandats sollte vorwiegend den Angehörigen wohlhabender Schichten möglich sein. Nachdem es jedoch den Abgeordneten aus den unteren Schichten immer mehr gelang, auf andere Weise finanzielle Unterstützung zu erlangen und dadurch das Diätenverbot weitgehend wirkungslos blieb15, wurde es – nachdem mehrere Anläufe im Bundesrat gescheitert waren – 1906 aufgeho9 Diese bis 1918 bestehende Dichotomie von Volk und Monarch ging zurück auf das in Art. 57 der Wiener Schlussakte festgeschriebene „monarchische Prinzip“, vgl. dazu Löwenberg, S. 29. Als „echte“ Volksvertreter nach dem heutigen Verständnis konnten die Abgeordneten damals jedoch noch nicht bezeichnet werden, da sie aufgrund des Wahlrechts nur von einem Teil der Bevölkerung gewählt wurden, vgl. von Waldthausen, S. 31 Fn. 32. Im Ständestaat des alten Deutschen Reichs des Mittelalters waren die Delegierten der landständischen Versammlungen dagegen ausschließlich Vertreter ihres Standes und daher noch keine Repräsentanten des Volkes, vgl. Hospach, S. 31 ff. 10 Vgl. zu den Abgeordneten des Reichstags als Vertreter des nunmehr souveränen Reichsvolkes in der Weimarer Republik Frotscher/Pieroth, Rn 481; Burmeister, S. 34. 11 Vgl. zur geschichtlichen Entwicklung der Abgeordnetenentschädigung und -versorgung insgesamt und auch in der Zeit vor dem Deutschen Reich von Waldthausen, S. 29 ff.; von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 54 ff.; Hospach, passim; Butzer, passim. Vgl. auch die Materialien zum Abgeordnetengesetz 1977, BTDrucks. 7/5531, S. 2 ff. 12 Huber, Bd. III, S. 893; von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 58. 13 Hatschek, Teil I, S. 610 f.; Pitamic, S. 28 f.; Hospach, S. 179 f.; Frotscher/ Pieroth, Rn 406. Vgl. zu diesem Hintergrund des Diätenverbots auch RGZ 16, 88, 92 f. aus den sog. Diätenprozessen, in denen der Staat Preußen aufgrund einer dort bestehenden Sonderregelung versuchte, private Zuwendungen an Reichstagsabgeordnete herauszuverlangen. Eine ausführliche Auseinandersetzung mit der Entwicklung des Diätenverbots findet sich bei Scheffler, S. 91 ff. 14 So Burmeister, S. 29; Ullrich, S. 36 f.
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2. Teil: Geschichtliche Entwicklung und rechtspolitische Diskussion
ben.16 Nach dem geänderten Art. 32 RV durften die Abgeordneten zwar weiterhin ausdrücklich keine Besoldung erhalten, jedoch wurde ihnen das Recht auf Zahlung einer Entschädigung eingeräumt. Durch das gleichzeitig aufgrund von Art. 32 S. 2 RV ergangene Gesetz17 wurde ihnen eine jährliche Entschädigung von 3.000 Mark gewährt, die für jeden versäumten Sitzungstag um 20 Mark gekürzt wurde.18 Die Entschädigung sollte nicht den Lebensunterhalt des Abgeordneten und seiner Familie, sondern ausschließlich den durch das Mandat veranlassten Mehraufwand abdecken. Dementsprechend wurde die Entschädigung noch nahezu einhellig nicht als öffentlich-rechtliche Alimentation, sondern als pauschalierte Aufwandsentschädigung angesehen, die der sog. Dienstaufwandsentschädigung der Staatsbeamten nachgebildet sein sollte.19 Sie wurde daher – ebenso wie das bei der Dienstaufwandsentschädigung der Beamten der Fall war – für steuerfrei gehalten.20 Weil es in den Einkommensteuergesetzen der Gliedstaaten21 an ausdrücklichen Regelungen diesbezüglich fehlte, wurden die dort bestehenden Steuerbefreiungen für in Beamtenverhältnissen gewährte Dienstaufwandsentschädigungen (z. B. § 15 Abs. 3 des Preußischen EStG 1891, seit 1906 § 14 Abs. 3) herangezogen.22 15 Vgl. dazu Huber, Bd. III, S. 893 f.; H. H. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 48 Rn 5. 16 Gesetz v. 21.5.1906 betreffend die Änderung des Art. 32 Reichsverfassung (RGBl. S. 467). 17 Reichsgesetz betreffend die Gewährung einer Entschädigung an die Mitglieder des Reichstags v. 21.5.1906 (RGBl. S. 468). 18 Vgl. Hatschek, Teil I, S. 613 ff.; Huber, Bd. III, S. 895. 19 So etwa Hatschek, Teil I, S. 615 f., der allerdings einräumte, dass den Abgeordneten selbst bei Fernbleiben von allen Sitzungen noch ungefähr die Hälfte der Entschädigung verblieb (vgl. dazu auch von Waldthausen, S. 42). Dagegen wollte Pitamic, S. 45 schon damals die Entschädigung als öffentlich-rechtliche Alimentation des Abgeordneten einordnen. 20 Vgl. etwa die in der Sitzung des Reichstages vom 12.5.1906 wiedergegebenen Ausführungen des Staatssekretärs von Posadowsky in der Diätenkommission: „Nach meiner persönlichen Auffassung würden die Aufwandsentschädigungen der Mitglieder des Reichstags der Besteuerung ebenso wenig unterliegen wie die Repräsentationsgelder oder Tagegelder der Beamten, da sie ebenso wie diese keine Einnahme darstellen, sondern eine Entschädigung für Auslagen sind, die dem Betreffenden aus Anlaß der Ausübung eines öffentlichen Mandats erwachsen sind.“ (Verhandlungen des Reichstages, XI. Legislaturperiode, II. Session 1905/1906, Bd. 4, S. 3138). 21 Im Deutschen Reich von 1871–1918 hatte das Reich zwar bereits eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz auch für die direkten Steuern, hat von ihr jedoch aufgrund des Widerstands der Gliedstaaten bis auf wenige Ausnahmen und insbesondere für das Einkommensteuerrecht keinen Gebrauch machen können, so dass die Gesetzgebungskompetenz hierfür bei diesen verblieb (vgl. K. Vogel/Waldhoff, in: Bonner Kommentar zum GG, Vorbem. z. Art. 104a–115 Rn 134). 22 Roth, DJZ 1906, 871 f.; Danco, S. 59. Vgl. auch Art. 22 Nr. 4 lit. c) der Anweisung des Finanzministers v. 25.7.1906 zur Ausführung des Einkommensteuergesetzes (abgedruckt bei Fuisting, Bd. 1, S. 489 ff.)
§ 4 Die Besteuerung in der geschichtlichen Entwicklung
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Auch in der Weimarer Republik wurde den Reichstagsabgeordneten in Anknüpfung an Art. 32 RV durch Art. 40 WRV das Recht auf Zahlung einer Entschädigung gewährleistet, wobei jedoch das ausdrückliche Besoldungsverbot wegfiel. Nachdem zunächst ein absoluter Betrag von 1.500 Mark monatlich festgelegt wurde23, der mit Rücksicht auf die Inflation mehrfach erhöht werden musste24, wurde die Entschädigung 1923 in Höhe von 25 % an das Grundgehalt eines Reichsministers gekoppelt.25 1930 wurde diese Regelung wieder aufgehoben und ein Betrag von 600 Reichsmark monatlich gewährt.26 Für das Fernbleiben von Sitzungen wurden jeweils bestimmte Beträge abgezogen.27 Unterschiedliche Auffassungen bestanden inzwischen hinsichtlich des Rechtscharakters der Entschädigung. Überwiegend wurde sie noch immer als „vorveranschlagte, pauschalierte Aufwandsentschädigung“ angesehen.28 Angesichts der Höhe der Zahlungen sowie der Koppelung an die Ministerbezüge wurde jedoch auch teilweise angenommen, dass mit der Entschädigung nicht nur die anfallenden Ausgaben erstattet, sondern darüber hinaus der durch die Nichtausübung des Berufs entstehende Einnahmeausfall vergütet wurde und insoweit von einer öffentlich-rechtlichen Alimentation gesprochen.29 Vereinzelt wurde sogar geäußert, dass es sich bereits um ein 23
Gesetz über die Entschädigung der Mitglieder des Reichstages v. 10.7.1920 (RGBl. S. 1437). Zuvor war noch auf der Grundlage des für weiter anwendbar erklärten Art. 32 RV das Gesetz über die Gewährung einer Entschädigung an die Mitglieder der Nationalversammlung v. 22.2.1919 (RGBl. S. 241) erlassen worden, das den Deputierten rückwirkend vom 1.2.1919 eine monatliche Entschädigung von 1.000 Mark sowie ein Tagegeld von 20 Mark für Ausschusssitzungen gewährte. Bei unentschuldigtem Fehlen erfolgte eine Kürzung um 30 Mark. 24 Vgl. Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes über die Entschädigung der Mitglieder des Reichstages v. 3.8.1922 (RGBl. II S. 705) sowie Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Entschädigung der Mitglieder des Reichstages v. 27.10.1922 (RGBl. II S. 773). 25 Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Entschädigung der Mitglieder des Reichstages v. 26.3.1923 (RGBl. II S. 283). Die gleiche Regelung enthielt das Gesetz über die Entschädigung der Mitglieder des Reichstages v. 25.4.1927 (RGBl. II S. 323). Das Grundgehalt eines Reichsministers betrug 1927 jährlich 36.000 Reichsmark, woraus sich 9.000 Reichsmark für die Abgeordneten ergaben (vgl. von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 62). 26 Gesetz über die Entschädigung der Mitglieder des Reichstages v. 15.12.1930 (RGBl. II S. 1275). 27 Nach der zunächst getroffenen Regelungen wurden 50 Mark für jedes unentschuldigte Fehlen bei Vollsitzungen abgezogen, dann ein Dreißigstel der monatlichen Entschädigung und schließlich 20 Reichsmark, vgl. dazu im Einzelnen Hatschek/ Kurtzig, Bd. 1, S. 437 f.; von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 62. 28 Anschütz, WRV, Art. 40 Anm. 2 mit Hinweis auf den Ehrenamtscharakter des Mandats; Hatschek/Kurtzig, Bd. 1, S. 435 f.; Stier-Somolo, Bd. 1, S. 571; Finger, S. 228. 29 Tatarin-Tarnheyden, in: Anschütz/Thoma, HDtStR, Bd. 1, S. 435; Horn, S. 76. So auch aus heutiger Sicht von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 82; dagegen allerdings von Waldthausen, S. 44 f.
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2. Teil: Geschichtliche Entwicklung und rechtspolitische Diskussion
„Gehalt“ handele.30 Infolge der überwiegenden Einordnung als Aufwandsentschädigung wurde – entsprechend der Handhabung vor 1918 – die Entschädigung für steuerfrei nach den an sich für Dienstverhältnisse geltenden § 34 Abs. 2 EStG 1920 und § 36 Abs. 2 Nr. 1 EStG 1925 gehalten.31 Vereinzelt wurde allerdings bereits die Steuerfreiheit für den die eigentliche Kostenerstattung übersteigenden Teil der Entschädigung angezweifelt.32 Diese Entwicklung weg von einer Aufwandsentschädigung und hin zu einer gehaltsähnlichen Alimentation setzte sich in der Bundesrepublik weiter fort. Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG gewährte den Abgeordneten das Recht auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung. Im Diätengesetz 1950 wurde rückwirkend ab dem 1.11.1949 eine „Aufwandsentschädigung“ von monatlich 600 DM sowie ein Tagegeld von 30 DM je Sitzung gewährt.33 Da durch Ausführungsbestimmungen zusätzlich Pauschalen speziell zur Abgeltung der mandatsbedingten Aufwendungen gezahlt wurden34, zeigte sich schon hier, dass es sich nicht mehr um eine Kostenerstattung handelte.35 Die Aufteilung in Grundentschädigung und Kostenerstattung verfestigte sich mit dem Diätengesetz 195836, durch das die „Aufwandsentschä30
von Freytagh-Loringhoven, S. 98. Gebhard, Art. 40 Anm. 4a; Blümich/Schachian, § 36 Anm. 8. 32 Horn, S. 98 f. 33 Gesetz über die Entschädigung der Mitglieder des Bundestages von 16.6.1950 (BGBl. S. 215). 34 Es wurde eine Pauschale von monatlich 100 DM und gegen Nachweis bis zu weiteren 200 DM sowie Kilometergeld für Fahrten zwischen Wohnsitz oder Wahlkreis und Sitz des Bundestages in Höhe von 0,25 DM und eine weitere Pauschale von 200 DM für Fahrten in Bonn oder im Wahlkreis gezahlt (vgl. Ausführungsbestimmungen v. 20.6.1951, BAnz Nr. 119 v. 24.6.1951, ersetzt durch Ausführungsbestimmungen v. 28.11.1951, BAnz Nr. 3 v. 5.1.1952 mit Ergänzungen und Änderungen dazu v. 11.9.1952, BAnz Nr. 180 v. 17.9.1952 und v. 5.3.1953, BAnz Nr. 47 v. 10.3.1952). Nachdem mit dem Gesetz über die Entschädigung der Mitglieder des Bundestags v. 24.6.1954 (BGBl. I S. 637) die Aufwandsentschädigung auf 750 DM erhöht wurde, wurde eine einheitliche Unkostenpauschale von 700 DM gewährt (vgl. Ausführungsbestimmungen v. 23.7.1954, BAnz Nr. 141 v. 27.7.1954 sowie Ergänzung dazu v. 10.1.1955, BAnz Nr. 13 v. 20.1.1955). 35 Das verkennt von Waldthausen, S. 49 f. und 66 f., nach dem mit dem Diätengesetz 1950 in Anknüpfung an die Weimarer Republik noch eine vorveranschlagte, pauschalierte Aufwandsentschädigung gewährt worden sei und erst mit dem Diätengesetz 1958 die Entwicklung zu einer Alimentation begonnen habe. Im Übrigen hat auch das Bundesverfassungsgericht bereits 1955 von einer Entwicklung in Richtung „Besoldung“, „Gehalt“ bzw. „Entgelt“ gesprochen (vgl. BVerfGE 4, 144, 151). Auch Schlaich/Schreiner, NJW 1979, 673, 675 meinen, der Parlamentarische Rat habe schon damals „Lage und Entwicklung“ der Abgeordnetenentschädigung sehr wohl vor Augen gehabt. 36 Gesetz über die Entschädigung der Mitglieder des Bundestages v. 27.5.1958 (BGBl. I S. 379). 31
§ 4 Die Besteuerung in der geschichtlichen Entwicklung
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digung“ in Höhe von 22,5 % an das Amtsgehalt eines Bundesministers gekoppelt wurde.37 Dort wurde die Kostenerstattung in Form einer Tagegeldpauschale von monatlich 500 DM zur Abdeckung insbesondere der Kosten einer doppelten Haushaltsführung, einer Unkostenpauschale von monatlich 600 DM für die sachlichen und personellen Bürokosten sowie einer Reisekostenpauschale gestaffelt nach Entfernung zwischen Wohnsitz und Sitz des Bundestages von monatlich 330 bis 1.020 DM erstmals gesetzlich geregelt.38 Mit dem Diätengesetz 1968 wurde nach Anhebung der „Aufwandsentschädigung“ auf 33 1/3 % eines Ministergehalts eine Altersversorgung für die Abgeordneten eingeführt, für die Beiträge von der erhöhten Grundentschädigung einbehalten wurden39, so dass der Alimentationscharakter der Grundentschädigung nunmehr unübersehbar wurde.40 Zur Kostenerstattung wurden weiterhin die genannten Pauschalen gewährt, die in der Folge zu verschiedenen Zeitpunkten angehoben wurden, wobei bei der Reisekostenpauschale die Staffelung wegfiel.41 Obschon die Entschädigung der Bundestagsabgeordneten den Charakter einer Aufwandsentschädigung damit schon längst verloren hatte, wurde sie noch als solche festgesetzt und war gemäß § 3 Nr. 12 S. 1 EStG steuerfrei.42 Im Schrifttum wurde dagegen immer wieder die Besteuerung der Abgeordnetenentschädigung gefordert.43 Nachdem das Bundesverfassungsgericht 1971 in einer Nebenbemerkung noch einmal die Entwicklung zu einem „Entgelt“ bzw. einer „Besoldung“ bestätigt44 und der Bundestag daraufhin eine Entschließung über die Besteuerung der Entschädigung gefasst hatte45, erging am 5.11.1975 das sog. Diätenurteil des Bundesverfas37 Daraus ergab sich 1958 ein Betrag von 1.100 DM und 1967 von 1.590 DM monatlich (vgl. von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 66). 38 Vgl. dazu im Einzelnen von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 66. 39 Gesetz über die Entschädigung der Mitglieder des Bundestags (Diätengesetz) v. 3.5.1968 (BGBl. I S. 334). Zur Einführung der Altersversorgung umfassend Klatt, passim. 40 von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 82; von Waldthausen, S. 49 f., 66 f. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat dagegen für die Mitglieder des Bayerischen Landtags noch in zwei Entscheidungen vom 17.5.1967 und vom 3.2.1969 ausdrücklich von einer vorveranschlagten oder pauschalierten Aufwandsentschädigung gesprochen, vgl. BayVerfGH, VerfGHE 20, 95, 100; 22, 19, 22. 41 Vgl. dazu und zu den sich daraus ergebenden Beträgen im Einzelnen von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 67. 42 Vgl. von Arnim, Abgeordnetenentschädigung und Grundgesetz, S. 36. 43 Vgl. etwa von Arnim, DB 1972, 889 ff.; ders., Abgeordnetenentschädigung und Grundgesetz, S. 37 ff.; Eisenberg, FR 1973, 151 und 275; ders., DStR 1974, 105 ff.; Koether, StuW 1972, 45, 47 f.; Tipke, Steuerrecht, 3. Aufl., S. 173; ders., StuW 1971, 2, 12 Fn. 85a. Eine Besteuerung stellte schließlich der damalige Bundestagspräsident von Hassel in Aussicht, vgl. von Hassel, Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung 1971, S. 1513, 1515 f. 44 BVerfGE 32, 157, 164.
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2. Teil: Geschichtliche Entwicklung und rechtspolitische Diskussion
sungsgerichts.46 Das Bundesverfassungsgericht stellte fest, dass die Grundentschädigung zu einem „Entgelt für die Inanspruchnahme des Abgeordneten durch sein zur Hauptbeschäftigung (,full-time-job‘) gewordenes Mandat“47, zu einer „Bezahlung für die im Parlament geleistete Tätigkeit“48 geworden sei. Es handele sich daher nicht mehr um eine Aufwandsentschädigung, sondern um eine „Vollalimentation aus der Staatskasse“.49 Da der Abgeordnete somit ein „Einkommen“50 beziehe, sei die Steuerfreiheit der Abgeordnetenentschädigung mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar. Als Einkommen müsse die Entschädigung nach den für alle gleichen Grundsätzen der Besteuerung unterworfen werden.51 Zwar ist trotz des Diätenurteils der genaue Rechtscharakter der Abgeordnetenentschädigung auch heute noch nicht abschließend geklärt52, jedoch besteht Einigkeit insoweit, als dieser irrelevant für die grundsätzliche Steuerpflicht der Bezüge ist.53 Der Gesetzgeber hat daraufhin die Entschädigung der Abgeordneten sowie deren Besteuerung neu geregelt.54 Die Grundentschädigung in Höhe von nunmehr 7.500 DM55 wurde nicht mehr als Aufwandsentschädigung nach § 3 Nr. 12 S. 1 EStG festgesetzt und durch den neu geschaffenen § 22 Nr. 4 EStG als „sonstige Einkünfte“ der Besteuerung unterworfen. Dagegen wurden die verschiedenen zur Kostenerstattung gewährten Pauschalen zu einer einheitlichen Kostenpauschale in Höhe von 4.500 DM zusammengefasst und neben der übrigen Amtsausstattung weiterhin gemäß § 3 Nr. 12 S. 1 EStG 45
Vgl. BT-Drucks. 7/2295, 7/2192 (neu). BVerfGE 40, 296 ff. Vgl. zum Diätenurteil insgesamt, insbesondere auch zu dessen übrigen Aussagen H. H. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 48 Rn 124 ff. 47 BVerfGE 40, 296, 314. 48 BVerfGE 40, 296, 314. 49 BVerfGE 40, 296, 316. 50 BVerfGE 40, 296, 314 und 328. 51 BVerfGE 40, 296, 328. 52 Vgl. dazu von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 100; H. H. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 48 Rn 110 ff. Von den Begriffen „Besoldung“, „Gehalt“, „Entgelt“ sowie „Alimentation“ rückte das Bundesverfassungsgericht 1987 selbst wieder insofern ab, als es klarstellte, dass der Gesetzgeber sich bei der Abgeordnetenentschädigung nicht an dem aus dem Beamtenrecht geläufigen Alimentationsprinzip orientieren muss (BVerfGE 76, 256, 341 ff.). 53 So schon von Arnim, Abgeordnetenentschädigung und Grundgesetz, S. 19 f. 54 Gesetz zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestags v. 18.2.1977 mit Wirkung v. 1.4.1977 (BGBl. I S. 297). Zuvor hatte der Beirat für Entschädigungsfragen beim Präsidium des Deutschen Bundestags unter der Leitung des früheren Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes Ludwig Rosenberg (sog. Rosenberg-Beirat) im Juni 1976 ein Gutachten zur Neuregelung der Diäten der Mitglieder des Bundestags vorgelegt, vgl. Rosenberg-Beirat, S. 32 ff. 55 Vgl. zur weiteren Entwicklung der Grundentschädigung Schindler, S. 3216 und Nachtrag S. 4387 sowie Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 11 Rn 11. 46
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steuerfrei belassen.56 Begründet wurde dies damit, dass nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts eine steuerliche Pauschalierung nicht ausgeschlossen sei.57 In der Folge wurde die Kostenpauschale – in der Regel den bis 1995 nach § 30 AbgG von dem Bundestagspräsidenten jährlich zu erstattenden Berichten folgend – mehrfach angehoben.58 Seit 1995 ist die Kostenpauschale dynamisiert und wird gemäß § 12 Abs. 2 S. 2 AbgG zum 1. Januar eines jeden Jahres der Entwicklung der allgemeinen Lebenshaltungskosten aller privaten Haushalte im vorvergangenen Kalenderjahr angepasst.59 Stellt man sich die Frage, ob die in der Neuregelung weiterhin gewährte Steuerfreiheit der Kostenpauschale unserem heutigen Verständnis von Steuergerechtigkeit entspricht60, scheint es sich auf den ersten Blick anzubieten, auf die historische Entwicklung zurückzugreifen und auf die Steuerfreiheit der ersten Aufwandsentschädigungen für Abgeordnete zu verweisen. Bei Einführung der Abgeordnetenentschädigung 1906, bei der es sich anerkanntermaßen noch um eine pauschalierte Kostenerstattung handelte, wurde es ja als selbstverständlich empfunden, dass diese steuerfrei sein müsse.61 Ebenso wurde in der Weimarer Republik die Steuerfreiheit lediglich insoweit kritisiert, als die Entschädigung den Charakter als pauschalierte Aufwandsentschädigung verloren hatte.62 Die damaligen Regelungen können indes nicht zur Legitimierung der heutigen steuerfreien Kostenpauschale herangezogen werden. Nach den damaligen Einkommensteuergesetzen bestanden nämlich – so in § 15 Abs. 3 bzw. später § 14 Abs. 3 des Preußischen EStG 1891 sowie in § 34 Abs. 1, 2 EStG 1920 und § 36 Abs. 2 Nr. 1 EStG 1925 – auch im Übrigen viel umfangreichere Steuerbefreiungen für im öffentlichen Dienst oder sonst aus öffentlichen Kassen gewährte (Dienst-)Aufwandsentschädigungen als heute. Von diesen wurden auch pauschale Aufwandsentschädigungen umfasst, solange ihnen noch insgesamt der Charakter einer Aufwandsentschädigung zukam. Es war gleichgültig, ob der Empfänger tatsächlich in der Höhe der 56 In der Folge erließen auch die Länder neue Abgeordnetengesetze und setzten dort ebenfalls die jeweiligen (Teil-)Pauschalen als Aufwandsentschädigung im Sinne von § 3 Nr. 12 S. 1 EStG fest (vgl. zu einer Übersicht der Neuregelungen der Länder von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 73). 57 Rosenberg-Beirat, S. 43 und 44. 58 Vgl. zu den Empfehlungen in den jährlichen Berichten nach § 30 AbgG Schindler, S. 3217 ff. sowie zur Entwicklung der Kostenpauschale bis 1995 Schindler, S. 3216. 59 Neunzehntes Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes v. 15.12.1995 (BGBl. I S. 1718). Vgl. zur Entwicklung der Kostenpauschale seitdem Braun/ Jantsch/Klante, AbgG, § 12 Rn 6. 60 So Birk, Stbg. 2000, Nr. 6, S. III (Editorial). 61 Vgl. die Ausführungen des Staatssekretärs von Posadowsky (siehe oben S. 38 Fn. 20) sowie Roth, DJZ 1906, 871. 62 So Horn, S. 98 f.
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2. Teil: Geschichtliche Entwicklung und rechtspolitische Diskussion
erhaltenen Beträge Aufwendungen hatte.63 Auf dieser Grundlage blieben insbesondere die den Beamten gewährten Tagegelder, Reisekosten und auch Repräsentationsgelder steuerfrei.64 Die Aufwandsentschädigung der Abgeordneten war diesen Dienstaufwandsentschädigungen nachgebildet.65 so dass auch die Steuerfreiheit konsequenterweise unter Bezugnahme auf diese begründet wurde.66 Das heutige Einkommensteuergesetz stellt dagegen Aufwendungsersatz grundsätzlich nicht mehr pauschal steuerfrei. Vielmehr ist auch Aufwendungsersatz grundsätzlich steuerpflichtig und kann lediglich unter den engen Voraussetzungen der § 3 Nr. 12 S. 2, 13, 16 EStG steuerfrei bleiben.67 Während sich somit die Steuerbefreiung der ersten Aufwandsentschädigungen für Abgeordnete noch organisch in die damals bestehenden Steuergesetze einfügte, stellt die heutige Steuerbefreiung der Kostenpauschale gemäß § 3 Nr. 12 S. 1 EStG einen völlig unsystematischen Fremdkörper im Einkommensteuergesetz dar. Statt als selbstverständliche Anknüpfung an die frühere Steuerfreiheit der ersten Aufwandsentschädigungen ist sie zumindest aus historischer Sicht vielmehr als nach dem Diätenurteil nicht konsequent aufgehobene Privilegierung der Abgeordneten einzustufen.
§ 5 Überblick über die rechtspolitische Diskussion Seit der Neuregelung der Abgeordnetenentschädigung haben vom Bundestag und von den Landtagen eingesetzte Kommissionen mehrfach die Abschaffung der steuerfreien Kostenpauschale empfohlen, was der Gesetzgeber bisher stets ignoriert hat. Hervorzuheben ist die vom Bundestag eingesetzte Kom63 Vgl. zu § 15 Abs. 3, später § 14 Abs. 3 des Preußischen EStG 1891 Fuisting, Bd. 1, zu § 14 Anm. 12 und Art. 22 Nr. 1 der Anweisung des Finanzministers v. 25.7.1906 zur Ausführung des Einkommensteuergesetzes (abgedruckt bei Fuisting, Bd. 1, S. 489 ff.) sowie zu § 36 Abs. 2 Nr. 1 EStG 1925 Blümich/Schachian, § 36 Anm. 8; Strutz, Bd. 2, § 36 Anm. 40. Daneben waren auch Aufwandsentschädigungen privater Angestellter steuerfrei, wenn sie den tatsächlichen Aufwand „offenbar“ nicht überstiegen (vgl. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG 1925). 64 Vgl. zu § 15 Abs. 3, später § 14 Abs. 3 des Preußischen EStG 1891 Art. 22 Nr. 1 der Anweisung des Finanzministers v. 25.7.1906 zur Ausführung des Einkommensteuergesetzes (abgedruckt bei Fuisting, Bd. 1, S. 489 ff.) sowie die Aufzählung bei Fuisting, Bd. 1, zu § 14 Anm. 13. Vgl. zu § 36 Abs. 2 Nr. 1 EStG 1925 Strutz, Bd. 2, § 36 Anm. 39 sowie die Aufzählung bei Wulff/Skrodzki/Herzler-Gebert, § 36 Anm. 24. 65 Hatschek, Teil I, S. 615, der ausdrücklich auch als Pauschsummen gezahlte Repräsentationsgelder von Beamten anführt, wie etwa für das „Halten von Pferden und Wagen, für Unterhaltung eines Bureaus, Pflege der Geselligkeit, für Dienstreisen u. dgl.“ 66 So ausdrücklich die Ausführungen des Staatssekretärs von Posadowsky (siehe oben S. 38 Fn. 20) und Roth, DJZ 1906, 871. 67 Siehe zu diesen noch genauer unter § 7 A. II. 2. b) bb), S. 76 Fn. 99.
§ 5 Überblick über die rechtspolitische Diskussion
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mission unter dem Vorsitz des damaligen Präsidenten des Bundesarbeitsgerichts Otto Rudolf Kissel (sog. Kissel-Kommission). Dieser empfahl 1993, mandatsbedingte Aufwendungen nur noch in Höhe von monatlich 1.000 DM durch eine nicht nachweispflichtige Pauschale und darüber hinaus gegen Nachweis bis zu monatlich 6.000 DM zu erstatten.68 Auch etwa in Hessen, Hamburg und Rheinland-Pfalz haben von den Landtagen eingesetzte Kommissionen entweder eine zumindest teilweise Einzelabrechnung der mandatsbedingten Kosten69 oder sogar die Einführung einer einheitlichen steuerpflichtigen Entschädigung empfohlen.70 In jüngster Zeit hat eine in Nordrhein-Westfalen eingesetzte Kommission ebenfalls die Einführung einer einheitlichen steuerpflichtigen Entschädigung empfohlen.71 Diese Empfehlungen werden regelmäßig mit rechtspolitischen Argumenten begründet, die auch im Schrifttum immer wieder vorgebracht werden und denen in der Mehrzahl auch zuzustimmen ist. Zuallererst wird – ohne allerdings von einer Verfassungswidrigkeit der gegenwärtigen Regelung zu sprechen – stets angeführt, eine Abschaffung der steuerfreien Kostenpauschale würde zu einer wünschenswerten Gleichbehandlung der Abgeordneten im Verhältnis zum Bürger führen.72 Die jedem Bürger zugemutete Einzelabrechnung solle auch den Abgeordneten zugemutet werden.73 Für das Funktionieren der parlamentarischen Demokratie schade bereits der mögliche Eindruck beim Bürger, es würden Privilegien zugunsten der Abgeordneten konserviert.74 Zudem könnten die dem Ansehen der Parlamente abträglichen Vor68 Kissel-Kommission, S. 11 f. An diesem Vorschlag hat Kissel auch an anderer Stelle festgehalten, vgl. Kissel, Festschrift für Zeuner, S. 79, 88: Steuerfreiheit lediglich eines pauschalierten Sockelbetrages als „Biergeld“. 69 Hessischer Präsidentenbeirat, S. 23 ff.; Hamburger Enquete-Kommission „Parlamentsreform“, S. 171 ff. 70 Rhl.-Pf. Diätenkommission v. 1992, S. 4 f. Auch von Seiten der Parteien sind schon Vorschläge für eine Neuregelung gemacht worden. So hat etwa 1993 eine Fachkommission von Bündnis 90/Die Grünen ebenfalls die Einführung einer einheitlichen steuerpflichtigen Entschädigung empfohlen, vgl. Fachkommission Bündnis 90/Die Grünen, S. 3. 71 Nordrh.-Westf. Kommission v. 2002, S. 36 ff. Zuvor hatte bereits die sog. BergerKommission empfohlen, die steuerfreie Kostenpauschale zumindest für Regierungsmitglieder, die gleichzeitig Mitglieder des Landtages sind, wegfallen zu lassen, vgl. Berger-Kommission, S. 38. 72 Hessischer Präsidentenbeirat, S. 25; Rhl.-Pf. Diätenkommission v. 1992, S. 5; Nordrh.-Westf. Kommission v. 2002, S. 37. Vgl. auch von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 178. 73 Rhl.-Pf. Diätenkommission v. 1992, S. 5. 74 von Arnim, Die Partei der Abgeordnete und das Geld, S. 201. Diesen Gedanken hat auch das Bundesverfassungsgericht – allerdings im Zusammenhang mit der Finanzierung der Parteien – angeführt, vgl. BVerfGE 85, 264, 290: „Gewönne der Bürger den Eindruck, die Parteien ,bedienten‘ sich aus der Staatskasse, so führte dies notwendig zu einer Verminderung ihres Ansehens und würde letztlich ihre Fähigkeit
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2. Teil: Geschichtliche Entwicklung und rechtspolitische Diskussion
würfe entkräftet werden, bei der Pauschale handele es sich zum Teil um verstecktes Einkommen.75 Auch die erhöhte Transparenz für den Bürger, die auch vom Bundesverfassungsgericht im Diätenurteil hervorgehoben worden sei, wird angeführt.76 Die bestehende Zweiteilung in steuerpflichtige Grundentschädigung und steuerfreie Kostenpauschale verschleiere die wahren Einkommensverhältnisse der Abgeordneten.77 Betont wird aber, dass es nicht darum gehe, die Gesamthöhe der Zuwendungen in Frage zu stellen.78 Darüber hinaus wird man auch annehmen können, dass eine Anhebung der von den Abgeordneten selbst im Vergleich etwa mit der freien Wirtschaft vielfach als zu gering empfundenen Gesamtbezüge79 gegenüber der Öffentlichkeit leichter zu begründen wäre, wenn zuvor auf die privilegierenden und intransparenten Vergütungsanteile, zu denen im Übrigen auch die großzügige Altersversorgung gezählt wird80, verzichtet wird. Schließlich wird darauf hingewiesen, dass mit einer Abschaffung der Pauschale der politisch-psychologisch wünschenswerte Vorzug verbunden sei, dass auch die Abgeordneten unter den von ihnen verabschiedeten Steuergesetzen selbst leiden müssten.81 Ein gutes Beispiel für diesen Effekt stellt die Einführung der zeitlichen Begrenzung des Abzugs von Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung sowie von Verpflegungsmehraufwand durch das JStG 1996 dar, die in der steuerfreien Kostenpauschale der Abgeordneten – allerdings unzulässigerweise – nicht berücksichtigt wurde.82 Nur vereinzelt wird auf den vermeintbeeinträchtigen, die ihnen von der Verfassung zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen.“ Vgl. auch Eisenberg, DStR 1974, 105, 109 Fn. 27 noch zur Steuerfreiheit der Grundentschädigung: „jede steuerliche Sonderregelung bedeutet [. . .] ein Minus an Demokratie.“ 75 Hessischer Präsidentenbeirat, S. 24. Vgl. auch Rhl.-Pf. Enquete-Kommission „Parlamentsreform“, S. 57. 76 Hamburger Enquete-Kommission „Parlamentsreform“, S. 171; Nordrh.-Westf. Kommission v. 2002, S. 37. Vgl. auch Kissel-Kommission, S. 12. 77 Geiger, ZParl 1978, 522, 528 spricht vom einem „frisieren und kaschieren“ der Entschädigungshöhe. 78 Birk, Stbg. 2000, Nr. 6, S. III (Editorial); Geiger, ZParl 1978, 522, 528. 79 Auch eine erhebliche Erhöhung der Grundentschädigung wird weitgehend als verfassungsrechtlich unproblematisch angesehen, vgl. etwa Geiger, ZParl 1978, 522, 528; Wenz, Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik 1992, 53 f. Vgl. zur ähnlichen Diskussion um die Bezüge von Regierungsmitgliedern den Vorschlag der Berger-Kommission, S. 29 ff.; dagegen allerdings von Arnim, Politik Macht Geld, S. 113 ff. 80 Vgl. dazu von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 132. 81 von Arnim, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, S. 243. Dieses Argument wurde auch bereits in der Diskussion um die grundsätzliche Steuerpflicht der Abgeordnetenentschädigung vor dem Diätenurteil stets angeführt, vgl. nur Eschenburg, S. 76. 82 Siehe dazu noch ausführlich unter § 7 B. IV. 3. b) aa) (1) (a) und (c), S. 182 ff. und S. 188 ff.
§ 5 Überblick über die rechtspolitische Diskussion
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lichen ökonomischen Vorzug der Pauschalierung hingewiesen, dass sich aus ihr der Anreiz zu einer möglichst sparsamen Mandatsausübung ergebe.83 Dem wird jedoch zu Recht entgegen gehalten, dieser Anreiz könne sich „leistungsfeindlich“ auswirken und sei daher gerade nicht wünschenswert.84
83 D. Meyer, Jb.f.Wirtschaftswissenschaften 47 (1996), 324, 332; ders., Politische Vierteljahreszeitschrift 1998, 329, 336 (allerdings nicht zur Steuerfreiheit der Kostenpauschale, sondern zu ihrer Gewährung). Diesem folgend Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 12 Rn 10. 84 von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 178.
Dritter Teil
Verfassungsmäßigkeit der steuerfreien Kostenpauschale der Mitglieder des Bundestages Vor dem Hintergrund, dass die den Abgeordneten gewährte steuerfreie Kostenpauschale aus historischer Sicht als überkommenes Privileg einzuordnen ist und in der rechtspolitischen Diskussion die überwiegenden Gründe für ihre Abschaffung sprechen, stellt sich die weitere Frage, ob darüber hinaus gegen sie auch verfassungsrechtliche Bedenken bestehen. Die verfassungsrechtliche Prüfung beschränkt sich dabei auf die Kostenpauschale der Mitglieder des Bundestages.1
§ 6 Überblick über die verfassungsrechtliche Problematik A. Die steuerfreie Kostenpauschale als Typisierung Bei der steuerfreien Kostenpauschale handelt es sich um eine Typisierung. Typisierende Regelungen sind als sog. Vereinfachungsnormen2 einzuordnen. 1 Gegenstand der verfassungsrechtlichen Prüfung ist ausschließlich die Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung, genauer der Steuerfreiheit der Kostenpauschale. Die Frage, ob die Gewährung der Kostenpauschale verfassungsmäßig ist, wird dagegen nicht weiter untersucht. Zu ihr sei nur kurz ausgeführt, dass der Staat berechtigt ist, den Abgeordneten als Teil der ihnen nach Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG zustehendenden angemessenen Entschädigung neben der Grundentschädigung auch eine Kostenerstattung zu gewähren (vgl. von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 175). Im Verhältnis zum Bürger kann die Gewährung der Kostenerstattung von vornherein zu keinen verfassungsrechtlichen Problemen führen. Die häufig zu findenden Anspielungen in den Medien, dass bereits diese „ungerecht“ sei, da der Bürger seine Aufwendungen auch selber tragen müsse (vgl. etwa Capital, 12/2000, S. 188, 194), sind daher nicht nachvollziehbar. Allein im Verhältnis der Abgeordneten untereinander können sich insoweit verfassungsrechtliche Probleme ergeben. Der dort geltende formalisierte Gleichheitssatz verlangt, dass die Kostenerstattung orientiert am tatsächlichen Aufwand gewährt wird (vgl. BVerfGE 40, 296, 318; von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 176 ff. und 120). 2 Vgl. Birk/Barth, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 4 AO Anm. 490; Kirchhof, in: HStR V, § 124 Rn 298. Nur terminologisch abweichend werden diese Regelungen zum Teil auch als „Vereinfachungszwecknormen“ bezeichnet, vgl. etwa Tipke/Lang, § 4 Rn 23 und 130 ff. und Tipke, StRO I, S. 80 und 349. Problematisch ist allerdings, ob es überhaupt gerechtfertigt ist, von einer eigenständigen Normgruppe der Verein-
§ 6 Überblick über die verfassungsrechtliche Problematik
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Solche Normen haben den Zweck, die Rechtsanwendung zu erleichtern, zu vereinfachen bzw. sie praktikabler oder ökonomischer zu gestalten.3 Vor allem sollen durch sie aufwendige Einzelfallermittlungen verzichtbar werden.4 Diesen Vereinfachungszweck erreichen typisierende Normen, indem sie nur den typischen Fall („Normalfall“) erfassen und abweichende Fälle diesem gleich behandeln.5 Dadurch wird ein – entweder vom Gleichheitssatz direkt oder vom Gesetzgeber selbst – vorgegebenes Differenzierungsgebot durchbrochen.6 Es handelt sich um einen Verzicht auf die vollständige Realisierung des Regelungszwecks bzw. um eine „Inkonsequenz gegenüber dem zu vollziehenden Normprogramm“.7 Von einer Pauschalierung als einer Unterart der Typisierung spricht man, wenn die rechnerischen Grundlagen eines steuergesetzlichen Tatbestandes typisiert werden.8 Hier wird durch § 3 Nr. 12 S. 1 EStG die Aufwandsentschädigung der Mitglieder des Bundestages steuerfrei gestellt, die auch die monatliche Kostenpauschale umfasst. Damit wird die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 12 S. 1 EStG selbst zu einer Typisierung in Form einer Pauschalierung. Die Typisierung liegt darin, dass die Steuerbefreiung – ebenso wie die Gewährung der Kostenpauschale – nicht davon abhängt, ob tatsächlich ein Aufwand in entsprechender Höhe entstanden ist und ob ein solcher allein durch das Mandat veranlasst ist. Sie erfasst die gesamte Kostenpauschale allein deshalb, weil fachungsnormen bzw. Vereinfachungszwecknormen neben den Fiskalzweck- und Sozialzwecknormen zu sprechen, da sie sowohl Fiskalzweck- als auch Sozialzwecknormen vereinfachen können, vgl. Tipke, StRO I, S. 80. Da jedoch – wie im Folgenden noch zu erörtern sein wird – für die Rechtfertigung von Vereinfachungsnormen bzw. Vereinfachungszwecknormen besondere Grundsätze gelten, erscheint die Zusammenfassung in einer eigenen Normgruppe sinnvoll. Zu den verschiedenen Erscheinungsformen von Vereinfachungsnormen und zum Ansatz einer Systematisierung vgl. Ruppe, DStJG 21 (1998), S. 29, 38 ff. Zu einer Systematisierung speziell der typisierenden Normen vgl. A. Klein, Typisierung von Erwerbsaufwendungen, S. 12 ff. 3 Tipke, StRO I, S. 80; Tipke/Lang, § 4 Rn 23. 4 Birk/Barth, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 4 AO Anm. 490. 5 Grundlegend Isensee, Typisierende Verwaltung, S. 97 ff.; vgl. auch Arndt, Praktikabilität, S. 41 ff.; Birk/Barth, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 4 AO Anm. 491; Kirchhof, in: HStR V, § 124 Rn 296 a. E.; Ruppe, Ausnahmebestimmungen, S. 254; Tipke, StRO I, S. 373; Tipke/Lang, § 4 Rn 132; Huster, Rechte und Ziele, S. 245 ff. 6 Isensee, Typisierende Verwaltung, S. 97; Tipke, StRO I, S. 349; Huster, Rechte und Ziele, S. 247. 7 Isensee, Typisierende Verwaltung, S. 99. 8 Tipke, StRO I, S. 349; Birk/Barth, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 4 AO Anm. 491. Besonders häufig kommen im Steuerrecht Pauschalierungen von Abzugsposten (Betriebsausgaben, Werbungskosten, Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen) vor. Dabei werden der Besteuerung statt der tatsächlichen Aufwendungen betragsmäßig fixierte (unterstellte) Aufwendungen zu Grunde gelegt. Ein Beispiel dafür ist der Arbeitnehmer-Pauschbetrag nach § 9a S. 1 Nr. 1 EStG, vgl. dazu BVerfGE 96, 1 ff.
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3. Teil: Verfassungsmäßigkeit der steuerfreien Kostenpauschale
diese durch das Abgeordnetengesetz als Aufwandsentschädigung festgesetzt ist und als solche im Haushaltsplan ausgewiesen ist. Damit weicht § 3 Nr. 12 S. 1 EStG von der allgemeinen Regelung in den §§ 9, 4 Abs. 4 EStG ab, nach der Aufwendungen als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben nur abziehbar sind, wenn sie tatsächlich entstanden sowie allein durch die steuerbare Tätigkeit veranlasst sind. Im Ergebnis führt § 3 Nr. 12 S. 1 EStG dazu, dass bei der Ermittlung der Einkünfte von Abgeordneten abweichend von der allgemeinen Regelung immer ein Aufwand in Höhe der Kostenpauschale berücksichtigt wird, auch wenn der Abgeordnete tatsächlich gar keinen bzw. nur einen geringeren oder einen höheren durch das Mandat veranlassten Aufwand gehabt hat. Der Gesetzgeber hat einen Aufwand in Höhe der Kostenpauschale als den für Abgeordnete „typischen Fall“ definiert und behandelt auch die abweichenden Fälle diesem gleich. Dadurch durchbricht er das von ihm selbst vorgegebene Differenzierungsgebot der allgemeinen Regelungen in den §§ 9, 4 Abs. 4 EStG, verzichtet also auf deren vollständige Realisierung. Bei der darin liegende Typisierung handelt es sich um eine Pauschalierung, weil mit der steuerfreien Kostenpauschale bei der Ermittlung der Einkünfte ein betragsmäßig fixierter Abzugsposten für Erwerbsaufwendungen zu Grunde gelegt wird und damit diese rechnerische Grundlage des steuergesetzlichen Tatbestandes typisiert wird.
B. Verfassungsrechtliche Problematik typisierender Regelungen Steuerrechtliche Typisierungen weisen besondere verfassungsrechtliche Probleme auf. Die Befugnis des Gesetzgebers zur Typisierung ist insbesondere im Bereich der Massenverwaltung und dabei vor allem im Steuerrecht seit langem in ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannt.9 Das heißt allerdings nicht, dass typisierende Regelungen voraussetzungslos zulässig sind. Da sie das vom Gesetz selbst aufgestellte Differenzierungsschema durchbrechen, führen sie in der Regel zu Konflikten mit dem Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Verstöße gegen den Gleichheitssatz sind in zwei Dimensionen denkbar. Zum einen kann auf den Vergleich der in die typisierende Regelung einbezogenen Steuerpflichtigen abgestellt werden („interner Vergleich“10). Diese 9
Vgl. etwa BVerfGE 9, 20, 31 f.; 11, 245, 254; 17, 1, 25. Zuletzt BVerfGE 96, 1, 6; 101, 297, 309. 10 Die Bezeichnungen „interner Vergleich“ und „externer Vergleich“ sollen im Folgenden zur Kennzeichnung der beiden möglichen Verstöße gegen den Gleichheitssatz verwendet werden. Ähnlich Arndt, NVwZ 1988, 787, 792, der von interner und externer „Begünstigung“ spricht (das wohl deshalb, weil er das Beispiel des Arbeitnehmer-Pauschbetrages gemäß § 9a S. 1 Nr. 1 EStG erörtert, bei dem es aufgrund der Möglichkeit, höhere Werbungskosten nachzuweisen, ausschließlich zu „Begünstigun-
§ 6 Überblick über die verfassungsrechtliche Problematik
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Steuerpflichtigen werden sämtlich nach dem typischen Fall behandelt, gleichgültig ob sie diesem genau entsprechen oder ob sie von ihm abweichen. Diese Fixierung einer Durchschnittsnormalität erzeugt im Einzelfall Ungleichbehandlungen. Gemessen an den sonst geltenden allgemeinen Regelungen werden nur die Fälle „richtig“ behandelt, die dem typischen Fall entsprechen. Alle übrigen Fälle werden entweder bevorzugt oder benachteiligt.11 Zum anderen kann ein Vergleich mit den nicht in die typisierende Regelung einbezogenen Steuerpflichtigen vorgenommen werden („externer Vergleich“). Diese Steuerpflichtigen werden nicht nach der typisierenden Regelung, sondern nach den sonst geltenden allgemeinen Regelungen behandelt. Gemessen an diesen allgemeinen Regelungen werden zwar wiederum diejenigen der in die Typisierung einbezogenen Fälle „richtig“ und damit nicht ungleich behandelt, die dem typischen Fall exakt entsprechen. Alle übrigen Fälle werden jedoch – hier allerdings gegenüber den aus der Typisierung ausgeschlossenen Steuerpflichtigen – entweder bevorzugt oder benachteiligt.12 Diese Problemagen“ kommen kann). In diesem allgemeinen Kontext erscheint es jedoch sinnvoller, den allgemeineren Begriff „Vergleich“ zu wählen. 11 Allerdings wird bei diesem internen Vergleich teilweise auch angenommen, dass es um die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem gehe und nicht um eine Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem. Siehe dazu noch unter § 8, S. 200 f. 12 Im allgemeinen Schrifttum zur Typisierung wird zwischen diesen beiden möglichen Gleichheitsverstößen im internen und externen Vergleich vielfach nicht hinreichend deutlich getrennt. Dort wird dann lediglich allgemein darauf abgestellt, dass bei einer Typisierung nur der typische Fall „richtig“ besteuert wird und alle übrigen Fälle entweder bevorzugt oder benachteiligt werden, vgl. etwa Tipke/Lang, § 4 Rn 132. Diese allgemeine Aussage erfasst zwar sowohl den internen als auch den externen Vergleich, da bei beiden die von der Typisierung erfassten atypischen Fälle entweder bevorzugt oder benachteiligt werden. Jedoch bezieht sich diese Bevorzugung bzw. Benachteiligung einmal auf die Vergleichsgruppe der übrigen ebenfalls von der Typisierung erfassten Steuerpflichtigen und zum anderen auf die Vergleichsgruppe der von der Typisierung ausgeschlossenen Steuerpflichtigen. Zwischen diesen beiden verschiedenen Ungleichbehandlungen sollte allein schon deswegen deutlich unterschieden werden, weil je nach herangezogener Vergleichsgruppe die Anforderungen an die Rechtfertigung unterschiedlich sein können. In diesem Sinne unterscheidet etwa Ruppe, DStJG 21 (1998), S. 29, 41 f. präzise zwischen internem und externem Vergleich. Auch in den Äußerungen zu den einzelnen typisierenden Regelungen wird regelmäßig zwischen den beiden möglichen Ungleichbehandlungen im internen und im externen Vergleich unterschieden, so etwa zum Arbeitnehmer-Pauschbetrag nach § 9a S. 1 Nr. 1 EStG Eckhoff, DStR 1993, 1506, 1511, Birk, StuW 1989, 212, 217; Arndt, NVwZ 1988, 787, 792 sowie zur pauschalierten Gewinnermittlung bei Landund Forstwirten nach § 13a EStG Tipke, StuW 1971, 2, 11 und der Vorlagebeschluss des Nds. FG, EFG 1979, 28, 29. Gut illustriert werden kann die Unterscheidung auch gerade am Beispiel des Arbeitnehmer-Pauschbetrags gemäß § 9a S. 1 Nr. 1 EStG: Im „internen Vergleich“ werden diejenigen Steuerpflichtigen untereinander verglichen, denen der Pauschbetrag zusteht. Im „externen Vergleich“ werden die Bezieher von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit mit den Beziehern anderer Einkunftsarten verglichen, denen eine entsprechende Pauschale nicht gewährt wird (vgl. dazu aus-
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3. Teil: Verfassungsmäßigkeit der steuerfreien Kostenpauschale
tik ergibt sich allerdings nur, wenn die Typisierung selektiv ist, also lediglich bestimmten Gruppen von Steuerpflichtigen gewährt wird.13 Eine Verfassungswidrigkeit der den Abgeordneten gewährten steuerfreien Kostenpauschale kann sich demnach aus einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ergeben. Ein solcher Verstoß kann zum einen aus einem Vergleich der Abgeordneten untereinander folgen (interner Vergleich), zum anderen aus einem Vergleich zwischen den Abgeordneten und der Allgemeinheit der Einkommensteuerpflichtigen (externer Vergleich).
§ 7 Vergleich zwischen Abgeordneten und der Allgemeinheit der Einkommensteuerpflichtigen (externer Vergleich) Im Rahmen dieser Untersuchung sollen schwerpunktmäßig die Abgeordneten mit der Allgemeinheit der Einkommensteuerpflichtigen verglichen werden. Dieser externe Vergleich ist in der bisherigen Diskussion um die steuerführlich Arndt, NVwZ 1988, 787, 792). Das Bundesverfassungsgericht zieht in seinen Entscheidungen zwar den Gleichheitssatz heran, um Anforderungen an Typisierungen aufzustellen. Da es jedoch in der Regel gar nicht ausdrücklich das Vorliegen einer Ungleichbehandlung prüft, wird selten klar, auf welchen Vergleich und welche Vergleichsgruppen es abstellt. So spricht das Bundesverfassungsgericht etwa lediglich davon, dass typisierende Regelungen „gewisse Härten oder Ungerechtigkeiten“ zur Folge haben, die sich als „Verstoß gegen den Gleichheitssatz“ darstellen (etwa BVerfGE 26, 265, 275 f.; 45, 376, 390; 79, 87, 100) oder dass Typisierungen einen „Verstoß gegen den Grundsatz, daß Gleiches gleich zu behandeln ist“ darstellen, wodurch die Benachteiligten „ungerecht betroffen werden“ (etwa BVerfGE 42, 176, 185). Weiterhin spricht es allgemein von der mit der Typisierung verbundenen Ungleichheit“ (etwa BVerfGE 21, 12, 27; 23, 327, 345 f.; 43, 1, 11), von „ungleicher Belastung“ (etwa BVerfGE 31, 145, 179; 65, 325, 354 f.), von „Benachteiligungen“ (etwa BVerfGE 17, 337, 354 f.; 43, 213, 230), von „nicht zu rechtfertigenden Bevorzugungen“ (etwa BVerfGE 39, 169, 191) und von „Abweichungen vom Gleichheitssatz“ (etwa BVerfGE 84, 348, 365). Auch in seinen neuesten Entscheidungen leitet das Bundesverfassungsgericht die Anforderungen an Typisierungen zwar ausdrücklich aus Art. 3 Abs. 1 GG ab (BVerfGE 96, 1, 5 ff.; 101, 297, 309 f.), jedoch wird wiederum nicht deutlich, welche Ungleichbehandlung es prüft. Vgl. ausführlich zu den Formulierungen des Bundesverfassungsgerichts in diesem Zusammenhang Huster, Rechte und Ziele, S. 261 f. 13 Es gibt durchaus Typisierungen, die nicht in diesem Sinne selektiv sind. So gelten die in § 4 Abs. 5 Nr. 1–5 und Nr. 6b EStG enthaltenen typisierenden Abzugsbeschränkungen über den Verweis in § 9 Abs. 5 EStG grundsätzlich für alle Einkunftsarten (für § 4 Abs. 5 Nr. 6 und 6a ist ein solcher Verweis nicht erforderlich, da entsprechende Regelungen bereits in § 9 S. 3 Nr. 4 und 5 EStG enthalten sind). Das war bis zum StÄndG 1992 v. 25.2.1992 (BGBl. I S. 297) noch anders und wurde unter Gleichheitsgesichtspunkten als „Einkunftsarten-Kästchendenken“ heftig kritisiert, vgl. insb. Tipke, StuW 1990, 246, 250 ff.
§ 7 Vergleich zwischen Abgeordneten und der Allgemeinheit
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freie Kostenpauschale zwischenzeitlich vernachlässigt worden. Vor dem Diätenurteil des Bundesverfassungsgerichts wurde in der Diskussion um die Steuerfreiheit der Abgeordnetenentschädigung noch ausschließlich auf die Ungleichbehandlung im Vergleich zu den übrigen Steuerpflichtigen abgestellt.14 Auch das Bundesverfassungsgericht hat im Diätenurteil die Verfassungswidrigkeit der Steuerfreiheit der Abgeordnetenentschädigung allein mit diesem Vergleich begründet.15 Daran anknüpfend hat das Bundesverfassungsgericht Anforderungen an eine weiterhin steuerfreie Kostenpauschale aufgestellt.16 Auch diese Anforderungen hat es auf die sonst folgende Ungleichbehandlung im Vergleich zu den übrigen Steuerpflichtigen gestützt.17 Nachdem in der Folge des Diätenurteils die neuen Abgeordnetengesetze erlassen worden waren, setzte sehr schnell Kritik vor allem an den darin enthaltenen steuerfreien Kostenpauschalen ein. Allerdings wurde nur noch in einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts18 zu einer Verfassungsbeschwerde gegen die Neuregelung der steuerfreien Kostenpauschale der Vergleich mit den übrigen Steuerpflichtigen aufgebracht.19 Danach hat sich die Kritik vermehrt 14
Vgl. nur von Arnim, Abgeordnetenentschädigung und Grundgesetz, S. 38. BVerfGE 40, 296, 327 f. Vgl. vor allem die Formulierung „willkürliches Steuerprivileg hinsichtlich bestimmter Einkommen“ (S. 328), mit der nur die Einkommen der Abgeordneten im Vergleich zu den Einkommen der übrigen Steuerpflichtigen gemeint sein können. Auch im Vergleich der Abgeordneten untereinander hätte mit weiterem Begründungsaufwand eine Ungleichbehandlung festgestellt werden können. Zwar blieb für alle Abgeordneten die Abgeordnetenentschädigung gleichermaßen steuerfrei. Jedoch wurden durch deren Steuerfreiheit dennoch die Abgeordneten bevorzugt, die noch weitere, steuerpflichtige Einkünfte hatten. Sie wurden in der Progression günstiger behandelt als nach allgemeinen Regeln. Diese Bevorzugung bestand nicht nur gegenüber den übrigen Steuerpflichtigen, sondern auch gegenüber den Abgeordneten, die gar keine oder niedrigere weitere Einkünfte hatten. Vgl. zu diesem Effekt H. H. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 48 Rn 195. 16 BVerfGE 40, 296, 328. 17 Vgl. die Formulierung „wenn sie Abgeordneten in größerem Umfang als dargelegt steuerfreie Entschädigungen einräumte“ (BVerfGE 40, 296, 328) im Gegensatz zu einer auf die Bevorzugung einzelner oder bestimmter Abgeordneter abstellenden Formulierung. Im Gegensatz zur Grundentschädigung hätte das Bundesverfassungsgericht hier allerdings genauso gut auch mit einem Vergleich der Abgeordneten untereinander argumentieren können. Durch die steuerfreie Kostenpauschale entsteht bei verschieden hohen Aufwendungen der Abgeordneten auch ein verschieden hohes steuerfreies „verschleiertes Einkommen“ für diese. Dagegen hat das Bundesverfassungsgericht die (inhaltsgleichen) Anforderungen an die Gewährung der Kostenpauschale (unabhängig von ihrer Steuerfreiheit) auf das aus dem formalisierten Gleichheitssatz hergeleiteten Gebot der einheitlichen Entschädigung gestützt (BVerfGE 40, 296, 318), also hier auf den Vergleich der Abgeordneten untereinander abgestellt. 18 BVerfGE 49, 1 ff. 19 Das zeigt sich darin, dass das Bundesverfassungsgericht seine eigenen Ausführungen zu diesem Vergleich aus dem Diätenurteil heranzieht, um im Anschluss die sich daraus ergebenden Anforderungen weiter zu konkretisieren (BVerfGE 49, 1 f.). Das 15
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3. Teil: Verfassungsmäßigkeit der steuerfreien Kostenpauschale
auf den Vergleich der Abgeordneten untereinander gestützt.20 Vermutlich wurde nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, das die Verfassungsbeschwerde eines „normalen“ Steuerpflichtigen gegen die steuerfreie Kostenpauschale bereits für unzulässig hielt21, der Vergleich zur Allgemeinheit der Einkommensteuerpflichtigen wegen der damit fehlenden Rechtsschutzmöglichkeiten22 für nicht mehr praktisch relevant angesehen. Nachdem durch die neueste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Rechtsschutzmöglichkeiten gegen gleichheitswidrige Privilegierungen erweitert worden sind23, hat sich die praktische Relevanz des externen Vergleichs Bundesverfassungsgericht konnte auch nur diesen Vergleich heranziehen, weil der Beschwerdeführer kein anderer Abgeordneter war, sondern ein „normaler“ Steuerpflichtiger. Allerdings waren diese Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Sache im Ergebnis gar nicht erforderlich, da die Verfassungsbeschwerde nach der damaligen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unzulässig war, vgl. BVerfGE 49, 1, 7 ff. 20 Vgl. etwa von Arnim, in: Schneider/Zeh, § 16 Rn 93; ders., in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 180; ders., Macht macht erfinderisch, S. 39; ders., DVBl. 1983, 712, 713; ders., Rechtsgutachten Bayern, S. 52; Wieland, Rechtsgutachten Rheinland-Pfalz, S. 78, wo die an die Kostenpauschale zu stellenden Anforderungen stets mit dem formalisierten Gleichheitssatz begründet werden, der nur zwischen den Abgeordneten untereinander gilt. Auch im seither einzigen Urteil zur Steuerfreiheit der Kostenpauschale wurde mit dem Vergleich der Abgeordneten untereinander argumentiert, vgl. BayVerfGH, VerfGHE 35, 148, 162 ff. und 165 f. (wie auch in dem genannten Rechtsgutachten von von Arnim, auf dessen Grundlage das Verfahren betrieben wurde). Schließlich wurde auch im jüngsten Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht um das rheinland-pfälzische Abgeordnetengesetz die zusätzliche Kostenpauschale bestimmter parlamentarischer Funktionsträger (allerdings ging es hier um deren Gewährung, nicht um die Steuerfreiheit) allein unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der Abgeordneten untereinander gerügt, vgl. BVerfGE 102, 245, 247 f. (ebenso in dem genannten Rechtsgutachten von Wieland, auf dessen Grundlage dieses Verfahren betrieben wurde). In diesem Landesorganstreit einer Abgeordneten des rheinland-pfälzischen Landtags kam es jedoch nicht zu einer Sachentscheidung des Bundesverfassungsgerichts, weil das Landesrecht Rheinland-Pfalz inzwischen ein Organstreitverfahren vor dem Landesverfassungsgericht eingerichtet hatte. Das Bundesverfassungsgericht lehnte daher den Antrag gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a. E. GG als unzulässig ab. In dem in der Sache entschiedenen Verfahren um das Abgeordnetengesetz Thüringen ging es dagegen ausschließlich um die (steuerpflichtigen) Funktionszulagen und nicht um die zusätzliche Kostenpauschale, vgl. BVerfGE 102, 224 ff. Dagegen hatte Geiger, ZParl 1978, 522, 527 ff. noch auf den Vergleich mit den übrigen Steuerpflichtigen abgestellt (der Beitrag erschien jedoch noch vor dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 49, 1). In neuerer Zeit finden sich indes wieder vermehrt Äußerungen, die die verschiedenen Vergleichsmöglichkeiten aufzeigen und zwischen ihnen differenzieren, vgl. etwa H. H. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 48 Rn 189, oder die wieder vor allem auf den externen Vergleich abstellen, vgl. Tipke, StRO I, S. 192; Birk, Stbg. 2000, Nr. 6, S. III (Editorial). 21 BVerfGE 49, 1, 7 ff. (siehe schon S. 53 Fn. 19). 22 Das beklagt vor allem von Arnim, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, S. 275 f.; ders., Politik Macht Geld, S. 39 ff.
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wieder erhöht. Vor allem ergeben sich jedoch nur in dem Vergleich zur Allgemeinheit der Einkommensteuerpflichtigen bestimmte verfassungsrechtliche Probleme. Nur dort kommt es darauf an, ob für die Pauschalierung gerade bei Abgeordneten ein sachlicher Grund besteht während die übrigen Steuerpflichtigen ihre Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben im Einzelnen nachweisen müssen. Gerade diese Frage erscheint besonders problematisch und könnte den „Knackpunkt“ der den Abgeordneten gewährten steuerfreien Kostenpauschale bilden.24 Beim Vergleich der Abgeordneten untereinander stellt sich diese Frage nicht.
A. Ungleichbehandlung von Abgeordneten und der Allgemeinheit der Einkommensteuerpflichtigen Ein Verstoß der steuerfreien Kostenpauschale gegen Art. 3 Abs. 1 GG in diesem externen Vergleich setzt zunächst voraus, dass sie zu einer rechtfertigungsbedürftigen Ungleichbehandlung zwischen den Abgeordneten und der Allgemeinheit der Einkommensteuerpflichtigen führt. Das Vorliegen einer Ungleichbehandlung ist in zwei Teilschritten festzustellen.25 Es ist zunächst zu bestimmen, welche Vergleichsgruppen heranzuziehen sind (dazu unter I.). Dann ist zu fragen, ob die steuerfreie Kostenpauschale zu einer Ungleichbehandlung zwischen den so bestimmten Vergleichsgruppen führt (dazu unter II.). I. Bestimmung der Vergleichsgruppen Für eine Prüfung des Gleichheitssatzes ist es zunächst erforderlich, bestimmte Personengruppen oder Sachverhalte als Vergleichsgruppen festzulegen, die auf eine Ungleichbehandlung hin überprüft werden sollen. 1. Erfordernis der wesentlichen Gleichheit
Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG erfordert eine Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem. Nur eine Ungleichbehandlung wesentlich gleicher Vergleichsfälle ist verfassungsrechtlich relevant, d.h. nur sie bedarf einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung.26 Bei einer Prüfung von Art. 3 Abs. 1 GG ist daher immer die wesentliche Gleicheit bzw. Vergleichbarkeit der unterschiedlich behandelten Personengruppen oder Sachverhalte festzustellen.
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Siehe dazu noch ausführlich unter § 10, S. 207 ff. Siehe dazu ausführlich unter B. IV. 2., S. 124 ff. Vgl. etwa Heun, in: Dreier, GG, Art. 3 Rn 21. Pieroth/Schlink, Rn 431; Osterloh, in: Sachs, GG, Art. 3 Rn 80.
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3. Teil: Verfassungsmäßigkeit der steuerfreien Kostenpauschale
Die Bestimmung der im Wesentlichen gleichen Vergleichsgruppen erfolgt zunächst durch eine formal-logische Vorgehensweise.27 Eine Gleichheitsaussage kann immer nur in Bezug auf bestimmte gemeinsame Merkmale getroffen werden, da sonst Identität vorläge.28 Es ist also nach einem gemeinsamen Bezugspunkt (tertium comparationis) zu suchen, den die unterschiedlich behandelten Personen, Personengruppen, Sachverhalte oder Situationen aufweisen. Insoweit müssen sie sich vollständig und abschließend unter einen gemeinsamen Oberbegriff (genus proximum) fassen lassen.29 Bei dieser Gruppenbildung wird man zunächst den nächsthöheren gemeinsamen Oberbegriff wählen, unter den die unterschiedlich behandelten Personen oder Sachverhalte vollständig und abschließend fallen. So erhält man relativ „sachnahe“ Vergleichsgruppen. Rein logisch gesehen können jedoch darüber hinaus auch immer höhere gemeinsame Oberbegriffe gebildet werden, die noch weitere Personen oder Sachverhalte umfassen. So kann man Land- und Forstwirte, die aufgrund ihrer geringen Betriebsgröße der Durchschnittsbesteuerung gemäß § 13a EStG unterliegen, und Kleingewerbetreibende bzw. Selbständige vergleichbarer Größenordnung unter den gemeinsamen Oberbegriff „kleine Gewinnermittler“ fassen. Es könnte jedoch auch der sehr allgemeine Oberbegriff des „Einkommensteuerpflichtigen“ gewählt werden. So würden die Gewinnermittler nach § 13a EStG mit allen übrigen Einkommensteuerpflichtigen verglichen, also auch mit allen Beziehern der Überschusseinkünfte (sogar etwa mit Rentnern, die Einkünfte nach § 22 Nr. 1 EStG erzielen). Da sich durch diese rein formal-logische Vorgehensweise immer höhere gemeinsame Oberbegriffe finden lassen und damit immer weitere Vergleichsgruppen gebildet werden könnten, besteht eine weitere Anforderung an die so gebildeten Vergleichsgruppen. Sie müssen als „wesentlich“ gleich einzustufen sein.30 Dieses Erfordernis ist keine bloße Frage der Logik mehr, sondern enthält bereits Elemente einer abwägenden Bewertung.31 Unter diesem Ge27 Heun, in: Dreier, GG, Art. 3 Rn 16; Rüfner, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 3 Abs. 1 Rn 13. Vgl. insgesamt zur Struktur des Gleichheitssatzes aus formallogischer Sicht Podlech, insb. S. 64 ff., 262 ff., der allerdings nicht von Vergleichsgruppen, sondern im Sinne der Logik von „Klassen“ spricht. 28 Heun, in: Dreier, GG, Art. 3 Rn 21. 29 Vgl. zur Bildung der Vergleichsgruppen nach dieser Vorgehensweise nur Pieroth/ Schlink, Rn 431 ff.; Birk/Barth, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 4 AO Anm. 434. Podlech spricht hier im Sinne der Logik von „behandelter Klasse“ und „Restklassen“, die sich beide unter die „Einschlussklasse“ fassen lassen, vgl. Podlech, S. 64 ff., 262 ff. 30 Vgl. etwa BVerfGE 21, 227, 234; 22, 254, 263; 45, 376, 386; 49, 148, 165. 31 Osterloh, in: Sachs, GG, Art. 3 Rn 82; Gubelt, in: von Münch/Kunig, GG, Art. 3 Rn 17; Heun, in: Dreier, GG, Art. 3 Rn 22, der jedoch daraus den unzutreffenden Schluss zieht, dass die Feststellung der „wesentlichen“ Gleichheit konstruktiv ein Teil der Rechtfertigung ist.
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sichtspunkt hat das Bundesverfassungsgericht die Anwendung des Gleichheitssatzes abgelehnt, wenn die Vergleichsgruppen „anderen rechtlichen Ordnungsbereichen angehören und in anderen systematischen und sozialgeschichtlichen Zusammenhängen stehen“.32 Der Gleichheitssatz kann danach nur im Binnenbereich solcher „Ordnungsbereiche“ bzw. „Ordnungssysteme“ wirken, nicht jedoch im Vergleich zwischen ihnen.33 Dabei gibt es allerdings bisher noch keine klaren Kriterien, in welchen Fällen zwei Vergleichsgruppen verschiedenen „Ordnungsbereichen“ bzw. „Ordnungssystemen“ angehören. Geklärt ist jedoch, dass bei einer wesentlichen Ungleichheit der Vergleichsfälle eine verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung nicht vorliegt. 2. Wesentliche Gleichheit der Allgemeinheit der Einkommensteuerpflichtigen
Anhand dieser Grundsätze ist zu ermitteln, ob die Abgeordneten und die Allgemeinheit der Einkommensteuerpflichtigen oder zumindest ein Teil von ihnen als wesentlich gleich einzustufen sind, also verfassungsrechtlich relevante Vergleichsgruppen bilden können. a) Eigener Ordnungsbereich für Einkünfte von Abgeordneten? In diesem Zusammenhang stößt man auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den Anrechnungsregelungen im Versorgungsrecht der Beamten, in der dieses einen Vergleich mit den Regelungen des Abgeordnetengesetzes angesichts der „wesentlichen Verschiedenheiten der zu regelnden Sachverhalte“ abgelehnt hat.34 Aufgrund der Unvergleichbarkeit der Materien 32
BVerfGE 11, 283, 293; 40, 121, 139 f. So vor allem die frühere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Anschluss an BVerfGE 9, 338, 349 ff.; vgl. etwa BVerfGE 11, 283, 293; 13, 225, 228; 33, 199, 204 f.; 34, 118, 131; 40, 121, 139 f.; 43, 13, 20 f. Gelegentlich begründet das Bundesverfassungsgericht die Unvergleichbarkeit jedoch kaum und bringt lediglich apodiktische Formulierungen, vgl. etwa BVerfGE 75, 78, 107. In der Literatur besteht dagegen eher die Tendenz zu einem „systemübergreifenden Denken“, bei dem auch zu verschiedenen „Ordnungsbereichen“ bzw. „Ordnungssystemen“ gehörende Vergleichsfälle miteinander verglichen werden, vgl. etwa Rupp, Festgabe 25 Jahre BVerfG, Bd. II, S. 364, 383 f.; Zacher, AöR 93 (1968), 341, 357 f.; Peine, S. 58 ff.; differenzierend Rüfner, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 3 Abs. 1 Rn 40 ff. m. zahlr. N. In jüngerer Zeit hat allerdings das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich offengelassen, ob eine Ungleichbehandlung von Vergleichsfällen verschiedener „Ordnungsbereiche“ unerheblich ist, vgl. BVerfGE 85, 176, 186. 34 BVerfGE 76, 256, 341 ff. In der Entscheidung ging es um die Anrechnung bei Zusammentreffen mehrer Versorgungsbezüge sowie die Anrechnung von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf die Versorgungsbezüge. Vgl. zu den Unterschieden zwischen der Abgeordnetenentschädigung und den Dienst- und Versorgungsbezügen der Beamten auch Birk/Wernsmann, DVBl. 2000, 669, 673. 33
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seien aus einer etwaigen Ungleichbehandlung beider Sachverhalte von vornherein keine Rückschlüsse auf die Verfassungsmäßigkeit der beamtenrechtlichen Regelung zu ziehen.35 Zur Begründung hat das Bundesverfassungsgericht auf die grundlegenden statusrechtlichen Unterschiede zwischen Abgeordnten und Beamten sowie die grundlegenden Unterschiede im „Berufsbild“ abgestellt.36 Angesichts dieser Entscheidung ist die Frage zu stellen, ob Abgeordnete überhaupt mit den übrigen Einkommensteuerpflichtigen im Sinne einer „wesentlichen“ Gleichheit vergleichbar sein können. Es könnte sein, dass die die Einkünfte der Abgeordneten betreffenden Regelungen einem eigenen rechtlichen „Ordnungsbereich“ bzw. „Ordnungssystem“ angehören mit der Folge, dass eine Vergleichbarkeit mit den übrigen Einkommensteuerpflichtigen von vornherein ausscheidet. Es mag dahinstehen, ob der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zuzustimmen ist.37 Denn aus ihr folgt lediglich, dass Abgeordnete und Beamte unvergleichbar sind, wenn es um die Gewährung und Ausgestaltung ihrer (Versorgungs-)Bezüge geht. Sie trifft dagegen keine Aussage darüber, ob sie generell unvergleichbar sind. Hier geht es aber nicht um die Gewährung der Bezüge, sondern um die Besteuerung der Bezüge bzw. von Bestandteilen der Bezüge. Auch bezüglich der Frage, welche Sachverhalte in Fragen der Besteuerung als „wesentlich“ gleich einzustufen sind, kann jedoch auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zurückgegriffen werden. So hat das Bundesverfassungsgericht mehrfach entschieden, dass das Einkommensteuergesetz zwischen mehreren Einkunftsarten unterscheiden und daran auch unterschiedliche Regelungen knüpfen dürfe, diese jedoch ihre Rechtfertigung in sachlichen Gründen haben müssen. Die systematische Unterscheidung zwischen den Einkunftsarten könne für sich allein eine Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen.38 Das spricht dafür, auch die Einkünfte 35 BVerfGE 76, 256, 343. Das Bundesverfassungsgericht hat sogar noch kurz ausgeführt, dass die unterschiedlichen Anrechnungsregelungen im Beamten- und Abgeordnetenrecht wenig folgerichtig erscheinen, hat jedoch daraufhin sofort erklärt, diesen Gedanken nicht weiter zu verfolgen, weil sich daraus keine Auswirkungen auf die Verfassungsmäßigkeit der beamtenrechtlichen Regelung ergeben könnten, sondern nur im Vergleich der Abgeordneten untereinander. 36 BVerfGE 76, 256, 341 f. 37 Vgl. zur Kritik an der Entscheidung und für eine Vergleichbarkeit vor allem Wendt, NVwZ 1988, 778, 782; Starck, Symposion Leibholz, S. 51, 72 f. 38 Ausdrücklich erstmals BVerfGE 84, 348, 363 f. und in der Folge BVerfGE 96, 1, 6; 99, 88, 95; 105, 73, 126. In der Sache hat das Bundesverfassungsgericht jedoch bereits zuvor stets die verschiedenen Einkunftsarten im Rahmen von Art. 3 Abs. 1 GG miteinander verglichen und für Ungleichbehandlungen eine Rechtfertigung verlangt, vgl. etwa die BVerfGE 105, 73 ff. vorangehende Entscheidung in BVerfGE 54, 11, 25 ff. zur unterschiedlichen Besteuerung von Beamtenpensionen und Renten. Davon weicht auch BVerfGE 89, 239, 338 nicht ab. Zwar hat sich das Bundesverfassungsge-
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verschiedener Einkunftsarten erzielenden Einkommensteuerpflichtigen grundsätzlich als „wesentlich“ gleich einzustufen, so dass diese zulässige Vergleichsgruppen im Rahmen von Art. 3 Abs. 1 GG bilden können.39 Sie gehören nicht allein aufgrund ihrer systematischen Unterscheidung unterschiedlichen „Ordnungsbereichen“ bzw. „Ordnungssystemen“ an. Sonst bedürfte es für unterschiedliche Regelungen nicht – wie es das Bundesverfassungsgericht verlangt – eines rechtfertigenden sachlichen Grundes.40 Allerdings kann man sich dennoch fragen, ob abweichend von diesem Grundsatz die Einkünfte von Abgeordneten so stark von den anderen Einkunftsarten abweichen, dass sie von vornherein nicht mit diesen vergleichbar sind. Auch hierzu hat das Bundesverfassungsgericht jedoch bereits Stellung genommen. Im Diätenurteil hat es die Steuerfreiheit der Abgeordnetenentschädigung aufgrund eines Vergleichs mit den anderen Einkommensteuerpflichtigen für verfassungswidrig erklärt.41 Es hat damit zwangsläufig die Einkünfte der Abgeordneten als „wesentlich“ gleich mit den anderen Einkunftsarten eingestuft.42
richt dort gegen pauschale Forderungen nach einer gleichen Besteuerung der verschiedenen Einkunftsarten ausgesprochen. Jedoch folgt daraus nicht, dass allein die systematischen Unterscheidung für eine unterschiedliche Besteuerung genügt, sondern nur, dass eine unterschiedliche Besteuerung gerechtfertigt werden kann. 39 Auch in der Literatur wird davon ausgegangen, dass die verschiedenen Einkunftsarten grundsätzlich gleichwertig und vergleichbar sind, so dass eine Ungleichbehandlung einer Rechtfertigung im Rahmen von Art. 3 Abs. 1 GG bedarf, vgl. insb. Tipke, StRO II, S. 669 f.; ders., StuW 1990, 246, insb. 250 f.; ders., Festschrift für Kruse, S. 215, 218; Lang, Bemessungsgrundlage, S. 218 ff.; Kirchhof, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 2 EStG Rn A 672 f.; Wernsmann, NJW 2000, 2078, 2079 Das zeigt sich auch bei selektiven Typisierungen, die nur bestimmte Einkunftsarten betreffen. Dort werden im Rahmen der Prüfung von Art. 3 Abs. 1 GG in der Regel auch die Einkünfte anderer Einkunftsarten erzielenden Steuerpflichtigen als Vergleichsgruppe herangezogen, vgl. besonders deutlich etwa Eckhoff, DStR 1993, 1506, 1511; Arndt, NVwZ 1988, 787, 792; Birk, StuW 1989, 212, 217 zum Arbeitnehmer-Pauschbetrag; ausdrücklich ablehnend zu einem Vergleich mit anderen Einkunftsarten dort soweit ersichtlich nur Maaß, NJW 1990, 256, 262. 40 Daraus folgt allerdings nicht, dass es keine unterschiedlichen Regelungen für die verschiedenen Einkunftsarten geben darf. Es ist aber erforderlich, dass ein sachlicher Grund diese unterschiedlichen Regelungen im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigt (Tipke, StRO II, S. 669 f.). Insoweit ist sogar eine weitgehende Schedulenbesteuerung denkbar, vgl. zur gegenwärtigen Rechtsentwicklung in diese Richtung Kanzler, FR 1998, 233 ff.; 1999, 363 ff. 41 BVerfGE 40, 296, 328 (siehe dazu bereits unter § 7, S. 53). In der oben genannten Entscheidung BVerfGE 76, 256 ff. hat das Bundesverfassungsgericht zwar ausdrücklich eine Abweichung vom Diätenurteil erklärt (BVerfGE 76, 256, 341 und fünfter Leitsatz), jedoch bezog sich diese nicht auf die Besteuerung der Abgeordnetenentschädigung, sondern ausschließlich auf die Gewährung und Ausgestaltung der Versorgungsbezüge für Abgeordnete. 42 Das ist nach dem Diätenurteil in der Literatur auch nie wieder bestritten worden, vgl. zuletzt dazu Tipke, StuW 2002, 148, 156 und 159.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gehören damit die Einkünfte von Abgeordneten keinem eigenen rechtlichen „Ordnungsbereich“ bzw. „Ordnungssystem“ an. Abgeordnete können danach zumindest hinsichtlich der Besteuerung im Sinne einer „wesentlichen“ Gleichheit mit den übrigen Einkommensteuerpflichten vergleichbar sein. Dem ist auch zuzustimmen. Es erscheint zwar möglich, bei den der Besteuerung zu Grunde liegenden Sachverhalten aufgrund der rechtlichen und tatsächlichen Verschiedenheiten – etwa der Gewährung und Ausgestaltung der Bezüge von Abgeordneten und Beamten – eine Vergleichbarkeit im Rahmen von Art. 3 Abs. 1 GG abzulehnen. Demgegenüber ist aber kein Grund dafür ersichtlich, eine Vergleichbarkeit deswegen auch für die Besteuerung auszuschließen. Im Rahmen der Steuergleichheit kann eine „wesentliche“ Gleichheit auch dann bestehen, wenn die der Besteuerung zu Grunde liegenden Sachverhalte nicht als „wesentlich“ gleich eingestuft werden.43 Bei der Besteuerung kommt es allein auf die Leistungsfähigkeit an und nicht darauf, wie diese erworben wurde.44 Auch für Abgeordnete gilt der Grundsatz, dass kein Steuerbürger im Hinblick auf seinen besonderen Status gegenüber den übrigen Steuerbürgern benachteiligt oder bevorzugt werden darf, es sei denn, es besteht insoweit ein rechtfertigender sachlicher Grund.45 b) Genaue Bestimmung der Vergleichsgruppen Damit steht allerdings lediglich fest, dass Abgeordnete nicht von vornherein unvergleichbar mit den übrigen Einkommensteuerpflichtigen sind. Es sind noch die genauen, im Rahmen von Art. 3 Abs. 1 GG heranzuziehenden Vergleichsgruppen zu bestimmen. Dazu sind nach der oben dargelegten Vorgehensweise zunächst formal-logisch gemeinsame Bezugspunkte bzw. gemeinsame Oberbegriffe zu bilden und die erfassten Personenguppen jeweils darauf zu untersuchen, ob sie als „wesentlich“ gleich einzustufen sind.
43 So sind auch etwa Pensionen von Beamten und Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung hinsichtlich ihrer Gewährung ebenfalls nicht ohne weiteres miteinander vergleichbar. Dennoch werden sie hinsichtlich der Besteuerung als „wesentlich“ gleich eingestuft und ihre unterschiedliche Besteuerung wurde vom Bundesverfassungsgericht auf eine Rechtfertigung überprüft, vgl. BVerfGE 54, 11, 25 ff. sowie neuerdings wieder BVerfGE 105, 73 ff. Vgl. auch Kirchhof, in HStR V, § 124 Rn 224: „Die Folgerichtigkeit der Rentenbesteuerung im Vergleich mit Pensionsbezügen der Beamten und der Alterssicherung der Gewerbetreibenden hingegen ist allein eine Frage der Belastungsprinzipien des Einkommensteuerrechts.“ 44 Vgl. dazu nur Tipke, StRO II, S. 634 ff. 45 So auch Geiger, ZParl 1978, 522, 529.
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aa) Einkommensteuerpflichtige mit vergleichbaren Aufwendungen Der nächsthöhere gemeinsame Bezugspunkt von Abgeordneten mit anderen Einkommensteuerpflichtigen ist darin zu sehen, dass bestimmte andere Einkommensteuerpflichtige vergleichbare Aufwendungen wie Abgeordnete tätigen. Die Bildung einer solchen Vergleichsgruppe erscheint gerade unter dem Gesichtspunkt naheliegend, dass es hier mit der steuerfreien Kostenpauschale um die steuerliche Behandlung der Aufwendungen der Abgeordneten geht.46 Mit diesem gemeinsamen Bezugspunkt werden diejenigen Einkommensteuerpflichtigen erfasst, bei denen Aufwendungen anfallen, die mit den in der Kostenpauschale nach § 12 Abs. 2 AbgG berücksichtigten Aufwendungen vergleichbar sind. Darunter fallen also zunächst vor allem Steuerpflichtige, bei denen Mehraufwendungen an ihrem Beschäftigungsort anfallen, also Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung oder Verpflegungsmehraufwendungen, sowie Steuerpflichtige, bei denen Fahrtkosten in Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit anfallen. Weiterhin erfasst sind Steuerpflichtige, die Aufwendungen für die Einrichtung eines beruflich genutzten Büros tätigen. Schließlich sind auch noch Steuerpflichtige einzubeziehen, die allgemeine Repräsentationsaufwendungen haben.47
46 Es ist nicht möglich, eine noch „engere“ Vergleichsgruppe etwa nur mit Beziehern bestimmter Einkünfte zu bilden. Die Abgeordnetenbezüge haben keinen gemeinsamen Bezugspunkt zu einzelnen Einkunftsarten. Die Abgeordnetenbezüge weisen keine besondere Ähnlichkeit zu bestimmten Einkunftsarten auf, sondern haben einen eigenen besonderen Charakter (vgl. die Materialien zum Abgeordnetengesetz 1977, BT-Drucks. 7/5531, S. 9). Konsequenterweise hat der Gesetzgeber sie den „sonstigen Einkünften“ mit einer eigenen Vorschrift in § 22 Nr. 4 EStG zugeordnet. Obwohl im historischen Rückblick die Vorschriften zur Befreiung der Abgeordnetenentschädigung zum Teil bei den die nichtselbständige Tätigkeit betreffenden Vorschriften angesiedelt waren (vgl. vor allem § 15 Abs. 3 und später § 14 Abs. 3 des Preußischen EStG 1891 sowie § 34 EStG 1924 und § 36 EStG 1925; siehe dazu unter § 4, S. 36 ff.), besteht keine besondere Nähe zu den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit gemäß § 19 EStG. Der Abgeordnete ist aufgrund seiner besonderen Rechtstellung nicht an Weisungen gebunden und seine Tätigkeit ist nach den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts dadurch gekennzeichnet, dass er keine Dienste schuldet (vgl. BVerfGE 40, 296, 316 sowie die Materialien zum Abgeordnetengesetz 1977, BT-Drucks. 7/ 5531, S. 9). Zwar könnten wiederum diese Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts, der Abgeordnete schulde keine Dienste, sondern übe vielmehr in Unabhängigkeit sein Mandat aus, den Schluss nahelegen, es bestehe eine besondere Nähe zu den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit gemäß § 18 EStG. Jedoch ist auch das nicht der Fall, weil wesentliches Merkmal der selbständigen Tätigkeit der gegenüber einem Dritten geschuldete Arbeitserfolg ist, während der Abgeordnete Träger eines durch Volkswahl erworbenen Mandats und gemäß Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG „Vertreter des ganzen Volkes“ ist und daher den Kreis seiner Tätigkeit und seiner Aufgaben selbst bestimmen kann (vgl. die Materialien zum Abgeordnetengesetz 1977, BT-Drucks. 7/ 5531, S. 9).
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Darüber hinaus können diejenigen Steuerpflichtigen herausgestellt werden, bei denen diese Aufwendungen in vergleichbarer Weise veranlasst sind wie bei Abgeordneten. Diese Personengruppe hatte bisher zudem für die Prüfung der Rechtfertigung eine besondere Bedeutung.48 Dabei kommen vor allem die Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung, die Verpflegungsmehraufwendungen und die Fahrtkosten in Betracht. Bei Abgeordneten fallen diese an, weil sie im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit auf unbestimmte Zeit an zwei Orte gebunden sind, nämlich an den Sitz des Parlaments und an ihren Wahlkreis. Das ist auch bei anderen Steuerpflichtigen denkbar. So kann auch bei höheren Beamten und leitenden Angestellten in der Privatwirtschaft eine vergleichbare Situation bestehen, wenn diese an mehreren Orten beruflich tätig sind und daher die genannten Aufwendungen für unbestimmte Zeit aus beruflichen Gründen anfallen (z. B. Ministerialbeamte, die sowohl in Berlin als auch in Bonn tätig sind49, sowie leitende Angestellte größerer Firmen oder Anwälte überregionaler Kanzleien, die in mehreren Büros in verschiedenen Städten präsent sein müssen). Ebenso ist eine solche Situation denkbar bei den Beziehern von Gewinneinkünften (also bei Gewerbetreibenden, Selbständigen und Land- und Forstwirten), wenn diese mehrere Betriebsstätten oder Betriebe an verschiedenen Orten haben. Eine ähnliche, wenn auch nicht vollständig vergleichbare Veranlassung der genannten Aufwendungen besteht auch dann, wenn ein Ehepartener seine Berufstätigkeit an einem anderen Ort aufnimmt, der andere Ehepartner jedoch noch am bisherigen Wohnsitz berufstätig ist. Auch in dieser Situation ist eine doppelte Haushaltsführung für unbestimmte Zeit zwingend. Anschauliche Beispiele für die genannten Fallgruppen bilden im Übrigen Richter am Bundesverfassungsgericht50 und an den obersten Gerichten des Bundes.51 Richter am Bundesverfassungs47 Vgl. zu den in § 12 Abs. 2 AbgG berücksichtigten Aufwendungen bereits unter § 2 A., S. 21 ff. 48 Siehe dazu noch unter B. IV. 3. b) aa) (1) (a) (aa), S. 182 ff. 49 Zwar werden Beamten, die aufgrund des Bonn-Berlin-Beschlusses von Bonn nach Berlin umgezogen sind, nach dem Dienstrechtlichen Begleitgesetz im Zusammenhang mit dem Beschluss des Deutschen Bundestages vom 20. Juli 1991 zur Vollendung der Einheit Deutschlands (DBeglG) v. 30.7.1996 (BGBl. I S. 1183) für eine bestimmte Zeit umfangreiche Umzugskostenvergütungen und Trennungsgelder gezahlt, vgl. insb. § 2 DBeglG. Da diese jedoch nicht im Gesetz als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind, fallen sie nicht wie die Kostenpauschale der Abgeordneten unter § 3 Nr. 12 S. 1 EStG, sondern sind nur unter den engeren Voraussetzungen des § 3 Nr. 13 EStG (siehe dazu noch unter II. 2. b) bb), S. 76 Fn. 99) steuerfrei. 50 Diese erhalten Bezüge nach dem Gesetz über das Amtsgehalt der Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts v. 28.2.1964 i. d. F. v. 27.12.1993. Ausgenommen sind allerdings der Präsident und der Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, da diese selber eine nach § 3 Nr. 12 S. 1 EStG steuerfreie Dienstaufwandsentschädigung erhalten, vgl. § 1c des Gesetzes über das Amtsgehalt der Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts.
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gericht sind teilweise noch als Hochschullehrer tätig.52 Sie üben daher neben ihrer richterlichen Tätigkeit in Karlsruhe noch an einem anderen Ort eine berufliche Tätigkeit aus. Richter an den obersten Gerichtshöfen des Bundes werden naturgemäß erst in einem späteren „Karriereabschnitt“ zu einem obersten Bundesgericht berufen. Daher kommt es bei ihnen häufig vor, dass der Ehepartner noch am bisherigen Wohnsitz berufstätig ist und daher eine doppelte Haushaltsführung am Sitz des obersten Bundesgerichts für unbestimmte Zeit zwingend ist. Zumindest diese Einkommensteuerpflichtigen, bei denen Aufwendungen anfallen, die mit den in der Kostenpauschale nach § 12 Abs. 2 AbgG berücksichtigten Aufwendungen vergleichbar sind, sind als nächsthöhere Vergleichsgruppe auch als mit den Abgeordneten „wesentlich“ gleich einzustufen. bb) Allgemeinheit der Einkommensteuerpflichtigen Darüber hinaus könnte aber auch die gesamte Allgemeinheit der Einkommensteuerpflichtigen als Vergleichsgruppe in Betracht kommen. Es wären dann diejenigen Einkommensteuerpflichtigen einzubeziehen, die andere als die oben genannten Aufwendungen tätigen. Zudem würden unter eine solche Vergleichsgruppe alle anderen Bezieher von Einkünften fallen, die überhaupt keine Aufwendungen haben (wie etwa häufig Rentner als Bezieher von Einkünften gemäß § 22 Nr. 1 EStG). Formal-logisch betrachtet ist die Bildung auch einer solchen sehr weiten Vergleichsgruppe ohne weiteres möglich. Gemeinsamer Bezugspunkt ist die Steuerpflicht nach dem Einkommensteuergesetz, gemeinsamer Oberbegriff der des Einkommensteuerpflichtigen. Problematisch erscheint jedoch, ob diese sehr weite Vergleichsgruppe noch als mit den Abgeordneten „wesentlich“ gleich zu bewerten ist und damit im Rahmen einer Prüfung von Art. 3 Abs. 1 GG herangezogen werden kann. Das Bundesverfassungsgericht sieht jedoch im Rahmen der Prüfung von Art. 3 Abs. 1 GG neben dem Vergleich mit der „direkten“ Vergleichsgruppe in der Regel auch einen Vergleich mit der weiteren Vergleichsgruppe der Allgemeinheit der Einkommensteuerpflichtigen als geboten an. So hat es in seiner ersten Entscheidung zu Rentenbesteuerung betont, dass neben der Gleichbehandlung der Alterseinkünfte untereinander (also vor allem der Beamtenpensionen und der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung) auch auf den Vergleich mit den anderen Steuerpflichtigen (also den noch erwerbstätigen Einkünftebeziehern) zu achten sei.53 In seiner Entscheidung zur Steuerfreiheit der 51 Diese erhalten Bezüge nach den Besoldungsgruppen R 6 – R 10. Sie werden im Übrigen in § 11 Abs. 1 S. 1 AbgG als Orientierungsmaßstab für die Abgeordnetenbezüge herangezogen. 52 Das ist die einzige berufliche Tätigkeit, die mit der Tätigkeit des Richters am Bundesverfassungsgericht vereinbar ist, § 4 Abs. 1 S. 1 BVerfGG.
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Stellenzulage Ost hat das Bundesverfassungsgericht neben dem Vergleich mit den Empfängern von vergleichbaren Zuwendungen aus privaten Kassen sogar ausdrücklich auch auf den Vergleich mit der „Allgemeinheit der Einkommensteuerzahler“ abgestellt.54 Diesem Vorgehen ist zuzustimmen. Es erscheint sachgerecht, bei einer Gleichheitsprüfung auch die Gesamtheit der übrigen Einkommensteuerpflichtigen als Vergleichsguppe heranzuziehen.55 Bei der Prüfung der Rechtfertigung können die anders gelagterten Unterscheidungsmerkmale dieser weiter entfernten Vergleichsgruppe dann immer noch hinreichend berücksichtigt werden.56 Damit ist auch die Allgemeinheit der Einkommensteuerpflichtigen als „wesentlich“ gleich einzustufen und im Rahmen von Art. 3 Abs. 1 GG als Vergleichsgruppe heranzuziehen. II. Ungleichbehandlung durch die steuerfreie Kostenpauschale Es stellt sich nunmehr die weitere Frage, ob die steuerfreie Kostenpauschale zu einer Ungleichbehandlung zwischen den so bestimmten Vergleichsgruppen, also den Abgeordneten einerseits und den Einkommensteuerpflichtigen mit vergleichbaren Aufwendungen, aber darüber hinaus auch der gesamten Allgemeinheit der Einkommensteuerpflichtigen andererseits, führt. 1. Voraussetzungen einer Ungleichbehandlung im Bereich des Steuerrechts
Eine Ungleichbehandlung liegt bei der Anordnung unterschiedlicher Rechtsfolgen für die herangezogenen Vergleichsgruppen vor.57 Im Bereich des Steu53 BVerfGE 54, 11, 38. In der neuen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 105, 73 ff.) taucht dieser Aspekt allerdings nicht auf. 54 BVerfGE 99, 280, 291 und 294. So auch Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 3 Nr. 12 EStG Anm. 3; von Beckerath, in: Kirchhof, EStG, § 3 Rn 44. 55 Nicht mehr vergleichbar mit den Beziehern von Einkünften nach dem Einkommensteuergesetz sind dagegen möglicherweise etwa die dem Körperschaftsteuergesetz unterliegenden Kapitalgesellschaften (obwohl es sich bei beiden Steuerarten um Steuern vom Ertrag handelt, sie also den gleichen Steuergegenstand haben). In der unterschiedlichen Behandlung von Personen- und Kapitalgesellschaften läge dann von vornherein kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG und es wäre nicht erforderlich, eine Rechtfertigung für die unterschiedliche Besteuerung zu finden. Vgl. zu dieser Streitfrage etwa Birk, StuW 2000, 328, 333 und 336; offen gelassen von BFH, BStBl. II 2001, 486, 388. 56 So hat das Bundesverfassungsgericht in seiner ersten Entscheidung zur Rentenbesteuerung auch sogleich ausgeführt, dass eine Bevorzugung der Alterseinkünfte insgesamt gegenüber den Einkünften noch Erwerbstätiger durch soziale Gründe gerechtfertigt werden könne und dass dem Gesetzgeber in diesem Bereich ein weiter Gestaltungsspielraum zustehe, vgl. BVerfGE 54, 11, 38 f. 57 Osterloh, in: Sachs, GG, Art. 3 Rn 83.
§ 7 Vergleich zwischen Abgeordneten und der Allgemeinheit
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errechts kann allerdings nicht auf eine schematische, sondern nur auf eine maßstabsgerechte Gleich- bzw. Ungleichbehandlung abgestellt werden. Die Prüfung einer Ungleichbehandlung der Vergleichsgruppen erfordert hier stets die Festlegung eines Vergleichsmaßstabs.58 Diesen bildet das in der steuerverfassungsrechtlichen Literatur nahezu einhellig anerkannte Leistungsfähigkeitsprinzip.59 Dieses besagt, dass die Steuerlasten auf die Steuerpflichtigen im Verhältnis ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu verteilen sind. Es ist als bereichsspezifische Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannt. Obwohl das Leistungsfähigkeitsprinzip – anders als in Art. 134 WRV – im Grundgesetz nicht ausdrücklich festgeschrieben ist, ist es nach dem Bundesverfassungsgericht ein Gebot der Steuergerechtigkeit, dass die Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit auszurichten ist.60 Das gelte insbesondere im Bereich der Einkommensteuer, die auf die Leistungsfähigkeit des einzelnen Steuerpflichtigen hin „angelegt“ sei.61 Probleme bereitet die Anwendung des Leistungsfähigkeitsprinzips allerdings insbesondere im Bereich der sog. „vertikalen Steuergerechtigkeit“.62 Bei dieser geht es um die Grundentscheidungen des Gesetzgebers zur Erfassung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und damit zur Ausgestaltung der 58
Vgl. Tipke, StRO I, S. 317 f., 473; Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 146 f. Vgl. nur Tipke, StRO I, S. 479 ff.; Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 155 ff.; Birk/Barth, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 4 AO Anm. 450 ff.; K. Vogel, in: HStR IV, § 87 Rn 90 ff.; Tipke/Lang, § 4 Rn 81 ff. (alle mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Vereinzelte Kritik am Leistungsfähigkeitsprinzip wird vor allem unter Hinweis auf seine Unbestimmtheit geübt, vgl. im Einzelnen die Nachweise bei Tipke, StRO I, S. 491 Fn. 55. In jüngster Zeit haben Gassner/Lang in ihrem Gutachten auf dem 14. österreichischen Juristentag gefordert, sowohl in der verfassungsrechtlichen als auch in der rechtspolitischen Diskussion vollständig auf das Leistungsfähigkeitsprinzip zu verzichten. Bei verfassungsrechtlichen Fragen soll stattdessen direkt auf den Gleichheitssatz zurückgegriffen werden und dieser nach allgemeinen Grundsätzen durchgeprüft werden. Vgl. Gassner/Lang, Gutachten 14. ÖJT, S. 7 ff.; dies., ÖStZ 2000, 643 f. Ablehnend zu diesen etwa Beiser, ÖStZ 2000, 413 ff.; Birk, StuW 2000, 328, 329; Tipke/Lang, § 4 Rn 83. 60 St. Rspr., vgl. etwa BVerfGE 8, 51, 68 f.; 43, 108, 120; 61, 219, 343; 66, 214, 223; 81, 228, 236; 82, 60, 86; 89, 346, 352; 99, 216, 232; 105, 73, 125 f. 61 Vgl. etwa BVerfGE 9, 237, 243; 32, 333, 339; 43, 108, 120; 66, 214, 223; 82, 60, 86; 99, 216, 232; 105, 73, 125. 62 Bei der Anwendung des Leistungsfähigkeitsprinzips ist stets zwischen der vertikalen und der horizontalen Steuergerechtigkeit zu unterscheiden. Die Unterscheidung zwischen beiden sowie ihr jeweiliger Inhalt wird ausführlich untersucht von Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 165 ff. Die Begrifflichkeiten wurden allerdings auch bereits vorher verwandt, vgl. etwa K. Vogel, DStZ/A 1975, 409, 411 f. Das Bundesverfassungsgericht hat die Unterscheidung zwischen vertikaler und horizontaler Steuergerechtigkeit in BVerfGE 82, 60, 89 f. aufgenommen. Bezugnahmen finden sich auch in BVerfGE 87, 153, 170; 99, 246, 260 und 263; 105, 73, 126. 59
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3. Teil: Verfassungsmäßigkeit der steuerfreien Kostenpauschale
Besteuerung. Diese bestehen in der Auswahl von geeigneten Indikatoren, in denen sich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Individuums ausdrückt (also der Auswahl des Steuergegenstandes), sowie in der Bewertung, in welchem Umfang diese Indikatoren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit vergegenständlichen (also der Bestimmung des Steuersatzes).63 Hier geht aus dem Gleichheitssatz nicht unmittelbar hervor, nach welchem Maßstab der Gesetzgeber die Steuerpflichtigen „gleich“ zu besteuern hat.64 Durch die Geltung des Leistungsfähigkeitsprinzips unterliegt der Gesetzgeber auch bereits in diesem Bereich Bindungen. Er hat allerdings einen relativ großen Gestaltungsspielraum, der seine Grenzen aus den verfassungsrechtlichen Wertungselementen erfährt, welche in dem Begriff der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit als sozialem Begriff enthalten sind.65 Dagegen kann im Bereich der sog. „horizontalen Steuergerechtigkeit“ unmittelbar und unproblematisch auf den Gleichheitssatz zurückgegriffen werden. Die horizontale Steuergerechtigkeit verlangt, dass die in vertikaler Richtung gewählte Bezugsgröße der steuerlichen Lastenverteilung zur Erfassung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zwischen den Steuerpflichtigen auch „gleich“ zur Anwendung kommt.66 Hat der Gesetzgeber – wie im gegenwärtigen Einkommensteuergesetz geschehen – im Bereich vertikaler Differenzierung entschieden, dass sich wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im Einkommen ausdrückt und dass das Einkommen durch Erfassung der Erwerbseinnahmen abzüglich der Erwerbsaufwendungen und abzüglich der indisponiblen privaten Aufwendungen zu ermitteln ist, muss er diese Entscheidungen konsequent 63
Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 166 ff., insb. S. 168. Es wäre ja auch eine „gleiche“ Besteuerung nach ganz anderen Maßstäben als dem der Leistungsfähigkeit denkbar, etwa nach einer Kopfsteuer oder nach dem Äquivalenzprinzip, vgl. zu solchen anderen Vergleichsmaßstäben Tipke, StRO I, S. 473 ff.; Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 158. 65 Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 167 und 178. Es ist ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen „weitreichenden Entscheidungsspielraum“ hat, vgl. nur BVerfGE 84, 239, 271; 93, 121, 136; 99, 88, 95; 99, 280, 290; 101, 132, 138; 101, 151, 155; 105, 73, 126. Dem Leistungsfähigkeitsprinzip kommt daher vor allem die Funktion zu, dem Gesetzgeber Grenzen aufzuzeigen, vgl. Birk, in: Raupach/Tipke/Uelner, S. 243. So wäre eine Kopfsteuer oder eine Besteuerung der Soll-Leistungsfähigkeit statt der Ist-Leistungsfähigkeit nicht mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip vereinbar, vgl. etwa Tipke, StRO I, S. 494, 497 f.; Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 167. Dagegen ist es äußerst schwierig und in der Regel auch gar nicht möglich, aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip konkrete Vorgaben für die Ausgestaltung der Besteuerung abzuleiten. Hier hat der Gesetzgeber regelmäßig zahlreiche alternative Entscheidungsmöglichkeiten. Allerdings kann das Leistungsfähigkeitsprinzip dann in der steuerpolitischen Diskussion eine wichtige Rolle spielen. 66 Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 171. 64
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einhalten. Eine Durchbrechung dieser vertikalen Grundentscheidungen führt auf horizontaler Ebene zu Bevorzugungen bzw. Privilegierungen oder Benachteiligungen einzelner Gruppen, also zu rechtfertigungsbedürftigen Ungleichbehandlungen im Rahmen von Art. 3 Abs. 1 GG.67 Dem weiten Gestaltungsspielraum im vertikalen Differenzierungsbereich steht eine strenge Bindung an den Gleichheitssatz auf horizontaler Ebene und damit ein enger Gestaltungsspielraum gegenüber.68 In Frage steht vorliegend die durch § 3 Nr. 12 S. 1 EStG bewirkte Steuerfreiheit einer Kostenpauschale für eine bestimmte Gruppe von Steuerpflichtigen, nämlich für die Abgeordneten. Diese betrifft ausschließlich den Bereich der horizontalen Steuergerechtigkeit. Es kann nämlich nur um die Frage gehen, ob der Gesetzgeber durch die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 12 S. 1 EStG seine auf vertikaler Ebene getroffene Entscheidung durchbrochen hat, dass Einnahmen bzw. Betriebseinnahmen die Leistungsfähigkeit erhöhen und Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben die Leistungsfähigkeit vermindern (§§ 8, 9 EStG bzw. §§ 4 Abs. 3, 4 EStG).69 Da das Leistungsfähigkeitsprinzip in diesem Bereich der horizontalen Steuergerechtigkeit wie dargelegt in einer unmittelbaren Anwendung des Gleichheitssatzes besteht, ist eine weitere Auseinandersetzung mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip, seinen einzelnen Ausprägungen sowie der Kritik an ihm nicht notwendig. Es ist für die weitere Prüfung einfach unmittelbar der Gleichheitssatz heranzuziehen. Dabei ist als Besonderheit nur zu berücksichtigen, dass eine gleiche Besteuerung nach dem 67
Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 171. Da es damit im Bereich der horizontalen Steuergerechtigkeit im Grunde lediglich um die „normale“ Anwendung des Gleichheitssatzes geht, ergeben sich hier keine Unterschiede zu den Kritikern des Leistungsfähigkeitsprinzips, die unter Ablehnung des Leistungsfähigkeitsprinzips direkt auf den Gleichheitssatz zugreifen wollen (siehe zu diesen S. 65 Fn. 59, insb. zur Auffassung von Gassner/Lang). 68 Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 171 und 178. 69 Die vertikale Steuergerechtigkeit wäre nur betroffen, wenn der Gesetzgeber den Einkünften von Abgeordneten generell eine geringere Leistungsfähigkeit beimessen wollte als anderen Einkünften (wie man es etwa bei den generell gegenüber anderen Einkünften bevorzugten Alterseinkünften überlegen kann, vgl. Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 177). Das ist jedoch nicht ersichtlich. Eine solche (vertikale) Entscheidung überschritte zudem auch die Grenzen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums, da für eine solche Annahme keine Gründe ersichtlich wären. Ebenso wäre der vertikale Bereich betroffen, wenn der Gesetzgeber den leistungsfähigkeitsmindernden Effekt von Erwerbsaufwendungen allgemein und für alle Einkunftsarten anders bewerten würde, z. B. Erwerbsaufwendungen gar nicht mehr zum Abzug zuließe, sondern der Besteuerung nur noch die Brutto-Einnahmen zu Grunde legen würde (auch dann wäre aber wohl der Spielraum in vertikaler Richtung überschritten, vgl. Tipke, StRO I, S. 503) oder Erwerbsaufwendungen generell für alle Steuerpflichtigen nur noch pauschal zum Abzug zuließe (vgl. zu einem solchen Vorschlag Kirchhof, Gutachten 57. DJT, S. 48 f.).
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Leistungsfähigkeitsprinzip in einer unterschiedlichen Besteuerung entsprechend der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit besteht.70 Das gilt auch im Bereich der horizontalen Steuergerechtigkeit. Es ergeben sich daher verschiedene Möglichkeiten einer horizontalen Ungleichbehandlung.71 Zunächst ist es möglich, dass auf horizontaler Ebene gleich leistungsfähige Personengruppen unterschiedlich hoch besteuert werden.72 Andererseits kann eine Ungleichbehandlung auch darin liegen, dass auf horizontaler Ebene unterschiedlich Leistungsfähige als gleich leistungsfähig besteuert werden, sei es, dass bei einer Gruppe Leistungsfähigkeitsminderungen nicht berücksichtigt werden73, sei es, dass bei einer Gruppe Leistungsfähigkeitserhöhungen nicht berücksichtigt werden.74 Diese Fälle haben sämtlich Bevorzugungen bzw. Privilegierungen oder Benachteiligungen einzelner Personengruppen zur Folge. 2. Anwendung auf die steuerfreie Kostenpauschale
Nach diesen Grundsätzen ist zu ermitteln, ob die nach § 3 Nr. 12 S. 1 EStG steuerfreie Kostenpauschale zu einer Ungleichbehandlung zwischen den Abgeordneten und der Allgemeinheit der Einkommensteuerpflichtigen führt. Im hier betroffenen Bereich der horizontalen Steuergerechtigkeit ist insoweit zunächst zu fragen, wie der von § 3 Nr. 12 S. 1 EStG geregelte Bereich vom Gesetzgeber im Einkommensteuergesetz grundsätzlich geregelt ist, wie also die gesetzgeberischen (vertikalen) Grundentscheidungen für die Allgemeinheit der Einkommensteuerpflichtigen ausgefallen sind. Im Vergleich 70
Birk, StuW 1989, 212, 213. Vgl. ausführlich zu den im Folgenden genannten verschiedenen Möglichkeiten einer Ungleichbehandlung auf horizontaler Ebene Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 172 f. 72 Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 172 f. mit dem Beispiel der unterschiedlichen Besteuerung von Renten und Pensionen. Zwar werden Altersbezüge gegenüber anderen Einkunftsarten generell bevorzugt (was als Differenzierung in vertikaler Hinsicht bereits problematisch ist), jedoch ist diese Bevorzugung bei Renten und Pensionen unterschiedlich hoch, was eine Ungleichbehandlung in horizontaler Hinsicht zur Folge hat. Vgl. zu diesem Beispiel auch noch Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 177, 178 Fn. 101. 73 Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 172 mit dem Beispiel des Wegfalls der Kinderfreibeträge, wodurch die in ihrer Leistungsfähigkeit geminderten unterhaltspflichtigen Steuerpflichtigen den nicht in ihrer Leistungsfähigkeit geminderten nicht unterhaltspflichtigen Steuerpflichtigen gleichgestellt werden. Vgl. zu diesem Beispiel auch noch Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 176 f., 178 Fn. 101 sowie BVerfGE 82, 60, 89 f. (gegen BVerfGE 43, 108, 120). 74 Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 173 mit dem Beispiel der Besteuerung von Ehegatten bei gemeinsamer Haushaltsführung, bei denen die Haushaltsersparnis nicht durch einen niedrigeren Grundfreibetrag berücksichtigt wird. Vgl. zu diesem Beispiel auch Tipke/Lang, § 9 Rn 760. 71
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dazu kann dann in einem zweiten Schritt festgestellt werden, inwiefern durch § 3 Nr. 12 S. 1 EStG für die Gruppe der Abgeordneten von diesen Regelungen abgewichen und dadurch eine Ungleichbehandlung begründet wird. a) Ermittlung der Einkünfte nach allgemeinen Regelungen Die Steuerfreiheit der Kostenpauschale nach § 3 Nr. 12 S. 1 EStG wirkt auf der Ebene der Ermittlung der Einkünfte als Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer. Sie betrifft die gesetzgeberische Grundentscheidung in den §§ 8, 9 EStG bzw. §§ 4 Abs. 3, 4 EStG, diese durch Erfassung von Einnahmen bzw. Betriebseinnahmen und den Abzug von Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben zu ermitteln, und weicht von dieser ab. Nach § 3 Nr. 12 S. 1 EStG wird die einem Abgeordneten nach dem Abgeordnetengesetz gewährte Kostenpauschale nicht als Einnahme erfasst. Dadurch sollen seine durch das Mandat veranlassten Aufwendungen steuerlich berücksichtigt werden. Umgekehrt dürfen diese gemäß § 22 Nr. 2, 3 EStG auch nicht mehr als Werbungskosten abgezogen werden. Einnahmen bzw. Betriebseinnahmen werden im Einkommensteuergesetz grundsätzlich nach Maßgabe des § 8 EStG bzw. des § 4 Abs. 3 EStG berücksichtigt. Sie können mit dem Oberbegriff der Erwerbsbezüge bezeichnet werden.75 Als Einnahmen sind gemäß § 8 Abs. 1 EStG alle Güter in Geld oder Geldeswert zu erfassen, die dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer der Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Nr. 4 - 7 EStG zufließen. In Zusammenschau mit § 4 Abs. 4 EStG wird diese Vorschrift nach dem Veranlassungsprinzip76 ausgelegt. Im Rahmen einer der Einkunftsarten fließt eine Einnahme dann zu, wenn sie durch die einkunftserzielende Tätigkeit des Steuerpflichtigen veranlasst ist.77 Der Begriff der Betriebseinnahmen ist zwar in § 4 Abs. 3 S. 1 EStG erwähnt, jedoch nicht gesetzlich definiert. Daher wird die Definition der 75 Allerdings ist weder dieser Begriff noch der Begriff der Erwerbsaufwendungen im Einkommensteuergesetz vorgesehen, da aufgrund des Dualismus der Einkunftsarten sowohl zwischen Einnahmen und Betriebseinnahmen als auch zwischen Werbungskosten und Betriebsausgaben Unterschiede bestehen. Abgesehen davon erfolgt die Auslegung jedoch größtenteils einheitlich, so dass dennoch eine Berechtigung für die Verwendung der einheitlichen Begriffe der Erwerbsbezüge und der Erwerbsaufwendungen besteht. Sie werden in der Fachliteratur daher auch vielfach verwandt. Vgl. zu der Terminologie Tipke/Lang, § 9 Rn 205; Tipke, StRO II, S. 765 ff. Im Karlsruher Entwurf zur Reform des Einkommensteuergesetzes sind – da nach diesem der Dualismus der Einkunftsarten entfällt – abweichend vom bisherigen Einkommensteuergesetz die einheitlichen Begriffe der Erwerbseinnahmen und der Erwerbsausgaben vorgesehen, vgl. Kirchhof, Karlsruher Entwurf, § 3, S. 1 f. 76 Zu diesem als zentralen Auslegungskriterium im Zusammenhang mit Erwerbseinnahmen und Erwerbsaufwendungen vgl. nur Tipke/Lang, § 9 Rn 227 ff. m. w. N. 77 Birk, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 8 EStG Anm. 44.
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Einnahmen in § 8 Abs. 1 EStG in Zusammenschau mit der Definition der Betriebsausgaben in § 4 Abs. 4 EStG herangezogen. Als Betriebseinnahmen sind daher alle Zugänge in Geld oder Geldeswert zu erfassen, die durch den Betrieb veranlasst sind.78 Von den Einnahmen bzw. Betriebseinnahmen sind die Werbungskosten bzw. die Betriebsausgaben nach Maßgabe des § 9 EStG bzw. des § 4 Abs. 4 EStG abzuziehen. Sie können mit dem Oberbegriff der Erwerbsaufwendungen bezeichnet werden.79 Als Werbungskosten sind gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen abzuziehen. In Zusammenschau mit § 4 Abs. 4 EStG ist auch hier eine Auslegung nach dem Veranlassungsprinzip vorzunehmen, so dass die Aufwendungen abzuziehen sind, die durch die Erwerbstätigkeit veranlasst sind.80 Als Betriebsausgaben sind gemäß § 4 Abs. 4 EStG die Aufwendungen abzuziehen, die durch den Betrieb veranlasst sind.81 Durch den Abzug der Werbungskosten bzw. der Betriebsausgaben werden die nach § 2 Abs. 2 als Überschuss bzw. als Gewinn zu ermittelnden Einkünfte vermindert. Aufwendungen für die Lebensführung, also privat veranlasste Aufwendungen dürfen dagegen gemäß § 12 Nr. 1 S. 2 EStG nicht abgezogen werden, mindern die Einkünfte daher nicht.82 Dies gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige im Rahmen der einkunftserzielenden Tätigkeit Aufwendungsersatz erhält, also Ersatzleistungen für Aufwendungen, die er zur Erbringung einer Leistung für den Geber tätigt.83 Diese Leistungen sind als durch die einkunftserzielende Tätigkeit veranlasste Güter 78 Vgl. BFH, BStBl. II 1988, 633, 634; 1996, 273, 274. Insoweit erfolgt die Auslegung der Begriffe der Einnahmen und der Betriebseinnahmen also einheitlich. Der wesentliche Unterschied zwischen Einnahmen nach § 8 Abs. 1 EStG und Betriebseinnahmen liegt darin, dass aufgrund des Dualismus der Einkunftsarten bei den Einnahmen nach § 8 Abs. 1 EStG Veränderungen im Bereich des eingesetzten Vermögens unberücksichtigt bleiben. 79 Zu der Terminologie siehe schon S. 69 Fn. 75. 80 Tipke/Lang, § 9 Rn 470 m. w. N. 81 Insoweit erfolgt die Auslegung der Begriffe der Werbungskosten und der Betriebsausgaben ebenfalls einheitlich. Der wesentliche Unterschied ist auch hier wieder, dass bei den Werbungskosten Veränderungen des eingesetzten Vermögens unberücksichtigt bleiben. 82 Das gilt nach der Rechtsprechung auch für gemischt veranlasste Aufwendungen, vgl. zu dem diesbezüglich aus § 12 Nr. 1 S. 2 EStG hergeleiteten Aufteilungs- und Abzugsverbot nur Schmidt/Drenseck, EStG, § 12 Rn 11 ff. m. w. N. 83 Vgl. zum allgemeinen Begriff des Aufwendungsersatzes BFH, BStBl. III 1965, 144, 145; Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 3 Nr. 12 EStG Anm. 9. Häufig wird auch von Werbungskostenersatz gesprochen, vgl. etwa Schmidt/Heinicke, EStG, § 3 Stichwort „Werbungskostenersatz“; von Bornhaupt, StuW 1990, 46 ff. Diese Bezeichnung ist allerdings ungenau, da nicht zwingend nur Aufwendungen ersetzt werden, die tatsächlich als Werbungskosten abziehbar sind. Daher sollte besser
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in Geld oder Geldeswert zunächst als Einnahmen gemäß § 8 Abs. 1 EStG84 zu erfassen. Die von dem Steuerpflichtigen getätigten Aufwendungen können danach nur unter den allgemeinen Voraussetzungen von § 9 EStG als Werbungskosten von diesen abgezogen werden. Nach dem Einkommensteuergesetz können diese beiden Vorgänge nicht einfach zusammengefasst werden, also die Einnahmen steuerfrei belassen werden und dafür keine Werbungskosten abgezogen werden.85 Das gilt auch dann, wenn den Einnahmen Werallgemein von Aufwendungsersatz gesprochen werden, vgl. etwa von Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3 Rn A 581. 84 Zwar kann Aufwendungsersatz rechtlich gesehen bei allen Einkunftsarten vorkommen (z. B. auch bei Einkünften aus selbständiger Tätigkeit), vgl. Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 3 Nr. 12 EStG Anm. 9. Tatsächlich wird er jedoch fast ausschließlich bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 EStG geleistet. Daher ist in diesem Zusammenhang nur von Einnahmen bzw. Werbungskosten die Rede. 85 Das folgt schon allein daraus, dass sich im Katalog des § 3 EStG keine Vorschrift findet, die den Ersatz von Werbungskosten generell steuerfrei stellt. Vielmehr gibt es mit § 3 Nr. 13 und 16 EStG Vorschriften, die eine Steuerfreiheit nur in bestimmten Fällen und unter bestimmten Voraussetzungen vorsehen. Das schließt im Umkehrschluss eine generelle Steuerfreiheit aus. Dieser Grundsatz ist spätestens seit dem StReformG 1990 v. 25.7.1988 (BGBl. I S. 1093) allgemeine Auffassung, vgl. nur Schmidt/Heinicke, EStG, § 3 Stichwort „Werbungskostenersatz“; Schmidt/Drenseck, EStG, § 19 Rn 23 m. w. N. Bis dahin wurde Werbungskostenersatz neben den gesetzlich geregelten Fällen durch zahlreiche Verwaltungsanweisungen steuerfrei belassen (vgl. die Übersicht bei von Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3 Rn A 581). Zum Teil war das sogar bei pauschalem Werbungskostenersatz der Fall (z. B. bei pauschalen Fahrtgeldentschädigungen nach R 50 Abs. 2 Nr. 2 LStR 1987). Man konnte sich also fragen, ob es einen allgemeinen Grundsatz der Steuerfreiheit von Werbungskostenersatz gab (vgl. Offerhaus, BB 1988, 1796). Im StReformG 1990 wurde dann die bis dahin für Umzugs- und Reisekosten gewährte Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 13 und 16 EStG auf Vergütungen für Mehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung ausgeweitet. Laut Regierungsbegründung sollte damit gleichzeitig eine abschließende Regelung des steuerfreien Werbungskostenersatzes getroffen werden, vgl. BT-Drucks. 11/2157, S. 137. Dem sind Rechtsprechung (vgl. etwa BFH, BStBl. II 1992, 837, 839) und Literatur (vgl. etwa von Bornhaupt, StuW 1990, 46, 48 f. m. w. N.) gefolgt. Richtigerweise waren jedoch auch bereits vor dem StReformG 1990 im Werbungskostenersatz grundsätzlich steuerpflichtige Einnahmen zu sehen, soweit nicht gesetzlich die Steuerfreiheit ausdrücklich vorgesehen war, so dass die Verwaltungsanweisungen eine unzutreffende Auslegung des Gesetzes enthielten. Das sah auch das steuerrechtliche Schrifttum überwiegend so, vgl. etwa Schmidt/ Drenseck, EStG, 7. Aufl., § 19 Anm. 7b; Offerhaus, BB 1988, 1796. Sonst hätte sich im Übrigen durch das StReformG 1990 auch nichts daran ändern können, da der oben genannte Wille des Gesetzgebers keinen Niederschlag im Gesetz gefunden hat. Abzugrenzen von den Fällen des Werbungskostenersatzes ist allerdings die „Steuerfreiheit“ für durchlaufende Gelder und Auslagenersatz gemäß § 3 Nr. 50 EStG. Diese Vorschrift hat lediglich klarstellende Bedeutung. Der davon erfasste Ersatz von Ausgaben und Auslagen „für den Arbeitgeber“ liegt vor, wenn dem Arbeitnehmer solche Kosten ersetzt werden, die nach allgemeinen arbeitsrechtlichen Regeln vom Arbeitgeber zu tragen sind, weil sie der Arbeitnehmer in Ausführung seiner
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bungskosten in gleicher Höhe gegenüberstehen.86 Steuerfrei ist der Ersatz von Aufwendungen nur in den gesetzlich angeordneten Fällen und unter den dort bestimmten Voraussetzungen. Darunter fallen – abgesehen von dem hier in Frage stehenden § 3 Nr. 12 S. 1 EStG – vor allem § 3 Nr. 12 S. 2, Nr. 13, Nr. 16 EStG.87 Soweit mit dem danach steuerfreien Aufwendungsersatz Werbungskosten getätigt werden, können diese nach § 3c Abs. 1 EStG nicht mehr abgezogen werden. Diese Grundsätze zur Ermittlung der Einkünfte werden als objektives Nettoprinzip bezeichnet.88 Dieses liegt als gesetzgeberische Grundentscheidung zur Erfassung der (objektiven89) Leistungsfähigkeit dem geltenden Einkommensteuergesetz zu Grunde.90 Nach dem objektiven Nettoprinzip erfasst die Einkommensteuer die Rein- bzw. Nettoeinkünfte. Diese ergeben sich wie Arbeitsleistung im ganz überwiegenden Interesse des Arbeitgebers getätigt hat, vgl. nur BFH, BStBl. II 1995, 906, 907. Ebenso wie bei Sachbezügen im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse (vgl. Schmidt/Drenseck, EStG, § 19 Rn 30) stellen diese Beträge bereits nach allgemeinen Grundsätzen keine Einnahmen dar, da sie nicht zu einer Bereicherung führen, vgl. Schmidt/Drenseck, EStG, § 19 Rn 23. Neuerdings verlangt der Bundesfinanzhof dazu nicht mehr zwingend eine Einzelabrechnung (so noch BFH/NV 1994, 371, 372), sondern lässt unter engen Voraussetzung auch Pauschalersatz zu, vgl. BFH, BStBl. II 1995, 906, 908 f. Im Einzelnen ist hier allerdings vieles streitig, vgl. Schmidt/Drenseck, EStG, § 19 Rn 23; Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 3 Nr. 50 EStG Anm. 4 ff. m. w. N. Da jedoch bei Abgeordneten mangels Arbeitgeber ein Kostenersatz im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse gar nicht denkbar ist, können diese Fälle bei dem hier anzustellenden Vergleich außer Betracht bleiben. 86 Auch wenn sich dann eine Zusammenfassung nicht unmittelbar steuerlich auswirken würde, ist sie aus den genannten Gründen nach dem Einkommensteuergesetz nicht zulässig, vgl. Schmidt/Drenseck, EStG, § 19 Rn 23. Zudem können sich auch in diesem Fall mittelbare steuerliche Auswirkungen aus einer Kumulationswirkung von steuerfreiem Werbungskostenersatz und dem Arbeitnehmer-Pauschbetrag nach § 9a S. 1 Nr. 1 EStG ergeben, vgl. dazu Schmidt/Heinicke, EStG, § 3 Stichwort „Werbungskostenersatz“. Darüber hinaus können sich Auswirkungen ergeben, wenn die Werbungskosten nicht in dem Veranlagungszeitraum des Zuflusses des Werbungskostenersatzes anfallen und dadurch unterschiedliche (Progressions-)Steuersätze angewendet werden, vgl. Offerhaus, BB 1988, 1796, 1797. 87 Da diese vergleichbare Aufwendungen wie die in der Kostenpauschale der Abgeordneten berücksichtigten Aufwendungen betreffen, kann es bei dem anzustellenden Vergleich mit den Abgeordneten darauf ankommen, unter welchen Voraussetzungen diese Regelungen die Steuerfreiheit auch bei den übrigen Steuerpflichtigen gewähren. Darauf ist jedoch erst dort im Einzelnen einzugehen. Dagegen betreffen die ebenfalls die Steuerfreiheit von Aufwendungsersatz anordnenden § 3 Nr. 4 a–c, 30, 31, 32 EStG völlig andere Aufwendungen, so dass sie hier nicht von Interesse sind. 88 Vgl. dazu nur Tipke, StRO II, S. 763 f.; Tipke/Lang, § 9 Rn 54 f.; Birk/Barth, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 4 AO Anm. 471 ff. 89 Die Berücksichtigung der subjektiven Leistungsfähigkeit wird dagegen durch das subjektive Nettoprinzip sichergestellt, vgl. dazu Birk/Barth, in: Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 4 AO Anm. 474 ff.
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dargelegt aus den Erwerbsbezügen abzüglich der Erwerbsaufwendungen. Das objektive Nettoprinzip verlangt zum einen, dass „nur“ diese Rein- bzw. Nettoeinkünfte erfasst werden. Erwerbsaufwendungen des Steuerpflichtigen müssen uneingeschränkt zum Abzug zugelassen werden.91 Zum anderen wird die im dem objektiven Nettoprinzip getroffene Grundentscheidung aber auch dann durchbrochen, wenn die Rein- bzw. Nettoeinkünfte nicht vollständig erfasst werden. Das kann sich insbesondere daraus ergeben, dass die Erwerbsbezüge des Steuerpflichtigen nicht vollständig in Ansatz gebracht werden.92 b) Bevorzugung der Abgeordneten im Vergleich Es kommt nun darauf an, inwieweit diese gesetzgeberische Grundentscheidung durch § 3 Nr. 12 S. 1 EStG für die Gruppe der Abgeordneten durchbrochen und dadurch eine Ungleichbehandlung zu der Allgemeinheit der Einkommensteuerpflichtigen bewirkt wird. Dazu ist zwischen mehreren Gesichtspunkten zu unterscheiden. aa) Grundsätzliche Unbedenklichkeit der Steuerfreiheit von Aufwendungsersatz § 3 Nr. 12 S. 1 EStG weicht zunächst insoweit von den dargestellten Regelungen des Einkommensteuergesetzes ab, als bei Abgeordneten die Einkünfteermittlung nicht durch eine Überschussrechnung, also durch die Erfassung auch der Kostenpauschale als Einnahme und den darauf folgenden Ab90
Zumindest insoweit besteht inzwischen Einigkeit im Schrifttum, vgl. nur Birk/ Barth, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 4 AO Anm. 471 und 473; Tipke/Lang, § 9 Rn 54 m. w. N. Auch das Bundesverfassungsgericht sieht das inzwischen so, vgl. BVerfGE 27, 58, 65; 43, 108, 119; 81, 228, 238; 83, 395, 402; 99, 280, 290 f.; 101, 297, 310. Anders nur BVerfGE 34, 103, 116, wo eine Festlegung des Gesetzgebers auf das objektive Nettoprinzip mit Hinweis auf dessen bereits im Gesetz enthaltenen häufigen Durchbrechungen ausdrücklich verneint wurde. Das kann jedoch nicht überzeugen, da mit dem Hinweis auf einige Ausnahmevorschriften nicht auf das Nichtvorhandensein eines allgemeinen gesetzgeberischen Prinzips geschlossen werden kann (so auch Tipke, StRO II, S. 764). Dagegen ist verfassungsrechtlich noch nicht abschließend geklärt, ob das objektive Nettoprinzip verfassungsrechtlich geboten ist und damit gar nicht zur Disposition des Gesetzgebers steht (vgl. dazu etwa Birk/Barth, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 4 AO Anm. 473). Diese Frage kann hier jedoch offen gelassen werden. 91 Darum geht es in der Mehrzahl der Fälle, vgl. etwa BVerfGE 27, 58, 65 (Herabsetzung der Kilometer-Pauschale); 81, 228, 238 (Abzugsverbot für Geldbußen). 92 Auch wenn diese Konstellation seltener Gegenstand von Entscheidungen war, ist sie dennoch vom objektiven Nettoprinzip erfasst, vgl. etwa BVerfGE 99, 280, 290 (Stellenzulage Ost), wo das Bundesverfassungsgericht bei der Prüfung der Steuerfreiheit von Einnahmen ausdrücklich auf das objektive Nettoprinzip abstellt.
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3. Teil: Verfassungsmäßigkeit der steuerfreien Kostenpauschale
zug von Werbungskosten erfolgt. Vielmehr bleibt die nach dem Abgeordnetengesetz gewährte Kostenpauschale nach § 3 Nr. 12 S. 1 EStG von vornherein steuerfrei. Zum Ausgleich dieser Steuerfreiheit können die Abgeordneten gemäß § 22 Nr. 4 S. 2, 3 EStG keine Werbungskosten abziehen. Die Steuerfreiheit der Kostenpauschale führt dazu, dass die sonst vorzunehmende Überschussrechnung um den Ansatz von Einnahmen und Werbungskosten verkürzt wird. Diese werden sofort saldiert bzw. verrechnet. Diese Saldierung ist im Vergleich zur grundsätzlichen Regelung im Einkommensteuergesetzes systemfremd. Fraglich ist, ob bereits in dieser systemfremden „Saldierungstechnik“ des § 3 Nr. 12 S. 1 EStG als solcher eine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung zu sehen ist. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es bei der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit allein auf die finanzielle Endbelastung für den Steuerpflichtigen ankommt.93 Allein eine Abweichung vom System des Einkommensteuergesetzes in Form einer unterschiedlichen Regelungstechnik führt daher nicht ohne weiteres zu einer rechtfertigungsbedürftigen Ungleichbehandlung. Erforderlich ist darüber hinaus, dass darin auch eine „materielle“ Durchbrechung der gesetzgeberischen Grundentscheidung zur Erfassung der finanziellen Leistungsfähigkeit liegt, hier also des objektiven Nettoprinzips.94 Eine solche besteht nur, wenn die systemfremde Abweichung zu einer unterschiedlichen Steuerbelastung für die zu vergleichenden Steuerpflichtigen führt. Insoweit ist es Sache des Gesetzgebers, darüber zu entscheiden, ob er ein bestimmtes Ergebnis durch Anordnung der Steuerfreiheit oder der Abziehbarkeit als Werbungskosten, Betriebsausgaben, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen erreichen will.95 Allein aus der in § 3 Nr. 12 S. 1 EStG und § 22 Nr. 4 S. 2, 3 EStG angeordneten systemfremden „Saldierungstechnik“, also aus der Steuerfreiheit als solcher, ergibt sich jedoch noch keine unterschiedliche finanzielle Belastung von Abgeordneten und der Allgemeinheit der Einkommensteuerpflichtigen. Es führt nicht zu 93 So im Zusammenhang mit „saldierenden“ Steuerbefreiungen ausdrücklich BVerfGE 83, 395, 402; BFH, BStBl. II 1995, 142, 146. Dass es allein auf die Gleichheit im Belastungserfolg ankommt, ist jedoch auch allgemein anerkannt, vgl. nur BVerfG 84, 239, 268 und 271 (für das Vollzugsdefizit bei der Zinsbesteuerung) und in der Folge BVerfGE 93, 121, 134, 136 und 143; 96, 1, 6; 99, 280, 289. 94 Das entspricht der von Tipke aufgebrachten Unterscheidung zwischen äußerem und innerem System. Das äußere System wird durch die Regelungstechnik des Gesetzes bestimmt während das innere System durch die Grundwertungen bzw. Grundprinzipien des Steuerrechts ausgefüllt wird. Nur ein Verstoß gegen das innere System berührt das Leistungsfähigkeitsprinzip und den Gleichheitssatz, vgl. dazu Tipke/Lang, § 4 Rn 5 ff. Zur Unterscheidung zwischen innerem und äußerem System im Zusammenhang mit Steuerbefreiungsvorschriften vgl. auch Lang, Steuervergünstigungen, S. 147. 95 So ausdrücklich BVerfGE 83, 395, 402; BFH, BStBl. II 1995, 142, 146.
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unterschiedlichen Einkünften, ob ein bestimmter Betrag zunächst als Einnahme erfasst wird und dann als Werbungskosten wieder abgezogen wird oder ob er sofort steuerfrei bleibt, also mit den sonst abziehbaren Werbungskosten saldiert wird. Die „Saldierungstechnik“ des § 3 Nr. 12 S. 1 EStG weicht damit zwar vom System des Einkommensteuergesetzes ab, durchbricht als solche jedoch nicht das objektive Nettoprinzip. Für sich genommen führt sie noch nicht zu einer rechtfertigungsbedürftigen Ungleichbehandlung.96 bb) „Echte“ Steuerbefreiung durch Pauschalierung des steuerbefreiten Aufwendungsersatzes Eine die Saldierung von Einnahmen und Werbungskosten anordnende Steuerbefreiung bleibt jedoch nur dann als Vereinfachung verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn sie sich auch tatsächlich darin erschöpft, die Überschussrechnung um den Ansatz von Einnahmen und Werbungskosten in gleicher Weise zu verkürzen. Das ist nur dann der Fall, wenn dem steuerbefreiten Aufwendungsersatz tatsächlich angefallene Werbungskosten in gleicher Höhe gegenüberstehen. Es muss entweder durch die Befreiungsvorschrift oder in der Regelung des Aufwandsersatzes selbst sichergestellt sein, dass der steuerbefreite Aufwendungsersatz und die nach allgemeinen Grundsätzen abzugsfähigen Werbungskosten deckungsgleich sind. Sonst liegt eine über die bloße Saldierung hinausgehende endgültige und damit „echte“ Steuerbefreiung von nach allgemeinen Grundsätzen steuerpflichtigen Einnahmen vor.97 Diese widerspräche der gesetzgeberischen Grundentscheidung, im Einkommensteuerrecht nach dem objektiven Nettoprinzip die Erwerbsbezüge abzüglich der Erwerbsaufwendungen vollständig zu besteuern. Die Steuerbefreiung des Aufwendungsersatzes und die nach allgemeinen Grundsätzen erfolgende Überschussrechnung würden zu unterschiedlichen finanziellen Ergebnissen und damit zu einer rechtfertigungsbedürftigen Ungleichbehandlung führen.98 96 Vgl. BVerfGE 83, 396, 401 f. zur Steuerfreiheit von aus öffentlichen Kassen gezahlten Beihilfen im Krankheitsfall nach § 3 Nr. 11 EStG; BVerfGE 99, 280, 292 und BFH, BStBl. II 1995, 142, 146 zur Steuerfreiheit der Stellenzulage Ost nach § 3 Nr. 12 S. 1 EStG; Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 3 EStG Allg. Anm. 16, 22, § 3 Nr. 12 EStG Anm. 3; Lang, Steuervergünstigungen, S. 147 f.; Ruppe, Ausnahmebestimmungen, S. 217; Völlmeke, DB 1993, 1590, 1593 zu § 3 Nr. 13 und 16 EStG. 97 BVerfGE 99, 280, 292 und BFH, BStBl. II 1995, 142, 146 f. zur Steuerfreiheit der Stellenzulage Ost; Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 3 EStG Allg. Anm. 22; von Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3 Rn A 581c; B 12/22. 98 So hätte sich im Fall von BVerfGE 83, 395 ff. eine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung aus der Einschränkung der Abziehbarkeit von krankheitsbeding-
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Hinsichtlich der den Mitgliedern des Bundestages gewährten steuerfreien Kostenpauschale ist durch die Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 12 S. 1 EStG nicht sichergestellt, dass von der Steuerfreiheit nur Bezüge zum Ausgleich von solchen Aufwendungen erfasst werden, die tatsächlich entstanden sind und sonst nach allgemeinen Regeln als Werbungskosten abziehbar wären.99 Nach § 3 Nr. 12 S. 1 EStG ist die Steuerfreiheit allein von den formalen ten außergewöhnlichen Belastungen durch § 33 Abs. 1 EStG ergeben können, da die Steuerfreiheit von aus öffentlichen Kassen gezahlten Beihilfen in Krankheitsfällen durch § 3 Nr. 11 EStG nicht dieser Einschränkung unterlag (allerdings ging es hier statt um Werbungskosten um außergewöhnliche Belastungen und damit um das subjektive Nettoprinzip). Das hat das Bundesverfassungsgericht jedoch offen gelassen, da sich die Verfassungsbeschwerde nicht gegen § 33 Abs. 1 EStG richtete, vgl. BVerfGE 83, 395, 400 und 402. 99 Bei den übrigen Einkommensteuerpflichtigen, denen Aufwendungsersatz gewährt wird, ist das dagegen sichergestellt. Auch wenn ihnen vergleichbare Aufwendungen wie den Abgeordneten aus öffentlichen Kassen bzw. von ihrem Arbeitgeber ersetzt werden, ist der Aufwendungsersatz nur ausnahmsweise unter den engeren Voraussetzungen von § 3 Nr. 12 S. 2 EStG sowie § 3 Nr. 13, 16 EStG steuerfrei. § 3 Nr. 12 S. 2 EStG hat die Rechtsprechung durch eine verfassungskonforme Auslegung eingeschränkt. Über die ausdrücklich vorgesehene Versagung der Steuerfreiheit für Zahlungen zum Ausgleich von Verdienstausfall und Zeitverlust hinaus erfordert die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 12 S. 2 EStG danach zunächst, dass die entschädigten Aufwendungen nach allgemeinen Regeln als Werbungskosten abziehbar wären. Sonst ist die Zahlung nicht „als Aufwandsentschädigung“ erfolgt (vgl. BFH, BStBl. II 1993, 50, 51; 403, 404; Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 3 Nr. 12 EStG Anm. 17). Zum anderen wird in § 3 Nr. 12 S. 2 EStG ausdrücklich verlangt, dass die Aufwandsentschädigung den dem Empfänger erwachsenden Aufwand nicht „offenbar übersteigen“ darf. Damit besteht auch bei § 3 Nr. 12 S. 2 EStG ein Nachprüfungsrecht der Finanzverwaltung, ob die Aufwendungen tatsächlich entstanden sind. Die Einschränkung auf den tatsächlichen Aufwand „offenbar“ übersteigende Beträge bewirkt nach der Rechtsprechung nur, dass bei der Nachprüfung nicht „kleinlich verfahren“ und dem Empfänger ein ins einzelne gehender Nachweis nicht zugemutet werden soll (vgl. BFH, BStBl. II 1993, 50, 51 m. w. N.; Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 3 Nr. 12 EStG Anm. 18). Zur Erleichterung der Feststellung hat die Finanzverwaltung zwar pauschale Schätzungsrichtlinien aufgestellt, wonach jedoch nur relativ geringe Beträge ohne weiteren Nachweis anerkannt werden (nach R 13 Abs. 3–5 LStR 2002 maximal 154 A; zu weiteren Verwaltungsanweisungen vgl. Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 3 Nr. 12 EStG Anm. 19, 26; zur Grenzen der Bindung an diese vgl. BVerfG, DStR 1993, 1402). Aufgrund dieser Auslegung ist die Verfassungsmäßigkeit von § 3 Nr. 12 S. 2 EStG inzwischen nahezu einhellig anerkannt (vgl. etwa BFH, BStBl. II 1995, 142, 148; Bergkemper, FR 1999, 517, 518; so auch schon BVerfG, HFR 1983, 227; dagegen aber von Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3 Rn B 12/26). Auch die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 13, 16 EStG erfordert, dass der Aufwendungsersatz die nach allgemeinen Grundsätzen abziehbaren Werbungskosten nicht übersteigt. Das wird zum einen durch die ausdrücklichen Verweise auf die Pausch- bzw. Höchstbeträge der §§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 und Nr. 5, Abs. 5 EStG sichergestellt. Die Rechtsprechung verlangt das jedoch unabhängig davon hinsichtlich aller ersetzten Aufwendungen (vgl. BFH, BStBl. II 1991, 814, 815; 1995, 17, 20; BVH/NV 1997, 286; Bergkemper, in: Herrmann/
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Voraussetzungen abhängig, dass die Aufwandsentschädigung aus einer Bundeskasse gezahlt wird, im Abgeordnetengesetz als Aufwandsentschädigung festgesetzt ist und als solche im Haushaltsplan ausgewiesen wird.100 Auch die Gewährung der Kostenpauschale nach dem Abgeordnetengesetz setzt nicht voraus, dass der Abgeordnete tatsächlich Aufwendungen getätigt hat, bei denen die Voraussetzungen eines Werbungskostenabzugs nach allgemeinen Regeln erfüllt wären. Es handelt sich ja gerade um eine Pauschale, die gemäß § 12 Abs. 2 S. 1 AbgG jedem Mitglied des Bundestages allein aufgrund seines Status als solchem gewährt wird. Es ist damit weder in § 3 Nr. 12 S. 1 EStG noch im Abgeordnetengesetz sichergestellt, dass die steuerfreie Kostenpauschale und die nach allgemeinen Regeln abziehbaren Werbungskosten deckungsgleich sind. Die Steuerfreiheit der Kostenpauschale nach § 3 Nr. 12 S. 1 EStG führt damit immer dann zu einer über die bloße Saldierung hinausgehenden „echten“ Steuerbefreiung von nach allgemeinen Grundsätzen steuerpflichtigen Einnahmen, wenn der Abgeordnete tatsächlich gar keinen oder nur einen geringeren Aufwand getätigt hat oder dieser nicht die Voraussetzungen des Werbungskostenbegriffs erfüllt. Im Ergebnis werden bei Abgeordneten auch dann über die Steuerbefreiung der Kostenpauschale WerHeuer/Raupach, § 3 Nr. 13 EStG Anm. 26. Daher bestehen auch hinsichtlich dieser Regelungen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. Völlmeke, DB 1993, 1590, 1593). 100 Nach heute allgemeiner Auffassung sind unter dem Begriff des entschädigten Aufwands in § 3 Nr. 12 S. 1 EStG gerade nicht nur die nach allgemeinen Regeln als Werbungskosten zu berücksichtigenden Aufwendungen zu verstehen (so aber die abweichende Meinung Seuffert zu BVerfGE 40, 296, BVerfGE 40, 330, 351). § 3 Nr. 12 S. 1 EStG spricht die Steuerfreiheit unabhängig vom Tatbestand der Werbungskosten sowie von Nachweisbarkeit und Verifikation zu. Es können danach auch solche Zuwendungen steuerfrei sein, die Zeitaufwand, Verdienstausfall, Arbeitsleistung oder sonstiges ausgleichen, vgl. BVerfGE 99, 280, 292 und 294; BFH, BStBl. II 1995, 142, 146 f.; Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 3 Nr. 12 EStG Anm. 2, 9; von Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3 Rn A 583 f., B 12/47 und 50 f., B 12/12 f.; Bergkemper, FR 1995, 738; ders., FR 1999, 517, 518. Auch eine einschränkende verfassungskonforme Auslegung – wie sie bei § 3 Nr. 12 S. 2 EStG vorgenommen wird (siehe S. 76 Fn. 99) – wird bei § 3 Nr. 12 S. 1 EStG abgelehnt, da eine solche nicht gegen den eindeutigen Wortlaut und Zweck der Norm möglich ist (vgl. zu dieser Grenze der verfassungskonformen Auslegung Birk, StuW 1990, 300, 303; Wernsmann/Stalbold, StuB 2000, 302, 306). Der Gesetzgeber wollte durch die Neufassung des § 3 Nr. 11 EStG 1950 in § 3 Nr. 12 S. 1 EStG 1957 gerade erreichen, dass die Finanzbehörden das Vorliegen eines tatsächlichen Aufwands nicht mehr nachprüfen konnten. Dieser aus der Entstehungsgeschichte folgende Zweck des § 3 Nr. 12 S. 1 EStG geht auch aus dem Wortlaut und der Systematik mit § 3 Nr. 12 S. 2 EStG eindeutig hervor (vgl. dazu etwa BFH, BStBl. II 1995, 142, 147; Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 3 Nr. 12 EStG Anm. 2; anders soweit ersichtlich nur Bahnsen, S. 49; Schmidt/Heinicke, EStG, § 3 Stichwort „Aufwandsentschädigung“ schließt eine verfassungskonforme Auslegung nicht von vornherein aus ohne jedoch näher auf sie einzugehen).
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bungskosten in Höhe der Kostenpauschale (im Jahr 2003 also jährlich 42.036 A) steuerlich berücksichtigt. Indem die dann in der Kostenpauschale liegende Leistungsfähigkeitserhöhung steuerlich nicht berücksichtigt wird, wird das objektive Nettoprinzip für die Gruppe der Abgeordneten durchbrochen. Daraus ergibt sich zum einen eine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung zur Vergleichsgruppe der Einkommensteuerpflichtigen mit Aufwendungen, die mit den in § 12 Abs. 2 AbgG berücksichtigten Aufwendungen vergleichbar sind. Abgeordnete, die tatsächlich niedrigere Werbungskosten getätigt haben als die durch die Kostenpauschale berücksichtigten, werden gegenüber Steuerpflichtigen mit Aufwendungen in gleicher Höhe bevorzugt, bei denen nur diese berücksichtigt werden. So werden etwa bei einem Abgeordneten mit Aufwendungen in Höhe von 30.000 A aufgrund der Kostenpauschale dennoch Aufwendungen in Höhe von 42.036 A in Ansatz gebracht, bei einem sonstigen Steuerpflichtigen mit Aufwendungen ebenfalls in Höhe von 30.000 A jedoch nur diese. Sie werden jedoch auch gegenüber den Steuerpflichtigen mit niedrigeren oder höheren Aufwendungen bevorzugt, da sie nicht entsprechend ihrer unterschiedlichen Leistungsfähigkeit unterschiedlich hoch besteuert werden. So werden etwa bei einem Abgeordneten mit tatsächlichen Aufwendungen in Höhe von 30.000 A und einem Steuerpflichtigen mit Aufwendungen in Höhe von 42.036 A aufgrund der Kostenpauschale gleich hohe Aufwendungen in Ansatz gebracht. Aber auch im Verhältnis zu der weiteren Vergleichsgruppe der Allgemeinheit der Einkommensteuerpflichtigen, also gegenüber Steuerpflichtigen mit anderen als den genannten Aufwendungen und insbesondere auch solchen ohne eigene Aufwendungen, erfolgt eine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung. Da bei Abgeordneten mit tatsächlichen Aufwendungen unterhalb der Kostenpauschale die entsprechende Leistungsfähigkeitserhöhung nicht berücksichtigt wird, werden sie gegenüber diesen im Verhältnis „günstiger“ besteuert. So sind bei einem Abgeordneten ohne weitere Einkunftsquelle, der tatsächliche Aufwendungen in Höhe von 32.036 A getätigt hat, Einkünfte nur in Höhe der Grundentschädigung von aktuell 7.009 A pro Monat, also 84.108 A anzusetzen. Die nicht „verbrauchte“ Kostenpauschale in Höhe von 10.000 A bleibt unberücksichtigt. Ein solcher Abgeordneter wird etwa gegenüber jedem beliebigen Steuerpflichtigen mit Einkünften in Höhe von 94.108 A bevorzugt, der trotz gleicher Leistungsfähigkeit diese Summe vollständig versteuern muss. Ebenfalls wird er etwa gegenüber einem Steuerpflichtigen mit Einkünften in Höhe von 84.108 A bevorzugt, der trotz im Verhältnis geringerer Leistungsfähigkeit die gleiche Summe wie der Abgeordnete versteuern muss. Im Ergebnis werden nur diejenigen Abgeordneten, bei denen tatsächlich Aufwendungen in Höhe der steuerfreien Kostenpauschale anfallen, gemessen an den allgemeinen Regelungen „richtig“ besteuert und nicht gegenüber an-
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deren Steuerpflichtigen bevorzugt. Die Abgeordneten mit niedrigeren tatsächlichen Aufwendungen werden dagegen sowohl gegenüber den Einkommensteuerpflichtigen mit vergleichbaren Aufwendungen als auch gegenüber der Allgemeinheit der Einkommensteuerpflichtigen bevorzugt. In dieser Privilegierung liegt eine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung.101 cc) Kein Nachweiserfordernis aufgrund der Pauschalierung Die steuerfreie Kostenpauschale der Abgeordneten weist zusätzlich eine verfahrensrechtliche Dimension auf. Die Steuerfreiheit ist nach § 3 Nr. 12 S. 1 EStG unabhängig von jeglichem Nachweis tatsächlich entstandener Aufwendungen. Dagegen müssen die übrigen Einkommensteuerpflichtigen ihre Aufwendungen gegenüber dem Finanzamt im Einzelnen erklären und belegen.102 Es stellt sich die Frage, ob in dieser verfahrensrechtlichen Schlechterstellung eine selbständige Ungleichbehandlung neben der unterschiedlichen materiellen Berücksichtigung der Aufwendungen zu sehen ist. In der Entscheidung zur Steuerfreiheit der Stellenzulage Ost hat das Bundesverfassungsgericht zwar erwähnt, dass die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 12 S. 1 EStG unabhängig von „Nachweisbarkeit und Verifikation“ des Aufwands gewährt wird103, ist jedoch nicht weiter auf eine etwaige selbständige Ungleichbehandlung durch die unterschiedlichen Nachweispflichten eingegangen. Der Bundesfinanzhof hat in seinem Vorlagebeschluss zur Stellenzulage Ost sogar ausdrücklich allein auf die „finanzielle Endbelastung“ abgestellt104 und die fehlende Nachweispflicht gar nicht erwähnt. Zu Ausführungen über unterschiedliche Nachweispflichten bestand in diesen Entscheidungen allerdings auch kein Anlass, da die gemäß § 3 Nr. 12 S. 1 EStG steuerfreie Stellenzulage jedenfalls überwiegend nicht (ansonsten nachzuweisenden) Erwerbsaufwand ausglich, sondern Gehaltscharakter hatte.105 Nachweispflich101 Umgekehrt ergibt sich natürlich auch eine Benachteiligung derjenigen Abgeordneten, deren tatsächliche Aufwendungen – was allerdings in der Praxis wohl nur selten vorkommen wird – ausnahmsweise über dem Betrag der Kostenpauschale liegen. Hier sollen jedoch nur die sich ergebenden Privilegierungen der Abgeordneten untersucht werden. 102 Der Steuerpflichtige trägt insoweit die objektive Beweislast, vgl. etwa BFH, BStBl. II 1978, 338, 339; 1980, 289, 291; 1981, 14, 15. Bei § 3 Nr. 12 S. 2 EStG und § 3 Nr. 13, 16 EStG muss er erklären und belegen, dass der Aufwendungsersatz die nach allgemeinen Grundsätzen abziehbaren Werbungskosten nicht übersteigt bzw. bei § 3 Nr. 12 S. 2 EStG nicht „offenbar“ übersteigt. 103 BVerfGE 99, 280, 291. 104 BFH, BStBl. II 1995, 142, 146 (zurückgenommen nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aufgrund der Vorlage des FG Brandenburg, EFG 1995, 977). 105 Vgl. BVerfGE 99, 280, 295.
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ten für Aufwendungen hatte daher keine der betroffenen Vergleichsgruppen. Auch in der Entscheidung zum Arbeitnehmer-Pauschbetrag hat sich das Bundesverfassungsgericht nicht mit den verfahrensrechtlichen Auswirkungen der Pauschalierung befasst.106 Dagegen hat es das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zur Steuerfreiheit von aus öffentlichen Kassen gezahlten Beihilfen im Krankheitsfall nach § 3 Nr. 11 EStG trotz gleichem „finanziellem Ergebnis“ als selbständige Ungleichbehandlung angesehen, dass die Beihilfen aus öffentlichen Mitteln von vornherein steuerfrei waren, während es bei vergleichbaren Leistungen privater Arbeitgeber der „Überprüfung im Einzelfall“ bedurfte, ob sie als außergewöhnliche Belastungen abziehbar waren.107 Auch in der Literatur wird die fehlende Nachweispflicht bei steuerfreien Aufwandsentschädigungen als eigenständiger Begünstigungseffekt angesehen.108 Angesichts des Aufwands, den ein Nachweis von Aufwendungen gegenüber dem Finanzamt verursachen kann, ist dem zuzustimmen. In dem Fehlen jeglicher Nachweiserfordernisse für Abgeordnete als Folge der steuerfreien Kostenpauschale ist eine weitere rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung gegenüber der Allgemeinheit der Einkommensteuerpflichtigen zu sehen. Diese beschränkt sich allerdings auf diejenigen Steuerpflichtigen, die auch tatsächlich eines Einzelnachweises bedürfende eigene Aufwendungen haben.109 106
Vgl. BVerfGE 96, 1 ff. BVerfGE 83, 395, 402. 108 Vgl. etwa Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 3 EStG Allg. Anm. 22; von Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3 Rn A 581c. 109 Andere im Zusammenhang mit steuerfreiem Aufwendungsersatz im Schrifttum ausgeführte Ungleichbehandlungen können sich dagegen bei der steuerfreien Kostenpauschale der Abgeordneten von vornherein nicht ergeben. So kann es bei Arbeitnehmern zu einer Kumulation von steuerfreiem Aufwendungsersatz gemäß § 3 Nr. 12, 13, 16 EStG und dem Arbeitnehmer-Pauschbetrag nach § 9a S. 1 Nr. 1 EStG kommen, während bei anderen Arbeitnehmern die entsprechenden Werbungskosten durch den Pauschbetrag „verbraucht“ werden (vgl. etwa Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 3 EStG Allg. Anm. 22; von Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3 Rn A 581c – jeweils m. w. N.; Verfassungsmäßigkeit offengelassen von BVerfGE 96, 1, 10). Das scheidet jedoch bei der steuerfreien Kostenpauschale der Abgeordneten aus, da diesen daneben kein weiterer Pauschbetrag gewährt wird. Bei Arbeitnehmern schließt zudem steuerfreier Aufwendungsersatz den Lohnsteuerabzug aus. Daraus ergibt sich der Vorteil, dass nicht zunächst eine Besteuerung der Einnahmen und erst im Rahmen einer zeitlich versetzten Veranlagung eine entsprechende Berücksichtigung der Aufwendungen erfolgt (vgl. etwa von Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3 Rn A 581c). Auch das ist jedoch bei Abgeordneten nicht möglich, da sie ohnehin keinem Steuerabzug unterliegen. Die Auswirkungen unterschiedlicher (Progressions-)Steuersätze, wenn den ersetzten Aufwendungen erst in späteren Veranlagungszeiträumen Werbungskosten gegenüberstehen (vgl. Offerhaus, BB 1988, 1796), können sich dagegen zwar auch bei Abgeordneten ergeben, jedoch sind sie wohl im Vergleich zu der durch die Pauschalierung bewirkten Ungleichbehandlung zu vernachlässigen. 107
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III. Zwischenergebnis Als Zwischenergebnis lässt sich festhalten, dass den die steuerfreie Kostenpauschale beziehenden Abgeordneten als Vergleichsgruppe zum einen die Einkommensteuerpflichtigen mit vergleichbaren Aufwendungen und zum anderen alle übrigen Einkommensteuerpflichtigen gegenüberzustellen sind. Bei diesem Vergleich begründet die sich aus § 3 Nr. 12 S. 1 EStG ergebende Steuerbefreiung der Aufwandsentschädigung als solche noch keine rechtfertigungsbedürftigen Ungleichbehandlung. Jedoch ergibt sich eine rechtfertigungsbedürftige Bevorzugung der Abgeordneten gegenüber den anderen Vergleichsgruppen aus der Ausgestaltung der steuerfreien Aufwandsentschädigung als Pauschale, da diese zu einer „echten“ Steuerbefreiung für Abgeordnete führt. Dadurch wird im Ergebnis bei Abgeordneten immer ein Aufwand in Höhe der steuerbefreiten Kostenpauschale berücksichtigt, selbst wenn die tatsächlichen Aufwendungen weit niedriger sind. Eine weitere rechtfertigungsbedürftige Bevorzugung liegt darin, dass die steuerfreie Kostenpauschale unabhängig von jeglicher Nachweispflicht ist und daher die Abgeordneten ihre Aufwendungen nicht wie die übrigen Einkommensteuerpflichtigen erklären und belegen müssen.
B. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung der steuerfreien Kostenpauschale Die durch die steuerfreie Kostenpauschale begründete Ungleichbehandlung führt nicht ohne weiteres zu einer Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG. Eine solche liegt nur dann vor, wenn die Ungleichbehandlung nicht verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden kann.110 In diesem Zusammenhang ist es zunächst Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche Elemente der zu ordnenden Lebensverhältnisse er dafür als maßgebend ansieht, sie im Recht gleich oder verschieden zu behandeln.111 Dabei unterliegt er jedoch Bindungen. Eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung gelingt nur, wenn sich für die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung ein sachlicher Grund finden lässt.112 Welche Gründe dafür in Betracht kommen und welche Anforde110 Die bloße Ungleichbehandlung stellt noch nicht einmal ein Indiz für eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG dar, vgl. Jarass/Pieroth, GG, Art. 3 Rn 14; Jarass, AöR 120 (1995), 345, 377. 111 Vgl. etwa BVerfGE 50, 57, 77; 71, 255, 271; 75, 108, 157; 78, 249, 287; 81, 108, 117; 83, 395, 401; 84, 348, 359. 112 Das Bundesverfassungsgericht benutzt in diesem Zusammenhang verschiedene Formulierungen mit gleicher Bedeutung, etwa: „Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache sich ergebender oder sonstwie einleuchtender Grund nicht finden läßt“ (vgl. schon BVerfGE 1, 14, 52 und aus neuerer Zeit 55, 114, 128; 61, 138, 141; 68, 237, 250; 71, 255, 271; 83, 1, 23; 89, 132, 141; 105, 73,
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rungen an sie zu stellen sind, lässt sich nicht abstrakt und allgemein festlegen, sondern nur bezogen auf den jeweils in Rede stehenden Sach- und Regelungsbereich und seine Eigenarten entscheiden.113 Es fragt sich, ob nach diesen Grundsätzen die nach § 3 Nr. 12 S. 1 EStG steuerfreie Kostenpauschale für Abgeordnete verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden kann. Die durch sie herbeigeführte Ungleichbehandlung besteht wie dargelegt darin, dass bei Abgeordneten in typisierender Weise immer Werbungskosten in Höhe der Kostenpauschale berücksichtigt werden unabhängig davon, ob tatsächlich Werbungskosten in dieser Höhe angefallen sind und ob der Abgeordnete sie nachgewiesen hat.114 Bei typisierenden Regelungen kommt stets eine Rechtfertigung aufgrund der mit ihnen verbundenen Vereinfachungswirkung, also aufgrund der Praktikabilität der Norm in Betracht. Die Zusammenfassung aller einbezogenen Fälle zu einem „typischen Fall“ bewirkt eine einfachere Vollziehbarkeit der Norm, etwa wegen des Wegfalls der in einem ausdifferenzierten Regelungssystem zwangsläufig anfallenden Abgrenzungsschwierigkeiten oder wegen des Wegfalls von Nachweiserfordernissen. Jedoch können darüber hinaus auch besondere Gründe für eine Typisierung vorliegen, die nicht auf die allgemeine Praktikabilität der Norm abstellen. 110) oder: „Der Gesetzgeber muß allerdings eine Auswahl sachgerecht treffen“ (vgl. BVerfGE 53, 313, 329; 75, 108, 157; 78, 249, 287). 113 Vgl. etwa BVerfGE 75, 108, 157; 80, 109, 118; 83, 89, 107 f.; 88, 87, 96 f.; 89, 132, 142; 90, 226, 239; 93, 319, 348 f.; 93, 386, 397; 101, 275, 291; 103, 310, 318; 105, 73, 111. 114 Vielfach wird angenommen, dass für die in § 3 Nr. 12 S. 1 EStG selbst getroffene Unterscheidung zwischen Aufwandsentschädigungen aus bestimmten öffentlichen Kassen und solchen aus sonstigen Kassen keine Rechtfertigung ersichtlich sei und daher § 3 Nr. 12 S. 1 EStG generell verfassungswidrig sei, vgl. Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 3 Nr. 12 EStG Anm. 3; ders., FR 1995, 738; ders., FR 1999, 517, 518; Rößler, BB 1994, 1401, 1402 f.; von Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 3 Rn A 585 und 587, B 12/25; Koether, S. 90 ff.; ders., StuW 1972, 45, 51 f.; für Verfassungsmäßigkeit dagegen noch ausdrücklich BFH, BStBl. III 1965, 144, 147. Eine solche Vorgehensweise ist jedoch nicht zulässig. Ohne Betrachtung der konkreten jeweils von § 3 Nr. 12 S. 1 EStG steuerbefreiten Aufwandsentschädigung bleibt eine Ungleichbehandlung durch § 3 Nr. 12 S. 1 EStG rein potenziell. Ob ein rechtfertigender sachlicher Grund vorliegt, kann nur bezogen auf die konkrete durch § 3 Nr. 12 S. 1 EStG steuerbefreite Aufwandsentschädigung entschieden werden. Nur aufgrund der mit dieser verbundenen Besonderheiten kann entschieden werden, ob ein sachlicher Grund vorliegt, der die Ungleichbehandlung für diesen Fall zu rechtfertigen vermag. Entsprechend hat das Bundesverfassungsgericht bisher § 3 Nr. 12 S. 1 EStG nicht generell, sondern nur in seiner Anwendung auf eine bestimmte Aufwandsentschädigung (in dem Fall die Stellenzulage Ost) für verfassungswidrig erklärt, vgl. BVerfGE 99, 280 f., 297 f. Für die weitere Untersuchung bedeutet das, dass ausschließlich die den Abgeordneten gewährte und nach § 3 Nr. 12 S. 1 EStG steuerfreie Kostenpauschale auf einen rechtfertigenden Grund zu untersuchen ist und nicht § 3 Nr. 12 S. 1 EStG generell.
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Für die Rechtfertigung der steuerfreien Kostenpauschale ergibt sich daher folgende Vorgehensweise: Zunächst sind besondere Rechtfertigungsgründe in der spezifischen Situation des Abgeordneten zu suchen. Zum einen ist die Parlamentsautonomie näher zu betrachten. Es könnte diese beeinträchtigen, wenn die Kostenpauschale der Abgeordneten den allgemeinen steuerlichen Regelungen unterworfen würde, die Abgeordneten also der Finanzverwaltung Rechenschaft über ihre Aufwendungen geben müssten und diese die gemachten Angaben zu kontrollieren hätte. Zum anderen ist das „freie Mandat“ des Abgeordneten aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG heranzuziehen. Die Anwendung der allgemeinen steuerlichen Regelungen könnte die unabhängige Mandatsausübung beeinträchtigen. Wenn eine Rechtfertigung aufgrund dieser beiden besonderen Gründe nicht gelingt, kommt als rechtfertigender sachlicher Grund schließlich noch die mit der Typisierung verbundene allgemeine Vereinfachungswirkung in Frage.115 115 Andere vor allem in der älteren Diskussion im Zusammenhang mit § 3 Nr. 12 S. 1 EStG erörterten Rechtfertigungsansätze scheiden für eine Rechtfertigung der den Abgeordneten gewährten steuerfreien Kostenpauschale dagegen von vornherein aus und werden hier nicht weiter verfolgt. So könnte erwogen werden, dass die Bewilligung von Aufwandsentschädigungen aus öffentlichen Kassen derart starken Bindungen unterliegt, dass eine Kontrolle durch die Finanzverwaltung überflüssig erscheint. Im Fall des § 3 Nr. 12 S. 1 EStG muss die Aufwandsentschädigung sogar durch bestimmte hochrangige staatliche Stellen festgesetzt werden. Von dieser Vorstellung gingen noch die Begründungen zu den Vorläufervorschriften von § 3 Nr. 12 S. 1 EStG in § 34 EStG 1920 und § 36 Abs. 2 EStG 1925 aus (vgl. Verhandlungen der Nationalversammlung, Bd. 340, Nr. 2149, S. 60 f. zu § 34 EStG 1920: „daß daher Ersparnisse, die zum steuerbaren Einkommen zu rechnen wären, regelmäßig nicht zu erzielen sind“). Diese Erwägung wird heute einhellig nicht als zur Rechtfertigung der Steuerfreiheit genügend angesehen, da zwar dadurch die Gewähr für eine grundsätzlich rechtmäßige Festsetzung der Aufwandsentschädigung besteht, jedoch diese sich nicht zwangsläufig an den steuerrechtlichen Anforderungen orientieren muss, sondern etwa an den besoldungsrechtlichen Anforderungen (so bereits Hillert, BB 1958, 480, 481; Koether, S. 92; aus neuerer Zeit etwa BVerfGE 99, 280, 293 und 295 f.; von Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3 Rn A 585). Jedenfalls könnte durch diese Erwägung auf keinen Fall die steuerfreie Kostenpauschale der Abgeordneten gerechtfertigt werden, da diese bereits nach der gesetzgeberischen Konzeption nicht darauf angelegt ist, den tatsächlich entstandenen Aufwand zu erstatten, sondern diese gerade pauschal abgelten soll. In seiner Entscheidung zur Ministerialzulage hat der Bundesfinanzhof § 3 Nr. 12 S. 1 EStG weiterhin mit der haushaltsrechtlichen Erwägung gerechtfertigt, dass bei Besteuerung der Aufwandsentschädigungen aus öffentlichen Kassen die Bruttobezüge entsprechend erhöht werden müssten (vgl. BFH, BStBl. III 1965, 144, 147). Abgesehen davon, dass diese Gegenüberstellung von Steuerlast und Erhöhung der Bezüge haushaltsverfassungsrechtlich unzutreffend ist (vgl. dazu BVerfGE 99, 280, 296), kann damit eine Steuerfreiheit bestimmter Bezüge aus öffentlichen Kassen nicht gerechtfertigt werden, da diese Erwägung für alle Bezüge aus öffentlichen Kassen gelten würde (so ausdrücklich BVerfGE 99, 280, 296; BFH, BStBl. II 1995, 142, 147 f.; bereits BVerfGE 40, 296 ff. ist dieser Erwägung nicht gefolgt, allerdings ohne sie ausdrücklich zu erörtern).
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I. Maßstab für die Rechtfertigung Bevor jedoch eine Rechtfertigung der steuerfreien Kostenpauschale anhand dieser Gründe untersucht werden kann, ist zunächst zu ermitteln, nach welchem Maßstab sich diese Rechtfertigung überhaupt richtet. Es ist die Bindungsintensität des Gleichheitssatzes in Bezug auf die steuerfreie Kostenpauschale und der Gestaltungsspielraum, der dem Gesetzgeber dort zusteht, zu ermitteln. Auszugehen ist dabei von den allgemeinen Grundsätzen, die hinsichtlich des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers im Rahmen von Art. 3 Abs. 1 GG entwickelt worden sind (dazu 1.). Zu beachten sind aber auch die bereichsspezifischen Anforderungen an eine Rechtfertigung im Bereich des Steuerrechts (dazu 2.) sowie die speziellen Grundsätze für typisierende Regelungen (dazu 3.). 1. Allgemeine Grundsätze zum Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei Art. 3 Abs. 1 GG
Nach allgemeinen Grundsätzen stellt sich bei Art. 3 Abs. 1 GG die Frage, ob er als bloßes Willkürverbot wirkt oder ob eine Rechtfertigung nur nach Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten möglich ist sowie wie streng gegebenenfalls die Bindung an diese Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkte ausfällt. In dieser Frage hat in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Entwicklung stattgefunden. a) Bloßes Willkürverbot oder Bindung an Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkte aa) Art. 3 Abs. 1 GG als bloßes Willkürverbot Über lange Zeit hat das Bundesverfassungsgericht Art. 3 Abs. 1 GG als bloßes Willkürverbot eingeordnet. Danach verbietet der Gleichheitssatz lediglich, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich zu behandeln. Willkürlich ist eine Ungleichbehandlung nur dann, wenn sich kein wie auch immer gearteter sachlicher Grund für sie finden lässt.116 Es kommt mit anderen Worten darauf an, ob eine gesetzliche Regelung evident unsachlich ungleich behandelt.117 Durch diese Konzeption wird die Bindungswirkung des Gleichheitssatzes auf 116
Sog. Willkürformel, früher st. Rspr. des Bundesverfassungsgerichts seit BVerfGE 1, 14, 52; für das Steuerrecht vgl. etwa BVerfGE 12, 341, 348; 21, 6, 9; 21, 12, 26; 25, 101, 105. Diese Rechtsprechung ging maßgeblich auf Gerhard Leibholz zurück, vgl. Leibholz, S. 72 ff. 117 Vgl. zu diesem „Evidenzkriterium“ etwa BVerfGE 12, 326, 333; 14, 142, 150; 19, 101, 115.
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ein Minimum reduziert. Sachliche Gründe beliebigen Gewichts genügen zur Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung. Der Gleichheitssatz wird zu einem bloßen Begründungsgebot ohne inhaltliche Anforderungen an die Begründung. Er droht weitgehend leer zu laufen.118 bb) Sog. neue Formel: Strengere Anforderungen durch Bindung an Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkte In einer Grundsatzentscheidung aus dem Jahr 1980119 hat das Bundesverfassungsgericht die sog. neue Formel entwickelt, durch die die Anforderungen an die Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen im Vergleich zur Willkürformel verschärft wurden. Danach ist der Gleichheitssatz dann verletzt, „wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten“.120 Der wesentliche Unterschied gegenüber dem früheren Verständnis des Gleichheitssatzes besteht darin, dass nach der neuen Formel weitere Anforderungen an das Gewicht des die Ungleichbehandlung rechtfertigenden Grundes gestellt werden. Die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung wird nach ihr als Frage einer verfassungsrechtlichen Abwägung gesehen. Eine Ungleichbehandlung ist nur dann gerechtfertigt, wenn sie einer Überprüfung anhand des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes standhält.121 Danach muss die Ungleichbehandlung einen legitimen Zweck verfolgen, zur Erreichung dieses Zwecks geeignet und erforderlich sein sowie nicht außer Verhältnis zum Rang des verfolgten Zwecks stehen.122 Nach diesem Verständnis ist der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum im Bereich
118 So Tipke, StRO I, S. 330 f.; Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit, S. 136; Huster, Rechte und Ziele, S. 370 ff. 119 BVerfGE 55, 72 ff. 120 BVerfGE 55, 72, 88. Seitdem st. Rspr., vgl. aus neuerer Zeit etwa 93, 386, 397;105, 73, 110. 121 So ausdrücklich nunmehr BVerfGE 89, 15, 22 (zu § 3b EStG). Das BVerfG spricht dort wörtlich von einer „strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse“. Vgl. auch BVerfGE 88, 87, 96; 89, 265, 375; 91, 389, 401; 105, 73, 110. 122 Birk/Barth, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 4 AO Anm. 441; Pieroth/Schlink, Rn 440; Jarass, NJW 1997, 2545, 2549. Zur Erforderlichkeit vgl. etwa BVerfGE 85, 238, 245: Die durch die Ungleichbehandlung bewirkte Belastung „darf nicht weiter greifen, als der die Verschiedenbehandlung legitimierende Zweck es rechtfertigt“ und BVerfGE 91, 389, 403 f.: „Dem Gesetzgeber hätten zu diesem Zweck weniger einschneidende Maßnahmen zur Verfügung gestanden“. Zur Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne vgl. etwa BVerfGE 82, 126, 146; 88, 5, 12; 95, 267, 316 f.: „Ungleichbehandlung und rechtfertigender Grund müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen.“
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des Gleichheitssatzes deutlich enger. Dem entspricht eine erhöhte Kontrolldichte bei der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung. cc) Anwendungsbereiche der unterschiedlichen Prüfungsmaßstäbe Damit ist noch nicht geklärt, in welchen Fällen welche Formel mit ihren unterschiedlichen Prüfungsmaßstäben zur Anwendung kommt. In der Zeit nach Ergehen der genannten Grundsatzentscheidung verwendete das Bundesverfassungsgericht teilweise die neue Formel und teilweise weiter die Willkürformel, ohne zu begründen, warum welcher Maßstab gewählt wurde.123 In seiner neueren Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht Kriterien für die Anwendung der unterschiedlichen Rechtfertigungsanforderungen entwickelt. Es wendet je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Prüfungsmaßstäbe an, „die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen“.124 Damit ergibt sich statt eines „entweder – oder“ der beiden Formeln ein Kontinuum von einer sehr großzügigen bis hin zu einer sehr strengen Prüfung.125 Diese Abstufungen beruhen nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts auf Wortlaut und Sinn des Art. 3 Abs. 1 GG sowie auf seinem Zusammenhang mit anderen Verfassungsnormen.126 Zur Bestimmung des danach anzuwendenden Prüfungsmaßstabs kommt es vor allem darauf an, ob es um eine Ungleichbehandlung von Personengruppen oder von Sachverhalten geht. Bei einer Ungleichbehandlung von Personengruppen (sog. personenbezogene Ungleichbehandlung) unterliegt der Gesetzgeber regelmäßig dem Verhältnismäßigkeitsprinzip mit einer strengeren Bindung.127 Dadurch wird der Tatsache Rechnung getragen, dass in diesen Fällen die Benachteiligten den bevorzugten Sachverhalt in ihrer Person nicht oder nur schwer erfüllen können, es daher für die Ungleichbehandlung keine Ausweichmöglichkeit gibt und sich die Betroffenen nicht auf die Regelung einstellen können.128 Zudem will der Grundsatz, dass alle Menschen vor dem 123
Vgl. die Analyse der Rechtsprechungsentwicklung bei Sachs, JuS 1997, 124,
126. 124 Vgl. etwa BVerfGE 88, 5, 12; 88, 87, 96; 89, 15, 22; 91, 389, 401; 92, 365, 407 f.; 95, 267, 316; 101, 54, 101; 105, 73, 110. 125 Jarass/Pieroth, GG, Art. 3 Rn 17. 126 Vgl. etwa BVerfGE 88, 87, 96; 89, 15, 22. 127 BVerfGE 55, 72, 88 f.; 75, 348, 357; 78, 232, 247; 88, 87, 96 f. Eine solche Ungleichbehandlung von Personengruppen hat das BVerfG etwa angenommen bei der Differenzierung zwischen Arbeitern und Angestellten (BVerfGE 90, 46, 56 f.), zwischen Verheirateten und Geschiedenen (BVerfGE 91, 389, 401) oder bei der Begünstigung von Landesangehörigen gegenüber Personen aus anderen Bundesländern (BVerfGE 73, 301, 321). 128 BVerfGE 55, 72, 89; 60, 329, 346; 88, 5, 12; 92, 26, 52; 95, 267, 316 f.
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Gesetz gleich sind, in erster Linie eine ungerechtfertigte Verschiedenbehandlung von Personen verhindern.129 Dabei ist die Bindung wiederum um so strenger, je mehr sich die personenbezogenen Merkmale den in Art. 3 Abs. 3 GG genannten annähern und je größer deshalb die Gefahr ist, dass die Ungleichbehandlung zur Diskriminierung von Minderheiten führt.130 Werden dagegen ausschließlich Sachverhalte ungleich behandelt (sog. sachbezogene oder verhaltensbezogene Ungleichbehandlung), ist eine großzügigere Prüfung geboten.131 Allerdings ist auch hier der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers wieder enger und er unterliegt einer um so strikteren Bindung, je weniger die Betroffenen in der Lage sind, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Merkmale zu beeinflussen, nach denen unterschieden wird.132 Problematisch ist in diesem Zusammenhang die Abgrenzung zwischen personenbezogenen und sach- bzw. verhaltensbezogenen Ungleichbehandlungen. Das Bundesverfassungsgericht nimmt eine personenbezogene Ungleichbehandlung nicht nur bei einer unmittelbaren Anknüpfung an personengebundene Merkmale an133, sondern auch dann, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt.134 Jedoch führt jede an Sachverhalte anknüpfende Differenzierung mittelbar auch zu einer Unterscheidung zwischen Personengruppen. Ohne dass Grundrechtsträger von der Ungleichbehandlung betroffen sind, ist Art. 3 Abs. 1 GG ja gar nicht anwendbar. Letztlich kann jede sachbezogene Regelung personenbezogen formuliert werden, indem auf die Personen abstellt wird, die ein bestimmtes Tatbestandsmerkmal verwirklichen.135 Daher wird überwiegend vorgeschlagen, bei solchen mittelbar personenbezogenen 129
BVerfGE 55, 72, 88; 89, 15, 22. BVerfGE 88, 87, 96 f.; 92, 26, 52. 131 BVerfGE 55, 72, 89; 60, 329, 346; 88, 87, 96; 96, 1, 5 f.; 97, 169, 180 f.; 99, 88, 94; 99, 367, 388; 101, 297, 309. Eine sach- bzw. verhaltensbezogene Ungleichbehandlung hat das Bundesverfassungsgericht etwa angenommen bei Anknüpfung an die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Krankenkasse (BVerfGE 89, 365, 375 f.) oder bei Anknüpfung der Hoferbfolge daran, dass der Erbe den Betrieb bewohnt und bewirtschaftet, zu seiner Übernahme bereit und zu seiner ordnungsgemäßen Bewirtschaftung geeignet ist (BVerfGE 91, 346, 363 f.). 132 BVerfGE 55, 72, 89; 88, 5, 12; 88, 87, 96; 89, 15, 22. 133 Vgl. dazu etwa BVerfGE 89, 365, 376; 91, 346, 363. 134 BVerfGE 88, 87, 96; 89, 15, 22; 92, 53, 69; 95, 143, 155; 96, 1, 6; 97, 169, 180 f.; 99, 129, 388; 99, 367, 389; 101, 297, 309. 135 Vgl. dazu etwa Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit, S. 181 f. und besonders deutlich Sachs, JuS 1997, 124, 128. Dieser nennt als Extrembeispiel die verschiedene Behandlung der Versuche, Schriftsätze per Telefax oder auf andere Art zu übermitteln (BVerfG, NJW 1996, 2857, 2858), bei der sich auch ein Bezug auf Personengruppen, die auf die eine oder andere Art ihre Schriftsätze übermitteln wollen, herstellen lässt. Osterloh, in: Sachs, GG, Art. 3 Rn 25 bezeichnet diese Frage daher als „bisher noch nicht klar gelöstes Folgeproblem der neueren Rechtsprechung“. 130
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Ungleichbehandlung auf den personalen Gehalt der Regelung abzustellen. Personenbezogen wirkt das verwandte Differenzierungsmerkmal danach nur dann, wenn es an eine Eigenschaft anknüpft, die auch unabhängig von der überprüften Regelung für eine abgrenzbare Personengruppe kennzeichnend ist und ihr nicht erst durch die fragliche Regelung gruppenkonstituierend zugeschrieben wird.136 Für alle diese Fälle nimmt das Bundesverfassungsgericht darüber hinaus eine um so strengere Bindung an, je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann.137 Es ist jeweils zu fragen, ob die in Frage stehende differenzierende Maßnahme gleichzeitig in den Schutzbereich eines Freiheitsgrundrechts eingreift. Daraus folgt zum einen, dass im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit in der Regel eine eher großzügigere Prüfung geboten ist.138 Zum anderen ist im Bereich der Eingriffsverwaltung die Bindung um so intensiver, wenn die speziellen Freiheitsrechte betroffen sind.139 Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verschärfung der Bindung anhand der neuen Formel allerdings auch bei Eingriffen lediglich in die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG angenommen.140 Jedoch kann die Bindungswirkung dort nicht in dem Maße verschärft sein wie bei Betroffenheit der speziellen Freiheitsrechte, da Art. 2 Abs. 1 GG im Bereich der Eingriffsverwaltung stets betroffen ist. Andererseits darf die Prüfung aber auch nicht so großzügig ausfallen wie im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit.141 dd) Kritik Gegen die neue Konzeption des Bundesverfassungsgericht wird zum Teil eingewandt, die Übernahme des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sei wegen seines Zuschnitts auf die Begrenzung von Freiheitsbeschränkungen nicht ohne weiteres möglich. Jedoch geht es dabei vor allem um terminologische Kritik. 136
Vgl. etwa Jarass, NJW 1997, 2545, 2549; Sachs, JuS 1997, 124, 128 f.; Birk/ Barth, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 4 AO Anm. 443. 137 BVerfGE 88, 87, 96; 89, 365, 375; 91, 389, 401; 95, 143, 155; 96, 1, 6; 98, 169, 180 f.; 99, 129, 139; 99, 367, 388; 101, 297, 309; 105, 73, 110 f. 138 BVerfGE 78, 104, 121; BVerwGE 74, 260, 264; 101, 86, 95. Kritisch dazu allerdings Wernsmann, S. 199 ff. 139 Etwa die Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 GG (BVerfGE 81, 108, 121), die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG (BVerfGE 62, 256, 274) oder die Eigentumsgarantie aus Art. 14 GG (BVerfGE 74, 203, 217). 140 BVerfGE 89, 69, 89. 141 Zutreffend Jarass, NJW 1997, 2545, 2547, der eine Verschärfung der Rechtfertigungsanforderungen aufgrund Art. 2 Abs. 1 GG ablehnt, jedoch andererseits zu der Ausweitung der Rechtfertigungsmöglichkeiten bei der gewährenden Staatstätigkeit abgrenzt.
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In der Sache wird der Fortentwicklung der Gleichheitssatzprüfung heute weitgehend zugestimmt.142 Auf der anderen Seite wird auch gefordert, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz generell bei allen Ungleichbehandlungen anzuwenden.143 Überwiegend übernimmt die Literatur indes den neuen Ansatz des Bundesverfassungsgerichts.144 Allerdings werden vielfach die vom Bundesverfassungsgericht verwandten Kriterien für die Abstufung der Prüfungsintensität kritisiert, weil sie sich als kaum anwendbar erwiesen hätten.145 Im Ergebnis ist der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zuzustimmen. Die Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf Ungleichbehandlungen ist zunächst einmal durchführbar. Nach seiner Struktur ist er auf Rechtsgüterkonflikte jeder Art anwendbar, also immer dann, wenn zwei oder mehrere Güter nicht gleichzeitig verwirklicht werden können und daher einseitig beschränkt oder zu einem sinnvollen Ausgleich gebracht werden müssen.146 Als solche kommen bei Ungleichbehandlungen stets das grundsätzliche Gebot der Gleichbehandlung sowie der vom Gesetzgeber mit der Ungleichbehandlung verfolgte Zweck in Betracht.147 Darüber 142 Vgl. zur rein terminologischen Kritik mit Zustimmung in der Sache etwa Sachs, JuS 1997, 124, 129; Heun, in: Dreier, GG, Art. 3 Rn 24 ff.; Rüfner, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 3 Abs. 1 Rn 96 ff. Kritisch zu einer vollständigen Parallelisierung der Verhältnismäßigkeitsprüfung bei Freiheits- und Gleichheitsrechten auch in der Sache äußert sich allerdings Kirchhof, in: HStR V, § 124 Rn 161 ff., 288 f. Es finden sich jedoch auch Stimmen, die die Heranziehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes generell ablehnen. Grundlegende Ausführungen dazu stammen zumeist allerdings bereits aus der Zeit vor Entwicklung der neuen Formel durch das Bundesverfassungsgericht, vgl. vor allem Lerche, S. 29 ff.; aus neuerer Zeit unter ausdrücklicher Bezugnahme auf diesen etwa Müller, VVDStRL 47 (1989), S. 37 ff.; kritisch auch Stein, in: AK-GG, Art. 3 Abs. 1 Rn 48 Eine ausführliche Darstellung der Diskussion findet sich bei Huster, Rechte und Ziele, S. 176 ff. 143 So etwa Martini, S. 115 ff. 144 Zuerst wohl Kloepfer, S. 56 ff. Vgl. weiterhin etwa Jarass/Pieroth, GG, Art. 3 Abs. 1 Rn 17 ff.; Pieroth/Schlink, Rn 438 ff.; Jarass, NJW 1997, 2545 ff.; Osterloh, in: Sachs, GG, Art. 3 Rn 13 ff.; Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Anh Art. 3 Rn 10; Gubelt, in: von Münch/Kunig. GG, Art. 3 Rn 14 ff.; Hesse, Festschrift für Lerche, S. 121, 128. 145 Etwa Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Anh Art. 3 Rn 9; Osterloh, in: Sachs, GG, Art. 3 Rn 27; Sachs, JuS 1997, 124, 127. Ein neuer Ansatz will stattdessen den Anwendungsbereich des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes grundlegend anders bestimmen: Er sei nicht anwendbar, wenn die Ungleichbehandlung lediglich sog. interne Zwecke verfolge, was der Fall sei, wenn sie sich an einem bestimmten (Gerechtigkeits-)Maßstab orientiert (z. B. Leistungsfähigkeit im Steuerrecht). Nur wenn die Ungleichbehandlung andere, sog. externe Zwecke verfolge (z. B. Ziele der Wirtschaftslenkung), sei er heranzuziehen. Vgl. ausführlich Huster, Rechte und Ziele, S. 225 ff., 351 ff. sowie die knappe Zusammenfassung von dems., JZ 1994, 541 ff. 146 Insoweit ist Huster zuzustimmen, vgl. Huster, Rechte und Ziele, S. 107 ff. 147 Ob dem Ansatz von Huster zum Anwendungsbereich des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (siehe Fn. 145) zu folgen ist, muss hier nicht entschieden werden. Es geht
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hinaus überzeugt die Heranziehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auch. Sie führt dazu, dass nicht jeder sachliche Grund, sei er unter Gemeinwohlaspekten auch noch so leichtgewichtig, quasi automatisch eine Ungleichbehandlung rechtfertigt.148 Vielmehr erscheint es angemessen, die mit der Ungleichbehandlung verfolgten Zwecke zumindest einer Gewichtung zu unterziehen mit der Konsequenz, dass sie unter Umständen in bestimmten Fällen für eine Rechtfertigung nicht genügen. Andererseits überzeugt auch eine undifferenzierte Anwendung des strengen Maßstabes auf alle Ungleichbehandlungen nicht. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal kann die Bedeutung des Gleichbehandlungsgedankens durchaus unterschiedliches Gewicht erlangen. Dabei ist es allerdings allein von terminologischer Bedeutung, ob man wie das Bundesverfassungsgericht in bestimmten Fällen noch die Willkürformel anwenden will oder ob man von einer generellen Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ausgeht, diesen jedoch mit unterschiedlicher Intensität anwendet.149 b) Strenge Bindung an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als Folge für die steuerfreie Kostenpauschale Anhand dieser Grundsätze ist zu ermitteln, ob Art. 3 Abs. 1 GG für die den Abgeordneten gewährte steuerfreie Kostenpauschale als bloßes Willkürverbot wirkt oder ob und gegebenenfalls wie stark eine Bindung an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit besteht. In diesem Zusammenhang fragt sich zunächst, ob es sich um eine personenbezogene oder um eine lediglich sachbezogene bzw. verhaltensbezogene Ungleichbehandlung handelt. Betrachtet man die steuerrechtliche Regelung des § 3 Nr. 12 S. 1 EStG, auf dem die Ungleichbehandlung beruht, so knüpft diese selbst nicht unmittelbar an personengebundenen Merkmale an. Sie stellt für die Steuerbefreiung auf die Art der dem Steuerpflichtigen zufließenden Bezüge ab, nämlich darauf, dass diese aus einer Bundes- oder Landeskasse gezahlt werden sowie als Aufwandsentschädigung festgesetzt und im Haushaltsplan ausgewiesen sind. Andererseits vorliegend um eine typisierende Regelung, die nach ihm sog. externe Zwecke verfolgt, vgl. Huster, Rechte und Ziele, S. 260. 148 So auch vehement Tipke, StRO I, S. 306. 149 So etwa Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Anh Art. 3 Rn 10; Osterloh, in: Sachs, GG, Art. 3 Rn 33. Auch innerhalb der Verhältnismäßigkeitsabwägung kann die Kontrolldichte variabel bis zur Evidenzprüfung herabgeschraubt werden, so dass die Prüfung eines eigenständigen Willkürverbots entbehrlich ist. Jedoch wird dadurch nicht die unsichere Abgrenzung zwischen den verschiedenen Rechtfertigungsanforderungen vermieden. Sie wird lediglich auf die Frage der Bindungsintensität des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes verlagert. Diese Schwierigkeiten sind jedoch hinzunehmen, da differenzierte Anforderungen an die Verhältnismäßigkeitsprüfung im Bereich des Gleichheitssatzes nach der hier vertretenen Ansicht gerade geboten sind.
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sind in diesem konkreten Fall diese Voraussetzungen des § 3 Nr. 12 S. 1 EStG erst dadurch erfüllt, dass die Kostenpauschale der Mitglieder des Bundestages in § 12 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 AbgG als Aufwandsentschädigung festgesetzt wird. Die Steuerfreiheit der Kostenpauschale beruht letztlich auch auf dieser Regelung. § 12 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 AbgG gewährt jedoch ausschließlich Mitgliedern des Bundestages allein aufgrund ihres Status die als Aufwandsentschädigung festgesetzte Kostenpauschale und knüpft damit an unmittelbar personengebundene Merkmale an. Betrachtet man nicht nur § 3 Nr. 12 S. 1 EStG, sondern in Zusammenschau auch die im konkreten Fall heranzuziehende Regelung des § 12 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 AbgG, so ordnen diese eine unmittelbar personenbezogene Ungleichbehandlung an. Damit wirkt Art. 3 Abs. 1 GG für die steuerfreien Kostenpauschale nicht lediglich als bloßes Willkürverbot. Vielmehr ist sie nach der neuen Formel anhand eines strengen Maßstabs einer Überprüfung nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes mit zu unterziehen. Selbst wenn man diese Betrachtungsweise ablehnt und § 3 Nr. 12 S. 1 EStG isoliert betrachtet, bewirkt dieser zumindest mittelbar über seine sachbezogene Formulierung auch die Ungleichbehandlung der Abgeordneten als Personengruppe. Fraglich ist, ob diese mittelbaren Auswirkungen einen hinreichend personalen Gehalt aufweisen, um von einer personenbezogenen Ungleichbehandlung auszugehen. Die mittelbaren Auswirkungen betreffen die Personengruppe der Abgeordneten. Diese bilden nicht erst aufgrund ihrer Bevorzugung durch § 3 Nr. 12 S. 1 EStG eine abgrenzbare Gruppe, sondern auch unabhängig davon. Es ist nicht erst die Ungleichbehandlung gruppenkonstituierend. Abgeordnete werden aufgrund zahlreicher anderweitiger Regelungen als besondere Personengruppe eingestuft, vor allem aufgrund der Regelungen des Abgeordnetengesetzes.150 Damit dürfte auch bei der Annahme einer nur mittelbaren Personenbezogenheit der Ungleichbehandlung diese einen hinreichend personalen Gehalt aufweisen, damit auf sie die strengeren personenbezogenen Rechtfertigungsanforderungen zur Anwendung kommen. Schließlich ergibt sich ein strenger Maßstab selbst dann, wenn man das an sich bei sachbezogenen bzw. verhaltensbezogenen Ungleichbehandlungen heranzuziehende Kriterium betrachtet, ob die Betroffenen in der Lage sind, die Merkmale zu beeinflussen, nach denen differenziert wird.151 Anders als 150 Bei § 3 Nr. 12 S. 1 EStG hat auch der Bundesfinanzhof in seinem Vorlagebeschluss zur Stellenzulage Ost eine strenge Bindung aufgrund einer mittelbaren Ungleichbehandlung von Personengruppen angenommen, vgl. BFH, BStBl. II 1995, 142, 146. Dort führte § 3 Nr. 12 S. 1 EStG mittelbar zu einer Bevorzugung der vorübergehend ins Beitrittgebiet abgeordneten Beamten. 151 Das Bundesverfassungsgericht hat in einigen Entscheidungen dieses Kriterium auch noch bei Annahme einer personenbezogenen Ungleichbehandlung herangezogen, um die Anwendung eines strengeren Rechtfertigungsmaßstabs zu begründen, so etwa in BVerfGE 92, 26, 52 („durch personenbezogene Merkmale [. . .] definiert werden, die
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bei den zahlreichen gestaltungsoffenen steuerrechtlichen Regelungen152 kann ein benachteiligter Steuerpflichtiger so gut wie gar nicht beeinflussen, ob er selbst in den Genuss der den Abgeordneten gewährten Kostenpauschale kommt. Ihre Gewährung hängt unmittelbar an dem Status des Abgeordneten, der ausschließlich durch eine Wahl gemäß Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG erlangt werden kann. Auch aus diesem Grund ist die Anwendung der strengeren Rechtfertigungsanforderungen gerechtfertigt.153 Aus dem anderen vom Bundesverfassungsgericht herangezogenen Kriterium, inwieweit sich die Ungleichbehandlung auf grundrechtlich geschützte Freiheiten auswirkt, ergeben sich dagegen keine Änderungen dieses Maßstabs mehr. Zum einen ist keine Lockerung des Rechtfertigungsmaßstabs geboten, weil mit der steuerlichen Bevorzugung der Abgeordneten nicht der Bereich der gewährenden Staatstätigkeit betroffen ist, sondern der Bereich der Eingriffsverwaltung.154 Andererseits berührt der (ungleiche) Steuerzugriff ausschließlich die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG155, so die [. . .] Betroffenen nur schwer ändern können“) und BVerfGE 92, 365, 407 („Personengruppen, deren Mitglieder die ungleichen Rechtsfolgen faktisch nicht vermeiden können“). Sachs, JuS 1997, 124, 129 will aus diesen Entscheidungen die Tendenz ableiten, dass die strengeren Rechtfertigungsanforderungen unabhängig von der Personenbezogenheit allgemein davon abhängig sind, dass die Ungleichbehandlung die Betroffenen mit für sie „praktisch und zumutbarerweise unausweichlichen Konsequenzen“ konfrontiert. 152 So kann etwa bei § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG (sog. „Gewerbebetrieb auf Antrag“) der Steuerpflichtige durch entsprechende Gestaltung der Gesellschaftsverhältnisse bestimmte steuerliche Folgen quasi nach Belieben herbeiführen. In so einem Fall bestehen in Bezug auf Art. 3 Abs. 1 GG zu Recht geringere Anforderungen an eine Rechtfertigung. Auch die Regelungen zu den Sonderabschreibungen für bestimmte Wirtschaftsgüter gemäß §§ 7b–7k EStG sind weitgehend der Gestaltung durch den Steuerpflichtigen (nämlich durch Anschaffung oder Herstellung der entsprechend begünstigten Wirtschaftsgüter) zugänglich und unterliegen entsprechend geringeren Rechtfertigungsanforderungen. 153 Das erscheint auch gerechtfertigt, wenn man andere vom Bundesverfassungsgericht entschiedene Fälle aus diesem Bereich im Vergleich betrachtet. So hat das Bundesverfassungsgericht etwa eine Beeinflussungsmöglichkeit hinsichtlich der Ungleichbehandlung abgelehnt und eine strenge Bindung angenommen im Fall von § 3b Abs. 1, 2 Nr. 4 EStG, der bezüglich des Umfangs der Steuerfreiheit von Zuschlägen für regelmäßige Nachtarbeit danach differenzierte, ob der jeweilige Arbeitgeber des Steuerpflichtigen tarifgebunden war oder nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat argumentiert, es sei der Einwirkung des Steuerpflichtigen völlig entzogen, ob sein Arbeitgeber tarifgebunden sei, vgl. BVerfGE 89, 15, 22. 154 Steuerrecht ist Eingriffsrecht, vgl. etwa Birk, Steuerrecht, Rn 143. Das Bundesverfassungsgericht führt den Bereich der Besteuerung ausdrücklich an, um gegenüber dem großzügigen Gestaltungsspielraum im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit abzugrenzen, vgl. BVerfGE 11, 50, 60. 155 Zwar ist umstritten, ob der Steuerzugriff als solcher nicht auch in Art. 14 GG eingreift, jedoch verneint die h. M. das nach wie vor. Vgl. einerseits Kirchhof, in:
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dass sich auch keine weitere Verschärfung der (bereits strengen) Rechtfertigungsanforderungen ergibt.156 Festhalten lässt sich damit, dass die steuerfreie Kostenpauschale durch die Bevorzugung der Abgeordneten zu einer unmittelbar personenbezogenen Ungleichbehandlung führt, so dass nach der neuen Formel bei der Rechtfertigung eine strenge Bindung an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit anzunehmen ist. Der strenge Rechtfertigungsmaßstab ergibt sich zudem daraus, dass die benachteiligten Steuerpflichtigen das Differenzierungsmerkmal des Bezugs der Kostenpauschale so gut wie gar nicht beeinflussen können. 2. Kein anderer Maßstab aufgrund bereichsspezifischer Anforderungen im Bereich des Steuerrechts
Abgesehen von diesen allgemein zu Art. 3 Abs. 1 GG entwickelten Grundsätzen sind die bereichsspezifisch für das Steuerrecht entwickelten Rechtfertigungsanforderungen zu beachten, die dem Gesetzgeber in bestimmten Bereichen eher großzügige Gestaltungsmöglichkeiten einräumen.157 Möglicherweise ist die nach den allgemeinen Grundsätzen anzunehmende strenge Bindung an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz hierdurch wieder zum Teil zurückzunehmen. Ein großzügiger Gestaltungsspielraum steht dem Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vor allem bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes zu.158 Das gilt zwar in besonderem Maße bei der Erschließung von SteuerHStR IV, § 88 Rn 88 ff. und implizit BVerfGE 93, 121, 138 (durch Ableitung des sog. Halbteilungsgrundsatzes aus Art. 14 Abs. 2 S. 2 GG); andererseits die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts etwa BVerfGE 70, 219, 230; 75, 108, 154 und neuerdings ausdrücklich wieder BVerfGE 95, 267, 300; 96, 374, 397 sowie aus der Literatur Birk/Barth, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 4 AO Anm. 626 f. 156 Im Bereich des Steuerrechts bestehen verschärfte Rechtfertigungsanforderungen aufgrund der Betroffenheit von Freiheitsgrundrechten wohl auch nur selten. Denkbar ist das etwa, wenn die Steuernorm Lenkungswirkungen entfaltet, die in Freiheitsgrundrechte eingreifen, vgl. dazu etwa Birk, Steuerrecht, Rn 178. 157 Diese bereichsspezifischen Rechtfertigungsanforderungen stammen zwar aus der Zeit vor Entwicklung der „neuen Formel“ (vgl. etwa BVerfGE 29, 402, 411), sind jedoch vom Bundesverfassungsgericht auch in deren Anwendung übernommen worden. So formuliert das Bundesverfassungsgericht in st. Rspr., dass abgesehen von den Kriterien der Personenbezogenheit und der Berührung grundrechtlich geschützter Freiheiten genauere Maßstäbe sich „nicht abstrakt und allgemein, sondern nur bezogen auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche bestimmen lassen“, vgl. etwa BVerfGE 88, 87, 96 f.; 93, 319, 348 f.; 93, 386, 397; 101, 275, 291; 105, 73, 111. Dementsprechend formuliert Osterloh, in: Sachs, GG, Art. 3 Rn 90, es ließen sich keine „allgemeingültigen generellen verfassungsrechtlichen Abwägungsregeln für die spezifisch gleichheitsrechtliche Angemessenheit“ formulieren.
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quellen, also bei der Einführung einer Steuerart als solcher.159 Jedoch steht dem Gesetzgeber auch bei der grundsätzlichen Definition der Bemessungsgrundlage noch ein erhöhter Gestaltungsspielraum zu, also etwa bei der Bestimmung, was als „Einkommen“ der Einkommensteuer unterliegen soll.160 Hat der Gesetzgeber allerdings den Steuergegenstand ausgewählt und in einer Bemessungsgrundlage definiert, so hat er die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umzusetzen.161 Hier steht dem Gesetzgeber im Gegenzug der großzügige Gestaltungsspielraum nicht mehr zu. Dieser Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entsprechen auch die wesentlichen Konzeptionen in der steuerverfassungsrechtlichen Literatur. Nach Tipke hat der Gesetzgeber zunächst die Grundprinzipien der Besteuerung zu bestimmen, bevor er diese in den einzelnen Steuernormen ausführt. Die zunächst zu bestimmenden Grundprinzipien müssten zwar sachgerecht sein, jedoch habe der Gesetzgeber bei der Bestimmung des Sachgerechten einen Wertungsspielraum. Engeren Bindungen unterliege er dagegen bei der Umsetzung der Prinzipien in den einzelnen Steuernormen. Dort müsse er das gewählte Prinzip wertungskonsequent zu Ende ausführen, es sei denn es gibt einen rechtfertigenden Grund für die Durchbrechung des Prinzips. Hier sei der Spielraum erheblich geringer.162 Im Zusammenhang mit dem Leis158
Vgl. etwa BVerfGE 49, 343, 360; 65, 325, 354; 71, 364, 384; 84, 239, 271; 93, 121, 136; 101, 132, 138; 101, 151, 155; 105, 73, 126 („weitreichender Entscheidungsspielraum“). 159 Vgl. etwa BVerfGE 13, 181, 203; 21, 54, 63; 49, 343, 360. Tatsächlich hat das Bundesverfassungsgericht bisher noch keine kompetenzrechtlich zulässige Steuer grundsätzlich an Art. 3 Abs. 1 GG scheitern lassen, vgl. die Nachweise bei Osterloh, in: Sachs, GG, Art. 3 Rn 136 Fn. 276. Grundsätzlich anders aber Tipke, StRO I, S. 298 ff. und 328 f. mit dem Hinweis, dass der Gesetzgeber sonst Sonderlasten für einzelne Personengruppen einfach in einzelnen Steuerarten formulieren kann und damit den Gleichheitssatz weitgehend abschwächen könnte. 160 Vgl. etwa Tipke, StRO II, S. 622. Das Bundesverfassungsgericht hat darüber hinaus auch ohne klar erkennbare Abgrenzung bei der Beurteilung einzelner steuerbegründender oder -erhöhender Tatbestände einen weiteren Gestaltungsspielraum angenommen, vgl. etwa BVerfGE 26, 302, 310 ff. (Spekulationsgeschäfte); 27, 111, 127 ff. (Veräußerung wesentlicher Beteiligungen); 31, 8, 25 ff. (Erhöhung des Pauschsatzes der Vergnügungssteuer auf Spielautomaten); 50, 57, 77 (Nominalwertprinzip bei der Zinsbesteuerung). 161 Vgl. etwa BVerfGE 84, 239, 271; 93, 121, 136; 99, 88, 95; 99, 280, 290; 101, 132, 138; 101, 151, 155; 105, 73, 126. Auch bereits in BVerfGE 23, 242, 256 führte das Bundesverfassungsgericht aus, an einem einmal gewählten und der Natur der Sache entsprechenden Grundsatz (dort: die Bewertung geldwerten Vermögens) müsse der Gesetzgeber folgerichtig festhalten, wenn er nicht gegen den Gleichheitssatz verstoßen wolle. 162 Tipke, StRO I, S. 312 ff. Aufgebracht wurde diese Konzeption von dems., StuW 1971, 2 ff. Ähnlich der Teil des Schrifttums, der auf die allgemeinen Grundsätze zur
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tungsfähigkeitsprinzip unterscheidet vor allem Birk zwischen „vertikaler Steuergerechtigkeit“, die die Grundentscheidungen des Gesetzgebers zur Erfassung der Leistungsfähigkeit betrifft, und „horizontaler Steuergerechtigkeit“, die verlangt, dass die einmal getroffene Grundentscheidung bei allen Steuerpflichtigen „gleich“ umgesetzt wird. Einem weiten Spielraum im vertikalen Differenzierungsbereich stehe eine strenge Bindung an den Gleichheitssatz auf horizontaler Ebene und damit ein enger Spielraum gegenüber.163 Im vorliegenden Fall der nach § 3 Nr. 12 S. 1 EStG steuerfreien Kostenpauschale der Abgeordneten hat der Gesetzgeber – wie bereits oben ausführlich dargelegt164 – die steuerliche Bemessungsgrundlage bereits definiert, und zwar durch seine Grundentscheidung, im Rahmen des Einkommensteuergesetzes die Einkünfte durch den Ansatz der Einnahmen bzw. Betriebseinnahmen (§§ 8, 4 Abs. 3 EStG) abzüglich der Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben (§§ 9, 4 Abs. 4 EStG) zu erfassen. § 3 Nr. 12 S. 1 EStG weicht als Ausnahmeregelung für die Kostenpauschale von dieser Grundentscheidung ab. Es geht hier also statt um die grundsätzliche Definition der Bemessungsgrundlage nur noch um die „letzte Stufe“ der folgerichtigen Umsetzung dieser Grundentscheidung. Die bereichsspezifische Anwendung des Gleichheitssatzes im Bereich des Steuerrechts gebietet keinen großzügigeren Gestaltungsspielraum für die Rechtfertigung der Kostenpauschale. Es bleibt bei der nach allgemeinen Grundsätzen anzunehmenden strengen Bindung an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. 3. Kein anderer Maßstab aufgrund Differenzierung zwischen bevorzugender und benachteiligender Typisierung
Auch für den Bereich der typisierenden Regelungen sind spezielle Grundsätze zur Bestimmung des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum aufgebracht worden, aus dem sich für die Kostenpauschale ein anderer Rechtfertigungsmaßstab ergeben könnte. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner älteren Rechtsprechung zwischen bevorzugenden und benachteiligenden Typisierungen unterschieden. Es hat angenommen, dass für bevorzugende Typisierungen der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers weiter sei als für benachteiligende Typisierungen.165 Als bevorzugende Typisierung sieht das Bundesverfassungsgericht es an, wenn Personen in den Genuss von Vorteilen kommen, die ihnen nach dem strengen Zweck des Gesetzes nicht gebühren.166 Systemgerechtigkeit bzw. Folgerichtigkeit abstellt, vgl. etwa Kirchhof, in: HStR V, § 124 Rn 222 ff.; Starck, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 3 Rn 44 ff. 163 Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 171 f. Siehe dazu bereits unter A. II. 1., S. 64 ff. 164 Siehe unter A. II. 2. a), S. 69 ff. 165 Grundlegend BVerfGE 17, 1, 23 f. und in der Folge BVerfGE 19, 101, 116; 26, 16, 30; 28, 324, 356; 44, 290, 295; 48, 227, 239; 49, 280, 283; 65, 325, 356.
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Als benachteiligende Typisierung sieht es an, wenn Personen von Vorteilen ausgeschlossen werden, denen die Vorteile nach dem Zweck des Gesetzes zukämen.167 Kurz gesagt, bevorzugt eine bevorzugende Typisierung im Verhältnis zum Gesetzeszweck168, eine benachteiligende Typisierung benachteiligt im Verhältnis zum Gesetzeszweck.169 Die Begriffe „Bevorzugung“ und „Benachteiligung“ treffen eine Aussage über das Verhältnis des Zustands bei Typisierung gegenüber dem Zustand ohne Typisierung, also bei Beachtung des eigentlichen Gesetzeszwecks. Ob die typisierende Regelung insgesamt begünstigt oder belastet (also die Zuordnung zum Leistungs- oder Eingriffsrecht), ist für die Einordnung als „bevorzugend“ oder „belastend“ dagegen irrelevant.170 Den weiteren Gestaltungsspielraum für bevorzugende Typisierungen hat das Bundesverfassungsgericht mit einer an der Gerechtigkeit im Allgemeinen und an den Wertentscheidungen des Grundgesetzes im Besonderen orientierten Betrachtung begründet. Danach könne es eher in Kauf genommen werden, dass durch das Sieb der Typisierung ein mäßiger Prozentsatz solcher Personen gleitet, die bei individuellem Maßstab den Vorteil nach der Idee des Gesetzes nicht bekommen würden. Dagegen seien Benachteiligungen bei Typisierungen nur in Einzelfällen hinzunehmen.171 Dieser älteren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht wird auch heute noch in Teilen der Literatur gefolgt.172 Nach diesen Grundsätzen ist die den Abgeordneten gewährte steuerfreie Kostenpauschale als bevorzugende Typisierung einzuordnen. Durch sie werden bei Abgeordneten stets Werbungskosten in Höhe 166
BVerfGE 17, 1, 23. BVerfGE 17, 1, 23. 168 Ein Beispiel für eine im diesem Sinne bevorzugende Typisierung ist der Arbeitnehmer-Pauschbetrag gemäß § 9a S. 1 Nr. 1 EStG, durch den Steuerpflichtige stets zumindest Werbungskosten in Höhe von 1.044 A (ab dem 1.1.2004 920 A) geltend machen können, auch wenn die tatsächlich angefallenen und nach den allgemeinen Regelungen abziehbaren Aufwendungen niedriger sind. Benachteiligen kann dieser Pauschbetrag nicht, weil es den Steuerpflichtigen frei steht, auch höhere Werbungskosten nachzuweisen, § 9a S. 1 EStG. 169 Ein Beispiel für eine im diesem Sinne benachteiligende Typisierung ist die Abzugsbeschränkung hinsichtlich der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer gemäß § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG, durch die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer unter Umständen nicht abziehbar sind, obwohl sie nach den allgemeinen Regelungen abziehbar wären. 170 Zwar war nach dem Bundesverfassungsgericht „die eigentliche Domäne zulässiger ,Bevorzugung‘ kraft Typisierung [. . .] die darreichende Verwaltung“, jedoch kann nach ihm die Unterscheidung zwischen Bevorzugung und Benachteiligung „auch in der Eingriffsverwaltung ihren Sinn haben, z. B. wenn sie mit Privilegien einhergeht“, vgl. BVerfGE 17, 1, 24. Die Unterscheidung zwischen bevorzugenden und benachteiligenden Typisierungen wird ausführlich erläutert von Huster, Rechte und Ziele, S. 291 f. und Wernsmann, S. 192 ff. 171 BVerfGE 17, 1, 23. 172 So etwa Huster, Rechte und Ziele, S. 291 f. 167
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der Kostenpauschale in Ansatz gebracht, auch wenn die tatsächlich angefallenen und nach den allgemeinen Regelungen der §§ 9, 4 Abs. 4 EStG abziehbaren Aufwendungen niedriger sind.173 Damit wäre dem Gesetzgeber für sie ein weiterer Gestaltungsspielraum zuzubilligen. In seiner neueren Rechtsprechung verwendet das Bundesverfassungsgericht diese Unterscheidung zwischen bevorzugenden und benachteiligenden Typisierungen allerdings nicht mehr.174 Vielmehr bestimmt es die Rechtfertigungsanforderungen auch für typisierende Regelungen nunmehr allein nach der neuen Formel, also vor allem danach, ob die Regelung den einzelnen als Person trifft oder ob allgemeine, für rechtliche Gestaltungen zugängliche Lebensverhältnisse geregelt werden.175 Entsprechend dieser neueren Rechtsprechung wird auch in der Literatur überwiegend die Unterscheidung zwischen bevorzugenden und benachteiligenden Typisierungen abgelehnt.176 Dieser neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist zuzustimmen, was zur Folge hat, dass es beim oben nach der neuen Formel ermittelten Maßstab für die Rechtfertigung bleibt, also der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz mit einer engeren Bindung anzuwenden ist. Der vom Bundesverfassungsgericht früher zur Begründung herangezogenen an der Gerechtigkeit orientierten Betrachtung entspricht es gerade nicht, dem Gesetzgeber für bevorzugende Typisierungen einen weiteren Gestaltungsspielraum zu belassen. Unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten kann es im Rahmen einer Prüfung von Art. 3 Abs. 1 GG nicht auf das Verhältnis einer Regelung zum eigentlichen Gesetzeszweck ankommen. Im Rahmen von Art. 3 Abs. 1 GG werden immer nur zwei Vergleichsgruppen miteinander verglichen. Es kann nur um das Verhältnis dieser beiden Vergleichsgruppen zueinander gehen. In diesem Verhältnis liegt jedoch nicht nur eine Bevorzugung der von der Typisierung profitierenden Vergleichsgruppe vor, sondern spiegelbildlich auch eine Benachteiligung 173 Andererseits lässt die Kostenpauschale auch keinen Nachweis höherer Werbungskosten durch den Abgeordneten zu, so dass sie auch benachteiligend für den Abgeordneten wirken kann. Dieser Aspekt der Pauschalierung ist jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung (siehe bereits unter A. II. 2. b) bb), S. 75 ff. und Fn. 101). 174 Soweit ersichtlich wurde sie letztmalig in BVerfGE 65, 325, 356 verwandt. Insbesondere taucht sie auch in den beiden jüngsten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Arbeitnehmer-Pauschbetrag (BVerfGE 96, 1 ff.) und zur Abzugsbeschränkung für das häusliche Arbeitszimmer (BVerfGE 101, 297 ff.) nicht auf, obwohl zumindest beim Arbeitnehmer-Pauschbetrag als bevorzugender Typisierung (siehe S. 96 Fn. 168) Anlass dafür bestanden hätte. Ausdrücklich aufgegeben hat das Bundesverfassungsgericht die Rechtsprechung allerdings nicht. 175 So etwa in der Entscheidung zum Arbeitnehmer-Pauschbetrag (BVerfGE 96, 1, 6) und der Entscheidung zur Abzugsbeschränkung für das häusliche Arbeitszimmer (BVerfGE 101, 297, 309). 176 So etwa Osterloh, in: Sachs, GG, Art. 3 Rn 110; Birk/Barth, in: Hübschmann/ Hepp/Spitaler, § 4 AO Anm. 495; Wernsmann, S. 192 ff.
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der anderen Vergleichsgruppe.177 Im Vergleich der beiden Vergleichsgruppen macht es keinen Unterschied, ob eine Bevorzugung oder Benachteiligung gegenüber dem eigentlichen Gesetzeszweck vorliegt. Die Intensität der Ungleichbehandlung – also der Bevorzugung der einen und spiegelbildlich der Benachteiligung der anderen Gruppe – bleibt stets gleich. Statt generell zwischen bevorzugenden und benachteiligenden Typisierungen zu unterscheiden, erscheint es vielmehr überzeugender, auch für Typisierungen den Gestaltungsspielraum jeweils im Einzelfall nach der neuen Formel zu bestimmen. Diese stellt mit der Personenbezogenheit und der Beeinflussbarkeit für die Betroffenen auf Kriterien ab, die mit der Intensität der Ungleichbehandlung zusammenhängen und stuft den Gestaltungsspielraum danach ab.178 Damit steht der Maßstab fest, nach dem die Rechtfertigung der den Abgeordneten gewährten steuerfreien Kostenpauschale zu untersuchen ist. Die für eine Rechtfertigung in Betracht zu ziehenden Gründe – die Parlamentsautonomie, das „freie Mandat“ der Abgeordneten und vor allem die mit der Typisierung verbundene Vereinfachungswirkung – sind anhand des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit mittels eines strengen Maßstabs darauf zu überprüfen, ob sie die steuerfreie Kostenpauschale tatsächlich zu rechtfertigen vermögen. Es ist jeweils zu fragen, ob ein legitimer Zweck verfolgt wird sowie ob die Pauschalierung zur Erreichung dieses Zwecks geeignet, erforderlich und angemessen ist.179
177 Dieser Gesichtspunkt wurde auch vom Bundesverfassungsgericht stets selbst eingeräumt, indem es ausführte: „Es gibt gewiß viele Fälle, in denen eine ,Benachteiligung‘ nur als Spiegelbild einer ,Bevorzugung‘ zu sehen ist und umgekehrt; in solchen Fällen wäre eine Unterscheidung nur ein Spiel mit Worten“ (BVerfGE 17, 1, 23). Hinzu kommt, dass das Bundesverfassungsgericht die Einordnung in bevorzugende und benachteiligende Typisierungen nicht immer nach den selbst aufgestellten Grundsätzen vorgenommen hat. So hat es in seiner Entscheidung zur Zweitwohnungsteuer die Nichterfassung von einheimischen Zweitwohnungsinhabern gegenüber dem eigentlichen Gesetzeszweck der Besteuerung von Zweitwohnungen als benachteiligende Typisierung zu Lasten der auswärtigen Zweitwohnungsinhaber angesehen (BVerfGE 65, 325, 356). Es hat hier den nachteiligen Charakter der Regelung (Besteuerung eines Sachverhalts) mit dem selbst aufgestellten Kriterium der benachteiligenden Wirkung der Typisierung (Schlechterstellung gegenüber dem Normalfall des Regelungssystems) vermengt, vgl. ausführlich dazu die Analyse von Wernsmann, S. 196 ff. Auch eine solche inkonsequente Handhabung der eigenen Kriterien stellt die Überzeugungskraft der Unterscheidung zwischen bevorzugenden und benachteiligenden Typisierungen in Frage. 178 Zu betonen bleibt im Übrigen, dass auch nach der älteren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bevorzugende Typisierungen nicht ohne weiteres zulässig waren, sondern nur der Maßstab für ihre Rechtfertigung etwas weiter war. Auch nach ihr müsste also für die steuerfreie Kostenpauschale noch eine vollständige Rechtfertigungsprüfung durchgeführt werden, wobei lediglich der Maßstab etwas zu lockern wäre.
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II. Parlamentsautonomie als Rechtfertigung der Pauschalierung Als die steuerfreie Kostenpauschale rechtfertigender sachlicher Grund kommt zunächst die Parlamentsautonomie des Bundestages in Betracht. Allerdings hat die Parlamentsautonomie in der Diskussion um die steuerfreie Kostenpauschale der Mitglieder des Bundestages und der Landtage bisher keine Rolle gespielt.180 Jedoch hat der EuGH im Zusammenhang mit der pauschalierten Kostenerstattung der Mitglieder des Europäischen Parlaments die Unabhängigkeit des Parlaments und dessen Selbstorganisationsrecht angeführt und so begründet, dass diese nicht der Besteuerung durch die Mitgliedstaaten unterliegt. Möglicherweise können aus dieser Entscheidung des EuGH Rückschlüsse auch für die von den nationalen Parlamenten gewährten Kostenpauschale gezogen werden. Daher soll zunächst die Rechtsprechung des EuGH näher betrachtet werden (dazu 1.). Vor diesem Hintergrund ist dann zu fragen, ob diese auf die nationalen Parlamente übertragbar ist (dazu 2.).
179 Es gibt Stimmen in der Literatur, die abweichend von den hier angewandten Grundsätzen generelle Aussagen über die Anwendbarkeit des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf typisierende Regelungen treffen. So meint Huster, Rechte und Ziele, S. 273 ff., besonders deutlich S. 293; ders., JZ 1994, 541, 545, Typisierungen seien stets anhand des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu überprüfen, und sieht dafür Anhaltspunkte in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Ebenso Rüfner, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 3 Abs. 1 Rn 113. Andererseits lehnt Kirchhof, in: HStR V, § 124 Rn 300 die Heranziehung von Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten generell ab. Ob der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz anwendbar ist, lässt sich jedoch nur für jede einzelne typisierende Regelung bestimmen, wobei nach den dargestellten Grundsätzen vorzugehen ist. So ist im hier in Frage stehenden Fall der steuerfreien Kostenpauschale der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz anwendbar, weil es sich um eine personenbezogene Regelung handelt, die von den Betroffenen nicht beeinflussbar ist und im Übrigen keine gesetzgeberische Grundentscheidung mit einem weiteren Gestaltungsspielraum betroffen ist. Jedoch ist auch bei typisierenden Regelungen eine Überprüfung anhand eines eher weiten Maßstabs, unter Umständen sogar lediglich anhand des Willkürverbots denkbar. So erfassen Umsatz- und Verbrauchsteuern schon aufgrund ihres Steuergegenstandes die Leistungsfähigkeit der belasteten Endverbraucher nur nach äußerst grob typisierenden Maßstäben, was aber als gesetzgeberische Grundentscheidung nur einer sehr geringen Kontrolldichte unterliegt, vgl. dazu etwa Osterloh, in: Sachs, GG, Art. 3 Rn 107. 180 Soweit ersichtlich ist die Parlamentsautonomie als Rechtfertigung der Kostenpauschale bisher noch nicht einmal angesprochen worden. Im Diätenurteil hat das Bundesverfassungsgericht sie in seinen Ausführungen zur Möglichkeit einer Pauschalierung nicht erwähnt (BVerfGE 40, 296, 328; ebenso nicht in seinem später ergangenen Beschluss, BVerfGE 49, 1, 2; auch der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat sie nicht erwähnt, BayVerfGH, VerfGHE 35, 148, 165 f.). Auch in der rechtspolitischen Diskussion wird sie nicht erwähnt.
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3. Teil: Verfassungsmäßigkeit der steuerfreien Kostenpauschale 1. Rechtsprechung des EuGH zum Europäischen Parlament
Der EuGH hat sich in seiner Entscheidung vom 15.9.1981181 mit der Besteuerung der den Mitgliedern des Europäischen Parlaments gewährten pauschalierten Kostenerstattung befasst. Diese werden im Gegensatz zur Grundentschädigung, für die die jeweiligen Mitgliedstaaten verantwortlich sind, vom Europäischen Parlament selbst gewährt. Sie werden in einer regelmäßig aktualisierten Regelung festgesetzt, die gemäß Art. 5 GO-EP vom Präsidium des Europäischen Parlaments erlassen wird.182 In dem der Entscheidung des EuGH zu Grunde liegenden Verfahren wurden die einem britischen Mitglied des Europäischen Parlaments nach dieser Regelung gewährten Kostenerstattungen der britischen Einkommensteuer unterworfen. Die Kostenerstattungen wurden als steuerpflichtige Einnahmen erfasst, von denen der Abgeordnete die tatsächlich verausgabten Aufwendungen abziehen konnte.183 Der EuGH hat entschieden, dass die Erstattung der in Ausübung des Mandats entstandenen Reise- und Aufenthaltskosten zu den internen Organisationsmaßnahmen des Europäischen Parlaments gehört, die seine Funktionsfähigkeit sicherstellen sollen. Das Parlament setze sie in Ausübung des ihm nach Art. 199 Abs. 1 EGV184, Art. 112 Abs. 1 EAG-Vertrag und Art. 25 Abs. 1 EGKS-Vertrag zustehenden Selbstorganisationsrechts fest.185 Es sei Sache des Parlaments, darüber zu entscheiden, welche Reisen eines Parlamentsmitglieds für die Ausübung seines Amtes notwendig und zweckmäßig und welches die hierfür notwendigen und zweckmäßigen Kosten seien. Die dem Parlament hierbei im Interesse seiner Funktionsfähigkeit eingeräumte Unabhängigkeit umfasse auch die Befugnis, seinen Mitgliedern die Reise- und Aufenthaltskosten nicht gegen Vorlage der einzelnen Kostenbelege, sondern aufgrund einer pauschalen Regelung zu erstatten. Die Wahl dieses Systems beruhe auf dem Bestreben, die Verwaltungsaufwendungen, die mit einer Überprüfung jeder Einzelausgabe verbunden sind, zu verringern, und entspreche damit einer geordneten Verwaltung.186 Daraus folgt nach Auffassung des EuGH, dass die Mitgliedstaaten die Entscheidung des Europäischen Parlaments, seinen Mitgliedern die Reiseund Aufenthaltskosten pauschal zu erstatten, zu respektieren haben. Das folge aus Art. 10 EGV187, der die Mitgliedstaaten verpflichte, keine Maßnahmen zu erlassen, die den internen Funktionsablauf der Gemeinschaftsor181 182 183 184 185 186 187
EuGH, Slg. 1981, 2205 ff. (Lord Bruce). Siehe bereits unter § 5 C., S. 32. Siehe dazu genauer bereits unter § 2 C., S. 30 ff. Vgl. ausführlich zum Sachverhalt EuGH, Slg. 1981, 2205, 2207 ff. Damals Art. 142 Abs. 1 EWG-Vertrag. EuGH, Slg. 1981, 2205, 2219 – Tz 15. EuGH, Slg. 1981, 2205, 2219 f. – Tz 17. Damals Art. 5 EWG-Vertrag.
§ 7 Vergleich zwischen Abgeordneten und der Allgemeinheit
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gane behindern können. Das gelte auch für den Bereich der Besteuerung. Eine in diesem Bereich von nationalen Steuerbehörden durchgeführte Kontrolle würde einen Eingriff in den internen Funktionsablauf des Parlaments darstellen und hätte zur Folge, dass die nationalen Behörden ihre Beurteilung des Kostenerstattungssystems an die Stelle der vom Parlament in Ausübung seiner Befugnisse vorgenommenen Beurteilung setzen würden. Sie könnte die Effektivität des Parlaments beeinträchtigen und wäre mit seiner Unabhängigkeit unvereinbar.188 Die Steuerbehörden könnten daher von einem Mitglied des Europäischen Parlaments keine Erklärungen oder Nachweise über die durch Reisen und Aufenthalte im Interesse des Parlaments entstandenen tatsächlichen Kosten verlangen.189 Diese Grenze der Besteuerung durch die Mitgliedstaaten folge zudem aus Art. 8 Abs. 1 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften, der den Mitgliedstaaten verbiete, die Reisefreiheit der Mitglieder des Europäischen Parlaments verwaltungsmäßigen oder sonstigen Beschränkungen zu unterwerfen, worunter auch eine Beschränkung durch ihre „Steuerpraktiken“ falle.190 Nach Ansicht des EuGH verbietet es das Gemeinschaftsrecht damit, die vom Europäischen Parlament an seine Mitglieder aus Gemeinschaftsmitteln im Wege der Erstattung von Reise- und Aufenthaltskosten gezahlten Pauschalbeträge der innerstaatlichen Steuer und damit einer steuerlichen Kontrolle durch die nationalen Behörden zu unterwerfen.191 188
EuGH, Slg. 1981, 2205, 2219 f. – Tz 14, 19. EuGH, Slg. 1981, 2205, 2220 – Tz 20. 190 EuGH, Slg. 1981, 2205, 2218 – Tz 14. 191 EuGH, Slg. 1981, 2205, 2221 – Tz 22. Das gilt allerdings nur für die Kostenerstattungen. Der EuGH hat nämlich auch entschieden, dass die Mitgliedstaaten beim derzeitigen Stand des Gemeinschaftsrechts grundsätzlich berechtigt sind, etwaige Einkünfte der Mitglieder des Europäischen Parlaments aus der Ausübung ihres Mandats zu besteuern. Es gebe keine Vorschrift des Gemeinschaftsrechts, die eine generelle Befreiung der Mitglieder des Europäischen Parlaments von innerstaatlichen Steuern vorsehe. Das Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften nehme nur die Gehälter, Löhne und andere Bezüge bestimmter Amtsträger von der innerstaatlichen Besteuerung aus und unterwerfe sie einer Steuer zugunsten der Gemeinschaften (vgl. Art. 13, 20, 21, 22, 23 des Protokolls). Für die Mitglieder des Europäischen Parlaments finde sich keine entsprechende Bestimmung. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass jede vom Parlament an seine Mitglieder aus Gemeinschaftsmitteln bewirkte Zahlung ipso facto von innerstaatlichen Steuern befreit sei (EuGH, Slg. 1981, 2205, 2217 f. – Tz 10–13). Daher hat der EuGH das gemeinschaftsrechtliche Verbot der Besteuerung der Kostenerstattungen auch wieder insoweit eingeschränkt, als die in pauschaler Form festgesetzten Beträge nicht die angemessene Grenze einer Kostenerstattung überschreiten dürfen. Soweit die Pauschalen unangemessen hoch festgesetzt würden oder es sich in Wirklichkeit teilweise um ein verschleiertes Entgelt handele, seien die Mitgliedstaaten berechtigt, ein solches Entgelt der innerstaatlichen Steuer zu unterwerfen (EuGH, Slg. 1981, 2005, 2220 f. – Tz 21, 22). Allerdings hat der EuGH dahinstehen lassen, ob das der Fall ist, da diese Frage in dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Verfahren nicht aufgeworfen wurde (EuGH, Slg. 1981, 2205, 189
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3. Teil: Verfassungsmäßigkeit der steuerfreien Kostenpauschale 2. Übertragbarkeit auf die nationalen Parlamente
Im europarechtlichen Schrifttum wird diese Entscheidung des EuGH ganz überwiegend ohne weitere Diskussion hingenommen und ohne nähere Ausführungen als geltende Rechtslage zu Grunde gelegt.192 In der Diskussion um die nationalen Parlamente wird sie dagegen gar nicht erst wahrgenommen.193 Da die steuerliche Behandlung der den Mitgliedern des Europäischen Parlaments gewährten pauschalierten Kostenerstattung in dieser Untersuchung ausgeklammert bleibt, ist hier auch nicht näher zu untersuchen, ob die Entscheidung des EuGH für das Europäische Parlament zutreffend ist. Es stellt sich indes die Frage, ob sie auf die nationalen Parlamente übertragbar ist. Zwar hatte der EuGH sich in seiner Entscheidung nicht mit der Frage der Gleichoder Ungleichbehandlung bei Nichtbesteuerung der pauschalierten Kostenerstattung der Mitglieder des Europäischen Parlaments zu befassen.194 Er hatte darüber zu entscheiden, ob das Gemeinschaftsrecht einer Besteuerung entgegensteht. Das hat er mit der Begründung bejaht, dass eine Besteuerung durch die Mitgliedstaaten und eine damit verbundene steuerliche Kontrolle durch die nationalen Behörden mit der Unabhängigkeit des Parlaments und seinem Selbstorganisationsrecht unvereinbar sei. Diese Argumentation erinnert an die nach deutschem Verfassungsrecht den Parlamenten zustehende Parlamentsautonomie. Man könnte daher daran denken, ob die hier in Frage stehende steuerfreie Kostenpauschale der Mitglieder des Bundestages aufgrund der diesem zustehenden Parlamentsautonomie gerechtfertigt werden kann. Das setzt indes zunächst voraus, dass die Parlamentsautonomie durch eine Unterwerfung der Abgeordnetenentschädigung unter die allgemeinen steuerlichen 2221 – Tz 21). In der Literatur wird allerdings vermutet, dass mit dem „inzwischen bekannt gewordenen Mißbrauch von Kostenersätzen“ durch das Europäischen Parlament diese Einschränkung nunmehr greife und die Entscheidung des EuGH daher „überholt“ sei (vgl. Doralt, österreich. EStG, § 25 Tz 67). 192 Vgl. etwa Hölscheidt, in: Grabitz/Hilf, Art. 190 EGV Rn 54; Bieber/Haag, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, Art. 138 EGV Anhang Rn 64; Fleuter, S. 122 f. Eine kurze Auseinandersetzung mit der Entscheidung findet sich bei Bangemann/Klepsch/ Weber/Bieber, S. 203 f. 193 Im deutschen Schrifttum zur Abgeordnetenentschädigung wird sie bisher in aller Regel noch nicht einmal erwähnt (vgl. aber neuerdings Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 12 Rn 98 f.). Anders dagegen in Österreich, wo sie stets als Grund für die auch dort noch weiterhin bestehende Nichtbesteuerung der Kostenerstattung der Mitglieder des Europäischen Parlaments (zur Besteuerung des Aufwendungsersatzes von Abgeordneten in Österreich siehe noch unter § 9, S. 204 f.) angeführt wird, dabei indes überwiegend kritisch gesehen wird (vgl. etwa Doralt, österreich. EStG, § 25 Tz 67: „inhaltlich überraschend“; G. Lang, Politikerbesteuerung, S. 128 f.). 194 Diese Frage fällt auch gar nicht in seinen Zuständigkeitsbereich. Der EuGH ist gemäß Art. 220 EGV nur für die Wahrung des Gemeinschaftsrechts zuständig, wozu die allgemeine Steuergleichheit nicht gehört (wenn nicht die Grundfreiheiten des EGV durch eine steuerliche Ungleichbehandlung betroffen sind).
§ 7 Vergleich zwischen Abgeordneten und der Allgemeinheit
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Regelungen, nach denen die Abgeordneten der Finanzverwaltung Rechenschaft über ihre Aufwendungen geben müssten und die Finanzverwaltung die Angaben zu kontrollieren hätte, beeinträchtigt würde. Ansonsten ist die Pauschalierung schon nicht zur Wahrung der Parlamentsautonomie geeignet. a) Erfassung der Abgeordnetenentschädigung durch die Parlamentsautonomie Der Begriff der Parlamentsautonomie bezeichnet die verfassungsrechtlich begründete Befugnis des Parlaments, seine eigenen Angelegenheiten selbst zu regeln.195 Indem das Grundgesetz dem Bundestag diese Befugnis verleiht, hindert es zugleich andere daran, ihn in seinem Selbstorganisationsrecht zu beeinträchtigen.196 Der Abwehranspruch gegen Einwirkungen ist in erster Linie gegenüber der Exekutive von Bedeutung.197 Allerdings hat das Grundgesetz den Umfang der Parlamentsautonomie nicht umfassend geregelt. Es regelt lediglich beispielhaft in einigen Bestimmungen den Kernbereich der Parlamentsautonomie. Dazu gehört vor allem die Geschäftsordnungsautonomie (Art. 40 Abs. 1 S. 2 GG), das Selbstversammlungsrecht (Art. 39 Abs. 3 GG), die Wahl eigener Organe (Art. 40 Abs. 1 S. 1 GG), die Immunität der Abgeordneten (Art. 46 GG)198 sowie Hausrecht- und Polizeigewalt (Art. 40 Abs. 2 GG). Dieser Katalog zählt die Regelungsgegenstände der Parlamentsautonomie jedoch nicht erschöpfend auf.199 Die Parlamentsautonomie fand ihren Hauptanwendungsbereich zwar ursprünglich und traditionell in Fragen der Geschäftsordnung und erstreckte sich daher vor allem auf die Bereiche „Geschäftsgang“ und „Disziplin“.200 Heute wird dem Parlament jedoch darüber hinaus die allgemeine Befugnis zugestanden, sich umfassend selbst zu organisieren und sich dadurch in den Stand zu setzen, seine Aufgaben zu erfüllen.201 Die Parlamentsautonomie erfasst also alle diejenigen Regelungen, die dazu dienen, die Arbeits- und Funktionsfähigkeit des Parlaments zu erhalten.202 So hat das Bundesverfassungsgericht erst vor kurzer Zeit die 195 Vgl. nur BVerfGE 80, 188, 218 f.; 102, 224, 235; BVerfGE 104, 310, 332; Pietzcker, in: Schneider/Zeh, § 10 Rn 3; Stern, Bd. 2, § 26 III 6, S. 81; H. H. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 40 Rn 1; Schneider, in: AK-GG, Art. 40 Rn 2; Versteyl, in: von Münch/Kunig, GG, Art. 40 Rn 1; Bollmann, S. 33 f.; Schröder, S. 201 ff.; K. F. Arndt, Geschäftsordnungsautonomie, S. 62 f. 196 Dach, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 40 Rn 6. 197 Dach, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 40 Rn 6. 198 Vgl. neuerdings BVerfGE 104, 310, 332. 199 BVerfGE 102, 224, 236. 200 BVerfGE 44, 308, 354 f.; 102, 224, 235. Vgl. auch Stern, Bd. 2, § 26 III 6 b, S. 83; Jarass/Pieroth, GG, Art. 40 Rn 8. 201 BVerfGE 80, 188, 219; 102, 224, 235; 104, 310, 332. 202 BVerfGE 80, 188, 219; 102, 224, 235; 104, 310, 332.
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3. Teil: Verfassungsmäßigkeit der steuerfreien Kostenpauschale
Befugnis zur Gewährung von zusätzlichen Entschädigungen mit Einkommenscharakter für Abgeordnete mit besonderen parlamentarischen Funktionen (sog. Funktionszulagen)203 aus der Parlamentsautonomie hergeleitet.204 Die allgemeine vom Bundestag nach Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG gewährte Abgeordnetenentschädigung sowohl in Form der Grundentschädigung als auch der hier in Frage stehenden Kostenpauschale wird indes vorwiegend als Ausprägung des Abgeordnetenmandats verstanden. Sie soll vornehmlich den verfassungsrechtlichen Status des Abgeordneten, dessen „freies Mandat“ aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG sichern.205 Indem die Abgeordnetenentschädigung die Mitglieder des Bundestages in die Lage versetzt, ihr Mandat wahrzunehmen, dient sie jedoch auch dazu, die Arbeits- und Funktionsfähigkeit des Parlaments zu erhalten. Daher wird man die nach Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG getroffene Regelung der Abgeordnetenentschädigung und damit auch der Kostenpauschale als noch von der Parlamentsautonomie erfasst ansehen müssen.206
203 Im Bundestag sind das bisher nur der Bundestagspräsident und seine Stellvertreter, denen nach § 11 Abs. 2 AbgG eine erhöhte Grundentschädigung gewährt wird. In den Ländern werden zum Teil darüber hinaus auch den Fraktionsvorsitzenden Funktionszulagen gewährt. 204 BVerfGE 102, 224, 236 f. unter Berufung auf das Sondervotum Seuffert zum Diätenurteil in BVerfGE 40, 296, 340. 205 Vgl. H. H. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 48 Rn 22: „Ausführungsvorschrift zu Art. 38 Abs. 1 GG“; von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 4 ff. und 75 ff.; Jarass/Pieroth, GG, Art. 48 Rn 1; Magiera, in: Sachs, GG, Art. 48 Rn 1; Trute, in: von Münch/Kunig, GG, Art. 48 Rn 1; Achterberg/Schulte, in: von Mangoldt/ Klein/Starck, GG, Art. 48 Rn 44. 206 Allerdings wird die Regelung des Art. 48 Abs. 3 GG im Zusammenhang mit der Parlamentsautonomie kaum behandelt. In der Regel wird sie dort aber zumindest kurz erwähnt, vgl. etwa Pietzcker, in: Schneider/Zeh, § 10 Rn 10; Magiera, in: Sachs, GG, Art. 40 Rn 1; Bollmann, S. 72. Es findet sich auch der Hinweis, dass von Art. 48 GG neben der Sicherung des Status des Abgeordneten auch die Funktionsfähigkeit des Parlaments „mitgesichert“ wird (Trute, in: von Münch/Kunig, GG, Art. 48 Rn 1, der allerdings sofort betont, dass dieser Zweck für die Interpretation nicht bestimmend sei) bzw. dass eine direkte Verknüpfung mit der Funktion des Parlaments bestehe (von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 75). Es wäre im Übrigen auch nicht einsichtig, mit dem Bundesverfassungsgericht die Funktionszulagen für Abgeordnete der Parlamentsautonomie zuzuordnen, nicht jedoch die allgemeine Abgeordnetenentschädigung. Dass die Abgeordnetenentschädigung nicht in der Geschäftsordnung, sondern im Abgeordnetengesetz geregelt ist, ist schließlich unbedenklich. Zwar ist es nach der h. M. nicht ohne weiteres zulässig, Angelegenheiten der Parlamentsautonomie durch Gesetz zu regeln (vgl. dazu Pietzcker, in: Schneider/Zeh, § 10 Rn 14 ff.). Das gilt jedoch nicht, wenn das Grundgesetz, wie hier in Art. 48 Abs. 3 S. 3 GG, ausdrücklich eine Regelung in Gesetzesform vorsieht (vgl. auch dazu Pietzcker, in: Schneider/Zeh, § 10 Rn 13).
§ 7 Vergleich zwischen Abgeordneten und der Allgemeinheit
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b) Rechtswirkungen der Parlamentsautonomie nur im Innenbereich des Parlaments Auch wenn die Parlamentsautonomie die Regelung der Abgeordnetenentschädigung erfasst, ist damit noch nicht beantwortet, ob sie durch die Anwendung der allgemeinen steuerlichen Regelungen sowie der damit verbundenen Rechenschaftspflicht der Abgeordneten und den entsprechenden Kontrollrechten der Finanzverwaltung beeinträchtigt würde. Es ist daher zu fragen, welche Rechtswirkungen die Parlamentsautonomie entfaltet und ob die steuerliche Behandlung der Kostenpauschale von diesen erfasst wird. Nach allgemeiner Auffassung wirkt die Parlamentsautonomie grundsätzlich nur im Innenbereich des Parlaments.207 Sie verleiht lediglich die Befugnis zur Regelung der internen Angelegenheiten des Parlaments. Aus der Parlamentsautonomie lassen sich daher von vornherein keine Rechtsfolgen ableiten, wenn Rechte oder Kompetenzen Dritter betroffen sind.208 Dieses Abgrenzungskriterium ist lediglich insofern zu korrigieren, als der Innenbereich des Parlaments natürlich Abgeordnete und Fraktionen erfasst, obwohl auch diese als Träger eigener Rechte und Kompetenzen dem Parlament gegenüber auftreten.209 Soweit diese betroffen sind, kann auf die Parlamentsautonomie zurückgegriffen werden. Im Außenbereich kann die Parlamentsautonomie nur ausnahmsweise Rechtswirkungen entfalten, nämlich nur, soweit dies ausdrücklich im Grundgesetz vorgesehen ist.210 Das zeigt sich auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das auf die Parlamentsautonomie soweit ersichtlich nur dann zurückgreift, wenn es um eine Abwägung mit den Rechten der Abgeordneten oder der Fraktionen geht211 (insbesondere mit dem Recht der Abgeordneten auf Gleichbehandlung aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG212), nicht jedoch, wenn es um Rechte Dritter, etwa der Bürger geht. Entscheidend ist damit, ob die steuerliche Behandlung der den Abgeordneten vom Parlament gewährten Kostenpauschale dem von der Parlamentsautonomie erfassten Innenbereich des Parlaments zuzuordnen ist. Zwar gehört die 207
Pietzcker, in: Schneider/Zeh, § 10 Rn 4; Magiera, in: Sachs, GG, Art. 40 Rn 1. Pietzcker, in: Schneider/Zeh, § 10 Rn 4. 209 Pietzcker, in: Schneider/Zeh, § 10 Rn 4. 210 Solche externen Elemente sind etwa im Hausrecht und in der Polizeigewalt des Bundestagspräsidenten gemäß Art. 40 Abs. 3 S. 1 GG enthalten, da diese auch gegenüber außenstehenden Dritten wirken. Ein weiteres Beispiel ist die Wahlprüfung und die Entscheidung über den Verlust des Mandats gemäß Art. 41 GG, da hiervon nicht nur die Rechtsstellung des Abgeordneten, sondern auch das subjektive Wahlrecht des Bürgers betroffen ist. Vgl. dazu etwa Pietzcker, in: Schneider/Zeh, § 10 Rn 5, 6; Magiera, in: Sachs, GG, Art. 40 Rn 1. 211 Vgl. BVerfGE 10, 4, 13; 80, 188, 217 ff.; 102, 224, 235 ff.; 104, 310, 332 ff. 212 Vgl. etwa BVerfGE 80, 188, 217 ff. zur Redezeitbeschränkung; 102, 224, 235 ff. zu Funktionszulagen für einzelne Abgeordnete. 208
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3. Teil: Verfassungsmäßigkeit der steuerfreien Kostenpauschale
Gewährung der Kostenpauschale noch ausschließlich zu diesem Innenbereich. Von ihr sind alleine das Parlament selbst und die Abgeordneten, vor allem aufgrund ihres Anspruchs auf eine angemessene Entschädigung aus Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG, betroffen. Hinsichtlich der steuerlichen Behandlung der Kostenpauschale ergibt sich jedoch eine andere Beurteilung. Im Unterschied zur Gewährung geht es bei der Besteuerung der Kostenpauschale schon gar nicht um die Rechtsziehungen zwischen Abgeordneten und Parlament. Auch Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG als Konkretisierung der Parlamentsautonomie in diesem Bereich regelt ausschließlich die Frage der Gewährung der Kostenpauschale als Teil der Abgeordnetenentschädigung, nicht jedoch deren (Nicht)Besteuerung. Bei der steuerlichen Behandlung geht es zudem darum, ob die Kostenpauschale den allgemeinen steuerlichen Regeln zu unterwerfen ist, die für jedermann gelten. Mit der von Art. 3 Abs. 1 GG gewährleisteten Steuergleichheit sind damit Rechte Dritter, nämlich der Allgemeinheit der Steuerpflichtigen betroffen. Die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung aufgrund der steuerlichen Behandlung der Kostenpauschale geht damit über den Innenbereich des Parlaments hinaus, so dass die Parlamentsautonomie diesbezüglich von vornherein keine Rechtswirkungen begründen kann. Überdies überzeugt die Argumentation des EuGH, dass bei einer Besteuerung der Kostenpauschale die Finanzverwaltung ihre Beurteilung der Kostenerstattung an die Stelle der vom Parlament vorgenommenen Beurteilung setzen würde, nicht. Die Finanzverwaltung hätte ausschließlich die steuerliche Behandlung der Kostenerstattung zu beurteilen. Hinsichtlich der Kostenerstattung durch das Parlament als solcher stünden ihr keine Befugnisse zu. Sie bliebe allein Sache des Parlaments. Als Ergebnis lässt sich damit festhalten, dass zwar die Gewährung der Kostenpauschale als Teil der Abgeordnetenentschädigung dem parlamentsinternen Bereich zuzuordnen ist und von der Parlamentsautonomie erfasst wird. Dagegen betrifft die steuerliche Behandlung der Kostenpauschale nicht mehr den Innenbereich des Parlaments. Eine Besteuerung der Kostenpauschale und die damit verbundene Kontrolle durch die Finanzverwaltung kann die Parlamentsautonomie daher von vornherein nicht beeinträchtigen. Aus diesem Grund scheidet die Parlamentsautonomie als Rechtfertigung für die steuerfreie Kostenpauschale der Abgeordneten aus.213 213 Es erscheint darüber hinaus auch fraglich, ob die Entscheidung des EuGH für das Europäische Parlament zutreffend ist. Auch hinsichtlich dessen Selbstorganisationsrecht nach Art. 199 Abs. 1 EGV, Art. 112 Abs. 1 EAG-Vertrag, Art. 25 Abs. 1 EGKS-Vertrag wird ansonsten angenommen, dass das Parlament nicht unter Berufung darauf in Rechte der anderen Organe oder der Mitgliedstaaten übergreifen kann (vgl. etwa Schoo, in: Schwarze, Art. 199 EGV Rn 4, 5). Entsprechend hat der Generalanwalt Slynn in seinen Schlussanträgen ausgeführt, dass das Selbstorganisationsrecht einer Besteuerung durch die Mitgliedstaaten nicht entgegenstehe, und hat eine solche daher für weitgehend zulässig gehalten (vgl. Schlussanträge GA Slynn, EuGH, Slg. 1981,
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III. „Freies Mandat“ (Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG) als Rechtfertigung der Pauschalierung Als Rechtfertigung der steuerfreien Kostenpauschale kommt weiterhin das freie Mandat aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG in Betracht. Im Gegensatz zur Parlamentsautonomie entfaltet dieses Rechtswirkungen nicht nur im Innenbereich des Parlaments, sondern auch im Außenbereich.214 Das freie Mandat wird in der Diskussion auch immer wieder als Rechtfertigung der Pauschalierung angeführt.215 Genauso zahlreich sind indes die Stimmen, die eine Rechtfertigung anhand des freien Mandats ausdrücklich ablehnen. Es sei einem Abgeordneten ebenso zumutbar, wie es jedem Bürger zugemutet wird, seine steuerlich zu berücksichtigenden berufsbedingten Aufwendungen einzeln nachzuweisen.216 Das Bundesverfassungsgericht hat im Diätenurteil217 und 2205, 2222 ff., insb. 2224). Es hat den Anschein, dass den EuGH die eher pragmatische Erwägung geleitet hat, eine Besteuerung der Kostenerstattung durch die Mitgliedstaaten zu verhindern. Eine solche hätte nämlich aufgrund der unterschiedlichen Steuersysteme der Mitgliedstaaten eine unterschiedliche Steuerbelastung der Abgeordneten zur Folge, was allgemein als unbefriedigend empfunden wird (vgl. zur entsprechenden Diskussion um die Grundentschädigung, die gegenwärtig noch von den Mitgliedstaaten in unterschiedlicher Höhe gewährt und von diesen auch unterschiedlich besteuert wird, Fleuter, S. 120 f.; Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 11 Rn 96; Bieber, EuR 1981, 124, 134; ders., EuR 1984, 185 199 f.; zu der geplanten Abhilfe durch ein einheitliches gemeinschaftsrechtliches Statut vgl. den Bericht Rothley v. 18.11.1998, S. 17 und 19). Es erscheint zweifelhaft, ob der EuGH ebenso entschieden hätte, wenn es darum gegangen wäre, die Kostenerstattung ebenso wie bei den Beamten der Gemeinschaften einer Steuer zugunsten der Europäischen Gemeinschaften zu unterwerfen, was nach seiner Argumentation anhand des Selbstorganisationsrechts aber zwingend gewesen wäre. 214 Das freie Mandat wirkt gegenüber der gesamten staatlichen Gewalt und darüber hinaus sogar gegenüber Privatpersonen, vgl. nur Jarass/Pieroth, GG, Art. 38 Rn 27. 215 So das Sondervotum von Seuffert zum Diätenurteil, BVerfGE 40, 296, 336 (hinsichtlich der damaligen Tage- und Sitzungsgelder); Scholtz, in: Bordewin/ Brandt, EStG, § 22 Rn 110 (Stand: 77. Erg.-Lfg., April 1984). Zum Teil wird eine Rechtfertigung allerdings nur für einen Teil der Aufwendungen angenommen, so die Kissel-Kommission, S. 12 (hinsichtlich der Aufwendungen für die Wahlkreisbetreuung) und der Hessische Präsidentenbeirat, S. 25 (hinsichtlich der allgemeinen mit dem Mandat verbundenen Unkosten). In einigen Äußerungen wird allerdings schwächer formuliert, dass eine Pauschalierung dem Verfassungsgrundsatz des freien Mandats „am besten entspricht“, so der Rosenberg-Beirat, S. 44; diesem folgend Braun/ Jantsch/Klante, AbgG § 12 Rn 9. Dabei bleibt offen, ob das „freie Mandat“ hier als Rechtfertigungsgrund angesehen wird, zumal gleichzeitig Vereinfachungsgesichtspunkte angesprochen werden, vgl. Rosenberg-Beirat, S. 44. 216 So von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 177; ders., Macht macht erfinderisch, S. 37; ders., Rechtsgutachten Bayern, S. 51; Birk, Stbg. 2000, Nr. 6, S. III (Editorial); A. Fischer, S. 125 f; H. Meyer, KritV 1995, 216, 250; Weyer-Kommission, S. 17. Implizit auch Geiger, ZParl 1978, 522, 529, der von einer Rechtfertigungsmöglichkeit „ausschließlich“ aus Vereinfachungsgesichtspunkten ausgeht.
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3. Teil: Verfassungsmäßigkeit der steuerfreien Kostenpauschale
in seinem nachfolgenden Beschluss218 zwar kurz zur Möglichkeit einer Pauschalierung des den Abgeordneten gewährten steuerfreien Aufwendungsersatzes Stellung genommen, hat dabei jedoch nicht auf das freie Mandat abgestellt.219 Trotz der genannten Äußerungen fehlt es bislang an einer umfassenden Auseinandersetzung mit einer solchen Rechtfertigung. Nähere Ausführungen dazu, inwiefern die freie und unabhängige Mandatsausübung bei Verzicht auf die Pauschalierung gefährdet wäre, finden sich kaum. Ebenso wie bei der Parlamentsautonomie muss Ausgangspunkt der weiteren Erwägungen indes sein, dass das freie Mandat nur dann zu einer Rechtfertigung führen kann, wenn es bei Verzicht auf die Pauschalierung und der damit verbundenen Anwendung der allgemeinen steuerlichen Regelungen auch auf Abgeordnete überhaupt beeinträchtigt würde. Sonst ist die Pauschalierung schon nicht zur Wahrung des freien Mandats geeignet. 1. Schutzbereich des „freien Mandats“
Das freie Mandat als verfassungsrechtlich garantiertes Statusrecht der Abgeordneten folgt aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG, nach dem diese an Weisungen und Aufträge nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen sind. Wie bereits durch die passive Formulierung deutlich wird, weist die daraus zu entnehmende Freiheit eine umfassende Schutzrichtung auf. Sie richtet sich sehr weitgehend auch gegen Private, insbesondere gegen Parteien und Wähler.220 Dadurch soll verhindert werden, dass die Abgeordneten durch ihre Partei oder durch einzelne Interessengruppen vereinnahmt werden.221 Näher217
BVerfGE 40, 296 ff. BVerfGE 49, 1 ff. 219 BVerfGE 40, 296, 328; 49, 1, 2. Ebenso BayVerfGH, VerfGHE 35, 148, 165. Auch wenn das Bundesverfassungsgericht den von ihm in Betracht gezogenen Rechtfertigungsgrund nicht ausdrücklich anspricht, legen seine Ausführungen nahe, dass es ausschließlich den bei Pauschalierungen stets heranzuziehenden allgemeinen Rechtfertigungsgrund der Praktikabilität der Norm herangezogen hat (siehe dazu noch ausführlich unter IV., S. 120 ff.). Zum einen wäre im Gegensatz zu diesem das freie Mandat ein besonderer Rechtfertigungsgrund aus der spezifischen Situation des Abgeordneten heraus, den das Bundesverfassungsgericht sicherlich ausdrücklich hervorgehoben hätte. Das gilt um so mehr, als Seuffert in seinem Sondervotum ja gerade auf das freie Mandat abgestellt hat (BVerfGE 40, 296, 336). Schließlich passen die Ausführungen des Bundesverfassungsgericht, eine Pauschalierung sei „nicht ausgeschlossen“ bzw. „zulässig“ auch gar nicht zu einer Rechtfertigung durch das freie Mandat. Wenn eine Einzelabrechnung das freie Mandat beeinträchtigen würde, wäre eine Pauschalierung nicht lediglich „nicht ausgeschlossen“ bzw. „zulässig“, sondern vielmehr zwingend geboten (davon ist anscheinend auch Seuffert in seinem Sondervotum ausgegangen, vgl. BVerfGE 40, 296, 336). 220 Jarass/Pieroth, GG, Art. 38 Rn 27; Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 38 Rn 11 f. 218
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liegend richtet sich das „freie Mandat“ gegen die gesamte staatliche Gewalt.222 Diese Schutzrichtung des „freien Mandats“ hatte ihre größte Bedeutung zwar während der geschichtlichen Entwicklung der parlamentarischen Demokratie, in der die Volksvertretungen als der nicht demokratisch legitimierten, feudal-erblich entstandenen Exekutive gegenüberstehende Körperschaften entstanden sind.223 Obwohl sich die Ausgangsbedingungen inzwischen verändert haben, besteht sie aber auch noch im heutigen parlamentarischen Regierungssystem.224 Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Prozess der parlamentarischen Willensbildung frei von Beeinflussungen und Beeinträchtigungen der Inhaber staatlicher Ämter ist.225 Insbesondere die Kontrolle der Exekutive ist Kernaufgabe der Parlamente, zu deren funktionsgerechter Erfüllung die Unabhängigkeit gegenüber den vielfältigen Beeinflussungsmöglichkeiten durch diese notwendig ist.226 Nur so kann das Parlament die demokratische Legitimation der staatlichen Gewalt bilden.227 Betont wird in diesem Zusammenhang vor allem die Unabhängigkeit von der Regierung228, jedoch schützt das freie Mandat auch vor der übrigen Exekutive229, wozu auch die Finanzverwaltung gehört. Der Schutzbereich des „freien Mandats“ umfasst die gesamte Ausübung des Mandats. Darunter fällt nicht nur das parlamentarische Handeln im engeren Sinne (Wahlen und Abstimmungen), sondern auch die gesamte übrige Abgeordnetentätigkeit.230 In diesem weiteren Bereich wirkt die Unabhängigkeit des Abgeordneten als Gebot der freien Mandatskonzeption. Sie bedeutet die Freiheit, Inhalt, Schwerpunkte und Konzeption seines Mandats selbst zu bestimmen, etwa im Bereich der kommunikativen und Wahlkreisarbeit, der Öffentlichkeitsarbeit und der übrigen je individuell verschiedenen Tätigkeit in 221
Morlok, in: Dreier, GG, Art. 38 Rn 127, 136. Jarass/Pieroth, GG, Art. 38 Rn 27; Morlok, in: Dreier, GG, Art. 38 Rn 127; Trute, in: von Münch/Kunig, GG, Art. 38 Rn 73. 223 Zeh, S. 40 f. 224 Welti, S. 82. 225 Morlok, in: Dreier, GG, Art. 38 Rn 127, 136 226 Welti, S. 82. 227 Morlok, in: Dreier, GG, Art. 38 Rn 127. 228 Morlok, in: Dreier, GG, Art. 38 Rn 127. 229 Welti, S. 82. 230 Morlok, in: Dreier, GG, Art. 38 Rn 140; Jarass/Pieroth, GG, Art. 38 Rn 26. Das ergibt sich bereits aus der Entstehungsgeschichte, nach der zunächst zum einen Wahlen und Abstimmungen und zum anderen auch Reden und Handlungen der Abgeordneten in Art. 38 GG erwähnt werden sollten (Erste Lesung im Hauptausschuss am 11.11.1948 auf Antrag des Abg. Süsterhenn (CDU)). Das unterblieb lediglich aus sprachlich-redaktionellen Gründen (Zweite Lesung im Hauptausschuss am 7.1.1949 auf Vorschlag des Allgemeinen Redaktionsausschusses). Vgl. Füßlein, JöR n. F. 1 (1951), S. 349, 355. 222
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der Mandatszeit.231 Der Abgeordnete hat freien Raum, alles zu tun, was er in Ausübung seines Mandats für nötig hält. Die Abgeordneten sollen die Möglichkeit haben, ihr Mandat in verschiedener Weise selbstverantwortlich auszugestalten. Das dient der Sicherung der Verschiedenheit und Chancengleichheit der Abgeordneten zur Sicherung der Repräsentativität des Gesamtparlaments.232 Von dem so verstandenen Schutzbereich des „freien Mandats“ ist demnach auch die Entscheidung des Abgeordneten erfasst, Aufwendungen in Ausübung des Mandats zu tätigen bzw. sie nicht zu tätigen. 2. Beeinträchtigung des „freien Mandats“ durch Anwendung der allgemeinen steuerlichen Regelungen
Die Freiheit im Sinne des Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG besteht darin, dass die Abgeordneten in der so verstandenen Ausübung des Mandats „an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen“ sind. Trotz Erwähnung des Gewissens besteht die Freiheit nicht nur bei Gewissensfragen im Sinne sittlicher Grundfragen, die den Abgeordneten in Gewissensnot bringen.233 Vielmehr ist die alleinige Verpflichtung auf das eigene Gewissen als Freistellung von allen Fremdbindungen zu verstehen. Die Gewissensunterworfenheit ist eine positive Formulierung der Ungebundenheit.234 Für die Ausübung des Mandats ist nur der eigene Entschluss des Abgeordneten maßgeblich.235 Zur Ungebundenheit des Abgeordneten gehört darüber hinaus, dass er keiner Begründungspflicht hinsichtlich seiner Entscheidungen unterliegt.236 Aus einer fehlenden Begründung dürfen ihm darüber hinaus keine Nachteile erwachsen.237 Das freie Mandat des Abgeordneten wird daher durch alle staatlichen Maßnahmen beeinträchtigt, die inhaltliche Bindungen der Mandatsausübung herbeiführen oder sanktionieren und damit die Mandatsausübung beeinflussen oder sonst behindern.238 Weiterhin kann eine Beeinträchtigung in einer staatlichen Maßnahme liegen, die dem Abgeordneten eine Begründungspflicht hinsichtlich seiner Mandatsausübung auferlegt oder Nachteile an eine fehlende Begründung knüpft. Es fragt sich, ob 231
Welti, S. 89. Schlaich/Schreiner, NJW 1979, 673, 676; Welti, S. 89. 233 Morlok, in: Dreier, GG, Art. 38 Rn 140; Jarass/Pieroth, GG, Art. 38 Rn 26; H. H. Klein, in: HStR II, § 41 Rn 3; Demmler, S. 123. 234 Morlok, in: Dreier, GG, Art. 38 Rn 140; Schneider, in; AK-GG, Art. 38 Rn 30; Badura, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 38 Rn 50; Wefelmeier, S. 166 f. 235 Morlok, in: Dreier, GG, Art. 38 Rn 140. 236 Morlok, in: Dreier, GG, Art. 38 Rn 140; Magiera, in: Sachs, GG, Art. 38 Rn 47; Trute, in: von Münch/Kunig, GG, Art. 38 Rn 87; Jarass/Pieroth, GG, Art. 38 Rn 26; Schneider, in: AK-GG, Art. 38 Rn 40. 237 Jarass/Pieroth, GG, Art. 38 Rn 26; Schneider, in: AK-GG, Art. 38 Rn 40. 238 Jarass/Pieroth, GG, Art. 38 Rn 27. 232
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ein Verzicht auf die Pauschalierung und die Anwendung der allgemeinen steuerlichen Regelungen auch auf Abgeordnete zu einer Beeinträchtigung des freien Mandats führen würde. Diesbezüglich ist zwischen den damit verbundenen materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Auswirkungen zu unterscheiden. a) Materiell-rechtliche Auswirkungen Materiell-rechtlich wären bei einem Verzicht auf die Pauschalierung die Einkünfte der Abgeordneten durch den Abzug nur der tatsächlich entstandenen Werbungskosten von den Einnahmen nach Maßgabe der §§ 8, 9 EStG zu ermitteln. Zum Teil werden bereits diese materiell-rechtlichen Regelungen als mit dem freien Mandat unvereinbar angesehen. Die darin enthaltene Einzelabrechnung begründe die Gefahr, dass von der Entschädigung her in die Entscheidungsfreiheit des Mandatsträgers in der Wahrnehmung des Mandats eingegriffen wird und dessen Entscheidungen beeinflusst werden.239 Nähere Ausführungen zur weiteren Konkretisierung dieser Gefahr werden allerdings nicht gemacht. Es ist aber anscheinend gemeint, dass sich aus den materiellrechtlichen Regelungen zum Werbungskostenabzug Gestaltungs- und Anreizwirkungen hinsichtlich der Mandatsausübung des Abgeordneten ergeben können, die die vom freien Mandat geschützte Entscheidung, Aufwendungen in Ausübung des Mandats zu tätigen, beeinflussen bzw. verzerren könnten. Zwar enthalten die Steuergesetze zahlreiche Lenkungsnormen, die Gestaltungs- und Anreizwirkungen hinsichtlich bestimmter Verhaltensweisen des Steuerpflichtigen entfalten. In der Überfrachtung mit solchen Normen wird vielfach ein wesentliches Übel des Steuerrechts gesehen.240 Jedoch gehen von den hier in Frage stehenden allgemeinen Regelungen zum Werbungskostenabzug weitgehend gerade keine Gestaltungs- oder Anreizwirkungen aus. Nach dem Grundtatbestand des § 9 Abs. 1 S. 1 EStG sind als Werbungskosten alle Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen abziehbar. Diese Formulierung wird nach einhelliger Auffassung nach dem Veranlassungsprinzip ausgelegt. Es werden alle Aufwendungen erfasst, die durch die Erwerbstätigkeit veranlasst sind.241 Weitere einschränkende Merkmale, die diese umfassende Abzugsmöglichkeit einschränken, bestehen nicht. Insbesondere kommt es nicht auf die Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und 239 So das Sondervotum Seuffert, BVerfGE 40, 296, 336. Zwar hat Seuffert wohl vor allem eine Einzelabrechnung hinsichtlich der Kostenerstattung selbst gemeint. Jedoch kann die Aussage konsequenterweise auch für die steuerliche Einzelabrechnung in Bezug genommen werden, die in den allgemeinen Regelungen zum Werbungskostenabzug enthalten ist. 240 Verteidigend aber neuerdings Weber-Grellet, NJW 2001, 3657 ff. 241 Siehe dazu bereits unter A. II. 3. a), S. 70.
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Üblichkeit der Aufwendungen an.242 Der Steuerpflichtige kann dadurch frei entscheiden, welche Aufwendungen er für Erwerbszwecke tätigen will und soll aufgrund einer solchen Entscheidung keine steuerlichen Nachteile erleiden.243 Entsprechend wäre bei einem Verzicht auf die Pauschalierung auch bei einem Abgeordneten zu verfahren. Er könnte umfassend alle Aufwendungen als Werbungskosten abziehen, die durch die Ausübung seines Mandats veranlasst sind. Demgegenüber würde es gerade keine Rolle spielen, ob die Tätigkeit noch zum Pflichtenkreis des Abgeordneten gehört oder ob die Aufwendung für die Tätigkeit notwendig und zweckmäßig ist. Damit würden alle Aufwendungen, die der Abgeordnete in Ausübung seines Mandats tätigt, steuerlich gleichbehandelt, wären nämlich alle in gleicher Weise steuerlich abziehbar. Es könnten sich keine Anreize hinsichtlich der Tätigung bestimmter Aufwendungen ergeben. Zum anderen bestünden auch keine Anreize hinsichtlich der von dem Abgeordneten zu treffenden Entscheidung, ob er überhaupt eine Aufwendung tätigt. Es wären im Gegensatz zur jetzigen Rechtslage ja genau die Aufwendungen abziehbar, die tatsächlich entstehen. Es wäre für den Abgeordneten weder steuerlich „günstig“, besonders viele noch besonders wenige Aufwendungen zu tätigen. Die allgemeine Regelung des § 9 Abs. 1 S. 1 EStG wäre hinsichtlich der Ausübung des Mandats durch den Abgeordneten entscheidungsneutral.244 Es würden sich keine steuerlichen Gestaltungsoder Anreizwirkungen ergeben, die die Mandatsausübung des Abgeordneten beeinflussen bzw. verzerren könnten.245
242 So die st. Rspr. des Bundesfinanzhofs, vgl. etwa BFH, BStBl. II 1974, 200, 201; 1985, 126, 128; 1989, 405, 406. Vgl. auch Tipke/Lang, § 9 Rn 231; Schmidt/Drenseck, EStG, § 9 Rn 20; von Beckerath, in Kirchhof, EStG, § 9 Rn 63. Eine Ausnahme findet sich lediglich in § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG, die jedoch bisher kaum Bedeutung erlangt hat (vgl. von Bornhaupt, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 9 Rn G 108: keine „kleinliche Betrachtung“). 243 Tipke/Lang, § 9 Rn 231. 244 Vgl. zu diesem aus der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre stammenden Begriff etwa Elschen, StuW 1991, 99, 102 ff.; Wagner, StuW 2, 3 f. Danach ist eine steuerliche Regelung entscheidungsneutral, wenn sie bei einem vernünftigen Steuerpflichtigen keine Ausweichhandlungen verursacht. 245 Im Gegenteil birgt vielmehr die jetzige Rechtslage die Gefahr, den Abgeordneten in seiner Mandatsausübung zu beeinflussen. Nach dieser werden stets Aufwendungen in Höhe der Pauschalierung steuerlich berücksichtigt, auch wenn die tatsächlich von dem Abgeordneten getätigten Aufwendungen viel geringer sind. Daraus ergibt sich ein Anreiz zu einer möglichst sparsamen Mandatsausübung, da dann die steuerlichen Vorteile am größten sind (vgl. dazu D. Meyer, Jb.f.Wirtschaftswissenschaften 47 (1996), 324, 332; ders., Politische Vierteljahreszeitschrift 1998, 329, 336 sowie ihm folgend Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 12 Rn 10, die diesen Effekt jedoch aus ökonomischer Sicht für wünschenswert halten, da dadurch das Verhältnis von Mitteleinsatz und -ergebnis optimiert werde und die Mandatsausübung möglichst wirtschaftlich gestaltet werde; siehe dazu auch bereits unter § 5, S. 46 f.) Mit dem freien Mandat des
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Allerdings finden sich unter den weiteren den Werbungskostenabzug betreffenden Regelungen auch einige, die nicht in diesem Sinne entscheidungsneutral sind. So enthalten die § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1–7, Abs. 2 EStG und die über die Verweisung in § 9 Abs. 5 EStG auch bei den Überschusseinkünften geltenden § 4 Abs. 5 Nr. 1–5, 6b–8a, 10 und Abs. 6 EStG spezielle Vorschriften zum Werbungskostenabzug, die § 9 Abs. 1 S. 1 EStG vorgehen. Diese stellen zum Teil lediglich Konkretisierungen des allgemeinen Werbungskostenbegriffs (z. B. für Arbeitsmittel in § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 6 EStG), zum Teil Pauschalierungen (z. B. für Verpflegungsmehraufwand in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 EStG), jedoch darüber hinaus auch Abzugsbeschränkungen dem Grunde (z. B. für Geldbußen in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 EStG) und der Höhe nach (z. B. für Bewirtungskosten in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG). Da aufgrund dieser Abzugsbeschränkungen nicht die tatsächlichen Aufwendungen abgezogen werden können, könnten sie sich beeinflussend auf die diesbezüglichen Entscheidungen des Abgeordneten auswirken (z. B. bei der Bewirtung im Rahmen politischer Veranstaltungen). Indes wirkt sich eine solche aus steuerlichen Folgen ergebende Gestaltungswirkung nur mittelbar auf das freie Mandat aus. Die Freiheit des Abgeordneten wird nicht direkt beschnitten. Zwar kann der Schutz des freien Mandats hier nicht von vornherein versagt werden. Jedoch kann es den Abgeordneten auch nicht vor jeder noch so geringen steuerlichen Beeinflussungswirkung schützen. Man wird diesbezüglich verlangen müssen, dass die Beeinflussung der freien und unabhängigen Mandatsausübung durch die steuerlichen Folgen entweder final erfolgt oder, wenn das nicht der Fall ist, zumindest eine erhebliche Intensität erreicht.246 Davon wird man auch bei den nicht entscheidungsneutralen Regelungen zum Werbungskostenabzug jedoch nicht ausgehen können. In der Mehrzahl handelt es sich um reine Fiskalzwecknormen247, die trotz im Einzelfall auftretender Verhaltensbeeinflussung keine Lenkung bezwecken, wie etwa die Abzugsbeschränkung für Bewirtungskosten nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG. Die Regelungen, Abgeordneten ist diese Argumentation indes nicht ohne weiteres in Einklang zu bringen. 246 Zwar ist für das freie Mandat als Statusrecht des Abgeordneten – wohl mangels Relevanz – bisher noch nicht diskutiert worden, ab welcher Schwelle steuerliche Gestaltungs- und Anreizwirkungen eine Beeinträchtigung darstellen. Man wird aber hier diese für die Freiheitsgrundrechte der Bürger, etwa Art. 12 Abs. 1 GG, von der h. M. entwickelten Kriterien übertragen können. Auch wenn das freie Mandat des Abgeordneten weder ein Grundrecht noch ein grundrechtsgleiches Recht darstellt, ist die Problematik der nur mittelbar wirkenden Beeinträchtigungen hier vergleichbar. Vgl. zu mittelbaren Eingriffen in Freiheitsgrundrechte aufgrund steuerlicher Gestaltungsund Anreizwirkungen nur Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 196 ff., 202 ff., 213 ff, der auf die „Zurechenbarkeit“ abstellt; Kulosa, S. 51 ff. Vgl. zu mittelbaren Eingriffen in Grundrechte allgemein neuerdings BVerfGE 105, 252 ff.; 105, 279 ff. 247 Vgl. zu den Begriffen der Fiskalzwecknorm und der Lenkungsnorm sowie deren Abgrenzung nur Tipke/Lang, § 4 Rn 20 f.
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die eine Lenkung bezwecken, zielen jedenfalls nicht auf eine Beeinflussung von Abgeordneten in ihrer Mandatsausübung ab.248 Auch dass die daher heranzuziehende Intensität der Gestaltungswirkungen bei den sämtlich nur einzelne Aufwendungen betreffenden Regelungen die für eine Beeinträchtigung erforderliche Schwelle überschreitet, wird man nicht annehmen können. So wird sich etwa die Abzugsbeschränkung für Bewirtungskosten gemäß § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG nicht derart intensiv auf die Mandatsausübung des Abgeordneten auswirken, dass man von einer Beeinträchtigung des freien Mandats reden könnte.249 Aus den allgemeinen materiell-rechtlichen Regelungen zum Werbungskostenabzug ergäben sich somit keine im Hinblick auf das freie Mandat unzulässigen Gestaltungs- oder Anreizwirkungen. Bei Verzicht auf die Pauschalierung kann sich unter diesem Gesichtspunkt keine Beeinträchtigung des freien Mandats ergeben. b) Verfahrensrechtliche Auswirkungen Ein Verzicht auf die Pauschalierung hätte indes auch verfahrensrechtliche Auswirkungen. Die Abgeordneten müssten zunächst in ihrer Steuererklärung250 auch die ihnen in Ausübung des Mandats entstandenen Werbungs248 So verfolgte etwa § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG a. F. bis zur Aufstockung der Pauschbeträge durch das StReformG 1990 v. 25.7.1988 (BGBl. I S. 1073) noch die verkehrspolitische Zielsetzung, die Benutzung des eigenen Kraftfahrzeugs zu Gunsten anderer Verkehrsmittel einzuschränken (vgl. Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Anm. 442). Trotz eines solchen Lenkungszwecks wird man aber nicht ohne weiteres von einer Beeinträchtigung des freien Mandats ausgehen können. Eine auf die Lenkung des Verhaltens des Abgeordneten gerade in seiner Mandatsausübung abzielende Regelung ist dagegen in der schon nach der jetzigen Rechtslage bestehenden je nach Art der Sitzung und Vorliegen eines Entschuldigungsgrundes differenzierenden Kürzung der steuerfreien Kostenpauschale bei Abwesenheit nach § 14 AbgG zu sehen. Diese Regelung wird man indes auch vor Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG mit der Funktionsfähigkeit des Parlaments als Rechtsgut von Verfassungsrang rechtfertigen können (keine Bedenken gegen die Regelung äußern auch H. H. Klein, in: HStR II, § 41 Rn 22; Demmler, S. 52; Achterberg, S. 268; kritisch allerdings die Kissel-Kommission, S. 12 f.; Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 14 Rn 7). 249 Sähe man bei jeder steuerlichen Gestaltungs- oder Anreizwirkung das freie Mandat gefährdet, wäre im Übrigen auch die gegenwärtige Pauschale bedenklich, die wie gesagt (siehe S. 112 Fn. 245) den sparsamen Abgeordneten „belohnt“. Auch bei anderen auf Abgeordnete anwendbaren Steuernormen können solche Wirkungen nicht ausgeschlossen werden. So könnte die progressive Steigerung des Tarifs für Abgeordnete zusätzliche Einkünfte aus Tätigkeiten neben ihrem Mandat weniger lukrativ erscheinen lassen und den Abgeordneten insofern beeinflussen. 250 Zur Abgabe einer Steuererklärung sind Abgeordnete auch jetzt schon gemäß § 149 Abs. 1 S. 1 AO, § 25 Abs. 1 S. 1 EStG verpflichtet, da allein aufgrund ihrer Grundentschädigung ihr Gesamtbetrag der Einkünfte, der nicht aus Einkünften aus
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kosten angeben. Bevor die Finanzverwaltung auf der Grundlage dieser Angaben die Einkommensteuer festsetzen könnte, müsste sie die Angaben des Abgeordneten kontrollieren. Zum einen müsste sie die in den Angaben enthaltenen rechtlichen Schlussfolgerungen (z. B. die Qualifikation bestimmter Aufwendungen als Werbungskosten) in rechtlicher Hinsicht überprüfen. Zum anderen müsste sie aufgrund des nach §§ 85, 88 AO im Besteuerungsverfahren geltenden Untersuchungsgrundsatzes die tatsächlichen Angaben überprüfen. Dazu stünden der Finanzverwaltung die Ermittlungsbefugnisse aus den §§ 93 ff. AO zur Verfügung, nach denen sie insbesondere Auskunfts-, Vorlage- oder Duldungsersuchen an Beteiligte oder Dritte richten kann. Wie weitgehend die Finanzverwaltung diese Ermittlungsbefugnisse ausnutzen müsste, hinge allerdings davon ab, inwieweit der Abgeordnete der ihm nach § 90 AO obliegenden Mitwirkung nachkommt. Nach der daraus folgenden Kooperationsmaxime ist die Ermittlungspflicht der Finanzverwaltung um so geringer, je weniger der Steuerpflichtige seinen Mitwirkungspflichten nachkommt (etwa Nichtabgabe der Steuererklärung, unzureichende Angaben zu den Werbungskosten).251 Ließe sich der Sachverhalt nach den danach gebotenen Ermittlungen nicht aufklären, trüge der Abgeordnete als Steuerpflichtiger die objektive Beweislast für die den Werbungskostenabzug betreffenden steuermindernden Tatsachen.252 Dabei bliebe es auch, wenn die Unaufklärbarkeit darauf beruht, dass er seine Mitwirkungspflichten verletzt hat. Die Finanzverwaltung träfe dann eine Beweislastentscheidung und würde die Werbungskosten nicht anerkennen. Sie müsste keine Schätzung nach § 162 Abs. 1 S. 1 AO vornehmen.253 Beruht das Sachaufklärungsdefizit dagegen auf keiner Mitwirkungspflichtverletzung, wäre das Beweismaß zu reduzieren und die Werbungskosten nach § 162 Abs. 1 S. 1 nach der größtmöglichen Wahrscheinlichkeit zu schätzen.254 Auch hinsichtlich dieser verfahrensrechtlichen Regelungen wird vorgebracht, sie seien mit dem freien Mandat des Abgeordneten nicht vereinbar. Dafür wird zum einen auf die den Abgeordneten treffenden Mitwirkungspflichten abgestellt und geltend gemacht, die unabhängige und freie Ausübung des Mandats sei gefährdet, wenn ein Abgeordneter einer behördlichen nichtselbständiger Arbeit besteht, die in § 56 S. 1 Nr. 2 lit. a) EStDV aufgestellte Grenze überschreitet. Bei Nichtabgabe der Steuererklärung kann die Finanzverwaltung die Abgabe nach §§ 328 ff. AO erzwingen und einen Verspätungszuschlag gemäß § 152 AO erheben. 251 BFH, BStBl. II 1989, 462, 464. 252 Vgl. BFH, BStBl. II 1971, 220, 224; 1976, 562, 563. Siehe dazu auch Tipke/ Lang, § 21 Rn 217. 253 Der für steuermindernde Tatsachen zu weitreichende Wortlaut des § 162 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 AO wird insoweit teleologisch reduziert, vgl. Tipke/Kruse, § 162 AO Tz 24; Tipke/Lang, § 21 Rn 216. 254 Vgl. Tipke/Lang, § 21 Rn 216, 217.
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Stelle als Teil der Exekutive Rechenschaft ablegen müsste, warum er bestimmte Aufwendungen in Ausübung seines Mandats getätigt hat.255 Zudem wird auf die von der Finanzverwaltung durchzuführende Kontrolle der von den Abgeordneten zu machenden Angaben verwiesen. Es sei zu befürchten, dass es dabei zu Abgrenzungsschwierigkeiten und Auffassungsunterschieden mit der Finanzverwaltung käme, weshalb es nicht ausgeschlossen werden könne, dass von dieser Seite her in die Wahrnehmung des Mandats und in die Entscheidungsfreiheit des Abgeordneten eingegriffen würde.256 Betrachtet man zunächst die Mitwirkungspflichten, denen der Abgeordnete im Besteuerungsverfahren unterläge, könnte in diesen eine Begründungspflicht hinsichtlich der Mandatsausübung gesehen werden, vor der das freie Mandat den Abgeordneten schützt. Der Abgeordnete müsste in seiner Steuererklärung Angaben zu den ihm entstandenen Werbungskosten machen und diese gegebenenfalls nachweisen. Unterließe er das, würde die Finanzverwaltung in einer Beweislastentscheidung keine Werbungskosten anerkennen. Dadurch wäre eine Verletzung der Mitwirkungspflichten mit Nachteilen für den Abgeordneten verbunden. Es ist jedoch zu beachten, auf welche Angaben sich die Erklärungs- und Nachweispflicht beziehen. Die Finanzverwaltung kann in der Steuererklärung und auch in den späteren Ermittlungen ausschließlich Angaben und Nachweise zu steuerrelevanten Tatsachen verlangen, also zu denjenigen Tatsachen, die die materiell-rechtliche Steuernorm ausfüllen.257 In diesem Sinne steuerrelevant ist beim Werbungskostenabzug indes lediglich, dass die fragliche Aufwendung durch die Mandatsausübung veranlasst sowie dass sie auch tatsächlich getätigt worden ist. Ob die Tätigkeit noch zum Pflichtenkreis des Abgeordneten gehört oder ob die Aufwendung für die Tätigkeit notwendig und zweckmäßig war, ist dagegen ohne jede Bedeutung.258 Allein durch die sich auf diese Angaben beziehenden Mitwirkungspflichten würde der Abgeordnete aber nicht zu einer inhaltlichen Rechtfertigung hinsichtlich seiner Mandatsausübung gezwungen. Nur eine inhaltliche Rechtfertigungspflicht wird man indes als eine vom freien Mandat untersagte Begründungspflicht ansehen können. Der Abgeordnete soll durch das freie Mandat davor geschützt werden, seine Entscheidungen in Sinne einer Rechtfertigung verteidigen zu müssen, nicht jedoch, überhaupt Angaben betreffend 255
So Scholtz, in: Bordewin/Brandt, EStG, § 22 Rn 110 (Stand: 77. Erg.-Lfg., April 1984). Auch nach dem Rosenberg-Beirat, S. 44 würde ein Einzelnachweis den Abgeordneten in „unverhältnismäßiger, in seiner Stellung nach unzumutbaren Weise belasten“. Nach der Kissel-Kommission, S. 12 kann eine Nachweispflicht bei bestimmten Aufwendungen „die unmittelbare, unabhängige Wahrnehmung des Mandats beeinträchtigen“. 256 So der Hessische Präsidentenbeirat, S. 25. 257 Tipke/Kruse, § 150 AO Tz 4; Tipke/Lang, § 21 Rn 183. 258 Siehe bereits unter a), S. 111 f.
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seines Mandats in ganz anderem Zusammenhang und zu ganz anderen Zwecken zu machen. Die Erklärungs- und Belegpflicht hat zudem auch gar nicht die Funktion, den Abgeordneten in seiner Entscheidung, welche Ausgaben er in Ausübung des Mandats tätigt, zu kontrollieren oder zu beeinflussen. Vielmehr dient der Nachweis gegenüber der Finanzverwaltung ausschließlich dem Zweck, die richtige Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer zu ermitteln. Da aber Abgeordnete wie jeder andere Bürger grundsätzlich Steuern zahlen müssen259, ist auch die Verpflichtung zum Nachweis ihrer Erwerbsaufwendungen nur folgerichtig. Vergleichbare Angaben müssen Abgeordnete im Übrigen auch bereits gegenwärtig machen, ohne dass dadurch das freie Mandat beeinträchtigt gesehen wird. So müssen sie der Bundestagsverwaltung Angaben zu ihren Dienstreisen machen und diese gegebenenfalls belegen, wenn sie für diese eine Kostenerstattung gemäß § 17 AbgG erhalten wollen. Das gleiche gilt hinsichtlich ihrer sonstigen Mandatsreisen, wenn eine Kostenerstattung nach § 16 Abs. 1 S. 2 AbgG für die Benutzung eines Flugzeuges oder Schlafwagens gewährt wird.260 Betrachtet man die mit den Mitwirkungspflichten korrespondierenden Kontrollrechte der Finanzverwaltung, ergibt sich nichts anderes. Ebenso wie die Mitwirkungspflichten bezöge sich die Überprüfung durch die Finanzverwaltung ausschließlich darauf, ob die Aufwendungen durch das Mandat veranlasst sowie ob sie tatsächlich angefallen sind. Eine unzulässige inhaltliche Kontrolle der Entscheidung des Abgeordneten, eine bestimmte Aufwendung zu tätigen, fände nicht statt. Zwar kann – auch wenn wegen der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gemäß Art. 20 Abs. 3 GG nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass die Finanzverwaltung zu Unrecht Werbungskosten nicht anerkennt – tatsächlich nicht ausgeschlossen werden, dass es bei dieser Kontrolle zu Abgrenzungsschwierigkeiten und Auffassungsunterschieden mit der Finanzverwaltung käme. Jedoch wäre der Abgeordnete wie alle anderen Steuerpflichtigen nicht schutzlos gegen die Entscheidung der Finanzverwaltung als Exekutivorgan. Ihm stünden die allgemeinen außergerichtli259
So ja ausdrücklich das Diätenurteil, BVerfGE 40, 296, 328. Man könnte lediglich erwägen, ob das freie Mandat den Abgeordneten nicht zumindest davor schützt, dass die von ihm gegenüber der Finanzverwaltung gemachten Angaben an die Öffentlichkeit gelangen. Eine ähnliche Diskussion wird zu der Frage geführt, ob die Veröffentlichung von Einkünften, die der Abgeordnete aus Nebentätigkeiten erzielt, mit dem freien Mandat vereinbar wäre (dafür etwa Morlok, Offenlegungspflicht, S. 9 ff.). Jedoch stellt sich diese Frage hier gar nicht, da das Steuergeheimnis gemäß § 30 AO die Abgeordneten genauso wie die übrigen Steuerpflichtigen vor unbefugter Offenbarung ihrer Angaben schützt. Gegen die bereits gegenwärtig gemäß § 44a AbgG i.V. m. den Verhaltensregeln für die Mitglieder des Deutschen Bundestages bestehenden entsprechenden Anzeigepflichten gegenüber dem Bundestagspräsidenten werden im Übrigen keine Bedenken hinsichtlich des freien Mandat geäußert, obwohl auch hier Angaben zur Mandatsausübung verlangt werden. 260
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chen und gerichtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten zu. Sollte ein Abgeordneter mit der Entscheidung des Finanzamts nicht einverstanden sein, könnte er gegen den Steuerbescheid gemäß § 347 ff. AO Einspruch einlegen mit der Begründung, bestimmte Aufwendungen seien zu Unrecht nicht als Werbungskosten in Ansatz gebracht worden. Bliebe dieser erfolglos, könnte er Anfechtungsklage beim Finanzgericht gemäß § 40 Abs. 1 1. Fall FGO erheben und bei einem abweisenden Urteil Revision beim Bundesfinanzhof gemäß § 115 FGO (bzw. gegebenenfalls zuvor Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 116 FGO) einlegen. Er könnte so eine abschließende Klärung der Streitfrage in seinem Fall herbeiführen, an die sich die Finanzverwaltung in der Regel zudem auch in zukünftigen Fällen halten wird. Zwar ist anerkannt, dass zur Vermeidung von aufwendigen Rechtsschutzverfahren Pauschalierungen aus Vereinfachungsgründen unter dem Gesichtspunkt der Praktikabilität der Norm zulässig sein können.261 Dagegen ist nicht ersichtlich, inwiefern das freie Mandat unter diesem Gesichtspunkt zu einer Rechtfertigung führen soll. Es kann nicht angenommen werden, dass es gerade Abgeordneten unter Berufung auf ihr freies Mandat unzumutbar sein soll, wie die anderen Steuerpflichtigen auch durch die Ausschöpfung der Rechtsschutzmöglichkeiten Abgrenzungsschwierigkeiten und eventuell bestehende Auffassungsunterschiede mit der Finanzverwaltung zu klären.262 Schließlich kann in den mit dem Besteuerungsverfahren verbundenen Belastungen keine sonstige Behinderung der Mandatsausübung gesehen werden. Der Abgeordnete müsste lediglich seine Werbungskosten nachhalten und in seiner Steuererklärung aufführen. Den gegebenenfalls erforderlichen Nachweis könnte er in aller Regel bereits durch die Vorlage einer Quittung führen. Es kann nicht angenommen werden, dass der damit verbundene Aufwand den Abgeordneten unzumutbar in seiner Mandatsausübung beeinträchtigen würde. Die verfahrensrechtlichen Belastungen werden im Übrigen auch bei den übrigen Steuerpflichtigen als mit ihren Freiheitsgrundrechten, etwa der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG, vereinbar angesehen.263 Zu beachten ist in diesem Zusammenhang zudem, dass das Besteuerungsverfahren wegen seines Charakters als Massenverfahren im Sinne eines „maßvollen“ Gesetzesvollzugs ausgestaltet ist. Wirkt der Steuerpflichtige hinreichend mit und lie261 Zur Frage einer solchen Rechtfertigung der steuerfreien Kostenpauschale noch unter IV., S. 120 ff. 262 Das wird ihnen im Übrigen auch hinsichtlich der ihnen vom Bundestag gewährten Leistungen zugemutet, wenn es diesbezüglich mit der Bundestagsverwaltung zu Auffassungsunterschieden kommt. Geht es um die einfachgesetzliche Konkretisierung ihrer verfassungsrechtlich verbürgten Ansprüche, ist diesbezüglich der Verwaltungsrechtsweg eröffnet (vgl. BVerwG, NJW 1985, 2344, 2345). Geht es um den verfassungsrechtlichen Anspruch selbst, muss der Abgeordnete ein Organstreitverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht erheben (vgl. nur BVerfGE 4, 144, 149 und 151). 263 Vgl. dazu Tipke/Lang, § 21 Rn 8.
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gen aus der Sicht der Finanzverwaltung keine Anhaltspunkte vor, dass die von ihm erklärten Tatsachen unrichtig oder unvollständig sind, geht die Finanzverwaltung von diesen aus und es besteht grundsätzlich kein Anlass für weitere Ermittlungen. Die Kontrolle durch die Finanzverwaltung erschöpft sich dann in einer Plausibilitätskontrolle. Umfassende Ermittlungen finden lediglich im Rahmen von Stichprobenkontrollen statt, die sich nach dem Zufallsprinzip oder der Verwaltungserfahrung richten. Das soll die Steuerpflichtigen bereits prophylaktisch davon abzuhalten, in sich schlüssige, aber falsche Tatsachen zu erklären.264 Auch aufgrund dieser freiheitsschonenden Verfahrensausgestaltung sind unzumutbare verfahrensrechtliche Belastungen des Abgeordneten nur schwer vorstellbar. Auch die allgemeinen verfahrensrechtlichen Regelungen würden damit nicht zu einer Beeinträchtigung des freien Mandats führen. Da somit sowohl die materiell-rechtlichen als auch die verfahrensrechtlichen Auswirkungen eines Verzichts auf die Pauschalierung im Hinblick auf das freie Mandat unbedenklich sind265, ist die Pauschalierung bereits nicht zur Wahrung des freien Mandats geeignet. Im Übrigen könnten ansonsten konsequenterweise auch etwa Richter unter Berufung auf ihre richterliche Unabhängigkeit gemäß Art. 97 GG eine Pauschalierung ihrer Werbungskosten verlangen. Auch diese gewährt den Richtern in Form der sachlichen Unabhängigkeit die Freiheit von jeglicher Beeinflussung durch die staatliche Gewalt, insbesondere auch durch die Exekutive.266 Auch bei anderen verfassungsrechtlich besonders geschützten Freiheiten wurde eine Sonderbehandlung im Hinblick auf die Nachweispflichten beim Werbungskostenabzug bisher stets abgelehnt.267 264 Vgl. zum „maßvollen“ Gesetzesvollzug eingehend Tipke/Lang, § 21 Rn 5 ff.; Seer, Verständigungen, S. 235 ff., 295 ff.; Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit, S. 367 ff. Er ist im Anwendungserlass zur Abgabenordnung niedergelegt, nach dem für den Regelfall davon auszugehen ist, dass die Angaben der Steuerpflichtigen in den Steuererklärungen vollständig und richtig sind (AEAO, BStBl. I 1998, 630 zu § 88 AO, Tz 2). Unter welchen Umständen Kontrollen erfolgen sollen, ist in den „Grundsätzen zur Organisation der Finanzämter und Neuordnung des Besteuerungsverfahrens“ (GNOFÄ 1997) konkretisiert. 265 Sähe man das anders und nähme eine Beeinträchtigung an, könnte man allerdings nicht einfach auf die Bindung auch der Abgeordneten an die für alle geltenden Gesetze verweisen, von der das freie Mandat nach einhelliger Auffassung nicht befreit (vgl. nur Achterberg/Schulte, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 38 Rn 39; Morlok, in: Dreier, GG, Art. 38 Rn 141). Zutreffend wird betont, dass diese Bindung nur an die nicht gerade wegen Verstoßes gegen die Freiheit des Abgeordneten nichtigen Gesetze besteht (Jarass/Pieroth, GG, Art. 38 Rn 26). Es wäre also vielmehr zu prüfen, ob eine Beeinträchtigung des freien Mandats aufgrund der Anwendung der allgemeinen steuerlichen Regelungen gerechtfertigt werden könnte. Das wäre indes mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, da eine Beeinträchtigung des freien Mandats nur durch andere Rechtsgüter von Verfassungsrang gerechtfertigt werden kann (vgl. Morlok, in: Dreier, GG, Art. 38 Rn 145). 266 Vgl. dazu nur Detterbeck, in: Sachs, GG, Art. 97 Rn 11 ff.
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3. Teil: Verfassungsmäßigkeit der steuerfreien Kostenpauschale
IV. Praktikabilität der Norm als Rechtfertigung der Pauschalierung Da eine Rechtfertigung aus der spezifischen Situation des Abgeordneten heraus nicht durchgreift, ist auf die allgemeine, bei Typisierungen stets in Betracht zu ziehende Rechtfertigung aufgrund der Praktikabilität der Norm zurückzugreifen. Wegen der mit der steuerfreien Kostenpauschale verbundenen Vereinfachungswirkung ist die durch sie bewirkte Ungleichbehandlung möglicherweise hinzunehmen. Auf eine Rechtfertigung aufgrund der Praktikabilität der Norm bezieht sich wohl der überwiegende Teil der Äußerungen zur steuerfreien Kostenpauschale der Abgeordneten. Ausdrücklich wird diese Rechtfertigung allerdings nur selten angesprochen.268 Indes können auch diejenigen, die eine Rechtfertigung aufgrund des freien Mandats ablehnen, danach aber dennoch die Zulässigkeit einer Pauschalierung erörtern, nur eine Rechtfertigung aus Vereinfachungsgründen meinen.269 Auch die Äußerungen des Bundesverfassungsgerichts zur Möglichkeit einer Pauschalierung stellen mangels Anführung einer speziellen Rechtfertigung wohl auf die Praktikabilität der Norm ab.270
267 So hat der Bundesfinanzhof etwa ausdrücklich entschieden, dass auch Journalisten die nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG geforderten Angaben zu Teilnehmern und Anlass einer Bewirtung in der Regel nicht unter Berufung auf das – von der Pressefreiheit nach Art. 5 1 S. 2 1. Fall GG erfasste – Pressegeheimnis verweigern können (BFH, BStBl. II 1998, 263, 264 f.). 268 Soweit ersichtlich nur von Geiger, ZParl 1978, 522, 529: „Sinn ist ausschließlich eine Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens“ und A. Fischer, S. 126: „aus Gründen der Vereinfachung“. 269 Vor allem von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 177, 179; ders., Macht macht erfinderisch, S. 37; ders., Rechtsgutachten Bayern, S. 51. Dieser spricht bei der Aufstellung der einzelnen Anforderungen an eine Pauschalierung auch ausdrücklich davon, dass die Möglichkeit der Pauschalierung „im Interesse der Vereinfachung und Praktikabilität“ besteht (vgl. von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 180; ders., Macht macht erfinderisch, S. 38; ders., Rechtsgutachten Bayern, S. 52). Auch die Weyer-Kommission, S. 17 kann nur noch von einer Rechtfertigung aus Vereinfachungsgründen ausgegangen sein. Der Rosenberg-Beirat, S. 44 erwähnt sowohl das „freie Mandat“ als auch Vereinfachungsgesichtspunkte, so dass nicht ganz klar ist, worauf er die Pauschalierung letztlich stützt (siehe dazu schon S. 107 Fn. 215). Da das Abgeordnetengesetz 1977 maßgeblich auf dem Gutachten des Rosenberg-Beirats beruhte, könnten damit allerdings auch Zweifel bestehen, ob der Gesetzgeber selbst überhaupt von einer Rechtfertigung aus Vereinfachungsgründen ausgegangen ist. Indes spielt das für die weitere Prüfung keine Rolle, da das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung bei der Prüfung von Grundrechtsverstößen grundsätzlich auch solche Rechtfertigungsgründe heranzieht, die gar nicht in der gesetzgeberischen Intention lagen (vgl. etwa BVerfGE 21, 292, 298; 33, 171, 186; BVerfG, NJW 1998, 1776, 1777). Etwas anderes gilt möglicherweise allerdings für Lenkungszwecke (so BVerfGE 93, 121, 147 f.; 99, 280, 296; 105, 73, 112 f.; zustimmend Wernsmann, NVwZ 2000, 1360 ff.).
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1. Praktikabilität der Norm als Rechtfertigung von Typisierungen
a) Befugnis des Gesetzgebers zur Typisierung Die Befugnis des Gesetzgebers zur Typisierung ist insbesondere im Bereich der Massenverwaltung und hierbei vor allem im Steuerrecht seit langem in ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts271 und auch in der Literatur272 anerkannt. Zwar führen Typisierungen in der Regel zu Ungleichbehandlungen, indem sie das vom Gesetz aufgestellte Differenzierungsschema durchbrechen. Diesem Konflikt mit dem Gleichheitssatz stehen die mit einer Typisierung verbundenen Vereinfachungswirkungen gegenüber. Die Zusammenfassung aller einbezogenen Fälle zu einem typischen Fall bewirkt eine einfachere Vollziehbarkeit der Norm. So entfallen die in einem ausdifferenzierten Regelungssystem zwangsläufig anfallenden Abgrenzungsschwierigkeiten und Nachweiserfordernisse. Diese Vereinfachungswirkungen werden in der Regel unter den Begriff der Praktikabilität der Norm gefasst.273 Unmittelbar ergibt sich daraus zunächst ein geringerer Aufwand bei der Anwendung und damit der Durchsetzung der Steuergesetze. Durch die Vereinfachungswirkungen verringern sich die Steuererhebungskosten. Das gilt zum einen für den Aufwand auf der Seite der Finanzverwaltung und der Finanzgerichtsbarkeit (sog. administrative costs), zum anderen jedoch auch für den Aufwand auf Seiten der Steuerpflichtigen (sog. compliance costs).274 Die Vereinfachungswirkung von Typisierungen kann darüber hinaus auch der Verwirklichung des Gleichheitssatzes dienen. Neben der Gleichheit der materiellen Steuerpflicht – die von einer Typisierung durchbrochen wird – gewährleistet der Gleichheitssatz nämlich auch einen gleichmäßigen Gesetzesvollzug bzw. die Gleichheit im Belastungserfolg.275 Ein zu stark differenzierendes Recht kann so kompliziert sein, dass es weder von den Steuerpflichtigen noch von den Finanzbehörden im Einzelnen und vor allem gleichmäßig beachtet und umgesetzt werden kann. Zu komplexe Steuergesetze begünstigen häufig nur die gut informierten Kenner des Steuerrechts.276 Nur einfaches und damit praktikables Recht kann gleichmäßig angewendet und durchgesetzt 270 BVerfGE 40, 296, 328; 49, 1, 2. Ebenso BayVerfGH, VerfGHE 35, 148, 165. Siehe dazu bereits unter III., S. 107 f. Fn. 219. 271 Vgl. etwa BVerfGE 9, 20, 31 f.; 11, 245, 254; 17, 1, 25. Zuletzt BVerfGE 96, 1, 6; 101, 297, 309. 272 Vgl. nur Tipke, StRO I, S. 354 ff.; Tipke/Lang, § 4 Rn 130 ff.; Ruppe, DStJG 21 (1998), S. 29, 37. 273 Vgl. etwa BVerfGE 17, 337, 354; 41, 126, 188; 44, 283, 288. 274 Zu diesen beiden „Dimensionen“ der Vereinfachung etwa Ruppe, DStJG 21 (1998), S. 29, 34. 275 Dazu vor allem BVerfGE 84, 239, 271. Vgl. auch BVerfGE 93, 121, 134, 136 und 143; 96, 1, 6, 7; 99, 280, 289. Aus dem Schrifttum vgl. nur Tipke, StRO I, S. 359 f.
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3. Teil: Verfassungsmäßigkeit der steuerfreien Kostenpauschale
werden. Einfachheit und Praktikabilität des Rechts gehören damit gerade im Massenfallrecht zu den notwendigen Voraussetzungen eines gleichheitsgerechten Gesetzesvollzugs und der Gleichheit im Belastungserfolg.277 b) Abwägung zwischen individueller Gleichbehandlung und Praktikabilität der Norm Gerade aufgrund des letztgenannten Aspekts erscheint es daher zu weitgehend, von einer „Antinomie“ von Typisierung und Gerechtigkeit zu sprechen.278 Wie gezeigt, können gerade auch Gerechtigkeitsgründe für eine Typisierung sprechen. Andererseits ist es jedoch auch nicht zutreffend, unter Berufung auf den gleichheitsgerechten Gesetzesvollzug eine Kollision von Typisierungen mit dem Gleichheitssatz gänzlich zu bestreiten.279 Zwar dienen typisierende Regelungen der Steuergleichheit in ihrer Ausprägung als gleichheitsgerechter Gesetzesvollzug. Dadurch wird jedoch das Spannungsverhältnis zum individuellen Gleichbehandlungsgebot280 nicht aufgehoben. An dem Vorliegen der individuellen Ungleichbehandlung in den von der Typisierung abweichenden Einzelfällen ändert sich nichts. Die durch die 276 Birk/Barth, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 4 AO Anm. 492; Tipke/Lang, § 4 Rn 132. 277 Das betont insbesondere Kirchhof immer wieder, vgl. nur Kirchhof, in: HStR V, § 124 Rn 300 f.; ders., DStJG 21 (1998), S. 9 ff.; ders., Festschrift für Meyding, S. 3, 11 f.; besonders nachdrücklich auch schon ders., Gutachten 57. DJT, S. 9 ff. Diese Wirkung der Typisierung ist jedoch auch im übrigen Schrifttum allgemein anerkannt, vgl. etwa Tipke, StRO I, S. 354 ff.; Tipke/Lang, § 4 Rn 130; Lang, Festschrift für Meyding, S. 33, 36; Birk/Barth, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 4 AO Anm. 492; Osterloh, in: Sachs, GG, Art. 3 Rn 108; Arndt, Praktikabilität, S. 81 ff.; Isensee, StuW 1994, 3, 6 f. Auch die Rechtsprechung stellt vor allem in neueren Entscheidungen diese Wirkung der Typisierung heraus, vgl. BVerfGE 96, 1, 6 f.; 101, 297, 309 f. 278 So jedoch Rüfner, in: HStR III, § 80 Rn 97. Zutreffend dagegen Birk/Barth, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 4 AO Anm. 492. 279 So aber wohl Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 3 Abs. 1 Rn 326 Fn. 2: „Und wenn Typisierungen eines Gesetzes, bei dem Einzelfälle nicht stets individualisierend zum Zuge kommen, zu rechtfertigen sind, dann soll man klar sagen, daß diese Typisierung gerade der Sinn des Art. 3 für die Gesetzesqualität des Allgemeinen ist. Dann braucht man nicht, wie es das Bundesverfassungsgericht gern tut, Zuflucht zu nehmen, bloß zu ,Praktikabilität‘ und ,Verwaltungsaufwand‘ einer gesetzlichen Regelung.“ In diese Richtung tendiert anscheinend auch Kirchhof, der immer wieder betont, dass Steuergerechtigkeit und Typisierung keine Gegensätze seien, sondern das eine nicht ohne das andere zu realisieren sei, vgl. insb. Kirchhof, in: HStR V, § 124 Rn 299: „steht auch das dadurch erfüllte Erfordernis der Gesetzespraktikabilität dem Kern einer Gleichheitsforderung nicht im Sinne einer Schranke entgegen“. 280 Huster unterscheidet insoweit „Einzelfallgerechtigkeit“ und „Typengerechtigkeit“. Während das individuelle Gleichbehandlungsgebot verlangt, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln, lässt sich die Typengerechtigkeit gerade dadurch definieren, dass sie dies partiell nicht tut, vgl. Huster, Rechte und Ziele, S. 266 ff.
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Typisierung bewirkte Ungleichbehandlung kann aber aufgrund der mit ihr verbundenen Vereinfachungswirkungen hinzunehmen sein. Die Praktikabilität der Norm bildet einen sachlichen Grund, der generell tauglich ist, eine Ungleichbehandlung verfassungsrechtlich zu rechtfertigen und damit einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu verhindern.281 Damit ist indes auch klar, dass eine Typisierung nicht zu einem beliebigen Verlust an Einzelfallgerechtigkeit führen darf.282 Die Befugnis des Gesetzgebers zur Typisierung besteht nicht voraussetzungslos und hat Grenzen. Es ist eine Abwägung vorzunehmen zwischen der individuellen Gleichbehandlung und der Praktikabilität der Norm, also der mit der Typisierung verbundenen Vereinfachungswirkungen. In diesem Rahmen wird man der Notwendigkeit der Praktikabilität für einen gleichheitsgerechten Gesetzesvollzug ein erhebliches Gewicht beizumessen haben.283 Darüber hinaus ist allerdings noch nicht abschließend geklärt, welche Anforderungen an die Rechtfertigung einer Typisierung im Einzelnen zu stellen sind. Zwar ist die Steuervereinfachung und dabei insbesondere die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers ein Dauerthema im Steuerrecht284, jedoch sind die Aussagen zu ihrer Zulässigkeit häufig eher vage und unbestimmt. In der Regel bleibt es dabei, dass das Spannungsverhältnis zwischen individueller Gleichbehandlung und Praktikabilität aufgegriffen und davon ausgehend in allgemeiner Form eine Orientierung am typischen Fall gefordert wird.285 Nach welchen konkreten Kriterien der typische Fall zu ermitteln ist und ob darüber hinaus noch weitere Anforderungen an eine Typisierung zu stellen sind, ist dagegen bisher nur bruchstückhaft untersucht worden.286 Fest steht indes, dass in diesem Rahmen der bei jeder Ungleichbehandlung zu ermittelnde Rechtfertigungsmaß281 Von dieser Grundannahme geht auch die ganz herrschende Ansicht aus. Das Bundesverfassungsgericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Typisierungen durch Gründe der Verwaltungspraktikabilität „gerechtfertigt“ werden können, vgl. etwa BVerfGE 21, 209, 217 f.; 25, 101, 109; 44, 283, 288. Aus dem Schrifttum vgl. statt aller Tipke, StRO I, S. 354 ff. 282 Tipke, StRO I, S. 349. 283 Osterloh, in: Sachs, GG, Art. 3 Rn 108. Andererseits ist bei der Abwägung dann natürlich auch zu berücksichtigen, wenn die Bedeutung einer Typisierung für den gleichheitsgerechten Gesetzesvollzug eher gering ist. 284 Vgl. nur aus neuerer Zeit P. Fischer (Hrsg.), Steuervereinfachung, DStJG 21 (1998) sowie Bühler/Kirchhof/Klein (Hrsg.), Steuervereinfachung, Festschrift für Meyding, 1994. 285 Vgl. etwa Jarass/Pieroth, GG, Art. 3 Rn 31; Osterloh, in: Sachs, GG, Art. 3 Rn 108; Gubelt, in: von Münch/Kunig, GG, Art. 3 Rn 26. Zum Teil wird lediglich noch allgemeiner ausgeführt, der Gewinn an Praktikabilität dürfe „nicht unangemessen“ gegenüber dem Verlust an Einzelfallgerechtigkeit sein (Isensee, StuW 1994, 3, 10) bzw. die Grenze liege dort, wo die Vereinfachung „nicht mehr im rechten Verhältnis“ zu der mit der Typisierung verbundenen Ungleichheit stehe (F. Klein, Festschrift für Meyding, S. 73, 79).
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stab zu beachten ist. Für die steuerfreie Kostenpauschale der Abgeordneten bedeutet das, dass sie anhand des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes mittels eines strengen Maßstabs auf ihre Zulässigkeit zu überprüfen ist. Sie muss zur Vereinfachung geeignet, erforderlich und angemessen sein.287 Darüber hinaus ist zwischen der Zulässigkeit der Typisierung, hier in Form einer Pauschalierung, dem Grunde nach (dem „Ob“) und der Zulässigkeit ihrer konkreten Ausgestaltung (dem „Wie“) zu unterscheiden. 2. Rechtfertigung der Pauschalierung dem Grunde nach („Ob“)
Zunächst ist die Entscheidung des Gesetzgebers als solche zu betrachten, für die Gruppe der Abgeordneten das Prinzip der Abziehbarkeit nur der tatsächlich entstandenen Erwerbungsaufwendungen zu durchbrechen und diese stattdessen in einem typischen Fall festzulegen. Wie der Gesetzgeber diesen typischen Fall festgelegt und ausgestaltet hat, ist hier dagegen noch außer acht zu lassen. Man kann daher von der Zulässigkeit der Pauschalierung dem Grunde nach oder auch von der Frage nach dem „Ob“ der Pauschalierung sprechen. Gelingt diesbezüglich keine Rechtfertigung, ist die steuerfreie Kostenpauschale allein schon deswegen und unabhängig von ihrer konkreten Ausgestaltung verfassungswidrig. Insoweit hat die Frage nach dem „Ob“ Vorrang vor der Frage nach dem „Wie“ der Pauschalierung. 286 Daher stellt etwa Sachs, Diskriminierungsverbot, S. 474 fest: „Wenn überhaupt ein Kennzeichen der gesamten zwiespältigen Judikatur zur Typisierung festzuhalten ist, besteht es in dem Mangel an Reflexion über die Zulässigkeit dieses Vorgehens.“ In ähnlicher Weise konstatiert Huster, Rechte und Ziele, S. 245, das Problem der Typisierung nehme in der Verfassungsrechtsprechung bisher lediglich eine „fragwürdige Randstellung“ (vgl. dazu auch Sachs, Diskriminierungsverbot, S. 475) ein, und auch im Schrifttum fehle es an einer umfassenden Darstellung. Nach Ruppe, DStJG 21 (1998), S. 29, 42 sind Typisierungen trotz praktisch großer Bedeutung als Instrumente der Vereinfachung der Sachverhaltsermittlung hinsichtlich ihrer gleichheitsrechtlichen Dimension noch nicht hinreichend präzise untersucht (bei ihm findet sich indes eine sehr aufschlussreiche diesbezügliche Untersuchung). Vgl. auch Söhn, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 88 AO Anm. 61: „Wo die Grenze für steuergesetzliche Vereinfachung liegt, ist ungeklärt.“ Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht in seiner neueren Rechtsprechung zum Teil nur noch bruchstückhaft untersucht, ob die in Frage stehende Typisierung die vorher aufgestellten Voraussetzungen erfüllt. So stellt es in seiner Entscheidung zum Arbeitnehmer-Pauschbetrag dazu lediglich lapidar fest: „Wenn der Gesetzgeber für alle Arbeitnehmer einen Mindestaufwand von 2.000 DM pro Jahr in einer Werbungskostenpauschale typisiert, bleibt er damit im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums“ (BVerfGE 96, 1, 9). Ausführlicher zwar wieder BVerfGE 101, 297 ff. zum häuslichen Arbeitszimmer, wo indes hinsichtlich der Höhe des typisiert zugelassenen Abzugs wiederum nur kurz und ohne Begründung festgestellt wird, diese halte „sich im Rahmen des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers und ist realitätsgerecht“ (BVerfGE 101, 297, 311). 287 Siehe zu diesem Rechtfertigungsmaßstab unter I., S. 84 ff.
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a) Anforderungen an die Rechtfertigung der Pauschalierung dem Grunde nach Hierbei stellt sich zunächst die Frage, welche Anforderungen an die Rechtfertigung dem Grunde nach bzw. des „Ob“ der Pauschalierung zu stellen sind. Diesbezüglich finden sich unterschiedliche und zudem zum Teil nicht immer eindeutige Stellungnahmen in Rechtsprechung und Literatur. Insbesondere entsprechen die Äußerungen speziell zur steuerfreien Kostenpauschale der Abgeordneten weitgehend nicht den allgemein zur Typisierung entwickelten Grundsätzen. aa) Meinungsstand zur steuerfreien Kostenpauschale der Abgeordneten Zur Möglichkeit der Pauschalierung einer steuerfreien Aufwandsentschädigung für Abgeordnete hat das Bundesverfassungsgericht im Diätenurteil288 und in seinem späteren Beschluss289 grundlegend Stellung genommen. Im Diätenurteil führt das Bundesverfassungsgericht aus: „Nur die Entschädigung für wirklich entstandenen, sachlich angemessenen, mit dem Mandat verbundenen besonderen Aufwand ist daneben noch echte Aufwandsentschädigung, die auch künftig steuerfrei bleiben kann. Damit ist nicht ausgeschlossen, daß diese Aufwandsentschädigung in Orientierung am tatsächlichen Aufwand pauschaliert wird.“290
In seinem Beschluss vom 20.6.1978291 hat das Bundesverfassungsgericht diese Aussage noch einmal nachdrücklich wiederholt und zum Teil weiter erläutert.292 Zunächst zeigt es dort noch einmal die im Diätenurteil formulierten Begrenzungen einer steuerfreien Aufwandsentschädigung auf: „Das Bundesverfassungsgericht hat danach eine Begrenzung der Aufwandsentschädigung der Abgeordneten festgestellt, die sich wie folgt zusammenfassen läßt. Nur der sachlich begründete und nur der besondere, mit dem Mandat verbundene finanzielle Aufwand, nicht auch der allgemeine Aufwand, wie er auch sonst in jedem Beruf anfällt und von dem besonderen berufseigenen Aufwand zu unterscheiden ist, kann mit einer steuerfreien Aufwandsentschädigung ausgeglichen werden. Diese doppelte Beschränkung verfassungsrechtlicher Art wird in der Entscheidung nach288
BVerfGE 40, 296 ff. BVerfGE 49, 1 ff. 290 BVerfGE 40, 296, 328. Nahezu wortgleich wiederholt vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 15.12.1982, vgl. BayVerfGH, VerfGHE 35, 148, 165. 291 BVerfGE 49, 1 ff. 292 Dies wäre für die Entscheidung allerdings gar nicht erforderlich gewesen. Das Bundesverfassungsgericht hat nämlich bereits die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde gegen die steuerfreie Kostenpauschale abgelehnt, BVerfGE 49, 1, 7 ff. (siehe dazu bereits S. 53 Fn. 19). 289
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drücklich betont: Nur ,wirklich entstandener‘ Aufwand – nur soweit dieser wirklich entstandene Aufwand auch ,sachlich angemessen‘ ist und nur soweit er ein mit dem Mandat verbundener ,besonderer‘ Aufwand ist – kann mit der steuerfreien Aufwandsentschädigung ausgeglichen werden.“293
Danach führt das Bundesverfassungsgericht zur Möglichkeit der Pauschalierung dieser Aufwandsentschädigung aus: „In diesem Rahmen wird vom Bundesverfassungsgericht auch eine gesetzliche Pauschalierung für zulässig erachtet. Aber auch diese Möglichkeit hat ihre Grenzen: Eine solche Regelung muß sich am tatsächlichen Aufwand – gemeint ist: am tatsächlichen Aufwand, wie er vom Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung verstanden und definiert wurde – ,orientieren‘.“294
Das Bundesverfassungsgericht stellt in beiden Entscheidungen zunächst Vorgaben für eine neben der nunmehr steuerpflichtigen Grundentschädigung295 weiterhin steuerfreie Aufwandsentschädigung auf. Auf diese wird wiederum Bezug genommen, wenn das Bundesverfassungsgericht die Möglichkeit der Pauschalierung der Aufwandsentschädigung anspricht. Eine Pauschalierung müsse sich am tatsächlichen Aufwand orientieren, wobei der Aufwand gemeint sei, den es zuvor als zulässigen Gegenstand der Aufwandsentschädigung definiert habe. Diese Aussagen betreffen indes allesamt die Ausgestaltung der Kostenpauschale, also das „Wie“ der Pauschalierung. Zur Frage des „Ob“ einer Pauschalierung findet sich im Diätenurteil lediglich die knappe Formulierung, eine Pauschalierung sei „nicht ausgeschlossen“. Im Beschluss vom 20.6.1978 nimmt das Bundesverfassungsgericht auf diese Aussage Bezug, benutzt hierbei aber die abweichende Formulierung, es habe auch eine Pauschalierung für „zulässig“ erachtet. Die ganz überwiegende Mehrheit der Stellungnahmen zur steuerfreien Kostenpauschale der Abgeordneten legt diese Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zu Grunde. Dabei wird die steuerfreie Kostenpauschale unter Berufung auf die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zwar kritisch gesehen und für gleichheitswidrig befunden. In aller Regel wird dann jedoch allein auf die Ausgestaltung, also das „Wie“ der Pauschalierung abgestellt. Die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts, eine Pauschalierung müsse sich am tatsächlichen Aufwand orientieren, werde nicht eingehalten.296 Dazu, ob die Pauschalierung dem Grunde nach zulässig ist, also zur Frage des „Ob“ der Pauschalierung, wird dagegen kaum Stellung genommen. Überwiegend wer293
BVerfGE 49, 1, 2. BVerfGE 49, 1, 2. 295 Deren Steuerpflicht hat das Bundesverfassungsgericht im Diätenurteil gerade verlangt, vgl. BVerfGE 40, 296, 328. 296 Vgl. nur von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 179 ff., der aus der Vorgabe der „Orientierung am tatsächlichen Aufwand“ verschiedene Anforderungen ableitet. Dazu noch ausführlich unter 3., S. 167 ff. 294
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den hier lediglich die Formulierungen des Bundesverfassungsgerichts wiedergegeben, eine Pauschalierung sei „nicht ausgeschlossen“ bzw. „zulässig“ .297 Diese werden nicht weiter erläutert oder diskutiert. Zum Teil wird auch sofort auf die Ausgestaltung der Pauschale eingegangen ohne die Frage des „Ob“ der Pauschalierung überhaupt zu erwähnen.298 Diese ganz überwiegende Zahl der Stellungnahmen nimmt damit das „Ob“ der Pauschalierung gar nicht als verfassungsrechtliches Problem wahr. Sie gehen anscheinend davon aus, dass die Pauschalierung dem Grunde nach ohne weiteres gerechtfertigt ist. Anforderungen seien lediglich an die Ausgestaltung der Pauschale zu stellen. Nur vereinzelt finden sich in der Literatur Stellungnahmen auch zur Zulässigkeit des „Ob“ der Pauschalierung. Ein erster Ansatz findet sich bei Geiger, der bereits kurz nach dem Diätenurteil dessen Deutung durch den Gesetzgeber299 kritisiert hat.300 Auch Geiger legt zwar die Aussagen des Bundesverfassungsgerichts zu Grunde und führt als maßgebliche Grenze einer Pauschalierung die vom Bundesverfassungsgericht genannte Orientierung am 297 So von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 179: „Verfassungsrechtlich zulässig ist jedoch auch die Pauschalierung solcher Leistungen.“; ders., in: Schneider/Zeh, § 16 Rn 92: „Eine Pauschalierung ist zwar an sich zulässig“; ders., Macht macht erfinderisch, S. 37: „Verfassungsrechtlich zulässig ist es, solche Leistungen zu pauschalieren.“; ders., Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, S. 273 sowie ders., Politik Macht Geld, S. 33: „Eine Pauschalierung ist jedoch nicht von vornherein ausgeschlossen.“; ders., Rechtsgutachten Bayern, S. 51: „Verfassungsrechtlich zulässig [. . .] ist aber auch die Pauschalierung solcher Leistungen.“; ders., Rechtsgutachten Hessen, S. 40: „Ausgangspunkt der Diskussion muß die Feststellung sein, daß steuerfreie Kostenpauschalen zwar zulässig sind“; H. H. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 48 Rn 189: „in diesem Rahmen sei auch eine Pauschalierung zulässig“; Trute, in: von Münch/Kunig, GG, Art. 48 Rn 34: „Diese Pauschalierungen stehen und fallen mit dem hinreichenden Realitätsgehalt der Typisierungen.“; A. Fischer, S. 126: „Auch eine Pauschalierung der Kostenerstattung ist zulässig, sofern sie sich am tatsächlichen erstattungsfähigen Aufwand orientiert.“; Bahnsen, S. 21: „Eine Pauschalierung der Aufwandsentschädigung ist nach der Rechtsprechung des BVerfG grundsätzlich zulässig.“; Maaß/Rupp, Rechtsgutachten, S. 53: „Aufwendungen, die den vom Bundesverfassungsgericht gestellten Anforderungen genügen, können entweder gegen Einzelnachweis erstattet oder in pauschalierter Form abgegolten werden.“; Wieland, Rechtsgutachten Thüringen, S. 6: „In Orientierung am tatsächlichen Aufwand darf die Aufwandsentschädigung pauschaliert werden.“ 298 So etwa Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 48 Rn 29; Brockmeyer, in: SchmidtBleibtreu/Klein, GG, Art. 48 Rn 8. Wieland, Rechtsgutachten Rheinland-Pfalz, S. 77 ff. 299 Der hatte gerade auf der Grundlage des Diätenurteils das Gesetz zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestags v. 18.2.1977 (BGBl. I S. 297) erlassen und in diesem die steuerfreie Kostenpauschale geregelt. 300 Geiger, ZParl 1978, 522: „Kaum eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist vom Gesetzgeber so mißverstanden worden wie die Entscheidung zum Status des Abgeordneten.“ Geiger war bis November 1977 Richter am Bundesverfassungsgericht und als Berichterstatter maßgeblich beteiligt am Diätenurteil vom 5.11.1975.
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tatsächlichen Aufwand an. Anders als die oben genannten Stellungnahmen versteht er diese jedoch nicht ausschließlich als Vorgabe nur für die Ausgestaltung. Vielmehr entnimmt er ihr zusätzlich, dass bei einer Pauschalierung die tatsächlichen Aufwendungen der von ihr erfassten Abgeordneten nicht zu weit auseinander fallen dürfen. Ist das der Fall, scheidet seiner Ansicht nach eine Pauschalierung der gesamten Erwerbsaufwendungen mit dem Durchschnittswert – wie sie gegenwärtig besteht – aus. „Verfassungsrechtlich korrekt“ und damit alleine möglich sei dann nur noch ein pauschalierter Sockelbetrag, der in etwa dem niedrigsten tatsächlichen Aufwand entspreche, der bei den Abgeordneten mit den günstigsten Verhältnissen anfalle. Dieser sei um den Vorbehalt zu ergänzen, einen höheren Aufwand gegen Einzelnachweis steuerlich geltend zu machen.301 Geiger versteht die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts damit auch als Begrenzung des „Ob“ zumindest einer vollständigen Pauschalierung der Erwerbsaufwendungen der Abgeordneten.302 Teilweise werden auch über die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts hinaus Begrenzungen des „Ob“ der Pauschalierung gesehen. So wirft Birk die grundsätzliche Frage auf, „ob die Unterscheidung zwischen steuerpflichtigen Diäten und steuerfreier Aufwandspauschale noch unserem heutigen Verständnis von steuerlicher Gleichbehandlung entspricht“.303 Da er für dieses Privileg keine Rechtfertigung sieht, lehnt er die Kostenpauschale bereits dem Grunde nach ab.304 Auch Tipke/Lang nehmen zum „Ob“ der Pauschalierung Stellung, indem sie ausführen, der Gleichheitssatz gebiete die volle Besteuerung sämtlicher Aufwandsentschädigungen der Abgeordneten und dafür die Einräumung des uneingeschränkten Werbungskostenabzugs.305 Ebenso kritisiert Tipke die Pauschalierung insgesamt und nicht nur ihre Ausgestaltung als „Vorrecht“ der Abgeordneten.306 Schließlich hält auch Wenz die Pauschalierung dem Grunde nach für gleichheitswidrig, wenn nicht den übrigen Steuerpflichtigen entsprechende Pauschalen zugestanden werden.307 301
Geiger, ZParl 1978, 522, 529. Dem Ansatz von Geiger ist lediglich Boeckhaus, S. 11 gefolgt. Die Problematik wird zwar auch in anderen Stellungnahmen unter dem Stichwort der „Streubreite“ der Pauschalierung erörtert. Jedoch werden dort aus einer unzulässig großen Streubreite Schlussfolgerungen nur hinsichtlich der Ausgestaltung der Pauschale gezogen. Es sei dann eine Staffelung statt einer Einheitspauschale erforderlich, vgl. nur von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 180 f. und 185, nach dem die Schlussfolgerung von Geiger zu weitgehend ist. Dazu ausführlich noch unter 3. a) bb) (1), S. 171 ff. 303 Birk, Stbg. 2000, Nr. 6, S. III (Editorial). 304 Birk, Stbg. 2000, Nr. 6, S. III (Editorial). 305 Tipke/Lang, § 9 Rn 590. 306 Tipke, StRO I, S. 292. 307 Wenz, Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik 1992, 53, 54 f.; ders., Gedächtnisschrift für Wenz, S. 271, 272. 302
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bb) Allgemeine Grundsätze zur Typisierung Es lohnt sich, diesen Äußerungen speziell zur steuerfreien Kostenpauschale der Abgeordneten die allgemein zur Typisierung entwickelten Grundsätze gegenüberzustellen. Hier stellt die überwiegende Auffassung gerade im Gegenteil weitere Anforderungen bereits an die Rechtfertigung einer Typisierung dem Grunde nach. Zwar gibt es auch in der allgemeinen Diskussion mit Kirchhof eine Stimme, die es ausdrücklich ablehnt, an die Rechtfertigung des „Ob“ einer Typisierung weitere Anforderungen zu stellen. Dieser sieht diesbezüglich keine besondere Rechtfertigungsbedürftigkeit. Die verfassungsrechtliche Problematik der Typisierung liege weniger in dem Übergang von der Individualisierung zum Typus, sondern mehr in der realitätsgerechten Ausgestaltung.308 Diesem Ansatz wird jedoch überwiegend nicht gefolgt. Zwar werden auch in den übrigen Stellungnahmen vorwiegend die an die Ausgestaltung der Typisierung zu stellenden Anforderungen diskutiert. Es werden jedoch immer wieder Anforderungen auch an eine Rechtfertigung des „Ob“ der Typisierung ausgeführt. Zwar erscheinen diese häufig bruchstückhaft und vage, jedoch lassen sich zwei Voraussetzungen herausschälen, unter denen eine Typisierung dem Grunde nach vor dem Gleichheitssatz gerechtfertigt sein soll. Die eine Voraussetzung betrifft jede Typisierung. So führt zwar das Bundesverfassungsgericht in der Regel lediglich aus, dass bei der Ordnung von Massenerscheinungen typisierende Regelungen allgemein als notwendig anerkannt und von ihm im Grundsatz ständig als verfassungsrechtlich unbedenklich behandelt worden sind.309 Der Gesetzgeber habe daher dort einen – freilich nicht unbegrenzten – Spielraum für generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen.310 Jedoch hält das Bundesverfassungsgericht dennoch Typisierungen für unzulässig, wenn für eine typisierende Regelung ein „erkennbares Bedürfnis“ fehlt.311 Diese vom Bundesverfassungsgericht aufgestellte Anforderung findet sich auch in der Literatur wieder.312 Es finden sich auch weitere Konkretisierungen für ein solches Vereinfachungsbedürfnis. So seien Typisierungen insbesondere dann gerechtfertigt, wenn ohne sie ein unverhältnismäßiger Besteuerungsaufwand ausge308 Kirchhof, Stbg. 1993, 508, 512. Auch ansonsten führt Kirchhof ausschließlich Anforderungen an die Ausgestaltung von Typisierungen an, verzichtet also ebenfalls auf eine Rechtfertigung des „Ob“, vgl. nur Kirchhof, Festschrift für Tipke, S. 27, 43; ders., HStR V, § 124 Rn 296. 309 Vgl. etwa BVerfGE 17, 1, 23; 71, 146, 157; 75, 108, 161. 310 Vgl. zuletzt BVerfGE 96, 1, 6; 101, 297, 209. 311 BVerfGE 71, 146, 157. Vgl. auch BVerfGE 100, 195, 204: „setzt aber voraus, dass bei einer Gleichbehandlung erhebliche verwaltungstechnische Schwierigkeiten entstehen würden“. 312 Vgl. etwa Tipke, StRO I, S. 350; Tipke/Lang, § 4 Rn 132.
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löst würde und insbesondere wegen besonders aufwendiger Tatsachenermittlungen oder besonderer Auslegungsprobleme in Grenzfällen die Gleichheit im Belastungserfolg noch weniger erreicht würde als durch eine Typisierung.313 Das soll vor allem bei Berührungen mit der privaten Lebensführung der Fall sein.314 Die zweite Voraussetzung betrifft dagegen nur eine bestimmte Art der Typisierung, nämlich die selektive Typisierung. Dazu zählen diejenigen Typisierungen, die nur bestimmten Gruppen von Steuerpflichtigen gewährt werden und andere Steuerpflichtige ausklammern. Bei ihnen sei zusätzlich zu fordern, dass die Ausklammerung der anderen, „wesentlich“ gleichen Steuerpflichtigen sachlich gerechtfertigt werden kann. Es müsse ein besonderer Grund dafür bestehen, dass die Typisierung gerade für diese Gruppe von Steuerpflichtigen erfolge.315 Diese in den allgemeinen Stellungnahmen zur Zulässigkeit von Typisierungen nur vereinzelt und eher vage angesprochenen Anforderungen hinsichtlich des „Ob“ einer Typisierung werden durch die Betrachtung der Diskussionen, die hinsichtlich einzelner exemplarischer typisierender Regelungen geführt werden, bestätigt. Exemplarisch für nicht selektive Typisierungen sind die 1%-Regelung zur Pauschalierung des privaten Nutzungsanteils eines betrieblichen Kraftfahrzeugs sowie die typisierende Abzugsbeschränkung für das häusliche Arbeitszimmer. Beide gelten gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG bzw. § 8 Abs. 2 S. 2 i.V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG sowie gemäß § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG bzw. § 9 Abs. 5 i.V. m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG grundsätzlich für alle Steuerpflichtigen, gleichgültig welche Einkünfte sie erzielen. In seiner Entscheidung hinsichtlich der 1%-Regelung zur Pauschalierung des privaten Nutzungsanteils eines betrieblichen Kraftfahrzeugs316 ist der Bundesfinanzhof ausdrücklich getrennt auf die Zulässigkeit des „Ob“ und des „Wie“ der Pauschalierung eingegangen. „Dem Grunde nach“ sei die Pauschalierung zulässig, weil der private Nutzungsanteil in den Fällen, in denen der Steuerpflichtige kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch führt, ansonsten kaum zuverlässig zu ermitteln sei.317 Auch hinsichtlich der typisierenden Abzugsbeschränkung für das häusliche Arbeitszimmer hat das Bundesverfas313
Tipke, StRO I, S. 355; Ruppe, DStJG 21 (1998), S. 29, 55. BVerfGE 101, 297, 310; Tipke, StRO I, S. 350. Vgl. auch Isensee, Typisierende Verwaltung, S. 51 f., der allerdings zurückhaltender formuliert, der Anwendungsbereich von Typisierungen im Steuerrecht liege vor allem in „Sachverhalten in privater Lebenssphäre“, bei denen Auslegungs- und Ermittlungsprobleme bestehen, sowie in Tatbeständen mit „Massenfallcharakter“, bei denen angesichts der geringen Höhe der Steuerbeträge die schulgerechte Erfassung der Besteuerungsgrundlagen einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand erfordern würde. 315 Vgl. etwa Ruppe, DStJG 21 (1998), S. 29, 42. 316 BFH, BStBl. II 2000, 273 ff. 317 BFH, BStBl. II 2000, 273, 275. Dass hiermit die Zulässigkeit des „Ob“ der Pauschalierung gemeint ist, wird auch daran deutlich, dass der Bundesfinanzhof unter 314
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sungsgericht318 das „Ob“ und das „Wie“ der Pauschalierung getrennt geprüft.319 Hinsichtlich des „Ob“ der Pauschalierung sieht es einen sachlichen Grund darin, dass eine Nachprüfung der Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers durch die Finanzbehörden wegen des engen Zusammenhangs zur Sphäre der privaten Lebensführung und des Schutzes durch Art. 13 GG wesentlich eingeschränkt oder gar unmöglich ist.320 Ohne eine Typisierung bestünden unverhältnismäßige Sachaufklärungsschwierigkeiten. Auch der Bundesfinanzhof hat auf die Berührung der privaten Lebensführung verwiesen und aufgrund dieser „Besonderheit“ eine Typisierung dieser „Art von Aufwendungen“ als gerechtfertigt angesehen.321 Entsprechend gestaltet sich auch die Diskussion in der Literatur. Zwar wird dort vor allem die Ausgestaltung der Regelung diskutiert.322 Jedoch wird in der Regel zumindest kurz auch die Berechtigung des Gesetzgebers zu der Typisierung angesprochen und damit bejaht, dass angesichts des engen Zusammenhangs zur Sphäre der privaten Lebensführung und der damit erschwerten Tatsachenermittlung ein erkennbares Bedürfnis für eine Typisierung besteht.323 Zwar bestanden in beiden Fällen keine ernsthaften Bedenken gegen die Rechtfertigung des „Ob“ der Typisierung. Dennoch verlangen die Ausführungen diesbezüglich allesamt das Bestehen eines Vereinfachungsbedürfnisses, das sie auch zumindest kurz begründen. Exemplarisch für selektive Typisierungen sind die pauschale Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen für Land- und Forstwirte gemäß § 13a EStG324 und der Arbeitnehmer-Pauschbetrag gemäß § 9a S. 1 Nr. 1 EStG. Diese werden nur einer bestimmten Gruppe von Steuerpflichtigen gewährt, nämlich bestimmten Beziehern von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft bzw. den Beziehern von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Hinsichtdem nächsten Gliederungspunkt darauf eingeht, ob die Pauschalierung „auch der Höhe nach“ verfassungsmäßig ist, BFH, BStBl. II 2000, 273, 275 (Gliederungspunkt 4.). 318 BVerfGE 101, 297 ff. 319 Vgl. BVerfGE 101, 297, 311. Das Bundesverfassungsgericht formuliert unter Gliederungspunkt aa): „ist die Begrenzung der Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer sachlich gerechtfertigt.“ und unter Gliederungspunkt bb): „Auch die Höhe des zulässigen Abzugs begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.“ 320 BVerfGE 101, 297, 311. 321 BFH, BStBl. II 1998, 351, 353. 322 Vgl. etwa A. Klein, Typisierung von Erwerbsaufwendungen, S. 128 ff.; Boudré, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 4 EStG Anm. 1495 m. w. N. 323 Vgl. etwa A. Klein, Typisierung von Erwerbsaufwendungen, S. 128; Tipke, StRO I, S. 356. 324 Auch bei dieser handelt es sich um eine Pauschalierung, allerdings nicht nur der Erwerbsaufwendungen, sondern der gesamten Einkünfteermittlung. Die dazu aufgestellten Grundsätze sind aber übertragbar.
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lich der pauschalierenden Gewinnermittlung nach § 13a EStG hat zwar der Bundesfinanzhof keine verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich des „Ob“ der Typisierung geäußert, sondern nur angesprochen, dass der typischerweise zu niedrig ermittelte Gewinn, also die Ausgestaltung der Regelung, möglicherweise gleichheitswidrig ist.325 In der Literatur gibt es jedoch zahlreiche Stimmen, die geltend machen, die Methode der Durchschnittsermittlung sei bereits dem Grunde nach gleichheitswidrig, da keine besondere Rechtfertigung ersichtlich sei, gerade bei Land- und Fortwirten eine pauschalierende Gewinnermittlung zuzulassen und bei anderen (Klein-)Unternehmern nicht.326 In der Diskussion um die Verfassungsmäßigkeit des Arbeitnehmer-Pauschbetrags327 war zwar wiederum vor allem die Höhe des Pauschbetrags Gegenstand des Interesses.328 Jedoch wurde daneben auch das „Ob“ der Einführung des Pauschbetrags diskutiert. Diesbezüglich wurde darauf hingewiesen, dass die externe Ungleichbehandlung mit den Beziehern anderer Einkunftsarten nicht allein aufgrund einer realitätsgerechten Bemessung zulässig sei. Es müsse ein sachlicher Grund dafür bestehen, dass der Pauschbetrag gerade bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gewährt werde.329 Ein solcher wurde darin gesehen, dass es sich bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit um typische Massenbearbeitungsfälle handelt. Die ungleich größere Anzahl von Besteuerungsfällen in dieser Einkunftsart rechtfertige eine Pauschalierung gerade für diese.330 Zwar hat der Bundesfinanzhof sich auch in seiner Entscheidung zum Arbeitnehmer-Pauschbetrag331 beinahe ausschließlich damit beschäftigt, ob die Höhe des Pauschbetrags sich noch im gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum bewegt.332 Innerhalb der Frage nach einer Ungleichbehandlung mit den Beziehern anderer Einkunftsarten geht er 325
BFH, BStBl. II 1984, 198: „können verfassungsrechtliche Bedenken nicht gegen die Einkommensbesteuerung kleinerer Land- und Forstwirte als solche bestehen und auch nicht gegen die vom Gesetzgeber dafür in § 12 GDL und in § 13a EStG a. F. gewählte Methode, sondern nur gegen die sich daraus ergebenden zu geringen Gewinne.“ Vgl. auch Nds. FG, EFG 1979, 28, 29; 1984, 238; Schl.-Holst. FG, EFG 1981, 571, 572. 326 So etwa Tipke, StRO II, S. 682 f.; ders., StuW 1971, 2, 11 f.; Lang, Steuervergünstigungen, S. 155; ausführlich Merkenich, S. 131 ff., insb. das Ergebnis auf S. 137. 327 Diese ist allerdings mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 96, 1 ff. inzwischen weitgehend abgeschlossen. 328 Vgl. etwa Tipke, StRO II, 1. Aufl., S. 643. 329 So ausdrücklich Eckhoff, DStR 1993, 1506, 1512. Ähnlich Arndt, StVj 1993, 311, 318. Auch Schemmel, der den Arbeitnehmer-Pauschbetrag uneingeschränkt für verfassungsmäßig hält, unterscheidet ausdrücklich zwischen der Zulässigkeit der Einführung des Pauschbetrags dem Grunde nach und seiner verfassungsgemäßen Bemessung, vgl. Schemmel, S. 40 f. sowie S. 43. 330 Eckhoff, DStR 1993, 1506, 1512; Arndt, StVj 1993, 311, 318. 331 BFH, BStBl. II 1993, 551. 332 Vgl. BFH, BStBl. II 1993, 551, 555 f.
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indes kurz auch darauf ein, ob eine sachlicher Grund für die Pauschalierung gerade bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit vorliegt und sieht diesen darin, dass Erwerbsaufwendungen bei anderen Einkunftsarten (vor allem bei Freiberuflern und Gewerbetreibenden) der Höhe nach kaum typisierbar seien.333 In der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Arbeitnehmer-Pauschbetrag334 wurde diese Problematik dagegen nicht mehr aufgegriffen. Indes hat das Bundesverfassungsgericht in dieser Entscheidung ohnehin so gut wie keine Anforderungen an eine Typisierung – auch nicht hinsichtlich der Ausgestaltung – gestellt.335 Auch wenn die Rechtsprechung sich eher zurückhaltend äußert, verlangen damit die überwiegenden Stellungnahmen für selektive Typisierungen über das bloße Vereinfachungsbedürfnis hinaus eine besondere Rechtfertigung dafür, dass die Typisierung gerade für eine bestimmte Gruppe von Steuerpflichtigen gewährt wird. cc) Strukturvergleich: Typisierung durch die Verwaltung Neben den gesetzlich geregelten Typisierungen wurden und werden insbesondere Pauschalierungen für Erwerbsaufwendungen auch durch Verwaltungsvorschriften gewährt. Rechtsprechung und Literatur haben Grundsätze zur Zulässigkeit solcher Verwaltungspauschalen entwickelt. Genauso wie gesetzliche Typisierungen verfolgen auch sie einen Vereinfachungszweck. Sie sollen im Interesse der Bewältigung und Beschleunigung des steuerlichen Massenverfahrens zum einen der Verwaltung Ermittlungsaufwand ersparen und zum anderen den Steuerpflichtigen von seinen Darlegungs- und Beweispflichten entlasten.336 333
BFH, BStBl. II 1993, 551, 556. BVerfGE 96, 1 ff. 335 Es führt lediglich aus, der Gleichheitssatz fordere nicht, dass der Gesetzgeber stets den gewillkürten Aufwand berücksichtigen müsse, sondern der materiellen Gleichheit es auch genügen könne, wenn der Gesetzgeber für bestimmte Arten von Aufwendungen nur den Abzug eines typisiert festgelegten Betrages gestattet. Wenn der Gesetzgeber für alle Arbeitnehmer einen Mindestaufwand von 2.000 DM pro Jahr in einer Werbungskostenpauschale typisiere, bleibe er damit im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums (BVerfGE 96, 1, 9). Es wird teilweise vermutet, dass diese die Typisierung scheinbar ohne weiteres für zulässig haltende Entscheidung auf den maßgeblichen Einfluss des Berichterstatters Kirchhof zurückgeht, der in seinen wissenschaftlichen Stellungnahmen kaum Anforderungen an typisierende Regelungen stellt (siehe dazu oben S. 129), vgl. Kulosa, S. 32 Fn. 153; in diese Richtung auch Osterloh, in: Sachs, GG, Art. 3 Rn 161 Fn. 325. Indes dürfte das Bundesverfassungsgericht mit dieser Entscheidung nicht seine bisherigen zur Typisierung aufgestellten Grundsätze aufgegeben haben. Bereits in BVerfGE 101, 297 ff. findet sich – obwohl wiederum Kirchhof Berichterstatter war – wieder eine ausführlichere Prüfung der Zulässigkeit der typisierenden Abzugsbeschränkung für das häusliche Arbeitszimmer (siehe dazu oben S. 130 f.). 334
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Allerdings handelt es sich bei Pauschalierungen durch Verwaltungsvorschriften um verwaltungsinterne Regelungen. Hinsichtlich ihrer Zulässigkeit ergeben sich daher zumindest zum Teil gänzlich andere Probleme als bei der Zulässigkeit gesetzlicher Typisierungen. So stellen sich bei ihnen die Frage der Vereinbarkeit mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung nach Art. 20 Abs. 3 GG sowie die Frage ihrer Bindungswirkung. Daher können die zu ihnen entwickelten Grundsätze nicht ohne weiteres auf gesetzliche Typisierungen übertragen werden. Erkennt man jedoch mit der heute ganz herrschenden Meinung die Vereinbarkeit von Verwaltungspauschalen mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung sowie ihre grundsätzliche Verbindlichkeit und die damit verbundene Außenwirkung an337, stellt sich auch bei ihnen die weitere Problematik ihrer Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG. Verwaltungspauschalen dürfen – insofern338 genauso wie gesetzliche Regelungen – nicht zu ungerechtfertigten Ungleichbehandlungen 336
Vgl. etwa BFH, BStBl. II 1986, 200, 204; 1986, 824, 827; 1982, 500, 501. Da sie die Auslegung der gesetzlichen Vorschriften auf der Tatbestandsseite betreffen, können sie an sich keine Bindungswirkung für die Gerichte entfalten, da diese nur an Gesetz und Recht gebunden sind. Verwaltungsvorschriften mit materiellrechtlichem Inhalt sind grundsätzlich Gegenstand, nicht jedoch Maßstab richterlicher Kontrolle (BVerfGE 78, 214, 227). Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung handelt es sich jedoch um gemäß § 162 AO grundsätzlich zulässige Schätzungen zur vereinfachten Sachverhaltsermittlung (grundlegend zu § 162 AO als Rechtsgrundlage BFH, BStBl. II 1986, 200, 204 ff.). Trotz der Rechtsnatur von Verwaltungspauschalen als verwaltungsinterne Regelungen wird ihnen unter dem Gesichtspunkt der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und dem beim Steuerpflichtigen ausgelösten Vertrauensschutz eine Bindungswirkung auch für die Finanzgerichte zugemessen. Diese haben die Pauschalierungen als Tatsachengrundlage zu respektieren (vgl. etwa BFH, BStBl. II 1982, 24, 26 f.; 1986, 200, 205; 1994, 529, 531; offen gelassen von BVerfGE 78, 214, 227 ff.). Voraussetzung ist allerdings, dass die Pauschalen bei Ausfüllung der sachverhaltsmäßigen Beurteilungsspielräume auf Basis der gesetzlichen Regelungen einen sachgerecht typisierten Schätzungsrahmen widerspiegeln (vgl. etwa BFH, BStBl. II 1994, 529, 531). Dann sind sie auch mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung nach Art. 20 Abs. 3 GG vereinbar (vgl. insb. BFH, BStBl. II 1986, 200, 205). Die Grenzen der Bindungswirkung sind indes erreicht, wenn die Anwendung der Pauschalen im Einzelfall zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen würde (vgl. etwa BFH, BStBl. II 1986, 200, 205). Allerdings bleibt es dem Steuerpflichtigen unbenommen, die Pauschalen durch Einzelnachweis bzw. Glaubhaftmachung zu überschreiten, so dass auch von nachweisfreien Höchstgrenzen gesprochen wird (vgl. etwa Prinz, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 9a EStG Anm. 64). Dieser Rechtsprechung folgt auch die ganz überwiegende Literatur, vgl. etwa K. Vogel, StuW 1991, 254 ff.; Lambrecht, in: DStJG 12 (1989), S. 79, insb. 99 ff. Lediglich vereinzelt finden sich in einigen älteren instanzgerichtlichen Entscheidungen und in der Literatur ablehnende Äußerungen, vor allem gegen die Einschlägigkeit von § 162 AO, die gerichtliche Bindungswirkung sowie die Vereinbarkeit mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (vgl. insb. Schl.-Holst. FG, EFG 1977, 11, 12; 1978, 329, 330; 1980, 331, 332 f.; 1981, 123, 124; FG Düsseldorf, EFG 1979, 619, 621; Jaehnike, StuW 1979, 293 ff.). 337
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unter den Steuerpflichtigen führen.339 Rechtsfolge eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz ist bei Verwaltungspauschalen allerdings im Gegensatz zu gesetzlichen Regelungen nicht die Nichtigkeit – die es bei Verwaltungsvorschriften nicht gibt – sondern ihre Unverbindlichkeit.340 Zumindest die zur Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz entwickelten Grundsätze könnten Erkenntnisse auch für die Zulässigkeit gesetzlicher Typisierungen bieten. Zwar ist heute allgemein anerkannt, dass verwaltungsmäßige Pauschalierungen von Erwerbsaufwendungen auch vor dem Gleichheitssatz gerechtfertigt werden können.341 Diesbezüglich müssen sie jedoch bestimmte Anforderungen erfüllten. Wie bei gesetzlichen Typisierungen lassen sich zwei Gesichtspunkte unterscheiden. Zum einen müssen die Verwaltungspauschalen der Höhe nach gleichheitsgerecht sein. Sie dürfen nicht betragsmäßig überdotiert sein, so dass typischerweise gar nicht angefallene oder rein privatbezogene Aufwendungen steuerliche Geltung erlangen.342 Zum anderen muss 338 Indes erlangen sie dennoch nicht die Qualität von materiellen Rechtsnormen, auch wenn ihre Wirkung faktisch diesen weitgehend entspricht, vgl. etwa BFH, BStBl. II 1986, 200, 205. 339 Vgl. etwa BFH, BStBl. II 1980, 455, 456; 1982, 302, 303; 1986, 824, 827; FG Köln, EFG 1996, 1159; FG Berlin, EFG 1999, 224, 225; FG München, EFG 1998, 1116, 1117; FG Saarbrücken, EFG 1984, 174; Lang, DStJG 9 (1986), S. 15, 82 f.; Prinz, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 9a EStG Anm. 71. 340 Vgl. etwa FG Köln, EFG 1996, 1159. 341 Eine generelle Unvereinbarkeit von Verwaltungspauschalen mit dem Gleichheitssatz haben noch angenommen Schl.-Holst. FG, EFG 1981, 123, 124; Mittmann, DStZ 1987, 118. 342 Die Rechtsprechung verlangt diesbezüglich, dass die Höhe der Pauschale auf einer sachgerechten Schätzung beruht, die die abziehbaren Erwerbsaufwendungen generell zutreffend erfasst (vgl. etwa BFH, BStBl. II 1986, 200, 204; 1986, 824, 826). Zum einen dürfen nur solche Aufwendungen erfasst werden, die ihrem Wesen nach auch Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben sind (vgl. etwa BFH, BStBl. II 1982, 302, 303 für Mehraufwendungen im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung; BFH, BStBl. II 1986, 200, 204 für Verpflegungsmehraufwendungen; allgemein von Bornhaupt, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 9 Rn A 231). Zum anderen muss sie realitätsgerecht bemessen sein. Ihre Höhe muss sich an den durchschnittlichen Aufwendungen des betroffenen Personenkreises orientieren, hinsichtlich der Differenzierung sachgerecht erscheinen und darf nicht der allgemeinen Lebenserfahrung widersprechen (vgl. etwa BFH, BStBl. II 1982, 302, 304; 1986, 200, 204 f.; 1992, 105, 106). Im Einzelfall auftretende, geringfügige Vor- oder Nachteile müssen jedoch im Vereinfachungsinteresse hingenommen werden (vgl. etwa BFH, BStBl. II 1986, 200, 204). Eine Offenlegung der Schätzungsgrundlagen zum konkreten Nachweis des repräsentativen Charakters der Pauschalierung etwa durch statistische Unterlagen oder eine Tatsachenerhebung hat der Bundesfinanzhof bisher nicht für erforderlich gehalten. Vielmehr begnügt er sich mit bloßen Plausibilitätsüberlegungen (vgl. etwa BFH, BStBl. II 1986, 200, 204; in seiner die Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen stark kritisierenden Entscheidung aus dem Jahr 1994 hat der Bundesfinanzhof sich allerdings ausdrücklich vorbehalten, ggf. auch zu prüfen, auf der Grundlage welchen Erfahrungswissens die Verwaltung die Höhe der Pauschalen bestimmt
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die Pauschalierung dem Grunde nach gerechtfertigt sein. Diesbezüglich lassen sich die Verwaltungspauschalen ähnlich wie gesetzliche Typisierungen ihrem Inhalt nach unterteilen.343 Zum einen gibt es Pauschalen, die für bestimmte Arten erwerbsbezogenen Aufwands gelten unabhängig davon, bei welchen Steuerpflichtigen der Aufwand anfällt.344 Zwar wird bei diesen an Aufwendungsarten orientierten Pauschalen für alle Erwerbsgruppen auf die Zulässigkeit dem Grunde nach häufig gar nicht mehr hingewiesen.345 Indes dürfen auch sie nicht dazu benutzt werden, bei im Wesentlichen feststehenden Sachverhalten deren rechtliche Würdigung durch Einführung einer griffweise geschätzten Obergrenze zu ersetzen.346 Dass diese Anforderung nur selten angesprochen wird, lässt sich dadurch erklären, dass ein solches Vereinfachungsbedürfnis bei den pauschalierten Erwerbsaufwendungen – wie etwa Reisekosten347 – in der Regel offensichtlich vorliegt. Zum anderen gab und gibt es selektive Pauschalierungsregelungen, die sämtliche oder einzelne Erwerbsaufwendungen lediglich für eine bestimmte Gruppe von Steuerpflichtigen, in der Regel einer bestimmten Berufsgruppe abdecken.348 Diese berufsgruppenspezifischen Pauschalen werden sowohl in hat, vgl. BFH, BStBl. II 1994, 529, 532). Die Literatur spricht sich zum Teil für stärkere Begründungspflichten der Verwaltung aus, vgl. etwa Prinz, in: Herrmann/ Heuer/Raupach, § 9a EStG Anm. 69 m. w. N. 343 Vgl. dazu Prinz, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 9a EStG Anm. 70. 344 Hier sind vor allem zu nennen die Pauschbeträge für Fahrten mit dem eigenen Fahrzeug (R 38 Abs. 1 S. 6 LStR 2002, ggf. i.V. m. R 23 Abs. 2 EStR 2001) und für Übernachtungskosten bei Auslandsreisen (R 40 Abs. 2 S. 2, 3 LStR 2002, ggf. i.V. m. R 23 Abs. 2 EStR 2001). Bis zur gesetzlichen Regelung durch das JStG 1996 in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 EStG bzw. § 9 Abs. 5 i.V. m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 EStG bestanden auch noch Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen (R 39 Abs. 1–7, 43 Abs. 8 LStR 1993, R 119 Abs. 2 Nr. 3 EStR 1993). 345 Vgl. aber die differenzierte Prüfung in BFH, BStBl. II 1986, 824, 827. 346 BFH, BStBl. II 1985, 529, 531; von Bornhaupt, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 9 Rn A 239; Schmidt/Drenseck, EStG, 15. Aufl., § 9a Rn 8; Rößler, FR 1985, 645. 347 Siehe Fn. 344. 348 Im Wesentlichen bestehen Pauschalen für einzelne Berufsgruppen nur noch in Form der Pauschalen für Betriebsausgaben im Rahmen einer hauptberuflichen selbständigen schriftstellerischen oder journalistischen Tätigkeit (30 % der Betriebseinnahmen, höchstens jedoch 4.800 DM = 2.455 A jährlich) sowie einer wissenschaftlichen, künstlerischen oder schriftstellerischen Nebentätigkeit einschließlich einer nebenberuflichen Lehr- und Prüftätigkeit soweit es sich nicht um eine solche i. S. d. § 3 Nr. 26 EStG handelt (25 % der Betriebseinnahmen, höchstens jedoch einmalig 1.200 DM = 614 A jährlich), vgl. BMF v. 21.1.1994, BStBl. I 1994, 112 (von der Finanzverwaltung bisher noch nicht in Euro umgestellt). Die meisten anderen berufsgruppenspezifischen Pauschalen sind dagegen inzwischen weggefallen. Bis zum 31.12.1999 gab es noch Pauschbeträge für Artisten (R 47 Abs. 1 S. 2 Nr. 1
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Rechtsprechung als auch in der Literatur um so kritischer beurteilt. Aus den Äußerungen zu ihnen geht hervor, dass sie unabhängig von ihrer konkreten Bemessung bereits dem Grunde nach für gleichheitswidrig gehalten werden, wenn die Beschränkung auf eine bestimmte Berufsgruppe nicht sachlich gerechtfertigt ist. Es muss ein besonderer Grund dafür vorliegen, die Pauschale gerade der jeweiligen Berufsgruppe zu gewähren. So hat der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung zwar eine berufsgruppenspezifische Pauschale anerkannt, hat jedoch zur Rechtfertigung der Pauschalierung gerade für die eine Berufsgruppe einen sachlichen Grund angeführt.349 Mehrere Instanzgerichte haben einzelne berufsgruppenspezifische Pauschalen sogar ausdrücklich bereits dem Grunde nach für gleichheitswidrig beurteilt, weil sie keinen sachLStR 1999 – 265 DM mtl./3.180 DM jährl.), für darstellende Künstler (R 47 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 LStR 1999 – 265 DM mtl./3.180 DM jährl. bis 365 DM mtl./4.380 DM jährl.) sowie für Journalisten (R 47 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 LStR 1999 – 115 DM mtl./ 1.380 DM jährl.). Mit diesen Pauschalen wurde ein gegenüber durchschnittlichen Arbeitnehmern erhöhter Erwerbsaufwand typisierend unterstellt. Sie konnten zusätzlich zum Arbeitnehmer-Pauschbetrag gemäß § 9a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG geltend gemacht werden (R 47 Abs. 1 S. 1 LStR 1999) und sogar neben den notwendigen Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung, den Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und Umzugskosten. In den LStR 2000 waren diese Pauschalen nicht mehr enthalten. Bis zum 1.1.1993 gab es eine Sonderpauschale für die Berufsgruppe der Parlamentsjournalisten (vgl. BMF v. 27.12.1989, BStBl. I 1990, 14; aufgehoben durch BMF v. 16.12.1993, BStBl. I 1993, 1002). Waren sie selbständig tätig, wurde eine Pauschale in Höhe von 10.800 DM jährlich für Mitglieder der Bundespressekonferenz Bonn bzw. 5.600 DM jährlich für Mitglieder der Landespressekonferenzen gewährt (die neben den notwendigen Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung geltend gemacht werden konnte). Für nichtselbständige Journalisten wurde eine Pauschale von 730 DM mtl./8.760 DM jährl. bzw. 280 DM mtl./3.360 DM jährl. anerkannt (die neben dem Arbeitnehmer-Pauschbetrag und den Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung geltend gemacht werden konnte). 349 BFH, BStBl. II 1980, 455 ff. betreffend Werbungskostenpauschsätze für Bühnen- und Fernsehschauspieler nach R 24a Abs. 1 Nr. 2a LStR 1968 und einer Vfg. der OFD Berlin v. 18.10.1965, StuZBl. Bln. 1965, 1686. Danach konnten die Finanzbehörden gerade für diese Berufsgruppe Werbungskostenpauschsätze festlegen, weil insbesondere bei künstlerischen Berufen die Bestimmung des Umfangs der beruflichen Zwecken dienenden Aufwendungen häufig auf Schwierigkeiten stößt, vgl. BFH, BStBl. II 1980, 455, 456. In einer späteren Entscheidung hat der Bundesfinanzhof die Zulässigkeit von berufsgruppenspezifischen Werbungskosten-Pauschalen ausdrücklich offengelassen, BFH, BStBl. II 1990, 1065, 1066 betr. den Pauschbetrag für darstellende Künstler nach R 23 Abs. 1 Nr. 2 b), Abs. 2, 3 LStR 1975. Besonders hohe Anforderungen an die Rechtfertigung stellt der Bundesfinanzhof auch an Sonderregelungen für eine bestimmte Berufsgruppe, durch die von einer allgemein für alle Arbeitnehmer gewährten Pauschalierung nur für diese (allerdings zu deren Lasten) abgewichen werden soll, vgl. BFH, BStBl. II 1982, 302, 304 betreffend Nichtanwendung der Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen bei Binnenschiffern. Auch daran wird deutlich, dass der Bundesfinanzhof für Sonderregelungen, die nur bestimmte Berufsgruppen betreffen, eine besondere Rechtfertigung verlangt.
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lichen Grund sahen, gerade der in Frage stehenden Berufsgruppe eine Pauschale zu gewähren.350 In der Literatur wurden die berufsgruppenspezifischen Pauschalen schon immer besonders kritisch beurteilt und die meisten dieser Pauschalen auch mangels einer besonderen Rechtfertigung bereits dem Grunde nach nicht für mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar gehalten.351 350 Besonders deutlich FG Köln, EFG 1996, 1159 betreffend den JournalistenPauschbetrag nach R 47 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 LStR 1990. Das FG hat sich ausdrücklich auf Art. 3 Abs. 1 GG berufen und auf dieser Grundlage eine „sachgerechte Schätzungsgrundlage“ für die Pauschalierung dem Grunde nach sowie für ihre Höhe verlangt. Hinsichtlich der Pauschalierung dem Grunde nach hat es ausgeführt, es sei nicht nachvollziehbar, warum gerade der Berufsgruppe der Journalisten das Sammeln und Einordnen von Nachweisen und Belegen für ihre Steuererklärung nicht zumutbar sein soll. Es sei daher kein Grund ersichtlich, gerade ihnen einen höheren Durchschnittsaufwand zuzugestehen als den übrigen Arbeitnehmern (vgl. FG Köln, EFG 1996, 1159 f.). Mangels eines sachlichen Grundes dafür, gerade darstellenden Künstlern einen höheren beruflichen Durchschnittsaufwand zuzugestehen als den übrigen Arbeitnehmern, hat auch das FG Berlin, EFG 1999, 224 in der Gewährung des KünstlerPauschbetrags nach R 47 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 LStR 1990 eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gegenüber den übrigen Steuerpflichtigen gesehen. Insbesondere könne insofern nicht der Gesichtspunkt ausreichen, dass „von Artisten, Künstlern usw. wegen der Art ihrer Lebensführung, ihres mehr künstlerischen und weniger kaufmännisch geprägten Naturells eine geordnete Belegsammlung nicht erwartet werden könne“, vgl. FG Berlin, EFG 1999, 224, 225 (diesen Gesichtspunkt hatte das FG Köln, EFG 1996, 1159, 1160 als möglichen Rechtfertigung für den Künstler-Pauschbetrag angesprochen). In ähnlicher Weise haben das FG München, EFG 1998, 1116, 1117 und das FG Saarbrücken, EFG 1984, 174 die Pauschbeträge für bestimmte Berufsgruppen nach R 47 LStR bzw. vor 1990 R 23 LStR abgelehnt, weil sie zu einer gleichheitswidrigen Besserstellung dieser Berufsgruppen gegenüber den übrigen Steuerpflichtigen mit Einkünften aus einer sonstigen nichtselbständigen Arbeit führten (allerdings haben sie sich dabei im Unterschied zu den ersten beiden Entscheidungen vor allem auf die Kumulation der Pauschalen mit dem Arbeitnehmer-Pauschbetrag nach § 9a S. 1 Nr. 1 EStG bzw. vor 1990 dem Werbungskostenpauschbetrag nach § 9a S. 1 Nr. 1 EStG berufen). Dass berufsgruppenspezifische Pauschalen einer besonderen Rechtfertigung bedürfen, wird zudem darin deutlich, dass auch in Entscheidungen, die die Pauschalen nicht als gleichheitswidrig abgelehnt haben, häufig eine solche Rechtfertigung angesprochen wird. So haben das FG Hamburg, EFG 1996, 96, das Hess. FG, EFG 1977, 24 und das FG Münster, EFG 1962, 272 die besondere Rechtfertigung des JournalistenPauschbetrags darin gesehen, dass Journalisten sich ihre Informationen in der Außenwelt selbst besorgen müssen und zur leichteren und schnelleren Einholung von Auskünften und Feststellung von Ereignissen häufiger Ausgaben machen müssen, über die sie Belege nur mit Schwierigkeiten erlangen können. 351 Zum Teil werden berufsgruppenspezifische Pauschalen insgesamt abgelehnt, vgl. etwa Lang, DStJG 9 (1986), S. 15, 82 f.; zweifelnd auch Prinz, in: Herrmann/ Heuer/Raupach, § 9a EStG Anm. 71 und 79: „Fragwürdigkeit einiger Einzelpauschalen unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes“. Überwiegend wird jedoch auf die einzelnen Pauschalen eingegangen und dort ausgeführt, dass es an einer Rechtfertigung der Pauschalierung gerade für diese Berufsgruppe fehle. Besonders heftig wurde unter diesem Gesichtspunkt die Pauschale für Parlamentsjournalisten (siehe S. 136 Fn. 348) kritisiert, vgl. etwa Tipke, StRO I, S. 292 und StRO II,
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dd) Diskussion und Stellungnahme Die überwiegenden Äußerungen speziell zur steuerfreien Kostenpauschale der Abgeordneten gehen damit davon aus, dass die Pauschalierung dem Grunde nach ohne weitere Voraussetzungen oder Anforderungen gerechtfertigt ist. So verstehen sie auch die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts, eine Pauschalierung sei „nicht ausgeschlossen“ bzw. „zulässig“. Nur vereinzelte Stimmen stellen die Frage nach dem „Ob“ der Pauschalierung und sehen die Kostenpauschale bereits unter diesem Gesichtspunkt als gleichheitswidrig an. Indes wird nicht klar, welche Anforderungen sie im Einzelnen an eine Rechtfertigung stellen wollen. Genau umgekehrt stellt sich der Meinungsstand in der allgemeinen Diskussion zur Typisierung dar. Auch wenn die Äußerungen zum „Ob“ einer Typisierung dort häufig eher bruchstückhaft und vage sind, geht die überwiegende Auffassung davon aus, dass diesbezüglich zwei Anforderungen zu stellen sind. Zum einen wird für eine Typisierung stets für erforderlich gehalten, dass ein erkennbares Vereinfachungsbedürfnis besteht. Zum anderen soll bei selektiven Typisierungen nur für eine bestimmte Gruppe von Steuerpflichtigen zusätzlich erforderlich sein, dass ein besonderer sachlicher Grund die nur selektive Gewährung der Typisierung rechtfertigt. Diese beiden Anforderungen finden sich auch bei der Überprüfung von Verwaltungspauschalen anhand des Gleichheitssatzes wieder. Obwohl es sich hierbei um Verwaltungsvorschriften handelt, sind sie hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz mit gesetzlichen Typisierungen vergleichbar. Angesichts dieser unterschiedlichen Äußerungen stellt sich die Frage, ob an der bisher überwiegenden Auffassung festgehalten werden kann, hinsichtlich der Kostenpauschale der Abgeordneten das „Ob“ der Pauschalierung ohne weiteres für gerechtfertigt zu halten. Diesbezüglich wird man zunächst einmal von dem Grundsatz ausgehen müssen, dass jede Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG einer Rechtfertigung bedarf. Das gilt auch für das „Ob“ einer Typisierung, soweit sie zu einer Ungleichbehandlung führt. Abzulehnen ist damit – wie es aber in der Diskussion zum Teil den Anschein hat –, für das „Ob“ von vornherein gar kein Rechtfertigungsbedürfnis anzunehmen, sondern lediglich Anforderungen an die Ausgestaltung der Typisierung zu stellen. Richtigerweise kann die Fragestellung nur die Anforderungen an die in jedem Fall erforderliche Recht1. Aufl., S. 642 f.; ders., in: Raupach/Tipke/Uelner, S. 133, 152; Prinz, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 9a EStG Anm. 80; Puhl, DStR 1991, 1141, 1145. Überwiegend wurden jedoch auch die anderen berufsgruppenspezifischen Pauschalen in R 47 LStR (siehe oben S. 136 Fn. 348) für nicht gerechtfertigt gehalten, vgl. etwa Tipke/ Lang, 15. Aufl., § 9 Rn 285. Auch die noch bestehenden Betriebsausgaben-Pauschalen für bestimmte selbständige Tätigkeiten (siehe oben S. 136 Fn. 348) werden zum Teil mangels rechtfertigenden Grundes für gleichheitswidrig gehalten, vgl. Tipke/ Lang, § 9 Rn 284.
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fertigung betreffen. Es ist zu fragen, ob zur Rechtfertigung des „Ob“ einer Typisierung bereits die damit stets verbundene Vereinfachungswirkung als solche, also die bloße Berufung auf die Praktikabilität der Norm, genügt oder ob eine Rechtfertigung nur gelingt, wenn – je nach Ungleichbehandlung – die Vereinfachung bestimmte Anforderungen erfüllt. Hierbei ist die in der allgemeinen Diskussion zur Typisierung getroffene Differenzierung zu berücksichtigen. Zum einen ist zu rechtfertigen, dass überhaupt eine Typisierung vorgenommen wird. Bei selektiven Typisierungen ist zum anderen zu rechtfertigen, dass die Typisierung nur einer bestimmten Gruppe von Steuerpflichtigen gewährt wird. Es ist von den allgemeinen Grundsätzen zur Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung auszugehen. Wenn – wie es bei der hier in Frage stehenden steuerfreien Kostenpauschale der Abgeordneten der Fall ist352 – nach der neuen Formel der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit anzuwenden ist, muss geprüft werden, ob in dem zur Rechtfertigung herangezogenen sachlichen Grund ein legitimer Zweck zu sehen ist sowie, ob die Ungleichbehandlung zur Erreichung dieses Zwecks geeignet, erforderlich und angemessen ist. Zwar ist bei Typisierungen in der Praktikabilität der Norm ein legitimer Zweck zu sehen. Für eine Rechtfertigung ist jedoch weiterhin erforderlich, dass schon das „Ob“ der Typisierung zur Vereinfachung geeignet, erforderlich und angemessen ist. Die Anwendung dieser Kriterien auf Typisierungen wird auch in der Literatur häufig betont, in der Regel allerdings ohne klarzustellen, dass sie bereits für das „Ob“ der Typisierung gelten.353 Aus ihrer Anwendung ergibt sich die Notwendigkeit eines erkennbaren Vereinfachungsbedürfnisses als Voraussetzung für jede Art von Typisierung. Wenn in dem von der Typisierung erfassten Bereich überhaupt kein Vereinfachungsbedürfnis besteht, wird man annehmen können, dass eine Typisierung bereits gar nicht zur Vereinfachung geeignet ist. Das ist denkbar, wenn eine steuerliche Regelung in ihrer Anwendung nur einen so geringen Aufwand bei der Finanzverwaltung sowie beim Steuerpflichtigen verursacht, wie auch bei einer Typisierung noch zu erwarten wäre. Indes wird das so nur selten der Fall sein. Wenn zwar ein Vereinfachungsbedürfnis besteht, dieses jedoch nicht ein gewisses Maß erreicht, also nicht „erkennbar“ ist, wird man annehmen können, dass eine Typisierung nicht angemessen ist. Dann steht die mit der Typisierung verbundene Ungleichbehandlung außer Verhältnis zu der mit ihr zu erreichenden Vereinfachungswirkung. Welches Maß das Vereinfachungsbedürfnis in dieser Abwägung erreichen muss, um als „erkennbar“ 352
Siehe dazu unter I., S. 84 ff. Vgl. etwa Birk/Barth, § 4 AO Anm. 493; Birk, Steuerrecht, Rn 179; Osterloh, in: Sachs, GG, Art. 3 Rn 110; Tipke, StRO I, S. 350 (unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts). 353
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zu gelten, wird man unter anderem davon abhängig machen müssen, wie streng nach der neuen Formel die Bindung an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit jeweils ist. Im vorliegenden Fall der steuerfreien Kostenpauschale der Abgeordneten ist von einer strengen Bindung auszugehen354, so dass die Anforderungen an das Vereinfachungsbedürfnis eher höher einzustufen sein werden. Weiterhin ist für die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung nach allgemeinen Grundsätzen erforderlich, dass der herangezogene sachliche Grund gerade die Ungleichbehandlung zwischen den in Frage stehenden Vergleichsgruppen zu tragen vermag.355 Der sachliche Grund darf sich nicht nur auf die absolute Behandlung einer der Vergleichsgruppen beziehen. Er muss gerade eine Rechtfertigung für ihre relative Andersbehandlung bilden.356 Für selektive Typisierungen, die nur einer bestimmten Gruppe von Steuerpflichtigen gewährt werden, ergibt sich daraus die weitere Voraussetzung, dass ein sachlicher Grund dafür bestehen muss, die Typisierung gerade dieser Gruppe von Steuerpflichtigen zu gewähren und die übrigen „wesentlich“ gleichen Steuerpflichtigen auszuklammern. Das wird man etwa annehmen können, wenn ein Vereinfachungsbedürfnis ausschließlich bei dieser Gruppe von Steuerpflichtigen bzw. bei ihr in erhöhtem Maße besteht. Dagegen wird man ein Rechtfertigung ablehnen müssen, wenn das Vereinfachungsbedürfnis in gleicher Weise bei allen Steuerpflichtigen besteht und auch sonst keine hinreichenden Unterschiede zwischen ihnen ersichtlich sind, der Gesetzgeber die Typisierung aber ungeachtet dessen nur bei der einen Gruppe vornimmt und die andere ausklammert. Das ergibt sich im Übrigen auch aus dem in der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Gebot der Folgerichtigkeit. Nach diesem steht dem Gesetzgeber im Rahmen des Gleichheitssatzes zwar ein weiter Gestaltungsspielraum hinsichtlich seiner Grundentscheidungen zu, jedoch muss er eine einmal getroffene Entscheidung dann konsequent umsetzen und folgerichtig durchhalten.357 Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen 354
Siehe dazu unter I., S. 84 ff. Vgl. die in st. Rspr. vom Bundesverfassungsgericht benutzte Wendung, dass sich ein sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung finden lassen muss, vgl. etwa BVerfGE 42, 374, 388; 51, 1, 23; 55, 114, 128; 71, 255, 271. 356 Aus dieser relativen Struktur folgt auch die Einstufung des Gleichheitssatzes als modales Abwehrrecht. Es geht bei ihm nicht darum, Eingriffe in die individuelle Freiheitssphäre generell abzuwehren, sondern darum, eine bestimmte Modalität des Staatshandelns abzuwehren, nämlich Eingriffe, die ohne hinreichende Rechtfertigung im Vergleich zu anderen ungleich erfolgen. Vgl. dazu Heun, in: Dreier, GG, Art. 3 Rn 15; Sachs, DÖV 1984, 411, 412 ff., insb. 414. 357 Vgl. BVerfGE 84, 239, 271; 93, 121, 136; 99, 88, 95; 99, 280, 290; 101, 132, 138; 101, 151, 155; 105, 73, 126. Aus der Literatur vgl. nur Kirchhof, HStR V, § 124 Rn 222 ff.; Tipke, StRO I, S. 327 ff. 355
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Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes.358 Sieht der Gesetzgeber also hinsichtlich einer bestimmten Art von Aufwendungen ein erkennbares Vereinfachungsbedürfnis und entscheidet er infolgedessen, für diese eine Typisierung vorzunehmen, muss er diese Entscheidung in strikter Bindung an den Gleichheitssatz folgerichtig für alle Steuerpflichtigen durchhalten. Er darf nicht ohne sachlichen Grund diese Entscheidung für einzelne Steuerpflichtige wieder anders treffen.359 Das muss um so mehr gelten, wenn es sich wie hier nicht um eine Grundpauschale360 handelt, durch die lediglich ein Sockelbetrag gewährt wird, der der Mehrzahl der betroffenen Steuerpflichtigen tatsächlich entsteht. Darüber hinaus gehende Aufwendungen sind dann weiterhin im Einzelnen nachzuweisen. Durch solche Grundpauschalen soll lediglich bis zu einem bestimmten Grenzbetrag auf Nachweisführung und Kontrolle verzichtet werden. Die steuerfreie Kostenpauschale der Abgeordneten kann im Gegensatz dazu als Vollpauschale361 bezeichnet werden. Sie soll den gesamten dem Abgeordneten entstehenden Erwerbsaufwand abgelten. Daher verbietet § 22 Nr. 4 S. 2, 3 EStG auch jeden weiteren Abzug von Werbungskosten. Als Folge orientiert sich die Kostenpauschale nicht an dem Aufwand, der beinahe jedem Abgeordneten als „Sockel“ entsteht. Vielmehr bezieht sie auch die Abgeordneten mit außergewöhnlich hohen Aufwendungen mit ein und soll auch deren Aufwendungen vollständig abgelten. Im Ergebnis führt sie zu einer vollständigen Pauschalierung der Einkünfteermittlung von Abgeordneten. Eine solche Vollpauschale für eine bestimmte Einkunftsart stellt einen Fremdkörper im System des Einkommensteuergesetzes dar, das selektive Pauschalierungen sonst lediglich als Grundpauschalen kennt.362 Vor dem Gebot der Folgerichtigkeit 358
BVerfGE 99, 88, 95; 99, 280, 290; 105, 73, 126. Das ist auch bei anderen Einschränkungen des objektiven Nettoprinzips allgemein anerkannt. So wurden die Einschränkungen des Betriebsausgabenabzugs gemäß § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1, 2, 7 EStG, obwohl an sich sachlich gerechtfertigt, bis zum StÄndG 1992 und JStG 1996 überwiegend als gleichheitswidrig angesehen, weil sie ohne sachlichen Grund nur für Bezieher von Gewinneinkünften galten und nicht für Bezieher von Überschusseinkünften (vgl. nur Tipke, StuW 1991, 246, 250 ff.). 360 Für diese sind verschiedene Bezeichnungen gebräuchlich. Ruppe, DStJG 21 (1998), S. 29, 52 spricht von widerlegbaren Pauschalierungen. Ebenso Traxel, S. 23. Isensee, Typisierende Verwaltung, S. 33 spricht von formeller oder hypothetischer Typisierung. 361 Auch für diese werden verschiedene Bezeichnungen verwandt. Ruppe, DStJG 21 (1998), S. 29, 53; Traxel, S. 23 sprechen von unwiderlegbaren Pauschalierungen. Isensee, Typisierende Verwaltung, S. 33 spricht von materieller oder kategorischer Typisierung. 362 Grundpauschalen bestehen als Arbeitnehmer-Pauschbetrag bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 9a S. 1 Nr. 1 EStG, bei Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 9a S. 1 Nr. 2 EStG sowie bei Einkünften im Sinne von § 22 Nr. 1 und 1a EStG gemäß § 9a S. 1 Nr. 3 EStG. 359
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stellt sich diese systemfremde Vollpauschale ausschließlich für Abgeordnete als Abweichung von der Grundentscheidung des Gesetzgebers dar, für deren Rechtfertigung sachliche Gründe erforderlich sind. Der Gesetzgeber darf eine Vollpauschale zur Abgeltung des gesamten Erwerbsaufwands nicht willkürlich nur einer bestimmten Gruppe von Steuerpflichtigen gewähren.363 Es ist daher der überwiegenden Auffassung zur Typisierung allgemein sowie den insoweit übertragbaren Grundsätzen zur Typisierung durch die Verwaltung zuzustimmen. Zur Rechtfertigung einer Typisierung dem Grunde nach sind über die bloße Berufung auf die Praktikabilität der Norm weitergehend die beiden soeben dargestellten Anforderungen zu stellen. Etwas anderes kann auch nicht für die steuerfreie Kostenpauschale der Abgeordneten gelten. Es kann daher nicht an der bisher bestehenden überwiegenden Auffassung festgehalten werden, das „Ob“ dieser Pauschale sei ohne weitere Voraussetzungen zulässig. Vielmehr sind – wie in den vereinzelten Stellungnahmen zum „Ob“ der Abgeordneten-Kostenpauschale angedeutet, aber nicht weiter ausgeführt364 – auch hier die beiden genannten Anforderungen zu prüfen. Zum einen muss für den von der Kostenpauschale erfassten Bereich ein erkennbares Vereinfachungsbedürfnis bestehen. Da es sich um eine selektive Typisierung handelt, muss zum anderen ein besonderer sachlicher Grund dafür bestehen, gerade den Abgeordneten eine Kostenpauschale zu gewähren und die übrigen Steuerpflichtigen davon auszuklammern. Es bleibt die Frage, inwieweit diese Auffassung sich mit den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts im Diätenurteil und im nachfolgendem Beschluss vom 20.6.1978 verträgt, eine Pauschalierung sei „nicht ausgeschlos363 Ruppe, DStJG 21 (1998), S. 29, 53 hält Vollpauschalen sogar generell für unzulässig. Diese Auffassung ist jedoch vereinzelt geblieben und geht zu weit. Da jede Ungleichbehandlung grundsätzlich durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt werden kann, muss das auch für die Einführung von Vollpauschalen für eine bestimmte Einkunftsart gelten (ablehnend auch Tipke, StRO I, S. 355). Geringere Anforderungen an die Rechtfertigung bestünden indes nur, wenn es um die Grundentscheidung des Gesetzgebers ginge, generell für alle Steuerpflichtigen Vollpauschalen zur Abgeltung ihrer Erwerbsaufwendungen einzuführen, also das System des Einkommensteuergesetzes umzugestalten (für diesen Fall will auch Ruppe, DStJG 21 (1998), S. 29, 53 Vollpauschalen nicht ausschließen). 364 Siehe zu diesen unter aa), S. 127 f. So gehen Tipke/Lang, § 9 Rn 590 und Birk, Stbg. 2000, Nr. 6, S. III (Editorial) zwar von der Gleichheitswidrigkeit bereits des „Ob“ der Pauschalierung aus, lassen jedoch offen, welche Anforderungen sie diesbezüglich stellen. Lediglich bei Wenz, Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik 1992, 53, 54 f.; ders., Gedächtnisschrift für Wenz, S. 271, 272 klingt an, dass vor allem die Ausklammerung der übrigen Steuerpflichtigen einer Rechtfertigung bedarf, die er nicht sieht. Der Ansatz von Geiger, ZParl 1978, 522, 529 (und ihm folgend Boeckhaus, S. 11), aufgrund der zu großen Streubreite eine Pauschalierung abzulehnen, ist dagegen von vornherein weniger weitgehend als die hier vertretene Auffassung.
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sen“ bzw. „zulässig“.365 Diese Ausführungen werden ja gerade dafür in Anspruch genommen, die steuerfreie Kostenpauschale dem Grunde nach ohne weiteres für zulässig zu halten und nur Anforderungen an ihre Ausgestaltung zu stellen.366 Soweit in der Literatur vereinzelt doch die Frage nach dem „Ob“ der Pauschalierung gestellt wird367, wird dagegen angenommen, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts entspreche insoweit nicht mehr dem „heutigen Verständnis von steuerlicher Gleichbehandlung“, sei also überholt.368 Indes wird man darüber hinaus fragen können, ob die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts bisher eigentlich richtig verstanden worden sind.369 Man kann nämlich die Aussage des Bundesverfassungsgerichts, eine Pauschalierung sei „nicht ausgeschlossen“ bzw. „zulässig“ auch lediglich als allgemeinen Hinweis auf die stets bestehende Möglichkeit zur Pauschalierung deuten. Sie wäre dann so zu verstehen, dass auch hinsichtlich der Aufwandsentschädigung der Abgeordneten eine Pauschalierung möglich ist, wenn die allgemein anerkannten Voraussetzungen für eine Typisierung vorliegen. Es bestand für das Bundesverfassungsgericht im Diätenurteil auch gar kein Anlass, diese Voraussetzungen näher auszuführen und über ihr Vorliegen zu entscheiden. Das Bundesverfassungsgericht hatte über die damals noch insgesamt steuerfreie Entschädigung der Abgeordneten zu entscheiden. Eine abgetrennte steuerfreie Kostenpauschale gab es noch nicht, sondern wurde erst als Folge der Entscheidung eingeführt.370 Es liegt nahe, dass die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts nicht bereits umfassend die Zulässigkeit einer solchen Kostenpauschale klären, sondern lediglich klarstellen sollten, dass durch die Entscheidung eine Pauschalierung unter den anerkannten Voraussetzungen nicht ausgeschlossen ist. Eine abschließende Beurteilung der Zulässigkeit der Kostenpauschale war im Übrigen gar nicht möglich, da noch nicht klar war, wie sie im Einzelnen ausgestaltet sein, insbesondere welche Aufwendungen sie umfassen würde. Die Anforderungen an das „Wie“ der Pauschalierung in Form der „Orientierung am tatsächlichen Aufwand“ hat das Bundesverfassungsgericht wohl vor allem deswegen schon 365
Siehe unter aa), S. 125 f. Siehe unter aa), S. 126 f. 367 Siehe unter aa), S. 127 f. 368 So Birk, Stbg. 2000, Nr. 6, S. III (Editorial). 369 Auch Geiger, der ja ebenfalls bereits das „Ob“ der Pauschalierung in Frage stellt (siehe unter aa), S. 127 f.), meint, die Entscheidung sei „mißverstanden“ worden, Geiger, ZParl 1978, 522. 370 Siehe dazu bereits unter § 4, S. 42 f. Erst beim Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20.6.1978 (BVerfGE 49, 1 ff.) lag das neue Abgeordnetengesetz vor. Dennoch bestand auch hier kein Anlass für eine umfassende Prüfung der Kostenpauschale, da das Bundesverfassungsgericht die zu Grunde liegende Verfassungsbeschwerde bereits als unzulässig abgewiesen hat (siehe S. 53 Fn. 19). 366
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angesprochen, weil in diesem Punkt die größten Bedenken bestanden, ob der Gesetzgeber die Grenzen noch zulässiger Pauschalierung einhalten würde. Der Gesetzgeber hatte ja zuvor die gesamte steuerfreie Entschädigung als bloße Aufwandsentschädigung angesehen, was offensichtlich nicht realitätsgerecht war. Für dieses Verständnis des Diätenurteils spricht schließlich, dass nicht angenommen werden kann, dass das Bundesverfassungsgericht die zum größten Teil von ihm selbst allgemein entwickelten Grundsätze zur Zulässigkeit von Typisierungen, nach denen auch das „Ob“ einer Typisierung der Rechtfertigung bedarf, speziell für Abgeordnete abändern wollte. Das sieht auch das Bundesverfassungsgericht in einer neueren Entscheidung anscheinend so, denn es führt dort das Diätenurteil zusammen mit seiner Entscheidung zum Arbeitnehmer-Pauschbetrag lediglich als Beleg für die generelle Zulässigkeit von Pauschalierungen zu Vereinfachungszwecken auf.371 b) Anwendung auf die steuerfreie Kostenpauschale der Mitglieder des Bundestages Auf der Grundlage dieser Grundsätze ist nunmehr zu überprüfen, ob die hier in Frage stehende steuerfreie Kostenpauschale der Mitglieder des Bundestages dem Grunde nach, also das „Ob“ der Pauschalierung, vor dem Gleichheitssatz gerechtfertigt ist. Es ist zu fragen, ob ein erkennbares Vereinfachungsbedürfnis besteht sowie, ob ein sachlicher Grund dafür vorliegt, eine Pauschalierung gerade für diese Gruppe von Steuerpflichtigen vorzunehmen. aa) Rechtfertigung aus dem besonderen Charakter der Einkünfte von Abgeordneten In Frage kommt zunächst, dass die Einkünfte von Abgeordneten ebenfalls besondere Charakteristika aufweisen, die es generell rechtfertigen, für die in Ausübung des Mandats anfallenden Aufwendungen eine Pauschalierung zu gewähren. Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag wurde mit dem besonderen Charakter der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gerechtfertigt. Bei diesen handelt es sich um typische Massenbearbeitungsfälle, deren ins einzelne gehende Überprüfung die Finanzverwaltung unverhältnismäßig stark belasten würde. Sie wäre zudem kaum durchführbar, wodurch der gleichheitsgerechte Gesetzesvollzug gefährdet wäre. Bei ihnen besteht daher ein besonderes, bei anderen Einkunftsarten nicht in gleicher Weise vorhandenes Vereinfachungsbedürfnis.372 Eine Rechtfertigung der den Abgeordneten gewährten steuer371
Vgl. BVerfGE 99, 280, 290. Siehe zu dieser Rechtfertigung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags unter a) bb), S. 132 f. 372
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freien Kostenpauschale unter diesem Gesichtspunkt scheidet indes aus. Es handelt sich dort gerade nicht um Massensachverhalte. Vielmehr geht es lediglich um eine sehr kleine Gruppe von Steuerpflichtigen. Bei ihnen eine Einzelüberprüfung durchzuführen, wäre der Finanzverwaltung ohne größere Belastung möglich.373 Es wird aber in einigen Äußerungen vorgebracht, bezüglich der berufsbedingten Aufwendungen von Abgeordneten bestünden besondere Abgrenzungsschwierigkeiten da sich dessen Aufgaben nicht in abschließender Form bestimmen ließen.374 Das ist jedoch keine Besonderheit der Einkünfte von Abgeordneten. Auch bei anderen einkunftserzielenden Tätigkeiten besteht kein abschließend bestimmter Aufgabenkreis. So sind auch etwa Gewerbetreibende frei darin, wie sie ihren Betrieb gestalten. Das Fehlen eines abschließend bestimmten Aufgabenkreises führt auch nicht zu Besonderheiten bei der Abgrenzung der steuerlich geltend zu machenden Erwerbsaufwendungen. In steuerlicher Hinsicht kommt es allein darauf an, ob die Aufwendungen durch die Tätigkeit veranlasst sind. Ob sie in den „üblichen“ Aufgabenkreis der Tätigkeit fallen, ist irrelevant. Abgrenzungsschwierigkeiten zum steuerlich unbeachtlichen privat veranlassten Aufwand bestehen im Übrigen bei den anderen Einkunftsarten des Einkommensteuergesetzes in gleicher Weise.375 Es sind damit zumindest keine Besonderheiten in der Situation der Abgeordneten ersichtlich, aufgrund derer es ihnen generell unzumutbar wäre, ihre Aufwendungen im Einzelnen nachzuweisen. bb) Rechtfertigung für die einzelnen Positionen der Kostenpauschale Es bleibt aber die Möglichkeit, dass sich eine Rechtfertigung für die einzelnen Positionen der Kostenpauschale ergibt. Es ist zu fragen, ob die von ihr erfassten Aufwendungen Besonderheiten aufweisen, die zur Rechtfertigung 373 Wegen des Fehlens von Massenbearbeitungsfällen halten Prinz, in: Herrmann/ Heuer/Raupach, § 9a EStG Anm. 17 sowie von Bornhaupt, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 9a Rn A 88 die Abgeordnetenbezüge sogar gar nicht für eine Pauschalierung geeignet. Zumindest sei eine solche aber nicht erforderlich. Beide führen die Abgeordnetenbezüge indes als Einkünfte ohne Pauschalierungsmöglichkeit an, verkennen also die bestehende steuerfreie Kostenpauschale. Die Annahme der Ungeeignetheit zur Pauschalierung dürfte zudem zu weit gehen, da sich auch bei Fehlen von Massensachverhalten Vereinfachungseffekte einstellen können. Nur kommt diesen nicht wie etwa bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ein im Vergleich zu anderen Einkunftsarten erhöhtes Gewicht zu. Es scheidet daher lediglich eine Rechtfertigung der Pauschalierung gerade unter Berufung auf die besonderen Schwierigkeiten bei Massenbearbeitungsfällen aus. 374 So der Rosenberg-Beirat, S. 44; Hessischer Präsidentenbeirat, S. 25. 375 Vgl. nur das 31 Seiten umfassende ABC der Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit bei Schmidt/Drenseck, EStG, § 19 Rn 60.
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ihrer Pauschalierung gerade für Abgeordnete führen können. Zwar handelt es sich bei der Kostenpauschale nach § 12 Abs. 2 AbgG um eine einheitliche Gesamtpauschale und nicht um mehrere für die unterschiedlichen Aufwendungen gewährte Einzelpauschalen376, jedoch werden durch sie unterschiedliche, in § 12 Abs. 2 S. 1 AbgG genauer bestimmte Aufwendungen abgegolten.377 (1) Mehraufwendungen am Sitz des Bundestages und bei Reisen (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AbgG) Gemäß § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AbgG werden mit der Kostenpauschale zunächst Mehraufwendungen am Sitz des Bundestages und bei Reisen mit Ausnahme von Auslandsdienstreisen abgegolten. (a) Unterhaltung einer Zweitwohnung am Sitz des Bundestages Zu den Mehraufwendungen am Sitz des Bundestages zählen die Kosten für die Unterhaltung einer Zweitwohnung am Sitz des Bundestages.378 Diese bestehen vor allem im Mietzins und den Nebenkosten für die Wohnung.379 Darüber hinaus sollen von dieser Position auch die Umzugskosten erfasst sein, die anfallen, wenn ein Mitglied des Bundestages erstmals eine Wohnung am Sitz des Bundestages nimmt oder mit Beendigung des Mandats seine Wohnung aufgibt und an seinen ersten Wohnsitz zurückkehrt.380 Ebenfalls sollen die Umzugskosten für einen Wohnungswechsel am Sitz des Bundestages erfasst sein.381 Für diese Aufwendungen wurde bei Erlass des Abgeordnetengesetzes 1977 ein Betrag von 600 DM382 und 1992 ein Betrag von 808 DM angesetzt.383 Hochgerechnet auf die Kostenpauschale im Jahr 2003 ergibt sich daraus ein Betrag von 467 A.384 376
Vgl. zu den Begrifflichkeiten hinsichtlich der verschiedenen Möglichkeiten des pauschalierten Kostenersatzes Rosenberg-Beirat, S. 44. 377 In § 25 des Entwurfs des Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages v. 29.6.1976 (BT-Drucks. 7/5525, S. 8) war die Kostenpauschale noch in betragsmäßig festgelegte Einzelansätze aufgegliedert. In der später Gesetz gewordenen Fassung ist diese Aufgliederung aufgegeben worden, ohne dass sich jedoch dadurch die Verwendungszwecke geändert haben (Braun/Jantsch/ Klante, AbgG, § 12 Rn 24). 378 Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 12 Rn 23; Materialien zum Abgeordnetengesetz 1977, BT-Drucks. 7/5531, S. 22; Kissel-Kommission, Anlage 13, S. 44. 379 Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 12 Rn 23. 380 Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 12 Rn 24. 381 Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 12 Rn 24. 382 Vgl. die Materialien zum Abgeordnetengesetz 1977, BT-Drucks. 7/5531, S. 22. 383 Vgl. Kissel-Kommission, Anlage 13, S. 44.
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(aa) Berücksichtigung nach allgemeinen Regelungen Nach allgemeinen Regelungen könnte ein Mitglied des Bundestages solche Aufwendungen nur nach Maßgabe von § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 Abs. 3 EStG als Werbungskosten abziehen. Diese Vorschrift lässt allerdings nicht Kosten der Haushaltsführung schlechthin zum Abzug zu. Das Wohnen befriedigt in erster Linie persönliche Grundbedürfnisse, so dass die Aufwendungen für die Haushaltsführung ihrer Natur nach – selbst bei beruflicher Motivation der Wohnungsnahme – grundsätzlich privat mitveranlasst sind.385 § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG lässt nur den so gut wie ausschließlich beruflich veranlassten Mehraufwand für eine doppelte Haushaltsführung zum Abzug zu. Er verdrängt als lex specialis die Grundvorschrift des § 9 Abs. 1 S. 1 EStG.386 Voraussetzung für eine Abziehbarkeit wäre danach zunächst, dass bei dem Mitglied des Bundestages eine doppelte Haushaltsführung im Sinne von § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 1 EStG vorliegt. Gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 2 EStG muss dazu an einem anderen Ort als dem Beschäftigungsort ein eigener Hausstand unterhalten werden. Das erfordert, dass der Steuerpflichtige dort eine Wohnung innehat, die den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen darstellt.387 Für das Mitglied des Bundestages würde das bedeuten, dass er neben seiner Wohnung am Sitz des Bundestages auch im Wahlkreis eine Wohnung unterhalten muss, die den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen darstellt. Das müsste er gegebenenfalls nachweisen. Zudem muss die doppelte Haushaltsführung gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 1 EStG aus beruflichem Anlass begründet worden sein388, was jedoch bei Mitgliedern des Bundestages, die 384 Mangels aktueller Gesetzesbegründung zu den der Kostenpauschale zu Grunde gelegten Einzelansätzen lassen sich aktuelle Beträge nur durch eine Hochrechnung ermitteln. Dazu wurden die bisher zu Grunde gelegten Beträge ins Verhältnis zur damaligen Höhe der Gesamtpauschale gesetzt, so dass sich ein entsprechender Anteil der aktuellen Kostenpauschale ergab. 385 Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Anm. 477; Söhn, StuW 1983, 193, 199; ders., Festschrift für Offerhaus, S. 477, 480; von Beckerath, in: Kirchhof, EStG, § 9 Rn 241. 386 BFH/NV 1998, 1216, 1217; Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Anm. 477. Streitig ist nur, ob § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG insoweit konstitutiv im Verhältnis zu § 9 Abs. S. 1 EStG ist, als ohne die Spezialregelung kein Abzug nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG möglich wäre (dafür etwa Söhn, StuW 1983, 193, 200; von Bornhaupt, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 9 Rn G 2; dagegen etwa BFH, BStBl. II 1982, 297, 298; Thürmer, in: Blümich, § 9 EStG Rn 341). 387 BFH, BStBl. II 1995, 180, 183. Fehlt es an dieser Voraussetzung, werden mit der Tätigkeit am neuen Beschäftigungsort zusammenhängende Mehraufwendungen nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen und nur für eine Übergangszeit als sog. „quasi“ doppelte Haushaltsführung für abziehbar gehalten (vgl. dazu Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Anm. 500; die Abziehbarkeit insgesamt offen lassend sogar BFH, BStBl. II 1996, 375, 376), die jedoch hier nicht erfüllt sein dürften.
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mit Antritt ihres Mandats an den Sitz des Bundestages ziehen, in aller Regel der Fall sein dürfte. Abziehbar wären dann gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 1 EStG die aus der doppelten Haushaltsführung entstehenden notwendigen Mehraufwendungen. Dazu gehören die Kosten der Unterkunft am Beschäftigungsort, also Miete und Nebenkosten389 bzw. bei einer Eigentumswohnung die entsprechenden Aufwendungen (vor allem AfA, Betriebskosten).390 § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG lässt keine Pauschalierung dieser Kosten zu. Abziehbar sind nur die tatsächlichen Aufwendungen, die vom Steuerpflichtigen im Einzelnen nachzuweisen sind.391 Daher müsste auch das Mitglied des Bundestages die Kosten für seine Zweitwohnung nachweisen, also zum einen, dass er eine Wohnung am Sitz des Bundestages gemietet oder erworben hat und zum anderen die Höhe der Aufwendungen.392 Umzugskosten bei Begründung und Beendigung der beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung wären ebenfalls gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 1 EStG abzugsfähig.393 Bei einem Wohnungswechsel am Beschäftigungsort ist aber auf die allgemeinen Voraussetzungen des Werbungskostenabzugs abzustellen, so dass eine berufliche Veranlassung nur vorliegt, wenn der Umzug die Fahrzeit zur Arbeitsstätte wesentlich verkürzt oder sonst erleichtert.394 Ein Umzug am Sitz des Bundestages müsste diesen Anforderungen genügen, was gegebenenfalls nachzuweisen wäre. Auch hier wären ausschließlich die tatsächlich angefallenen und nachgewiesenen Aufwendungen abzugsfähig.395
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Vgl. dazu ausführlich Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Anm. 485 f. 389 Schmidt/Drenseck, EStG, § 9 Rn 157. 390 Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Anm. 496. Allerdings kann dann keine Förderung nach dem EigZulG in Anspruch genommen werden, § 2 Abs. 1 S. 2 EigZulG. Durch die Kostenpauschale der Abgeordneten wird eine solche „doppelte“ Berücksichtigung dagegen nicht ausgeschlossen. 391 Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Anm. 493, 496; Schmidt/ Drenseck, EStG, § 9 Rn 157. 392 Auch die Finanzverwaltung gewährt Verwaltungspauschalen insoweit nur bei einem ausländischen Beschäftigungsort (vgl. R 43 Abs. 9 S. 4 i.V. m. R 40 Abs. 2 S. 2 LStR 2002, R 23 Abs. 3 S. 3 EStR 2001; die danach maßgeblichen Pauschbeträge finden sich in BMF v. 12.11.2002, BStBl. I 2001, 818) sowie bei Erstattung durch den Arbeitgeber für einen zeitlich begrenzten Zeitraum (R 43 Abs. 11 S. 15 Nr. 3 LStR 2002). Diese Verwaltungspauschalen würden aber bei Abgeordneten nicht eingreifen und werden überdies zunehmend in Frage gestellt (vgl. Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Anm. 496). 393 BFH, BStBl. II 1992, 667, 668; von Beckerath, in: Kirchhof, EStG, § 9 Rn 273. 394 BFH, BStBl. II 1983, 16, 17; 1988, 777, 778. 395 Auch die sonst für Umzugskosten von der Finanzverwaltung gewährten Verwaltungspauschalen (vgl. R 41 Abs. 1 LStR 2002) werden im Rahmen einer doppelten
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(bb) Rechtfertigung der Pauschalierung gerade für die Mitglieder des Bundestages Mit der Abgeltung dieser Aufwendungen durch die Kostenpauschale werden verschiedene Tatbestandsmerkmale des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG typisiert396 und pauschaliert. Zunächst wird typisierend angenommen, dass das nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 2 EStG erforderliche Unterhalten eines eigenen Hausstands an einem anderen Ort als dem Beschäftigungsort bei den Mitgliedern des Bundestages vorliegt. Vor allem wird aber pauschalierend unterstellt, dass bei ihnen für eine Zweitwohnung am Sitz des Bundestages Aufwendungen in der entsprechenden Höhe anfallen. Hinsichtlich der Umzugskosten wird zunächst für einem Wohnungswechsel am Sitz des Bundestages typisierend angenommen, dass dieser mandatsbedingt erfolgt. Vor allem wird jedoch auch hier der Anfall von Umzugskosten in der entsprechenden Höhe unterstellt. Entscheidend ist, ob hinsichtlich dieser typisierenden und pauschalierenden Annahmen ein erkennbares Vereinfachungsbedürfnis besteht sowie ob ein sachlicher Grund vorliegt, sie gerade für die Gruppe der Abgeordneten zu gewähren. Bereits das Bestehen eines erkennbaren Vereinfachungsbedürfnisses ist hier jedoch zumindest sehr zweifelhaft. Das Unterhalten eines eigenen Hausstands im Wahlkreis dürfte für einen Abgeordneten leicht nachweisbar sein, etwa durch Vorlage des Mietvertrags oder der Eigentumsnachweise. Ebenfalls sind die tatsächlich anfallenden Aufwendungen für eine Zweitwohnung am Sitz des Bundestages sehr leicht und ohne viel Aufwand nachzuweisen. In aller Regel dürfte dafür schon die Vorlage des Mietvertrags sowie der Nebenkostenabrechnungen genügen. Angesichts dieser eindeutig zu führenden Nachweise besteht auch nur eine geringe Missbrauchsgefahr. Zudem geht es bei den Wohnungskosten um einen relativ großen Betrag. Einem sehr leicht und eindeutig zu führenden Nachweis stehen damit erhebliche steuerliche Auswirkungen gegenüber. Das Bestehen auf einem Einzelnachweis dürfte sich gerade bei dieser Position der Kostenpauschale „lohnen“. Allenfalls könnte man für die Umzugskosten und gegebenenfalls deren mandatsbedingte Veranlassung ein Vereinfachungsbedürfnis anerkennen. Jedenfalls ist aber kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, die Aufwendungen gerade für die Gruppe der Abgeordneten pauschaliert zu berücksichtigen und die übrigen Steuerpflichtigen auszuklammern. Der Gesetzgeber hat sich Haushaltsführung nicht gewährt (R 43 Abs. 10 S. 1 LStR 2002, R 23 Abs. 3 S. 3 EStR 2001). 396 Der Gewährung des pauschalen Betrags liegen zunächst auch Typisierungen der einzelnen Tatbestandsmerkmale des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG zu Grunde. Das ändert allerdings nichts daran, dass im Ergebnis von einer Pauschalierung der entsprechenden Aufwendungen zu sprechen ist.
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in § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG grundsätzlich dafür entschieden, die Unterkunftskosten und die Umzugskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung nicht pauschal, sondern nur gegen Nachweis zum Abzug zuzulassen. Es ist nicht erkennbar, dass sich hinsichtlich dieses Nachweiserfordernisses die Situation der Abgeordneten wesentlich von der Situation einer „normalen“ doppelten Haushaltsführung der übrigen Steuerpflichtigen unterscheidet. Insbesondere ist der Nachweis der Kosten für eine Zweitwohnung am Sitz des Bundestages sowie der Umzugskosten nicht mit mehr Aufwand verbunden als bei einer sonstigen doppelten Haushaltsführung. Die Aufwendungen der Abgeordneten weisen insoweit keine Besonderheiten auf, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könnten. Wenn der Gesetzgeber die Aufwendungen pauschaliert berücksichtigen möchte, muss er die Pauschalierung daher allen Steuerpflichtigen mit einer doppelten Haushaltsführung gewähren und kann sich nicht nur eine einzelne Gruppe von Steuerpflichtigen „herauspicken“. Zwar keine Rechtfertigung, aber zumindest eine Erklärung für den Ansatz dieser Aufwendungen in der Kostenpauschale könnte darin liegen, dass es zur Zeit des Inkrafttretens des Abgeordnetengesetzes am 1.4.1977397 die Möglichkeit gab, für die Unterkunftskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung auch im Inland Verwaltungspauschalen anzusetzen.398 Möglicherweise ist der Gesetzgeber damals davon ausgegangen, die Pauschalierung dieser Aufwendungen für die Abgeordneten führe zumindest faktisch nicht zu einer Privilegierung. Indes hat der Gesetzgeber dann auf die Abschaffung dieser Verwaltungspauschalen399 nicht reagiert und es bei der Regelung der Kostenpauschale belassen. (b) Übernachtungen bei Mandatsreisen Auch in den nach § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AbgG ebenfalls abgegoltenen Mehraufwendungen bei Reisen mit Ausnahme von Auslandsdienstreisen sind Übernachtungskosten enthalten. Nach den Materialien zum Abgeordnetengesetz 1977 sollen dazu die Kosten für die Übernachtung bei Mandatsreisen (im Inland) gehören, die nicht als Dienstreisen abgerechnet werden.400 Für diese Position wurde bei Erlass des Abgeordnetengesetzes 1977 397 Gesetz zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages v. 18.2.1977 (BGBl. I S. 297). 398 R 27 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 LStR 1975, R 20 Abs. 6 S. 7 EStR 1975. Allerdings betrugen die Pauschalen lediglich 30 DM je Übernachtung für die ersten zwei Wochen und 7 DM je Übernachtung für die Folgezeit. 399 In den LStR 1984 waren die Pauschalen nicht mehr enthalten. 400 Materialien zum Abgeordnetengesetz 1977, BT-Drucks. 7/5531, S. 22. Vgl. auch Kissel-Kommission, Anlage 13, S. 44.
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ein Betrag von 200 DM401 und 1992 ein Betrag von 269,50 DM402 angesetzt. Hochgerechnet auf das Jahr 2003 ergibt sich ein aktueller Betrag von 155 A. Die Formulierung, die Kostenpauschale erfasse Mandatsreisen, die nicht als Dienstreisen „abgerechnet werden“, ist jedoch ungenau. Für Dienstreisen im Inland erhalten Mitglieder des Bundestages gemäß § 17 Abs. 2 S. 2 AbgG auf Antrag Übernachtungsgeld in entsprechender Anwendung des Bundesreisekostengesetzes.403 Reisen in Ausübung des Mandats sind dann Dienstreisen im Sinne von § 17 AbgG, wenn sie im ausschließlichen Interesse des Deutschen Bundestages durchgeführt werden (z. B. Informationsfahrten eines Bundestagsausschusses).404 Die Feststellung hierüber trifft der Bundestagspräsident, dessen vorherige Zustimmung gemäß § 17 Abs. 1 AbgG erforderlich ist. Die Reisen in Ausübung des Mandats, die nicht Dienstreisen in diesem Sinne sind (z. B. Fahrten zu den Sitzungen des Bundestages, der Fraktion oder Fahrten innerhalb des Wahlkreises) werden als Mandatsreisen bezeichnet.405 Für sie kann keine Reisekostenvergütung nach § 17 AbgG verlangt werden.406 In der Kostenpauschale enthalten sind nur die so bestimmten Mandatsreisen. Dienstreisen im Sinne von § 17 AbgG sind dagegen von vornherein nicht enthalten, und zwar unabhängig davon, ob sie als solche „abgerechnet“ werden, also für sie Übernachtungsgeld beantragt wird.407 Sonst könnte es zu einer Doppelberücksichtigung dieser Kosten kommen, je nachdem ob der Abgeordnete einen solchen Antrag stellt oder nicht. (aa) Berücksichtigung nach allgemeinen Regelungen Als vorübergehende Auswärtstätigkeit sind Mandatsreisen – ungeachtet ihrer Qualifizierung nach dem Abgeordnetengesetz – im steuerrechtlichen Sinne als Dienstreisen einzustufen.408 Bei einer Beschäftigung außerhalb des eigenen Hausstands, die als Dienstreise anzusehen ist, ist nicht die Spezialregelung des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG zur doppelten Haushaltsführung anwendbar, sondern die allgemeine Vorschrift des § 9 Abs. 1 S. 1 EStG.409 401
Vgl. die Materialien zum Abgeordnetengesetz 1977, BT-Drucks. 7/5531, S. 22. Vgl. Kissel-Kommission, Anlage 13, S. 44. 403 Gemäß § 17 Abs. 2 S. 3 AbgG wird gegen Nachweis zudem ein unvermeidbarer Mehrbetrag erstattet. 404 Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 17 Rn 3; Materialien zum Abgeordnetengesetz 1977, BT-Drucks. 7/5531, S. 23. So auch die Ausführungsrichtlinien des Ältestenrates für Reisen von Mitgliedern des Deutschen Bundestages (nicht veröffentlicht, vgl. zu ihnen jedoch Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 17 Rn 3). 405 Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 17 Rn 15. 406 Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 17 Rn 15. 407 So offensichtlich auch Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 12 Rn 25. 408 Vgl. zu den Voraussetzungen einer Dienstreise im Einzelnen Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Anm. 291. 402
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Auch nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG können indes die beruflich veranlassten Übernachtungskosten im Rahmen einer Dienstreise als Reisekosten angesetzt und als Werbungskosten abgezogen werden.410 Nach allgemeinen Regelungen könnte ein Mitglied des Bundestages die Übernachtungskosten bei Mandatsreisen daher nach Maßgabe von § 9 Abs. 1 S. 1 EStG nach Reisekostengrundsätzen als Werbungskosten abziehen. Für den Abzug nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG ist grundsätzlich ein Einzelnachweis der Übernachtungskosten erforderlich.411 Als Nachweis kommen vor allem Hotel- und Gasthofquittungen in Betracht.412 Steht die Übernachtung dem Grunde nach fest, kann allerdings die Höhe der Aufwendungen geschätzt werden.413 Diese Erleichterung ersetzt jedoch lediglich den Nachweis hinsichtlich der Höhe der angefallenen Aufwendungen. Sie enthebt den Steuerpflichtigen nicht von seiner Nachweispflicht hinsichtlich der Dienstreise als solcher, also davon, die kostenverursachende Übernachtung selbst nachzuweisen oder zumindest glaubhaft zu machen.414 Das führt in der Regel dazu, dass der Steuerpflichtige zwar keine Rechnungen der Beherbergungsbetriebe vorzulegen hat, er jedoch dennoch Anlass und Art der beruflichen Tätigkeit, die Reisedauer und den Reiseweg anhand geeigneter Unterlagen (z. B. Fahrtenbuch, Tankquittungen, Schriftverkehr) nachzuweisen oder glaubhaft zu machen hat.415 (bb) Rechtfertigung der Pauschalierung gerade für die Mitglieder des Bundestages Dem Ansatz der Übernachtungskosten bei Mandatsreisen in der Kostenpauschale liegen zwei pauschalierende Annahmen zu Grunde. Zum einen wird eine bestimmte Anzahl von Übernachtungen auf Mandatsreisen pauschalierend zu Grunde gelegt, zum anderen dann die Höhe der dabei anfallenden 409
Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Anm. 482. Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Anm. 299. 411 Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Anm. 299. 412 Vgl. etwa BFH, BStBl. II 1981, 14, 15. 413 BFH, BStBl. II 1981, 14, 16; 1992, 367, 368. Die Finanzverwaltung gewährt auch hier Verwaltungspauschalen lediglich für Übernachtungen im Ausland (vgl. R 40 Abs. 2 S. 2 LStR 2002, R 23 Abs. 2 EStR 2001; zu den danach maßgeblichen Pauschbeträgen vgl. BMF v. 12.11.2002, BStBl. I 2001, 818) sowie bei Erstattung der Kosten durch den Arbeitgeber (vgl. R 40 Abs. 3 S. 1 LStR 2002). Diese Verwaltungspauschalen würden bei Abgeordneten jedoch nicht eingreifen. Zudem setzt auch hier die Gewährung voraus, dass die Übernachtung dem Grunde nach feststeht. 414 BFH/NV 1991, 743, 744; FG Rhl.-Pf., EFG 1987, 169. 415 BFH/NV 1991, 743, 744; FG München v. 10.4.1997, 11 K 1826/94, nur unter juris veröffentlicht (juris Nr. DVRE000144220). Vgl. zu diesen Anforderungen an den Nachweis der Dienstreise als solcher auch Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Anm. 296. 410
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Aufwendungen pauschaliert. Zumindest die Anzahl der kostenverursachenden Übernachtungen müsste ein Mitglied des Bundestages nach allgemeinen Regelungen jedoch nachweisen. Zwar wird man hier im Unterschied zu den Kosten der Zweitwohnung am Sitz des Bundestages eher von einem Vereinfachungsbedürfnis ausgehen können. Die jeweiligen Übernachtungen im Einzelnen nachzuweisen, wäre zumindest bei einer größeren Anzahl von Dienstreisen mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Jedoch fehlt es auch hier an einem sachlichen Grund, die Pauschalierung gerade den Abgeordneten zu gewähren und die übrigen Steuerpflichtigen auszuklammern. Der Gesetzgeber hat grundsätzlich kein Bedürfnis gesehen, die Kosten für Übernachtungen im Rahmen von Dienstreisen pauschalierend abzugelten. Sonst hätte er es insoweit nicht bei der allgemeinen Regelung des § 9 Abs. 1 S. 1 EStG belassen. Es ist auch hier nicht ersichtlich, inwiefern die Situation der Abgeordneten sich hinsichtlich dieses Nachweiserfordernisses von der Situation der übrigen Steuerpflichtigen unterscheidet. Der Nachweis von Mandatsreisen ist nicht mit mehr Aufwand verbunden als der Nachweis von Dienstreisen durch die übrigen Steuerpflichtigen. Bezüglich der Übernachtungskosten im Rahmen von Dienstreisen besteht für sie in gleicher Weise wie für die Abgeordneten ein Vereinfachungsbedürfnis. Wenn der Gesetzgeber die Übernachtungskosten im Rahmen von Dienstreisen pauschaliert berücksichtigen will, muss er eine solche Pauschalierung allen Steuerpflichtigen – natürlich gestaffelt nach den typischerweise bei ihnen anfallenden Dienstreisen – gewähren. (c) Verpflegung bei Abwesenheit vom Wohnsitz infolge des Mandats Schließlich zählen zu den Mehraufwendungen im Sinne von § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AbgG die Kosten für Verpflegung bei Abwesenheit vom Wohnsitz infolge des Mandats.416 Mit der Abwesenheit vom Wohnsitz ist die Abwesenheit vom Wahlkreiswohnsitz gemeint. Zum einen wird daher die Verpflegung am Sitz des Bundestages, zum anderen die Verpflegung bei Reisen mit Ausnahme von Auslandsdienstreisen erfasst. Zu den Reisen gehören hier im Unterschied zur Gestaltung bei den Übernachtungskosten417 nicht nur Mandatsreisen, sondern auch Dienstreisen im Inland im Sinne von § 17 Abs. 2 AbgG. Bei diesen gelten gemäß § 17 Abs. 2 S. 1 AbgG die Tagegelder durch die Kostenpauschale als abgegolten. Bezüglich dieser Position der Kostenpauschale wurden bei Erlass des Abgeordnetengesetzes 1977 280 Abwesenheitstage mit Aufwendungen von je 30 DM zu Grunde gelegt, was einen Betrag von 700 DM ergab.418 1992 wurde ein Betrag von 933 DM angesetzt419, 416 Materialien zum Abgeordnetengesetz 1977, BT-Drucks. 7/5531, S. 22; KisselKommission, Anlage 13, S. 44. 417 Siehe unter (b), S. 151 f. 418 Vgl. die Materialien zum Abgeordnetengesetz 1977, BT-Drucks. 7/5531, S. 22.
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wobei sich je Abwesenheitstag eine Summe von 40 DM ergab. Hochgerechnet auf das Jahr 2003 ergibt sich ein aktueller Betrag von insgesamt 545 A bzw. 23 A je Abwesenheitstag. (aa) Berücksichtigung nach allgemeinen Regelungen Nach allgemeinen Regelungen könnte ein Mitglied des Bundestages diese Aufwendungen nach Maßgabe von § 9 Abs. 5 i.V. m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 EStG als Werbungskosten geltend machen. Ebenso wie die Kosten einer Wohnung gehören auch die Aufwendungen für die Ernährung – selbst wenn sie aus beruflichem Anlass getätigt werden – ihrer Natur nach grundsätzlich zu den gemäß § 12 Nr. 1 S. 2 EStG nicht abziehbaren Kosten der privaten Lebensführung.420 Auch sie dienen in erster Linie zur Befriedigung persönlicher Grundbedürfnisse.421 Abweichend von diesem Grundsatz ist unter den von § 9 Abs. 5 i.V. m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 EStG aufgestellten Voraussetzungen ein Abzug von Mehraufwendungen für Verpflegung als Werbungskosten möglich. Darunter sind die zusätzlichen Aufwendungen zu verstehen, die dadurch entstehen, dass der Steuerpflichtige aus Anlass einer betrieblich bedingten vorübergehenden Auswärtstätigkeit oder einer doppelten Haushaltsführung nicht an der üblichen und bekannten Stelle eine kostengünstige Mahlzeit einnehmen kann, so dass die Mahlzeiten an teureren Stellen eingenommen werden müssen, als dies bei der üblichen Tätigkeit im Betrieb oder in der Wohnung des Steuerpflichtigen möglich ist.422 In den in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 EStG bestimmten Fällen ist davon auszugehen, dass die Mehraufwendungen weitaus überwiegend beruflich veranlasst sind.423 Für die Aufwendungen bei Mandats- und Dienstreisen im Inland wäre § 9 Abs. 5 i.V. m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 1–5 EStG maßgeblich. Danach können bei vorübergehender Auswärtstätigkeit im Inland pro Kalendertag die in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 2 EStG aufgeführten Pauschbeträge abgezogen werden. Diesen kommt Abgeltungscharakter zu. Ein Einzelnachweis der tatsächlichen Aufwendungen ist nicht möglich, andererseits aber auch nicht erforderlich.424 419
Vgl. Kissel-Kommission, Anlage 13, S. 44. BFH, BStBl. II 1986, 95, 98; 1989, 276, 277; 1992, 90, 91; Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 4 EStG Anm. 1352; Crezelius, in: Kirchhof, EStG, § 4 Rn 136. 421 Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 4 EStG Anm. 1360. 422 Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 4 EStG Anm. 1361; Albert, FR 1996, 437, 439. 423 Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 4 EStG Anm. 1352. Auch vor Einführung des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 EStG wurde für die Abziehbarkeit von Verpflegungsmehraufwendungen darauf abgestellt, ob sie weitaus überwiegend beruflich veranlasst waren, was dann jedoch in jedem Einzelfall zu ermitteln war, vgl. BFH, BStBl. II 1986, 95, 98; 1989, 276, 277. 420
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3. Teil: Verfassungsmäßigkeit der steuerfreien Kostenpauschale
Die Pauschbeträge sind in ihrer Höhe gestaffelt. Je nach Abwesenheitsdauer von der Wohnung bzw. vom Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit ist gemäß § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 2 lit. a) – c) EStG ein Betrag von 6, 12 oder 24 A anzusetzen. Bei einer Abwesenheit von weniger als 8 Stunden ist überhaupt kein Abzug möglich.425 Pauschaliert wird damit indes lediglich die Höhe des Abzugs. Weiterhin nachweisen müsste das Mitglied des Bundestages zum einen, dass es an dem jeweiligen Kalendertag überhaupt vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit entfernt beruflich tätig geworden ist.426 Nach allgemeinen Reisekostengrundsätzen wird man dafür verlangen müssen, dass Anlass und Art der beruflichen Tätigkeit, die Reisedauer und der Reiseweg anhand geeigneter Unterlagen (z. B. Fahrtenbuch, Tankquittungen, Hotelrechnungen, Schriftverkehr) nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden.427 Zum anderen müsste auch die Abwesenheitsdauer an dem jeweiligen Kalendertag nachgewiesen werden, von der die Höhe des Pauschbetrags abhängt. Für die Aufwendungen am Sitz des Bundestages würde § 9 Abs. 5 i.V. m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 6 EStG gelten. Zwar sind auch Verpflegungsmehraufwendungen als notwendige Mehraufwendungen im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 1 anzusehen. Jedoch ordnet § 9 Abs. 5 i.V. m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 6 EStG auch für diese die Anwendung der Regelungen des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 Sätze 1–5 an. Danach sind bei einem inländischen Beschäftigungsort die Pauschbeträge des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 2 lit. a) – c) EStG als Werbungskosten anzusetzen. Das gilt allerdings nur für die Kalendertage, an denen der Steuerpflichtige von seiner Wohnung am Lebensmittelpunkt abwesend ist.428 Das wäre bei einem Mitglied des Bundestages der Wahlkreiswohnsitz. Für die Tage der An- und Abreise von und zum Wahlkreiswohnsitz wären je nach Dauer der Abwesenheit die anteiligen Pauschbeträge nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 2 lit. b) und c) EStG in Höhe von 12 A bzw. 6 A anzusetzen und für die übrigen Tage der volle Pauschbetrag nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 2 lit. a) EStG in Höhe von 24 A. Auch hier müsste das Mitglied des Bundestages also die Abwesenheitstage und die jeweilige Abwesenheitszeit nachweisen.
424
Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 4 EStG Anm. 1368. Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 4 EStG Anm. 1368. 426 Vgl. BFH/NV 1991, 743, 744. 427 BFH/NV 1991, 743, 744. Vgl. allg. Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Anm. 296. 428 Thürmer, in: Blümich, § 9 EStG Rn 401. Vgl. auch R 43 Abs. 8 S. 1 LStR 2002, R 23 Abs. 3 S. 3 EStR 2001. 425
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(bb) Rechtfertigung der Pauschalierung gerade für die Mitglieder des Bundestages Wiederum liegen hier der Abgeltung durch die Kostenpauschale zwei pauschalierende Annahmen zu Grunde. Zum einen wird die Höhe der pro Tag anfallenden Verpflegungsmehraufwendungen pauschaliert. Diesbezüglich bestehen jedoch keine Bedenken. Sie wird auch nach der allgemeinen Regelung des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 EStG nur pauschal berücksichtigt. Darüber hinaus werden indes die Abwesenheitstage vom Wahlkreiswohnsitz sowie die Abwesenheitsdauer pro Tag pauschalierend berücksichtigt.429 Auch insoweit mag zwar ein Vereinfachungsbedürfnis bestehen. Ebenso wie hinsichtlich der Übernachtungskosten bei Mandatsreisen wäre ein Nachweis relativ aufwendig, zumal es sich jeweils nur um geringe Beträge handelt. Jedoch muss eine Rechtfertigung wiederum daran scheitern, dass ein sachlicher Grund für eine pauschalierende Berücksichtigung gerade für die Abgeordneten unter Ausklammerung der übrigen Steuerpflichtigen fehlt. Der Gesetzgeber hat sich mit der allgemeinen Regelung des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 EStG dafür entschieden, Verpflegungsmehraufwendungen nur zu berücksichtigen, wenn die Abwesenheit von der Wohnung und dem Mittelpunkt der betrieblichen Tätigkeit sowie deren Dauer nachgewiesen wird. Dieser Nachweis ist auch für die Abgeordnete nicht mit mehr Aufwand verbunden als für die übrigen Steuerpflichtigen. Die Verpflegungsmehraufwendungen von Abgeordneten weisen keine Besonderheiten auf, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könnten. (2) Kosten für Fahrten in Ausübung des Mandats (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 AbgG) Gemäß § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 AbgG werden mit der Kostenpauschale weiterhin die Kosten für Fahrten in Ausübung des Mandats innerhalb der Bundesrepublik Deutschland unbeschadet der Regelungen in den §§ 16 und 17 AbgG abgegolten. Der Vorbehalt hinsichtlich § 17 AbgG macht deutlich, dass nur Fahrten gemeint sind, die nicht im Rahmen einer Dienstreise im Sinne von § 17 AbgG erfolgen. Für diese wird gemäß § 17 Abs. 2 S. 2 AbgG für Inlandsdienstreisen und gemäß § 17 Abs. 3 S. 2 AbgG für Auslandsdienstreisen Fahrtkostenerstattung bzw. gemäß § 17 Abs. 3 S. 1 AbgG Wegstreckenentschädigung gewährt. Es bleiben damit die Fahrten im Rahmen von Mandatsreisen, also derjenigen Reisen in Ausübung des Mandats, die nicht im ausschließlichen Interesse des Bundestages durchgeführt wer429 Vgl. zu den einzelnen pauschalierenden Annahmen bei Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen in der Kostenpauschale Wieland, Rechtsgutachten Rheinland-Pfalz, S. 85; ders., Rechtsgutachten Thüringen, S. 7.
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3. Teil: Verfassungsmäßigkeit der steuerfreien Kostenpauschale
den.430 Das werden vor allem die Fahrten zwischen Wohnsitz bzw. Wahlkreis und Sitz des Bundestages sowie Fahrten im Wahlkreis oder am Sitz des Bundestages sein. Es können aber auch weitere Fahrten im Inland darunter fallen. Zum anderen ist der Vorbehalt hinsichtlich § 16 AbgG zu beachten. Auch bei Mandatsreisen besteht gemäß § 16 Abs. 1 AbgG ein Anspruch auf freie Benutzung der Verkehrsmittel der Deutschen Bahn AG sowie auf Erstattung der Kosten für Inlandsflüge oder für die Benutzung von Schlafwagen gegen Nachweis.431 Die Benutzung dieser Verkehrsmittel ist daher in der Kostenpauschale nicht berücksichtigt. Ebenso ist die nach § 12 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 AbgG gewährte Benutzung der Dienstfahrzeuge des Bundestages sowie die als Surrogat gewährte Kostenerstattung für den öffentlichen Personennahverkehr am Sitz des Bundestages432 nicht berücksichtigt. Die Kostenpauschale erfasst damit ausschließlich diejenigen Mandatsfahrten, die im eigenen Pkw, mit einem Mietwagen oder mit einem Taxi angetreten werden.433 Für diese Aufwendungen wurde bei Erlass des Abgeordnetengesetzes 1977 ein Betrag von 1.550 DM434 und 1992 ein Betrag von 2.050 DM435 angesetzt. Hochgerechnet auf das Jahr 2003 ergibt sich ein aktueller Betrag von 1.207 A.436 (a) Berücksichtigung nach allgemeinen Regelungen Nach allgemeinen Regelungen könnte ein Mitglied des Bundestages diese Fahrtkosten nach Maßgabe von § 9 Abs. 1 S. 1 EStG und § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG geltend machen. Fahrten im Wahlkreis und am Sitz des Bundestages sowie die sonstigen Mandatsfahrten im Inland wären als vorübergehende Auswärtstätigkeit und damit als Dienstreisen im steuerrechtlichen Sinne anzusehen. Die Fahrtkosten wären gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 EStG nach Reise430 Siehe zur Begriffsbestimmung der Dienst- und der Mandatsreise bereits unter (1) (b), S. 152. 431 Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 17 Rn 15. 432 Diese geht auf einen Beschluss des Ältestenrates vom 30.9.1999 zurück (nicht veröffentlicht; vgl. dazu aber Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 12 Rn 64). 433 Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 12 Rn 27; Materialien zum Abgeordnetengesetz 1977, BT-Drucks. 7/5531, S. 22; Kissel-Kommission, Anlage 13, S. 44. 434 Vgl. die Materialien zum Abgeordnetengesetz 1977, BT-Drucks. 7/5531, S. 22. Kalkuliert wurde dort alternativ entweder mit 30.000 km jährlich für Fahrten im eigenen PKW à 0,54 DM (= 1.350 DM monatlich) sowie 200 DM monatlich für Mietwagen- bzw. Fahrerkosten oder 18.000 km jährlich für Fahrten im eigenen Pkw à 0,665 DM (= 1.000 DM monatlich) sowie 550 DM monatlich für Mietwagen- bzw. Fahrerkosten. 435 Vgl. Kissel-Kommission, Anlage 13, S. 44. Unterstellt, bei der Kalkulation sind die zu Grunde gelegten Fahrstrecken und die Anteile für Mietwagen-/Fahrerkosten gleichgeblieben, ergaben sich daraus km-Sätze von 0,71 DM bzw. 0,88 DM. 436 Die km-Sätze wären dann 0,42 A bzw. 0,52 A.
§ 7 Vergleich zwischen Abgeordneten und der Allgemeinheit
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kostengrundsätzen abziehbar. Danach sind die tatsächlichen Aufwendungen anzusetzen, die dem Steuerpflichtigen durch die persönliche Benutzung eines Beförderungsmittels im Zusammenhang mit der Auswärtstätigkeit entstehen.437 Bei Benutzung eines eigenen Pkw, der im Übrigen auch für private Zwecke benutzt wird, ist der entsprechende Teilbetrag der jährlichen Gesamtkosten anzusetzen. Diese kann der Steuerpflichtige im Einzelnen nachweisen. Alternativ lässt die Finanzverwaltung den Ansatz individuell ermittelter Kilometersätze438 oder pauschalierter Kilometersätze zu.439 Dieser beträgt für einen Kraftwagen aktuell 0,30 A je Fahrtkilometer.440 Die pauschalen Kilometersätze entbinden jedoch nicht vom Nachweis der kostenverursachenden Dienstreise nach den oben bereits genannten Grundsätzen sowie vor allem der im Rahmen der Dienstreise gefahrenen Strecke. Auch hier wären an diesen Nachweis die oben bereits angeführten Anforderungen zu stellen.441 Ebenfalls gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 EStG nach diesen Grundsätzen wären die Fahrten zwischen Sitz des Bundestages und Wahlkreis zu berücksichtigen. Mitglieder des Bundestages haben mit dem Sitz des Bundestages und ihrem Wahlkreis typischerweise zwei Arbeitsplätze.442 Beide sind als ortgebundener Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit anzusehen, an denen sie nachhaltig und dauerhaft ihre berufliche Tätigkeit ausüben, so dass beide als regelmäßige Arbeitsstätte einzustufen sind.443 Hat ein Steuerpflichtiger aber mehrere regelmäßige Arbeitsstätten, so sind die Fahrten zwischen ihnen nicht als Bestandteil einer Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte im Sinne von § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG anzusehen.444 Die für diese geltenden Pauschbeträge – seit 1.1.2001 als Entfernungspauschale gewährt – wären für die Fahrten zwischen Sitz des Bundestages und Wahlkreis also nicht einschlägig. Ebenso wenig finden die Beschränkungen für Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 3–6 EStG auf solche Fahrten Anwendung.445 Vielmehr sind Fahrten zwischen mehreren regelmäßigen Arbeitsstätten hinsichtlich der Fahrtkosten als Dienstreisen einzustufen446 und nach Reisekostengrundsätzen 437
Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Anm. 297. R 38 Abs. 1 S. 4 LStR 2002, R 23 Abs. 2 EStR 2001. Vgl. dazu Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Anm. 297. 439 R 38 Abs. 1 S. 6 LStR 2002, R 23 Abs. 2 EStR 2001. 440 BMF v. 20.8.2001, BStBl. I 2001, 541. 441 Siehe unter (1) (b) (aa), S. 152 f. und (1) (c) (aa), S. 155 f. 442 Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 12 Rn 18. 443 Vgl. zu dieser Begriffsbestimmung der regelmäßigen Arbeitsstätte Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Anm. 288. 444 BFH, BStBl. II 1989, 296, 297 f. 445 Vgl. Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Anm. 297. 446 Vgl. auch R 38 Abs. 3 S. 5 LStR 2002, R 23 Abs. 2 EStR 2001. 438
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3. Teil: Verfassungsmäßigkeit der steuerfreien Kostenpauschale
abzurechnen. Es sind für sie nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG die tatsächlichen Kosten bzw. die pauschalen Kilometersätze anzusetzen.447 Es bliebe dann aber auch hier dabei, dass die Fahrt als solche sowie die dabei gefahrene Strecke im Einzelnen nachzuweisen wäre. Als Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte im Sinne von § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4, Abs. 3 EStG blieben lediglich die Fahrten zwischen der Wohnung im Wahlkreis und dem Wahlkreisbüro sowie zwischen der Wohnung am Sitz des Bundestages und dem Bundestag bzw. dem Abgeordnetenbüro.448 Diese werden allerdings nur einen geringen Teil der Fahrten eines Mitglieds des Bundestages ausmachen. Es wäre für sie die nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 2–7 EStG zu bestimmende Entfernungspauschale in Ansatz zu bringen. Diese wird nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 2 EStG für die Tage gewährt, an denen die Arbeitsstätte tatsächlich aufgesucht wird, wobei ein arbeitstäglicher Hinund Rückweg zu verlangen ist.449 Auch hier wäre also zumindest noch das tatsächliche Zurücklegen dieser beiden Wege nachzuweisen. (b) Rechtfertigung der Pauschalierung gerade für die Mitglieder des Bundestages Auch hier werden wiederum zwei pauschalierende Annahmen getroffen. Zum einen wird ein pauschaler Kilometersatz aufgestellt und zum anderen werden die gefahrene Strecke (bei Dienstreisen) bzw. die Fahrten zur Arbeitsstätte (in den wenigen Fällen, in denen § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG einschlägig wäre) pauschaliert angesetzt. Daraus ergibt sich dann der für die Fahrtkosten in der Kostenpauschale enthaltene Ansatz. Hinsichtlich der Annahme eines pauschalen Kilometersatzes ergeben sich keine Bedenken. Hier besteht ersichtlich ein erhebliches Vereinfachungsbedürfnis. Zudem werden auch den übrigen Steuerpflichtigen zumindest durch die Finanzverwaltung solche Kilometersätze gewährt. Hinsichtlich des pauschalen Ansatzes der gefahrenen Strecke bzw. der Fahrten zur Arbeitsstätte kann jedoch auf die oben bereits gemachten Ausführungen zu den Übernachtungskosten bei Mandatsreisen sowie zum Verpflegungsmehraufwand zurückgegriffen werden.450 Zwar besteht auch hier aufgrund des relativ aufwendigen Nachweises ein Vereinfachungsbedürfnis. Jedoch ist wiederum kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, eine Pauschalierung gerade für Abgeordnete vorzunehmen, nicht aber für 447
BFH, BStBl. II 1989, 296, 298; Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Anm. 297; Schmidt/Drenseck, EStG, § 9 Rn 129. 448 Auch im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung gilt für die Fahrten zwischen Wohnung am Beschäftigungsort und Arbeitsstätte in vollem Umfang § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG, vgl. Schmidt/Drenseck, EStG, § 9 Rn 155. 449 Schmidt/Drenseck, EStG, § 9 Rn 135. 450 Siehe unter (1) (b) (bb), S. 153 f. und (1) (c) (bb), S. 157.
§ 7 Vergleich zwischen Abgeordneten und der Allgemeinheit
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die übrigen Steuerpflichtigen. Der Gesetzgeber hat sich grundsätzlich entschieden, Fahrtkosten nur gegen Nachweis der gefahrenen Strecke der tatsächlichen Fahrten zur Arbeitsstätte zu berücksichtigen. Es ist auch hier nicht ersichtlich, dass ein entsprechender Nachweis für die Fahrten von Abgeordneten schwerer zu führen ist als für die Fahrten anderer Steuerpflichtiger. (3) Kosten zur Einrichtung und Unterhaltung eines Wahlkreisbüros (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AbgG) Gemäß § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AbgG werden durch die Kostenpauschale die Kosten zur Einrichtung und Unterhaltung eines Wahlkreisbüros außerhalb des Sitzes des Bundestages, einschließlich Miete und Nebenkosten, Inventar und Büromaterial, Literatur und Medien sowie Porto abgegolten. Nicht erfasst sind die Kosten für das Büro am Sitz des Bundestages, das gemäß § 12 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 AbgG als Sachleistung bereitgestellt wird.451 Das gilt auch für die Kosten für Datenkommunikation über mobile oder feste Netze im Wahlkreisbüro sowie für die Sprachkommunikation über Mobiltelefonnetze.452 Diese werden seit der Änderung des Abgeordnetengesetzes vom 20.7.2000453 im Rahmen des gemeinsamen Informations- und Kommunikationssystems des Bundestages gemäß § 12 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 AbgG auch außerhalb des Sitzes des Bundestages als Sachleistung erbracht. Seit einer weiteren Änderung des Abgeordnetengesetzes mit Wirkung von der 15. Wahlperiode werden ebenfalls die Kosten für die Sprachkommunikation über Festnetze im Wahlkreisbüro nicht mehr von der Kostenpauschale erfasst.454 Diese ist nunmehr ebenfalls Bestandteil des gemeinsamen Informations- und Kommunikationssystems des Bundestages nach § 12 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 AbgG.455 Für diese Position der Kostenpauschale wurde bei Erlass des Abgeordnetengesetzes 1977 ein Betrag von insgesamt 1.100 DM456 und 1992 451 Für den Entwurf des Abgeordnetengesetzes 1977 waren noch die Kosten für Büromaterial am Sitz des Bundestages berücksichtigt (vgl. Materialien zum Abgeordnetengesetz 1977, BT-Drucks. 7/5531, S. 22), nicht mehr jedoch für die später Gesetz gewordene Fassung. 452 Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 12 Rn 18. 453 Einundzwanzigstes Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes und Achtzehntes Gesetz zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes v. 20.7.2000 (BGBl I S. 1037). 454 Dreiundzwanzigstes Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes v. 10.11.2001 (BGBl I S. 2990). 455 Zu den weiteren im Rahmen des gemeinsamen Informations- und Kommunikationssystems gemäß § 12 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 AbgG bereitgestellten technischen Leistungen vgl. im Einzelnen Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 12 Rn 67 ff. 456 Vgl. die Materialien zum Abgeordnetengesetz 1977, BT-Drucks. 7/5531, S. 22 mit einer weiteren Aufschlüsselung dieses Betrages.
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3. Teil: Verfassungsmäßigkeit der steuerfreien Kostenpauschale
ein Betrag von 1.454,50 DM457 angesetzt. Hochgerechnet auf das Jahr 2003 ergibt sich ein Betrag von 856 A. (a) Berücksichtigung nach allgemeinen Regelungen Nach allgemeinen Regelungen wären diese Kosten für ein Mitglied des Bundestages als durch das Mandat veranlasste Aufwendungen nach der allgemeinen Vorschrift des § 9 Abs. 1 S. 1 EStG als Werbungskosten abziehbar. Möglicherweise würden einige Kosten (z. B. für Büromaterial) auch als Aufwendungen für Arbeitsmittel unter § 9 Abs. 1 S. 3 N. 6 EStG fallen, was jedoch im Ergebnis keinen Unterschied machen würde. Wenn es um Aufwendungen für ein abnutzbares Wirtschaftsgut mit einer Nutzungsdauer von über einem Jahr (z. B. Büromöbel) ginge, könnten gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7 EStG lediglich die Absetzungen für Abnutzung angesetzt werden, es sei denn, die Anschaffungskosten übersteigen nicht 410 A, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7 S. 2 i.V. m. § 6 Abs. 2 S. 1–3 EStG. Für alle genannten Vorschriften bestehen keine Pauschalierungsmöglichkeiten. Das Mitglied des Bundestages müsste die tatsächlichen Aufwendungen im Einzelnen nachweisen. Der Nachweis wäre durch Vorlage von Mietvertrag, Nebenkostenabrechnungen sowie der Quittungen für die weiteren Anschaffungen zu führen. Die Abzugsbeschränkung für häusliche Arbeitszimmer gemäß § 9 Abs. 5 i.V. m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG wäre nicht einschlägig. Zum einen wird sich das Wahlkreisbüro in der Regel nicht in der Wohnung oder dem Haus des Abgeordneten befinden, so dass es sich bereits nicht um ein „häusliches“ Arbeitszimmer handeln würde.458 Selbst wenn das in einigen Fällen doch der Fall sein sollte459, ist das Wahlkreisbüro neben dem Sitz des Bundestages als zweite regelmäßige Arbeitsstätte im Sinne der Reisekostengrundsätze bzw. als Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit im Sinne von § 9 Abs. 5 i.V. m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 2 EStG einzustufen.460 In solchen Fällen wird § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG ebenfalls nicht angewandt.461 Im Übrigen müssten auch bei § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG die tatsächlichen Aufwendungen – natürlich nur, soweit danach abziehbar – nachgewiesen werden. Es bestünden sogar besondere Aufzeichnungspflichten nach § 4 Abs. 7 EStG. 457 Vgl. Kissel-Kommission, Anlage 13, S. 44 ebenfalls mit einer Aufschlüsselung des Betrages. 458 Vgl. zu den insoweit zu stellenden Anforderungen Schmidt/Heinicke, EStG, § 4 Rn 591. 459 Immerhin hat aber der Rosenberg-Beirat 1976 vorgeschlagen, die Kostenpauschale danach zu staffeln, ob der Abgeordnete ein Wahlkreisbüro außerhalb der Wohnung unterhält, vgl. Rosenberg-Beirat, S. 46. Zumindest damals war es also anscheinend nicht ganz unüblich, das Wahlkreisbüro in seiner Wohnung einzurichten. 460 Siehe bereits unter (2) (a), S. 159. 461 Vgl. Schmidt/Heinicke, EStG, § 4 Rn 594.
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(b) Rechtfertigung der Pauschalierung gerade für die Mitglieder des Bundestages Auch hinsichtlich dieser Position der Kostenpauschale ergibt sich nichts anderes als bei den bereits behandelten Aufwendungen. Zumindest für einen Teil der Aufwendungen wird man zwar ein Vereinfachungsbedürfnis annehmen können. Vor allem der Nachweis der wahrscheinlich zahlreichen, jedoch betragsmäßig geringen Aufwendungen für Arbeitsmittel dürfte sich aufwendig gestalten und dennoch wenig ergiebig sein. Ohne größere Aufwendungen dürften nur die Miete und Nebenkosten der Büroräume nachzuweisen sein. Indes wird man eine Rechtfertigung wiederum deswegen ablehnen müssen, weil kein sachlicher Grund für eine Pauschalierung solcher Aufwendungen gerade für Abgeordnete ersichtlich ist. Bezüglich der Bürokosten anderer Steuerpflichtiger besteht das Vereinfachungsbedürfnis in gleicher Weise. Es ist nicht erkennbar, inwiefern ein Nachweis gerade für das Büro eines Abgeordneten mit mehr Aufwand verbunden sein sollte. (4) Sonstige mandatsbedingte Kosten (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 AbgG) Gemäß § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 AbgG sind schließlich sonstige mandatsbedingte Kosten in der Kostenpauschale enthalten. In § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 AbgG werden diese beispielhaft konkretisiert als Kosten für „Repräsentation, Einladungen, Wahlkreisbetreuung usw.“ In den Materialien zum Abgeordnetengesetz 1977 werden weiterhin Kosten für den „Besuch von Veranstaltungen, Einladungen, Glückwünsche, Zeitungsanzeigen, Repräsentationsaufwendungen“ genannt.462 Für diese Position der Kostenpauschale wurde bei Erlass des Abgeordnetengesetzes 1977 ein Betrag von 350 DM463 und 1992 ein Betrag von 463 DM464 angesetzt. Hochgerechnet auf das Jahr 2003 ergibt sich ein aktueller Betrag von 273 A. (a) Berücksichtigung nach allgemeinen Regelungen Nach allgemeinen Regelungen könnte ein Mitglied des Bundestages diese Aufwendungen nach Maßgabe von § 9 Abs. 1 S. 1 EStG als Werbungskosten abziehen. Nicht abziehbar wären danach jedoch gemischte, also sowohl beruflich als auch privat veranlasste Aufwendungen, da diese dem in ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs § 12 Nr. 1 S. 2 EStG zu entnehmenden 462 Materialien zum Abgeordnetengesetz 1977, BT-Drucks. 7/5531, S. 22. Vgl. auch Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 12 Rn 27. 463 Vgl. die Materialien zum Abgeordnetengesetz 1977, BT-Drucks. 7/5531, S. 22. 464 Vgl. Kissel-Kommission, Anlage 13, S. 44.
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3. Teil: Verfassungsmäßigkeit der steuerfreien Kostenpauschale
Aufteilungs- und Abzugsverbot465 unterfielen. Diese Abgrenzung wäre bei den aufgeführten Aufwendungen mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. So werden vergleichbare Aufwendungen anderer Steuerpflichtiger häufig für nicht abziehbar gehalten. So sind Kosten für den Besuch von gesellschaftlichen Veranstaltungen (z. B. eines Berufsverbandes) selbst dann nach § 12 Nr. 1 S. 2 EStG häufig nicht abziehbar, wenn der Steuerpflichtige im Berufsund Wirtschaftsleben eine herausragende Stellung innehat und sich aus beruflichen Gründen solchen Veranstaltungen nur schwer entziehen kann.466 Ob sich ein besonders enger und zwingender Zusammenhang mit dem Beruf ergibt und daher eine Abziehbarkeit in Frage kommt, kann nur anhand der Umstände des Einzelfalls entschieden werden.467 Ähnlich verhält es sich bei Aufwendungen für Einladungen und dabei erfolgende Bewirtungen von Kollegen oder Geschäftsfreunden anlässlich von Geburtstagen, Beförderungen, Amtseinführungen, Jubiläen usw. Sie sind sowohl bei Arbeitnehmern als auch bei Selbständigen und Gewerbetreibenden ebenfalls wegen § 12 Nr. 1 S. 2 EStG regelmäßig nicht abziehbar.468 Andererseits können Bewirtungskosten außerhalb solcher Anlässe abziehbar sein. Entscheidend ist auch hier der Einzelfall.469 Selbst dann ergibt sich für Bewirtungskosten jedoch eine Einschränkung der Abziehbarkeit nach § 9 Abs. 5 i.V. m. § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG.470 Auch Geschenke an Mitarbeiter und Kollegen, aber auch an Geschäftsfreunde unterliegen den erschwerten Voraussetzungen des § 12 Nr. 1 S. 2 EStG und sind daher häufig nicht abziehbar.471 Zumindest wird häufig die Abzugsbeschränkung des § 9 Abs. 5 EStG i.V. m. § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG eingreifen.472 Schließlich hat der Bundesfinanzhof auch bei Mandatsträgern, die nicht unter die Regelung des § 3 Nr. 12 S. 1 EStG fallen (vor allem Mitglieder von Stadt- und Gemeinderäten sowie von Kreistagen) Aufwendungen für die Bewirtung von Kollegen und Kommunalpolitikern sowie für Geschenke an solche Personen wegen § 12 Nr. 1 S. 2 EStG in der Regel für nicht abziehbar gehalten.473 Diese beruhten zwar auch auf den beruflichen Erwägungen, die Wiederwahl zu fördern, dienten jedoch zugleich der Erfüllung 465 St. Rspr. seit BFH (GrS), BStBl. II 1971, 17, 1979, 231. Vgl. dazu nur Schmidt/ Drenseck, EStG, § 12 Rn 10 ff. m. w. N. auch zur Gegenauffassung. 466 Vgl. etwa BFH, BStBl. II 1968, 713, 714. 467 BFH, BStBl. II 1968, 713, 714. 468 Vgl. etwa BFH, BStBl. II 1984, 557, 559; 1985, 288, 289; 1992, 524 f.; 1993, 403, 404; 1993, 350, 351; 1994, 843, 844; 896, 897; BFH/NV 1991, 85, 86; 1991, 436, 437; 1995, 118. Hierzu auch Boudré, DStR 1995, 117, 118; Kruse, Festschrift für Offerhaus, S. 491 ff. 469 Boudré, DStR 1995, 117, 118. 470 Vgl. dazu Bahlau, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 4 EStG Anm. 1201 ff. 471 Vgl. etwa BFH, BStBl. II 1984, 557, 558 f.; 1985, 286, 287; 1995, 273 f. Hierzu insgesamt auch Prinz, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Anm. 280 ff. 472 Vgl. dazu Bahlau, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 4 EStG Anm. 1158 ff.
§ 7 Vergleich zwischen Abgeordneten und der Allgemeinheit
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gesellschaftlicher Repräsentationsverpflichtungen und seien daher in erheblichem Maße auch privat veranlasst.474 Offen gelassen hat der Bundesfinanzhof lediglich, ob etwas anderes für Zuwendungen an Journalisten gilt.475 Anhand dieser allgemein entwickelten Grundsätze wären auch die oben genannten Aufwendungen der Mitglieder des Bundestages zu beurteilen, etwa für den Besuch einer politischen Veranstaltung, für die Einladung und Bewirtung politischer Freunde z. B. auf einer „Wahlparty“, für Geschenke an politische Freunde, für den Besuch gesellschaftlicher Veranstaltungen wie etwa einer Gala oder eines Balls. Es ist nicht möglich, eine generelle Aussage darüber zu treffen, ob solche Aufwendungen abziehbar wären. Vielmehr kann nur jeweils im Einzelfall entschieden werden, ob § 12 Nr. 1 S. 2 EStG oder eine Abzugsbeschränkung nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 oder 2 EStG eingreift. In den Fällen, in denen ein Mitglied des Bundestages danach Aufwendungen abziehen könnte, müsste er sie jedoch im Einzelnen nachweisen. Nach allgemeinen Regelungen bestehen keine Pauschalierungsmöglichkeiten. Im Gegenteil bestehen etwa bei Bewirtungskosten nach § 9 Abs. 5 i.V. m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 S. 2, 3 EStG sogar erhöhte Anforderungen an den Nachweis. (b) Rechtfertigung der Pauschalierung gerade für die Mitglieder des Bundestages Hinsichtlich der Pauschalierung dieser sonstigen mandatsbedingten Kosten könnte sich eine andere Beurteilung als bei den übrigen in der Kostenpauschale enthaltenen Aufwendungen ergeben. Angesichts der dargestellten Abgrenzungsschwierigkeiten besteht für sie ersichtlich ein Vereinfachungsbedürfnis. Im Unterschied zu den anderen Positionen der Kostenpauschale könnte hier aber zudem ein sachlicher Grund bestehen, die Aufwendungen gerade für die Gruppe der Abgeordneten zu pauschalieren, nicht aber für die übrigen Steuerpflichtigen. Zwar bestehen hinsichtlich vergleichbarer Repräsentationsaufwendungen anderer Steuerpflichtiger wie gezeigt ebenfalls Abgrenzungsschwierigkeiten. Jedoch besteht bei Abgeordneten insoweit eine besondere Situation. Zum einen fallen bei ihnen solche Aufwendungen im Vergleich zu den meisten anderen Steuerpflichtigen in besonders großem Umfang an. Die Abgeordnetentätigkeit besteht in der Regel zu einem wesentlichen Teil aus der Repräsentation in der Gesellschaft. Die Abgrenzungsschwierigkeiten treten also bei ihnen besonders gehäuft, sozusagen „massen473 BFH, BStBl. II 1991, 396, 397. Vgl. zu den Schwierigkeiten bei der steuerlichen Behandlung von Repräsentationsaufwendungen kommunaler Mandatsträger auch Stübe, FR 1994, 685, 687 f. 474 BFH, BStBl. II 1991, 396, 397. 475 BFH, BStBl. II 1991, 396, 397 f. Dafür aber Stübe, FR 1994, 385, 388.
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3. Teil: Verfassungsmäßigkeit der steuerfreien Kostenpauschale
haft“ auf. Zum anderen ist die Abgrenzung zwischen weitaus überwiegend durch das Mandat veranlassten und privat mitveranlassten Aufwendungen bei Abgeordneten hier mit noch größeren Schwierigkeiten verbunden als bei den übrigen Steuerpflichtigen ohnehin schon. Zwar werden die Aufwendungen auch bei Abgeordneten vielfach Berührungspunkte zur privaten Lebensführung aufweisen. So haben etwa die Einladung und Bewirtung politischer Freunde oder der Besuch gesellschaftlicher Veranstaltungen immer auch eine private Komponente. Jedoch gehört die Repräsentation in der Gesellschaft gerade auch zu den „beruflichen“ Aufgaben eines Abgeordneten. Der Bereich der weitaus überwiegend beruflich veranlassten Aufwendungen wird daher bei ihnen berufsspezifisch hier doch etwas weiter zu fassen sein. Bezüglich der Repräsentationsaufwendungen von Abgeordneten besteht ein besonderes, bei anderen Steuerpflichtigen nicht in dem Maße vorhandenes Spannungsverhältnis zwischen beruflicher und privater Veranlassung, durch das eine sachgerechte Zuordnung der Aufwendungen nur mit erhöhten Schwierigkeiten durchführbar sein dürfte.476 Aufgrund dieses besonderen Charakters der sonstigen mandatsbedingten Aufwendungen der Abgeordneten erscheint es gerechtfertigt, gerade ihnen diesbezüglich eine Pauschalierung zu gewähren.477 Es sei aber noch einmal betont, dass diese berufsspezifisch bestehenden besonderen Abgrenzungsschwierigkeiten ausschließlich den Bereich der Repräsentationsaufwendungen betreffen. Hinsichtlich der übrigen oben behandelten Aufwendungen (doppelte Haushaltsführung, Verpflegungsmehraufwendungen, Reisekosten, Bürokosten) fällt eine Feststellung der beruflichen Veranlassung bei Abgeordneten genauso leicht oder schwer wie bei den übrigen Steuerpflichtigen. Eine Pauschalierung dieser Aufwendungen nur für Abgeordnete ist und bleibt daher nicht gerechtfertigt. Nach Überprüfung der einzelnen Positionen der Kostenpauschale ist damit festzustellen, dass abgesehen von den Kosten der Zweitwohnung am Sitz des Bundestages zwar vom Bestehen eines erkennbaren Vereinfachungsbedürfnisses ausgegangen werden kann. Für den größten Teil der Kostenpau476 So auch G. Lang, Politikerbesteuerung, S. 71. Auch in anderen Ländern wie etwa Österreich, wo den Abgeordneten keine steuerfreie Kostenpauschale eingeräumt wird und diese ihre Werbungskosten im Einzelnen abrechnen müssen (siehe dazu noch unter § 9, S. 204 f.), bestehen in diesem Bereich erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten (vgl. G. Lang, Politikerbesteuerung, S. 71 ff.) während bezüglich der übrigen Aufwendungen weitgehend lediglich auf die allgemein für alle Steuerpflichtigen entwickelten Grundsätze verwiesen wird (vgl. G. Lang, Politikerbesteuerung, S. 98 ff.). Es wird dort sogar – allerdings ausdrücklich begrenzt auf diese Aufwendungen – die Einführung einer Pauschalierung befürwortet (G. Lang, Politikerbesteuerung, S. 85 f.). 477 Auch die Kissel-Kommission sowie der Hessische Präsidentenbeirat hielten zumindest die Pauschalierung dieser Aufwendungen für gerechtfertigt während sie im Übrigen eine Einzelabrechnung befürworteten, vgl. Kissel-Kommission, S. 11 f.; Hessischer Präsidentenbeirat, S. 25 f.
§ 7 Vergleich zwischen Abgeordneten und der Allgemeinheit
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schale, nämlich für die Mehraufwendungen am Sitz des Bundestages und bei Reisen, die Fahrtkosten bei Mandatsreisen sowie die Kosten für die Einrichtung und Unterhaltung eines Wahlkreisbüros ist jedoch kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, eine Pauschalierung gerade für die Gruppe der Abgeordneten vorzunehmen, vergleichbare Aufwendungen der übrigen Steuerpflichtigen dagegen auszuklammern. Die Pauschalierung ist insoweit bereits dem Grunde nach nicht gerechtfertigt. Anders liegt der Fall nur bei den sonstigen mandatsbedingten Kosten insbesondere für Repräsentation. Aufgrund der diesbezüglich bestehenden besonderen Abgrenzungsschwierigkeiten bei Abgeordneten kann hier eine Pauschalierung gerade für sie unter Ausklammerung der übrigen Steuerpflichtigen dem Grunde nach sachlich gerechtfertigt werden. c) Zwischenergebnis Als Zwischenergebnis ergibt sich bis hierher, dass die den Mitgliedern des Bundestages gewährte steuerfreie Kostenpauschale zum größten Teil bereits dem Grunde nach nicht gerechtfertigt ist. Eine Ausnahme bilden lediglich die in ihr enthaltenen sonstigen mandatsbedingten Kosten insbesondere für Repräsentation. Abgesehen von dem auf diese Aufwendungen entfallenden Teil verstößt bereits das „Ob“ der Pauschalierung gegen Art. 3 Abs. 1 GG. 3. Zulässige Ausgestaltung der Pauschalierung („Wie“)
Auch der Ausgestaltung einer Pauschalierung (dem „Wie“) werden durch den Gleichheitssatz Grenzen gesetzt. Soweit allerdings die steuerfreie Kostenpauschale bereits dem Grunde nach nicht gerechtfertigt ist, kommt es an sich auf deren zulässige Ausgestaltung nicht mehr an. Sie verstößt insoweit unabhängig von ihrer konkreten Ausgestaltung gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Ginge man indes im Gegensatz zu der hier vertretenen Auffassung von einer Rechtfertigung des „Ob“ der gesamten Pauschalierung aus, könnte sich die Verfassungswidrigkeit auch noch aus ihrer unzulässigen Ausgestaltung ergeben. Daher soll im Folgenden – insoweit hilfsweise – die den Mitgliedern des Bundestages gewährte steuerfreie Kostenpauschale noch daraufhin untersucht werden, ob sich ihre Ausgestaltung in den Grenzen zulässiger Pauschalierung hält. Während die Pauschalierung dem Grunde nach – wie oben gezeigt zu Unrecht – überwiegend für unproblematisch gerechtfertigt angesehen wird478, finden sich zu ihrer Ausgestaltung um so kritischere Stellungnahmen. In großer Mehrheit wird die Ausgestaltung für unzulässig und die steuerfreie Kostenpauschale aus diesem Grund für gleichheitswidrig gehalten.479
478
Siehe dazu unter 4. a) aa), S. 126 f.
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3. Teil: Verfassungsmäßigkeit der steuerfreien Kostenpauschale
a) Anforderungen an die Ausgestaltung der Pauschalierung Im Gegensatz zur Rechtfertigung dem Grunde nach ist daher die Ausgestaltung der Pauschalierung bereits umfassend diskutiert worden. Das Bundesverfassungsgericht hat sich im Diätenurteil und in seinem nachfolgenden Beschluss480 zu den an die Ausgestaltung der Pauschalierung zu stellenden Anforderungen geäußert. Die dort aufgestellten Grundsätze sind von der Literatur weitgehend übernommen, zum Teil allerdings noch näher erläutert und präzisiert worden. Als maßgebliche Bedingung hat das Bundesverfassungsgericht angeführt, dass die Pauschalierung in „Orientierung am tatsächlichen Aufwand“ zu erfolgen habe.481 Wenn die Pauschale nicht nach diesem Maßstab bemessen werde, stelle sie in Wahrheit keine Erstattung von Erwerbsaufwendungen dar, sondern enthalte zumindest zum Teil „verschleiertes“ Einkommen, dessen Steuerfreiheit nicht gerechtfertigt sei.482 Diese speziell zur steuerfreien Kostenpauschale der Abgeordneten getroffene Aussage steht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen, die bei Typisierungen auch sonst allgemein anerkannt sind. Danach muss sich eine typisierende Regelung – wie sich bereits aus dem Begriff der Typisierung selbst ergibt – am typischen Fall als Leitbild orientieren.483 Mit anderen Worten muss die Typisierung realitätsgerecht 479
Sehr entschieden vertritt das vor allem von Arnim in seinen zahlreichen Äußerungen, vgl. von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 179 ff.; ders., in: Schneider/Zeh, § 16 Rn 93; ders., Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, S. 272 ff. Ebenso Lediger, S. 83 ff. Vorsichtiger, aber ebenfalls in diese Richtung äußern sich H. H. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 48 Rn 191: „nicht ganz unerhebliches verfassungsrechtliches Risiko“ und Trute, in: von Münch/Kunig, GG, Art. 48 Rn 34: „zumindest hinsichtlich einiger Bestandteile erhebliche Zweifel“. Soweit die in den Ländern gewährten Kostenpauschalen untersucht worden sind, wird auch hier in aller Regel angenommen, dass deren Ausgestaltung weitgehend die zulässigen Grenzen überschreitet, vgl. für die neuen Länder A. Fischer, S. 125 ff.; für Hessen Maaß/ Rupp, Rechtsgutachten, S. 56 ff.; von Arnim, Macht macht erfinderisch, S. 38 ff.; ders., Rechtsgutachten Hessen, S. 41 ff.; für Bayern von Arnim, Rechtsgutachten Bayern, S. 51 ff.; für Rheinland-Pfalz Wieland, Rechtsgutachten Rheinland-Pfalz, S. 74 ff.; für Thüringen Wieland, Rechtsgutachten Thüringen, S. 6 ff. Verteidigt wird die Kostenpauschale auch in ihrer derzeitigen Ausgestaltung soweit ersichtlich nur von Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 12 Rn 11 ff.; Hanauer, ZParl 1979, 115, 118 f. 480 BVerfGE 40, 296 ff. sowie BVerfGE 49, 1 ff. Siehe deren wörtliche Wiedergabe unter 4. a) aa), S. 125 f. 481 BVerfGE 40, 296, 328; 49, 1, 2. 482 H. H. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 48 Rn 189. 483 Vgl. etwa BVerfGE 27, 142, 150; 39, 316, 329; 87, 153, 172; 87, 234, 261. In seiner neueren Rechtsprechung spricht das Bundesverfassungsgericht von einer Orientierung „am Regelfall“ und der Erfassung eines steuererheblichen Vorgangs „im typischen Lebensvorgang“, BVerfGE 96, 1, 6 f.; 101, 297, 309 f. Vgl. aus der Literatur
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sein.484 Das Erfordernis der Orientierung am typischen Fall ergibt sich im Übrigen bereits aus dem vorliegend anwendbaren485 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Nach diesem muss die Ausgestaltung der Typisierung zur Vereinfachung geeignet, erforderlich und angemessen sein. Aus der Orientierung einer Typisierung am typischen Fall ergibt sich die geringstmögliche Beeinträchtigung der Steuergleichheit. Es kommt dann zu weniger Ungleichbehandlungen oder zumindest erreichen diese ein geringeres Ausmaß. Wenn sich eine Typisierung nicht am typischen Fall orientiert, eine solche Orientierung jedoch in ihrer Vereinfachungswirkung gleich effektiv wäre, wird man daher annehmen können, dass die Ausgestaltung der Typisierung nicht erforderlich ist. Die Orientierung am typischen Fall wäre dann das mildere Mittel. Darüber hinaus kann eine vom typischen Fall abweichende Ausgestaltung der Typisierung nicht angemessen sein, wenn die damit verbundenen Ungleichbehandlungen ein gewisses Maß überschreiten. Die mit der Typisierung verbundenen Ungleichbehandlungen stehen dann außer Verhältnis zu der mit ihr zu erreichenden Vereinfachungswirkung.486 Inwieweit die Typisierung vom typischen Fall abweichen darf, wird man unter anderem davon abhängig machen müssen, wie streng nach der neuen Formel die Bindung an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit jeweils ist. Im vorliegenden Fall ist von einer strengen Bindung auszugehen.487 Das Bundesverfassungsgericht hat zudem klargestellt, was unter dem „tatsächlichen Aufwand“, an dem die Pauschalierung sich orientieren muss, zu verstehen ist. Es ist derjenige Aufwand gemeint, der neben der Grundentschäetwa Tipke, StRO I, S. 351; Birk/Barth, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 4 Anm. 494; Birk, Steuerrecht, Rn 179; Jarass/Pieroth, GG, Art. 3 Rn 31; Osterloh, in: Sachs, GG, Art. 3 Rn 108. Das Erfordernis der Orientierung am typischen Fall hebt auch Kirchhof stets hervor, der ja ansonsten kaum Anforderungen an Typisierungen stellt, vgl. Kirchhof, DStJG 21 (1998), S. 9, 20; ders., Stbg. 1993, 508, 512. 484 BVerfGE 101, 297, 310; Osterloh, in: Sachs, GG, Art. 3 Rn 108; Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Anh Art. 3 Rn 28. 485 Siehe dazu unter I., S. 84 ff. 486 Neben der Orientierung am typischen Fall können sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz noch weitere Anforderungen an die Ausgestaltung der Typisierung ergeben. So kann etwa eine Typisierung bereits gar nicht zur Vereinfachung geeignet sein, wenn sie neue Abgrenzungskriterien einführt, die ihrerseits ähnlich schwierig zu handhaben sind wie die bisherige, eine Einzelprüfung verlangende Regelung (Birk, Steuerrecht, Rn 179). Das wurde z. B. bei dem von 1996 bis 1998 geltenden Werbungskostenpauschbetrag bei privater Wohnraumvermietung gemäß § 9a S. 1 Nr. 2 EStG a. F. zum Teil angenommen (vgl. etwa Urban, FR 1996, 1, 9). Auch bei der typisierenden Abzugsbeschränkung für das häusliche Arbeitszimmer gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG wird die Geeignetheit zur Vereinfachung aufgrund der Kompliziertheit der Neuregelung vereinzelt in Frage gestellt (vgl. A. Klein, Typisierung von Erwerbsaufwendungen, S. 128 ff.). Vorliegend spielt dieser Aspekt indes keine Rolle, da die Handhabung der Kostenpauschale denkbar einfach ist. 487 Siehe dazu unter I., S. 84 ff.
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3. Teil: Verfassungsmäßigkeit der steuerfreien Kostenpauschale
digung erstattungsfähig ist und steuerfrei bleiben kann.488 Nach dem Bundesverfassungsgericht darf jedoch nur die Erstattung für „wirklich entstandenen, sachlich angemessenen, mit dem Mandat verbundenen besonderen Aufwand“ als echte Aufwandsentschädigung steuerfrei bleiben.489 Dieser Formulierung entnimmt das Bundesverfassungsgericht eine „doppelte Beschränkung“490, die auch bei der Ausgestaltung der Pauschalierung zu beachten ist. aa) Zulässiger Abgeltungsbereich der Pauschalierung Zum einen verlangt das Bundesverfassungsgericht, dass die Pauschalierung einen zulässigen Abgeltungsbereich hat. Steuerfrei bleiben darf nur die Erstattung für den „besonderen“, mit dem Mandat verbundenen finanziellen Aufwand.491 Das Bundesverfassungsgericht erläutert näher, es dürfe sich nicht um allgemeinen Aufwand handeln, wie er auch sonst in jedem Beruf anfällt und von dem besonderen berufseigenen Aufwand zu unterscheiden ist.492 Mit dieser etwas unscharfen Formulierung ist gemeint, dass nur der Aufwand steuerfrei erstattet werden darf, der auch nach den allgemeinen steuerlichen Regelungen zu berücksichtigen und nicht aus dem steuerpflichtigen Einkommen zu bestreiten wäre.493 Auch die Pauschalierung muss sich daher an diesem Aufwand orientieren.494 Sie darf ausschließlich solche Aufwendungen abgelten, den die Abgeordneten ohne Pauschalierung nach der allgemeinen Regelung des § 9 EStG als Werbungskosten abziehen könnten.495 Die Frage nach der zulässigen Bestimmung des Abgeltungsbereichs ist als logisch erster Schritt zur Überprüfung der Realitätsgerechtheit der Pauscha488
BVerfGE 49, 1, 2. BVerfGE 40, 296, 328; 49, 1, 2. 490 BVerfGE 49, 1, 2. 491 BVerfGE 40, 296, 328; 49, 1, 2. 492 BVerfGE 49, 1, 2. 493 Geiger, ZParl 1978, 522, 528. 494 BVerfGE 49, 1, 2. 495 Daneben wird dem vom Bundesverfassungsgericht zusätzlich genannten Kriterium, der Aufwand müsse „sachlich angemessen“ (BVerfGE 40, 296, 328; 49, 1, 2) sein, ganz überwiegend keine selbständige Bedeutung beigemessen. Insbesondere darf – in Übereinstimmung mit allgemeinen steuerrechtlichen Grundsätzen (siehe unter III. 2. a), S. 111 f.) – nicht nur der notwendige oder zweckmäßige Aufwand abgegolten werden (anders nur – unter unzutreffender Berufung auf Geiger, ZParl 1978, 522, 529 – von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 176). Das Bundesverfassungsgericht hat das Kriterium der sachlichen Angemessenheit auch nicht mehr näher erläutert (vgl. BVerfGE 49, 1, 2). Eine weitere Begrenzung der steuerlich zu berücksichtigenden Aufwendungen wäre aus gleichheitsrechtlichen Gesichtspunkten zudem gar nicht möglich. 489
§ 7 Vergleich zwischen Abgeordneten und der Allgemeinheit
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lierung zu sehen. Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen dem Abgeltungsbereich und der später noch zu behandelnden Frage nach der Festsetzung des konkreten mit der Pauschalierung gewährten Betrages. Wenn bereits der Abgeltungsbereich unzulässig zu weit bestimmt ist, kann auch der auf dieser Grundlage festgesetzte Betrag nicht mehr realitätsgerecht bemessen sein, selbst wenn er auf der Grundlage des zu weiten Abgeltungsbereichs an sich fehlerfrei ermittelt wurde. Daher ergibt sich bereits aus einem unzulässig zu weit bestimmten Abgeltungsbereich, dass sich die Pauschalierung nicht am typischen Fall orientiert. Das entspricht auch der allgemeinen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. So hat es in seiner Entscheidung zur Stellenzulage Ost deren Unzulässigkeit damit begründet, dass sie im Kern nicht tatsächlich entstandenen und einkommensteuerrechtlich absetzbaren Erwerbsaufwand ausglich, sondern überwiegend eine Stellenzulage beinhaltete, die einen finanziellen Anreiz für die Übernahme einer Stelle in den neuen Ländern bot.496 Zulässig wäre die Stellenzulage Ost dagegen gewesen, wenn sie nach allgemeinen Regelungen abziehbare Werbungskosten abgegolten hätte. Zu beachten ist aber, dass ein im Vergleich zu den allgemeinen Regelungen erweiterter Abgeltungsbereich einer Pauschalierung gerechtfertigt werden kann. Wenn ein besonderer sachlicher Grund dafür besteht, für die betreffende Gruppe von Steuerpflichtigen von den allgemeinen Regelungen zum Werbungskostenabzug abzuweichen und darüber hinausgehende Aufwendungen zu berücksichtigen, ist auch bei einer Pauschalierung ein entsprechend erweiterte Abgeltungsbereich der Pauschale zulässig. bb) Realitätsgerechte Festsetzung der Pauschalierung Zum anderen verlangt die Orientierung am typischen Fall nach dem Bundesverfassungsgericht, dass die Pauschalierung bezogen auf den festgelegten Abgeltungsbereich realitätsgerecht festgesetzt ist. Die Pauschalierung muss sich am „wirklich entstandenen“ Aufwand orientieren. 497 Sie muss an dem Aufwand ausgerichtet sein, der typischerweise bei der erfassten Gruppe von Steuerpflichtigen tatsächlich anfällt. (1) Zulässige Streubreite der Pauschalierung In der Literatur wird aus dieser Aussage des Bundesverfassungsgerichts zunächst abgeleitet, dass die Streubreite der Kostenpauschale nicht zu groß sein darf. Die Pauschalierung dürfe keine zu große Spannweite von Streuun496 497
BVerfGE 99, 280, 295. BVerfGE 40, 296, 328; 49, 1, 2.
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3. Teil: Verfassungsmäßigkeit der steuerfreien Kostenpauschale
gen in den tatsächlichen mandatsbedingten Aufwendungen umfassen.498 Eine Einheitspauschale, also eine einheitliche Pauschale für alle betroffenen Abgeordneten, dürfe daher nur gewährt werden, wenn die von ihr erfassten Abgeordneten hinreichend homogen ist. Seien die Unterschiede zwischen ihnen dagegen zu groß, weichen also die tatsächlichen Aufwendungen zu stark voneinander ab, müsse statt einer Einheitspauschale eine Staffelung vorgenommen werden. Die Pauschalierung müsse dann zwischen den verschiedenen Abgeordnetengruppen mit typischerweise unterschiedlichem Aufwand differenzieren.499 Diese Deutung der Aussagen des Bundesverfassungsgerichts zur steuerfreien Kostenpauschale der Abgeordneten entspricht auch den allgemein auf Typisierungen anzuwendenden Grundsätzen. Danach müssen bei Typisierungen zwar gewisse Härten oder Ungerechtigkeiten hingenommen werden, jedoch dürfen diese nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz darf nicht sehr intensiv sein.500 Daher ist von einer Typisierung zwar begriffsnotwendig nicht zu fordern, dass sie alle Fälle richtig behandelt, jedoch muss sie zumindest die Mehrzahl der Fälle zutreffend erfassen. Sie darf nur in geringfügigen und besonders gelagerten Fällen und nicht bei ganzen Gruppen von Betroffenen Ungleichheiten entstehen lassen.501 Das gilt nicht nur, wenn ganze Gruppen stärker belastet werden, sondern auch, wenn eine privilegierende Regelung ohne rechtfertigenden Grund auf eine große Gruppe von Normadressaten erstreckt wird. Die Privilegierung büßt damit ihre Rechtfertigung vor der Gruppe der Benachteiligten ein, die ihren Anspruch auf Gleichbehandlung einfordert.502 Es ist damit zu fordern, dass die von der Typisierung erfassten Fälle nicht zu weit auseinanderfallen, sich also nicht zu weit vom Typus entfernen.503 Dabei hat der Gesetzgeber stets zu berücksichtigen, ob die Ungerechtigkeiten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar gewesen wären; es dürfen nicht andere, weniger eingreifende Lösungen ebenso praktikabel sein.504
498 von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 180, ders., in: Schneider/Zeh, § 16 Rn 93; ders., Macht macht erfinderisch, S. 38 f.; ders., Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, S. 180; ders., Rechtsgutachten Bayern, S. 52; A. Fischer, S. 126; Geiger, ZParl 1978, 522, 529 (der aus einer zu großen Streubreite allerdings die Konsequenz der weitgehenden Unzulässigkeit einer Pauschalierung zieht, siehe unter 2. a) aa), S. 127 f.). In der Sache auch Wieland, Rechtsgutachten Thüringen, S. 7. 499 von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 180. Das räumt auch Hanauer, ZParl 1979, 115, 119 ein. 500 St. Rspr., vgl. nur BVerfGE 26, 265, 275 f.; 45, 376, 490; 84, 348, 359 f. 501 BVerfGE 27, 220, 230; 44, 283, 288; 71, 39, 50. 502 BVerfGE 82, 126, 152. 503 Tipke, StRO I, S. 356. 504 BVerfGE 45, 376, 390; 84, 348, 360; 93, 386, 402; 100, 195, 205.
§ 7 Vergleich zwischen Abgeordneten und der Allgemeinheit
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Dem Erfordernis der nicht zu großen Streubreite ist zuzustimmen. Das ergibt sich aus dem auf die steuerfreie Kostenpauschale der Abgeordneten anwendbaren505 Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Wenn die Streubreite der Kostenpauschale zu groß ist, können sich unverhältnismäßige Abweichungen vom Individualfall einstellen. Zum einen kann eine Ausgestaltung als Einheitspauschale schon nicht erforderlich sein, wenn eine Staffelung ebenso praktikabel ist. Da eine Staffelung jedoch in der Regel zumindest geringfügig mehr Aufwand bereitet, wird eine Einheitspauschale wohl eher als unangemessen anzusehen sein, wenn die durch sie verursachten Ungleichbehandlungen außer Verhältnis zu dem mit ihr verbundene Gewinn an Praktikabilität stehen. Bei dieser Beurteilung wird zu berücksichtigen sein, wie stark die Unterschiede zwischen den verschiedenen Gruppen von Abgeordneten sind und zum anderen, wie groß der Verlust an Praktikabilität bei einer Staffelung wäre. (2) Zulässige Festsetzung des konkreten Betrages Weiterhin ist zu fordern, dass der mit der Pauschalierung gewährte konkrete Betrag bzw. die einzelnen gestaffelten Beträge in Orientierung an dem tatsächlich anfallenden Aufwand der Abgeordneten festgesetzt werden. (a) Durchschnittlicher Aufwand als Orientierungspunkt Dabei stellt sich zunächst die Frage, in welcher Größe der Orientierungspunkt für diese Festsetzung zu sehen ist. Speziell zur steuerfreien Kostenpauschale der Abgeordneten wird angenommen, dass der Betrag in Orientierung am durchschnittlich bei Abgeordneten anfallenden Aufwand festzusetzen ist.506 In der allgemeinen Diskussion ist indes nicht immer ganz klar, an welcher Größe sich eine Pauschalierung zu orientieren hat. Auch hier wird zwar überwiegend angenommen, Pauschalierungen seien in der Nähe des durchschnittlichen Aufwands festzusetzen.507 Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, Typisierungen seien „am Regelfall“ zu orientieren508, spricht ebenfalls für eine solche Ausrichtung der Festsetzung. Allerdings finden sich auch Äußerungen, nach denen Pauschbeträge nicht in Höhe des 505
Siehe unter I., S. 84 ff. von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 183, 209; ders., in: Schneider/Zeh, § 16 Rn 93; ders., Macht macht erfinderisch, S. 40; ders., Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, S. 180; Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 11 Rn 10; H. H. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 48 Rn 190; Geiger, ZParl 1978, 522, 529; A. Fischer, S. 126. 507 Tipke, StRO I, S. 351; ders., StuW 1989, 291, 296 f. 508 BVerfGE 96, 1, 6 f.; 101, 297, 309 f. 506
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3. Teil: Verfassungsmäßigkeit der steuerfreien Kostenpauschale
durchschnittlichen Aufwands zu bemessen seien, sondern vielmehr der Vereinfachungseffekt verlange, sie im oberen Bereich des Schätzungsrahmens anzusiedeln.509 Für die Festsetzung einer Pauschalierung kann jedoch nicht der verwaltungsökonomische Optimalwert maßgebend sein.510 Eine Orientierung an dem oberen Bereich des Schätzungsrahmens kann daher nicht allein unter Berufung auf die damit bewirkte größere Vereinfachungswirkung gerechtfertigt werden. Vielmehr ist für die Frage, an welcher Größe sich die Festsetzung zu orientieren hat, wiederum der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz heranzuziehen. Die Pauschalierung muss so festgesetzt werden, dass die dadurch verursachten Ungleichbehandlungen nicht außer Verhältnis zur herbeigeführten Vereinfachung stehen. Nur eine Bemessung in Orientierung am Durchschnitt verhindert aber unangemessene Auswirkungen. Eine niedrigere Bemessung würde zur Schlechterstellung des Gros der erfassten Fälle führen während eine zu hohe Bemessung zur Besserstellung des Gros der erfassten Fälle führen würde. Nur eine Orientierung am Durchschnittswert garantiert eine größtmögliche Annäherung an den typischen Fall. Wenn ein einheitlicher Durchschnittsbetrag dennoch für einen Großteil der Fälle unangemessen ist, weil diese zu stark voneinander abweichen, ist eben – wie bereits ausgeführt511 – eine Staffelung vorzunehmen und die gestaffelten Beträge an dem jeweiligen Durchschnittsfall auszurichten. Das gilt angesichts ihrer Größenordnung und der hier bestehenden strengen Bindung an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz512 jedenfalls für die steuerfreie Kostenpauschale der Abgeordneten. Eine Bemessung in Orientierung an dem oberen Bereich des Schätzungsrahmens, also an den Abgeordneten mit dem höchsten Aufwand, würde zu einer erheblichen Besserstellung in der Vielzahl der Fälle führen. Die steuerfreie Kostenpauschale der Abgeordneten ist daher in Orientierung an dem durchschnittlich bei Abgeordneten tatsächlich anfallenden Aufwand festzusetzen. (b) Überprüfung der Festsetzung Steht damit der Orientierungspunkt für die Festsetzung der Pauschalierung fest, stellt sich die weitere Frage, inwieweit überprüfbar ist, ob der Gesetz509 So BFH, BStBl. II 1993, 551, 556; Prinz, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 9a EStG Anm. 29. Auch im Bereich der Verwaltungspauschalen findet sich diese Ansicht häufig, vgl. etwa BFH, BStBl. II 1986, 824, 827 f.; von Bornhaupt, BB 1986, 447. 510 Zur Ermittlung eines solchen verwaltungsökonomischen Optimalwerts vgl. Ruppe, DStJG 21 (1998), S. 29, 52 und S. 60, der einen solchen Wert jedoch ebenfalls nicht für verfassungsrechtlich bindend hält. 511 Siehe unter (1), S. 171 f. 512 Siehe unter I., S. 84 ff.
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geber sich bei der Festsetzung auch tatsächlich am durchschnittlichen Aufwand orientiert hat. (aa) Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers Mit der Orientierung am durchschnittlichen Aufwand als realem Sachverhalt wird die zutreffende Tatsachenbasis der gesetzlichen Regelungen (sog. legislative facts513) zum Kriterium für die Verfassungsmäßigkeit der Kostenpauschale.514 Auf den ersten Blick ergeben sich daraus keine Besonderheiten. Bei der Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes ist an sich umfassend auch die zutreffende Tatsachenbasis zu überprüfen.515 Jedoch ist die Feststellung der einem Gesetz zu Grunde liegenden Tatsachen häufig mit Unsicherheiten behaftet. Zudem kann die gesetzgeberische Entscheidung, welche Tatsachen in welcher Gewichtung für die gesetzliche Regelung von Bedeutung sind, nicht ohne Abwägungen und Wertungen vorgenommen werden.516 Daher ist die Kontrolle der Tatsachengrundlage von Gesetzen in der Regel durch das Bestehen eines Einschätzungsspielraums des Gesetzgebers eingeschränkt. Ob ein Einschätzungsspielraum besteht, bestimmt sich dabei nach ganz überwiegender Ansicht nicht nach funktionell-rechtlichen Kriterien selbständiger Art, sondern hängt ausschließlich von der Auslegung der in Frage stehenden materiellen Verfassungsnorm ab517, hier also von Art. 3 Abs. 1 GG. Anerkanntermaßen steht dem Gesetzgeber hinsichtlich der Festsetzung von Typisierungen, insbesondere bei der Festsetzung der Höhe von Pauschalierungen ein solcher Einschätzungsspielraum zu.518 Das ergibt sich aus den allgemeinen Grundsätzen, nach denen dem Gesetzgeber im Rahmen von Art. 3 513 Vgl. zu diesem Begriff Philippi, S. 7; Ossenbühl, Festgabe 25 Jahre BVerfG, Bd. I, S. 458, 464 ff.; Bryde, Festschrift 50 Jahre BVerfG, Bd. II, S. 533, 534. 514 Vgl. zu der in diesem Zusammenhang allgemein zu Grunde gelegten weitestmöglichen Definition der Tatsache als „realer Sachverhalt“ Philippi, S. 3 ff. 515 Ossenbühl, Festgabe 25 Jahre BVerfG, Bd. I, S. 458, 467 ff.; K. Vogel, Grenzen der Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 184 ff. Zu den in diesem Zusammenhang vom Bundesverfassungsgericht angewendeten Methoden zur Tatsachenfeststellung vgl. die grundlegende empirische Untersuchung von Philippi, S. 41 ff. 516 Philippi, S. 9, 84; K. Vogel, Grenzen der Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 171; Lorenz, S. 193, 202. 517 Vgl. nur Schlaich/Korioth, Rn 525; Heun, Schranken, S. 37. Vgl. auch BVerfGE 91, 389, 401: „Der unterschiedlichen Weite des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums [nach dem materiellen Recht] entspricht eine abgestufte Kontrolldichte bei der verfassungsgerichtlichen Überprüfung.“ 518 Vgl. insbesondere aus neuerer Zeit BVerfGE 96, 1, 6 und 9; 101, 297, 309 und 311. Vgl. aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhof besonders deutlich BFH, BStBl. II 1993, 551, 556; 2000, 273, 275 f.
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Abs. 1 GG ein – wenn auch je nach Sach- und Regelungsbereich abgestufter – Gestaltungsspielraum zusteht.519 Danach ist bei der Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen nicht zu fragen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste und gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seines Gestaltungsspielraums eingehalten hat.520 Der Einschätzungsspielraum kommt auch in der Formulierung der hier in Frage stehenden Anforderung zum Ausdruck, nach der lediglich zu verlangen ist, dass der Gesetzgeber sich am typischen Fall „orientiert“.521 Obwohl es theoretisch einen Betrag gibt, der exakt dem durchschnittlich bei Abgeordneten anfallenden Aufwand entspricht, ist daher nicht ausschließlich die Festsetzung der Kostenpauschale in genau dieser Höhe verfassungsgemäß. Andererseits darf der Gesetzgeber auch nicht beliebig weit von diesem Betrag abweichen. Der Einschätzungsspielraum ist nicht unbeschränkt. Es ist daher zu überprüfen, ob der Gesetzgeber den ihm zustehenden Einschätzungsspielraum bei der Festsetzung der Kostenpauschale noch eingehalten oder ob er ihn überschritten hat.522 Durch das Bestehen eines Einschätzungsspielraums wird die Kontrolldichte bei der verfassungsrechtlichen Überprüfung eingeschränkt.523 Das führt zu abgestuften Anforderungen an den Gewissheitsgrad, auf den die zu kontrollierenden Tatsachen hin zu überprüfen sind.524 Die vorzunehmende Überprüfung kann danach von einer bloßen Evidenzkontrolle über eine Vertretbarkeitskontrolle bis hin zu einer intensivierten inhaltlichen Kontrolle reichen.525 Diese Stufen sind allerdings nicht streng voneinander zu unterscheiden, sondern als Markierungen auf einer gleitenden Skala zu sehen.526 Auch die anzuwendende Kontrolldichte bestimmt sich wiederum allein nach der jeweils einschlägigen materiellen Verfassungsnorm.527 Wie bereits oben festgestellt, ist der im Rahmen von Art. 3 Abs. 1 GG bestehende Gestaltungsspielraum hinsichtlich der steuerfreien Kostenpauschale der Abgeordneten 519
Siehe dazu bereits unter I., S. 84 ff. Vgl. etwa BVerfGE 52, 277, 280 f.; 68, 287, 301; 81, 108, 109; 84, 348, 359. 521 Siehe dazu unter (a), S. 173. 522 Diese nur beschränkte Überprüfbarkeit der Orientierung am typischen Fall zeigt sich besonders klar, wenn negativ formuliert wird, eine Typisierung dürfe „nicht einen atypischen Fall als Leitbild wählen“ (so BVerfGE 27, 142, 1150; 39, 316, 329) bzw. „nicht völlig realitätsfern“ sein (so Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Anh Art. 3 Rn 28). 523 Das Feld der kontrollierbaren Tatsachen wird dagegen nicht eingeengt. Es wird daher von modalen Kontrollschranken im Gegensatz zu substantiellen (inhaltlichen) Kontrollsperren gesprochen, vgl. Ossenbühl, Festgabe 25 Jahre BVerfG, Bd. I, S. 458, 473. 524 Ossenbühl, Festgabe 25 Jahre BVerfG, Bd. I, S. 458, 473 525 BVerfGE 50, 290, 333. Vgl. auch Schlaich/Korioth, Rn 520. 526 Schlaich/Korioth, Rn 524. 527 Schlaich/Korioth, Rn 525 f. 520
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eng bemessen. Die Rechtfertigung der Pauschalierung ist anhand eines strengen Maßstabs zu überprüfen.528 Die Orientierung der Pauschale am Durchschnitt der tatsächlich anfallenden Aufwendungen unterliegt daher einer erhöhten Kontrolldichte. Eine intensive inhaltliche Kontrolle, bei der zu überprüfen wäre, ob die fraglichen Tatsachen mit großer Wahrscheinlichkeit auch tatsächlich vorliegen, ginge allerdings dennoch zu weit. Eine solche ist nur bei besonders massiven Grundrechtsbeeinträchtigungen angezeigt.529 Andererseits kann angesichts des hier anzulegenden strengen Maßstabs eine bloße Evidenzkontrolle nicht mehr genügen. Es ist daher zumindest eine Vertretbarkeitskontrolle vorzunehmen, bei der bereits erhebliche Zweifel hinsichtlich der Orientierung am Durchschnitt zu einem Überschreiten der Grenzen des Einschätzungsspielraums führen. (bb) Erfordernis einer nachvollziehbaren Begründung In der Regel erfolgt die Überprüfung der für die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes relevanten Tatsachen in der Form, dass die Informationserhebung durch den Gesetzgeber nachvollzogen wird und je nach Kontrolldichte unterschiedlich intensiv auf ihre Richtigkeit überprüft wird.530 Es stellt sich jedoch die Frage, welche Folgen es hat, wenn eine solche Informationserhebung durch den Gesetzgeber entweder gar nicht erfolgt oder mangels entsprechender Begründung nicht nachvollziehbar ist. Auch hier haben sich die Diskussion zu der steuerfreien Kostenpauschale der Abgeordneten und die allgemeine Diskussion voneinander abgekoppelt und in unterschiedlicher Weise entwickelt. (a) Meinungsstand zur steuerfreien Kostenpauschale der Abgeordneten Speziell zur steuerfreien Kostenpauschale der Abgeordneten wird zum Teil angenommen, es bestehe eine selbständige „verfahrensmäßig-prozedurale“ Verpflichtung des Gesetzgebers, für die Festsetzung der Pauschale eine nachvollziehbare Begründung zu geben.531 Dazu müsse der Gesetzgeber die den 528
Siehe unter I., S. 84 ff. Vgl. Schlaich/Korioth, Rn 520. Vgl. auch BVerfGE 50, 290, 333. 530 Vgl. Bryde, Festschrift 50 Jahre BVerfG, Bd. II, S. 533, 553. 531 So zuerst von Arnim, Rechtsgutachten Bayern, S. 54 und in der Folge ders., in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 184; ders., Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, S. 180 ff.; ders., Macht macht erfinderisch, S. 40 f.; A. Fischer, S. 126 f.; Wieland, Rechtsgutachten Rheinland-Pfalz, S. 81 f. Neuerdings nimmt auch von Waldthausen, S. 259 f. eine Begründungspflicht für die Festsetzung der Abgeordnetenentschädigung an, stellt indes geringere Anforderungen an diese. 529
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Abgeordneten (bzw. bestimmten Gruppen von ihnen) im Durchschnitt tatsächlich entstehenden Aufwendungen exakt ermitteln und öffentlich darlegen.532 Es sei nicht entscheidend, ob eventuelle Kritiker der Kostenpauschale darlegen könnten, dass diese überhöht festgesetzt ist. Die „Darlegungs- und Argumentationslast“ trage vielmehr insoweit der Gesetzgeber.533 Das wird vor allem aus dem vom Bundesverfassungsgericht im Diätenurteil aufgestellten Transparenzgebot hergeleitet, nach dem bei Entscheidungen des Parlaments in eigener Sache der gesamte Willensbildungsprozess für den Bürger durchschaubar sein und das Ergebnis vor den Augen der Öffentlichkeit beschlossen werden muss.534 Eine solche Transparenz des Willensbildungsprozesses erfordere nicht nur eine Regelung der finanziellen Ausstattung durch den Gesetzgeber selbst, sondern darüber hinaus eine nachvollziehbare öffentliche Begründung aller diesbezüglichen Entscheidungen.535 Im Übrigen sei das unerlässliche Voraussetzung dafür, dass die Kostenpauschale überhaupt am tatsächlichen Aufwand orientiert festgesetzt werden könne.536 (b) Meinungsstand in der allgemeinen Diskussion In der allgemeinen Diskussion geht die ganz überwiegende Ansicht indes davon aus, dass weder allgemein noch bei der Festsetzung von Typisierungen eine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Gesetzgebers zur Informationserhebung oder zu deren Offenlegung in einer Begründung besteht. Der Gesetzgeber schulde nichts anderes als das Gesetz als Ergebnis des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens.537 Auch wenn der Gesetzgeber seine Tatsachenermittlung nicht offen gelegt oder sie sogar vollständig unterlassen habe, sei dennoch objektiv zu überprüfen, ob die für die verfassungsrechtliche Kontrolle relevanten Tatsachen vorliegen oder nicht, wobei allerdings die durch den gegebenenfalls bestehenden Einschätzungsspielraum bestimmte Kontrolldichte zu beachten sei.538 Nur ganz vereinzelt finden sich Äußerungen, die von diesem Grundsatz abweichen und dem Gesetzgeber entspre532
von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 184; A. Fischer, S. 136 f. von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 184. 534 BVerfGE 40, 296, 316 f. und 327. 535 von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 184, 90; A. Fischer, S. 127. 536 von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 184. 537 Vgl. nur Gusy, in: Schneider/Zeh, § 60 Rn 35; Schlaich/Korioth, Rn 530 m. w. N. Die Aussage geht zurück auf Geiger, Gegenwartsprobleme, S. 131, 141: „Der Gesetzgeber schuldet den Verfassungsorganen und Organen im Staat, auch den Verfassungsgerichten, nichts als das Gesetz. Er schuldet ihnen weder eine Begründung noch gar die Darlegung aller seiner Motive, Erwägungen und Abwägungen.“ 538 Schlaich/Korioth, Rn 531; K. Vogel, Grenzen der Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 190. 533
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chende Verpflichtungen auferlegen wollen. Eine generelle Pflicht zur Begründung parlamentarischer Entscheidungen nimmt soweit ersichtlich allerdings nur Lücke an.539 Er will diese vor allem aus Art. 19 Abs. 4 GG ableiten, der auch den Rechtsschutz gegen Gesetze erfasse.540 Häufiger finden sich Stimmen, die in der Folge des Mitbestimmungsurteils des Bundesverfassungsgerichts541 eine Verfassungspflicht zur „optimalen Methodik der Gesetzgebung“ aufstellen wollen. Diese wollen diese dem Gesetzgeber eine nachprüfbare Rationalität des Prozesses seiner Entscheidungsfindung auferlegen. Der Gesetzgeber habe sich sachkundig zu machen und die verfügbaren empirischen Daten und Erfahrungssätze zur Kenntnis zu nehmen.542 (g) Diskussion und Stellungnahme Eine allgemeine verfahrensrechtliche Verpflichtung zur Informationserhebung oder zu deren Offenlegung in einer Begründung scheidet schon deswegen aus, weil sich im Grundgesetz keine Anhaltspunkte für über die in Art. 76 ff. GG ausdrücklich aufgestellten formellen Anforderungen hinausgehenden Verpflichtungen des Gesetzgebers finden. Auch der Argumentation von Lücke aus Art. 19 Abs. 4 GG kann nicht gefolgt werden. Wie sich aus den ausdrücklichen Regelungen zur gerichtlichen Überprüfung formeller Gesetze in Art. 93 Abs. 1 Nr. 2, 4a, 100 Abs. 1 GG ergibt, ist Art. 19 Abs. 4 GG auf den Rechtsschutz gegen Gesetze überhaupt nicht anwendbar.543 Auch hinsichtlich der steuerfreien Kostenpauschale der Abgeordneten können dem vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Transparenzgebot keine weitergehenden verfahrensrechtlichen Verpflichtungen entnommen werden.544 Das Transparenzgebot soll bei Entscheidungen des Parlaments in eigener Sache – da dort regelmäßig das korrigierende Element gegenläufiger politischer Interessen fehlt545 – die einzig verbleibende wirksame Kontrolle durch die Öffentlichkeit gewährleisten. Dafür ist es unabdingbar, dass die Öffentlichkeit die getroffenen Regelungen einem vom Parlament selbst beschlossenen Gesetz entnehmen kann. Eine Verpflichtung zur nachvollziehbaren Begründung dieser Regelungen ginge dagegen zu weit. Das Transparenzgebot soll lediglich verhindern, dass die tatsächlich beschlossenen Regelungen der Wahrnehmung 539
Lücke, S. 39 ff.; ders., in: Sachs, GG, Art. 76 Rn 7. Lücke, S. 65 ff. 541 BVerfGE 50, 290 ff. 542 Schwerdtfeger, in: Festschrift für H. P. Ipsen, S. 173, 178 ff.; Breuer, Der Staat 16 (1977), 21, 40 ff. Zurückhaltender Benda, DÖV 1979, 465, 467. 543 So auch die ganz h. M., vgl. nur Jarass/Pieroth, GG, Art. 19 Rn 30 m. w. N. 544 So auch der BayVerfGH, VerfGHE 35, 148, 161; H. H. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 48 Rn 151 ff. 545 Vgl. auch BVerfGE 85, 264, 291 f. zur Parteienfinanzierung. 540
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durch den Bürger entzogen sind.546 Im Übrigen wäre es auch kaum möglich, festzulegen, wie weit eine Begründungspflicht gehen sollte, insbesondere wie umfangreich die Begründung sein müsste. Es ist daher allgemein und insbesondere auch für die Bemessung typisierender Regelungen daran festzuhalten, dass den Gesetzgeber keine verfahrensrechtliche Pflicht zur Informationserhebung oder zu deren Offenlegung in einer Begründung trifft. Er muss lediglich die Typisierung materiell zutreffend festsetzen.547 Etwas anderes gilt auch nicht für die steuerfreie Kostenpauschale der Abgeordneten.548 Andererseits kann jedoch die Informationserhebung durch den Gesetzgeber, deren Durchführung in der Regel auch in einer Begründung zum Ausdruck kommt, mittelbar für die materielle Beurteilung eines Gesetzes Bedeutung erlangen. Auf der einen Seite kann eine ausführliche und plausible Begründung dazu führen, die dem Gesetz zu Grunde gelegten Tatsachen bei der materiellen Prüfung – etwa der Orientierung am typischen Fall – als zutreffend hinzunehmen. Auf der anderen Seite kann eine vollständig fehlende oder unschlüssige Informationserhebung bzw. Begründung Zweifel an der Richtigkeit der dem Gesetz zu Grunde gelegten Tatsachen begründen. Das gilt insbesondere für ausschließlich statistisch ermittelbare Werte, da es ohne jede Informationserhebung sehr unwahrscheinlich ist, dass der Gesetzgeber einen solchen Wert korrekt trifft. Einen solchen Fall stellt auch die steuerfreie Kostenpauschale der Abgeordneten dar. Es handelt sich bei ihr nicht um eine Typisierung, die ohne weitere Informationserhebung einfach durch „Erfahrungswissen“ des Gesetzgebers festgelegt werden kann.549 Vielmehr ist der im Durchschnitt bei Abgeordneten tatsächlich anfallende Aufwand ein ausschließlich statistisch ermittelbarer Wert. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass dem Gesetzgeber die Festsetzung der Pauschale in Orientierung an die546 So darf sich der Gesetzgeber der Entscheidung über die Höhe der Grundentschädigung nicht durch eine Koppelung etwa an die Ministergehälter oder durch eine Zuweisung an ein Gremium wie etwa dem Parlamentspräsidium begeben, vgl. BVerfGE 40, 296, 316 f. 327. Für die (dynamisierte) Kostenpauschale besteht eine Veröffentlichungspflicht des Bundestagspräsidenten (siehe unter § 2 A., S. 22) 547 Diese Beurteilung gilt selbstverständlich ausschließlich für gesetzliche Pauschalierungen. Bei Verwaltungspauschalen als Rechtsakte der Exekutive kann durchaus eine Verpflichtung zur nachvollziehbaren Begründung bestehen (vgl. zum Streitstand diesbezüglich Prinz, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 9a EStG Anm. 69). 548 Aus rechtspolitischer Sicht ließe indes eine Begründung die Festsetzung der Kostenpauschale für den Bürger nachvollziehbarer erscheinen und wäre daher für eine erhöhte Akzeptanz in der Öffentlichkeit wünschenswert. 549 Zwar beruft sich auch das Bundesverfassungsgericht bei der Überprüfung von Typisierungen häufig auf ein solches Erfahrungswissen, jedoch ist das in der Regel nur dann der Fall, wenn der Schwierigkeitsgrad der tatsächlichen Feststellungen gering ist (vgl. hierzu die Auswertung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts bis 1969 bei Philippi, S. 50).
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sen Wert gelingt, ohne dass er sich zuvor die entsprechenden Informationen verschafft.550 b) Anwendung auf die steuerfreie Kostenpauschale der Mitglieder des Bundestages Auf dieser Grundlage kann nunmehr überprüft werden, ob die Ausgestaltung der den Mitgliedern des Bundestages gewährten steuerfreien Kostenpauschale, also das „Wie“ der Pauschalierung, sich noch in den zulässigen Grenzen hält. aa) Abgeltung nur der nach § 9 EStG als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen Zunächst ist der in § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1–4 AbgG bestimmte Abgeltungsbereich der Kostenpauschale zu betrachten. Die Kostenpauschale darf nur diejenigen Aufwendungen der Mitglieder des Bundestages abgelten, die auch nach der allgemeinen Regelung des § 9 EStG als Werbungskosten abziehbar wären, es sei denn, es liegt ein besonderer sachlicher Grund für eine Abweichung vor. (1) Mehraufwendungen am Sitz des Bundestages und bei Reisen (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AbgG) Hinsichtlich der gemäß § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AbgG abgegoltenen Mehraufwendungen am Sitz des Bundestages und bei Reisen bestanden diesbezüglich bisher Bedenken, die sich auch nur teilweise erledigt haben.
550 Das klingt auch in zahlreichen Äußerungen zur steuerfreien Kostenpauschale der Abgeordneten an, die zwar keine selbständigen verfahrensmäßigen Anforderungen aufstellen, aber dennoch eine Informationserhebung durch den Gesetzgeber für die materielle Festsetzung der Pauschale fordern. Vgl. etwa H. H. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 48 Rn 191, der eine zutreffende Bemessung der Kostenpauschale aufgrund „ungesicherter empirischer Basis“ für „ungewiß“ hält und daraus ein „nicht ganz unerhebliches verfassungsrechtliches Risiko“ folgert, sowie Geiger, ZParl 1978, 522, 529, der eine Festlegung nach „Erfahrungssätzen oder Erhebungen“ verlangt. Auch der Rosenberg-Beirat sah es als erforderlich an, dass der Gesetzgeber sich die erforderlichen Informationen über die tatsächliche Höhe der durchschnittlichen Aufwendungen verschafft, um eine Empfehlung abzugeben, die den vom Bundesverfassungsgericht erhobenen Ansprüchen genügt. Das könne gegebenenfalls durch Befragung einer repräsentativen Auswahl von Abgeordneten erfolgen, vgl. Rosenberg-Beirat, S. 46.
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(a) Unterhaltung einer Zweitwohnung am Sitz des Bundestages Keine Bedenken bestehen mehr hinsichtlich der Kosten einer Zweitwohnung am Sitz des Bundestages. Aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4.12.2002551 hat der Gesetzgeber mit dem StÄndG 2003552 die bisher nach allgemeinen Regeln bestehenden zeitlichen Beschränkungen bei der Abziehbarkeit von notwendigen Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung gestrichen. Dadurch haben sich in diesem Punkt die bisher bestehenden Bedenken gegen die die Abgeordneten hier privilegierende Kostenpauschale erledigt. (aa) Bisherige Privilegierung der Abgeordneten Bislang war die Abziehbarkeit der notwendigen Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung nach der allgemeinen Regelung des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 3, Abs. 3 EStG a. F. auf zwei Jahre ab Begründung der doppelten Haushaltsführung beschränkt. Der Gesetzgeber unterstellte, dass der bei Begründung der doppelten Haushaltsführung vorhandene berufliche Anlass nach Ablauf von zwei Jahren wieder entfiel oder zumindest durch private Gründe überlagert wurde.553 Zur Rechtfertigung dieser Regelung wurde angeführt, dass je länger eine ursprünglich aus beruflichem Anlass begründete doppelte Haushaltsführung bestand, um so stärker vermutet werden konnte, dass private, insbesondere in der Familie des Steuerpflichtigen liegende Gründe ihn dazu veranlassten, nicht an den Beschäftigungsort umzuziehen und die doppelte Haushaltsführung zu beenden.554 Die Zwei-JahresGrenze war unwiderlegbar. Der Steuerpflichtige konnte nicht im Einzelfall nachweisen, dass die Aufrechterhaltung des doppelten Haushalts auch weiterhin weitaus überwiegend beruflich veranlasst war.555 Bei den Mitgliedern des Bundestages waren dagegen die Kosten einer Zweitwohnung am Sitz des Bundestages bereits bisher ohne jede zeitliche Beschränkung Bestandteil der steuerfreien Kostenpauschale. Es war keine Kürzung der Pauschale für den Fall vorgesehen, dass die Voraussetzungen, unter denen nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 3 EStG a. F. ein Abzug als Wer551
BVerfGE 107, 27 ff. Steueränderungsgesetz 2003 v. 15.12.2003 (BGBl. I S. 2645). 553 BFH, BStBl. II 1998, 211, 212; Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 4 EStG Anm. 1452. 554 So auch schon die frühere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, vgl. BFH, BStBl. II 1978, 26, 29. Vgl. auch ausführlich Lange, DStZ 1995, 682, 686 f.; von Bornhaupt, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 9 Rn G 114a. 555 Lange, DStZ 1995, 682, 683; Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Anm. 489, 518. 552
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bungskosten zulässig war, nicht mehr vorlagen. Die Mitglieder des Bundestages erhielten die ungekürzte Pauschale nicht lediglich zwei Jahre, sondern für die gesamte Dauer ihres Mandats. Für diese Abweichung von der bisher bestehenden allgemeinen Regelung des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 3 EStG a. F. schien auf den ersten Blick auch ein sachlicher Grund zu bestehen. Zumindest Abgeordnete mit einem eigenen Wahlkreis sind örtlich nicht nur am Sitz des Bundestages, sondern gleichermaßen in ihrem Wahlkreis gebunden. Sie haben geographisch zwei regelmäßige Arbeitsstätten.556 Bei ihnen konnte man daher mit gutem Grund die Vermutung aufstellen, dass auch nach zwei Jahren noch eine beruflichen Veranlassung der doppelten Haushaltsführung bestand. Jedoch war nach der bisherigen Rechtslage zu beachten, dass für die übrigen Steuerpflichtigen auch in vergleichbaren Situationen keine Ausnahmen von der Abzugsbeschränkung des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 3 EStG a. F. zugelassen wurden. Vor allem wurde anderen Steuerpflichtigen, die in vergleichbarer Weise geographisch zwei oder noch mehr regelmäßige Arbeitsstätten hatten, kein zeitlich unbeschränkter Abzug gewährt.557 Nur ein Beispiel hierfür, das die Vergleichbarkeit jedoch sehr gut illustriert, sind Richter am Bundesverfassungsgericht, die zugleich Hochschullehrer sind. Diese sind zum Teil am Sitz des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe und zum Teil am Sitz der Hochschule tätig. Bei bestimmten höheren Beamten und leitenden Angestellten kommt eine solche Situation sogar häufiger vor (z. B. Ministerialbeamte, die sowohl in Berlin als auch in Bonn tätig sind, sowie leitende Angestellte größerer Firmen oder Anwälte überregionaler Kanzleien, die in mehreren Büros in verschiedenen Städten präsent sein müssen).558 Auch bei ihnen konnte jedoch ebenso wie bei den Abgeordneten davon ausgegangen werden, dass die doppelte Haushaltsführung auch nach Ablauf von zwei Jahren noch beruflich veranlasst war. Keine Ausnahme von der Abzugsbeschränkung wurde weiterhin in den Fällen der sog. „Kettenabordnung“ gewährt, in denen aufgrund zahlreicher zunächst auf Zeiträume unter zwei Jahren befristeter, dann aber jeweils verlängerter Abordnungen die im Ergebnis länger als zwei Jahre währende Dauer der Auswärtstätigkeit vorher nicht absehbar war. Schließlich wurde keine Ausnahme für beiderseits berufstätige Ehepartner anerkannt, bei denen durch die auswärtige Tätigkeit eines Ehepartners eine doppelte Haushaltsführung auch für längere Zeit als zwei Jahre unumgänglich war.559 Wiederum nur ein illustratives Beispiel hierfür sind Richter an den obersten Gerichtshöfen des Bundes (z. B. am Bundesfinanzhof 556 Braun/Jantsch/Klante, AbgG, § 12 Rn 18. Siehe auch bereits unter 2. b) bb) (3) (a), S. 159. 557 Vgl. dazu allgemein Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Anm. 288. Zu einem solchen Fall FG München, EFG 2002, 1438. 558 Siehe zu diesen Fällen bereits unter A. I. 2. b) aa), S. 62 f. 559 Dazu Thürmer, in: Blümich, § 9 EStG Rn 386c.
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in München), deren Ehepartner seine berufliche Tätigkeit noch am bisherigen Wohnort ausübt und die sich daher eine Zweitwohnung am Sitz des Gerichts anmieten.560 Auch in diesen beiden Fallkonstellationen war die Unterstellung, dass nach zwei Jahren private Gründe für die Beibehaltung des doppelten Haushalts ausschlaggebend waren, nicht gerechtfertigt. Vielmehr bestand hier ebenfalls Anlass für die Annahme, dass die doppelte Haushaltsführung auch nach diesem Zeitraum noch zumindest überwiegend beruflich veranlasst war. Die bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts h. M. hielt es bei isolierter Betrachtung für zulässig, auch in diesen Fällen keine zeitlich unbegrenzte Abziehbarkeit der Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung zu gewähren. Es wurde angenommen, der Gesetzgeber habe aufgrund der bei einer doppelten Haushaltsführung stets vorliegenden privaten Mitveranlassung561 einen Gestaltungsspielraum, ob er für besonders gelagerte Fälle eine Ausnahme von der Beschränkung des Abzugs auf zwei Jahre zulasse oder nicht. Die unwiderlegbare Beschränkung der Abziehbarkeit auf zwei Jahre in § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 2 EStG a. F. wurde daher für verfassungsgemäß angesehen.562 Auch in diesem Fall wäre aber zu beachten gewesen, dass der Gesetzgeber seine einmal getroffene Entscheidung folgerichtig für alle vergleichbaren Fälle durchhalten muss, wenn kein sachlicher Grund für eine Abweichung besteht. Es war jedoch kein sachlicher Grund ersichtlich, der die großzügige Berücksichtigung der doppelten Haushaltsführung bei den Abgeordneten gegenüber der unwiderlegbaren Abzugsbeschränkung auch in den genannten vergleichbaren Ausnahmefällen hätte rechtfertigen können. Entweder hätte der Gesetzgeber eine doppelte Haushaltsführung nach Ablauf von zwei Jahren bei allen Steuerpflichtigen berücksichtigen müssen, die auch nach diesem Zeitraum ausnahmsweise noch beruflich veranlasst an ihren Wohnort gebunden waren, oder er hätte sie für alle – also auch für die Abgeordneten – danach nicht mehr berücksichtigen dürfen.563 Die Kostenpauschale für die Mitglieder des Bundestages hätte daher bisher die Kosten einer 560
Siehe zu diesen Fällen ebenfalls bereits unter A. I. 2. b) aa), S. 62 f. Siehe dazu bereits unter 2. b) bb) (1) (a) (aa), S. 148. Auch das Bundesverfassungsgericht ist in seiner Entscheidung vom 4.12.2002 im Grundsatz von einer gemischten Veranlassung ausgegangen, vgl. BVerfGE 107, 27, 50. 562 So BFH, BStBl. II 1998, 211, 212 ff.; BFH/NV 1998, 696, 697 f.; 2000, 1465; Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 4 EStG Anm. 1452, § 9 Anm. 478; Lange, DStZ 1995, 682, 687 f.; von Bornhaupt, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 9 Rn G 114a; Söhn, Festschrift für Offerhaus, S. 477, 487 ff. Für verfassungswidrig hielten die undifferenzierte Gestaltung der Beschränkung dagegen auch bisher schon Paus, INF 1998, 324, 325 f.; Kögel, FR 1997, 433, 434 ff.; im Hinblick auf eine Berufstätigkeit beider Ehegatten auch Thürmer, in: Blümich, § 9 EStG Rn 386c. 563 Die steuerliche Nichtberücksichtigung nach Ablauf der zwei Jahre war im Übrigen in anderen Fällen von steuerfreiem Aufwendungsersatz sichergestellt, da in den 561
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Zweitwohnung am Sitz des Bundestages nur dann für längere Zeit als zwei Jahre enthalten dürfen, wenn gleichzeitig eine Ausnahmebestimmung in der allgemeinen Regelung des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 3 EStG a. F. die zeitlich unbegrenzte Abziehbarkeit auch für die oben genannten vergleichbaren Fallgestaltungen sichergestellt hätte. Eine Erklärung für die bisherige privilegierende Berücksichtigung der Zweitwohnungskosten in der Kostenpauschale ist wohl in der Regelung der doppelten Haushaltsführung bei Inkrafttretens des Abgeordnetengesetzes zu suchen. Die Zwei-Jahres-Grenze des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 3 EStG a. F. wurde erst mit dem JStG 1996564 eingeführt. Vorher waren die Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung zeitlich unbeschränkt abziehbar. Zwar hatte der Bundesfinanzhof in einer Grundsatzentscheidung vom 2.9.1977 zur damaligen Fassung des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG einmal die Ansicht vertreten, nach Ablauf von zwei Jahren bestehe keine Vermutung mehr für eine berufliche Veranlassung der doppelten Haushaltsführung.565 Ein Abzug war aber auch nach dieser Entscheidung noch für die Folgezeit möglich, wenn der Steuerpflichtige nachwies, dass die weitere Aufrechterhaltung der doppelten Haushaltsführung beruflich veranlasst war.566 Nachdem sich die Finanzverwaltung dieser Rechtsprechung nicht anschloss567, entzog der Gesetzgeber ihr zudem rückwirkend zum 1.1.1978 wieder die Grundlage. Er ergänzte § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 1 EStG um einen 2. Halbsatz, nach dem der Abzug „unabhängig davon, aus welchen Gründen die doppelte Haushaltsführung beibehalten wird“ möglich war.568 Vor diesem Hintergrund war bei Inkrafttreten des Abgeordnetengesetzes am 1.4.1977569 die zeitlich unbeschränkte Berücksichtigung der Zweitwohnungskosten in der Kostenpauschale zunächst nicht zu beanstanden. Als der Gesetzgeber 1996 die unwiderlegbare Zwei-Jahres-Grenze für die übrigen Steuerpflichtigen einführte, hätte er jedoch auch die Kostenpauschale der Abgeordneten entsprechend anpassen müssen.
Befreiungsvorschriften der § 3 Nr. 13 und 16 EStG u.a. auf die Regelung des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG verwiesen wird. 564 Jahressteuergesetz 1996 v. 11.10.1995 (BGBl. I S. 1250). 565 BFH, BStBl. II 1978, 26, 29. 566 BFH, BStBl. II 1978, 26, 29. 567 BMF v. 10.2.1978 und 10.8.1978, BStBl. I 1978, 417. 568 Gesetz zur Änderung des EntwLStG und des EStG v. 21.5.1979 (BGBl. I S. 558). 569 Gesetz zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages v. 18.2.1977 (BGBl. I S. 297).
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(bb) Neuregelung der doppelten Haushaltsführung durch das StÄndG 2003 Mit seiner Entscheidung vom 4.12.2002 hat das Bundesverfassungsgericht die unwiderlegbare zeitliche Beschränkung bei der Abziehbarkeit von Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung inzwischen auch isoliert betrachtet und unabhängig von der Benachteiligung gegenüber den Abgeordneten für verfassungswidrig erklärt.570 Zum einen hat es die Vorschrift des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 3 EStG a. F. als mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar angesehen, soweit sie auch die oben genannten Fälle der „Kettenabordnung“ erfasste. Im Hinblick auf die wegen der fremdbestimmten Dauer der Auswärtstätigkeit fehlende Möglichkeit einer sinnvollen Umzugsplanung bestehe hier kein wesentlicher Unterschied zu einer doppelten Haushaltsführung an wechselnden Beschäftigungsorten, die aber zu einer dauerhaften Abziehbarkeit führte.571 Zum anderen hat es die Regelung als mit Art. 3 Abs. 1 i.V. m. Art. 6 Abs. 1 GG unvereinbar angesehen, soweit sie für die oben genannten Fälle der beiderseits berufstägigen Ehepartener Geltung beanspruchte. Hier sei auch die längerfristige Beibehaltung der doppelten Haushaltsführung zumindest insoweit beruflich veranlasst, als sie durch die Erwerbstätigkeit des anderen Partners veranlasst ist. Die private Mitveranlassung durch den Willen zur gemeinsamen Lebensführung in der Ehe dürfe das Einkommensteuerrecht wegen Art. 6 Abs. 1 GG nicht berücksichtigen.572 Ob die Abzugsbeschränkung auch noch für weitere Fallgruppen verfassungswidrig war, hat das Bundesverfassungsgericht dagegen offen gelassen, da diese nicht Gegenstand der Entscheidung waren.573 Bei der gebotenten Neuregelung standen dem Gesetzgeber nunmehr im Wesentlichen zwei Möglichkeiten zur Verfügung.574 Er konnte sich für die Rückkehr zu einem generellen zeitlich unbeschränkten Werbungskostenabzug entscheiden, wie er vor dem JStG 1996 galt.575 Er konnte aber auch die Abziehbarkeit über den Zeitraum von zwei Jahren hinaus von der noch immer gegebenen beruflichen Veranlassung abhängig machen. Der Gesetzgeber hat sich mit dem StÄndG 2003576 für die erste Möglichkeit entschieden, indem er rückwirkend zum 1.1.2003577 die Zwei-Jahres-Frist in § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 3 EStG a. F. (sowie den inhaltsgleichen § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6a 570 BVerfGE 107, 27 ff. Vgl. zu dieser Entscheidung Kempermann, FR 2003, 574 ff.; Odenthal/Seifert, DStR 2003, 1282 ff. 571 BVerfGE 107, 27, 51 f. 572 BVerfGE 107, 27, 52 ff. 573 BVerfGE 107, 27, 56 f. 574 BVerfGE 107, 27, 57. 575 Siehe dazu oben unter (aa), S. 185. 576 Steueränderungsgesetz 2003 v. 15.12.2003 (BGBl. I S. 2645).
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EStG a.F.) gestrichen und den vor dem JStG 1996 geltenden § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 1 2. Halbs. EStG wieder eingefügt hat, wonach die Gründe für die Beibehaltung der doppelten Haushaltsführung unbeachtlich sind. Damit sind Aufwendungen für eine aus beruflichem Anlass begründete doppelte Haushaltsführung nunmehr wieder zeitlich unbeschränkt abziehbar. Das gilt nicht nur, wenn die berufliche Veranlassung der doppelten Haushaltsführung auch längerfristig besteht, sondern generell, also sogar dann, wenn die Beibehaltung eindeutig aus privaten Gründen erfolgt.578 Da damit aber auch in den oben genannten Fällen der Steuerpflichtigen mit geographisch zwei oder mehr regelmäßigen Arbeitsstätten sowie den vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fällen der „Kettenabordnung“ und der beiderseits berufstätigen Ehepartner Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung nach der allgemeinen Regelung des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG n.F. ohne weiteres zeitlich unbegrenzt abziehbar sind, bestehen gegen deren dauerhafte Berücksichtigung in der Kostenpauschale der Abgeordneten ebenfalls keine Bedenken mehr. Der Abgeltungsbereich der Kostenpauschale genügt in diesem Punkt nunmehr dem Gebot der folgerichtigen Ausgestaltung. Die bisherige Privilegierung der Abgeordneten ist durch die Neuregelung der doppelten Haushaltsführung im StÄndG 2003 insoweit weggefallen. (b) Übernachtungen bei Mandatsreisen Ebenfalls keine Bedenken gegen den Abgeltungsbereich der Kostenpauschale bestehen hinsichtlich der Kosten für Übernachtungen bei Dienstreisen. Nach der für diese geltenden allgemeinen Regelung des § 9 Abs. 1 S. 1 EStG579 waren beruflich veranlasste Übernachtungskosten bei Dienstreisen schon immer unbeschränkt – nur eben nicht pauschaliert – abziehbar.
577 Darüber hinaus gilt die Neuregelung auch in Fällen, in denen die Einkommensteuer noch nicht formell bestandskräftig oder hinsichtlich der Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung vorläufig festgesetzt ist (§ 52 Abs. 23b i. d. F. des StÄndG 2003). 578 In den Fällen der privat veranlassten Beibehaltung führt die Abziehbarkeit allerdings nunmehr zu einer bedenklichen Steuervergünstigung, was auch schon an der Rechtslage vor dem JStG 1996 kritisiert wurde, vgl. dazu nur Tipke, StRO II, 1. Aufl., S. 640 f. Vorzugswürdiger wäre daher eine Regelung entsprechend der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur bis zum 31.12.1977 gültigen Rechtslage gewesen, wonach nach Ablauf von zwei Jahren zu überprüfen war, ob die doppelte Haushaltsführung auch tatsächlich weiterhin beruflich veranlasst beibehalten wurde, vgl. BFH, BStBl. II 1978, 26, 29 und siehe dazu bereits oben unter (aa), S. 185. 579 Siehe dazu bereits unter 2. b) bb) (1) (b) (aa), S. 152 f.
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(c) Verpflegung bei Abwesenheit vom Wohnsitz infolge des Mandats Bedenken bestehen jedoch auch auch weiterhin hinsichtlich der Kosten für Verpflegung bei Abwesenheit vom Wohnsitz infolge des Mandats. Nach der für diese geltenden allgemeinen Regelung des § 9 Abs. 5 i.V. m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 5 bzw. S. 6 EStG ist der Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen bei Dienstreisen und ebenfalls bei einer doppelter Haushaltsführung auf höchstens drei Monate beschränkt. Diese Beschränkung rechtfertigt sich daraus, dass Aufwendungen für die Ernährung grundsätzlich zu den nicht abziehbaren Kosten der privaten Lebensführung nach § 12 Nr. 1 S. 2 EStG gehören und nur die in § 9 Abs. 5 i.V. m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 EStG bestimmten weitaus überwiegend beruflich veranlassten Verpflegungsmehraufwendungen abziehbar sind. Darunter sind die zusätzlichen Aufwendungen zu verstehen, die dadurch entstehen, dass der Steuerpflichtige wegen einer Dienstreise oder einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung nicht an der üblichen und bekannten Stelle eine kostengünstige Mahlzeit einnehmen kann, wie es bei der üblichen Tätigkeit im Betrieb oder in der Wohnung möglich ist.580 Nach einer Eingewöhnungszeit am neuen Beschäftigungsort, die der Gesetzgeber in § 4 Abs. 5 Nr. 5 S. 5 EStG typisierend auf drei Monate festgelegt hat, ist jedoch davon auszugehen, dass solche Mehraufwendungen nicht mehr in nennenswertem Umfang anfallen.581 Das gilt vor allem in den Fällen der doppelten Haushaltsführung, weil dort der Steuerpflichtige am Beschäftigungsort eine Unterkunft mit Kochgelegenheit bewohnt.582 Die Begrenzung auf drei Monate gilt unwiderlegbar. Der Steuerpflichtige kann nicht im Einzelfall über diesen Zeitraum hinaus beruflich veranlasste Verpflegungsmehraufwendungen nachweisen.583 Im Gegensatz zur inzwischen entfallenen Zwei-Jahres-Grenze bei der doppelten Haushaltsführung584 gilt die Drei-Monats-Frist bei der Abziehbarkeit von Verpflegungsmehraufwendungen auch weiterhin. In der Kostenpauschale der Mitglieder des Bundestages sind die Kosten für Verpflegung am Sitz des Bundestages dagegen ohne diese zeitliche Beschränkung enthalten. Bei ihnen werden die Aufwendungen nicht nur für die ersten drei Monate, sondern für die gesamte Dauer des Mandats berücksichtigt. Zwar hat der Gesetzgeber hinsichtlich des Abzugs von Verpflegungsmehraufwendungen aufgrund der privaten Mitveranlassung einen Gestaltungsspielraum585, jedoch muss er diesen folgerichtig für alle vergleichbaren Fälle 580 581 582 583 584 585
Siehe dazu bereits unter 2. b) bb) (1) (c) (aa), S. 155. von Bornhaupt, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 9 Rn G 164. So schon BFH, BStBl. II 1995, 184, 185 zur alten Rechtslage. Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Anm. 1387. Siehe dazu oben unter (a), S. 182 ff. von Bornhaupt, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 9 Rn G 164.
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ausüben, wenn kein sachlicher Grund für eine Abweichung besteht.586 Betrachtet man die Situation der Abgeordneten, so ergibt sich bei ihnen jedoch nichts anderes als bei den übrigen Steuerpflichtigen. Nach einer Eingewöhnungszeit am Sitz des Bundestages ist auch bei ihnen anzunehmen, dass kein Verpflegungsmehraufwand mehr anfällt. Es ist kein sachlicher Grund für eine ungleiche Berücksichtigung ersichtlich. Hält der Gesetzgeber also die DreiMonats-Grenze für den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen für sachgerecht, muss er diese auch in der Kostenpauschale berücksichtigen und sie nach Ablauf von drei Monaten um den entsprechenden Anteil kürzen bzw. insoweit nicht mehr steuerfrei stellen.587 Für andere Fälle von steuerfreiem Aufwendungsersatz hat der Gesetzgeber das auch gemacht und hat in den entsprechenden Befreiungsvorschriften der § 3 Nr. 13 und 16 EStG auf die Regelung des § 9 Abs. 5 i.V. m. § 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG verwiesen. Die zeitlich unbeschränkte Berücksichtigung in der Kostenpauschale läuft darauf hinaus, dass bei Abgeordneten unzulässigerweise der allgemeine Verpflegungsaufwand steuerlich berücksichtigt wird während nach allgemeinen Regelungen nur der Verpflegungsmehraufwand abzugsfähig ist.588 Hier erfasst die Kostenpauschale der Abgeordenten damit immer noch ohne sachlichen Grund Aufwendungen, die nach der allgemeinen Regelung des § 9 Abs. 5 i.V. m. § 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG nur beschränkt abziehbar sind. Eine Erklärung für diese Privilegierung der Abgeordneten ist wohl ebenso wie bei der bisherigen Bevorzugung im Rahmen der doppelten Haushaltsführung in der früheren Rechtslage zu suchen. Auch die Drei-Monats-Grenze ist erst mit dem JStG 1996589 eingeführt worden. Vorher und damit auch bei Inkrafttreten des Abgeordnetengesetzes am 1.4.1977590 ließ die Finanzverwaltung im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung Verpflegungsmehraufwendungen grundsätzlich zeitlich unbeschränkt zum Abzug zu, wenn auch nach einer Übergangszeit nur noch geringere Beträge gewährt wurden.591 586 Siehe dazu bereits die Ausführungen zur bisherigen Zwei-Jahres-Grenze im Rahmen der doppelten Haushaltsführung unter (a) (aa), S. 182 ff. 587 Es sind zwar Fälle denkbar, in denen Steuerpflichtige auch nach Ablauf von drei Monaten nicht unerhebliche Mehraufwendungen für Verpflegung haben. Diese können sich etwa ergeben, wenn man die am Beschäftigungsort entstehenden Verpflegungskosten der geringeren Haushaltsersparnis bei Verpflegung einer mehrköpfigen Familie gegenüberstellt, vgl. von Bornhaupt, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 9 Rn G 164. Der Gesetzgeber hat sich mit der Typisierung in § 9 Abs. 5 i.V. m. § 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG jedoch gegen eine Berücksichtigung dieser Fälle entschieden, so dass er nicht nur für die Gruppe der Abgeordneten von dieser Entscheidung abweichen kann. 588 So für das rheinland-pfälzische Abgeordnetengesetz auch Wieland, Rechtsgutachten Rheinland-Pfalz, S. 86. 589 Jahressteuergesetz 1996 v. 11.10.1995 (BGBl. I S. 1250). 590 Gesetz zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages v. 18.2.1977 (BGBl. I S. 297).
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Mit Einführung der Drei-Monats-Grenze für die übrigen Steuerpflichtigen hätte der Gesetzgeber jedoch die Kostenpauschale entsprechend angleichen müssen. (3) Kosten für Fahrten in Ausübung des Mandats (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 AbgG) Hinsichtlich der gemäß § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 AbgG abgegoltenen Kosten für Fahrten in Ausübung des Mandats ergeben sich hingegen wiederum keine Bedenken. Die dort berücksichtigten Kosten für Mandatsreisen mit dem eigenen PKW wären auch nach der allgemeinen Regelung des § 9 Abs. 1 S. 1 EStG als Fahrtkosten für Dienstreisen in vollem Umfang abziehbar, nur würde eben die gefahrene Strecke nicht pauschaliert.592 (4) Kosten zur Einrichtung und Unterhaltung eines Wahlkreisbüros (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AbgG) Gleiches gilt für die gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AbgG abgegoltenen Kosten zur Einrichtung und Unterhaltung eines Wahlkreisbüros. Auch diese Aufwendungen wären nach allgemeinen Regelungen gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 bzw. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 6 und 7 EStG in vollem Umfang abzugsfähig. Insbesondere wäre die Abzugsbeschränkung für Aufwendungen für häusliche Arbeitszimmer gemäß § 9 Abs. 5 i.V. m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG nicht anwendbar.593 (5) Sonstige mandatsbedingte Kosten (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 AbgG) Es bleiben noch die sonstigen mandatsbedingten Kosten, die die Kostenpauschale gemäß § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 AbgG abgilt. Die dort beispielhaft genannten Kosten für „Repräsentation, Einladungen, Wahlkreisbetreuung usw.“ sowie die Aufführung der Kosten für den „Besuch von Veranstaltun591 R 27 Abs. 1 S. 3 LStR 1975, R 20a IV S. 7 EStR 1975. Das stand im Gegensatz zur Abzugsfähigkeit von Verpflegungsmehraufwendungen bei Dienstreisen außerhalb einer doppelten Haushaltsführung, bei der der Abzug bereits immer auf drei Monate beschränkt war (mit Billigung der Rechtsprechung, vgl. zuletzt BFH, BStBl. II 1990, 803, 804; 1995, 137, 141). Die zeitlich unbeschränkte Berücksichtigung im Rahmen der doppelten Haushaltsführung wurde von der Rechtsprechung allerdings immer mehr in Zweifel gezogen, vgl. insb. BFH, BStBl. II 1995, 184, 185. 592 Siehe dazu bereits unter 2. b) bb) (2) (a), S. 158 f. Nur in sehr geringem Umfang wäre § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4, Abs. 3 EStG anwendbar (siehe auch dazu unter 2. b) bb) (2) (a), S. 160). 593 Siehe dazu bereits unter 2. b) bb) (3) (a), S. 162.
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gen, Einladungen, Glückwünsche, Zeitungsanzeigen, Repräsentationsaufwendungen“ in den Materialien594 könnten auf den ersten Blick vermuten lassen, dass in dieser Position auch nach allgemeinen Regelungen nicht abziehbare Aufwendungen berücksichtigt worden sind.595 Die Aufwendungen der genannten Art sind häufig als gemischte Aufwendungen einzustufen, die unter das Aufteilungs- und Abziehverbot nach § 12 Nr. 1 S. 2 EStG fallen bzw. deren Abziehbarkeit nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 oder 2 EStG eingeschränkt ist.596 Jedoch enthält § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 AbgG zugleich die Einschränkung, dass von diesen Kosten ausschließlich diejenigen abgegolten werden, die auch sonst nicht aus dem der Lebensführung dienenden beruflichen Einkommen zu bestreiten sind. Nun können die angeführten Aufwendungen bei weitaus überwiegender beruflicher Veranlassung auch ausnahmsweise abziehbar sein, worüber aber nur jeweils im Einzelfall entschieden werden kann.597 Man wird daher annehmen können, dass die Einschränkung in § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 AbgG gerade darauf abzielt, von den beispielhaft aufgeführten Aufwendungen nur diejenigen einzubeziehen, die nach diesen Grundsätzen abziehbar wären. Damit ist auch hier der Abgeltungsbereich noch zulässig bestimmt. Festhalten lässt sich damit bis hierher, dass die den Mitgliedern des Bundestages gewährte steuerfreie Kostenpauschale bereits nach ihrem in § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1–4 AbgG bestimmten Abgeltungsbereich zum Teil auch für Aufwendungen gewährt wird, die nach der allgemeinen Regelung des § 9 EStG nicht als Werbungskosten abziehbar wären. Während die Abgeltung der Übernachtungs- und Fahrtkosten bei Mandatsreisen, der Kosten für ein Wahlkreisbüro sowie der sonstigen mandatsbedingten Kosten keine Bedenken hervorruft, weicht die zeitlich unbeschränkte Berücksichtigung der Verpflegungsmehraufwendungen noch immer ohne sachlichen Grund von der allgemeinen Regelung in § 9 EStG ab. Die bisherigen Bedenken hinsichtlich der Kosten einer Zweitwohnung am Sitz des Bundestages sind erst mit der Neuregelung der doppelten Haushaltsführung im StÄndG 2003 entfallen. Nach wie vor überschreitet die Ausgestaltung der Kostenpauschale jedoch schon aus diesem Grund insoweit die Grenzen zulässiger Pauschalierung.
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Materialien zum Abgeordnetengesetz 1977, BT-Drucks. 7/5531, S. 22. In diese Richtung auch Geiger, ZParl 1978, 522, 528, der kritisiert, dass in der Kostenpauschale auch nach allgemeinen Regelungen nicht berücksichtigungsfähiger Repräsentationsaufwand berücksichtigt wird und dabei beispielhaft den „Besuch von gesellschaftlichen Veranstaltungen, Blumen und Geburtstagsgeschenke, Bewirtung von Gästen, Telefonate aus diesen und ähnlichen Anlässen, anspruchsvollere Bekleidung usw.“ nennt. 596 Siehe dazu bereits ausführlich unter 2. b) bb) (4) (aa), S. 163 f. 597 Das rechtfertigt ja gerade eine Pauschalierung dieser Aufwendungen. Siehe dazu insgesamt unter 2. b) bb) (4), S. 163 ff. 595
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bb) Realitätsgerechte Festsetzung der Kostenpauschale Weiterhin ist zu überprüfen, ob die Kostenpauschale bezogen auf diesen Abgeltungsbereich realitätsgerecht festgesetzt ist. (1) Zulässige Streubreite der Kostenpauschale Es fragt sich insoweit zunächst, ob die Streubreite der Kostenpauschale sich noch im zulässigen Rahmen hält. Bei Anwendung der dazu aufgestellten Grundsätze ergibt sich, dass hinsichtlich ihrer tatsächlichen Aufwendungen beträchtliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Abgeordneten bestehen. Die Gruppe der „Mitglieder des Bundestages“ ist nicht homogen. So unterhält nur ein Teil von ihnen tatsächlich eine Zweitwohnung in Berlin. Diese wird in der Regel bei Abgeordneten aus Berlin oder der näheren Umgebung entfallen.598 Auch Mitglieder des Bundestages, die gleichzeitig Bundesminister sind und daher einen Anspruch auf eine Amtswohnung haben (vgl. § 12 BMinG), werden keine zusätzliche Wohnung in Berlin unterhalten.599 Umgekehrt kann bei Mitgliedern des Bundestages, die keinen eigenen Wahlkreis haben, sondern über die Liste in den Bundestag eingezogen sind, zweifelhaft sein, ob sie am Wohnort noch einen eigenen Hausstand unterhalten. Sie werden häufig auch kein Wahlkreisbüro führen. Weiterhin führt auch ein Teil der Mitglieder des Bundestages deswegen kein eigenes Wahlkreisbüro, weil sie das örtliche Parteibüro für diese Zwecke mitbenutzen.600 Schließlich divergieren die Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wahlkreis und Sitz des Bundestages – soweit sie mit dem eigenen Pkw erfolgen und damit nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 AbgG aus der Pauschale zu tragen sind – je nach der Entfernung zwischen beiden.601 Überhaupt keine Kosten entstehen diesbezüglich Mitgliedern des Bundestages, denen für diese Zwecke ein Dienstwagen zur Verfügung steht (also vor allem dem Bundestagspräsidenten und den Mitgliedern des Bundestages, die gleichzeitig Bundesminister sind). Schließlich entstehen auch unterschiedliche Kosten je nach Teilnahme an den Sitzungen des Bundestages. Die zwischen den verschiedenen Gruppen von Abgeordneten divergierenden Aufwendungen führen zu einer erheblichen Streubreite der Kostenpau598 So auch von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 180. Immerhin kommen im jetzigen Bundestag von insgesamt 603 Mitgliedern 23 Mitglieder aus Berlin und 16 aus Brandenburg, aus den angrenzenden Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Sachsen kommen zusammen 58 Mitglieder, vgl. Amtliches Handbuch Deutscher Bundestag, Teil I. 2., S. 5 ff. 599 So auch von Arnim, Reform der Abgeordnetenentschädigung, S. 40. 600 von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 180. 601 So auch Geiger, ZParl 1978, 522, 529.
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schale. Bisher besteht eine Staffelung jedoch nur, wenn einem Mitglied des Bundestages ein Dienstwagen zur ausschließlichen Verfügung steht. Bei ihnen wird die Kostenpauschale gemäß § 12 Abs. 6 AbgG um 25 % gekürzt. Zudem erfolgt gemäß § 14 AbgG eine Kürzung bei Nichtteilnahme an Sitzungen des Bundestages und an namentlichen Abstimmungen.602 Auch in den übrigen Fällen wäre die große Streubreite indes leicht zu vermeiden. So ist es leicht feststellbar, ob ein Mitglied des Bundestages tatsächlich eine Zweitwohnung in Berlin unterhält oder ob er ein eigenes Wahlkreisbüro führt. Hinsichtlich dieser Aufwendungen ist der Gesetzgeber daher verpflichtet, die Unterschiede zwischen den verschiedenen Abgeordneten zu berücksichtigen.603 Das ist jedoch im Abgeordnetengesetz nicht erfolgt. Auch eine Staffelung der Fahrtkosten nach der Entfernung zum Wahlkreis wäre leicht zu verwirklichen, ist jedoch im Bund nicht erfolgt.604 Bedenken bestehen schließlich hinsichtlich der gemäß § 12 Abs. 5 AbgG gewährten zusätzlichen Amtsaufwandsentschädigung für den Bundestagspräsidenten und seine Stellvertreter. Zwar ist es zulässig, diesen als besonderen parlamentarischen Funktionsträgern in Abweichung vom formalisierten Gleichheitssatz eine höhere Grundentschädigung zu gewähren, jedoch ist nicht ersichtlich, inwiefern sie deshalb einen höheren Aufwand haben als andere Abgeordnete.605 Vielmehr werden sie in besonderem Maße die Ein602 Bedenken werden gegen die Ausgestaltung dieser Kürzung geäußert (Braun/ Jantsch/Klante, AbgG, § 14 Rn 7; Wieland, Rechtsgutachten Rheinland-Pfalz, S. 86 f.; A. Fischer, S. 137 f.). Grundsätzlich wird bei Nichtanwesenheit an einem Sitzungstag ein Betrag von 50 A einbehalten, um die entfallenen Verpflegungsmehraufwendungen auszugleichen, § 14 Abs. 1 S. 3 AbgG. Dagegen wird bei Nichtteilnahme an einer Plenarsitzung ein Betrag von 100 A einbehalten, § 14 Abs. 1 S. 4 AbgG. Es ist nicht ersichtlich, dass in beiden Fällen unterschiedlich hohe Verpflegungsmehraufwendungen entstehen. Der einzubehaltende Betrag verringert sich demgegenüber auf 20 A, wenn ein Aufenthalt in einem Krankenhaus oder Sanatorium oder eine Arbeitsunfähigkeit ärztlich nachgewiesen wird, § 14 Abs. 1 S. 5. Innerhalb der Mutterschutzfristen und bei Betreuung eines erkrankten Kindes unterbleibt eine Kürzung vollständig, § 14 Abs. 1 S. 6 AbgG. Auch in diesen Fällen der „entschuldigten“ Abwesenheit fallen aber keine Verpflegungsmehraufwendungen am Sitz des Bundestages an, so dass die geringere bzw. gar nicht erfolgende Kürzung inkonsequent erscheint. Jedoch wird man diese unterschiedlich hohen Kürzungen je nach Art der Sitzung sowie Vorliegen einer „Entschuldigung“ im Hinblick auf die Funktionsfähigkeit des Parlaments wohl noch als zulässige Lenkung rechtfertigen können (siehe zur Vereinbarkeit der Regelung mit Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG bereits III. 2. a), S. 114 Fn. 248). 603 So auch Geiger, ZParl 1978, 522, 529; von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 180 f. Schon der Rosenberg-Beirat, S. 46 hat ein Staffelung zumindest hinsichtlich der Zweitwohnung und des Wahlkreisbüros für dringlich gehalten. 604 In den Ländern werden die Fahrtkosten dagegen überwiegend entweder mit einer gestaffelten Pauschalierung abgegolten oder sogar nur gegen Einzelnachweis erstattet (siehe unter § 2 B., S. 24 ff.).
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richtungen des Bundestages nutzen, so dass sie eher weniger Aufwand haben dürften.606 Insgesamt wird man damit annehmen müssen, dass die Kostenpauschale bereits aufgrund ihrer zu großen Streubreite nicht hinreichend realitätsgerecht festgesetzt ist. (2) Zulässige Festsetzung des konkreten Betrags Ungeachtet dessen soll auch noch die Frage gestellt werden, ob der konkrete Betrag der Kostenpauschale sich hinreichend an dem im Durchschnitt tatsächlich anfallenden Aufwand orientiert. In der Literatur finden sich beinahe ausschließlich Äußerungen, die diesbezüglich den Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers als überschritten ansehen. So werden „erhebliche Zweifel“ am „Realitätsgehalt der Typisierung“607 geäußert. Die Kostenpauschale sei „im Schnitt zu hoch angesetzt“608 bzw. erscheine „der (durchschnittlichen) Höhe nach problematisch“.609 Der „Verdacht“ sei „nicht ausgeräumt“ ist, „daß ein nicht geringer Teil der Abgeordneten durch die Kostenpauschale eine Aufbesserung des Einkommens erfährt“, so dass der „Gesetzgeber ein nicht ganz unerhebliches verfassungsrechtliches Risiko“ laufe.610 Zur Begründung wird vor allem auf die ungesicherte Datenbasis611 sowie auf Ungereimtheiten und nicht nachvollziehbare Begründungen bei der Anhebung der Kostenpauschale612 verwiesen. Das OVG Sachsen-Anhalt tendierte in dem Verfahren zur Rechtmäßigkeit der Bezüge des ehemaligen Ministerpräsidenten Werner Münch bezüglich der den Mitgliedern des Landtags gewährten Kostenpauschale ebenfalls in diese Richtung. Es bestätigte, dass die Kostenpauschale „einen einkommensentlastenden Effekt“ habe und dass sich die Frage aufdränge, ob die Steuerfreiheit „in ihrer bisherigen Form sachlich noch zu rechtfertigen ist“.613 Allerdings war diese Frage nicht Gegenstand des Verfahrens. Dagegen hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof die Höhe der den Mitgliedern des Bayerischen Landtages im Jahr 1982 ge605
So auch Wieland, Rechtsgutachten Rheinland-Pfalz, S. 91 ff.; von Arnim, in: Schneider/Zeh, § 16 Rn 96; besonders nachdrücklich ders., Politik Macht Geld, S. 32 ff. 606 BVerfGE 40, 296, 318; 102, 224, 242 ff. 607 Trute, in: von Münch/Kunig, GG, Art. 48 Rn 34. 608 von Arnim, in: Schneider/Zeh, § 16 Rn 93 609 von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 189. 610 H. H. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 48 Rn 191. 611 Vgl. H. H. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 48 Rn 191. 612 Vgl. von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 186 ff. 613 OVG Sachsen-Anhalt v. 3.12.1997, Az: A 3 S 6/96, 8 A 67/94, S. 27 (nicht veröffentlicht).
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währten Kostenpauschale in Höhe von damals 3.800 DM noch für realitätsgerecht gehalten. Zur Begründung hat er ausgeführt, der Gesetzgeber habe davon ausgehen dürfen, dass die Abgeordneten sich aufgrund der Konkurrenz im demokratischen Willensbildungsprozess in der Regel auch finanziell soweit belasten, wie es ihnen die vom Gesetz eingeräumte Amtsausstattung erlaubt.614 Dieses Argument überzeugt indes nicht. Nähme man an, aufgrund der Konkurrenzsituation würde quasi automatisch jeder Abgeordnete zumindest Aufwendungen in Höhe seiner Kostenpauschale tätigen, könnte der Gesetzgeber jede beliebige Pauschale festsetzen. Ihre Realitätsgerechtheit ergäbe sich stets aus diesem Argument.615 Tatsächlich finden sich bei näherer Betrachtung eine Reihe von Indizien, die erhebliche Zweifel daran begründen, dass die Festsetzung der Kostenpauschale sich noch im vertretbaren Rahmen hält. Erste Zweifel ergeben sich bereits aus einigen Ungereimtheiten in den der Bemessung der Kostenpauschale zu Grunde liegenden Angaben in den Materialien zum Abgeordnetengesetz 1977. So wurde dort hinsichtlich der Fahrtkosten bei Mandatsreisen ein Kilometersatz von 0,54 DM bei 30.000 jährlich gefahrenen Kilometern bzw. 0,665 DM bei 18.000 jährlich gefahrenen Kilometern zu Grunde gelegt.616 Den übrigen Steuerzahlern wurde 1977 dagegen von der Finanzverwaltung für Dienstfahrten lediglich ein pauschaler Kilometersatz von 0,32 DM gewährt.617 Es ist nicht ersichtlich und wird auch in den Materialien nicht dargetan, inwieweit Mitgliedern des Bundestages höhere Kosten pro gefahrenem Kilometer entstehen als den übrigen Steuerzahlern.618 Auch die aus dem aktuell für Fahrtkosten angesetzten Gesamtbetrag hochgerechneten Kilometersätze liegen dementsprechend weit über den den übrigen Steuerpflichtigen gewährten Kilometersätzen.619 Ebenso begründen die für die Verpflegungsmehraufwendungen zu Grunde gelegten 280 Abwesenheitstage620 vom Wohnsitz im Wahlkreis Bedenken. Selbst wenn man wie der Gesetzgeber in unzulässiger Weise die Verpflegung am Sitz des Bundestages auch nach Ab614
BayVerfGH, VerfGHE 35, 148, 166. So auch nachdrücklich von Arnim, Macht macht erfinderisch, S. 43. 616 Materialien zum Abgeordnetengesetz 1977, BT-Drucks. 7/5531, S. 22. 617 Vgl. R 35 Abs. 8 S. 3 LStR 1975. 618 Kritisch daher auch von Arnim, Reform der Abgeordnetenentschädigung, S. 40, der jedoch unzutreffend auch den damaligen Kilometersatz für Fahrten zur Arbeitsstätte gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG heranzieht, als die die Fahrten von Abgeordneten nur in sehr geringem Umfang zu qualifizieren sind (siehe unter 2. b) bb) (3) (aa), S. 160). 619 Aktuell lassen sich Kilometersätze von 0,42 A bzw. 0,52 A ermitteln (siehe S. 158 Fn. 436) wohingegen den übrigen Steuerpflichtigen nur 0,30 A gewährt wird (R 38 Abs. 1 S. 6 LStR 2002 i.V. m. BMF v. 20.8.2001, BStBl. I 2001, 541). 620 Materialien zum Abgeordnetengesetz 1977, BT-Drucks. 7/5531, S. 22; KisselKommission, Anlage 13, S. 44. 615
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3. Teil: Verfassungsmäßigkeit der steuerfreien Kostenpauschale
lauf von drei Monaten einbezöge621, liefe das auf eine Anwesenheit im Wahlkreis von nur 85 Tagen, also weniger als die Wochenenden hinaus. Angesichts der Einstufung des Wahlkreises als zweite regelmäßige Arbeitsstätte des Abgeordneten wird man jedoch annehmen müssen, dass er außerhalb der Sitzungsperioden mit einer gewissen Regelmäßigkeit auch innerhalb der Woche in seinen Wahlkreis zurückkehrt. Auch wenn man davon ausgeht, dass der Abgeordnete andererseits in den Sitzungsperioden nicht jedes Wochenende an seinem Wohnsitz im Wahlkreis verbringt, erscheinen die angesetzten Abwesenheitstage damit zu hoch. Bei den übrigen Steuerpflichtigen wird im Übrigen in der Regel von 220 Arbeitstagen ausgegangen.622 Problematisch erscheint schließlich auch, dass der Gesetzgeber bei Änderungen in der Zusammensetzung der Kostenpauschale nicht mit einer Anpassung des Betrags reagiert. So wurden mit Wirkung für die 15. Wahlperiode die Telefonkosten im Wahlkreisbüro über Festnetze aus der Kostenpauschale herausgenommen623, die Kostenpauschale jedoch nicht entsprechend reduziert. Auch wenn es sich hierbei lediglich um einen kleineren Posten handelt, ergibt sich daraus die Schlussfolgerung, dass entweder der Betrag der Kostenpauschale vor der Änderung zu niedrig war oder nunmehr zu hoch ist.624 Weitere Zweifel ergeben sich aus einigen Entscheidungen von Zivilgerichten, die sich – wenn auch in einem anderen Zusammenhang – zu der Frage geäußert haben, ob der Kostenpauschale entsprechende tatsächliche Aufwendungen gegenüberstehen. Bei der Bestimmung des „unterhaltspflichtigen Einkommens“ von Abgeordneten beziehen sie auch die Kostenpauschale ein, soweit sie die tatsächlich anfallenden mandatsbedingten Aufwendungen überschreitet.625 Die steuerfreie Gewährung und die damit verbundene Fik621 Insoweit ist bereits der Abgeltungsbereich der Kostenpauschale weitgehend unzulässig (siehe unter aa) (1) (c), S. 188 f.). 622 Etwa bei der Entfernungspauschale gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG, vgl. etwa BMF v. 12.2.2001, BStBl I 2001, 994 ff. 623 Dreiundzwanzigstes Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes v. 10.11.2001 (BGBl I S. 2990). 624 Vgl. zu Ungereimtheiten und nicht nachvollziehbaren Begründungen bei der Festsetzung und Anhebung der Kostenpauschalen in den Ländern ausführlich von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 186 ff. 625 BGH, FamRZ 1986, 780, 782; OLG Stuttgart, NJW-RR 1994, 133, 134; OLG Düsseldorf v. 6.2.1984, Az: 2 UF 151/82 (nicht veröffentlicht; zitiert nach von Arnim, Macht macht erfinderisch, S. 29). Vgl. auch OLG Bamberg, FamRZ 1986, 1144 ff. Kritisch zu einer Einbeziehung der Kostenpauschale dagegen noch Roll, FamRZ 1980, 111, 112. Gegen die Entscheidung des OLG Düsseldorf hat der betroffene Abgeordnete eine Verfassungsbeschwerde erhoben, die vom Bundesverfassungsgericht jedoch nicht zur Entscheidung angenommen wurde, BVerfG v. 10.10.1984, Az: 1 BvR 342/84 (nicht veröffentlicht; zitiert nach von Arnim, Macht macht erfinderisch, S. 29 Fn. 14). Das zeigt noch einmal, dass das Bundesverfassungsgericht – wenn auch in anderem Zusammenhang – davon ausgeht, dass eine Einzel-
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tion, dass auch tatsächlich Aufwendungen in entsprechender Höhe angefallen sind, ändert daran nichts.626 Vielmehr trifft den Unterhaltsverpflichteten eine Darlegungslast. Er muss dartun und gegebenenfalls belegen, in welchem Umfang er die Aufwandsentschädigung durchschnittlich für mandatsbedingte Aufwendungen benötigt.627 Dabei sind allerdings auch Schätzungen nach § 287 ZPO zulässig. Die daraufhin von den Abgeordneten erbrachten Nachweise sowie die angestellten Schätzungen ergaben, dass einem erheblichem Teil der Kostenpauschale keine tatsächlichen Aufwendungen gegenüberstanden.628 Zwar betrafen diese Entscheidungen Einzelfälle, jedoch stellen die Feststellungen der Zivilgerichte in diesen Fällen ein weiteres Indiz dafür dar, dass in einer Vielzahl von Fällen die Kostenpauschale im Durchschnitt zu hoch bemessen ist. Ausschlaggebend ist aber letztlich, dass der Festsetzung der Kostenpauschale im Abgeordnetengesetz 1977 keine hinreichenden Informationen des Gesetzgebers über die im Durchschnitt tatsächlich anfallenden Aufwendungen zu Grunde lagen. Dem Rosenberg-Beirat, auf dessen Gutachten der Gesetzesentwurf maßgeblich beruhte, lagen 1976 solche Informationen nicht vor. Zwar hat er selbst auf vereinzelte Aufstellungen von Abgeordneten Bezug genommen, die in Tageszeitungen, Illustrierten und Wochenzeitungen veröffentlicht wurden. Ihm standen solche Aufstellungen von zwölf Abgeordneten zur Verfügung (sieben im Jahr 1975; sechs im Jahr 1974). Jedoch hat der Rosenberg-Beirat diese Aufstellungen selbst als nicht repräsentativ eingestuft. Die Zahl der Fälle sei zu gering, so dass sich keine Durchschnittswerte mit statistischer Aussagekraft gewinnen ließen.629 Zudem seien in den abrechnung dem Abgeordneten zumutbar ist. Der Gesetzgeber hat kurz nach der Entscheidung des Bundesgerichtshof erwogen, die Kostenpauschale per Gesetz aus dem unterhaltspflichtigen Einkommen herauszunehmen (vgl. § 31 Abs. 2 des Entwurfs eines Siebten Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes v. 25.6.1986, BT-Drucks. 10/5734, S. 5), was dann allerdings doch nicht verwirklicht wurde. 626 BGH, FamRZ 1986, 780, 782. 627 BGH, FamRZ 1986, 790, 783. 628 So wurde im vom OLG Stuttgart entschiedenen Fall eines Bundestagsabgeordneten von der Kostenpauschale in Höhe von jährlich 71.844 DM ein Betrag von 28.443 DM (also ca. 40 %) als für den privaten Verbrauch zur Verfügung stehendes und damit unterhaltspflichtiges Einkommen angesehen (vgl. OLG Stuttgart, NJW-RR 1994, 133, 134). Im vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fall eines nordrhein-westfälischen Landtagsabgeordneten war es bei einer Kostenpauschale in Höhe von monatlich 2.430 DM ein Betrag von 1.030 DM (also ca. 43 %; vgl. von Arnim, Macht macht erfinderisch, S. 29 Fn. 15). Im vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall ging es um einen bayerischen Landtagsabgeordneten, der eine Kostenpauschale in Höhe von monatlich 4.046 DM bezog. Der Bundesgerichtshof hat jedoch selbst keine Feststellungen zu den tatsächlich anfallenden Aufwendungen getroffen, sondern die Sache zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen an das Oberlandesgericht zurückverwiesen (vgl. BGH, FamRZ 1986, 780, 782).
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3. Teil: Verfassungsmäßigkeit der steuerfreien Kostenpauschale
Abrechnungen auch nicht mandatsbedingte Abzugsposten enthalten gewesen (z. B. die Beiträge an Partei und Fraktion sowie der vor 1977 noch zu entrichtende Eigenanteil zur Altersversorgung), so dass erst noch der Rückschluss auf die eindeutig mandatsbedingten Ausgaben zu ziehen wäre.630 Ohnehin wird man die Angaben im Hinblick auf ihre Herkunft – Tageszeitungen, Illustrierte, Wochenzeitungen – nicht für hinreichend zuverlässig halten können.631 Der Rosenberg-Beirat hat im Hinblick auf die ihm daher fehlenden Informationen auch gar keine endgültige Empfehlung abgegeben. Seine Empfehlung war lediglich als Übergangslösung gedacht.632 Jedoch hat der Gesetzgeber es bei dieser Übergangslösung belassen. Keine der in der Folge eingesetzten Kommissionen hat eine zuverlässige Datenerhebung vorgenommen.633 Vielmehr hat der Gesetzgeber lediglich den Betrag der Kostenpauschale unter Bezugnahme auf die Einkommens- und Preisentwicklung sukzessive angehoben.634 Aus dem damit zulässigen Orientierungsmaßstab für die Erhöhungen folgt jedoch keine vertretbare Bemessung der Pauschale. Das würde voraussetzen, dass auch der Ausgangswert bei bei ihrer Einführung realitätsgerecht war.635 Daran ändert auch nichts, dass die Kostenpauschale seitdem insgesamt sogar langsamer angestiegen ist als die Steigerung der Lebenshaltungskosten.636 629 Rosenberg-Beirat, S. 45. Ebenso Henkel, DÖV 1977, 350, 354. Auch H. H. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 48 Rn 191 meint, die Pauschale stehe auf „ungesicherter empirischer Basis“, die auch „keineswegs verlässlicher geworden“ sei. Von einer hinreichenden Repräsentativität dieser Angaben geht dagegen anscheinend Braun/ Jantsch/Klante, AbgG, § 12 Rn 12 Fn. 22 aus. So auch wohl der Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung v. 5.12.1986, BT-Drucks. 10/6685, S. 14: „Die vom Bundesverfassungsgericht für zulässig erklärte Kostenpauschale ist bei der Verabschiedung des Abgeordnetengesetzes so bemessen worden, dass ausgerichtet am repräsentativen Durchschnittsaufwand aller Mandatsträger die mandatsbedingten Aufwendungen bestritten werden können.“ 630 Rosenberg-Beirat, S. 45. 631 Ebenso wird man aus seitdem von einzelnen Abgeordneten veröffentlichen Aufstellungen über ihre Mandatsausgaben keine hinreichend zuverlässige Datenbasis ableiten können (vgl. etwa die von Norbert Gansel veröffentlichte Aufstellung seiner Mandatsausgaben bei Schindler, S. 3225 ff., wo zudem die Spenden an die Gliederungen der SPD von den errechneten Gesamtausgaben abzuziehen wären, weil sie keine als Mandatsausgaben berücksichtigungsfähigen Kosten darstellen). 632 Rosenberg-Beirat, S. 46: „Mangels halbwegs verlässlicher Informationen über die tatsächliche Höhe der durchschnittlichen mandatsbedingten Aufwendungen sieht sich der Beirat außerstande, eine Empfehlung abzugeben, die den vom Bundesverfassungsgericht erhobenen Ansprüchen genügt. Der Beirat hält es für geboten, daß sich der Bundestag die fehlenden Kenntnisse bald verschafft, gegebenenfalls durch Befragung einer repräsentativen Auswahl seiner Mitglieder.“ 633 Vgl. die Chronik der Diätengesetzgebung bei Schindler, S. 3198 ff. 634 Vgl. die Auszüge aus den Berichten über die Angemessenheit der Entschädigung nach dem bis 1995 geltenden § 30 AbgG bei Schindler, S. 3217 ff. 635 So auch von Arnim, Macht macht erfinderisch, S. 43.
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Zwar besteht auch bei der steuerfreien Kostenpauschale der Abgeordneten keine verfahrensrechtliche Verpflichtung des Gesetzgebers zur Informationserhebung oder gar ihrer Offenlegung in einer Begründung. Im Hinblick darauf, dass der durchschnittliche Aufwand der Abgeordneten ein ausschließlich statistisch zu ermittelnder Wert ist, wird man wie oben ausgeführt jedoch aus einer vollständig fehlenden Informationserhebung durch den Gesetzgeber eine erhebliche Indizwirkung für eine materiell fehlerhafte Festsetzung der Pauschale ableiten müssen.637 Überdies bestand und besteht auch weiterhin bezüglich der steuerfreien Kostenpauschale der Abgeordneten eine besondere Situation. Bei anderen steuerlichen Typisierungen und Pauschalierungen kann man auch ohne neuerliche Erhebungen möglicherweise unterstellen, dass der Gesetzgeber sich die erforderlichen Daten aus der Finanzverwaltung verschafft hat. So konnte er bei der Festsetzung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags gemäß § 9a S. 1 Nr. 1 EStG auf die Lohnsteuerstatistiken zurückgreifen, um auf dieser Grundlage die bei Arbeitnehmern in Zukunft zu erwartenden Werbungskosten hochzurechnen. Diese hat er auch in den Materialien angeführt.638 Aufgrund der steuerlichen Sonderregelungen für Abgeordnete mussten diese jedoch bisher keine Werbungskosten geltend machen, so dass die Finanzverwaltung als Informationsquelle ausscheidet. Die einzige Möglichkeit, die durchschnittlichen Aufwendungen in der Kostenpauschale realitätsgerecht festzusetzen, bestand für den Gesetzgeber in diesem speziellen Fall also tatsächlich in einer repräsentativen Informationsermittlung unter den Abgeordneten639, die der Gesetzgeber nicht durchgeführt hat. Insgesamt bestehen daher erhebliche Zweifel an einer vertretbaren Festsetzung der Kostenpauschale. c) Ergebnis Im Ergebnis genügt damit auch die Ausgestaltung der den Mitgliedern des Bundestages gewährten steuerfreien Kostenpauschale nicht den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG. Zum Teil ist bereits der Abgeltungsbereich der Pauschale unzulässig bestimmt. Jedenfalls ist sie aber nicht realitätsgerecht. Zum einen ist ihre Streubreite unzulässig groß, zum anderen hat der Gesetzgeber bei der Festsetzung des konkreten Betrags der Pauschale seinen Einschätzungsspielraum überschritten. Als Gesamtergebnis lässt sich damit festhalten, dass die Kostenpauschale im Vergleich der Abgeordneten mit der Allgemeinheit der Einkommensteuer636 637 638 639
Vgl. dazu Schindler, S. 3223 f. Siehe dazu ausführlich unter a) bb) (2) (b) (bb) (g), S. 179 ff. Vgl. BT-Drucks. 11/2536, S. 50. Wie vom Rosenberg-Beirat auch für geboten gehalten, vgl. Rosenberg-Beirat, S. 46.
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pflichtigen zum größten Teil bereits dem Grunde nach nicht gerechtfertigt ist. Eine Ausnahme bilden lediglich die in ihr enthaltenen sonstigen mandatsbedingten Kosten insbesondere für Repräsentation. Abgesehen von dem auf diese Aufwendungen entfallenden Teil verstößt bereits das „Ob“ der Pauschalierung gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Zusätzlich überschreitet auch die Ausgestaltung der Pauschale, also das „Wie“, die Grenzen zulässiger Pauschalierung.
§ 8 Vergleich der Abgeordneten untereinander (interner Vergleich) Darüber hinaus könnte die steuerfreie Kostenpauschale im Vergleich der Abgeordneten untereinander gegen den Gleichheitssatz verstoßen. Auf diesen internen Vergleich wird in der Literatur sogar überwiegend abgestellt.640 Zum Teil wird hierbei der den Status des Abgeordneten betreffende und aus Art. 38 Abs. 1 GG abzuleitende (strengere) formalisierte Gleichheitssatz641 herangezogen.642 Das kann indes nicht überzeugen. Zwar ist der formalisierte Gleichheitssatz auf die Abgeordnetenentschädigung grundsätzlich anwendbar643, wozu auch die neben der Grundentschädigung stehende Kostenpauschale gehört.644 Jedoch betrifft der formalisierte Gleichheitssatz ausschließlich die Gewährung der Kostenpauschale und setzt diesbezüglich Grenzen. Wenn es dagegen wie hier um die Besteuerung der Kostenpauschale geht, ist allein der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG einschlägig. Es ist streng zwischen der Anwendung des Gleichheitssatzes im Bereich des Parlaments- und Abgeordnetenrechts und im Bereich des Steuerrechts zu unterscheiden.645 Die Grenzen der steuerfreien Kostenpauschale bestimmen sich daher auch im Vergleich der Abgeordneten untereinander ausschließlich nach Art. 3 Abs. 1 GG.646 Im allgemeinen Schrifttum zur Typisierung wird bezüglich des internen Vergleichs häufig angenommen, dass es dort nicht zu einer Ungleichbehandlung komme, sondern vielmehr zu einer von Art. 3 Abs. 1 GG ebenfalls 640
Siehe dazu bereits unter § 7, S. 53 f., insbesondere die Nachweise in Fn. 20. Vgl. zu diesem etwa BVerfGE 102, 224, 238 f. 642 von Arnim, DVBl. 1983, 712, 713; ders., DÖV 1984, 85, 89; ders., in: Schneider/Zeh, § 16 Rn 93. 643 BVerfGE 40, 296, 317 f. Vgl. auch neuerdings etwas großzügiger BVerfGE 102, 224, 242 ff. 644 BVerfGE 40, 296, 318. 645 So zutreffend Geiger, ZParl 1978, 522, 527 f. 646 In diesem Sinne unterscheidet auch das Bundesverfassungsgericht zwischen den Grenzen für die Gewährung der Kostenpauschale (BVerfGE 40, 296, 318) und deren Steuerbefreiung (BVerfGE 40, 296, 328). 641
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umfassten Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem.647 Durch die Typisierung werde an die Stelle des individuellen Sachverhalts mit seinen Besonderheiten und der danach differenzierenden Behandlung eine Einheitsbetrachtung gesetzt, die die unterschiedlichen Fälle gleich behandele.648 Das erscheint jedoch nicht zutreffend. Tatsächlich führt eine Typisierung auch im internen Vergleich zu einer Ungleichbehandlung. Im Bereich des Steuerrechts bedeutet eine gleiche Besteuerung nämlich die unterschiedliche Besteuerung entsprechend der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bzw. entsprechend der gesetzgeberischen Grundentscheidung.649 Durch die Fixierung einer Durchschnittsnormalität in Form eines einheitlichen typischen Falls für nach der allgemeinen Grundentscheidung des Gesetzgebers unterschiedlich zu behandelnde Steuerpflichtige werden nur die Steuerpflichtigen im Sinne dieser Grundentscheidung „richtig“ behandelt, bei denen exakt diese Durchschnittsnormalität vorliegt. Alle übrigen Fälle werden bei Zugrundelegung dieser allgemeinen Grundentscheidung entweder bevorzugt oder benachteiligt, also ungleich behandelt.650 So werden vorliegend durch die steuerfreie Kostenpauschale bei allen Abgeordneten stets Werbungskosten in Höhe dieser Pauschale berücksichtigt, unabhängig davon, in welcher Höhe bei ihnen tatsächlich Aufwendungen angefallen sind. Dadurch werden nur diejenigen Abgeordneten „richtig“ im Sinne der allgemeinen gesetzgeberischen Grundentscheidung für das objektive Nettoprinzip behandelt, bei denen tatsächlich Werbungskosten in dieser Höhe angefallen sind. Für Abgeordnete, deren tatsächlich angefallener Aufwand geringer ist, werden dagegen die steuerpflichtigen Einkünfte „zu niedrig“ ermittelt. Sie werden gegenüber den übrigen Abgeordneten bevorzugt.651 Die Rechtfertigungsbedürftigkeit der steuer647 So etwa Tipke, StRO I, S. 349 und 354 ff.; Birk/Barth, in: Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 4 AO Anm. 492; Ruppe, DStJG 21 (1998), S. 29, 41; Isensee, Typisierende Verwaltung, S. 97; ders., StuW 1994, 3, 10; Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit, S. 82 ff. Vgl. zu dem aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden „Gebot der Ungleichbehandlung“ allgemein etwa BVerfGE 72, 141, 150; 84, 133, 158; 98, 365, 385. 648 Tipke, StRO I, S. 349. 649 Siehe dazu unter § 7 A. II. 1., S. 64 ff. 650 So zutreffend etwa Tipke/Lang, § 4 Rn 132. Vgl. in einem Exkurs auch Wernsmann, S. 194. Zu beachten ist, dass es hier nicht um die häufig diskutierte Problematik geht, ob sich Probleme der Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem nicht auch immer als Probleme der Ungleichbehandlung fassen lassen, wenn nur die richtigen Vergleichsgruppen gewählt werden (so etwa Rüfner, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 3 Abs. 1 Rn 10; dagegen überzeugend Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit, S. 84 ff.). Hier geht es nämlich nicht um die Bildung anderer Vergleichsgruppen, sondern um eine Ungleichbehandlung der gleichen Vergleichsgruppen, jedoch nicht in formaler Betrachtung, sondern gemessen an der gesetzgeberischen Grundentscheidung. 651 Auch hier ergibt sich natürlich umgekehrt eine Benachteiligung derjenigen Abgeordneten, deren tatsächliche Aufwendungen – was allerdings in der Praxis wohl nur selten vorkommen wird – ausnahmsweise über dem Betrag der Kostenpauschale lie-
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freien Kostenpauschale im internen Vergleich der Abgeordneten untereinander folgt damit wie auch im externen Vergleich aus einer Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem.652 Für die damit zu prüfende Rechtfertigung kann zum Teil auf die Ausführungen im externen Vergleich verwiesen werden. Insbesondere führt auch hier die unzulässige Ausgestaltung der Kostenpauschale (das „Wie“) zu einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Hinsichtlich der Rechtfertigung der Pauschalierung dem Grunde nach (dem „Ob“) ist jedoch zu beachten, dass es im internen Vergleich der Abgeordneten untereinander keine Rolle spielen kann, ob ein besonderer sachlicher Grund hinsichtlich der Pauschalierung gerade für Abgeordnete vorliegt.653 Diese Anforderung hat ihre Berechtigung nur in der Ungleichbehandlung mit der nicht in die Typisierung einbezogenen Allgemeinheit der Einkommensteuerpflichtigen. Für die Rechtfertigung des „Ob“ der Pauschalierung im internen Vergleich dürfte bereits das Vorliegen eines erkennbaren Vereinfachungsbedürfnisses genügen.654 Daher bestehen hier im Gegensatz zum externen Vergleich hinsichtlich des „Ob“ der Pauschalierung weitgehend keine Bedenken. Im internen Vergleich der Abgeordneten untereinander geht die Verfassungswidrigkeit der Kostenpauschale damit weniger weit als im externen Vergleich zur Allgemeinheit der Einkommensteuerpflichtigen.
§ 9 Möglichkeiten einer verfassungsmäßigen Regelung Es stellt sich schließlich die Frage, welche Möglichkeiten bestehen, die Besteuerung der den Abgeordneten gewährten Kostenerstattung verfassungsmäßig zu regeln. Ungeachtet der weniger weitgehenden Beurteilung im internen Vergleich verstößt im externen Vergleich mit der Allgemeinheit der Einkommensteuerpflichtigen bereits das „Ob“ der Pauschalierung gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Als verfassungsmäßige Alternativen zur bisherigen Regelung kommen damit nur solche Lösungen in Betracht, die auf eine steuerliche gen. Ihre steuerpflichtigen Einkünfte werrden „zu hoch“ ermittelt. Wie bereits bei der Ungleichbehandlung gegenüber den übrigen Steuerpflichtigen ausgeführt (siehe oben S. 79 Fn. 101) sollen hier jedoch nur die sich ergebenden Privilegierungen der Abgeordneten untersucht werden. 652 Zwar stellen auch diejenigen, die das Verbot der Gleichbehandlung heranziehen, die gleichen Anforderungen an die Rechtfertigung auf (vgl. etwa Ruppe, DStJG 21 (1998), S. 29, 41 und 49 ff.), so dass die Frage im Ergebnis nicht entscheidend ist. Nach allgemeinen Grundsätzen werden die Anforderungen an eine Rechtfertigung beim Verbot der Gleichbehandlung allerdings heruntergeschraubt (vgl. etwa BVerfGE 86, 81, 87; 90, 226, 239), so dass es dogmatisch sauberer erscheint, von einer Ungleichbehandlung auszugehen. 653 Siehe dazu unter § 7 B. IV. 2. a) dd), S. 139 ff. 654 Siehe auch zu dieser Anforderung unter § 7 B. IV. 2. a) dd), S. 139 ff.
§ 9 Möglichkeiten einer verfassungsmäßigen Regelung
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Pauschalierung insgesamt verzichten.655 Es würde nicht genügen, die Ausgestaltung der Pauschale anzupassen, also den Abgeltungsbereich zu korrigieren, eine Staffelung durchzuführen sowie den durchschnittlichen Aufwand repräsentativ zu ermitteln. Davon ausgenommen wäre lediglich eine weiterhin zulässige Pauschale für sonstige mandatsbedingte Kosten insbesondere für Repräsentation. Diesbezüglich ist eine Pauschalierung dem Grunde nach gerechtfertigt.656 Allerdings würde diese lediglich einen Bruchteil der bisherigen Pauschale ausmachen. Zudem müsste der Gesetzgeber hier zuvor den durchschnittlichen Aufwand repräsentativ ermitteln. Von dieser weiterhin möglichen kleineren Pauschalierung abgesehen bieten sich für eine Neuregelung insbesondere zwei Alternativen an. Zum einen wäre die Einführung einer einheitlichen steuerpflichtigen Entschädigung möglich.657 Der bisher für die Kostenabdeckung gedachte Betrag würde dann der Grundentschädigung hinzugeschlagen und der vollen Steuerpflicht unterworfen. Im Gegenzug könnten die Abgeordneten gemäß § 9 EStG ihre tatsächlichen Werbungskosten geltend machen.658 Gesetzestechnisch wäre dafür lediglich erforderlich, dass die Kostenpauschale nicht mehr wie bisher in § 12 Abs. 1 S. 1 AbgG als Aufwandsentschädigung festgesetzt wird, so dass sie nicht mehr unter die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 12 S. 1 EStG fiele. Dann entfiele ohne weitere Gesetzesänderung auch das Abzugsverbot nach § 22 Nr. 4 S. 2 EStG, da dieses nur eingreift, wenn eine steuerfreie Aufwandsentschädigung mit Abgeltungscharakter gezahlt wird.659 Zum anderen wäre 655 Zu den verschiedenen Möglichkeiten der Abgeltung des mandatsbedingten Aufwands insgesamt vgl. den Rosenberg-Beirat, S. 44. 656 Siehe dazu unter § 7 B. IV. 2. b) bb) (4), S. 163 ff. 657 Dafür etwa Wewer, S. 420, 457 f.; Hirsch, Kurzgutachten, S. 3; Grosse-Sender, in: Schneider/Zeh, § 64 Rn 7 Fn. 16; Wenz, Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik 1992, 53, 54 sowie die bereits oben genannten Berichte der Rhl.-Pf. Diätenkommission v. 1992 und der Nordrh.-Westf. Kommission v. 2002 sowie der Vorschlag der Fachkommission Bündnis 90/Die Grünen (siehe unter § 5, S. 45 Fn. 70 und 71). 658 Eine Höchstgrenze für die steuerliche Berücksichtigung von Werbungskosten für Abgeordnete wäre bei Wegfall der steuerlichen Pauschalierung nicht zu rechtfertigen. Zwar wird geltend gemacht, dass bei einem uneingeschränkten Werbungskostenabzug der steuermindernde Effekt von mandatsbedingten Aufwendungen von den unterschiedlichen Gesamteinkommen der Abgeordneten abhängig wäre, so dass die individuell unterschiedlichen Möglichkeiten zur Steuerreduzierung die Mandatsausübung beeinflussen könnten (so die Kissel-Kommission, S. 12; A. Fischer, S. 152). Dem wird jedoch zu Recht entgegengehalten, dass die höhere Steuerersparnis beim Werbungskostenabzug für Abgeordnete mit höherem Gesamteinkommen allein die Kehrseite der Tatsache ist, dass sie aufgrund der Progression auch mehr Steuern zu zahlen haben (vgl. von Arnim, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, S. 243). Für einen uneingeschränkten Werbungskostenabzug für Abgeordnete auch Tipke/Lang, § 9 Rn 590; Geiger, ZParl 1978, 522, 529.
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3. Teil: Verfassungsmäßigkeit der steuerfreien Kostenpauschale
eine Einzelerstattung der mandatsbedingten Kosten gegen Nachweis durch den Bundestag denkbar.660 Da bei diesen Zahlungen die Bundestagsverwaltung jeweils prüfen würde, ob ein entsprechender Aufwand tatsächlich angefallen ist, wäre es zu rechtfertigen, die Erstattungen unter den engen Voraussetzungen, wie sie auch sonst bei Aufwendungsersatz nach § 3 Nr. 12 S. 2, 13 EStG Anwendung finden, steuerfrei zu belassen. Die Steuerbefreiung stünde dann unter dem Vorbehalt, dass die Finanzverwaltung noch zu prüfen hat, ob die erstatteten Aufwendungen nach allgemeinen Regelungen als Werbungskosten einzustufen sind sowie ob die Zahlungen den dem Abgeordneten erwachsenen Aufwand nicht „offenbar übersteigen“.661 Den die Einzelerstattung übersteigenden tatsächlichen Aufwand könnte der Abgeordnete gemäß § 9 EStG darüber hinaus als Werbungskosten geltend machen.662 Dass eine solche verfassungsrechtlich unbedenkliche Lösung ohne Probleme umzusetzen wäre, zeigt die Rechtslage in einigen anderen Ländern. So bestehen in Großbritannien für die Bezüge der sog. Members of Parliament seit jeher keine steuerlichen Privilegien. Das gilt insbesondere auch für die diesen gewährten Kostenerstattungen, die vor allem aus der sog. Office Costs Allowance (OCA) bzw. der seit kurzem zum Teil an deren Stelle getretenen sog. Incidental Expenses Provision,663 der sog. Supplementary London Allowance sowie der sog. Motor Mileage Allowance bestehen.664 Sie werden nach allgemeinen Regelungen der Besteuerung unterworfen. Aufwen659 Vgl. dazu Jansen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 22 EStG Anm. 472. Durch diese Regelung in ihrem Zusammenspiel mit § 3 Nr. 12 S. 1 EStG bleibt es auch letztlich den Ländern überlassen, die Besteuerung der Mitglieder ihrer Landtage zu regeln, obwohl ihnen für die Besteuerung die Gesetzgebungskompetenz nach Art. 105 Abs. 2 GG gerade nicht zusteht (vgl. dazu auch die Materialien zum Abgeordnetengesetz 1977, BT-Drucks. 7/5531, S. 26). 660 Dafür etwa von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn 178; A. Fischer, S. 152. Auch die Kissel-Kommission, der Hessische Präsidentenbeirat und die Hamburger Enquete-Kommission „Parlamentsreform“ haben zumindest eine teilweise Einzelerstattung empfohlen (siehe bereits unter § 5, S. 45 Fn. 68 und 69). Diese werden von Lediger, S. 107 Fn. 509 übersehen, die meint, eine Einzelerstattung werde von keiner Seite vorgeschlagen. 661 Zu diesen Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 12 S. 2, 13, 16 EStG siehe unter § 7 A. II. 2. b) bb), S. 76 Fn. 99. 662 Auch bei dieser Lösung wäre eine Höchstgrenze für die steuerliche Berücksichtigung von Werbungskosten für Abgeordnete nicht zu rechtfertigen (siehe S. 203 Fn. 658). Dagegen wäre eine Begrenzung der vom Bundestag zu zahlenden Einzelerstattung auf einen Höchstbetrag – wie etwa von der Kissel-Kommission, S. 12 vorgeschlagen – durchaus sinnvoll. 663 Die in der Office Costs Allowance daneben noch enthaltenen Kosten für die Beschäftigung von Mitarbeitern werden nunmehr direkt von der Parlamentsverwaltung übernomen; die ebenfalls bisher erfassten Kosten für EDV-Einrichtungen werden direkt als Sachleistung gewährt. Vgl. zu der Neuregelung House of Commons, Research Paper 01/88.
§ 9 Möglichkeiten einer verfassungsmäßigen Regelung
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dungen können nach den für alle Steuerpflichten geltenden Grundsätzen abgezogen werden.665 Ein bedenkenswertes Beispiel stellt auch die Rechtslage in Österreich dar. Dort bestanden für die Mitglieder des Nationalrates ursprünglich vergleichbare Privilegierungen wie in Deutschland. Auch dort wurden erst 1972 die Grundentschädigungen der Besteuerung unterworfen, dabei aber noch umfangreiche Steuerbefreiungen für die daneben stehenden Auslagenersätze belassen. Im Gegensatz zur Entwicklung in Deutschland wurden aber auch diese 1984 weitgehend der Besteuerung unterworfen. Einige noch bestehende Ausnahmen wurden schließlich 1988 beseitigt.666 Seitdem unterliegen die Mitglieder des Nationalrates vollständig den für alle geltenden allgemeinen steuerlichen Regelungen. Der bis vor kurzem noch in pauschaler Form nach § 10 Bezügegesetz (BezG)667 gezahlte Auslagenersatz668 war gemäß § 25 Abs. 1 Z. 4 lit. a) österreich. EStG vollständig als Einnahme im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit zu erfassen.669 Die tatsächlichen Aufwendungen konnten ohne Beschränkung gemäß § 16 österreich. EStG als Werbungskosten abgezogen werden. Eine letzte Änderung erfolgte mit dem zum 1.8.1997 in Kraft getretenen Bundesbezügegesetz (BBezG)670, das den pauschalen Auslagenersatz durch eine Aufwendungsvergütung auf Einzelabrechnungsbasis mit einer Höchstgrenze ersetzte, § 10 BBezG. Auch diese unterliegt grundsätzlich der Besteuerung nach § 25 Abs. 1 Z. 4 lit. a) österreich. EStG671, jedoch gewährt die Finanzverwaltung beim Werbungskostenabzug Nachweiserleichterungen, wenn die geltend gemachten Werbungskosten die vom Nationalrat tatsächlich abgerechneten Aufwendungsvergütungen nicht übersteigen.672 Allerdings bestehen in zahlrei664
Vgl. zu den einzelnen Bestandteilen der Kostenerstattung und den Modalitäten ihrer Gewährung House of Commons, Research Paper 03/64, S. 15 ff. 665 Vgl. zu der Besteuerung der Kostenerstattungen Review Body on Senior Salaries, Report No. 48, Cm. 4997-I, S. 30. Eine Ausnahme besteht lediglich hinsichtlich einer spezielle Kostenerstattung für diejenigen Abgeordneten, die aus einem Wahlkreis außerhalb Londons kommen. Die ihnen gewährte sog. Additional Costs Allowance ist kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung steuerfrei. 666 Vgl. zu dieser Entwicklung der gegenwärtigen Rechtslage G. Lang, Politikerbesteuerung, S. 15 ff.; zu der grundlegenden Reform von 1984 auch Schuch, ÖStZ 1984, 50 ff. 667 Bundesgesetz über die Bezüge und Pensionen der obersten Organe des Bundes und sonstiger Funktionäre (Bezügegesetz), österreich. BGBl. I 1972 Nr. 273, zuletzt geändert durch Bundesgesetz, österreich. BGBl. I 1997 Nr. 3. 668 Gemäß § 9 Abs. 2 BezG betrug dieser 25 % des Gehaltes eines Bundesbeamten der Allgemeinen Verwaltung einer bestimmten, in § 9 Abs. 1 BezG festgelegten Dienstklasse, für den Präsidenten des Nationalrates sowie seine Stellvertreter 40 %. 669 Doralt, österreich. EStG, § 25 Tz 65. 670 Bundesgesetz über die Bezüge der obersten Organe des Bundes, der Mitglieder des Nationalrates und des Bundesrates und der von Österreich entsandten Mitglieder des Europäischen Parlaments (BBezG), österreich. BGBl. I 1997, Nr. 64. 671 G. Lang, Politikerbesteuerung, S. 39.
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3. Teil: Verfassungsmäßigkeit der steuerfreien Kostenpauschale
chen Ländern auch noch mit der deutschen Rechtslage vergleichbare Regelungen. So sehen etwa Frankreich, Dänemark, die Niederlande, Finnland, Belgien und Griechenland in unterschiedlichem Umfang steuerliche Sonderregelungen für die Kostenerstattungen vor.673
672 Erlass des österreich. BMF v. 17.2.1998, AÖF 1998 Nr. 72, Tz 1.4. Übersteigen die geltend gemachten Werbungskosten indes diesen Betrag, sind sie vollständig und im Einzelnen nachzuweisen. Zudem überprüft die Finanzverwaltung in jedem Fall, ob die angegebenen Aufwendungen nach allgemeinen steuerlichen Regelungen Werbungskosten darstellen (vgl. ebenfalls Tz 4.1 des Erlasses). Vgl. zur Besteuerung der Nationalratsabgeordneten insgesamt, insbesondere auch zu den von ihnen geltend zu machenden Werbungskosten G. Lang, S. 26 ff.; Warnold, RdW 1999, S. 226 ff. sowie den Erlass des österreich. BMF v. 30.4.1997, AÖF 1997 Nr. 124. 673 Einen Überblick über die Rechtslage in diesen sowie den übrigen Ländern der Europäischen Union bietet die Mitteilung an die Mitglieder des Europäischen Parlaments Nr. 5/2000. Ein Überblick zudem über die Rechtslage in Ländern außerhalb der Europäischen Union findet sich in dem Bericht des britischen Review Body on Senior Salaries, Report No. 38, Cm. 3330-II, S. 47 ff. Einige Hinweise finden sich zudem in der Aufstellung der Kissel-Kommission, Anlage 15, S. 51. Eine rechtsvergleichende Studie zu den parlamentarischen Bezügen insgesamt findet sich schließlich bei van der Hulst, S. 28 ff.
Vierter Teil
Möglichkeiten einer Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht § 10 Rechtsschutzmöglichkeiten der von der Pauschalierung ausgeschlossenen Steuerpflichtigen Zuletzt soll noch der Frage nachgegangen werden, auf welchem Wege die steuerfreie Kostenpauschale der Abgeordneten durch das Bundesverfassungsgericht auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüft werden kann. Die Betrachtung soll sich dabei auf die prozessualen Möglichkeiten der von der Pauschalierung ausgeschlossenen Steuerpflichtigen beschränken.1 Das Bundesverfas1 Die in die Pauschalierung einbezogenen Abgeordneten selbst können zumindest dann gegen die steuerfreie Kostenpauschale vorgehen, wenn sie – was allerdings in der Praxis wohl nur selten vorkommen wird – ausnahmsweise tatsächliche Aufwendungen haben, die über den Betrag der Kostenpauschale hinausgehen, und damit benachteiligt werden. Begehrt ein Abgeordneter die steuerliche Anerkennung auch solcher über die Pauschale hinausgehenden Werbungskosten, käme im finanzgerichtlichen Verfahren eine konkrete Normenkontrolle oder gegebenenfalls im Anschluss daran eine Verfassungsbeschwerde des Abgeordneten in Betracht. Die Entscheidungserheblichkeit bzw. die Beschwerdebefugnis würde daraus folgen, dass bei Verfassungswidrigkeit der nach § 3 Nr. 12 S. 1 EStG steuerfreien Kostenpauschale auch die Abzugsbeschränkung in § 22 Nr. 4 S. 2 EStG verfassungswidrig wäre, so dass § 9 Abs. 1 S. 1 EStG zur Anwendung käme und ein unbeschränkter Werbungskostenabzug zulässig wäre. Zwar ist der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung zu § 22 Nr. 4 S. 2 EStG nicht auf die Gleichheitsgerechtigkeit der Pauschale eingegangen, was jedoch darin begründet lag, dass der Kläger bereits gar nicht dargetan hat, dass seine Aufwendungen die Kostenpauschale überstiegen haben (vgl. BFH, BStBl. II 1988, 433, 434). Zwar nicht gegen die Steuerfreiheit, aber gegen die Gewährung der Kostenpauschale kann jeder Abgeordneter im Rahmen eines Organstreitverfahrens nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG gestützt auf den zwischen den Abgeordneten geltenden formalisierten Gleichheitssatz vorgehen. Diesen Fall betraf BVerfGE 102, 245 ff., wo es um den Antrag einer rheinland-pfälzischen Landtagsabgeordneten ging, mit dem diese im Rahmen eines Landesorganstreitverfahrens unter anderem die zusätzlichen Aufwandspauschalen für besondere parlamentarische Funktionsträger überprüfen lassen wollte. Das Bundesverfassungsgericht hat den Antrag aber aus anderen Gründen, nämlich der zwischenzeitlich neu begründeten Zuständigkeit des rheinlandpfälzischen Verfassungsgerichtshofs nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a. E. GG als unzulässig abgewiesen (BVerfGE 102, 245, 250 f.). In Betracht kommt daneben eine Überprüfung der steuerfreien Kostenpauschale in einer anderen Konstellation. Begehrt ein
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4. Teil: Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht
sungsgericht hat in einem Beschluss vom 20.6.1978 eine Verfassungsbeschwerde eines solchen Steuerpflichtigen als unzulässig verworfen.2 Seit dieser Entscheidung wird allgemein angenommen, dass für die von der PauschaAbgeordneter die steuerliche Anerkennung von Abzügen, die ihm das Finanzamt rechtswidrig verweigert hat (z. B. Werbungskosten außerhalb seiner Abgeordnetentätigkeit, Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen, o. ä.), kann in diesem Verfahren das Finanzgericht bzw. der Bundesfinanzhof § 3 Nr. 12 S. 1 EStG dem Bundesverfassungsgericht gemäß § 100 Abs. 1 GG vorlegen. Die Entscheidungserheblichkeit im Ausgangsverfahren ergäbe sich daraus, dass bei Verfassungswidrigkeit von § 3 Nr. 12 S. 1 EStG den zu Recht geltend gemachten Abzügen im gleichen Umfang die bislang unversteuerte Kostenpauschale gegenzurechnen wäre. Das folgt aus der in der Finanzgerichtsordnung geltenden Saldierungstheorie, nach der sich der Streitgegenstand nicht auf eine oder mehrere konkrete Normen (etwa § 9, § 10, § 33 EStG) bezieht, sondern darauf, ob sich der angefochtene Steuerbescheid im Ergebnis – gegebenenfalls nach Saldierung der unrichtigen Würdigung einzelner Besteuerungsgrundlagen – als rechtswidrig erweist (vgl. etwa BFH, BStBl. II 1968, 344, 346 f.; 1980, 99, 102). Zwar hat das Bundesverfassungsgericht in einigen älteren Entscheidungen eine Vorlage für unzulässig gehalten, wenn über die Verfassungsmäßigkeit einer Norm nicht aus Anlass einer geltend gemachten Benachteiligung eines Beteiligten des Ausgangsverfahrens zu entscheiden war, sondern vielmehr aus Anlass seiner Bevorzugung (BVerfGE 66, 100, 105 ff.; 67, 239, 243 f.). Jedoch hat das Bundesverfassungsgericht inzwischen seine Rechtsprechung geändert, so dass auf diesem Weg etwa die Entscheidung zur Stellenzulage Ost zustande kommen konnte. Dort hat das Bundesverfassungsgericht die Vorlage (FG Brandenburg, EFG 1995, 977) für zulässig erachtet, obwohl der Kläger des Ausgangsverfahrens durch § 3 Nr. 12 S. 1 privilegiert war (BVerfGE 99, 280, 288 f., 298 ff.; zustimmend mit überzeugenden Argumenten auch Wernsmann, S. 273 ff. m. w. N.). Ohne weiteres möglich wäre schließlich eine Überprüfung im Wege einer abstrakten Normenkontrolle nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG auf Antrag der Bundesregierung, einer Landesregierung oder eines Drittels der Mitglieder des Bundestages. Auf einer abstrakten Normenkontrolle nach thüringischem Landesrecht beruhte die Entscheidung des ThürVerfGH, NVwZ-RR 2003, 793 ff. zur Gewährung von zusätzlichen Aufwandspauschalen für besondere parlamentarische Funktionsträger (allerdings war deren Steuerfreiheit nicht Gegenstand der Entscheidung). 2 BVerfGE 49, 1, 7 ff. Zustimmend Schmidt-Bleibtreu, INF 1978, 481 ff. Die Verfassungsbeschwerde war von einem pensionierten Richter am Oberlandesgericht eingelegt worden (vgl. von Arnim, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, S. 275). Das Diätenurteil des Bundesverfassungsgerichts, in dem dieses zur steuerfreien Kostenpauschale der Abgeordneten Stellung genommen hat, ging dagegen auf eine Verfassungsbeschwerde eines Bewerbers um ein saarländisches Landtagsmandat zurück (vgl. zum Sachverhalt die vorangegangene Teilentscheidung in BVerfGE 38, 326, 331 ff.). Diese richtete sich allerdings gegen ganz andere Vorschriften des damaligen saarländischen Landtagsgesetzes, was das Bundesverfassungsgericht zum Anlass nahm, unter Heranziehung von § 78 S. 2 BVerfGG auch im Verfassungsbeschwerdeverfahren daneben die Steuerfreiheit der Abgeordnetenentschädigung einer verfassungsrechtlichen Überprüfung zu unterziehen (BVerfGE 40, 296, 238 f.; kritisch zu diesem prozessualen Vorgehen das Sondervotum Seuffert, BVerfGE 40, 330, 333 f., 348 f. sowie Menger, VerwArch 67 (1976), 303, 309 ff.; Henkel, DÖV 1975, 819; Häberle, NJW 1976, 537, 543 Fn. 90). Einen Sonderfall stellt die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs zur steuerfreien Kostenpauschale der bayerischen Landtagsabgeordneten
§ 10 Rechtsschutzmöglichkeiten
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lierung ausgeschlossenen Steuerpflichtigen keine Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die steuerfreie Kostenpauschale bestehen.3 Aufgrund der neuesten Entwicklungen in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, insbesondere durch die Entscheidung zur Vermögensteuer vom 22.6.19954, könnte sich das allerdings inzwischen geändert haben.5
A. Konkrete Normenkontrolle im Rahmen einer finanzgerichtlichen Klage eines von der Pauschalierung ausgeschlossenen Steuerpflichtigen In Frage kommt zunächst eine konkrete Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 GG im Rahmen einer finanzgerichtlichen Klage eines von der Pauschalierung ausgeschlossenen Steuerpflichtigen. Dieser könnte nach erfolglosem Einspruch gemäß § 347 ff. AO gegen seinen Einkommensteuerbescheid Anfechtungsklage vor dem Finanzgericht gemäß § 40 Abs. 1 1. Fall FGO erheben. Gegen ein abweisendes Urteil könnte er dann – gegebenenfalls nach erfolgreichem Abschluss des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens gemäß § 116 FGO – Revision beim Bundesfinanzhof gemäß § 115 Abs. 1 FGO einlegen. Dabei würde er geltend machen, es verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass bei Abgeordneten die Kostenpauschale nach § 3 Nr. 12 S. 1 EStG steuerfrei sei während er lediglich nach den allgemeinen Regelungen Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abziehen könne. Im Einzelnen würde er zum einen geltend machen, dass bereits die Pauschalierung dem Grunde nach nicht gerechtfertigt sei, zum anderen, dass auch deren Ausgestaltung die zulässigen Grenzen überschreite. In der Kostenpauschale seien Verpflegungsmehraufwendungen enthalten, die nach der allgemeinen Regelung des § 9 Abs. 5 i.V. m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 EStG bzw. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 EStG bei ihm nur zeitlich begrenzt abzugsfähig seien. Zudem habe sie eine zu große Streubreite und sei im Durchschnitt überhöht. Bislang konnte hier auch vorgebracht werden, bei Abgeordneten würden Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung im Gegensatz zur allgemeinen Regelung in § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 3 EStG a. F. bzw. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6a EStG a.F. zeitlich unbegrenzt berücksichtigt. Dieser Punkt hat sich allerdings mit der Neuregedar, die auf eine in Bayern gemäß Art. 98 Abs. 4 BV zulässige Popularklage zurückging (BayVerfGH, VerfGHE 35, 148, 153). 3 Vgl. etwa von Arnim, Die Partei, der Abgeordneten und das Geld, S. 275 f.; ders., Politik Macht Geld, S. 39 ff.; Wenz, Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik 1992, 53, 54. 4 BVerfGE 93, 121 ff. 5 Offengelegt wurde die neueste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts insbesondere von Wernsmann, Das gleichheitswidrige Steuergesetz – Rechtsfolgen und Rechtsschutz, 2000. Vgl. auch dens., FR 1999, 242 ff.
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4. Teil: Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht
lung der doppelten Haushaltsführung im StÄndG 2003 erledigt und kann daher nicht mehr gerügt werden.6 Halten das Finanzgericht oder der Bundesfinanzhof die steuerfreie Kostenpauschale der Abgeordneten für verfassungswidrig, werden sie im Rahmen einer konkreten Normenkontrolle gemäß Art. 100 Abs. 1 S. 1 2. Fall GG, §§ 80 ff. BVerfGG die verfassungswidrigen Vorschriften dem Bundesverfassungsgericht vorlegen, wenn es auf deren Verfassungswidrigkeit bei der Entscheidung des Ausgangsverfahrens ankommt (sog. Entscheidungserheblichkeit).7 Entscheidungserheblich ist die Verfassungsmäßigkeit der Norm, wenn das Gericht im Ausgangsverfahren bei Verfassungsmäßigkeit der Norm anders entscheiden müsste als bei deren Verfassungswidrigkeit.8 Entscheidend für die Zulässigkeit einer konkreten Normenkontrolle ist demnach, ob eine Verfassungswidrigkeit der steuerfreien Kostenpauschale der Abgeordneten in dem Ausgangsverfahren des von der Pauschalierung ausgeschlossenen Steuerpflichtigen zu einer anderen Entscheidung führen würde. In diesem Zusammenhang ist die Struktur des hier in Frage stehenden Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG von maßgeblicher Bedeutung. § 3 Nr. 12 S. 1 EStG stellt eine drittbevorzugende Norm in Form eines sog. konkludenten Begünstigungsausschlusses9 dar. Im Bereich ungleicher Belastungen weist ein konkludenter Begünstigungsausschluss folgende Grundkonstellation auf: Eine Grundnorm ordnet für die Gesamtheit der Adressaten C eine Belastung (z. B. Steuerzahlung) an. Eine Ausnahmevorschrift nimmt jedoch eine Vergleichsgruppe A unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG wieder von dieser Belastung aus (z. B. durch Herabsetzung der Steuerschuld), ohne die andere Vergleichsgruppe B zu erwähnen. Aufgrund der Ausnahmevorschrift wird also die von der Belastung ausgenommene Vergleichsgruppe A gegenüber 6
Siehe dazu unter § 7 B. IV. 2. b) aa) (1) (a), S. 182 ff. Entgegen dem Wortlaut des Art. 100 Abs. 1 GG muss es nicht auf die Gültigkeit der vorgelegten Norm ankommen, sondern lediglich auf deren Verfassungsmäßigkeit (vgl. nur BVerfGE 93, 386, 395). Der Grund hierfür ist, dass das Bundesverfassungsgericht neben der in den §§ 95 Abs. 3, 82 Abs. 1, 78 S. 1 BVerfGG vorgesehenen Nichtigerklärung verfassungswidriger Normen als weitere „neue“ Tenorierungsform die Unvereinbarerklärung in ihren verschiedenen Formen entwickelt hat, bei denen auch eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 S. 1 GG möglich sein muss. 8 Vgl. etwa BVerfGE 7, 171, 174; 22, 175, 176 f.; 72, 51, 60; 84, 233, 237. 9 Vgl. zu dieser Konstellation eines Gleichheitsverstoßes ausführlich Wernsmann, S. 86 und 120. Der Begriff des Begünstigungsausschlusses ist allerdings missverständlich. An sich bezeichnet der Begriff der Begünstigung den Bereich der Leistungsverwaltung im Abgrenzung zur (belastenden) Eingriffsverwaltung. Exakt formuliert geht es hier aber um den Ausschluss aus einer Bevorzugung, die nicht nur bei Begünstigungen (z. B. Subventionen), sondern auch bei Belastungen (z. B. Besteuerung) vorkommen kann (vgl. dazu ausführlich Wernsmann, S. 83 ff.). Dennoch soll es aus Gründen der Verständlichkeit im Folgenden bei der herkömmlichen Begrifflichkeit bleiben. 7
§ 10 Rechtsschutzmöglichkeiten
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der noch nach der Grundnorm belasteten Vergleichsgruppe B bevorzugt. § 3 Nr. 12 S. 1 EStG bevorzugt die Abgeordneten durch Anordnung der Steuerfreiheit ihrer Kostenpauschale in Abweichung von den Grundnormen zur Ermittlung der Einkünfte in den §§ 8, 9 EStG bzw. § 4 Abs. 3, 4 EStG. Diese Bevorzugung ergibt sich jedoch nicht durch einen ausdrücklichen Ausschluss der übrigen Steuerpflichtigen in § 3 Nr. 12 S. 1 EStG selbst, sondern dadurch, dass § 3 Nr. 12 S. 1 EStG diese gar nicht nennt und daher die Grundnormen der §§ 8, 9 EStG bzw. § 4 Abs. 3, 4 EStG Anwendung finden. In solchen Konstellationen eines konkludenten Begünstigungsausschlusses ist zum einen problematisch, auf welchen Normen der Gleichheitsverstoß beruht und welche Normen damit verfassungswidrig sind. Zum anderen ist problematisch, ob das Bundesverfassungsgericht als Folge der Verfassungswidrigkeit die in §§ 82 Abs. 1, 78 S. 1 BVerfGG als Grundsatz vorgesehene Nichtigerklärung oder die von ihm entwickelte weitere Tenorierungsvariante der bloßen Unvereinbarerklärung10 wählen wird. Von diesen beiden Fragen hängt ab, ob ein gleichheitswidriger konkludenter Begünstigungsausschluss im Ausgangsverfahren eines Angehörigen der benachteiligten Vergleichsgruppe entscheidungserheblich ist. Das Bundesverfassungsgericht ist hier in der Vergangenheit zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen. In seiner Rechtsprechung lassen sich diesbezüglich mehrere Phasen unterscheiden. I. Ältere Rechtsprechung: Nichtigkeit der drittbevorzugenden Norm In seiner älteren Rechtsprechung sah das Bundesverfassungsgericht bei gleichheitswidrigen konkludenten Begünstigungsausschlüssen ausschließlich die Ausnahmevorschrift als verfassungswidrig an. Obwohl sich die Ungleichbehandlung erst im Vergleich mit der Grundnorm ergab, hielt es diese dagegen nicht für verfassungswidrig, da sie vom Wortlaut her für beide Vergleichsgruppen die gleiche Belastung vorsah. Da das Bundesverfassungsgericht in dieser Phase noch vom Dogma der ipso-iure-Nichtigkeit verfassungswidriger Normen ausging und die bloße Unvereinbarerklärung noch nicht entwickelt hatte, ging es weiterhin von der Nichtigkeit der drittbevorzugenden Norm aus. Da diese Nichtigkeitsfolge jedoch nicht die als verfassungsgemäß eingestufte Grundnorm traf, kam bei einer Klage eines Angehörigen der benachteiligten Vergleichsgruppe keine konkrete Normenkontrolle in Betracht. Dieser wurde sowohl bei Verfassungsmäßigkeit als auch bei Nichtigkeit der drittbevorzugenden Ausnahmevorschrift mit der von der Grundnorm angeordneten Steuerschuld belastet, so dass die Verfassungsmäßigkeit der 10 Vgl. dazu erstmals BVerfGE 13, 248, 249; ferner BVerfGE 8, 28, 36 ff.; 22, 349, 361. Diese neue Entscheidungsvariante ist vom Gesetzgeber durch das 4. Änderungsgesetz zum BVerfGG von 1970 in § 31 Abs. 2 S. 2, 3 und § 79 Abs. 1 BVerfGG auch nachträglich anerkannt worden.
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4. Teil: Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht
drittbevorzugenden Ausnahmevorschrift nicht entscheidungserheblich war. Dass bei Nichtigkeit der Ausnahmevorschrift auch die Angehörigen der bevorzugten Vergleichsgruppe wieder nach der Grundnorm belastet worden wären, spielte keine Rolle. Die Verfassungsmäßigkeit der Grundnorm wäre dagegen entscheidungserheblich gewesen, jedoch wurde diese nicht als verfassungswidrig angesehen.11 Bei Anwendung dieser älteren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf den vorliegenden Fall wäre allein § 3 Nr. 12 S. 1 EStG verfassungswidrig und damit nichtig. Trotz ungleicher Belastung wären die Grundnormen der §§ 8, 9 EStG bzw. § 4 Abs. 3, 4 EStG dagegen nicht als verfassungswidrig anzusehen. Da die Einkünfte des von der Pauschalierung ausgeschlossenen Klägers auch bei Nichtigkeit des § 3 Nr. 12 S. 1 EStG nach wie vor nach den §§ 8, 9 EStG bzw. § 4 Abs. 3, 4 EStG ermittelt würden, wäre die Verfassungsmäßigkeit des § 3 Nr. 12 S. 1 EStG für das Ausgangsverfahren nicht entscheidungserheblich. Eine Vorlage der Ausnahmevorschrift des § 3 Nr. 12 S. 1 EStG käme also nicht in Betracht, da sie auf den Kläger nicht anwendbar ist, eine Vorlage der Grundnormen nicht, da sie nicht verfassungswidrig sind. Nach der älteren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts war eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG also noch unzulässig. II. Neuere Rechtsprechung: Chance auf Einbeziehung durch bloße Unvereinbarerklärung der drittbevorzugenden Norm Diese Grundsätze modifizierte das Bundesverfassungsgericht in seiner neueren Rechtsprechung, um die Rechtsschutzlücke12 bei gleichheitswidrigen konkludenten Begünstigungsausschlüssen zu schließen. Es hielt allerdings weiterhin daran fest, ausschließlich die drittbevorzugende Norm zu betrachten. Alleine diese verstieß nach Ansicht des Bundesverfassungsgericht gegen Art. 3 Abs. 1 GG und war damit verfassungswidrig, nicht jedoch die die (ungleiche) Belastung anordnende Grundnorm. Jedoch entwickelte das Bundesverfassungsgericht neben der Nichtigerklärung die bloße Unvereinbarerklärung als weitere Tenorierungsvariante. Der Grund hierfür war, dass der Gesetzgeber bei einem Gleichheitsverstoß mehrere Möglichkeiten hat, den verfassungsmäßigen Zustand zu beseitigen und eine Nichtigerklärung in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers eingreifen könnte.13 Nach einer Unvereinbarerklärung eines gleichheitswidrigen Gesetzes durch das Bundesverfas11
BVerfGE 8, 28, 32 ff.; 9, 250, 255; 14, 308, 311 f.; 15, 121, 125. So Wernsmann, S. 44. 13 Das ist erste Fallgruppe, in der das Bundesverfassungsgericht eine bloße Unvereinbarerklärung wählt, vgl. etwa BVerfGE 22, 349, 361 f.; 23, 1, 10; 23, 242, 254 f. und aus der jüngeren Zeit 92, 53, 73; 93, 121, 148; 93, 165, 178; 99, 280, 298. 12
§ 10 Rechtsschutzmöglichkeiten
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sungsgericht war das Ausgangsverfahren des Benachteiligten auszusetzen (im finanzgerichtlichen Verfahren nach § 74 FGO), bis der Gesetzgeber eine Neuregelung getroffen hatte. Es war abzuwarten, ob der Gesetzgeber die Benachteiligten in die bevorzugende Regelung einbezog, die bevorzugende Regelung komplett strich oder die Materie auf andere Art und Weise regelte. Mit der Aussetzung des Verfahrens war bei Verfassungswidrigkeit der drittbevorzugenden Norm eine andere Entscheidung zu treffen als bei ihrer Verfassungsmäßigkeit. Ihre Verfassungsmäßigkeit war damit entscheidungserheblich.14 Jedoch beschränkte das Bundesverfassungsgericht diese Grundsätze auf die Fälle, in denen der Kläger des Ausgangsverfahrens bei der erwarteten Neuregelung des Gesetzgebers infolge der beanstandeten Drittbevorzugung eine Chance auf Einbeziehung in die bevorzugende Regelung erhielt. Es musste eine Besserstellung des Klägers in Betracht kommen.15 Ob eine solche Chance auf Einbeziehung in die bevorzugende Regelung bestand, hing zum einen davon ab, ob eine Einbeziehung überhaupt verfassungsrechtlich zulässig oder ob nur der ersatzlose Wegfall der bevorzugenden Regelung verfassungskonform war.16 Darüber hinaus prüfte das Bundesverfassungsgericht jedoch noch, ob eine Einbeziehung des Klägers „offensichtlich“ oder „schlechthin ausgeschlossen“ erschien.17 Wenn nach diesen Grundsätzen keine Chance auf Einbeziehung in die bevorzugende Regelung bestand, kam statt einer Unvereinbarerklärung doch lediglich eine Nichtigerklärung der drittbevorzugenden Ausnahmevorschrift in Betracht. Es bestand dann keine Gefahr, in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers einzugreifen. Dann konnte der Kläger wie bei der älteren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sein Klageziel aber auf keinen Fall erreichen. Die Klage war in jedem Fall abzuweisen. In diesen Fällen war die Verfassungsmäßigkeit der drittbevorzugenden Vorschrift nach wie vor nicht entscheidungserheblich.18 Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegendenden Fall der nach § 3 Nr. 12 S. 1 EStG steuerfreien Kostenpauschale der Abgeordneten an, stößt man auf den bereits erwähnten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20.6.1978.19 Das Bundesverfassungsgericht hat damals im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde entschieden, dass eine Einbeziehung des Beschwer14
BVerfGE 17, 210, 215 f.; 18, 353, 360; 23, 74, 78; 23, 135, 142 f.; 49, 280, 282; 56, 1, 11; 61, 43, 56; 66, 1, 17; 72, 9, 18. Diese Grundsätze waren in der Folge st. Rspr. des Bundesverfassungsgerichts, vgl. zuletzt BVerfGE 84, 233, 237. 15 Zuerst BVerfGE 22, 349, 363; vgl. zuletzt BVerfGE 61, 138, 148; 71, 224, 228; 74, 182, 195; 84, 233, 237; 93, 386, 395. 16 BVerfGE 84, 233, 237. 17 BVerfGE 65, 160, 169. In der Sache prüft auch BVerfGE 84, 233, 237 f. den hypothetischen Willen des Gesetzgebers. 18 BVerfGE 84, 233, 237. 19 BVerfGE 49, 1 ff.
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4. Teil: Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht
deführers in die die Abgeordneten bevorzugende Regelung des § 3 Nr. 12 S. 1 EStG offensichtlich ausscheide und es daher an der notwendigen Selbstbetroffenheit fehle.20 Diese Beurteilung würde hier zur Unzulässigkeit einer konkreten Normenkontrolle mangels Entscheidungserheblichkeit führen. Bis vor kurzem erschien es jedoch noch möglich, entgegen dieser pauschalen Beurteilung des Bundesverfassungsgerichts von 1978 auch bereits auf der Grundlage der dargelegten neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts einen prozessualen Ansatzpunkt für eine konkrete Normenkontrolle zu finden. Hinsichtlich der Rüge, die Einräumung der steuerfreien Kostenpauschale sei bereits dem Grunde nach gleichheitswidrig, ergibt sich tatsächlich keine Chance auf Einbeziehung. Es erscheint angesichts der Höhe der Pauschale nahezu ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber sie bei einer Neuregelung in gleicher Höhe auch auf die bisher ausgeschlossenen Steuerpflichtigen erstrecken würde. Jedoch war bisher die Kostenpauschale darüber hinaus auch deswegen gleichheitswidrig, weil in ihr unter anderem Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung enthalten waren, die nach der allgemeinen Regelung des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG a.F. bzw. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6a EStG a.F. für die übrigen Steuerpflichtigen nur zeitlich begrenzt abzugsfähig waren. Diese Privilegierung konnte für ein Vorgehen gegen die Kostenpauschale nutzbar gemacht werden. Hier war zumindest für diejenigen Angehörigen der benachteiligten Vergleichsgruppe, bei denen wie bei den Abgeordneten die typisierende Unterstellung einer privaten Veranlassung der Aufwendungen nach Ablauf der genannten zeitlichen Grenzen widerlegt werden konnte21, eine Abweichung von den Beschränkungen des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 3 EStG a. F. bzw. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6a EStG a.F. gerechtfertigt und damit verfassungsrechtlich zulässig. Es erschien nicht offensichtlich ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber bei einer Neuregelung auch für diese Personen eine unbeschränkte Abziehbarkeit der Aufwendungen zulassen würde.22 Daher bestand insoweit durchaus eine Chance auf Einbeziehung in die durch § 3 Nr. 12 S. 1 EStG gewährte Bevorzugung. Für die Fälle, in denen der Kläger des Ausgangsverfahrens zu der genannten Personengruppe gehörte, war damit bislang bereits nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Verfassungsmäßigkeit von § 3 Nr. 12 S. 1 EStG
20 BVerfGE 49, 1, 9. Bei Verfassungsbeschwerden tritt die Problematik bei dieser Zulässigkeitsvoraussetzung auf (siehe noch unter B., S. 221 ff.). 21 Dazu gehörten vor allem die Fälle der Steuerpflichtigen mit zwei oder mehr regelmäßigen Arbeitsstätten, darüber hinaus aber auch die Fälle der „Kettenabordnung“ sowie der beiderseits berufstätigen Ehepartner. Siehe dazu ausführlich unter § 7 B. IV. 2. b) aa) (1) (a) (aa), S. 182 ff. 22 Nach der Entscheidung des Bundesverfasungsgerichts v. 4.12.2002 ist die zeitlich die unbeschränkte Abziehbarkeit in diesen Fällen ja sogar verfassungsrechtlich geboten, vgl. BVerfJE 107, 27 ff.
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unter diesem Gesichtspunkt für das Ausgangsverfahren entscheidungserheblich und eine konkrete Normenkontrolle insoweit zulässig.23 Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts v. 4.12.200224 hat der Gesetzgeber aber inzwischen mit dem StÄndG 200325 die Zwei-JahresFrist im Rahmen der doppelten Haushaltsführung auch nach allgemeinen Vorschriften gestrichen und damit generell einen zeitlich unbegrenzten Abzug zugelassen. Dadurch ist die Privilegierung der Abgeordneten in diesem Punkt nunmehr weggefallen26, womit auch der darauf aufbauende prozessuale Ansatzpunkt nicht mehr nutzbar ist. Überlegt werden könnte allenfalls, die Argumentation mit den noch immer nach allgemeinen Vorschriften nur zeitlich beschränkt abziehbaren Verpflegungsmehraufwendungen fortzuführen. Allerdings wird man hier zumindest eine Chance auf eine vollständige Einbeziehung in die den Abgeordneten gewährte Privilegierung kaum annehmen können, da bei diesen ja auf Dauer der allgemeine Verpflegungsaufwand steuerlich berücksichtigt wird.27 III. Neueste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts: Abwehr der eigenen gleichheitswidrigen Belastung Neuerdings hat das Bundesverfassungsgericht allerdings auch seine neuere Rechtsprechung zumindest für das Steuerrecht wiederum modifiziert. Diese neueste Rechtsprechung unterscheidet bei gleichheitswidrigen konkludenten Begünstigungsausschlüssen nunmehr, ob sie zu einer ungleichen Belastung oder zu einer ungleichen Begünstigung führen. Den Rechtsschutz gegen gleichheitswidrige Belastungen hat das Bundesverfassungsgericht gestärkt. Hervorzuheben ist hier insbesondere die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Vermögensteuer vom 22.6.1995.28 In diesem Verfahren ging es um folgende Problematik: Die Vermögensbesteuerung nach dem Vermögensteuergesetz richtete sich gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 VStG, § 9 Abs. 1 BewG grundsätzlich nach dem gemeinen Wert der Wirtschaftsgüter. Dagegen richtete sich die Besteuerung des Grundbesitzes gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 VStG, 23 Es ist nicht ersichtlich, dass bei der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts BVerfGE 49, 1 ff. der Beschwerdeführer zu dieser Personengruppe gehörte und einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG auch gerade unter diesem Gesichtpunkt geltend gemacht hat. Daher hätte das Bundesverfassungsgericht in einem solchen Fall noch nicht einmal von seiner früheren Entscheidung abweichen müssen. 24 BVerfGE 107, 27 ff. 25 Steueränderungsgesetz 2003 v. 15.12.2003 (BGBl. I S. 2645). 26 Siehe dazu unter § 7 B. IV. 2. b) aa) (1) (a), S. 182 ff. 27 Siehe zu der hier auch weiterhin bestehenden Privilegierung der Abgeordneten unter § 7 B. IV. 2. b) aa) (1) (c), S. 188 ff. 28 BVerfGE 93, 121 ff.
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§ 19 Abs. 1 BewG nach den sog. Einheitswerten, die aufgrund der unterbliebenen Neufestsetzung erheblich unter den gemeinen Werten lagen. Gegen diese Ungleichbehandlung wehrten sich im Ausgangsverfahren zwei Eheleute, deren Vermögen auch aus festverzinslichen Wertpapieren und Zahlungsmitteln bestand. Das Finanzgericht hat statt der zu der maßgeblichen Ungleichbehandlung führenden drittbevorzugenden Normen der § 4 Abs. 1 Nr. 1 VStG, § 19 Abs. 1 BewG die für alle Steuerpflichtigen einheitlich geltende Tarifnorm des § 10 Nr. 1 VStG auf ihre Verfassungsmäßigkeit geprüft und dem Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG vorgelegt. Es hielt nicht nur die drittbevorzugende Norm, sondern auch die Anwendung eines einheitlichen Steuersatzes für einheitswertgebundenes und nicht einheitswertgebundenes Vermögen für verfassungswidrig. Dazu führte es aus, ein Gleichheitsverstoß könne auf jeder Stufe einer besteuerungserheblichen Normenkette gerügt werden, also auch auf der Stufe der für alle Vergleichsgruppen anzuwendenden Tarifvorschrift des § 10 Nr. 1 VStG, wenngleich der Tatbestand der willkürlichen Ungleichbehandlung an sich im zu niedrigen Einheitswert liege.29 Auch das Bundesverfassungsgericht hielt in seiner Entscheidung die Verfassungsmäßigkeit der nach ihrem Wortlaut gerade nicht zwischen den beiden Vergleichsgruppen differenzierenden einheitlichen Tarifvorschrift des § 10 Nr. 1 VStG für entscheidungserheblich30 und erklärte § 10 Nr. 1 VStG für verfassungswidrig.31 Diese Vorgehensweise weicht von seiner vorherigen Rechtsprechung ab, die bei konkludenten Begünstigungsausschlüssen allein die drittbevorzugende Norm auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüfte und gegebenenfalls für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärte. Sie führt zu einer Gesamtbetrachtung aller Normen, auf denen die ungleiche Behandlung der beiden Vergleichsgruppen beruht. Das ist bei einem konkludenten Begünstigungsausschluss nicht nur die drittbevorzugende Norm, sondern auch die einheitliche Grundnorm sowie die einheitliche Tarifnorm, da sich die Ungleichbehandlung erst aus ihrer Zusammenschau ergibt. Da das Bundesverfassungsgericht damit auch die den Kläger des Ausgangsverfahrens belastende Grundnorm und die Tarifnorm in die Prüfung einbezieht, stellt es im zweiten Schritt dann konsequenterweise nicht mehr darauf ab, ob der Kläger eine Chance auf Einbeziehung in die drittbevorzugende Regelung hat, sondern allein darauf, ob er seine eigene gleichheitswidrige Belastung abwehren kann, woraus sich dann seine Besserstellung ergäbe. Das wäre allerdings nicht der Fall, wenn das Bundesverfassungsgericht die verfassungswidrigen Vorschriften wie nach der bisherigen Rechtsprechung lediglich für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt, da es dann doch 29 30 31
Vgl. die Wiedergabe des Vorlagebeschlusses bei BVerfGE 93, 121, 128 ff. BVerfGE 93, 121, 130 f. BVerfGE 93, 121, 121 f., 133, 142, 148 f.
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wieder darauf ankäme, welche Neuregelung der Gesetzgeber daraufhin treffen wird. Die Abwehr der eigenen gleichheitswidrigen Belastung ist jedoch möglich, wenn das Bundesverfassungsgericht die den Kläger belastende Grundnorm für nichtig erklären kann. In seiner Entscheidung zur Vermögensteuer ist das Bundesverfassungsgericht der zweitgenannten Möglichkeit gefolgt. Es hat die Verfassungsmäßigkeit von § 10 Nr. 1 VStG für entscheidungserheblich gehalten, weil im Falle ihrer Verfassungswidrigkeit „das Fehlen einer den Vermögensteuersatz festlegenden Regelung eine Veranlagung zur Vermögensteuer nicht zuläßt“ und damit im Ausgangsverfahren die Klage in vollem Umfang Erfolg hätte.32 Das Bundesverfassungsgericht hat also abweichend von seiner bisherigen Rechtsprechung allein darauf abgestellt, dass im Falle des Verstoßes der Vermögensbesteuerung gegen Art. 3 Abs. 1 GG der Kläger des Ausgangsverfahrens seine eigene Belastung durch die gleichheitswidrige Vermögensteuer abwehren konnte.33
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BVerfGE 93, 121, 130. Dennoch wird es in aller Regel im Ergebnis doch nicht zu einer Nichtigerklärung kommen, da die zweite vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Fallgruppe der Unvereinbarerklärung eingreifen wird. Danach kann das Bundesverfassungsgericht die weitere Anwendung der verfassungswidrigen Normen für einen Übergangszeitraum anordnen, wenn der durch eine Nichtigkeitserklärung geschaffene Zustand der Verfassung noch ferner stünde als die verfassungswidrige Regelung (BVerfGE 33, 303, 305, 347; 97, 153, 177 f.; 92, 53, 73; 93, 121, 148; 99, 216, 243 f.). Aus diesem Grund ist auch in der Vermögensteuerentscheidung eine Nichtigerklärung von § 10 Nr. 1 VStG unterblieben (BVerfGE 93, 121, 148 f.). Zwar könnte man auch unter diesem Gesichtspunkt die Entscheidungserheblichkeit anzweifeln, da damit bereits von vornherein feststeht, dass der verfassungswidrige Zustand für die Vergangenheit gebilligt wird und damit die Entscheidung im Ausgangsverfahren unverändert bleibt. Jedoch hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich entschieden, es spiele für die Entscheidungserheblichkeit einer Vorlage keine Rolle, dass es „im Falle einer Unvereinbarkeit gemäß § 35 BVerfGG die weitere Anwendung des bisherigen Rechts anordnen kann“ (BVerfGE 72, 51, 62; 87, 153, 180; ausdrücklich auch noch einmal in der Vermögensteuerentscheidung BVerfGE 93, 121, 131; anders noch BVerfGE 66, 100, 105; unzutreffend insoweit auch BFH, BStBl. II 1998, 671, 672; BStBl. II 2001, 486, 488). Dem ist auch zuzustimmen, da ansonsten verfassungswidriges Staatshandeln in Individualschutzverfahren partiell nicht zur Überprüfung gestellt werden könnte. Dem Bürger muss die Möglichkeit gegeben werden, ihn betreffende verfassungswidrige Gesetze zur Überprüfung zu stellen, um so wenigstens für die Zukunft für Abhilfe sorgen zu können. Ansonsten wäre der Grundsatz des Vorrangs der Verfassung (Art. 20 Abs. 3, Art. 1 Abs. 3 GG) in bestimmten Fallkonstellationen auch für die Zukunft dauerhaft gefährdet (so auch Wernsmann, S. 260 ff.) Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht in seinen Entscheidungen zur Familienbesteuerung vom 10.11.1998 angeordnet, dass zumindest die Anlassfälle von einer ansonsten bloß pro futuro wirkenden Unvereinbarerklärung profitieren müssten (BVerfGE 99, 216, 245 f.). Wenn sich diese Entscheidungsvariante durchsetzt, stünde der Entscheidungserheblichkeit im Ausgangsverfahren die grundsätzliche pro futuro Wirkung auch schon aus diesem Grunde nicht entgegen. 33
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Diese Neuorientierung in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Vorlagefähigkeit bei gleichheitswidrigen Begünstigungsausschlüssen wird besonders deutlich, wenn man die jetzige Vorgehensweise des Bundesverfassungsgerichts mit der ersten Entscheidung zur Vermögensteuer vom 7.5.196834 vergleicht. Hier hat das Bundesverfassungsgericht noch geprüft, ob eine Chance auf Einbeziehung der benachteiligten Personengruppen besteht und das verneint.35 Wenn das Bundesverfassungsgericht an dieser bisherigen Rechtsprechung festgehalten hätte, hätte die neue Vermögensteuerentscheidung vom 22.6.1995 also gar nicht ergehen können. Die neue Vorgehensweise des Bundesverfassungsgerichts zeigt sich auch in zwei weiteren Entscheidungen, die – obwohl in einem anderen Zusammenhang ergangen – eine Gesamtbetrachtung aller Normen, auf denen die Verfassungswidrigkeit beruht, nahe legen. Dabei ist zunächst die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Zinsbesteuerung vom 27.6.199136 zu nennen, in der das Bundesverfassungsgericht eine mit dem vorliegenden Problem strukturell vergleichbare Gesamtbetrachtung zwischen gesetzlicher Grundlage und Normvollzug vorgenommen hat. Das Bundesverfassungsgericht führt aus, dass ein gleichheitswidriger Normvollzug zur Verfassungswidrigkeit auch der materiellen Steuernorm führt, wenn die Erhebungsregelung sich strukturell gegenläufig auswirkt und dieses Ergebnis dem Gesetzgeber zuzurechnen ist.37 Das Bundesverfassungsgericht nimmt also an, dass Umstände außerhalb einer „an sich“ (also isoliert betrachtet) verfassungsmäßigen Norm38 zu deren Verfassungswidrigkeit führen können.39 Beschränkt man sich auf den einfacheren Fall, dass die materielle Steuernorm wegen unzureichender gesetzlicher Erhebungsregelungen verfassungswidrig ist, so wird die Parallele zu den Fällen des gleichheitswidrigen konkludenten Begünstigungsausschlusses sichtbar. Auch die beide Vergleichsgruppen dem Wortlaut nach einheitlich belastende Grundnorm ist verfassungswidrig, solange eine drittbevorzugende Vorschrift als ausdrückliche Ausschlussnorm zu Lasten einer der beiden Vergleichsgruppen besteht. Es kann keinen Unterschied für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit einer Norm machen, ob diese in34
BVerfGE 23, 242 ff. Zwar lag dieser Entscheidung eine Verfassungsbeschwerde zu Grunde, jedoch wird die hier interessierende Problematik dann lediglich bei einer anderen Zulässigkeitsvoraussetzung erörtert, nämlich bei der Selbstbetroffenheit (siehe dazu unter B., S. 221 ff.). 35 BVerfGE 23, 242, 254 f. 36 BVerfGE 84, 239 ff. 37 BVerfGE 84, 239, Leitsatz 4 und 272. 38 BVerfGE 84, 239, 284. Das war im entschiedenen Fall der materielle Steuertatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. 39 Im entschiedenen Fall wurden als solche Umstände strukturell gegenläufigen Erhebungsregelungen angesehen, die entweder in Gesetzen oder Verwaltungsvorschriften enthalten sein können, vgl. BVerfGE 84, 239, 272.
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folge unzulänglicher Erhebungsregelungen oder infolge einer ausdrücklichen materiellen steuerrechtlichen Privilegierung Dritter die Steuerpflichtigen im tatsächlichen Erfolg ungleich belastet.40 Auch diese Parallele spricht somit dafür, stets die Gesamtregelung, auf der die Behandlung beider Vergleichsgruppen beruht, für verfassungswidrig zu halten. Auch die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum familiären Existenzminimum vom 29.5.1990 und 12.6.199041 liefern Argumente für die Gesamtbetrachtung aller zu einer Ungleichbehandlung führenden Normen. Das Bundesverfassungsgericht stellte dort fest, dass eine für verfassungswidrig erachtete Rechtslage, die sich aus dem Zusammenwirken mehrerer Einzelregelungen ergibt, grundsätzlich anhand jeder der betroffenen Normen zur verfassungsrechtlichen Prüfung gestellt werden kann.42 Zwar handelte es sich dort nicht um Sachverhalte, in denen die jeweiligen Teilregelungen verschiedene Personen betrafen, sondern jeweils dieselbe Person (den steuerpflichtigen Unterhaltsverpflichteten). Der Gedanke, auf den das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidungen maßgeblich gestützt hat, gilt indes auch für die Fälle des konkludenten Begünstigungsauschlusses.43 Es hat ausgeführt: „Würde man in diesen Fällen (scil. bei einem Normengeflecht mehrerer zusammenwirkender Einzelregelungen) die Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Rechtslage, die durch die betreffende Norm mit herbeigeführt wird, mit der Erwägung unterlassen, dass die Einzelnorm Bestand haben könnte, wenn die gesetzliche Nachbesserung an anderer Stelle erfolgte, dann wäre die verfassungsgerichtliche Kontrolle in einem Maße eingeschränkt, die mit dem Grundgedanken des Art. 100 Abs. 1 GG nicht mehr vereinbar wäre; denn dieses Argument würde für jede der beteiligten Einzelnormen zutreffen.“44 Der Bundesfinanzhof hat die neue Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereits in mehreren konkludente Begünstigungsausschlüsse betreffende Vorlagebeschlüssen berücksichtigt. So hat er § 3 Nr. 12 S. 1 EStG in seiner Anwendung auf die Stellenzulage Ost45 sowie die Tarifermäßigung für gewerbliche Einkünfte nach § 32c EStG a. F.46 jeweils in Verfahren der ausgeschlossenen Steuerpflichtigen dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt, wobei er für die Vorlagefähigkeit allerdings noch einen vom Bundesverfas40
So auch ausdrücklich Wernsmann, S. 137 ff.; Tipke/Kruse, § 40 FGO Tz 67b. BVerfGE 82, 60 und 198. 42 BVerfGE 82, 60, Leitsatz 1 und S. 83 ff.; 82, 198, 206. Ebenso BVerfGE 85, 337, 344; Jarass/Pieroth, GG, Art. 100 Rn 11. 43 So auch Wernsmann, S. 150 ff. 44 BVerfGE 82, 60, 87. 45 BFH, BStBl. II 1995, 142. Diese Vorlage hat der Bundesfinanzhof nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 99, 280 ff. jedoch wieder zurückgenommen. 46 BFH, BStBl. II 1999, 450. 41
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sungsgericht abweichenden Begründungsansatz gewählt hat. Bei einem gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss stelle jedenfalls im Steuerrecht die gleichheitswidrige Privilegierung einer Gruppe sich als Benachteiligung der übrigen Steuerzahler dar. Solange eine Vorschrift, die eine verfassungswidrige Steuerprivilegierung einer bestimmten Gruppe bewirkt, weiterhin anzuwenden ist, verwirkliche sich die zwangsläufig aus der gleichheitswidrigen Begünstigung resultierende Benachteiligung des ausgeschlossenen Personenkreises jedes Jahr bei jeder Veranlagung erneut. Diese sich regelmäßig wiederkehrend in großer Zahl realisierende Benachteiligung rechtfertigt nach Ansicht des Bundesfinanzhofs jedenfalls für den Fall des gleichheitswidrigen Begünstigungsausschlusses durch eine Norm des Steuerrechts eine Auslegung des Art. 100 Abs. 1 GG dahingehend, dass es ausnahmsweise nicht nur auf den Tenor der Entscheidung des vorlegenden Gerichts, sondern auf die Begründung der Entscheidung ankommt.47 In einem neuen Vorlagebeschluss bezüglich der erbschaftsteuerlichen Privilegierungen in § 19 Abs. 1 i.V. m. § 10 Abs. 1 S. 1 und 2, §§ 12, 13a, 19a ErbStG hat der Bundesfinanzhof die Konzeption des Bundesverfassungsgerichts aber vollständig übernommen. Er hat zur Entscheidungserheblichkeit angeführt, dass die unterschiedliche Bewertung der verschiedenen Vermögensarten (Betriebsvermögen, Grundbesitz, etc.) bei gleichzeitiger Anwendung des einheitlichen Steuertarifs nach § 19 ErbStG gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße.48 Festzuhalten ist damit, dass nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei einer gleichheitswidrigen Belastung aufgrund eines konkludenten Begünstigungsausschlusses eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG schon dann zulässig ist, wenn der Kläger des Ausgangsverfahrens seine eigene Belastung abwehren kann. Weil aufgrund einer Gesamtbetrachtung alle zu dem Gleichheitsverstoß führenden Vorschriften als verfassungswidrig einzustufen sind, muss er dazu lediglich zu einer der Vergleichsgruppen der geltend gemachten Ungleichbehandlung gehören. Damit ist die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts abgelöst worden, nach der in bestimmten Konstellationen konkludenter Begünstigungsausschlüsse verfassungswidrige Gesetze niemals dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt werden konnten. Wendet man diese neueste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf den vorliegenden Fall der steuerfreien Kostenpauschale der Abgeordneten an, ergibt sich Folgendes: Nicht nur die drittbevorzugende Vorschrift des § 3 Nr. 12 S. 1 EStG selbst wäre verfassungswidrig, sondern aufgrund der vor47
BFH, BStBl. II 1995, 142, 149 f.; 1999, 450, 465. Ähnlich Völlmeke, NJW 1992, 1345, 1348. Anders jedoch wieder BFH, BStBl. II 2000, 186. 48 BFH, BStBl. II 2002, 598, 599. Kritisch dazu Vogt, ZEV 2001, 508; zustimmend aber Birk, ZEV 2002, 165, 166 ff.
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zunehmenden Gesamtbetrachtung auch die Grundnormen der §§ 8, 9 EStG bzw. § 4 Abs. 3, 4 EStG sowie darüber hinaus die Tarifvorschrift des § 32a EStG, obwohl diese ihrem Wortlaut nach allen Vergleichsgruppen eine einheitliche Belastung auferlegen. Über die Verfassungswidrigkeit dieser Vorschriften könnte ein Angehöriger der von der Pauschalierung ausgeschlossenen Vergleichsgruppe seine eigene gleichheitswidrige Belastung abwehren.49 Die Verfassungsmäßigkeit könnte im Rahmen einer konkreten Normenkontrolle überprüft werden. Da die Abwehr der gleichheitswidrigen Belastung über die einheitliche Tarifvorschrift des § 32a EStG erfolgt, gilt das bei konsequenter Anwendung der vom Bundesverfassungsverfassungsgericht aufgestellten Grundsätze für die gesamte im Rahmen von Art. 3 Abs. 1 GG herangezogenen Vergleichsgruppe der Allgemeinheit der Einkommensteuerpflichtigen.50 Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20.6. 197851 ist durch diese neueste Entwicklung in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts überholt.
B. Verfassungsbeschwerde eines von der Pauschalierung ausgeschlossenen Steuerpflichtigen Wenn weder das Finanzgericht noch der Bundesfinanzhof die steuerfreie Kostenpauschale der Abgeordneten für verfassungswidrig halten sollten und § 3 Nr. 12 S. 1 EStG i.V. m. den §§ 8, 9 EStG und § 32a EStG nicht nach Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorlegen, kommt nach Erschöpfung des Rechtsweges vor den Finanzgerichten (§ 90 Abs. 2 BVerfGG) die Erhebung einer Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht in Betracht. Eine solche kann gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, §§ 90 ff. BVerfGG jedermann mit der Behauptung erheben, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte verletzt zu sein. Für die damit erforderliche Beschwerdebefugnis verlangt das Bundesverfassungsgericht über die substantiierte Darlegung der Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung hinaus zusätzlich, dass der Beschwerdeführer selbst, unmittelbar und gegenwärtig betroffen ist.52 Problema49 Wobei es aber auch hier wohl nicht zu einer Nichtigerklärung käme, sondern zur Vermeidung eines Zustands, der der Verfassung noch ferner stünde als die verfassungswidrige steuerfreie Kostenpauschale, dazu, dass die Anwendung der verfassungswidrigen Normen für einen Übergangszeitraum angeordnete würde. Das wäre hier vor allem zur Sicherung eines gleichmäßigen Verwaltungsvollzugs für Zeiträume einer weitgehend abgeschlossenen Veranlagung gerechtfertigt (vgl. BVerfGE 93, 121, 148). Diese Form der Unvereinbarerklärung steht aber wie oben gezeigt (siehe S. 217 Fn. 33) der Entscheidungserheblichkeit nicht entgegen. 50 Siehe zur Bildung der Vergleichsgruppen ausführlich unter § 7 A. I. 2. b), S. 60 ff. 51 BVerfGE 49, 1 ff.
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tisch erscheint vorliegend lediglich das Erfordernis der Selbstbetroffenheit. Dieser Voraussetzung wird bei der Rüge einer nach Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrigen Ungleichbehandlung nicht schon dadurch genügt, dass ein entsprechendes Vergleichspaar genannt und daraus die beanstandete ungerechtfertigte Ungleichbehandlung abgeleitet wird. Selbst dann, wenn eines der Vergleichspaare dem Beschwerdeführer zugeordnet werden kann, ist die verfahrensrechtliche Grundlage für eine Sachentscheidung noch nicht gegeben. Auch in solchen Fällen muss vielmehr noch darüber hinaus dargelegt werden, dass der Beschwerdeführer, sollte seine Rechtsauffassung vom Bundesverfassungsgericht bestätigt und die beanstandete Vorschrift für nichtig erklärt werden, im Verhältnis zur bislang bevorzugten Vergleichsgruppe eine Besserstellung erfahren würde, die nicht nur in der Beseitigung der unterschiedlichen Rechtslage zum Nachteil anderer bestünde.53 Erforderlich ist also, dass der Beschwerdeführer durch die Beseitigung der Ungleichbehandlung eine eigene Besserstellung erreichen kann.54 Diese Voraussetzung ist bei ungleichen Belastungen in der Konstellation eines konkludenten Begünstigungsausschlusses parallel zu der bereits behandelten Entscheidungserheblichkeit im Rahmen der konkreten Normenkontrolle zu beurteilen. I. Bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts55 konnte sich eine Verbesserung der Rechtsstellung des Beschwerdeführers in solchen Konstellationen allein daraus ergeben, dass der Beschwerdeführer nach einer Unvereinbarerklärung der drittbevorzugenden Norm eine Chance auf Einbeziehung in diese Regelung hatte. Auch hier war dazu erforderlich, dass eine Einbeziehung des Beschwerdeführers in die bevorzugende Regelung überhaupt verfassungsrechtlich zulässig war und darüber hinaus auch nicht „offensichtlich“ oder „schlechthin ausgeschlossen“ erschien.56 Bislang bestand zumindest für bestimmte Steuerpflichtige, nämlich für diejenigen mit vergleichbaren Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung, die Chance, in die den Abgeordneten schon immer gewährte zeitlich 52
St. Rspr. des Bundesverfassungsgerichts seit BVerfGE 1, 97, 101. BVerfGE 49, 1, 9. Vgl. auch BVerfGE 18, 1; 12, 16 f.; 43, 58, 68. 54 Jarass/Pieroth, GG, Art. 93 Rn 43. 55 Siehe zur konkreten Normenkontrolle unter A. II., S. 212 f. 56 Diese Kriterien hat das Bundesverfassungsgericht bei Verfassungsbeschwerden allerdings auch schon angewandt, als es die drittbevorzugende Norm noch für nichtig hielt und damit eine konkrete Normenkontrolle in keinem Fall möglich war (siehe dazu oben unter A. I., S. 211 f.), vgl. BVerfGE 15, 46, 59 f.; 22, 349, 359 ff. Daher besteht hier keine Dreiteilung in die ältere, die neuere und die neueste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht. 53
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unbegrenzte Berücksichtigung dieser Aufwendungen einbezogen zu werden. Allerdings ist dieser bereits nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestehende prozessuale Ansatzpunkt mit der Neuregelung der doppelten Haushaltsführung im StÄndG 2003 nunmehr entfallen.57 Für die übrigen Steuerpflichtigen ergab sich dagegen auch schon vorher wohl keine Chance auf Einbeziehung in die Pauschalierung. II. Neueste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts58 sind demgegenüber alle Normen verfassungswidrig, aus denen sich die ungleiche Belastung ergibt, so dass sich bei einem konkludenten Begünstigungsausschluss eine Besserstellung des Beschwerdeführers schon aus der Abwehr der eigenen Belastung durch die auch ihn betreffende Grundnorm ergeben kann. Diese neue Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wird vor allem an seiner Entscheidung zur Zinsbesteuerung vom 27.6.199159 deutlich, bei der es sich auch um ein Verfassungsbeschwerdeverfahren gehandelt hat. Auch dort konnte der Beschwerdeführer aufgrund der ungleichen Besteuerung im Bereich der Zinseinkünfte seine eigene aus § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG folgende Belastung abwehren.60 Da danach jeder von der Pauschalierung ausgeschlossene Steuerpflichtige für den Fall, dass die steuerfreie Kostenpauschale der Abgeordneten verfassungswidrig ist, seine eigene aus den §§ 8, 9 EStG bzw. § 4 Abs. 3, 4 EStG sowie § 32a EStG folgende Belastung abwehren und dadurch eine Besserstellung erreichen kann, ist bei konsequenter Anwendung dieser Rechtsprechung eine Verfassungsbeschwerde aller Angehörigen der benachteiligten Vergleichsgruppe der Allgemeinheit der Einkommensteuerpflichtigen zulässig.
57
Siehe dazu unter A. II., S. 214 f. Siehe zur konkreten Normenkontrolle unter A. III., S. 215 ff. 59 BVerfGE 84, 239 ff. 60 Dazu, dass diese Entscheidung strukturell mit der vorliegenden Konstellationen eines konkludenten Begünstigungsausschlusses vergleichbar ist, siehe unter B. III., S. 218. 58
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C. Diskussion und Stellungnahme Während damit auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Rechtsschutzmöglichkeiten gar nicht bzw. vor dem StÄndG 2003 nur für einen eng begrenzten Personenkreis, nämlich für diejenigen Steuerpflichtigen, die in vergleichbarer Weise Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung hatten, bestanden, ist der Rechtsschutz nach der neuesten Rechtsprechung ganz erheblich ausgeweitet worden. In konsequenter Anwendung der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätze könnten sich über die Tarifvorschrift des § 32a EStG sämtliche unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG von der Pauschalierung ausgeschlossene Einkommensteuerpflichtige gegen die steuerfreie Kostenpauschale der Abgeordneten wehren. Die Literatur hat die bisherige Rechtsprechung häufig kritisiert und einen wirksameren Rechtsschutz gegen gleichheitswidrige Steuerprivilegien gefordert.61 Die neueste Rechtsprechung findet daher bereits erste Zustimmung.62 Tatsächlich überzeugt sie in der grundsätzlichen Ausweitung des Rechtschutzes gegen steuerliche Privilegierungen in Form konkludenter Begünstigungsausschlüsse. Zunächst erscheint die vom Bundesverfassungsgericht neu aufgebrachte Konstruktion zutreffend. Nach der Struktur des Gleichheitssatzes ergibt sich ein Gleichheitsverstoß stets erst aus einem Vergleich einer Gruppe mit einer anderen Gruppe. Daher müssen konsequenterweise sämtliche Normen verfassungswidrig sein, auf denen die Ungleichbehandlung der beiden Vergleichsgruppen beruht. Das ist bei einem gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss nicht nur die drittbevorzugende Norm, sondern auch die an sich einheitlich für alle geltenden Grundnormen, von der diese abweicht.63 Es erscheint auch konsequent, dass die an sich einheitliche Tarifvorschrift angegriffen werden kann. Erfolgt schon die Bestimmung der Bemessungsgrundlage gleichheitswidrig, kann auch der Tarif nicht mehr gleichheitskonform belasten.64 Vor allem erscheint es auch geboten, den Rechtsschutz hier zu stärken. Es ist allgemein anerkannt, dass der Adressat eines rechtswidrigen Eingriffs diesen abwehren kann. Zumindest im Bereich des Eingriffsrechts muss es daher einem Adressaten möglich sein, die ihn 61
Vgl. etwa Tipke, StRO III, S. 1399 ff.; Pezzer, in: Umbach/Clemens, BVerfGG, Kap. A III 3, Rn 6 ff.; Völlmeke, NJW 1992, 1345, 1346 ff.; Rößler, BB 1994, 1401, 1403; Tipke/Kruse, § 40 FGO Tz 67a ff. (mit einem bedenkenswerten Verweis auf die schweizerische Rechtsprechung in Tz 68); Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Anhang § 40 Rn 39. 62 Wernsmann, § 3, S. 75 ff. und insbesondere § 4, S. 228 ff.; ders., FR 1999, 242 ff.; Birk, Steuerrecht, Rn 164; ders., ZEV 2002, 165, 166 ff. 63 So auch Wernsmann, S. 134 ff.; ders., FR 1999, 242, 245. 64 So insbesondere auch Birk, ZEV 2002, 165, 167.
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treffende Belastung abzuwehren, solange vergleichbare Gruppen unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht ebenso belastet werden, der Eingriff also rechtswidrig ist.65 Daran wird auch deutlich, dass die Problematik der Gleichheit im Unrecht nicht betroffen ist.66 Ebenso handelt es sich nicht um eine „Neidklage“.67 Es geht eben nicht primär darum, die Rechtsposition Dritter zu verschlechtern, sondern darum, dass die eigene Belastung aufgrund der Privilegierung Dritter nicht gerechtfertigt ist. Im Steuerrecht bedeutet die rechtliche Privilegierung der einen stets die rechtliche Diskriminierung der anderen.68 Die bisherige Rechtsprechung hat überdies dazu geführt, dass bestimmte Steuerprivilegien einer Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht vollständig entzogen sind.69 Der Rechtsschutz des Bürgers gegen Gleichheitsverstöße hing dabei von deren gesetzestechnischer Einkleidung als konkludenter Begünstigungsausschluss ab.70 Der Gesetzgeber kann als Bindungsadressat des Gleichheitssatzes (Art. 1 Abs. 3, 20 Abs. 3 GG) jedoch nicht darüber disponieren, in welchem Umfang sein Handeln überprüft werden kann.71 Schließlich führt die neue Vorgehensweise des Bundesverfassungsgerichts auch zu akzeptablen Ergebnissen. Insbesondere führt sie nicht dazu, dass aufgrund der Verfassungswidrigkeit auch der einheitlichen Grundnorm die von der Privilegierung ausgeschlossenen Steuerpflichtigen nunmehr keine Einkommensteuer mehr zahlen müssten, bis der Gesetzgeber eine gleichheitswidrige Neuregelung erlässt. Da nämlich ein solcher Zustand der Verfassung noch ferner stünde als die verfassungswidrige Regelung und somit aus Verfassungsgründen nicht akzeptabel wäre, liegen die Voraussetzungen dafür vor, dass das Bundesverfassungsgericht die Anwendung der 65 So auch Sachs, Festschrift für Friauf, S. 309, 320 ff., allerdings ohne Unterscheidung, ob es wie hier um eine gleichheitswidrige Belastung durch ein Gesetz oder durch exekutives Handeln geht. 66 So auch Wernsmann, FR 1999, 242, 246 f.; Birk, ZEV 165, 167. 67 So aber insbesondere Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 3 Abs. 1 Rn 468. Dagegen Tipke, StRO III, S. 1395. Allgemein gegen die Bezeichnung „Neidklage“ bei Abwehr einer eigenen gleichheitswidrigen Belastung überzeugend auch Sachs, Festschrift für Friauf, S. 309, 325 f. 68 Vgl. Tipke, StRO III, S. 1395. 69 Das hat auch der Bundesfinanzhof als unbefriedigend bezeichnet, vgl. etwa BFH, BStBl. II 1991, 885, 888: „Der Umstand, daß der Gesetzgeber bestimmte Gruppen privilegieren kann und die durch ,Nichtprivilegierung‘ benachteiligten Bürger nicht eine Überprüfung durch das zuständige Gericht herbeiführen können, sondern eine nicht einleuchtende Begünstigung auf Dauer hinnehmen müssen, verletzt das Gerechtigkeitsempfinden breiter Bevölkerungsschichten.“ 70 Zu den anderen möglichen gesetzestechnischen Formen gleichheitswidriger Begünstigungsausschlüsse, gegen die Rechtsschutz auch schon bisher leichter zu erlangen war, vgl. Wernsmann, S. 86 f. und 120. 71 So auch Wernsmann, S. 136 f.; ders., FR 1999, 242, 244 f. Vgl. allgemein zur Unmaßgeblichkeit der Gesetzestechnik für den Rechtsschutz Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 3 Abs. 1 Rn 356.
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4. Teil: Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht
Norm für eine Übergangszeit anordnet und dem Gesetzgeber eine Frist für die Neuregelung setzt.72 Das hat das Bundesverfassungsgericht auch in den oben angeführten Entscheidungen zur Vermögensteuer73 und zur Zinsbesteuerung74 gemacht. Dass auch die den Kläger des Ausgangsverfahrens belastende Grundnorm als verfassungswidrig eingestuft wird, benutzt das Bundesverfassungsgericht also lediglich als „prozessualen Hebel“, damit es das gleichheitswidrige Steuerprivileg überprüfen kann.75 Andererseits ist zu bedenken, dass die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätze im Ergebnis außerordentlich weite Rechtsschutzmöglichkeiten eröffnen. Wendet man sie konsequent an, könnte jeder Einkommensteuerpflichtige über die Tarifvorschrift des § 32a EStG gleichheitswidrige Privilegien im Einkommensteuergesetz rügen. Zwar wäre damit noch keine Popularklage im technischen Sinn eröffnet, da diese Möglichkeit nicht jedem beliebigen Bürger, sondern eben nur den anderen Einkommensteuerpflichtigen als im Rahmen von Art. 3 Abs. 1 GG heranzuziehender Vergleichsgruppe zustünde.76 Da beinahe jeder Bürger auch einkommensteuerpflichtig ist, liefe das aber zumindest faktisch auf eine solche hinaus. Das erscheint zu weitgehend.77 Es erscheint notwendig, Kriterien aufzustellen, welche eine Klagemöglichkeit beliebiger Einkommensteuerpflichtiger ausschließen, zugleich aber die verfassungsrechtliche Überprüfung von Steuerprivilegien nicht abschneiden.78 Eine Lösung dieser Frage ist bisher noch nicht gelungen.79 Da 72 Dies steht wie bereits oben gesagt (siehe S. 217 Fn. 33) weder einer konkreten Normenkontrolle noch einer Verfassungsbeschwerde entgegen. 73 BVerfGE 93, 121, 148. 74 BVerfGE 84, 239, 284 f. 75 Solche „prozessuale Hebel“ werden auch woanders herangezogen. Klassisch ist etwa Art. 2 Abs. 1 GG als „Hebel“ zur Überprüfbarkeit der rein objektiv-rechtlichen Kompetenz- und Verfahrensvorschriften des Grundgesetzes im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde, vgl. dazu Jarass/Pieroth, Art. 2 Rn 23 und Art. 93 Rn 72. 76 So Tipke/Kruse, § 40 FGO Tz 67d, die anführen, dass etwa ein Sozialhilfeempfänger nicht den Abbau von Steuerprivilegien verlangen könnte. Ebenso, allerdings ohne auf die im Steuerrecht zu bildenden Vergleichsgruppen einzugehen, Sachs, Festschrift für Friauf, S. 309, 327. 77 Denkbar wäre danach etwa auch eine Klage, in der ein beliebiger Steuerpflichtiger die Verfassungswidrigkeit des gesamten Einkommensteuergesetzes wegen der darin enthaltenen zahlreichen Privilegierungen geltend macht, was offensichtlich zu weit ginge (vgl. zu einer solchen Klage FG Hamburg, EFG 1999, 659). 78 In der Entwicklung solcher Kriterien sieht Pezzer, in: Umbach/Clemens, BVerfGG, Kap A III 3, Rn 8 zutreffend die zentrale Aufgabe für die weitere Forschung. 79 Bei Birk, ZEV 2002, 165, 167, nach dem die gerügten Privilegierungen ein Ausmaß erreicht haben müssen, dass sie sich im tatsächlichen Belastungserfolg niederschlagen, klingt allerdings an, dass das Ausmaß der durch die Privilegierung verursachten Steuerausfälle dafür relevant sein könnte. Das wäre bei der steuerfreien Kostenpauschale der Abgeordneten angesichts ihres geringen Gesamtvolumens (siehe
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für eine umfassende diesbezügliche Untersuchung im Rahmen dieser Arbeit jedoch der Raum fehlt, muss sie auch hier offen bleiben. Es sei nur soviel gesagt, dass auch im vorliegenden Fall der steuerfreien Kostenpauschale für Abgeordnete eine Eingrenzung erforderlich erscheint. Angemessen erschiene auf den ersten Blick etwa, dass nicht jedem Einkommensteuerpflichtigen Rechtsschutzmöglichkeiten zustünden, sondern lediglich – unabhängig von einer Chance auf Einbeziehung – denjenigen, die eigene Erwerbsaufwendungen, also Werbungskosten oder Betriebsausgaben geltend machen können. Von einer Privilegierung durch eine Werbungskostenpauschale erscheinen zwar diejenigen „betroffen“, die selbst Werbungskosten oder Betriebsausgaben im Einzelnen nachweisen müssen, nicht aber diejenigen, bei denen die allgemeinen Regelungen zum Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug gar nicht zur Anwendung kommen (z. B. Rentner ohne nennenswerte Nebeneinkünfte80).
dazu in der Einführung, S. 17) problematisch. Gegen die Maßgeblichkeit der verursachten Steuerausfälle für die Eröffnung des Rechtsschutzes aber überzeugend Wernsmann, S. 159 ff. 80 Im Ergebnis war insofern die Verwerfung der Verfassungsbeschwerde in BVerfGE 49,1 ff. möglicherweise doch wieder zutreffend, da Beschwerdeführer dort ein pensionierter Richter am Oberlandesgericht war, der wahrscheinlich keine nennenswerten Werbungskosten mehr hatte (siehe S. 208 Fn. 2).
Zusammenfassung der Ergebnisse Sowohl die Mitglieder des Bundestages als auch die Mitglieder der Landtage erhalten umfangreiche, wenn auch im Einzelnen unterschiedlich ausgestaltete Kostenpauschalen, die nach geltendem Recht steuerfrei sind. Die (in Deutschland gewählten) Mitglieder des Europäischen Parlaments erhalten von diesem eine pauschalierte Kostenerstattung, die ebenfalls steuerfrei ist, für die jedoch europarechtliche Besonderheiten gelten. Die steuerfreien Kostenpauschalen erscheinen aus historischer Sicht als überkommene Privilegierung der Abgeordneten, deren Aufhebung in der Folge des Diätenurteils noch versäumt wurde. Aus rechtspolitischer Sicht sprechen die überwiegenden Gründe für ihre Abschaffung. Darüber hinaus bestehen zumindest gegen die steuerfreie Kostenpauschale der Mitglieder des Bundestages auch verfassungsrechtliche Bedenken. Die Kostenpauschale stellt eine Typisierung dar, die zu einer rechtfertigungsbedürftigen Bevorzugung der Abgeordneten führt. Dabei sind den Abgeordneten nicht nur die Steuerpflichtigen mit vergleichbaren Aufwendungen, sondern die gesamte Allgemeinheit der Einkommensteuerpflichtigen als „wesentlich“ gleiche Vergleichsgruppe gegenüberzustellen. Für die Rechtfertigung dieser Ungleichbehandlung ergibt sich aus der neuen Formel die Heranziehung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit sowie die Anwendung eines strengen Maßstabs. Eine Rechtfertigung anhand der vom EuGH für die Mitglieder des Europäischen Parlaments angesprochenen Parlamentsautonomie scheidet ebenso aus wie eine Rechtfertigung anhand des freien Mandats aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG. Beide schützen nicht davor, dass die Abgeordneten ihre Aufwendungen gegenüber der Finanzverwaltung als Teil der Exekutive im Einzelnen geltend machen müssen. Allein in Frage kommt eine Rechtfertigung aufgrund der Praktikabilität der Norm. Diesbezüglich ist zunächst der bereits bisher überwiegenden Ansicht zuzustimmen, dass die Ausgestaltung der Kostenpauschale die Grenzen zulässiger Typisierung überschreitet. Zum einen ist ihr Abgeltungsbereich teilweise unzulässig bestimmt, zum anderen ist sie nicht realitätsgerecht festgesetzt. Darüber hinaus ist die Pauschalierung aber zum größten Teil entgegen der bisherigen Einschätzung auch bereits dem Grunde nach nicht gerechtfertigt. Es besteht kein sachlicher Grund dafür, die in der Kostenpauschale enthaltenen Aufwendungen gerade für die Gruppe der Abgeordneten pauschaliert zu berücksichtigen und die übrigen Steuerpflichtigen auszuklammern. Lediglich eine sehr viel geringere Pauschale für die sonstigen mandatsbedingten Kosten, insbesondere für Repräsentation, er-
Zusammenfassung der Ergebnisse
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scheint zulässig. Daneben bestehen auch verfassungsrechtliche Bedenken im internen Vergleich der Abgeordneten untereinander. Als verfassungsmäßige Alternativen bieten sich insbesondere eine einheitliche steuerpflichtige Entschädigung unter Hinzuschlagung der bisherigen Kostenpauschale oder eine Einzelabrechnung der mandatsbedingten Kosten durch den Bundestag bei gleichzeitiger Heranziehung von § 3 Nr. 12 S. 2, 13 EStG an. Während es nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gar nicht bzw. vor dem StÄndG 2003 nur für einen eng begrenzten Personenkreis zu einer Überprüfung der steuerfreien Kostenpauschale durch das Bundesverfassungsgericht kommen konnte, eröffnet die neueste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zumindest dem Großteil der benachteiligten Einkommensteuerpflichtigen die Möglichkeit, eine Überprüfung herbeizuführen.
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Sachwortverzeichnis Abgeltungsbereich, zulässiger 170, 181 ff. Abgeordnetenbezüge – Bestandteile und Höhe 21 ff. – Besteuerung 33 ff. – Charakter 38, 39, 41 f., 61 Fn. 46, 145 f. – eigener Ordnungsbereich 57 ff. – geschichtliche Entwicklung 36 ff. – rechtspolitische Diskussion 44 ff. Abgeordneter – Begriff 19 f. Abwehr der eigenen gleichheitswidrigen Belastung 215 ff., 217, 223, 224 f. Arbeitnehmer-Pauschbetrag 132 Arbeitsstätten, mehrere regelmäßige 62 f., 159, 183 Arbeitszimmer, häusliches – Abzugsbeschränkung 130 f., 162, 190 Aufwendungen, gemischte 163 f., 191 Aufwendungsersatz – Saldierungstechnik 74 – Steuerbefreiungen für 43 f, 70, 73, 76 Fn. 99, 184 Fn. 563, 189, 204 Begründung, nachvollziehbare – Bedeutung für die materielle Beurteilung des Gesetzes 180, 199 – Erfordernis einer 177 ff. – selbständige verfahrensmäßig-prozedurale Verpflichtung 16, 177 Begünstigungsausschluss, konkludenter 210, 211, 212, 215, 224, 225 Betriebliches Kfz – Pauschalierung des privaten Nutzungsanteils 130 Büro am Sitz des Bundestages 23, 161
Chance auf Einbeziehung 213, 216, 218, 222, 227 Diätenurteil 53, 99 Fn. 180, 107, 120, 125, 143, 168, 208 Fn. 2 Dienstfahrzeuge – freie Benutzung 24, 158 Dienstreisen – im Sinne des Abgeordnetengesetzes 152, 157 – im steuerrechtlichen Sinne 152, 158, 187, 190 drittbevorzugende Norm siehe Begünstigungsausschluss, konkludenter Einkommen, verschleiertes 168 Entscheidungserheblichkeit 210, 212, 214, 220, 222 Erbschaftsteuer – Vorlage des BFH 220 Europäisches Parlament – Besteuerung der Mitglieder 32, 35, 100 f., 106 Fn. 213 – Bezüge der Mitglieder 30 ff. – einheitliches Statut 32 – pauschalierte Kostenerstattung 31, 100 – Rechtsprechung des EuGH zur Besteuerung der Mitglieder 32, 100 ff. – Selbstorganisationsrecht 100, 106 Fn. 213 Existenzminimum, familiäres – Entscheidungen des BVerfG zum 219 f. Fahrten in Ausübung des Mandats 23 f., 157 ff., 190 Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte 160
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Fahrtkostenerstattung 24, 157 Festsetzung, realitätsgerechte – des konkreten Betrages 173, 194 ff., 209 – durchschnittlicher Aufwand als Orientierungspunkt 173 – Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers 175 – Entscheidungen der Zivilgerichte 196 f. – Erfordernis einer nachvollziehbaren Begründung siehe Begründung, nachvollziehbare – fehlende Informationserhebung 180 f., 197 f. – Indizien gegen eine 195 ff. – zulässige Streubreite siehe Streubreite, zulässige Freifahrtberechtigung 23, 158
– Willkürverbot und Verhältnismäßigkeit siehe neue Formel Großbritannien – Einzelabrechnung bis zu Höchstgrenze 204 – Geltung der allgemeinen steuerlichen Regelungen für Abgeordnete 204
Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen – für Land- und Forstwirte 131 f. Gleichheitssatz – als modales Abwehrrecht 141 Fn. 356 – Bindungsintensität 84, 93, 95 – Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers siehe Gleichheitssatz, Bindungsintensität – Grundsatz der Folgerichtigkeit 94 Fn. 162, 141, 184 – Leistungsfähigkeitsprinzip 65, 72, 74, 94 f. – neue Formel 85 ff., 140 – personenbezogene Ungleichbehandlung 86 – Rechtfertigung 81 ff. – sach- oder verhaltensbezogene Ungleichbehandlung 87 – strenger und formalisierter 16, 200 – Ungleichbehandlung 55, 64 ff., 200 f. – Vergleichsgruppen 55 ff. – wesentliche Gleichheit 55 ff.
Kommissionen – Empfehlungen zur Neuregelung der Kostenerstattung 44 f., 203 Fn. 657, 204 Fn. 660 Konkrete Normenkontrolle 209 ff. siehe auch Entscheidungserheblichkeit Kostenpauschale, steuerfreie – als selektive Typisierung 142 – als Vollpauschale 142 – Bestimmung der Vergleichsgruppen 55 ff. – freies Mandat als Rechtfertigung siehe Mandat, freies – mögliche Rechtfertigungsgründe 83, 83 Fn. 115 – Orientierung am tatsächlichen Aufwand 168, 170, 171, 181 ff. siehe auch Typisierung, Orientierung am typischen Fall – Parlamentsautonomie als Rechtfertigung siehe Parlamentsautonomie – Praktikabilität der Norm als Rechtfertigung siehe Praktikabilität der Norm – realitätsgerechte Festsetzung siehe Festsetzung, realitätsgerechte
Haushaltsführung, doppelte 148 f., 182, 209 f., 215, 223, 224 – Entscheidung des BVerfG zur 182, 186, 215 – Neuregelung 182, 186, 209 f., 215, 223, 224 Hebel, prozessualer 226 Informations- und Kommunikationssystem des Bundestages, gemeinsames 23, 161
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– Rechtfertigung 81 ff., 202 – Rechtfertigung aus dem besonderen Charakter der Abgeordnetenbezüge 145 ff. – Rechtfertigung dem Grunde nach 17, 124, 139 ff., 145 ff., 202, 209 – Rechtfertigung für die einzelnen Positionen der 146 ff. – Rechtfertigungsmaßstab 84 ff., 90 ff., 93 ff. 95 ff. – strenge Bindung an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 90 ff., 95, 98, 140 – Ungleichbehandlung durch 55, 64 ff, 200 f. – Verfassungsmäßigkeit 48 ff. – zulässige Ausgestaltung 124, 167 ff., 181 ff., 202, 209 – zulässiger Abgeltungsbereich siehe Abgeltungsbereich, zulässiger Mandat, freies – als Rechtfertigung der steuerfreien Kostenpauschale 83, 107 ff. – Beeinträchtigung 110 ff. – Begriff 108 – materiell-rechtliche Auswirkungen der Pauschalierung 111 ff. – Schutzbereich 108 ff. – verfahrensrechtliche Auswirkungen der Pauschalierung 114 ff. mandatsbedingte Kosten, sonstige 163, 190 Mandatsreisen 23, 152 f., 157, 187, 190 Mehraufwendungen am Sitz des Bundestages und bei Reisen 147 ff, 181 ff. Neidklage 225 Nettoprinzip – objektives 72, 75, 78 Österreich – Aufwendungsvergütung auf Einzelabrechnungsbasis mit Höchstgrenze 205
– Auslagenersatz in pauschaler Form 205 – Geltung der allgemeinen steuerlichen Regelungen für Abgeordnete 205 Parlamentsautonomie – als Rechtfertigung der steuerfreien Kostenpauschale 83, 99 ff. – Begriff 103 – Rechtswirkungen 105 ff. – Umfang 103 Pauschalierung siehe auch Typisierung – als Unterart der Typisierung 49 – Grundpauschalen 142 – Pauschalen für bestimmte Berufsgruppen 136 ff. – sonstige Pauschalen für Erwerbsaufwendungen 17 f., 130 f., 131 f., 135 ff. – Vollpauschalen 142 Personennahverkehr, öffentlicher – Kostenerstattung 24, 158 Popularklage 208 Fn. 2, 226 Praktikabilität der Norm – als Rechtfertigung der steuerfreien Kostenpauschale 83, 120 ff. – Begriff 121 Rechtslage in anderen Ländern 204 f. Rechtsschutzlücke 212, 225 Rechtsschutzmöglichkeiten 207 ff. Reisekosten 23 f., 152, 158 Repräsentationsaufwendungen 163 – von Abgeordneten 163, 165, 190 f. – von kommunalen Mandatsträgern 164 – von sonstigen Steuerpflichtigen 164 Selbstbetroffenheit 218 Fn. 34, 222 – eigene Besserstellung 222 Stellenzulage Ost – Vorlage des BFH 219 Streubreite, zulässige 171, 192 ff., 209
Sachwortverzeichnis Tarifermäßigung für gewerbliche Einkünfte – Vorlage des BFH 219 Transparenzgebot 178 Typisierung 48 f., 75 f., 83, 121 ff., 129 ff., 133 ff., 139 ff., 167 ff., 200 siehe auch Pauschalierung – Anforderungen an die Rechtfertigung 129 ff. – Befugnis des Gesetzgebers zur 50, 121 – bevorzugende und benachteiligende 95 ff. – durch die Verwaltung 133 ff. – externer Vergleich 51, 52 ff. – interner Vergleich 50, 200 ff. – nicht selektive 130, 136 – Orientierung am typischen Fall 168, 171 – Praktikabilität der Norm als Rechtfertigung 120 ff. – Rechtfertigung dem Grunde nach 124, 139 ff., 202 – selektive 52, 131, 136 – verfassungsrechtliche Problematik 50 f. – zulässige Ausgestaltung 124, 167 ff. 202 Übernachtungen bei Mandatsreisen 151, 187 Umzugskosten 147, 149 Unvereinbarerklärung 211, 213 f., 217 Fn. 33, 221 Fn. 49, 222, 225 f. Verfassungsbeschwerde 221 ff. siehe auch Selbstbetroffenheit verfassungsmäßige Regelung – einheitliche steuerpflichtige Entschädigung 203 – Einzelerstattung gegen Nachweis 204
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– Höchstgrenze für Werbungskosten 203 Fn. 658, 204 Fn. 662 – Möglichkeiten einer 202 ff. verfassungswidrige Normen – Gesamtbetrachtung 216, 218, 219, 224 – Problematik bei Gleichheitsverstoß 210 – Verfassungswidrigkeit auch der einheitlichen Grundnorm 216, 223, 224 – Verfassungswidrigkeit auch der einheitlichen Tarifvorschrift 216, 223, 224 – Verfassungswidrigkeit nur der drittbevorzugenden Norm 211, 212, 222, 224 Vergleich – externer 51, 52 ff. – interner 50, 200 ff. Vermögensteuer – alte Entscheidung des BVerfG zur 218 – neue Entscheidung des BVerfG zur 215 f., 218, 226 Verpflegung am Sitz des Bundestages und bei Reisen 154, 188 Verpflegungsaufwand, allgemeiner 189, 215 Verpflegungsmehraufwendungen 155 f., 188, 209, 215 Wahlkreisbüro – Einrichtung und Unterhaltung 21, 161, 190 Wegstreckenentschädigung 24, 157 Zinsbesteuerung – Entscheidung des BVerfG zur 218 f., 223, 226 Zweitwohnung am Sitz des Bundestags 147, 182