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German Pages 265 [268] Year 2008
Sebastian Schunke Das Bearbeitungsrecht in der Musik und dessen Wahrnehmung durch die GEMA
Sebastian Schunke
Das Bearbeitungsrecht in der Musik und dessen Wahrnehmung durch die GEMA
De Gruyter Recht · Berlin
Dr. iur. Sebastian Schunke, Diplom-Musiker, Rechtsanwalt in Berlin, Assistent am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht der Humboldt-Universität zu Berlin, Lehrbeauftragter am Jazzinstitut Berlin der Hochschule für Musik Hanns Eisler und der Universität der Künste, Berlin
∞ Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.
ISBN 978-3-89949-476-1
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Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XI
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
I. II. III. IV.
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Kapitel 1: Musikbearbeitung – Folge des künstlerischen Austausches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Einführung in die Problematik . . . . . . . . . . . Normenkonflikt und Probleme in der Praxis . . . Ziel der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . .
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A. Zum Wesen und zur Funktion der Musik . . . . . . . . . . . . B. Musikbearbeitung als wesensimmanentes Element musikalischen Wirkens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Interpretation eines Musikwerkes . . . . . . . . . . . . . . II. Verwendung von Elementen aus bestehenden Musikwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verbindung mit anderen Kunstformen . . . . . . . . . . . IV. Neuer Sachzusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Klingeltöne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Das Urheberrecht im Spannungsverhältnis der Werkschöpfung und Werknutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundlagen des Urheberrechts . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Regelungen des Urheberrechts im Musikbearbeitungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Die Rolle der GEMA im Bearbeitungsprozess . . . . . . . . . I. Grundlagen zur Musik-Verwertungsgesellschaft . . . . . . II. Das Problem der GEMA mit der Musikbearbeitung . . . . E. Ergebnis zum Kapitel 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 2: Urheberrechtsschutzfähigkeit von Musikwerken . . . .
31
A. Begriff des Musikwerkes i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UrhG . . . . . B. Persönlich geistige Schöpfung i.S.d. § 2 Abs. 2 UrhG . . . . . .
32 33
VI
Inhaltsverzeichnis
C. Das Prinzip der kleinen Münze . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Kritik am Prinzip der kleinen Münze . . . . . . . . . . . . . . E. Ergebnis zum Kapitel 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
34 38 43
Kapitel 3: Musikbearbeitung als Eingriff in das Urheberrecht
45
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A. Musikbearbeitung nach § 23 UrhG . . . . . . . . . . . . . . I. Abgrenzung des Anwendungsbereiches des § 23 UrhG zu § 3 UrhG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verhältnis von Bearbeitung und anderer Umgestaltung (§ 23 S. 1 UrhG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vorbestehendes schützenswertes Werk . . . . . . . . . . IV. Veränderung des Originalwerkes . . . . . . . . . . . . . 1. Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Interpretation eines Musikwerkes . . . . . . . . . . . a. Werkinterpretation als Bearbeitung im Sinne des § 3 UrhG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Werkinterpretation als sonstige Bearbeitung . . . . c. Arrangement als besondere Form der Werkinterpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Offene Kompositionsformen als besonderer Fall der Werkinterpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa. Vorbestehendes Werk . . . . . . . . . . . . . . bb. Qualifizierte Bearbeitung im Sinne des § 3 UrhG oder sonstige Bearbeitung nach § 23 UrhG . . 3. Benutzung von Musikelementen . . . . . . . . . . . . a. Vorbestehendes Werk . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Bearbeitung i.S.d. § 3 UrhG oder sonstige Form der Bearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verbindung mit anderen Kunstformen . . . . . . . . . a. Filmmusik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Bühnenmusik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Neuer Sachzusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . 6. Klingeltonnutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Von der Klingeltonnutzung betroffene Verwertungsrechte der Komponisten . . . . . . . . . . . . . . . b. Bearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa. Ungekürzte Versionen von Realtones . . . . . .
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45
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45
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48 50 51 51 52
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54 59
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63
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64 65
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68 69 69
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70 71 71 76 77 79
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79 81 81
Inhaltsverzeichnis
B.
C.
D.
E.
bb. Monophone bzw. polyphone, gekürzte Versionen bestehender Tonträgeraufnahmen . . . . . . . . . Die Abgrenzung der Bearbeitung zur freien Benutzung, § 24 UrhG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Selbständiges neues Werk . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Freiheit der Benutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Objektive Übereinstimmung bei den schöpferischen Elementen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Subjektives Element – Anscheinsbeweis . . . . . . . . . III. Sonderregel des § 24 Abs. 2 UrhG . . . . . . . . . . . . . . 1. Schutzfähigkeit der Melodie . . . . . . . . . . . . . . . 2. Melodiebegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Erkennbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Subjektives Element . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Berechtigung des § 24 Abs. 2 UrhG . . . . . . . . . . . . Die Abgrenzung der Bearbeitung zur Miturheberschaft . . . . I. Voraussetzungen der Miturheberschaft im Unterschied zur Bearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die gemeinschaftliche Schöpfung . . . . . . . . . . . . 2. Keine gesonderte Verwertbarkeit . . . . . . . . . . . . . II. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Musikbearbeitungen als Eingriff in urheberpersönlichkeitsrechtliche Änderungsbefugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Urheberpersönlichkeitsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . II. § 14 UrhG als zentrale Integritätsschutznorm . . . . . . . III. Besonderheit des § 93 UrhG . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Beeinträchtigungen des § 14 UrhG durch Musikbearbeitungen i.S.d. § 23 UrhG . . . . . . . . . . . . . . . 1. Interpretation – Arrangement eines Musikwerkes . . . . 2. Übernahme von Werkelementen . . . . . . . . . . . . . 3. Verbindung mit anderen Kunstformen . . . . . . . . . . a. Filmmusik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Bühnenmusik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Neuer Sachzusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Klingeltonnutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Eignung zur Interessengefährdung (2. Stufe) . . . . . . . . VI. Interessenabwägung (3. Stufe) . . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis zum Kapitel 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
VII
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VIII
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 4: Das Bearbeitungsrecht im Rechtsverkehr . . . . . . . .
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A. Das Urhebervertragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Einwilligung nach § 23 UrhG . . . . . . . . . . . . . . . . I. Genehmigungsfreie Herstellung der Bearbeitung . . . . . . II. Genehmigungspflichtige Verwertung und Veröffentlichung der Bearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtsnatur des Bearbeitungsrechts und Rechtsfolge der Einwilligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Übertragung des verwertungsrechtlichen Elements des Bearbeitungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verhältnis von § 23 UrhG zu § 39 Abs. 1 UrhG . . . . . . . II. Übertragung nach den §§ 31 ff. UrhG . . . . . . . . . . . . 1. Ausschließliche und einfache Nutzungsrechte . . . . . . 2. Verhältnis von Nutzungsrecht und Nutzungsart . . . . . 3. Formen der Musikbearbeitung als Nutzungsart i.S.d. UrhG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Anspruch auf angemessene Vergütung, §§ 32 ff. UrhG . . . IV. Bedeutung von § 39 Abs. 2 UrhG . . . . . . . . . . . . . . 1. Anwendbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Übertragung des urheberpersönlichkeitsrechtlichen Elements . I. Verhältnis von § 14 UrhG zu § 39 UrhG . . . . . . . . . . II. Übertragbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Heutige Ansätze in Lehre und Praxis . . . . . . . . . . . a. Keine Verfügung mit dinglicher Wirkung . . . . . . . b. Verfügung mit dinglicher Wirkung . . . . . . . . . . . c. Kerntheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Vorhersehbarkeitslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Rechtsnatur der Persönlichkeitsrechte . . . . . . . . . b. Musikalischer Schaffens- und Verwertungsprozess . . c. Grundsatz der Unübertragbarkeit gem. § 29 Abs. 1 UrhG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Erkenntnisse aus den Grundrechten . . . . . . . . . . e. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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IX
Inhaltsverzeichnis
III. Form der Übertragung urheberpersönlichkeitsrechtlicher Änderungsbefugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Grenzen der Übertragbarkeit des Bearbeitungsrechts nach § 23 UrhG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. § 31 Abs. 5 UrhG „Zweckübertragungsregel“ . . . . . 2. § 138 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. § 134 BGB i.V.m. § 29 Abs. 1 UrhG . . . . . . . . . . . E. Ergebnis zum Kapitel 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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168 168 170 172 172
Kapitel 5: Zulässigkeit, Umfang und Folgen der Wahrnehmung des Bearbeitungsrechts durch die GEMA . . . . . . . . . . . . . .
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A. Die GEMA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Sinn und Zweck der GEMA . . . . . . . . . . . . . . . . II. Wahrnehmungsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abschlusszwang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wahrnehmungszwang . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Aufsicht über die GEMA . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Europäische Herausforderung – Exkurs . . . . . . . . . B. Der Berechtigungsvertrag der GEMA . . . . . . . . . . . . . I. Rechtsnatur und Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Grundsätzliche Wahrnehmbarkeit des Bearbeitungsrechts durch die GEMA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Umfang der Wahrnehmung des Bearbeitungsrechts nach dem geltenden Berechtigungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Werkinterpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einräumung an die GEMA . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einräumung an die Nutzer . . . . . . . . . . . . . . . II. Werkelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einräumung an die GEMA . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einräumung an die Nutzer . . . . . . . . . . . . . . . III. Verbindung mit anderen Kunstgattungen . . . . . . . . . 1. Film . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Bedingte Rechtseinräumung gemäß § 1 i Abs. 1 GEMA-BV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Einräumung des Bearbeitungsrechts nach § 1 i Abs. 1 GEMA-BV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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191 191 191 194 197 197 200 200 201
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X
Inhaltsverzeichnis
c. Ausnahmen für Fernsehproduktionen, § 1 i Abs. 3 GEMA-BV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Abgrenzungsprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . aa. Eigen-, Auftrags- und Koproduktion . . . . . . . bb. Nutzung durch Dritte . . . . . . . . . . . . . . . cc. Senderprivileg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd. Abgrenzungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . 2. Bühnenmusik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Bühnenmäßige Aufführung eines dramatischmusikalischen Werkes . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Vollständig, als Querschnitt oder in größeren Teilen . c. Besonderheiten des § 1 a Abs. 2 GEMA-BV . . . . . . IV. Neuer Sachzusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Nutzung der Musik innerhalb der Werbung . . . . . . . 2. Sonstige Nutzungen im neuen Sachzusammenhang . . . V. Klingeltöne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. § 1 h GEMA-BV in der Version vom 25./26. Juni 2002 . a. Ausdrückliche Rechtseinräumung an die GEMA . . . b. Konkludente Rechtseinräumung an die GEMA . . . c. Einräumung an die Nutzer . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ergänzung des GEMA-BV vom 29. Juni 2005 . . . . . . . a. Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Problem der Zulässigkeit von doppelten Lizenzierungsmodellen I. Rechtliche Unzulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Wahrung des Urheberpersönlichkeitsrechts . . . . . . . . . III. Wirtschaftliche Bedenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Folgen für den GEMA-BV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einräumung des Bearbeitungsrechts . . . . . . . . . . . . II. Alternativer Berechtigungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . III. Folge für die Tarifgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Ergebnis zum Kapitel 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Zusammenfassung in Kernthesen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literaturverzeichnis
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Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Vorwort Die Arbeit wurde im Sommersemester 2007 von der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin als Dissertation angenommen. Die Verteidigung fand am 1. August 2007 statt. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Artur-Axel Wandtke, für die hervorragende Betreuung der Arbeit. Seine hilfreichen Ratschläge und sein Zuspruch haben sehr zum Gelingen der Arbeit beigetragen. Herrn Professor Dr. Winfried Nordemann danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Bedanken möchte ich mich bei dem Land Berlin für die Gewährung eines umfangreichen NaföG-Stipendiums. Diese Arbeit ist in tiefer Dankbarkeit meinen Eltern gewidmet, Susanne Schunke und Dr. Reinhard Schunke. Meinem Vater und meiner Freundin Antje Ruge danke ich für die Durchsicht des Manuskripts und die aufbauenden Worte. Meinen Geschwistern Jane Schunke und Dr. Maximilian Schunke für die Zuversicht. Ebenso danke ich Edith Brandes, Emma, Nikolas, Alexander, Malin, Monika und Paul Schunke, sowie Klaus Bothmann. Berlin, im Januar 2008
Sebastian Schunke
Einleitung I. Einführung in die Problematik Im Rahmen der Einspielungen zu dem Album „In a silent way“, nahm Miles Davis 1 ein Stück seines damaligen Pianisten Joe Zawinul mit gleichnamigem Titel auf: “We changed what Joe had written on “In a silent way” cut down all the chords and took his melody and used that. I wanted to make the sound more like rock. In rehearsals we played like Joe had written it, but it wasn’t working for me because all the chords were cluttering up. I could hear the melody that Joe had written – which was hidden by all the other clutter – was really beautiful. When we recorded I just threw out the chord sheets and told everyone to play just the melody, just to play off that. They were surprised to be working in this way, but I knew from when I had brought in music that nobody had ever heard for Kind of Blue that if you’ve got some great musicians – and we did, both then and now – they will deal with the situation and play beyond what is there and above where they think they can. That’s what I did with In an silent way, and the music on there came out beautiful and fresh. Joe never did like what I did with his composition, and I don’t think he likes it even today. But it worked and that’s all that really matters. Today many people consider Joe’s tune a classic and the beginning of fusion. If I had left that tune the way Joe had it, I don’t think it would have been praised the way it was after the album came out. In a silent way was a collaborative thing that Joe and I did.” 2
Das Zitat verdeutlicht wesentliche Vorgänge im Entstehungsprozess von Musik, die widerstreitenden Interessen der beteiligten Künstler, sowie die daraus resultierenden rechtlichen Fragestellungen. Am Anfang steht die Idee eines musikalischen Werkes. Sobald der Schöpfer des Werkes dieser Idee eine Form gegeben hat und Dritten das Werk präsentiert, wird ein weiterer Prozess in Gang gesetzt, die Auseinandersetzung von Dritten mit dem komponierten Werk. „We changed what Joe had written“. Durch die Auseinandersetzung und die Interpretation eines musikalischen Werkes erfolgt eine Darstellung des Werkes, die von der ursprünglichen Klangvorstellung des Komponisten erheblich abweichen kann. „In rehearsals we played like Joe had written but it wasn’t working for me“. Der Musiker, der sich mit einer Komposition auseinandersetzt, hat bestimmte technische Fähigkeiten und eine prägende musikalische Vorbildung, die sein Spiel und seine 1 2
Vgl. Davis/Troupe, S. 7 ff. Vgl. Davis/Troupe, S. 297.
2
Einleitung
Auffassungsgabe bestimmt. Wie weit darf ein Musiker auf ein bereits existierendes Werk Einfluss nehmen? Ist er in der Dynamik, der Formgebung frei, oder darf er auch Harmonie, Rhythmus und Melodieelemente verändern, weglassen, umspielen oder erweitern? Der freie und innovative Umgang mit bestehenden Kompositionen schafft neue Räume in der Musik. Muss es dem Komponisten möglich sein solche Umgangsformen zu unterbinden oder ist es interessengerechter, ihm lediglich einen wirtschaftlich angemessenen Ausgleich zu gewährleisten und damit eine Fortentwicklung musikalischer Ausdruckformen überhaupt erst zu garantieren? „That’s what I did with In an silent way, and the music on there came out beautiful and fresh. Joe never did like what I did with his composition, and I don’t think he likes it even today. But it worked and that’s all that really matters.“ 3 Das Werk tritt nicht nur mit anderen Komponisten und Musikern in Verbindung, sondern auch mit dem Musiknutzer bzw. den Musikverwertern, die das Werk oder die Aufnahme eines solchen Werkes umfänglich nutzen. Neue Formen der Nutzung berühren die Frage, ob das Werk allein durch die ungewohnte Darstellung bereits in seinem Wesen derart verändert wird, dass eine besondere Einwilligung des Urhebers erforderlich wird oder eine weitere Vergütung an den Urheber zu entrichten ist. Die beschriebenen Umgangsformen mit bestehenden Musikwerken berühren aus urheberrechtlicher Sicht die Kernfrage, ob das Bearbeitungsrecht des Urhebers in all diesen Fällen betroffen ist und welche rechtlichen Folgen sich aus dem möglichen Eingreifen des Bearbeitungsrechts nach § 23 UrhG ergeben. Die massenhafte Verwendung von vorbestehenden Musikwerken wäre nicht möglich, ohne die Existenz einer Verwertungsgesellschaft, da eine Kontrolle des Werkes dem einzelnen Komponisten bei den vielfältigen und häufigen Nutzungen von Musik kaum möglich wäre. Fakt ist aber, dass sich die GEMA als Verwertungsgesellschaft schwer tut, Wahrnehmungsbefugnisse ausdrücklich zu übernehmen, die im weiteren Sinn dem Bearbeitungsrecht zugerechnet werden. Ein Grund ist dessen nahe Verwandtschaft zum Urheberpersönlichkeitsrecht.
3
Vgl. Davis/Troupe, S. 297.
II. Normenkonflikt und Probleme in der Praxis
3
Es bedarf der Beantwortung der Frage, ob die gesonderte Stellung des Bearbeitungsrechts und flankierend der urheberrechtlichen Änderungsbestimmungen sowie die damit verbundenen weitreichenden praktischen Konsequenzen und Schwierigkeiten im Verwertungsvorgang im heutigen Zeitalter nachvollziehbar und gerechtfertigt sind. Eine sinnvolle Variante, die auch im Interesse der Urheber wäre, könnte die Wahrnehmung des Bearbeitungsrechts und urheberpersönlichkeitsrechtlicher Elemente durch die GEMA darstellen, um den Gegebenheiten im Musikschaffensprozess, wie auch der wirtschaftlichen Verwertungskette in ausreichendem Maße entsprechen zu können. Dazu wäre eine Strukturänderung im GEMA-Berechtigungsvertrag erforderlich. Um das Ergebnis vorwegzunehmen, die gesonderte Behandlung des Bearbeitungsrechtes außerhalb des GEMA-Berechtigungsvertrages ist nicht gerechtfertigt und muss aufgehoben werden. Eine Beachtung urheberpersönlichkeitsrechtlicher Elemente bei der wirtschaftlichen Verwertung ist grundsätzlich richtig, muss jedoch neu verstanden und strukturiert werden. Das Zitat von Miles Davis zeigt, dass mehrere Blickwinkel bei der Frage nach der Einordnung des Bearbeitungsrechts und dessen Wahrnehmung beachtet werden müssen: Der Komponist, der Interpret und die Verwerter sind in den Prozess einzubeziehen, da das Urheberrecht den Sinn und Zweck erfüllt, einen gerechten Ausgleich der Interessen im Lichte der Kunst zu schaffen.4
II. Normenkonflikt und Probleme in der Praxis Der Grund für die Rechtsunsicherheit im Umgang mit vorbestehenden Werken sowie der Verwertung dieser Werke und des Rechtserwerbs ist, dass das deutsche Urheberrechtsgesetz sich scheut, für die Lösung dieser Konflikte eine eindeutige Regelungsvorschrift zu schaffen. Hinzu kommt, dass abgesehen von klassischen Fällen der Bearbeitung, wie beispielsweise Mozarts Opernfassung von Figaros Hochzeit nach dem gleichnamigen Bühnenstück von Beaumarchais,
4
Loewenheim/Loewenheim § 1, Rn. 6, 7; Schricker/Schricker Einl., Rn. 8.
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Einleitung
uns stets neue, in ihrer Anerkennung als Bearbeitung bisweilen umstrittene Erscheinungsformen begegnen.5 Der Konflikt zwischen der ursprünglichen Werkidee des Komponisten und dessen Darstellung, bzw. der Umgang mit seinem schöpferischen Werk durch Dritte, findet Ausdruck in unterschiedlichen Normen des Gesetzes, die grundsätzlich für alle Werkarten gelten und nicht nur für das Musikwerk im Besonderen. Zum einen zeigt sich in dem Verhältnis des § 23 UrhG und § 24 UrhG, dass im Übergang von freier Benutzung eines Musikwerkes und dem Einwilligungsvorbehalt des Komponisten das Gesetz kaum klare Leitlinien an die Hand gibt. Dieses ist aufgrund der Unterschiedlichkeit der einzelnen Werkarten nur verständlich, für den konkreten Fall der Musikbearbeitung aber wenig hilfreich. Daneben spricht das Gesetz dem Werkschöpfer einen Schutz des Integritätsinteresses aus § 14 UrhG zu und enthält ein Änderungsverbot in § 39 UrhG. Aber wie weit gehen die berechtigten Interessen des Komponisten? Ist eine „unveränderte“ Darstellung eines Musikwerkes überhaupt vorstellbar? Darf § 14 UrhG überhaupt die Freiheit der ausübenden Künstler einschränken und damit der Musik möglicherweise im Wege stehen? Verbleibt ein Kerngehalt des Rechts beim Urheber oder kann der Komponist seine Rechte frei auf Dritte übertragen? Wie ist dann § 11 UrhG zu verstehen und das monistische Prinzip, welches dem Urhebergesetz zu Grunde liegt? Lässt sich ein solcher Kerngehalt juristisch greifen? Wer bestimmt diesen Kerngehalt, das Gericht nach objektiven Kriterien, der Komponist, das Publikum, der Veranstalter oder vielleicht die GEMA? Welche Bedeutung kommt § 39 Abs. 2 UrhG zu, wonach der Komponist Änderungen seines Werkes nach Treu und Glauben hinnehmen muss, wo er doch nach dem neu eingefügten § 11 S. 2 UrhG einen Anspruch auf eine angemessene Vergütung für die Benutzung seines Werkes hat? Ist nicht die Änderung, auch geringfügiger Natur, eine Benutzung, die gerade vergütet und nicht einfach vom Urheber unentgeltlich akzeptiert werden müsste? Wie sind also diese Normen in ihrem Zusammenspiel vor dem Hintergrund der tagtäglich stattfindenden Musikbearbeitung zu verstehen? Wie soll eine große Verwertungsgesellschaft wie die GEMA diese Rechts- und Verwertungsfragen interessengerecht lösen? 5
Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 15.
III. Ziel der Untersuchung
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Grund für die Verschachtelung der Normen und der Wahrnehmungsproblematik der GEMA ist vor allem die Konstruktion des Urheberpersönlichkeitsrechts und dessen Verankerung im deutschen Urheberrecht. Interessanterweise kommt dazu noch eine gesetzessystematisch besondere Stellung des Bearbeitungsrechts des § 23 UrhG. Das Bearbeitungsrecht wurde weder bei den klassischen Verwertungsrechten, noch bei den Urheberpersönlichkeitsrechten angesiedelt. Der Wahrnehmungsumfang der GEMA ist in dem Bereich des Bearbeitungsrechts und des Urheberpersönlichkeitsrechts zurückhaltend und nicht eindeutig geregelt. Der Berechtigungsvertrag benennt dass Bearbeitungsrecht entweder gar nicht, oder sieht für gewisse Nutzungshandlungen Einwilligungsvorbehalte vor, die zu enormen Abgrenzungsfragen und Rechtsunsicherheiten in der Praxis führen. Über die Auslegung der verschiedenen Abgrenzungsbegriffe besteht Streit. Der Einwilligungsvorbehalt bewirkt in vielen Bereichen, in denen das Bearbeitungsrecht betroffen ist, ein nicht klar strukturiertes doppeltes Lizenzsystem, durch welches nicht nur die GEMA, sondern auch die Urheber bzw. die Verlage an der Rechtseinräumung beteiligt werden.
III. Ziel der Untersuchung Ziel der Untersuchung ist das Musikbearbeitungsrecht in theoretischer Hinsicht umfänglich zu beleuchten und ein klares juristisch dogmatisches Ergebnis vorzuweisen und dieses auf praktisch relevante Abgrenzungsfragen im Musikschaffens- und Musikverwertungsbereich anzuwenden. Daraus sollen Konsequenzen für den Wahrnehmungsumfang der GEMA gezogen werden, indem die dogmatischen und praktischen Ergebnisse vereint und zu einer, für alle am Musikverwertungsprozess beteiligten Parteien, sinnvollen Neuordnung der Lizenzkette geführt werden. Das Urheberrecht darf dem kreativen Schaffen der Komponisten und der Verwertung ihrer Arbeit nicht im Wege stehen, sondern hat die Aufgabe den Schaffens- und Verwertungsprozess sinnvoll zu begleiten und zu unterstützen.
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Einleitung
IV. Gang der Untersuchung Die Untersuchung beginnt im ersten Kapitel mit der Analyse des zu untersuchenden Gegenstandes, sprich der Musik und den unterschiedlichen Formen der musikalischen Bearbeitung. Im zweiten und dritten Kapitel erfolgt die Einbindung dieser Ergebnisse in den juristischen Kontext, insbesondere die Auseinandersetzung mit der Vorfrage der Schutzfähigkeit des Musikwerkes, Inhalt und Umfang des Bearbeitungsrechtes aus § 23 UrhG und die Betroffenheit urheberpersönlichkeitsrechtlicher Änderungsbefugnisse im Sinne des § 14 UrhG. Hierbei werden die Anwendungsgrenzen der Norm und die inhaltlichen Ausprägungen für den Bereich der Musik untersucht. Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit der Frage der Wahrnehmung des Bearbeitungsrechts durch Dritte. Von Interesse ist dabei die Frage, inwieweit das Bearbeitungsrecht an Dritte übertragen werden kann und was sich daraus für das Urheberpersönlichkeitsrecht des Komponisten ergibt. In diesem Zusammenhang wird grundlegend die Rechtsnatur des Bearbeitungsrechtes im Zusammenspiel mit dem urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsrecht untersucht. Das fünfte Kapitel setzt sich mit der kollektiven Rechtswahrnehmung durch die GEMA auseinander. Die Frage der grundsätzlichen Wahrnehmbarkeit des Bearbeitungsrechts durch die GEMA wird behandelt. Anschließend wird der aktuelle Rechtswahrnehmungsumfang der GEMA in Bezug auf das Bearbeitungsrecht aus § 23 UrhG untersucht und die damit verbundenen aktuellen Rechtsprobleme. Die gewonnen Ergebnisse werden in einem Änderungsvorschlag zum Berechtigungsvertrag verarbeitet, bevor die Arbeit mit einer Zusammenfassung der Kernthesen endet.
Kapitel 1: Musikbearbeitung – Folge des künstlerischen Austausches A. Zum Wesen und zur Funktion der Musik „Wir haben das Gewissen eines arbeitsamen Zeitalters: dies erlaubt uns nicht, die besten Stunden und Vormittage der Kunst zu geben, und wenn diese Kunst selber die größte und würdigste wäre. Sie gilt uns als Sache der Muße, und Erholung: Wir weihen ihr die Reste unserer Zeit, unserer Kräfte – Dies ist die allgemeinste Tatsache, durch welche die Stellung der Kunst zum Leben verändert ist: sie hat, wenn sie ihre großen Zeit- und Kraft-Ansprüche an die Kunst-Empfangenen macht, das Gewissen der Arbeitsamen und Tüchtigen gegen sich, sie ist auf die Gewissenlosen und Lässigen angewiesen, welche aber, ihrer Natur nach, gerade der großen Kunst nicht zugetan sind und ihre Ansprüche als Anmaßung empfinden. Es dürfte deshalb mit ihr zu Ende sein, weil ihr die Luft und der freie Atem fehlt: oder – die große Kunst versucht, in einer Art Vergröberung und Verkleidung, in jener anderen Luft heimisch zu werden (mindestens in ihr auszuhalten), die eigentlich nur die kleine Kunst, für die Kunst der Erholung, der ergötzlichen Zerstreuung das natürliche Element ist. (…). Danken wir ihr, dass sie es vorzieht, so zu leben, als davon zu fliehen: aber gestehen wir uns auch ein, dass für ein Zeitalter, welches einmal wieder freie, volle Fest- und Freudentage in das Leben einführt, unsere große Kunst unbrauchbar sein wird.“ Friedrich Nietzsche 6
Diese Worte Nietzsches, der in einem Wien lebte, dessen Musikszene geprägt war von bedeutenden Komponisten wie Wagner, Strauss, Brahms und später Mahler und Schönberg, sollten zum intensiven Nachdenken über das Wesen und die Funktion von Musikwerken anregen und die sich daraus ergebenden Folgen für die Strukturen im Urheberrecht und der Verwertung von Musikwertung. Verfolgt man die Gedanken Nietzsches konsequent weiter und bezieht die Kernaussage auf die Musikveränderungen der digitalen Medienwelt, so wäre die erste Überlegung, ob es in einem Zeitalter, das auf die schnelle Wahrnehmung von einfach zu begreifenden Inhalten fixiert ist, überhaupt noch schützenswerte Musik gibt („unsere große Kunst unbrauchbar sein wird“). Dann würde sich die Frage nach der Existenz eines Bearbeitungsrechts und möglicher Urheberpersönlichkeitsrechte erübrigen. So weit darf man nicht gehen, denn es gibt, 6
Nietzsche, S. 941–942.
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Kapitel 1: Musikbearbeitung
selbst in unserem schnelllebigen modernen Zeitalter, geschützte Kunst. Den Bemessungsmaßstab für den Begriff der Kunst anzulegen, ist keinem Menschen oder Gremium in einer Ausschließlichkeit wirklich möglich. In Abgrenzung zur „großen Kunst“ darf „der kleinen Kunst“ nicht von vornherein jeglicher Schutz versagt werden, wobei im Einzelnen zweifelhaft sein kann, ob das Urheberrecht insofern die richtige Schutzadresse ist. Ausgangspunkt einer juristischen Analyse muss damit zunächst der zu untersuchende Gegenstand selbst sein: die Musik. Die Problematik bei der rechtlichen Einordnung von Musikbearbeitung liegt in dem unterschiedlichen Wesen musikalischer Werke mit begründet. Die verschiedenen Musik-Gattungen, die Einstellungen der Schöpfer zu ihrem Werk, die Möglichkeiten der Wiedergabe und der Auffassung durch das Publikum sind mannigfaltig. Das Wesen der Musik im Rahmen einer juristischen Dissertation zu ergründen ist nicht möglich, dennoch muss das Ausmaß der musikalischen Entwicklung und des Musikverständnisses, wie auch das schwierige Verhältnis der Musik zu seiner ihm von Dritten zugedachten oder aus sich selbst heraus ergebenden Funktion beachtet werden, um zu korrekten juristischen Einordnungen und Ergebnissen zu gelangen. Denn nichts anderes muss das Urheberrecht auch tun, den zu regelnden Gegenstand in seiner Gesamtheit begreifen können, um einen gerechten Interessenausgleich zwischen Musikschaffenden, Musikvermittlern, Musikverwertern und Musiknutzern zu erreichen.7 Seit früher Überlieferung nimmt die Musik im Leben der Menschen einen bedeutenden Platz ein. Es gibt viele Theorien über ihre Entstehungsgeschichte: als Form der Kommunikation, als Begleitung religiöser Zeremonien oder rhythmisch betonter Arbeitsabläufe auf dem Feld, aber auch als Ergänzung zu Gesang und Spiel und anderen gesellschaftlichen Ansätzen. Obwohl die Musik in den frühen Zivilisationen des indischen Subkontinents und in China eine wichtige Rolle spielte, liegen die Ursprünge der abendländischen Musik in Mesopotamien.8 Die Auffassungen zum Wesen und Begriff der Musik haben sich durch die Entwicklung der Menschheit, der Entste7 8
Loewenheim/Loewenheim § 1, Rn. 6, 7; Schricker/Schricker Einl., Rn. 13. Bailie, S. 11.
A. Zum Wesen und zur Funktion der Musik
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hung neuer Technologien, aber auch der Emanzipation der Komponisten in der Geschichte erheblich gewandelt. Es gibt nicht das Wesen der Musik. „Das Bedeutendste ist mein stilles Stück“,
sagte John Cage 9 einmal über das berühmte Klavierstück, dessen Titel „4′33“ die Aufführungsdauer nennt. Der Solist findet jedoch nur ein „tacet“ in seinen Noten. Die Musik wird allein von der Geräuschkulisse, von Straßengeräuschen oder Unmutsäußerungen aus dem Publikum gemacht. Damit erreicht die Auffassung von Musik, oder dem Musikwerk einen sehr hohen Abstrahierungsgrad. Es drängt sich die Frage auf, ob solche Formen von Kommunikation, solche Ideen des Hörerlebnisses noch als Musikwerk im Sinne des Urheberrechts aufgefasst werden können und damit dem Urheber Bearbeitungsrechte zu Teil werden. Der Komponist John Cage scheint insofern mit dem Werkbegriff keine Probleme zu haben. Dies verdeutlicht nur zu gut die unterschiedlichen Auffassungen vom Wesen und Inhalt der Musik und damit des Musikwerks: „Ich bin der Meinung, dass „4′33“ ein sehr physisches und kein Konzeptstück war. Für mich war es als eine Möglichkeit gedacht, das zu hören, was es zu hören gab.“10
Das Wesen der Musik ist seit seinen Ursprüngen eng mit dem Funktionsbegriff verbunden. In der modernen Medienwelt wird Musik immer häufiger in einem Funktionszusammenhang gesehen und so hat sich für bestimmte Musikformen der Begriff der „funktionalen Musik“11 durchgesetzt. Unter funktionaler Musik versteht man Musikformen, die für kunstfremde praktische Funktionen geschaffen oder instrumentalisiert wurden und als ständiger Begleiter des Alltags auftauchen. Die Musik wird aufgrund des psychologischen Effekts bewusst eingesetzt, etwa als bewusster Reizfaktor in der Produktwerbung, bei Großveranstaltungen oder als akustische Tapete („Hintergrundmusik“) in öffentlichen und privaten Räumen wie Restaurants, Hotelhallen, Fahrstühlen, Wartesälen, Kaufhäusern oder Telefonwarte9 John Cage, amerikanischer Komponist und Pianist, studierte bei Henry Cowell und Arnold Schönberg; vgl. Brockhaus Musik, Stichwort: John Cage. 10 Vgl. Brockhaus Musik, Stichwort: John Cage; vgl. zur Frage der Werkeigenschaft dieser Komposition gemäß § 2 Abs. 2 UrhG, Schack, Rn. 186; siehe S. 68. 11 Brockhaus Musik, S. 247.
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Kapitel 1: Musikbearbeitung
schleifen.12 Zu dieser psychischen Funktion zählt auch die Signalwirkung von Handyklingeltönen oder musikalischen Firmenlogos. Neben dieser im engeren Sinn psychisch-funktionalen Musik, erfüllen sonstige Musikformen ebenso je nach Gattung unterschiedliche Funktionen 13: die gesellschaftlich-soziale, die künstlerische, die wirtschaftliche und die Unterhaltungsfunktion.14 Daneben gibt es aber auch eine Erkenntnisfunktion.15 In der Popularmusik ist die wirtschaftliche Funktion der Musik von großer Bedeutung. Die Musik wird als Handelsware begriffen, mit der ein möglichst großer Gewinn erzielt werden soll. Ein künstlerischmusikalischer Anspruch wird dabei oft nicht verfolgt.16 Nicht nur die Popularmusik ist zentral von dem Gedanken der Verwertbarkeit bestimmt, sondern auch die klassische Musik oder Musikrichtungen wie der Jazz.17 Die Qualität des künstlerischen Produkts ist oft nebensächlich und erst recht ein bestimmter gesellschaftskritischer Ansatz. Ausnahmen gibt es in einigen aus wirtschaftlicher Sicht unbedeutenden Randbereichen des musikalischen Wirkens. Das wirft die Frage des Ansatzpunktes der juristischen Betrachtung auf, wenn die Funktion und die Wesensauffassungen des zu untersuchenden Gegenstandes so erheblich differieren. Brockhaus Musik, S. 247. Vgl. zur Entwicklung der Musik, Stein, S. 37, 42. 14 http://de.wikipedia.org/wiki/Funktionen_von_Musik. 15 In der Überwindung des status quo durch kritische Reflexion, sowie der Schaffung von Erkenntnis und Freiheit die alleinige Funktion der Kunst und damit der Musik zu sehen, klingt verlockend, trifft aber nicht den Kern des Wesens der Musik in der heutigen Zeit. Diese Auffassung ist noch geprägt von einem edlen Ansatz in der Kunst, wie er zumindest in der den freien Markt beherrschenden Musikwirtschaft selten zu finden ist; so aber Grunert, S. 10. 16 Wie sonst sind solche Fernsehformate wie „Deutschland sucht den Superstar“ oder vergleichbare Casting-Shows zu verstehen. Bis zu 15 Millionen Zuschauer verfolgen das Duell mehrerer Kandidaten und achten mehr auf die Kommentare der Juroren, als auf musikalische Parameter. Die Kandidaten reproduzieren Musik auf einem im Vergleich zum Original niedrigen Niveau. Der Musik kommt kein Wert an sich zu, vielmehr sind andere Merkmale wie die Originalität des Sängers bedeutend für den Erfolg; vgl. Stein, S. 37, 47. 17 Dies zeigen jüngste Beispiele wie etwa das „Jazzalbum“ von Thomas Quasthoff, produziert von Till Brönner. Hier wollte offensichtlich eine Plattenfirma (Deutsche Grammophon) mit dem Begriff des Jazz Geld verdienen, da das künstlerische Ergebnis alles andere als innovativ ist. 12 13
B. Musikbearbeitung
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Auch wenn der Musik verschiedene Funktionen zukommen, heißt dies noch lange nicht, dass das Urheberrecht all diese Funktionen anerkennen und die jeweilige Musik schützen muss. Dies gilt insbesondere für im Zuge der Digitalisierung und der Technologisierung entstehende neue Produktionsformen von Musik und den daraus resultierenden neuen Absatzmärkten für Musik. Man darf bei aller Veränderung des Marktes nicht außer Acht lassen, dass der Ausgangspunkt der Musik ein geistiger Prozess ist. Die eigenständige Bedeutung und der urheberrechtliche Schutz von Musik kann sich zunächst nur aus sich selbst heraus erklären und nicht aufgrund des im Zusammenhangstehens mit anderen Gegenständen oder Werken oder aufgrund bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhänge oder Bedürfnisse. So ist bei jeder Untersuchung das musikalische Ergebnis selbst zu betrachten. Erst im zweiten Schritt folgt dann die Frage der Verwertung und möglicher Absatzchancen auf dem Markt. Zwar ist die angemessene Vergütung ein wesentliches Prinzip des Urheberrechts, aber die Verwertbarkeit trägt vor allem dem wirtschaftlichen Interesse des Urhebers und seiner Vertragspartner Rechnung. Dies kann nicht dazu führen, dass Vorgänge unter das Musik-Urheberrecht fallen, die vom Regelungsgegenstand einem nachvollziehbarem Musikbegriff nicht mehr zuzuordnen sind.
B. Musikbearbeitung als wesensimmanentes Element musikalischen Wirkens Die Musik lebt, wie alles künstlerische Schaffen, von der Fortentwicklung des Vorhandenen.18 Der Brauch, fremde Werke zu verwenden, ist so alt wie die Schöpferkraft des menschlichen Geistes überhaupt.19 Bei dem Umgang mit vorhandenen Musikwerken als Folge eines künstlerischen Prozesses oder auch verwertungsrechtlichen Interesses stellt sich zwangsläufig die Frage der Bearbeitung. Zur Einordnung der Fragestellung bedarf es einer Untersuchung der Gegebenheiten im Musikschaffens, -vermittlungs und -verwertungsprozess. 18 19
Loewenheim/Czychowski § 9, Rn. 74. Nordemann GRUR 1964, 117.
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Kapitel 1: Musikbearbeitung
Zum einen muss das Verhältnis der Werkschöpfer im Schaffensprozess zueinander fokussiert werden und zum anderen ist die Beziehung von Werkschöpfer, -interpret und -verwerter zu analysieren.20 I. Interpretation eines Musikwerkes Der Interpret ist Mittler des vom Werkschöpfer festgelegten Werkes. Der Komponist als Schöpfer des Musikwerkes erreicht mit seinem Schaffen das Publikum nicht unmittelbar. Sein musikalisches Werk bedarf der künstlerisch interpretierenden Ausführung.21 Die Musik lebt davon, dass ausnotierter Notentext klanglich realisiert wird, sei es durch eine interpretierende Aufführung des Musikwerkes in einem Konzert oder durch die Festlegung einer Darbietung auf einem Tonträger, der dann wiederum über das Radio, Fernsehen oder Internet dem Publikum nähergebracht wird. Der Begriff der „Interpretation“ ist zunächst der Vorgang des Deutens, des Erklärens und damit des bewussten Erfassens einer Information.22 Bei der Werkinterpretation im Bereich der Musik kommt darüber hinaus noch die Auseinandersetzung mit dem musikalischen Gegenstand hinzu, wie auch die handwerklichen Fähigkeiten des Interpreten. Denn die darbietende Interpretation eines fremden Werkes ergibt sich weder allein aus diesem heraus, noch „aus der Natur der Sache“. Sie ist stets das Ergebnis eines individuellen Auswahlprozesses des Interpreten. Der interpretierende Musiker verwirklicht seine eigenen Vorstellungen von dem Werk und schafft eine ästhetische Form, die sich ausschließlich aus seinen persönlichen Fähigkeiten herleitet.23 Im Bereich der Musik spielt die Werkinterpretation vor allem bei der Aufführung eines Werkes in Konzerthäusern, auf Festivals oder in Vgl. Metzger, S. 59. Es soll damit der Anforderung Hubmanns nach „soziologischer Tatsachenforschung“ im Urheberrecht nachgekommen werden. Denn schließlich hat jedes Recht als Ausgangspunkt die tatsächlichen Verhältnisse interessengerecht zu lösen. Eine juristische Betrachtung ohne eine fachlich motivierte Auseinandersetzung mit dem eigentlichen zu regelnden Gegenstand ist für die Wissenschaft, als auch die Praxis bedeutungslos. Vgl. Hubmann, S. 30. 21 Schmieder NJW 1990, 1945; Häuser, S. 32. 22 Grunert, S. 82. 23 Grunert, S. 82. 20
B. Musikbearbeitung
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Clubs, wie auch bei der Herstellung von Tonträgern eine Rolle.24 Die Tonträgerproduktion stellte jahrelang die wesentliche Einnahmequelle von Urhebern, Tonträgerherstellern und Verlagen dar.25 Mit der zunehmenden Digitalisierung ist die Tonträgerproduktion einem fortlaufenden Wandel ausgesetzt. Digitalisierung und Tonträgerproduktion bedeutet nicht nur sinkende Umsatzzahlen der Musikbranche.26 Die Digitalisierung einhergehend mit der Computertechnik sorgt daneben für neue Formen der Musikproduktion und die Entstehung zahlreicher Subkulturen im Musikbereich. Wie in keinem anderen Musikverwertungsbereich ist der Tonträgerbereich geprägt von dem Zusammenspiel von Komponist und ausübendem Künstler und damit der Frage der Behandlung des Bearbeitungsrechts und flankierender urheberpersönlichkeitsrechtlicher Änderungsbefugnisse. Die Vielfalt der Möglichkeiten der Einspielung eines Musikwerkes auf einen Tonträger sind unbeschränkt. Die Bandbreite reicht von der Einspielung von Werken der traditionellen ernsten Musik, über die Festlegung moderner Kompositionsformen, bis hin zu Aufnahmen freier Musik. Komplexe Produktionen im Popund Rockbereich oder die Neueinspielungen von bekannten Kompositionen, die häufig unter dem Begriff „Coverversion“ zusammengefasst werden, bilden den wirtschaftlich bedeutendsten Teil der Tonträgerproduktionen.27 Die Werkinterpretation ist ins Verhältnis zu dem Werkintegritätsinteresse des Urhebers zu setzen.28 Das Werkintegritätsinteresse des Komponisten variiert je nach Musikgattung und persönlicher Einstellung des Komponisten zu seinem Werk. Bis auf bestimmte Spielarten klassischer Musik, lässt der Komponist oft großen Raum für die Interpretation, der Klanglichwerdung des Werkes. Selbst bei einer strengen Partitur bedarf die Realisation des Werkes doch der Interpretation durch einen Musiker und damit dessen ästhetischer Auslegung der Noten, seien die Grenzen auch scheinbar eng gesetzt.29
24 25 26 27 28 29
Vgl. zur Geschichte des Tonträgers, Rudorf in Moser/Scheuermann, S. 167 ff. Mahlmann in Moser/Scheuermann, S. 178, 185 f. Mahlmann in Moser/Scheuermann, S. 178, 185 f. Loewenheim/Czychowski § 9, Rn. 79. Riekert, S. 47; Schmieder NJW 1990, 1945, 1947. Schmieder NJW 1990, 1945, 1947.
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Kapitel 1: Musikbearbeitung
Damit ist bei der Interpretation der Übergang zur eigenständigen und schöpferischen Tätigkeit des Musikers fließend. Jedem Interpretationsvorgang wohnt notwendigerweise ein schöpferisches Element inne.30 Diese Erkenntnis muss nicht ein urheberrechtliches Ergebnis nach sich ziehen, darf aber bei der urheberrechtlichen Betrachtungsweise nicht außer Acht gelassen werden. Die Vermischung von Interpret und Urheber geht in vielen Bereichen der Musik, vor allem bei der Arbeit mit offenen Kompositionsformen und improvisierter Musik noch weiter, was bei der Behandlung von Bearbeitungsrechten mit berücksichtigt werden muss. Es zeigt sich, dass die Bearbeitung in keinem Fall in einem gedanklichen Ausschließlichkeitsverhältnis zur Interpretation gesehen werden darf. Vielmehr muss die Interpretation als erste Form der Bearbeitung betrachtet werden. Ob jede Form der Interpretation tatsächlich eine Bearbeitung im urheberrechtlichen Sinne darstellt und mit welchen Folgen, bedarf der Klärung.31 II. Verwendung von Elementen aus bestehenden Musikwerken Unabhängig von der Güte und Funktion musikalischen Schaffens ist die Auseinandersetzung mit vorbestehenden Musikwerken ein zentrales Tätigkeitsfeld von Komponisten. Diese Freiheit des Ideen- und Gedankenaustausches und deren Übernahme in das eigene musikalische Schaffen ist die Grundlage für einen größtmöglichen schöpferischen Freiraum, den die lebende und schaffende Generation zur Erhaltung einer lebendigen Kultur und zur Evolution einer sich beständig entwickelnden Gesellschaft benötigt. Das schließt nicht nur die Freiheit einer progressiven Vorwärtsbewegung ein, sondern auch die Freiheit sich in seiner musikalischen Ausdrucksweise bewusst zu beschränken oder sich auf bestehende musikalische Werte zurückzuziehen.32
30 31 32
Grunert, S. 84. Siehe dazu S. 52 ff. Vgl. Grunert, S. 12.
B. Musikbearbeitung
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So verwundert es auch nicht, dass in der modernen digitalisierten Musikproduktionswelt zunehmend auf bereits existierendes Tonmaterial zurückgegriffen wird. Viele Popularmusik-Produktionen 33 benutzen bei der Werkerstellung Elemente vorbestehender Kompositionen.34 Stilrichtungen in der Popmusik wie die House-Musik,35 der Hip-Hop 36, Ambiente 37-, Trance 38- oder Trip-Hop-Musik 39 integrieVgl. zum Begriff Popularmusik: Jörger, S. 19 f.; Riekert, S. 33: „Der Begriff Popularmusik bezeichnet ein umfangreiches Spektrum musikalischer Stilrichtungen, welche sich wiederum den Kategorien Pop- und Rockmusik zuordnen lassen.“ 34 Dass Werkelement selbst muss für sich allein betrachtet den Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 UrhG genügen, damit der Originalurheber Rechte aus § 23 UrhG gelten machen kann; BGHZ 9, 262, 266 ff. – Lied der Wildbahn I; Häuser, S. 30; siehe dazu S. 32 ff., 50. 35 Die House-Musik setzt sich grundsätzlich aus einem 4/4 Takt, einer Taktzeit von 125 BPM, einer begleitenden Hihat und einer markanten Basslinie zusammen. Die Geschichte des House beginnt bereits Anfang der 80er Jahre in Chicago/ USA. Mit Drumcomputern und alten Disco-Hits wurde ein neuer Klang entwickelt. Zu den ersten Diskjockeys gehörte Frankie Knuckles, der damals im Warehouse (daher kommt wahrscheinlich der Name) Samples aus Soul- und Discomusik mit elektronischen Beats zusammenfügte. Bald wurde das erste HouseLabel gegründet und die House-Musik war aus den Clubs der 90er nicht mehr wegzudenken. Immer mehr Spielarten des House wurden entwickelt: Deep-House, Vocal-House bis hin zu Jazz-House. 36 Hip-Hop oder Rap ist die Bezeichnung für die amerikanische Popkultur, die als Subkultur der afroamerikanischen und hispanischen Stadtbevölkerung in den achtziger Jahren entstand. Während der Anfangsjahre charakterisierten drei Phänomene die Hip-Hop Bewegung: Der als „Rap“ bezeichnete Sprechgesang, die Sprühdosenkunst Graffiti und die akrobatische Tanzform Breakdance. Heute ist Hip-Hop vor allem ein als Tanzmusik verwendeter Musikstil, der in vielen Fällen eine Weiterentwicklung schwarzer Musiktradition wie Soul, Funk, Rhythm und Blues und manchmal auch Jazz ist; vgl. Brockhaus Musik, Stichwort: HipHop. Bei der Hip-Hop Musik wurde ein aggressiver, rasanter Sprechgesang über ein rhythmisch einfaches Bass- und Schlagzeugfundament gelegt. Mit zunehmender Entwicklung und Kommerzialisierung wurde der Sprechgesang melodiöser oder mit einer weiblichen Stimme in Gegensatz gebracht und die verwendeten Basssamples und Schlagzeugsamples (auch beats genannt) wurden komplexer. Seitdem eine Künstlerin wie Lauren Hill acht Grammys für eine Hip-Hop Produktion erhalten hat, wird deutlich, dass Hip-Hop zu den einflussreichsten und auch kommerziell erfolgreichsten Erscheinungen der Musik der neunziger Jahre gehört. Vgl. http://musik.freepage.de/kleinerapperin/. 37 Ambiente ist ruhige, von elektronisch erzeugten Klangfarben beherrschte Musik, die nur wenige Gesangselemente und Melodieandeutungen enthält. Sam33
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Kapitel 1: Musikbearbeitung
ren von bereits auf Tonträgern festgelegten Musikwerken Elemente dieser Werke in ihre eigenen. Dabei wird in der Produktion oft die Methode des digitalen Samplens eingesetzt.40 Beim Musiksamplen wird ein auf einem Tonträger aufgenommenes Musikwerk in einem Computer gespeichert. So können Musikwerke in Werkelemente unterteilt, verändert und mit anderen Musikelementen verbunden werden. Das Samplen beschränkt sich in der Regel auf die Entnahme von Tonfolgen, Basslinien, Beats41, Sounds (Klänge) oder sonstiger aus vorbestehenden Musikwerken entnommenen Werkelementen,42 die anschließend in neuen Kompositionen verarbeitet werden.43 Auch im Musikverwertungsprozess werden zunehmend Elemente von vorbestehenden Werken verwendet. Dies ist aufgrund des digitalen Zeitalters technisch schnell und unkompliziert durchführbar.
ples dienen hier als Grundlage für die Klang- und Melodiegewinnung, vgl. http://www.laut.de/lautwerk/ambient/index.htm. Als Vertreter dieser Musikrichtung seien Brian Eno, The Orb, John Hassell, Harold Budd und Howie B. genannt. Seit 1974 gibt es die Begrifflichkeit Ambiente. 38 Trance-Musik ist im ursprünglichen Sinne Rhythmus und Bewegungsformen in immer gleicher Wiederholung. 39 Trip-Hop-Musik entstammt dem Hip-Hop, enthält jedoch keinen problematisierenden Sprechgesang. Dafür werden im Trip-Hop Klänge mit atmosphärischem Gesang vermischt. Vgl. http://www.laut.de/lautwerk/trip_hop. 40 Zur Grundlage der Sampletechnik, vgl. Häuser, S. 5 ff. Die Bezeichnung Samples stammt aus dem Englischen und bedeutet „Probe“, vgl. Riekert, S. 39; Weßling S. 137. 41 Der Begriff Beats steht für rhythmische Figuren. 42 Häuser, S. 29; Riekert S. 39: weist richtig darauf hin, dass die Sampletechnik nicht bloß zum Entnehmen sehr kleiner Werkteile, die keine persönliche geistige Schöpfung im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG darstellen, verwendet wird; vgl. die Aufnahmen der Band A tribe called quest „the anthology“, Jive Records, 1999. 43 Beim Abspielen eines Tonträgers werden analoge Wellen erzeugt, die im Rahmen des Samplens zu einem Analog/Digital-Wandler geführt werden. Dieser wandelt die eingegangene analoge Welle in digitale Impulse, die im Computer auf Mikrochips, Festplatte, CD, hard disk, floppy disk oder auf einem magnetischen Band gespeichert werden. Bei dem Samplen werden sämtliche akustischen Parameter jedes einzelnen Klanges des zu hörenden Musikwerkes berücksichtigt und digital festgelegt. Die Klänge werden in ihrer gesamten lebendigen Struktur identisch wiedergegeben; vgl. zum Ganzen Spieß ZUM 1991, 524, 525; Häuser, S. 4 ff.; Münker, S. 6, 7, 12 f.; McGraw 4 High Tech. L. J. 1989, 147, 148 ff.; Tenschert ZUM 1987, 612 ff.
B. Musikbearbeitung
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III. Verbindung mit anderen Kunstformen Ein Musikwerk wird genreübergreifend benutzt. Bei der Verbindung mit anderen Kunstformen wie Film- oder Bühnenwerken stellt sich die Frage, inwieweit die Darstellung der Komposition im Rahmen eines anderen Kunstwerkes eine im urheberrechtlichen Sinne wesentliche Veränderung des Ursprungswerkes ausmacht. Die Film- oder Fernsehmusik hat eine erhebliche Bedeutung für den Gesamteindruck eines Filmwerkes oder Fernsehspiels.44 Sie dient der Untermalung und Kommentierung der Handlung. Durch die Titelund Abspannmusik gibt die Filmmusik dem Film einen Rahmen.45 Bereits zu Stummfilmzeiten wurde die besondere Bedeutung der Musik für die Wahrnehmung der Zuschauer erkannt. Im Laufe der Filmentwicklung hat sich eine eigene Ästhetik im Bereich der Filmmusik herausgebildet und ein eigenständige Komponistensparte entstehen lassen.46 Durch die Verbindung von Musik mit Film entsteht ein neuer Höreindruck der Musik, da der primäre Reiz ein visueller ist. In der Verbindung könnte bereits eine urheberrechtliche Bearbeitung im Sinne des § 23 UrhG zu sehen sein. Neben der Verwendung von Musik im Bereich des Films, werden Musikwerke im Zusammenhang mit Bühnenwerken verwendet. Unter Bühnenmusik versteht man im wesentlichen jede Musik, die im Schauspiel, in der Oper oder Operette als Teil der Handlung auf oder hinter der Bühne gespielt wird.47 Im weiteren Sinne sind darunter auch Verwendungen von vorbestehenden Musikwerken im Ballett, bei Revuen und im Musical zu verstehen, die nicht eigens für das Bühnenwerk komponiert, sondern im Nachhinein von dem Regisseur oder dem Choreografen zu diesem Zweck verwendet wurden. Die 44 Schon im Jahr 1944 haben sich der Philosoph T.W. Adorno und der Komponist Hanns Eisler in ihrem Werk „Komposition für den Film“ mit der Frage der psychologischen Bedeutung der Filmmusik befasst, vgl. Moser in Moser/Scheuermann, S. 379, 380. Zu aktuellen Problemen der Akzeptanz von Filmmusikern, vgl. Dombrowski, S. 130 ff. 45 Brandhorst, S. 136. 46 Reich in v. Hartlieb/Schwarz, S. 291, Rn. 1; Brockhaus Musik, Stichwort: Filmmusik; Brauner, S. 12; Moser in Moser/Scheuermann, S. 379 f. 47 Bekannt ist beispielsweise die Bühnenmusik zu Mozarts „Don Giovani“, vgl. Brockhaus Musik, Stichwort: Bühnenmusik.
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Kapitel 1: Musikbearbeitung
Frage der Wahrnehmungskompetenz zwischen Verlagen und GEMA bewegt sich bei diesen Fallgestaltungen in einer Grauzone. IV. Neuer Sachzusammenhang Die psychologische Bedeutung der Musik nutzend, werden Musikwerke in der Medienlandschaft zunehmend in neuem Kontext verwendet: bei großen Sport- oder Politikveranstaltungen, im Bereich der Werbung oder als Hintergrundmusik wird Musik vielfältig eingesetzt. Die Bedeutung von Musik im Marketing-Mix und speziell innerhalb der Kommunikationspolitik hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen.48 Ganze Kommunikationsstrategien basieren inzwischen auf den vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Musik. Markante Beispiele sind die Firmen Coca Cola, Bacardi oder Lagnese die durch die Verwendung einprägsamer Kompositionen auf die Marke aufmerksam machen und der Marke durch die Wahl der Musik ein bestimmtes Gesicht geben.49 Insbesondere jüngere Zielgruppen lassen sich durch Musik sehr gut ansprechen. Musik setzt Trends, die der Konsumindustrie neue Absatzmärkte bringen. Aber auch in anderen Bereichen als der Produktwerbung wird dieser psychologische Effekt der Musik genutzt.50 Bei der letzten Bundestagswahl im Jahr 2005 setzte die CDU beispielsweise bewusst den Song „Angie“ von den Rolling Stones zur Vermarktung der Kanzlerkandidatin Angela Merkel ein. Werden Musikwerke in anderen als dem ihm ursprünglich zugedachten Sachzusammenhang genutzt, kann es sich trotz originalgetreuer Darstellung um eine Bearbeitung des Werkes im urheberrechtlichen Sinn handeln, da die Wahrnehmung des Werkes aufgrund anderer parallel stattfindender Ereignisse oder visueller Eindrücke sich erheblich verschieben kann.
48 49 50
Diedrichs/Stonat in Moser/Scheuermann, S. 409. Diedrichs/Stonat in Moser/Scheuermann, S. 409. Diedrichs/Stonat in Moser/Scheuermann, S. 409, 410.
B. Musikbearbeitung
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V. Klingeltöne Besondere Aufmerksamkeit genießt in Rechtsprechung 51 und Literatur 52 die Klingeltonnutzung von Werken der Musik. Das Geschäft mit Handyklingeltönen boomt. Das Anbieten von Klingeltönen beschert der Musikbranche nennenswerte Erträge in Milliardenhöhe.53 Für das Jahr 2008 wird ein weiterer Anstieg des Umsatzes mit Klingeltönen weltweit auf bis zu 5,2 Mrd. Dollar prognostiziert.54 Entsprechend wird um die Verteilung der Einnahmen gekämpft. An dem Verteilungskampf beteiligt sind die GEMA, die Musikverlage, die Klingeltonanbieter und die Urheber. Unter Klingeltönen sind Imitationen oder Ausschnitte von Musikwerken insbesondere der Popmusik zu verstehen, die sich der Endnutzer auf sein Mobiltelefon herunterladen kann und die ertönen, wenn der Endnutzer auf seinem „Handy“ angerufen wird.55 Technische Neuerungen im Bereich der Mobiltelefone und der AudioFormate führen bei Klingeltönen fortlaufend zu Weiterentwicklungen. Waren bislang monophone und polyphone Klingeltöne die geläufigsten Formen, werden nunmehr die „Realtones“ oder „Mastertones“ von den Firmen angeboten.56 Bei der Real- und Mastertonnutzung werden die originalen Audiodateien verwendet. Dieses kann auf zweierlei Weise geschehen. Das Werk kann verkürzt, beschränkt auf die markanten Stellen des Musikwerkes dargestellt werden. Dieser Ausschnitt wiederholt sich so lange, bis der Handybesitzer das Gespräch annimmt oder die Mailbox angeht (sog. Looping). Es ist aber auch möglich, dass sich der Endnutzer selbstständig mp3-Musikdateien auf sein Handy lädt bzw. LG Hamburg ZUM 2005, 485; LG Hamburg ZUM 2005, 483; OLG Hamburg ZUM 2006, 335. 52 Landfermann, S. 1, 165 ff.; Schricker/Dietz § 14, Rn. 11 a, 11c; Wandtke/Schunke UFITA I (2007) 61; Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14, Rn. 54; Dreier/Schulze Vor § 31, Rn. 136 a; Poll MMR 2004, 67 ff.; Hertin KUR 2004, 101 ff.; v. Einem ZUM 2005, 540 ff.; Castendyk ZUM 2005, 9 ff.; Poll ZUM 2006, 379 ff. 53 Klees CR 2005, 626 f.; Wandtke/Schunke UFITA I (2007) 61. 54 Spiegel Online vom 14.01.2004, Handy-Klingeltöne: Melodien für Milliarden. 55 V. Einem ZUM 2005, 540. 56 Klees CR 2005, 626, 627. 51
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Kapitel 1: Musikbearbeitung
den kompletten Song aus dem Internet erhält und diesen unveränderten Song in voller Länge als Klingelton auf seinem Handy programmiert. Dann wird das Musikwerk nicht gekürzt, sondern es ertönt bei einem Anruf der vollständige Song, bis dieser durch Annahme des Gesprächs oder durch Aktivierung der Mailbox unterbrochen wird.57 Ein ungekürzter Realtone liegt auch vor, wenn bewusst Klingeltöne hergestellt werden und unverändert Dritten angeboten werden. Bei polyphonen und monophonen Klingeltönen wird das Werk mittels synthetischer Klangerzeugung vereinfacht dargestellt. Während bei dem monophonen Sound oftmals lediglich die Melodie erklingt, kann bei dem polyphonen Klingelton zumindest die Akkordstruktur nachempfunden werden, wobei im Verhältnis zu dem auf dem Tonträger festgelegten Musikwerk erhebliche klangliche wie auch musikalische Unterschiede bestehen. Neben diesen rein akustischen Klingeltönen setzt sich am Markt auch immer mehr der Video-Klingelton durch, bei dem der Realtone in Verbindung mit einem Ausschnitt aus dem Musikvideo gezeigt wird.58 Schließlich gibt es noch die sog. Ringbacktones. Bei dieser Form handelt es sich nicht um Klingeltöne im eigentlichen Sinne, sondern hier ist ein Musikwerk nur für den Anrufer hörbar, während dieser das Freizeichen parallel wahrnimmt und wartet, bis der Angerufene den Hörer abhebt.59 Der Erwerb eines Klingeltones erfolgt üblicherweise unter Verwendung einer gebührenpflichtigen sog. Premium-SMS (SMS = Short Message Service) oder Dienstmitteilungs-SMS.60 Die Nutzungslizenz wird über die Handy-Rechnung beglichen.61 Eine andere Möglichkeit der Herstellung eines Klingeltones ist die eigenverantwortliche Aufnahme eines Musikwerkes mittels eines im Handy eingebauten Mikrofons samt Speichervorrichtung. Der Nutzer könnte demnach selbst singen, sprechen oder bereits bestehende Aufnahmen überspielen. 58 Vgl. www.jamba.de. 59 Vgl. Hertin KUR 2004, 101, 102. 60 Mit der Premium SMS wird möglich, was beim Telefonieren bereits seit Jahren eingesetzt wird: Für eine Leistung wird mehr Geld berechnet, als sie eigentlich kostet, um aus dem Differenzbetrag andere Leistungen zu bezahlen. Bei der „Dienstmitteilungs-SMS“ kann der Endnutzer den gewünschten Klingelton durch Anklicken eines WAP-Links zu einem Preis von durchschnittlich 1,99 EUR herunterladen; vgl. www.jamba.de; es sind aber auch Einzelpreise bis zu fünf Euro keine Seltenheit. Der durchschnittliche Preis für Realtones liegt schon bei 2,99 EUR, vgl. www.musicload.de. 61 V. Einem ZUM 2005, 540, 541; Becker, FS für Dietz, S. 187, 188; www.jamba.de. 57
C. Das Urheberrecht
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Neben Unternehmen, die sich auf mobile Informations- und Entertainmentdienste spezialisiert haben,62 bieten Mobilfunkanbieter Handyklingeltöne an. Daneben haben die Musikbranche selbst oder TVSender im Rahmen von Musiksendungen63 diesen Markt für sich entdeckt.64 So werden Handyklingeltöne der Musikunternehmen massiv im Rahmen der Musikkanäle Viva und MTV beworben.65 Man muss damit bei der rechtlichen Beurteilung mehrere Fallgestaltungen auseinanderhalten. Zum einen die Art des Klingeltones, d.h., ob es sich um einen polyphonen, monophonen oder Realtone handelt und zum anderen die Herstellung, d.h. ob ein Dritter von einem Tonträger durch Kürzung einen Klingelton herstellt oder der Künstler einen eigenen Klingelton herstellt, bzw. einwilligt, dass die Plattenfirma einen solchen Klingelton von seinem Originaltitel produziert.66 Die Aufbereitung des Musikwerkes als Klingelton in seinen unterschiedlichen Ausgestaltungen berührt viele Fragen des Wirkens eines Musikwerkes und damit die Frage, ob die Verwendung eine Bearbeitung des Ursprungswerks nach sich zieht und urheberpersönlichkeitsrechtliche Befugnisse berührt werden.67
C. Das Urheberrecht im Spannungsverhältnis der Werkschöpfung und Werknutzung I. Grundlagen des Urheberrechts Gegenstand des Urheberrechts ist ein Immaterialgut, welches zwar in bestimmter Weise verkörpert sein muss, um überhaupt als Rechtsobjekt verkehrsfähig zu sein, jedoch von dem einzelnen Werkstück unabhängig ist und gewissermaßen als „Idee“ über seine reale, konkrete Vergegenständlichung hinausweist.68 Dass Urheberrecht monopolisiert diese geistigen Werke, durch eine Zuordnung von Aus62 63 64 65 66 67 68
Jamba!GmbH oder ZED Germany GmbH. Z.B. RTL bei dem Fernsehformat „Deutschland sucht den Superstar“. Klees CR 2005, 626, 627. Wandtke/Schunke UFITA I (2007) 61, 64 f. Ulbricht CR 2006, 468, 469. Wandtke/Schunke UFITA I (2007) 61, 64 f. Schmieder NJW 1990, 1945, 1946.
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Kapitel 1: Musikbearbeitung
schließlichkeitsrechten. Das Konzept des Urheberrechts widerspricht damit dem erwünschten freien Austausch von Gedanken.69 Dadurch können der Urheber oder seine Erben für die Wirkungsdauer der Rechte das Werk der freien Verwendung durch Dritte entziehen. Das Urheberrecht hat die Aufgabe das Marktgeschehen zu regeln. Dabei kommen ihm eine Schutzfunktion, Kommunikationsfunktion, Innovationsfunktion und Vergütungsfunktion zu.70 Die Schutzfunktion wird im deutschen Urheberrecht durch das „Droit d’auteur“-Prinzip 71 wesentlich beeinflusst, dass die individuelle schöpferische Arbeitsleistung als Werk des Menschen mit seinen Persönlichkeitsinteressen in den Vordergrund stellt.72 Das Urheberrecht wird diesem Prinzip durch die Regelungen zum Urheberpersönlichkeitsrecht gerecht. Die Schutzfunktion erstreckt sich auf die Verwerter der urheberrechtlichen Werke.73 Die Europäische Union sieht die Verwerterinteressen als gleichwertigen Schutzaspekt an: „Der Schutz des geistigen Eigentums ist nicht nur für die Förderung von Innovationen und kreativem Schaffen wichtig, sondern auch für die Entwicklung des Arbeitsmarkts und die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit.“ 74 Dieser Grunert, S. 12. Ausführlich hierzu Wandtke/Bullinger/Wandtke Einl., Rn. 15 ff. 71 Im Gegensatz zum „Droit d’auteur-System“, das im Naturrechtsdenken und in der Aufklärung verwurzelt ist, betont das Copyright-System im angloamerikanischen Rechtskreis die wirtschaftlichen Aspekte. Dem Urheberpersönlichkeitsrecht wird weniger Aufmerksamkeit geschenkt; vgl. Wandtke/Bullinger/Wandtke Einl., Rn. 25. Das „work made for hire“-Prinzip ermöglicht eine komplette Aufgabe der Urheberschaft nach angloamerikanischem Recht. Gemäß Sec. 101 des US Copyright Act ist ein work made for hire ein Werk, das von einem Musiker im Rahmen seiner Anstellung vorgenommen wird (Sec 101 (1)) oder ein extra bestelltes Werk, das zu einem Gemeinschaftswerk beitragen soll (Sec. 101 (2)). Das Copyright in einem musikalischen work made for hire besitzt der Arbeitgeber des Studiomusikers (Sec. 102). 72 Wandtke/Bullinger/Wandtke Einl., Rn. 25. 73 Schricker/Schricker Einl., Rn. 8. 74 Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums vom 29.04. 2004, GRUR Int. 2004, 615, Nr. 1 der Erwägungsgründe; dem zustimmend Schricker/Schricker Einl., Rn. 8, 10: „Vom Gesetzgeber ist zu verlangen, dass er das Urheberrecht in einer Weise gestaltet, die seiner wirtschaftlichen Funktion und Bedeutung gerecht wird. Er muss dafür sorgen, dass ein Schutz für alle die Werke zur Verfügung steht, deren Vermarktung auf eine solchen angewiesen ist.“ 69 70
C. Das Urheberrecht
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Gleichstellung ist zu widersprechen. Zwar müssen die Verwerterinteressen berücksichtigt werden, es kann jedoch nicht die Schutzfunktion aus einem wirtschaftlichen Interesse heraus betrachtet werden, was letztendlich dazu führt, dass die Bewertungskriterien für die Eröffnung eines urheberrechtlichen Schutzes verschoben würden. Ein Systemwechsel des Urheberrechts wäre die Folge. Die Schutzfunktion über das Urheberpersönlichkeitsrecht darf aber nicht dazu führen, dass Innovationen wegen eines zu ausgeprägten Schutzes bereits geschaffener Werke nur noch eingeschränkt möglich sind. Neben dem Schutz des Persönlichkeitsrechts ist der Schutz der wirtschaftlichen Rechte der Urheber ein Wesensmerkmal des Gesetzes.75 Die Vergütungsfunktion folgt dem urheberrechtlichen Grundgedanken, den Urheber angemessen an dem wirtschaftlichen Nutzen seiner Arbeit und seiner Werke zu beteiligen.76 Dieses Prinzip der angemessenen Vergütung wurde durch das „Gesetz zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern“ 77 nicht nur bestätigt sondern durch die Änderungen des § 11 S. 2 UrhG und des § 32 und § 32 a UrhG gestärkt und einer besonderen für das Urheberrecht elementaren Bedeutung zugeführt.78 Dem Prinzip der angemessenen Vergütung kommt Verfassungsrang 79 zu, welches auf das privatrechtliche Verhältnis des Urhebers zu Dritten ausstrahlt. Das moderne Urheberrecht ist ein Gesamtsystem, dass sich in Subsysteme untergliedern lässt, wie das materielle Urheberrecht, das Urhebervertragsrecht, das Recht der Verwertungsgesellschaften und das Recht der verwandten Schutzrechte.80 Mit dem materiellen Urheber75 So auch OLG Hamburg GRUR 2006, 323, 326 – Handy-Klingeltöne II; Landfermann, S. 33. 76 Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 14/7564 vom 23. November 2001, S. 1. 77 Gesetz zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern v. 22.3.2002; BGBl. I. S. 1155; vgl. Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert Vor §§ 31 ff., Rn. 3. 78 Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 32, Rn. 9. 79 Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 14/7564 vom 23. November 2001, S. 11. 80 Kreile/Becker, S. 593, 599.
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Kapitel 1: Musikbearbeitung
recht, das dem Urheber ausschließliche Verwertungsrechte und gesetzliche Vergütungsansprüche gewährt, hat der deutsche Gesetzgeber für die schöpferischen Menschen die Grundlage der wirtschaftlichen Gewährleistung des Urheberrechts geschaffen. II. Die Regelungen des Urheberrechts im Musikbearbeitungsprozess Das deutsche Urheberrechtsgesetz schützt in § 2 Abs. 1 Nr. 2 UrhG Werke der Musik.81 Daneben wird dem Bearbeiter eines Musikwerkes über § 3 UrhG eine eigene Urheberschaft zugestanden, sofern er mit der Bearbeitung eine eigene schöpferische Leistung vollbracht hat.82 Jedem Schöpfer eines Musikwerkes steht aufgrund seiner Urhebereigenschaft zunächst das Recht zu, darüber zu entscheiden, ob und wie sein Werk erstmals an die Öffentlichkeit tritt (§ 12 Abs. 1 UrhG). Daneben hat der Urheber die Befugnis, eine „Entstellung“ oder andere Beeinträchtigung seines Werkes zu verbieten, die geeignet ist, seine berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen am Werk zu gefährden (§ 14 UrhG). Bei Filmwerken sind nur „gröbliche“ Entstellungen untersagt (§ 93 UrhG). Änderungen des Werkes sind aber möglich, wenn sie zwischen Urheber und vertraglichem Werknutzer vereinbart wurden (§ 39 Abs. 1 UrhG), oder der Urheber seine Einwilligung zu Änderungen nach Treu und Glauben nicht versagen kann (§ 39 Abs. 2 UrhG). Die Veröffentlichung und Verwertung von Bearbeitungen urheberrechtlicher Werke ist nur mit Zustimmung des Urhebers des bearbeiteten Werkes zulässig (§ 23 S. 1 UrhG), es sei denn es liegt eine freie Benutzung nach § 24 UrhG vor.83 Diese Kurzdarstellung des mit dem Begriff der Bearbeitung im weiteren Sinne betroffenen Normengefüges weist schon auf eine wenig systematische Ausgestaltung der gesetzlichen Regelungen hin, die dem Interesse des Urhebers an dem Bestandsschutz seines Werkes dienen.84 Schricker/Loewenheim § 2, Rn. 118 ff. Boddien, S. 39 f. 83 Vgl. zur rechtgeschichtlichen Entwicklung der urheberrechtlichen Kontrolle von Werkumgestaltungen Plassmann, S. 29 ff. 84 Schmieder NJW 1990, 1945, 1946. 81 82
D. Die Rolle der GEMA im Bearbeitungsprozess
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Bei Verletzung der Urheberrechte hat der Inhaber Anspruch auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassen der Verletzung und bei Verschulden auf Ersatz des entstandenen Schadens (§ 97 Abs. 1 UrhG), wobei im Fall der Verletzung urheberpersönlichkeitsrechtlicher Interessen auch wegen immaterieller Schäden Ersatz verlangt werden kann (§ 97 Abs. 2 UrhG).85 Der Urheber kann die Wahrnehmung seiner Rechte durch Dritte vornehmen lassen. Dieses geschieht durch die Einräumung von Nutzungsrechten (§ 31 UrhG).86 Im Bereich der Musik werden vor allem der Verwertungsgesellschaft GEMA solche Rechte zur Wahrnehmung eingeräumt. Das Bearbeitungsrecht nach § 23 UrhG nimmt insofern eine Sonderstellung ein, als die Bearbeitung an eine Einwilligung gebunden ist und das Gesetz nicht eindeutig definiert, ob diese Einwilligung eine Einräumung von Nutzungsrechten nach §§ 31ff. UrhG meint.87
D. Die Rolle der GEMA im Bearbeitungsprozess I. Grundlagen zur Musik-Verwertungsgesellschaft Musik-Verwertungsgesellschaften gibt es seit dem 19. Jahrhundert.88 Die Entstehung geht einher mit der Entwicklung des Urheberrechts im 18. Jahrhundert, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts dadurch gekennzeichnet war, dass dem Urheber durch die neue Urheberrechtsgesetzgebung weitere Nutzungsarten, namentlich das Recht der öffentlichen Aufführung dramatischer, musikalischer und dramatisch-musikalischer Werke, eingeräumt wurden. Damit änderte sich die Situation der musikalischen Urheber im Hinblick auf die Wahr-
Schricker/Wild § 97, Rn. 1, 2; Wandtke/Bullinger/v. Wolff § 97, Rn. 33 ff. Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 31, Rn. 2. 87 Siehe dazu S. 121 ff. 88 In Frankreich war die SACEM bereits seit dem Jahre 1851 tätig; vgl. Schmidt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 6 f. In Deutschland bildete sich zunächst die Leipziger Anstalt und anschließend die AFMA und die GDT; vgl. Schmidt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 11. 85 86
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Kapitel 1: Musikbearbeitung
nehmung ihrer Rechte in der Praxis grundlegend.89 Während die Vervielfältigung eines Musikwerkes traditionell durch den Notendruck geschah und der Komponist damit nur einem Vertragspartner gegenüberstand, ist der Kreis der Personen, die ein musikalisches Werk öffentlich aufführen und damit das Werk auf eine sonst allein dem Urheber vorbehaltene Art nutzen, schlechthin unüberschaubar.90 Der Urheber ist nicht in der Lage sämtliche öffentliche Aufführungen zu überwachen, geschweige denn mit jedem Veranstalter über die Erteilung einer Aufführungserlaubnis zu verhandeln und die zu zahlende Vergütung einzuziehen.91 Auch dem Veranstalter ist es nicht zuzumuten, mit jedem einzelnen Urheber über die Konditionen der Werknutzung zu verhandeln. Damit war der Weg für die Verwertungsgesellschaften geebnet, in die die Komponisten ihre Rechte zur kollektiven Verwertung einbringen konnten. Die Verwertungsgesellschaft übernimmt die Lizenzierung, die Kontrollfunktion und das Inkasso für den Urheber.92 Die herkömmlichen Gründe, die aus der Sicht der Urheber sowie der Nutzer für eine kollektive Rechteverwaltung sprachen, bleiben auch im digitalisierten Musikzeitalter bestehen: die Vielzahl der neuen Werknutzungs- und Verbreitungsmöglichkeiten erschweren den Nutzern den individuellen Rechtserwerb. Darüber hinaus scheitert der einzelne Urheber, der seine Rechte individuell wahrnehmen möchte, an der Vielzahl der Nutzer und Nutzungen.93 Im Urheberrechtswahrnehmungsgesetz (WahrnG) ist das Recht der Verwertungsgesellschaften normiert.94 Der Gesetzgeber hat dadurch die Voraussetzungen für eine Realisierung der Urheberansprüche verankert.95 Im Bereich der Musikverwertung ist in der Bundesrepublik Deutschland die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungsund mechanische Vervielfältigungsrechte) die zuständige Verwertungsgesellschaft.96 Lange Zeit war das Bild des Urhebers durch die Dialektik zwischen Verleger und Buchautor geprägt, der traditionell lediglich die Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechte an seinem Werk besaß, vgl. Kreile/Becker, S. 593. 90 Kreile/Becker, S. 593, 594. 91 Kreile/Becker, S. 593, 594. 92 Siehe zur GEMA S. 175 ff.; vgl. Kreile/Becker, S. 593, 594. 93 Kreile/Becker, S. 593, 594. 94 Wandtke/Bullinger/Wandtke Einl., Rn. 12 ff. 95 Kreile/Becker, S. 593, 599. 96 Siehe S. 175 ff. 89
D. Die Rolle der GEMA im Bearbeitungsprozess
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II. Das Problem der GEMA mit der Musikbearbeitung Die älteste und größte Verwertungsgesellschaft ist die GEMA, die die Rechte der Komponisten, Textdichter und Musikverlage an Werken der Musik wahrnimmt.97 Sie lässt sich die Rechte im Rahmen des Berechtigungsvertrages einräumen. Der Berechtigungsvertrag enthält keine Generalklausel, die sich mit der Frage der Musikbearbeitung auseinandersetzt. Der Berechtigungsvertrag benennt vorwiegend bestimmte Nutzungsarten, die im Einzelfall eine Einräumung des Bearbeitungsrechts nach sich ziehen können. Grund für diese nicht eindeutigen Regelungen ist die Zurückhaltung der GEMA, das Bearbeitungsrecht wahrnehmen zu wollen, um nicht durch die Lizenzierung in Urheberpersönlichkeitsrechte der Berechtigten einzugreifen. Für die Fälle der Musikbearbeitungen werden im Berechtigungsvertrag Sonderregelungen geschaffen, die auf unterschiedliche Weise zu einem doppelten Lizenzierungsverfahren führen, so dass bezüglich einer Nutzung die Rechte teilweise von der GEMA, vom Urheber oder vom Verlag wahrgenommen werden. Daraus resultieren Abgrenzungsschwierigkeiten und Grauzonen im Wahrnehmungsbereich der GEMA.98 Überwiegend schweigt der GEMA-BV jedoch zur Frage des möglicherweise betroffenen Bearbeitungsrechts. Dies gilt für den Bereich der Interpretation eines Musikwerkes bei der Werk-Aufführung oder der Werkaufnahme auf einen Tonträger. Ob eine Lizenzierung des Bearbeitungsrechts von den insoweit einschlägigen Regelungen des § 1 a GEMA-BV und § 1 h GEMA-BV mit umfasst ist, ist unklar. Falls der erhobene Tarif ein möglicherweise betroffenes Bearbeitungsrecht nicht mit abdeckt, wäre daneben das Prinzip einer angemessenen Vergütung nicht gewahrt. Trotz der erheblichen Bedeutung von Werkelementen für den Musikschaffens- und Verwertungsprozess, behandelt der GEMA-Berechtigungsvertrag die Frage der Lizenzierung von Werkteilen ebenfalls nicht ausdrücklich. In manchen Nutzungsformen werden teilweise Vervielfältigungen im Verhältnis GEMA – Werknutzer aus der Lizen-
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Schricker/Reinbothe Vor §§ 1 ff. WahrnG, Rn. 14. Ventroni MMR 2006, 308.
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Kapitel 1: Musikbearbeitung
zierung herausgenommen.99 Ob dieses der richtige Umgang mit Fragen der massenweise vorkommenden Teilwerknutzung ist, erscheint nicht nachvollziehbar.100 Das Einholen der Rechte für die Verwendung von der Filmmusik stellt sich für Produzenten in der Praxis als schwieriges Thema dar.101 Diese Problematik verstärkt sich bei Musikwerken, die nicht eigens für den Film komponiert wurden. Die erste zu klärende Frage des Produzenten betrifft regelmäßig die Einholung des Filmherstellungsrechts.102 Diesem Recht kommt durch die Regelung in § 1 i GEMABV eine Sonderposition zu. § 1 i GEMA-BV ist der Auslöser für viele Abgrenzungsschwierigkeiten im Bereich der Wahrnehmungskompetenz der GEMA.103 Bei der Verwendung von Musik im Rahmen von Bühnenwerken schlägt der Berechtigungsvertrag den Weg der teilweisen Rechtswahrnehmung ein. Die Frage der Wahrnehmungskompetenz zwischen Verlagen und GEMA bewegt sich in einer Grauzone. Die Regelung des § 1 a GEMA-BV ist insoweit einschlägig und Gegenstand von Diskussion und Auslegungsfragen. Der Wahrnehmungsvertrag regelt ebenfalls nicht ausdrücklich die Lizenzierung bei der Verwendung eines Werkes in einem neuen Sachzusammenhang. Teilbereiche wie die Nutzung zur Werbung werden gesondert in § 1 k GEMA-Berechtigungsvertrag behandelt. Ähnlich wie bei der Filmmusik führt § 1 k GEMA-BV zu einer sehr zweifelhaften doppelten Lizenzierung. Der GEMA-BV setzt sich in § 1 h GEMA-BV mit der Lizenzierung des Klingeltones auseinander. Diese Regelung ist von einer weitreichenden juristischen Diskussion begleitet und hat zu mehreren Rechtsverfahren geführt. Gegenstand der Diskussion sind Unsicherheiten bezüglich des Umfangs der GEMA-Lizenz und einer möglichen zweigleisigen Lizenzierung durch die Verlage. Grund für das doppelte Lizenzsystem soll wiederum das Bearbeitungsrecht und dessen nahe Verwandtschaft zu den Urheberpersönlichkeitsrechten sein. 99 Vgl. die Lizenzgrundlage der GEMA zur Herstellung von handelsüblichen Tonträgern; abgedruckt unter www.gema.de. 100 Siehe dazu unten S. 197 ff. 101 Brandhorst, S. 136. 102 Brandhorst, S. 136, 137. 103 Ventroni MMR 2006, 308.
E. Ergebnis zum Kapitel 1
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E. Ergebnis zum Kapitel 1 In der menschlichen Entwicklung hat sich das Wesen der Musik ständig gewandelt. Es gibt nicht das Wesen der Musik. Der Musik kommen in der heutigen Zeit unterschiedliche Funktionen zu, die zum einen erheblich von dem Verwertungsgedanken bestimmt werden, zum anderen von der Emanzipation der Komponisten. Im Kommunikationsprozess von Musik wird die Originalkomposition zunächst von einem Werkmittler aufgeführt. Daneben werden Originalwerke im Werkschaffensprozess wiederverwendet. Sie dienen als kreative Vorlage oder Elemente des Originalwerkes werden in neue Kompositionen eingebaut. Musikwerke werden überdies in anderen Kunstgattungen, und in neuen Sachzusammenhängen verwendet. Die Benutzung von Werken oder Werkelementen als Klingelton hat sich dabei in jüngster Zeit als eine wirtschaftlich bedeutende Form der Werkverwertung gezeigt. In all diesen Umgangsformen wird das Originalwerk entweder direkt oder aufgrund der Inbezugnahme indirekt in seiner Ausdruckskraft beeinflusst, was bereits eine Bearbeitung im Sinne des Urheberrechts darstellen kann. Das Urheberrechtsgesetz regelt den Umgang mit Originalmusikwerken nicht explizit, sondern stellt mehrere änderungsrechtliche Vorschriften bereit, die den Interessenausgleich von Urheber, Werknutzer, Werkverwerter und Werkrezipient regeln sollen. Zentrale Schutznorm ist dabei der § 23 UrhG, der die Bearbeitung eines Werkes von der Einwilligung des Urhebers abhängig macht. Flankiert werden die Bestimmungen zum Bearbeiterschutz durch den urheberpersönlichkeitsrechtlichen Entstellungsschutz des § 14 UrhG. Bei der Einordnung der musikalischen Vorgänge in das Urheberrecht müssen die Grundprinzipien des Urheberrechts beachtet werden. Neben dem Schutzprinzip des Urhebers kommt neuerdings auch dem Prinzip der angemessenen Vergütung eine wesentliche Funktion im Urhebervertragsrecht zu. Die GEMA als Verwertungsgesellschaft nimmt eine wesentliche Aufgabe im Musikverwertungsprozess wahr. Die Funktion der GEMA im Bereich der Wahrnehmung des Bearbeitungsrechts ist nicht eindeutig geregelt. Bei Fragen der Bearbeitung des Originalwerkes in Folge der Werkvermittlung, Werkerstellung und Werkverwertung schweigen sich die Regelungen des GEMA Berechtigungsvertrages
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Kapitel 1: Musikbearbeitung
aus oder versuchen die Wahrnehmung des Bearbeitungsrechts und des Urheberpersönlichkeitsrechts aus dem Zuständigkeitsbereich der GEMA herauszunehmen. Damit kommt es überwiegend zu einem unterschiedlich geregelten doppelten Lizenzierungsverfahren. Es fragt sich, ob dieses doppelte Lizenzierungsmodell die richtige Antwort auf die Einräumung des Bearbeitungsrechts im Bereich der Musik ist oder ob nicht vielmehr Änderungen des Berechtigungsvertrages erforderlich werden, die eine umfängliche Wahrnehmung des Bearbeitungsrechts durch die GEMA bei Musikwerken ermöglichen. Um diese Untersuchungen abschließend beantworten zu können, muss in einem ersten Schritt analysiert werden, wann überhaupt ein Musikwerk im Sinne des Urheberrechtsgesetzes vorliegt, so dass Bearbeitungsrechte entstehen können, auf die sich der Komponist als Urheber berufen kann.
Kapitel 2: Urheberrechtschutzfähigkeit von Musikwerken Die Bearbeitung ist Ausdruck des künstlerischen Austausches. Vorbestehendes musikalisches Material wird verwendet. Kompositionen durchlaufen einen vielschichtigen Verwertungsprozess. Urheberrechtlich relevant aus Sicht des Komponisten sind diese Vorgänge nur, wenn dieser zunächst als Schöpfer im Sinne des § 7 UrhG ein urheberrechtlich geschütztes Werk im Sinne des Urheberrechts geschaffen hat und damit der Anwendungsbereich des Gesetzes eröffnet ist. Dies verdeutlichen die Vorschriften, die sich im weiteren Sinne mit einem Bearbeiterrecht des Komponisten befassen (§§ 3, 14, 23, 39, 93 UrhG). Den Regelungen ist gemein, dass ein vorbestehend urheberrechtlich geschütztes Werk eines Urhebers vorliegen muss.104 Zu den geschützten Werken zählen auch Sammelwerke und nach § 3 UrhG geschützte Bearbeitungen.105 Erst dann kann es sich begriffsnotwendig um eine urheberrechtlich relevante Bearbeitung des Werkes eines Dritten handeln. Gemeinfreie Werke können zwar bearbeitet werden, dieses hat aber nur eine urheberrechtliche Relevanz im Sinne des § 3 UrhG. Eine Bearbeitung oder sonstige Verwendung eines gemeinfreien oder auch nicht schutzfähigen Musikwerkes verletzt keine Rechte Dritter, da gemeinfreie Werke oder überhaupt nicht schutzfähige Leistungen ohnehin von jedem beliebig genutzt werden dürfen.106 Im Sinne einer Vorfrage ist deshalb zu klären, wann ein urheberrechtlich geschütztes Musikwerk vorliegt. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 UrhG zählen Musikwerke zu den geschützten Werken des Urheberrechtsgesetzes. Neben einem Musikwerk i.S.d. § 2 UrhG sind häufig Werkteile Grundlage von Bearbeitungen. Unumstritten ist, dass auch einzelne Teile eines Werks der Musik i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UrhG urheberrechtlichen Schutz genießen können.107 Dies war in § 41 LUG und § 36 KUG ausdrücklich geregelt. Zwar fehlt im UrhG von 1965 eine solche Regelung, der Verzicht auf eine Boddien, S. 39 zu § 3 UrhG. Schricker/Loewenheim § 23, Rn. 12. 106 Boddien, S. 40; Schricker/Loewenheim § 23, Rn. 12; Dreier/Schulze § 23, Rn. 3. Davon zu unterschieden ist die Frage, ob an gemeinfreien Werken ein Bearbeiterurheberrecht entstehen kann. Dieses regelt § 3 S. 2 UrhG; vgl. dazu Boddien, S. 40. 107 Schack, Rn. 189; Schricker/Loewenheim § 2, Rn. 66. 104 105
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Kapitel 2: Urheberrechtschutzfähigkeit von Musikwerken
Normierung sollte aber an der bisherigen Rechtslage nichts ändern.108 Um urheberrechtlichen Schutz zu genießen, muss der Werkteil für sich allein betrachtet die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 UrhG erfüllen.109 Sind nur Teile eines geschützten Werkes in abhängiger Nachschöpfung übernommen worden, so liegt eine zustimmungsbedürftige Bearbeitung nur vor, wenn gerade diese Teile persönliche geistige Schöpfungen darstellen.110
A. Begriff des Musikwerkes i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UrhG Die allgemein verwendete Definition, dass Musikwerke im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 UrhG sich der Töne als Ausdrucksmittel bedienen, wobei es unerheblich ist, auf welche Weise der Ton erzeugt wird, greift zu kurz.111 Die Definition würde nur Sinn ergeben, wenn auch der Sinuston dem geforderten „Tonmerkmal“ genügen würde.112 Geräusche oder Klänge, sei es elektronischer oder natürlicher Art müssen auch als Gestaltungsmittel eines Musikwerkes im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 UrhG zugelassen werden.113 Besser ist von daher die Definition, dass ein Musikwerk im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG die Gestaltung von akustischen Erscheinungen umfasst.114 Vgl. Häuser, S. 30; Schricker/Loewenheim § 2, Rn. 66. BGHZ 9, 262, 266 ff. – Lied der Wildbahn I; Schack, Rn. 189; Häuser, S. 30. 110 Schack, Rn. 189; Schricker/Loewenheim § 23, Rn. 12. 111 Schricker/Loewenheim § 2, Rn. 118; Wandtke/Bullinger/Bullinger § 2, Rn. 68; Dreier/Schulze § 2, Rn. 134; andere verstehen unter Musikwerken solche Werke, die sich des Schalls als Gestaltungselement bedienen; vgl. Hartmann UFITA 122 (1993) 57. 112 Erzeugt man auf elektronischem Wege eine einzelne Sinusschwingung, so erhält man einen Ton im physikalischen Sinne. Erklingt auf akustischen Musikinstrumenten ein Ton, so setzt sich dieser aus einer Summe von einzelnen Sinustönen zusammen, vgl. Häuser, S. 16 f. 113 Dreier/Schulze § 2, Rn. 134; Brauner, S. 19; die überwiegende Literaturmeinung geht davon aus, dass neben dem Ton auch durch Schallwellen erzeugte Geräusche unter § 2 Abs. 1 Nr. 2 UrhG fallen können. Weissthanner, S. 35: „Zwar sind wir gewöhnt, (nur) die 12 Töne zu hören, die die „temperierte Skala“ ausmachen; das kann aber keineswegs bedeuten, dass Musik nur aus diesen und keinen anderen bestehen kann.“ 114 Hanser-Strecker, S. 43, so wohl auch Schack, Rn. 185; Weissthanner, S. 37: „Eine solche Definition lässt dem Komponisten die erforderliche Freiheit hinsichtlich des Materials, mit dem er arbeitet (…) und lässt der künftigen musikalischen Entwicklung genügend Raum.“ Kritisch dazu Tetzner JZ 1975, 649, 652. 108 109
B. Persönlich geistige Schöpfung i.S.d. § 2 Abs. 2 UrhG
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B. Persönlich geistige Schöpfung i.S.d. § 2 Abs. 2 UrhG Ein Musikwerk im Sinne des UrhG muss dem Merkmal der persönlich geistigen Schöpfung nach § 2 Abs. 2 UrhG als vom Gesetz genannter Schutzvoraussetzung genügen.115 Das Tatbestandsmerkmal der persönlich geistigen Schöpfung zeigt, dass die mit dem Werk intendierte Wirkung, also die Funktion des Schaffens für den Schutzbereich des Urheberrechts, irrelevant ist. § 2 Abs. 2 UrhG setzt voraus, dass das Werk auf einer menschlich-gestalterischen Tätigkeit des Urhebers beruht.116 Das schließt das Verwenden technischer Hilfsmittel nicht aus. Musikwerke können unter der Zuhilfenahme von Computern, Synthesizern oder Effektgeräten sehr wohl einem Urheber zugerechnet werden.117 Erforderlich ist weiter ein geistiger Inhalt.118 Bei Musikwerken liegt der geistige Inhalt in dem in Tönen oder anderen akustischen Erscheinungen ausgedrückten musikalischen Erlebnis, der Stimmung und dem Gefühlswert.119 Die schöpferische Idee muss eine Gestalt angenommen haben, indem der Urheber ihr eine bestimmte Form gegeben hat.120 Es besteht Einigkeit, dass eine abstrakte Idee, also ein Einfall im Sinne einer bloßen Anregung noch keinen Urheberrechtsschutz genießen kann.121 Musik ist daher in einer urheberrechtlich relevanten Weise nicht existent, wenn ein Komponist sich eine bestimmte Melodie im Kopf vorstellt.122 Die Formgebung besteht bei Werken der Musik in der Regel in dem Niederschreiben des Notentextes, der Festlegung auf einem materiellen Träger oder der Darbietung des Werkes. Schließlich muss ein ausreichender individueller Gehalt gegeben sein.123 Anstelle von Individualität wird auch oft von Gestaltungs115 Wandtke/Bullinger/Bullinger § 2, Rn. 70; Dreier/Schulze § 2, Rn. 6; Schricker/ Loewenheim § 2, Rn. 119; Pendzich, S. 149; Weissthanner, S. 37; Riekert, S. 51. 116 Wandtke/Bullinger/Bullinger § 2, Rn. 15; Schricker/Loewenheim § 2, Rn. 11, 119; Landfermann, S. 35; Boddien, S. 43; Stroh, S. 16. 117 Stroh, S. 16; Boddien, S. 43; siehe zu den Grenzbereichen bei modernen Kompositionsformen S. 64 f. 118 Dreier/Schulze § 2, Rn. 11; Boddien, S. 43. 119 Ähnlich Loewenheim/Loewenheim, S. 50, Rn. 10; Schricker/Loewenheim § 2, Rn. 119. 120 Wandtke/Bullinger/Bullinger § 2, Rn. 19; Boddien, S. 44. 121 Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 24; Wandtke/Bullinger/Bullinger § 2, Rn. 19. 122 Boddien, S. 44. 123 Schricker/Loewenheim § 2, Rn. 23; Wandtke/Bullinger/Bullinger § 2, Rn. 21, 23; Pendzich, S. 149; Riekert, S. 51.
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Kapitel 2: Urheberrechtschutzfähigkeit von Musikwerken
höhe, schöpferischer Eigentümlichkeit oder Leistungshöhe gesprochen.124 Der schöpferischen Eigentümlichkeit kommt im Bereich der Musik eine besondere Bedeutung zu, da sich an diesem Merkmal viele Abgrenzungsschwierigkeiten zum nicht schutzfähigen und damit gemeinfreien Element einer Komposition zeigen. Durch die schöpferische Eigentümlichkeit unterscheidet sich das urheberrechtlich geschützte Werk von der nicht geschützten Masse des Alltäglichen, des Banalen bzw. der sich im üblichen Rahmen haltenden Erzeugnisse.125 Die Beurteilung der schöpferischen Eigentümlichkeit eines Musikwerkes wird durch das „Prinzip der kleinen Münze“ entscheidend beeinflusst.126
C. Das Prinzip der kleinen Münze Bei der urheberrechtlichen Schutzfähigkeit eines Musikwerkes werden nach der Rechtsprechung 127 und dem überwiegenden Teil der Rechtslehre 128 keine zu hohen Anforderungen an die schöpferische Eigentümlichkeit im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG gestellt. Es gelte das Prinzip der kleinen Münze 129, das einfache, aber gerade noch geschützte geistige Schöpfungen erfassen soll.130 Landfermann, S. 36; Boddien, S. 45. Boddien, S. 46. 126 Schricker/Loewenheim § 2, Rn. 121. 127 BGH GRUR 1988, 812, 814 – Ein bißchen Frieden; BGH GRUR 1988, 810, 811 – Fantasy; BGH UFITA 51 (1968) 295, 315 – Haselnuß; BGH GRUR 1991, 533 – Brown Girl II; OLG München ZUM 1989, 309; OLG München ZUM 1992, 202, 203. 128 Schricker/Loewenheim § 2, Rn. 121; Dreier/Schulze § 2, Rn. 139; Schack, Rn. 188; Boddien, S. 48 f.; Stroh, S. 18. 129 Das Prinzip der kleinen Münze geht auf Elster zurück, der 1921 in seinem Lehrbuch des gewerblichen Rechtschutzes davon sprach, dass es für den Gegenstand des Urheberrechts gleichgültig sei, „ob es große oder kleine Münze ist, was da geschaffen ist“; vgl. Elster, S. 40, vgl. Loewenheim GRUR 1987, 761. Einleitend zur Problematik und zur Geschichte Schraube UFITA 61 (1971) 127 f. Noch weitreichender als die Lehre von der kleinen Münze ist die Lehre von der sogenannten statistischen Einmaligkeit begründet von Kummer, S. 30 ff.; 47 ff., 80., die aber allgemein abgelehnt wird und gerade im Musikbereich an der Schaffensrealität vorbeigeht; vgl. Schulze GRUR 1987, 769, 772. 130 BGH GRUR 1988, 812, 814 – Ein bißchen Frieden; BGH GRUR 1988, 810, 811 – Fantasy; BGH UFITA 51 (1968) 295, 315 – Haselnuß; BGH GRUR 1991, 533 – Brown Girl II; OLG München ZUM 1989, 309; OLG München ZUM 1992, 202, 203. 124 125
C. Das Prinzip der kleinen Münze
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Vor dem Hintergrund des Prinzips der kleinen Münze soll es nach dem BGH für eine geschützte persönliche geistige Leistung im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG bereits ausreichen, „(...) wenn die formgebende Tätigkeit des Komponisten – wie bei Schlagermusik regelmäßig – nur einen verhältnismäßig geringen Eigentümlichkeitsgrad aufweist, ohne dass es dabei auf den künstlerischen Wert ankommt.“ 131
Auf eine qualitative, künstlerische oder ästhetische Bewertung der Schöpfung soll es damit ebenso wenig ankommen, wie auf eine ausgeprägte Gestaltungshöhe.132 Als Argument verweist der BGH auf die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 2 UrhG.133 Bei der Frage der Schutzfähigkeit eines Werkes in seiner Gesamtheit hat eine Betrachtung aller das Werk prägenden Parameter zu erfolgen.134 Rein handwerkliche Tätigkeiten, wie die formalen Gestaltungselemente, die auf den Lehren von der Harmonik 135, Rhythmik und Melodik beruhen oder sich im Wechselgesang zwischen Chor und Solist ausdrücken, sollen jedoch für sich genommen außerhalb des Schutzbereiches bleiben.136 Danach falle der einzelne Ton, der musikalische Akkord, der musikalische Stil, bestimmte Standardrhythmen trotz des Prinzips der kleinen Münze nicht unter § 2 UrhG.137
BGH GRUR 1991, 533 – Brown Girl II. BGH GRUR 1991, 533 – Brown Girl II; BGH GRUR 1988, 812, 814 – Ein bißchen Frieden; BGH GRUR 1981, 267, 268 – Dirlada; BGH GRUR 1968, 321, 324 – Haselnuß; dem zustimmend Riekert, S. 53. 133 BGH GRUR 1981, 267, 268 – Dirlada. 134 OLG München ZUM 1992, 202, 203. 135 Die Harmonie eines Stückes gibt der Komposition ihre Tiefe, Unterstützung und Resonanz; vgl. Goldstein, Volume 2, § 8.3. 136 BGH GRUR 1981, 267, 268 – Dirlada; OLG München ZUM 1992, 202, 204. In der US-amerikanischen Rechtsprechung und Literatur werden ähnliche Ansätze vertreten; vgl. Northern Music Corp. v. King Record Distributing Co., 105 F.Supp. 393, 400 (S.D.N.Y. 1952): „rhythm is simply the tempo in which the composition is written. It is the background of the melody. There is only a limited amount of tempos; these appear to have been long since exhausted; originality of rhythm is a rarity, if not impossible“; Life Music Inc. v. Wonderland Music Co., 241 F.Supp. 653 (S.D.N.Y. 1965); Tin Pan Apple Inc. v. Miller Brewing Co. Inc., 30 USPQ2d. 1791, 1794 (S.D.N.Y. 1994); McGraw 4 High Tech. L. J. 1989, 147, 159. 137 OLG München ZUM 1992, 202, 204: für Rockrhythmen; Schricker/Loewenheim § 2, Rn. 122, 123; Dreier/Schulze § 2, Rn. 136; Rehbinder, Rn. 131; Schack, Rn. 189; Brauner, S. 19. 131 132
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Kapitel 2: Urheberrechtschutzfähigkeit von Musikwerken
Die Neuinstrumentierung hin von einem Sologesang auf eine stärker hervortretende Instrumentierung der Melodie könne jedoch ausreichend sein, um ein eigenschöpferisches Element und damit Werkschutz nach § 2 Abs. 2 UrhG zu bejahen.138 Klangliche 139 Elemente können Einfluss auf die Möglichkeit der Eigentümlichkeit im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG haben.140 Bezüglich des Klanges ziehen Vertreter der Rechtslehre 141 teilweise den Kreis der Schutzfähigkeit weiter als die Rechtsprechung. Die konkrete Auswahl, Kombination und Anordnung verschiedener Klangquellen könne bereits eine geistige Schöpfung sein.142 Eine Kombination von akustischen Elementen sei aber nur schutzfähig, wenn sie in zeitlicher Staffelung und nicht simultan auftrete.143 Der Schutzumfang sei bei Werken der kleinen Münze jedoch enger anzusiedeln und die Regeln zum Urheberpersönlichkeitsrecht seien von geringerer Bedeutung.144 „Je auffallender die Eigenart des als Vorlage benutzten Werkes ist, umso weniger werden dessen übernommene Eigenheiten in dem danach geschaffenen Werk verblassen. (…). Ein Werk geringerer Eigenart geht eher in dem nachgeschaffenen Werk auf als ein Werk besonderer Eigenprägung.“145
Die Rechtsprechung hat bei der Bestimmung der schöpferischen Eigenart das Prinzip der kleinen Münze in vielen Fällen in konsequenter Anwendung zur Geltung gebracht, da selbst bestimmte FormenBGH GRUR 1991, 533, 535 – Brown Girl II. Vgl. ausführlich zu den Grundlagen des Klanges, Jörger, S. 85 ff.; Häuser, S. 15 ff.; zur Frage der Einordnung unter § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG, Jörger, S. 96 f. 140 BGH GRUR 1981, 267, 269 – Dirlada. 141 Möhring/Nicolini/Ahlberg § 2, Rn. 102; Jörger, S. 95, 106; Tenschert ZUM 1987, 612, 615; zustimmend Häuser, S. 35 f. Weissthanner, S. 44 f. 142 Möhring/Nicolini/Ahlberg § 2, Rn. 102; Jörger, S. 95, 106; Tenschert ZUM 1987, 612, 615; zustimmend Häuser, S. 35 f. für den Bereich der Klanggestaltung des Instrumentalisten, da sich der Klang eines Instrumentalisten allenfalls nachahmen oder mit technischen Mitteln kopieren lasse. Bei konkreter Musik treten keine besonderen Probleme auf. Die Alltagsgeräusche selbst sind nicht schutzfähig. Eine ausreichende Individualität ist aber dann zu bejahen, wenn der Komponist die aufgenommenen Naturgeräusche oder andere Klänge modifiziert, bearbeitet oder verfremdet, vgl. auch Weissthanner, S. 44 f. 143 Weissthanner, S. 46. 144 BGH GRUR 1991, 532 – Brown Girl II; Loewenheim GRUR 1987, 761, 767; Pendzich, S. 151. 145 BGH GRUR 1991, 532 – Brown Girl II. 138 139
C. Das Prinzip der kleinen Münze
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gestaltungen eine schöpferische Eigenart mitbegründen können.146 Die Gesamtschau verschiedener musikalischer Elemente entscheide letztendlich über das Vorliegen eines musikalischen Werkes im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG, so dass Tempoangaben des Bearbeiters wie auch andere Parameter für eine Eigenständigkeit sprechen können.147 Selbst ein achttaktiger Refrain eines mit einfachen Mitteln hergestellten Schlagers soll eine Schutzfähigkeit aufgrund des Prinzips der kleinen Münze zukommen.148 Als Konsequenz der von Rechtsprechung und der Rechtslehre vertretenen Geltung des Prinzips der kleinen Münze ergibt sich, dass nahezu alle musikalischen Kompositionen wie auch eine Vielzahl der ihr zugrundeliegenden Elemente Schutz genießen.149 Die Rechtsprechung hat jedoch teilweise das Prinzip der kleinen Münze eingeschränkt. Nach dem LG München 150 beispielsweise soll eine zweitaktige aus mehreren Viertel- und Achtelnoten bestehende, eine Moll-Pentatonik umfassende, absteigende Refrainlinie nicht schutzfähig im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG sein. Einer Tonfolge, die nur aus wenigen Tönen besteht, fehle die erforderliche Individualität. Ebenso sollen Basslinien, die typischerweise in einem bestimmten Stil auf eine bestimmte Art und Weise gespielt werden, nicht in den Schutzbereich des § 2 Abs. 2 UrhG fallen, da es sich um vorbekannte Elemente handele.151 Der Refrain eines Schlagers soll ein nicht eigenschöpferisches Werkelement darstellen.152 Insofern sind sich die Gerichte bei der Bewertung ähnlicher Sachverhalte offensichtlich uneins.153
OLG München ZUM 2002, 306, 308. BGH GRUR 1991, 533, 535 – Brown Girl II; OLG München ZUM 1992, 202, 204: „Musikwerke (können) – unabhängig von der Melodie – auch durch ihren Aufbau, durch die Instrumentierung, Orchestrierung, Rhythmus u.ä. den zum Erlangen von Urheberrechtsschutzfähigkeit erforderlichen eigentümlichen Charakter erlangen.“ 148 OLG München ZUM 1989, 309. 149 So auch Riekert, S. 54; Köhn ZUM 1994, 278, 284. 150 LG München I ZUM 2003, 245, 246 f. 151 OLG Hamburg ZUM 2002, 647, 651. 152 OLG Hamburg ZUM 1991, 590, 591. 153 Vgl. OLG München ZUM 1989, 309 das eine Schutzfähigkeit bejaht, während OLG Hamburg ZUM 1991, 590, 591 einen Schutz nach § 2 UrhG versagt. 146 147
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Kapitel 2: Urheberrechtschutzfähigkeit von Musikwerken
Gegen eine vollständige Aufgabe des Prinzips der kleinen Münze wird angebracht, dass die Abgrenzungsproblematik nur auf den Bereich der Leistungsschutzrechte verlagert würde und bei der Untergrenze des Schutzes ähnlich gelagerte Abgrenzungsschwierigkeiten auftreten würden.154 Auch ein internationaler Schutz würde aufgrund eines mangelnden internationalen Leistungsschutzes nicht garantiert werden können, obwohl doch die Schutzwürdigkeit allgemein bejaht würde.155
D. Kritik am Prinzip der kleinen Münze Für alle Bereiche der Musik ist das Prinzip der kleinen Münze in Zeiten der zunehmenden Medialisierung der Musikindustrie in dem von der Rechtsprechung und Literatur verstandenen Sinne abzulehnen. Die Absenkung des Schutzniveaus führt gerade im verwertungsgesellschaftlichen Umfeld zu Problemen der Wahrnehmbarkeit aller Rechte. Ein nicht wünschenswertes Ergebnis der Anwendung des Prinzips der kleinen Münze ist die Pönalisierung des kreativen Musikschaffens. Eine Absenkung des Schutzniveaus auf ein absolutes Minimum ist für einen ausreichenden Schutz nicht erforderlich und findet keine Stütze im Gesetz. Das Urheberrecht bietet genug Schutzinstrumente, um den Verwerterinteressen der Popularmusik gerecht zu werden.156 Die Konzeption des Urheberrechts geht nach der monistischen Theorie von dem Bestehen eines Urheberpersönlichkeitsrechts aus, dass das geistige Band zwischen Urheber und Werk schützt.157 Bei geringer Individualität ist das Vorhandensein eines Urheberpersönlichkeitsrechts mangels eines geistigen Bandes nicht mehr zu rechtfertigen. Dann sind die Instrumente des Urheberrechts nicht die richtigen, um einen sinnvollen Schutz zu gewährleisten, der die Interessen von Urhebern, Verwertern, Nutzern und Interpreten zu einem gerechten Loewenheim GRUR 1987, 761, 768; Pendzich, S. 152. Loewenheim GRUR 1987, 761, 768. 156 Ebenso für eine Ablehnung des Prinzips der kleinen Münze, Hanser-Strecker, S. 47 f., 53 f.; für eine eingeschränkte Anwendung, Jörger, S. 45 ff. 157 Vgl. zum Begriff des Urheberpersönlichkeitsrechts Wandtke/Bullinger/Bullinger Vor §§ 12, Rn. 1. 154 155
D. Kritik am Prinzip der kleinen Münze
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Ausgleich bringt. Abzustellen ist vielmehr auf einen möglicherweise bestehenden leistungsrechtlichen Schutz der ausübenden Künstler oder des Tonträgerherstellers.158 Eine Schutzlücke aus Billigkeitserwägungen zu schließen würde das Urheberrechtsgesetz zu einem gewerblichen Schutzrecht umfunktionieren. Dies führt letztendlich zu einer Aushöhlung des Schutzes von Werken mit hoher Gestaltungshöhe, die nur noch eine Randgruppe im Urheberrecht darstellen würden.159 Die Aufgabe des Prinzips der kleinen Münze soll nicht zu dem Einzug von subjektiven Kunstvorstellungen in das Urheberrecht führen.160 Es kann aber auf der anderen Seite auch nicht durch das Prinzip der kleinen Münze ein Systemwechsel des Urheberrechts weg vom Autorenrecht hin zum Verwerterrecht vollzogen werden. Es ist zwar richtig, dass das Urheberrecht auch gewerblichen Zwecken dient, es ist aber nicht Sinn und Zweck des Urheberrechts ausschließlich Verwerterinteressen zu dienen. Dies wäre nicht mit der Konzeption des Urheberpersönlichkeitsrechts vereinbar. Urheberrechtlich geschützt sind nur solche Schöpfungen, die ihren Ursprung in der Persönlichkeit des Schöpfers haben und nicht solche Musikerscheinungen, die aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten der Verwerter geschützt werden sollen.161 Das Prinzip der kleinen Münze wurde aus ökonomischen und urheberrechtlichen Gesichtspunkten eingeführt. Diese ursprünglichen Beweggründe waren aus damaliger Sicht schon fragwürdig und sind es nach heutiger Sachlage genauso. Es war im Interesse mancher Urheber, Plattenfirmen und Verlage, dass einfache Schlagermusik in den Schutzbereich des § 2 Abs. 2 UrhG fallen konnte, um zusätzliche Einnahmen über Lizenzen zu erreichen. Im Ergebnis schützt das Urheberrecht auch qualitativ nicht hochwertige Leistung, aber natürlich nur sofern sie der Persönlichkeit entspringen und nicht einer fremden Leistung bzw. einer Kopie eines musikalischen Allgemeinguts entsprechen. Die Gestaltungshöhe ist ein qualitativer Aspekt der Individualität und kann aus der juristischen Betrachtung nicht voll158 159 160 161
Hanser-Strecker, S. 47 f.; Schulze GRUR 1987, 769, 777. So auch Schulze GRUR 1987, 769, 778; Pendzich, S. 152. Vgl. Wandtke ZUM 1991, 484, 486; Riekert, S. 54. Wandtke/Bullinger/Wandtke Einl., Rn. 4.
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Kapitel 2: Urheberrechtschutzfähigkeit von Musikwerken
kommen ausgeblendet werden.162 Der Schutz von einfacher Schlagermusik erstreckt sich deswegen nicht auf seine Elemente, sondern nur auf die Komposition in ihrer Gesamtheit. Damit ist aber dem Schutzinteresse der Verwerter und Urheber aus urheberrechtlicher Sicht ausreichend Rechnung getragen. Daneben führt die Verbesserung des Leistungsschutzes über die §§ 85 UrhG und die §§ 73 ff. UrhG und des erweiterten internationalen Schutzes 163 zu einer sinnvollen Ergänzung des Schutzes und gerade bei Werkelementen oder Werken mit geringer Gestaltungshöhe liefert das Instrument des Leistungsschutzes den passenderen Schutzansatz.164 Daneben bieten das Markenrecht 165 oder der subsidiäre wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geeignete Mittel der Rechtsgarantie, so dass der Urheberrechtsschutz nicht ausgeweitet werden darf.166 Durch die Massenproduktion von Musik, die Casting Shows, die Tatsache, dass es immer einfacher wird, mit Hilfe von Computern und modernen Produktionstechniken klangliche Ergebnisse herzustellen, führt bei Anwendung des Prinzips der kleinen Münze dazu, dass Banalitäten im Bereich der Musik zu schutzfähigen Werkelementen erhoben werden, während andere Parameter in der Musik wie der Klang 167 oder komplexe Rhythmusphrasen 168 nicht in den SchutzLoewenheim GRUR 1987, 765, 766. Vgl. zur Umsetzung des WIPO Performance and Phonograms Treaty – WCT, Wandtke/Bullinger/Büscher Vor §§ 73 ff., Rn. 1. 164 Vgl. zur Reichweite des Schutzes des Tonträgerherstellerrechts bei der Übernahme kleiner Musikelemente Wandtke/Bullinger/Schäfer § 85, Rn. 25. 165 Zum Beispiel können einzelne Tonfolgen als Hörmarken im Sinne des §§ 3 Abs. 1, 4 MarkenG geschützt werden. Dies ist gerade im Bereich der Klingeltonverwertung von Bedeutung; vgl. dazu Wandtke/Schunke UFITA I (2007) 61, 74; ausführlich hierzu Landfermann, S. 189 ff. 166 Vgl. Wandtke/Bullinger/Wandtke Einl., Rn. 50; Wandtke/Bullinger/Bullinger § 2, Rn. 159. Vgl. zum Spannungsverhältnis von § 24 UrhG und dem ergänzenden Leistungsschutz, BGH GRUR 1986, 454, 456 – Bob Dylan; BGH GRUR 1987, 814, 816 – Die Zauberflöte. 167 Die Klanggestaltung spielt bei vielen Popproduktionen und bei modernen Werken der ernsten Musik eine wesentliche Rolle. In der ernsten Musik wurde diese Klanggestaltung zunächst durch die Klangfarben der unterschiedlich verwendeten Instrumente erreicht. Seit dem Impressionismus erlangte die Klanggestaltung neben den musikalischen Parametern der Melodie, Rhythmik und Harmonik eine eigenständige Bedeutung. Besonders Komponisten wie Claude 162 163
D. Kritik am Prinzip der kleinen Münze
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bereich gelangen sollen.169 Gleiche musikalische Sachverhalte werden unterschiedlich beurteilt. Warum sollte eine einfache musikalische Melodie, die über einer gewöhnlichen Akkordstruktur verläuft, heutzutage noch schützenswert sein? 170 Eine Beibehaltung führt bei strenger Anwendung zu einem Stillstand der Musik, da einfache Strukturen aus Gründen der besseren Wertschöpfung und Vermarktung bis zu 70 Jahre nach dem Versterben des Urhebers monopolisiert werden können und zukünftiges Musikschaffen einschränkt wird. Gerade die ansonsten gerechtfertigte Schutzfrist des § 65 UrhG lässt eine Ausweitung des Schutzes nicht zu. Die Autoren, die der Auffassung sind, durch das Prinzip der kleinen Münze könne man auf jedwede Wertung musikalischer Art verzichten, widersprechen sich selbst, in dem sie Werken mit geringer Gestaltungshöhe nur einen eingeschränkten Schutzbereich zuerkennen.171
Debussy, Maurice Ravel oder Gustav Mahler und Richard Wagner schafften durch bestimmte Instrumentierungen oder harmonische Ausgestaltungen neue klangliche Hörerlebnisse. In späteren moderneren Kompositionen wurde durch die Hinzunahme elektronischer Elemente oder der Alltagsgeräusche bei der konkreten Musik vor allem unter klanglichen Gesichtspunkten komponiert. Györgi Ligeti, Karlheinz Stockhausen, Olivier Messiaen und Pierre Bourlez waren Meister in der Klangkomposition. In der Unterhaltungsmusik werden der Klang verschiedener Instrumente, der menschlichen Stimme oder bestimmte Klangteppiche durch Synthesizer in langwieriger und intensiver Arbeit hergestellt und variiert, um die Komposition im Rahmen der Festlegung auf einem Tonträger „perfekt“ erklingen zu lassen. Vgl. ausführlich zu den Grundlagen des Klanges, Jörger, S. 85 ff.; Häuser, S. 15 ff.; Weissthanner, S. 8 f.; Tenschert ZUM 1987, 612, 614; zur Frage der sehr fragwürdigen Einordnung unter § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG Jörger, S. 96 f. 168 Bezüglich der Frage, ob die Kreation eines Rhythmus im Rahmen einer Aufnahme ein schützenswertes Werkelement darstellen kann, ist zu berücksichtigen, dass in der Popularmusik dem Schlagzeug vor 1955 keine besondere Rolle zukam, sondern vielmehr von dem Schlagzeuger erwartet wurde, Standardrhythmen wie Swing, Bossa Nova, Polka, Walzer oder Rock zu spielen; vgl. Bloch, 14 Enter. & Sports L. Rev. 187, 192 (1997). In den letzten Jahrzehnten ist dem Schlagzeug und der Entwicklung von Rhythmen eine immer innovativere und dominantere Stellung zugekommen; vgl. Bloch, 14 Enter. & Sports L. Rev. 187, 195, Fn. 36. (1997). Dies zeigt sich in Bereichen wie Jazz, R&B oder Rockmusik, wenn man solche Musikerpersönlichkeiten wie Jack de Johnette oder Brian Blade betrachtet. 169 Ausführlich zu dieser Frage, vgl. Spieß ZUM 1991, 524. 170 Vgl. ausführlich zum Melodieschutz des § 24 Abs. 2 UrhG, S. 92 ff. 171 Vgl. Riekert, S. 63.
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Kapitel 2: Urheberrechtschutzfähigkeit von Musikwerken
Es folgt damit nur eine Verlagerung des Problems, die aber wesentliche Auswirkungen auf den Hauptanwendungsbereich der Musik hat, nämlich die für den Nutzer hörbare Realisation der Kompositionen. Der Entstehungsprozess von komplexeren Musikwerken wird überdies bei der Anwendung des Prinzips der kleinen Münze juristisch ad absurdum geführt. Auch aus § 3 UrhG folgt eine Ablehnung des Prinzips der kleinen Münze. § 3 UrhG setzt ebenfalls wie § 2 Abs. 2 UrhG eine persönlich geistige Schöpfung voraus. An einem Werk würden so in kürzester Zeit mehrere mögliche Bearbeiterurheberrechte entstehen, die bei erneuten Bearbeitungen des Werkes in wirtschaftlicher Hinsicht und bezüglich der Frage der Einwilligung berücksichtigt werden müssten. Dieses wäre für einen neuen Interpreten nicht durchführbar und Verwertungsgesellschaften könnten ihrer Aufgabe die Rechte an bearbeiteten Werken wahrzunehmen nicht nachkommen.172 Die Gesetzesbegründung zu § 3 UrhG unterstützt ebenfalls eine Ablehnung des Prinzips der kleinen Münze. Danach sollen kleine Änderungen aufgrund von Werkinterpretation keine geistigen Schöpfungen darstellen.173 Abschließend sei nur ein Beispiel genannt. Das von Paris Hilton gesungene Musikwerk mit dem Titel „Stars are blind“ verwendet zu Beginn offensichtlich vergleichbare Klischees (Akkordstruktur und bewusst einfach gehaltener Reagge-Stil) wie auch eine sehr ähnliche Melodie des UB40 Songs „Kingston Town“. Würde man das Prinzip der kleinen Münze zur Anwendung kommen lassen, so müsste man den Ausschnitten des UB40 Songs Werkqualität einräumen, was aber gleichzeitig dazu führen würde, dass musikalische Klischees monopolisiert würden. Einen Schutz kann eine Komposition, die sich aus einfachen musikalischen Strukturen zusammensetzt, nur in ihrer Gesamtheit erlangen.
172 173
Zur GEMA siehe S. 175 ff. Schulze, Materialien, S. 419.
E. Ergebnis zum Kapitel 2
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E. Ergebnis zum Kapitel 2 Die Geltung des Prinzips der kleinen Münze ist für alle Parameter und Bereiche musikalischen Werkschaffens abzulehnen. Von der Werkqualität eines Werkes oder Werkelementes ist nur auszugehen, wenn eine geistige Schöpfung vorliegt, die nicht nur auf musikalisches Allgemeingut zurückgreift und die Annahme eines persönlich geistigen Bandes zwischen dem Urheber und seinem Werk rechtfertigt. Die unterschiedliche Behandlung von verschiedenen musikalischen Parametern ist ebenso abzulehnen, insbesondere die Missachtung der Bedeutung von Rhythmus und Klang. Denn auch Klanggebilde können einer schöpferischen Leistung im Sinne des Urheberrechts entsprechen.174 Dennoch können solche Klänge, wenn sie synthetisch hergestellt und isoliert auf Tonband festgehalten sind, nicht urheberrechtlich geschützt werden, da sie wie die Harmonik, Tonfolgen oder Rhythmik notwendige Kompositionsmaterialien des Urhebers sind und zunächst als künstlerisches Allgemeingut betrachtet werden müssen.175 Ansonsten würde der Fortentwicklung der Musik ein nicht hinnehmbares Hindernis entgegengesetzt werden. Eine solche strenge Betrachtungsweise ist aber nur gerechtfertigt, wenn man bei den anderen musikalischen Parametern, einschließlich der Melodie, dieselben Maßstäbe ansetzt und sich damit von der Anwendung des Prinzips der kleinen Münze grundsätzlich löst.176 Die von der Rechtsprechung bereits vorgenommenen Einschränkungen des Prinzips der kleinen Münze sind von daher zu begrüßen, sie sind aber nicht ausreichend. Der einzelne Ton ist damit genauso wenig zu schützen, wie einfache Tonfolgen. Der natürliche Ton stellt als kleines musikalische Element das Rohmaterial für viele Musikwerke da und bleibt nach allgemeiner Meinung schutzlos. Er ist für sich genommen wertneutral und als einfaches Strukturelement der Musik zu verstehen. Es muss jedem Komponisten freistehen, die vorhandenen Töne als musikalisches Grundmaterial einzusetzen.177 Harmonische Strukturen und rhythmische Muster dürfen gleichfalls nicht durch das Urheberrecht monopolisiert werden. Dieses muss auch für außergewöhnliche und Ebenso Weissthanner, S. 46. Vgl. Weissthanner, S. 46. 176 So auch Weissthanner, S. 47 ff.; Tenschert ZUM 1987, 612, 616. 177 Ebenso die herrschende Meinung; statt vieler: Dreier/Schulze § 2, Rn. 136; Rehbinder Rn. 131; Brauner, S. 19. 174 175
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neuartige harmonische Konstruktionen (Beispiel der Tristan-Akkord von Richard Wagner) oder Progressionen (Beispiel das Werk „Giant Steps“ von John Coltrane) einzelner Komponisten gelten. Ansonsten wäre die Entwicklung harmonischer Strukturen wie die II-V-I Verbindung im Jazz, die Verwendung des Bluesschemas, der „Rhythm Changes“ oder der Kadenz in der Klassik nicht in den derzeitigen Ausprägungen möglich gewesen. Es kann sich aber aus der Gesamtschau der einzelnen Werkelemente eine Schutzfähigkeit des vollständigen Werkes ergeben, selbst wenn die Einzelelemente für sich genommen nicht schutzfähig sind. Insofern ist der Auffassung der Rechtsprechung zuzustimmen.178 Bei der Frage nach der Schutzfähigkeit von Werken und deren Elementen ist die dogmatische Frage bedeutend, ob nicht andere Rechtsinstitute einen sinnvolleren Schutz bieten. Insbesondere der Leistungsschutz des ausübenden Künstlers nach § 77 UrhG und des Tonträgerherstellers nach § 85 UrhG stellen oft die geeigneteren Schutzvorschriften dar. Ist die Vorfrage der Schutzfähigkeit eines Werkes untersucht, muss in einem nächsten Schritt geklärt werden, welche Veränderungen an dem vorbestehenden schützenswerten Werk in den Anwendungsbereich der an eine Einwilligung gebundenen Norm des § 23 UrhG fallen. Diese Untersuchung wird in dem folgenden Kapitel angestellt.
178
Vgl. OLG München ZUM 1992, 202, 203 f.
Kapitel 3: Musikbearbeitungen als Eingriff in das Urheberrecht A. Musikbearbeitung nach § 23 UrhG Die musikalische Bearbeitung wurde bereits in den § 46 des Gesetzes vom 11. Juni 1870 erfasst, obwohl es vor der Jahrhundertwende lediglich das Ausschließlichkeitsrecht des Urhebers an der mechanischen Vervielfältigung bzw. an der Nachbildung gab.179 In dem heutigen Urheberrechtsgesetz ist der Tatbestand der musikalischen Bearbeitung nicht ausdrücklich geregelt, so dass die änderungsrechtlichen Vorschriften in ihrem Zusammenhang zu untersuchen sind. Zentralnorm des Schutzes des Urhebers vor Bearbeitungen seines Werkes ist der § 23 UrhG.180
I.
Abgrenzung des Anwendungsbereiches des § 23 UrhG zu § 3 UrhG
Gemäß § 23 UrhG dürfen Bearbeitungen oder andere Umgestaltungen des Werkes nur mit Einwilligung des Urhebers veröffentlicht oder verwertet werden. Neben der Vorschrift des § 23 UrhG wird der Begriff der Bearbeitung auch in § 3 UrhG gebraucht. § 3 UrhG bestimmt, dass der Bearbeiter eines vorbestehenden Werkes selbst Urheber ist, sofern er eine persönlich geistige Schöpfung erbringt. Ausgenommen sind nur unwesentliche Bearbeitungen eines nicht geschützten Werkes der Musik. Der Anwendungsbereich des § 3 UrhG setzt damit eine eigene schöpferische Leistung des Bearbeiters voraus.181 Die Veränderung müssen dem Originalwerk eine andere Ausdruckskraft verleihen und sich von diesem abheben.182 Dem Bearbeiter erwächst damit unter den Voraussetzungen des § 3 UrhG ein Schulze, Materialien, S. 17; vgl. Plassmann, S. 29; vgl. zu dem Begriff der Bearbeitung in den §§ 12 und 14 LUG Nordemann GRUR 1964, 117, 118. 180 Dreier/Schulze § 23, Rn. 1, 2. 181 Vgl. auch Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 19. 182 BGH GRUR 1972, 143, 144 – Biographie: Ein Spiel; Grunert, S. 145; Schricker/ Loewenheim § 3 Rn. 5; vgl. zu den Voraussetzungen einer persönlich geistigen Schöpfung im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG, S. 33 f. 179
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eigenes Urheberrecht, während § 23 UrhG den Originalurheber vor unerlaubten Bearbeitungen schützt.183 Der BGH lässt in der Entscheidung „Biographie: Ein Spiel“ ausdrücklich offen, ob § 23 S. 1 UrhG lediglich Änderungen eines Werkes erfassen soll, bei denen der Grad einer persönlichen geistigen Schöpfung erreicht wird und damit § 3 UrhG dem gesamten Anwendungsbereich des § 23 S. 1 UrhG zugrundegelegt werden soll.184 Die Entscheidung lässt jedoch vermuten, dass der BGH in Übereinstimmung mit der überwiegenden Auffassung in der Rechtslehre185 einen Fall des § 23 S. 1 UrhG schon dann gegeben sieht, wenn eine Veränderung des Werkes nicht den Grad einer persönlich geistigen Schöpfung erreicht hat: „Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob eine solche Textrevision noch in den Bereich einer – ohne Einwilligung des Verfassers zulässigen – bloßen Anpassung des Bühnenstücks an die Erfordernisse und Gegebenheiten einer konkreten bühnenmäßigen Aufführung fällt. Einen schöpferischen Gehalt weist eine einfache Textrevision (...), jedenfalls nicht auf.“ 186
Die Formulierung „jedenfalls nicht“ zeigt, dass § 23 UrhG auch solche Änderungen erfassen soll, die zwar keinen eigenen schöpferischen Gehalt („einfache Textrevision“) aufweisen, aber zumindest nicht nur „bloße Anpassung“ des Originalwerkes an konkrete Umstände darstellen und damit einer Einwilligung bedürfen. Die These, dass der Anwendungsbereich des § 23 UrhG losgelöst von dem Kriterium der persönlich geistigen Schöpfung besteht, wird durch die Entscheidung „Brown Girl II“ getragen: (...) danach kommt es für die Frage des Vorliegens einer Bearbeitung nach § 23 Satz 1 allein darauf an, ob die prägenden nicht notwendig schöpferischen Elemente des Ursprungswerkes in der Bearbeitung wiederverwendet wurden, Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 19 f.: Das Bearbeiterurheberrecht bezieht sich aber nur auf die schöpferische Tätigkeit des Bearbeiters. Auf das Originalwerk oder die vom Originalwerk übernommenen Teile bezieht sich das Bearbeiterurheberrecht nicht. 184 BGH GRUR 1972, 143, 145 – Biographie: Ein Spiel; Ventroni, S. 116 versteht den BGH insoweit offensichtlich anders; die Ausführungen des BGH beziehen sich aber lediglich auf § 3 UrhG und dessen Abgrenzung zu § 24 UrhG. 185 Schricker/Loewenheim § 23, Rn. 8; Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 244, Rn. 30; Wandtke/Bullinger/Bullinger § 23, Rn. 4; Grunert, S. 145; Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 57 f. 186 BGH GRUR 1972, 143, 145 – Biographie: Ein Spiel. 183
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nicht jedoch, ob neue schöpferische Elemente durch die Bearbeitung entstanden sind.187
Vereinzelte Stimmen in der Literatur setzen sowohl für das Vorliegen einer Bearbeitung als auch einer sonstigen Umgestaltung im Sinne des § 23 Satz 1 UrhG eine persönlich geistige Schöpfung im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG voraus und legen damit den Bearbeitungsbegriff des § 3 UrhG dem Anwendungsbereich des § 23 UrhG zugrunde.188 Dem ist aus Wortlautgesichtspunkten und aus systematischer Sicht zu widersprechen.189 § 3 UrhG geht aufgrund des Wortlautes davon aus, dass unter den Bearbeitungsbegriff im eigentlichen Sinne auch solche Veränderungen des Werkes fallen, die nicht schöpferischer Natur sind. Es fehlt in § 23 UrhG eine Bezugnahme auf § 3 UrhG, so dass die Definition des § 3 UrhG nicht als dem Gesetz zugrundeliegende Aussage über den Umfang der von § 23 S. 1 UrhG umfassten Änderungen herangezogen werden könnte. § 23 UrhG regelt im Gegensatz zu § 3 UrhG nicht die Entstehung eines Urheberrechts, sondern eine Urheberrechtsverletzung. Eine Urheberrechtsverletzung, d.h. eine Verletzung der materiellen oder ideellen Interessen, kann aber genauso intensiv bei Änderungen vorliegen, die nicht den Grad einer geistigen persönlichen Schöpfung erreichen.190 Erreicht die Bearbeitung eines Originalwerkes keine schöpferische Gestaltungshöhe im Sinne des § 3 S. 1 UrhG, stehen dem Bearbeiter gemäß § 3 UrhG keine eigenen Urheberrechte zu. Möchte er diese nicht schutzfähige Bearbeitung dennoch veröffentlichen oder verwerten, so veröffentlicht oder verwertet er das geänderte Werk des Originalurhebers, ohne selbst ein Werk im Sinne des Urheberrechtsgesetzes geschaffen zu haben.191 Das darf aber noch lange nicht bedeuten, dass der Originalurheber sich gegen diese Veröffentlichung nicht wehren darf. Dies wäre ein Freibrief für Werkentstellungen und stünde im Widerspruch zum Schutzanspruch des Urheberrechts, wie auch dem Gedanken der angemessenen Beteiligung des Urhebers an der Nutzung seines Werkes.192 Im Umkehrschluss lässt sich daraus aber 187 188 189 190 191 192
BGH GRUR 1991, 533, 534 – Brown Girl II. Staats, S. 74; v. Welser, S. 46. Vgl. auch Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 59. Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 60. So auch Grossmann, S. 20 f. Siehe S. 23 f.
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schließen, hat ein Musiker eine Bearbeitung nach § 3 UrhG geschaffen, liegt immer auch eine Bearbeitung des Originalwerkes nach § 23 UrhG vor, sofern es sich um ein geschütztes Ursprungswerk handelt und nicht um einen Fall des § 3 S. 2 UrhG.
II. Verhältnis von Bearbeitung und anderer Umgestaltung (§ 23 S. 1 UrhG) Neben der Bearbeitung spricht das Gesetz in § 23 UrhG von „anderen Umgestaltungen“.193 Umstritten ist, ob den Begriffen „Bearbeitung und andere Umgestaltung“ des § 23 S. 1 UrhG unterschiedliche Anwendungsbereiche zukommen. Der Streit dreht sich insbesondere um die Frage, ob der Begriff der Bearbeitung des § 23 S. 1 UrhG eine persönlich geistige Schöpfung des Bearbeiters voraussetzt.194 Die Rechtsprechung zeichnet kein eindeutiges Bild bei der Abgrenzung der Begriffe „Bearbeitung“ und „andere Umgestaltung“ im Sinne des § 23 S. 1 UrhG. Der BGH führt in der Entscheidung „Biografie: Ein Spiel“ die Umgestaltung im Zusammenhang mit der Abgrenzung von § 23 UrhG zu § 24 UrhG an. Das spricht dafür, dass die anderen Umgestaltungen Veränderungen erfassen sollen, die nicht Bearbeitungen im Sinne des § 23 UrhG sind und Veränderungen des Werkes erfassen, die im Grenzbereich der freien Benutzung liegen.195 In der „Bibelreproduktion“-Entscheidung 196 wird die Bearbeitung als Umgestaltung eines als Vorlage benutzten Werkes verstanden. Zwei jüngere Entscheidungen bejahen eine „andere Umgestaltung“ im Sinne des § 23 S. 1 UrhG, wenn die Veränderung des Werkes keine persönliche geistige Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 57. Dafür: Wandtke/Bullinger/Bullinger § 23, Rn. 3; Fromm/Nordemann/Vinck § 23, Rn. 1; Hertin KUR 2004, 101, 103; Landfermann, S. 93; Loewenheim/Hoeren § 9, Rn. 209. Dagegen: Ventroni, S. 117; Schricker/Loewenheim § 23, Rn. 4; Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 60 f.; Dreier/Schulze § 23, Rn. 5, der aber darauf hinweist, dass die Unterscheidung im Grunde bedeutungslos sei; ebenso Ulmer, S. 163, 273; ausführlich dazu Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 57 ff. 195 BGH GRUR 1972, 143, 146 – Biografie: ein Spiel. 196 BGH GRUR 1990, 669, 673 – Bibelreproduktion. 193 194
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Schöpfung darstelle und die Umgestaltung nicht dem Originalwerk diene. Eine Bearbeitung hingegen solle dem Werk dienen und das Originalwerk einem veränderten Zweck anpassen. Offen bleibt insoweit, ob die Bearbeitung auch gegeben sein kann, wenn keine persönliche Schöpfung vorliegt.197 Das LG Köln ist insofern eindeutiger, indem es unter den Begriff der Bearbeitung des § 23 S. 1 UrhG nur solche Veränderungen des Werkes subsumiert, die selbst wiederum eine schöpferische Eigenart aufweisen.198 Ein Teil der Literatur 199 versteht unter Bearbeitungen solche Änderungen eines Werkes, bei denen der Grad einer persönlichen geistigen Schöpfung erreicht wird, während unter den Begriff der Umgestaltung alle sonstigen Änderungen ohne schöpferischen Eigencharakter fallen sollen.200 Nach anderer Auffassung 201 setzt der Begriff der Bearbeitung des § 23 UrhG im Gegensatz zu dem des § 3 UrhG nicht voraus, dass es sich um eine persönlich-geistige Schöpfung im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG handeln muss.202
Vgl. OLG Düsseldorf GRUR 1990, 263, 266 – Automaten-Spielplan; KG GRUR-RR 2004, 129, 131; diese Entscheidung als ältere Auffassung einzuordnen erscheint fragwürdig, so aber Wandtke/Bullinger/Bullinger § 23 Rn. 5. 198 LG Köln GRUR 1973, 88 – Kinder in Not. 199 Wandtke/Bullinger/Bullinger § 23, Rn. 3; Fromm/Nordemann/Vinck § 23, Rn. 1; Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 60; Hertin KUR 2004, 101, 103; Loewenheim/Hoeren § 9, Rn. 216; Landfermann, S. 93, der diese Auffassung als die herrschende ansieht. 200 Vgl. Hertin KUR 2004, 101, 103; v. Gamm § 23, Rn. 8. 201 Ventroni, S. 117; Schricker/Loewenheim § 23, Rn. 4; Dreier/Schulze § 23, Rn. 5, der aber darauf hinweist, dass die Unterscheidung im Grunde bedeutungslos sei; ebenso Ulmer, S. 163, 273. 202 Dies ergäbe sich aus der Gesetzessystematik und aus dem Regierungsentwurf. Der Unterschied zwischen Bearbeitung und Umgestaltung läge allein darin, dass die Bearbeitung dem Werk diene und es zur Erweiterung seiner Verwertungsmöglichkeiten unter Beibehaltung seiner Identität einem veränderten Zweck anpassen will (z.B. Übertragung in eine andere Kunstform). Eine „andere Umgestaltung“ läge hingegen dann vor, wenn der Verfasser nicht das Originalwerk zur Geltung bringen, sondern das Ergebnis seiner Arbeit als eigenes Werk ausgeben will – also bei allen nicht dem Werk dienenden Änderungen, vgl. Schricker/Loewenheim § 23, Rn. 4; bezüglich der Definition der Umgestaltung stimmt Hertin KUR 2004, 101, 103 mit dieser Auffassung überein. 197
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Der Wortlaut des Gesetzestextes legt zwar eine eigene Bedeutung des Begriffes der Umgestaltung nahe. Die jeweilige Zuordnung führt auf der Rechtsfolgenseite jedoch zu keinen Unterschieden und sollte demnach nicht unnötig problematisiert werden, da die Grenze letztendlich fließend ist.203 Dieses wird durch die Gesetzesbegründung zu § 23 UrhG gestützt: „Es gibt jedoch Umarbeitungen eines Werkes, die keine Bearbeitung im eigentlichen Sinne darstellen … Es besteht keine Veranlassung, solche Umgestaltungen anders zu behandeln als die echten Bearbeitungen. Der Entwurf stellt sie daher den Bearbeitungen gleich ...“204
Sinn der verschiedenen Begrifflichkeiten kann letztlich nur sein, dass ein umfänglicher Schutz vor unerlaubten Änderungen an dem Werk bestehen soll.205 Von Bedeutung ist daher nur die genaue inhaltliche Ausfüllung des Anwendungsbereiches des § 23 UrhG und damit der Abgrenzung einer an eine Einwilligung gebundene Bearbeitung zu einwilligungsfreien Änderungen. Dies erfordert keine genaue Grenzziehung zwischen den Begriffen der „Bearbeitung“ und „anderen Umgestaltung“.206 Im folgenden wird daher für alle Veränderungen im Sinne des § 23 UrhG einheitlich der Begriff der Bearbeitung verwendet.
III. Vorbestehendes schützenswertes Werk Eine Bearbeitung im Sinne des § 23 UrhG kann nur dann vorliegen, wenn das bearbeitete Werk selbst den Anforderungen des § 2 Abs. 2 UrhG genügt.207 Wenn nur ein Ausschnitt eines Werkes bearbeitet wird, muss diese Feststellung bezüglich des Ausschnitts getroffen werZu einer anderen Auffassung kommen natürlich die Vertreter, die den Begriff der Bearbeitung im Sinne des § 3 UrhG verstehen. 204 Schulze, Materialien, S. 448. 205 So im Ergebnis auch Grossmann, S. 21; Boddien, S. 61; Ulmer, S. 163, 273: „Die Grenze zwischen Bearbeitung und sonstiger Umgestaltung ist freilich flüssig. Eine genaue Bestimmung der Grenzlinie erübrigt sich, da die Rechtslage die gleiche ist“; ebenso Dreier/Schulze § 23, Rn. 5. 206 Eine Streichung des Begriffes „andere Umgestaltung“ durch den Gesetzgeber wäre daher naheliegend und wünschenswert; ähnlich Boddien, S. 61. 207 Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 23; zu den Voraussetzungen der Schutzfähigkeit eines Musikwerkes siehe S. 33 ff. 203
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den.208 Ist ein Originalwerk nicht vorhanden, scheidet eine Bearbeitung von vornherein aus und es kommt nur ein originäres Schaffen in Betracht.209
IV. Veränderung des Originalwerkes 1. Definition Welche Änderungen von dem Anwendungsbereich des § 23 S. 1 UrhG erfasst werden sollen, sagt das Gesetz nicht. Die Möglichkeiten ein Werk zu bearbeiten sind so vielfältig, dass ein Katalog denkbarer Bearbeitungen sich nur schwer aufstellen ließe.210 Eine einheitliche Begriffsbestimmung hat sich nicht herausgebildet.211 Die Bearbeitung setzt begrifflich eine Veränderung des Originalwerkes voraus. Die Gesetzesbegründung umschreibt den Begriff der Bearbeitung im Sinne des § 23 UrhG wie folgt: „… Bearbeitungen im eigentlichen Sinne verfolgen stets den Zweck, das Originalwerk bestimmten Verhältnissen anzupassen, es z. B. in eine andere Sprache oder in eine andere Kunstform zu übertragen oder es für andere Ausdrucksmittel einzurichten. Der Bearbeiter will hierbei die Identität des Originalwerkes unberührt lassen; er will nur dessen Verwertungsmöglichkeiten erweitern …“ 212
Ausgehend von der Gesetzesbegründung umfassen Bearbeitungen im Sinne des § 23 UrhG alle Anpassungen eines Werkes. Damit ist der Anwendungsbereich von § 23 UrhG sehr weit gezogen, da sogar das Einrichten für andere Ausdrucksmittel bereits den Bearbeitungsbegriff ausfüllt. Daneben soll nach der Gesetzesbegründung der Anwendungsbereich des § 23 UrhG eröffnet sein, „… wenn der Verfasser der Umarbeitung nicht das Originalwerk zur Geltung bringen, sondern das Ergebnis seiner Arbeit als eigenes Werk ausgeben will (Plagiat) oder bei dem Versuch, das fremde Werk zu einer neuen selbständigen
208 209 210 211 212
Schricker/Loewenheim § 2, Rn. 66. Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 23. Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 22. Vgl. Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 22. Schulze, Materialien, S. 447 f.
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Kapitel 3: Musikbearbeitungen als Eingriff in das Urheberrecht Schöpfung frei zu benutzen, scheitert, weil er sich von seinem Vorbild nicht genügend frei machen kann …“213
Damit umfasst § 23 UrhG auch solche Veränderungen, die sich nicht ausreichend von dem Original gelöst haben. Dadurch wird die Abgrenzungsproblematik von § 23 UrhG zu § 24 Abs. 1 UrhG angesprochen und im Zusammenhang mit der Musik insbesondere die Verwendung von Werkelementen. Eine Veränderung ist weiter gegeben bei einer Änderung des geistigästhetischen Gesamteindruck des Werkes.214 Die Bearbeitung allein auf die Änderungen des geistig-ästhetischen Ausdrucks zu reduzieren ist damit nicht mit der Gesetzesbegründung und dem Sinn und Zweck des § 23 UrhG zu vereinbaren, auch wenn eine handwerkliche Werkanpassungsveränderung bei Musikwerken fast immer den geistig-ästhetischen Gesamteindruck verändert.215 Die Bearbeitung im Sinne des § 23 UrhG kennt mithin zwei verschiedenen Wertungsebenen, zum einen die handwerkliche Werkanpassungsveränderung und zum anderen die Veränderung des Ausdrucks auf geistig-ästhetischer Ebene. 2. Interpretation eines Musikwerkes Die Interpretation eines Musikwerkes im Rahmen einer Aufführung oder Aufnahme eines Musikwerkes könnte schon eine Änderung des Originalwerkes im Sinne des § 23 UrhG beinhalten. Zwischen Komponist und Hörer steht in den meisten Fällen die Interpretation als Klangrealisierung.216 Bei Aufführungen oder Aufnahmen von Musik, sei es bei klassischer Musik, modernen Musikformen oder im Bereich des Jazz oder der Popmusik werden die Kompositionen persönlich dargeboten. Das Werk wird interpretiert.217
Schulze, Materialien, S. 448. Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 244, Rn. 30; Schulze ZUM 1993, 255, 256; BGH GRUR 1972, 143, 144 – Biographie: Ein Spiel; Grunert, S. 145; Schricker/ Loewenheim § 3, Rn. 5; Loewenheim/Czychowski § 9, Rn. 75. 215 So aber wohl Schulze ZUM 1993, 255, 256. 216 Fellerer, S. 14; Boddien, S. 62. 217 Häuser, S. 32; siehe dazu S. 11 f. 213 214
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Wird das Werk im Rahmen von Konzerten aufgeführt, ist regelmäßig das Aufführungsrecht nach § 19 Abs. 2, 1. Var. UrhG berührt.218 Bei der im Zusammenhang mit der Werkinterpretation vorgenommenen Festlegung der Darbietung auf einem Tonträger ist das Vervielfältigungsrecht nach § 16 Abs. 2 UrhG betroffen.219 Dadurch könnte ein ausreichender Schutz des Urhebers erreicht sein, so dass gar kein Bedarf bestünde das Bearbeitungsrecht im Sinne des § 23 UrhG eingreifen zu lassen. Eine objektive Werkanpassungsveränderung kommt bei Werkinterpretationen in der Regel selten vor, da das Werk gemäß einer bestimmten Notenvorgabe dargeboten wird, so dass sich eine Bearbeitung vor allem aus dem Gesichtspunkt der Veränderung des geistig-ästhetischen Gesamteindrucks herleiten ließe. Etwas anderes ergibt sich bei einem Arrangement. Dann hat aber die Veränderung auf der Werkanpassungsebene der Arrangeur vorgenommen und nicht der darbietende Interpret. Teilweise wird bei Änderungen des geistig-ästhetischen Gesamteindrucks bei denen eine Vervielfältigung, Verbreitung, Aufführung oder eine Wiedergabe von Musikwerken vorliegt, ein Eingreifen von § 23 UrhG verneint.220 Die Werkinterpretation sei danach keine Bearbeitung.221 Mit der Schaffung der §§ 73 ff. UrhG wollte der Gesetzgeber die systematisch verfehlte Regelung des LUG gerade aufgeben.222 Dies soll insbesondere für Coverversionen gelten. Darunter wird die Neueinspielung des alten Werkes mit einem neuen Interpreten unter weitgehender Beibehaltung der Eigentümlichkeiten des Vorbilds verstanden.223
218 Schricker/v. Ungern-Sternberg § 19, Rn. 14; Fromm/Nordemann/Nordemann § 19, Rn. 3; Wandtke/Bullinger/Ehrhardt § 19, Rn. 15. Das musikalische Aufführungsrecht umfasst jede Art der persönlichen Darbeitung eines Werkes der Musik, mit Ausnahme der in § 19 Abs. 2, 2. Var. UrhG gesondert geregelten bühnenmäßigen Darstellung; vgl. zu den Grenzen des Schutzbereichs, Schricker/ v. Ungern-Sternberg § 19, Rn. 15. 219 Schricker/Loewenheim § 16, Rn. 26. 220 Schulze ZUM 1993, 255, 256. 221 Wandtke/Bullinger/Bullinger § 3, Rn. 25; Schricker/Loewenheim § 23, Rn. 6. 222 Schricker/Loewenheim § 23, Rn. 6. 223 Loewenheim/Czychowski § 9, Rn. 79.
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Dem kann in dieser Ausschließlichkeit nicht gefolgt werden. Ein pauschales Urteil verbietet sich, da die musikalischen Erscheinungsformen zu vielfältig sind und eine Betrachtung nach objektiven Kriterien zu erfolgen hat. Eine Verneinung einer Bearbeitung hätte nicht nur die Verwehrung eines Verbotsrechts aus § 23 UrhG zur Folge, sondern vor allem auch die Nichtgewährung eines zusätzlichen bzw. erhöhten Anspruchs auf eine angemessene Vergütung im Sinne des § 32 UrhG. Die musikalischen Bearbeitungsvorgänge müssen deshalb differenziert betrachtet werden. Richtig ist zwar, dass der ausübende Künstler ein Leistungsschutzrecht nach §§ 73 ff. UrhG zugesprochen bekommt. Ein solches Leistungsschutzrecht besagt aber noch nichts über mögliche Bearbeitungsrechte aus § 23 UrhG, denn insofern handelt es sich um eine Rechtsposition des Urhebers, mit der das Leistungsschutzrecht des ausübenden Künstlers nichts zu tun hat. Das Gesetz verbietet darüber hinaus nicht, dass ein ausübender Künstler zugleich Urheber im Sinne des § 3 UrhG sein kann. Es wäre zum einen mit der Realität des Musiklebens nicht vereinbar und zum anderen auch ein nicht gerechtfertigter Eingriff in Art. 14 GG, für den Fall, dass man einem ausübenden Künstler trotz einer objektiv vorliegenden eigenschöpferischen Leistung nach § 3 UrhG ein Bearbeiterurheberrecht versagen würde. Der Annahme, dass die Interpretation eines Musikwerkes keine Bearbeitung im Sinne des § 3 UrhG oder des § 23 UrhG sei, ist damit nicht zu folgen.224 a. Werkinterpretation als Bearbeitung im Sinne des § 3 UrhG Der Bearbeitungsbegriff des § 23 UrhG wäre in jedem Fall durch die Werkinterpretation ausgefüllt, sofern es sich gleichzeitig um eine Bearbeitung nach § 3 UrhG handelt, da der Bearbeitungsbegriff des § 3 UrhG enger ist als der des § 23 UrhG.225 Dazu müsste die Bearbeitung selbst eine eigene schöpferische Leistung im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG darstellen. Darüber hinaus muss die Veränderung dem Originalwerk eine andere Ausdruckskraft verleihen und sich von diesem
224 225
Ebenso Häuser, S. 33; Schricker GRUR 1984, 730, 734. Siehe dazu S. 45 f.
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abheben.226 Der ästhetische Gesamteindruck des neuen Werkes darf nicht schon im Originalwerk vorgegeben sein.227 Dieses zusätzliche Kriterium ist im Rahmen von § 3 UrhG sinnvoll, um den Urheberrechtsschutz nicht ausufern zu lassen, da insoweit in der Tat das Leistungsschutzrecht des ausübenden Künstlers als Schutzvorschrift greift.228 Es müssen erhöhte Anforderungen an das Vorliegen einer Bearbeitung im Sinne des § 3 UrhG im Gegensatz zu § 23 UrhG gestellt werden. Teilweise wird die Möglichkeit einer schöpferischen Eigenart bei Werkinterpretation pauschal verneint.229 Die bloße Interpretation einer Komposition durch einen ausübenden Künstler soll bei weitgehender Werktreue nicht zu eigenen kompositorischen (Mit-)Urheberrechten an der Werkaufnahme, sondern nur zu Leistungsschutzrechten des ausübenden Künstlers nach §§ 73 ff. UrhG führen.230 Urheber soll nicht sein, wer nur als Gehilfe bei der Entstehung des Werkes mitgewirkt habe.231 Andere Stimmen differenzieren und gehen näher auf die tatsächlichen Aufführungsgegebenheiten verschiedener Musikstile ein.232 Als Beispiel wird der improvisierende Jazzmusiker genannt, der im Rahmen seiner ausübenden Künstlertätigkeit zugleich kompositorisch tätig werde.233 Hier sollen dem Jazzmusiker gleichzeitig Leistungsschutzrechte und Urheberrechte zufallen, auch wenn es im Einzelfall schwierig sei, das schöpferische Element von der Interpretation zu trennen.234 Zur Abgrenzung von dem urheberrechtlichen Element BGH GRUR 1972, S. 143, 144 – Biographie: Ein Spiel; Grunert, S. 145; Schricker/Loewenheim § 3, Rn. 5; vgl. zu den Voraussetzungen einer persönlich geistigen Schöpfung im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG, S. 33. 227 Loewenheim/Czychowski § 9, Rn. 75. 228 Vgl. Boddien, S. 63. 229 Dreier/Schulze § 2, Rn. 142. 230 KG GRUR-RR 2004, 129, 130. 231 KG GRUR-RR 2004, 129, 130, in Anlehnung an BGH GRUR 1985, 529 – Happening; vgl. zum Begriff des Gehilfen, Wandtke/Bullinger/Thum § 7, Rn. 10. 232 Vgl. Häuser, S. 32 ff; Boddien, S. 62 f.; OLG München GRUR Int. 1993, 85, 87 – Abdullah Ibrahim. 233 Häuser, S. 33. 234 Häuser, S. 33; Schricker GRUR 1984, 730, 734: „Gewiß, leitender Gesichtspunkt bei Einführung der Leistungsschutzrechte war, Leistungen zu schützen, die bisher nicht durch gegenständliche Rechte mit Drittwirkung abgesichert waren. Dies muss aber nicht notwendig bedeuten, dass das Leistungsschutzrecht dem226
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und dem leistungsschutzrechtlichen werden unterschiedliche Abgrenzungskriterien bemüht.235 Die darbietende Interpretation soll nach einer Auffassung nicht unter den Werkbegriff nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 UrhG fallen: „Die darbietende Interpretation ist ohne körperliche Festlegung eine Kunst des Augenblicks, die stets vergänglich ist. Allein durch die Festlegung auf einem Tonträger wird sie aber noch nicht zu einer schöpferischen Leistung. Diese setzt vielmehr ein den Schaffensvorgang selbst überdauerndes Leistungsergebnis voraus, ein Geistesgut, welches gerade losgelöst von seiner Fixierung vorstellbar und daher seinerseits einer Interpretation oder einer missbräuchlichen Nachahmung zugänglich ist.“236
Um Wertungseinheitlichkeit zu gewährleisten, darf zunächst, wie bereits ausgeführt,237 das Prinzip der kleinen Münze nicht angewendet werden. So fallen rein interpretatorische Tätigkeiten, dass heißt notengetreue Wiedergabe von Instrumentalisten in jedem Fall nicht unter den Werkbegriff nach § 2 Abs. 2 UrhG, wie auch kleine ändernde Interpretationen. Musiker, die sich zwar grundsätzlich an den Notentext halten, diesen aber, wie in der Jazzmusik üblich, mit eigenen Phrasierungen oder mit Umspielungen versehen, gelten damit nicht als Bearbeiter im Sinne des § 3 UrhG.238 Die vom Gesetzgeber vorgesehene Trennung zwischen ausübendem Künstler und Urheber verlangt zunächst nach einer Grundregel, dass die für die Aufführung eines Werkes notwendige Interpretation eines Stückes nicht als persönlich geistige Schöpfung im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG angesehen werden kann und damit nicht als Bearbeitung im Sinne des § 3 UrhG. jenigen versagt wird, der hinsichtlich desselben Lebenssachverhalts bereits urheberrechtlich geschützt ist. Das Werkschaffen und Interpretation praktisch schwer trennbar sind, begründet keine Abweichung der Wertung. Es entspricht vielmehr der Billigkeit – und kann sich bei bestehender Organisation der Rechteverwertung in klingender Münze auszahlen –, dass derjenige, der zum Werkschaffen die Interpretation hinzufügt, auch in den Genuss beider Rechte kommt.“ 235 Nach Häuser, S. 35 ist „diejenige Leistung schöpferisch zu nennen, die einer Interpretation zugänglich ist. (…). Improvisiert der Instrumentalist bzw. Sänger oder gestaltet er während einer Darbietung ein noch unfertiges Musikstück aus, so ist derjenige Leistungsanteil urheberrechtlich zu schützen, der von der Darbietung abstrahiert werden und sodann von einem Dritten erneut persönlich dargeboten werden kann. Alle anderen Leistungsanteile fallen in den Bereich der Interpretation.“ 236 Schwenzer, S. 120. 237 Siehe dazu S. 34 ff. 238 KG GRUR-RR 2004, 129, 130 – Falsett-Gesang; Boddien, S. 63.
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Diese Auffassung wird durch § 3 des Entwurfs des Urheberrechtsgesetzes von 1962 gestützt, nach der ein persönlicher Vortrag keine persönlich geistige Schöpfung des vortragenden Künstlers sein soll.239 Der Leistungsschutz des ausübenden Künstlers bietet dem Werkinterpreten ausreichenden Schutz vor Imitationen. Etwas anders kann jedoch bei dem „kreativen Interpreten“ gelten, der engagiert wird, um eine bestehende Komposition durch selbständiges Hinzufügung von bestimmten Riffs oder neuen Harmonisierungen zu ergänzen. Dieses kompositorische Schaffen ist vom Leistungsschutzbegriff der §§ 77 ff. UrhG nicht mit umfasst. Für diesen Fall wäre eine Bearbeitung im Sinne des § 3 UrhG und damit zugleich eine Bearbeitung nach § 23 UrhG zu bejahen.240 Schwierigkeiten bereiten vor allem die in der Pop- und Jazzmusik häufig vorkommenden Solopassagen der ausübenden Künstler oder sonstige Improvisationen.241 Im Interesse der Rechtssicherheit und der Entwicklung der Musik, müssen klare Richtlinien den Musikschaffenden an die Hand gegeben werden und einheitlich durchgesetzt werden. Stilprägende Soli wie zum Beispiel das Solo von dem Trompeter Gerard Presencer bei der Bearbeitung durch die Band US 3 242 des Musikwerkes „Cantaloup Island“ von Herbie Hancock 243 fallen selbst bei einer Ablehnung des Prinzips der kleinen Münze in den Schutzbereich des § 2 Abs. 2 UrhG.244 Aber selbst das scheinbare Originalwerk, welches Herbie Hancock auf der CD „Cantaloup Island“ (1964) persönlich mit seiner damaligen Band eingespielt hat, wäre auch nur eine Bearbeitung im Sinne des § 3 UrhG des sich im niedergeschriebenen Notentextes verkörperten Musikwerkes, da die Solopassagen von Freddie Hubbard auf der Einspielung von Herbie Schulze, Materialien, S. 419. Es liegt dann in der Regel auch eine Miturheberschaft im Sinne des § 8 UrhG bezüglich dieser nach § 3 UrhG geschützten Bearbeitung zwischen Bearbeiter und Originalurheber vor. Zur Frage der Miturheberschaft vgl. unten S. 100 ff. 241 OLG München GRUR Int. 1993, 85, 87 – Abdullah Ibrahim; LG München GRUR Int. 1993, 82 – Duo Gismonti-Vasconcelos; Boddien, S. 63. 242 Vgl. Titel Nr. 1 „Cantaloop“ auf der CD von US 3 „Hand on the torch“ (Capitol (EMI)). 243 Aufgenommen von der Herbie Hancock Group auf der Platte „Empyrean Isles“ (Blue Note). 244 Der Trompeter Gerard Prescencer wäre damit Miturheber des von US 3 bearbeiten Werkes gemäß § 8 UrhG i.V.m. § 3 UrhG; vgl. S. 100 ff. 239 240
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Hancock in Kreativität und eigenschöpferischer Leistung einem Solo von Presencer sicherlich in nichts nachstehen. Hätte dann die Plattenfirma von der Band US 3 sich bezüglich einer möglichen Einwilligung an alle Bandmitglieder von Herbie Hancock wenden müssen? Dies wäre ein oft nicht zu leistender organisatorischer Aufwand. Solopassagen als Bearbeitung im Sinne des § 3 UrhG zu verstehen erscheint deshalb auf den ersten Blick dem Sinn und Zweck des Urheberrechts, sowie der Trennung von Leistungsschutzrecht und Urheberrechten zu widersprechen.245 Aus dem Blickwinkel der Musikpraxis, dem Selbstverständnis der Komponisten und Solisten wäre dies ein nur schwer zu greifendes Ergebnis.246 Festzuhalten ist zunächst, dass die ausgeprägten Solopassagen dem Urheber des Werkes nicht als dessen persönlich geistige Schöpfung zugerechnet werden dürfen.247 Der Schutz des Ursprungskomponisten kann sich nur auf die Elemente erstrecken, die wirklich der urheberrechtlichen Leistung des Komponisten entsprechen. Einfache gestalterische Mittel zählen genauso wenig dazu, wie komplexe solistische Figuren der Interpreten.248 Eine Unterscheidung zwischen einer darbietenden und einer festlegenden Interpretation verbietet sich ebenfalls, da es für die Entstehung eines urheberrechtlichen Schutzes eben keiner Festlegung bedarf.249 Die Hauptschwierigkeit bei Solopassagen und vergleichbaren musikalisch anspruchsvollen Beiträgen der Interpreten im Rahmen der Werkvermittlung liegt darin, dass im deutschen Urheberrecht die Schöpfereigenschaft im Sinne des § 7 UrhG ausschließlich nach objektiven Kriterien bestimmt wird. Ein möglicherweise entgegenstehender Wille oder eine abweichende Vereinbarung zur Urheberschaft Parallel wäre auch eine Miturheberschaft nach § 8 UrhG häufig zu bejahen; vgl. S. 100 ff. 246 Vgl. zu der Schwierigkeit der GEMA-Wahrnehmung für diesen Bereich S.191 ff. 247 Dies wird aber oft gemacht, wenn etwa bei der Frage der Klingeltonnutzung der Klingelton anstatt mit der zugrundeliegenden Komposition mit einer Tonträgeraufnahme verglichen wird und die Leistungen der ausübenden Künstler als Teile des urheberrechtlich geschützten Werkes betrachtet werden; ausführlich Wandtke/Schunke UFITA I (2007) 61, 74 ff. 248 Vgl. auch Tenschert ZUM 1987, 612, 618 f. 249 So im Ergebnis auch LG München GRUR Int. 1993, 82, 83 – Duo GismontiVasconcelos; Boddien, S. 63; a.A. Schwenzer, S. 120. 245
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der beteiligten Künstler ist unerheblich. Das objektive Schöpferprinzip ist zwingendes Recht.250 Die Werkschöpfung ein Realakt.251 Trotz des objektiven Vorliegens einer schöpferischen Eigenart, ist aufgrund des für § 3 UrhG erforderlichen Kriteriums des neuen ästhetischen Ausdrucks in vielen Fällen eines Solos oder einer sonstigen freien Gestaltungsform eine Bearbeitung nach § 3 UrhG zu verneinen, da diese freie Passage bereits in dem Originalwerk vorgegeben ist. Etwas anderes kann sich in Fällen moderner Kompositionsformen oder des sogenannten „Instant Composing“ ergeben.252 Gewiss ist der Grad zwischen einer Improvisation, die den Anforderungen einer qualifizierten Bearbeitung nach § 3 UrhG entspricht und der, die nicht unter diese Norm fällt, fließend. Eine schematische Lösung verbietet sich.253 Dennoch sollten strenge Maßstäbe gelten, da ansonsten die tatsächlichen Vorgänge in der improvisierten Musik im Urheberrecht falsch gedeutet werden und einer aktiven innovativen Musikszene entgegenlaufen. b. Werkinterpretation als sonstige Bearbeitung Verneint man zwar die eigenschöpferische Leistung bei Werkinterpretationen und damit eine Bearbeitung nach § 3 UrhG, die zugleich auch eine Bearbeitung im Sinne des § 23 UrhG darstellen würde, so könnte dennoch zumindest eine sonstige Bearbeitung im Sinne des § 23 UrhG vorliegen. § 23 UrhG verlangt keine eigenschöpferische Leistung und nur eine Veränderung des geistig-ästhetischen Gesamteindrucks, unabhängig davon, ob dieser in der Ursprungskomposition bereits angelegt war. In der „Coverversion“-Entscheidung254 vertritt der BGH die Auffassung, dass die Darbietung eines Liedes nur eine Vervielfältigung des Ursprungswerkes im Sinne des § 16 UrhG und nicht zugleich eine Wandtke/Bullinger/Thum § 7, Rn. 2. Wandtke/Bullinger/Thum § 7, Rn. 3. 252 Siehe dazu S. 64 f. 253 Das OLG München geht von der Möglichkeit aus, dass Improvisationen eine neue Werkeigenschaft begründen können; vgl. OLG München GRUR Int. 1993, 85, 87 – Abdullah Ibrahim; ebenso LG München GRUR Int. 1993, 82, 83; Boddien, S. 63. 254 BGH GRUR 1998, 376 – Coverversion; nicht ganz eindeutig OLG Hamburg ZUM 2002, 480, 482. 250 251
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Bearbeitung nach § 23 S. 1 UrhG darstelle.255 In der „Alpensinfonie“Entscheidung 256 bestätigt der BGH indirekt diese Einschätzung, dass Werkinterpretationen bei „notengetreuer“ Aufführung keine Bearbeitung nach § 23 UrhG darstellen: „Das BerGer. hat zurecht entschieden, dass die „Alpensinfonie“ als Werk der Musik für die Herstellung der Bildtonträger nicht i.S. des § 23 S. 1 UrhG bearbeitet worden ist, da sie „notengetreu“ aufgeführt und in dieser Form auch unverändert bei der Herstellung der DVD vervielfältigt wurde.“257
Diese Auffassung wird von Teilen der Literatur geteilt.258 Der geistigästhetische Gesamteindruck sei bei Vervielfältigungen von Musikwerken nicht verändert.259 Die Werkinterpretation sei keine urheberrechtlich relevante Änderung.260 Dem ist zu widersprechen. Die Interpretation des vom Komponisten vorgegebenen Materials stellt zwar keine Bearbeitung nach § 3 UrhG dar, sie betrifft aber regelmäßig das Recht aus § 23 UrhG. Die Begrifflichkeit „Interpretation“, sowie die Natur des Menschen bringen es schon notwendig mit sich, dass jede von Menschenhand gespielte Musiknote zwangsläufig eine Änderung des geistig-ästhetischen Gesamtausdrucks eines Musikwerkes ist. Gewiss, die Wiedergabe mag im Idealfall den Vorstellungen des Komponisten recht genau entsprechen, wenn der ausführende Musiker sich in die künstlerische Erlebniswelt des Komponisten differenziert einzufühlen vermag. In jedem Fall kommt aber etwas hinzu, nämlich die persönlich künstlerische Leistung des Interpreten.261 Die ausübenden Künstler prägen entscheidend den vom Hörer wahrgenommenen klanglichen Eindruck der Komposition. Durch seine Phrasierung, Dynamikauffassung, Anschlags- bzw. Blastechnik gibt der ausübende Künstler dem Werk sein besonderes Gepräge.262 In Bereichen der Jazzmusik ist BGH GRUR 1998, 376, 378 – Coverversion. BGH GRUR 2006, 319 – Alpensinfonie. 257 BGH GRUR 2006, 319, 321 f. – Alpensinfonie. 258 Schulze ZUM 1993, 255, 256; Schricker/Loewenheim § 23, Rn. 6; Loewenheim/ Czychowski § 9, Rn. 79. 259 Schulze ZUM 1993, 255, 256. 260 Schmieder NJW 1990, 1945, 1947. 261 Schmieder NJW 1990, 1945, 1947. 262 Häuser, S. 32; Fellerer, S. 15; Tenschert ZUM 1987, 612, 618. Wie sehr ausübende Künstler die Darbietung einer Komposition beeinflussen, zeigt sich be255 256
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zentrales Anliegen eines jeden Musikers an seinem Sound zu arbeiten, um eine charakteristische individuelle Ausdrucksweise zu finden. Das Finden des eigenen Sounds dauert gerade bei Blechbläsern oft Jahre und verändert sich im Laufe der Zeit. Dies zeigt sich deutlich bei so bedeutenden Musikerpersönlichkeiten wie Miles Davis oder John Coltrane.263 Der von einem Jazzmusiker entwickelte Klang ist neben seiner Phrasierung oft wie ein Fingerabdruck.264 Damit ist die Werkinterpretation eine Bearbeitung des im geschriebenen oder gedachten Notentext verkörperten Musikwerkes. Diesen Umstand erkennt das Urheberrechtsgesetz indirekt durch eine Grundaussage an, dass dem Interpreten in seiner Eigenschaft als ausübender Künstler ein Künstlerpersönlichkeitsrecht zusteht. Es ist einem Menschen nicht möglich, sein Persönlichkeitsrecht, sein Künstlerpersönlichkeitsrecht bei der Darstellung von musikalischen Mitteln unabhängig von dem Faktor der technischen Möglichkeiten am Instrument zu lösen. Durch die Darbietung des Werkes erfolgt auf persönlichkeitsrechtlicher Ebene ein Aufeinandertreffen des Urheberpersönlichkeitsrechtes und des Künstlerpersönlichkeitsrechtes. Dieses Spannungsverhältnis zeigt sich als Ergebnis in der Klanglichwerdung sonders in der Stilrichtung des Jazz. Miles Davis beschreibt dies sehr treffend in seiner Autobiografie: „I had to change the way the band sounded again for Bill’s (Bill Evans, Jazzpianist) style by playing different tunes, softer ones at first. Bill played underneath the rhythm and I liked the way he played scales with the band.“ Davis/Troupe, S. 226. 263 So auch Häuser, S. 26 ff. 264 Vgl. das Interview mit dem Saxophonisten Kenny Garret im Jazzpodium, November 2000, S. 12, 13; vgl. Miles Davis Ausführungen zu der Tatsache, dass der Saxophonist seiner Band, John Coltrane, zum Zahnarzt ging, um sich eine Zahnlücke zu schließen: „He scared me one time while we were in California when he wanted to go to the dentist to get a tooth put in. Trane (John Coltrane) could play two notes all at once and I thought his missing tooth was the cause of it. I thought it gave him his sound. So when he told me he was going to the dentist …, I almost panicked … At the gig that night (nach der Zahnoperation) … I play my first solo … and wait for Trane to play, almost in tears because I know he’s fucked himself up. But when he ripped off them runs like he always did, man, talk about a motherfucker being relieved!“ vgl. Davis/Troupe, S. 223. Später beschreibt Miles Davis noch diesen einzigartigen Sound von Coltrane: „He would practice for hours after he just had got through playing three sets … he didn’t sound like nobody but himself … When he played the soprano, after a while it sounded almost like a human voice, wailing.“
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der Komposition in Form einer Vereinigung mindestens zweier geistig-ästhetischer Grundauffassungen, die damit in jedem Fall von den Vorstellungen des Komponisten differieren. Eine Wertung vornehmen zu können, ob „die schlechte Interpretation eines Stückes“ oder lediglich die Veränderung des Tempos des Stückes ausreichend sein soll, den Grad einer Bearbeitung im Sinne des § 23 UrhG zu erreichen, ist aus musikalischer Sicht und damit auch aus juristischer Sicht nicht möglich. Es lassen sich keine qualitativen Abstufungen treffen. Objektive Maßstäbe, wie auch subjektive des Urhebers, des ausübenden Künstlers helfen dabei nicht, da an der Klanglichwerdung eines Musikwerkes zu viele Faktoren beteiligt sind, die das jeweilige Ergebnis beeinflussen.265 Stellt die notengetreue Wiedergabe von einem Ausnahmepianisten an einem verstimmten Flügel nicht eine, wenn auch ungewollte Bearbeitung einer Komposition dar? Was letztendlich bei dem Hörer ankommt, muss bewertet werden. Selbst wenn die Zuhörer erkennen sollten, dass der Flügel verstimmt ist und sich alle darüber im Klaren sind, dass das Stück bei richtiger Stimmung anders klingen würde, so würde es dennoch aufgeführt. Selbst ein Komponist ist nicht in der Lage, die eigene Komposition immer zu genau gleicher Aufführung gelangen zu lassen. Viele Komponisten sind nicht sonderlich gute Interpreten, so dass die Qualität der Aufführung schon aufgrund der technischen Möglichkeiten leidet. Etwas anderes könnte sich nur bei ausschließlich mittels Computertechnik erzeugter Musik ergeben, in dem sowohl die Melodie, als auch Beats nicht individuell durch einen Menschen sondern quantisiert, d.h. absolut eingegeben werden. Dann ist aber noch die Wahl des entsprechenden Soundmaterials wiederum eine Bearbeitung. Weiter wäre zu überlegen, ob „nicht-willentliche“ Veränderungen des Originalwerkes nicht als Bearbeitung im Sinne des § 23 S. 1 UrhG anzusehen sein sollen. Das willentliche Moment hat aber im deutschen Urheberrecht keinen Platz. Darüber hilft auch die von der Rechtsprechung vorgenommene Abgrenzung von „notengetreuer“ und „nicht notengetreuer“ Darstellung eines Musikwerkes nicht weiter.266 Bei vielen Werken kennt der Schmieder NJW 1990, 1945, 1947. Zu diesen Faktoren zählen beispielsweise neben der geistig seelischen Verfassung des Interpreten, die Akustik des Saales, das Instrument oder die Reaktion des Publikums. 266 Vgl. BGH GRUR 2006, 319, 321 f. – Alpensinfonie. 265
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ausübende Künstler die „Originalnoten“ des Komponisten gar nicht, sei es, dass er das Stück aufgrund einer bereits bestehenden Tonträgeraufnahme eines anderen Künstlers kennt, oder über Notenmaterial verfügt, welches nicht vom Komponisten stammt. Im übrigen ist der Notentext selbst nur eine Festlegung der geistigen Idee der Komposition, bildet also gar nicht das Werk des Komponisten eins zu eins ab. Es ist schlicht unmöglich ein Werk der Musik „originalgetreu“ zu spielen. Oft verändert sich die Einstellung des Komponisten zu seinem Werk und damit zu der gewünschten Spielart, so dass sich die Originaltreue ständig wandelt. Bei der Werkinterpretation findet dadurch immer ein einzigartige spezielle geistig-ästhetische Formwerdung der Komposition statt, die eine Bearbeitung der Originalidee der Komposition logisch nach sich zieht. Das ist das Besondere eines Konzertes oder einer Live-Einspielung. Ein Komponist kann nur vermeiden, dass eine Bearbeitung im Sinne des Urheberrechts ausgeschlossen ist, wenn er die menschliche Natur gänzlich durch genaue Bestimmung der Parameter aus dem Wiedergabeprozess des Werkes ausschaltet. Dies ist vorstellbar, wenn ein Komponist vorschreibt, welche Soundkarte, welcher Sound durch einen Bediener eines Computers benutzt werden soll, um das gewünschte Klangerlebnis zu erzeugen. c. Arrangement als besondere Form der Werkinterpretation Die Interpretation eines Musikwerkes geht oft einher mit einem Arrangement der Originalkomposition. Bei einem Arrangement wird ein Werk der Musik durch musikalische Gestaltungsmittel, insbesondere durch Instrumentierungen aber auch Reharmonisierungen oder Modulationen in seinem Ausdruck verändert.267 Eine Bearbeitung im Sinne des § 23 UrhG liegt jedenfalls vor, wenn das Arrangement von so weitreichender Bedeutung ist, dass die Änderungen die Voraussetzung einer eigenen geistigen Schöpfung im Sinne des § 3 UrhG i.V.m. § 2 Abs. 2 UrhG erfüllen.268 Dem klassischen Arrangement spricht die Rechtsprechung eine schöpferische Eigenart zu, sofern das Arrangieren über das rein handwerkliche Anwenden musikalischer Lehren Boddien, S. 73. Ausführlich zur Frage ob das Arrangement, bzw. dem Arrangement ähnliche Änderungen unter § 3 UrhG fallen, Boddien, S. 73 ff.
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hinausgeht.269 Die Neuinstrumentierung hin von einem Sologesang auf eine stärker hervortretende Instrumentierung der Melodie könne ausreichend sein, um ein eigenschöpferisches Element und damit Werkschutz nach § 2 Abs. 2 UrhG zu bejahen.270 Dem ist im Ergebnis zuzustimmen, da die Arbeit eines Arrangeurs der Komposition erst ihr eigentliches Gepräge gibt und dem Stück einen charakteristischen Ausdruck verleiht. Aber selbst bei nur handwerklicher Anwendung musikalischer Lehren ist der Bearbeitungsbegriff im Sinne des § 23 UrhG betroffen. Variationen oder Einrichtungen für andere Instrumente (z.B. Klavierauszüge) sind Bearbeitungen i.S.d. § 23 S. 1 UrhG.271 Ausreichend ist die Umstellung einzelner Sätze oder einzelner Teile des Satzes, wie auch Kürzungen oder Streichungen, da insoweit jedes Mal ein neuer ästhetischer Ausdruck entsteht.272 d. Offene Kompositionsformen als besonderer Fall der Werkinterpretation Bei modernen offenen Kompositionsformen 273 stellt sich die Frage des juristischen Verhältnisses zwischen den beteiligten Personen, ins269 BGH GRUR 1981, 267, 268 – Dirlada; ebenso Jörger, S. 166 ff.; Tenschert ZUM 1987, 612, 616; Boddien, S. 73. 270 BGH GRUR 1991, 533, 535 – Brown Girl II. 271 Schricker/Loewenheim § 23, Rn. 8. 272 Schricker/Loewenheim § 23, Rn. 7, 8: die Bearbeitung dürfe jedoch nicht nur in völlig unerheblichem Umfange erfolgen. 273 Bei anderen modernen Kompositionsformen insbesondere der 12-Ton-Musik oder der seriellen Musik werden ebenfalls Fragen der Werkeigenschaft diskutiert. Die serielle Musik (von französisch „musique serielle“ – reihengebundene Musik) entwickelte sich aus der Zwölftontechnik. Die Zwölftontechnik ging von der Idee einer reihenmäßigen Gliederung der Intervallbeziehungen aus. Ausgangspunkt einer Komposition war eine zuvor festgelegte Ausgangsreihe von zwölf verschiedenen Tönen. Diese Reihe konnte z. B. in Form des Krebs, der Umkehrung oder Krebs der Umkehrung bearbeitet werden. Die serielle Musik überträgt diese reihenmäßige Gliederung der Intervallbeziehungen auf alle musikalischen Parameter, wie Tonhöhe, Dauer, Lautstärke und Klangfarbe. Olivier Messiaen entwickelte in der Klavieretüde „Mode de valeurs et d’intensités“ erstmals eine solche Reihenfolge. Weitere Vertreter waren Karlheinz Stockhausen oder Pierre Bourlez, vgl. Weissthanner, S. 5 f. Bei der seriellen Musik taucht die Frage der ausreichenden Individualität im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG auf. Die serielle Musik ist in in ihrem Ergebnis vorbestimmt
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besondere, ob der Werkinterpret als Bearbeiter im Sinne des § 23 UrhG anzusehen ist bzw. ob überhaupt ein Werk im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG vor der Klanglichwerdung vorliegt, dass interpretiert werden kann, oder ob dieses Werk erst mit der Interpretation entsteht.274 Bei modernen Kompositionsformen werden bewusst Zufallsmomente in die Musik eingebaut oder es werden den Werkinterpreten nur anhand von Schemata oder Skizzen Aufführungsanweisungen gegeben. Das musikalische Klangerlebnis wird zum Teil auch durch Computerprozesse in Gang gesetzt. Der Komponist hat auf das klangliche Endergebnis der Komponist in diesem Fall keinen oder nur einen geringen Einfluss.275 aa. Vorbestehendes Werk Eine Bearbeitung nach § 23 UrhG setzt begriffsnotwendig zunächst ein bestehendes nach § 2 Abs. 2 UrhG geschütztes Werk voraus.276 Aus Gründen der Rechtssicherheit gelten auch bei modernen Kompositionsformen insoweit die vom Gesetzgeber vorgegebenen Richtlinien.277 und lässt in ihrer Reinform keinen Platz für künstlerische Interpretation. Bei der eigentlichen Formgebung – d.h. der Durchführung der Komposition nach seriellen Prinzipien hat der Komponist nur eingeschränkten individuellen Spielraum. Die serielle Musik ist vergleichbar mit der Programmierung eines Vorganges, an dessen Ende ein akustisches Erlebnis steht, dass auch dem Komponisten nicht bekannt ist. Alle Töne des fertigen Musikwerks sind in ihren Komponenten und in ihrer Folge von den zugrundeliegenden Reihen und ihren festgelegten Variationsmöglichkeiten bestimmt. Die Festlegung der Reihen ist aber als hinreichende individuelles Moment anzusehen; so auch Weissthanner, S. 41 ff. Damit ist bei der 12-Ton-Musik erst Recht ausreichende Individualität gegeben, da der Komponist noch freie Entscheidungsmöglichkeiten ob der anderen Parameter hat. A. A. Möhring/Nicolini/Ahlberg § 2, Rn. 105: bei der Reihentechnik bedürfe es der Durchbrechung der mathematischen Logik um der Gestaltung eine Eigentümlichkeit zu verleihen. Es ist bei der Streitfrage zu beachten, dass es so gut wie keine Werke gibt, in denen der Komponist aus individuellen künstlerischen Gründen nicht die strengen Regeln der seriellen Reihentechnik verlassen hat. 274 Zum ganzen Hartmann UFITA 122 (1993) 57 ff. 275 Vgl. im einzelnen Jörger, S. 64; Tetzner JZ 1975, 649, 651: „Das Hauptmerkmal Experimenteller Musik ist ihre offene Form, die relative Zufälligkeit ihrer Ergebnisse, der direkte Zugang auch des Interpreten zur Verfügung über das musikalische Material.“ 276 Schricker/Dietz § 23, Rn. 12; vgl. zum Schutz des Musikwerkes, S. 32 ff. 277 So auch Schricker/Loewenheim § 2, Rn. 127.
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Wird das Zufallsprinzip 278 bei Kompositionen der freien und experimentellen Musik bewusst als kompositorisches Mittel verwendet, könnte es an der Individualität im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG fehlen, da der Komponist bewusst das künstlerische Endergebnis dem eigenen Einfluss entzieht. Es werden bei aleatorischen Kompositionen traditionelle Vorstellungen von Musik sowohl in klanglicher Hinsicht als auch in ihrem Entstehungsprozess gesprengt. Gerade aber das Zufallsprinzip kann als bewusstes Stilmittel kompositorisch eingesetzt werden, um die Vorhersehbarkeit eines Musikwerkes aufzubrechen und neue musikalische Ausdrucksformen spontan entstehen zu lassen. Der Komponist überlässt mehr oder weniger weitgehend dem Interpreten die Resultate seiner Arbeit.279 Ein Werk klingt nie gleich, die Reproduzierbarkeit ist sehr eingeschränkt. Dennoch kann eine Beschränkung auf Skizzen und Handlungsanweisungen ausreichend sein, um eine Urhebereigenschaft im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG genügen zu lassen.280 In experimenteller Musik und in modernen Erscheinungsformen des Jazz wird dem ausübenden Künstler eine große Interpretationsfreiheit eingeräumt.281 Natürlich erscheint es fraglich von einer vorbestehenden Ursprungskomposition auszugehen, sofern sich das musikalische Resultat weder im Kompositionsprozess selbst, als auch in der Vorstellung des Komponisten vorhersehen lässt. Die juristischen Defini-
Das Zufallsprinzip kann auf verschiedene Weise in eine Komposition mit einbezogen werden. Auch durch die Benutzung von Computern können bestimmte Zufallsprozesse in Gang gesetzt werden; vgl. Tetzner JZ 1975, 649, 650. 279 Tetzner JZ 1975, 649, 651. 280 Nach Möhring/Nicolini/Ahlberg § 2, Rn. 106, soll in dem Fall keine schutzfähige Idee vorliegen, wenn die Art und Weise des klanglichen Erlebnisses ausschließlich von den ausübenden Künstlern abhängt. Ansonsten seien die ausübenden Künstler je nach Einzelfall urheberrechtliche Gehilfen oder Bearbeiter im Sinne des § 3 UrhG; Schricker/Loewenheim § 2, Rn. 127, stimmt dem zu und bezeichnet diese freien Kompositionsformen als „Entwurfsmusik“. 281 Vgl. Miles Davis Ausführungen zu der Aufnahmesession der legendären Platte „Bitches Brew“, die eine neue Epoche im Jazz auslöste: „… While the music was developing I would hear something that I thought could be extended or cut back. So that the recording was a development of the creative process, a living composition. It was like a fugue, or motif, that we all bounced off. After it had developed to a certain point, I would tell a certain musician to come in and play something else …“, vgl. Davis/Troupe, S. 299. 278
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tionen des Werkbegriffs gehen von einem traditionellen Werkbegriff aus und dieser will, dass der Künstler sein Gebilde genau bestimmt.282 Die Schwierigkeiten liegen in der Natur der freien und improvisierten Musik selbst. Während das Urheberrecht sich in den meisten Fällen mit vollendeten Werken beschäftigt, liegt das Schwergewicht einer experimentellen Komposition beim schöpferischen Initialschluss des Komponisten. Das vollendete Werk, die Komposition, so wie sie aufgeführt wird, ist vergleichsweise sekundär und lässt der Interpretation weiten Raum. Der Komponist versteht sich weniger als jemand, der musikalische Ideen präzise ausführt, sondern eher als jemand, der musikalische Prozesse inszeniert, durch seine Ideen in Gang setzt.283 Die Eingeschränktheit und die Vorhersehbarkeit einer festgelegten Komposition wird als störend, nicht kreativ empfunden.284 Die Skizzen und die damit verbundene Freiheit der Interpretation sind aber vom Verfasser der Skizzen bewusst eingesetzte Stilelemente, mit denen er gerade neue Ausdrucksformen der Musik schaffen möchte. Mithin ist in der Regel von einem vorbestehenden Werk im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG auszugehen bzw. einem schöpferischen Element, dass den Voraussetzungen einer Miturheberschaft im Sinne des § 8 UrhG zwischen Skizzengeber und Interpret genügt.285 Selbst wenn der Komponist den Computer oder oder andere technische Hilfsmittel zur Werkerstellung benutzt,286 ist von einer persönlich geistigen Schöpfung auszugehen, es sei denn, der Komponist hat in keiner Weise Einfluss auf das Ergebnis des Schaffensvorgangs.287 Vgl. Weissthanner, S. 80. Dieser feste Werkbegriff geht an der Realität des kompositorischen Schaffens vorbei. Bourlez etwa schreibt, dass es nach seinen kompositorischen Erfahrungen ausgeschlossen sei, alle Möglichkeiten vorauszusehen, die einem Ausgangsmaterial einbeschrieben sind, dass der Zufall stets in die Ausarbeitung hineinfahre, dass er integraler Bestandteil eines Kompositionsprozesses sei, Zitat bei Weissthanner, S. 80. 283 So auch Weissthanner, S. 81. 284 Vgl. Weissthanner, S. 81 ff. 285 Siehe dazu S. 100 ff. 286 Man muss bei dem Begriff Computermusik zwischen der in der ernsten Musik in den Jahren um 1950 entstandenen Musikstil und dem Einsatz von Computern in der Popularmusik unterscheiden, vgl. Weissthanner, S. 62 ff. 287 Bei Computermusik ist zu unterschieden zwischen dem Klangergebnis und zwischen dem Schaffens-Programmierungsprozess, vgl. ausführlich hierzu Weissthanner, S. 62 ff., der wohl auch das Klangergebnis als persönlich geistige Schöpfung des Programmierers auffasst, wenn das musikalische Ergebnis in keiner 282
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Eine Grenze ist bei solchen Werken erreicht, in denen der Komponist keinen Einfluss auf das Hörerlebnis mehr hat. Bei dem Stück 4′33′′ von John Cage wird man deshalb eine Werkeigenschaft nach § 2 Abs. 2 UrhG verneinen müssen.288 bb. Qualifizierte Bearbeitung im Sinne des § 3 UrhG oder sonstige Bearbeitung nach § 23 UrhG Wenn ein Komponist seine musikalische Idee nur ganz vage konkretisiert, indem er nur Werkpartikel aufzeichnet und sonst alles dem Ausführenden überlässt, stellt sich die Frage der Zurechenbarkeit und Einordnung des musikalischen Endproduktes. Betrachtet man die Strukturvorgaben als eigenständiges Werk im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG, so kann die konkrete Formgestaltung des ausübenden Künstlers als Bearbeitung im Sinne des § 3 UrhG angesehen werden, was wiederum eine Bearbeitung nach § 23 UrhG beinhaltet. Es kann aber auch eine Miturheberschaft nach § 8 UrhG bejaht werden.289 Der Interpret könnte aber auch lediglich Gehilfe des Urhebers in der Vermittlung seines Werkes sein, so dass sowohl eine Bearbeitung nach § 3 UrhG als auch eine Miturheberschaft zu verneinen wäre. Es könnte dann immer noch eine Bearbeitung im Sinne des § 23 UrhG vorliegen. Für den letzten Fall wäre der Skizzenersteller alleiniger Urheber und das konkrete Klangerlebnis wäre allein ihm zuzurechnen. Die Zurechnung der Urheberschaft an dem Produkt der konkreten Interpretation hat sich nach objektiven Kriterien des tatsächlich musikalisch messbaren Beitrages zum Endprodukt zu orientieren.
Weise vorhersehbar ist, Weissthanner, S. 75. „Die musikalische Computerausgabe ist nur dann nicht schutzfähig, wenn schon das zugrundeliegende Programm mangels hinreichender individueller Prägung kein schutzfähiges Werk ist.“; vgl. Weissthanner, S. 77; Stroh, S. 17. Da das Computerprogramm selbst aber über § 69 UrhG geschützt ist und bei Festlegung ein flankierender Leistungsschutz nach § 85 UrhG besteht, erscheint ein zu weitreichender Urheberrechtsschutz fragwürdig. Vgl. zum Ganzen Schricker/ Loewenheim § 2, Rn. 13, 14, m.w.N.; weitergehend OLG München ZUM 2000, 408, 412. 288 Ebenso Schack, Rn. 186; siehe S. 9. 289 Siehe dazu S.100 f.
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Freie Strukturen setzen gleich gebildete und weit entwickelte Interpreten voraus, die den Rahmen mit dem notwendigen Inhalt zu füllen vermögen. Man darf nicht vergessen, dass das Arbeiten mit Skizzen für den Komponisten das Risiko birgt, dass das musikalische Ergebnis überhaupt nicht seinem ästhetischen Empfinden entspricht. Es kommt insoweit auf eine Einzelfallbetrachtung an. Regelmäßig ist aber der Skizzengeber zumindest Miturheber. Bejaht man eine eigenschöpferische Leistung des Interpreten, wird in vielen Fällen eine Miturheberschaft statt einer Bearbeitung nach § 23 UrhG vorliegen.290 3. Benutzung von Musikelementen Musikelementen bereits bestehender Musikwerke werden häufig bei der Komposition neuer Musikwerke und bei der Musikverwertung erneut verwendet. Im Bereich der Musikproduktion wird dazu oft die Form des digitalen Samplens verwendet.291 Dabei wird vorwiegend auf Werkelemente wie Tonfolgen, Basslinien, Beats oder Sounds (Klänge) zurückgegriffen, die in neuen Kompositionen verarbeitet werden.292 Ebenso wird in dem Bereich der Klingeltonherstellung auf bereits existierende Tonaufnahmen zurückgegriffen, wobei überwiegend die Originalaufnahme gekürzt dargestellt wird.293 a. Vorbestehendes Musikwerk Bei der Entnahme von Werkelementen ist regelmäßig im Rahmen des § 23 UrhG die Frage problematisch, ob das verwendete Element überhaupt ein Werkelement im Sinne des § 23 UrhG darstellt und damit der Urheber bezüglich dieses Werkelementes seine Rechte aus § 23 UrhG geltend machen kann.294 Diese Problematik tritt insbesondere beim Samplen von Sounds (Klang) auf und bei der Entnahme nur einzelner Tonfolgen oder Töne.295 Das Prinzip der kleinen Münze darf nicht angewendet werden. Elemente einfacher Tonfolgen fallen Vgl. dazu S. 100 f. Häuser, S. 29; Riekert, S. 39. 292 Spieß ZUM 1991, 524, 525; vgl. S. 14 f. 293 Ausführlich zur Klingeltonnutzung Wandtke/Schunke UFITA I (2007) 61, 63; siehe S. 79 ff. 294 Schricker/Loewenheim § 2, Rn. 66; vgl. zum Werkbegriff, S. 32 ff. 295 Spieß ZUM 1991, 524, 525; Häuser, S. 4 ff.; Münker, S. 6, 7, 12 f.; zur Schutzfähigkeit siehe S. 32 ff. 290 291
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genauso wenig in den Schutzbereich, wie einzelne Harmonieprogressionen oder Klanggestaltungen.296 Falls kein schützenswertes Werkelement entnommen wurde, liegt der Fall einer einwilligungsfreien Benutzung nach § 24 Abs. 1 UrhG vor.297 b. Bearbeitung i.S.d. § 3 UrhG oder sonstige Form der Bearbeitung Die Digitalisierung, die der Entnahme eines Werkelementes oft vorhergeht, stellt für sich genommen noch keinen Fall der Bearbeitung nach § 23 UrhG dar.298 Die Kürzungen des Originalwerkes, die die Entnahme von Werkelementen nach sich zieht, fällt hingegen unter § 23 UrhG.299 Der ästhetische Gesamteindruck eines Musikwerkes ergibt sich primär aus der vollständigen Darstellung des Werkes. Werden nur Elemente eines Werkes herausgesucht, so kann der Zuhörer sich den Gesamtkomplex des Werkes nicht vorstellen, so dass sich der ästhetische Eindruck erheblich ändert. Gleiches gilt bei der Trennung von Musik und Text. Ein gesungenes Musikwerk stellt sich in seiner geistig-ästhetischen Wirkung erheblich anders dar als eine Instrumentalversion. Werden nur einzelne schützenswerte Werkteile entnommen, kann es sein, dass durch das Hinzufügen weiterer Elemente das Ausgangswerk nicht mehr zu erkennen ist, sei es, dass das entnommene Elemente durch Effekte stark verändert wurde300 oder andere dominierende Musikelemente den Zusammenhang zum Original nicht mehr Siehe dazu S.36; zu unterstützen sind deshalb die Einschränkungen des Schutzbereiches durch die Rechtsprechung; vgl. OLG Hamburg ZUM 1991, 590, 591. 297 Siehe dazu S. 84 ff. 298 Schricker/Loewenheim § 23, Rn. 6: durch die Digitalisierung wird lediglich die äußere Erscheinungsform des Werkes, die Art seiner Verkörperung berührt; das Werk als geistige Wesenheit bleibt unberührt. Dieses muss auch bei Formaten wie MP3 gelten, durch die es aufgrund der Komprimierung zu leichten klanglichen Beeinträchtigungen für das geschulte Ohr kommt. 299 Ebenso Schricker/Loewenheim § 23, Rn. 7, 8. 300 Auf die Klangqualität des entnommenen Samples kann unmittelbar eingewirkt werden. Einzeltöne, Melodien oder Tonfolgen können herausgelöst und mittels Filter oder anderer Effekte verfremdet werden, oder mit anderen Samples verbunden bzw. in eigene Kompositionen integriert werden. Diese weitere Verarbeitung des Samples wird mit unterschiedlicher dem Sampler zur Verfügung stehender Musiksoftware bzw. Effektgeräten vollzogen; vgl. zum Ganzen Spieß, ZUM 1991, 524, 525; Häuser, S. 4 ff.; Münker, S. 6, 7, 12 f. 296
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erkennen lassen. Es könnte sich dann statt um eine Bearbeitung im Sinne des § 23 UrhG um eine freie Benutzung im Sinne des § 24 UrhG handeln.301 4. Verbindung mit anderen Kunstformen Die Verbindung von Werken der Musik in unveränderter Form mit anderen Kunstgattungen könnte bereits eine Bearbeitung nach § 23 S. 1 UrhG darstellen. Im Bereich des Films oder der Bühnenmusik im weiteren Sinne werden Musikwerke in ihren Teilen oder das gesamte Werk mit anderen urheberrechtlich geschützten Werkarten zu einem Gesamtkunstwerk verbunden. a. Filmmusik 302 Musik wird auf unterschiedliche Arten in Filmen verwendet. Zum einen gibt es Auftragskompositionen, d.h. der Komponist wird von dem Produzenten beauftragt für einen bestimmten Film die Musik zu komponieren. Oft liegt dem Komponisten dann schon das Bildmaterial vor.303 Zum anderen wird in vielen Fällen schon auf Tonträgern produzierte Musik von einer verantwortlichen Person zusammengestellt und dem Film unterlegt. Es handelt sich dabei um filmunabhängige Kompositionen.304 Siehe dazu S. 84 ff. Für die Filmmusik gelten die allgemeinen Anforderungen an die Schutzfähigkeit i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UrhG. Auch insoweit ist das Prinzip der kleinen Münze abzulehnen, a.A. Schricker/Katzenberger § 88, Rn. 20. Es dürfen bei der Frage der Schutzfähigkeit filmspezifische Elemente, insbesondere ihre Funktion für Atmosphäre und Dramaturgie nicht vernachlässigt werden, Schricker/Katzenberger § 88, Rn. 20. 303 Dombrowski, S. 130, 131. Diese Musik wird in der US-amerikanischen Filmindustrie als „score music“ bezeichnet. Die Bezeichnung setzt sich zunehmend in der deutschen Vertragssprache durch; vgl. Brauner, S. 16 f. 304 Verlage haben zu diesem Zweck eigens Archive angelegt, in denen die Werke auf bereits produzierten Tonträgern katalogisiert vorliegen, vgl. näher dazu Brauner, S. 15. Oft werden bestimmte gerade in den Charts befindliche Werke zur Untermalung benutzt, mit dem Ziel der Steigerung der Attraktivität des Films. Neben der Frage des Erwerbs der Urheberrechte müssen hier vor allem die Rechte der Tonträgerhersteller nach § 85 UrhG und der ausübenden Künstler nach § 77 UrhG eingeholt werden. 301 302
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Das Nutzungsrecht der Verbindung von Musik mit bewegten Bildern wird als „Filmherstellungsrecht“, „Verfilmungsrecht“ oder „Synchronisationsrecht“ bezeichnet.305 Es handelt sich dabei nicht um einen Rechtsbegriff im technischen Sinne.306 Ob dieses Filmherstellungsrecht inhaltsgleich mit dem Bearbeitungsrecht des Urhebers nach § 23 UrhG ist, ist äußerst umstritten. Teilweise wurde angenommen, es handele sich bei dem Filmherstellungsrecht um ein selbständiges Verwertungsrecht im Sinne der §§ 15 ff. UrhG.307 Dem ist zu widersprechen. Es gibt kein selbständiges Verfilmungs- oder Filmherstellungsrecht im Sinne eines eigenständigen Verwertungsrechts.308 Mit dem Ausdruck des Filmherstellungsrechts werden vielmehr typische Nutzungsrechte umschrieben, deren Inhalt und Umfang durch Auslegung ermittelt werden muss. Eine schematische Lösung verbietet sich. Bei dem Filmherstellungsrecht können je nach Art und Umfang der Benutzung des Musikwerkes im Film das Vervielfältigungsrecht nach § 16 UrhG und das Bearbeitungsrecht nach § 23 UrhG betroffen sein. Im Einzelfall kann ein Fall der Werkverbindung nach § 9 UrhG vorliegen.309 In dinglicher Hinsicht kann ein Filmherstellungsrecht jedoch nur einheitlich erworben werden und nicht in verschiedene Auswertungsarten gespalten werden. Ein selbständiges Video-Verfilmungsrecht existiert damit nicht. Durch die Existenz selbständiger Nutzungsrechte kann die Verbindung von Musik und Film genau eingeordnet werden und es bedarf nicht eines selbständigen Verfilmungs-Verwertungsrechtes. Auch § 88 UrhG lässt keine andere Wertung zu, da es sich um eine Vermutungsregel hanBrandhorst, S. 136, 137. Ventroni, S. 97. 307 Schulze, FS Hertin, S. 237, 242; Dreier/Schulze § 88, Rn. 13; Breloer, S. 63, vgl. ausführlich zum Ganzen Ventroni, S. 92 ff. Davon zu trennen ist die Frage der Beschränkung des Filmherstellungsrechts, vgl. dazu Schulze, FS Hertin, S. 237, 243 f. 308 So mittlerweile die ganz überwiegende Meinung; vgl. BGHZ 123, 142, 146 f. – Videozweitauswertung II; Schack Rn. 427; Ventroni, S. 94 f. 309 In der Literatur wird zum Teil der Aspekt der Werkverbindung i.S.d. § 9 UrhG für die rechtliche Einordnung des „Filmherstellungsrechts“ herangezogen; Poll, Musik im Film, S. 99, 107; die Anwendung des § 9 UrhG besagt aber noch nichts über die rechtliche Natur des Filmherstellungsrechts, sondern lediglich über die Frage der Auswertung der betroffenen Rechte des verbundenen Werkes; so auch Ventroni, S. 89; Fromm/Nordemann/Nordemann § 8, Rn. 13 lehnt eine Anwendbarkeit von § 9 UrhG ab; vgl. auch die Darstellung bei Brauner, S. 56 ff. 305 306
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delt, die lediglich an die Einräumung bestimmter vertraglicher Nutzungsrechte anknüpft.310 Entscheidende Bedeutung kommt damit der Frage zu, ob die einzelnen Formen der Musik- und Filmverbindung dem Bearbeitungs- und/ oder dem Vervielfältigungsrecht nach § 16 UrhG zuzuordnen sind.311 Bei der Einordnung im Bereich der Verwendung von Musik im Film, ist die Sondervorschrift des § 23 S. 2 UrhG zu beachten. Danach bedarf, im Gegensatz zu Satz 1 der Vorschrift, bereits das Herstellen der Bearbeitung oder die Umgestaltung der Einwilligung des Urhebers, sofern es sich um eine Verfilmung des Werkes handelt. Der Schutz des Urhebers wird also um das Tatbestandsmerkmal der Herstellung erweitert. Grund für diese Besserstellung soll die Tatsache sein, dass sich der Herstellungsvorgang bei einer Verfilmung nicht in der privaten Sphäre vollzieht.312 Kommt es im Bereich der Verwendung von Filmmusik unabhängiger Kompositionen zu Kürzungen oder sonstigen Veränderungen der Komposition, liegt regelmäßig eine Bearbeitung im Sinne des § 23 S. 1 UrhG vor.313 Besonderheiten könnten bei der Ausfüllung des Bearbeitungsbegriffes vor allem bei der auf einem Tonträger bereits festgelegten unveränderten Übernahme eines Musikwerkes in einem Film bestehen.314 Dieser Fall stellt ohne den Tatumstand der Verbindung mit dem Bildmaterial zunächst eine Vervielfältigung i.S.d. § 16 UrhG und keine (erneute) Bearbeitung nach § 23 UrhG dar. So mittlerweile die ganz überwiegende Meinung: vgl. BGHZ 123, 142, 146 f. – Videozweitauswertung II; Schack Rn. 427; Ventroni, S. 94 f. 311 Vgl. auch Brauner, S. 50 ff. 312 Schack Rn. 425. Gerade im Zusammenhang mit der Vertonung von Filmwerken trägt dieses letzte Argument im Zeitalter der fortgeschrittenen Computertechnik jedoch nicht, da im immer größeren Maße Filmmusik von Einzelpersonen am heimischen Computer hergestellt wird. Lediglich die unter Umständen stattfindende Abstimmung mit dem Filmproduzenten kann einen erweiterten Schutz im Gegensatz zu sonstigen Bearbeitungen noch rechtfertigen. 313 Ventroni, S. 125 f.; Schricker/Loewenheim § 23, Rn. 7, 8; Brandhorst, S. 136, 137. 314 Ein häufig anzutreffendes Phänomen bei der Verwendung von Musik im Film und Fernsehbereich ist daneben der teilweise oder gänzliche Austausch bzw. das Weglassen der Originalfilmmusik vgl. insoweit Brehm, S. 73; Schulze, FS für Hertin, S. 237, 247. 310
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Eine Bearbeitung könnte aus der Tatsache der Verbindung des unveränderten Musikwerkes mit einer Bildspur herrühren. Rechtsprechung 315 und ein Teil der Literatur 316 nehmen bei der unveränderten Übernahme eines vorbestehenden Musikwerkes an, dass lediglich das Vervielfältigungsrecht betroffen sei und somit keine Bearbeitung im Sinne des § 23 S. 2 UrhG vorläge. Nach dem „Alpensinfonie“-Urteil des OLG München 317 stelle sogar die bildliche Wiedergabe eines Konzertes keine Bearbeitung des aufgeführten Musikwerkes dar, selbst wenn durch verschiedene Kameraeinstellungen das Publikum sowie das Musikerensemble begleitend wiedergegeben wurde. Wenn das Werk notengetreu aufgeführt wurde, soll lediglich eine Vervielfältigung nach § 16 UrhG vorliegen. Das Filmherstellungsrecht umfasse in diesem Fall ausschließlich Nutzungshandlungen die sich aus dem Verwertungsrecht der Vervielfältigung ableiten.318 Dieser Einschätzung hat sich der BGH 319 angeschlossen: „Die Verbindung eines Musikwerks mit dem Bildteil eines Films als solche ist bei unveränderter Übernahme der Musik nur eine Vervielfältigung (...). Das Werk der Musik wird dadurch zwar im ästhetischen Sinn Teil des „Gesamtkunstwerks“ Film, die Bildfolgen des Films können das Musikwerk aber nicht „verfilmen“. Auch bei einem Film über eine Konzertaufführung des Werks kann lediglich dessen Darbietung gezeigt werden. Eine Bearbeitung i. S. des § 23 UrhG ist auch nicht deshalb anzunehmen, weil das Musikwerk durch die Verbindung mit Bildfolgen in einen neuen Zusammenhang gestellt wird. Musik und Bildfolgen gehören verschiedenen Kunstformen an und erscheinen
BGH GRUR 1994, 41, 43 – Videozweitauswertung II; BGH GRUR 2002, 532, 534 – Unikatrahmen; BGH GRUR 1962, 370, 373 – Schallplatteneinblendung; BGH GRUR 2006, 319, 321 f. – Alpensinfonie; OLG München ZUM 2003, 235, 236 – Alpensinfonie. 316 Ventroni, S. 120 f.; Schricker/Loewenheim § 23, Rn. 8; Schricker/Katzenberger Vor § 88, Rn. 24 f.; v. Gamm § 88, Rn. 4; Möhring/Nicolini/Lütje § 88, Rn. 28. 317 OLG München ZUM 2003, 235, 236 – Alpensinfonie. Bei dem zugrundeliegenden Fall geht ein Verlag, der Mitglied der GEMA ist, gegen eine Filmproduktionsfirma vor, die in Kooperation mit dem Mitteldeutschen Rundfunk ein Konzert der „Alpensinfonie“ von Richard Strauss live im Fernsehen übertrug, die Postproduktion der Aufnahmen übernahm und DVDs von einem Lizenznehmer herstellen ließ, der die DVD-Produktion bei der GEMA anmeldete und entsprechende GEMA-Gebühren bezahlte. 318 OLG München ZUM 2003, 235, 236 – Alpensinfonie. 319 BGH GRUR 2006, 319, 321 f. – Alpensinfonie. 315
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auch nach ihrer Verbindung nicht in der Weise als Teil desselben Werks, wie das etwa bei Zutaten zu einem Werk der bildenden Kunst der Fall sein kann.“
Andere wiederum nehmen wegen des Wortlauts des § 23 S. 2 UrhG stets eine Bearbeitung im Sinne des § 23 S. 2 UrhG an. Damit soll auch die unveränderte Übernahme eines vorbestehenden Musikwerkes bereits eine Bearbeitung i.S.d. § 23 UrhG sein.320 Unbestritten ändert sich die Wahrnehmungsweise der Musik durch die Hinzufügung von Bildmaterial. Es wird eine Atmosphäre geschaffen. Der Musik wird zugleich ein inhaltlicher Zusammenhang gegeben. Die Musik kann durch die Zusammenfügung mit den Bildfolgen zum Teil vollkommen sinnentstellt werden. Es wird damit unmittelbar ein neuer geistig-ästhetischer Eindruck von dem Musikwerk vermittelt, so dass regelmäßig von einer Bearbeitung nach § 23 UrhG auszugehen ist. Dies gilt nicht nur für das immer wieder gerne bemühte Beispiel des pornografischen Films, sondern für jeden Film der eine inhaltliche oder atmosphärische Aussage enthält.321 Eine andere rechtliche Wertung ergibt sich jedoch bei Auftragskompositionen, d.h. bei Werken, die eigens für einen bestimmten Film geschaffen wurden. Bei der Auftragskomposition ist zur Beurteilung der Frage des betroffenen Rechts auf den Moment der endgültigen Übergabe des Masterbandes an den Produzenten abzustellen. Nach diesem Zeitpunkt wird die Musik an das Filmbild angelegt. Eine direkte Einwirkung auf das Musikwerk selbst erfolgt durch dieses Anlegen nicht.322 Demzufolge kann nur die Integration der Musik in den Film, d.h. die dramaturgische Wirkung im Zusammenspiel mit dem Bild als Bearbeitung im Sinne des § 23 S. 1 UrhG gedeutet werden.323 Bei der eigens für den Film komponierten Musik hat der Komponist die durch die Zusammenfügung mit dem Bildmaterial entstehende Wirkung bereits in das Poll ZUM 2003, 237 f., der jedoch bei einer Aufnahme eines klassischen Konzerts eine Bearbeitung verneint; Reupert, S. 87; Poll, Musik im Film, S. 99, 107; Schulze, FS Hertin, S. 237, 242; so wohl auch Reich in v. Hartlieb/Schwarz, S. 292, Rn. 4; Russ ZUM 1995, 32, 33; ebenso Brauner, S. 54, der aber eine analoge Anwendung bejaht, da „keine Umgestaltung im eigentlichen Sinne einer Bearbeitung vorgenommen wird“. 321 Vgl. Brauner, S. 54. 322 Vgl. Brauner, S. 53. 323 So auch Brauner, S. 53. 320
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Werk mit einbezogen, so dass er diesen ästhetischen Eindruck bereits vor seinem geistigen Auge sieht. In diesem Fall liegt weder eine Änderung des geistig-ästhetischen Gesamteindruck, noch eine Veränderung objektiver musikalischer Gestaltungselemente vor, so dass eine Bearbeitung im Sinne des § 23 UrhG zu verneinen ist. b. Bühnenmusik Weit verbreitet ist auch die Verwendung von Musikwerken im Rahmen von Bühnenwerken. Bei der Verwendung von vorbestehenden musikalischen Werken im Rahmen einer Theater- oder Ballettinszenierung sind zunächst das Recht aus § 19 Abs. 2, 1. Var. UrhG oder falls es sich durch die Art und Weise der Einbindung des Musikwerkes um die bühnenmäßige Darstellung eines Werkes handelt, das Recht aus § 19 Abs. 2, 2. Var. UrhG betroffen.324 Die Abgrenzung der Alternativen des § 19 Abs. 2 UrhG und die Zuordnung der unterschiedlichen musikalischen Sachverhalte kann im Einzelfall schwierig sein.325 Unabhängig von der Zuordnung zur 1. oder 2. Variante kann zusätzlich das Bearbeitungsrecht im Sinne des § 23 UrhG aufgrund der Verwendung eines Werkes im Rahmen eines Bühnenwerkes betroffen sein. Der BGH hatte beispielsweise in der Entscheidung „Musical Gala“ über einen Fall zu entscheiden, in dem ein Schlager im Rahmen einer Bühnenaufführung wiedergegeben wurde.326 Ähnlich war ein früherer Fall des BGH gelagert, in dem bei Eisrevuen Musikstücke sowie die gesungenen Schlagerlieder zur Begleitung von Eislaufdarbietungen gespielt wurden.327 Ob durch die Verbindung Bearbeitungsrechte und Urheberpersönlichkeitsrechte verletzt wurden, problematisierte der BGH in beiden Fällen nicht. Wandtke/Bullinger/Ehrhard § 19, Rn. 15, 16. Vgl. zu den Grenzfällen Schricker/v. Ungern-Sternberg § 19, Rn. 18, 27; Wandtke/Bullinger/Ehrhard § 19, Rn. 17: Die Zuordnung kann in Fällen zweifelhaft sein, in denen ein dramatisch-musikalisches Werk Teile aus anderen Musikwerken enthält, die wie ein Konzertwerk selbst kein dramatisch-musikalisches Werk darstellen. 326 BGH GRUR 2000, 228, 230 – Musical-Gala; dem zustimmend Staudt in Becker/Kreile/Riesenhuber, S. 258, Rn. 62. 327 BGH GRUR 1960, 604, 605 – Eisrevue I. 324 325
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Die sogenannte Vertanzung von Konzertwerken verletzt ebenfalls das Bearbeitungsrecht im Sinne des § 23 UrhG. Unter diesen Fragenkreis werden vor allem Orchesterwerke gefasst, die tänzerisch in Szene gesetzt werden, ohne vom Komponisten als solches geschaffen worden zu sein.328 Auch sonstige Musikeinlagen in Bühnenwerken oder Bühnenmusiken im Rahmen von Theateraufführungen tangieren regelmäßig das Bearbeitungsrecht nach § 23 UrhG. Denn in all diesen Fällen wird erheblich auf den ästhetischen Gesamteindruck des Werkes Einfluss genommen. Die Musik wird nicht als getrenntes Werk an sich wahrgenommen, sondern der Zuschauer hört das Werk immer in Verbindung mit dem darstellenden Vorgang. Er verbindet diese Wahrnehmungen zu einem einheitlichen Erlebnis. Eine andere Wertung ergibt sich, sofern Musikwerke in der Pause eines Theaterwerkes dargeboten werden. Erfolgt diese Darbietung als Live-Aufführung liegt aber eine Interpretation des Musikwerkes und damit ein Bearbeitung i.S.d. § 23 UrhG vor.329 5. Neuer Sachzusammenhang Durch die Nutzung von Musik im Bereich der Werbung, bei Großveranstaltungen, als Hintergrundmusik oder im Bereich der Klingeltonmusik könnte der Sinnzusammenhang von der ursprünglichen Komposition so verändert werden, dass die Voraussetzungen einer Bearbeitung im Sinne des § 23 UrhG zu bejahen sind. Das Stellen eines Musikwerkes in einen neuen Sachzusammenhang wird teilweise direkt unter § 23 UrhG subsumiert 330 oder zumindest als ein mit der Bearbeitung des § 23 UrhG vergleichbarer Vorgang bezeichnet.331 Andere wiederum verneinen bei der unveränderten Übernahme eines Musikwerkes das Vorliegen einer MusikbearbeiWandtke/Bullinger/Ehrhard § 19, Rn. 19. Siehe dazu S. 52 ff. 330 BGH GRUR 2006, 319, 321 f. – Alpensinfonie. Die Aufnahme eines Konzertes, bzw. allein die Verbindung von Bildmaterial und Musik erfüllt nach dem BGH aber nicht die Voraussetzung, um eine Bearbeitung aufgrund des Stellens in einen neuen Sachzusammenhang anzunehmen. 331 Russ ZUM 1995, 32, 34, der in jedem Fall eine Beeinträchtigung nach § 14 UrhG annimmt; so auch Schulze ZUM 1993, 255, 256; Staudt in Kreile/Becker/ Riesenhuber, S. 244, Rn. 30, 33. 328 329
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tung nach § 23 S. 1 UrhG.332 Eine pauschales Urteil ist aufgrund der unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten von Musik schwer zu treffen. Der Einzelfall muss betrachtet werden, wobei grundsätzlich von der Möglichkeit einer Bearbeitung im Sinne des § 23 UrhG auszugehen ist.333 Das LG München 334 hatte einen Fall zu entscheiden, bei dem im Rahmen einer Boxveranstaltung bei dem Einmarsch des Boxers (sog. Walk-In) István Kovácz das Chorstück „O Fortuna“ aus der szenischen Kantate „Carmina Burana“ von Carl und Liselotte Orff 335 per Tonträger abgespielt wurde. Das LG München geht davon aus, dass das „Abspielen des Chorstücks „O Fortuna“ als „Stimmungsmusik“ bei einem dramaturgisch in Szene gesetzten Einmarsch eines Boxers in der Box-Arena mit einer Bearbeitung oder Umgestaltung i.S. von § 23 UrhG vergleichbar ist.336 Dem ist im Ergebnis zuzustimmen. Klärungsbedürftig ist jedoch, worin genau die Bearbeitung, also entweder die Veränderung des geistig-ästhetischen Gesamteindrucks oder die sonstige objektive musikalische begründete Einwirkung zu sehen ist. Wird ein Chorstück einer szenischen Kantate isoliert vorgetragen, könnte in diesem Tatumstand bereits ein Bearbeitung des Originalwerkes „Carmina Burana“ zu sehen sein.337 Das würde aber zu weit führen, da durch eine isolierte Darstellung eines eigenständig abtrennbaren Musikwerkes weder dieses noch das Gesamtwerk in irgendeiner Form aus objektiv-musikalischer Sicht, wie auch in seinem geistig-ästhetischen Gesamteindruck verändert wird. Die Bearbeitung im Sinne des § 23 UrhG äußert sich darin, dass durch die Verbindung des Musikwerkes mit der Veranstaltung eine neue Wirkung des Werkes begründet wird. Ähnlich wie bei Theaterinszenierungen ist es dem Publikum nicht möglich, die Musik unabhängig von dem Geschehen zu begreifen. Eine Inbezugnahme findet damit automatisch statt, so dass der geistig-ästhetische Eindruck immer verVentroni S. 92, 99 ff., der aber ebenfalls einen Eingriff in urheberpersönlichkeitsrechtliche Befugnisse zum Teil bejaht. 333 Schricker/Loewenheim § 23, Rn. 6. 334 LG München GRUR 2005, 574 – O Fortuna. 335 Carl Orff war bedeutender deutscher Komponist und Pädagoge. Das Bühnenwerk „Carmina Burana“ entstand im Jahr 1937. 336 LG München GRUR 2005, 574, 575 – O Fortuna; ebenso Russ ZUM 1995, 32, 34. 337 LG München GRUR 2005, 574, 575 – O Fortuna. 332
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ändert wird. Gleiches gilt bei der Verwendung von Musik zu Werbezwecken.338 Überträgt man diese Grundsätze auf andere Formen der Nutzung der Musik als funktionale Musik, so ergibt sich folgende Schlussfolgerung: Jede funktionale Inbezugnahme eines Werkes, welches nicht zu funktionalen Zwecken geschaffen wurde, stellt eine Bearbeitung des Ursprungswerks dar, sei es, dass die Musik als Hintergrund im Supermarkt im Fahrstuhl oder als Telefonwarteschleife benutzt wird. Dass Literatur und Rechtsprechung sich insoweit ausschweigen verwundert, da dieses doch tagtäglich vorkommt. Es können zwischen der Benutzung eines Werkes bei einem „Walk-In“ und dem „Vor sich Hinlaufen“ in einem Supermarkt aus Gesichtspunkten der funktionalen Umdeutung und damit des Einflusses auf den geistigästhetischen Gesamtgehalts eines Werkes keine wesentlichen Wertungs- oder Eingriffsunterschiede festgestellt werden, die differierende rechtliche Konsequenzen rechtfertigen würden. 6. Klingeltonnutzung Besondere Aufmerksamkeit genießt in der Rechtsprechung 339 und der Literatur 340 die Klingeltonnutzung von Werken der Musik.341 a. Von der Klingeltonnutzung betroffene Verwertungsrechte der Komponisten Bei der Herstellung des Klingeltons werden Audio-Dateien mit dem Werkausschnitt auf einem Datenträger gespeichert. Dieser Herstellungsvorgang ist eine Vervielfältigung des Originalwerkes i.S.d. § 16 Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 341, Rn. 283, 284; Loewenheim/Czychowski § 68, Rn. 89; so wohl auch OLG München NJW 1998, 1413 bezüglich der Verwendung des Werkes „O Fortuna“ im Rahmen eines Fernsehtrailers. Es ergibt sich nicht eindeutig aus dem Urteil, ob die Bearbeitung aus der Kürzung des Originalwerkes oder der Verbindung zu Werbezwecken hergeleitet wird. 339 LG Hamburg ZUM 2005, 485; LG Hamburg ZUM 2005, 483; OLG Hamburg ZUM 2006, 335. 340 Landfermann, S. 1, 165 ff.; Schricker/Dietz § 14, Rn. 11 a, 11c; Wandtke/Schunke UFITA I (2007) 61 ff.; Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14, Rn. 54; Dreier/Schulze Vor § 31, Rn. 136 a; Poll MMR 2004, 67 ff.; Hertin KUR 2004, 101 ff.; v. Einem ZUM 2005, 540 ff.; Castendyk ZUM 2005, 9 ff.; Poll ZUM 2006, 379 ff. 341 Vgl. oben S. 19 ff. 338
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UrhG 342, selbst wenn es sich wie bei monophonen oder polyphonen Klingeltönen um eine erstmalige Einspielung des Werkes handelt. Anschließend wird dieses schützenswerte Werkelement auf einem anderen Medium, nämlich sowohl auf dem Server des Anbieters als auch nach der Übermittlung auf dem Datenspeicher des Mobiltelefons des Nutzers festgelegt. Bei beiden Vorgängen handelt es sich um eine Nutzung, die das Vervielfältigungsrecht nach § 16 UrhG betrifft.343 Eine andere Beurteilung kann sich ergeben, wenn der Nutzer selbst den Handyklingelton herstellt oder auf sein Handy überspielt.344 Das Angebot von Klingeltönen zum Download über das Internet berührt das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung nach § 19 a UrhG.345 Im Falle eines Vertriebs von Handyklingeltönen auf CDROM wird das Verbreitungsrecht i.S.d. § 17 UrhG tangiert.346 Durch das Ertönen des Klingeltones im Moment des Anrufs könnte gleichzeitig das Aufführungsrecht nach § 19 Abs. 2 UrhG bzw. das Recht der Wiedergabe durch Bild- und Tonträger nach § 21 UrhG betroffen sein, sofern es sich um eine öffentliche Tonwiedergabe handelt. Nach § 15 Abs. 3 UrhG ist eine Wiedergabe öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist.347 Entscheidende Bedeutung kommt damit der Frage zu, ob die Wiedergabe für die Öffentlichkeit bestimmt war.348 Ergibt sich die Wiedergabe nur zufällig, so ist die Wiedergabe nicht öffentlich.349 In dem Ertönen des Klingeltones eine öffentliche Wiedergabe von Funksendungen nach § 22 UrhG anzunehmen scheidet jedoch aus, weil es
Wandtke/Schunke UFITA I (2007) 61, 65; Landfermann, S. 87. Der Downloadvorgang wird in der Regel nicht durch § 53 Abs. 1 S. 1 UrhG gerechtfertigt sein; ebenso OLG Hamburg GRUR 2006, 323. 344 Vgl. grundsätzlich zu § 53 Abs. 1 S. 1 UrhG, Wandtke/Bullinger/Lüft § 53, Rn. 8–21. 345 So auch OLG Hamburg GRUR 2006, 323 – Handy-Klingeltöne II und LG Hamburg ZUM 2005, 483, 484 für den Fall des Downloads von einer Web-Site; v. Einem ZUM 2005, 540, 541; Landfermann, S. 88. 346 Vgl. Hertin KUR 2004, 101, 103. 347 Zum Öffentlichkeitsbegriff, Dreier/Schulze § 15, Rn. 37 ff. 348 Dieses wird teilweise bejaht, vgl. Hertin KUR 2004, 101, 103; Landfermann, S. 92, der § 21 UrhG für gegeben hält. 349 Dreier/Schulze § 15, Rn. 46; AG Erfurt GRUR-RR 2002, 160. 342 343
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sich begrifflich nicht um eine Funksendung i.S.d. § 20 UrhG handeln kann.350 b.
Bearbeitung
aa. Ungekürzte Versionen von Realtones Wird eine vollständige Version eines Originalwerkes als Handyklingelton verwendet, in dem der Master lediglich digital kopiert wird, scheidet eine erneute 351 Bearbeitung i.S.d. § 23 Satz 1 UrhG aufgrund einer Kürzung aus. Etwas anderes ergibt sich nur, wenn ein bekannter Song selbst „originalgetreu“ 352 nachgespielt und aufgenommen wird.353 Eine Bearbeitung könnte für den Fall der Verwendung eines ungekürzten Realtones nur in der Art und Weise der Benutzung des Klingeltones gesehen werden, d.h. durch die Benutzung des Musikwerkes in einem neuen Kontext. Sowohl die Literatur, als auch die Rechtsprechung diskutieren die Frage der Veränderung des Ausgangswerks vorwiegend im Zusammenhang mit der Frage des Werkintegritätsinteresses nach § 14 UrhG.354 Zunächst stellt die Verwendung als Signalton bereits eine Bearbeitung nach § 23 UrhG dar, da das Musikwerk in einem neuen Sinnzusammenhang erscheint. Es entsteht ein neuer geistig-ästhetischer Gesamteindruck des Werkes, wenn man diese Form der Darstellung des Werkes beispielsweise mit einer Aufführung derselben Komposition in einem Konzert vergleicht.355 Dies gilt jedoch nicht, wenn ein Werk eigens als Klingelton produziert wurde oder dem Komponisten bewusst war, dass sein Werk als Klingelton verwendet wird.
Wandtke/Schunke UFITA I (2007) 61, 65 f.; a.A. insoweit wohl Hertin KUR 2004, 101, 103. 351 Die erste Aufnahme der Originalkomposition ist jedoch eine Bearbeitung i.S.d. § 23 S. 1 UrhG; vgl. S. 52 ff. 352 Originalgetreu ist ein weit verbreiteter Begriff, der aber in rechtlicher Hinsicht nicht weiter hilft, sondern nur verdeutlicht, dass die Aufnahme sich an einer bereits bestehenden Aufnahme orientiert. Davon zu unterscheiden ist aber die zugrundeliegende Kompositionsskizze. 353 Fraglich ist lediglich, ob es sich bei dem Handy um einen Tonträger i.S.d. § 85 UrhG handelt. Dieses muss aber bejaht werden. 354 Vgl. Hertin KUR 2004, 101, 105; OLG Hamburg ZUM 2002, 480. 355 So das OLG Hamburg GRUR 2006, 323 – Handy – Klingeltöne II für die Frage des Eingriffs in den Werkintegritätsschutzes nach § 14 UrhG. 350
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Kapitel 3: Musikbearbeitungen als Eingriff in das Urheberrecht
In der Wiedergabe des Werkes durch einen unzureichenden Handylautsprecher eine Bearbeitung zu sehen, führt in der Regel zu weit, da die Sendung eines Werkes durch verschiedene Lautsprecher mittlerweile dem von dem Urheber intendierten Gebrauch seines Werkes entspricht und somit keine neue geistig-ästhetische Darstellungsweise seines Werkes beinhaltet.356 In Parallele zur Musiknutzung in der kommerziellen Werbung, könnte die Handy-Klingeltonnutzung aufgrund eines möglichen Merchandising-Effektes bereits als Bearbeitung zu sehen sein.357 Dem ist jedoch zu widersprechen, da nicht der Merchandising sondern der Signaltoneffekt bei der Nutzung des Werkes eindeutig im Vordergrund steht. bb. Monophone bzw. polyphone, gekürzte Versionen bestehender Tonträgeraufnahmen Bei den Handyklingeltönen werden meistens wiedererkennbare Ausschnitte, die Melodie oder der Refrain eines Werkes entnommen. Rechtsprechung und Literatur müssten aufgrund des absoluten Melodieschutzes und des Prinzips der kleinen Münze regelmäßig zu einer Bejahung der Schutzvoraussetzungen nach § 2 Abs. 2 UrhG kommen.358 Bei der Verwendung einfacher musikalischer Motive oder bei eigens hergestellten Klingeltönen kann sich jedoch eine andere Wertung ergeben.359 Einfache Tonfolgen, die eher in Verbindung mit einem grafischen Moment Aufmerksamkeit erregen, fallen aus dem Schutzbereich des § 2 Abs. 2 UrhG heraus. Es liegt dann ein Fall der freien Benutzung nach § 24 UrhG vor.360 Insoweit gewährt das So für die Frage des Eingriffs in § 14 UrhG v. Einem ZUM 2005, 540, 542; OLG Hamburg ZUM 2002, 480, 484. 357 OLG Hamburg GRUR 2006, 323 – Handy-Klingeltöne II. 358 v. Einem ZUM 2005, 540, 541; Hertin KUR 2004, 101, 103. 359 Die Nutzung eines Werkes als Handyklingelton stellt eine neue Nutzungsart i.S.d. § 31 Abs. 4 a. F. UrhG dar; vgl. OLG Hamburg ZUM 2002, 480, 481. Nach Auffassung des OLG Hamburg ZUM 2002, 480, 481 „bewirkt die Nutzung als Handy-Klingelton gerade nicht eine Wahrnehmung der Tonfolge als Musikwerk in Form eines sinnlich-klanglichen Erlebnisses. Vielmehr dient die Musik bei der Nutzung als Handyklingelton als rein funktionales Erkennungszeichen, für das der künstlerische Gehalt, die dramaturgische Komposition usw. des Werks nur nebensächlich sind und ein vorhandener ästhetischer Spannungsbogen durch das „Annehmen“ des Gesprächs gerade zerstört wird.“ 360 Siehe dazu S. 38 ff. 356
A. Musikbearbeitung nach § 23 UrhG
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Leistungsschutzrecht der Tonträgerhersteller nach § 85 UrhG Schutz, da § 85 UrhG im Gegensatz zu § 23 UrhG nicht an die eigenschöpferische Leistung anknüpft.361 Daneben gibt das Markenrecht auch die Möglichkeit, musikalische Logos zu schützen.362 Klingeltöne können als Hörmarke im Sinn der §§ 3 Abs. 1, 4 MarkenG angemeldet und geschützt werden.363 Gerade bei Klingeltönen, die nur aus kurzen signalartigen Elementen bestehen, ist diese Logofunktion gegeben und nicht die einer eigenschöpferischen Leistung im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG.364 Bei polyphonen und monophonen Klingeltönen werden die Stimmenzahlen im Verhältnis zur Originaltonträgeraufnahme reduziert. Dieses wird teilweise mit einer Bearbeitung der zugrundeliegenden Komposition gleichgesetzt.365 Bei genauer Betrachtung der urheberrechtlichen Zusammenhänge ist diese Annahme ungenau. Oft werden die Songs in der Popindustrie von Songwritern geschrieben und dann von den Musikverlagen den Tonträgerfirmen angeboten. Die Tonträgerhersteller verwenden diese Kompositionen für die mit ihnen in Vertragsbeziehungen stehenden ausübenden Künstlern wie Madonna oder Shakira. Die Kompositionsvorlage besteht in diesen Fällen nur aus Melodie, Akkordstruktur und Refrain. Der Song bekommt seine endgültige Struktur durch die Mitwirkung des Produzenten und der ausübenden Künstler. Es muss genau darauf geachtet werden, inwiefern der Klingelton von der zugrundeliegenden Komposition und nicht lediglich von dem auf dem Tonträger festgelegten Klangerlebnis abweicht, welches nicht unbedingt eine nach § 3 UrhG geschützte Bearbeitung darstellen muss. Gerade die Vertreter eines engen Bearbeitungsbegriffes i.S.d. § 23 S. 1 UrhG, die weite Teile der musikalischen Interpretation nicht unter den Begriff der Bearbeitung subsumieren, müssten in vielen Fällen bei der Reduzierung der Stimmenzahl eine Bearbeitung i.S.d. § 23 UrhG verneinen. Sachgemäß ist es jedoch, in der klanglichen Darstellung eines Werkes regelmäßig eine Bearbeitung i.S.d. § 23 S. 1 UrhG zu sehen und damit auch jeg361 Wandtke/Bullinger/Schaefer § 85, Rn. 25. Bei den audiovisuellen Klingeltönen kommt statt § 85 UrhG möglicherweise § 94 UrhG zur Anwendung. 362 Ausführlich insoweit Landfermann, S. 189 ff. 363 Landfermann, S. 189. 364 Wandte/Schunke UFITA I (2007) 61, 74. 365 So offensichtlich v. Einem ZUM 2005, 540, 541.
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Kapitel 3: Musikbearbeitungen als Eingriff in das Urheberrecht
liche Form der monophonen oder polyphonen Klingeltonverwertung. Denn die Aufnahme eines Klingeltones auf einen Tonträger ist nichts anderes als die Interpretation eines Werkes, wodurch ein bestimmter ästhetischer Eindruck des Werkes hervorgerufen wird, eine konkrete Klangfarbe erzeugt wird, die damit eine Bearbeitung darstellt. Die Wertung darf sich insoweit nicht von der Werkinterpretation bei einer Aufführung oder Einspielung eines „normalen“ Tonträgers unterscheiden. Die Kürzung des Werkes erfolgt häufig sowohl bei monophonen und polyphonen Klingeltönen als auch bei „geloopten“ Master- und Realtones. Eine solche Kürzung beschränkt sich auf das wiedererkennbare musikalische Material der Originalkomposition. Fraglich ist, ob das wiedergegebene gekürzte Element noch Schutz nach § 2 Abs. 2 UrhG genießt.366 Werden ganze Melodien übernommen, ist eine Bearbeitung i.S.d. § 23 S. 1 UrhG gegeben. Etwas anderes ergibt sich bei einzelnen Elementen wie Tonfolgen oder Sounds. Gerade im klassischen Klingeltonbereich spielen diese Abgrenzungsfragen jedoch keine Rolle, da die Klingeltöne auf das Moment der schnellen Wiedererkennbarkeit setzen. Werden aber einfache Klingeltonstrukturen hergestellt oder gesampelt, so kann im Einzelfall sehr wohl die Schutzfähigkeit nach § 2 Abs. 2 UrhG fehlen. Dann liegt ein Fall einer freien Benutzung nach § 24 UrhG vor.367 Erfolgt eine Kürzung hingegen nur durch das Unterbrechen in Folge der Annahme des Gesprächs durch den Handybesitzer, ist dies vergleichbar mit Musikeinspielungen bei Telefonwarteschleifen. Diese Form der Kürzung ist nicht als Bearbeitung i.S.d. § 23 UrhG zu bewerten.
B. Die Abgrenzung der Bearbeitung zur freien Benutzung, § 24 UrhG Die Bearbeitung ist aus dem Sinn der Vorschrift heraus eine abhängige Nachschöpfung, bei der wesentliche Züge des Originalwerkes übernommen werden.368 Durch die Übernahme wesentlicher Züge 366 367 368
Siehe dazu S. 38 ff. Siehe dazu S. 84 ff. Schricker/Loewenheim § 23, Rn. 3.
B. Die Abgrenzung der Bearbeitung zur freien Benutzung
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des Originalwerks unterscheidet sich die Bearbeitung (Umgestaltung) von der freien Benutzung des § 24 UrhG.369 Es ergibt sich demnach eine Grenze der Anwendung des § 23 S. 1 UrhG direkt aus dem Anwendungsbereich des § 24 UrhG.370 Der Lehre von der „freien Benutzung“ liegt die Überlegung zugrunde, dass sich der kulturelle Fortschritt nur entwickeln kann, wenn der Schaffende auf Leistungen anderer aufbauen kann und sich durch Werke Dritter inspirieren lassen kann.371 Im Gegensatz zur Bearbeitung darf gemäß § 24 Abs. 1 UrhG ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werks eines anderen geschaffen worden ist, ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden.372 Häufig beruft sich der Komponist eines neuen Werkes darauf, dass er das Originalwerk überhaupt nicht seinem neuen Werk „zugrunde gelegt habe“, er das Originalwerk im Rechtssinn also nicht bearbeitet habe, sondern es ihm nur als Anregung gedient habe.373 Diese Problematik tritt vermehrt bei Popproduktionen auf, bei denen Elemente von vorbestehenden Werken verwendet und in neue Kompositionen eingebaut werden, beispielsweise mit der Sampletechnik.374
I. Selbständiges neues Werk § 24 Abs. 1 UrhG setzt zunächst anders als bei § 23 UrhG voraus, dass es sich bei dem neuen Werk um ein selbständiges Werk i.S.d. § 2 Abs. 2 UrhG handeln muss.375 Das bedeutet, dass über die Benutzung des fremden Werkes hinaus eine neue persönlich geistige Schöpfung entstehen muss.376
369 370 371 372 373 374 375 376
Schricker/Loewenheim § 23, Rn. 3; Fromm/Nordemann/Vinck § 24, Rn. 2. Landfermann, S. 95. Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 37. Landfermann, S. 95. Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 36. Siehe dazu S. 14 f. Wandtke/Bullinger/Bullinger § 2, Rn. 2; Schricker/Loewenheim § 24, Rn. 9. Schricker/Loewenheim § 24, Rn. 9; siehe zur Werkeigenschaft, S. 32 ff.
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Kapitel 3: Musikbearbeitungen als Eingriff in das Urheberrecht
II. Freiheit der Benutzung Freiheit der Benutzung setzt voraus, das das fremde Werk nicht in identischer oder umgestalteter Form übernommen wird, sondern lediglich als Anregung für das eigene Werkschaffen dient.377 Die Gesetzesbegründung umschreibt den Begriff der freien Benutzung wie folgt: „In Übereinstimmung mit dem geltenden Recht (§ 13 LUG, § 16 KUG) sieht der Entwurf vor, daß abweichend von der Regelung in § 23 ein in Anlehnung an ein anderes Werk geschaffenes Werk dann ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht oder verwertet werden darf, wenn es sich von der Vorlage so weit gelöst hat, daß es als eine völlig selbständige Neuschöpfung anzusehen ist (freie Benutzung).“378
1. Objektive Übereinstimmung bei den schöpferischen Elementen Bei der Bestimmung der Freiheit der Benutzung und damit der Abgrenzung zu § 23 S. 1 UrhG kommt es darauf an, „durch welche objektiven Merkmale die schöpferische Eigentümlichkeit des als Vorlage benutzten Werkes bestimmt ist“.379
Es müssen für das Vorliegen von § 23 S. 1 UrhG in Abgrenzung zur freien Benutzung des § 24 Abs. 1 UrhG „Übereinstimmungen im schöpferischen Bereich“ vorliegen.380 Sind in dem neuen Werk urheberrechtlich geschützte Elemente des älteren Werkes vorhanden, sind für die Bejahung einer freien Benutzung strenge Maßstäbe anzusetzen.381 Dies kann nur gelten, wenn man das Prinzip der kleinen Münze bei der Bestimmung der schöpferischen Eigenart nicht anwendet.382 Lässt man das Prinzip der kleinen Münze zur Anwendung gelangen, so führt dieses zu einer nicht gerechtfertigten Ausweitung des Schricker/Loewenheim § 24, Rn. 10; BGH GRUR 2003, 956, 958 – Gies-Adler. Schulze, Materialien, S. 449. 379 BGH GRUR 1991, 533, 534 – Brown Girl II; BGH GRUR 1988, 812, 814 – Ein bißchen Frieden; Wandtke/Bullinger/Bullinger § 24, Rn. 3, 4; Schricker/ Loewenheim § 24, Rn. 12; Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 40. 380 BGH GRUR 1991, 533, 534 – Brown Girl II; BGH GRUR 1981, 267, 269 – Dirlada; OLG Hamburg ZUM 2002, 647, 649 – Brown Girl II; Wandtke/Bullinger/Bullinger § 24, Rn. 3, 4; Schricker/Loewenheim § 24, Rn. 12. 381 Schricker/Loewenheim § 24, Rn. 15; Wandtke/Bullinger/Bullinger § 24, Rn. 9. 382 Siehe zur Kritik am Prinzip der kleinen Münze S. 38 ff. 377 378
B. Die Abgrenzung der Bearbeitung zur freien Benutzung
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Schutzes des Ursprungsurhebers. Dieser Ausweitung versuchen die Rechtsprechung 383 und die Literatur 384 zu begegnen, indem sie dem Schutzinteresse des Urhebers weniger Gewicht verleihen, wenn das als Vorlage benutzte Werk nur einen geringen schöpferischen Gehalt besitzt. Verneint man die Anwendung des Prinzips der kleinen Münze kommt man insoweit ohnehin zu besseren Ergebnissen, da sich dann das Problem des ausufernden Schutzes bei Werken mit geringer Schöpfungshöhe gar nicht stellt.385 Eine freie Benutzung setzt voraus, dass angesichts der Eigenart des neuen Werks die entlehnten eigenpersönlichen Züge des geschützten älteren Werkes verblassen, dass sie in ihm in der Weise zurücktreten, dass das neue Werk nicht mehr in relevantem Umfang das ältere benutzt, so dass dieses nur noch als Anregung zu neuem, selbständigem Werkschaffen erscheint. Das alte Werk oder Werkelement darf in dem neuen Werk nur noch schwach und in urheberrechtlich nicht mehr relevanter Weise durchschimmern.386 Der innere Abstand zu dem Originalwerk reicht aber aus, so dass selbst bei einer gewissen Erkennbarkeit eine freie Benutzung vorliegen kann.387 Im Rahmen der Abwägung kommt es auf die Übereinstimmungen, nicht dagegen auf die Verschiedenheit zwischen den beiden Werken an.388 Bei der Prüfung der Übereinstimmung kommt es nur auf die eigenschöpferischen Elemente der Vorlage an und nicht auf solche schöpferischen Teile, die gemeinfrei oder von einem Dritten schöpferisch hinzugefügt wurde.389 BGH GRUR 1991, 531, 532 – Brown Girl I; BGH GRUR 1991, 533, 534 – Brown Girl II; BGH GRUR 1981, 267, 269 – Dirlada; OLG München ZUM 2002, 306, 308. 384 Wandtke/Bullinger/Bullinger § 2, Rn. 10; Schricker/Loewenheim § 24, Rn. 10; Landfermann, S. 95; Dreier/Schulze § 24, Rn. 8. 385 Siehe dazu S. 38 ff. 386 BGH ZUM 1993, 537 – Asterix Persiflage; BGH GRUR 2000, 144 – ComicÜbersetzungen II; OLG München ZUM 2002, 306, 308; Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 38; Boddien, S. 60; Nordemann GRUR 1964, 117, 119. 387 Schricker/Loewenheim § 24, Rn. 11; Boddien, S. 60; Fabiani, S. 94 „(…) oder aber ob es der Variation gelungen ist, sich von der im Thema, von dem sie ausging, dargestellten persönlichen Ausdrucksform zu befreien“. 388 Schricker/Loewenheim § 24, Rn. 13. 389 OLG Hamburg ZUM 2002, 647, 650 – Brown Girl II; OLG Hamburg ZUM 1991, 589, 590; Wandtke/Bullinger/Bullinger § 24, Rn. 9; Schricker/Loewenhein § 24, Rn. 12. 383
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Kapitel 3: Musikbearbeitungen als Eingriff in das Urheberrecht
Als Bewertungsmaßstab ist wie bei § 24 Abs. 2 UrhG 390 mit der Rechtsprechung 391 und überwiegenden Literatur 392 die Auffassungsgabe der mit literarischen und künstlerischen Fragen einigermaßen vertrauten und hierfür aufgeschlossenen Verkehrskreise anzuwenden.393 Es kommt nicht auf die subjektive Meinung des möglichen Urhebers oder Bearbeiters an.394 Musikwerke werden durch musikalische Gestaltungselemente wie Tonart, Taktart, Tondauer, Harmonie, Rhythmus, Tempoangaben, Text, Tonfolgen oder den Aufbau einer Komposition entscheidend geprägt.395 Das Originalwerk muss bezüglich dieser Parameter bewertet und anschließend mit den Elementen des neuen Werkes verglichen werden.396 Bezüglich der Entnahme von Elementen der Melodie schafft § 24 Abs. 2 UrhG eine Sonderregelung.397 Bei der Werkinterpretation ist für die Anwendung des § 24 Abs. 1 UrhG regelmäßig kein Platz, da insoweit der Interpret sich bewusst mit dem Originalwerk auseinandersetzt und die wesentlichen schöpferischen Elemente der Komposition durch sein Spiel zum Erklingen bringt. Bei der Entnahme von Werkelementen hingegen, insbesondere bei modernen Popproduktionen,398 spielt die Anwendung des § 24 UrhG eine große Rolle. Ausgangspunkt muss hier die Frage sein, ob das entnommene Werkelement schützenswert ist, unabhängig von der Frage, ob dieses Werkelement mittels der Sampletechnik aus einer bestehenden Tonträgeraufnahme entnommen wurde oder auf andere Weise die Elemente verwendet wurden. Gerade bei der Entnahme von Klängen, Tonfolgen oder einzelnen Rhythmuspassagen mangelt es in der Siehe dazu S. 92 ff. BGH GRUR 1972, 143, 144 – Biografie: ein Spiel, unter Verweis auf BGHZ 22, 210, 218 – Morgenpost. 392 Dreier/Schulze § 24, Rn. 47; Schricker/Loewenheim § 24, Rn. 30; Jörger, S. 74. 393 BGH GRUR 1972, 143, 144 – Biografie: ein Spiel, unter Verweis auf BGHZ 22, 210, 218 – Morgenpost; Dreier/Schulze § 24, Rn. 47; Schricker/Loewenheim § 24, Rn. 30; Jörger, S. 74. 394 BGH GRUR 1972, 143, 144 – Biografie: ein Spiel. 395 BGH GRUR 1991, 533, 534 – Brown Girl II; OLG ZUM 2002, 647, 653 – Brown Girl; Landfermann, S. 95. 396 OLG Hamburg ZUM 1991, 589, 591; Landfermann, S. 95. 397 Siehe dazu S. 92 ff. 398 Siehe dazu S. 14 ff. 390 391
B. Die Abgrenzung der Bearbeitung zur freien Benutzung
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Regel an einem schutzfähigen Werkelement, so dass für diese Fälle eine freie Benutzung nach § 24 UrhG gegeben ist. Es kann dann immer noch ein weitergehender Leistungsschutz nach § 85 UrhG für den Fall bestehen, dass das Werk mittels der Sampletechnik aus einer bereits bestehenden Tonträgeraufnahme verwendet wurde.399 Häufig erlangt ein Musikelement nämlich erst seinen besonderen Charakter durch die Art und Weise der Darstellung und nicht durch die gerade bei Popmusik häufig vorkommende einfach gehaltene Komposition. Ein bestimmter Schlagzeug-Beat bekommt durch einen Effekt seinen unverwechselbaren Charakter oder eine einfache Tonfolge aufgrund der besonderen Spielweise durch den ausübenden Künstler. Dann ist aber der Leistungsschutz einschlägig und nicht der Urheberrechtsschutz. So fällt die gleiche Verwendung von gebrochenen Akkorden beispielsweise in den Anwendungsbereich des § 24 Abs. 1 UrhG, sofern die harmonische Struktur bei dem neuen Werk wesentlich komplexer ist und ein anderer Hörereindruck entsteht.400 Dass Interesse an freiem musikalischem Material, der Fortentwicklung der Musik wiegt in solchen Fällen erheblich höher als die wirtschaftlichen Interessen des Urhebers. Bei der Verzerrung oder sonstigen Veränderung des entnommenen Werkelements mit Hilfe von Effekten kann trotz der Entnahme eines schöpferischen Elements eine Bearbeitung zu verneinen sein, da für diesen Fall das Original aus dem Blickwinkel des mit literarischen und künstlerischen Fragen einigermaßen Vertrauten nicht mehr zu erkennen ist. Insoweit muss man bei der Analyse Acht geben, ob nur das Klangerlebnis verändert wurde oder auch die zugrundeliegende Komposition. Eine identische Tonfolge kann beispielsweise durch neue Instrumentierungen und Effekte so verändert werden, dass sie als neues Element erscheint, obwohl der Notentext derselbe geblieben ist. Für diesen Fall wäre eine freie Benutzung nach § 24 Abs. 1 UrhG abzulehnen. Bei der Verbindung von Musikwerken mit anderen Kunstgattungen, insbesondere im Bereich des Films und der Bühnenmusik, wird § 24 Abs. 1 UrhG regelmäßig nur eine untergeordnete Rolle spielen, da die Vgl. Wandtke/Bullinger/Schaefer § 85, Rn. 25; Hertin GRUR 1991, 722, 730; Weßling, S. 31 ff.; 159 ff. 400 OLG München ZUM 2002, 306, 309. 399
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Kompositionen in der Regel in ihrer Struktur erhalten bleiben und somit die eigenschöpferischen Elemente übernommen werden.401 Gleiches gilt auch für die Verwendung von Musikwerken in einem neuen Sachzusammenhang. Bei der Klingeltonnutzung wird ebenfalls die Bedeutung des § 24 UrhG diskutiert.402 Es kommt den Verwendern jedoch regelmäßig darauf an, dass das Originalwerk erkennbar bleibt und gerade nicht durch weitere neue musikalische Parameter verblasst.403 Trotz der Veränderungen an dem Originalwerk, die sich bei der Klingeltonherstellung und Verwertung abspielt, sind in der Regel die prägenden Elemente des Ausgangswerkes enthalten, so dass eine Anwendung des § 24 UrhG zu verneinen ist.404 In vielen Fällen wird aber eine Schutzfähigkeit des entnommenen Elementes nach § 2 Abs. 2 UrhG abzulehnen sein. 2. Subjektives Element – Anscheinsbeweis Die Rechtsprechung 405 verlangt in Übereinstimmung mit Teilen der Literatur 406 neben der konkret festzustellenden Übereinstimmung im schöpferischen Bereich, dass der Bearbeiter subjektiv diese Übernahme wollte. Dabei soll es ausreichend sein, dass die Übereinstimmungen „nach den Regeln des Anscheinsbeweises einen Rückschluss darauf zulassen, dass der Komponist des jüngeren Werkes das ältere benutzt, d. h. gekannt und bewusst oder unbewusst bei seinem Werk darauf zurückgegriffen hat, wobei weitgehende Übereinstimmung in der Regel die Annahme nahelegen, dass der Urheber des jüngeren Werkes das ältere benutzt hat.“ 407
Vgl. Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 29. Landfermann, S. 95 ff. 403 Landfermann, S. 96. 404 Landfermann, S. 96, der darauf hinweist, dass bei polyphonen Klingeltönen ausnahmsweise eine Anwendung von § 24 UrhG denkbar wäre. 405 BGH GRUR 1991, 533, 534 – Brown Girl II; BGH GRUR 1988, 812, 814 – Ein bißchen Frieden; OLG München ZUM 1989, 309, 310. 406 Schricker/Loewenheim § 24, Rn. 30. 407 BGH GRUR 1991, 533, 534 – Brown Girl II; BGH GRUR 1988, 812, 814 – Ein bißchen Frieden. 401 402
B. Die Abgrenzung der Bearbeitung zur freien Benutzung
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Der BGH begründet dieses damit, dass „angesichts der Vielfalt der individuellen Schaffensmöglichkeiten auf künstlerischem Gebiet erscheint eine weitgehende Übereinstimmung von Werken, die auf selbständigem Schaffen beruhen, nach menschlicher Erfahrung nahezu ausgeschlossen. Von diesem Erfahrungssatz ist grundsätzlich auch für den Bereich musikalischen Schaffens auszugehen.“ 408
Als Indiz, dass die Originalkomposition als Vorlage gedient hat, können auch nicht schöpferische Mittel hinzugezogen werden.409 Dieser Anscheinsbeweis sei allerdings dann als ausgeräumt anzusehen, wenn nach den Umständen ein anderer Geschehensablauf nahe liegt, nach dem sich die Übereinstimmungen auch auf andere Weise als durch ein Zurückgreifen auf das ältere Werk erklären lasse.410 Ein subjektives Element im Rahmen des § 24 Abs. 1 UrhG zu verlangen verwundert zunächst, da dieses im Grunde ein Tatbestandsmerkmal ist, das bei dem Schadensersatzanspruch des § 97 Abs. 1 UrhG eine Rolle spielt. Der Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG würde dadurch wider der Intention des Gesetzgebers bereits an ein subjektives Element gekoppelt. Dem begegnet der BGH, indem er einen Anscheinsbeweis zugunsten des Urhebers im Rahmen von § 24 Abs. 1 UrhG genügen lässt.411 Ein subjektives Element ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung beizubehalten, da ansonsten die Doppelschöpfung nicht mehr möglich wäre. Die unabhängige Doppelschöpfung ist gerade bei kurzen Werken, die in der heutigen Zeit von Jingles oder Klingeltönen Konjunktur haben, nicht unwahrscheinlich. Die Konzeption des Anscheinsbeweises ist im Grunde wegen der Beweisproblematik vor Gericht und zur Vermeidung der Aushöhlung eines Schutzes durch den Unterlassungstatbestand aus § 97 Abs. 1 UrhG zu unterstützen. Sie ist aber dann nicht mehr hinzunehmen, wenn man wie der BGH und die überwiegende Lehre gleichzeitig dem Prinzip der kleinen Münze folgt. Dies erkennt der BGH dem Grunde nach an, in dem er dem Verwender eines MusikBGH GRUR 1988, 812, 814 – Ein bißchen Frieden; BGHZ 50, 340, 350 f. – Rüschenhaube; BGH GRUR 1971, 266, 268 – Magdalenenarie. 409 BGH GRUR 1991, 533, 535 – Brown Girl II. 410 BGH GRUR 1988, 810, 811 – Fantasy; BGH GRUR 1971, 266, 268, 269 – Magdalenenarie. 411 BGH GRUR 1991, 533, 534 – Brown Girl II. 408
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elementes eine Entkräftigungsmöglichkeit des Anscheinsbeweises an die Hand gibt.412 Gelingt es dem Bearbeiter nachzuweisen, dass ein anderer Geschehensablauf als der der Entlehnung nahe liegt, ist der Anscheinsbeweis erschüttert. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass der Bearbeiter nachweist, dass das Werkelement auch in anderen Kompositionen verwendet wurde und diese als Vorbild gegolten haben.413 Die Entkräftigungsmöglichkeit, die ein enormes Prozessrisiko und zusätzliche Sachverständigenkosten mit sich bringt, erübrigt sich, wenn man das Prinzip der kleinen Münze nicht anwendet. Dann macht das subjektive Element in Verbindung mit dem Anscheinsbeweis Sinn und führt zu gerechten Ergebnissen, die nicht die kompositorische Kreativität aufgrund eines ungerechtfertigt ausufernden Schutzes von belanglosem musikalischem Material übergemäß einschränkt.
III. Sonderregel des § 24 Abs. 2 UrhG Gemäß § 24 Abs. 2 UrhG gilt § 24 Abs. 1 UrhG nicht für die Benutzung eines Werkes der Musik, durch welche eine Melodie erkennbar dem Werk entnommen und einem neuen Werk zugrunde gelegt wird. Die ohnehin schon strengen Maßstäbe der freien Benutzung des § 24 Abs. 1 UrhG erfahren durch den Abs. 2 noch ein zusätzliches Regulativ und damit einen erweiterten Schutzumfang.414 1. Schutzfähigkeit der Melodie Eine unzulässige Melodieentnahme kann nur vorliegen, wenn die entnommene Tonfolge den Anforderungen einer persönlichen geistigen Schöpfung im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG genügt.415 § 24 Abs. 2 UrhG regelt die Selbstständigkeit und freie Verwertbarkeit, nicht aber die Schutzfähigkeit eines Werkes.416 Insofern ist der Melodiebegriff BGH GRUR 1991, 533, 535 – Brown Girl II. BGH GRUR 1991, 533, 535 – Brown Girl II. 414 Schricker/Loewenheim § 24, Rn. 26. 415 BGH GRUR 1988, 812, 814 – Ein bißchen Frieden; vgl. BGH GRUR 1971, 266, 268 – Magdalenenarie; OLG Hamburg ZUM 1991, 589, 590; Landfermann, S. 97. 416 Landfermann, S. 97. 412 413
B. Die Abgrenzung der Bearbeitung zur freien Benutzung
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zunächst verwirrend und etwas unglücklich gewählt.417 Es gelten damit die allgemeinen Grundsätze. Nur was schutzfähig ist, kann gegen Entnahme geschützt sein.418 Die Melodie selbst muss die erforderliche Individualität aufweisen. Es kommt im Rahmen des § 24 Abs. 2 UrhG nicht darauf an, ob die Tonfolge als Melodie, Motiv oder Thema einzustufen ist.419 Dies würde zu Abgrenzungsproblemen führen, die nicht gerechtfertigt wären. Es kann nicht darum gehen, wie groß der entnommene Teil der Melodie ist. Entscheidend ist, dass der entnommene Teil aufgrund der Eigenpersönlichkeit schutzfähig ist. Ein geringer Schöpfungsgrad soll bei der Melodiebildung ausreichend sein. Damit wendet die Rechtsprechung420 auch bei der Melodie das Prinzip der kleinen Münze an. Gerade aber bei der Melodie, die sich aus der Zusammensetzung von verschiedenen Tönen ableitet, ist dies abzulehnen, da es ansonsten zu einer Einschränkung der kreativen Möglichkeiten neuer Urheber käme, da die Variationsmöglichkeiten begrenzt sind und gerade heutzutage bei einfachen Tonfolgen eine Individualität kaum möglich ist.421 Damit ist Teilmelodieelementen in der Regel die Schutzfähigkeit zu versagen.422 Somit sind die Entscheidungen der Rechtsprechung zu begrüßen, in denen einem pentatonisch abwärts führenden zweitaktigen Refrain die Melodieeigenschaft im Sinne des § 24 Abs. 2 UrhG mangels Schutzfähigkeit versagt wurde,423 wie auch die Ansicht, dass eine einfache aus fünf Tönen bestehende Tonfolge (a-h-c-a-g) unterlegt mit einer altherSo auch Wolpert UFITA 55 (1967) 769 f.; Landfermann, S. 97. Schricker/Loewenheim § 24, Rn. 28; OLG Hamburg ZUM 1991, 589, 590. 419 Dreier/Schulze § 24, Rn. 45; Schricker/Loewenheim § 24, Rn. 29; Jöger, S. 73; Schack Rn. 246. 420 OLG München ZUM 2000, 408, 409, unter Verweis auf BGH GRUR 1968, 321, 324 – Haselnuss; OLG München ZUM 1989, 309. 421 Ebenso Möhring/Nicolini/Ahlberg § 2, Rn. 104; Bielenberg GRUR 1971, 269; wohl auch Rehbinder Rn. 131. Vgl. zur Kritik am Prinzip der kleinen Münze, S. 38 ff. 422 A.A. Schricker/Loewenheim § 24, Rn. 28, 29. Der BGH kommt ebenfalls teilweise zu anderen Ergebnissen. Nach Auffassung des BGH könne bereits dann ein schützenswerte Melodie im Sinne des § 24 Abs. 2 UrhG vorliegen, wenn ein einfaches aus drei Tönen (der Beginn der dorischen Tonleiter) bestehendes musikalische Motiv zweifach wiederholt und durch ein weiterführendes kurzes Schlussmotiv beendet wird. Ebenso könne ein zweitaktiges Motiv einer Arie ausreichend sein; vgl. BGH GRUR 1971, 266, 267 – Magdalenenarie. 423 LG München ZUM 2003, 245, 247. 417 418
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Kapitel 3: Musikbearbeitungen als Eingriff in das Urheberrecht
gebrachten Metrik 424 im Technostil nicht ausreichend sei, um als Melodie im Sinne des § 24 Abs. 2 UrhG zu gelten.425 Auch dem Refrain eines einfach gehaltenen Schlagers wurde richtigerweise keine Schutzfähigkeit zugestanden.426 Eine Melodie muss nämlich nicht unbedingt einen eigenschöpferischen Beitrag zum Gesamtwerk leisten, wenn sie aus einer einfachen Tonfolge besteht.427 Dieses muss vor allem vor dem Hintergrund gelten, dass es sich bei Melodien im Schlager und Popbereich oft um trivialisierte Ausprägungen historisch übermittelter Volksmusik handelt.428 Das gemeinfreie Element ist deshalb in aktuellen Popmusikproduktionen nicht zu unterschätzen. 2. Melodiebegriff 429 Die Anwendung von § 24 Abs. 2 UrhG hängt von der Ausprägung des Melodiebegriffes ab. Der Begriff der Melodie 430 ist schwer fassbar.431 Der musikwissenschaftliche Melodiebegriff 432 ist vielfältig und zu unklar, um als Definition im Sinne des § 24 Abs. 2 UrhG herangezogen werden zu können.433 Der Melodiebegriff muss damit als RechtsWobei 2 punktierte Viertelnoten von einer Viertel gefolgt und schließlich erneut zwei punktierte Viertelnoten die Metrik der Melodie bestimmen. 425 OLG München ZUM 2000, 408, 409; ebenso Dreier/Schulze § 24, Rn. 47. 426 OLG Hamburg ZUM 1991, 589 ff.; a.A. insofern OLG München ZUM 1989, 309, dass die Schutzfähigkeit bereits bei einem 8-taktigen Refrain bejaht hat. 427 So auch OLG Hamburg 1991, 589, 591. 428 Vgl. OLG Hamburg 1991, 589, 591. 429 Ausführlich zum Melodiebegriff, Wolpert UFITA 50 (1967) 769, 777 ff. 430 Melos = griech. Für Lied, Weise; ode = griech. für Gesang. 431 In der Musikwissenschaft fällt unter den Begriff der Melodie: eine sich in der Zeit entfaltende selbständige Tonbewegung, die sich gegenüber weniger selbständigen Tonfolgen (Neben-, Begleit-, Füllstimmen) gewöhnlich auszeichnet durch innere Folgerichtigkeit oder Gesanglichkeit oder leichtere Fasslichkeit oder durch Festigkeit und Geschlossenheit ihrer Gestalt. Melodie im engeren Sinne, als konkrete Erscheinung, enthalte auch das rhythmische Element in sich. Im weiteren Sinne könne sie als Urbild aller „horizontalen“ oder „linearen“ Tonbewegungen aufgefasst und daher als musikalisches Grundphänomen angesehen werden, dass in keiner Musik ganz fehle. In Abgrenzung zur Melodie wird unter Motiv seit der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts das kleinste Glied (Sinneinheit) einer Komposition angesehen, Brockhaus-Riemann, 2. Band, S. 110. 432 Brockhaus-Riemann, 2. Band, S. 110. 433 Schricker/Loewenheim § 24, Rn. 28. 424
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begriff einer eigenen Definition zugeführt werden.434 Er kann aber nicht vollkommen losgelöst von den Erkenntnissen der Musikwissenschaft bestehen, da der zu regelnde Gegenstand die Musik ist und damit die Musikwissenschaft erheblichen Einfluss auf die Bildung der Vorstellung dessen hat, was unter einer Melodie im Rechtsraum Deutschland zu verstehen ist. Soweit es für den Urheberrechtsschutz um die im Lied enthaltene Melodie geht, muss sich der schutzwürdige „ästhetische Gehalt“ in der Melodie selbst und zwar in „einer in sich geschlossenen und geordneten Tonfolge“ wiederfinden.435 Die Definition der Melodie als Rechtsbegriff kommt nicht um ein ästhetisches Werturteil herum. Es lässt sich im Bereich der Musik kein wertfreier Raum schaffen. Der Melodiebegriff im Rechtssinn ist demnach allein die jeweilige charakteristische Tonfolge, so dass auch einzelne Motive dem Melodiebegriff des § 24 Abs. 2 UrhG zuzuordnen sind.436 Um die Abgrenzung verschiedener Melodiebegriffe zu umgehen, definiert Hanser-Strecker die Melodie im Rechtssinne als eine individuell gestaltete rhythmisierte Tonfolge.437 Harmonie, Rhythmus, Eigenart der Instrumentierung oder besondere Klangeffekte fallen nicht unter § 24 Abs. 2 UrhG.438 3. Erkennbarkeit Weiter stellt § 24 Abs. 2 UrhG auf die Erkennbarkeit ab.439 Die Erkennbarkeit bezieht sich auf die gesamte Melodie. Es dürfen keine 434 Statt vieler Jörger, S. 70; Rebinder Rn. 233; Landfermann, S. 100; ebenso LG München I ZUM 2003, 245, 248. 435 BGH GRUR 1988, 810, 811 – Fantasy; Schricker/Loewenheim § 24, Rn. 28; Schack Rn. 246; Rehbinder Rn. 233; statt „ästhetische Gehalt“ wird auch die Formulierung „die dem Werk seine individuelle Prägung gibt“ verwendet; vgl. Schricker/ Loewenheim § 24, Rn. 28; Boddien, S. 65 f. 436 Landfermann, S. 100. Dies ist mittlerweile unbestritten; vgl. zu den unterschiedlichen Auffassungen zu § 13 Abs. 2 LitUG, Wolpert UFITA 50 (1967) 769, 802 f. 437 Hanser-Strecker, S. 119. 438 Schricker/Loewenheim § 24, Rn. 28, 29. 439 Es handelt sich bei diesem Merkmal auch nicht um eine Tautologie, da es sich sehr wohl begrifflich und praktisch um eine Entnahme handeln kann, die nicht erkennbar ist. Die Sampletechnik basiert geradezu auf dieser Tatsache, dass aus unterschiedlichen Songs Elemente entnommen und zusammengefügt werden. Dies ist in der Regel nach Fertigstellung des Songs nicht mehr erkennbar. Auf tatsächlicher Ebene hat aber eine Entnahme stattgefunden: a.A. Landfermann, S. 97.
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Kapitel 3: Musikbearbeitungen als Eingriff in das Urheberrecht
Zweifel bestehen, wenn man das „kopierte“ Element betrachtet, dass es aus der Originalmelodie entnommen wurde. Die Frage der Entnahme eines erkennbaren Werkelements, ist mit der Rechtsprechung 440 und überwiegenden Literatur 441 nach der Auffassung der mit literarischen und künstlerischen Fragen einigermaßen vertrauten und hierfür aufgeschlossenen Verkehrskreise zu ermitteln.442 Es kommt nicht auf die subjektive Meinung des möglichen Urhebers oder Bearbeiters an.443 Zweifel sind aus dem Blickwinkel der aufgeschlossenen Verkehrskreise bereits dann in jedem Fall gegeben, wenn zwar einzelne Motive identisch sind, die Melodie aber in einem Sinne weitergeführt wird, dass der Bezug zu der Ursprungsmelodie nicht mehr herzustellen ist. Eine gänzlich isolierte Betrachtung des entnommenen Melodieelementes ist demnach zu verneinen.444 Bei einfachen Melodien reicht es für das Kriterium der Erkennbarkeit im Sinne des § 24 Abs. 2 UrhG nicht aus, dass sich lediglich Motive der Melodie in der neuen Komposition wiederfinden, die musikalisch anders weitergeführt werden, selbst wenn gewisse Ähnlichkeiten im Aufbau der Melodie bestehen.445 Dem widerspricht insbesondere Schricker.446 Es sei unerheblich, wie ein vom neuen Komponisten benutztes Melodieelement sich weiterentwickele. Insoweit ergäbe sich ein Unterschied im Verhältnis zwischen urheberrechtlicher und musikalischer Wertung. Es handele sich bei § 24 Abs. 2 UrhG um einen starren Melodieschutz.447 Zweck der Norm sei, dass es bei der Entnahme einer Melodie gerade nicht auf die allgemeinen Regeln zur Beurteilung der Freiheit oder Unfreiheit der Benutzung ankommen soll, sondern lediglich darauf, ob die BGH GRUR 1972, 143, 144 – Biografie: ein Spiel, unter Verweis auf BGHZ 22, 210, 218 – Morgenpost. 441 Dreier/Schulze § 24, Rn. 47; Schricker/Loewenheim § 24, Rn. 30; Jörger, S. 74. 442 BGH GRUR 1972, 143, 144 – Biografie: ein Spiel, unter Verweis auf BGHZ 22, 210, 218 – Morgenpost; Dreier/Schulze § 24, Rn. 47; Schricker/Loewenheim § 24, Rn. 30; Jörger, S. 74. 443 BGH GRUR 1972, 143, 144 – Biografie: ein Spiel. 444 BGH GRUR 1988, 810, 811 – Fantasy. 445 BGH GRUR 1988, 810, 811 – Fantasy. 446 Schricker GRUR 1988, 815, 816. 447 Schricker GRUR 1988, 815, 816; Dreier/Schulze § 24, Rn. 42; Rehbinder Rn. 233. 440
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Melodie „erkennbar“ dem Werk entnommen und einem neuen Werk zugrundegelegt wird. § 24 Abs. 2 UrhG wolle auch Formen der Übernahme erfassen, die nach § 24 Abs. 1 UrhG zulässig gewesen wären. Gerade für den Bereich der Schlager- und Unterhaltungsmusik bestehe ein Bedürfnis nach einem starren Melodieschutz im Sinne des § 24 Abs. 2 UrhG, um die Ausbeutung von fremden Melodien zu verhindern.448 Die Auffassung der Vertreter, die in § 24 Abs. 2 UrhG einen starren Melodieschutz sehen, bewirkt, dass zumindest bei der Frage der Verwendung von Tonfolgen ein Komponist der sich redlich im Sinne des UrhG verhalten will, nicht mehr wirklich „kreativ“ komponieren kann. Schricker selbst räumt ein, dass seine Auffassung im Zusammenspiel mit dem Prinzip der kleinen Münze und dem Anscheinsbeweis dazu führt, dass unabhängige Doppelschöpfungen nicht mehr möglich sind.449 Gerade die Anlehnung im Bereich der Melodie und deren Weiterführung sind wesentliche Bestandteile kompositorischer Tätigkeiten. Neue Melodieformen werden häufig zur Weiterentwicklung des musikalischen Schaffens verwendet. Die Auffassung, die einen starren Melodieschutz annimmt, ist abzulehnen und findet auch keine Stütze im Gesetz. § 24 Abs. 2 UrhG ist eine Ausnahmevorschrift und damit restriktiv im Lichte des Urheberrechts auszulegen. Es muss bei der Erkennbarkeit also nicht nur das einzelne Element herausgefiltert werden, sondern der Gesamtzusammenhang in dem das entnommen Element steht. Bei der Wertung sollte darauf geachtet werden, wie eine Melodiepassage angesteuert und wie sie weiterentwickelt wurde und ob bei dieser Gesamtschau eine „Erkennbarkeit“ noch gegeben ist. Vor allem Harmonik und Rhythmik dürfen bei der Betrachtung nicht außer Acht gelassen werden. 4. Subjektives Element Nach Auffassung der Rechtsprechung 450 ist Voraussetzung des Eingreifens des § 24 Abs. 2 UrhG wie bei § 24 Abs. 1 UrhG, Dreier/Schulze § 24, Rn. 44; Rehbinder Rn. 233. Schricker GRUR 1988, 815, 816. 450 BGH GRUR 1988, 812, 814 – Ein bißchen Frieden; vgl. BGH GRUR 1971, 266, 268 – Magdalenenarie; OLG München ZUM 1989, 309. 448 449
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Kapitel 3: Musikbearbeitungen als Eingriff in das Urheberrecht „dass (objektiv) die Entnahme einer urheberrechtlich geschützten Melodie vorliegt und dass (subjektiv) der Komponist der neuen Melodie die ältere Melodie gekannt und bewusst oder unbewusst bei seinem Schaffen darauf zurückgegriffen hat.“ 451
Mit der überwiegenden Lehre 452 ist der Einschätzung der Rechtsprechung 453 zuzustimmen, dass § 24 Abs. 2 UrhG an objektive und subjektive Voraussetzungen anknüpft, wobei ebenfalls das Prinzip des Anscheinsbeweises gelten muss.454 Auch bei Melodien ist eine Doppelschöpfung möglich und darf nicht von vornherein ausgeschlossen werden.455 Der Anscheinsbeweis kann in bestimmten Fällen entkräftet werden. Bei offensichtlich objektiven Übereinstimmungen bei den jeweiligen Melodien ist ein Eingreifen von § 24 Abs. 2 UrhG dann zu verneinen, wenn die in den Melodien verwendeten schützenswerten Tonfolgen bereits in mehreren älteren Werken zu finden sind und damit nur einen geringen Grad an Eigentümlichkeit aufweisen. Es kann dann nicht von einer unbewussten Übernahme ausgegangen werden, sondern lediglich von einer zufälligen, so dass der Anscheinsbeweis erschüttert ist.456 Gerade im Bereich der Popmusik werden oft gemeinfreie Elemente aus folkloristischer Musik entnommen, so dass der Anscheinsbeweis oft erschüttert werden kann. Darüber hinaus ist das Prinzip der kleinen Münze abzulehnen,457 so dass sich der konkrete Anwendungsbereich des § 24 Abs. 2 UrhG erheblich reduziert und sich die Frage der Berechtigung der Ausnahmevorschrift stellt.
BGH GRUR 1988, 812, 814 – Ein bißchen Frieden; vgl. BGH GRUR 1971, 266, 268 – Magdalenenarie. 452 Schricker/Loewenheim § 24, Rn. 30; Rehbinder Rn. 233; Schack Rn. 246. 453 BGH GRUR 1988, 812, 814 – Ein bißchen Frieden; vgl. BGH GRUR 1971, 266, 268 – Magdalenenarie; OLG München ZUM 1989, 309, 310. 454 Schricker/Loewenheim § 24, Rn. 30; Rehbinder Rn. 233; Schack Rn. 246. 455 Landfermann, S. 98. 456 BGH GRUR 1971, 266, 268, 289 – Magdalenenarie; Schack Rn. 255; Dreier/ Schulze § 24, Rn. 46; dieses Phänomen wird oft als „wandernde Melodie“ bezeichnet, vgl. Dreier/Schulze § 24, Rn. 46; der Begriff der „wandernden Melodie“ kann jedoch nur beschreibender Natur sein; vgl. Bielenberg GRUR 1971, 269. 457 Siehe dazu S. 38 ff. 451
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5. Berechtigung des § 24 Abs. 2 UrhG Die Befürworter des „starren Melodienschutzes“ halten den § 24 Abs. 2 UrhG vor allem aufgrund der besonderen Bedeutung der Melodie für ein Musikwerk für erforderlich.458 Gerade auf dem Gebiet der Unterhaltungsmusik sei ansonsten „der Freibeuterei Tür und Tor geöffnet“.459 Den Verfechtern eines „starren Melodieschutzes“ und der damit einhergehenden Notwendigkeit von § 24 Abs. 2 UrhG ist zu widersprechen.460 Dem Nachahmungsschutz ist für den Bereich der Musik durch die § 23 Abs.1 UrhG in Abgrenzung zu § 24 Abs. 1 UrhG ausreichend genüge getan. Vielmehr gefährdet § 24 Abs. 2 UrhG zumindest bei großzügiger Auslegung die Weiterentwicklung der Musik gerade im Bereich moderner Ausprägungen.461 Fraglich ist, ob es überhaupt gerechtfertigt ist, der Melodie eine besondere Schutzrolle zuzusprechen. Schon bei der Entwicklung des UrhG von 1965 wurden Formulierungsvorschläge erörtert, die die Melodie mit anderen musikalischen Parametern gleichsetzte.462 Die gegenwärtige Musik ist in vielen Bereichen nicht mehr melodiebezogen. Der Erfolg eines Stückes gerade in der Unterhaltungsmusik wird zunehmend durch andere Parameter musikalischer und außermusikalischer Art bestimmt, die nicht der Melodie zugerechnet werden können. Die Präsentation eines Werkes, der Sound, die Wahl des ausübenden Künstlers bzw. die geschickte Platzierung in einer Fernsehshow sorgen für den Erfolg eines Werkes. Da die Variation von einfach strukturierten tonalen Tonfolgen begrenzt ist, sind die Wolpert UFITA 55 (1967) 769. Wolpert UFITA 55 (1967) 769, 772, 773. 460 Jedoch trägt das oft gebrachte Argument nicht, dass früher viele Werke ansonsten nicht geschaffen worden wären. Zunächst ist dass nur eine Spekulation und zum zweiten sind diese Formen der ernsten Musik in der heutigen Zeit kaum noch vertreten; so aber Schricker/Loewenheim § 24, Rn. 27. Es erscheint auch nicht unzumutbar die Komponisten von Variationen zu verpflichten, sich die Genehmigung des Urhebers einzuholen; in diesem Sinne auch Landfermann, S. 99. 461 Wandtke/Bullinger/Bullinger § 24, Rn. 16; Fromm/Nordemann/Vinck § 24, Rn. 12,13; Schricker/Loewenheim § 24, Rn. 27; vgl. aber Schack Rn. 246, der der Auffassung ist, dass in der modernen ernsten Musik Melodien keine Rolle mehr spielen und damit § 24 Abs. 2 UrhG insoweit kaum zur Anwendung gelangt. 462 Wolpert UFITA 50 (1967) 769, 770 ff.; Landfermann, S. 99. 458 459
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Kapitel 3: Musikbearbeitungen als Eingriff in das Urheberrecht
Produzenten darauf angewiesen mit anderen Mitteln einem Stück zum Erfolg zu verhelfen. In anderen Musikrichtungen wie Rap, Trance oder auch Techno machen bestimmte rhythmische Strukturen oder eingängige Bass-Grooves die besondere schöpferische Eigenart des Werkes aus. Die Entwicklung des Sprechgesanges wird durch § 24 Abs. 2 UrhG beispielsweise gar nicht berücksichtigt.463 Ebenso werden durch § 24 Abs. 2 UrhG moderne Entwicklungen in der Klassik oder Jazz, die bewusst auf das traditionelle Melodieelement bestehend aus einer charakteristischen Tonfolge verzichten, nicht erfasst. Vielmehr steht der Klang im Vordergrund. Es besteht im 21. Jahrhundert keine Berechtigung mehr für einen besonderen Melodieschutz im Gegensatz zur Harmonie, Rhythmus oder Klang.464 Die Bestimmung des § 24 Abs. 2 UrhG ist damit überholt und sollte im Rahmen der Urheberrechtsreform gestrichen werden. Gerade unter diesem Gesichtspunkt ist der § 24 Abs. 2 UrhG nur noch in restriktiver Auslegung vertretbar anwendbar.
C. Die Abgrenzung der Bearbeitung zur Miturheberschaft Ist die Idee eines musikalischen Werkes soweit ausgestaltet, dass von einer persönlich geistigen Schöpfung gesprochen werden kann und wird das Werk interpretiert oder werden Elemente dieses Werkes verwendet, kommt grundsätzlich eine Bearbeitung in Betracht. Vereinzelt kann sich jedoch die Frage stellen, ob nicht statt einer Bearbeitung eine Miturheberschaft nach § 8 UrhG zwischen dem Schöpfer der Ursprungskomposition und dem Werkinterpreten oder dem neuen Komponisten besteht. Miturheberschaft und Bearbeitung sind genau voneinander zu trennen.465 Grundsätzlich besteht durch die Bearbeitung kein Miturheberrecht zwischen dem Bearbeiter und dem Originalurheber eines Werkes. Der Bearbeiter hat kein Urheberrecht an dem Originalwerk. Bei der Miturheberschaft dagegen erwirbt jeder Urheber ein Urheberrecht an der persönlich geistigen Schöpfung des anderen Urhebers. Die Miturheberschaft hat zur Folge, dass der einzelne Urheber seine eigene schöpferische Leistung nicht ohne Zu463 464 465
In diesem Sinn auch Landfermann, S. 101. Schack Rn. 246; Jörger, S. 78; Kuner, S. 161; Landfermann, S. 101 ff. Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 26.
C. Die Abgrenzung der Bearbeitung zur Miturheberschaft
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stimmung des anderen gesondert verwerten darf. Die Abgrenzung der beiden Rechtsinstitute ist damit wesentlich für die Verfügungsgewalt über das Werk und den Vergütungsanspruch bezüglich des Werkes. Aber auch für die kollektive Rechtswahrnehmung durch die GEMA und die Frage der Schutzfrist ist diese Frage von erheblicher Bedeutung. Liegt eine Bearbeitung vor, läuft die Schutzfrist vom Originalwerk unabhängig von dem Zeitpunkt des Beitrags des Bearbeiters.466 Bei der Miturheberschaft ist das gesamte Werk bis 70 Jahre nach dem Tod des Miturhebers geschützt. Im Zusammenhang mit der kollektiven Rechtswahrnehmung durch die GEMA muss die Frage der Urheberschaft für die Praxis eindeutig beantwortet werden, um die beteiligten Musiker an den Vergütungsströmen angemessen zu beteiligen und den Nutzern einen gesicherten Rechtserwerb zu ermöglichen. Gerade im Verhältnis Komponist – Interpret, also dem Vorgang der Werkvermittlung, ist die Abgrenzung von Miturheberschaft im Sinne des § 8 UrhG und Bearbeitung im Sinne des § 23 UrhG schwierig. I. Voraussetzungen der Miturheberschaft im Unterschied zur Bearbeitung Haben mehrere ein Werk gemeinsam geschaffen, ohne dass sich ihre Anteile gesondert verwerten lassen, so sind sie gemäß § 8 UrhG Miturheber des Werkes. Während das Bearbeitungsrecht des § 23 S. 1 UrhG von einem vorbestehenden Werk ausgeht, zielt § 8 UrhG auf das gemeinsame Schaffen eines Werkes ab.467 Die Miturheber müssen ein einheitliches, untrennbares Werk durch ihre einander ergänzende Arbeit hervorgebracht haben.468 1. Die gemeinschaftliche Schöpfung Gemeinsames Schaffen meint die gewollte Zusammenarbeit.469 Der Beitrag eines jeden Miturhebers muss eine persönlich geistige Leistung im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG sein.470 466 467 468 469 470
Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 26 f. Schricker/Loewenheim § 8, Rn. 1. BGH GRUR 1956, 434 ff.; Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 27. Dreier/Schulze § 8, Rn. 2. Wandtke/Bullinger/Thum § 8, Rn. 3.
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Kapitel 3: Musikbearbeitungen als Eingriff in das Urheberrecht
Interpretiert ein Musiker ein ausgeschriebenes Werk, so mangelt es schon an einer eigenen persönlich geistigen Leistung des Interpreten. Etwas anderes kann sich jedoch bei offenen Kompositionsformen ergeben, bei denen das Stück lediglich aufgrund von Skizzen interpretiert wird. Hier liegt eine schmale Gradwanderung zwischen Bearbeitung nach § 23 UrhG und Miturheberschaft im Sinne des § 8 UrhG vor, da in den meisten Fällen ein eigenschöpferischer Anteil des Interpreten gegeben ist. Fraglich ist, ob die Intention des ausübenden Künstlers unter Umständen von Bedeutung sein kann. Oft will ein Interpret lediglich ein fremdes Werk interpretieren, sich dieses aber nicht als Miturheber zu eigen machen, obwohl die Skizzen und Handlungsanweisungen des Komponisten so ausgestaltet sind, dass objektiv sowohl beim Schöpfer als auch bei dem Interpreten eine persönlich geistige Schöpfung im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG vorliegt.471 Gemeinschaftlichkeit der Werkschöpfung als gewollte Zusammenarbeit unter den Beteiligten setzt eine Verständigung über die gemeinsame Aufgabe und eine wechselseitige Unterordnung unter die Gesamtidee des Werkes voraus.472 Für den in subjektiver Hinsicht erforderlichen Willen genügt der natürliche Handlungswille – der Realakt.473 Damit ist ein entgegenstehender subjektiver Wille des Interpreten aus urheberrechtlicher Sicht unerheblich, so dass in den meisten Fällen offener oder freier Kompositionsformen eine gemeinschaftliche Schöpfung zu bejahen ist. Eine Miturheberschaft an dem Originalwerk ist aber dann auszuschließen, wenn die Skizzen des Komponisten schon vor Klanglichwerdung eine persönlich geistige Schöpfung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 2 Abs. 2 UrhG darstellen und so konkret und bestimmend sind, dass der Interpret trotz großer Interpretationsfreiheit nur dem Willen des Komponisten Folge leistet.474 Im Bereich moderner Musik kommt es häufig vor, dass bestimmte Interpreten engagiert werden aufgrund ihrer musikalischen Klasse. Die Interpreten können und wollen sich aber mit den Werken oft nicht identifizieren. Aufgrund ihrer besonderen Gabe führen sie diese Werke aber trotz der inneren Abneigung sehr gut auf. 472 Wandtke/Bullinger/Thum § 8, Rn. 16; BGH WRP 2005, 1263 – Fash 2000; BGH GRUR 1994, 39, 40 – Buchhaltungsprogramm. 473 Dreier/Schulze § 8, Rn. 2; Wandtke/Bullinger/Thum § 8, Rn. 16. 474 A.A. Tetzner JZ 1975, 649, 657, der aufgrund mangelnder Konkretisierung eine mögliche Urheberrechtsgemeinschaft mit dem Verfasser der Skizzen verneint. 471
C. Die Abgrenzung der Bearbeitung zur Miturheberschaft
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Eine gemeinschaftliche Schöpfung liegt in vielen Fällen der Filmmusik und Bühnenmusik vor, sofern der Komponist eigens für die Herstellung der Musik engagiert wurde. Für den Fall der Verwendung bereits bestehender Werke scheitert eine Miturheberschaft regelmäßig schon am Kriterium der gemeinschaftlichen Schöpfung. Das „Zur Verfügung Stellen“ des Originalwerkes aufgrund der Einwilligung des originären Komponisten zur Verwendung der Musik im Film oder Theater genügt gerade nicht dem Kriterium der gemeinschaftlichen Schöpfung.475 Eine besondere Konstellation kann sich ergeben, wenn der Originalurheber sein Werk durch einen bekannten Arrangeur verändern lässt. Dann kann, sofern der Originalurheber auch noch bei dem Arrangement mit schöpferisch tätig ist, der Fall vorliegen, dass sowohl eine Bearbeitung bezüglich der Originalkomposition nach § 23 UrhG gegeben ist, als auch bezüglich der gleichfalls nach § 3 UrhG geschützten Bearbeitung eine Miturheberschaft im Sinne des § 8 UrhG. In der Miturheberschaft ist dann regelmäßig eine konkludente Einwilligung im Sinne des § 23 UrhG zu sehen.476 2. Keine gesonderte Verwertbarkeit 477 Weiteres Kriterium der Miturheberschaft ist die nicht gesonderte Verwertbarkeit der einzelnen Urheberrechtsanteile. Eine reale Trennbarkeit der Beiträge der einzelnen Musiker reicht nicht aus, um einen Fall der gesonderten Verwertbarkeit zu bejahen.478 Es kommt für die Einordnung vielmehr auf die Frage an, ob den unvollständigen Teilen die selbständige Verkehrsfähigkeit fehlt.479 Bei offenen Kompositionsformen stellt sich das musikalische Ergebnis als ein Element dar und kann regelmäßig nicht gesondert verwertet werden. Damit liegt bei der Interpretation von Musikwerken, die dem Interpreten viel Raum geben, regelmäßig keine Bearbeitung nach § 23 UrhG vor, sondern ein Fall der Miturheberschaft nach § 8 UrhG. Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 27. Vgl. auch Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 28. 477 Durch dieses Kriterium unterscheidet sich die Miturheberschaft von der Werkverbindung nach § 9 UrhG; vgl. Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 29. 478 Wandtke/Bullinger/Thum § 8, Rn. 8; Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 28. 479 Wandtke/Bullinger/Thum § 8, Rn. 8; BGH GRUR 1959, 335, 336 – Wenn wir alle Engel wären. 475 476
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Kapitel 3: Musikbearbeitungen als Eingriff in das Urheberrecht
Bei der Benutzung von Werkelementen liegt regelmäßig ein Fall der gesonderten Verwertbarkeit vor. Die Elemente Text und Musik beispielsweise sind unabhängig voneinander. Dies gilt selbst dann, wenn Text und Melodie eigens füreinander geschaffen und in besonderem Maße aufeinander abgestimmt wurden.480 In anderen Bereichen insbesondere der Filmmusik und Bühnenmusik scheitert eine Miturheberschaft in der Regel am Kriterium der nicht gesonderten Verwertbarkeit. Es bleibt für diese Fälle also dabei, dass durch die Verbindung mit anderen Kunstgattungen eine Bearbeitung nach § 23 UrhG vorliegt und keine Miturheberschaft nach § 8 UrhG. Dies folgt auch aus der Analyse der tatsächlichen Produktionsvorgänge und der Interessenlagen der beteiligten Personenkreise.481
II. Ergebnis Der innovative Beitrag eines Musikers im Rahmen einer Live-Aufführung oder Einspielung auf CD kann drei urheberrechtliche Konsequenzen im Spannungsfeld von Bearbeitung und Miturheberschaft haben. Wird der Beitrag des Interpreten als eigene persönliche Schöpfung nach § 2 Abs. 2 UrhG eingeordnet, so stellt sich das Verhältnis von Originalurheber und Interpret wie folgt dar: Mangelt es an einem gemeinsamen Schaffen im Sinne des § 8 UrhG und sind die Vorgaben des Komponisten als selbständiges Werk im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG anzusehen, so ist der Interpret zum einen Bearbeiter im Sinne des § 3 UrhG, wie auch Bearbeiter im Sinne des § 23 UrhG, d.h. er bedarf zu der Bearbeitung der Einwilligung des Originalurhebers. Handelt es sich bei den Vorgaben des Komponisten um lediglich rudimentäre Skizzen, liegt häufig eine Miturheberschaft nach § 8 UrhG vor. Im Bereich der Filmmusik oder Bühnenmusik ist regelmäßig eine Bearbeitung nach § 23 UrhG und keine Miturheberschaft zu bejahen.
Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 29. In diesem Sinn: Fromm/Nordemann/Nordemann § 8, Rn. 13. Es gibt jedoch Autoren, die eine Miturheberschaft nach § 8 UrhG annehmen: Bohr UFITA 78 (1977) 95, 138; wohl auch Brauner, S. 84 ff. 480 481
D. Musikbearbeitungen
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D. Musikbearbeitungen als Eingriff in urheberpersönlichkeitsrechtliche Änderungsbefugnisse I.
Urheberpersönlichkeitsrechte
Mit dem Begriff des „Urheberpersönlichkeitsrechts“ wird kein scharf abgrenzbares Recht des Urhebers bezeichnet, sondern eine Gesamtheit von im Urheberrechtsgesetz geregelten Einzelbefugnissen, die ideellen Charakter haben.482 Das Urheberpersönlichkeitsrecht schützt überwiegend die geistigen und persönlichen Interessen des Urhebers.483 Die Ursprünge des Urheberpersönlichkeitsrechts liegen im 19. Jahrhundert, in dem vor allem in Frankreich das „droit moral“ entwickelt wurde.484 In Deutschland wurde der Begriff erstmals im UrhG von 1965 verwendet.485 Urheberpersönlichkeitsrechtliche Vorschriften tauchten aber bereits im LUG von 1901 und dem KUG von 1907 auf. In der Rechtsprechung waren Teilaspekte des Urheberpersönlichkeitsrechts längst vor 1965 anerkannt. Das Urheberpersönlichkeitsrecht im engeren Sinn ist in den §§ 12–14 UrhG geregelt und erlischt gemäß § 64 UrhG 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers.486 Durch Musikbearbeitungen kann insbesondere das Recht aus § 14 UrhG, dass den Entstellungsschutz beinhaltet, betroffen sein.
II. § 14 UrhG als zentrale Integritätsschutznorm Die subjektiv ideellen Interessen des Urhebers an der Integrität seines Werkes werden durch § 14 UrhG geschützt.487 Gemäß § 14 UrhG hat der Urheber das Recht, eine Entstellung oder eine andere Beeinträch-
Grunert, S. 109. Landfermann, S. 63; Wandtke/Bullinger/Bullinger Vor §§ 12 ff., Rn. 3; Jani, S. 19. 484 Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff., Rn. 19; Landfermann, S. 63. 485 Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff., Rn. 1. 486 Wandtke/Bullinger/Bullinger Vor §§ 12 ff., Rn. 4; Landfermann, S. 63. 487 Landfermann, S. 66; daneben schützt auch Art. 6bis RBÜ „jede Entstellung, Verstümmelung, sonstige Änderung oder Beeinträchtigung des Werkes“. Auf die Mindestrechte aus der RBÜ kann sich der Urheber unmittelbar berufen, falls das nationale Recht im Vergleich mit der RBÜ Schutzlücken aufweisen sollte; Landfermann, S. 66, 67. 482 483
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tigung seines Werkes zu verbieten, die geeignet ist, seine berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen am Werk zu gefährden. § 14 UrhG nennt die Begriffe „Entstellung“ und „andere Beeinträchtigung“. In der Literatur herrscht Uneinigkeit über die Abgrenzung der Begriffe untereinander und über ihre jeweilige Bedeutung. Während eine Ansicht die Beeinträchtigung als Oberbegriff ansieht und die Entstellung nur als besonders schwerwiegenden Fall der Beeinträchtigung,488 betrachten andere 489 beide Begriffe unabhängig voneinander. Folge der unterschiedlichen Betrachtung ist, dass die einen im Falle der Entstellung eine Interessenabwägung für erforderlich halten, während es nach der Gegenmeinung im Falle der Entstellung einer solchen nicht bedarf, da in jedem Fall eine verbotene Verwendung gegeben sein soll.490 Die Entstellung nicht als Unterfall der Beeinträchtigung zu sehen ist abzulehnen. Schon der Gesetzeswortlaut legt die Wertung nahe, dass der Begriff der Beeinträchtigung einen Oberbegriff zur Entstellung darstellt.491 Die Prüfung, ob ein Werk im Sinne des § 14 UrhG beeinträchtigt wurde, folgt methodisch einem dreistufigen Verfahren.492 Zunächst muss festgestellt werden, ob eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung des Werkes vorliegt.493 Bei Bejahung dieser Frage muss in einem nächsten Schritt geprüft werden, ob die Beeinträchtigung geeignet ist, die Interessen des Urhebers zu gefährden.494 Abschließend erfolgt eine Interessenabwägung.495
III. Besonderheit des § 93 UrhG Dreh- und Angelpunkt der Änderungsvorschriften im filmrechtlichen Teil des Urheberrechtsgesetzes ist § 93 UrhG.496 § 93 UrhG stellt eine 488 489 490 491 492 493 494 495 496
Schricker/Dietz § 14, Rn. 19; Grunert, S. 175; Landfermann, S. 67. Fromm/Nordemann/Hertin § 14, Rn. 8. Grunert, S. 175. Schricker/Dietz § 14, Rn. 19. Schricker/Dietz § 14, Rn. 18. Siehe dazu S. 107. Siehe dazu S. 116. Landfermann, S. 67; siehe dazu S. 117. Brauner, S. 168.
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einschränkende Sondervorschrift zu § 14 UrhG dar.497 Der den Urhebern in § 14 UrhG gewährte Integritätsschutz ist auf „gröbliche Entstellungen oder andere gröbliche Beeinträchtigungen ihrer Werke oder Leistungen“ beschränkt.498 § 93 UrhG gilt für die Urheber der Filmmusik und ist wie alle Sonderbestimmungen für Filme auf Fernsehfilme anzuwenden.499 § 93 UrhG sieht die Einschränkung der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse seinem Wortlaut nach sowohl für den Bereich der Herstellung als auch den der Verwertung des Filmwerks vor. Der Filmkomponist ist daher im Falle der Weiterlizenzierung des Films, etwa an eine Sendeanstalt oder einen ausländischen Lizenznehmer, auf die Geltendmachung einer gröblichen Entstellung beschränkt.500
IV. Beeinträchtigungen des § 14 UrhG durch Musikbearbeitungen i.S.d. § 23 UrhG Das Gesetz selbst definiert den Begriff der Beeinträchtigung nicht. Dem Entwurf zum UrhG lässt sich ebenfalls keine genaue Inhaltsbestimmung entnehmen.501 Eine Beeinträchtigung, deren besonders schwerer Fall die Entstellung ist, stellt zunächst jede Verschlechterung oder Abwertung des Werkes in den Augen eines unvoreingenommenen Durchschnittsbetrachters dar.502 Da der Urheber dem Werk seine Gestalt verleiht und damit den Maßstab selbst festlegt, ist Beeinträchtigung „jede objektiv nachweisbare Änderung des vom Urheber geschaffenen geistig-ästheti-
Ausführlich zu § 39 UrhG siehe S. 109 ff. § 93 UrhG ist in der Literatur auf massive Kritik gestoßen; vgl. Fromm/ Nordemann/Hertin § 93 Rn. 2 ff.; Schricker/Dietz § 93 Rn. 2; Ulmer, S. 204. Im wesentlichen wird in dieser Vorschrift eine unangemessene Privilegierung des Filmherstellers zu Lasten der beteiligten Urheber gesehen. Daneben wird die Verfassungs- und Konventionskonformität wegen Art. 6bis RBÜ in Zweifel gezogen, vgl. näher Brauner, S. 168. 499 Schricker/Dietz § 93, Rn. 11. 500 Brauner, S. 171 f. 501 Schulze, Materialien, S. 434. 502 Schricker/Dietz § 14, Rn. 19; Grunert, S. 175; Landfermann, S. 67. 497 498
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schen Gesamteindrucks des Werkes“.503 Eine angebliche Verbesserung des Werkes durch einen Dritten schließt eine Beeinträchtigung nicht aus.504 Es sind direkte und indirekte Eingriffe zu unterscheiden. Erstere stellen einen Eingriff in die Sachsubstanz dar, während letztere das Werk in einen neuen Sachzusammenhang bringen, der sich auf das Werk auswirkt, ohne das an diesem selbst Veränderungen vorgenommen wurden.505 1. Interpretation – Arrangement eines Musikwerkes Im Bereich des musikalischen Arrangements, welches meistens einer Aufführung oder Aufnahme und damit der Interpretation eines Musikwerkes vorgeschaltet ist, wird sowohl das Vorliegen einer Bearbeitung im Sinne des § 23 UrhG, als auch eine Beeinträchtigung nach § 14 UrhG verneint. Nur unwesentliche verändernde Arrangements, die den Kern des Werkes nicht verändern, werden als zulässige Interpretation angesehen.506 Das LG München bezeichnet es als „Tatsache, dass das Urheberrecht die Erstellung einer Coverversion grundsätzlich zulässt“. Coverversionen seien demnach nicht nur als gesetzlich zulässige, sondern sogar als gewollte Nutzungen von Werken anzusehen.507 Die objektive Beeinträchtigung soll die Gefährdung der geistigen und persönlichen Interessen des Urhebers indizieren.508 Dem Interpreten soll jedoch für die Art seiner Darbietung ein Gestaltungs- und Modernisierungsspielraum gegeben werden, der dann überschritten sein soll, wenn nur noch einzelne Teile eines Werkes erklingen oder Musik mit Bildfolgen oder anderen, den Gesamteindruck ändernden und prägenden Gestaltungselementen verbunden wird.509 Dabei soll es keinen Unterschied machen, welcher Natur die zugrundeliegende BGH NJW 1989, 384, 395 – Oberammergauer Passionsspiele II; Schricker/ Dietz § 14, Rn. 19; Grunert, S. 175. 504 Schricker/Dietz § 14, Rn. 21. 505 Schricker/Dietz § 14, Rn. 23. 506 Schricker/Melichar § 42 a, Rn. 14 – es bleibt dabei aber offen, ob schon eine Beeinträchtigung verneint wird, oder auf § 39 Abs. 2 UrhG abgestellt wird. 507 LG München ZUM-RD 2002, 14, 16. 508 Schulze ZUM 1993, 255, 257. 509 Schulze ZUM 1993, 255, 257. 503
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Komposition ist.510 Dieser Einschränkung ist zu widersprechen. Es ist nicht ersichtlich, warum eine Interpretation aus dem Schutzbereich des § 14 UrhG herausgenommen werden soll. Zunächst ist eine Beeinträchtigung nach objektiven Kriterien zu bestimmen. Insofern ist auffällig, dass die Definition der Beeinträchtigung im Sinne des § 14 UrhG der Definition der Bearbeitung nach § 23 UrhG nicht nur gleicht, sondern überwiegend identisch verstanden wird. In beiden Fällen geht es primär um die Veränderung des geistig-ästhetischen Eindrucks. Bei einer musikalisch bedingten Änderung des Originalwerkes wird zwangsweise auf den ästhetischen Eindruck Einfluss genommen. Eine Trennung von Änderung und geistig-ästhetischem Eindruck ist bei Musikwerken schlicht unmöglich. Damit zeigt sich, dass in jedem Fall eine Bearbeitung nach § 23 UrhG immer auch eine Beeinträchtigung nach § 14 UrhG nach sich zieht. Dieses ist nachvollziehbar, da beispielsweise die Interpretation eines Musikwerkes als die Klanglichwerdung eines Werkes die Verbindung des Urhebers zu seinem Werk direkt beeinflusst. Das Publikum nimmt ausschließlich über die Form der Interpretation das Werk wahr und sieht diese Interpretation als vom Urheber gewollte Formgebung an. Eine Interpretation betrifft immer auch den geistig-ästhetischen Eindruck eines Werkes und berührt damit das Band des Urhebers zu seinem Werk, also seine geistig persönliche Beziehung zu seiner Schöpfung. Insofern sind die Wertungen der Betroffenheit des Bearbeitungsrechts eins zu eins auf die Frage der Beeinträchtigung auf § 14 UrhG zu übertragen. Gleiches gilt für das Arrangement als besondere Form der Interpretation. Durch ein Arrangement kann die vom Komponisten vorgegebene Struktur einer Komposition vereinfacht oder komplexer ausgestaltet werden, beispielsweise durch das Aussetzen der Melodie oder die Hinzufügung von Akkorden. In jedem Fall wird der ästhetische Eindruck erheblich geändert, dass impliziert schon der Begriff und das Selbstverständnis eines musikalischen Arrangements. Damit stellt eine Interpretation, sofern es sich um eine Bearbeitung nach § 23 UrhG handelt, immer auch eine Beeinträchtigung nach § 14 UrhG dar.
510
Schulze ZUM 1993, 255, 257.
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2. Übernahme von Werkelementen Bei der Schaffung neuer Musikwerke werden häufig Elemente vorbestehender Musikwerke übernommen.511 Mit der Entnahme eines Werkelements kommt es zur Kürzung des Ursprungswerkes. Kürzungen sind ebenfalls Beeinträchtigungen im Sinne des § 14 UrhG.512 In der Kürzung eines Musikwerkes kann nur eine Beeinträchtigung im Sinne des § 14 UrhG gesehen werden, wenn das entnommene Element selbst Schutzfähigkeit im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG genießt.513 Die Übernahme eines Musikelementes kann zur Trennung von Text und Musik führen, die ihrerseits bereits eine Beeinträchtigung mit sich bringen könnte. Nach dem OLG Hamburg führt eine Trennung von Musik und Text nicht zwangsläufig zu einem relevanten Eingriff, da es viele Werknutzungen gäbe, bei denen der Text weggelassen wird, etwa wenn von James Last gesungene Hits als Instrumentalversion eingespielt würden.514 Nach anderer Auffassung ist es in jedem Fall unzulässig, ohne Genehmigung von einem Vokal-Schlager eine Instrumentalversion, in der anstelle der Singstimme ein Instrument die Melodie übernimmt, zu fertigen.515 Abzustellen ist allein auf den geistig-ästhetischen Eindruck. Natürlich hinterlässt ein gesungenes Musikwerk einen vollkommen anderen Eindruck bei dem Publikum als eine Instrumentalversion, so dass bereits diese Form der Werkelemententnahme neben einer Musikbearbeitung nach § 23 UrhG auch eine Beeinträchtigung nach § 14 UrhG darstellt. Eine Beeinträchtigung ist regelmäßig dann zu verneinen, wenn ein Fall des § 24 UrhG gegeben ist. Insoweit sind die Wertungsgesichtspunkte unmittelbar im § 14 UrhG anzuwenden. Ist das Original-Werkelement nicht mehr erkennbar im Sinne einer freien Benutzung nach § 24 UrhG, ist auch objektiv keine Beeinträchtigung der geistig-ästhetischen Interessen des Originalurhebers gegeben, da sein Werk nicht mehr als solches in dem neuen Werk erscheint. Siehe dazu S. 14 ff. Schricker/Melichar § 42 a, Rn. 14 für „rüde Kürzungen“ in Potpourris. 513 BGHZ 9, 262, 266 ff. – Lied der Wildbahn I; Häuser, S. 30; Schricker/Loewenheim § 2, Rn. 66, 67. 514 OLG Hamburg NJW-RR 2002, 1410 – Handy-Klingelton; Landfermann, S. 68. 515 Schricker/Melichar § 42 a, Rn. 14. 511 512
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3. Verbindung mit anderen Kunstformen Musikwerke werden mit anderen Kunst- oder Medienformen verbunden, wodurch eine Beeinträchtigung des Integritätsinteresses des Komponisten hervorgerufen werden kann.516 Schon die unveränderte Übernahme eines Musikwerkes in einem Film könnte das Integritätsinteresse des Urhebers berühren. Insoweit muss zwischen Auftragskompositionen und filmunabhängigen Kompositionen unterschieden werden.517 a. Filmmusik Bei einer Auftragskomposition, bei der dem Komponisten bereits die einzelnen Szenen vorliegen, wird regelmäßig keine Beeinträchtigung i.S.d. § 14 UrhG vorliegen, da der Komponist die Komposition bewusst zur Begleitung des Filmes herstellt und das Werk bewusst auf die Szenen abstimmt.518 Etwas anderes könnte sich nur in den Fällen ergeben, in denen die Musik auf Grundlage des Drehbuchs und nicht aufgrund der fertigen Szenen erstellt wird.519 Insofern liegt hier eine Parallelwertung zum Musikbearbeitungsrecht nach § 23 UrhG vor.520 Bei der Verwendung filmunabhängiger Kompositionen kann sich ein anderes Bild ergeben. Richtigerweise stellt selbst die unveränderte Übernahme eines bereits komponierten Werkes eine Beeinträchtigung im Sinne des § 14 UrhG dar.521 Der geistig-ästhetische Gesamteindruck wird durch die neue Form der Wahrnehmung der Musik geschmälert. Es ist dabei unerheblich, ob die Musik die Filmszene unterstützt oder eine realistische Geräuschkulisse schafft.522 Zum einen wird durch die Schaffung einer bestimmten Geräuschkulisse grundsätzlich auch eine Filmszene mit unterstützt, so dass die Fallunterscheidung schon nicht passt, zum anderen ist es in der Regel für Komponisten ein viel größerer 516 517 518 519 520 521 522
Siehe dazu S. 17 f. Ventroni, S. 126; siehe S. 59 f. Vgl. auch Ventroni, S. 126 f. Vgl. Ventroni, S. 127. Siehe dazu S. 71 ff. So auch Ventroni, S. 127. So aber Ventroni, S. 128.
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Eingriff in ihr Urheberpersönlichkeitsrecht, wenn ihre Komposition als Hintergrundmusik missbraucht wird. Auch der teilweise Austausch der Filmmusik oder Kürzungen beeinträchtigen das Urheberpersönlichkeitsrecht des Komponisten im Sinne des § 14 UrhG, wenn die Musik im Zusammenhang mit dem Filmwerk ein schutzfähiges Gesamtwerk darstelle, d.h. wenn die Musik eine einheitliche Grundkonzeption aufweise.523 Eine Besonderheit ist jedoch im Bereich der Filmmusik gegeben, da der Anwendungsbereich des § 14 UrhG durch den § 93 Abs. 1 UrhG auf „gröbliche Entstellungen oder andere gröbliche Beeinträchtigungen“ beschränkt wird.524 Gröblich ist eine Entstellung oder Beeinträchtigung dann, wenn sie in besonders starker Weise die in § 14 UrhG genannten Interessen des Urhebers verletzt.525 Verneint wurde demzufolge wertungsgerecht das Vorliegen einer gröblichen Beeinträchtigung bei der Einfügung von Musik in einem Spielfilm, die unmittelbar bei den Filmaufnahmen mitgeschnitten wurde und die statt des vom Komponisten vorgesehenen Playbacks verwendet wurde.526 Wenn Teile des betroffenen Films ohne gleichzeitige Übernahme der ursprünglichen Musik in eine Comedy-Serie von gänzlich neuem und andersartigem Charakter übernommen wurden, muss ebenfalls eine besonders schwerer Eingriff verneint werden.527 Aufgrund des § 93 UrhG ist der Anwendungsbereich des § 14 UrhG damit nicht so weitreichend, wie der des § 23 UrhG, so dass nicht jede Musikbearbeitung im Bereich des Films zwangsweise auch Urheberpersönlichkeitsrechte verletzt. b. Bühnenmusik Parallel zum Bearbeitungsrecht wird bei Musik, die im Rahmen von Theater- oder Ballettaufführungen verwendet wird, regelmäßig der geistig-ästhetische Gesamteindruck des Musikwerkes durch die In523 OLG München ZUM 1992, 307, 309 – Christoph Columbus; Reich in v. Hartlieb/Schwarz, S. 292, Rn. 5. 524 Schricker/Dietz § 93, Rn. 11. 525 Schricker/Dietz § 93, Rn. 19; OLG München GRUR 1986, 460, 461. 526 LG München UFITA 56 (1970) 354, 358, entschieden allerdings ohne konkrete Bezugnahme auf § 93 UrhG; vgl. auch Schricker/Dietz § 93, Rn. 19. 527 OLG Hamburg GRUR 1997, 822; Schricker/Dietz § 93, Rn. 19.
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bezugnahme zum darstellenden Geschehen verändert, so dass neben einer Musikbearbeitung immer auch ein Fall der Beeinträchtigung nach § 14 UrhG gegeben ist.528 4. Neuer Sachzusammenhang Nicht lediglich bei Substanzeingriffen, sondern auch bei der Veränderung des Gesamtzusammenhangs liegt entsprechend zu der Wertung des § 23 UrhG ein Eingriff in § 14 UrhG vor.529 So stellt die Verwendung des Chorstücks „O Fortuna“ im Rahmen des Einlaufs eines Boxers zu einem Boxwettkampf nicht nur eine Bearbeitung nach § 23 UrhG sondern auch eine Beeinträchtigung nach § 14 UrhG dar.530 Beim Abspielen der Musik während des Einmarsches wird der geistig-ästhetische Gesamteindruck des Originalwerks durch die in Szenesetzung verändert.531 Es handelt sich um einen indirekten Eingriff in § 14 UrhG. 5. Klingeltonnutzung Bei ungekürzten Realtones kann eine urheberpersönlichkeitsrechtlich relevante Nutzung in der Art und Weise der Benutzung des Klingeltones gesehen werden.532 Durch den Gebrauch eines Musikwerkes als Signalton wird die Wahrnehmungsweise eines Werkes derart verändert, dass die Werkintegrität i.S.d. § 14 UrhG bereits verletzt ist.533 Das OLG Hamburg 534 hat diese rechtliche Einschätzung erneut bestätigt: „Denn hierbei wird das Musikstück nicht nur auf wenige Takte gekürzt und digital bearbeitet, sondern vor allem auch durch die Verwendung als rein funktionaler Signalton einer Nutzung zugeführt, die nicht darauf gerichtet ist, eine Siehe S. 76 f. So auch Schulze ZUM 1993, 255, 257. 530 LG München GRUR 2005, 574, 575. 531 LG München GRUR 2005, 574, 575; Russ ZUM 1995, 32 ff. 532 Vgl. ausführlich zum Ganzen: Wandtke/Schunke UFITA I (2007) 61, 70 ff. 533 Hertin KUR 2004, 101, 105; OLG Hamburg ZUM 2002, 480: In dem Fall handelte es sich allerdings um einen monophonen Handyklingelton, der mit Hilfe eines Synthesizers hergestellt wurde. 534 OLG Hamburg GRUR 2006, 323 – Handy-Klingeltöne II. 528 529
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Tonfolge als Musikwerk in Form eines sinnlich-klanglichen Erlebnisses wahrzunehmen, wie es in aller Regel der Intention des Urhebers entspricht. Vielmehr dient die Musik bei der Nutzung als Handy-Klingelton als rein funktionales Erkennungszeichen, für das der künstlerische Gehalt, die dramaturgische Komposition usw. des Werks nur nebensächlich sind und ein vorhandener ästhetischer Spannungsbogen durch das Annehmen des Gesprächs gerade bewusst zerstört wird.“
Dies gilt lediglich nicht für die Fälle, in denen eigens ein Handyklingelton produziert wurde, bzw. diese Wirkung vom Urheber bewusst mit bedacht wurde. Bereits die Wiedergabe des Stückes durch einen unzureichenden Handylautsprecher soll die Werkintegrität i.S.d. § 14 UrhG verletzen.535 Allein in der mangelnden Wiedergabequalität aufgrund unzureichender Lautsprecher eine Entstellung nach § 14 UrhG zu sehen, würde zu einer Ausuferung des Schutzes nach § 14 UrhG führen und ist abzulehnen, da die Wiedergabe über verschiedene Lautsprecher in der Regel dem vom Urheber intendierten Gebrauch seines Werkes entspricht und nicht eine erneute Verletzung des § 14 UrhG darstellt. Es gilt insofern wiederum eine Parallelwertung zu § 23 UrhG.536 Nach dem OLG Hamburg kommt die Handy-Klingeltonnutzung eher einer Merchandisingnutzung als einer normalen Werknutzung, vergleichbar der Musiknutzung in der kommerziellen Werbung zu.537 „Handy-Klingeltöne werden nicht nur zur Förderung des Absatzes von Mobiltelefonen eingesetzt – etwa durch die Werbung mit der Vielzahl der verfügbaren Töne und ihrer Qualität –, sondern besonders im Internet auch im Zusammenhang mit sonstigen Produkten oder Dienstleistungen angeboten. Sie haben damit zugleich die Funktion, den Absatz dieser Produkte und Dienstleistungen zu fördern, ebenso wie ihr eigener Absatz durch das in ihrem Umfeld angebotene Sortiment – z.B. Handy-Logos – gefördert werden soll (…).“
Das OLG Hamburg führt aber den Gedanken der MerchandisingNutzung nicht weiter aus und begründet auch nicht, warum dadurch eine Beeinträchtigung des Werkes im Sinne des § 14 UrhG gegeben sein soll. Die Erkenntnis, dass sich die Handy-Klingeltonnutzung von der Werknutzung durch Konzerte, Rundfunkübertragung oder Tonträger unterscheidet, ist für die Frage der Beeinträchtigung nach § 14 535 536 537
So wohl v. Einem ZUM 2005, 540, 542; OLG Hamburg ZUM 2002, 480, 484. Wandtke/Schunke UFITA I (2007) 61, 72. OLG Hamburg GRUR 2006, 323 – Handy-Klingeltöne II.
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UrhG zunächst unbedeutend und lediglich für die Einschätzung relevant, ob ein Fall des § 31 Abs. 4 a.F. UrhG vorliegt. Im Übrigen ist der Merchandising-Gedanke nicht im Vordergrund bei einer HandyKlingeltonnutzung, sondern die Signalfunktion, so dass eine Beeinträchtigung allein aus dem Gedanken des Merchandising zu verneinen ist. Bei den polyphonen oder monophonen Handyklingeltönen werden meistens wiedererkennbare Ausschnitte, die Melodie oder der Refrain eines Werkes entnommen. Die Ursprungskomposition werden bei dieser Form der Klingeltonverwendung vereinfacht dargestellt. Regelmäßig entsteht eine Instrumentalversion, d.h. der Gesang wird durch ein Melodieinstrument ersetzt. Zum anderen werden Begleitstimmen weggelassen.538 Betrachtet man die Reduzierung der Stimmenzahl abstrakt unter dem Gesichtspunkt der Beeinträchtigung aus § 14 UrhG, lässt sich nicht ohne weiteres ein grundsätzliches Eingreifen dieser Vorschriften und damit eine Verletzung urheberpersönlichkeitsrechtlicher Belange des Urhebers bejahen. Die Reduzierung der Stimmenzahl bei der monophonen wie auch polyphonen Klingeltonverwertung wird lediglich dann die geistigen Interessen des Komponisten gefährden, wenn die Originalpartitur des Komponisten eine Mehrstimmigkeit voraussetzt. In vielen Pop- und Jazzcharts begnügt sich der Komponist bei der Festlegung der eigenen Komposition damit, die Melodie wie auch die Akkordstruktur zu bezeichnen. Damit bringt er regelmäßig zum Ausdruck, dass zumindest polyphone Wiedergaben, die die Akkordstruktur erkennen lassen, nicht notwendig seine geistigen Interessen beeinträchtigen. Er lässt vielmehr durch die Art der selbst gewählten Festlegung bewussten Spielraum für verschiedene Bearbeitungen des Werkes, was wiederum die Möglichkeit einer umfangreicheren Verwendung seiner Komposition mit sich bringt.539 Etwas anderes ergibt sich dann, wenn es sich um genau bestimmte Akkordmuster handelt bzw. genaue Angaben der zu besetzenden Stimmen. In keinem Fall darf der „Originaltonträger“ 540 in seiner Gesamtproduktion mit der Wandtke/Schunke UFITA I (2007) 61, 73 f.; Landfermann, S. 69; siehe S. 82 ff. Wandtke/Schunke UFITA I (2007) 61, 74 f. 540 Auch wenn man bei der heutigen Art und Weise der Popproduktion von einer solchen Originalaufnahme oft nur schwer sprechen kann, es sei denn, es handelt sich um eigenständig gewachsene Bandformate. 538 539
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Ursprungskomposition gleichgesetzt werden. Unter Umständen liegt dann vielmehr eine Verletzung der Interessen des Bearbeiters vor, sofern die Voraussetzungen des § 3 UrhG vorliegen. Man wird aber regelmäßig in der Interpretation des Musikwerkes selbst bei „erlaubter“ Reduzierung der Stimmenzahl eine Veränderung des geistigästhetischen Ausdrucks sehen müssen und somit eine Beeinträchtigung nach § 14 UrhG bejahen. Die Veränderung der Klangfarbe durch die Verwendung anderer Sounds als auf dem Originaltonträger im Rahmen von polyphonen und monophonen Klingeltonverwendungen betrifft dagegen nur den Schutzbereich des § 85 Abs. 1 UrhG.541 In der Regel gibt der Komponist gerade im Bereich der Popularmusik keine bestimmte Klangstruktur vor, es sei denn eine Band hat ein eigenes Stück geschrieben. Auch im letzteren Fall muss man dennoch die zugrundeliegende Komposition von dem tatsächlichen Endergebnis – dem festgelegten Werk auf dem Tonträger – unterscheiden.542 Die Kürzung des Stückes im Zusammenhang mit der Nutzung des Musikwerkes als Klingelton ist ebenfalls eine Beeinträchtigung des Werkes im Sinne des § 14 UrhG.543 Der Urheber bestimmt, dass der von ihm intendierte konkrete Gesamteindruck seines Werkes durch das vollständige Werk hervorgerufen werden soll, nicht aber durch einzelne Teile hiervon, so dass der geistig-ästhetische Gesamteindruck regelmäßig beeinträchtigt ist.544
V. Eignung zur Interessengefährdung (2. Stufe) Die mittelbare oder unmittelbare Beeinträchtigung des Originalmusikwerkes durch die verschiedenen Formen der Musikbearbeitung muss darüber hinaus geeignet sein, die Interessen des Komponisten
Der Leistungsschutz ist streng von dem Urheberrechtsschutz gegen ungenehmigte Bearbeitung zu trennen; insoweit ungenau v. Einem ZUM 2005, 540, 541. Grundsätzlich zur Reichweite von § 85 UrhG: Wandtke/Bullinger/Schaefer, § 85 Rn. 2–26. 542 Wandtke/Schunke UFITA I (2007) 61, 76. 543 v. Einem ZUM 2005, 540, 542; Hertin KUR 2004, 101, 104. 544 Hertin KUR 2004, 101, 104, 105. 541
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zu gefährden.545 Führt ein beeinträchtigender Eingriff in ein Werk zu keiner Gefährdung der Urheberinteressen, scheidet eine Verletzung nach § 14 UrhG aus.546 Da die Beeinträchtigung tatbestandlich immer dann anzunehmen ist, wenn sich die Gestaltung des Werkes nur irgendwie von der vom Urheber geschaffenen ursprünglichen Form unterscheidet, ist das originäre Bestimmungsrecht des Urhebers über die Gestaltung des Werkes Ausgangspunkt und wesentlicher Maßstab für seine Interessen. Daher indiziert jede Beeinträchtigung automatisch auch die Interessengefährdung.547 Eine Ausnahme ergibt sich aber dann, wenn der Urheber in eine Beeinträchtigung nach § 14 UrhG eingewilligt hat. Dies liegt vor, sofern der Urheber eine Bearbeitungseinwilligung nach § 23 UrhG abgegeben hat.548 Die Eignung zur Interessenabwägung ist immer dann zu verneinen, wenn die Änderungen im Rahmen einer vereinbarten Bearbeitung nach § 23 UrhG geboten sind. Es ist dann kein Platz mehr für eine Interessenabwägung.549 VI. Interessenabwägung (3. Stufe) 550 Das Recht aus § 14 UrhG steht unter dem ungeschriebenen Vorbehalt einer Interessenabwägung.551 Es gibt keinen absoluten Schutz der Werkintegrität. Die Einschränkung ist dem Integritätsschutz immanent, denn im konkreten Fall darf sich immer nur ein schutzwürdiges Interesse durchsetzen.552 Das schutzwürdige Interesse ist nach herrschendem Verständnis durch eine Abwägung der gegenläufigen Interessen zu ermitteln.553 Die Zulässigkeit einer Werkinterpretation, der Entnahme von schützenswerten Werkelementen, der Verbindung mit anderen Kunstgattungen oder der Stellung in einen neuen Sachzusammenhang richtet Grunert, S. 179. Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14, Rn. 8. 547 Grunert, S. 179. 548 Vgl. ausführlich zum Verhältnis der Einwilligung nach § 23 UrhG und § 14 UrhG, S. 122 ff., 133 ff., 143 ff. 549 BGH NJW 1989, 384, 385 – Oberammergauer Passionsspiele II. 550 Ausführlich zu den Grundsätzen der Interessenabwägung, Grunert, S. 180 ff. 551 Wandtke/Bulligner/Bullinger § 14, Rn. 10. 552 Grunert, S. 180. 553 Grunert, S. 180. 545 546
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Kapitel 3: Musikbearbeitungen als Eingriff in das Urheberrecht
sich nach den Interessen des Komponisten auf der einen Seite und des Musikbearbeiters als Werknutzer auf der anderen Seite. Die Untersuchungen haben ergeben, dass eine Beeinträchtigung im Sinne des § 14 UrhG inhaltsgleich mit dem Bearbeitungsbegriff des § 23 UrhG ist. Die Grundsätze zur Interessenabwägung kommen damit regelmäßig nicht zu Anwendung, wenn der Urheber eine Einwilligung zur Bearbeitung nach § 23 UrhG erteilt hat. Es mangelt dann an einer Eignung zur Interessenabwägung (Kapitel 4).
E. Ergebnis zum Kapitel 3 § 23 UrhG ist zentrale Norm im Bereich des Schutzes des Urhebers vor Bearbeitungen seines Werkes. § 23 UrhG ist in jedem Fall betroffen, sofern der geistig-ästhetische Gehalt eines Werkes durch die Einflussnahme eines Dritten verändert wird. Jede Form des musikalischen Umgangs eines Dritten mit dem Originalwerk eines Urhebers berührt zwangsweise den geistig-ästhetischen Gesamteindruck des Werkes. Dies gilt selbst bei bemühter werkgetreuer Interpretation eines im einzelnen vom Notentext genau festgelegten Werkes der Musik. Grund ist, dass durch die Interpretation die geistig-ästhetische Vorstellung des Komponisten ergänzt wird durch die geistig-ästhetische Einstellung, wie auch die technischen Möglichkeiten des ausübenden Musikers. Bei der Entnahme von Werkelementen wird gleichsam der ästhetische Gesamteindruck des Werkes neu definiert, da sich der Komponist über sein gesamtes Werk ausdrückt. Die Verwendung von Musikwerken in anderen Kunstgattungen wie der Bühnendarstellung und des Films führt zu einem neuen Eindruck des Musikwerkes, wie auch die Stellung des Werkes in einen neuen Sachzusammenhang. Bei der Klingeltonnutzung wird regelmäßig das Bearbeitungsrecht aus § 23 UrhG verletzt. Von dem § 23 UrhG abzugrenzen ist der engere Bearbeitungsbegriff nach § 3 UrhG und die Miturheberschaft nach § 8 UrhG. Die freie Benutzung nach § 24 UrhG ist vor allem bei der Entnahme von Werkelementen einschlägig. Insofern ist die Regelung des § 24 Abs. 2 UrhG, die den absoluten Melodieschutz regelt überholt, da sich ausreichende Abgrenzungskriterien auch für den Bereich der Musik aus § 24 Abs. 1 UrhG ergeben.
E. Ergebnis zum Kapitel 3
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Da sowohl die Bearbeitung nach § 23 UrhG, als auch die Beeinträchtigung nach § 14 UrhG bei der Veränderung des geistig-ästhetischen Gesamteindruck des Werkes betroffen sind, haben die beiden Normen denselben Anwendungsbereich. Eine Ausnahme gibt es lediglich im Bereich des Films aufgrund des § 93 UrhG, der den Anwendungsbereich des § 14 UrhG einschränkt. Folglich ist kein Raum für eine Interessenabwägung im Rahmen von § 14 UrhG sofern der Urheber eine Einwilligung im Rahmen des § 23 UrhG erteilt hat.
Kapitel 4: Das Bearbeitungsrecht im Rechtsverkehr Zwar kann jeder Komponist sein Werk selbst bearbeiten, in den meisten Fällen wird das Werk jedoch durch Dritte bearbeitet. Oft ist der Urheber gar nicht in der Lage seine Kompositionen selbst aufzuführen, sei es, dass er technisch nicht in der Lage ist, oder dass er beispielsweise ein Orchesterwerk geschrieben hat, an dem mehrere Künstler beteiligt sind.554 Es ist oft in seinem Interesse, einen geeigneten Arrangeur zu finden, oder gar sein Werk von Dritten remixen zu lassen. In vielen Fällen haben Dritte ein Interesse daran das Werk zu verwenden, Elemente daraus oder es in einem neuen Sachzusammenhang zu verwenden. Der Bearbeiter ist also in den meisten Fällen nicht identisch mit dem Originalurheber. Wie wird vom Urheber das Recht sein Werk zu bearbeiten und die Bearbeitung zu verwerten auf Dritte übertragen? Ausdrücklich ist die Übertragung des Bearbeitungsrechts im Urhebergesetz nicht geregelt.555 Das Urhebergesetz verfügt über ein rudimentär ausgestaltetes Urhebervertragsrecht, dass herangezogen werden könnte bei der Frage der Übertragung. Daneben ist § 23 UrhG zu entnehmen, dass der Bearbeiter zur Verwertung und Veröffentlichung der Bearbeitung der „Einwilligung“ des Urhebers bedarf.
A. Das Urhebervertragsrecht Als Urhebervertragsrecht werden im weiteren Sinn alle Regelungen von Verträgen angesehen, die im Zusammenhang mit der Schöpfung und Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke stehen.556 Im Urhebervertragsrecht herrscht grundsätzlich Vertragsfreiheit. Die Regelungen der §§ 31 ff. UrhG dienen dem Schutz des Urhebers und seiner Werke, sowie der Verwertung derselben.557 Ausgangspunkt und prägendes Leitbild des Urhebervertragsrechts ist die Sicherstellung einer angemessenen Beteiligung des Urhebers an den Erträgen aus
554 555 556 557
Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 70. Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 70. Jani, S. 13; Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert Vor §§ 31 ff., Rn. 1. Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert Vor §§ 31 ff., Rn. 1.
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Kapitel 4: Das Bearbeitungsrecht im Rechtsverkehr
der Verwertung seiner Werke. Dies ist eine Ausprägung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes nach Art. 14 Abs. 1 GG.558 Gemäß § 31 Abs. 1 UrhG kann der Urheber Nutzungsrechte als einfache oder ausschließliche Befugnisse einräumen. Außerdem müssen Nutzungsrechte kraft Gesetzes als Zwangslizenzen oder aufgrund des Abschlusszwanges der Verwertungsgesellschaften in § 11 WahrnG erteilt werden.559 Die Einräumung von Nutzungsrechten ermöglicht es, die Verwertung eines Werkes durch einen anderen als den Urheber vornehmen zu lassen.560 Im gesamten Urheberrecht gilt der Grundsatz, dass der Urheber im Zweifel keine weitergehenden Nutzungsrechte einräumt, als es der Vertragszweck erfordert. Dieser Gedanke findet sich in der Zweckübertragungsregel des § 31 Abs. 5 UrhG kodifiziert.561
B. Die Einwilligung nach § 23 UrhG Handelt es sich um eine Form der Bearbeitung im Sinne des § 23 S. 1 UrhG, so kann der Urheber durch das Rechtsinstitut der Einwilligung die Veröffentlichung oder die Verwertung des bearbeiteten Werkes unterbinden.
I. Genehmigungsfreie Herstellung der Bearbeitung Die Herstellung im privaten Bereich ist demnach dem Bearbeiter ohne Einschränkung gestattet.562 Dies folgt aus dem Umkehrschluss zu § 23 S. 2 UrhG, der ausdrücklich bei der Verfilmung des Werkes die Rechtmäßigkeit der Bearbeitungsherstellung von der Einwilligung des Urhebers abhängig macht.563 Jedermann darf also ein MusikAusführlich Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert Vor §§ 31 ff., Rn. 1. Landfermann, S. 118. 560 Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 73. 561 Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 31, Rn. 70; Landfermann, S. 118; Fromm/Nordemann/Hertin §§ 31/32, Rn. 19. 562 Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 65. 563 So auch Schricker/Loewenheim § 23, Rn. 17; diese Unterscheidung macht aufgrund der veränderten Produktionspraxis zumindest im Bereich der Musik keinen Sinn. 558 559
B. Die Einwilligung nach § 23 UrhG
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stück nach seinem Belieben umarbeiten. Erst für die Veröffentlichung und Verwertung der Bearbeitung bedarf es der Einwilligung des Originalurhebers.564 II. Genehmigungspflichtige Verwertung und Veröffentlichung der Bearbeitung Der Bearbeiter darf ohne Einwilligung des Urhebers die Bearbeitung nicht verwerten. Der Gesetzgeber hat damit zum Ausdruck gebracht, dass der Bearbeiter die Bearbeitung ohne Zustimmung des Urhebers nicht wirtschaftlich nutzen darf.565 Was Verwertung ist, bestimmt sich nach den §§ 15–22 UrhG.566 Der Bearbeiter darf das bearbeitete Musikwerk beispielsweise nicht vervielfältigen, verbreiten oder aufführen. Damit ist nur eine Verwertung im privaten Bereich erlaubt.567 Nach § 23 UrhG ist nicht nur die Verwertung, sondern auch die Veröffentlichung einer Bearbeitung ohne Zustimmung des Urhebers unzulässig. Das Recht, die Veröffentlichung der Bearbeitung zu erlauben, bezieht sich auf das Recht des Urhebers nach § 12 UrhG.568 Damit sich der Originalurheber frühzeitig gegen eine Bearbeitung wehren kann, ist der Begriff der Veröffentlichung eng auszulegen. Anknüpfungspunkt ist damit der Veröffentlichungsbegriff des § 15 Abs. 3 UrhG und nicht der weite Begriff des § 6 Abs. 1 UrhG.569 Nach dieser Vorschrift ist die Wiedergabe eines Werkes dann öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Personen bestimmt ist, es sei denn, dass der Kreis dieser Personen abgegrenzt ist und sie durch gegenseitige Beziehungen zum Veranstalter untereinander verbunden sind.570 Dadurch unterliegen beispielsweise die Bearbeitungen von Musikwerken bei Proben von Bands regelmäßig nicht dem Einwilligungsvorbehalt, da ein abgegrenzter persönlicher Personenkreis im Sinne des § 15 Abs. 3 UrhG gegeben ist. Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 65 f. Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 66. 566 Schricker/Loewenheim § 23, Rn. 13. 567 Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 67. 568 § 12 UrhG gibt dem Urheber ein Bestimmungsrecht über die Veröffentlichung seines Werkes. Die sogenannte Erstveröffentlichung liegt in seiner Hand; vgl. Wandtke/Bullinger/Bullinger § 12, Rn. 1. 569 Schricker/Loewenheim § 23, Rn. 14; Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 68. 570 Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 67. 564 565
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Kapitel 4: Das Bearbeitungsrecht im Rechtsverkehr
III. Rechtsnatur des Bearbeitungsrechts und Rechtsfolge der Einwilligung Die aus § 23 UrhG folgenden Rechte wachsen dem Urheber im Moment der Werkschöpfung konstitutiv zu. Damit nimmt der Urheber diese Rechte zunächst originär selbst wahr. Damit eine Nutzung des Musikwerkes möglich ist, muss es dem Komponisten möglich sein, Dritten die Bearbeitung seines Werkes zu gestatten. Das in § 23 S. 1 UrhG vorgesehene Rechtsinstitut der Einwilligung schafft die rechtlichen Voraussetzung dafür, dass Dritte das bearbeitete Werk benutzen dürfen. Neben dem § 23 UrhG ist das urheberpersönlichkeitsrechtliche Schutzrecht des § 14 UrhG bei Bearbeitungen des Werkes stets betroffen.571 Willigt der Urheber in die Bearbeitung nach § 23 UrhG ein, fragt sich, inwiefern dieses Einfluss auf die Urheberpersönlichkeitsrechte aus § 14 UrhG hat. Die Einwilligung steht in einem möglichen kollusiven Verhältnis zu diesen Rechten aus § 14 UrhG. Zur Beantwortung des Verhältnisses von § 23 UrhG und § 14 UrhG und der Folgen einer Einwilligung nach § 23 UrhG ist die Rechtsnatur des Bearbeitungsrechts zu untersuchen. 1. Meinungsstand Da § 23 UrhG nicht in § 15 UrhG als ausschließliches Recht erwähnt wird, werden in Rechtsprechung 572 und Literatur 573 unterschiedliche Ansätze zur Frage der Rechtsnatur der Einwilligung verfolgt. Teilweise wird dem Bearbeitungsrecht nur eine beschreibende Schutzumfangsfunktion bezüglich der gesetzlich anerkannten Verwertungsrechte eingeräumt.574
Eine Ausnahme ergibt sich lediglich aufgrund von § 93 UrhG, vgl. S. 106, 111. BGH GRUR 1989, 106, 107 – Oberammergauer Passionsspiele II. 573 Schricker/Loewenheim § 23, Rn. 19 ff.; Fromm/Nordemann/Vinck § 23, Rn. 3; Schricker/Dietz § 14, Rn. 11 c; Dreier/Schulze § 23, Rn. 1; Schack Rn. 423. 574 Schricker/Katzenberger Vor §§ 88, Rn. 25. 571 572
B. Die Einwilligung nach § 23 UrhG
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Andere wiederum verstehen die Einwilligung im Sinne der §§ 182, 183 BGB.575 Überwiegend wird die ausschließliche Einordnung der Einwilligung unter §§ 182, 183 BGB abgelehnt.576 Das Bearbeitungsrecht stelle ein Verwertungsrecht dar, worauf die §§ 31 ff. UrhG Anwendung fänden.577 Dritten können somit Nutzungsrechte bezüglich der Bearbeitung eines Musikwerkes im Wege eines rechtsgeschäftlichen Vertrages nach §§ 31 ff. UrhG eingeräumt werden.578 Ventroni 579 trennt die Einwilligung von der Einräumung der Nutzungsrechte nach §§ 31 ff. UrhG. Teilweise wird zwischen § 23 S. 1 2. Fall und § 23 S. 1 1. Fall UrhG unterschieden. § 23 S. 1 1. Fall UrhG wird als Verwertungsrecht angesehen, welches neben § 15 UrhG als gleichberechtigte Regelung stehe, während § 23 S. 1 2. Fall UrhG als persönlichkeitsrechtliche Befugnis angesehen wird.580 Der BGH 581 geht von der Möglichkeit der Einräumung des Bearbeitungsrechtes aus § 23 UrhG aus. Dabei lässt der BGH aber nicht erkennen, ob § 23 UrhG als Verwertungsrecht aufgefasst wird und die Rechtseinräumung nach §§ 31 ff. UrhG erfolgen soll oder möglicherweise nach den Regeln des § 183 BGB. Die überwiegende Meinung folgert weiter, dass trotz einer Einwilligung im Sinne des § 23 S. 1 UrhG, eine Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts aus § 14 UrhG möglich sei und damit insbesondere
575 Fromm/Nordemann/Vinck § 23, Rn. 3. „Die vorherige Zustimmung (Einwilligung) ist bis zur Vornahme des Rechtsgeschäfts widerruflich, soweit nicht aus dem ihrer Erteilung zugrunde liegenden Rechtsgeschäft sich ein anderes ergibt.“ (§ 183 Satz 1 BGB). Die Einwilligung ist damit ein Unterfall der in § 182 BGB geregelten Zustimmung. Die Zustimmung i.S.d. §§ 182 ff. BGB ist die Einverständniserklärung zu dem von einem anderen vorgenommenen Rechtsgeschäft; vgl. Palandt/Heinrich Einf v § 182, Rn. 1. 576 Dreier/Schulze § 23, Rn. 14; Schricker/Loewenheim § 23, Rn. 19; Loewenheim/ Axel Nordemann § 23, Rn. 2; Loewenheim GRUR 1989, 108, 110; Schack Rn. 423; Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 244, Rn. 30; Schulze ZUM 1993, 255, 256. 577 Schricker/Dietz § 14, Rn. 11 c. 578 Schricker/Loewenheim § 23, Rn. 19. 579 Ventroni, S. 152. 580 V. Welser, S. 48 f. 581 BGH GRUR 1989, 106, 107 – Oberammergauer Passionsspiele II.
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Kapitel 4: Das Bearbeitungsrecht im Rechtsverkehr
Schadensersatzansprüche aus §§ 97, 14 UrhG greifen.582 Die Nutzungsrechtsübertragung i.S.d. §§ 31 Abs. 1, 23 UrhG werde lediglich im Rahmen der bei § 14 UrhG vorzunehmenden Interessenabwägung mit berücksichtigt und könne eine ausdrückliche oder konkludente Einräumung eines Änderungsrechtes nach § 39 Abs. 1 UrhG darstellen.583 Grund für diese Annahme ist, trotz der Anerkennung der monistischen Theorie, eine strenge Trennung von Verwertungs – und Urheberpersönlichkeitsrechten. Argumentiert wird, aufgrund der Überschriften im Gesetz vor § 12 UrhG („Urheberpersönlichkeitsrecht“) bzw. vor § 15 UrhG („Verwertungsrechte“) müsse zwischen verwertungsrechtlichen und urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnissen unterschieden werden. Die Verwertungsrechte beträfen die materielle Seite des Urheberrechts, nämlich die wirtschaftlichen Interessen, die in der Nutzung des Werkes (§ 11 Satz 1) liegen.584 Nach Auffassung des BGH 585 stellt sich die Frage „der Entstellung bei Veränderungen, die im Zuge einer genehmigten Bearbeitung erfolgen, (…) naturgemäß in anderer Weise dar, als bei anderen Eingriffen in die Werksubstanz, denn je nach Art der Bearbeitung stimmt der Urheber mit der Einräumung des Nutzungsrechts unter Umständen auch einschneidenden, das künstlerische Konzept berührenden Veränderungen seines Werkes zu.“ 586
Damit erkennt der BGH die Möglichkeit der Einschränkbarkeit des Schutzes aus § 14 UrhG an und dass § 23 UrhG im Rahmen der Interessenabwägung unmittelbaren Einfluss auf § 14 UrhG hat. Gleichzeitig verneint der BGH ein Spezialitätsverhältnis der beiden Normen zueinander. § 23 UrhG trage danach vor allem der vermögensrechtlichen Komponente Rechnung, während § 14 UrhG vorwiegend dem Urheberpersönlichkeitsschutz Rechnung tragen soll.
Riekert, S. 136; Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14, Rn. 12; Grunert, S. 182; vgl. zum Ersatz des immateriellen Schadens über § 97 Abs. 2 UrhG, Schricker/Wild § 97, Rn. 76. 583 Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 39, Rn. 19. 584 Dreier/Schulze § 15, Rn. 1. 585 BGH GRUR 1989, 106, 107, 108 – Oberammergauer Passionsspiele II. 586 BGH GRUR 1989, 106, 107, 108 – Oberammergauer Passionsspiele II. 582
B. Die Einwilligung nach § 23 UrhG
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2. Stellungnahme Zunächst ist die Meinung abzulehnen, die dem § 23 UrhG nur einen beschreibenden Umfang zuerkennt.587 Dies stünde zu dem klaren Begriff der Vervielfältigung im Sinne des § 16 UrhG im Widerspruch. Die Anwendungsbereiche der Verwertungsrechte würden verwässert.588 Die Regelung des § 23 UrhG wäre dann überflüssig. § 23 UrhG gestaltet ein eigenes Recht des Urhebers. Die Norm verweist nicht lediglich beschreibend auf die Verwertungsrechte. Ebenfalls kann der Ansicht, die in der Einwilligung eine Zustimmung nach § 182 BGB sieht, nicht gefolgt werden.589 Bei der Zustimmung nach § 182 BGB handelt es sich um eine einseitig empfangsbedürftige Willenserklärung, deren Erteilung zur Rechtswirksamkeit eines Rechtsgeschäfts erforderlich ist. Diese Zustimmung ist die Willenserklärung eines bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts mitwirkenden Dritten.590 Sie macht das von einem anderen abzuschließende Rechtsgeschäft wirksam. Die Zustimmung kann vor oder nach der Vornahme des Rechtsgeschäfts erteilt werden. Die Einwilligung (§ 183 BGB) bezeichnet dabei die vor der Vornahme eines Rechtsgeschäfts erteilte Zustimmung. Bei der „Einwilligung“ im Sinne des § 23 UrhG, die sich auf die Bearbeitung eines Werks bezieht und der Verwertung der bearbeiteten Version, stehen aber Rechtsbeziehungen zwischen dem Urheber als „Zustimmenden“ und dem Bearbeiter zur Diskussion.591 Bei der Einwilligung nach § 23 UrhG handelt es sich somit nicht um eine Einwilligung nach § 183 BGB, da nicht die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts des Bearbeiters mit einem Dritten, sondern ein Rechtsgeschäft zwischen Urheber und Bearbeiter ansteht.592 Es ist dem Urheber aber unbenommen, nachträglich in die Nutzung von Urheberrechten gemäß §§ 182 f. BGB einzuwilligen.
Schricker/Katzenberger Vor §§ 88, Rn. 25. Vgl. auch Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 61. 589 So aber Fromm/Nordemann/Vinck § 23, Rn. 3; wie hier: Dreier/Schulze, § 23 Rn. 14; Schricker/Loewenheim § 23, Rn. 19; Loewenheim/Axel Nordemann § 23, Rn. 2; Loewenheim GRUR 1989, 108, 110; Schack Rn. 423; Staudt in Kreile/ Becker/Riesenhuber, S. 244, Rn. 30; Schulze ZUM 1993, 255, 256. 590 Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 74. 591 Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 74. 592 Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 74. 587 588
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Kapitel 4: Das Bearbeitungsrecht im Rechtsverkehr
Der Umfang des Bearbeitungsrechts geht weiter als die dargestellten Auffassungen. Das Bearbeitungsrecht lediglich als Verwertungsrecht bzw. als aufgeteiltes Recht zu betrachten, trifft nicht dessen Wesen. In der Rechtsnatur des Bearbeitungsrechts zeigt sich die Konsequenz aus der dem Urheberrecht zugrundeliegenden monistischen Theorie, wonach das vermögensrechtliche und das persönlichkeitsrechtliche Element immanente Bestandteile eines einheitlichen Rechts sind.593 Die Bearbeitung ist für den Urheber des Originalwerks sowohl hinsichtlich seiner ideellen als auch hinsichtlich seiner materiellen Interessen von Bedeutung.594 Die Einwilligung in die Bearbeitung ist in ihrer Gesamtheit als Mischrecht zu verstehen, die sowohl in persönlichkeitsrechtliche, als auch verwertungsrechtliche Befugnisse eingreift.595 Überwiegend wird auch bejaht, dass Bearbeitungen oder Umgestaltungen im Sinne des § 23 S. 1 UrhG, die zu einer objektiv nachweisbaren Änderung des vom Urheber geschaffenen geistig-ästhetischen Gesamteindrucks des Werks führen, zugleich eine Beeinträchtigung im Sinne des § 14 UrhG darstellen.596 Es werden sogar dieselben Wertungskriterien im Rahmen von § 23 UrhG und § 14 UrhG verwendet.597 Nur wird daraus offensichtlich keine Konsequenz für die Rechtsnatur der Einwilligung in die Nutzung von Bearbeitungsrechten gezogen. In § 23 UrhG lediglich ein Verwertungsrecht zu sehen, welches strikt von der Wahrnehmung urheberpersönlichkeitsrechtlicher Befugnisse zu trennen ist, ist weder aus der Gesetzessystematik noch dem Wesen der Bearbeitung zu rechtfertigen.
Riezler, S. 18; Hilty, FS für Rehbinder, S. 259, 263; Rehbinder Rn. 31; Ulmer, S. 114 ff. 594 Hörnig, UFITA 99 (1985) 13, 17. 595 So auch Forkel, S. 181, 182. 596 Ventroni, S. 118; Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 63, 65; Schilcher, S. 141; Heidmeier, S. 79; Forkel, S. 209 f.; Osenberg, S. 166: „Die Grenze der dem Verwerter vertraglich eingeräumten Änderungsbefugnis bildet das Entstellungsabwehrrecht (§14).“. 597 Dies wird zum Beispiel bei Schulze deutlich, der bezüglich einer Bearbeitung und einer sonstigen Beeinträchtigung dieselben Wertungskriterien anwendet: bereits jede objektiv nachweisbare Änderung des vom Urheber geschaffenen geistigästhetischen Gesamteindrucks seines Werks soll als dessen Beeinträchtigung im Sinne des § 14 UrhG gesehen werden; vgl. Schulze ZUM 1993, 255, 257. 593
B. Die Einwilligung nach § 23 UrhG
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Zunächst ist das Bearbeitungsrecht nach § 23 UrhG nicht eindeutig den Verwertungsrechten zugeordnet. Zwar ist es im Abschnitt 4, Unterabschnitt 3 „Verwertungsrechte“ des Urheberrechtsgesetzes mit aufgeführt, es wird jedoch nicht ausdrücklich in § 15 UrhG aufgelistet. Hinzu kommt, dass § 23 UrhG auch in der Formulierung von den sonstigen Verwertungsrechten abweicht. Damit nimmt das Bearbeitungsrecht des § 23 UrhG gesetzessystematisch eine Sonderrolle ein. Die Gesetzesbegründung zum Entwurf von 1962 definiert als Verwertungsrecht des Urhebers Rechte, die als ausschließliche Rechte zur Nutzung des Werkes ausgestaltet sind, die es dem Urheber ermöglichen, jedem anderen, der nicht zuvor seine Erlaubnis zur Nutzung eingeholt und die hierfür geforderte Vergütung gezahlt hat, die Werknutzung zu verbieten. Sinn der Verwertung ist in erster Linie nicht der Ausschluss der Werknutzung wie bei den Eigentumsrechten, sondern vielmehr in erster Linie dem Urheber die rechtliche Grundlage dafür zu geben, Art und Umfang der Nutzung seines Werkes zu überwachen und diese von der Zahlung einer Vergütung abhängig zu machen.598 Laut der Gesetzesbegründung ist der Grundsatz des Urheberrechts, die ausschließlichen Befugnisse des Urhebers so umfassend zu gestalten, dass möglichst jede Art der Nutzung eines Werkes seiner Kontrolle unterliegt. Damit muss gerade die intensive Form der Bearbeitung eines Werkes erst Recht neben der Vervielfältigung oder öffentlichen Wiedergabe dem Befugnisrecht des Urhebers unterfallen. Die unerlaubte Bearbeitung beeinträchtigt den Urheber in seinem Recht an den wirtschaftlichen Früchten, die aus seinem Werk gezogen werden, zu beteiligen.599 Die Einflussnahme auf das Werk durch die Bearbeitung muss sich der Urheber wegen § 11 UrhG vergüten lassen. Das Bearbeitungsrecht hat damit eindeutig verwertungsrechtlichen Charakter. Die Natur des Rechts bringt es mit sich, dass das Bearbeitungsrecht nicht ausschließlich aus diesem verwertungsrechtlichen Moment besteht. Bei dem Recht, in die Veröffentlichung einer Bearbeitung oder anderen Umgestaltung des Werkes einzuwilligen, handelt es sich daneben um eine persönlichkeitsrechtliche Befugnis. Eine an die Öffentlichkeit 598 599
Schulze, Materialien, S. 397. Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 17.
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Kapitel 4: Das Bearbeitungsrecht im Rechtsverkehr
gelangende Bearbeitung oder sonstige Umgestaltung berührt den Werkschöpfer nicht nur in seinen wirtschaftlichen, sondern vor allem in seinen persönlichen und geistigen Interessen.600 Dies wird schon aus der Definition zum Bearbeitungsrecht deutlich, wonach Bearbeitung auch jede Veränderung des Werkes in seinem geistig-ästhetischen Gehalt ist. Der geistig-ästhetische Gehalt eines Werkes ist aber untrennbar mit der Persönlichkeit des Schöpfers verbunden. Selbst wenn grundsätzlich bekannt ist, dass es sich um eine bearbeitete Fassung der Originalschöpfung handelt, bringt das Publikum die neue Gestaltung mit dem Urheber in Verbindung und rechnet sie ihm mehr oder minder als die seine zu.601 Eine schlechte oder eigenwillige Interpretation eines Musikwerkes, oder die Kürzung des Werkes betrifft immer auch das geistige Anliegen, das der Urheber mit dem Werk verfolgt. Es handelt sich infolgedessen immer um eine Beeinträchtigung nach § 14 UrhG.602 Der Umgang mit dem Originalwerk birgt stets die Gefahr der Verfälschung oder Vereitelung des Ursprungswerks und damit des persönlich geistigen Bezuges des Schöpfers zu seinem Werk. Dadurch wird ein unzutreffendes Bild von seiner Person und seinem Schaffen vermittelt. Hinter dem Recht auf Einwilligung in die Veröffentlichung von Umgestaltungen steht demnach auch wesentlich der Gedanke der Werkidentität und des Werkschutzes. Aus seinem Recht, über die Verwertung einer Bearbeitung seines Werkes zu bestimmen, kann der Urheber einem Erwerber Nutzungsrechte einräumen. Wird eine Bearbeitung von einem anderen genutzt, so sind neben wirtschaftlichen Interessen die Persönlichkeitsinteressen des Urhebers besonders betroffen. Deswegen trägt das Bearbeitungsrecht Mischcharakter, d.h. es hat neben dem verwertungsrechtlichen Element eine persönlichkeitsrechtliche Seite.603 Auch der BGH weist zumindest eine Tendenz auf, diesen Mischcharakter des Bearbeitungsrechts anzuerkennen. „eine Veränderung, die im Rahmen der vereinbarten Bearbeitung (Anm. gemeint ist die Einwilligung nach § 23 UrhG) geboten ist oder der der Urheber 600 601 602 603
Forkel, S. 181, 182. Forkel, S. 181, 182. Siehe S. 108, 118. So auch Forkel, S. 181, 182; Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 19.
B. Die Einwilligung nach § 23 UrhG
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ausdrücklich zugestimmt hat, … regelmäßig keine Urheberinteressen verletzen könne.“ 604
Lediglich bei über die Vereinbarung hinausgehenden Veränderungen sei Platz für eine Interessenabwägung im Sinne des § 14 UrhG.605 Die Bedeutung des Persönlichkeitsrechts in seiner allgemeinen und besonderen Ausprägung hat sich im Medienzeitalter geändert. Persönlichkeitsrechte werden von Musikern bewusst eingesetzt, um bestimmte Marktpositionen zu erreichen. Es ist nicht nachvollziehbar den kommerziellen Gedanken des Urheberpersönlichkeitsrechts zu leugnen. Es kann bei bestimmten Persönlichkeitsrechten wie auch bei bestimmen Urheberpersönlichkeitsrechten nicht getrennt werden zwischen ideellem und kommerziellem Charakter, da sich letzterer über den ersteren definiert. Das Bearbeitungsrecht ist genau in diesem Bereich anzusiedeln. Es wird bei der Bearbeitung eines Musikwerkes regelmäßig auch in urheberpersönlichkeitsrechtliche Änderungsrechte eingegriffen. Die in § 23 S. 1 UrhG vorgesehen Möglichkeit der Einwilligung betont im Grunde nur den Kommerzialisierungsgedanken des Urheberpersönlichkeitsrechts. Eine Trennung des Bearbeitungsrechts in einen rein verwertungsrechtlichen und einen urheberpersönlichkeitsrechtlichen Teil ist nicht möglich und vom Gesetzgeber offensichtlich nicht beabsichtigt. Das Bearbeitungsrecht ist damit auch als kommerzialisiertes Element des Urheberpersönlichkeitsrechts zu begreifen. Es vereinigt das Verwertungsrecht und das kommerzialisiertes Urheberpersönlichkeitsrecht in sich, beinhaltet damit eine Doppelnatur und entspricht somit der Ausgangsidee der monistischen Theorie. Aus der Erkenntnis, dass das Bearbeitungsrecht nach § 23 UrhG ein Mischrecht ist, ergeben sich sowohl bestimmte Rechtsfolgen für die Einräumung des Rechts, als auch für das Verhältnis zu § 14 UrhG. Es besteht keine Möglichkeit einer Interessenabwägung im Rahmen des § 14 UrhG nach erfolgter Einwilligung in eine konkrete Bearbeitung.606 Man würde den unübertragbaren Kern des Urheberpersönlichkeitsrechts überdehnen, wenn man zulassen würde, dass dem 604 605 606
BGH GRUR 1989, 106, 107, 108 – Oberammergauer Passionsspiele II. BGH GRUR 1989, 106, 107 – Oberammergauer Passionsspiele II. Forkel, S. 194; ebenso Dieselhorst, S. 158.
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Kapitel 4: Das Bearbeitungsrecht im Rechtsverkehr
Urheber allgemein das Recht verbleiben müsse, neben dem Erwerber einer urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnis jederzeit selbst die Entscheidung etwa über die Veröffentlichung oder Änderung zu treffen und im Fall des Widerstreits mit der Meinung des Inhabers des abgeleiteten Rechts das letzte Wort zu behalten.607 Darin liegt auch keine Gefahr für den Werkschöpfer, da vertragliche Mittel wie auch gesetzliche Bindungen und Schranken seine Rechte ausreichend gewährleisten.608 Das verwertungsrechtliche Element wird im Rahmen der Einwilligung im Rahmen der Nutzungsrechtseinräumung aus §§ 31 UrhG Dritten eingeräumt.609 Insofern ist der überwiegenden Auffassung zuzugeben, dass die §§ 31 ff. UrhG und nicht ausschließlich § 183 BGB anzuwenden ist.610 Die systematische Stellung des § 23 UrhG rechtfertigt sich aus dem Mischcharakter, dies heißt aber nicht, dass die Regeln über die Übertragung eines Verwertungsrechtes aus §§ 31 ff. UrhG nicht zur Anwendung gelangen. Die Bearbeitung eines Werkes stellt ebenso eine Nutzung wie deren Vervielfältigung dar, und somit muss der Urheber die Möglichkeit haben Nutzungsrechte daran gemäß §§ 31 ff. UrhG einzuräumen, wodurch ihm auch ein Anspruch auf angemessene Vergütung nach § 32 UrhG zusteht. Dieses ist im Interesse des Rechtsverkehrs, wonach ähnliche Rechte denselben Regeln unterworfen sein müssen. Gleichzeitig beinhaltet diese Einwilligung zugleich eine Verfügung oder sonstige Billigung in urheberpersönlichkeitsrechtliche Änderungsbefugnisse des Urhebers einzugreifen.611
607 608 609 610 611
Forkel, S. 194. Forkel, S. 195 nennt beispielsweise die Rückrufsrechte. Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 75. Schricker/Loewenheim § 23, Rn. 19; siehe dazu S. 125 ff. Siehe dazu S. 145 ff.
C. Übertragung des verwertungsrechtlichen Elements
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C. Übertragung des verwertungsrechtlichen Elements des Bearbeitungsrechts I.
Verhältnis von § 23 UrhG zu § 39 Abs. 1 UrhG
Nach § 39 Abs. 1 UrhG darf das Werk nicht verändert werden, „… wenn nichts anderes vereinbart“ ist. Ein vertragliches Änderungsrecht beinhaltet nun gerade die Einwilligung nach § 23 UrhG. Willigt jemand in eine Bearbeitung eines Werkes ein, so räumt er ihm ein Nutzungsrecht im Sinne des § 31 UrhG ein. Die Einräumung dieses Nutzungsrechts könnte gleichzeitig eine Änderungsvereinbarung nach § 39 Abs. 1 UrhG enthalten. Dazu ist der Begriff der Änderung im Verhältnis zum Begriff der Bearbeitung im Sinne des § 23 UrhG zu klären. Aus dem Urheberrechtsgesetz selbst lässt sich nicht entnehmen, ob die Begriffe Änderung und Bearbeitung unterschiedlich zu verstehen sind. Der Begriff der Änderung muss sich zunächst nach dem allgemeinen Sprachgebrauch richten.612 Änderung ist damit alles, was das Werk in seiner Form verändert. Jede Musikbearbeitung betrifft die konkrete Formgestaltung des zugrundeliegenden Musikwerkes, sei es durch die Form der Werkinterpretation, die Verwendung von Musikelementen, die Verbindung mit anderen Kunstgattungen oder die Stellung in einen anderen Sachzusammenhang. Damit legt der Wortgebrauch nahe, dass Bearbeitungen und Änderungen inhaltsgleich sind.613 Auch die Gesetzesbegründung 614 deutet in dieselbe Richtung: „... Der Nutzungsberechtigte darf danach z. B. nicht das Werk kürzen ...“
Die Kürzung ist ein Umstand, der die geistig-ästhetische Wirkung eines Werkes beeinflusst und damit auch eine Bearbeitung auch § 23 UrhG beinhaltet.
612 613 614
Grunert, S. 185. Vgl. auch Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 62. Schulze, Materialien, S. 466.
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Kapitel 4: Das Bearbeitungsrecht im Rechtsverkehr
Man könnte § 39 UrhG ausschließlich als Konkretisierung der Integritätsschutznorm des § 14 UrhG verstehen.615 Der Urheber muss aufgrund der Übertragung von Nutzungsrechten keine Eingriffe in sein Urheberpersönlichkeitsrecht hinnehmen. Das Änderungsverbot, das dem Urheberrecht als Herrschaftsmacht über das Werk immanent ist, dient dem Schutz der persönlichen und geistigen Interessen.616 § 39 UrhG kommt aber nicht nur bezüglich § 14 UrhG eine konkretisierende Funktion zu, sondern auch bezüglich des § 23 UrhG, da § 39 Abs. 1 klar zu erkennen gibt, dass eine Änderung des Werkes nicht zulässig ist, sofern nicht eigens ein Nutzungsrecht diesbezüglich eingeräumt wurde.617 Eine Bearbeitung im Sinne des § 23 UrhG beinhaltet notwendigerweise eine Änderung im Sinne des § 39 UrhG.618 Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass eine Bearbeitung nach § 23 UrhG tatbestandlich immer auch eine Beeinträchtigung nach § 14 UrhG mit sich bringt. Hat ein Urheber ein Bearbeitungsrecht nach § 23 S. 1 UrhG einem Dritten im Rahmen einer bestimmten Nutzungsart eingeräumt, so ist eine Berufung des Urhebers auf § 39 Abs. 1 UrhG nicht möglich.619 Auf der anderen Seite wird man in der Vereinbarung über eine Änderung nach § 39 Abs. 1 UrhG konkludent gemäß der §§ 157, 133 BGB eine Einwilligung nach § 23 UrhG sehen können. Mangelt es aber an einer Vergütungsabsprache bezüglich der Einräumung des Bearbeitungsrechts, so hat der Urheber nach § 32 Abs. 1 S. 2 UrhG das Recht eine angemessene Vergütung zu verlangen.620 Dieses kommt zwar im Wortlaut des § 32 UrhG nicht unmittelbar zum Ausdruck, ergibt sich aber aus dem Leitbild des Urheberrechts nach § 11 S. 2 UrhG, dem Ziel der Reform nach 2002, der Begründung zur jetzigen
615 Schricker/Dietz § 39, Rn. 7; Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 39, Rn. 1; vgl. zum Verhältnis des § 39 UrhG zu § 14 UrhG, S. 143 f. 616 Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 62. 617 Wandtke/Bullinger/Bullinger § 23, Rn. 12; Prill, S. 47; vgl. zur Frage der Übertragbarkeit der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnisse, S. 145 ff. 618 Schricker/Dietz § 14, Rn. 11 c; Prill, S. 47; Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 63. 619 Ähnlich Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 39, Rn. 19. 620 Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 32, Rn. 10; zur angemessenen Vergütung siehe S. 138 f.
C. Übertragung des verwertungsrechtlichen Elements
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Normfassung, sowie der Überlegung, dass in aller Regel nicht von einer schenkweisen Einräumung von Nutzungsrechten auszugehen ist.621
II. Übertragung nach den §§ 31 ff. UrhG Das verwertungsrechtliche Element des Bearbeitungsrechts wird in Form der Einräumung eines Nutzungsrechts nach § 31 ff. UrhG übertragen.622 Dies ergibt sich aus § 29 Abs. 2 UrhG, wonach die Einräumung von Nutzungsrechten nach § 31 UrhG zulässig ist. Eine beschränkte Übertragung kann durch eine Begrenzung des Umfangs in territorialer, zeitlicher oder inhaltlicher Hinsicht erfolgen.623 Diese Möglichkeit hat der Urheber damit auch bei der Einräumung eines Nutzungsrechts an dem Bearbeitungsrecht.624 Damit kann der Urheber eines musikalischen Werkes beispielsweise die Aufführung eines bestimmten Arrangements für einige Jahre gestatten oder auf einen bestimmten Veranstaltungsort beschränken. Die inhaltliche Beschränkung bezieht sich auf die Art der Werknutzung.625 1. Ausschließliche und einfache Nutzungsrechte In § 31 Abs. 1 S. 2 UrhG sieht das Gesetz vor, dass das Nutzungsrecht als einfaches oder ausschließliches Recht eingeräumt werden kann. Einem ausschließlichen Nutzungsrecht kommt dingliche Wirkung zu.626 Der Inhaber eines ausschließlichen Nutzungsrechts kann alle anderen Personen einschließlich des Urhebers von der Nutzung auf die ihm erlaubte Art ausschließen.627
Ausführlich zu dieser Frage Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 32, Rn. 10. Vgl. grundsätzlich Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert Vor §§ 31 ff., Rn. 21 ff.; Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 75. 623 Vgl. § 31 Abs. 1 S. 2 UrhG; Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 31, Rn. 4. 624 Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 82. 625 Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 84 f. 626 Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 31, Rn. 31. 627 Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 76; vgl. § 31 Abs. 3 UrhG. 621 622
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Kapitel 4: Das Bearbeitungsrecht im Rechtsverkehr
Die Wirkung des einfachen Nutzungsrechts ist umstritten.628 Nach § 31 Abs. 2 UrhG berechtigt das einfache Nutzungsrecht den Inhaber, das Werk auf die erlaubte Art zu nutzen, ohne dass eine Nutzung durch andere ausgeschlossen ist. Teilweise wird in Anlehnung an das Marken- und Patentrecht die dingliche Wirkung eines einfachen Nutzungsrechts abgelehnt.629 Würde man dieser Auffassung folgen, so hätte sich der Urheber lediglich zur Duldung der Nutzung durch einen anderen verpflichtet.630 Seinem Verbotsrecht stünde dann der schuldrechtliche Anspruch auf Nutzung gegenüber.631 Mit der Rechtsprechung 632 und Literatur 633 ist dem einfachen Nutzungsrecht nach § 31 Abs. 2 UrhG ein quasi-dinglicher Rechtscharakter zuzugestehen. Dieses ergibt sich vor allem aus der Neufassung des § 33 UrhG und des darin enthaltenen Sukzessionsschutzes.634 2. Verhältnis von Nutzungsrecht und Nutzungsart Oft werden in Lizenzverträgen, so auch bei dem GEMA-BV 635 die Rechte nicht ausdrücklich benannt, sondern die Rechtseinräumung beschränkt sich auf die Beschreibung der verschiedene Nutzungsarten. Diese Möglichkeit sieht das Gesetz in § 31 Abs. 1 UrhG vor.636 Die Einräumung von Nutzungsarten stellt eine beschränkte Übertragung der Nutzungsrechte dar. Diese Beschränkungen müssen aber stets innerhalb der dem Urheber zustehenden Befugnisse liegen.637 Die Vereinbarung beispielsweise, die Saxophonstimme nur von einem bestimmten Interpreten spielen zu lassen, bildet keine Schranke des Der Gesetzgeber hat die Frage der dinglichen Wirkung von einfachen Nutzungsrechten bewusst offen gelassen, vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 14/7564, vom 23. November 2003, S. 11; vgl. Wandtke/Bullinger/ Wandtke/Grunert § 31, Rn. 31 f.; Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 80. 629 Pahlow ZUM 2005, 865, 866; Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 81. 630 Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 81. 631 Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 81. 632 LG München I ZUM 2004, 861, 863. 633 Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 31, Rn. 31. 634 Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 31, Rn. 31. 635 Siehe dazu S. 181 f., 191 ff. 636 Aufgrund der Zweckübertragungsregel des § 31 Abs. 5 UrhG ist diese Vorgehensweise der Vertragsgestaltung zu empfehlen; vgl. zur Zweckübertragungsregel des § 31 Abs. 5 UrhG Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 31, Rn. 70 ff. 637 Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 84. 628
C. Übertragung des verwertungsrechtlichen Elements
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Nutzungsrechts, sondern ihre Durchsetzbarkeit hängt von einer vom Urheberrecht losgelösten schuldrechtlichen Vereinbarung ab. Unter Nutzungsart im Sinne des § 31 UrhG ist jede wirtschaftlichselbständige und abgrenzbare Art und Weise der Auswertung gemeint.638 Die Modifizierbarkeit nach Nutzungsarten scheint nach dem Gesetzeswortlaut unbegrenzt zu sein, insbesondere besteht kein numerus clausus der möglichen gegenständlichen Rechte.639 Im Interesse des Rechtsverkehrs sind jedoch gewisse Grenzen zu ziehen. Während rein schuldrechtliche Beschränkungen, die nur inter partes wirken, von den Parteien im Wege der Vertragsfreiheit frei verhandelt werden können, ist bei den gegenständlichen Rechten zu bedenken, dass ihnen aufgrund der dinglichen Wirkung auch Wirkung gegenüber Dritten zukommt.640 In sachlicher Hinsicht die Nutzungsrechte mit dinglicher Wirkung im Wege der Einigung auf eine bestimmte Nutzungsart beschränken zu können, bereitet am meisten Probleme und muss am Einzelfall untersucht werden.641 Durch die Einigung über die Nutzungsart erlangt der Verwender bei einfacher als auch bei ausschließlicher Einräumung dinglich die zur Erreichung des Nutzungszwecks erforderlichen Nutzungsrechte. Die Einigung über die Nutzungsart kann also die Übertragung verschiedener Nutzungsrechte mit sich bringen. Dies folgt unzweifelhaft aus §§ 133, 157 BGB. Der Umfang der Nutzungsrechtseinräumung bestimmt sich also nach dem Vertragsinhalt.642 Neben den §§ 133, 157 BGB ist auch der von der Rechtsprechung entwickelte und in § 31 Abs. 5 UrhG festgehaltene Grundsatz der Zweckübertragung anzuwenden.643 Die Zweckübertragungsregel gehört zu den grundlegenden Prinzipien des Urhebervertragsrechts und bedeutet, dass der Urheber keine weitergehenden Nutzungsrechte einräumt, als es der Zweck des Vertrages fordert.644 BGH GRUR 1992, 310, 311 – Taschenbuch-Lizenz; Dreier/Schulze § 31, Rn. 9; Schricker/Schricker § 31, Rn. 38; Fromm/Nordemann/Hertin §§ 31/32, Rn. 6. 639 Schricker/Schricker Vor §§ 28 ff., Rn. 52; Fromm/Nordemann/Hertin §§ 31/32, Rn. 6. 640 Schricker/Schricker Vor §§ 28 ff., Rn. 52. 641 Schricker/Schricker Vor §§ 28 ff., Rn. 55. 642 So auch Dreier/Schulze § 31, Rn. 122; BGH GRUR 1984, 528, 529 – Bestellvertrag. 643 Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 84. 644 Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 31, Rn. 70; siehe S. 168 f. 638
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Kapitel 4: Das Bearbeitungsrecht im Rechtsverkehr
3. Formen der Musikbearbeitung als Nutzungsart i.S.d. UrhG Die Parteien einigen sich in der Regel über eine bestimmte Verwendungsart des Musikwerkes. Handelt es sich dabei um die Vereinbarung über eine abspaltbare Nutzungsart im Sinne des § 31 UrhG, kommt dieser Absprache eine dingliche Wirkung zu, die gleichzeitig die Übertragung des Bearbeitungsrechts nach § 23 UrhG mit einschließt. Die Werkinterpretation in Form der Aufführung eines Musikwerkes, wie auch die Werkinterpretation im Rahmen der Einspielung eines Musikwerkes sind klar abgrenzbare, wirtschaftlich-technisch als einheitlich und selbständig erscheinende Nutzungsarten anzusehen. Gleiches gilt für die Nutzungen von Werkelementen, der Nutzung eines Werkes im Zusammenhang mit Bühnenwerken oder in einem neuen Sachzusammenhang, wie auch der Klingeltonnutzung.645 Eine Besonderheit kommt der Nutzung von Musik im Bereich des Films und der Werbung zu. Die Nutzungsart der Verbindung von der Musik mit dem Bildmaterial ist von der anschließenden Verwertung zu trennen.646 Es handelt sich insoweit um zwei unterschiedliche Nutzungsarten, die mit dinglicher Wirkung unterschiedlich gehandhabt werden können.647
III. Anspruch auf angemessene Vergütung, §§ 32 ff. UrhG Wird einem Nutzer eine verwertungsrechtliche Bearbeitungslizenz in Form eines Nutzungsrechts nach § 31 UrhG eingeräumt, so steht dem Urheber das Recht auf eine angemessene Vergütung zu. Dies folgt aus § 32 Abs. 1 UrhG.648 Danach hat der Urheber für die Einräumung von Nutzungsrechten nach § 32 Abs. 1 S. 1 UrhG einen Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung. Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, gilt die angemessene Vergütung als vereinOLG Hamburg ZUM 2002, 480, 481; Schricker/Dietz § 14, Rn. 11 a. Fromm/Nordemann/Hertin §§ 31, 32, Rn. 6. 647 Schricker/Schricker Vor §§ 28 ff., Rn. 101; OLG München ZUM 2007, 60, 61; OLG Hamburg ZUM 1991, 90 – The Pink Panther Theme. 648 Dieser Beteiligungsgrundsatz ist eine wesentliche Zielbestimmung des Urheberrechts, die durch § 11 S. 2 UrhG ausdrücklich hervorgehoben wird; vgl. Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 32, Rn. 9. 645 646
C. Übertragung des verwertungsrechtlichen Elements
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bart (§ 32 Abs. 1 S. 2 UrhG). Ist die vereinbarte Vergütung nicht angemessen, so hat der Urheber nach § 32 Abs. 1 S. 3 UrhG einen Anspruch auf Einwilligung in die Änderung des Vertrages.649 Anknüpfungspunkt für die Wertschätzung und Berechnung der angemessenen Vergütung ist dabei nicht die Nutzungsart, sondern die Einräumung des Nutzungsrechts.650 Daraus folgt, dass bei einer Einigung über eine Nutzungsart eines Werkes, die mehrere Rechte des Urhebers betrifft, auch eine entsprechend höhere Vergütung als die angemessene zu gelten hat. Bei der Klingeltonverwertung beispielsweise ist neben dem Vervielfältigungsrecht auch das Bearbeitungsrecht auf verwertungsrechtlicher Seite betroffen. Dieses muss bei der Berechnung der Vergütung mit berücksichtigt werden. Davon zu unterscheiden ist die weitere Frage, ob der Urheber auch einen angemessenen Vergütungsanspruch für die Einräumung von urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnissen nach § 32 UrhG zusätzlich verlangen kann.651
IV. Bedeutung von § 39 Abs. 2 UrhG 1. Anwendbarkeit Wurde dem Verwerter des vorbestehenden Werkes keine Bearbeitungslizenz im Sinne des § 23 UrhG erteilt, sondern lediglich ein Nutzungsrecht an dem Vervielfältigungsrecht nach § 16 UrhG oder dem Recht der öffentlichen Aufführung nach § 19 UrhG, stellt sich die Frage, ob aufgrund des § 39 Abs. 2 UrhG eine Einwilligung nach § 23 UrhG entbehrlich sein könnte. § 39 Abs. 2 UrhG bestimmt, dass Änderungen des Werkes und seines Titels, zu denen der Urheber seine Einwilligung nach Treu und Glauben nicht versagen kann, zulässig sind.
Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 32, Rn. 4 ff. Der wirtschaftliche Wert von Nutzungsrechten hängt von zahlreichen Faktoren ab: Art und Rang des Werkes, Art und Umfang der Verwertung, Berühmtheit des Urhebers, Wirtschaftskraft des Verwerters; vgl. Wandtke/Bullinger/Wandtke/ Grunert § 32, Rn. 24. 651 Diese Frage muss bejaht werden, vgl. dazu S. 171. 649 650
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Kapitel 4: Das Bearbeitungsrecht im Rechtsverkehr
§ 39 Abs. 2 UrhG ist eine gesetzliche Änderungsbefugnis im Interesse des Nutzungsberechtigten.652 § 39 Abs. 2 UrhG bringt das gegenseitige vertragliche Rücksichtnahmegebot aus § 242 BGB zum Ausdruck.653 Grundsätzlich ist § 39 Abs. 2 UrhG auf § 23 UrhG anwendbar. Andernfalls wäre die Bestimmung gänzlich überflüssig, da sich eine Einschränkung der Ansprüche aus dem Urheberpersönlichkeitsrecht aus §§ 97, 14 UrhG ohnehin über die Interessenabwägung im Rahmen des § 14 UrhG ergibt, die in jedem Fall solche Änderungen zulässt, die der Urheber nach Treu und Glauben hinnehmen muss.654 § 39 Abs. 2 UrhG hätte gegenüber § 14 UrhG nur eine klarstellende Funktion. Aufgrund der systematischen Stellung im Bereich der Nutzungsrechte und damit der Bestimmungen zum Urhebervertragsrechts ist es gerechtfertigt, § 39 Abs. 2 UrhG auf das Bearbeitungsrecht nach § 23 UrhG vollumfänglich anzuwenden. Dieses vor allem vor dem Hintergrund, bei leichten, nicht vermeidbaren Werksänderungen den Urhebern nicht die Ansprüche nach §§ 97, 23 UrhG an die Hand zu geben. Denn dieses würde dem gegenseitigen Rücksichtnahmegebot aus § 242 BGB und der Rechtssicherheit widersprechen.655 In diesem Sinn sind auch die Rechtsprechung und Teile der Literatur zu verstehen.656 Es handelt sich bei § 39 Abs. 2 UrhG jedoch um eine Ausnahmeregelung, der nur ein eingeschränkter Anwendungsbereich zukommen kann.657 Trotz der zu befürwortenden Anwendung des § 39 Abs. 2 UrhG dürfen dass Beteiligungsprinzip des Urhebers aus § 11 S. 2 UrhG wie auch die Zweckübertragungsregel des § 31 Abs. 5 UrhG nicht ausgehöhlt werden. Nur dort, wo die vereinbarte Nutzung bestimmte Eingriffe erfordert, um das Werk überhaupt vereinWandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 39, Rn. 20. Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 39, Rn. 20. 654 So auch Grunert, S. 198 f. 655 So auch Schricker/Dietz § 39, Rn. 7. 656 Vgl. Loewenheim GRUR 1989, 108, 109; Forkel, S. 183: Die Bearbeitung sei ein Spezialfall der Änderung; BGH GRUR 1974, 675, 676 – „Schulerweiterung“: „§ 39 Abs. 2 UrhG gewährt als Ausnahme von dem urheberrechtlichen Änderungsverbot eine beschränkte Abänderungsbefugnis. Zu einer Werknutzung nicht Berechtigte können sich hierauf nicht berufen; ihnen ist jegliche urheberrechtliche Werkverwertung und jeder Eingriff in das Urheberrecht schlechthin versagt.“ 657 Schmelz UFITA III (2005) 705, 742; Schulze ZUM 1993, 255, 256. 652 653
C. Übertragung des verwertungsrechtlichen Elements
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barungsgemäß nutzen zu können, kann eine Änderung in dem für die Nutzung erforderlichen Umfang in Betracht kommen, die sich dann auch auf die verwertungsrechtlichen Ansprüche bezieht.658 Bei einer ausdrücklichen oder konkludenten 659 Einwilligung nach § 23 UrhG können weitergehende Werkbearbeitungen nicht durch § 39 Abs. 2 UrhG gerechtfertigt werden.660 Die Auffassung, die § 39 Abs. 2 UrhG als lex specialis Vorschrift zu § 23 UrhG ansieht, ist damit abzulehnen.661 2. Auswirkung Entsprechend dem unterschiedlichen Grundverständnis der Norm wird das Tatbestandsmerkmal „Treu und Glauben“ verschieden ausgelegt.662 Der Begriff „Treu und Glauben“ findet seine Hauptstütze in § 242 BGB. Dementsprechend lassen sich für § 39 Abs. 2 UrhG keine starren Richtlinien aufstellen. § 39 Abs. 2 UrhG dient der bestimmungsgemäßen Verwendung durch den Nutzungsberechtigten. Es darf nicht zu einer Veränderung des Werkes in seinen wesentlichen Zügen und in seinem wesentlichen künstlerischen Aussagegehalt füh-
Schulze ZUM 1993, 255, 256. Eine konkludente Einräumung liegt nach Grohmann, S. 188 vor: „… wenn der Urheber eine Werkverwertung gestattet, bei deren Einräumung er von vornherein mit der Notwendigkeit von Änderungen rechnen muss, da die Ausübung des Nutzungsrechts sonst nicht möglich wäre und eine ausdrückliche Vereinbarung nach Abs. 1 (§ 39 Abs. 1 UrhG) nicht erfolgt ist. In diesen Fällen gibt der Urheber mit der Einräumung des Nutzungsrechts konkludent seine Zustimmung zu der Vornahme der erforderlichen Änderungen.“ Dagegen Dieselhorst, S. 159, der § 39 Abs. 2 UrhG als einen gesetzlich umschriebenen konkludenten Rechtsausübungsverzicht ansieht. 660 Grohmann, S. 187; Schilcher, S. 167: „Um einen davon zu unterscheidenden Fall handelt es sich aber, wenn die zugestandenen Änderungen entweder vom Urheber nicht überschaubar waren oder nachweisbar gegen seine künstlerische Auffassung erzwungen waren. Dann muss trotz des Vorliegens einer Vereinbarung die Eignung zur Beeinträchtigung bejaht und die Interessenabwägung durchgeführt werden.“; Schricker/Dietz § 14, Rn. 11 c. 661 Kotthoff in Dreyer/Kotthoff/Meckel § 39, Rn. 8; Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 61, dem zustimmend Prill, S. 48, die fälschlicherweise diese Auffassung als die herrschende Meinung ansieht. 662 Grunert, S. 198. 658 659
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Kapitel 4: Das Bearbeitungsrecht im Rechtsverkehr
ren.663 Der Grundsatz der angemessenen Vergütung nach §§ 11 S. 2, 32 UrhG muss bei der Auslegung des Begriffes „Treu und Glauben“ unmittelbar Beachtung finden. Es kann daher im Zusammenhang mit der Rechtfertigung von Eingriffen in das Bearbeitungsrecht nicht die Brachenübung herangezogen werden.664 Damit können Änderungen an dem Musikwerk für den Fall, dass kein Musikbearbeitungsrecht nach § 23 S. 1 UrhG eingeräumt wurde, nur ausnahmsweise in sehr engen Grenzen zulässig sein. § 39 Abs. 2 UrhG kann nämlich nicht dazu führen, dass das Verwertungsrecht des § 23 S. 1 UrhG ins Lehre läuft. Der Urheber muss in der Lage sein, aktiv über die Einräumung des Bearbeitungsrechtes zu entscheiden. Umfasst sind deswegen von § 39 Abs. 2 UrhG nur solche Änderungen, die bei einer Nichteinräumung des Bearbeitungsrechtes unvermeidbar mit dem Nutzungsvorgang zusammenhängen, ohne den Verwerterinteressen des Urhebers und vor allem ohne den Rechten aus §§ 32, 32 a UrhG zuwiderzulaufen. Bei der Interpretation eines Musikwerkes können nur solche Veränderungen gedeckt sein, die nicht unmittelbar mit dem Vortragsvorgang zu tun haben, da es sich in soweit um ein Kernelement des Bearbeitungsrechts nach § 23 UrhG handelt. Nicht vom Künstler oder Dritten beeinflussbare Störungen der Aufführung des Werkes können ausnahmsweise über § 39 Abs. 2 UrhG gerechtfertigt sein.665 Dazu zählt zum Beispiel ein verstimmter Flügel oder eine defekte Lautsprecherbox. Werkelemente können grundsätzlich nur übernommen werden, sofern der Urheber dem Nutzer ein Bearbeitungsrecht eingeräumt hat. Dieses muss auch für die Kürzung im Rahmen der Klingeltonherstellung gelten. § 39 Abs. 2 UrhG kann insofern wieder nur bei Veränderungen greifen, die aufgrund von unvorhergesehenen technischen Vorgängen stattfinden, wie beispielsweise die Wiedergabe über einen schlechten Lautsprecher, der die Qualität des Werkes in einem andeBGH GRUR 1974, 675, 676 – Schulerweiterung; dem folgend OLG München ZUM 1992, 307, 311; so auch Schilcher, S. 168, nur geringfügige Eingriffe könnten von § 39 Abs. 2 UrhG gerechtfertigt sein; ebenso Dieselhorst, S. 160. 664 So aber Schmieder NJW 1990, 1945, 1949. 665 A.A. Schmieder NJW 1990, 1945, 1949. 663
D. Übertragung des urheberpersönlichkeitsrechtlichen Elementes
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ren Licht erschienen lässt oder Fehler, die aufgrund von Datenmängeln entstanden sind. Zu den von § 39 Abs. 2 UrhG gedeckten Handlungen zählt auch das ein- und ausfaden von Musikwerken. Bei der Verbindung von Musikwerken mit anderen Kunstformen kann § 39 Abs. 2 UrhG vereinzelt zur Anwendung gelangen. Werden nur einzelne kurze Filmteile wiederverwendet und die Musik bei der Wiederverwendung nicht übernommen, ist dieses Weglassen nach § 39 Abs. 2 UrhG gerechtfertigt.666 Auch wenn die Filmmusik im Zusammenhang mit dem Originalfilm als Gesamtwerk eine bedeutende Rolle gespielt haben mag, ist dieses bei Filmausschnitten unbeachtlich, sofern die Übernahme der Filmmusikausschnitte aus musikalischer und dramaturgischer Sicht bei der Neuzusammensetzung keinen Sinn ergeben würde. Die Weigerung des Filmkomponisten, dem Weglassen der Filmmusikausschnitte zuzustimmen verstößt gegen Treu und Glauben nach § 39 Abs. 2 UrhG.667 Eine wesentlich größere Bedeutung ist § 39 Abs. 2 UrhG insoweit zuzumessen, als dass der Nutzer hieraus einen Anspruch auf Einräumung eines Bearbeitungsrechts herleiten kann. Ist der Nutzer bereit eine Vergütung im Sinne des § 32 UrhG zu zahlen, so kann sich der Urheber in vielen Fällen nicht darauf berufen, dass er das Bearbeitungsrecht nicht einräumen möchte. Ein Urheber, der einem Interpreten einräumt das Werk aufzuführen, kann sich nicht weigern dass insoweit erforderliche Recht der Bearbeitung nach § 23 UrhG einzuräumen. Dieser Gedanke wird in § 39 Abs. 2 UrhG deutlich. Dann hat aber der Urheber einen Anspruch auf angemessene vertragliche Vergütung nach § 32 UrhG.
D. Übertragung des urheberpersönlichkeitsrechtlichen Elementes I.
Verhältnis von § 14 UrhG zu § 39 UrhG
§ 14 UrhG stellt nach richtiger Auffassung die Grundnorm zu § 39 Abs. 1 UrhG dar.668 Der § 39 Abs. 1 UrhG ist Ausfluss eines Gesamt666 667 668
OLG Hamburg GRUR 1997, 822, 825 – Edgar-Wallace-Filme. OLG Hamburg GRUR 1997, 822, 825 – Edgar-Wallace-Filme. So auch die überwiegende Literaturmeinung: v. Welser, S. 38; Russ ZUM
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Kapitel 4: Das Bearbeitungsrecht im Rechtsverkehr
komplexes der änderungsrechtlichen Vorschriften mit konkretisierender Funktion, die im Zusammenhang zu sehen sind.669 § 14 UrhG ist als allgemein geregeltes Beeinträchtigungs- und Änderungsverbot zu verstehen. § 39 Abs. 1 UrhG bezieht sich auf den konkreten Fall der Möglichkeit der Einschränkbarkeit urheberpersönlichkeitsrechtlicher Änderungsbefugnisse durch den Vertragspartner des Urhebers.670 Die Rechtsprechung671 ging zunächst von einer strikten Trennung der Anwendungsbereiche der Vorschriften aus und stellte dem urheberpersönlichkeitsrechtlich ausgestalteten Beeinträchtigungsverbot nach § 14 UrhG ein verwertungsrechtlich begründetes Änderungsverbot nach § 39 UrhG gegenüber. Schließlich schloss sich der BGH der überwiegenden Auffassung an, wonach § 39 UrhG lediglich eine Klarstellungsfunktion zukommt.672 So kommt im Rahmen der Frage der Übertragbarkeit von urheberrechtlichen Änderungsbestimmungen dem § 39 Abs. 2 UrhG neben der Interessenabwägung über § 14 UrhG keine eigenständige Bedeutung zu. Diskutiert wird in diesem Zusammenhang die Anwendung von § 39 Abs. 2 UrhG im Verhältnis des Eigentümers des Werkstücks zum Urheber sofern diese nicht einen Nutzungsvertrag direkt abge1995, 32, 33; Riekert, S. 128; Schricker/Dietz § 39, Rn. 1; Schilcher, S. 161; Grunert, S. 167; dagegen Fromm/Nordeman/Vinck § 39, Rn. 1: Das Beeinträchtigungsverbot des § 14 UrhG stehe selbständig neben § 39 Abs. 1 UrhG. Während sich § 39 UrhG gegen eine Verletzung des Bestands und der Unversehrtheit des Werks in seiner konkret geschaffenen Gestaltung durch den vertraglichen (§ 39 UrhG) Nutzungsberechtigten richte, beschränke sich § 14 UrhG auf Beeinträchtigungen des persönlichkeitsrechtlichen Bereichs. Dem ist zu widersprechen. Die systematische Stellung des § 14 UrhG spricht für einen änderungsrechtlichen Gesamtkomplex. Der Anwendungsbereich des § 14 UrhG würde auch zu sehr eingeschränkt werden, vgl. Schilcher, S. 56. Zudem widerspricht die Reduzierung des Änderungsverbotes auf die „körperliche Substanz“ (BGH GRUR 1982, 107, 109) dem Schutzgedanken der §§ 14 und 39 UrhG, der sich auf das geistige Eigentum und nicht auf dessen körperliches Substrat beziehen; so auch v. Welser, S. 38; vgl. zum Ganzen Grunert, S. 165 f. 669 Gleiches gilt für §§ 63, 93 UrhG; so auch Schricker/Dietz § 14, Rn. 5; § 39 Rn. 1; Schmelz UFITA III (2005) 705, 739; Schilcher, S. 54, 59; Hertin KUR 2004, 101, 104. 670 Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 39, Rn. 15 f. 671 BGH GRUR 1982, 107, 109 – Kirchen-Innenraumgestaltung. 672 BGH ZUM 1999, 146, 148 – Treppenhausgestaltung; BGH GRUR 1974, 675, 676 – Schulerweiterung.
D. Übertragung des urheberpersönlichkeitsrechtlichen Elementes
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schlossen haben.673 Die überwiegende Auffassung lässt insoweit eine analoge Anwendung des § 39 Abs. 2 UrhG zu.674 Für eine analoge Anwendung besteht nur Bedarf, sofern eine planwidrige Regelungslücke gegeben ist.675 Bezüglich der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnisse besteht aufgrund der vorzunehmenden Interessenabwägung im Rahmen des § 14 UrhG kein Bedarf für eine analoge Anwendung. Die Grundsätze von Treu und Glauben nach § 242 BGB sind bei unbestimmten Rechtsbegriffen im Zivilrecht ohnehin anwendbar.676 II. Übertragbarkeit 1. Entwicklung Das frühere deutsche LUG 677 hatte in § 8 Abs. 3 LUG keine Zweifel an der Übertragbarkeit des Urheberrechts gelassen.678 Ebenso ließ § 10 Abs. 3 KUG die unbeschränkte Übertragbarkeit zu.679 Rechtlich gesehen war damit der Erwerber Rechtsnachfolger des Urhebers.680 Grund für die Übertragbarkeit war die noch nicht wesentlich ausgestaltete urheberpersönlichkeitsrechtliche Seite zu Zeiten der Jahrhundertwende.681 Die Rechtsentwicklung arbeitete in der Folge den Schricker/Dietz § 39, Rn. 25. Vgl. Schricker/Dietz § 39, Rn. 25; einschränkend Wandtke/Bullinger/Wandtke/ Grunert § 39, Rn. 21: nur für den berechtigten Werknutzer gilt § 39 Abs. 2 UrhG; BGH GRUR 1974, 675, 676 – Schulerweiterung: Die Privilegierung komme aber nur dem Lizenznehmer zugute: „§ 39 Abs. 2 UrhG gewährt als Ausnahme von dem urheberrechtlichen Änderungsverbot eine beschränkte Abänderungsbefugnis. Zu einer Werknutzung nicht Berechtigte können sich hierauf nicht berufen; ihnen ist jegliche urheberrechtliche Werkverwertung und jeder Eingriff in das Urheberrecht schlechthin versagt.“ 675 Palandt/Heinrichs Einleitung, Rn. 48. 676 Palandt/Heinrichs § 242, Rn. 1, 2. Etwas anderes ergibt sich aber bezüglich der verwertungsrechtlichen Interessen des Urhebers. Insoweit findet § 14 UrhG keine Anwendung. Die verwertungsrechtliche Seite ist ausschließlich in § 23 UrhG geregelt. 677 Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst vom 19. Juni 1901 (RGBl. S. 227)/22. Mai 1910 (RGBl. S. 793). 678 Hilty, FS für Rehbinder, S. 259, 261; Forkel, S. 169. 679 Forkel, S. 169. 680 Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 71. 681 Rehbinder Rn. 29; Forkel, S. 169 f. 673 674
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Kapitel 4: Das Bearbeitungsrecht im Rechtsverkehr
Schutz persönlicher Urheberrechtsinteressen aus.682 Zunächst entwickelte sich die Lehre vom Urheberrecht als Persönlichkeitsrecht, wonach der Schutz des Urheberrechts im wesentlichen als Schutz der persönlichen Interessen des Urhebers verstanden wurde.683 Daran anschließend wurde die dualistische Theorie begründet, die vorsah, dass die ausschließlichen Rechte an einem vermögenswerten Gut – dem eigentlichen Urheberrecht – scharf zu trennen seien von einem ohne spezifischen urheberrechtlichen Gehalt bestehen Individualrecht 684. Demgegenüber besagte die in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelte monistische Theorie, dass das Urheberrecht nicht ein Doppelrecht sei, mithin nicht in einen vermögensrechtlichen und einen persönlichkeitsrechtlichen Teil aufzuspalten sei. Das vermögensrechtliche und das persönlichkeitsrechtliche Element seien immanente Bestandteile eines einheitlichen Rechts.685 Aus dem Monismus heraus wurde entgegen der Regelung des § 8 LUG vertreten, dass der Kern des Urheberpersönlichkeitsrechts unübertragbar sei.686 2. Heutige Ansätze in Lehre und Praxis § 29 Abs. 1 UrhG bestimmt, dass das Urheberrecht nicht übertragbar ist. Damit sollte der monistische Ansatz umgesetzt werden.687 Zulässig sind nach § 29 Abs. 2 UrhG die Einräumung von Nutzungsrechten (§ 31), schuldrechtliche Einwilligungen und Vereinbarungen zu
Forkel, S. 169. Rehbinder Rn. 29. Prominentester Vertreter dieser Lehre war Otto von Gierke, der in dem Band I seines Deutschen Privatrechts die grundlegenden Gedanken dieser Lehre festlegte. Wie aktuell diese Auffassung in der heutigen Zeit ist, zeigt sich gerade bei der Frage des richtigen Verständnisses von der Rechtsnatur und Wirkungsweise des Bearbeitungsrechts; siehe S. 124 ff. 684 Bekanntester Vertreter dieser Theorie war Josef Kohler; vgl. Kohler, S. 123 ff.; darstellend Hilty, FS für Rehbinder, S. 259, 261; Rehbinder Rn. 30; grundsätzlich zur dualistischen Theorie vgl. Riezler, S. 18 ff.; Ulmer, S. 112 f. 685 Riezler, S. 18; Hilty, FS für Rehbinder, S. 259, 263; Rehbinder Rn. 31; Ulmer, S. 114 ff. 686 Hilty, FS für Rehbinder, S. 259, 263; Hörnig UFITA 99 (1985) 13, 72; BGH GRUR 1961, 40, 41 – Straßen von gestern und morgen. 687 Rehbinder Rn. 542. 682 683
D. Übertragung des urheberpersönlichkeitsrechtlichen Elementes
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Verwertungsrechten sowie die in § 39 Abs. 1 UrhG geregelten Rechtsgeschäfte über Urheberpersönlichkeitsrechte.688 Eine eindeutige Regelung darüber, ob Verfügungen über urheberpersönlichkeitsrechtliche Befugnisse möglich sein sollen, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen.689 Um einen freien Rechtsverkehr mit dem Geistigen Eigentum zu ermöglichen, besteht ein Bedürfnis die Wirkung der Urheberpersönlichkeitsrechte einzuschränken bzw. von dem Dogma der vollständigen Verbundenheit mit der Person des Urhebers zu lösen. Dies wird in § 29 Abs. 2 UrhG angedeutet, zeigt sich aber noch deutlicher in der Interessenabwägung des § 14 UrhG, bzw. in der in § 39 Abs. 1 UrhG vorgesehen Möglichkeit in die Änderungen eines Werkes einzuwilligen, wie auch der in § 39 Abs. 2 UrhG erwähnten Duldungspflicht. Die Rechtsnatur des Bearbeitungsrechts nach § 23 UrhG legt ebenfalls eine Übertragungsmöglichkeit urheberpersönlichkeitsrechtlicher Befugnisse nahe.690 Seit langer Zeit werden Möglichkeiten bezüglich der Frage der Übertragbarkeit von Urheberpersönlichkeiten im allgemeinen und der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnisse im besonderen diskutiert, ohne dass sich eine für die Praxis verlässliche Richtung durchgesetzt hat.691 a. Keine Verfügung mit dinglicher Wirkung Ein Teil der Literatur geht von einer Unübertragbarkeit des Urheberpersönlichkeitsrechtes – und damit auch der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnisse aus § 14 UrhG – als Ganzes, wie auch seiner Bestandteile, aus.692 Für die Übertragung urheberpersönlichkeitsrechtlicher Befugnisse mit dinglicher Wirkung fände sich weder eine Rechtsgrundlage noch ein Schutzbedürfnis des VerwerVgl. auch Rehbinder Rn. 542. Rehbinder Rn. 592. 690 Vgl. dazu S. 124 ff. 691 Vgl. die ausführlichen Darstellungen bei Osenberg, S. 28 ff.; Forkel, S. 168 ff.; Leßmann, S. 72 ff.; Dieselhorst, S. 134 ff. 692 Fromm/Nordemann/Hertin Vor § 12 UrhG, Rn. 4; Schilcher, S. 152 ff., 161; Leßmann, S. 74 ff.; Schricker, FS Hubmann, S. 409, 413; Dieselhorst, S. 139 ff.; Osenberg, S. 28 ff. 688 689
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Kapitel 4: Das Bearbeitungsrecht im Rechtsverkehr
ters.693 Eine Unübertragbarkeit ergäbe sich aus der Begründung zum Regierungsentwurf, wie auch direkt aus § 29 Abs. 1 UrhG.694 Ebenso wird vertreten, dass der Urheber weder auf das Urheberpersönlichkeitsrecht in seiner Gesamtheit, noch auf die einzelnen Befugnisse mit dinglicher Wirkung verzichten könne.695 Lediglich die Begründung fällt unterschiedlich aus. Während zum Teil die dinglich wirkende Unverzichtbarkeit aus § 29 UrhG hergeleitet wird,696 stellen andere auf § 8 Abs. 4 S. 1 UrhG bzw. § 138 Abs. 1 BGB ab.697 Auch wenn sowohl ein dinglicher Verzicht bzw. eine dingliche Übertragung ausscheide, so lassen die Vertreter dieser Ansicht aus praktischen Erwägungen heraus eine vertragliche Beschränkung des Urheberpersönlichkeitsrechts zu.698 Die Konstruktion und Rechtfertigung einer solchen nicht dinglich wirkenden Beschränkung fällt unterschiedlich aus.
693 Fromm/Nordemann/Hertin Vor § 12 UrhG, Rn. 4; Schilcher, S. 152 ff.; Leßmann, S. 74 ff.: „Das Urheberpersönlichkeitsrecht schützt mit dem Werk eines der Güter, mit deren Hilfe der Mensch seine Persönlichkeit entfaltet. Im Werk verwirklicht sich der sittliche Persönlichkeitswert seines Schöpfers, in ihm wird der Wert seiner Individualität realisiert und ausgeprägt“; Leßmann sieht nur die Möglichkeit, dass der Urheber dem Verwerter ein Recht zur Ausübung gestatten könne; vgl. Leßmann, S. 78; Osenberg, S. 17 f. leitet die Unübertragbarkeit vor allem aus einer Parallele zum Allgemeinen Persönlichkeitsrecht und der monistischen Theorie ab. Dieselhorst spricht sich ebenfalls gegen die Möglichkeit einer Übertragung mit dinglicher Wirkung aus; vgl. Dieselhorst, S. 135. 694 So Osenberg, S. 18; Alemdjoro, S. 108 unter Verweis auf die Vorbemerkung zu den §§ 28 ff. UrhG; Dieselhorst, S. 135 zum § 29 S. 2 UrhG alte Fassung. 695 V. Welser, S. 58, 59; Dieselhorst, S. 139. 696 Rehbinder Rn. 301; Schricker, FS Hubmann, S. 409, 413; Schilcher, S. 156 f., 159: Schilcher geht bei urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnissen von der Möglichkeit einer obligatorischen, einem Verzicht gleich kommenden Verpflichtung aus, die unter § 39 Abs. 1 UrhG falle. 697 V. Welser S. 59; vgl. Ventroni, S. 147. 698 Leßmann, S. 79; Osenberg, S. 26 ff.: „Es ist richtig, dass ein völlig unabdingbares UPR in Widerspruch zu berechtigten Interessen des Nutzungsberechtigten geriete, was letztlich zu Lasten der Verwertbarkeit des Werkes ginge. Dem Urheber der an seinem Werk aber auch verdienen will, wäre damit nicht geholfen. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass seine ideellen Befugnisse kein isoliertes Sonderdasein führen, sondern im Verbund mit den Verwertungsrechten stehen. Beide Seiten des einen Urheberrechts beeinflussen und bedingen sich gegenseitig. Diese Aussage der vom Gesetzgeber übernommenen – monistischen – Theorie drängt in der Verzichtsfrage zu Zugeständnissen an die Verwertbarkeit.“
D. Übertragung des urheberpersönlichkeitsrechtlichen Elementes
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Teilweise wird auf die §§ 23, 39 UrhG abgestellt.699 Schließlich werden der § 41 Abs. 4, S. 1 und § 42 Abs. 2, S. 1 UrhG bemüht.700 Dem Verzicht komme statt einer dinglichen eine schuldrechtliche Wirkung zu, es handele sich um einen „Rechtsausübungsverzicht“.701 Die schuldrechtliche Wirkung wird von einigen Vertretern durch die Annahme eines Erlassvertrages im Sinne des § 397 BGB zwischen Urheber und Verwerter erreicht 702, wobei unterschiedliche Auffassungen darüber bestehen, ob einem solchen Erlassvertrag auch antizipierende Wirkung zukommen kann.703 Andere sehen in dem Verzicht eine tatbe-
Schilcher, S. 159; Grohmann, S. 185. Schricker, FS Hubmann, S. 409, 416; Schilcher, S. 160; Dieselhorst, S. 139. § 41 Abs. 4, S. 1 bestimmt, dass der Urheber im voraus nicht auf sein Rückrufsrecht verzichten kann, während § 42 Abs. 2, S. 2 UrhG vorsieht, dass auch der Rechtsnachfolger des Urhebers unter bestimmten einschränkenden Bedingungen das Rückrufsrecht mit der Folge des Erlöschens des Nutzungsrechts ausüben kann. 701 Dieselhorst, S. 139; Ventroni, S. 145; Fromm/Nordemann/Hertin Vor § 12, Rn. 5; v. Welser, S. 64 f.; Schilcher, S. 159; Osenberg, S. 43, 44, der den Gedanken der Zweckübertragungsregel anwendet. Gegen eine schuldrechtliche Wirkung, Forkel, S. 184: dadurch würde man „zwischen das Recht zur Auswertung und das Recht über Änderungen zu befinden einen Keil treiben. Es gäbe dann Schwierigkeiten, wenn der Inhaber eines übertragenen Nutzungsrechts, dem bestimmte Änderungen freigestellt worden waren, seine Position veräußert; denn dann wäre der Zusammenhang gelöst, und alle Versuche, auch bei dem weiteren Erwerbe oder seinen Rechtsnachfolgern jeweils die Berechtigung anzuerkennen, im gleichen Umfang Änderung vornehmen zu können, wie sie dem Veräußerer freistanden, wären mit unbefriedigenden und umständlichen Konstruktionen verbunden.“ 702 Schricker, FS Hubmann, S. 409, 413; Seetzen, S. 64; Rehbinder Rn. 594, der daneben aber auch eine dinglich wirkende Vereinbarung zulässt. 703 Für einen antizipierten Verzicht Fromm/Nordemann/Hertin Vor § 12, Rn. 5; wohl auch Schricker, FS Hubmann, S. 409, 414 f., 417; nicht eindeutig Ventroni S. 148 f.; gegen die Möglichkeit eines Erlassvertrages mit antizipierender Wirkung spricht sich Dieselhorst, S. 140 f. aus: „Die Annahme eines Erlassvertrages setzt das Bestehen eines Anspruchs voraus, der erlassen werden kann. Das Urheberpersönlichkeitsrechts selbst ist jedoch kein Anspruch, sondern eine – wie festgestellt dinglich unverzichtbare – Rechtsposition, aus der konkrete Ansprüche erwachsen können. Nur diese sich aus dem Urheberpersönlichkeitsrecht ergebenden Ansprüche, nicht jedoch das Urheberpersönlichkeitsrecht können durch einen Erlassvertrag zum Erlöschen gebracht werden. Die Konstruktion eines Erlassvertrages ist daher nicht möglich in den Fällen, in denen der Urheber im voraus auf die Geltendmachung bestimmter Rechte verzichten will.“ 699 700
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standliche 704 oder rechtfertigende Einwilligung 705 gegeben, während zum Teil von einer schuldrechtlichen Nichtausübungsabrede ausgegangen wird (pactum de non petendo).706 Die Möglichkeit einer „Überlassung zur Ausübung“ wird ebenfalls vertreten.707 Nach Kroitzsch bedürfe es keiner vertraglichen Konstruktion, da es bei einer Billigung einer Werkänderung durch den Urheber an einer Interessengefährdung nach § 14 UrhG mangele.708 b. Verfügung mit dinglicher Wirkung Teilweise werden Verfügungen mit dinglicher Wirkung über Urheberpersönlichkeitsrechte als zulässig erachtet. Einige Autoren lassen dabei die Teilübertragbarkeit urheberpersönlichkeitsrechtlicher Befug-
V. Welser, S. 62. V. Gamm § 14, Rn. 7. Dagegen wird angebracht, dass dadurch tatbestandlich ein rechtswidriger Eingriff vorläge, obwohl der Wille der Parteien dahin ginge, dass der Einwilligungsempfänger rechtmäßig handele; vgl. Götting, S. 146; v. Welser, S. 60. Auch Dieselhorst, S. 141 spricht sich gegen die Möglichkeit einer rechtfertigenden Einwilligung aus: „Gegen die Annahme einer rechtfertigenden Einwilligung in eine Rechtsverletzung spricht, dass damit solche Fälle nicht erfasst werden können, in denen der Urheber nicht auf die Ausübung eines Abwehrrechts – z.B. Untersagung der Werkveränderung –, sondern eines positiven Forderungsrechts verzichtet – z.B. die Geltendmachung des Zugangsrechts. Denn in diesen Fällen fehlt es an einem rechtswidrigen Eingriff, in den der Urheber einwilligen könnte.“ 706 So Dieselhorst, S. 141; Alemdjordo, S. 111; vgl. die ausführliche Darstellung bei Schricker, FS Hubmann, S. 409, 414 ff. 707 Leßmann, S. 79; wohl auch Ulmer GRUR 1971, 40, 41 f., der ausführt, dass das Urheberpersönlichkeitsrecht in seinem Kern nicht übertragbar sei, doch sei nicht jede Disposition über persönlichkeitsrechtliche Befugnisse ausgeschlossen. Der Urheber könne andere zur Geltendmachung ermächtigen. 708 Möhring/Nicolini/Kroitzsch § 14, Rn. 28: „Billigt allerdings der Urheber eine Entstellung im konkreten Falle – z.B. Wiedergabe einer Symphonie durch Jazzkapellen – und erklärt er, dass er auch künftigen Aufführungen nicht widersprechen werde, so sind ohne das Hinzutreten weiterer Umstände dadurch seine berechtigten Interessen nicht mehr gefährdet. Der Annahme eines Erlassvertrages oder ähnlicher Vertragskonstruktionen bedarf es nicht.“ Diese Auffassung ist rechtlich nur schwer haltbar, da auch eine Billigung zunächst rechtlich einzuordnen ist, bevor sie im Rahmen einer Interessenbewertung bei § 14 UrhG berücksichtigt werden kann. 704 705
D. Übertragung des urheberpersönlichkeitsrechtlichen Elementes
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nisse mit dinglicher Wirkung zu.709 Andere stellen auf die Möglichkeit eines dinglichen Teilverzichts ab.710 Eine Übertragung soll dabei nur gebunden bzw. translativ erfolgen können. Unter gebundener Übertragung oder translativer wird die beschränkte Übertragung eines Urheberpersönlichkeitsrechts mit dinglicher Wirkung verstanden, wobei ein Stammrecht bei dem Urheber verbleibt: 711 „Eine solche Übertragung vermeidet eben das, was das UrhG vermieden haben will: den Verlust der ständigen persönlichen Beziehung des Urhebers zu seinem geistigen Kind“.712
Das Spannungsverhältnis zwischen Urheberpersönlichkeitsrecht und Einräumung von Nutzungsrechten führe notwendigerweise zu der Zulässigkeit einer Teilübertragung. Die Einführung sowohl des Prinzips der Unübertragbarkeit in § 29 Abs. 1 UrhG auf der einen Seite und der Möglichkeit der Einräumung von dinglich wirkenden Nutzungsrechten auf der anderen, führe zu einer Regelungslücke bezüglich der Frage der Teilübertragbarkeit.713 Im übrigen sei die Übertragbarkeit auch in den §§ 12, 37 Abs. 1 und 39 Abs. 1 UrhG niedergelegt.714 Aus der Formulierung „im Zweifel“ des § 37 Abs. 1 UrhG lasse sich die Übertragbarkeit zumindest des Veröffentlichungsrechtes schließen. Aus § 39 Abs. 1 UrhG ergäbe sich nach Forkel für die Ver709 Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert Vor §§ 31 ff., Rn. 34; Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff., Rn. 27; Schiefler GRUR 1960, 156, 159; v. Gamm Einf., Rn. 29, § 11, Rn. 7: bejaht bei den urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbestimmungen nur eine Übertragbarkeit bezüglich des Änderungsrechts nach § 39 UrhG, nicht hingegen des nach ihm weitergehenden Rechts der Entstellung; Rehbinder Rn. 598; grundlegend Forkel, S. 178 ff. 710 Fromm/Nordemann/Hertin Vor § 12, Rn. 5; Ventroni, S. 148 f.; 177 ff.; Schricker/ Dietz Vor §§ 12, Rn. 28, der sowohl den Teilverzicht, als auch die Teilübertragung mit dinglicher Wirkung für zulässig erachtet; Wandtke/Bullinger/Block § 29, Rn. 17. 711 Der Begriff der gebundenen Übertragung geht auf Forkel zurück: Forkel NJW 1993, 3181, 3182; Forkel, S. 178 ff.; Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff., Rn. 26, 28: der neben der Teilübertragbarkeit auch den Teilverzicht für möglich hält; Rehbinder Rn. 320; Alemdjrodo S. 106; so wohl auch Russ ZUM 1995, 32, 34; Schilcher, S. 154 f. spricht sich für ein obligatorisches Rechtsgeschäft zwischen Urheber und Werknutzendem aus. 712 Forkel, S. 192. 713 Forkel, S. 169, 197 ff.; Rehbinder Rn. 320. 714 Forkel, S. 184.
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werter von Urheberrechten nicht nur eine gewisse Freiheit zur Abänderung, sondern § 39 Abs. 1 UrhG sei vielmehr so zu verstehen, „dass er Übertragungsgeschäfte erlaubt, bei denen dem Erwerber diese Berechtigung – gemeinsam mit dem Verwertungsrecht – eingeräumt wird“.715 Dadurch sieht Forkel aber die Übertragbarkeit von persönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnissen auf den Lizenznehmer beschränkt. Nach Auffassung des BGH konnte in dem Fall der Tagebücher der Cosima Wagner „(...) die Herrschaftsmacht über die Tagebücher, deren sie (Tochter der Cosima Wagner) zur Durchführung der ihr anvertrauten Aufgabe bedurfte, nur erlangen, wenn eine Spaltung der Rechtsträgerschaft der aus dem Eigentum und dem Urheberrecht an den Tagebüchern fließenden Befugnissen vermieden wurde. Dieses Ziel aber konnte nur durch eine Übertragung auch des Urheberrechts an den Tagebüchern auf Eva Chamberlain (Tochter der Cosima Wagner) sichergestellt werden.“ 716
Bei dem Veröffentlichungsrecht ist nach Auffassung des BGH eine Übertragung unter Lebenden nicht ausgeschlossen: „Das Veröffentlichungsrecht ist vielmehr in den urheberrechtlichen Nutzungsrechten an dem Werk, die übertragbar sind, in der Regel mit enthalten. Die Verfügung über ein Benutzungsrecht schließt im allgemeinen zwangsläufig eine Verfügung über das Veröffentlichungsrecht ein, da andernfalls die meisten am Urheberrechtsgut eingeräumten Verwertungsrechte nicht ausgeübt werden können.“ 717
Weiter ließ der BGH keinen Raum für eine Interessenabwägung im Rahmen des § 14 UrhG, sofern eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung erfolgte, die von der ausdrücklichen Bearbeitungsgenehmigung des § 23 UrhG gedeckt war. Er deutete die Übertragung der Bearbeitungsrechte als mögliche Zustimmung in entstellende Veränderungen des Werkes.718 Ob der BGH aufgrund dieser Wertung von einer Teilübertragung urheberpersönlichkeitsrechtlicher Befugnisse im Zusammenhang mit der Veränderung eines Werkes ausgeht oder diese dogmatisch eher als Verzicht auf die Berufung urheber-
715 716 717 718
Forkel, S. 181, 184, 185. BGHZ 15, 249, 256 – Tagebücher der Cosima Wagner. BGHZ 15, 249, 258 – Tagebücher der Cosima Wagner. BGH GRUR 1989, 106, 107, 108 – Oberammergauer Passionsspiele II.
D. Übertragung des urheberpersönlichkeitsrechtlichen Elementes
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persönlichkeitsrechtlicher Befugnisse verstanden wissen will, lässt die Entscheidung offen.719 In der Entscheidung „Treppenhausgestaltung“ führt der BGH aus 720, dass der Inhaber eines ausschließlichen Nutzungsrechts nicht aufgrund dieser Rechtsstellung befugt sei, die letztlich auf dem Urheberpersönlichkeitsrecht beruhenden Ansprüche aus dem § 97 UrhG wegen Verletzung des Änderungsverbots geltend zu machen; ihm müsse vielmehr vom Urheber durch einen eigenen wenn auch möglicherweise stillschweigend vorgenommenen Rechtsakt die Befugnis zur Geltendmachung auch urheberpersönlichkeitsrechtlicher Ansprüche erteilt werden. c. Kerntheorie 721 Sowohl die Auffassung, die sich nur für eine schuldrechtliche Einschränkbarkeit des Urheberpersönlichkeitsrechts einsetzt, als auch die Vertreter der dinglichen Verfügungsmöglichkeit gehen überwiegend davon aus, dass ein „Kern“ bzw. „Stammbereich“ des Urheberpersönlichkeitsrechts nicht übertragen werden könne bzw. unverzichtbar sei.722 Der unübertragbare Restbestandteil sei nicht absolut festgelegt, sondern jeweils durch eine Abwägung der Interessen der Beteiligten zu finden. Das Bedürfnis eines unantastbaren Kernbe-
A.A. Forkel, S. 172, der die Entscheidung „Cosima Wagner“ als eindeutige Hinwendung des BGHs zur Anerkennung der Übertragbarkeit urheberpersönlichkeitsrechtlicher Befugnisse begreift. Das OLG Hamburg schließt ebenfalls eine Übertragbarkeit nicht aus, vgl. OLG Hamburg GRUR 1991, 599, 600 – Rundfunkwerbung. 720 BGH ZUM 1999, 146, 147 f. – Treppenhausgestaltung. 721 Schon von Gierke, S. 706 führte aus: „Die Persönlichkeitsrechte sind als solche keine Vermögensrechte. Sie können jedoch gleich den Rechten an anderer Persönlichkeit (…) einen vermögensrechtlichen Inhalt aus sich entfalten oder in sich aufnehmen. In dem Maße, in dem ihr so erlangter Vermögenswert in den Vordergrund tritt, werden sie einer vermögensrechtlichen Ordnung zugänglich. Immer bleibt aber ihr personenrechtlicher Kern unversehrt.“ Auch das Reichsgericht lässt eine Anerkennung der „Kerntheorie“ erkennen, vgl. RGZ 123, 312, 320 – Wilhelm Busch; vgl. hierzu auch Metzger, S. 52. 722 Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff., Rn. 27, 28; Schricker, FS Hubmann, S. 409, 413; Forkel, S. 193, 210; Schiefler GRUR 1960, 156, 159; v. Gamm Einf., Rn. 29; Seetzen, S. 43 f.; Rittstieg NJW 1970, 648; Osenberg, S. 46; Schilcher, S. 162; Ulmer, S. 217; Grohmann, S. 159 f. 719
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reichs ergäbe sich aus § 29 Abs. 1 UrhG und damit verbunden aus der Natur des Urheberpersönlichkeitsrecht als solchem.723 Der Bundesgerichtshof lässt in der Entscheidung „Cosima Wagner“ 724 eine Anerkennung der Kerntheorie deutlich erkennen, ohne dabei jedoch die Kerntheorie im einzelnen zu begründen oder herzuleiten. Bei dem Urheber sollen „(...) bei Verfügungen über das Urheberrecht regelmäßig auch andere persönlichkeitsrechtliche Befugnisse, wie das Recht – auch bei Übertragung der Änderungsbefugnis – gegen Verstümmelung oder sinnentstellende Wiedergabe seines Werkes vorzugehen“725
verbleiben. „Die Verfügung über ein Benutzungsrecht schließt im allgemeinen zwangsläufig eine Verfügung über das Veröffentlichungsrecht ein, da andernfalls die meisten am Urheberrechtsgut eingeräumten Verwertungsrechte nicht ausgeübt werden können.726 (...) Die Grenze bildet der unverzichtbare Kernbestandteil des Urheberpersönlichkeitsrechtes, der lediglich dann angetastet wird, wenn durch die Art der Ausübung der übertragenen Befugnisse die geistigen und persönlichen Beziehungen des Urhebers zu seinem Werk schwerwiegend gefährdet oder verletzt werden.“ 727
Der unverzichtbare Kern ist also nach der Rechtsprechung dann verletzt, wenn eine schwerwiegende Gefährdung oder Verletzung vorliegt. Zur Frage der Betroffenheit des Kernbereichs bei urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnissen finden sich in der urheberrechtlichen Literatur zwei Hauptansätze. Verletzt sei der Kernbereich mit der Konsequenz einer Verneinung einer dinglichen oder schuldrechtlichen Beschränkungsmöglichkeit
723 Schricker, FS Hubmann, S. 409, 413: der darauf hinweist, das unter Miturhebern gemäß § 9 Abs. 4 UrhG a.F. nunmehr § 8 Abs. 4 UrhG ein vollständiger Verzicht auf den Anteil an den Verwertungsrechten möglich sei; das Urheberpersönlichkeitsrecht bleibe davon aber unberührt; Grohmann, S. 158; Schilcher, S. 165; Forkel, S. 190. 724 BGHZ 15, 249, 257 – Tagebücher der Cosima Wagner. 725 BGHZ 15, 249, 257 – Tagebücher der Cosima Wagner. 726 BGHZ 15, 249, 258 – Tagebücher der Cosima Wagner. 727 BGHZ 15, 249, 260 – Tagebücher der Cosima Wagner.
D. Übertragung des urheberpersönlichkeitsrechtlichen Elementes
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dann, wenn ein Fall des § 138 BGB vorläge.728 Andere sehen den Kernbereich ähnlich wie die Rechtsprechung bei „ganz erheblicher Beeinträchtigung“ betroffen und beziehen sich bei urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnissen auf § 14 UrhG.729 Unterschiede werden bei den Kriterien gemacht die letztendlich zu einem Fall des § 138 BGB führen bzw. eine „ganz erhebliche Beeinträchtigung“ darstellen. Rechte zum Schutz der geistigen, werkbezogenen Interessen seien im Gegensatz zu den persönlichen Interessen verzichtbar.730 Zu den personenbezogenen Rechten gehöre auch das Recht der Werkentstellung nach § 14 UrhG, sofern dadurch der Ruf des Urhebers geschädigt werde. Ansonsten könne das Recht auf Werkintegrität der Disposition des Urhebers überlassen werden.731 Andere sehen nur die Möglichkeit einer Einzelfallbetrachtung, die sich an der 728 Dieselhorst, S. 143; Alemdjoro, S. 112; Seetzen, S. 64; dagegen Schilcher, S. 163: „solche (…) präzisen sittlichen Vorstellungen oder gesicherte Kulturauffassungen lassen sich jedoch hinsichtlich des UPR nicht feststellen, und auch anhand rechtlicher Wertungsdirektiven lässt sich § 138 BGB nicht konkretisieren“. 729 Osenberg, S. 41: „Der Verzicht darf die ideellen Interessen des Urhebers nicht schwerwiegend gefährden oder verletzen“; Forkel, S. 193, 209 f., der aber gleichzeitig die Möglichkeit anerkennt, dass der Werkschöpfer konkrete Eingriffe gestatten kann und so verbindlich entscheiden könne was nicht als Beeinträchtigung im Sinne des § 14 UrhG zu werten sein. Eine „ganz erhebliche Beeinträchtigung“ könne aber wegen § 14 UrhG, bzw. § 93 UrhG für den Bereich des Films nicht gestattet werden, Forkel, S. 183; Ulmer, S. 381; Grohmann, S. 159 ff.; so aber auch die ältere Rechtsprechung, vgl. OLG Hamm GRUR 1967, 260, 262 – „Irene von Velden“ zur Frage, wem die Rechte an einem Verlagspseudonym gebühren; KG UFITA 4 (1931) 527, 531 zum alten § 8 Abs. 3 LitUG zog die Unveräußerlichkeit auch von Teilen des Urheberpersönlichkeitsrechts, trotz des entgegenstehenden Wortlautes des § 8 Abs. 3 LitUG, aus der vom Reichsgericht anerkannten Unveräußerlichkeit des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Verbindung mit § 9 LitUG, wovon auch Werksänderungen mit umfasst sein sollten. 730 Peter UFITA 36 (1962) 257 ff., Seetzen, S. 49 ff.; Schilcher, S. 157: „Dagegen sind die persönlichen Interessen, wenn sie nur Ehre, Ruf und Namen des Urhebers und nicht sein Interesse am Werk schützen sollen, ihrem Wesen nach höchstpersönlich und als solche unverzichtbar.“ 731 Peter UFITA 36 (1962) 257, 278 f.; dagegen Dieselhorst: „Zum einen muss Peters Versuch, aus der Werkbezogenheit eines Rechtes ein Kriterium für seine Verzichtbarkeit herzuleiten, deswegen fehlschlagen, weil (…) zwischen werkbezogenem und nicht-werkbezogenem Persönlichkeitsrecht nicht klar unterschieden werden kann. Zwischen beiden bestehen fließende Übergänge.“ Auch Schilcher, S. 164 sieht das Bedürfnis des Urhebers in verletzende Entstellungen oder Verstümmelungen einwilligen zu können.
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Gestaltungshöhe des Werks und der Schwere der Beeinträchtigung 732 oder der Vorhersehbarkeit der Verletzung 733 orientieren müsse. Hilty stellt das Dogma von der Unübertragbarkeit des Urheberpersönlichkeitsrechts grundsätzlich in Frage und spricht sich statt dessen für ein wirkungsvoll ausgestaltetes Urhebervertragsrecht aus.734 d. Vorhersehbarkeitslehre Viele Autoren schließen im Rahmen der Zulässigkeit eines Teilverzichts bzw. einer Teilübertragung die Möglichkeit eines Pauschalverzichts oder einer Pauschaleinwilligung in die Verletzung von Urheberpersönlichkeitsrechten aus.735 Da eine Vorhersehbarkeit in die Rechtsverletzung bei Pauschaleinwilligung nicht gegeben sei, wird eine solche als unzulässig erachtet. In Entsprechung zu dem Rechtsgedanken des § 31 Abs. 4 a. F. UrhG und vor allem der Zweckübertragungsregel des § 31 Abs. 5 UrhG müsse der Urheber erkennen können, welche Konsequenz seine Einwilligung habe.736 Eine wirksame Einwilligung in die Verletzung von Urheberpersönlichkeitsrechten sei nur möglich, wenn der Urheber einem konkreten Eingriff zustimme. Ein solcher konkreter Eingriff könne sich nach vereinzelten Stimmen auch auf den Kernbereich des Urheberpersönlichkeitsrechts beziehen.737 Nur bei der im Einzelfall in Rede stehenden Werkänderung sei ein Verzicht möglich. Ein Verzicht könne auch konkludent erfolgen.738 Die Situation sei vergleichbar mit der Vorauseinräumung von Dieselhorst, S. 145 f. der zu dem Ergebnis kommt, dass nur in „krassen“ Ausnahmefällen ein Verzicht wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB unwirksam sei und solche Fälle bis dato in der gerichtlichen Praxis nicht aufgetreten seien. 733 Schilcher, S. 165; Dieselhorst, S. 147; siehe S. 156 f. 734 Hilty, FS für Rehbinder, S. 261, 282. 735 Hertin KUR 2004, 101, 108; Dreier/Schulze Vor §§ 12, Rn. 12; Ventroni, S. 150; Schricker/Dietz Vor §§ 12, Rn. 28; Forkel, S. 194; Schilcher, S. 165. 736 Schricker/Dietz Vor §§ 12, Rn. 28; Schilcher, S. 171 ff.; Leßmann, S. 83; Klees/ Lange CR 2005, 684, 688; Metzger, S. 56. 737 Schricker, FS Hubmann, S. 409, 419; Schricker, S. 94: Der unübertragbare Bestandteil des Urheberpersönlichkeitsrechts werde dadurch gesichert, „daß es (das Urheberpersönlichkeitsrecht) durch Konzedierung konkreter Einzeleingriffe angesichts der unendlichen Vielzahl möglicher Anwendungsfälle nie voll ausgeschöpft werden kann.“; vgl. Metzger, S. 56. 738 Schilcher, S. 166 ff.; Dieselhorst, S. 148 f., der sich aber auch für die pauschale Verzichtserklärung ausspricht und bei der Beurteilung der konkludenten Einräumung teilweise auf die Branchenüblichkeit abstellt. 732
D. Übertragung des urheberpersönlichkeitsrechtlichen Elementes
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Nutzungsrechten an künftigen Werken. Zunächst müsse der Urheber insoweit erst sein Erstveröffentlichungsrecht nach § 12 UrhG ausüben.739 Andere Stimmen in der Literatur halten eine Pauschaleinwilligung grundsätzlich für möglich.740 3. Stellungnahme a. Rechtsnatur der Persönlichkeitsrechte Die Nichtübertragbarkeit von urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnissen wird mit der Rechtsnatur der Persönlichkeitsrechte begründet.741 Ein generelles Dogma der Unübertragbarkeit von Persönlichkeitsrechten aufrechtzuerhalten, ist wegen der unterschiedlichen Inhalte und Ausprägungen der Persönlichkeitsrechte jedoch nicht haltbar.742 Betrachtet man andere immaterialgüterrechtliche Regelungsbereiche wie das Geschmackmusterrecht oder das Patentrecht, so fällt auf, dass eine Übertragbarkeit neben der Anerkennung eines Persönlichkeitsrechts möglich ist. Die entsprechenden Regelungen sind eindeutiger gefasst als im Urheberrecht.743 Auch näher liegende Bereiche des gewerblichen Rechtsschutzes sprechen nicht gegen eine Übertragbarkeit von Persönlichkeitsrechten. Das Namensrecht als Bestandteil einer Firma wie auch der Handelsname des Kaufmanns im Sinne der §§ 17, 22 HGB ist nach überwiegender Ansicht mit dinglicher Wirkung übertragbar.744 Die Entwicklung des Markenrechts, der Abkehr vom Dogma der nur an einen Geschäftsbetrieb geknüpften Übertragbarkeit, zeigt, dass das Festhalten an einer Unübertragbarkeit keineswegs von sich heraus oder aus Parallelen zu anderen gewerblichen
Hertin KUR 2004, 101, 108, 109; Fromm/Nordemann/Hertin Vor § 12, Rn. 5. Carstendyk ZUM 2005, 9, 18; Staats, S. 131; Dieselhorst, S. 147. 741 So Osenberg, S. 18; Alemdjoro, S. 108; Dieselhorst, S. 135; siehe S. 147 f.; ausführlich Metzger, S. 105. 742 So auch Metzger, S. 106. 743 Vgl. §§ 29, 30, 31 GeschmMG; vgl. zum neuen GeschmMG, Wandtke/Bullinger/Wandkte Einl., Rn. 44, 47; Wandtke/Ohst GRUR Int. 2005, 91, 101; § 15 Abs. 1 S. 2 PatG. 744 Palandt/Heinrichs § 12, Rn. 15; Staudinger/Habermann § 12, Rn. 123; Götting, S. 70 ff.; Forkel NJW 1993, 3181 ff.; Metzger, S. 107. 739 740
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Schutzrechten gerechtfertigt ist.745 Gleiches gilt für Überlegungen zum Recht am eigenen Bild gem. §§ 22, 23 KUG.746 Das Recht am eigenen Bild hat sich zu einer bedeutenden Einnahmequelle entwickelt und kommt ohne die vermögensrechtliche Komponente nicht mehr aus.747 Das Persönlichkeitsrecht dient in seinen besonderen Ausprägungen, wie auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht 748 dem Schutz materieller Interessen.749 Materielle Interessen können aber nur wahrgenommen werden, wenn Elemente der Persönlichkeitsrechte auf Dritte übertragen werden. Der Kommerzialisierungsgedanke wirkt sich gerade bei dem Entstellungsschutz des § 14 UrhG aus. Zwar sind Persönlichkeitsrechte, die dem Schutz ideeller Interessen dienen, unauflöslich als höchstpersönliche Rechte an ihren Träger gebunden,750 dies gilt aber nicht für alle Ausformungen der Persönlichkeitsrechte. Die kommerzialisierten und damit vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts sind nicht in derselben Weise unauflöslich an die Person ihres Trägers gebunden, wie der Teil des Persönlichkeitsrechts, der dem Schutz ideeller Interessen dient.751 Die Bedeutung der Persönlichkeitsrechte hat sich im Medienzeitalter geändert. Persönlichkeitsrechte werden von Musikern bewusst eingesetzt, um bestimmte Marktpositionen zu erreichen oder wirtschaftliche Interessen durchzusetzen. Der kommerzielle Gedanke des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, wie auch von Teilen des UrheberSo auch Forkel NJW 1993, 3181, 3182. Metzger, S. 107. 747 Vgl. BGH GRUR 1956, 427 – Paul Dahlke. 748 Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist ein durch Art. 1 und 2 GG verfassungsmäßig garantiertes Grundrecht und zugleich zivilrechtlich nach § 823 Abs. 1 BGB geschütztes „sonstiges Recht“; st. Rspr. seit BGHZ 13, 334, 338 – Leserbriefe; BGH GRUR 2000, 709, 711, 712 – Marlene Dietrich. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht hat grundlegende Bedeutung erlangt im deutschen Privatrecht, obgleich es im BGB nicht ausdrücklich genannt ist. Als subjektives Recht hat es vor einem halben Jahrhundert seine Anerkennung durch Rechtsfortbildung gefunden. 1954 verließ der BGH seine ablehnende Haltung gegenüber dem Institut des allgemeinen Persönlichkeitsrechts; vgl. Forkel, in Forkel//Sosnitza, S. 9. 749 BGH GRUR 2000, 709, 711, 712 – Marlene Dietrich; zur gleichen Deutung gelangt auch Hilty, FS für Rehbinder, S. 259, 276. 750 BGH GRUR 2000, 709, 711, 712 – Marlene Dietrich. 751 Vgl. BGH GRUR 709, 712 – Marlene Dietrich; Wandtke UFITA III (2005) 839, 856; Schack GRUR 1985, 352, 355, 361. 745 746
D. Übertragung des urheberpersönlichkeitsrechtlichen Elementes
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persönlichkeitsrechts lässt sich nicht leugnen. Es muss dem Komponisten möglich sein, über Teile seines Urheberpersönlichkeitsrechtes disponieren zu können, um seine Verwertungsrechte überhaupt wahrnehmen zu können.752 Das Selbstverständnis des Komponisten geht von der Möglichkeit der Übertragbarkeit aus und kommt ohne diese auch nicht aus.753 Bei bestimmten Persönlichkeitsrechten lässt sich keine Trennung des ideellen und kommerziellen Charakters durchführen. Dies bestätigt sich in dem Mischcharakter des Bearbeitungsrechts aus § 23 UrhG.754 Die Möglichkeit der Übertragbarkeit von Persönlichkeitsrechten ist nicht neu, sondern geht zurück bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Texte von Gierkes, dem Hauptbegründer des modernen Persönlichkeitsrechts, verdeutlichen, dass die Integration vermögenswerter Bestandteile in das Persönlichkeitsrecht und seine teilweise Übertragbarkeit auf Dritte in der zwischenzeitlichen Rechtsentwicklung lediglich verlorengegangen waren.755 Bei von Gierke näherte sich das Persönlichkeitsrecht der heutigen Erscheinungsform an. Unter Persönlichkeitsrechten verstand von Gierke die Rechte, „die ihrem Subjekt die Herrschaft über einen Bestandteil der eigenen Persönlichkeitssphäre gewährleisten“, mit anderen Worten „die Rechte an der eigenen Person“. Hierzu gehören „Leib und Leben“, Freiheit, Ehre, „besondere Zustände“ worunter Religionsbekenntnis, Adelstand aber auch freie Erwerbstätigkeit verstanden werden sollten, „Namen und Zeichen“, sowie die „Geisteserzeugnisse“. Von Gierke stand einer Übertragung von Persönlichkeitsrechten grundsätzlich nicht ablehnend gegenüber. „Sie (die Persönlichkeitsrechte) können jedoch gleich den Rechten an anderer Persönlichkeit (…) einen vermögensrechtlichen Inhalt aus sich entfalten oder in sich aufnehmen. (…) Manche Persönlichkeitsrechte sind somit zugleich Vermögensrechte.“ 756 (…) Die Persönlichkeitsrechte sind an sich unübertragbar. Manche Persönlichkeitsrechte können jedoch ganz oder teilweise der Ausübung nach, manche sogar der Substanz nach auf eine andere Person übertragen werden. Einzelne Persönlichkeitsrechte können jedoch ganz oder teil-
752 753 754 755 756
So auch Schiefler GRUR 1960, 156, 159. Wandtke UFITA III (2005) 839, 857. Siehe dazu S. 102 ff. So auch Metzger, S. 108. V. Gierke, S. 706.
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weise der Ausübung nach, manche sogar der Substanz nach auf eine andere Person übertragen werden. Einzelne Persönlichkeitsrechte sind zwar nicht für sich, wohl aber in Verbindung mit einem anderen Rechte, zu dem sie in ein Abhängigkeitsverhältnis gesetzt sind, der Übertragung fähig.“ 757
Diese Aussage erklärt sich daraus, dass Persönlichkeitsrechte auch und gerade Rechtspositionen betrafen, die zwar in einer engen Verbindung zur Persönlichkeit standen, bei denen es aber auch und zum Teil sogar vorrangig um den Schutz wirtschaftlicher Interessen ging.758 Damit sind Persönlichkeitsrechte nicht unübertragbar. b. Musikalischer Schaffens- und Verwertungsprozess Der musikalische Schaffens- und Verwertungsprozess geht von einer Übertragbarkeit des Urheberpersönlichkeitsrechts im Änderungsbereich aus: Das Urheberpersönlichkeitsrecht des Komponisten knüpft an die geistigen und persönlichen Interessen des Urhebers in Beziehung auf das von ihm geschaffenen Musikwerk an.759 Es handelt sich um ein werkbezogenes Persönlichkeitsrecht. Diese Werkbezogenheit spiegelt sich im Schaffens- und Verwertungsprozess des Komponisten wieder. Jede Veränderung eines musikalischen Ausgangsmaterials berührt die geistig-ästhetische Beziehung des Komponisten zu seinem Werk, sei es durch die Werkinterpretation, die Benutzung von Werkelementen, die Verwendung von Kompositionen in anderen Kunstgattungen oder im anderen Sachzusammenhang.760 Damit sind die geistig-persönlichen Interessen des Komponisten regelmäßig berührt und eine Werkbezogenheit impliziert. Eine Übertragbarkeit der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Komponente ist damit eine Grundvoraussetzung für den Umgang mit einem vorbestehenden Werk.761 Die Werkbezogenheit des Urheberpersönlichkeitsrechts kann jedoch nicht ausschließlich in den Bereich der Übertragbarkeit fallen, da ansonsten das Urheberpersönlichkeitsrecht sinnentleert als Anhängsel des Verwertungsrechts erscheinen würde. Kommt man jedoch zu dem V. Gierke, S. 707 f. So auch Götting, S. 7. 759 Loewenheim/Dietz § 15, Rn. 8; Schack GRUR 1985, 352, 353; Rehbinder Rn. 235. 760 Siehe S. 52 ff. 761 Ähnlich Metzger, S. 113. 757 758
D. Übertragung des urheberpersönlichkeitsrechtlichen Elementes
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Schluss, dass die Änderungen eines Musikwerkes, die im Rahmen von Musikproduktionen, Musikaufführungen oder sonstigen Nutzungen von Musik vorkommen, sowohl in verwertungsrechtlicher Sicht als auch in urheberpersönlichkeitsrechtlicher Sicht werkbezogen sind, ist von einer grundsätzlichen Übertragbarkeit dieses urheberpersönlichkeitsrechtlichen Elementes auszugehen.762 Der Komponist, der ein Werk veröffentlicht, kann nur in den Dialog mit seinem Umfeld treten, wenn er Änderungen seines Werkes durch die ausübenden Künstler oder Dritte zulässt. Dieser Vorgang impliziert, dass Dritte die Rechte der Änderung auch in urheberpersönlichkeitsrechtlicher Hinsicht innehaben müssen, um einen musikalischen Austausch überhaupt zu ermöglichen.763 Eine Übertragbarkeit ist zu bejahen. Dass diese Rechtsübertragung nicht ohne finanziellen Ausgleich erfolgen darf, folgt aus § 11 S. 2 UrhG und gibt dem Komponisten einen Anspruch auf angemessene Vergütung aus § 32 UrhG auch für die urheberpersönlichkeitsrechtliche Änderung. Alles andere wäre mit dem Kommerzialisierungsgedanken und dem Grundgedanken, den Urheber an den Früchten seines geistigen Schaffens wirtschaftlich zu beteiligen, nicht zu vereinbaren. Die Autoren, die dennoch von einer Unübertragbarkeit ausgehen, müssen sich fragen lassen, woher das Urheberrecht die Legitimation schöpft, innerhalb der Rechtsordnung ein Sonderfall sein zu wolDie traditionell vorgenommen Trennung von Urheberpersönlichkeitsrecht und allgemeinen Persönlichkeitsrecht hilft bei der Einordnung einzelner urheberpersönlichkeitsrechtlicher Befugnisse und der Frage nach deren Übertragbarkeit nicht weiter. Überwiegend geht die Literatur in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung von einem Urheberpersönlichkeitsrecht aus, welches lex specialis zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht sei und als eigenständige Erscheinungsform des Persönlichkeitsrechts betrachtet wird. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht sei Quellrecht und ein in Art. 2 und 1 GG verfassungsmäßig garantiertes Grundrecht; st. Rspr. seit BGHZ 13, 334, 339 – Leserbriefe; Loewenheim/Dietz § 15, Rn. 8; Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff., Rn. 14; Schack GRUR 1985, S. 352, 353; Lehman, FS für Dietz, S. 117, 120 ff.; Larenz NJW 1955, 521, 525; Wandtke UFITA III (2005) 839, 856. Sachlich sei für das Urheberpersönlichkeitsrecht (im engeren und im weiteren Sinn) die persönliche Beziehung zwischen Urheber und Werk als Gegenstand auszumachen, wodurch es gegenüber dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgegrenzt wird, welches Teilaspekte der menschlichen Persönlichkeit – unabhängig von irgendwelchen Werkschaffen – schützen soll; vgl. Loewenheim/ Dietz § 15, Rn. 8; Schack GRUR 1985, 352, 353. 763 Siehe dazu S. 52 ff.; 108 ff. 762
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len.764 Eine solche Legitimation könnte sich nur aus einem besonderen Rechtsschutzgedanken herleiten lassen. Ob die Konstruktion eines starren nicht oder nur teilweise übertragbaren Urheberpersönlichkeitsrechts diesem Schutzanspruch gerecht werden kann, ist fraglich und auch mit der Musikpraxis nicht zu vereinbaren.765 Die Rechtsordnung bildet hinsichtlich der Vermarktung rechtlich geschützter Positionen eben kein starres System, an dem sich die Wirklichkeit zu orientieren hat. Dem Recht kommt vielmehr eine dienende Funktion zu. Es muss einen Ordnungsrahmen für neue Formen der Vermarktung bieten, die im Interesse sowohl des Vermarkters als auch desjenigen liegen, der eine solche Vermarktung seiner Person gestatten möchte.766 Das Festhalten an einer Unübertragbarkeit aus sich heraus zu begründen geht damit fehl, zumal auch der Musikalltag genau das Gegenteil fordert. Grundsätzlich ist es richtig, dem Urheber umfassende Defensivrechte einzuräumen, um ihn gegen unerwünschte Eingriffe in seine Rechtsposition zu schützen. Ein effektiver sinnvoller Schutz wird aber nicht ohne weiteres dadurch erreicht, dass dem Urheber die Möglichkeit genommen wird, über gewisse Rechte verfügen zu dürfen. Ein effektiver Schutz kann auf schuldrechtlicher Ebene erreicht werden oder durch spezifische Inhaltsverbote und Grundverträge. Ebenso eignen sich zwingende Normen, wie auch Mechanismen zum Interessenausgleich bei Leistungsstörungen oder Vertragsaufhebungsmöglichkeiten, um einen Schutz zu gewährleisten.767 Darüber hinaus kann einem effektiven Schutz dadurch genügt werden, dass gewisse Übertragungen urheberpersönlichkeitsrechtlicher Befugnisse nur wirksam an eine Verwertungsgesellschaft möglich sind, da dadurch eine zufriedenstellende Kontrollfunktion gesichert wird.768
764 765 766 767 768
Vgl. Hilty, FS für Rehbinder, S. 259, 260. So auch Hilty, FS für Rehbinder, S. 259, 272. BGH GRUR 2000, 709, 713 – Marlene Dietrich. Diese Möglichkeiten erwägt Hilty, FS für Rehbinder, S. 259, 280. Siehe dazu S. 168 ff.; 184 f.
D. Übertragung des urheberpersönlichkeitsrechtlichen Elementes
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c. Grundsatz der Unübertragbarkeit gem. § 29 Abs. 1 UrhG Viele Autoren sehen in § 29 Abs. 1 UrhG den Grundsatz der Unübertragbarkeit des Urheberpersönlichkeitsrechts verankert.769 Gemäß § 29 Abs. 2 UrhG ist die Einräumung von Nutzungsrechten zulässig. Gleichfalls zulässig sind schuldrechtliche Einwilligungen und Vereinbarungen zu Verwertungsrechten sowie die in § 39 Abs. 1 UrhG geregelten Rechtsgeschäfte über Urheberpersönlichkeitsrechte. Eine allgemeine Regelung betreffend der Nichtzulässigkeit von Verfügungen über urheberpersönlichkeitsrechtliche Änderungsbefugnisse lässt sich dem § 29 Abs. 1 UrhG aufgrund der Bestimmung des § 29 Abs. 2 UrhG nicht entnehmen.770 Das § 29 Abs. 1 UrhG nicht einen allgemein geltenden Grundsatz der Unübertragbarkeit begründet, folgt darüber hinaus aus dem Wortlaut „wenn nichts anderes vereinbart“ des § 39 Abs. 1 UrhG. Das bedeutet, dass bereits nach derzeitigem Urheberrecht eine Übertragung urheberpersönlichkeitsrechtlicher Elemente zumindest im Bereich der änderungsrechtlichen Vorschriften im Wege der Vereinbarung möglich sind. Das Zusammenspiel der Normen zeigt lediglich das Verbot einer translativen Übertragung des Urheberrechts, schließt aber eine konstitutive Übertragung nicht aus.771 Von dieser konstitutiven ÜberFromm/Nordemann/Hertin Vor § 12 UrhG, Rn. 4; Schilcher, S. 152 ff., 161; Leßmann, S. 74 ff.; Schricker, FS Hubmann, S. 409, 413; Dieselhorst, S. 139 ff.; Osenberg, S. 28 ff.; siehe S. 147 f. 770 So auch Forkel, S. 169. 771 So auch Forkel, S. 169. Die Rechtsdogmatik kennt bei Rechtsnachfolge unter Lebenden durch Übertragung zwei Grundformen: die translative, bei der eine Entäußerung schlechthin erfolgt, und die konstitutive, bei der nur eine beschränkte Übertragung geschieht. Bei letzterer bleibt dem Übertragenden sein Mutterrecht erhalten. Im Bürgerlichen Recht spricht man vom Einräumen eines beschränkten dinglichen Rechts, einer Belastung. Bei Immaterialgütern kennt unser Gesetz neben dem „unbeschränkten Übertragen“ das „beschränkte Übertragen“ mit dinglicher Wirkung (etwa § 15 Abs. 1, Satz 2 PatG). Die beschränkte Übertragung steht zwischen der unbeschränkten Übertragung und der obligatorischen Genehmigung. Die Eigentümlichkeit der beschränkten Übertragung liegt darin, dass Ausschnitte aus dem Gesamtrecht durch Verfügungen überlassen werden, und zwar auf bestimmte Zwecke konkretisiert; vgl. zum Ganzen Forkel NJW 1993, 3181, 3182. Bereits leichte Abweichungen von Ursprungsrecht und übertragenem Recht lassen eine Verfügung nach der Zivilrechtslehre zu einer konstitutiven werden; Metzger, S. 211. 769
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tragung kann auch das Urheberpersönlichkeitsrecht betroffen sein. Die Zulässigkeit konstitutiver Übertragungen urheberpersönlichkeitsrechtlicher Befugnisse kann nicht zu einer Umgehung des Verbots translativer Übertragungen führen. Aus dem Verbot einer translativen Übertragung folgt zunächst nur, dass ein gewisses Stammrecht bei dem Urheber verbleiben muss. Daraus kann man keineswegs schließen, dass zu diesem Stammrecht sämtliche urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse zählen müssen. Das Verbot besagt lediglich, dass beim Verfügenden die Möglichkeit eines Rückfalls des betreffenden Rechts oder eines Wiedererwerbs bestehen muss und dass das geistige Band zwischen Urheber und Werk nicht gänzlich „zerschnitten“ werden darf. Dem kann aber dadurch genügt werden, dass gerade die Namensrechte des Urhebers nicht missachtet werden und keine gegen § 138 BGB verstoßenden Änderungen vorgenommen werden.772 Durch die Anwendung von § 31 Abs. 5 UrhG im Lichte der besonderen Bedeutung des Urheberpersönlichkeitsrechts wird auch in den meisten Fällen einer Musikbearbeitung in ausreichendem Maße dem Schutzgedanken des § 29 Abs. 2 UrhG entsprochen.773 Nicht nur der Wortlaut, Sinn und Zweck der Normen und die praktische Notwendigkeit sprechen für die Möglichkeit einer konstitutiven Übertragbarkeit urheberpersönlichkeitsrechtlicher Änderungsbefugnisse, sondern auch die Vorgeschichte zu der Regel des § 29 Abs. 1 UrhG lassen eine gegenteilige Auffassung nicht zu. In den Entwürfen zum UrhG wurde die Frage der Übertragbarkeit der persönlichkeitsrechtlichen Seite des Urheberrechts nur peripher behandelt.774 Der Regierungsentwurf kam nur sehr knapp zu dem Ergebnis, dass die aus dem droit moral hervorgehenden Rechte in ihrem Kern nach wohl überwiegender Auffassung nicht abgetreten werden können. Man befasste sich nicht mit der Frage, in welchem Sinn und Ausmaß und aus welchem Grund zumindest eine teilweise Übertragbarkeit aus den oben genannten Erwägungen zum großen Teil schon damals befürwortet wurde.775 Eine Festlegung bezüglich der Frage der Möglichkeit und des Umfanges der Übertragbarkeit erfolgte nicht in dem Regie-
772 773 774 775
Siehe S. 170 f. So auch Metzger, S. 212; siehe S. 168 f. So auch Forkel, S. 168. Vgl. ausführlich Forkel, S. 168; Schulze, Materialien, S. 456.
D. Übertragung des urheberpersönlichkeitsrechtlichen Elementes
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rungsentwurf.776 Nach früherem Recht war die Übertragbarkeit sogar ausdrücklich zulässig.777 Damit geht das geltende Recht nicht von dem Grundsatz der Unübertragbarkeit aller urheberpersönlichkeitsrechtlicher Befugnisse in § 29 UrhG aus. d. Erkenntnisse aus den Grundrechten Es fragt sich, ob sich aus den Grundrechten der Urheber Schutzpflichten ergeben, die für eine Begrenzung der Übertragung urheberpersönlichkeitsrechtlicher Änderungsbefugnisse sprechen. Bei der Übertragung von urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnissen handelt es sich um Rechtsgeschäfte zwischen Privatpersonen, so dass die Grundrechte nicht unmittelbar wirken. In ihrer klassischen Funktion als subjektive Abwehrrechte gewährleisten die Grundrechte zunächst einen Anspruch gegenüber dem Staat.778 Im Gegensatz zur Weimarer Reichsverfassung hat sich der Verfassungsgeber von 1949 einer ausdrücklichen Erwähnung der Rechte der Urheber im Grundrechtskatalog enthalten.779 Das Urheberrecht steht wie das gesamte Zivilrecht als Bestandteil der Gesamtrechtsordnung unter dem Einfluss der in den Grundrechtsbestimmungen des Grundgesetzes verkörperten „objektiven Wertordnung“ der Verfassung.780 Es gilt das Prinzip der „mittelbaren Drittwirkung“ der Grundrechte, das in der Schutzfunktion der Grundrechte verankert ist.781 Die unbestimmten Rechtsbegriffe des Zivilrechts dienen dabei als klassische Einbruchstellen für grundrechtliche Wertungsgesichtspunkte.782
Vgl. Schulze, Materialien, S. 456; so auch Forkel, S. 169. Vgl. § 8 Abs. 3 LUG und § 10 Abs. 3 KUG. Dieses lässt sich damit erklären, dass die urheberpersönlichkeitsrechtliche Seite des Urheberrechts noch nicht entwickelt war zur Zeit der Jahrhundertwende. Es kann daher nicht als ausschlaggebendes Argument der Übertragbarkeit von Urheberpersönlichkeitsrechten herangezogen werden. 778 Pieroth/Schlink Rn. 58, 73. 779 Metzger, S. 74. 780 BVerfGE 7, 198. 781 Pieroth/Schlink Rn. 87, 173; Metzger, S. 89. 782 Pieroth/Schlink Rn. 180, 181; Metzger, S. 90 f. 776 777
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Mit der Rechtsprechung 783 und Lehre sind die ideellen Interessen und damit auch die urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnisse dem Schutz des Art. 1 und 2 GG über die Unantastbarkeit der Würde des Menschen und über das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit zu unterstellen.784 Diese grundrechtliche Zuordnung steht aber in keiner Weise einer Unübertragbarkeit und damit einer möglichen Mitübertragung im Rahmen der Bearbeitungslizenz entgegen. Darüber hinaus ist zu beachten, dass sowohl die Interpreten, als auch andere Komponisten oder sonstige Werkvermittler sich bei der Benutzung vorbestehender Werke auf die Kunstfreiheit berufen können. Unbestritten gilt die verfassungsrechtliche Gewährleistung, wonach die Kunst frei ist (Art. 5 Abs. 3 GG), nicht nur für die Werkschöpfung im eigentlichen Sinne, sondern auch für alle kulturellen Aktivitäten, die deren Veröffentlichung und Verbreitung dienen.785 So hat das BVerfG in der „Mephisto“-Entscheidung neben den geschützten „Werkbereich“ den „Wirkbereich“ der Kunst gestellt und diesen der Verfassungsgarantie des Art. 5 GG unterstellt.786 Der Grundrechtsschutz erstreckt sich damit auf die Werkvermittler.787 Dieser Grundsatz muss auch für das Urheberrecht gelten. Es muss dem Interpreten eine Gestaltungsfreiheit zugebilligt werden, ohne dass die Interessen des Urhebers gefährdet werden. Damit ist es aus Schutzrechtsgesichtspunkten nicht gerechtfertigt, von einer Unübertragbarkeit der urheberrechtlichen Änderungsbefugnisse auszugehen.788
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stellen das Urheberrecht und die mit ihm verbundenen Nutzungsrechte Eigentum i.S. von Art. 14 Abs. 1 GG dar; vgl. BVerfGE 31, 229, 239; BVerfG NJW 2003, 1655, 1656. Danach hat der Urheber nach dem Inhalt der verfassungsrechtlichen Garantie des geistigen Eigentums einen grundsätzlichen Anspruch auf Zuordnung des wirtschaftlichen Nutzens seiner schöpferischen Leistung und die Freiheit, in eigener Verantwortung darüber zu verfügen; vgl. BVerfGE 49, 382, 400; BVerfG NJW 1971, 2163. 784 Vgl. Ulmer, S. 65; Rehbinder Rn. 106, 108; Wandtke/Bullinger/Wandtke Einl., Rn. 6. 785 Schmieder NJW 1990, 1945, 1948. 786 BVerfG NJW 1971, 1645; Schmieder NJW 1990, 1945, 1948. 787 Schmieder NJW 1990, 1945, 1948. 788 In anderem Zusammenhang Schmieder NJW 1990, 1945, 1948. 783
D. Übertragung des urheberpersönlichkeitsrechtlichen Elementes
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e. Ergebnis Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass die Werkbezogenheit des Urheberpersönlichkeitsrechts in Verbindung mit der besonderen Eigenschaft der Musikbearbeitung zu einem kommerzialisierten Element der änderungsrechtlichen Befugnisse und damit einer Übertragbarkeit dieses Elements führt. Dem steht ein nicht wirklich existierendes Dogma der Unübertragbarkeit von Persönlichkeitsrechten aufgrund der Fortentwicklung in Rechtslehre und Rechtsprechung nicht entgegen. Selbst Schutzrechtserwägungen lassen keine überzeugenden Argumente für ein Festhalten an der Unübertragbarkeit des änderungsrechtlichen Elementes des Urheberpersönlichkeitsrechtes begründen.789 Damit sind urheberpersönlichkeitsrechtliche Änderungsbefugnisse mit dinglicher Wirkung übertragbar. III. Form der Übertragung urheberpersönlichkeitsrechtlicher Änderungsbefugnisse Sowohl in § 29 Abs. 2 UrhG als auch in § 39 Abs. 1 UrhG deutet das Gesetz selbst die Möglichkeit an, dass Urheberpersönlichkeitsrechte nach den §§ 31 ff. UrhG übertragen werden können. Die zum Teil vertretene Auffassung, die §§ 31 ff. UrhG passen nicht zum Urheberpersönlichkeitsrecht, so dass nur eine entsprechende Anwendung in Betracht käme, lässt sich weder dem Gesetz noch der Gesetzesbegründung entnehmen.790 § 29 Abs. 2 UrhG spricht nur von der Unübertragbarkeit des gesamten Urheberrechts an einem Werk. Dies schließt nicht die Nutzungsrechtseinräumung von Verwertungsechten ein, die zwingend notwendig auch die Übertragung von Urheberpersönlichkeitsrechten mit sich bringt. In diesem Fall ist eine direkte Anwendung der §§ 31 ff. UrhG zu bejahen. Der erste Halbsatz von § 29 Abs. 2 UrhG nennt die Möglichkeit von der Einräumung von Nutzungsrechten, während der 2. Halbsatz von § 29 Abs. 2 von Rechtsgeschäften über Urheberpersönlichkeitsrechte im Sinne des § 39 UrhG spricht. Sind die in § 39 Abs. 1 erwähnten Rechtsgeschäfte keine Nutzungsrechtseinräumungen? Der Wortlaut des § 39 Abs. 1 UrhG lässt eine Auslegung zu, wonach die Nutzungsrechtsvereinbarung das Urheberpersönlichkeitsrecht mit erfasst. Wegen § 32 UrhG 789 790
Rehbinder Rn. 235; Metzger, S. 116. Vgl. Schulze, Materialien, S. 456; so wohl auch Metzger, S. 200.
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Kapitel 4: Das Bearbeitungsrecht im Rechtsverkehr
und § 11 UrhG müssen diese Vorgänge jedoch wirtschaftlich getrennt behandelt werden. Eine weitere denkbare Konstruktion wäre das Urheberpersönlichkeitsrecht als Recht im Sinne des § 401 BGB zu betrachten, dass bei der Musikbearbeitung nach §§ 413, 401, 398 BGB i.V.m. § 23 S. 1 UrhG mit übergeht. Dieses widerspricht aber der Wertung des § 39 Abs. 1 UrhG, wonach ein rechtsgeschäftlicher Eingriff in das Urheberpersönlichkeitsrecht möglich ist. Die vertretene Möglichkeit des Verzichts im Zusammenhang mit der Ausübung von Urheberpersönlichkeitsrechten überzeugt nicht.791 Es gilt im Zivilrecht der Grundsatz der Unverzichtbarkeit der Persönlichkeitsrechte.792 Daneben schneidet ein Verzicht stärker in die Rechtsstellung des Urhebers ein, als eine Übertragung auf Dritte, zumindest für den Fall, dass sich der Dritte verpflichtet, diese Rechte wirksam als Treuhänder des Urhebers wahrzunehmen.793
IV. Grenzen der Übertragbarkeit des Bearbeitungsrechts nach § 23 UrhG 1. § 31 Abs. 5 UrhG „Zweckübertragungsregel“ 794 Gemäß § 31 Abs. 5 UrhG bestimmt sich der Umfang der umfassten Nutzungsart nach dem von beiden Parteien zugrundegelegten Vertragszweck, sofern bei der Einräumung eines Nutzungsrechts die Nutzungsarten nicht ausdrücklich bezeichnet wurden.795 Rechtspolitisch steht hinter der Zweckübertragungsregel das Schutzbedürfnis des Urhebers.796 Der Urheber soll möglichst weitgehend an den wirtschaftlichen Früchten der Verwertung seines Werkes beteiligt werden.797 Fromm/Nordemann/Hertin Vor § 12, Rn. 5; Ventroni, S. 148 f.; 177 ff.; Schricker/ Dietz Vor §§ 12, Rn. 28, Wandtke/Bullinger/Block § 29, Rn. 17; siehe S. 150 f. 792 Larenz, BGB AT, S. 228; Ventroni, S. 146. 793 Siehe S. 184 f. 794 Grundsätzlich zur Zweckübertragungsregel: Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 31, Rn. 70 ff.; Schricker/Schricker § 31, Rn. 31 ff. 795 Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 31, Rn. 70. 796 Schricker/Schricker § 31, Rn. 32. 797 Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 31, Rn. 70; Schricker/Schricker § 31, Rn. 32. 791
D. Übertragung des urheberpersönlichkeitsrechtlichen Elementes
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Gerade im Bereich des sensiblen Urheberpersönlichkeitsrechts ist die Zweckübertragungsregel von grundlegender Bedeutung bei der Bestimmung des Übertragungsumfanges.798 Die Zweckübertragungsregel ist uneingeschränkt auf die übertragbaren Elemente des Urheberpersönlichkeitsrechts anzuwenden. Damit spielt die Zweckübertragungsregel bei der Disposition über das Bearbeitungsrecht im Rahmen der Einwilligung nach § 23 UrhG, die auch das Urheberpersönlichkeitsrecht mit erfasst, eine weitreichende Rolle bei der Auslegung von Lizenzverträgen. Aus § 31 Abs. 5 UrhG folgt zunächst, dass bei der Einwilligung in das Bearbeitungsrecht urheberpersönlichkeitsrechtliche Befugnisse des Urhebers berührt und mit übertragen werden.799 Grund dafür ist, dass die Bearbeitung zugleich eine Beeinträchtigung nach § 14 UrhG darstellt.800 Räumt der Urheber dem Nutzer Musik-Bearbeitungsrechte in Form der Nutzungsrechtseinräumung nach § 31 Abs. 1 UrhG ein, folgt aus dem Mischcharakter des Bearbeitungsrechts, dass gleichzeitig über die Urheberpersönlichkeitsrechte im Sinne des § 14 UrhG verfügt wurde, da der Zweck einer Verfügung die wirksame Einräumung des Bearbeitungsrechts ist. Diese Übertragung ist dinglicher Natur und erfolgt nach den Regeln der §§ 31 UrhG i.V.m. §§ 398, 413 BGB. Nur so kann man den aus den §§ 11 S. 2, 32 UrhG folgenden Grundgedanken der angemessenen wirtschaftlichen Beteiligung des Urhebers ausreichend Rechung tragen.801 Aus § 31 Abs. 5 UrhG folgt aber auch, dass pauschale Vereinbarungen, die einen Eingriff in § 14 UrhG nach sich ziehen, in der Regel keine Wirksamkeit entfalten.802
So auch Metzger, S. 200, der jedoch eine direkte Anwendung des § 31 Abs. 5 UrhG verneint. 799 Siehe S. 52 ff.; 107 ff.; 127 f. 800 Siehe S. 52 ff.; 107 ff.; 118, 127 f. 801 Siehe S. 21, 138. 802 Zum selben Ergebnis kommen auch die Vertreter der Vorhersehbarkeitslehre: vgl. Schricker/Dietz Vor §§ 12, Rn. 28; Schilcher, S. 171 ff.; Leßmann, S. 83; Klees/ Lange CR 2005, 684, 688; zur Vorhersehbarkeitslehre siehe S. 156. Eine Ausnahme gilt jedoch bei der pauschalen Einräumung an eine Verwertungsgesellschaft; siehe S. 184 ff. 798
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Kapitel 4: Das Bearbeitungsrecht im Rechtsverkehr
Eine Ausnahme ergibt sich bei der Einräumung der Rechte an eine Verwertungsgesellschaft aufgrund deren treuhänderischen Funktion.803 2. § 138 BGB Eine Übertragung urheberrechtlicher Befugnisse und damit auch eine Einwilligung nach § 23 UrhG findet regelmäßig ihre Grenze in § 138 BGB.804 Die Unwirksamkeit von Verfügungen an § 138 BGB festzumachen und nicht an der Ausgestaltung einer rechtlich schwer greifbaren „Kerntheorie“ 805 ist zivilrechtsdogmatisch sauberer und trägt zu größerer Rechtsicherheit bei, da im Zusammenhang mit § 138 BGB von der Rechtsprechung Bemessungsfaktoren entwickelt wurden, die unter Beachtung der besonderen Bedeutung des Urheberpersönlichkeitsrechts und anderer wesensimmanenter Grundsätze des Urheberrechts zu gerechten Lösungen führen.806 Ein Rechtsgeschäft ist sittenwidrig, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt.807 Im Rahmen von § 138 BGB muss man für die Rechtsgeschäfte über Urheberpersönlichkeitsrechte spezifische Bemessungsfaktoren zur Frage der Sittenwidrigkeit der Verträge entwickeln. Ein aus dem Urheberpersönlichkeitsrecht folgender Bemessungsfaktor ist der Gedanke des geistigen Bandes zwischen dem Komponisten und seinem Werk. Daraus kann sich aber nur ausnahmsweise eine Unwirksamkeit ergeben. Wollte man die Möglichkeit einer Einwilligung in die Änderung des Werkes bei groben Entstellungen beispielsweise wegen § 138 BGB nicht zulassen, müsste der Urheber entgegen seinem Willen an einem status quo der Integrität festhalten. Dies ist Siehe S. 184 ff. Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert Vor §§ 31 ff., Rn. 120. 805 Vertreter der Kerntheorie: Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 27, 28; Schricker, FS Hubmann, S. 409, 413; Forkel, S. 193, 210; Schiefler GRUR 1960, 156, 159; v. Gamm, Einf. Rn. 29; Seetzen, S. 43 f.; Rittstieg, NJW 1970, 648; Osenberg, S. 46; Schilcher, S. 162; Ulmer, S. 217; Grohmann, S. 159 f.; siehe zur Kerntheorie S. 153 f. 806 Ähnlich Metzger, S. 222. Zur Prüfung der Sittenwidrigkeit und damit der Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts nach § 138 BGB ist eine Gesamtwürdigung aller objektiven und subjektiven Umstände des Einzelfalles vorzunehmen; vgl. Wandtke/ Bullinger/Wandtke/Grunert Vor §§ 31, Rn. 120. 807 Palandt/Heinrichs § 138, Rn. 2. 803 804
D. Übertragung des urheberpersönlichkeitsrechtlichen Elementes
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weder vom Schutzzweck der Norm des § 14 UrhG noch vom Regelungstatbestand des Urheberrechtsgesetzes umfasst.808 Ein weiterer Bemessungsfaktor ergibt sich unmittelbar aus § 11 S. 2 UrhG und § 32 UrhG. Da sich das Urheberpersönlichkeitsrecht nicht von der kommerziellen Seite trennen lässt, muss der Grundsatz der angemessenen Vergütung auch für den Bereich des Urheberpersönlichkeitsrechts gelten.809 Eine Übertragung der urheberrechtlichen Änderungsbefugnisse ist wegen § 138 Abs. 1 BGB unwirksam, wenn die Rechtsübertragung einem unentgeltlichen Rechtsverzicht gleichkommt. Dann widerspricht die Verfügung dem Prinzip der angemessenen Vergütung. Solange aber wirksam Lizenzen gegen Entgelt im Sinne des § 32 UrhG für die Einräumung auch der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbestimmungen erteilt werden, bewegt sich eine Ausübung nicht im von § 138 BGB unzulässigen Bereich. Ausnahmsweise kann sich eine solche finanzielle Abgeltung für urheberpersönlichkeitsrechtliche Elemente aus den Umständen ergeben. Aufgrund des besonderen Bezugs des Urhebers zu seinem Werk sind die Umstände, die zu einer entstellenden Vereinbarung geführt haben, unter besonderer Berücksichtigung des Schutzgedankens des Urheberpersönlichkeitsrechts zu analysieren. Eine Grenze der Disposition von Urheberpersönlichkeitsrechten, die sich auf die Zulässigkeit einer Einwilligung nach § 23 UrhG unmittelbar auswirkt, ergibt sich vor allem aus dem Zusammenspiel von Verwertungsrecht und Urheberpersönlichkeitsrecht im Rahmen des § 23 UrhG. Das Bearbeitungsrecht ist ein Mischrecht, welches regelmäßig verwertungsrechtliche und urheberpersönlichkeitsrechtliche Elemente enthält.810 Eine getrennte Übertragung von Bearbeitungsrecht und urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbestimmungen bezüglich einer Nutzungsart sind mit dem Wesen des Bearbeitungsrechts nicht vereinbar. Ein dinglicher Vorbehalt einer Partei führt wegen § 138 BGB zur Nichtigkeit. Eine getrennte Übertragung wäre dann möglich, wenn man den Vorgang der Änderung eines musikalischen 808 809 810
Ähnlich Grunert, S. 193. In diesem Sinn auch Metzger, S. 223. Siehe S. 127.
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Kapitel 4: Das Bearbeitungsrecht im Rechtsverkehr
Werkes in einen verwertungsrechtlichen und einen urheberpersönlichkeitsrechtlichen Vorgang trennen könnte. Betrachtet man aber die Umstände der Musikbearbeitung lässt sich eine solche Aufteilung nicht vornehmen. Die gewonnenen Ergebnisse haben gezeigt, dass es sich bei dem Bearbeitungsrecht um ein einheitliches Recht mit Doppelnatur handelt. Die Übertragung des verwertungsrechtlichen Elements ist untrennbar mit der Übertragung der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbestimmungen verbunden.811 3. § 134 BGB i.V.m. § 29 Abs. 1 UrhG Zu einem gleichen Ergebnis kommt man über § 134 BGB i.V.m. § 29 Abs. 1 UrhG. Eine Disposition über Urheberpersönlichkeitsrechte kann nicht dazu führen, dass faktisch eine translative Übertragung des Urheberrechts erfolgt. § 29 Abs. 1 UrhG stellt ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB dar.812 § 134 BGB hat bei den urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbestimmungen nur ausnahmsweise Raum, da der Mischcharakter des Bearbeitungsrechts regelmäßig eine Übertragung urheberpersönlichkeitsrechtlicher Befugnisse mit sich bringt. § 134 BGB i.V.m. § 29 UrhG kommt vielmehr bei dem Namensrecht und dem Veröffentlichungsrecht des Urhebers zur Geltung. Gleiches gilt für den Fall, dass dem Urheber für die Übertragung seiner urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse keine angemessene Vergütung gezahlt wurde. Dann liegt regelmäßig aber bereits eine nach § 138 BGB sittenwidrige Verfügung vor.813
E. Ergebnis zum Kapitel 4 Das Bearbeitungsrecht ist ein Mischrecht, dass ein verwertungsrechtliches und ein persönlichkeitsrechtliches Element enthält. Eine Einwilligung in das Bearbeitungsrecht stellt damit zwangsweise auch eine Übertragung des Urheberpersönlichkeitsrechts dar. Eine ÜbertraSiehe S. 52 ff., 107 ff., 127. So auch Wandtke/Bullinger/Block § 29, Rn. 7. 813 Zum Verhältnis von § 138 BGB und § 134 BGB, vgl. Palandt/Heinrichs § 138, Rn. 13. 811 812
E. Ergebnis zum Kapitel 4
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gung von urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnissen ist nach dem derzeitigen Urheberrechtsgesetz möglich. Die Rechtsnatur der Persönlichkeitsrechte, die Bestimmungen des UrhG, insbesondere § 29 UrhG und der Schutzgedanke aus den Grundrechten lassen den Schluss der Unübertragbarkeit urheberpersönlichkeitsrechtlicher Änderungsbefugnisse nicht zu. Sowohl die verwertungsrechtliche, als auch die urheberpersönlichkeitsrechtliche Lizenz werden nach den §§ 31 ff. UrhG übertragen. Das Bearbeitungsrecht kann als Teil einer Nutzungsart mit dinglicher Wirkung, als einfaches oder ausschließliches Recht Dritten eingeräumt werden. Bei den unterschiedlichen Erscheinungsformen der Musikbearbeitungen handelt es sich um mit dinglicher Wirkung abspaltbare Nutzungsarten im Sinne des § 31 UrhG. § 32 UrhG ist bei der Einwilligung des § 23 UrhG und der davon umfassten Übertragung des verwertungsrechtlichen Elementes zu beachten. § 39 Abs. 1 UrhG kommt gegenüber § 23 UrhG lediglich eine klarstellende Funktion zu. § 39 Abs. 2 UrhG findet gleichsam Anwendung, ist aber als Ausnahmevorschrift eng auszulegen. Ansonsten würde das Prinzip der angemessenen Vergütung missachtet werden. Das urheberpersönlichkeitsrechtliche Element wird im Rahmen der Einwilligung ebenfalls nach den §§ 31 ff. UrhG übertragen, so dass das Prinzip der angemessenen Vergütung auch insofern Anwendung findet. Eine getrennte Übertragung des urheberpersönlichkeitsrechtlichen und des verwertungsrechtlichen Elements ist wegen der Rechtsnatur des Bearbeitungsrechts nicht möglich. Eine Grenze der Übertragung kann sich aus Gründen der Rechtssicherheit nur aus den allgemeinen urhebervertragsrechtlichen und zivilrechtlichen Rechtsinstituten ergeben, insbesondere aus § 31 Abs. 5 UrhG, § 138 BGB und § 134 BGB i.V.m. § 29 UrhG. Eine Pauschaleinwilligung in die MusikBearbeitung eines Werkes ist wegen des Schutzbedürfnis von urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnissen des Urhebers nur ausnahmsweise zulässig. Insofern kann die Einräumung an eine Verwertungsgesellschaft die geeignete Konstruktion darstellen, das Bearbeitungsrecht wirksam gegenüber Dritten wahrzunehmen. Dies muss in einem nächsten Schritt untersucht werden.
Kapitel 5: Zulässigkeit, Umfang und Folgen der Wahrnehmung des Bearbeitungsrechts durch die GEMA A. Die GEMA I. Sinn und Zweck der GEMA Die GEMA ist eine Verwertungsgesellschaft im Sinne des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes.814 Die Pflichten und Aufgaben der GEMA als Verwertungsgesellschaft bestimmen sich damit im wesentlichen durch das Urheberrechtswahrnehmungsgesetz.815 Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Wahrnehmungsgesellschaft im Sinne des WahrnG ist eine Satzung, aus der sich der Aufgabenbereich der Verwertungsgesellschaft ergibt.816 Gemäß § 2 GEMA-Satzung obliegt der GEMA die treuhänderische Verwaltung musikalischer Nutzungsrechte von Komponisten und Textdichtern. In § 1 GEMA-BV werden dementsprechend der GEMA die Rechte als „Treuhänderin“ übertragen. Weiter legt der GEMA-BV in § 3 fest, dass die GEMA berechtigt ist, die Ausübung der ihr übertragenen Rechte im eigenen Namen durchzuführen. Damit finden die §§ 164 ff. BGB keine Anwendung.817 Die kollektive Wahrnehmung durch eine Verwertungsgesellschaft hat unter anderem den Sinn den Rechtserwerb für den Nutzer zu erleichtern. Zweck der GEMA ist die umfängliche Rechtswahrnehmung für die Berechtigten.818 Es wäre ansonsten für den Nutzer sehr schwer, Musik in größerem Umfang legal zu nutzen, da es ihm nicht möglich wäre, zum Beispiel bei Radio- oder Konzertveranstaltungen die einzelnen Komponisten zu kontaktieren und in Vertragsverhandlungen
Schricker/Reinbothe WahrnG Vor §§ 1 ff., Rn. 14; siehe S. 25 ff. Im folgenden WahrnG. 816 Siehe § 2 Nr. 1 WahrnG; Schricker/Reinbothe WahrnG § 2, Rn. 3; Palandt/ Heinrichs § 25, Rn. 1, 2. 817 Vgl. Palandt/Heinrichs Einf. v § 164, Rn. 6; Ventroni, S. 177. 818 Schulze ZUM 1993, 255, 258. 814 815
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Kapitel 5: Wahrnehmung durch die GEMA
zu treten. Gleichzeitig wäre eine Kontrolle der Werknutzung durch den Urheber alleine nicht zu bewältigen.819 Im Übrigen lässt sich verstärkt eine Tendenz des Gesetzgebers feststellen, Nutzungen im Wege der gesetzlichen Lizenz zu ermöglichen, die nur durch Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden können.820 Damit ist ein Urheber, der seine Rechte umfänglich beachtet wissen will, faktisch gezwungen GEMA-Mitglied zu werden.821 Umso mehr ist es Aufgabe der GEMA, dem Urheber einen Berechtigungsvertrag zu offerieren, der von einem vernünftigen Urheber mit gutem Gewissen akzeptiert werden kann und den Vorgaben des Wahrnehmungsvertrages und der GEMA-Satzung sowie den Bedürfnissen der am Markt Beteiligten entspricht. Gemäß § 2 Ziff. 4 der GEMA-Satzung, hat die GEMA die Bedürfnisse der kulturellen Musikpflege zu berücksichtigen. Zum Teil wird daraus geschlossen, dass die vergebenen Rechte nicht so teuer sein dürfen, dass Dritte wegen zu hoher Kosten auf die Aufführung oder Verbreitung von Musikwerken verzichten müssen und deshalb die kulturelle Vielfalt Schaden nimmt.822 Letztendlich kann aber diese Verpflichtung nicht den Anspruch des Urhebers auf angemessene Vergütung untergraben. Dies ergibt sich aus den Grundsätzen der Angemessenheit aus dem WahrnG.823 § 7 und § 8 WahrnG weisen den Verwertungsgesellschaften kulturelle und soziale Aufgaben zu. II. Wahrnehmungsgrundsätze 1. Abschlusszwang Gemäß § 11 Abs. 1 WahrnG ist die Verwertungsgesellschaft verpflichtet, auf Grund der von ihr wahrgenommenen Rechte jedermann auf Verlangen zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte einzuräuSchulze ZUM 1993, 255, 258. Vgl. § 20 b Abs. 2 S. 3, § 26 Abs. 5, § 27 Abs. 3, § 54 UrhG, sowie die Änderungen bezüglich des § 54 a n.F. im Rahmen des Korb II; ob diese Tendenz aus urheberrechtlicher Sicht zu begrüßen ist, insbesondere unter dem Blickwinkel der Verteilungsgerechtigkeit ist fragwürdig. 821 Schulze ZUM 1993, 255, 258. 822 V. Steinau-Steinrück/Wohlgemuth in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 115, Rn. 18. 823 Vgl. dazu S. 176 f. 819 820
A. Die GEMA
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men.824 Sie ist gemäß § 10 WahrnG im Vorfeld zur Auskunft über ihren Rechtskatalog verpflichtet.825 Aufgrund des Abschlusszwangprinzips verliert der Urheber bezüglich der der GEMA eingeräumten Nutzungsrechte die Kontrolle darüber, von wem das Werk genutzt werden darf. Zur Garantie der Angemessenheit und Gleichförmigkeit der Lizenzbedingungen ist die Verwertungsgesellschaft verpflichtet feste Tarife für die einzelnen Nutzungsarten zu erstellen.826 Der Begriff der angemessenen Bedingungen wird nicht näher definiert.827 Für bestimmte regelmäßig wiederkehrende Nutzungsvorgänge ist die GEMA berechtigt einheitliche Tarife gemäß § 13 UrhWG aufzustellen.828 Der Abschlusszwang scheint nach dem Wortlaut ausnahmslos zu gelten.829 Der Wahrnehmungszwang kann jedoch nicht dazu führen, dass Nichtigkeitsvorschriften des Zivilrechts ausgehebelt werden. Somit besteht immer dann kein Kontrahierungszwang, wenn die Nutzungsrechtseinräumung unwirksam ist.830 Etwas anderes ergibt sich lediglich bei Rechtseinräumungen, die unter einer Einwilligungsbedingung der GEMA stehen.831 Aus der Konzeption des § 11 UrhWG folgt, dass die GEMA einfache Nutzungsrechte i.S.d. § 31 UrhG einräumt, da sie ansonsten dem Abschlusszwang bei erneuter identischer Nutzung desselben Werkes nicht nachkommen könnte.832
Das Urheberrechtswahrnehmungsgesetz bildet das Kernstück der gesetzlichen Regulierung und erkennt positivrechtlich die deutschen Verwertungsgesellschaften an. Es wurde gleichzeitig mit dem Urheberrechtsgesetz in der Reform von 1965 erlassen; vgl. Goldmann, S. 182; zur Geschichte des Kontrahierungszwanges vgl. Fromm/Nordemann/Nordemann WahrnG § 11, Rn. 1. 825 Nur in besonderen Fällen ist eine Ausnahme von dem Abschlusszwangprinzip zulässig; vgl. Goldmann, S. 191. 826 Vgl. § 13 Abs. 1 WahrnG. Eine gerichtliche Überprüfung der Tarife durch den Nutzer ist zulässig; vgl. Goldmann, S. 193; Melichar, S. 39. 827 Wandtke/Bullinger/Gerlach WahrnG § 11, Rn. 3; vgl. zur Frage der Angemessenheit Fromm/Nordemann/Nordemann WahrnG § 6, Rn. 5, 6. 828 Riesenhuber/v. Vogel in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 646, Rn. 47. 829 Riesenhuber/v. Vogel in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 646, Rn. 34. 830 Eine weitergehende Ausnahme zuzulassen erscheint nicht sachgerecht und ist auch nicht notwendig, a.A. aber Riesenhuber/v. Vogel in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 646, Rn. 34 ff. 831 OLG Hamburg NJW-RR 1999, 1133, 1136; Riesenhuber/v. Vogel in Kreile/ Becker/Riesenhuber, S. 646, Rn. 34. 832 Riesenhuber/v. Vogel in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 646, Rn. 41. 824
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Kapitel 5: Wahrnehmung durch die GEMA
2. Wahrnehmungszwang Gemäß § 6 Abs. 1 WahrnG ist die Verwertungsgesellschaft verpflichtet, die zu ihrem Tätigkeitsbereich gehörenden Rechte und Ansprüche auf Verlangen der Berechtigten zu angemessenen Bedingungen wahrzunehmen. Der Wahrnehmungszwang korrespondiert mit der faktischen Monopolstellung der meisten Verwertungsgesellschaften und dem Abschlusszwang nach § 11 WahrnG.833 Ohne Wahrnehmungszwang stünde es der GEMA frei, bei gewissen Rechten oder den Rechten bestimmter Urheber nach eigenem Ermessen die Wahrnehmung zu verweigern.834 Sowohl für die Rechte die zwingend verwertungsgesellschaftspflichtig sind,835 als auch für eine Vielzahl urheberrechtlicher Positionen, die individuell nur schwer durchsetzbar sind, wäre dem Urheber im Einzelfall faktisch die Durchsetzung seiner finanziellen Beteiligungsrechte verwehrt.836 III. Aufsicht über die GEMA In Korrelation zu den durch das WahrnG auferlegten Pflichten bildet die Aufsicht des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) über Verwertungsgesellschaften nach § 18 Abs. 1 WahrnG den zweiten Grundpfeiler der Kontrolle kollektiver Wahrnehmung.837 Mit der staatlichen Aufsichtspflicht über Verwertungsgesellschaften wollte der Gesetzgeber den Gefahren begegnen, die sich aus der faktischen Monopolstellung der treuhänderisch tätigen Verwertungsgesellschaft ergeben können.838 Weitere Gefahren können sich aus der Treuhandstellung der Verwertungsgesellschaften ergeben. Die Urheber vertrauen Wandtke/Bullinger/Gerlach WahrnG § 6, Rn. 2; Goldmann, S. 185. Goldmann, S. 185; Wandtke/Bullinger/Gerlach WahrnG § 6, Rn. 2. 835 Vgl. § 20 b Abs. 2 S. 3, § 26 Abs. 5, § 27 Abs. 3, § 54 UrhG. 836 Vom Wahrnehmungsumfang nicht umfasst ist das Verhältnis der einzelnen Verwertungsgesellschaften zueinander. Eine ausländische Verwertungsgesellschaft hat keinen Anspruch gegenüber der GEMA auf Abschluss eines Gegenseitigkeitsvertrages; vgl. Goldmann, S. 185. 837 Goldmann, S. 197. Bereits § 1 des Gesetzes über die Vermittlung von Musikaufführungsrechten vom 4. Juli 1933 unterwarf die „Vermittlung von Rechten zur öffentlichen Aufführung von Werken der Tonkunst mit oder ohne Text“ einer Genehmigungspflicht; vgl. Himmelmann in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 742, Rn. 1. 838 Wandtke/Bullinger/Gerlach WahrnG § 18, Rn. 1; Himmelmann in Kreile/ Becker/Riesenhuber, S. 743, Rn. 6. 833 834
A. Die GEMA
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der Verwertungsgesellschaft einen wesentlichen Teil ihres Vermögens an.839 Zweck der Aufsicht ist es zu gewährleisten, dass die Verwertungsgesellschaft ihren Verpflichtungen ordnungsgemäß gegenüber ihren Berechtigten und den Nutzern nachkommt. Die Aufsicht wird von der Behörde im Interesse der Allgemeinheit ausgeübt.840 Wesentliches Element der Aufgabe der Aufsichtsbehörde ist neben der ständigen Aufsichtspflicht aus § 19 WahrnG die Erteilung der Erlaubnis der Aufnahme der Tätigkeit der Verwertungsgesellschaft gemäß § 1 WahrnG.841 IV. Europäische Herausforderung – Exkurs Die Europäische Kommission richtet ihr Augenmerk neuerdings verstärkt auf die Lizenzierungsgewohnheiten der europäischen Verwertungsgesellschaften im internationalen Musikgeschäft. Diese Entwicklung erklärt sich u.a. durch den Druck von Unternehmen wie Apple, deren europäische Marktpräsenz im Wege ihrer Online-Musikplattform itunes durch die Zuständigkeit unterschiedlicher Verwertungsgesellschaften erschwert wurde. Am 18. Oktober 2005 hat die Europäische Kommission eine Empfehlung für die länderübergreifende kollektive Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten, die für legale OnlineMusikdienste benötigt werden, veröffentlicht.842 Ziel der Empfehlung soll die Verbesserung der EU-weiten Musiklizenzierung sein. Bisher nehmen die Verwertungsgesellschaften das Weltrepertoire auf Grund von Gegenseitigkeitsverträgen für die Nutuzung der Musikwerke in den Grenzen ihres jeweiligen Landes wahr. Nach dem von der Kommission favorisierten Modell der grenzüberschreitenden Verwertung von Online-Musikrechten soll der Wettbewerb zwischen den Verwertungsgesellschaften durch die Rechtsinhaber und nicht durch die Nachfrager von Online-Rechten gesteuert werden. Ausgangspunkt
Himmelmann in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 743, Rn. 9. Ausführlich zur Aufsichtspflicht Wandtke/Bullinger/Gerlach WahrnG § 18, Rn. 2. 841 Ausführlich insoweit Himmelmann in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 743, Rn. 11 ff. 842 Vgl. GRUR 2006, 220 f. 839 840
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Kapitel 5: Wahrnehmung durch die GEMA
dieser Überlegung ist die Annahme eines „Wahrnehmungsmarktes“ auf dem Rechtsinhaber Wahrnehmungsdienstleistungen von konkurrierenden Verwertungsgesellschaften nachfragen. Von der Wettbewerbssteuerung verspricht sich die Kommission die Durchsetzung eines effizienten Systems der kollektiven Musikrechtswahrnehmung. Die Argumentation der Kommission steht und fällt folglich mit der Möglichkeit eines dauerhaften Wettbewerbs zwischen den Verwertungsgesellschaften. Am 17. August 2005 hat die EU-Kommission das öffentliche Konsultationsverfahren zu den Verpflichtungszusagen zweier europäischer Musikrechtsverwertungsgesellschaften eingeleitet. Mit den Verpflichtungszusagen wollen die beiden Gesellschaften die Beschränkung aufheben, die in ihren den Musikvertrieb im Internet betreffenden Lizenzvergabe-Vereinbarungen auf Gegenseitigkeit enthalten sind. Diese Vereinbarung war von der Kommission als unzulässige nationale Monopolbildung durch die Verwertungsgesellschaft kritisiert worden. Schließlich hat die EU-Kommission der GEMA und allen anderen Verwertungsgesellschaften am 31. Januar 2006 eine Mitteilung von Beschwerdepunkten (Statement of Objections) übersandt. Diese Mitteilung richtet sich gegen den Inhalt der Gegenseitigkeitsverträge, die die Verwertungsgesellschaften miteinander abgeschlossen haben. Im Rahmen der Mitteilung wird zum einen die exklusive und territorial beschränkte Rechtsübertragung bei der Online-Nutzung beanstandet und zum anderen richtet sich die Mitteilung gegen die Bedingung für den Abschluss von Berechtigungsverträgen der GEMA und Wahrnehmungsberechtigten mit Staatsangehörigkeit von EU bzw. EWR-Staaten.843 Die Kommission bekräftigt ihre in der Empfehlung geäußerte Ansicht, dass in der Wahrnehmungspraxis ein Verstoß gegen das europäische Kartellverbot, insbesondere Art. 81 EG-V zu sehen sei,844 da die Gegenseitigkeitsverträge keine Konkurrenz der einzelnen Musikverwertungsgesellschaften bezüglich derselben Nutzungsarten zulassen. Die GEMA hat bereits auf die Initiativen der EU-Kommission reagiert.845
843 844 845
Becker in GEMA-Nachrichten, S. 60, 65. Bruhn, S. 144. Becker in GEMA-Nachrichten, S. 60, 65 ff.; Bruhn, S. 144 ff.
B. Berechtigungsvertrag der GEMA
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Die Änderungsvorschläge der EU-Kommission lehnt die GEMA ab und weist darauf hin, dass der angestrebte Wettbewerb zwischen den Verwertungsgesellschaften letztendlich zu Lasten der Vergütung und Kreativität der Urheber führen werde.846 Es zeichnet sich eine vehemente Auseinandersetzung der EU-Kommission mit den Musikverwertungsgesellschaften bezüglich der Ausgestaltung der Berechtigungsverträge ab. Weder der Empfehlung noch der Mitteilung kommen rechtsverbindliche Wirkung zu. Die Vorgaben der EU müssen jedoch von den Mitgliedsstaaten und den Verwertungsgesellschaften ernst genommen werden. Die Initiative der EU-Kommission zeigt in jedem Fall, dass die Monopolstellung der Verwertungsgesellschaften nicht mehr lange Bestand haben wird. Umso mehr muss die GEMA bemüht sein, den Berechtigungsvertrag zu erneuern, um den Herausforderungen der EU-Kommission, den Bedürfnissen des aktuellen Marktes und den Interessen der Urheber und Verwerter gerecht zu werden. Nur so kann die GEMA auch in der Zukunft Bestand haben und braucht das Ende des nationalen Monopols nicht zu fürchten.847
B. Berechtigungsvertrag der GEMA I. Rechtsnatur und Auslegung Die sich aus dem Berechtigungsvertrag ergebenden Rechtsbeziehungen betreffend die Einräumung oder Übertragung von Nutzungsrechten an die GEMA sind dem individualrechtlichen Bereich zuzuordnen. Sie regeln nicht das mitgliedschaftliche Verhältnis sondern die schuldrechtliche treuhänderische Beziehung.848 Es handelt sich um bundesweit angewandte Allgemeine Geschäftsbedingungen.849 Rechtlich ist der Berechtigungsvertrag als urheberrechtlicher Nutzungsvertrag sui generis einzuordnen.850 Becker in GEMA-Nachrichten, S. 60, 65; Bruhn, S. 144. Im Ergebnis so auch Becker in GEMA-Nachrichten, S. 60, 66, 67. 848 BGH WRP 2005, 1177, 1180 – PRO-Verfahren; Wandtke/Bullinger/Gerlach WahrnG § 6, Rn. 3. 849 BGH GRUR 2006, 319, 321 – Alpensinfonie; BGH WRP 2005, 1177, 1180 – PRO-Verfahren; BGHZ 136, 394, 396 f; Prill, S. 70; Landfermann, S. 139. 850 Landfermann, S. 130. 846 847
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Kapitel 5: Wahrnehmung durch die GEMA
Damit finden nicht nur die §§ 133, 157 851 und §§ 305 ff. BGB auf den Berechtigungsvertrag Anwendung, sondern auch die Bestimmungen zum Urhebervertragsrecht, insbesondere der § 31 Abs. 4 a.F. UrhG 852 und die Zweckübertragungsregel des § 31 Abs. 5 UrhG.853 Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen grundsätzlich als Vertragsbedingungen nach den Regeln der §§ 133, 157 BGB auszulegen, so ergeben sich wegen der Standardisierung Besonderheiten.854 Die Bestimmungen sind objektiv auszulegen, die individuellen Umstände des Einzelfalles sind vorrangig nicht zu berücksichtigen.855 Bei unklaren Regelungen des Berechtigungsvertrages ist nicht der geäußerte Wille der individuellen Vertragspartner bedeutend; entscheidend ist vielmehr, wie die Regelungen bei einer typisierten, vom Einzelfall losgelösten Betrachtung unter Einbeziehung teleologischer Erwägungen zu verstehen ist.856 Die treuhänderische Stellung der GEMA schränkt das Prinzips des § 31 Abs. 5 UrhG insofern ein, als dass bei der Anwendung des § 31 Abs. 5 UrhG die von der GEMA verfolgten Zwecke mit in die Wertung einzubeziehen sind.857 II. Zweck Nach dem BGH 858 liegt dem Berechtigungsvertrag der Zweck zugrunde, „der GEMA als Verwertungsgesellschaft zur kollektiven Wahrnehmung Rechte einzuräumen, deren individuelle Wahrnehmung dem einzelnen UrheberberechRiesenhuber, S. 46 ff. BGH GRUR 2006, 319, 321 – Alpensinfonie; BGH GRUR 1986, 62, 65 – GEMA-Vermutung I; OLG Hamburg ZUM 2002, 480, 484; Riesenhuber, S. 59 f.; a.A. Schricker/Schricker §§ 31/32 Rn. 29: § 31 Abs. 4 a. F. UrhG passe von seinem Zweck nicht, da die Wahrnehmungsverträge gerade dazu dienen den Urheber angemessen an der Nutzung seines Werkes zu beteiligen. 853 BGH ZUM 2000, 234, 236 – Musical-Gala; OLG Hamburg GRUR 1991, 599, 600 – Rundfunkwerbung, Staats ZUM 2005, 789, 791; Wandtke/Bullinger/Gerlach § 6 WahrnG, Rn. 5; Siebert, S. 55; Riesenhuber, S. 41 ff.; Landfermann, S. 138 ff. 854 Palandt/Heinrichs § 305 c, Rn. 15; Riesenhuber, S. 46 f. 855 Riesenhuber, S. 47; Palandt/Heinrichs § 305 c, Rn. 16; Prill, S. 70; Landfermann, S. 138. 856 Landfermann, S. 138. 857 Riesenhuber, S. 41, 43; dagegen OLG München ZUM 1997, 275, 279. 858 BGH ZUM 2000, 234, 236, 237 – Musical-Gala. 851 852
B. Berechtigungsvertrag der GEMA
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tigten nicht möglich ist, während Rechte, die der Urheberberechtigte individuell verwerten kann, diesem verbleiben sollen“.
Darüber hinaus kommt dem Berechtigungsvertrag noch der Zweck zu, dem Urheber über die kollektive Vertretung durch die Verwertungsgesellschaft die für sie erforderliche Position gegenüber den wirtschaftlich in der Regel wesentlich stärkeren Verwertern zu verschaffen.859 Daneben dient der Berechtigungsvertrag dem Funktionsinteresse der Verwertungsgesellschaft.860 III. Inhalt In dem Berechtigungsvertrag der GEMA übertragen die Mitglieder die von der GEMA wahrzunehmenden Nutzungsrechte und bestimmen den Umfang der übertragenen Rechte (§ 1 GEMA-BV). Die Mitglieder erkennen die Geltung des Verteilungsplanes und der Satzung an.861 Letzteres beinhaltet, dass einzelne Nutzungsarten mittels Individualvereinbarung aus dem Wahrnehmungsumfang der GEMA herausgenommen werden können, nicht jedoch einzelne Werke.862 Der Standard-Berechtigungsvertrag der GEMA zielt auf eine umfassende Rechtseinräumung durch den berechtigten Urheber oder Verleger. Übertragen wird das Aufführungs- und Senderecht nebst aller Wiedergabemöglichkeiten von Musik durch Fernsehen, Lautsprecher und Tonträger.863 Die GEMA lässt sich auch die Rechte übertragen, die Multimedia-Datenträger wahrnehmbar zu machen und Werke der Tonkunst elektronisch zu übermitteln, wie auch die Rechte zur mechanischen Vervielfältigung auf Ton-, Bild-, Multimedia- und anderen Datenträgern sowie die Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechte an diesen, wozu auch die Einspeicherung von Werken der Tonkunst in Datenbanken oder Speicher ähnlicher Art gehört. Des weiteren werden im Wahrnehmungsvertrag die gesetzWandtke/Bullinger/Gerlach WahrnG § 6, Rn. 5; Schulze ZUM 1993, 255, 258. Riesenhuber, S. 41; Landfermann, S. 138 f. 861 In § 6 a GEMA-BV erfolgt ein dynamischer Verweis auf den Verteilungsplan und die Satzung in seiner jeweils gültigen Form; vgl. Goldmann, S. 300. 862 Die Rechtsübertragung erfolgt auch nicht erst mit der Anmeldung des Werkes bei der GEMA, so aber überraschenderweise das OLG Frankfurt GRUR 2006, 578, 580. 863 Vgl. § 1 GEMA-BV. 859 860
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Kapitel 5: Wahrnehmung durch die GEMA
lichen Vergütungsansprüche abgetreten. Dies korrespondiert mit der gesetzlichen Ausgestaltung dieser Rechte als verwertungsgesellschaftspflichtige Ansprüche, die nur über Organisationen der kollektiven Rechtswahrnehmung geltend gemacht werden können.864 Die Rechte werden der GEMA ausschließlich und damit exklusiv zur Rechtsausübung übertragen.865 Bei dem Berechtigten selbst verbleibt kein einfaches Nutzungsrecht. Damit sollen die Werke für jedermann nutzbar gemacht werden. Die Rechte an zukünftigen Werken werden im Voraus an die GEMA abgetreten.
C. Grundsätzliche Wahrnehmbarkeit des Bearbeitungsrechts durch die GEMA Zum Teil wird angenommen, dass sowohl das Bearbeitungsrecht i.S.d. § 23 UrhG als auch damit einhergehende urheberpersönlichkeitsrechtliche Befugnisse nicht von der GEMA wahrgenommen werden, da die GEMA wegen § 11 WahrnG dem Kontrahierungszwang unterliege und damit jedem Interessenten die von ihr wahrgenommenen Bearbeitungsrechte ohne Rücksicht auf Art und Weise der jeweiligen Bearbeitung einräumen müsste. Hierdurch könnte das Recht des Urhebers auf Werkintegrität verletzt werden.866 In Bezug auf Urheberpersönlichkeitsrechte wäre es problematisch, wenn jedermann von den Verwertungsgesellschaften auch das Recht erhielte, das Werk umgestalten, ändern oder bearbeiten zu dürfen. Sehenden Auges müsste der Urheber hinnehmen, dass sein Werk – aus seiner Sicht – möglicherweise verhunzt würde. Dies soll dadurch verhindert werden können, dass die Verwertungsgesellschaften in der Regel nur Rechte wahrnehmen, bei denen das Werk nur in seiner vom Urheber für die Öffentlichkeit vorgesehenen konkreten Form mit Goldmann, S. 298. Die Vertragslaufzeit beträgt sechs Jahre und verlängert sich automatisch um jeweils sechs Jahre falls keine Kündigung erfolgt, vgl. § 10 GEMA-BV. 866 Dreier/Schulze § 23, Rn. 11; Schulze ZUM 1993, 255, 259, 266; Russ ZUM 1995, 32, 34; v. Steinau-Steinrück/Wohlgemuth in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 113, Rn. 12; Riekert, S. 135; Schulze ZUM 1994, 15, 21; Landfermann, S. 136, rechnet geringfügige Änderungen, die unter § 39 UrhG fallen, dem Anwendungsbereich des Berechtigungsvertrages zu. 864 865
C. Grundsätzliche Wahrnehmbarkeit des Bearbeitungsrechts
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dem darin zum Ausdruck gelangenden geistig-ästhetischen Gesamteindruck, also vollständig und unverändert aufgeführt vorgetragen, vervielfältigt, verbreitet, gesendet oder sonst wie genutzt wird. Soll das Werk bearbeitet, verfilmt oder sonstigen Eingriffen ausgesetzt werden, bei denen das Werk nach wie vor erkennbar bleibt, aber einen anderen geistig-ästhetischen Gesamteindruck erfährt, sollen die hierfür zusätzlich erforderlichen Nutzungsrechte gesondert vom Urheber erworben werden, da sich der Wahrnehmungsumfang der Verwertungsgesellschaften in der Regel nicht auf diese Nutzungsarten erstreckt.867 Anders soll es sich nur verhalten, wenn der Urheber eine konkrete Bearbeiterfassung, z.B. Coverversion gestattet und diese Bearbeitung bei der GEMA angemeldet hat.868 Die Folge dieser Auffassung ist, dass jede Bearbeitung i.S.d. § 23 S. 1 UrhG nicht von der GEMA-Lizenz umfasst ist, und der Nutzer sich immer, falls ein Fall des § 23 S. 1 UrhG vorliegt, an den Urheber oder den Verlag wenden muss. Es schließt sich für den Nutzer die daraus resultierende wirtschaftlich bedeutende Frage an, wann eine Bearbeitung neben einer Vervielfältigung oder einer öffentlichen Aufführung bei der Nutzung eines musikalischen Werkes vorliegt. Die Vertreter dieser Auffassung gehen davon aus, dass andere Instrumentierungen, Orchestrierungen oder Arrangements in jedem Fall einer zusätzlichen Bearbeitungslizenz durch den Urheber/Verlag benötigen.869 Eine ausschließliche Lizenzierung durch die GEMA wäre nach dieser Auffassung mit dem Wesen einer Verwertungsgesellschaft und insbesondere dem in § 11 UrhWG festgelegten Kontrahierungszwang nicht vereinbar. Einzige Ausnahme sei aufgrund der eindeutigen Regel des GEMA-BV im Bereich von Filmmusik zu finden.870 Schulze betont zwar, dass ein gewisser Interpretationsspielraum möglich sein muss 871 lässt aber offen, was darunter zu verstehen ist und ob dogmatisch ein solcher Interpretationsspielraum dem Vervielfältigungsrecht zugeordnet werden soll. Ein zweifelhafter und der Rechtssicherheit wenig dienlicher Weg. Vgl. Dreier/Schulze Vor § 31, Rn. 130; so auch Riekert, S. 136. Dreier/Schulze Vor § 31, Rn. 130 a.E.; Hertin, FS Nordemann, S. 35, 39 f. 869 Schulze ZUM 1993, 255, 266. 870 Schulze ZUM 1993, 255, 266; siehe zu den Besonderheiten bei der Filmmusik, S. 201 ff. 871 Schulze ZUM 1993, 255, 266. 867 868
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Kapitel 5: Wahrnehmung durch die GEMA
Andere Stimmen verneinen ohne näher auf das Bearbeitungsrecht einzugehen in jedem Fall die Wahrnehmung urheberpersönlichkeitsrechtlicher Änderungsrechte durch die GEMA.872 Der GEMA-BV enthalte keine Einzeleinwilligungen und zu Pauschaleinwilligungen in die Verletzung urheberpersönlichkeitsrechtlicher Änderungsbefugnisse nach § 14 UrhG sei die GEMA aufgrund des BV unter keinen Umständen befugt, da der Pauschalverzicht grundsätzlich unzulässig sei. Dies gelte auch im Verhältnis von Musiker zur Verwertungsgesellschaft, trotz der treuhänderischen Funktion der GEMA.873 Die Möglichkeit der Übertragung einer ausschließlichen Verfügungskompetenz an den Treuhänder versage im Verhältnis des Musikers zu der GEMA aufgrund des Pauschalcharakters des GEMA-BV in Verbindung mit dem Abschlusszwang der GEMA aus § 11 Abs. 1 WahrnG.874 In Betracht komme lediglich ein schuldrechtliches Rechtsgeschäft in dem die GEMA in die Lage versetzt sein solle, Dritten die Einwilligung in Beeinträchtigungen aus § 14 UrhG zu erteilen. Die Rechte aus § 14 UrhG verblieben aber in jedem Falle bei dem Urheber.875 Zumindest für den Bereich der Sendung und der Aufführung von Ausschnitten dramatisch-musikalischer Werke wird eine Wahrnehmungsbefugnis der GEMA bezüglich urheberpersönlichkeitsrechtlicher Elemente von Staats bejaht.876 Als Argument wird die Abgrenzungsvereinbarung der GEMA mit den Sendeanstalten 877 herangezogen, wie auch die Zweckübertragungsregel des § 31 Abs. 5 UrhG.878 Sofern das bearbeitete Werkteil jedoch als integrierter Bestandteil des neuen Werkes erscheine, soll eine Wahrnehmungsfunktion der GEMA aus Hertin KUR 2004, 101, 109, 110, 111; Hertin, FS Nordemann, S. 35, 38 f.; Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 244, Rn. 30, ohne sich dabei auf die treuhänderische Funktion der GEMA zu beziehen; Wandtke/Bullinger/Gerlach WahrnG § 6, Rn. 5; Ulmer GRUR 1971, 40, 41. 873 Hertin KUR 2004, 101, 109, 110, 111; Hertin, FS Nordemann, S. 35, 38 f.; Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber S. 244, Rn. 30; Wandtke/Bullinger/Gerlach WahrnG § 6, Rn. 5. 874 Hertin KUR 2004, 101, 111. 875 Ventroni, S. 180; Goldmann, S. 298. 876 Staats ZUM 2005, 789, 791. 877 Abgedruckt im GEMA-Jahrbuch 2004/2005, S. 202 ff. 878 Staats ZUM 2005, 789, 791. 872
C. Grundsätzliche Wahrnehmbarkeit des Bearbeitungsrechts
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urheberpersönlichkeitsrechtlichen Gründen ausscheiden.879 Das insofern von Staats verwendete Abgrenzungskriterium „des engen inneren Zusammenhangs“ sorgt für erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten und führt zwangsläufig zu Kompetenzkämpfen in der Rechtswahrnehmung. Staudt bejaht die Möglichkeit der Wahrnehmung des Bearbeitungsrechtes nach § 23 S. 1 UrhG durch die GEMA, sofern keine Urheberpersönlichkeitsrechte betroffen seien.880 Dem ist aus der Rechtsnatur des Bearbeitungsrechts zu widersprechen. Es sind bis auf den durch § 93 UrhG betroffenen Bereich keine Bearbeitungen vorstellbar, die nicht auch das Urheberpersönlichkeitsrecht betreffen. Eine Ausnahme wären nur die Bearbeitungen, die der Urheber nach § 39 Abs. 2 UrhG hinzunehmen hat. Dann wäre aber der Anwendungsbereich des Wahrnehmungsbereiches schwindend klein.881 Hauptmann 882 geht davon aus, dass die kollektive Wahrnehmungspraxis den Musikurheber zur „Zurückstellung ideeller Interessen persönlicher Natur“ sowie individueller Belange verpflichte und im Wahrnehmungsvertrag insofern ein „stillschweigender“ Verzicht zu sehen sei. Diese Auffassung wiederum widerspricht dem Prinzip der angemessenen Vergütung aus § 11 S. 2 UrhG, das auf die urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnisse anzuwenden ist.883 Die Rechtsprechung 884 lässt kein einheitliches Bild bei der Frage erkennen, ob der GEMA das Recht zukommen soll, das Bearbeitungsrecht nach § 23 S. 1 UrhG und die Urheberpersönlichkeitsrechte nach § 14 UrhG wahrzunehmen. Dies verwundert nicht, da bereits die Frage einer möglichen Übertragbarkeit von Urheberpersönlichkeitsrechten im Allgemeinen und des Änderungsrechts im Besonderen durch die Gerichte sehr vage und uneinheitlich behandelt wird.885
Staats ZUM 2005, 789, 793. Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 244, Rn. 30. 881 Siehe dazu S. 52 ff.; S. 107 ff. 882 Hauptmann, S. 57. 883 Siehe S. 167 f. 884 Vgl. BGH ZUM 2000, 234, 237 – Musical Gala; BGHZ 15, 249, 255 f. – Cosima Wagner. 885 Siehe S. 146 ff. 879 880
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Kapitel 5: Wahrnehmung durch die GEMA
Der BGH geht in mehreren Entscheidungen zumindest inzident von einem Wahrnehmungsumfang der GEMA aus, der auch das Musikbearbeitungsrecht nach § 23 S. 1 UrhG mit umfasst.886 Die pauschale Rechtseinräumung des Bearbeitungsrechtes scheint nach der BGH Entscheidung Musical Gala nicht ausgeschlossen. Eine eindeutige Stellungnahme des BGH zur Wahrnehmung der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnisse bleibt jedoch aus.887 Das OLG Hamburg ist insoweit eindeutiger, indem es ausführt, dass die Wahrnehmung von Werkbearbeitungen nur von der GEMA vergeben werden sollen, sofern hierdurch nicht in das Urheberpersönlichkeitsrecht eingegriffen würde.888 Andere Gerichte sehen von der Rechtseinräumung im Rahmen des GEMA-BV, unabhängig von der Frage des Urheberpersönlichkeitsrechts, das Bearbeitungsrecht nach § 23 S. 1 UrhG nicht mit erfasst. Die Rechtsordnung ordne im Bereich des Wahrnehmungsgesetz nicht der GEMA die Aufgabe zu im Einzelfall zu überprüfen, ob materiellrechtlich Urheberrechte verletzt wurden oder nicht. Dieses obliege vielmehr dem direkten Verhältnis Urheber und Nutzer.889
Vgl. BGH ZUM 2000, 234, 237 – Musical Gala. Im Fall Cosima Wagner wurde vom BGH zumindest die besondere Situation der Rechtsübertragung an einen Treuhänder hervorgehoben, der auch Urheberpersönlichkeitsrechte wahrnehmen könne: „… Eva Chamberlain hätte somit die ihr übertragene Aufgabe, im Interesse der Wahrung des vertraulichen Charakters der Tagebücher über deren Auswertung zu wachen, nicht erfüllen können, wenn nach dem Willen Cosima Wagners das Urheberrecht an den Tagebüchern und damit das Entscheidungsrecht über deren Veröffentlichung nicht auf sie, sondern auf die Erben hätte übergehen sollen.“ BGHZ 15, 249, 255 f. – Cosima Wagner. 887 BGH ZUM 2000, 234, 237 – Musical Gala. 888 OLG Hamburg ZUM 2002, 480, 483. Diese ablehnende Haltung hatte das OLG Hamburg bereits in der früheren Entscheidung Rundfunkwerbung eingenommen. Die im GEMA-BV geregelten Ausnahmen zur kollektiven Rechtswahrnehmung sollen nach der damaligen Auffassung des OLG Hamburg auf der Nichtwahrnehmung der GEMA von Urheberpersönlichkeitsrechten beruhen, wie auch auf dem Interesse der Urheber ein unter Umständen höheres Entgelt für eine bestimmte Werknutzung im Einzelfall individuell aushandeln zu können; vgl. OLG Hamburg GRUR 1991, 599, 601 – Rundfunkwerbung. 889 Vgl. LG München I ZUM 2005, 849, 852; so wohl auch OLG Frankfurt GRUR 2006, 578, 579; LG München I ZUM 1993, 289, 291 f. 886
C. Grundsätzliche Wahrnehmbarkeit des Bearbeitungsrechts
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Die nicht klare Linie des BGH ist wenig zufriedenstellend und die Ablehnung der Wahrnehmung durch die übrige Rechtsprechung nicht überzeugend. Eine Vereinbarung zwischen Urheber und Treuhänder, die diesen dazu verpflichtet, die urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse auszuklammern ist mit der Natur des Bearbeitungsrechts, wie auch dem Funktionieren eines verwertungsgesellschaftlichen Lizenzsystems nicht zu vereinbaren. Das Recht in die Bearbeitung eines Werkes im Sinne des § 23 UrhG einzuwilligen ist auf Dritte übertragbar. Es handelt sich um ein Recht mit Doppelnatur, welches den Regeln der §§ 31 ff UrhG folgt.890 Mit der Übertragung des Bearbeitungsrechtes nach § 23 S. 1 UrhG kann der Urheber Dritte beauftragen, urheberpersönlichkeitsrechtliche Änderungsbefugnisse wahrzunehmen. Durch die Einwilligung in die Bearbeitung nach § 23 UrhG werden gleichzeitig urheberrechtliche Änderungsbefugnisse nach den Regeln der §§ 31 ff. UrhG auf den Lizenznehmer übertragen. Wegen der Besonderheit des Urheberpersönlichkeitsrecht und dem Schutzgedanken des Urheberrechts ist diese Übertragung nach §§ 31 ff. UrhG bestimmten einschränkenden Regeln unterworfen. Verfügungen, die gegen §§ 134, 138 BGB verstoßen sind unzulässig.891 Eine pauschale Rechtsübertragung kann nur an eine Verwertungsgesellschaft im Sinne des § 1 WahrnG erfolgen. Der Grund für die pauschale Wahrnehmbarkeit von urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnissen durch eine Verwertungsgesellschaft ergibt sich aus der treuhänderischen Funktion der GEMA, sowie die im WahrnG geregelten Kontrolle der GEMA.892 Die Rechtseinräumung kann in Form von Allgemeinen Geschäftsbedingungen geschehen, da die Nutzungsrechtseinräumung eine Hauptleistungspflicht des Vertrages darstellt.893 Im digitalen Zeitalter gibt es keinen Grund, dass sich der Urheber bei der Wahrnehmung urheberpersönlichkeitsrechtlicher Interessen nicht auf die Kompetenz eines Treuhänders verlassen können dürfte.894 Die ansonsten unwirksame
890 891 892 893 894
Siehe S. 127. Siehe S. 167 ff. Metzger, S. 209, 210, 220. Vgl. Metzger, S. 221. Metzger, S. 210.
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Kapitel 5: Wahrnehmung durch die GEMA
pauschale Einräumung von urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnissen, ist an eine Verwertungsgesellschaft zulässig und möglich. Wie sonst sollen in einem Vertrag alle möglichen urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungen, die notwendig mit einer Werknutzung einhergehen im einzelnen konkret bezeichnet werden? Entgegen der von Metzger 895 vertretenen Auffassung findet § 31 Abs. 5 UrhG Anwendung. Die Zweckübertragungslehre steht bei der treuhänderischen Wahrnehmung einer pauschalen Rechtseinräumung nicht im Wege. In der heutigen Medienwelt haben sich Teilbereiche des Urheberpersönlichkeitsrechts kommerzialisiert. Dem muss im Rechtsverkehr entsprochen werden. Bei dem Bearbeitungsrecht ist eine Trennung von urheberpersönlichkeitsrechtlichen und verwertungsrechtlichen Elementen nicht möglich. Aufgrund der Kommerzialisierung bestehen keine Bedenken durch eine Verwertungsgesellschaft im Wege eines Treuhandverhältnisses das zweischichtige Bearbeitungsrecht wahrzunehmen. Die Vorgänge in der Musikproduktion lassen kein anderes Ergebnis zu. Würde man eine Wahrnehmung des Bearbeitungsrechts durch die GEMA verneinen, wären viele Nutzungsformen von Musik, die tagtäglich stattfinden, illegale Nutzungen trotz Redlichkeitsbemühungen der Nutzer. Dieses widerspricht in hohem Maße dem Zweck der GEMA, wie auch dem Interesse von Nutzern und Urhebern. Würde die GEMA das Bearbeitungsrecht und damit verbunden die urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse nicht wahrnehmen, wären die Verwender von Musik einem doppelten Lizenzierungssystem ausgesetzt, welches gerade im kreativen Musikschaffensbereich der Entwicklung der Musik zuwider laufen würde. Bei Live-Aufführungen, Live-Einspielungen oder dem Komponieren neuer Werke der Musik, müsste sich der Verwender einer Komposition ständig fragen, ob er sich mit seiner Form der Interpretation außerhalb des Anwendungsbereichs der GEMA befindet und somit zusätzlich die Rechte des Urhebers einholen müsste. Gerade im Live-Entwicklungsprozess lebendiger Musik ist dieses ein nicht zu vertretendes Ergebnis. Wieso soll eine Übertragung an Verlage wirksam und an einen Treuhänder, deren Mitglieder die Komponisten sind, unzulässig sein? Genau von dem Gegenteil ist auszugehen. 895
Vgl. Metzger, S. 221.
D. Umfang der Wahrnehmung des Bearbeitungsrechts
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Damit ist die GEMA entgegen der überwiegend Auffassung in der Literatur und der Rechtsprechung allein befugt das Bearbeitungsrecht nach § 23 UrhG umfänglich und pauschal wahrzunehmen, wovon die urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnisse mit umfasst sind.
D. Umfang der Wahrnehmung des Bearbeitungsrechts nach dem geltenden Berechtigungsvertrag Der Berechtigungsvertrag enthält keine Generalklausel zur Frage der Einräumung und Wahrnehmung des Bearbeitungsrechts im Zusammenhang mit den unterschiedlichen im Berechtigungsvertrag beschriebenen Nutzungsarten. Eine Übertragung des Bearbeitungsrechts und der damit verbundenen urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnisse kann deswegen nur innerhalb der einzelnen Nutzungsarten ausdrücklich oder konkludent erfolgt sein. I. Werkinterpretation Eine Werkinterpretation berührt regelmäßig das Bearbeitungsrecht nach § 23 UrhG und damit auch urheberpersönlichkeitsrechtliche Änderungsbefugnisse.896 1. Einräumung an die GEMA Will die GEMA alleiniger Lizenzpartner bei Einspielungen von Musikwerken auf Tonträgern bzw. deren Live-Aufführungen sein, so müssen diese Rechte zunächst der GEMA im Rahmen des Berechtigungsvertrages durch die Berechtigten eingeräumt worden sein. Bei der Einigung über die Interpretation eines Werkes im Rahmen einer Live-Aufführung oder im Rahmen einer CD-Einspielung handelt es sich um jeweils eigenständige Nutzungsarten im Sinne des § 31 UrhG. Eine Einräumung von Nutzungsrechten und damit des Bearbeitungsrechts ist damit mit dinglich abspaltbarer Wirkung möglich.897 896 897
Siehe S. 52 ff. Siehe S. 135 ff.
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Kapitel 5: Wahrnehmung durch die GEMA
Nach § 1h Abs. 1 GEMA-BV überträgt der Berechtigte der GEMA „die Rechte der Aufnahme auf Ton-, Bildton … und andere Datenträger …, sowie deren Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechten an diesen Tonträgern“.
Gemäß § 1a GEMA-BV überträgt der Berechtigte der GEMA die Aufführungsrechte an Werken der Tonkunst. Die Einspielung eines Musikwerkes berührt das Vervielfältigungsrecht nach § 16 Abs. 2 UrhG.898 Das Vervielfältigungsrecht ist ausdrücklich von der Rechtseinräumung nach § 1 h GEMA-BV umfasst. Die Aufführung eines Musikwerkes berührt zunächst das in § 19 Abs. 2, 1. Var. UrhG geregelte Aufführungsrecht.899 Dieses wird der GEMA durch § 1a GEMA-BV zur Ausübung unzweifelhaft übertragen.900 Weder § 1a Abs. 1 GEMA-BV noch § 1 h Abs. 1 GEMA-BV erwähnen das Bearbeitungsrecht nach § 23 UrhG. Damit liegt zumindest keine ausdrückliche Einräumung eines Bearbeitungsrechts und urheberpersönlichkeitsrechtlicher Änderungsbefugnisse durch den GEMA-BV bei Werkinterpretationen vor.901 Wurde keine Bearbeitungslizenz ausdrücklich eingeräumt, so kann sich aus den Umständen bzw. aus dem Zweck des Vertrages oder dem Inhalt der Nutzungsart eine konkludente Einräumung des Bearbeitungsrechts und der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnisse ergeben.902 Statt an eine konkludente Einräumung des Bearbeitungsrechts zu denken, könnte man eine Duldungspflicht des Urhebers aus § 39 Abs. 2 UrhG in Betracht ziehen. Dadurch würde dem in § 11 S. 2 UrhG festgelegten Prinzip der angemessenen Vergütung widersprochen und eine gesetzliche Ausnahmevorschrift würde zu einer Grundregel erhoben, so dass diese Wirkung des § 39 Abs. 2 UrhG im Verhältnis zu § 23 S. 1 UrhG für den Fall der Werkinterpretation zu verneinen ist.903 898 899 900 901 902 903
Schricker/Loewenheim § 16, Rn. 28. Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 252, Rn. 49; siehe S. 52 ff. Wandtke/Bullinger/Ehrhard § 19, Rn. 15. So auch Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 292, Rn. 157. Vgl. Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 31, Rn. 76; siehe S. 181 ff. Siehe S. 139 f.
D. Umfang der Wahrnehmung des Bearbeitungsrechts
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In der Regel wird die Frage der Wahrnehmung des Bearbeitungsrechts im Zusammenhang mit der Werkteilnutzung diskutiert, da viele Autoren davon ausgehen, dass eine „unveränderte Aufnahme“ der Ursprungskomposition nicht in Bearbeitungsrechte des Komponisten nach § 23 UrhG oder Urheberpersönlichkeitsrechte nach § 14 UrhG eingreift und sich somit die Frage der Wahrnehmung des Bearbeitungsrechts bei Werkinterpretationen gar nicht stellt.904 Da die Annahme einer „unveränderten Aufnahme“ oder „unveränderten Werkdarbietung“ aus musikalischer Sicht nicht möglich ist, stellt sich bei der Werkinterpretation immer die Frage nach der Wahrnehmung des Bearbeitungsrechts.905 Das OLG Hamburg 906 sieht über § 1 h GEMA-BV die Möglichkeit der veränderten Einspielung durch den ausübenden Künstler umfasst. Der Musikinterpret solle nicht gehindert sein, ein von der GEMA wahrgenommenes Musikwerk ganz anders – oder überhaupt nicht – arrangiert unter seinem Namen neu einzuspielen und zu nutzen, solange dies nicht eklatant werkentstellend sei. Ohne den Lizenzierungsvorgang der GEMA rechtlich dabei näher zu analysieren, geht das Gericht implizit davon aus, dass Änderungen nach § 23 S. 1 UrhG von der Rechtswahrnehmung erfasst sein sollen. Ob das Gericht eine Verdrängung des § 23 UrhG über § 39 Abs. 2 UrhG dabei als mögliche Rechtskonstruktion vorzieht, bleibt allerdings offen, genauso wie die Möglichkeit eines engen Bearbeitungsbegriffes im Sinne § 23 S. 1 UrhG.907 Für die Beurteilung einer konkludenten Rechtseinräumung ist auf die allgemeinen zivilrechtlichen Auslegungsregelungen der §§ 133, 157 BGH GRUR 1998, 376, 378 – Coverversion; Hertin, FS Nordemann, S. 35, 38 f.; siehe dazu S. 59 ff. 905 Siehe S. 59 ff. 906 OLG Hamburg ZUM 2002, 480, 482. 907 OLG Hamburg ZUM 2002, 480, 482: „… Die Antragssteller haben mit dem ursprünglichen Antrag de facto ein „Recht am geschützten Arrangement des Originalwerks“ für sich in Anspruch genommen und betrachten damit jede irgendwie abweichende Art der Darstellung als rechtsverletzend. Diese Auffassung erscheint dem Senat – ohne dass hierzu eine abschließende Stellungsnahme erforderlich ist – eher fernliegend. Denn auch ansonsten ist in der Regel kein Musikinterpret gehindert, ein von der GEMA wahrgenommenes Musikwerk ganz anders – oder überhaupt nicht – arrangiert unter seinem Namen neu einzuspielen und zu nutzen, solange dies nicht eklatant werkentstellend ist.“ Siehe S. 52 ff. 904
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Kapitel 5: Wahrnehmung durch die GEMA
BGB und auf die Zweckübertragungsregel des § 31 Abs. 5 UrhG abzustellen.908 Will ein Urheber das Bearbeitungsrecht nicht mit übertragen, obwohl die entsprechende Nutzungsart notwendigerweise ein solches mit umfasst, muss der Urheber einen entsprechenden ausdrücklichen Vorbehalt deutlich machen.909 Die Nutzungsart der Werkinterpretation beinhaltet eine Bearbeitung nach § 23 UrhG. In dem Berechtigungsvertrag ist kein ausdrücklicher Vorbehalt gegeben, so dass von der Einräumung des Bearbeitungsrechts an die GEMA auszugehen ist. Dies ergibt sich auch aus teleologischer Sicht. Sinn und Zweck der GEMA ist die umfassende Rechtswahrnehmung. Nur so kann ein reibungsloser weltweiter Umgang mit Musik und dessen Kontrolle garantiert werden. Dieses ist sowohl im Interesse des Urhebers, als auch der Verwertungsgesellschaft. Ansonsten würde bei jeder LiveEinspielung oder Live-Aufführung eines musikalischen Werkes die Unsicherheit herrschen, ob die aktuelle Interpretation zusätzlich einer Einwilligung des Berechtigten bedarf. Ein mit der Musikpraxis, insbesondere der tagtäglich vorkommenden Aufführungspraxis an deutschen Theatern, Clubs und Konzerthäusern nicht zu vereinbarendes Ergebnis. Gemäß der §§ 133, 157 BGB i.V.m. § 31 Abs. 5 UrhG nimmt die GEMA im Rahmen des § 1a und 1h GEMA-BV das Bearbeitungsrecht nach § 23 UrhG bei der Interpretation eines Musikwerks wahr. 2. Einräumung an die Nutzer Das von den Berechtigten nach § 23 UrhG eingeräumte Bearbeitungsrecht müsste die GEMA im Rahmen der Lizenzierung Dritten einräumen und dementsprechend die Tarife gestalten. Die jeweiligen Tarife müssten eine verwertungsrechtliche und eine urheberpersönlichkeitsrechtliche Änderungslizenz mit berücksichtigen. Dies folgt unmittelbar aus dem Wahrnehmungszwang des § 6 WahrnG, der die Verwertungsgesellschaft verpflichtet, die Rechte zu angemessenen Bedingungen wahrzunehmen. Eine Angemessenheit wäre dann zu Riesenhuber, S. 46; siehe S. 168; 181 f. BGH GRUR 1984, 528, 529 – Bestellvertrag; Wandtke/Bullinger/Wandtke/ Grunert § 31, Rn. 76. Fraglich ist, ob ein solcher Vorbehalt wirksam ist, vgl. dazu S. 230 ff. 908 909
D. Umfang der Wahrnehmung des Bearbeitungsrechts
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verneinen, wenn die GEMA zwar das Bearbeitungsrecht lizenziert, aber der Tarif diesen Tatbestand nicht berücksichtigt. Aus dem Abschlusszwang des § 11 WahrG folgt weiter, dass die GEMA verpflichtet ist, dem Nutzer die notwendigen ihr eingeräumten Rechte einzuräumen und somit auch das Bearbeitungsrecht nach § 23 UrhG im Rahmen der Werkinterpretation. Der Tarif VR-T-H 1 stellt die Grundlage für die Vergütungsberechnung bei Tonträgereinspielungen dar.910 Der Lizenzwert berechnet sich entweder aus dem Endverkaufspreis netto (Vergütungssatz 10 %) oder Händlerabgabepreis netto (Vergütungssatz 13, 75).911 Aus den Allgemeinen Bestimmungen zum Tarif VR-T-H 1 folgt: „Die Befugnis umfasst nur die der GEMA zustehenden Rechte für die Vervielfältigung und Verbreitung zum persönlichen Gebrauch über den TonträgerFachhandel. Das Urheberpersönlichkeitsrecht darf nicht verletzt werden.“
Eine weitergehende Bestimmung enthält der Normalvertrag, der ebenfalls die Lizenzierung an Dritte im Rahmen von Einspielungen auf Tonträger regelt.912 Bei den Bestimmungen des Normalvertrages fällt Artikel III „Urheberpersönlichkeitsrecht“ auf: „Änderungen, die der Hersteller an einem Werk vornehmen zu müssen glaubt, um den Erfordernissen der Aufnahme zu genügen, dürfen niemals eine Änderung des Charakters des Werkes zur Folge habe; das Urheberpersönlichkeitsrecht wird ausdrücklich vorbehalten. Insbesondere darf bei Musik und Text von literarischen, dramatischen, dramatisch-musikalischen und symphonischen Werken keine Änderung vorgenommen werden.“ 913
Eine Interpretation eines Musikwerkes enthält zwangsweise eine Änderung des geistig-ästhetischen Gesamteindrucks eines Musikwerkes und stellt damit eine Bearbeitung dar, die zugleich eine urheberpersönlichkeitsrechtliche Änderung mit sich bringt. Die Nichterwähnung des Bearbeitungsrechts bei den Allgemeinen Bestimmungen zum Tarif VR-T-H 1 spricht dafür, dass die GEMA dass für die Nutzung notwendige Bearbeitungsrecht nicht einräumen möchte.
Vgl. Information und Lizenzierung der GEMA zur Vervielfältigung von handelsüblichen Audio-Tonträgern, www.gema.de, S. 3. 911 Vgl. Information und Lizenzierung der GEMA zur Vervielfältigung von handelsüblichen Audio-Tonträgern, www.gema.de, S. 3. 912 Valbert in Moser/Scheuermann, S. 1023, 1026. 913 Valbert in Moser/Scheuermann, S. 1023, 1026. 910
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Kapitel 5: Wahrnehmung durch die GEMA
Damit verstößt die GEMA bei der Lizenzierung zu Zwecken der Werkinterpretation gegen §§ 6, 11 WahrnG.914 Interpretationen von Musikwerken im Rahmen von Tonträgereinspielungen werden somit von der GEMA nicht ausreichend lizenziert. Ein wahrlich beunruhigender und zu ändernder Umstand. Denn selbst, wenn sich der Dritte an den Verlag wenden würde, könnte er keine ausreichende Lizenzierung erreichen. Die Bearbeitungsrechte liegen nicht bei dem Verlag, da eine getrennte Einräumung von Nutzungsrechten im Rahmen derselben Nutzungsart nicht zulässig ist und eine umfängliche Einräumung an die GEMA aus § 11 WahrnG, § 31 Abs. 5 UrhG i.V.m. §§ 133, 157 BGB folgt.915 Bei der Werkinterpretation im Rahmen von Live-Aufführungen ist der Tarif U 916 und der Tarif U-VK einschlägig.917 Aus den Bestimmungen selbst folgt nur die Tarifhöhe nicht jedoch der Umfang der Rechtseinräumung. Aus §§ 6, 11 WahrnG i.V.m. §§ 133, 157 BGB i.V.m. 31 Abs. 5 UrhG ergibt sich, dass die GEMA bei Werkinterpretationen im Rahmen von Live-Aufführungen umfänglich das Bearbeitungsrecht nach § 23 UrhG mit einräumt. Aus den Allgemeinen Bestimmungen zu den Vergütungssätzen 918 folgt keine Einschränkung der Rechtseinräumung. Unter dem Punkt „Umfang der Einwilligung“ heißt es regelmäßig: „Die Einwilligung umfasst nur die der GEMA zustehenden Rechte. Die Einwilligung berechtigt nicht zur Vervielfältigung der aufgeführten Musikstücke …“.
Damit räumt die GEMA bei der Werkinterpretation im Rahmen von Live-Aufführung nach dem geltenden Berechtigungsvertrag das Bearbeitungsrecht einschließlich urheberpersönlichkeitsrechtlicher Änderungsbefugnisse ein.
§ 11 WahrnG führt nicht zur Unwirksamkeit eines derartigen Vorbehalts, vgl. Reinbothe, S. 74 ff. 915 Siehe S. 230 f. 916 Vergütungssätze U für regelmäßige Musikaufführungen mit Musikern ohne Tanz und ohne Veranstaltungscharakter, www.gema.de. 917 Vgl. Vergütungssatz U-VK für Unterhaltungs- und Tanzmusik mit Musikern: www.gema.de. 918 Vergütungssatz U-VK, Abschnitt III, S. 3. 914
D. Umfang der Wahrnehmung des Bearbeitungsrechts
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II. Werkelemente Die Verwendung von Werkelementen berührt grundsätzlich das Bearbeitungsrecht nach § 23 UrhG und damit verbunden urheberpersönlichkeitsrechtliche Änderungsbefugnisse nach § 14 UrhG, es sei denn, dass entnommene Werkelement ist nicht schutzfähig oder es liegt ein Fall des § 24 UrhG vor.919 Bei der Vereinbarung über die Nutzung von Werkelementen handelt es sich um eine eigenständige Nutzungsart im Sinne des § 31 UrhG.920 1. Einräumung an die GEMA Der GEMA-BV regelt nicht ausdrücklich die Frage, ob Teilwerknutzungen von der Wahrnehmungsbefugnis der GEMA mit umfasst sind.921 Ob die Einräumung des Aufführungsrechtes nach § 1a GEMA-BV oder des Rechtes der Aufnahme auf Tonträger nach § 1h Abs. 1 GEMA-BV auch Kürzungen des Werkes beinhaltet, lässt der Berechtigungsvertrag offen.922 Teilweise wird angenommen, dass die Wahrnehmungsbefugnis der GEMA sich nicht auf Werkteilnutzungen erstrecke.923 Das LG München geht davon aus, dass der GEMA nicht das Recht zukomme, im Rahmen der § 1a GEMA-BV Lizenzen für Teilnutzungen und bearbeitete Gestaltungen des Werkes zu vergeben. Als Argument führt das Gericht an, dass die Rechtsordnung im Bereich des Wahrnehmungsgesetzes nicht der GEMA die Aufgabe zuordnet im Einzelfall zu überprüfen, ob materiell-rechtlich Urheberrechte verletzt wurden oder nicht. Dieses obliege vielmehr dem direkten Verhältnis Urheber und Nutzer.924 Damit stellt sich das LG München in
Siehe S. 69 ff., 84 ff. Siehe S. 135 ff. 921 In einigen Bereichen erwähnt der GEMA-BV spezielle Teilwerknutzungen: beispielsweise in § 1 a Abs. 2 und § 1 h Abs. 8 GEMA-BV. Diese Ausnahmen beziehen sich aber regelmäßig auf dramatisch-musikalische Werke. 922 Gleiches gilt für die Frage der Klingeltöne; vgl. § 1 h Abs. 4 GEMA-BV sowie ausführlich S. 219 ff. 923 LG München I GRUR 2005, 574, 575 – O Fortuna; Schulze ZUM 1993, 255 ff. 924 LG München I GRUR 2005, 574, 575 – O Fortuna. 919 920
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Kapitel 5: Wahrnehmung durch die GEMA
Widerspruch zu der BGH-Entscheidung „Musical Gala“.925 Zwar handelt es sich bei dem Fall „Musical Gala“ nicht um eine Teilwerknutzung, aber immerhin um eine Verbindung mit szenischen Elementen, die ebenfalls eine Bearbeitung nach § 23 S. 1 UrhG darstellt.926 Teile der Rechtsprechung 927 und Literatur 928 verneinen eine konkludente Einräumung des Bearbeitungsrechts und urheberpersönlichkeitsrechtlicher Änderungsbefugnisse im Rahmen von § 1h Abs. 1 GEMA-BV. Die Vorschrift erlaube lediglich, dass Musik in ihrer konkreten Formgestaltung, d.h. unverändert und vollständig aufgenommen, vervielfältigt und verbreitet werden dürfe. Dieses solle unter anderem aus dem Normalvertrag für die phonografische Industrie folgen. Andere Stimmen wiederum sehen die teilweise Vervielfältigung eines Musikwerkes von § 1h Abs. 1 GEMA-BV als mit umfasst an und räumen der GEMA eine Wahrnehmungskompetenz ein, die das Bearbeitungsrecht nach § 23 S. 1 UrhG berühre.929 Eine Einräumung des Bearbeitungsrechts nach § 23 S. 1 UrhG an die GEMA wird unter Hinweis auf § 31 Abs. 5 UrhG und aus dem Bedürfnis nach kollektiver Wahrnehmung hergeleitet.930 Die Einräumung des Bearbeitungsrechts soll jedoch durch das Urheberpersönlichkeitsrecht begrenzt sein. Soweit Werkveränderungen in die Integrität des Werkes eingreifen und dieser Eingriff eine Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts darstelle, käme eine kollektive Wahrnehmung durch die GEMA nicht mehr in Betracht.931 Die Begründung, die GEMA könne keine Rechte aus §§ 23, 14 UrhG wahrnehmen ist nicht stichhaltig, zumal zum einen die GEMA schon längst die Lizenzierung des Bearbeitungsrechts bei anderen Formen
BGH ZUM 2000, 234, 237 – Musical Gala. Siehe S. 209 f. 927 OLG Frankfurt GRUR 2006, 578, 580. 928 Schulze ZUM 1993, 255, 260; Dreier/Schulze Vor § 31, Rn. 130; Riekert, S. 135: „Der Nutzer erwirbt daher mit der GEMA-Nutzungslizenz nur das Recht zur weitgehend originalgetreuen Nutzung der Musikwerke, bei der das Urheberpersönlichkeitsrecht nicht tangiert wird“. 929 Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 292, Rn. 157 930 Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 292, Rn. 157 931 Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 292, Rn. 157. 925 926
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der Werknutzung durchführt,932 und zum anderen die GEMA der richtige Adressat für eine umfängliche Rechtswahrnehmung inklusive des Bearbeitungsrechts und urheberpersönlichkeitsrechtlicher Änderungsbefugnisse ist.933 Die Rechtsfrage ist gemäß der §§ 133, 157 BGB i.V.m. § 31 Abs. 5 UrhG zu beantworten.934 Abzustellen ist insbesondere auf die Zweckübertragungsregel des § 31 Abs. 5 UrhG. Zweck des GEMA-Berechtigungsvertrages ist die umfängliche Wahrnehmung der Nutzungsrechte durch die GEMA. Dazu zählt bei Aufführungen und Einspielungen von Werken die teilweise Werknutzung, also die gekürzte Darbietung.935 Der Auffassung, die eine Einräumung des Bearbeitungsrechts annimmt, sofern das Urheberpersönlichkeitsrecht nicht betroffen sei,936 ist aufgrund der Rechtsnatur des Bearbeitungsrechts und dem Musikschaffensprozess zu widersprechen. Bis auf die Ausnahme der Fälle, die unter § 93 UrhG fallen, stellen alle Bearbeitungen zugleich eine urheberpersönlichkeitsrechtlich relevante Veränderung dar.937 Da jede Teilwerknutzung eine Bearbeitung i.S.d. § 23 UrhG nach sich zieht, gibt es nur eine Möglichkeit, um den Interessen der Urheber, der Verwertungsgesellschaft und der Nutzer gerecht zu werden: die umfängliche Wahrnehmung des Bearbeitungsrechts durch die GEMA. Der Normalvertrag für die phonografische Industrie 938 kann insoweit nicht herangezogen werden im Rahmen der Auslegung, da aus dem Zweck des Berechtigungsvertrages bereits eine Antwort auf die Frage des Rechtsverbleibs folgt. Es geht insofern um das Verhältnis Urheber und GEMA und nicht um das Verhältnis von GEMA und Lizenznehmer. Gleiches gilt für allgemeine Ausführungen der GEMA zu Fragen der Lizenzierung.
Siehe insoweit die Ausführungen zur Werkinterpretation und zur Verbindung von Musikwerken mit anderen Kunstgattungen; S. 191 ff.; S. 200 ff. 933 Siehe S. 184 ff. 934 Siehe S. 181 f. 935 So auch für § 1 a GEMA-BV Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 253, Rn. 54. 936 Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 292, Rn. 157. 937 Siehe S. 69 f., S. 106, 110. 938 Abgedruckt bei Valbert in Moser/Scheuermann, S. 1023 ff. 932
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2. Einräumung an die Nutzer Bezüglich der Einräumung an die Nutzer ist zumindest bei der Verwendung von Teilelementen im Rahmen von Werkeinspielungen wiederum der Normalvertrag von Bedeutung, der Änderungen, die das Urheberpersönlichkeitsrecht betreffen, untersagt.939 Daneben sieht Artikel IV Abs. 10 des Normalvertrages vor, dass „jede teilweise Vervielfältigung eines Werkes aus dem GEMA-Repertoire“ der Einwilligung des Berechtigten bedarf und dass die GEMA die Anschrift des Berechtigten an den Hersteller herausgibt. Die von der GEMA erteilte Lizenzauskunft bezüglich der Herstellung von handelsüblichen Tonträgern sieht vor, dass das Urheberpersönlichkeitsrecht trotz der erteilten Lizenz gesondert zu beachten sei.940 In Ziffer VI.2.1 heißt es weiter, dass sich der Auftraggeber verpflichtet, bei der Verwendung von Werkteilen die Einwilligung der Berechtigten einzuholen. Die Bestimmungen sind eindeutig, dass die GEMA trotz der Verpflichtung aus § 11 WahrnG das Bearbeitungsrecht nach § 23 UrhG nicht einräumen will. Die Konsequenz aus dieser Regelung ist sehr erheblich für die Praxis. Die derzeitige Lizenzierung der GEMA stellt einen Verstoß gegen § 11 WahrnG dar, mit der Folge, dass Teilwerknutzungen im Bereich der Musik bis dato nicht ausreichend lizenziert werden.941 Der Urheber selbst oder der Verlag ist nicht befugt das Bearbeitungsrecht zu lizenzieren. III. Verbindung mit anderen Kunstgattungen Der GEMA-BV erkennt im Rahmen der Verbindung der Musik mit anderen Kunstgattungen wie dem Film oder der bühnenmäßigen Aufführung die Problematik des betroffenen Bearbeitungsrechts gemäß § 23 UrhG und der damit verbundenen urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse und geht insoweit unterschiedliche Lösungswege. Valbert in Moser/Scheuermann, S. 1023, 1026; der Normalvertrag war auch schon bei der Frage der Werkinterpretation einschlägig, siehe S. 191 f. 940 Ziffer III der Lizenzgrundlage. 941 § 11 WahrnG führt nicht zur Unwirksamkeit eines derartigen Vorbehalts, vgl. Reinbothe, S. 74 ff. 939
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1. Film Die derzeitigen Regelungen zur Verwendung von Musik im Zusammenhang mit Filmwerken sind von dem Prinzip getragen, dass die betroffenen Nutzungsrechte durch verschiedene Personen, nämlich auf der einen Seite die GEMA und auf der anderen Seite die Verlage bzw. die Urheber wahrgenommen werden können.942 Grund für die Zweigleisigkeit der Rechtseinräumung sollen vor allem wirtschaftliche und urheberpersönlichkeitsrechtliche Erwägungen der Verlage und Urheber sein.943 a. Bedingte Rechtseinräumung gemäß § 1 i Abs. 1 GEMA-BV Gemäß § 1i Abs. 1 GEMA-BV liegen die Rechte zur Benutzung eines Werkes zur Herstellung von Filmwerken bei der GEMA. Die Rechtseinräumung erfolgt nach § 1i Abs. 1 S. 2 GEMA-BV unter einer auflösenden Bedingung. Der Rechterückfall vollzieht sich durch eine auf einen konkreten Fall bezogene schriftliche Mitteilung des Berechtigten an die GEMA, dass er die Rechte im eigenen Namen selbst wahrnehmen möchte.944 Der Rückruf des Filmherstellungsrechts bildet in der Praxis den Regelfall, insbesondere, wenn Verlage die Rechte der Urheber wahrnehmen.945 Hat der Urheber oder Verlag von seinem Rückrufsrecht Gebrauch gemacht, muss der Verwender dem Verlag eine Gebühr für die Nutzung der Musik zur Herstellung des Films zahlen.946 Diese Gebühr ist frei verhandelbar. Die weiteren Nutzungsrechte, die bei der Verwendung des hergestellten Films betroffen sind, wie das Vervielfältigungs- und Senderecht, verbleiben bei der GEMA. Schulze GRUR 2001, 1084. Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 332, Rn. 259; Brandhorst, S. 136, 137. 944 § 1 i Abs. 1 Satz 3 GEMA-BV. In der Praxis vergisst der Urheber/Verlag in vielen Fällen, dieser schriftlichen Mitteilungspflicht nachzukommen. Die daraus resultierende Nichtberechtigung des Urhebers, wird von der GEMA nach bekannt werden grundsätzlich bewilligt, was als Verfügungsermächtigung im Sinne des § 185 Abs. 2 BGB zu verstehen ist. 945 Meistens haben die Komponisten bezüglich ihrer Werke einen Verlagsvertrag abgeschlossen, in dem sie umfänglich alle Rechte an dem Werk dem Verlag einräumen. Komponist und Verlag wiederum sind Mitglieder der GEMA; vgl. Schulze GRUR 2001, 1084. In den Verlagsverträgen lässt sich der Verleger die Ausübung dieses Rückrufsrechts grundsätzlich übertragen. Ob dieses allerdings zulässig ist, ist zweifelhaft. 946 Schulze GRUR 2001, 1084. 942 943
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Überwiegend wird die auflösende Bedingung im Sinne des § 158 Abs. 2 BGB verstanden.947 Eine auflösende Bedingung im Sinne des § 158 Abs. 2 BGB hat zur Folge, dass die Wirkung des Rechtsgeschäfts zunächst umfänglich eintritt und mit Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts endet. Zum Teil wird daraus geschlossen, dass eine auf den Einzelfall beschränkte Ermächtigung durch den Urheber erfolge.948 Richtig ist, dass alle Verfügungen die während der Zeit der Berechtigung der GEMA vor Eintritt der Bedingung durch die GEMA gemacht wurden gemäß § 161 BGB absolut unwirksam sind, sofern sie die von der Bedingung abhängige Wirkung vereiteln oder beeinträchtigen würde. Damit kann der Urheber unmittelbar und einzelfallbezogen auf die Rechtswirkung Einfluss nehmen.949 Die Frage des § 161 BGB würde sich jedoch nicht stellen, wenn man dem Einwilligungsvorbehalt des § 1 Abs. 1 GEMA-BV nur schuldrechtliche Wirkung zukommen lassen würde,950 bzw. gar keinen Fall einer bedingten Rechtseinräumung im Sinne des § 158 Abs. 2 BGB annehmen würde. Für eine schuldrechtliche Wirkung der Bedingungsvereinbarung spräche, dass damit dem Kontrahierungszwang der GEMA und dem Rechtsschutzbedürfnis der Nutzer genüge getan wäre und Verfügungen, die im Schwebezustand ohne Einwilligung des Urhebers durch die GEMA getätigt wurden, eben nicht nach § 161 BGB unzulässig wären, sondern lediglich zu Schadensersatzansprüchen im Verhältnis von GEMA und Urheber führen würden. Aufgrund des eindeutigen Wortlautes des § 1i Abs. 1 S. 2 GEMA-BV, der dinglichen Wirkung von ausschließlichen Nutzungsrechten, ist eine schuldrechtliche Wirkung der Bedingung bei § 1i Abs. 1 S. 2 GEMABV jedoch zu verneinen. Zum Teil wird eine Wollensbedingung nicht als zulässige Bedingung im Sinne des § 158 BGB angesehen.951 Bei einer völlig freien, ungebundenen Wollensbildung fehle es für einen Vertragsteil an einer auch nur irgendwie bindenden Geltungserklärung. Es handele sich deshalb 947 948 949 950 951
Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 332, Rn. 259. Ventroni, S. 184. Vgl. Palandt/Heinrichs § 161, Rn. 1. Vgl. zu der gleichen Frage im Zusammenhang mit Fernsehproduktionen S. 205 f. Larenz/Wolf § 50, Rn. 19, 20.
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nicht um die Vornahme eines bedingten Rechtsgeschäfts.952 In § 1i Abs. 1 S. 3 GEMA-BV muss der Urheber lediglich das Schriftformerfordernis beachten. An weitere Voraussetzungen ist die Bedingung nicht geknüpft, liegt also vollkommen in der Hand des Urhebers. Damit würde diese Auffassung eine bedingte Rechtseinräumung für den Fall des § 1i Abs. 1 GEMA-BV verneinen, so dass der Urheber nach wie vor ausschließlicher Rechtsinhaber ist, da keine Einigung über den Rechtsübergang stattgefunden hat. Der Einwand von Larenz ist nicht von der Hand zu weisen und zeigt, dass die Regelung des § 1i Abs. 1 GEMA-BV in ihrer zivilrechtlichen Wirkung durchaus zweifelhaft ist. Daher stellt sich umso mehr die Frage der Notwendigkeit eines solchen Vorbehalts. Geht man von einer Bedingung im Sinne des § 158 BGB aus, liegt trotz der Bestimmung des § 161 BGB rechtsdogmatisch im Moment der Vornahme des Rechtsgeschäfts ein vollgültiges Rechtsgeschäft vor, so dass bezüglich der Frage der Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts auf den Moment der Vornahme abgestellt werden muss, unabhängig von der sich aus § 161 BGB ergebenden schwebenden Rechtswirkungsfolge.953 Die Vertreter die eine pauschale Rechtseinräumung an die GEMA, bzw. einen pauschalen Rechtsverzicht des Urheberpersönlichkeitsrechts verneinen,954 müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, dass zunächst eine pauschale, nach ihrer Auffassung unwirksame Rechtseinräumung vorliegt. Dies ergibt sich eindeutig aus der gesetzlichen Konstruktion der §§ 158 ff. BGB. Deshalb nimmt die GEMA im Bereich des Filmrechts bereits nach dem derzeitigen Berechtigungsvertrag Bearbeitungsrechte und damit Urheberpersönlichkeitsrechte pauschal wahr.955 Larenz/Wolf § 50, Rn. 20. Vgl. Palandt/Heinrichs Vor § 158, Rn. 8; Larenz/Wolf § 50, Rn. 56. 954 Siehe S. 184 ff. 955 Aufgrund des Zweckes der GEMA und wegen § 3 der GEMA-Satzung könnte man zu einer einschränkenden Auslegung von § 1 i Abs. 1 GEMA-BV insofern kommen, dass die Ausnahmevorschrift nur greifen soll, wenn Bearbeitungsrechte nach § 23 UrhG bzw. urheberpersönlichkeitsrechtliche Interessen des Urhebers betroffen sind, da nur dann ein berechtigtes Interesse des Urhebers besteht die Rechte selbständig einzuräumen; so wohl Poll ZUM 2003, 237 f. zumindest für das Einwilligungsrecht bei § 1 i Abs. 3 GEMA-BV; a.A. OLG München ZUM 2003, 235, 236; Ventroni, S. 132 die § 1 i Abs. 1 Satz 3 GEMA-BV auch dann als einschlägig ansehen, wenn durch die Art der Verbindung lediglich das Vervielfältigungsrecht nach § 16 UrhG betroffen ist. 952 953
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b. Einräumung des Bearbeitungsrechts nach § 1 i Abs. 1 GEMA-BV § 1i Abs. 1 GEMA-BV spricht vom „Recht zur Benutzung eines Werkes zur Herstellung von Filmwerken“. Diese Vorschrift ist in Abgrenzung zu § 1h GEMA-BV zu verstehen, in der ohne an eine auflösende Bedingung gebunden zu sein, dass Recht der Aufnahme auf Ton- und Bildtonträger sowie die Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechte an diesen Trägern der GEMA zur treuhänderischen Wahrnehmung eingeräumt werden. Das Filmherstellungsrecht 956 umschreibt eine Nutzungsart i.S.d. §§ 31ff. UrhG.957 Die Nutzungsart der Filmherstellung ist von der anschließenden Verwertung zu trennen.958 Die Frage nach dem Umfang der Einräumung von Nutzungsrechten im Rahmen von § 1i Abs. 1 GEMA-BV hat sich nach den Grundsätzen der urheberrechtlichen Vertragsauslegung zu richten.959 Aufgrund der treuhänderischen Funktion der GEMA ist von einer umfangreichen ausschließlichen Rechtseinräumung von Nutzungsrechten auszugehen, sofern sich nichts Gegenteiliges aus dem Berechtigungsvertrag ergibt. Damit nimmt die GEMA für den Fall, dass das Rückrufsrecht nicht von dem Urheber bzw. Verlag ausgeübt wird, sowohl das Bearbeitungsrecht nach § 23 UrhG, als auch die dadurch betroffenen urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnisse
Das Filmherstellungsrecht wird auch oft als Synchronisationsrecht bezeichnet, vgl. Brandhorst, S. 136, 137. 957 Siehe S. 72, 135 ff. 958 Schricker/Schricker Vor §§ 28 ff., Rn. 101; siehe S. 135 ff. 959 Siehe S. 181. Lange umstritten war die Frage, ob bei der Videozweitauswertung eines Kinofilms erneut das Filmherstellungsrecht im Sinne des § 1 i GEMABV betroffen sei, welches zusätzlich nach Rückruf hätte erworben werden müssen. Es bedarf jedoch keiner gesonderten abspaltbaren Einräumung eines Nutzungsrechts. Vielmehr handelt es sich um eine Lizenzierung des Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechts nach §§ 16, 17 UrhG durch die GEMA nach § 1 h GEMA-BV; vgl. BGH GRUR 1994, 41, 42 – Videozweitauwertung; Staudt in Kreile/Becker/ Riesenhuber, S. 332, Rn. 257. Etwas anderes ergibt sich, sofern es sich um eine Videoerstherstellung handelt, da insofern die unter § 31 ff. UrhG fallende Nutzungsart der erstmaligen Verbindung von Film und Musik betroffen ist; Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 332, Rn. 258. 956
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umfänglich wahr. Die Einräumung an Dritte bestimmt sich bei der Filmherstellung mit Kinoauswertung nach dem Tarif VR-TH-F 1, während die Filmherstellung ohne Kinoauswertung gemäß des Tarifs VR-TH-F 2 lizenziert wird.960 c. Ausnahme für Fernsehproduktionen, § 1 i Abs. 3 GEMA-BV Eine Ausnahme zu der auflösend bedingten Einräumung im Sinne des § 1i Abs. 1 GEMA-BV bildet § 1i Abs. 3 GEMA-BV. Danach liegen die Filmherstellungsrechte ohne Vorbehalt bei der GEMA, sofern es sich um Eigen- oder Auftragsproduktionen von Fernsehanstalten handelt.961 Der Begriff der Fernsehproduktion umfasst dabei nicht nur Fernsehspielfilme, sondern den gesamten Bereich der filmischen Produktion im Fernsehen, also auch Fernsehshows und Nachrichtensendungen.962 Dadurch wird es der GEMA ermöglicht im Rahmen ihrer Pauschalverträge den Fernsehsendern das Recht zur Herstellung von Filmwerken einzuräumen. Hintergrund dieser Ausnahmeregelung ist die umfangreiche Musiknutzung bei fernseheigenen Produktionen, so dass eine Einzellizenzierung nur schwer möglich wäre.963 Als weitere Rechtfertigung für das Senderprivileg wird die Verpflichtung der Sender herangeführt, wegen § 41 Abs. 1 RStV urheberpersönlichkeitsrechtliche Belange der Beteiligten in ausreichendem Maße beachten zu können.964 d. Abgrenzungsprobleme Die Ausnahmeregelung des § 1i Abs. 3 GEMA-BV bringt in der Praxis erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten mit sich, was wiederum die Frage der Berechtigung des gesamten § 1i GEMA-BV nach sich zieht.
Vgl. Brandhorst, GEMA-Nachrichten, November 2006, S. 136, 139. Eine Ausnahme von diesem Verfahren ist bei Bühnenaufführungen von dramatisch-musikalischen Werken gegeben; vgl. Brandhorst, S. 136, 138. 962 Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 334, Rn. 263. 963 Ventroni, S. 62; Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 334, Rn. 263; Brandhorst, S. 136, 138. 964 Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 334, Rn. 263; Brandhorst, S. 136, 138. 960 961
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Kapitel 5: Wahrnehmung durch die GEMA
aa. Eigen-, Auftrags- und Koproduktion Für die Lizenzierung des Filmherstellungsrechts ist es wegen der Differenzierung in § 1i Abs. 3 GEMA-BV von weitreichender wirtschaftlicher und rechtlicher Bedeutung, wann eine Eigen- bzw. Auftragsproduktion in Abgrenzung zur Koproduktion vorliegt. Der Begriff der Eigen-, Auftrags- und Koproduktion ist weder durch den Berechtigungsvertrag noch durch das UrhG definiert. Damit hängt die Unterscheidung allein von Wertungsgesichtspunkten ab, was zum einen zu erheblicher Rechtsunsicherheit auf Seiten der Sender und Verwerter führt. Auf der anderen Seite ist es, wie sich im folgenden zeigen wird, nicht nachvollziehbar, wieso aufgrund kleiner Wertungsunterschiede plötzlich die Wahrnehmung von Bearbeitungsrechten und Urheberpersönlichkeitsrechten unproblematisch durch die GEMA erfolgen können soll. Eine Eigenproduktion liegt vor, wenn der Sender den Film selbst herstellt.965 Gerade bei der vielschichtigen Filmproduktion und den unterschiedlich ausgestalteten Vertrags- und Herstellungsmodellen ist damit der Rechtsunsicherheit Tür und Tor geöffnet. Die erste Hürde bildet schon die Frage des Bildmaterials. Liegt ein eigene Herstellung vor, wenn auf fremdes Bildmaterial zurückgegriffen wird? 966 Zumindest liegt wohl keine Eigenproduktion im Sinne des § 1i Abs. 3 GEMA-BV vor, wenn es sich um einen Werbespot im Sinne des § 1k GEMA-BV handelt, da ansonsten die Ausnahmevorschrift des § 1k GEMA-BV leer liefe.967 Auftragsproduktionen fallen unbeschränkt in den Wahrnehmungsbereich der GEMA. Nach dem OLG München 968 liegt eine Auftragsproduktion bei Weisungsbindung und eine Koproduktion bei gleichberechtigter Partnerschaft vor, welche jedem Vertragspartner in seinem jeweiligen Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 335, Rn. 264. Dafür Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 335, Rn. 264; dagegen OLG München ZUM 1997, 275, 279. 967 Vgl. ausführlich OLG München ZUM 1997, 275, 278; trotz allem ist auch der Sinn und Zweck dieser Ausnahmevorschrift durchaus fragwürdig; vgl. zu § 1 k GEMA-BV, S. 216. 968 OLG München ZUM 2003, 235, 237. 965 966
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„natürlichen“ Interessengebiet die Federführung zubillige. Andere wiederum sprechen sich gegen ein inhaltliches Mitbestimmungsrecht bzw. eine Weisungsbefugnis als Abgrenzungskriterium aus.969 Zum Teil wird angenommen, dass es unerheblich für das Vorliegen einer Auftragsproduktion im Sinne des GEMA-BV sei, ob der Auftragsproduzent Rechte als Filmhersteller i.S.d. § 94 UrhG erlangt oder ob Dritte i.S.d. § 1i Abs. 3 S. 2 GEMA-BV beteiligt sind, da eine Drittbeteiligung der Auftragsproduktion immanent sei.970 Die unterschiedlichen Definitionen veranschaulichen, dass eine verlässliche Abgrenzung der Koproduktion zur Auftragsproduktion nicht möglich ist und für Rechtsunsicherheit sorgt. Dann kann dieses Abgrenzungskriterium erst recht nicht herhalten für eine Rechtfertigung, dass in dem Fall der Auftragsproduktion die Wahrnehmung des Bearbeitungsrechts und urheberpersönlichkeitsrechtlicher Änderungsbefugnisse im Gegensatz zur Koproduktion unproblematisch durch die GEMA erfolgen können soll. bb. Nutzung durch Dritte Die vorbehaltlose Einwilligung gilt jedoch nicht, sofern Dritte an der Herstellung beteiligt sind oder wenn die Fernsehproduktionen von Dritten genutzt werden sollen. Insoweit bedarf es gemäß § 1i Abs. 3 S. 2 GEMA-BV der gesonderten Einwilligung des Berechtigten. Diese Ausnahmeregelungen haben ebenfalls erheblichen Einfluss auf die Frage der Lizenzierung des Filmherstellungsrechts und damit des Bearbeitungsrechts und der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnisse. Der Berechtigungsvertrag sagt nichts darüber aus, wann es sich um Dritte im Sinne der Vorschrift handelt. Eine Nutzung durch „Dritte“ könnte beispielsweise bereits bei der DVD-Produktion einer Fernsehsendung durch Videohersteller angenommen werden.971 Die Wirkung des Einwilligungsvorbehalts des § 1i Abs. 3 GEMA-BV ist ebenfalls umstritten. Diesem könnte lediglich eine schuldrechtliche 972 oder eine dingliche Wirkung zwischen den Ur-
969 970 971 972
Ventroni, S. 224 ff., 232. Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 335, Rn. 265. So OLG München ZUM 2003, 235; vgl. OLG Hamburg ZUM 1992, 303 ff. Dafür LG Hamburg ZUM-RD 1997, 256 ff.; Poll ZUM 2003, 237, 238.
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Kapitel 5: Wahrnehmung durch die GEMA
hebern und der GEMA zukommen.973 Für eine schuldrechtliche Wirkung spricht der Kontrahierungszwang der GEMA, da § 11 Abs. 1 WahrnG ansonsten umgangen würde.974 Fraglich ist, ob sich der Vorbehalt der Einwilligung nur auf das urheberpersönlichkeitsrechtlich fundierte „Filmherstellungsrecht“ bezieht.975 Es zeigt sich, dass die schwer greifbare Ausnahmevorschrift für erhebliche Rechtsunsicherheit im Bereich der Fernsehproduktion sorgt. Die Regelung des § 1i Abs. 3 S. 2 GEMA-BV macht aus Zweckmäßigkeitserwägungen keinen Sinn. Sie eignet sich ebenfalls nicht zum Schutz des Urheberpersönlichkeitsrechts. Die Differenzierung erscheint aufgrund des nicht eindeutigen Wortlautes willkürlich und ist gerade unter dem Gesichtspunkt des Kontrahierungszwanges der GEMA nicht haltbar. cc. Senderprivileg Fernsehanstalten im Sinne des § 1i Abs. 3 GEMA-BV sollen nur inländische Sendeanstalten sein.976 Andere wiederum lassen auch ausländische Sendeanstalten unter das Senderprivileg des § 1i Abs. 3 GEMA-BV fallen.977 Vom Wortlaut sind beide Deutungsalternativen zulässig. Würde § 1i Abs. 3 GEMA-BV einen sinnvollen Schutz des Urheberpersönlichkeitsrechts beinhalten, wäre es zu unterstützen, dass das Senderprivileg solchen Sendeanstalten vorzubehalten, die wegen § 41 Abs. 1 RStV Urheberpersönlichkeitsrechte zu beachten haben. Da jedoch die Regelung des § 1i Abs. 3 GEMA-BV ohnehin nicht geeignet ist, verlässliche Abgrenzungskriterien zu geben, erscheint eine Beschränkung des § 1i Abs. 3 GEMA-BV auf inländische Sender 978 nicht gerechtfertigt.979
So OLG Hamburg, ZUM 1992, 303 ff. – Piccolo Bolero; zum Ganzen Ventroni, S. 243 ff. 974 Poll ZUM 2003, 237, 238. 975 Poll ZUM 2003, 237, 238. 976 Moser, Musik im Film, S. 53, 75; Moser ZUM Sonderheft 1996, 1025, 1027. 977 Ventroni, S. 235. 978 Gerade bei bestehenden und zu erwartenden Senderfusionen ist es ohnehin fraglich, was unter inländischen Sendern zu verstehen ist. 979 Eine Unterscheidung ist auch nur schwer mit europäischem Recht zu vereinbaren. 973
D. Umfang der Wahrnehmung des Bearbeitungsrechts
209
dd. Abgrenzungsvereinbarung Nicht vom Senderprivileg umfasst sind Bühnenaufführungen dramatisch-musikalischer Werke. Um für die Sendung von Teilen oder Ausschnitten aus Werken des „Großen Rechts“ den Zugriff auf das Filmherstellungsrecht zu erleichtern, wurde zwischen der GEMA und den Rundfunkanstalten die sogenannte „Abgrenzungsvereinbarung“ getroffen.980 Betrachtet man die Regelung der Abgrenzungsvereinbarung, wird der Wahrnehmungsumfang der GEMA noch weiter verschleiert, da sich in der Abgrenzungsvereinbarung viele auslegungsbedürftige Begriffe befinden. So bestimmt die Abgrenzungsvereinbarung beispielsweise, dass das szenische Geschehen des ganzen Werks nicht in seinen wesentlichen Zügen dargeboten werden darf oder das fernseheigene Choreographien konzertanter Werke gezeigt werden dürfen. Die Abgrenzungsvereinbarung nennt weder, was unter wesentlichen Zügen eines Werkes gemeint ist, noch wie der Begriff „fernseheigene Choreographie konzertanter Werke“ zu verstehen ist. Es zeigt sich, dass urheberpersönlichkeitsrechtliche Erwägungen keine Rolle bei der Abgrenzungsvereinbarung spielen, da gerade Elemente von ganzen Werken im Sender gezeigt werden dürfen und damit aufgrund der Kürzung grundsätzlich das Bearbeitungsrecht auch in seinem urheberpersönlichkeitsrechtlichen Bezug betroffen ist. 2. Bühnenmusik Neben der Nutzung im Film, werden Musikwerke im Rahmen von Bühnenwerken genutzt.981 Durch die Inbezugnahme des musikalischen Werkes zu der auf der Bühne dargebotenen visuellen Begebenheit sind regelmäßig das Bearbeitungsrecht nach § 23 UrhG und die urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnisse im Sinne des
Brandhorst, S. 136, 138; der Text der Abgrenzungsvereinbarung ist teilweise in dem GEMA-Jahrbuch abgedruckt. 981 Bühnenwerke sind keine besondere Werkart, sondern entweder als dramatische Werke reine Sprachwerke im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG (z. B. Schauspiele), choreografische Werke nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 UrhG oder Werkverbindungen iSd. § 9 UrhG, bei denen die verbundenen Werke verschiedenen Werkkategorien angehören; vgl. Schricker/Loewenheim § 2, Rn. 95; Siehe S. 17 f. 980
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Kapitel 5: Wahrnehmung durch die GEMA
§ 14 UrhG berührt.982 Es handelt sich bei der Benutzung eines Musikwerkes im Rahmen eines Bühnenwerkes um eine eigene Nutzungsart im Sinne des § 31 UrhG.983 a. Bühnenmäßige Aufführung eines dramatisch-musikalischen Werkes Nach § 1a des GEMA-BV überträgt der Berechtigte der GEMA zwar das Recht der Aufführung an Werken der Tonkunst, schließt den Wahrnehmungsumfang aber für die bühnenmäßige Aufführung dramatisch musikalischer Werke in § 1a GEMA-BV aus. Damit ist zunächst nur die Interpretation eines Werkes vom Wahrnehmungsumfang der GEMA umfasst. Die GEMA räumt Dritten insoweit das Bearbeitungsrecht nach § 23 UrhG neben dem Recht aus § 19 Abs. 2 1. Alt. ein.984 Durch die Ausschlussklausel könnte das Bearbeitungsrecht nach § 23 UrhG, welches durch die Verbindung von Musik mit dem Bühnenwerk tangiert ist, aus dem Anwendungsbereich des GEMA-BV herausgenommen sein. Fraglich ist, wie der Begriff der bühnenmäßigen Aufführung eines dramatisch-musikalischen Werkes zu verstehen ist. Der Umfang des Wahrnehmungsausschlusses muss im Lichte der Zweckübertragungsregel des § 31 Abs. 5 UrhG und der allgemeinen zivilrechtlichen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB unter Berücksichtigung der besonderen Funktion und Aufgabe der GEMA beurteilt werden.985 Dem Begriff der bühnenmäßigen Aufführung kommt dieselbe Bedeutung zu, wie dem der bühnenmäßigen Darstellung des § 19 Abs. 2, 2. Var. UrhG.986 Danach liegt eine bühnenmäßige Aufführung jedenfalls in den Fällen vor, in denen das Werk durch ein für das Auge oder Ohr bewegtes Spiel im Raum dargeboten wird.987 Siehe S. 76, 112. Siehe S. 135 ff. 984 Siehe S. 194. 985 BGH GRUR 2000, 228, 229 – Musical Gala; OLG Hamburg GRUR 1991, 599, 600 – Rundfunkwerbung. 986 So auch BGH ZUM 2000, 234, 237 – Musical-Gala; vgl. auch OLG Braunschweig ZUM 1989, 134 ff. – Die Ideal-Operette. 987 BGH ZUM 2000, 234, 237 – Musical-Gala; BGH GRUR 1960, 604, 605 – Eisrevue I; Wandtke/Bullinger/Ehrhardt § 19, Rn. 16. 982 983
D. Umfang der Wahrnehmung des Bearbeitungsrechts
211
Nach Auffassung des BGH 988 liegt bei Eisrevuen, in denen die Musikstücke sowie die gesungenen Schlagerlieder zur Begleitung von Eislaufdarbietungen gespielt werden, keine bühnenmäßige Aufführung der Musikwerke vor, sofern sich die allgemeine Handlungsführung der Operetten nicht erkennen lasse, sondern willkürlich zur Begleitung der Tänzer zusammengestellt wurden. Eine ähnliche Kostümierung der Tänzer reiche nicht aus.989 In der Entscheidung „Musical Gala“ vertritt der BGH 990 die Auffassung, dass dieser „Ausschluss der Rechtseinräumung hinsichtlich der bühnenmäßigen Aufführung nicht nur für Werke, die als Bühnenwerke für die bühnenmäßige Aufführung bestimmt sind, sondern für alle Werke, die ihrer Art nach als „dramatisch-musikalische Werke“ bezeichnet werden können“
gelte. Aus § 1a Abs. 1 GEMA-BV lasse sich kein gänzlicher Ausschluss des bühnenmäßigen Aufführungsrechtes i.S.d. § 19 Abs. 2 UrhG schließen.991 „Gerade Musikwerke können in Bühnenaufführungen in verschiedenster Weise so integriert werden, dass sie bei diesen Aufführungen auch selbst als bühnenmäßig aufgeführt anzusehen sind, ohne selbst als dramatisch-musikalische Werke angelegt zu sein.“
Eine Rechtswahrnehmung durch die GEMA sei in diesen Fällen zu bejahen.992 Der BGH hatte in dem Fall „Musical Gala“ über die Frage zu entscheiden, ob ein Schlager als integrierender Bestandteil einer Bühnenaufführung wiedergegeben wurde. Obwohl dieser Schlager bühnenmäßig aufgeführt wurde, handelte es sich nach Auffassung des BGH nicht um ein dramatisch-musikalisches Werk, da der Schlager nicht geeignet sei „in Szene gesetzt zu werden“, da er kein geschlossenes, dramatisch angelegtes Geschehen vermittele.993 BGH GRUR 1960, 604, 605 – Eisrevue I. BGH GRUR 1960, 604, 605 – Eisrevue I; ebenso v. Have/Eickmeier ZUM 1995, 321, 322. 990 BGH ZUM 2000, 234, 236 – Musical-Gala, auch abgedruckt in BGH GRUR 2000, 228 – Musical Gala. 991 BGH ZUM 2000, 234, 236 – Musical-Gala. 992 BGH ZUM 2000, 234, 237 – Musical-Gala; eine andere Auffassung vertrat der BGH noch in BGH GRUR 1962, 256, 257 – Im weißen Rößl; ebenso LG Hamburg ZUM 1996, 980, 981. 993 BGH GRUR 2000, 228, 230 – Musical-Gala; dem zustimmend Staudt in Becker/Kreile/Riesenhuber, S. 258, Rn. 62. 988 989
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Kapitel 5: Wahrnehmung durch die GEMA
Zwar macht der BGH keine direkten Ausführungen dazu, ob bei dem Urheber insoweit mögliche Bearbeitungsrechte und Urheberpersönlichkeitsrechte verletzt sein können. Die Verbindung eines Schlagers mit einer bühnenmäßigen Aufführung verletzt aber das Bearbeitungsrecht des § 23 S. 1 UrhG, so dass der BGH in der „Musical-Gala“Entscheidung inzident davon ausgeht, dass der GEMA teilweise Rechte aus § 23 S. 1 UrhG und die von der Bearbeitung betroffenen Urheberpersönlichkeitsrechte nach dem derzeitigen Berechtigungsvertrag pauschal übertragen werden können.994 Die Ausschlussklausel ist damit ungeeignet, um das Urheberpersönlichkeitsrecht der Urheber zu wahren. Die Grundsätze der Rechtsprechung wendet Staudt auf die Frage der „vertanzten Musik“ an.995 Danach soll der Anwendungsbereich der GEMA immer dann nicht eröffnet sein, wenn ein ursprünglich für den Konzertgebrauch geschriebenes geschlossenes Werk in Verbindung mit einer Choreographie zum Handlungsballett werde. Dagegen sollen aneinander gereihte Einzelwerke ohne inneren Zusammenhang kein geschlossenes Geschehen im Sinne eines dramatisch-musikalischen Werkes mit der Folge einer Wahrnehmungsberechtigung durch die GEMA darstellen.996 Das Unterscheidungskriterium der objektiven Eignung des in Szene gesetzt werdens ist ungeeignet, Vorgänge aus dem Wahrnehmungsumfang der GEMA herauszunehmen, die in das Urheberpersönlichkeitsrecht des Urhebers eingreifen. Bei dem Aneinanderreihen verschiedener Musikwerke, wird im Zusammenhang mit einer Aufführung eine Verbindung zu anderen Komponisten, wie auch zu dem szenischen Geschehen hergestellt, die Einfluss auf den geistig-ästhetischen Ausdruck des Musikwerks hat. Dadurch erfolgt regelmäßig eine Zweckentfremdung, die einen Eingriff in das Bearbeitungsrecht und das Urheberpersönlichkeitsrecht mit sich bringt. Bereits an dem Tatbestandsmerkmal der bühnenmäßigen Aufführung eines dramatisch-musikalischen Werkes zeigt sich, dass die Ausnahmeregelung nicht dem Zweck dienen kann Urheberpersönlichkeitsrechte zu schützen. Dann ist diese Regelung aber überflüssig. 994 995 996
BGH ZUM 2000, 234, 237 – Musical Gala. Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 255, Rn. 63. Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 255, Rn. 63.
D. Umfang der Wahrnehmung des Bearbeitungsrechts
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b. Vollständig, als Querschnitt oder in größeren Teilen Der Ausschluss der GEMA-Wahrnehmung bezieht sich gemäß § 1a GEMA-BV auf bühnenmäßige Aufführungen dramatisch-musikalischer Werke, „sei es vollständig, als Querschnitt oder in größeren Teilen“.
Der GEMA-BV gibt keine eindeutige Definition der Begriffe „vollständig, als Querschnitt oder in größeren Teilen“, was die Grauzone des Wahrnehmungsumfang der GEMA vergrößert. Staudt argumentiert, dass es auf die Begriffe „vollständig, als Querschnitt oder in größeren Teilen“ gar nicht ankäme, da die Formulierung „sei es“ klarstelle, dass die Begriffe nur die Unterscheidung der bühnenmäßigen von der konzertmäßigen Aufführung betreffe.997 Selbst wenn man dieser Auffassung folgt, erübrigt sich nicht die Stellungnahme zu der Frage, was unter „größeren bzw. kleineren Teilen“ zu verstehen ist, da Staudt in dem letzteren Fall immer eine konzertmäßige Aufführung bzw. § 1a (2) am Ende GEMA-BV für einschlägig hält und damit doch wiederum eine Wahrnehmungsberechtigung der GEMA für einen kleinen Teil eines dramatisch-musikalischen Werkes annimmt.998 Mangels einer genauen Definition bleibt es augenscheinlich im Dunklen, in welchen Fällen der Verbindung von Musik mit szenischer Kunst die Wahrnehmungsbefugnis der GEMA eingreift oder individuell von den Urhebern bzw. Verlagen vorgenommen wird.999 Zur Abgrenzung von kleinen dem Wahrnehmungsumfang der GEMA zuzurechnenden Bereichen und großen Werkteilen schließt die GEMA Abgrenzungsvereinbarungen mit den Rundfunk- und Sendeanstalten ab.1000 Diesen Abgrenzungsvereinbarungen können aber nur Indizwirkungen zukommen, da grundsätzlich auf die ursprüngliche Rechtseinräumung zwischen Urhebern und GEMA abzustellen ist, um zu prüfen, welche Rechte die GEMA Dritten gegenüber und damit auch gegenüber Sendeanstalten wahrnehmen kann.1001 Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 256 f., Rn. 61. Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 257, Rn. 61. 999 Vgl. Russ ZUM 1995, S. 32, 33. 1000 OLG Hamburg GRUR 1991, 599, 600 – Rundfunkwerbung. 1001 OLG Hamburg GRUR 1991, 599, 600 – Rundfunkwerbung, zur Frage, ob Abgrenzungsvereinbarung der GEMA mit Dritten bei der Vertragsauslegung mit herangezogen werden können. 997 998
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Zum Teil wird argumentiert, dass der Wortlaut dafür spräche, dass die GEMA die Rechte an kleineren Teilen von dramatisch-musikalischen Werken wahrnimmt.1002 Dies ergäbe sich aus § 31 Abs. 5 UrhG, da eine Kontrolle durch den Einzelnen nur schwer möglich sei. Die dabei betroffenen Urheberpersönlichkeitsrechte würden bei einer identischen Teilwerknutzung die Wahrnehmung durch die GEMA nicht hindern.1003 Fazit ist in jedem Fall, dass aufgrund der vielen nicht genau definierten Begrifflichkeiten im Rahmen der Ausschlussklausel der Wahrnehmungsumfang der GEMA nicht eindeutig ist und gerade unter dem Gesichtspunkt des Schutzes des Urheberpersönlichkeitsrechts des Urhebers diese Ausschlussklausel nicht überzeugt. c. Besonderheiten des § 1 a Abs. 2 GEMA-BV § 1a Abs. 2 GEMA-BV entkräftet die Ausnahmeklausel des § 1a Abs. 1 GEMA-BV für bestimmte Nutzungen des Musikwerkes.1004 Nach § 1a Abs. 2 GEMA-BV soll die GEMA zuständig sein, sofern es sich um bestimmte Formen von Bühnenmusiken, Bühnenschauen, Filmbegleitmusik, Einlagen in Revuen, Einlagen in Operetten, Possen und Lustspielen, melodramatische und Kabarettaufführungen handelt. Die Sachverhalte fallen in den Grenzbereich zwischen bühnenmäßiger und rein musikalischer (konzertanter) Aufführung.1005 Diese Aufzählung, die den Wahrnehmungsumfang der GEMA klarstellen soll, erreicht genau das Gegenteil: der Wahrnehmungsbereich der GEMA bleibt diffus. Dies zeigt sich beispielhaft anhand der aufgezählten Aufführungsform der Bühnenmusik. Unter Bühnenmusik wird allgemein Musik verstanden, die im Sprechtheater eingesetzt wird.1006 Sofern sie nicht integraler Bestandteil der szenischen Gestaltung ist, ist die GEMA wahrnehmungsberechtigt. Ein integraler Bestandteil wird dann angenommen, wenn die Musik
Staats ZUM 2005, 789, 791 in Bezug auf das Chorstück „O Fortuna“ aus der szenischen Kantate „Carmina Burana“. 1003 Staats ZUM 2005, 789, 791; Russ ZUM 1995, 32, 33. 1004 Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 258, Rn. 64. 1005 Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 258, Rn. 64. 1006 Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 259, Rn. 65. 1002
D. Umfang der Wahrnehmung des Bearbeitungsrechts
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mit dem dramatischen Werk eine ästhetische Einheit bildet.1007 Das Kriterium der ästhetischen Einheit soll dann nicht gegeben sein, wenn die Bühnenmusik nur untermalend genutzt wird.1008 Gerade bei modernen Theaterproduktionen ist der Einsatz von Musik so vielschichtig, dass bei Anwendung der erwähnten Kriterien verschiedene Musikwerke im Zusammenhang mit demselben Stück, womöglich von demselben Komponisten unterschiedliche Lizenzwege laufen würden, obwohl es sich um Vorgänge handelt, die sich weder aus rechtlicher, wirtschaftlicher oder künstlerischer Sicht trennen lassen. Im Übrigen überzeugt der Anknüpfungspunkt der ästhetischen Einheit nicht, da er keine klaren Abgrenzungslinien schafft. Es scheint bereits fragwürdig, ob ein Theaterregisseur Musik einsetzt, um nicht einen ästhetischen Gesamteindruck des szenischen Spiels mit der Musik zu erzeugen, selbst wenn die Musik „als Hintergrundmusik“ eingesetzt wird. Eine Verneinung des integralen Bestandteils kann deshalb nur dann gegeben sein, wenn die Musik zeitlich oder in Ausnahmefällen auch örtlich getrennt zum Theaterspiel vorgetragen wird, so dass gar nicht erst ein Gesamteindruck entstehen kann. Als Beispiel wäre hier das Aufführen eines Musikwerkes in der Pause oder vor Beginn des Theaterstückes zu sehen, bzw. in den Umbaupausen. Dadurch verringert sich der Anwendungsbereich des Berechtigungsvertrages erheblich. Betrachtet man den ursprünglichen Sinn und Zweck dieser Unterscheidung, fällt auf, dass die enormen Abgrenzungsschwierigkeiten und die damit bestehende Lizenzunsicherheit überhaupt nicht im Verhältnis zu der individuellen Rechtswahrnehmung durch den Urheber stehen. Die Regelung des § 1a Abs. 2 GEMA-BV, der eine Klarstellungsfunktion zukommen soll, führt nicht zu einer eindeutigen Trennung der Wahrnehmungskompetenzen und lässt den Urheber letztlich im Unklaren bezüglich seiner möglicherweise bestehenden Rechtsinhaberschaft. Wegen § 31 Abs. 5 UrhG müssten die Zweifelfälle zugunsten des Urhebers gelöst werden, wegen des in der Satzung festgelegten Sinn und Zwecks der Rechtswahrnehmung durch die GEMA, kommt § 31 Abs. 5 UrhG jedoch eine andere Bedeutung
1007 1008
Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 259, Rn. 65. Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 259, Rn. 65.
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zu,1009 so dass man nicht von einer „im Zweifel ist der Urheber zuständig“ gegebenen Faustregel ausgehen kann. Unabhängig von der Frage der Rechtssicherheit fällt auf, dass die derzeitigen Unterscheidungskriterien nicht danach differenzieren, inwiefern in Bearbeitungsrechte oder Urheberpersönlichkeitsrechte des Urhebers durch die entsprechende Nutzungshandlung eingegriffen wird. Stillschweigend wird zumindest bei § 1a Abs. 2 GEMA-BV implizit davon ausgegangen, dass das Bearbeitungsrecht aus § 23 UrhG und damit ebenfalls die betroffenen Rechte aus § 14 UrhG von der GEMA bereits wahrgenommen werden. IV. Neuer Sachzusammenhang Der GEMA-Berechtigungsvertrag regelt nicht ausdrücklich die Frage der Nutzung von Musikwerken in einem neuen Sachzusammenhang. Bei der Nutzung eines Werkes in einem neuen Sachzusammenhang handelt es sich ebenfalls um eine eigene Nutzungsart im Sinne des § 31 UrhG, die neben dem Recht der Bearbeitung weitere Verwertungsrechte betrifft, sei es das Vervielfältigungsrecht nach § 16 UrhG im Falle der Nutzung zu Werbezwecken oder als Hintergrundmusik oder das Recht aus § 19 UrhG bzw. 21 UrhG bei der Nutzung eines Werkes im Rahmen von Großveranstaltungen.1010 1. Nutzung der Musik innerhalb der Werbung Die Nutzung von Musikwerken innerhalb der Werbung wird in § 1k GEMA-BV erwähnt. Gemäß § 1k bleibt die Befugnis des Berechtigten, die Einwilligung zur Benutzung eines Werkes zur Herstellung von Werbespots der Werbung betreibenden Wirtschaft zu erteilen, unberührt. Bei der Nutzung eines Musikwerkes zur Herstellung von Werbespots handelt es sich um eine eigenständige Nutzungsart im Sinne des § 31 Abs. 5 UrhG, so dass eine gesonderte Regelung und eine Herausnahme aus dem Anwendungsbereich des Berechtigungsvertrages 1009 1010
Siehe S. 175, 181. Schricker/Schricker § 21, Rn. 7.
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grundsätzlich zulässig ist.1011 Grund für die gesonderte Behandlung der Benutzung von Werken der Musik zur Herstellung von Werbespots sollen Urheberpersönlichkeitsrechte des Komponisten und wirtschaftliche Interessen der Berechtigten sein.1012 Die Herausnahme bezieht sich aber nur auf die Einwilligung der Verwendung der Musik zu Werbezwecken und damit der bearbeitungsrechtlichen und urheberpersönlichkeitsrechtlichen Komponente der Nutzungsart.1013 Die sonstigen betroffenen Nutzungsrechte wie das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung nach § 19 a UrhG, sofern der Werbespot im Internet dargeboten wird, sollen bei der GEMA verbleiben. Die Folge ist ein doppeltes Lizenzierungssystem. Eine Auslegung, wonach die Einwilligung alle Nutzungsrechte umfassen soll, ist abzulehnen, da es dem Urheber gar nicht möglich wäre, die Benutzung der Werbung in den verschiedenen Medien effektiv zu kontrollieren.1014 Die Begründung der Notwendigkeit einer gesonderte Einwilligung bei der Nutzung von Musik zu Werbezwecken aufgrund der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Interessen ist nicht stichhaltig, da die GEMA befugt ist urheberpersönlichkeitsrechtliche Änderungsbefugnisse wahrzunehmen und dieses bereits bei anderen Nutzungsarten durchführt.1015 Die Zulässigkeit des sich daraus ergebenden doppelten Lizenzierungssystems ist zweifelhaft.1016 Daneben stellen sich wie bei jeder Ausnahmeregelung Grenzfragen, die zu Rechtsunsicherheiten bei der Rechtseinräumung zwischen Verlagen und GEMA führen und letztendlich auf Kosten der Urheber und Nutzer gehen: Das OLG München 1017 hatte einen Fall zu entscheiden, in dem das Chorstück „O Fortuna“ für einen Filmtrailer im Fernsehen verwendet wurde. Die Musik erklingt nur in dem Trailer, nicht jedoch in dem
OLG München ZUM 2007, 60, 61; OLG Hamburg ZUM 1991, 90 – The Pink Panther Theme. 1012 Vgl. OLG München ZUM 2007, 60, 64; Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 341, Rn. 282. 1013 So auch OLG München ZUM 2007, 60, 63. 1014 So aber die Argumentation der Kläger in OLG München ZUM 2007, 60, 61. 1015 Siehe S. 184 ff.; S. 191 f. 1016 Siehe dazu S. 230 ff. 1017 OLG München NJW 1998, 1413. 1011
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beworbenen Film. Das OLG vertrat die Ansicht, dass es sich nicht um einen Fall des § 1i Abs. 3 GEMA-BV handelte, sondern § 1k GEMA-BV einschlägig sei und damit eine gesonderte Einwilligung des Urhebers erforderlich gewesen wäre.1018 Hier zeigen sich die Abgrenzungsschwierigkeiten zweier Ausnahmevorschriften des GEMABV. § 1k GEMA-BV soll das Urheberpersönlichkeitsrecht schützen. Dieses soll nun aber gerade durch die Fernsehanstalten gewährleistet werden, so dass es gemäß § 1i Abs. 3 GEMA-BV keiner gesonderten Einwilligung der Urheber bedarf.1019 Warum nun ausgerechnet bei einem Musikwerk im Rahmen eines Trailers die Fernsehanstalten die Wahrung urheberpersönlichkeitsrechtliche Befugnisse nicht genauso gewährleisten können wie bei Spielfilmen, vermag nicht einzuleuchten. Hält man sich aber an den Wortlaut von § 1k GEMA-BV, so ist die Auslegung des OLG München nicht fernliegend, da man einen „Trailer“ in der Tat unter den Begriff „Werbespot“ subsumieren kann.1020 Dieser Zuordnung ist aber aus teleologischer Sicht mit Bedenken zu begegnen, da der Rechtswahrnehmung über § 1i Abs. 3 GEMA-BV zur Genüge Rechnung getragen wird. Verfolgt man die Argumentation der Rechtsprechung konsequent, würde daraus folgen, dass bei allen Filmtrailern eine gesonderte Einwilligung des Urhebers erforderlich ist. Dieses kann durch die Fernsehanstalten nur schwer durchgeführt werden. 2. Sonstige Nutzungen im neuen Sachzusammenhang Vergleichbare Nutzungshandlungen, wie die Nutzung von Musik als Hintergrund, in Telefonwarteschleifen oder bei Großveranstaltungen werden im Unterschied zur Nutzung als Werbung im Berechtigungsvertrag nicht gesondert geregelt. Diese Ungleichbehandlung ist aus rechtlicher Sicht nicht nachvollziehbar. Die Nutzungshandlungen fallen demnach unter die allgemeinen Vorschriften des § 1a, b, h GEMA-BV je nachdem, ob die Musik im Rahmen der Nutzung Live gespielt, gesendet oder aber vom Tonträger abgespielt wird.1021 Das OLG München NJW 1998, 1413, 1414. Siehe S. 205 f. 1020 Vgl. ausführlich zur Subsumtion unter § 1 k OLG München NJW 1998, 1413, 1414 ff. 1021 Vgl. Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 265, Rn. 80 1018 1019
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Bearbeitungsrecht wird in beiden Vorschriften nicht explizit bei der Einräumung genannt. Um eine wirksame Rechtseinräumung zu erreichen, ist gemäß §§ 133, 157 BGB i.V.m. § 31 Abs. 5 UrhG von einer umfangreichen Rechtseinräumung an die GEMA auszugehen.1022 Bei der Benutzung von Tonträgereinspielungen in Telefonwarteschleifen gilt der Tarif W-T 2.1023 Aus den allgemeinen Bestimmungen folgt, dass die GEMA die Rechte überträgt, die ihr zustehen und damit auch die im Rahmen der Verwendung in einer Telefonwarteschleife betroffenen Bearbeitungsrechte einschließlich der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnisse. Zweifelhaft ist aber, ob die Tarifhöhe tatsächlich diesen Tatumstand mit berücksichtigt. Wird Musik als Hintergrund in Veranstaltungsräumen eingesetzt, gilt der allgemeine Vergütungssatz des Tarif M-U. Bei bestimmten Veranstaltungen gelten besondere Vergütungssätze des Tarif M-U.1024 Wie bei dem Tarif W-T erfolgt keine explizite Auseinandersetzung zur Frage der Einräumung des Bearbeitungsrechts und der damit verbundenen urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnisse. Es heißt erneut, dass die Einwilligung nur die der GEMA zustehenden Rechte umfasst. Wegen des Grundgedankens der umfänglichen Rechtseinräumung an die GEMA, folgt damit aber aus § 31 Abs. 5 UrhG, dass bei der Verwendung von Musik als Hintergrund, bei Großveranstaltungen oder bei Telefonwarteschleifen das Bearbeitungsrecht bereits umfänglich durch die GEMA mit eingeräumt wird. Um so mehr verwundert die besondere Stellung der Verwendung von Musik im Bereich der Werbung.1025 V. Klingeltöne Eine besondere Aufmerksamkeit genießt die Behandlung von Klingeltönen. Die Klingeltönen betreffen in unterschiedlicher Form das Bearbeitungsrecht nach § 23 UrhG. Die Nutzer von Klingeltönen
Siehe S. 181. Abrufbar unter www.gema.de; vgl. Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 265, Rn. 80. 1024 Abrufbar unter www.gema.de. 1025 Siehe S. 216 f. 1022 1023
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sollen Gebühren an die GEMA abführen. Zugleich wird eine gesonderte Lizenz von den jeweiligen Urhebern bzw. den Verlagen erhoben.1026 Die Vergütung bei der GEMA beträgt 15 % der Vergütungsgrundlage, dazu kommt noch ein entsprechend hoher frei verhandelbarer Satz durch die Musikverleger, so dass die Gesamtlizenz bei ca. 30% des Verkaufspreises liegt.1027 1. § 1 h GEMA-BV in der Version vom 25./26. Juni 2002 Gemäß § 1h GEMA-BV 1028 umfasst die Rechtsübertragung die Nutzung „… der Werke der Tonkunst auch als Ruftonmelodie“.1029
Die Frage, ob die Urheber das Bearbeitungsrecht des § 23 S. 1 UrhG und das urheberpersönlichkeitsrechtliche Änderungsrecht auf die GEMA im Rahmen des § 1h GEMA-BV übertragen haben, stellt den Kern des Streits zwischen den Urhebern und Musikverlagen einerseits und den Klingeltonanbietern andererseits dar. a. Ausdrückliche Rechtseinräumung an die GEMA Für eine ausdrückliche Rechtsübertragung muss der Wortlaut des § 1 h GEMA-BV herangezogen werden. Die Formulierung „zur Nutzung als Ruftonmelodie“ des § 1h Abs. 4 könnte implizieren, dass der Berechtigte alle Nutzungsrechte, also auch die Bearbeitungsänderungsrechte und die urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnisse gemäß der §§ 31 ff. UrhG der GEMA übertragen hat, die diese dann wiederum an die Nutzer wegen § 11 WahrnG lizenzieren müsste.
1026 V. Einem ZUM 2005, 540; Hertin KUR 2004, 101, 107; Wandtke/Schunke UFITA I (2007) 61. 1027 Wandtke/Schunke UFITA I (2007) 61; Hertin KUR 2004, 101, 107. 1028 GEMA-BV vom 25./26. Juni 2002. 1029 Die Hereinnahme des letzten Absatzes erfolgte in der Mitgliederversammlung vom 25./26.6.2002 als Reaktion auf die Entscheidung des OLG Hamburg CR 2002, 578 ff., dass die Handynutzung als unbekannte Nutzungsart i.S. des § 31 Abs. 4 a.F. UrhG anerkannte. Die Klingeltonnutzung von Musikwerken war damit nach Auffassung des Gerichts nicht von der Rechtsübertragung der Berechtigten auf die GEMA im Rahmen des GEMA-BV mit umfasst; vgl. Becker, GEMA-Jahrbuch, S. 90, 109.
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Bei der Klingeltonnutzung handelt es sich um eine eigenständige Nutzungsart im Sinne des § 31 UrhG.1030 Ausdrücklich erwähnt § 1h GEMA-BV nur die Nutzungsart, nicht jedoch die im Rahmen der Lizenz einzuräumenden Nutzungsrechte. Die in dem Berechtigungsvertrag zum Ausdruck kommende Willenserklärung der GEMA und des Urhebers ist nach Wortlaut und Zweck nicht eindeutig, so dass eine ausdrückliche Einräumung des Bearbeitungsrechts und urheberpersönlichkeitsrechtlicher Änderungsbefugnisse ausscheidet.1031 b. Konkludente Rechtseinräumung an die GEMA Statt an eine ausdrückliche Einräumung wäre an eine konkludente Einräumung des Bearbeitungsrechts zu denken.1032 Dies richtet sich nach den allgemeinen Regeln, insbesondere den §§ 157, 133 BGB.1033 Daneben ist § 31 Abs. 5 UrhG zu beachten.1034 Sind bei der Einräumung eines Nutzungsrechts die Nutzungsarten nicht ausdrücklich einzeln bezeichnet, so bestimmt sich nach dem von beiden Parteien zugrunde gelegten Vertragszweck, auf welche Nutzungsarten es sich erstreckt.1035 Bei § 1h Abs. 4 GEMA-BV wird die Nutzungsart „Klingelton“ eindeutig durch die Parteien bestimmt, so dass § 31 Abs. 5 S. 1 UrhG nicht weiterhilft. Nach § 31 Abs. 5
So auch OLG Hamburg ZUM 2002, 480, 481; vgl. zum Begriff des Nutzungsrechts Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert Vor §§ 31 ff., Rn. 17 ff. 1031 LG Hamburg ZUM 2005, 485, 487; LG Hamburg ZUM 2005, 483, 484; LG München ZUM 2005, 920, 921; Hertin KUR 2004, 101, 108; Klees/Lange CR 2005, 684, 688; so wohl auch Becker, in FS für Dietz, S. 187, 188; Becker, GEMAJahrbuch, S. 90, 108; Castendyk ZUM 2005, 9, 17; Poll MMR 2004, 67, 72; Landfermann, S. 136. Zu den Voraussetzungen der Auslegung von Willenserklärungen vgl. Palandt/Heinrichs § 133, Rn. 3. 1032 Landfermann, S. 137; vgl. zur Auslegung von Nutzungsverträgen Wandtke/ Bullinger/Wandtke/Grunert Vor §§ 31 ff., Rn. 133 ff.; siehe S. 181 ff. 1033 Schricker/Schricker § 31, Rn. 9; vgl. Palandt/Heinrichs § 133, Rn. 7–26; siehe S. 181 ff. 1034 Vgl. Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 31, Rn. 70; Schricker/Schricker § 31, Rn. 31 ff.; siehe S. 168, 181. 1035 § 31 Abs. 5 S. 1 UrhG. Zur Ermittlung des Vertragszwecks ist zu prüfen, was üblicherweise nach Treu und Glauben der Verkehrssitte bei derartigen Verträgen entspricht. Hierbei entscheidet nur der gemeinsam von beiden Vertragsparteien verfolgte Zweck nicht aber eine im Zweifel an den Verwerterinteressen orientierte Branchenüblichkeit; vgl. Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert Vor §§ 31 ff., Rn. 116. 1030
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Kapitel 5: Wahrnehmung durch die GEMA
S. 2 UrhG gilt die Zweckübertragungsregel entsprechend für die Frage, ob ein Nutzungsrecht eingeräumt wird. Damit unterstellt das Urhebervertragsgesetz die Frage, ob ein Nutzungsrecht eingeräumt wird nunmehr ausdrücklich dem Zweckübertragungsgrundsatz.1036 Man könnte den Parteiwillen nach §§ 133, 157 BGB dahingehend interpretieren, dass das Bearbeitungsrecht und die betroffenen urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnisse bei dem Urheber verbleiben sollen, während das Vervielfältigungsrecht und das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung durch die GEMA lizenziert werden sollen. Das Ergebnis wäre ein doppeltes Lizenzierungssystem, wie es bis dato von der GEMA und den Verlagen praktiziert wird. In diesem Sinn verneinen die Rechtsprechung 1037 und Teile der Literatur 1038 eine konkludente Übertragung des Bearbeitungsrechts und urheberpersönlichkeitsrechtlicher Änderungsbefugnisse im Rahmen des § 1h GEMA-BV. Als Begründung für einen derartigen Parteiwillen wird auf den GEMA-Brief vom August 2002 und auf das tatsächliche Lizenzierungsverfahren verwiesen.1039 Selbst wenn einmal die Bearbeitungsgenehmigung zu einem Klingelton seitens des Berechtigten erteilt wurde, soll die GEMA im folgenden nicht berechtigt sein, ausschließlich zuständig zu sein für Lizenzen von Coverversionen dieses Klingeltones, da durch die Reduzierung auf einen Signalton regelmäßig nachhaltig in das Urheberpersönlichkeitsrecht eingegriffen werde.1040 Als weiteres Argument wird auf die Unzuständigkeit der GEMA bei der Verwertung des Werkes gemäß § 23 UrhG und § 14 UrhG verwiesen.1041 Weder aus dem Wortlaut des Berechtigungsvertrages, noch aus dem ersichtlichen Willen der Parteien des Vertrages sei davon auszugehen, dass die Entscheidung über die Zulässigkeit von Bear-
Vgl. Schricker/Schricker § 31, Rn. 37. LG Hamburg ZUM 2005, 485, 487; LG Hamburg ZUM 2005, 483, 484; LG München ZUM 2005, 920, 921. 1038 Hertin KUR 2004, 101, 108; Klees/Lange CR 2005, 684, 688; Landfermann, S. 136, 170; so wohl auch Becker, FS für Dietz, S. 187, 188; Becker, GEMA-Jahrbuch, S. 90, 108; unklar insoweit Prill, S. 86. 1039 LG Hamburg ZUM 2005, 483, 484. 1040 LG Hamburg ZUM 2005, 483, 484; LG Hamburg ZUM 2005, 908 ff. 1041 Landfermann, S. 136, siehe S. 184 ff. 1036 1037
D. Umfang der Wahrnehmung des Bearbeitungsrechts
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beitungen auf die GEMA übertragen werden solle.1042 Dem stimmt das OLG Hamburg 1043 zu: „Eine solche Auslegung des Vertrags scheitert jedoch an dem übereinstimmenden Verständnis der Vertragspartner des Berechtigungsvertrags (…). Die GEMA wollte die Rechte zur Nutzung eines Musikstücks als Ruftonmelodie zum Zeitpunkt der Änderung des Berechtigungsvertrags nicht ohne Beteiligung der Urheber wahrnehmen und hat dies ihren Mitgliedern (…) zusammen mit der Mitteilung der Änderung des Berechtigungsvertrages auch bekannt gegeben.“
Die GEMA habe die Absicht gehabt, ein zweistufiges Lizenzierungssystem zu praktizieren und habe dieses auch „in der einschlägigen Fachpresse“ durch ein Interview in der Zeitschrift „Musikmarkt“ bekannt gegeben.1044 Stattdessen ist auch der Ansatz vorstellbar, dass die Abrede über die Nutzungsart als umfängliche Rechtseinräumung verstanden werden soll im Sinne der § 31 Abs. 5 S. 2 UrhG i.V.m. §§ 133, 157 BGB.1045 Andere wiederum sehen in § 39 Abs. 2 UrhG eine lex spezialis Vorschrift zu § 23 S. 1 UrhG, mit der Folge, dass es gar nicht auf die Frage ankomme, ob ein Bearbeitungsrecht vom Berechtigten der GEMA eingeräumt wurde. Dem Nutzer sei zumindest das Vervielfältigungsrecht bezüglich der Klingeltonnutzung eingeräumt worden. Der Urheber müsse nach § 39 Abs. 2 UrhG eventuelle Veränderungen dulden, die erforderlich seien, damit eine Klingeltonnutzung über-
LG München ZUM 2005, 920, 921; ebenso Klees/Lange CR 2005, 684, 688; Hertin KUR 2004, 101, 109, 110. Zum gleichen Ergebnis müssten auch die Autoren kommen, die zweifeln, ob Teilwerknutzungen tatsächlich von der GEMA aus eigener Befugnis vergeben werden können oder ob eine getrennte Einwilligung des Urhebers erforderlich sei; vgl. OLG Hamburg ZUM 2002, 480, 485; Schricker/ Dietz § 39, Rn. 19. Das OLG Hamburg sieht nach dem Wortlaut des GEMA-BV 2002 die Auffassung, dass von § 1 h auch eine Einräumung des Bearbeitungsrechtes mit umfasst sei, für vertretbar; vgl. OLG Hamburg GRUR 2006, 323, 324 – Handy-Klingeltöne II. 1043 OLG Hamburg GRUR 2006, 323, 324 – Handy-Klingeltöne II: Es hat in dem Urteil einer Unterlassungsklage eines Musikverlages gegen einen Handyklingeltonanbieter stattgegeben. Der Handytonklingeltonanbieter hatte zwar die Nutzungsrechte über eine Verwertungsgesellschaft, weigerte sich aber, eine zweite zusätzliche Lizenz bei dem Musikverlag zu erwerben. 1044 OLG Hamburg GRUR 2006, 323, 324 – Handy-Klingeltöne II. 1045 In diesem Sinn Castendyk ZUM 2005, 9, 17; Poll MMR 2004, 67, 72. 1042
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Kapitel 5: Wahrnehmung durch die GEMA
haupt möglich sei.1046 Die GEMA ist gemäß § 6 WahrG verpflichtet angemessene Tarife aufzustellen. Würde man nun das Bearbeitungsrecht aufgrund der Regelungen des § 39 Abs. 2 UrhG unbeachtet lassen, wäre dieses ein Verstoß gegen §§ 6, 11 WahrnG, wie auch gegen das in § 11 S. 2 UrhG verankerte Prinzip der angemessenen Vergütung.1047 Lässt man die dingliche abspaltbare Wirkung von einzelnen Nutzungsrechten zu, muss diese Wirkung auch Dritten gegenüber zur Geltung kommen und kann nicht über § 39 Abs. 2 UrhG konterkariert werden.1048 Obwohl die Rechtsprechung eine konkludente Einräumung aufgrund von § 1h GEMA-BV verneint, räumen die Gerichte doch teilweise ein, dass bei einem quasi Monopolisten wie der GEMA zu erwarten sei, dass sie die Rechte entweder ganz oder gar nicht wahrnehmen will.1049 Aufgrund der Rechtsnatur des Bearbeitungsrechts wie auch des Kommerzialisierungsgedankens muss dieses auch für die urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnisse gelten. Das OLG Hamburg 1050 zweifelt sogar die Möglichkeit einer GEMA-Mitgliedschaft an, falls der Urheber sich gewisse Nutzungsarten vorbehalten möchte. Durch die Konstruktion der Urheberpersönlichkeitsrechte und der Nicht-Wahrnehmung durch die GEMA würde aber genau dieses nicht vertretbare Ergebnis herbeigeführt. Die GEMA würde als Vertragspartner an Handlungsstärke verlieren und die GEMA Mitglieder würden sich Rechte herausnehmen, die aus nutzungsrechtlichen Erwägungen unbillig erscheinen. Über die Brücke der Urheberpersönlichkeitsrechte würde das nicht wünschenswerte Ergebnis des Vorenthaltens einzelner Massennutzungsarten erreicht. Damit wäre nicht nur eine Zweckentfremdung der Urheberpersönlichkeitsrechte erreicht, sondern das Funktionsinteresse der GEMA erheblich gestört. Diese Überlegungen sprechen für einen Parteiwillen der GEMA, alle im Rahmen einer Klingeltonnutzung anfallenden Rechte wahrzuDiese mögliche Interpretationsweise wurde in OLG Hamburg ZUM 2002, 480, 484 vom Gericht angedeutet; vgl. die Beklagtenvertreter in der Berufungsinstanz vor dem OLG Hamburg; vgl. OLG Hamburg GRUR 2006, 323, 324 – Handy-Klingeltöne II. 1047 Siehe S. 21 f. 1048 Wandtke/Schunke UFITA I (2007) 61, 84. 1049 OLG Hamburg ZUM 2002, 480, 484. 1050 OLG Hamburg ZUM 2002, 480, 484. 1046
D. Umfang der Wahrnehmung des Bearbeitungsrechts
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nehmen, also auch das Bearbeitungsrecht nach § 23 S. 1 UrhG und dass darin enthaltene urheberpersönlichkeitsrechtliche Änderungsverbot. Den Parteiwillen der GEMA aus einem Interview des Leiters der GEMA Kommunikation 1051 mit einer Fachzeitschrift herleiten zu wollen, erscheint dagegen wenig überzeugend.1052 Die GEMA würde den Aussagen ihres Kommunikationsleiters keinen Rechtsbindungswillen zusprechen wollen. Zur Änderung des Berechtigungsvertrages und damit dessen inhaltlicher Bestimmung ist die Mitgliederversammlung der GEMA nach § 10 Nr. 6f GEMA-Satzung befugt.1053 Da es sich bei dem Berechtigungsvertrag um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, sind Kundgebungen einer Partei mit Vorsicht zu genießen, da grundsätzlich eine Auslegung nach objektiven Kriterien zu erfolgen hat.1054 Gleichfalls lassen sich aus den Bestimmungen in den Tarifen der GEMA keine Rechtsaussagen bezüglich der Einräumung im Verhältnis Berechtigter und GEMA gewinnen, sofern die Auslegung bereits ein eindeutiges Ergebnis aufweist. Der Parteiwille umfasst damit das Bearbeitungsrecht nach § 23 UrhG und die davon betroffenen urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnisse.1055 c. Einräumung an die Nutzer Die GEMA müsste das Bearbeitungsrecht wegen § 6 WahrnG an die Nutzer einräumen. Nach Ziffer III Nr. 1. Abs. 1 VR-OD 1 räumt die GEMA dem Nutzer das Recht ein, Werke des GEMA Repertoires aufzunehmen und für die Nutzung technisch aufzubereiten. Legt man den Begriff der technischen Aufbereitung weit aus, könnte man Kürzungen bzw.
Zum damaligen Zeitpunkt war dies Herr Dr. Geyer. Ebenso Ventroni MMR 2006, 308, 311; a.A. OLG Hamburg GRUR 2006, 323, 324 – Handy-Klingeltöne II. 1053 Grundsätzlich kommt nur den ordentlichen Mitglieder der GEMA das aktive und passive Wahlrecht zu. Bei der GEMA Mitgliedschaft wird zwischen angeschlossener, außerordentlicher und ordentlicher Mitgliedschaft unterschieden, vgl. § 6 GEMA-Satzung. 1054 Poll ZUM 2006, 379, 380; siehe S. 181. 1055 Ebenso Poll ZUM 2006, 379, 381; Wandtke/Schunke UFITA I (2007) 82 ff. 1051 1052
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Kapitel 5: Wahrnehmung durch die GEMA
polyphone und monophone Einspielungen des Werkes als von der Rechtseinräumung mit umfasst ansehen. Gleichzeitig sieht die Ziffer III Nr. 1 Abs. 4 aber vor, „dass das Urheberpersönlichkeitsrecht nicht verletzt werden darf. Änderungen an einem Werk, um dieses als Ruftonmelodie zu verwenden, insbesondere die Kürzung des Werkes, müssen den möglichen Anforderungen der §§ 14 und 39 Urheberrechtsgesetz genügen.“
In dem Informationsblatt der GEMA zu dem Tarif VR-OD 1 heißt es in dessen § 4: „Neben den Rechten, die bei der GEMA einzuholen sind, ist noch das Bearbeitungsrecht zu beachten: Um ein Musikwerk als Ruftonmelodie verwenden zu können, wird dies oft verändert, insbesondere vereinfacht. Diese Veränderung kann aus rechtlicher Sicht eine Bearbeitung oder andere Umgestaltung des Werkes nach § 23 UrhG darstellen, für die die Einwilligung des Berechtigten einzuholen ist. Inhaber dieses Bearbeitungsrechts ist üblicherweise der Verlag, sonst der Komponist selber. Der GEMA ist dieses Recht nicht übertragen worden, daher wird dieses Recht nicht von der GEMA wahrgenommen. Die GEMA kann dieses Recht dem Lizenznehmer auch nicht beschaffen. Durch die Veränderung des Musikwerkes für die Verwendung als Ruftonmelodie kann sogar das Urheberpersönlichkeitsrecht, das die persönliche Beziehung des Urhebers zu seinem Werk schützt, betroffen sein. § 14 UrhG verbietet eine Entstellung und andere Beeinträchtigungen des Werkes. Hier kommt es auf den Einzelfall an. Das heißt, vor der Lizenzierung durch die GEMA und dem Einstellen der Ruftonmelodien in Ihr Angebot, müssen Sie die Bearbeitungsrechte mit den Rechtinhabern (i.d.R. bei den Musikverlagen) direkt abklären und entsprechende Vereinbarungen treffen. Hierzu wenden Sie sich bitte an den Deutschen Musikverleger Verband (DMV).“
Aus dem Informationsblatt geht hervor, dass die GEMA das Bearbeitungsrecht nicht übertragen möchte. Die GEMA koppelt die Lizenzierung des Vervielfältigungsrechtes sogar an eine zuvor eingeholte Einwilligung des Nutzers vom Urheber bzw. Verlag. Gleiches gilt für die urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnisse. Der GEMA-Mustervertrag 1056 deutet in dieselbe Richtung. Nach Artikel 6 Abs. 1 des Mustervertrages müssen Änderungen/BearbeiVertrag in der Version gültig bis 31.12.2005; einsehbar bei der GEMA-München.
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D. Umfang der Wahrnehmung des Bearbeitungsrechts
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tungen, die die Lizenznehmerin an einem Musikwerk vornimmt, um diese als Ruftonmelodie zu verwenden, den möglichen Anforderungen des Urheberrechtsgesetzes genügen. Die Lizenznehmerin beachtet dies durch Abklärung bei den Inhabern der entsprechenden Rechte gemäß der folgenden Bestimmungen: Die Lizenznehmerin übermittelt der GEMA eine Liste der zu nutzenden Musikwerke. Die GEMA leitet diese Liste „zur weiteren Klärung“ an den Musikverlegerband weiter. „Die Klärung erfolgt dann unmittelbar zwischen Musikverlag und Lizenznehmerin, so dass diese in Kenntnis darüber ist, welche Musikwerke genutzt werden könne und welche nicht.“
Die GEMA vertritt die Auffassung, sie sei nicht nur berechtigt sondern unter Treuegesichtspunkten gegenüber ihren Mitgliedern sogar verpflichtet, wirksame Vorkehrungen zum Schutz des Bearbeitungsrechtes der Komponisten zu treffen. Vor diesem Hintergrund sei die gewählte konditionale Verknüpfung zwischen Nutzungsrechtseinräumung und Nachweis der Bearbeitungserlaubnis, die sie in ihrem Musternutzungsvertrag aufgenommen hat, gerechtfertigt.1057 Aus diesem Vorbringen zeigt sich, dass die GEMA derzeit davon ausgeht, dass sie nicht befugt ist, Bearbeitungsrechte und urheberpersönlichkeitsrechtliche Änderungsbefugnisse im Zuge des Rahmenvertrages wahrzunehmen und sie diese somit Dritten nicht einräumt.1058 Damit verstößt die GEMA derzeit gegen ihre Wahrnehmungspflicht aus §§ 6, 11 WahrG, da die Auslegung des Berechtigungsvertrages zu einem gegenteiligen Ergebnis geführt hat. Die Verlage können den Nutzern die notwendigen Bearbeitungsrechte demnach gar nicht einräumen. Die derzeitige Lizenzpraxis entspricht folglich nicht dem eigentlichen Rechtsverbleib.
GEMA Vorbringen in LG München ZUM 2005, 920, 921. Nach Auffassung des LG München ist die GEMA wegen § 11 Abs. 1 WahrnG nicht berechtigt, die Lizenzierung des Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechts unter die Bedingung des Nachweises einer Bearbeitungsgenehmigung stellen; vgl. LG München ZUM 2005, 920, 921. Eine solche Bedingung ergebe sich weder aus der Treupflicht der GEMA noch unter Treuegesichtspunkten des Mitgliedschaftsverhältnisses, da die GEMA nicht nur verbandsrechtlichen Grundsätzen ihrer Mitglieder verpflichtet sei, sondern aufgrund ihrer faktischen und vom Gesetzgeber gewünschten Monopolstellung als Verwertungsgesellschaft auch der Allgemeinheit aller Nutzer; vgl. LG München ZUM 2005, 920, 922.
1057 1058
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Kapitel 5: Wahrnehmung durch die GEMA
2. Ergänzung des GEMA-BV vom 29. Juni 2005 Der GEMA-BV wurde am 29. Juni 2005 ergänzt. Gemäß § 1k GEMA-BV überträgt der Berechtigte nicht der GEMA „die Rechte zur Bearbeitung, Umgestaltung und/oder Kürzung eines Werkes der Tonkunst (mit oder ohne Text) zur Verwendung als Ruftonmelodie und/oder Freizeichenuntermalungsmelodie. Die Befugnis des Berechtigten, die Einwilligung in die Verwendung solcher Werkfassungen im Einzelfall zu erteilen, bleibt unberührt. Es bleibt bei der Übertragung der unter Ziff. 1h aufgeführten Nutzungsrechte an die GEMA“. a. Wirkung Gemäß § 6a GEMA-BV kann die Mitgliederversammlung Abänderungen des GEMA-BV beschließen. Solche Abänderungen oder Ergänzungen müssen dem Berechtigten schriftlich zugehen. Die Zustimmung des Berechtigten zur Änderung oder Ergänzung gilt als erteilt, wenn er nicht binnen zwölf Wochen seit Absendung der schriftlichen Mitteilung ausdrücklich widerspricht. Die Ergänzung des § 1k wurde in der ordentlichen Mitgliederversammlung am 29.06.2005 beschlossen und am 16. September mittels des 55. GEMA-Briefes den Berechtigten mitgeteilt. Damit ist die Ergänzung zum 16. Dezember 2005 wirksam geworden. Vor diesem Datum vorgenommene Rechtseinräumungen durch die GEMA richten sich ausschließlich nach dem Berechtigungsplan vom 25./26. Juni 2002. b. Auslegung Die Neuformulierung des GEMA-Berechtigungsvertrages lässt bezüglich des Parteiwillens keine Zweifel offen, dass die GEMA die Bearbeitungsrechte im Zusammenhang mit der Klingeltonnutzung nicht wahrnehmen will. Es besteht damit ein Widerspruch im ausgedrückten Parteiwillen. Einerseits soll gemäß § 1h GEMA-BV die Nutzungsart „Klingeltonnutzung“ eingeräumt werden. Andererseits soll aufgrund der Regelung des § 1k GEMA-BV das erforderliche Bearbeitungsrecht nicht mit übertragen werden.
D. Umfang der Wahrnehmung des Bearbeitungsrechts
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§ 31 Abs. 5 S. 2 UrhG hilft für den Konfliktfall, dass sich zwei Parteien über die Lizenzierung einer Nutzungsart i.S.d. §§ 31ff. UrhG einig sind, trotzdem aber die entsprechenden Nutzungsrechte nicht übertragen wollen, nicht weiter. Die Regelung des § 1k GEMA-BV könnte gemäß §§ 133, 157 BGB so ausgelegt werden, dass das Bearbeitungsrecht, einschließlich der urheberrechtlichen Änderungsbefugnisse bei dem Urheber verbleiben soll.1059 Die Folge wäre ein doppeltes Lizenzierungsverfahren, wie es derzeit von der GEMA praktiziert wird.1060 Verfolgt man diesen Weg, stellt sich die Frage, ob ein solcher dinglicher Vorbehalt wirksam vereinbart werden kann.1061 Dann müsste eine Aufspaltung von Nutzungsrechten im Zusammenhang mit der Einräumung einer Nutzungsart zulässig sein.1062 Überzeugender ist jedoch der Ansatz, dass die Abrede über die Nutzungsart schwerer wiegt, als ein Vorbehalt, das Bearbeitungsrecht und mögliche Urheberpersönlichkeitsrechte nicht einräumen zu wollen.1063 Dann wäre gemäß § 31 Abs. 5 S. 2 UrhG i.V.m. §§ 133, 157 BGB der Vorbehalt rechtlich unbeachtlich und die Folge wäre eine umfänglichen Rechtseinräumung an die GEMA.1064 Hat sich der Komponist entschieden, einem Vertragspartner die Nutzungsart der Klingeltonnutzung einzuräumen, hat er notwendigerweise die Einwilligung zur Verwertung und Veröffentlichung einer bearbeiteten Version seiner Komposition gemäß §§ 133, 157 BGB erteilt. Die Rechtseinräumung kann nicht im nächsten Schritt so eingeschränkt werden, dass die Verwertung faktisch nicht möglich ist.1065 Bei dem Vorbehalt des § 1k GEMA-BV handelt es sich um ein gemäß § 242 1059 In diesem Sinn: Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 312 Rn. 212; Landfermann, S. 175 f.; Prill, S. 88; LG München ZUM 2005, 920, 922. Das Gericht sieht in der Formulierung lediglich eine Klarstellung der ohnehin schon geltenden Rechtslage. 1060 Landfermann, S. 178. 1061 Dafür OLG Hamburg GRUR 2006, 323, 326 – Handy-Klingeltöne II; Prill, S. 88; dagegen Wandtke/Schunke UFITA I (2007) 61, 82 ff., siehe S. 230 ff. 1062 Siehe dazu S. 230 ff. 1063 So Wandtke/Schunke UFITA I (2007) 61, 84. 1064 Zu überlegen wäre auch in § 1 k GEMA-BV einen schuldrechtlichen Vorbehalt zu sehen. Dies ist aber mit der Funktionsweise einer Verwertungsgesellschaft nicht zu vereinbaren und verstieße gegen § 11 WahrnG; vgl Prill, S. 88. 1065 Wandtke/Schunke UFITA I (2007) 61, 84 f.; Schricker/Dietz § 14, Rn. 11 a.
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Kapitel 5: Wahrnehmung durch die GEMA
BGB unzulässiges venire contra factum proprium.1066 Grundsätzlich kann auch widersprüchliches Verhalten rechtlich zulässig sein. Ein solches Verhalten verstößt jedoch dann gegen Treu und Glauben, wenn dadurch das berechtigte Interesse eines anderen enttäuscht wird und diesem daraus, dass er sich darauf eingerichtet hat, ungerechtfertigte Nachteile entstehen.1067 Die Einräumung der Nutzungsarten ohne die Übertragung des notwendigen Bearbeitungsrechtes auf die GEMA würde zu Nachteilen der Lizenznehmer führen. Sie müssten erneut mit dem Urheber oder dem Musikverlag verhandeln. Das berechtigte Interesse des Lizenznehmers ist es, einen Vertragspartner zu haben. Er muss davon ausgehen können, dass die Verwertungsgesellschaft alle notwendigen Rechte zur Herstellung und zur Verwertung hat.1068 Daneben wäre das Funktionsinteresse der Verwertungsgesellschaft empfindlich beeinträchtigt. Es ist somit trotz des Vorbehalts in § 1k GEMA-BV von einer Einräumung des Bearbeitungsrechts an die GEMA auszugehen.1069
E. Problem der Zulässigkeit von doppelten Lizenzmodellen Die Untersuchungen haben gezeigt, dass die Rechsprechung und Literatur bei den meisten Formen der Musikbearbeitung ein doppeltes Lizenzmodell vertreten. Da die GEMA aber wirksam Bearbeitungsrechte wahrnehmen kann und dieses in einigen Bereichen durchführt, stellt sich die Frage der Rechtfertigung doppelter Lizenzmodelle. I. Rechtliche Unzulässigkeit Mit der Bearbeitung ist eine Änderung des Werkes verbunden, ohne dass eine Aufspaltung der dinglichen Nutzungsrechte nötig wird. Das Bearbeitungsrecht ist keine eigenständige Nutzungsart,1070 sondern in Wandtke/Schunke UFITA I (2007) 61, 85; Poll ZUM 2006, 379, 383; Schricker/Dietz § 14, Rn. 11 a; zum Begriff siehe Larenz/Wolf § 16, Rn. 44. 1067 Larenz/Wolf § 16, Rn. 44. 1068 Wandtke/Schunke UFITA I (2007) 61, 85. 1069 Es stellt sich dann aber wieder das Problem, dass die GEMA entgegen ihrer Verpflichtung aus § 11 WahrnG das Bearbeitungsrecht den Nutzern nicht einräumt und auch keinen entsprechend hohen Tarif verlangt; siehe S. 225 ff. 1070 Poll ZUM 2006, 379, 381. 1066
E. Problem der Zulässigkeit von doppelten Lizenzmodellen
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den unterschiedlichen Nutzungsarten enthalten. Bei den Nutzungsarten der Live-Werkinterpretation, der Live-Einspielung, der Werkelementnutzung und der Klingeltonnutzung stellt sich jeweils die gleiche Rechtsfrage, ob bei der Einräumung einer Nutzungsart wesentliche Nutzungsrechte vorbehalten werden dürfen. Denn im Falle einer Nutzungsart mit Bearbeitungscharakter wird zumindest – wenn nicht ausdrücklich – von einer stillschweigenden Erlaubnis der damit verbundenen Änderungen ausgegangen. Es können dann auch entstellende Eingriffe von der Vereinbarung gedeckt sein.1071 Insofern kann sehr wohl der GEMA das Änderungsrecht als urheberpersönlichkeitsrechtliche Komponente übertragen werden.1072 Ein zweistufiges Lizenzierungssystem, welches die jeweilige Nutzung für die Verwerter über die Rechtseinräumung durch die GEMA hinaus von dem durch die Urheber selbst zu vergebenen Recht zur Vornahme notwendiger Bearbeitungen abhängig macht, stellt eine rechtsmissbräuchliche Aufspaltung eines einheitlichen Verwertungsvorganges dar.1073 § 31 Abs. 1 UrhG bestimmt, dass der Urheber einem anderen das Recht einräumen kann, das Werk auf einzelne oder alle Nutzungsarten zu nutzen. Dadurch wird vom Wortlaut schon ausgeschlossen, dass es dem Urheber erlaubt sein soll, einem Dritten zwar eine Nutzungsart einzuräumen, die erforderlichen Rechte zur Ausübung dieser Nutzungsart sich aber vorzubehalten oder gar einem Dritten einzuräumen. Die dennoch durchgeführte doppelte Lizenzierung beruht auf der Konstruktion eines dinglichen Vorbehaltes bezüglich des Bearbeitungsrechts nach § 23 UrhG. Die Folge des dinglichen Vorbehalts wäre nach §§ 133, 157 BGB i.V.m. § 31 UrhG, dass das Bearbeitungsrecht und die betroffenen urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnisse bei dem Urheber verbleiben, während die sonstigen von der Nutzungshandlung betroffenen Nutzungsrechte durch die GEMA lizenziert würden. Ein solcher dinglicher Vorbehalt ist aufgrund von § 242 BGB schon rechtlich unbedeutend. Es handelt sich um ein venire conta factum propium. Alle Beteiligten (ob Komponist, Verleger, GEMA oder der Lizenznehmer) wissen, dass die Komposition für eine bestimmte Art der Verwertung geändert wer-
1071 1072 1073
Schricker/Dietz § 14, Rn. 11. So auch Schricker/Dietz § 14, Rn. 11 a. Poll MMR 2004, 67, 75.
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Kapitel 5: Wahrnehmung durch die GEMA
den muss, sei es die Kürzung für die Klingeltonherstellung oder die Interpretation im Rahmen der Aufführung eines Musikwerkes.1074 Eine nachträgliche Ausübung des Abwehrrechts durch den Komponisten bzw. den Rechtsinhaber würde dem Grundsatz des § 242 BGB widersprechen.1075 Ein dinglicher Vorbehalt ist damit selbst für den Fall, dass man einen solchen Parteiwillen gemäß der §§ 133, 157 BGB annimmt, wegen § 242 BGB unzulässig und die Nichteinräumung des Bearbeitungsrechts unwirksam. Die Abrede über die Nutzungsart wiegt damit schwerer, so dass das Bearbeitungsrecht immer mit eingeräumt wird. In Ausnahmefällen kann von einem Dissenz nach § 154 BGB ausgegangen werden. Dies gilt jedoch nicht im Verhältnis der GEMA zum Berechtigten, da ansonsten die Konsequenz eine Nichtübertragung der Rechte auf die GEMA wäre, was zu einem noch größeren Nachteil der Musiknutzung führen würde. Im Übrigen müsste man zur Nichtigkeit eines solchen Nutzungsvorbehalts kommen.1076 Durch einen dinglichen Vorbehalt würde die Tarifbindung des § 13 WahrnG umgangen. Das hätte eine Nichtigkeit nach § 134 BGB i.V.m. § 13 WahrnG zur Folge. Ein Verstoß gegen § 14 WahrnG ist ebenfalls gegeben.1077 Die Tarifbindung würde durch die vorgeschaltete Individualabrede ausgehebelt. Weiter ist ein solcher dinglicher Vorbehalt mit § 11 WahrnG unvereinbar.1078 Die Nichtigkeit würde nun dazu führen, dass die ganze Rechtseinräumung bezüglich der Nutzungsart unwirksam wäre, da man nicht von einem versteckten Einigungsmangel im Sinne des § 155 BGB ausgehen kann. Auch § 306 BGB greift insoweit nicht. Sieht man in den Abreden zwischen GEMA und Berechtigten eine dinglichen Vorbehalt und verneint eine Anwendung von § 242 BGB, wäre demnach die Folge, dass die GEMA nicht Rechtsinhaber bezüglich der Nutzungsarten geworden ist. Lässt man die dinglich abspaltbare Wirkung von einzel-
Von den Ausnahmen des § 93 UrhG abgesehen. Poll ZUM 2006, 379, 383; a.A. Landfermann S. 168. 1076 So auch Ulbricht CR 2006, 468, 471. 1077 Einen Verstoß und damit Nichtigkeit bejahend: Ulbricht CR 2006, 468, 471. Hingegen eine Umgehung des GEMA-Verteilungsplanes anzunehmen, ist fernliegend und auch im Rahmen von § 138 BGB zwischen Urhebern und Dritten zulässig. 1078 In diesem Sinn Ulbricht CR 2006, 468, 472; Wandtke/Schunke UFITA I (2007) 61, 83. 1074 1075
E. Problem der Zulässigkeit von doppelten Lizenzmodellen
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nen Nutzungsrechten nicht zu, muss diese Wirkung auch Dritten gegenüber zur Geltung kommen. Nutzungsrechte können wegen des fehlenden Publizitäts- und Rechtsscheintatbestandes nicht gutgläubig erworben werden.1079 Folglich wäre die GEMA nicht in der Lage Dritten wirksam die Nutzungsrechte an den jeweiligen Nutzungsarten einzuräumen, da diese Rechte aufgrund der Nichtigkeit bei dem Urheber verblieben sind. Eine Besonderheit ergibt sich im Rahmen der Verwendung von Musikwerken im Rahmen von Werbung und Film, da insofern zwei trennbare Nutzungsarten vorliegen, die rechtlich auch unterschiedliche Verwertungswege gehen können. Insoweit kann sich eine Unzulässigkeit nur aus dem Wesen der kollektiven Rechtswahrnehmung ergeben. II. Wahrung des Urheberpersönlichkeitsrechts Als Hauptgrund für die doppelte Lizenz wird die Wahrung urheberpersönlichkeitsrechtlicher Befugnisse angebracht.1080 Zweifelhaft erscheint dieses zunächst schon unter dem Gesichtspunkt, dass statt der GEMA in den meisten Fällen nicht die Urheber selbst, sondern die Verlage den Eingriff in das Bearbeitungsrecht und damit das Urheberpersönlichkeitsrecht dulden. Die doppelten Lizenzierungsmodelle bezüglich der Nutzungen von Musikwerken im Film und der Werbung überzeugen nicht als Wahrung der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Interessen. Das Rückrufsrecht wird in der Praxis nicht zum Schutz des Urheberpersönlichkeitsrechts ausgeübt, sondern dient allein wirtschaftlichen Interessen der Verlage. Vielmehr wird der Sinn und Zweck des Urheberpersönlichkeitsrechts durch den Rückruf zu wirtschaftlichen Zwecken missbraucht. Der Urheber bzw. Verlag ruft das Recht nicht zurück, um keine Lizenzierung vorzunehmen, da die konkrete Verbindung mit dem Bildmaterial seinen urheberpersönlichkeitsrechtlichen Überzeugungen widerspricht, sondern weil der Verlag einen erhöhten wirtschaftlichen Nutzen aus der Lizenzierung gewinnen möchte. Dadurch erfolgt eine Verschiebung des Sinn und Zwecks des Urheberpersön1079 1080
Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert Vor §§ 31 ff., Rn. 47. Siehe dazu S. 201 f.; 219 ff.
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Kapitel 5: Wahrnehmung durch die GEMA
lichkeitsrechts. Nur in sehr seltenen Fällen dient der Rückruf urheberpersönlichkeitsrechtlichen Interessen. Dieses rechtfertigt aber nicht den Missbrauch und die Vernachlässigung des GEMA-Zweckes sowie die Missachtung gegenläufiger ernstzunehmender Nutzerinteressen. Die Beachtung urheberpersönlichkeitsrechtlicher Belange wird somit nicht durch das doppelte System gefördert. III. Wirtschaftliche Bedenken Ein Grund für die zweigleisige Rechtseinräumung sollen wirtschaftliche Erwägungen sein.1081 Den Urhebern soll es dadurch ermöglicht werden, angemessen an der Nutzung ihres Werkes beteiligt zu werden. Dies erscheint in weiten Bereichen zweifelhaft. Sicherlich werden Filmmusikrechtslizenzen durch den Rückruf von Verlagen und deren Lizenzpraxis erheblich teurer und damit steigen die Einnahmen des Verlages. Die Lizenzen der Verlage übersteigen um ein Vielfaches den GEMA-Tarif.1082 Ist ein Urheber nicht durch einen Verlagsvertrag gebunden, erscheint diese Regelung aus wirtschaftlicher Sicht schon fragwürdig, da er dann über die GEMA ohnehin 100 % der Einnahmen abzüglich einer Verwaltungsgebühr generieren könnte. Infolge des Verlagsvertrages ist der Komponist in der Regel gezwungen, dem Verlag 50 % dieser Lizenzeinnahme abzutreten.1083 Damit ein verlagsgebundener Komponist überhaupt mehr als durch den angemessenen GEMA-Tarif bekommt, muss demnach die Lizenz mindestens 201 % des GEMA-Tarifes betragen. Folge der Zweigleisigkeit ist, dass aufgrund des eingeschränkten MusikBudgets in deutschen Filmproduktionen 1084 Filmmusik im Gegensatz zu US-amerikanischen Produktionen spärlich verwendet wird und damit oft in seiner Bedeutung vernachlässigt wird. Ob die Komponisten in der Gesamtheit durch diese Rückrufsmöglichkeit dadurch tatsächlich wirtschaftlich besser gestellt werden, ist zweifelhaft. Die
Siehe dazu S. 201 f., 219 f. Schulze GRUR 1991, 1084, 1085. 1083 Dies sieht der Standardverlagsvertrag vor und entspricht auch der überwiegenden Musikpraxis. 1084 Dombrowski, S. 130, 131. 1081 1082
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hohen Gebühren der Verlage, wie auch deren üblicherweise zeitlichen, inhaltlichen und örtlichen Begrenzungen der Einräumung des Filmherstellungsrechts 1085 führen zu einer Unattraktivität der Lizenzierung der Musik des Verlagskomponisten, was letztendlich den Interessen der Urheber und der Attraktivität des deutschen Films zuwider läuft.1086 Allein eine Zweigleisigkeit aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu rechtfertigen ist nicht tragbar, zumal wertmäßig zwischen unterschiedlichen Formen der Musikverwertung unterschieden wird. Warum sollte ein Filmkomponist besser behandelt werden als ein Komponist dessen Werke überwiegend Live gespielt werden? Somit spricht die wirtschaftliche Komponente gegen ein doppeltes Lizenzsystem.
F. Folgen für den GEMA-BV Die Ausführungen haben gezeigt, dass der bestehende Berechtigungsvertrag verschiedenen Ausübungsformen in der Musik weder aus praktischer noch aus juristischer Sicht stand hält. Eine eindeutige Einräumung des Bearbeitungsrechts und der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnisse ist für ein funktionierendes Verwertungssystem unabdingbar. Die bisherigen Versuche, bestimme Nutzungen oder Rechtsausübungen dem Urheber zu überlassen, überzeugen nicht. Der derzeitige Berechtigungsvertrag der GEMA bedarf damit einer Konkretisierung, dass das Bearbeitungsrecht mit vom Wahrnehmungsumfang der GEMA umfasst ist. Räumt die GEMA Dritten ohne Einschränkung das Bearbeitungsrecht ein, so muss die derzeitige Lizenzgebühr erhöht werden, um dem Anspruch des Urhebers auf angemessene Vergütung gerecht zu werden. Eine Berufung des Urhebers auf Verletzung seiner Urheberpersönlichkeitsrechte ist dann nur in wenigen Ausnahmefällen möglich, in denen der Kern des Urheberpersönlichkeitsrechts angetastet wird.
Auf Grund der BGH-Entscheidung Videozweitauswertung haben die Musikverleger diese Vertragspraxis eingeführt; vgl. Schulze GRUR 2001, 1084. 1086 Diese Beschränkungen haben aber lediglich schuldrechtliche Wirkung. 1085
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Kapitel 5: Wahrnehmung durch die GEMA
I. Einräumung des Bearbeitungsrechts Eine Regelung im Berechtigungsvertrages, die die Einräumung des Bearbeitungsrechts mit umfasst, könnte folgendermaßen aussehen: „Die Einräumung der Nutzungsarten umfasst grundsätzlich das Bearbeitungsrecht des Urhebers. Damit willigt der Urheber in die Bearbeitungen seines Werkes ein, die im Zusammenhang mit der im Berechtigungsvertrag vorgesehenen Nutzung seines Werkes erforderlich ist. Gleiches gilt für die dadurch betroffenen urheberrechtlichen Änderungsbefugnisse. Eine Grenze der Einräumung des Bearbeitungsrechts und der dadurch mit übertragenen urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnisse bilden die allgemeinen Regeln der §§ 138, 134 BGB worunter vor allem solche ändernden Eingriffe zu zählen sind, die gegen das Anstandsgefühl aller gerecht und billig denkenden Menschen verstoßen. Dazu zählen (1) pornografischer Zusammenhang (2) politische Inbezugnahme (3) diffamierende herabsetzende Bearbeitungen des Werkes, die geeignet sind das Ansehen des Urhebers in der Öffentlichkeit nachhaltig zu schädigen. In diesen Fällen muss der Urheber seine Einwilligung gesondert erteilen. Eine Lizenzierung erfolgt dann aber ebenfalls einheitlich durch die GEMA.“ „ Als Ausgleich für die Bearbeitungsgenehmigung und die Genehmigung in urheberpersönlichkeitsrechtliche Befugnisse wird die GEMA zusätzliche Tarife aufstellen, die diese Nutzungsrechtseinräumung mit abgelten.“
II. Alternative Berechtigungsverträge Um besonderen urheberpersönlichkeitsrechtlichen Bedenken einzelner Komponisten aufgrund der Besonderheit der Werkstruktur gerecht zu werden, muss es einem Komponisten möglich sein, die weltweite Wahrnehmbarkeit einzelner Stücke zu begrenzen unter gleichzeitiger Übernahme einer Selbstverpflichtung gegenüber der GEMA. Auch die Wahlmöglichkeit bezüglich der Wahrnehmung der einzelnen Nutzungsarten sollte durch die GEMA und damit die Regelungen des Berechtigungsvertrages ermöglicht werden.1087 Es kann bei der Vielzahl der Musikrichtungen und Arten der Musikproduktion und der unterschiedlichen Typen der Komponisten nicht sein, dass es 1087
Vgl. Schmidt ZUM 2005, 783 ff.
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einen kaum variablen Berechtigungsvertrag gibt, der wegen verschiedener Optionen bzw. unbestimmter Begriffe in den meisten Bereichen des Musikschaffens keine Lizenzklarheit schafft. Die Idealvorstellung wäre, auf bestimmte Kompositionsformen bezogene Berechtigungsverträge zu erstellen, wobei die Unterscheidung nicht nach ernster oder Unterhaltungsmusik laufen sollte, da diese Unterscheidung bei den komplexen Produktionsmustern und den in verschiedenen Genres tätigen Komponisten überholt ist und nur Anreize zum Missbrauch gibt.1088 Möchte die GEMA in Zukunft allen Komponisten ein Zuhause bieten, muss sie sich den neuen Bedürfnissen und Marktstrukturen anpassen. Dass dieses rechtlich gerade im Bezug auf das Bearbeitungsrecht und Urheberpersönlichkeitsrecht möglich ist, haben die Ausführungen gezeigt. Der Vorteil eines detaillierten Rechtswahrnehmungssystems durch alternative Berechtigungsverträge ist, dass die bisherigen Abgrenzungsprobleme der Individual- und Kollektivwahrnehmung wegfallen und dass bestimmten Komponistentypen besser entsprochen werden kann. Solche alternative Berechtigungsvertrag dürfen kein „Rosinenpicken“ der Urheber im Rahmen eines GEMA-Berechtigungsvertrages ermöglichen.1089 Die alternativen Berechtigungsvertrag dürfen nicht von den Urhebern insoweit missbraucht werden, als dass unter dem Deckmantel des Urheberpersönlichkeitsrechts bestimmte Nutzungsarten aus dem Berechtigungsvertrag herausgenommen werden, um diese dann individuell zu für den Urhebern besseren Konditionen wahrzunehmen. Diese Möglichkeit würde auf lange Sicht nicht den Komponisten stärken, sondern die Verwerter, die diese Möglichkeit vertraglich ausnutzen würden. Entscheidet sich ein Urheber gegen eine massenhafte Verwertung durch eine Verwertungsgesellschaft bezüglich eines Wer-
Die Europäische Kommission geht noch weiter und hat als Ziel auf verschiedene Musikstile spezialisierte Verwertungsgesellschaften vor Augen; EU-Kommission, Studie, S. 34 ff.; Schmidt ZUM 2005, 783, 786. 1089 So auch Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 249, Rn. 41 unter Berufung auf Riesenhuber, S. 145. Unter „Rosinenpicken“ versteht man die Herausnahme einzelner Werke aus dem Wahrnehmungsumfang der GEMA. 1088
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Kapitel 5: Wahrnehmung durch die GEMA
kes oder einer Nutzungsart, so darf er Dritten ebenfalls nicht die Befugnis zur weltweiten Vermarktung einräumen. Dieses kann aber durch Vorbehaltsklauseln in den jeweiligen Berechtigungsverträgen problemlos geregelt werden. III. Folge für die Tarifgestaltung Die GEMA ist gemäß § 11 WahrnG verpflichtet, die Nutzungsrechte zu angemessenen Bedingungen einzuräumen.1090 Die GEMA muss bei den derzeitigen Regelungen beachten, dass in einigen Fällen das Bearbeitungsrecht nach § 23 UrhG und urheberpersönlichkeitsrechtliche Änderungsbefugnisse auf die Nutzer bereits durch die GEMA übertragen werden. Die derzeitigen Tarife tragen diesem Umstand keine Rechnung. Fraglich ist, ob daraus eine Unangemessenheit der bestehenden Tarife resultiert, die von der GEMA angeglichen werden müssen. Die Angemessenheit bestimmt sich in erster Linie nach der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung, die im jeweiligen Einzelfall in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen müssen.1091 § 32 UrhG findet keine direkte Anwendung. Die Vergütung ist so zu berechnen, dass die Berechtigten an den durch die Verwertung erzielten geldwerten Vorteilen angemessen partizipieren.1092 Die Gegenleistung richtet sich dabei nach dem Umfang der Rechtseinräumung, so dass die Einräumung von Bearbeitungsrechten und urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnissen von erheblicher Bedeutung für die Tarifgestaltung der GEMA ist. Ansonsten ist eine angemessene Beteiligung nicht gewährleistet.
G. Ergebnis zum Kapitel 5 Das Bearbeitungsrecht und die davon umfassten urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnisse können umfänglich und pauschal von der GEMA als Treuhänder der Urheber wahrgenommen Riesenhuber/v.Vogel in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 646, Rn. 45. Riesenhuber/v.Vogel in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 646, Rn. 46. 1092 Riesenhuber/v. Vogel in Kreile/Becker/Riesenhuber, S. 646, Rn. 46; vgl. § 13 WahrnG. 1090 1091
G. Ergebnis zum Kapitel 5
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werden. Entgegen einer weit verbreiteten Auffassung wird das Bearbeitungsrecht bei der Werkinterpretation, bei der Werkteilnutzung bereits nach dem derzeitigen Berechtigungsvertrag von der GEMA wahrgenommen. Diese Rechtseinräumung erfolgt konkludent aufgrund der Auslegung der Bestimmungen des Berechtigungsvertrages gemäß §§ 133, 157 BGB i.V.m. § 31 Abs. 5 UrhG. Die Rechtfertigung der doppelten Lizenzmethode aus Gründen des Schutzes des Urheberpersönlichkeitsrechtes der Urheber ist damit nicht haltbar. Der doppelten Lizenz liegen wirtschaftliche Erwägungsgründe von erfolgreichen Urhebern und von Verlagen zugrunde. Trotz der Einräumung des Bearbeitungsrechts, lizenziert die GEMA den Nutzern bei der Werkteilnutzung und bei der Werkinterpretation im Rahmen von Tonträgereinspielungen das Bearbeitungsrecht nicht. Die GEMA verstößt insoweit gegen §§ 6, 11 WahrnG. Diese Nutzungshandlungen werden damit bis dato unzureichend lizenziert und stellen damit rechtswidrige Verwendungen von Musikwerken dar. Vor allem im Bereich der Werkinterpretation im Rahmen von LiveAufführungen stellt sich die Frage der Angemessenheit des durch die GEMA festgesetzten Tarifes, da die GEMA weder das Bearbeitungsrecht noch urheberpersönlichkeitsrechtliche Änderungsbefugnisse in dem Tarif ausdrücklich erwähnt. Ebenso nimmt die GEMA das Bearbeitungsrecht nach § 23 UrhG und die damit verbundenen urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse des Urhebers in Teilbereichen der Nutzung von Musik mit Film und in Verbindung mit Bühnenwerken wahr. Das daneben bestehende doppelte Lizenzierungsmodell ist weder aus wirtschaftlichen noch aus dem Schutzgedanken des Urheberpersönlichkeitsrechts gerechtfertigt. Die Aufteilung in Kollektivwahrnehmung und Einzelwahrnehmung führt zu Abgrenzungsschwierigkeiten mit der Folge großer Rechtsunsicherheit. Die Position der GEMA als großer Musikverwertungsgesellschaft, mit dem Anspruch das Weltrepertoire der Musik wahrnehmen zu wollen, wird erheblich geschwächt. Damit ist weder dem Interesse der Urheber noch dem der Verwerter gedient. Die praktizierte doppelte Lizenzierung im Bereich der Klingeltonnutzung ist unzulässig. Zum einen wird nach Auslegung der Bestimmung des § 1h GEMA-BV das Bearbeitungsrechts bereits durch die
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Kapitel 5: Wahrnehmung durch die GEMA
GEMA wahrgenommen, so dass kein Platz für eine Rechtswahrnehmung durch Dritte ist, zum anderen wäre eine Aufteilung der Nutzungsrechte im Rahmen derselben Nutzungsart gemäß § 134 UrhG nichtig. Bei der Verwendung von Musik im neuen Sachzusammenhang ist bereits überwiegend die GEMA zuständig, da dass Bearbeitungsrecht umfänglich durch die Berechtigten der GEMA eingeräumt wurde. Die besondere Stellung der Nutzung der Musik im Bereich der Werbung aufgrund der Regelung des § 1k GEMA-BV ist nicht gerechtfertigt und aus Gründen der Rechtssicherheit abzulehnen. Bei diesen Nutzungsarten stellt sich gleichfalls das Problem der nicht ausreichenden Lizenzierung durch die GEMA entgegen dem Wahrnehmungszwang nach §§ 6, 11 WahrnG. Im Ergebnis muss der GEMA für alle Bereiche der Musiknutzung das Bearbeitungsrecht eingeräumt werden. Dadurch erübrigt sich das doppelte Lizenzierungssystem. Dieser Machtzuwachs der GEMA ist nur gerechtfertigt, wenn die GEMA umfänglich den Bedürfnissen ihrer Mitglieder gerecht wird. Dazu bedarf es einer Anpassung der Tarife an die neue Rechtssituation, wie auch einer differenzierteren Ausgestaltung verschiedener Berechtigungsverträge. Es gibt keinen Einheitskomponisten – so dass es nicht nur einen Berechtigungsvertrag geben darf.
Zusammenfassung in Kernthesen: 1. Das Wesen der Musik ist vielgestaltig und wird erheblich von dem Funktionsbegriff mit bestimmt. 2. Das künstlerische Schaffen im Bereich der Musik definiert sich über den Umgang mit fremden Originalwerken, sei es bei der Werkvermittlung, der Werkschaffung oder der Werkverwertung. 3. Die Werkinterpretation, die Benutzung von Werkelementen, die Verbindung mit anderen Kunstgattungen und die Verwendung von Musikwerken in einem neuen Sachzusammenhang stellen unterschiedliche Ausprägungen des Umgangs mit fremden Werken dar. Der Klingeltonnutzung kommt in der heutigen Medienwelt eine besondere wirtschaftliche Bedeutung dabei zu. 4. Ein Musikwerk ist, sobald es wahrgenommen wird, dem Einfluss eines Dritten ausgesetzt. Es ist damit einem ständigen Wandlungsprozess durch die Klanglichwerdung unterzogen. 5. Die gesetzlichen Regelungen des Urheberrechts regeln nicht explizit den Fall des Umgangs von Dritten mit Originalkompositionen. 6. Ausgangspunkt der Frage der rechtlichen Konsequenz bei Musikbearbeitungen ist das Musikwerk, wobei der Begriff des Musikwerkes weit verstanden werden muss. 7. Das Prinzip der kleinen Münze ist für den Bereich der Musik abzulehnen. 8. Zentrale Schutznorm des Urhebers vor Bearbeitungen ist § 23 UrhG. 9. Die begriffliche Unterscheidung von Bearbeitung und Umgestaltung ist nicht erforderlich. 10. Jede Form des Umgangs mit einer fremden Originalkomposition wirkt unmittelbar auf den geistig-ästhetischen Gesamteindruck des Werkes und ist dadurch immer eine Bearbeitung nach § 23 UrhG. Das gilt sowohl für die Werkinterpretation, die Verwendung von vorbestehenden Werkelementen, die Verwendung von Musikwerken in anderen Kunstgattungen, die Stellung eines Werkes in einen neuen Sachzusammenhang, wie auch für den besonderen Fall der Klingeltonnutzung. 11. Eine Ausnahme ergibt sich nur bei der Verwendung von Werkelementen, sofern § 24 UrhG greift. Insofern ist der starre Melodieschutz abzulehnen. Die Regelung des § 24 Abs. 2 UrhG ist nicht mehr zeitgemäß, da § 24 Abs. 1 UrhG die Abgrenzung von
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Zusammenfassung in Kernthesen
einwilligungsfreier Verwendung und einer Genehmigung bedürftigen Nutzung eines Musikwerkes in ausreichendem Maße gewährleistet. Eine Musikbearbeitung im Sinne des § 23 UrhG stellt zugleich eine Beeinträchtigung nach § 14 UrhG dar und berührt damit das Urheberpersönlichkeitsrecht des Komponisten. Lediglich im Bereich der Filmmusik sorgt § 93 UrhG für einen eingeschränkten Anwendungsbereich des § 14 UrhG. Die Bearbeitung eines Musikwerkes erfolgt in der Regel durch einen Dritten, so dass es diesem möglich sein muss, das Recht der Bearbeitung zu erwerben. § 23 UrhG regelt dieses über das Rechtsinstitut der „Einwilligung“. Das Bearbeitungsrecht des § 23 UrhG ist ein Mischrecht, welches sowohl das verwertungsrechtliche Element, als auch das urheberpersönlichkeitsrechtliche Element wesensimmant in sich trägt. Damit berührt die Einwilligung immer beide Elemente und ist Ausfluss der monistischen Anlage des Urheberrechts. Sowohl das verwertungsrechtliche, als auch das urheberpersönlichkeitsrechtliche Element werden nach den §§ 31 ff. UrhG auf Dritte übertragen. Die urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnisse sind übertragbar. Eine getrennte Übertragbarkeit des verwertungsrechtlichen und des urheberpersönlichkeitsrechtlichen Elements ist aufgrund des Mischcharakters des § 23 UrhG nicht möglich. Eine Grenze der Übertragbarkeit ergibt sich aus den allgemeinen Vorschriften. Die pauschale Übertragung des Bearbeitungsrechts nach § 23 UrhG ist wegen des Mischcharakters und der Schutzbedürftigkeit des Urheberpersönlichkeitsrechts nur an eine Verwertungsgesellschaft möglich. Bei der Werkinterpretation, der Benutzung von Werkelementen, der Benutzung von Musikwerken in verschiedenen Kunstgattungen, der Stellung eines Musikwerkes in einen neuen Sachzusammenhang und der Klingeltonnutzung handelt es sich um unabhängige mit dinglicher Wirkung übertragbare Nutzungsarten, die jeweils das Bearbeitungsrecht berühren. § 39 Abs. 1 UrhG kommt lediglich eine klarstellende Bedeutung bezüglich § 14 UrhG und § 23 UrhG zu. § 39 Abs. 2 UrhG ist auf § 23 UrhG anzuwenden, jedoch als Ausnahmevorschrift und wegen des Prinzips der angemessenen Vergütung nach § 32 UrhG eng auszulegen.
Zusammenfassung in Kernthesen
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19. Die GEMA ist Treuhänder der Komponisten. 20. Die GEMA ist grundsätzlich in der Lage und berechtigt das Bearbeitungsrecht und die davon betroffenen urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnisse wahrzunehmen. Eine pauschale Wahrnehmung ist interessengerecht. 21. Die GEMA nimmt im Bereich der Interpretation eines Musikwerkes die Bearbeitungsrechte und die urheberpersönlichkeitsrechtlichen Änderungsbefugnisse wahr. Im Bereich der Einspielung eines Werkes auf einen Tonträger überträgt die GEMA dieses Recht entgegen der §§ 6, 11 WahrnG nicht auf den Nutzer, so dass eine nicht ausreichende Lizenzierung dieser Nutzungsart seit Jahren vorliegt. Gleiches gilt für die Nutzung von Werkelementen. 22. Im Bereich der Nutzung von Musik im Film und auf der Bühne, bei der Werbung und der Klingeltonnutzung verfolgt die GEMA teilweise ein doppeltes Lizenzierungsverfahren. 23. Es ergeben sich erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten und Wertungsungereimtheiten bei der Verwendung von Musik im Bereich des Films, der Bühne und der Werbung. 24. Das doppelte Lizenzmodell ist unzulässig und nicht interessengerecht. Die Doppellizenzierung ist bei der Verwertung von Musik im Film, in der Verbindung mit Bühnenwerken, bei der Klingeltonverwertung und bei der Nutzung im Bereich der Werbung nicht gerechtfertigt. 25. Um Wertungsunterschiede zu vermeiden und die Musiknutzung umfänglich und interessengerecht zu gewährleisten, muss der GEMA in Zukunft das Bearbeitungsrecht für alle Nutzungsarten ohne Einschränkung eingeräumt werden. Die Tarife der GEMA müssen diesen Umstand mit berücksichtigen. Aufgrund der daraus resultierenden gestärkten Monopolstellung der GEMA müssen den Urheber alternative Berechtigungsverträge zur Verfügung gestellt werden.
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Register Abschlusszwang 176 f. Akkord 89 Aleatorik 66 Alternative Berechtigungsvertrag 236 Ambiente 15 Änderung 133 Änderungsrecht 133 Angemessene Beteiligung 121 Angemessene Vergütung 138 f., 142 Anscheinsbeweis 90 f., 98 Arrangement 63, 108 ff. Aufsicht 178 Auftragskomposition 75, 111 Auftragsproduktion 206 Ausschließliches Nutzungsrecht 135 f. Ausübende Künstler 54 f. Ballett 17 Basslinien 37 Bearbeitung 24 ff., 45 ff., 51 Bearbeitungsrecht 184 ff., 236 Bedingung 202 f. Beeinträchtigung 105 ff. Berechtigungsvertrag 27, 181 ff. Boxveranstaltung 78 Bühnenmusik 17 f., 71, 76 ff., 89, 103 f., 112, 209 ff. Bühnenwerk 17 f., 28 CD-Einspielung 191 ff. Computertechnik 62 Cosima Wagner 152 f. Coverversion 13 Darbietende Interpretation 56 Deutsches Patent- und Markenamt 178 Digitales Samplen 16, 69 Digitalisierung 13, 69 Dingliche Wirkung 147 f. Dinglicher Vorbehalt 231 f. Doppelschöpfung 91, 98
Doppelte Lizenzmodelle 230 ff. Doppelte Lizenzsystem 28 Dramatisch-musikalisches Werk 210 Droit d’auteur 22 Dualistische Theorie 146 Effekte 89 Eigenproduktion 206 Einfaches Nutzungsrecht 135 f. Einwilligung 122 ff., 150, 156 f. Einzeleinwilligung 186 Entstellung 105 ff. Erkennbarkeit 95 Erlassvertrag 149 Europäische Kommission 179 ff. Experimentelle Musik 66 f. Fernsehproduktion 205 Filmherstellungsrecht 28, 72, 204 f. Filmmusik 17 f., 28, 71 ff., 89, 103 f., 111, 201 ff., 234 Filmwerk 17 f. Freie Benutzung 84 ff. Gebundene Übertragung 151 Geistig-ästhetischer Gesamteindruck 52, 60, 128, 184 GEMA 26 ff., 175 ff. GEMA-Mustervertrag 226 f. GEMA-Satzung 175 Gemeinschaftliche Schöpfung 101 f. Gesetzliches Verbot 172 Gröbliche Entstellung 107, 112 Grundrechte 165 ff. Grundsatz der Unübertragbarkeit 163 ff. Handwerkliche Anwendung 64 Handyklingelton 19 ff. Handylautsprecher 114 Harmonik 35 Hintergrundmusik 18, 218 f. Hip-Hop 15
254
Register
Hörmarke 83 House-Musik 15 Improvisation 57 ff. Improvisierende Jazzmusiker 55 Improvisierte Musik 14 In Szene gesetzt 211 f. Individualität 33 f. Instant Composing 59 Instrumentierung 36 Integrierender Bestandteil 211 Integrität 105 f. Interessenabwägung 117 Interessengefährdung 116 Interpretation 12 ff., 52 ff., 60, 108 ff. Jazz 66 Jazzmusiker
56, 60
Kernbereich 154 Kerntheorie 153 ff., 170 Klang 36, 40 f. Klangfarbe 116 Klingelton 28 Klingeltöne 19 ff., 219 ff. Klingeltonnutzung 19 ff., 79 ff., 113 Kommerzialisierung 131 Komponist 60 ff. Konstitutive Übertragung 163 f. Kontrahierungszwang 184 Koproduktion 206 f. Kreativer Interpret 57 Künstlerpersönlichkeitsrecht 61 Kürzung 69, 110, 116 Kunstfreiheit 166 Lehre von der statistischen Eigentümlichkeit 34 Leistungsschutz 89 Leistungsschutzrechte 55 Live-Aufführung 191 ff. Mastertone 19 f. Medienlandschaft 18 Melodie 35 f., 92 ff., 94 Merchandising 114 Miles Davis 1
Mischcharakter 130 ff. Mischrecht 171 Miturheberschaft 100 ff. Monistische Theorie 131, 146 Monophon 19 f., 82 ff., 115 Monopolstellung 178 Musical 17 Musical Gala 198, 211 Musikalische Logos 83 Musikbearbeitung 27 f., 45 ff. Musikelemente 69 ff. Musikwerk 32 Musikwissenschaft 94 f. Neuinstrumentierung 64 Notengetreue Wiedergabe 56 Notentreue 60, 62 Nutzungsart 136 ff. Nutzungsrecht 122, 135 f., 167 Offene Kompositionsform 13 f., 64, 102 f. Oper 17 Operette 17 Originalkomposition 63 Originalnoten 63 Originalwerk 47 ff., 51, 55 Pauschaleinwilligung 156 f., 186 Persönlich geistige Schöpfung 33 ff., 46 f., 67 Persönlichkeitsrecht 131, 157 f. Politikveranstaltung 18 Polyphon 19 f., 82 ff., 115 Popularmusik 15 Prinzip der angemessenen Vergütung 23 Prinzip der kleinen Münze 34 ff., 38 ff., 56, 69, 82, 86 f., 91 ff., 98 Prinzip der Unübertragbarkeit 151 Realtone 19, 81, 84, 113 f. Rechtsnatur 181 Reduzierung der Stimmenzahl Refrain 37, 94, 115 Revue 17 Rhythmik 35
115
255
Register Rhythmus 40 f. Rücksichtnahmegebot
140
Sachzusammenhang 18, 28, 77 ff., 216 ff. Sample 16, 85, 89 Schöpferische Eigenart 55 Schöpferische Eigentümlichkeit 33 f. Schutzfunktion 22 f. Senderprivileg 205, 208 Signalfunktion 115 Sittenwidrigkeit 171 f. Skizzen 67, 102 Solopassagen 57 ff. Sound 61, 69 Sportveranstaltung 18 Starrer Melodieschutz 96 f., 99
Urheberpersönlichkeitsrechtliche Änderungsbefugnisse 105 ff., 154, 163 f., 166 ff., 189 f. Urheberpersönlichkeitsrechtliches Element 143 ff. Urheberrecht 21 f. Urheberrechtsschutzfähigkeit 31 Urhebervertragsrecht 121 Verfügung 147 f., 150 Veröffentlichung 123 Veröffentlichungsrecht 152 Verwertbarkeit 103 Verwertungsgesellschaft 25 ff. Verwertungsprozess 160 Verwertungsrecht 124 f. Verzicht 148 f., 156 f. Vorhersehbarkeitslehre 156 f.
Tarif U-VK 196 Tarif VR-OD 1 225 f. Tarif VR-T-H 1 195 Tarifgestaltung 238 Teilübertragung 150 f. Telefonwarteschleife 218 f. Ton 35 Tonfolge 37, 69 f., 93 Tonträgerproduktion 13 Trance 15 Translative Übertragung 151 Treppenhausgestaltung 153 Treu und Glauben 139, 141 f. Treuhänder 182 Trip-Hop 15
Wahrnehmungszwang 178 Werbung 18, 28, 216 f. Werkbegriff 66 f. Werkbezogene Interesse 155 Werkbezogenes Persönlichkeitsrecht 160 Werkelement 16, 88 f., 110 ff., 197 ff. Werkidentität 130 Werkintegrität 155 Werkintegritätsinteresse 13 Werkinterpretation 12 ff., 27, 54 ff., 63, 88, 191 ff. Werkteil 27, 31 f. Werktreue 55
Übertragbarkeit 145 ff., 187 f. Umgestaltung 45, 48 ff. Urheberpersönlichkeitsrecht 27, 38 f., 61, 105, 184, 233 f.
Zufallsmomente 65 Zufallsprinzip 66 Zweckübertragungsregel 137, 168 ff. Zweistufiges Lizenzsystem 223