Die Rechtsverbindlichkeit des Patiententestaments: Eine Untersuchung aus zivilrechtlicher Sicht [1 ed.] 9783428477302, 9783428077304


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German Pages 187 Year 1993

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Die Rechtsverbindlichkeit des Patiententestaments: Eine Untersuchung aus zivilrechtlicher Sicht [1 ed.]
 9783428477302, 9783428077304

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LUTZ SCHÖLLHAMMER

Die Rechtsverbindlichkeit des Patiententestaments

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 159

Die Rechtsverbindlichkeit des Patiententestaments Eine Untersuchung aus zivilrechtlicher Sicht

Von

Dr. Lutz Schöllhammer

Duncker & Humblot . Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Schöllhammer, Lutz: Die Rechtsverbindlichkeit des Patiententestaments : eine Untersuchung aus zivilrechtlicher Sicht / von Lutz Schöllhammer. Berlin : Duncker und Humblot, 1993 (Schriften zum bürgerlichen Recht; Bd. 159) Zug!.: Mainz, Univ., Diss., 1992 ISBN 3-428-07730-X NE:GT

D77 Alle Rechte vorbehalten © 1993 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Fotoprint: Werner Hildebrand, Berlin 65 Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 3-428-07730-X

Vorbemerkung Das Patiententestament enthält die schriftliche Anordnung eines Menschen an einen Arzt, im Falle seiner unheilbaren Erkrankung mit sicherer Todesprognose in der Sterbephase auf die Anwendung lebensverlängernder Maßnahmen zu verzichten um ihm einen - nach seiner Vorstellung - würdevollen Tod zu ermöglichen. Die Arbeit beschäftigt sich demnach mit einem Aspekt der Sterbehilfe, 1 einer Thematik, bei der der fundamentale Gegensatz zwischen zwei grundlegenden Rechtsprinzipien zu Tage tritt, nämlich der Unverfügbarkeit des Lebens einerseits und dem Recht auf den eigenen Tod andererseits. In diesem Grenzbereich kollidieren die nach Art. 1 Abs. 1 GG unantastbare Menschenwürde und das nach Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG geschützte Recht auf Leben. 2 Das Recht auf Leben begründet nicht nur ein Abwehrrecht gegen Eingriffe des Staates, sondern gewährleistet auch Grundrechtsschutz gegen den Rechtsgutträger selbst, wenn seine Entscheidungsfindung - beispielsweise weil kein freier Wille vorliegt unzureichend ist. 3 Bei der Beurteilung des Patiententestamentes kommt darüber hinaus noch das Recht auf Selbstbestimmung als weitere grundrechtliche Position von grundsätzlicher Bedeutung hinzu. Auch das ebenfalls von Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG geschützte Recht auf körperliche Unversehrtheit ist zu berücksichtigen.

In der Grenzsituation der Sterbehilfe zeigt sich der Kompromißcharakter als ein wesentliches Grundspezifikum allen Rechtes. Eine ausschließliche Orientierung in einem der beiden generellen und reinen Denkansätze - absoluter Lebensschutz einerseits und Recht auf den eigenen Tod andererseits - kann zu keinem befriedigenden Ergebnis führen. Bei der rechtlichen Beurteilung der Sterbehilfe geht es vielmehr um den Versuch, die gegenläufigen Interessen und ihre Folgen miteinander abzuwägen und in eine möglichst gelungene Konkordanz zu bringen. 4 Vereinzelt wird argumentiert, bei der Sterbehilfe handele es sich um einen Sachverhalt, bei dem es im Verhältnis von Medizin und staatlichem Recht nur 1 Eine umfassende Auflistung der Literatur zum Thema Sterbehilfe befindet sich im Handbuch des Arztrechts, S. 776 ff. 2 Leonardy, Rahmen, S. 26. 3 So v. Münch, FS Ipsen, S. 113, 125. 4 Vgl. Eser, Neues Recht, S. 392, 397.

6

Vorbemerkung

Diskretion und keine Diskussion geben solle. 5 Richtig erscheint es jedoch, daß die Fragen der Sterbehilfe mit der gebotenen Sachlichkeit öffentlich diskutiert werden, daß ethisch, religiös und rechtlich dazu Stellung genommen wird. 6 Eine für jeden einzelnen derart wichtige Lebensphase wie die des Sterbens darf sich nicht in einer tabuisierten Grauzone abspielen. Die in diesem Bereich auftretenden Fragen müssen durchdacht und soweit irgend möglich einer allgemeingültigen Beantwortung zugefügt werden und zwar sowohl der Patienten wegen, damit sie in ihrem Zutrauen zu ihrem Arzt nicht verunsichert werden, als auch um der Ärzte willen, damit sie in dieser schwierigen Entscheidung nicht mit ihrem Gewissen allein gelassen werden, sondern sich auf dem Boden der Rechtsgemeinschaft fühlen können.? Symptomatisch für ein Verdrängen des Gedankens an das Sterben ist z.B. auch die Gepflogenheit unserer Zeit, Sterbende in ein Krankenhaus abzuschieben und sie dort, ohne ausreichende menschliche Zuwendung, ohne Beistand von Familie und Freunden, ihre letzte Stunde erleben bzw. häufiger erleiden zu lassen. Insoweit würde auch ein Schweigen zu derartigen Themen indirekt Stellungnahme bedeuten und schwerwiegende Konsequenzen sowohl für die betroffenen Personen als auch für die Rechtsgemeinschaft nach sich ziehen. Es muß in der Diskussion ein Konsens über die Behandlung des Sterbens bei inkurablem Leiden gefunden werden, denn "allzuviele qualvolle Schicksale säumen den Weg des medizinischen Fortschritts. "8 Eine Vielzahl von Einzelfällen, die von den Medien öffentlichkeitswirksam dargestellt werden, sind und waren immer wieder Anlaß auch für breite Bevölkerungskreise, die Frage nach der Würde beim bzw. im Sterben zu stellen und sich mit dem Thema Sterbehilfe zu beschäftigen. Man erinnere sich an den Fall des Ehepaares van de Putt in Belgien, an die holländische Ärztin Postma, an das Sterben von General Franco und Marschall Tito sowie an das Schicksal der jungen Amerikanerin Karen Ann Quinlan. Das Verhalten von Ärzten wie z.B. das des Schweizers Urs Hämmerli und das des Deutschen Hackethal gerät immer wieder in die Schlagzeilen. Immer wieder zeigt sich, daß die durch den Einsatz der modemen medizinischen Hilfsmittel erreichbare kurzzeitige Lebensverlängerung sich nur als ein verlängertes Martyrium oder als Phase anhaltender tiefer Bewußtlosigkeit darstellt. 5 MaunzlDürig-Dürig, Art. 2 Abs. 2 GG RZ 11; nach Uhlenbruck, ArztR 1985, 16, 19 ist Diskretion der einzige Ausweg, solange die derzeitige Rechtsprechung sich nicht ändert. 6 Zu den positiven Auswirkungen, die eine rechtlichen Fixierung auf das Verhältnis zwischen Arzt und Patient hat, vgl. auch die grundsätzlichen Ausführungen von Hanau, FS Baumgärtel, S. 121 ff. und die speziellen Darstellungen zum Thema Sterbehilfe bei v. Lutterotti, Menschenwürdiges Sterben und MedR 1988, 55, 58 f. sowie bei Wassermann in DRiZ 1986, 291 ff. 7 Vgl. Laufs, FS Mikat, S. 145 ff. 8 Uhlenbruck, Therapie und Gegenwart 119 (1980), S. 1374, 1393.

Vorbemerkung

7

Gerade die wesentlich erweiterten Möglichkeiten der heutigen Heilkunde in Diagnostik und Therapie lassen Zweifel aufkommen, ob das seit langem überlieferte Leitmotiv der Lebenserhaltung und -verlängerung mit allen Mitteln und allen Konsequenzen noch in jedem Falle von Ärzten befolgt werden muß und darf. Nach Jahren illusionärer Fortschrittsgläubigkeit wird den Menschen nun die Begrenztheit menschlichen Handeins wieder mehr ins Bewußtsein gerufen. 9 Angesichts dieser Ambivalenz des medizinischen Fortschritts gewinnt die Frage nach dem Sinn der Lebensverlängerung zwangsläufig an Bedeutung. In einer Welt, in der es der Medizin immer wieder gelingt, den Tod aufzuhalten, wird es immer wichtiger zu wissen, was menschliches Leben zum Überleben wert macht. Die praktische Bedeutung dieser Frage wird dann besonders klar, wenn man sich vergegenwärtigt, daß vor allem auch wegen des medizinischen Fortschrittes der letzten Jahrzehnte die Zahl alter Menschen immer mehr zunimmt, so daß bei uns im Norden Europas die Perspektive für das 21. Jahrhundert, derzufolge es eine Gesellschaft mit mehr alten als jungen Menschen gibt, durchaus realistisch erscheint. Daß sich bei immer mehr sehr alten Menschen - u.a. auch wegen der erfahrungsgemäß intensiveren Beschäftigung mit dem Tod in diesem Lebensabschnitt - die Frage nach der Art des Sterbens und der Wunsch nach einem würdigen Sterben immer häufiger stellt, liegt auf der Hand. Zu berücksichtigen ist schließlich, daß der bedingungslose Einsatz aller heute zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Lebenserhaltung und -verlängerung der für den Arzt am geringsten mit inneren Zweifeln verknüpfte Weg ist, den scheinbar unlösbaren Konflikt zwischen Tötungsverbot, Lebenserhaltungsgebot, Garanten- und Hilfspflicht, der ärztlichen Ethik und dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten zu bewältigen. 1O Insoweit gewinnt der Wunsch vieler Menschen auf selbstbestimmte Gestaltung ihres Lebensendes und damit auch das Patiententestament eine ganz besondere Bedeutung. Dabei ist schon die Verwendung des Ausdruckes Sterbehilfe für die hier in Frage stehenden Fälle nicht unbedenklich. Der undifferenzierte, schlagwortartige Gebrauch des Wortes "Sterbehilfe" begründet die Gefahr, daß die entscheidende ärztliche Zielsetzung, nämlich die Leidhilfe als Form der Krankenbehandlung, übersehen wird. Demnach ist der Ausdruck Leidhilfe terminolo-

9 So beispielsweise Moor, Die Freiheit zum Tode, und Wunderli, Euthanasie oder über die Würde des Sterbens, S. 141 ff. 10 So auch: BGH (04.07.1984; Willig-Entscheidung) NJW 1984, 2639, 2642 = BGHSt 32, 367 ff. = JZ 1984,893 = MDR 1984, 858 ff. = NStZ 1985, 199 ff. = MedR 1985, 40 ff. = ArztR 1985, 40 ff.; Uhlenbruck, Grenzbereich, S. 41.

8

Vorbemerkung

gisch dem der Sterbehilfe vorzuziehen. 11 Sterben gehört zum Leben; Leidhilfe ist also Lebenshilfe. 12 Die Frage der Sterbehilfe wird in letzter Zeit wieder verstärkt behandelt, nachdem die Diskussion in den beiden ersten Jahrzehnten nach dem 2. Weltkrieg in Deutschland unter der Schockwirkung der im Dritten Reich als "Euthanasie" ausgegebenen Tötungsmaßnahmen weitgehend verdrängt worden war. 13 Die sachliche, wissenschaftliche Diskussion des Themas Euthanasie in der juristischen und medizinischen Fachpresse wurde in Deutschland erst mehr als 20 Jahre nach Ende der nationalsozialistischen Herrschaft wieder aufgenommen. 14 "Jedenfalls ist Deutschland der Ort der Welt, wo eine Diskussion darüber am allerschwierigsten ist. "15 Mit ,diesen Worten hat der Moralphilosoph Hans Jonas die besondere Bedeutsamkeit der Beschäftigung mit Sterbehilfe für einen Deutschen in Deutschland auch fast fünf Jahrzehnte nach dem Ende der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zutreffend beschrieben. Gleichzeitig hat er damit den Maßstab festgelegt, an dem sich jede Bearbeitung des Themas zu orientieren hat. Wie vielschichtig die Thematik und wie schwierig und gefährlich eine begriffliche Klassifizierung ist, hat Albin Eser in seinem Typisierungsversuch verdeutlicht, in dem er einzelne Fallgruppen nach Handlungscharakter und Erfolg, nach Motivation des Patienten, nach seinem gesundheitlichen Zustand, nach seiner Einsichts- und Einwilligungsfähigkeit und nach der Person des Helfers bildet und diese in einer Vielzahl von möglichen Abstufungen darstellt. 16 Betont sei deshalb zu Beginn, daß es beim Patiententestament nur um einen kleinen Teilbereich der Problematik der Sterbe- bzw. Leidhilfe geht, und zwar um das Sterbenlassen durch Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen bei einem Moribunden in Erfüllung seines ausdrücklichen, wenn auch antizipierten Wunsches. Die Arbeit will die zivilrechtlichen Wirkungen des Patiententestamentes klären. Es wird darauf verzichtet, nochmals intensiver auf die strafrechtlichen und grundrechtlichen Themen in diesem Zusammenhang einzugehen. Ebensowenig sollen die religiösen und ethischen Fragen vertieft werden. Festgehalten sei zu Beginn aber auch, daß Gegenstand der Arbeit ausschließlich die sog. Moribun11 So auch Beschluß lIdes 56. DJT, Berlin 1986, Seite M 191. 12 Fritsche, Sterbehilfe, S. 6.

13 Vgl. Leonardy, Rahmen, S. 15. 14 In der Fachpresse begann die Behandlung des Problems Mitte der sechziger Jahre mit dem grundlegenden Aufsatz des Juristen Simson, Euthanasie als Rechtsproblem, NJW 1964, 1153 ff. und der Abhandlung des Mediziners Ehrhardt, Euthanasie, in: Göppinger, Arzt und Recht, S. 96 ff. 15 Mitleid allein beglÜndet keine Ethik, Zeit - Gespräch mit Hans Jonas, Die Zeit Nr. 35/1989 v. 25.08.1989, S. 9. 16 Eser, Erscheinungsformen, S. 4 ff.

Vorbemerkung

9

den-Euthanasie, also die Sterbehilfe für schwerstleidende, sterbenskranke und meist alte Menschen ist. Der in letzter Zeit erneut sehr intensiv u.a. in Zusammenhang mit dem Besuch des australischen Moralphilosophen Peter Singer in der Bundesrepublik diskutierte 17 Themenkomplex der Neugeborenen-Euthanasie 18 betrifft die Situation des Patiententestamentes genausowenig wie die Frage der Zulässigkeit aktiver und direkter Sterbehilfe. Nicht verschweigen möchte ich, daß ich nicht nur aus rechtlichen, sondern vor allem auch aus ethischen und religiösen Gründen diese Arten der Sterbehilfe entschieden ablehne. Die Kernfrage des Patiententestamentes ist, inwieweit ein Mensch durch antizipierte, also zeitlich vorgelagerte Erklärung die Art und Weise der ärztlichen Behandlung in der Sterbephase festlegen und sich gegen die Abhängigkeit von Vorstellungen Dritter schützen kann. Es geht nicht um Fälle der Fremdbestimmung, sondern gerade um die Möglichkeit der Durchsetzung des eigenen Willens des Betroffenen. Diese Fälle sind von daher auch keineswegs mit dem menschenverachtenden Euthanasieprogramm der NS-Zeit vergleichbar, das Hitler mit seinem Geheimbefehl vom 1.9.1939 anordnete, bei dem sozialdarwinistische Aspekte, also die Interessen der Gesellschaft, nicht aber die des Betroffenen und schon gar nicht dessen individueller Wille die Begründung für Sterbehilfe waren.

17 MerkeI, "Die Zeit" Y. 23.06.1989, S. 1 ; Bräutigam! Thomsen, "Die Zeit" Y. 23.06.1989, S. 7; Exzeß der Vernunft oder Ethik der Erlösung, Diskussion mit Franz Christoph, Bischof Wilkens u.a., Die Zeit Nr. 29/1989, S. 10; Mitleid allein beglÜndet keine Ethik, Zeit-Gespräch mit Hans Jonas, Die Zeit Nr. 35/1989 Y. 25.08.1989, S. 9. 18 Vgl. hierzu Hanack, MedR 1985, 33 ff. mwN; Laber, MedR 1990, 182 ff.; Laufs, MedR 1990,231 ff.; Y. Loewenich, MedR 1985, 30 ff.

Inhaltsverzeichnis Vorbemerkung

5

A. Einführung

15

I.

Inhalt des Patiententestamentes ............................................................. 15

11.

Rechtsnatur des Patiententestamentes ..................................................... 16

III.

Fallgruppen der Sterbehilfe und ihre strafrechtliche Beurteilung ................... 17 1. Hilfe im Sterben ........................................................................... 18 2. Aktive Sterbehilfe ......................................................................... 18 3. Indirekte Sterbehilfe (Leidhilfe) ....................................................... 19 4. Passive Sterbehilfe (Leidhilfe) ......................................................... 19

IV.

Standort des Patiententestamentes im Rahmen der Sterbehilfe ....................... 23

V.

Meinungsstand zur rechtlichen Bedeutung des Patiententestamentes ............... 26 B. Rechtsverbindlichkeit des Patiententestamentes aus zivilrechtlicher Sicht

29

I.

Grundsätzliches zur Behandlungsanweisung ............................................. 29 1. Körper und Gesundheit und/oder allgemeines Persönlichkeitsrecht als Schutzgut i.S.v. § 823 BGB ............................................................ 29 2. Einwilligung als Rechtfertigungsgrund ............................................... 35 3. Rechtsnatur der Einwilligung .......................................................... 38 a) Rechtsprechung und Literatur ..................................................... 39 b) Eigene Stellungnahme .............................................................. 41 c) Konsequenzen des Meinungsstreites ............................................ .44 4. Rechtsnatur des Behandlungsverbotes .............................................. .45

11.

Das Patiententestament und die allgemeinen Anforderungen an Behandlungsanweisungen ................................................................ 47 1. Motiv ........................................................................................ 47 2. Inhalt ......................................................................................... 48 3. Abgabe und Zugang ...................................................................... 49 4. Form ......................................................................................... 52 5. Inhaltsbestimmung und Auslegung .................................................... 55 6. Beweislast .................................................................................. 57

12

Inhaltsverzeichnis

7. Widerruflichkeit und Wirkungsdauer ................................................. 57 a) Widerruf der Einwilligung ......................................................... 58 b) Widerruf des Behandlungsverbotes .............................................. 59 c) Anforderungen an die Willensbildung zum Widerruf........................ 60 d) Notwendigkeit des Zugangs des Widerrufes ................................... 61 8. Willensmängel ............................................................................. 62 a) Rechtsfolge des Irrtums ............................................................ 62 b) Voraussetzungen der Irrtumsanfechtung ........................................ 63 ill.

Inhaltliche Grenzen der Beachtlichkeit des Patientenwillens ......................... 67 1. Passive Sterbehilfe ........................................................................ 68 2. Indirekte Sterbehilfe ...................................................................... 70 3. Schlußfolgerung .......................................................................... 72

IV.

Aufklärung ...................................................................................... 73 1. Grundsätzliches ............................................................................ 73 2. Umfang und Intensität ................................................................... 75 3. Person des Aufklärungsverpflichteten ................................................ 81 4. Person des Aufzuklärenden ............................................................. 83 5. Möglichkeit des Verzichtes ............................................................. 84 6. Nachweis ................................................................................... 88 7. Zusammenfassung ........................................................................ 90

V.

Persönliche Anforderungen an die Willensbildung des Patienten ................... 90 1. Abstrakte Entscheidungsfähigkeit ..................................................... 92 2. Konkrete Entscheidungsmöglichkeit .................................................. 95 3. Entscheidungsfreiheit .................................................................... 95 4. Ernstlichkeit der Entscheidung ......................................................... 96 a) Anforderungsmaßstab ............................................................... 98 b) Abstraktheit der Entscheidungsfindung ......................................... 98 c) Einwirkungen psychischer Belastungen ...................................... 110 d) Weitere Schlußfolgerungen ...................................................... 113

VI.

Auswirkungen des Eintritts der Willensunfähigkeit auf die antizipierte Erklärung.... . . . . . . . . .. . . . . .. . . . ... . . . .. .. . . . . . . . . . ....... . . ... . . .. .... .. . ........... . . . . . . . . .. 116 1. Vergleich mit der Rechtsprechung zum Suizid................................... 116 2. Vergleich mit sonstigen Paral1elsituationen ....................................... 119

VII. Überprüfung der Willensbildung und Auswirkungen nachträglicher Willensänderungen ......................................................................... 120 1. Nachträgliche Willensänderungen .................................................. 121 2. Person des Prüfungsberechtigten .................................................... 122 Vill. Rechtfertigung durch berechtigte Geschäftsfiihrung ohne Auftrag ............... 126

Inhaltsveneichnis

13

IX.

Einwilligung durch einen Betreuer....................................................... 1. Neuregelung durch das Betreuungsgesetz ......................................... 2. Verhältnis der Betreuung zu anderen gesetzlichen Regelungen ............. 3. Möglichkeit der Einsetzung eines Patientenanwaltes ............................ 4. Schlußfolgerung .........................................................................

X.

Einfluß des Bestehens eines Arztvertrages auf die Beurteilung als unerlaubte Handlung ....................................................................... 142

C. Zusammenfassung

135 136 140 141 141

147

Anhang Anhang Anhang Anhang Anhang

Muster des Patiententestamentes nach Uhlenbruck.. ....................... Ärztliches Standesrecht ........................................................... ill: Beschlüsse des 65. Deutschen ]uristentages, Berlin 1986 ................ IV: Gesetzesentwürfe zur Regelung der Sterbehilfe ............................ I:

ll:

155 156 163 165

Literaturverzeichnis ............................................................................. 169

A. Einführung I. Inhalt des Patiententestamentes Der Inhalt von Patientenanweisungen für die ärztliche Behandlung in der Endphase einer unheilbaren, sicher zum Tode führenden Krankheit kann je nach der diesbezüglichen GrundeinsteIlung des Patienten ein ganz unterschiedlicher sein. Ein Patient kann z.B. fordern, alle denkbaren und medizinisch möglichen Maßnahmen zu ergreifen, um sein Leben soweit irgendmöglich zeitlich zu verlängern und die möglichen negativen Auswirkungen einer derartigen Lebensverlängerung bewußt in Kauf nehmen.! Ein anderer Patient kann versuchen, beispielsweise weil er ein Leben mit einer schweren Krankheit für unerträglich hält, mit einer Patientenanweisung seinen Arzt zur aktiven Tötung zu bewegen. Naheliegend ist auch die religiös motivierte Anweisung eines Zeugen Jehova, bei ihm auch bei absoluter medizinischer Indikation keinesfalls eine Bluttransfusion durchzuführen oder das von einen Bibelforscher erteilte generelle Behandlungsverbot. Derartige Anweisungen könnten auch in einem Patiententestament enthalten sein. Jedoch wird sowohl in der öffentlichen Diskussion wie auch in der Fachliteratur der Begriff "Patiententestament" inhaltlich anders und zwar im Sinne des 1978 von Uhlenbruck veröffentlichten Musters eines Patiententestamentes benutzt. Nur so soll der Ausdruck in folgendem auch verstanden werden. Die wesentlichen Passagen des Patiententestamentes von Uhlenbruck seien deshalb zitiert: 2 "IV .... erkläre ich in voller Kenntnis der medizinischen Situation und rechtlichen Bedeutung einer solchen Erklärung, daß ich im Falle irreversibler Bewußtlosigkeit, wahrscheinlicher schwerer Dauerschädigung des Gehirns (Decerebration) oder des dauernden Ausfalls lebenswichtiger Funktionen meines Körpers oder bei infauster Prognose hinsichtlich meiner Erkrankung mit einer Intensivtherapie oder Reanimation nicht einverstanden bin. Für den Fall, daß durch eine solche ärztliche Maßnahme nicht mehr erreicht werden kann als eine Verlängerung des Sterbevorgangs oder eine Verlängerung des Leidens, 1 So das Formblatt E der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS). 2 Uhlenbruck, NIW 1978, 566, 569 ff. abgedruckt im Anhang I; weitere Beispiele von Patiententestamenten bei Rickmann, S. !8 ff. und Anhang I bis III.

16

A. Einführung

verweigere ich hiermit ausdrücklich die Zustimmung zu irgendwie gearteten ärztlichen Eingriffen, zumal wenn sie mit erheblichen Schmerzen verbunden sind. V. Sollten Diagnose und Prognose von mindestens zwei Fachärzten - ungeachtet der Möglichkeit einer Fehldiagnose - ergeben, daß meine Krankheit zum Tode führen und mir nach aller Voraussicht große Schmerzen bereiten wird, so wünsche ich keine weiteren diagnostischen Eingriffe und keine Verlängerung meines Lebens mit den Mitteln der Intensivtherapie. Sollte ich eine Himverletzung oder eine Gehimerkrankung haben, durch die meine normalen geistigen Funktionen schwerwiegend und irreparabel geschädigt worden sind, so bitte ich um Einstellung der Therapie, sobald durch mindestens zwei Fachärzte festgestellt wird, daß ich künftig nicht mehr in der Lage sein werde, ein menschenwürdiges Dasein zu führen. VI. Vorstehende Erklärungen stellen keinen allgemeinen Verzicht auf die mir vertraglich zustehende ärztliche Behandlung dar. Sie beschränken vielmehr meine Einwilligung in die ärztliche Heilbehandlung auf eine Linderung von Leiden und Beschwerden für den Fall, daß ein Hinausschieben des Todes für mich eine nicht zumutbare Verlängerung des Leidens bedeuten würde und das Grundleiden mit infauster Prognose einen irreversiblen Verlauf genommen hat. Wenn ich die Ärzte bitte, das Recht auf einen mir gemäßen Tod zu achten, so heißt das nicht, daß ich damit die ärztliche Hilfe und Behandlung in der Form ausreichender Medikation und Leidensminderung ablehne. Vielmehr setze ich mein Vertrauen in eine vom Arzt anzuordnende schmerzlindernde Medikation, auch wenn sie zur Bewußtseinsausschaltung oder wegen ihrer - vom Arzt nicht beabsichtigten - Nebenwirkungen zu einem früheren Ableben führen sollte." Zusammenfassend kann man den Inhalt des Patiententestamentes als eine Kombination von Verweigerung der Zustimmung zu Intensivtherapie und Reanimation bei irreversibler Bewußtlosigkeit, Decerebration oder allgemein infauster Prognose mit der ausdrücklichen Einwilligung in Schmerz- und Beschwerdelinderung unter Inkaufnahme von Bewußtseinsausschaltung und Lebensverkürzung beschreiben.

11. Rechtsnatur des Patiententestamentes Der Begriff des Patiententestamentes ist sowohl dem BGB als auch anderen gesetzlichen Regelungen fremd. Es läßt sich auch nicht unter den allgemeinen Begriff letztwillige Verfügung LS.v. § 1937 BGB subsumieren und ist mithin kein Testament im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches. 3 3 Palandt-Edenhofer, Ein!. v § 1922 RZ 18; Harder, ArztR 1991, 10, 12.

III. Fallgruppen der Sterbehilfe

17

Ein Testament ist eine einseltlge Erklärung, durch die jemand über das rechtliche Schicksal seines Vermögens für die Zeit nach seinem Tode eine Regelung trifft (§§ 1937 ff BGB). Das Patiententestament betrifft jedoch thematisch weder das Vermögen des Testators noch regelt es zeitlich die Situation nach dem Tod. Vielmehr soll es die Zeit des Sterbens, den letzten Abschnitt des Lebens regeln. Folglich unterliegt das Patiententestament als lebzeitige Erklärung auch nicht den Formvorschriften des Erbrechts. 4 Das Patiententestament enthält vielmehr eine Entscheidung über die Zulässigkeit eines ärztlichen Eingriffes in die rechtlich geschützte Sphäre des Menschen und kombiniert die Einwilligung in gewisse ärztliche Maßnahmen mit dem strikten Verbot anderer. Dem wesentlichen Inhalt nach ist das Patiententestament also Behandlungsanweisung an den Arzt. Der Begriff "Patiententestament" ist mithin ungenau und irreführend. Man sollte besser von einen "Patientenbrief" , einer "Patientenverfügung" oder von einer "Anweisung an den Arzt zur Würde im Sterben" sprechen. Weil der Begriff Patiententestament sich in der Fachliteratur eingebürgert hat und auch ansonsten mittlerweile üblich ist, soll er trotz der begrifflichen Bedenken im folgenden beibehalten werden.

III. Fallgruppen der Sterbehilfe und ihre strafrechtliche Beurteilung Bevor die Frage der zivilrechtlichen Bindungswirkung einer im Patiententestament angeordneten Behandlungsanweisung mit dem gerade dargestellten Inhalt untersucht wird, soll zunächst überblickartig die strafrechtliche Beurteilung der einzelnen Fallgruppen der Sterbehilfe dargestellt werden. Sterbehilfe betrifft den im Sterben liegenden Menschen. Ein Sterbender ist nach den Richtlinien der Bundesärztekarnmer5 nicht jeder in Todesgefahr schwebende Mensch, sondern nur der Kranke oder Verletzte, bei dem aufgrund einer Reihe klinischer Befunde zur Überzeugung des Arztes feststeht, daß die Krankheit irreversibel oder die traumatische Schädigung infaust verläuft und der Tod in kurzer Zeit eintreten wird.

4 Epple, BWNotZ 1981, 31; Harder, ArztR 1991, 10, 12. 5 Kommentar zu den "Richtlinien für Sterbehilfe", Ziffer I 1 a. Dieser Kommentar ist im Anhang 11 unter Gliederungspunkt 6 auszugsweise wiedergegeben. Er ist in MedR 1985, 39 f. komplett abgedruckt. Die Richtlinien für Sterbehilfe wurden im J abre 1979 von der Bundesärztekammer verabschiedet, sind in Anhang 11 unter Gliederungspunkt 5 auszugsweise wiedergegeben und komplett in Deutsches Ärzteblatt 1979, 957 ff., MedR 1985, 28 ff. und bei Laufs, Arztrecht, RZ 221 ff. abgedruckt. 2 Schöllhammer

18

A. Einführung

Unter Sterbehilfe (Euthanasie) versteht man ein Handeln, das bestimmt und geeignet ist, den leichten und schmerzlosen Tod eines unheilbar kranken Menschen zu ermöglichen. Man spricht von direkter (oder reiner) und indirekter sowie von aktiver und passiver Sterbehilfe. 6 1. Hilfe im Sterben

Direkte oder reine Sterbehilfe bedeutet Hilfe im Sterben, nicht Hilfe zum Sterben. Sie wirft keine rechtlichen Probleme auf. Sie ist für den Arzt nicht nur selbstverständliche Menschen-, sondern RechtspflichtJ Sie umfaßt sowohl die Verabreichung schmerzlindernder Medikamente als auch pflegerische Fürsorge und zwischenmenschlichen seelischen Beistand. Zu dieser Hilfe im Sterben gehört allerdings auch, den sterbenskranken Patienten auf die mögliche bewußtseinsmindernde Nebenwirkung schmerzstillender Medikamente hinzuweisen und, soweit es ärztlich-menschlich vertretbar ist, ihm den Ernst seiner Lage nicht zu verschweigen, schon damit er seine persönlichen Angelegenheiten ordnen kann. 8

2. Aktive Sterbehilfe Eindeutig ist ebenfalls die Beurteilung der sog. aktiven Sterbehilfe. Da sie auf Lebensverkürzung abzielt, ist sie nach übereinstimmender theologischer, medizinischer und rechtlicher Auffassung verboten und wie § 216 StGB zeigt selbst dann ein stratbares Tötungsdelikt, wenn der Betreffende "durch das ausdrückliche und ernstliche Verlangen des Getöteten zur Tötung bestimmt worden" ist. 9 Daß der betroffene Mensch todkrank oder sterbend ist, kann an der rechtlichen Bewertung als tatbestandliches und rechtswidriges Tötungsdelikt nichts ändern. Deshalb ist aktive Sterbehilfe "keine diskutable Aufgabe des 6 Eingehendere Ausführungen finden sich u.a. bei: v. Dellingshausen; Bockelmann, Strafrecht des Arztes, S. 24 ff.; Weissauer/Opderbecke, BayÄBI. 1973, 9 ff., 98 ff.; Schmitt, JZ 1979,462 ff.; Trockel, NJW 1975, 1440 ff.; Zimmermann, NJW 1977,2101 ff.; Rüping, DMW 1976, 1332 ff.; Kaufmann, MedR 1983, 121 ff.; weitere Literaturhinweise bei Schönke-SchröderEser, Vorb. §§ 211 ff. vor RZ 21. 7 Ehrhardt, S. 96, 98 f.; Wimmer, FamRZ 1975, 438 ff.; Helgerth, JR 1976,45 ff.; Otto, DJT 1986, Seite D 30 ff., 96; Leonardy, DRiZ 1986, 281, 283; Schreiber, NStZ 1986, 337, 338 f.; Tröndle, ZStW 99 (1987), 25, 28 f. 8 Tröndle, DJT 1986, Seite M 29, 30 f. 9 Ziffer 15 der Beschlüsse des 56. DJT Berlin 1986, Seite M 192; Otto, DJT 1986, Seite D 51 ff., 97; Tröndle, ZStW 99 (1987), 25, 31 ff.; Tröndle, DJT 1986, Seite M 29,33; Schreiber, NStZ 1986, 337, 339; Leonardy, DRiZ 1986,281, 283; Rieger, Lexikon, RZ 1722; Systematischer Kommentar-Horn, § 212 RZ 26 d; Möllering, S. 68.

III. Fallgruppen der Sterbehilfe

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Arztes" . 10 Allerdings wird in der Strafrechtswissenschaft häufig die gesetzliche Möglichkeit befürwortet, in extremen Ausnahmefällen - etwa zur Beendigung eines unerträglichen Leidzustandes - von Strafe abzusehen. 11 3. Indirekte Sterbehilfe (Leidhilfe) Die indirekte Sterbehilfe (Leidhilfe) betrifft die Fälle, in denen nicht auszuschließen ist, daß eine schmerzlindernde Medikation bei einem tödlich Kranken die unbeabsichtigte, aber unvermeidbare Folge hat, den Eintritt des Todes zu beschleunigen. Da in diesem Fall Lebensverkürzung und aktive Tätigkeit eines Dritten und somit die beiden wesentlichen Elemente der Fremdtötung vorliegen, wirft diese Form der Sterbehilfe die schwierigsten rechtlichen Probleme auf. Da der Arzt die Lebensverkürzung für möglich hält, aber zur Erreichung der Leidlinderung in Kauf nimmt, liegt dolus eventualis, also Vorsatz ebenfalls vor. Dennoch sind sich Juristen, Mediziner und Theologen weitgehend einig, daß sie erlaubt, ja sogar ethisch geboten und daher nicht einmal als unterlassene Hilfeleistung (§ 323 c StGB) strafbar ist, da der den Tod herbeiführende Eingriff primär zur Schmerzlinderung oder -beseitigung vorgenommen wird. 12 Die rechtlichen Begründungen sind vielfältig. 13 Die heute herrschende Meinung hält den Arzt aus dem Gesichtspunkt des rechtfertigenden Notstandes (§ 34 StGB) für straflos. 14 4. Passive Sterbehilfe (Leidhilfe) Unter der sog. passiven Sterbehilfe (Leidhilfe) versteht man die Fälle, in denen bei einem Todkranken die Behandlung auf die Linderung von Beschwer10 Hiersche, DJT 1986, Seite M 7,27. 11 Ziffer 11 5 der Beschlüsse des 56. DJT Berlin 1986, Seite M 192; weitere Nachweise bei: Lackner, § 216 StGB RZ I, vor § 211 StGB; Systematischer Kommentar-Horn, § 212 RZ 26 e; Herzberg, NJW 1986, 1635, 1639; Otto, DJT 1986, Seite D 9; Engisch, Arzt, S. 52; vgl. auch § 216 Abs. 2 AE-Sterbehilfe, der in Anhang IV unter Gliederungspunkt 1 auszugsweise wiedergegeben ist. 12 Ziffer 13 der Beschlüsse des 56. DJT Berlin 1986, Seite M 191; Tröndle, DJT 1986, Seite M 29,31; Otto, DJT 1986, Seite D 54 ff., 97 f.; Engisch, Suizid und Euthanasie, S. 316 hält dies für feststehende Rspr. und auch ziemlich allgemeine Lehre; Bauer, S. 516; Engisch, Euthanasie, S. 6; Möllering, S. 33; Rieger, Lexikon, RZ 1722; Rüping, DMW 1976, 1332, 1333; Tröndle, ZStW 99 (1987), 25, 29 f.; Leonardy, DRiZ 1986,281,2.86 f.; Schreiber, NStZ 1986, 337,340 f.; Lackner, vor § 211 StGB RZ 8; Schönke-Schröder-Eser, Vorb § 211 ff. StGB, RZ 26; Systematischer Kommentar-Horn, § 212 RZ 26 a; zu diesem Ergebnis kommen auch die meisten Moraltheologen und Ethiker: vgl. Fiebig, Freiheit, S. 125 ff.; Fritsche, Grenzbereich, S. 57 ff. mwN; Grundel, MedR 1985, 2 ff. mwN; äußerst kritisch und polemisch zu allen Fragen der Lebensverkürzung: Faeber-Husemann, DRiZ 1989, 350, 350. 13 Vgl. Leonardy, DRiZ 1986,281,286 f. 14 Schönke-Schröder-Eser, Vorb. §§ 211 ff. RZ 26; Möllering, S. 33; Rüpping, DMW 1976, 1332, 1333; Rieger, Lexikon, RZ 1722.

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den bei gleichzeitigem Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen beschränkt wird. Sie umfaßt die Unterlassung oder Beendigung der Medikation sowie technischer Maßnahmen wie z.B. Beatmung, Sauerstoffzufuhr, Bluttransfusion und künstliche Ernährung. Auch hier besteht im Ergebnis unter Ärzten und Juristen weitgehend Konsens darüber, daß der Arzt bei einem Sterbenden von therapeutischen Maßnahmen mit dem Ziel der Verlängerung des Lebens absehen darf, wenn das Grundleiden mit infauster Prognose einen irreversiblen Verlauf genommen hat und der Abbruch der Behandlung auf einer freien und verantwortlichen Entscheidung des Patienten beruht. Steht nach menschlichem Erkenntnisvermögen fest, daß keinerlei Chancen mehr bestehen, dem Patienten wieder ein bewußtes Leben zu ermöglichen, gibt es keine Verpflichtung für den Arzt zur Weiterbehandlung. Nichts anderes gilt auch dann, wenn der Patient in der Entscheidungs situation selbst nicht mehr in der Lage ist, seinen Willen zu bilden oder kundzutun, falls Anhaltspunkte für den Willen des Patienten zur Beschränkung auf passive Sterbehilfe vorliegen, aber auch dann, wenn sich diesbezüglich gar nichts ermitteln läßt. 15 Das Verbot der Berücksichtigung des Willens des Patienten, das § 216 StGB ausspricht, greift in dieser Situation nicht ein, da es sich von vorneherein auf die aktive Tötung durch einen anderen beschränkt. 16 Dies gilt auch dann, wenn bei dem bewußtlosen Patienten weder Herz- noch Kreislauftätigkeit zu verzeichnen ist. Für die ärztliche Verpflichtung zur Lebenserhaltung ist nicht die künstliche Aufrechterhaltung einzelner biologischer Funktionen maßgeblich, sondern die Erhaltung menschlichen Lebens, für das die Fähigkeit zu geistig-seelischem Erleben und Reagieren konstruktiv ist. 17 In der Dr. Wittig-Entscheidung l8 hat der Bundesgerichtshof nochmals klargestellt, daß den Arzt keine rechtliche Verpflichtung tritt, erlöschendes Leben um jeden Preis zu erhalten. Maßnahmen zur Lebensverlängerung sind danach nicht schon deswegen unerläßlich, weil sie technisch 15 Ziffer I 4 der Beschlüsse des 56. DJT Berlin 1986, Seite M 191; Otto, DJT 1986, Seite D 34 ff., 97; Baumann, JZ 1975, S. 202, 202; Deutsch, AcP 192 (1992), 161, 171; Engisch, Grenzbereich, S. 96 f.; ders., FS Bockelmann, S. 534; ders., Suizid und Euthanasie, S. 316 sagt dies sei feststehende Rechtsprechung und auch ziemlich allgemeine Lehre; Leonardy, DRiZ 1986, 281, 283 ff.; Schreiber, NStZ 1986, 337, 341 f.; Dölling, MedR 1987, 6, 9; Roxin, Schutz des Lebens, S. 89; Tröndle, ZStW 99 (1987), 25, 30 ff., Praxis der Rechtsmedizin, S. 605; ders., ZStW 99 (1987),25,30 f.; Rieger, Lexikon, RZ 1723; Lackner, vor § 211 StGB RZ 8; Schönke-Schröder-Eser, vor § 211 RZ 29; Dreher/Tröndle, vor § 211 StGB RZ 17; so auch die meisten Moraltheologen und Ethiker: vgl. Fritsche, Grenzbereich, S. 57 ff. mwN; Gründel, MedR 1985,2 ff.; zu den Grenzfällen zur Suizid-Beteiligung vgl. Gropp, NStZ 1985, 97, 100 ff. 16 Schönke-Schröder-Eser, Vorb. §§ 211 RZ 28 und § 216 RZ 10; Rieger, Lexikon, RZ 1723. 17 Dölling, MedR 1987,6,9. 18 BGH (04.07.1984; Wittig-Entscheidung) NJW 1984, 2639, 2642 = BGHSt 32, 367 ff. = JZ 1984, 893 ff. = MDR 1984, 858 ff. = NStZ 1985, 199 ff. = MedR 1985,40 ff. = ArztR 1985,40 ff.

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möglich sind. Unter Bezug auf den bisherige Grenzen überschreitenden Fortschritt medizinischer Technologie hält der Bundesgerichtshof fest, daß nicht die Effizienz der Apparatur, sondern die an der Achtung des Lebens und der Menschenwürde ausgerichtete Einzelfallentscheidung die Grenzen ärztlicher Behandlungspflicht bestimmt. Die umstrittene Frage, ob sich der Arzt dann auf passive Sterbehilfe beschränken darf, wenn der Patient ausdrücklich darauf besteht, daß alle irgendmöglichen lebensverlängemden Maßnahmen ergriffen werden, ist allerdings für die Beurteilung des Patiententestamentes unerheblich. 19 Von Interesse für die Beurteilung des Patiententestamentes ist demgegenüber die umgekehrte Situation, bei der der Wille des Patienten dahin geht, daß der Arzt sich auf passive Sterbehilfe beschränkt. Auch wenn in der allgemeinen arztrechtlichen Rechtsprechung zwischenzeitlich klar anerkannt worden ist, daß der Wille des Patienten Vorrang vor seinem objektiven Interesse an Gesundheit und Heilung hat und somit der Grundsatz "salus aegroti suprema lex" durch das Prinzip "voluntas aegroti suprema lex" ersetzt wurde, so gibt es dennoch bisher keine gerichtlichen Entscheidungen, die einen Verstoß gegen den Willen des Patienten, sich auf Maßnahmen der passiven Sterbehilfe zu beschränken, strafrechtlich würdigen. Mit der Begründung, daß wegen des Selbstbestimmungsrechts des eigenverantwortlichen Patienten hier sogar das Behandlungsrecht des Arztes entfallt,20 gehen die ständige Rechtsprechung und die meisten Autoren noch einen Schritt weiter und befürworten die Bestrafung des Arztes wegen Körperverletzung oder Nötigung, wenn er einen Eingriff gegen den ausdrücklichen oder mutmaßlichen Willen des Patienten vornimmt. 21 Zum konträren Ergebnis kommt der Bundesgerichtshof allerdings dann, wenn der kritische Gesundheitszustand durch eine Suizidhandlung des Rechtsgutträgers herbeigeführt wurde. In dieser Situation erlaubt der Bundesgerichtshof nicht, daß der Arzt sich dem Sterbewunsch des Patienten beugt. Tut er dies, so ist er nach dieser Auffassung in aller Regel sogar wegen eines Tötungsdeliktes strafbar. 22 In der Wittig-Entscheidung wird ein Grundzug der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs deutlich, der für die Beurteilung des Patiententestamentes von 19 Für die Möglichkeit der Beschränkung auf passive Sterbehilfe: Otto, DJT 1986, Seite D 34 ff., 97 mwN; dagegen wenden sich: Rieger, Lexikon, RZ 1724; v. Dellingshausen, S. 358; Wunderli, S. 143. 20 Eser, Lebenserhaltungspflicht, S. 117 f.; Roxin, Schutz des Lebens, S. 85, 89. 21 BGH (28.11.1957; Myom-Entscheidung) BGHSt 11, 111, 113 f. = NJW 1958, 267 f.; OLG München (31.07.1987; Hackethal-Entscheidung) MedR 1988, 151, 152; v. Dellingshausen, S. 358; Eser, JZ 1986, 786, 789; Herzberg, NJW 1986, 1635, 1643; Hoerster, NJW 1986, 1786, 1788; Schönke-Schröder-Eser, § 223 RZ 32 f.; Systematischer Kommentar-Horn, § 223 RZ 35 ff. 22 Vgl. BGH (04.07.1984; Wittig-Entscheidung) NJW 1984,2639,2640 ff.

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wesentlicher Bedeutung ist. Jedenfalls dann, wenn der zu behandelnde Patient in dem Zeitpunkt, in dem die Behandlungsentscheidung zu fällen ist, nicht mehr bei Bewußtsein ist,23 soll der behandelnde Arzt sich nicht allein nach dessen vor Eintritt der Bewußtlosigkeit erklärten Willen richten, sondern hat in eigener Verantwortung eine Gewissensentscheidung 24 über die Vornahme oder Nichtvornahme ärztlicher Eingriffe zu treffen, die die Umstände des Einzelfalles berücksichtigt. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zumindest, wenn die Lage des Patienten durch vorangegangene Selbstmordhandlung25 verursacht wurde und die Möglichkeit besteht, daß das Leben des Patienten durch einen ärztlichen Eingriff gerettet werden könnte. 26 Ob diese Einschränkung des Patientenwillens auch gilt, wenn entweder keine Selbstmordhandlung vorausgegangen ist oder aber keine Chance zur Lebenserhaltung mehr besteht, ist obergerichtlich bisher nicht entschieden worden. Zur Begründung für diese Rechtsprechung führt der Bundesgerichtshof unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus, daß das Arzt-Patienten-Verhältnis keine rein rechtsgeschäftliche, ausschließlich vom Willen der beiden Parteien bestimmte Rechtsbeziehung sei. Vielmehr wirke die Standesethik, die nicht isoliert neben dem Recht stehe, ständig und allenthalben auf die rechtliche Beziehung zwischen Arzt und Patient ein. Von daher dürfe der Arzt bei seiner Entscheidungsfindung auch nicht die sozialethischen Belange der Rechtsgemeinschaft, in der Arzt und Patient leben, außer acht lassen. 27 In einer Entscheidungen des 2. Strafsenates des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1987 geht dieser bzgl. der Anerkennung der Bedeutung der selbstverantwortlichen Selbstmordentscheidung einen wesentlichen Schritt weiter, als dies der 3. Senat in der Dr. Wittig-Entscheidung aus dem Jahre 1984 getan hat. Danach kann der Arzt strafrechtlich nicht belangt werden, wenn er nach einer Selbstmordhandlung keine lebensrettenden Maßnahmen einleitet, wenn der Entschluß des Betroffenen ernsthaft und freiverantwortlich war und feststeht, daß dieser mit einer Verhinderung des von ihm erstrebten Todes nicht einverstanden gewesen wäre. 28 Eine zivilrechtliche Verpflichtung zum Unterlassen

23 Gegen diese Differenzierung aufgrund der sog. "Tatherrschaftstheorie " wenden sich Bringewat, NJW 1973, 540, 541 f. und Herzberg, JZ 1975, 1975, 182, 183 f. 24 Ablehnend Schmidt, JZ 1985, 365, 368. 25 Zur Bedeutung des Selbstmordes vgl. Simson, Die Suizidtat. 26 So argumentierte der BGH beispielsweise in der bereits genannten Dr. Wittig-Entscheidung. 27 BGH (Dr. Wittig-Entscheidung) NJW 1984, 2639, 2642 unter Hinweis auf BVerfGE 52, 131, 170 (Beschluß v. 25.07.1979 mit dissenting vote). 28 BGH (Beschluß v. 08.07.1987) NJW 1988, 1532 = ArztR 1988, 230; eine ähnlich Tendenz hatte bereits das Urteil des 1. Strafsenates des BGH vom 14.02.1984 (BGHSt 32,262 ff. = NJW 1984, 1469 f.), das die Nichtstrafbarkeit der Veranlassung eines Dritten zur Selbstgefährdung beinhaltete, wenn dieser die Selbstgefahrdung auch selbst eigenverantwortlich gewollt hat.

IV. Standort des Patiententestamentes

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von lebensverlängemden Maßnahmen kann aber auch aus dieser Entscheidung nicht hergeleitet werden. Das Verhältnis zwischen der vom Bundesgerichtshof angesprochenen ärztlichen Gewissensentscheidung im Einzelfall und der Behandlungsanweisung des Patienten muß jedoch noch genauer untersucht werden. Darin ist eines der wesentlichen Anliegen dieser Arbeit zu sehen. Ist der Patient in der Entscheidungssituation nicht mehr einsichts- und urteilsfähig, so ist aus strafrechtlicher Sicht klar, daß der Arzt sich auf Maßnahmen der passiven Sterbehilfe beschränken kann, wenn dies dem mutmaßlichen Willen des Betroffenen entspricht. 29 Gleiches gilt, wenn sich der mutmaßliche Wille des Betroffenen gar nicht ermitteln läßt. 30 Ist der Arzt nach diesen Kriterien nicht verpflichtet, intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen zu ergreifen, darf er auch bereits eingeleitete Behandlungsrnaßnahmen beenden. Dies gilt auch dann, wenn der Behandlungsabbruch mit bestimmten Aktivitäten, z.B. dem Abschalten des Respirators, verbunden ist. 31 Die "naturalistische" Auffassung, die das Abschalten des Behandlungsgerätes durch Knopfdruck als Tun wertet, wird dem sozialen Sinn des Gesamtgeschehens nicht gerecht. Der Knopfdruck ist ein technisch austausch- und ersetzbarer Initialakt, der lediglich eine Hilfsfunktion zur Einleitung des eigentlichen und zweckhaft angestrebten Verzichtes auf weitere ärztliche Behandlung erfüllt. Seinem Handlungssinn nach ist es ein Unterlassen. 32

IV. Standort des Patiententestamentes im Rahmen der Sterbehilfe Inhaltlich bezieht sich das Patiententestament mithin auf die passive und die indirekte Sterbehilfe. Der Verfasser verlangt, daß der Arzt sich auf passive Sterbehilfe beschränkt, und verweigert für darüber hinausgehende Therapiever-

29 Rieger, Lexikon, RZ 1724; Rüping, DMW 1976, 1332, 1334 und Nachweise FN 33. 30 Rieger, Lexikon, RZ 1724; Schönke-Schröder-Eser, Vorb. §§ 211 RZ 29, wobei Ptlichtenkollision als Rechtfenigungsgrund angenommen wird. 31 LG Ravensburg (03.12.1986) MedR 1987, 196 ff. = ArztR 1987, 282; v. Kenne, S. 112; Dölling, MedR 1987, 6, 9; so auch: v. Dellingshausen, S. 358; Eser, Lebenserhaltungspflicht, S.75, 117 f.; Roxin, Schutz des Lebens, S. 85, 89; Schönke-Schröder-Eser, Vorb. §§ 211 RZ 31 f.; Rieger, Lexikon, RZ 1725; Matouschek, S. 31. 32 Breit, S. 117, 124; Im Schrifttum herrscht sogar die Auffassung vor, daß das Abstellen des Reanirnators bei absolut infauster Prognose unabhängig vom Patientenwillen straffrei ist; so: Roxin, Schutz des Lebens, S. 89 f.; a.A. Bockelrnann, Strafrecht des Arztes, S. 112, der das Abschalten als gezielte aktive Tötung qualifIziert und deshalb als uneingeschränkt strafbar erachtet. So auch Sax, JZ 1975, 137, 149 f., der die Tatbestandsmäßigkeit verneint, da der Schutzzweck der Norm nicht verletzt sei.

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A. Einführung

suche seine Einwilligung. 33 Er besteht auf der Durchführung der indirekten Sterbehilfe. 34 Wie bereits ausgeführt, darf der Arzt schmerzlindernde Mittel, die beim tödlich Kranken die unbeabsichtigte, aber unvermeidbare Folge haben, daß der Eintritt des Todes beschleunigt wird, verschreiben. Er braucht in dieser Situation keine Intensivbehandlung mehr zu beginnen oder kann eine bereits begonnene sogar abbrechen, wenn eine dahingehende freie und verantwortliche Entscheidung des Patienten vorliegt oder zumindest seine mutmaßliche Einwilligung anzunehmen ist. Bedenken, deshalb strafrechtlich belangt zu werden, muß er nicht haben. Auch eine zivilrechtliche Haftung kommt nicht in Betracht, wenn Sterbehilfe solcher Art geleistet wird. Umstritten ist dagegen die weitergehende Frage, ob der Arzt dann, wenn ein Patiententestament vorliegt, auch rechtlich verpflichtet ist, den Willen des Patienten, der im Patiententestament geäußert wurde, zu beachten. Abzuklären ist, ob ein Arzt im zivilrechtlichen Sinne widerrechtlich handelt, wenn er, obwohl die im Patiententestament beschriebene Situation gegeben ist, Maßnahmen der Intensivmedizin vornimmt, sich also nicht auf passive und indirekte Sterbehilfe beschränkt. Klärungsbedürftig ist, ob das Patiententestament eine ernsthafte und freiverantwortliche Entscheidung darstellt und ob sie gegebenenfalls auch im Zeitpunkt des ärztlichen Handeins noch volle Wirkung entfaltet. Diese beiden Fragen verbergen sich hinter dem Stichwort Rechtsverbindlichkeit des Patiententestamentes . Die Bedeutung des Patiententestamentes wurde in den letzten Jahren wiederholt in der Literatur erörtert. 35 Dabei wird bei den Befürwortern der Rechtswirksamkeit vor allem das Selbstbestimmungsrecht des Menschen herangezogen, also öffentlich-rechtlich aus grundrechtlichen Positionen argumentiert. Diese Begründungsansätze sollen nur kurz wiedergegeben, nicht aber erneut behandelt werden. Dazu ist bereits alles Wesentliche gesagt. Überzeugender ist auf jeden Fall die Auffassung, die sich für die Rechtswirksamkeit des Patiententestamentes ausspricht. 33 Vgl. IV und V des Uhlenbruckschen Musters. 34 Vgl. VI des Uhlenbruckschen Musters. 35 Vgl. Deutsch/K1eisorg/Ziegler, Das Patiententestament; Saueracker, Das Patiententestament; Eid/Frey, Sterbehilfe oder wie weit reicht die ärztliche Behandlungspflicht?; Füllmich, Der Tod im Krankenhaus und das Selbstbestimmungsrecht des Patienten; v. Lutterotti, MedR 1988, 55 ff. (mit Stellungnahme Tröndle, MedR 1988, 163 ff.); ders., Menschenwürdiges Sterben; Fiebig, Freiheit, S. 160 ff. Die besondere Bedeutung des Themas Sterbehilfe zeigt sich u.a. auch darin, daß sich der Deutsche Juristentag im Jahre 1986 mit dieser Problematik befaßte. Arzt, JR 1986, 309, 311 hielt die Klärung der Rechtsverbindlichkeit des Patiententestamentes sogar für eine der wichtigsten Aufgaben des DJT 1986.

IV. Standort des Patiententestamentes

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Hervorzuheben ist, daß es mit dem Selbstbestimmungsrecht unvereinbar ist, daß der Arzt als Dritter nach seinem eigenen Gewissen eine vom Patientenwillen abweichende Entscheidung über "ob" und "wie" des Sterbens eines anderen Menschen fällen kann. In diesem Fall hätte der Arzt nämlich nicht nur die Möglichkeit, trotz entgegenstehenden Patiententestaments, den Patienten in der infausten Situation weiterzubehandeln, er hätte vielmehr auch das Recht, die Entscheidung zu fällen, daß keine weitere Behandlung mehr vorgenommen wird. Geht man so weit und räumt dem Arzt einen derartigen Entscheidungsspielraum ein, so ist die Grenze zwischen Eigen- und Fremdtötung übertreten und damit ein Schritt getan, den unsere Rechtsordnung strengstens verbietet, wie die Differenzierung zwischen Tötung auf Verlangen und Selbstmord beispielhaft aufzeigt. Es kann im Ergebnis mit dem richtig verstandenen Selbstbestimmungsrecht nicht vereinbar sein, daß der Patient, dem eine Festlegung seines Willens für diese Situation derart wichtig erscheint, daß er sich bereits in gesunden Tagen intensiv damit befaßt, wegen der Befürwortung der Unverbindlichkeit des Patiententestamentes immer mit dem Bewußtsein leben muß, daß Ärzte in der terminalen Situation keineswegs an seinen Willen gebunden sind. Durch eine derartige Rechtsauffassung würde dem Menschen eine der wenigen Möglichkeiten der Mitgestaltung des Sterbens entzogen. Die ohnehin äußerst schwierige Verarbeitung der Zwangsläufigkeit des Todes, die Lebensbewältigung letztlich erst ermöglicht, würde eingeschränkt. Im Ergebnis würde einer Tabuisierung Vorschub geleistet. Schließlich muß in diesem Zusammenhang auch das Postulat religiöser Neutralität des Rechtes und vor allem des Zivilrechtes berücksichtigt werden, das sich auf die Durchsetzung des weltanschaulich neutralen "ethischen Minimums" beschränken muß.36 Es geht nicht um eine Festlegung, wie man selbst ethisch oder religiös zur aufgeworfenen Frage steht, sondern darum, ob und inwieweit die ethisch, religiös oder pragmatisch begründeten Entscheidung eines Betroffenen von Rechts wegen beachtet werden muß. Die Entscheidung, ob man ein Patiententestament errichtet, muß ohnehin jeder allein für sich selbst fällen. Gegenstand der Arbeit ist demnach die Frage, inwieweit die Rechtswirksamkeit des Patiententestamentes sich unter konsequenter Fortführung der Grundsätze herleiten läßt, die Rechtsprechung und Literatur zu den zivilrechtlichen Fragen der Einwilligung in ärztliche Behandlung, der Pflegschaft bzw. Betreuung, der Geschäftsführung ohne Auftrag und zum Arztvertragsrecht entwickelt haben.

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Eser, Rahmen, S. 299.

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A. Einführung

V. Meinungsstand zur rechtlichen Bedeutung des Patiententestamentes Vorweg ist hervorzuheben, daß der Wille des Patienten unabhängig von seinem Inhalt maßgeblich ist, wenn der Sterbende in der Entscheidungssituation noch urteilsfähig ist. Darüber besteht allgemeiner Konsens. 37 Bisher fehlt eine Rechtsprechung dazu, ob dies auch dann gilt, wenn der Wille des Moribunden im voraus, also in einem Patiententestament niedergelegt wurde. Der Literatur zufolge soll der gegenwärtige mutmaßliche Wille des Patienten maßgeblich sein. Dieser wird aufgrund einer sorgfältigen Abwägung aller Umstände des Einzelfalles ermittelt. 38 Dabei sieht die überwiegende Meinung im Patiententestament nur ein Indiz, eine Entscheidungshilfe, die der Arzt bei der Ermittlung des mutmaßlichen Willens des Patienten berücksichtigen muß. 39 Weitere Faktoren sollen Wünsche von Angehörigen,40 Belastbarkeit des Patienten durch Schmerzen und Verstümmelung, Zumutbarkeit medizinischer Eingriffe, Verfügbarkeit therapeutischer Mittel und die Einstellung der menschlichen und gesellschaftlichen Umgebung sein. 41 Die Möglichkeit oder Notwendigkeit einer Bestellung eines Pflegers bzw. nunmehr bei Erwachsenen eines Betreuers wird in aller Regel nur am Rande erwähnt. Im einzelnen gibt es aber doch erhebliche Unterschiede. Teilweise wird argumentiert, daß eine Verbindlichkeit nur dann angenommen werden könne, wenn auszuschließen ist, daß der Patient seine Entscheidung geändert haben könnte42 oder wenn eine spezifisch auf eine bestimmte Sachlage bezogene Behandlungsanweisung vorliegt. 43 Andere kommen deswegen zur Unverbindlichkeit, weil die Entscheidung zur Ablehnung lebensverlängernder Maßnahmen in aller Re37 RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. II RZ 105; Laufs, Arztrecht, RZ 211; Stemberg-Lieben, NJW 1985,2734 mwN; Engisch, Suizid und Euthanasie, S. 316 f. 38 Rieger, Lexikon, RZ 1349. 39 Laufs, Arztrecht, RZ 212; Stemberg-Lieben, NJW 1985, 2734, 2734 mwN; Rieger, Lexikon, RZ 1349; Fritsche, Sterbehilfe, S. 10; Dölling, MedR 1987, 6, 9; Eser, Lebenserhaltungspflicht, S. 114; v. Lutterotti, Menschenwürdiges Sterben, S. 128 ff.; RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. II RZ 105; Dreher/Tröndle, vor § 211 RZ 18; Schönke-Schröder-Eser, Vorb §§ 211 ff RZ 28; auch Palandt-Edenhofer, 50. Auflage, § 1937 RZ 28 bezeichnet dies als die überwiegende Meinung und schließt sich nunmehr dieser an; vgl. Palandt-Edenhofer, Ein!. v § 1922 RZ 18; Rieger, Lexikon, RZ 1349; Bade, S. 161 f. 40 Laufs, Arztrecht, RZ 212; Stemberg-Lieben, NJW 1985, 2734, 2734 mwN. 41 So Kommentar zu den Richtlinien für die Sterbehilfe Ziffer II; siehe Anhang II. 42 Fritsche, Sterbehilfe, S. 10; Breit, S. 117, 123; Detering, JuS 1983, 418 ff.; Epple, BWNotZ 1981, 31, 32; Tröndle, DJT 1986, Seite M 29, 52; Spann, MedR 1983, 13, 14; Opderbecke, MedR 1985, 23, 26; Schöttler, S. 24; MünchKomm-Mertens, § 823 RZ 452; Bade, S. 162. 43 Deutsch, NJW 1979, 1905, 1908 f.

V. Meinungsstand zum Patiententestament

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gel nicht frei von Depressionen oder eigensüchtigen Einflüssen Dritter getroffen sei. 44 Einige gehen sogar soweit, daß die abstrakte Widerrufbarkeit des Patiententestamentes als Grund für seine Unverbindlichkeit anführt wird. 45 Als weiterer Gesichtspunkt gegen die Rechtsverbindlichkeit wird angeführt, daß die ärztliche Aufklärung vor der Abfassung des Patiententestamentes fehle oder zumindest unzureichend sei. 46 Insgesamt spiegeln die meisten der gerade aufgeführten Ansätze und Argumente die oben kurz dargestellten Grundzüge der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Bedeutung des Willens eines Suizidenten wider. Es gibt aber auch Autoren, die von der Rechtsverbindlichkeit des Patiententestamentes überzeugt sind. So wird die Meinung vertreten, daß die eindeutig formulierte antizIpierte Anweisung, im Falle eines terminalen Stadiums rein lebensverlängernde Maßnahmen zu unterlassen, zu respektieren sei, wenn nicht Momente dafür sprechen, daß der Patient sie inzwischen innerlich widerrufen haben könnte. 47 Hier wird also bereits dann, wenn Gesichtspunkte vorliegen, die die Möglichkeit einer Willensänderung denkbar erscheinen lassen, auf die Unverbindlichkeit des Patiententestamentes geschlossen. Der Nachweis einer Willensänderung wird demgegenüber nicht verlangt.

Im Anschluß an Uhlenbruck48 vertreten einige Autoren die Meinung, daß das Patiententestament grundSätzlich rechtsverbindlich ist, wenn nicht im Einzelfall Anhaltspunkte dafür vorliegen und nachgewiesen sind, daß der Patient bei der Abfassung des Patiententestamentes nicht zurechnungsfähig war oder zwischenzeitlich seine Entscheidung abgeändert hat. 49 Wenn begründete Anhaltspunkte bestehen, bedürfe es einer Klärung. Bis dahin sei das Patiententestament für den Arzt nicht verbindlich. 50 Kutner vertritt dabei ausdrücklich den Standpunkt, daß generell von Zurechnungsfähigkeit bei 44 Eser, Lebenserhaltungspflicht, S. 114; Tröndle, DJT 1986, Seite M 29,52. 45 Eser, Lebenserhaltungspflicht, S. 114; Detering, JuS 1983, 418, 422; Spann, MedR 1983, 13, 14. 46 Detering, JuS 1983,418,422; Tröndle, DJT 1986, Seite M 29, 52. 47 MünchKomm-Mertens, § 823 RZ 452 und mit etwas anderem Akzent Deutsch, NJW 1979, 1905, 1908 f. 48 Uhlenbruck, NJW 1978,566 ff.; ders., Grenzbereich, S. 33 ff., 68 ff.; ders. MedR 1983, 16 f.; ders., ZRP 1986, 209 ff. 49 Endlich, S. 233 ff.; Hiersche, DJT 1986, Seite M 7, 13 ff.; Saueracker, S. 128; Harder ArztR 1991, 10, 11, 17 ff.; Kutner, S. 360,364; Arzt, JR 1986, 309, 312; so auch noch PalandtEdenhofer, 50. Auflage, § 1937 RZ 28, der in der Neuauflage des Jahres 1992 nunmehr die Auf. fassung, daß das Patiententestament nur Entscheidungshilfe sei: Palandt-Edenhofer, Ein!. v. § 1922 RZ 18. 50 Kutner, S. 360, 364.

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A. Einführung

der Erstellung des Patiententestamentes auszugehen ist, wenn nicht klare, schlüssige und überzeugende Beweise für das Gegenteil vorliegen. 51 Schließlich wird sogar die Auffassung vertreten, daß auch dann, wenn keinerlei Anhaltspunkte für einen individuellen Willen des Patienten vorliegen, davon auszugehen sei, daß sein mutmaßlicher Wille auf Beschränkung auf passive Sterbehilfe hinausläuft. 52 Dann würde sich die Bedeutung der Frage nach der Rechtsverbindlichkeit des Patiententestamentes relativieren, da der Arzt sich im Regelfall auch dann auf passive und indirekte Sterbehilfe beschränken müßte, wenn kein Patiententestament vorliegt.

51 Kutner, S. 360, 362. 52 Dölling, MedR 1987,6, 9; Schönke-Schröder-Eser, vor § 211 RZ 29 und Engisch, Grenzbereich, S. 96 f.

B. Rechtsverbindlichkeit des Patiententestamentes aus zivilrechtlicher Sicht Wenn man das Patiententestament auf seine grundlegenden Bestandteile zurückführt, so stößt man auf folgende Elemente. Inhaltlich ist es eine Behandlungsanweisung eines Menschen an einen Arzt. Diese erfolgt jedoch nicht wie üblich - in einem Gespräch zwischen beiden, sondern wird in schriftlicher Weise vorgenommen, wobei die konkrete Person, die die Behandlungsanweisung ausführen soll, zum Zeitpunkt der Abfassung des Patiententestamentes noch unbekannt ist. Von daher hat der angewiesene Arzt den Patienten nicht selbst vor der Behandlungsentscheidung über Art und Behandlungsmöglichkeiten der Erkrankung aufgeklärt, er hat noch nicht einmal direkte Kenntnis über die Art der Willensbildung beim Patienten. Das Patiententestament bezieht sich zudem auf die Behandlung in einer besonderen Lebenssituation, nämlich auf die Behandlung während des Sterbens. Verlangt wird dabei nicht wie üblich - eine Behandlung mit dem Ziel einer möglichst weitgehenden Lebensverlängerung, sondern es wird eine Lebensverkürzung zumindest in Kauf genommen. Schließlich erfolgt die Behandlungsanweisung nicht unmittelbar vor Behandlungsbeginn, sondern zeitlich teilweise sogar weit früher und zu einem Zeitpunkt, in dem die lebensbedrohliche Situation meist noch gar nicht besteht und auch unklar ist, ob sie überhaupt jemals eintreten wird. Zudem weiß der Arzt nicht aus eigener Kenntnis, inwieweit der Patient seinen Willen seit der Abfassung des Patiententestamentes verändert hat. In den nun folgenden Kapiteln sollen die rechtlichen Fragen, die die aufgeführten Grundbestandteile des Patiententestamentes in zivilrechtlicher Hinsicht aufwerfen, im Einzelnen erörtert werden, um vor allem die Frage nach der Rechtswirksamkeit des Patiententestamentes beantworten zu können.

I. Grundsätzliches zur Behandlungsanweisung 1. Körper und Gesundheit und/oder allgemeines Persönlichkeitsrecht als Schutzgut i.S.v. § 823 BGB Nach § 823 Abs. 1 BGB ist derjenige, der vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, dem anderen zum Ersatz des daraus entstehen-

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B. Rechtliche Untersuchungen

den Schadens verpflichtet. Durch Nichtbefolgung des Patiententestamentes kommt eine Beeinträchtigung des Rechtsgutes Lebens nicht in Betracht, da in diesem Falle das Leben des Patienten durch das Verhalten des Arztes zeitlich verlängert, nicht aber verkürzt wird. Die genannte ärztliche Behandlung könnte jedoch durchaus eine Verletzung von Körper und Gesundheit oder aber, im Falle einer Behandlung gegen den Willen des Patienten, von Freiheit und dem als sonstiges Recht anerkannten Selbstbestimmungsrecht liegen. Eine Verletzung der Freiheit setzt jedoch Entziehung der körperlichen Bewegungsfreiheit oder Nötigung zu einer Handlung durch Drohung, Zwang oder Täuschung voraus. 1 Die allgemeine Handlungsfreiheit ist von § 823 Abs. 1 BGB nicht geschützt. 2 § 823 Abs. 2 S. 1 BGB regelt, daß denjenigen, der gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt, ebenfalls die Verpflichtung zum Schadensersatz trifft. Als möglicherweise verletztes Schutzgesetz kommt eine Körperverletzung i.S.v. §§ 223 oder 230 StGB genauso in Betracht wie ein Verstoß gegen die Freiheitsdelikte der §§ 239 (Freiheitsberaubung z.B. durch Festhalten des Patienten zur Behandlung im Krankenhaus) und 240 StGB (Nötigung) zumindest denkbar ist. Die Rechtsprechung sieht seit der grundlegenden Entscheidung des Reichsgerichtes 3 vom 31.05.1894 in jeder Behandlung durch den Arzt - auch wenn sie zu Heilzwecken lege artis und mit Erfolg durchgeführt wird und medizinisch indiziert war - sowohl aus straf- wie aus zivil rechtlicher Sicht eine tatbestandliche Körperverletzung, also eine unerlaubte Handlung. 4 Teile des Schrifttums pflichten ihr bei. 5 Danach sind schon die Verabreichung von Medikamenten, erst recht aber die Anwendung von intensivmedizinischen Techniken und die Durchführung von operativen Eingriffen eine Körper- bzw. Gesundheitsverletzung, weil eine Einwirkung auf die körperlichen, geistigen und seelischen Lebensvorgänge gegeben ist. Entweder liegt ein Eingriff in die körperliche Integrität, z.B. in 1 RGZ 100, 213, 214 (15.11.1920); BGH (14.02.1958) BGHZ 26,349,355 = NJW 1958, 827, 827 ff.; BGH (17.12.1963) NJW 1964, 650, 650; Briiggemeier, RZ 211; Soergel-Zeuner, § 823 RZ 27; Palandt-Thomas, § 823 RZ 6. 2 OLG München (14.06.1985) OLGZ 85, 466, 466 ff.; Palandt-Thomas, § 823 RZ 6. 3 RGSt25, 375 (31.05.1894). 4 RGSt 25,375,375 (31.05.1894) fortgeführt u.a. RGSt 61,242,256 (11.03.1927); so nunmehr der BGH in Anlehnung an die Reichsgerichtsrechtsprechung in NJW 1956, 1106, 1106 (10.07.1954); BGHZ 29, 49, 49 ff. (09.12.1958; 2. Elektroschockurteil); BGH (16.01.1959) BGHZ 29, 176, 176 = VersR 1959, 312, 312 ; BGH (16.11.1971) VersR 1972, 153, 154 = NJW 1972, 335, 355 ff.; BGH (22.01.1980) NJW 1980, 1333, 1333; BGH (28.02.1984) JZ 1985,236,236 = NJW 1984, 1807,1807 ff.; BGH (19.11.1985) JZ 1986,201,201; OLG Düsseldorf(12.11.1987) VersR 1989,191,191; so auch Rieger, Lexikon, RZ 811. 5 Staudinger-Schäfer, § 823 RZ 11 mwN; Giese, S. 30 ff.; Arzt, JR 1986, 309, 311.

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Form eines Schnittes, oder eine Verletzung der Gesundheit, d.h. des physiologischen Zusammenspiels der Körperfunktionen, z.B. durch Vergiftung vor. Erst die wirksame Einwilligung des Betroffenen nimmt der ärztlichen Heilbehandlung nach dieser Auffassung die Widerrechtlichkeit. Ohne Einwilligung stellen schon die Operation und die damit verbundenen Beschwerden einen ersatzfähigen Körperschaden dar. 6 Diese Wertung der Rechtsprechung wurde und wird von großen Teilen der Lehre und der Ärzteschaft heftig angegriffen, wobei man sich - trotz teilweise unterschiedlicher Argumentationsansätze - vor allem darin einig ist, daß Körperverletzung und indizierter, "lege artis" durchgeführter Heileingriff nie dasselbe sein können. 7 Man glaubt den Arzt dadurch rechtlich bedenklich in die Nähe des Schlägers gestellt. 8 Die in der Literatur vorherrschende Meinung sieht in der gelungenen Heilbehandlung schon tatbestandlich keine Körperverletzung. Zur Begründung wird angeführt, daß nur diese Auslegung mit dem Wortlaut von § 223 StGB vereinbar sei, der eine Schädigung der "Gesundheit" oder eine "körperliche Mißhandlung" als Voraussetzung einer Körperverletzung verlangt. Vielmehr wird eine Gesundheitsbeschädigung nur bei Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit, eine körperliche Mißhandlung bei Vorliegen einer üblen und unangemessenen Behandlung des Körpers angenommen. Schutzgut der Körperverletzung ist demnach die körperliche Integrität, wobei dieser Begriff i.S.v. Bewahrung von Gesundheit und Leben des Patienten, und nicht i.S.v. Verzicht auf äußeren oder inneren Eingriff in Körperfunktionen verstanden wird. Zumindest die erfolgreiche Heilbehandlung ist, wenn man genannte Begriffsbestimmungen zugrundelegt, weder Gesundheitsbeschädigung noch körperliche Mißhandlung, da sie Gesundheit und körperliche Unversehrtheit wiederherstellt, die durch Verletzung oder Krankheit beeinträchtigt gewesen waren. Insoweit nehmen große Teile von Literatur und Ärzteschaft im Gegensatz zur Rechtsprechung, die beim eigenmächtigen Eingriff durch den Arzt generell von einer Verletzung beider Rechtsgüter ausgeht, eine Güterkollision zwischen dem Selbstbestimungsrecht des Patienten und der körperlichen Integrität an, wobei körperliche Integrität im Sinne von Bewahrung der Gesundheit verstan-

6 BGH (13.01.1987) NJW 1987, 1481, 1481. 7 Briigmann, NJW 1977, 1473, 1477; Tröndle, DJT 1986, Seite M 29, 34 ff., 50 f.; Schmidt, DJT 1962, S. 151 ff. 8 Gramberg-Danielsen, S. 4.

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den wird. 9 Mit der Begründung, daß das Grundgesetz beide Werte gleichberechtigt gegenüberstelle, ohne zu klären, welches Gut höher einzustufen sei, könne eine Entscheidung, welchen der beiden Schutzgütern der Vorrang einzuräumen sei, nur auf sittlich-ethischer Grundlage in den Grenzen des Rechts getroffen werden. 10 Weiter wird argumentiert, daß der sog. "vernünftige" Patient sich von dem Rat des Arztes im Vertrauen auf dessen Richtigkeit gerne leiten lasse, eben deshalb, "weil sein Interesse am Leben zu bleiben oder gesund zu werden größer ist, als das Interesse daran, daß sein Wille nicht vergewaltigt wird. "11 Nach dieser Auffassung erfüllt jeder ärztliche Eingriff, der Linderung und Besserung verschafft, daher mangels Rechtsgutverletzung schon nicht den Tatbestand der Körperverletzung. 12 Während die Vertreter dieser Lehre sich bzgl. der Beurteilung der Behandlung des gelungenen, wenn auch nicht von einer Einwilligung des Patienten getragenen und insoweit eigenmächtigen Heileingriffes weitgehend einig sind, werden für die Bewertung der mißlungenen eigenmächtigen ärztlichen Behandlung widerstreitende Auffassungen vertreten. Mit der Begründung, beim indizierten und "de lege artis" durchgeführten Heileingriff liege der Mißerfolg noch im Rahmen des - ex ante zu beurteilenden - erlaubten Risikos, verneinen die Anhänger der Lehre vom Handlungsunwert 13 auch in diesem Falle die Tatbestandsmäßigkeit. Nichtvorsätzliches Handeln sei nicht schon deshalb unerlaubt, weil es zu einer Rechtsgutverletzung geführt habe. Vielmehr müsse hinzukommen, daß der Handelnde die zur Vermeidung der eingetretenen Verletzung allgemein geforderte Sorgfalt nicht beachtet habe. Anders die Vertreter der klassischen Lehre vom Erfolgsunwert, die hier - weil eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes im Ergebnis als Folge der ärztlichen Behandlung eingetreten ist - die Tatbestandlichkeit bejahen und nur über die Konstruktion einer auch das Erfolgsrisiko berücksichtigenden Einwilligung zur Rechtfertigung kommen. 14 Jedoch auch nach der Lehre vom Handlungsunrecht - bzw. für den Fall einer erfolgreichen Heilbehandlung die Lehre vom Erfolgsunrecht -, kommt man 9 Leonardy, Rahmen, S. 26 sieht in der Situation der Sterbehilfe daher die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) und das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) kollidieren. 10 Kaufmann, ZStW 73 (1961), 341, 352; Deutsch, VersR 1981, 293, 294. 11 Bockelmann, Rechtliche Grundlagen, S. 852, 869. 12 So v. Gerlach, S. 16. 13 Zuerst Nipperdey, NJW 1957, 1777, 1777 ff.; dann Wiethölter, S. 1 ff.; v. Caemmerer, S. 452, 478 ff.; Kaufmann, ZStW 73 (1961), 341, 373; Schmidt, DJT 1962, S. 150 f.; Grünwald, S. 139; Zipf, FS Bockelmann, 1979, S. 583; im Ergebnis ebenso: Eser, MedR 1985, 6, 7 f. und Krauß, FS Bockelmann, S. 557, 563. 14 Bockelmann, Strafrecht des Arztes, S. 67 ff.; nach Kötz, Deliktrecht, RZ 98 war dies früher die herrschende Lehre.

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nicht immer zur Ablehnung einer unerlaubten Handlung. Vielmehr wird in den Vordergrund gestellt, daß die Vornahme einer ärztlichen Behandlung gegen den ausdrücklich erklärten oder mutmaßlichen Willen eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in der Form des Selbstbestimmungsrechts darstellt, das ebenfalls über § 823 BGB geschützt ist. Dies führt dazu, daß die eigenmächtige Heilbehandlung sich vom Körperverletzungsdelikt zum Delikt gegen die freie Selbstbestimmung wandelt. 15 Dies bedeutet, daß eine zivilrechtliche Haftung allenfalls wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes oder der Freiheit nach § 823 Abs. 1 BGB bzw. nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit den strafrechtlichen Schutzgesetzen der Nötigung oder der Freiheitsberaubung 16 strafbar sein kann. Deutsch sieht die Dispositionsfreiheit den Rechtsgütern Körper und Gesundheit vorgeschaltet. Bei einer Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des Patienten als Ausformung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes würden automatisch Körper und Gesundheit tangiert,l7 Laufs hingegen betont gerade die Verschiedenheit der beiden betroffenen Rechtsgüter Willensfreiheit und körperliche Unversehrtheit, beschäftigt sich mit ihrem Verhältnis zueinander 18 und fordert mit dem Tatbestandswechsel ernstzumachen, die durch den Rechtswidrigkeitszusammenhang und den unterschiedlichen Schutzzweck gebotenen Konsequenzen für die Schadenszurechnung zu ziehen und dem gegen seinen Willen behandelten Patienten also ein Schmerzensgeld wegen Mißachtung seines Selbstbestimmungsrechts zuzubilligen und nicht - wie dem Opfer eines Kunstfehlers, eines Unfalls oder bewaffneten Angriffs - Ersatz des Körperschadens und aller daraus folgender Einbußen,19 Da mangels Einschränkung der körperlichen Bewegungsfreiheit bzw. Drohung mit einem empfindlichen Übel und Verwerflichkeit nur ein kleiner Teil der eigenmächtigen Heilbehandlungen die Tatbestände der §§ 239 und 240 StGB erfüllt, wäre es die Konsequenz dieser geforderten Tatbestandsverschiebung, daß strafrechtlich insofern eine empfindliche Gesetzeslücke bestehen würde. 2o Zivilrechtlich würde sich demgegenüber in der Regel eine Haftung 15 So geht das LG Göttingen in einer neueren Entscheidung (Urteil vom 11.10.1990; VersR 1990, 1402, 1402) bei einem Fall, bei dem eine Operationserweiterung ohne die mit dem Patienten für diesen Fall vereinbarte Rücksprache mit Ehefrau des Patienten vorgenommen wurde, allein von einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts aus, ohne die körperliche Unversehrtheit anzusprechen. 16 Ehlers, S. 46; Laufs, NJW 1974, 2025, 2029. 17 Deutsch, NJW 1978, 1657, 1660, und AcP 192 (1992), 161, 166; ebenso: Laufs, NJW 1974,2025,2029; Ehlers, S. 47. 18 Laufs, NJW 1974, 2025, 2029; ebenso: Ehlers, S. 47. 19 Laufs, NJW 1974, 2025, 2029, siehe auch Laufs, Arztrecht, RZ 125 f.; Ehlers, S. 47. 20 Kaufmann, ZStW 73 (1961), 341,374; Schmidt, DJT 1962, S. 156 f.; von daher ist es erklärlich, daß die Rechtsprechung an der Strafbarkeit als Körperverletzung festhält, auch wenn dadurch die Gefahr einer Vermischung der Schutzgüter körperliche Integrität und Selbstbestimmungsrecht und damit Probleme mit dem Grundsatz nilllum crimen sine lege auftauchen. 3 Schöllhammer

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B. Rechtliche Untersuchungen

wegen Verletzung des Selbstbestimmungsrechtes ergeben, das im Rahmen des aus Art. 1 und 2 GG hergeleiteten allgemeinen Persönlichkeitsrechtes als sonstiges Recht i.S.v. § 823 Abs. I BGB21 geschützt ist. Jedoch würden sich durch diesen Tatbestandswechsel auch zivilrechtlich Veränderungen bzgl. der Beurteilung der ärztlichen Heilbehandlung ergeben. 22 Ein Schmerzensgeldanspruch gemäß § 847 BGB könnte nur dann zugesprochen werden, wenn es sich um eine schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts handelt und Genugtuung nach der Art der Verletzung nicht auf andere Weise zu erlllllgen ist. 23 Strittig wäre in diesem Falle auch der Umfang von Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüchen. 24 Überzeugen kann letztlich jedoch allein die Auffassung der Rechtsprechung, bei einem ärztlichen Eingriff auch eine tatbestandliche Verletzung von Körper oder Gesundheit anzunehmen, weil in aller Regel der operative ärztliche Eingriff auch gesundes Gewebe betrifft und die Verabreichung von Medikamenten auch negative Auswirkungen auf die inneren Körperabläufe oder das Wohlbefinden des Patienten hat. Der Wortlaut des § 223 StGB, der als Voraussetzung einer Körperverletzung eine körperliche Mißhandlung oder eine Beschädigung der Gesundheit fordert, ist keineswegs derart eindeutig, daß die ärztliche Heilbehandlung bereits nicht mehr vom Wortsinn her erfaßt werden kann. Vielmehr hält sich die Auffassung der Rechtsprechung, daß jede Einwirkung auf die körperliche Integrität tatbestandlich ist, durchaus im Rahmen des Wortlautes. Dieses Ergebnis ist für das Zivilrecht vor allem deshalb noch eindeutiger, weil § 823 Abs. 1 BGB den Zusatz "mißhandelt" nicht enthält und die Verletzung von Körper und Gesundheit allgemein als unerlaubte Handlung bezeichnet. Was die Argumentation anbelangt, daß der "vernünftige Patient" dem ärztlichen Behandlungsvorschlag folgen werde, weil sein Wille zum Leben ihm wichtiger als sein Selbstbestimmungsrecht sei, so kann daraus keineswegs der Schluß gezogen werden, daß durch den eigenmächtigen ärztlichen Eingriff nur das Selbstbestimmungsrecht des Patienten verletzt ist. Es ist zwar zuzugeben, daß einem Patienten im Regelfall die Bewahrung von Leben und Wiederherstellung von Gesundheit wichtiger ist, als der Schutz seines Selbstbestimmungsrechtes. Aber dies gilt nicht ausnahmslos und für jeden Patienten, sondern ist Ergebnis einer individuellen Entscheidung, bei der Persönlichkeit des 21 BGHZ 13, 334,337 (25.05.1954); BGHZ 95, 212, 214 (09.07.1985); Epple, BWNotZ 1981,31,31. 22 Deutsch, NJW 1978, 1657, 1660 geht davon aus, daß die Veränderung bei den Schadens-

ersatzansprüchen keine wesentliche sei. 23 Grundlegend BGHZ 26, 349, 349 (14.02.1958); bestätigt von BVerfGE (14.02.1973); vgl. i.Ü. Ehlers, S. 47; Kleinewefers, Aufklärung, S. 35. 24 Ehlers, S. 46.

34, 269, 269

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Patienten und seine gesundheitliche Situation eine ganz wesentliche Rolle spielen. Vor allem bleibt es dem Arzt unbenommen, den Patienten von der Notwendigkeit einer ärztlichen Behandlung zu überzeugen und so den Interessenwiderspruch zwischen dem Patientenwillen und dem, was der Arzt aus Gründen des Patientenwohls für notwendig hält, auszuräumen. Zumindest in der Sondersituation, in der das Patiententestament seine Wirkung entfalten soll, schwächt sich der Interessengegensatz zwischen Selbstbestimmungsrecht einerseits und Gesundheits- und Lebenserhaltung andererseits ganz erheblich ab, da eine dauerhafte Gesundung und Lebenserhaltung nicht mehr möglich ist, sondern nur noch die Zeit des Sterbens "gestaltet" werden kann. Die Bedeutung der Gesundheits- und Lebenserhaltung tritt deshalb zugunsten der des Selbstbestimmungsrechtes zurück. Eine Berücksichtigung der in der Tat gravierenden Unterschiede zur mit Schädigungsabsicht vorgenommenen Körperverletzung kann zumindest bei der Bestimmung der Höhe des Schmerzensgeldes berücksichtigt werden. Ein zwingender Grund dafür, den ärztlichen Heileingriff aus der Tatbestandmäßigkeit der Körperverletzung herauszunehmen, liegt darin nicht. Ein ärztlicher Eingriff verletzt mithin tatbestandlieh beide Rechtsgüter , die körperliche Integrität und das Selbstbestimmungsrecht des Patienten.

2. Einwilligung als Rechtfertigungsgrund Jede Verletzung einer der in § 823 Abs. 1 BGB genannten Rechtspositionen durch positives Tun ist grundSätzlich zu mißbilligen und daher objektiv rechtswidrig. Bei vorhandener Tatbestandsmäßigkeit ist es nicht notwendig, die Rechtswidrigkeit der Handlung noch an weiteren außerhalb des Tatbestandes liegenden Kriterien positiv festzustellen. Vielmehr indiziert die Tatbestandsmäßigkeit die Rechtswidrigkeit. Das war bereits die Auffassung des historischen Gesetzgebers und ist auch heute noch, zumindest bei Vorsatzdelikten, bei denen - wie beim ärztlichen Eingriff - die Rechtsgutverletzung unmittelbare Folge des verbotenen Handeins ist,25 nahezu unbestittene Meinung in Rechtsprechung und Literatur. 26 Die Rechtswidrigkeit entfällt jedoch ausnahmsweise, wenn ein Rechtfertigungsgrund vorliegt.

25 Medicus, Schuldrecht BT, S. 311 ff.; Giesen, Arzthaftungsrecht 1981, S. 31, 132 mwN; Palandt-Thornas, § 823 RZ 33 f. 26 Abweichende Ansätze bei nicht vorsätzlichem Handeln vertreten u.a. Nipperdey, NJW 1957, 1777, 1777 ff.; v. Caemmerer, S. 452 und Wiethölter, S. 1 ff.

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In der im Patiententestament beschriebenen infausten Situation kommen die rechtfertigende Einwilligung oder - falls eine solche nicht vorliegt oder wegen Willensunfähigkeit des Patienten auch nicht eingeholt werden kann - die berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag als Rechtfertigungsgründe in Betracht. Dabei kann die Einwilligung entweder durch den Patienten selbst oder, falls dieser dazu nicht in der Lage ist, durch seinen gesetzlichen Vertreter bzw. einen zu bestellenden Pfleger oder Betreuer erfolgen. Teilweise wird auch die mutmaßliche Einwilligung des Patienten als eigener Rechtfertigungsgrund angesehen, der neben oder an Stelle der rechtfertigenden Einwilligung tritt. Zunächst soll auf die Einwilligung des Patienten eingegangen werden, da eine solche gegenüber der Einwilligung des Vertreters, der mutmaßlichen Einwilligung und der Rechtfertigung aus berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag vorrangig ist. Obwohl die Einwilligung des Verletzten im BGB nicht ausdrücklich kodifiziert ist27 , ist allgemein anerkannt, daß sie als Rechtfertigungsgrund die Widerrechtlichkeit der Tathandlung ausschließt. 28 Man spricht daher in Abgrenzung zum Einverständnis, das bereits die Tatbestandsmäßigkeit entfallen läßt,29 von der rechtfertigenden Einwilligung. Vor dem Inkrafttreten des Grundgesetzes wurde die rechtfertigende Einwilligung aus dem Grundgedanken des Privatrechts abgeleitet, nach dem jede Person innerhalb gewisser Grenzen die Macht habe, ihre Rechtsverhältnisse selbst zu gestalten. 30 Unter Geltung des Grundgesetzes stellt sich die Einwilligung als ein Ausfluß des Selbstbestimmungsrechts des Patienten dar,31 welches aus Art. 2 Abs. 1 und 2 und Art. 1 Abs. 1 GG abgeleitet wird. 32 Das Bundesverfassungsgericht be27 Der I. Entwurf des BGB enthielt noch in § 706 eine Regelung zur Einwilligung, wobei deren rechtfertigende Wirkung generell - sogar für den Fall, daß sie strafrechtlich wirkungslos sein sollte - anerkannt wurde. Die Regelung wurde jedoch wegen der undifferenzierten und zu allgemeinen Wirkung von der 2. Kommission gestrichen, wobei damit das Rechtsinstitut als solches nicht in Frage gestellt werden sollte. vgl. Mugdan, Materialien, Bd. 2, S. 407 ff., 1080, I I 16. 28 Im Zeitalter der Aufklärung fand die rechtfertigende Einwilligung wegen der starken Betonung des Individualismus' und damit des Selbstbestimmungsrechtes eine Vielzahl von Verfechtem (vgl. Feuerbach, S. 35). In der Folgezeit bliebt die Wirksamkeit des Rechtsinstitut allerdings weiterhin heftig umstritten und wurde in den Kodifikationen des 19. Jahrhunderts keinesfalls einheitlich beurteilt (vgl. Schubert, Vorentwürfe der Redaktoren des BGB, S. 765 f.). 29 Schenke, S. I f., 123 ff.; Soergel-Fahse, § 227 RZ 21. Eine tatbestandsausschließende Einwilligung wird angenommen bei einem Tatbestand, bei dem das Handeln gegen den Willen des Geschützten zum Tatbestand gehört. Dies wird von einer Mindermeinung auch für den ärztliche Heileingriff angenommen (vgl. Soergel-Hefermehl, § 823 RZ 17). 30 So bereits kurz nach Inkrafttreten des BGB Zitelmann in AcP 99 (1906), I, 48; ähnlich EsserlSchmidt, Schuldrecht AT, § 25 IV 2 a, S. 364, der an den Grundsatz der Privatautonomie anknüpft. 31 BVerfG (25.07.1979) BVerfGE 52, 131, 166 ff. = NJW 1979, 1925, 1925 mit dissenting vote BVerfGE 52, 171, 182 = NJW 1979, 1929, 1930 f.; Tempel, NJW 1980, 609, 611; Kern/Laufs, S. 9. 32 Kern/Laufs, S. 9; Schlosshauer-Selbach, DRiZ 1982, 361, 362 mwN; Schreiber, Arzt und Krankenhaus 1981, 75, 75 ff.; Deutsch, VersR 1981, 239, 296.

I. Grundsätzliches zur Behandlungsanweisung

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zeichnet das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen, die Achtung vor der Entschließungsfreiheit und den Schutz der Würde des Menschen als normative Wurzeln der Einwilligung, wobei im Einzelfall auch das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) die Notwendigkeit einer Einwilligung begründen kann. 33 Integritätsschutz soll dem Inhaber des Schutzgutes die Selbstbestimmung über seine Sphäre sichern. Deshalb entfallt die Grundlage für das Widerrechtlichkeitsurteil, wenn er in Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes dem Anderen die Schutzsphäre öffnet (volenti non fit iniuria34).35 Die rechtfertigende Einwilligung dient damit nicht vorrangig der Privilegierung des Schädigers, sondern den Interessen und Dispositionsmöglichkeiten des Betroffenen. 36 Teilweise wird argumentiert, daß die medizinische Indikation einen Rechtfertigungsgrund darstelle, während die Einwilligung selbst Rechtfertigungsschranke sei. 37 Demnach würde die Nichteinwilligung des Patienten in eine aus medizinischer Sicht notwendige Behandlung trotz Vorliegens des Rechtfertigungsgrundes der medizinischen Notwendigkeit die Behandlung zu einer Rechtsverletzung machen. 38 Die Einwilligung würde zu Notwendigkeit und Heilzweck als einschränkendes Regulativ hinzutreten. 39 Geht man mit der hier vertretenen Meinung der Rechtsprechung davon aus, daß die ärztliche Heilbehandlung tatbestandliehe Körperverletzung ist und berücksichtigt man die aufgezeigte Funktion der Einwilligung als Rechtfertigungsgrund, so bleibt festzuhalten, daß jeder Patient die Möglichkeit hat, durch Einwilligung bzw. Nichteinwilligung in gewisse ärztliche Maßnahmen konkrete und individuelle Behandlungsanweisungen an einen Arzt zu erteilen. Der Arzt ist zumindest insoweit an diese gebunden, daß er Behandlungen, in die der Patient nicht einwilligt, zumindest dann nicht durchführen darf, wenn kein sonstiger Rechtfertigungsgrund vorliegt. Behandelt der Arzt den Patienten in dieser Situation entgegen der Behandlungsanweisung, so begeht er eine unerlaubte Handlung i.S.v. §§ 823 ff. BGB.

33 BVerfG (25.07.1979) NJW 1979, 1925, 1929 f. 34 Das römische Recht kannte jedoch entgegen diesem Rechtsspruch eine recht differenzierte Rechtspraxis bei der Beurteilung der Wirkungen der Einwilligung (v gl. Pemice, S. 82 ff. mwN). Nach Kaser ist sie im römischen Recht jedoch nicht näher dogmatisch erfaßt worden (Kaser, S. 505). 35 RGRK-Steffen, § 823 RZ 377. 36 Arzt, S. 48; Geilen, Einwilligung, S. 195. 37 So Ehlers, S. 43; Geilen, NJW 1978, 2345, 2345; Laufs, NJW 1974, 2025, 2026; Laufs, Arztrecht, RZ 138. 38 Schranke würde bedeuten, daß sie den Rechtfertigungsgrund wiederum einschränken würde. Ehlers, S. 44, verwendet den Begriff aber nicht konsequent in diesem Sinne. 39 So Ehlers, S. 44; Laufs, Arztrecht, RZ 138; Engisch, Heileingriff, S. 20.

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B. Rechtliche Untersuchungen

3. Rechtsnatur der Einwilligung Da im Patiententestament Einwilligung und Nichteinwilligung kombiniert sind, ist die rechtfertigende Einwilligung für die Beurteilung des Patiententestamentes von herausragender Bedeutung. Um Einzelfragen, wie die nach Wirksamkeit, Widerruflichkeit, Inhalt und Auslegung, Notwendigkeit von Geschäftsfähigkeit, Abgabe und Zugang der Erklärung und die Behandlung von Willensmängeln gegebenenfalls aufgrund dogmatischer Ansätze beantworten zu können, soll zunächst auf die Rechtsnatur der Einwilligung eingegangen werden. Einigkeit besteht insoweit, als die rechtfertigende Einwilligung keineswegs mit der Einwilligung gemäß §§ 182 ff. BGB gleichzusetzten ist, da diese nur dann gegeben ist, wenn Rechtsgeschäfte einer Person von der Einwilligung einer anderen Person, eines Dritten, abhängig sind, wenn es also um die Legitimation eines Unzuständigen geht. 40 Ansonsten werden bzgl. der Beurteilung der Rechtsnatur der rechtfertigenden Einwilligung konträre Meinungen vertreten. So wird die Einwilligung als rechtsgeschäftliche Willenserklärung,41 als Realakt,42 als geschäftsähnliche Handlung in Form der Willensäußerung 43 oder als keines von alledem bezeichnet. 44 Nach der klassischen Definition ist eine Willenserklärung eine private Willensäußerung, die auf Herbeiführung eines Rechtserfolges gerichtet ist, die den Erfolg, weil gewollt und von der Rechtsordnung anerkannt, auch herbeiführt. 45

40 Planck, BGB, vor § 182 Anm 2; Mugdan, Materialien, Bd. I, S. 488; so auch BGH (05.12.1958) BGHZ 29,33, 36 = LM § 107 Nr. 3 = FamRZ 1959, 200, wenn auch dessen

Schluß daraus ("also"), daß die Einwilligung deshalb keine rechtsgeschäftliche Willenserklärung sei, voreilig ist (vgl. Kritik von Diederichsen, FS Wieacker, S. 325, 336 f.). 41 So v. Tuhr, BGB AT III2, S. 467; Kohte, AcP 185 (1985), 105, 105 ff.; Erman-Schiemann, § 823 RZ 147; MünchKomrn-Gitter, § 823 RZ 32 sagt, daß die Einwilligung als Rechtshandlung weitgehend den Regeln über rechtsgeschäftliche Willenserklärungen folgt; ablehnend: Deutsch, Haftungsrecht I, S. 226; RGRK-Steffen, § 823 RZ 377 (ohne Begründung); BGH (24.09.1962) BGHZ 38, 49, 54 bzgl. Einverständnis in die Unterbringung in einer geschlossenen Anstalt; BGH (24.04.1961) VersR 1961,632,633 = LM § 839 (Fc) Nr. 15; BGH (17.02.1964) NJW 1964,1177,1177 ff.; RGRK-Steffen, § 823 RZ 377. 42 BGH (07.02.1984) BGHZ 90,96,101 = NJW 1984, 1395, 1395 ff. = JR 1984, 369, 369 ff. (mA Giesen) = JZ 1984, 629, 629 ff. (mA Laufs/Kern); Jauernig-Teichmann, § 823 Anm IV 2 b sagt nur, daß die Einwilligung keine Willenserklärung sei. 43 Palandt-Heinrichs, Überbl v § 104 RZ 6; Staudinger-Schäfer, § 823 RZ 456, 458; Dalhoff, S. 161 ff.; Deutsch, Haftungsrecht I, S. 226; Hübner, AT, S. 221; Rickmann, S. 138. 44 RGRK-Steffen, § 823, RZ 377; Deutsch, Haftungsrecht I, S. 226. 45 Mugdan, Materialien, Bd. 1, S. 421.

I. Grundsätzliches zur Behandlungsanweisung

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Der Unterschied zwischen Willenserklärung und Willensäußerung wird vor allem darin gesehen, daß bei der Willensäußerung der Wille des Erklärenden, durch seine Erklärung eine bestimmte Rechtsfolge herbeizuführen (Rechtsfolgenwillen), fehlt. 46 Willensäußerungen lösen zwar auch Rechtsfolgen aus, jedoch nicht kraft eines darauf gerichteten Rechtsfolgenwillens, sondern - wie bei der Mahnung - kraft Gesetzes. 47 Für eine Willenserklärung genügt es nicht, daß sie auf den Eintritt irgendeines Erfolges gerichtet ist. Vielmehr ist ein spezifisch rechtlicher Charakter erforderlich, wobei jedoch an Inhalt und Umfang des Rechtsbindungswillens nur geringe Anforderungen zu stellen sind. Notwendig ist jedoch, daß der Erklärende, dessen Wille auf ein tatsächliches Ziel gerichtet ist, die Gewährleistung der rechtlichen Folgen seiner Erklärung haben möchte. 48 Realakte, wie beispielsweise die Verarbeitung oder die Besitzaufgabe, sind demgegenüber tatsächliche Handlungen, bei denen die Rechtsfolge unabhängig vom rechtgeschäftlichen Willen des Erklärenden aus Gründen der Verkehrssicherheit nur aufgrund des tatsächlichen Aktes eintritt.

a) Rechtsprechung und Literatur In der Rechtsprechung wurde bisher zur Rechtsnatur der Einwilligung nicht einheitlich Stellung genommen. Der Bundesgerichtshof hatte sich bisher mit dieser Thematik meist im Zusammenhang mit der Frage zu beschäftigen, ob ein Minderjähriger eine rechtswirksame Einwilligung in eine ärztliche Behandlung erteilen kann. Auch ansonsten gibt es vor allem Einzelfallentscheidungen ohne ausführliche dogmatische Begründung. Entschieden und weitgehend anerkannt ist jedoch, daß die Geschäftsfahigkeit des Betroffenen keine Voraussetzung für die Wirksamkeit der Einwilligung ist. 49 Auch ein Minderjähriger kann sie rechtswirksam abgeben, wenn er die Bedeutung und Tragweite seiner Gestattung nach seiner geistigen und sittlichen Reife zu ermessen vermag. 50 Gleiches soll für den Entmündigten gelten. 5 I 46 BGHZ 56, 204, 208 (17.05.1971); BGHZ 21, 102, 106 (22.06.1956) beim schuldbegründenden Vertrag wird der Rechtsfolgenwille als Rechtsbindungswille bezeichnet; Soergel-Hefermehl, Vor § 116 RZ 19. 47 Soergel-Hefermehl, Vor § 116 RZ 21. 48 Soergel-Hefermehl, Vor § 116 RZ 19. 49 BGH (05.12.1958) BGHZ 29, 36, 36 = LM § 107 Nr. 3 = FamRZ 1959,200; BGH (02.12.1963) NJW 1964, 1177, 1177; BGH (16.11.1971) NJW 1972, 335, 335; BayObLG (Beschluß v 30.01.1985) 85, 53, 56; Laufs, Arztrecht, RZ 143; RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. 11 RZ 70; Eberbach MedR 1986, 14, 14; Hollmann, NJW 1973, 1393, 1393 ff.; a.A. MünchKomm-Gitter, § 823 RZ 89, der Geschäftsfahigkeit fordert. 50 Grundlegend RGZ 62, 190, 190 (21.12.1905); RGSt 41, 392, 395 (03.07.1908); RGSt 60, 34 ff. (04.01.1926); RGSt 71, 349 f. (07.10.1937); dann BGH (22.01.1953) BGHSt 4, 88, 90 =

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B. Rechtliche Untersuchungen

Einwilligung ist danach die im Augenblick der Tat vorhandene, freiwillige, ernstliche und sittengemäße zustimmende Willensrichtung des betroffenen Rechtsgutträgers zu einer bestimmten Rechtsgutverletzung. 52 Dies wird als "natürliche Einwilligungsfähigkeit" bezeichnet. Als Begründung für die reduzierten Anforderungen an die Einwilligungsfähigkeit wird vor allem darauf abgestellt, daß die körperliche Unversehrtheit - wie Leben und Ehre - zu den Rechtsgütern gehört, die zwar Dritten gegenüber Rechtsschutz genießen, selbst aber nicht Gegenstand eines Rechtes des Trägers sind. Über sie kann der Mensch nicht wie beispielsweise über eine ihm gehörende Sache oder ein ihm zustehendes Recht verfügen. 53 In einer anderen Entscheidung legt der Bundesgerichtshof dar, warum der Zugang der Einwilligung beim Erklärungsempfanger entgegen der Regelung des § 130 BGB keine Wirksamkeitsvoraussetzung der Einwilligung ist und zieht den Vergleich zur Deliktsfähigkeit des Minderjährigen, die nach § 828 Abs. 2 BGB bei Einsichtsfähigkeit ebenfalls gegeben ist. 54 Zur rechtsdogmatischen Einordnung der Einwilligung waren die Zivilsenate des Reichsgerichts 55 im Gegensatz zu den Strafsenaten desselben Gerichtes56 der Auffassung, daß die Einwilligung eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung sei. Demgegenüber vertritt der BundesgerichtshofS7 in der diesbezüglich grundlegenden Entscheidung aus dem Jahre 195858 die Meinung, daß die EinLM Nr. 2 zu § 226a StGB; BGH (12.11.1953) BGHSt 5, 362, 362 = LM § 185 StGB Nr. 7; BGH (24.06.1954) BGHSt 6, 232, 232 = LM § 315 a Abs. 1 i ff. 4 StGB Nr. 2; BGHSt 8, 358, 358 (28.10.1955); BGH (05.12.1958) BGHZ 29,33,35 ff. = LM § 107 Nr. 3 = FamRZ 1959, 200,200; BGH (24.09.1962) BGHZ 38, 49, 54 zum Einverständnis in die Unterbringung in einer geschlossenen Anstalt, allerdings erfolgt keine Erweiterung auf andere Fälle des § 823; BGHSt 12,379,382 (10.02.1959); BVerfGE 10, 302, 303 (Beschluß v 10.02.1960); BGH (14.03.1961) BGHZ 34, 355, 355 ff. = NJW 1961,655,655 ff. = LM § 254 (Da) Nr. 11; BGH (24.04.1961) VersR 1961, 632, 633 = LM § 839 (Fc) BGB Nr. 15 zur Einwilligung in Unterbringung mit Erweiterung auf Einwilligung in Körperverletzung; BGH (13.01.1970) NJW 1970, 511, 511; BGH (16.11.1971) NJW 1972, 335, 355 ff. = VersR 1972, 153, 153 f.; BayObLG 85, 53, 53 ff. (Beschluß v 30.01.1985); BGHZ 105,45,47 f. (28.06.1988); RGRK-Steffen, § 823 RZ 378; Soergel-Zeuner, § 823 RZ 196; Palandt-Thomas, § 823 RZ 42; Giesen, JZ 1990, 1053, 1060; Rieger, Lexikon, RZ 805. 51 OLG Hamm (Beschluß v. 16.11.1971) NJW 1983,2095,2095 f. zur Einwilligung in die Sterilisation. 52 BGH (24.04.1961) VersR 1961,632,633 = LM § 839 (Fc) BGB Nr. 15. 53 Grundlegend ausgeführt bereits bei RGSt 41, 392, 395 (03.07.1908) und von der Literatur unterstützt: RGRK-Krüger-Nieland, § 106 Anm. 11; Schenke, S. 25. 54 BGH (14.03.1961) BGHZ 34, 355, 361 f. unter 3 und 4 = NJW 1961, 655 ff. = LM § 254 (Da) Nr. 11. 55 RG (27.05.1908) RGZ 68, 431, 433; RG (21.06.1907) JW 1907, 505 f. 56 RGSt 41, 392, 395 (03.07.1908) lehnt beispielsweise eine Orientierung am Rechtsgeschäft ab. 57 BGH (05.12.1958) BGHZ 29,33,36 f. = FamRZ 1959,200,200 = LM § 107 Nr. 3. 58 Der 3. Zivilsenat des BGH hatte noch im Jahre 1952 in BGHZ 7, 198, 207 (25.09.1952) die Einwilligung als rechtsgeschäftliche Willenserklärung bezeichnet.

I. Grundsätzliches zur Behandlungsanweisung

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willigung ZU einem Eingriff in die körperliche Unversehrtheit keine rechtsgeschäftliche Willenserklärung, sondern eine Gestattung oder Ermächtigung zur Vornahme tatsächlicher Handlungen sei, die in den Rechtskreis des Gestattenden eingreifen. Er hält die Einwilligung für eine Willensäußerung, die nur Rechtsgeschäftsähnlichkeit besitzt. Der Bundesgerichtshof nennt im wesentlichen drei Begründungsansätze dafür. Zum einen schließt er bereits aus dem Unterschied zur Einwilligung nach § 183 BGB auf dieses Ergebnis. Dann zieht er die angesprochene, vom Reichsgericht59 entwickelte Argumentation heran, nach der Leben und körperliche Unversehrtheit Rechtsgüter seien, die nicht Gegenstand eines Rechts des Trägers seien. Schließlich führt er aus, daß der Einwilligung in ärztliche Behandlung der finale Wille zur Herbeiführung eines Rechtserfolges fehle, da sie nur einen faktischen Eingriff gestatte. Demnach wären nicht nur die gesetzlichen Regelungen über die Geschäftsfahigkeit, sondern auch die sonstigen Regelungen für Willenserklärungen, wie solche über Willensmängel und Nichtigkeit, nicht oder zumindest nicht unmittelbar anwendbar. Diese Rechtsprechung wurde in den Folgejahren fortgeführt 60 und von großen Teilen der Literatur bestätigt. 61 Demgegenüber bezeichnet eine neuere BGH-Entscheidung,62 wenn auch nur beiläufig, die Einwilligung als Willenserklärung. 63 Zum gleichen Ergebnis kommen auch Teile der neueren Literatur. 64

b) Eigene Stellungnahme Die Argumente des Bundesgerichtshofs, die gegen den Charakter als rechtsgeschäftliche Willenserklärung sprechen, überzeugen zumindest teilweise 59 RGSt41, 392,395 (03.07.1908); RGSt71, 349, 349 f. (07.10.1937). 60 BGH (24.04.1961) VersR 1961, 632, 633 = LM § 839 (Fc) Nr. 15; BGH NJW (02.12.1963) 1964, 1177, 1177; BGHZ 38,49,54 (24.09.1962); BGH (16.11.1971) NJW 1972, 335,335; BGH (02.07.1974) NJW 1974, 1947, 1947 ff.; OLG Düsseldorf (20.12.1962) NJW 1963, 1679, 1679. 61 Palandt-Heinrichs, Überbl v § 104 RZ 7; Soergel-Heferrnehl, § 107 RZ 19; Staudinger-Dileher, Ein! zu § 104 RZ 18, 22; demgegenüber wurden von Rechtsprechung und Literatur für andere Rechtsgebiete (Datenschutzrecht, Arbeitsrecht, AGB-Gesetz) häufig andere Meinungen vertreten (vgl. Kohte, AcP 185 (1985), 105, 121 ff.). 62 BGH (07.02.1984) BGHZ 90, 96, 101 = NJW 1984, 1395, 1395 = JR 1984, 369, 369 ff. = JZ 1984, 629, 629 ff.; Deutsch, NJW 1984, 1802, 1802 f. sieht in dieser Entscheidung jedoch keine Änderung der bisherigen Rechtsprechung zur Rechtsnatur. 63 Ebenso für das Datenschutzrecht: Similis, § 3 BDSG Anm. 31 ff.; Schedl, BDSG, S. 26; fiirdas AGB-Gesetz: Niebling, MDR 1982,193,193 ff.; U1mer/Brandner/Hesen, § 1 AGBG RZ 17; Deutsch, NJW 1982, 2585, 2588; Palandt-Heinrichs, § 1 AGBG RZ 4; LG Hamburg (27.08.1982) ZIP 1982, 1313, 1313; für das allgemeine Persön!ichkeitsreeht: OLG München (21.12.1981) AfP 1983,276,276; OLG Düsseldorf (29.05.1984) FamRZ 1984, 1221 ff.; für das Arbeitsrecht: LAG Frankfurt (27.08.1981) MDR 1982, 82, 82 f. 64 Kohte AcP 185 (1985), 105, 152 f.; Soergel-Heferrnehl, vor § 116 RZ 24 tendiert in diese Richtung.

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B. Rechtliche Untersuchungen

nicht. Allein daraus, daß die rechtfertigende Einwilligung nicht unter § 183 BGB fallt, kann das Ergebnis nicht hergeleitet werden, da es neben der Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft andere Arten von Willenserklärungen gibt. 65 Auch die Meinung, daß der Mensch nicht Träger des Rechtes auf körperliche Unversehrtheit und Leben sei, kann- wie der Wortlaut des Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG zeigt - seit Geltung des Grundgesetzes nicht mehr hingenommen werden. Vielmehr ist dem Inhaber dieser Rechtsposition nunmehr, wenn auch in gewissen Schranken, auch ein Dispositionsrecht über diese Rechtspositionen eingeräumt. 66 So hat das Bundesverfassungsgericht mittlerweile klargestellt, daß es zu der in Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Menschenwürde gehöre, daß der Mensch über sich selbst verfügen und sein Schicksal eigenverantwortlich gestalten könne. 67 Zum Thema Arzthaftung hat das Verfassungsgericht die Einwilligung aus Grundrechtspositionen abgeleitet und postuliert, daß das Recht des Patienten gewährleistet sein müsse, existentielle Entscheidungen über seine Integrität selbst zu treffen. 68 Daruberhinaus erscheint aber auch der rechtsdogmatische Ansatz des Bundesgerichtshofs, der aus der Unverfügbarkeit der Rechtsposition folgert, die Einwilligung sei keine rechtsgeschäftliche Willenserklärung, verfehlt. Eine inhaltlich unzulässige Willenserklärung ist nach § 134 oder § 138 BGB nichtig, verliert aber dadurch nicht den Charakter einer Willenserklärung. Das belegt bereits die Existenz der §§ 134, 138 BGB.69 Gewichtigstes Argument des Bundesgerichtshofs, das auch von der Literatur angeführt wird,70 ist mithin der vermeintlich bei der Einwilligung in eine ärztliche Behandlung fehlende finale Wille zur Herbeiführung von Rechtsfolgen oder eines Rechtserfolges, da es um Gestattung des faktischen Eingriffes des Arztes gehe. Aber auch diese Argumentation ist nicht zwingend. Zum einen ist kein Grund ersichtlich, warum gerade diese scharfe Unterscheidung zwischen tatsächlichem und rechtlichem Erfolg Willenserklärungen von anderen Erklärungen abgrenzen soll. Zum anderen wird diese Differenzierung in anderen Bereichen nicht konsequent durchgehalten. So wird die Erwerbsgestattung für den dinglich Berechtigten nach § 956 BGB von bedeutenden Autoren als Willenserklärung angesehen,71 obwohl allein der Realakt der Trennung oder Besitzer65 66 67 68

So zutreffen Kohte, AcP 185 (1985), 105, 114. Kohte, AcP 185 (1985), 105, 115. BVerfG (Beschluß v. 11.10.1978) NJW 1979, 595, 595 f. BVerfG (Beschluß v. 25.07.1979) NJW 1979, 1925, 1929 ff. sowohl im Mehrheits- wie im Minderheitsvotum. 69 Kohte, AcP 185 (1985),105,116. 70 Lenckner, ZStW 72 (1960), 446, 455; Sproll, S. 131 f.; Teichmann, JA 1979, 293, 294; Köhler, JZ 1984, 18, 18; Rickmann, S. 138; Niemann, S. 91; Kientzy, S. 18. 71 Wolff/Raiser, Sachenrecht, § 77 IV 2, S. 285; Westennann, Sachenrecht I, § 57 III 2, S. 420, 422 f.; Müller, Sachenrecht, RZ 2735; Medicus, JuS 1967, 385, 389; MünchKommQuack, § 956 BGB RZ 3; Soergel-Mühl, § 956 RZ 2.

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greifung die Aneignung bewirkt. Die Einwilligung enthält im übrigen die Erlaubnis des Patienten an den Arzt, eine Behandlung durchzuführen. Sie regelt damit - wie auch die Rechtsprechung zur Notwendigkeit der Einwilligung in notwendige oder sinnvolle Operationserweiterungen zeigt - auch die Reichweite der Einwilligung. 72 Sie steckt den Rahmen der Erlaubnis also ab, so daß die Regelung des Rechtsverhältnisses zwischen Arzt und Patient ihr Inhalt ist. 73 Dem Patienten kommt es dabei häufig gerade darauf an, daß sich der Arzt auf jeden Fall an die von ihm vorgegeben Grenzen hält. Er will zumindest in diesen Fällen, daß die Grenzen seiner Einwilligung rechtlich gewährleistet werden. Ein gewisser rechtlicher Bezug der Einwilligung ist mithin nicht zu verkennen. Der Streit um die Rechtsnatur der rechtfertigenden Einwilligung zeigt sich folglich als ein Streit um die Frage, wie hoch die Anforderungen zur Bejahung des erforderlichen Rechtsfolgenwillens anzusetzen sind. Diese Fragestellung war bereits zu Beginn der wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem BGB umstritten. Während Zitelmann einen Willen ausreichen ließ, bei dem es dem Erklärenden auf einen tatsächlichen Erfolg ankam, wenn dieser sogleich auch als rechtlich bedeutsamer Erfolg angestrebt wurde,74 stellte Manigk wesentlich höhere Anforderungen. 75 Heute wird jedoch überwiegend und zutreffend bereits dann, auch wenn der Parteiwille auf einen tatsächlichen Erfolg abzielt, das Vorliegen des Rechtsfolgenwillens anerkannt, wenn der tatsächliche Erfolg rechtlich gesichert und rechtsverbindlich gewährleistet werden soll.76 Daß der Patient dies in vielen Fällen77 mit seiner Einwilligung in ärztliche Behandlungen will, liegt auf der Hand. Im Mittelpunkt steht meist die rechtliche Erlaubnis zum Eingriff in ein Rechtsgut. Diese Erlaubnis ist willensbestimmt und dient zur Realisierung des Selbstbestimmungsrechts des Erlaubenden. Gerade in der Situation des Patiententestamentes ist der Rechtsfolgenwillen immer anzunehmen, da die Reichweite der Einwilligung im Vordergrund steht, wenn die Einwilligung in gewisse Arten der Behandlung mit dem Verbot anderer verbunden ist. Demnach ist die rechtfertigende Einwilligung in eine ärztliche Behandlung im Regelfall 78 - beim Patiententestament jedoch ge72 BGH (02.11.1976) NJW 1977, 337 ff.; OLG Frankfurt (10.02.1981) NJW 1981,1322 ff.; LG Duisburg (26.04.1983) MedR 1984,148 f.; Steffen, MedR 1983, 88, 92; Deutsch, Arztrecht, S.39. 73 Rosener, S. 114 ff., 119; Kohte, AcP 185 (1985), lOS, 117. 74 Zitelmann, AcP 99 (1906), 1,51. 75 Manigk, S. 509. 76 Soergel-Hefermehl, Vor § 116 RZ 19; Enneccerus/Nipperdey, AT H, S. 897; PalandtHeinrichs, Einf v § 116 RZ 4. 77 Es bedarf aber immer im Einzelfall der Untersuchung, ob Wille und Interesse des Patienten in der konkreten Situation auf rechtliche Gewährleistung des tatsächlichen Erfolges gerichtet sind; vgl. Medicus, BGB AT, RZ 191 ff. 78 Kohte, AcP 185 (1985), lOS, 118.

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B. Rechtliche Untersuchungen

nerell - als rechtsgeschäftliche Willenserklärung anzusehen. Im übrigen lassen neuere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und der anderen Obergerichte auch eine entsprechende Änderung der Rechtsprechung zumindest als möglich erscheinen. 79 Die Einwilligung selbst als Realakt anzusehen, überzeugt keinesfalls, da bei ihr die Rechtsfolgen nicht - wie beispielsweise bei Fund oder Verarbeitung alleine durch die tatsächliche Handlung eintreten. Beim Realakt tritt die Rechtsfolge durch unmittelbare Auseinandersetzung mit der Natur ein, bei der die Ausübung von Rechtspositionen wie dem Selbstbestimmungsrecht in den Hintergrund tritt. 80 Die Schaffung einer weiteren Kategorie neben Willenserklärung, Willensäußerung und Realakt ist nicht zweckmäßig, da sie inhaltlich nicht weiterführt. c) Konsequenzen des Meinungsstreites

Zu klären ist jedoch, inwieweit die unterschiedliche Beurteilung der Rechtsnatur der Einwilligung Auswirkungen auf die oben angesprochenen Fragen von Wirksamkeit, Widerruflichkeit, Inhalt und Auslegung, Notwendigkeit von Geschäftsfähigkeit, Abgabe und Zugang der Erklärung und die Behandlung von Willensmängeln hat. Selbst wenn die Einwilligung - was nach dem oben Ausgeführten neben der Eingruppierung als Willenserklärung allenfalls noch in Betracht kommt - als geschäftsähnliche Willensäußerung charakterisiert wird, kommen nach der Rechtsprechung und großen Teilen der Literatur die Regelungen der Willenserklärungen häufig analog zur Anwendung.8 1 So wendete der Bundesgerichtshof im Jahre 1976 § 138 BGB in Analogie an,82 als er die Einwilligung in die Sterilisation prüfte, und befürwortete 1980 für die rechtfertigende Einwilligung die analoge Anwendung der §§ 133, 157 BGB. 83 Einigkeit besteht allerdings auch insoweit, daß der Analogieschluß nicht schematisch vorgenom79 Dunz, Aktuelle Fragen, S. 33 hält zumindest eine stärkere Betonung der Gemeinsamkeiten zur Willenserklärung durch die Rechtsprechung für wahrscheinlich. 80 Kohte, AcP 185 (1985), 105, 120. 81 BGHZ 47, 352, 357 (17.04.1967); BGH (06.12.1988) NJW 1989, 1792, 1792 f.; v. Tuhr, BGB AT II12, S. 467; Staudinger-Schäfer, § 823 RZ 458; Palandt-Heinrichs, Überbl v § 104 RZ 7; Soergel-Hefermehl, § 107 RZ 19; BeckmanniGlose, BB 1989, 857; a.A. RGRK-Steffen, § 823 RZ 377. 82 BGHZ 67, 48, 50 (29.06.1976). 83 BGH (18.03.1980) NJW 1980, 1903 f.; BGH (18.03.1980) VersR 1980, 676, 676 ff.; so auch überwiegende Auffassung im Schrifttum: Schmid, NJW 1984, 2601,2602; RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. II RZ 66; MünchKomm-Mertens, § 823 RZ 447 f.; Laufs, Arztrecht, RZ 150.

I. Grundsätzliches zur Behandlungsanweisung

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men werden darf. Vielmehr muß bei jedem Fall dessen Eigenart und die typische Interessenlage berücksichtigt werden. 84 Auch die Vertreter der rechtsgeschäftlichen Natur der rechtfertigenden Einwilligung räumen durchaus ein, daß im Einzelfall - gerade bei wichtigen Entscheidungen im Bereich des Selbstbestimmungsrechtes - die Vorschriften der Willenserklärung nicht zur Anwendung kommen können, weil sie mit dem vorrangigen Recht auf Selbstbestimmung kollidieren. Auch sie halten eine Einzelfalluntersuchung bzgl. der Anwendbarkeit der einzelnen Normen des Rechts der Willenserklärung für erforderlich. 85 Schließlich vertreten wesentliche Stimmen in der Literatur - unabhängig von ihrer eigenen Einstellung zur Rechtsnatur der Einwilligung - die Auffassung, daß die Frage, ob die Regeln der Willenserklärungen auf die Einwilligung anwendbar sind, nicht von der begrifflichen Einordnung abhängig zu machen ist, und fordern eine Prüfung der Anwendbarkeit im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen Funktion der Einwilligung86 oder machen die Frage davon abhängig, welche Bedeutung dem Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen nach der jeweiligen Vorschrift zukommt. 87 Die dargestellten Meinungen zeigen, daß mit der dogmatischen Einordnung der Einwilligung nicht bereits alle Anschlußfragen abschließend und eindeutig beantwortet werden können. Vielmehr ist jeweils für die aufgeworfene Einzelfrage zu klären, ob die Anwendbarkeit der Vorschriften über die Willenserklärung für die Situation der Einwilligung in eine ärztliche Behandlung interessengerecht ist. Dabei ist insbesondere zu prüfen, ob es mit dem Selbstbestimmungsrecht des Betroffen vereinbar ist, daß die genannten Regeln herangezogen werden. 4. Rechtsnatur des Behandlungsverbotes

Für die Bewertung des Patiententestamentes ist die Beurteilung der Behandlungsverweigerung von ganz entscheidender Bedeutung. Während in Rechtsprechung und Literatur die Rechtsnatur und die Funktion der Einwilligung besprochen werden, fehlen Stellungnahmen bezüglich des Behandlungsverbotes fast völlig. Deshalb soll durch Vergleich mit der rechtfertigenden Einwilligung die dogmatische Einordnung der Behandlungsverweigerung ermittelt werden.

84 Flume, AT, § 9 2 b, S. 113; Larenz, AT, S. 511 ff., § 26; Medicus, BGB AT, RZ 198. 85 Vgl. Kohte, AcP 185 (1985), 105, 121 ff. 86 Für das Datenschutzrecht: Kroll, S. 165; Sproll, S. 182. 87 Flume, AT, § 13 11, S. 213,218 f.; Reuter, S. 27 ff.; Gernhuber, FamRZ 1962, 89, 94; Soergel-Heferrnehl, vor § 116 RZ 24; Kohte, AcP 185 (1985), 105, 119.

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Dabei ist zunächst eindeutig, daß das Behandlungsverbot inhaltlich das exakte Gegenteil der rechtfertigenden Einwilligung ist. Übereinstimmung dürfte auch darüber bestehen, daß das Behandlungsverbot eine Willensäußerung enthält, die Ausfluß des Selbstbestimmungsrechtes ist und mithin unter dem Schutz grundrechtlicher Positionen steht. Das Selbstbestimmungsrecht umfaßt nicht nur das Recht, in einen ärztlichen Eingriff einzuwilligen oder das Einverständnis einfach nicht zu erteilen, sondern gibt auch das Recht, diese ausdrücklich abzulehnen. Besonderer Berücksichtigung bedarf jedoch folgendes. Das Behandlungsverbot untersagt eine ärztliche Behandlung, die einen Eingriff in das Recht des Patienten auf körperliche Unversehrtheit und in dessen Selbstbestimmungsrecht bedeuten würde. Ein Eingriff in diese Rechtspositionen ist auch ohne die Behandlungsverweigerung bereits verboten. 88 Nur die rechtfertigende Einwilligung nimmt der tatbestandlichen unerlaubten Handlung die Rechtswidrigkeit. Insoweit hat das Behandlungsverbot inhaltlich dieselbe rechtliche Wirkung für die Zulässigkeit der ärztlichen Behandlung wie das Fehlen der Einwilligung. Was die Zulässigkeit der Behandlung anbelangt, sind demnach die Fälle, in denen der Patient auf die Frage des Arztes, ob er in eine bestimmte Behandlung einwilligt, sich gar nicht äußert und der, in dem er die Frage verneint, gleichgestellt. Wenn auch insoweit kein Unterschied zwischen den rechtlichen Wirkungen von einer Nichterklärung und einer ausdrücklichen Behandlungsverweigerung besteht, so darf daraus nicht gefolgert werden, daß das Behandlungsverbot keinen Erklärungsinhalt habe und deshalb auch keine Willenserklärung sei. Vielmehr kommt es demjenigen, der ein Patiententestament erstellt, entscheidend darauf an, daß seine Vorstellungen zur Sterbehilfe eingehalten werden. Die differenzierte Regelung des Patiententestamentes und die schriftliche Abfassung, die sonst nur bei wichtigen Verträgen üblich ist, belegen, daß der Anweisende die von ihm festgesetzten Grenzen der Behandlung rechtlich gewährleistet wissen will. Da der Patient in diesem Falle im Gegensatz zur Einwilligung nicht seine willensmäßige Übereinstimmung mit dem Realakt der ärztlichen Behandlung kundtut, also gerade keinen nur auf tatsächliches Verhalten gerichteten Willen äußert, liegt bei dem Behandlungsverbot die Annahme des Rechtfolgenwillens noch näher als bei der Einwilligung. Derjenige, der ausdrücklich eine Behandlung ablehnt und nicht nur nicht in diese einwilligt, läßt dadurch eine gewisse Angst erkennen, daß derjenige, der in einer infausten Situation an seiner Stelle die Behandlungsentscheidung zu treffen hat, möglicherweise seinen mutmaßlichen Willen anders deuten würde. Um dies zu vermeiden, wählt er den Weg der antizipierten Behandlungsanweisung. 88 Vgl. zum Meinungsstand die Ausführungen unter Gliederungspunkt BI 1 und 2.

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Beim Behandlungsverbot ist der Rechtsbindungswille demnach noch deutlicher zu erkennen, als in den meisten Fällen der rechtfertigenden Einwilligung. Von der Rechtsnatur her ist es also eine Willenserklärung, so daß die Regelungen des Rechts der Willenserklärungen auf die Behandlungsanweisung grundsätzlich anwendbar sind. Etwas anderes gilt - wie bei der Einwilligung - nur dann, wenn durch die Anwendung einzelner dieser Regelungen das Selbstbestimmungsrecht allzusehr beeinträchtigt werden würde.

11. Das Patiententestament und die allgemeinen Anforderungen an Behandlungsanweisungen Als Zwischenschritt zur Beantwortung der Frage nach der Rechtsverbindlichkeit des Patiententestamentes soll im folgenden untersucht werden, inwieweit die Einzelregelungen der Rechtsgeschäftslehre auf Einwilligung und Behandlungsverbot anzuwenden sind.

1. Motiv Unabhängig davon, ob die Einwilligung als rechtsgeschäftliche Willenserklärung oder als Willensäußerung angesehen wird, besteht Einigkeit in Rechtsprechung und Literatur, daß das Motiv, das den Patienten dazu bewegt, eine ihm vom Arzt vorgeschlagene Behandlung abzulehnen oder sie vornehmen zu lassen, für die Wirksamkeit von Einwilligung und Nichteinwilligung völlig irrelevant ist. 89 Dies ergibt sich aus dem Selbstbestimmungsrecht des Menschen im allgemeinen und aus dem zivilrechtlichen Grundsatz der Privatautonomie im speziellen. Die Bestimmung über seine leiblich-seelische Integrität gehört zu dem ureigensten Bereich der Personalität des Menschen. In diesem Bereich ist er aus Sicht des Grundgesetzes (Art. 2 Abs. 2 GG) frei, seine Maßstäbe zu wählen und nach ihnen zu leben und zu entscheiden. 90 Eindeutig ist, daß z.B. ein besonders wehleidiger Patient die Behandlung wegen zu erwartender Schmerzen ablehnen kann, die ein Durchschnittspatienten hinnehmen würde. 91 Die Beachtung des Selbstbestimmungsrechtes des Patienten ist wesentlicher Teil des ärztlichen Aufgabenbereiches. 92 Deutsch weist zutreffend darauf hin,

89 BGH (28.11.1957; Myom-Entscheidung) NJW 1958, 267, 267 f. = BGHSt 11,111,113 f. 90 BVerfG (Beschluß v. 25.07.1979; Minderheitsvotum) NJW 1979,1931,1931. 91 BGH (07.02.1984) BGHZ 90, 96, 99 ff. = JR 1984, 369, 371 (mA Giesen) = JZ 1984, 629,631 (mA Laufs/Kern) = NJW 1984, 1395, 1395. 92 BVerfG (25.07.1979) BVerfGE 52, 131, 170 = NJW 1979, 1925, 1925 ff.

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daß grundsätzlich niemand gezwungen werden kann, wegen einer Krankheit ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen oder eine Klinik aufzusuchen. 93

2. Inhalt Genauso wie "ob" und "warum" der Einwilligung völlig im Belieben stehen, kann der Rechtsgutträger auch nach eigenem Gutdünken den Inhalt, die Reichweite und die Grenzen der Einwilligung festlegen. Da das Behandlungsverbot insoweit nichts als die Negation der Einwilligung ist, gelten diese Grundsätze auch für das Behandlungsverbot. Kann der Patient aber auch die Reichweite der Einwilligung bestimmen, so zeigt sich, daß auch die Entscheidung für eine Einwilligung zu gewissen Behandlungen, die - wie es im Patiententestament erfolgt - mit dem strikten Verbot gewisser Behandlungen verbunden ist, grundsätzlich möglich und rechtswirksam ist. Beispielhaft seien hier nur die von Rechtsprechung und Literatur anerkannten Fälle der Einwilligung in die konkrete Operation bei Verweigerung jeglicher Behandlungserweiterung erwähnt. 94 Insoweit stellt ein solches Behandlungsverbot, das mit der Einwilligung in eine andere ärztliche Maßnahme verbunden ist, im Grunde zunächst einmal nur eine Einwilligung dar, bei der allerdings - im Gegensatz zur ausschließlichen Einwilligung - ausdrücklich die Reichweite und die Grenzen festgeschrieben werden. Folglich steht es dem Patienten auch offen, in seine schriftliche Einwilligungserklärung eine Klausel einzusetzen, nach der die Zustimmung zu einer weiteren Behandlung erlöschen soll, wenn sein Zustand unheilbar und seine körperliche Verfassung vegetabil ohne Aussicht darauf wird, daß er seine Fähigkeiten je wiedererlangen wird. 95 Inwieweit das Behandlungsverbot darüber hinausgehende Konsequenzen etwa als wirklicher Wille bei der Frage, ob eine berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag vorliegt - haben kann, sei zunächst dahingestellt. Inhaltliche Grenzen von Einwilligung und Behandlungsverbot gibt es nur in krassen Fällen. 96 Allein daraus, daß der konkrete Arzt, der die Behandlung im Zeitpunkt der Behandlungsbedürftigkeit durchführen wird, im Zeitpunkt der Abfassung des Patiententestamentes noch unbekannt ist, führt nicht zur Un93 Deutsch, ArztR 1981, 125, 128; ebenso: Uhlenbruck, Zivilrechtliche Beurteilung, S. 83, 83 ff. 94 Vgl. LG Göttingen (11.10.1990) VersR 1990,1401,1401 ff.; zur sonstigen Beurteilung der Operationserweiterung vgl. Gliederungspunkt V 4 b. 95 So auch Kutner, S. 360, 363. 96 Vgl. zu den Grenzen im Bereich der Sterbehilfe die Ausführungen unter Gliederungspunkt BIll.

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wirksamkeit des Patiententestamentes, da sich die Einwilligung nicht auf das Verhalten eines bestimmten anderen Menschen beziehen muß.97 Bereits aus Praktikabilitätsgründen muß es im heutigen Klinikbetrieb, in dem unterschiedliche Ärzte im Schichtbetrieb arbeiten, die Möglichkeit geben, eine personell abstrakte Einwilligung abzugeben, die nur den Personenkreis festlegt, der zur Behandlung berechtigt ist. 98 Durch die Erteilung der Behandlungsanweisung an einen noch unbekannten Arzt werden demnach die inhaltlichen Grenzen der Wirksamkeit der Behandlungsanweisung nicht überschritten.

3. Abgabe und Zugang Inwieweit die Einwilligung zur Wirksamkeit der Abgabe und des Zuganges der Erklärung bedarf, läßt sich nicht ohne nähere Untersuchung beantworten. Diese Frage stellt sich für das Patiententestament, wenn zu beurteilen ist, ob ein Arzt eine unerlaubte Handlung begeht, wenn er Maßnahmen der indirekten Sterbehilfe bei einem Patienten vornimmt, der zwar innerlich mit dem Eingriff einverstanden ist, diesen Willen aber weder dem Arzt noch einem Dritten gegenüber in irgendeiner Form kundgetan hat. Zur Beurteilung der Rechtsverbindlichkeit des Patiententestamentes ist es darüber hinaus von besonderer Bedeutung, inwieweit Abgabe und Zugang eines Behandlungsverbotes Voraussetzung der Wirksamkeit eines solchen sind. Für das Behandlungsverbot gibt es diesbezüglich überhaupt keine Stellungnahmen in Rechtsprechung und Literatur. Deshalb soll der Meinungsstand zur Einwilligung dargestellt und im Anschluß ein Rückschluß auf die Beurteilung des Behandlungsverbotes versucht werden. Für den Sonderfall der Einwilligung in die Freiheitsentziehung nach den Unterbringungsgesetzen der Länder vertreten die Zivil senate des Bundesgerichtshofes die Meinung, daß die Einwilligung die zustimmende Willensrichtung sei. 99 Allein der innere Wille genüge zur Rechtfertigung des Arztes, Erklärung und Zugang der Willensentscheidung seien nicht erforderlich. 100 Teile der zivilrechtlichen Literatur übernehmen diese für die strafrechtliche Einwilligung von den Vertretern der Willensrichtungstheorie entwickelte Mei97 Schmidhäuser, Strafrecht AT, S. 276; Zipf, Einwilligung, S. 26; MaurachIZipf, Strafrecht AT, S. 223; a.A. Jescheck, Strafrecht AT, S. 306 allerdings ohne weitere Begründung. 98 Rickmann, S. 148. 99 BGH (24.04.1961) VersR 1961, 632, 633 = LM § 839 (Fc) Nr. 15; BGH (02.12.1963) NJW 1964,1177,1177; BGH (24.09.1962) BGHZ 38, 49, 54. 100 So ausdrücklich BGH (14.03.1961) BGHZ 34, 355, 361 f. zur Selbstgefährdung des Geschädigten. 4 Schöllhammer

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nung 101 auch für die Einwilligung in nach §§ 823 ff. BGB unerlaubte Handlungen. 102 Dies wird damit begründet, daß das Recht die Interessen nicht gegen den Willen seines Rechtsgutträgers schützen könne. 103 Desweiteren wird darauf verwiesen, daß bei der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag der mutmaßliche - und insoweit innere - Wille des Geschäftsherrn zur Rechtfertigung ausreicht. Daraus wird gefolgert, daß für die rechtfertigende Einwilligung nichts anderes gelten könne. 104 Demgegenüber hat der Bundesgerichtshof für die Einwilligung in Eingriffe in die körperliche Integrität durchweg Abgabe und Zugang als notwendige Voraussetzung der rechtfertigenden Einwilligung angesehen. Er kommt zu diesem Ergebnis, auch wenn er die Einwilligung keineswegs als Willenserklärung angesehen hat und führt aus, der innerlich gebliebene und nicht zum Ausdruck gebrachte Wille genüge nicht. 105 Dem ist die Literatur weitgehend gefolgt. 106 Für die Notwendigkeit des Erfordernisses von Abgabe und Zugang spricht zum einen die Einordnung der Einwilligung als Willenserklärung. Der Schutz des Selbstbestimmungsrechtes erfordert hier keine Einschränkung bzgl. der Anwendung der allgemeinen Regeln des Rechts der Willenserklärungen. Vor allem dürfen an dieser Stelle noch nicht die Aspekte berücksichtigt werden, die bei der Frage nach der Notwendigkeit von Kundgabe und Zugang des Widerrufes einer Einwilligung eine Rolle spielen. Dort kann durchaus etwas anderes gelten. Zum anderen überzeugt der Vergleich mit dem Rechtfertigungsgrund der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag nicht. Zwar ist es richtig, daß zur Annahme der mutmaßlichen Einwilligung in die Geschäftsführung keine Kundgabe des Willens erforderlich ist. Aber auch dort ist der wirkliche Wille des Geschäftsherrn, für den das Erfordernis der Kundgabe gilt, gegenüber dem mutmaßlichen Willen vorrangig. 107 Vor allem aber ist die mutmaßliche Einwilligung im Rahmen der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag mit der rechtfertigenden Einwilligung nicht gleichzusetzen. 108 Die Geschäftsführung ohne Auftrag, die sich auf den mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn stützt, 101 Schmidhäuser, Strafrecht AT, S. 278 f.(noch ausführlicher in der 1. Auflage 1970, S. 223); Systematischer Kommentar-Samson, Vorb 42 v § 32. 102 Manigk, S. 508; Schenke, S. 43 ff., 47 ff., Böhmer, MDR 1959, 705, 705 ff. 103 Manigk, S. 508; Schenke, S. 43 ff., 47 ff. 104 Böhmer, MDR 1959, 705, 705 ff. 105 BGH (10.07.1954) NJW 1956,1106,1106 ff., BGHZ 29,176,180 (16.01.1959); BGH (22.06.1971) NJW 1971, 1887 f.; BGH (02.07.1974) NJW 1974, , 1947, 1950; für das Strafrecht: BGHSt 17, 359, 360 (10.07.1962). 106 RGRK-Steffen, § 823 RZ 379; Staudinger-Schäfer, § 823 RZ 463; Geilen, Einwilligung, S. 31 ff. 107 Medicus, Bürgerliches Recht, RZ 422; Esser/Weyers, Schuldrecht BT, § 46 II 3, S. 405. 108 Vgl. Gliederungspunkt B VIII.

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ist für einen ganz speziellen Fall gedacht. Sie kommt nur dann zur Anwendung, wenn eine tatsächliche Einwilligung oder Beauftragung durch den Geschäftsherrn nicht gegeben ist, wenn sie desweiteren aus tatsächlichen Gründen nicht einholbar ist und zudem ein Abwarten bis zur Entscheidung des Geschäftsherrn nicht möglich ist, da Gefahr im Verzug ist, wobei eine derart dringende Situation gegeben sein muß, daß sogar die Entscheidung eines zu bestellenden Betreuers nicht abgewartet werden kann. Schlüsse von einer derartigen Sondersituation auf den Normalfall der Einwilligung in eine ärztliche Behandlung verbieten sich. 109 Durch die Anerkennung der Notwendigkeit von Abgabe und Zugang der Einwilligung kann zudem der Gefahr begegnet werden,ll0 rein fiktive Einwilligungen zu konstruieren. 111 Derartige Konstruktionen erweisen sich in der Regel als äußerst problematisch, verdecken häufig den tatsächlichen rechtsgeschäftlichen Willen des Handelnden und sind daher abzulehnen. Die durch derartige Konstruktionen erzielten Ergebnisse lassen sich meist auch auf anderen Wegen mit dogmatisch überzeugenderer Begründung erreichen. 112 Dies belegt eindrucksvoll die Abkehr der BGH-Rechtsprechung von der - fingierten - Annahme der Einwilligung in eine Verletzung in den Fällen des Handeins auf eigene Gefahr, die jetzt über das Mitverschulden gelöst werden. 113 Das Festhalten am Erfordernis von Abgabe und Zugang der Einwilligung kann aber auch ausgehend von der Funktion der Einwilligung, die einen generell verbotenen Eingriff in ein Rechtsgut ausnahmsweise erlaubt, begründet werden. Die Beseitigung der Rechtswidrigkeit einer unerlaubten Handlung ist ein gravierendes Ergebnis. Um dieses herzuleiten, bedarf es einer besonders klaren und eindeutigen Willensfestlegung. Eine solche kann nicht alleine in der passiven Hinnahme der Beeinträchtigung gesehen werden. Erforderlich ist vielmehr eine eindeutige und kundgetane Erklärung. 114 Besondere Bedeutung hat jedoch, daß die rechtfertigende Einwilligung, wie die Ausführungen zur Rechtsnatur gezeigt haben, in Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes das Rechtsverhältnis zwischen Arzt und Patient gestaltet. Mithin ist die Einwilligung auf zwischenmenschliche Kommunikation angelegt

109 So auch Kohte, AcP 185 (1985), 105, 122 f. 110 Kohte, AcP 185 (1985), 105, 122. 111 So wurde vom BGH im Anschluß an RGZ 145, 390 ff. (22.11.1934) eine fiktive Einwilligung beim Handeln auf eigene Gefahr angenommen von in: BGHZ 2, 159 ff. (17.05.1991) und BGH (09.10.1952) VersR 1952, 420 f. 112 Vgl. BGHZ 63, 140, 144 (05.11.1974); Füllgraf, VersR 1983, 705, 708; Lange, S. 407; Teichmann, JA 1979, 293, 294; Krähe, S. 89 ff., 158 ff.; Kohte, AcP 185 (1985), 105, 123. 113 BGHZ 34,355,360 ff. (14.03.1961) 114 Amelung,S.97.

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und ist als Sozialakt zu bezeichnen. 115 Aus der Funktion des Sozialaktes muß aber, wie die Argumentation für die rechtsgeschäftliche Willenserklärung zeigt, die Notwendigkeit der Kundgabe abgeleitet werden. 116 Abgabe und Zugang der Einwilligungserklärung sind daher Wirksamkeitsvoraussetzungen der Einwilligung in ärztliche Behandlungsmaßnahmen. 117 Bejaht man das Erfordernis des Zugangs der Einwilligung, so bedeutet dies, daß sie dem Arzt, der die Behandlung vornehmen soll, zugehen muß. Das heißt, daß die im Patiententestament enthaltene Behandlungsanweisung erst mit Übergabe des Patiententestamentes an den behandelnden Arzt wirksam wird. Dieser ist bei der Niederlegung des Patiententestamentes noch unbekannt. Die Rechtswirkungen treten daher erst ein, wenn das Patiententestament dem Arzt in der Phase des Sterbens ausgehändigt wird (§ 130 BGB). Das Behandlungsverbot ist inhaltlich die Negation der Einwilligung. Für sie muß grundsätzlich das Gleiche wie für die Einwilligung gelten. Bereits die Rechtsnatur des Behandlungsverbotes als Willenserklärung spricht für die Notwendigkeit von Abgabe und Zugang. Auch ohne ein Behandlungsverbot ist eine ärztliche Behandlung bereits unzulässig, wenn keine Einwilligung vorliegt. Insoweit wird das Selbstbestimmungsrecht durch das Erfordernis von Abgabe und Zugang nicht oder zumindest nicht allzusehr eingeschränkt. Der Vergleich zur Geschäftsführung ohne Auftrag überzeugt aus den gleichen Gründen wie für die Einwilligung auch für das Behandlungsverbot nicht. Mithin ist auch für das Behandlungsverbot Abgabe und Zugang Wirksamkeitsvoraussetzung .

4. Fonn Das Patiententestament wird in aller Regel schriftlich niedergelegt. Häufig ist auch, daß die gesamte Erklärung notariell beurkundet oder zumindest die Unterschrift durch einen Notar beglaubigt wird. Denkbar ist aber auch, daß der Testator seinen diesbezüglichen Willen in mündlicher Form kundtut. Fraglich ist, inwieweit alle diese Formen der Kundgabe ausreichend sind. Allgemein ist sowohl für Willenserklärungen wie für Willensäußerungen keine bestimmte Form vorgegeben, die einzuhalten wäre. Eine gesetzliche Regelung, die für die Einwilligung in ansonsten unerlaubte Handlungen eine bestimmte Form vorschreibt, gibt es nicht. 115 Kohte, AcP 185 (1985), 105, 122. 116 Fabricius, JuS 1966, I, 8. 117 So auch: Epple, BWNotZ 1981, 31, 32; neuere gesetzliche Regelungen zur Einwilligung verlangen dies ebenfalls; vgl. § 3 S. 2 BDSG und § 40 Abs. 2 S. 1 AMG.

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Auch aus der Besonderheit, daß die Einwilligung in die körperliche Integrität unter dem besonderen Schutz des grundgesetzlieh geschützten Selbstbestimmungsrecht steht, kann die Notwendigkeit der Einhaltung einer bestimmten Form nicht abgeleitet werden. Da nach der Rechtsprechung der Einwilligung eine eingehende und vom Arzt nachzuweisende Aufklärung so zeitig vorausgehen muß, daß dem Betroffenen ausreichend Zeit zur geordneten Entscheidungsfindung bleibt, ist der Schutz gegen Übereilung der Entscheidung auch ohne das Erfordernis der Schriftform gewährleistet. Die Erleichterung des Nachweises der Erteilung der Einwilligung, als der zweite mit der Schriftform verbundene Vorteil, führt zwar in der Praxis dazu, daß der Arzt sich die Einwilligung in aller Regel schriftlich geben läßt. Da aber klare Beweislastregelungen bestehen, ist die Rechtsklarheit auch ohne das Erfordernis der Schriftlichkeit in ausreichendem Maße gewahrt. Die Rechtsprechung läßt demnach folgerichtig die formlose Einwilligung in eine ärztliche Behandlung ausreichen, wobei diese ausdrücklich oder sogar durch konkludentes Verhalten erfolgen kann. 118 Demnach ist die konkludente Einwilligung grundSätzlich einer ausdrücklichen Erklärung gleichgestellt. Notwendig ist schlüssiges Verhalten des Patienten, also die Vornahme von Handlungen, die mittelbar den Schluß auf einen bestimmten Rechtsfolgenwillen zulassen. 119 Bereits nach allgemeinen Grundsätzen reicht reines Schweigen für die Annahme einer Willenserklärung nicht aus. Vergegenwärtigt man sich die Bedeutung der Einwilligung als Disposition über ein besonders geschütztes hochwertiges Gut, so wird klar, daß an die Annahme von konkludenten Einwilligungen ganz besondere Anforderungen zu stellen sind 120 und ganz besondere Vorsicht bei deren Bejahung am Platze sein muß. Verzicht und Preisgabe von Rechtsgütern dürfen nicht vermuten werden. 121 Für die rechtfertigende Einwilligung als verzichtsähnliches Institut muß dasselbe gelten. 122 Insoweit müssen zur passiven Hinnahme der Behandlung zusätzliche und konkrete Indizien vorliegen, um eine stillschweigende Einwilligung anzunehmen. Aus der inhaltlichen bzw. besser terminologischen Nähe des Patiententestamentes zum Erbrecht ergibt sich ebenfalls nichts anderes. Zwar können 118 BGH (22.06.1971) NIW 1971, 1887, 1887 f.; BGH (02.07.1974) NIW 1974, 1947, 1950; BGHSt 12, 379, 382 (10.02.1959); so auch: Epple, BWNotZ 1981, 31, 32. 119 Larenz, AT, § 19 IV b, S. 358 ff.; Flume, AT, § 5 3, S. 69 ff.; Palandt-Heinrichs, Einf v § 116, RZ 6. 120 Problematisch insoweit BGH (20.12.1960) NIW 1961, 261, 261 f. 121 RGZ 118,63,66 (20.09.1927); MünchKornrn-v. Feldmann, § 397 BGB RZ 2. 122 Kohte, AcP 185 (1985), 105, 123.

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soweit das Gesetz dies vorsieht - auch nichtvennögensrechtliche Regelungen in einem Testament oder Erbvertrag (§ 2299 BGB) mitgeregelt werden. Gegenstand solcher Verfügungen sind u.a. Benennung oder Ausschluß eines Vormunds durch die sorgeberechtigten Eltern bzw. den sorgeberechtigten Elternteil (§§ 1777, 1782 BGB), Anordnung der Testamentsvollstreckung oder Teilungsanordnungen. Regelungen, die die Art und Weise des Sterbens betreffen, sind im Erbrecht oder sonst im BGB allerdings nirgends zu finden. Auch unter den Begriff Verfügung von Todes wegen kann man das Patiententestament nicht fassen, da es nicht die Situation nach dem Tod, sondern die unmittelbar vor dem Tod behandelt. Den erbrechtlichen Fonnvorschriften (Form von Testament oder Erbvertrag) unterliegt das Patiententestament als lebzeitige Erklärung nicht. 123 Daß nicht alle Regelungen, die im Zusammenhang mit dem Tod stehen, den erbrechtlichen Fonnvorschriften unterliegen, wurde bereits vom Reichsgericht in einer Entscheidung über die Bestattungswünsche eines Toten erkannt. 124 Ansatzpunkte, warum das Patiententestament, das eine spezielle Art der Behandlungsanweisung darstellt und sich aus partieller Einwilligung und Nichteinwilligung zusammensetzt, speziellen Fonnerfordernissen unterliegen sollte, sind nicht ersichtlich. 125 Von daher kann der dem Patiententestament entsprechende Wille vom Patienten auch in mündlicher Fonn erklärt werden, ja es sind in Ausnahmesituationen sogar Fonnen der konkludenten Erklärung denkbar .126 Die notarielle Beurkundung oder zumindest die Beglaubigung der Unterschrift durch den Notar 127 ist ebenfalls nicht notwendig. Sie verdeutlicht aber den besonders intensiven Willen des Patienten, daß sein Wille Rechtswirkungen auslösen soll. Festzuhalten bleibt, daß Fonnvorschriften der Rechtswirksamkeit des Patiententestamentes somit nicht entgegenstehen.

123 Epple, BWNotZ 1981, 31, 31; Harder, ArztR 1991, 10, 12. 124 RGZ 154,269,270 (05.04.1937); Das Gesetz über Feuerbestattungen v. 15. Mai 1934 (RGBI. 380) legt in § 2 Abs. 1 und § 4 ausdrücklich fest, daß auch andere Fonnen der Willensäußerung des Verstorbene zulässig sind. 125 So auch Epple, BWNotZ 1981,31,32. 126 Wenn in der Literatur Schriftlichkeit gefordert wird (so u.a. Harder, ArztR 1991, 10, 12), so gehen die Autoren wohl allein schon wegen der Bezeichnung als Testament davon aus, daß eine schriftliche Fixierung stattgefunden hat. Diese Äußerungen sind daher so zu verstehen, daß keine weitergehende Fonn als diese nötig ist. 127 Die Unmöglichkeit für den Notar, der sich auch wesentlich auf medizinische Sachverhalte beziehenden Belehrungspflicht nachzukommen, führt dazu, daß Notarkammern ihren Mitgliedern nur die Beglaubigung der Unterschrift empfehlen.

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5. Inhaltsbestimmung und Auslegung Es besteht Einigkeit, daß für die Auslegung der Erklärung die allgemeinen Grundsätze für rechtsgeschäftliehe Willenserklärungen - wenn auch vorsichtig angewendet werden können. 128 Dies wird nicht nur von den Befürwortern der rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Natur der Einwilligung vertreten, sondern auch von denen, die die Einwilligung zu keinem von beiden hinzurechnen. 129 Auch in anderen Bereichen der Einwilligung in die Beeinträchtigung von höchstpersönlichen Rechten wird von der Rechtsprechung und Literatur regelmäßig auf die §§ 133, 157 BGB zurückgegriffen. 130 Dies ist auch richtig, da - wie bei der Rechtsnatur dargelegt - die Einwilligung als Ausdruck der Selbstbestimmung zumindest auch ein willensbestimmter Vorgang ist, der keineswegs mit einem reinen Realakt vergleichbar ist. 131 Da die Einwilligung ein empfangsbedürftiger Sozial akt ist, muß neben § 133 BGB auch § 157 BGB zur Anwendung kommen, der nicht nur für Verträge, sondern auch für einseitige, jedoch empfangsbedürftige Willenserklärungen einschlägig ist. 132 Die Auslegung der Einwilligungserklärung erfordert demnach die Erforschung des Willens, den der Adressat als den wirklichen Willen des Erklärenden verstehen konnte. Dabei muß er sowohl die Vorkenntnisse als auch die Situation des Erklärenden sowie die Funktion der Einwilligung berücksichtigen. Sowohl das "Ob" als auch das "Wie" der Erlaubnis sind durch Auslegung zu ermitteln. 133 Dabei hat sich die Aufklärung am Schutz des Betroffenen und seines Selbstbestimmungsrechtes auszurichten. Die Einwilligung wirkt allerdings nur so weit, wie ihr objektiver Erklärungsinhalt geht. 134 Besondere Bedeutung hat die Auslegung bei der Frage, inwieweit eine konkludente Einwilligung anzunehmen ist. Nach § 133 BGB ist dabei zunächst die Erforschung des wirklichen Willens wesentlich. Gerade hier bedarf es besonderer Anhaltspunkte für die Annahme, daß der Wille des Betroffenen die Beein128 BGH (18.03.1980) NJW 1980, 1903, 1904; OLG Karlsruhe (25.01.1978) VersR 1979, 58,58 f. 129 RGRK-Steffen, § 823 RZ 377. 130 Zum Recht am eigenen Bild: BGHZ 20, 345, 348 (08.05.1956); BGH (10.11.1961) GRUR 62, 211, 211; OLG Stuttgart (16.12.1981) NJW 1982, 652, 652 f.; OLG 01denburg (13.01.1983) AfP 83, 401,401; MünchKomm-Schwerdmer, § 12 BGB RZ 177; zur Einwilligung in die Teilnahme an einem sozialpsychologischen Test: Wiese, FS Duden, S. 719, 739; Deutsch, FS Weitnauer, S. 297, 310. 131 Kohte, AcP 185 (1985), lOS, 125. 132 RGZ 169,122, 125 (05.05.1942); BGHZ 47,75,78 (03.02.1967); Medicus, BGB AT, RZ 319 ff. 133 Kohte, AcP 185 (1985), lOS, 125 f. 134 RGRK-Steffen, § 823 RZ 381.

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trächtigung des geschützten Rechtsgutes beinhaltet. Die Auslegung darf hierbei nicht durch Anwendung von vermeintlichen Erfahrungssätzen die Grenze zur fiktiven Einwilligung überschreiten. 135 Die systematische Anwendung der §§ 133, 157 BGB erweist sich in diesen Fällen immer wieder als wichtiges Kontrollinstrument, damit das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen nicht durch eine "konstruierte Einwilligung" unterlaufen wird. Für das Patiententestarnent bedeutet dies, daß sein Inhalt der Auslegung unterliegt. Evtl. verwendete unbestimmte Begriffe können und müssen durch Auslegung konkretisiert werden. Beispielsweise ist die Frage, inwieweit die tatsächlich eingetretene Situation derjenigen entspricht, die der Patient bei der Abfassung des Patiententestarnentes regeln wollte, unter konsequenter Anwendung der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Auslegungsfragen zu einzelnen Passagen des Patiententestarnentes dürfen jedoch nicht mit Schwierigkeiten verwechselt werden, die bei der Erstellung von Diagnose und Prognose von Krankheit und Krankheitsverlauf auftreten. Hierbei kann keine Auslegung erfolgen, da die medizinische Beurteilung und Bewertung generell Sache des Arztes ist und nach dem Patiententestarnent auch ausdrücklich diesem zugewiesen wird. Insbesondere dann, wenn es darum geht, zu klären, ob eine infauste Prognose vorliegt, ist der medizinische Sachverstand der Ärzte gefragt. Hier und nicht bei der Überprüfung, inwieweit die Anordnung des Patienten "Sinn" macht - liegt die wichtigste und besonders schwierige Aufgabe des Arztes. Inhaltliche Ungenauigkeiten und Unklarheiten des Patiententestarnentes, die sich aus seiner notwendigen Abstraktheit ergeben, lassen sich durch Anwendung der Auslegungsregeln weitgehend klären. Begriffe wie irreversible Bewußtlosigkeit, schwere Dauerschädigung des Gehirns, Ausfall lebenswichtiger Körperfunktionen und infauste Prognose lassen sich - soweit dies überhaupt notwendig sein sollte - durch Auslegung in ausreichendem Maße bestimmen. 136 Erst wenn sich auch durch Auslegung der Patientenwille nicht mehr ermitteln und klären läßt, kann die Existenz einer Behandlungsanweisung des Patienten verneint und auf die Einwilligung durch einen zu bestellenden Betreuer 135 Vgl. die Kritik an Entscheidungen der Rechtsprechung, die das Einsenden eines handschriftlichen Lebenslaufes als konkludente Einwilligung in ein graphologisches Gutachten werten (ArbG München; 14.04.1975) NJW 1975, 1908 f.) bei Wiese, ZfA 1971, 273, 282 f.; Bepler, NJW 1976, 1872, 1873; Otto, Personale Freiheit, S. 16 f.; Schwerdtner, Arbeitsrecht I, S. 340 bzw. im Vertrag Bank - Kunde eine konkludente Einwilligung in das Bankauskunftsverfahren sahen (so: LG Mönchengladbach (13.11.1980) WM 1981,288,288 ff. und Schraepler, NJW 1972, 1836, 1836 ff.) bei Canaris, Bankvertragsrecht, Anrn. 57 und Wolff, AG 1968, 286, 288. 136 Die Bestimmbarkeit der Behandlungsanweisung reicht für deren Wirksamkeit aus; vgl. Rickmann, S. 149 ff. mit Nachweisen zu konträren Auffassungen.

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oder auf andere Rechtfertigungsgründe zurückgegriffen werden. Dies dürfte jedoch bei Verwendung des Uhlenbruckschen Textes äußerst selten der Fall sein. 6. Beweislast Die Beweislast für das Vorliegen der Einwilligung und dafür, daß die Einwilligung auch den konkret vorgenommenen Eingriff von Reichweite und Umfang her umfaßt, trägt der Arzt,137 da er die Vermutung der Rechtswidrigkeit, die mit der tatbestandlichen Verwirklichung einer unerlaubten Handlung verbunden ist, widerlegen muß. Insoweit ist die Angst eines Arztes verständlich, wegen unerlaubter Handlung belangt zu werden, wenn er das Vorliegen der Einwilligung nicht nachweisen kann. Insoweit spricht ein praktischer Aspekt für die Anerkennung der Rechtswirksamkeit des Patiententestamentes. Dann könnte der Arzt dem im Patiententestament geäußerten Willen des Patienten entsprechen, ohne sich der Gefahr auszusetzen, durch ärztliche Behandlung eine - mangels wirksamer Einwilligung - unerlaubte Handlung zu begehen. Voraussetzung dafür wäre allerdings, daß er trotz entsprechender Ermittlungen keine Anhaltspunkte feststellen konnte, daß der Patient zwischenzeitlich seinen Willen geändert haben könnte. 7. Widerruflichkeit und Wirkungsdauer Als Voraussetzung der Rechtfertigung muß die Einwilligung während des gesamten Eingriffes, vom Augenblick des Behandlungsbeginnes bis zum Ende der Behandlung vorliegen. Würde man auf die Regelung des § 130 Abs. 1 S. 2 BGB aus dem Recht der Willenserklärung abstellen, so wäre ein Widerruf der Einwilligung nur möglich, wenn dieser dem Erklärungsempfanger vor oder gleichzeitig mit der Einwilligungserklärung zugehen würde. Nach Zugang der Einwilligung wäre der Rechtsgutträger an seine Erklärung gebunden.

137 BGH (27.02.1984) BGHZ 90,90, 103, 111 = IR 1984, 369, 369 ff.(mA Giesen) = IZ 1984,629, 629 ff.(mA Laufs/Kern); Soergel-Zeuner, § 823 RZ 215; MünchKomm-Hanau, § 276 BGB RZ 13 mwN; LG Düsseldorf (12.10.1989) VersR 1990, 852, 852 ff.; Epple, BWNotZ 1981,31,32 vertritt die Auffassung, daß für Verfügungen für menschenwürdiges Sterben die allgemeinen Grundsätze der Beweiswürdigung des Zivilrechts gelten.

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B. Rechtliche Untersuchungen

a) Widerruf der Einwilligung Es besteht aber Einigkeit dahingehend, das die Einwilligung in Eingriffe in die körperliche Integrität und das allgemeine Persönlichkeits recht jederzeit bis zur vollständigen Durchführung des Eingriffs beschränkt oder zurückgenommen werden kann. 138 Dabei wird vor allem die Herleitung der Einwilligung aus dem Selbstbestimmungsrecht als Begründung angegeben. 139 Dies wird auch von den Anhängern eines rechtsgeschäftlichen Charakters der Einwilligung befürwortet. 140 Weitgehend klar und unbestritten ist, daß demgegenüber die Einwilligung zu Eingriffen in Eigentumsrechte oder andere dingliche Rechtspositionen bindend und unwiderruflich erteilt werden kann. 141 Es zeigt sich, daß die Frage der Widerrufbarkeit der rechtfertigenden Einwilligung nicht von deren Rechtsnatur her zu klären ist, sondern von Bedeutung und Funktion des jeweiligen Rechtsgutes abhängig ist, in das eingewilligt wird. 142 Sowohl körperliche Unversehrtheit wie auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht sind Rechtsgüter , die für den Menschen eine derart gewichtige, höchstpersönliche Bedeutung haben, daß der Rechtsgutträger die Möglichkeit haben muß, seine Entscheidung über die Erlaubnis zum Eingriff hierein jederzeit zu aktualisieren, zu konkretisieren oder auch zu revidieren. Die Befürwortung der Unwiderrufbarkeit der rechtfertigenden Einwilligung in Eingriffe in die körperliche Integrität würde den Patienten in eine Objektrolle drängen, was mit den verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechten auf körperliche Integrität und Menschenwürde unvereinbar wäre. 143 Insoweit kann auch auf die Argumentation bezüglich der Frage von Widerruflichkeit oder Unwiderruflichkeit der Vollmacht zurückgegriffen werden,l44 bei der anerkannt ist, daß sie dann unwiderruflich erteilt werden kann, wenn sie nicht das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen in Frage stellt. Andernfalls wird die den Widerruf ausschließende Klausel - nicht die Vollmacht selbst 145 - wegen Sittenwidrigkeit als rechtsunwirksam angesehen. 146

138 139 140 141

RGRK-Steffen, § 823 RZ 379. RGRK-Steffen, § 823 RZ 379. Kohte, AcP 185 (1985), 105, 137. So bereits v. Tuhr, BGB AT, Bd II/2, S. 469; demgegenüber hält Schenke, S. 106 ff. eine rechtfertigende Einwilligung in Eigentumsrechte gar nicht für möglich und nimmt eine rechtsgeschäftliche Begründung des Eingriffes an, die von der Einwilligung, die seiner Meinung nach keine Willenserklärung ist, streng zu unterscheiden ist. 142 Forkel, JZ 1974,593,595; Kohte, AcP 185 (1985), 105, 137. 143 Canaris AcP 184,201,233 f.; Forkel, JZ 1974,593, 595; Kohte, AcP 185 (1985), 105,

137. 144 Kohte, AcP 185 (1985), 105, 138. 145 MünchKomm-Thiele, § 168 RZ 28; Palandt-Heinrichs, 146 Soergel-Leptien, § 164 RZ 22, 26.

§

168 RZ 6.

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Daß eine Willenserklärung auch nach ihrem Zugang noch widerruflich sein kann, zeigen die Regelung des § 40 Abs. 2 Arzneimittelgesetzes, 147 der Meinungsstand zur Widerrufbarkeit einer datenschutzrechtlichen Einwilligung 148 und die Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichtes über das Einverständnis zur Eintragung der Konfessionszugehörigkeit im Heiratsbuch. 149 Danach kann eine Willenserklärung dann widerruflich sein, wenn der Widerruf vertraglich vorbehalten oder gesetzlich zugelassen ist. Die gesetzliche Zulässigkeit des Widerrufes ergibt sich bei der Einwilligung in die körperliche Unversehrtheit aus genannten Grundrechtspositionen, die über die Zulässigkeit der Vereinbarkeit der Widerrufbarkeit hinaus sogar - unabhängig von einer diesbezüglichen Vereinbarung zwischen Arzt und Patient - eine generelle Widerruflichkeit statuieren. Die Frage, inwieweit sich derjenige, der eingewilligt hat, durch seinen Widerruf gegenüber dem Einwilligungsempfanger schadensersatzpflichtig macht, sei an dieser Stelle nur aufgeworfen. Zum einen darf durch übermäßig schwere wirtschaftliche Folgen der Schadensersatzpflicht die Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes nicht faktisch ausgeschlossen werden. Zum anderen dürfte es jedoch auch unbestreitbar sein, daß die genannten grundrechtlichen Positionen nicht als Begründung hergezogen werden können, um die Annahme einer Schadensersatzpflicht gänzlich zu abzulehnen. 150 Grundsätzlich kann vom Fortbestand und von der Fortwirkung der Einwilligung bis zum ihrem zulässigen Widerruf ausgegangen werden. 151 Allerdings ist zu beachten, daß ein gewisser Zeitablauf der Vermutung des Fortbestandes der Einwilligung ebenso wie zwischenzeitlich aufgetretene andere Umstände entgegenstehen können. Auf jeden Fall steht dem Fortbestand der Einwilligung nicht nur ein ausdrücklicher Widerruf im Wege. 152 b) Widerruf des Behandlungsverbotes

Bereits die Vergleichbarkeit der Funktion von Einwilligung und Behandlungsverbot zur Gewährleistung des Selbstbestimmungsrechts spricht für die Übertragung der bei der Einwilligung erörterten Lösungen auf den Widerruf des Behandlungsverbotes. Für den Fortbestand des Behandlungsverbotes bis zum Widerruf der Erklärung spricht aber vor allem, daß die tatbestandlieh 147 Diese Norm regelt die Einwilligung des Betroffenen in die klinische Prüfung eines Arzneimittels. 148 Simitis, § 3 BDSG Anm. 90 ff. 149 BayObLG (11.12.1981) NJW 1983,1680,1680 f. 150 So Kohte, AcP 185 (1985), 105, 138. 151 RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. II RZ 103; Deutsch, NJW 1979, 1905, 1906. 152 RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. II RZ 103.

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B. Rechtliche Untersuchungen

verwirklichte unerlaubte Handlung regelmäßig rechtswidrig ist, wenn nicht ausnahmsweise eine rechtfertigende Einwilligung vorliegt. Kann man generell vom Fortbestand der Einwilligung ausgehen, so muß das erst recht für das Behandlungsverbot gelten. Aufgrund des Regel-Ausnahme-Verhältnisses kann eine Argumentation dahingehend, daß die Wirkungen des Behandlungsverbotes nach einem gewissen Zeitablauf wegfallen, keineswegs vertreten werden. Allerdings ist zuzugeben, daß bei einem lange Zeit zurückliegenden Behandlungsverbot unter Anwendung der Auslegungsregelungen besonders intensiv geprüft werden muß, inwieweit zwischenzeitlich eine das Behandlungsverbot widerrufende konkludente Einwilligung in die Behandlung erfolgt ist. Für den Widerruf des Behandlungsverbotes muß demnach dasselbe wie für den Widerruf der Einwilligung gelten. Auch eine derartige Erklärung ist durch nachträgliche Widerruf oder durch Einwilligung in die Behandlung widerrufbar. Soweit jedoch kein Widerruf erfolgt ist, muß vom Fortbestand des Behandlungsverbotes ausgegangen werden. Der Rückschluß aus der Widerrufbarkeit des Behandlungsverbotes auf den Widerruf, wie er von Teilen des Schrifttums zum Patiententestament vertreten wird,153 ist nach alledem keineswegs haltbar. Der Verzicht auf das Recht auf körperliche Unversehrtheit ist nicht vermutbar. Vielmehr bedarf es generell der Einwilligung des Betroffenen bzw. - entweder zusätzlich oder an deren Stelle der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters oder aber es müssen die Voraussetzungen der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag vorliegen. Auf keinen Fall darf mit einer derartigen Argumentation eine fiktive Erklärung "herbeikonstruiert" werden. Ein Schluß von der Widerrufbarkeit auf den Widerruf wäre - wenn überhaupt - allenfalls für die rechtfertigende Einwilligung selbst angemessen, weil sie einen Ausnahmetatbestand vom grundsätzlich verbotenen Eingriff in ganz wichtige und höchstpersönliche Rechtsgüter darstellt. Das Behandlungsverbot verstärkt und unterstreicht demgegenüber das generelle Verbot des Eingriffs in die körperliche Integrität. c) Anforderungen an die Willensbildung zum Widerruf

Einer besonderen Untersuchung bedarf allerdings die Frage, welche Anforderungen an den Widerruf einer Behandlungsanweisung zu stellen sind. Für den Widerruf von Einwilligung oder Behandlungsverbot reichen konkludente Erklärungen genauso aus wie für die Erklärung von Einwilligung und Behandlungsverbot. 154 Uhlenbruck verlangt, daß der Patient in irgendeiner Weise 153 Fritsche, Sterbehilfe, S. 5, 10; Breit, S. 117, 123; Detering, JuS 1983, 418, Epyle, BWNotZ 1981, 31, 32; Tröndle, DJT 1986, Seite M 29,52; Spann, MedR 1983, 54 RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. 11 RZ 103.

418 ff.; 13, 14.

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zu erkennen gibt, daß er angesichts der besonderen Situation von seinem bisherigen Willen abrückt. 155 Auf die Anforderungen an die Willensbildung geht auch Uhlenbruck jedoch nicht ausdrücklich ein. Auf jeden Fall kann man nicht - wie Rickmann meint 156 - aus dieser Stellungnahme entnehmen, daß auf das Erfordernis der Urteilsfähigkeit für den Widerruf verzichtet wird. Gründe, warum man einem Patienten, der keine ausreichende Urteilsfähigkeit zur Erteilung von Einwilligung oder Behandlungsverbot hat, diese zum Widerruf eines Behandlungsverbotes zusprechen sollte, gibt es nicht. Entweder ist ein Mensch in der Lage, derartige Abwägungsvorgänge mit rechtsverbindlicher Konsequenz vorzunehmen oder nicht. Abstufungen bzgl. des inhaltlichen Ergebnisses des Abwägungsvorganges verbieten sich. Insoweit sei auf die weitergehenden Ausführungen bzgl. der persönlichen Voraussetzungen der Willensbildung des Patienten unter Gliederungspunkt V verwiesen. Scharf vom Widerruf einer Behandlungsanweisung muß aber die Frage getrennt werden, ob sich nach Erteilung der Behandlungsanweisung die Verhältnisse, die für den Patienten bei der Entscheidungsfindung wesentlich waren, geändert haben. Dazu wird später unter dem Gliederungspunkt VII einzugehen sein. Zu unterscheiden ist der Widerruf auch von der bereits erwähnten Problematik, die für den Arzt darin liegt, entscheiden zu müssen, ob nunmehr aus medizinischer Sicht die Situation vorliegt, für die im Patiententestament eine Behandlungsanweisung erfolgt ist. Wie bei der Erteilung der Einwilligung verhindert es die Wirksamkeit des Widerrufes nicht, wenn der Patient nach Abgabe des Widerrufes die Geschäftsfähigkeit verliert (§ 13011 BGB). d) Notwendigkeit des Zugangs des Widerrufes

Der Widerruf muß wie die Einwilligung dem Erklärungsempfanger zugehen. Dies gebietet der Vertrauensschutz des Arztes, der nach einmal erteilter Behandlungsanweisung zu berücksichtigen ist. Hierin kann keine unangemessene Einschränkung des Selbstbestimmungsrechtes des Patienten gesehen werden, da der Patient durch die zur Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechtes erfolgte Antizipation der Behandlungsanweisung selbst die Ursache für die Notwendigkeit ihres Widerrufes gesetzt hat.

155 Uhlenbruck, NJW 1978, 566, 569; ähnlich v. Dellingshausen, S. 372. 156 Rickmann, S. 185 f.

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B. Rechtliche Untersuchungen

8. Willensmängel

Nach allgemeiner Meinung ist der Patient nicht nur dann nicht mehr an eine früher gegebene Einwilligung gebunden, wenn er diese wirksam widerrufen hat. Vielmehr ist auch bei einigen Fällen des Irrtums die Einwilligung entweder apriori unwirksam oder zumindest durch Anfechtung zu beseitigen. Dabei muß die Frage, inwieweit ein Irrtum bei der Willensbildung vorliegt, streng von den Themenkreisen Fähigkeit und Möglichkeit zur Willensbildung zum einen und Widerruf einer einmal erteilten Behandlungsanweisung zum anderen unterschieden werden. 157 Anders als bei der Thematik der Wirksamkeit der Willensbildung, bei der es um die Frage geht, inwieweit der Patient die Möglichkeit hat, einem Arzt eine rechtsverbindliche Behandlungsanweisung zu erteilen, geht es in diesem Abschnitt um die Frage, inwieweit ein Patient, dem die generellen Fähigkeiten, über die Gestaltung des Sterbens eine Regelung zu treffen (vor allem Urteilsfähigkeit- und Urteilsmöglichkeit), nicht abgesprochen werden kann, sich ausnahmsweise von den Rechtsfolgen von Einwilligung und Behandlungsverbot loslösen kann, indem er sich auf einen Irrtum beruft. Beim Widerruf einer Behandlungsanweisung geht es um nachträgliche Meinungsänderung, während es bei den Irrtumsfällen um Fehlvorstellungen bei der Willens bildung geht, die bereits bei der Entscheidungsfindung vorliegen. Zunächst soll kurz auf die Rechtsfolge des Irrtums eingegangen werden, bevor die Fallgruppen des Irrtums behandelt werden, bei denen diese Rechtsfolge eintritt. a) Rechtsjolge des Irrtums

Die Rechtsprechung geht davon aus, daß die Einwilligung in den noch zu erörternden Irrtumskonstellationen von vorneherein unwirksam ist, so daß es einer Anfechtung gar nicht bedarf. 158 Dabei wird aber - soweit ersichtlich - nirgends die Auffassung vertreten, daß auch der Erklärungsempfanger sich einseitig mit der Begründung, der Erklärende habe sich geirrt, von der Behandlungsanweisung lösen kann. Vielmehr muß bei Irrtumsfällen immer die Initiative zur Beseitigung der Rechtswirkungen vom Erklärenden ausgehen. Insoweit finden sich in der Rechtsprechung zur Einwilligung keine Anhaltspunkte für die im Zusammenhang mit der Beurteilung des Patiententestamentes vertretene Auffassung, daß der Arzt, gestützt auf das Argument, der Patient habe sich bei 157 Rickmann, S. 159 ff., 171 ff., 184 f., 186 ff. vermischt alle drei Themenkreise. 158 BGH (17.02.1964) NJW 1964, 1177, 1177 f. im Anschluß an die strafrechtliche Rechtsprechung diesbezüglich; vgl. Arzt, S. 15 ff.; Schönke-Schröder-Lenkner, vor § 32 StGB Anm. 45 ff.; zustimmend auch RGRK-Steffen, § 823 RZ 380; Deutsch, Haftungsrecht I, S. 227.

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der Erteilung der Behandlungsanweisung geirrt, von der Bindung an die Anweisung lösen kann. Anhänger der rechtsgeschäftlichen Natur der Einwilligung vertreten demgegenüber vor allem deshalb, weil das Vertrauen des Erklärungsempfängers auf die Existenz der Einwilligung zu schützen sei, die Meinung, daß die irrtumsbehaftete Einwilligung durch Anfechtung beseitigt werden müsse. 159 Die durch die Rückwirkung der Anfechtung entstehenden unbilligen Haftungsfolgen für den Arzt, der im Vertrauen auf den Bestand der Einwilligung die Behandlung vorgenommen hat, können über das Korrektiv des Verschuldens vermieden werden. Hier ergeben sich im Vergleich zur Auffassung der Rechtsprechung, die bereits von der anfänglichen Unwirksamkeit ausgeht, keine anderen Ergebnisse. 160 Der wesentliche Unterschied zur Meinung der Rechtsprechung besteht vor allem in der Notwendigkeit einer fristgerechten Anfechtungserklärung. Regelmäßig wird aber in der Einreichung der Klage gegen den Arzt die konkludente Erklärung der Anfechtung zu sehen sein. Insoweit wird das Selbstbestimmungsrecht des Patienten durch die Notwendigkeit der Anfechtung nicht übermäßig eingeschränkt, so daß es berechtigt erscheint, zur Loslösung von der Behandlungsanweisung eine Anfechtungserklärung gegenüber dem Arzt vorauszusetzen. Ein gewichtiger Grund, der dazu zwingt, an dieser Stelle von den allgemeinen Grundsätzen des Zivilrechts zur Behandlung von Irrtümern wie beispielsweise § 143 BGB abzuweichen, ist nicht ersichtlich. Vielmehr sind auch insoweit die Rechtsfolgen der allgemeinen Regelungen der Willenserklärung angemessen und anzuwenden. Im übrigen wird in der Literatur zutreffend darauf verwiesen, daß das Selbstbestimmungsrecht bei der rechtfertigenden Einwilligung in ärztliche Behandlungen durch die Eröffnung der Möglichkeit des Widerrufes gewährleistet wird, wenn auch dieser - im Gegensatz zur ex tune-wirkenden Anfechtung nur ex nunc wirkt. b) Voraussetzungen der Irrtumsanfechtung

Fraglich ist jedoch, für welche Fallkonstellationen des Irrtums diese Rechtsfolge eintritt. Weitgehend Einigkeit besteht, daß einer Einwilligung, die durch

159 Kohte, AcP 185 (1985), 105, 140 ff. 160 Eine Mindenneinung befürwortet bei der Einwilligung ausnahmsweise nur eine ex-nuncWirkung; so: Kroll, S. 168 ff.

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widerrechtliche Drohung oder arglistige Täuschung herbeigeführt wurde, die Wirkung versagt bleiben muß.1 61 Auf der anderen Seite ist es ebenso eindeutig, daß ein reiner Motivirrtum des Patienten grundsätzlich unbeachtlich ist,162 da hier den Erwartungen des Rechtsverkehrs, der auch bei der rechtfertigenden Einwilligung in gewissem Umfang geschützt ist, gegenüber der Privatautonomie Vorrang einzuräumen ist. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, daß Art 2 Abs. 1 GG, in dem die Einwilligung wurzelt, nur unter dem Vorbehalt der Rechte anderer geschützt wird. Demgegenüber wird für das Strafrecht vereinzelt die Unterscheidung in Motivirrtum und sonstigen Irrtum generell abgelehnt und eine Differenzierung danach befürwortet, ob der Willensmangel maßgebliches Motiv für die Preisgabe des verletzten Rechtsgutes bzw. entscheidend für den Inhalt der Behandlungsentscheidung gewesen ist. 163 Zur Begründung wird vor allem die im Verhältnis zu den zivilrechtlichen Austauschverträgen, auf die die Differenzierung abgestimmt sei, unterschiedliche Interessenlage bei der Einwilligung angeführt. Diese Abweichung von zivilrechtlichen Grundsätzen überzeugt nicht. Vielmehr ist zu berücksichtigen, daß es auch bei der Einwilligung in unerlaubte Handlungen die Möglichkeit eines Widerrufes der Entscheidung gibt, wenn sich nachträglich herausstellt, daß die Entscheidungsfindung von einem Motiv derart stark beeinflußt worden ist, daß der Einwilligende nunmehr eine andere Entscheidung treffen würde, nachdem er festgestellt hat, daß er einen Willensbildungsfaktor falsch eingeschätzt hat. Die Rechtsfolge dieser Auffassung für den behandelnden Arzt darf auch nicht völlig außer acht gelassen werden. Dieser begeht nämlich tatbestandlich und rechtswidrig eine unerlaubte Handlung, wenn der Patient die einmal erteilte Einwilligung, die im Zeitpunkt der Behandlung noch vorlag, nachträglich mit rückwirkender Wirkung wirksam anfechten kann. Nur Verschulden kann ihm nicht zur Last gelegt werden. Insoweit erscheint die Einschränkung der Anfechtung wegen Irrtums gerechtfertigt, soweit Willensmängel vorliegen, die - wie beim Motivirrtum - tief im psychischen Bereich der inneren Willensbildung liegen. Es erscheint unsachgemäß, dem Arzt ein derartiges Risiko aufzubürden, wenn sogar der Patient, bei dem generelle Einwilligungsfahigkeit und -möglichkeit vorliegen, den Irrtum nicht

161 Schönke-Schröder-Lenckner, Vorb §§ 32 ff RZ 48; Kohte, AcP 185 (1985), 105, 139. 162 RG (03.07.1908) RGSt 41,392,392 ff.; RGSt 74,91,91 ff. (23.02.1940); BGHSt 16, 309, 309 ff. (01.02.1961); RGRK-Steffen, § 823 RZ 380; aus strafrechtlicher Sicht: Blei, AT, S. 136; Schrnidhäuser, Strafrecht AT, S. 275; Jescheck, Strafrecht AT, § 34 IV, S. 344; Schönke-Schröder-Lenckner, §§ 32 ff. RZ 46. 163 Kühne JZ 1979, 241, 245; SChmidhäuser, Strafrecht AT, S. 275; Geilen, Einwilligung, S. 98; NolI, S. 131.

11.

Anforderungen an Behandlungsanweisungen

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bemerken und vermeiden kann, weil er beispielsweise bisher noch nicht in eine Situation geraten ist, in der er die Intensität seines Lebenswillens erkennen konnte. Der Bundesgerichtshof differenziert generell in allen Irrtumskonstellationen zwischen dem "einfachen" und dem so "schweren" Irrtum, daß die Willensentschließung nicht mehr als Ausfluß einer eigenen inneren Willensmeinung des Betroffenen l64 angesehen werden könne. Nur im zweiten Falle hält er die Einwilligung für unwirksam. 165 Unwesentliche, die Einwilligung nur begleitende oder motivierende Irrtümer, die außerhalb oder sehr entfernt vom Einwilligungsgegenstand liegen, sollen die Irrtumsanfechtung nicht ermöglichen. 166 Gleiches wie bei einfachem Irrtum soll für den einseitigen Irrtum gelten. 167 Dabei verkennt die Rechtsprechung nicht, daß auch diese Grundsätze an der Selbstbestimmungsgarantie auszurichten sind. Wenn der Einwilligende über Umfang und Tragweite des Eingriffs, also darüber irrt, was und wieviel er aufgibt, sei der Eingriff durch die Einwilligung nicht gedeckt. Gleiches solle gelten, wenn der Wille des Betroffenen nach Lage der Verhältnisse durch den Irrtum in einer Art und Weise beeinträchtigt ist, daß die Willensentschließung aus anderen Gründen nicht mehr als Ausfluß der eigenen wahren inneren Willensbildung des Betroffenen gelten kann. 168 Literaturstimmen wehren sich gegen diese Differenzierung und fordern die Anerkennung der Unwirksamkeit der Einwilligung in allen Fällen des § 119 BGB.169 Argumentiert wird damit, daß die Einwilligung ihrem Sinn nach dem wirklichen Willen des Betroffenen entsprechen solle, was in allen Konstellationen des § 119 BGB nicht der Fall sei. 170 Eine Differenzierung zwischen einer stärkeren - auch der Irrtumsanfechtung nach § 119 BGB zugänglichen - Privatautonomie bei Umsatzgeschäften und einer schwächeren Privatautonomie bei

164 So schon zur Einwilligung in strafbare Handlungen RGSt 41,392,396 (03.07.1908). 165 BGH (17.02.1964) NJW 1964, 1177, 1177 zur zivilrechtlichen Frage der Wirksamkeit der durch Irrtum beeinflußten Einwilligung in die Freiheitsentziehung (sog. "einseitiger hnum"). 166 RG (03.07.1908) RGSt 41, 392, 396; BGH (01.02.1961) BGHSt 16, 309, 310 f. zur Einwilligung in die Heilbehandlung an vermeintlichen Arzt, der tatsächlich nur Famulus ist; OLG Stu~art (07.07.1961) NJW 1962, 63, 63 ff. 1 7 BGH (17.02.1964) NJW 1964, 1177, 1178; Deutsch, Haftungsrecht I, S. 227 m.N.; RGRK-Steffen, § 823 RZ 380, der sich teilweise distanziert ("soll" unbeachtlich sein). Was unter einem einseitigen Irrtum genau zu verstehen ist, bleibt in der Entscheidung jedoch offen. Im übrigen ist dieser Ausdruck irreführend, da Irrtümer - egal ob schwer oder einfach - in aller Regel einseitig sind. 168 RGSt41, 392, 393 (03.07.1908); BGHSt 16, 309, 309 (01.02.1961); BGH (17.02.1964) NJW 1964, 1177, 1178; RGRK-Steffen, § 823 RZ 380. 169 Simitis, § 3 BDSG Anm. 47 ff. für das Datenschutzrecht; Kohte, AcP 185 (1985), 105, 1401ienerell. 1 0 Simitis, § 3 BDSG Anm. 47 ff. 5 Schöllhammer

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rechtfertigenden Einwilligungen in höchstpersönliche Lebensgüter wird als nicht überzeugend abgelehnt. 171 Die Differenzierung der Rechtsprechung erscheint vor allem deswegen wenig überzeugend, weil eine Abgrenzung zwischen einfachem bzw. einseitigem und beachtlichem Irrtum kaum durchführbar ist. Die Begriffe bieten keine ausreichende Gewähr für eine klare und prognostizierbare Zuordnung von Einzelfällen, sondern eröffnen der Rechtsprechung einen sehr breiten Raum für Einzelfallwertungen. Die Konsequenzen der unterschiedlichen Auffassungen von Rechtsprechung und Literatur zu den Voraussetzungen des erheblichen Irrtums werden aber dadurch relativiert, daß dem Einwilligenden, als Alternative zur Loslösung von der Einwilligung wegen Irrtums, auch die Möglichkeit des Widerrufes der Behandlungserklärung eröffnet ist. Demjenigen, dem die BGH-Rechtsprechung die Berufung auf einen Irrtum versagt, verbleibt immer noch die Möglichkeit des Widerrufes der Einwilligung, die an keinerlei Voraussetzungen geknüpft ist. Für die Beurteilung des Patiententestamentes sind die aufgezeigten Meinungsdifferenzen in Literatur und Rechtsprechung allerdings unerheblich. Der Patient irrt sich hier über einen der Abwägungsfaktoren, der für seine Entscheidung über die Art der ärztlichen Behandlung neben anderen Größen wie Intensität und persönliche Verkraftbarkeit von Leid, Bedeutung des Todes und Sinn von intensivmedizinischer Lebensverlängerung zu berücksichtigen ist. Ein Irrtum über die voraussichtliche Entscheidung in der Situation des Patiententestamentes, der beispielsweise auf einer fehlerhaften Prognose der Intensität des Lebenswillens beruht, stellt keinen Irrtum über Umfang und Tragweite der Behandlungsentscheidung dar, er ist auch nicht aus anderen Gründen nicht mehr als Ausfluß der eigenen wahren Willensbildung anzusehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes wäre er demnach als einfacher Irrtum zu qualifizieren, nach der hier vertretenen Literaturmeinung ist er ein unbeachtlichen Motivirrtum, da keine Fehlvorstellung über den Inhalt der Erklärung vorliegt. Auf jeden Fall berechtigt der in Frage stehende Irrtum nicht zur Irrtumsanfechtung .172 Als Ergebnis bleibt festzuhalten. Folgt man der Literaturmeinung, nach der eine irrtumsbedingte Einwilligung bis zur Ausübung der Anfechtung in vollem Umfang wirksam ist, so kann der Arzt, auch wenn er der Meinung ist, daß die Erklärungen des Patiententestamentes irrtumsbehaftet sind, sich nicht über die darin enthaltenen Behandlungsanweisungen hinwegsetzen. Er kann allenfalls 171 Kohte, AcP 185 (1985), 105, 140. 172 A.A. Rickmann, S. 187.

111. Inhaltliche Grenzen des Patientenwillens

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versuchen, den Patienten zur Anfechtung oder zum Widerruf seiner Erklärung zu bewegen. Würde man sich der Rechtsprechungsmeinung anschließen, so wäre die irrtumsbehaftete Erklärung des Patiententestamentes zwar ohne Anfechtung unwirksam. Dennoch kann ein Irrtum nicht einfach unterstellt werden. Es bedarf vielmehr des konkreten Nachweises des Irrtums. Bevor dies nicht geschehen ist, kann der Arzt nicht oder zumindest nicht mit der Begründung, es liege ein Irrtum vor, vom Patiententestament abweichen. Würde man sich der Literaturmeinung anschließen, so wäre dagegen zunächst noch eine Anfechtungserklärung notwendig.

111. Inhaltliche Grenzen der Beachtlichkeit des Patientenwillens Wenn die grundsätzliche Beachtlichkeit von Behandlungsanweisungen auch außer Zweifel steht, so bedarf es dennoch einer Klärung, ob dies auch dann gilt, wenn der Patient nicht nur über seine Gesundheit und seinen Körper, sondern auch über sein Leben entscheidet. Diese Frage stellt sich beim Patiententestament, weil der Patient darin sowohl durch die ausdrückliche Verweigerung des Einsatzes von intensivtherapeutischen Mitteln der Lebensverlängerung (Behandlungsverbot für mehr als passive Sterbehilfe) als auch durch die Einwilligung in schmerzlindernde, aber möglicherweise auch lebensverkürzende Medikation (indirekte Sterbehilfe) eine Lebensverkürzung zumindest in Kauf nimmt. Schon allein wegen dieser möglichen Folge könnte der Patientenwille rechtlich generell unbeachtlich, oder zumindest seine Verwirklichung durch ärztliches Verhalten unzulässig sein. Demnach sind die Grenzen des Patientenwillens im Hinblick auf das Patientenverhalten selbst und seine Durchführung durch den Arzt zu überprüfen. Dabei soll an dieser Stelle nur die Beachtlichkeit des Behandlungserfolgs Lebensverkürzung, nicht jedoch Form und Art der Anweisung und der diesbezüglichen Willensbildung untersucht werden. Auch die Frage, inwieweit eine Antizipation einer derartigen Erklärung möglich ist, bleibt zunächst zurückgestellt. Falls bereits der erwünschte Behandlungserfolg unzulässig sein sollte, so würden sich die weitergehenden Fragen erübrigen. Insofern kann bei der Beurteilung der aufgeworfenen Frage unterstellt werden, daß ein geschäftsfähiger Patient auf dem Krankenbett nach entsprechender Aufklärung durch den behandelnden Arzt im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte eine inhaltlich mit dem Patiententestament übereinstimmende Behandlungsanweisung abgibt. Wegen der unterschiedlichen dogmatischen Ansätze von Einwilligung in indirekte Sterbehilfe und Nichteinwilligung in künstliche lebensverlängernde Maßnahmen müssen diese beiden Inhalte jeweils gesondert behandelt werden. Bei der Einwilligung in indirekte Sterbehilfe wünscht der Patient eine Be-

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handlungsmaßnahme vom Arzt, deren Ziel die Schmerzlinderung ist, die jedoch möglicherweise zur einer Lebensverkürzung beim Patienten führt. Hier soll also durch aktives Tun in den Sterbeprozeß eingegriffen werden. Demgegenüber beinhaltet die zweite wesentliche Erklärung des Patiententestamentes, die künstliche lebensverlängernde Maßnahmen untersagt, kein aktives Eingreifen des Arztes, sondern fordert nur ein Unterlassen weiterer Maßnahmen. Hier wird also nicht durch aktives Tun eingegriffen, sondern "nur" dem Geschehen seinen Lauf gelassen. Bei der Einwilligung in indirekte Sterbehilfe ist zu fragen, inwieweit ein Arzt trotz Einwilligung des Patienten nicht berechtigt ist, eine ärztliche Behandlung vorzunehmen, es geht um die inhaltlichen Grenzen der Einwilligung. Beim Verbot intensivmedizinischer Behandlung liegt demgegenüber bereits gar keine Einwilligung vor. Hier stellt sich die Frage, inwieweit der Arzt ausnahmsweise auch ohne Einwilligung berechtigt ist, einen Patienten zu behandeln; Untersuchungsgegenstand sind dann die Grenzen der Behandlungsverweigerung. 1. Passive Sterbehilfe Im Gegensatz zur Einwilligung in ärztliche Maßnahmen, die durchaus inhaltlichen Einschränkungen unterworfen ist, kennt unsere Rechtsordnung keine inhaltlichen Grenzen des Rechtes zur Behandlungsverweigerung. Es gibt kein ärztliches Behandlungsrecht.17 3 Ebensowenig gibt es eine Rechtspflicht des Patienten, irgendeine Behandlung oder Operation zu dulden, wenn er dies nicht will. Für eine Behandlung, die das bedrohte Leben retten würde, gilt das in gleicher Weise. Dies ist von Rechtsprechung und Literatur anerkannt. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit des Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG muß selbst dann berücksichtigt werden, wenn der Patient dadurch von einem lebensgefährlichen Leiden befreit werden könnte. 174 Der Bundesgerichtshof hat im sogenannten Myomfall dazu folgende grundsätzliche Bemerkungen gemacht: "Das in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistete Recht auf körperliche Unversehrtheit fordert auch bei einem Menschen Berücksichtigung, der es ablehnt, seine körperliche Unversehrtheit selbst dann preiszugeben, wenn er dadurch von einem lebensgefährlichen Leiden befreit 173 Uhlenbruck, Zivilrechtliche Beurteilung, S. 83; ders., Handbuch des Arztrechts, § 132 RZ 12; Deutsch, ArztR 1981, 125, 128. 174 BGH (28.11.l957; Myom-Entscheidung) NJW 1958, 267, 268 = BGHSt ll, Ill, 113 f.; so auch: Eser, JZ 1986, 786, 789; Herzberg, NJW 1986, 1635, 1643; Hoerster, NJW 1986, 1786, 1788.

III. Inhaltliche Grenzen des Patientenwillens

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wird. Niemand darf sich zum Richter über die Frage aufwerfen, unter welchen Umständen ein anderer vernünftigerweise bereit sein sollte, seine körperliche Unversehrtheit zu opfern, um dadurch wieder gesund zu werden. Diese Richtlinie ist auch für den Arzt verbindlich. Zwar ist es sein vornehmstes Recht und seine wesentliche Pflicht, den kranken Menschen nach Möglichkeit von seinem Leiden zu heilen. Dieses Recht und diese Pflicht findet aber in dem grundsätzlichen freien Selbstbestimmungsrecht des Menschen über seinen Körper ihre Grenze. . .. Denn ein selbst lebensgefährlich Kranker kann triftige und sowohl menschlich wie sittlich achtenswerte Gründe haben, eine Operation abzulehnen, auch wenn er durch sie und nur durch sie von seinem Leiden befreit werden könnte. "175 Ein typischer Fall hierfür ist die religiös begründete Ablehnung einer lebensrettenden Bluttransfusion durch einen Patienten. Käme man diesbezüglich zu einem anderen Ergebnis, so würde eine Vergewaltigung seines Gewissens erfolgen. 176 Ein ärztlicher Eingriff gegen den ausdrücklichen oder mutmaßlichen Willen des Patienten stellt nach ständiger Rechtsprechung, die von der überwiegenden Literatur geteilt wird, grundsätzlich eine strafbare Körperverletzung nach § 223 StGB und zivilrechtlich eine zum Schadensersatz verpflichtende Vertragsverletzung und unerlaubte Handlung nach §§ 611, 276 und 823 ff. BGB dar. Dies gilt auch dann, wenn die Unterlassung der vom Arzt für notwendig erachteten Maßnahmen zum Tod des Patienten führen würde.11 7 Eine abweichende Beurteilung befürwortet der Bundesgerichtshof nur dann, wenn die kritische Gesundheitssituation des Patienten durch eine Suizidhandlung hervorgerufen worden ist, was in der Situation des Patiententestamentes jedoch nicht der Fall ist. 178 Soweit sich der Patient im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte und in vollem Bewußtsein der Tragweite seiner Entscheidung der Behandlung widersetzt und dies wird an dieser Stelle bei der inhaltlichen Prüfung des Patientenwillens unterstellt -, muß der Arzt diesen Willen respektieren. 179 Hält der Arzt den Willen des Patienten für unvernünftig, so bleibt ihm keine andere Möglichkeit 175 BGH (28.11.1957; Myom-Entscheidung) NIW 1958, 267, 268 = BGHSt 11,111,113 f. 176 OLG Stuttgart (06.07.1964) MDR 1964, 1024, 1024 ff.; Laufs, Arztrecht, RZ 144; Rieger, Lexikon, RZ 474; ders. DMW 1975, 639, 639; Weissauer/Hirsch, DMW 1978, 1771, 1771 ff. 177 BGH (28.11.1957; Myornfall) NIW 1958,267, 268 = BGHSt 11, 111, 113 f.; BGH (04.07.1984; Dr. Wittig-Entscheidung) NIW 1984,2639,2641 = BGHSt 32,367,367 ff. = IZ 1984, 893, 893 = MDR 1984, 858, 858 ff. = NStZ 1985, 199, 199 ff. = MedR 1985, 40, 40 ff. = ArztR 1985, 40, 40 ff.; OLG München (31.07.1987; Hackethal-Entscheidung) MedR 1988, 151, 152; Geiger, IZ 1983, 153, 153 mwN.; Rieger, Lexikon, RZ 811. 178 Vgl. BGH (04.07.1984; Wittig-Entscheidung) NIW 1984, 2639, 2642; OLG Stuttgart (31.07.1987; Hackethal-Entscheidung) MedR 1988, 151, 152. 179 Schönke/Schröder/Eser, § 223 RZ 52 mN; Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 132 RZ 13; a.A. wohl BGH (21.09.1982) NIW 1983, 350, 350.

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als den Patienten von der Notwendigkeit einer Maßnahme zu überzeugen. Falls dies nicht gelingt, muß er die Weigerung respektieren. 180 Wenn der Mensch in einer Situation, in der wirksame medizinische Hilfe Heilung der Krankheit bedeuten würde, ein uneingeschränktes Recht zur Behandlungsverweigerung hat, so muß dies umso eher in der Sondersituation des Patiententestamentes gelten, in der der Tod auch bei Anwendung aller denkbaren medizinischen Mittel auf jeden Fall demnächst eintreten wird.

2. Indirekte Sterbehilfe Demgegenüber kennt die Rechtsordnung sehr wohl Grenzen für die rechtfertigende Wirkung der Einwilligung in eine unerlaubte Handlung. Nicht in allen Fällen, in denen der Patient eine gewisse Art der ärztlichen Behandlung wünscht, billigt die Rechtsordnung diesem - auf positives ärztliches Tun gerichteten - Patientenwillen Rechtswirksamkeit zu. Dies zeigt bereits ganz deutlich die Existenz der §§ 216 und 226 a StGB, die auch für zivilrechtliche Fragestellungen und insbesondere für die Einwilligung in Rechtsgüter des § 823 BGB anzuwenden sind. 181 Nach § 216 StGB ist die Tötung eines Menschen durch einen Dritten auch dann strafbar, wenn der Betroffene dies ausdrücklich und ernsthaft verlangt und die Entscheidung des Ausführenden allein durch den Wunsch des Sterbewilligen hervorgerufen wird. Gegenüber den sonstigen Tötungsdelikten erfolgt nur eine - sich auf den Strafrahmen auswirkende - Privilegierung. Nach der Regelung des § 226 a StGB bleibt eine unerlaubte Handlung ausnahmsweise trotz Vorliegens der grundSätzlich rechtfertigenden Einwilligung des Patienten rechtswidrig, wenn die Tat - also die unerlaubte Handlung - trotz der Einwilligung gegen die guten Sitten verstößt. Klargestellt sei aber, daß Voraussetzung dieser Norm ist, daß die Tat - nicht etwa die Einwilligung als solche - trotz der Einwilligung sittenwidrig sein muß. Insoweit handelt es sich bei § 226 a StGB um einen Sondertatbestand, der die rechtfertigende Wirkung der Einwilligung begrenzt, diese aber nicht völlig unbeachtlich macht, da beispielsweise für das Strafmaß das Vorliegen der Einwilligung durchaus Bedeutung hat. Schon diese beiden strafrechtlichen Normen zeigen den ganz erheblichen Wertungsunterschied, den die Rechtsordnung zwischen dem Eingreifen in den Sterbeprozeß mittels aktiven Tuns und dem passiven Hinnehmen des Sterbens durch Verweigerung einer lebensrettenden Behandlung macht. Einen weiteren entscheidenden Wertungsunterschied macht das Gesetz zwischen der Fremd- und der Selbsttötung. Zwar spricht § 212 StGB nur von der 180 Deutsch, ArztR 1981, 125, 128. 181 Engisch, Suizid und Euthanasie, S. 312, 319.

III. Inhaltliche Grenzen des Patientenwillens

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Tötung "eines" Menschen und nicht der "eines anderen" Menschen. Dennoch ist trotz des weiten Wortlautes des Gesetzes nach ganz herrschender Meinung die Selbsttötung strafrechtlich bereits nicht tatbestandsmäßig. 182 Der Auffassung von Schmidhäuser, nach der die Selbsttötung zwar tatbestandlieh ist und die Straflosigkeit nur mangels Schuld des Patienten eintritt, überzeugt nicht. Zivil rechtlich stellt sich diese Frage gar nicht, da § 823 Abs. 1 und 2 BGB ausdrücklich nur die Verletzung des Rechtes eines anderen als unerlaubte Handlung normiert. Im Falle des Patientenwunsches nach indirekter Sterbehilfe treffen beide Aspekte zusammen, die den Wertungsunterschied ausmachen. Dort geht es um aktives Tun im Sinne einer zumindestens möglichen Lebensverkürzung und es soll ein Dritter, nämlich der Arzt, tätig werden. Bei der Behandlungsverweigerung ist die Situation bezüglich beider Kriterien genau die andere. Dort wird nicht durch aktives Tun in den Ablauf körperlicher Funktionen eingegriffen, es wird vielmehr auf einen Eingriff verzichtet. Zur Durchführung und Durchsetzung des Patientenwillens ist der Patient dabei nicht darauf angewiesen, daß ein Dritter tätig wird. Die Problematik, die mit der Zulassung der Fremdtötung verbunden ist, stellt sich insoweit bei der Beurteilung der Behandlungsverweigerung gar nicht. Im Zivilrecht sind jedoch noch andere Kriterien für Begrenzung der rechtfertigenden Wirkung der Einwilligung anerkannt. Danach wird die Reichweite der Einwilligung zum einen durch die Grenzen der Befugnis zur Disposition über das Schutzgut bestimmt,183 wobei man davon ausgeht, daß materielle Schutzgüter regelmäßig zur freien Disposition stehen, während Personengüter der Disposition nur in beschränktem Umfang zugänglich sind. 184 Zum anderen ist Voraussetzung einer zivilrechtlieh wirksamen Einwilligung, daß diese nicht gegen eine gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt. 185 Insgesamt bleibt festzuhalten, daß die "voluntas aegroti" zwar ärztliche Eingriffe verhindern kann, nicht aber ohne weiteres zu rechtfertigen vermag. Karl Engisch hat dieses Ergebnis treffend wie folgt umschrieben: "Der Arzt darf

182 So schon RG (14.09.1936) RGSt 70,313,315; Schönke/Schröder/Eser, §§ 211 ff. RZ 33 ff. mwN; Systematischer Kommentar-Horn, § 212 StGB RZ 7. 183 Vgl. BGH (08.05.1956) JR 1956, 347, 348 mwN. 184 RGRK-Steffen, § 823 RZ 382. 185 Palandt-Thomas, § 823 RZ 42; Epple, BWNotZ 1981, 31, 31. Für die Beurteilung der Frage, ob eine Einwilligung wegen Verstoß gegen die guten Sitten unwirksam ist, siehe die Stellungnahmen von Rechtsprechung und Literatur zur Einwilligung in die medizinisch nicht indizierte Sterilisation (sog. Gefalligkeitssterilisation): vgl. BGH (29.06.1976) NJW 1976, 1790, 1790 ff.; Rieger, Lexikon, RZ 1728 ff.

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nichts, was der Patient nicht haben will, der Arzt darf aber keineswegs alles, was der Patient haben will. 186 11

Da in der hier erörterten Gesundheitssituation aber eine andauernde Lebensverlängerung gar nicht mehr möglich ist und weil dem Sterbenden das Bedürfnis nach Schmerzlinderung nicht abgesprochen werden kann, besteht - wie bereits in der einführenden Erläuterung zur indirekten Sterbehilfe ausgeführt wurde - weitestgehende Einigkeit in Rechtsprechung und Literatur, daß die mit der intendierten Schmerzlinderung möglicherweise verbundene lebensverkürzende Wirkung der ärztlichen Behandlung weder straf- noch zivilrechtlich mit Sanktionen belegt werden darf. 187 Auch wenn der Wille des Sterbenden sicherlich von einer gewissen Tendenz zur Selbsttötung gekennzeichnet ist,188 so kann dem Patientenwillen, der sich im Rahmen der indirekten Sterbehilfe hält und nicht auf aktive Sterbehilfe gerichtet ist, vom Inhalt her die Beachtlichkeit nicht abgesprochen werden. Der Wunsch nach indirekter Sterbehilfe überschreitet die zivil rechtlichen Grenzen der Wirksamkeit der Einwilligung nicht. Dieses Ergebnis ist aber auch Ausdruck des Prinzips, daß für die Nichtanerkennung von Entscheidungen, die die Persönlichkeit betreffen, in besonderem Maß Zurückhaltung geboten ist. In diesem Zusammenhang müssen die verfassungsrechtliche Wertentscheidung für das Selbstbestimmungsrecht und die Wechselwirkungen, die zwischen Sittenordnung und Selbstbestimmungsrecht bestehenden, berücksichtigt werden. 189 Danach verbietet es sich grundsätzlich, Entschlüsse in diesem Bereich einer ethischen, am Weltbild des Entscheidenden orientierten Zensur zu unterwerfen. 190

3. Schlußfolgerung Damit ist klar, daß die inhaltliche Begrenzung des Patientenwillens wegen ihrer Selbsttötungstendenz nicht das Kernproblem bei der Beurteilung der Frage nach der Rechtsverbindlichkeit des Patiententestamentes ist. 191 Da feststeht, daß der Arzt keine Maßnahmen ergreifen darf, die der Patient nicht möchte, wird deutlich, daß die zentrale Frage für die Beurteilung des Patiententestamentes die Ermittlung des Patientenwillens ist. Dabei muß insbesondere abgeklärt werden, ob der Wille des Patienten bei der Erstellung des Dokumentes ordnungsgemäß gebildet wurde, inwieweit er antizipierbar ist und ob 186 187 188 189 190

Engisch, Suizid und Euthanasie, S. 312, 319. Vgl. Nachweise unter Gliederungspunkt A III 3. Vgl. Rickmann, S. 36 ff. RGRK-Steffen, § 826 RZ 18. RGRK-Steffen, § 823 RZ 382. Ein interessanter Vergleich mit der Beurteilung der Rechtrnäßigkeit der freiwilligen Sterilisation fmdet sich in BGH (29.06.1976) NJW 1976, 1790, 1790 ff. 191 So auch Rickrnann, S. 36 ff.

IV. Aufklärung

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er trotz der zeitlich vorgelagerten Willensentschließung auch in der konkreten Situation noch Geltung hat. Inhaltliche Grenzen des Rechtes auf Behandlungsverweigerung gibt es jedenfalls nicht.

IV. Aufklärung 1. Grundsätzliches Eine eigenmächtige und damit unerlaubte Handlung liegt, wie bereits dargestellt, immer dann vor, wenn der Patient nicht wirksam in die Behandlung eingewilligt hat. Durch die Notwendigkeit der Einwilligung soll das unverzichtbare Menschenrecht auf Selbstbestimmung, das auf Art. 2 GG zurückgeführt wird,192 geschützt werden. Da der Normalpatient jedoch in der Regel keine oder nur unzureichende medizinische Kenntnisse hat, kann er Notwendigkeit, Tragweite, Umfang und Methode einer ärztlichen Behandlung nicht ohne Hilfestellung durch den Arzt beurteilen. Insoweit bedarf der Patient zur Ausübung seines Selbstbestimmungsrechtes der vorherigen Aufklärung durch den Arzt. Die Rechtsprechung hat daher in Übereinstimmung mit der Lehre den Grundsatz aufgestellt, daß eine Einwilligung nur dann wirksam ist, wenn der Arzt den Patienten vor der Behandlung über die für seine Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkte und über die geplanten medizinischen Maßnahmen ausreichend und verständlich aufgeklärt hat. 193 Dazu gehören neben der Information über den ärztlichen Befund und die danach drohenden Folgen für Leib und Leben auch Kenntnisse über die Art des vorgesehenen Eingriffes, über dessen Heilungschancen und die mit dem Eingriff verbundenen Gefahren und Risiken. Eine entsprechende Aufklärung ist Wirksamkeitsvoraussetzung der Einwilligung. Dabei geht man nach dem Grundsatz der Unteilbarkeit der Einwilligung sogar davon aus, daß ein Aufklärungsmangel die Einwilligung insgesamt unwirksam macht. 194 Somit hat die Unterlassung der durch das Selbstbestimmungsrecht gebotenen Aufklärung im Laufe der Zeit durch die Rechtsprechung eine besonders weit192 BVerfG (25.07.1979; dissenting vote) BVerfGE 52, 131, 131 unter Nr. 3 = NJW 1979, 1925; MünchKomm-Mertens, § 823 RZ 421; RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. 11 RZ 62. 193 BGH (10.07.1954; 1. Elektroschockurteil) NJW 1956, 1106, 1106; BGH (09.12.1958; 2. Elektroschockurteil) BGHZ 29, 46, 49 ff.; OLG Düsseldorf (12.10.1989) NJW 1990, 771, 771

zum Thema: verständliche Aufklärung bei einem ausländischen Patienten; grundlegend: Schmidt, DJT 1962, S. 17 ff.; Palandt-Thomas, § 823 RZ 44. Diese Rechtsprechung wird bestätigt von BVerfG (25.07.1979) BVerfGE 52, 131, 166 = NJW 1979, 1925; zusammenfassend: KIeinewefers/~arwasser, VersR 1990, 1205, 1205 ff. 19 Giesen, JZ 1990, 1053, 1060; BGH (07.02.1984) BGHZ 90, 96, 101 = NJW 1984, 1395, 1395 = JR 1984, 369, 371 (mA Giesen) = JZ 1984, 629, 631 (mA Laufs/Kern); zur Diskussion: Giesen, Anthaftungsrecht 1990, S. 154 ff.

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gehende haftungs rechtliche Bedeutung gewonnen. Sie stellt heute neben der Haftung wegen eines Behandlungsfehlers den häufigsten Grund für ärztliche Haftung wegen schädigender Pflichtverletzung dar. 195 Von daher ist auch die Angst der Ärzte vor unzureichender Aufklärung verständlich. Fraglich ist jedoch, inwieweit das Argument der eventuell nicht ausreichenden Aufklärung dazu herangeführt werden kann, den tatsächlich geäußerten Patientenwillen zu unterlaufen. Dies wäre der Fall, wenn der Arzt von dem im Patiententestament geäußerten Patientenwillen deshalb abweichen dürfte, weil ihm persönlich nicht bekannt und evtl. auch nicht überprüfbar ist, inwieweit der Patient tatsächlich - wie er in der Patientenverfügung behauptet - vor der Niederschrift seines Patiententestamentes in ausreichendem Maße aufgeklärt worden ist. Würde man diese Argumentation zulassen, so könnte die Pflicht zur Aufklärung, die zum Schutz des Selbstbestimmungsrechtes begründet wurde, der Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechtes entgegenstehen und diese unterlaufen. Zur näheren Klärung dieser Frage sei jedoch zunächst auf die Einzelheiten eingegangen, die Rechtsprechung und Literatur zur Aufklärung entwickelt haben.

Im Blick auf die unterschiedlichen Funktionen der Aufklärung unterscheidet man zwischen Sicherungs- und Selbstbestimmungsaufklärung. Sicherungsaufklärung bezieht sich z.B. auf das Verhalten des Patienten während einer medikamentösen Behandlung oder nach einem Eingriff. Es geht also um die Aufklärung über ein therapiegerechtes Verhalten zur Sicherung des Heilerfolges, beispielsweise zum Schutz vor Unverträglichkeitsrisiken. Demgegenüber hat die Selbstbestimmungs- oder Eingriffsaufklärung den Sinn, dem Patienten wissensmäßig die Grundlage dafür zu geben, seine Entscheidung über "ob" und "wie" des ärztlichen Eingriffs fällen zu können. Sie soll das Selbstbestimmungsrecht, den Persönlichkeitsbereich des Patienten schützen und hat nicht die Aufgabe, den Patienten vor schädlichen Folgen der ärztlichen Behandlung zu bewahren. 196 Nur diese Art der Aufklärung spielt bei der Beurteilung des Patiententestamentes eine Rolle. Deshalb ist immer dann, wenn im weiteren Verlauf der Arbeit von Aufklärung die Rede ist, ausschließlich die Selbstbestimmungsaufklärung gemeint. Innerhalb der Selbstbestimmungsaufklärung unterscheidet man hierbei wiederum zwischen Verlaufs- und Risikoaufklärung. Erstere hat Art, Umfang und Durchführung des Eingriffs zum Gegenstand und den Zweck, den Patienten darüber zu informieren, was in ihm geschehen und wie die Krankheit voraus195 RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. 11 RZ 43. 196 RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. 11 RZ 44 ff.

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sichtlich verlaufen wird, wenn der Patient in den vorgeschlagenen Eingriff nicht einwilligt. Demgegenüber informiert die Risikoaufklärung über die Risiken, die mit der Verwirklichung der vorgeschlagenen ärztlichen Maßnahmen verbunden sind. 197 Auch bei der Behandlung von Todkranken gelten die Grundsätze der ärztlichen Aufklärungspflicht. Jedoch ist die Grenze dessen, was dem Patienten zumutbar ist, besonders zu beachten. 198 Verdeutlicht man sich den Krankheitszustand des Patienten zu dem Zeitpunkt, in dem die Behandlungsanweisung zur Unterlassung intensivmedizinischer Lebensverlängerungsmaßnahmen wirksam werden soll, so wird klar, daß der Patient in dieser Situation in fast allen Fällen nicht mehr selbst aufgeklärt werden kann. In aller Regel ist er nicht mehr ansprechbar und auch nicht in der Lage, seinen eigenen Willen zu bilden. Insoweit hat die vorgezogene Aufklärung des Patienten vor Abfassung des Patiententestamentes für ihn selbst und die Verwirklichung seines Selbstbestimmungsrechtes ganz wesentliche Vorteile. Um die verbreitete Auffassung, daß die Rechtsverbindlichkeit des Patiententestamentes bereits an mangelnder Aufklärung des Patienten scheitert, überprüfen zu können, soll im folgenden die Aufklärung, wie sie im Zeitpunkt der Vornahme der Behandlungsmaßnahmen zu erfolgen hätte, mit der verglichen werden, wie sie bei der Erstellung des Patiententestamentes erfolgt ist. Dazu muß unterstellt werden, daß der Patient sich in der Entscheidungssituation im Zustand voller Entscheidungsfähigkeit befindet. 2. Umfang und Intensität Nach der Rechtsprechung 199 muß der Patient das Wesen, die Bedeutung und die Tragweite des ärztlichen Eingriffes in seinen Grundzügen, also im großen und ganzen, erkannt haben. Aufklärung über Details ist nicht erforderlich. 200 Es ist dann Aufgabe des Patienten, weitere konkrete Fragen zu stellen, falls er Einzelheiten zu wissen wünscht. Unterläßt er dies, setzt er sich zumindest dem Einwand des Mitverschuldens aus. 201 Im Normalfall kann er sich später über197 RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. II RZ 109 f.; Giesen, JZ 1990, 1053, 1060; Giesen, Arzthaftungsrecht 1990, RZ 143 ff. 198 So auch Beschluß 2 c des 56. DJT Berlin 1986, Seite M 191; angenommen mit: Satz 1: 75:1:2; Satz 2: 59:14:5. 199 Zu Grundzügen und Entwicklung der Rechtsprechung vgl. Steffen, Versicherungswissenschaft 1990, 31, 37 ff. 200 BGH (20.12.1960) NJW 1961, 261, 261 f.; BGH (16.10.1962) NJW 1963, 393, 395. 201 BGH (28.11.1972) NJW 1973,556, 556 ff.; BGH (04.11.1975) NJW 1976, 363, 364; BGH (23.10.1979) NJW 1980, 633, 635; OLG Frankfurt (10.07.1972) NJW 1973. 1415. 1415 ff.

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haupt nicht mehr auf mangelhafte Aufklärung berufen. Auch das Bundesverfassungsgericht betont die Notwendigkeit der Mitwirkung des Patienten und seine Mitverantwortung bei der Aufklärung. 202 Grundsätzlich besteht bei einer Operation keine Aufklärungspflicht über mögliche Folgen und Schäden, die nur äußerst selten auftreten. 203 Insgesamt hängt der Umfang der Aufklärung aber immer von den Umständen des Einzelfalls ab. 204 Zum einen ist auf den individuellen Patienten abzustellen. Seine Sachkundigkeit205 ist genauso zu berücksichtigen, wie seine Intelligenz, sein Bildungsgrad und seine Vorerfahrungen aus der Krankheitsgeschichte. 206 Zum anderen ist aber auch auf die konkret vorzunehmende Behandlung abzustellen. Allgemein anerkannt ist der Grundsatz, daß der Genauigkeitsgrad der Aufklärung in dem Maße zunimmt, in dem der Dringlichkeitsgrad des Eingriffs abnimmt. 207 Das bedeutet, je leichter aufschiebbar und je weniger geboten die Heilmaßnahme aus Sicht eines verständigen Patienten erscheint, desto weitergehend ist die Aufklärungspflicht. Besonders hohe Anforderungen sind insbesondere dann zu erfüllen, wenn der Eingriff weder vital indiziert noch überhaupt dringlich ist. 208 Umgekehrt darf sich der Arzt mit einer pauschalierten Aufklärung begnügen, wenn es um unaufschiebbare oder lebensrettende Maßnahmen geht. Da die Aufklärung nur in Grundzügen zu erfolgen hat, ist der Arzt bei einem dem Patienten seinem Wesen nach bekannten und daher als nicht unerheblich und nicht risikofrei erkennbaren Eingriff grundsätzlich nicht verpflichtet, alle einzelnen Möglichkeiten und Gefahren aufzuzählen, in denen sich das Risiko verwirklichen kann. Bei im Einzelfall bestehenden erhöhten Risiken ist der Arzt jedenfalls bei einem intelligenten und aufgeschlossenen Menschen mit Erfahrungen aus der Krankenvorgeschichte zunächst nur gehalten, eine allgemeine Aufklärung durch einen generellen Hinweis auf die betreffenden Risiken zu geben, ohne sie im einzelnen zu bezeichnen. 209

202 BVerfG (Beschluß v. 25.07.1979) BVerfGE 52, 131, 170 = NJW 1979, 1925, 1930 = JZ 1979,596, 596. 203 BGH (09.12.1958) BGHZ 29,47,49 = NJW 1959, 811, 811 ff. 204 BGH (22.04.1980) NJW 1980, 1905, 1907; Giesen, Arzthaftungsrecht 1990, RZ 143 ff.; Giesen, JZ 1990, 1053, 1060. 205 OLG Stuttgart (16.01.1973) NJW 1973, 560, 560 ff. 206 BGH (04.11.1975) NJW 1976, 363, 363 und BGH (15.05.1979) NJW 1979, 1933, 1933 ff. 207 BGH (16.11.1971) NJW 1972, 335, 335 ff.; Palandt·Thomas, § 823 RZ 48. 208 BGH (07.02.1984) BGHZ 90,96,98 ff. = NJW 1984, 1395, 1395 = JR 1984, 369, 371 (mA Giesen) = JZ 1984,629, 629 ff. (mA Laufs/Kern); Palandt-Thomas, § 823 RZ 48. 209 Rieger, Lexikon, RZ 260.

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Einem geistig einfachen und nicht vorinformierten Patienten kann dagegen nicht zugemutet werden, durch Fragen selbst auf eine Vervollständigung der Aufklärung hinzuwirken. In diesen Fällen trifft den Arzt eine weitergehende Aufklärungspflicht. 210 Überträgt man diese Grundsätze auf die Situation des Patiententestamentes, so ergibt sich folgendes. Es ist zunächst einmal davon auszugehen, daß der Verfasser eines derartigen Dokumentes gewisse Vorkenntnisse in Bezug auf die Krankheitssituation hatte, die nunmehr eingetreten ist. Dafür spricht bereits die Tatsache, daß er ein Patiententestament erstellt hat. Es ist naheliegend, daß derjenige, der sich mit einer solchen Thematik zu einem Zeitpunkt befaßt, in dem die geregelte Situation noch gar nicht eingetreten ist oder sich sogar noch gar nicht abzeichnet oder ankündigt, sich vorher einige Gedanken diesbezüglich gemacht hat. Beschäftigt sich ein Mensch dennoch eingehend mit einer solchen Problematik, die von den allermeisten Menschen viel lieber verdrängt wird, zeigt er bereits dadurch, daß er sich mit der Thematik auseinandergesetzt hat. Auch der Umfang und die relative Genauigkeit der Erklärung sprechen für eine gewisse Vorinformation des Verfassers. Falls eine der vorformulierten Patientenverfügungen verwendet sein sollte, so bedeutet dies zwar nicht unbedingt eine genauso intensive Beschäftigung mit dem Themenkomplex wie bei einer eigenständigen Formulierung des Patiententestamentes. Da die vorformulierten Erklärungen aber nur wenig verbreitet sind,211 bedarf es schon einer gewissen Aktivität und Kenntnis, um solch ein Formular zu erhalten. Im übrigen wäre es auch lebensfremd anzunehmen, daß ein Patiententestament unüberlegt und ohne weitere Beschäftigung verfaßt oder unterschrieben worden ist. Häufig sind vielmehr Fälle, bei denen die Betroffenheit durch die Krankheitsgeschichte naher Angehöriger oder Freunde den Entschluß zur Errichtung eines Patiententestamentes hervorruft. Schließlich enthalten die gängigen Vordrucke regelmäßig auch die ausdrückliche Erklärung, daß die Behandlungsanweisung nach sorgsamer Überlegung und vorheriger ärztlicher Aufklärung über die medizinische Situation erfolgt ist. Soweit keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, kann nicht angezweifelt werden, daß eine ausreichende Aufklärung vor Errichtung des Patiententestamentes erfolgt ist. Der Patient hat sich bei der Abfassung des Patiententestamentes mit der Problematik der Sterbehilfe befaßt, kannte Vor- und Nachteile der verbleibenden Behandlungsmöglichkeiten und wußte zumindest, daß er durch seine Entscheidung den Sterbeprozeß beschleunigen würde. Berücksichtigt man, daß die In210 211

BGH (04.11.1975) NJW 1976, 363, 364. Vgl. Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach, abgedruckt bei Harder, ArztR 1991, 10, 19 FN 5.

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tensität der Aufklärung von dem Willen des Patienten und dessen Nachfragen abhängt und nur in groben Zügen erfolgen muß, so muß die Aufklärung, die vor der Abfassung des Patiententestamentes erfolgte, von Umfang und Intensität her als ausreichend angesehen werden. Die ansonsten notwendige ärztliche Grundaufklärung ist, wie die verwendeten abstrakten Eingriffsangaben belegen, bereits bei der Erstellung des Patiententestamentes erfolgt und läßt eine Verpflichtung zur erneuten Aufklärung entfallen. 212 Auf eine weitergehende Kenntnisvermittlung durch den behandelnden Arzt kann wirksam verzichtet werden. 213 Hinzu kommt, daß die Grundüberlegung der Rechtsprechung, derzufolge Genauigkeit und Intensität der Aufklärung sich nach der Dringlichkeit der Maßnahme richten, auf die Situation des Patiententestamentes nicht paßt. Dieser Denkansatz setzt voraus, daß durch die empfohlene Behandlung zumindest möglicherweise die Heilung als Behandlungserfolg erreicht werden kann. In der terminalen Situation des Patiententestamentes ist aber in jedem Falle nur noch eine kurze Lebensspanne gegeben. Der Tod wird demnächst auf jeden Fall eintreten, egal ob die "lebensverlängernden" Maßnahmen angewendet werden oder nicht. Würde man den genannten Grundsatz dennoch schematisch anwenden, so wären an die Intensität der Aufklärung, wenn sie in der Situation des Patiententestamentes aktuell vorgenommen werden würde, keine hohen Anforderungen zu stellen, da die lebensverlängernden intensivmedizinischen Maßnahmen meist sofort und unmittelbar nach Eintritt der Körperstörung vorgenommen werden müssen, um überhaupt ihre Wirkung entfalten zu können. Sind erst einmal wesentliche Körperfunktionen wie beispielsweise Atmung, Herz- und Kreislauftätigkeit über Stunden ausgefallen, so können auch intensivmedizinische Mittel diese nicht wieder in Gang setzen. Demnach bleibt festzuhalten, daß im Falle der aktuellen Aufklärung in der kritischen Situation wegen der äußersten Dringlichkeit nur eine rudimentäre Aufklärung zu erfolgen hätte. Außerdem tritt in der Situation des Patiententestamentes die Bedeutung der Aufklärung insgesamt zurück, weil eine Heilung nicht mehr möglich ist. Das Ziel, die Gesundheit und das Wohlbefinden wiederherzustellen oder zumindest zu verbessern, weswegen der Arzt den Patienten in sonstigen Fällen legitimerweise durch Aufklärung zur Einwilligung in eine Behandlung zu bestimmen versucht, ist beim Patiententestament nicht mehr zu erreichen. Zumindest müssen nach dem Uhlenbruckschen Muster zwei Ärzte unabhängig voneinan212 Uhlenbruck, NJW 1978, 566, 568. 213 So auch Rickmann, S. 173.

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der zu diesem Ergebnis kommen. Wenn dieses Ziel der ärztlichen Berufsausübung jedoch nicht mehr erreicht werden kann, schwindet auch die Bedeutung des Wissens von den medizinischen Abläufen für den Patienten. Außermedizinische Faktoren wie seine Einstellung zum und Vorstellungen vom Sterben, zur Würde des Menschen bei ärztlichen Behandlungsabläufen und dergleichen gewinnen eine noch stärkere Bedeutung und werden wichtiger als medizinische Detailkenntnisse . Die Relativität des Umfanges der Aufklärung zeigt auch der Meinungsstreit, der zur Frage besteht, inwieweit ein "therapeutisches Privileg" anzuerkennen ist. 214 Dabei geht es um die Frage, inwieweit ein Arzt deswegen die Aufklärung einschränken oder sogar völlig unterlassen kann, weil es Leben und Gesundheit des Patienten schwerwiegend gefährden würde, wenn er erfahren würde, daß seine Krankheit besonders schwerwiegend und lebensgefährlich ist. Gemeint sind also Fälle, bei denen die Aufklärung medizinisch kontraindiziert ist. Der Arzt soll - so argumentieren die Anhänger des therapeutischen Privilegs - nicht gezwungen werden, durch eine zu weitgehende Pflicht zur Aufklärung den Behandlungserfolg selbst zu beeinträchtigen. 215 Zumindest in extremen Ausnahmesituationen kann aus therapeutischen Rücksichten bei der Gefahr einer schwerwiegenden und nicht behebbaren Gesundheitsbeschädigung eine in Einzelheiten gehende Aufklärung unterlassen werden. Bisher wurde es allerdings bei keinem Fall in der höchstrichterlichen Judikatur tatsächlich bejaht. 216 Vielmehr sind die Verschlechterungen des Allgemeinzustandes oder der Gemütslage durch die Aufklärung nach Auffassung des Bundesgerichtshofs als ein unvermeidbarer Nachteil des unverzichtbaren Selbstbestimmungsrechts in Kauf zu nehmen. 217 Dahinstehen kann, inwieweit Besonderheiten im Bereich von Psychiatrie und Psychotherapie gelten. 218

214 Ablehnend: Giesen, JZ 1990, 1053, 1060; Steffen, Entwicklungslinien 1990, S. 95 f. mwN zur Rechtsprechung des BGH; Giesen, Arzthaftungsrecht 1981, S. 29 f.; bejahend: Deutsch/Matthies, S. 71; OLG Köln (18.12.1986) NJW 1987, 2936, 2936; Engisch, FS BockeImann, S. 528 f. 215 BGH (09.12.1958) BGHZ 29,46,56 = NJW 1959, 811, 811 ff.; BGH (07.02.1984) BGHZ 90, 103, 109 = NJW 1984, 1395 = JR 1984, 369, 369 ff. (mA Giesen) = JZ 1984, 629, 629 ff. (mA Laufs/Kern); BGH (16.11.1971) NJW 1972, 335, 335 ff. 216 RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. II RZ 149; Giesen, JZ 1990, 1053, 1053, 1060; Steffen, Entwicklungslinien 1990, S. 95 f.; anders OLG Köln (18.12.1986) NJW 1987, 2936, 2936, das sogar eine Pflicht zur Unterlassung der Aufklärung angenommen hat. 217 Giesen, JZ 1990,1053, 1060; zutreffend schon BGHZ 29, 46, 55 ff. (09.12.1958). 218 So Giesen, JZ 1990, 1053, 1060; BGH (06.12.1988) BGHZ 106, 146, 149 ff. = JZ 1989,440,441 (kritisch dazu Giesen).

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B. Rechtliche Untersuchungen

Solange der Patient nicht ausnahmsweise auf Aufklärung wirksam verzichtet hat, was nur unter strengen Voraussetzungen möglich ist, muß er vom Arzt stets angemessen über seinen Zustand aufgeklärt werden. 219 Der Patient hat ein Recht darauf, Bescheid zu wissen, Halbwahrheiten und ausweichende Antworten - sogenannte "soft answers" - können den Arzt dem Vorwurf der unzureichenden Aufklärung aussetzen. 220 Im Falle des Patiententestamentes liegt kein Ausnahmefall vor, in dem das therapeutische Privileg zur Anwendung kommt. Zwar hat die Kenntnis der terminalen Situation für den Patienten, falls er diese überhaupt bei Bewußtsein mitbekommen sollte, sicherlich schwerwiegende Auswirkungen. Aber die Erfolgschancen einer Behandlung können in diesem Zeitpunkt nicht mehr beeinträchtigt werden, da keine Therapieaussichten mehr bestehen. Man wird dem Arzt - allerdings nicht aus therapeutischen Gründen - die Möglichkeit einräumen müssen, die Situation dem Patienten gegenüber nur anzudeuten. Nur bei konkreter Nachfrage des Patienten ist der Arzt verpflichtet mit voller Klarheit die ganze Wahrheit mitzuteilen. Der Patient, der diese Klarheit haben möchte, z.B. um sich letztlich auf das Sterben innerlich vorzubereiten, hat einen Anspruch auf volle und ungeschönte Wahrheit. Es zeigt sich, daß die Aufklärung, die im Falle der Aufklärung des Patienten unmittelbar vor der Behandlung vorgenommen würde, auch aus Gründen des Schutzes der Psyche des Patienten nur in einem eingeschränkten Maße durchgeführt werden würde. Die Aufklärung, die vor der Abfassung eines Patiententestamentes erfolgt, dürfte in aller Regel eher intensiver sein. Von daher kann die Argumentation, daß bei der Verwendung eines Patiententestamentes ein Aufklärungsdefizit besteht, nicht überzeugen. Schließlich darf auch nicht völlig unberücksichtigt bleiben, daß im Vergleichsfall der Aufklärung im Zeitpunkt der Behandlungsbedürftigkeit der Patient selbst - wegen seiner Willensunfahigkeit - überhaupt nicht aufgeklärt würde und dessen gesetzlicher Vertreter oder Betreuer für ihn sein Selbstbestimmungsrecht ausüben müßte. Somit kann dem Patiententestament nicht mit der Begründung die Verbindlichkeit abgesprochen werden, daß die Aufklärung nicht intensiv genug erfolgt ist.

219 Giesen, JZ 1990, 1053, 1060; auch auf die Gefahr der Belastung hin KG (01.06.1981) NJW 1981,2521,2523. Diese Entscheidung wurde vom BGH aufgehoben (23.11.1982) BGHZ 85,339, 339 = JZ 1983, 305, 305 (mA WachsmuthlSchreiber). Doch betont der BGH, daß grds. dem Patienten auch in gewissem Umfang das Recht zur Selbstschädigung zugestanden werden muß, wenn er ein mehr an Aufklärung verlange. 220 Giesen, JZ 1990, 1053, 1060; BGH (23.10.1979) NJW 1980, 633, 635.

IV. Aufklärung

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3. Person des Aufklärungsverpflichteten Die Aufklärung ist eine genuin ärztliche Aufgabe. 221 Demnach hat sie der

Arzt grundsätzlich persönlich durchzuführen. Dabei ist jeder Arzt für die

Maßnahme aufklärungspflichtig, die er vornimmt. Vor einem chirurgischen Eingriff hat also der Operateur selbst die Aufklärung vorzunehmen. 222 Das wird damit begründet, daß eine hinreichende Aufklärung nicht nur objektive Elemente enthält, sondern auch Umstände, die in der Person des Arztes liegen. 223 Dieses Argument kann jedoch in der Sondersituation des Patiententestamentes nicht im üblichen Umfang zur Geltung kommen, da die Person des behandelnden Arztes in der ausweglosen Situation weniger relevant ist. Im übrigen verzichtet der Patient selbst durch die Antizipation der Behandlungsanweisung auf eine persönliche Aufklärung durch den behandelnden Arzt. Der Grundsatz der persönlichen Aufklärung durch den konkret behandelnden Arzt gilt nach Rechtsprechung und Literatur jedoch auch nicht uneingeschränkt. Vielmehr hat der Arzt - wenn auch unter strengen Voraussetzungen das Recht, die Aufklärung auf einen anderen erfahrenen Mitarbeiter zu delegieren. Der Delegierende muß dann allerdings den Mitarbeiter sorgfältig aussuchen und überwachen, daß angemessen und hinreichend aufgeklärt wird. Insoweit ist eine klare Absprache- und Kompetenzordnung erforderlich. 224 Der Bundesgerichtshof hat es ein "deutlich unärztliches (pflichtwidriges) Verhalten" genannt, daß ein Arzt das Erwirken der Einwilligung einer "hierfür nicht qualifizierten Hilfskraft überlassen" hat. 225 Insoweit zeigt sich, daß dem Grundsatz, daß genau der Arzt, der die Behandlung auch durchführt, die Aufklärung vornehmen muß, keine überragende Bedeutung zukommt. Vor allem ist weitgehend anerkannt, daß sich eine derartige Aufklärung erübrigt, wenn der Patient auch ohne die Erklärungen des behandelnden Arztes "wissend" ist. Zumindest wird der aufklärungspflichtige Arzt in diesem Fall von den Folgen seiner unterlassenen Aufklärung befreit. 226 Die Aufklärungspflicht entfällt dann, wenn der Patient selbst Arzt oder Angehöriger eines 221 BGH (28.02.1984) JZ 1985,236,236 (mA Giesen); Giesen, JZ 1990,1053,1058. 222 RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. 11 RZ 79. 223 RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. 11 RZ 85. 224 RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. 11 RZ 79 f., 90, 98; Kern, FS Weissauer, S. 71, 80. 225 BGH (27.11.1973) NJW 1974, 604,605; vgl. auch BGH (18.03.1980) NJW 1980,1903, 1904. Es ist insgesamt ganz überwiegende Meinung, daß die Aufklärung durch den Arzt vorzunehmen ist. Nachweise siehe: RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. 11 RZ 89. 226 RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. 11 RZ 91. 6 Schöllhammer

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B. Rechtliche Untersuchungen

medizinischen Assistenzberufes ist,227 wenn er aufgrund früherer Behandlungen mit dem Behandlungsrisiko voll vertraut ist228 oder wenn er bereits durch den Hausarzt informiert wurde. 229 Die Kenntnis kann aber auch durch Aufklärung irgendeines nicht aufklärungspflichtigen Arztes, durch nichtärztliches Personal, aus Broschüren, Büchern, aus eigenen Erfahrungen stammen. 230 Entscheidend ist, daß der Patient ausreichend informiert ist, gleichgültig woher das Wissen stammt. 231 Die mitunter geäußerte Befürchtung, daß die Information aus unseriösen Quellen wie beispielsweise der Regenbogenpresse stammen könne, überzeugt nicht, da es beim Patiententestament um lebensentscheidende Entschlüsse geht, bei denen nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen ist, daß die Entscheidung seriös vorbereitet wurde. 232 Allerdings darf der aufklärungspflichtige Arzt nicht darauf vertrauen, daß der Patient von anderer Seite bereits hinreichend aufgeklärt worden sei. Die Aufklärung darf nur unterbleiben, wenn der den Eingriff durchführende Arzt aufgrund der gegebenen Umstände, die er erforderlichenfalls durch Befragen des Patienten ermitteln muß, überzeugt ist, daß der Patient ausreichend informiert ist. 233 Im Streitfall hat er zu beweisen, daß die Aufklärung deshalb nicht erforderlich war. 234 Nach den gleichen Grundsätzen ist die Aufklärung eines bereits für oder gegen eine spezielle Behandlung entschlossenen Patienten zu beurteilen, der bereits anderweitig z.B. durch seinen Hausarzt aufgeklärt wurde und auf die Aufklärung durch den behandelnden Arzt völlig verzichtet, da seine Entscheidung bereits gefallen ist. 235

227 2202. 228 551 f.; 229 230 231

BGH

(10.05.1966) NJW 1966, 1855, 1855 ff.; BGH (26.09.1961) NJW 1961, 2202,

BGH (07.02.1961) VersR 1961, 421, 421 ff.; OLG Köln (05.03.1976) VersR 1978,551, OLG Celle (10.07.1978) NJW 1979,1251,1251 ff. BGH (29.06.1976) NJW 1976, 1790, 1792. KemlLaufs, S. 11. BGH (26.03.1963) VersR 1963, 659, 659; BGH (28.02.1984) NJW 1984, 1807, 1807 ff.; Kern, MedR 1986, 176, 176; Giesen, Arzthaftungsrecht 1990, S. 152 ff., beachte aber auch ebenda S. 162; RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. II RZ 79,89,91,93; Giesen, JZ 1990, 1053, 1060; Giesen, Wandlungen, S. 69; vgl. K1einewefers, VersR 1981, 99, 102.; Palandt-Thomas, § 823 RZ 50. 232 So auch Rickmann, S. 173. 233 BGH (26.09.1961) NJW 1961, 2203, 2203 f.; BGH (26.09.1961) LM § 276 (Ca) BGB Nr. 13; BGH (15.05.1979) NJW 1979, 1933, 1934; OLG Köln (31.05.1967) MDR 1968, 240, 240 f.; OLG Hamm (26.11.1975) NJW 1976,1157,1157 f.; Rieger, Lexikon, RZ 262. 234 BGH (23.10.1979) NJW 1980, 633,633 ff.; BGH (21.06.1983; Nichtannahmebeschluß) VersR 1983, 957, 957 f. 235 BGH (15.05.1979) VersR 1979, 720, 720 ff.; BGH (23.10.1979) VersR 1980,68,68 = NJW 1980, 633, 633; KemlLaufs, S. 121.

IV. Aufldärung

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Die Kernfrage ist also, inwieweit der Arzt bei Vorlage eines Patiententestamentes darauf vertrauen darf und muß, daß der Patient ausreichend informiert und aufgeklärt worden ist, und welche Umstände gegeben sein müssen, damit der Arzt davon ausgehen kann. Wenn der Patient im Patiententestament ausdrücklich erklärt, sich eingehend medizinisch sachkundig gemacht zu haben und z.B. einen Dritten beauftragt hat, sein Patiententestament im Falle des Eintrittes der terminalen Erkrankung unbedingt dem behandelnden Arzt vorzulegen, so muß dies ausreichen, damit der Arzt annehmen kann, daß der Patient in der Tat vorher ausreichend aufgeklärt worden ist. Dies gilt zumindest dann, wenn der Arzt auch durch eigene Ermittlungen wie z.B. Rückfrage bei nahen Angehörigen keine Anhaltspunkte feststellen kann, die für Aufklärungslücken oder weitere Aufklärungswünsche des Patienten sprechen. 4. Person des Aufzuklärenden Grundsätzlich ist derjenige aufzuklären, der rechtlich in die Maßnahme einzuwilligen hat, da die Aufklärung für seine Entscheidungsfindung eine ganz wesentliche Bedeutung hat. Einwilligungsberechtigt ist allerdings nicht immer der Patient selbst. Im Falle seiner Willensunfähigkeit steht das Entscheidungsrecht bei einem Erwachsenen seinem Betreuer bzw. bei einem Minderjährigen den Eltern oder dem Pfleger zu. Die Frage, inwieweit ein Minderjähriger dann, wenn er selbst die notwendige geistige Reife hat, selbst die Entscheidung über Einwilligung oder Nichteinwilligung hat, ob seine Einwilligung allein ausreicht, oder ob daneben zusätzlich die Einwilligung seiner Eltern eingeholt werden muß, sei hier nur aufgeworfen. Eine Erörterung erübrigt sich, da Patiententestamente von Minderjährigen kaum vorkommen dürften. Je nach dem, wie die Entscheidung bzgl. der Person des Einwilligungsberechtigten ausfällt, ist auch die Person des Aufklärungsempfangers bestimmt. Eine andere Frage ist es, ob ein Minderjähriger, auch wenn seine Einwilligung nicht rechtlich notwendig ist, trotzdem aufzuklären ist. Psychologische Gesichtspunkte sprechen dafür, ob dies rechtlich geboten ist, ist zweifelhaft. Soweit dies bejaht wird, weist man auf das Persönlichkeitsrecht des Minderjährigen hin.2 36 Allerdings ist davon auszugehen, daß eine Verletzung einer derartigen Pflicht zivilrechtlich ohne Sanktion bleibt. 237 Die therapeutische Aufklärung naher Angehöriger, soweit sie nicht als gesetzliche Vertreter wegen Willensunfähigkeit des Patienten selbst Einwilligungsberechtigte geworden sind, kann das Gespräch zwischen Arzt und Patient

236 Eberbach, MedR 1986, 14, 15. 237 RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. 11. RZ 74.

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B. Rechtliche Untersuchungen

selbst nicht ersetzen. 238 Ohne die Einwilligung des Patienten ist eine Aufklärung Dritter überhaupt nicht zulässig. Nur der Patient darf darüber entscheiden, wer Kenntnis von seinem Gesundheitszustand erhält. Insoweit zeigt sich, daß Rechtsprechung und Literatur grundsätzlich vom Vorrang der persönlichen Aufklärung ausgehen. Die Aufklärung gegenüber nahen Angehörigen des Patienten kommt nur dann in Betracht, wenn der Patient selbst nicht mehr oder altersmäßig noch nicht selbst entscheiden kann oder wenn er die Aufklärung gegenüber Dritten ausdrücklich erlaubt. Verdeutlicht man sich das, so wird der Vorteil des Patiententestamentes gegenüber Aufklärung und Einwilligungsentscheidung unmittelbar vor der Behandlung bewußt. Nur im Falle des Patiententestamentes erhält der Patient die Aufklärung, nur in diesem Fall behält er das Recht, selbst seine Entscheidung zu treffen. Verfaßt er das Patiententestament nicht, so entscheiden Dritte über das "Ob" und "Wie" der ärztlichen Behandlung, nachdem sie - und nicht der Patient - aufgeklärt wurden. 5. Möglichkeit des Verzichtes

Hätte der Patient in der Situation, die im Patiententestament beschrieben ist, sogar die Möglichkeit, völlig auf eine Aufklärung zu verzichten, so könnte die rechtliche Verbindlichkeit des Patiententestamentes auf keinen Fall wegen unzureichender oder nicht nachzuprüfender vorgezogener Aufklärung verneint werden. Dem Verfasser eines Patiententestamentes kommt es darauf an, daß sein antizipierter Wille unter allen Umständen vom später behandelnden Arzt befolgt wird. Deshalb geht er den aufwendigen Weg der Errichtung des Patiententestamentes. Für den Fall, daß die Verbindlichkeit des Patiententestamentes wegen Unzulänglichkeiten der antizipierten Aufklärung verneint werden sollte, hat der Testator deshalb den Willen zum Verzicht auf Aufklärung. Auf eine Aufklärung unmittelbar vor der Behandlung im terminalen Zustand verzichtet er desweiteren zumindest konkludent. Deshalb soll jetzt der Frage nachgegangen werden, inwieweit der Patient die Möglichkeit hat, gänzlich auf Aufklärung zu verzichten. Nach der Rechtsprechung und der ganz überwiegenden Literatur ist ein Verzicht auf Aufklärung rechtlich zulässig. 239 Das Selbstbestimmungsrecht des 238 BGH (25.04.1989) NJW 1989, 2318, 2318; BGH (25.04.1989) ArztR 1990, 83, 83 ff.; Palandt-Thomas, § 823 RZ 47. 239 BGH (28.11.1972) NJW 1973, 556, 558; BGH (04.11.1975) NJW 1976, 363, 364; MünchKomm-Mertens, § 823 RZ 447; Tempel, NJW 1980, 609, 614; RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. II RZ 139; Deutsch, Arztrecht, S. 51; Praxis der Rechtsmedizin, S. 598; Rieger, Lexikon, RZ 263; anders Gramberg-Danielsen, S. 4 allerdings ohne irgendeine Begründung.

IV. Aufklärung

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Patienten, zu dessen Ausübung die notwendige Information durch die Aufklärung vermittelt wird, steht dem nicht entgegen, da es ein Recht und keine Pflicht darstellt. Zwar ist weitgehend anerkannt, daß ein Mensch sein Selbstbestimmungsrecht nicht völlig zu Gunsten eines anderen aufgeben kann, da dieses materiell der Selbstentäußerung und Auslieferung an eine andere Person gleichkommen würde. 240 Und auch wenn man das Recht generell für unverziehtbar halten sollte, so kann der Patient im konkreten Fall zumindest auf die Ausübung verzichten. 241 Wie der Patient von seinem Recht Gebrauch macht, ist allein seine Sache. Wenn die Frage des Aufklärungsverzichtes im juristischen Schrifttum angesprochen wird, so liegen allerdings fast immer Fälle zugrunde, bei denen der Patient unter Verzicht auf Aufklärung in die vom Arzt vorgeschlagene Behandlung einwilligt. Die zu überprüfende Behandlungsanweisung des Patiententestamentes enthält jedoch neben der Einwilligung in Maßnahmen der indirekten Sterbehilfe auch den umgekehrten Fall des Behandlungsverbotes. Dieser Fall ist erst recht vom Selbstbestimmungsrecht umfaßt. In beiden Fällen kommt die Entscheidung ohne vorherige Aufklärung zustande. Beim Behandlungsverbot trifft der Patient jedoch eine eigene Entscheidung und will sie auf jeden Fall gegenüber dem behandelnden Arzt und Mutmaßungen von nahen Angehörigen durchsetzen. Er übt sein Selbstbestimmungsrecht also selbst aus. Die besonders schwierige Frage, inwieweit ein Patient unter Verzicht auf jegliche Aufklärung dem Behandlungsvorschlag eines Dritten folgen darf, stellt sich beim Behandlungsverbot gar nicht. Folglich ist das Selbstbestimmungsrecht im Falle der Einwilligungsverweigerung ohne vorherige Aufklärung in höherem Maße gewahrt als bei Erteilung der Einwilligung ohne Aufklärung. Falls eine Einwilligung unter völligem Verzicht auf Aufklärung wirksam sein sollte, so muß dies erst recht für die Behandlungsverweigerung gelten. Die Rechtsprechung stellt allerdings an die Feststellung des Aufklärungsverzichts strenge Anforderungen. 242 Ein Aufklärungsverzicht bildet stets die Ausnahme. Grundsätzlich darf ein Arzt nur davon ausgehen, wenn der Verzicht ihm eindeutig, ernsthaft,243 vom Patienten individuell und ohne Beeinflussung durch den Arzt freiwillig erklärt worden ist. 244 Bei ausdrücklichem Verzicht muß immer überprüft werden, ob der Patient wirklich dahingehend zu verste240 241 242

Kohte, AcP 185 (1985), 105, 132. RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. 11 RZ 139; KemlLaufs, S. 118. BGH (28.11.1972) VersR 1973, 244, 246; BGH (09.12.1958; 2. Elektroschockurteil) BGHZ 29,46,54; BGH (28.11.1972) NJW 1973, 556, 558; Laufs, Arztrecht, RZ 138; Rieger, Lexikon, RZ 263. 243 Steffen, Entwicklungslinien 1986, 69 f.; RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. II RZ 141 ff.; Staudinger-Schäfer, § 823 RZ 471. 244 Laufs, NJW 1983, 1345, 1345 ff.; Roßner, NJW 1990,2291,2291 ff.; Palandt-Thomas, § 823 RZ 49.

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B. Rechtliche Untersuchungen

hen ist, daß er ohne Rücksicht auf Art und Schwere möglicher und naheliegender Folgen nicht unterrichtet werden will, oder ob er vielleicht lediglich auf der Grundlage einer irrigen Vorstellung möglicher Folgen mit dem Absehen von einer Aufklärung im einzelnen einverstanden sein wollte. Hierüber wird der Arzt sich Klarheit verschaffen müssen. 245 Der Verzicht muß unmißverständlich sein. 246 Teilweise wird angenommen, daß er sich im Regelfall nur auf die Risikoaufklärung, nicht aber auf die Verlaufs aufklärung erstreckt. 247 Im Zweifel muß der Arzt sich durch entsprechende Fragen vergewissern, inwieweit der Patient auch auf Aufklärung verzichtet. 248 Auch wenn man diesen strengen Maßstab anlegt, so ist im Falle des Patiententestamentes der Verzicht auf Aufklärung wirksam. Der Verfasser eines Patiententestamentes zeigt gerade dadurch, daß er den Weg des Patiententestamentes wählt, daß er ein gewisses Mißtrauen gegenüber Arzt und nahen Angehörigen hat, ob sie seiner Behandlungsanweisung in vollem Umfang nachkommen. Deshalb sucht er mit dem Patiententestament einen Weg, mit dem er den Arzt weitestgehend an seinen Willen binden kann. Damit ist die Freiwilligkeit des Verzichtes auf erneute Aufklärung belegt. Insoweit besteht beim Patiententestament keine Mißbrauchsgefahr etwa dahingehend, daß sich der Arzt durch einen empfohlenen Aufklärungsverzicht gegenüber dem Patienten eine erweiterte und vereinfachte Behandlungsmöglichkeit eröffnet. Nach seiner Erklärung hat der Patient die Kenntnis, daß er mit der Behandlungsverweigerung die technisch u. U. noch mögliche kurzfristige Lebensverlängerung ablehnt. Ihm ist auch bewußt, daß er mit dieser Entscheidung die letzte, wenn auch äußerst geringe Chance auf Erhaltung des Lebens vergibt, die in der Fehldiagnose der beiden Fachärzte oder in dem Eintritt eines "medizinischen Wunders" liegt. Eindeutigkeit, Unmißverständlichkeit und Individualität sind genauso gegeben wie Kenntnisse von Verlauf und Risiko der Krankheit. Wenn der Patient aktuell im terminalen Zeitpunkt eine derartige Erklärung gegenüber dem Arzt abgeben würde, wäre ein weiteres Nachfragen des Arztes nicht notwendig. Auch der Sonderfall liegt nicht vor, in dem eine Aufklärung trotz Verzichtes des Patienten erforderlich erscheint, weil die vorgesehene Behandlung ganz einschneidende Folgen haben kann, die ersichtlich außerhalb der Vorstellung des Patienten liegen und daher von seinem ausdrücklichen und stillschweigenden Aufklärungsverzicht nicht umfaßt sein können. Dies wurde beispielsweise für die Gefahr des Verlustes der Gebärfähigkeit durch eine Myomoperation bei einer jungen Ehefrau angenommen. 249 Dem Patienten ist bei der Er245 246 247 248 249

RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. II RZ 142; MünchKomm-Mertens, § 823 RZ 147. Steffen, Entwicklungslinien 1986, S. 69. RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. II RZ 142. Rieger, Lexikon, RZ 263. Rieger, Lexikon, RZ 263.

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IV. Aufklärung

stellung des Patiententestamentes die terminale Situation, für die seine Anweisung gedacht ist, durchaus bekannt. Bemerkenswert ist, daß über den Verzicht durch ausdrückliche Erklärung hinaus sogar ein Verzicht durch schlüssiges Verhalten anerkannt ist. 250 Dieser kommt vor allem dort in Betracht, wo aufgrund längerer Behandlung ein solches Vertrauensverhältnis zum Arzt entstanden ist, daß der Arzt den gesamten Umständen entnehmen kann, die Auswahl und Durchführung der erforderlichen Maßnahmen werde ihm überlassen, ohne daß eine besondere Unterrichtung erfolgen muß.251 Der konkludente Verzicht ist aber auch bei schwerkranken und dadurch auch psychisch stark belasteten Patienten denkbar, denen es gar nicht in den Sinn kommt, sich mit solchen belastenden Überlegungen abzugeben. Allerdings setzt die Annahme eines schlüssigen Verzichtes auf Aufklärung sehr deutliche und ernsthafte Anhaltspunkte voraus, die über die Anforderungen für den ausdrücklichen Verzicht hinausgehen. 252 Mit der Errichtung des Patiententestamentes verzichtet der Patient aber nicht nur stillschweigend auf Aufklärung. Vielmehr hält er sich nach seiner ausdrücklichen Erklärung für ausreichend informiert. Diese Formulierung kann demnach allenfalls mit dem ausdrücklichen Verzicht gleichgesetzt werden, so daß die besonders strengen Voraussetzungen des konkludenten Verzichtes nicht vorliegen müssen. Von Literatur und Rechtsprechung wird die positive Wirkung des Aufklärungsverzichtes unter ärztlichen Gesichtspunkten herausgestrichen und der Fall eines Patienten gebildet, der unter allen Umständen von Krankheit befreit werden will und deutlich zu erkennen gibt, daß er alles vertrauensvoll dem Arzt überläßt. Hier ist dem Kranken die Autorität des Arztes ein erwünschter fester Punkt, der ihn des eigenen Nachdenkens und eigener Verantwortung enthebt. 253 Er will daher eigentlich nicht wissen, sondern gehorchen. 254 Auch die Entscheidung, dem Arzt seines Vertrauens freie Hand zu geben, ist - wie der Bundesgerichtshof zutreffend ausführt - eine grundrechtlich geschützte Form der Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes. 255 Wenn man auf dieser Seite des Aufklärungsverzichtes bei der Einwilligung in einen Eingriff in die körperliche Integrität so weit geht, dann muß man dies erst recht bei dem Aufklärungsverzicht vor der Entscheidung zur Behandlungsverweigerung tun. Wenn der Entschluß, die Entscheidung über "ob" und "wie" der ärztlichen Be250 RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. 11 RZ 142; MünchKomrn-Mertens, § Lexikon, RZ 124. 251 Rieger, Lexikon, RZ 263. 252 RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. 11 RZ 143. 253 Jaspers, Ärztliche Mitteilungen 1953, S. 476 ff. 254 BGH (09.12.1958) BGHZ 29, 46, 54 = NJW 1959, 811, 811 ff. 255 BGH (28.11.1972) NJW 1973, 556, 558.

823

RZ

147,

Rieger,

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B. Rechtliche Untersuchungen

handlung einem Dritten zu überlassen, vom Selbstbestimmungsrecht umfaßt ist, dann muß dies um so eher für die persönliche Entscheidung zur Sache selbst - nämlich die ärztliche Behandlung nicht vornehmen zu lassen - gelten. Dies gilt um so mehr, als die Einwilligung nur ausnahmsweise die grundsätzlich verbotene Verletzung der körperlichen Integrität erlaubt, also Ausnahme vom Regelfall ist. Sogar ein vollständiger Verzicht auf Aufklärung wäre demnach in der Situation des Patiententestamentes nach den von Rechtsprechung und Literatur entwickelten Grundsätzen rechtswirksam. Die Rechtsverbindlichkeit des Patiententestamentes kann demnach nicht mit dem Argument verneint werden, daß unmittelbar vor der ärztlichen Behandlung die Aufklärung zu erfolgen hat. Dies muß umso eher gelten, als der Verfasser eines Patiententestamentes keineswegs völlig auf Aufklärung verzichtet, sondern die ihm notwendig erscheinende Aufklärung vor seiner Entscheidung eingeholt hat. 6. Nachweis

Allgemein gilt für den Nachweis der Aufklärung folgendes. Da der Arzt die Beweislast für die Vornahme einer ausreichenden Autldärung oder dafür, daß der Patient keiner weiteren Aufklärung mehr bedurft hat, trägt, wird er die Aufklämng in irgendeiner Form dokumentieren. Dies kann u.a. durch die Zuziehung von Arztkollegen oder Angehörigen des nichtärztlichen Personals als Zeugen und anschließende Unterzeichnung eines Vermerkes über den wesentlichen Inhalt des Gespräches im Krankenblatt erfolgen. 256 Denkbar ist auch die Herstellung einer Tonbandaufnahme vom Aufklärungsgespräch, soweit der Patient mit diesem Verfahren einverstanden ist. Als - allerdings weniger beweiskräftige - Form der Dokumentation kommt desweiteren ein vom Arzt unterzeichneter Vermerk im Krankenblatt in Betracht, der den wesentlichen Inhalt des Aufklärungsgespräches beinhaltet. 257 Soweit die Aufklärung unter Zuhilfenahme von Formularen erfolgt, was unter gewissen Voraussetzungen auch ausreicht, aber das ärztliche Aufklärungsgespräch nicht völlig ersetzen kann, genügt der Arzt seiner Dokumentationspflicht dann, wenn er das vom Patienten unterzeichnete Aufklärungsformular zu den Akten nimmt, sofern aus ihm der wesentliche Inhalt des Aufklärungsgespräches hervorgeht. Hinsichtlich ihrer Beweiskraft nützen solche Formulare allerdings grundSätzlich nur als Bestätigung der Tatsache, daß ein Aufklärungsgespräch stattgefunden hat. Der Arzt hat darüber hinaus nachzuweisen, 256 Rieger, Lexikon, RZ 275. 257 Vgl. Tempel, NJW 1980, 609, 615 f.; Laufs, Arztrecht, RZ 122 ff.; Rieger, Lexikon, RZ 275.

IV. Aufklärung

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daß der Patient von ihm mündlich aufgeklärt worden ist oder tatsächlich von dem Formular Kenntnis genommen und dies auch verstanden hat. 258 Im Patiententestament behauptet der Patient, daß er sich vor der Abfassung seiner Erklärung ausführlich über die medizinische Bedeutung einer solchen Erklärung informiert habe. Genauere Angaben, woher er seine Informationen erhalten habe, macht er jedoch zumindest in den gängigen Formularerklärungen nicht. Die Verwendung von medizinischen Fachbegriffen, das Ansprechen ganz wesentlicher Beurteilungsvoraussetzungen und die genaue juristische Terminologie zeigen, daß sich der Patient Kenntnisse verschafft hat, die weit über die des Durchschnittspatienten hinausgehen. So verwendet er im Uhlenbruckschen Muster u.a. die medizinischen Fachausdrücke Decerebration, irreversible Bewußtlosigkeit, infauste Prognose, Reanimation und diagnostische Eingriffe. Mit den Worten Einwilligungsverweigerung und Einwilligungsbeschränkung benutzt er exakt die wesentlichen juristischen Begriffe. Desweiteren verwendet er genau die Formulierungen zur indirekten und passiven Sterbehilfe, die von der Rechtsprechung entwickelt worden sind. Schließlich spricht er z.B. mit der abstrakten Möglichkeit einer Fehldiagnose auch ein ganz wesentliches Beurteilungskriterium an. Kenntnisse zur konkreten Krankheit, die den Patienten in die Situation führt, fehlen in der Regel, da sie im Zeitpunkt der Abfassung des Patiententestamentes häufig noch gar nicht bekannt ist und sogar unklar ist, ob jemals eine derartige Krankheit auftreten wird. Um möglichen Ansätzen entgegenzutreten, die dem Patiententestament die vom Patienten gewünschte Verbindlichkeit absprechen könnten, ist es auf jeden Fall ratsam, im Patiententestament Angaben darüber zu machen, woher die Kenntnis des Patienten über Krankheit und Krankheitsverlauf stammt. Ist der Patient im Zeitpunkt der Abfassung des Patiententestamentes bereits an der möglicherweise zum Tode führenden Krankheit erkrankt, so sollte er dies auf jeden Fall mitteilen und dartun, woher er sein Wissen von der Möglichkeiten der Fortentwicklung der Krankheit hat. Aber auch wenn derartige Angaben - wie im Regelfall - fehlen, kann dem Patiententestament deshalb die Rechtsverbindlichkeit nicht abgesprochen werden. Der Arzt läuft in dieser Situation auch nicht Gefahr, wegen unzureichender eigener Aufklärung haftungsrechtlich belangt zu werden. Der Wunsch des Patienten, daß seiner Erklärung auch ohne weitere Aufklärung gefolgt werden soll, ist eindeutig. Der Arzt kann dies leicht durch Vorlage des Patiententestamentes dokumentieren.

258 Vgl. Deutsch, NJW 1982, 2585, 2588.

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B. Rechtliche Untersuchungen

7. Zusammenfassung

Zunächst ist es bereits äußerst zweifelhaft, inwieweit ein möglicher Mangel an Aufklärung zur Unwirksamkeit der in Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes getroffenen Entscheidung des Betroffenen führen kann, da das Erfordernis der Aufklärung zum Schutz, nicht aber zur Einschränkung des Selbstbestimmungsrechtes eingeführt wurde. Eine endgültige Festlegung diesbezüglich erübrigt sich aber, weil bei Verwendung des Patiententestamentes im Ergebnis kein Aufklärungsdefizit vorliegt. Daß der Patient keine Kenntnis über die zu Tode führende konkrete Krankheit hat, ist unschädlich. Durch die recht genaue abstrakte Beschreibung der Situation, in der der Wille zur passiven Sterbehilfe Gültigkeit haben soll, hat der Patient gezeigt, daß er die wesentlichen Entscheidungsgrundlagen, die er zur Ausübung seines Selbstbestimmungsrechtes benötigt, gekannt hat. Gerade bei infauster Prognose spielt die Kenntnis, welche Krankheit diese Situation herbeigeführt hat, nur eine völlig untergeordnete Rolle. Unter Berücksichtigung der Möglichkeit des Aufklärungsverzichtes und der Anforderungen an den Umfang der Aufklärungen zeigt sich, daß der Patient im Zeitpunkt unmittelbar vor dem Behandlungsbeginn dem Arzt gegenüber auch die Möglichkeit hätte, zu sagen, er wolle nicht wissen, an welcher Krankheit er leide, ihm komme es allein auf eine insoweit abstrakte Aufklärung bezüglich der Risiken und Heilungschancen an. Die Antizipation der Behandlungsanweisung im Patiententestament hat darüber hinaus noch den wesentlichen Vorteil, daß der Patient selbst, und damit der primär Aufzuklärende, aufgeklärt wird.

V. Persönliche Anforderungen an die Willens bildung des Patienten Eine der Kernfragen zur Beurteilung der Rechtsverbindlichkeit des Patiententestamentes ist die Frage der Willensbildung des Patienten. Nur wenn klar ist, welche persönlichen Voraussetzung für eine Behandlungserklärung vorliegen müssen, läßt sich die Frage beantworten, ob die Willensbildung antizipiert werden kann. Die weitergehenden Besonderheiten, die sich aus der Antizipation ergeben, sollen in späteren Abschnitten behandelt werden. Generell ist es Sache des Rechtsgutträgers, die Entscheidung über das "Ob" der Einwilligung zu treffen. Einwilligungsfähig und -berechtigt ist grundsätzlich nur er. Deshalb ist er auch höchstpersönlich aufzuklären. 259 Nur wenn der Patient nicht die Fähigkeit besitzt, selbst diese Entscheidung zu fällen, 259 Jetzt BGHZ 107,222,227 (25.04.1989) = JZ 1989,901,903 (mA Laufs); Giesen, JZ 1990, 1053, 1060.

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können und müssen Dritte diese Aufgabe übernehmen. Die Einzelheiten diesbezüglich ergeben sich in erster Linie aus dem Recht der Pflegschaft bzw. Betreuung, unter Umständen aber auch nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag. Wesentliche Stimmen in der Literatur haben, wenn die Aufklärung nicht unmittelbar vor der ärztlichen Behandlung erfolgt, Zweifel daran, ob eine ausreichende Willensbildung vorliegt. Dabei sind immer wieder die zumindest unterschwellig bestehenden Bedenken der Autoren zu erkennen, daß ein Mensch eine derartige Entscheidung evtl. voreilig und nicht in ausreichender Weise überlegt getroffen haben könnte. Viele meinen, wie Rickmann es systematisch an den Gesichtspunkten von Einsichtsfähigkeit und -möglichkeit ausführt,260 daß eine derartige Entscheidung vom Patienten, der bisher keine konkrete Todeserfahrung hatte, nicht in einem Zeitpunkt gefällt werden kann, in dem die Krankheit, die in die aussichtslose Situation führen wird, noch nicht vorliegt. Mit wenigen Ausnahmen wurde die Frage der Willensbildung beim Patiententestament bisher jedoch nicht eingehend erörtert. 261 Ausführlichere Stellungnahmen aus zivil rechtlicher Sicht gibt es bisher - soweit ersichtlich - noch gar nicht. Die Wirksamkeitsvoraussetzungen der Willensbildung des Patienten bzgl. ärztlicher Behandlungsmaßnahmen werden vornehmlich ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Wirksamkeit der Einwilligung behandelt. Bei der Untersuchung der Willensbildung in Ausübung des Selbstbestimmungsrechts darf das Ergebnis der Willensbildung aber keine Rolle spielen. Es kann keinen Unterschied machen, ob der Patient nach einem Entscheidungsprozeß zu einem Entschluß für oder gegen eine ärztliche Behandlung kommt. Beide Entscheidungsalternativen sind gleichberechtigt. Es kommt vielmehr auf den Entscheidungsprozeß an. Inhaltliche und persönliche Voraussetzungen müssen für die Einwilligung in eine ärztliche Behandlung exakt die gleichen sein wie für das Behandlungsverbot. Entweder liegt eine von der Rechtsordnung als wirksam anerkannte Entscheidung vor oder nicht. Insoweit kann die Rechtsprechung, die sich mit der Frage der Willensbildung bei der Einwilligung beschäftigt, auch für die Entscheidung zur Behandlungsverweigerung herangezogen werden. Auch die Frage des Widerrufs einer Behandlungsanweisung unterliegt keinen anderen Voraussetzungen. 262 260 Rickmann, S. 138 ff. 261 Nachweise bei Rickmann, S. 138 ff. 262 BVerfG (Beschluß v 11.10.1978) NJW 1979, 595, 595 f.; so auch: Deutsch, NJW 1982, 2585,2585 ff.; Eberhardt, S. 175 ff.; Kaufmann, ZStW 73 (1961), 341, 366 f.; Wachsmuth, NJW 1982, 686, 686 f.; Rickmann, S. 137.

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Maßgebliche Kriterien für die Willensbildung sind der generelle geistige Zustand des Entscheidenden (sog. Entscheidungsfähigkeit), die Kenntnis der entscheidungserheblichen Faktoren (sog. Entscheidungsmöglichkeit), die Freiheit von äußeren Zwängen (sog. Entscheidungsfreiheit) und die Ernstlichkeit der Entscheidung. Da es keine Gründe gibt, warum eine Einwilligung wegen eines Mangels bei der Willensbildung aus strafrechtlicher Sicht rechtswirksam, zivilrechtlich aber unwirksam sein sollte, können diese teilweise aus der strafrechtlichen Dogmatik übernommenen Begriffe auch auf die zivilrechtliche Untersuchung übertragen werden. 263 1. Abstrakte Entscheidungsfähigkeit

Unter Entscheidungsfähigkeit des Patienten versteht man die abstrakte - d.h. nicht auf seine konkreten Kenntnisse von der Krankheit bezogene - intellektuelle Möglichkeit, den Abwägungsvorgang durchzuführen und die Konsequenzen der Entscheidung zu erfassen und zu überblicken. Um sich ein Urteil über derartige Fragen bilden zu können, muß der Patient generell in der Lage sein, Wesen, Bedeutung und Tragweite einer Entscheidung über das "Ob" einer ärztlichen Behandlung in einer terminalen Krankheitssituation zu erkennen. 264 Dazu ist Einsichts- und Urteilsfähigkeit erforderlich. Zur klären ist, welche Anforderungen aus zivilrechtlicher Sicht an die Entscheidungsfähigkeit zu stellen sind. Voraussetzung einer wirksamen Entscheidung ist, daß keine Geschäftsunfähigkeit i.S.v. § 104 BGB vorliegt. Derjenige, der das siebte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder sich in einem Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, der die freie Willensbestimmung ausschließt, kann eine solch schwere und gewichtige Entscheidung wie die über die Art der Sterbehilfe nicht alleine treffen. Dies dürfte auch von denjenigen, die die Einwilligung nicht als rechtsgeschäftliche Willenserklärung verstehen, nicht anders beurteilt werden. Liegt demgegenüber volle Geschäftsfähigkeit vor, so kann die generelle Einsichtsfähigkeit des Patienten nicht in Frage stehen. 265 Nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs und großer Teile der Literatur ist diese für die Entschei-

263 RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. 11 RZ 69 ff.; Soergel-Zeuner, § 823 RZ 196. 264 BGH (05.12.1958) BGHZ 29,33,36 = LM § 107 Nr. 3 = FamRZ 1959,200; BGHSt 23, 1, 4 (13.05.1969); v. Dellingshausen, S. 56. 265 Epple, BWNotZ 1981, 31, 32 verlangt immer Geschäftsfahigkeit.

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dung über ärztliche Maßnahmen nicht zwingend notwendig. Vielmehr kann auch ein Minderjähriger, der in der Lage ist, Wesen, Bedeutung und Tragweite des Eingriffs zu erkennen, einen wirksamen und verbindlichen Entschluß diesbezüglich fassen. Es reicht die natürliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit aus. 266 Sie ist vom Arzt im Einzelfall anband der Reife und Fähigkeit des Minderjährigen und der Tragweite des Eingriffs zu prüfen. 267 Der Frage, inwieweit ein Minderjähriger ein Patiententestament wirksam errichten kann, soll mangels Praxisrelevanz nicht nachgegangen werden. Für die vorliegende Untersuchung wird daher davon ausgegangen, daß der Testator volljährig ist. Dabei muß besonders herausgestellt werden, daß auch Aspekte, die mit der Krankheit zusammenhängen, bereits bei der Einsichts- oder Entscheidungsfähigkeit eine Rolle spielen können. So ist im konkreten Fall zu prüfen, ob der Testator evtl. deshalb nicht geschäftsfähig ist, weil er die psychische Belastung, die mit dem Wissen verbunden ist, daß er von einer sehr schwerwiegenden Krankheit betroffen ist, nicht verkraftet. Geschäftsunfähigkeit kann u. U. aber auch durch ganz besonders schwerwiegende Schmerzen begründet sein, die mit der Krankheit verbunden sind. Andererseits führen psychische Erkrankungen nicht zwingend zur Vemeinung von Einsichts- und Urteilsfähigkeit. 268 Vielmehr muß je nach den Umständen des Einzelfalles vor allem nach Art und Intensität der Erkrankung differenziert werden. Während der Arzt, der in der kritischen Situation den Patienten zu behandeln hat, meist ohne Schwierigkeiten klären kann, ob der Patient im Zeitpunkt der Erstellung des Patiententestamentes volljährig war, kann die Frage, ob er sich evtl. in einem Zustand der krankhaften Störung der Geistestätigkeit befunden hat, der eine freie Willensbestimmung ausschloß, nicht so einfach beantwortet werden. Durch persönlichen Eindruck kann der Arzt sich jedenfalls kein Bild machen. Er muß sich vielmehr auf Aussagen und Bestätigungen Dritter - wie beispielsweise des beglaubigenden oder beurkundenden Notars oder von sonstigen Zeugen - verlassen. Diese Situation ist jedoch keineswegs atypisch. Bei der Ermittlung des mutmaßlichen Patientenwillens befragt der Arzt z.B. die nahen Angehörigen des Patienten und verläßt sich auf deren Eindruck vom geistigen Zustand des Patienten. Bei einem Zeugen Jehova, der aus religiösen 266 BGHZ 29, 33, 36 (05.12.1958) und BGH (16.11.1971) NJW 1972, 335, 335 ff.; BayObLG 85,53,53 ff. (Beschluß v 30.01.1985); BGHZ 105,45,47 f. (28.06.1988). 267 BGHZ 105,45,48 (28.06.1988); ebenso Laufs, Arztrecht, RZ 143. 268 BGHSt 12, 379, 382 (10.02.1959); BGHZ 29,33,36 (05.12.1958); BGH (24.04.1961) VersR 1961, 632, 632 f. = LM BGB § 839 (Fc) Nr. 15; BGH (09.12.1958; 2. Elektroschockurteil) BGHZ 29, 46, 51 = NJW 1959, 811, 811 ff.; Deutsch, Arztrecht, S. 40, RZ 56; Niemann, S. 92 ff.; v. Dellingshausen, S. 56; Arzt, JR 1986, 309,314; Lenckner, ZStW 72 (1960), 446, 458; Schmidhäuser, Strafrecht AT, S. 273; Schmitt, FS Maurach, S. 116; Leipziger KommentarHirsch, § 226 a RZ 16; Rickmann, S. 139.

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B. Rechtliche Untersuchungen

Gründen geäußert hat, daß er eine Bluttransfusion nicht akzeptiert, folgt er dessen Willen, auch wenn er persönlich keine Kenntnis von dem geistigen Zustand bei Abgabe der Erklärung hat. Da § 104 BGB als Ausnahmetatbestand ausgebildet ist, muß aus zivilrechtlicher Sicht grundsätzlich davon ausgegangen werden, daß ein Volljähriger entscheidungsfähig ist. Derjenige, der meint, ein Volljähriger sei geschäftsunfähig, muß beweisen, daß dies tatsächlich so ist. 269 Nur wenn z.B. nach Beweisaufnahme feststeht, daß der Erklärende sich in dem maßgeblichen Zeitraum generell in einem Zustand i.S.v. § 104 Nr. 2 BGB befunden hat, muß derjenige, der sich darauf beruft, daß im Zeitpunkt der Entscheidung ausnahmsweise ein lichter Moment vorgelegen und damit doch Geschäftsfähigkeit bestanden habe, dies beweisen. 270 Überträgt man dies auf die Situation des Patiententestamentes, so ergibt sich, daß der Arzt, der bei einem volljährigen Patienten Zweifel an dessen Geschäftsfähigkeit im Zeitpunkt der Testierung hat, grundSätzlich beweisen muß, daß die Voraussetzungen des § 104 BGB vorgelegen haben. Gelingt ihm der Beweis nicht, ist generell von der Entscheidungsfähigkeit des Patienten auszugehen. Nur wenn konkret nachgewiesen worden ist, daß in dem Zeitraum, in dem das Patiententestament verfaßt wurde, der Patient sich generell in einem Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befand, der die freie Willensbestimmung ausgeschlossen hat, muß der Patient beweisen, daß genau in dem Moment, in dem er seine Entscheidung fällte, ein lichter Moment vorgelegen hat. Allein aus der Mutmaßung, daß der Patient bei der Errichtung des Patiententestamentes geschäftsunfähig war, kann der Arzt daher die Unverbindlichkeit des Patiententestamentes nicht ableiten. Über die Geschäftsfähigkeit hinausgehende Anforderungen an die Wirksamkeit eines erklärten Willens stellt das Zivilrecht nicht. Im Rahmen der inhaltlichen Grenzen, die durch Verbotsgesetze und Sittenordnung gesetzt sind, kann die Rechtsordnung einem mit Rechtsbindungswillen geäußerten Willen eines voll Geschäftsfähigen die Wirksamkeit nicht versagen. Ansatzpunkte dafür, daß aus Gründen des Schutzes des Selbstbestimmungsrechtes ausnahmsweise die dargelegten allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen wie beispielsweise zur Beweislast nicht zur Anwendung kommen können, sind nicht ersichtlich.

269 BGH (24.09.1955) LM § 104 Nr. 2; BayObLG (13.04.1982) RPfleger 1982, 286, 286; MünchKomm-Gitter, § 104 RZ 13; Palandt-Heinrichs, § 104 RZ 8. 270 BGH (11.03.1988) NJW 1988, 3011, 3011; OLG Karlsruhe (14.12.1981) OLGZ 82, 280,281.

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Inwieweit ein Dritter verpflichtet ist, durch aktives Tun den Willen des Patienten zu erfüllen, ist eine ganz andere Sache. Ein Arzt, der aus Gewissensgründen nicht bereit ist, durch eigenes Tätigwerden den Tod des Patienten möglicherweise zu beschleunigen, ist nicht verpflichtet, indirekte Sterbehilfe zu leisten. Insoweit begrenzt die Menschenwürde des Arztes den Willen des Patienten. Wenn der Arzt aber nach dem Willen des Patienten nicht tätig werden, sondern gerade jede lebensverlängernde Maßnahme unterlassen soll, darf er den ernstlich und frei von äußeren Zwängen von einem Geschäftsfähigen gebildeten Willen nicht dadurch umgehen, daß er sich auf dessen vermeintlich anderen mutmaßlichen Willen beruft. 2. Konkrete Entscheidungsmöglichkeit Im Gegensatz zur Entscheidungsfähigkeit, die die generelle geistige Möglichkeit des Patienten zur verantwortlichen Entscheidungsfindung betrifft, geht es bei der Entscheidungsmöglichkeit um die Fähigkeit des Patienten für die konkrete Krankheitssituation einen Behandlungsentschluß zu fällen. Wesentliche Voraussetzung dazu ist die Kenntnis der entscheidungserheblichen Faktoren, also von Diagnose, Prognose und Konsequenzen einer zustimmenden oder ablehnenden Behandlungsentscheidung. Da dies regelmäßig der Patient als medizinischer Laie nicht ohne fremde - meist ärztliche - Hilfe kann, ist vorherige Aufklärung erforderlich. Die Aspekte der Aufklärung als Wirksamkeitsvoraussetzung der Behandlungsentscheidung wurden bereits erörtert. Es sei auf die dortigen Ausführungen verwiesen. 3. Entscheidungsfreiheit Bei der Einwilligungsfreiheit geht es um die Frage, inwieweit der Entscheidungsprozeß des Patienten frei von äußeren Zwängen abgelaufen ist. 271 Die Entscheidung muß freiwillig erfolgt sein. Daran fehlt es, wenn sie durch Gewalt, rechtswidrige Drohung, Zwang oder arglistige Täuschung herbeigeführt wird. 272 Ein Entschluß, der durch Irrtum beeinflußt worden ist, der nicht auf arglistige Täuschung zurückzuführen ist, bleibt aber dennoch ein freiwilliger. 273 Innere Zwangssituationen, die beispielsweise durch die Betroffenheit des Patienten wegen der Krankheit oder damit verbundenen Schmerzen begrün-

271 Deutsch, Haftungsrecht I, S. 227; Epple, BWNotZ 1981, 31, 32. 272 BGH (02.12.1963) NJW 1964, 1177, 1177 ff. zur Anstaltsunterbringung; Palandt-Thomas, § 823 RZ 43. 273 BGH (02.12.1963) NJW 1964, 1177, 1177 ff. zur Anstaltsunterbringung; Palandt-Thomas, § 823 RZ 43.

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det werden, würden - wie dargestellt - bereits die Entscheidungsfähigkeit ausschließen. Äußere Zwänge zur Abfassung eines Patiententestamentes sind praktisch kaum denkbar. Sollte ein Patiententestament tatsächlich unter Zwang errichtet worden sein, so könnte der Patient es jederzeit vernichten oder abändern. Er könnte auch Dritte von seiner Zwangslage unterrichten, so daß in der infausten Situation der Nachweis der Unwirksamkeit des Patiententestamentes ohne weiteres möglich wäre. Im übrigen muß derjenige, der sich auf die Unwirksamkeit des Patiententestamentes beruft, das Vorliegen von Unwirksamkeitsgründen konkret nachweisen, da Mängel der Entscheidungsfreiheit einen Ausnahmetatbestand begründen. Insoweit kann die Rechtswirksamkeit des Patiententestamentes nicht mit dem allgemeinen Hinweis auf die Möglichkeit von mangelnder Entscheidungsfreiheit in Frage gestellt werden.

4. Ernstlichkeit der Entscheidung Weitgehend wird zumindest für schwerwiegende Behandlungsentscheidungen274 - zu denen der Entschluß über das "Ob" der Behandlung einer lebensbedrohenden Krankheit zu zählen ist - das ansonsten unerwähnte und selbstverständliche Erfordernis ausdrücklich hervorgehoben, daß die gefundene Entscheidung ernsthaft gewollt sein muß. 275 Bezüglich des Inhalts des Ernstlichkeitserfordernisses und seiner Abgrenzung zu den anderen Kriterien der Wirksamkeit der Willensbildung werden unterschiedliche Ansätze vertreten. 276 Teils werden die §§ 20 und 35 StGB analog herangezogen, Ernsthaftigkeit also nur dann verneint, wenn Schuldunfähigkeit oder entschuldigender Notstand im Sinne des Strafrechts beim Betroffenen in der Entscheidungssituation vorliegen. 277 Andere fordern dagegen, daß die Voraussetzungen der Einwilligung in eine fremde Tat, also Ernstlichkeit im Sinne von § 216 StGB vorliegen müssen. 278 274 Nachweise für Meinungsstand bzgl. Ernsthaftigkeit als generelles Erfordernis bei Rickmann, S. 141. 275 Vgl. BGHSt 19, 201, 206 (13.12.1963); OLG Stuttgart (25.01.1968) NJW 1968, 1200, 1200; strafrechtliche Literatur zitiert bei Rickmann, S. 141. 276 Nachweise bei Rickmann, S. 141; zur Problematik der Bestimmung von Schuld und Freiheit vgl. auch Bron, MedR 1990, 240, 240 ff. 277 Roxin, FS Dreher, S. 331, 349; ders., NStZ 1984,71,71 ff.; Dölling, GA 1984,71,76 ff.; Bottke, GA 1983, 22, 36; Hirsch, JR 1979, 429, 432; Charalambakis, GA 1986, 485, 498 ff. 278 Leipziger Kommentar-Jähnke, vor § 211 StBG Nr. 25 ff.; Schönke-Schröder-Eser, Vorb. §§ 211 StGB RZ 36; Systematischer Kommentar-Horn, § 212 StGB RZ 15; Lackner, vor § 211 StGB RZ 13; Herzberg, JA 1985, 336 ff.; ders., NJW 1986, 1635, 1637; Bringewat, Selbsttötungswille, S. 375 vertritt die Auffassung, daß der für die Ernstlichkeit des Tötungsverlangens gern. § 216 StGB erforderliche defektfreie Wille ein Widerspruch in sich selbst sei und in der Realität nicht vorkomme.

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Hintergrund für die Einführung dieses Kriteriums ist, daß auch bei einem Patienten, der generell über die erforderliche Einsichtsfahigkeit verfügt, der Wille zur Ablehnung einer Operation von ganz unterschiedlicher Qualität sein kann. Es kann sich um eine wohlüberlegte, endgültige Entscheidung oder um eine nicht durchdachte, in einer vorübergehenden Stimmungslage abgegebene Äußerung handeln, die der Patient vermutlich bald korrigieren wird. 279 Wie die Rechtsprechung zum strafrechtlichen Tatbestand der Tötung auf Verlangen zeigt, bedarf es einer genaueren Untersuchung, inwieweit die Entscheidung des Patienten nicht durch die psychischen Auswirkungen der Ausweglosigkeit der Situation beeinflußt ist und ob es deswegen nicht zu einer unüberlegten Kurzschlußentscheidung gekommen ist, deren Endgültigkeit deshalb fraglich ist. Aber auch aus einem anderen Grund kann die Wirksamkeit der Entscheidung zweifelhaft sein. Wird die Entscheidung in einem Zeitpunkt getroffen, in dem der Betroffenen noch nicht in unmittelbarer Todesgefahr schwebt und daher auch noch nicht die Intensität seines Willens zur unbedingten Lebensverlängerung kennen gelernt hat, so besteht genauso wie bei der Beeinflussung der Entscheidung durch Verzweiflung die Gefahr, daß die Entscheidung - könnte er sie im Zeitpunkt der Behandlungsnotwendigkeit nochmals treffen - anders ausfallen würde. Hier ergibt sich aus der Abstraktheit der Entscheidungsfindung die Möglichkeit der Abänderung. Der Grad der Anforderungen an die Entscheidungsfreiheit in bezug auf Einsichts- und Urteilsfahigkeit steht in einem Abhängigkeitsverhältnis zu der Bedeutung der Entscheidung, also zur Wertigkeit des Rechtsgutes, das betroffen ist. 280 Je schwerwiegender die Konsequenzen der zu treffenden Entscheidung sind, umso strenger ist der Maßstab, der zur Beurteilung der Willensbildung anzulegen ist. Dies alles sind jedoch Aspekte, die grundsätzlich der abstrakten Entscheidungsfahigkeit zuzuordnen sind. Dennoch soll die Thematik - wie weithin üblich - unter dem Stichwort Ernsthaftigkeit behandelt werden, weil dadurch die besondere Problematik der Willensbildung im Bereich der Sterbehilfe deutlich wird.

279 Dölling, MedR 1987,6, 8; vgl. auch Wachsmuth, DMW 1982, 1527, 1527 f. und Bochnik, MedR 1987, 216, 216 ff., wobei letzterer die Labilität des Willens durch konkrete Zahlen für die Entscheidung zum Suizid belegt. 280 Nachweise bei Rickmann, S. 142. 7 Schöllhammer

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B. Rechtliche Untersuchungen

a) Anforderungsmaßstab

Da in der Situation des Patiententestamentes das höchste Rechtsgut, das Leben, betroffen ist, käme man zu dem Ergebnis, daß besonders hohe Anforderungen an die Entscheidungsfähigkeit zu stellen sind. Jedoch darf auch nicht unberücksichtigt bleiben, daß beide Entscheidungsalternativen in der Situation des Patiententestamentes zum selben Ergebnis, nämlich dem baldigen Tod führen. Auch bei Einwilligung in künstliche Lebensverlängerungsmaßnahmen kann das Leben nicht dauerhaft verlängert werden, jedenfalls nicht Leben mit der Möglichkeit umweltbezogenen bewußten Erlebens. Zumindest ist dies nach ärztlicher Prognose mit Sicherheit auszuschließen. Vielmehr ist nur eine Entscheidung zwischen dem unmittelbaren Sterben und dem u. U. mit schweren Schmerzen verbundenen Dahinvegetieren ohne jegliche Chance auf Wiedererlangens des Bewußtseins möglich, eine Entscheidung zwischen zwei wenig erstrebenswerten Alternativen. Verdeutlicht man sich diese beiden - allein zur Auswahl stehenden - Alternativen, so wird klar, daß die Entscheidung keineswegs eine derartige Bedeutung hat, wie die, ob man sich einer mit Sicherheit lebensrettenden Behandlung unterzieht oder nicht. 281 Insoweit dürfen an den Maßstab der Beurteilung der Willensbildung auch keine übermäßigen Anforderungen gestellt werden. b) Abstraktheit der Entscheidungsjindung

Urteilsfähigkeit und Urteilsmöglichkeit werden für das Patiententestament teilweise mit der Begründung verneint, daß der Mensch generell nicht voraussehen könne, welche Behandlung er in einer lebensbedrohenden Situation wünschen wird, da sich das individuelle Wertesystem, das Leitschnur für derartige Entscheidungen im Leben gewesen ist, in der Situation des Sterbens häufig ganz wesentlich verschiebt. Fraglich ist jedoch, welche Folgerungen man aus dieser sicherlich richtigen Beschreibung ziehen muß. Jede Entscheidung über eine Behandlung, bei der die Möglichkeit des Todes zumindest denkbar ist, erfordert einen Abwägungsprozeß mit der unbekannten Größe Tod, die der Mensch von seinen geistigen und emotionalen Fähigkeiten her nicht völlig durchdringen kann. Obwohl der Tod als unausweichlicher und insoweit selbstverständlicher Abschluß der menschlichen Existenz jedem Lebenden als Abstraktum bewußt ist, so kann oder will der Mensch sich seinen eigenen Tod nicht vorstellen. Er ist nicht erfahrbar und bleibt - zumindest für die eigene Person - unbegreifbar. 282 Folglich fehlen jedem Lebenden ausreichende Kennt-

281 So auch Brändel, ZRP 1985, 85, 90. 282 Rickmann, S. 160 f. mwN.

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nisse von Tod und Sterben. Die Fähigkeit, den eigenen Tod konkret zu begreifen, hat der Mensch nicht. Insoweit könnte man ihm generell Urteilsfähigkeit und -möglichkeit bezüglich Behandlungsentscheidungen absprechen, bei denen der Eintritt des Todes ein denkbares Ergebnis der Entscheidung ist. Würde man allerdings diese Auffassung konsequent vertreten, so wäre dem Menschen kaum eine Entscheidung mehr möglich. In vielfältigen Situationen trifft der Mensch auf Gefahren, die im schlimmsten Fall einen tödlichen Ausgang zeitigen können. Die Gefahren des Autoverkehrs seien hier beispielhaft erwähnt. Überall da, wo derartige Gefahren auftreten, wäre dem Menschen daher keine Entscheidung möglich. Ein Abstellen auf die Intensität des Risikos und die Wahrscheinlichkeit des Gefahreneintritts würde das hier angesprochene Grundproblem nicht lösen, da der Mensch - mangels Möglichkeit der Beurteilung des Faktums Tod - einen Abwägungsfaktor seiner Entscheidung nicht kennen würde. Desweiteren stellt sich die Frage, wer an Stelle des Betroffenen die Entscheidung zu treffen hätte. Ein anderer Mensch würde ebenfalls nicht in Frage kommen, da er in seiner Urteilsfähigkeit genauso eingeschränkt wäre. Konsequenz aus dem Dargestellten ist vielmehr, daß die generelle Beschränktheit menschlichen Erkenntnis- und Urteilsvermögens bzgl. des Todes als solche akzeptiert wird und daß dem Betroffenen die Möglichkeit eingeräumt wird, seine persönliche Prognose für die bezeichnete Situation und seinen Willen in diesem Zeitpunkt zu stellen. Dies gilt um so mehr in einem Staat, dessen Rechtsordnung im Wesentlichen durch Individualrechte geprägt ist. Dabei ist klar, daß gerade diese Prognose mit einem starken Fehlerrisiko behaftet ist, was umso schwerwiegender ist, als sich ihre Konsequenz nicht mehr rückgängig machen läßt. Trotz dieser Unzulänglichkeiten der menschlichen Vorstellungs- und Verständnismöglichkeiten ist aber generell anerkannt, daß der Mensch die Möglichkeit hat, auch rechtsverbindliche Entscheidungen zu treffen über Fragen, die den eigenen Tod angehen. Es sei nur an den bereits zitierten Myom-Fall erinnert. Insoweit ist klar, daß bei der Beurteilung der Frage, ob bei einem Menschen Urteilsfähigkeit und -möglichkeit gegeben sind, die sich aus der allgemeinen Beschränktheit des menschlichen Vorstellungsvermögens ergebenden Einschränkungen berücksichtigt werden müssen. Die Fähigkeit und Möglichkeit der Entscheidungsbildung kann nicht mit dem Hinweis darauf verneint werden. Das Risiko eines Prognoseirrtums, das sich aus den beschränkten menschlichen Verständnismöglichkeiten ergibt, muß vielmehr in Kauf genommen werden. 283 Urteilsfähigkeit und -möglichkeit sind mithin - was die intellektuellen Voraussetzungen anbelangt - zu bejahen, wenn der Patient in der 283 So auch Rickmann, S. 162.

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B. Rechtliche Untersuchungen

Lage ist, Wesen, Bedeutung und Tragweite seiner Entscheidung einschließlich der Würdigung des Todes in dem Maße zu erkennen, wie dies einem Lebenden möglich ist. Im übrigen zeigt sich an dieser Stelle auch, daß die Willensbildung immer eine doppelte Prognose, also zeitliche Vorausschau in die Zukunft, verlangt. Zum einen muß stets versucht werden, die Auswirkungen der ärztlichen Behandlung, die in der Zukunft liegen und vom Patienten daher noch nicht unmittelbar bewertbar sind, einzuschätzen. Dabei geht es zumindest nicht in erster Linie darum, mögliche medizinische Abläufe zu prognostizieren - diese Aufgabe überlassen die meisten Patienten vor allem dem Arzt - sondern darum, vorauszusehen, welche Bedeutung diese Konsequenzen von Behandlung oder Nichtbehandlung für das eigene Leben nach der persönlichen Veranlagung und nach dem persönlichen Wertesystem haben (Prognose der Auswirkungen). Desweiteren erfolgt die Entscheidungsfindung bei allen ärztlichen Maßnahmen, bei denen das Bewußtsein des Patienten während der Behandlung beispielsweise durch Narkose ausgeschaltet oder eingeschränkt ist, zeitlich vorverlagert, also antizipiert, da die Operation häufig nicht unmittelbar nach Aufklärung und Einwilligung erfolgt und sich der Umfang der Behandlungsnotwendigkeit oft erst unter der Operation herausstellt. Der Patient muß also versuchen herauszufinden, wie er wahrscheinlich entscheiden würde, wenn er in der betreffenden Situation in der Lage wäre, selbst zu entscheiden (Prognose der Entscheidungsfindung). Neben der vorausschauenden Einschätzung von gesundheitlichen Konsequenzen von Behandlung oder Nichtbehandlung, die jede Entscheidung beinhaltet, ergibt sich also desweiteren die Notwendigkeit, den Entscheidungszeitpunkt vorzuverlegen, da im Moment der Entscheidungsnotwendigkeit der Patient nicht bei Bewußtsein ist. Nochmals sei betont, daß diese beiden Aspekte der Berücksichtigung zukünftiger Abläufe und Geschehnisse nicht nur beim Patiententestament, sondern bei jeder Behandlungsentscheidung auftreten. Beim Patiententestament ist nur der Zeitpunkt der Entscheidungsfindung noch weiter als bei anderen Behandlungsentscheidungen vorgezogen. Es muß daher die Frage beantwortet werden, inwieweit diese Besonderheit des Patiententestamentes dazu berechtigt, dem Testator die Urteilsfähigkeit oder -möglichkeit abzusprechen. Was die intellektuellen Entscheidungsvoraussetzungen anbelangt, so ergeben sich keine Unterschiede. Der Mensch kann von seiner geistigen Vorstellungskraft her sich seinen Tod kurz vor der infausten Situation genauso gut oder schlecht vorstellen wie einige Monate oder Jahre vorher. Ein Unterschied könnte sich allenfalls deshalb ergeben, weil der Mensch gefühlsmäßig in relativer Nähe zum Tod die psychologischen Aspekte, die Grundlage seiner Abwägung sind, besser beurteilen kann. So ist es durchaus denkbar, daß derjenige, der konkret in Todesgefahr schwebt, tatsächlich

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erstaunt ist, wie stark der Wille zur Lebensverlängerung ist. 284 Verschiebungen der Wertigkeiten kurz vor dem Tod sind mit Sicherheit nicht auszuschließen. Von daher liegt es nahe zu sagen, daß bei demjenigen, der bereits bewußt Todesgefahr erlebt hat, das Risiko einer fehlerhaften Prognose seines zukünftigen Willens geringer ist, als bei jenem, der sich bisher nur abstrakt, also ohne eigenen konkrete Erfahrung, mit dem Thema Tod auseinandergesetzt hat. Rickmann folgert daraus, daß ohne konkrete Todeserfahrung die Entscheidungsfähigkeit und -möglichkeit nicht bejaht werden kann, da die höchstpersönliche Abwägungswertigkeit des Todes, die über die rein intellektuelle Komponente der Entscheidungsfähigkeit hinausgeht, nicht gegeben sei. 285 Zur Begründung wird zutreffend ausgeführt, daß die Bedeutung des Todes, also seine Auswirkungen und sein Einfluß auf die persönliche Haltung zu Sein und Nichtsein, sich erst durch das Erleben bestimmter, die Realität des Todes deutlich machender Ereignisse verstehen - besser erahnen - läßt. Derjenige, der sich persönlich vom Tod "anrühren" läßt, der mit ihm durch eigene Erfahrungen konkret konfrontiert worden ist, hat eine andere - wahrscheinlich eher auch in der infausten Situation noch gültige - Einstellung zum Tod. Leiden, Sterben und Leben als die entscheidungserheblichen Faktoren müssen - so wird argumentiert - in der konkreten Situation in ihrem Wechselverhältnis zueinander erfahren werden. Ohne das Erleben von Todesangst, Lebenswillen,286 Leidensfrustration und körperlicher und seelischer Qualen sei eine Einschätzung der Faktoren nicht möglich. 287 Dieser Ansicht ist insoweit zuzustimmen, als die Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit der eigenen Prognose beim Patienten mit Todeserfahrung auf jeden Fall höher sein dürfte als bei demjenigen, der seine Entscheidung - bisher von Schicksalsschlägen mit Todeserfahrung unbetroffen - abstrakt auf logischer, philosophischer oder religiöser Grundlage, sozusagen am "grünen Tisch" fällt. Richtig ist auch, daß Todeserfahrung nicht unbedingt Begegnung mit der konkreten Möglichkeit des eigenen Todes sein muß, sondern daß auch die Beschäftigung mit der Thematik anläßlich des Todes eines besonders nahestehenden Menschens die Bedeutungsrelevanz des Todes verdeutlichen kann, und

284 Vgl. Rickmann, S. 169 mwN. 285 Rickmann, S. 162 ff., 171 ff. 286 Inwieweit der Lebenswille, das letzte Aufbäumen gegen den Tod, als Patientenwille im

Rechtssinne oder beispielsweise nur als kreatürliche Willensäußerung aufzufassen ist, ist heftig umstritten (vgl. Rickmann, S. 189 f.). Der Todeskampf tritt allerdings sehr selten auf (vgl. Rickmann, S. 189 f.). 287 Rickmann, S. 176 f.

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daß dieses Erfahrungswissen nach der Konfrontation mit der Zei~ wieder an Dringlichkeit, Aktualität und damit auch an Relevanz verliert. 288 Dennoch erscheint die Schlußfolgerung aus dieser Erkenntnis, daß Entscheidungsfahigkeit und -möglichkeit ohne Todeserfahrung nicht gegeben sind, nicht zwingend, ja nicht überzeugend. Falls der Patient in der maßgebenden Entscheidungssituation selbst in der Lage ist, seine Entscheidung zu treffen, so hat das Patiententestament von vorne herein keine Bedeutung. Ist er dazu jedoch nicht in der Lage, muß - falls man dem Patienten für die antizipierte Entscheidung im Patiententestament die Urteilsfähigkeit oder -möglichkeit abspricht, ein Dritter - nämlich Betreuer oder Arzt - die Entscheidung fällen. Inwieweit dieser der subjektiv gefärbten und individuellen hypothetischen Entscheidung des Patienten näher als die Prognose des Betroffenen selbst kommen kann, erscheint äußerst fraglich. Sowohl Betreuer wie Arzt müssen nicht unbedingt selbst bisher persönliche Erfahrungen mit dem Tod gehabt haben. Die beruflich begründete Erfahrung des Arztes mit dem Sterben von Patienten ist keineswegs vergleichbar mit der, die aus der Konfrontation mit dem eigenen oder dem Tod naher Angehöriger entsteht. Im übrigen rechtfertigt die Eigenbetroffenheit des entscheidungsberechtigten Dritten wegen der gerade auch in diesem Bereich gegebenen Individualität jedes Menschen keineswegs den Schluß darauf, daß der Betroffene genauso entscheiden würde. Daß sich ein Dritter durch abstrakt-logische Überlegung regelmäßig besser in die Situation des Betroffenen hineinversetzen kann, als es diesem selbst in einer antizipierten Entscheidung möglich ist, kann keineswegs angenommen werden. Würde man die Erforderlichkeit konkreter Todeserfahrung als Wirksamkeitsvoraussetzung der Willens bildung ansehen, so würde fast ausnahmslos auch die Entscheidung eines Dritten unwirksam sein, weil auch bei ihm Todeserfahrung im oben dargestellten Sinne nicht vorliegt. Würde man in dieser Situation auf das abstellen, was das objektive - nach dem gesellschaftlich Üblichen definierten - Interesse des Patienten darstellt, so bliebe die Individualität des Patienten unberücksichtigt. Aufschlußreich ist, daß Rickmann im Anschluß an v. Dellingshausen die antizipierte Willensbildung trotz Fehlens von Todeserfahrung dann ausnahmsweise für ausreichend hält, wenn es auf die künftige subjektive Bewertung und einen eventuellen Einstellungswechsel beim Testator nicht mehr ankommt. 289 Ein derartiger Fall wird angenommen, wenn der Testator in eine Situation total irreversibler Bewußtlosigkeit gerät, wie sie beim sog. apallischen Syndrom 288 Die gesetzliche Regelung der Sterbehilfe im kalifornischen Natural Death Act differenziert daher zwischen Testatoren mit und ohne konkrete Todeserfahrung, wobei darauf abgestellt wird, inwieweit das Patiententestament im Endstadium der tödlich verlaufenden Krankheit verfaßt wurde (§ 7191 b, c und § 7187 e). 289 So v. Dellingshausen, S. 371; Rickmann, S. 179.

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gegeben ist. In diesem Zustand gelangt weder rational noch emotional irgendwelche Kenntnis von sich und der Umwelt ins Bewußtsein des Patienten. Er ist praktisch ohne jegliche Kontaktfähigkeit. Es soll nach Rickmann also dann allein der antizipierte Wille maßgeblich sein, wenn es absolut sicher ist, daß der Patient während des Sterbevorganges keinerlei Information von sich und seiner Krankheit erhält, und klar ist, daß er auch nicht noch einmal und sei es nur für eine kurze Zeitspanne in einen derartigen Zustand gelangt. Wenn es keine aktuelle - wenn auch äußerst rudimentäre - Willensbildung gibt, dann soll der Wille gelten, der vor Eintritt der Willensunfähigkeit gegeben war. Begründung dieser Ausnahme kann nur sein, daß die Abänderung des Patientenwillens in der infausten Situation vermutet wird, soweit der Patient diesbezüglich zumindest emotional Kenntnis von der Todesgefahr erhält. In den meisten Fällen, die durch ein Patiententestament geregelt werden, liegt der von Rickmann als Ausnahmesituation bezeichnete Zustand aber vor. Im Uhlenbruckschen Patiententestament wird Intensivtherapie und Reanimation gerade für Fälle der irreversiblen Bewußtlosigkeit und der wahrscheinlichen Dauerschädigung des Gehirns untersagt. Die beiden anderen Fallgruppen, nämlich Ausfall lebenswichtiger Körperorgane und generelle infauste Prognose, setzen demgegenüber nicht notwendig irreversible Bewußtlosigkeit voraus, unterfallen mithin nicht zwingend der von Rickmann vertretenen Ausnahme. Festzuhalten bleibt, daß bei vielen der im Patiententestament geregelten Fälle bereits nach der von Rickmann vertretenen Auffassung eine ausreichende Willensbildung vorliegt, auch wenn der Patient bisher keine Todeserfahrung hatte. Vergegenwärtigt man sich, daß die Entscheidung über ärztliche Behandlungen im allgemeinen und in der Sterbephase im besonderen Ausfluß des grundrechtlich geschützten Selbstbestimmungsrechtes ist, so darf das bei der Bestimmung der Voraussetzungen wirksamer Willensbildung nicht unberücksichtigt bleiben. Gerade wenn man sich die Schwierigkeiten, die eine Entscheidung über die Behandlung im Sterben jedem Menschen bereitet, die Individualität und Subjektivität einer derartigen Entscheidung vor Augen hält, wird ganz besonders deutlich, welcher Rang dem Selbstbestimmungsrecht in dieser Konstellation zukommen muß. Die Entscheidung durch Dritte bietet keine Gewähr dafür, daß sie dem mutmaßlichen Willen des Patienten in der Entscheidungssituation näher kommt, als die antizipierte des Patienten selbst. Ein Dritter kann weder die Bedeutung von Schmerz und Leidensfrustration für den Patienten beurteilen, noch die Intensität seines Lebenswillens erkennen. Folglich kann er auch nicht die Wertigkeit der einzelnen Entscheidungsfaktoren in ihrer Wechselwirkung im Sinne des Patienten beurteilen. Würde man derart hohe Anforderungen an die Willens bildung stellen, wie dies Rickmann und andere tun, so würde das Selbstbestimmungsrecht ausgehöhlt. Die Meinung, daß durch die

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Behandlungsentscheidung eines Dritten das Selbstbestimmungsrecht des Patienten besser gewahrt werden könne als durch antizipierte Entscheidung des Betroffenen, erweist sich mithin als Illusion. Eine am Selbstbestimmungsrecht orientierte Ermittlung der Anforderungen an eine Willensbildung führt mithin dazu, daß Todeserfahrung des Testators nicht als Wirksamkeitsvoraussetzung angesehen werden kann. Dieses Ergebnis wird auch durch die Erwägung bestimmt, daß es mit dem Selbstbestimmungsrecht des Menschen unvereinbar ist, daß der Wille desjenigen, der generelle Bedenken hat, daß Ärzte seinen Sterbeprozeß durch intensivmedizinische Maßnahmen trotz infauster Prognose und irreversibler Bewußtlosigkeit künstlich verlängern, mit dem Bewußtsein leben muß, daß ihm keine Möglichkeit gegeben ist, rechtlich verbindlich ein derartiges aktives Eingreifen in die körperliche Integrität zu verhindern. Auch Ileuere Gerichtsentscheidungen kommen zu dem Ergebnis, wonach der von einem urteilsfähigen Patienten ausgesprochene Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen den Arzt dann bindet, wenn dieser im voraussehbaren Verlauf der Krankheit sein Bewußtsein verliert und keine wesentliche Veränderung der seiner Erklärung zugrundeliegenden Umstände erkennbar ist. 290 Zutreffend begründet das OLG Stuttgart dieses Ergebnis damit, daß im umgekehrten Falle die Einwilligung in eine Operation auch nicht ihre rechtfertigende Wirkung mit dem Eintritt der Bewußtlosigkeit verliert. Anlaß zu einer Differenzierung zwischen der Beurteilung der Situation bei einem "Normalpatienten" und einem Suizidenten sieht das OLG nicht, da eine solche nur willkürlich vorgenommen werden kann. 291 Auch der zweite Strafsenat des Bundesgerichtshofs stellt den Arzt straffrei, wenn feststeht, daß der Suizident den Selbsttötungswunsch ernsthaft und freiverantwortlich gefaßt hat und daß er demgemäß nicht mit einer Verhinderung des von ihm erstrebten Todes einverstanden ist. 292 Der Bundesgerichtshof ist in dieser Entscheidung trotz der wenig präzisen und nur beiläufigen Erklärung der Patientin von einer wirksamen Behandlungsanweisung ausgegangen. Die Patientin hatte dort einige Zeit vor dem Suizid dem Arzt gegenüber gelegentlich geäußert, sie könne ihr Ende kaum mehr erwarten und werde vielleicht irgendwann einmal Schluß machen, und dabei zu verstehen gegeben, daß sie dann nicht daran gehindert werden wolle. 293 Wegen der Ab290 OLG München (Beschluß v 31.07.1987; Hackethal-Entscheidung) MedR 1988,151,153 unter Verweis auf Kutzer, MDR 1985, 710,712 und Dreher/TTÖndle, § 223 StGB RZ 9 t. 291 OLG München (Beschluß v 31.07.1987; Hackethal-Entscheidung) MedR 1988, 151, 153 f.; so auch Schmin, MDR 1986, 617, 619 und Eser, MedR 1985, 6, 15. 292 BGH (Beschluß v 08.07.1987) NJW 1988, 1532, 1532 = ArztR 1988, 230, 230. 293 In BGHSt 32,262,262 ff. (14.02.1984) = NJW 1984, 1469, 1469 hatte der 1. Senat bereits zu erkennen gegeben, daß er dazu neigt, einern ernsthaften, freiverantwortlichen Selbsttötungsentschluß eine stärkere rechtliche Bedeutung beizumessen, als dies in der Dr. Winig-Entscheidung erfolgt ist.

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straktheit der antizipierten Willensbildung wird die Wirksamkeit der Willensbildung in den genannten Entscheidungen nicht in Zweifel gezogen. Auch die vielbeachtete Dr. Wittig-Entscheidung des 3. Senates des Bundesgerichtshofs294 berücksichtigt den antizipierten Patientenwillen durchaus. Zwar stellt der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung fest: "Jedenfalls dann, wenn der ohne ärztlichen Eingriff dem sicheren Tod preisgegebene Suizident schon bewußtlos ist, darf sich der behandelnde Arzt nicht allein nach dessen vor Eintritt der Bewußtlosigkeit erklärten Willen richten, sondern hat in eigener Verantwortung eine Entscheidung über die Vornahme oder Nichtvornahme auch des nur möglicherweise erfolgreichen Eingriffs zu treffen. "295 Auch nach dieser Entscheidung ist der antizipierte Patientenwille also von erheblicher, wenn auch nicht ausschlaggebender Bedeutung. Wie der letzte Halbsatz der zitierten Passage aber zeigt, hatte der Bundesgerichtshof einen Fall zu entscheiden, bei dem ein ärztlicher Eingriff denkbar war, der möglicherweise erfolgreich gewesen wäre. Der Begriff "erfolgreich" kann aber nur so verstanden werden, daß eine endgültige Heilung oder zumindest wesentliche Lebensverlängerung bewirkt worden wäre. Kurzfristige intensivmedizinische Lebensverlängerung kann nicht gemeint sein. Desweiteren führt der Bundesgerichtshof in der Wittig-Entscheidung aus, daß der Arzt zumindest dann nicht strafbar ist, wenn er sich in der Konfliktlage zwischen Verpflichtung zum Lebensschutz und der Achtung des Selbstbestimmungsrechts wegen des weit fortgeschrittenen, von ihm als tödlich aufgefaßten Zustandes davon überzeugt war, das Leben des Patienten allenfalls noch mit vom Patienten stets verabscheuten Maßnahmen der Intensivmedizin verlängern zu können. 296 Obwohl die Wittig-Entscheidung den Willen des Suizidenten - wie häufig kritisiert297 - sehr weitgehend gegenüber der Entscheidungsbefugnis des Arztes zurücktreten läßt, so mißt sie doch, wie vorstehendes Zitat zeigt, der Ablehnung intensivmedizinischer Lebensverlängerungsmaßnahmen bei infauster Prognose ganz entscheidende Bedeutung zu. Vergegenwärtigt man sich die für die BGH-Rechtsprechung außerordentlich wichtige Unterscheidung zwischen Selbstmord und natürlichem Sterben und insbesondere die Skepsis, die der Bundesgerichtshof gegenüber der Dauerhaftigkeit von Suizidentscheidungen hat, so erscheint es verfehlt, aus der Wittig-Entscheidung ein Argument gegen die Rechtsverbindlichkeit des Patiententestamentes abzuleiten.

294 BGH (04.07.1984) BGHSt 32, 367, 367 ff. = NJW 1984, 2639, 2639 ff. = JZ 1984, 8?3, 893 = MDR 1984, 858, 858 ff. = NStZ 1985, 119, 119 ff. = MedR 1985, 40, 40 ff. = ArztR 1985, 40, 40 ff. 295 BGH (04.07.1984) NJW 1984, 2639, 2642. 296 BGH (04.07.1984) NJW 1984,2639,2642. 297 Kritische Besprechungen erfolgten u.a. von Uhlenbruck in ArztR 1985, 16, 16 ff. und von Schmin in JZ 1984, 866, 866 ff.

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Dieses Ergebnis wird auch durch einen Blick auf die rechtliche Beurteilung anderer vergleichbarer Situationen bestätigt. Die Wirksamkeit einer antizipierten Einwilligung wird beispielsweise bei in Schüben verlaufenden geistigen Erkrankungen anerkannt. Dort kann der Patient bereits im Zeitpunkt der Willensfreiheit seine Einwilligung in eine ärztliche Behandlung erklären, die dann für den Zeitpunkt der Willensunfreiheit wirkt. 298 Gleiches gilt für medizinische Behandlungen, bei denen durch Verwendung bestimmter Medikamente oder sonstiger Maßnahmen wie z.B. bei der Elektroschockbehandlung die Willensbildungsfähigkeit zeitweilig ausgeschaltet ist. 299 Auch die Grundsätze zur Beurteilung der Zulässigkeit von Operationserweiterungen oder -änderungen zeigen, daß antizipierte Behandlungsanweisungen zulässig und wirksam sind. Danach bezieht sich die Einwilligung im Regelfall allein auf den konkreten Operationsverlauf, wie ihn der Arzt für den planmäßigen Ablauf erwartet, über den der Patient vor der Operation aufgeklärt worden ist und in den er eingewilligt hat. Grundsätzlich ist der Patient vor Änderungen und Abweichungen des Operationsverlaufes erneut aufzuklären, damit er eine neue Behandlungsentscheidung treffen kann. Auch wenn sich unter der Operation herausstellt, daß die Erweiterung oder Abänderung der geplanten Operation medizinisch sinnvoll wäre,300 muß die Operation im Regelfall abgebrochen werden, um eine weiterreichende Einwilligung des Patienten einzuholen, falls beim Patienten unter der Operation keine Entscheidungsfähigkeit besteht. 301 Da dadurch eine weitere, den Patienten nochmals belastende Operationen erforderlich würde, ist es zweckmäßig, daß bereits vor der ersten Operation - quasi vorsorglich - die Einwilligung in eine Operationserweiterung oder -abänderung eingeholt wird. Dazu muß natürlich eine entsprechende Aufklärung vorgenommen werden. Deshalb wird von Rechtsprechung und Lehre gefordert, daß der Patient vor der Operation über die voraussehbaren Möglichkeiten einer Operationserweiterung zu unterrichten ist. 302 War die Erweiterung des Eingriffs für den Arzt voraussehbar, muß er den Patienten hierauf hinweisen und vorsorglich seine Zustimmung einholen. Dies gilt auch dann, wenn das Risiko der erforderlich werdenden Ausdehnung generell sehr selten, aber für einen Eingriff der betreffenden Art typisch ist. 303 Bei nicht vorhersehbaren Operationserweiterungen, bei denen demnach auch keine Entscheidung des Pa298 Deutsch NJW 1979, 1905, 1905 ff., 1908; RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. 11 RZ 106. 299 RGRK-Nüßgens, Anh. 11 RZ 106. 300 Dies ist in der Praxis häufig der Fall: vgl. Deutsch, NJW 1979, 1905, 1908; RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. 11 RZ 104. 301 Giesen, JZ 1990, 1053, 1059; ders., MML, § 24-25, RZ 602-669. 302 BGH (28.11.1957) NJW 1958,267,268. 303 Rieger, Lexikon, RZ 1324.

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tienten vorliegt, ist für die Zulässigkeit weitergehender Maßnahmen die Frage nach der mutmaßlichen Einwilligung des Patienten maßgeblich. Danach ist wie folgt zu unterscheiden. Bei absoluter und vitaler Indikation der Operationserweiterung kann der Arzt die Behandlung ohne Einwilligung des Patienten fortführen. 304 Dagegen ist nach umstrittener - aber wohl zutreffender - Meinung bei nur relativer Indikation abzubrechen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Verzicht auf den erweiterten Eingriff für einen vernünftigen Patienten zumindest eine echte Alternative darstellen würde. 305 Danach muß die Operation nicht abgebrochen werden, wenn der Abbruch der Operation medizinisch kontraindiziert wäre, d.h. wenn in der Fortsetzung des Eingriffs kein höheres Risiko liegt als in ihrem Abbruch. 306 Auch wenn es im Detail einige Streitfragen gibt, so zeigt der Vergleich mit den Grundsätzen zur Behandlung der Operationserweiterung doch klar, daß Rechtsprechung und Literatur von der Antizipierbarkeit von zukünftigen Behandlungsentscheidungen ausgehen, ohne daß darin ein Problem gesehen wird, daß der Patient im Zeitpunkt seiner Entscheidung noch nicht weiß, ob die Voraussetzungen vorliegen, die eine Operationserweiterung oder -abänderung erforderlich machen. Aus der Abstraktheit der Behandlungsentscheidung wird an dieser Stelle, bei der es auch um die Entscheidung über Tod oder Leben gehen kann, also keineswegs auf Defizite in der Willensbildung geschlossen. Vielmehr wird bei allen Überlegungen immer vorausgesetzt, daß der Arzt, wenn eine antizipierte Behandlungsanweisung vorliegt, an diese gebunden ist. Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob sich der Patient für oder gegen die vorgeschlagene Behandlung entscheidet. Nur soweit keine Willensbildung des Patienten vorliegt, stellt sich die Frage, ob unter Annahme einer mutmaßlichen Einwilligung des Patienten ohne Behandlungsabbruch die Operationserweiterung oder -änderung vorgenommen werden darf. Für die Beurteilung des Patiententestamentes bedarf es jedoch besonderer Hervorhebung, daß der Bundes304 BGH (02.11.1976) NJW 1977, 337, 337 ff.; Giesen, Arzthafnmgsrecht 1990, S. 122 mwN; ders., JZ 1990, 1053, 1059. 305 Steffen, MedR 1983,88,92; zum Meinungsstand vgl.: Operationserweiterung nur bei vitaler Indikation erlaubt: OLG Frankfurt (10.02.1981) NJW 1981, 1322, 1323; Giesen, Arzthaftungsrecht 1990, S. 122 mwN; ders., JZ 1990, 1053, 1059; Operationserweiterung auch ohne vitale Indikation zulässig: RG (22.12.1939) DR 1940, 684, 684, das fordert, daß entweder die Erweiterung nicht gefährlich ist oder der Operationsabbruch den Patienten mindestens ebenso gefährden würde; Rieger, Lexikon, RZ 1324, der dann sogar von einer Pflicht des Arztes zur Erweiterung des Eingriffs ausgeht und dies mit der vertraglichen und deliktsrechtlichen Fürsorgepflichtdes Arztes begründet; Schlund, VersR 1977,496,498 Anm. 53 mN; Tempel, NJW 1980, 609, 613. 306 BGH (02.11.1976) NJW 1977, 337, 338; OLG München (07.02.1979) VersR 1980, 172, 172 ff.; OLG Frankfurt/Main (10.02.1981) NJW 1981, 1322, 1322; OLG Köln (17.09.1987) VersR 1988, 1049, 1049 ff.; Palandt-Thomas, § 823 RZ 48; MünchKomm-Mertens, § 823 RZ 455 mN; Uhlenbruck, VersR 1968, 1101, 1108; Dunz, DMW 1978, 1226; RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. II RZ 147; KemlLaufs, S. 129 ff.; Uhlenbruck, VersR 1968, 1101, 1101 f.; Giesen, JZ 1990, 1053, 1059.

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gerichtshof in den gerade angesprochenen Vergleichs fallen den Arzt sogar dazu verpflichtet, den Patienten zu einer antizipierten Entscheidung über ärztliche Maßnahmen zu bewegen, von denen noch niemand weiß, ob sie notwendig werden. Hier zeigt sich, daß die Annahme einer mutmaßlichen Einwilligung als Hilfskonstruktion nur dann zum Zuge kommen soll, wenn alle Möglichkeiten einer tatsächlichen Entscheidungsfindung durch den Patienten ausgeschöpft sind. Der Unterschied zum Patiententestament liegt eigentlich nur darin, daß es sich bei den Fällen der Operationserweiterungen nur um voraussehbare ärztliche Maßnahmen handelt, während beim Patiententestament meist noch völlig unklar ist, ob die Situation einmal eintreten wird. Vergegenwärtigt man sich jedoch noch einmal, daß auch eine äußerst selten auftretende und nur für den vorzunehmenden Eingriff typische Gefahr voraussehbar ist, so wird deutlich, daß der Unterschied zum Patiententestament nur ein geringfügiger ist. Schließlich sei auch noch erwähnt, daß Rechtsprechung 307 und Literatur308 für die Fälle, bei denen der Patient aus religiösen Gründen die lebensrettende Bluttransfusion ablehnt, in der Abstraktheit der Willensbildung kein Problem sehen. Dies gilt nicht nur dann, wenn die Bluttransfusion von einem voll einsichtsfähigen Patienten kurz vor der Operation verweigert wird, sondern auch dann, wenn dieser lange Zeit vor der Behandlungsbedürftigkeit sich dahingehend geäußert hat. Eine wirksame Behandlungsverweigerung soll sogar dann angenommen werden, wenn dem Arzt bekannt ist, daß der Patient einer Glaubensgemeinschaft angehört, die eine Bluttransfusion generell ablehnt. 309 Genauso wie bei der Abfassung eines Patiententestamentes wird bei der Verweigerung der Bluttransfusion in diesen Fällen das Behandlungsverbot zu einem todes fernen Zeitpunkt ausgesprochen, in dem der Patient seine zukünftige Entscheidung also prognostizieren muß. Anders als in der Situation des Patiententestamentes würde die Durchführung der Bluttransfusion sogar in aller Regellebensrettend wirken. Insoweit ist - da eine Alternative zum Tod existiert - die Abänderung des Willens wahrscheinlicher als beim Patiententestament. Daß in dem einen Falle religiöse Aspekte Beweggrund sind, während im anderen meist eher ethische oder philosophische Überlegungen den Ausschlag geben, kann unter Geltung des Art. 3 Abs. 3 GG keinen Unterschied machen. Untersucht man die Beurteilung der Einwilligung eines Menschen in Organtransplantation und innere Leichenschau (sog. Sektion), so wird dieses Ergebnis bestätigt. In derartigen Fällen geht es ebenfalls um die Frage, inwieweit 307 OLG Stuttgart (06.07.1964) MDR 1964,1024,1024 ff. 308 Laufs, Arztrecht, RZ 144; RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. II RZ 107; Schönke-SchröderEser, § 223 RZ 38; Leipziger Kommentar-Jähnke, vor § 211 RZ 33. 309 Rieger, Lexikon, RZ 474.

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ein Mensch befugt ist, rechtsverbindliche Anweisungen nichtvermögensrechtlicher und höchstpersönlicher Art zu antizipieren. In beiden Vergleichsfällen geht es - wie beim Patiententestament - um die Berechtigung zum Eingriff in ein Schutzgut des § 823 BGB, da Transplantation und Sektion einen Eingriff in das über den Tod hinaus nachwirkende Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen darstellen, das verlangt, daß das Recht auf körperliche Unversehrtheit auch über den Tod hinaus gewahrt wird. 310 In beiden Fällen geht es auch um die Problematik des Einfühlens in eine zukünftige Situation, die die Grenzen des menschlichen Vorstellungsvermögens zumindest tangiert. Die Vorausschau geht in den Vergleichssituationen noch ein Stück weiter in die Zukunft, greift sogar über die Zeit des Sterbens hinaus. Da kein Teil des Lebens mehr gestaltet wird, ist die Entscheidung allerdings nicht von der gleichen Bedeutsamkeit wie beim Patiententestament. Nachdem der Gesetzesentwurf zu einem Transplantationsgesetz311 aus dem Jahre 1979 im Gesetzgebungsverfahren stecken geblieben ist, richtet sich die Beurteilung der Zustimmung des Verstorbenen bzw. seiner nahen Angehörigen auch für die Organtransplantation nach den Grundsätzen, die zur Sektion entwickelt wurden. 312 Danach kann die Zustimmung zu den notwendigen ärztlichen Maßnahmen entweder lebzeitig vom Verstorben oder nach dessen Tod durch seine nächsten Angehörigen - die nicht unbedingt gleichzeitig seine Erben sein müssen - erklärt werden. Auch für die Ablehnung von derartigen ärztlichen Eingriffen gelten dieselben Grundsätze. 313 Bedenken dahingehend, daß der Mensch wegen seines begrenzten Vorstellungsvermögens derartige Entscheidungen evtl. nicht prognostizieren könne, werden weder bei der Sektion noch bei der Transplantation ins Feld geführt. Vielmehr ist man sich einig, daß die vom Verstorbenen getroffene Entscheidung für alle Beteiligten und insbesondere für Ärzte, an die der Wunsch nach Sektion oder Transplantation herangetragen wird, bindend ist. Nur ganz ausnahmsweise gilt dann etwas anderes, wenn der Verstorbene das Eingriffsverbot allein in Schädigungsabsicht ausgesprochen hat. 314

310 Zimmermann, NJW 1979, 569, 573 mwN FN 57; Rieger, Lexikon, RZ 1677; Hubmann, S. 340 ff.; Kaiser, S. 31, 38; BGH (26.11.1954) BGHZ 15, 249, 249 ff. = NJW 1955,260, 260; BGH (20.03.1968) NJW 1968, 1773, 1773 ff. 311 Vgl. Kunert, Jura 1979, 350, 350 ff. 312 Rieger, Lexikon, RZ 1768. 313 BGH (26.11.1954) BGHZ 15, 249, 249 ff. = NJW 1955, 260, 260; BGH (20.03.1968; Persönlichkeitsschutz des verstorbenen Gustaf Gründgens gegen die Neuveröffentlichung des Buches "Mephisto - Roman einer Karriere" von Klaus Mann) BGHZ 50, 133, 133 = NJW 1968, 1773,1773 ff.; LG Bonn (25.02.1970) JZ 1971, 56, 58; LG Bonn (16.05.1928) JW 1928, 2294, 2294 ff.; Deutsch, ZRP 1982, 174, 175; Rieger, Lexikon, RZ 1677; MünchKomm-Holch, § 90 RZ 31; Hubmann, S. 340 ff.; Kaiser, S. 31, 38; Mehrhoff/Müller, MedR 1990, 125, 126. 314 Rieger, Lexikon, RZ 1677; RGRK-Nüßgens, § 823 Anh 11 RZ 107.

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B. Rechtliche Untersuchungen

c) Einwirkungen psychischer Belastungen

Im folgenden wird auf die Aufgabe des Ernsthaftigkeitskriteriums eingegangen, unüberlegten und nur auf vorübergehenden Stimmungsschwankungen beruhenden Entschlüssen die Wirksamkeit abzusprechen. 315 Diese Frage stellt sich besonders aktualisiert in Konstellationen, in denen es um die rechtliche Behandlung des Suizides geht. Diesbezüglich gibt es eine Vielzahl von Stellungnahmen in Rechtsprechung und Literatur. Die Situation der Sterbehilfe und die des Suizides ist aus vielfältigen Gründen eine andere. 316 Insbesondere macht es einen ganz wesentlichen Wertungsunterschied, ob ein Mensch beim Suizid die Lebenszeit, die ihm nach normalem Lauf der Dinge gegeben ist, durch aktiven Eingriff verkürzt, oder ob er demgegenüber im Bereich der Sterbehilfe akzeptiert, daß die Zeit des Lebens abgelaufen ist. Dennoch lassen sich aus der Argumentation zu den Suizidfällen Rückschlüsse auf die Behandlung des Patiententestamentes vornehmen. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs,317 die von großen Teilen der Literatur318 bestätigt wird, darf sich der Arzt nach einem Selbstmordversuch grundsätzlich dem Todeswunsch eines Patienten nicht beugen. 319 Die wesentliche Begründung für diese Auffassung liegt darin, daß Untersuchungen gezeigt haben, daß die Entscheidung des Betroffenen zum Suizid in den allermeisten Fällen als ein Hilferuf an die Umwelt aufzufassen ist und im nachhinein nicht mehr getroffen werden würde. 320 Nach Bochnik321 ist es eine alltägliche psychiatrische Erfahrung, daß Menschen, die in einer verzweifelten und daher auch für den Außenstehenden völlig einfühlsamen Bilanzsituation einen Selbstmordversuch unternommen haben, nach Rettung und psychiatrischer Behandlung sich an den verbleibenden Möglichkeiten orientieren und das Leben wieder erträglich, gestaltbar und lebenswert empfinden. Er stützt sich dabei auf empirische Untersuchungen, nach denen nur 1 % derjenigen, die nach 315 So: Lackner, § 216 StBG RZ 2; v. Olshausen, § 216 StGB Anm. 2; Schönke-SchröderEser, § 223 RZ 46; Rickmann, S. 142; Bringewat, JuS 1975, 155, 158 f. 316 Vgl. Uhlenbruck, ArztR 1986,233,234 f.; Stemberg-Lieben, NJW 1985, 2734, 2737. 317 Vgl. BGH (05.07.1960) NJW 1960, 1821, 1821 und BGH (04.07.1984; Dr. Wittig-Entscheidung) NJW 1984, 2639, 2642 = BGHZ 32, 367, 367 ff. = JZ 1984, 893, 893 = MDR 1984, 858, 858 ff. = NStZ 1985, 199, 199 ff. = MedR 1985, 40, 40 ff. = ArztR 1985, 40, 40 ff. 318 Übersicht zum Meinungsstand bei: Wagner, Selbstmord, S. 25 ff. 319 Vgl. aber Arzt, JR 1986, 309, 314, der die Meinung vertritt, daß auch der Depressive einen zu respektierenden Behandlungsverzicht erklären kann, wobei er keinen Unterschied darin sieht, ob eine Suizidhandlung vorangegangen ist oder nicht. 320 Pritsche, Sterbehilfe, S. 11; Uhlenbruck, ArztR 1986, 233, 234; genauere Angaben zur Häufigkeit der Willensänderung nennt Bochnik, MedR 1987, 216, 217; Bringewat, ZRP 87 (1975),623, 632 f. 321 Bochnik, MedR 1987, 216, 217.

V. Anforderungen an die Willensbildung

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einem Suizidversuch gerettet werden, im Jahr nach dem Selbstmordversuch durch Selbstmord sterben. Die Wandelbarkeit des Selbstmordwillens kann daher nicht von der Hand gewiesen werden. Die Wandelbarkeit des Willens beim Suizid beruht aber vor allem darauf, daß die Entscheidungssituation derart von Verzweiflung geprägt ist, daß keine dauerhaft gültige Entscheidung mehr möglich ist. Angst, Schmerz, Depression und alle sonstigen Arten von unerträglich erscheinenden seelischen oder körperlichen Leiden führen zur Überzeugung der Ausweglosigkeit, die nur durch den Tod "gelöst" werden kann. Diese Schwierigkeiten greifen wegen der Antizipation der Entscheidung mittels Patiententestament nicht. Zur Zeit der Beurteilung der Situation ist der Zustand des Patienten sowohl körperlich wie auch seelisch noch nicht entscheidend von Verzweiflung geprägt. Der Testator versucht sich vielmehr - unter Heranziehung seiner bisherigen Lebenserfahrung eher theoretisch in die Lage hineinzudenken, in der die Entschlußfassung notwendig wird. Probleme mit psychischer Belastung wie bei Suizid stellen sich beim Patiententestament nicht. Deshalb ist sein antizipierter Wille insoweit sicherer als der aktuelle. 322 Das zweite Argument für die Wandelbarkeit des Willens zum Suizid ist, daß es bei einem "normalen Suizid" eine Alternative zum Tod, nämlich mit der Krankheit oder dem Schicksalsschlag zu leben, gibt. In fast allen Suizidfällen gibt es eine relevante und zumindest auf den zweiten Blick auch lebenswerte Alternative. Eine solche Alternative ist in der Situation, in der das Patiententestament seine Wirkung entfalten soll, aber gerade nicht gegeben. Die Lebensverlängerung durch intensivmedizinische Maßnahmen, die meist das Bewußtsein nicht wiederherstellen kann und häufig besonders intensive Schmerzen hervorruft, ist im Gegensatz zum Leben mit körperlicher Behinderung, ohne den über alles geliebten Menschen oder in veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen keine· echte Alternative zum unmittelbaren Tod. Fehlt diese Alternative aber, so greift das Argument der Wandelbarkeit der Willensbildung nicht mehr. Es zeigt sich also, daß beide Aspekte, die die Rechtsprechung veranlassen, die Willensbildung beim Suizid in Zweifel zu ziehen, im Falle der Verwendung eines Patiententestamentes nicht durchgreifen. Widersprüchlich erweist sich dabei vor allem, daß die Willensbildung beim Suizid wegen der Verzweiflung in der Entscheidungssituation unzulänglich sein soll, während sie beim Patiententestament deshalb nicht ausreichend sei, weil sie zu abstrakt sei. Zumindest in einem der beiden möglichen Entscheidungszeitpunkte muß dem 322 Gegen eine Gleichstellung von Suizid und der Situation des Patiententestamentes wehren sich auch: Hiersehe, FS Weissauer, S. 55 (ärztliche Sicht) und Harder, ArztR 1991, 10, 17 (juristische Sicht), wobei Harder zutreffend darauf hinweist, daß dem BGH sogar für die strafrechtliche Beurteilung der freiverantwortlichen Selbsttötung ein stimmiges Konzept fehlt.

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B. Rechtliche Untersuchungen

Menschen eine eigene bindende Entsch~idung zugestanden werden. Wenn die Rechtsprechung die Entschußfassung des Patienten beim Suizid wegen mangelnder Willensbildung nicht anerkennt, kann sie nicht gleichzeitig daran festhalten, daß die Willensbildung beim Patiententestament deshalb unzulänglich sei, weil der aktuelle Wille des Patienten in der Entscheidungssituation ein anderer sein könnte. Die psychische Belastung in der Situation des Patiententestamentes ist nämlich mit Sicherheit noch schwerwiegender als beim Suizid, da dort noch Lebenszeit verbleibt und damit eine echte Alternative besteht. Es kann nicht angehen, daß der Patient dann, wenn er in Anerkennung der Rechtsprechung zum Suizid seine Entscheidung vorverlagert, sich sagen lassen muß, daß er die konkrete Situation nicht prognostizieren könne, während er im anderen Falle vorgehalten bekommt, daß eine Entscheidung in der aktuellen Krankheitssituation wegen zu starker Betroffenheit unwirksam sei. Zumindest dann, wenn diese beiden Rechtspositionen gleichzeitig vertreten werden, führt dies zu einer Entmündigung des Individuums, die mit dem verfassungsmäßig geschützten Selbstbestimmungsrecht unvereinbar ist. 323 Interessant ist an dieser Stelle auch ein Blick auf die Rechtsprechung zur Wirksamkeit der Einwilligung in Sterilisation324 und Kastration. In beiden Fällen geht es wie bei der Sterbehilfe um Entscheidungen im höchstpersönlichen Bereich von ganz wesentlicher Bedeutung, die eine unumkehrbare Wirkung hervorrufen. Hier muß der Betroffene versuchen, zu prognostizieren, wie sich der medizinische Eingriff auf die Gestaltung seines weiteren Lebens auswirken wird. Dies ist mit Sicherheit auch eine Prognose, bei der der Mensch an die Grenzen seines Vorstellungsvermögens stößt. Desweiteren kann nicht von der Hand gewiesen werden, daß auch Verzweiflung die Entscheidung möglicherweise beeinflußt. Dennoch ist bei Sterilisation und Kastration anerkannt, daß die Willensbildung des Betroffenen generell anzuerkennen ist, wenn dieser nach den allgemeinen Vorschriften als geschäftsfähig anzusehen ist. 325 Eine Besonderheit besteht aber insoweit, als vor einer Kastration immer noch die Einschaltung der dafür eingerichteten Gutachterstelle erforderlich ist. Unterläßt der Arzt deren Einschaltung, macht er sich trotz Einwilligung des Betroffenen nach § 7 Kastrationsgesetz strafbar. Bei der Sterilisation muß zur Einwilligung des Betroffenen die medizinische Indikation hinzutreten. Zumindest sind die Meinungen zur zivil- und strafrechtlichen Beurteilung der Sterilisation ohne medizinische Notwendigkeit (sog. Gefälligkeitssterilisation) sehr

323 Zum selben Ergebnis kommen: Stemberg-Lieben, NJW 1985, 2734, 2737; Uhlenbruck, ArztR 1986, 233, 235. 324 Rechtsprechung zur nunmehr im Rahmen des Betreuungsgesetzes in § 1905 BGB erfolgten Teilregelung der Sterilisation gibt es bisher nicht. 325 Rieger, Lexikon, RZ 1730 und 944 f.

V. Anforderungen an die Willensbildung

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kontrovers. 326 Mithin zeigt sich, daß in beiden Fällen zur Rechtfertigung der Eingriffe nicht allein die Einwilligung des Rechtsgutträgers ausreicht. Daraus kann aber kein Rückschluß auf die Situation des Patiententestamentes dahingehend vorgenommen werden, daß auch dort die Behandlungsanweisung des Sterbenden als Wirksamkeitsvoraussetzung für deren Rechtsverbindlichkeit allein nicht ausreicht. Bei Kastration und Sterilisation handelt es sich um eine Einwilligung in einen Rechtsguteingriff, die - wie ausgeführt - u.a. den Grenzen des Sittengesetzes unterworfen ist. Beim Patiententestament geht es demgegenüber um die Verhinderung eines Eingriffes in ein Rechtsgut. Die Nichteinwilligung in Eingriffe in Rechtsgüter unterliegt aber wie ausgeführt keinerlei inhaltlichen Beschränkungen. Somit zeigen auch diese beiden Vergleichssituationen, daß die Willensbildungsfähigkeit für die im Patiententestament enthaltene Behandlungsanweisung nicht verneint werden kann. Nur am Rande sei erwähnt, daß der Rückschluß von der Wandelbarkeit des Patientenwillens auf einen Mangel an Ernsthaftigkeit, wie er von Vertretern der Unbeachtlichkeit des Suizidwillens immer wieder vorgenommen wird,327 keineswegs zwingend ist. Es ist vielmehr durchaus denkbar, daß sich ein ernstlieh und verantwortlich gebildeter Wille im nachhinein - z. B. wegen zwischenzeitlich erworbener neuer Lebenserfahrung - als korrekturwürdig herausstellt. Ob deshalb der Wille als unbeachtlich angesehen werden kann und der aktuelle Wille des Patienten deswegen zumindest kurzfristig übergangen werden darf, erscheint zumindest zweifelhaft. Der Schutz des geschäfts- und zurechnungsfähigen Menschen vor sich selbst und seiner eigenen Entscheidung muß - wenn er überhaupt am Platze ist - auf absolute Ausnahmefälle beschränkt werden. Soweit diese nicht - wie bei §§ 216, 226 a StBG oder §§ 134, 138 BGB - in ihrerseits verfassungsmäßigen Gesetzesvorschriften enthalten sind, sind sie mit dem Selbstbestimmungsrecht des Menschen nicht vereinbar. Eine Entscheidung der Frage, ob der Patientenwille nur dann Bedeutung hat, wenn die Voraussetzungen des § 216 StGB vorliegen, oder ob die der §§ 20 oder 35 StGB ausreichen, bedarf es nicht, da generell davon ausgegangen werden muß, daß der im Patiententestament geäußerte Wille die strengeren Voraussetzungen des § 216 StGB erfüllt. d) Weitere Schlußfolgerungen Festzuhalten bleibt zunächst, daß sogar nach den höchstrichterlichen Entscheidungen, die die Rechtsverbindlichkeit des Patientenwillens für Suizidfälle 326 Nachweise bei Rieger, Lexikon, RZ 1727. 327 Bochnik, MedR 1987, 216, 217. 8 Schöllhammer

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B. Rechtliche Untersuchungen

erheblich einschränken, bei infauster Prognose und terminalem Stadium der Krankheit der Patientenwille eine ganz maßgebliche Rolle spielt. Dem Patientenwillen muß dann aber eine noch stärkere Bedeutung zugewiesen werden, wenn das Sterben in keinerlei Zusammenhang mit einer vorangegangen Suizidhandlung steht. Ein Rückschluß aus § 216 StGB auf die Unbeachtlichkeit des Patientenwillens bzgl. der Sterbehilfe ist nicht möglich, denn im Falle der Tötung auf Verlangen wird die für die rechtliche Bedeutung entscheidende Grenze von der Eigentötung zur Fremdtötung überschritten. Wenn der Wille eines Menschen die Strafbarkeit desjenigen nicht beseitigt, der seinem Wunsch entsprechend die Tötungshandlung vornimmt, so heißt das noch lange nicht, daß auch seine Entscheidung unverbindlich ist, dem Sterben seinen Lauf zu lassen und nicht mittels intensivmedizinischer Maßnahmen einen Kampf mit dem Ziel der Lebensverlängerung zu beginnen, der nach menschlichem Ermessen aussichtslos ist. Berücksichtigt man die angesprochenen vielfältigen Unzulänglichkeiten jeglicher Wertungsprognose für die Situation der Gestaltung des Sterbens, so wird deutlich, daß die Entscheidung, gleichgültig von wem und wann sie gefällt wird, ganz erheblichen Prognoserisiken unterliegt. Nicht nur deshalb muß der Grundsatz gelten, daß das Selbstbestimmungsrecht des Menschen auch das Recht zu einer sich möglicherweise als falsch erweisenden Behandlungsentscheidung beinhaltet. Wird dem Patienten, der einen solchen dringlichen und wohlüberlegten Willen hat, diese Möglichkeit von Rechts wegen verbaut, so wird ihm auch eine ganz wesentliche Chance genommen, das Thema Sterben psychisch zu bewältigen. Gerade hierin liegt die schwerwiegendste Folge der Verneinung der Rechtsverbindlichkeit des Patiententestamentes. Jedem Menschen muß es freigestellt sein, ob er sich mit Tod und Sterben beschäftigt, ob er sich auf die Gewissensentscheidung des Arztes, von nahen Angehörigen oder eines Betreuers verlassen will, oder ob er meint, daß er diesbezüglich Vorsorge treffen muß, damit sein Wille, so wie er ihn für die Entscheidungssituation prognostiziert, verwirklicht wird. Die Respektierung der nach der Vorstellung des Patienten richtigen Entscheidung wird sogar für das Suizid von namhaften Autoren verfochten. 328 Ausgehend von der Forderung, die Eigenverantwortlichkeit des Menschen wirklich ernst zu nehmen, schließen sie aus den Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Willensbildung, daß es bei der Entscheidungsfindung des Menschen nicht so sehr auf das objektive Freisein von Zwängen ankommen könne, 328 Eser, Neues Recht, S. 399; Flew, S. 95, 97 ff.; Kautzky, S. 285; Sax, JZ 1976, 80, 80 f.; Arzt, JR 1986, 309, 314.

V. Anforderungen an die Willensbildung

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sondern daß vielmehr das subjektive Freiheitsbewußtsein des Betroffenen entscheidend sei. Zutreffend führen sie den Vergleich an, daß die Verantwortbarkeit des Menschen für eine rechtswidrige Tat nicht bei jeder atypischen, möglicherweise krankhaften Willensbildung zum Schuldausschluß nach § 20 StGB, führt und fordern daher, daß die eigene Entscheidung des Betroffenen auch nur dann unbeachtlich sein soll, wenn sie erkennbar von Zwängen oder krankhaften Zügen beeinflußt war. Hat diese Auffassung bereits für die Beurteilung des Suizidwillens viel für sich, so ist sie zumindest für die Fälle der Sterbehilfe diejenige, die allein mit dem Recht auf Selbstbestimmung vereinbar ist. Das einzige was versucht werden kann, ist eine "relative Gefühlsgewißheit" ,329 daß die Entscheidung vorn Patienten in der Situation so gefällt werden würde, in der die notwendigen ärztlichen Maßnahmen zu ergreifen oder zu unterlassen sind. Mehr kann ohnehin nicht erreicht werden. Ganz wesentlich für die rechtliche Beurteilung ärztlicher Tätigkeit im Bereich des Sterbens ist die Unterscheidung zwischen Fremd- und Eigentötung. Überzeugend sieht Eser den "normativ neuralgischen Punkt ... dort, wo das "Recht auf Sterben" in ein "Recht auf Tötung" verlängert werden müßte. "330 Aber nicht nur dann, wenn es um die Unterscheidung geht, wer die Tötungshandlung vornimmt, sondern ebenso dann, wenn in der kritischen Situation der Sterbehilfe festzustellen ist, wer berechtigt ist, die Entscheidung über Leben oder Tod zu fällen, geht es um eine Befugnis, die das Recht einern Dritten nicht überantworten darf, zumindest nicht, wenn der Betroffene sie sich ausdrücklich vorbehält. Daß es dabei nicht um Lebensverkürzung, sondern um Lebensverlängerung geht, nimmt der Entscheidung zwar etwas an Brisanz, kann jedoch zu keinem anderen Ergebnis führen. Immerhin sind diese lebensverlängernden Maßnahmen meist mit nicht unerheblichen körperlichen Eingriffen verbunden. Es kann keinen Unterschied machen, ob es darum geht zu klären, wer handelt oder wer entscheidet. Räumt man für den Bereich der Sterbehilfe, für den das Patiententestament eine Regelung trifft, dem Arzt eine Entscheidungsmacht ein, so hätte der Satz von Eser, der auf die Fremdtötung gemünzt ist, in gleichem Maße Gültigkeit: "Tut man diesen Schritt, so maßt sich der Staat eine Macht über das Leben an, die ihm nicht gegeben ist und daher auch nicht von ihm verliehen werden kann. "331

329 Hahn, S. 60. 330 Eser, Neues Recht, S. 392, 400. 331 Eser, Neues Recht, S. 392,400.

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B. Rechtliche Untersuchungen

VI. Auswirkungen des Eintritts der Willensunfähigkeit auf die antizipierte Erklärung Der antiZipierten Erklärung im Patiententestament kann nach dem bisher Erörterten die Rechtsverbindlichkeit nicht mit der Begründung versagt werden, daß allgemeine Anforderungen an eine Behandlungsanweisung mißachtet, inhaltliche Grenzen überschritten oder der Aufklärungspflicht nicht genügt worden sei. Defizite bei der Willensbildung bestehen auch nicht. Bisher wurde jedoch bei den zu untersuchenden Fallkonstellationen immer der Aspekt ausgeklammert, daß der Patient nach seiner Willensbildung die Entscheidungsfähigkeit verloren hat. Wenn man die Möglichkeit der Antizipation der Behandlungsanweisung durch das Patiententestament anerkennt, so ergibt sich daraus eigentlich zwangsläufig, daß der gegenteiligen Entscheidung eines nahen Angehörigen keine Bedeutung zugemessen werden kann. Gleiches müßte für die Behandlungsanweisung eines Betreuers gelten, wenn dieser überhaupt bestellt werden kann. Für eine verbindliche Entscheidung dieser Personen - aber auch für die Anwendung der Vorschriften der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag wäre Voraus- setzung, daß der Betroffene selbst keine Entscheidung getroffen hat, der Rechtsverbindlichkeit zuerkannt werden kann. 1. Vergleich mit der Rechtsprechung zum Suizid Zweifel an der Richtigkeit dieses naheliegenden Schlusses von der Antizipierbarkeit auf die Rechtsverbindlichkeit ergeben sich jedoch, wenn man sich die Rechtsprechung des BGH zur Behandlung von Selbstmordfällen ins Gedächtnis ruft, die bereits in der Einführung bei der Erläuterung der Fallgruppen der Sterbehilfe ausgeführt wurde. 332 Während der Arzt an die aktuelle Entscheidung des Patienten zum Selbstmord gebunden ist, hat er nach der BGH-Rechtsprechung die alleinige Entscheidungskompetenz, wenn der Patient das Bewußtsein verloren hat. Dieses Ergebnis wird vor allem mit dem Übergang der Tatherrschaft vom Patienten auf den Arzt begründet. Diese ärztliche Entscheidung ist eine Gewissensentscheidung. Der Patientenwillen, den dieser vor dem Suizidversuch schriftlich oder mündlich geäußert hat, spielt für die ärztliche Entscheidung allerdings auch eine Rolle. Die Rechtsprechung hat jedoch immer wieder betont, daß dem Arzt ein gewisser Ermessensspielraum zugestanden werden muß. Vor allem das ärztliche Standesrecht und die Standesethik sind für die Entscheidungsfindung von entscheidender Bedeutung. 333 Be332 Vgl. Gliederungspunkt A III 4. 333 Vgl. beispielhaft BGH (04.07.1984; Dr. Wittig-Entscheidung) NJW 1984, 2639, 2369 ff. = BGHSt 32,367 ff. = JZ 1984, 893 = MDR 1984, 858 ff. = NStZ 1985, 199 ff. = MedR 1985,40 ff. = ArztR 1985, 40 ff.; Fritsche, Sterbehilfe, S. 11.

VI. Auswirkungen des Eintritts der Willensunfähigkeit

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gründet wird dies damit, daß Ethik und Recht nicht isoliert nebeneinander stünden, sondern daß die Ethik als umfassendere Größe das Recht in entscheidender Weise zu ergänzen und zu vertiefen habe. 334 Nach dieser Rechtsprechung ist der antizipierte - einer ärztlichen Maßnahme entgegenstehende - Patientenwille jedenfalls dann unerheblich, wenn nach einer Suizidhandlung die Möglichkeit besteht, durch ärztliche Maßnahmen das Leben des Patienten unter Umständen zu retten. 335 In der Situation des Patiententestamentes gibt es jedoch die Möglichkeit einer Lebensverlängerung, die über eine Verlängerung des Sterbeprozesses hinausgeht, nicht mehr. Auch geht keine Suizidhandlung voraus. Von daher ist zu untersuchen, ob trotz dieser Unterschiede mit Eintritt der Willensunfähigkeit des Patienten dessen Entscheidung wie beim Suizid durch die ärztliche Gewissensentscheidung ersetzt werden muß. Ausgangspunkt der Beurteilung der Frage ist nach dem Bundesgerichtshof die Ethik und das durch sie geprägte ärztliche Standesrecht. Unter Ziffer 11 c) der "Richtlinien für Sterbehilfe, "336 die von der Bundesärztekammer 1979 verabschiedet wurden und weiterhin unverändert Gültigkeit beanspruchen, wird die Verpflichtung des Arztes festgeschrieben, daß der Arzt bei einem dem Tode nahen Kranken oder Verletzten, bei dem Aussichten auf Besserung bestehen, diejenigen Behandlungsmaßnahmen einzusetzen hat, die der möglichen Heilung und Linderung dienen. Ziffer 11 d) der Richtlinien fordert demgegenüber vom Arzt nur Lindenmg der Beschwerden, wenn bei einem Sterbenden oder dem Tode nahe Erkrankten bzw. Verletzten, bei dem das Grundleiden mit infauster Prognose einen irreversiblen Verlauf genommen hat, keine Aussicht mehr besteht, nochmals ein bewußtes und umweltbezogenes Leben mit eigener Persönlichkeitsgestaltung zu führen. Desweiteren wird in den Richtlinien klargestellt, daß der Arzt nicht verpflichtet ist, in dieser Situation alle der Lebensverlängerung dienenden therapeutischen Möglichkeiten einzusetzen. Der Kommentar zu den Richtlinien für Sterbehilfe337 legt unter Ziffer I 2 fest, daß aus ärztlicher Sicht Sterbehilfe begründet ist, wenn ein Hinausschieben des Todes für den Sterbenden eine nicht zumutbare Verlängerung des Leides bedeutet und das Grundleiden mit infauster Prognose einen irreversiblen Verlauf genommen hat. 334 Fritsche, Sterbehilfe, S. 11. 335 Vgl. BGH (04.07.1984; Dr. Wittig-Entscheidung) NJW 1984, 2639, 2639 ff. 336 Auszugsweise zitiert in Anhang 11 unter 5.; abgedruckt in MedR 1985, 28 ff. = DeutschesÄrzteBI 1979,957 ff. und bei Laufs, Arztrecht, RZ 221 ff. 337 Auszugsweise zitiert in Anhang 11 unter 6.; abgedruckt MedR 1985, 28 ff. = DeutschesÄrzteBI 1979, 957-960.

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B. Rechtliche Untersuchungen

Die von der Internationalen Konferenz der Ärztekammern und Organisationen mit entsprechenden Aufgaben am 6. Januar 1987 in Paris angenommenen Grundsätze der ärztlichen Ethik338 enthalten unter Ziffer 12 zumindest die Erlaubnis, daß sich der Arzt im terminalen Stadium einer unheilbaren Erkrankung darauf beschränken kann, die körperlichen und moralischen Leiden des Patient zu lindern. Die Lebensqualität des Sterbenden so weit wie möglich zu erhalten, ist dann das oberste Ziel ärztlicher Behandlung. Der Hippokratische Eid339 selbst enthält demgegenüber nur die generelle Verpflichtung, niemals, auch nicht auf eine Bitte hin, ein tödlich wirkendes Gift zu verabreichen oder auch nur einen Rat dazu zu erteilen. 340 Eine weitergehende Differenzierung enthält aber das vorchristliche sog. "Corpus Hippocraticum. "341 Darin heißt es: "Der Arzt befasse sich mit der völligen Beseitigung der Leiden der Kranken und mit dem Lindern der Heftigkeit der Leiden. Aber er wage sich nicht heran an jene, die von der Krankheit schon überwältigt sind." Gerade in diesem sehr frühen Dokument wird die Unterscheidung deutlich, die zwischen dem besteht, was Aufgabe des Arztes im Bereich der Sterbehilfe ist, und dem, was er bei Vorliegen einer Heilungschance zu tun hat. Die erwähnten Passagen der heutigen Richtlinien zur Sterbehilfe und die dazu ergangene Kommentierung zeigen eindeutig, daß der Wertungsunterschied zwischen diesen beiden unterschiedlichen Situationen im ärztlichen Standesrecht auch nicht im Laufe der Jahrhunderte verloren gegangen ist. 342 Das ärztliche Standesrecht kennt demnach ganz wesentliche Unterschiede bei der Beurteilung der beiden Situationen. Es ist deshalb nicht angemessen, die Grundsätze, die zum Suizid entwickelt wurden, auf die Situation der Sterbehilfe zu übertragen. Vor allem, wenn zusätzlich die unter Ziffer 4 Satz 3 der von der Pariser Konferenz angenommenen Grundsätze der ärztlichen Ethik343 ernst genommen werden, die verbieten, daß der Arzt seine eigenen Vorstellungen von Le-

338 Auszugsweise zitiert in Anhang II unter 7.; abgedruckt bei Ratzei, S. 87 ff. 339 Auszugsweise zitiert in Anhang II unter 1.; abgedruckt bei Ratzei, S. 1. 340 Der hippokratische Eid ist - entgegen der Vorstellung vieler - ein rechtlich völlig unverbindliches geschichtliches Dokument antiker ärztlicher Ethik und wirkt nur als solches auf die heutige ärztliche Ethik ein. Er ist kein "Fahneneid des Arztes"; so: v. Kenne, S. 103. 341 Auszugsweise zitiert in Anhang II unter 2. Das Corpus Hippocraticum ist eine Apologie (Verteidigungsrede ) der Heilkunst und stammt aus dem 8. Jahrhundert v. Chr.; wiedergegeben bei: Uhlenbruck, ArztR 1986, 233 und Fritsche, Grenzbereich, S. 58. 342 Die Berufsordnung für die deutschen Ärzte i. d. auf dem 91. Deutschen Ärztetag am 11.112.05.1988 in Frankfurt beschlossenen Fassung (abgedruckt bei Ratzei, S. 61 ff.) enthält keine einschlägigen Regelungen. Vgl. auszugsweises Zitat in Anhang II unter 4. 343 Auszugsweise zitiert in Anhang II unter 7.; abgedruckt bei Ratzei, S. 87 ff.

VI. Auswirkungen des Eintritts der Willensunflihigkeit

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bensqualität an die Stelle der seines Patienten setzt, so spricht vieles dafür, daß der antizipierten Behandlungsanweisung in Form des Patiententestamentes von der Rechtsprechung Rechtsverbindlichkeit zugesprochen werden würde. Aber auch, wenn ärztliches Standesrecht hierzu einen anderen Standpunkt vertreten sollte, so heißt das noch lange nicht, daß der Bundesgerichtshof sich auch insoweit am Standesrecht orientieren würde. Über die Voraussetzungen und die Reichweite der ärztlichen Gewissensentscheidung entscheidet - wie der Bundesgerichtshof in der Wittig-Entscheidung ausdrücklich klargestellt hat 344 das Recht und somit gegebenenfalls ein Gericht. Die Rechtsprechung muß sich aber immer im Rahmen dessen halten, was mit dem Selbstbestimmungsrecht des Menschen vereinbar ist. 2. Vergleich mit sonstigen Parallelsituationen Gerade in diesem Zusammenhang ist auch der Vergleich mit Sektion und Transplantation besonders interessant. Dort gibt es nämlich konkrete und dogmatisch begründete Aussagen zum Verhältnis der Entscheidungsbefugnis der nahen Angehörigen und der des Betroffenen. Konkret geht es dabei um die Frage, ob ein naher Angehöriger die eindeutige Entscheidung des Verstorbenen abändern kann. Insoweit besteht nahezu Einigkeit, daß die nahen Angehörigen an die Entscheidung des Verstorbenen für oder gegen Sektion und/oder Transplantation gebunden sind. 345 Dabei wird davon ausgegangen, daß das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen über den Tod hinaus geschützt und den nahen Angehörigen zur Betreuung zugewiesen wird, soweit es nicht die Existenz einer aktiv handelnden Persönlichkeit voraussetzt. Dieses Persönlichkeitsrecht wird dabei von den nahen Angehörigen entweder nur ausgeübt oder aber es steht ihnen als eigenes - allerdings vom Toten abgeleitetes - Recht zu. 346 Unabhängig von dieser unterschiedlichen rechtlichen Begründung ist auf jeden Fall klar, daß es nur in dem Umfang den Rechtsnachfolgern zusteht, wie es im Zeitpunkt des Todes des Betroffenen bestanden hat. Soweit der Tote dieses Recht schon zu Lebzeiten durch Einwilligung in medizinische Maßnahmen 344 BGH (04.07.1984; Dr- Wittig-Entscheidung) NJW 1984, 2639, 2639. 345 BGH (Cosima Wagner-Entscheidung; 26.11.1954) BGHZ 15, 249 = NJW 1955, 260; BGH (Persönlichkeitsschutz des verstorbenen Gustaf Griindgens gegen die Neuveröffentlichung des Buches "Mephisto - Roman einer Karriere" von Klaus Mann; 20.03.1968) BGHZ 50, 133 = NJW 1968, 1773; MünchKomm-Holch § 90 RZ 31 mN; Mehrhoff/Müller, MedR 1980, 125, 126; Rieger, Lexikon, RZ 1677; Epple, BWNotZ 1981, 31, 32; Deutsch, ZRP 1982, 174, 175 distanziert sich vorsichtig; a.A. Buschmann, NJW 1970, 2081, 2084; Nachweise zu weiteren abweichenden Ansichten bei Lilie, MedR 1983, 131, FN 10 ff.; Spann, Explantation, S. 21, 22; Laufs, Organtransplantation, S. 57, 73. 346 BGH (26.11.1954; Cosima Wagner-Entscheidung) BGHZ 15, 249, 249 = NJW 1955, 260,260; BGH (20.03.1968; Mephisto-Entscheidung) BGHZ 50, 133, 133 = NJW 1968, 1773, 1773; Rieger, Lexikon, RZ 1677; Epple, BWNotZ 31, 32; Deutsch, ZRP 1982, 174, 175.

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B. Rechtliche Untersuchungen

beschränkt hat, so geht es mit diesen Beschränkungen auf die nahen Angehörigen über. 347 Nicht unerwähnt soll auch bleiben, daß den Eltern nach § 1776 BGB das Benennungsrecht für den nach ihrem Tod zu bestellenden Vormund für ihre minderjährigen Kinder zusteht und daß dieser Vorschlag für das Vormundschaftsgericht grundsätzlich bindend ist, wenn nicht einer der in § 1778 BGB enumerativ aufgezählten Ausnahmetatbestände gegeben ist. Geht man bei § 1778 BGB und bei Sektion und Transplantation sogar so weit, daß die rechtsverbindliche Wirkung einer Entscheidung eines Menschen über den Tod hinaus reicht, so ist es nur konsequent, daß eine einmal getroffene Entscheidung über die Behandlung im Sterben auch dann Gültigkeit behält, wenn der Betroffene seinen eigenen Willen während des Sterbevorganges nicht mehr bilden kann. Voraussetzung für die Bindung des Arztes an die Entscheidung des Patienten ist aber selbstverständlich, daß genau die Situation eintritt, für die die Behandlungsanweisung bestimmt war. Liegen andere Umstände vor, so kann sie natürlich keine Rechtsverbindlichkeit beanspruchen. Auch in den Fällen der Antizipation der Behandlungsanweisung bezüglich möglicherweise notwendig werdender Operationserweiterungen oder -abänderungen wird immer davon ausgegangen, daß der Eintritt der Willensunfähigkeit keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Behandlungsentscheidung hat. Gleiches gilt für antizipierte Erklärungen bei in Schüben verlaufenden geistigen Erkrankungen oder wenn die zeitweilige Willensunfähigkeit durch die Anwendung bestimmter Medikamente oder ärztlicher Maßnahmen hervorgerufen wird. 348

VII. Überprüfung der Willensbildung und Auswirkungen nachträglicher Willensänderungen Es stellen sich zwei weitere Fragen. Zum einen muß in der Entscheidungssituation klar sein, ob der Patient nach der Abfassung des Patiententestamentes seinen Willen geändert hat oder wahrscheinlich geändert hätte. Zum anderen bedarf es der Klärung, wer diese Fragen beantwortet und auch überprüft, ob die Willensbildung bei der Abfassung des Patiententestamentes ordnungsgemäß erfolgt ist.

347 Rieger, Lexikon, RZ 1677; Epple, BWNotZ 1981, 31, 32; Deutsch, ZRP 1982, 174, 175; Laufs, Organtransplantation, S. 57,73. 348 Deutsch, NJW 1979, 1905, 1908; RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. II RZ 106.

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VII. Überprüfung der Willensbildung

1. Nachträgliche Willensänderungen Das Patiententestament entfaltet nicht nur dann keine Rechtswirkungen, wenn die Behandlungsentscheidung des Betroffenen von Anfang an unwirksam war. Sie kann auch nachträglich dadurch eintreten, daß der Patient ausdrücklich oder konkludent von seiner Entscheidung abrückt. Die Widerrutbarkeit einer Behandlungserklärung ist - wie bereits ausgeführt wurde349 - allgemein anerkannt. Unstreitig ist auch, daß das Patiententestament seine Wirkung verliert, wenn Umstände eintreten, die den Rechtsgutträger mit hoher Wahrscheinlichkeit veranlaßt hätten, seine Entscheidung nochmals zu überdenken und abzuändern. Begrifflich kann diese Situation allerdings auch als eine andere, vom Betroffenen noch gar nicht geregelte, angesehen werden. Allerdings muß bei der Beurteilung der Frage, ob veränderte Umstände eingetreten sind, auch berücksichtigt werden, daß das Patiententestament auslegungsfähig ist. 350 Es muß immer zunächst geprüft werden, ob der Patient auch die Situation, die nunmehr möglicherweise eine Veränderung der Umstände begründen soll, durch sein Patiententestament regeln wollte. Entscheidend ist dabei das, was der Arzt als Adressat der Erklärung als wirklichen Willen des Patienten verstehen kann. Der teilweise in der Literatur vertretene Schluß von der Widerrufbarkeit des Patiententestamentes auf dessen Unverbindlichkeit überzeugt keineswegs. Wie Harder351 klarstellt, darf die Möglichkeit des Widerrufes einer Erklärung nicht als Argument benutzt werden, um der eindeutigen und gerade für den Fall der Willensunfähigkeit verfaßten schriftlichen Erklärung, die nun einmal nicht widerrufen wurde, die Rechtsverbindlichkeit abzuerkennen. Dies würde bedeuten, den Willen des Patienten schlechthin zu negieren. 352 Der Vergleich mit anderen Situationen, bei denen eine Behandlungsentscheidung für einen Fall antizipiert wird, bei dem der Betroffene nicht mehr selbst entscheiden kann, zeigt, daß dieser Rückschluß dort keineswegs vertreten wird. Im Falle einer antizipierten Einwilligung in eine ärztliche Behandlung,353 aber auch bei Sektion und Transplantation354 wird die Rechtswirksamkeit nicht in Zweifel gezogen. Vielmehr ist klar, daß die Entscheidung des Betroffenen solange fortgilt, bis erhebliche äußere Umstände eingetreten sind, die dem Betroffenen Anlaß 349 350 351 352 353 354

Vgl. Gliederungspunkt 11 7. Vgl. Darstellungen unter Gliederungspunkt 11 5. Harder, ArztR 1991, 10, 16. Uhlenbruck, NJW 1978, 566, 569; Harder, ArztR Harder, ArztR 1991, 10, 16. Deutsch, ZRP 1982, 174, 175.

1991,

10,

16.

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gegeben haben, seine Entscheidung nochmals zu überdenken. 355 Gründe, warum bei der Entscheidung für einen Rechtsgutseingriff weniger strenge Voraussetzungen gefordert werden sollten, als wenn keine Verletzung der geschützten Sphäre erfolgt, gibt es jedoch nicht. Vielmehr sollten diese Fälle wegen des höchstpersönlichen Charakters der Entscheidung unabhängig vom Ergebnis der Willensbildung gleich behandelt werden. 356 Zur Ermittlung möglicher Sinnesänderungen des nicht mehr ansprechbaren Patienten sind in erster Linie die nahen Angehörigen zu befragen. Dabei muß allerdings versucht werden, abzuklären, inwieweit deren Aussagen möglicherweise durch finanzielle oder persönliche Eigeninteressen beeinflußt sind. 357 Erklärungen und Handlungen des Patienten nach Abfassung des Patiententestamentes können ein Hinweis auf eine nachträgliche Änderung des Willens sein. Andererseits spricht es gegen eine Willens änderung , wenn der Patient sein Patiententestament immer bei sich trägt oder an einer Stelle aufbewahrt, wo er auch andere für ihn wesentliche und für Ausnahmefälle bestimmte Dokumente deponiert hat. Nur wenn bei der Ermittlung bzgl. eines möglichen Sinneswandels sich konkrete und belegbare Zweifel am Fortbestand des Willens ergeben, ist der Arzt berechtigt, bis zur von ihm einzuleitenden Klärung der Zweifel in einem gerichtlichen Verfahren, das Patiententestament nicht zu befolgen. Sind jedoch keinerlei Anhaltspunkte für eine Willensänderung beim Patienten vorhanden oder erweisen sich anfängliche Zweifel als unbegründet, so ist das Patiententestament verbindlich und vom Arzt zu beachten. 358 Diese Beweislastverteilung entspricht auch allein dem, was in einem Rechtsstaat, der die Individualität des Einzelnen und sein Selbstbestimmungsrecht verfassungsmäßig schützt, gelten darf. Zudem gibt sie dem Arzt eine klare Verhaltensrichtlinie, die ihn vor Ansprüchen und Vorwürfen schützt. Das Risiko, daß der Rechtsgutträger seien Willen für die Sterbephase fehlerhaft prognostiziert und im Patiententestament niedergelegt hat, liegt damit allein beim Patienten. 2. Person des Prüfungsberechtigten Nachdem nunmehr geklärt ist, welche inhaltlichen Anforderungen an die Wirksamkeit von Behandlungsanweisungen und deren Widerruf zu stellen sind, 355 Deutsch, ZRP 1982, 174, 175, der eine derartige Veränderung der Umstände beispielsweise dann annimmt, wenn der Organspender seine religiöse Überzeugung geändert hat. 356 Endlich, S. 233 ff.; Harder, ArztR 1991, 10, 16. 357 Harder, ArztR 1991, 10, 16. 358 Harder, ArztR 1991, 10, 17.

VII. Überprüfung der Willensbildung

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soll der Frage nachgegangen werden, wer überprüfen kann, ob die Willensbildung des Patienten ordnungsgemäß erfolgt ist, ob ihrer Rechtsverbindlichkeit Defizite bei der Willensbildung entgegenstehen oder ob sie nachträglich tatsächlich oder mutmaßlich abgeändert wurde oder worden wäre. Für die Beurteilung des Suizidwillens vertritt Bochnik die Auffassung, daß die Frage der freien Willensentscheidung in der aktuellen Situation, in der der Arzt sofort über Tun und Unterlassen entscheiden muß, gar nicht zu beantworten und auch nicht aus den Umständen beantwortbar sei. Ohne rechtzeitige psychiatrische Untersuchung sei eine hinreichend sichere Feststellung nicht möglich. Auch für die Willensbildung beim Patiententestament soll nach Bochnik dasselbe gelten. 359 Er meint, daß die Beurteilung des Geisteszustandes des Patienten juristischerseits meist unterschätzt würde, und daß sogar die psychiatrisch laienhafte Einfühlung des Hausarztes, auch wenn er den Patienten oft über Jahre hinweg kennt, nicht ausreichend sei. 360 Die zur Begründung angeführten Aspekte überzeugen jedoch nicht. Es ist wohl doch zu einfach, wenn er meint, daß es das laienhaft plausible Mitfühlen des Juristen im Sinne von "in dieser Lage hätte ich mich auch umgebracht"361 ist, welches diesen dazu veranlaßt, die Willensentschließung des Menschen als frei und ernsthaft einzustufen. Vielmehr wird sich jeder zur Beurteilung derartiger Fälle berufene Jurist bemühen, festzustellen, ob Aspekte beim Betroffenen auszumachen sind, die dafür sprechen, daß seine Entscheidung nicht ernsthaft gemeint gewesen ist, oder ob sie sich zwischenzeitlich geändert haben sollte. Es geht in diesem Zusammenhang nicht um die eigene Fähigkeit des Beurteilenden, die Entscheidung des Betroffenen nachfühlen zu können, es geht um die Klärung der Art und Weise des Zustandekommens der konkreten Entscheidung des anderen Menschen. Es geht nicht um Verständnis für die Entscheidung des Betroffenen, sondern um Ermittlung von dessen Geistes- und Gefühlszustandes bei dessen Entscheidungsfindung. Im Falle der Bejahung einer mangel freien Entscheidungsfindung steht allein der Respekt vor der individuellen Entscheidung des anderen in Frage. Wenn Bochnik dem Hausarzt die Beurteilungsmöglichkeit abspricht, weil dieser die Depressionen des Patienten übersehen würde, so erscheint dies wirklichkeitsfremd. Die Begründung, daß dem Allgemeinmediziner die psychiatrische Erfahrung der Wandlungsfähigkeit einfühlbarer Bilanzsituationen 359 Prof. Dr. med. Hans Joachim Bochnik ist Psychiater und lehrt an der Universität Frankfurt/Main. Seine Stellungnahme erfolgte im Rahmen eines Sondervotums zum Altemativentwurf Sterbehilfe und wurde in MedR 1987,216,217 abgedruckt. 360 Bochnik, MedR 1987, 216, 217; Schmin, JZ 1984, 866, 869 differenziert zwischen Arzt und Nichtmediziner. Nach seiner Meinung kann nur der Arzt aufgrund seiner Sachkunde und seiner Kenntnis des Patienten beurteilen, ob der Todeswille mangelfrei ist. 361 So Bochnik, MedR 1987,216,217.

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B. Rechtliche Untersuchungen

unter psychiatrischer Behandlung fehle, überzeugt deshalb nicht, weil zur Beurteilung der Endgültigkeit der Patientenentscheidung eine langjährige persönliche Kenntnis des individuellen Menschen, wie sie bei einem Hausarzt in der Regel gegeben ist, genauso wichtig ist, wie die nur auf eine kurzen Beurteilungszeitraum gestützte Einschätzung durch einen Arzt mit psychiatrischen Spezialkenntnissen. Desweiteren ist ihm entgegenzuhalten, daß Depression und Verzweiflung gerade beim Patiententestament in der Entscheidungssituation keine maßgeblichen Faktoren sind. Auch wenn Bochnik sieht, das nicht jede Besinnungsstörung durch Verzweiflung Schuld- oder Geschäftsunfähigkeit auslöst, so meint er doch, daß bei der Willensbildung im Bereich von Suizid und Sterbehilfe strengere Anforderungen gestellt werden müßten. 362 Daß qualitativ vergleichbare Geisteszustände in unterschiedlichen Zusammenhängen unterschiedlich bewertet würden, sei für den medizinischen Gutachter eine Alltagserscheinung. Eine Begründung für erhöhte Anforderungen an die Willensbildung liegt in dieser Feststellung jedoch nicht. Insgesamt muß zu den Ausführungen von Bochnik aber gesagt werden, daß es ihm - wie der Begriff Wandlungsfähigkeit schon zeigt - nicht um die Ermittlung des aktuellen Willens des Patienten, sondern darum geht, festzustellen, was der Patient gewollt hätte, wenn er gewußt hätte, was nach erfolgreicher psychiatrischer Behandlung an Lebensqualität einem Leben mit Behinderung u.ä. abgerungen werden kann. Es geht ihm darum, dem Patienten nach Lebensrettung und Durchführung psychiatrischer Behandlung eine nochmalige Entscheidung auf neuer Grundlage - also ex-post - zu ermöglichen. Daß dabei der tatsächlich vorhandene Willen des Patienten eine Zeitlang übergangen werden muß, nimmt Bochnik in Kauf. Hier zeigen sich die Auswirkungen derartig strenger Voraussetzungen an den Nachweis ordnungsgemäßer Willensbildung. Würde die Auffassung Bochniks zutreffen, so würde das heißen, daß die Behandlungsanweisung des Patienten sowohl im Falle des Suizides als auch beim Patiententestament unwirksam wäre. Eine psychiatrische Untersuchung ist in dem Zeitpunkt, in dem der Arzt über das "Ob" der Behandlung zu entscheiden hat, nicht mehr möglich. Dies würde dazu führen, daß dem Menschen dieses wichtige Feld der Lebensgestaltung völlig entzogen und an den behandeiden Arzt überantwortet werden würde. Daß das mit dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten unvereinbar ist, liegt auf der Hand. Auch die Rechtsprechung hat bisher keinerlei Zweifel daran geäußert, daß der Arzt zumindest solange an die aktuell gebildete Entscheidung des Patienten in diesen Bereichen gebunden ist, wie dieser bei Bewußtsein ist.

362 Bochnik, MedR 1987, 216, 217 f.

VII. Überprüfung der Willensbildung

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Aber gerade für das Patiententestament trifft der grundsätzliche Ansatz von Bochnik nicht zu, daß die Entscheidung, durch medizinische Maßnahmen dem Tod nicht entgegenzuwirken, in der Regel krankhaft ist. Nach den "Richtlinien für Sterbehilfe", die 1979 von der Bundesärztekammer verabschiedet wurden, ist in der Situation des Patiententestamentes allein die Linderung der Beschwerden Aufgabe des Arztes. 363 Der Deutsche Juristentag 1986 hat medizinische Maßnahmen, die lediglich den Ablauf des Sterbens verzögern, als Verfälschung des Sterbens bezeichnet und den Abbruch der Behandlung in dieser Situation als in der Regel geboten bezeichnet. 364 Zumindest dann, wenn das Gesagte auch uneingeschränkt auf die Willensbildung beim Patiententestament angewendet würde, würde man nahe an eine unzulässige Bevonnundung des Menschen herankommen, die mit seinem Selbstbestimmungsrecht unvereinbar ist. Es muß einem Menschen erlaubt sein, seine Entscheidung für die Situation des Sterbens rechtsverbindlich zu prognostizieren, ohne daß er vorher seine Entscheidung durch psychiatrische Untersuchung auf ihr defektfreies Zustandekommen und ihre Wandlungsfähigkeit hat überprüfen lassen. Von daher verbietet es sich, an den Nachweis der ordnungsgemäßen Willensbildung derart schwerwiegende Anforderungen zu stellen, so daß letztlich die Annahme einer eigenen Entscheidung des Patienten nicht möglich ist. Unterstellt man nicht die grundsätzliche Krankhaftigkeit des Patientenwillens, so ist auch nicht psychiatrisches Fachwissen und fachliche Erfahrung Voraussetzung für die Beurteilung der Ernsthaftigkeit der Willensbildung. Sind im wesentlichen zu prüfen, ob sich der Patient vor seiner Entscheidung ausreichend informiert und mit dem Thema beschäftigt hat, ob er im Zeitpunkt der Abfassung depressiv gewesen ist oder ob er von seiner im Patiententestament geäußerten Entscheidung zwischenzeitlich Abstand genommen hat, so kommt es nicht auf medizinisches Fachwissen, sondern darauf an, daß die gesamte Persönlichkeit des Betroffenen möglichst genau beurteilt werden kann. Dazu sind langjährige Kontakte, wie die zwischen Hausarzt und Patient mit Sicherheit förderlich und ausreichend. Einen ähnlichen Ansatz vertritt auch Hiersche, der dem Patiententestament nur dann Verbindlichkeit zuerkennt, wenn dem Arzt die Entwicklung des Patiententestamentes, die Freiheit der Willensbildung und auch das sinnlose, unabwendbare, unerträgliche psychosomatische Leid wohl bekannt sind. 365 Psychiatrische Kenntnisse hält er im Gegensatz zu Bochnik für entbehrlich, das Verhalten des Hausarztes in der Wittig-Entscheidung für richtig. 366 Aber auch die Anforderungen, die von Hiersche - allerdings ohne eingehendere Begrün363 364 365 366

Richtlinie 11 d. Beschlüsse des DJT Berlin 1986 I 4. Hiersche, DJT 1986, Seite M 7, 10 ff., 26. Hiersche, DJT 1986, Seite M 12 f.

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dung und immer im Zusammenhang mit einem vorausgehenden Suizidversuch - an die Kenntnis des Arztes über die Entstehung des Patiententestamentes gestellt werden, gehen weit über das hinaus, was mit dem Selbstbestimmungsrecht des Menschen vereinbar und von der zivilrechtlichen Rechtsprechung für Vergleichsfälle gefordert wird. Insoweit sei nur nochmals auf die Ausführungen verwiesen, die zur These von Bochnik gemacht wurden. Am Rande sei erwähnt, daß Hiersehe diese Wertungswidersprüche erkennt und als "unverständlieh" bezeichnet. 367

VIII. Rechtfertigung durch berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag Das Patiententestament möchte nach der Intention des Testators Wirkung für den Fall entfalten, daß im Zeitpunkt der Vornahme der ärztlichen Behandlung der Patient wegen seines gesundheitlichen Zustandes nicht mehr in der Lage ist, selbst seinen Willen zu bilden oder zu äußern. Wenn man entgegen der voranstehenden Ausführungen eine Antizipation der rechtfertigenden Einwilligung nicht zulassen oder aus irgendwelchen Gründen in der Form des Patiententestamentes nicht für wirksam erachten sollte, so könnte sich eine Rechtfertigung für die mit der ärztlichen Behandlung verbundenen Rechtsgutsverletzungen aus berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag ergeben, die auch zivilrechtlich als Rechtfertigungsgrund anerkannt ist. 368 Gerade dieser Rechtfertigungsgrund wird von Literaturstimmen, die die Verbindlichkeit des Patiententestamentes ablehnen, und vom ärztlichen Standesrecht369 im Regelfall zur Rechtfertigung des ärztlichen HandeIns herangezogen. Entgegen gewisser gegenteiliger Stellungnahmen in der Literatur370 ist die mutmaßliche Einwilligung als solche kein anerkannter Rechtfertigungsgrund des Zivilrechtes. 371 Gerechtfertigt ist ein Eingriff bei mutmaßlicher Einwilligung des Geschützten nur dann, wenn und solange sich das Handeln in den

367 Hiersche, DJT 1986, Seite M 13. 368 Larenz, Schuldrecht II § 57 1 b, S. 446 ff.; Staudinger-Wittmann, vor § 677 RZ 4 mwN; Palandt-Thomas, Einf v § 677 RZ 5; a.A. MünchKomm-Seiler, vor § 677 RZ 16 f. und WollsChlä§er, GoA, S. 271 ff., die eine analoge Anwendung von § 34 bzw. § 35 StGB befürworten. 36 Vgl. Richtlinien für Sterbehilfe Ziffer 11. b); Kommentar zu den Richtlinien für Sterbehilfe Ziffer 111. 2. 370 Soergel-Zeuner § 823 RZ 199 hält Vorschriften über die berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag für einen gesetzlichen Anhaltspunkt; für das Strafrecht: Dreher/Tröndle, vor § 32 StGB RZ 4 mwN; Roxin, FS Wenzel, S. 447; Rieger, Lexikon, RZ 808 und Dölling, MedR 1987,6, 9 sprechen jedenfalls von mutmaßlicher Einwilligung, ohne die Geschäftsführung ohne Auftrag ausdrücklich zu erwähnen. 371 Kohte AcP 185 (1985), 105, 122 f.; Zitelmann, AcP 99 (1906), 1, 102; Medicus, Schuldrecht BT, S. 315; Hübner, AT, S. 221; Wittmann, S. 140 f.

VIII. Rechtfertigung durch berechtigte GoA

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Grenzen berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag hält. 372 Nur bei Vorliegen aller Voraussetzungen der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag kann Rechtfertigung eintreten. Der mutmaßliche Wille des Geschäftsherrn stellt nur eine Verwirklichungsalternative eines der Tatbestandsmerkmale der Geschäftsführung ohne Auftrag dar, die sogar gegenüber dem wirklichen Willen des Patienten nachrangig ist. Daher soll nun unter Heranziehung der von Rechtsprechung und Lehre zur berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag entwickelten Grundsätze geprüft werden, ob für die Situation des Patiententestamentes die berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag einen Rechtfertigungsgrund darstellen kann, der den Arzt zu einer Behandlung ermächtigt, die über reine passive Sterbehilfe hinausgeht. Die Regelungen der Geschäftsführung ohne Auftrag können nur dann zur Anwendung kommen, wenn in der konkreten Situation, in der der Arzt die lebensverlängernden intensivmedizinischen Maßnahmen vornehmen muß, um ein sofortiges Sterben des Patienten zu verhindern, aus tatsächlichen Gründen keine Einwilligung des Patienten oder seines gesetzlichen Vertreters eingeholt werden kann, wenn also mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist. Da der generell geschäftsfähige Patient in dieser Situation selbst willensunfahig ist, kommt allenfalls die Einwilligung des nunmehr nach § 1896 BGB n.F. zu bestellenden Betreuers in Betracht. 373 Dessen Entscheidung ist, wenn sie einholbar ist, gegenüber der Anwendung der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag vorrangig. Hier hat sich durch die Neuregelungen im Zuges des Betreuungsgesetzes keine Änderung ergeben. 374 Festzuhalten bleibt, daß demnach die Regelungen der Geschäftsführung ohne Auftrag allenfalls dann anwendbar sind, wenn Gefahr in Verzug, d.h. wenn die Möglichkeit besteht, daß die Entscheidung des noch zu bestellenden Betreuers zu spät kommen würde, um den Patienten noch intensivmedizinisch zu behandeln. Nimmt der Arzt in dieser Situation ohne vom Patienten oder dessen Vertreter dazu beauftragt oder sonst rechtsgeschäftlich berechtigt worden zu sein, die Behandlung auf, so wird er für den Patienten (Geschäftsherm) als dessen Ge-

372 RGZ 68,431,431 ff. (27.05.1908); RGZ 151, 349, 349 ff. (19.06.1936); RGZ 163, 129, 138 (08.03.1940); BGH (28.11.1957; sog. Myomfall) NJW 1958,267 f. = BGHSt 11, 111, 114; v. Tuhr, BGB AT II/2, S. 470; RGRK-Steffen, § 823 RZ 383; Deutsch, AcP 192 (1992), 161, 168; Wittmann, S. 142. 373 Nach dem bis zum 31.12.1991 gültigen Recht wäre nach § 1910 Abs. 2 BGB a.F. ein Pfleger zu bestellen gewesen. 374 Zu Einzelheiten des Rechtes der Betreuung wird unter Gliederungspunkt IX Stellung genommen.

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B. Rechtliche Untersuchungen

schäftsführer tätig, weil er bei dieser Tätig~eit Willen und Bewußtsein hat, eine Angelegenheit zu besorgen, die eigentlich in den Rechtskreis des Patienten fällt. Dabei soll an dieser Stelle nur die Situation betrachtet werden, bei der zwischen Arzt und Patient kein Vertragsverhältnis vorliegt. Wenn ein solches bestehen würde, so wären die Regelungen der Vertragsstörungen und das Bereicherungsrecht, nicht aber die Regel der Geschäftsführung ohne Auftrag zur Bewältigung des Sachverhaltes berufen. 375 Gleiches würde auch gelten, wenn ein Vertragsverhältnis beabsichtigt, aber aus irgendeinem Grunde nicht wirksam zustande gekommen oder gestört wäre. Einzelheiten werden unter Gliederungspunkt X noch behandelt werden. Daß der Arzt bei der Geschäftsbesorgung u. U. auch Eigeninteressen verfolgt oder speziellen ärztlichen Verhaltenspflichten nachkommt, steht der Annahme einer Geschäftsführung ohne Auftrag nicht entgegen. 376 Diese Geschäftsführung ist - da der Sonderfall des § 684 S. 2 BGB in der Situation des Patiententestamentes ausscheidet - nur dann berechtigt,377 wenn entweder die Voraussetzungen des § 683 S. 1 BGB oder die von § 683 S. 2 BGB vorliegen. Nach § 683 S. 1 BGB ist der Geschäftsführer zur Übernahme der Geschäftsführung berechtigt, wenn dies dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht. Das Interesse der Geschäftsherrn ist nicht subjektiv, sondern objektiv zu verstehen. Nur dadurch ist eine Abgrenzung zum Willen des Geschäftsherrn möglich, die der Gesetzgeber erkennbar vornehmen wollte. 378 Zur Ermittlung des Interesses des Patienten ist allein vom Standpunkt des objektiven Betrachters auszugehen und zu ermitteln, ob die Übernahme der Geschäftsführung dem Geschäftsherrn nützlich ist und folglich in dessen wohlverstandenem Interesse liegt. Dabei sind alle Umstände zu beachten, die mit der Person des Geschäftsherrn, der Person des Geschäftsführers und der Art der Geschäftsbesorgung zusammenhängen. Spezielle evtl. ungewöhnliche Wertungen des Geschäftsherrn werden bei der Ermittlung des Interesses allerdings nicht mit einbezogen. 375 Esser/Weyers, Schuldrecht BT, § 46 11 1 a, S. 393. 376 BGHZ 16, 12 ff. (15.12.1954); BGHZ 63,167 ff. (24.10.1974). 377 Die Willens- oder Interessensgemäßheit der Übernahme der Geschäftsführung wird nach

der heute klar dominierenden, von Lent und Nipperdey begründeten, Lehre als notwendiges Element des gesetzlichen Schuldverhältnisses der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag und damit des Rechtfertigungsgrundes angesehen; vgl. Gursky, AcP 185 (1985), 13, 42, FN 124 mwN. 378 Esser/Weyers, Schuldrecht BT, § 46 11 3, S. 404 f.; Medicus, Bürgerliches Recht, RZ 422; Brox, Schuldrecht BT, RZ 369.

VIII. Rechtfertigung durch berechtigte GoA

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Wirklicher Wille des Geschäftsherrn ist allein sein tatsächlich zum Ausdruck gebrachter Wille, unabhängig davon, ob der Geschäftsführer diesen tatsächlichen Willen kannte oder ob er ihn hätte kennen können oder müssen. 379 Insoweit stuft das Gesetz den Schutz des Geschäftsherrn vor unerbetener Einmischung höher ein als den Vertrauens schutz dessen, der glaubt, fremden Interessen zu dienen. Zur Ermittlung des mutmaßlichen Willens ist zu fragen, ob der Geschäftsherr mit deren Vornahme einverstanden gewesen wäre, wenn er die Notwendigkeit einer Willensentscheidung bzgl. der Geschäftsführung gekannt hätte. 380 Entscheidend ist die wahrscheinliche und insoweit subjektive Entscheidung des Geschäftsherrn. 381 Diese Mutmaßung hat anhand bekannter Umstände, ansonsten unter objektiver Beurteilung der Gesamtumstände, also nach dem Interesse des Geschäftsherrn zu erfolgen. 382 Nur insoweit ist das objektive Interesse zur Bestimmung des mutmaßlichen Willens wesentlich. Zu seiner Ermittlung soll auf das bisherige Verhalten des Patienten abgestellt werden. 383 Dieses soll durch Befragung naher Angehöriger384 bzw. sonst Nahestehender herausgefunden werden. 385 Angehörige kommen nur als Auskunftspersonen zur Erkundung einer mutmaßlichen Einwilligung in Betracht, können die (mutmaßliche) Einwilligung des Patienten aber nicht ersetzen. 386 Da sich der Geschäftsherr oft vorher zu der Situation, in der die Geschäftsführung notwendig wird, keine Gedanken gemacht hat, stimmen mutmaßlicher Wille und Interesse des Geschäftsherrn häufig überein. Teilweise wird sogar die Auffassung vertreten, das sich die Funktion des Begriffs Interesse darin erschöpft, das es neben evtl. vorhandenen und bekannt gewordenen Anhaltspunkten für den Willen des Geschäftsherrn als Mittel zur Bestimmung des mutmaßlichen Willens des Geschäftsherrn herangezogen wird. 387 379 Dies verdeutlichen die unterschiedlichen Formulierungen bei §§ 678 und 683 S. 1 BGB. Nach Wittmann, S. 142, bleibt es bei der Widerrechtlichkeit des Eingriffs, auch wenn der Geschäftsführer die Geschäftsführung in schuldlosem Irrtum über den tatsächlichen Willen des Geschäftsherrn übernimmt. 380 Das Urteil des BGH v. 05.02.1991 (ArztR 1991, 312 ff.) stellt klar, daß der Arzt sich nicht nur bei fehlender Aufklärung, sondern auch bei fehlender Einwilligung auf den Gesichtspunkt der hypothetischen Einwilligung stützen kann. 381 Vgl. OLG Stuttgart (06.06.1956) VersR 1957, 469, 469 zur mutmaßlichen Einwilligung des in einer Narkose befindlichen Patienten; Deutsch, AcP 192 (1992), 161, 168; Opderbecke, S.I40. 382 BGHZ 47,370 ff. (20.04.1967). 383 RGZ 151, 349, 354 (19.06.1936). 384 BGHZ 29, 176, 185 (16.01.1959) läßt das offen, neigt aber zur Bejahung. 385 Kern/Laufs, S. 25. 386 Deutsch, Arztrecht, RZ 273 ff.; Giesen, Arzthaftungsrecht 1990, S. 130; ders., JZ 1990, 1053, 1060; Laufs, Arztrecht, RZ 144; so jetzt auch ausdrücklich: BGH (25.04.1989) BGHZ 107,222,226 = JZ 1989, 901, 903 (mA Laufs) = ArztR 1990, 83 ff. 387 Esser/Weyers, Schuldrecht BT, § 46 11 3, S. 405; Medicus, Bürgerliches Recht, RZ 425. 9 Schöllhammer

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B. Rechtliche Untersuchungen

Der mutmaßliche Wille ist nach einhelliger Literatur und Rechtsprechung nur dann beachtlich, wenn kein wirklicher Wille erkennbar ist, d.h. wenn der Geschäftsherr bzgl. der in Frage stehenden Geschäftsführungshandlungen niemandem gegenüber seinen Willen geäußert hat.388 Es muß an einer Willensentscheidung des Betroffenen fehlen. Bei der Ermittlung des mutmaßlichen Willens geht es folglich um Hypothese, nicht aber um Schließung einer Erkenntnislücke, die beispielsweise beim Geschäftsführer besteht. 389 Maßgeblich ist allein der tatsächliche Wille des Geschäftsherrn, und zwar auch dann, wenn die Geschäftsführung objektiv nicht den Interessen des Geschäftsherrn entspricht. 390 Der vor der Übernahme der Geschäftsbesorgung erklärte Wille des Geschäftsherrn ist verbindlich. 391 Ist dem Arzt ein entgegenstehender Wille des Patienten bekannt, beispielsweise, wenn religiöse Überzeugungen dem Patienten gewisse Maßnahmen wie eine Bluttransfusion untersagen, so hat er dies jedenfalls zu beachten. 392 Dabei gehen Rechtsprechung und Lehre ganz selbstverständlich davon aus, daß der Wille, den der Geschäftsherr zeitlich vor Eintritt der Fremdgeschäftsführung gebildet hat, auch noch in diesem Zeitpunkt maßgeblich sein soll.393 Nach der Rechtsprechung gibt es aber eine Vermutung dafür, das aus den objektiven Interessen auf den wirklichen Willen des Geschäftsherrn geschlossen werden kann. Der Geschäftsherr muß also im Streitfall beweisen, daß er im Zeitpunkt der Durchführung der Geschäftsführung ohne Auftrag einen entgegenstehenden tatsächlichen Willen hatte. 394 Während das Gesetz bei strenger Orientierung am Wortlaut der Vorschrift des § 683 S. 1 BGB Interesse und Wille des Geschäftsherrn als Voraussetzungen der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag fordert, Rechtfertigung also nur beim Vorliegen beider Erfordernisse gegeben wäre, hat sich in Rechtsprechung und weiten Teilen der Literatur die Auffassung durchgesetzt, daß im Falle der Divergenz zwischen diesen beiden Kriterien, der Wille des Geschäftsherrn maßgeblich ist. 395 Begründet wird dies damit, daß der Geschäftsherr vor unerbetener und ungewollter Einmischung in die eigenen Angelegenheiten geschützt werden soll, weil die Geschäftsführung ohne Auf388 389 390 391 392 393

Wittmann, S. 127. RGRK-Steffen, § 823 RZ 383. RGZ 149, 205, 205 ff. (13.11.1935); Wittmann, S. 143, 171. BGH (12.01.1955) LM § 683 Nr. 3; RGRK-Steffen, vor § 677 RZ 68. Spann, Explantation, S. 21, 22; RGRK-Nüßgens, § 823 Anh. H RZ 77. Vgl. BGH (05.02.1991) ArztR 1991, 312, 313 zur hypothetischen Einwilligung in eine ärztliche Behandlung. 394 BGHZ 47,370,370 ff. (20.04.1967). 395 Esser/Weyers, Schuldrecht BT, § 46 H 3, S. 405; Brox, Schuldrecht BT, RZ 369; Medicus, Bürgerliches Recht, RZ 422; a.A. Larenz, Schuldrecht H, § 57 I a, S. 444 f.

VIII. Rechtfertigung durch berechtigte GoA

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trag nicht dazu dienen soll, den Geschäftsherrn gegen dessen Willen durch die Geschäftsführungshandlung "zu beglücken". 396 Danach bleibt die Geschäftsführung ohne Auftrag berechtigt, wenn sie zwar dem tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen, nicht aber dem Interesse des Patienten entspricht. Für die beim Patiententestament auftretende Fallkonstellation ist die Erweiterung des Anwendungsbereiches der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag jedoch nicht relevant. Beim Patiententestament kann allenfalls die umgekehrte Situation angenommen werden, nämlich, daß die Geschäftsführung zwar dem Interesse, nicht aber dem Willen des Geschäftsherrn entspricht. Diese Konstellation wäre dann, wenn man der - nicht überzeugenden 397 - Auffassung sein sollte, daß die Anwendung intensivmedizinischer Techniken zur kurzfristigen Lebensverlängerung objektiv im Interesse des Patienten liegt und die Beschränkung auf passive Sterbehilfe als interessenwidrig ansieht. Da der im Patiententestament geäußerte Wille aber gerade gegen eine Lebensverlängerung gerichtet ist, würden Interesse und Wille auseinanderfallen, so daß in diesem Fall sowohl nach der gesetzlichen Regelung wie auch nach der oben genannten erweiternden Auslegung keine berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag vorliegen würde. Der Vorrang des Interesses vor dem Willen des Geschäftsherrn wird jedoch, soweit ersichtlich, von niemand befürwortet. Die entscheidende Frage für die Beurteilung der Wirksamkeit des Patiententestamentes ist demnach, inwieweit der Inhalt des Patiententestamentes wirklicher Wille des Patienten im Sinne der Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag ist, oder ob er - falls dies zu verneinen ist - zumindest bei der Ermittlung des mutmaßlichen Willens heranzuziehen ist. Zeitlich müssen die genannten Voraussetzungen der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 683 BGB nur bei der Übernahme, nicht aber während der Gesamtdauer der Durchführung der Geschäftsführung vorliegen. Der Geschäftsherr kann eine andauernde Geschäftsbesorgung allerdings durch ausdrückliche oder konkludente aktuelle Erklärung jederzeit untersagen. 398 Inhaltlich muß sich der wirkliche oder tatsächliche Wille ebenfalls nur auf das "Ob" der Übernahme der Geschäftsführung beziehen. Zwar hat der Geschäftsführer bei der Art und Weise der Durchführung der Geschäftsführung nach § 677 BGB ebenfalls das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf seinen wirklichen oder mutmaßlichen Willen zu berücksichtigen. Wird er diesem Erfordernis nicht gerecht, so wird die Geschäftsführung ohne Auftrag des396 Medicus, Bürgerliches Recht, RZ 422. 397 So auch: Dölling, MedR 1987, 6, 9; Schönke-Schröder-Eser, vor § 211 RZ 29 und Engisch, Grenzbereich, S. 96 f. 398 RGRK-Steffen, vor § 677 RZ 69; Wittmann, S. 128.

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B. Rechtliche Untersuchungen

halb aber nicht nachträglich zur unberechtigten. Konsequenz eines diesbezüglichen Verstosses des Geschäftsherrn ist nur die Verpflichtung, Schadensersatz wegen positiver Forderungsverletzung zu zahlen. 399 Die rechtfertigende Wirkung fallt nicht nachträglich weg. Beruft sich der Arzt auf eine mutmaßliche Einwilligung des Patienten, so hat er diese zu beweisen. Verbleiben Zweifel, ob der Patient tatsächlich eingewilligt hätte, so ist zu Gunsten des Patienten davon auszugehen, daß er vor einem Entscheidungskonflikt gestanden hätte. In diesem Fall greift der Aspekt der hypothetischen Einwilligung also nicht durch. 400 Überträgt man diese Grundsätze auf die Situation des Patiententestamentes, so muß die Frage beantwortet werden, ob der Patient nach seinem im Patiententestament niedergelegten Willen die Übernahme ärztlicher Behandlung in der beschriebenen infausten Situation tatsächlich gewollt hat. Diese Frage läßt sich allerdings so generell nicht beantworten, da der Patient ärztliche Behandlung weder grundsätzlich ablehnt, noch im vollen Umfang verlangt. Vielmehr gibt er sein Einverständnis nur für eine inhaltlich beschränkte Behandlung. Ihm kommt es gerade auf die Art und Weise der ärztlichen Behandlung an. Die Art der Durchführung ist allerdings grundsätzlich für die Frage irrelevant, ob der Geschäftsherr den Willen zur Übernahme der Geschäftsführung hat. Genau für diese Sondersituation wurde von Rechtsprechung und Literatur ein spezieller Grundsatz entwickelt, der im Ergebnis die scharfe Differenzierung zwischen "ob" und "wie" der Geschäftsführung aufweicht. Danach ist die Art der beabsichtigten Geschäftsführung für die Ermittlung von Interesse und Wille des Geschäftsherrn insoweit von Bedeutung, als sich diese beiden Kriterien nicht allein auf die Übernahme der Geschäftsführung überhaupt, sondern auf die Übernahme der konkreten Geschäftsführung40l durch den in Frage stehenden Geschäftsführer beziehen müssen. Dadurch soll das Ziel, daß der Geschäftsherr weitgehend vor einer einseitigen Aufdrängung einer unerwünschten Rechtsbeziehung bewahrt werden soll, zumindest grundSätzlich erreicht werden. Notwendig ist deshalb nicht nur, daß die vom Geschäftsführer geplante Tätigkeit als solche willens- bzw. interessengerecht ist. Vielmehr ist entscheidend, ob sie auch in der konkreten Art, wie das Ziel erreicht werden soll, vom Geschäftsherrn gebilligt würde. Dabei kann unter der konkreten Art der Geschäftsführung, wie der Vergleich mit anderen Fällen der Judikatur zeigt, im Fall der Übernahme der ärztlichen Behandlung eines totkranken Patienten nur bedeuten, daß auch wesentliche Behandlungsziele des Patienten für dessen 399 BGH (30.11.1971) NJW 1972,475,475; Palandt-Thomas, § 677 RZ 15. 400 BGH (05.02.1991) ArztR 1991, 312, 315. 401 Brox, Schuldrecht BT, RZ 369; Gursky, AcP 185 (1985), 13,43,45.

VIII. Rechtfertigung durch berechtigte GoA

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Entscheidung über das "Ob" der Geschäftsübernahme mitzuberücksichtigen sind. Vorstellungen des Patienten über die Details der Schmerzbehandlung gehören demgegenüber nicht zu den Aspekten, die bei der Entscheidung des Patienten über das "Ob" der Geschäftsführung zu berücksichtigen sind. Demzufolge ist zur Beurteilung der aufgeworfenen Frage zu klären, inwieweit ein Patient, der ein Patiententestament verfaßt hat, die Übernahme der ärztlichen Behandlung durch einen Arzt möchte, von dem er weiß, daß er auch über die passive Sterbehilfe hinaus tätig werden will. Die Beachtung seines partiellen Behandlungsverbotes, im Falle irreversibler Schädigung mit infauster Prognose lebensverlängernde Maßnahmen vorzunehmen, steht bei der Entscheidungsfindung, ob der Patient überhaupt einer ärztlichen Behandlung zustimmt, so im Mittelpunkt des Willensbildungsprozesses, daß sie als Charakteristikum der konkreten Geschäftsführung anzusehen ist. Wüßte der Patient, daß der behandelnde Arzt intensivmedizinische Maßnahmen, die über passive Sterbehilfe hinausgehen, anwenden würde, so würde er bereits die Übernahme der Behandlung ablehnen. Eine Argumentation dahingehend, daß im Rahmen des § 683 S. 1 BGB allein Interesse und Wille des Patienten bzgl. der Übernahme der ärztlichen Behandlung als solche zu ermitteln sind, da die Art und Weise der Geschäftsführung nicht vom Willen des Patienten gedeckt sein muß, geht folglich fehl. Der wirkliche, im Patiententestament geäußerte Wille des Patienten steht demnach der Rechtfertigung weitergehender ärztlicher Maßnahmen auch bei Anwendung der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag im Wege. Zu prüfen ist jedoch, inwieweit dieser wirkliche Wille ausnahmsweise unbeachtlich ist. Die Voraussetzungen des § 679 BGB, der den entgegenstehenden Willen des Geschäftsherm ausnahmsweise für unbeachtlich erklärt (vgl. § 683 S. 2 BGB) sind für die Situation des Patiententestamentes nicht gegeben. Es gibt keine Pflicht des Patienten, sich einer notwendigen ärztlichen Behandlung zu unterziehen. Dies gilt auch für den Fall, daß der ansonsten abwendbare Tod zwangsläufige Konsequenz der Behandlungsverweigerung ist. Erst recht muß dies für den Sonderfall der Behandlungsverweigerung in der aussichtslosen Situation des Sterbenden gelten, bei dem das Bewußtsein irreversibel verloren ist. Die Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht steht in der Situation des Patiententestamentes nicht im Raum. Über die genannten im Gesetz geregelten, die Beachtlichkeit des Willens des Geschäftsherm ausschließenden Tatbestände, ist eine Geschäftsführung gegen den Willen des Geschäftsherren nach der überwiegenden Meinung auch dann

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B. Rechtliche Untersuchungen

berechtigt, wenn der entgegenstehende Wille des Geschäftsherrn von der Rechtsordnung mißbilligt wird, weil er auf einem Geschäft - genau einen Geschäftserfolg - gerichtet ist, der gegen ein gesetzliches Verbot oder gröblich gegen die guten Sitten verstößt. 402 In einem solchen Fall darf der Geschäftsführer diesen Wille nicht beachten und muß sein Handeln nach dem objektiven Interesse und dem mutmaßlichen Willen eines vernünftigen und redlich denkenden Geschäftsherrn ausrichten. 403 Wie bereits ausgeführt, kann jedoch darin, daß der totkranke Patient sein Schicksal akzeptiert und diesem, unter bewußtem Verzicht auf - evtl. noch technisch mögliche, meist aber nur kurzzeitig wirkende - Maßnahmen der Lebensverlängerung seinen Lauf läßt, kein sittenwidriges Handeln gesehen werden. Der wirkliche, im Patiententestament geäußerte Wille des Patienten ist demnach beachtlich. Wie diese Untersuchung der Regelungen der Geschäftsführung ohne Auftrag zeigt, geht der Gesetzgeber davon aus, daß der früher geäußerte Wille des Geschäftsherrn generell zu beachten ist und Vorrang gegenüber mutmaßlichem Willen und objektivem Interesse hat. Der insoweit antizipierte Wille des Geschäftsherrn wird als dessen wirklicher Wille angesehen. Auf seinen mutmaßlichen Willen wird nur rekurriert, wenn kein tatsächlicher Wille des Geschäftsherrn vorhanden ist. Daß u. U. der wirkliche - vorher geäußerte - Wille des Geschäftsherrn gegenüber dem mutmaßlichen Willen zurückzutreten hat, wird nicht angenommen. Besondere Bedeutung hat dies, da die Situation der Geschäftsführung ohne Auftrag regelmäßig eine ganz besonders starke Nähe zu der hat, die im Patiententestament angesprochen wird. In beiden Fällen hat sich derjenige, für den ein anderer tätig werden soll, vor Eintritt der Lage, in der er nicht selbst entscheiden kann, Gedanken diesbezüglich gemacht und sie auch kundgetan. Fraglich ist jedoch, ob sich deshalb etwas anderes ergibt, weil der Geschäftsherr in der im Patiententestament beschriebenen Situation nicht mehr in der Lage ist, selbst seinen derzeitigen Willen zu bilden, was nicht in allen Fällen der Geschäftsführung ohne Auftrag gegeben sein muß. Nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers sollten Mängel der Geschäftsfähigkeit beim Geschäftsherrn keinen Einfluß auf die Entstehung seiner

402 Brox, Schuldrecht BT, RZ 370; Staudinger-Wittmann, § 679 RZ 10; Soergel-Mühl, § 679 RZ 8; Ennan-Hauß, § 679 RZ 4; Jauernig-Vollkommer, § 679 Anrn. 2 a; Palandt-Thomas, § 679 RZ6. 403 RGRK-Steffen, vor § 677 RZ 71; bei der dort veIWendeten Fonnulierung "rechtlich denkend" handelt es sich um einen offensichtlichen Druckfehler.

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Rechte und Pflichten und das Vorliegen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag haben. 404 Aus Gründen des Minderjährigenschutzes soll jedoch auf den Willen des gesetzlichen Vertreters abgestellt werden. 405 Beim bewußtlosen, ansonsten aber geschäftsfähigen Geschäftsherrn ist dagegen sein eigener mutmaßlicher Wille maßgeblich. Soweit der wirkliche Wille des Geschäftsherrn pathologisch ist, wird er ebenfalls für unbeachtlich erachtet. 406 Überträgt man diese Grundsätze auf den Fall des Patiententestamentes, so bedeutet dies, daß beim volljährigen und bisher generell geschäftsfähigen Patienten allein dessen im Patiententestament geäußerter und insoweit wirklicher Wille entscheidend ist. Auf den Willen des gesetzlichen Vertreters muß nur beim minderjährigen Patienten zurückgegriffen werden. Erwähnt sei an dieser Stelle aber auch, daß namhafte Autoren sogar noch einen ganz wesentlichen Schritt weiter gehen und die Meinung vertreten, daß der mutmaßliche Wille eines Patienten in der Situation des Patiententestamentes generell nur auf passive Sterbehilfe ausgerichtet sei. 407 Das würde bedeuten, daß auch dann, wenn der Patient niemals vor Eintritt der Situation diesbezüglich einen Willen geäußert und auch keine Anhaltspunkte zu dessen Bestimmung gegeben hätte, wenn sich der mutmaßliche Wille also allein nach objektiven Kriterien bestimmen würde, davon ausgegangen werden könnte, daß der mutmaßliche Wille des Patienten auf eine Beschränkung der ärztlichen Behandlung auf passive Sterbehilfe gerichtet wäre. Weitere Rechtfertigungsgründe, die den ärztlichen Eingriff in die körperliche Integrität und das Selbstbestimmungsrecht rechtfertigen können, sind nicht ersichtlich. Insbesondere kann ein Heileingriff gegen den Willen des Patienten nicht über die Anwendung des Rechtsinstitutes des rechtfertigenden Notstandes i.S.v. § 34 StGB gerechtfertigt werden. 408

IX. Einwilligung durch einen Betreuer Ist eine erwachsene Person willensunfähig, so kommt generell die gerichtliche Bestellung einer entscheidungsberechtigten Person in Betracht, die als Vertreter des Patienten für diesen die Behandlungsentscheidung fallen soll. 404 Mot. 11, 865; Prot. 11. 739; Esser/Weyers, Schuldrecht BT, § 46 11 1 b, S. 394; PalandtThomas, § 682 RZ 3. 405 Esser/Weyers, Schuldrecht BT, § 46 11 1 b, S. 394; Palandt-Thomas, § 682 RZ 3. 406 Medicus, Bürgerliches Recht, RZ 422. 407 Dölling, MedR 1987, 6, 9; Schönke-Schröder-Eser, vor § 211 RZ 29; Engisch, Grenzbereich, S. 96 f.; Roxin, Schutz des Lebens, S. 85, 94 ff. 408 Zilkens ArztR 1986, 119 ff.; Praxis der Rechtsmedizin, S. 596.

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B. Rechtliche Untersuchungen

Nachdem mit Wirkung zum 1.1.1992 die Gebrechlichkeitspflegschaft über einen Volljährigen durch das Betreuungsgesetz abgeschafft wurde, wäre in der Situation des Patiententestamentes für die Entscheidungsfindung über die ärztliche Behandlung im Sterben möglicherweise ein Betreuer zu bestellen. Deshalb soll jetzt das Verhältnis zwischen antizipierter Patientenentscheidung im Patiententestament und der Notwendigkeit der Betreuerbestellung geklärt werden. 1. Neuregelung durch das Betreuungsgesetz

Nach § 1896 BGB n.F. bestellt das Vormundschaftsgericht einen Betreuer, wenn ein Volljähriger auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann. In der Situation, für die das Patiententestament gedacht ist, liegen diese Voraussetzungen beim Patienten vor. Da der Patient selbst nicht mehr in der Lage ist, einen Antrag auf Bestellung eines Betreuers beim Vormundschaftsgericht zu stellen, kommt eine Bestellung von Amts wegen in Betracht. Von daher liegt die Überlegung nahe, daß ein Betreuer für den Patienten zu bestellen ist, der dann an Stelle des Patienten die Entscheidung darüber zu treffen hätte, ob und wie der Patient behandelt werden soll. Die Wirkungen des Patiententestamentes würden sich folglich auf eine Anweisung im Innenverhältnis zwischen Patient und Betreuer reduzieren. Ein Verstoß gegen den nach § 1901 Abs. 1 und 2 BGB n.F. für den Betreuer durchaus beachtlichen Willen des Patienten wäre allerdings im Außenverhältnis dem Arzt gegenüber irrelevant, da Wünsche des Betreuten die gesetzliche Vertretungsmacht des Betreuers nicht beschränken409 und insoweit der Verbindlichkeit der Entscheidung des Betreuers nicht entgegenstehen. Hingewiesen sei aber noch auf § 1904 BGB n.F., wonach die Einwilligung eines Betreuers in eine ärztlichen Eingriff zur Wirksamkeit zusätzlich der Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes bedarf, wenn die begründete Gefahr besteht, daß der Betreute aufgrund der Maßnahme stirbt. Ob dies über den Wortlaut des Gesetzes hinaus auch für den Fall der Behandlungsverweigerung durch den Betreuer gilt und ob für die Situation des Patiententestamentes, bei der der Tod auf jeden Fall unabhängig von Behandlung oder Nichtbehandlung demnächst mit Sicherheit eintritt, Kausalität zwischen Behandlung und Tod anzunehmen ist, sei an dieser Stelle offen gelassen.

409 Schwab, FamRZ 1990,681,683; Kern, MedR 1991, 66, 68.

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Würde dem Betreuer das Entscheidungsrecht über die Art und Weise der ärztlichen Behandlung in der terminalen Situation zugewiesen, so wäre die Bedeutung des Patiententestamentes auf jeden Fall wesentlich reduziert, weil dann allenfalls noch eine Bindungswirkung im Innenverhältnis zwischen Patient und Betreuer angenommen werden könnte. Voraussetzung von Betreuer- bzw. Pflegerbestellung ist aber sowohl nach altem wie nach neuem Recht, daß ein Bedürfnis für die Bestellung besteht. Nach altem Recht war ein sog. "pflegschaftliches Fürsorgebedürfnis" notwendig. 410 Das neue Recht wird sogar maßgeblich vom Grundsatz der Erforderlichkeit beherrscht. Die strikte Begrenzung der Betreuung auf Fälle, bei denen die Bestellung eines Betreuers unumgänglich ist, war einer der wesentlichen Gründe der Novellierung der Regelungen über die gesetzliche Vertretung von Volljährigen. Der Betreuung wurde daher die Funktion einer "ultima ratio" zugewiesen. 411 § 1896 Abs. 2 BGB n.F. stellt deshalb ausdrücklich klar, daß ein Betreuer nur für Aufgabenbereiche bestellt werden kann, in denen Betreuung erforderlich ist. Satz 2 der Vorschrift ergänzt, daß dies dann nicht anzunehmen ist, wenn die Angelegenheiten des Volljährigen durch einen Bevollmächtigten oder durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, ebensogut wie durch einen Betreuer besorgt werden können. Das Betreuungsgesetz geht also davon aus, das alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden sollen, um die Bestellung eines Betreuers zu vermeiden. Mit der schriftlichen Fixierung des Patiententestamentes hat der Patient seinen Willen für die Situation, in der die Betreuerbestellung in Frage kommt, zu einem Zeitpunkt festgelegt, in dem er selbst noch zur Entscheidung in der Lage war. Intention des Patiententestamentes ist es gerade, daß kein anderer die Entscheidung über "ob" und "wie" der Behandlung treffen soll. Nach den Grundsätzen des Rechts der unerlaubten Handlung ist diese antizipierte Entscheidung des Betroffenen nach der hier vertretenen Ansicht rechtsverbindlich. Durch die Regelungen des Betreuungsgesetzes sollte dieses Ergebnis mit Sicherheit nicht abgeändert werden. Die Betreuung versteht sich keineswegs als Korrektiv sonstiger zivilrechtlicher Spezialbestimmungen, sondern will nur den Fall regeln, der sich ergibt, wenn keine rechtsgültige Entscheidung des Betroffenen vorhanden und erreichbar ist. Gerade durch die Hervorhebung der ultima-ratioFunktion der Betreuung wird dieses Ergebnis untermauert. Wenn der Betroffene rechtzeitig alles geregelt hat, ist kein Platz für die Bestellung eines Betreuers. An zwei ganz wesentlichen Regelungspunkten stellt das Betreuungsgesetz die Bedeutung des Willens des Betroffenen auch heraus. Zum einen geht es um die 410 Palandt-Diederichsen, 50. Auflage, § 1910 RZ 6. 411 Kern, MedR 1991, 66, 67; Foerster, MedR 1991, 180.

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Auswahl der Person des Betreuers, zum anderen um die Art und Weise der Durchführung der Betreuung. Dabei wird sogar ausdrücklich klargestellt, daß der antizipierte Wille des Volljährigen grundsätzlich verbindlich ist. 412 Nach § 1897 Abs. 4 S. 1 BGB n.F. steht dem Betreuten ein rechtsverbindliches Vorschlagsrecht für die zum Betreuer zu bestellende Person zu. Die vorgeschlagene Person darf nur dann nicht zum Betreuer bestellt werden, wenn ihre Bestellung dem Wohl des Betroffenen zuwiderlaufen würde. Nach Satz 3 der genannten Vorschrift gilt diese Regelung auch für Vorschläge, die der Volljährige vor dem Betreuungsverfahren gemacht hat, es sei denn, daß er an diesen Vorschlägen erkennbar nicht festhalten will. § 1901 BGB n.F. trifft eine entsprechende Regelung auch für die Art und Weise der Durchführung der Betreuung. Nach § 1901 Abs. 2 S. 1 BGB n.F. hat der Betreuer Wünschen des Betreuten zu entsprechen, soweit dies dessen Wohl nicht zuwiderläuft und dem Betreuer zuzumuten ist. § 1901 Abs. 2 S. 2 BGB n.F. stellt klar, daß dies auch für Wünsche gilt, die vor dem Betreuungsverfahren, also antizipiert geäußert wurden. § 1901 BGB n.F. ist für die auch beim Patiententestament relevante Frage der Wirkungsdauer eines antizipierten Wunsches aufschlußreich. Danach besteht die Bindung solange, bis erkennbar wird, daß der Betroffene an diesen Wünschen nicht festhalten will. Zweifel am weiteren Festhalten an der Entscheidung reichen hier also nicht aus. Es muß vielmehr die Willensänderung des Betroffenen erkennbar werden, also nach außen treten. Grenze des Willens des Betroffenen ist bei diesen beiden Regelungsfeldern allerdings immer das Wohl des Betroffenen. Diese Einschränkung kann aber für eine nach allgemeinen Regelungen rechtsverbindliche Entscheidung des Betroffenen über die Vornahme eines ärztlichen Eingriffes nach den bisherigen Ausführungen nicht gelten. Die Begründung für diesen Unterschied liegt darin, daß es bei der Bestimmung des Betreuers und der Art und Weise der Durchführung um Entscheidungen oder Wünsche eines Menschen geht, der für den in Frage stehenden Aufgabenbereich wegen Krankheit oder Behinderung nicht in der Lage ist, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen. Sogar dann ist sein Wille nach dem Betreuungsgesetz in der Regel maßgeblich. Auch in einer Situation, in der ein Betreuungsbedarf besteht, gehört es zum Wohl des Betreuten, daß er im Rahmen seiner Fähigkeiten sein Leben nach eigenen Wünschen und Vorstellungen gestalten darf. 413 Demgegenüber erfolgte die Abfassung des Patiententestamentes zu einem Zeitpunkt, in dem die Beeinträchtigung der Fähigkeit zur Willensbildung noch nicht vorhanden war. Hier besteht folglich kein Bedarf für die Einschränkung der Rechtsverbindlichkeit des Willens der Betroffenen.

412 Foerster, MedR 1991, 180, 182. 413 Kern, MedR 1991, 66, 68.

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Im übrigen sei nochmals daran erinnert, daß namhafte Autoren mit guten Gründen die Auffassung vertreten, daß der Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen in der Situation des Patiententestamentes gerade dem objektiv zu ermittelnden Interesse des Betroffenen entspricht. 414 Von daher könnte man auch dann, wenn man die Ansicht vertreten würde, daß der Wunsch des Betreuten generell nur im Rahmen seines nach objektiven Kriterien zu bestimmenden Wohles maßgeblich sein soll, für die Situation des Patiententestamentes durchaus zu dem Ergebnis gelangen, daß der Patientenwille maßgeblich ist, weil er dem Wohl des Betreuten nicht widerspricht. Würde man allerdings auch für einen Geschäftsfähigen die Beachtlichkeit seiner subjektiven und individuellen Wünsche von der Vereinbarkeit mit seinem nach dem gesellschaftlich Üblichen, also objektiv bestimmten Wohl abhängig machen, so würde dies zu einer völligen Entwertung der individuellen Entscheidung führen, die mit dem Selbstbestimmungsrecht unvereinbar wäre. Soweit geht die Rechtsprechung noch nicht einmal bei der Geschäftsführung ohne Auftrag. Auch dort ist klar, daß der wirkliche Wille des Betroffenen seinem mutmaßlichen Willen und seinem Interesse vorgeht. Der von der Rechtsprechung entwickelte Grundsatz des Vorranges der individuellen Entscheidung des willensfähigen Betreuten vor der des Betreuers für ärztliche Eingriffe beim Betreuten sollte jedoch auch durch die neuen Bestimmungen des Betreuungsrechtes keineswegs angetastet werden. Vielmehr liegt er dem Gesetz zugrunde,415 auch wenn er nicht ausdrücklich im Gesetzestext aufgenommen wurde. Danach bleibt es bei dem Prinzip, daß die auf ärztliche Eingriffe bezogene Willensäußerung des Betroffenen allein rechtlich maßgeblich ist, wenn der Betreute die sog. "natürliche Einsichtsfähigkeit" besitzt. 416 Hat der Betreute die Reife und Fähigkeit, die Tragweite des ärztlichen Eingriffes zu erkennen und daraus selbstverantwortliche Schlüsse zu fassen,417 so wird durch die Entscheidung des Betroffenen eine gegenteilige des Betreuers rechtlich bedeutungslos. Für die Beurteilung des Patiententestamentes ist noch eine andere Vorschrift des Betreuungsgesetzes sehr aufschlußreich. § 1901 a BGB n.F. verpflichtet denjenigen, der ein Schriftstück besitzt, in dem jemand für den Fall seiner Betreuung Vorschläge zur Auswahl des Betreuers oder Wünsche zur Wahrnehmung der Betreuung geäußert hat, diese unverzüglich an das Vormundschaftsgericht abzuliefern. Hintergrund dieser Regelung kann nur sein, daß das Vormundschaftsgericht in die Lage versetzt werden soll, derartigen Wünschen 414 Dölling, MedR 1987, 6, 9; Schönke-Schröder-Eser, vor § 211 RZ 29; Engisch, Grenzbereich, S. 96 f.; Roxin, Schutz des Lebens, S. 85, 94 ff. 415 Schwab, FamRZ 1990, 681, 686; Coester, Jura 1991, 1,8; Kern, MedR 1991, 66, 68. 416 Schwab, FamRZ 1990, 681, 686; Coester, Jura 1991, 1,8; Kern, MedR 1991, 66, 68. 417 Laufs, Arztrecht, RZ 143.

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des Betroffenen Geltung zu verschaffen. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers ist also auch eine schriftliche antizipierte Erklärung des Betroffenen rechtsverbindlich. 2. Verhältnis der Betreuung zu anderen gesetzlichen Regelungen Die Untersuchung der Regelungen der Betreuung belegt wiederum, daß das Recht zur Entscheidung über die Durchführung ärztlicher Maßnahmen - entgegen der Meinung mancher Ärzte - nicht ohne weiteres bei den nächsten Angehörigen des Patienten liegt, auch wenn sie in der Regel das stärkste Interesse an dem Wohlergehen des Kranken und die menschlich nächste Verbindung mit ihm haben. So wie sie im Rahmen der Geschäftsführung ohne Auftrag nur als Erkenntnisquelle bzgl. des mutmaßlichen Willens des Patienten dienen, so werden sie nicht automatisch Betreuer des Patienten, wenn dieser die Entscheidungsfähigkeit verliert. Solange aber das Gesetz ihnen nicht die Entscheidung über die Behandlung des willensunfähigen Patienten übertragen hat, haben sie in Situationen, in denen Betreuerbestellung noch möglich ist, keine Entscheidungsrechte. Allerdings ist es in der Praxis häufig und üblich, daß nahe Angehörige zu Pflegern bzw. nunmehr zu Betreuern des Betroffenen bestellt werden. 418 Ihre Rechtsposition leitet sich dann jedoch nicht aus ihrer Angehörigenstellung, sondern allein aus der Funktion des Betreuers ab. Es reicht daher nicht aus, wenn sich die Ärzteschaft in der klinischen Praxis allein auf die Entscheidung naher Angehöriger verläßt und sich deren Einverständnis geben läßt, wenn die Betreuerbestellung zeitlich noch möglich ist. 419 Durch das Betreuungsgesetz hat es keine Änderungen im Verhältnis zwischen Geschäftsführung ohne Auftrag und Pflegschaft bzw. Betreuung gegeben. Wie früher bei der Bestellung eines Gebrechlichkeitspflegers nach § 1910 BGB a.F. kann nur in ganz außergewöhnlichen Fällen, bei denen die Entscheidung eines zu bestellenden Betreuers zu spät kommen würde, auf die Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag zurückgegriffen werden. 420 War die Bestellung eines Pflegers bereits nach altem Recht bei Vorlage einer entsprechenden ärztlichen Bescheinigung bei weitem nicht so zeitraubend, wie von den Ärzten befürchtet,421 so reduziert sich nach den Regelungen des Betreuungsgesetzes der benötigte Zeitraum nochmals dadurch, daß durch die Einführung von § 69 f Abs. 1 FGG nunmehr die Möglichkeit geschaffen wurde, den Betreuer durch 418 Hierbei ist die durch das Betreuungsgesetz eingeführte Regelung des § 1897 Abs. 5 BGB n.F. zu beachten. 419 BGH (05.12.1958) BGHZ 29,33,37 = LM § 107 Nr. 3 = FamRZ 1959; 200. 420 BGHZ 29, 33, 37 (05.12.1958); Giesen, JZ 1990, 1053, 1060 zum alten Recht; Kern, MedR 1991, 66, 69 zum neuen Recht. 421 BGHZ 29,33,37 (05.12.1958).

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einstweilige Anordnung zu bestellen. 422 Die im Regelfall erforderlichen Formalien müssen dabei nicht eingehalten werden, sind dann allerdings nach der Bestellung unverzüglich nachzuholen. 423 3. Möglichkeit der Einsetzung eines Patientenanwaltes Mit der Einführung eines rechtsverbindlichen Vorschlagsrechtes des Betroffenen für die Person des zu ernennenden Betreuers durch abstrakte antizipierte Erklärung hat der Gesetzgeber auch die seit langem unter dem Stichwort "Patientenanwalt" behandelte und äußerst streitige Rechtsfrage424 weitgehend entschieden, ob einem Mensch das Recht zusteht, einen Dritten damit zu beauftragen, für ihn eine Behandlungsanweisung für die Situation des Sterbens zu treffen. Die Entscheidung fiel differenziert aus. Grundsätzlich wurde die Möglichkeit antizipierter Anweisungen bzgl. Person des Betreuers und Art der Durchführung der Betreuung mit rechtsverbindlicher Wirkung anerkannt. Dabei wurde jedoch das Wohl des Betroffenen als begrenzendes Korrektiv eingeführt, wobei allerdings auch klargestellt wurde, daß das Wohl des Menschen wesentlich von der Berücksichtigung seiner Wünsche abhängt. Schließlich wurde für die Sondersituation der Einwilligung in eine ärztliche Behandlung, die möglicherweise den Tod des Betreuten herbeiführen kann, die Entscheidungsbefugnis des Betreuers insoweit eingeschränkt, als seine Einwilligung zur Rechtswirksarnkeit der vormundschafts gerichtlichen Genehmigung bedarf. 4. Schlußfolgerung Festzuhalten bleibt mithin, daß die hier vertretene Auffassung von der Bedeutung der antizipierten Behandlungsanweisung auch durch die veränderte Rechtssituation nach der Einführung der Betreuung nicht in Frage gestellt wird. Vielmehr enthalten die Neuregelungen an einigen Stellen Hinweise auf die Verbindlichkeit von antizipierten Entscheidungen des Betroffenen. Auch wenn man die Rechtswirksarnkeit des Patiententestamentes bestreiten sollte, kann in der Regel nicht unmittelbar auf die Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag zurückgegriffen und mit dem mutmaßlichen Willen des Betroffenen argumentiert werden. Vielmehr ist ein Betreuer zu bestellen, der nach den Regelungen des Betreuungsgesetzes grundSätzlich an den antizipierten Wil422 An dieser Stelle sei auch auf folgendes hingewiesen. Nach § 1904 S. 2 BGB n.F. ist die Einwilligung des bereits bestellten Betreuers in einen ärztlichen Eingriff auch ohne vormundschaftsgerichtliche Genehmigung wirksam, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist. 423 Kern, MedR 1991, 66, 69. 424 LG Göttingen (11.10.1990) VersR 1990, 1401 ff. (mA Deutsch); Beschluß III. 2. des 56. DJT, S. M 193; Uhlenbruck, Zivilrechtliche Beurteilung, S. 83, 90; Füllmich, S. 80 ff.; Rickmann, S. 196 ff.

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len des Betreuten gebunden ist. Von besonderer Bedeutung ist dabei auch, daß dem antizipierten Vorschlag des Betroffenen, wer zum Betreuer ernannt werden soll, in aller Regel zu folgen ist. Wenn nicht nach außen erkennbar geworden sein sollte, daß der Betroffene an seinen Wünschen nicht mehr festhalten will, kann seiner Entscheidung nur dann die Rechtsverbindlichkeit abgesprochen werden, wenn die Art und Weise der Betreuung seinem Wohl zuwiderlaufen würde. Das kann aber in der Sondersituation des Patiententestamentes nicht angenommen werden, da das Wohl des Patienten keine ärztliche Behandlung verlangt, die über passive Sterbehilfe hinausgeht.

X. Einfluß des Bestehens eines Arztvertrages auf die Beurteilung als unerlaubte Handlung Bisher wurde bei der Untersuchung der deliktischen Auswirkungen des Patiententestamentes der Umstand ausgeklammert, daß in aller Regel zwischen Arzt und Patient auch ein Arztvertrag abgeschlossen wird. Es bedarf also der Klärung, ob das Bestehen von vertraglichen Beziehungen eine abweichende Beurteilung der deliktrechtlichen Bedeutung des Patiententestamentes begründen kann. Nach deutschen Recht kann ein und dieselbe Handlung eines Arztes sowohl Vertragsverletzung als auch unerlaubte Handlung sein. 425 Zumindest im Ergebnis besteht in Rechtsprechung und Literatur Einigkeit, daß deliktische Haftung auch dann eingreift, wenn die unerlaubte Handlung einen inneren Bezug zum Vertragsbereich hat, wenn also ein innerer Zusammenhang zwischen allgemeiner Rechtspflicht und der Pflicht aus vertraglicher Sonderbeziehung besteht. Man geht allgemein von einem Verhältnis der Anspruchskonkurrenz aus. 426 Für die Anwendbarkeit der Regelungen der unerlaubten Handlung ist es unerheblich, ob durch die unerlaubte Handlung zugleich eine vertragliche Haftung auslöst wird. In der Regel kann der Umstand, daß die Beteiligten durch einen Vertrag enger miteinander verbunden sind, nicht dazu führen, die ohne Vertrag eingetretene Haftung auszuschließen. 427 Das BGB folgt insoweit der Haltung der germanischen Rechte, während sich die Haftung des Arztes, wenn ein Vertrag geschlossen wurde, beispielsweise im französischen Recht ausschließlich nach Vertragsrecht beurteilt. 428 Ein we425 Ehlers, S. 4l. 426 RGZ 88, 433, 435 (13.10.1916); BGH (08.11.1988) NJW 1989,1536,1537; OLG Düsseldorf (05.06.1986) VersR 1988, 161,162; OLG Hamrn (04.05.1987) VersR 1988, 807, 808 ; Giesen, JZ 1990, 1053, 1054; RGRK-Steffen, § 823 RZ 125; Palandt-Thomas, Einf v § 823 RZ 4; Gehring, S. 16 mwN; Ehlers, S 4l. 427 RGRK-Steffen, vor § 823 RZ 36. 428 Gehring, S. 113 ff.

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sentlicher Unterschied und wohl auch Grund für diese Doppelgleisigkeit des deutschen Rechtes besteht darin, daß nur das Deliktsrecht im Falle der Fehlbehandlung einen Anspruch auf Schmerzensgeld gibt. 429 Vor allem dieser Hintergrund ist es, der dazu geführt hat, daß die vertragliche Haftung in der Rechtsprechung nur eine untergeordnete Rolle spielt und in der Literatur häufig vernachlässigt wird. 430 Prinzipiell wenden sich Vertrags- und Deliktsschutz verschiedenen Interessenbereichen zu. Beim Deliktrecht geht es allein um den Schutz der Integritätsinteressen des Patienten, während das Vertragsrecht die Äquivalenzinteressen beider Parteien im Auge hat. Dabei geht es also um das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung, um die Ausgewogenheit der Rechte und Pflichten von Arzt und Patient. 431 Trotz der Anspruchskonkurrenz zwischen beiden Regelungsbereichen ist die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, daß der Abschluß eines Arztvertrages Auswirkungen auf die Pflichten hat, die die Regeln der unerlaubten Handlung dem Arzt auferlegen. Rechtstheoretisch läßt sich die einheitliche Sozialbeziehung zwischen Arzt und Patient zwar in der dargestellten Art aufspalten, aber das Deliktsrecht kann nicht unberücksichtigt lassen, daß durch den Vertragsschluß die Sphäre des Patienten dem Arzt gegenüber geöffnet wird. 432 Das Reichsgericht hat in einer Reihe von Entscheidungen von einer Individualisierung und Verstärkung deliktischer Verhaltenspflichten gesprochen. 433 Umgekehrt ist auch anerkannt, daß die zum Deliktsschutz entwickelten Verkehrsauffassungen auf die Vertragspflichten einwirken. 434 Gleichwohl ist unbestritten, daß Vertragspflichten keine deliktischen Verhaltenspflichten sind. Sie können nur neben diesen bestehen und auf dasselbe Schutzinteresse gehen, teilweise sogar weitere deliktische Verhaltenspflichten auslösen. 435 Sie gehen aber immer über rein deliktische Pflichten hinaus. 436 Auch die zitierte Reichsgerichtsrechtsprechung437 ist nicht im Sinne einer Identität der vertraglichen und deliktischen Beziehungen zu verstehen. Viel429 Deutsch, Arztrecht, RZ 44. 430 Gehring, S. 16 ff., 113 ff.; Ehlers, S 41. 431 BGHZ 77, 215, 218 (02.06.1980); RGRK-Steffen, vor § 823 RZ 36. 432 RGRK-Steffen, § 823 RZ 125. 433 RGZ 88,433,434 (13.10.1916); RGZ 89, 384, 385 (06.02.1917); RGZ 116,213,214 (23.02.1927); RGZ 127, 14, 18 (05.12.1929). 434 BGH VersR 1968, 68, 68 (07.11.1967). 435 RGRK-Steffen, § 823 RZ 125. 436 BGHZ 34, 375, 380 (20.03.1961); Ulmer, JZ 1969, 163, 166; RGRK-Steffen, § 823 RZ 125. 437 RGZ 88, 433, 434 (13.10.1916); RGZ 89, 384, 385 (06.02.1917); RGZ 116,213,214 (23.02.1927); RGZ 127, 14, 18 (05.12.1929).

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mehr hat das Reichsgericht nur al'f die Wechselbezüglichkeit der Regelungsbereiche hingewiesen. 438 Für die Beurteilung des Patiententestamentes ist folglich die Frage zu beantworten, ob sich aus der Wechselwirkung der vertraglichen und deliktischen Beziehungen, die mit dem Abschluß eines Arztvertrages gegeben ist, eine andere Beurteilung für die Vornahme ärztlicher Behandlungsmaßnahmen in der Situation des Patiententestamentes ergibt. Ansätze dahingehend, daß der Abschluß des Arztvertrages zu einer Erweiterung oder Erhöhung von Deliktspflichten führen würde, sind nicht ersichtlich. Insbesondere wird vom Arzt durch den Vertrags schluß nicht eine erweiterte Aufsichts- und Obhutspflichten439 für Leben, Gesundheit oder ein anderes Schutzgut des § 823 Abs. 1 BGB übernommen, die ein außerhalb des Vertrages stehender anderer Arzt nicht haben würde. Eine spezielle vertraglich begründete Deliktspflicht, wie sie für die Verhinderung des Selbstmordes des Patienten in der Klinik teilweise befürwortet wird,440 kann für die Situation des Patiententestamentes nicht angenommen werden. Einen Grundsatz, daß der in einem Vertragsverhältnis stehende Arzt die Behandlungsbeschränkung auf passive Sterbehilfe verhindern muß, gibt es - zumindest wenn die Situation nicht durch Selbstmordversuch hervorgerufen wurde - nicht. Dies wird auch - soweit ersichtlich - nirgends vertreten. Aber auch eine Herabsetzung der Schwelle der Verletzung von deliktischen Pflichten aufgrund der Wechselwirkung zwischen Vertrags- und Deliktsrecht kann nicht angenommen werden. Mit Abschluß des Vertrages wird dem Arzt keineswegs das Recht eingeräumt, nach eigenem Ermessen über das "Ob" oder das "Wie" der ärztlichen Behandlung im Sterben zu entscheiden. Dem Arzt wird dadurch nicht generell ein Eingriff in die körperliche Integrität erlaubt. Dies zeigt sich, wenn man sich die beiden möglichen Alternativsituationen verdeutlicht, die gegeben sind, wenn der Patient entweder im willensfähigen Zustand oder aber bereits willensunfähig im Krankenhaus aufgenommen wird. Wird mit einem willensfähigen Patienten ein Arztvertrag abgeschlossen, so liegt im Vertragsabschluß keineswegs zwingend bereits die Einwilligung in ärztliche Behandlung. Die Einwilligung kann zwar Bestandteil eines auf weitere Rechtsfolgen gerichteten Vertrages mit dem Arzt sein, sie kann aber auch

438 RGRK-Steffen, § 823 RZ 125. 439 RGRK-Steffen, § 823 RZ 126. 440 BGH VersR 1960, 1014, 1015; ähnlich gelagert ist auch die Entscheidung RG (23.04.1917) Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht 1917, 1069 f., die eine Pflicht einer Anstalt begründet, den in VelWahrung befmdlichen Geisteskranken vor einem Jagdunfall zu schützen.

X. Einfluß des Bestehens eines Arztvertrages

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von diesem unabhängig für sich allein erteilt werden. 441 Aufschlußreich ist in diesem Zusammenhang auch der übliche zeitliche Ablauf in einer Klinik. Der Arztvertrag wird in aller Regel - soweit es sich nicht um einen Notfall handelt - kurz nach dem Eintreffen im Krankenhaus geschlossen. Zu diesem Zeitpunkt hat der Arzt seine Diagnose noch gar nicht gestellt. Er weiß selbst noch gar nicht, welche Behandlung notwendig werden wird, hat folglich dem Patienten auch noch keinen Behandlungsvorschlag gemacht. Auch die zur wirksamen Einwilligung notwendige Aufklärung ist noch nicht erfolgt. Erst wenn all das geschehen ist, kann der Patient über Einwilligung oder Nichteinwilligung entscheiden. Die Einwilligung in eine ärztliche Behandlung erfolgt also in aller Regel nicht zeitgleich mit - sondern nach - dem Abschluß des Arztvertrages. Auch wenn man unter Außerachtlassung dieser Argumentation die Auffassung vertreten sollte, daß im Abschluß des Arztvertrages bereits die Einwilligung in ärztliche Behandlung enthalten ist, so kann sich diese inhaltlich allenfalls auf die unmittelbar bevorstehenden Behandlungsschritte beziehen. Schon an mangelnder Voraussehbarkeit scheitert die Annahme, daß unmittelbar beim Eintreffen in der Klinik eine Einwilligung in alle möglicherweise zukünftig aus ärztlicher Sicht notwendig werdenden Maßnahmen vorgenommen wird. Vor allem wäre eine einmal erteilte Einwilligung nach dem, was in den vorangehenden Abschnitten der Arbeit gesagt wurde, auch jederzeit mit rechtsverbindlicher Wirkung widerrufbar. Für einen Patienten, der bereits bei Einlieferung willensunfähig ist oder später im Laufe des Krankenhausaufenthaltes willensunflihig wird, gilt nichts anderes. Der Arztvertrag kommt hier allenfalls durch Erklärung eines bereits vorher bestellten oder zu bestellenden Betreuers zustande. Die Behandlungsentscheidung steht ihm, nach dem unter Gliederungspunkt IX Gesagten nicht zu, wenn der Patient sich selbst durch Patiententestament entschieden hat und die Situation tatsächlich eintritt, die in diesem Schriftstück beschrieben ist. Aber auch wenn man diesbezüglich anderer Meinung sein sollte, so fallen in dieser Situation Abschluß des Arztvertrages und Behandlungsentscheidung aus den oben genannten Gründen nicht zusammen. Auch der Betreuer kann seine Entscheidung über die Behandlung erst fällen, wenn Diagnose und Behandlungsvorschlag einschließlich entsprechender Aufklärung durch den Arzt erfolgt sind. Es zeigt sich also, daß sich auch dann, wenn vertragliche Beziehungen zwischen Arzt und Patient bestehen, sich keine abweichende Beurteilung der Rechte und Pflichten des Arztes für die Situation des Patiententestamentes ergibt. Auf der einen Seite wird eine Behandlung, die nach Deliktsrecht unerlaubt ist, durch den Abschluß eines Arztvertrages nicht gerechtfertigt. Ande441 Vgl. v. Tuhr, BGB AT II/2, S. 467. 10 Schöllhammer

146

B. Rechtliche Untersuchungen

rerseits führt der Abschluß des Vertrages auch nicht dazu, daß die Schutzpflicht des Arztes für das Leben hochgeschraubt wird, so daß er sich nicht mehr auf passive Sterbehilfe beschränken kann. Vielmehr bleiben die durch das Deliktsrecht vorgegebenen Erlaubnis- und Verbots schwellen in der Situation des Patiententestamentes durch das Vertragsrecht unverändert. Die Parallelität von deliktischen und vertraglichen Beziehungen führt folglich zu keiner abweichenden Beurteilung der Rechtsverbindlichkeit des Patiententestamentes.

c. Zusammenfassung Die Untersuchung hat sich mit der Frage befaßt, ob die in der Literatur weit verbreitete Meinung, daß das Patiententestament dem behandelnden Arzt gegenüber nicht rechtsverbindlich sei, einer konsequenten Übertragung der von Rechtsprechung und Literatur zu sonstigen arztrechtlichen Themen entwickelten Grundsätze standhält. Dazu wurde das Patiententestament zunächst auf seine grundlegenden Bestandteile zurückgeführt und im Anschluß daran überprüft, wie die obergerichtliche Rechtsprechung und die Literatur diese Einzelelemente generell und in vergleichbaren Situationen beurteilen. Die ärztliche Behandlung eines Patienten wird von der Rechtsprechung zutreffend als unerlaubte Handlung angesehen, die die körperliche Integrität verletzt. Sie ist rechtswidrig, wenn kein Rechtfertigungsgrund für das ärztliche Handeln vorliegt. Eine Behandlung gegen den Willen des Betroffenen verletzt zusätzlich das Selbstbestimmungsrecht des Patienten, das als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ebenfalls durch § 823 BGB geschützt ist. Als Rechtfertigungsgrund kommt in erster Linie die Einwilligung des Patienten in Betracht. Ein Behandlungsverbot des Patienten an den Arzt ist das exakte Gegenteil der Einwilligung, stellt ebenfalls eine grundrechtliche geschützte Betätigung des Selbstbestimmungsrechtes dar und hebt das generelle Verbot eines Eingriffes in die körperliche Integrität nochmals besonders hervor. Das Patiententestament ist eine Behandlungsanweisung, die die Einwilligung in indirekte Sterbehilfe mit dem Behandlungsverbot für ärztliche Maßnahmen verbindet, die über passive Sterbehilfe hinausgehen. Eine solche Anweisung ist ihrer Rechtsnatur nach eine Willenserklärung, weil nicht nur ein tatsächliches Handeln erlaubt wird, sondern darüberhinaus das Ziel rechtlich gesichert und rechtsverbindlich gewährleistet werden soll, daß die von vom Patienten gesetzten Behandlungsgrenzen eingehalten werden. Mithin gelten die Regeln des Rechts der Willenserklärungen, wenn nicht ausnahmsweise die Anwendung einer einzelnen Norm zu einer unangemessenen Beeinträchtigung des grundrechtlichen geschützten Selbstbestimmungsrechts führt. Bei der Untersuchung der allgemeinen Anforderungen an Behandlungsanweisungen zeigt sich, daß das Motiv und der Inhalt der Behandlungsentscheidung

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C. Zusammenfassung

für die rechtliche Beurteilung grundsätzlich irrelevant sind. Abgabe und Zugang der Erklärung sind sowohl für die Einwilligung wie für das Behandlungsverbot Wirksamkeitsvoraussetzung. Dies gebietet der Vertrauensschutz des Arzles. Durch die Statuierung des Erfordernisses von Abgabe und Zugang der Behandlungserklärung wird das Selbstbestimmungsrecht nicht übermäßig eingeschränkt. Ein Rückschluß von den Regelungen der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag, bei denen auch der nicht geäußerte innere Wille des Geschäftsherm für die Bestimmung des mutmaßlichen Willens relevant ist, verbietet sich, da diese Regelungen für einen mit der zu untersuchenden Konstellation nicht vergleichbaren Spezialfall bestimmt sind. Besondere Anforderungen an die Form von Behandlungsanweisungen gibt es nicht. Insbesondere gelten die erbrechtlichen Formvorschriften nicht, da das Patiententestament keine letztwillige Verfügung im erbrechtlichen Sinne ist. Auch eine Einwilligung durch konkludentes Verhalten ist möglich. Da mit der Einwilligung über ein besonders geschützles hochwertiges Gut verfügt wird, kann eine konkludente Einwilligung niemals vermutet und nur unter strengen Voraussetzungen angenommen werden. Für die Bestimmung des Inhaltes der Erklärung sind die §§ 133, 157 BGB anzuwenden. Erst wenn sich auch durch Auslegung der Wille des Patienten nicht mehr bestimmen läßt, kann die Existenz einer Behandlungsanweisung verneint werden. Dies ist bei der Verwendung des Uhlenbrucken Musters nicht der Fall. Der Arzt muß das Vorliegen der Einwilligung in eine ärzlliche Behandlung nach den allgemeinen Beweislastregeln des Zivilrechtes nachweisen, da er die Vermutung der Rechtswidrigkeit widerlegen muß, die mit der tatbestandlichen Verwirklichung einer unerlaubten Handlung verbunden ist. Die Einwilligung ist jederzeit durch ausdrückliche oder konkludente Erklärung widerrufbar und bleibt bis zum Widerruf wirksam. Für ein in Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes erteiltes Behandlungsverbot muß dasselbe gelten, da eine ärzlliche Behandlung auch ohne Behandlungsverbot unerlaubt und rechtswidrig ist. Der Schluß von der Widerrufbarkeit auf den Widerruf, wie er von Teilen der Literatur zum Patiententestament gezogen wird, ist bereits für die Einwilligung, erst recht aber für das Behandlungsverbot unzulässig. Anderweitige Rückschlüsse aus der Rechtsprechung zur Behandlung eines Suizidenten verbieten sich. Die Bedenken, die bzgl. der Willensbildung eines Suizidenten vorgebracht werden, greifen im Fall des Patiententestamentes nicht durch. Neben dem Widerruf hat der Patient auch die Möglichkeit, eine irrtumsbehaftete Behandlungsanweisung durch Erklärung gegenüber dem Arzt mit ex tune Wirkung anzufechten. Dies gilt jedoch nicht, wenn ein reiner Motivirrtum vorliegt. Ein solcher ist beispielsweise anzunehmen, wenn der Mangel - wie

C. Zusammenfassung

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beim Irrtum über die Intensität des Lebenswillens - tief im psychischen Bereich der inneren Willensbildung liegt. Auch dann, wenn man der diesbezüglich abweichenden Meinung der Rechtsprechung folgen sollte, ergibt sich kein anderes Ergebnis. Irrtumskonstellationen werden vor allem dann relevant, wenn dem Patienten im Zeitpunkt der Erteilung der Behandlungsanweisung die Einwilligungsmöglichkeit und -fähigkeit nicht abgesprochen werden kann. Im übrigen wird nirgends in Literatur und Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß sich der Erklärungsempfanger einseitig und ohne Mitwirkung des Erklärenden von der Behandlungsanweisung mit der Begründung loslösen kann, der Erklärende habe sich geirrt. Der im Patiententestament niedergelegte Wille überschreitet die inhaltlichen Grenzen seiner Beachtlichkeit nicht. Was die Beschränkung auf passive Sterbehlfe anbelangt, geht es darum, ob ein Arzt ohne Einwilligung des Betroffenen ärztliche Maßnahmen vornehmen kann. Es geht um die Grenzen der Behandlungsverweigerung. Bei dem Wunsch nach indirekter Sterbehilfe stellt sich demgegenüber die Frage, ob der Arzt trotz der Einwilligung des Patienten in eine Behandlung ausnahmsweise dessen Behandlungswunsch nicht erfüllen darf, weil die Wirksamkeitsgrenzen der Einwilligung überschritten sind. Der problematische Fall ist dabei die Einwilligung in die indirekte Sterbehilfe, weil die rechtfertigende Wirkung der Einwilligung - wie die §§ 216 und 226 a StGB zeigen - durchaus gewissen Grenzen unterworfen ist. Von Bedeutung ist dabei vor allem, daß bei indirekter Sterbehilfe durch einen Dritten durch aktives Tun in einen Sterbeprozeß eingegriffen und der Eintritt des Todes möglicherweise beschleunigt wird. Rechtsprechung und Literatur sind sich jedoch einig, daß auch bei der Einwilligung in indirekte Sterbehilfe die Grenzen der Beachtlichkeit nicht überschritten sind. Grenzen der Behandlungsverweigerung gibt es demgegenüber überhaupt nicht. Es gibt kein ärztliches Behandlungsrecht und keine Pflicht des Patienten zur Duldung irgendeiner ärztlichen Maßnahme. Dies gilt auch dann, wenn eine Behandlung das bedrohte Leben retten würde. Es gilt der Grundsatz, daß der Arzt nicht darf, was der Patient nicht möchte, aber keineswegs alles darf, was der Patient wünscht. Der Wunsch des Patienten, die Behandlung auf passive Sterbehilfe zu begrenzen, ist deshalb zu beachten. Die Grundsätze der Aufklärung als Entscheidungsvoraussetzungen stehen der Rechtswirksamkeit nicht entgegen. Es ist bereits äußerst fraglich, inwieweit ein möglicher Mangel an Aufklärung zur Unwirksamkeit der in Ausübung des Selbstbestimmungsrechts getroffenen Entscheidung des Betroffenen führen kann, da das Erfordernis der Aufklärung zum Schutz, nicht aber zur Einschränkung des Selbstbestimmungsrechtes eingeführt wurde. Eine endgültige Festlegung diesbezüglich erübrigt sich aber, weil bei Verwendung des Patiententestamentes im Ergebnis kein Aufklärungsdefizit vorliegt. Daß der Patient

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C. Zusammenfassung

keine Kenntnis über die zu Tode führende konkrete Krankheit hat, ist unschädlich. Durch die recht genaue abstrakte Beschreibung der Situation, in der der Wille zur passiven Sterbehilfe Gültigkeit haben soll, hat der Patient gezeigt, daß er die wesentlichen Entscheidungsgrundlagen, die er zur Ausübung seines Selbstbestimmungsrechtes benötigt, gekannt hat. Gerade bei infauster Prognose spielt die Kenntnis, welche Krankheit diese Situation herbeiführt, nur eine völlig untergeordnete Rolle. Unter Berücksichtigung der Möglichkeit des freiwilligen Aufklärungsverzichtes und der Anforderungen an den Umfang der Aufklärung zeigt sich, daß der Patient im Zeitpunkt unmittelbar vor dem Behandlungsbeginn dem Arzt gegenüber die Möglichkeit hätte, zu sagen, er wolle nicht wissen, an welcher Krankheit er leide, ihm komme es allein auf eine insoweit abstrakte Aufklärung bezüglich der Risiken und Heilungschancen an. Die Antizipation der Behandlungsanweisung im Patiententestament hat darüber hinaus noch den wesentlichen Vorteil, daß der Patient selbst, und nicht nur der an seiner Stelle Entscheidende, aufgeklärt wird. Von zentraler Bedeutung für die Beurteilung des Patiententestamentes sind die persönlichen Voraussetzungen der Willensbildung des Patienten. Aus zivilrechtlicher Sicht kann die abstrakte Entscheidungsfähigkeit nur dann verneint oder in Frage gestellt werden, wenn der Patient bei der Entscheidungsfindung nicht voll geschäftsfähig war. Die konkrete Entscheidungsmöglichkeit, die die geistige Fähigkeit des Patienten betrifft, für die konkrete Krankheitssituation einen Behandlungsentschluß zu fällen, ist genauso zu bejahen, wie die Freiheit der Entscheidung von äußeren Zwängen. Bei schwerwiegenden Behandlungsentscheidungen ist darüber hinaus das Kriterium der Ernstlichkeit der Entscheidung zu beachten. Die Anforderungen, die an die Einsichts- und Urteilsfähigkeit gestellt werden müssen, sind von der Bedeutung der Entscheidung und der Wertigkeit des betroffenen Rechtsgutes abhängig. Bei der Entscheidung über die Sterbehilfe geht es zwar um das leben, und damit um das höchst Rechtsgut, es darf aber nicht außer acht gelassen werden, daß unabhängig vom Ergebnis der Entscheidungsfindung der Tod nicht mehr dauerhaft hinausgezögert werden kann. Insoweit dürfen keine übermäßig hohen Anforderungen an die Art der Willensbildung gestellt werden. Was die mit der Antizipation zwingend verbundene Abstraktheit der Entscheidung anbetrifft, die sich beispielsweise darin äußert, daß der Betroffene die Intensität seines Lebenswillen prognostizieren muß, ist zu berücksichtigen, daß bei fast allen Entscheidungen über ärztliche Maßnahmen in die Entscheidungsfindung die Möglichkeit mit einbezogenen werden muß, daß durch die Behandlung unter Umständen der Tod verursacht wird. Jede Behandlungsentscheidung beinhaltet demnach eine Abwägung, bei der der Tod als Faktor mit einbezogen werden muß. Aus der generellen Beschränktheit des menschlichen Erkenntnisund Urteilsvermögens bzgl. des Todes kann nicht auf die Unmöglichkeit der

C. Zusammenfassung

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Antizipation der Entscheidung geschlossen werden. Das Risiko des Prognoseirrtums muß vielmehr auch für die Entscheidung über die Sterbehilfe hingenommen werden. Zudem enthält fast jede Behandlungsentscheidung eine gewisse zeitliche Vorverlagerung der Willensbildung, da der Patient in den meisten Fällen im Zeitpunkt der Durchführung der Behandlung nicht willensfähig ist. Auch bei den Fällen der Operationserweiterung, bei der Behandlung von in Schüben verlaufenden Krankheiten, bei religiös begründeter Verweigerung der Bluttransfusion oder bei der Entscheidung über Organtransplantation und innere Leichenschau wird die Wirksamkeit der antizipierten Entscheidung nirgends in Zweifel gezogen. Gerade durch die Antizipation der Entscheidung kann die Einwirkung von psychischen Belastungen auf die Entscheidungsfindung vermieden werden, die ansonsten, wie die Suizidfälle belegen, als Grund für die Unbeachtlichkeit des Willen herangeführt werden. Die Entscheidung im Patiententestament ist noch nicht von Verzweiflung geprägt. Im Gegensatz zur Siuzidsituation gibt es in der Konstellation der Sterbehilfe die Alternative nicht, mit dem Schicksalschlag oder der Krankheit zu leben. Vor allem wäre es mit dem Selbstbestimmungrecht unvereinbar, wenn die Entscheidung des Betroffenen in der terminalen Situation von der Rechtsprechung unter Übertragung der zum Suizid entwickelt Grundsätze wegen zu starker Beeinflußung durch die verzweifelte Situation unbeachtlich sein sollte, während gleichzeitig eine antizipierte Entscheidung deswegen unbeachlich sein würde, weil der Mensch in diesem Zeitpunkt noch nicht die Bedeutung des Lebenswillens einschätzen könne. Konsequenz der Anerkennung der Wirksamkeit der Antizipation der Behandlungsanweisung ist, daß der Eintritt der Willensunfähigkeit des Patienten nach der Willensfestlegung nicht zum Wegfall der Wirkungen der Entscheidung führt. Der von der BGH-Rechtsprechung zur Beurteilung der Siuizidfälle ent- wickelte Ansatz, daß der Arzt zwar an die aktuelle Entscheidung des Suizidenten gebunden ist, mit dem Verlust des Bewußtseins aber eine eigene Entscheidungskompetenz erlangt, läßt sich auf die Fälle der Sterbehilfe nicht übertragen. Das für die ärztliche Gewissensentscheidung in erster Linie maßgebliche ärztliche Standesrecht verpflichtet den Arzt - anders als in den Suizidfällen - nicht zu Behandlungsmaßnahmen, wenn für einen infaust erkrankten Patienten keine Aussicht mehr besteht, nochmals ein bewußtes und umweltbezogenes Leben zu führen. Solange der Patient aber selbst entschieden hat, ist weder Raum für die Anwendung der Grundsätze der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag noch für die Ersetzung der Einwilligung des Patienten durch die eines zu bestellen-

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C. Zusammenfassung

den Betreuers. Aber auch im Bereich der Geschäftsführung ohne Auftrag ist der von Geschäftsführer (Arzt) beispielsweise durch Befragung von nahen Angehörigen zu ermittelnde mutmaßliche Wille des Betroffenen nur dann von Bedeutung, wenn der Geschäftsherr (Patient) sich keinen eigenen tatsächlichen Willen diesbezüglich gebildet hat. Gibt es - wie beim Patiententestament - einen tatsächlichen Willen des Geschäftsherrn, so ist der Geschäftsführer daran gebunden, auch wenn er nicht den Vorstellungen des Geschäftsführers oder dem nach objektiven Kriterien zu ermittelnden Interesse des Geschäftsherrn entspricht. Das neue Betreuungsgesetz zeigt, daß der antizipierte Wille des Volljährigen grundsätzlich verbindlich ist. Nach § 1897 Abs. 4 S. 1 BGB n.F. steht dem Betreuten ein rechtsverbindliches Vorschlagsrecht für die zum Betreuer zu bestellende Person zu. Die vorgeschlagene Person darf nur dann nicht zum Betreuer bestellt werden, wenn ihre Bestellung dem Wohl des Betroffenen zuwiderlaufen würde. Nach Satz 3 der genannten Vorschrift gilt diese Regelung auch für Vorschläge, die der Volljährige vor dem Betreuungsverfahren gemacht hat, es sei denn, daß er an diesen Vorschlägen erkennbar nicht festhalten will. § 1901 BGB n.F. trifft eine entsprechende Regelung auch für die Art und Weise der Durchführung der Betreuung. Nach § 1901 Abs. 2 S. 1 BGB n.F. hat der Betreuer Wünschen des Betreuten zu entsprechen, soweit dies dessen Wohl nicht zuwiderläuft und dem Betreuer zuzumuten ist. § 1901 Abs. 2 S. 2 BGB n.F. stellt klar, daß dies auch für Wünsche gilt, die vor dem Betreuungsverfahren, also antizipiert geäußert wurden. Nach § 1901 BGB n.F. besteht die Bindung an den Willen des Betroffenen solange, bis erkennbar wird, daß er nicht mehr daran festhalten will. Das BGB kennt noch einen weiteren Fall der wirksamen Antizipation des Willens in einem nicht das Vermögen betreffenden Bereich. Nach § 1776 BGB steht den Eltern das Benennungsrecht für den nach ihrem Tod zu bestellenden Vormund für ihre minderjährigen Kinder zu. Dieser Vorschlag ist für das Vormundschaftsgericht bindend, wenn nicht einer der in § 1778 BGB enumerativ aufgezählten Ausnahmetatbestände gegeben ist. Geht man bei § 1776 BGB und bei Sektion und Transplantation sogar so weit, daß die rechtsverbindliche Wirkung einer Entscheidung eines Menschen über den Tod hinaus reicht, so ist es nur konsequent, daß eine einmal getroffene Entscheidung über die Behandlung im Sterben auch dann Gültigkeit behält, wenn der Betroffene seinen eigenen Willen während des Sterbevorganges nicht mehr bilden kann. Die Untersuchung kommt mithin zu dem Ergebnis, daß die im Patiententestament niedergelegte Behandlungsanweisung rechtsverbindlich ist. Die Argumente, die gegen die Rechtsverbindlichkeit vorgetragen werden, halten einer

C. Zusammenfassung

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Überprüfung anband der von Rechtsprechung und Literatur entwickelten Grundsätze nicht stand. Es bleibt zu hoffen, daß sich die Rechtsprechung, falls sie sich mit der Frage zu beschäftigen hat, bei der Entscheidungsfindung konsequent an das hält, was sie an anderer Stelle und in anderem aber vergleichbaren Zusammenhang entschieden hat. Der Arzt wird durch die Rechtsverbindlichkeit des Patiententestamentes keineswegs in eine passive und defensive Position gedrängt. Er kann sich vielmehr darauf konzentrieren, die schwerwiegende und verantwortungsvolle - allerdings auch medizinische - Frage zu klären, ob eine infauste Prognose im Sinne der Beschreibung im Patiententestament besteht. Er muß überprüfen, ob der Patient seine Meinung geändert hat oder ob Anhaltspunkte für Defizite bei der Willensbildung bestehen. Mit der Entscheidung über die Art der Sterbehilfe braucht der Arzt sein Gewissen dann nicht zu belasten, wenn der betroffene Mensch sie für sich selbst getroffen hat. Ist das Patiententestament rechtsverbindlich, so muß der Patient, der die mit der antizipierten Behandlungsanweisung verbundene Prognose gewagt hat, keine Angst haben, daß sein Wille in den letzten Tagen sines Lebens gebrochen wird. Dadurch wäre ein wesentlicher Beitrag dazu geleistet, das Verhältnis zwischen Arzt und Patient in dem äußerst sensiblen Bereich der Sterbehilfe zu entkrampfen. Das aber wäre für Arzt und Patient von Vorteil.

Anhang Anhang I: Muster des Patiententestamentes nach Uhlenbruck 1

Ich erkläre hiennit, nachdem ich mich über die medizinische Situation und rechtliche Bedeutung einer solchen Erklärung ausführlich informiert habe, daß ich im Falle irreversibler Bewußtlosigkeit, wahrscheinlicher schwerer Dauerschädigung des Gehirns (Decerebration) oder des dauernden Ausfalls lebenswichtiger Funktionen meines Körpers oder bei infauster Prognose hinsichtlich meiner Erkrankung mit einer Intensivtherapie oder Reanimation nicht einverstanden bin. Für den Fall, daß durch eine solche ärztliche Maßnahme nicht mehr erreicht werden kann als eine Verlängerung des Sterbevorgangs oder eine Verlängerung des Leidens, verweigere ich hiennit ausdrücklich die Zustimmung zu irgendwie gearteten ärztlichen Eingriffen, zumal wenn sie mit erheblichen Schmerzen verbunden sind. Sollten Diagnose und Prognose von mindestens zwei Fachärzten - ungeachtet der Möglichkeit einer Fehldiagnose - ergeben, daß meine Krankheit zum Tode führen und mir nach aller Voraussicht große Schmerzen bereiten wird, so wünsche ich keine weiteren diagnostischen Eingriffe und keine Verlängerung meines Lebens mit den Mitteln der Intensivtherapie. Sollte ich eine Hirnverletzung oder eine Gehirnerkrankung haben, durch die meine normalen geistigen Funktionen schwerwiegend und irreparabel geschädigt worden sind, so bitte ich um Einstellung der Therapie, sobald durch mindestens zwei Fachärzte festgestellt wird, daß ich künftig nicht mehr in der Lage sein werde, ein menschenwürdiges Dasein zu führen. Vorstehende Erklärungen stellen keinen allgemeinen Verzicht auf die mir vertraglich zustehende ärztliche Behandlung dar. Sie beschränken vielmehr meine Einwilligung in die ärztliche Heilbehandlung auf eine Linderung von Leiden und Beschwerden für den Fall, daß ein Hinausschieben des Todes für mich eine nicht zumutbare Verlängerung des Leidens bedeuten würde und das Grundleiden mit infauster Prognose einen irreversiblen Verlauf genommen hat. Wenn ich die Ärzte bitte, das Recht auf einen mir gemäßen Tod zu achten, so heißt das nicht, daß ich damit die ärztliche Hilfe und Behandlung in der Form ausreichender Medikation und Leidensminderung ablehne. Vielmehr setze ich 1 Uhlenbruck, NJW 1978, 566, 569-570. Weitere Beispiele bei Rickmann, Anhang I bis 111.

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Anhang

mein Vertrauen in eine vom Arzt anzuordnende schmerzlindernde Medikation, auch wenn sie zur Bewußtseinsausschaltung oder wegen ihrer - vom Arzt nicht beabsichtigten - Nebenwirkungen zu einem früheren Ableben führen sollte.

Anhang 11: Ärztliches Standesrecht 1. Der Hippokratische Eid (Auszug)2 Meine Verordnungen werde ich treffen zu Nutz und Frommen der Kranken nach bestem Vermögen und Urteil, sie schützen vor allem, was ihnen Schaden und Unrecht zufügen könnte. Nie werde ich, auch nicht auf eine Bitte hin, ein tödlich wirkendes Gift verabreichen oder auch nur einen Rat dazu erteilen.

2. "Corpus Hippocraticum, Apologie der Heilkunst" (Auszug)3 Der Arzt befasse sich mit der völligen Beseitigung der Leiden der Kranken und mit dem Lindern der Heftigkeit der Leiden. Aber er wage sich nicht heran an jene, die von der Krankheit schon überwältigt sind.

3. Dokumente der Parlamentarischen Versammlung des Europarates4 Die Parlamentarische Versammlung des Europarates hat am 29. Januar 1976 zwei Dokumente über die Rechte der Kranken und Sterbenden angenommen. Darin werden die Mitgliedsstaaten aufgefordert, folgende Rechte des Patienten zu prüfen und sicherzustellen: 1.

Das Recht auf persönliche Freiheit, z. B. das Recht auf Ablehnung einer vorgeschlagenen Behandlung oder Operation,

2.

das Recht auf persönliche Würde und Integrität, z.B. das Recht auf Geheimhaltung,

3.

das Recht auf Information, z.B. über Diagnose und Prognose der eigenen Erkrankung und über die möglichen Wirkungen und Nebenwirkungen einer vorgeschlagenen Behandlung,

2 Ratzel, S. I; zu seiner Bedeutung vgl. Simson, PS Schwinge, S. 100 f. 3 Verfaßt im 8. Jahrhundert v. ehr.; zitiert aus UhIenbruck, ArztR 1986, 233. 4 Abgedl'UGkt bei Detering, JuS 1983,418,420.

Anhang 11: Ärztliches Standesrecht

4.

das Recht auf angemessene Behandlung und

5.

das Recht, nicht leiden zu müssen.

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4. Berufsordnung für die deutschen Ärzte (Auszug)5 Gelöbnis Die Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit meiner Patienten soll oberstes Gebot meines HandeIns sein. Ich werde jedem Menschenleben von der Empfängnis an Ehrfurcht entgegenbringen ... § 1 Berufsausübung (1) ...

(2) Aufgabe des Arztes ist es, das Leben zu erhalten, die Gesundheit zu schützen und wiederherzustellen sowie Leiden zu lindern. Der Arzt übt seinen Beruf nach den Grundsätzen der Menschlichkeit aus.

(9) ...

Er kann die ärztliche Behandlung ablehnen, insbesondere dann, wenn er der Überzeugung ist, daß das notwendige Vertrauensverhältnis zwischen ihm und dem Patienten nicht besteht. ... § 1 a Aufklärungspflicht

Der Arzt hat das Selbstbestimmungsrecht des Patienten zu achten. Zur Behandlung bedarf er der Einwilligung des Patienten. Der Einwilligung hat grundsätzlich eine Aufklärung im persönlichen Gespräch vorauszugehen.

5 In der auf dem 91. Deutschen Ärztetag am 11.112.5.1988 in Frankfurt beschlossenen Fassung; abgedruckt bei Ratzei, S. 61 ff.; vgl. Kommentierung bei Narr, S. 439 ff.

158

Anhang

5. "Richtlinien für Sterbehilfe"6 I. Einleitung

Zu den Pflichten des Arztes, das Leben zu erhalten, die Gesundheit zu schützen und wiederherzustellen sowie Leiden zu lindern, gehört auch, dem Sterbenden bis zu seinem Tode zu helfen. Die Hilfe besteht in Behandlung, Beistand und Pflege. 11. Behandlung

a) Bei der Behandlung ist nach angemessener Aufklärung der Wille des urteilsfähigen Patienten zu respektieren, auch wenn er sich nicht mit der von dem Arzt für geboten angesehenen Therapie deckt. b) Beim bewußtlosen oder sonst urteilsunfähigen Patienten sind die im wohlverstandenen Interesse des Kranken medizinisch erforderlichen Behandlungsmaßnahmen unter dem Gesichtspunkt einer Geschäftsführung ohne Auftrag durchzuführen. Hinweise auf den mutmaßlichen Willen des Patienten sind zu berücksichtigen. Dem Patienten nahestehende Personen müssen angehört werden; rechtlich aber liegt die letzte Entscheidung beim Arzt, es sei denn, daß nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches ein Pfleger zu bestellen und dessen Einwilligung einzuholen ist. Ist der Patient unmündig oder entmündigt, so darf die Behandlung nicht gegen den Willen der Eltern oder des Vormundes eingeschränkt oder abgebrochen werden. c) Bestehen bei einem dem Tode nahen Kranken oder Verletzten Aussichten auf Besserung, setzt der Arzt diejenigen Behandlungsmaßnahmen ein, die der möglichen Heilung und Linderung des Leidens dienen. d) Beim Sterbenden, einem dem Tode nahe Erkrankten oder Verletzten - bei dem das Grundleiden mit infauster Prognose einen irreversiblen Verlauf genommen hat und der kein bewußtes und umweltbezogenes Leben mit eigener Persönlichkeitsgestaltung wird führen können, lindert der Arzt die Beschwerden. Er ist aber nicht verpflichtet, alle der Lebensverlängerung dienenden therapeutischen Möglichkeiten einzusetzen.

6 Verabschiedet von der Bundesärztekammer 1979; abgedruckt in: DeutschesÄrzteBI 1979, 957-960; MedR 1985,28-40 (incI. Kommentar) und bei Narr, S. 445 ffund Laufs, Arztrecht, RZ 221-238.

Anhang 11: Ärztliches Standes recht

159

6. Kommentar zu den Richtlinien für die Sterbehilfe (Auszug)7 l. Äntliche Überlegungen

Der von einer tödlichen Krankheit oder von einer lebensgefährlichen äußeren Gewalteinwirkung betroffene Mensch ist nicht notwendigerweise ein Sterbender. Er ist ein in Todesgefahr Schwebender, und es versteht sich von selbst, daß stets die Lebenserhaltung und wenn möglich die Heilung anzustreben ist. In solchen Fällen hat der Arzt diejenigen Hilfsmittel einzusetzen, die ihm zur Verfügung stehen und geboten erscheinen.

1. a) Die Sterbehilfe betrifft den im Sterben liegenden Menschen. Ein Sterbender ist ein Kranker oder Verletzter, bei dem der Arzt aufgrund einer Reihe klinischer Zeichen zur Überzeugung kommt, daß die Krankheit irreversibel oder die traumatische Schädigung infaust verläuft und der Tod in kurzer Zeit eintreten wird. In solchen Fällen kann der Arzt auf weitere, technisch eventuell noch mögliche Maßnahmen verzichten.

2. Sterbehilfe ist die Beschränkung auf eine Linderung von Beschwerden bei gleichzeitigem Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen beim Todkranken. Sie umfaßt die Unterlassung oder Nichtfortsetzung von Medikation sowie von technischen Maßnahmen, zum Beispiel Beatmung, Sauerstoffzufuhr, Bluttransfusion, Hämodialyse, künstliche Ernährung.

Ärztlich ist Sterbehilfe begründet, wenn ein Hinausschieben des Todes für den Sterbenden eine nicht zumutbare Verlängerung des Leidens bedeutet und das Grundleiden mit infauster Prognose einen irreversiblen Verlauf angenommen hat.

II. Ethische Gesichtspunkte Diese Richtlinien sind von dem Grundgedanken geleitet, daß es die primäre Verpflichtung des Arztes ist, dem Patienten in jeder möglichen Weise helfend beizustehen. Während des Lebens ist die Hilfe, die er leisten kann, ausgerichtet auf die Erhaltung und Verlängerung des Lebens. Beim Sterbenden hängt die 7 Kommentar abgedruckt in MedR 1985, 39 f.

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Anhang

bestmögliche Hilfe von einer Am.ahl von Gegebenheiten ab, deren angemessene Würdigung und Abwägung den Arzt vor schwere Entscheidungen stellen kann. Der Arzt hat in seine Überlegungen unter anderem - die Persönlichkeit oder den ausgesprochenen oder mutmaßlichen Willen des Patienten - seine Belastbarkeit durch Schmerzen und Verstümmelung - die Zumutbarkeit medizinischer Eingriffe - die Verfügbarkeit therapeutischer Mittel - die Einstellung der menschlichen und gesellschaftlichen Umgebung einzubeziehen. Der Sterbeprozeß beginnt, wenn die elementaren körperlichen Lebensfunktionen erheblich beeinträchtigt sind oder völlig ausfallen. Sind diese Lebensgrundlagen derart betroffen, daß jegliche Fähigkeit entfällt, Subjekt oder Träger eigener Handlungen zu sein, d.h., sein Leben selbst zu bestimmen, und steht der Tod wegen lebensgefäludender Komplikationen bevor, so ist dem Arzt ein breiter Ermessensspielraum für sein Handeln zuzugestehen.

III. Rechtliche Beurteilung

1. Der Wille des urteilsfähigen Patienten, der über die Erkrankung, deren Behandlung und die damit verbundenen Risiken aufgeklärt worden ist, bindet den Arzt. Weil der urteilsfähige Patient darüber zu entscheiden hat, ob er behandelt werden will, kann er die Behandlung abbrechen lassen. Unter diesen Umständen entfällt die rechtliche Grundlage zur Behandlung mit denjenigen Maßnahmen, welche der Patient nicht mehr wünscht. In diesem Fall darf sich der Arzt - dem Wunsch des Patienten entsprechend darauf beschränken, nur noch leidmildernde Mittel zu geben oder eine in anderer Weise beschränkte Behandlung durchzuführen, ohne daß er deswegen rechtlich verantwortlich wird. Es gilt der Grundsatz: "Voluntas aegroti suprema lex esto" . 2. Ist der tödlich erkrankte Patient nicht mehr urteilsfähig und deswegen nicht mehr in der Lage, seinen Willen zu äußern (wie z.B: der Bewußtlose), so wird die Pflicht des Arztes zivil rechtlich nach den Regeln der "Geschäftsführung ohne Auftrag" bestimmt, wobei die Vorschriften über die Bestellung eines Pflegers zu beachten sind (§ 1910 BGB). Die Heilbemühungen sind dann

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entsprechend dem mutmaßlichen Willen des Patienten auszuführen. Dieser Wille ist nicht einfach als auf bloße Verlängerung von Schmerzen und Leiden zielend anzusehen. Vielmehr kann der Respekt vor der Persönlichkeit des Sterbenden die Anwendung medizinischer Maßnahmen als nicht mehr angezeigt erscheinen lassen. Ist diese Voraussetzung gegeben, so kann sich der Arzt strafrechtlich auf einen der "Geschäftsführung ohne Auftrag" entsprechenden Rechtfertigungsgrund berufen. 3. Eine frühere schriftliche Erklärung, worin der Patient auf jede künstliche Lebensverlängerung verzichtet, kann für die Ermittlung seines Willens ein gewichtiges Indiz abgeben. Entscheidend ist jedoch der gegenwärtige mutmaßliche Wille, der nur aufgrund einer sorgfältigen Abwägung aller Umstände des Falles gefunden werden kann. Verbindlich ist die frühere Erklärung schon deshalb nicht, weil sie zu jeder Zeit rückgängig gemacht werden kann. Somit muß stets danach gefragt werden, ob der Patient die Erklärung vernünftigerweise widerrufen würde oder nicht. 4. Dem Patienten nahestehende Personen sind anzuhören (nahestehende Personen sind in der Regel, doch nicht ausschließlich, die nächsten Verwandten des Patienten). Die letzte Entscheidung liegt rechtlich jedoch beim Arzt, soweit nicht ein Pfleger zu bestellen ist. Ist der Patient unmündig oder entmündigt, so darf die Behandlung nicht gegen den Willen der Eltern oder des Vormundes eingeschränkt oder abgebrochen werden. 7. Grundsätze der ärztlichen Ethik8 Gelöbnis des Arztes

1. Es ist die Aufgabe des Arztes in Friedens- wie in Kriegszeiten unter Achtung vor dem Leben und der Würde des Menschen ohne Unterschied des Alters, der Rasse, der Religion, der Staatsangehörigkeit, der gesellschaftlichen Stellung, der politischen Ideologie oder irgendwelcher anderer Art, die körperliche und geistige Gesundheit zu schützen und sein Leiden zu lindern. 2. Der Arzt hat bei der Ausübung seines Berufes die Gesundheit des Patienten in den Vordergrund zu stellen. Der Arzt darf seine beruflichen Kenntnisse nur zur Verbesserung oder Erhaltung der Gesundheit der Menschen, die sich 8 Angenommen von der Internationalen Konferenz der Ärztekammern und Organisationen mit entsprechenden Aufgaben am 6. Januar 1987 in Paris; abgedruckt bei Ratzei, S. 87 ff. 11 Schöllhammer

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Anhang

ihm anvertrauen und nur auf deren Ersuchen einsetzen. Er darf in keinem Fall zu ihrem Schaden tätig werden.

Einwilligung nach Aufklärung

4. Außer im Notfall muß der Arzt den Patienten über die zu erwartenden Wirkungen und Folgen der Behandlung aufklären. Er hat die Einwilligung des Patienten einzuholen, insbesondere dann, wenn die vorgesehenen Handlungen mit Risiken verbunden sein können. Der Arzt darf seine eigene Vorstellung von Lebensqualität nicht an die Stelle der seines Patienten setzen.

Sterbehilfe

12. Die Medizin ist unter allen Umständen mit einer ständigen Achtung vor dem Leben, der beruflichen Ethik und der Entscheidungsfreiheit des Patienten verbunden. Im terminalen Stadium einer unheilbaren Erkrankung kann der Arzt sich darauf beschränken, die körperlichen und moralischen Leiden des Patienten zu lindern, wobei er sich darauf beschränkt, diesen in geeigneter Form zu behandeln und die Lebensqualität des Sterbenden so weit wie möglich zu erhalten. Es ist ein unabdingbares Gebot, dem Sterbenden bis zu seinem Tode beizustehen und so vorzugehen, daß seine Würde unangetastet bleibt. Ist es unmöglich, den Vorgang des terminalen Erlöschens der künstlich aufrechterhaltenen Residualfunktion des Organs bei einem Patienten umzukehren, so vergewissern sich die Ärzte unter Berücksichtigung der jüngsten wissenschaftlichen Erkenntnisse, daß der Tod des Patienten eingetreten ist.

Freie Arztwahl

35 .... Der Arzt selbst kann die ärztliche Behandlung eines Patienten ablehnen, es sei denn, es handelt sich um einen Patienten, der unmittelbar gefährdet ist.

Anhang 111: Beschlüsse des 56. DJT Berlin 1986

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Anhang 111: Beschlüsse des 56. Deutschen Juristentages, Berlin 1986, (Auszug)9 Abteilung Strafrecht I. Allgemeines

Im Hinblick auf vielfältige Unsicherheiten und Beunruhigungen hält die Strafrechtliche Abteilung des 56. Dt. Juristentages - unabhängig von der Frage eventueller Rechtsänderungen - die folgenden Erklärungen für angezeigt. angenommen bei 1 Gegenstimme und 1 Enthaltung.

1. Der undifferenzierte, schlagwortartige Gebrauch des Wortes "Sterbehilfe" begründet in bedenklicher Weise die Gefahr, daß eine entscheidende ärztliche Zielsetzung übersehen wird, nämlich die Leidhilfe als Form der Krankenbehandlung. angenommen: 61(ja):5(nein):4(Enthaltung) 2 .... c) Auch bei der Behandlung von Todkranken gelten die Grundsätze der ärztlichen Aufklärungspflicht. Jedoch ist auf die Grenze des dem Patienten Zumutbaren besonders zu achten. angenommen: Satz 1: 75:1:2, Satz 2: 59:14:5 3. Schmerzlinderung ist als ärztliche Aufgabe bei tödlich Kranken auch dann erlaubt und geboten, wenn sie als unvermeidbare Nebenwirkung möglicherweise den Todeseintritt beschleunigt (sog. indirekte Sterbehilfe). Die Verweigerung dieser Linderung kann als Körperverletzung durch Unterlassen oder als unterlassene Hilfeleistung strafbar sein. angenommen: Satz 1: 82:0:0, Satz 2: 43:29: 12 4. Medizinische Maßnahmen zur Behandlung eines Todkranken, die lediglich den natürlichen Ablauf des Sterbens verzögern, sind kein Gebot des Lebensschutzes, sondern eine Verfälschung des Sterbens. In diesen Fällen ist daher ein Abbruch der Behandlung erlaubt und in der Regel geboten (sog. passive Sterbehilfe). angenommen: Satz 1: 79:2:4, Satz 2: 71:9:7

9 Verhandlungen des 56. DJT, Berlin 1986, Band H, Teil M, München 1986, Seiten M 191 ff.

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5. Der direkte und auf Tötung abzielende Eingriff zur Lebensbeendigung des Todkranken, aber auch jedes Leidenden, um ihn von seinen Schmerzen zu erlösen (sog. aktive Sterbehilfe) ist nach geltendem Recht ein Tötungsdelikt. angenommen: 80:0:6 6. Die Vorschläge des Altemativentwurfs-Sterbehilfe zur sog. passiven und zur sog. indirekten Sterbehilfe (siehe auch unter 11) sind als Entscheidungshilfe für den Arzt und als Orientierungshilfe für die Rechtspraxis nützlich. angenommen: 69:5:14 7. Auch die allgemein anerkannten Richtlinien, die die Bundesärztekammer und die ärztlich-wissenschaftlichen Gesellschaften erarbeitet haben, sind für die Praxis eine wertvolle Orientierungshilfe. angenommen: 67:9:4

II. Gesetzliche Regelung der Sterbehilfe

5. Es empfiehlt sich, bei der Tötung auf Verlangen (§ 216 StGB) gesetzlich die Möglichkeit vorzusehen, daß das Gericht von einer Strafe absehen kann, wenn die Tötung zur Beendigung eines unerträglichen Leidenszustandes vorgenommen worden ist (vgl. § 216 Abs. 2 Alternativentwurf-Sterbehilfe). angenommen: 70:21:6

III. Patiententestament und Patientenanwalt insbesondere 1. Die Bedeutung sog. Patiententestamente (Patientenverfügungen) bedarf der kritischen Überprüfung. angenommen: 62:2:7 2. Die Einschaltung sog. Patientenanwälte verspricht im deutschen Recht keine Verbesserung der Situation des Patienten. Sie erscheint auch nicht geeignet, Mißtrauen in ein am Patientenwohl orientiertes ärztliches Verhalten auf Dauer ernstlich abzubauen. angenommen: 52:4:6

Anhang IV: Gesetzesentwürfe zur Regelung der Sterbehilfe

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IV. Teilnahme an fremder Selbsttötung

1. Die Tendenz der höchstrichterlichen Rechtsprechung, selbst einen erkennbar wohlüberlegten und menschlich nachvollziehbaren Selbsttötungswillen in der Regel für unbeachtlich zu halten, wenn der freiverantwortlich handelnde Suizident in Ausführung seines Willens bewußtlos wird (zuletzt Fall Wittig), verdient keine Zustimmung. Die strafrechtliche Garantenpflicht des behandelnden Arztes zur Lebenserhaltung findet ihre Grenze in der entgegenstehenden freiverantwortlichen Entscheidung des Patienten. angenommen: Satz 1: 59:5 :6, Satz 2: 50: 10: 13 2 .... es empfiehlt sich nicht, das geltende Recht zu ändern. Jedoch empfiehlt es sich, bei seiner Anwendung die Rettungspflicht eines Garanten und die Hilfeleistungspflicht gemäß § 323 c StGB nach den in § 215 AlternativentwurfSterbehilfe genannten Kriterien zu bestimmen. angenommen: Satz 1: 41:24:3, Satz 2: 44:20:8

Anhang IV: Gesetzesentwürfe zur Regelung der Sterbehilfe 1. Alternativentwurf des Gesetzes über die Sterbehilfe (Alternativentwurf-Sterbehilfe) von 1986 (Auszug)1O § 2/4 Abbruch oder Unterlassung lebenserhaltender Maßnahmen. (1) Wer lebenserhaltende Maßnahmen abbricht oder unterläßt, handelt nicht rechtswidrig, wenn

1. der Betroffene dies ausdrücklich und ernstlich verlangt oder 2. der Betroffene nach ärztlicher Erkenntnis das Bewußtsein unwiederbringlich verloren hat oder im Falle eines schwerstgeschädigten Neugeborenen niemals erlangen wird oder 3. der Betroffene nach ärztlicher Erkenntnis sonst zu einer Erklärung über Aufnahme und Fortführung der Behandlung außerstande ist und aufgrund verläßlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, daß er im Hinblick auf Dauer

10 Alternativentwurf eines Gesetzes über Sterbehilfe, Entwurf eines Arbeitskreises von Professoren des Strafrechts und der Medizin sowie ihrer Mitarbeiter, 1986; abgedruckt auch bei: Laufs, Arztrecht, RN 240-244 und in: Verhandlungen des 56. DJT, Berlin 1986, Band 11, Teil M, Seite M 54,55.; vgl. Stellungnahme von Lauter/Meyer, MschrKrim 1988, 370 ff.

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und Verlauf seines aussichtslosen Leidenszustandes, insbesondere seinen nahe bevorstehenden Tod, diese Behandlung ablehnen würde, oder 4. bei nahe bevorstehendem Tod im Hinblick auf den Leidenszustand des Betroffenen und die Aussichtslosigkeit einer Heilbehandlung die Aufnahme oder Fortführung lebenserhaltender Maßnahmen nach ärztlicher Erkenntnis nicht mehr angezeigt ist. (2) Abs. 1 gilt auch für den Fall, daß der Zustand des Betroffenen auf einem Selbsttötungsversuch beruht. § 214 aLeidensmindernde Maßnahmen Wer als Arzt oder mit ärztlicher Ermächtigung bei einem tödlich Kranken mit dessen ausdrücklichem oder mutmaßlichen Einverständnis Maßnahmen zur Linderung schwerer, anders nicht zu behebender Leidenszustände trifft, handelt nicht rechtswidrig, auch wenn dadurch als nicht vermeidbare Nebenwirkung der Eintritt des Todes beschleunigt wird. § 215 Nichthinderung einer Selbsttötung (1) Wer es unterläßt, die Selbsttötung eines anderen zu hindern, handelt nicht rechtswidrig, wenn die Selbsttötung auf einer freiverantwortlichen, ausdrücklich erklärten oder aus den Umständen erkennbaren ernstlichen Entscheidung beruht.

(2) Von einer solchen Entscheidung darf insbesondere nicht ausgegangen werden, wenn der andere noch nicht 18 Jahre alt ist oder wenn seine freie Willensbestimmung entsprechend §§ 20, 21 StGB beeinträchtigt ist. § 216 Tötung auf Verlangen (1) Ist jemand durch das ausdrückliche und ernstliche Verlangen des Getöteten zur Tötung bestimmt worden, so ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Abs. 1 von Strafe absehen, wenn die Tötung der Beendigung eines schwersten, vom Betroffenen nicht mehr zu ertragenden Leidenszustandes dient, der nicht durch andere Maßnahmen behoben oder gelindert werden kann.

Anhang IV: Gesetzesentwürfe zur Regelung der Sterbehilfe

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(3) Der Versuch ist strafbar. 2. Vorschlag der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) e.V., Augsburg, zu einer die Sterbehilfe betreffenden Gesetzgebung (Auszug) 11 § 226 a StGB erhält folgenden Zusatz

Die Einwilligung kann im Hinblick auf mögliche Äußerungsunfähigkeit auch schriftlich im voraus erfolgen. § 226 b StGB wird neu geschaffen

Bei Äußerungsunfähigkeit und Fehlen einer schriftlichen Willensbekundung ist eine Körperverletzung nicht rechtswidrig, wenn sie ausschließlich der Leidenslinderung wegen vorgenommen wurde. § 216 a StGB wird neu geschaffen Einverständliche Tötung

Eine einverständlich Tötung ist unter den Voraussetzungen des § 216 dann nicht rechtswidrig, wenn a) der Getötete sich in einem schwersten, von ihm nicht mehr zu ertragenden Leidenszustand befand, b) sich der Wille des Getöteten zur Tötung als dauerhaft erwiesen hat, c) der Getötete zu einer Selbsttötung durch eigene Hand körperlich nicht fähig war, d) auf keinen der Beteiligten ein Zwang ausgeübt worden ist. § 323 c StGB erhält folgenden Zusatz

Eine Hilfeleistung ist rechtswidrig, wenn sie gegen den erkennbar zurechnungsfähigen Willen des Betroffenen erfolgt. Im Falle der Äußerungsun-

11 Abgedruckt in: Verhandlungen des 56. DJT, Beriin 1986, Band 11, Teil M, Seite M 55, 56.

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Anhang

fähigkeit dienen der Ermittlung des zurechnungsfähigen Willens auch schriftliche Verfügungen, die einen dauerhaften Willen über einen längeren Zeitraum erkennen lassen.

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